Zum Inhalt der Seite

L'amore in poche parole

G./Gokudera
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Mehr als zweieinhalb Jahre später geht es endlich weiter... orz
Frohe Weihnachten! :) Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Per me l'amore è...

»Ich weiß nicht, ob mir das Ganze gefallen will, Giotto.«

In der tiefen Stimme klang Misstrauen mit, was von einem jungen Mann lediglich mit einem leisen Kichern quittiert wurde.

»Das klingt fast so, als hätte deine Rechte Hand Angst.«

»Mach dich nicht über ihn lustig, Cozart«, wollte Giotto einlenken, ehe er sich wieder an den Rotschopf ihm gegenüber wandte. »Es kann dabei gar nichts schief gehen, G. Vertrau mir.«

G. lachte trocken auf.

»Das tue ich so oder so. Es geht mir darum, ob es wirklich nötig ist.«

Ihm war nicht wohl bei dieser Angelegenheit. Zum einen, weil die Vorrichtung, die ihn in die Zukunft befördern sollte, noch nicht getestet worden war. Zum anderen, weil er nicht wusste, ob er sich mit einem gewissen anderen Sturmwächter überhaupt auseinandersetzen wollte und konnte.

Die erste Generation der Wächter hatte bereits Bekanntschaft mit der zehnten gemacht, und G.s Aufeinandertreffen mit Gokudera Hayato war nicht unbedingt positiv ausgefallen. Besonders missfiel ihm, dass es für ihn so war, als ob er in einen Spiegel schauen würde. Blickte er in die grünen Augen des neuen Sturmwächters, sah er eine jüngere Version seiner selbst, und er hasste es, mit seinem vergangenen Ich konfrontiert zu werden.

»Aber es war doch deine Idee.«

Giottos zweifelnder Einwurf holte ihn aus seinen Gedanken. Ja, natürlich war es sein Einfall gewesen. Nachdem Giotto und seine Wächter der zehnten Generation beigestanden hatten, hatte G. sich tagelang über Hayatos Inkompetenz aufgeregt. Wenn er sich richtig erinnerte, war er sogar soweit gegangen zu sagen, dass der Bengel ohne richtige Ausbildung nie eine gute Rechte Hand würde werden können.

»Nur, weil ich mich darüber beschwere, ist es nicht meine Aufgabe, etwas daran zu ändern«, murmelte er missmutig, obwohl er wusste wie wenig ihm dieses Argument bringen würde.

»Das zeugt nicht wirklich von Reife«, warf Cozart ein, und G. hätte gerne ein Loch in diverse Einrichtungsgegenstände oder die Wand geschlagen. Doch Giotto kam ihm zuvor.

»Cozart«, rief er seinen Freund streng zur Ordnung, wusste durch ihre jahrelange Freundschaft nur zu gut um G.s Macken und sein gelegentliches Bedürfnis, seinem Unmut durch Gewalt Ausdruck zu verleihen. Cozart lachte nur heiter, wagte sogar, G. aufmunternd auf die Schulter zu klopfen.

»Io so, Giotto. Mi dispiace

Die Entschuldigung war wohl an ihn gerichtet, doch G. bezweifelte, dass es dem anderen ernst war. Schon seit einiger Zeit war das Verhältnis zwischen ihm und Cozart nicht mehr so ausgeglichen wie zu Beginn. G. ertappte sich immer öfter dabei, wie sich seine Schultern anspannten, wann immer der andere Rotschopf in seiner Nähe war. Er war vorsichtiger geworden, wenn Cozart sich in ihrem Anwesen aufhielt.

Es war nicht so, dass er ihm misstraute oder gar fürchtete, er könne die Vongola verraten. Giotto wusste für gewöhnlich, wer seine Freunde und wer seine Feinde waren. Selbst wenn G. Cozart nicht völlig traute, so war sein Glaube an Giotto unerschütterlich, und solange sein Freund das andere Familienoberhaupt mit offenen Armen empfing, würde auch er ihn dulden. Das war eine seiner Pflichten als Rechte Hand und Freund.

Was allerdings nicht bedeutete, dass er sich nicht ab und an einen kleinen Seitenhieb gegen Cozart gönnen würde.

»Schon klar, Coco«, raunte er und beobachtete mit viel zu großer Genugtuung, wie der Angesprochene ob seines ungewollten Spitznamens das Gesicht verzog. Dann seufzte G. kurz, wandte sich an Giotto und nickte entschlossen.

»Schön, meinetwegen.«

Das Gesicht seines Freundes hellte sich auf.

