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Wallow in Memories

Shizuma x Miyuki
von

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Memories

Bunte Blätter wurden vom Wind gegen die Fenster des Strawberry Dorms geweht. Der Herbst kam dieses Jahr schon recht früh. Bereits Mitte September hatte er die Blätter der Bäume bunt gefärbt und die Sonnenstrahlen verloren langsam an Kraft.

Eine weitere Windböe erfasste die Gardienen und ließ sie weit in das Zimmer, welches dahinter lag, wehen. Einige welke Blätter fanden gleich auch noch den Weg ins Innere des Raums.

Der auf dem Schreibtisch liegende Papierstapel wurde ebenso wenig verschont. Wichtige Dokumente des Student Councils fanden ihren Weg zum Fußboden und schlitterten noch ein ganzes Stück über den Teppich des Raums.

„Nicht doch...!“ Miyuki hatte bis eben auf dem Bett gelegen und französisch gelernt. Sie war so in das Schulbuch vertieft gewesen, das sie das Unglück nicht hatte kommen sehen.

Eilig legte sie ein Lesezeichen in das Buch und klappte es zu. Sie stand vom Bett auf, beeilte sich das Fenster möglichst schnell zu erreichen, musste kurz mit der Gardiene kämpfen und schaffte es dann, das Fenster zu schließen. Von jetzt auf gleich war es ganz schön windig geworden.

Mit einem leisen Seufzen sah sie sich das Chaos auf dem Fußboden an.

Ihre Unterlagen, welche sie heute eigentlich noch den anderen Mitgliedern des Student Councils präsentieren wollte, lagen nun ungeordnet quer im Raum verteilt.

Sie begann sogleich damit die Blätter aufzusammeln und schon mal provisorisch zu sortieren.

Mit einem Stapel Dokumenten auf dem Arm ging sie zurück zum Schreibtisch und legte die Papiere darauf ab. Mit einem misstrauischen Blick musterte die Rokujou den Stapel und legte vorsichtshalber ein recht schweres Mathematikbuch darauf.

Gerade wollte sie sich wieder aufs Bett fallen lassen um weiter zu lernen, da bemerkte sie ein kleines Stückchen Papier unter dem Schreibtisch liegen. Sie hob den Zettel auf und stellte fest, das es ein altes Foto war. Wie war das Bild denn unter den Tisch gelangt?

Auf dem Foto blickten sie zwei Mädchen an, welche etwa elf oder zwölf Jahre alt waren. Um genau zu sein waren es Shizuma und sie selbst. Das Foto war damals etwa zwei Wochen nach ihrer Einschulung geschossen worden.

Miyuki betrachtete es eine Weile. So viel war in der ganzen Zeit geschehen. Gute und schlechte Erinnerungen gleichermaßen. Sie ließ sich zurück aufs Bett fallen.
 

~Flash Back~
 

Die Aula St. Miators war restlos überfüllt. Nur wenige ältere Schülerinnen standen seitlich im Raum. Eine Schwester und einige Lehrerinnen standen auf einer großen Bühne und hießen die Neuankömmlinge willkommen. Dutzende junge Mädchen saßen aufgeregt und reichlich nervös auf ihren Stühlen und hingen förmlich an den Lippen der Erwachsenen auf der Bühne.

Auch ein zierliches, blauhaariges Mädchen war unter ihnen. Ohne es zu merken spielte sie mit einer der etwa kinnlangen Haarsträhnen, während sie den Worten einer Lehrerin lauschte.

Es war das erste Mal, das sie von Zuhause weg war. Nur das dies hier kein Urlaub auf dem Ponyhof oder ähnliches war, nein, ab heute würde sie dieses Internat besuchen.

Es war nicht ihre Entscheidung gewesen, ihre Eltern hatten darauf bestanden.

Unauffällig blickte sie sich im Raum um. Einige der anderen neuen Schülerinnen schienen sich bereits zu kennen, denn sie unterhielten sich im Flüsterton miteinander. Wenn Miyuki sich hier so umsah, dann begann sie sich ernsthaft zu fragen, wie um alles in der Welt sie hier jemals Anschluss finden sollte. Sie war damals noch recht schüchtern und hatte ihre Probleme damit auf andere zuzugehen.

Aus den Gedanken gerissen wurde sie schließlich, als eine Lehrerin damit begann die neuen Schülerinnen aufzurufen um ihnen mitzuteilen, wo sie von nun an wohnen würden und wer ihre Zimmernachbarin sein würde. Nach etwa fünf Minuten fiel auch Miyukis Name.

Eine der älteren Schülerinnen händigte ihr den Zimmerschlüssel aus und beschrieb ihr kurz den Weg zu dem Raum. Die Blauhaarige wartete gespannt ab, wer ihre Zimmernachbarin sein würde. Diese war aufgerufen worden, als sie gerade den Schlüssel gereicht bekommen hatte.

Eine, für ihr Alter, recht große Silberhaarige bahnte sich den Weg durch die Menge. Das erste, was dem Mädchen zu diesem Anblick einfiel war einfach nur //Wow!// Die Andere schaffte es selbst jetzt, wo sie sich durch die viel zu engen und überfüllten Sitzreihen kämpfte, noch elegant zu wirken.

Das Mädchen ging direkt auf sie zu. Mit jedem Schritt, mit dem die Schülerin sich ihr näherte, wurde die Blauhaarige nervöser. Obwohl die andere in ihrem Alter war, wirkte sie schon jetzt viel erwachsener. Jede ihrer Bewegungen wirkte elegant aber nicht aufgesetzt. Ihre Gesichtszüge waren fein und wunderschön.

Direkt vor ihr blieb das Mädchen stehen, betrachtete sie mit einem freundlichen Lächeln und streckte die Hand aus.

„Mein Name ist Shizuma Hanazono und ich bin deine Zimmernachbarin. Freut mich dich kennen zu lernen.“ Die Stimme der Silberhaarigen passte perfekt zu ihrem äußeren Erscheinungsbild. Sie klang weich und höflich aber sie war mindestens genau so einprägsam.

Die Blauhaarige starrte sie an. Sie wollte sich ebenfalls vorstellen, doch sie stellte fest, das sie erstarrt war. Irgendwie schaffte sie es nicht auch nur einen Ton zu sagen.

Die Zeit um sie herum schien still zu stehen. Shizumas Blick wurde leicht fragend. Zögerlich ließ sie die Hand ein Stück sinken.

Miyukis Wangen nahmen einen zarten Rotton an. Es war ihr mehr als peinlich in eine Art Schockstarre gefallen zu sein. Was sollte ihre neue Zimmernachbarin denn jetzt von ihr denken?

„M- ...Miyuki Rokujou.“, brachte sie schließlich heraus. Der Blick der jungen Schülerin war zu Boden gerichtet, fast so, als läge irgendetwas sehr interessantes auf dem Laminatfußboden.

Zögerlich griff sie nach der ihr angebotenen Hand, um die Andere zu begrüßen.

„Lass uns unser neues Zuhause doch mal genauer ansehen.“, streute Shizuma ein, die wohl bemerkt hatte, das ihre schüchterne Zimmergenossin mit der Gesamtsituation überfordert war und sich ein unangenehmes Schweigen breit machte.

Wie auf ein Zeichen hin nickte die Blauhaarige und begann mit Shizuma nach dem Zimmer zu suchen, das sie von nun an bewohnen würden.
 

Etwa eine Woche später hatten die beiden sich einigermaßen gut eingelebt. Es gab nicht nur eine Schule hier auf Astraea Hill, sondern gleich drei. Während Lulims Schülerinnen fast alle sehr freundlich waren, fanden sich in St. Spica eher zielstrebige Persönlichkeiten.

Den Unterricht von St. Miator empfand Miyuki als mittelschwer. Wenn man aufpasste und lernte, sollte es aber kein Problem sein gute Noten zu schreiben.

Mit dem Schulleben hatte sie sich abgefunden und inzwischen hatte sie sich auch mit Shizuma angefreundet. Bloß, das sie so lange von Zuhause weg sein würde, bereitete ihr damals noch Sorgen.

Schon nach den ersten beiden Tagen bekam die junge Schülerin Heimweh. Wenn sie im Unterricht saß oder etwas zu tun hatte, war es nicht so schlimm, doch besonders Abends überfiel sie das Heimweh dafür um so schlimmer.
 

