Zum Inhalt der Seite

russischer Winter

Teil 1
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kap. 1 Abschn. 1

Es war ruhig auf den Straßen Russlands. Selbst, als sie der Hauptstadt immer näher kamen und die Straßen langsam besser wurden. Zumindest für die russischen Verhältnisse. Für Gilberts Geschmack aber waren sie immer noch ziemlich holprig und viel zu uneben, um auf ihnen gut fahren zu können. Aber hieß es nicht immer, dass es in Russland nur zwei Probleme gab? Die Straßen und die Idioten, die diese Straßen bauten? In dem Moment war er dem Schicksal dankbar, dass tatsächlich Francis am Steuer saß und nicht er selbst. Manchmal hatte er nachts immer noch Albträume von diesen Straßen. Schließlich hatte er lange genug auf ihnen fahren dürfen und, ehrlich gesagt, wollte er sich das nie wieder antun. Dennoch sah er fasziniert aus dem Fenster. Ruhig und unschuldig lag eine fast schon weich aussehende Schneedecke über der schlafenden Welt. Majestätisch erstreckte sich die kalte Gefahr in der Farbe der Unschuld über den Feldern, Häusern und Bäumen, ohne auch nur eine kahle Stelle oder ein Fleckchen Farbe zuzulassen. Einzig die Straße schien grau zu sein. Auch wenn Gilbert genau wusste, dass auch diese bereits von der Decke bedeckt gewesen war, diese sich aber in Eis verwandelt hatte. Just in dem Moment erinnerte Gilbert sich an den Untergang Napoleons. Diese so unschuldig aussehende Schneedecke hatte einen der größten Feldherrn der Zeiten gestoppt. Auch Hitlers Soldaten waren wegen ihr untergegangen. Ausgerechnet wegen diesem eigentlich so unschuldig und schön aussehendem Weiß.
 

"Was ist denn los, mon ami? Es ist schon lange her, dass du das letzte Mal so nachdenklich gewesen bist."

"Es ist nichts."

"Wie du meinst, mon ami."

Konzentriert versuchte Francis, der neben dem Weißhaarigen saß, seinen Wagen in dem russischen Verkehr zu lenken. Nicht, dass unbedingt viel los wäre, doch, wie schon gesagt, waren die Straßen schlimm genug. Und so etwas wie Spuren gab es auf der Straße nicht. Man versuchte, sich anhand der Autos zu orientieren, die bereits auf den Straßen gefahren waren. Darum war hier das Fahren eher Instinkt, vermischt mit viel Glücksspiel. In seiner Heimat hätte sich schon längst die gesamte Bevölkerung auf den Kopf gestellt. Hier jedoch schien es keinen zu interessieren. Wahrscheinlich lag es auch einfach nur am Einfluss seines Bruders, dennoch konnte er es nicht nachvollziehen.
 

Ein unterdrücktes Keuchen erklang auf den hinteren Plätzen. Entnervt seufzte der Weißhaarige. Hinten im Auto saßen Antonio und Lovino. Eigentlich war er das Verhalten der Beiden schon gewohnt, dennoch regte es ihn gerade im Moment furchtbar auf. Dafür gab es allerdings auch einen Grund. Sogar mehrere. Einer von ihnen lag zuhause im warmen Deutschland, mit einer Erkältung und hohem Fieber und musste sich von Feliciano mit Pasta wieder gesund pflegen lassen. Irgendwie tat ihm sein jüngerer Bruder ja leid, was aber nicht das entschädigte, was ihm noch bevorstand. Obwohl es so ziemlich seiner Awesomeness widersprach, saß er in den Weltkonferenzen ziemlich still da und ließ sich nicht blicken. Meistens schaute er gegen die Wand oder sprach noch ein paar geflüsterte Worte zu seinem Bruder, aber mehr nicht. Schuld daran war der zweite Grund für seine miserable Laune. Ein gewisser Typ, der immer auf ihn herabsah, wie ein Kleinkind lächelte und dabei das wohl psychisch labilste Land der Welt war. Er verfluchte sich mittlerweile zehn Mal selber dafür, zugestimmt zu haben, zum Kongress nach Russland zu fahren, der auch noch in dem Haus des Gastgebers stattfinden sollte. Irgendwie war er sich schon fast sicher, dass die zehn Tage seiner Awesomeness nicht gut tun würden.
 

"Hast du was von Elizaveta gehört, Francis?"

"Wusste ich doch, das du fragen würdest, mon Ami. Ich rieche amour in der Luft. "
 

Mit einem leichten Grinsen schnüffelte der Weißhaarige in der Luft, um einen Witz über Francis' Spruch abzulassen. Doch das was er roch, war nur das Eau de Toilette des Franzosen, was ihn angeekelt die Nase rümpfen ließ. Gott, der Gestank war ja schrecklich. Wieso hatte er eigentlich vorher nicht bemerkt, wie sehr das stank? Hatte er sich etwa bei seinem Bruder angesteckt? Hoffentlich nicht, sonst würde das heißen, vollkommen wehrlos in diesem verdammten Haus mit dem schlimmsten aller Albträume zu sein.
 

"Gott, Francis, schmier dich mal weniger mit dem Mist ein."

Um zu zeigen, wie ernst er das meinte, öffnete er das Fenster. Als ihm daraufhin jedoch ein Schwall eiskalter Luft und Schnee entgegen stieß, sah er augenblicklich ein, dass er zwar für die Verhältnisse der deutschen Winters warm genug gekleidet war, aber nicht für die des russischen. Darum wurde es auch ziemlich schnell wieder geschlossen. Anscheinend war er doch länger weg gewesen als gedacht, wenn er schon vergaß, dass es in Russland sehr viel kälter war als in seiner Heimat. Wenn man allerdings bedachte, dass sein Beschluss gewesen war, gar nicht mehr wiederzukommen, so war das doch eine extrem kurze Zeit gewesen.
 

"Du kennst ihn doch, Gilbert. Er schmiert sich nicht damit ein, er badet darin."

"Fresse dort hinten auf den billigen Plätzen. Fummel lieber weiter mit deinem Liebling rum."

Hinter den Beiden gluckste es und die beiden Dunkelhaarigen begannen wieder, sich ihrer Beschäftigung von vorhin zu widmen. Nämlich wieder aneinander rumzufummeln. Eine Weile lang beobachtete Gilbert die Beiden im Rückspiegel, doch als Antonios Hand sich dann unter Lovinos Hosen stahl und dieser mehr als einfach nur genüsslich aufstöhnte, seufzte der Preuße entnervt und wandte sich wieder dem Betrachten der schneeweißen Landschaft zu.
 

"Du bist doch nur eifersüchtig, weil du niemanden hast, Francis."

"Der muss sich mit abfinden, alle akzeptablen Typen sind ja schon weg."

"Doch, einen gibt‘s noch.", ließ der Weißhaarige von sich verlauten, was ihm natürlich sofort einen spöttischen Kommentar seitens Lovino einbrachte.

"Echt, wen denn?"

"Kanada."

"Wer ist denn das?"

Planlos sahen seine Mitfahrer Gilbert an, woraufhin dieser ein entnervtes Seufzen erneut nicht unterdrücken konnte. Es wunderte ihn, wie ungebildet seine Mitfahrer waren, dass sie nicht mal wussten, wer Kanada war. Eigentlich sprach das ja nur Bände für seine Awesomeness.
 

"Matthew, Kanada, der Bruder von Alfred."

"Der einzige Bruder von Alfred, von dem ich was gehört habe, ist Arthur. Und mit dem betreibt er schon seit längerer Zeit hochwertigen Inzest."

Entnervt lehnte der Weißhaarige sich zurück und sah wieder aus dem Fenster. Eigentlich sollte er seine schlechte Laune ja nicht an seinen Mitfahrern und Freunden auslassen, allerdings konnte er gerade nicht anders, wenn er daran dachte, mit wem er sich heute noch so alles sehen würde. Und irgendwie erstaunte ihn, dass keiner seiner Mitfahrer eine Ahnung zu haben schien, wer Kanada war. Obwohl er dort bisher nur einmal gewesen war und das auch noch mit Ivan zusammen, konnte er mit aller Ehrlichkeit behaupten, dass es ein wunderschönes Land war.
 

Sehr viel Natur, ruhige, friedliche Orte und pflichtbewusste, aber dennoch unheimlich freundliche und hilfsbereite Menschen, die eng zusammenlebten und bei denen Zusammenarbeit groß geschrieben wurde. Nicht so wie bei ihm zuhause, wo sich die Menschen langsam, aber sicher, immer mehr voneinander abkabelten. Da wunderte es ihn eigentlich ehrlich, wieso der junge Kanadier nie richtig wahr-, oder ernst genommen wurde. Vielleicht sollte er ja wirklich mal versuchen, Francis auf den jungen Mann aufmerksam zu machen? Das würde eigentlich für beide Seiten Gutes bringen. Dann jedoch überlegte er es sich anders. Wieso sollte er das tun?
 

Selbstverständlich waren er und Frankreich wieder befreundet, jedoch hatte dieser sich seiner Awesomeness widersetzt! Sollte der von selbst darauf kommen, wenn dessen Hirn für etwas Anderes als Weinsaufen und Ficken gut war. Auch wenn er sich gerade benahm wie ein kleines Kind, war es Gilbert herzlich egal. Schließlich war er awesome, da durfte er!
 

In einer mehr oder weniger eleganten Bewegung bogen sie schließlich mit dem Auto nach rechts ab. Moskau war noch etwa 20 km entfernt und auch nur die ganzen Vororte und Dörfer, vom Zentrum mal ganz abgesehen. Aber Ivan lebte in einer kompletten Einöde, zumindest im Winter. Und wenn Gilbert daran dachte, wie er im Winter mal versucht hatte, mit dem Auto vorwärts zu kommen, konnte er den Russen verstehen. Selbst hier im Wald, durch den sie gerade fuhren, waren die schneeüberschütteten Straßen deutlich besser, als das, was sich in Moskau abspielte. Normalerweise fanden die Kongresse in Russland im Sommer statt und von daher auch direkt im Kreml. Zum ersten Mal trafen sie sich im Winter in Russland zum Kongress und auch noch direkt im Haus der psychisch gestörten Nation. Zugegebenermaßen war der ehemalige Preuße noch nie dort gewesen, weil der Russe immer sein Haus belagert hatte und er ihn nicht rausjagen konnte. Noch etwas, was seiner Awesomeness einen gewaltigen Knick verpasst hatte.
 

~*~
 

Als sie die nächsten Kilometer fuhren, wurde es seltsam leise. Kein einziges Geräusch außer dem lauten Schreien einzelner Krähen drang bis hierher vor. Von Tannen umrandet, schlängelte sich die Straße in halsbrecherischen Kurven durch den dichtesten Wald, den die Vier wohl je zu Gesicht bekommen hatten. Aber auch hier war kein einziger schneeloser Fleck zu finden. Alles war von einer dicken Schicht Schnee bedeckt, die dem Weißhaarigen locker bis zur Hüfte ging. Noch eine kurze Weile fuhren sie so, bis sie an einem hohen, dunkel wirkenden Zaun ankamen, hinter dem sich ein riesiges Grundstück zog. Plötzlich hörten sie lautes Hundegebell und wütendes Knurren. Erschrocken sah der Weißhaarige in die Richtung und erblickte zwei riesige Hunde. Oder zumindest etwas Ähnliches. Denn dank dem pechschwarzen und extrem dichtem Fell, das sich in den Nacken der Hunde gefährlich sträubte, der wirklich mehr als einfach nur beachtlichen Größe der Tiere und den gefährlich glänzenden Augen, konnte man sie eher für Zerberus' Nachkommen, als normale Wachhunde halten.

"Besi, Rex! Wo habt ihr bloß eure Erziehung her? Habe ich euch nicht beigebracht, unsere Gäste nicht zu erschrecken, da?"
 

Mit einem arglosen Lächeln kam der Russe aus dem Haus. Wie auf ein Stichwort beruhigten sich die Hunde und gingen zu ihrem Herrchen. Ruhig legte dieser die Hände auf ihre riesigen Köpfe, die jetzt seltsamerweise gar nicht mehr so groß wirkten im Vergleich zu seinen Händen, und kraulte sie hinter den Ohren, bevor er sich zu seinen Gästen begab. Die violetten Iriden blitzten gefährlich in dem eher fahlen Licht des mittlerweile aufgehenden Mondes auf und der lange Schal wehte dem Weißblonden locker um die Schultern.
 

Während der Russe die Anderen alle begrüßte, schaffte Gilbert es, der herzlichen Begrüßung zu entkommen, wenn auch nur unter dem Vorwand, dass er von der langen Reise Kopfschmerzen hatte. Gemeinsam betraten sie die große Eingangshalle und es verschlug allen Vieren den Atem. Sie war riesig, prunk- und geschmacksvoll eingerichtet und im Vergleich zu draußen herrschten hier fast schon sommerliche Temperaturen, wenn auch nicht die entsprechende Atmosphäre.

"Willkommen, ihr vier, da."
 

Für sich, im Stillen, wusste der Weißhaarige schon bei der Anreise, dass seine Awesomeness das hier nicht ganz heil überstehen würde. Gilbird hatte er zum Glück gleich zuhause gelassen. Doch als die großen Eingangstüren hinter ihnen mit einem lauten Knall zufielen und der Größte der Runde sie alle noch mal mit einem Lächeln bedachte, das seine Augen aber nicht mal im Ansatz erreichte, wurde Gilbert schlagartig klar, dass es nun kein Entkommen mehr gab.

Kap. 1 Abschn. 2

Stumm sah der Engländer in die Nacht hinaus. Es war finster. Natürlich, immerhin war es schon spät und Winterabende in Russland waren bekannt dafür, nicht unbedingt warm, hell und freundlich zu sein. So wie dieses Mal auch. Sie würden hier locker zehn Tage feststecken und hatten keine Möglichkeit, dem zu entfliehen. Immerhin lebte der Russe ziemlich weit abgeschieden. Ein Wunder, dass er hier noch Strom und Leitungswasser hatte, wenn man darüber nachdachte. Auch das Haus war sehr modern, nicht das, was man erwartet hätte. Doch trotz all seiner Bemühungen, es ihnen hier bequem zu machen, gab es etwas, was den Engländer sehr störte.
 

"Iggy!"

Und dieses Etwas kam gerade zur Tür reingestürmt und umarmte ihn herzlichst.

"Lass mich los, moron."

"Nö.", sagte der Größere der Beiden grinsend und knuddelte seinen Bruder weiter durch.
 

Erneut sah der Ältere der Beiden in die Nacht hinaus. Wieso mussten sie den Kongress auch unbedingt hier abhalten? Wieso nicht bei Nataliya? Oder bei Alfred, verdammt noch mal. Zumindest, bis der Sommer kommen würde. Aber nein, der herzallerliebste Ludwig bestand darauf, dass der Kongress in Russland stattfand und kam selber nicht mal hin. Fieber, meinte Gilbert, nach dem er ihn, Francis, Lovino und Antonio unten gegrüßt hatte. Feliciano sei dort geblieben, um sich um Ludwig zu kümmern. Hoffentlich hatte dann zumindest einer von ihnen schöne Tage. Was ihn aber noch mehr ärgerte, war dieses wissende Grinsen gewesen, das Antonio, Lovino, Francis und Gilbert auf den Gesichtern hatten, als er sich bei ihnen nach Alfred erkundigte. Am Liebsten hätte er es ihnen aus den Gesichtern gewisch. Allerdings duldete der Russe keine Gewalt in seinem Haus und hatte ihn nur mit einem unterkühlten Lächeln davon abgehalten, ihnen die Fressen zu polieren.
 

Nach einigen Minuten schaffte der Ältere es dennoch, sich von Alfred zu lösen. Kam es ihm nur so vor, oder war er noch stärker geworden? Als er das breite Grinsen Alfreds sah, wurde ihm klar, dass er sich das wirklich nicht einfach nur eingebildet hatte. Dann allerdings warf er einen kurzen Blick auf die Uhr und seufzte leise. Bis zum Abendessen war es noch eine halbe Stunde und er hatte nicht vor den restlichen Abend hier mit dem Jüngeren zu verbringen. Vielleicht konnte er ja in der Küche helfen. Den Entschluss gefasst, stand er auf und wollte schon aus dem Zimmer gehen, wurde jedoch von Alfred aufgehalten.

"Wohin gehst du?"

"Mich umsehen."

"Oh, okay."
 

Als Arthur Alfred in die Augen sah, meinte er, in seinen Augen einen Funken Traurigkeit zu entdecken. Aber das konnte nicht wahr sein, wahrscheinlich hatte er sich das nur eingebildet. Die Entschlossenheit, die vorhin geschöpft wurde, dämpfte ein wenig ab. Trotzdem ging er aus dem Zimmer heraus und in die Küche herunter. Etwas in ihm zog sich schmerzhaft zusammen, doch er ignorierte das. Alfred war kein Kind mehr, wenn er etwas sagen wollen würde, würde er es ihm sagen. Da war sich der Engländer sicher.
 

Als er vor der Küche stehen blieb, hörte er eine fröhliche Diskussion. Unsicher, ob er stören sollte, klopfte er leise an, woraufhin die Geräusche sofort erstarben. Das schwerfällige Knarren eines Stuhls ertönte und die Tür ging auf. Da Arthur direkt auf einen breiten Brustkorb in einem Pullover blickte, sah er nach oben und traf auf den fragenden Blick des Russen.
 

"Здравствуй, Англия, was kann ich für dich tun?"

"Ähm, ich wollte fragen, ob ich euch helfen kann?"

"Брат, кто там?"

"Англия. Спрашивает, можно ли ему помочь."

Die Geschwister sahen sich an und nickten dann gleichzeitig. Dann drehte der Russe sich wieder zu Arthur und lächelte freundlich.

"Klar darfst du, komm nur rein, da."
 

Lächelnd trat der Russe wieder zurück in den Raum und setzte sich auf den Stuhl, der unter seinem Gewicht erneut knarrte. Die Küche war sehr spartanisch eingerichtet und recht klein. Zumindest schien es so, als der Russe sich wieder hinsetzte, da er zumindest den größten Teil des Raumes mit seiner recht beeindruckenden Statur und dem nicht gerade kleinem Wuchs auszufüllen schien. Neben ihm saß rechts Nataliya und links Ekaterina. Freundlich nickten die beiden Frauen ihm zu, als er zu ihnen ging und sich neben Ekaterina setzte. Was das anging, war Nataliya ihm doch ein wenig zu gruselig, auch wenn sie jetzt im Moment eher an ein kleines, liebes Mädchen erinnerte.
 

“Was kann ich tun?"

"Hilf mir, die Kartoffeln zu schälen, da."

Nickend setzte sich der Engländer daran. Der Berg Kartoffeln, der vor ihnen lag, verriet ihm, dass der Russe alleine wohl nicht so schnell fertig werden würde. Doch es verwunderte ihn, dass sie ihn so einfach in die Küche gelassen hatten. Sonst wurde er immer mit Flüchen und Beschimpfungen aus jeder Küche, außer seiner eigenen, versteht sich, verjagt. Zumindest, weil den Anderen sein Essen nicht schmeckte. Hier jedoch schien Hilfe sogar sehr willkommen zu sein. Selbst von ihm.
 

"Was ist los Англия, stimmt etwas mit der Zimmerverteilung nicht?"

Verwundert schaute der Engländer den Russen an, der sich jedoch weiterhin auf das Schälen konzentrierte, jedoch trotzdem die Antwort abwartete. Darum machte sich der Engländer weiter daran, zu schälen und schnappte sich die nächste Kartoffel. Nataliya stand schon bald auf und ging zum Herd, um etwas nachzuschauen und auch Ekaterina ging aus dem Raum heraus. Jetzt, da er sich alleine mit der großen Nation im Raum wiederfand, überlegte der Engländer gut, was er sagen sollte, um ihn nicht zu verärgern. Aber der Andere beeilte ihn nicht und schälte ruhig weiter, auf eine Antwort wartend.
 

"Nun ja weißt du, ich und Alfred verstehen uns nicht so gut."

"Nicht? Hm, это жаль, das ist Schade, Brüder sollten sich untereinander verstehen."

"Du verstehst dich mit deinen doch auch nicht."

Erschrocken hielt der Engländer sich den Mund zu, als ihm klar wurde, was er da von sich gegeben hatte. Doch der Russe lachte nur belustigt.

"Stimmt, ich auch nicht. Sie haben einfach Angst vor mir und Angst ist kein guter Nährboden für eine Geschwisterbeziehung."

"Hast du sie darum gehen lassen? Bei der UdSSR mein ich."

"Da."
 

Nickend nahm der Russe sich eine weitere Kartoffel und legte die Geschälte vorsichtig in einen zweiten Behälter. In diesem Moment fiel dem Engländer auf, wie klein die Knollenfrüchte in den großen, von der Kälte und harter Arbeit geprägten Händen eigentlich wirkten. Genauso klein würde sein Handgelenk wirken, wenn der Russe meinen würde, dass er etwas Falsches gesagt hatte. Allerdings schluckte er dann die Angst wieder runter. Verdammt, immerhin war er England! Und wenn der Russe ihn schon wegen seiner Bemerkung mit den Geschwistern nicht umgebracht hatte, würde er es wohl nicht mehr tun.

"Wieso versteht ihr euch nicht mehr? Amerika und du, meine ich."

Seufzend nahm der Engländer die nächste Kartoffel.

"Ich weiß nicht."
 

"Du brauchst mich nicht anzulügen, da."

Es gab wahrscheinlich nicht vieles, was der Russe konnte, aber Beobachtungsgabe gehörte definitiv zu seinen Stärken. Nur was sollte er ihm jetzt sagen? Wieder versuchen, zu lügen? Das würde den Anderen wahrscheinlich verärgern. Die Wahrheit sagen? War zu peinlich.
 

"Hör mal Англия, ich kann dir nur einen Tipp geben als jemand, der selbst fünf jüngere Geschwister hat."

Plötzlich lag eine große und seltsamerweise warme Hand auf der im Gegensatz dazu zierlich erscheinenden Schulter des Engländers.

"Du kannst deinen Geschwistern nicht immer deinen Willen aufzwingen, da? Sie müssen einfach mal auf die Schnauze fallen, um aus ihren Fehlern zu lernen, also lass sie auch auf die Schnauze fallen. Und wenn sie das tun und zu dir zurückkehren, damit du ihnen hilfst, dann helfe ihnen."
 

Erstaunt sah Arthur dem Größeren in die Augen und registrierte, dass er ihn wohl zum ersten Mal ehrlich lächeln sah. Nicht so gekünstelt, oder teilnahmslos wie in den Versammlungen. Nicht so unterkühlt, wenn er wütend war. Nicht so furchterregend, wenn er mal wieder seine 'Phasen' hatte. Es war ein einfaches, ehrliches und vor allem warmes Lächeln.

"Поверь мне, glaub mir. Ich habe Erfahrung darin. Versuch ihm zu verzeihen. Auch wenn dein Bruder ein wirklicher идиот и недоросток ist. Versuch zumindest, ihm zu vergeben."

"Leichter gesagt als getan."

"Я знаю, ich weiß."

"Es wird Zeit brauchen."

"Da. Und die Zeit hast du hier. Wenn nicht jetzt, wann dann?"
 

Perplex erwiderte der Engländer weiterhin den warmen Blick aus den lila Iriden. Als er hörte, wie Nataliya sich räusperte, senkte er beschämt den Blick und hörte den Älteren wieder lachen. Dieser wollte nach einer weiteren Kartoffel greifen, als er aber nichts entdeckte, schaute er verwundert dahin, wo der Berg gewesen ist. Nun waren da nur noch Überreste von getrockneter Erde.
 

"Danke für die Hilfe Англия."

"Hab ich gern gemacht."

Lächelnd stand der Russe auf, wobei der Stuhl noch mal ein klägliches Krächzen von sich gab, und schnappte sich den Behälter mit den geschälten Kartoffeln, die er zu Nataliya brachte. Leise seufzend stand der Engländer auf und ging zur Tür.

"Подумай ещё раз над тем, что я тебе сказал, Англия, denk drüber nach."

"Mach ich. Danke dir."
 

Lautlos machte er die Tür auf und ließ Ekaterina vorbei, die mit Unmengen an Geschirr in die Küche kam.

"Soll ich dir helfen?"

"Nein danke, Sir."

Freundlich lächelte sie ihn an und ging in den Raum hinein, wobei der Stapel fast schon umkippte. Jedoch kam Ivan rechtzeitig und schnappte sich die Hälfte. Lachend entschuldigte sich die Ukrainerin bei ihrem Bruder, der alles nur abwinkte. Irgendwie kam sich der Engländer bei dieser Stelle fehl am Platz vor. Noch bevor er allerdings den Blick abwandte, sah er wie der Russe ihm aufmunternd zuzwinkerte und die Tür dann mit einem Bein ins Schloss fallen ließ. Mit einem Seufzen ging Arthur wieder nach oben. Das was der Russe gesagt hatte. machte Sinn und doch konnte er sich nicht dazu überwinden, das zu tun, wozu dieser ihm geraten hatte.
 

Vergeben.

So ein leichtes Wort. Und doch so schwer von Bedeutung.
 

Auf einmal spürte er, wie jemand in ihn hineinrannte, und stürzte mit dieser Person zu Boden.

"Oh Gott, England-san. Alles in Ordnung mit Ihnen?"

"Ja doch."
 

Schon alleine an der höflichen Ansprache erkannte England Kiku. Sie siezten sich nur selten alle untereinander und redeten einander auch beim Vornamen an. Es gab nur zwei Personen, die das nicht taten. Russland, der dazu neigte, alle mit den Ländernamen anzusprechen und Japan, der darauf bestand, sie so anzusprechen. Langsam richtete sich England mit der Hilfe von Kiku wieder auf. Im Gegensatz zum flinken Japaner, der ziemlich schnell wieder auf den Füßen gewesen ist, kam er sich gerade wie ein fürchterlicher Trampel vor.
 

"Wohin denn so eilig des Weges Kiku?"

"Ich musste nur schnell ins Bad, England-san, und dann hab ich Sie nicht gesehen, gomen nasai."

"Macht nichts. Ich muss mich auch entschuldigen."
 

Lächelnd nickte der Japaner Arthur zu.

"Mit wem teilst du dir denn ein Zimmer, dass du so eilig verschwinden wolltest?", fragte der Blonde grinsend.

"Mit Griechenland-san."

"Oh, na dann."

"Nein verstehen Sie es nicht falsch, er ist ein sehr netter Mitbewohner. Er kümmert sich gut um mich."

An der Art wie der Japaner bei seinen Worten rot wurde, erkannte der Engländer ziemlich schnell, wie gut sich Herakles um Kiku zu kümmern schien.
 

"Na dann."

"Ja, er ist ein guter Mitbewohner. Aber ich habe gehört, Sie teilen sich mit Amerkia-san das Zimmer."

"Ja."

"Und Sie scheinen nicht begeistert davon zu sein."
 

Zum zweiten Mal an diesem Tag fragte der Engländer sich, wie leicht er eigentlich zu durchschauen war.

"Haben Sie Streit?"

"Nein, Alfred ist nur ein sehr...", Arthur stockte mitten im Satz, weil er nicht wusste, was er sagen sollte, ohne Alfred zu beleidigen.

"Komplizierter Mitbewohner?"

"Das auch, aber vor allem gewöhnungsbedürftig."

"Oh ja, ich weiß, wovon Sie reden."
 

Belustigt grinste der Engländer, als er sich daran erinnerte, dass Kiku seinen Bruder auch schon ertragen durfte. Auch Kiku lächelte bei dem Gedanken. Arthur gönnte diesem Jungen sein Glück, wirklich vom ganzen Herzen. Obwohl er wusste, dass Kiku wahrscheinlich nicht viel jünger war als er, kam er sich gerade wie ein alter Greis vor. Doch solange Herakles sich gut um ihn kümmerte, sollte es ihm recht sein. Immerhin hatte Japan schon genug im kalten Krieg zwischen Ivan und Alfred abbekommen. Gut, ganz so unschuldig war er zwar auch nicht, aber am Ende zwischen den zwei Weltmächten eingeklemmt zu sein, wünschte er auch keinem.
 

"Also dann England-san. Ich muss wieder los."

"Ja. Das Bad ist an der Treppe, gleich die erste Tür rechts."

"Oh, arigatou, England-san."

Schnell verschwand der Japaner hinter der besagten Tür und Arthur machte sich wieder auf den Weg in sein Zimmer. Lange würde es bis zum Abendessen nicht dauern. Immerhin hatte Ivan gleich bei ihrer Ankunft gesagt, dass sie um sieben essen würden. Nun war es etwa kurz vor sieben, das hieß, er hatte gerade noch Zeit, sich umzuziehen und dann wieder runterzugehen. In seiner Uniform wurde es langsam etwas zu unbequem.
 

~*~
 

Als er die Tür zu ihrem Zimmer aufmachte, konnte er Alfred nicht entdecken, darum ging er direkt zu seinem Schrank und holte sich ein neues Hemd und einen Pullunder raus. Seine Hose würde er anlassen, immerhin wollte er nur aus der verdammten Jacke und dem Hemd rauskommen. Kiku trug auch schon seinen Kimono, von daher würde er nicht der Einzige ohne formelle Kleidung sein. Recht schnell zog sich der Engländer aus und wieder an, als dann die elektrische Uhr an seinem Handgelenk piepte und ihm so mitteilte, dass es Zeit war, nach unten zu gehen. Wahrscheinlich würde er wieder der Erste sein, doch das störte ihn nicht. Weswegen er sich dann auch schnellen Schrittes nach unten in den Esssaal machte.
 

Was eigentlich ein Zimmer sein sollte, war in Wahrheit ein großer Saal mit einem langen ovalen Tisch und vielen Stühlen. An jedem Platz stand ein Kärtchen. Als Arthur sie sich näher besah, stellte er fest, dass das Namenskärtchen waren. Das erste Wort war auf russisch geschrieben, dahinter die englische Übersetzung. So viel Vorsicht ließ den Engländer schmunzeln. Ja, was Ordnung anging, schien der Russe anscheinend genauso strikt darauf zu achten, wie er selber.
 

Der erste Name, den er las, war China und daneben Japan. Dann fiel sein Blick auf das Kopfende des Tisches und er las das Kärtchen dort. Russland, neben ihm seine Geschwister. Am anderen Ende des Tisches entdeckte er den Namen seines Bruders. Neben dem war an einer Seite Kanada, neben dem Kanadier waren Frankreich und Deutschland. Schon ahnend, was ihm bevorstand, sah er auf die andere Seite von Alfreds Stuhl und entdeckte seinen Namen.

"Entschuldigt, Sir, wenn Ihnen Ihr Platz nicht gefällt, aber Ivan hat eisern auf diese Reihenfolge bestanden."
 

