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Das Kleid (gibt es das auch in meiner Größe?)

von

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Prolog

Hi
 

Mein Name ist Brooke Warren, bin 24 Jahre jung und wohne zusammen mit meinen Eltern, Elisabeth und Logan Warren, und meinen Geschwistern, Ian und Haley, in Prescott Arizona. Meine Geschichte hat mit meinem Gewicht zu tun. Ich hatte schon immer meine, wie ich immer so schön sage, Pfündchen auf den Rippen, nur leider kann man zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr von Pfündchen reden. Kennt ihr das nicht auch? Man sieht in den Spiegel, falls man überhaupt noch in den Spiegel schaut und man sagt sich „Ich muss unbedingt abnehmen“, aber man kann einfach nicht den inneren Schweinehund überwinden!?! Ich kenne es nur zu gut. Unzählige Diäten habe ich versucht, Abnehm-DVDs nach getanzt und unzählige Tabletten geschluckt, Fehlanzeige. Das dicke Schaf der Familie zu sein, habe ich satt und da kommt jetzt das Fitnessstudios meines Bruders ins Spiel.
 

Meine Familie:
 

Mutter Elisabeth Deutsche, Vater Logan Amerikaner, ein großer Bruder Ian 28 Jahre ( Inhaber eines Fitnessstudios ) und eine kleine Schwester Haley18 Jahre ( studiert Jura )
 

Ein Fitnessstudio, ein Schauspieler, ein Film und vielleicht die große Liebe oder doch bitterer Hass!?!

Sportkleidung kaufen, nur welche?

„Mum? Ich geh mal in die Stadt ...“ rief ich durchs ganze Haus und ging mit gesenktem Kopf die Treppe runter.

„Was machst du denn da, Liebes?“ antwortete mir meine Mutter.
 

Unten angekommen, stand sie auch schon am Treppengeländer und beobachtete jeden meiner Schritte.
 

„Ach ...“ ich seufzte hörbar aus bevor ich fortfuhr „ … ich hab Ian versprochen mir mal sein Fitnessstudio anzuschauen ...“ ich unterbrach für einen kurzen Augenblick und sprach flüsternd weiter „ … und die dazugehörigen Fitness/Abnehmprogramme.“ Augen rollend, senkte ich meinen Kopf und sog scharf Luft ein. „Er hat mir Angeboten mal überall reinzuschnuppern, also brauche ich dafür angemessene Sportkleidung.“
 

So was besaß ich das letzte mal in der Schule, in der Grundschule! Bei dem Gedanke wurde mir leicht übel. Die letzten Schuljahre verbrachte ich nicht wirklich in der Turnhalle, hab mich immer irgendwie vor Sport drücken können. Meine Lehrerin hatte diesbezüglich auch ein ernstes Gespräch mit dem Direktor, meinen Eltern und mir, sind aber nach gut einer Stunde zu dem Entschluss gekommen mich vom Sportunterricht zu Entschuldigen aber nur mit der Voraussetzung mit meinem Hausarzt darüber zu sprechen wie man mir am besten helfen könnte. Gesagt, getan. Unzählige Ernährungsberater + Ernährungsplänen habe ich hinter mich gebracht, doch leider hielt ich sie nie lange durch. Das brachte meine Eltern zur Verzweiflung, was ich jetzt mit 24 Jahren auch langsam nachvollziehen kann. Doch was soll ich sagen? Junges, unreifes, pubertierendes Girl hört nicht auf erfahrenes, erwachsenes Gerede. Das habe ich jetzt also davon, das mein damaliges Ich nicht hören wollte, sonst würde ich jetzt vielleicht doch anders aussehen.
 

Mit einem breiten Grinsen, hüpfte meine Mutter leicht auf und ab und sagte dann „das ist doch schön, Liebes, hab viel Spaß.“
 

Abermals rollte ich mit den Augen und ging zur Haustür, drehte mich noch einmal um, um mich noch von meiner Mutter zu verabschieden, da sah ich sie belustigend an. Sie wirbelte ein paar mal durch den Flur und verschwand dann in der Küche. Ich griff noch nach meiner Jacke die an der Garderobe hing, den Schlüssel der auf der Kommode lag und machte die Haustür auf.
 

„Liebes, warte kurz, hab noch was für dich.“ rief mir noch meine Mutter aus der Küche zu.
 

Zusammen zuckend blieb ich stehen und drehte mich wieder zur Haustür um. Da kam auch schon meinem Mutter angelaufen.
 

„Hier ...“ sie reichte mir ein paar Dollar und fuhr fort „ … dann musst du nicht alles selber bezahlen.“

„Mum!?!“ beklagte ich mich, wollt ihr gerade das Geld wieder zurück geben, da drückte sie mir die Geldscheine schon in meine Jackentasche und umarmte mich dabei.

„Danke“ flüsterte ich ihr ins Ohr, bevor mit flinken Füssen im Haus verschwand.
 

Ich lief die Veranda runter, am Haus entlang zur Garage um macht diese mit einer Fernbedienung, die ich am Schlüsselbund hatte, auf. Rasch stieg ich in unseren roten Audi A3, denn ich mir mit meiner Mutter und meiner Schwester teilte. Die Jungs hatten natürlich auch ihr Spielzeug mit denen wir ja nie fahren durften, Männer eben. Mir war das eh egal Hauptsache ich kam von A nach B egal wie. Wie immer schob ich meine CD in den Player und drehte laut auf. Die Nachbarn hatten sich zwar des öfteren deswegen beschwert, aber ich konnte leider nicht anders. Ohne laute Musik würde ich ein Auto keinen Zentimeter bewegen, dies gehörte für mich zu jeder Autofahrt dazu. Die Ein-/Ausfahrt ließ ich schnell hinter mich und fuhr eine ganze Weile einfach nur geradeaus. Von unserem Haus bis in die Stadt fuhr man eine gute halbe bis dreiviertel Stunde. In der Zeit grölte ich fast jeden Song mit. Ich trommelte mit beiden Händen auf dem Lenkrad rum, wippte hin und her und sang jeden zweiten Ton schief, doch das war mir egal.
 

Mir war vieles egal geworden, das lag vielleicht auch an meinem Aussehen. Nach einer Zeit überhört man nur noch das Lästern der Menschen oder auch das wenn sie mit dem Finger auf dich zeigen. Vieles ließ ich mir gefallen, aber auch vieles tat einfach nur weh. Einst sagte mal jemand zu meiner Familie, ob sie mich adoptiert hätten, da ich sogar nicht in die Familie äußerlich passen würde. Für mich brach eine Welt zusammen, Wochenlang hatte ich geweint, war traurig, schockiert und auch wütend, zugleich. Ein geschlagenes halbes Jahr verbrachte ich meine Zeit nur in meinem Zimmer oder wenn ich draußen mit meiner Familie war lief ich entweder 15m hinter oder vor ihnen, dass man ja nicht auf den Gedanken kam ich würde zu der Familie gehören, was natürlich Schwachsinn war, was ich später verstellte. Seit diesem Vorfall hab ich mir einfach eine dickere Haut zugelegt, hörte einfach nicht mehr hin und ignorierte die Finger die auf mich gezeigt wurden.
 

