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Bi-Sho-Nen

von

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Prolog

Reden soll bekanntlich helfen, um die eigene Trauer zu bewältigen oder mit ihr umgehen zu können. Doch was tun, wenn man nicht reden kann, aber sich mitteilen möchte, damit andere merken wie groß der Schmerz tatsächlich in einem innewohnt? Ich hörte mal von einem Trauernden, dass er sich tagelang in seinem Zimmer einschloss und Bilder malte, um all seine Trauer darin zu manifestieren und der Welt zu zeigen. Er fühlte sich dadurch ein wenig leichter und nun sitze ich vor meinem Laptop und versuche auch meinen Kummer der Welt anhand meiner geschriebenen Zeilen zu offenbaren. Vielleicht wird dem Ein oder Anderen während des Lesens auffallen, dass ich doch ein recht normales und liebesreiches Leben führte, doch das Schicksal traf mich... uns hart. Wir verloren nicht nur unser aufgebautes Leben und die gemeinsamen Überreste unseres Verwandten, sondern auch unsere besten Freunde.
 

Rafael und Sam(uel) saßen an ihrem freien Tag in ihrem leeren Restaurant und schauten sich die restlichen Bewerbungen noch einmal durch. Seufzend schob Sam seinen Stapel auf die Seite und schielte zu Rafael rüber, der auch leicht verzweifelt aussah und einen Schluck seiner Cola nahm. Rafael war groß und gut gebaut. Sam verstand nicht, wie er es schaffte bei den Zeiten noch Sport zu treiben bzw. fit zu bleiben. Gut, er musste im Service sicher um einiges mehr laufen als er, aber das alleine machte seinen Körperbau sicher nicht aus! Schon vom ersten Augenblick war er ihm, trotz seinem Humor, sympathisch gewesen. Allein die grünen Augen faszinierten ihn täglich. Warum er seine Haare dunkelrot färbte, verstand er allerdings nicht sonderlich. Das passte nicht wirklich zu ihm.

Im Gegensatz zu seinem Halbbruder war Sam ein wenig schmächtiger und kleiner als Rafael. Er hatte von Natur aus schwarze Haare und dunkelblaue Augen, die auf eine Brille angewiesen waren. Er war das komplette Gegenteil von Rafael: Er trug einfache Klamotten und achtete nicht peinlich genau, was er für einen Eindruck in der Außenwelt hinterließ. Sam war sicher kein Stubenhocker, ließ sich aber selten dazu bewegen aus dem Haus zu gehen, außer es handelte sich um Einkäufe bei Tag. Ansonsten saß er gerne vor seinem Laptop und Bücher. Rafael hingegen marschierte gern auf die ein oder andere Party und brachte gelegentlich auch mal ein Mädchen ins Haus. Während Rafael Sam ständig auf den Arm nahm, versuchte Sam der ruhigere von beiden zu sein, was sicher nicht immer leicht war.

„Tu doch wenigstens so als würdest du ein wenig in die Bewerbungen schnuppern und es dir überlegen!“, meinte Rafael plötzlich als er Sams Blick auf sich spürte und aufblickte.

„Und wieso? Egal wie oft wir da reingucken, unsere Meinung ändern wir nicht mehr, oder? Die, die in Frage kommen, werden eh gleich hier erscheinen!“, Sam ließ sich sicher nicht anblaffen und lehnte sich im Stuhl zurück.

Was sie hier machten? Einen Versuch das Restaurant am Leben zu erhalten! Was nicht schwer war, allerdings fehlte das nötige Personal. Nachdem ihr gemeinsamer Großvater gestorben war, von dem beide nichts gewusst hatten, hatte dieser ihnen sein Restaurant vererbt. Erst als dessen Anwalt vor beiden Türen stand und sie aufklärte, wussten Rafael und Sam, dass sie einen Halbbruder hatten. Überrumpelt von den Neuigkeiten sagten beide ohne Überlegungen dem Erbe zu und somit wurde das Restaurant, wie es sich ihr Großvater gewünscht hatte, an beide Erben übergeben und weiter geführt.

Da sich über dem Restaurant noch eine zweistöckige Wohnung befand, konnten sie problemlos einziehen und sich besser kennenlernen. Überraschenderweise verstanden sich beide trotz der Unterschiede sehr gut und die Neueröffnung ließ ebenfalls nicht lange auf sich warten.

Anfangs war das Restaurant noch recht mager besucht, da einem Besitzerwechsel in der Gegend mit Skepsis begegnet wurde, doch schon nach wenigen Wochen konnten die beiden die Besucher umstimmen. Nun standen sie vor einem anderen Problem. Das Restaurant wurde so gut besucht, dass sie alleine nicht mehr nachkamen und ein wenig umbauen mussten, damit sie noch mehr Plätze anbieten konnten. Womit ehrlich gesagt keiner der beiden gerechnet hätte.

Spontan entschieden sie sich für eine Anzeige und nun saßen sie im leeren Lokal und warteten bis die wenigen, vernünftigen Bewerber für ihr Gespräch kamen.
 

Schon nach kurzer Zeit trudelten die besagten Personen nach und nach ein und die Gespräche verliefen recht schnell und zu ihrer Zufriedenheit. Sie hatten genau sechs Leute eingeladen und diese schienen nach ihrem Auftreten zu urteilen recht ansprechend zu sein. Nachdem beide eine Nacht drüber geschlafen hatten, entschieden sie sich alle auf Probe bei sich aufzunehmen und einzustellen. Die Chaos WG war demnach eröffnet und schon nach wenigen Tagen sollten ihre neuen Kollegen in die Wohnung einziehen und mit der Arbeit beginnen…
 

~+~ Prolog Ende ~+~

Ein normaler Arbeitstag

Sam konnte nicht schlafen und setzte sich daher um drei Uhr morgens an den Schreibtisch und schaltete seinen Laptop an. Wieso sinnlos im Bett liegen, wenn man die Zeit nutzen konnte? In der Wohnung war es still und alle schienen tief und fest zu schlafen. Nun war es schon fast 2 Wochen her, dass ihre neuen Kollegen eingezogen waren und er horchte immer noch, ob sich jemand seinem Zimmer näherte. Sam hasste es, wenn jemand ungefragt eintrat, vor allem, wenn er gerade am arbeiten war. Doch das hatte bisher keiner getan, außer Rafael. Daher verstand er nicht, warum er immer noch so paranoid war und schüttelte den Kopf. Ja klar, da stand einer der Anderen extra um drei Uhr morgens auf, nur um ihn im Zimmer zu überraschen und sein kleines Geheimnis zu lüften? Ist klar! Seufzend stand Sam auf und trat aus dem Zimmer, um sich in der Küche leise einen Kaffee zu machen. Allerdings schien er doch nicht der Einzige zu sein, dennschon von seinem Zimmer konnte er Licht durch den Türspalt entdecken. Da war wohl noch jemand schlecht im Einschlafen?

Leise betrat er seine Küche und entdeckte eins der Mädchen, Faith. Sie bemerkte ihn nicht und schien verschlafen auf die Maschine zu schauen. Sie und die Kaffeemaschine standen immer noch leicht auf Kriegsfuß und die Jungs amüsierten sich jeden Tag über sie, was sie mit Humor abwehrte.

Faith war für ein Mädchen recht groß und reichte sogar ihn fast mit der Höhe ein. Faith erinnerte ihn ein wenig an sich selbst. Auch sie scherte sich nicht um das Aussehen und war auf die Arbeit fokussiert. Sie war eine der ersten, die morgens aufwachte und eine der letzten, die ins Bett ging. Sie redete leider nicht viel über ihren Tagesablauf, auch wenn sie abends zusammen in der Küche standen und für die Gäste kochten. Sam wusste nur, dass sie früh morgens zum Familientempel ging und dort ihrem Vater aushalf. Nachmittags war sie dann mit anderen Nebenjobs beschäftigt. Über weitere Dinge, Familie und Arbeit betreffend schwieg sie, was ihn allerdings weniger störte.

Lächelnd lehnte er sich gegen die Wand und schaute noch ein wenig zu, wie sie mit der Maschine kämpfte, ehe er ihr seine Hilfe anbot. „Soll ich helfen? Ich brauche auch einen Kaffee!“

Überrascht schrak sie zusammen und war nun anscheinend hellwach. Faith schaute ihn entschuldigend an und seufzte. „Hab ich dich etwa geweckt? Wenn ja tut es mir Leid…“

„Ach nicht doch. Ich konnte nicht mehr schlafen und wollte mir einen Kaffee holen. Glück für dich, würde ich mal sagen!“, lächelnd und mit schneller Bedienung hatte er auch schon alles erledigt und der Kaffee konnte ungehindert in die Tassen fließen. „Dafür, dass du in der Küche sonst so gut bist, ist es wirklich verwunderlich, dass das hier so schwer sein soll!“

Faith lächelte lediglich entschuldigend und nahm die Tasse mit einem Danke in Empfang, um gleich darauf wieder in ihr Zimmer im zweiten Stock zu verschwinden. So viel zum Thema gesprächig! Nachdem sein Kaffee fertig war, schaltete er das Licht aus und verschwand ebenfalls in sein Zimmer, um sich dort ein wenig seinen Geschichten zu widmen, die er nachts für eine Zeitschrift schrieb. Davon wusste allerdings niemand, außer seinem Halbbruder, und das sollte auch so bleiben!
 

Ohne eine Vorwarnung schwang die Zimmertür auf und Rafael stand in seinem Zimmer. Mürrisch drehte sich Sam um und fauchte ihn an, dass er das nächste Mal klopfen sollte. Was diesen jedoch recht wenig juckte. „Ich dachte du hast verschlafen, weil du noch nicht in der Küche stehst… anscheinend hast du allerdings einfach nur die Zeit vergessen, wenn ich dich so vor dem Laptop sehe.“

Sam schaute auf die Uhr und musste feststellen, dass er Recht hatte. Er HATTE die Zeit vergessen und um diese Uhrzeit war er längst mit dem Frühstück fertig. War er mal wieder so in Gedanken, dass er den morgendlichen Werdegang in der Küche verpasst hatte? Dabei waren seine Mitbewohner in der Regel mehr als leise. Mit einem knappen „Ich komme gleich“ scheuchte Sam seinen Halbbruder aus dem Zimmer und ging rasch ins Bad, um sich ein wenig frisch zu machen und kurz darauf in der vollen Küche zu stehen. Im Grunde waren fast alle anwesend, außer Faith und John. Erstere war sicher schon im Tempel und John hatte sicher wieder vergessen den Wecker zu stellen.

Rafael saß mit Nici am Tisch und unterhielt sich ein wenig. Nici oder eher Nicole war die zweite Frau in der WG und war hier wohl mit Rafael gut vergleichbar. Sie war zwar kleiner als Faith, jedoch viel aufgeschlossener und redete gerne über sich und ihr Umfeld. Man merkte ihr richtig an, dass sie Spaß am Leben hatte, zumal sie ihr Hobby zum Beruf gemacht hatte. Trotz ihrer 20 Jahre und dem auf gestyltem Aussehen, hatte sie etwas Kindliches an sich, was vor allem Männer anzog. Das spürte man vor allem in ihrer abendlichen Schicht, wenn man Rafaels Worten glauben konnte.

Morgens arbeitete Nici in einer Software Firma und nach dem Mittag arbeitete sie als Visagistin an verschiedenen Orten für kleinere Aufträge. Das Kellnern im Restaurant war eher eine Nebenbeschäftigung, um Erfahrungen zu sammeln.

Sam wurde durch die drei anderen Kerle aus den Gedanken gerissen. Seiji und Alex machten sich mal wieder über Matt(hew) her und schikanierten ihn. Matt tat ihm schon fast Leid, doch ein wenig war er selbst schuld, zumal er ständig so provokant reagierte. Da wurde selbst er an so manchen Tag schwach und ließ gerne mal einen Kommentar von sich.

„Also ganz ehrlich, Kleiner…!“, Alex nahm mal wieder die falsche Anrede in den Mund, denn Matt griff sich die Servierten Rolle und schmiss auch gleich nach ihm. Was noch harmlos war, denn der Kleine hatte keine Hemmungen auch andere Dinge durch die Luft fliegen zu lassen.

Matt war mit seinen 18 Jahren der Jüngste und Kleinste von allen Männern hier - und sehr leicht zu ärgern, was ihn schnell und einfach zur Zielscheibe von allen machte. Allerdings ließ er sich keineswegs unterkriegen, was letztendlich zu einer lauten Situation führte oder er schmollend aus dem Zimmer marschierte. Für sein Alter war er recht intelligent, was die Noten bestätigten. Trotz der Arbeit und dem abendlichen Judo- und Karatetraining, schaffte er es noch irgendwie zu lernen, was beachtlich war. Auch Matt war bei ihm in der Schicht und half ihm nachmittags in der Küche aus, hauptsächlich Süßes. Denn das war seine Spezialität. Über sein Privatleben wusste keiner etwas, da war er noch verschwiegener als Faith, was kaum vorstellbar war.

Alex ließ es sich von Anfang an nicht nehmen den Jüngeren zu schikanieren, was mit seinen 23 Jahren nicht gerade von Reife zeugte. Zu seiner Verteidigung entschuldigte er sich immer lachend bei den Anderen und begründete sein Verhalten damit, dass er einfach alles toll fand, was süß war. Das sollte Matt allerdings am Besten nie zu Ohren bekommen. Ansonsten war Alex eine recht ruhige und ehrliche Person, der in seiner Freizeit Musik komponierte und in einer Band spielte. Aufgrund seiner gescheiterten Beziehung beschloss er ebenfalls in die WG zu ziehen, um seine Ex endlich loszuhaben. Mit ihm unterhielt sich Sam recht oft in seiner Schicht, zumal sie ein paar gleiche Interessen hatten und man sich allgemein gut mit ihm unterhalten konnte.

„Nenn mich NICHT Kleiner!“

Seufzend versuchte Sam den kleinen Krieg zu ignorieren und trat zum zweiten Mal an diesem Morgen an die Kaffeemaschine, nur um festzustellen, dass das Wasser und die Kaffeebohnen alle waren. Was er auf den Tod nicht leiden konnte, war die Tatsache, dass er auf seinen Kaffee warten musste. Genervt drehte er sich um und fixierte die drei Jungs mit einem kalten Blick.

„Wer von euch hat zuletzt Kaffee gezogen?“, nach den Worten wurde es augenblicklich ruhig, nur Rafael und Nici redeten weiter. Seiji trat einen Schritt vor und legte Sam freundschaftlich den Arm um die Schulter. „Chef, das ist nicht mehr nachvollziehbar, aber wenn du dich an den Tisch setzt und geduldig wartest, werde ich sogar meine Verspätung in Kauf nehmen und dir einen Kaffee zubereiten!“ Seiji versuchte sich mal wieder rauszureden und bei Sam ein zu schleimen. Das hieß also, dass er der Letzte war.

Seiji war ein recht offener Kerl, gerne mal sarkastisch und vor allem ehrlich – auf seine Art zumindest. Er versucht sich zwar aus Problemen rauszuhalten, verursacht die Meisten allerdings selbst. Schon in den ersten Tagen lernte man ihn als humorvolle Person kennen, der sein Leben auch auf diese Weise genießt. Außerdem offenbarte er direkt, dass er aufs gleiche Geschlecht stand und nicht vor hatte irgendeinen in der WG anzuschmachten, da keiner sein Typ war. Ob man sich darüber freuen oder weinen sollte, sei mal dahingestellt. Seiji war noch Student und ist nur in die WG gezogen, da sich in dem Wohnheim ein Brand ereignet hatte und er seinem Freund nicht länger auf der Tasche liegen wollte. Neben dem Job im Restaurant gab er noch gelegentlich Nachhilfe Stunde in Mathe und verdiente sich hier ebenfalls noch ein paar Groschen, die Partybesuche musste er schließlich auch alle irgendwie zahlen.

„Seiji… es reicht mir schon, wenn du das, was du geleert hast, auch wieder nachfüllst!“, Sam schaute ihn mit einem bösen Blick an und merkte im Augenwinkel, dass sich Matt verdrückte und Alex sich grinsend an den Tisch setzte. „Mach, dass du Land gewinnst!“

Sam seufzte und drehte sich zu der Maschine um. Er wusste genau, dass Seiji wieder zu spät dran war und die Vorlesung verpassen würde. Da musste er wegen dem Kaffee nicht gleich noch nachhelfen. Er hörte noch, wie Seiji mit einem „Du bist der Beste!“ aus der Küche lief. Und so wie er es einschätzte grinste dieser breit und zwinkerte Alex auch noch frech zu. Er war ja selbst schuld, er konnte dem Jüngeren nichts abschlagen.

„Du lässt dich zu leicht um den Finger wickeln, Sam!“, meinte nun Rafael, der sich, auch wenn er es nicht offen zeigte, darüber amüsierte.

„Schnauze…!“, es dauerte bis Sam seinen Kaffee in den Händen hielt, marschierte dann aber mit Alex runter ins Erdgeschoss in die Restaurantküche. „Sag mal, muss das eigentlich jeden Morgen so ablaufen? Matt tut mir manchmal echt leid!“

Alex grinste wieder breit und öffnete seinem Chef die Tür. „Es tut mir ja wirklich Leid, dass ihr alle darunter leiden müsst, aber es ist einfach immer wieder eine Bereicherung für mich ihn aufzuziehen. Allein dieser böse Blick von ihm und die Reaktionen sind einfach göttlich! Als wäre er noch ein kleiner Junge. Da fällt es einem echt schwer damit aufzuhören.“ Alex schwelgte kurz in Erinnerungen. „Erinnerst du dich noch ein paar Tage nach dem Einzug, als ich hinter ihm hergegangen bin und ihn das wieder aufgeregt hat?“ Nachdem Sam genickt hatte, fuhr Alex direkt fort. „Da hat er mich doch wieder so tierisch angemeckert und seine ganze schlechte Laune raus gelassen. Vor allem seine rhetorische Frage >Bist du auch schwul, oder was?< fand ich sehr vorlagenreif. Ich hätte nicht gedacht, dass ihn meine Antwort so aus der Fassung bringt. Ich glaube, dass hat es mir besonders angetan!“

Alex lachte und Sam konnte nur schmunzeln. „Na ja, du hast dem Kleinen wohl einen riesen Schrecken mit der Antwort eingejagt. So ein plötzliches >Ja, und ich find dich richtig süß!< kriegt man schließlich nicht jeden Tag von einem Kerl zu hören! Wir mussten uns im Wohnzimmer wirklich zusammenreißen nicht zu lachen!“

Die beiden plauderten noch ein wenig über Matt und holten alle Lebensmittel herein als der Lieferant vor der Tür stand.
 

Nici und Rafael saßen noch am Küchentisch, nachdem Sam und Alex verschwunden waren und hörten die schnellen Schritte über ihnen. „Ich würde jetzt einfach mal schwer behaupten, dass John doch tatsächlich aufgewacht ist!“, schmunzelt nahm Nici ihren letzten Schluck aus der Tasse und stand auf. Nachdem ihre Tasse in der Spülmaschine stand, kam auch schon ein zurechtgemachter John in die Küche gerast.

„Warum weckt mich denn keiner?“, fragte dieser hektisch und nahm sich ebenfalls einen Kaffee, um richtig wach zu werden.

„Das hatte ich vor. Mit einem Eimer kalten Wasser, um genau zu sein!“, Rafael schaute den Verschlafenen mit einer ernsten Miene an und klopfte ihm dann auf die Schulter. „Du hast die Haare vergessen!“

Damit marschierte Rafael ebenfalls nach unten ins Restaurant und ließ den armen Jungen allein zurück, da sich Nici gleich nach seiner Ankunft schon verdrückt hatte. Seufzend schmierte John sich etwas Kleines und raste mit seinem Frühstück nochmal nach oben ins Bad, nur um Festzustellen, dass Rafael ihn auf den Arm genommen hatte. Natürlich hatte er seine Frisur gerichtet, ehe er nach unten gelaufen war. Fluchend aß er alles auf und verschluckte sich an seinem Kaffee, ehe auch er sich an die Arbeit machte. John wollte Rafael nicht alleine lassen, denn das durfte er sich sonst die nächsten Tage vorhalten lassen.

„Na, wach?“, fragte ihn dieser als John das Lokal betrat.

„Das ist nicht lustig!“, warf er Rafael vor, der ihn nur grinsend anschaute. „Aber ja, danke der Nachfrage. Ich BIN wach!“

„Du solltest ruhig früher aufstehen. Das Frühstück am Morgen ist das Highlight des Tages bei uns. Alex und Seiji konnten es mal wieder nicht lassen Matt zu ärgern.“

John wurde direkt hellhörig, denn auch er gehörte zu denjenigen, die es gerne mal auf Matt abgesehen hatten. Vielleicht sollte er seine Mitbewohner einfach mal bitten ihn aufzuwecken, wenn sie aufstanden. Dann musste er nicht jeden Abend verzweifelt dran denken, den Wecker zu stellen. Allerdings wollte Rafael nicht mit der Sprache rausrücken, was diesmal der Anlass war - anscheinend war dies Strafe genug für sein Verschlafen.

John gehörte zu den Leuten, die am liebsten lange schliefen, doch er ließ keinen im Stich und selbst wenn er verschlafen oder halb nackt arbeiten müsste, würde es ihm nichts ausmachen. Er hatte Spaß am Kellnern und nachmittags hatte er gelegentlich Aufträge als Model. Nur durch die derzeit magere Auftragslage versuchte er nebenher noch anders Geld zu verdienen und zu sparen, was ihn dazu bewegt hatte sich bei Sam und Rafael zu melden.
 

Der Vormittag verlief recht ruhig und Rafael hatte sogar zwischendurch etwas Zeit das Haushaltsbuch nebenher zu vervollständigen, während John von einem Tisch zum Anderen hechtete. Rafael musste zugeben, dass sie mit ihrer Auswahl genau ins Schwarze getroffen hatten. Seine neuen Arbeitskollegen waren nicht nur eifrig, sie lockten mit ihrem Aussehen und Charakter auch immer wieder neue Gäste an, die so langsam zu Stammgästen wurden. Lächelnd beobachtete er den Jüngeren, wie er gerade wieder an einem Tisch mit vier Frauen stand und diese ein wenig an flirtete.

Nach den ersten Tagen fand er dies ein wenig unpassend, aber warum nicht? Es schadete ihrem Image keineswegs und lockte so noch mehr Leute an. Außerdem bot der Umbau nun einen kleinen Bereich als eine Art Café an, was bei den jüngeren Gästen sehr gut ankam.

Allerdings musste Rafael Sam zustimmen, als dieser damals eingeworfen hatte, dass es ggf. zu Problemen führen könnte, wenn sie die Gäste anschmachteten und eine Beziehung zu Stande kam oder die Freundin mal vorbei kam. Um dies vorzubeugen hatte er direkt zu Beginn ein kleines Machtwort ausgesprochen, und jeder war damit einverstanden. Aus dem Grund war es nicht gestattet, eine engere Beziehung zu Gästen zu haben, wenn diese ihre Eifersucht nicht zügeln konnten oder gar seinen Freund oder seine Freundin ins Restaurant einzuladen. Außerdem hatte Rafael verlauten lassen, dass er unter den Kollegen keine Beziehung erlaubte, da dies bei Streitigkeiten zu Problemen führen könnte. Sowohl Privat in der WG als auch während der Arbeitsschichten. Dies klang zwar etwas altmodisch, doch jeder war bereit diesen Kompromiss einzugehen, um die Harmonie zu wahren. Was bisher auch super geklappt hatte.
 

Kurz bevor es Zeit wurde Alex und John abzulösen, erschienen Seiji und Matt auch schon in der Küche. „Hey, Chef. Du kannst Pause machen!“, posaunte Seiji auch gleich lauthals und schnappte sich eins der Erdbeeren vom Tisch, nur um kurz darauf einen Schlag mit Alex Handtuch auf die Schulter zu bekommen.

„Hör auf zu klauen und schieb deinen Hintern raus, um Rafael eine Pause zu gönnen!“

„Du willst ja nur meinen hübschen Hintern beim Rausgehen betrachten! Gib es zu!“, Seiji schüttelte theatralisch seinen Kopf, als wäre er enttäuscht und marschierte dann doch zu Rafael. Sie ließen die Schichten absichtlich überlappen, damit sich sowohl Sam als auch Rafael eine Pause nehmen konnten.

Während sich John und Seiji draußen köstlich mit den Gästen amüsierten, versuchte Matt Alex nicht zu nahe zu treten. Er hasste diese überlappende Zeit, konnte allerdings nichts dagegen tun. Alex bemerkte dessen Unbehagen jeden Tag und konnte einfach nicht anders als ihn strahlend und voller Freude zu triezen. Da er vorhin sein letztes Gericht fertig gestellt hatte, stellte er sich kaum hörbar hinter den Kleineren und flüsterte dann neben seinem Ohr, warum er denn so angespannt da stand. Matt erschrak fürchterlich und ließ sogar fast seine Utensilien fallen, wurde aber kurz darauf wieder gefasst und schlug mit seinem Ellenbogen nach dem Älteren.

„Lass den Mist! Ich bin am Arbeiten. Wenn du kein Bock mehr hast, verschwinde.“

„Du bist ganz schön herzlos, dabei will ich dir doch nur bei der Arbeit zuschauen!“

„Das juckt mich nicht, zieh Leine! Ich kann dich nicht leiden, wenn es dir noch nicht aufgefallen ist!“

Alex legte die Hand aufs Herz und schaute ihn mit einer traurigen Miene an. „Das trifft mich jetzt tief. Sehr tief. Dabei kann ich dich sehr gut leiden!“

„Ja klar, so sehr, dass du mich ständig nervst und aufziehst, oder was? Danke, aber darauf kann ich verzichten!“

Matt wurde unbewusst wieder lauter und die Gäste draußen mussten ja nicht gleich alles mitkriegen. Aus dem Grund nahm Alex ihm den Löffel aus der Hand und stemmte seine Arme auf den Tisch, um Matt am Fliehen zu hindern. Schnell hatte er den Abstand zwischen den beiden verringert und war nun ganz nah an dessen Gesicht, sodass ein Flüstern ausreichte, damit Matt ihn verstand.

„Du bist selbst schuld. Wenn du dich nicht so süß aufregen würdest, dann hätte ich auch keinen Narren an die gefressen, Kleiner.“

Matt wollte gerade etwas erwidern, doch Alex stoppte ihn noch rechtzeitig, damit kein Gebrüll aus seinem Mund kam. „Nur ein lauter Ton und ich küsse dich!“ Sofort schloss der Jüngere den Mund und schaute Alex giftig an. Schnell ließ er ihn wieder frei und lachte leise, ehe Matt ausholen und ihm eine verpasste. Er musste zugeben, dass Matt für sein Aussehen nicht schwach war, das machte wohl das abendliche Training aus, und er wollte auf keinen Fall der Ersatz des Sandsackes sein. Das stand fest.

Matt hingegen hatte sich derweilen umgedreht und arbeitete ohne aufzublicken. Anscheinend schmollte dieser wieder und war wütend. Das sah man besonders am Kraftaufwand, wie er das Fleisch schnitt. Still schweigend beobachtete er ihn die restlichen Minuten, ehe Sam wieder die Küche betrat und Alex für heute befreit war.
 

Auch der Nachmittag und der nächste Schichtwechsel verlief ruhig und entspannt. Doch das war für einen Montag ganz normal und nach dem stressigen Wochenende nötig. Nachdem die letzte Schicht alles aufgeräumt hatte, schlossen sie das Restaurant und marschierten wieder nach oben in die Wohnung.

Nici ging lachend neben Rafael her und unterhielt sich über ihren Tag, um sich erst mal in der Küche noch einen Kaffee zu holen. Sam und Faith hingegen wollten lieber zuerst unter die Dusche um dem Essensgeruch zu entfliehen.

Nachdem Nici ihren Kaffee ausgetrunken und Rafael eine gute Nacht gewünscht hatte, wollte auch sie endlich unter die Dusche. Im ersten Stockwerk war leider eins der Bäder besetzt, doch das zweite Bad schien frei zu sein. Also suchte sie ihre sieben Sachen zusammen und beeilte sich schnell hineinzuschlüpfen, ehe ein anderer eintrat. Voller Elan öffnete sie die Tür und stand Seiji entgegen, der sich gerade in seinen Boxershorts rasierte.

„Ich weiß, dass ich einen geilen Körper habe, allerdings kannst du den Mund wieder schließen, Liebes!“, grinsend zwinkerte er ihr zu und rasierte sich weiter. „Entweder kommst du rein oder gehst wieder, ich bin gleich fertig!“

Das ließ sie sich nicht zweimal sagen und trat ein. Da er schwul war und null Interesse an Frauen hatte, war das sicher kein Problem. „Wehe du schaust mir etwas ab!“

Seiji erwiderte nichts darauf und schmunzelte über die Reaktion, die er nicht erwartet hatte. Es gab schließlich wenige Frauen, die sich vorbehaltslos in die Höhle des Löwen trauten – auch wenn er nicht wirklich auf Frauen stand.

„Respekt.“, murmelte dieser als er im Spiegel mitbekam, dass sich Nici hinter ihm zu entkleiden begann.

„Das hat mit Respekt nicht viel zu tun. Du bist schwul, ich hab vor dir nichts zu befürchten, oder wirst du dich etwa über mich hermachen? Außerdem will ich schnell unter die Dusche. Bis du fertig bist, dauert es sicher noch ein paar Minuten!“, damit ließ sie die letzten Hüllen fallen und trat in die Duschkabine, ohne sich weiter um den Älteren zu scheren.

Seiji pfiff Nici leise hinterher, denn auch wenn er nicht auf Frauen stand, musste er doch gestehen, dass alles am rechten Platz saß. „Wenn ich das den Jungs erzähle, werden die doch glatt neidisch werden. Manchmal hat es wirklich Vorzüge auf Männer zu stehen!“, flüsterte er leise und achtete danach nicht mehr auf Nici, um sich mit der Klinge nicht zu schneiden.
 

Rafael marschierte mit einem Handtuch um die Schulter und lediglich seiner Hose nach unten in den ersten Stock, um nochmal bei Sam vorbei zuschauen. Dieser war schon geduscht und saß ebenfalls nur mit einer Hose bekleidet an seinem Schreibtisch. Rafael betrachtete seinen Halbbruder und hob lediglich die Augenbraue.

