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Es kommt immer anders, als man denkt!

von

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Mein Name ist Lamiras und ich bin ein Werwolf. Heute war einer dieser Tage an denen man schon morgens ahnt, dass sich etwas ändern könnte. Ich hatte mich dazu bereit erklärt runter in das Dorf zu gehen um kleinere Besorgungen für mein Rudel zu machen und mir gleichzeitig zu Langeweile zu vertreiben. Auf der einsamen Lichtung im Wald passierte nur selten etwas spannendes.

Im Dorf angekommen versuchte ich mich wie jeder normale Mensch zu verhalten, um nicht unnötig aufzufallen. In aller Seelenruhe schlenderte ich über den Markt und besuchte vereinzelt Geschäfte. Mit meinem sensiblen Gehör schnappte ich hin und wieder Getuschel auf. Scheinbar hatte es einen Fremden hier her verschlagen, was sie Dorfbewohner natürlich in Aufruhr versetzte, da sich selten jemand hier her verirrte. Allerdings schenkte ich alldem nur wenig Beachtung.

Ich verließ gerade einen Laden, indem ich einige Lebensmittel und Heilkräuter gekauft hatte, als ich auch schon wieder unsanft zurück in den Eingang geschoben wurde.

“Geh’ mir aus dem Weg, Kleiner.”, wurde ich angebrummt.

Ich wollte gerade dazu ansetzen lautstark zu protestieren, dass ich mit meinen 1,75 Meter nicht gerade als klein galt, als ich sah wer mich da angerempelt hatte.

Der Mann stammte auf keinen Fall aus diesem Dorf oder der Umgebung. Das musste also der Fremde sein, von dem alle getuschelt hatten. Jetzt konnte ich es nachvollziehen.

Der Mann war fast 2 Meter groß, breit gebaut und übersät von zahllosen Narben. Zudem noch bis in den letzten Muskeln durchtrainiert, was man auch mit einem kurzen Blick in seine Richtung schnell feststellen konnte, und bewaffnet. In eine Gürtellasche hatte er eine Axt geschoben und auf seinem Rücken waren mit einem Lederriemen ein riesiger Zweihänder und große Axt befestigt. Die roten Haare des Fremden waren an den Seiten kahl geschoren, die in der Mitte lang gewachsen und hinten zu einem Zopf zusammen gebunden waren. Einige Strähnen hingen ihm wirr im Gesicht. In einem schmalen Streifen wuchs ein Bart von den Kotletten hinunter bis zum Kinn, wo er in einem Zickenbart endete.

Jeder der Dorfbewohner machte bei seinem Anblick freiwillig Platz, sodass er stets einen freien Weg vor sich hatte.

Ich blieb noch einige Momente im Geschäftseingang stehe, und blickte dem Mann nach. Ich wusste selber nicht warum ich das tat, aber scheinbar hatte er etwas besonderes und faszinierendes durch sein Anderssein an sich. Schließlich schüttelte ich den Kopf und beschloss mich auf den Rückweg zu machen.

Auf der Lichtung angekommen lieferte ich die Einkäufe bei meiner Alpha und ihrer Stellvertreterin ab und machte es mir schließlich unter einem Baum bequem. Es dauerte nicht lange bis ich eingedöst und schließlich eingeschlafen war.

Ich erwachte erst wieder als es bereits begonnen hatte zu dämmern. Verschlafen kämpfte ich mich hoch und streckte mich erst einmal ausgiebig. Dann blickte ich mich um, nur um festzustellen, dass ich ganz allein war. Scheinbar hatten sich meine Mitwölfe alle verdrückt und Beschäftigung gesucht. Ich seufzte und spielte mit dem Gedanken wieder ins Dorf zu gehen, um ein paar Runden in der Taverne zu bechern. Es dauerte nicht lange, da befand ich mich schon auf dem Weg.
 

Ich öffnete die Tür zur Taverne und steuerte direkt die Bar an, an die ich mich schließlich setze. Ich begrüßte den Wirt, wechselte einige belanglose Worte mit ihm und bestellte mir etwas zu trinken. Als der gute Mann mir mein Glas vor die Nase stellte, bedeutete er mir mit einem Blick mich umzudrehen. Nach kurzem Zögern folgte ich seiner Aufforderung. Ganz hinten in der düsteren Ecke der Taverne saß der Fremde und starrte gedankenverloren aus dem Fenster. An die Wand neben ihn gelehnt stand das Schwert und die große Axt, die kleinere Axt lag neben ihm auf der Eckbank. Auf dem kleinen Tisch vor ihm standen bereits einige leere Bierkrüge, einen weiteren hielt er in seiner rechten Hand.