Ganz in Gedanken versunken, bekam ich gar nicht mit das ich die Straße verpasste die zum Stadtparkhaus führte. Auf der Straße wo ich gerade fuhr konnte man nicht wirklich drehen, sie war zwar nicht wirklich stark befahren, aber wie ich mich kannte würde sich mein Wendemanöver zu einem Kilometer langen Stau bilden. Ich konnte fahren, sogar auch schnell fahren, ich liebte die Geschwindigkeit, aber wenden oder einparken war so gar nicht meine stärke, weshalb ich auch lieber im Parkhaus parkte.
 

Mit einem glücklichen glucksen, freute ich mich wie eine Schneekönigen, dass das Glück heute mal auf meiner Seite stand. Meine Augen erfassten eine Riesen Parklücke. Ich setzte den Blinker, fuhr rechts ran und stand ohne jeden Zweifel perfekt am Bordstein. Keine Minute später war ich auch schon auf dem Weg in die Stadt.
 

Niedliche Blumenläden, kleine Cafés mit süßen Sitzecken, Spielzugläden sowie Juwelierläden und Boutiquen reihten sich Haus an Haus. Jedes Schaufenster begutachtete ich mit einem leichten grinsen auf den Lippen. Ich ging gern in die Stadt allein nur um ein Blick in die Schaufenster zu richten. Ein paar mal bog ich ab, bis ich endlich an dem Geschäft stand zu dem ich wollte. Auf einem großen Plakat Schild stand, in verschnörkelter Schrift, Carter Sport´s.
 

Seufzend tapste ich in das Geschäft und blieb für Sekunden im Eingang stehen. Dies war Neuland für mich, dass bemerkte ich auch an den Blicken die auf mir, von Kunden sowie Angestellten, hafteten. Doch dies störte mich nicht im geringsten. Ich hab meinem Bruder und vor allem mir etwas versprochen, schwirrte es nur noch durch meinen Kopf. Und Versprechungen, das wusste meine Familie, hatte ich noch nie gebrochen und hatte es auch diesmal nicht vor zu brechen. Reinschnuppern hat noch keinem geschadet, sagte ich mir gedanklich.
 

Mein Blick wanderte durch den Laden, auf der Suche nach der besagten Nadel im Heuhaufen oder wie in diesem Fall, nach der passenden Klamotte, die mich im Fitnessstudio nicht zum Volldeppen machte. Wie ich schon sagte alles Neuland für mich und so musste ich gezwungenermaßen Hilfe eines glotzenden Angestellten erbitten. Schnell brachte ich das lästige Frage, Antwortspiel hinter mich und fand mich im richtigen Abteil des Ladens wieder. Überglücklich wieder allein zu sein, machte ich mich über die, vor mir stehenden, Kleiderständer her. Zwei Hosen und fünf Oberteile über dem Arm stampfte ich zur Umkleidekabine.
 

Nach gefühlten Stunden, um genau zu sein nach einer viertel Stunde, kam ich wieder mit allem Sachen aus der Kabine und hatte die richtigen Anziehsachen in der rechten, den Rest in der linken Hand. Ich packte die unpassenden Sachen wieder auf die Ständer und ging zur Kasse. Auf halbem Wege wurde ich durch den Angestellten von vorhin aufgehalten, er blieb genau vor mir stehen und musterte mich ausgiebig.
 

„Haben sie nicht etwas vergessen?“ durchlöcherte er mich, worauf ich abrupt an mir runter und wieder hoch sah.

„Nein ich denke nicht.“ antwortete ich ihm und wieder schaute er mich mit so einem komischen Blick, bei dem ich dachte er würde mich jeden Moment mit einem Röntgenblick töten.

„Oh doch sie haben was vergessen.“ sprach er weiter, drehte sich um und machte mir mit einem Fingerzeichen begreiflich das ich ihm folgen sollte.
 

Doch bevor ich mich sprachlich wehren konnte, sah ich auch schon womit dieser Mensch recht hatte.
 

„Die da ...“ er zeigte auf meine Schuhe die ich gerade an hatte „ … dürfen sie dort aber nicht tragen.“
 

Mein Blick glitt nach unten und stellte fest das er auch diesmal recht hatte. Darüber hatte ich mir keine Gedanken gemacht. Insgeheim war ich ihm doch irgendwie dankbar das er mir in der misslichen Lage half. Mit schnellen Schritten wirbelte er ein paar mal um mich herum, fragte mich zwischenzeitlich noch welche Schuhgröße ich habe und zeigte mir wo ich mich hinsetzen sollte. Die Hosen und das Oberteil legte ich auf den Stuhl neben meinem, schnürte mir meine Schuhe auf und hoffte insgeheim zwei gleiche Socken anzuhaben. Was das betraf ist es schon mal öfter vorgekommen das ich zwei unterschiedliche Socken an hatte, doch diesmal schien ich richtig zugegriffen zu haben. Innerlich pustete ich erleichtert aus, ließ mir nichts anmerken, was mir auch gelangen, da der Mann immer noch voller Begeisterung um mich herum wirbelte, bis er schließlich mit drei Kartons vor mir zum stehen kam.
 

Er stellte alle Kartons auf dem Fußboden ab, öffnete sie und reichte mir das erste Paar, welches ich mit einem Kopfschütteln ablehnte. Ich war zwar ein Mädel, gedanklich stellte ich mich gerade nackt vor dem Spiegel vor, mein Blick auf meine Intimste Stelle gerichtet und bestätige meinen Gedanken mit einem Kopf nicken, doch Pink ließ meine Fußnägel nicht richtig zur Geltung kommen. Ein breites, freundliches grinsen schlich sich auf meine Lippen, bei dem was ich gerade gedanklich sagte, was aber dem Angestellten zeigte das er weiter machen könnte.
 

Dieses mal reichte er mir weißes Schuhwerk, welches ich diesmal anprobierte. Die Größe stimmte, die Farbe auch, doch beim auf und ab gehen im Laden waren sie sehr unbequem, da wollt ich gar nicht erst wissen wie sie sich beim Sport anfühlten. Ich ließ mir rasch die letzten Schuhe geben, wieder zog ich sie an und lief auf und ab.
 

„Perfekt!“ sagte ich und richtete meinen Blick auf den Angestellten, der überglücklich die anderen Kartons wegbrachte.

„Sehr schön, dann haben sie ja jetzt alles. Wir treffen uns an der Kasse wieder.“ ohne auf eine Antwort zu warten verschwand der junge Mann.
 