„Dir ist auch nicht mehr zu helfen, oder? Du stürzt dich von einer Arbeit in die nächste. So dringend brauchen wir das Geld nun auch nicht!“

Sam ließ sich nicht beirren und schaute seinen Bruder nicht mal an. „Das hat weniger mit dem Geld zu tun, sondern damit, dass ich das Manuskript morgen Nachmittag vorlegen muss. Wie wäre es, wenn du nicht da rumstehst und mir lieber hilfst, dass passende Wort zu suchen?“

Rafael schloss mit ernster Miene die Zimmertür und schmiss sich regelrecht auf Sams Bett, der ihn nun mit einem mahnenden Blick anschaute. „Was? Wenn ich dir helfen soll, dann kann ich es mir doch wenigstens bequem machen, oder nicht?“

„Was wolltest du eigentlich hier?“

„Aha… erst anlocken und jetzt abschieben? Danke, aber ich habe es mir gerade erst gemütlich gemacht!“

„Rafael….“

„Morgen ist unser freier Tag und die zweite Woche, sprich das gemeinsame Essen steht an. Soll ich alle aus dem Bett werfen und Bescheid geben oder meinst du ein Zettel auf dem Tisch genügt?“

Sam überlegte kurz, denn er wusste, was Rafael meinte. Sie hatten beschlossen jede zweite Woche an ihrem freien Tag ein Abendessen mit allen zusammen zu genießen. Allerdings hatte es keiner von beiden heute während der Schicht erwähnt und wer weiß, was die anderen Morgen vor hatten.

„Leg ein Zettel in die Küche. Wer nicht kann, soll absagen!“, war Sams einzige Aussage und schon schrieb er weiter, da ihm endlich eingefallen war, was er schreiben wollte. Alles andere blendete er aus und bemerkte nicht mal, dass Rafael nach wenigen Minuten wieder aus dem Zimmer verschwand, um sich ins Bett zu legen.
 

Matt stand unschlüssig vor Faiths Tür und war sich nicht ganz sicher, ob er nun klopfen oder sie morgen früh belästigen sollte, zumal es doch recht leise in ihrem Zimmer war. Matt fasste sich letztendlich ein Herz und klopfte leise, nur um kurz darauf ein „Herein“ zu vernehmen. Erleichtert seufzte er auf und öffnete die Tür, um die Ältere an ihrem Schreibtisch zu sehen. Sie blickte auf und hob die Augenbraue als sie Matt erblickte.

„Tschuldige für die spätere Störung!“, Matt entschuldigte sich als erstes, zumal er trotz seiner aufbrausenden Art doch gut erzogen war. „Hast du vielleicht fünf Minuten?“ Er zeigte auf sein Buch und sie nickte. Matt war der Einzige, der wusste, dass Faith nachts nebenher für ihr Fernstudium büffelte, da sie zu den anderen Tageszeiten keine Zeit hatte. Außerdem beschäftigte sie sich hauptsächlich mit Geschichte, worin er gelegentlich mal auf dem Schlauch stand. Er hielt den Mund und sie erklärte ihm diverse Dinge, damit konnten beide gut leben.

Da Matt nicht auf den Kopf gefallen war, waren sie auch wirklich nach knappen fünf Minuten fertig und er erfuhr auch gleich mehr über Details, die nicht im Buch standen. Er bedankte sich wie immer bei ihr und wünschte eine gute Nacht, ehe er aus dem Zimmer trat. Nachdem er die Tür hinter sich schloss und plötzlich Alex neben sich bemerkte, erschrak er fürchterlich.

„Na, seid ihr heimlich am Regel brechen?“, fragte er den Jüngeren mir einer hochgezogenen Augenbraue und war interessiert, was er denn bei Faith zu suchen hatte. Er selbst kam gerade aus dem ersten Stock, wo sich Seiji, John und er in Seijis Zimmer einen Film angeschaut hatten, da sie zu faul waren ins Wohnzimmer im zweiten Stock zu laufen.

„Das geht dich nichts an!“, zischte Matt ihn an und machte einen Bogen um Alex, damit er ungestört in sein Zimmer gehen konnte. Der Ältere fühlte sich allerdings nicht sonderlich angesprochen und folgte ihm einfach mit ins Zimmer.

„Hey, ich habe ausnahmsweise mal nichts gemacht, warum bist du immer so abweisend?“

Matt fixierte den Anderen und fragte sich, ob dieser wirklich so dumm war oder sich absichtlich verstellte. „Wenn es dir noch nicht aufgefallen ist, den Grund habe ich dir heute Mittag schon genannt. Ich kann dich nicht leiden, also hau aus meinem Zimmer ab!“

„Und wenn ich nicht will?“, provokant trat er vollständig ein und schloss die Tür hinter sich. Er wusste, dass das seine Privatsphäre war und er selber es nicht leiden konnte, wenn jemand bei ihm so handelte, aber irgendein Teil von ihm wollte jetzt nicht so einfach gehen.

„Was… ist dein Problem, Alexander?“

Lächelnd ging er ein paar Schritte auf ihn zu und legte dem Jüngeren seine Arme locker auf die Schulter. „Ich glaube, das ist das erste Mal, dass du mich beim richtigen Namen genannt hast. Sag das nochmal!“

Matt war zunächst irritiert und wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte, doch als er in das wartende Gesicht des Älteren schaute, kam er wieder zu Besinnung und fluchte innerlich, wie blöd er denn war. Mit einer schnellen Handbewegung warf er dessen Arme von sich und schob ihn mit einem kräftigen Hieb Richtung Tür. „Mach das du Land gewinnst und lass dich hier nicht mehr blicken!“ Er versuchte sich nicht noch weiter aufzuregen, da die Chance bestehen könnte, dass schon jemand im Bett lag, doch das kostete ihn sehr viel Beherrschung.

Alex schürzte die Lippen und legte den Kopf leicht schief, um kurz über die Situation nachzudenken. Entschied sich die Sache allerdings auf sich beruhen zu lassen und wünschte dem Anderen eine gute Nacht, ehe er den Raum verließ. Auch er wollte es nicht riskieren von ihren beiden Chefs eine Abmahnung bei Nacht zu kassieren. Tagsüber war das schon eine andere Sache. Alex blieb kurz vor Matts Tür stehen, ehe er sich in das gegenüberliegende Zimmer verschanzte und zu Bett ging.
 

~+~ Kapitel 1 zu Ende ~+~

Ein ganz normaler freier Tag

Der nächste Tag war ihr einziger freier Tag in der Woche, den jeder für sich nutzte. Sofern keine Schule, Uni oder andere Arbeit anstand. Aus dem Grund war Faith auch an diesem Tag schon sehr früh auf und holte sich, wie jeden Morgen, einen Kaffee aus der Küche, um sich damit dann in ihrem Zimmer fertig zu machen. Sie versuchte leise zu sein, damit keiner wegen ihr aufwachte.
 

Nachdem sie das Haus verlassen und den nächsten Bus erwischt hatte, wurde sie bis fast an den Rand der Stadt gefahren. Leider befand sich ihr Familientempel nicht sehr zentriert, was die Hinfahrt doch recht erschwerte – zumindest zeitlich. Faith stieg aus dem Bus und hatte noch einen fünf minütigen Weg, bis sie schließlich vor den Treppen stand, die zum Tempel hochführten. Der Wind hatte wieder die abfallenden Blätter der umliegenden Bäume auf den Weg gebracht. Seufzend marschierte sie diese nach oben und entdeckte auch gleich schon ihre Mutter, die vor dem Tempel das Laub wegkehrte. Kopfschüttelnd ging sie auf diese zu und nahm ihr den Besen weg.
 

„Mutter, du sollst so etwas doch nicht mehr machen. Schlaf lieber länger, ich komme doch extra jeden Morgen vorbei!“, tadelte sie ihre eigene Mutter und holte auch gleich einen Umschlag aus ihrer kleinen Handtasche. „Hier, dass Geld ist von letzter Woche noch über!“
 

„Ach Kind!“, seufzend schüttelte die ältere Frau den Kopf und wollte weder den Vorschlag noch das Geld annehmen. „Du musst nicht immer so früh herkommen und das Geld sollst du doch sparen…“
 

„Mutter, ich weiß, wie es um euch steht. Ich bin extra ausgezogen, damit ihr es einfacher habt und glaube mir, ich lege Geld zurück. Also sei nicht ständig so stur, nimm es und geh ins Haus, um noch ein wenig zu Schlafen. Das hat der Doktor auch gesagt! Du bist nicht mehr die Jüngste, also los!“
 

Gegen die Sturheit ihrer Tochter konnte Faiths Mutter nichts tun, schließlich hatte sie dies von ihr geerbt. Es würde entweder im Streit enden, oder sie würde nachgeben. Also warum nicht gleich aufgeben? Widerwillig nahm sie den Umschlag entgegen und küsste Faith auf die Stirn.
 

„Überarbeite dich nicht, mein Kind.“, mit diesen Worten überließ sie ihrer ältesten Tochter die morgendlichen Vorbereitungen, was auch das Frühstück ihrer jüngeren Geschwister beinhaltete. Allerdings dürfte das noch eine knappe Stunde dauern. Bis dahin hatte sie sicher den Weg freigekehrt, mit dem sie auch gleich begann.
 

~
 

Nici, Seiji und Matt hatten in etwa dieselben Zeiten, was das Aufstehen anbelangte. Aus dem Grund trafen sich die drei an ihrem freien Tag alleine in der Küche, was vor allem Matt nicht sonderlich gefiel. Er hatte am liebsten seine Ruhe und mit Seiji war eine morgendliche Unruhe einfach vorprogrammiert. Schon allein sein Eintreten in die Küche missfiel dem Jungen, was er ihm auch stets zeigte, sowohl mit Worten als auch mit seiner Mimik.
 

„Einen wunderschönen guten Morgen, Nici! Hallo Kleiner. Auch schon wach?“, bevor der Ältere Matt den Arm spielerisch um die Schulter legen konnte, wich dieser ihm aus und hätte ihm sogar fast eine verpasst.
 

„Verpiss dich. Habe ich dir nicht hundert Mal gesagt, dass du mich morgens in Ruhe lassen sollst? Wann raffst du das endlich?“
 

Spielerisch legte er seine Stirn in Falten und tat so als würde er nachdenken. „Nie!“, war seine einzige Aussage und schnappte sich Matts Kaffeetasse mit dem fertigen Kaffee. „Du solltest morgens keinen Kaffee trinken. Ist schlecht für die Zähne und deine Nerven!“
 

Genüsslich trank er einen Schluck und versuchte sein Grinsen zu verbergen, doch ehe er sich versah hatte er kurz darauf tatsächlich Matts geschmiertes Marmeladenbrot im Gesicht kleben. Ohne weiter etwas zu sagen, da er es langsam leid war, nahm er sich noch einmal einen frischen Kaffee und ließ Seiji mit Nici allein in der Küche zurück.
 

Mürrisch und leise fluchend ging er wieder in den zweiten Stock und suchte in seinem Zimmer alle Sachen zusammen, die er heute für seinen Unterricht brauchen würde. Nachdem er seinen Kaffee ausgetrunken hatte, wollte er noch schnell ins Bad. Gerade als er die Tür dorthin öffnen wollte, wurde diese schwungvoll von innen geöffnet und Alex stand mit lediglich einem Badetuch um die Hüften vor ihm. Überrascht blieb er wie angewurzelt stehen und Alex lächelte ihn stattdessen fröhlich an.
 

„Guten Morgen, mein Kleiner! Na, schon fertig für die Schule?“, lässig lehnte sich der Ältere an den Türrahmen und schaute zu Matt herab. Matt rollte mit den Augen und drehte sich um, um das andere Bad aufzusuchen. Er hatte wirklich keine Lust jetzt auch noch mit Alex zu reden. Seiji hatte ihm völlig gereicht. Alex sah das jedoch anders. „Hey, nicht so schnell!“ Bevor der Jüngere auch nur einen Schritt in Richtung seines Zimmers tun konnte, schlang Alex auch schon seinen Arm um ihn und zog ihn schnell und kräftig zu sich. „Was ist? Gib es zu, mein gut gebauter Körper hat dir sie Sprache verschlagen! Jetzt genierst du dich und gehst verlegen zurück in dein Zimmer. Und, habe ich Recht oder habe ich Recht?“ Um seiner Worte noch etwas Wirkung zu geben, drückte er Matt noch näher an seinen nassen, nackten Körper.
 

„Hast du sie nicht mehr alle?“, Matt reagierte sofort wie Alex gedacht hatte, was ihn natürlich zum Grinsen brachte. Der Kleine war einfach zu süß, wenn er sich aufregte. Matt versuchte sich zu befreien, was er natürlich schaffte. Schnell drehte er sich zu Alex um und schaute ihn mit einem wüteten Gesichtsausdruck an. „Wenn du es nötig hast, such dir gefälligst jem…“
 

Matt schaffte es nicht seinen Satz zu beenden, da John die Tür öffnete und nun dieselbe Lautstärke benutzt wie Matt, um die zwei darauf aufmerksam zu machen, dass es noch Leute gab, die frei hatten und schlafen wollten. „LEUTE! Hier im Haus gibt es noch welche, die morgens gerne ausschlafen würden! Könnt ihr euer Liebegeplänkel nicht an einen anderen Ort verschieben? Das nervt!“
 

Und ehe einer von den Beiden etwas darauf erwidern konnte, war die Tür schon mit einem lauten Schlag zugefallen. „Ich glaube, da können wir uns später noch etwas anhören, was?“, meinte Alex nun lachend und trat aus dem Bad, um in sein Zimmer zu gehen als wäre nichts gewesen. „Bis heute Nachmittag, mein Kleiner!“, Alex zwinkerte dem leicht verdatterten Matt zu und schloss schnell die Tür hinter sich, ehe Besagter noch etwas brüllen oder tun konnte.
 

Seufzend fuhr sich Matt durch die Haare und trat ins Bad um sich die Zähne zu putzen. Das war wieder sicher einer der Tage, die schiefgehen würden. Schnell machte er sich fertig und lief regelrecht aus dem Haus, damit ihn ja keiner mehr aufhielt. Er wusste nicht, was schlimmer war. Der heutige Unterricht oder Seiji und Alex zusammen.
 

„Hey Matt! Spät dran?“, Matt hörte eine Stimme hinter sich als er kurz vor der Schule ankam. Er drehte sich um und erkannte einen seiner Freunde.
 

„Jack, fass dich an die eigene Nase. Du bist auch nicht früher da!“, grinsend begrüßten sich die beiden und betraten den Schulhof, als auch schon zwei ihrer weiteren Freunde aufkreuzten.
 

„Na Mann! Was geht? Wie sieht‘s aus? Heute im Six?“, der Größere von beiden ließ auch schon gleich verlauten, was heute Abend anstand, was Jack und Matt für eine klasse Idee hielten und zustimmten. Sie waren schon lange nicht mehr in einem Club gewesen und da Matt heute auch kein Training hatte, war es kein Problem. Nachdem alles geklärt war klingelte auch schon die Schulglocke und alle marschierten ins Gebäude, um am Unterricht teilzunehmen.
 

~
 

„Warum müsst ihr eigentlich immer so übertreiben?“, fragte Nici in den Raum hinein und beobachtete Seiji beim Saubermachen des Bodens. Das Brot, das Matt ihm vorhin ins Gesicht geschmiert hatte, war nämlich von ihm abgefallen und hatte den Küchenboden beschmutzt. „Du bist echt selbst schuld!“
 

„Na komm, sag mir nicht, du hast nicht auch deinen Spaß bei der Sache?“, konterte er lächelnd und schmiss die Reste in den Mülleimer unter der Spüle. „Wir können einfach nicht anders, das haben wir doch schon tausend Mal besprochen!“
 

Nici schüttelte den Kopf und trank ihren Kaffee fertig. Nachdem sie ihr Geschirr in die Spülmaschine geräumt hatte, schmierte sie sich noch eine Kleinigkeit für unterwegs und beobachtete Seiji beim Frühstücken. „Schon gesehen? Heute Abend soll anscheinend das gemeinsame Essen stattfinden.“
 

Seiji schaute sie fragend an, da er den Zettel von Rafael noch nicht gesehen hatte. Nici schob ihm diesen vor die Nase und packte alles wieder auf den Platz, da sie fertig war. „Ihr seid echt blind, wisst ihr das? So, ich bin dann weg, ich will noch ein paar Sachen vor der Arbeit erledigen! Bis nachher!“
 

Damit huschte sie aus der Küche und holte ihre Tasche aus ihrem Zimmer, um auch gleich darauf aus dem Haus zu gehen. Sie wollte noch unbedingt bei Ihrer Freundin im Friseur Salon vorbeischauen, da sie ein kleines Problem mit ihrem Computer hatte. Nici versuchte schon seit Monaten ihr einen anderen Computer anzudrehen oder ihren alten wenigstens aufrüsten zu lassen, allerdings war ihre Freundin einfach nur stur und wollte davon nichts hören. Sie wusste, dass irgendwann der Tag kam, dass sie den alten Kasten nicht mehr reparieren konnte, doch bis dahin würde sie den Wünschen ihrer Freundin nachkommen. Sie hoffte nur, dass es nichts Großes war, denn sie hatte noch einiges im Büro vorzubereiten. Leider wurde ein Kollege kurzfristig krank und sie musste nun seine Aufträge entgegennehmen und bearbeiten. Zu ihrem Leiden stand heute auch noch ein Kundenbesuch an, sodass sie sich heute Nachmittag von ihrem zweiten Job als Visagistin freinehmen musste. Beklagen würde sie sich nicht, denn sie mochte beide Jobs. Schließlich schaffte es nicht jeder sein Hobby zum Beruf zu machen. Doch sie hasste es gewaltig, wenn alles aus dem Ruder lief, was sie niemals nach außen zeigen oder je sagen würde. Also musste sie heute die Zähne aufeinanderbeißen und hart durchgreifen. Schließlich musste sie nicht mal kochen, also hatte sie etwas, worauf sie sich heute Abend freuen konnte. Mit einem Lächeln betrat sie den Salon ihrer Freundin und wurde auch schon gleich mit einer freudigen Umarmung empfangen.
 

~
 

John wälzte sich in seinem Bett hin und her. Nachdem die zwei ihn aus dem Bett geschrien hatten, konnte er einfach nicht mehr einschlafen. Da hatte er einmal morgens frei und dann wurde er geweckt. Er würde sich definitiv revanchieren, das stand fest. Frustriert stand John nun doch auf und zog sich eine Hose über, um dann in die Küche zu gehen. Da er wusste, dass Nici und Faith nicht da waren, würde es sicher keinen stören, wenn er halb nackt durch die Wohnung lief. Er betrat die Küche und entdeckte den ersten Störenfried von heute Morgen.
 

„Morgen, Langschläfer!“, natürlich wurde er auch noch unverschämt und breit grinsend begrüßt. War ja klar, dass Alex keine Reue zeigte.
 

„An deiner Stelle würde ich dein Grinsen direkt wegpacken. Nur weil du morgens scharf bist, heißt es nicht, dass du alle davon informieren musst! Es gibt Leute, die auch gerne ausschlafen würden!“, John verschluckte das Morgen und kam direkt zur Sache, während er zur Kaffeemaschine lief und sich seinen wohlverdienten Kaffee einschenkte. „Was bitte gefällt dir an ihm so? Ich meine, ja, es ist ganz süß ihn aufzuziehen bzw. zu ärgern. Aber Matt?“
 

„Wer sagt denn, dass ich etwas von ihm will? Ich bin immer noch hetero!“
 

„Aha…“, John schien ihm nicht wirklich zu glauben, was auch verständlich war. Denn jeder plauderte, wenn Alkohol im Spiel war, und er erinnerte sich noch ganz genau an das letzte Gespräch mit Seiji und ihm als er offenbarte, dass er sogar mal etwas mit einem Kerl hatte. Aber anscheinend hatte der Alkohol ihm an dem Tag den Rest gegeben und er hatte sämtliche Erinnerungen daran verloren. Besser für ihn… gut für Seiji und John, was er ihm jetzt allerdings noch nicht auf die Nase binden wollte. Um vom Thema wegzukommen, fragte er seinen Arbeitskollegen, was heute auf der Tagesordnung stand, wenn er schon so früh wach war. Alex machte grinsend eine Bewegung, die ihm verdeutlichte, dass er Gitarre spielen wollte und klärte ihn auch gleich genauer auf.
 

„Meine Band wollte heute Vormittag ein wenig Proben und ein paar Ideen für neue Lieder austauschen. Also werde ich gleich auch schon losmüssen. Und bei dir?“
 

Bei John? Er wollte eigentlich ausschlafen. Der Gedanke daran ließ seinen Blick erneut verfinstern und murmelte nur noch vor sich hin, dass er nichts vorhatte. Da sein Fotoshooting erst gegen Mittag herum stattfand, hatte er Unmenge von Zeit. Vielleicht sollte er einfach mal bei seiner Schwester vorbeischauen. Da die Gute schwanger war und ihr Mann auf der Arbeit, brauchte sie vielleicht ein wenig Hilfe. John war schließlich ein lieber Bruder. „Ich werde Hausfrau spielen…“, damit erhob er sich und stellte die leere Tasse in die Spülmaschine. „Viel Spaß beim Üben!“ Schon war John mit diesen Worten aus der Küche verschwunden und ließ Alex wieder allein.
 

~
 

Rafael hatte den Tumult am Morgen zwar in Kenntnis genommen, drehte sich allerdings um und schlief einfach weiter. Da das mittlerweile nichts Neues mehr war und er auf der Straßenseite mit offenem Fenster schlief, war er Lärm gewöhnt. Kurz vorm Mittag beschloss er jedoch mal aufzustehen und sich im Haushalt zu betätigen. Was sich allerdings nur auf sein Zimmer und das Restaurant begrenzte. Man musste ja nicht gleich übertreiben, zumal sie einen kleinen Putzplan für die gemeinsamen Räume aufgestellt hatten. Im Haus war es ziemlich ruhig, anscheinend waren alle ausgeflogen und nur noch er und vielleicht Sam waren zu Hause. So wie er seinen Halbbruder einschätzte, war dieser wieder im Zimmer oder Wohnzimmer und schrieb an seinen Romanen. Neidlos musste er zugeben, dass Sam Talent hatte und nicht verstand, warum er nicht zu einem richtigen Verlag ging, anstatt nur für die Zeitung ein wenig zu schreiben. Aber das war ja nicht seine Entscheidung. In Gedanken versunken machte er sich ein Frühstück und setzte sich damit ins freie Wohnzimmer, um die Nachrichten anzuschalten. Bisschen Bildung am Morgen – in seinem Fall Mittag – schadete nie. Er musste zugeben, wenn er so vor dem Fernseher saß, hatte er nicht gerade viel Lust aufzustehen und sauber zu machen. Er überlegte kurz und blieb dann einfach sitzen, um sich eine TV Serie anzuschauen. So viel zum Thema den Tag sinnvoll nutzen!
 

Doch schon kurz darauf hörte er jemanden das Wohnzimmer betreten. „Willst du auch was oder hast du gerade gefrühstückt?“ Rafael blickte zur Tür und entdeckte Sam am Türrahmen stehen. Da musste er nicht lange überlegen. Da er selbst nicht gerade der größte Koch war, mochte er Sams Küche natürlich ungemein. „Ich habe zwar vorhin etwas Kleines gegessen, aber ein Happen geht immer!“
 

„Dann steh auf und hilf gefälligst mit!“, Sam war gnadenlos wie immer. War ja klar, dass er nichts umsonst kriegt. An den freien Tagen kochte er nie freiwillig für ihn mit. Wobei das eher daran lag, dass während der Arbeit das Essen einfach praktisch schon fertig war und er nicht mehr viel tun musste für ihn. Widerwillig schaltete er den Fernseher also aus, schnappte sich das wenige Geschirr und lief ihm zur Küche hinterher.
 

„Und, wie weit bist du mit der Story? Bist ja schon wieder Tag und Nacht dran. Du übertreibst es manchmal wirklich. Ich werde dich sicher nicht zum Arzt schleppen, wenn du wegen Übermüdung zusammenklappst!“, wie immer brachte er seine Sorge ohne jegliches Mitgefühl auf den Punkt und schnippelte an seinem Gemüse weiter.
 

„Ich schlafe doch… weiß echt nicht, was dein Problem ist. Aber danke der Nachfrage: Ich bin bald durch! Bin derzeit in den letzten Zügen. Dann nur nochmal alles durchgehen und dem Chefredakteur in die Hand drücken. Danach wird ein wenig entspannt, denke ich.“ Sam ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, zumal die beiden ständig diese Gespräche führten. Sam achtete schon auf seine Gesundheit, auch wenn er gelegentlich nicht so viel schlief und ständig auf den Beinen war. Aber es war dennoch ein schönes Gefühl zu wissen, dass es Leute gab, die sich um einen Sorgen. Seit dem Tod seiner Eltern, war Rafael einer der wenigen Familienmitglieder, die er noch hatte. „Meinst du, die anderen haben den Zettel gelesen, den wir ihnen hinterlassen haben?“
 

Rafael blickte hinter sich und betrachtete den Zettel. „Wenn nicht, Pech gehabt. Gibt später eben ein Donnerwetter von uns.“ Darin waren sie sich mal wieder einig. Schon kurze Zeit später saßen sie beide auf dem Sofa und aßen zu Mittag, während eine neue Serie lief, die sie beide hemmungslos niedermachten.
 

# Später Nachmittag #
 

Matt hatte endlich Schulschluss und packte seine Sachen zusammen, um auf – fast - direktem Weg zurück nach Hause zu gehen. Nur noch diesen Monat und dann hatte er Sommerferien, endlich! Eigentlich machte es keinen Sinn mehr herzukommen, zum einen standen ja schon alle Noten und zum anderen wollte er ja sowieso die Schule wechseln. Er hatte schon alles durchdacht und in die Wege geleitet, jetzt musste er nur noch die Aufnahmeprüfung in fünf Wochen schaffen, dann war alles unter Dach und Fach! Zufrieden lächelte er bei dem Gedanken an sein Vorhaben und verabschiedete sich von seinen Freunden, die anscheinend noch etwas vorhatten, er ihnen aber zuvor schon abgesagt hatte. Er wollte noch unbedingt in die Stadtbibliothek und sich ein paar Bücher ausleihen, die ihm für die Prüfung helfen sollten.
 

Da seine Schule sehr zentral lag, hatte er es nicht sehr weit bis zur Bibliothek und war auch schon nach zehn Minuten vor Ort. Da er keine große Lust hatte, lange zu suchen, zog er einen Zettel aus seiner Tasche und hielt diesen einen der netten Damen hin, die ihm auch gleich alle Bücher besorgte. Tja, so schnell konnte man in eine Bibliothek rein und auch gleich wieder rausgehen.
 

Glücklich marschierte er über die Straßen der Innenstadt und bog in die nächste ein, als er an der nächsten Ecke doch tatsächlich Alex und zwei Frauen erblickte. Allerdings sah es nicht so aus, als wäre Alex sehr glücklich mit seiner Situation, denn anscheinend bedrängten ihn die jungen Damen zu etwas. Desinteressiert ging er weiter und tat so als würde er Alex nicht kennen, doch dieser machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Was eigentlich hätte klar sein müssen…
 

„Matt, Schatz, da bist du ja endlich! Jetzt lauf doch nicht einfach dran vorbei, nur weil du eifersüchtig bist!“ Matt fiel regelrecht die Kinnlade runter und er schaute den Anderen fassungslos an. Hatte er zu viel getrunken? Matt wusste wirklich nicht, wie er darauf reagieren sollte und wollte einfach nur weitergehen, als er auch schon Alex Arm um seine Schultern spürte. „Jetzt lauf doch nicht weg, mein Schatz!“ Ohne Vorwarnung, nahm er Matts Kinn zwischen seine zwei Finger und drehte dessen Kopf zu sich, um dem Jüngeren einen Kuss auf die Lippen zu hauchen.
 

Das war zu viel des Guten und der Junge versteifte sich regelrecht. Überrumpelt von der Situation stand er einfach nur fassungslos da. Alex hingegen wusste anscheinend genau, was er tat und verabschiedete sich von den zwei Damen, die ganz enttäuscht zu ihnen herüber starrten.
 

„Ich weiß, ich werde zu Hause so einiges über mich ergehen lassen müssen, aber lass uns jetzt erst mal einfach nur abhauen…“, flüsterte Alex zu Matt und zog ihn regelrecht mit sich, da Matt immer noch ziemlich überfordert war. Alex wusste, dass er nicht mehr viel Zeit hatte, bis Matt sich wieder gesammelt hatte, also mussten sie schnell aus der belebten Straße raus…
 

~
 

Seiji betrat den Supermarkt in der Nähe seiner Uni und wollte noch ein paar Chips und ähnliches kaufen. Leider war sein Vorrat zum Scheitern verurteilt, seitdem er mit John und Alex öfter mal ein paar DVD Abende veranstaltete. Nachdem er ein paar Sachen zusammengetragen hatte, stellte er sich an die Kasse und staunte nicht schlecht.
 

„Einen wunderschönen guten Tag, die Werte Dame. Fleißig am Arbeiten an ihrem freien Tag?“, Seiji grinste Faith an und wartete auf einen Konter, der allerdings nicht kam. Stattdessen zog sie einen Artikel nach dem Anderen über das Band und tat was ihr geheißen: zu Arbeiten! Nachdem sie ihm die Summe genannt und abkassiert hatte, schloss sie die Kasse nach ihm.
 

„Wie du erkennen kannst: Ja. Willst du mir Arbeit abnehmen oder warum stehst du noch hier?“, Faith hob ihre Augenbraue und holte die Kasse heraus, um damit ins Büro gehen zu können. Sie beachtete den Anderen nicht ansatzweise und marschierte einfach an ihm vorbei. Dieser seufzte nur leicht und trat mit der Ware nach draußen, um sich dort gegen die Wand zu lehnen und auf seine Mitbewohnerin zu warten. Tatsächlich kam sie auch schon zehn Minuten später wieder mit zwei vollen Taschen aus dem Laden und staunte nicht schlecht, dass Seiji doch tatsächlich auf ihn gewartet hatte. Bevor sie etwas sagen konnte, hielt ihr Seiji auch schon die Hand entgegen und wollte eines der Taschen abnehmen. „Jetzt schau schon nicht so ungläubig. Auch, wenn ich schwul bin, bin ich dennoch ein Mann und Gentleman!“
 

„Du bist dir schon im Klaren, dass Eigenlob stinkt?“, auch wenn es den Anschein hatte, dass Faith ihn aus irgendeinem Grund nicht leiden konnte, war dies nicht der Fall. Sie reichte ihm die Tasche und bedankte sich im nächsten Zug direkt bei ihm, was er mit einem gern geschehen abwinkte.
 