Es war bereits 23 Uhr und ganz Astraea Hill war totenstill. Der Mond schien durch die Fenster des Strawberry Dorms und tauchte die Zimmer und Flure in ein fahles Licht.

Die Blauhaarige lag wach in ihrem Bett. Wieder wünschte sie sich nichts mehr als Zuhause sein zu können. Sie war einfach nicht für ein Leben im Internat geschaffen. Das Mädchen spürte, wie der Kloß in ihrem Hals wuchs. Tränen stiegen in ihren Augen auf. Sie blinzelte mehrfach um sie zu unterdrücken. Letzten Endes ohne Erfolg. Sie wollte nachhause!

Miyuki zog sich die Decke ein Stück weiter über den Kopf. Das Mädchen versuchte ein Schluchzen so gut es ging zu unterdrücken.

Plötzlich hörte sie, wie die Decke vom anderen, hier im Zimmer stehenden, Bett zurückgeschlagen wurde. Es folgte das leise Tappsen von Füßen über den Teppichboden. Die Schritte machten vor ihrem Bett halt. Nach einem kurzen Zögern, spürte sie, wie sich eine Hand auf ihre Schulter legte.

„Miyuki? Alles in Ordnung mit dir?“ Shizuma setzte sich vorsichtig auf die Bettkante.

Angesprochene blieb noch einen Moment auf der Seite liegen, bevor sie ein Stück weit unter der Decke vorlugte und sich zu der Silberhaarigen umdrehte.

„Du bist wach?“, erkundigte sie sich. Das Mädchen hatte gehofft das ihre Stimme normal klingen würde, doch sie hörte sich genau so verheult an, wie sie derzeit auch aussah.

Sie schlug die Decke noch ein Stück weit zurück und kroch darunter hervor um sich nun ebenfalls auf die Bettkante zu setzen.

„Was ist los mit dir?“ Die Stimme der Silberhaarigen klang sanft und einfühlsam. Angesprochene zögerte und blickte zu ihrer Zimmernachbarin rüber. Wegen der Dunkelheit konnte sie gerade mal ihre Silhouette sehen.

„Ich...ich hab Heimweh.“, gab sie dann zu und wischte sich einige Tränen weg. „Weißt du, ich war bis her noch nie von Zuhause weg...ich vermisse meine Eltern.“ Wie viel von dem Gesagten Shizuma nun verstanden hatte, sei dahingestellt, da die Worte immer wieder von Schluchzen unterbrochen wurden. Das silberhaarige Mädchen zog ihre Freundin zu sich und strich ihr leicht durchs Haar. „Du fühlst dich einsam, oder?“, fragte sie. Die Blauhaarige nickte nur schüchtern.

„Aber das musst du nicht. Du bist nicht allein. Ich bin hier und ich bin für dich da.“

So blieben die beiden noch eine Weile sitzen.
 

Teilweise fragte sich Miyuki, was Shizuma wohl von ihr dachte. Ob sie ihr nicht langsam auf die Nerven ging? In den fünf Wochen, die sie inzwischen hier lebten, war die Silberhaarige ihre einzige Freundin. Sie war wirklich immer für sie da und kümmerte sich um sie.

Die Rokujou war ihr wirklich dankbar dafür, doch teilweise kam sie sich so vor wie ein Hund der treudoof seinem Besitzer hinterher dackelte. Allem Anschein nach schien Shizuma das überhaupt nichts auszumachen, doch ganz sicher war sie sich nicht. Die damals noch so schüchterne Schülerin wollte ihrer einzigen Freundin nicht auf die Nerven fallen.

Im Gegensatz zu ihr war die Andere selbstbewusst und für ihr Alter schon sehr erwachsen. Dies wussten auch die anderen Schülerinnen zu schätzen. Schon von Anfang an war ihre hübsche Zimmernachbarin beliebt. Die anderen Mädchen in ihrem Jahrgang bewunderten ihr Auftreten und ihr Aussehen und blickten schon jetzt zu ihr auf.

Manchmal fragte die Blauhaarige sich, wieso Shizuma sich dann ausgerechnet mit ihr abgab. Sie würde es wohl nie ganz verstehen.

So hatte alles angefangen. Ihre Schulzeit und ihre Freundschaft. Damals hatten die beiden nicht mal den Hauch einer Ahnung, was sie noch alles erleben würden...

Sakuragi Kaori

Fast drei Jahre waren seit der Einschulung nun vergangen. In dieser Zeit hatte sich einiges verändert. Die Mädchen waren zu jungen Frauen geworden und hatten sich gut im Internat eingelebt. Während die Silberhaarige in den drei Jahren nur noch hübscher und beliebter geworden war, hatte ihre Zimmergenossin einiges an Selbstvertrauen gewonnen. Ganz allgemein war Miyuki ernster und erwachsener geworden. Hatte sie Anfangs noch an Shizuma geklebt wie eine Klette, so war nun eher sie die Stimme der Vernunft geworden.

Die Blauhaarige war gut in der Schule, lernte täglich dennoch sehr lange und nahm ihre Aufgaben ernst. In all den Jahren hatte sie sich ein Ziel vor Augen gesetzt : sie wollte es schaffen in den Student Council zu kommen. Natürlich war ihr klar, das sie nur noch mehr Arbeit haben würde, wenn sie ihr Ziel erreichte, doch dies störte sie nicht. Ihre Schule war ihr inzwischen sehr ans Herz gewachsen und demnach hatte sie keine Probleme damit Verantwortung zu übernehmen und St. Miator zu vertreten.

Gerade war sie damit beschäftigt einige Modezeitschriften vom Boden aufzusammeln. Shizuma lag ,mit einer weiteren Zeitung in den Händen, faul auf dem Bett und sah ihr beim Aufräumen zu. Normalerweise hätte Miyuki sich darüber aufgeregt, doch die Zeitungen waren schnell aufgehoben und somit sagte sie nichts.

„Hast du schon gehört?“, lenkte sie die Aufmerksamkeit der Silberhaarigen auf sich. Shizuma sah von der Zeitschrift auf. „Mh? Was denn?“

„Nun ja, es ist endlich entschieden, wer unser Zimmermädchen wird.“ Das Interesse ihrer Zimmergenossin war geweckt. „Ach wirklich?“ Sie zog eine Augenbraue leicht hoch. „Sag schon, wer ist es?“

Miyuki hob die letzten Zeitungen vom Boden auf und setzte sich zu Shizuma auf die Bettkante. Die Silberhaarige erhob sich in eine halb sitzende Position und blickte sie interessiert an.

„Sakuragi, Kaori. Sie ist ganz neu an der Schule.“ In den Augen der Hanazono konnte sie lesen, das diese noch mehr über das Mädchen wissen wollte.

Einen Moment lang schwieg die Blauhaarige, dann sprach sie weiter. „Wir werden unser Zimmer allerdings nach wie vor selbst putzen müssen.“ Mit einem kurzen Nicken deutete sie auf die Zeitschriften auf ihrem Schoß. „Wie meinst du das? Ich meine, wofür sonst haben wir dann ein Zimmermädchen?“

Miyuki drehte den Kopf leicht, sodass sie Shizuma ansehen konnte. „Sie kränkelt schon, seit sie klein war. Ihr Immunsystem und ihr Körper sind geschwächt.“ Die Andere hörte ihr aufmerksam zu.

„Daher ist sie bisher immer Zuhause unterrichtet worden. Es ist das erste Mal, das sie eine reguläre Schule besucht.“ Kurz musste die Blauhaarige an ihr erstes Jahr hier im Internat denken. Lange Zeit war sie von Heimweh geplagt worden und hatte sich unsicher gefühlt. Glücklicherweise hatte sich dies nun schon seit Langem gelegt.

„Ich denke sie fühlt sich einsam. Der Stunden Council hat uns ausgewählt, das wir uns ihrer ein wenig annehmen.“

Shizuma seufzte hörbar und ließ sich zurück aufs Bett fallen. Sie zog ein enttäuschtes Gesicht.

Wieder einmal stellte Miyuki fest, was für ein lebhaftes Mienenspiel die Hanazono doch hatte. Bloß, das dies nicht Viele zu Gesicht bekamen. Wären sie nicht hier in ihrem Zimmer, sondern beispielsweise in der Mensa gewesen, sie hätte vermutlich wieder ihre ruhige, vorbildliche Seite gezeigt. Irgendwie freute die Blauhaarige sich, das sie wenigstens ihr ihr wahres Gesicht zeigte. Es freute sie nicht nur, nein es machte sie irgendwie stolz das sie die Einzige war, die ganz normal mit ihr reden konnte.