Überrascht drehte er sich in die Richtung, aus der er angesprochen wurde. Hinter ihm in der Tür stand Ekaterina unschlüssig mit dampfenden Tellern in der Hand. Normalerweise kündigte das Geräusch ihrer Brüste sie ja an, darum erstaunte es den Engländer umso mehr, wie er sie hat nicht kommen hören.
 

"Das macht mir nichts."

Erleichtert nickte sie und stellte die Teller an den Tisch.

"Mein Bruder ist wirklich sehr sturköpfig manchmal."

"Habe ich auch schon gemerkt."

Leise lachte die Ukrainerin auf.

"Ja, Sie denken an den Kalten Krieg, nicht wahr?"

Verblüfft nickte er. Langsam musste er sich überlegen, wie durchschaubar er noch werden konnte.
 

"Glauben Sie mir, Sir, das war nichts gegen das, wie er manchmal ist."

"Katya! Wo bleibst du denn?", ertönte schon die Stimme des Russen, der mehrere dampfende Teller balancierend, in den Raum stürzte. Freundlich nickte er Arthur zu und ließ sich einpaar Teller von seiner Schwester abnehmen.
 

"Braucht ihr noch Hilfe?"

"Nein, nein, Англия. Setz dich ruhig schon mal hin, wir sind gleich fertig."

Tatsächlich ging das Herrichten der Teller unglaublich schnell ab. Die Geschwister arbeiteten zusammen wie ein perfektes Uhrwerk, wobei der Engländer nur staunend zusah. Es wirkte bei ihnen wie eine schon lang eingeübte Tätigkeit. Nach und nach rückten auch die anderen Gäste an und Polen und Litauen griffen ihren Geschwistern unter die Arme.
 

Arthur war so sehr in den Anblick der Familie versunken, dass er nicht einmal bemerkte, wie sich jemand neben ihn setzte.

"Sie sind wirklich ein idyllischer Anblick, wenn sie so zusammenarbeiten, nicht wahr?"

Erschrocken drehte England sich zu seiner Nachbarin um und erblickte Liechtenstein, die neben ihrem Bruder saß, welcher jedoch gerade Österreich mit seinen Blicken erdolchte.

"Ja, ein ungewohnter Anblick, aber sie scheinen sich recht gut miteinander zu verstehen."

Das Mädchen kicherte.

"Aber wirklich. Ivan macht mir manchmal aber auch ziemlich Angst, da kann ich seine Geschwister verstehen."

"Ich nicht."
 

Kopfschüttelnd sah der Engländer zu, wie Litauen erschrocken zusammenzuckte, als Russland ihm freundschaftlich und dankbar auf die Schulter klopfte.

"Sie sollten froh sein, einen solch verständnisvollen großen Bruder zu haben."

Seine Nachbarin kicherte erneut leise.

"Ja, sollten sie. Es ist schön, ältere Geschwister zu haben. Alfred sollte sich auch glücklich schätzen."
 

Lächelnd lehnte sie sich an ihren Bruder, der sie zunächst etwas perplex ansah, ihr dann aber durch die Haare strubbelte, woraufhin das Mädchen noch breiter und glücklicher lächelte.

"Entschuldige, wenn sie dich stört."

"Das macht nichts."

Mit einem Nicken wendete der Schweizer sich wieder seiner vorherigen Beschäftigung zu, wobei der Engländer links neben sich sah und einen Alfred erblickte, der gerade mit Frankreich diskutierte. Am Tisch war es recht laut, alle Gäste schienen schon anwesend zu sein, bis auf den Hausherrn, der aber auch recht bald auftauchte. Doch er setzte sich nicht und klopfte nur laut in die Hände, was ihm die Aufmerksamkeit seiner Gäste einbrachte.
 

"Здравствуйте, willkommen. Ich hoffe, ihr fühlt euch wohl hier und wenn es etwas gibt, was ich für euch tun kann, so zögert nicht, zu fragen. Auch wenn ich mich bemüht habe, euch allen den Aufenthalt hier so angenehm wie möglich zu machen, wenn jemand mit der Zimmerverteilung unzufrieden ist, soll er es mir bitte sofort sagen."

Bei dem Satz sah der Russe Arthur direkt an und zwinkerte ihm grinsend zu, was Arthur auch ein wenig lächeln ließ. Sofort spürte er von links einen durchbohrenden, fast schon eifersüchtigen Blick, der dann zu Ivan glitt und einen Tick wütender wurde.
 

"Die Sitzverteilung bleibt auch in den nächsten Tagen so bestehen, selbst während den Konferenzen. Selbstverständlich sind die Zimmer für eure freie Nutzung, wobei ich euch aber darauf hinweisen will, dass das Mobiliar teilweise wirklich einen hohen Stellenwert hat, so wie die Bilder. Achtet darauf, da? Und noch eine wichtige Regel, geht nie raus, wenn es dunkel ist."

"Und wieso nicht?“, fragte der Amerikaner neben Arthur laut und in solch einem patzigen, kindischem Ton, dass dieser darüber nur den Kopf schütteln konnte.
 

"Ganz einfach darum, Amerika, weil meine Hunde eine Mischung aus Wolf und deutschem Schäferhund sind. Ein solcher Hund kann sich mit einem Bären anlegen, zwei davon zerfleischen den Bären einfach. Und auf diesem Grundstück befinden sich sechs der Tiere. Alle aus einem Wurf, alle bei bester Gesundheit und topfit."

"Aha, na und? Was sollten sie einem Helden wie mir denn schon anhaben?"
 

"Ganz einfach, sie sind darauf spezialisiert, alles, was dieses Grundstück betritt, zu zerfetzen. Außer mir, Nataliya und Ekaterina, versteht sich. Darum, wenn ihr nachts noch mal raus müsst, fragt einen von uns, ob wir euch begleiten. Am Besten auch noch mich, weil ich das Herrchen der Hunde bin und möglicherweise noch eine Chance habe, die Tiere aufzuhalten, wenn sie beschließen, euch als Feinde zu sehen. Frage geklärt?"
 

Innerlich staunte der Engländer nicht schlecht. Ihm waren bei der Ankunft nur zwei der Tiere aufgefallen und schon die waren wirklich riesig und aggressiv herübergekommen. Vorerst war ihm damit die Laune auf nächtliche Spaziergänge abgrundtief verdorben worden. Selbst Alfred schien zu bemerken, dass das Argument des Russen wirklich aussagekräftig war und ließ nur ein abfälliges Schnauben von sich verlauten, bevor er wegsah wie ein beleidigtes, kleines Kind.

"Gut, also dann, приятного аппетита, lasst es euch schmecken."
 

Das einzige Geräusch, das erklang, war das klägliche Knarren des Stuhls, als der Russe sich draufsetzte, bevor das erste Klirren von Besteck ertönte und leise gemurmelte Gespräche begannen oder alte wieder aufgegriffen wurden. Auch Arthur begann, zu essen und fragte sich nebenbei, ob er es vielleicht schaffen würde, den Russen doch noch zu überreden, ihm ein anderes Zimmer zu geben.
 


 

~*~*~*~*~*~
 

Übersetzung vom Russischen ins Deutsche
 

-Здраствуй Aнглия

-----> -Hallo England

Англия / Angliya

-----> England

-Брат кто там?

-Aнглия. Спрашивает можно ли ему нам помочь.

-----> -Bruder, wer ist da?

-England, fragt ob er helfen kann.

Идиот и недоросток

-----> Idiot und Grünschnabel

-Подумай ешё раз над тем что я тебе сказал Англия

-----> -Denk noch mal darüber nach was ich dir gesagt habe England

-Здраствуйте

-----> Hallo

Kap. 1. Abschn. 3

Die Gespräche links und rechts von ihm konnten Francis nicht wirklich ablenken. Rechts, weil Amerika und England sich mal wieder über belangloses Zeug stritten und links, weil es ihn nicht wirklich interessierte, warum Ludwig denn nun krank geworden ist, aber Antonio, Lovino und Feliciano, die mit ihm unterwegs gewesen sind, gesund waren.
 

"Pardon, vous pouvez me donner le sel, s'il vous plaît?"

Erstaunt und aus seinen Gedanken gerissen, sah Francis nach rechts und blickte in zwei freundliche, hellblaue Augen hinter einer Brille, die ihm plötzlich schmerzlich bekannt vorkamen.

"Klar ähm..."

"Ich bin Kanada, je m'appelle Matthew."

"Aha. Pardon, mon ami."

"Macht nichts, ich bin so etwas schon gewohnt."

Lächelnd sah der Kanadier den etwas perplexen Francis an. Dieser schüttelte dann aber schnell den Kopf und reichte dem Kanadier das Salz.
 

"Sag mal, haben wir uns schon gesehen?"

"Ich bin Ihr Zimmernachbar."

"Wirklich? So ein schönes Gesicht hätte ich mir doch sicher gemerkt."

Lachend nahm der Jüngere das Salz und schüttelte den Kopf.

"Ich bin es schon gewohnt, übersehen zu werden."

Eindringlich musterte der Franzose seinen Nachbarn und versuchte, sich sein Aussehen ins Gedächtnis zu brennen. Er fand wirklich, dass der junge Mann gut aussah, wenn auch ziemlich unauffällig. Auf seinen Schoß saß ein weißer Bär und schaute seine Umgebung mit einem emotionslosen Blick an. Irgendwas kam dem Franzosen erschreckend bekannt an dem jungen Mann vor, auch wenn er nicht genau sagen konnte, was es war.
 

Darum stupste er Gilbert neben sich an. Wenn jemand etwas wissen könnte, dann er. Seufzend wand sich der Weißhaarige zu Francis.

"Was gibt‘s?"

"Sag mal, wer ist denn das?"
 

Als der Blonde auf den jungen Mann neben sich zeigte, der ruhig seine Mahlzeit einnahm, seufzte es neben ihm.

"Das ist der Typ, von dem ich im Auto geredet habe."

"Wer? Wann?"

"Im Auto. Das ist Alfreds Bruder, Matthew."

"Was denn, der ruhige, süße Typ ist Alfreds Bruder? Der Bruder unserer grande cata?"

"Jap. Kanada. Nördlich der USA, direkt Grenze an Grenze."

"Woher weißt du das denn?"

"Ich war mal bei ihm. Ivan hat mich mitgeschleppt."

"Das erklärt alles, mon ami."
 

Schulterzuckend wand sich Preußen wieder Lovino und Antonio zu, die sich aufgeregt über etwas unterhielten. Francis widmete sich lieber der Musterung seines Nachbarn. Schlanker Körper, lange, schöne Finger und Beine. Fein geschwungene Lippen und Augenbrauen. Ein Wunder, wieso er ihm nicht schon früher aufgefallen war. Doch so sehr der Franzose auch in seinem Gedächtnis kramte, konnte er sich nicht daran erinnern, ihn schon einmal gesehen zu haben. Aber umso länger er ihn beobachtete, wie der junge Mann vorsichtig die warme Mahlzeit aß, umso stärker versuchte er, sich zu erinnern und umso klarer wurde ihm, dass es etwas gab, an das er sich einfach erinnern musste, es aber nicht schaffte.
 

"Sag mal mon ami, schulde ich dir Geld oder so?"

"Nicht, dass ich wüsste, monsieur. Pourquoi est-ce que vous me demandez ça?"

"Ach, einfach so. Und du darfst mich ruhig duzen, je m'appelle Francis."

"Matthew."

Mit einem freundlichen Lächeln schüttelte der Kanadier dem Älteren die Hand und dieser staunte erneut. Dieser Händedruck war stark und kam ihm ebenfalls furchtbar bekannt vor. Jedoch hatte sein Gehirn die Suche nach den Erinnerungen schon aufgegeben. Zu lang war die Geschichte her gewesen und hatte zu viele Verluste hinterlassen, als dass er sich an alles erinnern könnte.
 

Der Rest des Essens verlief ruhig. Ivans Brüder hatten sich fast sofort verzogen und ihm, Ekaterina und Nataliya das Abräumen hinterlassen. Was den Franzosen allerdings erstaunte, war, dass Arthur ebenfalls mithalf. Alfred bedachte das Ganze nur mit einem eifersüchtigen Blick und verschwand auf ihr Zimmer. Auch der Kanadier war in ihr Zimmer gegangen, das sich im Erdgeschoss befand. Leise seufzend schaute Francis dem Russen und den anderen Drei zu, bevor er sich schließlich auch auf den Weg in ihr Zimmer machte. Sein Essen hatte er aufgegessen. Es war nicht übel gewesen. Zwar nicht unbedingt das ‚fünf Sterne‘ -Menü, aber es sättigte gut und wärmte, was der Franzose in diesen kalten Regionen zu schätzen wusste. Trotzdem freute er sich schon auf die leichte Kost zuhause. Das hier war für seinen Geschmack doch etwas zu schwer gewesen, kein Wunder, warum Ivan so groß geworden ist. Bei der Ernährung...
 

Auf dem Gang begegnete er dann dem Russen.

"Salut, Russie, danke für das Essen. Nicht unbedingt etwas für jeden Tag, mais c'était bon."

"Freut mich Франция."

"Sag mal, habt ihr auch Wein da?"

"Nein. Zumindest so viel ich weiß. Da musst du Nataliya fragen."

"Ah, merci. Au revoir, Russie."

"До завтра."
 

Nickend ging der Russe wieder in den Esssaal, wobei auch der Franzose seinen Weg in ihr Zimmer fortsetzte. Etwas in ihm hatte immer noch Angst vor dem deutlich größeren Russen, doch er konnte es mittlerweile recht gut unterdrücken, immerhin hatten die beiden oft miteinander zu tun. Da musste er es einfach können. Leise machte er die Tür zu ihrem Zimmer auf und dann wieder zu. Im Raum war es finster. Zuerst erkannte er nichts, doch als seine Augen sich mehr oder weniger an die Dunkelheit gewohnt hatten, sah er das Fenster. Am Fenster saß eine Person zusammengekauert auf dem breiten Fenstersims und schaute verträumt nach draußen.
 

"Nanu, mon ami, was ist denn los?"

Erschrocken zuckte der junge Mann zusammen und atmete dann erleichtert auf, als er Francis erblickte. Die hellblauen Augen schienen im fahlen Licht, das durch die Fenster schien, fast wie zwei Edelsteine zu glänzen und das Haar bekam einen angenehmen, silbrigen Glanz.

"Es ist nichts, ich mag nur die Landschaft."

Langsam schritt der Franzose zum Fenster und schaute auch nach draußen. Doch er sah nur das Weiß des Schnees.

"Es ist nur neige, mon Ami. Was ist daran schön?"

"Tout."
 

Verträumt sah der Jüngere wieder nach draußen und strich mit einer Hand sanft über das Glas des Fensters. Die zarten Finger sahen in dem fahlen Licht des Mondes, der am Himmel schien, noch schlanker aus und der Körper des Jüngeren wirkte noch zerbrechlicher. Diesmal hatte Frankreich seinen Namen gemerkt. Matthew, Kanada. Obwohl er zugeben musste, dass der junge Mann wirklich nicht zu denen Personen gehörte, die einem lange im Gedächtnis blieben. Im Gegensatz zu England, mit der zynischen Ader und der Vorliebe für Tee, den Brüdern Deutschland und Preußen, an sich schon ein auffälliges Duo, China, der ständig mit seinem Topf und dem Panda herumlief, Russland, der einen nur anzuschauen brauchte und man sich sofort so weit weg von ihm wie nur möglich wünschte, oder Amerika, der alleine reichte, um Kopfschmerzen zu verursachen, die noch übler waren, als ein Kater nach einem Suff.
 

Aber wenn der Junge hier tatsächlich Alfreds Bruder war, war es irgendwo kein Wunder, dass er ständig übersehen wurde. Die Einzigen, die mit Alfred konkurrieren konnten, was Auffälligkeit anging, waren Nataliya und Russland. Aber beide waren psychisch labil und während die eine ihren Bruder verfolgte, ihn heiraten wollte und es schaffte wirklich jedem Angst zu machen, konnte man den Anderen einfach nicht übersehen. Immerhin konnte man nichts übersehen, das einem auf den Kopf spucken konnte. Vor allem, wenn es fast jedem, den man kannte, auf den Kopf spuken konnte.
 

Leise seufzend setzte sich auch Frankreich auf das Fenstersims.
 

~*~
 

Er hatte keine Ahnung, wie lange sie einfach so dagesessen waren, aus dem Fenster geschaut hatten und ihren eigenen Gedanken nachgegangen waren. Irgendwann hatte Matthew mit einem leisen Gähnen deutlich klar gemacht, dass es Zeit zum Schlafen war und sich auch ins Bett gelegt hatte. Im Raum gab es allerdings nur ein Bett und somit war Francis gleich mit dem Jüngeren schlafen gegangen, um ihn nicht zu wecken, wenn er später noch dazukommen würde. Zumindest, weil er nicht wusste, wie fest der Kanadier schlief und dessen schlanker Körper bei Francis nicht wirklich die Meinung erweckte, dass der einen sehr festen Schlaf hatte.
 

Und abgesehen davon, dass der Bär schnarchte wie verrückt - was die Meinung des Franzosen über den Schlaf des Kanadiers komplett änderte, da dieser dabei trotzdem noch schlief wie ein Stein - war die Nacht auch recht ruhig und sogar angenehm gewesen.
 

"Holà Francis! Aufstehen, es ist schon spät!"

Murrend drehte der Franzose sich auf seinen Bauch und ignorierte Antonios Stimme. Das klappte sogar halbwegs, bis dieser seine Taktik änderte und ihm die Bettdecke wegriss. Da der Blonde nur in einer Unterhose schlafen gegangen war, wurde ihm augenblicklich kalt, was dazu führte, dass er sich doch aufrichtete und den Spanier wütend anfunkelte.
 

"Oh, entweder da hatte jemand eine ganz lange Nacht gehabt oder ist einfach nur nicht dann ins Bett gegangen, wann er sollte."

"Wohl beides gleichzeitig."

Zynisch grinsend kam Lovino hinter dem Größeren hervor. Entweder freute er sich gerade höllisch, dass Antonio mal jemand anderen nervte, oder er freute sich einfach darauf, Francis alle Jahre seiner Kindheit heimzuzahlen...
 

So genau konnte der Franzose es nicht sagen und wollte es wohl auch nicht. Die Beiden konnte man irgendwie nur im Doppelpack antreffen. Zumindest hatte Francis Lovino noch nie allein gesehen. Entweder mit Antonio, oder mit seinem jüngeren Bruder, den er noch schlimmer beschützte, als seinen Augapfel. Ein Wunder, wie Ludwig es da geschafft hatte, Feliciano doch noch zu bekommen. Vielleicht aber auch nicht. Immerhin hingen die Beiden schon seit dem ersten Weltkrieg aneinander und bis auf Deutschland und Lovino hatte wirklich noch nie jemand so viel Geduld für den kleinen, pastaverschlingenden Italiener aufgebracht.
 

"Jetzt komm schon und beweg deinen Hintern hoch, heute ist die erste Konferenz."

Obwohl schlechte Laune ihm genauso wenig stand wie Falten, konnte der Franzose nicht wirklich Begeisterung dafür aufbringen, so früh aus dem Bett geschmissen zu werden. Mal ganz davon abgesehen, in eine dieser ewigen Konferenzen zu müssen. Obwohl sie meist amüsant waren, heute konnte er einfach keinen Nerv dafür aufbringen. Nein, sieben Uhr morgens war eindeutig nicht seine Zeit zum Aufstehen. Die Uhrzeit hatte ihm eine antik und sehr exklusiv aussehende Standuhr verraten.

"Zudem hatte Gilbert eine geniale Idee, wie wir uns die Zeit vertreiben können."
 

Nun wurde Francis doch hellhörig. Ihr Freund seit Kindertagen hatte zwar nur sehr selten gute Ideen, aber wenn selbst Antonio sie für genial befand, musste es wirklich was haben. Ergeben seufzend stand der Blonde auf und ging zum Kleiderschrank. Duschen würde er erst heute Abend. Irgendwie hatte er jetzt eher wenig Lust dazu. Etwas erschöpft sah er in den Spiegel und checkte sein Aussehen. Was er sah, gefiel ihm. Ein straffer Körper, nicht zu trainiert, nicht zu vernachlässigt, gepflegte Haare und ein ‚Dreitagebart’, der sich noch in Grenzen des Zumutbaren hielt.
 

Das wirklich Einzige, was ihm missfiel, war der müde Ausdruck. Aber darum würde er sich auch noch kümmern. Später. Jetzt erstmal anziehen und frühstücken. Nach einem guten Kaffee würde es schon von selbst wieder besser werden. Wenn nicht, wozu existierte Schminke? Elizaveta würde er nicht danach fragen, genauso wenig wie jemand anderen weiblichen Geschlechts. Aber Feliks würde sicher auch was dabei haben. Schließlich war er schon gestern zum Abendessen im Hausmantel aufgetaucht und das auch nur, weil Toris ihn noch mit Mühe und Not davon abhalten konnte, sich einen Minirock anzuziehen.
 

"Also, hopp, das Frühstück gibt‘s um acht. Die Stunde dürfte dir reichen."

Ergeben murrte der Franzose etwas vor sich hin und zog sich an. Ein einfaches Hemd in einem schönen hellblau und eine beige Jeans dürften reichen, befand er. Schließlich hatte er keinen Grund, in diesem Haus wie sonst im Anzug rumzulaufen. Antonio war auch in eines seiner weiten, luftigen Oberteile und eine einfache Baumwollhose gekleidet... Angleterre war mal ausnahmsweise auch nicht in Uniform erschienen, gestern beim Abendessen, und Kiku im Kimono. Da würde er nicht aus der Reihe stechen. Und wenn, war das egal. Schließlich wollte er amour verbreiten und diese lächerlichen Uniformen der Anderen waren solche Liebestöter, da sollten die sich gar nicht erst beschweren.

"Ja du siehst gut genug aus, jetzt komm schon."

"Seit wann bist du so hyperaktiv, mon ami?"
 

Grinsend zwinkerte der Spanier, packte Lovino, der dagegen zwar protestierte, aber nichts Wirkliches unternahm, und Francis am Arm und schleppte sie hinter sich raus. Die Küche war nicht sehr weit weg. Kaum dass er sich versah, wurde er schon auf den Stuhl gedrückt. Am Tisch war niemand außer ihnen. Entweder die anderen waren schon alle fertig, oder aber noch am Schlafen.
 

Plötzlich allerdings kam Arthur in den Raum rein. Aber nicht alleine, sondern mit dem Russen im Schlepptau, der herzlich lachte, was den Engländer nur missmutig das Gesicht verziehen ließ.

"Ein Grund mehr für dich, mich in ein anderes Zimmer zu schicken."

"Nein Erstens bist du amüsanter, wenn du verschlafen bist und zweitens, wofür gibt es Ohrstöpsel, da?"

Genervt seufzte der deutlich Kleinere der Beiden, bis er der Russe sich an seinen Platz setzte, der Engländer fast schon selbstverständlich neben ihn, und sich umsah.
 

Als er die verblüfften Gesichter von Francis, Antonio und Lovino erblickte, hob er nur genervt eine Augenbraue.

"Ist was, Froschfresse?"

"Nein, aber, Angleterre, seit wann verstehst du dich so gut mit Russie?"

"Seit dem er der Einzige normale hier im Haus ist", murrte Angesprochener als Antwort.
 

Erstaunt sahen die drei den Großen an, woraufhin dieser nur grinste. Die unausgesprochene Frage, seit wann genau Ivan plötzlich normal war, wurde höflich überhört. Stattdessen wandte der Engländer sich seinem Frühstück zu - das sogar essbar aussah, weswegen es anscheinend nicht Arthur, sondern dessen neuer Freund gekocht haben müsste - und seinem Tee und der Russe dem Lesen einer großen, schwarzen Mappe, die er an den Tisch mitgebracht hatte, und dessen eigenem Tee. Erneut blinzelte der Franzose verwirrt, als er Frühstück vor die Nase gestellt bekam und sich eine Person neben ihn setzte.
 

"Bonjour, monsieur Bonnefoy. Ça va bien?"

"Bon, merci, ça va, et toi?"

"Ça va aussi. Bon appétit, monsieur."

"Merci, mon ami."

Erfreut nickte der Kanadier dem Franzosen zu und fing, an zu essen. Sich selber hatte er Pfannkuchen gemacht und da er nicht gewusst hatte, was der Franzose mochte, hatte er ihm das Gleiche gebracht, als er gesehen hatte, wie der Spanier ihn und einen der Italienbrüder in den Essenssaal geschleppt hatte.
 

Stumm hörte Francis den Gesprächen am Tisch zu. Hauptsächlich allerdings unterhielten sich Ivan und Arthur. Wobei unterhalten eher der falsche Begriff war. Eher versuchte der Sandblonde den Anderen zu überreden, ihn in ein anderes Zimmer einzuteilen, während die Wodkavernichtungsmaschine nur amüsiert über den Engländer lachte. Dass dabei Beleidigungen und fiese Kommentare seitens des Engländers nicht selten waren, verblüffte den Franzosen. Natürlich hatten nur noch die Wenigsten richtige Angst vor Russland, jedoch traute sich auch immer noch keiner außer Amerika, den Größeren zu beleidigen. Sogar dieser tat es nur äußerst selten. Viel zu tief saß ihnen noch der Schock von dem kalten Krieg in den Knochen, in denen der Größte nicht nur eindeutig seine Überlegenheit und Kraft ihnen gegenüber demonstrierte, sondern auch noch Amerika - dem selbsternannten Helden der Helden, dem niemand widersprach - ordentlich die Stirn geboten, Kuba unterstützt und Nordkorea ordentlich auf Hochtouren gebracht hatte.
 

Zuerst dachten sie alle wohl, das würde sich noch lichten und schon wieder gut sein, aber da hatten sie sich auch alle getäuscht. Noch bis heute war der Schock über dieses Gesicht des sonst so stillen und geduldigen Russen, in das Gedächtnis gebrannt und die Angst vor einem dritten Weltkrieg, bei dem es keine Überlebenden gegeben hätte.
 

Umso mehr verwunderte es den Langhaarigen also, dass diese rationale und ansonsten so logisch denkende Nation sich traute, dem Russen Beleidigungen an den Kopf zu werfen und dass dieser auch noch darüber lachte. Überfordert schüttelte er den Kopf und wand sich lieber seinen Pfannkuchen zu.
 

Nachdem er probiert hatte, sah er erstaunt zum Kanadier.

"Also dafür, dass du Angleterres Kolonie gewesen bist, mon ami, kochst du aber gut."

"War ich ja auch, aber was das Kochen anging, hatte ich einen anderen, sehr guten Lehrer."

Anscheinend in Erinnerungen versunken, lächelte der Blonde selig, bevor er den Kopf schüttelte, sich für seine Gefühlsduselei entschuldigte und sich wieder seinem Essen zuwandte.
 

Doch trotz der Entschuldigung spürte der Franzose diesen ihm nur zu gut bekannten Stich in der Brust. Genau der Gleiche war es gewesen, als ihm sein Pflegekind weggenommen worden war. Auch wenn es schon Jahre her war, er erinnerte sich noch an diese Tränen und diese hellblauen Augen, die ihn so sehnsuchtsvoll angesehen hatten. An diese langen schmalen Finger, die sich fast schon verzweifelt und unglaublich stark an ihn geklammert hatten und diesen unglaublich zierlichen Körper, der sich vor Weinkrämpfen zitternd an ihn gedrückt hatte. Schmerzhaft stark biss der Franzose sich auf die Lippe, um die aufkeimenden Gefühle zu verdrängen.
 

Das war doch albern. Da hatte er das schon jahrelang weggesperrt und nun reichte ein einziger Blick dieses jungen Mannes aus, um seine ganze Fassade zum Einsturz zu bringen? Wie tief konnte er eigentlich noch sinken? Seufzend aß er weiter und starrte dabei nur stumm auf den Tisch. Die Präsenz seines Nachbarn war unglaublich stark. Hätte er nicht seine gesamte Willenskraft zusammengekratzt, hätte er ihn wahrscheinlich einfach gepackt und auf ihrem Zimmer schon längst durchgenommen. Doch der Andere war ein Land. Da durfte er nicht so einfach die Kontrolle verlieren.
 

Zudem konnte er sich gut Angleterres Gesicht vorstellen, wenn er es wagen würde, dessen ehemalige Kolonie einfach so zu überfallen. Allerdings war er es nicht gewohnt, sich so sehr unter Kontrolle haben zu müssen. Normalerweise lagen ihm die Leute auch einfach so zu Füßen. Ob Männer oder Frauen, völlig gleich. Aber wenn er ehrlich sein musste, bevorzugte er Männer. Sie waren um einiges robuster und unkomplizierter als das schwache Geschlecht. Jedoch konnte er sich trotzdem nicht vorstellen, mit einem Mann den Rest seines Lebens zu verbringen. Mit einer Frau ja, mit einem Mann nicht.
 

"Франция? Alles okay bei dir?"

"Ja klar, Russie, mach dir keine Sorgen."

"Это хорошо. Die Versammlung beginnt um elf Uhr. Ich würde euch nur sehr ungern dabei missen wollen."
 

Auch wenn an den Worten wahrscheinlich nichts Bedrohliches war, konnte man deutlich eine Warnung daraus hören. Gehorsam nickten sie deshalb und aßen stumm weiter. Keiner hatte Lust, sich mit der großen Nation anzulegen. Darum atmeten die Drei auch erleichtert auf, nach dem er aus dem Zimmer verschwunden war.
 

"Egal, wie sehr er sich bemühen wird, es uns bequem zu machen, seine Anwesenheit zerstört alles."

Auch wenn es gemein war, hatte Lovino recht. Darum nickte Francis, jedoch ohne was zu sagen, und aß weiter.

Der Tag konnte ja noch heiter werden.
 

~*~*~*~*~*~*~
 

auch wenn ich der meinung bin, dass das jeder können sollte

Übersetzungen vom französischen ins Deutsche
 

-Pardon, Vous me donnez le sel, s'il Vous plaît?

-----> -Entschuldigung, würden Sie mir bitte das Salz rüberreichen?

-...je m'appelle Matthew

-Aha. Pardon, mon Ami.

------> -... ich heiße Matthew

- Aha. Verzeih mein Freund.

Pour quoi Vous demand?

-----> Warum fragen Sie?

mais c'est bon

-----> aber lecker

-Ah, merci. Au revoir Russie

-----> -Ah danke. Auf wiedersehen Russland.

neige

-----> Schnee

tout

-----> alles

-Bonjour, monsenjeur Francis. Ca va?

-Bon, merci, ca va toi?

-Ca va. Bon appetit monsenjeur.

-Merci, mon Ami.

-----> - Guten Tag, Herr Francis. Wie gehts?

- Gut danke. Wie gehts dir?

- Gut. Guten Appetit mein Herr.

