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Refrain

von

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Bass Riff 1

Mios Zimmer hatte sich in letzter Zeit stark verändert. Es war viel unordentlicher geworden als man es von ihr gewohnt war, denn sie ließ die Bücher die sie gelesen hatte einfach an Ort und Stelle liegen.

Hier und da fanden sich auch einige Kleidungsstücke die sie anscheinend nie wieder anziehen wollte. Das einzige das sauber wie immer an einem Haken am Schrank hing war ihre Schuluniform.

Der dunkelblaue Blazer mit dem Faltenrock ließen sie sehr groß und erwachsen wirken, besonders da Mio immer darauf achtete ihre Uniform sehr sauber zu tragen.

Das alles war an ihrem Zimmer nicht weiter schlimm. Etwas Unordnung konnte man bei einer Jugendlichen gut verstehen und die Klamotten am Boden würde sie vielleicht irgendwann wieder wegräumen. Was jedoch jemanden der sie kannte stark beunruhigen würde wäre das fehlen ihrer Bassgitarre.

Normalerweise war der Fender Jazz Bass so ziemlich das Erste was man in ihrem Zimmer sah, genauso wie der kleine Verstärker zum üben und die teuer aussehenden Kopfhörer. Noch dazu schien sowieso alles was mit Musik zu tun hatte verschwunden zu sein.

Es gab nicht einmal einen Radio oder CD´s die sie ansonsten so gern hörte. Auch ihre teilweise handgeschriebenen Liedtexte waren einfach weg.

Mio selbst saß an ihrem Schreibtisch und schlief. Sie war gestern Abend noch dabei gewesen ihre Hausaufgaben zu erledigen, als sie die Müdigkeit übermannt hatte. Schlussendlich hatte sie einen kleinen Stapel Bücher als Kopfkissen missbraucht und so dem ganzen Stress in der Schule kapituliert. Ihre langen schwarzen Haare wirkten irgendwie matt und auch ihr Körper machte einen schwächeren Eindruck als sonst.

Kurz gesagt, etwas zehrte sehr an ihr.

Der Wecker ihres Handys läutete. Statt einer aufmunternden Melodie bekam man nur dieses nervige Standard piepsen zu hören.

Sie schreckte hoch und bereute diese Bewegung im nächsten Moment.

“Mein Rücken!”, keuchte sie, und versuchte sich wieder zu krümmen in der Hoffnung der Schmerz würde nachlassen.

Es ist wirklich nicht gesund so zu schlafen, dachte sie. Niedergeschlagen drehte sie den Wecker ab und packte die Schulhefte ein, ungeachtet dessen ob die Hausaufgaben fertig waren oder nicht.

“Wieder ein Tag”, murmelte sie. Ein paar Sekunden später stand sie auf, ohne sich weiter Gedanken über ihren schmerzenden Rücken zu machen.

Heute ist Mittwoch glaub ich, ging ihr durch den Kopf während sie sich umzog. Das sie sich gestern geduscht hatte musste für heute auch noch reichen, sie hatte jetzt dazu weder Zeit noch Lust.

Auch wenn ihr Spiegelbild sie fast darum anbettelte, aber ihr momentanes Erscheinungsbild könnte nicht einmal ein mehrstündiges Entspannungsbad ändern.

Dass ihr Körper so schlaff wirkte und ihre Augen nur noch trübe schimmerten lag einzig und allein daran was in ihrem Kopf vorging.

Stumm wollte sie ihr Zimmer verlassen, doch sie hielt kurz neben ihrem Schrank an und blickte dessen Schnalle an.

In dem großen Hellbraunen Kasten hatte sie vor knapp einem halben Jahr alles hinein geräumt was sie nie wieder sehen wollte. Sie konnte einfach nicht mehr. Alles was da drinnen war, angefangen von ihrer Gitarre bis hin zu den Liedtexten würde ihr nur noch mehr Schmerz bereiten, dessen war sie sich sicher.

Es würde sie wieder an die Gefühle von damals erinnern, aber selbst all das Glück das sie zusammen hatten war wertlos geworden weil Yui nicht mehr da war.

Während sie die Schnalle des Schranks anstarrte brodelten einige unheilsame Gefühle in ihr. Vielleicht sollte sie einfach wieder ihren Bass in die Hand nehmen und spielen, andererseits würde sie das ganze Zeug am liebsten verbrennen damit sie nicht ständig diesen Schrank anstarren musste .