Ich zog mir die Schuhe aus, zog meine Straßenschuhe wieder an, nahm noch meine Sachen die ich auf den anderen Stuhl gelegt hatte und ging zur Kasse. Dort angekommen wartete der Angestellte mit einer Tragetasche auf mich. Er nahm mir die Sachen ab, tippte die Beträge in die Kasse und nannte mir die Endsumme. Diesen bezahlte ich ohne zu zögern, griff nach der Tasche und bedankte mich herzlich bei dem jungen Mann.
 

„Immer wieder gerne, Miss. Ich wünsche ihnen noch einen schönen Tag und haben sie viel Spaß beim Sport.“ das letzte überhörte ich einfach und ging zum Ausgang.
 

Zur Verabschiedung winkte ich ihm noch kurz zu und trat aus dem Geschäft. Auf einer Seite war ich glücklich es geschafft zu haben, doch auf der anderen Seite überkam mich ein gemischtes Gefühl.

Besuch im Fitnessstudio (Hallo und Aufnimmerwiedersehen)

Leicht angespannt, mit dem Neu eroberten Schatz in meinen Händen, ging ich gemütlich, fast schon zu gemütlich, zurück zu meinem Auto. Mein Körper reagierte regelrecht auf das was mir heute noch bevorstand. Meine Atmung ging unregelmäßig, was vielleicht auch an meinem Gewicht lag, meine Nackenhaare stellten sich aufrecht, ich schluckte schwer und fing an zu zittern. Reinste Panik brach in mir aus und ich konnte nichts dagegen machen. Geh weiter, du gehst nur zu deinem Bruder und schnupperst hier und da mal in die Kurse rein, befahl ich meinem Körper, der mir auch prompt antwortete. Knie sowie Beine wurden wie Pudding, so richtig gehen konnte ich nicht mehr. Keine 100m von meinem Auto entfernt stand eine Holzbank, der ich auch gleich mit meinem Hinterteil dankte, dass sie zum rechten Zeitpunkt am rechten Platz stand.
 

Schnell nahm ich platz, schloss meine Augen und atmete, sichtlich hörbar, ein paar mal ein und aus, worauf mich viele Augenpaare abwehrten anstarrten. Ihre Blicke spürte ich auf meinem Körper, ich musste sie nicht mal mehr anschauen, da wusste ich das ich angestarrt wurde. Nach all den Jahren hatte ich dafür einfach den richtigen Riecher.
 

Das klingeln eines Handy riss mich aus meiner Beruhigungsphase. Verärgert öffnete ich meine Augen und ließ meinen Blick umherschweifen. Ich wollte den Übeltäter oder die Übeltäterin ausfindig machen, doch alles was ich sah waren ein paar vereinzelnde Personen die an mir vorbeigingen. Keiner von ihnen machte Anstalten in ihren Taschen nach dem lästigen Ding zu suchen und wieder ertönte dieser grässliche Klingelton, der mich immer an meine Tante erinnerte. Sie hatte noch ein Telefon aus den, ich weiß es nicht genau, doch es war alt, sehr alt. Wenn ich bei ihr zu Besuch war und das Telefon klingelte zuckte ich automatisch zusammen. Hier eine Kostprobe :) http://www.zedge.net/ringtone/324/
 

Erschrocken stellte ich fest, dass dieses dumme Geräusch aus meiner Jackentasche kam. Ich ärgerte mich gerade über mich selber, da ich dieses Handy schon seit gut 3 Monaten besaß, bekam es zum Geburtstag geschenkt, hatte es aber bisher nicht geschafft den Klingelton zu ändern. Was mir aber auch erst dann immer auffiel, wenn mich jemand anrief und dies kam eher seltener vor, da ich eher der Schreibtyp bin. Leicht verlegen griff ich in die Jackentasche und holte es hervor, automatisch drückte ich auf die grüne Fläche auf dem Display, achtete aber nicht auf den Namen des Anrufenden.
 

„Na endlich, wird auch mal Zeit das du dran gehst!“ beklagte sich eine mir bekannte Stimme.

„Hey Bruderherz, nette Begrüßung, außerdem müsstest du das schon von mir gewohnt sein.“ gab ich ihm belustigend, mit einem breiten grinsen auf den Lippen, zur Antwort.

„Daran kann man(n) sich nie gewöhnen, aber jetzt mal was anderes ...“

„Was gibt es denn?“ unterbrach ich ihn.

„Hattest du nicht vor heute vorbei zu kommen?“ fragte er mich wieder in einem normalen Ton.

„J - ja wi - wieso?“ gab ich zögerlich und leicht stotternd von mir, bei dem Gedanken in sein Fitnessstudio zu gehen wurde mir leicht übel und mein grinsen verschwand ganz schnell wieder.

„Wollt nur mal wissen wann du kommst, bin nicht den ganzen Tag hier, aber bevor ich gehe wollt ich dir alles gezeigt haben.“ antwortete er.
 

Irgendwie war ich schon erleichtert. Ich kannte meinen Bruder gut genug, manchmal auch besser als er sich selber. Oft brauchte er meine Hilfe, dass war schon im Kindesalter so und es wurde zunehmend schlimmer als wir Erwachsener wurden. Manch einer dachte er würde mich ausnutzen, es waren zwar immer Kleinigkeiten, doch ich tat es gerne. Ich wusste was ich an meinem Bruder hatte. Egal wie schlecht es mir ging, er war immer für mich da, er beschützte, tröstete und munterte mich immer auf. Eine Hand wäscht die andere, sagte ich mir immer und so war es auch. Er war für mich nicht nur ein Bruder, er war auch mein bester Freund. Egal mit was er jetzt angekommen wäre, ich hätte ihm wieder und wieder geholfen, obwohl der Gedanke irgendeinen Kurs leiten zu müssen mir überhaupt nicht gefiel, ich hätte es trotzdem irgendwie gemacht. Zwar hätte ich mich danach Wochenlang im Zimmer eingeschlossen, da ich wusste das ich mich zum Volldeppen gemacht hätte, aber ich hätte es für meinen Bruder getan, doch mit dieser harmlosen Antwort hatte ich nicht gerechnet. Ich schlug mir für den Gedanken auf die Stirn, es klatschte schön was leider auch mein Bruder mitbekam.
 

„Was ist los?“ fragte er mich ganz verwirrt.

„Ach nichts, war nur eine Fliege.“ für die Bemerkung schlug ich mir gedanklich nochmal auf die Stirn.

„Aha, und wann kommst du jetzt?“ fragte er weiter. Oh Gott wie ich dieses Frage Antwortspiel liebte.

„Bin gerade in der Stadt, wollt jetzt gleich losfahren, bin in einer viertel Stunde da. Also bis gleich.“ gab ich ihm schnell zur Antwort und legte, ohne auf eine Antwort zu warten, auf.
 