- Danke mein Freund.
 

sonstige Wörtchen
 

Franciya

-----> Frankreich

Hola

-----> hallo

Ето хорошо

-----> Das ist gut.

Kap. 2 Abschn. 1

Eigentlich liebte er es ja, Gastgeber zu sein. Es ließ ihn seinen nun nicht wirklich angenehmen Ruf vergessen. Als Ludwig darauf bestanden hatte, die Konferenz ordnungsgemäß, trotz der Unannehmlichkeiten des russischen Winters, bei ihm stattfinden zu lassen, war der Aschblonde als Erster dafür gewesen, auch wenn er seine Meinung für sich behalten hatte. Nun bekam er allerdings die Quittung für seinen Egoismus. In Form eines liebeswilligen Franzosen, der sich an den süßen Kanadier hängte, eines mies gelaunten Preußens, eines genervten Englands und eines eifersüchtigen Amerikas. Einerseits freute er sich auf seine Geschwister und so viel Lebendigkeit in seinen 4 Wänden. Andererseits bereute er es, manchen seiner Gäste nicht einfach den Maulkorb anlegen zu können. Zum Beispiel Alfred, der ihm gerade wieder irgendwelche Weltherrschaftspläne vorwarf.
 

"Aber da ich der Held, hier bin, werde ich es zu verhindern wissen! Hörst du das, Ivan?!"

Im Übrigen ging es gerade um die Erhöhung der Erdölpreise in den arabischen Ländern.
 

Neben Alfred seufzte es entnervt. Er konnte verstehen, wieso der Engländer so genervt war. Vielleicht sollte er ihn doch in ein anderes Zimmer stecken? Allerdings würde sein Plan, die Geschwister wieder zu versöhnen, dann nicht mehr funktionieren. Natürlich tat er es aus reinem Eigennutz. Seine gesamte Hoffnung lag darin, dass England seinen Bruder dann endlich wieder unter Kontrolle bekommen würde und er die Versammlungen nicht jedes Mal müde, angepisst und mit Migräne verlassen müsste.
 

Keiner widersprach dem Brillenträger. Schließlich war er ja, der ach so große Held der Nationen. Und das war einfach nicht seine Art, ihn zu unterbrechen. Geduldig hörte er sich die Verschwörungstheorien des selbsternannten Helden an. Bis er schließlich auf die Uhr sah. Kurz vor zwölf. Er musste langsam das Mittagessen vorbereiten. Eigentlich dauerte es ja nicht so lange, aber für so viele Leute zu kochen war nun mal eine Disziplin für sich... Da war er dankbar für die Hilfe seiner Geschwister und vor allem von England, der sie ihm nach dem Frühstück wieder angeboten hatte. Um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, stand er einfach nur auf und sah den plötzlich still gewordenen selbsternannten Helden an.
 

"Hör mal zu, Amerika, schön und gut, aber sei so nett und lass meine Möbel heil, wenn du versuchst, diese Pläne zu finden, da? Ich habe keine Lust, mir neue kaufen zu müssen.", sagte er mit einem Lächeln und bemüht gelassener Stimmlage, doch man sah ihm seine Wut anscheinend an, da ein paar Länder erschrocken zusammenzuckten.
 

Ohne ein Kommentar von Alfred abzuwarten, ging er einfach aus dem Raum raus. Dabei folgten ihm Nataliya, Ekaterina und England, wobei sich sogar noch Toris hinzugesellte, was den Großen ziemlich erstaunte. Schnellen Schrittes ging der Mann mit den aschblonden Haaren in die Küche und ließ sich seufzend auf einen Stuhl fallen, der kläglich knarrte.
 

"Что случилось брат? Так устаёшь от этих встреч?"

"Да не из-за встреч это."

"Aмерика, да?"

"Да..."

Genervt stieß die Weißrussin die Luft aus.

"Да уж. Он надоел."

"Aга. И это ещё мягко сказано."
 

Langsam gingen Litauen und England zu ihnen und setzten sich auf die zwei Stühle ihm gegenüber. Nataliya ging mit Ekaterina gewohnheitsmäßig zum Herd und sie fingen an, dort herumzuwerkeln. Schon bald bekamen die drei Männer Kartoffeln, Karotten und Zwiebeln in Bergen vor die Nase gestellt, mit ihnen zusammen Behälter für den Abfall und Schälmesser. Dankbar nickte der Russe seinen Schwestern zu und fing mit der Arbeit an. Eigentlich hasste er es, aber da seine Schwestern definitiv mehr vom Kochen verstanden als er selber, überließ er es ihnen. Obwohl er kein schlechter Koch war und oftmals selber was Leckeres fertig brachte. Nur kochte er eben nicht jeden Tag.
 

"Also gut Toris, was ist los, da?"

Ertappt zuckte der Braunhaarige zusammen und schüttelte den Kopf.

"Nichts Russia-sama."

"Lüg mich nicht an, mein Freund. Umsonst wirst du wohl nicht hier sein."

Beschämt senkte der junge Mann den Kopf. Sowohl ihm, als auch Arthur, war durchaus klar, dass es nichts bringen würde, den Größeren anzulügen, dennoch konnte der Russe es nachvollziehen, dass Toris nicht sofort mit der Sprache rausrückte. Zumindest, wenn es um den Grund ging, an den er gerade dachte.

"Stimmt wieder etwas mit Feliks nicht?"
 

Erstaunt sah der Grünäugige zu seinem Bruder auf. Verwunderung stand in den sonst vor Sanftmut leuchtenden Augen geschrieben und ließ sie leicht trübe werden. Außerdem las der Russe noch etwas anderes darin. Angst. Angst vor ihm und vor dem, wie das Gespräch laufen wird.
 

"Hör mal, wenn es um Geld geht, ich kann euch nichts geben, meine Regierung ist schon wegen den letzten paar 'Spenden' aufmerksam geworden. Sie ermitteln jetzt und wenn hochkommt, dass ich euch immer noch helfe..."

"Nein, nein, darum geht es auch gar nicht."

Nun doch etwas erstaunt, hob der Russe eine Augenbraue. Normalerweise ging es immer darum. Auch wenn sie nicht mehr in einem Haus lebten, er war immer noch ihr Bruder und fühlte sich für sie verantwortlich. Darum half er ihnen immer noch, wo er nur konnte. Und sei es auch nur mit lächerlichen Spenden.

"Viel eher wollte ich dich um deinen Segen bitten“, sagte Litauen kleinlaut.
 

Als Ivan die nächsten Worte sprach, klang seine Stimme seltsam rau und sein Hals fühlte sich trocken an.

"Wer?"

"Feliks", kam erneut die kleinlaute Antwort zurück.
 

Unmerklich für ihn selber verfinsterte sich das Gesicht des Großen. Er war nicht imstande, etwas zu sagen, dennoch hatte er das Gefühl, das er es musste. Dabei wusste der Braunhaarige doch, in was für eine Zwickmühle er ihn damit brachte! Wenn es nach ihm ginge, würde er es genehmigen, denn auch Toris hatte mal etwas Glück in seinem Leben verdient, das er ihm ja oft genug zur Hölle gemacht hatte, wie er sich heute ungern eingestand. Aber die Beziehung zwischen zwei Männern... Vor allem noch eine Heirat! Das überschritt seinen Toleranzbereich eindeutig. Allerdings waren homosexuelle Partnerschaften in seinem Land erlaubt und auch er selber musste langsam lernen, sie zu tolerieren und damit umzugehen. So sehr es ihm leider Gottes auch widerstrebte.
 

"Verdammt Toris. Da reitest du mich aber in eine tiefe Zwickmühle, da."

"Verzeih, ich hätte es dir nicht sagen sollen."

"Nein, was getan ist, ist getan. Du kannst deine Worte nicht wieder zurücknehmen, da. Aber..."

"Ich soll nicht von dir erwarten, das zu tolerieren?"

"Nein. Du sollst nur nicht von mir erwarten, dass ich das gutheiße, was du da machst. Ich werde es tolerieren, wenn es sein muss, sogar akzeptieren. Meine Pflicht als Bruder und Nation. Aber dennoch werde ich das nicht gutheißen."

"Das heißt, ich habe deinen Segen?"

"Да. Даже если мне что-то тихо на ухо шепчет, что я об этом очень, очень скоро пожалею."
 

Freudestrahlend sprang der Braunhaarige auf und rannte aus der Küche raus. Seit wann genau war Toris eigentlich so aufgedreht? Oder war das tatsächlich nur deswegen, weil er den Segen bekam? Wenn der Russe es so bedachte, musste es den Kleineren viel Überwindung gekostet haben, darum zu bitten. Seufzend, ohne sich um die fragenden Blicke des Engländers zu kümmern, begann er mit dem Schälen der Kartoffeln und bemerkte, wie auch der Kleinere anfing, sich an den Berg Karotten vor ihm zu machen. Plötzlich erklang ein sanftes Lachen im Raum und schon hing ihm jemand am Hals, ohne dass er es verhindern konnte.
 

"Mein kleiner Ivan wird ja langsam erwachsen!"

"Katya, lass mich los!“, sagte der Russe deutlich weniger begeistert.

Nach einem Minutenlangen Gerangel, in der er sich die Mühe machte, sich von seiner Schwester zu befreien, schaffte er es, sich von ihr zu lösen, wenn auch mit einem breiten Grinsen. Nicht, dass er was dagegen hatte, von seinen Schwestern umarmt zu werden, aber wenn er sich nicht gewehrt hatte, war er sich schon fast lächerlich sicher, dass Ekaterinas Brüste ihn erwürgt hätten. Auch England lachte amüsiert, woraufhin der Russe ihm nur leicht schmollend eine Kartoffelschale ins Gesicht warf, was den Anderen nur noch mehr auflachen ließ und ihn selber noch breiter grinsen. Irgendwie entschädigte ihn das gerade dafür, dass er sich die letzten Stunden über Amerikas Gelaber reinziehen musste. Plötzlich schwang die Tür auf und Alfred stürmte in die Küche rein. Das sowieso schon wütend aussehende Gesicht verfinsterte sich zunehmend, als dieser seinen Bruder mit dem ehemaligen Kommunisten sah.
 

"Was ist hier los?"

"Wer fragt dies?", fragte der Russe nur zurück, wobei seine Laune augenblicklich auf den Nullpunkt zurückfiel.

"Der Held."

Leise seufzte der Engländer und schaute entschuldigend zu Russland, bevor er aufstand, seinen Bruder am Ärmel packte und ihn hinter sich herauszog. Dabei konnte der Russe einige englische Flüche vernehmen und hätte wahrscheinlich aufgelacht, weil das so niedlich wirkte, wenn da nicht die eine Sache wäre, die er noch mehr hasste als seine Migräne.
 

Unpünktlichkeit.
 

Doch seine letzte Hoffnung, das Mittagessen schnell fertigzubekommen und später noch etwas Zeit zu haben, um seine Papiere zu sortieren, ging gerade aus der Küche, seinen Bruder hinter sich schleppend und beschimpfend. Als die Tür zufiel, hätte er wahrscheinlich aufgeflucht, wären nicht seine Schwestern dagewesen. So war das Einzige, was er tat, missmutig das Gesicht zu verziehen und weiterzuarbeiten. Und zwar so zügig wie möglich.
 

~*~
 

Allerdings kam er nicht so gut hinterher, wie er es gerne gehabt hätte. Seine Schwestern hatten ihn nicht angesprochen und er war ihnen dankbar dafür. Schließlich wollte er weder reden, noch sonst irgendwas, außer schnell fertig zu werden. Und das Arbeiten erforderte nun mal Konzentration. Kaum mit dem Kartoffelberg fertig geworden, machte er sich an die Zwiebeln und später auch an die Möhren. Amerika hatte ihm ja schon immer mal gerne das Leben schwer gemacht, doch diesmal hatte er sich eindeutig selbst übertroffen.
 

Allerdings war er doch noch rechtzeitig fertig geworden und half später seinen Schwestern beim Schneiden. Auch beim Decken war er dabei gewesen. Doch gegessen hatte er nicht. Sein Magen streikte schon seit Wochen und durch die Blicke einer bestimmten Person wurde es nicht besser. Ihm war durchaus klar, dass Gilbert nur gekommen war, weil sein Bruder krank war. Dennoch erfüllte es ihn mit einer gewissen Freude, dass der Preuße in seinem Haus war. Vielleicht lag es daran, dass er früher sehr an ihm gehangen hatte, vielleicht auch daran, dass es ihm eine gewisse Genugtuung verschaffte, zu wissen, dass der Preuße nun doch noch wieder in Russland war, obwohl er ihm geschworen hatte, ihre Wege würden sich nie wieder kreuzen.
 

So kam es also dazu, dass er nach zwanzig Minuten den Esssaal verlassen hatte, ohne etwas außer Wodka zu sich zu nehmen. Ekaterina hatte ihn zwar versucht, zu überreden, doch etwas zu essen, doch ihm war nicht danach. Dafür plagten ihn zu viele Gedanken. Zu viele Gedanken und viel zu viele Erinnerungen, die einzig durch diesen Kerl mit den rubinroten Augen wieder hochkamen. Erinnerungen über die Vergangenheit und alles, was er je falsch gemacht hatte.
 

Als Gilbert ihn vor Jahren verlassen hatte, hatte er es sich nicht nehmen lassen, dem Russen noch mal alles an den Kopf zu werfen, was dieser falsch gemacht hatte. Und diese letzten Worte, bevor Gilbert sich umgedreht hatte und das Haus mit einem lauten Türknall verlassen hatte. Drei Worte, die er noch nie direkt gehört, aber so oft in den Augen anderer Nationen gesehen hatte. Allen voran Amerika. Drei Worte, die so sehr verletzen konnten, wie ihr Gegenteil glücklich machte.
 

"Ich hasse dich!"
 

Frustriert seufzte er auf und fischte in seiner Hosentasche nach dem Wodka, den er aber nicht fand. Natürlich, er hatte ihn extra weggeschlossen, bevor seine Gäste gekommen waren. Schließlich hatte er ein guter Gastgeber sein wollen und da war eine Wodkafahne bis nach Kiev nun einmal nicht drin. Leise fluchend, machte er sich auf den Weg zu seinem Zimmer und schnappte sich seinen Mantel, bevor er sich beeilte, seine Stiefel anzuziehen und nach draußen zu kommen. Dort ging er zielsicher in den hintersten Winkel seines Anwesens, zu den Hundehütten. Noch ehe er allerdings da war, stürzten sich vier riesige Hunde zu ihm. Lachend ging er in die Hocke und kraulte ihre mächtigen Köpfe.

"Na, ihr vier? Wo habt ihr beiden denn Besi und Rex gelassen?"
 

Ehe er zu Ende gesprochen hatte, hörte er lautes Gebell und zog die Augenbrauen zusammen. Blitzschnell schnappte er sich zwei Leinen und nahm zwei der Hunde. Löste mit geübten, zielsicheren Bewegungen die stabilen Eisenketten von den Halsbändern und befestigte die beiden Lederleinen dran.

"Nikta, Rem, los sucht sie."
 

Kaum war das ausgesprochen, stürmten die Hunde nach vorne und zogen ihn hinter sich her. Es kostete ihn einiges an Kraft, nicht einfach nur loszulassen. Als sie aber um die Ecke bogen, erblickte er ein Bild, das ihn zuerst stutzen und dann schmunzeln ließ. Schweden stand am Zaun angelehnt da und schaute aufmerksam zu Finnland, der Besi den Bauch kraulte, während diese sich genießerisch auf dem Rücken im Schnee wälzte. Dabei sprang der kleine weiße Hund aufgeregt um Rex umher, der diesen sichtlich irritiert musterte und nicht wusste, wie genau er nun reagieren sollte. Schmunzelnd trat er an sie heran, ohne etwas zu sagen. Wachsam hob Berwald den Blick, nickte ihm dann aber als Begrüßung ruhig zu. Er nickte zurück. Das war einer der Gründe, warum er sie mochte. Berwald war zwar ein wenig steif für seinen Geschmack, aber er war stets höflich und ruhig. Tino dagegen schien ihn bisher nicht bemerkt zu haben. Erst als er die Stimme erhob, zuckte der Kleinere zusammen und blickte ihn zuerst irritiert, dann freundlich lächelnd an.
 

"Ich hoffe doch sie machen euch keinen Ärger, da?"

"'lles 'kay."

"Это хорошо."

"Deine Hunde sind wirklich süß. Sind das wirklich die, vor denen du uns gewarnt hast?, fragte Tino neugierig und hörte nicht auf, Besi zu kraulen.

Er schmunzelte erneut. Nun war er sich gar nicht mehr so sicher. Normalerweise waren vor allem Besi und Rex die Misstrauischsten, wenn es um Fremde ging. Auch wenn Nikta und Rem wohl definitiv die Gefährlicheren waren.

"M'ch w'ndert d's auch. B'st du dir s'cher, dass d's deine W'chhund' sind?"

"Da. Normalerweise vertrauen sie Fremden nicht so schnell."

"S'cher?"
 

Misstrauisch musterte der Schwede ihn. Nun war Ivan auch klar, weshalb er so angespannt ausgesehen hatte. Anscheinend machte er sich Sorgen darum, dass seinem Begleiter etwas zustoßen könne.

"Keine Sorge, auch wenn sie euch anscheinend ins Herz geschlossen haben, sind sie dennoch Wachhunde."

"D's he'ßt?"

"Das sie euch verteidigen werden, wenn sie Gefahr wittern. Egal ob Tier oder Mensch."
 

Verstehend, aber immer noch misstrauisch, nickte der Blauäugige und musterte Tino, der wieder Besi kraulte. Plötzlich sprang sie auf und Tino an. Sofort wollte der Schwede eingreifen und den Hund wegziehen, doch der Russe kam ihm zuvor und hielt ihn auf. Als er sich einen wütend-fragenden Blick einfing, lächelte er nur leicht. Augenblicklich ertönte Tinos Lachen, der versuchte, sich zu befreien und zumindest die noch trockenen Stellen seines Gesichtes vor Besis feuchter Zunge und der Schnauze mit dem warmen Atem und dem Maulgestank zu retten. Erleichtert atmete der Schwede aus und entspannte sich wieder, während Ivan ihn losließ und Tino versuchte, den großen Hund von sich wegzudrücken.
 

"Ich würde euch trotzdem nicht raten, nachts hier spazieren zu gehen, da."

"W'rden's beacht'n."

"Ладно."

Mit einem Lächeln und einem erneuten Nicken, kraulte er Rex und Besi kurz, bevor er sich umdrehte und wieder ging. Er wollte das 'junge Glück' nicht weiter stören.
 

Nach dem er wieder bei den Hundehütten angekommen war, ließ er sich am Zaun heruntergleiten und schloss die Augen. Kaum spürte er den kühlen Schnee unter sich, fühlte er auch schon sofort, wie sich zwei große, warme, pelzige Körper an ihn schmiegten. Mit einem traurigen Lächeln strich er Nikta und Rem über die Köpfe und kraulte ihnen die Ohren. Schon wenige Sekunden später gesellten sich noch zwei Hunde dazu. In gewisser Weise beruhigte es ihn, dass Rex und Besi so positiv auf Schweden und Finnland reagiert hatten. Andererseits kam Sorge in ihm auf. Was, wenn sie die Beiden lieber mochten als ihn? Wenn auch sie ihn verlassen würden? Selbstverständlich wusste er, dass der Gedanke vollkommen absurd war, doch er konnte nichts gegen ihn unternehmen. Immerhin waren sie seine Wachhunde, sie hatten keine andere Wahl, als ihn zu beschützen. Doch als er das letzte Mal darauf vertraut hatte, nicht mehr alleine sein zu müssen, wurde er bitter enttäuscht.
 

"Ich hasse dich."
 

Traurig und teils fast schon hysterisch, lachte er auf und biss sich auf die Faust, um weitere Geräusche zu unterdrücken. Erst da bemerkte er, dass er tatsächlich seine Handschuhe vergessen hatte. Genauso wie die Tatsache, dass er hier in seinen Turnhosen herumsaß, die er zuhause trug. Für drinnen waren sie ja warm genug, aber wenn er draußen mit ihnen länger herumsaß, würde er sich den Tod holen. Zum Glück hatte er daran gedacht, seine Winterstiefel anzuziehen und zusammen mit dem langen Mantel hatte die Kälte zumindest keine allzu große Angriffsfläche.

"Hey, Arsch."
 

Ohne aufzusehen wusste er, wer ihn so angesprochen hatte. Schließlich hatte er diese Stimme oft und vor allem lange genug jeden Tag gehört. Seit Gilbert allerdings weggegangen ist, beschimpfte er ihn fast ständig. Nicht, dass es ihm noch etwas ausmachte. Darum riss er sich zusammen, lächelte und schaute in die roten Irden, die ihn in einer Mischung aus gewissem Respekt und noch größerer Abscheu musterten. Vielleicht bildete er sich den Respekt auch nur ein. Denn er bezweifelte stark, dass Preußen jemand Anderes außer sich selber respektieren konnte. Vielleicht noch seinen jüngeren Bruder. Wenn es hoch kam.
 

"Deine durchgeknallte, heiratsbesessene Schwester hat gemeint, ich soll dir das hier bringen. Ich bin hier nicht dein Lieferbursche hier, klar? Dafür bin ich zu awesome."

In einer lockeren Handbewegung warf Gilbert dem Größeren ein eisernes Fläschchen zu. Zuerst erstaunt, dann aber mit einem amüsierten Lächeln, betrachtete der Russe das Fläschchen und steckte es sich in die Manteltasche. Nataliya kannte ihn eben doch zu gut und, wenn sie nicht gerade ihre Phasen hatte, in denen sie ihn wie eine Irre stalkte, war sie wirklich ein Goldstück. Kein Wunder, wieso es ihm damals so schwer gefallen war, seine geliebte kleine Schwester gehen zu lassen.
 

"Was gibt‘s da zu grinsen?"

"Нечего. Спасибо тебе."

Den Kleineren schauderte es. Mit einem erneuten Schmunzeln registrierte Ivan, dass der Preuße die Sprache anscheinend immer noch nicht vergessen hatte. Als Gilbert unter seiner Regierung gestanden hatte, hatte er sie ihm fast schon reingeprügelt und ihn auch noch dazu gezwungen, sich den Weg bis nach Moskau und wieder zurück genauestens zu merken. Daher war es kein Wunder, dass der Weißhaarige diese Sprache hasste. Doch er verstand sie. Das reichte Ivan als Grund, russisch mit ihm zu reden.
 

Um zu zeigen, dass er keine Lust auf weitere Diskussionen hatte, schloss Ivan die Augen und lehnte sich wieder zurück. Natürlich verstand der Andere augenblicklich, wo der Hase entlanglief. Schließlich war er nicht auf den Kopf gefallen und kannte den Russen gut. Zu gut. Aber etwas erstaunte ihn. Auch wenn er das Gesicht des Größeren wirklich in- und auswendig kannte, hatte es nun einen Zug, welcher es Gilbert fremdartig erschienen ließ. Es wirkte fast schon entspannt. Bisher, in all den Jahren, hatte er ihn noch nicht so erlebt. Allerdings schüttelte der Weißhaarige nur den Kopf und ging dann wieder. Zufrieden hatte Ivan den Blick bemerkt und öffnete die Augen, als die Schritte, die im Schnee leise knisterten, nicht mehr zu hören waren. Hätte er die Augen offen gehabt, während Gilbert noch dagewesen wäre, hätte dieser wahrscheinlich den Schmerz in seinen Augen bemerkt. Den Schmerz über diese elendige Einsamkeit, aus der er keinen Ausweg mehr sah.
 

Der eigentliche Grund, warum er sich die Hunde zugelegt hatte. Gegen Tiere konnte er sich selber verteidigen und kein Mensch würde es wagen, sein Anwesen zu betreten. Ganz abgesehen davon, dass vielleicht nur zwei, drei Leute wussten, wo es sich befand. Nicht einmal seinen Chef hatte es interessiert, solange er seine Aufgaben nur pünktlich erledigte. Und selbst wenn nicht, sein Chef konnte sowieso nicht viel dagegen unternehmen. Aber ihm lag das Wohl seiner Kinder am Herzen, weswegen er seine Aufgaben auch erledigte und immer pünktlich zu jedem Treffen erschien, keinen Ärger machte und noch seltener widersprach. Das störte niemanden. Er bezweifelte überhaupt, dass es jemanden stören würde, wenn er ganz verschwände.
 

Ein leises Wimmern holte ihn schnell wieder aus seinen Gedanken zurück. Ein Hundekopf lag auf seinen Schoß und zwei Augen blickten ihn treudoof an. Leise lachend strich er Rem wieder über den Kopf und kraulte ihm leicht die Ohren. Plötzlich hörte er fröhliches Lachen. Ehe er sich versah, sah er Polen lachend wie ein Kleinkind durch den Schnee rennen und Sekunden später auch Litauen, der hinter dem jungen Mann herstapfte und ihm zurief, er solle langsamer machen, wegen den Hunden. Tatsächlich hoben die Hunde den Kopf und er hörte ein leises knurrendes Geräusch aus Niktas Kehle. Doch er packte sie an den Köpfen und drückte sie leicht in den Schnee.
 

Das leise "aus", beruhigte die Hunde zwar teilweise wieder, aber noch lange nicht genug, damit sie den Blick abwandten oder die Aufmerksamkeit und plötzliche Anspannung, die vier mächtigen Körper neben ihm verlies. Seufzend stand er auf und befestigte dann wieder die Ketten an Niktas und Rems Halsbändern. Polen und Litauen scheinen ihn nicht mal bemerkt zu haben. Dafür mochte er sie und das hatte ihm gereicht, um sich an Litauens Bitte um seinen Segen wieder zu erinnern. Warum war das dem Braunhaarigen so wichtig gewesen, dass er zu ihm kam? Natürlich, Litauen war einer der sehr Wenigen, mit denen er sich seit dem Zerfall der UdSSR noch mehr oder weniger verstanden hatte, aber dennoch war ihre 'Bindung' nicht mehr so stark, als dass dieser das gebraucht hätte. Sicherlich hatten sie einige andere Länder, die ihnen das gönnten und auch den Rücken freihielten. Was genau also wollte Toris damit bezwecken?
 

Entnervt seufzend, holte er den Wodka aus seiner Manteltasche und nahm einen tiefen Schluck aus dem Eisenfläschchen, bevor er in den Himmel sah. Es fing wieder zu schneien an. Große, weiße Flocken, die so weich und wunderschön aussahen wie kleine Wolkenfetzen, segelten lautlos zu Boden. Malten wunderschöne Muster in die Luft und tanzten ihren eigenen, ganz persönlichen Tanz. Jede für sich und doch alle zusammen. So wunderschön und sanft, ohne ihre Faszination zu verlieren. So wunderschön, dass er manchmal vergaß, wie gefährlich dieser Schnee und diese unschuldigen weißen Flocken eigentlich werden konnten. Weit entfernt hörte er das Heulen des Windes. Hörte, wie sich das Heulen der Wölfe dazu mischte. Meinte schon fast, ein Flüstern zu vernehmen. Ein Flüstern, das er schon so lange kannte und das ihm schon so gut bekannt war wie sein Besitzer.
 

"Ivan? Wo bist du, mein kleiner Ivan?"
 

Es schüttelte ihn leicht. Als er noch mit seinen Geschwistern in einem Haus gelebt hatte, als er noch nicht alleine gewesen war, hatte es ihm nichts ausgemacht. Doch nun hörte er das Flüstern immer stärker. Immer öfter. Und es wurde immer lauter. Er konnte schon fast die eisigen Krallen spüren, die sich um sein Herz schlossen und es zu zerdrücken drohten. Erinnerte sich an das faltige, raue Gesicht zurück, das er mittlerweile so gut kannte. Erneut erschauderte er. So oft hatte er dieses Gesicht gesehen und so selten die Geschwister erblickt. So oft hatte er in den wolkenverhangenen Himmel gesehen und gebetet, es möge schnell vorbei sein. So oft hatte er sich ihm hingegeben, nur um seine Kinder zu schützen. So oft Leid auf sich genommen, nur damit sie überlebten. So oft hatte er sich hinterher gehasst und war schon fast Amok gelaufen. So oft hatten seine Geschwister und andere Nationen das abbekommen. Und dennoch stand er noch hier. Dennoch wurde er noch nicht erlöst. Dennoch stand er noch hier und starrte in den Himmel und meinte, wieder dieses eisige Flüstern zu hören und das Gesicht vor sich zu sehen.
 

Vielleicht war es ja besser, dass er alleine war? Dass es niemand gab, der sich mit ihm abgeben wollte? Aber nein, er war nicht alleine. Denn er war immer bei ihm. Dieser Mann, dem er es zu verdanken hatte, dass er zu dem geworden ist, was er heute war. Zu diesem Monster.
 

"Du bist nicht alleine, kleiner Ivan. Nie. Denn ich bin immer bei dir. Immer."
 

~*~*~*~*~*~.-.-.-.-.-.~*~*~*~*~*~
 

Übersetzungen vom Russischen ins Deutsche
 

"Что случилось брат? Так устаёшь от этих встреч?"

"Да не из-за встреч это."

"Aмерика, да?"

"Да..."

-----> - Was ist los, Bruder? Ermüden dich diese Treffen so sehr?

- Das ist nicht wegen Treffen.

- Amerika, oder?

- Ja.
 

"Да уж. Он надоел."

"Aга. И это ещё мягко сказано."

-----> - Ja, der geht einem ganz schön auf die Nerven.

- Ja und das noch milde ausgedrückt.
 

"Да. Даже если мне что-то тихо на ухо шепчет, что я об этом очень, очень скоро пожалею."

-----> - Ja. Auch wenn mir irgenetwas leise ins Ohr flüstert. das ich das schon sehr, sehr bald bereuen werde.
 

"Это хорошо."

-----> - Das ist gut.
 

"Ладно."

-----> - In Ordnung.
 

"Нечего. Спасибо тебе."

-----> - Nichts. Danke dir.

Kap.2 Abschn. 2

Arthur war ratlos. Sie standen schon seit einer geschlagenen halben Stunde in ihrem Zimmer und Alfred schmollte immer noch. Wie ein kleines Kind. Doch so schnell der Gedanke gekommen war, verschwand er auch. Alfred war kein kleines Kind mehr, das war Arthur klar. Schließlich bekam er das oft genug unter die Nase gerieben. Ebenso wie die Tatsache, dass er bei der Erziehung seiner ehemaligen Kolonie anscheinend völlig versagt hatte.
 

"Also ich frage dich noch mal, was hätte das werden sollen, wenn‘s fertig geworden wäre?"

"Nichts."
 