Bevor jedoch eine Träne über ihre Wange lief wandte Mio den Trick an von dem sie dachte er wäre schlau, deshalb verwendete sie ihn seitdem ständig.

Sie blendete einfach alles aus und dachte über nichts mehr nach, außer den öden Alltag.

Bass Riff 2

Den Schulweg ging sie schon wie ferngesteuert. Ihre Beine trugen sie einfach, den richtigen Weg schon auswendig kennend.

All die Menschen um sie herum, meistens Schüler, bemerkte sie kaum. Einige die wussten wer sie war tauschten wie jeden Tag verwirrte Blicke aus.

Die halbe Schule kannte Mio als das schüchterne süße Mädchen, das damals bei dem Konzert des K-ON Klubs auf der Bühne gestolpert war.

Jetzt jedoch erinnerte sich kaum noch jemand daran, denn das letzte Konzert das sie in der Aula gaben war ein großer Erfolg gewesen. Es hatte einfach alles gestimmt, bis auf Yuis kleines Missgeschick, ihre Gitarre einfach zu vergessen.

Mio biss sich auf die Unterlippe. Sie wollte diesen Tag nicht schon wieder vor Augen haben. Auf keinen Fall wollte sie wieder darüber nachdenken.

Sie schaffte das auch einigermaßen. Die Angst vor der Strafe wegen einer nicht erledigten Hausaufgabe sorgte doch für ein wenig Ablenkung.

Mit Strafe war aber kein Hieb des Zeigestabes auf ihre Finger gemeint, sondern einfach der Blick ihres Klassenlehrers. Er wusste einfach nicht mehr wie er mit Mio umgehen sollte, das sah man ihm genau an.

Was konnte man schon großartig tun wenn eine damalige Musterschülerin so verkommt?

So kam es dass er sie nur mit einer Mischung aus Enttäuschung und Mitleid ansah und dann einfach mit dem Unterricht fortfuhr.

Der restliche Schultag verging wie immer.

So hatte Mio es vor zu leben. Wenn sie es einfach vermied daran erinnert zu werden, dann könnte sie es vielleicht eines Tages vollkommen vergessen.

Der Gedanke an ihren eingeschlagenen Lebensweg wurde plötzlich in den Wind geschossen, als sie das Klassenzimmer langsam verließ und Yui vor sich erblickte.

Das etwas kleinere braunhaarige Mädchen ging genau in dem Moment an der Tür vorbei, als Mio heraus kam.

Eine Sekunde lang konnte sie nichts tun. Yui marschierte ohne zu grüßen weiter.

“Yu..i”, murmelte Mio.

“Yui!”, rief sie dann endlich.

Ihr Verstand sagte ihr, dass es unmöglich war, aber das war ihr egal.

“Yui, warte doch!”, rief sie wieder und ging ihr nach.

Yui blieb nicht stehen, im Gegenteil, sie beschleunigte ihre Schritte hastig.

“Yui” Mio rannte los. Ich muss sie unbedingt einholen, dachte sie blind.

Nun rannten Beide Mädchen. Ihre Taschen baumelten heftig hin und her, bis irgendwann die von Mio aufplatzte und all die Bücher heraus vielen.

Egal, dachte sie und rannte weiter.

Ich muss Yui sehen.

Dass sie größer war und längere Beine hatte brachte schlussendlich den entscheidenden Vorteil. Mio bekam sie zu fassen, und sie stolperten Beide.

Die Schüler am Gang beobachteten verwirrt wie die zwei Schülerinnen hart am Boden aufschlugen.

Mio wollte es vermeiden direkt auf Yui zu landen und drehte sich noch irgendwie zur Seite bevor sie auf ihren bereits schmerzenden Rücken landete.

Die Ratlosigkeit der Zuschauer war zu groß als dass jemand irgend etwas unternehmen würde.

Yui setzte sich auf und blickte Mio an.

“Yui!”, strahlte diese zuerst.

Mio konnte nicht glauben dass sie tatsächlich in das Gesicht sehen konnte, das sie schon so sehr vermisst hatte.

Als die Braunen Augen jedoch plötzlich Tränten, wurde ihr klar was sie da eben getan hatte.

