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Entscheidung aus Liebe

von

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Ein neuer Tag

Ein neuer Tag
 

***Er packte sie am Arm, zog sie mit dem Rücken an seine Brust und hielt sie fest. Sie konnte ihre Arme nicht mehr befreien, er war zu stark. „Lass mich los!“, forderte sie. Sie zappelte, versuchte den Typ abzuschütteln, aber er hielt sie fest an sich gepresst. Sein Griff lockerte sich nicht. Wieder fauchte sie: „Lass los!“ Im nächsten Moment spürte sie einen Schlag.***
 

Mit rasendem Herzklopfen wachte sie auf. Panisch blickte sie sich im Raum um, bis sie wieder wusste wo sie sich befand. Durch tiefes Ein- und Ausatmen beruhigte sie ihren Körper langsam wieder. Es war nur ein Traum... Nur ein Traum...

Ihre braunen Augen glitten zu der Digitalanzeige ihres Weckers. 5:30. Viel zu früh zum Aufstehen, aber sie wusste nur zu gut, dass sie jetzt auch nicht mehr einschlafen konnte. Seufzend stand sie auf, suchte sich ihre Kleidung heraus und ging ins Badezimmer. Zuerst würde sie sich eine lange Dusche gönnen, danach ein kleines Frühstück, ehe sie sich auf den Weg zur Uni machte.

Nachdem sie fertig angezogen in der Küche stand, füllte sie die Kaffeemaschine und ließ den Kaffee durchlaufen. Ihre Augen streiften die Uhr. 6:00. Sie hatte noch zwei Stunden Zeit, ehe sie sich auf den Weg machen musste. Während sie auf den Kaffee wartete, ging sie durch die Küchentüre ins angrenzende große und geräumige Wohnzimmer. Sie trat zur großen Fensterfront und öffnete die Türe zum Balkon, der sich über die gesamte Länge des Wohnzimmers erstreckte. Der Morgen war noch dunkel. Einige Lichter in den Wohnungen der Hochhäuser zeigten, dass die Bewohner bereits aufgestanden sind. Für sie alle begann ein neuer Tag.

Ein nervöses Ziehen in ihrer Magengegend, erinnerte sie daran, dass auch für sie ein neuer Tag begann. Sie würde heute zum ersten Mal auf die Universität gehen. Zuletzt lebte sie in Sapporo. Dort schaffte sie ihren Schulabschluss und sie hatte sich dort auch schon in der Uni eingeschrieben. Aber dann traf sie ihn...

Sie schüttelte ihren Kopf und schloss die Arme um sich. Ihre Augen schweiften über die nächtliche Skyline. Jetzt lebte sie seit einigen Tagen hier und würde in wenigen Stunden zu studieren beginnen.

Der Morgen war kalt und sie begann zu frösteln. Somit kehrte sie in ihre warme Wohnung zurück. Nachdem sie die Türe geschlossen hatte, blickte sie sich um. Sie fühlte sich noch fremd, dennoch vermittelte ihr das Appartement ein behagliches Gefühl.

Plötzlich läutete es an der Tür. Überrascht und gleichzeitig aufgeschreckt, wie ein lauerndes Reh, hielt sie inne, als schon jemand zu sprechen begann. „Ich bin es, Tadashi.“

Erleichtert atmete sie durch und ging zur Türe, schloss auf und öffnete diese. Im nächsten Moment wurde ihr eine Tüte vor die Nase gehalten. Mit großen Augen starrte sie auf ein Lunchpaket. Der dazugehörige Besitzer, ein Mann der sie um einen Kopf überragte mit schwarzem kurzen Haar und braunen Augen, drückte sich an ihr vorbei und ging geradewegs in die Küche.

„Guten Morgen“, murmelte sie und schloss die Türe. Dann folgte sie ihm verwirrt und auch neugierig. Kaum betrat sie die Küche, sah sie schon, wie er einige Schälchen auf dem Tisch ausbreitete.

„Guten Morgen, Akane“, begrüßte er sie grinsend. „Prima, der Kaffee ist ja auch schon durchgelaufen.“ Er ging zu einem der Hängeschränke und holte zwei Tassen hervor und stellte diese auf den Tisch. Danach füllte er in jede Tasse den frisch gekochten Kaffee.

Ihre braunen Augen folgten seinem geschäftigen Treiben. Immer noch stand sie verwundert in der Türe zur Küche. „Tadashi, was machst du hier?“

Überrascht hielt er inne und sah sie einen Moment verständnislos an. „Wir haben Schichtwechsel“, antwortete er, als wäre damit alles gesagt. Er deutete ihr sich zu setzen und Akane folgte der Aufforderung. „Meine Freundin hat mir das Essen mitgegeben. Als ich hier ankam, sah ich Licht brennen. Nachdem ich weiß, dass Kochen nicht eine deiner Leidenschaften ist und du heute einen anstrengenden Tag haben wirst, dachte ich mir, ich teile mein Essen mit dir.“ Während er sich erklärte setzte er sich auch und begann zu essen.

„Deine Freundin hat das zubereitet?“ Sie betrachtete das große aufgebaute Frühstück und begann dann auch zuzugreifen.

„Ja, und sie macht immer viel zu viel. Ich bin der Meinung, dass sie mich mästen will.“

Akane schmunzelte plötzlich. „Wenn sie wüsste, dass du mit einer anderen Frau frühstückst, fände sie das bestimmt nicht lustig.“

Plötzlich blickte er sie ernst an. Ihrer Meinung nach zu ernst. „Du weißt, ich liebe sie über alles, aber in erster Linie geht es um dich.“

Sie kaute nachdenklich auf ihrem Bissen herum, während sie begann eine ihrer kurzen schwarzblauen Haarsträhnen zu zwirbeln. „Es darf aber nicht um mich in erster Linie gehen.“

„Das wird es aber. Bis alles vorbei ist.“ Tadashi blickte sie lange an, dann wandte er sich wieder seinem Essen zu.

„Wird es jemals vorbei sein?“

Ihr Ton war traurig, fast verzweifelt. Langsam legte er seine Hand auf ihre und streichelte behutsam darüber. „Natürlich. Wir finden sie und dann ist es vorbei.“ Seine braunen Augen blickten direkt in ihre. „Gib nur niemals die Hoffnung auf, Akane.“

Sie nickte ihm dankbar zu und beide begannen wieder zu essen.
 

Die Zeit verflog und dann war es soweit. Nach einem letzten Kontrollblick in den Spiegel, verließ sie mit Tadashi die Wohnung. Er war so nett und fuhr sie zur Universität. Sie blickte aus dem Beifahrerfenster hinaus und beobachtete die vielen Studenten.

„Ich bin die gesamte Zeit über hier und warte“, durchbrach Tadashi die Stille im Auto. „Egal was ist, ruf mich auf dem Handy an.“

Die junge Frau nickte und atmete noch einmal tief durch. Dann öffnete sie die Türe und stieg aus dem schwarzen Auto aus. Sie folgte den Studenten die Straße entlang zur Universität. Das beklemmende Gefühl kam wieder. Hatte Tadashi es geschafft sie für ein paar Stunden abzulenken, wuchs das Unwohlsein nun stetig. Sie näherte sich dem großen Gebäude und stand schließlich vor dem Eingang. Einige der Studenten drängten an ihr vorbei und sie folgte ihnen in die heiligen Hallen. Ihre Kurspläne hatte sie vor einigen Tagen von Tadashi erhalten. Sie zog ihren Plan hervor und folgte der Wegbeschreibung zu ihrem Hörsaal.

Akane ging in den großen Raum hinein und setzte sich gleich neben die Türe an den ersten freien Tisch. Ihr Fluchtinstinkt ließ es gar nicht zu sich weiter in den Raum vorzuwagen. Ihre Augen betrachteten den Saal, der bereits zur Hälfte gefüllt war.

Zwei junge Männer traten in den Raum und blieben neben Akane stehen. Sie sah an ihnen herauf. Die beiden schätzte sie auf ihr eigenes Alter. Während der eine kurze hellbraune Haare hatte und eine schwarze Hose mit einem dunkelgrünem Hemd trug, hatte der andere schwarze Haare zu einem kleinen Zopf im Nacken gebunden. Er trug eine rote chinesische Kampfkleidung. Die Gesichter der beiden sah sie gar nicht, da die jungen Männer sich bereits einen Platz weiter unten im Saal suchten.

Neben ihr traten mehr und mehr Studenten herein, doch das bekam sie gar nicht mit. Wie gebannt hingen ihre Augen an dem Mann in der roten Kleidung. So bemerkte Akane auch gar nicht, wie sich eine junge braunhaarige Frau neben sie stellte. „Guten Morgen. Mein Name ist Aiko Hamato. Wie heißt du?“

Überrascht blickte Akane auf und sah in die freundlichen grünblauen Augen. Ein kleines Lächeln trat auf ihre Lippen, ehe sie zu sprechen begann: „Haruka. Haruka Inoi.“

Alte Bekannte

Aiko saß während der Vorlesung neben Akane. Der Professor, der sich als Ryo Koyashi vorstellte, war mehr als langweilig. Akane kämpfte mit ihrer Müdigkeit und fragte sich, wie sie das Semester bei dieser Trantüte von Professor bestehen, oder besser gesagt überstehen, sollte. Wenn er jede Vorlesung so lange brauchte um in die Gänge zu kommen, würde sie die meiste Zeit über verschlafen.

„Psst, Haruka“, meldete sich Akanes Nachbarin im Flüsterton. Scheinbar hatte sie gemerkt, dass die Schwarzblau-haarige mit der Müdigkeit zu kämpfen hatte.

Akane schenkte ihr die Aufmerksamkeit und blickte in diese faszinierenden grünblauen Augen.

„Sag mal, kommst du auch aus Tokio?“

Schweigend betrachtete sie Aiko. Ernsthaft abwägend, wie viel sie erzählen sollte, antwortete sie zögerlich und sehr leise: „Nein, ich komme aus Sapporo und du?“

„Ich bin in Nerima groß geworden“, erzählte die Braunhaarige bereitwillig. „Ich liebe diesen Stadtteil. Es gibt keinen schöneren. Machst du Sport?“

Akanes Herz krampfte sich zusammen. Sie dachte an ihr altes Leben, an die Zukunft, die für sie zerplatzt war wie eine Seifenblase. Sie hasste es zu lügen, war es schon zu viel, dass sie dem Mädchen nicht ihren wirklich richtigen Namen genannt hatte, und darum entschloss sie sich so nahe an der Wahrheit zu bleiben wie es ging. „Ich habe mal Kampfsport gemacht. Das ist aber schon sehr lange her.“

„Wirklich? Das ist ja klasse!“ Der Unterricht war vergessen. Aiko beugte sich noch weiter zu Akane vor. „Ich mache auch Kampfsport, aber ich habe nie richtig und auch nie viel trainiert.“ Sie pausierte kurz um Luft zu holen und fügte dann noch hinzu: „Das hat sich geändert, als vor ein paar Jahren eine Kampfschule in Nerima eröffnet hat. Da ich den Kampfsport liebe, bin ich seitdem dort im Training.“

Akane wollte etwas sagen, aber Aiko ließ sie überhaupt nicht zu Wort kommen. Über diese offene, redselige und freundliche Art des Mädchens musste sie schmunzeln. Früher war sie auch mal so gewesen. Sie hatte auch jedem sofort blindes Vertrauen geschenkt und war zu jedem freundlich.

„Siehst du den Jungen dort vorne?“ Aiko zeigte unauffällig auf den jungen Mann in der roten chinesischen Kleidung. Sie überzeugte sich, dass ihre Nachbarin auch wirklich wusste, von wem sie sprach, ehe sie weiter erzählte. „Das ist mein Trainer. Er heißt Ranma Saotome.“ Plötzlich hielt das Mädchen inne, ehe sie verschüchtert kicherte. „Ich wusste gar nicht, dass er auch hier studiert. Das ist ja ein Zufall.“

Akane beachtete Aiko nicht mehr. Zu sehr war sie auf den schwarzhaarigen Jungen fixiert. Ranma Saotome. Der Name sagte ihr etwas, aber sie wusste im Moment überhaupt nicht wo sie ihn schon mal gehört hatte.

Die Braunhaarige zog Akanes Aufmerksamkeit wieder auf sich indem sie erklärte: „Er ist der beste Kampfsportler in seiner Altersklasse. Er hat die Meisterschaft gewonnen, bereits zum dritten Mal in Folge. Sicher hast du schon mal von ihm gehört.“

Sie nickte nur und automatisch wichen ihre Augen wieder zu dem Mann mit dem kurzen Zopf.