„So viel Aufregung für Nichts!“, murrte die Silberhaarige währenddessen und suchte nach einer bequemeren Position auf dem Bett. Die Rokujou blieb sitzen wo sie war.

„Shizuma! Jetzt sei doch nicht so kalt.“, beschwerte sie sich. „Kaori ist ein wirklich nettes Mädchen. Ich bin mir sicher du wirst sie mögen.“

„Alle sehen zu uns auf. Ich bin mir sicher, deshalb hat der Student Council entschieden, das wir uns um sie kümmern sollen.“, fügte sie hinzu.

Shizuma hatte es aufgegeben eine bequeme Pose zu finden und setzte sich wieder auf. Erneut warf sie Miyuki einen interessierten Blick zu. „Du nimmst deine Aufgabe sehr ernst, was?“

Angesprochene blickte sie erst irritiert an, nickte dann aber. „Natürlich. Ich möchte, das sie, auch wenn sie einen sehr geschwächten Körper hat, eine schöne Schulzeit hat.“

Ein leichtes Lächeln machte sich auf Shizumas Lippen breit. „So wie du redest, würdest du wirklich gut in den Student Council passen. Das ist doch immer noch dein Ziel, habe ich recht?“

Erneut nickte die Blauhaarige. „Recht hast du.“, gab sie zu.

Die Silberhaarige rückte ein wenig auf dem Bett nach vorn, sodass sie nun genau hinter ihrer Freundin saß. In ihr Lächeln hatte sich etwas Verspieltes gemischt. Miyuki kannte die Silberhaarige gut genug um zu wissen, das diese gerade bestimmt etwas ausheckte. Und sie hatte das dumme Gefühl, das es wieder einmal auf ihre Kosten gehen würde.

Shizuma beugte sich etwas nach vorn, sodass sie nun etwa auf Höhe von Miyukis linkem Ohr war.

„Glaubst du, das ich eine gute Etoile abgeben würde?“ Ihre Stimme war nicht mehr als ein leises Flüstern, doch man konnte fast schon hören, das sie lächelte.

Auf den blassen Wangen der Rokujou machte sich ein Rosaschimmer breit. Es brachte sie immer ein wenig aus der Fassung, wenn Shizuma ihr plötzlich auf die Pelle rückte. Sie wusste, das sie sie nur ärgern wollte, doch es gelang der Anderen jedes Mal aufs Neue. Und dies schien auch die Hanazono genau zu wissen.

Miyuki musste nicht wirklich lange über ihre Antwort nachdenken. „Ja, ich denke das würdest du.“

Ihre Zimmernachbarin strich ihr einige der kinnlangen, blauen Strähnen hinters Ohr und beugte sich noch ein wenig weiter zu ihr rüber. „Shizuma...!“ Das Miyukis Gesichtsfarbe nun fast schon der einer überreifen Tomate glich, schien die Silberhaarige ausgesprochen zu amüsieren.

„Weißt du...“, begann sie. Ihr Lächeln hatte sich inzwischen in ein schelmisches Grinsen verwandelt. „Wenn du dich mal einsam fühlen solltest, dann könnte ich dich im Student Council besuchen kommen.“ Das Wörtchen 'besuchen' hatte eine sehr eindeutige Betonung.

Während die Blauhaarige für einen Moment fassungslos erstarrt war, wusste Shizuma was gesünder für sie war und sprang auf. Die Silberhaarige schaffte es gerade noch den Raum zu verlassen und die Tür zu schließen, da flog auch schon etwas von Innen dagegen. Dem Geräusch nach eine Zeitschrift. Sie hörte, wie die Blauhaarige peinlich berührt und vorwurfsvoll ihren Namen rief und musste unweigerlich grinsen...
 

Am Nachmittag hatten die beiden Mädchen sich auf den Weg gemacht um Kaori besuchen zu gehen. Während Shizuma noch leicht skeptisch wirkte, war Miyuki sich schon jetzt sicher, das die beiden sich gut verstehen würden. Und sie sollte Recht behalten... Nur ein klein wenig mehr Recht, als sie bis zu diesem Zeitpunkt geahnt hatte.

Die Blauhaarige klopfte gegen die massive Eichenholztür. Nur zwei Sekunden später ertönte ein 'Herrein'. Somit öffnete sie die Tür und die beiden betraten den Raum. Das Zimmer war groß und aufgeräumt. Obwohl hier ein junges Mädchen lebte, sahen die Möbel eher antik aus.

In einem Stuhl, ganz in der hintersten Ecke des Zimmers, saß ein junges Mädchen und blickte aus dem Fenster. Von hier aus hatte man eine gute Aussicht auf die Kirche der drei Schulen.

Langsam wandte die Jüngere den Blick um ihren Besuch zu begrüßen. Miyuki kannte sie ja schon, doch nun blieb der Blick der Kleinen an Shizuma kleben. Diese starrte genau so gebannt zurück. Von der Skepsis in ihrem Gesicht war nichts mehr zu sehen. Kaori stand auf und ging auf die Silberhaarige zu. Auch Shizuma setzte sich in Bewegung und durchquerte den Raum, sodass sie sich etwa in der Mitte des Zimmers trafen. Wie auf ein unsichtbares Zeichen hin, reichten sie sich die Hände. Die Blauhaarige lächelte. Sie hatte schon geahnt, das die beiden sich sympathisch sein würden.

„Mein Name ist Kaori.“, stellte das Mädchen sich vor. Auf ihren Lippen lag ein leichtes Lächeln.

Für einen Moment schwieg die Silberhaarige, dann hatte sie ihre Worte wieder gefunden. „Es stimmt wirklich, was Miyuki gesagt hat. Du bist wirklich wunderschön.“

Das Mädchen errötete schlagartig. „Ähm...danke, Hanazono-sama.“,stammelte sie irritiert.

Angesprochene lächelte nun ebenfalls. „Du kannst Shizuma zu mir sagen.“

Einerseits freute Miyuki sich, das die beiden sich auf Anhieb so gut verstanden, doch die Freude hatte einen bitteren Beigeschmack. Sie wusste nicht genau warum, aber eine innere Stimme flüsterte ihr zu, das sich von nun an Vieles ändern würde. Ihre Vermutung sollte Recht behalten.

Es würde sich Vieles ändern. Besser gesagt würde ihr ganzes Leben sich ändern.
 

Von diesem Tag an, waren die drei unzertrennlich. Für Miyuki wurde Kaori zu einer guten Freundin, für Shizuma sogar mehr als nur das.

Sie wusste, das sie sich eigentlich für ihre beste Freundin freuen sollte,doch so sehr sie es auch versuchte, es klappte nie so recht. Immer blieb dieser bittere Beigeschmack.

War es, weil sie nach drei Jahren nun nicht mehr Shizumas meiste Aufmerksamkeit genoss? Nein, das war es nicht mals. Kaori war eine gute Freundin geworden und sie verbrachte gern und viel Zeit mit den beiden.

Auch wenn sie es selbst nicht wahr haben wollte, tief in sich kannte sie die Antwort. Sie war eifersüchtig. Aber nicht, weil sie sich die Aufmerksamkeit ihrer besten Freundin nun mit jemandem teilen musste, nein, weil sie sich wünschte mit Kaori den Platz tauschen zu können. Es klang verrückt, doch so war es.

Doch es war egal was sie für die Silberhaarige empfand. Miyuki war es wichtig, das es in erster Linie Shizuma gut ging. Und das tat es. Auch wenn dies bedeutete, das sie zurückstecken musste.

Sie würde der Silberhaarigen niemals die Wahrheit sagen können. Sie würden für immer gute Freundinnen bleiben, aber nicht mehr. So lange ihre beste Freundin glücklich war, war es okay. Sie würde ihre Gefühle weiterhin verbergen.
 

Die drei verbrachten viele schöne Tage miteinander. Auch wenn Kaoris Gesundheitszustand von Tag zu Tag stark schwankte, das Mädchen fühlte sich nicht länger einsam und war glücklich.