“Du…..”

“Ich bin nicht Yui. Ich bin ihre Schwester”, rief Ui heftig schluchzend.

Mios Herz machte einige heftige Schläge. Es fühlte sich an wie das Lampenfieber vor einem Auftritt nur viel schlimmer.

“Ui, aber warum versuchst du so auszusehen wie Yui.”, fragte sie perplex.

“Weil ich es so will”. Ui´s Stimme klang ungewöhnlich wütend “Ich will nicht dass alles von ihr verschwindet verstehst du? Ich will wenigstens so aussehen wie sie, damit nicht jeder sie vergisst!”

Mio fand ihre Stimme nicht mehr. Es war einfach zu viel für sie.

In das Gesicht dieses Mädchens zu sehen raubte ihr fast den Verstand. Ui war wütend und traurig zugleich und der Blick mit dem sie Mio anstarrte konnte man nur noch als verzweifelt bezeichnen.

“Sie ist tot verstehst du nicht? Yui wird nie wieder kommen und alles was du und deine Freunde tut ist sie zu vergessen, und das schon ein halbes Jahr lang seit dem meine Schwester gestorben ist! Ihr geht ihr doch alle aus dem Weg weil ihr Angst habt, ganz besonders du!”

Bass Riff 3

Die gesamte Welt schien für einen Augeblick stehen geblieben zu sein. Mio konnte nicht mehr antworten, denn Ui hatte ausgesprochen was sie schon die ganze Zeit gequälte.

Weinend sprang Yuis kleine Schwester auf und rannte davon. Die Verwirrten Schüler machten ihr Platz. Einige der Mädchen schauten ihr nach, unschlüssig ob sie ihr vielleicht nachlaufen sollten.

Schnell schon verschwand sie hinter der nächsten Ecke. Mio hingegen konnte nichts mehr tun.

Der stechende Schmerz in der Brust und die Last all der Blicke auf ihr waren einfach zu viel.

Eine ihrer Klassenkameradinnen hatte in der Zwischenzeit die verstreuten Bücher wieder eingesammelt und sie in Mios Tasche gepackt.

“Hier”, sagte diese leise und reichte sie ihr. Mio schaute nicht auf um zu erkennen wer es war. Der unglaubliche Druck mit dem sich ihr Herz gefüllt hatte war im Moment alles was sie fühlte.

Ohne weiter etwas zu sagen stand sie auf und marschierte langsam los.

Man ließ sie in ruhe gehen, hielt sie nicht auf oder fragte weiter nach. Immerhin wusste die gesamte Schule warum Mio, und alle anderen die Yui nahe gestanden hatten sich so verändert hatten.
 

Ihre Beine trugen sie wieder wie ferngesteuert nach Hause. Dabei zog jedoch ein Orkan aus Gedanken durch ihren Kopf. Ohne es wirklich zu realisieren bog sie in den Park ab, der im kühlen Frühjahr eher schlecht besucht war.

Dieses mal konnte sie es nicht mehr verhindern an Yui zu denken. Die Musik die sie damals zusammen machten hörte sie laut und deutlich.

Dazu sah sie alle Mitglieder des K-ON Clubs klar vor sich.

Mio blieb mitten auf dem Schotterweg stehen und schloss die Augen. Nur der nahe gelegene Springbrunnen war das einzige Hintergrundgeräusch das durch die Musik in ihrem Kopf zu ihr durchdrang.

Vor ihr tauchte die Schulaula auf, die an diesem Tag mit einem aufgeregtem Publikum gefüllt war.

Trotz ihrer vor Aufregung Zitternden Finger hielt sie die Bassgitarre fest. Den Song kannte sie in und auswendig, es konnte kein Fehler passieren, denn schließlich waren sie alle an ihrer Seite.

Mugi-chan wartete bereit an ihrem Keyboard, Ritsu hob bereits ihre Sticks in die Luft, Azusa griff schon den ersten Akkord um gleich loszulegen und Yui grinste fröhlich in das Puplikum, bereit den Song anzustimmen.

Mio riss ihre Augen wieder auf. Sie wollte ihre Erinnerung nicht wie einen Tagtraum durchleben. Ein kühler Luftzug holte sie ein klein wenig mehr zurück in die Realität.

