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Fireflies II

Encore
von

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paradise


 

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An einem freien Tag neben Tyler aufzuwachen war für Cameron immer und immer wieder ein Gefühl des Glücks.

Eigentlich hatte er gedacht, er selbst wäre ein Langschläfer und würde nicht aus dem Bett kommen, aber sein Freund hatte ihm das Gegenteil bewiesen. Oft lag Cam dann noch einige Zeit dar und beobachtete Tyler, bis dieser aufwachte. Er konnte nie anders, als zu lächeln.

Nun stand Cameron in seinem winzigen Wohnzimmer und ging die Post durch. Seit Tagen wartete er auf diesen einen Brief…

„Cam, wenn bald deine Mutter zu Besuch kommt, werde ich hier erst einmal nicht mehr schlafen können, oder?“ Tyler war gerade aus der Dusche gekommen, seine Haare waren noch nass.

Cameron registrierte ihn gar nicht. Er hatte nur noch Aufmerksamkeit für die Briefe übrig.

„Cameron?“

„Scheiße…“

„Cam? Was ist los?“ Tyler war hinter ihn getreten.

„Oh mein Gott, Tyler. Ich trau mich nicht ihn aufzumachen.“ Cam wurde nervös. Einer der Briefe trug das Logo seiner Ausbildungsstätte. Es war das Schreiben, auf das er so lang gewartet hatte.

„Gib her!“ Sein Freund langte nach dem Brief, aber Cameron war schneller. „Mach schon auf.“

Noch einmal atmete Cameron tief durch, als ob dies den Inhalt beeinflussen könnte.

Er öffnete den Brief und überflog ihn.

„Scheiße…“

„Nicht gut?“

„Scheiße, Tyler.“ Im nächsten Augenblick lag Cameron in Tylers Armen. „Ich werde nach London fahren. Sie haben mich für den Workshop angenommen.“

„Ich wusste es. Glückwunsch, mein Hübscher.“

Camerons Griff um Tyler wurde fester. Seitdem er in sein Leben getreten war, hatte er das Gefühl so vieles würde ihm gelingen, wovon er sonst nur geträumt hatte. Er spürte die Wassertropfen auf seiner Haut, welche von Tylers Haaren perlten. Es störte ihn in keiner Weise, bemerkte sie kaum. Er war völlig hin und weg, konnte es nicht fassen. „Schlag mich.“

Er merkte, wie sein Freund gerade etwas sagen wollte, als er ihm zuvor kam. „Nein, küss mich. Ich muss wissen, dass das echt ist.“

Tyler kam dieser Aufforderung sofort nach.

poker face


 

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Nicky hatte ihn angerufen. Warum sie überhaupt noch seine Nummer gespeichert hatte, konnte er sich nicht erklären. Sie hatten nichts mehr mit einander zu tun, waren sich seit dem Ende ihrer Beziehung aus dem Weg gegangen.

Irgendwie hatte Tyler das geschmerzt. Er mochte Nicole immer noch, nur geliebt hatte er sie nicht mehr… Cameron war an diese Stelle getreten. Und es war gut so. Nicky hatte gewusst, dass ihre Beziehung nur noch eine Frage der Zeit gewesen war, umso selbstsicherer war sie mit der Trennung umgegangen, wie es den Anschein gehabt hatte.

Sie wollte ihn sprechen. Hatte gefragt, ob er Zeit hatte, ob sie vorbeikommen könnte.

Tyler hatte eingewilligt. Was sollte auch schon dabei sein?

Doch dass auch Aaron mitkam, hatte sie mit keinem Wort erwähnt. Dementsprechend war Tyler nicht freundlich gestimmt. Er hasste es, ihn im Studio der Fireflies zu haben. Diese Pest hatte hier nichts verloren.

Zu allem Überdruss machte der Mistkerl keinen großen Hehl daraus, dass Nicole in ihm einen neuen Partner gefunden hatte. Er ließ keine Möglichkeit aus, sich ihr anzunähern, sie regelrecht zu begrabschen und abzulecken. Widerlich.

Eifersucht keimte in Tyler. Es war falsch, das wusste er. Er selbst hatte schließlich die Beziehung zu Nicky wegen einer neuen Liebe beendet.

Er hätte es als Erleichterung empfunden, wenn auch Nicole jemanden gefunden hätte, mit dem sie glücklich werden könnte. Aber mit Aaron wäre dies gewiss nicht der Fall. Tyler war sich sicher, dass dieser Idiot diese ganze Show abzog, um ihm eins auszuwischen. Das hatte Nicky nicht verdient… Ob sie es wusste?

Dennoch musste er diese Gedanken erst einmal beiseite schieben. Das Angebot, welches die beiden ihm unterbreiten hatten, war unterste Schiene.

Er beherrschte sich. Ein Wutausbruch hatte an dieser Stelle nichts zu suchen. „Ihr wollt allen Ernstes Cameron haben?“

„Der Kleine war ja gar nicht einmal so schlecht.“ Aaron zuckte mit den Schultern. Diese herablassende Art zeigte er, seit Tyler ihn kennen gelernt hatte. Er hatte nie verstanden, was Nicky an ihm fand. Schon damals nicht.

„Für einen Tanz, Tyler. Gegen die Erazzer.“ Nicole versuchte zu beschwichtigen.

„Vergesst es, Cam wird das Haus nicht verlassen. Auch nicht für ein einziges Battle oder was auch immer.“ Tyler schüttelte den Kopf. Er konnte nicht nachvollziehen, wie die Underdogs sich anmaßen konnten, so etwas zu fordern. Geschweige denn, verstand er ihre Beweggründe. Vor Monaten hatte er selbst ein-, zweimal für ihre Crew getanzt und das hatte nur Scherereien mit sich gebracht.

„Vielleicht sollten wir ihn ganz einfach selbst fragen.“ Das dreckige Grinsen, welches sich auf Aarons Gesicht ausbreitete, würde Tyler am liebsten mit der Faust wegpolieren.

Vergesst es.“ Seine Geduld begab sich an ihre Grenze.

„Einmal raus aus der Crew, in eine andere rein, da wieder raus und dann wieder in die Alte rein. Ganz einfach.“ Provokation pur seitens Aarons und das wusste er. Wahrscheinlich hoffte er insgeheim, Tyler würde darauf anspringen.

Sämtliche Selbstbeherrschung musste er aufbringen, um nicht doch auf diesen hinterlistigen Mistkerl loszugehen. Denn dann hätte er etwas gegen ihn in der Hand, aber den Gefallen würde Tyler ihm nicht tun.

„Auch die Erazzer wissen, dass Cameron für uns tanzt. Wirft kein gutes Licht auf euch.“

„Hauptsache wir führen die Liga an.“ Das eiskalte Wesen des Leaders der Underdogs offenbarte sich ein weiteres Mal. „Als Stärkung unserer Allianz. Ein Freundschaftsdienst, Kumpel.“

Tyler hätte am liebsten geantwortet, er solle an seinen falschen Worten ersticken, aber im Beisein Nickys bemühte er sich, nicht sein Gesicht zu verlieren. „Allianz? Was hab ich denn verpasst, hm?“

„Na, ein Tänzeraustausch zwischen zwei alliierten Crews ist doch gängige Sache.“

„Natürlich, selbstverständlich. Willst du mich vollkommen verarschen?“ Warum gab dieser Drecksack nicht einfach auf? Wieso verstand er nicht, dass Cameron nicht für die Underdogs tanzen würde? Von wegen alliiert…

Tyler fielen gerade etliche Beleidigungen ein, die er Aaron an den Kopf schmeißen wollte… Allein dafür, dass er über Cam redete, als wären sie auf einem Viehmarkt, würde er ihn büßen lassen.

„Wir kommen bestimmt ins Geschäft. Nenn mir deine Bedingungen und wir sprechen darüber.“

„Steck dir deine großkotzige Art sonst wohin, Aaron. Wir sind weder auf einem Sklavenmarkt, noch beim Pokern. Für mich hat sich das Gespräch an dieser Stelle erledigt. Ihr wisst, wo die Tür ist.“

Das, was sich Aaron herausgenommen hatte, war zu viel gewesen. Tyler hatte sich schon viel zu viel von diesem Bastard gefallen lassen.

„Du hast eine einmalige Gelegenheit verpasst. So schnell werde ich bestimmt nicht mehr bei dir angekrochen kommen und um etwas bitten.“ Aarons Aggressivität war spürbar.

„Kann ich auch gerne darauf verzichten.“ Er warf einen Seitenblick auf Nicky, die still geblieben ist. Sie wirkte verängstigt, ihr war unwohl. Tyler tat sie Leid, sie hatte sich mit den falschen Leuten eingelassen.

Ohne weitere Worte verließen die beiden das Studio der Fireflies und ließen Tyler unbeachtet stehen.

Er atmete erst einmal tief durch. Seine Wut war beim Anblick von Nicole verraucht. Aaron war verdammt noch mal ein Mistkerl, wie er im Buche stand.
 

„Hey!“ Cameron kam zur Tür herein.

„Hi Cam.“

„Gott, was ist denn mit dir los? Was ist passiert?“

Es war kein Wunder, dass sein Freund es ihm sofort anmerkte. Cameron war ein empfindsamer Mensch, der sah, wenn irgendetwas nicht stimmte. Doch Tyler wollte ihn damit nicht belasten, auch wenn es später wieder heißen würde, er hatte ihm etwas vorenthalten, was er hätte wissen müssen.

„Schon okay. Mir geht’s gut. Wie war dein Tag?“

Cameron wusste, dass er nicht darüber reden wollte, aber zu passen schien ihm das nicht. Er antwortete nur widerwillig. „Recht entspannt, wir hatten über den Workshop in New York gesprochen und dann noch über London.“

„Erst New York, weit weg von mir, und dann auch noch ein ganz anderer Kontinent… Das wird einsam.“ Tyler mochte gar nicht daran denken, dass er Cameron für diese Zeit loslassen musste, aber es war ihm zu Liebe. Die Workshops waren das Beste, was seiner Karriere passieren konnte.

„Aber es ist auf der selben Welt.“ Ein Lächeln, wie er es liebte.

„Ich liebe dich.“ Tyler hatte Cameron auf seinen Schoß gezogen. Er wollte jetzt um die Nähe des Anderen wissen. Sie waren allein im Aufenthaltsraum des Studios.

„Erzählst du mir wirklich nicht, was lost ist?“

Wenn er sich Cam nicht anvertrauen konnte, wem dann… „Nicole und Aaron sind ein Paar.“

Ihr Angebot ließ er wissentlich aus.

„Verstehe…“

Nicky war immer ein ungeliebtes Thema Camerons gewesen. Verständlich, wie Tyler fand. Aus diesem Grund hatte er auch vorgehabt nicht mit ihm darüber zu reden.

„Tut mir Leid. Es geht ja nicht darum, dass Nicky… Nein, es geht darum, dass es Aaron ist. Ausgerechnet Aaron.“

„Du hast mir nie erzählt, was dein Problem mit ihm ist.“

„Du kennst ihn.“

„Ja, er ist ein Kotzbrocken, aber das ist noch lange kein Grund ihn so zu hassen, wie du es tust.“

„Du gibt’s den Menschen zu viele Chancen, Cam. Vor allem den Falschen.“ Tyler schüttelte den Kopf. Er hatte keine Lust über alte Geschichten zu reden.

„Hätte ich dir keine Chance gegeben, dich zu erklären, wären wir jetzt nicht zusammen. Also bitte.“

Punkt für Cameron.

Tyler seufzte. Sein Freund hatte ja Recht. „Kurz gesagt sind wegen Aaron und seiner Crew die Fireflies erst entstanden. Unsere ersten Tänzer waren entweder von Aaron abgewiesen worden oder aber wollten sich nicht mit ihm abgeben, so lieb ihnen auch ihr Hobby war. Das kann dir Liz am besten erklären. Er kannte nichts anderes, als Sticheleien uns gegenüber, bis wir ihn eines Tages in Grund und Boden getanzt hatten. Das hat seinem Ego so geschadet, dass er es einfach nicht verkraften konnte. Auch in der Zeit nicht, als ich bei den Underdogs ein- und ausgegangen bin und zum Teil bei ihnen und mit ihnen getanzt hatte. Bis zum heutigen Tage nicht. Und irgendetwas hat er gegen mich persönlich, was sich auch auf dich auswirkt.“

„Ich komm klar damit.“

„Ja…“ Was sollte er darauf auch schon sagen? Cameron war ein Sturkopf, der nichts anderes gelten lassen hätte.

„Ich komm auch mit Nicky klar.“

Tyler horchte auf. Er wusste nicht, worauf Cam hinaus wollte. „Um sie geht es doch gar nicht.“

„Sie hatte mich mal unter vier Augen sprechen wollen.“

„Was? Und das erzählst du mir nicht?“ Tyler ärgerte sich.

„Du erzählst mir auch gewisse Dinge nicht. Muss ich dich daran erinnern?“ Auch dieser Punkt ging an Cameron. „Ich hielt es für das Beste, außerdem erzähl ich es dir jetzt. Sie hatte mir gesagt, ich solle auf dich aufpassen. Sie hätte es längst geahnt und wünscht uns alles Gute. Mehr nicht. Mir erschien sie sehr reif und ich war wirklich erstaunt.“ Cam strich ihm über die Haare. Eine Geste, die er sich angewöhnt hatte.

Tyler schwieg. So etwas hatte er von Nicole nicht erwartet. Es überraschte ihn, beruhigte aber auch ungemein. Sie war ein guter Mensch, auch wenn es mit ihrer Beziehung nicht geklappt hatte. Er schob die Gedanken beiseite.

Cameron war bei ihm, er wusste gar nicht, warum er überhaupt für so etwas seine Nerven opferte. Er zog Cam zu sich hinunter und küsste ihn sanft auf den Mund. Für nichts in der Welt würde er ihn wieder hergeben.

„Willst du mir vielleicht noch etwas erzählen?“

Tyler hatte den Dunkelhaarigen wieder unterschätzt. Er liebte es, wie Cam immer für eine Überraschung gut war. Unberechenbar.

„Sie wollten dich.“ Anstatt zu reden, hätte er gerade lieber einfach nur die Nähe des Anderen genossen. Eine Hand streichelte Cameron über den Rücken. Dieser ließ sich nicht beirren.

„Kannst du mir das erklären?“

„Nicky und Aaron waren hier und wollten dich für ein Battle gegen die Erazzer zu den Underdogs holen. Ich hab abgelehnt.“

„Und du entscheidest über meinen Kopf hinweg. Gut.“ Cameron stand auf. Tyler realisierte es erst Sekunden später.

„Du willst mir doch nicht sagen, dass du zugestimmt hättest? Du ahnst nicht, was das mit sich gebracht hätte. Cameron, bitte.“ Auch er stand auf. Er wollte keinen Streit, aber mit Cameron war es schwer über gewisse Dinge zu reden. Aber vielleicht war er selbst auch einfach nicht sensibel genug…

Cam seufzte und lehnte sich an ihn. Tyler schloss die Arme um ihn, froh, dass sich die Situation so schnell wieder entspannt hatte.

„Hätte ich nicht, das weißt du. Trotzdem kann ich auch für mich selbst reden. Ich bin weder dumm, noch minderjährig oder sonst etwas.“

„Du warst nicht da…“ Er fühlte sich schuldig. Cam hatte es wieder geschafft, ihm ein schlechtes Gewissen der düsteren Sorte zu verpassen.

„Manchmal gefällt mir deine herrische Art sogar.“ Cameron verwickelte ihn in einen Kuss, den sich Tyler nicht entgehen ließ.

Nach und nach war es ihm gelungen hinter Camerons Fassade zu schauen. Es machte ihn glücklich, immer wieder neue Seiten an seinem Freund kennen zu lernen. Es bereicherte ihre Beziehung ungemein. Cam faszinierte ihn.

„Ich muss zum Bahnhof, Mom abholen. Bis später.“

„Ich werde morgen vorbeikommen.“

Cameron wurde blass. „Wirklich? Oh man, dann muss ich meine Mutter vorbereiten.“

„Weiß sie nichts von uns?“

„Doch… Aber Mom ist sehr… eigenwillig in solchen Dingen.“

„Ein Grund mehr, sie kennen zu lernen.“

Tyler küsste Cameron zum Abschied. Er war dankbar, dass sein Freund es schaffte, ihn auf andere Gedanken zu bringen. Das war es, was er brauchte und an Cam schätzte. Er war auf dessen Mutter gespannt.

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Camerons Mutter war gerade einmal einen Tag da und schon hatte das Chaos Einzug gehalten. Zuerst hatte sie eine kurze Stadtführung gefordert, anschließend Camerons Apartment unter die Lupe genommen und angefangen aufzuräumen und zu putzen.

Cam waren um ein Haar die Augen aus dem Kopf gefallen. Er verstand nicht, was es zu putzen galt. Er hielt Ordnung, seine Wohnung war nun mal nicht so groß, als dass man den Überblick verlieren könnte.

Doch den Höhepunkt des Schreckens erlebte Cameron, als seine Mutter in den Kühlschrank schaute. Das, was sie sah, konnte sie anscheinend nicht glauben. Dabei war der Inhalt nicht überaus absonderlich. Seine Mutter war davon geeilt und meinte, sie würde erst einmal richtig einkaufen gehen. Ihm sollte es recht sein, bedeutete es denn wenigstens eine Zeit lang Ruhe.

Sein Blick fiel auf die Tiefkühlpizza, die auf dem Küchentisch lag. So schlimm war es nun auch wieder nicht…

Es klingelte.

Cameron seufzte, so früh hatte er mit seiner Mutter nicht gerechnet. Wenn sie einkaufen ging, dauerte es meist mehrere Stunden. Außerdem hatte sie den Schlüssel mitgenommen.

Er war zur Wohnungstür gegangen und öffnete sie. Vor ihm stand Tyler mit einem Blumenstrauß in der Hand.