Und als ob er es spürte, dass die Mädchen über ihn redeten, drehte sich Ranma Saotome in genau diesem Moment halb um und blickte ihnen über seine Schulter ausdruckslos entgegen. Akane betrachtete sein Gesicht, das markant männlich, aber doch weich erschien. Er war hübsch, aber das faszinierendste in diesen Sekunden waren seine Augen. Augen so blau wie der Ozean.

Verlegen senkte Akane schnell ihre Augen, während Ranma ihrer Sitznachbarin noch ein leichtes Lächeln schenkte und er sich wieder den Ausführungen des Professors zu wandte.

Das sollte sie auch tun, aber Aiko war nicht der gleichen Meinung und flüsterte: „Ist er nicht süß? Seine Kurse sind überlaufen. Die meisten Frauen wollen nur zu ihm in die Kurse, weil sie sich Chancen bei ihm erhoffen. Wenige von ihnen sind wirklich begeisterte Kampfsportler. Wenn du auch mal wieder trainieren möchtest, wird Ranma bestimmt nicht nein sagen. Er mag ernsthafte Kampfsportler.“

Akane nickte. „Ich werde es mir überlegen.“ Eigentlich wollte sie nichts mehr machen, was an ihre Vergangenheit erinnerte. Aber sie gestand sich auch ein, dass der Kampfsport ihr fehlte. Immerhin war es mal ihr Leben.

Die meisten Studenten packten ihre Notizen ein und verschwanden aus dem Hörsaal. Auch Akane packte zusammen. Die gesamte Zeit saß sie mit Aiko flüsternd zusammen. Von ihrer ersten Vorlesung hatte sie keine Notizen gemacht.

Sie stand auf und wollte soeben gehen, als Ranma ihr den Weg versperrte. Sie starrte überrascht auf seine Brust, denn er überragte sie um einen ganzen Kopf. Unsicher blickte sie auf und versank sofort wieder in den blauen Augen. „Hallo Aiko“, begrüßte er die Braunhaarige freundlich, ehe er seinen durchdringenden Blick auf Akane richtete. „Ich bin Ranma Saotome, wie heißt du?“

„Haruka Inoi“, stotterte Akane. Sie sah in dieses Blau und hatte das Gefühl in seinen Augen ertrinken zu müssen.

„Haruka ist auch Kampfsportlerin“, mischte sich Aiko ein.

Ranma löste nicht eine Sekunde den Blick von der schwarzblau-haarigen. „Ist das so?“

Akane bekam wieder ein flaues Gefühl in ihrem Bauch. Etwas an seinem Blick störte sie. „Es war mal so. Ich mache das schon länger nicht mehr.“ Entschlossen blickte sie ihm entgegen. „Kannst du mich bitte durchlassen?“

„Was passiert wenn ich nein sage?“, provozierte der Schwarzhaarige sie.

Energisch schob sie ihn zur Seite. „Dann sorge ich dafür.“ Im nächsten Moment ging sie an ihm vorbei und verließ den Saal.

Allerdings kam sie nicht weit, denn auf dem Gang stieß sie mit einem jungen Mann zusammen.

„Verzeiht mir, holde Maid.“

Diese Stimme. Akane riss erschrocken ihre Augen auf und blickte in ein ihr sehr bekanntes Gesicht. Tatewaki Kuno? Es verschlug ihr schlichtweg die Sprache. Verdammt, verdammt, verdammt. Wenn er sie erkannte, war es vorbei. Alles was sie in den letzten Jahren hingenommen hatte wäre umsonst gewesen.

Der Angesprochene betrachtete das Mädchen vor sich lange. „Welch schönes Wesen. Sagt mir meine Liebe, ist euer Herz bereits vergeben?“, poetisierte er plötzlich los, griff dabei nach ihrer rechten Hand und kniete sich vor Akane auf den Boden.

Die junge Frau war im ersten Moment zu perplex um zu reagieren, geschweige denn zu antworten. Ihr wurde nur eines klar und diese Erkenntnis löste eine Welle der Erleichterung in ihr aus. Er erkannte sie nicht. Wobei sie auch darüber stutzte. Sie waren jahrelang zusammen in die Schule gegangen. Zwei Jahre lief er ihr nach wie ein Hündchen und bat sie jeden Tag aufs Neue um ein Rendezvous. Allzu sehr hatte sie sich zu damals nicht verändert. Außer ihrem neuen kecken Kurzhaarschnitt war sie doch nach wie vor wie ihr altes Ich.

„ Kuno, du Schwachmat!“

Überrascht blickten Akane und der noch immer kniende und auf Antwort wartende junge Mann zur Seite und entdeckten Ranma, der lässig am Türrahmen lehnte, beide Arme vor der Brust verschränkt und die Augen geschlossen.

Aiko und der braunhaarige Junge, Ranmas Kumpel dessen Namen Akane nicht wusste, standen leicht hinter ihm und beobachteten die Szene amüsiert.

Mit einem Satz sprang Kuno auf und trat einen Schritt zu dem Schwarzhaarigen. „Was fällt dir ein mich zu beleidigen, Saotome?“

Ranma ignorierte die wütende Stimmlage und öffnete stattdessen einfach nur seine Augen. „Soll ich Nabiki hiervon erzählen?“ Seine Augen glitten kurz zu Akane und musterten dabei ihren Körper. „Außerdem ist deine Freundin viel attraktiver als dieses Machoweib.“

Akane erstarrte, doch schlagartig wandelte sich ihre Mimik und sie ballte wütend ihre Hände zu Fäusten. „Wie bitte?! Machoweib?!“

„So wie du eben an mir vorbei gestampft bist, sollte ich eher Trampel sagen“, provozierte Ranma sie weiter. Dabei ließ er sie nicht eine Sekunde aus den Augen.

„Na, warte, du blöder Idiot“, sie schlug auf ihn ein, doch er wich geschickt ihrem Angriff aus und sie traf mit ihrer geballten Faust den Türrahmen.

Erschrocken wich Aiko aus. Auch der braunhaarige Mitschüler und Kuno brachten sich in Sicherheit.

Akane ignorierte die Studenten um sich herum und setzte dem flüchtigen jungen Mann nach. Immer wieder schlug und trat sie nach ihm, aber er konnte jedem ihrer Angriffe geschickt ausweichen. Unbemerkt von der Schwarzblau-haarigen, dirigierte er sie durch die Schülermasse und passte auf, dass sie keinen unabsichtlich verletzte. „Weich nicht immer aus, sondern greif endlich an, du Feigling!“

„Ich kämpfe nicht mit Mädchen“, antwortete Ranma gelassen, doch diese Aussage brachte Akane zum Rasen. „Wieso forderst du es dann heraus?“

Er blieb plötzlich stehen. Seine Augen ließen keine Sekunde von ihr ab. Sie war noch inmitten einer Kampfabfolge, kam ihm aber schnell näher. Bevor sie ihn mit ihrer Faust treffen konnte, sprang er geschickt über sie hinweg und landete nach einem Salto sicher hinter Akane auf seinen Füßen.

Sie drehte sich blitzartig um, als sie schon seinen Zeigefinger an ihrer Stirn spürte, der sie sanft anstupste. Akane verlor ihr Gleichgewicht und viel rückwärts zu Boden, bevor sie auf ihrem Hintern landete.

„Ich habe gewonnen“, antwortete der junge Mann herablassend. Seine blauen Augen beobachteten sie misstrauisch.

Akane rieb sich ihren Hintern, während sie seinen Blick wütend erwiderte. Ihr Kampfgeist war geweckt. Dies war nicht das erste aufeinander treffen und beim nächsten Mal würde sie siegen. Das schwor sie sich in diesem Moment.

Aiko eilte heran und half Akane beim Aufstehen. „Hast du dir wehgetan?“

„Nein, alles in Ordnung“, knurrte die junge Frau immer noch wütend. Ihre Augen blitzten regelrecht und wenn Blicke töten könnten, würde dieser überhebliche Macho auf der Stelle tot umfallen.

„Ranma“, machte sich auch der Braunhaarige bemerkbar.

„Alles klar, Shu. Lass uns gehen.“ Nach einem letzten undurchsichtigen Blick auf Akane, drehte sich Ranma um und ging gefolgt von seinem Kumpel.

Die Studentenmasse löste sich auch wieder auf und viele warfen im Vorbeigehen einen überraschten Blick auf Akane.

„Wow, wo hast du nur so kämpfen gelernt?“ Aiko ignorierte alles um sich herum. Viel zu begeistert, war sie von Akanes Kampftechnik.

Die aber wollte nicht darüber reden. Aufgewühlt versuchte sie die Erinnerungen an ihre Kindheit und ihre Familie wieder zu verdrängen, die durch den Kampf hervorgerufen wurden. Darum ignorierte sie die Kollegin und ging den Gang entlang. Aiko folgte ihr immer noch total fasziniert und schwärmend.

Tadashi

Endlich war der Tag überstanden und mit einer Laune auf dem Nullpunkt stieg sie in das schwarze Auto ein und schnallte sich an. Tadashi saß hinter dem Steuer. Lässig lag seine linke Hand auf dem Lenkrad, seine rechte Hand umfasste den Schaltknüppel. Aufmerksam betrachtete er die junge Frau, die schweigend darauf wartete dass er losfuhr. „Meine Güte, Süße. Deine Laune ist ja miserabel“, stellte er überrascht fest. Er widmete sich dem Zündschloss und startete den Motor, richtete dann aber seine Augen wieder auf sie. „War der erste Tag so schlimm?“

„Schlimmer“, antwortete Akane kurz und knapp und verharrte wieder im Schweigen.

Tadashi sah, dass sie nicht reden wollte und kümmerte sich endlich um seine Aufgabe, die in diesem Moment daraus bestand Akane nach Hause zu bringen. Sie fuhren durch die verschiedenen Stadtteile Tokios bis sie in Edogawa ankamen.Vor einem großen Wohnblock parkte Tadashi in einer Parklücke ein, schaltete den Motor aus und schnallte sich ab. Die gesamte Fahrzeit starrte Akane stumm aus dem Fenster. Seufzend betrachtete er die junge Frau und ließ sich in seinem Sitz zurück sinken. „Willst du mir nicht erzählen was vorgefallen ist?“

Akane blies ihre Wangen auf und entließ die Luft mit einem leisen Zischen wieder. Dann drehte sie sich dem Mann zu, der nur ein paar Jahre älter war als sie selbst. „Warum Tokio, Tadashi? Warum, zur Hölle, ausgerechnet Tokio?!“

Irritiert über diese Frage blickte er sie stumm an. Er wusste wirklich nicht, was er darauf sagen sollte.

„Wieso nicht Yokohama, Fujisawa oder irgendeine andere Stadt?!“ Sie hätte noch unzählige Städte aufzählen können, doch dann kam wieder diese eine Frage: „Warum Tokio?“

„Die Universität hier war die einzige, die so spontan einen freien Platz hatte.“

Aufgebracht blitzten die braunen Augen von Akane: „Erzähl mir keinen Müll!“ Sie kämpfte mit sich selbst nicht laut los zu brüllen. „Wenn ich nicht jetzt hätte anfangen können, gibt es doch auch noch ein nächstes Semester.“

Tadashi schluckte, haderte mit sich und schließlich entschloss er sich ihr zu antworten. „Er wollte, dass du nach Tokio kommst.“

Akane öffnete ihren Mund um etwas zu sagen, schloss ihn aber dann doch wortlos wieder. Sie atmete tief durch, blickte aus dem Autofenster auf das Haus, in dem sie ihre Wohnung hatte. „Warum?“

„Für ihn ist es einfacher wenn du in seiner Nähe bist. Auch für uns ist es das.“

Immer noch starrte sie aus dem Fenster, ohne die vorbeilaufenden Menschen zu sehen.

„Er wollte erst...“, unsicher hielt er kurz inne. Doch dann beendete er seinen Satz. „... dass du wieder nach Taito ziehst.“

„WAS?!“ Mit einem Griff war Akane abgeschnallt, stieß die Autotüre auf und stieg aus. Wütend schmiss sie die Türe hinter sich zu und stampfte aufgebracht zu ihrer Haustür.

„Verdammt“, fluchte Tadashi und stieg auch aus. Schnell warf er die Autotüre zu, sperrte ab und folgte ihr. „Warte!“ Er überrannte fast ein kleines Kind, das auf dem Gehsteig entlang ging, konnte aber noch rechtzeitig ausweichen. „Haruka“, rief Tadashi und setzte ihr nach.

Akane war schon längst im Hausflur verschwunden und wartete auf den Aufzug.