Heute sah es ganz anders aus. Jetzt wo es Yui nicht mehr gab, waren auch die anderen verschwunden. Mio war so sehr damit beschäftigt gewesen ihre eigene Trauer zu verdrängen, dass sie ihre Freunde völlig aus den Augen verloren hatte.

“Wo ist Ritsu eigentlich?”, dachte sie laut. Eine einzelne Träne lief über ihre blasse Wange. “Wo sind sie alle hin?”

Mio durchstöberte ihren Blazer nach einem Taschentuch, aber sie hatte keines dabei.

Schlussendlich gab sie dem Drang zu weinen nach.

“Ich hab sie alle vergessen!”, heulte sie. Tatsächlich wusste sie wirklich nicht wo Ritsu, Mugi und Azusa im Moment waren.

“Yui, du bist einfach viel zu früh gestorben. Dabei hatten wir noch so viel vor.”, presste Mio in unverständlichen Worten heraus.
 

Ein Teil von Yuis Geist schien diesen Satz jedoch sogar im Jenseits gehört zu haben.

Piano Intro

Tsumugi Kotobuki arbeitete nach wie vor fleißig als Teilzeitkraft in einem Fast Food Restaurant. Es hatte noch niemand so recht begriffen wieso ein reiches Mädchen wie sie unbedingt einen Job neben der Schule angenommen hatte.

Trotzdem ist es genau dieses für viele unverständliche Verhalten was sie so besonders macht. Tsumugi will einfach wie jedes andere normale Mädchen behandelt werden und nicht alles einfach so bekommen, nur weil sie reiche Eltern hatte.

Dennoch hatte selbst an ihrem so ausgewogen und freundlichen Charakter der Tod ihrer besten Freundin tiefe Spuren hinterlassen die sich in vielen Dingen zeigten.

Ding Nummer eins war, dass sie ihr Keyboard, ein Korg Triton Extreme 76 kaum noch anrührte, egal wie sehr ihre Eltern das bedauerten und versuchten sie wieder dazu zu bringen.

Die zweite Sache war, dass sie nach der Schule nicht mehr ihre Freizeit in Clubraum verbrachte, sondern hinter der Kassa des Schnellrestaurants. Sie machte zahlreiche Überstunden, einfach um abgelenkt zu sein.

Als drittes schien sie es irgendwie aufgegeben zu haben Kontakt zu interessanten Menschen zu haben. Deshalb redet sie kaum noch mit Leuten und die ehemaligen Mitglieder des K-ON! Clubs waren für sie einfach verschwunden.

Die letzte Sache versuchte Tsumugi noch jedem zu verheimlichen, das gelang ihr auch, bis zu dem heutigem Tag.

Davon dass Mio Ui nachgelaufen war, die seit einiger Zeit schon versucht wie Yui auszusehen hatte Tsumugi nichts mitbekommen.

Sie war nach der Schule gleich in das Restaurant gegangen um mit ihrer Schicht zu beginnen. Dort begrüßte sie schon Shizuka, ihre Kollegin mit der sie häufig zusammen arbeitete.

“Hallo Mugi-chan”, grüßte diese fröhlich nachdem sie eingestempelt hatte.

“Guten Tag”, sagte Tsumugi und stempelte ebenfalls ein.

Shizuka war schon 23 Jahre alt, wirkte aber wenn sie neben Tsumugi stand nur unwesentlich älter. Von ihrem äußeren her könnte sie fast eine große Schwester von Mio sein, denn sie hatte auch sehr lange schwarze Haare und große blaue Augen.

Anders als Mio wirkte Shizuka aber nicht so ordentlich und genau. Sie schien eher der praktische Typ zu sein, was man schon an ihrer kräftigeren Statur erkannte.

Die Schicht verlief so wie immer. Es kamen viele Gäste, besonders auch Schüler die sich noch einen Imbiss holten. Das Restaurant war gefüllt mit unzähligen Menschen die Pommes und Burger aßen und sich nebenbei über alles mögliche unterhielten.

Das “möchten Sie noch Pommes dazu?” erfreute Tsumugi noch immer genug, damit sie es schaffte ihr freundliches Lächeln aufzusetzen. So verlief es die ganze Zeit über.
 