Alfred antwortete ihm in solch einem patzigen Tonfall, dass er für einen Moment tatsächlich das Gefühl hatte, mit einem Kind zu reden. Entnervt seufzend, fuhr er sich durch die Haare und dann kopfschüttelnd übers Gesicht. Dabei machte sich sein Schlafmangel schon zum x-ten Mal am Tag bemerkbar. Ohne es verhindern zu können, oder zu wollen, verließ ein genervtes Geräusch seine Kehle. Egal wie sehr der Amerikaner auch gewachsen war, er blieb doch ein kleines Kind.
 

Vielleicht hatte er ihn ja mal mit dem Kopf nach unten fallen lassen, als er klein gewesen ist? Aber nein, daran würde er sich sicher erinnern. Wenn schon, dann im Vollsuff. Allerdings konnte er die Male während Alfred noch bei ihm war, in denen er auch nur einen Schluck Alkohol getrunken hatte, an einer Hand abzählen. Selbst da, war er jedoch noch nüchtern genug gewesen und hatte sich bemüht sich nichts anmerken zu lassen. Also musste sich der Jüngere irgendwo anders den Kopf gestoßen haben.
 

Leise schritt er zum Stuhl, der hier neben den zwei Betten, einer alten Standuhr, einem großen Kleiderschrank, zwei vollgestopften Bücherregalen an der Tür und einem Tisch, das Mobiliar ausmachte, setzte sich hin und musterte Alfred, der nur weiter auf dem Bett saß und schmollte. Er hatte immer versucht diese Situation so gut es ging zu meiden.
 

Schließlich waren Erinnerungen allgegenwärtig und diese Eine, war noch viel zu deutlich, als dass er sich ruhig mit dem Jüngeren in einem Raum befinden konnte, ohne bald die Geduld zu verlieren. Aber hier musste er sich nun zusammenreißen. Immerhin musste er es noch ein paar Tage, mit ihm aushalten.
 

"Also Alfred, was ist in dich gefahren?"

"Nichts, wie oft noch?"

"Darum benimmst du dich auch wie eine eifersüchtige Ehefrau?"

"Was?!"
 

In einer Mischung zwischen geschockt und ungläubig, sah Alfred ihn an und Arthur musste leicht grinsen, was seinen Worten so ziemlich alle Schärfe nahm. Nach wenigen Sekunden grinste dann auch der Amerikaner.
 

"Bin ich wirklich so schlimm?"

"Schlimmer."

"Also bitte, ich bin der Held, da musste ich dich doch retten!"

"Vor was den?"

"Vor dem Kommunisten."

Überzeugt sprang der Jüngere auf und stellte sich in Heldenpose, was den Engländer erneut schmunzeln ließ.

"Der hat mir ja auch was sooooo Schreckliches angetan."

"Was?"

"Er hat mich mit einer Kartoffelschale beworfen."
 

Arthur musste leicht grinsen, als er sich an das losgelöste und belustigte Gesicht Ivans erinnerte. Bei sich zu Hause, benahm der Russe sich anders als in den Versammlungen. Sonst war er immer so furchteinflößend und schien alles und jeden in Luft zerreißen zu wollen, wenn man ihm zu nahe kam, doch hier wirkte er komplett anders. So befreit. Er erweckte nicht mehr den Eindruck eines in die Ecke gedrängten Tieres, sondern eines mächtigen Löwen, der sich auf seinem Gebiet sicher fühlte. Vielleicht lag das auch daran, dass sie sich in seiner Höhle befanden.
 

Missmutig registrierte der Amerikaner, dass der Ältere mit den Gedanken immer weiter abschweifte und schnaubte missmutig, bevor er einmal vor Arthurs Nase schnippte. Leicht zusammenzuckend, sah er ihn an und hob fragend die Augenbraue.

"Was?"

"Wo bist du bloß wieder mit deinen Gedanken, Iggy?"
 

Resigniert seufzend stand er auf und streckte kurz seine Glieder, bevor er schließlich zu einem Bücherregal an der Tür herüber ging. Neugierig besah er die Bücher und hob die Augenbraue. Alle Bücher waren auf Englisch. Dostoewski und Tolstoi standen neben Oscar Wilde, Shakespeare und Onore de Balsak. Der Spieler, neben Dem Bildnis des Dorian Grey, Frieden und Krieg und Mittsommernacht. Alle Bücher auf Englisch, dabei jedoch wusste der Engländer, wie schwierig es dem Russen fiel, diese Sprache zu sprechen. Mit hochgezogener Augenbraue, schnappte er sich eines der Bücher und besah es sich. Obwohl er Friede und Krieg eigentlich schon gelesen hatte, war er neugierig. Zudem war es wahrscheinlich ein gutes Buch, um sich die Zeit zu vertreiben. Ebenso wie das Tagebuch der Anne Frank, dass er im unteren Regal entdeckte. In einer eleganten Bewegung, nahm er das Buch und las kurz rein. Es war gutes Englisch. Schön geformte Sätze und saubere Zeichensetzung.
 

Plötzlich vernahm er leisen Atem an seinem Ohr und Körperwärme direkt an seinem Rücken.

"Was hast du da?"
 

Wortlos hob er das Buch hoch, dass der Amerikaner, der ihm über die Schulter lugte, die Schrift gut lesen konnte. Trotzdem beugte er sich weiter vor, wobei sein warmer Atem, über den Hals des Engländers strich. Leichte Schauer rannten ihm den Rücken entlang.

Verdammt, der Andere war ihm zu nah.
 

Viel zu nah!
 

Eigentlich wollte er sich empört umdrehen und ihm sagen er solle ihm von der Pelle rücken, doch dann blickte er in die Augen des Amerikaners und etwas ließ ihn innehalten. Etwas, das in den blauen Augen erglomm und sie wie Fesseln wirken ließ. Ohne sein wirkliches Zutun, versank er in den blauen Iriden und schluckte heftig ein paar Mal hintereinander.
 

Erneut rückte der andere Körper etwas näher an ihn heran. Ihm war, als könne er den trainierten Körper an seinem Rücken spüren, obwohl sie sich nicht berührten. Ihre Gesichter kamen sich immer näher, ohne dass er merkte, dass sie sich bewegten.
 

"Iggy?"
 

Die Stimme des Amerikaners klang rauh und ziemlich tief. Ein ungewohnter, aber dennoch schöner Klang. Fast schon erotisch.
 

Sekunden verstrichen ohne dass etwas passierte. Sie sahen sich nur in die Augen und versanken in denen des Anderen. Spürten den Atem des Anderen auf ihren Lippen und wagten es doch nicht sich doch nicht näher zu kommen. Normalerweise hätte er wegen der Irrationalität der Situation aufgelacht. Hätte den Größeren angeschrien oder ihm Beleidigungen an den Kopf geworfen. Doch nun konnte er nichts sagen. Schaute nur weiterhin in diese wundervollen Augen. Konnte sich nur mit Mühe und Not davon abhalten, ihn ihnen zu versinken.
 

Aber dem Anderen schien es genauso zu gehen. Gedankenverloren musterte der Größere das schmale Gesicht mit den wundervollen Augen. Dabei trafen seine Saphire auf die Smaragde des Kleineren und versuchten aus ihnen zu lesen. Der Ältere war ihm schon immer ein Rätsel gewesen. Dauernd hatte dieser schlechte Laune und dennoch gab es zwei Gesichtsausdrücke die er für immer im Gedächtnis behalten hatte. Dieses sanfte, liebevolle Lächeln mit dem er ihn immer angesehen hatte und die Tränen, nach dem er gegen ihn verloren hatte.
 

Doch das war nichts gegen den Ausdruck, welcher gerade das fein geschnittene Gesicht und diese ausdrucksstarken Augen, heimsuchte.
 

Plötzlich klopfte es an der Tür. Wie aufs Stichwort, zuckten die Beiden zusammen und rückten peinlich berührt voneinander. Arthur näher ans Bücherregal und Alfred mehr in den Raum rein.

"Herein!"
 

"Alfred? Wo ist Arthur?"

Zuerst wollte der Amerikaner wahrheitsgemäß antworten, doch als er sah wie Arthur leicht den Kopf schüttelte, überlegte er es sich anders.

"Er ist nicht da, wieso?"

"Gut.", wirklich erleichtert sah der Kanadier, der an die Tür geklopft hatte, zwar nicht aus, doch dann schüttelte er den Kopf und drückte seinen Eisbären noch näher an sich, fast als wolle er sich vor einer unsichtbaren Bedrohung schützen. Dabei huschten die blau- violetten Augen unruhig hin und her und er schien angestrengt zu überlegen.
 

Schließlich seufzte er leise.
 

"Ich brauche deine Hilfe."

"Sicher, ich bin doch der Held. Aber wobei?"

"Versprich mir, dass du mich nicht auslachst."

"Hoch und Heilig."
 

Kurz sah sich der Kanadier misstrauisch im Raum um. Arthur war sich sicher dass er ihn nicht sehen konnte, dennoch wurde Alfred gepackt und aus dem Raum gezerrt.
 

In einer Mischung aus Erleichterung und fast schon Enttäuschung, setzte der Engländer sich mit dem Buch auf sein eigenes Bett fallen. Hatten sich sie gerade tatsächlich, fast geküsst? Nein, das konnte doch nicht sein? Schließlich konnte der Amerikaner ihn nicht ausstehen und er selber...
 

Ja was genau war eigentlich mit ihm selber? Er verstand sich selber nicht mehr. Meistens tat er nur so, als würde er Alfred hassen. Doch nun war er wirklich fast schon panisch, wenn er sich nur vorstellte mit dem Amerikaner in einem Zimmer zu schlafen! Sonst machte es ihm doch auch nichts aus.
 

Warum jetzt? Warum, ausgerechnet hier?
 

Und warum zum Henker, benahm sich der Amerikaner so verdammt seltsam?!
 

~*~
 

"Iggy!"

"Wie oft noch, du sollst mich nicht so nennen."
 

Jedoch ignorierte der Andere die Bemerkung und drückte ihn fest an sich. Es war immer wieder erstaunlich, wie schnell der Kleine erwachsen wurde. Mit einiger Mühe und dem ein oder anderen unterdrückten Fluch, schaffte er es schließlich sich zu befreien.
 

Aber auch wenn er sauer war, als er in ihm das so bekannte Gesicht sah, wurde er augenblicklich wieder ruhig. Es war, als würden ihm alle Sorgen von den Schultern abfallen. Jedes Mal wenn er in die enge Umarmung gezogen wurde, fühlte er sich plötzlich sicher und das Lächeln, ließ ihn seinen Alltag vergessen. Diese unglaubliche Wirkung, hatte nur Alfred auf ihn.
 

"Musst du mich jedes Mal halber erwürgen?", sein angestrebter, strenger Tonfall, war nicht mal halb so streng, wie er hätte sein sollen.

"Ich freu mich halt dich zu sehen."

Das leicht enttäuschte Gesicht des Amerikaners, zauberte wieder ein Lächeln auf seine Lippen.

"Ja. Tut mir leid, dass ich nicht öfters kommen kann."

"Aber nun bist du ja da."
 

Lächelnd packte der Amerikaner ihn am Arm und zog ihn hinter sich her ins Haus. Er folgte ihm amüsiert. Ehe er sich versehen konnte, wurde er gepackt, auf das große Sofa im Wohnzimmer verfrachtet und der Amerikaner düste schon in Richtung Küche. Erneut entlockte das dem Engländer ein belustigtes Grinsen. Er fragte sich oft, woher der Jüngere diese ganze Energie nahm.
 

"Hier Iggy."

Schon nach wenigen Minuten, bekam Arthur von dem Jüngeren einen Tee vor die Nase gestellt. Dankbar nickte Arthur und probierte einen Schluck. Zwar kein geschmackliches Meisterwerk, aber dennoch guter Tee. Zumindest besser als das, was er heute in der Konferenz mit Spanien und Frankreich, vor die Nase gestellt bekommen hatte.
 

Und bis auf die Tatsache dass er und Antonio sich fast die Köpfe eingeschlagen hätten, war alles auch relativ glatt gegangen. Zumindest besser, als er es erwartet hätte. Zwar waren auch Spanien und Frankreich sehr weit fortgeschrittene Kolonialmächte, doch er war ihnen eine Nasenlänge voraus. Und das schien die zu stören.
 

Mächtig zu stören.
 

Natürlich, schließlich nagte es an deren Stolz, dass er, als der Kleinste von ihnen, nun plötzlich doch weit oben war. So weit oben, dass sie ihn nicht einholen konnten. Denn abgesehen von Amerika, gab es noch Indien und andere Länder die unter seiner Obhut standen. Amerika aber, erstmal ganz weit vorne.
 

"Arthur?!"

"Was? Oh, tut mir leid, ich war in Gedanken."

"Das habe ich gemerkt. Ich habe dich gefragt wie die Versammlung gewesen ist."

"Unangenehm, aber besser als erwartet."
 

Der Amerikaner nickte grinsend und nahm einen Schluck von dem Getränk, dass er vor sich stehen hatte. So viel der Engländer sich erinnerte, hieß das Gebräu Kaffee. Er hatte es mal probiert und verstand nicht wirklich, was der Jüngere daran liebte. Doch das schien nicht nur in Amerika beliebt zu sein. Viele Länder bestellten sich Unmengen, an den dunklen Bohnen.
 

"Was hast du heute noch so vor Iggy?"

"Nichts besonderes. Ich wollte einfach mal wieder nach dir sehen."

"Dann können wir ja was zusammen unternehmen."

"Gerne."
 

Das Gesicht des Jüngeren begann zu strahlen.
 

"In der Nähe hat eine neue Bar eröffnet. Sie bieten wirklich guten Whiskey."

Bei dem letzten Wort verzog der Engländer leicht das Gesicht. Whiskey hatte er auch schon zuhause genug. Da seine Brüder Schottland, Irland und Nordirland nie wussten was sie ihm schenken sollten, brachten sie bei jeder Gelegenheit Whiskey mit. Einmal hatte der Schotte ihm abwechslungshalber Zigarren mitgebracht. Die Dinger lagen schon das dritte Jahrzehnt unbenutzt, irgendwo in seinem Keller herum. Zusammen mit einem beachtlichen Vorrat an irischem und schottischem, hochwertigen Whiskey.
 

"Von Whiskey, hab ich erstmal genug."

"Na gut. Dann haben sie dort noch hochwertigen Wein und Rum."

Das Erstere konnte der Engländer bis auf den Tod nicht ausstehen und von dem zweiten, hatte er die Schnauze gestrichen voll.
 

"Außerdem haben sie dort guten Cognac und russischen Wodka."

"Was?"
 

Erstaunt hob der Engländer die Augenbraue. Seit wann lieferten die Russen auch im Ausland? Es war ihm gar nicht aufgefallen... Da musste er in Zukunft wohl besonders darauf achten, wenn er seine Vormachtsstellung nicht schon sehr bald und sehr schnell verlieren wollte. Schließlich kannte er das Land. Und dessen Personifikation Braginsky. Genug von seinen Boten, hatten bereits das Leben in den kalten Weiten dieses Landes verloren und genug russische Diplomaten in England, hatten sein Misstrauen erweckt.
 

“Also, was sagst du?”

“Gern.”

Daraufhin strahlte Alfred und sprang enthusiastisch auf.
 

~*~
 

Kaum dass er sich versah, waren sie schon an der Bar und eine Stunde später, ordentlich angetrunken. Arthur zumindest. Alfred schien immer noch recht nüchtern, aber er hatte auch deutlich weniger getrunken.
 

“Sag mal Iggy, darf ich dich was fragen?”

“Klar doch.”
 

Schon alleine, dass er fragte ob er das durfte, verunsicherte Arthur. Normalerweise platzte Alfred immer sofort damit raus, wenn ihm etwas im Kopf umherschwirrte.

“Was bin ich für dich, Iggy?”
 

“Mein kleiner Bruder, warum fragst du?”

“Einfach so.”
 

~*~
 

Nach dem Tag, begannen ihre Auseinandersetzungen. Sie stritten sich, warfen sich Beleidigungen an den Kopf und ab dem Tag, bekam Arthur immer mehr das Gefühl, dass ein Bruder ihn hasste. Eigentlich war das vorhersehbar, dass es irgendwann in die Brüche gehen würde, dennoch war der Independence day, der allerletzte Schlag in den Magen gewesen.
 

Ab da, hatte er sich von seinem Bruder losgesagt.
 

Es war ein langer Prozess gewesen. Er war schmerzhaft und erniedrigend. Es folgten viele Niederlagen, Erniedrigungen und Amerikas Demonstrationen, seiner geballten Macht, ihm gegenüber. Und dennoch, hatte er ihn immer im Herzen behalten. Was also, war das gewesen? Wollte der Amerikaner ihn echt küssen? Aber wieso das?
 

Er wurde jäh aus den Gedanken gerissen, als die Tür aufging und der Amerikaner reinstürzte.
 

~*~
 

Obwohl er eigentlich Angst davor gehabt hatte, dass der Amerikaner ihren ‚beinahe Kuss‘ ansprechen würde, war er doch enttäuscht gewesen, als dieser es nicht getan hatte. Weder im Zimmer, noch später beim Mittagessen. Es schien, als wäre das dem Jüngeren vollkommen egal. Und genau das machte ihn kirre. Denn ihm spukte er ständig in Gedanken rum. Schien sie zu beherrschen.
 

Das Schlimmste dabei war jedoch, dass es ihm gefiel. Ihm gefiel der Gedanke, dass Alfred möglicherweise Interesse an ihm hätte. Aber konnte es sein, dass es dem Amerikaner was bedeutet hatte? Schließlich machte er nicht sonderlich den Eindruck auf ihn, dass es ihn auch nur ansatzweise berührte. Und bis auf die eifersüchtigen Blicke die er erntete, wenn er mit Ivan sprach, zeugte es auch nicht sonderlich von Interesse.
 

Nach dem Essen war Alfred wieder auf ihr Zimmer gegangen. Arthur war es egal. Er bemerkte es nicht mal richtig, weil er in Gedanken versunken dasaß und auf die Tischplatte starrte. Doch der Amerikaner hatte ihn auch nicht angesprochen.
 

Niemandem schien es aufzufallen, dass der Grünäugige wie paralysiert auf die Tischplatte starrte und in Gedanken versunken war. Zumindest sprach ihn keiner darauf an. Und er war dankbar für das Taktgefühl der Leute die ihn tatsächlich in Ruhe gelassen hatten, auch wenn sie es möglicherweise bemerkt haben.
 

Jedoch besaßen einfach nicht alle Nationen, solches Feingefühl.
 

“Nanu, Angleterre, was ist den los?”

“Nichts Froschfresser. Verschwinde.”

“Das sehe ich.”
 

Noch ehe Arthur was sagen konnte, hatte der Franzose sich schon neben ihn gesetzt und musterte ihn genaustens.
 

“Es ist nichts moron.”

“Hör mal Arthur, du kannst viele anlügen, mich aber nicht, dafür kenne ich dich schon zu lange.”, Arthur hasste es, wie der Franzose ihn beim Namen nannte, dennoch schien es im Moment, eine fast schon beruhigende Wirkung auf ihn zu haben.
 

Aber sollte er Francis das echt erklären? Sie hassten sich. Sie stritten sich. Und doch konnten sie nicht ohne einander. Das Problem war nur, ob Francis das für sich behalten würde. Sicher, der Andere war zwar recht unzuverlässig, doch bei wichtigen Sachen, hatte er bisher die Klappe gehalten. Sonst hätten sie den zweiten Weltkrieg wahrscheinlich nie gewonnen. Hier war die Frage aber auch, ob der Franzose es für wichtig genug halten würde, um die Klappe darüber zu halten. Dennoch war er wohl der Einzige dem er es erzählen und dann möglicherweise auch einen durchführbaren Lösungsvorschlag bekommen könnte.
 

Er wusste nicht wieso, doch er erzählte es ihm tatsächlich. Alles. Bis ins kleinste Detail.
 

“Das heißt ihr beiden cheries, seid nischt zusammen?”

“No.”

“Aber i‘r ‘ättet euch fast geküsst?”
 

Noch eine weitere Macke von Francis, immer wenn der nervös oder aufgeregt war, bekam er einen solch starken französischen Akzent, dass Arthur ihn stellenweise nicht mehr verstand. Dennoch nickte er. Francis sah ihn in einer Mischung aus Unglauben und Verständnislosigkeit an.
 

“Okey mon Cheri, die Grundzüge hab isch verstanden. Nur das außenrum nischt. Was genau stört disch, ihn sich einfa‘ch zu krallen?”

“Du hast gar nichts verstanden! Ich bin nicht in ihn verliebt!”
 

Amüsiert musterte der Franzose ihn.

“Klar doch mon Cheri.”
 

Genervt seufzte Arthur. Francis jetzt zu versuchen vom Gegenteil zu überzeugen, würde nichts bringen. Das wusste er nur zu genau.

“Selbst wenn, Froschfresser, er ist sicher nicht in mich verliebt.”

“Und woher willst du das wissen?”

“Weil er mich sonst nicht verlassen hätte.”
 

Sie schwiegen. Selbst wenn sie sich oft stritten, der Erste, der erfahren hatte wie scheiße es Arthur ging nach dem Alfred ihn verlassen hatte. Eher gesagt der Erste, an dem er seiner Wut freien Lauf gelassen hatte und am Ende fast in Tränen ausbrach. Nebenbei, auch der Letzte. Der Langhaarige schüttelte nur den Kopf. Er wusste nur zu genau, wie sehr das den Engländer verletzt hatte. So unglaublich tief verletzt.
 

“Jetzt reicht es, mon chere Anglais. Du hast definitiv zu lange darum getrauert. Du musst endlich nach Vorne sehen. Und Tatsache ist nun mal, dass unsere grande cata, anscheinend doch was für dich empfindet. Anders kann ich mir das nicht erklären, dass er Ivan eifersüchtig hinterher starrt, wenn ihr beide miteinander redet.”

“Aber…”

“Nichts aber, Arthur.”

“Doch! Was wenn er doch nichts für mich empfindet? Was wenn du es dir nur einbildest?”
 

Sie starrten sich an. Arthur war klar wie haltlos sein Argument war. Wenn es um Gefühle ging, war Francis immer der Erste, der so was bemerkte. Fast schon wie ein gut dressierter Bluthund. Darum war es eigentlich fast unmöglich, dass er sich irrte, oder es sich gar einbildete. Dennoch wollte Arthur nicht daran glauben, dass Alfred was für ihn empfinden sollte. Vielleicht Hass, ja das war noch möglich. Aber dann gab es keinen Grund für ihn eifersüchtig zu sein. Oder?
 

“Jetzt hör mal. Ich kann mir das gar nicht einbilden, Arthur. Denn das würde selbst ein Blinder mit Krückstock bemerken. Aber wenn du mir nicht glaubst, dann musst du dich wohl selber überzeugen.”

“Und wie?”

“Ich habe da eine Idee…”
 

~*~
 

Seit einer halben Stunde saß Arthur nun schon da und dachte nach. Eigentlich gab es recht wenig dass in seinem Kopf rumschwirrte. Eher gesagt nur eine Sache. Und zwar Francis Vorschlag.
 

“Nanu, Angliya? Was machst du denn hier?”
 

Peinlich berührt zuckte er zusammen als er Ivans Stimme hörte. Eigentlich hatte er ja gehofft dass der Russe hier nicht auftauchen würde. Ein dummer Gedanke, wenn man bedachte, dass er hier vor dessen Zimmertür saß und auf ihn wartete. Seit einer halben Stunde. Etwas schwerfällig richtete er sich auf und ergriff zum Aufstehen dankbar die Hand, die Ivan ihm entgegenstreckte.
 

“Ich muss mit dir reden Russia.”

“Ja, in Ordnung. Macht es dir noch was aus, wenn ich mich schnell umziehe?”

Erst jetzt bemerkte England Ivans Aufzug. An der Jogginghose klebte Schnee und sie war nass. Anscheinend war der Andere draußen gewesen. Zumindest würde das seinen komischen Aufzug und die geröteten Wangen erklären.
 

“Ja, kein Problem.”

“Gut. Dann komm mit rein, da.”
 

Nickend folgte der Engländer dem Russen ins Zimmer. Erstaunt sah er sich um und ließ sich dann auf das Bett fallen. Eigentlich wusste er nicht genau was er erwartet hatte. Nach der prunkvollen Eingangshalle, den großen Zimmern und dem Esssaal, wahrscheinlich noch etwas mehr Prunk und schicke Möbel.
 

Doch in dem Falle wurde er bitter enttäuscht.
 

Die Einrichtung war eher spärlich. Ein einfaches, aber anscheinend dennoch stabiles Bett, ein Kleiderschrank, ein Bücherregal und Tisch mit Stuhl. Auf dem Tisch stand eine Vase, mit Sonnenblumen. Als er sie sich aber näher besah, stellte er fest, dass sie künstlich waren. Natürlich, Sonnenblumen mitten im Winter, waren auch unmöglich. Hier in Russland zumindest. Auch die Tapete war in schlichtem weiß gehalten. Einzig der dunkle Teppich mit den beigen Blumenmustern als Verziehrungen, brachte etwas Farbe ins Spiel.
 

Kaum dass sie drinnen waren, verzog sich der Russe augenblicklich, in einen angrenzenden Raum. Wenig später kam er in einer anderen Hose und einem Pullover zurück. Dann schnappte er sich den Stuhl, stellte ihn mit der Lehne, Arthur gegenüber und setzt sich rittlings drauf.
 

“Also Angliya, was gibt es?”
 

Er hatte wirklich sehr lange über Francis Vorschlag nachgedacht, Zuerst hatte er ‚Pro und Contra‘ abgewogen und hinterher noch die Folgen ausgerechnet. Diese waren allerdings eher weniger das Problem. Bis auf Francis, kannte er niemanden, der das freiwillig machen würde. Und bei dem Froschfresser, war er sich nicht wirklich sicher, ob dieser es nicht ganz uneigennützig machen würde.
 

“Ähm, ich hätte da eine Bitte an dich Ivan.”

“Schieß los.”

Erneut erinnerte er sich an Francis Worte.
 

“Du musst jemand wählen Anglais, bei dem es identisch rüberkommt. Jemand der nicht allzu verklemmt ist und das auch machen würde. Jemand, mit dem du dich relativ gut verstehst und den Alfred auch gut kennt. Am liebsten auch jemand, den Alfred bis auf den Tod nicht ausstehen kann. Dann bist du auf der sicheren Seite und kannst dir sicher sein, dass es auch klappt. Dann siehst du schon, dass ich recht hatte.”
 

Francis hatte recht gehabt. Doch egal wen er alles in Gedanken durchgegangen war, er hatte einfach niemanden gefunden. Alle die ihm eingefallen waren, schienen nicht geeignet. Bis auf diesen Einen. Es war sein letzter Ausweg. Wenn er jetzt nein sagen würde, wüsste er nicht an wen er sich noch wenden sollte.
 

“Du weißt ja dass zwischen mir und Alfred nicht alles stimmt.”

“Da.”

“Ähm und ich wollte dich da um deine Hilfe bitten.”

“Was genau meinst du.”
 

Arthur holte tief Luft und betete einmal das Vaterunser runter. Jetzt oder nie. Das war seine Chance, endlich die Wahrheit zu erfahren
 

“Und zwar geht es darum, dass ich dich …”

“Ja?”
 

Der Engländer stockte nervös.
 

“Ich würde dich gerne fragen, ob du eine Weile lang meinen Freund spielst.”

Extrakap

~*~ einige Wochen vor der Konferenz ~*~
 

Auch wenn man es nicht vermutete, die Partys mit dem meisten Alkohol, waren nicht die von Ivan oder etwa Arthur. Nein. Die Partys mit dem meisten Alkohol, wo hinterher wirklich jeder mit einem Kater aufwachte, waren die von Tino. Selbst der ziemlich trinkfeste Engländer, der wirklich trinkfeste Däne und der noch trinkfestere Russe, wachten am nächsten Morgen mit Kopfschmerzen und einem Kater auf, der sich gewaschen hatte.

Meistens auch noch in fremden Betten.
 

Vielleicht war das einer der Gründe dafür gewesen, dass sich die drei Nationen, sich am nächsten Morgen immer in einem Café verabredeten. Dort waren sie mittlerweile bekannt wie bunte Hunde. Schließlich waren ein kleiner, verkaterter Brite, ein wirklich verkaterter und extrem genervter Däne und ein Russe der aussieht als würde er gleich an Kopfschmerzen verrecken, ein wirklich ungewöhnlicher Anblick.
 

Nach dem sie das eine Weile lang durch hatten, fingen sie an sich am Abend vor der Party auch dort zu verabreden. Nach einer kurzen Weile, kamen zu ihren Leidensgenossen noch Schottland und Mexico dazu. So waren sie also relativ schnell eine Leidensgenossenschaft geworden. Eine Leidensgenossenschaft, die immer tapfer versuchte, diese Partys zu überstehen.
 

Sie passten gegenseitig auf sich auf und versuchten den Anderen davon abzuhalten, mit anderen Nationen im Bett zu landen. Bei dem zierlichen Briten klappte das nur äußerst selten. So kam es nun, dass sie am Tisch saßen und sich die Beschwerde anhörten.

"Aber nicht, dass ich so wie letztes Mal mit Francis im Bett lande!"

Allen war klar, dass die Entscheidung einfach keinen Alkohol mehr zu trinken, nicht funktioniert hätte.
 

Normalerweise zogen sich Scott und Arthur auf, wo sie nur konnten. Heute klopfte der Schotte dem Engländer nur brüderlich auf die Schulter und murmelte eine Entschuldigung, bevor er versprach, gut auf den Briten aufzupassen.

Somit konnte man sich in zirka vorstellen, wie die Partys wirklich waren, dass sich selbst die beiden Streithähne, davor versöhnten und sich hinterher sogar eine Flasche Wasser und eine Packung Aspirin teilten.

Meistens glichen diese Partys, einer alkoholischen Apokalypse.
 

Ivan wachte hinterher nur selten in fremden Betten auf. Und wenn, dann nur mit Dänemark, Schottland oder Mexico. Angezogen und mit einem schlimmen Kater. Und eigentlich hatte Ivan wirklich nichts gegen den süßen, zierlichen Ehemann von Schweden, sie verstanden sich sogar relativ gut und tauschten oft Rezepte zur Wodkaverarbeitung aus, aber diese Partys waren das letzte, was auf seiner Wunschliste stand.
 

Der ersten Einladung, war er aus purer Höflichkeit gefolgt. Das zweite Mal ist er hingegangen, nach dem er Weißrussland, Litauen, Lettland, Estonien und Ukraine betrunken erlebt hatte. Ab dem Zeitpunkt, kam er auf jede dieser Partys. Nicht weil sie ihm Spaß machten, sonderlich weil er Babysitter für seine Geschwister spielte und sie regelmäßig davon abhielt, in fremden Betten zu landen, oder wirklich dumme Sachen zu tun.
 