“Der Kerl ist mir unheimlich, wenn du mich fragst…”, murmelte der Wirt missmutig, “Solange er seine Rechnungen zahlt und du dein Geld verdienst, ist das doch nicht weiter wichtig.”, antwortete ich ihm.

“Wir werden sehen.”, schnaufte er noch einmal bevor er sich wieder seinen Gläsern widmete.

Doch der erste Krach sollte scheinbar nicht lange auf sich warten lassen. Eine Gruppe junger Männer, die allgemein als Raufbolde bekannt waren, hatten schon eine ganze Weile finster zu dem Fremden geblickt. Schließlich erhoben sie sich und gingen zu ihm herüber.

Bei dem ganzen Lärm um mich herum konnte ich leider nicht verstehen was sie zu ihm gesagt hatten, doch an seinem Gesichtsausdruck ließ sich erkennen, dass er langsam aber sicher sauer zu werden schien. Ich beobachtete das ganzen Geschehen genauestens.

Auf einmal grinste der Fremde breit und warf, ohne irgendein Anzeichen, mit ordentlich Schwung den Tisch um. Die jungen Männer konnte gerade noch zur Seite springen. Der Mann war aufgestanden.

“Ihr denkt also ihr hättet eine Chance, weil ihr in der Überzahl seid und ich schon das ein oder andere Bier mehr getrunken hab? Da habt ihr euch ganz gewaltig geschnitten! Kommt nur her!”, brüllte er und grinste immer noch.

“Nicht schon wieder eine Schlägerei!”, rief der Wirt vor mir und verschanzte sich hinter dem Tresen.

Der erste stürmte auf den Fremden zu, wurde ohne Zurückhaltung niedergeschlagen und anschließend achtlos mit einem Tritt zur Seite befördert. Einen kurzen Augenblick zögerten die restlichen vier Männer, dann gaben sie sich ein Zeichen und zwei von ihnen gingen direkt auf Angriff über, während die anderen beiden versuchten in den toten Winkel des Fremden zu gelangen. Sie lieferten sich einen kleinen Faustkampf, indem der Unbekannte einen der Männer mit einem gezielten Schlag in die Magenkuhle außer Gefecht setzte. Jetzt hatten es die beiden Anderen in den toten Winkel geschafft. Einer sprang dem Fremden auf den Rücken und schlug auf ihn ein, während der andere den rechten Atm, und somit den Schlagarm, festhielt.

“Idiot…”, knurrte der große Mann, “Glaubst du mit dem Linken kann ich das nicht?!”

Er holte weit aus und schlug dem Kerl an seinem rechten Arm ungebremst ins Gesicht. Dieser ging jaulend zu Boden und hielt sich das Gesicht.

“Und jetzt zu dir, Freundchen…”

Der Unbekannte griff mit beiden Händen nach den Schultern des Mannes auf seinem Rücken, beugte sich leicht nach vorne und zog ihn mit einem kräftigen Ruck über seinen Kopf. Der Mann krachte in den umgekippten Tisch, der laut knackend zerbrach.

Jetzt stand nur noch einer der fünf Männer vor ihm, der sich total verunsichert nach den anderen umsah. Der Fremde baute sich noch einmal vor ihm auf.

“Buh?”

“Ah!”, schrie der Mann und hetzte aus der Taverne.

Auch der Fremde sah sich noch einmal um, “Tzz…! Blutige Amateure… Da hat es sich nicht mal gelohnt meine Waffen zu benutzen.”

Er griff nach seinen Waffen, legte etwas Geld auf den Tresen und verlies die Taverne.

Und wieder konnte ich nicht anders als ihm fasziniert hinterher zu gucken. Sich in einem Kampf gegen fünf Gegner konnte er sich problemlos durchsetzen ohne selbst etwas einstecken zu müssen.

“Meine schöne Taverne…!”, konnte ich den den Wirt wimmern hören.

Das musste man ihm lassen…
 

Es war bereits einige Zeit her, als ich mich das letzte Mal im Dorf hatte blicken lassen. Die letzte Tage war ziemlich ruhig gewesen, niemand hatte mich genervt oder gestresst, da die meisten Wölfe des Rudels unterwegs gewesen waren. Da ich einen Großteil dieser Zeit auf der faulen Haut gelegen hatte, hatte ich mich entschieden ein wenig trainieren zu gehen. Dafür hatte ich mir eine kleine Lichtung am Waldrand ausgeguckt, zu der ich mich in gemütlichen Tempo auf den Weg machte.

Als ich mich durch die verwachsenen Pfade kämpfte, sah ich auf einmal ein paar Meter vor mir eine Person unter einem Baum liegen. Ich näherte mich leise.