Schnell hielt Tadashi die zugehende Haustüre auf und ging zu ihr.

„Wie kann er nur so etwas verlangen?!“

„Ich habe ihm gesagt, dass es keine gute Idee ist“, rechtfertigte sich Tadashi, jedoch hörte Akane ihm gar nicht zu. Wütend hämmerte sie auf den Aufzugknopf ein, aber deswegen kam dieser auch nicht schneller im Erdgeschoss an.

„Ausgerechnet Taito!“

Mit einem leisen Pling kündigte der Aufzug sein Erscheinen an. Die Türe öffnete sich in diesem Moment und Akane betrat die leere Kabine. Tadashi stellte sich neben sie und wählte die Etage. Die Türen schlossen und der Aufzug setzte sich gemächlich in Bewegung.

Ihre Augen füllten sich mit Tränen.

Der Schwarzhaarige sah es, wusste aber auch dass sie nicht weinen würde. Seit er sie kannte, hatte sie nicht eine Träne vor ihm vergossen. Sie war ein Mädchen, das er jung kennenlernte und das schon viel schreckliches erlebt hatte, sie machte viel durch und war dennoch immer stark und tapfer. Er bewunderte sie für ihre Stärke, denn nicht jeder Mensch hätte diesen Schritt wirklich durchgezogen.

Die Tränen standen in ihren Augen, aber es löste sich keine einzige. Stattdessen erklang nur ein verzweifeltes: „Warum?“

Tadashi zog es das Herz zusammen. Sanft legte er einen Arm um sie und zog sie an seine Brust. „Weißt du, Akane, manchmal hat man eine bestimmte Aufgabe im Leben zu erfüllen. Das Schicksal bestimmt das und man kann sich nicht dagegen wehren.“

Akane lehnte sich an seine starke Brust und hörte seinen kräftigen Herzschlag. Sie fühlte sich bei ihm sicher. „Welche Aufgabe ist für dich bestimmt?“

Ein Schmunzeln trat auf seine Lippen. „Dich zu beschützen.“ Doch nun wandelte sich sein Gesichtsausdruck und er starrte ernst die Aufzugwand an. „Akane, du musst ihn auch verstehen. Er ist sehr einflussreich, aber das auch nur in Tokio. Hier stehst du unter seinem Schutz. Niemand kann dir etwas antun, solange er hier ist.“

Sie seufzte, wollte etwas sagen, aber der Aufzug hielt an und öffnete die Türen. Vor ihnen stand eine ältere Dame, die die beiden entrüstet ansah und missbilligend den Kopf schüttelte.

Schnell, wie auch verlegen, trennten sich Akane und Tadashi. Nacheinander traten sie auf den Flur und gingen zu Akanes Wohnung.

„Möchtest du noch einen Kaffee?“, fragte die schwarzblau-haarige, während sie die Wohnungstür aufschloss.

„Ja, gerne. Sota wird mich in einer halben Stunde ablösen, gegen einen Kaffee spricht also nichts.“ Er ging an ihr vorbei. Sie folgte und schloss die Türe. „Tadashi?“

Er drehte sich überrascht um und sah wie sie lächelte und sich gegen die Türe lehnte.

Akane starrte den Boden an. „Vielen Dank, für alles!“

Ein sanftes Lächeln trat auf seine Lippen. „Du musst dich nicht bei mir bedanken, Süße.“

Sie blickte ihn aus ihren großen braunen Augen freundlich an. „Doch, Tadashi, manchmal muss man das.“

Verlobte - die Erste

Ein neuer Tag begann. Akane hatte mit Tadashi vereinbart, dass sie von nun an die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen wollte. Sie musste wieder ein halbwegs normales Leben führen, da gehörte auch die Benutzung der Bahn dazu. Zuerst gefiel es ihm nicht, aber dann stimmte er doch zu. Sie hatte seine Handynummer und konnte ihn immer erreichen. Die letzten Male hatte es im Notfall auch funktioniert, zumal sie jetzt in Tokio waren und er auf seine Kollegen zurückgreifen konnte.

Nach fast einer Stunde erreichte Akane endlich die Universität von Tokio. Wieder schritt sie auf das imposante Gebäude zu, doch hielt inne, als sie Ranma vor dem Eingang stehen sah. Ihm gegenüber stand ein wunderschönes Mädchen mit lilafarbenem Haar, welches ihr bis zur Hüfte reichte. Sie war eineinhalb Köpfe kleiner als Ranma, trug ebenfalls chinesische Kleidung und ihr Fahrrad lehnte an der Mauer des Universitätsgebäude. Sie drückte ihm eine Tüte in die Hand und lächelte ihn mit glänzenden Augen an.

Akane nahm sich fest vor diesen Blödmann zu ignorieren und ging weiter. Je näher sie kam, desto mehr verstand sie von dem Gespräch der beiden.

„Das wäre doch nicht nötig gewesen, Shampoo“, nahm der Schwarzhaarige mit dem Zopf die Tüte entgegen. In der Tüte befand sich ein mit Liebe zubereitetes Essen.

„Doch, Airen“, hauchte die Lilahaarige verführerisch. „Wann gehen Ranma mit Shampoo auf Date?“

„Shampoo, du weißt doch, dass ich mit dem Studium viel zu tun habe“, wich der junge Mann aus und trat einen Schritt zurück.

Das Mädchen machte schon einen Satz nach vorne und stand wieder ganz nah vor ihm. „Ich weiß, aber Airen und Shampoo schon lange kein Date mehr hatten.“

Wieder wich Ranma zurück und stieß prompt an Akane, die in diesem Moment an den beiden vorbei wollte. „Entschuldigung“, begann der Schwarzhaarige höflich, aber als er erkannte wen er da getroffen hatte, veränderte sich schlagartig seine ganze Haltung. „Machoweib? Pass doch auf, wo du hingehst.“

Akane wollte ihn ignorieren, aber bei dieser Beleidigung konnte sie nicht einfach weg hören. „DU bist in MICH rein gerannt, dass das mal klar ist!“ Wütend blitzten ihre braunen Augen.

Ranma drehte sich ihr ganz zu und ignorierte das lilahaarige Mädchen. „Pah, du bist doch der Trampel von uns beiden!“

Akane ballte ihre Hände zu Fäusten. Sie wollte soeben auf Ranma einschlagen, als die hübsche Chinesin sich zwischen die beiden stellte, und den Schlag mit ihrer Handfläche abfing. Herausfordernd blitzten die violetten Augen auf. „Du wollen Ranma verletzen? Shampoo das nicht zulassen.“

Abgelenkt von der hübschen jungen Frau, verrauchte Akanes Wut langsam. Sie löste ihre Hand aus der von der Chinesin. „Warum mischt du dich ein?“

„Ranma sein Shampoos Verlobter. Ich nicht zulassen, dass du ihn beleidigen.“

„Verlobter?“ Überrascht blinzelte Akane zwischen den beiden hin und her. Das hatte sie nun nicht erwartet, aber wenn dem so war... „Na dann, hab ein schönes Leben mit diesem Idioten!“ Schon drehte sie sich um und ging ihren Weg weiter.

„Warte“, riefen Ranma und Shampoo zeitgleich.

Schnell rannte er ihr nach.

Shampoo blieb stehen und sah dem fremden Mädchen entschlossen nach. „Wir noch nicht fertig miteinander sind!“

Im großen Gang hatte Ranma Akane eingeholt. Sie linste kurz zu ihm rüber. Das Lunchpaket von der Chinesin baumelte in der Tüte an seiner rechten Hand.

„Haruka“, sprach er sie an.

Überrascht bemerkte sie, dass er unsicher wirkte. Dennoch war sie immer noch sauer auf ihn. Es ärgerte sie, dass er sie sofort beleidigte. Sie hatte ihm doch überhaupt nichts getan. Akane blieb stehen, drehte sich ihm zu und schnauzte ihn genervt an. „Was willst du noch von mir?“

Er wich ein wenig zurück, druckste herum. „Ich wollte dich fragen, wo du so kämpfen gelernt hast.“

„Das geht dich nichts an!“ Sie drehte sich wieder und ging weiter zu ihrem Hörsaal.

Wieder folgte er ihr, dieses Mal aber in einem kleinen Abstand und schweigend. Sie spürte seine Augen, die sich in ihren Rücken bohrten. Akane riss sich zusammen und nahm sich ganz fest vor nicht zu explodieren. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichte sie endlich ihren Hörsaal. Ranma war immer noch hinter ihr. Blitzartig blieb sie stehen und fuhr zu ihm herum. „Hör auf mir nachzulaufen!“

„Ich lauf dir nicht nach“, erwiderte der Junge schmollend. „Scheinbar haben wir die gleiche Vorlesung.“

Genervt wandte sich Akane ab, betrat den Hörsaal und blickte sich um. Die Plätze nahe der Türe waren alle belegt. Sie spürte wie sich Panik in ihr ausbreitete. Das konnte doch nicht sein. Ihre Augen suchten den Saal ab, der schon sehr gefüllt war. Nur weiter unten gab es noch freie Plätze. Sie erstarrte, verkrampfte sich und konzentrierte sich auf ihre Atmung. Ganz ruhig, es würde schon nichts passieren. Woher sollten sie auch wissen, dass sie in dieser Uni und in diesem Hörsaal saß... Die letzten Male war sie ihnen in der Innenstadt begegnet und das immer nur zufällig.

Ranma stand dicht hinter ihr. „Was ist los? Geh endlich weiter“, drängte er genervt, behielt sie aber die gesamte Zeit im Auge.

Akane atmete tief durch und ging dann die Treppenstufen hinunter. Als sie endlich einen freien Platz fand setzte sie sich. Sie kramte in ihrer Tasche nach einem Block und einen Stift. Daher bekam sie nicht mit, wie sich Ranma an ihrem Tisch vorbei schob und sich auf den freien Platz neben ihr setzte.

Endlich hatte sie alles vor sich ausgebreitet, als ihr Blick zu ihrem Nachbarn fiel. „Wieso kannst du dich nicht woanders hinsetzen?“ Es sollte wütend klingen, aber ihre Nervosität schlug sich auf ihre Stimme um und sie klang nur sehr verunsichert.

„Weil ich hier sitzen möchte“, antwortete der Schwarzhaarige emotionslos und ließ sie nach wie vor nicht aus den Augen. „Geht es dir nicht gut?“

Hörte sie Besorgnis aus seiner Stimme? Akane rümpfte ihre Nase und drehte sich von ihm weg. „Mir geht es bestens. Alles prima“, fauchte sie, während sie innerlich betete, dass der Unterricht schnell vorbei war.

„Du zitterst, deswegen frag ich“, knurrte Ranma genervt, dennoch betrachtete er sie aufmerksam.

Akane hielt inne und ihre Augen fielen auf ihre Hände, die wirklich zitterten. Am liebsten wäre sie jetzt gegangen, aber wenn sie immer vor allem weg lief, könnte sie niemals studieren. Sie musste ihr Leben wieder leben und durfte nicht immer davon laufen. Unsicher sah sie zu ihrem Sitznachbarn und blickte direkt in diese tiefblauen Augen. „Das ist nichts.“ Sie schluckte, während sie das Gefühl hatte in seinen Augen zu versinken.

Ein Professor betrat den Hörsaal und begann den Unterricht gleich mit einem Scherz auf seine eigenen Kosten. Dieses Mal würde die Vorlesung nicht zum Einschlafen sein, das spürte Akane und sie war dankbar drum.
 

Endlich war es vorbei und durch die volle Konzentration auf den Unterricht, schaffte es Akane sogar ihre Panik zu vergessen. Dennoch packte sie schleunigst ihre Sachen zusammen und verließ den Raum sehr zügig. Auf dem Gang holte sie erst einmal tief Luft.

Aiko trat zu ihr heran und grinste von einem Ohr zum anderen. „Du verstehst dich mit Ranma.“ Es war eine Feststellung und sie klang sehr amüsiert.

Akane stutzte und ging mit der Studentin den Gang entlang zur nächsten Vorlesung. „Du verstehst da etwas falsch.“

„So?“, hakte Aiko belustigt nach. „Ihr seid zusammen gekommen und habt euch nebeneinander gesetzt.“

Akane funkelte sie böse an. „Wir sind uns zufällig begegnet und ER hat sich neben MICH gesetzt!“

Die Braunhaarige lachte und blickte fröhlich zur Seite. „Und gefällt er dir?“

„Wer?“

„Na, Ranma, natürlich. Wer denn sonst?“ Aiko musste sich ein Lachen verkneifen, denn Akane wurde schlagartig rot.