„Na, Schatz? Wo ist denn deine Mom?“ Er grinste über das ganze Gesicht.

„Nicht hier. Einkaufen.“ Er zog Tyler in die Wohnung und schloss die Tür. Sie küssten sich kurz. Cameron nahm Tyler die Blumen ab, die für seine Mutter bestimmt waren, und brachte sie zum Esstisch.

„Jetzt schon fertig mit den Nerven, was?“

„Du ahnst ja gar nicht wie sehr… Aber meine Mutter ist die Beste, auch wenn sie das Chaos in Person ist.“ Er musste lachen, wenn er darüber nachdachte, wie wenig er in dieser Beziehung seiner Mutter glich.

Im Wohnzimmer ließen sie sich auf dem Sofa nieder.

„Wollen wir warten bis sie wieder da ist? Oder nutzen wir die Zeit anders sinnvoll?“ Tylers Hand lag in seinem Nacken und streichelte über die weiche Haut.

Cameron wusste ganz genau worauf sein Freund hinaus wollte. Er lächelte still in sich hinein. „Wir rühren besser nichts an, sonst heißt es im Nachhinein wir hätten Unordnung gemacht.“

„Verstanden.“ Tyler war näher an ihn herangerückt, hatte schamlos angefangen ihn zu küssen.

Bei jedem Kuss hatte Cam das Gefühl, die Welt bliebe stehen. Tyler schaffte es stets ihm den Verstand derartig zu verdrehen, dass er die Umgebung vergaß.

Sie ließen kurz voneinander ab.

„Wann wird deine Mutter wieder hier sein?“

„Das kann durchaus noch seine Zeit dauern.“

„Schlafzimmer?“

„Schlafzimmer.“

Cameron konnte sich nicht daran erinnern, wie sie dorthin gelangten. Irgendwann spürte er die Bettkante an seinen Beinen. Tyler drückte ihn sanft auf das Bett und positionierte sich über ihm. Ihre Lippen fanden sich erneut zu einem leidenschaftlichen Kuss. Cam legte die Arme um den Anderen, wollte jeden unnützen Zentimeter zwischen ihnen überbrücken.

Tyler löste den Kuss und richtete sich provozierend langsam auf. Sein Freund wusste, dass ihn so etwas zur Weißglut trieb.

In aller Seelenruhe begann Tyler sein Hemd aufzuknöpfen. Auf halber Höhe angelangt, beugte er sich abermals zu Cameron und küsste ihn auf die Stirn. Seine Hände fanden ihren Weg unter Cams Shirt.

Das war für ihn das Zeichen, die Initiative zu ergreifen.

Ehe Tyler es realisieren konnte, brachte er ihn unter sich. Drehte das Spielchen einfach um.

Sein Freund zeigte ihm ein amüsiertes Lächeln, sagte aber nichts. Cameron verstand. Tyler war mehr als einverstanden und zufrieden mit dieser Wendung.

Cam küsste ihn immer und immer wieder, suchte den Blick der nussbraunen Augen, öffnete die nächsten Knöpfe von Tylers Hemd.

„Cameron, Liebling!“

Er erstarrte in der Bewegung. Nein… Er hatte sie nicht kommen hören.

„Oh…“ Seine Mutter stand im Türrahmen.

„Nein. Mom!“ Cameron bemühte sich von Tyler hinunter zu kommen. Er musste kreidebleich sein. Das war der schlimmste Alptraum für ihn. Sein Freund reagierte gar nicht.

„Also wenn ihr noch Zeit braucht, dann geh ich noch ein, zwei Stunden in dieses süße Café an der Straßenecke…“ Seine Mutter ging mit der Situation um, als wäre nichts dabei, als hätte sie Tyler und ihn gerade beim Essen oder derartigem gestört.

„Mom!“ Er war nicht in der Lage irgendetwas Sinnvolles zu sagen. Er war einfach vollkommen überfordert.

„Ja, ich bin doch hier, Liebling.“

„Nein!“

„Doch.“

„Ja, eben!“

„Ah, ich verstehe ja schon. Tut mir Leid.“ An ihrem Gesicht war zu erkennen, dass es seiner Mutter tatsächlich Leid tat. Aber was geschehen war, ließ sich nicht mehr rückgängig machen. Die Stimmung war so oder so hin. Cameron war froh, dass Tyler und er noch nicht weitergegangen waren. Das wäre eine noch viel unangenehmere Situation gewesen…

„Ms. Weston…“

„Nein, das will ich gar nicht erst hören.“

Tylers Gesichtsausdruck war mehr als geschockt. Cam wurde heiß. Immerhin hatte Tyler sich gefangen und mittlerweile etwas gesagt, anstatt nur mit freiem Oberkörper auf dem Bett zu liegen.

Ms. Weston.“ Sie verdrehte theatralisch die Augen und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ach Quatsch! Susan. Für dich, Susan.“

Tyler stand auf und zog sich wieder ordentlich an. Cameron begegnete seinem Blick, der mehr als fragend war.

Peinlich, es war so peinlich. Seine Gedanken wirbelten noch immer umher. Dass seine Mutter nicht gerade indiskret war und gerne einfach mal in Zimmer stürmte, hatte er gewusst. Aber dass es sich ausgerechnet jetzt wieder beweisen musste… Peinlich.

Er vergrub sein Gesicht in den Kissen, damit man ihm nicht ansah, dass er rot wurde. „Mom… Wie kannst du nur…?“ Gut, es war auch sein Fehler gewesen, er hätte es besser wissen müssen.

Seine Mutter ignorierte ihn vollkommen. „Tyler, richtig? Ach, Tyler.“

Cam hatte aufgeschaut und sah, wie seine Mutter Tyler ohne Vorwarnung in die Arme geschlossen hatte.

„Ein junger Mann, der so wunderschöne Blumen aussuchen kann, gehört ja quasi schon zur Familie. Komm, wir setzen uns und lernen uns erst einmal richtig kennen!“

„Und Cam-“

„Ach, der beruhigt sich schon wieder.“

„Mom!“ Cameron war schneller auf den Beinen, als er selbst erwartet hatte. Er musste seiner Mutter zuvor kommen, ehe sie irgendetwas erzählte, was Tyler nicht wissen musste.

Er stürmte ins Wohnzimmer, gerade in dem Augenblick als sich seine Mutter und Tyler setzten.

„Also ich muss sagen…“ Sie senkte ihre Stimme, wohl in der Hoffnung, Cam würde sie nicht hören. Falsch gedacht. „Ich hatte mir nie vorgestellt, dass Cameron… Na ja… den aktiven Part übernimmt.“

Cam hatte das Gefühl, er verlor den Boden unter den Füßen. „Ach du Scheiße! Mom!“

Er sah nur aus den Augenwinkeln, wie Tyler ihn Hilfe suchend mit leicht geöffnetem Mund anstarrte. Hilfe… Er brauchte selbst welche.

„Liebling, jetzt hab dich doch nicht gleich so. Ist doch ganz natürlich, dass man darüber spricht.“

„Nein, ist es eben nicht! Mom, du kennst Tyler keine zwei Sekunden.“ Erbarmen, möge der Herr sich ihm erbarmen… „Außerdem denkst du wieder vollkommen falsch!“

„Ach so, heißt das, dass du doch-“

„Ah, Mom! Das heißt gar nichts!“

Die Situation entglitt ihm. Seine Mutter sah in allem etwas ganz anderes.

„Ms. West-… Entschuldigung, Susan, ich glaube kaum, dass wir-“ Tyler hatte Recht. Ihr Sexualleben musste nicht ausdiskutiert werden.

„Ja ja, ich versteh ja schon. Abwechslung bringt den nötigen Pep in eure Beziehung, was?“

Verdammt, so peinlich… Zumal es gar nicht…

„In Ordnung, ich bin still.“

Egal.

Endlich, endlich gab seine Mutter sich geschlagen, wenn auch nicht ohne ein freches Augenzwinkern ihm gegenüber. Er war dankbar, dass Tyler versucht hatte einzugreifen, obwohl er kläglich gescheitert war. Doch es änderte alles nichts daran, dass Cameron gerade die peinlichsten Minuten der letzten Zeit durchmachte.

„Tyler, bevor wir weiterreden…“ Sie war schlagartig ernst geworden. Kaum zu glauben, dass es die gleiche Person war. Aber so war sie nun mal. „Ich möchte dir eine Frage stellen.“

Oh, Gott.

Sein Freund war unsicher, das sah Cam ihm an. Er hatte Angst, etwas falsch zu machen.

„Liebst du meinen Sohn?“

Pause.

„Ja, das tue ich.“

In dieser einfachen, schlichten Antwort steckte alles, was Cameron an Liebe kennen lernen durfte. Es musste nicht mehr gesagt werden.

Auch seiner Mutter schien es gebührend. Cam war erleichtert.

„Liebling?“

„Ja, Mom.“ Er wusste, was sie jetzt hören wollte und musste lächeln. „Ich liebe Tyler, Mom.“

„Meine Jungs!“ Seine Mutter griff nach seinem Freund, zog ihn in eine Umarmung und winkte Cameron zu sich. „Ihr habt meinen Segen, ihr sollt, verdammt noch mal, glücklich werden!“

Cam sah das Lächeln auf Tylers Gesicht, das Strahlen seiner Mutter und wusste, dass der erste große Schritt getan war.

Tyler und seine Mutter würden sich verstehen.

empire state of mind


 

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Wenn Tyler an das erste Treffen mit Cams Mutter dachte, musste er immer wieder schmunzeln. Eine solche Frau war ihm in seinem Leben noch nie untergekommen. Sie hatte ihn ausgefragt. Er war sich sicher, mindestens die Hälfte hatte Cameron ihr bereits erzählt. Allerdings hatte es den Anschein, als wolle sie seine Sicht der Ereignisse ebenfalls in Erfahrung bringen.

Wie sie sich kennen gelernt hatten, wie sie anfangs miteinander umgegangen waren… Was er noch tat außer tanzen, wie es um seine Familie bestellt war… Ob er an irgendwelchen Krankheiten litt, über die er Cameron besser informieren sollte… Nein, bei ihnen beiden war alles im grünen Bereich.

Tyler fand es amüsant, wie Mutter und Sohn im Charakter vollkommen gegensätzlich sein konnten, aber äußerlich so ähnlich. Susan hatte ebenso dunkelbraune Haare und die gleichen, intensiven grünen Augen, wie Cameron sie hatte. Die Augen, die ihn dauerhaft faszinierten.

Die Augen, in denen gerade pure Konzentration geschrieben stand.

Er ging die Choreographien durch, die er am Wochenende in New York City zeigen würde.

„Also, ehe wir Cam kennen gelernt hatten, dachte ich ja schon immer einige unserer Mädels hätten ’ne verdammte Körperspannung… Aber das.“ Phil saß mit hinter dem Kopf verschränkten Armen auf dem Boden und lehnte an der Wand. Er hatte Cameron seit einiger Zeit still beobachtet.

„Und alles Tylers.“ Danny, der neben ihrem DJ saß, hatte sich diesen Kommentar anscheinend nicht verkneifen können. Er erntete dafür einen Tritt seitens Tyler, der allerdings knapp ins Leere ging.

Phil schien von ihren Kabbeleien gar nichts mitzubekommen, er nahm indes seine Sonnebrille ab. Warum er diese stets auch in Innenräumen trug, wusste niemand so genau. „Seht euch diese Beine an, Jungs. Ich will gar nicht wissen, was für Muskeln dort versteckt sein müssen.“

„Ich wette mit dir, Tyler kennt die Muskeln haargenau.“ Ihr blonder Freund grinste über das ganze Gesicht, lief jedoch Gefahr, sich einen neuen Tritt oder Schlag von Tyler einzufangen.

Er wusste, dass seine Kumpel ihn gerne aufzogen, weil er Idiot darauf immer wunderbar ansprang. Sie meinten es jedoch nie böse. Aus diesem Grund lachte auch er selbst.

„Halt die Klappe, Danny. Und Phil, behalt deine Augen bei dir.“

„Peinlich?“

„Danny!“

Auch Phil grinste ihn nun an. „Kein Grund einen auf Platzhirsch zu machen, ich bin hetero.“

„Keiner ma-“

„Elende Scheiße!“ Cameron hatte aufgehört zu tanzen.

Er hatte Tyler unterbrochen, doch dies war egal. „Cam?“

„’Tschuldige, wollten dich nicht ablenken.“ Danny war urplötzlich ganz kleinlaut geworden.

Cam drehte sich zu ihnen und schüttelte den Kopf. „Darum geht’s nicht. Es klappt ganz einfach nicht.“

„Es sieht doch super aus.“ Der DJ versuchte wohl den Dunkelhaarigen wieder aufzumuntern.

„Super ist nicht gut genug. Es muss perfekt sein.“

„Du bist perfekt, Liebling.“ Tyler suchte seinen Blick.

Liebling? Ne, oder?“ Danny verzog das Gesicht so, als müsste er sich beherrschen nicht in schallendes Gelächter auszubrechen. Tyler störte es nicht. Er presste Danny die Hand auf den Mund, damit dieser endlich mal verstand, wann er die Klappe zu halten hatte. Er wehrte sich vergeblich.

Tyler sah, wie ein Lächeln über Camerons Lippen huschte, allerdings genauso schnell wieder verschwand.

„Ich bin zu schnell.“

„Das fällt aber nicht auf.“

„In der Gruppe schon. Und das ist mein Problem.“

„Du wirst so oder so herausstechen, ob es jetzt sei, weil du zu schnell bist oder weil du einfach der Beste sein wirst.“

„Tyler…“ Das Lächeln war auf Cams Gesicht zurückgekehrt.

„Du kennst die Schritte. Wenn man mit anderen in einer Gruppe tanzt, verhält es sich ganz anders, als wenn man alleine ist. Da passt man sich doch automatisch irgendwie an.“ Phil hatte bislang geschwiegen, aber mit dem, was er sagte, hatte er nicht einmal Unrecht, wie Tyler fand.

„Vielleicht stimmt das ja.“ Cam seufzte. Er wirkte nervös. Den anderen fiel dies gewiss nicht auf, aber Tyler erkannte, wann Cameron eine gute Miene aufsetzte, um ihn nicht zu beunruhigen. „Ich fahr nach Hause.“

„Ich werde noch mitkommen, okay?“

„Wuhu, der Abschied, wie er aus Hollywood stammt.“

„Halt’s Maul, Danny.“ Dieses Mal war es Cameron, der den Blonden mit einem Lachen zurechtwies.

Tyler grinste. „Tja, da hast du’s gehört.“
 

Cameron würde morgen in aller Frühe aufbrechen müssen und Tyler hatte länger noch mit ihm geredet, als geplant gewesen war.

Es würden nur drei Tage sein, in denen sie sich nicht sahen und sie würden telefonieren können.

Dennoch Tyler hatte Angst davor, wie es werden würde, wenn Cameron nach London fuhr…

Er stand in der Küche und wollte gerade den Kühlschrank öffnen, als seine Mutter zu ihm trat.

„Hallo Tyler!“

„Hey Mom.“

„Ich habe dir noch etwas vom Abendessen aufgehoben. Möchtest du?“

„Nein, jetzt nicht. Danke.“ Er ließ den Griff des Kühlschrankes wieder los. Er hatte keine Lust auf ein Gespräch.

„Wo warst du denn noch so spät?“ Seine Mutter wusste die Antwort längst.

„Tanzen.“

„Tyler… Dein Vater bat mich dich daran zu erinnern, dass du vor nicht allzu langer Zeit gesagt hattest, du würdest ihn zukünftig bei seiner Arbeit wieder unterstützen…“ Die Aussage kam zögerlich. Wahrscheinlich aus Bedenken, er würde einfach abblocken, wie er es sonst aus Gewohnheit immer getan hatte. Aber Tyler hatte eingesehen, dass er nicht sein Leben lang von Beruf Sohn sein konnte und wollte wirklich mehr für seine Zukunft tun. Cameron hatte es ihm gezeigt. Sein Freund musste kämpfen für das, was er hatte.

„Hast du etwas auf dem Herzen?“

Mutter und Sohn hatten sich an den Küchentisch gesetzt. Einem Gespräch konnte Tyler jetzt nicht mehr aus dem Weg gehen.

„Seit du deine Beziehung zu Nicole beendet hast, bist du sehr zurückgezogen und abwesend, Tyler.“

Jetzt auch noch so ein Thema… „Das kommt euch nur so vor.“

„Du bist kaum Zuhause, jede freie Sekunde verbringst du mit deinen Freunden.“

„Ich hatte euch erklärt, was mir meine Freunde und das Tanzen bedeuten. Ihr habt Verständnis gezeigt.“ Tyler verstand nicht, warum das Thema wieder aufgegriffen wurde. Sie hatten lang und breit darüber diskutiert, im Beisein seines Vaters. Sie hatte sich darauf geeinigt, dass sie Tyler seine Freizeit lassen, solang er regelmäßig im Unternehmen der Familie vorbeischaute.

„Zu dem Zeitpunkt war auch alles noch… normal. Du warst noch mit Nicole zusammen und-“

„Was hat das denn damit zu tun?“ Was sollte diese Unterhaltung überhaupt? Das hatte doch alles gar keinen Sinn.

„Dein neuer Bekannter… Der, der aus Chicago hierher gezogen ist… Wirst du wieder dort übernachten?“

“Nein. Er ist nicht da, Mom. Er ist in New York wegen seiner Ausbildung.“ Wie er diese Fragerei hasste. Ihm kam der Gedanke an Camerons Mutter. Sie war auch aufdringlich, aber anders. Wie gern hätte er solche Eltern…

„Ich würde ihn gerne einmal kennen lernen.“

„Nein…“

„Tyler, hat sich da irgendetwas zwischen euch entwickelt?“ Die Frage kam überraschend.