„Woher wusstest du, dass ich gleich Schluss habe? Stalker?“ Faith war zwar ein sehr ruhiger Mensch, konnte allerdings nicht einfach stillschweigend neben ihrem Mitbewohner herlaufen. Das gehörte sich nicht und es interessierte sie doch ein wenig, was der Hintergrund für sein Bleiben war.
 

„Ich gebe zu, meine Klassenkameraden kommen öfter hier vorbei und sprechen von einem hübschen Mädchen, das gelegentlich hier arbeitet, aber jede Verabredung abschlägt. Ich habe den Einen mal sagen hören, dass sie gegen diese Uhrzeit Schluss macht und er deshalb direkt losmüsse, um sie zu erwischen. Und da weit und breit keiner in dem Laden auf die Personenbeschreibung passte… außer deiner Wenigkeit, konnte ich davon ausgehen, dass du demnächst Schluss hast…“
 

Nachdem Seiji sie aufgeklärt hatte, musste er zugeben, dass es wirklich etwas abgedroschen klang. Doch was sollte er sagen, wenn es so war? Auch Faith schaute ihn skeptisch an und kam nicht drum herum sarkastisch darauf zu antworten. „Klar, die Woche hat ja auch nur einen Tag… an den restlichen Tagen arbeitet keiner…“
 

Lachend wich er einer Pfütze vor sich aus und kam Faith wieder näher. „Ich weiß, klingt unglaubwürdig. Aber ich hatte eben Glück, wenn du nach einer viertel Stunde nicht rausgekommen wärst, wäre ich weitergegangen, keine Sorge. Aber hey, jetzt weiß ich wenigstens von wem die Kerle reden… und du hast wirklich jede Einladung abgeschlagen, ja?“
 

„Ja“, das war die einzige Aussage, die Seiji zu hören bekam, was wohl so viel hieß wie: Das geht dich nichts weiter an, also frag nicht weiter! Seufzend ließ er ein wenig die Schulter hängen und überlegte, wie er das Eis brechen konnte.
 

„Darf ich dich etwas Persönliches fragen?“
 

„Nur zu.“
 

„Du gehörst nicht zu den Leuten, die gerne über sich reden. Warum?“
 

„Weil es keinen angeht, was ich in meiner Freizeit tue bzw. getan habe.“
 

Seiji beobachtete sie aus dem Augenwinkel und bemerkte weder Verwunderung noch ein Zusammenzucken bei seiner Frage. Anscheinend hatte man sie schon des Öfteren nach dem Grund gefragt, doch aufgeben wollte er jetzt auf keinen Fall.
 

„Und was ist mit den Leuten, die dich vielleicht besser kennen lernen möchten?“
 

Bei dieser Frage blieb Faith abrupt stehen und drehte sich zum verdutzten Seiji. Hatte er einen Nerv getroffen oder erwartete ihn gleich eine Art Schlag ins Gesicht?
 

„Jeder Mensch ist verschieden und ich behaupte nicht, dass ich keinem auf diesem Planeten etwas von mir erzähle. Ich entscheide selbst, wem ich vertraue oder wem ich etwas erzähle bzw. mit ihm etwas zusammen mache. Es ist nicht so, dass ich dich nicht leiden kann, allerdings bist du auch keiner in meinem Leben, dem ich gleich mein Herz ausschütte. Ich akzeptiere deinen Charakter und frage nicht weiter nach, also tu es mir bitte gleich.“, damit war ihr Vortrag anscheinend zu Ende, denn sie setzte sich wieder in Bewegung, ohne eine Antwort von ihrem Gegenüber zu erwarten. Sprachlos schaute er ihr nach und müsste nun doch etwas schmunzeln. Vielleicht war es in diesem Moment etwas weit hergeholt, doch er vermutete hinter ihrer Fassade eine brüchige Vergangenheit. Wer weiß, vielleicht würde er irgendwann die Hintergründe ihrer Abschottung erfahren, doch jetzt beließ er es dabei und lief ihr eilig nach, bevor Faith an der nächsten Kreuzung abbog…
 

~
 

Sam stand bereits in der Gemeinschaftsküche und beugte sich über die Kochbücher. Er wollte heute ein neues Gericht ausprobieren, auf das er schon seit einer geraumen Zeit scharf war, allerdings noch nicht ausprobieren konnte. So ein gemeinsames Essen war für einen Koch einfach das beste Feedback, was er bekommen konnte. Die anderen konnten zuschauen und probieren und dann gemeinsam grübeln, sollte etwas nicht geschmacklich passen. Außerdem konnten Sie auch neue Gerichte im Restaurant servieren und den Gästen so stets Erfrischung bieten.
 

Sam hob seinen Blick als jemand regelrecht in die Küche geschossen kam. Er sah eine Nici außer Puste vor sich stehen und in der Küche umblicken. „Ja?“, fragte Sam zögerlich und schaute sie verwundert an.
 

„Noch keiner da? Dabei habe ich mich extra beeilt!“, sie stellte ihre Handtasche ab und legte die Ordner behutsam nebendran. Anscheinend hatte sie noch ein wenig Arbeit vor sich oder einfach nur keine Zeit gefunden zurück zu ihrer Firma zu gehen. Er griff vor sich in den Schrank und holte ein Glas heraus, nachdem sich Nici aus dem Kühlschrank einen Orangensaft entnommen hatte. Dankend nahm sie das Glas ab und setzte sich auf einen der Stühle. Bevor einer der beiden etwas sagen konnte, kam auch schon John und Rafael plaudernd in die Küche und ließen sich nicht von den Anwesenden dabei stören.
 

„Keine Sorge, ihr müsst uns nicht beachten oder ähnliches. Solche Gesten werden in der heutigen Zeit überbewertet…“, Sam konnte sich seinen Kommentar nicht verkneifen und widmete sich schließlich wieder seinem Buch. Die anderen müssten auch demnächst eintreffen und wie man den Schritten entnehmen konnte, kamen auch schon die nächsten die Treppen hoch in den ersten Stock. Es schienen zwei zu sein, denn einer bestritt eilig die Treppen in den zweiten Stock und der Andere kam geradewegs in die Küche.
 

„Hallo allerseits!“, Alex trat ein und alle verfielen ins Schweigen. Irritiert schaute er sie an und fragte direkt, was los sei. Doch man konnte den Blick einfach nicht von seiner Wange wenden. Nici war diejenige, die sich wagte ihn zuerst anzusprechen.
 

„Alex… du bist dir schon im Klaren, dass du eine rote Wange hast… die gerade leicht dick anschwillt?“
 

Alex griff sich vorsichtig an die linke Wange und musste schief lächeln. Schnell marschierte er an den Kühlschrank und holte aus der Tiefkühltruhe etwas aus, was er in ein Handtuch wickelte und an die Wange hielt. „Joah… passiert eben“, waren seine einzigen Worte dazu, nachdem er den anderen zugezwinkert hatte.

Der gemeinsame Abend

Nachdem sich endlich alle in der Küche versammelt hatten, besprachen sie kurz, was zu tun war und legten auch direkt los. Sam und Alex besprachen das Gericht, was Sam ausprobieren wollte und nachdem die Details geklärt waren, stürzten sie sich in die Arbeit. Alex suchte sich seine Zutaten für eine normale Lasagne zusammen, während Sam sich alles für seine Spinat-Lachs-Lasagne aus den Schränken holte. Da nicht jeder ein Lachsliebhaber war, wollten sie wenigstens eine Alternative bieten und so konnte sich keiner über das Essen beschweren.
 

Nici und Faith hingegen widmeten sich den Beilagen zum Hauptgang und entschieden sich ebenfalls für ein paar neue Rezepte. Der Möhren-Apfel-Salat sowie der Erdbeersalat in Orangensauce klangen sehr ansprechend. Alternativ wollten sie sicherheitshalber noch einen normalen Gurkensalat anbieten und machten sich nach der Entscheidung auch gleich an die Arbeit.
 

Matt hingegen brauchte gar nicht so lange zu überlegen. Er hatte sich heute Morgen schon für ein Erdbeer-Tiramisu entschieden, sowie Himbeer-Baiser. Er fing mit ersterem bereits an, nachdem er die Küche betreten hatte, da das Tiramisu noch etwas stehen musste, ehe er zu genießen war. Hilfe wollte er von keinem, denn Rafael hatte bereits angeboten ihm etwas unter die Arme zu greifen. Stattdessen gesellte sich dieser zu John und Seiji, die alle notwenigen Vorbereitungen den Tisch betreffend, sowie die Getränke vornahmen. Gemütlich marschierte Rafael in den Keller, um ein paar gute Flaschen Wein zu besorgen. Währenddessen marschierten Seiji und John in das Wohnzimmer im zweiten Stock und suchten nach einer passenden Tischdecke.
 

„Meinst du, die passt farblich?“, John streckte sich nach oben, sodass er auf Zehenspitzen stand und auf eins der Stoffe im oberen Regal zeigt. Seiji schaute hoch und überlegte kurz, nur um kurz darauf mit dem Kopf zu schütteln. „Nein, die Servietten sehen etwas anders aus. Sie mal, da hinten… das finde ich um einiges besser.“ Seiji kam näher und zeigte in die Richtung des Stoffes. Leider waren sie beide etwas zu klein, sodass sich John einen kleinen Hocker besorgte, da er der Größere von beiden war, und die Tischdecke aus dem hinteren Teil des obersten Regals zog. Strahlend drehte er sich um und wollte diesem seine Errungenschaft zeigen, als John auch schon ins Schwanken geriet.
 

„Vorsicht!“, Seiji rief ihn zur Vorsicht, allerdings war es bereits zu spät. Er versuchte den Anderen zu stützen, doch dieser fiel mit seinem ganzen Gewicht auf Seiji, der unter ihm zu Boden fiel und so wenigstens Johns Aufprall minderte. Seiji stöhnte leicht und blickte zu John, der auf ihm lag.
 

„Bist du okay?“, fragte er ihn besorgt und spürte, dass sich John rührte. Allerdings richtete sich dieser nicht sehr vorteilhaft auf. John saß nichtsahnend auf seinem besten Stück und schaute ihn besorgt an. „Mir geht’s gut, danke. Sorry, war wohl doch zu viel Schwung. Wie schaut es bei dir aus? Alles okay?“ Seiji öffnete den Mund, schloss ihn aber gleich wieder. John drehte sich ein wenig zur Seite und entdeckte die Tischdecke neben sich. Er griff danach und lächelte zu seinem Freund unter sich, der die Hand auf die Augen gelegt hatte und leise stöhnte.
 

„Sei… alles in Ordnung?!“, besorgt begann er sich nach vorne zu beugen, doch Seiji hinderte ihn schnell daran.
 

„NEIN! Bleib… bleib entweder da wo du bist… ohne dich zu bewegen… oder steh einfach auf!“
 

Irritiert hielt John in seiner Bewegung inne und schaute den Anderen nichtsahnend an. „Was… ist los? Hast du dir doch etwas getan? Seiji?“, natürlich hörte er nicht auf den am Bodenliegenden und bewegte sich erneut.
 

„JOHN! Steh auf. Bitte.“, presste Seiji hervor und fügte auch gleich hinzu, dass dieser auf einer sehr unvorteilhaften Stelle saß. John verstand erst sehr langsam, was Seiji meinte, und nach einem unschuldigen „Oh… tut mir leid!“ stand dieser hastig auf und war etwas peinlich berührt. Seiji musste zugeben, dass er John selten mit solchen Gefühlen sah. Und noch weniger gefiel ihm, dass es ihm eigentlich nicht viel ausgemacht hatte, dass dieser so tief unten verweilt hatte. Aber das würde er für sich behalten, schließlich lebten sie zusammen und er musste einem Hetero nicht unbedingt ins Gesicht sagen, dass er gerade anfing geil zu werden. Er blickte zu John auf und musste schmunzeln. Es sah ganz so aus, als wüsste dieser nicht so ganz, wie er sich nun verhalten sollte, was ihm nicht ähnlich war.
 

„Steh nicht so da… du hast mich umgeschmissen, also hilf mir wenigstens hoch!“, Seiji hielt ihm die Hand hin und schon kurz darauf half ihm John lächelnd vom Boden. „Bist ganz schön schwer für ein Model… bisschen Abnehmen würde nicht schaden!“, er versuchte die Situation etwas zu lockern, was ihm anscheinend gelang, denn John sprang direkt an.
 

„Hallo?! Das sind alles Muskeln! Wie wäre es, wenn du mal ein wenig Sport treibst und dir Muskeln zulegst?“
 

„Tu ich doch…“
 

„Und das wäre?“
 

„Na, jeden Tag Sex. Was denn sonst?“, frech grinsend schloss er den Schrank, da John die Tischdecke in den Händen hielt, und marschierte Schnurstraks aus dem Wohnzimmer, um ihm keine weitere Angriffsfläche mehr zu bieten.
 

Die Köche waren in ihrem Element und arbeiteten flink mit dem Messer, während sie sich über den heutigen Alltag unterhielten. Nici erzählte ein wenig über ihre Besuche bei Kunden und Alex konnte sich nicht nehmen über seine Band und die heutigen Proben zu reden. Natürlich ließ er den Heimweg fallen und schon kurz darauf stand Matt zwischen Sam und Alex und schaute sich Sams Arbeit an. Da er gerade mit beiden Nachtischen fertig war und diese in den Kühlschrank gestellt hatte, war er nun frei und konnte helfen, sollten die beiden Hilfe brauchen. Aufräumen konnte er nämlich nicht, da die zwei Jungs vor der Spülmaschine arbeiteten.
 

„Meinst du das kommt bei den Gästen an?“, er richtete seine Frage an Sam und schaute sich den Lachs an, der gerade in die Auflaufform gelegt wurde.
 

„Bestimmt, gibt schließlich Leute, die total auf Lach abfahren!“, Alex mischte sich ein und antwortet vor seinem Chef, was Matt jedoch nicht sonderlich gefiel. Er drehte sich nicht mal um als er ihn schnippisch mit einem „Mit dir redet keiner!“ abwürgte. Mit einem Schlag wurde es ruhiger in der Küche und die anderen trauten sich weder in ihre Richtung zu blicken, noch etwas zu sagen. Es dauerte einen Augenblick bis Sam das Wort ergriff und dem Jungen quasi dasselbe sagte wie Alex zuvor. „Ausprobieren schadet nie, oder? Wir haben ja nicht so viele Fischgerichte und wenn das Gericht gut bei den Fischliebhabern ankommt, haben wir ein kleines Plus. Ist wie mit deinen Desserts, die du stets ausprobierst, nicht?“
 

Sam erntete ein Nicken und nachdem der Mozzarella auf der Lasagne gelegt wurde, konnten beide Formen auch schon in den Backofen geschoben werden. Die Damen waren auch soweit fertig und nun musste alles nur noch ziehen bzw. backen. Zufrieden mit der Arbeit räumten sie gemeinsam die Arbeitsplatte auf und setzten sich zu den anderen dreien, die den Tisch bereits fertig gedeckt hatten, um die Zeit mit Unterhaltung zu überbrücken.
 

# # #
 

„Reichst du mir mal bitte den Salat, John?“, Nici wandte sich an ihren Arbeitskollegen, der vor dem Karottensalat saß und wurde auch gleich bedient. Die Küche roch köstlich und alle schienen zufrieden mit dem Ergebnis zu sein. Rafael schenkte jedem ein Schluck Wein ein und reichte die Cola Flasche durch die Reihe, während Sam und Alex ihre Aufläufe auf Wunsch verteilten. Nachdem sich jeder seine Teller gehäuft hatten, stießen sie mit dem süßen Weißwein an und begannen mit dem gemeinsamen Essen.
 

„Wie sieht es eigentlich aus, habt ihr heute Abend schon etwas vor?“, John fragte in die Runde hinein und trank dabei ein Schluck seines Weines. „Ich habe ein paar Rabattkarten für eins der Clubs ergattert. Sind allerdings nur für den heutigen Tag gültig. Interesse?“
 

Nici stimmte direkt zu, Seiji und Alex waren auch mit von Partie. Sam und Rafael grübelten allerdings noch etwas, genauso wie Faith und Matt.
 

„Nein, heute passt es dann doch nicht so wirklich“, meinte Sam schließlich und häufte sich etwas vom Gurkensalat auf die Gabel.
 

„Kann ich verstehen, wenn du hier schon zulangst, was den Wein anbelangt, bist du nachher schon voll, ehe wir zum Club gehen. Aber ich werde heute auch verzichten, habe noch etwas vor.“, Rafael zog seinen Halbbruder direkt auf und sagte im selben Zuge den Clubbesuch ebenfalls ab. Entrüstet schwang Sam die Gabel in Rafaels Richtung, um ihm zu zeigen, dass er bewaffnet war und er lieber den Mund halten sollte, ohne zu bedenken, dass er noch Gurken draufhatte. Wie nicht anders zu erwarten entgleisten ihm diese und landeten auf Rafaels dunkelblauem Hemd. „Ups…“ war das Einzige, was er von sich geben konnte und holte auch direkt eine frische Serviette, um die Flecken ein wenig abzuwischen. Das hatte er wieder großartig gemacht, nun war nicht nur das Hemd, sondern auch noch Rafaels Hose schmutzig, da die Gurken nicht sonderlich lange gehalten und auf seinen Schoß gefallen waren. Die Anderen amüsierten sich köstlich, nachdem eine kurze Stille eingetreten war.
 

„Hört auf zu lachen, sonst setzt es!“, Sam säuberte den Fleck auf dem Hemd ein wenig und wollte gerade in Richtung Schritt gehen, als er in seiner Bewegung innehielt.
 

„Ich wollte gerade fragen, was du da unten tun wolltest… wusste gar nicht, dass wir es heute so nötig haben!“, Rafael grinste frech und schnappte sich die Servierte aus der Hand des Anderen, was für noch lauteres Gegröle in der Runde sorgte.
 

„Idiot…“, Sam widmete sich wieder seinem Essen und gönnte seinen Kameraden die Freude an seiner Schussligkeit, was nicht das Erste seit Ihrem Einzug war.
 

„Also Sam, wenn du Erfahrungen sammeln willst, kannst du jederzeit zu mir kommen!“, Seiji konnte sich als Schwuler das Angebot nicht verkneifen und zwinkerte Besagtem zu.
 

„Hey, keine Techtelmechtel in meinem Restaurant zwischen Arbeitskollegen!“, Rafael schaltete sich direkt ein und hob seine Gabel als Warnung, bedacht darauf, dass nichts Essbares dran war.
 

„Wie nett, dass du mir jetzt auf einmal zur Seite stehst!“
 

Rafael hob die Augenbraue und sah Sam nach dessen Kommentar fragend an. „Was hat das Eine mit dem Anderen zu tun? Vorstellungsgespräche sind anstrengend… und finde mal freiwillige Narren, die den ganzen Tag bei uns in der Küche stehen!“
 

„Danke, ich wusste schon immer, dass du mich gerne hast und nur aus Bruderlieber erträgst!“
 

Die sarkastische Anmerkung ließ die anderen wieder lachen und somit war das Thema vom Tisch.
 

„Hey, Kleiner! Wie siehst aus? Kommst du auch mit oder betrinkst du dich jetzt schon?“, Seiji warf einen Blick auf Matt, der zwischen Nici und Sam auf der anderen Tischseite saß und zeigte auf dessen zweiten Weinglas.
 

„Kein Bedarf, ich bin anderweitig verabredet.“
 

„Wow, sag mir nicht, du hast eine Freundin und kommst heute zum Schuss?“, Alex und John konnten sich bei Seijis Kommentar das Grinsen nicht verkneifen, sagten aber vorerst nichts. Sam verschluckte sich an seinem Getränk und schaute Seiji mit einem seiner strengen Blicke an. Das hatte ihn nun wirklich nichts anzugehen. Bevor Sam etwas sagen konnte, kam Matt selbst zu Wort.
 

„Also erstens braucht man keine Freundin, um zum Schuss zu kommen. Man kann auch so jemanden aufreißen, sollte dir das in deinem Alter noch nicht bekannt sein. Zweitens, selbst wenn, hat es dich am Wenigsten zu interessieren.“
 

Alex schmunzelte bei dem Gedanken und musste unweigerlich an ihren gemeinsamen Heimweg denken, wobei das Wort gemeinsam nicht ganz passte. Matt stampfte regelrecht nach Hause und das ein ganzes Stückchen vor ihm. Nachdem sie in der Seitengasse verschwunden waren, kam Matt endlich wieder zur Besinnung, wie vermutet. Er blieb abrupt stehen und drehte sich äußerst wütend zu Alex um. Ohne ein Wort zu sagen oder gar zu fragen, was das Ganze eigentlich sollte, schlug er ihm mit der Faust ins Gesicht. Matt schlug nicht sonderlich fest zu, doch die Überraschung des Schlages ließ ihn schwanken, sodass er sich an der naheliegenden Wand festhalten musste, um nicht zu fallen.
 

Er musste zugeben, in gewisser Weise hatte er den Schlag verdient, doch Matt hätte ihm wenigstens die Chance geben sollen sich zu erklären. Dass er gleich handgreiflich werden würde, hätte er nicht gedacht. Das würde er ihm irgendwann unter die Nase reiben. Eine Lehre war es ihm dennoch, das nächste Mal würde er die Damen gleich abweisen und auf direktem Wege heimgehen. Es gab auch einfach viel zu viele hartnäckige Frauen!
 

„Du klingst ja so, als kämest du öfter mal in das Vergnügen?!“ Alex bohrte ein wenig weiter und erntete im Anschluss einen finsteren Blick des Jüngeren.
 

„Ja und ob. Kannst du das auch von dir behaupten? So wie du dich ständig aufführst, kann man ja nur denken, dass du es seit langem Nötig hast.“
 

Touché. Alex stützte sein Kinn auf die Handfläche und schob sich den letzten Bissen seiner Lasagne in den Mund. „Jetzt wirst du aber persönlich.“ Er versuchte so ernst wie möglich zu bleiben, doch sein Gesichtsausdruck sagte etwas anderes. Er amüsierte sich köstlich über den Kleinen und dessen vorhersehbare Kommentare. Selbst Faith und Sam mussten hier schmunzeln. Natürlich ging es noch ein wenig heiß her, bis auch der letzte aufgegessen hatte und man langsam beschloss abzuräumen und zum Nachtisch über zu gehen.
 

Während Matt zum Kühlschrank marschierte und seinen Nachtisch entnahm, räumten die anderen ab und bereiteten das Nötige für das Dessert vor.
 

„Kann man helfen?“ Alex tauchte hinter Matt auf und schaute ihm über die Schulter, um sich kurz darauf auch direkt über die Lippen zu lecken. Er fand den Anblick des Nachtisches äußerst köstlich, zumal er absolut auf Erdbeeren stand. Matt war allerdings nicht sonderlich von seinem Vorschlag angetan und ignorierte ihn einfach. Er war anscheinend immer noch sauer auf ihn, was nach dem Tischgespräch noch weniger verwunderlich war. Seufzend rückte Alex noch näher, sodass nur Matt seine nächsten Worte hörte. „Es tut mir leid. Ich wollte die Weiber einfach nur loswerden und ich weiß, dass es falsch war dich auszunutzen. Passiert nie wieder, versprochen.“ Matt erwiderte nichts darauf und zog stattdessen einen Löffel hervor, um vom Tiramisu zu probieren. „Aber… den Kuss an sich… den nehm ich nicht zurück.“ Nachdem Alex den letzten Satz noch leiser hinzugefügt hatte, nahm er wieder Abstand zum Jüngeren und gesellte sich zu den Anderen an den Tisch.
 

# # #
 

Seiji, Alex und John standen zusammen im Flur des ersten Stockes und beobachteten Nici dabei, wie sie ihre Stiefel anzog. Sie verkniffen sich jeglichen Kommentar, denn ihnen war bewusst, dass Nici nichts auf sich sitzen ließ und stets zurückkonterte. Stattdessen teilte John die Rabattkarten auf und reichte sie einem nach dem Anderen.
 

„Schade, dass Faith abgesagt hat. Wäre sicher nett gewesen, mal etwas mit ihr zu unternehmen. Sie redet nicht viel… immer nur das Nötigste.“, meinte Alex auf dem Weg zum Club und steckte seine Hände in die Lederjacke, die er sich übergestreift hatte. Eigentlich fand er es eher schade, dass Matt direkt abgesagt hatte. Er hätte den Jungen gerne etwas mehr auf den Arm genommen.
 

„Sie sucht sich ihre Freunde eben aus. Das zeigt nur, dass sie uns entweder nur als Arbeitskollegen wahrnimmt und nicht als Freund haben möchte… oder, dass sie etwas Zeit braucht um Vertrauen zu fassen. Gib ihr einfach etwas Zeit und dräng sie nicht zu sehr.“, Seiji antwortete ihm einfach direkt und zuckte mit den Schultern.
 

„Das heißt also, du hast bereits einen Fehler begangen und sie bedrängt? Willst du uns etwa warnen?“, Nici hob die Augenbraue und schaute Seiji von der Seite an, der über diesen Kommentar nur lachte und keine Antwort gab. Aber keine Antwort war auch eine Antwort und Nici schüttelte einfach nur den Kopf. Typisch Mann eben.
 

Im Club angekommen fanden sie noch einen freien Tisch und setzten sich erst mal, um die Lage einzuschätzen. Während Alex sich um die Getränke kümmerte, schauten sich die anderen Drei die Masse im Laden an.
 

„Noch recht ruhig… und auch nicht zu voll. Außerdem sind hier nicht nur kleine Kinder, ich denke, wir können bleiben.“, John nickte bei seinen eigenen Worten und kurz darauf vertieften sie sich auch schon in ein Gespräch.
 

Je länger die Zeit verging, desto voller wurde es und nun standen auch Nici und John auf der Tanzfläche, um sich ein wenig auszutoben. Es ließ nicht lange auf sich warten und schon wurden beide vom jeweilig anderen Geschlecht angetanzt. Seiji beobachtete das Geschehen und seufzte kaum hörbar.
 

„Als Schwuler hat man nicht so viele Chancen in so einem Club öffentlich mit einem Kerl zu tanzen, was?“, Alex wandte sich seinem Freund zu, da er einen kleinen Wechsel in dessen Mimik bemerkt hatte. Was er nicht wusste, war, dass es nicht der Neid auf die Masse war, sondern John allein. Seit der Sache im Wohnzimmer musste Seiji öfter an John denken und das machte ihn zu schaffen. Außerdem nervte es ihn etwas, dass die Damen diesen gerade so umschwirrten. Das war absolut kein gutes Zeichen und er hasste sich dafür. Er hatte schon lange keine Beziehung mehr gehabt und dieses einnehmende Gefühl hatte er eigentlich schon immer gehasst. Umso mehr wunderte er sich, dass dieser Instinkt sich wieder bei ihm breitmachte.
 

„Kein Ding. Dafür gibt es hier in der Gegend genug Bars, die mit meinem Gleichen gefüllt sind. Glaub mir!“, Seiji lächelte Alex an und versuchte seine Gefühle zu verdrängen. „Wenn du also irgendwann mal Lust verspüren solltest, sag einfach nur Bescheid. Ich nehme dich gerne mit!“
 

Alex lachte bei diesem Kommentar. Auch wenn er bisher nur einmal etwas mit einem Mann hatte, war er nicht abgeneigt ein weiteres Mal etwas in der Richtung auszuprobieren.
 

„Ihr Langweilier!“, John schnaubte verächtlich als er sich mit Nici wieder zu den Zweien setzte. „Gebt es doch einfach zu, ihr könnt nicht tanzen und seid unsportlich geworden!“
 

„Das trifft höchstens auf Alex zu, schließlich treibe ich Sport… auf eine gewisse Weise zumindest.“
 

Seiji entdeckte einen leichten Rotschimmer an John und er wusste, dass dieser seinen Wink verstanden hatte. John erinnerte sich gerade sicher wieder an die Szene im Wohnzimmer und das war eine leichte Genugtuung. Alex hingegen schaute Seiji verdutzt an.
 

„Danke auch! Wenn ich kein Sport treiben würde, woher kommt dann dieser erstklassige Körper, bitte?“, er zeigte damit auf sich herunter und die drei schauten ihn fragend an.
 

„Wir sehen nichts, Alex… du musst dich schon ausziehen!“, Nici grinste frech und trank ein Schluck ihres Cocktails. Gerade als Alex sich erneut verteidigen wollte, hörten sie eine bekannte Stimme hinter sich. Verdutzt blickten alle an den Tisch hinter sich und waren verwundert. Da saß doch tatsächlich Matt mit ein paar anderen Jungs am Nachbartisch, der von einem seiner Freunde gerade angekeift wurde.
 

„Sieh mal einer an, derjenige, der etwas vorhatte. Meint ihr, er wusste in welchen Club wir gehen?“, Alex grinste breit und beobachtete das Spektakel mit den anderen weiter. Allerdings schien das Ganze doch etwas aus dem Ruder zu laufen. Schon kurz darauf sprangen sowohl Matt als auch der andere Junge von ihren Stühlen und wollten aufeinander los. Instinktiv schnellten Alex, Seiji und John ebenfalls hoch und wollten die zwei aufhalten. Was ihnen auch rechtzeitig gelang. Alex hielt Matt fest und Seiji den anderen Jungen, während John sich praktisch vor die beiden geworfen hatte.
 

„Habt ihr sie nicht mehr alle euch in einem Club zu prügeln?“, Seiji schaute auf den Jungen runter und blickte dann zu Matt, der sich versuchte aus Alex Griff zu befreien. Da dieser allerdings doch schon etwas getrunken hatte, konnte er keine Kraft aufbringen, um wenigstens den Griff zu lockern. Seiji wurde natürlich gleich vom fremden Jungen angeblafft und die umher stehende Masse beobachtete das Geschehen natürlich neugierig, da nun auch die Security auf sie zusteuerte.
 

„Na klasse, wegen solchen Rotzlöffel haben wir gleich die Kacke am Dampfen!“, John massierte sich genervt die Schläfe, denn er konnte sich das Gebrüll der zwei Jungs nicht mehr anhören. Als die Männer bei ihnen standen erklärte John ihnen das Geschehen und die Gesichter der Männer verfinsterten sich natürlich zunehmend. Bevor einer der beiden etwas sagen konnte, mischte sich Alex schnell ein und entschuldigte sich für Matt. Außerdem bestätigte er auch gleich, dass er ihn direkt mit nach Hause nahm und so ein Streit nicht wieder passierte, zumal ja NOCH nichts passiert sei. Matt fand die Idee natürlich ganz und gar nicht gut. Doch bevor sich dieser äußern konnte, legte Alex ihm seine Hand auf den Mund, ließ sich seine Jacke von Nici zuwerfen und verschwand auch schon mit dem Jüngeren nach draußen. Er war sich im Klaren, dass er sich sicher später etwas anhören musste, aber wer weiß, was Matt in diesem Zustand noch alles verbockt hätte. Solche Situationen hatte er schon oft erlebt und Seiji und John hatten ihm mit einem knappen Nicken zu verstehen gegeben, dass seine Entscheidung korrekt war. Die beiden würden den Rest schon regeln und nachkommen. Na ja, der schöne Abend war jetzt zumindest hinüber. Seufzend merkte er erst nach einer Weile, dass Matt an ihm zerrte und nach einer Pause verlangte. Er hatte ganz vergessen, dass er den Jungen im schnellen Tempo durch die Straßen jagte, was ihm nun leidtat, denn er sah gar nicht gut aus.
 