„So ein Blödsinn! Er ist ein Idiot“, fauchte Akane empört und legte einen Zahn zu. Aiko musste sich beeilen mit ihr mitzuhalten. „Hey, sei nicht böse. Das war doch nur eine Frage.“ Auch wenn sie versuchte ernst zu bleiben, musste Aiko innerlich kichern.

Gemeinsam gingen sie zur nächsten Vorlesung. Aiko und Akane saßen wieder nebeneinander und flüsterten.

„Ranma, du hast noch gar nicht gesagt, ob du zu meiner Party am Wochenende kommst.“

Da Akane wieder einen Sitz neben der Türe erobert hatte, stutzte sie. Schon trat der Sprecher ein, neben ihm ging der Schwarzhaarige.

„Ich weiß noch nicht, Shu. Ich sag dir morgen Bescheid.“ Ranma warf im Vorbeigehen einen Blick auf Akane. Wieder mal konnte sie nichts aus seinem Gesichtsausdruck schließen.

Die beiden jungen Männer gingen tiefer in den Hörsaal.

Das spontane Treffen

Gemeinsam verließen Aiko und Akane die Universität. Neben Aiko zu sitzen würde der Schwarzblau-haarigen auf Dauer schaden. Wieder mal textete die Braunhaarige Akane von der ersten Sekunde an zu und hörte erst auf, als der Unterricht vorbei war. Dieses Mädchen konnte ohne Pause, ohne Luft zu holen und auch ohne Punkt und Komma reden. Über was alles sie gesprochen hatte, wusste Akane nicht mehr. Fakt war, dass sie selbst über so viele Themen und so sprunghaft nie geredet hatte. Dabei war sie damals genauso wie Aiko ist. Lebhaft, fröhlich, optimistisch. Und dann kam dieser eine Tag. Der Tag, der ihr Leben veränderte, sie veränderte, alles veränderte.

Ein trauriger Schleier überzog ihr Gesicht.

Seit drei Jahren lebte sie schon dieses Leben in Angst und immer zur Flucht bereit. Nicht ein Tag verging, an dem sie sich fragte, ob es nicht doch noch eine andere Möglichkeit gegeben hätte. Nicht eine Stunde verging, in der sie sich wünschte die Zeit zurück drehen zu können. Nicht eine Minute verging, in der sie nicht an ihre Familie dachte. Nicht eine Sekunde verging, in der sie diesen schicksalhaften Moment verfluchte.

„Hey, Haruka, ist alles in Ordnung?“ Aiko bemerkte, die schweigsame Kollegin und stutzte über die plötzliche Traurigkeit in ihrer Haltung.

Nichts war in Ordnung. Ihr Leben war ein Trümmerhaufen, ihre Zukunft ungewiss... „Alles in Ordnung. War nur in Gedanken“, antwortete Akane und setzte ein Lächeln auf die Lippen. Sie hoffte das es echt wirkte. Nach einem kurzen Blick zu ihrer Begleitung bekam sie ein bestätigendes Nicken.

Die beiden schlenderten gemeinsam die Straße entlang.

Aiko betrachtete ihre neue Freundin aufmerksam. „Sag mal, Haruka, wo wohnst du?“

„In Edogawa.“

Die Braunhaarige senkte den Kopf. „Schade, dass ist viel zu weit weg.“

Akane stutzte. Aufmerksam richtete sie ihre braunen Augen auf die junge Frau. „Für was zu weit weg?“

„Ich hätte mich gefreut, wenn du mal mit kommst.“ Aiko lächelte leicht. „In Ranmas Stunde.“

Sofort hob die Schwarzblau-haarige ihre Hände. „Das ist keine gute Idee.“ Das war es wirklich nicht. Es reichte ihr schon, dass sie diesen Macho in der Uni ertragen musste. Sie würde niemals freiwillig zu ihm in den Kurs gehen. Auch wenn sie sich eingestand, dass sie den Kampfsport sehr vermisste.

Energisch wies sie den Gedanken ab. Sie blickte kurz zu Aiko. Dann sah sie wieder auf die Straße, stutzte allerdings als ein schwarzer Kombi am Straßenrand hielt.

Sie erkannte das Auto, aber sie verstand nicht warum es hier hielt. Ihre Augen zogen sich finster zusammen. Akane war enttäuscht. Hatte sie mit Tadashi nicht vereinbart, dass sie ein normales Leben führen wollte? Zumindest wollte sie es versuchen, aber so würde das ja nichts werden. Mit einer riesigen Wut im Bauch blieb Akane stehen und beobachtete, wie die Fahrertüre aufging.

Auch Aiko blieb stehen und folgte dem Blick der Freundin. Überrascht nahm sie einen hübschen Mann wahr, der eine blaue Jeans, ein weißes Hemd und eine schwarze Jacke trug. Seine blondgefärbten Haare standen zu einer Igelfrisur ab. Er trug eine Sonnenbrille, die er sich nun lässig von der Nase und auf den Kopf schob. Seine dunklen Augen blickten die Mädchen an.

Akane sah wie sich der Mann schnell näherte. Er kam zielstrebig auf die beiden zu und blieb vor ihnen stehen. Schon schob er seine Hände in die Jackentaschen und grinste breit. „Hey, Babe!“

„Sota?“

Aiko staunte, wechselte den Blick zwischen dem gutaussehenden Mann und ihrer Kollegin. Sie spürte, dass sie von Haruka nichts erfahren würde, darum trat sie einen Schritt vor und reichte dem Mann ihre Hand. „Mein Name ist Aiko. Freut mich dich kennenzulernen.“

Der Mann schüttelte ihre Hand und lächelte zurück. „Sota.“ Er wandte sich wieder an Akane. „Wir müssen los. Wir haben noch einen Termin.“

Sie wusste nichts von einem Termin, aber sie spürte, wie er sie am Arm packte und sie sanft, aber nachdrücklich, mit sich zog. Er öffnete die Beifahrertüre und wartete bis Akane sich gesetzt hatte. Dann schloss er die Türe und ging ums Auto herum. Bevor er einstieg, winkte er zum Abschied Aiko zu.
 

Sota fädelte sich im Stadtverkehr ein. Akane blickte ihn verwirrt an. „Welchen Termin?“

„Er möchte dich sehen.“

Überrascht blickte sie ihren Fahrer an. „Wo ist Tadashi?“

„Ist auch auf dem Weg.“

Akane verschränkte ihre Arme vor der Brust und lehnte sich im Sitz zurück. „Bist du heute gesprächig“, höhnte sie.

Der blonde Mann grinste kurz zur Seite. „Wie immer, Akane.“ Doch dann wurde seine Miene ernster. „Hör zu, Babe, ich habe keine Ahnung warum er dich so plötzlich sehen will. Aber meine Aufgabe besteht darin dich zu ihm zu bringen und genau das tue ich auch.“

Akane seufzte und blickte zum Fenster raus. Nach einer ganzen Weile erkannte sie die Gegend wieder. Die Häuser, die Straßen, alles kam ihr so bekannt vor. Schmerzhaft krampfte ihr Magen sich zusammen. Ihre Augen verfolgten die vorbeiziehende Gegend. Nichts hatte sich in den letzten drei Jahren verändert.

Sota lenkte den Kombi in eine Seitenstraßen und fuhr diese entlang.

Die ehemalige Kampfsportlerin beobachtete die Gegend. Große Mauern, Gartenzäune und Hecken verdeckten die Sicht auf die Villen, die sich auf den großen Grundstücken, hinter gigantischen und schweren Toren, versteckten. An jedem Grundstück hingen mehrere Kameras. Zu gut kannte Akane diese Gegend. Wieder seufzte sie kurz auf.

„Was ist los, Babe?“

Akane löste nicht den Blick von der Seitenscheibe und betrachtete kurz sein Seitenprofil. „Nichts“, hauchte sie.

Sota setzte den Blinker und fuhr vor ein großes, stählernes Tor.

Die Schwarzblau-haarige sah auch wieder nach vorne und starrte das Tor an, welches sich langsam elektronisch gesteuert öffnete. Ein beklemmendes Gefühl setzte sich in ihrer Brust fest. Nun kam sie an den Ort zurück, der ihr vor drei Jahren Schutz bot.

Langsam fuhr Sota die Einfahrt hinauf und parkte hinter einem anderen schwarzen Kombi. Akane erkannte das Kennzeichen und das Gefühl der Sicherheit breitete sich wieder in ihr aus. Nicht dass sie sich bei Sota nicht sicher fühlte, aber Tadashi war für sie ein Fels in der Brandung. Egal was war, sie konnte immer zu ihm gehen. Er war vierundzwanzig Stunden für sie erreichbar und Tadashi würde ihr nie übel nehmen, wenn sie ihn aus dem Schlaf riss, weil sie ein Albtraum quälte. Zu Sota hatte sie nie diese innige Verbindung gehabt. Warum dies so war, konnte sich Akane selbst nicht erklären.

Gemeinsam stiegen sie aus. Auch die Türe des vorderen Fahrzeugs öffnete sich.

Tadashi traf auf Sota und Akane und gemeinsam gingen sie zur Eingangstüre der großen, weißen Villa.

„Weißt du, was los ist?“, hakte Sota bei Tadashi nach. Aber dieser schüttelte seinen Kopf. Besorgt ruhten dessen Augen auf Akane. Diese war aber mit ihren Gedanken bereits ganz woanders und zwar an dem Tag, der ihr Leben verändert hatte.

Nerima

Überrascht starrte sie dem blonden, gutaussehenden Mann und Haruka nach, die beide auf den schwarzen Kombi zugingen. Erst öffnete er Haruka die Türe, doch bevor er selbst einstieg winkte er ihr lässig zu. Diese kleine Geste ließ ihr Herz schneller schlagen und trieb ihr eine leichte Röte auf die Wangen. Sie folgte dem davonfahrenden Fahrzeug mit ihren Augen. Viele Fragen stellten sich in diesem Moment.

„Aiko“, riss eine männliche Stimme die Braunhaarige aus ihren Gedanken.

Die Studentin blickte auf und sah Shu ins Gesicht. „Ich habe dich dreimal angesprochen. Woran hast du gedacht?“

„Nichts besonderes“, lächelte Aiko ausweichend.

„Sag mal, wer war denn der Typ, der mit Haruka weggefahren ist?“ Neugierig betrachtete er sie, aber die junge Frau wusste es selbst nicht. „Keine Ahnung. Er heißt Sota.“

„Können wir dann los?“, hakte Ranma plötzlich nach.

Erschrocken, weil er hinter ihr stand, drehte sich Aiko um und sah ihm in sein gleichgültiges Gesicht. „Klar“, antwortete sie und gemeinsam gingen die drei in Richtung Bahnhof.

Unterwegs unterhielten sie sich. „Hast du sie schon gefragt?“

Die Braunhaarige blickte Shu an. Leicht genervt verzog sie ihren Mund. „Wann hätte ich sie denn fragen sollen? Ich war dabei, aber dann tauchte plötzlich dieser Typ auf.“

„Schade“, bemerkte Shu und drehte sich Ranma zu. „Aber du klärst das heute wirklich ab. Komm schon, Mann.“

„Ich habe dir gesagt, dass ich dir morgen Bescheid gebe. Ich muss erst noch mit Kasumi sprechen.“

Aiko lächelte. „Du hängst sehr an dieser Familie.“ Es war eine Feststellung und keine Frage.

Ranma verzog keine Miene und ignorierte die Bemerkung gänzlich. Die Braunhaarige kannte das bereits von ihm. Nach einem kurzen Fußmarsch erreichten sie den Bahnhof. Lange mussten sie nicht auf den Zug warten, dann stiegen sie ein und suchten sich einen Sitzplatz.

„Ich verstehe einfach nicht, was dich in Nerima hält“, suchte Aiko erneut das Gespräch. Sie kannte Ranma seit zweieinhalb Jahren. Damals war er mit seinem Vater von einer Trainingsreise aus China nach Nerima gekommen. Aber ursprünglich lebte Ranma in Tokushima. Seine Mutter lebte dort immer noch und er hatte sie dreizehn Jahre nicht mehr gesehen. Alles war sehr suspekt.

Ranma schwieg beharrlich.

Aus seiner Reaktion schloss sie, dass er es vielleicht selbst nicht so ganz wusste.

Die restliche Fahrt unterhielten sich Aiko und Shu über die anstehende Party. Erst als sie Nerima erreichten stiegen die drei aus und verließen den Bahnhof.

Shu war der erste, der sich verabschiedete. Aiko und Ranma hatten noch ein Stück gemeinsamen Weg. Sie gingen nebeneinander durch die Straßen von Nerima. Aiko auf dem Weg, Ranma balancierte auf dem Zaun.