Doch wie schnell diese Idylle vorbei sein würde, würden die drei Mädchen schneller merken, als ihnen lieb war.
 

~
 

*ich war mir nicht ganz sicher, wie ich die Bezeichnung 'Room Temp' nun übersetzen sollte und habe mich letztlich für 'Zimmermädchen' entschieden, da dies meiner Meinung nach am besten passte.

white Lilies

„Was ist DAS?!“ Eine aufgebrachte Blauhaarige hielt Shizuma einen Zettel unter die Nase. Miyuki war den Weg hier her gerannt und demnach ein wenig außer Atem.

Gerade waren keine anderen Schülerinnen auf dem Flur, sodass sie ruhig reden konnten.

Die Silberhaarige warf einen Blick auf den Zettel, bevor sie antwortete. „Es ist das wonach es aussieht.“ Um genau zu sein handelte es sich bei dem Zettel um die Bekanntgebung, das Kaori und Shizuma an der Etoilewahl teilnehmen würden.

„Ich habe mich dazu entschieden, dieses Jahr an der Etoilewahl teilzunehmen.“

Einen Moment lang herrschte Schweigen. Miyuki blickte ihre beste Freundin fassungslos an. Es störte sie nicht das Shizuma an der Wahl teilnehmen wollte, es war etwas anderes.

„Warum um alles in der Welt hast du Kaori als deine Partnerin gewählt?“, erkundigte sie sich. Ihre Stimme klang vorwurfsvoll.

„Das müsstest du doch am besten wissen.“ Die Silberhaarige gab sich ungewohnt kühl. Schon seit drei Tagen benahm sie sich so, als seie ihr eine Laus der ganz üblen Sorte über die Leber gelaufen.

Die Blauhaarige konnte sich dieses Verhalten absolut nicht erklären.

„Seit Anfang des Jahres ist sie in einer so schlechten Verfassung wie noch nie. Sie nimmt schon seit Wochen nicht mehr am Unterricht teil!“, gab sie ihre Bedenken kund.

Ohne auch nur eine Miene zu verziehen lauschte Shizuma ihren Worten, sagte aber nichts dazu. Ihr Blick war ungewohnt kalt. Miyuki konnte nicht genau sagen ob sie ihr merkwürdiges Verhalten, oder aber die Tatsache das sie Kaori eine derartige Belastung zumutete, mehr schockierte.

„Als Etoile vertritt sie alle drei Schulen. Glaubst du Kaori schafft das derzeit?!“

Shizuma ließ sich einen Moment Zeit, bevor sie antwortete. Ihre Augen nahmen einen traurigen Ausdruck an. Sie drehte sich weg. „Vielleicht nicht...“

„Dann sag mir, warum du ihr das zumutest.“ Anstatt eine Antwort zu geben, blickte Shizuma nur bedrückt zu Boden und schritt eilig über den Flur davon.

Verwirrt blieb Miyuki zurück und blickte ihr nach. Sie kannte die Silberhaarige inzwischen seit 4 Jahren. Sie wusste, das sie sich nie so rücksichtslos verhielt. Schon gar nicht Kaori gegenüber. Immerhin waren die beiden ein Paar. Gerade deshalb fragte sie sich, was zur Hölle sie sich dabei gedacht hatte.
 

Sie sollte ihre Antwort noch an diesem Abend erhalten. Eine Antwort, die ihr ganzes Leben verändern würde. Eine Antwort, die eine tiefe Wunde im Herzen ihrer besten Freundin zurücklassen würde.

Gemeinsam beschlossen die beiden Schülerinnen die derzeit sehr geschwächte Kaori zu besuchen.

„Ich habe dir jemanden mitgebracht.“, begrüßte Shizuma ihre Partnerin mit einem leichten Lächeln. Sie trat zur Seite, damit auch die Blauhaarige ins Zimmer treten konnte.

„Miyuki!“, freute die Jüngere sich und strahlte in ihre Richtung. „Kaori.“, begrüßte die Rokujou sie.

Das jüngere Mädchen saß in ihrem rosanen Nachthemd auf ihrem Bett. Der Stoff des Nachthemdes schlabberte an ihrem Körper. Vor zwei Monaten noch hatte ihr das Nachthemd gut gepasst, nun war es dem eh schon zierlichen Mädchen viel zu groß.

Erschrocken stellte Miyuki fest, das die Sakuragi erschreckend viel Gewicht verloren hatte. Ihre Haut war noch blasser als sonst und sie machte einen erschöpften Eindruck.

Die Blauhaarige schluckte schwer, versuchte sich aber ihren Schrecken nicht anmerken zu lassen.

„Wie geht es dir?“, erkundigte sie sich. Angesprochene lächelte und hielt sich an einem großen Kasten fest, welcher vor ihrem Bett stand. Spontan tippte Miyuki auf ein Sauerstoffgerät oder eine Maschine, um die Atmung und Herztöne des Mädchens zu überwachen.

„Heute geht es mir gut. Ich kann sogar aufstehen.“ Kaori stützte sich auf den Kasten vor ihrem Bett und stand kurz auf. Ihre Beine zitterten. Trotz ihres schlechten Zustands hatte sie ein herzliches Lächeln aufgesetzt. Ihr Anblick tat Miyuki in der Seele weh.

Shizuma war währendessen im Badezimmer verschwunden, um ihrer Partnerin ein Bad einzulassen.

Die Blauhaarige tappte ihr hinterher und schloss die Tür hinter sich.

„Sie muss dringend in ein Krankenhaus.“

Angesprochene blickte ins Wasser, welches sich in der Wanne befand. Sie schluckte. Als sie sprach, klang ihre Stimme bitter.

„Zu spät. ...Es ist zu spät sie in ein Krankenhaus zu bringen. Ihre Krankheit ist bereits zu weit fortgeschritten.“

Ungläubig riss Miyuki die Augen auf. „Was??! Shizuma, was redest du da?!“

„Vor drei Tagen habe ich durch Zufall den Arzt belauscht.“ Sie drehte sich zu ihrer besten Freundin um. „Er sagte..“, ihre Stimme stockte kurz, „das ihr höchstens noch drei Monate bleiben.“

Sie ging auf die Andere zu und blieb schließlich neben ihr stehen. „Ich glaube, das sie es uns nicht sagen wollte.“

Nun wurde der Rokujou einiges klar. Shizumas merkwürdiges Verhalten gab auf einmal einen Sinn. Auch wenn die Wahrheit nicht hätte grausamer sein können. Sie selbst fühlte sich nun schon unglaublich traurig und niedergeschlagen. Sie wollte sich gar nicht vorstellen, wie es der Silberhaarigen erst gehen musste. Und nicht zu letzt, wie Kaori sich wohl fühlte. Die Jüngere nahm ihr Schicksal mit erschreckender Fassung hin. Anstatt verzweifelt zu sein, schien sie sich immer noch über die kleinen Dinge im Leben zu freuen und war nach wie vor ein Sonnenschein.

„Warum hast du mir so lange nichts davon erzählt?“ Immerhin hatte Shizuma es schon seit drei Tagen gewusst. Ohne es beabsichtigt zu haben, klang Miyukis Stimme recht laut.

Schnell stellte die Silberhaarige die Dusche an, damit Kaori von ihrem Gespräch nichts mitbekam.

Lauwarmes Wasser prasselte auf sie herab und durchnässte ihre Schuluniformen. Die beiden Mädchen blieben stehen, als ob sie es gar nicht merken würden.

Shizuma wich der Frage aus, indem sie das Thema wechselte. „Wir haben zusammen entschieden Etoile zu werden.“, begann sie. Einige nasse Strähnen klebten in ihrem Gesicht. „Ich weiß bloß nicht, ob wir das schaffen. Spica schickt dieses Jahr auch wieder ein Paar ins Rennen.“

Die Blauhaarige sah zu Boden. Das Wasser lief über die Badezimmerfliesen.

„Ihr beiden schafft das. Ich bin sicher, das ihr dieses Jahr Etoile werdet.“, antwortete Miyuki spontan aber überzeugt.

Schweigend blickte Shizuma sie an. Sie lächelte leicht, dankbar für die aufbauenden Worte, doch in ihren Augen stand die pure Verzweiflung.
 

Die Zeit verging wie im Flug. Die Etoilewahl stand vor der Tür. Während die Silberhaarige sich in ein wunderschönes, rotes Kleid gepellt hatte, musste Miyuki der stark geschwächten Kaori beim Anziehen ihres Kleides helfen.