„Gott, Matt, wie viel hast du getrunken?“ Alex blieb sofort stehen und stützte den anderen ein wenig, nachdem er ihn endlich freigab. Dieser atmete tief ein und griff sich an den Kopf, um sich zu beruhigen. Alex seufzte laut und war sich im Klaren, was das für ihn bedeutete. Er blickte sich kurz um und überlegte, wie sie am schnellsten nach Hause kamen, ohne viele Stopps machen zu müssen. In der Hoffnung, dass Matt auch keinen Eimer brauchte.
 

„Hey, um die Ecke gibt es einen 24h Shop. Lass uns da vorbeigehen und dir ein Wasser kaufen. Das wird dir gut…“
 

„Ich brauche keine Hilfe…“, Matt stieß Alex Arm beiseite und begann wieder zu gehen, was eher nach einem Schwanken aussah. Erneut seufzte der Ältere laut und marschierte dicht bei ihm, bedacht zur Stelle zu sein, wenn er Hilfe brauchen sollte.
 

„Sturkopf…“
 

„Was?“
 

„Soll ich es auch noch Buchstaben, Saufnase?“, Alex provozierte ihn absichtlich etwas, da er genau wusste, dass Matt sich abrupt zu ihm drehen und das Gleichgewicht verlieren würde. Gedacht, getan. Schon im nächsten Augenblick hatte sich Matt wütend zum anderen umgedreht und wollte ihn wieder anbrüllen, als er auch schon das Gleichgewicht verlor und Alex ihn auffing.
 

„Ach, und du wolltest also meine Hilfe nicht, ja? Man sieht es! Halt die Klappe und lass dir helfen. Wenn du noch einmal den Mund aufmachst und den Macker raushängen lässt, lasse ich dich einfach fallen und hier liegen! Wie wäre es, wenn du dich mal deinem Alter entsprechend benimmst?“
 

Anscheinend hatte Alex die richtigen Worte gefunden und sein Plan ging auf. Matt ließ sich aufstellen und sagte kein Wort mehr, als Alex ihn beim Gehen stützte. Zusammen marschierten sie schweigend langsam weiter und kamen am besagten Shop an. Während sich Matt an der Wand anlehnte, kaufte Matt schnell eine kleine Wasserflasche ein und reichte sie ihm anschließend.
 

„Trink ein wenig, das wird dir guttun.“ Alex merkte, dass Matt nur wiederwillig die Flasche entgegennahm, doch keiner sagte mehr ein Wort. Nachdem Matt die halbe Flasche getrunken hatte, nahmen sie den Weg wieder auf und kamen ohne große Zwischenfälle zu Hause an. Da die Lichter alle aus waren, gingen sie davon aus, dass entweder noch nicht alle zu Hause waren oder ein paar noch unterwegs. Leise öffneten sie die Haustür und versuchten nach oben zu gelangen, was eine richtige Herausforderung war. Leider waren ihre beiden Zimmer auch noch im zweiten Stock, was die Sache nicht erleichterte. Schließlich hatten sie es tatsächlich geschafft und Alex brachte den Jüngeren noch in sein Zimmer. Leise schloss er die Tür hinter ihnen und machte das Nachtischlämpchen an, um das helle Licht zu meiden. Er beobachtete, wie sich Matt die Jacke abstreifte und auf den Stuhl legte.
 

„Brauchst du noch etwas? Soll ich noch eine Flasche Wasser holen? Vielleicht einen Eimer für alle Fälle?“
 

Bevor Matt auch nur antworten konnte, war Alex auch schon aus dem Zimmer draußen und besorgte beides. Das war Matt ein wenig zu hoch. Warum war er so überbesorgt? Er hatte doch einfach nur ein wenig zu viel getrunken. Im einen Moment neckte er ihn und im nächsten war er so überfreundlich. Während er in seinen Gedanken versunken war, begann er sein Hemd aufzuknöpfen und schon im nächsten Moment schlüpfte Alex mit vollen Händen wieder in den Raum.
 

„Hier, ich stell dir beides einfach neben das Bett. Wenn noch was sein sollte, kannst du einfach rüber kommen… oder klingel mich auf dem Handy an, dann komme ich vorbei.“, Alex stellte beides ab und kam zu Matt rüber, der nun mit offenem Hemd vor ihm stand und zu Alex aufblickte. Er öffnete den Mund, schloss ihn aber gleich wieder. Matt musste feststellen, dass sich ein Dank wie eine Niederlage ihm gegenüber anhörte. Doch er konnte nicht leugnen, dass ihm Alex aus der Patsche geholfen hatte und er ihm wenigstens das schuldete. Er blickte ihm geradewegs in die Augen und flüsterte ihm ein leises Dankeschön entgegen. Ironischerweise färbten sich seine Wangen leicht rötlich, was er spürte und Alex sicher bemerkte, was ihm noch peinlicher war. Genervt über sich selbst, drehte er den Kopf zur Seite und hoffte, dass Alex einfach gleich verschwand. Überraschenderweise war das Gegenteil der Fall. Alex schob ihn sachte gegen die naheliegende Wand und nahm sein Kinn in die Hand, um dessen Gesicht zu seinem zu drehen.
 

„Ich weiß, dass willst du nicht hören… und in so einer Situation wäre das ziemlich unfair von mir… aber dein Verhalten gerade ist ziemlich süß… und… turnt mich irgendwie an…“
 

Matts Augen weiteten sich vor Überraschung und brachte keinen einzigen Ton heraus. Alex nutzte die Situation natürlich schamlos aus und näherte sich dem Jüngeren noch etwas weiter, indem er ihm die Hand auf die Hüfte legte und sich näher ran drückte. Er war selbst überrascht, wie schwer sein Atem doch war, je kürzer die Distanz wurde, bis er schließlich seine Lippen sanft auf die des anderen legte. Er hoffte inständig, dass der andere betrunken genug war einfach auf den Kuss einzugehen und am morgigen Tag alles vergessen zu haben. Kurz ließ er vom Jüngeren ab, um ihm die Chance zu geben zu protestieren, doch schon im nächsten Moment beugte er sich wieder zu ihm und küsste ihn erneut. Fordernder, bis Matt tatsächlich nachgab und den Kuss erwiderte…

Erste Anzeichen

Man sollte meinen, dass in einer klaren Nacht lediglich das Quietschen von Autoreifen zu hören sein sollte, doch stattdessen liefen drei junge Leute nebeneinander von denen einer besonders laut durch die Gegend fluchte.
 

„Hey John, reg dich ab.“; Seiji und Nici versuchten den Anderen zu beruhigen. „Ist doch alles noch mal gut gelaufen. Dadurch, dass Alex mit Matt schon abgehauen ist, hat sich die Situation etwas gemildert und die Prügelei haben wir schließlich auch aufgehalten.“
 

„Ja… und die Security hat uns nicht wegen dieser Sache rausgeworfen… nur… aus Sicherheit…“
 

„Nici… das macht die Sache nicht besser!“, Seiji blickte zu ihr rüber und sie zuckte lediglich die Schulter.
 

„Na kommt schon, irgendwie war es auch lustig, und er meinte ja nur „für heute“… für mich heißt das, wir dürfen wiederkommen!“
 

Man sollte meinen, dass die beiden versuchen wollten, John zu beruhigen, allerdings machten sie sich eher über ihre Situation lustig und ließen den anderen weiterhin fluchen. Wieder zu Hause angekommen, versuchten auch sie leise zu sein und betraten die Wohnung. Lautlos marschierten sie zunächst direkt in die zweite Etage, um nach Alex und Matt zu schauen und entdeckten einen Lichtschimmer unter der Wohnzimmertür. Anscheinend war noch jemand auf den Beinen und gönnte sich ruhige Stunden vor dem Fernseher. Neugierig marschierte Nici leise auf die Tür zu und öffnete diese, um einen kurzen Blick in den Raum zu werfen. Überraschenderweise saß Alex auf dem Sofa und schaute sich einen ihr unbekannten Film an. Sie setzte ein Zeichen, um den Jungs zu zeigen, dass Alex sich hier im Raum befand und betrat diesen auch schon. Dieser schien sie nicht zu bemerken, bis sie ihn leicht an der Schulter berührte und er erschrocken zusammenzuckte.
 

„Ruhig Blut, Großer!“, Seiji hob die Augenbraue und war erstaunt. „An was hast du gedacht? Stets so schlimm mit Matt?“
 

Alex schaute seinen Freund irritiert an, denn er verstand die Frage nicht sonderlich. Stattdessen hatte er die Befürchtung, dass ihm so einiges im Gesicht geschrieben stand. John trat ebenfalls näher und beobachtete den Anderen genauer, nur um dann ebenfalls besorgt zu tun.
 

„Alex, ist etwas passiert? Du siehst aus, als würde dir etwas Sorgen bereiten?“ Na klasse, da hatte er den Schlamassel. Konnte er nicht endlich sein Pokerface aufsetzen und alle zum Schlafen gehen bewegen?
 

„Nein, nichts. Ich habe eigentlich nur auf euch gewartet. Matt liegt in seinem Bett und wird morgen sicher einen Kater haben. Wie erging es euch im Club?“, er strengte sich an als wäre nichts passiert und sein Sitzen hier nichts zu bedeuten hatte. Die Anderen waren sich zwar nicht ganz sicher, ob man seinen Worten trauen konnte, dachten sich jedoch, dass dies von der Müdigkeit und dem Babysitten kam, was sicher nicht leicht gewesen war. Sie tauschten sich schnell aus und marschierten ohne Umschweife in ihre Zimmer. Schließlich mussten sie morgen früh wieder früh aus den Federn und alles schien glatt gelaufen sein…
 

# # #
 

„Und, wie war es gestern? Ich hoffe ihr habt alle keinen Kater, um euch ordentlich ins Zeug zu legen?“, Sam grinste Nici frech an und marschierte gerade mit ihr in Richtung Küche als sie plötzlich ein Türschlagen aus dem Erdgeschoss hörten. Sie schauten sich beide an und wollten schon in Richtung Erdgeschoss gehen als Rafaels Kopf zu sehen war. Da war wohl jemand über Nacht woanders gewesen.
 

„Guten Morgen, Ausreißer. Na, eine schöne Nacht gehabt? Da wurde jemand aber ganz schön rangenommen!?“, nun war Nici, die frech grinste und ihren etwas müden Chef entgegenblickte.
 

„Grinst ihr zwei nur schön weiter… ich geh mich derweilen duschen.“ Rafael machte sich nichts aus der vergeblichen Neckerei und lief auch gleich weiter, um in seine Etage zu kommen.
 

„Er redet nicht viel über sein Liebesleben, was?“, Nici schaute ihm kurz hinterher und marschierte dann mit Sam weiter.
 

„Doch… nur nicht zu euch. Bzw. die Details kenne ich natürlich auch nicht, da ich sie nicht hören will. Aber so im Groben weiß ich, was los ist.“
 

„War er etwa bei seiner Freundin?“
 

„Sagen wir es so… eine feste Beziehung ist schon lange her gewesen und dieses Gespräch hat niemals stattgefunden.“, Sam lächelte sie kurz an und betrat gleich darauf die volle Küche. Nici verstand natürlich sofort. Rafael gehörte demnach zu der Sorte, die die Mädchen angelten und nur auf einen One-Night-Stand aus waren. Schnell und harmlos, ohne sich zu binden und letztendlich keine Verantwortung oder jegliche Probleme zu haben. Die letzte Beziehung musste ihm wohl wirklich zu schaffen machen, oder er hat einfach noch nicht die Richtige gefunden und sucht verzweifelt? Beim letzten Gedanken musste Nici von sich aus schon den Kopf schütteln. Das war ausgeschlossen. Rafael würde nie ein Mädchen nach dem Anderen flachlegen, nur um sich die Beste zu fischen. Im Grunde ging sie das auch nichts an. Sie verdrängte die Gedanken und lief Schnurstraks zur Kaffeemaschine, während sie den Jungs ein Lächeln schenkte und jedem ein „Guten Morgen“ wünschte. Sie schmierte sich noch schnell eine Scheibe Brot und wollte sich mit an den Tisch setzen. Matt saß am anderen Ende des Tisches und sah noch müder aus als Rafael. Er wollte sicher seine Ruhe haben und vor allem kein lautes Gerede, denn die Jungs zogen es vor so geräuschvoll wie immer zu sein. Sie kannten nicht nur das Wort Taktgefühl nicht, sondern auch Anstand und Fürsorge war ihnen in mancher Situation fremd. Seufzend nahm sie neben Seiji Platz und mahnte sie an etwas leiser zu sein.
 

„Wieso? Jeder ist wach. Ich sehe keinen Grund, warum wir flüstern sollten!“, John sah sie dabei an und das freche Grinsen sprang einen förmlich an. Er hatte seinen Spaß daran, dass Matt einen Kater hatte und Abstand zu ihnen nahm. Er tat ihr wirklich leid und um John ein wenig zu Recht zu weisen, trat sie ihn unterm Tisch gegen das Schienbein. Sofort zog er die Luft zischend ein und verzog sein Gesicht verzog sich ebenfalls. „Nici…“ war das einzige, was er von sich gab und funkelte sie böse an. Entschuldigend sah sie ihm ins Gesicht und tat so als würde es ihr leidtun. Die anderen lächelten allerdings nur schweigend und sagten nichts mehr zu dem Thema, schließlich wollten sie keine blauen Flecke an ihren Beinen haben.
 

„Auf einmal so ruhig, was ist los?“, Sam kam nun auch mit seinem Frühstück an den Tisch und war erstaunt, dass es ruhiger geworden war.
 

„Nichts, man merkt nur, wer hier die Hosen im Haus anhat.“, meinte Seiji scherzhaft und musste bei dem Gedanken grinsen. „In diesem Sinne, meine Vorlesung fängt gleich an. Ich sollte mal so langsam losgehen. Lasst es auch schmecken… Hey Kleiner, brauchst du eine Kopfschmerztablette?“
 

Natürlich konnte er es sich nicht nehmen Matt zum Schluss anzufunkeln. Dieser hingegen stand lediglich auf und marschierte still an ihm vorbei, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Verwunderten schauten ihn alle an, denn das war eine Reaktion, die bisher noch nie aufgetreten war.
 

„Hey Matt, was ist denn gestern passiert, dass du plötzlich so pflegeleicht bist?“, John pfiff dem Jüngeren anerkennend zu und war gespannt, was nun kam.
 

„Wie wäre es, wenn du anderen Leuten nicht auf den Geist gehst?“, Matt sprach leise aber bestimmend und verabschiedete sich dann mit einem knappen Tschüss von allen, um endlich aus dem Haus zu kommen. Die anderen saßen jedoch immer noch am Tisch und schauten auf die Tür, aus der Mat soeben verschwunden war.
 

„Leute, habt ihr ihn gestern zerfleischt oder warum ist er so lammfromm?“, Sam fragte die kleine Runde.
 

„Na ja, eigentlich haben wir ihn nur ganz kurz gesehen… Alex war länger mit ihm zusammen…“ und damit fielen alle Blicke auf Alex, der damit etwas überfordert wurde.
 

„Was schaut ihr denn so? Ich habe ihn nur nach Hause und ins Bett gebracht… Ich habe weder etwas gesagt noch getan… ein wenig Verantwortung könnt ihr mir schon zutrauen!“ Allerdings hatte er bei dem Satz ein größeres schlechtes Gewissen als wenn er seinen Freunden mal einen Jogurt wegaß. Er versuchte ehrlich zu klingen, was ihm wohl gelang, denn alle wandten sich wieder von ihm ab. Nochmal Glück im Unglück gehabt!
 

„Na gut, vielleicht ist es wirklich nur wegen dem Kater, schauen wir einfach mal.“, Nici stand nun ebenfalls auf und räumte ihr Geschirr weg, um mit Seiji nun ebenfalls aus dem Haus zu gehen.
 

# # #
 

Seiji stieg vom Motorrad seines Freundes und verabschiedete sich mit einem Danke auf den Lippen. Seijis Vorlesung endete früher und er wurde von einem seiner Freunde mitgenommen. Ein Blick in das Restaurant sagte ihm, dass einiges los war, also marschierte er rechts durch den kleinen Gartenzaun durch, um ihre Haustür zu erreichen. Sie benutzten nie den Vordereingang des Restaurants und für Gäste war der Nebeneingang tabu. Schnell schritt er in die erste Etage hoch, machte einen Abstecher ins Bad und zog sich auch gleich für die Arbeit um.
 

Nachdem er sich einen Happen aus der Küche genehmigt und einen Kaffee getrunken hatte, ging er wieder ins Erdgeschoss geradewegs in die Restaurantküche. Dort nickte er Sam und Alex kurz zu und stibitzte sich nochmal etwas zu essen.
 

„Hör auf zu essen und geh arbeiten, wenn du schon nichts zu tun hast!“, beschwerte sich Alex und scheuchte ihn aus seinem Reich. Er hasste es, wenn sich alle immer nur unnötig hier aufhielten und doch nichts zu Stande brachen. Seiji hingegen lächelte kurz und suchte Rafael auf, den er auch gleich an der Kasse beim abkassieren fand.
 

„Seiji? Ist noch etwas früh, hast du früher Schluss gehabt?“, Rafael schaute ihn verblüfft an und machte nebenher den Beleg für seinen Tisch fertig.
 

„Ja, habe gedacht ich löse dich schon etwas früher ab. Dann hast du mal eine längere Pause. Außer du hast etwas dagegen?“
 

Rafael schüttelte den Kopf und bedankte sich für das Ablösen. Schnell machte er noch sein Angefangenes fertig und überließ John und Seiji den Laden. Seiji hingegen war voller Tatendrang dabei und begrüßte auch schon die nächste Kundschaft.
 

„Seiji, du bist schon da? Hast du Rafael abgelöst?“, John erblickte seinen Freund und war nun leicht irritiert, da er Rafael nirgends auffinden konnte. Seiji informierte ihn kurz den Sachstand und beide machten sich wieder an die Arbeit.
 

Seiji schenkte am Tresen gerade ein paar Gläser Cola ein, als er im Augenwinkel sah, wie John einen Tisch mit hübschen Frauen bediente. Dieser schien sich köstlich zu amüsieren und flirtete sogar ein wenig mit ihnen. Leicht geschockt schaute er dem Spektakel zu und bemerkte erst zu spät, dass er gerade die Cola verschüttet hatte. Leise fluchend wischte er alles auf und musste sich auch schon im nächsten Moment Johns Spott anhören. „Was ist? Noch am Schlafen oder einen heißen Kerl gesichtet?“
 

Bei dessen Worten zuckte Seiji leicht zusammen und hätte beim Umdrehen beinahe das Glas von der Theke mitgerissen. Seit wann war er so schreckhaft? Er fasste sich schnell wieder und stellte alle Gläser auf das Tablett, um sie den Gästen zu bringen. „Natürlich letzteres… aber da er hetero ist, habe ich eh keine Chance.“, die Antwort auf Johns Frage konnte er sich natürlich nicht nehmen lassen, allerdings hätte er auch gleich sagen können, dass er scharf auf ihn war. Er hoffte nur inständig, dass John seine Anspielung nicht verstand, denn das fehlte ihm gerade noch. Er verstand ja selbst nicht ganz, warum ihn der Anblick von eben leicht eifersüchtig machte. Dabei war John eigentlich nicht mal sein Typ und mit Arbeitskollegen wollte er schon gar nicht erst etwas anfangen. Das komische an der Sache war wohl eher, dass es ihn nicht mal störte, dass John hetero war. Seiji seufzte kaum hörbar und setzte wieder sein Kellnerlächeln auf. Schließlich wollte er einiges an Trinkgeld einsacken und das war nun mal eines der benötigten Faktoren.
 

John hingegen starrte Seiji hinterher und war sich nicht ganz sicher, wie er dessen Satz zu deuten hatte. Seiji machte in letzter Zeit gewisse Andeutungen und blickte ihn seit gestern Nachmittag auch viel intensiver an als sonst. Ob er ihn aufzog?
 

„Ach quatsch…“ John schüttelte die Gedanken ab und versuchte sich wieder auf die Arbeit zu konzentrieren, was ihm nicht sonderlich gelang. Ständig schweifte sein Blick zu Seiji und wenn sie sich mal begegneten wich Seiji jeglichem Augenkontakt aus. Vielleicht hatte er auch einfach nur etwas angestellt und er war sauer auf ihn? Er würde ihn heute Abend nach Seijis Schicht einfach mal ansprechen. Wäre doch gelacht, wenn das Problem nicht lösbar wäre.
 

# # #
 

Die Stunden in der Schule waren die Hölle für Matt. War das Ganze schon immer so laut gewesen? Er sollte unter der Woche nichts mehr trinken, wie er feststellen musste. Sie mussten ja vor dem Club noch unbedingt eins dieser Trinkspiele spielen. Nie wieder! Genervt von allem schmiss er sich noch eine Kopfschmerztablette rein und hoffte, dass er so die Schulstunden überstehen würde…
 

Ohne Umwege ging er heute zurück zur Wohnung und trödelte ein wenig herum, auch wenn Sam dadurch eine kürzere Pause haben würde. Doch er hatte heute ehrlich gesagt keine Lust mit Alex alleine in der Küche zu stehen, kam jedoch nicht drum herum.
 

Brav tanzte er zu seiner Schicht an und löste damit Sam für eine kurze Zeit ab. Leider waren die Bestellungen schon praktisch alle fertig gewesen, sodass er gerade im Moment nicht mal etwas zu tun hatte. Um allerdings das Nichtstun zu vermeiden, widmete er sich dem Gemüse und begann diese zu säubern. Zu seinem Pech klappte das nur die ersten paar Minuten. Danach drehte sich Alex zu ihm um und fing auch schon zu reden an.
 

„Hör mal… wegen gestern wollte ich mich entschuldigen… ich meine…“, seine Stimme versagte jedoch in der Mitte und Matt konnte nicht drum herum ein wenig zu schwindeln.
 

„Was meinst du? Dass du mich durch die Gassen gezerrt hast? Ich weiß nur noch, dass wir irgendwann am 24h Shop standen… und danach ist alles weg...“, Matt konzentrierte sich bei seinen Worten nicht aufzublicken und eine ernste Mimik darzubieten. Am liebsten würde er einfach das Thema wechseln, denn das war ihm definitiv zu peinlich. „Und ich will es am Besten nicht wissen… also lassen wir das Thema fallen und gehen wieder an die Arbeit.“ Damit hoffte er einen Schlussstrich gezogen zu haben und schnappte sich die nächste Bestellung als John hineingeschneit kam. Es war kaum vorstellbar, dass er sich mal so über seinen Arbeitskollegen freute wie jetzt. Ehe er sich versah war Sams Pause auch schon um und Alex war nirgends zu sehen. Er wusste nicht, wie dieser auf seine Worte reagiert hatte und wollte es auch nicht wissen. Die Erinnerung allein ließ ihn erröten und das musste der Andere schließlich nicht bemerken. Er konnte deswegen nicht mal richtig schlafen oder sich gar auf den Unterricht konzentrieren, mal von den Kopfschmerzen abgesehen.
 

~
 

Matt war sichtlich überfordert als Alex immer näherkam und ihn letztendlich gegen die Wand drückte. Er war noch viel zu betrunken, um auch nur einen richtig klaren Gedanken zu fassen, sodass er natürlich auch nicht realisierte, dass der Andere ihn an sich drückte. Erst als Alex ihn sanft auf die Lippen küsste, klingelten bei ihm die Alarmglocken. Er wusste, dass Alex ihm mit der kurzen Unterbrechung eine Chance gab zu protestieren oder sich gar zu wehren, doch er ließ die kurze Zeit verstreichen, nur um kurz darauf seinen Kuss zu erwidern. Ehrlich gesagt wusste er nicht einmal warum er den Kuss zuließ, doch eins konnte er mit Sicherheit sagen: Alex war nicht schlecht im Küssen. Sogar besser als manche Frauen.
 

Vorsichtig leckte dieser über Matts Lippen und bat um Einlass, welchem er ihm auch direkt gewährte. Unabsichtlich seufzte Matt in den Kuss hinein und wurde ebenfalls fordernder, was Alex dazu bewegte eine seiner Hände sanft über dessen mittlerweile freien Oberkörper wandern zu lassen und sich einen Weg nach oben zu bahnen. Seine Berührungen ließen Matt einen Schauer über den Rücken laufen. Matt krallte sich in Alex Oberteil, um ja zu verhindern, dass dieser das Weite suchte und ihn einfach so stehen ließ. Er wollte noch mehr von diesen Berührungen und ließ zu, dass Alex sich zu seiner Brust vortastete und über die Brustwarze strich. Der Kleine seufzte erneut in den Kuss hinein und Alex beschloss sich daraufhin zu beherrschen. Er löste sich mit viel Kraft aus dem Kuss, nur um kurz darauf an Matts Hals einfach weiter zu knabbern.
 

„Wir sollten… hier aufhören… du bist betrunken und ich möchte die Situation nicht ausnutzen.“ Welch heldenhafte Worte. Eigentlich wollte er den Jüngeren direkt hier und jetzt flachlegen, doch das würde ihm Matt niemals verzeihen. So wie er es einschätzte, würde er Matt sicher nicht dazu bekommen mit ihm je mehr anzufangen, zumindest im nüchternen Zustand, wie man sehen konnte. Er war einfach hetero und stand auf Mädchen. Wenn er sich morgen auch noch an den heutigen Abend erinnerte, würde er ihn nicht mal mehr eines Blickes würdigen… und das wollte er auf keinen Fall riskieren, zumal ihn das am Meisten verletzen würde.
 

Doch Matt sah gar nicht ein aufzuhören, stattdessen zog er den Älteren wieder in den Kuss und schaute ihn daraufhin fordernd an. Er sagte ihm damit ganz klar, dass ein Aufhören nicht akzeptiert wurde. Gott, war das scharf! Alex schluckte heftig und löste Matts Hände von sich. „Ich kann für nichts garantieren, wenn wir jetzt weitermachen. Geh schlafen…“
 

Damit nahm er von Matt Abstand und verließ schon fast fluchtartig das Zimmer, ohne sich noch einmal umzudrehen.
 

~
 

Na ja, er hatte zumindest Anstand an den Tag gelegt, das musste ihm Matt hoch anrechnen, auch wenn er sich dennoch benutzt vorkam. Mit dem Anstand hätte er auch ruhig schon vor dem Kuss anfangen können! Natürlich ärgerte er sich über sich selber am Meisten. Er schmiss sich an den erst besten Kerl und wollte tatsächlich seinen Hintern entjungfert haben!? Das nächste Mal würde er sich nicht dem Alkohol hingeben. Nie wieder! Mit diesen Gedanken konzentrierte er sich wieder auf die Arbeit und versuchte nicht mehr an Alex zu denken.
 

# # #
 

John blieb noch etwas am Tresen stehen und säuberte hier und da ein paar Flecke, während er Seiji beobachtete. Auch er wurde von allen Seiten angeschmachtet. Ob das auch so wäre, wenn die Damen wüssten, dass er auf Männer stand? Er schnaufte verächtlich, als eines der Damen über einen seiner Witze lachte. Dämliche Pute! Bei diesem Gedanken musste John unwillkürlich innehalten und war sich nicht genau bewusst, was das genau sollte. Seit wann störte es ihn? Über seine eigenartige Reaktion schüttelte er nur selbst den Kopf und ließ alles liegen. Das war wohl genug Arbeit für heute. Er sollte sich mal auf den Weg ins Studio machen und dort die Lage checken. In letzter Zeit war es eher ruhig um ihn herum gewesen und das machte ihn doch etwas kribbelig.
 

Seiji bemerkte im Augenwinkel, dass John ihn nach seiner Schicht noch etwas beobachtete und machte sich wegen seiner Worte von vorhin etwas Sorgen. Hatte er etwa doch verstanden, was er sagen wollte? Das konnte nicht sein, zumal er sonst jegliche Andeutungen geschickt verbarg. Doch schon im nächsten Moment schüttelte John den Kopf und verließ das Restaurant. Was war das denn? Leider blieb ihm nicht viel Zeit um darüber nachzudenken, da Rafael ihn gerade beim Faulenzen erwischte und fragend ansah.
 

# # #
 

„Was hetzt du heute so? Wieder ein Date?“, Nici schaute zu Rafael, der in Windeseile alle Tische abwischte und Stühle hochstellte. Dieser grinste sie nur an und sagte nichts zu seiner schnellen Aufräumaktion, aber das reichte ihr schon. Also hatte er sich heute Abend wieder jemanden oder vielleicht sogar dieselbe Frau angelächelt? Schade eigentlich, heute Abend wollte sie einen Film schauen und Rafael hatte genau ihren Filmgeschmack. Dann musste sie sich eben jemand anderes suchen. Sie linste kurz in die Küche und versuchte ihr Glück bei den anderen zweien. Sam runzelte die Stirn und überlegte kurz, nur um ihr dann abzusagen. Faith hingegen musste nicht lange überlegen, um ihr abzusagen. Sie musste angeblich noch etwas erledigen. Schade.
 

Leicht geknickt, schob sie Rafael aus dem Laden, um ihm seinen Abend nicht zu vermasseln und räumte fertig auf. Nach dem Duschen marschierte sie in die zweite Etage und wollte sich einfach allein einen Film anschauen, als sie gerade noch mitbekam, wie Matt in Faiths Zimmer trat. Holla die Waldfee, lief da etwa etwas zwischen den beiden? Irritiert, was sie davon halten sollte, ging sie weiter und betrat das Wohnzimmer, in dem Alex saß und sich anscheinend nicht für einen Film entscheiden konnte. Er zappte im Fernseher hin und her und fluchte über das derzeit tolle Programm im TV. Schmunzelnd trat sie näher und erschreckte ihn abermals als sie ihm die Hand auf die Schulter legte. „Junge Junge, du bist in letzter Zeit aber schreckhaft! Was ist passiert? Ein schlechtes Gewissen wegen irgendetwas?“ Nici setzte sich neben ihn und grinste breit.
 

