Zum Inhalt der Seite

This Love

Kapitel 3 online.
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Goodnight, Goodnight


 

This ♡ Love

G o o d n i g h t G o o d n i g h t

Der Geschichte erster Teil
 

Rose Weasley, ihres Zeichens wohl eine der besten Schülerinnen auf Hogwarts, war gerade im Begriff, die Große Halle anzusteuern, um dem quälenden Knurren ihres Magens Einhalt zu gebieten, als sie eine vertraute Stimme hinter sich ausmachte.

»Rosie.«

Das junge Hexe hielt inne und wandte sich nach dem Urheber um. Ihr Cousin, Ablus Potter, lehnte lässig mit verschränkten Armen vor der Brust an einer Statue, die neben der großen Treppe aufgestellt worden waren. Das rabenschwarze, zerzauste Haar war unverkennbar und zeigte genau, zu wem der junge Mann gehörte. Doch der sonst so akribisch gestylte Portier-Schnitt, der bereits zu seinem Markenzeichen geworden war, schien plötzlich unauffindbar.

»Albus?« Argwöhnisch dreinblickend trat Rose näher an ihn heran und beobachtete ihn mit kritischem Blick. »Wie siehst du denn aus?«

Doch Albus, dessen grüne Augen nicht weniger skeptisch zurückschauten, schien sich nicht an ihrer Verwunderung, geschweige denn der Unterbrechung, zu stören. »Hast du schon davon gehört, dass James wieder eine seiner Partys gibt? Dieses Wochenende.« Ungehindert fuhr der junge Mann mit seinem begonnenen Satz fort.

»Selbstverständlich«, hätte sie ihm antworten können, schließlich gehörte es zum guten Ton, wenn man sich auf einer der bereits als legendär verschrienen Feierlichkeiten ihres Cousins blicken ließ. Allerdings hielt Rose nicht viel von solchen Anlässen. Ihr Interesse galt vornehmlich dem Bewältigen der Hausaufgaben, der Aufsätze und der vielen anderen Tätigkeiten, die für eine gute Ausbildung und Bildung wichtig waren. Doch statt ihr bestehendes nicht-Interesse verbal kundzutun, zuckte sie eher lieblos und gelangweilt mit den zarten Schultern.

»Gibt James nicht beinahe jedes Wochenende irgendeine Party?«, fragte Rose stattdessen und machte nun keinen Hehl daraus, reizlos und unüberrascht zu klingen. Nun war es Albus, der, trotz allem, mit den Schultern zuckte und ihre Worte mit einem Handwisch abtat.

»Nein, nicht jedes Wochenende, Rosie. Aber du musst mitkommen! Dieses Mal, bitte.« Albus' Hartnäckigkeit quittierte sie mit dem verdrehen der Augen.

Bis zum heutigen Tage hatte sie sich strikt geweigert, auch nur einen Fuß in den dritten Stock zu setzen, auf dessen Ebene für gewöhnlich James Potters Feiern stattfanden. Rose kannte den älteren der Potter-Geschwister und allein diese Tatsache war es, die sie dazu bekräftigte, nicht mit von der Partie zu sein.

»So, wie ich James kenne, wird es garantiert feucht-fröhlich zugehen, hm?« Die Frage war so überflüssig, wie ein Fisch auf dem Trockenen. Mittlerweile hatte es auch die junge Frau vorgezogen, die Arme vor der Brust zu verschränken, dennoch schaffte sie es gekonnte, sich nicht allzu sehr zu verknoten, um ihre Brille mit einem Zeigefinger wieder richtig auf ihrem Nasenrücken zu platzieren. Rose Weasley konnte sehen wie ein Adler, trotzdem war sie seit ein paar Jahren der Ansicht, dass ein Gestell auf der Nase ihrem Aussehen noch mehr Intelligenz verlieh. Dass sie dabei eher dem In-Begriff Nerd eine neue Steilvorlage bot, kümmerte sie wenig. Die Gläser waren aus reinem Fensterglas, dennoch hatte sie darauf bestanden, dass diese entspiegelt waren. Eitelkeit dem, dem die gebührt, wenn auch nur im kleinen Rahmen.

»Al«, begann Rose langsam und schien nach den richtigen, wohlüberlegten Worten in ihrem Kopf zu kramen, »du weißt doch, dass so was eigentlich nichts für mich ist.«

Unbeeindruckt zuckte Albus abermals mit den Schultern. Das unausgesprochene »Ich weiß«, behielt er für sich.

»Ich wäre aber nicht der Einzige, der will, dass du dabei bist«, meinte er leichthin, ohne die Folgen seines Fauxpas zu bedenken.

»Möchte. Der Einzige, der möchte, dass ich dabei bin«, korrigierte sie ihn grinsend und demonstrierte ihm so wieder einmal ihre Überlegenheit.

»Besserwisserin«, zischte Albus und verdrehte jedoch grinsend die Augen. »Wie dem auch sei. Es gibt eine Menge Leute, die dich auf den Partys vermissen.«

»Albus, wirklich, ich weiß nicht ob ... Wer sollte mich denn da vermissen?« Rose rügte sich, an seinem Haken angebissen zu haben.

»Eine Menge Leute, wie ich schon sagte.« Albus ließ ein beiläufiges Zucken der Schultern erkennen. »Wolltest du nicht essen gehen?«

Verdutzt und perplex blinzelte Rose, biss sich auf die Lippen und grübelte noch immer über seine Worte nach. Abgesehen von ihren engsten Verwandten und Freunden, die sie vertrösten konnte, gab es niemanden, dem sie auffallen würde oder der ihr aufgefallen war, um sich über ihr Fernbleiben zu beschweren.

»Ja«, entkam es ihr langsam und ebenso andächtig setzte sie sich in Bewegung. »Kommst du nicht mit?«

»Nö«, gab Albus lässig klingend zurück, »ich warte noch auf Scorpius.«

»Hätte ich mir denken können, du Verräter«, grinste sie und gab ihm einen kleinen Knuff in die Schulter. Seit einem guten halben Jahr hatte es sich Albus zur Angewohnheit gemacht, bei den morgendlichen, mittaglichen und allabendlichen Essen nicht wie üblich am Gryffindor-Tisch Platz zu nehmen, sondern sich zu seinem besten Freund Scorpius Malfoy zu gesellen, der dem Hause Slytherin angehörte.
 

»Hey Rose, James hat mich auf seine Party eingeladen.« Hugos Augen strahlten vor Freude, als er von seinem Porridge abließ und zu seiner Schwester aufsah, die sich soeben an ihrem Stammplatz niederlassen wollte.

Rose jedoch zuckte mit den Schultern und vermochte nicht den Enthusiasmus Hugos zu teilen, stattdessen warf sie einen mahnenden Blick auf den hochgewachsen James, der am Kopfende des langen Haustisches saß und sich siegessicher durch die dunklen Haare fuhr.

Ein schiefes Grinsen legte sich auf ihre Züge, da sie sich unweigerlich an die Worte ihrer Mutter erinnerte die besagten, dass Onkel Harry diese Angewohnheit auch heute noch nicht ablegen konnte und diese sich nun auf den ältesten der Potter-Sprösslinge übertrug.

»James, das ist albern. Hör auf damit! Es wird langweilig«, wandte sich Rose an ihren Cousin, da die meisten Mädchen, wie sie hoffte, nicht mehr darauf reagierten.

»Komisch, manche Mädels finden es immer noch sexy, wenn ich das mache«, höhnte James mit breitem, einladenden Lächeln.

»Wo ist Al?« Hugo wandte sich dem Essen zu, dennoch bemerkte Rose die leichte Tendenz seinerseits zur aufkommenden Wut.

»Der wartet noch auf Malfoy«, meinte Rose leichthin und griff nach dem Brotkorb vor sich, der geduldig auf seinen Einsatz wartete.

»Malfoy? Schon wieder?«, zischte Hugo, keinen Hehl aus seiner Abneigung machend.

»Immer noch«, mischte sich James ein und beugte sich über den Tisch in Roses Richtung, um ihr entgegen zu grinsen.

»James, du hast Butter am Kinn.« Lily, die Jüngste der Potter-Kinder, gab sich die Ehre und gesellte sich nun zu ihren Verwandten.

»Ah, Lilylein, meine Lieblingsschwester«, entwich es James gedehnt, hörbar übertrieben und überschwänglich. Lily jedoch steckte ihm die Zunge heraus.

»Ich bin ja auch deine einzige Schwester«, erklärte sie und nahm Rose gegenüber Platz, jedoch nicht, ohne die feuerrote, hüftlange Mähne über ihre schmalen Schultern zu werfen.

»Warum sitzt Al eigentlich immer bei den Slytherins? Scorpius könnte doch auch bei uns sitzen, nicht wahr, Rosie?«, fragte Lily und reckte den Hals, um über die Tafel und zwischen die kleine Lücke spähen zu können, die sich zwischen Rose und ihrem Bruder auftat.

Rose hielt in ihrem Tun, die kleine Scheibe Brot mit Butter zu bestreichen, inne und blickte auf.

Ihre Ahnung hatte sich bestätigt, denn obschon Lily belanglos daher zu plappern pflegte, war ihr Blick als provozierend zu bezeichnen.

»Heuchlerin« Rose verpackte ihre Wut jedoch in einen neutralen Gesichtsausdruck.

»Vielleicht ist die Luft dahinten besser«, erwiderte sie, die Schultern zuckend und biss von dem Brot ab. Lily ließ das Gespräch so schnell fallen, wie sie es aufgenommen hatte und wandte sich ihrem großen Bruder zu.

»Ich darf doch mit auf deine Party, oder? Bitte James! Ich bin doch jetzt alt genug.«, Sie warf James den bettelnden Blick zu und klimperte ein paar Mal gespielt reizend mit den getuschten Wimpern. Es war ein Leichtes für die jungen Damen, James Sirius Potter um den Finger zu wickeln.

»Kommst du auch?«, fragte Lily zuckersüß ihr Interesse auf Rose ausrichtend, doch diese fand ihr Marmeladebrot um ein Vielfaches interessanter.

»Selbstverständlich kommt Rose mit!« Albus war, mit Scorpius Malfoy im Schlepptau, an den Gryffindor-Tisch gekommen und ließ sich prompt neben seine Cousine auf die lange Holzbank fallen. Rose verschluckte sich beinahe an dem Bissen in ihrem Mund und funkelte ihn wütend an.

»Ich habe doch noch gar nicht zugesagt«, presste sie hervor und versuchte, nicht in die Nähe ihres Cousins zusehen, da ein bestimmter Slytherin immer noch daneben stand.

»Doch, hast du!«, meinte Albus grinsend und zwinkerte iht zu jetzt. Rose verdrehte die Augen und verfluchte die Beharrlichkeit ihres Cousins, der sich solcher Frechheiten bediente.

»Kommt der auch?«, mischte sich Hugo ein, nickte mit den Kopf in Scorpius Richtung und tat dennoch so, als ob dieser gar nicht präsent wäre. Albus, der sich nun wieder von der Bank erhoben hatte, legte einen Arm um Scorpius´ Schulter.

»Selbstverständlich kommt Scorp mit. Das wird er sich doch wohl nicht entgehen lassen, oder?«, grinste Albus zu seinem Kumpel auf, der ihn um einen halben Kopf überragte. Doch dieser hatte nur einen abschätzigen Blick für den kleinen Weasley übrig. Bis jetzt hatte der Slytherin noch nicht ein Wort gesprochen und Rose vermied es noch immer, in die Richtung des blonden Jungen zu sehen. Doch Lily war es, die sich extra weit über den Tisch, sodass man gar nicht anders konnte, als sie anzustarren und strahlte den Malfoy-Erben an.

»Du kommst also auch?«, fragte Lily hoffnungsvoll und warf Scorpius bewundernde Blicke zu.

»Na ja...«, meinte dieser langsam und sah sich um. Sein Blick blieb erst an Hugo hängen, der ihn weiterhin wütend anfunkelte und dann sah er zu Rose, die von ihm jedoch keine Notiz zu nehmen schien.

»In Ordnung«, sagte Scorpius jetzt und Rose schnaufte verächtlich, »es sei denn, ich bin nicht erwünscht?«

»Ach, das ist doch Drachenmist! Du kommst mit, oder James?«, fragte Albus jetzt und James nickte zustimmend. Lily stieß einen leisen Jubelschrei aus. Während Scorpius und Albus bereits den Slytherin-Tisch ansteuerten.
 

Als auch Hugo sein Essen beendet und James alle Hände voll zu tun hatte, eine Traube von jungen Mädchen zu unterhalten, beugte sich Lily erneut über den Tisch. Der Reißverschluss ihres blutroten Cardigans war inzwischen wieder an eine nicht so offenherzige Stelle gerückt. Rose löffelte ihren Pudding und machte einen vielbeschäftigten Eindruck.

»Er ist doch süß, oder?«, fragte sie und klang sehr aufgeregt. Rose nahm den Löffel aus dem Mund und starrte irritiert zu dem Mädchen herüber. Die Sommersprossen auf dem Gesicht der vierzehnjährigen Gryffindor, die sie so vehement versuchte, diese unter einer Schicht Make-up zu verstecken, schimmerten auf ihrer sonst so makellosen Haut.

»Wer?«, mit einer emporgezogenen Augenbraue ließ Rose nicht von ihrer Verwirrtheit ab.

»Na wer schon? Scorpius Malfoy natürlich!«, sagte Lily und kicherte mädchenhaft. Rose schwieg, doch eine plötzlich Hitze stieg in ihr auf. Sie betete, dass Lily die Röte nicht bemerken würde.

»Er ist so groß, und so... hach. Schade, dass er in deinem Jahrgang ist!«, meinte das Fräulein Potter erst schwärmerisch, doch dann verdüsterte sich der Klang ihrer Stimme. Rose sagte immer noch nichts, sie biss sich krampfhaft auf die Lippen.

»Was ist los Rosie?«, erkundigte sich Lily, doch die Besorgnis in ihren Worten zeugte nicht einmal annähernd von Unruhe.

»Es ist alles bestens, wirklich!«, presste Rose zwischen den Lippen hervor und versuchte sich übertrieben freundlich ein Lächeln abzuringen.

»Ich denke, ich frage ihn...«, setzte Lily schwärmend nach und überging die hastige Bekundung von Roses Gemütszustand.

»Wen? Was?«, hakte diese erschrocken nach.

»Na Scorpius. Ich werde ihn fragen, ob nicht mit mir gemeinsam auf die Party gehen will.«, meinte Lily aufgeregt, sprang von der Bank auf und eilte ihrem Bruder und dessen bestem Freund hinterher.

Rose saß nun beinahe allein am Gryffindor-Tisch, einzig James war noch da, doch der schien sehr beschäftigt, da mindestens fünf Mädchen um ihn herumstanden und er es irgendwie schaffte, noch drei Damen in den Armen zuhalten.

Seufzend schlurfte Rose aus der Halle und stieg die Stufen zum Gryffindor-Turm hoch. Vor dem Portal herrschte reges Treiben, da sie drei ihr mehr oder weniger bekannte Stimmen vernahm.

»Ich kann ihn nicht ausstehen!«, hörte Rose ihren Bruder rufen.

»Na und? Dann frage ich ihn eben noch mal! Außerdem ist er Al´s bester Freund.«, protestierte Lily, hatte die Hände in die Hüften gestemmt und stritt mit Hugo.

»Was ist denn los?«, Rose erklomm die letzten Stufen, sah Albus mit dem Rücken zu ihr auf dem Absatz stehen und dieser schüttelte verständnislos das kohlrabenschwarze Haupt.

»Lily hat Scorpius gefragt, ob er mit ihr zu James Party geht, doch bis jetzt hat er sich noch nicht geäußert, zumindest nicht, dass er mit ihr dahin will.«, meinte Albus und deutete kopfnickend in die Richtung seiner kleinen Schwester. Rose spürte, wie sich in ihrem Hals plötzlich ein Kloß zu bilden schien, hastig schluckte sie ihn herunter.

»Alles okay?«, fragte Al leise und blickte neben sich.

»Ja... klar!«, meinte Rose hastig und ebenso flüchtig grinsend, während Hugo und Lily weiterhin in ihren Streit vertieft waren.

»Er kommt aber mit!«, brüllte Lily mit lauter Stimme und Röte kroch bereits ihre blassen Wangen hinauf.

»Er will aber nicht mit dir dahin!«, keifte Hugo zurück und betonte jedes einzelne Wort. Dem Mädchen stiegen bereits Tränen in die Augen, hastig drehte sie sich um und stapfte, ohne einen weiteren Laut von sich zu geben, durch das Portrait der fetten Dame.

»Ich kann ihn trotzdem nicht leiden!«, meinte Hugo die Arme trotzig vor der Brust verschränkend.

Dann warf er einen entschuldigenden Blick auf Albus und Rose, ehe er ebenso durch das Portrait schlüpfte. Die vornehme Blässe auf Wangen und Nase des Mädchens sah Albus als Anlass, sie besorgt anzusehen.

»Was ist denn los? Raus damit, Rose! Nun sag schon!«, drängte er leise und stupste sie leicht in die Seite. Doch Rose zog es vor, ihm mit Schweigen zu antworten.
 

Murrend warf sich Rose auf ihr Bett, nachdem sie ausgiebig geduscht hatte. Ihr nun mehr gerötetes Gesicht bildete einen starken Kontrast zu den weißen Kissen, das in diesen verschwand. Das rotbraune, noch immer feuchte Haar breitete sich strähnig um ihren Kopf aus.

Sie war allein, da ihre Zimmerkameradinnen und gleichzeitig besten Freundinnen noch ihre Aufsätze für Zaubertränkeschreiben mussten und sie ihren bereits vor einer Woche fertiggestellt hatte. Doch je mehr Energie sie verschwendete, um sich mit etwas anderem abzulenken, ließ sich ein Thema partout nicht abschütteln:

Musste sie wirklich auf diese Feier?