Um Weißrussland machte er sich da die wenigsten Sorgen. Toris war meistens mit Feliks dort, wobei der Pole immer recht wenig trank- oder sich zumindest darum bemühte. Estonien benahm sich betrunken zwar immer extrem peinlich, neigte aber wenigstens nicht dazu Blödheiten anzustellen. Ukraine war seine große Schwester und entweder mit Francis und dessen Amour unterwegs, oder ließ die große Schwester raushängen und hängte sich an ihn. Raivis hingegen, war da schon eine Klasse für sich. Wenn der betrunken war, war nichts mehr von dem süßen kleinen Kerl übrig, der bei der kleinsten Bedrohung Tränen in den Augen hatte. Wenn Raivis betrunken war, mutierte er zur Schlampe und verschwand fast jede halbe Stunde mit einem neuen Kerl irgendwo im nirgendwo, nur um eine halbe Stunde später wieder zurückzukommen und sich über deren miserablen Qualitäten im Bett, auszulassen.

Am nächsten Morgen wachte der Kleine dann immer mit einem furchtbaren Kater auf, konnte sich an nichts mehr erinnern und verstand auch nicht, warum ihm sein Arsch wehtat. Die schlechten Erfahrungen, hatte Ivan also ganz für sich
 

"Ich schwör's, falls ich wieder mal versuchen sollte Norwegen anzugraben, haltet mich davon ab!"

Matthias saß Ivan gegenüber im Café und trank einen Kaffee. Einen ziemlich starken Kaffee.

So wie die anderen auch.
 

"Das letzte Mal hatte der dir ein hübsches Veilchen verpasst."

"Musst du mir sagen Scott. Du wärst fast mit Wales in der Kiste gelandet, wen Irland dich nicht davon abgehalten hätte."

"Er hat mich nicht davon abgehalten. Das war ein hübscher Dreier geworden."

Angewidert verzog der Däne das Gesicht: "Danke so genau wollte ich das auch nicht wissen."
 

In einem Zug kippte Ivan seinen Kaffee runter und sah auf die Uhr. Es war mittlerweile spät. In einer halben Stunde würden bereits alle Anwesenden da sein.

"Wir sollten uns langsam beeilen, da."
 

Resigniert seufzend, tranken alle ihren Kaffee aus- selbst der Engländer, der dieses Gesöff wie die Pest hasste- und fingen an ihre Sachen zu packen und sich ihre Winterjacken überzuziehen. Normalerweise lief das bei ihnen so ab, dass einer für alle zahlte, alle einmal der Reihe nach. Diesmal war Arthur dran, der mit mitleidiger Miene seinen Geldbeutel rausholte und zahlte. Irgendwie konnte Ivan verstehen, dass der Kleinste nicht wirkliche Lust auf diese Feier hatte. Schließlich war derjenige der fünf 'Verbündeten', der dann am meisten angegraben wurde.
 

Vor Ivan hatten die meisten zu viel Angst, vor Matthias zu viel Respekt. Mexico war für seine ziemlich 'interessanten' Sexpraktiken bekannt und Scott schaffte es alle mit seiner Miene abzuschrecken. Somit war der Engländer, als der zierlichste und harmloseste der Bande, das Lieblingsziel aller Perversen. Zumindest war der schon mal neben Gilbert, Antonio, Sadik und Francis aufgewacht. Ganz abgesehen davon, dass er wegen dem Alkohol schon mal mit Matthias, Ivan und Scott im Bett gewesen ist. Doch von den ersteren Nationen konnte sich hinterher niemand an was erinnern- und er früh und lautlos verschwinden- und die Letzteren, hielten großzügig die Klappe und schoben alles großzügig auf die Partys, die meistens ausarteten.
 

~*~
 

Nach dem Arthur bezahlt hatte, gingen die Fünf aus dem Café und machten sich auf den Weg zu Tinos Anwesen. Es war mitten im Januar und auf den Straßen Finnlands, lag weicher, weißer Schnee. Tatsächlich war das Café nicht sonderlich weit weg von Tinos Anwesen, weshalb sie meistens zu Fuß dorthin liefen. Dem Russen und dem Dänen machte es nichts, Scott und Arthur waren dick genug eingepackt, nur der Mexikaner fror sich meistens den Arsch ab.
 

Allerdings waren sie nach zehn Minuten schon da und der Däne klingelte an der Tür. In einer Mischung aus angewidert und fasziniert, starrten die fünf Nationen auf die Tür, als sie bereits betrunkenes Gegrölle im Haus vernahmen. Als die Tür dann aufgemacht wurde und der Finne sie alle mit strahlendem Lächeln empfing, schickte der Russe noch ein stummes Gebet nach oben, er möge den Abend heil und vor allem ohne größere Pannen, überstehen.
 

~*~
 

Nach vier Stunden, war keiner mehr nüchtern. Nur noch wenige waren anwesend. Unter ihnen Schweden, der wahrscheinlich eh bei dem Gastgeber übernachtete, der eben erwähnte Gastgeber Finnland, der bereits ordentlich betrunkene Däne und der noch betrunkerene Norweger, der Franzose, der zusammen mit dem Engländer in irgendeiner Ecke rumknutschte- Scott war es nicht gelungen die Beiden auseinander zu treiben, nach dem Irland und Wales beschlossen haben ihn ordentlich zu beschäftigen- der Russe, an dessen Arm die mittlerweile eingeschlafene Nataliya hing, und der sturzbetrunkene Amerikaner.
 

Jedenfalls saß Ivan gerade bei Schweden und Finnland und kotzte schon fast wegen dem Schnulz, den er sich gerade unfreiwillig und im noch recht nüchternen Zustand geben musste.
 

"Hey Leute, es wird langweilig!"

Plötzlich erschien zwischen Tino und Berwald, Alfreds Gesicht, mit den leicht geröteten Wangen und dem strahlenden Lächeln. Bisher hatte der Russe es erfolgreich geschafft den Amerikaner zu ignorieren. Allerdings sagte ihm ein Gefühl, dass es ihm nun, nicht mehr gelingen würde.
 

"Wie wär's mit einer Runde Poker?"

"Gerne, wenn du es schaffst die Anderen auch dazu zu überreden."

Daraufhin verschwand Alfred erneut und Tino auch.
 

Während schon zehn Minuten später, alle noch Anwesenden um den Tisch, im verwüsteten Wohnzimmer herum saßen, holte Tino noch ein paar Flaschen Vodka. Denn irgendwie war normales Pokern Alfred plötzlich langweilig erschienen und als Francis das Wort Strippoker in die Runde geworfen hatte, hatte der selbsternannte Held sofort beschlossen, dass es eine prima Idee war.
 

Darum tauchte Tino auch schon wenige Sekunden später mit drei Flaschen auf und die Karten wurden ausgeteilt. Die Regeln waren einfach. Die Drei mit dem höchsten Deck, blieben verschont. Der Rest musste ein Kleidungsstück ausziehen und einen Schluck aus einer der Vodkaflaschen nehmen.
 

Zuerst hatte der Russe was dagegen gehabt mitzumachen, da Nataliya immer noch an seinem Arm hing und er das einfach nur lächerlich fand, aber nach dem der Amerikaner ihn als Feigling bezeichnet hatte, hatte er seine Bedenken über Bord geworfen, Nataliya langsam von sich gelöst und sich zu der lustig angeheiterten Truppe gesellt. Schließlich war ja nichts dabei und er hatte sicherlich auch nichts zu verbergen.
 

Somit begann die erste Runde. Der Fairness halber, wurden alle Klamotten auf Pullover, Shirts und Hosen minimiert, damit die Chancen fair blieben. Nach der ersten Runde, schien der Amerikaner sich nur in seiner Idee bestätigt zu fühlen, als er, Ivan und Tino sich nicht ausziehen mussten. Wobei der Russe sich sicher war, dass der zierliche Finne gewaltig schummelte. Zumindest konnte er sich nur so das verschlagene Grinsen erklären, dass dessen Lippen für einen winzigen Moment heimgesucht hatte, nachdem Berwald sein erstes Kleidungsstück ablegen musste und somit seinen recht deutlich definierten Oberkörper, zur Schau stellte, welcher durch das Shirt nicht sonderlich gut verdeckt wurde.
 

Nach der zweiten und der dritten Runde allerdings, schien der Amerikaner nicht mehr so begeistert. Allerdings saß er noch in Hosen, während Arthur seine, gerade auszog und dabei mit gierigen Augen eines gewissen Franzosen beobachtet wurde, der auch nicht mehr, als seine Hose trug. Wahrscheinlich auch mit nichts drunter. Anscheinend hatte der Finne sich bisher auch recht gut durchgeschummelt, denn ebenso wie der Russe selbst, trug er noch seine gesamte Kleidung.
 

Erst bei der vierten Runde, wurde es für den Aschenblonden ernster. Wenn auch nur ein Stück. Denn während er erst seinen Pullover verlor, verlor Schweden schon seine Hose, ebenso wie Frankreich- der, oh Wunder, doch was drunter anhatte- und mit ihnen zusammen auch Amerika und Schottland, die bisher mehr Glück gehabt haben als Irland, Wales, Dänemark, Norwegen und England.
 

Als die recht kühle Luft die langen Beine des Schweden in Empfang nahm, erschauderte dieser. Tino sah ihm begeistert zu, noch seine kompletten Klamotten anbehaltend. Plötzlich sprang der Kleinere auf, zog den Schweden auf die Beine und verschwand mit ihm aus dem Raum. Etwas flüsterte dem Russen ganz leise ins Ohr, dass es dem Schweden bald nicht mehr so kalt sein dürfte.

Nebenbei fiel ihm nur zu deutlich auf, dass Dänemark und Norwegen sich fast schon mit Blicken auszogen. Die würden sicher auch nicht mehr lange brauchen, wenn einer von ihnen in der nächsten Runde gänzlich verlor. Eigentlich war neben Schottland, auch Wales im Rennen, da Irland sonst nackt dasitzen müsste, was aber höflich abgelehnt wurde.
 

Die Schlusszusammenfassung lautete, dass außer ihm selber, alle nur noch in ihren Unterhosen dasaßen. Eigentlich dürfte er mit Leichtigkeit gewinnen und die Party wäre dann sogar relativ gut und ohne große Peinlichkeiten verlaufen. Doch als sie anfingen zu spielen, wurden sie abrupt unterbrochen. Anscheinend konnten Wales und Irland nicht mehr an sich halten, weswegen der Schotte von ihnen fortgeschleppt wurde, aber nicht den Mund freihatte, um sich zu beschweren, oder um Hilfe, oder Gnade, zu flehen.
 

"Dann sind nur noch wir sechs übrig. Wartet's ab, ich, der Held, werde euch alle besiegen!"

Im Übrigen lallte Alfred ganz schön. Anscheinend war entweder der letzte Schluck zu viel gewesen, oder der Amerikaner vertrug noch weniger, als gedacht.

"Das denkst auch nur du mon Ami."

Francis war auch nicht mehr ganz nüchtern.

"Hört auf zu labern Morons und macht weiter."

Arthur war auch ganz schön zu.
 

Irgendwie brachten sie die fünfte Runde auch noch rum. Im Nachhinein wunderte es den Amerikaner ziemlich, wie sie das geschafft haben. Doch er hatte Glück. Diese Runde verloren Norwegen, England und Russland. Als Francis gesehen hatte dass der Engländer verloren hatte, hatte er ihn einfach wortlos gepackt, hochgehoben und weggetragen. Ebenso, wie Dänemark, der sich seinen- seit Jahren heimlichen- Schwarm Norwegen, einfach so geschnappt hatte und mit ihm abgehauen ist. Doch seltsamerweise erregte das alles weniger Alfreds Aufmerksamkeit, als die Tatsache, dass Ivan sein Shirt auszog und er tatsächlich zum ersten Mal, den entblößten Oberkörper des Russen sah.
 

Er war wirklich gut gebaut. Breite Schultern mit deutlich sichtbarem Schlüsselbein und leicht sichtbaren Rippen, ein markantes Kinn, das durch den fehlenden Schal auffiel und die Gesichtszüge ein wenig verhärtete, und die kräftigen Oberarme. Nun wusste er auch warum, der Andere sich getraut hatte, sich mit ihm anzulegen.
 

Eigentlich hatte er es alles für eine dämliche Ausrede gehalten und immer gedacht dass der Andere sich nur nicht auszog um das nicht zu entpuppen, doch als er den Oberkörper sah, wurde ihm schlagartig klar, dass der Andere nichts zu verstecken hatte, außer den blassen Narben, die seinen klar definierten Oberkörper durchzogen. Den klar definierten Oberkörper mit der erstaunlich blassen Haut und den Narben, die sich wie feine Fäden drüber zogen.

Allerdings, schien dem Russen das Gestarre des Amerikaners, nicht aufzufallen. Zumindest sagte er nichts dazu, sah sich stattdessen mit einem leicht erstaunten Gesichtsausdruck um und hob anschließend die Augenbraue, während er sich zurücklehnte und statt einem Schluck Vodka, gleich die halbe Flasche runterkippte.
 

"Tja, dann ist das Spiel wohl zu Ende nehm' ich an, da."

"Wieso denn? Ich finde es wird gerade erst richtig lustig."

"Wir sind nur noch zu zweit hier Amerika."

"Ja und? Wir können weitermachen, oder hast du Angst gegen mich, den Helden, zu verlieren?"

"Hatte ich nie und werde ich nie haben."

Beide bemerkten nicht, wie sie sich immer näher gekommen sind, bis ihre Gesichter sich gefährlich nahe waren. Hasserfüllt, starrten sie dem jeweils anderem in die Augen, während in ihrem Blick neben dem Hass, noch etwas Anderes erglomm. Etwas zu tiefst animalisches und so uraltes, dass sich zwischen ihnen langsam aber sicher, eine Spannung aufbaute, die einen Waldbrand hätte auslösen können.

"Wie wär’s mit einem anderen Spiel. Poker zu zweit, ist doch langweilig.", sagte der Russe, grinste auf seine typische, kindliche Art und lehnte sich zurück.

"Was schlägst du denn vor?"

"Durak."
 

Der Amerikaner kannte das Spiel. Er kannte es noch ziemlich gut. Damals vor dem kalten Krieg, hatten sie es oft in Russland an der Front gespielt, wenn die Winterabende zu kalt wurden, um aus den Zelten zu gehen. Noch lange bevor, ihre Freundschaft zerstört wurde. Selbstzufrieden grinste er und verteilte die Karten. In dem Spiel war er sich sicher. Während er bei Poker immer noch ab und zu Mühe hatte, so ging es in dem Spiel um was völlig anderes. Doch sein Verstand war vom Alkohol vernebelt. Allerdings auch der des Russen, der mittlerweile selber genug intus hatte, weil er sich sonst nie auf so was Kindisches herabgelassen hätte.
 

Karte nach Karte folgte. Keiner der Beiden war bereit aufzugeben. Selbst wenn der kalte Krieg bereits vorbei war, ihre Feindschaft würden sie nicht so schnell vergessen. Schon gar nicht ihre Abneigung gegeneinander. Die Freundschaft, die vor langer Zeit äußerst zerbrechlich und dennoch präsent genug, zwischen ihnen geherrscht hatte, war schon längst nicht mehr, als eine verblassende Erinnerung. Doch der mit einem Zug, schaffte der Russe es tatsächlich, sich den Sieg zu sichern. Das selbstgefällige Grinsen welches das Gesicht des Größeren daraufhin zierte, hätte der Amerikaner ihm am liebsten mit der Faust aus dem Gesicht gewischt.

"Na dann komm Amerika, zieh dich aus."

Eigentlich war es wenig die Tatsache was der Russe da von ihm verlangte, als der Ton, mit dem er es sagte.

"Du hast mir nichts zu befehlen."
 

Plötzlich fand der Amerikaner sich auf den Boden gedrückt wieder, während der Russe sich über ihn gekniet und im selben Atemzug, seine Handgelenke hinter seinem Kopf am Boden fixiert hatte. Wäre er nicht so betrunken, hätte der Größere das gar nicht machen können. Aber seine Reaktion war durch den Alkohol deutlich zurückgegangen und auch ansonsten konnte er nicht mehr seine gesamte Kraft aufbringen. Höchstens die Hälfte davon und die würde nun mal nicht ausreichen, wenn er den Russen von sich stoßen wollen würde, der anscheinend selbst im betrunken Zustand, noch in deren Vollbesitz war.
 

"Lass mich los!"

Mittlerweile schien er zumindest ansatzweise wieder nüchtern zu werden.

"Nein. Mein Gewinn steht noch offen und außerdem will ich noch was überprüfen."

Noch bevor der Amerikaner sich versah, wanderte die warme Hand des Russen unter seine Boxershorts und machte sich ziemlich ungeniert an seinem kleinen Freund zu schaffen. Nur um ihm dann die Unterhose abzuziehen und ihn ziemlich ungeniert zu betrachten.

"Also ganz ehrlich Amerika? Die damals bestellten 25cm Kondome, waren etwas übertrieben gewesen. Da hätten auch 17cm gereicht."

"Willst du mich verarschen?! Lass mich sofort los!"

"Warum denn? Mir macht es Spaß..."
 

Auf einmal verstärkte er etwas den Druck um Alfreds Glied und bewegte seine Hand etwas.

"...Und deinem Freund hier unten auch."

Zu seinem Leidwesen stellte der Amerikaner fest, dass es wirklich nicht spurlos an ihm vorbeiging. Weder die Berührung, noch der Anblick des Russen, der ihn nun deutlich lüstern musterte. Ein winzig kleiner Teil in Alfreds Gehirn wehrte sich dagegen. Allerdings war er zu betrunken und auch langsam zu geil, als dass er auf diesen Teil gehört hätte.
 

"In welchem Hotel bist du?", knurrte er schon fast.

"In keinem. Bin mit dem Wagen hier."

"Meines liegt zehn Minuten Fußmarsch entfernt von hier."

"Wenn wir schnell sind?"

"Fünf."

Wortlos stand der Russe auf und zog ihn hoch. Dabei fiel dem Kleineren auf, dass nicht nur sein kleiner Kumpel auf die Lage reagiert hatte.
 

Schnell zogen sie sich an, verließen das Haus und waren fast noch schneller im Hotel. Wobei der Amerikaner einsehen musste, dass der Russe mit seiner Antwort auf die Kondombestellung zwar auch gemogelt hatte, aber durchaus eine Berechtigung dazu hatte.
 

~*~
 

Am nächsten Morgen erwachte der Russe nur langsam durch die Sonnenstrahlen, die keine sonderliche Mühe hatten, an den Fenstern und den dünnen Vorhängen, ins Zimmer zu scheinen und seine Nase zu kitzeln. Äußerst langsam, fast schon schleichend, fing sein Gehirn zu arbeiten an. Dafür sorgten die angenehme Wärme, die ihn empfing und der nackte Körper, der an seinen gedrückt, leise schnarchte. Eigentlich war es gar nicht mal so schlecht, zu zweit aufzuwachen.
 

Und eigentlich wollte er noch schlafen, wenn ihm nicht die schleichende Frage gekommen wäre, was genau ein nackter Körper an seinem zu suchen hatte. Doch sein Gehirn war morgens viel zu träge zum Nachdenken. Vor allem wenn er an den Alkohol und die gestrige Party zurückdachte. Zumindest ihren Anfang. An das Ende konnte er sich gerade nicht erinnern. Aber das fühlte sich definitiv nicht nach einem Blackout an. Als er sich leicht bewegte, murrte es neben ihm leise und die Person drehte sich langsam auf den Rücken. Das leise Gähnen, verriet, dass auch der Andere nun scheinbar wach war.
 

"Morgen.", nuschelte es leise von seiner Seite.

"Morgen.", nuschelte der Russe in seinem 'es ist noch zu früh am Morgen'-Englisch, zurück.

Halt mal...

Warum sprach er gerade Englisch?

...
 

Plötzlich saß er kerzengerade im Bett, ebenso wie die Person neben ihm. Beide sahen langsam zur Seite und erblickten den Anderen. Im selben Augenblick waren sie auch schon aus dem Bett gesprungen und starrten sich fassungslos an, während sie versuchten etwas zusammenzustammeln. Im Fall des Russen, sich den Rest Englisch ins Gedächtnis zu rufen, den der Schock nicht vergrault hatte und im Fall des Amerikaners, der sich vorhin noch so hingebungsvoll an ihn gedrückt hatte, sich die Erinnerungen an die Nacht zurückzurufen und dabei zu hoffen, dass es nur ein Albtraum war.
 

"Strippoker...", brachte der Amerikaner schließlich immer noch geschockt heraus, nach dem er seine Sprache wiedergefunden hatte.

"Letztes Spiel..."

"Du hast..."

"Gewonnen und dann hab ich dich..."

"Du hast mir in den Schritt gefasst!"

"Und dann gevögelt."
 

Mehrmals, doch das sagte keiner von ihnen. Brauchten sie auch nicht. Der Amerikaner fühlte seinen Arsch nur zu genau und der Russe hatte die Erinnerung fast schon auf dem Präsentierteller vor Augen. Zumindest wussten Beide jetzt ganz genau, dass es nicht nur ein blöder Albtraum war, den ihre Gehirne ihnen vorgaukelten.
 

"Du hast..."

"Ich weiß..."

"Du..."

"Hey, es hat dir gefallen."

"Ja, WEIL ICH STURZBESOFFEN WAR!!!"

'Ebenso wie ich', wollte der Russe erwidern, doch hielt die Klappe.

Erneut sahen sie sich an.
 

"Scheiße..."

Damit hatte der Russe das ausgesprochen, was sie Beide im Moment dachten.
 

"Und jetzt?", fragte der Amerikaner schließlich nach einer totgeschwiegenen Minute.

"Keine Ahnung. Erst mal duschen, anziehen und dann weitersehen?"

"Als ob ich jetzt noch in Ruhe duschen könnte!"

"Benimm dich nicht wie ein hysterisches Weib. Ich werde dich schon nicht vergewaltigen."
 

Misstrauisch musterte der Amerikaner ihn, doch dann ergab er sich seinem Schicksal und ging tatsächlich in das angrenzende Bad rüber, während der Russe begann seine Klamotten zu suchen und sich anzuziehen. Zum Glück waren sein Handy, der Geldbeutel und die Schlüssel noch da, wo sie hingehörten. Ebenso wie all seine Kleidung im Raum. Auch wenn sein Oberteil, ziemlich in Mitleidenschaft gezogen, aussah. Allerdings konnte er sich nicht bei dem Amerikaner beschweren, Sowie dessen Kleidung aussah, war er auch nicht gerade sanfter vorgegangen. Darum zog er sich nur schweigend an und blieb im Sessel sitzen. Der gesamte Raum war ziemlich spartanisch eingerichtet und enthielt neben einem Bett nur einen Kleiderschrank, einen Tisch mit einem Stuhl, einen kleinen Fernseher mit einem Nachtschränkchen und eben diesen Sessel, auf dem der Russe saß und seinen Gedanken nachhing.
 

Nach weniger als zehn Minuten kam der Amerikaner in einen Bademantel eingemurmelt ins Zimmer und ließ sich auf den Stuhl sinken.

"Also?"

"Was?"

"Was machen wir jetzt?"
 

Der Russe zuckte die Schultern. Sie Beide waren nicht die besten Freunde und schlugen sich fast die Köpfe ein, wenn sie sich länger als eine Stunde alleine in einem Raum befanden. Insgesamt war die Nacht, also wirklich nur ein einziger Ausrutscher gewesen. Wenn auch ein relativ guter Ausrutscher und so wie der Russe sich erinnerte- und das würde er sich wohl definitiv nie wieder aus dem Gedächtnis löschen können- ein für beide Seiten ziemlich befriedigender Ausrutscher. Aber doch nur ein Ausrutscher. Denn noch mal, würde er so was nicht machen. Schon gar nicht im nüchternen Zustand.
 

"Es war ein Ausrutscher, da?"

"Ja."

"Keine Wiederholungen und keine Versuche einer Wiederholung."

"Damit kann ich leben."

"Dann bleibt es unter uns und basta."
 

Zustimmend nickte der Kleinere und wirkte relativ erleichtert. Daraufhin nickte der Russe nur, versuchte es mit einem misslungenen Lächeln, das ebenso misslungen erwidert wurde und ging aus dem Raum heraus. Es war seltsam. Gerade hatte er sich nicht allzu unwillkommen gefühlt. Aber sicher hatte ihm sein Gehirn nur einen morgendlichen Streich gespielt. Schließlich hasste der Amerikaner ihn und er den Amerikaner. Oder?
 

~*~
 

Als er an diesem Morgen im Café saß, war er etwas verwundert. Ihre Leidensgenossenschaft, war auf ein Mitglied angewachsen. Denn neben Dänemark, saß Norwegen und während der Erstere strahlte, als wäre er in Tschernobyl geboren, schien der Zweite sich nur ein tiefes Loch im Erdboden, oder zumindest anständige Schmerzmittel, zu wünschen. Neben ihnen wiederrum, saßen Schottland und England. Wie jeden Morgen mit den Köpfen auf den Tischplatten, sich eine Flasche Wasser und eine Packung Aspirin, teilend.
 

Doch irgendwie sah Schottland noch müder aus als sonst, was zumindest die Anwesenheit von Irland und Wales erklären würde, die zufrieden hinter ihren Brüdern saßen, über beide Ohren strahlten und dabei Matthias, und jedem Atomkraftwerk mit Atomkernschmelze, Konkurrenz machten. Allerdings machte Schottlands Miene ihm sofort klar, dass die Beiden sicher nicht jeden Morgen mit ihnen verbringen würden. Wie er später erklärte, hatten die das auch nur, weil er sie nicht losgeworden ist und zu verkatert war um sich gegen beide auf einmal, zu wehren.
 

Arthur hingegen, war zwar aus ähnlichen Gründen hundemüde, klagte nebenbei aber noch über extreme Schmerzen im Arschbereich. Jedoch konnte er sich anscheinend nicht wirklich erinnern, was gestern noch so alles passiert war, nur dass er heute von einem gut gelaunten Frankreich aufgeweckt worden war.
 

Mexico war ausnahmsweise fit auf den Beinen, wobei aber auch bei ihm ein dicker fetter Kater, zufrieden schnurrend, im Kopf umherzutraben, schien. Im Gegensatz zu dem Russen, der zwar keinen Kater hatte, sich aber umso mehr an vergangene Nacht zurückerinnerte. Nicht weil es besonders schön war- auch wenn es ziemlich geil gewesen ist- sondern weil er sich fragte, warum er ausgerechnet den Amerikaner gevögelt hatte. Eigentlich wären Raivis oder seinetwegen Arthur besser gewesen und hätten wahrscheinlich weniger Konsequenzen nach sich gezogen. Allerdings bereute er es nicht.

Egal wie sehr er versuchte sich selber ein schlechtes Gewissen einzureden- was eigentlich lächerlich und nebenbei ziemlich sinnlos war-er schaffte es einfach nicht. Seltsamerweise.
 

Doch zumindest hatte er sich weitere Peinlichkeiten erspart, die ihn sonst bei solchen Festen gerne heimsuchten. Zum Beispiel von Nataliya vollgekotzt, oder von Ukraine fast mit ihren Brüsten erstickt zu werden.
 

Auch wenn er das nagende Gefühl hatte, etwas vergessen zu haben. Etwas Wichtiges.
 

~*~
 

An dem Morgen wachte Nataliya alleine in einem fremden Haus auf. Mit einem mächtigen Blackout und Kopfschmerzen.
 


 


 

~*~*~*~
 

Ich hab die Story ja schon mal gepostet und da das Kap auch schon reingebracht, darum auch hier, da es im Laufe der Geschichte in die Story reingebracht wird. Und dann auch eine kleine aber feine Rolle spielt.

Ich werde in Zukunft schneller hochladen, also vergebt mir bitte. *verneig*

Aber ich hab momentan ziemlich viel um die Ohren, von daher kann ich leider leider auch für nichts garantieren Leute, aber das nächste Kap und 2. Extrakap kommen schon bald, versprochen!

Kap. 2 Abschn. 3

Kanada war schon immer ein ruhiger Mensch gewesen. Er hatte die Eskapaden seines Bruders ertragen, obwohl er dafür oft die Konsequenzen zu spüren bekam. Er hatte immer den Mund gehalten, wenn ihm nach Schreien zumute war. Er hatte immer geduldig genickt und alles getan, was man ihm von ihm erwartete, auch wenn er dafür nie auch nur ein einziges 'Danke' zu hören bekam. Und selbst als er seinem Pflegevater genommen wurde und zu Arthur kam, hatte er geschwiegen. Weil er genau gewusst hatte, dass es besser so war.
 

Für sie alle.
 

Nun jedoch dachte er anders. Nun wünschte er sich, er hätte öfters geschrien. Hätte öfters seine Meinung gesagt und wäre nicht einfach so im Schatten seines Bruders untergegangen. Manchmal wünschte er sich, er hätte damals getreten, gebissen und alles Mögliche getan, damit er nicht zu Arthur gemusst hätte. Einfach damit er bei dem Menschen hätte bleiben können, der einer der Wichtigsten, in seinem Leben war. Doch es kam bekanntlich immer anders, als erhofft. Egal was er sich auch in Gedanken ausgemalt hatte, er hatte es nie getan. Seine erste und letzte 'große' Tat, war die Niederbrennung des Weißen Hauses im Jahre 1812. Doch selbst das war den Leuten nicht sonderlich lange in Erinnerung geblieben. Denn danach kam im Jahre 1914 Deutschland mit seinem Wahnsinn, der bis 1990 andauerte. Eher gesagt von 1918 bis 1933 pausierte und später dafür mit doppelter Stärke zurückschlug. Ab 1945 war dann zwar Deutschland in seinem Wahnsinn nicht alleine (Ivan hatte beschlossen seine Macht unter Beweis zu stellen), dennoch überschatteten die Ereignisse alles, was Matthew bisher erlebt hatte.

Eigentlich war es ihm auch schon immer egal gewesen, dass er nicht beachtet wurde. Schließlich war er ein Mensch, der die Ruhe liebte und dank seiner Herkunft, sich auch zu benehmen wusste. Und ob man wollte oder nicht, als normaler Mensch, ging man bei einem Nachbarn wie Russland und einem Bruder wie Amerika, eh unter. Beides Psychopathen, beide extrem gefährlich, beide sehr anstrengende Gesellschaft. Doch ihm war es egal. Schließlich gab es nur einen Menschen, für den er sichtbar sein wollte. Allerdings schien nicht mal dieser, ihn zu bemerken. Und das tat ihm mehr weh, als jeder Tritt und Schlag, den er wegen seinem durchgeknallten Bruder kassiert hatte.
 