»Davvero

Fast hätte G. aufgelacht. Wie leicht es manchmal war, Giotto eine Freude zu machen. Wie selbstverständlich zuckte er mit den Schultern.

»Was soll schon groß passieren?«

»Vielen Dank, mein Freund.«

Ein warmes Lächeln legte sich auf Giottos Lippen. Und G.s Herz sprang beinahe entzwei. Sein ›Freund‹. Das war alles, was er jemals war und sein würde, und es schmerzte, dass er sich damit abfinden musste. Denn auch das war eine Pflicht, die er als Giottos Rechte Hand zu erfüllen hatte.
 

Hayato wusste genau, dass er sich angesichts seiner momentanen Situation hätte glücklich schätzen müssen. Solch eine Chance würde er nie wieder bekommen, also sollte er sich eigentlich eher beide Füße abschlagen wollen, als diese Möglichkeit zu verschwenden.

Es war ein später Sonntagabend und er war gerade auf dem Heimweg, nachdem er mit Tsuna für den morgigen Mathematiktest gelernt hatte. Alles, was er wollte, war ins Bett zu fallen und bis morgen durchzuschlafen, ohne von gelegentlichen zusammenhanglosen Träumen aus dem Schlaf gerissen zu werden.

Die Nacht war still und kühl; über sein leicht gehetztes Atmen konnte er nicht hören, ob die Vögel und anderen Tiere um ihn herum Geräusche von sich gaben. Der Wind frischte auf, und hätte der Wetterfritze heute morgen nicht mit Nachdruck gesagt, an diesem Tag würde das Wetter mild bleiben, hätte er angenommen, ein Sturm zöge auf.

Als er um die letzte Ecke bog und die warme Decke seines Bettes beinahe schon spüren konnte, fiel sein Blick auf den niedrigen Treppenabsatz vor seiner Wohnung. Mitten im Laufen hielt er inne, betrachtete die Person, die da so dreist auf ihn wartete, mit geweiteten Augen.

Hayato erkannte ihn sofort, wie hätte es auch anders sein können. Niemals könnte er vergessen, wie der Sturmwächter der Prima Famiglia aussah. Dennoch bekam er keinen Ton heraus, zu unwirklich war die Situation. Seine Vernunft sagte ihm, dass dies unmöglich wirklich geschehen konnte, dass er sich G. nur einbildete, weil er an diesem Wochenende vor lauter Pflichterfüllung nicht einmal fünf Stunden geschlafen hatte.

Doch als G. sich eine Zigarette anzündete, leise lachte und ihm direkt in die Augen sah, wirkte er viel zu real, um bloße Einbildung zu sein.

»Buona sera, Kleiner.«

Die Stimme des anderen war genau so, wie er sie in Erinnerung gehalten hatte; kräftig und tief, selbstsicher und bestimmt, und trotzdem so warm, dass er bei ihrem ersten Treffen augenblicklich verstanden hatte, warum Vongola Primo gerade ihn als seine Rechte Hand gewählt hatte.

Es ärgerte Hayato, wie sprachlos ihn G.s Gegenwart machte. Als er endlich einen vollständigen Satz herausbringen konnte, war er mit diesem jedoch ganz und gar nicht zufrieden:

»Was willst du hier?«

Innerlich stieß Hayato unzählige Flüche aus, rügte sich selbst für seine Unfähigkeit. Überrascht zog G. eine Augenbraue hoch, nahm einen tiefen Zug an seiner Zigarette.

»Das ist nicht die richtige Art, seinen neuen Mentor zu begrüßen, Hayato.«

Tadelnd schüttelte er den Kopf, ehe er sich aufrichtete und sein Gegenüber auffordernd ansah. Hayato hingegen verstand gar nichts mehr.

»Mentor?«, fragte er verwirrt, nahm nur am Rande wahr, wie G. seine Zigarette auf den Boden warf und austrat.

»Du wirst übrigens die nächste Zeit auf der Couch schlafen, sofern du eine hast. Wenn nicht musst du halt mit dem Boden vorlieb nehmen.«

Mit diesen Worten drehte G. sich um und schritt auf die Haustür zu. Sowie er keine Fußschritte hinter sich hörte, blickte er ein letztes Mal über die Schulter zu Hayato, der wie festgewachsen einige Meter hinter ihm stand und ihn mit offenem Mund anstarrte.