Es war der Fremde aus dem Dorf. Er schien tief und fest zu schlafen. Ich schnupperte ein bisschen in der Luft und stellte fest, dass der Mann scheinbar völlig betrunken sein musste, so stark wie er nach Alkohol stank. Ich stupste ihm vorsichtig mit meiner Stiefelspitze in die Seite und versuchte ihn zu wecken. Doch scheinbar drang die Berührung gar nicht zu ihm durch, sodass ich ihn ein weiteres Mal mit meinem Schuh anstupste. Ich wiederholte den Stupser, wobei dieser mehr einem leichten Tritt glich.

“Was zum….?!”, fuhr der Fremde plötzlich hoch, nur um sich gleich wieder ins Gras sinken zu lassen, “Ach… verdammt, brummt mir der Schädel…!”

“Wundert mich nicht bei deiner Fahne.”, sagte ich ruhig zu ihm.

Er kniff die Augen zusammen, um besser gegen das Licht gucken zu können, und sah zu mir auf.

“Kenn’ ich dich oder warum redest du so schlau daher?!”, schnauzte er mich an.

“Ich saß in der Taverne als du dich mit der Gruppe Männer geschlagen hattest.”

“Als ob ich auf so was achten würde…”, brummte er.

“Sag’ mal, hast du die ganze Nacht hier im Wald geschlafen? Meinst du nicht, dass das ein kleines bisschen gefährlich ist? So total besoffen?”, fragte ich.

“Sag’ mal, bist du Mutter Theresa oder was? Hast du keine Hobbys oder Freunde denen du auf die Nerven gehen kannst?!”

Der Fremde hatte sich inzwischen aufgesetzt und wurde langsam aber sicher wütend. Versöhnlich hob ich die Hände.

“Vielleicht wollte ich dir ja nur helfen… Aber bitte, schlaf deinen Rausch ruhig weiter hier im Dreck aus...”

Erst als ich mich umgedreht hatte und Anstalten machte einfach zu gehen, hörte ich seine tiefe Stimme hinter mir.

“Man… Wie das nervt… Warte doch mal einen Augenblick…!”

Ich blieb stehen und warf einen Blick über die Schulter. Bei dem Anblick, der sich mir bot, musste ich schmunzeln. Der riesige Mann kämpfte sich mühevoll auf die Beine, wobei er einen Moment lang brauchte um sein Gleichgewicht zu finden. Auf wackeligen Beinen kam er auf mich zugestapft.

Ganz in der Nähe gab es eine kleine Hütte, in der er sich in aller Ruhe ausschlafen konnte. Auf direkten Wege führte ich ihn dorthin und öffnete die Tür.

Der betrunkene Krieger taumelte an mir vorbei und ließ sich auf das Bett fallen.

“Hm… Danke.”

“Schon gut. Wie heißt du eigentlich?”

Er sagte einen Moment nichts, als überlege er etwas zu sagen oder zu schweigen.

“… Garret.”

“Ich heiße Lamiras.”, stellte ich mich vor und verließ schließlich die Hütte.

Ich setzte mir auf einen umgestürzten Baumstamm in der Nähe der Hütte und dachte eine Zeit lang nach. Warum hatte ich eigentlich einem Wildfremden einfach so geholfen? Zumal ich wusste, dass er nicht gerade zu der friedlichen Sorte Mensch gehörte… Ich schüttelte den Kopf, um die Gedanken zu vertreiben.

Bei dem ganzen Trubel hatte ich völlig vergessen zu trainieren. Also konnte ich das genauso gut auch hier tun.

Ich zog meine Peitsche aus dem Gürtel und machte mich an die Arbeit neue Kampftechniken und Bewegungsabläufe zu trainieren. Wie immer, wenn ich erst einmal mit dem Trainieren angefangen hatte, vergaß ich völlig die Zeit. Erst Schritte, die ein gutes Stück hinter mir verstummten, und ein stechender Alkoholgeruch ließen mich inne halten.

“Ungewöhnlicher Kampfstil…”, ertönte Garrets Stimme hinter mir.

“Asiatische Kampfkünste.”, erklärte ich kurz und knapp.

“Asiatisch? Ich habe gehört Asiaten sollen nicht besonders groß sein. Bist du vielleicht deswegen so klein?”, fragte er, ich konnte förmlich das Grinsen in seiner Stimme hören.

Ich drehte mich genervt um.

“Und du bist bestimmt so intelligent, wie du klein bist.”, zischte ich zurück.

“Ich schlag’ dich gleich in der Mitte durch! Dann können sich die Würmer über dich freuen!”

Das klang verdächtig nach einer Herausforderung.

“Versuch’ es doch, du Angeber!”