Mir war dieses Spiel einfach zu blöd, das wusste Ian auch, dennoch ärgerte er mich gern damit. Gedanklich sah ich ihn genau vor mir, wie er jetzt in seinem Fitnessstudio stand und anfing zu lachen. Ja so sehr wie ich ihn liebte, hasste ich ihn auch für solche Aktionen. Ich packte mein Handy wieder weg, griff nach meiner Einkaufstüte und stand auf. Noch leicht wacklig auf de Beinen ging ich die letzten Meter zu meinem Auto. Piep, Piep und schon war es aufgeschlossen. Die Tüte schmiss ich verärgert auf den Beifahrersitz, startete den Motor und raste davon.
 

Froh darüber kein hupen hinter mir zu hören, da ich nicht wirklich drauf geachtet hatte ob jemand auf der Straße war als ich losfuhr, bog ich an der nächsten Ampel rechts ab. Ich wusste zwar in welcher Straße das Studio war, aber wo es genau lag hatte ich keinen Schimmer. Nach der Hausnummer zu fragen kam mir nicht in den Sinn, ich würde es schon irgendwie finden, dachte ich mir.
 

Ein paar mal bog ich rechts und links ab, bis ich auf der Zielstraße ankam. Ich drosselte das Tempo bis runter auf Schrittgeschwindigkeit, bedacht darauf das keiner hinter mir fuhr und schaute auf die rechte und linke Straßenseite. Diese Straße bestand zum größten Teil aus Wohnhäusern. Wunderschönen Wohnhäuser mit kleinen Vorgärten oder auch mit schön gestalteten Balkonen. Alles sah irgendwie recht niedlich, aber dennoch sehr edel aus. Ich kannte die Gegend nicht wirklich, doch der erste Eindruck ließ mich staunen.
 

Mein Bruderherz hatte sich wohl die richtige Gegend für sein Studio ausgesucht, was mich sehr stolz auf ihn machte. Ich fuhr noch einige Meter, da erblickte ich ein kleines Schild auf dem, Style your Body – Center, stand. Beim lesen des Namens schlich sich ein kleines grinsen auf meine Lippen. Der Name gefiel mir irgendwie und es passte einfach perfekt zu meinem, 1,89 großen, gut gebauten, Bruder. Er achtete schon immer sehr auf sein Äußeres, war immer gut gestylt und hatte nie ein Gramm zu viel auf den Rippen. Ich war richtig neidisch auf ihn, das wusste er auch und genau deswegen lud er mich in sein Fitnessstudio ein.
 

Mehrere male lehnte ich sein Angebot ab oder ging erst gar nicht hin, was ihn sehr sauer machte. Wochenlang sprach er kein einziges Wort mehr mit mir, was mir sehr weh tat. Noch nicht einmal mehr Hallo sagte er zu mir. Auf einer Seite zwang er mich schon, mit seinem Schweigen, irgendwie dazu endlich bei ihm vorbei zu schauen, was ich nicht wirklich nett fand, doch auf der anderen Seite brauchte ich vielleicht doch mal einen kleinen Schubser in diese Richtung. Insgeheim war ich ihm doch irgendwie ein bisschen dankbar dafür, ich musste was ändern, denn so durfte es nicht mehr weitergehen.
 

Ich setze den linken Blinker, da auf dieser Seite das Studio war mit dem anliegenden Parkplatz, ließ noch zwei Autos an mir vorbei und bog auf den Parkplatz. Zögerlich schnappte ich noch nach der Einkaufstüte, die noch auf dem Beifahrersitz lag, stieg aus und öffnete noch den Kofferraum. Ich tauschte die Tüte gegen einen Rucksack, den ich immer im Auto liegen ließ, um und schloss das Auto ab. Den Rucksack auf den Rücken gepackt lief ich zum Eingang, der mit zwei kleinen Buchsbäumen versehen war.
 

Wieder streikten meine Beine, ich bekam sie nur zögerlich voran. Mein Herz schlug mir mit aller Gewalt gegen meine Brust und meine Atmung ging nur stoßweise. Bleib ganz ruhig, tief ein und ausatmen, es wird bestimmt ganz lustig, sagte ich mir selber, doch es half mir nicht wirklich. Ich blieb noch eine gefühlte Ewigkeit vor der Tür stehen, insgesamt vier Menschen ging an mir vorbei, wobei zwei von ihnen mich aufmuntern wollten. Dies war mir so peinlich, ich drehte mich um und wollt gerade wieder zu meinem Auto gehen, doch da rief mir eine bekannte Stimme zu.
 

„Ich werde wieder Wochen oder sogar Monatelang nicht mit dir reden, wenn du jetzt wieder gehst. Du weißt genau das ich damit kein Problem hab.“
 

Sofort blieb ich stehen und zuckte regelrecht zusammen, drehte mich dennoch nicht um und wieder sprach die bekannte Stimme, meines lieben Bruders.
 

„Jetzt stell dich mal nicht so an, so schlimm ist es hier doch gar nicht.“

„Da magst du vielleicht mit Recht haben Großer, aber irgendwie fühle ich mich nicht wirklich wohl bei der Sache, ach ich weiß auch nicht, vielleicht stell ich mich wirklich nur an.“ gab ich ihm als Antwort.
 

Ich blieb in meiner Starre noch Sekundenlang stehen, war mir immer noch unschlüssig ob ich nicht doch noch lieber gehen sollte, da merkt ich auf einmal eine Hand auf meiner Schulter.
 

„Na komm das wird bestimmt lustig ...“ er unterbrach für einen kurzen Moment, denn ich zum umdrehen nutzte.
 

Ich wollt ihm in die Augen schauen, ihm zeigen wie unwohl ich mich gerade fühlte. Meine Schultern sowie Kopf ließ ich hängen und setzte den wohlbekannten Hundeblick auf. Ein Versuch war es mir noch wert von hier verschwinden zu können, doch da meldete sich auch mein schlechtes Gewissen und der Hundeblick verschwand.
 

„ … ich hab auch eine kleine Überraschung für dich.“ damit beendete er den Satz und wartete gespannt auf meine Reaktion.
 

Schnell richtete ich mich wieder richtig auf und setzte den bösesten Blick auf der mir gelang. Mein Bruder kannte mich leider auch viel zu Gut, er wusste genau wie man mich herumkriegte.
 

„Na gut hast Gewonnen.“ sagte ich und ließ meine Schultern wieder sinken.
 

Mein böser Blick entglitt mir als ich sah wie mein Bruder anfing zu lachen und auch ich konnte nicht mehr anders. Herzlich lachend gingen wir nebeneinander durch die Tür, die hinter uns mit einem knacken wieder zu ging. Das Lachen blieb mir aber plötzlich wie von Geisterhand im Halse stecken, meine Füße blieben wie angewurzelt stehen und mein Herz setzte für Sekunden aus, um danach doppelt so schnell weiter zu schlagen. Ich fühlte schon wie trocken meine Augen und Mund wurde, anscheinend hatte ich sie ohne zu wissen weit aufgerissen. Wieder so ein Moment in dem ich gern in einem Loch im Boden versunken wäre.
 