»Ich komme auch ohne dich in die Wohnung, aber wenn du nicht draußen schlafen willst, solltest du dich langsam in Bewegung setzen.«

Ohne sein Zutun lief sein Körper los, und Hayato schwankte immer noch zwischen Skepsis und Angst. Was machte G. hier, und viel wichtiger: wie war er überhaupt hierher gekommen? War er einfach nur so übermüdet, dass er sich die Präsenz des anderen einbildete?

Schwach spürte er den Zigarettenstummel unter seinen Schuhen, während er G. folgte und den Haustürschlüssel aus seiner Hosentasche kramte. Wahrscheinlich sollte er dankbar sein, dankbar dafür, seinem Vorbild ein weiteres Mal begegnen zu dürfen. Vielleicht sogar mit ihm trainieren zu dürfen, um eine bessere Rechte Hand zu werden. Vielleicht hatte das ungute Gefühl in seiner Magengegend gar nichts zu bedeuten.

Hayato seufzte schwer, ehe er die Tür aufschloss. Er konnte nur hoffen.

...trascorrere insieme ogni minuto libero.

Als Hayato am nächsten Morgen aufwachte, verspürte er das dringende Bedürfnis, irgendetwas in die Luft zu sprengen. Das lag zum einen daran, dass ihm seit gestern Nacht eine unangenehme Übelkeit gepackt hatte und ihn auch nach mehreren Stunden nicht loslassen wollte. Zum anderen hatte er kaum geschlafen und sich stattdessen den Kopf darüber zerbrochen, was G.s Aufenthalt in seiner Welt zu bedeuten hatte. Außerdem schlief es sich auf dem Boden weitaus schlechter, als er angenommen hatte. Mit einem Mal bereute er die vor Jahren getroffene Entscheidung, seine Couch sowohl als Sitz-, als auch als Schlafgelegenheit zu verwenden und auf ein Bett zu verzichten.

Und zu allem Überfluss war G. verschwunden. Gut, so ganz stimmte das nicht. Zuerst war Hayato kurz davor gewesen, tanzend durch seine Wohnung zu laufen, geradewegs hinein ins Bad und dabei zu feiern, dass es doch nur ein Traum gewesen war. Doch sowie er gegen eine verschlossene Badezimmertür rannte, fiel seine Laune von himmelhoch mehrere Stockwerke tief in den Keller.

Jetzt stand er vor ebenjener Tür, trommelte wie wild mit den Fäusten dagegen und warf immer wieder prüfende Blicke auf seine Uhr.

»Willst du mich verarschen?! Ich muss in die Schule, verdammt noch mal!«

Da er auch nach zehn weiteren Minuten des wütenden Tobens keine andere Antwort als das aufgebrachte Geschnatter der senilen Mieterin der Wohnung über seiner erhielt, beschloss er aufzugeben. Stattdessen wollte er sich seinem Frühstück widmen, doch gerade, als Hayato den Kühlschrank öffnete, ging die Tür auf und G. verließ das Bad mit einer Ruhe, die er für die jetzige Situation vollkommen unangebracht hielt.

»Du hättest halt gestern Abend duschen sollen«, belehrte G. ihn gelangweilt. »Jetzt zieh dich an und pack deine Tasche. Oder warte, mach mir zuerst Frühstück.«

So viel Dreistigkeit verschlug Hayato die Sprache. Eine ganze Weile konnte er nichts weiter tun, als den Mund abwechselnd zu öffnen und zu schließen, dabei wild mit den Armen gestikulierend. G., der sich in der Zwischenzeit an der Kaffeemaschine bedient hatte, hob nur skeptisch die Augenbraue.

»Mach's dir doch selbst«, brachte Hayato irgendwann heraus, sichtlich frustriert über seine verzögerte Reaktion. Als er G.s anzügliches Grinsen sah, gesellte sich zu der Frustration noch eine unangenehme Mischung aus Scham und Unbehagen.

»Schon geschehen, Kleiner, aber darüber wollte ich eigentlich nicht mit dir sprechen.«

»H-halt die Klappe, man!«

So hatte Hayato sich seinen Morgen ganz bestimmt nicht vorgestellt. Wobei er sich unwillkürlich die Frage stellte, was er sich eigentlich von seiner jetzigen Situation erhofft hatte. Oder wie er sich ein temporäres Zusammenleben mit G. vorgestellt hatte. Auf jeden Fall nicht so, dass er morgens Kammerzofe spielte, während seine Wangen glühten.