“Nur zu gerne!”, knurrte Garret und griff bereits nach seiner Axt.

“Morgen bei Sonnenaufgang am See, nördlich von hier.”, sagte ich und ging.

Ich war bereits ziemlich gespannt wie gut sich ein Mensch gegen einen Werwolf schlagen würde, auch wenn ich nur mit halber Kraft kämpfen würde.

Zurück blieb und verdutzter Krieger, der es nicht gewohnt war, einfach stehen gelassen zu werden.
 

Als ich mich am nächsten Morgen auf den Weg zum See machte, war es noch dämmerig. Die Sonne kroch langsam über die fernen Berggipfel. Ich betrat die kleine Wiese neben dem See. Niemand zu sehen.

Vielleicht hatte ich mich ja nicht genau genug ausgedrückt? Bei Sonnenaufgang am nördlichen See. Eigentlich eine klare Aussage, da es nur diesen einen See im Norden gab. Möglich das Garret noch kommen würde.

Geduldig setzte ich mich im Schneidersitz auf einen Felsen und wartete.

Es vergingen Stunden, und die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als endlich eine große Gestalt schnaufend aus einem der Gebüsche trat.

“Man! Wie ich das hasse!”, knurrte Garret, stützte sich auf die Knie und verschnaufte einen Augenblick.

“Oh? Ich dachte du kommst gar nicht mehr, weil du gekniffen hast.”, zog ich ihn auf.

“Dafür, dass du so ein kleiner Wicht bist, hast du eine ganz schön große Klappe!”

Garret richtete sich wieder zu voller Größe auf und sah finster zu mir hinüber. Ich stand auf, ging in seine Richtung und blieb ein Stück von ihm entfernt stehen.

“Vielleicht kann ich es mir ja auch erlauben?”

“Das wollen wir ja sehen!”

Er zog seinen riesigen Zweihänder aus der Lederhalterung auf seinem Rücken und hielt ihn mir entgegen. Auch ich machte mich bereit und zog meine Peitsche aus dem Gürtel.

Ein siegessicheres Grinsen zeichnete sich auf seinem Gesicht, als er mit erhobenen Schwert auf mich zustürmte. Doch ich gab ihm gar nicht erst die Chance mich zu erwischen. Leichtfüßig machte ich einen Satz zur Seite und trat ihm in die Kniekehle. Er sackte kurz ein, war jedoch sofort wieder auf den Beinen und hieb mit dem Schwert nach mir. Und wieder konnte ich mich problemlos wegducken. Ich musste aufpassen. Seine Schläge waren zwar langsam und berechenbar, doch voller Kraft und absolut gefährlich. Ich fing an die Peitsche über meinem Kopf zu schwingen und lies sie in Garrets Richtung schnellen. Ich erwischte sein Schwert und riss es ihm mit einem Ruck aus der Hand. Klirrend landete es am Ufer des Sees.

“Verdammt…”, zischte Garret gereizt.

Daraufhin zog er seine Axt aus dem Gürtel um nach kurzer Überlegung wieder auf mich zu zulaufen. Und wieder antwortete ich mit einem Hieb meiner Peitsch, wobei ich dieses mal seinen Arm erwischen konnte. Garret lies mit schmerzverzerrtem Gesicht die Axt zu Boden fallen.

“Und was machst du jetzt?”, fragte ich schadenfroh.

Er schwieg und betrachtete die Peitsche genauestens. Schließlich verzog er erneut das Gesicht, hob den Arm und griff mit der freien Hand nach der Peitsche. Er zog mit einem unerwartet gewaltigen Ruck an ihr, sodass ich stolperte und unsanft im Gras landete. Ich wollte gerade wieder aufstehen, als ich von Garrets Füßen wieder zu Boden gedrückt wurde.

“Ich würde sagen, ich habe gewonnen.”, sagte er und ich konnte das Grinsen in seinem Gesicht geradezu in seiner Stimme hören.

Ich drehte den Kopf zur Seite um reden zu können.

“Das war nur der Überraschungseffekt. Ansonsten hättest du haushoch verloren.”

“Ha! Das glaubst du doch selbst nicht, Kleiner.”

“Hmm… Doch eigentlich schon.”

Trotz Garrets Fuß im Rücken stemmte ich mich jetzt ohne große Schwierigkeiten hoch, nur um ihm meine wahren Kräfte zu demonstrieren.

“Das beweist gar nichts…”

“Na ja, und wenn ich dir sagen würde, dass ich nur mit halber Kraft gekämpft habe und eigentlich ein Werwolf bin?”

Er sah mich erst verständnislos an, so als hätte ich einen schlechten Scherz gemacht. Dann brach er schließlich in schallendes Gelächter aus.