Bis jetzt hatte sie sich immer herausreden können. Fadenscheinige Ausreden wie Hausaufgaben machen oder im Gewächshaus aushelfen stellten kein Problem für sie dar. Ein Pochen an der Tür war es jedoch, dass sie aus ihren Überlegungen riss. Müßig tapste sie zur Tür und zu ihrem Erstaunen stand Lily vor ihr.

»Lily? Was willst du denn hier?«, wollte Rose zögernd und gleichzeitig überrascht wissen. Ohne eine Antwort marschierte Lily an ihrer Cousine vorbei und warf sich auf eines der Betten.

»Komm rein, setzt dich!«, schnappt Rose und folgte dem Mädchen mit ihren Blicken, doch Lily schwieg immer noch. Sie streckte sich auf dem Bett, das ihrer Zimmerkameradin Candeetha McLaggen gehörte, aus und sah zu dem dunkelroten Baldachin hinauf.

»Ich verstehe das nicht!«, meinte sie plötzlich, warf die Beine in die Luft, nur um sich dann im nächsten Moment auf zusetzten. Ihre roten Haare wirbelten herum. Rose hatte sich in der Zwischenzeit auf ihr eigenes Bett niedergelassen und starrte wütend zu dem Mädchen herüber, dem Höflichkeit noch nicht einmal im Traum erschien war.

»Rose, das ist so gemein!«, jammerte Lily in weinerlichem Ton, doch Rose schnaufte nur. »Findest du nicht?«

»Wieso?«, hakte Rose nach, versuchte eine Unschuldsmiene aufzusetzten und widerstand Lilys prüfendem Blick.

»Na ja, zuerst einmal wäre da Hugo und was er sich heraus nimmt!«, blaffte Lily, doch Rose zuckte nur mit den Schultern. »Wieso sagst ihm denn nicht, dass er das lassen soll?«

»Warum sollte ich? Er ist alt genug.«, gab Rose trocken zurück und missachtete die immer dunkler werdende Farbe auf dem Gesicht ihrer Cousine, die jeden Moment zu platzen drohte.

»Du hast recht, Rosie!«, schnell besann sich Lily und fuhr dann mit einem siegessicheren Klang in der Stimme fort. »Außerdem werde ich Scorpius schon dazu kriegen, mit mir auf die Party zu gehen!«

Rose haderte einen Augenblick mit sich, doch dann nahm sie all ihren Mut zusammen.

»Lily...«, begann sie langsam und überlegte einen Moment, ehe sie mit ihrer Erklärung weiter machte, »vielleicht möchte Scorpius gar nicht mit dir dahin, vielleicht möchte er lieber allein auf die Party.«

Das Mädchen starrte ihre Cousine an, als hätte diese gerade in einer anderen Sprache zu ihr gesprochen. Alle Gesichtszüge schienen Lily Luna Potter plötzlich zu entgleiten.

»Wie meinst du das?«, fauchte sie ungehalten, kniff die Augen zu Schlitzen zusammen und ignorierte das Gestammel und Gestotter, das an ihre Ohren drang.

»Vielleicht ist er nur schüchtern.«, meinte Rose, zuckte mir den Schultern und zwang sich zu einem entschuldigenden Lächeln, ehe sie leise an sich selbst gewandt hinzufügte: »Oder will nicht mit dir dahin.«

»Ein Grund mehr die Initiative zu ergreifen und mein Angebot anzunehmen!«, erklärte Lily und schien den Kern der Aussage nicht ganz erfasst zu haben.

»So ein hübsches Mädchen wie du, ist doch viel zu schade für so einen Typen, findest du nicht?«, der Versuch der jungen Gryffindor, ihre Cousine auf eine andere Schiene zu bringen, misslang. Rose zwang sich abermals zu einem Lächeln, das den schweren Brocken in ihrem Hals verstecken sollte, doch als sie Lilys Blick auf sich spürte, starrte diese nur giftig zu ihr herüber.

»Ich weiß was du vorhast, Rose Weasley! Aber ich werde mit ihm dahin gehen!«, zischte die junge Frau und Rose blickte perplex drein.

»James hat es mir erzählt.«, fauchte Lily und redete sich bereits gekonnt in Rage.

»Was denn?«, wollte Rose wissen, da sie sich auf Lilys aufkeimende Wut keinen Reim machen konnte.

»Deshalb warst du in den letzten Wochen immer so komisch«, knurrte Lily und warf ihre rote Haarpracht über die Schultern und den Kopf in den Nacken, »du bist in Malfoy verknallt!«

Diese Anschuldigung traf sie wie ein Blitzschlag und Rose klappte der Mund auf. Wie vom Donner gerührt brachte sie es kaum fertig zu atmen, doch die Röte, die sich ihren Weg auf ihre Wange bahnte, konnte sie nicht unterdrücken. Der Versuch, den Kopf zu schütteln, ging in einer erneuten Salve von Worten und Unterstellungen unter.

»Siehst du, du streitest es ja nicht einmal mehr ab!«, stellte Lily, klug wie sie war, fest und Tränen begannen sich in ihren Augen zu sammeln. Rose wusste nicht, was sie sagen sollte.

War sie etwa in Scorpius Malfoy »verknallt«, wie Lily es so plump ausgedrückt hatte?

Diese schüttelte nun den Kopf, sprang aus dem Bett auf und hastete zur Tür. Als sie die Klinke in der Hand hatte, drehte sie sich noch einmal um, um ihrer Cousine ins Gesicht zu sehen.

»Ich kriege ihn schon dazu, verlass dich drauf.«, sagte sie mit einer Arroganz in der Stimme, die Rose zwar nicht häufig, aber dennoch schon oft vernommen hatte. Damit warf Lily die Tür hinter sich ins Schloss und ließ Rose verwirrt und allein zurück.
 

In zwei Tagen sollte James´ Feier stattfinden, doch die Stimmung unter den Mädchen war nicht gerade die beste. Lily vermied jeden Blickkontakt mit ihrer Verwandten, auch ließ sie ihre Brüder links liegen, abgesehen von Albus.

Da sie vom Ältesten bekommen hatte, was sie wollte, nämlich die Erlaubnis mitfeiern zu dürfen, konzentrierte sich die junge Gryffindor nun darauf, ihren anderen Bruder zu umgarnen, da dieser den engsten und besten Kontakt zum Objekt ihrer Begierde hielt. Doch diesem war der plötzlich Sinneswandel seiner Schwester nicht ganz geheuer, weshalb er seine Lieblingscousine zu Rate zog.

Beide stiegen gerade die Stufen zu den Kerkern hinab, in denen das Fach Zaubertränke unterrichtet wurde, als Albus das Wort an Rose richtete.

»Neuerdings hängt sie nur noch mit mir rum, wenn Scorpius dabei ist!«, gestand der schwarzhaarige Junge. »Wenn er in seinem Gemeinschaftsraum ist, lässt sie mich links liegen.«

Rose Erwiderung darauf war nur ein Schnaufen, ehe sie mit einem mitleidigen Lächeln den Kopf schüttelte.

»Sie hat sich nun mal felsenfest vorgenommen, mit Scorpius auf die Party zu gehen!«, sagte sie knapp und versuchte dem ungläubigen von Albus auszuweichen, ehe sie unter einem protestieren Schnauben die Augen verdrehte. »Sie konnte nicht verstehen, warum sich Hugo so aufgeregt hatte und zum anderen habe ich zu ihr gesagt, dass Scorpius vielleicht lieber allein gehen würde, dass fand sie weniger lustig.«

Rose nachgesetzte Erklärung veranlasste Albus dazu, einen nachdenklichen Ausdruck anzunehmen, ehe er schwach mit dem Kopf nickte.

»Muss ich sonst noch irgendetwas wissen?«, hakte er mit erhobener Augenbraue nach, da Rose traurig auf den Boden starrten und angespannt wirkte.

»Na ja...«, druckste sie herum, »Lily meinte, dass James ihr erzählt hätte, ich wäre in Scorpius verknallt.«

»Ist nicht dein Ernst?«, prustete Albus lautschallend los, doch Rose sah ihn mit einer Spur aus Wut, Mitleid und Verständnislosigkeit an.

»Oh, es war dein Ernst, oder?«, hakte er langsam nach und Rose ließ den Kopf hängen.

»Lily meinte einmal, dass ich wohl viel zu naiv und vertrauenselig wäre. Also, warum sollte ich mir dann Hoffnungen machen?«, wollte sie wissen und ignorierte den schiefen Seitenblick ihres Cousins.

»Na ja, recht hat sie schon, also was die Naivität betrifft. Bei dem Rest wäre ich mir nicht so sicher.«, meinte der Junge grinsend und stupste sie in die Seite. »Wir machen heute Partnerarbeit, ich überlasse dir gern meinen Platz.«

Bei seinem Angebot wurde Rose plötzlich rot um die Nase und eine seltsame Hitze wallte in ihr auf.

»Deine Sommersprossen glühen schon wieder.«, stellte Al kichernd fest und erntete eine Faust, die ihn viel zu lasch auf den Oberarm traf.

»Da seid ihr ja!«, Rose Nase und Wangen würden beim Klang der Stimme noch um einige Nuancen dunkler.

»Wieso kommst du immer so spät?«, fragte Albus lachend und schlug in die von Scorpius dargebotene Hand ein.

»Hey, mein Gemeinschaftsraum ist zwar gleich um die Ecke und normalerweise schaffe ich das auch immer, aber eben da...«, ehe Scorpius seinen Satz beenden konnte, wurden die Schüler bereits gebeten, das Klassenzimmer zu betreten. Albus schob Rose zu dem Platz, an dem er sonst immer seine Arbeit verrichten durfte und erntete einen irritierten Blick von Scorpius als Retour. Doch das verschwörerische Zinkern des Potter-Sprösslings ließ ihn schnell die nötigen Schlüsse ziehen.

Albus gesellte sich zu Margareth "Meg" Brandolph, einer Ravenclaw, mit der Rose immer zusammen arbeitete.

»Na dann wollen wir mal, hm?«, sagte Scorpius und grinste verschmitzt. Rose nickte knapp und zwang sich unter glühenden Wangen zu einem Lächeln. Eigentlich gehörte Zaubertränke zu ihren Lieblingsfächern, doch heute schien es irgendwie nie dazu gehört zu haben. Der Trank, der laut Beschreibung eigentlich in dem schönsten Himmelblau erstrahlen sollte, ähnelte in ihrem Kessel eher einer bräunlichgrünen Masse.

»Warte, ich helfe dir«, bot Scorpius an und zerquetschte die Flohfliegen, die noch als Zutat in den Kessel gehörten.

»Danke«, murmelte Rose leise und bestaunte das Ergebnis als sie sah, dass auch ihr Gebräu genauso bläulich schimmerte, wie das des Slytherin.

»Nichts zu danken«, meinte Scorpius lächelnd und meldete sich, da die Tränke der beiden bereits fertig waren.

»Ah, Miss Weasley, wieder einmal eine hervorragende Arbeit. Gut gemacht, Mister Malfoy.«, lobte Professor Burke und eilte dann weiter zu den nächsten Schülern.

»Hervorragende Arbeit, Miss Weasley.«, äffte Scorpius den Professor nach, jedoch ohne überheblich zu klingen und erntete ein leises Kichern.

»Gut gemacht, Mister Malfoy!«, stimmte Rose mitein, da sie sich endlich ein wenig beruhigt hatte, ehe beide in leises Lach verfielen.

»Also, dann bist du am Samstag auch dabei?«, wollte Scorpius wissen und versuchte es eher belanglos klingen lassen, als sie ihre Bücher zusammenpackten. Rose hielt in ihren Bewegungen inne und blickte zu dem jungen Mann herüber.

»Ja, ich glaube schon«, sagte sie leise, runzelte leicht verwirrt die Stirn und vermied jedoch plötzlich Blickkontakt mit ihm, »aber du gehst doch bestimmt mit Lily, oder?«

In diesem Moment hätte sie sich am liebsten von einer Horde Zentauren überrennen lassen, denn Scorpius warf ihr einen verwunderten Blick zu.

»Meinst du Potter?«, hakte er nach und Rose nickte langsam. Dann zuckte er mit den Schultern.

»Ich weiß noch nicht.«, sagte er knapp, suchte dann schnell den Rest seiner Sachen zusammen und schritt schnellstens aus dem Raum.

»Was war denn los?«, Albus trat an Rose heran und diese zuckte vor Schreck zusammen.

»Ich weiß es nicht. Ich habe ihn nur gefragt, ob er zusammen mit Lily auf die Party geht.«, meinte Rose in traurigem Ton und konnte sich keinen Reim auf Scorpius Reaktion machen.
 

Dass Scorpius ohne ein weiteres Wort einfach verschwunden war, gab Rose zu denken. Mit Spannung fieberte sie dem Abendbrot entgegen um eine Möglichkeit zu finden, eine Entschuldigung für ihre Worte zu finden. Noch immer war es ihr unbegreiflich, warum der Slytherin so hastig davon geeilt war.

»Rose, jetzt renn doch nicht so, als wenn eine Horde Trolle hinter dir her wäre.«, beklagte sich Hugo, der von seiner Schwester in die große Halle gezerrt wurde.

Hastig suchte Rose erst den Slytherin-Tisch ab, ehe sie ihren Blick zum Gryffindor-Tisch schweifen ließ. Nirgends war er zu sehen. Auch Albus war nicht auffindbar.

»Wo sind die denn?«, murmelte sie leise. Hugo hatte sich aus ihren Fängen befreien können und ging schnurstracks auf seinen Stammplatz zu. Rose ließ sich neben ihn fallen.

»Von den Potters ist hier keine Spur zu sehen.«, stellte der kleine Weasley fest und Rose nickte zögernd.

»Hast du dich jetzt endgültig mit Lily gezofft? Um was ging´s denn dieses mal?«, fragte Hugo neugierig und klang gleichzeitig desinteressiert, da ihn Zickereien unter Mädchen eher minder interessierten.

»Um dich«, sagte sie grinsend, betrachtete die verdatterte Miene auf dem Gesicht ihres Bruders und kicherte.

»Wieso um mich? Was habe ich denn gemacht?«, wollte Hugo wissen, doch dann fiel es ihm wohl wieder ein. »Ich kann ihn eben nicht ausstehen. Dad hat gesagt, wir sollen uns nicht so sehr mit ihm anfreunden, weißt du noch?«

Rose verdrehte die Augen, nickte dann aber nur Bestätigung, da sie die Worte ihres Vaters noch gut in Erinnerung hatte.

»Das ist über sechs Jahre her, ich glaube, dass er es mittlerweile verkraften würde.«, verteidigte sich Rose, doch Hugo warf ihr einen fragenden Blick zu.

»Er ist immerhin Al´s bester Freund, oder?«, fragte sie vorsichtig, zuckte aber teilnahmslos mit den Schultern.

»Nach allem, was sein Vater Dad angetan hat?«, zischte Hugo und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.

»Hey...«, machte Rose und nahm ihren Bruder in die Arme und als dieser sich zu wehren versuchte, lachte sie nur. »Dass ist jetzt so lange her. Mum hat gemeint, dass Dad es bestimmt schon vergessen hat.«

Hugo schwieg und zuckte vor Sturheit nicht einmal mit der Wimper.

»Gib ihm doch wenigstens eine Chance!«, bat Rose und erntete nur einen verwirrten Blick von ihrem kleinen Bruder.

»Seit wann bist so auf Malfoy fixiert?«, fragte er und hob skeptisch dreinblickend eine Augenbraue.

»Bin ich doch gar nicht!«, protestierte Rose mit einem misslungenen Lächeln und wehrte seine Spekulationen mit den Händen ab. »Ich meine nur, dass er ja vielleicht nicht so ist, wie sein Vater!«

»Verteidigst du ihn jetzt auch noch? Was habt ihr bloß alle mit diesem Typen?«, fauchte Hugo und seine Miene verfinsterte sich augenblicklich.

»Scher doch nicht alle über einen Kamm, seit wann bist du so verbohrt?«, fragte Rose und stach ihn mit ihrem Zeigefinger bei dem Wörtchen »verbohrt« in die Seite.

»Ich bin nicht verbohrt. Ich finde es nur nicht in Ordnung, okay?«, erwiderte er bissig, schnappte sich sein Brot und machte Anstalten, den Tisch zu verlassen.

Rose ließ ihn gehen, doch so langsam fragte sie sich, wo der Rest der Familie, oder zumindest ein Teil davon, geblieben war. Langsam kaute Rose auf der Scheibe Toast herum, als Lily auf sie zu schritt. Diese achtete jedoch im ersten Moment gar nicht auf sie, bis Lily ihr auf die Schulter tippte. Die Augen des Mädchens funkelten siegessicher und überheblich.

»Er geht mit mir.«, sagte sie knapp, aber dennoch laut und vor allem sehr verständlich. Dann drehte sie sich auf den Hacken um und verließ mit wehendem Haar die große Halle. Die umher sitzenden Schüler starrten zu, Gryffindor-Tisch herüber. Damit war es also offiziell. Lily würde mit Scorpius auf die Feier vom Ältesten der Potters gehen. Sie hatte es also geschafft.

Rose atmete tief ein und aus, doch der Hitze, die augenblicklich durch ihren Körper kroch, vermochte sie nicht entkommen.

»Dieses kleine Biest«, fluchte Rose innerlich, obwohl sie eher selten von solchen Worten Gebrauch machte. Plötzlich bemerkte sie Tropfen, die auf ihren Pullover fielen. Regnete es etwa hier drinnen? Nein, die Decke schien trocken und erst dann merkte sie, wie ihr die Tränen von den Wangen liefen und die Gläser ihrer Brille beschlugen. Hastig wischte sie diese fort und rannte aus der Halle, vorbei an ihren Freundinnen, die ihr nach riefen und verdutzt zurückblieben.
 

»Rose, du kannst nicht ewig da drinnen bleiben! Und wir wissen, dass du hier drin bist, McLane hat es mir gesagt«, Albus klopfte gegen die Kabinentür einer den Mädchen Toiletten. Auch Hugo stand neben ihm, der sich immer wieder nervös umschaute.

„Eigentlich hat sie es mir gesagt», meinte Hugo, doch Albus tat seine Worte mit einem Schnalzen der Zunge ab.