Auf dem Weg zur Bühne musste sie das Mädchen stützten. Sogar das Stehen fiel Kaori zusehends schwerer. Mit wackeligen, unsicheren Schritten und Miyukis Hilfe, kämpfte sie sich Stück für Stück auf die Bühne. Immer wieder mussten sie stehen bleiben. Die Dunkelhaarige atmete schwer. Ihre Beine zitterten stärker.

Die Schülerinnen, welche im Publikum saßen, hielten den Atem an. Ihre Begeisterung wich der Besorgnis über das todkranke Mädchen, welches mühsam über die Bühne tappte.

Shizuma ging ihr entgegen, damit ihre Wege sich in der Mitte der Bühne trafen. Auch sie wirkte ernsthaft besorgt.

Im Hintergrund sang Spicas Chor. Die Mädchen besaßen wunderschöne Stimmen, welche in der Kirche erst richtig zur Geltung kamen.

„Ich kann die Engel hören.“, sagte Kaori leise, kurz bevor sie Shizuma erreicht hatte. „Die Engel singen...Ich kann es hören...!“ Den letzten Schritt stolperte sie nach vorn und fiel in die Arme ihrer Freundin. Diese fing sie geistesgegenwärtig auf und hielt sie fest. „Kaori!“, rief sie besorgt aus und drückte sie vorsichtig an sich.
 

Kaori Sakuragi hatte die Etoilewahl noch erlebt, doch die Wahl hätte keinen Tag später stattfinden dürfen. Nachmittags lag das Mädchen geschwächt in seinem Bett, während ein Arzt, Shizuma und Miyuki über sie wachten. Abends dann tat sie ihren letzten Atemzug.

Als die beiden Schülerinnen das Zimmer verließen, wirkten beide so, als hätten sie einen Geist gesehen. Während Miyuki die Tränen übers Gesicht liefen, waren Shizumas Gesichtszüge wie erstarrt. Ihr Blick ging ins Leere, ihre kleine heile Welt war in tausend Scherben zersprungen, während um sie herum alles mehr oder weniger seinen gewohnten Lauf nahm.

Die beiden befanden sich noch auf dem Flur, als der Körper des Mädchens abgeholt wurde. Alles was blieb, war ihr Zimmer.

„Das Zimmer wird erstmal leer bleiben.“

„Du hast nicht eine Träne vergossen.“, stellte die Blauhaarige kaum hörbar fest.

Die gerade gewählte Etoile öffnete die Tür. „Sie hat auch nicht geweint. Die ganze Zeit über kein einziges Mal.“

Mit diesen Worten ging die Silberhaarige in Kaoris altes Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Sie wollte allein sein.

Kaum war die Tür ins Schloss gefallen, brach die Blauhaarige davor erneut in Tränen aus.

Was sie natürlich nicht wissen konnte war, das auf der anderen Seite der Tür, Shizuma genau das selbe tat. Als die Erinnerungen auf die Etoile niederprasselten, bröckelte ihre Fassade. Doch das auch sie an diesen Abend geweint hatte, würde wohl für immer ihr Geheimnis bleiben.
 

~
 

So, dieses Kapitel musste ich recht originalgetreu verfassen. Dafür wird die FF sich ab dem nächsten Kapitel wesentlich stärker vom eigentlichen Storyverlauf abwandeln. Lasst euch einfach überraschen.

Friend or Foe?

Während kurze Zeit später in den Schulen wieder der normale Alltag herrschte, schien die Zeit um die beiden Hinterbliebenen Miatorschülerinnen still zu stehen.

Sie wussten nicht genau warum, aber die Sakuragi war zu einem absoluten Tabuthema geworden.

Nur zwei Wochen nach Kaoris Tod war Miyuki in den Student Council gewählt worden und stürzte sich verbissen in ihre neue Arbeit, während Shizuma ihre Arbeit als Etoile zwar ebenfalls ernst nahm, sich aber immer mehr abschottete.

Die Blauhaarige trauerte zwar ebenfalls, doch hatte sie nach zwei Monaten das Gefühl ihre beste Freundin nicht mehr wieder zu erkennen. Wann hatte sie sie das letzte Mal lächeln sehen? Sie konnte sich nicht daran erinnern. Die sonst so ausdrucksstarken Augen der Silberhaarigen wirkten nun traurig und kalt. In ihrem Blick lag eine Kälte, die sie nicht von ihr gewohnt war.

Manchmal wurde Miyuki das Gefühl nicht los, das Shizuma nun auch sie nicht mehr hinter ihre Fassade blicken ließ. Noch vor etwas mehr als zwei Monaten hatten sie sich alles erzählt, nun zog die Etoile sich immer mehr zurück.

Wie gerne hätte die Rokujou versucht ihre beste Freundin wieder ein wenig aufzumuntern, doch es viel ihr schwer die richtigen Worte zu finden. Außerdem war es meist eh ein Ding der Unmöglichkeit einen Trauernden aufzumuntern. Sie hoffte, das sich Shizuma von ganz allein wieder aufrappeln würde. Mehr als ihr das Gefühl zu geben, das sie immer für sie da war, konnte sie nicht.

Sie hatte Verständnis für das zurückgezogene und abweisende Verhalten der anderen, dennoch verletzte es sie. Sie war eben auch nur ein Mensch.

Einerseits bewunderte sie die Etoile dafür, das sie die ganze Sache nach außen hin mit einer solchen Fassung trug, andererseits kannte sie sie gut genug um zu wissen, das es in ihrem Inneren ganz anders aussah. Wenn sie doch bloß irgendetwas für sie tun könnte... Aber sie konnte nicht.

Miyuki zerriss es fast, ihre beste Freundin so leiden zu sehen. Da die Silberhaarige allerdings selbst sie nicht an sich heran ließ, wusste sie sich nicht anders zu helfen als sich in ihre neue Arbeit zu stürzen.

Im Student Council gab es immer eine Menge zu tun. Papierkram fiel praktisch immer an.

Aber nicht nur das war positiv an ihrem neuen Job. Die ewigen Meinungsverschiedenheiten mit Shion, einer Schülerin St. Spicas, halfen ihr ihren eigenen Frust ein wenig weiter von sich zu schieben. Das sie sich fast täglich mit der Blonden stritt, nur um sich besser zu fühlen, war Miyuki gar nicht so wirklich klar. Wäre sie in einer besseren Verfassung gewesen, sie hätte in den intelligenten Augen der Toumori lesen können, das diese die Gesamtsitiation besser erfasst hatte, als ihr lieb war. Doch derzeit sah Miyuki alles nur wie durch eine Milchglasscheibe.
 

„Es ist schon dunkel. Meinst du nicht wir sollten es für heute gut sein lassen?“ Die Blauhaarige stellte einen Blumentopf mit einer kleinen Pflanze darin zu den anderen.

Obwohl es Winter war, war es im Gewächshaus angenehm warm. Überall standen blühende Pflanzen. Das Gewächshaus sah zu jeder Tages- und Nachtzeit friedlich aus. Ein Ort, an dem man sich gern aufhielt. Inzwischen war es 22 Uhr. Die Lampen erhellten das Haus größtenteils, doch an den Stellen, die nicht vom Licht erreicht wurden, verschmolzen die vielen Pflanzen mit der Dunkelheit.

Miyuki ging rüber zum Waschbecken und wusch sich die Blumenerde von den Händen. Anschließend zog sie ihre Schürze aus und hing sie ordentlich zu den anderen.

„Komm schon, wir sollten langsam wirklich zurück zum Wohngebäude gehen. Es hat angefangen zu schneien.“

Shizuma drückte vorsichtig die Erde um eine Pflanze herum fest, bevor sie den Blumentopf zu den anderen stellte. Dann deutete sie auf einen Tisch, auf dem noch gut vierzig kleine Pflanzen standen, die umgetopft werden mussten. „Du kannst ja schon mal gehen, wenn du magst. Ich topfe noch die restlichen Blumen um.“, antwortete sie dann.