“Ein Werwolf! Guter Witz! Das sind doch alles nur Mythen.”

Mein Wolfsgestalt wollte ich ihm nicht offen zeigen, also bewies ich ihm meine übernatürliche Stärke anhand eines Felsbrockens der am Ufer lag, hob ihn hoch und warf ihn weit in den See hinein. Aus den Augenwinkel sah ich wie Garrets Kinnlade ihm förmlich bis auf die Füße fiel. Jetzt war ich es, der siegessicher grinste.
 

Er kam noch oft vorbei um mit mir zu kämpfen, vorausgesetzt er fand den Weg zu der Stelle am See. Sein Ego schien es nicht zu verkraften, dass es jemanden gab der eigentlich stärker war als er. Bei dem nächsten Kampf hatte ich versucht mich auf meine normalen Kräfte zu verlassen, hatte jedoch schnell bemerkt das ich im direkten Nahkampf keine Chance gegen ihn hatte. So hatte ich angefangen meine übernatürlichen Kräfte zu nutzen und ihm entweder gleichwertig oder total überlegen zu sein. Jedes Mal aufs neue gab er alles um mich fertig zu machen, nur um letzten Endes doch zu verlieren und zurück ins Dorf zu gehen, um sich dort die kante zu geben.

Ich saß im Gras und grübelte über Garrets Lebensstil nach, darüber, dass es unmöglich gesund sein konnte und eigentlich niemand freiwillig so ein Leben führte wie er. Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als ich die inzwischen vertrauten schweren Schritte hinter mir hörte.

“Dieses Mal mache ich dich wirklich fertig…”, knurrte Garrets Stimme hinter mir.

Ich seufzte, “Das hast du die letzten 10 Male auch gesagt.”

Als Antwort darauf hörte ich nur, wie er sein Schwert zog und den Luftzug als er es auf mich zusausen ließ. Gelangweilt rollte ich zur Seite. Das Metall klirrte als es auf dem Boden aufschlug. Frustriert schnaufte Garret auf.

“Du gibst aber auch einfach nicht auf, hm?”

“Nein… Niemals.”

Und wieder einmal ging der Kampf los. Er hieb mit seinem Schwert nach mir, ich wich aus und revanchierte ich dafür mit meiner Peitsche. Das ging solange bis einer von uns, was in fast jedem Fall Garret war, am Boden lag.

Er gab sich gerade eine Blöße, das war eine Chance das ganze zu beenden. Mit schnellen Schritte rannte ich auf ihn zu, übersah dabei jedoch einen Stein der im Gras lag und segelte einen Moment durch die Luft. Wie mich meine Tollpatschigkeit doch störte! Ich hatte die Augen geschlossen und wartete nun auf den harten Aufprall, doch dieser fiel überraschend weich aus. Verwundert öffnete ich meine Augen und sah Garrets Gesicht direkt vor mir. Langsam realisierte ich, dass ich auf ihm gelandet war. Scheinbar hatte ich ihn mit umgerissen. Mit einer Mischung aus Verwirrung und Gereiztheit blickte Garret mich an.

“Was soll das denn jetzt?! Willst du mich verarschen oder was? Runter von mir aber schnell!”, schnauzte er mich an.

Einen kurzen Moment wusste ich nicht was ich machen sollte. Verletzt, beleidigt? Oder doch wütend werden und zurückbrüllen? Es war ja nicht einmal beabsichtigt gewesen auf ihn zu fallen…

“Kein Grund gleich so unfreundlich zu werden…!”, zischte ich sauer.

Ruckartig stand ich auf, machte kehrt und ging. So was musste ich mir wirklich nicht antun.

Kaum war ich auf der Lichtung angekommen, bat ich meine Alpha um einen Auftrag, der möglichst weit weg zu erledigen war. Ich wollte dringend Abstand zwischen Garret und mit bringen. Wenn ich lange genug weg wäre, würde er vielleicht schon weitergereist sein.
 

Es waren einige Wochen vergangen und ich befand mich auf der Heimreise. Für meinen Auftrag musste ich an das andere Ende des Landes reisen, dort einen Mann ausspionieren und schließlich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aus dem Weg schaffen. Ich durchquerte das Dorf, grüßte vereinzelt Personen und hielt nach dem großen Wikinger Ausschau. Doch er war nirgendwo zu sehen und auch als ich anfing nachzufragen, sagte mir jeder, dass er lange nicht mehr gesehen worden ist.

Also ging ich weiter, denn es wurde langsam dämmerig. Da der Weg zu der kleinen Hütte wesentlich kürzer war, als der zum Haus und der anderen Werwölfe, entschied ich mich dort die Nacht zu verbringen. Bericht erstatten konnte ich auch noch am nächsten Tag ausgeruht und in aller Ruhe.