„Was hältst du von Haruka?“

Überrascht, dass er das Schweigen brach, richtete Aiko ihre Aufmerksamkeit auf den jungen Mann. „Sie ist nett. Ich mag sie.“

„Findest du sie nicht auch...“, er pausierte kurz, schien abzuwägen. „... seltsam?“

Die Brünette blickte lange zu ihm. Dann wandte sie sich wieder dem Weg zu. „Was meinst du denn mit seltsam? Sie ist sehr zurückhaltend, erzählt kaum etwas von sich, aber seltsam würde ich sie jetzt nicht nennen.“

Ranma verschränkte seine Arme am Hinterkopf und blickte in den Himmel, der blau und wolkenlos war. Es war ein sonniger Tag, eigentlich zu schön um diesen im Haus zu verbringen. „Was hältst du davon, wenn wir heute draußen trainieren?“

Sie konnte dem schnellen Themenwechsel kaum folgen. Erst sprachen sie über Haruka, dann über das Training. Was kam als nächstes? „Klar, ist ja schönes Wetter.“

Ranma sprang vom Zaun und landete geschmeidig auf seinen Füßen.

Wenige Schritte später blieben sie stehen. Aiko blickte auf die weiße Mauer und das große braune Holztor, das sogar offen stand.

Ein Mann trat in diesem Moment heraus. Seine braunen Haare zu einem Zopf gebunden und er trug eine Brille. Als er die beiden Studenten entdeckte, begrüßte er sie freundlich. „Hallo Ranma und Aiko. Wie geht es euch denn?“

„Guten Tag, Herr Doktor Tofu“, begrüßte Aiko höflich.

Ranma nickte ihm zu. „Wir können uns nicht beklagen, Doktor Tofu.“

Eine sanfte Stimme erklang und im nächsten Moment erschien eine hübsche braunhaarige Frau. Die langen Haare hatte sie zu einem Zopf gebunden, der über ihre rechte Schulter und über ihre Brust fiel. In ihren Händen hielt sie eine Lunchbox. „Ono, du hast dein Abendessen vergessen.“

Verlegen drehte sich der Mann zu ihr und nahm die Box entgegen. „Vielen Dank, Kasumi.“

Die Frau lächelte sanftmütig. Erst nach einer kurzen Weile sah sie Ranma und Aiko. Freundlich lächelnd drehte sie sich den beiden zu. „Ranma, Aiko, wie schön euch zu sehen.“

Aiko bewunderte die Frau, die immer ein Lächeln auf ihren Lippen trug, jedem freundlich begegnete und nie ihre fröhliche Art verlor. Seit diese Frau in Nerima lebte, kannte Aiko sie, denn Kasumi sorgte für die Einkäufe, kümmerte sich um den Haushalt und das leibliche Wohl der Familie. „Guten Tag, Fräulein Kasumi.“ Sie drehte sich Ranma zu. „Wir sehen uns später.“

Ranma nickte ihr zu. „Bis später.“ Kurz blickte er Aiko nach, wie sie weiter ging, nachdem sie sich von Doktor Tofu und Kasumi verabschiedet hatte. Langsam ging auch er weiter und verschwand durch das Holztor. „Ich gehe noch ein bisschen trainieren.“

„Aber übertreibe es nicht“, bat Kasumi ihn besorgt und Ranma lächelte sie beruhigend an. Zuerst führte ihn sein Weg durch den Garten zum kleinen Einfamilienhaus. Er passierte den Gartenteich und erblickte rechts von sich das große Dojo. In dem Häuschen hielt er seine Trainingsstunden ab, doch bei diesem Wetter würde er seinen Unterricht in den großen Garten verlegen. Sein Blick streifte den Gartenteich und er runzelte verärgert die Stirn. Er würde den Kurs in den hinteren Teil des Gartens verlagern. Weit weg von diesem Gewässer.

Wenige Schritte später trat er durch die Haustüre, schlüpfte aus seinen Schuhen und ging gleich die Treppe hinauf um sich in seinem Zimmer umzuziehen. Er lief an vielen Familienbildern vorbei. Plötzlich hielt er inmitten der Treppe inne, wich einen Schritt zurück und betrachtete lange ein Foto.

Das Wiedersehen

Als sie durch die Türe ins Haus traten, fanden sie sich in einer großen Empfangshalle wieder. Links von ihnen führte eine breite Treppe in das erste Obergeschoss. Rechts ging eine Türe zur Küche und gerade aus eine Türe zum Wohnzimmer. Links unter der Treppe führte eine Türe in ein großes Badezimmer. In Akane kamen Erinnerungen hoch. Ihre Augen glitten die Treppe hinauf und gedanklich ging sie durch die Zimmertüre gleich links. Fast zwei Monate hatte sie hier gewohnt. Solange dauerte es bis ihre Verletzungen verheilt waren. Instinktiv legte sie ihre Hand an die linke Bauchseite. Anschließend flog sie mit Tadashi und Sota nach Fukuoka und begann dort ihr neues Leben.

Sanft legte Sota einen Arm um ihre Schulter und schob Akane vorwärts. „Er erwartet uns.“

Tadashi ging voran und Sota mit Akane folgte ihm.

Unbewusst atmete die Schwarzblauhaarige tief ein.

Ihre Augen glitten durch den riesig großen Raum. Links war eine große Essecke, rechts eine gemütliche Sofaecke mit Fernseher. Vor ihr breitete sich über die gesamte Länge des Raumes eine große Glasfront aus.

Es hatte sich nichts verändert, dennoch fühlte sie sich wie beim ersten Mal unsicher.

Ihre Augen blieben an ihm hängen.

Er sah in den großzügig angelegten Garten. Sein breites Kreuz ihnen zugedreht. Die Arme hatte er hinter seinen Rücken verschränkt. Er trug einen schicken Anzug in Schwarz. Seine dunklen Haare waren bereits am Ergrauen.

Er hatte sich nicht verändert.

Akane schluckte.

Niemand sagte etwas.

Langsam drehte er sich um und sie erkannte sein Gesicht. Die Stirn mit der tiefen Sorgenfalte. Die dunklen Augen von kleinen Fältchen umrandet. Die etwas knubbelige Nase. Der ernste Zug um seine Lippen, doch jetzt legte sich ein Lächeln darauf.

„Schön dich zu sehen.“

„Herr Matsumoto“, ihre Stimme brach, denn die Erinnerungen brachen über sie ein, als wäre es erst gestern geschehen. Alles was sie mühselig verdrängt hatte, kam wieder hervor und überrollte sie wie ein Tsunami.

Eine glockenhelle Stimme durchbrach die eingekehrte Stille und im nächsten Moment spürte Akane zwei kleine dünne Arme um ihre Hüfte. „Akane! Du kommst uns besuchen.“

Die junge Frau blickte mit einem liebevollen Blick an sich hinunter und betrachtete den dunklen Haarschopf. Das kleine Mädchen drückte sich fest an ihren Körper und Akane begann über die Haare zu streicheln. „Yuri. Ich hab dich vermisst.“

Das Mädchen blickte lächelnd zu ihr auf und grinste. „Spielst du mit mir?“

Eine weitere Frau trat ins Wohnzimmer und lächelte milde. „Yuri, Akane und Papa müssen etwas besprechen. Ein anderes Mal, ja?“

„Frau Matsumoto“, lächelte Akane und Tränen traten ihr in die Augen. Im nächsten Moment befand sie sich in einer innigen Umarmung mit der schönen Japanerin. „Es freut mich Sie wiederzusehen.“

„Mich auch, Akane“, stimmte die hübsche Frau zu und drückte ihren Schützling erneut fest an sich. Dann löste sie sich wieder und blickte zu ihrem Mann, der ihr leicht zunickte. Sie nahm die Hand ihrer Tochter und wandte sich an die Gäste. „Tadashi, Sota, passt bitte weiterhin gut auf Akane auf.“

„Natürlich“, stimmte Tadashi zu. Sota nickte: „Sie können sich auf uns verlassen!“

„Yuri, komm, wir gehen spielen.“ Dabei griff die hübsche Japanerin nach der Hand ihrer Tochter und ging mit ihr aus dem Zimmer.

Kurz wischte sich Akane die Tränen aus dem Gesicht und drehte sich Herrn Matsumoto zu. „Sie wollten mich sprechen?“

Der ältere Mann nickte und deutete auf die Couch. „Setzen wir uns.“

Akane folgte ihm, während Tadashi und Sota stehen blieben und abwarteten.

„Erzähl mir von dir. Wie geht es dir? Gefällt dir die Wohnung? Wie geht es dir in der Uni?“

Akane begann zu erzählen. Wie sie sich in der Wohnung eingelebt hatte und wie die ersten Tage in der Uni verlaufen sind. Dann hielt sie inne. Unsicher blickte sie den Mann an, der in einem Sessel lehnte, ein Bein über das andere geschlagen hatte und ein Weinglas in seiner Hand hielt. Aufmerksam lauschte er ihren Erzählungen. „Herr Matsumoto, in der Uni ist ein bekanntes Gesicht von früher. Bisher hat er nichts gemerkt, aber ich weiß nicht, wie lange das noch so bleiben wird.“

„Dies stellt natürlich eine Gefahr dar“, stimmte der Mann nachdenklich zu. „Sollte dir eine Veränderung auffallen, informiere Tadashi und Sota. Sie werden sich dann darum kümmern.“

Akane sah über ihre Schulter zu ihren Begleitern, die sich seit einer ganzen Weile nicht mehr gerührt hatten. Ihr lief ein kalter Schauer über den Rücken und innerlich schüttelte es sie. Was das 'kümmern' betraf, wollte sie erstens nicht wissen und zweitens verhindern. Kuno war zwar nie ihr Lieblingsfreund gewesen, aber eine Begegnung mit Tadashi und Sota hatte er längst nicht verdient. Dennoch nickte sie zustimmend. Zögerlich sprach sie ein heikleres Thema an. „Wieso bin ich wieder in Tokio?“

Ihr Gesprächspartner schloss die Augen, sortierte sich bevor er sie wieder ansah. „Hier kann ich dich besser beschützen.“ Er schwenkte sein Weinglas in der Hand und beobachtete die weiße Flüssigkeit darin. „Nicht jeder ist meiner Meinung, Akane. Das war schon immer so. Jeder arbeitet für sich, hat seine eigene Mentalität. Wir waren uns noch nie einig, das wird auch immer so bleiben.“ Nun sah er direkt in ihre braunen Augen. „SIE haben dich bereits zweimal aufgespürt und nur dank Tadashi und Sota sitzt du überhaupt noch hier.“

Akane wusste es, immer wenn sie in Gefahr schwebte standen die beiden Männer ihr zur Seite. „Ich kann in keiner Stadt auf Unterstützung oder gar Hilfe hoffen. Viele von ihnen sind der Meinung, dass ich dich deinem Schicksal überlassen sollte.“

Warum er es nicht tat, würde ihr wahrscheinlich für immer ein Rätsel bleiben.

Immerhin hatte er recht. Das was er für sie unternahm, gehörte normalerweise in andere Hände. Aber sie wusste auch, dass sie nirgendwo anders so sicher war. Akane war nicht undankbar. Sie rechnete ihm hoch an, dass er ihr half, sie aufnahm, ihr Wohnungen in verschiedenen Städten zur Verfügung stellte, ihr Geld gab von dem sie leben konnte und ihr Männer für ihre Sicherheit abstellte. Sie hatten eine Abmachung getroffen, dennoch vermutete sie irgendwo noch einen Haken von dem bisher noch nicht die Rede war.

„Sollte dir irgendetwas auffallen, informiere Tadashi und Sota.“ Er sah seine Männer an. „Habt ihr die Treffpunkte besprochen?“

Die beiden Männer nickten.

Herr Matsumoto nickte ebenfalls und sah Akane an. „Deine Familie ist in Tokio und ich weiß, wie sehr sie dir fehlt. Dennoch versprich mir, dass du sie nicht besuchen wirst. Sie dürfen nicht wissen, dass du hier bist.“

Akane senkte den Kopf, spürte wie sich Tränen in ihren Augen sammelten, aber sie würde sie nicht weinen. „Sind sie sicher?“

„Das habe ich dir versprochen.“

Sie nickte. „Ich danken Ihnen für alles was Sie für mich und meine Familie getan haben.“

Herr Matsumoto blickte das junge Mädchen lange an. „Wir haben eine Abmachung. Solange du deinen Teil erfüllst, erfülle ich auch meinen.“ Er stand auf und Akane tat es ihm gleich. „Eines noch“, hielt er sie zurück, bevor sie ging. „Wenn du es zeitlich einrichten kannst, komm doch Yuri besuchen. Du fehlst ihr.“ Dabei legte sich ein sanftes Lächeln um seine Lippen.