Zweifelnd blickte Miyuki die Pflanzen an. „Aber das sind doch viel zu viele. Willst du das nicht lieber Morgen machen?“ Angesprochene schüttelte den Kopf. „Ich mach das noch schnell fertig.“

Die Rokujou griff nach der Schürze, die sie gerade weggehängt hatte. „Dann helfe ich dir.“

Shizuma blickte sie an. „Ist schon gut.“ Allem Anschein nach wollte sie allein sein. Zögernd ließ die Blauhaarige die Hand wieder sinken, stand einen Moment unschlüssig im Raum und ging dann in Richtung Tür.

„Danke das du mir mit den ganzen Dahlien geholfen hast.“

Während sie das Gewächshaus verließ, dachte die Miatorschülerin nach. „Ach Shizuma...“, murmelte sie leise. Sie hätte ihr auch noch mit den anderen Pflanzen geholfen, doch die Andere wollte allein sein. Wenn sie doch nur irgendetwas für sie tun könnte.
 

Kaum hatte sie das Gewächshaus verlassen, musste Miyuki feststellen, dass das 'es hat angefangen zu schneien' noch stark untertrieben war. Der auf dem Boden liegende Schnee ging ihr bereits bis über die Knöchel. Es war stürmisch und dicke Schneeflocken flogen ihr ins Gesicht und erschwerten ihr noch zusätzlich die Sicht. Morgen würde der Schnee wohl nur noch höher liegen.

Außerdem war es verdammt kalt, was die Schülerin dazu veranlasste schneller zu gehen.

Der Weg vom Gewächshaus zurück zum Wohngebäude führte durch den Wald. Bei dem Wetter keine angenehme Strecke. Der Waldweg war nicht beleuchtet und lag still und dunkel vor ihr.

Die Blauhaarige fühlte sich recht unwohl, als sie sich in Bewegung setzte.

Bis auf das eisige Pfeifen des Windes und das Knirschen des Schnees unter ihren Schuhen, war es totenstill.

Die ersten Meter ging Miyuki den Weg noch entlang, dann wurde sie schneller. Sie wollte die Dunkelheit und den Wald so schnell wie möglich hinter sich lassen.

Zum Schluss rannte sie den Weg entlang und so kam es, das sie eine Person übersah. Mit einem erschrockenen Aufschrei gingen beide zu Boden.

Die Rokujou war weich gelandet und blinzelte im ersten Moment verstört. „Tut mir leid.“, entschuldigte sie sich fast automatisch. „Aua...“, murrte die Blondine, die sie da eben umgerannt hatte.

Erst jetzt wurde Miyuki klar, das es sich bei der Person um Shion handelte. Auch das noch. Ihre Laune sank gleich noch ein wenig tiefer in den Keller. Dennoch streckte sie ihr die Hand hin um ihr wieder auf die Füße zu helfen.

„Sag mal hast du keine Augen im Kopf?!“ Sie fuhr herum, denn die Stimme kam von hinter ihr.

Erst jetzt bemerkte sie, das Shion in Begleitung von Kaname und Momomi gewesen war.

Letzt Genannte hatte sich die Jacke ihrer Freundin zu eigen gemacht und funkelte zickig in Miyukis Richtung. „Lass gut sein.“, lenkte Shion ein und stand wieder auf ohne die Hand der Blauhaarigen anzunehmen. Sie klopfte sich den Schnee von den Klamotten. Mit ihren weißen Schuluniformen hatten die drei Spicaschülerinnen bei dem Wetter fast schon Tarnfarbe.

„Was macht ihr denn hier?“, wollte die Rokujou leicht irritiert wissen. „Na zurück zum Wohngebäude gehen, was sonst?“, streute Kaname ein.

„Hey, auch wenn ich nicht darum gebeten habe das du mich über den Haufen rennst, es ist ganz gut, das du hier bist. Ich wollte eh mit dir reden.“, lenkte die Blonde Miyukis Aufmerksamkeit wieder auf sich. Die Blauhaarige traute ihren Ohren nicht. Ihre Erzfeindin wollte mit ihr reden?

„Kann man euch allein lassen, oder kratzt ihr euch die Augen aus?“ Leicht amüsiert blickte Kaname die beiden Streithälse an.

„Also bitte! Für wie primitiv hälst du mich?“, antwortete Shion ihr.

„Dann lass uns schon mal zurückgehen. Es ist kalt.“, wandte Momomi sich an die größere Spicaschülerin. Diese hatte nichts dagegen einzuwenden und die beiden setzten sich in Bewegung.

Zurück blieben Miyuki und Shion.

Fragend zog sie eine Augenbraue hoch. „Du wolltest reden?“ Angesprochene nickte.

„Okay, dann werde ich mal nicht lange um den heißen Brei herumreden, es ist nämlich kalt.“ Und wirklich, was Spica als Winteruniform hatte, war zwar hübsch aber für diese Jahreszeit denkbar ungeeignet.

„Es ehrt dich zwar, das du dich so sehr in deine neue Arbeit im Student Council kniest, aber meinst du nicht, du übertreibst es?“

Im ersten Moment spürte Miyuki, wie Wut in ihr aufstieg. „Was bitte redest du da? Passt es dir nicht, das Miator Spica die Stirn bietet?!“, fuhr sie sie an.

Shion verschränkte die Arme vor der Brust und warf ihr einen Blick zu. Zum ersten Mal bemerkte die Blauhaarige die schneidende Intelligenz im Blick der Anderen.

„Natürlich nervt es mich, aber im Prinzip habe ich kein Problem damit.“, meinte die Blonde dann.

Für einen Moment aus der Fassung gebracht blinzelte Miyuki. „Was willst du dann?“

„Weißt du, wenn ich Freunde hätte, ich würde mehr für sie tun als mich in meine Arbeit zu stürzen.“

„Aber du hast doch Freunde...?“ Mit einem leichten Kopfnicken deutete die Blauhaarige auf die Spuren der anderen beiden Spicaschülerinnen im Schnee, welche langsam verblassten.

„Oh, wenn ich ihnen auch nur einen Moment sorglos den Rücken zuwende, hab ich ein Messer im Kreuz stecken.“ Die Toumori zuckte mit den Schultern. „Aber du lenkst vom Thema ab.“

„Ach, und was soll ich deiner Meinung nach tun? Wenn du so schlau bist, wirst du mit Sicherheit gemerkt haben, das Shizuma niemanden mehr an sich heran lässt!“ Ohne es zu wollen motzte sie die zierliche Blonde ziemlich an. Das Mädchen schaffte es immer wieder sie aus der Fassung zu bringen.

Unbeeindruckt blickte Shion sie an. „Vielleicht irre ich mich, aber ich habe mal gehört, das man manche Leute zu ihrem Glück zwingen muss. Du solltest ihr mal gehörig den Kopf waschen, vielleicht rüttelt sie ja das wieder wach.“ Mit diesen Worten wandte die Blonde sich ab und ging in Richtung Wohnhaus.

Miyuki blieb stehen wo sie war und blinzelte. Sie fragte sich, ob dieses Gespräch eben wirklich stattgefunden hatte? Hatte ihre selbsterklärte Erzfeindin da eben wirklich den zaghaften Versuch gestartet ihr helfen zu wollen? Noch ein wenig neben der Spur schüttelte sie den Kopf.

Doch die Fußtappsen im Schnee sprachen für sich. Einen Moment stand sie noch wie erstarrt da, dann spürte sie plötzlich wieder die Kälte um sie herum.

Wie auf ein unsichtbares Zeichen hin, wusste sie, was zu tun war. Sie war nicht mals beim Strawberry Dorm angekommen und hatte jetzt schon das Gefühl halb erfroren zu sein. Da würde es Shizuma sicherlich gleich nicht anders ergehen.

Die Rokujou beeilte sich zurück zum Wohngebäude zu kommen. Dort streifte sie sich eine Jacke über, fischte den Wintermantel der Silberhaarigen aus deren Kleiderschrank und lief zurück zum Gewächshaus.
 

Die Etoile hatte die Blumen fertig umgetopft und gerade den angenehm warmen Raum verlassen. Schon nach den ersten zehn Metern wurde sie das dumme Gefühl nicht los als Eiszapfen im Wohngebäude anzukommen.

Der Schnee knirschte, als ihr eine Person entgegen gelaufen kam.

Außer Atem blieb Miyuki vor der Silberhaarigen stehen. Vom Rennen brannten ihre Lungen. Ihr Atem stieg in kleinen weißen Wölkchen auf.