Kaum hatte ich die Tür der kleinen Hütte geöffnet, schlug mir auch schon ein verdammt starker Alkoholgeruch entgegen. Aus Reflex hielt ich mir den Arm vor die Nase. Ich blickte mich um und entdeckte schließlich Garret, der ausgebreitet auf dem Bett schlief. Stockbesoffen. Wie eigentlich immer wenn ich ihn traf.

Wenn ich die Nacht nicht auf dem harten Fußboden verbringen wollte, müsste ich ihn wecken und rausschmeißen, was mir eigentlich ziemlich recht war, wenn man bedenkt das ich noch reichlich sauer auf ihn war, oder mich einfach dazu legen und mir den nötigen Platz zu verschaffen. Ich brauchte nicht lange um mich für die erste Variante zu entscheiden.

Erst als ich näher an das Bett trat konnte ich sehen, dass Garret ziemlich mitgenommen aussah. Überall blaue Stellen, Abschürfungen und Schnittwunden. Eine Wunde am Oberschenkel sah besonders übel aus und blutete immer noch relativ stark. Ich betrachtet den angeschlagenen Wikinger vor mir und musste unwillkürlich seufzen, denn ich wusste, dass ich einfach zu gut war um ihn jetzt rauszuwerfen. Ich machte mich lang und griff nach dem Medizinschränkchen rechts an der Wand, um einige Verbände herauszuholen. Vorsichtig zog ich ihm Stiefel und seine Wildlederhose aus, um alle seine Wunden besser reinigen und versorgen zu können. Danach kletterte ich über ihn hinüber und legte mich auf den freien Platz zwischen ihm und der Wand. Erst jetzt kam ich dazu meine Verbände zu wechseln. Bei dem Auftrag hatte ich einigen einstecken müssen, da ich trotz großer Vorsicht direkt in eine Falle getappt war. Also erneuerte ich meine Verbände.

Völlig fertig ließ ich mich in die Kissen sinken und schlief fast sofort ein.
 

Ich erwachte morgens durch das Gezwitscher der Vögel. Das diese gefiederten Biester auch immer so einen Lärm zu so unmenschlichen Zeiten machen mussten. Ich setze mich auf und strich meine Haare zurück, als ich bemerkte das auch Garret bereits wach war und kurz zu mir hinüber sah, bevor er den Blick wieder der Decke zuwandte.

“Sag mal, findest du dein Leben gut so wie es ist? Dich jeden Tag zu besaufen und zu schlagen?”, fragte ich schließlich.

Sein Blick huschte wieder kurz zu mir hinüber ehe er dem Kopf in die entgegengesetzte Richtung von mir drehte.

“Besser als mein vorheriges auf jeden Fall…”

Das ließ mich hellhörig werden.

“Warum?”, fragte ich leise.

Wieder wanderte sein Blick zur Decke, ehe er die Augen schloss und seufzte.

“Ich bin ein Wikinger, weißt du? Bei uns läuft alles etwas anders als hier. Ich bin der Erstgeborene und würde damit nach dem Tod meines Vater Anführer unseres Stammes werden. Aber da meine vier Brüder ebenfalls scharf auf diese Position waren, gab es oft Machtkämpfe unter uns. Mein Vater war ein Tyrann, der jedem seinen Willen aufgezwungen hat. Als ich anfing, mich ernsthaft zu widersetzen, ist die ganze Situation eskaliert…”

Garret hörte für einen Moment auf zu sprechen, so als würde er sich noch einmal alles ins Gedächtnis zurückrufen. Ich wartet geduldig darauf, dass er weitererzählte.

“Alles ist in einen lauten Streit ausgeartet, bis mein Vater schließlich zu seiner Waffe griff und mir drohte. So etwas wollte ich mich natürlich nicht bieten lassen und zog meine ebenfalls. Wir begannen zu kämpfen… Während ich mich zurückhielt, trotz allem war er ja immer noch mein Vater, ging er mit voller Kraft auf mich los. Bis er mich letztlich mit seinem Schwert erwischt und mir den ganzen Oberkörper aufriss…”

Gedankenverloren strich er mit dem Finger über eine große Narbe, die ihm vom Schlüsselbein bis zum Hosenbund reichte.

“Meine Schwestern haben sich sofort um mich gekümmert und mir damit mein Leben gerettet. Gleich am nächsten Tag habe ich mir das schnellste Pferd aus dem Stall geholt und bin unbemerkt verschwunden…”

Ich musterte ihn schweigend. Jetzt, da ich seine Geschichte kannte, konnte ich sein Veralten viel besser nachvollziehen.