„Hör auf zu grinsen, du bist einfach zu leise. Das ist alles. Hier…“ Alex reichte ihr die Fernbedienung und streckte sich müde. „Einfach nur Mist im Programm.“
 

„Ich weiß… was erwartest du unter der Woche? Lust auf einen Film?“
 

„Ja, warum nicht?!“
 

Nachdem sie sich auf einen Film geeinigt hatten, machten sie es sich wieder auf dem Sofa gemütlich und versuchten dem Film zu folgen.
 

„Wir hätten eigentlich die anderen noch fragen können, ob sie Lust hätten mit zuschauen…“, begann Alex plötzlich wieder zu reden, während die Filmvorschau lief.
 

„Rafael ist auf ein Date… Sam hatte keine Lust und Faith etwas vor… apropos Faith… sag mal, läuft da was zwischen ihr und Matt?“ Alex schaute Nici verdutzt an und verstand absolut nicht, wie sie auf den Gedanken kam. „Na ja, ich habe eben gesehen, wie Matt in ihr Zimmer gegangen ist. Das fand ich doch sehr irritierend.“
 

„Ach so… ja, das habe ich bereits bemerkt. Faith hat die Schule früh verlassen um zu jobben und holt jetzt ein paar Dinge nach. Und sie ist anscheinend in Geschichte gut. Matt lässt sich von ihr ein paar Dinge erklären. Er ist da auch sehr ehrgeizig... da haben sich zwei getroffen.“
 

Nici schaute ihn mit großen Augen an, da sie nicht geglaubt hätte, dass er so viel über Faith wusste. „Wie kommt es, dass du so viel weißt? Sie redet doch nicht so viel… nicht mal mit mir, zumal ich hier die einzig weitere Frau im Haus bin.“
 

Alex grinste und zwinkerte ihr zu. „Man(n) hat eben so seine Quellen… na ja, ich habe Matt ein wenig in Bredouille gebracht, und er hat es mir notgedrungen erzählt. Das ist alles.“
 

„Sag doch einfach, du hast ihn erpresst… bleib doch einfach mal bei der Wahrheit.“
 

„Erpressen ist so ein hartes Wort…“
 

Beide fielen ins Gelächter und widmeten sich letztendlich dem Film, der nun begann und ihre ganze Aufmerksamkeit erforderte.

Versöhnung

„Du gehst jetzt noch aus?“ John schaute seinen Freund ganz irritiert an als Seiji in seiner verblassten Hose und einem seiner schicksten Hemden an der Küche vorbeilief. John wollte sich eigentlich nur eine Kleinigkeit für den kleinen Hunger holen und war nun sichtlich überrumpelt. Hatte der andere morgen nicht direkt in der ersten Stunde eine Vorlesung? Seiji grinste John allerdings nicht an und winkte mit der Hand ab. Und was sollte das jetzt heißen? Ja oder nein? „Wie meinen?“

„Ich geh nicht aus, ich geh mir nur meinen ‚Sport‘ für heute abholen, sonst drehe ich durch“, damit schob er sich schnell zur Tür und verschwand aus Johns Blickfeld. Seiji hatte heute während seiner Schicht an nichts anderes denken können. Wie zum Teufel ist das passiert? Er musste John nur gegenüberstehen und schon reagierten alle Sinne. Dass er noch keine ausgebeulte Hose vor dessen Augen hatte, war nur eine Frage der Zeit. Er musste sich dringend etwas überlegen und bis dahin würde er sich eben seinen Hunger jeden Abend woanders holen. Er sollte John ein wenig aus dem Weg gehen, und zwar unauffällig… was sich sicher für schwierig erweisen würde. Seufzend marschierte er in die nächste Gay Bar und suchte sich sein Opfer für heute Abend aus…
 

# # #
 

John marschierte ins Wohnzimmer und entdeckte Faith und Alex vor dem TV. Der laufende Film schien nicht sehr anspruchsvoll und auch von der Mitte schaubar zu sein, also setzte er sich neben Faith und nickte den beiden zur Begrüßung kurz zu. Diese hatten natürlich nichts dagegen, je mehr Leute, desto mehr konnte man sich amüsieren. Im Grunde handelte es sich um einen Action Film, in dem leider auch eine Spur Romantik enthalten war. Eine Liebe, die nicht in Erfüllung gehen kann.

„Leute… was für einen Schmarrn schaut ihr euch da schon wieder an? Seit wann steht ihr auf schnulziges Zeug?“ John war fix und fertig.

„Na komm, es gefällt dir nur nicht, weil du dich sicher in einer gleichen Position befindest! Deine Liebe ist für dich unerreichbar, stimmt’s?“, Nici grinste ihn frech an und stockte leicht als John sie mit einem irritierten Blick anstarrte. „John…?“

Nun wurde auch Alex stutzig, denn er hatte mit einer guten Retourkutsche gerechnet. Er beugte sich leicht nach vorne, um seinen Kollegen besser sehen zu können und schaute diesen nun ebenfalls fragend an. Dieser hingegen wich den Blicken langsam aus und stand geräuschlos auf, um dann gedankenversunken aus dem Wohnzimmer zu gehen. Eine unerfüllte Liebe? Er? Warum fühlte er sich bei Nicis Worten ertappt? Er war doch eigentlich gar nicht… verliebt?
 

„Weißt du, was das sollte? Sag mir nicht, ich habe ins Schwarze getroffen und er ist wirklich verliebt… kommt aber nicht an sie ran?!“ Nici schaute John kurz nach und drehte sich dann fragend zu Alex um, der allerdings nur mit den Schultern zuckte.
 

# # # Sonntag # # #
 

Die Tage vergingen wie im Flug und gewisse Launen besserten sich nicht sonderlich, was den Anderen so langsam auffiel. Sam und Rafael standen alleine im Restaurant vor Öffnung und tranken zusammen einen Kaffee. „John ist nicht sonderlich auf der Höhe, kann das sein?“, Sam begann das Thema nun endlich mal anzusprechen. Rafael nickte knapp und trank einen Schluck seines Kaffees. „Aber er ist nicht der Einzige. Seiji… ist nicht besser gelaunt. Man könnte meinen er strotzt nur vor schlechter Laune, auch wenn er im Laden immer mit einem Lächeln herumläuft und die Mädels an flirtet.“

„Ja, das stimmt auch wieder… und was ist mit Alex und Matt los? Um die zwei ist es verdammt ruhig geworden. Matt schaut ihm nicht in die Augen und Alex zieht ihn kaum noch bis gar nicht mehr auf… das geht schon seit knapp einer Woche so.“, Sam schob sich sein letztes Stück Sandwich in den Mund und kaute genüsslich darauf herum.

„Hm… sollen wir das mal ansprechen? Ich meine…“ Rafael überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf. „Nein, das ist nicht unser Problem, solange sie die Arbeit nicht vernachlässigen und alle anderen mit der Laune anstecken. Warten wir einfach mal ab.“ Sam nickte zustimmend und sie hielten sich beide erstmal weiter bedeckt.
 

# # #
 

Für einen Vormittag war doch recht viel los. Rafael und John hatten alle Hände voll zu tun und daher bemerkte John seinen Freund recht spät. Seiji saß an einem Tisch mit einem anderen Mann, den er nicht kannte und zu gut aussah für seinen Geschmack. War das der Kerl mit dem Seiji in letzter Zeit verkehrte? Ihm kam es außerdem vor als würde Seiji ihn meiden. Nach seiner Schicht verkroch er sich in sein Zimmer, um angeblich für Prüfungen zu lernen und seine Hausarbeit zu erledigen und danach eilte er auf und davon. Keine gemeinsamen Abende mehr mit einem kleinen Essen, DVDs oder Partygänge. Er hätte nicht gedacht, dass er in den vergangenen Wochen so abhängig geworden war. Einen kleinen Vorteil hatte das ganze natürlich schon: Er hatte die letzten paar Tage mal wieder etwas mit seinen anderen Freunden gemacht, von denen er deswegen auch ordentlich gerügt worden war. Seufzend marschierte er zum Tisch, da Rafael gerade in die Küche gehuscht war und versuchte keine Emotionen zu zeigen, denn es passte ihm gar nicht, dass er hier mit seinem Macker auftauchte.

„Was kann ich euch bringen?“, er schaute dabei eher Seiji als den anderen Mann an und wartete geduldig auf dessen Antwort. Seiji hingegen schaute John nicht in die Augen und fragte stattdessen seine Begleitung, was er denn zu trinken wollte. Das nervte ihn tierisch und er tippte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden. „Also?!“ Die genervte Stimme ließ Seiji aufhorchen und nun blickte ihm dieser doch in die Augen.

„Schlecht geschlafen, John? Du solltest lieber etwas Lächeln, das gibt nicht viel Trinkgeld heute“, Seiji meinte es natürlich nur gut, auch wenn es halb im Scherz gesprochen war. Allerdings schien diese Aussage das I-Tüpfelchen der Woche sein.

„Sag mal, willst du mich verarschen? Erst ignorierst du mich die ganze Woche und jetzt tadelst du mich unverfroren?! Hol dir dein Zeug gefälligst selbst und vergiss nicht zu zahlen. Leg auch gleich noch ein bisschen mehr Trinkgeld drauf, da ich ja gerade nicht viel abstaube!“, genervt drehte er sich um und eilte zum nächsten Tisch, um dort mit einem zuckersüßen Lächeln – was ihn sehr viel Überwindung kostete – die Bestellung aufzunehmen.
 

Die restliche Schicht verlief ruhig. Er machte um Seijis Tisch einen großen Bogen und war dankbar als diese nach dem Mittag rum war. Sofort haute er ab und würdigte Seiji keines Blickes. Selbst Rafael nickte er nur knapp zu und in der Küche huschte er einfach an allen vorbei. Er wollte etwas für sich sein und beschloss der Agentur einen Besuch abzustatten. Vielleicht würde das Fotoshooting nach vorne verlegt, sodass er auf andere Gedanken käme.
 

Er konnte es immer noch nicht fassen, dass er Seiji vor dem Kerl wie ein eifersüchtiger Teenager angeblafft hatte. Das war absolut nicht seine Art. Mal davon abgesehen, dass er auch noch wütend auf Seiji war, da er ausgerechnet bei ihnen im Restaurant auftauchte. Was sollte das? Er konnte sich nicht erklären, warum ihn das so wurmte, bis tatsächlich der Groschen fiel und er ruckartig mitten auf dem Gehweg stehen blieb. Eifersucht? Konnte das wirklich sein? Aber worauf? Er war schließlich hetero und hatte noch nie etwas mit einem Kerl angefangen oder gar Interesse bzw. Neugier dafür gezeigt. Seiji war sein Freund und mehr sah er nicht in ihm. Nein, das konnte nicht der Grund sein. Vielleicht war es auch einfach nur die Tatsache, dass dieser ihn links liegen gelassen hatte. Er war eindeutig neidisch auf den Typen, dass dieser den Tag mit Seiji verbrachte und ihm Nahe war.

John setzte sich wieder in Bewegung, doch der Gedanke daran ließ ihn einfach nicht los. Er schüttelte den Kopf und konnte nicht fassen, dass er so tief sank. Wieso führte er sich wie ein kompletter Idiot auf, nur wegen einer solchen Kleinigkeit? Natürlich hatte jeder von ihnen eigenen Freundeskreis, da brauchte man weder neidisch noch eifersüchtig zu sein. Vielleicht sollte er sich zur gegeben Zeit bei ihm entschuldigen… sofern dieser je wieder ein Wort mit ihm wechselte.
 

Das Fotoshooting wurde natürlich nicht nach vorne verlegt, doch er konnte sich zum derzeitigen Shooting dazugesellen und das Ganze beobachten. Er setzt sich auf einen freien Stuhl und beobachtete das Getümmel erstmal in Ruhe, bis er schließlich ein paar Männer in Badeshorts erblickte. John kam nicht umhin sich deren Körper sehr genau anzuschauen und musste zugeben, dass diese wirklich unheimlich gut gebaut waren. Sein Blick blieb an einem der Jüngeren hängen und er musste zugeben, dass dieser Seiji im Körperbau sehr glich.

Er erwischte sich dabei, wie er grinsend dasaß und an den Anderen dachte. Seiji hatte sich damals eiskalt sein Shirt ausgezogen und lief halbnackt durch das Zimmer, bis er sich für ein anderes Oberteil entschieden hatte. John hatte ihn damals genau gemustert und jetzt wo er über die Situation nachdachte, erinnerte er sich daran, dass ihm bei dem Anblick ein kleiner Schauer über den Rücken gelaufen war. Stirnrunzelnd versuchte er sich an seine Gedanken zu erinnern und stockte. Er hatte sich damals rasch abgewandt und sich anderweitig beschäftigt. Doch John wusste wieder ganz genau, was der Grund war. Er hatte das Verlangen zu Seiji zu gehen und ihn zu berühren. Warum hatte er das nur vergessen? Während er so darüber nachdachte, musste er sich eingestehen, dass er heute noch immer dieses leichte Verlangen danach hatte. Woher das Alles kam, konnte er jedoch nicht ausmachen. Er rutschte unruhig auf seinem Stuhl, da er den Gedanken einfach nicht aus dem Kopf bekam. Ob er es einfach mal ausprobieren sollte? Vielleicht würde ihn das endlich zur Ruhe bringen…aber mit Seiji? Augenrollend stand er auf und lief ein wenig umher. Irgendwie nervte ihn das wieder. Er musste später unbedingt etwas mit seinen Freunden trinken gehen. Das war doch einfach nicht zum Aushalten.
 

# # #
 

„Hey Seiji, ich weiß ja nicht, was los ist… aber klärt das endlich. Das ist langsam nicht mehr zum Aushalten!“, Rafael wollte eigentlich nichts zu ihrem Dilemma sagen, doch Johns Aufbruch war etwas zu viel für seinen Geschmack. Ohne auf Seijis Antwort zu warten, ging er weiter und bediente einen Damentisch, die ihn regelrecht anschmachteten.

Seufzend kratzte sich der Andere am Kopf und überlegte, was er am besten tun konnte. Er hatte sich wirklich Mühe gegeben John aus dem Weg zu gehen und sich auf andere Männer zu konzentrieren. Was allerdings nach hinten los ging: Er schlief unruhig, träumte ständig von seinem Freund und der Sex mit Anderen war auch nicht das Wahre vom Ei. Vielleicht sollte er sich wieder mit John beschäftigen, so wie sie es immer taten und das Ganze war einfach nur eine Phase. Er wusste zwar nicht, ob es wirklich helfen würde, doch so weiter gehen konnte es definitiv nicht. Er würde es heute Abend angehen. Mit diesem Entschluss machte er sich wieder an die Arbeit bevor Nici ihn später ablösen kam.
 

# # #
 

Alex und Matt standen mal wieder allein in der Küche und keiner sprach auch nur ein Wort. Sam musste kurzfristig leider weg und so blieb Alex etwas länger als seine normale Schicht eigentlich war, was Matt absolut nicht gefiel.

„Wie… lief deine Woche so?“, Alex versuchte tatsächlich ein Gespräch zu beginnen, nachdem sie knappe zehn Minuten in Stille verbracht hatten. Der Kerl konnte wohl einfach nicht den Mund halten?

„Hm…“, war die einzige Antwort, die Matt zu Stande brachte und schnippelte weiter am Gemüse. Alex seufzte kaum hörbar und legte seine Utensilien beiseite.

„So kann das nicht weiter gehen“, begann er nun das Gespräch, wovor er sich seit Tagen drückte. „Können wir nicht normal miteinander umgehen? Du gehst mir aus dem Weg…“

„Wäre nicht so, als würde ich dir nicht schon seit unserer ersten Begegnung aus dem Weg gehen…“

„Das ist etwas anderes… ich meine, da haben wir ja noch miteinander geredet, auch wenn es auf eine verdrehte Art war… jetzt reden wir nicht mal das Nötigste und du schaust mir nicht einmal in die Augen!“

„Das kann nicht sein…“, Matt versuchte nicht mal das Desinteresse in seiner Stimme zu verbergen. Stattdessen nahm er sich nun das Fleisch vor und begann hier das Messer zu schwingen. Er wollte nicht über das Thema reden und noch weniger wollte er dem Älteren in die Augen schauen. Es war ihm einfach zu peinlich, dass er sich am freien Abend so hatte gehen lassen und das auch noch bei einem Mann, bei Alex! Wobei er noch weniger verstand, warum Alex so scharf auf ihn war. War er vielleicht bi? Oder gar schwul? Diese Gedanken schwirrten schon seit Tagen in seinem Kopf und er fand einfach keine Antwort.

Seine Gedanken wurden abrupt von Alex unterbrochen. Besagter stand plötzlich neben ihm und hielt Matts Hand fest, damit dieser nicht weiter schneiden konnte. „Was?“ perplex schaute er zum Größeren und geradewegs in dessen Augen. Für wenige Sekunden hielt er Alex ernstem Blick stand, wich ihm dann jedoch wieder aus.

„Siehst du… genau das meinte ich! Warum kannst du mir nicht in die Augen schauen? Was ist los?“ als Matt immer noch nicht antwortete, sprach er den Gedanken aus, der ihm nicht mehr aus dem Kopf ging. „Hast du… mich angelogen als du meintest, du wüsstest nicht mehr, was am Dienstag passiert ist?“ Bei diesen Worten spürte Alex, wie Matt leicht aufzuckte. Da hätten wir also den Grund. Er wusste sehr wohl, was sie damals in Matts Zimmer getrieben hatten. Tja, und was jetzt? Sollte er sich entschuldigen, obwohl es nichts zu entschuldigen gab? Erst mal ließ er den Jüngeren los und trat einen Schritt zurück, was den Anderen zur Verblüffung führte. Er schaute Alex überrascht an und hatte vergessen, dass er ihm eigentlich nicht mehr in die Augen blicken wollte.

„Hör mal, es tut mir leid… nein, eigentlich nicht. Du warst an dem Tag einfach zu süß… und ich konnte mich einfach nicht zurückhalten. Eigentlich stehe ich mehr auf Frauen, bin aber nicht gegen männliche Begleiter abgeneigt… und an dem Tag hast du mich echt scharfgemacht, das hatte absolute Überwindung gekostet aus dem Raum zu gehen. So viel Selbstbeherrschung wirst du nie wieder bei mir sehen, also pass‘ das nächste Mal auf… denn da werde ich dich vollends vernaschen, betrunken hin oder her!“ es sprudelte einfach nur so aus ihm heraus und es war ihm egal, dass der Kleine vor ihm plötzlich einen Rotschimmer auf den Wangen hatte und übereilig zur Seite schielte. Das sollte für heute reichen, um ihn zum Nachdenken bewegt zu haben. Er ließ von Matt ab und widmete sich wieder seiner Arbeit zu, genau rechtzeitig, da Rafael die Küche betrat und eine weitere Bestellung aufgab.
 

# # #
 

„Super! Das war toll, John! Du warst heute ja besonders bei der Sache und so ehrgeizig. Das sind klasse Fotos geworden. Wir sind fertig!“ John war endlich fertig mit seinem Fotoshooting und hatte sich vollends darauf fokussiert. Er wollte wenigstens für einen kurzen Moment einfach alles verdrängen, was ihm auch gelungen war. Er unterhielt sich noch mit dem ein oder anderen und zog sich dann um. Er hatte noch etwas Zeit und so bummelte er durch die Straßen bis er plötzlich eine SMS erhielt. Er konnte seinen Augen nicht trauen als er den Absender erkannte. Seiji schickte ihm eine SMS? Das musste ja super wichtig sein, wenn er sich endlich mal meldete. Allerdings fiel die Nachricht sehr knapp aus. ‚Zeit? Jetzt?‘ Wollte er ihn auf den Arm nehmen? Warum wurde er wieder fuchsteufelswild, wenn er die Nachricht las? Er verstand sich selbst nicht mehr, wollte ihn aber auch nicht ignorieren. Wobei ihm das sicher mal guttun würde. ‚Jetzt hast du auf einmal wieder Zeit für mich? Ich geh mich mit meinen richtigen Freunden die Kante geben!‘ Ehe er sich versah, hatte er die SMS auch schon abgeschickt. Verdammt, so genervt und verletzend wollte er eigentlich nicht klingen. Aber na ja…was soll’s… es war Zeit sich endlich vor der Bar zu treffen, seine Freunde warteten sicher schon.
 

# # #
 

Seiji wartete geduldig auf die Rückkehr seines Kollegen, wurde mit der Zeit allerdings ungeduldig und schickte ihm eine SMS. Vielleicht hätte es sich besser angehört, wenn er ein wenig mehr geschrieben hätte, was er auch prompt gezeigt bekam. Seijis Augenbraue wanderte nach oben und er las die Nachricht mehrfach, um zu realisieren, was dieser da geschrieben hatte. Seine richtigen Freunde? Sich die Kante geben? Zähneknirschend stand Seiji auf, steckte sich das Handy in die Hosentasche und schnappte sich seine Jeansjacke. Er wusste genau in welche Bar er sich ‚die Kante‘ geben wollte und marschierte schnurstracks dahin.
 

Angekommen, betrat er gelassen die besagte Bar und schaute sich in Ruhe um, nur um kurz darauf auch schon Johns Clique zu entdecken. Gesuchter saß am Rand und schien bereits leicht angeheitert zu sein. Es dauerte einen Moment bis John merkte, dass jemand neben ihm stand und es sich um Seiji handelte. Perplex starrte er diesen an und wollte gerade etwas sagen, als Seiji einfach Geld auf den Tisch knallte, seine Hand nahm und ihn mit leichter Gewalt auf die Beine aufhalf „HEY!“, schrie John überrascht auf und folgte seinem Kollegen nur widerwillig. „Seiji, was soll der scheiß?“

„Wir müssen uns unterhalten.“

„Ich will aber nicht.“ Gut, er klang nun wie ein trotziges Kind, aber Seiji benahm sich auch nicht viel besser. „Was willst du auf einmal von mir? Kann das nicht bis später warten? Das hat dich die letzten Tage schließlich…“ Ehe John seinen Satz beenden konnte, zog ihn Seiji in eine dunkle Nebengasse und schubste ihn gegen die Wand. „Argh! Spinnst du…?“

„Vielleicht… aber anders hörst du mir ja nicht zu!“ Ein Blick auf Seiji ließ John verstummen. Er wehrte sich nicht mehr gegen den Anderen und schon kurz darauf hörte der Druck gegen die Wand auf. Seiji ließ seinen Gegenüber frei und trat einen Schritt zurück. „Wollen wir nach Hause gehen und uns da mal aussprechen?“
 

Nachdem endlich jeder mit jedem reden wollte, liefen sie schweigend nach Hause. Sie trafen keinen der anderen und schlichen sich leise in Seijis Zimmer, in dem sich John direkt aufs Bett setzte.

„Also… wo drückt der Schuh? Was ist dein Problem? Ich sag‘s dir gleich: Ich hasse es ignoriert zu werden… und bescheißen brauchst du mich auch nicht. Ich war richtig sauer die letzten Tage! Ich hoffe, du hast eine Erklärung, sonst sind wir geschiedene Leute!“

Auch wenn er die Worte sicher nicht ganz so ernst meinte, traf es Seiji doch ein wenig. Dieser stand geschockt vor dem Bett und schaute auf John herab. Er wusste, dass John sauer war… aber, dass er gleich Freundschaften deswegen kündigen würde, war ihm nicht bewusst.

„Mein Gott, schau nicht so geschockt… kannst du nicht einfach mit der Sprache…“ John hatte dessen Blick bemerkt und versuchte den Wert seiner Worte etwas zu mindern, wurde jedoch gleich vom Anderen abgewürgt.

„Du machst mich scharf, deswegen habe ich mich die letzten Tage von dir ferngehalten und bin mit anderen Kerlen in die Kiste gehüpft.“, ohne Umschweife sagte er ihm den richtigen Grund und biss sich selbst auf die Zunge. Na klasse, da hätte er ihm auch gleich die Freundschaft kündigen können! Ein Blick auf Johns Gesicht sagte ihm, dass er mit der Reaktion nur knapp danebenlag. Besagter schaute ihn mit offenem Mund perplex an und wusste anscheinend nicht, wie er reagieren sollte. Schließlich brach John in Gelächter aus und konnte sich nicht mehr einkriegen. Seiji hingegen war mit der Situation absolut überfordert, denn damit hatte er nicht gerechnet. Er lachte? Ernsthaft?

„Ähm… John…?“

„Sorry…. Aber das ist gerade zu köstlich… und deswegen hast du dich die ganze Woche so abweisend verhalten? Warum um Himmelswillen hast du nichts gesagt?“

Seiji schaute bei seinen Worten nur überraschter. „Bist du dir sicher, dass du verstanden hast, was ich eben gesagt habe?“

„Ja klar!“, John winkte ab und lehnte sich lässig zurück. Gut, er musste zugeben, dass er über Seijis Worte doch gestaunt hatte, aber das würde sein komplettes Verhalten der letzten Woche erklären. Vielleicht hatte er auch zu sorglos reagiert. Jeder andere Hetero wäre ausgetickt oder zurückgewichen. Vielleicht war er einfach nicht normal? Aber wenn er genauer drüber nachdachte, wäre Seijis Offenbarung eigentlich die Lösung für sein eigenes Problem. Vielleicht war Seijis Verlangen ebenfalls reine Neugier, so etwas wie Trophäensammlung mit Heteros, und so würden sie beide zur Ruhe kommen. Aber konnte er das wirklich? Da war er sich wirklich nicht ganz sicher.

„Na ja, meinetwegen brauchst du dich nicht zurück zu halten. Dann warst bzw. bist du eben rollig… ist ja nicht so als hätte ich nicht gewusst, dass du auf Männer stehst. Solang du mich nicht von gleich auf jetzt anspringst, komme ich damit klar.“

„… weißt du eigentlich, was du da sagst?“ Seiji starrte ihn fassungslos an und war sich ziemlich sicher, dass dieser die Worte ohne Überlegung von sich gegeben hatte.

„Bitte?“ John sah ihn verständnislos an und wartete auf eine Erklärung, die er allerdings nicht bekam. Seiji kratzte sich am Kopf und seufzte laut auf. War der andere schon immer so naiv und begriffsstutzig gewesen? „Schon gut… sag mir lieber, warum du heute Vormittag so genervt warst?“

„Heute Vormittag?“ John musste kurz überlegen, bis ihm schließlich die Sache mit dem anderen Kerl einfiel. „Ach das… vergiss es einfach. Dass du da mit deinem Macker plötzlich aufgetaucht bist, hat einfach das Fass zum Überlaufen gebracht. Bei dem Gedanken wie ihr…“ Abrupt hörte John auf zu reden, da ihm bewusst wurde, was er da eigentlich sagen wollte. Vor allem, weil ihm erst jetzt klar wurde, was ihn wirklich an dem Anblick gestört hatte. Es war nicht die Tatsache, dass er ihn links liegen gelassen hatte, sondern, dass er mit dem Anderen in die Kiste hüpfen würde. Es störte ihn, dass Seiji mit anderen Männern zugange war. Bei dem Gedanken lief John ein wenig rot an und schaute schnell zur Seite. Na toll, das war jetzt äußerst geschickt und überhaupt nicht auffällig. Doch er konnte ihm ja nicht sagen, dass er eifersüchtig war und am liebsten mit seinem Macker den Platz getauscht hätte… in jedweder Hinsicht. Sein Selbsttadel war jedoch überflüssig, Seiji ließ sich auf den Boden plumpsen und lachte nun selbst schallend.

„Alta, das war mein älterer Bruder. Ich schleppe doch meine Sexpartner nicht ins Restaurant.“ Seiji grinste frech und bemerkte Johns Erleichterung. „Was… ist los? Weswegen bist du so erleichtert?“ Noch bevor John sich etwas zur Antwort überlegen konnte, fiel allerdings auch bei Seiji der Groschen. Hatte er schon immer eine so lange Leitung gehabt? Das hätte er doch schon vorhin merken können. War er etwa eifersüchtig? Er bemerkte nun auch den leichten Rotschimmer auf dessen Wangen, was ihn tierisch anmachte.

Wie in Trance erhob sich Seiji langsam vom Boden und trat zum Bett, ohne dabei den Blick vom anderen abzuwenden. Ehe er sich versah, war er bereits auf das Bett gekrabbelt und beugte sich zu John, bis sich ihre Gesichter nur noch wenige Zentimeter trennten. In Johns Blick sah er Verwunderung und hielt inne, da ihn dieser Anblick wieder zurückholte. Was hatte er sich eigentlich dabei gedacht? Er konnte ihn doch nicht sofort nach seiner Offenbarung direkt hier und jetzt überfallen. Vor allem, John war jahrelang ein Hetero und hatte null Erfahrung in seinem Metier. Er sollte die Sache nicht überstürzen, zumal dieser nicht direkt gesagt hatte, dass er es gerne mit ihm versuchen wollte. Innerlich seufzend, begann er sich wieder auf zu richten und vom Anderen abzulassen, als John plötzlich selbst nach Seijis Hemd griff und ihn erneut zu sich zog.

„Grübel weniger und tu es doch einfach!“ damit überwand John nun selbst die letzten Zentimeter und legte seine Lippen auf Seijis. Er ahnte, was Seiji vorgehabt hatte, auch wenn es ihn etwas überrumpelt hatte. Er wusste, dass der Andere nie etwas anbrennen ließ… doch, dass dieser sich direkt auf ihn stürzen wollte, war im ersten Moment überraschend. Dennoch war John selbst neugierig und würde gerne das ein oder andere austesten. Warum nicht mit einem Kuss anfangen? Hieß es nicht immer, dass man stets seinen Horizont erweitern sollte?

Seiji schien noch etwas unentschlossen und vor allem fühlte er sich durch Johns abrupte Aktion selbst überrumpelt. Er wollte eigentlich nichts überstürzen, doch schon nach wenigen Sekunden änderte er seine Meinung und erwiderte den Kuss.