»Erst, wenn du mir was kochst«, riss G. Hayato aus seinen Gedanken und sah demonstrativ geschäftig auf die Uhr. »Na los, viel Zeit hast du nicht mehr. Ran an die Arbeit.«
 

Natürlich hatte Hayato irgendwann nachgegeben. Weil man nicht mit G. diskutieren konnte, weil er selbst ziemlich großen Hunger hatte, und weil er es sich aus diversen Gründen nicht leisten konnte, zu spät zu kommen. So befanden sie sich also auf dem Weg zur Namimori Mittelschule, und auch wenn sie wieder gut in der Zeit lagen, hatte Hayato sich selbst nach der dritten Zigarette noch nicht beruhigt. G. schien sich nicht weiter um das aufgekratzte Nervenbündel zu kümmern, sondern schlenderte gemächlich einige Schritte hinter ihm und machte sich einen Eindruck von der Stadt.

»Du kannst nicht mitkommen«, wiederholte Hayato zum gefühlt tausendsten Mal, obwohl sie nur noch wenige Minuten Fußweg von ihrem Ziel entfernt waren. Für gewöhnlich begleitete er Tsuna jeden Morgen – so, wie eine verantwortungsbewusste Rechte Hand es tun sollte –, doch heute war ihm dafür schlichtweg keine Zeit geblieben. Innerlich verfluchte er G. dafür, doch nach außen hin blieb er gelassen. Zumindest hoffte er, dass das der Fall war.

»Warum?«

Hayato hatte nicht damit gerechnet, dass G. in nächster Zeit auf seine Beschwerden eingehen würde. Deswegen dauerte es einige Augenblicke, bis er seine Frage registrierte. Ihm fielen einige Gründe ein, aber keiner, der G. auch nur ansatzweise zufrieden stellen würde. Hayato haderte einen Moment mit sich, ehe ihm etwas einfiel, das so simpel und banal war, dass es schon wieder an Genialität grenzte.

»Du trägst keine Uniform. Hibari wird dich nicht in die Schule lassen.«

Niemals hätte er gedacht, dass er sich einmal dermaßen auf ihren Wolkenwächter verlassen würde. Zwar war es fraglich, ob Hibari tatsächlich in der Lage dazu war, einen von Vongola Primos Wächtern mit seinen jetzigen Fähigkeiten zu besiegen, aber es reichte ja schon, wenn er G. einfach eine Weile beschäftigte.

Bei allem widerwilligen Vertrauen in Hibaris Hartnäckigkeit schaffte G.s Grinsen es dennoch, dass sich Hayato die Nackenhärchen aufstellten.

»Was?«, fragte er misstrauisch. Ihm wollte die Arroganz in der Stimme des anderen so gar nicht gefallen.

»Euer Hibari ist im Prinzip nichts anderes als eine jüngere, aufmüpfigere Version unseres Alaude. Und mit dem werde ich schon fertig«, erklärte G. mit einer Selbstverständlichkeit, dass Hayato beinahe die Galle hochkam. Er rollte mit den Augen, kickte einen kleinen Stein aus dem Weg und beschleunigte seinen Schritt, sobald er den Schulhof sehen konnte.

»Was auch immer. Beschwer dich nur nachher nicht.«
 

Als G. in der Pause vor der zweiten Stunde seelenruhig ins Klassenzimmer kam und dabei wie selbstverständlich eine ihrer Uniformen trug, verschluckt Hayato sich an dem Wasser, das er gerade trank. Das Getuschel der anderen Schüler blendete er aus (es war sowieso irrelevant, was die von ihm dachten), aber er konnte nicht leugnen, dass ihm nicht wohl dabei war, wie G. zielstrebig auf ihn zumarschierte und somit unmissverständlich zum Ausdruck brachte, dass sie miteinander zu tun hatten.

»Wo zum Teufel hast du die Uniform her? Und was ist mit Hibari?«, fragte Hayato mit einer Mischung aus Unglaube und Empörung, nachdem er aufgehört hatte zu husten. G. grinste nur spöttisch.

»Hat mir die Uniform geschenkt.«

Dass Hibari gefesselt in seinem Büro lag, ließ er unerwähnt. Er war sich aber ohnehin ziemlich sicher, dass Hayato erahnen konnte, was vorgefallen war. Auch, wenn er es sich nicht eingestehen wollte.

»Niemals.«

»Zweifelst du etwa die Worte deines Mentors an?«

Mit diesen Worten ließ er sich lässig auf dem Platz neben Hayato nieder und gab dem Schüler, der eigentlich dort saß, mit einem Blick zu verstehen, dass er sich nun wohl oder übel einen anderen Tisch suchen musste.