Als der Tag für sie geschafft war, wieder einmal mit einigen Überstunden, schloss Tsumugi erschöpft ihre Kassa und ging nach hinten in den Aufenthaltsraum der Mitarbeiter. Es war ein Raum, etwas größer als ein durchschnittliches Wohnzimmer, in dem es einen Esstisch und eine kleine Küche mit Kaffeemaschine und Mikrowelle gab.

Sie holte sich dort ein Glas Wasser um sich dann am Tisch kurz zu entspannen.

Obwohl Tsumugi eigentlich zufrieden mit dem Tag sein konnte spürte sie ein schmerzendes Gefühl in ihrer Brust.

Normalerweise ging es ihr gut wenn sie erschöpft war, aber heute war wieder so ein Tag an dem sie an diese verfluchten Schmerzen denken musste.

Geistesabwesend rutschte ihr das Glas aus den Fingern. Es schlug am Boden auf und zersprang in mehrere Scherben.

Das Wasser spritzte dabei in alle Richtungen.

Tsumugi seufzte zuerst und kniete neben den Scherben nieder. Sie starrte die einzelnen Splitter an und studierte für einen Moment wie unterschiedlich ihre Größen waren und welche am gefährlichsten aussah.

Das schmerzende Gefühl in ihrer Brust wollte nicht aufhören. Es ist jedes mal da wenn sie zu lange darüber nachdachte.

Dann begann ihr Herz einfach weh zu tun. Yui nie wieder sehen zu können, das wollte ihr einfach nicht klar werden.

Tsumugi biss die Zähne zusammen und griff nach einer der größeren Scherben.

Piano Intro 2

Shizuka war nun auch fertig mit der Arbeit und schloss ihre Kassa ebenfalls. Sie freute sich schon wieder auf ihr Bett in dem sie sich bald wieder einrollen konnte.

Besonders im noch immer so kühlen Frühjahr sehnte sie sich beinahe ständig nach einem Ort an dem sie hin flüchten konnte um sich zu wärmen.

Gähnend öffnete sie die Tür zum Aufenthaltsraum. Sie erblickte Tsumugi die mit dem Rücken zu ihr gewandt am Boden kniete und nervös etwas aufsammelte.

Direkt neben ihrer Kollegin entdeckte Shizuka ein paar Wasserspritzer und ein einige Glasscherben.

“Da will man endlich heim und dann fällt einem noch das Glas runter. Es gibt schon so Tage nicht?”, meinte Shizuka in gewohnt lässigem Ton.

Tsumugi sprang regelrecht auf. “Ja das ist wirklich etwas ärgerlich, aber ich hab es schon wieder weggeräumt.”, meinte sie.

Sie klang etwas seltsam, bemerkte Shizuka.

“Stimmt was nicht?”

“Nein es geht mir bestens, danke.” Tsumugi ließ die letzten paar aufgesammelten Splitter in die Mülltonne fallen.

“Na gut, ich werde dann mal gehen.”

“Hey Moment mal! Hast du dich da etwa geschnitten?”, viel es Shizuka plötzlich auf. Tatsächlich tropfte von Tsumigis linker Hand etwas Blut auf den Boden.

Das ohnehin schon eher blasse Mädchen lief plötzlich rot an. “Nein”, sagte sie schnell. “Es ist nicht so schlimm.”

“Lass mal sehen.” Shizuka griff das Handgelenk ihrer blonden Kollegin und zwang sie mit sanfter Gewalt ihr die Wunde zu zeigen.

Tsumugi zuckte vor Schmerz zusammen. Das war die erste Reaktion von ihr gewesen die halbwegs normal war.

“Es tut mir so leid.” sagte sie.

Da war ein Schnitt quer über ihre Handfläche der ziemlich übel aussah.

“Mach dir keine Gedanken darum Mugi-chan. Is nicht das Erste mal dass ich so was sehe. Aber zuerst versuch mal deine Finger zu bewegen. Nicht dass du dir noch einen Nerv beleidigt hast.”

Tsumugi probierte ihre Finger zu bewegen. Es tat weh, aber es schien soweit alles in Ordnung zu sein.

In ihrem Gesicht spiegelte sich plötzlich eine ernsthafte Angst wieder, die vorhin noch nicht da gewesen war.

“Komm, ich kümmere mich um deine Wunde. Setz dich erstmal hin.”