»Haut ab! Ich komme nicht mit!«, blaffte Rose unter Tränen durch die Tür.

Den Freitag hatte sie gerade so überstanden. Auch wenn es sie tief verletzte, da Gryffindor und Slytherin die meisten Unterrichtsfächer gemeinsam bestreiten mussten und sie sich so ständig mit Scorpius konfrontiert sah. Jetzt war es Samstagabend und in weniger als einer Stunde stieg die Party.

»Warum hast du sie nicht davon abgehalten?«, schrie sie durch die Tür und Albus wusste genau, dass die Schimpftirade ihm galt.

»Ich hatte doch keine Ahnung. Sie muss ihn irgendwann abgepasst haben. Es tut mir leid, Rosie!«, versuchte Albus seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, während Hugo die Augen verdrehte und nur einen schnaubenden Laut für diese Szene übrig hatte.

»Halt du dich daraus, Hugo Weasley!«, brüllte sie weiter und fuhr sich fahrig mit den Händen über die geröteten Wangen. Seufzend nahm Albus seinen Zauberstab, richtete ihn auf die Toilettentür und murmelte ein leises »Alohomora«, sodass das Schloss leise klickend aufsprang. Rose saß auf dem Klodeckel und wischte sich die Augen.

»Verschwindet!«, nuschelte sie, da Geheule und Gekeife an ihren Kräften gezehrt hatten.

»Lass dir mal was Neues einfallen, Schwesterherz!«, meinte Hugo, quetschte sich in die Schmale Kabine und zog seine Schwester mit sich aus dem engen Raum. »Jetzt sieh dich doch mal an.«

Er zerrte sie vor einen der Wandspiegel. Widerwillig musste Rose feststellen, dass Hugo Recht hatte.

Sie sah zum Fürchten aus! Einfach schrecklich. Gerötete Augen, Tränenspuren auf den Wangen. Dann sah sie ihren Cousin an, der sich schnellstens wegdrehte.

»Ihr seid schon umgezogen?«, fragte sie schniefend. »Ihr seid so gemein.«

»Ach, hetzt´ uns doch ´nen Fluch auf den Hals!«, meinte Al gelangweilt, doch das Schmunzeln auf seinen Lippen verriet ihn. Jetzt lachte Rose, ein wenig zumindest, da ihre Mundwinkel kurzweilig zuckten.

»Also los, komm!«, forderten Al und Hugo wie aus einem Mund. Sie zwangen Rose, sich bei ihnen einzuhaken und schleiften sie in den Gryffindor-Gemeinschaftsraum.

»Du hast fünfzehn Minuten, Rosie!«, meinte Hugo, als sie sie die Stufen zu den Mädchenschlafsälen hochtrieben und diese nickte zaghaft. Voller Übereifer rannte sie von Duschraum zum Kleiderschrank im Wechsel. Zwischen Gesichtwaschen und Strumpfhose überstreifen kam plötzlicher Unmut in Ihr auf. Warum tat sie das?

Mut- und kraftlos ließ sie sich auf ihr Bett sinken. Das jadegrüne Kleid, welches sie sich für alle Fälle hatte von ihrer Mutter schicken lassen, lag ausgebreitet neben ihr. Die schmalen Sandalen standen am Fußende des Bettes und warteten nur darauf, endlich getragen zu werden.

»Was mach ich denn hier?«, fragte sie sich leise, vergrub ihr Gesicht in den Händen und seufzte laut auf.

Von unten her hörte sie ihren Cousin nach ihr rufen. Beinahe hätte sie ihm entgegen gebrüllt, dass sie nicht den Mut aufbrachte und sich nicht die Blöße geben wollte, dort aufzukreuzen, doch plötzlich wurde die Tür aufgedrückt. Fast wäre Rose vor Schreck vom Bett auf den harten, steinernen Boden geknallt. Suzie Fawcett schlich sich durch die Pforte und schloss diese ebenso leise, wie sie sie aufgedrückt hatte.

»Albus meinte, dass du vielleicht Hilfe brauchst.«, meinte Suzie und lächelte sie mitleidig an.

»Oh, Sue«, entkam es Rose mit schwacher Stimme, als die junge Frau auf sie zuschritt. Anscheinend war sie auch mit von der Partie, denn das blutrote, bodenlange Kleid stand dem jungen Mädchen mit den blonden Locken ausgezeichnet.

»Du siehst toll aus.«, brachte Rose leise aber anerkennend hervor.

»So wirst du auch gleich aussehen, Rosie. Und die nehmen wir erst mal ab!«, meinte Suzie und griff vorsichtig nach den Bügeln der Brille, die noch immer auf Roses Nase verweilte. Ihre Freundin legte sich mächtig ins Zeug, um aus der verheulten, mürrischen Rose, eine ansehnliche Erscheinung zu machen. Ein bisschen Make-Up hier, ein wenig Kajal dort. Parfum und eine angemessene Frisur rundeten das Erscheinungsbild der jungen Frau ab.

»Ich bin ganz neidisch, Rose!«, kicherte Suzie, als sie Rose die Treppe herunter führte.

»Und du meinst, dass die hält?«, Rose griff nach ihrer rotbraunen Haarpracht, die in Locken aufgesteckt wurde. Albus und Hugo staunten nicht schlecht.

»Liegt das am Licht oder seit ihr beide gerade rot geworden?«, fragte Suzie lachend und schob die Drei aus dem Gemeinschaftsraum.
 

Laute Musik war bereits in den Fluren des dritten Stocks zu vernehmen. Der Raum der Wünsche diente als perfekter Ort für Anlässe dieser Art. Ein paar Feierlustige standen schon mit Getränken auf dem Gang, lachend und scherzend. Suzie verabschiedete sich von den Dreien und stürzte sich ins Getümmel.

»Also los, Rose!«, meinte Albus, reichte ihr seinen Arm und auch Hugo wurde mit in den großen Raum geschleift. Rose schluckte. Neben dichten Nebelschwaden, die sich um die Tanzfläche wogen, hatte James an viele kleine Tische gedacht, einer Lounge, in der sich der Meister persönlich lümmelte und sogar eine Art Bar war vorhanden.

»Da sind sie«, meinte Hugo, zog Rose an ihrem Arm auf seine Höhe und deutete auf Lily, die lauthals und übertrieben lachte, während Scorpius nur ein knappes Schmunzeln für die Situation übrig hatte.

»Ich geh´ mich mal um die Musik kümmern! Zu dieser Katzenmusik kann doch keiner tanzen.«, meinte Albus und ging auf das Podest zu, auf dem die Musikanlage stand. Hugo warf seiner großen Schwester einen beschwörenden Blick zu, die nur den Kopf schüttelte.

»Ich trau mich nicht.«, gestand sie, doch der Junge schnaubte verächtlich.

»Bist du eine Gryffindor, oder ein Hasenfuß?«, provozierte er, doch Rose sprang nicht auf den Zug auf, im Gegenteil. Entmutigt ließ sie den Kopf hängen.

»Ähm, da ist Josie Carter...«, Hugo deutete auf ein Mädchen mit schwarzen Haaren und einem veilchenblauen Kleid.

»Ravenclaw, schätze ich.«, riet Rose, doch ihr Bruder schüttelte den Kopf.

»Nein, Hufflepuff.«, gestand er leise und seine Ohren begannen unweigerlich zu glühen.

»Na los, geh schon. Du Aufreißer!«, spottete Rose und schob ihren Bruder von sich.

»Wenn es dir nichts ausmacht?«, fragte er vorsichtig und Rose schüttelte hastig den Kopf. Hugo strahlte, anscheinend war ihm die Tatsache, dass Scorpius Malfoy ebenfalls im Raum war, nun völlig egal. Etwas unsicher schaute sich Rose im Raum um. Viele waren wohl aus James´ Jahrgang, immerhin verließ er Hogwarts dieses Jahr. Rose entschloss sich dazu, Albus ein wenig unter die Arme zu greifen. Also quetschte sie sich an den tanzenden Feierwütigen vorbei. Zu ihrem Glück, mehr oder weniger, stand Scorpius bei seinem Kumpel, ohne Lily. Rose tat so, als würde sie den Slytherin gar nicht bemerken, sondern mühte sich um gute Laune und fiel in das Gespräch der Jungen ein.

»Hey Al, leg doch mal was anderes auf!«, rief Rose lachend zu ihrem Cousin hinauf.

»Und das wäre? Die Stones, oder was?«, fragte Albus grinsend zurück. Scorpius schien das Wortgefecht der Beiden höchst amüsant zu finden.

»Hi.«, sagte er knapp an Rose gewandt, deren Miene gespielte Überraschung zierte.

»Hi.«, gab sie zurück und versuchte ihn, so gut es ihr möglich war, zu ignorieren.

»Du stehst auf die Stones?«, brüllte Scorpius gegen die Musik an und erntete ein kurzes Nicken.

»Du nicht?«, fragte Rose lachend zurück und hoffte innerlich, dass Lily sie nicht bemerken würde. Scorpius grinste und deutete hinter sich auf die Sitzgruppe.

»Bist du dir sicher?«, fragend zog sie die Augenbrauen zusammen.

»Ist doch ziemlich laut hier.«, meinte Scorpius und ließ seine beiden Zeigefinger um seine Ohren kreisen, um so den Lärm besser demonstrieren zu können.

»Ihr zwei steht ja auch genau vor den Boxen!«, unterbrach Albus das Gespräch in trockenem Ton und lachte. Rose nickte und folgte dem Jungen.

»Ein wenig leiser ist es schon.«, stellte Rose fest und winkte James zu, der gerade ziemlich beschäftigt schien, ehe sie sich auf das weiche Polster der Couch sinken ließ, die sich bereits in ihre Kniekehlen bohrte.

»Wow, gleich mit zwei Mädchen?«, fragte Scorpius, nahm neben ihr Platz und lächelte schief.

»Es wird ihm fehlen, glaube ich.«, meinte Rose und nahm nun endgültig den Blick von ihrem älteren Cousin.

»Kann schon sein.«, sagte er erst mit einem Lächeln in der Stimme, ehe ebendiese zu Eis gefrieren schien. »Warum warst du gestern so abwesend?«

Die Verwirrung in ihrem Gesicht nahm er als Anlass, mit seinen Ausführungen fort zu fahren: »Na ja, du hast weder »Hallo« noch »Hi« oder so was in der Art gesagt. Habe ich irgendetwas gemacht, dass dich verärgert hat? So bist du doch sonst nicht.«

Rose, die erst nervös ihre Finger im Schoß geknetet und den Kopf gesenkt hatte, blickte plötzlich auf.

»Und wie bin ich dann, deiner Meinung nach?«, blaffte sie plötzlich, ehe sie zu bemerken schien, dass sie ihn nicht so hätte anfahren dürfen. Ihre gemurmelte Entschuldigung nahm er mit skeptischem Blick hin.

»Mir ging es nicht besonders gut.«, gab Rose wahrheitsgemäß zu und schien noch tiefer in die Couch hineinzusinken, ehe sie das mitleidige Zugeständnis in Form eines kleinen Nickens seitens Scorpius wahrnahm.

»Es hat mich nur überrascht, weil du eigentlich immer nett und freundlich bist und ich nicht verstanden habe, warum du plötzlich so anders warst.« erklärte er und das Mädchen zwang sich zu einem kleinen, zaghaften Lächeln. »Wenigstens bist du nicht so aufdringlich wie manch andere Leute.«

Rose warf ihm einen fragenden Blick zu, der ihm bedeuten sollte, ihr den Sachverhalt näher zu erläutern.

»Diese Lily kann einem ja ganz schön zusetzen. Ziemlich verbissen und hartnäckig.«, ein angespanntes Lachen entfloh ihm, ehe er die Hände im Schoss zusammenfaltete. Scorpius hatte nicht bemerkt, wie sehr er Rose damit verletzte, dass er das Thema auf Lily gelenkt hatte.

»Und, wo ist Lily jetzt?«, fragte sie eher gegen ihren Willen, beinahe musste sie die Worte hervor würgen, doch die Neugierde ließ ihr keine Ruhe.

»Keine Ahnung», gab Scorpius zu und zuckte mit den Schultern, „irgendwo. Ich habe zu ihr gesagt, dass ich mit ihr zwar hier her gehen würde, doch den Abend eigentlich lieber allein wäre.«

»Ist das dein Ernst?«, hakte Rose nach und der junge Mann nickte.

»Ja, eigentlich wollte ich sowieso nicht kommen.«, gestand er.

»Und warum bist du dann hier?«, wollte Rose nun endlich wissen.

»Damit sie mir nicht wieder auflauert, wenn ich mal meinen Bedürfnissen nachgehe!«, gab Scorpius lässig klingend zurück, verlieh seinen Worten aber mit viel sagender Mimik genug Ausdruck, um ihr seinen Umstand klar zu machen.

»Oh... OH!«, endlich schien sich das Mosaik in ihrem Kopf zusammenzufügen. »Sie hat dir auf der Toilette aufgelauert?«

Seine Antwort auf ihre Frage war ein lautes Lachen.
 

Der Begriff »Small Talk« schien durch sie neue Maßstäbe zu bekommen. Eher belanglose Themen wie die Lehrerschaft, der Unterricht oder das Wetter wurden auf wundersame Weise plötzlich so erheiternd, dass Rose das Gefühl überkam, ewig mit dem Jungen über solch Banalitäten reden zu können. Doch als sie auf die Musik zu sprechen kamen, schien Scorpius gerade erst in Fahrt zu kommen.

»Mein Vater kriegt jedes mal die Krise, wenn ich AC DC in unserem Haus aufdrehe.«, lachte er und auch Rose stimmte mitein.

»Er scheint ja ziemlich streng zu sein.«, wagte sie die Vermutung, nachdem sie etwas verschnauft hatte.

»Nein, er ist eigentlich ganz okay, ein bisschen altmodisch vielleicht.«, sagte Scorpius mit einem Schulterzucken und blickte dann etwas verstohlen auf seine Uhr. »Wow, schon drei Stunden. Rose, wir sind ja richtig gut.«

Seine Worte veranlassten die junge Frau dazu, aufzulachen. Die Erkenntnis, dass sie sich schon drei Stunden lang unterhielten, ohne das auch nur eine Pause entstanden war, oder sie gestört wurden, traf sie zwar etwas unvorbereitet, doch Rose hatte absolut nichts daran auszusetzen. Etwas nervös war sie dennoch, als sie bemerkte, dass der junge Mann sie mit einem seltsamen Blick bedachte.

»Was ist?«, wollte Rose wissen und rügte sich in diesem Moment jedoch dafür, wie ein kleines, aufgeregtes Mädchen zu klingen.

»Wo ist deine Brille?«, neugierig suchte Scorpius in ihrem Gesicht danach, ehe er sie mit einem schiefen Lächeln noch mehr aus dem Konzept brachte.

»Die... die habe ich eigentlich... also ich brauche sie eigentlich nicht, nicht wirklich.«, gestand sie und kam sich eine Ameise unter einem Brennglas bei herrlichstem Sonnenschein vor. »Sie ist auch nicht echt. Also doch, ja, sie ist schon echt, aber die Gläser sind aus Fensterglas. Ich habe sie nur um...«

»Um intelligent zu wirken?«, fiel er in ihre hastig gehaspelte Rede ein und Rose nickte heftig. »Um noch intelligenter auszusehen, als du ohnehin schon bist?«

Nun war es Rose, der die Gesichtszüge entglitten und die nun viel zu schnell Abstand zwischen sich und dem Jungen bringen wollte.

»Hab´ ich dich beleidigt?«, wollte er wissen und klang etwas hölzern. »Aber Unrecht habe ich nicht, oder?«

Das Mädchen wagte es, zaghaft den Kopf von einer Seite zur anderen zu bewegen.

»Nein, du bist nur ziemlich direkt und ja, Unrecht hast du wahrscheinlich nicht.«, sie versuchte verzweifelt aus dem selbst geschaufelten Loch hinaufkriechendem und die Röte in ihrem Gesicht niederzukämpfen.

»Direkt? Eher scharfsinnig, hm?«, Scorpius war bemüht, die entstandenen Wogen mit einem Lächeln zu glätten. Trotz der Spannung und dem seltsamen Verlauf, den ihr Gespräch genommen hatte, mochte Rose die Anwesenheit und die Eigenheiten des Jungen. Die Glückswelle, auf der sie sich befand, währte jedoch nicht lange.

»Was läuft denn hier?«, Lily unterbrach rüde das Geplänkel, stemmte die Hände in die Hüften, hatte eine vielsagende Augenbraue empor gehoben und starrte Rose mit einem Blick an, der wohl dem Avada Kedavra-Fluch gleich kam. »Lass die Finger von Scorpius!«

»Oh Bitte, ich habe ihn nicht mal angefasst. Beruhig dich, Lily!«, forderte Rose in ruhigem, dennoch schnalzte sie mutig mit der Zunge. Lily machte einen äußerst wütenden Eindruck, griff eilends nach der Hand des jungen Malfoy und zerrte diesen hinter sich her.

»Hey, Lily, jetzt warte mal, ja!?«, verlangte Scorpius, versuchte sie zurückzuhalten, doch

Lily blickte ihm traurig und bittend entgegen.

»Ein Tanz, okay?«, bettelte sie, sodass sich der Junge erwiechen ließ . Augenblicklich begannen Lilys Augen unweigerlich zu leuchten. Die Musik war zwar nicht gerade sein Geschmack, dennoch ließ sich auch Scorpius zu ein paar Bewegungen hinreißen. Doch statt sich auf das Mädchen vor sich zu konzentrieren, schweifte sein Blick immer wieder zu dem Tisch, an dem Rose saß und es vermied, in seine Richtung zu sehen. Lily bewegte sich so geschmeidig wie eine Katze im Rhythmus der Musik, dass sogar die umher stehenden Jungen anerkennende Pfiffe ausstießen. Lily provozierte gekonnt Körperkontakt und als das Lied endlich sein Ende fand, stieß Scorpius die angehaltene Luft aus. Abrupt zerrte ihn das Mädchen zurück zu dem Platz, an dem er mit Rose zusammengesessen hatten. Zu seiner Verwunderung saß diese immer noch dort. Scorpius setzte sich zögernd, aber mit ernster Miene auf dem Gesicht und ließ Rose nicht aus den Augen. Doch diese vermied jeglichen Blickkontakt. Lily hatte sich hinter Scorpius gestellt und fuhr ihm durch die Haare.