Seiji leckte vorsichtig mit der Zungenspitze über Johns Lippen und bat um Einlass, den er auch augenblicklich erhielt. Sofort drang er in Johns Mundhöhle ein und erkundete gierig jeden einzelnen Fleck, den man ihm darbot. Er wusste nicht, ob es eine einmalige Sache war oder ob John mehr wollte, doch er nahm, was er kriegen konnte. Dem Anderen schien es nicht anders zu gehen, denn er spürte, wie Johns Hand sich von seinem Hemd löste und ganz langsam immer weiter nach unten wanderte. Ein Schauer lief ihm den Rücken herunter als die Hand unter seinem Hemd verschwand und er diese auf seiner Haut spürte. Schon nach wenigen Sekunden pulsierte auch etwas Anderes in seiner Jeans. Er hätte nicht gedacht, dass eine so einfach Berührung eine solche Auswirkung auf sein Geschlecht hatte. Noch immer nahm Seiji Johns Mund in Beschlag und ließ sich gemächlich auf seine Beine nieder, um John entgegen zu kommen. Natürlich konnte er es sich nicht nehmen selbst auf Erkundungstour zu gehen und knöpfte dabei Johns Hemd ganz langsam auf, nur um dabei beiläufig dessen Haut zu berühren. Anscheinend schienen seine Berührungen das Ziel nicht zu verfehlen. John seufzte in den Kuss hinein und musste wohl etwas Luft holen, da er sich aus diesem befreite. Keiner rührte einen Finger, stattdessen starrten sie sich lange an, bis Seiji endlich die Stille mit einem kleinen Witz brach.

„Hm... doch nicht so Hetero, wie du dachtest?“ er grinste ihn an und tippte sachte auf Johns Ausbeulung.

„Pff, entschuldige, aber welchen Kerl lässt so einen Kuss schon kalt? Und woher willst du wissen, dass ich mir nicht vielleicht eine Frau vorgestellt habe, hm?“ John konterte gekonnt und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Außerdem bist du um einiges angeturnter als ich, wenn ich das mal beiläufig erwähnen darf.“

Damit war das Gespräch auch wieder beendet, denn Seiji versiegelte dessen vorlaute Lippen erneut, die immer noch nach dem Whiskey aus der Bar schmeckten. Gerade als er sich erneut Johns Bekleidung widmen wollte, klopfte es plötzlich an dessen Tür und beide zuckten ertappt zusammen. Seiji löste umgehend den Kuss und beide Köpfe schnellten erschrocken zur Tür.
 

~+~ Kapitel 5 zu Ende ~+~

Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere

„Hast du etwas auf dem Herzen, Matt? Du bist heute mit deinen Gedanken ganz woanders.“, Faith schaute von ihrem Buch auf und war über die Konzentration des Jüngeren überrascht. Dieser schien ganz in Gedanken zu sein und nicht in der Lage einmal ansatzweise etwas aufzunehmen. Das kannte sie nicht von ihm und sein Seufzer sagte eigentlich auch schon alles.

„Es geht um… ein Mädchen… sehr direkt… eigentlich kann ich sie nicht leiden und wir gehen uns nur an die Gurgel…“, Matt sprach nicht gerne über seine Probleme, doch Faith war eine sehr verschwiegene Person und er musste das Ganze irgendwie loswerden.

„Aber?“ sie merkte, dass Matt sich aussprechen wollte und schloss fürs Erste ihr Buch.

„Aber… kürzlich ist etwas Komisches passiert und wir gehen uns seit dem Zeitpunkt aus dem Weg. Ich meine, wir haben uns schon vorher nicht so gut verstanden, daher dachte ich, dass es okay wäre… aber ab da war es irgendwie noch schlimmer. Wenn man sich jeden Tag sehen muss, ist das nicht gerade prickelnd und man wird ständig mit dem Ganzen konfrontiert… und heute…“

Faith drängte ihn nicht weiter zu erzählen, denn jeder sollte selbst wissen, wie viel er von seinen Problemen und seinem Leben Preis gab. Allerdings konnte sie sich denken, was wirklich los war. Das Mädchen war definitiv Alex. Auch sie hatte gemerkt, dass die Beiden in den letzten Tagen ziemliche Probleme hatten. Aber sie verstand nicht, warum er von einem Mädchen und nicht direkt von Alex redete… noch nicht.

„Na ja, die Worte von heute haben mich ziemlich getroffen… geschockt ist wohl eher das richtige Wort. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Eine kleine Zwickmühle sozusagen…“, Matt verstummte wieder und schloss sein Geschichtsbuch. „Na ja, ist mein Problem… aber danke fürs Zuhören. Das wird heute nichts mehr mit Lernen, ich geh wieder in mein Zimmer.“ Damit schnappte er sich seine sieben Sachen und stand auf, da er nicht näher ins Detail gehen wollte und das Ganze für ihn nun doch etwas peinlich war. Aber unhöflich wollte er auch nicht sein. „Wenn… du auch mal etwas loswerden willst… jederzeit. Entschuldige für die Zeit, die wir deswegen nicht sinnvoll nutzen konnten. Ich revanchiere mich irgendwann dafür.“

Faith lächelte und schüttelte den Kopf. „Das macht nichts, gerne wieder. Wenn du nochmal reden willst, komm einfach vorbei. Ich möchte dir jedoch einen kleinen Rat mit auf den Weg geben: Bevor du zu diesem Mädchen irgendetwas sagst, was du später bereuen würdest… solltest du über deine Gefühle ihr gegenüber klar werden. Gegensätze ziehen sich bekanntlich an, vielleicht kannst du die Person doch besser leiden als du denkst? Aussprechen hilft in solchen Momenten, davonlaufen wäre zumindest der falsche Weg.“ Damit widmete sie sich wieder ihren Büchern und ließ den verblüfften Jungen aus dem Raum gehen.
 

Wie genau hatte sie das gemeint? Matt verstand Faith letzten Worte nicht ganz und trat in den Flur hinaus. Plötzlich stand er Alex gegenüber, der anscheinend vom ersten Stock gekommen war und wusste nicht, was er sagen oder tun sollte. Alex hingegen hob die Hand und lächelte ihn an. „Hi.“ Das war Matt gerade doch etwas zu viel nach dem Gespräch mit Faith, sodass er mal wieder zur Seite schaute und mit einem „Hm“ einfach weiter in sein Zimmer lief. Warum war er plötzlich so eingeschüchtert? Musste er sich wie der letzte Depp aufführen? Seufzend schloss er die Tür hinter sich und warf seine Sachen auf den Tisch. Genervt über sich selbst, ließ er sich aufs Bett fallen und schaute zur Decke.

Was wollte er eigentlich? Im Grunde konnte er ihn doch eigentlich nicht leiden, warum machte er sich überhaupt Gedanken? Außerdem stand er nicht auf Kerle und schon gar nicht auf Alex. Das vor einer Woche war einfach jugendlicher Leichtsinn und Alkohol. Viel Alkohol! Nur weil Alex Bi war, hieß es nicht gleich, dass er es auch sein musste. Seit wann war er jemand, der seine Meinung nicht offen sagen konnte? Was sollte das alles? „Man… da kriegt man ja Kopfschmerzen. Das ist Schlimmer als einen Kater zu haben…“

Matt sprang vom Bett und begann sich sein Hemd aufzuknöpfen als es plötzlich leise an der Tür klopfte und Alex nach einer Bestätigung eintrat. Verdutzt schauten sie sich beide an, bis der Ältere das Schweigen brach und leicht grinste. „Willst du mich verführen oder weswegen öffnest du dein Hemd so weit?“ Er konnte es sich leider nicht nehmen, zumal er sich eigentlich zurückhalten wollte. Wie es schien, gingen seine Vorsätze mächtig in die Hose, wobei er zugeben musste, dass der leichte Rotschimmer, der sich gerade auf Matts Gesicht breit machte, mal wieder richtig süß aussah.

„Hör mal“, Alex schloss die Tür hinter sich und marschierte auf den Jüngeren zu, der instinktiv einen Schritt zurückwich. „Sag mir nicht, du hast jetzt auch noch Angst vor mir?“ Genervt darüber ergriff er Matts Hand und schaute auf ihn herab. „Wir wissen beide, dass du stärker bist als ich, also wovor hast du bitte Angst? Können wir nicht erst mal so weitermachen wie es vor dem Kuss war? Über deine Gefühle und Situation kannst du dir ja nach und nach im Klaren werden… ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es sehr irritierend ist.“

„Bitte?!“perplex starrte er den Größeren an und konnte nicht fassen, was er da sagte. Welche Gefühle verdammt nochmal?! „Sag mal, hast du sie nicht mehr alle? Was für Gefühle? Ich kann dich nicht ausstehen! Das damals war einfach nur der Alkohol, also bilde dir nichts drauf ein.“

„Ach ja? Was kriege ich, wenn ich dir das Gegenteil beweise, hm?“ da hatte er ihm endlich die Wahrheit gesagt und Zeit zum Nachdenken gegeben und letztendlich waren sie keinen Schritt weiter. Aber was hatte er auch erwartet? Dass Matt ihm einfach um den Hals fiel, geschweige denn ihn mit offenen Armen empfing? Er konnte es nicht erklären, wusste jedoch, dass der Kleine nicht ganz abgeneigt war. Es mag sein, dass der Alkohol sicher einen großen Faktor spielte, doch er hatte ihn zu nichts gezwungen. Der Alkohol hatte ihm lediglich seine Hemmungen genommen und nicht für ihn agiert.

Bevor der Jüngere registrieren konnte, was Alex vorhatte, hatte ihn dieser auch schon rücklings aufs Bett geworfen. Schnell setzte er sich auf Matts Beine und nagelte seine Arme über dessen Kopf fest. „Wie wäre es, wenn wir ein paar Sachen ausprobieren? Dann siehst du, was ich meine!“
 

# # #
 

„Es ist dein Zimmer… entweder stellen wir uns jetzt schlafend oder du regelst das…“ John war der erste, der seine Stimme wiederfand und begann auch schon sein Hemd wieder zu zuknöpfen. Seiji schmunzelte lediglich und stand schließlich auf. Am Besten er würgte den Störenfried direkt an der Tür ab. Da war es nicht ganz so hell und man würde sicher nicht direkt auf den ersten Blick sehen, dass er gerade eine kleine Ausbeulung in der Hose hatte. John hingegen griff sich eins der Kissen und legte sich diesen auf den Schoß, um sich schließlich darauf abzustützen. Die perfekte Tarnung, wie er fand. Auf dem Weg zur Tür versuchte er sich wieder einigermaßen zu beruhigen, was ihm natürlich nur bedingt gelang. Er atmete tief durch und öffnete die Tür schließlich einen Spalt breit, um den Störenfried erst einmal zu betrachten.

Nici stand lächelnd vor seinem Zimmer und hielt einen Film in die Höhe. „Entschuldige, ich hoffe, ich störe nicht? Lust auf einen Film?“ so unschuldig, wie sie gerade vor ihm stand, konnte er ihr nicht einmal böse sein. Vielleicht war es auch besser so, dass sie gerade jetzt aufgetaucht war. Sie sollten sich wirklich bewusst sein, wo sie was taten, schließlich hatten sie dem kleinen Tabu zugestimmt… auch, wenn er nicht wusste, was das zwischen ihnen wirklich war bzw. wohin es sie führte.

„Ich spreche mich gerade mit John aus. In 10 Minuten im Wohnzimmer?“ er öffnete die Tür noch ein wenig und Nici linste ins Zimmer. John winkte ihr lächelnd zu und ließ sich nichts anmerken. „Alles klar, dann bis gleich!“ strahlend drehte sich das Mädchen um und verschwand auch schon in Richtung Wohnzimmer, ohne etwas zu merken.

Seufzend schloss Seiji die Tür und drehte sich zum anderen. Sie blickten sich kurz in die Augen und nach einer kurzen Stille mussten beide laut auflachen. Seiji fuhr sich durch die Haare und kam wieder zurück ans Bett. „War ganz schön knapp… so etwas können wir hier definitiv nicht bringen. Nici wäre es sicher egal, doch wenn Sam oder Rafael hier auftauchen und uns erwischen würden, wären wir dran.“ Er wollte sich nicht ausmalen, was sie sich anhören konnten, im schlimmsten Fall müssten sie ausziehen und würden ihren Job verlieren, doch soweit musste es ja nicht kommen.

John schob das Kissen wieder beiseite und erhob sich aus dem Bett, um sich ganz nah vor ihn zu stellen. Da Seiji ein wenig kleiner war als sein Gegenüber, musste dieser den Blick leicht heben, um John in die Augen blicken zu können. Allerdings hätte er es sich sparen können, denn der andere beugte sich zu seinem Ohr und flüsterte hinein. „Ich weiß ja nicht, wo das Problem liegt… wir sollten uns dann wohl einfach nur nicht erwischen lassen.“ Anschließend leckte er ihm über die Ohrmuschel und begann daran zu knabbern, während seine Hände noch ein letztes Mal unter das Oberteil wanderten und die Seiten entlangfuhren. Seiji schloss die Augen und genoss dessen Berührung, bis dieser abrupt von ihm abließ und breit grinste. „So wie das aussieht, gehe ich schon mal vor… du wirst wohl noch einen Augenblick brauchen.“ Seiji schaute ihn sichtlich irritiert an und ein kleiner Wink von ihm in Richtung Hose, ließ ihn nach unten blicken. „Scheiße… das hast du doch extra gemacht, du Mistkerl.“ Seiji seufzte frustriert und beobachtete, wie der Andere amüsiert an ihm vorbei zur Tür ging. Bevor er diese öffnete, drehte er sich um und lächelte entschuldigend. „Kleine Strafe für die Woche… außerdem kann ich ja nichts dafür, dass du so leicht reizbar bist.“ Damit verschwand er aus dem Zimmer und ließ Seiji alleine zurück.
 

# # #
 

Mit seinem Vorhaben hatte es Matt wohl die Sprache verschlagen und er nutzte die Situation schamlos aus, ehe der Andere wieder zur Besinnung kam. Nachdem er seinen Griff änderte, ließ Alex sanft die Finger seiner nun freien Hand über Matts Arm wandern. Er übersprang den Stoff und legte die Finger auf die nächste freie Stelle seines Oberkörpers, um behutsam immer weiter zu gleiten. Er bemerkte Matts leichtes Zucken als er sich seiner Brustwarze widmete und senkte schließlich den Kopf, um diesen mit seinen Lippen und Zunge zu liebkosen. Er spürte wie der Andere sich versuchte zu wehren, doch Alex ließ seine Hände nicht so ohne weiteres los. Im Gegenteil, er verstärkte seinen Griff und biss leicht zu, was ihm ein auf-keuchen des Anderen einbrachte. Schmunzelnd ließ er von der Brustwarze ab und widmete seine Aufmerksamkeit nun der anderen Seite. Alex bemerkte, wie Matt seinen Kopf zur Seite drehte und ihm einen Protest entgegen nuschelte, was er jedoch gekonnt ignorierte. Stattdessen amüsierte er sich ausgiebig an seiner Brust und ließ die freie Hand immer weiter nach unten gleiten. Langsam und behutsam wanderten seine Finger an der Haut des Hosenbundes entlang, um ihn ein wenig zu reizen. Matt wurde bei den Berührungen immer unruhiger und da der Andere trotz seiner kleinen Einwände immer noch keine Anstalten machte ihn von sich abzuwerfen, ließ er die Hand nun einfach in dessen Hose gleiten. Sofort spürte er wie Matt sich begann zu versteifen und sich mit seinen Händen zur Wehr zu setzen.

„Nimm sofort deine Hand aus meiner Hose, du Mistkerl.“ Protestierte er dieses Mal etwas lauter als vorhin und zu Alex herab. Alex hingegen lächelte verschmitzt und ließ von seiner Brust ab, ohne dabei die Hand aus der Hose zu nehmen.

„Dann hindere mich doch einfach daran… sollte nicht schwer sein, wenn du es wirklich willst.“ Alex forderte es absichtlich heraus und bevor der Andere auch nur etwas sagen oder tun konnte, beugte er sich erneut nach vorne und küsste den Kleinen auf die Lippen, während seine Hand sich abermals fortbewegte und sich sein bestes Stück ergriff. Mit dem Kuss dämpfte er Matts aufkeuchen und begann nun die Hand auf und ab zu bewegen.

Wie gedacht, verminderte sich Matts Widerstand je länger er ihn verwöhnte und schon nach kurzer Zeit begann dieser den Kuss zu erwidern. Alex konnte natürlich nicht anders und ärgerte den Jüngeren so gut es ging, in dem er mit seiner Hand zwischendurch schneller und dann wieder langsamer wurde und dabei immer mal wieder über die Spitze glitt. Dass Matt dabei immer wieder in den Kuss hineinseufzte entging ihm natürlich nicht und er wollte unbedingt die Stimme des Anderen dabei hören. Alex löste den Kuss und begann an Matts Ohr zu knabbern, nachdem er beschlossen hatte den Kleinen zu erlösen. Immer schneller bewegte er seine Hand und beobachtete, wie Matt versuchte sein Stöhnen zu unterdrücken, was ihn natürlich nur bedingt gelang.

„Komm für mich…“, raunte ihm Alex leise ins Ohr. „…Matthew.“ Kaum hatte er dessen Namen ausgesprochen, bäumte sich Matt leicht stöhnend auf und kam wie befohlen. Er ließ Matts Hände los und zog seine Hand aus dessen Hose. Er beobachtete den Jungen eine Weile und leckte sich dabei über die Lippen. Den erregten Zustand in Matts Augen zu sehen, machte ihn ziemlich an und Alex spürte, dass auch er deswegen langsam hart wurde. Das war gar nicht gut, denn er hatte nicht vor noch weiter zu gehen.

Alex griff sich Matts Kinn und drehte dessen Kopf in seine Richtung, um ihm bei seinen nächsten Worten in die Augen blicken zu können. „Ich würde dich am Liebsten vernaschen… du siehst gerade ziemlich sexy aus.“ Anscheinend hatten ihn diese Worte wieder wachgerüttelt, denn schon im nächsten Moment kam der mürrische Ausdruck in Matts Augen zurück. Alex musste gestehen, dass ihn diese Mimik ebenfalls ziemlich anmachte, schon seit dem ersten Augenblick. Vielleicht war er tatsächlich ein wenig masochistisch veranlagt, zumal er irgendwie wusste, wie das Ganze gleich hier enden würde. Kaum hatte Matt wieder einen klaren Gedanken gefasst sowie die Kontrolle seines Körpers zurück, ballte er die Hand zu einer Faust und schlug Alex damit in die Magengrube.

„Du hast sie ja wohl nicht mehr alle. Verschwinde aus meinem Zimmer und lass dich hier nicht noch einmal blicken!“ Matt beherrschte sich seine Stimme nicht all zu sehr zu heben, um die anderen nicht auf sie aufmerksam zu machen. Alex hingegen krümmte sich leicht und hustete ein wenig. Matt hatte zum Glück nicht so fest zugeschlagen, sodass er sich schnell beruhigte und gleich darauf wieder lächelte.

„Schade, dabei hatte ich das Gefühl, dass es dir gefallen hat und wir das noch einmal wiederholen könnten. Dein erregtes Gesicht und dein Stöhnen hat wirklich Bände gesprochen.“ Alex beobachtete wie Matt rot anlief und kurz darauf die Hand hob, um ihn anscheinend noch einmal zu schlagen. Es war wirklich zu süß, wie peinlich es dem Jüngeren war, doch er würde sich bestimmt nicht noch einmal schlagen lassen, egal wie Spaß ihm das Ganze hier machte. Er wich dem Schlag aus und stand lachend vom Bett auf. „Ich lasse dich dann mal in Ruhe. Schlaf gut, mein kleiner Wildfang.“
 

# # #
 

John betrat das Wohnzimmer und entdeckt Nici und Rafael auf dem Sofa sitzen. Anscheinend hatte sie die Anderen auch gefragt und das war das Ergebnis. Die beiden blickten auf als John deas Sofa umkreiste und Nici blickte fragend zur Tür.

„Seiji kommt gleich, er muss nur kurz auf die Toilette“ beantwortete er ihre stille Frage und konnte nicht umhin zu grinsen.

„Dann habt ihr eure Krise also endlich hinter euch gebracht? Wurde auch langsam Zeit, das hat die anderen ganz schön aus dem Konzept gebracht. Redet das nächste Mal direkt miteinander und wartet nicht erst eine Woche.“ Kaum hatte sich John hingesetzt, bekam er auch gleich eine kleine Standpauke seines Chefs zu hören. Wobei er ihn mittlerweile so gut kannte, dass er genau wusste, wie er es zu verstehen hatte. Auch Rafael schien sich Gedanken und Sorgen gemacht zu haben.

„Zur Kenntnis genommen, entschuldige bitte, kommt nicht noch einmal vor!“ Rafael nickte lächelnd und im nächsten Moment kam Seiji ins Wohnzimmer. Schnell setzte er sich neben John und formte mit den Lippen ‚das kriegst du zurück‘, während Nici gerade die DVD einlegte.
 

John war vom Film sehr angetan, doch die Tatsache, dass Seiji gerade neben ihm saß und sie sich ständig berührten, ließ seine Konzentration sinken und er musste andauernd an die Sache im Schlafzimmer denken. Er konnte nicht leugnen, dass ihm das Ganze gefallen hatte, doch wenn er daran dachte, wie weit sie hätten gehen können, überkam ihn ein wenig die Angst. War er wirklich schon so weit, dass er mit einem Mann diese Art von Dingen tun konnte? Natürlich war das nichts anderes als mit einer Frau zu schlafen… doch je länger er darüber nachdachte, desto mehr Zweifel kamen ihm. John schielte unbemerkt zu seinem Kollegen und konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass dieser die Frauenrolle in seinen Bettgeschichten übernahm. Er hatte absolut keine Erfahrung mit Männern und so wie er die Sache einschätzte, würde wohl er selbst die Frau spielen müssen. Bei dem Gedanken, dass sich jemand an seinem Hintern zu schaffen machte, schauderte es ihn gewaltig und er musste schwer schlucken. Da hatte er sich wirklich etwas eingebrockt. Wieso hatte er vorhin noch einmal so unbekümmert gelacht und dem Tête-à-Tête zugestimmt? Warum dachte er eigentlich nie zuerst nach, bevor er etwas tat? Irgendwann würde ihn diese Eigenschaft noch ins Grab bringen, das stand fest.

Während John in Gedanken versunken war, merkte er nicht, wie sich Seiji leicht zu ihm beugte und leise fragte, ob alles in Ordnung sei. Als ihm die Nähe des Anderen bewusst wurde, musste John leicht zusammenzucken und versuchte Seiji nicht anzuschauen. „Alles bestens, schau weiter.“

Unbewusst musste John scheinbar ein bedenkliches Mienenspiel dargeboten haben, was Seiji dazu brachte sich Sorgen zu machen. Unbegründet war es zumindest nicht, doch er konnte ihm ja schlecht sagen, was ihn gerade bedrückte. Vor allem nicht in dieser Runde.

Vom Rest des Filmes bekam John nicht viel mit, da er die ganze Zeit über seine Lage nachdachte. Er verabschiedete sich von den Anderen mit der Begründung, dass er ziemlich müde war und entkam so dem fragenden Blick von Seiji.
 

# # # Montag # # #
 

Sam betrat die Küche und musste zu seiner Überraschung feststellen, dass fast jeder längst anwesend war. Faith war wie immer bereits unterwegs, doch alle anderen hingegen schienen diesen Morgen pünktlich am Tisch zu sitzen, was eine Seltenheit war.

„Was ist heute los? Ihr seid alle schon am Frühstücken und selbst für mich ist noch ein Schluck Kaffee in der Kanne!?“ Sam konnte nicht anders als das Ganze anzusprechen, nachdem er doch tatsächlich einen Kaffee am Morgen bekam, ohne Neuen aufsetzen zu müssen. Er schaute sich die Bande an, bemerkte jedoch, dass es ziemlich ruhig war. John und Matt saßen schweigend vor ihren Tellern, Alex und Seiji tranken genüsslich ihren Kaffee und Nici unterhielt sich mit seinem Bruder über einen Artikel in der Zeitung. Das war definitiv kein gewöhnlicher Morgen. „Sagt mal… hat das Schweigen etwas mit euren Problemen der letzten Tage zu tun oder wie darf man das Elend rechts...“ Sam zeigte dabei auf Matt und John, und anschließend auf die anderen Beiden „… und das Phlegmatische in der Mitte hier deuten?“

Sofort hörten alle mitten in ihrer Bewegung auf und schauten leicht ertappt zu Sam hinüber. Da hatte er wohl ins Schwarze getroffen. Es dauerte noch einen Moment bis jeder seine Sprache wiedergefunden hatte und alle plötzlich auf hechteten, um der Situation zu entfliehen.

„Ich habe heute Nacht nur kein Auge zu bekommen, alles bestens… ich gehe dann schon mal in den Laden.“ John war der erste, der aufsprang und hektisch seinen Kaffee leer trank, bevor er aus der Küche floh.

„Ich habe bis spät in die Nacht gelernt, bin auch nur etwas müde…“ auch Matt erfand etwas auf die schnelle und stopfte sich den letzten Bissen in den Mund. „Muss jetzt zur Prüfung. Bis nachher.“

Sams Augenbraue wanderte nach oben und er schaute als nächstes die zwei Anderen an. Wie auf Kommando hoben Seiji und Alex die Hände von sich in die Luft und wollten damit anscheinend sagen, dass sie unschuldig waren. „Ja klar, und ich bin der Weihnachtsmann. Kriegt das endlich auf die Reihe. Das Problem zwischen euch wird ja wohl zu lösen sein.“

Sam seufzte und setzte sich mit seinem Kaffee an den Tisch, während Alex und Seiji leicht grinsend den Rest des Frühstücks genossen.
 

~+~ Kapitel 6 zu Ende ~+~

Rückzug?

Matt schlenderte die Hauptstraße entlang und beachtete die Masse auf dem Bürgersteig nicht. Er war so in Gedanken versunken, dass es ihn noch nicht einmal juckte, wie er den ein oder anderen leicht anrempelte und sie ihn anblafften…
 

Nachdem Alex am Vortag das Zimmer verlassen hatte, blieb Matt selbst noch einen Moment liegen und atmete tief ein und aus. Egal wie oft er sich die letzten Minuten durch den Kopf gehen ließ, Alex hatte nicht unrecht. Wenn Matt wirklich gewollt hätte oder es ihm absolut unangenehm wäre, dann wäre der Ältere bereits nach wenigen Sekunden aus dem Zimmer geflogen. Er konnte nicht glauben, dass er dem Anderen erlaubt hatte so weit zu gehen. Hatte er es wirklich so nötig sich von einem Kerl einen runter holen zu lassen? Bei dem Gedanken seiner Berührungen und abschließenden Worte lief der Kleine abermals rot an und legte sich den Arm über die Augen. „Dieser scheiß Kerl…“ flüsternd atmete er ein weiteres Mal tief ein und aus und erhob sich schließlich aus dem Bett, um sich im Bad frisch zu machen. Danach lag er die restliche Nacht einfach wach und kam nicht umhin ständig an Alex und das zwischen ihnen zu denken. Selbst heute Morgen konnte er nur bedröppelt die Küche betreten und versuchte alles und jedem aus dem Weg zu gehen.
 

Matt spürte plötzlich eine Hand auf seiner Schulter und blickte erschrocken zur Seite. Da stand sein Freund Jack neben ihm und schaute ihn leicht besorgt an. „Ist etwas passiert? Ich schreie dir schon seit einer gefühlten Ewigkeit hinterher und selbst als ich endlich neben dir war, hast du null Reaktion gezeigt. Alles okay bei dir?“
 

Matt war wirklich perplex, dass er nicht mitbekommen hatte, wie sein Freund seine Aufmerksamkeit gesucht hatte. „Sorry, war keine Absicht, war in Gedanken.“ Mehr wollte er dazu eigentlich nicht sagen, doch Jack schien mehr Informationen zu wollen. Er legte ihm freundschaftlich den Arm über die Schulter und hackte direkt nach. „Du bist selten so tief in Gedanken, dass du alles vergisst… und in letzter Zeit bist du sowieso durch den Wind. Liebeskummer?“
 

Abermals schnellte sein Kopf in Richtung seines Freundes und er war sprachlos. Matt öffnete den Mund und wollte dagegen wettern, doch er wusste nicht wie und was. Da er sich selbst nicht im Klaren war, wie er das Ganze beschreiben konnte, schloss er diesen wieder und schaute verlegen nach unten. Er konnte ihm ja schlecht sagen, dass es sich dabei um ihn und Alex handelte. Es war ihm sichtlich peinlich ein Wort darüber zu verlieren, wie er sich bei dessen Berührungen gefühlt hatte. Jack hingegen lachte laut auf und drückte ihn leicht gegen sich. „Alter, dich muss es ja echt erwischt haben. Dann erzähl mal, wo ist das Problem?“
 

Matt seufzte und schlug sich die Hand vors Gesicht. „Es gibt kein Problem und ich bin nicht verliebt.“ Brachte er endlich hervor, doch Jack rollte nur stöhnend die Augen. „Matt, wir kennen uns jetzt schon seit Jahren… red‘ also keinen Bullshit… aber gut, wenn du Hilfe brauchst, du weißt, du kannst mit jedem Thema zu mir kommen.“ Matt nickte dankend, rückte aber dennoch nicht mit der Sprache raus. Was brachte es darüber zu reden, wenn er die Sache selbst nicht in Worte fassen konnte? Doch er konnte nicht leugnen, dass Jacks Worte ihn ein wenig beruhigten… auch wenn er nicht verstand, wieso der Andere plötzlich dachte, dass Matt sich verliebt haben sollte. Klar, er war etwas neben der Spur und oft in Gedanken versunken, doch er lief definitiv nicht mit einer rosaroten Brille durch die Gegend.
 

# # #
 

John nickte seinem Chef zur Bestätigung zu als dieser ihn bat noch etwas länger zu arbeiten. Anscheinend wollten Rafael und Sam auf einen gemeinsamen Termin, den sie lediglich zusammen wahrnehmen konnten. Zur Länge seiner Schicht konnte er jedoch nichts äußern, sodass John erstmal im Studio Bescheid geben musste. Die Sache war zum Glück schnell geklärt und nachdem Seiji und Matt auftauchten, verschwanden die beiden Geschäftsführer auch schon umgehend. Sie überließen den Beiden der nächsten Schicht die Umstände mitzuteilen, wobei sich Alex in der Hinsicht etwas zurückhielt und erstmal die Launen des Jüngeren begutachten wollte. John hingegen klärte Seiji kurz und bündig auf, bevor er versuchte sich wieder seiner Arbeit zu widmen.
 

Seiji war es im Grunde egal, ob er nun etwas länger mit John arbeitete oder nicht. Es störte ihn jedoch, dass John ihn nur bedingt beachtete. Was war denn jetzt schon wieder los? Er hatte eigentlich gedacht, dass sie sich gestern ausgesprochen hatten und alles geklärt war. Er beobachtete den Anderen eine Zeitlang und war felsenfest davon überzeugt, dass dieser ihn wirklich mied: Egal wann sie sich trafen, weichte John aus. Er wartete stets einen kurzen Moment, damit sie nicht zusammen hinter der Theke standen, er wand den Blick am laufenden Band ab und von normaler Kommunikation zwischen Kollegen konnte man auch nicht mehr reden.
 