Shizuka musste mit einigen verschiedenen Gefühlen kämpfen. Einerseits war sie geschockt über den Anblick, denn der Schnitt war viel zu tief dafür, dass man sich aus Versehen verletzt hätte, andererseits war sie auch froh, dass sie endlich die Möglichkeit hatte herauszufinden was mit Tsumugi eigentlich los war.

Behutsam tupfte sie die klaffende Wunde ab um dann das Desinfektionsmittel darauf zu sprühen. Tsumugi biss die Zähne kurz zusammen, damit sie nicht unnötig zusammen zuckte.

“Damit wirst du ein Weile nicht mehr spielen können.”, meine Shizuka.

“Was meinst du?”

“Naja.”, setzte sie fort. “du hast mir doch mal erzählt dass du Keyboard spielst in eurem Schulclub oder?”

Tsumugi senkte ihren Blick.

Das ist es also, dachte Shizuka und begann damit den Verband auszupacken. Sie muss auf irgend etwas wütend gewesen sein, oder wollte irgend einen Schmerz ausblenden. Anders wäre sie jetzt nicht in dieser Situation.

“Ich hab aufgehört zu spielen.”, erklärte Tsumugi leise. Irgendwie fehlte das Prinzessinnen hafte an ihr fast zur Gänze.

Shizuka konnte sich endlich selbst darauf einigen dass es reines Mitleid war, das sie für sie empfand. Sie machte sich große Sorgen darum, wieso ihre wunderbare Kollegin so seltsam geworden war.

Normalerweise konnten sie in der Arbeit nie viel miteinander Sprechen, aber jetzt war die Gelegenheit da.

“Warum hast du denn aufgehört?”

Shizuka begann schon damit behutsam den Verband anzulegen. Die verwundete Hand fühlte sich sehr warm und weich an, das bewegte sie noch mehr dazu äußerst vorsichtig zu sein.

Tsumugi war das alles unglaublich unangenehm. Sie war an einem Punkt angelangt an den sie nie wieder sein wollte.

In ihrem Kopf wurde der Gedanke laut, einfach aufzustehen und zu gehen, ohne Shizuka etwas zu sagen, doch in diesem Moment wo ihre Kollegin ihre Hand fest hielt und sie versorgte, brachte sie es schließlich übers Herz es endlich zu erzählen.

Piano Intro 3

“Ich bin damals, als ich auf diese Schule gekommen bin, dem K-ON Club beigetreten. Es war eine spontane Entscheidung gewesen, weil ich mich eigentlich versehentlich in den Clubraum verirrt hatte. Aber als ich damals Mio-chan und Ric-chan begegnet bin, wusste ich sofort dass ich nirgendwo sonst so interessante Menschen kennen lernen würde.”, begann Tsumugi zu erzählen.

Shizuka machte währenddessen den Verband fertig und hörte nun schweigend zu.

“Dann kamen noch Yui und Azusa-chan dazu. Zusammen haben wir als Band, und auch als Freundinnen viel unternommen und erlebt. Immer wenn ich zurückdenke, fällt mir etwas Lustiges ein, und es macht mich glücklich mich daran zu erinnern. Wir wussten, dass es nicht für alle Zeiten so bleiben würde, besonders wenn wir die Schule beendet haben. Was jedoch niemand dachte ist, dass die schöne Zeit so schnell vorbei sein sollte.”

Geschickt hatte Shizuka die Hand von Tsumugi fertig verbunden und lehnte sich zurück. Sie war froh dass ihre Kollegin endlich erzählte, was sie schon so lange bedrückte.

Tsumugi senkte langsam den Blick. Ihre Stimme wurde leiser.

“Wir hatten ein Konzert in der Schule. Es war so wunderbar gewesen. Für uns waren alle Gefühle dabei, angefangen mit Angst weil Yui krank gewesen war und ihre Gitarre vergessen hatte, und aber auch große Freude, weil unsere Songs so unglaublich gut bei dem Publikum angekommen sind.” Sie machte eine kurze Pause.

Tsumugi begutachtete kurz ihre verwundete Hand bevor sie bedrückt weiter sprach.