»Hör auf damit!«, knurrte er, doch Lily missverstand seine Aufforderung, rutschte flink auf seinen Schoß und schmiegte sie sich an ihn.

»Lily!«, warnte Scorpius erneut, diese bedachte ihn allerdings mit einem Blick, als wäre sie sich keiner Schuld bewusst.

»Das ist Kindergarten-Niveau«, stieß Rose hervor, stützte ihren Kopf ihre Hand und zog es vor nicht neben sich zu blicken.

»Eifersüchtig, Rosie?«, säuselte Lily herausfordernd, doch diese schüttelte nur lachend den Kopf. »Du kannst doch nur keine Konkurrenz vertragen!«

»Zumindest muss ich den Jungs nicht vor dem Klo auflauern!«, schoss Rose zurück und schien von sich selbst mehr als überrascht zu sein.

»Zumindest weiß ich, was ich will, im Gegensatz zu dir! Mauerblümchen«, brachte Lily zähneknirschend hervor. Mit dieser Äußerung hatte Lily den Bogen überspannt, sodass sich Rose hastig von ihrem Platz erhob. Ihr Gesicht war plötzlich so dunkelrot, dass ihre Sommersprossen gar nicht mehr auffielen. Tränen brannten in ihren Augen, doch tapfer nahm sie sich zusammen und verbiss sich jeglichen Laut, doch es gelang ihr nicht, ihre sonst so hochgelobte Ruhe zu bewahren.

»Das war gemein.«, presste Rose hervor. Sie ballte ihre Hände, die an ihrem Körper hinunterhingen, zu Fäusten, dann setzte das ungewollte und unwillkommene Zittern ein, das sie so vehement versucht hatte, zu unterdrücken. Sie reckte ihr Kinn in die Höhe, sah jedoch nur noch alles verschwommen, also kniff das Mädchen tapfer die Augen zusammen.

»Ich wünsche euch beiden dann noch viel Vergnügen. Gute Nacht!«, ihre Bemühung, mehr Kraft in ihre Stimme zu legen, schlug fehl. Die Worte und Laute brachen entzwei und vielen wie Scherben auf den Boden, der durch die dröhnenden Bässe der Lautsprecherboxen bebte. Rose machte auf den Hacken kehrt und stürmte über die Tanzfläche davon.

»Rose!«, brachte Scorpius erschrocken hervor, stieß Lily von sich und eilte dem Mädchen hinter. Dass dieses Spektakel für Aufregung gesorgte, kam dem Jungen nur zugute, da sich kaum jemand bewegte und Scorpius so um vieles schneller voran kam. Selbst Albus sah von seinem Tun auf und auch James schien wohl endlich mitbekommen zu haben, was sich auf seiner internen Feier abspielte.

Fassungslos stand Lily auf der großen Fläche und blickte Scorpius hinterher, ehe sie ihm nach setzte. James entschuldigte sich bei seinen Damen, da er seine Feierlichkeit gefährdet sah und machte nun ebenso Anstalten, dem jungen Slytherin zu folgen.

Als Rose endlich den Ausgang erreicht hatte, hielt sie inner und atmete tief durch. Immer wieder vernahm sie Scorpius´ Stimme, der hinter ihr her hetzte. Wie konnte ihr so etwas nur passieren?

Warum ausgerechnet sie? Schniefend stolperte sie durch das Portal auf den leeren, dunklen Gang hinaus.
 

Inspiriert durch Musik und Text des Liedes "Goodnight, Goodnight" von MAROON 5

Won't Go Home Without You


 

This ♡ Love

W o n't G o H o m e W i t h o u t Y o u

Der Geschichte zweiter Teil
 

Fast, beinahe hatte er sie erreicht. Doch die junge Dame, die vor ihm und dem eben stattgefundenen Szenario Reißaus genommen hatte, war so schnell und wendig, dass sie locker mit den Jägern der Quidditch-Mannschaft des Hauses Slytherin mithalten würde, wenn sie sich für diesen Sport begeistern konnte.

»Rose, Rose jetzt warte doch!«, bat der junge Mann und versuchte das Mädchen bei der Hand zu fassen und es gelang ihm, wenn auch nur für einen flüchtigen Augenblick, da das Fräulein ruckartig stehen blieb. Die aufwendig hochgesteckten, rotbraunen Locken hingen mittlerweile lose auf ihrem Rücken und schwangen über ihre nackten Schultern, als sie innehielt, allem Anschein nach überrascht von seiner flüchtigen Berührung und dem, was er ihr zu sagen hatte.

Scorpius wollte etwas sagen, doch brachte er nur schnaufende Laute hervor. Sein Atem ging schwer, da es ihn wahrlich Mühe gekostet hatte, dem Fräulein zu folgen. Rose zählte innerlich bis zehn und sollte er nicht innerhalb der nächsten drei Sekunden etwas sagen, dann würde sie ohne weiteres so viel Raum zwischen sich und ihn, wie sie für nötig erachtete.

Noch vernahm sie seinen Atem in ihrem Nacken und spürte die Kälte seiner Finger, als er mit diesen ihr Handgelenk umschloss. Wieder kniff sie die Augen fest zusammen, als wollte sie die letzten Minuten einfach vergessen und ungeschehen machen, allein durch die Tatsache, dass sie die Augen geschlossen hielt.

Sie hatte ihn doch gesehen. Ihn und sie.

Warum tat man ihr so etwas an?

Warum tat das Gesehene von eben nur so sehr weh?

Was hatte sie sich nur dabei gedacht, erhofft?

Warum hatte sie jemals auch nur eine Sekunde daran gedacht, dass er anders war als andere Jungen?

Obwohl sein Atem nun Regelmäßigkeit verklingen ließ, schwieg er. Rose sah sich außerstande, ihm noch länger Gesellschaft leisten zu können, wenn er wortlos blieb. Ohne einen Laut setzte sie sich erneut in Bewegung, entwand ihren Arm seiner Hand und marschierte den spärlich beleuchteten Gang entlang.
 

Seine Worte hörte sie schon längst nicht mehr. Eine dumpfe Taubheit hatte von ihr Besitz ergriffen und schirmte jedes Geräusch ab, das sie daran hindern könnte, kehrt zu machen, um seiner Entschuldigung zu lauschen. So etwas dummes, einfältiges und ahnungsloses wie sie gab es wirklich kein zweites Mal.

»Du bist viel zu vertrauensselig!«, hatte ihr ihre Cousine Lily vor nicht allzu langer Zeit vorgeworfen und, zu Rose bitterer Erkenntnis, Recht gehabt. Sie war nun einmal die kleine, naive, liebenswürdige Rose, die stets in allem und jedem etwas positives sah, statt der harten Realität ins Auge zu sehen.

»Aber so warst du ja schon immer, und wahrscheinlich glaubst du auch noch an den Weihnachtsmann!«, hatte ihr kleiner Bruder gespottet als er sich in das Gespräch der beiden Mädchen einmischte. Lily hatte ihren Cousin zwar davon gescheucht, doch war Rose das Schmunzeln auf dem, mit Sommersprossen bedecktem Gesicht des Mädchens nicht entgangen. Dass ihr diese Geschichte in diesem Augenblick wieder einfiel, überraschte sie kaum.

Aber dennoch: Was war denn so falsch daran wenn man an das Gute glaubte?

Nach einer Weile blieb sie stehen und horchte, ob er ihr folgte. Denn das, was eben auf der kleinen, internen Feier geschehen war, nagte noch immer an ihrem Selbstbewusstsein. Und zu allem Übel hatte sich auch noch ihre eigene Cousine an den Jungen heran gemacht, für den sie schon so lange schwärmte.

In diesem Moment verfluchte sie das Mädchen.

Das kleine Prinzesschen, das immer das bekam, was es wollte und wann es wollte. Ihre Mutter hatte recht, nachdem sie unzählige Frauengespräche mit ihr geführt hatte, in der kleinen Küche des Hauses der Weasleys.

»Ich sag es ja, Harry und Ginny verhätscheln sie bis über alle Maßen!«, hatte Hermine, ihre Mutter, gemeint und damit recht behalten! Lily Luna Potter war verwöhnt und konnte es nicht ertragen, wenn jemand etwas hatte, was sie selbst nicht besaß.

Rose war so wütend, dass sie gar nicht bemerkte, wohin sie lief. Sie kannte sich zwar einigermaßen gut auf Hogwarts aus, doch waren ihr manche Gänge noch nie vor Augen gekommen.

»Mist!«, schimpfte sie und Bitterkeit breitete sich in ihrem Inneren aus. Aber wenn Rose jetzt umkehrte und den Weg zurück lief, würde sie ihm höchstwahrscheinlich in die Arme laufen und das wollte sie auf gar keinen Fall riskieren! Also ließ sie sich irgendwo an einer kalten Steinwand nieder, schlang die Arme um ihre Beine und bettete ihr Kinn auf den Knien.

Warum sie?
 

»Warum sie?«, flüsterte er so leise zu sich, als ob er es sonst nicht glauben konnte. Rose war ihm einfach entwischt, ohne ihn anzuhören oder ihm eine Gelegenheit dazu zu geben. Als sie sich aus seinen Fingern herausgewunden hatte, war ein seltsames Gefühl in ihm aufgestiegen.

»Scorpius, wo willst du hin?«, die Stimme des Mädchens dröhnte in seinen Ohren und als sie ihn erreicht hatte, beharrt Lily darauf, dass er sie in Augenschein nahm. Mädchenhaft wickelte sie eine Haarsträhne um ihren Zeigefinger und Scorpius ertappte sich bei dem Gedanken, dass jetzt nur noch eine Kaugummiblase zwischen ihren Lippen hervor gepresst werden musste, und sein Albtraum wäre perfekt.

Angespannt tippelte sie mit den Füßen auf, sodass ihre Absätze auf den steinernen Boden nur so klapperten. Ihr Tun brachte Lily Luna Potter nur ein Schnaufen und Kopfschütteln seinerseits ein.

»Komm wieder rein, die Feier ist noch nicht zu ende.«, meinte sie, trat an seine Seite und griff nach der Hand, die schlaff am Körper des Jungen baumelte.

»Warum hast du das gemacht?«, verlangte Scorpius zu wissen und richtete seinen Blick stur geradeaus.

»Was?«, das Mädchen schaute verwirrt zu ihm auf, doch dann lächelte sie.

»Lily, du weißt genau, was ich meine!«, fauchte er und obwohl es ihm zuwider war, blickte er neben sich.

»Lass sie doch, sie kann nun mal keine Konkurrenz vertragen!«, sagte Lily und lächelte. »Im übrigen noch etwas, was Rosie keine Ruhe lässt. Nebenbuhlerinnen! Sie will in allem perfekt sein.«

Scorpius stieß ein verächtliches Schnauben aus und schüttelte erneut das weißblonde Haupt.

»Also, kommst du jetzt wieder mit rein, oder nicht?«, fragte sie erneut und mit der zuckersüßesten Stimme, die einem Zahnweh bereiten konnte und als ob seine Reaktion nicht begreifen wollte oder einfach nur nicht wahrgenommen hatte.

»Es würde mich nicht wundern, wenn Rose mit dir jetzt nichts mehr zu tun haben will, Lilylein!«, sagte er in ruhigem, aber dennoch gefährlich klingendem Ton und blickte ihr in die rehbraunen Augen, in denen sich plötzlich aufkeimende Wut und Unverständnis spiegelten.

»Dann gibst du also zu, dass du etwas für sie empfindest? Dann hast du mir nur etwas vorgemacht?«, schrie sie schlagartig.

Scorpius´ Lippen verzogen vor Verblüffung zu einem Lächeln. Eine solche Szene, wie sie Lily gerade zum Besten gab, erschien ihm Hollywood-würdig, filmreif und stand den schmalzigen, schnulzigen und dramatischen Schinken in nichts nach.

»Nein, die Einzige, die sich hier etwas vormacht, bist du!«, stellte er sachlich und nüchtern fest.

»Und was war das vorhin? Hast du mir nur Hoffnungen gemacht, nur um jetzt einen Rückzieher zumachen?«, giftete sie und ihre Stimme stieg um einige, beängstigend klingende Oktaven an.

„Ich hatte nie vor, dir irgendwelche Hoffnungen zumachen, Potter. Also, wie wär´s? Schnapp dir doch einen von den Spinnern da drinnen!«, meinte Scorpius kalt und deutete hinter sich auf die halbgeöffnete Tür. Es amüsierte ihn, dass ihre Wut langsam bis ins Unermessliche stieg und Haut beinahe nicht mehr von Haarfarbe zu unterscheiden war.

»Bis dann, Lilylein!«, meinte Scorpius, ließ seine Hände in die Hosentaschen gleiten und stritt lässig davon.

»Das wird dir noch leid tun, Scorpius Malfoy!«, schrie ihm das Mädchen nach, doch der junge Mann reagierte nicht.

»Hey Lil´, was ist los? Hat er dir ´ne Abfuhr erteilt?«, James vermochte seine Belustigung nicht zu zügeln, als er langsam auf seine kleine Schwester zu schritt. »Er ist ein Malfoy!«

»Nein, James, dieser Kerl ist ein Arschloch!«, fauchte Lily ungehalten, ballte ihre Hände zu Fäusten und ignorierte die Blicke der Schaulustigen, die sich seit geraumer Zeit hinter ihnen drängten.

»Beruhig dich, ja?! Lass ihn doch und im Übrigen ist er doch sowieso nicht dein Typ. Los, komm!«, meinte der junge Mann und legte seiner Schwester einen Arm um die Schultern. Lily sah ihn an und nickte.

»Habe ich dir schon Jackson vorgestellt? In meinem Jahrgang, Ravenclaw!«, sagte James und Lilys wutgetränkte Miene erhellte sich.
 

Als sich Scorpius einigermaßen von dem Geschehen erholt hatte, machte er sich auf die Suche nach dem Mädchen, welches am heutigen Abend wohl allen Grund hatte, ihn zu meiden. Er entzündete seinen Zauberstab, der die Gänge des Schlosses in sanftes Licht tauchte. Im Groben hatte er noch in Erinnerung, in welche Richtung sie davon gelaufen war, doch musste er sich nun entscheiden, wohin genau er gehen wollte. Er wandte sich dem linken Gang zu und versuchte so leise wie möglich zu sein. Zu seinem Glück flog genau in diesem Moment der Hausgeist des Hauses Gryffindor, der fast kopflose Nick, vorbei.

»Sir Nick«, sagte der Junge hastig ehe der Geist von dannen schweben konnte und dieser hielt für einen kurzen Moment inne.

»Oh, na sieh mal einer an, der junge Malfoy!«, sagte der Geist in seiner gewohnt freundlichen Art und lächelte.

»Sir Nicolas, haben Sie Rose irgendwo gesehen?«, Scorpius vermied es, ihren Nachnamen auszusprechen, da das Mädchen dem Hausgeist sowieso bekannt war.

»Nein, mein Freund, aber vielleicht ist sie ja in diese Richtung gelaufen!«, meinte Sir Nicolas und schickte Scorpius in die entgegengesetzte Richtung.

Je länger er in diesem Korridor umher irrte, desto unbehaglicher wurde es ihm. Hogwarts konnte ziemlich gruselig sein, selbst für einen Slytherin. Dann war es ihm zu bunt.

»Rose? Rose!«, Scorpius versuchte seine Stimme zu dämpfen, als er nach ihr rief, dennoch sprach er laut genug in der Annahme, dass sie ihn hören würde. Das Mädchen schreckte kurz auf.

»Na klar, als wenn er dir hinterherlaufen würde, du einfältige, dumme Kuh!«, schalt sie sich und schluchzte, wie sooft an diesem Abend, laut auf.

»Da bist du ja!«, sagte Scorpius, als er sie endlich gefunden hatte.

Schwer atmend stützte er sich an der kalten Wand ab und blickte auf die junge Frau herunter. Diese rieb sich gerade ihren Hinterkopf, da sie sich diesen in dem Moment, als er aufgetaucht war, vor Hektik und Schreck an der Wand gestoßen hatte.

»Aua!«, jammerte sie leise und rieb abermals hastig über die wilde Mähne, um eine nahende Beule zu verhindern.

Scorpius kniete sich neben sie nieder und nahm sie plötzlich in den Arm. Vielmehr legte er ihren Kopf an seine Brust. Diese unangenehme und doch angenehme Situation ließ dem Mädchen jedoch das Blut in die Wangen schießen.

»Ist alles wieder in Ordnung?«, fragte er vorsichtig und schob mit etwas Abstand von sich, um sie prüfend zu betrachten.

»Was soll denn schon in Ordnung sein?«, fauchte Rose plötzlich und wirkte noch immer aufgebracht.

»Ich meinte eigentlich, ob mit deinem Kopf wieder alles in Ordnung ist, den Rest wollte ich vermeiden!«, sagte er bestimmend.

»Oh!«, entkam es dem Mädchen knapp und Rose fühlte sich nun noch unbehaglicher als zuvor.

»Vergiss es einfach!«, meinte Scorpius und ließ sie los.
 

Rose biss sich auf Lippen und vermied es, dem Jungen in die Augen zu sehen. Stattdessen zog sie es vor, stumm wie ein Fisch vor sich hin zu glotzen in der Hoffnung, dass Scorpius das Interesse an ihr verlor.

»Ziemlich blöd gelaufen, oder?«, fragte der Junge, fuhr sich schnaufend durch das weißblonde Haar und ließ sich neben ihr auf den kalten Steinboden nieder. „Vorhin, meine ich.»

»Ja, ziemlich...«, stimmte sie zu und versuchte ihren Kopf an die kühlen Steine zu legen.

»Geht´s jetzt besser?«, erkundigte er sich und deutete auf ihren Schopf.