„Mist, die Überraschung sollte erst nach der Führung da sitzen.“ gab mein Bruder von sich.
 

„Hallo und Aufnimmerwiedersehen.“ kam gerade noch so über meine Lippen, bevor ich mich umdrehte und wieder durch die Tür nach draußen ging.

Ich weiß wer du bist und jetzt lass mich in Ruhe!

„Brooke warte bitte.“ rief mein Bruder mir nach, doch ich ließ mich nicht davon beirren und lief geradewegs auf mein Auto zu.

„Nein!“ brüllte ich mit einer Intensität zurück, über die ich mich selber wunderte.
 

Wütend stapfte ich zum Auto, griff in meiner Jackentasche nach dem Schlüssel und drückte wie wild darauf herum, bis endlich das dumme Piep – Piep Geräusch ertönte. Ich bekam gar nicht mit wie mir mein Bruder folgte, ich bekam in meiner Wut rein gar nichts mehr mit. Mit einer schnellen Handbewegung riss ich die Autotür auf, schmiss den Rucksack hinein und ließ mich dann auf den Sitz fallen. Den Schlüssel bekam ich irgendwie, soweit es mit zittrigen Händen ging, in das Schloss, doch kurz bevor ich die noch offenstehende Tür schließen konnte, hielt mein Bruder sie auf, worauf er direkt einen wütenden Blick von mir kassierte.
 

„Bitte bleib und sei nicht sauer.“ sagte er in einem entschuldigten Ton zu mir.

„Was soll ich denn hier? Mich zum Affen machen? Das mache ich mich schon jeden Tag, dafür brauch ich nicht hier her kommen, Danke.“ schrie ich ihn schon beinahe an, doch ich konnte mich gerade noch so beherrschen.
 

„Das wirst du nicht ...“ und wieder kassierte er einen wütenden Blick von mir, doch er sprach einfach weiter.

„ … Versprochen. Dafür werde ich sorgen.“ die letzten Worte betonte er extra noch einmal um diese einen gewissen Ausdruck zu verleihen.
 

Irgendwie gingen mir diese Worte durch Mark und Bein. Ich spürte jeden einzelnen Buchstaben der sich durch mein Gehör kämpfte. Er hatte Recht, er würde wirklich dafür sorgen das ich mich nicht hier zum Volldeppen machte, nur war ich mir gerade in dem Moment nicht sicher ob er mich oder eher sein Geschäft damit schützen wollte.
 

- Dicke Schwester macht Aufstand vor/im Fitnessstudio – dies sah ich schon in fett geschriebenen, schwarzen Buchstaben in der nächsten Zeitung. Ja das wäre ein gefundenes Fressen für Reportern, die gerade auf so was gewartet hatten. Und wem sage ich das, wir sind hier in Amerika, da lauern diese Aasgeier an jeder Ecke, auf die Story ihres Lebens. Vielleicht wäre dies nicht gerade die Story ihres Lebens, aber es wäre eine Story die Existenzen kaputt machen konnte. Wer würde denn noch in ein Fitnessstudio gehen wollen, bei dem die Verwandtschaft nicht in das Fitnessideal passte!?!
 

„Lass es mich bitte erklären ok?“ fragend hielt er mir eine Hand hin.
 

Wollte er etwa wirklich das ich aussteige? Fragte ich mich gedanklich, doch ich ließ es nicht zu und winkte abwehrend ab.
 

„Dann bin ich aber mal gespannt wie du das erklären magst, während ich hier im Auto sitzen bleibe.“ gab ich ihm, mit verschränkten Armen vor der Brust, zischend als Antwort.

„Steig aber bitte ein.“ fügte ich noch hinzu.
 

Mit zusammen gezogenen Augenbrauen schaute ich ihm dabei zu wie er meine Tür zu machte, um die Schnauze des Autos ging, die Beifahrertür aufmachte und einstieg.
 

Noch bevor er seine Tür schloss, giftete ich ihn mit den Worten

„Dann schieß mal los.“ an.
 

Ich hörte genau wie er seufzte, doch es ließ mich kalt. Er schloss noch die Tür, drehte sich zu mir um und schaute, mit einem entschuldigten Blick, in meine Augen. Nein Brooke, diesmal wird er dich mit diesem Blick nicht um den Finger wickeln, sei stark, du schaffst das, ermahnte ich mich. Er hat es des öfteren schon geschafft das er mich mit diesem Blick weich gekocht bekam. Ich war ihm danach nie lange böse, doch diesmal würde er nicht gewinnen, das schwor ich mir.
 

Meine Gesichtszüge hatte ich fest unter Kontrolle, sie waren wie eingemeißelt, das sah ich an meinem Bruder, der immer mehr in den Sitz versank. In diesem Moment war er nicht mehr mein großer, gut aussehender Bruder, sondern mein Bruder der wusste das er Mist gebaut hatte.
 

„Eigentlich bin ich daran nicht ganz Schuld ...“ versuchte er sich halbwegs, entschuldigend, aus der Schusslinie zu ziehen, darauf kassierte er abermals einen bösen Blick von mir.

„ … er kommt fast jeden zweiten Tag hier her ...“ stotterte er so vor sich hin.

„Ich hätte schon gern die Kurzfassung und das bitte heute noch.“ fauchte ich ihn schon regelrecht an, was mir insgeheim schon irgendwie leid tat, doch ich blieb wütend auf ihn.

„Ok Kurzfassung …“ er unterbrach für einen kurzen Augenblick, es sah so aus als würde er nach den passenden Worten suchen müssen, bevor er dann zögerlich weiter sprach.

„ … Du hast selber gesagt es muss sich was ändern, also habe ich über seinen Agenten ihn um Hilfe gebeten, ich dachte mir er wäre vielleicht ein Ansporn für dich ...“ er sah mir genau in die Augen auf der Suche nach einer Reaktion, dass sah ich ihm an, doch ich blieb ganz kühl ihm gegenüber.

„ … seitdem ist er fast jeden zweiten Tag hier, so wie er halt kann und wartet auf dich. Er, genauso wie ich wollen dir helfen, dir beistehen und dich unterstützen. Außerdem ist es mir egal ob du dich zum Volldeppen machen würdest, du bist meine Schwester, meine beste Freundin, du bist mir viel wichtiger als alles andere hier ...“ noch bevor er weitersprechen konnte unterbrach ich ihn diesmal und räusperte lauter als ich es eigentlich geplant hatte.
 

Irgendwie wollte ich standhaft bleiben, damit auch er mal merkte, dass ich auch anders konnte. Er schwieg als ihm was nicht passte, gut dann bin ich wütend wenn mir was nicht passte, dachte ich mir. Ich sah ihm ganz genau in seine grün – blauen Augen, die wir drei Geschwister gemeinsam hatten, stellte ich gerade abermals fest. Haley und Ian glichen sich wie Zwillinge, was manchmal echt erschreckend war, doch bei den Zweien blieb es nur bei dem Aussehen, sie hatten nicht so ein Verhältnis wie Ian und ich, was ich echt schade fand.
 