Hayato schloss entnervt die Augen und stützte den Kopf auf seiner Hand ab.

»Ich hab dem Ganzen noch gar nicht zugestimmt.«

»Oh bitte, jede Faser deines Körpers schreit danach, von mir unterrichtet zu werden.«

Das war zwar der Fall, aber Hayato wollte nicht klein beigeben. Nicht schon wieder.

»Träum weiter.«

Wenn er nach den raubtierhaften Zügen ging, die G.s Gesicht mit einem Mal annahm, schien es für Hayato fast so, als habe er nur auf so eine Vorlage gewartet. Instinktiv rückte Hayato ein wenig von ihm weg, als er sich näherte, besann sich dann jedoch eines Besseren und zwang sich, standhaft zu bleiben. Oder zumindest so zu tun.

»Von uns beiden bist ja wohl du derjenige mit den regen Träumen«, schnurrte G. beinahe, die Stimme tiefer und voller als ohnehin schon. Es verlangte Hayato alles ab, dass er sich nicht wieder vor Schreck verschluckte.

»W-was?«

Die Frage rutschte ihm heraus, bevor er sich komplett im Griff hatte. Dabei war er sich ziemlich sicher, dass er die Antwort darauf gar nicht hören wollte.

»Gestern Nacht hast du im Schlaf geredet.«

»Hab ich nicht.«

G. rückten noch ein wenig näher, legte ihm einen Arm um die Schulter und beobachtete mit viel zu großer Genugtuung, wie Hayato zurückzuckte.

»Hast meinen Namen gesagt.«

»Nein.«

Hayato war heilfroh, dass sich die anderen Schüler lieber mit sich selbst beschäftigten als mit ihnen. Sein Ruf wäre dahin, wenn einer von ihnen mitbekäme, wie er einfach nur mit vermutlich hochrotem Kopf dasaß und es nicht einmal schaffte, sich aus einer lockeren Umarmung zu befreien.

Es war aber auch unfair; G.s Atem an seiner Ohrmuschel raubte ihm kurzzeitig jegliches Reaktionsvermögen.

»Sogar gestöhnt.«

»Non sia mai!«, versuchte Hayato es in seiner Verzweiflung auf Italienisch, und sehr zu seinem Erstaunen schien das sogar Wirkung zu zeigen. Oder G. war es schlichtweg langweilig geworden, ihn aufzuziehen. Ihm war beides recht, solange er nur ein wenig Abstand zwischen sich und den anderen bringen konnte.

»Hast du auch nicht«, erklärte G. ruhig, ließ von Hayato ab und blickte drein, als wäre nichts vorgefallen. Der Ton in seiner Stimme strafte diese äußerliche Ruhe jedoch Lügen. »Deiner Gesichtsfarbe nach zu urteilen scheint der Gedanke allerdings gar nicht so abwegig zu sein.«

»Als ob ich—«, setzte Hayato an, wurde jedoch jäh unterbrochen, als Tsuna und Yamamoto das Klassenzimmer betraten und ihn erspähten. Anstatt der ersehnten Rettung kündigte ihre Ankunft aber eher noch mehr Stress und Peinlichkeiten an.

»Hey, Gokudera! Hast du zufällig die Hau— ist das nicht der Sturmwächter der ersten Generation?«
 

Zu sagen, dass dieser Schultag Hayato vollkommen ausgelaugt hatte, war eine Untertreibung sondergleichen. In der ersten Pause hatte G. eine Gruppe älterer Schüler auf dem Hof dermaßen provoziert, dass sie beinahe einen Streit vom Zaun gebrochen hätten, wenn Hayato ihnen nicht gedroht hätte, sie in die Luft zu sprengen. Beim darauffolgenden Sportunterricht hatte er spontan die Kapitänsposition der gegnerischen Fußballmannschaft übernommen und Hayato – ganz subtil natürlich – unangespitzt in den Boden gerammt.

Sogar den Chemieunterricht hatte er ihm verdorben, dabei war das Hayatos Lichtblick gewesen. Aber als G. (mit voller Absicht) zu viel Natrium zum Wasser hinzugefügt hatte und die daraus resultierend Natriumhydroxidexplosion Hayato fast die Augenbrauen weggebrannt hatte, war es vorbei gewesen mit dem vermeintlichen Lichtblick.