„Mom…“

„Ich möchte es nur wissen, Tyler.“

Was sollte er denn auch schon tun? Seine Mutter hatte sich eh ihre eigenen Gedanken gemacht.

„Sag es Dad nicht, bitte… Sag es ihm nicht. Noch nicht.“

„Es ist lange her, dass du einen Mann…“ Sie führte den Satz nicht zu Ende. „Nicole war so ein nettes Mädchen, wir vermissen sie.“ Seine Mutter seufzte. „Wir dachten, du-“

„Mom, ich hab mir meine Gefühle für ihn nicht ausgesucht, aber ich bereue sie nicht. Vergiss es. Ich werde ihn bestimmt nicht verletzten, nur weil Dad nicht leiden kann, dass ich-“

„Tyler, Schluss jetzt. Wir wollen das Beste für dich.“ Ihr Ton war härter geworden.

„Dann lasst ihn mir! Wieso versucht ihr mir auszutreiben, dass ich Männer genauso anziehend finde, wie Frauen?“ Für ihn war das alles normal. Frauen waren ohne Zweifel attraktive Wesen, denen er nicht entsagen würde… Aber Männer waren schlichtweg die besseren Partner und Liebhaber, seiner Meinung nach. Und Cameron war perfekt für ihn. In allen Punkten. „Warum akzeptiert ihr mich nicht einfach so als euren Sohn?“

Verzweiflung machte sich in seinem Innersten breit. Es war nicht leicht für ihn. Er steckte in einem Dilemma. Egal, wie er handelte, mindestens einen Menschen würde er verletzen.

“Das tun wir doch. Wir haben nur Bedenken…“

„Das ist lächerlich. Du kannst Dad ausrichten, dass ich morgen früh mit ins Büro gehen werde, jetzt aber bin ich schlafen. Gute Nacht.“

Tyler war aufgestanden und Richtung Treppe gegangen. Er war beinahe seinem Vater in die Arme gelaufen, der auf dem Weg in die Küche gewesen zu sein schien.

„Gute Nacht, mein Sohn.“

Tyler ging wortlos die Treppe hinauf und verschwand in seinem Zimmer. Ihm war egal, wie viel sein Vater von dem Gespräch mitbekommen hatte und worüber seine Eltern jetzt noch reden würden.
 

Der Tag war anstrengend gewesen. Sein Vater war nicht unbedingt ein angenehmer Chef. Die Immobiliengeschäfte waren auch nicht brennend interessant, dennoch etwas, mit dem er sich auskannte und arrangieren konnte.

Sie hatten kein einziges, privates Wort gesprochen. Wenn seine Mutter noch irgendetwas erwähnt haben sollte, hatte sein Vater das sehr gut verborgen. Aber war auch besser.

Nun war Tyler im Studio. Er befand sich gerade auf dem Weg in den Hauptraum, als Danny ihn abfing.

„Ey, Alter! Komm her, wir haben ’nen Gast.“

Tyler war es egal. Hauptsache er wurde auf andere Gedanken gebracht. Lust zu tanzen hatte er auch keine. Er wollte Cameron in den Arm nehmen…

Danny hatte ihn mit in den Aufenthaltsraum genommen. Chloe saß dort mit einem fremden, jungen Mann, den Tyler noch nie gesehen hatte.

Als Danny und er näher getreten waren, schaute Chloe sich nach ihnen um. „Hey Tyler!“

Sie setzten sich zu ihrer Freundin und dem Fremden.

Tyler musterte ihn. Groß, sportlicher Körperbau, braune Haare, blaue Augen.

„Darf ich vorstellen? Das ist Neil.“ Mit einem Kopfnicken deutete Chloe auf den jungen Mann.

Tyler und er gaben sich die Hand. „Tyler.“

Danny konnte ihn nicht angeheuert haben, das hätte er erzählt. So interessierte ihn vor allem, wie Neil auf die Fireflies aufmerksam geworden war. „Wie bist du zu uns gestoßen, wenn ich fragen darf?“

Neil lachte. „Warum sollst du nicht fragen dürfen? Ich bin einen alten Schulfreund besuchen und beim Feiern in den Clubs hat sich mir irgendwie die Chicagoer Tanzszene eröffnet. Hab mich rumgefragt und bin bei euch gelandet. Ganz einfach.“

Tyler ließ es so dahingestellt. Er würde noch Gelegenheit haben Neil besser kennen zu lernen.

Wenn er allerdings nur zu Besuch war, hieß das, dass er in geraumer Zeit wieder abreisen würde. Da war es fragwürdig, inwieweit sie ihn hier einbinden sollten. Chloe und Danny jedenfalls schienen ihn sympathisch zu finden. Tyler dachte ähnlich. Neil würde auch einen guten Tänzer abgeben.

Wenigstens würde es so etwas Ablenkung geben, bis Cameron wieder da war.

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.ılıll turn around (5, 4, 3, 2, 1) llılı.
 

New York war kein Workshop gewesen. New York war eine einzige Prüfung gewesen.

Erst als er wieder in Chicago gelandet war, war die Anspannung von ihm abgefallen.

Cam hatte gewusst, dass Tyler ihn vom Flughafen nicht abholen konnte, da er bei seinem Vater arbeiten musste. Es war schade, aber machen ließ sich da nichts.

Er war gerade in seine Wohnung getreten, als sein Handy klingelte.

Er ging ran, wusste dass es sein Freund war.

Erschöpft ließ sich Cameron auf dem Sofa nieder. „Hey!“

„Hey Cam! Geht’s dir gut? Wie war der Flug?“

Sie hatten sich erst heute Morgen vor dem Abflug gesprochen, dennoch beruhigte es Cameron ungemein Tylers Stimme zu hören.

„Ging alles gut. Ich könnte auf der Stelle einschlafen.“ Er war sich sicher, dass man ihm seine Kraftlosigkeit anhörte. Er hatte die Tage über kaum geschlafen.

„Das glaub ich dir gern. Sehen wir uns heu-“

Cameron hörte, wie jemand Tyler ansprach. Ein kurzer Wortwechsel schien stattzufinden, von dem Cam allerdings nicht viel verstand.

„Cam, das war mein Dad. Ich muss auflegen… Bis nachher.“

„Tyler, ich weiß nicht, ob-“

Doch sein Freund hatte bereits aufgelegt.
 

Wegen Tyler hatte er sich aufgerafft und auf den Weg ins Studio gemacht. Er hoffte nur, dass er auch dort sein würde.

Die große Anlage war aufgedreht, das war schon zu hören, ehe er überhaupt richtig im Gebäude war. Mal schauen, was seine Freunde wieder anstellten. Die Crew Routine war es jedenfalls nicht…

Unterwegs kam er an Danny vorbei, der mit dem Rücken zu ihm stand und damit beschäftigt war irgendwelche Poster und Plakate an die Wand zu bringen.

„Hey Danny!“

Sein Kumpel drehte sich um, als er seinen Namen hörte. Ein Grinsen tauchte auf seinem Gesicht auf. „Alter! Willkommen im Lande!“

„Danny, ich war in New York!“

„New York, New York!“ Der Blonde trällerte vor sich hin. „Wenn du Tyler suchst, der ist bei den anderen.“

Sehr aufschlussreich… „Alles klar.“ Aber das war eben Danny. „Danke.“

Cams Instinkt führte ihn weiter in den gigantischen Hauptraum.

Wie er vermutet hatte, tummelten sich die meisten der Tänzer dort. Unter anderem sah er Liz und Jason. Und Tyler.

Einige von ihnen tanzten, aber da hatte er jetzt keinen Blick für. Er wollte einfach nur noch zu seinem Freund. Sie bemerkten ihn nicht.

Cameron ging zu ihnen, trat hinter Tyler und umarmte ihn von hinten. Endlich. Dabei waren es nur einige Tage…

„Cameron!“ Der Dunkelblonde drehte sich in der Umarmung und strahlte ihn an. Er drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. „Willkommen zurück! Ich hatte gesagt, wenn du in der nächsten halben Stunde hier nicht auftauchst, hätte ich dich angerufen. Schön, dich wieder bei mir zu haben.“ Noch ein Kuss.

„Ja. Ich bin nur wegen dir hier, du hättest auch bei mir vorbei-“

Tyler unterbrach ihn und küsste ihn erneut. „Ja, das hätte ich tun sollen. Tut mir Leid, auch dass ich dich heute am Telefon so abgewürgt hatte. Nur Dad…“

„Schon okay.“ Cameron war darüber informiert, wie Tyler zu seinen Eltern stand und hatte Verständnis. Dennoch war er ein wenig enttäuscht, dass sein Freund sich nicht um ihn bemüht hatte. Aber vielleicht sollte er sich einfach nicht so anstellen.

„Du musst mir alles in Ruhe erzählen, ja?“

„Klar. Nur nicht unbedingt jetzt.“

Tyler strich ihm zärtlich über die Wange.

Cam schaute sich um. Als sein Blick die Tänzer streifte, erstarrte er. Das konnte nicht sein…

Einer von ihnen erweckte Camerons gesamte Aufmerksamkeit. Er kannte den Stil… Der Fremde stand mit dem Rücken zu ihm, sodass er sich nicht vergewissern konnte. Auch die Sicht auf den Spiegel an der gegenüberliegenden Wand war versperrt.

Tyler schien zu bemerken, dass etwas nicht stimmte. „Cam?“ Sein Griff um ihn wurde ein wenig fester.

Phil hatte die Musik leiser gedreht, als er wohl erkannt hatte, dass Cameron da war. „Leute! Cameron ist wieder im Hause!“

Diejenigen, die ihn noch nicht bemerkt oder in der Zwischenzeit noch nicht begrüßt hatten, hießen ihn nun auch willkommen. Es war ein schönes Gefühl, ein Gefühl des Nachhausekommens. Doch er hoffte inständig, dass er sich gerade eben getäuscht hatte.

Aber als er sich umdrehte, erkannte er, dass dies nicht der Fall war. Er stand vor ihm. Neil stand vor ihm. Leibhaftig.

Cam krallte sich in das Shirt von Tyler, der einen Arm um ihn gelegt hatte. Diesem konnte das nicht entgehen. „Schatz?“

„Hallo Cameron.“

Eine bedrückende Stille trat ein, in der irgendwie jeder zu ahnen schien, dass etwas nicht stimmte.

„Warum bist du hier?“ Seine Stimme klang gefestigter, als er geglaubt hatte.

„Na, um dich zu sehen. Ich wusste, dass wir hier die ganze Zeit vom gleichen Cameron gesprochen hatten.“ Neil zuckte mit den Schultern, blieb lässig. So, wie Cam ihn kannte.

Er war hier fehl am Platz. Eindeutig. Er wollte ihn nicht hier haben. „Warum?“

„Kann mich jemand aufklären, was hier abgeht?“ Tyler hatte ihn näher an sich gezogen. Cameron war froh um diesen unterbewussten Beschützerinstinkt seines Freundes. Er brauchte Halt, sonst würde er entweder auf Neil losgehen, oder aber zusammenbrechen.

„Wir kennen uns bereits.“ Sein Gegenüber blieb ruhig.

Kennen war gut gesagt…

„Tyler…“ Cameron holte Luft. „Neil ist mein Ex.“
 

Tyler war bereit gewesen, Neil eigenhändig rauszuschmeißen. Das hatte Cameron ihm angesehen.

Neil hatte allerdings soviel Weitsicht gehabt und war freiwillig gegangen. Er hatte gesagt, er würde sich melden. Wie und warum auch immer, wollte Cameron gar nicht wissen. Tyler war stinksauer. Er verhielt sich auch gegenüber Cam abweisend.

Er betete dafür, dass sein Freund nicht sauer auf ihn war.

„Wir hatten nicht gewusst, dass Neil und du… Dass ihr euch kennt.“ Chloe war bei ihm und versuchte ihn, wie so oft zuvor, aufzumuntern.

Ihm ging es beschissen. Er hatte anstrengende Tage hinter sich, hätte gerne etwas Entspannung gehabt. Stattdessen taucht sein verfluchter Ex-Freund wie aus heiterem Himmel in einer vollkommen anderen Stadt auf und Tyler war gekränkt. Schlimmer konnte es nicht kommen. „Ist mir egal, was ihr gewusst hattet und was nicht.“ Er vergrub sein Gesicht in den Händen. Das konnte doch alles nicht wahr sein… „Mir geht’s um Tyler… Wo ist er?“

Chloe schwieg. Sie hatte keine Antwort.

„Ich bin hier…“ Es war nicht mehr als ein Flüstern, aber Cameron schaute auf. Tyler stand im Türrahmen. „Chloe, lässt du uns bitte allein?“

Ihre gemeinsame Freundin verließ ohne ein weiteres Wort den Raum, aber hatte Cam vorher noch beruhigend auf die Schulter geklopft.

Tyler griff sich einen Stuhl und setzte sich ihm gegenüber. Er wich seinem forschenden Blick aus.

„Kannst du mir das erklären?“ Tyler war erstaunlicherweise ruhig. Er machte eher den Eindruck, als wäre er verletzt, nicht wütend.

„Nein.“ Cam konnte es einfach nicht erklären. Er hatte keine Ahnung, warum Neil hier war. Warum das alles aus dem Ruder zu laufen schien.

„Hör zu.“

Cameron spürte Tylers Hand auf seinem Oberschenkel.

„Es hat nichts mit dir zu tun. Ich liebe dich, das weißt du. Ich bin nicht wütend auf dich. Nur… Nur verdammt angepisst, dass ich so hinters Licht geführt worden bin. Aber das ist nicht deine Schuld. Ich hätte bei dir bleiben sollen.“

Ja, das hätte er. Es war für Cam um einiges unangenehmer Neil in die Augen sehen zu müssen. Tyler ging es darum, dass er belogen worden war.

„Cameron, warum ist er hier?“

„Ich weiß es nicht!“ Warum verstand Tyler es denn nicht? Er war verzweifelt. „Ich habe keine Ahnung. Wir…“ Er wusste nicht, ob er Tyler alles erzählen sollte… Aber Verschweigen war in dieser Situation genauso wenig hilfreich. „Wir sind damals im Streit auseinander gegangen. Ich weiß nicht, ob er es mir nicht gegönnt hatte oder was der eigentliche Grund war. Jedenfalls war er der festen Überzeugung der Umzug nach Chicago und meine Ausbildung wären lächerliche Ideen. Neil versuchte mir einzureden, dass ich es lassen sollte. Aber meine Liebe zum Tanzen war größer, als die zu ihm…“

„Verstehe.“

„Ich hab Angst, Tyler.“

„Wovor?“

„Ich weiß nicht, was Neil von mir will. Ich hab ihm unmissverständlich gesagt, dass es sich für mich erledigt hat, wenn er mich davon abhält mir meine Zukunft aufzubauen.“

„Richtige Entscheidung.“

„Tyler…“

„Ich bin bei dir, Cameron.“

Er hatte Neil geliebt. Es war nicht mit dem zu vergleichen, was er nun für Tyler empfand, um Längen nicht, aber dennoch hatte er ihn geliebt. Er hatte ihm in Minneapolis eine neue Welt gezeigt, als er am Abgrund gestanden hatte. Das hatte Cameron nicht vergessen.

Er hatte Angst, Angst davor, dass alte Gefühle aufkommen konnten… Angst, dass die Vergangenheit ihn einholte. Angst, Tyler zu verletzen, ihn zu verlieren.

Nein, das war keine Angst.

Er hatte Panik.

fight for you


 

.ılıll fight for you llılı.
 

Cameron lag in seinen Armen und schlief.

Sie waren vergangene Nacht so zärtlich zu einander gewesen, dass Tyler es kaum in Worte fassen konnte. Die Berührungen waren beinahe nur flüchtig gewesen. Sanft als hätten sie beide unter den Händen des jeweils anderen zerbrechen können.

Im Normalfall war er es, der stets später aufwachte. Aber in seinem Kopf war es zu wirr, als dass er an ruhigen Schlaf denken konnte.

Tyler wusste, dass Cameron ihn brauchte. Er kam gar nicht auf die Idee ihn im Stich zu lassen.

Sie liebten sich.

Ihm war egal, wer oder was aus Cams Vergangenheit aufgetaucht war. Das Jetzt zählte. Und jetzt hatte er Cameron bei sich.

Sein Freund regte sich, schlief aber weiter.

Er hatte ihm am Abend noch versichert, dass alles gut war, dass er sich keine Sorgen machen musste. Cameron hatte ihm von seinen Bedenken erzählt. Er war froh darüber, dass er sich getraut hatte und es nicht in sich hineinfraß. Es würde nicht passieren. So nicht, das würde Tyler niemals zulassen. Er war mehr als bereit für Cameron zu kämpfen.

Er langte nach seinem Handy, welches er auf den Nachttisch gelegt hatte. Die Uhrzeit verriet ihm, dass er eigentlich schon viel zu spät dran war. Die drei entgangenen Anrufe bestätigten dies. Aber er konnte Cameron nicht einfach so liegen lassen… Das war nicht seine Art und das hatte Cam nicht verdient.

Sollte er doch einfach zu spät zur Arbeit kommen, sein Vater würde sich so oder so aufregen, deshalb spielte es keine Rolle, ob er nun wenige Minuten oder gar mehrere Stunden zu spät kam.

Sein Blick lag auf seinem Freund. Es war vollkommen albern, aber Cam sah wirklich verdammt niedlich aus. Er gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange.

So vorsichtig, wie es eben ging, um den Dunkelhaarigen nicht zu wecken, versuchte Tyler aufzustehen.

Er richtete sich auf und griff nach seinen Sachen. Als erstes Bad, dann Küche.

Tyler spürte, wie sich etwas um seinen Unterarm legte. Cameron war wach und hatte ihn zurückgehalten.

Das Grün der Augen, in die er gerade blickte, würde ihn auf Ewigkeiten fesseln. Er lächelte. „Keine Angst, ich geh nicht weg.“ Tyler krabbelte zurück ins Bett und küsste ihn auf die Stirn. „Guten Morgen.“

Cams Griff um seinen Arm löste sich.