“Nach dem Auftritt war ich ziemlich erschöpft, und bin abends sehr früh ins Bett gegangen. Ich habe so gut geschlafen, dass mich meine Mutter wecken musste. Allerdings war ihre Sorge nicht dass ich verschlafen würde, sondern sie hatte vorhin einen Anruf von Yui-chans Eltern bekommen. An diesen Morgen überbrachte mir Mutter die Nachricht dass meine beste Freundin gestorben war. Sie wurde am Heimweg von der Schule von einem Auto angefahren und, nun……… sie hat es nicht überlebt.”

Shizuka hatte sich seelisch schon auf so eine Geschichte vorbereitet, aber es traf sie trotzdem hart. Tsumugi saß nun lediglich da. Ihre blauen Augen waren etwas glasig und sie zitterte ein wenig, ansonsten blieb sie ziemlich gefasst.

“Hast du dann geweint?”, war Shizukas erste Frage.

“Zuerst ja, sehr viel sogar. Aber es war mir irgendwie so unangenehm verstehst du? Ich hätte so unmöglich weitermachen können. Den Anderen konnte ich nie unter die Augen treten, deshalb habe ich angefangen mich mit der Arbeit abzulenken.”

“Wieso konntest du den Anderen nicht unter die Augen treten? Ich meine es ist doch normal zu trauern, das muss man doch nicht verstecken.”

Tsumugi konnte darauf nichts antworten. Sie fixierte nun ihre eigenen Knie.

“Es tut mir leid”, sagte sie nur mit gewohnt höflichem Ton.

Shizuka dachte daran sie zu umarmen, aber sie hatte keine Ahnung wie Tsumugi darauf reagieren würde. Es wäre jetzt auch definitiv falsch gewesen noch weitere Fragen zu stellen.

Bevor sie etwas tun konnte, sagte Tsumugi selbst überraschenderweise etwas.

“Ich frage mich schon wie es ihnen geht. Vielleicht machen sie ja noch Musik zusammen.”

“Ja das wäre schön”, stimmte Shizuka vorsichtig zu.

Tsumugi wollte sich nicht genau ausmalen wie es Mio, Ritsu und Azusa jetzt ging. Es beunruhigte sie.

Plötzlich liefen Tränen über ihre Wangen.

“Tut mir leid.”, rief sie und drehte sich weg. Zitternd versuchte Tsumugi sich die Tränen irgendwie abzuwischen, doch da begann die pochende Wunde noch heftiger zu schmerzen.

“Ich hab sie alle vergessen!”, heulte sie. Tatsächlich wusste sie wirklich nicht wo Ritsu, Mio und Azusa im Moment waren.

Nun packte Shizuka ihre Kollegin und hielt sie fest. Sie drückte den warmen zitternden Körper an sich, in der Hoffnung sie könnte ihr damit etwas von ihrer Last abnehmen.

“Yui, du bist einfach viel zu früh gestorben. Dabei wollten wir noch so viel zusammen erleben”, presste Tsumugi in unverständlichen Worten heraus.
 

Ein Teil von Yuis Geist schien diesen Satz jedoch sogar im Jenseits gehört zu haben. Langsam drang es zu ihr vor.

Guitar Lick 1

Azusa wusste nicht dass sie eigentlich träumte, obwohl sich ihr Körper momentan so seltsam taub anfühlte.

Warum musste sie auch immer wieder von der selben Szene träumen, so als ob man sich jeden Tag den gleichen Film ansehen würde?

In diesem Traum stand sie auf einer Bühne, die der in der Schule ziemlich ähnlich war. Vor ihr war ein Publikum, lauter gesichtslose Schüler in den typischen dunkelblauen Uniformen. Sie schwiegen, standen einfach nur da wie Soldaten in einer Formation und starrten Azusa entgegen.

Auf der Bühne gab es keine Band, nur Azusa stand da, doch sie hatte kein Instrument dabei.

“Ich brauche noch meine Gitarre. Wo habe ich sie nur liegen lassen?”, ging ihr durch den Kopf. So träge wie sie sich momentan fühlte kam ihr das kein bisschen seltsam vor, sie war auch überhaupt nicht nervös.

Fragend blickte sie sich um, und ging schließlich hinter die Kulisse um ihre geliebte Dakota Red zu suchen. Ihre Schritte hallten laut wieder, denn das Publikum gab keinen Laut von sich.

Etwas verzweifelt begann sie in dem kleinen Backstage Raum fieberhaft zu suchen.