Sie hielt ihrer besten Freundin den Mantel entgegen. „Ich dachte mir, den könntest du vielleicht gebrauchen.“, meinte sie noch ein wenig atemlos.

Die Etoile blickte sie für einen Moment verwirrt an, bevor sie ihr den Mantel abnahm und anzog.

„Du bist den ganzen Weg hier her gerannt um mir meinen Mantel zu bringen?“, wollte sie wissen.

„Ich wollte verhindern, das du morgen mit einer Lungenentzündung das Bett hütest.“

Shizuma warf ihr ein dankbares Lächeln zu. „Du bist verrückt, weißt du das?“

Miyuki zog ein Gesicht. „Ich werte das jetzt mal als ein Danke.“

Eine eisige Windböe veranlasste die beiden dazu ihre Augen mit einer Hand abzuschirmen. Schnee und kleine Hagelkörner flogen ihnen entgegen.

„Und jetzt ab nachhause! Es ist eh schon viel zu spät und wir haben morgen Schule. Als Etoile solltest du ein Vorbild für die anderen Schülerinnen sein!“

About arguments and confessions

Es vergingen weitere vier Monate. Mittlerweile war es Februar. Immer noch war Astraea Hill in eine dichte Schneedecke gehüllt Wenn sie Glück hatten, würde der Schnee im März endlich verschwinden.

Die Blauhaarige nahm ihren Job im Student Council sehr ernst. Sie arbeitete den anfallenden Papierkram immer direkt ab um zu verhindern irgendwann von liegen gebliebender Arbeit erschlagen zu werden. Nach wie vor waren Shion und sie nicht gerade die besten Freunde. Chikaru, die dritte Schülerin im Bunde, die Lulim vertrat, konnte förmlich die Uhr danach stellen, wann die Miator- und die Spicaschülerin wieder anfingen sich zu streiten. Meist passierte dies genau am Ende einer Besprechung, so das die ganze Geschichte noch unnötig in die Länge gezogen wurde.

Auch heute hing der Haussegen wieder gewaltig schief. Diesmal allerdings aus anderen Gründen.

„Kannst du mir bitte mal sagen, wo die Etoile schon wieder ist? Die Papiere müssen noch unterzeichnet werden und stapeln sich schon!“ Shion hatte die Arme vor der Brust verschränkt und funkelte Miyuki an. Diese konnte lediglich mit den Schultern zucken.

„Glaubst du, das mir das noch nicht aufgefallen wäre?“ Der Stapel an Dokumenten, welcher sich auf einem der Schreibtische im Student Council auftürmte, war schon nicht mehr schön.

„Wo ist sie dann?“

„Vermutlich hat sie noch etwas anderes, wichtiges zu tun.“, antwortete die Miatorschülerin, auch wenn sie wusste, das dies nicht der Wahrheit entsprach.

„Meiner Meinung nach vernachlässigt sie ihre Pflichten. Mir ist zu Ohren gekommen, das auch das Gewächshaus schon einmal besser ausgesehen hat.“ Ein weiterer Punkt, der sich nicht leugnen ließ.

Miyuki ließ sich etwas Zeit mit dem Antworten, denn ihr war dieses Funkeln in Shions Augen aufgefallen. Inzwischen wusste sie, das die Andere einen messerscharfen Verstand besaß. Und gerade schien sie nur darauf zu warten, das sie eine Antwort gab, die sie ihr im Mund herumdrehen konnte.

„Sie hat zu tun.“, wiederholte sie schließlich betont ruhig. „Aber wenn es dich beruhigt, ich werde nachher noch einmal mit ihr reden.“

„Tu das, denn so geht das nicht weiter.“

„Was ich nur nicht verstehe, warum suchst du sie nicht selbst auf und sagst ihr, was dir nicht passt.“, funkelte Miyuki nun wiederrum Shion an.

„Vielleicht weil du ihre Zimmernachbarin bist und sie demnach früher oder später eh siehst?!“, fauchte diese zurück.

„Leute bitte... Jetzt hört auf euch zu streiten. Das bringt uns rein gar nichts.“, lenkte Chikaru ein. Der gutmütigen Schwarzhaarigen wurde dieses Rumgezicke langsam zu viel.
 

Nach der Besprechung machte Miyuki sich auf den Weg in ihr Zimmer. Eben hatte sie noch jedes schlechte Wort von ihrer besten Freundin abzuwenden versucht, doch eigentlich war auch sie stinksauer. Es ging nicht an, das die Silberhaarige ihre Arbeit schludern ließ und sie dafür gerade stehen musste. Als Etoile repräsentierte Shizuma alle drei Schulen. Aber besonders Miator wurde durch ihre Achtlosigkeit in den Dreck gezogen.

Sie hatte wirklich Verständnis dafür, das sie trauerte. Doch langsam musste sie sich einfach wieder aufrappeln. Es war ja schon schlimm genug, das die Silberhaarige sich selbst mit der ganzen Sache so fertig machte, doch deswegen konnte sie noch lange nicht ihre Pflichten schleifen lassen.

Als Miyuki ihr Zimmer erreicht hatte, öffnete sie die Tür und betrat den Raum.

Zu ihrer Überraschung war ihre Zimmernachbarin einmal daheim. Die Etoile lag auf ihrem Bett und las in einem Buch. Die Blauhaarige schloss die Tür ein wenig lauter als es nötig gewesen wäre, um die Aufmerksamkeit der anderen zu erlangen.

„Hier bist du also.“, stellte sie fest. Angesprochene sah zu ihr auf. „Ist etwas passiert? Du siehst so gestresst aus.“ Eigentlich wusste die Etoile genau welche Laus Miyuki über die Leber gelaufen war, doch wenn sie ihr wieder eine Moralpredigt halten wollte, dann sollte sie schön selbst damit anfangen. Irgendwie war es sowieso wie verflucht. Seit dem die Blauhaarige ihr vor etwa vier Monaten den Mantel zum Gewächshaus gebracht hatte, achtete sie verstärkt darauf, das sie ihre Aufgaben erledigte.

„Was passiert ist?“, schnappte Angesprochene angesäuert. „Die Dokumente, die du unterzeichnen musst, stapeln sich mittlerweile in ungesunde Höhe.“

Miyuki ging etwas weiter durch den Raum und blieb schließlich am Fenster stehen. „So geht das doch nicht weiter.“, fügte sie dann wieder wesentlich ruhiger hinzu.

Shizuma seufzte hörbar und antwortete :“Ich unterschreibe den Papierkram nachher noch.“

Die Blauhaarige verschränkte die Arme. „Das hast du mir gestern auch schon erzählt und nichts ist passiert.“ Die Silberhaarige erhob sich vom Bett und streckte sich.

„Ich denke es ist unnötig das zu erwähnen, aber als Etoile hast du gewisse Pflichten, die du ernst nehmen solltest. Du repräsentierst alle drei Schulen. Du bist ein Vorbild für die jüngeren Schülerinnen. Aber wenn du so weiter machst, dann bringst du ihnen nur bei, wie man seine Arbeit vor sich her schiebt.“

Miyuki kam sich äußerst dumm vor Shizuma so eine Predigt zu halten, schließlich war sie nicht ihre Mutter. Aber irgend jemand musste es ja tun.

„Willst du damit behaupten, das ich ein schlechtes Vorbild für sie bin?“ Die Stimme der Etoile klang weder sauer noch vorwurfsvoll, sondern ganz normal.

Dennoch hatte Miyuki diese Gegenfrage aus der Fassung gebracht. Einen Moment starrte sie ihre beste Freundin nur perplex an, dann schüttelte sie den Kopf. „Nein! So war das nicht gemeint.“, streute sie schnell ein.

„Ich versuche dir lediglich ins Gewissen zu reden, das du deine Pflichten ernster nehmen solltest.“

Die Silberhaarige ging durch den Raum und blieb in etwa zwei Metern Entfernung zu Miyuki stehen.

„Du benimmst dich immer so professionell, Miyuki.“ Eine kurze Pause entstand. „Ich denke du kannst es nicht nachvollziehen, wie es ist einen geliebten Menschen zu verlieren.“

Angesprochene sog hörbar die Luft ein und blickte ihre Gesprächspartnerin leicht geschockt an. Natürlich konnte sie verstehen, das die Andere immer noch trauerte. Sie so zu sehen, tat ihr in der Seele weh. Es war schlimm zu wissen, das sie im Prinzip nichts für sie tun konnte.