„Bleib liegen. Ich mach uns Frühstück.“ Er war aufgestanden und wollte sich zum Gehen wenden, als Cameron sich aufsetzte. Die Bettdecke war bis auf seine Hüften gerutscht und präsentierte Tyler den besten Blick auf Camerons nun freien, gut trainierten Oberkörper.

Das war doch pure Absicht.

„Du musst zur Arbeit.“

Wie konnte er bei diesem Anblick an Arbeit denken. „Spielt keine Rolle.“

„Du wirst Ärger bekommen. Wegen mir.“

„Für dich nehme ich so etwas in Kauf, Cam.“
 

Irgendwie hatte Cameron es geschafft ihn zu überzeugen dennoch zur Arbeit zu gehen. Tyler hätte lieber gemeinsam gefrühstückt, als nach Hause zu hetzen, sich neue Klamotten anzuziehen und seine Unterlagen zu holen, um dann ins Büro zu fahren. Dort hatte sein Vater ihn bereits erwartet. Die Standpauke würde er bekommen, sobald die beiden alleine waren. Das stand fest.

Als er sich an seinen Arbeitsplatz gesetzt hatte, hießen ihn mehrere prall gefüllte Ordner bereits willkommen.

Das würde ein Tag werden. Er raffte sich auf den Papierkram zu erledigen, ehe sein Vater auch daran etwas zu beanstanden hatte.

Allerdings ließ Tyler es sich nicht nehmen eine kurze Pause einzulegen, als er die Hälfte bereits bewältigt hatte. Er griff zu seinem Handy und wählte die Nummer seines Freundes.

„Hey Cameron.“

„Hey, gibt’s irgendetwas Wichtiges?“ Cam klang gehetzt.

„Na ja, ich wollte fragen, ob du heute noch mit mir essen gehen willst.“

„Tyler…“ Sein Freund schien sich um die Antwort drücken zu wollen…

„Ich lad dich auch ein. Ich dachte, jetzt wo du ein paar Tage frei hast, wäre es mal wieder eine gute Gelegenheit.“

„Tyler, heute ist schlecht. Ich wollte Dinge erledigen, die ich schon ziemlich lange aufgeschoben habe.“

Damit hatte er nicht gerechnet. Irgendwie tat das weh. Es war die erste Abfuhr, die Cam ihm erteilte und dann auch noch so direkt. „Okay, dann ein anderes Mal.“ Tyler versuchte sich nichts anmerken zu lassen.

„Tut mir Leid.“

„Schon okay, wir sehen uns heute Abend im Studio.“

„Ja, bis später.“

Das war nicht Cameron gewesen. Seit wann war er so abweisend ihm gegenüber? So kannte er ihn nicht. Es muss einen anderen Grund haben, als Stress. Sie hatten in viel stressigeren Situationen miteinander gesprochen, ohne dass Cam so gefühlskalt gewesen war.

„Tyler, komm bitte zu mir!“ Die Stimme seines Vaters riss ihn aus seinen Gedanken.

Darauf hatte Tyler schon gewartet.
 

Was er sich alles hatte anhören müssen…

Die Hälfte der Vorwürfe seines Vaters hatte rein gar nichts mit Tylers zu spätem Erscheinen zu tun gehabt.

Er würde nicht die Reife seinem Alter entsprechend an den Tag legen…

Er würde nur Frauen und Feiern im Kopf haben…

Er würde die Familie in den Dreck ziehen…

Zu viel. Es war zu viel gewesen. Und nichts davon entsprach der Wahrheit. Tyler hatte kein Wort mehr gesagt, nachdem sein Vater gemeint hatte, er sollte nach Hause gehen. Seine Eltern machten sich Sorgen um die Wahrung des Scheins, aber nicht um das Wohlergehen ihres eigenen Sohnes… Tyler hatte sich eigentlich damit abgefunden. Wie er gedacht hatte…

Er hatte sich sofort auf den Weg zu seiner Crew gemacht. Cam, Chloe, Danny… Irgendjemand würde da sein mit dem er reden könnte.

Doch das, was er sah, als er den Hauptraum betrat, verschlug ihm den Atem.

Cameron. Seite an Seite mit Neil.

Eine Hitzewelle überrollte Tyler in diesem Augenblick. Der Schock und die Enttäuschung nisteten sich in tief in seinen Gedanken ein.

Die beiden waren zu sehr in ihrem Tanz versunken, als dass sie ihn bemerken würden. Für Tylers Geschmack waren sie sich viel zu nah. So viel zum Thema, dass Cameron Angst hatte…

Er trat neben den Dunkelhaarigen. Dieser hielt inne und bemerkte ihn endlich. Sein Freund überbrückte die letzten Schritte zwischen ihnen und legte die Arme um Tylers Hals. „Hey.“

„Hey…“

„Du bist früher hier.“

„Ja, das bin ich wohl.“

„Tyler, we-“

Er ließ ihn gar nicht ausreden, sondern zwang ihm einen energischen Kuss auf. Tyler spürte den aufkeimenden Widerwillen Camerons. Er ließ von Cam ab, löste sich aus der Umarmung und nahm seinen Freund bei der Hand.

„Tyler, was ist los?“

Schnellen Schrittes zog er Cameron hinter sich her in einen der Aufenthaltsräume. Weg von den anderen, weg von Neil. „Wir müssen reden.“

„Tyler… Sag mir bitte was los ist.“

„Warum ist er hier?“

„Neil? Ich habe ihn mitgenommen.“

Er verstand es nicht. Tyler verstand es einfach nicht. Egal, wie sehr er versuchte, nachzuvollziehen, warum Cameron sich ausgerechnet mit demjenigen abgab, bei dem er Bedenken hatte und über den sie am gestrigen Abend noch lang und breit diskutiert hatten. Aber sein Bedenken schien vollkommen verschwunden. „Warum? Ich dachte, die Sache wäre erledigt.“

„Es ist alles geklärt… Aber es war anscheinend die falsche Entscheidung, tut mir Leid.“

„Cam?“ Er wollte nicht fragen. Tyler wollte keine Antwort auf diese Frage. „Hat er dich angefasst?“

„Es ist nichts, Tyler. Es war auch nichts.“

„Warum, um Himmels Willen, schleppst du ihn hier wieder an?“ Seine Stimme war lauter geworden, obwohl er es nicht einmal gewollt hatte.

„Wir hatten uns heute getroffen, weil er morgen wieder abreisen wird.“

„Ihr habt den Tag zusammen verbracht?“ Tyler war es, als hatte er einen Eimer kaltes Wasser ins Gesicht bekommen. Er kam sich vor, wie in einem unterirdisch schlechten Film. Das konnte doch gerade alles nicht wahr sein… „Hast du mich deshalb so eiskalt am Telefon abserviert?“

„Ja.“ Man sah Cameron an, dass er mit sich rang. „Ich hätte es dir besser sagen sollen.“ Sein Blick ging zu Boden. „Nein, ich hätte es besser sein lassen sollen.“

„Oh ja, das hättest du. Und belogen hast du mich auch noch…“

Es reichte. Der heutige Tag war einfach nur beschissen.

Erst die Sache mit seinem Vater und jetzt auch noch das hier. Tyler kochte innerlich. Es hatte sich einfach zu viel angestaut und nun die Enttäuschung war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Er war zwar nicht wütend auf Cameron, aber er war verletzt und das wog schwerer.

Er würde Neil ein für alle Mal verständlich machen, was Sache war.

Tyler drehte sich um und ging entschlossen zur Tür. Er hörte Cam hinter sich rufen, aber es hielt ihn nicht auf. Tyler war im Hauptraum angekommen. Neil stand noch immer dort, wo er und Cameron vorhin getanzt hatten.

Tyler ging gezielt auf ihn zu. Ohne zu denken folgte er seinem Körper.

Neil drehte sich um und schaute ihn irritiert an, als Tyler bereits zupackte. Er zerrte den Braunhaarigen mit sich und stieß ihn mehr als unsanft gegen die Wand aus Spiegeln. Seine Hand lag um Neils Hals, jederzeit bereit zuzudrücken.

„Komm runter, Junge.“

„Gnade dir Gott, falls du ihn angefasst oder auch nur einmal falsch angesehen hast.“

„Nichts dergleichen ist passiert, okay?“ Die Unruhe Neils war deutlich. Ihre Gesichter waren einander so nah, dass Tyler den fremden Atem spüren konnte.

„Nichts ist okay. Es ist mir, verdammt noch mal, scheißegal, ob das heute dein letzter Tag in Chicago ist, oder nicht. Wenn ich dich hier noch einmal sehe…“

„Was dann? Willst du mir den Schädel einschlagen? Oh man, ich habe mich wohl gewaltig in dir getäuscht, Tyler.“ Irgendetwas in Neils blauen Augen verriet Fassungslosigkeit, Unglaube.

„Ich sage es dir ein einziges Mal: Halt dich fern von Cameron. Hast du mich verstanden?“

Ein grimmiges Lächeln zeigte sich auf dem Gesicht des Anderen.

„Ich fragte, ob du mich versanden hast, mein Freund.“ Sein Geduldsfaden war kurz davor zu reißen. Nicht einmal Aaron schaffte es, ihn derartig zur Weißglut zu treiben.

Der Schlag kam schneller, als dass Tyler hätte reagieren können. Er schmeckte Blut und musste sich zuerst neu orientieren. Doch seine Verwirrung nutze Neil schamlos aus, indem er ihm in die Kniekehle trat und Tyler zu Fall brachte. Er begrub ihn regelrecht unter sich, nachdem er hart auf dem Boden aufgekommen war. Seine Hände krallten sich in Tylers Hemd.

„Und wenn ich jemals hören sollte, dass du Cameron verlassen haben solltest…“ Neils Stimme war nicht mehr als ein gefährliches Zischen. „Ich werde den ganzen beschissenen Weg aus Minneapolis hierher kommen, um dir eigenhändig klarzumachen, dass das die falsche Entscheidung war. Hast du mich verstanden?“

„Neil…“

„Mach ihm keinen Kummer, verdammt. Mach ihn glücklich, klar? Gib ihm das, was er verdient. Zieh keine Scheiße ab, Alter. Bitte…“ Dieser Blick war beinahe flehend. Die Aggressivität war verflogen.

Tyler begriff, war aber nicht in der Lage irgendetwas zu sagen. Er hatte wieder Scheiße gebaut. Große Scheiße, wie es schien. Seine elenden Überreaktionen…

„Ich bin nur hierher gekommen, um mich zu vergewissern, dass Cameron es gut hat, dass alles läuft, wie er es sich gewünscht hatte. Es war nicht geplant gewesen, irgendetwas neu mit ihm anzufangen, Tyler. Als ich verstanden hatte, dass ihr ein Paar seid, war ich erleichtert, verdammt. Ich wollte ihn noch einmal glücklich sehen, aber alles ist anders gekommen irgendwie. Warum mussten deine beschissenen Hormone auch Amok laufen, hm?“

Während er gesprochen hatte, hatte er Tyler losgelassen und sich wieder aufgerichtet.

In der Zwischenzeit waren die anderen anwesenden Tänzer herbeigeeilt, um die beiden voneinander zu trennen. Danny hatte Neil an den Armen gepackt und zog ihn von Tyler weg. Neil leistete keinerlei Widerstand. Für ihn schien sich die Sache erledigt zu haben.

Tyler hingegen war immer noch vollkommen perplex. Chloe half ihm auf die Beine.

Er sah, wie Danny auf Neil einredete, verstand aber kein Wort.

Erst jetzt spürte Tyler den Schmerz an seiner Lippe. Doch seine Aufmerksamkeit galt nun der sanften Berührung an seiner Wange. Cameron.

„Wie die Affen…“

Er mied seinen Blick, dem konnte er in diesem Moment nicht standhalten. Es war seine Schuld und Neil stand als der Übeltäter dar. „Neil, wir-“

„Tut mir Leid, Tyler. Das war nicht meine Absicht.“ Er klang tatsächlich reuevoll.

„Kindergarten.“ Cam seufzte. „Aber ich kenn euch nicht anders.“ Das Lächeln Camerons wirkte in einer Situation wie dieser deplatziert, aber es war ehrlich.

„Mach’s gut, Cameron.“

Tyler beobachtete schweigend, wie Cam Neil ein letztes Mal musterte.

„Mach’s gut, Neil.“

Mit zum letzten Gruß erhobener Hand machte sich Neil auf den Weg Richtung Ausgang.

Tyler wusste nicht recht, ob gerade nicht irgendetwas falsch lief, ob man es nicht anders regeln könnte… Das war Neil gegenüber nicht fair, das war der Crew gegenüber nicht fair…

Doch Cameron holte ihn zurück in die Realität. „Was fällt, dir Idiot, eigentlich ein?“

Er suchte nach Worten, die sein Handeln entschuldigen konnten, aber die gab es nicht.

„Und Tyler…“ Der Ruf lenkte ihre Blicke auf Neil, der noch einmal stehen geblieben war und sich umgewandt hatte. „Das…“ Er deutete auf Tylers Lippe und grinste. „Das verunstaltet dein hübsches Gesicht bestimmt nicht auf Dauer.“

jet lag


 

.ılıll jet lag llılı.
 

Die Zeit war schneller gekommen, als Cameron es für möglich gehalten hatte.

Tyler und er hielten sich im Arm, ein letztes Mal vor dem Flug nach London.

Die Sache mit Neil war vergessen.

„Guten Flug, Schatz.“

Er suchte Tylers Blick. Diese warmen, lebendigen Augen würde er vermissen.

Sechs lange Wochen…

Sein Freund streichelte zärtlich über Cams Wange. „Ich liebe dich.“

„Ich liebe dich auch.“ Sein Herz schmerzte. So schwierig hatte er sich den Abschied doch nicht vorgestellt. Irgendwie kitschig… „Ich hab Chloe gebeten, auf dich aufzupassen und mir mitzuteilen, wenn du wieder Irgendetwas angestellt hast.“ Cameron konnte nicht anders, als zu grinsen.

„Hey!“ Tylers Empörung schien echt. Aber er verstand den Spaß hinter diesem Kommentar. Er seufzte theatralisch. „Pass du auf dich auf, das ist wichtiger. Komm gesund zu mir zurück, ja?“

„Das habe ich vor.“ Cameron war nervös. Die letzten Tage hatten sich elend lang hingezogen. Es war eine Qual, die reinste Folter gewesen.

„Cameron!“

Als er seinen Namen hörte, schaute Cam auf. Tyler ebenso. Ihm schien es nicht zu gefallen, dass sie gestört wurden.

Abigail kam schnellen Schrittes auf sie zu. Sie war neben Cameron die Einzige, die von seiner Ausbildungsstätte aus mit nach London fliegen würde. Die anderen Tänzer hatten nicht genug Potenzial, wie es geheißen hatte. Es war ein großes Lob für Cam, aber es bedeutete gleichzeitig eine überragende Verantwortung, die er übernahm. Er musste den Erwartungen an ihn gerecht werden, sonst hatte er mehr verspielt, als wenn er gar nicht nach London eingeladen worden wäre. Aber unter Druck arbeitete er für gewöhnlich effektiver…

Die junge Frau hatte japanische Wurzeln, wie Cameron wusste. Sie war ihm stets eine gute Kollegin gewesen.

Doch ein Problem ergab sich daraus und darüber zerbrach er sich seit Tagen den Kopf. Er würde sich in London in ihrer Unterkunft mit Abigail kein Zimmer teilen können…

Cameron würde mit jemand wildfremden für sechs Wochen in einen Raum gesteckt. Dieser Umstand weckte nicht unbedingt Vorfreude in ihm.

„Hey Abby.“

„Ist das dein Freund?“ Sie schaute etwas verdutzt, als sie Cam und Tylers innige Umarmung musterte.

Cameron hatte ihr gesagt, dass ihn sein Freund zum Flughafen bringen würde. Allerdings hatte er ihr nie erzählt, dass er homosexuell war und sich das Wort Freund in diesem Fall nicht mit dem Wort Kumpel deckte.

„Ja, das bin ich.“ Tyler löste sich von ihm und stellte sich vor.

„Ich wollte schon immer einen schwulen besten Freund.“ Sie grinste.

Na, bravo. Damit konnte er sich auf einen mühseligen Flug gefasst machen.

Es wurde Zeit.

„Tyler.“

Ihre Lippen trafen sich zu einem letzten, liebevollen Kuss. Ihm war es gleich, dass Abigail sie anstarrte und ihnen auch die Aufmerksamkeit einiger anderer Leute in ihrer Nähe gehörte. Der Großteil der Gesellschaft würde wohl noch einige Zeit brauchen, ein Paar, wie sie es waren, zu akzeptieren…

„Viel Erfolg.“
 

Der Flug war anstrengend gewesen. Seine Befürchtung, dass Abby ihn mit Fragen löchern würde, hatte sich bewahrheitet. Cameron wollte nur noch in sein Zimmer und sich ausruhen. Vielleicht hatte er Glück und sein Zimmergenosse war ruhigen Gemüts oder noch gar nicht da.

Er sollte schlafen, damit er für den morgigen Tag, an dem der Workshop beginnen sollte, fit war.

Die Unterkunft war nichts anderes, als eine Jugendherberge. Länger als sechs Wochen würde er hier niemals freiwillig verbringen wollen… Er war auf die Räumlichkeiten zum Tanzen und Trainieren gespannt. Doch nicht nur der Praxis fieberte er entgegen, nein, auch die Theoriestunden hatten bereits jetzt sein Interesse geweckt.

Cam hatte den Schlüssel ins Türschloss gesteckt. Er war im Inbegriff gerade das Zimmer zu betreten und seinen Koffer hinter sich her zu zerren, als er von innen einen wilden Schrei hörte.

Er zuckte erschrocken zusammen.