Genervt marschierte er mit der nächsten Bestellung in die Küche und wollte bei Alex erfragen, ob heute vielleicht etwas im Laden passiert war, als er abrupt stehen blieb und nicht fassen konnte, was er da sah. Seiji blieb der Mund offenstehen und bevor ihn jemand an der Tür entdeckte, trat er leise wieder zurück und grinste über das ganze Gesicht. Das erklärte natürlich alles und er verstand nun ganz genau, was den Jüngsten unter ihnen in letzter Zeit so aus der Bahn gebracht hatte. Das musste er unbedingt John erzählen oder sollte er das Ganze lieber erstmal für sich behalten?
 

John stand gerade am anderen Ende der Theke und trocknete ein Glas ab als Seiji sich neben ihn stellte und leicht am Arm berührte. Sofort zuckte der Andere erschrocken zusammen und ließ das Glas fallen, was lautstark vor ihren Füßen zersprang. Seufzend schob Seiji die Bestellung in seine Brusttasche und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „John…“ bevor er mehr sagen konnte, kniete sich sein Gegenüber jedoch bereits hin, um das Desaster zu beseitigen. Seiji folgte ihm und griff sich Johns Handgelenk. Sofort hielt der Andere inne und schaute ihn kurz erschrocken an, bevor er den Blick erneut abwand. Das versetzte Seiji einen Stich ins Herz, doch nun wusste er zumindest wodran er war. John schien über Nacht wachgerüttelt worden zu sein und es war ihm anscheinend unangenehm noch einmal über die Sache zu reden oder gar weiter zu machen, weil er ihn abweisen wollte.
 

Seiji war nicht der Typ Mann, der verzweifelt einem anderen hinterherjagte, zumal es hier im Grunde ja nur um Sex ging. Allerdings kam er nicht umhin festzustellen, dass ihm das etwas ausmachte. „Schon okay, ich habe es verstanden.“ Verständnisvoll ließ er Johns Handgelenk los und begann nun stillschweigend die Scherben aufzusammeln, versucht seine Gefühle ja nicht zur Schau zur stellen. John musste schließlich nicht mitbekommen, dass ihm seine Reaktion ein wenig zu schaffen machte, zumal er das Verhältnis dadurch nicht verschlechtern wollte.
 

Zu seiner Überraschung ergriff John jedoch die Initiative und hielt ihn dieses Mal am Handgelenk fest. Seiji hob den Blick und schaute in ein besorgtes und gleichzeitig schuldbewusstes Gesicht, was ihn ziemlich irritierte. Seiji konnte das Ganze nicht deuten und wartete daher, was noch kommen würde. Es dauerte einen Moment bis der Andere endlich das Wort ergriff und versuchte ihm anscheinend etwas Wichtiges mitzuteilen, wobei er einfach kein richtiges Wort herausbrachte. „Nein… du… ich… also…“ bevor er genauer werden konnte, zuckten beide überrascht bei Rafaels Stimme zusammen. „Was macht ihr beiden da unten?“ Als hätte er die beiden bei etwas Unsittlichem erwischt, fuhren sie auseinander und schauten zu ihrem Chef nach oben, der mit hochgezogener Augenbraue gerade seine Schürze umband und sie fragend anschaute. Seiji war der Erste, der seine Sprache wiederfand und zeigte auf den Scherbenhaufen vor ihnen. „Ein Glas ist zerbrochen, wir waren gerade dabei das Desaster aufzusammeln.“ Rafael schien es zu genügen, da er ihnen zunickte und sich anschließend an die Arbeit machte.
 

Als Rafael außer Sicht- und Hörweite war, seufzten sie erleichtert auf und ein kleines Lächeln schlich sich auf beide Gesichter. „Entschuldige… lass uns später reden. Ich muss jetzt los.“ Die kleine Unterbrechung durch Rafael hatte ihn anscheinend wieder zur Besinnung gebracht und er verabschiedete sich nach dem Aufkehren sogar mit einem Lächeln. Kopfschüttelnd ging Seiji wieder an die Arbeit. Johns Gefühlsschwankungen würden ihn noch um den Verstand bringen, das war ihm deutlich bewusst.
 

# # #
 

Rafael und Sam traten wieder ins Freie und kehrten ihrer Hausbank den Rücken zu. „War ja mal ausnahmsweise brauchbar, so sind wir tatsächlich schneller mit dem Kredit durch. Ich habe schon befürchtet, dass die uns wieder etwas aufschwätzen“ Rafael setzte sich in Bewegung und lächelte zufrieden als Sam das aussprach, was er dachte.
 

„Wollen wir noch eine Kleinigkeit essen, bevor wir zurück gehen?“ Rafael blickte zu seinem Halbbruder und wartete auf eine Antwort, die ausblieb, da sich plötzlich jemand zu ihnen gesellte.
 

„Sam und Raf‘, was macht ihr denn hier? Habt ihr nicht Dienst?“ Nici schaute ihre beiden Chefs überrascht an und steckte gerade das Handy in die Handtasche. Rafael grinste breit und zuckte mit den Schultern. Es war eher sehr überraschend Sie hier vorzufinden, was er auch gleich ansprach.
 

„Die Frage ist ja wohl eher, was du hier tust? Ich dachte, du jobbst tagsüber ebenfalls?“
 

„Natürlich, aber auch ich brauche etwas im Magen. Wie siehts aus, wollen wir zu dritt eine Kleinigkeit zusammen essen? Hier gibt es einen tollen Laden, sehr heimisch und das Essen einfach umwerfend. Danach wollt ihr nichts anderes mehr essen!“ Nici schwärmte regelrecht davon und schaute die beiden erwartungsvoll an. Zu Rafael und Nicis Überraschung winkte Sam jedoch ab.
 

„Sorry, aber Alex und Matt würden sich nur zerfleischen, wenn ich noch länger wegbleibe. Ihr könnt ja alleine Essen gehen, würde sicher nicht schaden. Also, bis dann!“ Er verabschiedete sich und setzte sich direkt in Bewegung, um die beiden sich selbst zu überlassen. Nici und Rafael hingegen schauten ihm nur irritiert nach und konnten sich die letzten Worte nicht ganz erklären.
 

„Wie meinte er das eben?“ fragte Nici den Anderen, doch Rafael zuckte lediglich mit den Schultern, bevor er die Einladung zum Essen schließlich annahm.
 

# # #
 

Matt verabschiedete sich lachend an der nächsten Kreuzung von seinem Kumpel und marschierte schnurstracks zum Restaurant, da er sowieso schon viel zu spät dran war. Kaum hatte er die Tür aufgeschlossen, kam ihm auch schon Rafael und Sam entgegen. Da hatten es zwei aber eilig. Matt schaute den beiden kurz hinterher, die mit einem knappen Nicken an ihm vorbei huschten, und ging anschließend in sein Zimmer, um alles abzulegen.
 

Nachdem sich Matt umgezogen hatte, betrat er die Küche im Restaurant und erblickte Alex, der gerade eine Bestellung fertig machte. Stillschweigend stellte er sich an seinen Platz und nahm sich auch gleich die nächste Bestellung vor, in der Hoffnung, dass Alex ihn nicht bemerkt hatte oder zumindest verstand ihn dieses Mal in Ruhe zu lassen. Die Minuten verstrichen und Alex sagte kein Wort, sodass sich Matt tatsächlich ein wenig entspannte und nicht mitbekam, wie Besagter sich langsam hinter ihn schlich.
 

Kaum spürte er Alex Hände auf seinen Hüften, versteifte er sich ruckartig und wollte der Berührung entfliehen, was sich nicht als ganz so einfach herausstellte, da dieser sich eng an Matt anschmiegte. „Lass mich sofort in Ruhe, Alex“ versuchte er ruhig an seinen Anstand zu appellieren, zog jedoch sofort zischend die Luft ein als er eine der Hände auf einmal auf seiner nackten Haut unter dem Shirt spürte. „Verdammt, ich sagte doch…“ kaum wurde Matts Stimme lauter, griff der Ältere mit der anderen Hand sein Kinn und drehte sein Gesicht schräg nach oben, um ihm die Lippen zu verschließen. Alex sein Handeln überrumpelte den Kleinen mal wieder und so sträubte er sich nicht gegen die immer weiter nach oben wandernde Hand. An der Brust angekommen, ließ er seine Finger über Matts Brustwarze wandern, was dem Kleinen ein kleines Keuchen entlockte. Alex seine Hände waren kalt und die Berührung ließ seine Nippel hart werden, was Alex mit einem Grinsen zufrieden quittierte. Kaum spürte Matt das Lächeln des Anderen an seinen Lippen, besann er sich endlich wieder und versuchte sich aus dem Kuss zu befreien. Zu seiner Überraschung ließ ihn dieser tatsächlich nach seinem neuen Widerstand sofort entkommen. Kaum lösten sich ihre Lippen voneinander, ließ Alex auch beide Hände sinken und legte sie vorsichtig auf dessen Hüfte ab.
 

Keiner sagte ein Wort, stattdessen schauten sie sich etwas länger in die Augen. Matt wusste einfach nicht wie er reagieren sollte, zumal er sich mit den ganzen Situationen einfach partout nicht beschäftigen wollte. Insgeheim hatte er vielleicht einfach Angst vor dem Ergebnis.
 

Matt zuckte leicht zusammen als man ein Schlagen der Haustür hörte. Das konnte nur Rafael und Sam sein. Leicht panisch blickte er zur Tür, die jeden Moment aufgehen müsste und hoffte, dass Alex endlich wieder auf seinen Platz ging. Kaum hatte er daran gedacht, spürte er auch schon, wie der Ältere ihm einen Kuss auf den Kopf hauchte und ihn auf einmal alleine am Arbeitsplatz zurückließ. Aus Reflex griff er sich an die Stelle und schaute dem Anderen irritiert nach. Was war denn das gewesen?
 

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Mal wieder stürmte Rafael in Sams Zimmer herein, ohne vorher zu klopfen. Sam stand gerade ohne ein Shirt mit offener Hose vor ihm und trocknete sich seine Haare. Mürrisch schaute er seinen Halbbruder an und wies ihn direkt wieder zurecht. „Mensch, Rafael… ist es so schwer zu klopfen?“
 

Rafael schloss die Tür hinter sich, schaute sich seinen Bruder von oben bis unten ganz genau an und zuckte schließlich mit den Schultern. „Was zur Hölle soll ich dir bitte abgucken?“ Provokant grinsend schritt er aufs Bett zu und ließ sich wie immer darauf fallen. Sam rollte derweilen mit den Augen und legte das Handtuch weg, um seine Hose zu schließen.
 

„Spuck es schon aus, was willst du?“ Rafael, der das Ganze mitbekommen hatte, schmunzelte erstmal und konnte sich seinen Kommentar nicht verkneifen. „Was, doch Angst, dass ich dir etwas weggucke?“
 

Sams Augenbraue wanderte nach oben und er zeigte kurzerhand zur Tür. „Wenn es nichts gibt, da ist die Tür.“
 

„Spielverderber…“ Rafael legte sich eiskalt ins Bett und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. „Ich wollte eigentlich nur wissen, was das heute mit Nici in der Stadt war. Das klang ein wenig so als würdest du uns verkuppeln wollen!?“
 

Dieses Mal war Sam derjenige, der die Schulter zuckte und sich anschließend auf seinen Bürostuhl setzte. „Nichts, ich wollte nur wieder zurück in die Küche. Habe ich doch gesagt… Du musst dich ja nicht immer nach mir richten, deswegen habe ich mich abgeseilt. Außerdem wäre ich der letzte, der sich in dein Liebesleben einmischt. Das kriegst du auch ganz gut ohne mich hin.“
 

Rafael schmunzelte und legte sich auf die Seite, um seinen Bruder besser anblicken zu können. Sie schauten sich beide lange schweigend an, bis dieser vom Bett aufstand und sich etwas streckte. „Da hast du wohl Recht… vielleicht sollte ich dich mal mitnehmen, würde dir auch mal guttun. Manchmal brauchst selbst du etwas Entspannung!“
 

„Du weißt ja wo die Tür ist“ antwortete Sam trocken und öffnete seinen Laptop, ohne seinen Bruder weiter zu beachten. Er wusste genau, wie Rafael das gemeint hatte, doch er hatte einfach keine Lust sich irgendwo eine Freundin zu suchen. Seine letzte Beziehung war ihm einfach zu stressig gewesen und er genoss das Single Dasein derzeit ungemein. Für diverse Entspannungen konnte er sich auch selbst helfen. Außerdem war er nicht der Typ für jede Menge One-Night-Stands.
 

Er hörte, wie die Tür seines Zimmers geschlossen wurde und Sam seufzte laut auf. Er hasste diese Art von Gesprächen. Er mischte sich schließlich nicht in das Liebesleben von anderen ein, also warum konnten sie ihn damit nicht einfach in Ruhe lassen? Außerdem konnte er ja auch nicht offenbaren, dass er bereits unglücklich verliebt war… die Anderen würden ihn ständig löchern und aufziehen.
 

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Leise klopfte es an Seijis Tür und schon kurz darauf betrat John mit einem schüchternen ‚Hi‘ das Zimmer des Anderen. Seiji saß gerade auf dem Bett und klappte das Buch zu, was er am Lesen war. Lächelnd erwiderte er die Begrüßung und wartete einfach was John zu sagen hatte. Seitdem er ihn nach seiner Schicht stehen gelassen hatte, war er sich unsicher, was ihn nun erwartete. Er würde lügen zu sagen, er wäre nicht nervös. John brauchte einen Moment bis er sich schließlich in Bewegung setzte und auf Seiji zukam. Er setzte sich neben ihn auf das Bett, schaute ihn dabei jedoch nicht an. Stattdessen blickte er stur auf den kleinen Fernseher, der sich im Wandschrank befand.
 

„Also… ich…“ John brach wieder ab und seufzte schließlich tief auf. Seiji wollte zwar ein neutraler Gesichtsausdruck beibehalten, doch die Reaktion ließ ihn dennoch schmunzeln. Süß war er ja schon in solchen Momenten, das konnte er nicht leugnen. Am Liebsten würde er den Anderen an sich ziehen und ihm die Nervosität mit einem Kuss nehmen, doch er beherrschte sich weiterhin und wartete geduldig ab.
 

„Es ist so… als wir gestern Abend auf dem Sofa gesessen haben, sind mir ein paar Dinge durch den Kopf gegangen… die mich ein wenig ausgebremst haben…“
 

Also war John doch dabei zurück zu rudern, was sehr schade war. Seiji beobachtete den Anderen und merkte, dass das nicht alles war, also hackte er einfach mal sachte nach.
 

„Welche Dinge?“
 

Sofort versteifte sich sein Sitznachbar und Seiji runzelte die Stirn. Das sah ihm wirklich nicht ähnlich und jetzt war er neugierig. „John?“
 

„Ähm… welchen Part… übernimmst du… während dem Sex?“
 

John wurde mit jedem Wort immer leiser bis er fast flüsterte, doch Seiji bekam natürlich jedes einzelne Wort mit und schaute ihn verblüfft an.

Nachmittage zu zweit?

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Die Katze ist aus dem Sack

Ungeduldig wippte Matt mit dem Fuß und wartete auf den Älteren, der spät dran war. Hatte er nicht gesagt, dass Pünktlichkeit das oberste Gebot wäre? Warum zur Hölle, musste er dann warten? Bevor er kurz vorm Explodieren war, kam Alex auch schon mit einem breiten Lächeln aus dem Haus.
 

„Zu Spät.“
 

„Komm schon, das waren nur fünf Minuten. Außerdem konnte ich mich nicht entscheiden, was ich anziehen sollte.“
 

Matt zog die Augenbrauen zusammen und blickte zum Größeren. Was war denn schon anders als sonst? Er trug eine verwaschene Jeans und ein dunkelblaues Hemd. Gut, er hatte seine Haare gerichtet und etwas Gel reingeschmiert, aber dafür brauchte man doch keine halbe Stunde.
 

„Dafür hast du so lange gebraucht? Wenn du mich schon warten lässt, hätte ich mehr erwartet“ eiskalt drehte sich Matt um und ging einfach schon mal vor. Wenn er später gekommen wäre, hätte ihn Alex aus seinem Zimmer gezerrt, aber dass er warten musste war normal?
 

„Hör auf zu schmollen, es waren nicht mal fünf Minuten“ bemerkte der Größere nach einem stillen zehn Minütigen Marsch, um die Stille zu brechen.
 

„Toll.“
 

Alex rollte mit den Augen und seufzte leise. „Du machst es einem echt schwer, dich besser kennen zu lernen, weißt du das.“
 

„Schön. Gibst du endlich auf?“
 

„Nein, das wäre zu einfach… wir sind übrigens da.“ Alex blieb vor einem Gebäude stehen, dessen Räumlichkeiten stets für Ausstellungen gemietet wurden. Die neue Kunstausstellung war erst seit kurzem in der Stadt und wurde hier seit knappen zwei Wochen präsentiert. Alex wollte dem Kleinen eine Freude machen, da er sich denken konnte, dass Matt bisher weder die Zeit noch die Gelegenheit hatte reinzuschauen. Die Idee kam ihm spontan als er gestern das Zimmer verlassen hatte. Die Zeichnung hatte ihm einfach imponiert und er war gespannt, wie Matt auf die Ausstellung reagierte. Die Überraschung stand ihm zumindest schon mal ins Gesicht geschrieben, wie er bemerkte.
 

„Warum so überrascht, was hast du denn gedacht, was ich mit dir vorhabe?“
 

Matt zuckte lediglich mit den Schultern und begab sich in Richtung Eingang, doch bevor er ihm den Rücken zeigte, konnte Alex ein Blick auf Matts Gesicht erhaschen und das, was er da sah, gefiel ihm. Allein für dieses Lächeln hatte es sich gelohnt und er setzte sich nun ebenfalls in Bewegung, um dem Kleinen zu folgen.
 

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„Gott, Samuel! Wir haben einen freien Tag. Jetzt lass das Ding doch endlich mal aus!“ Rafael stand hinter seinem Halbbruder und klappte den Laptop zu. Sam schaffte es noch rechtzeitig seine Finger herauszuziehen, ehe sie zerquetscht wurden. Mürrisch blickte er auf und zeterte auch gleich los.
 

„Sag mal, spinnst du? Ich war gerade…“
 

„Das interessiert nicht.“ Rafael schnitt ihm direkt die Worte ab. „Du stehst Tag ein Tag aus in der Küche und sitzt nächtelang an deinen Geschichten. Du machst jetzt endlich eine Pause. Los, zieh dich an, wir gehen raus. Und damit eins von vornherein klar ist: Dein Laptop bleibt im Urlaub zu Hause!“
 

„Raf…“ bevor Sam noch irgendetwas sagen oder tun konnte, schnappte sich Rafael die Elektronik und marschierte auch schon aus dem Zimmer.
 

Sam seufzte schwer und fuhr sich genervt durch das Gesicht, doch ihm blieb nichts anderes übrig. Er kannte das schon vom Anderen. Sobald der Geduldsfaden gerissen war und er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, konnte ihn nichts und niemand aufhalten. Am Besten würde es sein, ein paar Stunden nach seiner Pfeife zu tanzen und dann würde wieder Ruhe einkehren.
 

Sam richtete sich auf und ging zu seinem Kleiderschrank, um sich etwas anderes anzuziehen und schließlich die Haare vor dem Spiegel zu richten. Kaum war er fertig kam der Andere erneut ins Zimmer gestürmt und begutachtete ihn von oben bis unten. Sam rollte mit den Augen und fragte ihn auch gleich schnippisch, was sein Problem sein.
 

„Na ja, da wir auf keine Party gehen, kann ich dich so mitnehmen… aber lass die Brille daheim.“
 

„Warum soll ich mich hier auftakeln wie ne Frau? Und was hast du gegen meine Brille? …Sag mal, hat dich eine Frau versetzt und du weißt nichts mit dir anzufangen oder was ist jetzt dein Problem?“
 

Rafael kam auf seinen Halbbruder zu und streckte die Hand aus, um ihm die Brille abzunehmen. Beide sagten nichts, doch Sam ließ ihn einfach machen. Es würde schon einen Grund geben und er hatte absolut keine Lust auf einen Streit oder ähnliches, zumal er sie nur zum Lesen brauchte. Stattdessen rollte er einfach mit den Augen und ging an Rafael vorbei, während dieser seine Brille auf den Tisch legte. Das die beiden es so lange miteinander aushielten, war manchmal wirklich ein Wunder. So wie sich Rafael manchmal ihm gegenüber verhielt, konnte man meinen, dass er das Kleinkind in ihrer Beziehung war… und dass nur, weil er ein halbes Jahr jünger als Rafael war.
 

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Alex staunte nicht schlecht während er den Anderen beobachtete. Ein solches Strahlen in seinem Gesicht hatte er noch nie gesehen und er folgte ihm lächelnd auf Schritt und Tritt. Er hätte nicht gedacht, dass ihm eine solche Kleinigkeit eine größere Befriedigung gab als ihn aufzuziehen. Matt schien sogar in sehr großer Plauderlaune zu sein, selbstverständlich nur zum Thema Kunst und die Werke vor ihnen. Doch so viele Worte in so kurzer Zeit ließen ihn schmunzelnd zuhören. Er hatte von Kunst absolut keine Ahnung, doch Matt klärte ihn haargenau auf, vermutlich sah man ihm an, dass er einfach keine Allgemeinbildung hatte.
 

Erst als sie schon fast am Ende angekommen waren, merkte Matt wie er hier aufblühte und vor allem, wie Alex ihn beobachtete. Die Intensität seines Blickes war ihm etwas unangenehm und er schloss den Mund, bevor er wieder irgendetwas zum nächsten Bild sagte. Stattdessen schaute er seinen Kollegen skeptisch an, konnte jedoch nicht mehr schweigen.
 

„Was ist so witzig?“
 

„Nichts, wieso?“ Alex lächelte ihn weiterhin an und zuckte leicht die Schultern.
 

„Wir sind hier auf einer Ausstellung, schau dir lieber die Bilder an, anstatt mich die ganze Zeit anzugaffen… und warum grinst du so breit? Habe ich etwas im Gesicht?“ Die Worte waren zwar leicht schnippisch gewählt, doch sein Tonfall minderte das Ganze. Er konnte ihn hier vor den Leuten schließlich nicht anfahren, ein wenig Anstand hatte er allemal. Allerdings breitete sich Alex sein Grinsen nur weiter aus und Besagter kam sogar etwas näher, um ihm eine Antwort auf die Fragen zu geben, die nur für seine Ohren bestimmt waren.
 

„Wieso soll ich mir die Bilder anschauen, wenn meine derzeitige Aussicht um einiges besser ist? Außerdem grinse ich nicht, ich lächele. Man lächelt, wenn man glücklich ist, und ich bin glücklich… natürlich wäre ich bei gewissen Dingen noch glücklicher, doch das sollten wir definitiv nicht in der Öffentlichkeit tun.“
 

Kaum war er fertig, setzte er sich wieder in Bewegung, um Matt keine Gelegenheit zu geben, etwas darauf zu erwidern. Ohne einen Blick nach hinten zu werfen, wusste Alex, dass ihm der Andere wortlos folgte. Wie nicht anders erwartet, hatte er ein wenig zu viel gesagt, denn Matt schaute sich die restlichen wenigen Bilder schmollend an, ohne mit ihm zu reden.
 

Kurz vor dem Ende trat ein älterer Herr auf sie zu und begrüßte den Jüngeren. Matt war zunächst etwas verblüfft, doch schon bald unterhielt sich dieser angeregt mit dem Herrn. Wie sich herausstellte, war es sein Kunstlehrer und wie es kommen musste, bemerkte dieser den Älteren und sprach ihn auch gleich lächelnd an.
 

„Sie müssen ein Freund von Matthew sein?“ Alex reichte ihm die Hand und bestätigte das Ganze einfach, während sein Gegenüber direkt weitersprach, wobei ihn eher das Ende des Gesprächs neugierig machte. „… Er ist wirklich sehr talentiert und mich bestürzt es immer wieder aufs Neuste, wenn er an den Wettbewerben nicht teilnehmen darf. Wir warten fieberhaft, bis er endlich Volljährig ist, damit er seine eigene Entscheidung treffen kann. Haben Sie mal ein Bild von ihm gesehen?“
 

Alex war ziemlich irritiert, da er die Worte des Lehrers absolut nicht verstand. Wie meinte er das, Matt war noch nicht volljährig? Ein Blick auf den Jüngeren sagte ihm, dass da etwas im Busch war. Matt hielt sich die Hand vor das Gesicht und seufzte leise auf. Das würde ein sehr interessantes Gespräch werden. Wieder gefasst, lächelte er den Kunstlehrer an und bestätigte.
 

„Ja, erst gestern wieder eins seiner frischen Werke, wirklich sagenhaft.“
 

Damit verfiel dieser wieder in seine Lobeshymnen und verabschiedete sich kurz darauf auch endlich, sodass er mit Matt erneut alleine vor dem Kunstwerk stand. Der Andere versuchte der Situation anscheinend zu entkommen, in dem er sich schnurstracks in Bewegung setzte, doch Alex hatte andere Pläne. Sofort legte er dem Jüngeren die Hand auf die Schulter und hielt ihn mit einem festen Griff zurück.
 

„Moment… ich denke, wir sollten einen Kaffee trinken gehen. Umgehend.“
 

Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, spürte er das Seufzen und wie der Kleine die Schultern hängen ließ. Da jedoch ansonsten kein weiterer Einwand kam, nahm er das als Bestätigung und ging einfach voraus. Sie verließen schweigend das Museum und Alex steuerte das nächste Café in der Gegend an, um sich in eine ruhige Ecke zu setzen. Matt setzte sich ihm gegenüber, schaffte es jedoch nicht ihm in die Augen zu schauen. Jeder bestellte sich einen Cappuccino und als die Bedienung endlich außer Hörweite war, lehnte sich Alex zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
 

„Nun, ich bin ganz Ohr.“
 

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John beobachtete wie der Mann von neulich auf sie zu gehechtet kam und dieses Mal ein kleines Mädchen auf den Arm hielt. Wenn er ihn nun genauer anschaute, konnte er tatsächlich Ähnlichkeiten zwischen ihm und Seiji ausmachen. Hätte er sich damals die Zeit genommen, in dessen Gesicht zu blicken, wäre ihm vielleicht die ganze Peinlichkeit erspart geblieben.
 

„ONKEL SEI!“ John wurde aus seinen Gedanken gerissen, als die Kleine in den Armen ihres Vaters ihren Onkel erblickte und durch den ganzen Park schrie. Da hatte wohl jemand einen kleinen Fan. John schmunzelte und beobachtete wie die Kleine sich aus den Armen befreien wollte und als sie endlich auf eigenen Beinen stand zu ihrem Onkel rannte. Dieser stand natürlich sofort auf und fing das Mädchen auf, als sie in dessen Arme sprang. Die nächsten Minuten wurde erstmal ordentlich geknuddelt und John versuchte sich ein Lachen zu verkneifen. Eindeutig mehr als nur ein kleiner Fan und so wie es schien, hatte sein Freund ebenfalls einen Narren an ihr gefressen.
 

„Sie sind doch ein Arbeitskollege von meinem Bruder?“ Seijis Bruder kam auf ihn zu und lächelte. Den Mann hatte John beim Anblick der Beiden einfach vergessen. Verlegen stand John auf und reichte dem Anderen die Hand.
 

„Unter Anderem, wir sind auch befreundet. Ich möchte mich auch gleich für letztes Mal entschuldigen, harter Tag gewesen. Ich bin übrigens John!“
 

„Freut mich, ich bin Reiji und das ist meine kleine Tochter Elisabeth.“ Reiji lächelte ihn an und John hatte das Gefühl, dass in dem Lächeln viel mehr Wissen steckte als er erahnen konnte. „Macht nichts, Sei hat die Wogen bereits am Tisch geglättet. Es tut mir leid, wenn wir eure Pläne durcheinandergebracht haben.“
 

Nachdem sie sich die Hände gereicht hatten, traten sie auch gleich wieder auseinander. John verstand zwar nicht genau, wie Reiji es meinte, doch solange er ihm das damalige Fauxpas nicht krummnahm, war alles in bester Ordnung. Seiji kam mit der Kleinen auf sie zu und hob fragend die Augenbraue. John zuckte lediglich mit den Schultern und grinste breit. Als Elisabeth den Fremden erblickte wurde sie plötzlich ganz still und versuchte sich in der Halsbeuge ihres Onkels zu verstecken. Jetzt kam also die schüchterne Seite hervor, das würde spannend werden!
 

Reiji musste aufgrund seines Termins wieder los und ließ eine kleine Reisetasche mit allen wichtigen Sachen für seine Tochter bei ihnen sowie einige Tipps, die sie zu beachten hatten. Wobei die Sache mit dem Einschlafen im Grunde nur Seiji betraf. Da würde wohl jemand heute um sieben Uhr im Bett liegen. Bei dem Gedanken musste John nur noch weiter grinsen.
 

„Nun, was willst du heute machen, Prinzessin?“ John stand neben den Beiden und wartete geduldig auf eine Antwort, zumindest hoffte er, dass er eine bekam. So wie sie sich an den Anderen klammerte, konnte das schwer werden. Doch kaum hatte er das Wort Prinzessin benutzt, lugte sie hervor und schaute sich John nun ganz genau an.
 

„Ich…will in den Zoo.“ Es kam zwar sehr leise und schüchtern aus ihrem Mund, doch John konnte es ganz genau hören. Das hätte er sich denken können. Er warf einen kurzen Blick zu Seiji, der das Ganze lächelnd beobachtete und da kein Einwand seinerseits kam, bestätigte er ihren Wunsch.
 

„Na, dann lasst uns mal in den Zoo gehen!“
 

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„Das ist ja wohl nicht dein Ernst?!“ Sam stand mit Rafael vor dem riesen Einkaufszentrum und seine Laune sank mit jedem Schritt, den sie darauf zugingen. „Dir ist schon klar, dass du mir etwas schuldest, wenn ich mit dir einkaufen gehe? Ich hasse Klamotten shoppen.“
 

„Sei ruhig und lass uns rein gehen. Ich brauch etwas für den Urlaub und dann können wir dich auch gleich mal mit einkleiden.“
 

„Was gefällt dir an meinem Kleidungsstil nicht?
 