»Ein wenig«, doch schon bereute sie, ihm so schnell geantwortet zu haben, da Scorpius sie mit einem seltsamen Blick betrachtete und zu allem Überfluss ein leises, hämmerndes Pochen ihren Schädel in Beschlag nahm. »Was ist?«

»Du bist ganz schön naiv!«, stellte Scorpius ohne Umschweife klar und schien keinen Widerspruch zu dulden, geschweige denn zu erwarten.

»Vielen Dank. Aber da bist nicht der Erste, der mir das sagt!«, giftete sie plötzlich, ehe sie weiteres für ihn parat hatte. » Na und? Was ist denn schon dabei?«

»Dafür, dass du so blauäugig bist, bist du ziemlich temperamentvoll.«, schloss er, sah sie an und lachte auf, als sie versuchte sich zu entschuldigen.

»Macht nichts, jeder Mensch ist anders. Keiner ist perfekt.«, sagte Scorpius leichthin und spielte mit seinem Zauberstab, aus dem leuchtende Fäden hervorschossen.

»Ja, sicher, außer Lily vielleicht!«, knurrte Rose leise und hoffte, dass Scorpius es nicht gehört hatte und ihr Silberstreifen am Horizont starb mit dem schiefen Lächeln, das seine Lippen umspielte.

»Hör mal, dass mit Lily... da ist nichts! Ich war ja selbst erstaunt darüber, was heute Abend passiert ist.«, sagte er wahrheitsgemäß und rechnete aber bereits damit, dass Rose ihm widersprach und ihm keinen Glauben schenkte.

»Tzz, bestimmt. Spätestens als sie sich auf deinen Schoß gesetzt und dich dermaßen angemacht hat, dass die Eulen von den Stangen fallen!«, erwiderte Rose grimmig und vernahm ein lautes Lachen neben sich.

»Du bist echt der Knüller, Rose!«, brachte er bellend lachend hervor. »Du verstehst überhaupt nichts, oder? Ich meine, ich will deiner Familie nicht zu nahe treten, aber Lily Potter wäre das letzte Mädchen, mit dem ich mich abgeben würde!«
 

Der Drang in ihr, dem Gehörten einfach nicht zu trauen, war stark, doch die Neugierde, was er mit seinen Worten bezweckte, war größer.

»Aha, und warum? Ich meine Lily sieht doch super aus und...«, holte Rose gerade aus und versuchte dem Gekicher neben sich keine Beachtung zu schenken.

»Ein kleines, verwöhntes Mädchen mag für manche eine recht gute Partie sein.«, stimmte er ihrer Aussage zu und wurde sogleich mit einem heftigen Kopfnicken in seinen Worten bestätigt. »Sie ist vielleicht hübsch, aber reizt ich nicht annähernd soweit, dass ich etwas mit ihr anfangen würde!«

»Na so was! Damit hätte ich ja gar nicht gerechnet. Wahre Worte aus dem Mund von jemandem, der im Haus Slytherin ist!«, höhnte Rose und hoffte, dass ein Drachen durch die Decke krachen und sie mit dem heißen Atem und den Feuern der Hölle versengen möge.

»Na hör mal, Slytherin hin oder her, Geschmack wird mir ja wohl trotzdem noch zustehen, oder gibt´s da irgendwelche Einwände, Weasley?«, erwiderte er und plötzlich wurden seine Worte kalt und hart, sodass Rose vernehmlich schlucken musste.

»Hab ich dir Angst gemacht?«, fragte er und Rose nickte stumm. »Entschuldige, war nicht meine Absicht!«

»Und was war dann deine Absicht?«, hakte Rose nach und wartete noch immer auf das Ungeheuer, das sie in Flammen würde aufgehen lassen.

»Vorrangig erstmal dich zu finden und alle Unklarheiten zu beseitigen, ich hab es nämlich nicht so gerne, wenn sich Sachen auftürmen. », erwiderte der Junge.

»Ich wollte dir kein schlechtes Gewissen machen!«, sagte das Mädchen leise und zupfte etwas nervös an seinem Kleid herum. Scorpius schnaubte verächtlich.

»Du wärst die Letzte, die mir eines verpassen könnte!«, sagte er und grinste eneut.
 

»Also, was ist jetzt, Weasley? Party oder nicht?«, fragte er und lachte wieder, denn er ahnte wohl bereits, welche Antwort sie ihm geben würde.

»Bist du verrückt?! Keine zehn Trolle kriegen mich wieder dahin. Da reicht es mir schon, dass ich mir das alles nachher im Gemeintschaftsraum anhören kann. Und mit Lily werde ich kein Wort mehr reden!«, grummelte Rose und verschränkte entschieden die Arme vor der Brust. »Außerdem, sieh mich doch mal an, so verheult wie ich bin, ich kann von Glück reden, wenn mich keiner sieht!«

Scorpius erhob sich und klopfte sich den nicht vorhandenen Staub von den Klamotten. Dann richtete er absichtlich seinen glimmenden Zauberstab auf die in sich zusammen gesunkene Rose und leuchtete ihr ins Gesicht.

»Hm, stimmt!«, machte er, beugte sich zu ihr herunter und wischte ihr mit dem Daumen den verschmierten, schwarzen Kajal von den Wangen. In dem Moment, als er sie berührte, setzte ihr Herz für einen kleinen Augenblick aus. Sie hielt zu allem Überfluss auch noch den Atem an und wich ruckartig zurück an die Wand.

»Jetzt halt doch mal still!«, forderte der Slytherin und sah sie eindringlich an. Rose schluckte schwer, da er sich jetzt vor sie gekniet hatte. Sie betete, dass er die Hitze, die von ihren Wangen strahlte, nicht bemerkte.

»Hey, deine Wangen sind ganz heiß, sag bloß, dass ist dir unangenehm?«, wollte er wissen.

»Du bist ziemlich direkt!«, stellte Rose nervös klingend fest, als sie gerade, mit Mühe und Not, ihre Stimme wiedergefunden hatte.

»Kann schon sein. So, das müsste reichen.«, sagte er, nahm seinen Daumen von ihren Wangen und erhob sich.

»Danke!«, flüsterte sie leise und blickte auf die steinernen Fliesen vor sich.

»Na komm, kleine Rose, ich bring dich zu deinem Gemeintschaftsraum!«, bot er an und erneut schluckte sie schwer.

»Eins noch!«, sagte Rose, ehe sie die Hand ergriff, die er ihr reichte. »Nenn mich nie wieder kleine Rose!«

»In Ordnung, kleine Rose«, erwiderte Scorpius grinsend und ignorierte ihre gezischten Widerworte. »Hier lang, das ist ´ne Abkürzung, nicht dass dich wirklich noch jemand sieht!«

Mit diesen Worten zog er das Mädchen hinter sich her durch diverse Wandbehänge.

»Bei Merlin, da würde ich ja nie wieder hin finden!«, gestand Rose und sah sich irritiert und ebenso erstaunt um.

Scorpius lachte erneut auf und nach nicht mal fünf Minuten des Laufens standen Beide vor dem Portal zum Gryffindor Gemeintschaftsraum.

»Wow, das ging aber schnell!«, meinte Rose und Verblüffung spiegelte sich auf ihrem Gesicht wider.

»Hör mal.«, begann Scorpius langsam, steckte seine Hände wieder in die Hosentaschen und zog unschlüssig mit der Spitze seines Schuhs imaginäre Kreise auf den, mit Teppich besetzten Boden. »Das Lily keinerlei Reize auf mich ausübt heißt nicht, dass es andere Mädchen nicht tun.«

»Wie meinst du das?«, wollte sie wissen und blickte verwirrt zu dem Jungen auf. Scorpius griff vorsichtig nach einer rotbraunen Haarsträhne und wickelte sie um den Finger. Rose hielt abermals den Atem an. Dann beugte sich der Junge herunter und drückte seinen Mund auf Roses Lippen, die abrupt irritiert und völlig bewegungsunfähig schien. Als sich Scorpius von ihr löste, grinste er verschmitzt, umfasste ihr Kinn mit der rechten Hand und küsste sie erneut.

»Bis Morgen, kleine Rose!«, sagte er mit einem Lächeln in der Stimme und auf den Lippen, ehe er seine Hände wieder in die Hosentaschen gleiten ließ und Anstalten machte, in Richtung Kerker zu verschwinden. Beim Gehen grinste Scorpius in sich hinein und die junge Frau hatte alle Mühe, wieder zu Atmen zu kommen.

»Also Kindchen, was ist denn nun? Rein oder raus?«, wollte die fette Dame im Portrait in ungeduldigem Ton wissen. Rose wandte sich zu ihr um. Ihre Wangen glühten und ihr Blick war mehr als verschleiert.

»Einen Moment bitte!«, bat sie die Dame, die den Eingang zum Gemeinschaftsraum bewachte.

Diese verdrehte nur die Augen und gab einen schnaubenden Laut von sich. Mit schnellen Schritten folgte Rose dem Jungen und als er fast das Ende der großen Treppe erreicht hatte, rief sie seinen Namen. Scorpius blieb ruckartig stehen und schaute zu dem Mädchen auf, welches seinen Namen gerufen hatte.

»Bis Morgen!«, sagte sie jappsend und versuchte trotz Aufregung zu lächeln. Scorpius drehte sich zu ihr herum und lächelte ebenfalls.
 

Inspiriert durch Musik und Text des Liedes "Won't go home without you" von MAROON 5

Shiver


 

This ♡ Love

S h i v e r

Der Geschichte dritter Teil
 

Nur schwach vermochte Rose dem Glauben zu schenken, was geschehen war. Denn die Entwicklung des Abends überstieg wahrlich ihren Verstand.

In aller letzter Minute war es dem Fräulein gelungen, ihre ihr noch verbliebenen Sinne zusammenzuraufen und dem jungen Mann zu folgen. Eben noch war sie die Stufen hinab gestolpert und hatte in panischen Anwandlungen seinen Namen gerufen in der Hoffnung, dass Scorpius nicht bereits in den Kerkern verschwunden war.

»Bis Morgen«, fiepte sie, als sie seinen Schopf gerade noch erspähte und klammerte sich unter fehlendem Atem ans Treppengeländer, um nicht den nötigen Halt zu verlieren, oder gar zusammenzubrechen. Mit geschmeidigen Bewegungen hatte er sich zu ihr umgewandt, gelächelt und ihr eine geruhsame Nacht gewünscht. Dieses verschmitzte Lächeln und die kleinen Grübchen, die sich in seinen Wangen bildeten, schmeichelten ihm sehr und verliehen dem jungen Mann einen unschuldigen Anschein. Rose schmolz unter den Lippen dahin, mit denen er sie zuvor geküsst hatte.

Wie hatte sie bloß schlecht über Jungen wie ihn denken können?

Mit grazilen Schritten verschwand er wenige Sekunden später aus ihrem Blickfeld und Rose hätte alles dafür gegeben, dass er einfach stehen geblieben und die wenigen Stufen zu ihr hinauf geeilt kam um sie nochmals so zu berühren. Doch der Zauber des Moments verflog viel zu schnell. Seufzend lehnte sie an einer kühlen Steinwand, nachdem sie eine gefühlte Ewigkeit auf dem Treppenabsatz stand und auf den Punkt starrte, an dem Scorpius zum Stehen gekommen war.

Als er seine weichen Lippen auf ihren Mund gelegt hatte, schien ihr das Blut wie glühende Lava durch die Adern zu strömen. Dieser wunderbare Augenblick war, zu ihrem Bedauern, viel zu kurz, dennoch blieb dieses kribbelnde, wohlige Gefühl zurück. Roses Herz schlug immer noch wild in ihrer Brust. Ein Stakkato-ähnliches Hämmern, das sich weigerte, einen anderen Rhythmus anzunehmen.

Ein rosiger Schimmer glomm noch immer auf ihren Wangen und ein zufriedenes Lächeln umspielte ihre Lippen. Rose musste dem Drang widerstehen, nicht hier und jetzt einen Jubelschrei von sich zugeben, der womöglich das gesamte Schloss aus den Betten riss. Langsam trabte die junge Gryffindor zum selbigen Turm hinauf und je näher sie dem Portrait der fetten Dame kam, desto unbehaglicher wurde ihr. Aus der Freude, die sie verspürte, wurde augenblicklich ein Gefühl, das sich wie kalter Nebel durch ihren Körper schlängelte. Rose musste sich wohl oder übel mit der Tatsache auseinander setzen, dass ihre Cousine Lily nicht sehr erfreut über den Verlauf der letzten Stunden sein würde.
 

Als das Mädchen endlich durch das Portrait der fetten Dame geschlüpft war, fand sie den Gemeinschaftsraum der Gryffindors völlig leer vor. Die Ausgangssperre, die Rektor Warrington verhängt hatte, nachdem die Sache mit den geheimen Parties des ältesten der Potter-Sprösslinge aufgeflogen war, tat ihre Wirkung. Alle Schüler, die noch nicht das vierzehnte Lebensjahr erreicht hatten, durften nach zwanzig Uhr nicht mehr auf den Gängen und Fluren des Schlosses umher geistern. Wer es dennoch versuchte, wurde sogleich mit einem ohrenbetäubenden Geheul in die Schranken gewiesen.

Seitdem war es das Anliegen der Schüler, möglichst viele Zauber über den dritten Stock zu legen, damit diese Ausschweifungen geheim blieben, denn niemand war erpicht auf monatelanges Nachsitzen oder das Putzen der Pokale!

Die Strafen verhängte Cassius Warrington höchst selbst, doch James hatte seine Buße locker und mit einem charmanten Lächeln abgetan, die Feierlichkeiten aber dennoch nicht ausfallen lassen. Allein aus diesem Grund, seines Mutes und der Tapferkeit wegen, waren die Mädchen nur noch eine Spur verrückter nach ihm, als ohnehin schon. Rose schob den Gedanken an ihren älteren Cousin beiseite und besann sich wieder auf das merkwürdige Gespräch mit dem Portraits, das sie soeben geführt hatte.

»Und, wertes Fräulein, haben wir uns von unserem Schock erholt?«, wollte die Dame wissen und heftete ihre kleinen, listigen Augen auf Rose, der die Verwirrung ins Gesicht geschrieben stand.

»Katzengalle«, meinte das Mädchen mit einem bittenden Lächeln auf den Lippen und wartete geduldig, dass das Portrait den Weg in den Gemeinschafsraum frei gab.

»Und die Feier war auch schön, ja?«, forschte das Portrait weiter, schlug jedoch einen überspitzten Ton an, der etwas feindselig in den Ohren des Mädchens nachklang.

»Katzengalle«, wiederholte die junge Hexe und das gezwungene Lächeln in ihrem Gesicht hielt an, wenn auch unter der Belastung, dass die Person im Bilderrahmen etwas zu sehr an ihren zarten Nerven kratzte. Nach etlichem hin und her und dem mehrmaligen Nennen des Passwortes, rückte die Dame im Portrait mit der Sprache heraus. Immer noch schüttelte Rose den Kopf in Gedanken daran, dass dieses Bild doch tatsächlich fluchte, und sie beschimpft hatte.

Rose konnte die Wut der Dame durchaus nachvollziehen, schließlich waren es die Schüler, die bis tief in die Nacht feierten und sie stetig aus ihrem wohlverdienten Schlaf rissen, aber musste sie deshalb so hart mit ihr ins Gericht gehen?

«Auch ein Portrait hat es nicht leicht!«, wetterte dieses ungehalten, ehe die fette Dame endlich den Weg freimachte. Die große Uhr, die auf dem Kamin stand, schlug gerade halb eins.

»Die Party dauert wohl noch etwas, so wie ich James kenne.«, vermutete Rose leise vor sich hin murmelnd und stieg mit möglichst lautlosen Schritten die Treppe zu den Mädchenschlafsälen empor. Sachte drückte Rose die Tür zu ihrem Schlafsaal auf und erschrak, als wimmernde und schluchzende Töne an ihre Ohren drangen.

Suzie Fawcett, die ihr beim Ankleiden geholfen und nach besten Kräften versucht hatte, das trübsinnige Mädchen aufzumuntern, lag ausgestreckt auf ihrem Bett und klammerte sich weinend an ihr Kopfkissen.

»Sue? Suzie? Ist alles in Ordnung?«, zögernd und unschlüssig trat Rose auf die Schlafstätte zu und ließ sich sachte auf dessen Kante nieder. Die blonden Locken bedeckten den Rücken der jungen Frau, der immer wieder aufs Neue von Zitterattacken geschüttelt wurde. Rose streckte eine Hand nach ihr aus und versuchte ihrer Freundin beruhigend über das Kreuz zufahren.

»Rosie?«, die Stimme der jungen Gryffindor klang gedämpft, da Suzie ihr Gesicht noch immer in den Kissen verbarg. Langsam stemmte sich das Mädchen aus dem Bett auf, gab ein paar schniefende und schluchzende Töne von sich, ehe sie sich zu Rose umwandte.

»Oh, Rosie!«, sagte sie unter Tränen und fuhr sich fahrig über die geröteten Wangen.

»Was ist passiert? Was ist mit deinem Kleid?«, als Rose dem Ausmaß des Abends gegenüber stand, hatte sie ihre Zimmergenossin akribisch in Augenschein genommen und fassungslos feststellen müssen, dass ein Träger des schönen, blutroten Kleides, das dem Mädchen so wundervoll stand, gerissen war.
 

Nach einigen Minuten, die Rose wie Stunden vorkamen, beruhigte sich Suzie endlich. Zitternd atmete die Hexe ein und aus, während sich Rose daranmachte, die vielen Papiertaschentücher, die das Mädchen verbraucht hatte, einzusammeln. Immer wieder stotterte und haspelte Suzie vor sich hin und Rose konnte nichts weiter tun, als zu nicken und an den richtigen Stellen ein »Ja« oder ähnliches von sich zu geben.