Ich schüttelte kurzerhand meine Gedanken weg und sah ihn weitere Sekunden tief in die Augen, hoffte natürlich das er mich nicht fragen würde, warum ich den Kopf geschüttelt hatte. Anscheinend hatte er mein Gebet erhört und blieb Stumm. Für einen kurzen Moment schloss ich meine Augen, sog nochmal Luft ein und pustete sie aus, mir war es egal wie ich gerade ausgesehen hatte, doch ich brauchte es um von meinem hohen Ross runterzukommen. So etwas hatte mir Ian bisher noch nie so ins Gesicht gesagt. Ja am Telefon oder per SMS ich hab dich lieb oder so, bekam ich schon von ihm, aber das er mir sagte das ich wichtiger wäre als alles andere, dass ließ mich weich werden. Von meinen Gedanken geleitet, konnte ich mir ein breites grinsen nicht verkneifen, was nicht unbemerkt blieb.
 

„Alles wieder gut?“ fragte er mich hoffnungsvoll.

„Weißt du eigentlich wie sehr ich dich ...“ ich konnte gar nicht aussprechen, da beendete er auch schon meine Frage.

„ … hasse? Ich kann es mir gut ...“ jetzt musste ich ihn unterbrechen und legte ihm einen Finger auf den Mund.

„ … Lieb hab? So etwas hast du mir noch nie gesagt und ...“ ich schluckte schwer, bemühte mich sehr die Tränen zu verkneifen, die in mir aufstiegen.
 

Ich packte ihn an seinem T-Shirt, zog ihn zu mir und umarmte ihn ganz dolle. Diesen Augenblick musste ich ausnutzen, ich wollte einfach nicht das er mich weinen sieht und genau in dem Moment als ich meinen Kopf auf seine Schulter legte, kullerte mir eine Träne nach der anderen die Wange herunter. Ganz überrumpelt, dauerte seine Umarmung etwas länger, doch dann lagen seine starken Arme um mich.
 

„Danke.“ flüsterte ich in sein Ohr.

„Für dich, Schwesterchen, immer wieder gerne.“ flüsterte auch er in mein Ohr.

„Und um deine Frage von eben zu beantworten, nein nicht alles gut. Hab vielleicht gerade etwas übertrieben, tut mir leid, aber ich brauche keine Hilfe zu mindestens nicht von ihm.“ giftete ich flüsternd meinen Bruder an.
 

Der erste schock war verdaut, ich war meinem Bruder zwar nicht mehr böse, aber mit dem Gedanken das meine Überraschung mir helfen sollte, konnte ich mich nicht anfreunden, was mein Bruder auch spüren sollte. Schnell wischte ich mir unbemerkt mit meiner Jacke übers Gesicht, bevor ich mich dann aus der Umarmung drückte.
 

„Warum gerade er?“ fragte ich ihn.

„Ich wollte dir eine Freude bereiten, ich weiß ja wie gern du ihn hast und naja hoffe dir damit auch helfen zu können.“ gab er als Antwort und senkte dabei seinen Blick.
 

Wieder merkte ich die aufsteigende Wut in mir, doch diesmal schluckte ich sie schnell herunter. Wie gut er mich doch kannte, was mir gerade etwas peinlich war und ich merkte wie mir die röte ins Gesicht stieg,worauf auch ich meinen Blick senkte.
 

„Und was machen wir jetzt?“ brachte ich heiser über meine Lippen, da mir ein großer Kloß im Hals stecken blieb.
 

Ich war mir nicht sicher ob er mich überhaupt verstanden hatte, also schaute ich langsam wieder hoch und wartete kurz auf einer Reaktion von ihm, die auch ganz schnell kam. Ohne mir zu antworten, stieg er aus dem Wagen, lief drum herum und öffnete meine Tür. Erschrocken schaute ich ihn fragend an. Diesmal zögerte er nicht lange, griff nach meiner Hand und zog mich aus dem Auto. Ich konnte gerade noch so den Schlüssel aus dem Schloss ziehen, bevor ich draußen stand und er hinter mir die Tür zuschlug. Nicht in der Lage ein Wort zu formen, schaute ich ihn weiter fragend an.
 

„Lass uns erst mal reingehen, diese Chance ihm so Nah zu sein, wirst du so schnell nicht mehr haben.“ gab er überzeugend von sich.
 

Wo er Recht hat, hat er Recht, dachte ich mir, aber ließ ihn das nicht wissen.
 

„N – Na gu – gut.“ stotterte ich so vor mich hin, wobei ich mir gar nicht bewusst war was ich da gerade von mir gab.
 

Der Schock, dass er mich aus dem Auto gezogen hatte, hatte mich ein wenig benebelt und noch bevor ich mich wieder richtig sammeln konnte, zog er wieder an meinem Arm. Doch bevor wir wieder im Gebäude waren, entzog ich mich ihm, drehte mich herum und ging wieder zum Auto.
 

„Nicht schon wieder.“ beklagte sich mein Bruder.
 

Ich gab ihm keine Antwort, machte die Autotür wieder auf, bückte mich kurz hinein und kam wieder raus. Mit der rechten Hand zeigte ich ihm meinen Rucksack, machte mit der linken Hand die Tür zu und schloss noch schnell ab. Schnell verstand er das ich diesmal nicht abhauen wollte, was er mit einem glücklichen grinsen quittierte.
 

„Diesmal zieh ich es durch.“ sagte ich eher zu mir selber.
 

Ich ging zurück zu meinem Bruder, hackte mich beim ihm ein und ging mit ihm durch die Tür seines Fitnessstudios. Meine Finger krallte ich regelrecht in seinen Arm. Er sollte spüren das ich mich noch nicht ganz wohl fühlte, doch diesmal wollte ich es wirklich durchziehen, dass war ich mir schuldig. Schnurstracks liefen wir zur Theke und blieben ca. 1m davor stehen. Mein Körper reagierte wieder voller Panik. Mein Atem ging schneller, alles an mir fing an zu zittern und mein Herz raste wie wild, doch ich ließ mir nichts anmerken. Ich versuchte so lässig wie möglich neben meinem Bruder zu stehen, was mir auch für den ersten Moment recht gut gelang, doch dann zuckte ich leicht zusammen, als sich meine Überraschung vom Hocker erhob und mir eine Hand hinhielt.
 

„Hi ich bin Ke ... „

„Ich weiß wer du bist und jetzt lass mich in Ruhe!“ unterbrach ich ihn heftigst.
 