Akane lächelte zurück. „Gerne.“ Sie verbeugte sich zum Abschied und ging zu ihren Begleitern. Gemeinsam verließen sie die Villa von der Familie Matsumoto.

Zu Hause ist nicht gleich zu Hause

Akane setzte sich ins Auto auf den Beifahrersitz. Sota drehte den Wagen in der riesigen Auffahrt und fuhr den Weg entlang zum Tor. „Dann bringe ich dich jetzt nach Hause.“ Der blondgefärbte blickte in den Rückspiegel und sah wie Tadashi ihm folgte.

„Nein.“

Sota stand vor dem Tor und wartete darauf, dass es wieder geöffnet wurde. Überrascht richtete er seine Augen auf seinen Schützling. „Wohin soll ich dich denn bringen?“

Akane schluckte, dann suchte sie seine dunklen Augen. „Heim“, dieses Wort war nur geflüstert.

Sota wusste, wohin sie wollte, aber er zögerte. „Du hast ihm versprochen, dich von ihnen fern zu halten.“

Sie nickte. Ein zartes Lächeln zeigte sich in ihren Mundwinkeln. „Ich möchte es sehen. Nur von außen. Danach kannst du mich nach Hause bringen.“

Sota löste eine Hand vom Lenkrad, fuhr sich mit dieser durch seine kurze Mähne und seufzte letztendlich. „Okay“, stimmte er zu. Statt links auf die Straße zu fahren, fuhr er rechts. Im Rückspiegel sah er wie Tadashi ihm folgte. Verdammt, sicherlich machte er sich wieder Sorgen. Dabei würde er die Nachtschicht haben und sollte sich noch ein wenig ausruhen. Er versuchte seinen Verfolger zu ignorieren und fuhr die wenigen Straßen entlang bis er an einem Parkeingang vorbei kam.

Akane schluckte. Ihre Hände begannen zu zittern, dennoch wandte sie ihre Augen nicht von dem Gehsteig ab. Zu gut kannte sie den Weg, war sie ihn selbst in ihrer Kindheit und Jugend tagtäglich zu Fuß gelaufen. Sie erinnerte sich daran, wie sie immer mit ihrer älteren Schwester Nabiki zusammen in die Schule gegangen waren. Sie hatten soviel gelacht. Auch wenn die beiden so unterschiedlich waren wie Tag und Nacht, so waren sie immer ein Herz und eine Seele gewesen, wenn es hart auf hart kam. Allerdings verdrängte dieser eine Abend all ihre schönen Erinnerungen. Sie sah sich selbst den Weg entlang rennend, von Angst und Panik ergriffen.

Ihr linker Fuß begann zu kribbeln.

Sota konzentrierte sich auf die Straße, allerdings warf er immer wieder einen sorgenvollen Blick zu Akane. Nach einem kurzen Blick in den Rückspiegel, sah er immer noch Tadashi hinter sich fahren.

Der Weg führte sie weiter in eine Nebenstraße und kurz darauf parkte Sota rechts am Straßenrand.

Akane starrte zum Fenster hinaus. Das Einfamilienhaus stand unverändert vor ihr. Der Vorgarten sah ein wenig verwildert aus. Neben dem Haus führte ein Holztor auf das Grundstück. Akane kannte den Grundriss nur zu gut. Über den Nebeneingang kamen die Schüler ihres Vaters auf das Grundstück. Im großen Garten befand sich das Dojo, in dem er unterrichtete. Wieder zog sich ein trauriger Schleier über ihr Gesicht. Sie hätte das alles einmal erben sollen.

„Lass uns fahren“, drängte Sota, doch in diesem Moment schnallte sich Akane ab und stieg aus. „Akane! Bleib im Wagen!“ Rums, da war die Türe zu.

Auch er schnallte sich ab und stieg aus.

Akane blieb beim Auto stehen, sah die Straße entlang. In Gedanken erlebte sie diesen einen Abend erneut. Hier war sie damals entlang gerannt. Sie bog auf den Weg in den Vorgarten ein. Ihr Vater kam besorgt aus dem Haus heraus. Ihr Vater, ein Mann mit langem dunklen Haar und einem Schnauzer, wieder mal standen ihm Tränen in den Augen. Sie wollte ihn warnen, sie öffnete ihren Mund um etwas zu sagen, doch dann passierte es...

„Was ist los?“, durchbrach Tadashi ihre Gedanken ernst und riss Akane unsanft in die Wirklichkeit zurück. „Wieso sind wir hier?!“

Sota setzte zu einer Erklärung an. „Sie wollte unbedingt hierher kommen.“

„Warum?!“

Akane sah zu Tadashi auf. „Ich wollte es nur noch einmal sehen.“

„Das hast du ja jetzt“, antwortete er wütend. Er packte sie am Arm und drehte sie zum Auto. „Lass uns fahren!“

Akane sah über ihre Schulter zurück und in diesem Moment fiel ihr etwas auf. Es hingen keine Vorhänge an den Fenstern, das Holztor zum Garten sah schon sehr marode aus und das Haus wirkte verwahrlost. Sie versuchte sich von Tadashis festem Griff zu befreien, aber es gelang ihr nicht. „Tadashi, lass mich los!“

Er hörte nicht auf sie, sondern ignorierte sie gänzlich.

„Tadashi! Lass los!“ Akane stemmte sich mit aller Kraft gegen sein Ziehen und versuchte sich los zu machen.

Sota stand unschlüssig an Ort und Stelle und beobachtete die beiden aufmerksam. Innerlich überlegte er bereits, wer der stärkere von beiden sein würde.

„TADASHI! Ich werde schreien, so laut ich kann!“, drohte Akane schließlich. Denn sie spürte je mehr sie an ihrem Arm zog, desto fester wurde sein Griff.

Diese Drohung schien allerdings zu wirken, denn er lockerte seinen Griff um ihren Arm und sah sie eindringlich an. „Das wirst du nicht!“

„Probiere es doch aus“, fauchte Akane ihn wütend an.

Sota sah wie sein Kollege mit sich rang, aber dann ließ er sie los. Tadashi wollte genauso wenig Aufmerksamkeit erregen, wie er selbst.

Sie funkelte ihn noch mit einem bösen Blick an, dann rannte sie durch den wild wuchernden Vorgarten und ging zum ersten Fenster rechts von der Türe. Nach einem Blick in das Zimmer, bestätigte sich ihr Verdacht. Wütend ballte sie ihre Hände zu Fäusten und stampfte wutschnaubend zu ihren Begleitern zurück. Nachdem sie nahe genug bei den Männern war, sah sie die ausdruckslosen Gesichter. „Wann wolltet ihr mir sagen, dass meine Familie gar nicht mehr hier wohnt?“ Ihre Stimme zitterte und bebte, weil sie sich so sehr beherrschen musste die beiden nicht anzubrüllen und in der Luft zu zerreißen.

„Gar nicht“, fauchte Tadashi ebenso sauer zurück. „Du solltest nämlich überhaupt nicht hier sein!“ Wütend sahen sich die beiden an und versuchten den jeweils anderen mit ihren Blicken zu erdolchen. Er ging zum Auto und öffnete die Beifahrertüre. „Du kannst froh sein, dass Herr Matsumoto das nicht mitbekommt.“

Akane sah ihn einfach nur an und wusste nicht wohin mit ihrer Wut. „Verdammt noch mal, Tadashi, wieso verheimlichst du mir so eine wichtige Sache?“

Bedrohlich trat Tadashi auf sie zu. „Weil das hier nicht mehr dein Leben ist, Haruka Inoi!“ Er deutete auf das Haus hinter ihr. „Hier hat Akane Tendo gewohnt. Hier ist sie aufgewachsen. Seitdem du unter unserem Schutz stehst, gibt es dieses Mädchen offiziell nicht mehr. Du selbst hast dich für diesen Weg entschieden! Alle haben dir davon abgeraten, aber du wolltest es durchziehen. DU wolltest es so!“ Tadashi holte tief Luft, auch er musste sich erst einmal beruhigen. „Setz dich in den Wagen! Sota bringt dich nach Hause. Ich komme dann zur Nachtschicht.“ Mit diesen Worten nickte er seinem blonden Kollegen zu und ging selbst zu seinem Wagen zurück. Wenig später hörten die beiden den Motor starten und sahen wie Tadashi davon fuhr.

„Lass uns gehen, Akane“, drängte Sota behutsam, dennoch nachdrücklich. Und dieses Mal gehorchte die Schwarzblau-haarige sofort und aufs Wort.

Kämpferherz

Akane betrat die Universität von Tokio und folgte ihrem Weg zur Vorlesung, als sich Aiko in ihren Weg stellte. „Guten Morgen, Haruka“, grinste die Braunhaarige fröhlich. Für Akanes Geschmack zu fröhlich. Seit sie gestern erfahren hatte das ihre Familie nicht mehr in Taito wohnte, drehten sich ihre Gedanken im Kreis. Wo waren sie jetzt? Wohin sind sie gezogen? Akanes Augen schimmerten traurig. Sie vermisste ihre Schwestern und ihren Papa. Natürlich hatte sie diesen Entschluss gefasst und sie akzeptierte alles, was damit zu tun hatte, dennoch fehlte Akane ihre Familie.

„Haruka, hörst du mir überhaupt zu?“

Die Schwarzblauhaarige sah auf und blickte direkt in die braunen Augen ihrer Freundin.

„Shu feiert am Wochenende seinen Geburtstag. Wir gehen in einen angesagten Club der Stadt.“ Die Studentinnen gingen zusammen weiter. „Stell dir vor, er hat extra den VIP Bereich gebucht.“

Akane lauschte Aiko. Allerdings hatte sie keine Ahnung von was die neue Freundin sprach. Akane war mit sechzehn von zu Hause geflohen, lebte zuerst in der Villa Matsumoto, ehe sie nach Fukuoka, Osaka und schließlich nach Sapporo gezogen war. Sie war für sich, ging kaum unter Leute und lebte ständig in der Angst gefunden zu werden. Letztendlich war sie nun wieder hier in Tokio. Früher war sie zu jung zum Feiern und nun kannte sie sich absolut nicht damit aus.

„Du kommst doch mit, oder?“

Akane schluckte. Sollte sie wirklich? Ein ganz mulmiges Gefühl breitete sich in ihr aus.

„Die kommt doch nicht mit“, mischte sich plötzlich Ranma ein, der sich ihr in den Weg gestellt hatte. Seine Augen blitzten höhnisch. „Haruka hat doch keine Ahnung wie man richtig feiert.“

Sie blickte auf und sah direkt in die ozeanblauen Augen des Kampfsportlers. „Du hast doch keine Ahnung“, fauchte sie zurück. Akane wusste nicht warum, aber er hatte etwas an sich, dass sie immer so in Rage brachte. War es seine Überheblichkeit, seine Arroganz oder einfach nur seine dauerhaften Beleidigungen? „Du kennst mich doch gar nicht!“

„Ich kenne dich besser, als du denkst“, konterte Ranma überzeugt.

„Ach ja?“, fauchte Akane erneut, doch in ihr breitete sich ein komisches Gefühl aus. Woher sollte er sie kennen? Was wusste er über sie?

„Du hast eine große Klappe, aber in Wirklichkeit hast du riesige Angst“, begann der Schwarzhaarige seine Erklärung. „Ich weiß nicht vor was, aber deine Nervosität ist deutlich zu spüren.“

Sie sah ihn einfach nur an. Sie fühlte sich ertappt und sie wusste, dass er es auch wusste. Aber niemals würde sie ihm zustimmen. Nicht solch einem Obermacho. „Pah, du hast ja keine Ahnung. Spinn' deine seltsame Fantasie nur weiter.“ Akane ging demonstrativ an ihm vorbei.

Ranma sah ihr nicht hinterher, aber ein wissendes Lächeln umspielte seine Mundwinkeln. „So ein Trampel, wie du bist, kann sich bestimmt nicht zum Takt der Musik bewegen.“

Akane blieb stehen, ballte ihre Hände zu Fäusten und drehte sich mit Schwung zu ihm herum. „Trampel?!“

Auch er drehte sich um und sah sie an. Er erkannte das Blitzen in ihren rehbraunen Augen. Immer noch lächelte er herausfordernd. „Beweise mir das Gegenteil. Am Samstag auf Shus Party“, forderte er sie kampflustig heraus.