“So verletzt bist du abgereist? Das grenzt doch schon an Selbstmord…”

“Ich wollte nur noch weg.”

Langsam streckte ich meine Hand nach ihm aus und fuhr mit dem Finger vorsichtig seine Narbe entlang. Er verspannte sich ein wenig.

“Meine Eltern wurden damals im großen Krieg getötet. Mein Bruder und ich waren noch ziemlich jung und tagelang auf uns gestellt, bis meine Alpha uns fand. Sie hat uns aufgenommen und großgezogen. Vor langer Zeit hatte ich dann einen Unfall… Bin auf einer Mission eine Klippe hinab gestürzt, habe mir den Kopf angestoßen und wurde weggetrieben. Danach war ich knapp 100 Jahre auf mich allein, bis ich das Rudel endlich wieder gefunden hatte.”

“Auch nicht gerade eine schöne Vergangenheit.”, murmelte Garret.

“Mag’ sein. Aber alles was einen nicht umbringt, macht einen nur stärker.”, sagte ich und brachte ein leichtes Lächeln zustande.

Er schien daraufhin gedanklich abzudriften. Ich betrachtet ihn dabei einen Augenblick, schließlich fasste ich den Mut mich über ihn zu beugen und sanft zu küssen. Ich wusste in dem Moment selbst nicht, was mich dazu veranlasst hatte und doch hatte ich es getan. Sofort war er wieder im Hier und Jetzt und verspannte sich jetzt komplett. Ich konnte spüren wie sich seine Muskeln nach und nach unter mir verhärteten. Er zeigte sonst keinerlei Reaktion. Keine abwehrende, aber auch keine sie vielleicht zeigen würde, dass es ihm gefiel. Also ließ ich von ihm ab und blickte unsicher zur Seite, während ich mich an Kopf kratzte.

“Ähm… Also, tut mir leid falls ich dich belästigt haben sollte. Ich glaube ich lasse dich mal allein.”, säuselte ich und machte Anstalten aufzustehen.

Sofort packte er mich am Arm.

“Wenn du jetzt aufhörst und gehst, wird es unverzeihlich…”

Ich hielt verdattert inne. Hatte er das grade wirklich gesagt oder war es bloß pure Einbildung? Ich schoss die Augen, schüttelte kurz den Kopf und öffnete sie wieder. Garret lag immer noch vor mir und hielt mich fest. Also konnte das ganze kein Traum sein.

Seine Hand wanderte meinen Arm hinauf, bis in meinen Nacken und zog mich dann bestimmt zu sich herunter, um mich zu küssen. Das verwirrte mich jetzt noch ein wenig mehr. Doch ihn schien das auf einmal nicht mehr zu stören, denn er hatte sich währenddessen aufgerichtet, drückte mich vorsichtig wieder zurück in die Kissen und stützte sich über mich ab. Nachdem die anfängliche Überraschung verflogen war, gab ich mich ihm endlich hin.
 

Jetzt lag ich hier. In einer einsamen Hütte. An ihn gekuschelt. Mit rasenden Gedanken. War es ihm ernst? Nur ein Spiel? Irgendwann konnte ich mich nicht mehr zurückhalten.

“Ähm… War das jetzt nur ein … Ausrutscher…?”

“Du scheinst mir wenig Selbstherrschung zuzutrauen… Was ich nicht will, will ich nicht. Aber wenn mir etwas gefällt, kann es vorkommen, dass ich es mir nehme.”, brummte er.

“Also wolltest du das?”, fragte ich verblüfft. Gleichzeitig breitete sich Freude in mir aus.

“Das habe ich doch gerade gesagt.”

“Hm… Eigentlich wollte ich mich nicht mehr verlieben… Aber…”

“Wie wäre es mit einer kleinen Chance?”

Er drehte sich auf die Seite, sodass meine Stirn an seiner breiten Brust lehnte. Sanft legte er mir eine Hand unter das Kinn und hob es an, bis ich ihm direkt ins Gesicht sehen musste. Wieder küsste er mich zärtlich. Danach blickte er mir tief in die Augen. So ein ruhiges und liebevolles Verhalten hatte ich ihm nicht zugetraut.

“… Na gut, du bekommst deine Chance…”

Kapitel 4

Als ich mich am nächsten Morgen auf den Weg zum See machte, war es noch dämmerig. Die Sonne kroch langsam über die fernen Berggipfel. Ich betrat die kleine Wiese neben dem See. Niemand zu sehen.

Vielleicht hatte ich mich ja nicht genau genug ausgedrückt? Bei Sonnenaufgang am nördlichen See. Eigentlich eine klare Aussage, da es nur diesen einen See im Norden gab. Möglich das Garret noch kommen würde.