„Hey, wir gehen an den Strand. Ich nehme dich sicher nicht im Schlabberlook mit, das kannst du dir direkt abschminken... Hör auf mit den Augen zu rollen.“
 

Sam verschränkte die Arme vor der Brust und schnaubte laut, wenn er schon nicht mit den Augen rollen durfte. „Ich habe auch andere Kleidungsstücke, sag mir jetzt nicht, dass ich dir peinlich bin?“
 

Natürlich bekam er keine Antwort, stattdessen erhielt er ein freches Grinsen seines Bruders und schon wenige Sekunden darauf zog ihn dieser in den ersten Laden.
 

Sam stand zum gefühlten hundertsten Mal in einer Umkleidekabine und zog sich um. Rafael war gnadenlos mit ihm. Sie hatten fast alle Läden abgeklappert und ständig schob er ihn mit irgendwelchen Kleidungsstücken in eine der Kabinen. Sam hatte schon nach dem dritten Laden die Schnauze voll, doch Rafael interessierte seine Laune nicht einmal ansatzweise.
 

„Ich bin es echt leid mich hier zum Affen zu machen und ständig irgendetwas anzuprobieren.“ Sam trat mit einem mürrischen Gesichtsausdruck aus der Kabine. „Das ist das letzte Outfit. Begaff es zu Ende und dann lass uns endlich abhauen.“
 

Rafael hob grinsend den Finger und machte eine Drehbewegung. Genervt rollte Sam mit den Augen und drehte sich wie befohlen.
 

„Ich weiß gar nicht, warum du dich so sträubst… ich habe einen tollen Geschmack und wenn du die Sachen gekauft hättest, die du von mir anprobieren musstest, wären wir schon lange draußen.“
 

Das war wie Musik in seinen Ohren. Also musste er im Grunde nur etwas von dem, was Rafael ausgesucht hatte, kaufen und schon wären sie draußen?
 

„Aber vielleicht war das gar nicht mal so schlecht, dass du alles abgelehnt hast. Bei dem Anblick wird man direkt schwach, das solltest du kaufen!“
 

Sam hob die Augenbraue und er wusste ganz genau, was Rafael da versuchte. Erst zeigte er ihm sein Schlupfloch auf und zerschmetterte es im nächsten Moment mit einem solchen Kommentar, weil er genau wusste, dass sich Sam wegen so etwas sträuben würde den Satz zu kaufen. Doch nicht mit ihm.
 

„Vergiss es, die Tortur ist vorbei. Das wird gekauft und wir verschwinden hier zügig!“
 

Rafael trat näher und legte ihm immer noch grinsend einen Arm über die Schulter. „Du bist so berechenbar.“
 

Schnaubend schob Sam den Arm von sich und verschwand mit einem „Du kannst mich mal“ in der Umkleidekabine. Er machte ihn wahnsinnig!
 

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„Nun, ich bin ganz Ohr.“
 

Matt brachte einfach kein Wort hervor. Beide schwiegen sich an, wobei nur Alex derjenige war, der den Anderen anschaute. Matt hatte seine Hände in den Schoß gelegt und blickte die ganze Zeit nervös hinunter. So schwer sollte das doch nicht sein? Alex beugte sich wieder nach vorne und legte die Arme auf den Tisch als die Bedienung ihnen den Kaffee gebracht hatte.
 

„Gut, dann sollten wir wohl am Besten zu Rafael und Sam gehen.“ Kaum hatte Alex die Worte ausgesprochen, zuckte Matt auch schon zusammen und sah ihm nun entsetzt ins Gesicht. Anscheinend hatte er seinen wunden Punkt erwischt. „Oh, du kannst mich ja doch noch anschauen. Da du von dir aus nicht loslegen willst, fange ich einfach mal mit ein paar leichten Fragen an. Wie alt bist du wirklich?“
 

„Ich werde demnächst 17.“ Matt schien also doch gewillt zu sein einige Informationen fließen zu lassen, auch wenn er es widerwillig tat. Alex versuchte sich nichts anmerken zu lassen und erstmal alles neutral aufzunehmen, auch wenn ihm die Wahrheit auf den Magen schlug.
 

„Aber dein Name stimmt schon?“
 

„Hm… zum Teil. Ich habe einen anderen Nachnamen angenommen bevor ich mich beworben habe.“
 

„Wie meinst du das angenommen? Von deinem anderen Elternteil oder Verwandten?“
 

Matt hüllte sich abermals in Schweigen und nahm seine Tasse, um nicht reden zu müssen. Doch nachdem er diese absetzte und einen kurzen Blick zu Alex wandern ließ, beschloss er lieber auf die Frage zu antworten.
 

„Ich habe einen gefälschten Pass… und alles, was dazu gehört.“
 

Alex hielt mitten in seiner Bewegung inne und traute sich nicht einmal einen Schluck seines Kaffees zu nehmen. Er hatte einen gefälschten Pass und alles was dazu gehörte? Wie meinte er das nun wieder, war er in einem Zeugenschutzprogramm oder wie durfte man das verstehen? Nun war er noch neugieriger als vorher, doch er war sich nicht sicher, ob er tiefer bohren sollte oder eher durfte. Er nahm sich einen Schluck seines Kaffees und dachte noch einmal über die Sache mit dem Lehrer nach. Wenn er genauer darüber nachdachte, konnte er das Zeugenschutzprogramm im Grunde ausschließen. Denn sollte dies der Fall sein, würde man ihn sicher an einen anderen Ort bringen und nicht an der jetzigen Schule belassen. Also musste es einen anderen Grund geben. Nur welchen?
 

„Und wieso?“
 

„Ist das wichtig?“ Dieses Mal kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen. Matt schien sich anscheinend etwas wohler zu fühlen, nachdem er die Bombe platzen gelassen hatte. Es war faszinierend, dass er in seinem Tonfall nicht ausfallend wurde, wie sonst immer. Diese ruhige und gefasste Seite kannte er noch nicht von ihm.
 

„Nein, aber wenn du extra deine Identität änderst, war es nicht etwas leichtsinnig an deiner alten Schule zu bleiben? Das macht irgendwie keinen Sinn… daher denke ich, dass da sicher nichts Kompliziertes dahintersteckt, oder sehe ich das falsch?“
 

„Das liegt einfach daran, dass ich das Ganze gerade noch am Regeln bin. Ich wechsele die Schule zum neuen Schuljahr und will direkt eine Klasse überspringen. Aus diesem Grund lerne ich abends ja auch wie ein Berserker und lasse mir von Faith ein wenig helfen. Ich habe in einer Woche die Aufnahmeprüfung der naheliegenden High-School, um mein letztes Jahr dort zu absolvieren und will auf keinen Fall durchfallen. Meine jetzige Schule ist am anderen Ende der Stadt und dass mein Lehrer tatsächlich hier in der Gegend aufgetaucht ist, war reiner Zufall. Es geht nicht darum, dass ich komplett von der Bildfläche verschwinde, sondern einfach nur schwer zu finden bin.“
 

„Was macht dich so sicher, dass deine Freunde, Bekannte und Familie nicht in unsere Gegend kommen?“
 

Das Lächeln, dass sich auf Matts Gesicht bildete, jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Selbst in ihren schlimmsten Phasen hatte ihn Matt noch nie mit einem solch kalten Lächeln angeschaut. So schnell das Lächeln jedoch gekommen war, war es auch schon wieder weg. Matt blickte aus dem Fenster und leerte seinen Kaffee in einem Zug. Schweigend beobachtete er die vorbeigehenden Leute, bevor er sich wieder seinem Gegenüber zuwandte und ihm fest in die Augen schaute.
 

„Und, was machst du jetzt mit den ganzen Informationen?“
 

Alex hob die Augenbraue und stellte seine leere Tasse ab. „Welche Informationen? Mehr als, dass du dein wirkliches Alter genannt und offenbart hast, dass du mit falschen Daten durch die Welt läufst und den Staat bescheißt, hast du nichts von dir gegeben. Die Frage ist eher, ob du den Anderen oder mir mehr erzählen wirst?“
 

Matts betretendes Schweigen sprach Bände und Alex seufzte leise, ehe er das Geld für ihre beiden Getränke etwas enttäuscht auf den Tisch legte und aufstand. Aber was hatte er auch erwartet, dass Matt ihm sein Herz ausschüttete? Er wusste ehrlich gesagt nicht, was er mit diesen Informationen anfangen sollte. Natürlich würde er nicht zu Sam und Rafael rennen, auch, wenn er es vorhin angedeutet hatte. Das war allein seine Sache, zumal er seine Arbeit ordentlich verrichtete und bereits im Alter war, in dem das Arbeiten nicht illegal war. Doch Alex hatte mit dieser Offenbarung ein ganz anderes Problem: er hatte sich an einem Minderjährigen vergriffen.

Shopping

Kaum waren die drei im Zoo angekommen, war das Eis auch schon zwischen ihnen gebrochen. Ihr Redefluss war wirklich beachtlich und er ließ sich von ihr zu jedem Gehege schleifen, während sie ihm von jedem Tier alles erzählte, was sie wusste. Da John bereits früh mit kleinen Kindern zu tun hatte, wusste er genau, was zu tun war, um die Kleine bei Laune zu halten.
 

Seiji beobachtete das Ganze lächelnd und mischte sich nur ein, wenn die zwei zwischendurch mal wieder merkten, dass sie nicht alleine waren. Er fühlte sich zwar ein klein wenig vernachlässigt, doch er konnte nicht leugnen, dass die freudigen Gesichter der beiden auch ihn glücklich machten. Als er auf dem Weg zu John war, hatte er zunächst bedenken, wie dieser reagieren würde. Mit einer solchen Wendung hatte er definitiv nicht gerechnet.
 

Nachdem sie alles gesehen hatten, machten sich die drei auf den Rückweg. Die kleine plapperte weiterhin pausenlos und ließ sich von ihrem Onkel Huckepack tragen. John grinste nur breit, da er soeben mitbekommen hatte, wie sich Seiji um den Finger hatte wickeln lassen. Aber der Kleinen hätte auch er nichts abschlagen können, was er natürlich nie zugeben würde.
 

Wieder zu Hause angekommen, ließ Seiji seine Nichte zu Boden gleiten und marschierten in den ersten Stock. Sie hörten Geschirr in der Küche klappern und steuerten daher erstmal den Raum an, ehe sie die Sachen von Beth abluden. Sam stand vor dem Herd, während Rafael am Küchentisch saß und eine Zeitung las. Beide klickten zur Tür als die zwei Männer sich bemerkbar machten.
 

„Oh, ihr seid ja schon da. Hunger?" Sam lächelte und blickte zur kleinen hinab, die sich wieder schüchtern hinter den Beiden versteckte.
 

„An eurer Stelle würde ich ja sagen... nachdem ich ihm gesagt habe, dass du deine Nichte mitbringst, hat er sich an den Herd gestellt und der Kleinen etwas gekocht." Rafael gab den Jungs ein bisschen mehr Hintergrundwissen, was Sam lediglich mit einem Schulterzucken abtat.
 

„Bei deren Kochkünsten, will ich mir nicht sagen lassen, dass ich ein kleines Kind in meinem Haus verhungern lasse." Sam stellte das Geschirr auf den Tisch ab und lächelte. „Ich hoffe, du hast Lust auf Spaghetti?"
 

Alle Augen waren auf die kleine Beth gerichtet, die schüchtern zu ihrem Onkel schaute und nachdem er ihr leicht zunickte, nickte sie Sam selbst eifrig entgegen.
 

„Du bist so eine süße Maus, ich könnte dich fressen." John konnte sich nicht zurückhalten und zog die Kleine auf seine Arme, um sie zu knuddeln. Die Knuddelattacke entlockte ihr ein Lachen und er drehte sich einfach von den Leuten weg, um die Küche zu verlassen. „Lass uns schnell die Hände waschen gehen und dann die leckeren Spaghetti essen. Ich habe riesen Hunger!"
 

Die Zurückgebliebenen schüttelten schmunzelnd die Köpfe. „Da fragt man sich, für wen du eigentlich gekocht hast... John oder Beth."
 

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Der Rückweg der Beiden verlief schweigend. Jeder hing seinen Gedanken nach und Matt fühlte sich ein wenig Unwohl in seiner Haut. Das Alex letztendlich einfach aufgestanden war, ohne noch etwas zum Thema zu äußern, war sicher kein gutes Zeichen. Er konnte absolut nicht einschätzen, wie das Ganze nun mit ihnen weiter ging. Natürlich schätzte er Alex nicht so ein, dass er direkt zur Polizei oder zu ihren beiden Chefs laufen würde, doch da sie sich nun mal nicht so lange kannten, war er sich nicht ganz sicher. Am liebsten würde er den Anderen mitten auf dem Weg aufhalten und nachfragen, doch er konnte nicht. Stattdessen lief er mit angezogenem Schwanz neben ihm her und ließ es einfach darauf ankommen.
 

Wieder zurück in ihrer Wohnung nickte Alex noch einmal kurz in seine Richtung und verschwand auf sein Zimmer. Na, das lief ja schon mal prima. Seufzend machte er sich in Richtung Küche, da er Stimmen vernommen hatte. Als er nähertrat, erkannte er eine Kinderstimme und war sichtlich irritiert. Er betrat den Raum und sah die Vier mit einem kleinen Mädchen dasitzen. Hatte da jemand etwa eine Tochter verheimlicht? Sobald die Kleine ihn erblickte, verstummte sie sofort und schaute ihn schüchtern an.
 

„Habe ich etwas verpasst?"
 

„Ja, erstklassige Spaghetti. Die Kleine hat leider drei Portionen verdrückt und es ist nichts mehr übrig." John lehnte sich zurück und grinste den Jungen breit an, wohlwissend, dass alle Anderen gerade die Augen rollten. „Das ist Beth, Seijis Nichte. Was hast du denn gedacht?"
 

Matt ging auf die Gegenfrage gar nicht erst ein, da er mit seiner Antwort sowieso nur verlieren würde. Stattdessen marschierte er zur Kaffeemaschine und kam mit einer Tasse Kaffee zurück an den Tisch. Er hatte gerade keine Lust sich nach dem Gespräch mit Alex allein auf das Zimmer zurück zu ziehen, stattdessen waren die Sticheleien der Anderen um einiges erträglicher. Er musste zugeben, auch wenn er ständig aus der Haut fuhr, machten ihm die Sprüche nichts aus. Im Gegenteil, er hatte insgeheim Spaß daran und im Grunde konnte er die Anderen sehr gut leiden, was er so natürlich niemals zugeben würde.
 

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John kam mit der Kleinen aus dem Bad und brachte sie zurück in Seijis Zimmer. Dieser richtete gerade das Bett fertig ein und lächelte als beide das Zimmer betraten. Er musste zugeben, dass er wirklich beeindruckt war. Nicht nur Beth hatte John um den Finger gewickelt, es beruhte anscheinend auf Gegenseitigkeit, so wie sie den ganzen Tag an ihm geklebt hatte. Auch jetzt klammerte sie sich auf seinen Armen an ihn, auch wenn sie das tat, weil sie hundemüde war. Nur noch mit Mühe schien sie sich wachzuhalten. In der Küche hatten sie leider die Zeit vergessen und er hoffte, dass sie ihrem Vater nicht erzählte, dass sie nicht zeitig ins Bett gekommen war. Er würde ihn umbringen.
 

„Na, fertig für das Bett? Hast du dir auch artig alle Zähne geputzt?"
 

Beth nickte leicht und gähnte herzhaft, während John sie auf das Bett setzte und schmunzelte. „Ich werde dann mal in mein Zimmer gehen und euch schlafen lassen." John beneidete Seiji um keine Sekunde, denn er selbst würde durchdrehen um acht Uhr abends schlafen gehen zu müssen. Er beugte sich nach unten und drückte der Kleinen einen Gutenachtkuss auf die Stirn. „Schlaf gut, Prinzessin." Anschließend drehte er sich zu seinem Kollegen und sah in ein grinsendes Gesicht.
 

„Was ist?" John hob die Augenbraue und wartete auf eine Antwort, die er nicht bekam. Stattdessen schüttelte der Andere den Kopf und hob die Decke hoch, damit Beth leichter unter diese klettern konnte. „Gute Nacht, John."
 

John rollte mit den Augen und marschierte aus dem Zimmer. „Ja, ja... lass mich nur dumm sterben."
 

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1 Woche später
 

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„Mädels... ich bin schwul, warum zum Teufel schleppt ihr mich in ein Dessous Laden?" Seiji schaute sich den Laden skeptisch von außen an und hob die Augenbraue als Nici bereits die Tür für alle öffnete.
 

„Jetzt stell dich doch nicht so an, ich gehe mit dir später auch in einen Laden für Männermode... Faith und ich brauchen eben noch ein oder zwei Bikinis für den Urlaub. Dadurch, dass der Termin nach vorne geschoben wurde, haben wir eben nicht mehr so viel Zeit." Nici versuchte Seiji zu beschwichtigen, konnte jedoch nicht verhindern, dass sie mit den Augen rollte.
 

„Erwarte nicht zu viel. Wie es scheint, hat er Angst vor Frauenkörper und du wolltest ihn wirklich mitnehmen? Er kann sicher noch nicht einmal einen guten von einem schlechten Bikini unterscheiden, so wie er sich verhält." Faith marschierte eiskalt an ihrem Kollegen vorbei und betrat den Laden, um auch gleich die Bademode anzusteuern.
 

Seiji stand sprachlos neben John, der sich ein Lachen verkniff, und wusste nicht wie ihm geschah. Wollte sie ihn nur aufziehen und dazu bringen mit hinein zu kommen, oder meinte sie das Gesagte wirklich ernst? Er musste gestehen, er wusste es nicht. Seitdem Faith mehr Zeit hatte, integrierte sie sich etwas mehr in die Gruppe ein und sie verstand es Leute zu verwirren. Ihre Gesichtszüge waren stets neutral und so kam es oft, dass man allein durch ihre Aussagen nicht sofort erkannte, ob es sich dabei um Sarkasmus und Ironie oder um ihre wahre Meinung handelte. Nur selten kam es vor, dass ihre Mundwinkel zuckten, um sich durch die Reaktion der Anderen zu verraten.
 

„Wow... dass du dich durch Faith verunsichern lässt, sieht man nicht alle Tage. Wunder Punkt, mein Lieber?" Seiji wurde durch Nici aus seinen Gedanken gerissen und merkte, dass John der Anderen bereits gefolgt war, da nur noch sie beide hier draußen standen.
 

„Quatsch, aber ich muss gestehen, dass Faith einen durch ihre trockene Art und die perfekte Mimik verunsichern kann." Seiji kratzte sich am Hinterkopf und trat schließlich näher. „Aber mal für's Protokoll: Mein Geschmack ist einzigartig."
 

Nici lachte auf und hakte sich breit grinsend bei ihm unter. „Deswegen habe ich dich mitgenommen, schließlich will ich perfekt aussehen und mich am Strand amüsieren. Außerdem, wenn es dich beruhigt, sie wollte dich nur aus der Reserve locken... das hat man doch an ihrer Stimmlage und dem Lächeln erkannt."
 

„Ein Lächeln? Wo bitte war da ein Lächeln?" Seiji schaute sie irritiert an und setzte sich in Bewegung, da Nici ihn nur anlächelte und nichts mehr darauf erwiderte.
 

~
 

„Du hast ja tatsächlich doch noch Geschmack bewiesen, mein Lieber" Nici stellte die Einkaufstüten neben sich und setzte sich an den Tisch, während Faith es ihr schmunzelnd nachmachte.
 

„Hast du wirklich an mir gezweifelt? Und nur für das Protokoll: JETZT sehe ich das Lächeln auch!", Seiji setzte sich mit John den Damen gegenüber und schnappte sich als erstes die Karte, um sich sein Mittagessen auszusuchen. Sie waren bereits drei Stunden unterwegs und so langsam machte sich sein Magen bemerkbar, was diese Pause ausgelöst hatte.
 

Warum er sich auf diese Shoppingtour eingelassen hatte? Eigentlich war es John's Schuld. Sie wollten ihren freien Tag ruhig in der Stadt verbringen, doch nachdem Nici davon Wind bekommen hatte, wollte sie unbedingt mit. Nachdem diese auch noch Faith überredet hatte mitzukommen, konnte John nicht mehr zurück und so saßen sie jetzt nun mit den Frauen den ganzen Tag fest. Nicht, dass es ihn stören würde, im Gegenteil, doch da es letztes Mal bereits in Wasser gefallen war, wollte er diesen umsomehr genießen... zumal sie beide einfach nicht weiterkamen und sich mit jedem Tag ein größeres Verlangen nach dem Anderen breit machte.
 

„Niemals, aber es läuft heute wirklich wie geschmiert mit dem Einkaufen, vielleicht sollte ich euch öfter mitnehmen."
 

„Dir ist schon klar, dass WIR EUCH mitnehmen und nicht andersherum? Schließlich hast du dich uns aufgezwungen... lediglich Faith war herzlich willkommen!" Seiji versuchte die Frau ein wenig zu ärgern, doch das gelang ihm nicht einmal ansatzweise.
 

„Ja, ist klar, ich liebe dich auch und jetzt lasst uns bestellen!"
 

~
 

John lehnte sich zurück und seufzte glücklich. „Das war so gut... und jetzt ein Nickerchen."
 

„Keine Chance, wir haben noch ein paar Läden vor uns, da kannst du das Essen abtrainieren."
 

„Toll... und wessen Schuld ist das?"
 

Nici rollte mit den Augen und stellte die leere Kaffeetasse ab. „Ja ja, ich bin wie immer schuld daran. Fühlst du dich jetzt besser?"
 

„Nö, aber das klang sehr gut in meinen Ohren." John grinste breit und winkte im nächsten Moment nach dem Kellner, um zahlen zu können.
 

Im Grunde war der Vorwurf nicht ganz unbegründet, zumal sie den Urlaub an den Strand wegen Nici verschoben hatten. Aufgrund eines Termins, den sie nicht verschieben konnte, jedoch gerne mitwollte, hatten sich noch einmal alle zusammengesetzt und ihre Termine miteinander verglichen. Nach langem Hin und Her konnten sie sich auf die zweite Ferienwoche einigen, sodass das Ganze eben eine Woche nach vorne verschoben wurde. Das bedeutete im Umkehrschluss allerdings auch, dass die Shoppingtour nach vorne verlegt werden musste... was zu der jetzigen Situation geführt hatte.
 

„Ihr stellt euch an, Eierschaukeln könnt ihr auch die ganze nächste Woche." Nici bezahlte grinsend ihren Anteil und stand mit ihren ganzen Tüten auf. „Jetzt lasst uns aufbrechen, damit wir euch endlich anziehen... schließlich können wir euch mit den derzeitigen Lumpen nicht mitnehmen, wird sonst etwas peinlich."
 

„Was?!" John und Seiji konnten beide nicht fassen, was sie da hörten und sprangen entrüstet vom Stuhl, während die Damen hingegen unbeeindruckt zum Ausgang gingen. „Weiber."
 

Wie bereits angekündigt war der nächste Laden unterteilt, sodass auch John und Seiji sich endlich mal in Ruhe umsehen konnten. Es dauerte nicht lange, da hatte John auch schon einiges auf den Armen und deutete Seiji, dass er in die Umkleidekabine ging.
 

Als er sich seiner Hose entledigt hatte und sich seinem Hemd widmen wollte, wurde plötzlich der Vorhang zur Seite geschoben und John hielt in seiner Bewegung überrascht inne. Seiji betrat die Kabine und zog den Vorhang wieder zu.
 

„Was wird das? Ich will ein paar Klamotten anprobieren!"
 

„Tu dir keinen Zwang an, ich helfe nur bei der Auswahl." Seiji stellte sich schmunzelt an die Wand und schaute sich seinem Gegenüber ganz genau an. Ihm war bewusst, dass er John damit komischerweise in Verlegenheit und aus dem Konzept brachte, doch das konnte er sich einfach nicht entgehen lassen.
 

„Das kannst du auch von draußen, wenn ich angezogen wieder herauskomme."
 

Natürlich interessierte es Seiji nicht die Bohne, er blieb einfach grinsend stehen und John gab sich seufzend geschlagen. Er griff sich eine der mitgebrachten Hosen und zog sie sich an, wohlwissend, dass ihn Seiji ganz genau beobachtete. Er konnte sich nicht erklären warum, doch diese Situation war ihm peinlich. Nicht, dass Seiji schon viel mehr von ihm gesehen hätte, doch diesem intensiven Blick hielt er einfach nicht Stand.
 

„Also?" John stemmte die Hände an seine Hüften und schaute Seiji herausfordernd an. Wenn er schon angab, dass er ihn beraten wollte, dann sollte er sein Wort auch halten. Doch wie es schien, war es die falsche Taktig. Seiji grinste breit und stieß sich von der Wand ab, um den Abstand zwischen ihnen zu verringern.
 

„Na ja... weißt du, da passt etwas nicht zusammen." Kaum hatte Seiji ihn erreicht, trat John einen Schritt zurück und hatte nun selbst die Wand in seinem Rücken. „Was hast du denn? Du hast mich doch gerade dazu aufgefordert, dir meine Meinung mitzuteilen. Kommst du damit etwa nicht klar?" Seiji folgte dem Anderen und begann die Knöpfe seines Hemdes von unten nach oben zu öffnen, ohne dabei Johns Gesicht aus den Augen zu lassen.
 

„Das schon... aber du fängst hier Sachen in der Öffentlichkeit an... hier kann jederzeit jemand hineinplatzen." John flüsterte mittlerweile nur noch, da er Angst hatte, dass ihn jemand draußen hörte. Sein Atem beschleunigte sich etwas und er schluckte schwer. Natürlich konnte und wollte er Seiji nicht aufhalten, doch musste er das Ganze wirklich hier anfangen? Er hatte gehofft, dass sie die vergangenen Tage endlich mal wieder etwas in die Richtung taten, wusste jedoch nicht so Recht, wie er das Ganze anfangen sollte. So schwer getan hatte er sich noch nie. Lag es daran, dass Seiji ein Mann war oder dass es sich hier um ihn handelte?
 

„Du denkst schon wieder zu viel nach." Seiji hatte den letzten Knopf geöffnet und legte seine Lippen nun auf Johns Schlüsselbein. Ganz langsam wanderten diese nach oben bis er schließlich am Ohr ankam und daran zu knabbern begann. Er entlockte John damit ein leises Seufzen und ließ daraufhin leicht von ihm ab. „Und außerdem, wer würde hier schon reinplatzen wollen?"
 

John musste nicht lange überlegen, um darauf eine Antwort zu finden. „Na, DU."
 

„Ganz recht", Seiji grinste erneut und überbrückte die letzte Distanz zu seinen Lippen. Darauf hatte der Andere gewartet. Kaum spürte er die weichen Lippen des Anderen, nahm er sie auch schon gierig entgegen. Gerade als er ihm die Arme um den Hals legen wollte, wurde der Vorhang leicht zur Seite geschoben und die beiden ließen abrupt voneinander ab. John wurde kreidebleich als er bemerkte in wessen Gesicht er da blickte und wusste nicht, wie er reagieren sollte.
 

„Mir ist bewusst, dass wir uns euch aufgedrängt haben, doch das ist kein Grund eure versäumte Zweisamkeit in der Umkleide nachzuholen. Nehmt euch gefälligst ein Zimmer." Faith schüttelte den Kopf und zog den Vorgang wieder zu. Während John immer noch nicht wusste, was er darauf antworten sollte, begann Seiji erstmal zu lachen und nahm seine Hände von Johns Körper.
 

„Wie es scheint, bin nicht nur ich so unverschämt... wobei ich sagen muss, dass ich es von Nici eher erwartet hätte als von Faith."
 

Kaum hatte dieser es ausgesprochen, fand John seine Stimme wieder und schaute ihn empört an. „Sag mal, spinnst du? Weißt du eigentlich, was da gerade passiert ist und welche Konsequenzen das hat?"
 

„Noch ist nichts passiert, sei kein Hasenfuß!" Seiji küsste John erneut kurz auf die Lippen und zeigte anschließend auf die Kleidung. „Und jetzt probiere dich durch, ich warte draußen."
 

Kaum war Seiji gegangen, ließ sich John auf den kleinen Hocker rechts von ihm plumpsen und atmete tief durch. Das war doch nicht zu fassen, wie konnte der Andere nur so locker daherreden? War ihm nicht klar, was passierte, wenn die Sache herauskam? Er fuhr sich seufzend durch das Haar und begann sich durch die Sachen zu probieren. Er wünschte sich die Coolness des Anderen, warum zur Hölle hatte er nur solche Angst?
 

„Mensch, Prinzessin, bist du bald fertig?"
 

Genervt zog John den Vorhang beiseite und schaute seinem Gegenüber mit hochgezogener Augenbraue an, der ihn nur schmunzelnd betrachtete. „Erst hältst du mich ab und dann stresst du mich? Du hast nerven... und außerdem, nenn mich bitte nie wieder Prinzessin, ich bin nicht deine Nichte!"
 

Lächelnd trat er näher und nahm John die Kleidung aus der Hand, während er seinen Kopf näher zu dessen Ohr brachte. „Wenn du aufgebracht bist, macht dich das besonders sexy, weißt du das eigentlich?"
 

John konnte nicht verhindern, dass er leicht errötete und hätte dem Anderen am liebsten eine reingehauen. Warum musste er ihn in der Öffentlichkeit ständig triezen?
 

„Hey, Turteltauben, sind wir durch? Nici wartet bereits an der Kasse auf euch." Faith stand plötzlich neben ihnen und John zuckte bei den Worten erschrocken zusammen. Wie lange stand sie da schon und was hatte sie mitbekommen? John wollte ihr antworten, brachte allerdings kein Wort über seine Lippen. „Du siehst aus als wäre dir eine Laus über die Leber gelaufen. Sag mir nicht, du hast dich gegen deinen Willen von ihm Anfassen lassen?"
 

„Bitte was? Sag mal, was hältst du von mir?" Seiji schaute die Frau entgeistert an und konnte nicht fassen, was sie da von sich gab. John hingegen fand es ziemlich amüsant und musste erstmal laut auflachen, was seinem Nebenmann überhaupt nicht gefiel. „Das ist nicht witzig, John!"
 

„Kommt, lasst uns gehen, bevor wir von Nici noch Ärger bekommen." Faith lächelte leicht und marschierte bereits vor, ehe die anderen beiden sich ebenfalls in Bewegung setzten. Kaum waren die drei bei ihrer Shoppingbegleitung angelangt, wurden sie auch schon angemeckert, was denn so lange dauern könnte. Sie ließen alles über sich ergehen und nahmen es lächelnd hin. In diesem Moment wusste John, dass er vor Faith definitiv nichts zu befürchten hatte und konnte die restliche Shoppingtour wieder genießen.
 


 

~ tbc ~

Regelbruch

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]



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