Wenn Rose die Worte ihrer Freundin richtig auffasste, was den zerrissenen Träger ihres Kleides betraf, dann war Suzie wohl an einer Rüstung hängen geblieben, denn auch sie hatte, ebenso wie Rose, überraschend die Feierlichkeiten verlassen. Nach einigen Minuten der wirren Interpretation, gelang es ihr, den Grund für die Traurigkeit des Mädchens heraus zuhören. Ein gewisser Ravenclaw, Jonathan Carmichael, war Schuld an diesem Dilemma, welches sich auf der Party abspielte, nachdem sich das Aufsehen um Rose, Scorpius und Lily etwas beruhigte.

»Und er hat sie einfach geküsst!«, kreischend und mit Schluchzern durchsetzt machte Suzie ihrem Ärger Luft, zum Leidwesen von Rose, die vor Schreck zusammenzuckte.

»Wer? Wen?«, hakte Rose vorsichtig nach, die schrille Tonlage hallte noch immer in ihren Ohren nach.

»Na Jonathan! Er hat diese... diese Hexe einfach geküsst! Und dabei hat mir doch gesagt, dass ich das einzige Mädchen für ihn wäre!«, Suzie wischte die immer wiederkehrenden Tränen von ihren Wangen. »Diese dämliche Andrea Kirk! Und was macht er, er lässt sich von ihr einwickeln und macht vor allen Leuten mit mir Schluss, indem er ihr seine Zunge in den Hals steckt!«

»Oh«, ein wenig erstaunt über die Wortwahl des Mädchens, nahm Roses Gesicht einen überraschten Ausdruck an, da Suzie Fawcett sich selten solcher Ausdrücke bediente.

»Ich würde ihm am liebsten seinen dürren, mickrigen Hals umdrehen, und ihr auch!«, die Traurigkeit in Suzies Stimme wich abrupter Wut.

»Sue, bitte beruhige dich doch! So kenne ich dich gar nicht.«, um den Zorn der jungen Hexe etwas zu dämpfen, legte Rose so viel Ruhe in ihre Stimme, wie sie meinte, dass es hilfreich sein würde.

»Tut mir leid, Rosie. Ich weiß ja auch nicht, was in mich gefahren ist, aber ich bin nur so wütend!«, gestand Suzie und blickte bestürzt auf ihre Hände, die in ihrem Schoß verweilten und noch immer zitterten. Mutig und tapfer Schluckte das Mädchen an dem harten Kloß in ihrer Kehle, ehe sie sich zu einem Lächeln zwang. »Okay, genug von mir. Was war bei dir los?«

Mulmig war es ihr schon, dass Suzie so schnell von ihrem Problem abwich und das Thema nun auf Rose zu lenken versuchte.

»Sue, ist schon in Ordnung. Sei ruhig wütend, wenn du willst. Wir müssen uns nicht über mich unterhalten.«, murmelte sie leise und hoffte, dass Suzie nicht weiter nachbohrte, doch diese schüttelte nur den Kopf.

»Nein, ist schon in Ordnung. Ich habe nur überreagiert. Ich komme damit zurecht, wirklich Rose!«, beteuerte sie und setzte ein Lächeln auf, das gequält wirkte, statt aufbauend.

»Ich weiß nicht.«, Unruhe machte sich in dem Mädchen breit und der Kampf, den sie mit sich ausfocht, schien schier endlos.

»Es scheint, als wäre bei dir genauso viel Trubel gewesen wie bei mir, hm?«, drängte Suzie und wischte die vereinzelten Tränen fort, die ihr über die Wangen liefen.
 

Einen geeigneten Ansatz zufinden, um mit Worten auszudrücken, was ihr widerfahren war, fiel Rose schwerer, als sie dachte. Obwohl der Abend so turbulent verlaufen war, mit Hochs und Tiefs, haderte sie mit sich, da Suzie neben ihr noch immer schniefte und vereinzelte Schluchzer ihren Mund verließen.

»Ich ahnte schon, dass es mit Lily Ärger geben würde. Wo es bei anderen an Selbstbewusstsein mangelt, hat sie, als es verteilt wurde, einen Nachschlag verlangt!«, meinte Suzie, als Rose sich dazu durch rang, mit der Sprache herauszurücken und ihre Miene war genauso finster, wie die Tonlage, in der sie gesprochen hatte. »Ich weiß, dass sie deine Cousine ist, aber so etwas hinterhältiges hätte selbst ich ihr nicht zugetraut! Dieses kleine, rosthaarige, sommersprossige, nichts für ungut Rosie, Biest!«

»Schon gut, das liegt eben in der Familie.«, meinte Rose teilnahmslos, schlang ihre Arme um die Knie und bette ihr Kinn auf diesen. Ein schweres Seufzen erfüllte das Zimmer und verklang.

»Aber etwas romantisches hat es doch, wenn er dir gefolgt ist.«, sagte Suzie und putzte sich unter trompetenden Tönen die Nase. Ein leichter Rotschimmer stahl sich auf die mit Sommersprossen bdeckten Wangen des Mädchens, ehe Rose einen schmachtenden Laut von sich gab.

»Und er hat dich bis zum Portrait gebracht?«, neugierig betrachte Suzie ihre Freundin und das Lächeln, das sich nun auf ihre Lippen legte, zeigte nichts mehr von Qual oder Wut. »Wie romantisch. So etwas hätte Jonathan nie gemacht. Er hat es ja nicht einmal versucht, in den drei Monaten. Pass bloß auf, Rosie, dass er es ernst mit dir meinst. Warte ab, wie er nachher reagiert. Bei diesen Typen kann man nie wissen!«

Aus den sehnsüchtigen Lauten des Mädchens erklangen plötzlich Verbitterung, als sie von Jonathan berichtete, und Misstrauen, während sie Rose auf mögliche Folgen des Zusammentreffens mit Scorpius hinwies. Die Miene der Hexe zierte Skepsis und Unmut, als sie Suzie Worte noch einmal überdachte. Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt!; an diesem alten Spruch schien durchaus etwas Wahres zu sein.

Erst spät fiel Rose in einen traumlosen Schlaf. Suzie schien reglos in ihrem Bett zu liegen und tatsächlich ein wenig Ruhe gefunden zu haben. Je näher Rose die Ereignisse des Abends betrachtete, analysierte und vor ihrem inneren Auge abspulte, desto unbehaglicher wurde es ihr.
 

Am Morgen wurde das Mädchen durch lautes Gemurmel geweckt. Müde stemmte sie sich aus dem weichen, warmen Bett auf und versuchte die Stimmen den jeweiligen Personen zuzuordnen.

Suzie saß ihr gegenüber und im Bett daneben blickte ihr ihre Zimmerkameradin Miranda entgegen.

»Rose, ich dachte schon, dass du nie aufwachst. Ich hatte Sue schon angeboten, richtig zu brüllen, damit die holde Maid endlich aus ihrem Dornröschen-Schlaf erwacht.«, meinte sie neckend und sah der verschlafenden Rose grinsend entgegen. Die muggelstämmige Miranda McLane war seit dem ersten Tag an Roses beste Freundin und zusammen mit Suzie bildeten sie das weibliche Gryffindor-Trio des sechsten Jahrganges. Doch dieses Gespann fiel eher weniger durch Streiche auf, als durch den Eindruck, nicht vorhanden zu sein. Dennoch hielt das Band der Freundschaft zwischen ihnen, auch wenn das unscheinbare, kleine Grüppchen die verschiedensten Charaktere beinhaltete.

»Ich hatte etwas Mühe mit dem einschlafen.«, gestand Rose und spürte den mitleidigen Blick von Suzie auf sich ruhen. Doch auch sie schien sehr schlecht genächtigt zu haben. Die dunkele Ringe unter ihren blauen Augen und die Tränenspuren auf den blassen Wangen verliehen dem Mädchen ein bemitleidenswertes Äußeres.

»Mädels, ihr glaubt ja gar nicht, was da gestern noch abging! Ein Glück habt ihr vorzeitig die Kurve gekratzt!«, schoss Miranda salopp in die Menge und zerstreute so den Trübsinn im Raum.

»Wie meinst du das?«, hakte Suzie mit belegter Stimme nach und blickte ebenso wie Rose verständnislos drein.

»Miranda, jetzt sag schon endlich, was passiert ist!«, drängte Rose und auf den Lippen der schwarzhaarigen Hexe stahl sich ein wissendes Lächeln, ehe sie zur Kante ihres Bettes rutschte, die Beine lässig baumeln ließ, um dann mit ausschweifender Gestik von den Geschehnissen des Abends zu berichten.

»Wo soll ich anfangen?«, fragte Miranda beschwörend in die Runde und tippte spielerisch grübelnd mit dem Zeigefinger an ihr Kinn, ehe sie ihren Blick zur Zimmerdecke schweifen ließ.

»Am Anfang natürlich!«, beharrten Suzie und Rose wie aus einem Mund. Ein Grinsen legte sich Mirandas Lippen, ehe sie ihre Aufmerksamkeit wieder den Mädchen zukommen ließ, sich räusperte und endlich von den letzten verbliebenden Stunden berichtete, die ihren Freundinnen entgangen waren.

»Nachdem du, Rosie, so einen eleganten Abgang hinlegtest und unser junger Freund Scorpius dir überstürzt hinterher geeilt ist, hatte auch klein Lily die Fliege gemacht und ist ihm hinter her. James übrigens auch. Ich weiß nicht genau, aber irgendwann kam Lily, ganz dicht an James geklammert und grinsend wieder zurück.«

»Sie hat gegrinst?«, fragte Rose vorsichtig und zog die Stirn in Falten.

»Wie ein Honigkuchenpferd!«, bejahte Miranda mit einem Nicken, ehe sie fortfuhr. »Nachdem du ja so tränenreich davon gelaufen bist und Malfoy auch nicht mehr wiederkam, hat sich klein Lily an Jackson rangeschmissen, im wahrsten Sinne des Wortes. Und, ganz ehrlich Rosie, nichts gegen deine Familie, ich mag sie wirklich, aber das James ihr Corvin Jackson vorgestellt hat, finde ich wirklich eklig! Ich meine, er ist schließlich vier Jahre älter als sie.«

»Es ist Lily, was erwartest du?«, fragte Suzie monoton und Rose zuckte nur mit den Schultern.

»Ist ja eigentlich auch egal, auf jeden Fall hat die Gute nichts anbrennen lassen. Aber wenn Corvin Geschmack hat, dann lässt er sie laufen!«, schloss Miranda und schüttelte den Kopf. »So, und nun zu dir, Kleines!«

Suzie fuhr erschrocken zusammen, als Miranda den Fokus nun auf sie zulenken schien.

»Es tut mir so leid, was passiert ist!«, brachte sie plötzlich mit Traurigkeit in der Stimme hervor. »Wie konnte er dir nur so etwas antun?«

»Ist schon okay, danke Miranda, wirklich.«, meinte Sue und klopfte dem schwarzhaarigen Mädchen vorsichtig auf den Rücken, als dieses aufgesprungen war, um sie in die Arme zu schließen.

»So ein Idiot, Spinner, Drecks...«, begann die junge Hexe und hätte noch weitere Bezeichnungen für den Ravenclaw finden können, hätte Rose sie nicht in ihrer Raserei gestoppt.
 

Die junge Hexe betete inständig, dass sie ihr Frühstück beenden würde, noch ehe Lily aus ihrem Schönheitsschlaf erwachte. Eine Szene am Gryffindor-Tisch hätte ihr gänzlich die Stimmung verhagelt. Und wäre dieser Gedanke nicht bereits erschreckend genug, überfiel sie nun auch noch Nervosität, sobald ihr Blick zum Haustisch der Slytherins gegenüber schweifte. Dieser war zwar noch beinahe gähnend leer, doch jedes mal, wenn das Portal zur Großen Halle geöffnet wurde, mischten sich unter die vielen Schmetterlinge, die in ihrem Bauch umherflatterten, riesige Einsbrocken. Angst und Vorfreude mischten sich wild durcheinander.

Das düstere Gefühl, das sie bis zum Morgen noch immer nicht losgeworden war, bezog sich eindeutig auf Lily und deren Reaktion. Laut Mirandas Aussage, hatte sich die kleine Hexe amüsiert und somit hoffte Rose, dass es nicht zu unangenehmen Zwischenfällen kommen würde. Doch nicht nur ihre Cousine versetzte ihr leichte Panikschübe, auch kamen ihr Suzies Worte wieder in den Sinn, die sie deutlich ermahnten, nicht zu viel zu erwarten.

Als sich die Pforte erneut öffnete, zuckte Rose unweigerlich auf ihrem Platz zusammen und schluckte. Soeben schlurfte ein sehr müde aussehender, weißblonder, sechzehnjähriger Junge zum Slytherin-Tisch und ließ sich schlaff auf der Holzbank nieder.

»Rose«, dumpf drang Suzies Flüstern an die Ohren des Mädchens, »Na los, worauf wartest du?«

Hastig stürzte die junge Gryffindor den letzten Schluck ihres Kürbissafts herunter, ehe sie ihre Beine über die Bank schwang, ihre Füße langsam Richtung Boden sinken ließ und plötzlich abrupt in ihren Bewegungen stoppte.

»Was ist los?«, wollte Miranda wissen und blickte in gespannter Erwartungshaltung neben sich.

»Ich... ich... ich kann nicht. Seht doch!«, sagte Rose mit zitternder Stimme und deutete mit einem schwachen Nicken des Kopfes auf Scorpius. Der Anblick, der sich den Dreien bot, war irritierend da sich der junge Mann angeregt mit einem brünetten Mädchen unterhielt.

»Corina Whitby«, zischte Miranda und erntete verwirrte Blicke, »eine Hufflepuff. Kommt schon, sie ist in unserem Jahrgang.«

Suzie überlegte kurz, dann nickte sie schwach.

»Du kennst sie?«, fragte Rose etwas aufegbracht.

»Nicht hysterisch werden, Rosie! Sie ist dumm wie Brot.«, gab Miranda zurück.

»Na und?«, brachte Rose mit Panik in der Stimme hervor. Alle drei starrten gebannt zum Tisch der Slytherins, an dem Scorpius plötzlich lachte und auf das Gespann gegenüber deutete. Corina Whitbys Reaktion war ein überraschtes Heben einer dunklen Augenbraue und dann zogen sich ihre Mundwinkel gen Norden. Augenblicklich schoss Rose das Blut in die Wangen, als Corina nun in das Lachen des Slytherin mitein fiel. Das Mädchen zwang sich zu einem schüchternen, kleinen Lächeln, doch in ihrem Inneren betete Rose für ein tiefes, dunkles Loch, in das sie sich stürzen konnte.

Es half nichts. Mit zitternden Beinen erhob sie sich. Sie schwankte, torkelte fast. Haltsuchend griff sie nach Suzies Schulter.

»Da schaffst das. Geh rüber und frag ihn, was das soll.«, flüsterte Suzie und fand durch Mirandas energisches Nicken Unterstützung in ihren Worten. Doch all die Silben nützten wenig, da der Blick der jungen, blonden Hexe mit Traurigkeit durchwoben schien.

»Reiß dich zusammen, Rose Weasley!«, murmelte sie leise und bahnte sich langsam den Weg zum Slytherin-Tisch. Als Corina das Mädchen erspähte, machte sie Anstalten, den Tisch zu verlassen. Als sie an Rose vorbei kam war ihr Blick weder gemein noch hinterhältig, im Gegenteil. Doch Zuversicht sah für Rose anders aus. Warum machte man es ihr denn so schwer?
 

Ihre Beine waren gefühlter Wackelpudding, als Rose endlich nach Meilen, wie es ihr schien, vor dem Tisch und dem Sitzplatz des Jungen zum Stehen kam.

»Hi«, fiepte sie und wünschte sich das bodenlose Loch zurück. Scorpius schwieg mit einem Grinsen auf den Lippen und schien geduldig auf weitere Worte des Mädchens zu warten. Angespannt und verunsichert kaute Rose auf ihrer Unterlippe herum. Eine nervige Angewohnheit, genauso wie dieses lästige Nägelkauen.

»Rose, was ist?«, fragte Scorpius mit einer Ruhe, die ihr beinahe den letzten Nerv in kleine Stücke schlug, und ihm nun ein ohrenbetäubendes Schweigen einbrachte.

»Wer...«, begann Rose zögernd und bittere Verzweiflung überkam sie. »Wer ist...?«

Als sie nicht weitersprach, warf Scorpius einen Blick auf das Mädchen, das soeben am Haustisch der Hufflepuffs Platz nahm.

»Du meinst Corina?«, fragte er gedehnt, zog die Augenbrauen zusammen und schien sich keiner Schuld bewusst. Rose nickte knapp und die grauen Augen des Jungen blieben an dem gefühlten Häufchen Elend ihrer Person hängen.

»Rose, sie und ich...«, versuchte Scorpius zu erklären, würde aber jäh durch eine Reaktion ihrerseits in seinem Vorhaben behindert.

»Achso«, entkam es ihr hastig, ehe sie auf den Hacken kehrt machte. »Ich verstehe schon was du sagen willst.«

Verdutzt und von dieser Situation überfordert, sah er dem Mädchen nach, an dessen Fersen sich sofort die blonde Hexe heftete. Schwer schluckte der Junge an dem Kloß in seinem Hals, als er die andere Hexe bemerkte, die mit zornigem Gesichtsausdruck auf ihn zuschritt. Der Blick, den Miranda McLane ihm zukommen ließ, glich einem Todeswunsch. Als das hochgewachsene, schwarzhaarige Mädchen vor dem Slytherin stand, und auch noch die Hände in die Hüften stemmte, kroch selbst in dem jungen Mann die Angst hoch. Scorpius wusste, dass man dieser Frau lieber kein Steinobst verspeiste.

»Du!«, zischte sie und verengte ihre braunen Augen zu Schlitzen. »Willst du sie unglücklich machen?«

»Natürlich nicht!«, das Mienenspiel auf seinem Gesicht war verdutzt, dennoch war seine Stimme um einige Lagen schärfer, als er beabsichtige. Miranda schien etwas überrumpelt von der Art und Weise, wie er sich in Ton und Klang bediente, scherte sich aber nur minimal um diese Angelegenheit. Für sie gab es Grundlegendes zu klären.