Geduldig setzte ich mich im Schneidersitz auf einen Felsen und wartete.

Es vergingen Stunden, und die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als endlich eine große Gestalt schnaufend aus einem der Gebüsche trat.

“Man! Wie ich das hasse!”, knurrte Garret, stützte sich auf die Knie und verschnaufte einen Augenblick.

“Oh? Ich dachte du kommst gar nicht mehr, weil du gekniffen hast.”, zog ich ihn auf.

“Dafür, dass du so ein kleiner Wicht bist, hast du eine ganz schön große Klappe!”

Garret richtete sich wieder zu voller Größe auf und sah finster zu mir hinüber. Ich stand auf, ging in seine Richtung und blieb ein Stück von ihm entfernt stehen.

“Vielleicht kann ich es mir ja auch erlauben?”

“Das wollen wir ja sehen!”

Er zog seinen riesigen Zweihänder aus der Lederhalterung auf seinem Rücken und hielt ihn mir entgegen. Auch ich machte mich bereit und zog meine Peitsche aus dem Gürtel.

Ein siegessicheres Grinsen zeichnete sich auf seinem Gesicht, als er mit erhobenen Schwert auf mich zustürmte. Doch ich gab ihm gar nicht erst die Chance mich zu erwischen. Leichtfüßig machte ich einen Satz zur Seite und trat ihm in die Kniekehle. Er sackte kurz ein, war jedoch sofort wieder auf den Beinen und hieb mit dem Schwert nach mir. Und wieder konnte ich mich problemlos wegducken. Ich musste aufpassen. Seine Schläge waren zwar langsam und berechenbar, doch voller Kraft und absolut gefährlich. Ich fing an die Peitsche über meinem Kopf zu schwingen und lies sie in Garrets Richtung schnellen. Ich erwischte sein Schwert und riss es ihm mit einem Ruck aus der Hand. Klirrend landete es am Ufer des Sees.

“Verdammt…”, zischte Garret gereizt.

Daraufhin zog er seine Axt aus dem Gürtel um nach kurzer Überlegung wieder auf mich zu zulaufen. Und wieder antwortete ich mit einem Hieb meiner Peitsch, wobei ich dieses mal seinen Arm erwischen konnte. Garret lies mit schmerzverzerrtem Gesicht die Axt zu Boden fallen.

“Und was machst du jetzt?”, fragte ich schadenfroh.

Er schwieg und betrachtete die Peitsche genauestens. Schließlich verzog er erneut das Gesicht, hob den Arm und griff mit der freien Hand nach der Peitsche. Er zog mit einem unerwartet gewaltigen Ruck an ihr, sodass ich stolperte und unsanft im Gras landete. Ich wollte gerade wieder aufstehen, als ich von Garrets Füßen wieder zu Boden gedrückt wurde.

“Ich würde sagen, ich habe gewonnen.”, sagte er und ich konnte das Grinsen in seinem Gesicht geradezu in seiner Stimme hören.

Ich drehte den Kopf zur Seite um reden zu können.

“Das war nur der Überraschungseffekt. Ansonsten hättest du haushoch verloren.”

“Ha! Das glaubst du doch selbst nicht, Kleiner.”

“Hmm… Doch eigentlich schon.”

Trotz Garrets Fuß im Rücken stemmte ich mich jetzt ohne große Schwierigkeiten hoch, nur um ihm meine wahren Kräfte zu demonstrieren.

“Das beweist gar nichts…”

“Na ja, und wenn ich dir sagen würde, dass ich nur mit halber Kraft gekämpft habe und eigentlich ein Werwolf bin?”

Er sah mich erst verständnislos an, so als hätte ich einen schlechten Scherz gemacht. Dann brach er schließlich in schallendes Gelächter aus.

“Ein Werwolf! Guter Witz! Das sind doch alles nur Mythen.”

Mein Wolfsgestalt wollte ich ihm nicht offen zeigen, also bewies ich ihm meine übernatürliche Stärke anhand eines Felsbrockens der am Ufer lag, hob ihn hoch und warf ihn weit in den See hinein. Aus den Augenwinkel sah ich wie Garrets Kinnlade ihm förmlich bis auf die Füße fiel. Jetzt war ich es, der siegessicher grinste.



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Kris18
2014-02-27T22:06:22+00:00 27.02.2014 23:06
häää warum lädst du das 2 mal hoch?
Von:  Kris18
2014-02-27T22:04:32+00:00 27.02.2014 23:04
da hat sich Wuffi ja nen seltenes Exemplar zum Lieben ausgesucht


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