Eine Gestalt stürmte auf ihn zu. „Hey! Partner!“

Aus einem Reflex heraus drehte Cameron sich beiseite. Der in grellbunten Farben gekleidete junge Mann flog regelrecht durch die Tür an Cameron vorbei hinaus auf den Flur.

Cam ließ sich nicht großartig beirren. Nachdem der Weg frei war, betrat er das Zimmer. Jugendherberge im wahrsten Sinne des Wortes. Mehr wusste er dazu nicht zu sagen. Ein Seufzen entrang sich seiner Kehle.

„Krass, wo die uns hier reinstecken, was? Da werden wir als die Zukunft des Broadways betitelt und dann… das.“

Cameron drehte sich um. Der Fremde hatte sich lässig in den Türrahmen gelehnt und kaute gelangweilt auf einem Kaugummi.

„Hm.“

„Oh, weh. Nicht sehr gesprächig, oder?“

„Kommt drauf an.“

„Auf was?“

„Auf meinen Gesprächspartner.“

„Da hast du mit mir einen echten Glücksgriff gelandet, Junge.“

An Selbstbewusstsein mangelte es seinem künftigen Zimmerkollegen also nicht. Cam ließ das unkommentiert und machte sich daran, seinen Koffer auf das noch ordentliche Bett zu schaffen. Die eine Zimmerhälfte sah bereits aus, wie nach einem Bombeneinschlag. „Wie lange bist du schon hier?“

„Zwanzig Minuten, oder so.“

Innerhalb dieser kurzen Zeitspanne ein solches Chaos zu fabrizieren, grenzte an Talent…

Cameron setzte sich auf sein Bett und lehnte sich gegen die Wand. So wie es schien würden die Nächte nicht unbedingt ruhig werden, wenn er sich mit dem Chaoten das Zimmer teilen sollte. Er warf einen kurzen Blick auf den Anderen, der sich ihm gegenüber auf sein eigenes Bett gesetzt hatte. Irgendwie hatte er es geschafft, zwischen all den Dingen noch einen Platz zu finden.

„Aus welchem Teil des Landes stammt Ihr her, Fremder?“

Cam schaute auf. Der Andere hatte seine Mütze abgenommen und schaute gespielt ernst und erhaben. Der junge Mann war ein Mysterium für sich. Nichts passte zusammen. Neonfarben herrschten an seiner Kleidung vor, die Haare kurz geschoren, wie beim Militär und dann dieser Gesichtsausdruck.

Er konnte nicht anders als zu lachen. „Nicht ‚Fremder’, sondern Cameron. Aus Chicago.”

„Seth. Seth-Eli. Such’s dir aus. Seth oder Eli. Beides geht gar nicht. Hab ich meinen Eltern zu verdanken. Weil Ägypten und so. Seth… Weißt du bestimmt Bescheid?“

Cameron konnte gar nichts mehr sagen, er nickte nur noch. Seth-Eli. Genau so sah sein Zimmerkollege aber auch aus…

„Mein Bruder hat’s noch schlimmer erwischt. Vince-Brooklyn. Das gleiche Spiel. Einzeln in Ordnung, zusammen absolutes No Go. Weißt du, warum sie ihn Brooklyn nannten? Weil sie ihn in Brooklyn gezeugt haben. Gut, in L.A. bei uns hat niemand ’nen normalen Namen.“ Er sagte dies so, als wäre das ganz gewöhnlich, als würde er das jedem erzählen, den er kennen lernte. Cameron wettete, dass es mehr als die Hälfte allerdings gar nicht wissen wollte und er gehörte eigentlich auch zu diesem Teil… „Verstehe.“

„Bist du gut?“

Was war das denn bitteschön für eine Frage? Cam seufzte. „Warum tanzt du, Eli?“

„Weil’s Bock macht. Aber ich will noch eine Antwort von dir.“ Sein Blick war eindringlich. Cameron konnte ihn nicht deuten, aber er glaubte zu sehen, dass Eli zwei verschiedene Augenfarben hatte. Er fragte sich, ob dieser Kerl überhaupt ein Mensch war… „Ich kann tanzen, ja.“

„Will ich sehen.“ Eli grinste.

„Wirst du ja schon noch.“

„Warum tanzt du?“

„Das wirst du begreifen, sobald du mich tanzen sehen wirst.“ Jetzt musste Cameron schmunzeln.

„Klugscheißer.“

Trotzdem… Irgendwie hatte er das Gefühl, dass der Aufenthalt hier doch ganz lustig werden konnte.
 

„Sie haben gesagt, dass ein Tänzer die abschließende Show alleine eröffnen darf. An dem Tag werden alle wichtigen Leute, egal, ob Theater, Musical, einfach alle, hier versammelt sein. Wenn ich diese Chance bekommen würde… Das wäre das Beste, Schatz.“

„Cam, ich vertraue in deine Fähigkeiten und bin zuversichtlich. Tanz einfach, wie du es immer tust und nichts kann passieren.“

„Du musst gleich zur Arbeit, oder?“

„Ja, bin gerade auf dem Weg.“

„Unsere Mittagspause ist auch gleich vorbei. Dann geht’s weiter. Heute Abend ist noch die Abnahme der neuen Choreo.“

Zwei Wochen waren sie nun schon von einander getrennt. In dieser Zeit hatte Cameron gelernt. Er hatte es nicht für möglich gehalten, dass ihm das Training hier doch noch so viel Neues bringen würde. Er war glücklich, dass er die Chance erhalten hatte.

Die Tage waren streng organisiert. Frühstück in aller Frühe, anschließend die ersten Theoriestunden über die Geschichte des Tanzes, über Musik, Technik, Anatomie, über einfach alles, was in irgendeiner Art und Weise in Verbindung gebracht werden konnte.

Dann wurden sie stets in neue Kleingruppen gegliedert und erhielten die Aufgabe, nachmittags das umzusetzen, was sie gelernt hatten. Das bedeutete Entwickeln, Versuchen, Trainieren, Tanzen. Heute Abend würde der nächste Auftritt sein.

„Mach’s gut. Wir telefonieren bald wieder, Cameron. Ich liebe dich. Pass auf dich auf.“

„In Ordnung, ich dich auch. Ciao.“ Er vermisste Tyler. Seine Berührungen, Blicke… Er lechzte regelrecht nach diesen einfachen Gesten, die sonst beinahe unbemerkt blieben.

„Wie sieht denn ‚Schatz’ aus, hm?“

Eli riss ihn aus seinen Gedanken. „Groß, gut gebaut, feine Gesichtszüge, dunkelblonde Haare und die wunderschönsten haselnussbraunen Augen, die ich jemals gesehen habe.“

„Woah, klingt ja nach ’ner ganz heißen Braut.“

„Kerl.“

„Was?!“

„Richtig gehört.“

„Du bist schwul?!“ Man hörte die Verwunderung aus Elis Stimme heraus.

„Keine Angst, ich bin vergeben. Ich mach mich nicht an dich ran.“

„Nein, nein, nein, nein. Darum geht’s nicht. Du… Man sieht es dir nicht an.“

„Man sieht es mir nicht an? Was soll das denn heißen?“

„Na ja, oft sieht man den Typen das ja an. Du verstehst… Die verhalten sich so… anders.“

„Nein, ich verstehe nicht. Eli, ich bin-“

„Schwul.“

„Ja, aber das wollte ich nicht sagen.“ Das war irgendwie verletzend…

„Schwul.“

„Sag es noch einmal und ich werde dich bis auf weiteres ignorieren.“ Langsam wurde Eli nervig.

„Okay, okay. Entschuldige. Aber du bist gar nicht so, wie man sich das immer vorstellt. Du bist total normal.“

Cameron seufzte. War klar gewesen, dass es irgendwann mal wieder zu so einem Gespräch kommen musste. Er war der Ansicht, dass man es nicht unbedingt ausdiskutieren musste, denn die Intoleranz in den Staaten war vorherrschend… Dennoch sah er keinen Grund sich rechtfertigen zu müssen. „Ich bin ein Mensch, Eli. Ein Mensch, der nun mal das eigene Geschlecht attraktiver findet. Wenn du ein Problem damit hast, sag es gleich.“

„Nee, ich hab kein Problem damit. Find’s nur… Keine Ahnung.“

Stille trat ein. Cameron war von seinem Bett aufgestanden. Sie sollten sich auf den Weg machen, wenn sie nicht zu spät kommen wollten. Er war zu Tür gegangen und hatte bereits die Hand auf die Klinke gelegt.

„Wie ist das so?“

„Wie ist was so?“

„Mit Männern.“

„Lass uns das Thema beenden, bitte.“

„Okay…“ Eli war zu ihm getreten. „Cameron?“ Er war näher gekommen.

„Was wird das?“ Cam war verwirrt. Er wusste nichts mit dieser Situation anzufangen.

„Nichts. Ich bin nur neugierig.“

„Eli, lass mich.“

Er hatte Cameron bei den Schultern gepackt und gegen die Tür gedrängt, hatte sich vorgebeugt.

„Lass mich sofort los.“

„Ich will’s nur wissen.“

Cam drehte den Kopf zur Seite. Eli war ihm so nah, dass ein Kuss beinahe unvermeidbar war.

„Wie es ist, ’nen Kerl zu küssen.“

Kurzes Schweigen trat ein, in dem niemand etwas zu sagen wagte. Ihr Atem war das einzige Geräusch.

Cameron fing sich als Erster. „Wir müssen los.“

Der Bann war schlagartig gebrochen und Eli ließ von ihm ab. „Ja, müssen wir.“

Er war schneller zur Tür hinaus, als dass Cam noch irgendwie hätte reagieren können.

Das Einzige, was er noch wahrgenommen hatte, war die leise gemurmelte Entschuldigung seitens Eli gewesen.

Cameron wusste nicht so recht, wie er aus seinem Kollegen schlau werden konnte. Neugierig, hatte er gesagt. Das glaubte er ihm sofort. Eli war schlichtweg er selbst.

Er entschied für sich, kein weiteres Wort über das eben Passierte mehr zu verlieren. Das war sowohl besser für ihn, als auch für Eli… Er hoffte nur, dass keine unangenehme Spannung von nun an zwischen ihnen herrschen würde… Letzten Endes mussten sie noch einige Zeit zusammenarbeiten.

Warum konnte sein Leben nicht wenigstens in manchen Situationen einfach verlaufen?
 

Er stand auf der Bühne. Drei, zwei, eins… Verstand ausschalten und den Emotionen die Kontrolle überlassen.

Ihre Choreographie war nichts Besonderes, aber sie hatten sich für etwas Schlichtes entschieden, um mehr von sich selbst zu zeigen. Auch wenn sich der Workshop zu einer Art Wettkampf unter den Teilnehmern entwickelt hatte, waren sie eine Einheit.

Cameron hatte festgestellt, wie sehr er seine Leute vermisste. Und Tyler. Insbesondere Tyler.

Der Auftritt seiner Gruppe war viel zu schnell vorbei.

„Mr. Weston, kann ich Sie einen kurzen Augenblick sprechen?“

„Selbstverständlich, Sir.“ Einer der Organisatoren war hinter die Bühne gekommen und auf Cameron zugegangen.

„Sie sind meinen Kollegen und mir bereits aufgefallen. Im Training, als auch bei anderen Auftritten. Sie haben auf der Bühne eine wunderbare Ausstrahlung. Hier und dort allerdings kann man sich immer verbessern.“ Er machte eine Pause und zwinkerte ihm viel sagend zu.

„Danke.“ Cameron wusste nicht, was er antworten sollte.

„Ihr heutiger Auftritt hat uns vollends überzeugt, sodass wir es bereits jetzt sagen können. Wir möchten Ihnen die Chance geben, die Veranstaltung zum Abschluss zu eröffnen.“

Cam hatte das Gefühl, als würden seine Gedanken Achterbahn fahren. Das konnte nicht wahr sein… Das war zu perfekt, als dass es passieren konnte. „Ich weiß wirklich nicht, was ich gerade sagen soll.“

Entsetzen, Erstaunen, Glück, Freude, alles drängte auf Cameron in diesem einen Augenblick ein. Wenn er das Tyler erzählen würde…

„Enttäuschen Sie uns nicht, Mr. Weston. Wir haben hohe Erwartungen an Sie. Sie haben noch genügend Zeit. Denken Sie in Ruhe nach und setzen Sie sich mit unseren Choreographen in Verbindung.“

Innerlich jubelte er. Eigentlich hatte Cam sein Ziel erreicht…

Nein, er hatte ein Neues. Er musste überzeugen. Noch einmal. Dieses Mal endgültig.

Sein Kopf begann zu arbeiten.

Er würde diese Hürde mit Bravur meistern. Und einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Cameron war zuversichtlich.

without you


 

.ılıll without you llılı.
 

Er hatte es doch von Anfang an gewusst. Wenn Cam nur einmal auf ihn hören würde…

Egal, im Endeffekt zählte, dass Cameron den Platz bei der Show bekommen hatte, mehr nicht.

Tyler hatte hämmernde Kopfschmerzen. Er hatte die Nacht kaum geschlafen, auch wenn sich der Stress mit seinen Eltern gelegt hatte.

In den Wochen, seit Cameron weg war, hatten sich die Wogen überall geglättet. Es verlief ruhig, nichts Besonderes. Die Crews waren allesamt damit beschäftigt die diesjährige Stadtmeisterschaft vorzubereiten.

Tyler war sich noch immer unschlüssig, ob sie sich mit den Fireflies anmelden sollten…

Sie hatten Cameron. Mit ihm hatten sie ein großes Ass im Ärmel. Man konnte nicht leugnen, dass er einer der besten Tänzer war, aber ob das reichen würde, stand in den Sternen.

Letztes Jahr waren sie nicht angetreten. Die Crew war uneins gewesen. Nicht unbedingt zerstritten, aber die Atmosphäre hatte man nicht gerade als angenehm beschreiben können. Er war daran nicht nur geringfügig beteiligt gewesen… Vielleicht sollte er versuchen, die alten Geschichten mit Nicole und den Underdogs ruhen zu lassen.

Die Fireflies hatten keinen Leader, wie die anderen Crews. Dennoch fühlte Tyler sich für seine Tänzer verantwortlich. Er kannte jeden von ihnen und hatte Zweifel, ob sie den Underdogs, den Erazzern, den Vipers und all den kleinen, zersprengten Gruppen gewachsen waren. Schließlich war Tanzen nur ihr Hobby… Sie hatten nie auf den Erfolg bestanden.

Aber Cameron hatte den Ehrgeiz in ihm geweckt. Es blieb allerdings die Frage offen, ob die Crew herhalten sollte für seine Wunschvorstellungen und ob er ihnen so viel zusätzliche Arbeit zumuten konnte, insbesondere seinem Freund.

In dem Jahr ihrer ersten Teilnahme waren sie bis unter die letzten vier gekommen. Kein schlechtes Ergebnis. Im darauf folgenden Jahr hatten sie mehr schlecht als recht abgeschnitten, aber hatten es sich nicht allzu sehr zu Herzen genommen.

Er wollte Cameron um Rat fragen, aber die Zeitverschiebung ließ das im Moment nicht zu.

Mindestens fünf weitere Tänzer musste er auftreiben, damit sie sich für die Vorrunden anmelden konnten. Er selbst würde tanzen, Cameron als Flaggschiff würde teilnehmen müssen… Jason, Liz, Danny, Chloe… Sie konnte er fragen. Es war ihr Kern. Der innere Kern der Fireflies. Aber sie würden noch einen weiteren Tänzer brauchen… Im günstigsten Fall eine Tänzerin.

Tyler brauchte Rat. Ihm blieb nichts anderes übrig, als seine Truppe einfach zu fragen.

Um die Crew-Routine brauchten sie sich keine Sorgen machen, die saß. Cameron würde der Choreo noch das gewisse Etwas geben. Man konnte davon ausgehen, dass die Fireflies die erste Vorrunde also überstehen würden. Wie es allerdings mit der zweiten und dritten Runde aussah, konnte er nicht absehen.

„Warum so still, Alter?“

Danny riss ihn aus seinen Gedanken. Sein Kumpel und er saßen zusammen im Aufenthaltsraum. Der Blonde hatte gemeint, er würde hier besser für sein Studium lernen können. Es war um diese Zeit leiser und ab und an brauchte selbst er Ruhe, die er zuhause mit vier Geschwistern nicht bekommen würde. Tyler kannte Danny von Kindesbeinen an. Für ihn war das Studium eine große Chance, die er nicht verspielen durfte. Sein Kumpel wusste das auch.

„Keine Ahnung. Wie sieht’s aus bei dir?“ Er wollte ihm seine Gedanken nicht unbedingt sofort auf die Nase binden.

„Ja, was soll ich sagen?“ Danny starrte seine Aufzeichnungen an, als würde er scharf über etwas nachdenken. „Ich hab’ jetzt keinen Nerv mehr.“ Er klappte seine Bücher zu und raufte seine Unterlagen zusammen. „Du bist nicht ganz bei dir, was bestimmt nicht nur daran liegt, dass Cameron nicht hier ist und ich hab’ die Birne einfach zu voll.“ Er legte seinen Kopf auf die Tischplatte.

Tyler war immer wieder erstaunt darüber, dass andere Menschen in ihm lesen konnten, wie in einem offenen Buch. Vielleicht aber lag es auch einfach nur daran, dass er gegenüber seinen Freunden nicht in der Lage war zu lügen. Aber so war es auch besser. „Ich dachte über die Stadtmeisterschaft nach.“

„Wusst’ ich’s doch.“

„Äh?“

„Tyler, man. Dumm bin ich auch nicht.“ Danny hatte den Kopf gehoben und schaute ihn an. Er zeigte sein typisches Grinsen. „Hau rein. Was beschäftigt dich?“

„Ich bin zu egoistisch. Die ganze Zeit über.“ Das war er wirklich. Die einzigen Fragen, die er sich stellte, waren, wie er dastehen würde, ob er durch seine Crew Unterstützung fand, um seine Vorhaben zu erfüllen… Er konnte die Liste weiterführen.