»Dann hast du also auch was mit dieser Whitby am Laufen?«, forderte Miranda zu wissen, verschränkte gebieterisch die Arme vor der Brust und ignorierte das Kopfschütteln des Jungen, sowie dessen sarkastisches Grinsen.

»Selbst verständlich nicht!«, ließ Scorpius energisch verlauten. »Cory und ich sind nur befreundet!«

»So? Nur befreundet?«, eine dunkle Augenbraue ihrerseits wanderte skeptisch empor. »Und das soll ich dir glauben?«

»Ich habe keinen Bock auf ein Verhör, McLane. Mach doch was du willst!«, zischte Scorpius und erhob sich von seinem Platz. »Ich werde ihr garantiert nicht wehtun. Da können hundert Mädchen kommen.«

Miranda schwieg und war viel zu sehr damit beschäftigt, die Worte des Jungen zu verarbeiten. Dass sie ihm nicht glaubte, konnte er in ihrem Gesicht nur allzu deutlich lesen.

»Da es Rose Freude zumachen scheint, davon zulaufen, ändert dennoch rein gar nichts an dieser Tatsache! Richte der „Königin des Weglaufens» aus, dass sie, auch wenn sie mir nicht traut, keinen Besseren finden wird.«, damit beendete Scorpius das Gespräch und verließ den Tisch.

Sprachlos sah ihm die Hexe nah, ehe Miranda mit schnellen Schritten die Große Halle verließ.
 

»Rosie? Sue?«, endlich hatte Miranda die beiden Mädchen gefunden. Mit blutunterlaufenden Augen und triefender Nase hatte sich Rose in eine Nische im zweiten Stock verkrochen. Suzie saß neben ihr, hielt ihre Hand und sah besorgt zu Miranda auf.

»Wo warst du?«, flüsterte Suzie leise und warf der forschauftretenden Hexe einen fragenden Blick zu.

»Ich hatte ein, sagen wir mal, sehr aufschlussreiches Gespräch mit einem gewissen Slytherin.«, meinte Miranda, wartete auf eine Reaktion und wurde nicht enttäuscht. Wie erhofft hob diese sogleich den Kopf, doch in den Augen des Mädchens spiegelten sich Neugier und Furcht gleichermaßen.

»Rose, du musst jetzt ganz tapfer sein, ja?«, ordnete Miranda an und erntete ein zögerliches, schwächliches Nicken.

»Miranda McLane«, zischte Suzie plötzlich, da ihr die Spielchen ihrer Freundin nicht behagten, »Spuck´s endlich aus! Und keine langen Vorreden!«

»Ist ja schon gut.«, meinte Miranda schulternzuckend, ehe sie mit einer ausführlichen Erklärung des gewesenen Gesprächs begann. »Rose, er hat mir ausdrücklich gesagt, dass er und Corina nur befreundet sind und soll ich dir sagen, dass du keinen besseren als ihn finden wirst. Ich glaube ja, dass er es wirklich, und ganz ehrlich, total ernst mit dir meint. Und wenn nicht, dann wird er mich persönlich kennen lernen!«

Ihrer Erklärung folgend, schob Miranda gespielt verteidigend die Ärmel ihres Pullovers die Arme hinauf und wartete, ebenso wie Suzie, auf eine Resonanz.

»Und mich erst!«, brachte Suzie mit Entschlossenheit in der Stimme hervor. Ein plötzliches Lächeln machte sich auf Roses Miene breit und keine Sekunde später brach sie in tränenreiches Gelächter aus.

»In Ordnung, schon gut. Ich glaube euch ja!«, kicherte sie unter Tränen und zog die beiden Mädchen zu sich.

»Ach Rosie, mit dir ist es eben nicht immer einfach.«, murmelte Miranda leise, doch augenblicklich wurde sie wieder ernst. »Aber tue uns, dir und auch dem Slytherin doch bitte einen Gefallen, ja?!«

»Was?«, fragte Rose vorsichtig und das Lächeln auf ihrem Gesicht verschwand abrupt.

»Lauf nicht immer weg, wenn es Probleme gibt. Stell dich einfach.«, riet ihr Miranda in beruhigtem Ton, fing jedoch den verwirrten Blick ihrer Freundin auf und seufzte. »Selbst Malfoy ist aufgefallen, dass du ständig vor Konfrontationen davonläufst. Er bezeichnet dich sogar als Königin des Weglaufens. Aber sei jetzt nicht sauer auf ihn! Unrecht hat er nämlich nicht.«

»Aber egal, was passiert, wir halten zu dir!«, versicherte Suzie in liebevollem Ton und warf dem Mädchen einen aufmunternden Blick zu, ehe sie Rose auf die Füße zog.

»Jetzt wisch dir die Tränen weg und lasst uns endlich aus dem Gang verschwinden, es ist nämlich total kalt hier.«, Miranda rieb sich murrend über die Arme, dennoch verzogen sich ihre Lippen zu einem Grinsen. Die Mädchen machten sich auf den Weg zur Bibliothek, denn trotz allen Ereignissen sollte ja das Wissen nicht auf der Strecke bleiben.

»Wartet mal, und er hat mich wirklich als Königin im Weglaufen bezeichnet?«, Rose blieb abrupt stehen, als sie sich Mirandas Worte wieder in Erinnerung rief.

»Rose!«, seuftzten Suzie und Miranda wie aus einem Mund und beide zogen das Mädchen mit sich.
 

»Ich habe Kopfschmerzen!«, jammerte Miranda und schlug den Wälzer, der sich mit magischen Kräutern beschäftigte, lautknallend zu. »Ich hätte das letzte Butterbier weglassen sollen.«

Rose gab einen schnaubenden Laut von sich und grinste, während Suzie nur die Augen verdrehen und den Kopf schütteln konnte.

»Oh oh!«, entkam es Rose plötzlich, als sie Andrea Kirk erblickte, die lautlachend und Arm-in-Arm mit Jonathan Carmichael in die Bibliothek geschlendert kam. Ihr Blick glitt zu der bereits zitternden Suzie, die ihre Hände unter dem Tisch zu Fäusten ballte und allen Mut aufzubringen schien, die beiden zu ignorieren.

»Sollen wir gehen?«, fragte Rose leise, doch die blonde Hexe schüttelte bestimmend den Kopf.

»Nein, ich schaffe das schon, keine Sorge. Hey, er ist ein Arschloch, ich weiß gar nicht mehr, warum ich toll fand. Ich sehe keinen Grund mehr, ihm nachzutrauern.«, sagte Suzie leicht hin, zuckte knapp mit den Schultern, warf einen festen Blick auf den Einband ihres Buches »Zaubertränke für Fortgeschrittene« und war in eine Art prostestierende Starre verfallen.

»Doppel oh oh!«, ließ Miranda verlauten und drückte Roses Kopf augenblicklich und geistesgegenwärtig in das vor dem Mädchen aufgestellte Buch. »Luder auf Viertel vor Zwölf!«

Suzie hatte sich aus ihrer verkrampften, starrten Haltung gelöst und sah gerade noch den feuerroten Schopf von Lily vor sich auftauchen.

»Rosemarie!«, flötete diese mit Genugtuung und der bekannten Selbstsicherheit in der Stimme. Suzie stupste Rose mit dem Zeigefinger in die Seite, den Blick jedoch nicht von der rothaarigen, kleinen Hexe abwendend. Ein lautes Schnaufen, gefolgt von einem Poltern war zu hören, als Rose das Buch über magische Geschöpfe vor sich auf den Tisch warf. Sie ergab sich, einfach so.

»Ich wollte dir nur sagen, Rose, dass du ihn haben kannst, wenn du unbedingt willst. Ich verzichte dankend. Er ist nicht mein Typ!«, gestand Lily knapp, bedachte ihre Cousine dennoch mit erhabenem Gesichtsausdruck. Rose schwieg, denn ihr wäre auch diesem Moment keine passende Antwort eingefallen. Selbst die toughe Miranda hielt sich zurück.

»Wir haben zu tun«, meinte Suzie ruhig und sowohl Miranda als auch Rose blickten jeweils links und rechts neben sich, »würdest du uns also bitte den Gefallen tun, und uns mit deiner Abwesenheit bereichern, nur, wenn es dir auch nichts ausmacht, Lily.«

Auf dem Gesicht der jungen Gryffindor zeichnete sich einen Wimpernschlag lang ein Hauch von Verblüffung ab. Einen überheblichen Blick und einen unverständlich gezischten Fluch später, war Lily Luna Potter auch schon von dannen gerauscht.

»Das war... wow«, Rose war noch immer erstaunt über die so plötzlich auftretende Schlagfertigkeit ihrer Freundin. »Suzie, was ist los mit dir?«

»Na ja, ein bisschen Miranda steckt doch in jeder von uns, oder?«, lachte die blonde Hexe und lehnte sich lässig grinsend in ihren Stuhl zurück.

»Was soll das denn heißen?«, verlangte diese zu wissen und bedachte Suzie mit einem verdutzten Blick, ehe sie ihre Aufmerksamkeit ihrer besten Freundin zukommen ließ. »Hey, Rosemarie, damit hätten wir wohl das Gröbste geschafft, oder?«

»Ihr sollt mich nicht so nennen!«, knurrte Rose und verzog verstimmt das Gesicht.

»Und, was ist jetzt mit dem Slytherin?«, wollte Miranda wissen und die Empörung schwand aus der Miene des Mädchens und machte so der Verlegenheit Platz.

»Ich weiß es nicht!«, murmelte Rose leise und vermied es, von dem Buchdeckel aufzusehen, den sie peinlich berührt betrachtete.

»Vielleicht wäre es besser, wenn du mit ihm reden würdest.«, schlug Suzie vor, doch Rose zuckte nur mit den Schultern. »Schick ihm eine Nachricht, das wäre wohl erstmal die einfachste Lösung, oder?«

Auf Suzie Worte hin, zückte Miranda eiligst Federkiel, Pergament und Tinte und wartete geduldig.

»Sollen wir dich allein lassen?«, fragte sie, doch Rose schüttelte den Kopf.

»Nein. Ich glaube, fürchte sogar, dass ich eure Hilfe benötigen werde. Und außerdem brauche ich doch Unterstützung, wenn mich wieder eine irre Verwandte aufsucht.«, meinte Rose und auf ihre Lippen legte sich ein unsicheres Lächeln.
 

Wie ein Tiger im Käfig ging Scorpius Hyperion Malfoy in dem gekachelten Raum auf und ab. In den Händen einen Fetzen Pergament haltend, murmelte er nur unverständliche Worte, ehe er in den Spiegel vor sich Blickte und in das Antlitz seines besten Freundes starrte, der lässig und mit verschränkten Armen an der gegenüberliegenden Wand lehnte und vor sich hin grinste.

»Sie macht es einem wirklich nicht leicht«, knurrte Scorpius und wandte sich zu Albus um. Dieser zuckte mit den Achseln und richtete seinen Blick nun von der Decke, die er bis eben angestarrt hatte, auf seinen Freund, der grimmig seinen Mund verzogen hatte.

»Was soll ich deiner Meinung nach machen? Wenn ich versuche, mit ihr zureden und nur einmal falsch gucke oder mir ein falsches Wort rausrutscht, haut sie wieder ab. Du kennst sie doch besser als ich!«, Albus traute seinen Ohren kaum, schwang in der Stimme seines besten Freundes doch tatsächlich eine Spur von Angst mit.

»Na ja, was heißt besser?! Wir haben ein paar Weihnachten miteinander verbracht.«, meinte Albus, schnaufte einmal laut auf und drückte sich von der Wand ab.

»Lass den Drachenmist, Albus! Spar dir deine Witze und hilf mir.«, bat der Scorpius energisch.

»Zeig doch mal her!«, forderte der Gryffindor und ließ sich das Pergament reichen in dem ihm in geschwungenen und sauberen Lettern die Worte seiner Cousine entgegensprangen.
 

Wir müssen reden, unbedingt!

Klärungsbedarf!

Gezeichnet die Königin des Weglaufens

PS. Am besten nach dem Abendessen
 

Noch einmal flogen leuchtend grüne Augen über das Blatt, ehe ein lautes Lachen die fast leere Jungentoilette erfüllte.

»Ja, das ist Rose. Oh Mann Scorp, der Guten hast du aber gehörig den Kopf verdreht!«, das Gelächter war verebbt, doch noch immer hatten sich Albus´ Lippen zu einem Grinsen verzogen. »Königin des Weglaufens? Ist das von dir?«

Scorpius bejahte mit einem Nicken des blonden Hauptes und zuckte mit den Schultern.

»Damit hast du ja den Nagel auf den Kopf getroffen!«, sinnierte Albus. »Hast du jetzt Panik vor dem, was kommen könnte?«

»Was? Ach Quatsch! Wieso denn? Ich schaffe das schon!«, gab Scorpius forschklingend vor und hob seine Mundwinkel zu einem Lächeln.

»Na ja, wenn du das sagst. Sag mal, mein Freund, was war das denn eigentlich vorhin beim Frühstück?«, verlangte Albus zu wissen und schwenkte nun auf ein anderes Thema um, jedoch nicht ohne den Slytherin dabei prüfend anzusehen

»Du warst doch gar nicht dabei, also woher weißt du denn davon?«, eine helle Augenbraue hob sich skeptisch zum weißblonden Haaransatz.

»Wenn ich dir jetzt sage, dass meine Quellen vertraulich sind dann...«, holte der junge Mann weitschweifend aus.

»Cory, hätte ich mir ja denken können.«, stöhnte Scorpius, doch Albus zuckte nur mit den Schultern.

»Vitamin B, mein Lieber«, meinte er grinsend ehe er mit ernst in der Stimme fortfuhr, »Hör mal, das mit euch war wohl nicht gerade unauffällig, meinte Corina.«

»Na dann weißt du ja besser Bescheid als ich dachte.«, presste der junge Malfoy zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

»Jetzt sei doch nicht sauer, ich helfe dir doch.«, scherzhaft schlug Abus seinem Kumpel auf die Schulter und drückte ihm den Fetzen Pergament in die Hand.
 

Das Abendbrot am Gryffindor-Tisch war von Schweigen geprägt. Argwohn spiegelte sich auf Miranda McLanes Gesicht, als diese neben sich sah. Wangen und Nase ihrer Freundin waren bleich und ihr Blick gebannt vor sich ausgerichtet. Von den wenigen Schülern am Tisch war Rose die Einzige, die sich nicht an einem ungefüllten Teller störte. Suzie hatte es vorgezogen, schnell drei Happen Kürbispastete zu verspeisen, ehe sie mit der Begründung von dannen rauschte, Jonathan nicht unter die Augen treten zu wollen und so die beiden Mädchen nach wenigen Minuten allein zurück ließ.

»Rose, wenn du nichts isst, dann kippst du noch um.«, meinte Miranda und bedachte ihre beste Freundin mit einem durchdringenden Blick.

»Vielleicht legt sie es ja auch drauf an!«, erschrocken fuhr die dunkelhaarige Gryffindor zusammen, als sie die Stimme des mittleren Potters hinter sich vernahm.

»Albus!«, meinte Miranda gespielt grinsend.

»Miranda!«, quietschte Albus in einer hohen Stimmlage und diese schleuderte ihm einen bitterbösen Blick entgegen. Rose konnte zwei warme Hände auf ihren Schultern ausmachen, doch vermied sie es noch immer, den Kopf zu heben und starrte weiterhin gebannt auf den leeren Teller vor sich. Die Stimme ihres Cousins drang an ihre Ohren und kurz gestattete sie sich, einen Blick zur Seite zu werfen um zu erkennen, dass sie nicht länger Mirandas Standpauke ausgesetzt war.

»Rosie, Miranda hat leider Recht!«, gab Albus zähneknirschend zu, als er auf das nackte Porzellan starrte, das vor dem Mädchen stand.

»Bitte? Selbstverständlich habe ich Recht, Potter!«, Miranda verschränkte rechthaberische die Arme vor der Brust, ehe ihre Stimmung mit einem Male umschlug. »Und sag deinem Giftzwerg von Schwester...!«

Die Worte blieben ihr plötzlich im Halse stecken, als sie Albus vernichtenden Blick sah.

»Ich habe meinem Giftzwerg von Schwester schon die Leviten gelesen, danke der Nachfrage, Miss McLane.«, schoss der junge Mann zurück.

Es kostete die junge Hexe wahrlich alle Mühe, nicht zu widersprechen. Miranda biss sich auf die Lippen und registrierte aus dem Augenwinkel heraus, dass Rose nach einer Scheibe Weißbrot griff und sich langsam, Stück für Stück, einen Bissen zu Gemüte führte. Sowie sie ihr Mahl beendet hatte, sprang die junge Hexe hastig auf, sodass Albus etwas nach hinten stolperte, sich aber noch fangen konnte. Augenverdrehend und kopfschüttelnd betrachtete Miranda das kleine Spektakel.

»Ich geh dann jetzt«, kleinlaut verließen die Worte ihren Mund, ehe sich Rose hastig in Bewegung setzte.

»Sei tapfer, Rosie!«, Albus reckte triumphierend und ermutigend die Fäuste in die Luft, schwankte jedoch noch etwas.

»Na, wir sind wohl noch nicht ganz nüchtern, hm Potter?«, zischte Miranda provozierend, als ihre beste Freundin unter wackeligen Beinen durch die Pforte zur Großen Halle schritt.

»Es wird dich vielleicht schockieren und deine kleine Welt ins Chaos stürzen McLane, aber ich habe nichts getrunken. Einer musste ja schließlich noch bei Verstand sein und sich um die Musik kümmern.«, der junge Zauberer verschränkte die Arme vor der Brust, als er seiner Cousine hinterher sah und würdigte Miranda neben sich keines Blickes. »Und wenn ich mich recht erinnere, warst du doch die Letzt, die die Tanzfläche verlassen hat.«

»Und wenn schon. Ich tanze eben gern und irgend jemand musste es doch zu Ende bringen. Außerdem bist du doch selbst schuld. Du hast doch einen auf DJ gemacht, also hattest du doch das Zepter in der Hand und hättest die Party jederzeit sprengen können.«, erklärte Miranda monoton und grinste angriffslustig zu dem Potter-Jungen auf.