Niedergeschlagen, schlurfte er die Gänge des riesigen Hauses entlang. Er war nicht das erste Mal hier. Schließlich war Russland zwar ein durchgeknallter Psychopath, aber ein netter, wenn er es sein wollte. Dennoch hatte er in all seinen Besuchen hier, kein einziges Mal die Gelegenheit bekommen, das Haus richtig zu erforschen. Nun hatte er anscheinend alle Zeit der Welt dafür. Auch wenn er mittlerweile das Gefühl hatte, sich verlaufen zu haben. Aber selbst wenn er nicht zurückkommen würde, würde es ja eh niemanden stören. Kumajiro hatte er auf die Erkundungstour wohlweislich nicht mitgenommen.
 

Zwischen neugierig und ehrfürchtig, sah der Kanadier sich um und linste ab und zu in einen der unverschlossenen Räume, die meist unbewohnt waren, rein. Außer ihm war eh fast keine Nation hier. Entweder waren die meisten draußen und ließen es sich nicht nehmen, wie kleine Kinder im Schnee zu toben, oder aber sie waren in dem großen Esssaal und diskutierten miteinander. Bisher war er zumindest nur Norwegen und Dänemark über den Weg gelaufen, die aber so sehr in ihrer Ehekrise und der Eskalation versunken waren, dass sie ihn nicht bemerkt haben. Die einzelnen viel zu lauten Gesprächsfetzen die er mitbekommen hatte, hatten ihm zur Genüge ausgereicht. Er hatte Norwegen bisher noch nie so aggressiv und verletzt gesehen, wie in diesem Moment. Und Dänemark noch nie so uneinsichtig, was schon was hieß. Denn die Drei kannten sich schon eine Weile lang.
 

Anfangs hatte Matthew Nikolas' Blicke, die dieser immer wieder Matthias zuwarf, erfolgreich ausgeblendet. Nach einer Weile allerdings, schaffte er es nicht mehr und sprach ihn darauf an. Viel hatte der Norweger nicht erzählt, aber das Erzählte hatte Matthew ausgereicht, um Mitleid mit dem Norweger zu bekommen. Denn er wusste wie schmerzhaft so eine unerwiederte Liebe sein konnte. Vor allem wenn, zumindest hatte Matthew dass aus dem Streit, den er eher unfreiwillig mitbekommen hatte, entnommen, man den Typen in den man seit Jahren verknallt war, mit dem Bruder im Bett erwischte. In dem Fall erwischte Norwegen Dänemark und Island zusammen. Was gleich am Morgen, zu einem betrunkenen Norwegen und später nach dem Mittagessen, zu einem ausgewachsenen Streit geführt hatte.
 

Gedankenversunken, schlenderte der Kanadier weiter. Irgendwo hier sollte doch die Bibliothek sein. Gleich nach ihrer Ankunft, hatte Ivan die Leute die im unteren Stockwerk wohnten, versammelt und kurz aufgeklärt. Da hier der Boden auch recht kalt war und die Heizungen manchmal ausfielen, hatte der Russe hier nur seine beiden Schwestern, die fünf nordischen Staaten, ihn und Francis hier untergebracht. Die Räume hier unten die zu den verbotenen Zonen gehörten, war eine Art kleine Abstellkammer und Ivans Zimmer. Doch der Kanadier wettete fast schon darauf, dass eh keines der Staaten darauf erpicht war, es zu betreten. Gott wusste was in diesem Raum vor sich ging.

Vorsichtig sperrte Matthew die Tür zu einem der Zimmer auf und sah sich um. Die Menge an Regalen die vollgefüllt mit Büchern waren, ließ darauf schließen, dass er die Bibliothek gefunden hatte. Langsam ging er in den eher düsteren und stickigen Raum rein und sah sich zwischen den Regalen um. Je weiter er in den Raum reinging, umso ältere Bücher fielen ihm ins Auge. Mehr als die Hälfte davon, war in Russisch verfasst. Dennoch entdeckte er ein Haufen deutscher, französischer und englischer Bücher. Die meisten von ihnen, waren neu. Die Buchauswahl schwankte zwischen Thriller und Romanze, Drama und Komik und Historie und Sience Fiction.
 

Ein leises Geräusch, ließ ihn innehalten. Dann erklang es erneut. Eigentlich wollte der Kanadier, der sofort rot wurde kaum dass er das Geräusch identifiziert hatte, sofort umdrehen und den Raum verlassen, doch als er eine ihm nur zu bekannte Stimme vernahm, entwickelten seine Beine anscheinend ein Eigenleben und trugen ihn näher ans Geschehen heran.

Doch das was er da dann sah, ließ ihn fast hysterisch auflachen und sich selber einen verdammten Idioten schimpfen. Nur Sekunden bevor die Beteiligten ihn bemerkten, er sich umdrehte und davon rannte, so schnell seine Beine es erlaubten. Doch egal wie schnell er auch rannte, das Bild in seinem Kopf blieb.
 

Das Bild von einem Franzosen, der sich inmitten von Büchern, über eine Frau mit viel zu viel Vorbau, hermachte.
 

~*~
 

"Ähm Angliya... Weißt du ich bin ja immer wieder froh zu helfen, aber..."

"Bitte Ivan!"
 

Nun stockte der Russe. Bisher hatte er den Engländer noch nie um was bitten gehört. Erst dann, wenn der Andere keine Wahl hatte. Ergeben seufzte der Russe. Auch wenn etwas in ihm ziemlich laut und abartig fluchte, weil er es tatsächlich allen ernstes machen wollte. Zumindest aus den Überlegungen heraus, dass er damit Amerika so richtig eines reinwürgen konnte.
 

"Dir ist klar dass ich nicht schwul bin, oder?"

"Yes."

"Und dir dürfte klar sein, was ich von solchen Scheinbeziehungen halte, erst recht zwischen zwei Männern."

"Ja."

"Na dann. Von mir aus, wir können es ja..."
 

Plötzlich flog die Tür auf und ein Francis mit verstrubbelten Haaren und total außer Puste, stürmte ins Zimmer.
 

"Ivan!"

Sofort verdunkelte sich Ivans gesamte Miene. Dass der Franzose so zugerichtet aussah und mal nicht seinen Üblichen, süßlichen Tonfall draufhatte, konnte nichts gutes heißen.

"Matthew!"

"Was ist mit ihm?"
 

Schnell legte der Franzose alle Ereignisse in einem brüchigen Englisch dar. Als ihm aber klar wurde, dass sein Englisch so schlecht war, dass sie ihn nicht verstanden, ging er einfach auf Französisch über, was der Russe deutlich besser verstand, auch wenn er der Sprache nicht so mächtig war wie der englischen. Auch Arthur verstand Francis deutlich besser, nach dem dieser mit Französisch angefangen hatte. Schließlich war Französisch vor Jahrhunderten mal die Sprache seiner Oberschicht gewesen, da war er fast schon gezwungen, es zu verstehen.

Nach dem Francis geendet hatte, sprangen beide synchron auf und sahen sich an.
 

"Trommel die Nordics zusammen und hol Alfred."

Schnell nickte Arthur und stürmte übereilt aus dem Zimmer. Währenddessen schnappte Ivan sich seinen Mantel und zog ihn über.

"Wie kann isch eusch 'elfen?"

"Du hast genug getan."
 

Ehrfürchtig ging der Franzose dem Russen aus dem Weg, als dieser an ihm vorbei, in den Flur ging.
 

"Und das du Ekaterina auch nur angefasst hast, wirst du mir noch bereuen Franciya."
 

Den zischenden Tonfall hätte es nicht gebraucht, damit Francis Ivans Drohung ernst nahm. Ebenso wenig wie den vor Wut rasenden Blick, den der Blonde noch zusätzlich geschenkt bekam, zusätzlich zu der dunklen Aura, die den Russen plötzlich umgab. Dann jedoch, war der Größere verschwunden.
 

In seinen Gedanken, betete Arthur nur, dass sie schnell genug waren. Wieso zum Teufel, war der Kanadier auch so blöd gewesen?! Verdammt, er hätte es doch verhindern müssen. Arthur wusste immerhin schon seit knapp einem Monat, von dem Verhältnis zwischen Francis und Ekaterina. Und leider auch, von den Gefühlen des Kanadiers, für diesen perversen Froschfresser, der alles vögelte was nicht bei drei auf den Bäumen war. Allerdings hätte er ja auch nicht riechen können, dass der sonst so stille, ruhige und bedachte Kanadier, so eine Dummheit machen würde. Mit fragenden Gesichtern, versuchte Finnland hinter dem Engländer Schritt zu halten, was dem großen Schweden mühelos gelang. Ivan hatte die Beiden draußen gesehen und sofort zu Arthur geschickt, der gerade dabei gewesen ist, Norwegen und Dänemark ausfindig zu machen. So kam es also dazu, dass sie zu fünft nun noch zu seinem und Alfreds Zimmer stürmten um Arthurs warme Klamotten und den Amerikaner zu holen. Dänemark war schon warm angezogen gewesen. Norwegen hatte seinen Mantel schnell griffbereit gehabt.

Arthur nahm sich nicht die Zeit anzuklopfen, als er in den Raum ging. Das ließ Alfred aufblicken und erstaunt die Augenbraue hochziehen. So kannte der Amerikaner den Engländer gar nicht.
 

"Los Alfred, zieh dich an. Wir haben ein riesiges Problem!"
 

Zuerst schien der Amerikaner was fragen zu wollen, doch als er sah dass vier der Nordics bereits angezogen im Türrahmen standen und Arthur sich fast schon panisch seinen Mantel schnappte, beeilte auch er sich. So panisch kannte der Amerikaner den Engländer nicht. Es musste was wirklich wichtiges sein. Darum folgte er dem Kleineren stumm, als dieser im Stechschritt aus dem Zimmer ging und nach draußen.
 

Kaum waren sie draußen, kuschelte sich der Engländer in seinen Mantel ein, als ihn die kalte Luft erfasste. Vor ihnen stand Ivan, zusammen mit seinen Hunden.

"Als', klärt 'hr 'uns auf w's hier l's 'st?"
 

Auf Schwedens Frage hin, nickte Ivan nur und überließ Arthur das Reden.

"Francis ist grad zu uns ins Zimmer gestürmt und hat uns erzählt, dass er gesehen hat wie Matthew vollkommen aufgelöst aus dem Haus gerannt ist."
 

"Und wo genau liegt das Problem?", Norwegen klang genervt, und verschränkte seine Arme vor seinem Körper.

"Francis hatte gesagt, dass der Kanadier nicht mehr als einen Pullover und nicht gerade sonderlich schneetaugliche Turnschuhe angehabt hatte."

Auf diese Erklärung seitens Arthur, hob der Norweger nur die Augenbraue.
 

"Und was geht es uns an?"

Die Antwort bekam er prompt von Ivan: "Ihr seid die Einzigen, die ich um Hilfe bitten kann, ohne mir Sorgen zu machen, dass ihr hier in dem Wetter erfriert."

Die Erklärung schien selbst Norwegen milder zu stimmen. Oder vielleicht war es auch die Tatsache, dass Norwegen sich nicht unbedingt mit Russland anlegen wollte.
 

"Schweden, du und Finnland schnappt euch Besi und Rex und sucht hinter dem Haus. Die Wiese ist relativ groß, aber die Hunde kennen den Weg zurück."

Der Größere nickte nur und nahm die beiden Leinen entgegen, die Ivan ihm reichte. Kaum dass es die Lederbänder ergriff, zogen die Hunde ihn schon hinter sich her. Binnen weniger Sekunden, waren der große Schwede und der Finne, aus dem Sichtfeld der Anderen verschwunden. Dann reichte Ivan Dänemark die Leinen von Nikta und Rem und wies ihn darauf an, das gesamte Grundstück zu durchkämen. Nachdem auch Dänemark und Norwegen von dannen gezogen sind, wand sich der Russe Alfred und Arthur zu.
 

"Wir kümmern uns um den Wald."

Mit diesen Worten reichte der Russe dem Amerikaner die Leine von einem der Hunde.
 

"Ich warne dich Amerika, sollte Strelka was zustoßen, bist du der Erste, der dafür leiden wird."
 

Ohne auf die Beleidigung des Amerikaners einzugehen, die auch prompt folgte, machte der Russe sich auf den Weg. Die Gegend war komplett zugeschneit, was die Suche deutlich erschwerte. Belka, die Hündin an Ivans Leine, gab sich trotzdem alle Mühe. Allerdings war der Wald groß und alleine würden sie es nie schaffen, den Kanadier rechtzeitig zu finden. Falls die Suche nach einer Stunde immer noch keine Früchte tragen würde, würden die Hunde die Nationen wieder zurück zum Haus führen und sich dann selber wieder auf den Weg machen. Denn diese Tiere waren vieles gewöhnt, aber aufgeben, gehörte nicht dazu.
 

~*~
 

Sie hatten sich die ganze Zeit über, parallel zueinander bewegt. Doch weder Ivan, noch Alfred und Arthur schienen Erfolge verzeichnen zu können. Besi und Rex waren vor einer knappen halben Stunde, zusammen mit Schweden und Finnland, zu ihnen gestoßen, da sie anscheinend auch keine Spur von dem Kanadier gefunden hatten, obwohl sie innerhalb der Stunde die ganze Wiese zu zweit durchgekämmt hatten. Nachdem die Hunde die Beiden wieder zurückgebracht hatten, sprachen die Beiden sich kurz mit Dänemark und Norwegen ab und gesellten sich schließlich zu Alfred, Arthur und Ivan, um ihnen zu helfen.
 

"Und, habt ihr was?"

Schweden hatte sich Rex genommen und war getrennt von Finnland und Besi losgezogen, um besser suchen zu können.

"Nein."

"Dann sucht weiter, wir müssen ihn schnell finden."
 

Denn der Russe war sich sicher, bei den Minusgraden, dem Schnee und Matthews eher ungeeigneter Kleidung, hatten sie nicht mehr viel Zeit, bis der Kanadier ernsthafte und sehr schwere Folgen, aus seinem unüberlegtem Handeln ziehen würde.
 

"Ivan, ich hab was!"
 

Sofort stürmte der Russe zu Alfred, der aufgeregt winkte und ihm dann ein Stück Sotff entgegenhielt. Die kanadische Flagge, auf dem kleinen Stück Stoff, zeigte eindeutig, wem es gehört haben musste. Mit einigen leisen Flüchen, nahm der Russe dem Amerikaner den Stoff ab und hielt ihn Belka vor die Schnauze. Zuerst schien der Hund damit nicht viel anfangen zu können, doch nach einem vorsichtigen Schnuppern, hielt die Hündin ihre Nase in die Luft. Laut und schallend ertönte das darauffolgende Gebell, in der erwartungsvollen Stille, die davor entstanden war. Sofort fing der riesigen Hund an, ungeduldig an der massiven Leine zu zerren, was Ivan fast von den Beinen riss.

Sofort folgten die anderen Hunde Belka.
 

Aggressiv peitschte der Wind Ivan ins Gesicht. Es schien, als würde er versuchen zu verhindern, dass er Kanada fand. Und eigentlich, wusste Ivan nur zu genau, dass der Schnee es wirklich versuchte. Seit er General Winter klargemacht hatte, dass bei ihm nicht mehr zu holen war, zickten sie sich nur noch an. Und zwar in den höchsten Tönen.
 

Belka verlor mehrere Male die Spur. Doch jedes Mal, angestachelt durch Ivans Rufe und ihre Erziehung, fand sie diese wieder und blieb dran. Jedes Mal, wenn Ivan merkte dass hinter ihnen jemand nicht nachkam, blieb er stehen und half. Und jedes Mal wenn er stolperte und kurz davor war in den Schnee zu fallen, war England da und stützte ihn. Schon nach wenigen Metern, sahen Amerika und England erledigt aus. Selbst Schweden und Finnland, die an so etwas eigentlich gewöhnt sein sollten, schien es langsam aber sicher anstrengend zu werden. Aber sie hielten wortlos mit. Jeder von ihnen verstand, wie wichtig das hier gerade war. Nicht nur für Ivans Ruf, sondern für Kanada. Denn Länder wurden nicht so schnell krank und starben sicher auch nicht so schnell, doch selbst ein Land dass solche Extremtemperaturen gewohnt war, würde aus so einer Dummheit sicher nicht ganz heil rauskommen.
 

Plötzlich sah Ivan einen roten Pullover aufblitzen. So schnell er konnte, stürzte er zu dem im Schnee Liegenden.

"Amerika! Schweziya! Helft mir hier mal!"
 

Sofort waren die beiden kräftigen Männer bei ihm und halfen ihm. Blitzschnell schälte Ivan sich aus seinem Mantel, während Berwald ihn vom Boden hob und Alfred versuchte das geringste Lebenszeichen von ihm zu erhaschen.

"Er ist unt'rk'hlt Iv'n."

"Это было ясно."
 

Sorgfältig wickelte der Russe den schmalen Kanadier in seinen Mantel und rieb etwas seine Arme. Schon wurde der Körper auf seinen Rücken geladen und er ging zu Tino und Arthur die sich etwas abseits hingestellt haben. Kaum war er bei Arthur angekommen, stürmte dieser sofort zu ihm.
 

"Matthew!"

Das Gesicht des Engländers, war verzerrt vor Sorge, um sein Ziehkind. Auch Alfred war besorgt. Man sah ihm die Sorge um seinen Zwillingsbruder deutlich an.

"Schweziya, Finnlandiya, geht sofort wieder zurück und sagt Yao und Natialiya bescheid, die kennen sich ansatzweise mit Medizin aus und werden ihm zumindest ansatzweise helfen können."

Gehorsam nickten die Beiden und verschwanden sofort wieder mit Nikta und Rem.
 

"Lasst uns auch zurückgehen."
 

Alfred und Arthur nickten und folgten ihm. Arthur übernahm Belkas Leine, während Strelka zwar eindeutig missmutig, aber dennoch gehorsam neben Alfred herlief. In gewisser Weise beruhigte es Ivan, dass seine Hunde den Amerikaner nicht mochten...
 

~*~
 

Nach dem sie für den Heimweg knapp eine halbe Stunde gebraucht hatten, wurden sie sofort mit warmen Decken, Tees und einem ganzen Medizinteam für Matthew, bestehend aus China, Ukraine, Weißrussland, Norwegen und Island, empfangen.
 

Schon seit einer halben Stunde standen sie vor den Türen in Francis und Matthews Zimmer und warteten nur darauf, bald hoffentlich so gute Nachrichten wie möglich zu bekommen. England und Amerika waren durchgefroren. Amerika sogar noch etwas mehr, weil er im Süden wohnte und daher eher wärmere Temperaturen gewohnt war. In zwei Decken eingehüllt und mit seiner dritten Kaffeetasse, saß der Amerikaner draußen vor der Tür und wartete mit ihnen.
 

"Alfred jetzt geh doch mal endlich ins Bett. Ich werde dir schon bescheid sagen."

"No way Iggy."
 

Und schon seit mindestens einer halben Stunde, war es immer die gleiche Diskussion. England versuchte sein widerspenstiges Ziehkind, endlich dazu zu bekommen, ins Bett zu gehen. Der Amerikaner, so stur wie er war und in voller Überzeugung dass ein Held so etwas schon noch aushalten müsse, weigerte sich und versuchte sich mit Kaffee und Decken warm, und vor allem wach genug zu halten. Irgendwie tat England ihm langsam leid.
 

"Amerika. Jetzt mach doch endlich mal das, was er dir sagt."

"DU, hast mir gar nichts zu sagen, elender Kommunist."
 

Nun platzte Ivan wirklich der Kragen. Er hatte seinen gesamten Abend darauf verschwendet Kanada zu suchen obwohl das sicherlich nicht seine Verpflichtung gewesen wäre, er hatte schon den ganzen Vormittag lang die Beleidigungen ertragen, obwohl er ihm dafür hätte eine reinhauen können und so langsam, ging ihm der Amerikaner wirklich auf den Geist.
 

"Alfred! Halte dich gefälligst zurück! Er ist unser Gastgeber!"

"Und ein ziemlich schlechter wenn du mich fragst Iggy."

"Dich fragt aber keiner, oder Amerika?"
 

Mit einem Lächelnd baute sich der Russe vor dem Amerikaner auf. Doch der Brillenträger wusste nur zu gut, was DIESES Lächeln bedeutete. Schließlich hatte er es während des kalten Krieges schon oft genug zu Gesicht bekommen. Auch die bedrohliche, dunkle Aura, die den Größeren plötzlich umgab. Doch der Kleinere stand auf und funkelte den Russen wütend an.
 

"Na und? Nur weil du nicht genug Eier in der Hose hast um die Wahrheit zu ertragen..."

"Och komm Amerika, du hast dich vom Gegenteil überzeugt."

"Nur weil du perverses Schwein..."

"Du wolltest es auch."

"Ich war betrunken!"

"Und?..."
 

Wütend starrte der Amerikaner den Russen an. Ihm stand förmlich ins Gesicht geschrieben, dass er am besten einfach zugehauen hätte. Allerdings wussten sie beide nur zu gut, dass es dann eine ausgewachsene Schlägerei gegeben hätte, aus der sie mindestens mit gebrochenen Rippen rausgekommen wären.
 

"Warum schlägst du nicht zu Amerika?"

"Ich bin nicht so ein Monster, als das ich das machen würde. im Gegensatz zu dir.", der Amerikaner spuckte dem Russen den Satz fast ins Gesicht.

"Willst du damit sagen ich bin ein Monster, da?"

"Ja."

Amüsiert lehnte der Russe sich zurück und musterte Alfred.
 

"Sicher?"

"Ja. Schau dich doch mal um! ALLE haben Angst vor dir! Selbst deine Geschwister, kuschen vor dir, als hätten sie Angst jeden Moment geschlagen zu werden!"

"Ну и?"

"Du bist ein gottverdammtes Monster und ich werde dich als das entlarven was du bist. Ein einsames, missratenes, hässliches, grausames Monster!"
 

Auch wenn auf dem Gesicht des Russen keine Regung zu erkennen war, wussten jedoch alle dass es noch mehr gesessen hatte, als wenn Alfred ihm in die Eier getreten hatte. Erschrocken zogen Sich Litauen, Estland und Lettland, die zusammen mit Ivan hier gewartet hatten und die Leute mit Tee, Kaffee und Decken versorgt hatten, sofort zurück. Sie wussten was gleich kommen würde. Keiner der so etwas gesagt hatte, war ungeschoren davongekommen. Und Ivans zitternde Hände und das angestrengte Lächeln, bestätigten ihre Vermutung. Ebenso wie die Tatsache, dass der Russe seinen Kopf senkte und angestrengt versuchte den Wahnsinn, seiner nicht habhaft werden zu lassen.
 

Denn wenn der Russe jetzt ausrasten würde, und das war JEDEM hier klar, würden bestenfalls, nur die Fetzen fliegen...
 


 

~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~
 

Übersetzungen vom Russischen ins Deutsche
 

Franciya

-----> Frankreich

Schweziya

-----> Schweden

Finnlandiya

-----> Finnland

Mattwei

-----> Matthew (Mattwei ist nur die russische Bezeichnung für den Namen, außerdem nennt Ivan Matthew, im Anime manchmal so)

Это было ясно

-----> Das war klar

Ну и?

-----> Na und?

Kap.3 Abschn. 1

In dem Raum war es totenstill. Das Gesagte hing schwer darin und alle Anwesenden schienen es zu spüren. Es und die dunkle Aura, die sich langsam aber sicher um Ivan ausbreitete. Sicher, es war zu spät die Worte zurückzunehmen, doch Arthur verfluchte Alfreds vorlaute Fresse im Moment, trotzdem. Denn selbst genannter Amerikaner, schien kapiert zu haben, dass er eindeutig zu weit gegangen war. Und das sollte was heißen. Plötzlich jedoch erhob der Russe seine Stimme erneut. Diesmal allerdings, klang er deutlich beherrschter. Sogar schon ruhig.

"Weißt du was Amerika, du hast recht. Ich bin ein Monster. Helden brauchen nämlich auch ihre Gegenspieler."

Dann drehte er sich um und ging davon. Stumm sahen alle ihm hinterher. Auf einmal löste Gilbert sich vom Fleck und folgte dem Größeren lautlos. Dazu hatte ihm Litauens Blick gereicht, der soviel sagte wie 'geh und rede mit ihm, auf dich wird er wenigstens hören'. Auch wenn es Gilbert schmeichelte, dass jemand so viel Vertrauen in seine Awesomness hatte, bezweifelte er, dass es was bringen würde. Denn wenn es einen Sturkopf gab, der ihm auch nur ansatzweise gewachsen war, so war es Ivans Sturkopf. Trotzdem hoffte er dass der Größere auf ihn hören und keine Dummheiten machen würde.

"Ey Wodkabirne!"

Angesprochener ignorierte erfolgreich die Beleidigung und drehte sich mit einem arglosen Lächeln zu Gilbert um.

"Mach keinen Scheiß', ja?"

"Ich doch nicht."

Mit diesen Worten drehte der Russe sich wieder um und bog in seinen Raum ab, die Tür mit einem lauten Knall zutretend. Irgendwas sagte Gilbert, dass Ivan nicht auf ihn hören würde...
 

~*~*~*~
 

Kaum dass Ivan und Gilbert außer Sichtweite waren, weil der Flur zu Ivans Zimmer nach rechts abbog, drehte sich Arthur wütend zu Alfred und funkelte ihn erbost an.

"Was sollte das denn, moron?!"

"Was?!"

"Das! Er hat uns geholfen Matthew zu finden verdammt noch mal, hat ihn hergeschleppt, hat seine Gäste eingespannt um ihn zu versorgen und dann bringst du so etwas? Was geht eigentlich in deinem Kopf vor Alfred?!"

"Es war seine Pflicht Matthew zu finden, er ist der Gastgeber. Einem Helden wie mir, wäre es gar nicht erst passiert dass Mattie weggelaufen wäre."

"Es war eben nicht seine Pflicht verdammt noch mal! Wenn Ivan seine Schwestern und die drei anderen zurückpfeift, ist Matthew arm dran."

"Das wird er eh nicht wagen."

"Du kennst ihn genauso gut wie ich Alfred. Du solltest wissen wozu er fähig ist..."

Daraufhin verstummte der Amerikaner missmutig. Natürlich wusste er nur zu gut, dass weder Nataliya, noch Ekaterina, noch Yao und schon gar nicht Norwegen und Island, Matthew helfen mussten und es nur dank dem ausführlichen Befehl von Ivan taten. Doch schon alleine der Gedanke sich beim Russen zu entschuldigen, wirkte in seinen Augen so absurd, dass er es nie machen würde. Eigentlich nicht mal daran gedacht hatte. Sie konnten sich nicht leiden. Sie waren noch nie beste Freunde gewesen. Ivan war Alfred viel zu gruselig und der Amerikaner dem Russen viel zu aufgedreht. Doch ihre offenen Anfeindungen, kamen erst mit dem kalten Krieg.

"Verdammt."
 

~*~*~*~
 

Seit dem unglücklichen Vorfall, waren zwei Tage vergangen. Matthew lag mit hohem Fieber im Bett, Francis wich ihm nicht von der Seite, Alfred und Ivan redeten nicht miteinander und Arthur verzweifelte an deren Kindsköpfe. Irgendwie war es schon zur Gewohnheit geworden, dass er beim Vorbereiten des Essens mithalf. Dass er dazu früh aufstand und nur spät wieder ins Bett kam, da er hinterher meistens noch beim Abwasch mithalf, störte ihn nicht im Geringsten. Vielleicht hätte es das gesollt, doch er tat es gerne. Zum ersten Mal seit Jahrhunderten fühlte er sich, als ob jemand seine Hilfe wirklich bräuchte.

Aber es war nun einmal die Tatsache, dass es ihn furchtbar nervte, dass Alfred seit neustem meinte seinen Wachhund spielen zu müssen.

Ebenso wie an diesem Abend, als er erst recht gut angetrunken und gut gelaunt, nach Mitternacht in ihr Zimmer kam.

An diesem Abend schien Finnland mal wieder beschlossen zu haben, dass die letzte Party viel zu lang her war. Was trotz der Proteste mancher Länder dazu geführt hatte, dass man sich am Ende in einer relativ kleinen Gruppe versammelt und ordentlich einen gekippt hatte. Mehr hatte Ivan, der sich zum Glück seiner Rolle als Gastgeber noch bewusst war, nicht zugelassen. Auch die Tatsache, dass die meisten Länder bereits um Mitternacht die Runde verlassen hatten, eingeschlossen Finnland und Schweden, die es plötzlich eilig hatten zu verschwinden, war dem Russen zu verdanken. Am Ende waren nur er, der Russe, Dänemark, Schottland und Gilbert mit von der Partie gewesen. Die letzte halbe Stunde hatten sie aber auch eher damit verbracht sich gegenseitig beieinander auszuheulen und zu jammern, wie scheiße doch das Leben war. Zuerst hatte Matthias über sein Leid mit Norwegen geklagt, der anscheinend missgedeutet hatte, als er Matthias und seinen kleinen Bruder Island in einem Bett erwischt hatte, danach hatten England und Russland sich in einem Tenor darüber ausgelassen was für ein Idiot Amerika doch war und am Ende hatten Gilbert und Schottland sich darüber aufgeregt, dass es hier viel zu kalt war und es nichts gescheites zu trinken gab. (Wie es sich rausstellte, war Gilbert nicht der einzige der sein geliebtes Bier vermisste. Schottland hatte nur eine Flasche Whiskey dabeigehabt und war demnach nicht sonderlich gut aufgelegt, weil sie leer war.)

Dementsprechend befreit und gut gelaunt, weil er seinen seelischen Abfall entsorgt hatte, betrat England das Zimmer und begann sich auszuziehen, um ins Bett zu fallen.

Zu seinem Pech bemerkte er nicht, wie ein Augenpaar ihn durchdringend und nahezu hungrig, musterte.

"Wo warst du?"

Überrascht zuckte der Engländer zusammen und legte sich eine Hand auf die Brust, als er die Stimme des Amerikaners erkannte.

"Gott, moron, erschreck mich nie wieder so!"

"Wo warst du?", fragte er zum wiederholten Male, ruhig zurück.

“Trinken. Ivan und die Anderen hatten einen gekippt und ich war halt dabei.", murmelte der Engländer schon fast stoisch und versuchte weiterhin sich von seiner störrischen Hose zu befreien, die sich irgendwie nicht ausziehen lassen wollte.

Was vielleicht aus daran liegen konnte, dass er die Umgebung gerade hauptsächlich nicht so prickelnd wahrnahm und seine Motorik ein wenig im Arsch war.

Plötzlich wurde er umgedreht und der Amerikaner zog ihm die Hose mit einer Handbewegung runter. Wäre Arthur nicht viel zu betrunken, hätte er sich sicherlich darüber aufgeregt.

"Ivan, Ivan, Ivan. Aus deinem Mund hört man ja nichts anderes mehr Iggy."

Und wäre er nicht viel zu betrunken, hätte er den eifersüchtigen Ton in Alfreds Stimme wohlweislich ignoriert und nichts dazu gesagt. Aber so...