„Nee, man. Liz und ich haben eh schon darüber gesprochen, wie es wäre, wenn wir mal wieder antreten würden. Also sagen wir, das Bedürfnis ist bei mehreren von uns da, Tyler. Ich glaube, Cameron ist Schuld.“

„Danny…“ Also erging es nicht nur ihm alleine so. Das Bewusstsein, dass seine Freunde ähnlich dachten und fühlten hob seine Stimmung ungemein. Tyler war erleichtert. Das hieße, er würde nicht auf Widerwillen stoßen.

„Du hast nur ausgesprochen, was viele gedacht haben. Also, Kumpel. Wann legen wir los?“

Er konnte auf seine Freunde zählen, das hatte sich so eben erneut bewiesen. „So schnell wie möglich. Aber wir müssen Cameron-“

„Der wird mitziehen. Solange wir ihn haben, kann so gut wie nichts passieren.“

Tyler wusste ganze genau, dass Cam seinen eigenen Kopf hatte und er es hasste, wenn man für ihn entschied. Aber Danny war so zuversichtlich… Eigentlich hatte er Recht. Nur Tyler hatte ein ungutes Gefühl. Es war nicht richtig. Sie ruhten sich auf seinem Können aus. „Wir nutzen ihn aus.“

Danny seufzte. „Verliebter Idiot.“ Er stand auf. „Denk doch nach. Wir nutzen ihn nicht aus. Er ist doch derjenige, der uns die Motivation wiedergegeben hat.“

Das stimmte allerdings auch.

„Lass uns was trinken gehen. Noch haben wir Zeit, alles in Ruhe zu besprechen.“
 

„Na, wen haben wir denn hier, hm?“

„Hallo Tyler. Danny.“

Das fehlte ihm jetzt auch noch. Seine Laune war heute sowie so nicht gerade toll, auch wenn sie sich etwas gebessert hatte und dann standen nun noch Nicole und Aaron vor ihm. Warum hatte er auch eingewilligt mit Danny noch etwas zu unternehmen?

„Hey.“ Man hörte ihm seine Begeisterung regelrecht an…

Sein Kumpel schwieg lieber.

„Wie sieht’s aus bei euch Käferchen? Mir ist zu Ohren gekommen, dass du dich mit ’nem Tänzer geprügelt haben sollst, Tyler. Ist da was dran?“

Woher, in Gottes Namen, wusste Aaron davon? Das konnte nur bedeuten, dass irgendwer aus der Crew einiges erzählt haben musste… „Ist für dich nicht von Bedeutung.“

„Lass uns gehen, Aaron.“ Nicky hatte einen Seitenblick auf Danny und ihn geworfen.

„Die Unterhaltung fängt doch gerade erst an, Baby.“ Aarons Hand lag demonstrativ an Nicoles Taille und hinderte sie daran zu gehen. Sie wehrte sich nicht. Tyler gefiel das nicht…

„Was musst du denn unbedingt loswerden, hm?“ Eigentlich hätte er lieber fragen wollen, woher Aaron seine Informationen erhielt, aber die Blöße konnte er sich nicht geben. Es musste einen anderen Weg geben, das herauszufinden.

„Schaut nicht gut aus, was? Okay, ihr seid auch nur der Rest der Stadt. Da kann man das nachvollziehen.“

„Wie bitte?“ Tyler glaubte, seinen Ohren nicht trauen zu können. Das war… Selbst Nicky war blass geworden. Aaron hatte es mit einer solchen Selbstverständlichkeit gesagt. Der Kerl war einfach ätzend.

„Halt’s Maul, Alter. Wir werden euch in Grund und Boden tanzen. Meisterschaft ist ja nicht mehr fern.“ Das war das erste Mal, dass Danny sich zu Wort meldete.

„Ach, wirklich? Werdet ihr das, ja? Dann bin ich gespannt. Wir sehen uns dann im Dezember.“

Seine typische Masche. Erst aufhetzen, stänkern und anschließend abhauen. Wie Tyler es satt hatte… „Aaron. Wir werden uns schon vorher sehen.“ Für ihn war das Limit längst überschritten.

Aaron legte die Stirn in Falten. „Interessant. Warum?“

„In genau einem Monat werden wir gegeneinander tanzen und das ein für alle Mal klären. Bei uns im Studio.“

Er wusste, dass Danny zu perplex war, als dass er reagieren konnte. Er hatte so eben Aaron zu einem Battle herausgefordert. Tyler glaubte es selbst noch kaum. War er übereifrig, verrückt oder einfach nur dumm gewesen? Er würde nie dazu lernen…

„Tyler, Tyler, Tyler. Aber doch nicht alleine.“ Ein süffisantes Lächeln schlich sich auf Aarons Gesicht. „Was wären wir denn schon ohne unsere Partner, hm?“

„Was?!“ Nicky war anscheinend nicht minder überrascht, als Tyler und Danny. Warum hatte dieser Bastard immer die Oberhand?

„Aaron, ich werde nicht tanzen. Das kannst du vergessen. Nicht gegen Tyler und Cameron.“ Das erste Mal, dass sie ihrem Freund eisern widersprach.

„Einverstanden.“

Nickys ungläubiger Blick begegnete seinem. Er hatte nicht anders entscheiden können, er hatte keine Wahl gehabt. Es tat ihm Leid. Aber Aaron…

Cameron würde ihm den Kopf abreißen, er hatte abermals über ihn und seine Meinung hinweg entschieden.

Auch sein selbsternannter Erzfeind überging Nicoles Einwände.

Sie hätten ihr Problem auch aus der Welt schaffen können, ohne ihre Freunde und Crews mit einzubeziehen. Aber jetzt war nichts mehr zu ändern, die Worte waren ausgesprochen.

Und er wusste auch schon ganz genau, womit er Aaron entgegentreten würde…

unstoppable


 

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Erst als der Applaus geendet hatte, hatte Cameron begriffen, dass es nun vorbei war. Der Tanz hatte ein befreiendes Gefühl mit sich gebracht. Es war unglaublich gewesen. Die ganze Show war unglaublich gewesen. Wenn er an die Visitenkarten in seinem Gepäck dachte, musste er unweigerlich schmunzeln.

Tyler hatte ihm viel Erfolg gewünscht… Den hatte er gehabt.

Nun saß er im Flieger zurück nach Hause. Abby war eingeschlafen und ihr Kopf auf seine Schulter gesunken.

In seinem Inneren kribbelte es, wenn er daran dachte, dass er Tyler bald wieder im Arm halten konnte und seine Freunde sah.

Cameron hatte Eli von den Fireflies erzählt. Sein Kumpel war hin und weg gewesen. Er hatte gemeint, dass er sie besuchen würde, dass er sie alle, insbesondere Tyler, kennen lernen wollte… Seth-Eli war ein Mensch für sich. Cam war froh, ihn kennen gelernt zu haben. Er würde gut zu ihnen passen, wenn er es sich recht überlegte. Sie würden ihn willkommenheißen. Mal schauen, wann er bei ihnen reinplatzte…

Vieles von dem, was er erreicht hatte, hatte er Tyler zu verdanken. Sein Freund hatte ihm das Selbstbewusstsein gegeben, welches er lange Zeit gesucht hat.

Es mag vielleicht seltsam klingen, aber in London hatte Cameron für das Leben gelernt. Seine Mutter hat immer Recht gehabt mit dem, was sie zu sagen pflegte. Erkenntnis und Einsicht war der erste Schritt zur Besserung.

Er konnte sich durchaus mehr zutrauen. Cameron wusste gar nicht zu sagen, warum er sich in vergangen Zeiten immer selbst in eine selbstzweiflerische Opferrolle gespielt hatte. Es war ihm nicht unbemerkt geblieben, aber er hatte nie etwas dagegen unternommen.

Er war kein Held, das würde er nie sein, aber er hat in London die Bestätigung seiner Fähigkeit bekommen, nach der er immer verlangt hatte. Tyler, seine Freunde und seine Mutter versicherten ihm stets auf Neue, wie viel er ihnen bedeutete.

Komisch, dass er dies alles nicht zuvor erkannt hatte, aber Cameron würde mit gutem Gefühl seinen neuen Lebensabschnitt gemeinsam mit Tyler beginnen können.
 

„Irgendetwas an dir hat sich verändert.“

„Hat es das, ja?“ Cameron lächelte. „Ich hoffe zum Positiven.“

„Als ich dich das erste Mal wirklich tanzen gesehen hatte… Du hast so verletzlich, still, zurückgezogen gewirkt… Begleitet von Anmut und Kraft, purer Schönheit. Aber…“

„Aber was?“ Er liebte es, wenn Tyler begann zu schwärmen. Jedes einzelne Wort war für ihn eine reine Liebesbekundung, die gut tat, gehört zu werden. „Tyler, ich war verliebt und hatte keine Ahnung, wie es weitergehen sollte.“

„Du warst verliebt?“

„Ich bin es immer noch, Blödmann.“

„Stolz. Ja, ich glaube, stolz ist das richtige Wort, dass dich jetzt beschreiben würde.“

„Tyler, ich bin enttäuscht.“ Nein, war er nicht. Aber Cam wusste, dass er seinen Freund damit auf die Palme bringen konnte, was ab und an sehr amüsant sein konnte.

„Und eingebildet.“

„Bin ich nicht.“

„Doch, ein wenig. Aber du hast Grund dazu.“ Tyler zog ihn in seine Arme.

„Gemein.“ Gut, würde er ihm diesen einen Sieg überlassen. Er revanchierte sich ein anderes Mal…

„Eigentlich hatte ich diese verletzliche Seite echt gern…“

„Die gibt es auch noch, also pass besser auf, was du sagst.“ Die Drohung war nicht wirklich ernst gemeint, er sagte dies mit einem Lächeln auf dem Gesicht.

Tyler erwiderte es. „Du bist stark, Cameron. Man schaut dir mit Ehrfurcht zu.“

„Du hast wieder deine Kitschphase, richtig?“ Von Zeit zu Zeit überkam es Tyler und Cam fand sich in einer Lovestory wie aus Hollywood wieder. In Situationen wie diesen konnte er einfach nur noch darüber lachen.

„Du verleitest dazu!“ Die Rechtfertigung war eher halbherzig. Tyler wusste, dass er Recht hatte.

„Ach ja?“

„Immer. So majestätisch wie du bist. Perfekt.“

„Perfekt ist nicht gut. Das habe ich mit der Zeit auch gelernt. Perfekt wirkt zu künstlich…“

Lange Zeit hatte er danach gestrebt, dass man ihn „perfekt“ nannte. Er hatte erkannt, dass das die falsche Einstellung war, um etwas zu erreichen. Beim Tanzen und im Leben galt es er selbst zu sein und er war nun einmal nicht perfekt. Wie es niemand war.

„Du hast 14 Jahre lang Ballett gemacht, Cameron. Ich glaube, da ist man nahe dran an Perfektion.“

„Ich habe es nie professionell betrieben. Immer nur, weil es mir Spaß gemacht hat.“

„Du hattest schon immer eine Tanzausbildung im Blick…“

Cameron hatte das Gefühl, dass sich ihre Unterhaltung in eine sehr unangenehme Richtung entwickelte. „Ja, da kam mir das Ballett gelegen, ich habe es einfach gern gemacht. Ausbildung hin oder her.“

„Du hättest bestimmt bei irgendwelchen nationalen Ballettakademien die Aufnahmeprüfungen bestanden.“

„Ich hätte kein Geld gehabt.“ Warum konnte Tyler nicht aufhören nachzufragen?

„Stipendium.“

„Leicht gesagt. Außerdem wollte ich nicht mein Leben lang klassisches Ballett machen.“

„Sondern?“

„Showtanz. Ich brauch die Abwechslung. Ballett ist großartig, ich mach es gerne, aber…“

„Hm?“

Cam gab sich geschlagen. Hatte keinen Zweck. Tyler würde nicht aufgeben, ehe er seine Fragen nicht beantwortet hatte. „Einige der Ausbilder am Theater meinen, dass ich das Zeug dazu hätte bei großen, internationalen Musicalproduktionen mitzumachen. Hinter vorgehaltener Hand gesprochen, wohlgemerkt.“

„Das ist doch mal was.“

„Ja, man kann von leben.“

„Die Liebe zum Tanzen, Cameron.“

„Was willst du damit sagen?“

„Eine Leidenschaft auszuleben, bedeutet Kompromisse einzugehen.“

Tyler hatte Recht damit. Ihn überkam ein schlechtes Gewissen. Er tanzte, weil er es wollte, weil er es liebte. Nicht aber, um damit reich zu werden… Dann hätte er sich auch einen anderen Job suchen können. „Ich wirke so geldgierig.“

„Nein, das ist normal. Von irgendetwas muss der Mensch schließlich leben können.“

Das half ihm jetzt auch nicht weiter. Er bettete seinen Kopf auf Tylers Schulter. „Eigentlich reizt mich es, als Choreograph zu arbeiten. Der Kreativität freien Lauf und alle Tänzer nach meiner Pfeife tanzen zu lassen.“ Cameron grinste in sich hinein. Manchmal ließ er auch Tyler nach seiner Pfeife tanzen. „Aber dafür brauch ich einige Jahre Bühnenerfahrung, sonst hat man gar keine Chance.“

„Choreograph, sagst du? Klingt super, kann ich mir bei dir gut vorstellen. Dann kannst du dich gleich an mir versuchen und mir bei meiner Choreo für das Battle helfen.“

Die Alarmglocken schrillten. „Battle? Was für ein Battle?“

„Ich wollte dich damit nicht überrumpeln, kurz nachdem du wiedergekommen bist.“

„Wahnsinn, dafür ist es jetzt wie ein Tritt ins kalte Wasser. Was für ein Battle, Tyler?“ Sie waren wieder am selben Problem angekommen, wie sonst auch… Die Kommunikation. Was nütze alles, wenn sie nicht vernünftig miteinander redeten? Cam wurde wütend. Entweder verheimlichte Tyler ihm etwas oder aber er selbst sagte etwas grundsätzlich dann, wenn es hätte längst gesagt werden müssen… So konnte es nicht weitergehen. Aber sie würden es ein anderes Mal klären müssen. „Gegen wen?“

Tyler schwieg, als würde er die besten Worte suchen für das, was er zu sagen hat. Cameron kannte die Antwort bereits mit welcher Crew sich Tyler angelegt hatte. Das war offensichtlich.

„Underdogs.“ Deswegen kam es nicht sonderlich überraschend für ihn.

„Gegen wen?“ Er stellte seine Frage mit mehr Nachdruck. Cam hatte jetzt keine Lust auf Heimlichtuerei.

„Aaron.“

„Das ist nicht dein Ernst.“ Es war zwar eine Frage der Zeit gewesen, wann es soweit war. Dennoch brachte die Gewissheit einen unangenehmen Druck mit sich. Aaron war ein spezieller Fall, das wusste Cam.

„Und Nicky…“

Nein… Das bedeutete, dass das ganze als Doppel ablaufen würde… Cameron würde gerne wissen, wie Tyler es geschafft hatte, sich ein Battle mit seiner Ex-Freundin und Aaron einzuhandeln. Aber das musste warten. „Mit wem wirst du tanzen?“

Tyler Gesichtsausdruck sprach Bände. Er war mehr als verdutzt. „Wie… Was meinst du? Ich dachte-“

„Gar nichts dachtest du! Das ist vollkommen hirnrissig. Ich will gar nicht wissen, wie du dir das eingebrockt hast, aber lass dir gesagt sein: Ich werde nicht tanzen.“ Er war vollkommen überfallen worden. Was sollte er davon halten? Hatte Tyler auch mal eine Sekunde an ihn gedacht und nicht nur an sich?

„Mach mal halblang, Schatz…“

„Steck dir dein ‚Schatz’ sonst wohin. Dich kann man keine zwei Stunden alleine lassen, ohne, dass du dich in Schwierigkeiten bringst.“

„Es waren sechs Wochen…“

„Tyler!“ Cameron fehlten die Worte.

„Du willst dir ja nicht einmal anhören, worum es geht. Ich werde Liz fragen. Ist sowie so besser, wenn ich mit einer Frau antreten werde.“

Die Bemerkung war verletzend gewesen. „Ach, damit das Publikum was zum Glotzen hat. Der Sexappeal ist größer, stimmt.“

„So war das nicht gemeint und das weißt du.“ Erstaunlicherweise ging Tyler nicht auf seine Sticheleien ein. Aber das war ihm völlig egal.

Cameron war hintergangen worden und wurde dann auch noch als derjenige dargestellt, der den Fehler gemacht hatte. „Mach ruhig. Mach ruhig mit ihr auf der Bühne rum. Das Battle wird schließlich öffentlich sein, da bin ich als Mann an deiner Seite fehl am Platze. Bin ja nur ein Kerl.“

Er machte kehrt und wollte gehen, doch Tyler hielt ihn in der Bewegung auf und packte ihn bei den Schultern.

„Cameron, verdammt, jetzt warte! Du bist mein Kerl, verstanden?“ Tylers Blick war eisern. Er meinte es ernst. Anscheinend hatte Cam es mal wieder zu weit getrieben… Verdammt, wie er solche Situationen hasste. Warum, warum musste es immer wieder zu so etwas kommen?

„Du verdrehst gerade die Tatsachen. Ich wollte mit dir tanzen und wenn du es nicht tun wirst, werde ich es auch nicht. So einfach ist das.“

Er wollte jetzt nicht nachgeben. Tyler hatte ihn stolz genannt und damit vollkommen Recht gehabt. Wie konnte er die Auseinandersetzung wieder richten? „Du wirst tanzen. Nur ohne mich.“

„Keine Chance?“

„Keine Chance, Tyler.“

„Dann akzeptiere ich das. Trotzdem danke.“

„Idiot…“
 

Sie hatten nicht mehr über das anstehende Battle gesprochen. Cameron war froh. Ihm tat es Leid, dass er Tyler so angegriffen hatte. Dennoch war er nicht bereit nachzugeben. Aber irgendetwas in ihm rief, dass dies die falsche Entscheidung sein würde. Cam zweifelte.