Ihr Kämpferherz war geweckt. Sie würde sich bestimmt nicht von ihm als Trampel und unmusikalisch bezeichnen lassen. „Samstagabend“, nickte sie zu. Schon wandte sie sich wieder ab und ging weiter. In ihrem Kopf malte sie sich schon aus, wie sie seine Niederlage feiern würde. Oh ja, sie würde ihm zeigen, dass sie durchaus eine Frau war und kein Trampel, wie er immer behauptete.

Aiko nickte Shu zu, der ein fröhliches Grinsen auf den Lippen trug, und sah nochmals kurz zu Ranma. Dessen Augen hafteten auf Haruka und nichts um ihn herum nahm er wahr. Schnell folgte sie ihrer Kollegin.

Shu stieß Ranma in die Seite. „Echt klasse, dass du es geschafft hast.“

Ranma nickte ihm zu, ohne seine Augen von der Schwarzblauhaarigen abzuwenden. „Ich weiß zwar nicht, warum es dir soviel bedeutet, dass sie auch kommt, aber jetzt hast du ja was du wolltest.“ Er ging ebenfalls zum nächsten Hörsaal.

Shu holte schnell wieder auf. „Hör mal, sie ist Aikos Freundin und sie ist nett. Nur weil du sie nicht leiden kannst, heißt das nicht, dass niemand sie leiden kann.“

Ranma blickte kurz zu seinem Kumpel sagte dazu aber nichts mehr.
 

Akane stand vor ihrem Kleiderschrank und warf ein Kleidungsstück nach dem anderen aufs Bett. Sie hielt inne um kurz den Rock zu betrachten, doch dann sortierte sie diesen auch aus. Inzwischen häufte sich schon ein Kleiderberg auf dem großen Bett an. Sie hatte damals ein Kleid gehabt, das für diesen Abend perfekt gewesen wäre. Es war ein Sommerkleid in hellem Blau gehalten. Es betonte ihre Oberweite und umspielte ihre Rundungen. Mit diesem Kleid hätte sie Ranma sprachlos machen können, aber es gehörte wie alles andere auch zu ihrem alten Leben. Sie seufzte kurz auf und durchwühlte ihren Schrank weiter, ob sich nicht doch noch etwas passendes finden ließ.

„Akane?“ Zutiefst erschrocken hielt die Schwarzblauhaarige inne und sah zur Türe. Dort stand Sota, der sie mit hochgezogenen Augenbrauen belustigt ansah. Nach einem Blick auf den Klamottenberg fragte er: „Was wird das? Willst du abhauen?“

Empört verschränkte Akane ihre Arme vor der Brust und schüttelte den Kopf. „Dann würde ich das Zeug in den Koffer werfen und nicht aufs Bett.“

„Der wäre doch schon längst in dem Haufen verschwunden“, widerlegte Sota lachend und betrat Akanes Schlafzimmer. Er schob die Sachen ein wenig zur Seite ehe er sich aufs Bett schmiss. Lässig stützte er seine Arme hinter sich ab und grinste seinen Schützling an. „Und was wird das hier, wenn es fertig ist?“

Ertappt senkte Akane ihre Augen und löste die Arme wieder. Stattdessen verknotete sie ihre Finger und begann mit diesen zu spielen. „Weißt du, da ist diese Party am Wochenende und ich wollte schon mal nach einem passenden Outfit suchen.“

Überrascht sah er sie an. Akane war noch nie auf eine Party gegangen seitdem er sie kannte. Und das waren immerhin schon drei Jahre. „Und hast du was gefunden?“ Er runzelte seine Stirn, während er den Haufen neben sich betrachtete. Er würde in dem wild durcheinander geworfenen Berg bestimmt nichts finden.

„Nein, weißt du es muss etwas umwerfendes sein. Bombastisch gutaussehend, wenn du verstehst.“

Fragend richtete er seine Augen wieder auf die junge Frau. „Wen willst du denn damit umwerfen?“

Sofort errötete Akane. Sota hatte das mal wieder komplett falsch aufgefasst. „Ich will niemanden damit umwerfen.“

Der blonde Japaner zwinkerte wissend und begann übers ganze Gesicht zu grinsen. „Ich freue mich für dich, Akane. Eine Beziehung schadet dir schon nicht.“

„Ich will keine Beziehung“, fauchte sie tomatenrot zurück. „Ich will nur so einem blöden Kerl aus der Uni zeigen, dass ich eine Frau bin.“

„Der sieht das nicht?“ Sota zog wieder fragend seine Augenbrauen hoch, während er seine Augen über Akanes Körper wandern ließ. Langsam und anzüglich versteht sich. Währenddessen schlich sich ein neckisches Grinsen auf seine Lippen.

Die Studentin wurde verlegen, denn sie hasste es so genau gemustert zu werden.

„Was ist denn bei dem kaputt?“, fragte sich Sota nach der Musterung selbst. „Wie attraktiv soll eine Frau denn noch sein?“

Dieses Kompliment ließ ihre rote Gesichtsfarbe noch dunkler werden. Allerdings ging sie nicht darauf ein, sondern drehte sich wieder ihrem Kleiderschrank zu. „Was bei Ranma kaputt ist, frage ich mich auch.“ Sie zog erneut ein Teil nach dem anderen hervor. Jedes einzelne Stück wurde kurz gemustert, dann aussortiert. Rücksichtslos schmiss sie es aufs Bett hinter sich und traf Sotas Körper.

Dieser rührte sich allerdings nicht mehr, sondern starrte in ihren Rücken. „Wie heißt der Kerl?“ Der Schalk aus seinen Augen, wie auch das neckische Grinsen, waren komplett aus seiner Mimik verschwunden. Sein Körper war mit einem Mal angespannt.

Akane kroch tiefer in ihren Schrank, aber alles was sie noch vorfand ließ sie nur mehr verzweifeln. „Ranma“, wiederholte sie gedankenverloren. So würde sie ihm nie ihre weiblichen Reize unter die Nase reiben können.

Sota kniff die Augen zusammen.

Die Schwarzblauhaarige richtete sich wieder auf und drehte sich seufzend zu dem Kleiderberg auf ihrem Bett und Sota. „So wird das nichts“, seufzte sie.

Kaum drehte sich Akane ihm zu, setzte Sota ein Lächeln auf. Er sprang vom Bett auf. „Na, dann lass uns gehen.“

„Wohin?“

„Einkaufen“, antwortete Sota grinsend. „Du brauchst ein Outfit für diese Party und das werden wir jetzt besorgen. Wir haben noch ein paar Stunden Zeit bis Tadashi kommt.“

Akane kniff ihre Augen zusammen.

Sota entging das nicht und er blickte sie lange an. „Er hat seine Gründe für alles was er tut. Er hat dir verschwiegen, dass deine Familie nicht mehr in Taito wohnt, aber du wärst normalerweise eh nie wieder dorthin gekommen.“

Dennoch sah die junge Frau es als Hochverrat an. Ausgerechnet Tadashi verschwieg ihr dieses wichtige Detail. Er, der ihr Fels in der Brandung war, er, dem sie voll und ganz vertraute, gerade er verheimlichte ihr diese Information. Sie verdrängte schnell die Gedanken und nickte Sota zu. „Lass uns einkaufen gehen.“

Gemeinsam verließen sie die Wohnung und fuhren in die Stadt.
 

Ranma trainierte eine Abfolge verschiedener Kampftechniken. Konzentriert führte er die Übungen aus, während ihm der Schweiß nach den vergangen Stunden über die Stirn lief. Er hörte wie die Türe zum Dojo aufgeschoben wurde, ignorierte denjenigen und führte sein Training zu Ende.

Der schwarzhaarige Kampfsportler hob ein kleines Handtuch vom Boden auf, wischte sich damit über sein Gesicht und warf es sich letztendlich um den Nacken. Langsam drehte er sich der Türe zu und entdeckte eine kurzhaarige Japanerin im Türrahmen. Aufmerksam beobachtete sie ihn, als er auf sie zu kam. „Was gibt es denn, Nabiki?“

„Tatewaki wurde zu Shu's Party am Samstag eingeladen und ich darf ihn begleiten“, erzählte die junge Frau, die nur ein halbes Jahr älter war, als Ranma selbst.

„Das ist ja schön.“ Der Kampfsportler ging an ihr vorbei und verließ den Dojo.

Sie folgte ihm, mit verschränkten Armen hinter dem Rücken. „Und mit wem gehst du zu der Party?“

Er reagierte nicht.

„Nimmst du Shampoo oder Ukyo mit, oder vielleicht doch Aiko?“

„Ich gehe allein.“ Er ließ sich nicht von ihr beirren. Ranma kannte Nabiki inzwischen gut genug um zu wissen, dass sie etwas ausheckte.

„Allein ist langweilig, Ranma“, widersprach die Kurzhaarige. „Wenn du möchtest kann ich dir eine Begleitung besorgen. Und ich würde dir sogar im Preis entgegenkommen.“

Ranma hielt inne und drehte sich ihr zu: „Ich möchte keine Begleitung.“ Er beugte sich bedrohlich zu ihr. „Und wehe du heckst etwas aus.“

„Niemals“, wich Nabiki empört zurück. „Ich mache mir bloß Sorgen. Du hast noch nie ein Mädchen mit hergebracht.“ Sie hielt inne, schien zu überlegen. Dann fügte sie neugierig hinzu: „Oder... sollte ich vielleicht etwas wissen?“

Ranma ahnte bereits, worauf sie anspielte, aber er war definitiv nicht vom anderen Ufer. Wütend blickte er sie an. „Es ist nicht besonders taktvoll ein Mädchen hierher zu bringen, wenn man bedenkt, dass meine Verlobte...“, er brachte es nicht über die Lippen. Gerade Nabiki sollte doch am besten wissen, warum er überhaupt hier war. Wieso er und sein Vater bei den Tendos lebten. Scheinbar hatte sie den Sinn hinter seinen Worten verstanden, denn plötzlich lag ein schmerzlicher Ausdruck in ihrem Gesicht. Er sah Nabiki an, wie sehr seine Worte alte Wunden aufgerissen hatten und sofort tat es ihm leid. Er presste die Lippen zusammen und senkte die Augen. „Es tut mir leid, Nabiki. Das wollte ich nicht.“ Er drehte sich um und ging zum Haus. „Ich gehe jetzt duschen.“

Die Kurzhaarige registrierte nicht mal mehr seine Worte. Stattdessen wandte sie sich ab und ging zum kleinen Gartenteich.

Der Kampfsportler ging bedrückt ins Haus und stieg die Treppe neben der Haustüre hinauf.

„Ranma“, wurde er zurückgerufen.

Er hielt inne und blickte hinunter. Am Treppenabsatz stand Kasumi und lächelte ihn wie immer liebevoll an. Wieder fragte er sich, wie sie es schaffte immer freundlich zu bleiben, immer ein Lächeln auf den Lippen zu tragen und das nach solch einer schrecklichen Vergangenheit. Er zwang sich seine Aufmerksamkeit auf die älteste Tendo-Schwester zu richten.„Kasumi?“

„Komm bitte nach dem Duschen ins Wohnzimmer. Wir haben etwas zu besprechen.“

Der schwarzhaarige Kampfsportler nickte verwirrt. Was könnte es denn so wichtiges zu besprechen geben? „Klar“, antwortete er laut und er sah wie Kasumi lächelnd nickte und in Richtung Küche verschwand.

Er ließ seinen Blick rechts von sich auf die Wand schweifen und wieder mal starrten seine blauen Augen auf ein bestimmtes Bild, welches ihn immer wieder magisch anzog. Es zeigte ein Mädchen, vierzehn vielleicht fünfzehn Jahre alt. Sie hatte ein ganz hübsches Gesicht, zeigte ein süßes Lächeln, während ihre blauen Haare lang und zu einem Zopf gebunden waren. Ihre braunen Augen strahlten ihm entgegen. Bis auf die Haarfarbe war sie ein kleines Ebenbild von Kasumi.

Wie so oft in den letzten Tagen wurde er nachdenklich. Er wandte sich von dem Bild ab und ging nun endlich in das Obergeschoss hinauf um erst sein Zimmer aufzusuchen, indem er sich frische Kleidung aus dem Schrank holte, und dann im Vorraum des Bades verschwand. Er zog sich aus, warf seinen Trainingsanzug in den Wäschekorb und ging ins Bad hinein. Hinter sich schob er die Schiebetüre zu. Sein Blick glitt über die weißen Fließen hin zur Badewanne. Ein Bad würde ihm zumindest mehr Entspannung bieten als eine Dusche. Er seufzte kurz auf, ging zur Dusche und drehte das Wasser auf, nachdem er den Temperaturregler überprüft hatte. Seufzend ließ er das heiße Wasser auf seinen Oberkörper prasseln, während seine Gedanken zum heutigen Vormittag zurückkehrten.