"Bist du etwa eifersüchtig?"

Seine Stimme klang deutlich amüsiert, doch er stellte fest, dass er ganz schön lallte. Und auch das stupide Grinsen dass sich auf seine Lippen legte, nach dem er registrierte wie Alfred seine Stirn angepisst runzelte, wollte nicht wirklich den Anschein erwecken, als sei er noch bei vollem Verstand.

"Nein wie kommst du darauf?"

Er musste kein Psychologe sein um zu erkennen, dass Alfred ihn gerade anlog. Als die Information sein Gehirn erreichte und vollkommen verarbeitet wurde, lachte er los. Alfred und eifersüchtig sein auf Ivan, gab es denn was Blöderes als die Vorstellung, die ihm sein betrunkenes Hirn anscheinend zusammenbastelte? Andererseits war es doch genau das, was ihm Francis versucht hatte klar zu machen... Nein. Er würde jetzt nicht darüber nachdenken. Dafür war er eindeutig zu betrunken.

Plötzlich spürte er wie Alfred grob seine Hände packte, ihn gegen die nächstbeste Wand drängte und mindestens genauso grob küsste, wie er ihn festhielt. Aber Arthur war ihm dankbar dafür. Erstens, er knickte nicht um, obwohl seine Knie sich anfühlten wie Wackelpudding, zweitens, er wurde dadurch schnell wieder in die Realität zurückgeholt. Obwohl Alfreds weiche, fast schon unmännlich süße, Lippen ihn versuchten in eine viel zu reale Traumwelt zu locken. Doch so, biss er ihm in die Unterlippe und funkelte ihn wütend an.

"Was sollte das?!"

Wäre es ihm in der Situation nicht wichtig gewesen möglichst autoritär und gefährlich rüberzukommen, schon alleine darum eine Herausforderung, weil er nur sein aufgeknöpftes Hemd und seine Unterhose trug und auch noch kleiner war als Alfred, wäre er überrascht gewesen, wie nüchtern er auf einmal geklungen hat. Auch Alfred schien es aufzufallen, der allerdings nur die Augenbraue hob. Doch als sie sich in die Augen sahen, grinste der Größere überlegen, was England fast rasend machte, weil er genau wusste, dass der Andere nun erraten hatte, welche Wirkung er auf ihn hatte.

"Erinnerst du noch was du mir damals gesagt hast?"

Alfreds Stimme klang überraschend ruhig und fast schon sanft, was den Engländer noch mehr verunsicherte als die Tatsache, dass der Amerikaner seinen Körper an ihn drückte und er dadurch nur zu gut die Wärme und den Geruch des Anderen vernehmen konnte.

"Was meinst du?"

"Na auf meine Frage, was ich für dich bin."

"Klar, dass du mein kleiner Bruder bist..."

Noch ehe der Engländer etwas sagen konnte, wurde er geküsst. Diesmal nicht so grob wie davor, sondern leidenschaftlich und extrem hungrig, wie ihm schien.

"Alfred, was soll das?! Hör auf!"

"Warum? Weil wir Brüder sind?"

Ein erneuter Kuss folgte. Langsam wurde dem Engländer klar, dass sein Widerstand nicht lange halten würde, wenn der Amerikaner ihn weiterhin so hungrig und einnehmend küsste wie im Moment. Deswegen biss er ihm erneut in die Unterlippe. Diesmal deutlich kräftiger als beim ersten Mal.

"Ja, verdammt!"

Aber der Andere ließ ich nicht davon beirren und küsste stattdessen Arthurs Halsbeuge. Verteilte sanfte Küsschen auf der rauen Haut und biss dann leicht hinein, bevor er mit den Lippen zu dessen Ohr wanderte.

"Dann bin ich eben nicht mehr länger dein Bruder."

Ehe der Grünäugige protestieren konnte, wurden seine Lippen zu einem erneuten Kuss versiegelt.

Spätestens in diesem Moment dämmerte Arthur langsam aber sicher, dass er in der Falle saß und von allein sicher nicht rauskommen würde.
 

~*~*+-+-+*~*~
 

Die Nacht war wie erwartet lang geworden. Viel zu lang. Und das Erwachen viel zu ernüchternd für Alfreds Geschmack. Arthur lag nicht neben ihm, als er erwachte. Und war auch sonst nirgends im Zimmer aufzufinden. Seufzend richtete der Blonde sich auf und hielt sich seinen Kopf. Er hatte doch gewusst, dass der Traum er hätte mit Arthur geschlafen, zu schön gewesen war um wahr zu sein. Als er allerdings neben das Bett sah und dort die halbleere Gleitgeltube entdeckte, stutzte er. Vielleicht hatte er das doch nicht nur geträumt.

Irritiert sah er auf Arthurs Bett und dann auf die Uhr. Gerade mal sechs Uhr morgens. Sollte Arthur da nicht normalerweise noch schlafen? Er ging sonst doch erst um sieben los. Das hieß, dass er immer um halber aufstand und nicht früher. Also konnte es sein..?

Mit einem breiten Grinsen ließ Alfred sich wieder auf sein Bett fallen und sah mit dem Gesicht eines glücklich, zufriedenen Idioten, nach oben zur Decke. Plötzlich stürzten wieder alle Erinnerungen der vergangen Nacht über ihn und ließen nicht nur ihn glücklich werden, sondern auch seinen kleinen Freund, der anscheinend von der Nacht nicht genug gehabt hatte.

Hingegen all seiner Erwartungen, waren Arthurs Lippen nicht weich und sanft gewesen, sondern rau und an manchen Stellen aufgesprungen, so wie man es von einem Seemann erwartete. Auch die Haut und der Geruch waren nicht mal halb so lieblich wie Alfred es sich immer vorgestellt hatte, sondern ebenso rau und männlich, wie Arthurs gesamtes Wesen. Zuerst war er überrascht gewesen, als er diese schmalen Lippen geküsst hatte und statt dem erwarteten, süßlich Geruch, einen intensiven Männerduft, vermischt mit einer herben Note Alkohol wahrgenommen hatte. Das und die Tatsache dass Arthur statt auf den Kuss einzugehen, zugebissen hatte, hatten ihn den Kuss lösen lassen. Aber als die ersten 'Schreckenssekunden' verflogen waren, war Alfreds Libido plötzlich Amok gelaufen und wollte mehr. Mehr von diesem Mann, der zwar einen halben Kopf kleiner war als er, aber dennoch so stolz und unerschütterlich wirkte, wie ein Fels in der Brandung.

Mit einem breiten Grinsen rief sich Alfred die Details der letzten Nacht in Erinnerung. Erinnerte sich an das lustvolle, unterdrückte Keuchen seitens Arthur als er seinen Körper erkundete, daran wie der Engländer nur leicht das Gesicht verzog und ihn ungeduldig zum weitermachen animierte, als er sich in ihn schob und wie der Andere leise und heiser aufstöhnte, als er kam. Und vor allem daran, wie der Engländer sich murrend umgedreht hatte, als Alfred ihn in den Arm nahm, was irgendwann zu einer Wiederholung der ersten Runde geführt hatte.

Spätestens nach dieser Erinnerung, war er sich sicher, dass er nicht der einzige war, der nun endgültig wach war. Hungrig streckte sich sein kleiner Freund in die Höhe und verlangte seine Aufmerksamkeit, die er ihm nur zu gerne zu Teil werden ließ.
 

~*~*~
 

Als Arthur an diesem Morgen in Alfreds Armen erwachte, fiel ihm als erstes auf, wie furchtbar seine Haut spannte. Als Nächstes fiel ihm auf, dass es unter der Decke eindeutig zu heiß war und als drittes, dass sein Arsch höllisch brannte. Missmutig hatte er das Gesicht verzogen und sich aus dem Bett gequält. Doch als er gesehen hatte, mit wem er da geschlafen hatte, hatte er sofort die Beine in die Hände genommen und sich so schnell wie möglich aus dem Staub gemacht.

"Darum sollst du mir jetzt sagen was ich verdammt noch mal machen soll!"

Sie warn zu viert in Francis und Matthews Zimmer.

"Hör erstmal auf zu schreien cherie."

"Ja bitte.", murrte es neben ihnen leise. Dann folgten noch einige leise Flüche auf russisch.

Genervt seufzte der Engländer. Vielleicht war es eine wirklich blöde Idee gewesen den Russen aus der Küche und den Franzosen aus dem Bett zu zerren, damit sie ihm sagten, was er nun tun sollte. Matthew ging es einigermaßen besser. Er war davor sogar schon wach gewesen und hatte Arthur lächelnd versichert, dass es langsam wieder wurde, doch nun schlief er wieder wie ein Stein.

"Nennt mir einen guten Grund dazu!", zischte er wütend.

Francis deutete auf den schlafenden Matthew, während Ivan sich mit mitleidserregendem Blick, den Schädel hob.

"Weil ich einen riesen Kater habe, der mit der Lautstärke eine Presslufthammers brummend, in meinem Kopf, mit einem Elefanten Tango tanzt."

Erstaunt hob der Engländer obgleich der bildreichen Sprache die Augenbraue. Wenn der Russe anfing sich so lyrisch auszudrücken, stimmte wirklich etwas nicht.

"Hast du etwa keinen Kater?"

Auf Arthurs Kopfschütteln hin, seufzte der Russe nur leise.

"Als ihr schon weg wart, haben Dänemark und ich noch einen gekippt und dann ist etwas später noch Schweden dazugekommen und es wurde irgendwie länger als erwartet."

Die fetten, dunklen Tränensäcke unter Ivans Augen, die verwuschelten Haare, die blasse Haut und das insgesamt ziemlich verwahrloste Aussehen, bestätigten, dass es wirklich sehr viel später wurde, als erwartet. Doch der Engländer fand, dass es ihm nur recht geschah. Hätte Ivan ihn einfach nur in ein anderes Zimmer verlegt, wäre er nicht mit Alfred in der Kiste gelandet und dann hätte er vielleicht Mitleid mit dem Russen gehabt.

So allerdings verzog er nur schulterzuckend das Gesicht.

"Geschieht dir recht."

Sein Tonfall war nicht unbedingt leise, was den Russen erneut das Gesicht verziehen ließ. Wahrscheinlich würde er später noch mal schlafen gehen und seinen Geschwistern und Arthur den Rest überlassen. Zwar schmeichelte es dem Engländer, dass der Russe trotz ihrer Vergangenheit, die aus Anfeindungen und bissigen Bemerkungen bestand, genug Vertrauen zu ihm hatte um ihm das zu überlassen, aber er hatte weder Lust noch die Kraft dazu, die zusätzliche Arbeit zu übernehmen.

"Also gut cherie, soviel ich verstanden habe, hat Amerika das Ruder nun selber in die Hand genommen, richtig?"

"Richtig."

"Und was genau stört dich daran Angliya? Ist es nicht das was du wolltest?"

"Nein! Doch... Keine Ahnung, Scheiße verdammte!"

Sein kurzer Ausbruch wurde mit einem schmerzerfülltem Stöhnen seitens Ivan und einer unruhigen Bewegung im Schlaf, seitens Matthew quittiert.

"Worauf wartest du dann noch cherie? Schnapp ihn dir, er hat dir sein Interesse deutlich genug signalisiert."

"Aber..."

"Nichts aber Angliya, hast du grad nicht selber gesagt, dass er nicht mehr dein Bruder sein will?"

"Doch."

"Na also cherie, dann gibt es auch kein 'aber'. Du willst ihn, er will dich. Was hindert dich noch?"

Daraufhin schwieg der Engländer, aber dem Franzosen war die Antwort auch so klar.

Arthur wollte nicht, dass seine alten Wunden schon wieder aufgerissen wurden.

"Also gut Angliya, ich verstehe ja, dass du das hier mit Franciya besprichst, aber was zur Hölle, hab ich hier eigentlich zu suchen?"

Der Kleinere funkelte den Russen böse an.

"Du bist so etwas wie mein Freund?"

"Eher gesagt ich bin dein Alibi, um dich vor Alfred zu schützen. Aber warum zum Henker sitz ich hier und tue mir dein schwules Geheule an?"

"Du kannst ja auch gehen.", erwiderte Arthur bissig und funkelte den Russen wütend an.

Daraufhin stand der Größere auf, wobei der kleine Hocker auf dem er gesessen ist, unter dessen Gewicht kläglich knarrte.

"In Wahrheit gibt es nur zwei Möglichkeiten Angliya. Entweder du versuchst es, oder du gibst ihm einen Korb. Mehr kann man euch auch nicht mehr raten."

Mit diesen Worten ging der Russe aus dem Zimmer. Eigentlich lag Arthur noch eine giftige Bemerkung auf der Zunge, die sich schon ihren Weg nach Draußen bahnte, als er Francis leises Seufzen vernahm.

"Er hat recht cherie. Er hat es vielleicht ungeschickt ausgedrückt, aber er hat recht."

"Womit? Dass er sich mein 'schwules Geheule' nicht antun muss?", seine Stimme klang unverhohlen bissig.

"Damit auch, ja. Aber auch damit, dass es eigentlich nur die zwei Möglichkeiten gibt. Man kann dir eigentlich einfach nur noch raten dich zu entscheiden und dir wünschen, dass Alfred irgendwann kapiert, wie sehr er dich verletzt hat."

Müde stand der Franzose auf und streckte sich. Er wirkte ausgelaugt und viel zu alt, als er sich streckte und dann besorgt zu Matthew sah. Sofort meldete sich Arthurs Gewissen. Auch wenn er bis zu einem gewissen Grad überzeugt war, dass das was mit ihrem Ziehkind passiert ist, Francis Schuld war, so wusste er dennoch auch, dass der Franzose auch nichts dafür konnte, dass Matthew so kopflos gehandelt hatte, was zu dem sonst so ruhigen und bedachten Kanadier, gar nicht passte.

"Macht es dir was aus hier zu bleiben, während ich mir kurz die Beine vertrete?"

"Nein, mach nur."

"Danke."

Schon Sekunden später verschwand der Franzose aus dem Zimmer und ließ den Kleineren alleine mit seinen Gedanken zurück.

Eigentlich hatten die Beiden recht gehabt. Entweder sie versuchten es und Arthur flog noch mal auf die Schnauze, oder er gab Alfred einen Korb und suchte sich jemand anderen.

Und auch wenn die zweite Version deutlich schmerzloser klang...

Warum zeriss sein Herz bei der Vorstellung?

Kap. 3 Abschn. 2

Ivans erste Faust, hatte ihn im Gesicht getroffen. Der Zweiten war er ausgewichen. Die dritte, nun seinerseits, landete im Magen des Größeren.
 

Mit einem missmutigen Gesichtsausdruck, richtete der Amerikaner sich die Nase und betrachtete den lächelnden Russen vor sich, dessen psychopathisches Lächeln, ihn krank machte. Der Andere hatte sichtlich Mühe, sich wieder aufzurichten und wenn der Amerikaner seine gebrochene Nase nicht allzudeutlich spüren würde, hätte er ein 1:0 für sich vermerkt. Somit musste er aber zugeben, dass sie so ziemlich im Gleichstand waren.
 

Mit einem wütenden Laut, stürmte er wieder auf den Russen zu. Diesmal versuchte er den Größeren erst von den Beinen zu fegen, was ihm aber misslang, weswegen er den Tritt höher setzte und auf den Magen zielte. Jedoch nutzte auch das nichts, als der Größere mit dem Arm abblockte und nun selber zuschlug, erneut ins Gesicht. Aber auch erfolglos, da der Amerikaner seine Faust abfing. Dann beschloss der Kleinere auch seine Chance zu nutzen und zielte dem Größeren ins Gesicht, da dessen Deckung immer noch unten war. Dann jedoch spürte er wie sein Bein zur Seite geschleudert wurde und die Faust abgefangen.
 

So standen sie sich eine kurze Weile lang gegenüber und schauten sich in die Augen. Auch wenn er sich sicher war, dass wenn Blicke töten könnten, der Russe hier zu einem Haufen Asche zerfallen würde, so entdeckte er in den violetten Augen, kaum eine Gefühlsregung. Bis auf Enttäuschung, konnte er nichts sehen. Aber er war sich nicht hunderprozentig sicher, dass auch diese, nicht gespielt war. Der Russe hatte schon immer ein Pokerface gehabt. Hatte sein Gesicht schon immer unter Kontrolle. Und war für ihn, dementsprechend, auch immer ein Buch mit sieben Siegeln gewesen.
 

Wütend stieß er den Größeren von sich und stolperte auch selber ein paar Schritte zurück. Kurz standen sie sich in geduckter Haltung gegenüber und musterten den Anderen. Der Amerikaner hatte den Vorteil, dass er kleiner und wendiger war. Der Russe, war erfahrener und erbarmungsloser. Von der Stärke her, waren sie ungefähr gleich. Und selbst wenn der Amerikaner stärker war, war der Russe brutaler, was schon wieder Chancengleichheit bedeutete. Allerdings wusste der Amerikaner nie genau, was der Andere als nächstes tun wollte. Doch er und der Andere wussten nur zu gut, dass falls es für ihn brenzlig werden sollte, sich sofort mehrere auf seine Seite schlagen würden.

Sie waren sich ebenbürtig. Sie waren zwei Wölfe, zwei Alphas.
 

Und kamen auch dementsprechend nicht miteinander klar.
 

Plötzlich richtete der Größere sich auf und schüttelte den Kopf.

"Ich habe nicht vor mit dir zu kämpfen, Amerika. Ich prügele mich nicht mit Kindern."

Nun sah der Amerikaner wirklich rot. Mit aller Stärke holte er aus und schlug dem Russen erneut in den Magen, als dieser sich schon umdrehen wollte. Doch seine Faust wurde erneut abgefangen und er bekam erneut nur einen ruhigen, aber kühlen, Blick.
 

"Lass es, da?"

Fassungslos, schaute der Blonde dem Anderen nach, als dieser seine Faust einfach losließ und sich dann erneut zum Gehen umdrehte.
 

"Du bist ein Feigling Ivan! Und du wirst immer ein Feigling und ein hässliches Monster bleiben!"

Der Russe blieb stehen, aber drehte sich nicht um. Das Lächeln auf seinem Gesicht, konnte der Amerikaner nur erahnen.

"Vielleicht Amerika. Vielleicht bin ich ja wirklich ein hässliches, feiges Monster. Aber wenigstens, bin ich tausendmal schöner wie du."

Sprachlos, sah der Amerikaner dem Russen hinterher, der sich im Flur seine Stiefel schnappte, sie sich mit routinierten Handgriffen überzog und dann aus dem Flur, durch die massive Tür, nach draußen ging.
 

Hinter Alfred schnaubte es und schon ertönte Arthurs deutlich verstimmte Stimme.

"Nun denn, jetzt wo das Ganze zwischen den Beiden geklärt ist, lasst uns besser fortfahren, bevor Alfred meint sich noch mit einem Anderen prügeln zu müssen."

"Was zum...?!"
 

Arthur drehte sich um und ging zusammen mit den anderen Nationen, die sich im Türrahmen versammelt hatten um dem Schauspiel beizuwohnen, wieder rein und auf ihre Plätze.
 

"Iggy!"

"Was?", zischte der Ältere und drehte sich wütend zum Amerikaner, der hinter dem Älteren in den Raum stürmte.

"Dieser verfluchte Mistkerl hat doch angefangen! Stell du mich jetzt nicht auch noch als Idioten da!"
 

Man sah Arthur deutlich an, dass er gerade um seine Fassung rang. Schon alleine an den zitternden Fäusten, erkannte man den Wunsch, dem Beispiel des Russen zu folgen und einmal zuzuschlagen. Doch Francis legte dem Jüngeren sanft die Hände auf die Schultern und schob ihn auf seinen Stuhl.
 

"Calmé toi, cherí. Il est un grande cata, mais il est ton freré."

"Are you sure?"

Der Franzose lachte leise und zwang Arthur sich hinzusetzen. War kurzzeitig versucht den Kleineren kurz an sich zu drücken, wie er das früher immer gemacht hatte, wenn England mal wieder entweder wütend, oder verzweifelt war. Ließ es aber nach einem kurzen Blick in dessen Gesicht, bleiben. Schließlich war der Andere nicht mehr der kleine Junge, der nicht wusste wohin mit sich, sondern erwachsen, erfahren und immer noch mächtig, auch wenn nicht mehr das Imperium, des Jahrhunderts.

"Lasst uns fortfahren."

Dem Befehl folgten fast ausschließlich alle.
 

~*~*~
 

Tatsächlich verlief der Rest der Versammlung ruhig. Alfred hielt sich mit seinen Beiträgen zurück, schien sich noch zu genau an Arthurs Gesicht zu erinnern, der nun die Leitung der Versammlung in die Hand nahm. Da Ludwig fehlte, nahm er die Verantwortung, dass es lief, auf sich. Sogar mit Erfolg. Entweder saß den Anderen der Schock über die kurze Schlägerei zwischen Alfred und Ivan noch so tief in den Knochen, oder es war einfach Arthurs angepisster Gesichtsausdruck, mit dem er schon Alfreds ersten Versuch eines Beitrages abgespeist hatte. Damit und mit den unfreundlichen Worten; "Wenn du jetzt noch mehr Scheiße bringst als vorhin, nehme ich meine kochend heiße Tasse Tee und kippe sie über deinen Eiern aus." Das "Also denk nach, bevor du redest" musste er nicht dazu sagen. Selbst Lovino, der sonst keine Gelegenheit verpasste, ein bissiges Kommentar abzulassen, schwieg nachdem er Arthurs vernichtenden Blick zu Gesicht und den leisen Kommentar zu gezischt bekommen hatte, dass das Gleiche auch für ihn galt.
 

Doch auch nach der Versammlung, ließ Arthur den Jüngeren seinen Unmut über den Vorfall spüren.

Obwohl alle Anderen sich mit ihm so benahmen wie immer, konnte man die Unsicherheit nur zu deutlich spüren. Dementsprechend getrübt war auch die Laune beim Abendessen. Aber man merkte auch, wie Besorgnis sich breitmachte, weil Ivan nicht zum Abendessen aufgetaucht war. Da jedoch Nikta und Rem auch weg waren, herrschte eher weniger die Sorge, darum dass Ivan was passieren konnte, als die Sorge darum, dass es in dem Wald bald ein paar zehn Tiere und hundert Bäume weniger gab.
 

~*~
 

Erst gegen Nach hörte man einen Schlüssel in der Eingangstür und sah daraufhin eine dunkle Silhouette sich die Stiefel ausziehen und zum Esssaal huschen.
 

Hätte Alfred nicht genau darauf gewartet, hätte er gemeint seine Augen hätten ihn getäuscht.
 

So aber stand er nur leise gähnend von der Treppe auf, rieb sich den Schlaf aus den Augen und streckte sich, bevor er zum Esssaal ging. Stumm ging er in den vom Mond erleuchteten Raum rein und stellte sich neben die große Silhouette am Fenster. Sie redeten kein Wort miteinander, während sie am Fenster standen und in die Nacht hinaussahen. Sahen wie die Schneeflocken wie wunderschöne, kleine Tänzerinnen in ihren prächtigen, weißen Kleidchen leise ihren Walzer im Licht des Mondes tanzten und dabei leise Unterstützung vom Wind und seinem Orchester bekamen, der sein Bestmöglichstes tat um die kleinen Tänzerinnen in ihrem lautlosen Walzer zu unterstützen, dabei aber immer wieder aus dem gleichmäßigen, einschläfernden Takt kam.
 

Doch das machte nichts. Die Schneeflocken tanzten leise weiter und ließen sich nicht aus dem Takt bringen, dankbar für die Unterstützung. Unbeirrt machten sie weiter und wurden vom Mond erhellt, der mit seinen kleinen, silbernen Töchtern am Himmel saß und andächtig dem Tanz zusah.
 

Sie blieben auch stumm, als Ivan Alfred die Wodkaflasche rüberreichte und dieser dankbar einen großen Schluck nahm und die Wärme und das leichte Brennen in seinem Rachen willkommen hieß. Dann gab er die Flasche stumm weiter und sah aus dem Augenwinkel, wie Ivan auch einen Schluck aus der Flasche nahm, konzentrierte sich aber weiterhin auf den Ball vor ihrem Fenster, mit den wunderschönen Mädchen in ihren vereisten Kleidern und den Schritten eines Walzers, dessen Reihenfolge nur sie alleine kannten.
 

"Schön nicht wahr?"

"Wie immer."
 

Alfred erinnerte sich nur zu gut daran, wie er mit Ivan vor dessen Zelt in Stalingrad gesessen sind und auf eine weiteren Angriff der deutschen Truppen gewartet haben, während sie sich die verschiedensten Geschichten erzählt und sich mit Wodka warmgehalten hatten. Er erinnerte sich nur zu gut, wie er dem Russen erzählt hatte, dass er mehr für Arthur empfand als Freundschaft und wie dieser nur angeekelt das Gesicht verzogen, aber ansonsten nichts dazu gesagt hatte.
 

"Bist du wirklich mit Iggy zusammen?"

Der Russe zuckte als Antwort nur die Schultern.

"Woher weißt du davon?"

"Iggy hat mich heute im Zimmer angeschrien und gemeint ich solle mich gefälligst gegenüber seinem Freund benehmen."

Der Russe lachte rau und tief auf und nahm einen erneuten Schluck aus der Flasche, bevor er sie dem glucksenden Amerikaner reichte.
 

"Er ist eine kleine Zicke, da?"

"Klein nicht gerade.", grinste der Kleinere vielsagend und vernahm ein missmutiges Geräusch aus der Richtung des Russen.

"Was denn?"

"SO genau wollte ich das gar nicht wissen, weißt du."

Belustigt hob der Amerikaner die Augenbraue und musterte nun den Anderen.

"Als wärst du noch nie mit ihm im Bett gewesen~"

"War ich schon oft genug."

"Na also."

"Da war ich aber auch betrunken genug."
 

Schmunzelnd nahm der Amerikaner nach einem weiteren Schluck des Russen die ihm entgegengehaltene

Wodkaflasche und machte ebenfalls einen.
 

"Sag bloß, du ekelst dich immer noch davor. Und das obwohl du die Homosexuellenehe erlaubt hast."

"Ich hatte die Auswahl zwischen einer Reichensteuer und einer Homosexuellenehe."

"Lass mich raten, da war das zweitere das kleinere Übel?"

"Eben."
 

Beide lachten. Die feindliche Stimmung vom Vormittag war wie aufgelöst. Als hätte es sie nie gegeben. Als hätte es den kalten Krieg nie gegeben. Als wären sie immer noch die guten Freunde die mit ihren Gewehren vor dem Zelt in der eisigen Kälte des russischen Winters saßen und sich mit Wärmeflaschen, alten, abgetragenen Militärmänteln und einer Flasche Wodka notdürftig warm hielten.

Nachdenklich sahen Beide wieder aus dem Fenster.
 

"Dann... Dann nehme ich an hast du nichts dagegen, wenn ich mir Iggy schnappe?"

Leise lachte der Russe auf und schüttelte nur den Kopf.

"Wo denkst du hin, ich wäre froh. Darauf warte ich schon seit ich euch in ein Zimmer gesteckt habe."

"Achso~ Du willst also dass ich auf Wolke sieben wegschwebe, damit du ungehindert die Welt erobern kannst?"

"Ja genau~ Außerdem hat England versprochen dann von der Wolke aus Regebogen und Einhörner zu kotzen, um mir zu helfen meine Feinde niederzustrecken."
 

Kurz entstand Stille, dann lachten sie erneut.
 

"Dein Humor ist immer noch so scheiße wie vor dem kalten Krieg, dude."

"Deiner hat sich trotz aller Hoffnungen auch nicht gerade gebessert."
 

Erneut lachten sie auf und schlugen sich gegenseitig, freundschaftlich auf die Schultern. Dann kehrte wieder Stille ein.
 

"Warum hast du damals mit mir geschlafen?"

Der Russe zuckte die Schultern. Wenn er ehrlich war, hatte er keine Ahnung. Damals war er nicht so betrunken gewesen, als dass er sich nicht hätte kontrollieren können. Eigentlich...

Stumm sahen die beiden Männer wieder aus und betrachteten die Schneeflocken, wie sie weiterhin in ihrem stummen Walzer durch die Luft wirbelten und schließlich zu einer Schneedecke zusammengeschlossen, auf dem Boden lagen.
 

"Erinnerst du dich noch an den Weltkrieg?"

"Welchen meinst du, dude?"

"Welchen fandest du schrecklicher?"

"Den zweiten."

"Ich auch."
 

Leise durchatmend schloss der Russe die Augen und lehnte seine Stirn gegen die kühle Fensterscheibe.

"Der erste war eigentlich der schrecklichere. Weißt du, ich hätte nie geahnt, was für eine Wirkung Waffen in menschlicher Hand entwickeln könnten. Und als ich gesehen habe wie meine Männer zu tausenden nur wegen einer einzigen Bombe erlegen sind, hätte ich am liebsten geheult, wie ein Schlosshund."
 

"Glaube ich dir dude. Mir gings Genauso als ich gesehen habe, was mit Iggy los war."
 

"Da. Aber du hast den Krieg ja nicht direkt miterlebt. Das war der allerschlimmste Albtraum meines Lebens."

Ein leichtes Lächeln erschien auf den Zügen des Russen und ließ das junge Gesicht, wegen der Trauer seltsam verzerrt wirken. Fast schon unnatürlich.
 

"Und der zweite?"

"Das war zu real um ein Albtraum zu sein."
 

Erneut lachte der Russe traurig auf.

"Wusstest du, dass über die Hälfte der Opfer meine Kinder waren? Ausgerechnet meine Kinder?! Und nicht einmal Soldaten, sondern Frauen! Frauen und kleine Kinder!"

Ein Zittern ergriff den mächtigen Körper und ließ ihn fast schon zerbrechlich wirken. Instinktiv legte Alfred ihm eine Hand auf die Schulter und schaute nach draußen.

"Es war allen immer scheiß egal was mit mir war. Vor Polen haben die sich auf die Knie geworfen, von wegen verzeih uns, wir waren ja so ungerecht und haben dir so viel Leid angetan! Aber dass mehr als die verfickte Hälfte, dieser verfickten 4,3 Millionen Opfer, meine Kinder waren...! Das ist egal, oder was?! Das ist egal?!! Und dann hieß es auch noch plötzlich; nehmt euch vor diesem kommunistischen Monster dort in Acht, er ist ja so böse und so durchgeknallt! Er wird euch alle samt Haut und Haaren auffressen!"
 

Der Amerikaner schwieg nur schuldbewusst. Er hatte einen nicht ganz unerheblichen Teil dazu beigetragen, dass Ivan als Monster aus dieser Schlacht kam. Und eigentlich tat es ihm auch leid, wenn er das jetzt betrachtete, aber er war immer noch der Meinung, der Andere war in gewisser Art und Weise selber schuld.
 