Diese elende Diskussion stand noch immer ungeklärt zwischen ihnen. Das bemerkten auch ihre Freunde. Chloe hatte sich mehrmals erkundigt.

Gemeinsam hatten sie seine Erfolge in London gefeiert. Seine Erfolge, die durch die Unterstützung Tylers möglich geworden waren. Es war ungerecht…

„Du solltest eine Pause machen und dich etwas entspannen.“ Er stand angelehnt am Türrahmen und beobachtete seinen Freund.

„Kann ich nicht, dazu ist keine Zeit.“

Was für ein Dickkopf… Cameron seufzte. „Du erinnerst mich gerade stark an mich selbst.“

Danny hatte ihm erzählt, dass Tyler mit der Choreo antreten wollen würde, mit der er bei ihrer zweiten Meisterschaft die Underdogs geschlagen hatte. Cameron bezweifelte, dass sein Freund die Schritte eins zu eins übernehmen würde, also hatte er entschieden, sich das ganze einmal anzusehen und falls möglich zu helfen. „Zeigst du mir, wie’s bis jetzt aussieht?“

Tyler hatte innegehalten. Er wirkte genervt. „Warum? Du wirst es auch Samstag sehen können.“

Diese abweisende, kalte Art tat weh. Sie benahmen sich beide wie Teenager, dabei waren sie erwachsene Männer, die auch trotz Unstimmigkeiten vernünftig miteinander umgehen sollten.

„Samstag ist es selbst für mich zu spät, das alles zu lernen.“

Tyler wirkte verwirrt. Cam sah regelrecht, wie der Dunkelblonde versuchte die Worte und Gedanken zu sortieren.

Als sich ein leichtes Lächeln auf dessen Gesicht legte, fiel Cameron ein Stein vom Herzen und alle Zweifel waren verflogen. Er konnte Tyler Aaron nicht alleine gegenübertreten lassen. Das würden sie gemeinsam erledigen oder gar nicht.

Tyler kam auf ihn zu und zerrte ihn ungeduldig in seine Arme. „Wie konnte ich an dir zweifeln…?“

„Daran liegt es nicht. Ich hätte dich nicht enttäuschen dürfen.“

Sie waren beide sehr exzentrisch, aber genau diese Eigenschaft würde sie zu einem unaufhaltsamen Team machen.

dancing tonight


 

.ılıll dancing tonight llılı.
 

Die Underdogs hatten eine neue Crew-Routine, von der niemand etwas gewusst hatte. Und die vor allem ziemlich überzeugend gewesen war. Unverkennbar stand Nicky im Mittelpunkt. Ein neues Flaggschiff hatten sie also auch.

Was ein teuflisches Spiel Aaron mit ihm trieb…

Aber Tyler war bereit darauf einzugehen. Er hatte sich für einen freien Wettkampf ausgesprochen, das heißt, dass das Publikum letzten Endes den Sieger bestimmte und da sie im Hause der Fireflies waren… Es würde sich zeigen, ob dies ihr Vorteil war.

Die Leistung ihrer Crew war solide gewesen. Tyler hatte nicht mehr verlangt. Es ging hier nur um Aaron und ihn. Er wollte beweisen, dass er kein Mensch war, der davonlief und alles wortlos hinnahm. Er hätte schon viel früher deutlich machen sollen, dass diese kindischen Ungerechtigkeiten ein Ende finden mussten. Heute sollte es so weit sein.

Niemals hatte er Cameron oder Nicole mit reinziehen wollen, aber so war es nun einmal gekommen. Ändern ließ sich das jetzt nicht. Tyler war sich der Unterstützung durch seinen Freund sicher. Wie es um Nicole stand, konnte er nicht einschätzen. Er wusste, wozu sie tänzerisch in der Lage war. Das, was sie gezeigt hatte war gut gewesen. Sehr gut. Das hieße, dass sie sich nicht für ihn oder Cameron zurückhalten würde, auch wenn sie anfangs gegen das Battle gewesen war. Aber warum sollte sie auch ihren Freund und Partner hintergehen, um ihm einen Gefallen zu tun? Nein, das war nicht Nicky. Sie tanzte für den Erfolg, egal auf welcher Seite. Sie wollte ebenso gewinnen.

Sie alle wollten gewinnen. Jeder mit einer anderen Begründung, die aber alle zum gleichen Ziel führten. Sieg.

Cameron stand neben ihm. Sie mussten gleich raus. Der Dunkelhaarige war spürbar angespannt. Dabei war er es, der von ihnen beiden mehr Bühnenerfahrung hatte.

Um den Tänzern einen eigenen Bereich zu geben, in dem sie sich zwischen den Auftritten aufhalten konnten, hatten sie schwarze Vorhänge an der Decke angebracht, die einen kleinen Teil des großen Raumes abgrenzten.

Chloe war bei ihnen. „Jungs, ich will eine großartige Show sehen, verstanden?“

„Wirst du.“ Camerons grüne Augen waren auf einen Spalt zwischen den Vorhängen gerichtet.

Tyler wusste, dass Cam sich auf den bevorstehenden Tanz fokussierte.

Er folgte dem Blick seines Freundes. Das Publikum hatte sich in die bewegte Masse eines Clubs verwandelt, die zu der Musik tanzte, die Phil auflegte. Wenn sie die gute Stimmung erhielten, würde sich dies positiv auf das Ergebnis auswirken…

„Komm.“

Tyler wurde bei der Hand gepackt und von Cameron mit auf die Tanzfläche gezogen.

„Und schalt dein Gehirn aus. Denk nicht ans Gewinnen. Tanz.“
 

Tyler war nervös, wie er es lange nicht mehr gewesen war. Eigentlich würde er lässig auf die Tanzfläche gehen und seine Aufgabe erfüllen, aber heute war es anders. Er wusste, was auf dem Spiel stand. Wenn er heute Abend verlieren würde, müsste er… Nein, müsste seine Crew Aarons Gehässigkeiten länger ertragen und das mit guten Grund, den er ihm geliefert hatte.

Er dachte zu viel. Cam hatte ihm gesagt, genau das sollte er nicht tun…

Sie hatten mit Phil eine Lightshow der besonderen Art zusammengestellt, die ihren Auftritt ergänzen würde. Außerdem hatte er Cameron an seiner Seite, es konnte nichts schief gehen.

Tyler und Cam gingen in Position. Er warf einen Seitenblick auf den Dunkelhaarigen, man sah ihm seine Professionalität an. Irgendwie beruhigte Tyler das ungemein.

Er würde versuchen den Rat seines Freundes zu befolgen und zu tanzen, nicht zu denken. Zu fühlen. Das konnte er in Camerons Nähe am besten.
 

Die Vorstellung war gelaufen. Unbeschreiblich gut. Das Publikum hatte sie gefeiert.

Sie hatten gezeigt, was es bedeutete zu tanzen. Egal, ob Freestyle, Street Dance, Contemporary, Standard. Mit diesem Auftritt hatten sie nicht nur sich selbst vorgestellt, sondern ihre ganze Crew. Die bunt gemischte Truppe, das, was sie ausmachte.

Glücklich und erleichtert verließ Tyler mit Cam die Tanzfläche, gaben für Aaron und Nicole den Platz frei.

Das hier war ganz und gar ihre Show. Überzeugend, atemberaubend, besonders. Das war es, was sie sich vorgenommen hatten.

Die neuen Outfits für den nächsten Auftritt lagen schon bereit. Die Organisation der Crew war spitzenklasse.

Die nächste Runde würde Tyler alleine absolvieren müssen, ebenso Aaron.

Zu gern hätte er Nicole und seinem Kontrahenten zugeschaut. Doch er durfte keine Zeit verlieren.

Cameron musterte ihn skeptisch, nachdem er sich umgezogen hatte. „Zieh dich aus.“

„Was?!“ Er hatte sich gerade erst… Doch dann verstand er, was Cam meinte.

„Du hast mich schon verstanden, zieh dich aus.“

„Cameron, ich weiß nicht, ob-“

„Doch, es ist eine gute Idee. Es ist meine Idee.“ Er grinste. „Du hast einen wunderbaren Körper, warum schämst du dich?“

„Ich schäme mich nicht. Es ist nur-“

„Du wirst alle Mädchen auf deiner Seite haben…“

Tyler verzog das Gesicht. Solche Art von Tricks war Aarons Sache… Aber Cameron hatte Recht.

„Deine Choreographie lässt das zu, also.“ Cam sagte dies mit einer Selbstverständlichkeit, die keine Widerrede zuließ. Tyler war zwar nicht überzeugt, aber auf die Ideen seines Freundes war in Normalfall Verlass.

„Vertrau mir.“ Cameron zog ihn zu sich und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf den Mund, ehe er Tyler in Richtung Tanzfläche schob.

Wenn das hier vorbei war, würde er mindestens zehn Kreuze im Kalender machen… Er spürte die Nervosität in seinen Gliedern. Unruhig trat er von einem Bein auf das andere. Wenn Nicole und Aaron doch nur fertig sein würden… Aaron hatte einen klaren Tanzstil, Nicky verzauberte jeden mit ihrer frischen, selbstbewussten Art. Es würde eng werden. Tyler schluckte sein Bedenken hinunter.

Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Als Tyler sich umdrehte, schaute er direkt in Dannys Gesicht. Er hatte nicht mitbekommen, wie sein Kumpel in den Crew-Bereich gekommen war.

„Tyler… Zeig’s ihm.“ Dannys Blick war fest. „Für uns!“

Ihm blieb ja keine Wahl. Kein Weg zurück.

Er war dieses Mal auf sich gestellt. Niemals würde Tyler sich verzeihen können, wenn er versagen würde.

Ein letzter, tiefer Atemzug. Verstand ausschalten. Tanzen. Mit dem Publikum flirten. Feiern. Und nicht vergessen, sich spielerisch seines Hemdes zu entledigen.

Ehe er erkannte, wie sehr er sich auf die Choreographie eingelassen hatte, wie sehr sie ihn eingenommen hatte, war es auch schon vorbei. Tyler spürte die Blicke auf sich.

Den tosenden Beifall bekam er gar nicht mit. Er hatte Wut in Aarons Augen gesehen. Sein Rivale hatte verdammt blass ausgesehen. Das war ihm Genugtuung.

Tyler hatte sich bewusst für diese alte Choreographie entschieden. Er hatte schon einmal mit ihr unter Beweis gestellt, wozu er in der Lage sein konnte. Dank Camerons Unterstützung war es ihm gelungen die Choreo zu modernisieren, zu verbessern. Er hatte allen Grund stolz zu sein. Und vielleicht hatte er Aaron aus dem Konzept gebracht, aber das würde sich gleich zeigen…

Seine Freunde bejubelten ihn, als wäre schon lange klar, wer der Sieger sein würde. Sie lobten ihn für seinen Auftritt, bedankten sich sogar. Umarmungen, Handschläge, dabei war es noch nicht vorbei. Der direkte Vergleich stand ihnen noch bevor.

Cameron stand vor ihm und lächelte. „Siehst du? Was hab ich dir gesagt?“

„Gut so?“ Eigentlich wusste er die Antwort längst. Man hörte die Zuschauer schließlich noch immer…

„Ganz zu meiner Zufriedenheit.“
 

Genau genommen konnte nichts mehr schief gehen, aber die größte Prüfung näherte sich. Im direkten Vergleich war es wichtig aufzufallen. Insbesondere jetzt, da auch Aaron mit seinem Auftritt ziemlich begeistert hatte.

Sie legten los.

Anfangs hatte Tyler das Gefühl, als wäre dies kein Wettkampf. Cameron war locker, hatte Spaß. Aaron war so oder so aggressiv. Und Nicky…

Anfangs war alles in Ordnung gewesen, bis er diesem Blick von Nicole begegnete.

Was taten sie hier? Was tat er hier? Tyler war wie versteinert. Er war gleich wieder an der Reihe, aber er konnte sich nicht rühren. Irgendetwas in seinem Inneren wehrte ich zutiefst. Er konnte nicht einmal sagen, warum dies so war, was es war.

Vorwurfsvoll? Nein, ängstlich? Zwischen ihnen war eigentlich alles in Ordnung. Bereute sie die Teilnahme? Tyler war vollkommen überfragt. Er musste seine Gedanken unter Kontrolle bekommen, ansonsten würden sie hochgradig ihr Gesicht verlieren.

Er versuchte sich zusammenzureißen. Weiter im Programm.

Cameron hatte ihm eine Hand auf den Arm gelegt, hielt ihn davon ab weiterzutanzen. Er übernahm, brachte die Reihenfolge durcheinander, aber es war egal.

Seine grünen Augen fixierten Tylers. Ihm wurde bewusst, dass sein Freund sie gerade gerettet hatte, weil er versagt hätte. Camerons Blick war eine stumme Drohung, aber wirkte gleichzeitig beruhigend. Er signalisierte, dass er alles im Griff hatte und von Tyler wurde eine ungeheure Last genommen, die er bis dahin in diesem Ausmaß gar nicht realisiert hatte.

Freestyle war sein Ding, Warum machte er sich Sorgen? Sie würden Aaron schon zeigen, wer letzten Endes am längeren Hebel saß.

Seine Umgebung verschwand, das Publikum wurde zu unbedeutsamen Beiwerk. Cameron zählte. Er lockte ihn. Seine Bewegungen zogen ihn magisch an. Das Grün dieser Augen hielt ihn gefangen. Sein Freund spielte mit ihm.

Kein Mädchen der Welt hätte das hier nun ersetzen können. Cameron hatte gemeint, dass Liz auf der Tanzfläche einen größeren Sexappeal haben würde… Falsch. Er selbst bewies gerade das Gegenteil und den Zuschauern gefiel es. Ihnen war es absolut egal, dass hier gerade zwei Kerle auf der Bühne standen und mehr als anzüglich miteinander flirteten.

Jetzt war er an der Reihe.
 

Das Licht ging aus. Völlige Stille hatte das Studio erfasst. Ein Moment des Schocks. Es war vorbei.

Die Spotlights fokussierten auf die Tänzer, als ohrenbetäubender Jubel ausbrach.

Tyler ertappte sich bei dem Gedanken, dass es im in diesem Augenblick vollkommen egal war, wer von ihnen als Sieger hervorgehen würde.

Cameron schaute ihn an und hielt ihm die Hand entgegen, als würde er ihm bereits gratulieren wollen. Tyler schlug ein, zog Cam in eine Umarmung. „Danke! Für die Unterstützung und die gute Arbeit.“

Seine Antwort war nur ein Lächeln.

Rufe, die ihren Sieg forderten wurden laut, aber das Protokoll musste gewahrt werden.

Phil richtete die Scheinwerfer auf Nicky und Aaron, die wohl längst von ihrer Niederlage ahnten. Cameron und er verschwanden für kurze Zeit aus dem Blickfeld der Zuschauer.

„Wir danken unseren Gästen! Einen kräftigen Applaus für die Underdogs!“ Phil wollte das genauso schnell über die Bühne bringen, wie die übrigen Mitglieder ihrer Crew. Das war ihm anzumerken. „Bitte.“

Wenn Tyler nicht zu perplex gewesen wäre, würde er sich nun vor Lachen kaum auf den Beinen halten können. Phil hatte mit diesem einfachen, angehängten Wort Aaron noch eins ausgewischt, wofür er sich später definitiv bedanken würde. Das musste verdammt an seinem Stolz kratzen. Eigentlich war er nicht schadenfroh… Aber darüber dachte er jetzt nicht nach.

Viele der Zuschauer sprachen sich für Aaron aus. Allein aus dem Grund, dass sie selbst Underdogs waren oder ihn besser kannten. Tyler war sich sicher, dass einige von ihnen bestimmt auch ein paar gute Summen gesehen hatten, aber das war augenscheinlich vergebens gewesen. Er sah auch Tänzer aus anderen Crews, die für Aaron stimmten, dennoch war abzusehen, dass es nicht reichen würde für den Sieg.

Seine Rechnung war damit also aufgegangen.

„Seid nicht so verhalten, Leute! Was sagt ihr denn zu meinen Jungs, hm?“ Spotlights.

Phil… Tyler musste schmunzeln.

Im nächsten Moment war er überwältigt. Überwältigt von dem, was sich ihm offenbarte. Tyler konnte es nicht in Worte fassen, so berauschend war es. So hörte es sich also an und so sah es aus, wenn man sein Ziel erreichte.

Die Fireflies, seine Freunde kamen auf sie beide zugestürmt. Einige belagerten Cameron, andere ihn. Die Party konnte losgehen…

Er verschwendete keinen Gedanken mehr an den Stress, den er sich wegen diesem Battle gemacht hatte. Erleichterung hatte ihn erfasst. Erleichterung, dass es vorbei war, dass es gut ausgegangen war, dass er seine Pflicht erfüllt hatte. Tyler war stolz. Auf sich, seine Leute und auf Cameron. Sie würden sich nicht so schnell unterkriegen lassen und das hatten sie mit diesem Sieg bewiesen.

Zwischen den Glückwünschen schaute er sich nach Cameron um und sah, wie Aaron auf ihn zusteuerte. Mit Nicole im Schlepptau. Tyler hätte ihn so eingeschätzt, dass er schleunigst die Flucht ergriffen hätte, um weiterer Schmach zu entgehen. Aber da hatte er sich wohl getäuscht.

Als Aaron vor ihm stand, geschah das Unglaubliche. Etwas, womit Tyler nie und nimmer gerechnet hatte. Sein Rivale reichte ihm die Hand.