„Ich weiß, das es für dich nicht einfach ist, Shizuma. Aber vergiss bitte nicht, das Kaori eine gute Freundin von mir war. Ich kann es also durchaus nachvollziehen.“

„Freundschaft und Liebe ist etwas vollkommen anderes.“ Langsam mischte sich ein Fünkchen Wut in das Mitgefühl der Rokujou. Musste sie ihr das jetzt unter die Nase reiben?!

„Wem erzählst du das?“, antwortete sie schließlich. „Was genau willst du jetzt hören?“, fügte sie hinzu.

„Du vergisst manchmal einfach, das auch ich nur ein Mensch bin!“ Die Blauhaarige fuhr zusammen. Shizuma fuhr sie für gewöhnlich nicht so an.

Bevor sie jedoch noch etwas darauf erwidern konnte, ergriff die Etoile erneut das Wort. „Weißt du eigentlich, wie es ist jemanden zu lieben?“

Einen Moment war es still im Raum, dann erhob Miyuki die Stimme. „Ja, das weiß ich.“, antwortete sie ruhig und ernst. Und das eben Gesagte war keine Lüge. Sie wusste nur zu gut wie es sich anfühlte. Bloß, das es eine einseitige Liebe war, was die Situation nur doppelt so schlimm machte. Seit Jahren schon konnte sie es ihr nicht sagen. Sie hatte einfach zu große Angst um ihre Freundschaft. Und...seit Kaoris Tod, konnte sie Shizuma so oder so nicht mehr sagen, was sie für sie empfand. Sie würde die Etoile dadurch nur noch mehr verletzen. Bis zu diesem Tag hatte sie es geschafft es zu verschweigen, ganz egal wie sehr es sie selbst seit Jahren schmerzte.

Nun doch ein wenig irritiert zog die Silberhaarige eine Augenbraue hoch. „Wer ist es denn?“, erkundigte sie sich nun.“

Miyuki überlegte einen Moment lang, wie sie der Frage am besten ausweichen konnte. Dann glaubte sie eine gute Idee zu haben. „Ich denke es ist besser, wenn die Person es nie erfahrend wird. Genau so wie es besser ist, wenn kein anderer es weiß.“

Neugierig geworden ging die Andere einen Schritt näher auf sie zu. „Hey, jetzt sag schon.“, bat sie erneut. „Nein!“, war die entsetzte Antwort.

„Ich verstehe nicht was du hast. Vielleicht erwidert die Person deine Gefühle ja sogar.“

Die Blauhaarige schüttelte den Kopf. „Nein, das ist vollkommen ausgeschlossen.“

„Was macht dich da so sicher?“, bohrte Shizuma nach. Angesprochene sah zu Boden. „Ich weiß es eben.“

Seit langer Zeit machte sich mal wieder ein Lächeln auf den Lippen der Silberhaarigen breit.

„Wenn du es mir nicht sagen willst, dann rate ich halt.“ Irritiert zog Miyuki eine Augenbraue hoch.

Die Etoile strich sich eine Strähne aus dem Gesicht, bevor sie erneut das Wort ergriff.

„Ist es vielleicht Shion? Du weißt doch, was sich liebt das ne-“ Miyuki ließ ihre beste Freundin nicht mals mehr aussprechen. Allein die Vorstellung verursachte ihr eine Gänsehaut. „Um Gottes Willen, nein!“, rief sie etwas lauter als beabsichtigt.

Die Etoile schien diese Reaktion sehr zu amüsieren. Es war also nach wie vor noch ein Leichtes ihre Zimmernachbarin aus der Fassung zu bringen.

„Weißt du, vielleicht ermutigt dich ja ein kleiner Vorgeschmack auf das, was du haben könntest, dazu es ihr zu sagen.“, meinte sie dann.

Mit diesen Worten ging die Silberhaarige noch einen Schritt auf ihre beste Freundin zu und kam genau vor ihr zum Stehen. Eine Hand legte sie auf Miyukis Hinterkopf und zog sie zu sich.

Ohne wirklich darüber nachzudenken, das die Andere es vielleicht nicht so witzig finden könnte, überbrückte sie die letzte Distanz zwischen ihnen und küsste sie. Geschockt riss die Blauhaarige die Augen auf.

Das was sie sich immer so sehr gewünscht hatte, war gerade passiert. Nur leider entpuppte sich die ganze Situation als Alptraum. Ihre Zimmernachbarin hatte es nicht getan, weil sie selbst etwas dabei empfand, sondern weil sie sie mal wieder ein wenig necken wollte.

Die Lippen der Anderen fühlten sich unglaublich weich an und schmeckten wundervoll süß. Doch die Situation war falsch. Absolut falsch. Miyuki versuchte nach hinten zurück zu weichen, doch Shizumas Hand an ihrem Hinterkopf wusste dies zu verhindern.

Sie hob eine Hand um sie von sich zu stoßen, doch die Silberhaarige hielt sie einfach fest.

Die Rokujou war für einen Moment in eine Art Schockstarre gefallen. Mit einem hatte Shizuma recht gehabt, sie hatte ihr soeben einen Vorgeschmack darauf gegeben, wie es sein konnte, eine geliebte Person zu küssen. Doch nun, wo sie es wusste, war es gleich noch bitterer zu wissen, das dies nie wieder passieren würde. Sie wünschte sich, die Andere hätte ihr gar nicht gezeigt, was sie eben NICHT haben konnte.

In ihren Augen sammelten sich Tränen. Ihre beste Freundin ließ nicht von ihr ab. Aus der Starre gerissen wurde die Miatorschülerin, als die Silberhaarige ihr mit der Zunge über die Lippen strich.

Mit der freien Hand stieß Miyuki sie von sich. Salzige Tränen bahnten sich den Weg über ihre Wangen.

Für einen Moment schien es fast so, als würde ihr Körper sich selbstständig machen. Erneut hob sie die Hand und verpasste ihrer zurücktaumelnden Freundin eine Ohrfeige.

„Du bist so gemein, Shizuma!“, schrie sie sie an.

Wie paralysiert starrte die Etoile rüber zu der Blauhaarigen, die nun wirklich in Tränen ausgebrochen war. Ihre Wange brannte, aber das war eher nebensächlich.

„Hey...das eben war nur ein Scherz...“, versuchte sie es zaghaft.

Angesprochene stimmte diese Tatsache allerdings nicht wirklich glücklicher. „Genau das ist ja der Punkt.“ „Du hast keine Ahnung wie weh es tut, eine Person über Jahre hinweg zu lieben und es ihr nicht sagen zu können! Weißt du eigentlich wie es sich anfühlt immer zu ihren Gunsten zurückstecken zu müssen?“ Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus. Miyuki wusste, das es vielleicht nicht das Klügste war, aber die sonst so beherrschte Schülerin konnte einfach nicht stoppen.

„Ich glaube ich versteh nicht ganz...?“, harkte Shizuma vorsichtig nach. Sie wollte keine voreiligen Schlüsse ziehen.

„Ich liebe dich!“, hörte die Blauhaarige ihre eigene Stimme schreien. Jetzt war es raus.

Die Etoile starrte sie mit geweiteten Augen an. Bis auf das Schluchzen der Blauhaarigen, war es still im Raum.

„Oh Gott, ich wusste nicht...“, begann sie.

Miyuki wollte es nicht hören. Sie war sich sicher, die Antwort nicht zu ertragen.

Schnell quetschte sie sich an Shizuma vorbei und lief aus dem Zimmer. Zurück ließ sie eine überrumpelte Silberhaarige.

Dieser hallten immer wieder die Worte ihrer besten Freundin durch den Kopf. Nur langsam erfasste sie deren Inhalt.



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  Jamie-
2011-09-05T19:58:28+00:00 05.09.2011 21:58
Ai, super geschrieben bin schon gespannt wie es weiter geht *-*
Ein Miator Drama mit Miu und Shizu :)
*freu*

Von:  AZGEDA
2011-09-05T17:19:07+00:00 05.09.2011 19:19
whaa endlich mal eine ff über miyuki und shizuma *_* mein absolutes SP lieblingspairing! dein schreibstil gefällt mir, miyukis gedanken u. gefühle kommen sehr glaubwürdig rüber.
ich werde diene ff weiterverfolgen *_*
yay for shizuma/miyuki <3


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