"Sie... IHR habt ja so getan, als hätte ich es mir ausgesucht! Als wären diese Revolutionäre nicht zu mir in den Zarenpalast gestürmt und hätten die Zarenfamilie der Reihe nach abgeschlachtet nur um mich dann dazu zu ZWINGEN kommunistisch zu werden, sondern als hätten sie nett angeklopft und gefragt, ob ich nettes, liebes Russland das sein wollte! Als hätte es mir Spaß gemacht! Als hätte ich es genossen die Deutschen abzuschlachten! Als hätte es mir Spaß gemacht zu sehen wie meine Kinder starben! Als hätte es mir verdammt noch mal Spaß gemacht zu versuchen wenigstens noch etwas von diesem verdammten Land zu retten."
 

Der Russe schüttelte nur den Kopf und den Arm des Amerikaners ab.
 

"Aber vielleicht habt ihr ja recht, vielleicht bin ich ja wirklich ein Monster."
 

Stumm schaute der Jüngere wieder nach Draußen und nahm einen Schluck aus der Wodkaflasche, bevor er sie an den Russen zurückreichte und eher minder als mehr verwundert zusah, wie die restliche Hälfte in dem mächtigen Körper verschwand. Dann sah er wieder nach draußen. Ja verdammt, er hatte einen großen Teil dazu beigetragen, dass der Russe als Monster galt. Einen sehr großen Teil. Sicher, der Andere hatte auch die eine oder andere Psychose. Immer noch. Aber das hatte jedes Land mal. Auch der Franzose, der sonst so viel Amour verbreitete, hatte Napoleon und seine Revolution gehabt. Auch der sonst so eingefleischte Gentleman Arthur, hatte seine wilde Piratenzeit gehabt und seine Feinde der Reihe nach abgeschlachtet. Ebenso wie der ruhige Österreicher, der den ersten Weltkrieg angefangen und den unerfahrenen, viel zu jungen und damals viel zu enthusiastischen Ludwig reingezogen hatte. Später hatte dieser die ganze Schuld abgekommen und irgendwann den zweiten Weltkrieg angefangen, von dem sich die Welt nie ganz erholt hatte und weswegen Ludwig den Ruf eines nazistischen Arschlochs wohl auch nie ganz loswerden würde.
 

"Weißt du was ich schräg finde?", die Stimme des Größeren klang seltsam rau und verzerrt. "Ich erinnere mich noch wie ich vor einigen Jahrhunderten total verschossen in Frankreich war. Also nicht in Francis... Gott bewahre! Sondern in das Land, verstehst du? In dieses wundervolle Land, den köstlichen Wein und diese so sanfte und zärtliche Sprache."
 

Der Amerikaner sah zu ihm und hörte stumm zu.
 

"Ich hatte die Sprache voller Enthusiasmus gelernt und versucht freundschaftliche Beziehungen mit ihm aufzubauen. Aber er hatte mir wohl nie wirklich vertraut.", der Größere lachte witzlos auf. "Ich war oft dort, vor, während und nach der Revolution. Liebte es einfach dort meine Zeit zu verbringen. Verfeinerte dort meine Sprachkenntnisse. Dann drang wenige Jahre später Napoleon in mein Reich ein und ich war gezwungen mein Herz für meine Kinder zu opfern."

Erneut lachte der Größere auf. Diesmal klang es nicht nur witzlos, sondern auch einfach nur müde.
 

"Dann verbündete ich mich mit Preußen und Ludwig. Gott, ich habe den Jungen wirklich lieb gewonnen, Er war so klug, eloquent, ruhig und hielt sich immer an alle Vorschriften... Ich bewunderte seinen Pragmatismus. Und vor allem dieses Handwerk! Seine Musik hatte mich nicht so umgehauen, die deutschen Komponisten waren mir teilweise zu wider, muss ich ehrlich zugeben. Vor allem dieser Brahms.", den Größere schüttelte es kurz. "Er tat ja immer so als wäre er der Herr der Welt. Aber Ludwig, war einfach ein Goldschatz."
 

"Und dann kam der erste Weltkrieg."

"Nein."
 

Der Russe lachte erneut.
 

"Das hatten wir ja mehr oder weniger geklärt. Die Gebietsabtritte haben mir weniger wehgetan als man meinen sollte."

"Was dann?"

"Dann kam der zweite. Er hat mich einfach so verraten. Ich habe ihm diese verdammten Reparationszahlungen erlassen, habe für ihn meine Hand ins Feuer gehalten, habe ihm sogar anfangs geholfen. Und dann hat er mich einfach so hintergangen. Hatte mir reihenweise meine Kinder abgeschlachtet."

"Tja~ Mir, dem Hero, wäre das nie passiert."
 

Doch beide wussten dass es nur so dahingeredet war. Auch wenn Alfred sicherlich stark und auch psychopathisch genug gewesen wäre sich zu wehren, wäre er an der Stelle des Russen gewesen, und das wusste er ganz genau, hätte es ihn wohl noch schlimmer erwischt. Seine Kinder standen nicht so zu ihm, wie Ivans das taten. Sie hätten keine Skrupel gehabt einfach zu verschwinden. Und auch wenn einige sicher hinter ihm gestanden wären, so bezweifelte er dennoch ob er es einfach so weggesteckt hätte. Schließlich erinnerte er sich noch zu genau wie sehr ihn der elfte September verletzt und fertiggemacht hatte. Und das war nur der Attentat und die Auslöschung zweier Türme gewesen und nicht die eines ganzen Berzirkes, das von der Fläche her wahrscheinlich das gesamte Boswash* hätte einnehmen können.
 

"Vielleicht.", sagte der Russe müde.

"Ich bin müde, ich gehe schlafen, da?"

"Ist gut dude, mach das."
 

Lächelnd nickte der Russe und ging davon. Ihm war klar, dass es morgen genauso weitergehen würde wie immer. Alfred würde ihm weiterhin irgendwelche Weltherrschaftspläne vorwerfen und er würde wetierhin jede Versammlung angepisst und mit übler Migräne verlassen. Doch das war in Ordnung so. Schließlich war es das Zeichen dafür, dass Frieden herrschte. Und vorerst wohl auch herrschen würde.
 

Währenddessen stand Alfred am Fenster und dachte nach. Was wäre passiert wenn er tatsächlich an der Stelle des Russen gewesen wäre? Er wusste es nicht. Er wusste nur eines. Sie alle waren Monster.
 

Und sie alle würden irgendwann erwachen.

Kap 4 Abschn1

Stumm sah der Preuße aus dem Fenster und musterte die Schneeflocken, die in einem leisen Walzer auf den Boden fielen. Es war mittlerweile der achte Tag in diesem verdammten Haus und seine Ahnung hatte sich bestätigt.
 

Seine Awesomness litt enorm.
 

Mal ganz abgesehen davon dass er plötzlich zum Weckdienst degradiert wurde und deswegen selber nicht ausschlafen konnte, nun machte ihn die Nähe des Russen auch noch kirre. Plötzlich fiel ihm so deutlich wie noch nie zuvor auf, wie oft am Tag sie sich eigentlich berührten, wie Ivan roch, als er sich zu ihm beugte, wie warm seine Haut war, wenn dieser ihm etwas reichte. Alles worauf er sonst ziemlich wenig Wert gelegt hatte, wurde nun deutlicher und brannte sich in sein Gehirn ein. Zusammen mit den Träumen die er jede Nacht hatte, war es schon fast unausstehlich. Nun wusste er wieder, warum er sich sonst von den Meetings fernhielt.
 

Spätestens nach dem sechsten Traum, in dem Ivan ihn flachlegte, hatte seine Awesomness sich erhobenen Hauptes von ihm abgewandt und war wegstolziert.

Spätestens nach dem sechsten Traum oder eher gesagt schon vor einigen Tagen.
 

Oder wenigen Stunden.
 

Es war alles wie immer abgelaufen, Toris war früh morgens in sein Zimmer reingekommen und hatte ihn geweckt, damit er Ivan wecken ging. Nach einer kurzen Diskussion und Toris schwerwiegenden Argumenten, dass er ihm ja noch etwas schuldig war und so weiter, und seine Awesomness ließ nun mal keine offenen Schulden zu, hatte Gilbert sich murrend aufgerappelt und war doch den Größeren wecken gegangen.
 

Als er im Zimmer stand und den Russen betrachtet hatte, seufzte er leise. Es war immer noch das Gleiche. Decke und Kissen lagen an der Wand und der Größere zusammengerollt, in Klamotten und mit seinem alten Kriegsmantel statt dem Kopfkissen, auf dem Bett. Dabei schien die Anspannung den großen Körper für keine Sekunde verlassen zu haben, denn der Preuße war sich sicher, sobald er ihn auch nur für den Bruchteil einer Sekunde zu lang ansehen oder anfassen würde, würde der Andere sofort aufwachen. Seine Ahnung bestätigte sich, als er einen Schritt vorwärtsging, die Dielen knarrten und der Russe sofort kerzengerade auf dem Bett saß. Kerzengerade und mit einer Hand unter dem Mantel, wobei er nicht mal zweifelte, dass alles was der Andere da in seiner Hand hatte, gesundheitsschädigend für ihn sein würde, sobald er sich auch nur einen Schritt weiter nährte.
 

Mal wieder wurde ihm schmerzhaft bewusst, was genau sie mit dem Krieg eigentlich angerichtet hatten. Er hatte das Bild oft gesehen. Zu oft. Jedes Mal wenn er ihn wecken gegangen war,
 

Früher als sie noch zusammen in seinem Haus lebten, hatte er jedes Mal dasselbe Bild gesehen. Ivan hatte damals noch auf dem Boden gelegen und eine 9mm unter seinem Mantel gehabt und kein einfaches Taschenmesser wie heutzutage. Es war immer wieder das Gleiche gewesen. Wie im Krieg.
 

Nun jedoch war kein Krieg mehr. Dennoch schien Gilbert es so, als würde der Russe jeden Moment mit einem weiteren Angriff rechnen. Murrend hatte er den Anderen angesehen und ihm, ebenso missmutig gesagt dass er endlich aufhören sollte in Kleidung zu schlafen. Dann hatte er noch gesagt er wäre nicht sein Dienstmädchen und er solle sich einen neuen Wecker zulegen, bevor er sich verzogen hatte. (Selbstverständlich so awesome wie möglich, was aber leider nicht mehr viel war.) Natürlich hatten Tonio und Francis ihn darauf angesprochen, aber er hatte nur abgewinkt und sich drüber lustig gemacht, was seine Freunde anscheinend ansatzweise beruhigt, aber keineswegs überzeugt hatte. Allerdings auch nur weil, sie nicht wussten, was passiert war, nachdem Gilbert den Russen geweckt hatte.
 

Toris hatte ihn dann kurz vor seinem Zimmer abgefangen und wieder zurück ins Zimmer des Russen geschickt, um ihm etwas auszurichten. Diesmal hatte der Preuße sich vorgenommen nicht so schnell nachzugeben, doch als der Andere ihn mit großen, bittenden, ja schon fast flehenden Augen angesehen hatte, konnte er nicht mehr nein sagen, hatte nur äußerst genervt geseufzt, genickt, ist losgegangen und hätte den Litauer mit seinem tödlichen Blick und all der Awesomness die er hatte, sicherlich pulverisiert, als er das Grinsen in Toris Gesicht gesehen hatte. Aber es war zu spät umzudrehen, ohne sich als Feigling zu outen. Und auch wenn seine Awesomness den Knick hatte, soweit war es sicher noch nicht gekommen, als das er Angst vor dem Russen hatte. Es war eher das komische Gefühl, dass er in dessen Nähe immer empfand und sich weigerte sich einzugestehen, was es war.
 

Auch wenn er sich auf dem Weg zigmal versuchte klarzumachen, dass er es nicht machen musste, sagte ihm seine Awesomness das Gegenteil. Deswegen war er so awesome wie nur irgend möglich ohne zu Klopfen in Ivans Zimmer gegangen und war spontan einem fast nackten Ivan in die Arme gelaufen. Dieser war scheinbar frisch geduscht aus dem Bad gelaufen und hatte sich keine Mühe gemacht sich was anzuziehen, sondern nur ein Handtuch um seine Hüften gewickelt gehabt. Einen dementsprechend guten Ausblick hatte Gilbert auf den kräftigen Oberkörper, die muskulösen Beine und die Wassertropfen, die über diesen Körper scheinbar mühelos glitten. Und auch wenn es ihm nicht gefiel das zuzugeben, ihm war dank diesem Anblick nicht nur die Spucke weggeblieben, sondern auch noch heiß geworden.
 

Es war das erste Mal in seinem Leben gewesen, dass man ihn sprachlos erleben konnte.
 

Leise Grummelnd schüttelte der Weißhaarige den Kopf und versuchte die Bilder eines halbnackten Russen aus seinen Gedanken zu vertreiben. Doch sie waren einfach zu verlockend. Sie und die Tatsache, dass in seinen Träumen die Hände des Anderen sich nicht die Haare mit einem anderen Handtuch trockenrubbelten, sondern über seinen Körper strichen, ihn reizten, ihn seinem Höhepunkt immer näher brachten. Und wenn er nicht schon davor genau gewusst hätte was die Schmetterlinge im Bauch bedeuteten, hätte er es spätestens da verstanden gehabt. Missmutig schüttelte er den Kopf und wandte den Blick vom Fenster ab. Er hatte schon lange genug apathisch vor sich hingestarrt. Langsam aber sicher wurde es Zeit etwas gegen diese hässlichen Gefühle zu unternehmen und er kannte eine Person, die ihm dabei helfen konnte.
 

Nur ob es klappen würde, blieb völlig offen...
 

~*~
 

Matthew ging es wieder besser. Die Medikamente zeigten endlich ihre Wirkung, zusammen mit den ganzen Kräutertees und der fürsorglichen Pflege Francis', dessen Gewissen noch immer Amok lief. Obwohl der Größere versucht hatte dem Franzosen das auszureden, hatte es nur mäßigen Erfolg gehabt.

Mäßig bis gar keinen.
 

Bei den Versammlungen schien gar nicht aufzufallen, dass Matthew nicht da war. Alle diskutierten durcheinander, laut und redeten nur Blödsinn.
 

Von dem Streit zwischen Alfred und Ivan hatte Matthew nur durch Arthur erfahren, der fuchsteufelswild irgendwann abends in sein und Francis Zimmer gestürmt ist und eine Fluchtriade nach der anderen über das 'unfähigste, dämlichste und nur mit den Muskeln aber nie mit dem Hirn denkende' Land abgelassen. Später kam Alfred rein und versuchte sich Rat zu holen was er denn nun mit seinem Iggy tun sollte, bekam aber keinen weil Francis einfach nur aufstand, ihm auf die Schulter klopfte und scheinbar völlig zusammenhanglos 'c'est l'amour' ablies, wonach er den Raum auch verließ. Matthew hingegen konnte nur die Schultern zucken und sagte nichts, sondern hörte seinem Bruder zu, wie dieser ihm alles von ihrer ersten gemeinsamen, nicht- oder zumindest von Alfreds Seite aus- zugetrunkenen, Nacht berichtete. Das Meiste davon hatte Matthew eigentlich gar nicht wissen gewollt. Was seine beiden Ziehväter anging, kannte er da gar nichts. Sie waren ihm heilig. Und zumindest der Zweite von ihnen, schien Wert zu legen, auf freundschaftliche Beziehungen. Der Erste hatte ihn vergessen. Hingegen aller Versprechungen, hatte der Mann ihn vergessen. Natürlich, schließlich war er ja nur Kanada, nur der Normale, ihn durfte man vergessen.
 

Seufzend richtete Matthew sich auf und streckte sich. Seine Glieder waren vom andauernden Schlafen eingeschlafen und knacksten entsetzlich laut in der Stille des Raumes. Francis war bei der nachmittäglichen Versammlung und er war endlich alleine und konnte sich die Beine vertreten. Nachdenklich hielt der Kanadier inne und rechnete kurz alles in seinem Kopf durch.
 

An dem ersten Tag im Hause Russlands, war er überstürzt rausgerannt, weswegen Arthur ihm schon ordentlich die Leviten gelesen hatte, und war krank geworden. Zwei Tage war er komplett außer Gefecht gewesen und noch vier Tage hatte er im Bett verbracht, bis das Fieber fast komplett abgeklungen war. Es war also bereits der achte Tag und er hatte acht ganze Versammlungen verpasst, was ihm ordentlich missfiel. Aus Francis Erzählungen, der aber am dritten Tag mit einem ordentlichen Veilchen rumgelaufen war, das Ivan ihm verpasst hatte, weil dieser Froschfresser sich an seine Schwester gewagt hat, hatte Matthew entnommen, dass der gestrige Tag erstaunlich ruhig verlaufen war.
 

Zumindest würde das erklären, warum Ivan den ganzen Tag fast schon stoisch ruhig gewesen ist und relativ gute Laune gehabt hatte, als er am Abend zu ihm gekommen ist, um nach ihm zu sehen.
 

Wenn’s so weiter gehen würde, würde Alfred vielleicht sogar erwachsen werden...
 

Was der Kanadier aber sofort verwarf, als er aus dem Raum ging und sofort das laute Organ seines Bruders hörte, der Ivan wieder irgendwelche Weltherrschaftspläne unterstellte. Leise seufzend schlug der Kanadier dann den Weg in die Bibliothek ein, die zum Glück am anderen Ende des Stockwerkes lag, als der Essensaal. Leise seufzend betrat er den großen Raum und lauschte zuerst nach verdächtigen Geräuschen, bevor er sich weiter rein traute. Kuma schlief in ihrem Zimmer und würde dort auch bleiben.
 

Irgendwie liebte er diesen Raum. Er erinnerte ihn an seine Kindheit. Als er noch klein war, war er oft in Arthurs Bibliothek gesessen und hatte dort stundenlang gelesen. Bücher waren seine Welt. Sie erzählten tausende Geschichten. Mehr als man selbst als Land erleben konnte. Sie handelten von Menschen, erzählt von Menschen und erschaffen von Menschen. In Zeiten wie diesen, eine der wenigen Möglichkeiten etwas zu finden, was einen mit den Menschen verband
 

Sie erzählten von Kriegen, die man miterlebt hatte oder die man nicht sah. Von Helden die man kannte und nicht. Davon wie New York mit Moskau spricht, oder wie sich nächtliche Straßen in Märchenlandschaften verwandelten und die Autoscheinwerfer in Irrlichter, während das kleine Feuer der eigenen Seele nachts durch die verschneiten Straßen raste. Ja, Bücher erzählten Welten.
 

Und im Gegensatz zu seinem störrischen, unsteten Bruder, liebte Matthew es in diese Welten einzutauchen.
 

Neugierig sah der blonde Mann sich um und suchte in den Fantasybüchern nach seinem russischen Lieblingsautor. Zwar bezweifelte er dass der Russe ausgerechnet Viktor Pelewin in Französisch haben würde, aber einen Versuch war es wert. Zumindest das fünfte Imperium hatte er auf Englisch hier entdeckt. Und dass es das auch in Russisch gab, daran zweifelte er nicht mal. Joseph Heller hatte er dort auch irgendwo gesehen.
 

Mit einem triumphierenden Gesicht zog er schließlich die französische Übersetzung von dem Buch Generation P aus dem Bücherregal und begab sich in die Mitte des Raumes, wo er schon bei seiner ersten Erkundung ein paar Sessel und einen Tisch in der Mitte entdeckt hatte.
 

Doch als er an den Tisch trat, bemerkte er, dass er hingegen seiner Hoffnungen nicht alleine da war.
 

Nikolas saß in einem der Sessel und hatte einen dicken Wälzer auf den Knien. Machte aber nicht mal im Geringsten den Eindruck als würde er sich wirklich auf das Buch konzentrieren können. Spätestens nach dem Matthew und er seit einer halben Stunde dagesessen sind und jeder in sein Buch gestarrt hatte, Nikolas aber kein einziges Mal eine Seite umgeblättert hatte, stand eindeutig fest, dass der Norweger sich wohl wirklich nicht konzentrieren konnte.
 

Genervt legte der irgendwann das Buch zur Seite und sah Matthew an.
 

"Also gut, was willst du?"
 

Der Kanadier machte nicht mal den Versuch zu lügen, sondern schlug sein Buch nun auch zu und legte es weg. Auch er hatte es nicht geschafft in dieser halben Stunde, mehr als fünf Sätze aneinandergereiht zu lesen, bevor ihm der Sinn wieder entfallen war, weil er zu sehr in Gedanken war.
 

"Habt Matthias und du euch noch immer nicht vertragen?"

Bei diesen Worten wurde das Gesicht des Norwegers schlagartig finster und er schaute Matthew nur angepisst an, allerdings ohne das Gesicht zu verziehen.
 

"Woher weißt du davon?", sagte er scheinbar ruhig, doch konnte den genervten Unterton nur schwer verbergen.

"Ich habe euch vor sechs Tagen auf dem Gang streiten gehört."
 

Der Norweger hob nur kurz die Augenbraue, doch das reichte Matthew bereits.
 

"Also nicht, nehme ich an?"

"Was geht es dich an?", kam es nur unfreundlich zurück, doch er konnte nur zu genau die Wut und Trauer dahinter hören. Auch wenn sie ziemlich gut versteckt war. Aber sie kannten sich einfach schon zu lange, als das der Andere ihm was vormachen konnte.
 

"Was willst du jetzt machen?"

"Gar nichts.", kam die viel zu schnelle Antwort zurück. "Wenn er Emil will, ist das ihre Sache. Sie sind Beide schon alt genug."

"Du hast mit ihm Schluss gemacht?", fragte der Kanadier leicht ungläubig zurück, der nur zu genau die verborgene Botschaft hinter den Worten gehört hatte.

"Wie gesagt sie sind alt genug. Und hinter diesem Deppen werde ich sicher nicht herrennen. Er ist es nicht wert.", kam die leise Antwort zurück.

"Ach komm schon Nikolas, das kann nicht dein Ernst sein! Du warst jahrelang in ihn verliebt und willst das jetzt wegen diesem Streit aufgeben?"

"ES IST NICHT NUR WEGEN DIESEM STREIT"
 

Erschrocken zuckte der Kanadier zusammen und sah den Norweger überrascht an, der den Kopf gesenkt hielt und die Fäuste verkrampft hatte.

"Es... Es ist einfach wegen allem... Erinnerst du dich noch an die letzte Party bei Tino?"

"Natürlich."

Wie konnte er das vergessen. Schließlich erinnerte er sich nur zu gut daran wie sein Herz geschmerzt hatte, als er gesehen hatte, wie Francis sich an Arthur rangeschmissen hatte.
 

"Was ist damit?"

"Wir sind im Bett gelandet."
 

Nun doch überrascht starrte er den Norweger an.
 

"Und am nächsten Morgen war er so nett gewesen mir zu erklären dass es nur ein dämlicher Unfall war, er es nicht gewollt hatte und es sicher niemals wieder vorkommen wird."
 

Der Kanadier sog zischend die Luft ein. Er konnte sich nur zu gut vorstellen wie Nikolas sich gefühlt hatte. So was zu hören war meist weitaus schlimmer als manch ein Tritt in die Eier.

"Und ich habe die Schnauze voll davon. Als Berwald, er und ich noch in einem Haus gelebt hatten, gab es für ihn nur Berwald, später sind Tino und Emil dazugekommen und ab da war ich komplett von der Bildfläche gefegt. Es war nicht nur der eine Streit."
 

Mit einem leisen Seufzen, ging der Kanadier zum Anderen und drückte ihn sanft an sich. Auch wenn Nikolas sich versteifte, löste er die Umarmung nicht. Er wusste einfach nicht, wie er dem Anderen sonst noch helfen konnte. Matthias ließ nicht mit sich reden und auf ihn hören, würde er schon gar nicht.
 

Sie waren zehn Minuten so dagesessen, bevor Nikolas ihn mit einem leisen 'es geht schon' von sich geschoben hatte.

Stumm hatte Matthew sich aufgerichtet und den Norweger gemustert.
 

"Also, was wirst du jetzt tun?"

Zunächst schien der Andere nachzudenken, doch dann schüttelte er nur leicht den Kopf.

"Gar nichts. Falls ihm tatsächlich auch nur etwas an mir liegen sollte, weiß er wo er mich findet."
 

Der Kanadier musterte den Anderen und schüttelte dann nur leise seufzend den Kopf. Dann nahm er sein Buch, drückte Nikolas kurz aufmunternd die Schulter und ging aus der Bibliothek raus. Das war sinnlos jetzt anzufangen den Norweger zu überreden, doch um Matthias zu kämpfen. Dafür waren die Wunden noch zu frisch. Was der Norweger eigentlich überhaupt in der Bibliothek zu suchen hatte, statt auf der Versammlung zu sein, war ihm erst spät in den Sinn gekommen.

Doch er hatte dessen Atem gerochen und das hatte ihm gereicht.
 

Sicher, Nikolas war niemand der allen sein Befinden offen darlegte, doch so eine Fahne, hätte nicht mal er verstecken können. Logische Konsequenz; das Land mit dem höchsten HDI, großen Erdölvorkommen und den besten Schulen fehlte, wegen Liebeskummer und einem Suff. Allerdings bezweifelte er, dass es jemand störte, oder auch nur jemandem auffiel. Sicher, Nikolas war nicht so unsichtbar wie er und wenn er es mal werden würde, er würde es schon schaffen sich wieder Gehör zu verschaffen. Daran wiederrum zweifelte er kein bisschen. Aber auch er war nicht so laut und teilweise aufgedreht wie Matthias. Der machte nämlich immer Krach für fünf.
 

So langsam fragte Matthew sich, ob diese Versammlung eigentlich nur Katastrophen bereithielt...


Nachwort zu diesem Kapitel:
*Boswash: Boswash gilt als das Finanz- und Regierungszentrum Amerikas. Es ist die an der Ostküste gelegene Metropolenansammlung, von Boston nach Washington. Dazu gehören auch Metropolen wie; New York und Newark, Philadelphia und Baltimore, ganz abgesehen von den 'kleineren' Städten wie; Lawrence, Worcester, Springfield, Hartford, Providence, New Haven, Allentown, Trenton (was sich Flächenmäßig mit Philadelphia schneidet), Wilmington und Arlington (was sich Flächenmäßig mit Washington schneidet). Beinhaltet die Bezirke; Massachusetts, Rhode Island, Connecticut, New York, Pennsylvania, New Jersey, Delaware, Maryland und den nord-östlichen Teil von Virginia. 1961 bezeichnete der französische Geograph Jean Gottman, das ganze als 'Megalopolis', was bis heute hängen blieb. Also Megalopolis Boswash, was bis heute als die Keimzelle der USA gilt, da sich dort die ersten Siedler niederließen und sich ab dort in den USA innerhalb von wenigen Jahren, schlimmer als die Karkalaken, verbreiteten. (Von 1820-1924, also in 104 Jahren, wanderten dort mehr als 36 000 000 Menschen ein. Mal ganz abgesehn davon wie viele Juden, Homosexuelle, Zigeuner und anderer 'Unrat' der von Hitler verstoßen wurde oder noch vor seiner Machtübergreifung freiwillig floh, weil die klugen Menschen das schon vorhersehen konnten, in den Jahren 1931-1938 dort landete und heute immer noch landet oder einfach zur Welt gebracht wird.)

Zum Vergleich: Die gesamte Fläche von Bswash ist größer als die von gesamt Deutschland. Der Bezirk Sankt-Peterburgs (Damals Stalingrads und noch davor Leningrads und noch davor, noch irgendwie), ist größer als der Uralbezirk, wo ich geboren bin (Perm um genau zu sein). Nun kommt der Witz dahinter; der Uralbezirk, ist ungefähr genauso groß wie Deutschland es damals mit Preußen zusammen war.
Megalopolis ist in etwa gensausogroß wie Detuschland es damals war. Und der Bezirk von Sankt-Petersburg, ist größer...

Also wenn man dazu noch bedenkt dass von den zirca 4 300 000 Opfern, etwa 2 600 000 Russen waren, und nicht in etwa Soldaten, sondern Frauen und Kinder die eigentlichen Opfer waren (nicht nur bei den Russen), frage ich mich doch ernsthaft warum es tatsächlich noch Leute gibt, die nichts daraus gelernt haben. Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Arthuria_Kingsley
2014-11-12T19:43:01+00:00 12.11.2014 20:43
Tolles Kapitel ^^
Schreib bitte bald weiter :3
Von:  ichisan
2013-02-17T11:11:33+00:00 17.02.2013 12:11
okaaaaay, ich finde diese ff total cool ^^
jedoch weiß nich nicht wirklich mit dem russisch was anzufangen und ich war nahe der verzweiflung, bis ich dann entdeckte, dass du hinten die übersetzung hingeschrieben hast XDXD
naja xD freu mich darauf, wies weitergeht xD
Von:  Juuri
2012-07-10T07:56:43+00:00 10.07.2012 09:56
beim letzten Satz ist mir grad der Mund aufgeklappt xDDD
bitte schreib schnell weiter *___*
ich WILL wissen wie es weitergeht <3
Von:  Juuri
2012-06-18T13:16:43+00:00 18.06.2012 15:16
armer Ivan ;___;
er kann einem manchmal wirklich leid tun...
ich find es übrigens sehr süß das im England da so freundlich zur seite steht und unter die Arme greift =)wenn da nur nicht immer der Ami wäre xD

ansonsten:
ich mag deinen Schreibstil und es lässt sich wirklich gut lesen =3
verfolge die Story schon aufmerksam mit und bin wirklich gespannt wie es denn noch so weitergehen wird......besonders die Sache zwischen Gilbert und Ivan.

kleiner Vorschlag:
es ist toll, dass du auch die russische Sprache mit einbaust, aber mein Vorschlag wäre die Übersetzung der Wörter-Sätze vilt direkt in klammern oder so drunter zusetzen und nicht erst am Schluss des kapitels.
ich kann mir vorstellen, dass die die nicht grad russisch lesen können dadurch ein wenig aus dem Lesefluss gerissen werden. ^^

liebe grüße Ju =3
Antwort von:  Superbia
15.02.2013 14:17
hey~
wow brauch ich lang um zu antworten~
ähm...

also das mit der Übersetzung erst am Ende, kommt niht von ungefähr
ich weiß von mir, dass wenn ich Geschichten lese, es persönlich immer praktischer finde, wenn die Übersetzung erst gegen Ende kommt
ich hab mir also schon was dabei gedacht~ (wenn auch wie immer zu wenig :D)
zudem ist die Geschichte auch noch vorgeschrieben, die Kaps sind original so geposten und ich bin ehrlich gesagt einfach viel zu faul, um sie noch mal umzubearbeiten xD
aber trotzdem danke für den Vorschlag
wird vermerkt und wahrscheinlich sogar irgendwann berücksichtigt :D

bb~


Zurück