Alle Augenpaare die auf mich gerichtete waren, waren jetzt ganz weit aufgerissen und schauten mich schockiert an. Selbst ich war schockiert über meine Reaktion. Ich wusste selber nicht was da gerade mit mir geschehen war, doch ich wusste genau das ich mich ganz schnell aus dieser Mieser verziehen musste. Es fiel mir keine andere Lösung ein als meinen Bruder seitlich mit zudrücken, an der Theke vorbei, rein in den ersten Raum der in der Nähe lag.

Heute nicht, vielleicht morgen!?!

„Ich bin so ein ...“ während ich mich über mich selber aufregte, lief ich in dem Raum auf und ab und bemerkte gar nicht, dass es Stock dunkel war.

„ … so ein Idiot. Wie konnte ich nur. Das kann ich nicht wieder gut machen. Nein jetzt denkt er ...“ jetzt unterbrach mich mein Bruder, der sich laut räusperte.
 

„Hilf mir mal lieber den Lichtschalter zu finden, bevor du nachher noch irgendwo gegen rennst.“ beklagte er sich.
 

Ohne einen weiteren Kommentar versuchten wir den Lichtschalter zu finden, was uns auch nach ein paar Minuten gelang. Insgeheim war ich meinem Bruder schon dankbar, dass er mich davon abhielt weiter in diesem dunklen Raum auf und ab zu gehen, da ich erst jetzt sah wo ich überall hätte gegen rennen können. Überall lagen Hanteln, Gewichte, Stangen und so was herum. Es standen zwar Schränke sowie Regal an den Wänden doch diese waren auch schon total überfüllt.
 

„Ich bin noch nicht dazu gekommen hier mal Ordnung zu schaffen.“ Entschuldigte sich mein Bruder, doch ich gab ihm keine Antwort darauf, schaute ihn nur mit zusammen gezogenen Augenbrauen an.
 

„Aber jetzt erzähl mal was da mit dir gerade passiert ist, so kenne ich dich gar nicht.“ sprach er mich fassungslos an und verschränkte dabei seine Arme vor der Brust.
 

Ich war selber noch ganz geschockt, von dem was mir da gerade eben noch aus dem Mund kam und so fing ich wieder an nervös in dem Raum auf und ab zu gehen, diesmal drauf bedacht wo ich meine Füße setzte. Mein Bruder hingegen lehnte sich, mit verschränkten Armen gegen ein Stück Wand, welches noch frei vom Gerümpel war. Jetzt fing ich sogar noch an, an meinen Fingernägeln zu kauen, was ich bisher auch noch nie getan hatte. Die ganze Situation überforderte mich einfach und wieder stieg reinste Panik, aber auch Wut auf mich selber, in mir aus. In Gedanken spielte sich diese Szene, wie ich vor ihm stand, immer und immer wieder ab. Mein Verstand schrie ich solle einfach raus rennen, der Situation entfliehen, doch mein Herz sprach im ruhigen Ton, ich solle mich zu mindestens bei ihm Entschuldigen. Ein räuspern ließ mich aufschrecken und entriss mich meinen Gedanken. Sofort schaute ich mich in dem kleinen Raum um und sah wie mich mein Bruder fragend anschaute.
 

„Ian ich weiß es auch nicht. Es überkam mich einfach so.“ sagte ich schulterzuckend zu ihm, doch schnell richtete ich entschuldigend meinen Blick auf den schwarz, weiß, karierten Fußboden.
 

Doch bevor er auch nur ansatzweise anfangen konnte mir eine Predigt zu halten, sprach ich auch schon weiter.
 

„Es tut mir so leid, wirklich Ian, ich weiß gar nicht wie ich das wie …“

„Entschuldige dich einfach bei ihm, so schlimm war das jetzt auch nicht und du wirst sehen alles wird wieder gut.“
 

Noch bevor er den Satz beendete, kam er auf mich zu, nahm mich in seine Arme und drückte mich ganz sanft an sich. Die letzten Worte flüsterte er nur noch in mein Ohr und gab mir danach einen sanften Kuss drauf. Minutenlang standen wir so dar und schwiegen uns an. Meine Arme lagen auf seiner Brust und ich hielt mir so mein Gesicht zu. Mir stiegen Tränen in die Augen, doch ich beherrschte mich und atmete mal kräftig ein und aus. Für diesen Moment war wirklich alles gut. Mein Bruder schaffte es immer irgendwie mich zu beruhigen und jede noch so blöde Situation zu bewältigen. Er war nicht nur äußerlich der Stärkere auch innerlich war er für uns beide Stark genug und zusammen bewältigten wir schon so einige schlimme Situationen.
 

„Ich weiß gar nicht wie ich dir für alles danken kann, dass kann ich nie wieder gut machen.“ flüsterte ich in seine Brust rein, unwissenden ob er mich so überhaupt verstehen konnte.
 

„Eine Hand wäscht die andere Schwesterchen, dass müsstest du doch langsam wissen. Du hast mich auch schon oft aus der Scheiße geritten. Du hast schon oft die Schuld auf dich ge ...“
 

„Ja ich weiß und ich habe es gerne gemacht.“ flüsterte ich wieder, doch diesmal wusste ich das er mich verstehen konnte.
 

„Also brauchst du dich nicht zu bedanken, hast du das verstanden?“ fragte er mich in einem lieblichen Ton, der mir noch mehr Tränen in die Augen stiegen ließ und diesmal unterdrückte ich sie nicht, ließ ihnen freien Laufen.
 

Zum Glück hatte ich meine Hände vor meinem Gesicht, sonst wäre jetzt Ians T-Shirt nass geworden. Jetzt spürte ich eine große Hand unter meinem Kinn die meinen Kopf nach oben schob. Zögerlich nahm ich meine Hände vom Gesicht und schaute mit verweinten Augen, in die Augen meines Bruders. Es dauerte nicht lange da wischte er mir die Tränen aus meinem Gesicht, nahm es dann mit beiden Händen und sagte dann leise.
 

„Wir gehen jetzt zusammen da raus, du entschuldigst dich dann bei ihm und ich werde dir beistehen ok?“
 

„Gib mir ein paar Minuten noch um mich zu beruhigen und mich etwas herzurichten, falls das noch möglich ist.“ die letzten Worte sprach ich so leise, mein Bruder sollte sie nicht hören.
 

Als Antwort nickte er nur, nahm seine Hände aus meinem Gesicht und schritt ein wenig von mir weg. Schnell packte er in seine Hosentasche, holte ein Päckchen Taschentücher hervor und hielt sie mir hin. Dankend nahm ich sie ihm ab, holte ein Taschentuch heraus und reichte ihm die Packung wieder. Ich drehte mich auf der Stelle um, wischte mir die letzten feuchten Überreste der Tränen weg und schnäuzte hinein. Ich packte das kleine Bündel in meine Hosentasche, richtete mir meine Klamotten ein wenig, strich mir übers Haar und hoffte einigermaßen manierlich auszusehen. Als ich damit fertig war, schaute ich mich suchend um, was meinem Bruder nicht entging.
 