Leider war sie nirgends zu finden und sie konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern wo sie die Gitarre verstaut hatte.

“Wo ist sie nur? Ich kann meine Gitarre nicht finden, aber ich muss endlich spielen!”

Sie kramte mit ihren kleinen Händen in unzähligen Kisten nach. Das alles war so komisch, aber das gehörte nun einmal zu einem Traum.

Irgendwann fand sie eine Tasche mit einer Gibson Les Paul Standard. Völlig verblüfft starrte Azusa die wunderschöne Gitarre an.

Den hellbraune, fast orange Korpus würde man unter tausenden sofort wieder erkennen, besonders da Azusa genau dieses Instrument vor einiger Zeit fast jeden Tag gesehen hatte.

Kein Mensch befand sich momentan in diesem Raum, also würde bestimmt niemand etwas sagen wenn sie sich die Gitarre kurz ausborgen würde, ihre eigene war ja nicht zu finden.

Schnell nahm Azusa Yuis Gitarre und lief damit zurück auf die Bühne.

Die Menschen bewegten sich immer noch nicht. Wie Statuen standen sie da und glotzten in die Leere. Im Grunde war es auch egal was sie taten, für Azusa spielte es keine Rolle.

Ein wenig aufgeregt steckte sie die Gitarre am Verstärker an der plötzlich da gewesen war und hielt sich bereit.

Welchen Song sollte sie überhaupt spielen, so ganz alleine?

Bevor sie sich entschied, viel ihr auf wie anderes diese Gitarre im Vergleich zu ihrer war. Sie fühlte sich viel wuchtiger und schwerer an, unglaublich wie Yui damit so leicht spielen konnte.

Um sich nicht noch länger aufzuhalten begann sie einfach den Rythmuspart von fuwa fuwa time zu spielen. Er war nicht sonderlich schwer und der Song kam immer gut an.

Völlig einsam ertönte die Melodie, doch sie klang so falsch und verzogen. Noch dazu klirrten die Seiten bei fast jedem Akkord den Azusa griff.

Ungeduldig versuchte sie fester zu greifen, aber es half nichts.

“Das gibt’s doch nicht”, murmelte sie in sich hinein.

Die Musik klang furchtbar und Azusa wusste nicht warum. Dazu kam dass sie ziemlich sauer deswegen wurde.

Sie wollte nicht versagen und versuchte es weiter.

Obwohl sie alles richtig machte, wie schon tausend mal zuvor geübt wollte diese bescheuerte Gitarre einfach nicht das tun was sie sollte.

Es konnte nur an dem Instrument liegen. Damit kann man doch nicht vernünftig spielen.

Es nervte so unfassbar, dass ihre Hände zu zittern begannen.

Trotzdem war es ungewöhnlich wie schnell sich ihr Puls beschleunigte. Normalerweise wurde Azusa so gut wie nie wegen etwas wütend, doch jedes mal wenn sie diesen Traum träumte tat sie in ihrem Zorn etwas, das sie immer wieder bereute.

In einer spontanen Kurzschlussreaktion nahm sie Yuis Gitarre, schlüpfte aus dem Gurt heraus und warf sie einfach auf den Boden.

Sie knallte auf die Bühne, und der Verstärker gab einen furchtbaren Krach von sich.

Eine der Statuen wurde plötzlich lebendig und stürmte auf die Bühne.

“Was tust du da Azu-nyan?”, rief Yui entsetzt.

“Nenn mich nicht so! Ich will diesen bescheuerten Spitznamen nicht mehr hören.”, blaffte Azusa zurück und drehte sich weg.

Sie konnte sich beim besten Willen nicht erklären wieso es sie so aufregte.

Yui hatte Tränen in ihren Augen. Auch wenn sie nur ein Produkt von Azusas Traum war, so erkannte man den Schmerz klar und deutlich, den sie empfand.

“Wieso hast du das mit Gita gemacht?”

“Damit kann man doch nicht spielen und meine Gitarre finde ich nicht, ich weiß gar nicht was ich hier überhaupt soll.”

Azusa drehte sich kurz um, um Yui anzusehen, doch genau das war der Moment an dem sie üblicherweise aufwachte.

Schweißgebadet, und mit einem stummen Schrei auf den Lippen schreckte sie hoch.



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