Es war für ihn sonnenklar, dass Haruka niemals freiwillig zur Party gekommen wäre. Shu wollte sie einfach nur fragen, doch Ranma ahnte, dass sie sofort ablehnen würde. Zum Glück konnte er seinen Freund von dieser Idee abhalten. Haruka war aus einem ganz anderen Holz geschnitzt, als alle Mädchen die er bisher kennenlernte. Sie war mal Kampfsportlerin und er hatte schnell bemerkt, dass sie keine Herausforderung ablehnen würde.

Wieder war sie in seinen Gedanken. Haruka, das Mädchen aus der Uni. Ehrgeizig und stolz. Warum er sie ständig beleidigte wusste er selbst nicht genau. Sie hatte etwas an sich, dass ihn provozierte. Und sie hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit ihr...

Blödsinn, rief er sich in Gedanken. Er schnappte sich das Duschgel und begann seinen Körper einzuseifen. Er ermahnte sich nicht mehr so einen Unsinn zu denken und duschte sich gründlich ab.

Hübsch war sie ja und eine schöne Figur hatte sie auch, auch wenn er immer etwas anderes in ihrer Gegenwart behauptete.

Er stellte das Wasser ab und stieg aus der Dusche. Schnell schnappte er sich ein Handtuch und band es sich um die Hüfte. Im Bad hatte sich bereits Wasserdampf angestaut. Aus diesem Grund tapste er erst zum Fenster und öffnete es. Langsam zog der Nebel ab und er verließ das Badezimmer und kleidete sich im Vorraum an. Sein Blick fiel in den Spiegel. Dabei band er sein Schulterlanges Haar zu seinem gewohnten kurzen Zopf zusammen und betrachtete sein Spiegelbild.

Braune Augen.

Verärgert schüttelte er den Kopf und zwang sich sämtliche Gedanken an dieses Mädchen zu verbannen. Es durfte nicht sein, dass sie ihm die gesamte Zeit im Kopf herumgeisterte. Er verließ das Bad und wollte sich in sein Zimmer verziehen, als ihm wieder einfiel, dass es noch etwas zu besprechen gab. Nach einem Seufzer ging er zur Treppe und hinunter ins Wohnzimmer.

Überrascht stellte er fest, dass bereits alle am Tisch saßen. Nicht das war es was ihn verwunderte, denn bald gab es auch Abendessen. Das irritierende daran war das Schweigen im Raum. Es herrschte eine unheimliche Stille. Normalerweise gab es immer etwas zu erzählen und es wurde nie ruhig, wenn alle zusammen saßen. Ein unbehagliches Gefühl beschlich ihn.

Er trat ganz ein und setzte sich auf seinen Platz am Tisch. Er bedachte kurz den leeren Platz neben sich, wandte dann aber schnell seine Aufmerksamkeit den anderen zu. Sein Blick huschte von Kasumi zu Nabiki, die ihm beide gegenüber saßen. Die ältere Schwester trug wie immer ein leichtes Lächeln auf den Lippen, während die Kurzhaarige ihn ausdruckslos ansah. Ob sie ihm seine Worte immer noch nachtrug?

Dann glitten seine Augen links hin zu Herrn Tendo, dem Hausherren. Seine langen schwarzen Haare trug er offen, wie immer. Er hielt seine Arme vor der Brust verschränkt und die Augen waren geschlossen. Ein nachdenklicher, sehr ernster Gesichtsausdruck zeigte sich auf seiner Mimik.

„Wir haben etwas sehr wichtiges mit dir zu besprechen, Ranma.“

Der Kampfsportler richtete seine Aufmerksamkeit seinem Vater zu, von dem die Worte kamen. Der Glatzköpfige trug eine Brille. Sein Paps war kräftig gebaut und dank ihm war er überhaupt hier. Wäre sein Vater damals nicht mit ihm zu einer langjährigen Trainingsreise aufgebrochen mit dem Versprechen aus Ranma einen ganzen Mann zu machen ansonsten würden sie beide Seppuku begehen, so würde Ranma immer noch bei seiner Mutter leben. Wie lange hatte er sie nun nicht mehr gesehen? Zwölf Jahre wurde ihm schmerzlich bewusst.

„Du wirst als offizieller Erbe der Kampfschule eingetragen und bist damit Alleinerbe“, fügte Genma Saotome ernst hinzu. „Kasumi und Nabiki haben sich damit einverstanden erklärt. Das Haus mit Grund steht aber den Mädchen zu. Ihr werdet zusammen einen Vertrag abschließen, der jedem von euch versichert, dass der jeweils andere auf dem Grundstück leben darf.“

Mit großen Augen starrte Ranma seinen Vater an. Er konnte kaum glauben, was er da hörte. Langsam bewegten sich seine Augen zu den Schwestern. Aus ihren Mienen konnte er nichts lesen, dennoch vernahm er ein sanftes Nicken von Kasumi.

Ein flaues Gefühl breitete sich in seinem Bauch aus.

„Der Vertrag ist bereits fertig. Wenn du unterschreibst ist alles in festen Tüchern. Die Mädchen haben schon unterschrieben“, zog Soun Tendo die Aufmerksamkeit aller auf sich.

Ranma betrachtete seinen Gastgeber und stellte fest, dass diesem einige Tränen über die Wangen kullerten.

Braune Augen.

Es war nicht richtig zu unterschreiben. Es war nicht sein Erbe. Das Erbe stand jemand anderem zu. Jemandem der nicht mehr hier war. Nicht mehr bei ihnen war. Dennoch war er sich sicher, dass es falsch war, wenn er es jetzt annahm.

Seine Augen wanderten auf den Tisch und er nahm das Papier wahr und den darauf liegenden Kugelschreiber.

Er zögerte, hielt seine Hände unter dem Tisch verknotet. Ranma spürte alle Blicke auf sich. Jeder wartete nur darauf, dass er unterschrieb und damit die Erbfolge schriftlich geregelt war.

„Ich möchte erst mal alles überdenken und darüber schlafen“, wich er aus und senkte die Augen.

Er wusste, dass es Blödsinn war alles sinnlos hinauszuzögern. Nabiki und Kasumi haben nie Kampfsport betrieben und auch kein Interesse an der Kampfschule. Und Akane war die rechtmäßige Erbin.

Ein Bild von Haruka schob sich wieder in seine Gedankengänge und er verdrängte es schnell wieder.

Ranma wusste, dass seine Verlobte tot war – vor drei Jahren gestorben durch Suizid. Und auch wenn er sie nie kennengelernt hatte, denn die Verlobung wurde von ihren Eltern beschlossen, als sie beide noch nicht einmal ein Jahr alt waren, so hatte er das Gefühl, dass es Verrat an ihr wäre.

„Ich kann dich verstehen“, antwortete Soun. Er öffnete die Augen und blickte den jungen Mann verständnisvoll an.

Genma hingegen brauste auf: „Spinnst du, Ranma?! Wie kannst du nur darüber schlafen wollen?!“ Er sprang wutentbrannt auf, packte seinen Sohn am Kragen und riss ihn vom Tisch weg. „So eine Chance bekommst du nie wieder und du willst ernsthaft das Angebot überdenken?!“

„Natürlich, du alter Mann! Glaubst du etwa, ich werde blind unterschreiben ohne mir über die Konsequenzen klar zu werden?“

Im nächsten Moment flog Ranma in hohem Bogen durch die offenstehende Gartentür hinaus und landete im Gartenteich. Mit einem lauten Platsch tauchte der junge Mann unter und eine kleine Fontäne stieg auf.

„Du undankbarer Bengel“, fauchte Genma und stand in der Türe. Seine Hände hatte er in die Seiten gestemmt. „So hab ich dich nicht erzogen.“

Lange tat sich nichts im Teich, doch dann tauchte Ranma prustend auf. Allerdings nicht mehr in seiner alten Form, sondern als Mädchen mit rotem Haar, großer Oberweite und klein, wie zierlich. Auch wenn in ihr genauso viel Kraft steckte, wie er als Mann auch hatte. Mit einem Satz sprang das Mädchen aus dem Teich, sprintete auf den Vater zu. Dieser wich geschickt aus und die beiden Kampfsportler bekämpften sich im Garten. „Du weißt genau, wie sehr ich meine Fluchgestalt hasse!“, fauchte das Mädchen, während es seinen Vater ohne Pause angriff.

Genma Saotome wich aus. „Strafe muss sein, mein Sohn. Ich habe deiner Mutter versprochen aus dir einen ganzen Mann zu machen. Sieh dich an! Ich werde ihr nie wieder unter die Augen treten können.“

„Du hast diesen blöden Vertrag selbst verhandelt. Ich bin nicht Schuld an deinem Fehler!“

Der Glatzköpfige Mann blieb plötzlich stehen, wehrte einen Angriff ab und begann nun seinerseits anzugreifen. Das Mädchen wich immer mehr zurück, versuchte keine Schläge einzustecken und schaffte es zunehmend auszuweichen. „Dieser Vertrag ist das Beste was uns passieren kann. Wir haben hier ein zuhause und wenn du der Alleinerbe der Alles-ist-möglich-Kampfschule bist auch einen dauerhaften Platz. Ich muss deiner Mutter nie wieder unter die Augen treten und wir beide müssen kein Seppuku begehen.“

„Weil DU zu feige bist Mama unter die Augen zu treten, bestimmst du über meine Zukunft?“ Ranma blieb wütend stehen und wehrte die Angriffe ab. Immer wieder konterte er. Er duckte sich unter einem Schlag hinweg, schaffte es den kurzen Abstand schnell zu überwinden und packte seinen Vater am Kragen. Mit einem enormen Kraftaufwand beförderte die weibliche Ranma ihren Papa in den Gartenteich. „Das hast du jetzt davon“, stieß die Rothaarige verächtlich aus und wandte sich ab. Langsam ging sie ins Haus zurück, wo Nabiki bereits mit einer Kanne heißem Wasser auf sie wartete. Seit über zwei Jahren wohnten die Saotomes im Haushalt der Tendos und Streitereien dieser Art standen tagtäglich auf dem Plan.

Hinter ihr tauchte ein großer Pandabär im Gartenteich auf, statt einem Genma Saotome.

Ranma kippte sich das Wasser über den Kopf und wurde wieder zum Mann. Finster blickte er über die Schulter zurück, ehe er sich an den Tisch setzte.

Kasumi, die zwischenzeitlich den Tisch eingedeckt hatte, erschien mit einer großen Platte Grünzeug. „Ich nehme an, Sie werden in dieser Form speisen wollen, Herr Saotome?“

Der Panda tapste langsam ins Wohnzimmer zurück, hob nebenbei ein Schildchen hoch, auf dem stand: <Vielen Dank, Kasumi!>

Alle setzten sich an den Tisch, der inzwischen mit allerlei Köstlichkeiten voll gestellt war und sie begannen zu essen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Kaninchensklave
2013-05-24T14:27:22+00:00 24.05.2013 16:27
Ein Tolles Kap

Tja was Akane ja nciht weiss das Ranma mir Shampoo noch nie
auf einem Date war und er nciht grade freiwillig mit IHr Verlobt ist
denn daran ist wie immer sein Alter Herr schuld
wie an allen anderen Verlobungen
die noch auf IHn zukommen


doch er selber scheint sich wohl eher für Akane zu INteressieren als für
diese lässtige Chinesin

GVLG
Von:  Kaninchensklave
2013-05-24T13:31:54+00:00 24.05.2013 15:31
ein Tolles Kap

es sit shcon das Tadashi und Akane nur Freunde sind und auch sie wird bald herraus finden das es jemanden gibt dem sie sehr viel bedeutet und der sie  vor jedem Idioten beschützen wird

GVLG
Von:  Kaninchensklave
2013-05-22T18:50:56+00:00 22.05.2013 20:50
ein Klasse Kap

und da sind sie wieder Kuno und Ranmas liebes Bekundungen ^^
Von:  Kaninchensklave
2013-05-19T20:39:33+00:00 19.05.2013 22:39
ein Toller anfang

na ich bin gespannt wen Akane sucht oder von wem oder was sie fleiht
doch der mit der Roten chinesischen Kampf anzug ist ihr in Auge gestcohen taj wen wnderts wenn man bedenkt
wie viele Kranke weiber hinter Ranma her sind

aber da sie auhc einen Falschen Namen nenn tist sie eindeutig auf der Flucht

GVLG  (Arata)


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