Der Tag hatte ihn auch auf mentaler Ebene geschlaucht. Keiner der Lehrer hatte sich gewundert, woher der neue Schüler kam, der wie selbstverständlich neben Hayato Platz genommen hatte. Keinem der Schüler schien es ungewöhnlich vorzukommen, dass er sehr viel älter aussah als sie. Das ersparte Hayato zwar den Aufwand, sich glaubwürdige Lügen auszudenken, aber glücklich machte es ihn dennoch nicht. Und Hibari hatte er auch den ganzen Tag über nicht gesehen, obwohl er sogar ganz provokativ vor der Schule geraucht hatte.

Selten hatte Hayato das Ende eines Schultages so herbeigesehnt wie heute. Für gewöhnlich würde er nun Tsuna nach Hause eskortieren, aber schweren Herzens hatte er diese Aufgabe heute Yamamoto überlassen, da er nicht wusste, was er mit G. an seiner Seite alles tun würde. Seine Laune hatte ein neues Rekordtief erreicht, als er mürrisch die Hände in den Hosentaschen vergrub und Steinchen vor sich her kickte, um nicht auf gewisse andere Sturmwächter zu zielen.

»Wieso kehrst du nicht einfach in deine Zeit zurück?«

Von Hayatos grundlegender Feindseligkeit genervt, massierte G. sich die Schläfen, ehe er antwortete.

»Weil ich es nicht kann, idiota

»Vongola Primo braucht sicherlich deine Unterstützung«, versuchte Hayato es ein weiteres Mal, auch wenn ihm klar war, dass es nichts bringen würde. G. beobachtete ihn eine Weile aus dem Augenwinkel, ehe er antwortete.

»Cozart wurde damit beauftragt, die Dinge in die Hand zu nehmen, während ich fort bin. Ich habe ihm sogar einen Plan gemacht. Und sollte er versagen, kann ich mich immer noch auf Alaude verlassen. Darüber hinaus ist Giotto kein kleines Kind mehr, das nicht auf sich selbst achten kann.«

Er schwieg eine Weile, andächtig und – wenn Hayato es nicht besser gewusst hätte – ein wenig wehmütig.

»Er war es, der mir diese Mission gegeben hat.«

Es widerstrebte ihm, doch dieser Satz ließ Hayato aufhorchen.

»Mission? Was für eine?«

Zwar mochte der Argwohn in seiner Stimme überwiegen, doch es war ein Leichtes für G., die Neugierde dahinter herauszuhören. Schwach lächelnd zog er eine Zigarette aus seiner Brusttasche, zündete sie mit seiner Sturmflamme an und nahm einen langen Zug.

»Eine akzeptable Rechte Hand aus dir zu machen, du Genie.«

Kurz überlegte er, ob er dem anderen nicht durch die ohnehin schon unordentlichen Haare wuscheln sollte, sozusagen als Zeichen der Wiedergutmachung. Dann wiederum gab es in G.s Augen nichts, wofür er sich entschuldigen müsste, also beließ er es bei einem neckischen Grinsen.

»Vaffanculo«, murrte Hayato leise und hoffte dennoch, dass G. ihn gehört hatte.

Den Rest des Weges verbrachten sie schweigend, und eine leise Stimme in Hayato wollte ihm weiß machen, dass G. das vielleicht sogar aus Rücksicht vor seinen geschundenen Nerven tat. Fast hätte er darüber gelacht, also brachte er die Stimme schnell zum Schweigen und zählte die Schritte, die sie noch bis zu seiner Wohnungstür brauchten.

Es wunderte Hayato nicht einmal mehr, dass G. es war, der den Schlüssel zu seiner Wohnung mit sich trug und nun auch anstatt ihm aufschloss. Bevor G. eintrat, nahm er einen letzten Zug von seiner Zigarette und schnippte sie dann weg.

Vermutlich war es eine gute Idee, wenn Hayato zur Beruhigung auch noch eine rauchte, ansonsten sprengte er vor lauter Anspannung noch seine eigenen Wohnung in die Luft. Automatisch wanderte seine Hand zu seiner hinteren Hosentasche, griff nach der Packung Zigaretten und wollte eine herausziehen, doch die Schachtel war leer. Ein wenig zu panisch riss er die Schachtel auseinander – Hayato wusste genau, dass noch eine da sein müsste, schließlich zählte er seine Zigaretten jeden Tag vor der Schule ab – und sah verwirrt dabei zu, wie die Pappfetzen zu Boden fielen.

Es dauerte einige Augenblicke, doch dann ging ihm ein Licht auf. Er unterdrückte einen verzweifelten Aufschrei und starrte G. entgeistert an.