„Auch wenn ich es anders sehe. Meinen Glückwunsch.“

Tyler erwiderte die Geste. „Danke, hätte ich von dir nicht erwartet.“

„Nur nicht übermutig werden. Die Meisterschaft steht bald an, da werden wir weiter sehen.“ Aarons Blick war eiskalt. Wenigstens steckte so viel Fairness in ihm, dass er das Ergebnis akzeptierte. Er sah wohl ein, dass er sich geschlagen geben musste. „Weil ich dir zu deinem Sieg gratuliert habe, heißt das noch lange nicht, dass wir Freunde werden, verstanden?“

„Alles klar, Aaron.“ Tyler störte es in keiner Weise. Er war glücklich. Aaron konnte ihm jetzt erst einmal nicht so schnell die Laune verderben. Auch Nicky wirkte sehr gelassen, als habe sie um den Ausgang des Battles von Anfang an gewusst. Sie lächelte sogar. Um sie brauchte er sich vorerst also keine Sorgen machen.

„Nicole, du bist hier stets willkommen.“ Cameron hatte sich wieder zu ihnen gesellt.

„Danke! Gerne.“ Eine ehrliche Reaktion. „Und einen herzlichen Glückwunsch euch beiden!“

turn up the music


 

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„Wir machen das schon irgendwie. Wenn ich nachher da bin, reden wir darüber und besprechen es mit den anderen. Vor allem in Ruhe, einverstanden?“ Er war bei der Arbeit und hatte eigentlich andere Dinge zu erledigen, als mit Tyler zu telefonieren, so Leid es ihm auch tat.

Er wollte vermeiden, dass sein Chef ihn am Handy erwischte. Machte keinen guten Eindruck, auch wenn gerade nicht viel los war.

Als die Tür hinter ihm aufging, war er froh um seine schnellen Reflexe. Cam hatte das Handy vom Ohr genommen und hielt es so, dass es nicht auffallen konnte.

„Na, was sehe ich denn da?“

Verdammt. Da wollte er aufpassen und dann das. War er doch zu langsam gewesen. „Nichts. Also, eigentlich nichts.“ Und Tyler war noch immer in der Leitung. „Entschuldigung, ich leg auf.“

„Nun mach schon.“ Sein Boss machte eine wegscheuchende Handbewegung.

Ihm wurde übel. Nicht gut.

„Man lässt geliebte Menschen nicht im Stich. Geh!“

Cameron glaubte seinen Ohren kaum. Also hatte er die ganze Zeit über mitgehört. „Wirklich?“ Er war einfach der beste Arbeitgeber, den es in ganz Chicago gab.

„Ja, aber grüß sie von mir.“

Ihn… Er korrigierte seinen Chef lieber in Gedanken.

„Schatz? Ich bin gleich da.“ Dann legte er wirklich auf und sah das Schmunzeln auf dem Gesicht seines Gegenübers. Mit einem Grinsen auf den Lippen stürmte er in den Raum, wo er seine Sachen abgelegt hatte und griff danach. Allerdings ließ er es sich nicht nehmen, seine Schürze ordentlich zusammengefaltet in sein Fach zu legen.

Cameron wollte gerade den Coffee-Shop verlassen, als er noch einmal innehielt. „Danke, Chef!“ Er kämpfte den Drang nieder, ihm einfach um den Hals zu fallen.

Wie schön konnte Feierabend sein…
 

Als Cameron das Studio betrat und in die Halle schritt, warteten die meisten der Fireflies bereits auf ihn. Tyler inklusive.

Sein Freund saß auf dem Boden, das verletzte Bein von sich gestreckt. Die Zerrung hatte er sich noch beim Battle zugezogen. Tyler hatte es erst in den Tagen danach bemerkt… Das hieße, er fiele für das Training für die Stadtmeisterschaft vorerst aus, aber dennoch war er stets zugegen.

Tyler machte Anstalten aufzustehen, doch Cameron hatte ihm eine Hand auf die Schulter gelegt und setzte sich neben ihn. „Schon okay, bleib sitzen. Hallo Leute.“

Er schaute in die Runde. Gute Laune sah anders aus. „Ist irgendetwas passiert?“

„Wir haben nachgedacht, was wir tun könnten… Also was Besonderes, was Interessantes.“ Liz hatte geantwortet.

„Cam? Wie schaut’s bei dir mit Krumping aus?“ Sein Freund schaute ihn skeptisch an. „Wir müssen eine gute Show liefern.“

Cameron lächelte viel sagend. „Läuft. Hatte dir doch gesagt, ich tanze alles.“ Fast alles, korrigierte er sich in Gedanken.

„Wirklich?“

„Zweifelst du?“

„Das passt irgendwie nicht so zu dir…“

„Alles klar, ich verstehe. Ich bin zu lieb.“ Er seufzte. „Leute, Krumping muss nicht nur aggressiv sein. Lasst mich machen und ihr werdet verstehen.“ Cameron wusste ganz genau, was er tat; wusste, wovon er da sprach.

In London hatte er mit Eli auch darüber diskutiert. Letzten Endes hatte Cam ihn überzeugen können.

„Also, wie genau sieht denn euer Plan bislang aus. Ich mein… Ich werd’s ja tanzen müssen.“ Er zuckte die Achseln und grinste seine Freunde an. Er war ihr Flaggschiff. Er vertrat die Crew.

Liz sprang auf. „Jawohl! Dann werden wir es dir mal erklären.“ Sie bedeutete Phil die Musik anzumachen und tanzte darauf los. Wie von ihrem Goldlöckchen nicht anders gewohnt energievoll und wild.

Auch Cameron stand auf, Spaß musste sein. Liz hatte sich ihn sofort geschnappt und ihn angetanzt. Es dauerte nicht lange, bis auch die anderen Tänzer dazu stießen.

Goldlöckchen griff nach seinen Händen und legte sie sich selbst auf die Hüften. Cam verstand und hob sie hoch.

Er setzte sie wieder auf dem Boden ab und sie ging über zum Freestyle. Chloe war indes an ihn herangetreten. Cameron fühlte sich wie in einem Harem, wenn er es sich so überlegte. Aber Tyler brauchte keine Angst haben.

Chloe stand nun vor ihm, sie legte eine Hand auf seinen Arm. Instinktiv griff er nach ihrer Hand und übernahm die Führung. Salsa. Seine Freundin begriff sofort. Er wusste, dass Chloe lateinamerikanische und Standarttänze beherrschte und Cameron war froh darum. Mit ihr hatte er bereits einige Male getanzt. Sie verstanden sich blind.

Tyler klatschte in die Hände, ein Zeichen für Phil, dass er die Lautstärke der Musik senken sollte.

Die Tänzer hielten inne.

Sein Freund grinste über das ganze Gesicht. „Lasst mir auch noch etwas von ihm übrig.“

Chloe fing an zu lachen und auch Cameron musste schmunzeln.

„Genau das ist es, was wir uns vorstellen, Cam. Eine Kombination aus allem. Eine Show, die die Welt des Tanzens präsentiert. Alles.“ Er nahm die Arme hoch und schien damit den gesamten Raum umfassen zu wollen, ehe er weiter sprach. „Jeder von uns hat sein eigenes Talent. Wir decken fast alle Stilrichtungen irgendwie ab und…“ Tyler machte eine Pause und sah ihn etwas ernster an. „Wir haben dich.“

„Interessante Vorstellung, die ihr da habt.“ Cameron schaute jeden der Anwesenden einmal kurz an. Wirklich interessant. Interessant und schwer. Das Ganze flüssig miteinander zu verbinden würde eine große Herausforderung sein. Insbesondere dann, wenn es noch ein Gesamtbild darstellen sollte… Er lächelte in sich hinein. „Und ich werde sie realisieren.“

Seine Freunde brachen in Jubel und Beifall aus und Liz fiel ihm von hinten um den Hals.
 

„Noch einmal das Ganze!“

Cameron wusste selbst, dass er ein strenger Trainer war. Er wandte die Methoden an, die ihm selbst stets zum Erfolg geführt hatten und die er kennen gelernt hatte.

„Im Takt bleiben, Jungs. Mädels, ihr schaut super aus.“

Cameron hatte sich vor ihnen aufgebaut und kontrollierte jeden ihrer Schritte bis aufs Genauste. Er wollte nichts dem Zufall überlassen.

Sie würden sich noch etwas wegen ihrem Styling einfallen lassen müssen. Klamotten, Make-up gehörte zu einem Auftritt dieser Größe dazu.

Phil und Max, sowie einige andere arbeiteten an der Bühnenshow. Musik, Licht, Spezialeffekte.

Cameron freute sich wahnsinnig. Es war das erste Mal für ihn, dass er bei etwas derartig Aufwändigen, was privat organisiert wurde, mitmachte.

Tyler war zu ihm getreten. Cam hatte darauf bestanden, dass er weiterhin pausierte, bis sicher war, dass es seinem Bein hundertprozentig besser ging. Ansonsten würde er ihn nicht auf die Tanzfläche lassen. Seinen Ausfall während der laufenden Meisterschaft konnten sie sich nicht leisten. Das einzige Problem war nur, dass Tyler die Tänze bislang nur gesehen hatte… Aber er lernte schnell und Cameron war zuversichtlich, außerdem war er bereit Tyler alles am genausten zu zeigen.

Sollten sie es bis ins Finale schaffen, würde Cameron seine Choreographie aus London zeigen. Er hatte bereits einmal bedeutsame Menschen damit überzeugen können, also bestimmt auch ein zweites Male. Er liebte diesen Tanz und das war die beste Vorraussetzung.

Das Problem des fehlenden Tänzers hatte sich auch erledigt. Lynn hatte sich bereiterklärt, auch wenn sie noch nicht allzu lange dabei war.

„Wollt ihr nicht einmal eine Pause machen?“

Tyler hatte Recht. Sich zu überanstrengen würde auch nicht ideal sein.

Aber Liz kam ihm zuvor. „Nicht jetzt! Wir sind gerade in einem so guten Lauf.“

Er konnte nicht anders, als zu grinsen. „Da hast du es gehört, Schatz.“

„Verdammte Scheiße, ich liebe euch. Wisst ihr das eigentlich?“ Tyler hatte einen Arm um Cameron gelegt und ihn auf die Wange geküsst. „Danke für alles.“

„Ich mach das hier ja nicht nur für dich. Bild dir da ja nichts ein, hast du gehört?“

„Dich liebe ich doch noch immer am meisten.“

„Was wünscht du dir zum Geburtstag, Tyler?“ Das war ein abrupter Themenwechsel gewesen, aber Cam hatte schon länger nachfragen wollen. Vielleicht gab es da irgendetwas…

„Nichts. Ich hab alles, was ich zum Leben brauche.“ Die Antwort kam ziemlich selbstsicher.

„Tyler, bitte. Ich-“

„Nichts ‚du’… Obwohl…“ Sein Freund lächelte ihn an. „Doch. Genau ‚du’. Ich hab dich, das ist mein größtes Geschenk.“ Tyler übersäte sein Gesicht mit Küssen.

Cameron wehrte sich nur mühsam, er musste lachen. „Ich werde mir trotzdem was einfallen lassen, ob du willst oder nicht.“

„Ich weiß doch längst, was es werden wird.“

„Phil! Mach die Musik mal lauter!“ Cameron hatte sich ihrem DJ zugewandt. Die Anderen tanzten weiter und er widmete sich dann aber wieder seinem Freund. Cam gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Tyler bringt mich sonst noch um den Verstand.“
 

~+~+~+~

Ich bin kein großartiger Fan von Aprilscherzen~ Aber nun gut. Ich wünsche allen trotzdem einen schönen Tag. ;)

snowflakes


 

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Tyler stand an der Bande gelehnt und beobachtete Cameron und ihre Freunde.

Er hatte sie alle kurzerhand zum Schlittschuh Fahren eingeladen. Die Eisbahn war kürzlich eröffnet worden, schließlich war die Weihnachtszeit nicht mehr fern. Chicago im Winter war unglaublich.

Niemals hatte er erwartet, dass Cameron auch auf dem Eis eine so gute Figur machte. Aber was hatte er auch anderes denken können, bei einer solchen Körperbeherrschung…

Er selbst konnte nicht auf das Eis. Die Zerrung, die er sich bei dem Battle zugezogen hatte, hinderte ihn daran. Tyler musste sein Bein schonen, um zur Stadtmeisterschaft wieder fit zu sein. Die Fireflies würden die Abende rocken. Das hatten sie sich geschworen.

Und es war längst nicht nur ihr Kern, der antreten würde. Nein, der Großteil der Crew, der jede Sekunde opfern konnte um zu trainieren, würde tanzen.

Alles hatte sich geregelt. Alles.

Sein Geburtstag am vergangen Wochenende, die Teilnahme an der Meisterschaft und das gewonnene Battle… All das musste gefeiert werden, deswegen waren sie hier.

Alles fühlte sich so leicht an, er war frei.

Erst als sein Freund vor ihm stand, bemerkte er ihn wieder. „Alles klar bei dir? Du wirkst so abwesend.“

„Ja, ich dachte gerade nur, was ich für ein Glück mit dir habe.“

Sie lächelten sich an. Cameron wollte gerade etwas sagen, als Chloe angestürmt kam und ihn mit sich zerrte. Tyler schaute seinem Freund hinterher, der sich beschwerte. Aber ihre Freundin lachte nur.

Die nächste Runde verbrachten die beiden lachend und diskutierend. Cam machte abermals Halt vor Tyler und warf Chloe einen drohenden Blick zu.

Er musste lachen. „Tut mir leid, dass ich nicht mit dir-“

Cameron brachte ihn mit einem Kuss zum Schweigen. Sein Freund hatte sein Gesicht in beide Hände genommen und küsste ihn innig.

So kalt die Luft am Abend auch war, so warm waren Camerons Lippen auf seinen. Instinktiv griff er nach Cam, der schließlich immer noch auf dem Eis stand.

Tyler öffnete leicht den Mund und ließ Cameron gewähren, als dieser sich sanft vorwagte.

Er hatte das Gefühl, als wären Stunden vergangen, nachdem sie sich voneinander gelöst hatten.

Er spürte einen kleinen Tropfen auf seiner Wange. Er schaute hoch. Es hatte angefangen zu schneien. Lautlos fielen die kleinen Schneeflocken gen Erde.

„Wir müssen noch eine Party für dich organisieren.“ Sein Freund strich ihm über die Haare.

„Meinen Geburtstag willst du feiern und von deinem hattest du uns nicht einmal etwas erzählt. Verdammt, Cameron. Das ist unfair.“

„Es war genau die Zeit, als wir andere Gedanken hatten… Da gab es Wichtigeres.“

„Nichts ist wichtiger als du.“

„Also ich finde wir haben meinen Geburtstag gebührend nachgefeiert. Oder etwa nicht?“

Tyler empfand das Grinsen, welches Cam zeigte, mehr als anzüglich. Aber ihm sollte es Recht sein.

„Der heutige Abend gehört uns. Uns ganz allein.“ Sie küssten sich abermals. Flüchtig, aber dafür von ungeheurer Zärtlichkeit.

Tyler erkannte das Strahlen in den Augen seines Freundes. „Uns gehört die ganze Nacht, Cameron.“
 


 


 

.ılıll llılı. ○ .ılıll llılı.
 

Mein Dank geht ein weiteres Male an die Favorisierenden und Kommentar-Schreiber! :) Danke!

An dieser Stelle möchte ich auch auf die geplante OS-Sammlung zu Fireflies hinweisen, da ja doch noch einige Fragen offen geblieben sind. ;) Wer Wünsche äußern möchte, kann sie mir per ENS/GB/Kommentar mitteilen, ich werde dann schauen, was sich da machen lässt! ^^

Einiges ist ja bereits in Planung und ich hoffe, dass ich Euch alle wieder als Leser begrüßen darf. <3



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Kommentare zu dieser Fanfic (23)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  rosenstern
2012-04-03T11:56:44+00:00 03.04.2012 13:56
Schöner Abschluss. Danke.
Ich teile dir bald meine Wünsche, Gedanken, Ideen mit.

Von:  shiory
2012-04-03T10:51:38+00:00 03.04.2012 12:51
Du kennst meine Wünsche ;D hihi
ich muss dann wohl mal öfter vorbei kommen um dich vollzuplappern für die neuen Ideen ;D
ghihi
schön.,aber traurig das es auch wieder vorbei ist =(
Gibts ne fortsetzung oder ne neue FF? QQ
Von:  rosenstern
2012-04-01T13:12:10+00:00 01.04.2012 15:12
Schöne Entspannung :) Danke.
Hast meine Nerven beruhigt.
Die sind so ziemlich am Ende leider.
Von:  shiory
2012-04-01T11:09:44+00:00 01.04.2012 13:09
Hihi wie geil^^
ein kleines Entspannungskappi
aber sowas muss auch mal sein =) Ich bin gespannt was die Truppe da wieder auf die beine stellt^^
Von:  rosenstern
2012-03-31T06:02:20+00:00 31.03.2012 08:02
Coole Vorstellung. Verdienter Sieg.
Dank hartem Training. Klasse.

Von:  rosenstern
2012-03-31T06:01:47+00:00 31.03.2012 08:01
Trotz Zopf. Gute Aussichten.
Einfach super.

Von:  rosenstern
2012-03-31T06:01:19+00:00 31.03.2012 08:01
Scheiss-Situation. Oje.
Ist trotz allem eine willkommene Ablenkung.

Von:  rosenstern
2012-03-31T06:00:49+00:00 31.03.2012 08:00
Überraschender Zeitgenosse.
Wirklich eine Art für sich. Danke für die Ideen.

Von:  rosenstern
2012-03-30T19:08:58+00:00 30.03.2012 21:08
Kindergarten Emotion. Coole Lektion.
Manchmal braucht man einfach eine zu Rechtweisung.
Vielen Dank.
Von:  rosenstern
2012-03-30T19:01:23+00:00 30.03.2012 21:01
Unerwartete Űberraschung.
Armer Cam. Tolle Rückenstärkung seitens Tyler.
Einfach super. Danke.


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