„Wenn du deinen Rucksack suchst, denn hast du eben bevor du mich hierher geschliffen hast, einfach fallen lassen.“
 

Und wieder so eine Situation, wenn man uns etwas länger kannte, wo man hätte denken können, dass wir vielleicht zweieiige Zwillingen hätten sein können. Ein Schmunzeln legte sich sofort um meine Lippen, ich drehte mich zu ihm um und dankte ihm mit einem Kopf nicken. Wir verstanden uns auch ohne Worte, was besonders unsere kleine Schwester Haley störte.
 

„Kann ich so gehen?“ fragte ich ihn und zog dabei nochmals an meinen Klamotten herum.
 

„Für einen Abschlussball wäre das unpassend, aber für hier reicht das vollkommen aus.“ antworte er mir mit gespielter Miene, worauf ich ihn nur lächelnd ansah.
 

Ich sog nochmal tief Luft ein, pustete sie aus und sagte dann zu ihm.
 

„Also gut, wir können zu meiner Hinrichtung gehen.“ gab ich auch verspielt von mir, worauf er mich lächelnd ansah und zur Tür ging.
 

Seinen Blick nicht von mir abgewandt, machte er die Tür auf und zeigte mir mit einer Handbewegung das ich vorgehen sollte. Abermals sog ich tief Luft ein, pustete sie aus und machte einen Schritt vor den nächsten, ließ mir aber nicht die Nervosität anmerken. Mit einem Klick fiel hinter uns die Tür zu, was mich leicht zusammen zucken ließ, doch dann spürte ich eine Hand auf meinem Rücken und sah wie mein Bruder neben mir stehen blieb. Mit einem nickenden lächeln gab er mir zu verstehen, dass er da wäre, mir beistehen würde und mir helfen würde falls irgendetwas passieren würde. Oftmals dachte ich, womit ich so einen Bruder nur verdient hätte und dies dachte ich in diesem Moment auch. Für viele andere wäre dies alles nicht Selbstverständlich, fast jeder andere hätte mich ausgelacht oder sonst etwas, doch nicht mein Bruder Ian.
 

Ganz in Gedanken, bemerkte ich gar nicht wie er den ersten Schritt machte und mich dann leicht mitzog, womit ich wieder in der Realität ankam.
 

„Du schaffst das.“ flüsterte er mir, aufmunternd, in mein Ohr.
 

Ich war gerade einfach nicht in der Lage ihm zu antworten, also ging ich stumm neben ihm her. Ganz langsam, Schritt für Schritt, gingen wir auf die Theke zu. Mein Blick richtete ich ganz schnell wieder auf den karierten Boden, als ich sah wie wir von ihm beobachtet wurden. Die Röte stieg mir merklich ins Gesicht, was mir den Gang zu ihm noch unangenehmer machte. Automatisch wurde ich noch langsamer, was aber mein Bruder wieder mit dem ziehen, erhöhte. Er merkte wie unangenehm mir das alles war, doch er wusste genau, so wie ich auch, dass ich da jetzt durch musste. Auf dem Weg, um die Theke herum zu ihm, erblickte ich auch meinen Rucksack, denn ich während des Gehens schnell aufhob. Geschickt packte mein Bruder mich am Arm und bewahrte mich davor hinzufallen. Ich hatte schon immer ein Talent in solchen Momenten noch ungeschickter zu sein, als ich eh schon war und wieder war ich meinem Bruder so was von dankbar, dass er mich zum gefühlten 100sten mal an diesem Tag vor schlimmerem bewahrte.
 

Mein Rucksack auf den Rücken gepackt, gingen wir die letzten Schritte, Arm in Arm auf ihn zu. Ruckartig blieben wir stehen, wobei mein Blick auch ruckartig nach oben fuhr. Am liebsten hätte ich meinen Blick sofort wieder nach unten gerichtet, doch das durfte ich jetzt nicht mehr. Umso schneller ich mich entschuldige, umso schneller kann ich aus der unangenehmen Lage fliehen, dachte ich mir. Doch ich merkte schon das es nicht so schnell gehen würde.
 

Kaum merkbar, so hoffte ich zu mindestens, schüttelte ich meinen Kopf, ich hatte mich doch tatsächlich für einen kurzen Moment in seinen wunderschönen blauen Augen verloren. Ich hätte mir dafür am liebsten eine Ohrfeige gegeben, doch das wäre nicht so gut gekommen, also versuchte ich es jetzt einfach durchzuziehen, öffnete meinen Mund und wollte gerade die ersten Worte formen, da unterbrach er mich schon.
 

„Na wieder beruhigt?“ fragte er mit einer sanften Stimme, die mir eine Gänsehaut bescherte.
 

Ganz benommen, schloss ich wieder meinen Mund und brachte nur ein Kopfnicken, zur Bestätigung, zustande.
 

„Das ist gut, dann also nochmal auf Anfang.“ sprach er weiter und brachte mich dazu ihn fragend anzuschauen.
 

„Hi ich bin Kellan, Kellan Lutz.“ reichte mir eine Hand und lächelte mich, mit einem wundervollen Lächeln, an.
 

Mein Herz raste von einer Sekunden zur nächsten doppelt so schnell wie vorher und meiner Körper fing an zu zittern. Ich hatte Glück, dass ich mich noch bei meinem Bruder unter gehackt hatte, sonst wäre ich womöglich umgefallen. Sekunden später merkte ich einen Ellbogen in meiner Seite, worauf ich automatisch eine zittrige Hand nach vorne schob. Ich war zwar ganz verzaubert von seinem Anblick, doch mein Gehirn funktioniert doch noch recht gut, so dachte ich in diesem Moment.
 

„H - Hi ich b - bin Brooke.“ stotterte ich vor mich hin und bemühte mich meine zittrige Hand unter Kontrolle zu bringen, was mir nicht so gut gelang.
 

Ich merkte das freche Grinsen meines Bruders, worauf er von mir einen Seitenhieb kassierte.
 

„Hi Brooke, nett dich kennenzulernen. Da wir das ja jetzt geklärt haben, können wir ja los legen oder?“ fragte er mich und sah mich mit einem durchdringenden Blick an.
 

„Heute nicht, vielleicht morgen!?!“ gab ich ihm schnell als Antwort und schon wieder eine Antwort wofür ich mich lieber geohrfeigt hätte, man Gehirn funktioniere doch mal richtig, befahl ich was leider nicht wirklich half.
 

Jetzt sah er mich fragend an, aber noch bevor er was sagen konnte fügte ich noch
 

„Wenn es dir natürlich nichts ausmacht meine ich. Ich würde mir gerne heute erst mal alles anschauen.“ hinzu.
 

„Aber nur wenn ich mitkommen darf.“ fügte er rasch hinzu und sein Blick wurde wieder sanfter.



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