»Hast du etwa meine letzte Zigarette geraucht?!«

G. rollte amüsiert mit den Augen, schnipste ihm gegen die Stirn und trat ein. Er wusste aus eigener Erfahrung, dass Hayatos Wut genau so schnell verflog, wie sie sich zusammenbraute, und so war er nicht wirklich besorgt.

»Natürlich. Das ist deine Pflicht als Gastgeber.«

Hayato sagte darauf nichts, sondern rieb sich nur die schmerzende Stirn und versuchte, das warme Gefühl in seiner Magengegend zu ignorieren. Dann seufzte er leise und folgte G. in seine Wohnung.

Allmählich wuchsen ihm die ganzen Pflichten über den Kopf.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (13)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Otogi
2015-06-01T23:01:01+00:00 02.06.2015 01:01
Ma ma, Gokudera >.<
Was ich schon schreiben will, seit ich die erste FF von dir gelesehen habe: Ich finde es so sexy, wenn Gokudera italienisch spricht! (Auch wenn ich es nicht verstehe... XD)

Und i-wie find ich es geil, wie G. Gokudera ärgert und Gokudera sich auch noch ärgern lässt. Hach ja, so einen Mentor braucht der kleine Sturmwächter eben und das braucht er nicht leugnen! >D

Wie schon gesagt, tolle Story, auch wenns nach Jahren erst weiter geht ;)
(Ich kenne das von mir nicht anders...)
Antwort von:  Schangia
07.06.2015 22:19
Dann bin ich da nicht alleine, sehr gut. Italienisch ist aber auch so eine schöne Sprache. Allein, damit ich das in die Reborn! FFs einarbeiten kann, hat sich der Sprachkurs schon gelohnt. xD Ich versuche aber immer, die Bedeutung der italienischen Phrasen irgendwie in den Text miteinfließen zu lassen, damit es nicht so tragisch ist, wenn man die Sprache nicht spricht. :)

Glaub mal, G. hat da auch tierischen Spaß dran. Gokudera jetzt nicht so sehr, aber der ist Kummer gewöhnt. xDDD

Danke! :) Ich will mir Mühe geben, das neue Kapitel früher hochzuladen. :'D
Antwort von:  Otogi
08.06.2015 17:16
Für irgendwas muss eine Sprache ja gut sein :D (Und könnte ich das auch, hätte ich das auch in FFs mit eingebaut >.<)

Haha, ich bin mir sicher, dass G. da seinen Spaß hat XD Und ich bin gespannt *_*
Von:  Otogi
2015-06-01T22:47:09+00:00 02.06.2015 00:47
Uiiiiii, wie cool G. doch ist *_*
Und wie dämlich sich Goku wieder anstellt XD
Herrlich!!!
Tja, ist ja wohl klar, dass G. einfach Gokus Wohnung einnimmt.

Eine super Idee und sie passt so schön zu den Beiden, ich bin gespannt :D
Antwort von:  Schangia
07.06.2015 22:19
Nicht wahr~? *^* Hach, immer diese Sturmwächter... ////D

Danke dir~ <3
Von: abgemeldet
2014-12-29T21:06:38+00:00 29.12.2014 22:06
Hey ^^

Ich habe Reborn erst vor kurzem für mih entdeckt. (110 Folgen in einer Ferienwoche... Ähäm, ja.... Manga auch schon fast vollständig...Man möge mich köpfen XD) und ich muss sagen, dass Pairing reizt mich irgendwie.

Story
Die Storyline gefällt mir schrecklich gut. Ich finde die Idee, G(.) als Mentor zu dekadieren, wirklich fantastisch.

Charaktere

Gokudera: Einer meiner Lieblingsanimeboys. Ich mag seine Art so gern, er ist mir sehr ähnlich, daher... xD Du triffstihn wirklich gut und überhaupt, Gokudera mit offenem Mund? Herrlich! ^^ Auch Gokudera's Gedanken am Anfang des zweiten Kapitels sind überaus passend und charaktersieren Hayato wirklich gut ^^

G(.): Man möge mich köpfen, aber ich kenne G(.) nur aus dem Reborn! Wiki. Ich mag ihn, obwohl ich im Anime noch nicht soweit bin. >.<

Grammatik, Zeichensetzung und der ganze andere Schnickschnack, Leserlichkeit einbezogen
Ach, ich liebe deinen Stil. Du machst keine Grammatikfehler, oder anderes, und die Leserlichkeit ist auch top.