»Nein, ich glaube, für´s Party-Sprengen müssen sich schon andere verantworten.«, meinte Albus gelassen und machte Anstalten, sich neben dem Mädchen zu platzieren. Argwöhnisch betrachtete Miranda seine Aktion, als sich der junge Mann neben sie auf die Bank sinken ließ und damit begann sie anzustarren.

»Was?«, fauchte sie bissig und erntete einen gleichgültigen Blick. »Was ist denn?«

»Nichts«, gab Albus gelassen zu und verzog seinen Mund zu einem breiten Grinsen, »Was soll denn sein?«

Der jungen Frau wurde es allmählich etwas mulmig, je länger sie sich der Betrachtung ihres Klassenkameraden ausgesetzt sah.

»Bei Merlin, du wärst in Slytherin auf jeden Fall genauso gut aufgehoben!«, knurrte Miranda und wandte sich demonstrativ von ihm ab.

»Das höre ich ziemlich oft.«, meinte Albus grinsend und begnügte sich nun mit ihrem Profil, das er begutachten konnte.

»Lass das!«, verlangte das Mädchen in gnatzigem Ton und verengte die Augen zu Schlitzen, als sie für den Bruchteil einer Sekunde neben sich sah.

»Was denn? Ich weiß gar nicht, was du meinst!«, Albus Miene war in Unschuld gekleidet, dennoch fuhr er mit seinem Vorhaben fort.

»Na das! Dieses »Angestarre«! Es macht mich nervös.«, presste Miranda zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und ein lautes Auflachen echote durch die Große Halle.

»So, so. Wer hätte gedacht, dass dich überhaupt etwas aus der Fassung bringt und sogar nervös macht.«, feixte Albus und konnte dem Beben seines Körpers kaum Einhalt gebieten. »Die toughe Miranda McLane wird nervös, wenn man sie nur ansieht. Kam mir zwar sie so vor, aber gut. Es ist immer von Vorteil, etwas Neues zu lernen«

Langsam wallte eine unangenehme Hitze in ihr auf und ein rötlicher Schimmer legte sich, ob nun gewollt oder nicht, auf die blassen Wangen des Mädchens, das nun scharf Luft zwischen sie Zähne in ihre Lungen presste.

»Hör mal, Potter, wenn du nicht sofort damit aufhörst dann...«, raunzte Miranda unter plötzlich auftretendem Zittern. Ihre Nerven waren überspannt und drohten jeden Augenblick in Stücke gerissen zu werden. Ihr Unbehagen hatte sich binnen Sekunden in Zorn gewandelt.

»Nein, Miranda McLane, jetzt hörst du mir mal zu!«, forderte Albus und klang abrupt eine Spur zu autoritär in ihren Ohren. »Man kann sich mit dir wirklich zur auf die Rammbock-Methode unterhalten!«

»Rammbock-Methode? Was soll das denn sein?«, verständnislos schüttelte Miranda den Kopf.

»Meinetwegen auch Prellbock-Methode«, konterte Albus gelassen, »ich will damit nur sagen, dass du jedes Mal, wenn man sich mit dir unterhalten will, sofort auf Angriff umspringst.«

»Könntest du dich etwas klarer ausdrücken? Bitte!«, Verblüffung zierte Mirandas Miene, dennoch hatte sie sich sichtlich schwer getan, das letzte Wort hervorzubringen.

»Wenn du jemandem nicht verbal Paroli kannst, ist eine Unterhaltung mit dir geradezu unmöglich. Es ist anstrengend. Kein Junge traut sich, dich anzusprechen.«, erklärte Albus und sah sie eindringlich ein. Nervös blickte sich Miranda, auf seine Worte hin, im Raum um. Die wenigen Schüler, die um diese Uhrzeit zu essen pflegten, starrten gebannt zum Gryffiondor-Tisch herüber. Zu den bereits roten Wangen, gesellten sich nun glühende Ohren.

»Oh«, presste das junge Fräulein leise hervor, und zog es vor, ihre Finger zu betrachten.

»Versuch´ doch mal, nicht immer gleich, wenn man als männliches Wesen mit dir reden möchte, verbale Rundumschläge auszuteilen.«, riet er ihr. »Und wenn ich ehrlich sein darf, steht dir ein bisschen Röte im Gesicht ganz gut.«

Als der Junge Anstalten machte, den Tisch zu verlassen, sah Miranda auf. Albus schwang die Beine über die Bank, erhob sich und schien seinen Aussagen keine weiteren Worte hinzufügen zu wollen.

»Hey, jetzt warte doch mal!«, forderte Miranda, gab einen grummelnden Laut von sich, da sie Mühe hatte, von ihrem Platz aufzustehen und hastete ihm nach.
 

Mit ungelenken Schritten trat Rose durch die breite und schwere Flügeltür der Großen Halle. Ihr Magen drehte sich, stülpte sich beinahe, als wolle er sich aus dieser holperigen Lage selbst befreien. Doch Rose unterband seinen Fluchtversuch und schien sich Schritt um Schritt voran zu quälen.

»Da du keinen bestimmten Ort angegeben hast, dachte ich mir, dass ich dich einfach hier abfange.«, die ihr in den wenigen Stunden mehr als lieb gewordene Stimme war Balsam für ihre überdrehten Sinne, dennoch kam Rose nicht umhin, einen erschreckten, spitzen Schrei auszustoßen. »Hab´ ich dich erschreckt?«

Hastig wandte das Mädchen den Kopf von der einen zur anderen Seite, ehe sie Scorpius dabei beobachtete, wie er sich von der Wand abstieß, an der er gelehnt und auf sie gewartet hatte.

»Du siehst blass aus.«, entschied er und trat in langsamen Bewegungen auf sie zu. Rose sah sich außerstande, ihm zu antworten, da ihr Mund plötzlich einer ausgedörrten Wüste glich, die sehnsüchtig nach Wasser lechzte. Perplex blickte sie zu ihm auf, als Scorpius vor ihr zum Stehen kam, eine ihrer von kaltem Schweiß benetzten Hände griff und sie mit sich zog. Noch immer war nicht ein Ton von Ihren Lippen gewichen. Während er sie hinter sich her schleifte, begann er langsam, aber deutlich, sein Anliegen zum Ausdruck zu bringen.

»Hm, ich glaube, dass du mich eigentlich um ein Gespräch gebeten hast, aber so wie es aussieht, und unter den gegebenen Umständen, darf ich wohl als erster anfangen.«, ein Schmunzeln legte sich auf seine Lippen, als sich Scorpius zu seinem Anhängsel umwandte, doch dieses schwieg noch immer.

»Es ist doch nicht zu fassen.«, kurz hatte ein Lachen den Gang erfüllt, doch nun schien der Spaß ein jähes Ende gefunden zu haben, denn der junge Mann schien augenblicklich ernster und beherrschter zu wirken, während er das helle Haupt schüttelte. »Noch nicht einmal ein paar Stunden zusammen und du denkst, ich würde jedem Rock nachsteigen. Ist doch so, nicht wahr?«

Diese so rhetorisch klingende Frage schien die Kehle des Mädchens noch mehr zu umklammern. Langsam zog das Schweigen seine Schlingen um ihren Hals und zog genüsslich quälend an den losen Enden. Rose keuchte auf, als er abrupt stehen blieb und sie an ihrer Hand sanft vor sich zog.

»Nun ja...«, murmelte sie und wagte es nicht, den hochgewachsenen Slytherin anzusehen, »es war ein Irrtum. Ich dachte, dass... du... mit ihr... und ich...«

Scorpius schüttelte grinsend den Kopf, nahm das Gesicht des Mädchens in seine Hände und zwang sie mit sanfter Gewalt, ihm in die Augen zu sehen.

»Rose, ich weiß nicht, was man dir erzählt hat und eigentlich ist es auch egal, denn allem Anschein nach funktioniert der Buschfunk außerordentlich gut.«, mit einem knappen Achselzucken tat er die gefallenen Worte ab, ehe Scorpius mit bedeutungsvollem Blick fortfuhr. »Tatsache ist aber, dass ich mit keinem anderen Mädchen lieber zusammen wäre, als mit dir. Hörst du!?«

Ein seltsames Gefühl von Befreiung und Zufriedenheit breitete sich in ihrem Inneren aus, als Rose seine Worte aufgenommen und verarbeitet hatte. Ihr Herz war um einige Steine erleichtert und schien zum Himmel aufsteigen zu wollen.

»Ich war einfach nur verwirrt und höchstwahrscheinlich mit der Situation überfordert.«, gestand sie endlich als sie der Ansicht war, ihm antworten zu müssen. »Es gab so unheimlich viele Dinge, die seit gestern Abend passiert sind, dass ich einfach nicht mehr wusste, was ich glauben soll.«

Grob riss sie Details der letzten Stunden an, während Scorpius weiterhin ihr Gesicht mit seinen Händen umschlossen hielt und aufmerksam zuhörte. Da Rose die Hände frei hatte, versuchte sie ihren Worten mit wilder Gestik mehr Ausdruck zu verleihen. Wie sie so hastig mit Armen und Händen ruderte, hatte sie, nach Scorpius Ansicht, gewisse Ähnlichkeit mit einem aufgescheuchten Huhn. Allein dieser Gedanke belustigte ihn so sehr, dass sich seine angespannten Gesichtsmuskeln lockerten und ihm so ein Grinsen entfuhr.

»Du hältst mich für verrückt, oder?«, fiel Rose plötzlich hysterisch in seine Gedanken ein.

»Was? Nein! Was redest du denn da?«, fragte er lachend.

»Fakt ist, dass ich Angst hatte, an genauso einen Jungen zu geraten, wie es bei Sue der Fall war, verstehst du. Ich hatte sogar Angst vor Lily und ihren Ausbrüchen! Und dann sehe ich dieses Mädchen. Sie hat gelacht. Du hast gelacht und mir einen Blick zu geworfen, den ich nicht deuten konnte.«, gestand Rose und musste gegen die sich anhäufenden Tränen kämpfen.

»Oder wollte. Corina und ich kennen uns schon ziemlich lange, und dass sie nun gerade heute Morgen mit mir reden wollte, war mehr Zufall als Absicht.«, erklärte Scorpius, »Außerdem küsse ich doch nicht jedes x-beliebige Mädchen. Und wenn du mir den Alkohol in die Schuhe schieben willst, muss ich dir sagen, dass ich absolut nichts angerührt habe.«

»Daran hatte ich am wenigsten Gedacht.«, verteidigte sich Rose und drückte diese vorwitzigen Tränen weg.

»Fakt ist für mich, dass ich gar kein anderes Mädchen möchte, als dich, Rose Weasley. Keine Lily Luna, keine Corina oder sonst wen.«, verteidigte Scorpius seine Worte eisern und wischte ihr die Tränen, die sich trotz Selbstbeherrschung aus Rose´ Augen gestohlen hatten, mit seinen Daumen fort. Den Kampf gegen stetig ansteigende Röte in ihrem Gesicht, verlor sie mit wehenden Fahnen. Seine kühlen Finger waren ihr willkommen und schienen die lodernde Hitze in Schach zu halten.

»Déjá-vu«, raunte Scorpius leise und grinste schief, »nur ohne Kajal und Abendkleid.«

Das er diese Situation als wiederkehrendes Erlebnis betrachtete, ermutigte Rose dazu, ihren Mund zu einem kleinen Lächeln zu verziehen.

»Mach dir keine Gedanken mehr! In Ordnung, Rose?«, flüsterte Scorpius und zog das Mädchen dichter zu sich und ließ sie erst nach einer gefühlten Ewigkeit, die ihr trotzdem viel zu kurz erschien, wieder los.

»Was ist?«, verlangte Scorpius zu wissen, als das Mädchen einen protestierenden Laut von sich gab.

»Also... dann sind wir zwei jetzt zusammen?«, fragte sie und schalt sich für die Unsicherheit, die so dicht neben ihr stand und ihr beinahe auf die Füße trat.

Scorpius schenkte ihr ein stummes Grinsen, griff erneut nach ihren Händen und zog sie abermals hinter sich her, nur um sie im nächsten Augenblick an eine Steinwand im nächsten Gang zu drücken. Beide Hände neben ihrem Kopf abstützend beugte er sich zu ihr herunter. Als seine Lippen an ihrem rechten Ohr vorbei streiften, schien ein Zittern ihren gesamten Körper in Beschlag zu nehmen. Sein heißer Atem an ihrem Ohr brachte ihre Beine erneut ins Wanken und als Rose versuchte, sich an der Wand in ihrem Rücken abzustützen, rutschte sie an dieser herab. Ihre Hände waren zu schwitzig, um genügend Halt zu finden.

»Verdammt!«, fluchte sie murmelnd, kniff die Augen fest zusammen und hoffte, dass es Scorpius nicht gehört hatte.

»Was ist? Habe ich etwas falsch gemacht?«, wollte er wissen, sah sie nicht an, sondern wandte sich ihrer Ohrmuschel zu.

Einen kleinen Augenblick später, nachdem er nur das angestrengte Keuchen des Mädchens als Antwort vernommen hatte, knabberte er auch schon leicht an ihrem Ohrläppchen. Zu dem Keuchen, welches ihrem Mund entfloh, gesellte sich nun auch eine Hitze, von der Rose dachte, sie nie zuvor jemals gespürt zu haben.

Was veranlasste ihn bloß dazu, so etwas mit ihr anzustellen, ohne sie vorher zu fragen? Nach einer wunderbaren Ewigkeit arbeitete sich der junge Slytherin langsam und zu ihrem Kinn vor, ohne ein einiges Mal seine Lippen abzusetzen. Rose Herz hämmerte so laut in ihrer Brust, dass sie annahm, Scorpius müsse es doch hören können. Doch statt sich endlich ihrem Mund zuzuwenden, begab sich der junge Mann auf Wanderschaft an ihrem Hals. Jedes kleine Fleckchen bedachte er mit seinen Lippen. Unendlich lange trieb er dieses Spiel, bis Rose einen merkwürdigen Ton von sich gab. Vergleichbar mit einem Knurren gemischt mit einem kehligen Seufzen. Und nur allzu bald verließen sie diese warmen Lippen. Rose spürte, dass sie einige Zentimeter an der Wand herunter gerutscht war. Sie wagte nicht, die geschlossenen Augen zu öffnen aus Angst, dass dieser schöne Moment zerstört werden könnte, und Scorpius nicht real wäre.

»Rose«, plötzlich vernahm sie seine Stimme vor sich, doch weigerte sie sich immer noch, ihn anzusehen. Seine Stimme war klar, fest und klang viel zu ernst. Nicht ein Zittern oder Schwanken war darin zu hören. Rose Gehörsinn war plötzlich so geschärft, dass sie jeden Ton, den er von sich gab, genau vernehmen konnte.

»Rose«, raunte er erneut und diese angenehme Wärme umfing sie wieder, »ich werde dich jetzt küssen!«

Sie konnte eine Schwere auf ihrem Körper ausmachen, die sie vorher nicht wahrgenommen hatte. Keine Silbe des Widerspruchs entfloh ihr, stattdessen durchfuhr sie ein erschreckender Gedanke wie ein Donnerschlag.

Hatte sie Mundgeruch? Ihr Mund war so ausgetrocknet, wie eine Wüste, die nie einen Tropfen Flüssigkeit abbekommen hatte. Sie hätte ihn bitten sollen, sich erst frisch machen zu dürfen, doch es war zu spät. Vergessen war plötzlich das beinahe erbetene Zähneputzen, sowie das fast erhoffte Gläschen Wasser, als sich warme Lippen auf ihren Mund pressten.

Déjá-vu, Scorpius hatte Recht, auch wenn dieser Moment ein anderer war. Zwar hatte er sie bereits geküsst, zwei Mal sogar, doch war das Zusammentreffen ihrer Lippen in diesem Augenblick anders, bedeutsamer. Noch immer hielt er ihr Gesicht in seinen Händen und würde dem wohl erst ein Ende setzen, wenn er es gestattete oder ihnen, notgedrungen, die Luft ausging.

Scorpius presste sie weiter gegen die kalte Wand, doch spürte Rose nichts weiter als seinen Mund auf ihren Lippen. Ein Ruck durchfuhr ihren Körper, als er mit seiner Zunge plötzlich in ihrem Mund vorstieß und tastend nach seinem Gegenpart suchte. Ihrem inneren Gefühl folgend, stupste Rose leicht mit ihrer Zunge gegen die des Jungen. Erst langsam und bedächtig, dann immer fordernder plünderte Scorpius den Mund der jungen Frau. Rose genoss das Spiel, welches er mit ihr trieb und vergessen waren plötzlich die Angst, nicht von ihm geliebt zu werden, verworfen die Gedanken an die Trennungen ihrer Freunde oder Streitigkeiten mit den Mitgliedern ihrer Familie. Für Rose zählte nur das Hier und Jetzt mit dem Jungen, von dem sie niemals gedacht hatte, dass er ihr seine Liebe gestehen und sie so küssen würde, dass es ihr den Boden unter den Füßen wegriss.
 

Inspiriert durch Musik und Text des Liedes »Shiver« von MAROON 5


 



Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu dieser Fanfic (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  dolce-veleno
2014-06-27T01:24:24+00:00 27.06.2014 03:24
Oooooohh ich will weiter lesen *.*

So wunderschön geschrieben *.*
Lily das kleine Miststück^^
Scorp soll romantisch *.*

Will meeeeeehr ^^

LG ireth
Von:  Bernsteinseele
2014-01-20T02:09:18+00:00 20.01.2014 03:09
Schönes Kapi ... ich wäre ja dafür, dass Scorp und Rose sich an Lily schön lange rächen, dafür, dass se fast alles ruiniert hätte! >_<
Von:  Schokokekse
2014-01-19T20:25:02+00:00 19.01.2014 21:25
Weiter so^^
Von:  Schokokekse
2014-01-19T09:43:32+00:00 19.01.2014 10:43
Ein wirklich guter Einstieg. Ich bin gespannt wie es weiter geht:
)
LG Schokokekse


Zurück