Ich würde mich sehr freuen, wenn du einmal in meinem Fanfics und meiner Orginalstory Star Alliance vorbeisiehst. ^^

Deine Kyoki
Antwort von:  Schangia
28.01.2015 01:07
Wuah, sorry für die späte Antwort! Vielen lieben Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, mir einen Kommentar zu schreiben, das freut mich wirklich sehr. :) Will mir auch Mühe geben, demnächst regelmäßiger Kapitel hochzuladen. >w<
Von:  silvernemia
2014-12-28T21:59:30+00:00 28.12.2014 22:59
Ich glaub G wird ohne Punkt geschrieben.
Und ich mag es, dass immer wieder vereinzelte italienische Begriffe auftauchen. ^^
Antwort von:  Schangia
28.12.2014 23:21
Danke, das mag ich so an KHR! - mein Italienischunterricht war nicht verschwendet. |'D
Im japanischen Original wird er tatsächlich ohne Punkt geschrieben, aber mir persönlich gefällt es (nicht nur wegen des Leseflusses im Text) mit Punkt besser, sorry~ ^^°
Von:  silvernemia
2014-12-27T09:52:10+00:00 27.12.2014 10:52
Yeahaw, ein neues Kapitel XDXD
Antwort von:  Schangia
27.12.2014 12:17
Als verspätetes Weihnachtsgeschenk, sozusagen. ;p
Antwort von:  silvernemia
27.12.2014 12:21
Ich find, das ist ein tolles Geschenk ^^
Antwort von:  Schangia
27.12.2014 12:40
D'aww, das freut mich, danke. :) ♥
Von:  Ryugawa_Hikari
2013-08-12T15:35:28+00:00 12.08.2013 17:35
Ich fand das erste Kapitel schon ganz gut und hoffe das du bald weiter schreibst

Lg Hikari
Antwort von:  Schangia
12.08.2013 17:37
Dankeschön. :)
Das Kapitel ist schon durchgeplant, ich müsste es nur allmählich mal abtippen... aber ich will mich ranhalten!
Antwort von:  silvernemia
07.12.2014 19:14
Ich hoffe es kommt dann bald 😕
Antwort von:  Schangia
07.12.2014 22:37
I'm sorry. xwx Bin wegen meiner Prüfungsphase gerade ein wenig arg im Stress, aber von Weihnachten bis Ende Januar hab ich dann Semesterferien! owo
Antwort von:  silvernemia
07.12.2014 22:38
Yay, ich will weiterlesen ^^
Von:  Dorobbong
2012-06-26T22:46:33+00:00 27.06.2012 00:46
So, ich hatte dir ja gesagt, dass ich mir deine Geschichten zur Brust nehmen werde und Voila! Da bin ich. :)
Und ich fange ganz banal mit der Ersten an. Ha Ha.

Zunächst einmal muss ich dir sagen, dass ich es unglaublich mutig finde, dieses couple zu wählen. Ich mag es, weil es irgendwo ungewöhnlich ist.
Dann möchte ich dich wissen lassen, dass ich deinen Stil sehr schön finde. Das mag aufgrund des doch recht kurzen Kapitels vielleicht etwas vorschnell geurteilt sein, aber ich konnte mich direkt gut in die Personen einfinden und das zeugt meines Erachtens nach von einem guten Umgang mit Worten. Nungut. Als Deutsch-Lk sollte es auch nicht anders zu erwarten sein.
Was den weiteren Ablauf der Story angeht, da bin ich sehr drauf gespannt, denn das erste Kapitel hat mir inhaltlich schon mal gut gefallen, auch wenn man kaum Informationen erhalten hat. Es war eben mehr ein Proloque und das ist gut.
Ich hoffe wirklich, dass du die FF beibehälst und weiter schreibst, denn ich würde wirklich gerne wissen, was du aus den Beiden so alles rauszuholen vermagst. :)
Von:  _ii2ove_anime_
2012-04-28T05:57:14+00:00 28.04.2012 07:57
hi
erstmal wow G kommt wer hätte gedacht , dass er giotto mal verlässt aber das musste auh wirklich sein
am besten hat mir immer noch der anfang und das ende gefallen

bin gespannt wie es weiter geht

hoffe auch , dass es baldmweiter geht

mit freundlichen grüßen
_ii2ove_anime_

PS: schönes wochenende
Von:  Vinanti
2012-04-27T12:49:19+00:00 27.04.2012 14:49
Interessant, interessant.
Schön, dass ich's endlich lesen kann. :D
Mir gefällt der Perspektivenwechsel und bin gespannt, was noch kommt.
Freu mich <3
Und danke für Cozart ♥



Zurück