Zum Inhalt der Seite

Absolute Destiny Apocalypse

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Prolog

Es gibt Fanfics, die man liest und fünf Minuten später schon wieder vergisst...

Es gibt Fanfics, die man mag, ausdruckt und ab und zu mal wieder durchliest...

Und es gibt Fanfics, die einen vollkommen umhauen und nicht mehr loslassen...
 

Diese Geschichte hier gehört zur letzten Kategorie...
 

Clees hat eine ganz wundervolle Story geschrieben, von der ich einfach nicht genug kriegen kann...¨
 

Deshalb habe ich mich entschlossen, diese Geschichte auf Deutsch zu übersetzen, damit auch diejenigen in ihren Genuss kommen können, deren Englisch nicht ganz so gut ist...
 

Ich hoffe, meine Übersetzung kommt dem englischen Original nahe - ich habe mein Bestes gegeben...
 

Ach, und noch was: Wenn ihr Clees Kommentare zur Story zukommen lassen möchtet, meldet euch bei mir, ich geb euch gern ihre Email-Adresse! ^^

Kommentare zu meiner Übersetzung nehm ich natürlich auch gern entgegen!

Falls ihr die Fic gerne auch im Original lesen würdet, bitte sehr:

http://www.necrophilia.nu/cleesystoryline/deg.htm
 

Also, nun will ich euch nicht mehr länger auf die Folter spannen - on to the story!

Viel Spass beim Lesen! ^.^

[Motion 1 - Implement]

[© Clees; übersetzt von ~ eurydike ~]
 

"Genug, genug jetzt...".

Toshiya riss sich los und rang nach Atem. Er strich sich ein paar schweissnasse Strähnen hinter die Ohren und gab ein befriedigtes Stöhnen von sich. Dann lehnte er sich vor und gab dem Anderen einen sanften Kuss auf die schwarz-verschmierten Lippen.

"Danke, das war genau das, was ich gebraucht hab...". Danach verliess er mit einem Hops den Raum, um eine Dusche zu nehmen.

Kyo stützte, noch immer schwer atmend, den Kopf auf seine Hände. Ein Schaudern durchlief ihn, als ihm klar wurde, was gerade geschehen war. Er hievte seinen vor Schweiss glänzenden Körper auf und ging zum Spülbecken, klammerte sich daran fest und presste die Augen zu, als eine Welle von Übelkeit ihn übermannte.

Warum? Warum nur? Zuvor...
 

~ ~ ~
 

"Kyo?".

"Uhm?". Kyo drehte sich um und lächelte Kaoru an.

"Bist du sicher, dass du nichts trinken willst?".

Der violett-haarige Gitarrist grinste und hob sein mit Alkohol gefülltes Glas. Kyo schüttelte den Kopf und hob seinerseits sein Glas mit Wasser.

"Schon okay".

"Neeeee, warum mag sich Kyo bloss nie mit uns betrinken?", zog Die ihn auf und schnappte mit seiner Hand nach den blonden Haaren. Kyo lachte, schlug die Finger des Rotschopfs weg und lehnte sich zurück.

"Weil Kyo immer gerne weiss, wie er die Nacht zuvor ins Bett gekommen ist".

Die grinste.

"Ist doch egal, solange du neben einem hübschen Mädchen aufwachst!".

Er zwinkerte und stupste Kyo in die Seite. Kaoru fand dies so komisch, dass er vor Lachen beinahe vom Stuhl fiel.

Kyo gluckste nachsichtig (obwohl er das Ganze eigentlich gar nicht lustig fand) und beobachtete, wie Shinya aufstand und zur Bar ging, nachdem er etwas von "Ich hol mir noch was" gemurmelt hatte.

"Sag mal, wo ist eigentlich Totchi?".

Kaoru, halb in Dies Schoss und halb auf dem Boden, sah sich um. Kyo betrachtete die beiden trocken. Er stellte keine Fragen, sondern lachte nur: "Ihr seid zu drollig...".

"Hey Die, ist das ne Gurke oder bist du ganz einfach nur spitz?", lachte Kao, worauf Die ihn etwas verlegen wegstiess.

"Ich werd ihn suchen". Kyo stand auf und bahnte sich seinen Weg durch die Menge. Es war ja ganz amüsant, Die und Kaoru besoffen zu sehn, trotzdem hatte er keine Lust, noch länger zu bleiben. Clubbing war nicht wirklich sein Ding, ausser er war in der richtigen Stimmung. Ausserdem war es traurig, Shinya so zu sehn. Der arme Schlagzeuger würde sich wohl entweder unter den Tisch trinken oder die beiden Betrunkenen nach Hause schleppen müssen.

Kyo drängte sich weiter durch die tanzenden Körper. Er vermutete den blauhaarigen Bassisten auf dem Dancefloor und schaute sich fieberhaft um. Schliesslich würde er Toshiya heute nach Hause fahren müssen und suchte lieber schon jetzt nach ihm, als einfach nur rumzusitzen und den anderen beim Saufen zuzusehn, auch wenn das ganz lustig war.

Plötzlich sah er einen blauen Schimmer aus dem Augenwinkel. Da war Toshiya und tanz-te etwas ungeschickt mit ein paar Typen, die offensichtlich weniger betrunken waren als er und sich dessen auch voll bewusst waren.

Oh Totchi, manchmal machst du echt die dümmsten Sachen...

Auf einen Vorschlag von Die hin war Toshiya das Wagnis eingegangen, heute eines seiner Bühnenoutfits anzuziehen und volles Make-up aufzulegen. Kyo hätte schwören können, dass niemand bemerkte, dass er ein Mann war...

Der Sänger stiess zu der kleinen Gruppe vor, um den Bassisten zu retten. Okay, er war vielleicht nicht unbedingt ein Ritter in schimmernder Rüstung, aber schliesslich war's ja der Gedanke, der zählte, ne?

Er packte Toshiya um die Hüfte und zog ihn von all den Männern weg. Diese guckten nicht schlecht, als ihnen ihr "hübsches Mädchen" einfach so von der Nase weggeschnappt wurde. Toshiya legte kichernd einen Arm um Kyos Schulter.

"Ey, Kyo-chan!".

"Die Lady hat mit uns getanzt - was fällt dir ein?".

Kyo lächelte.

"Sorry, aber die Lady hat nen Freund. Und ihr Freund hat ebenfalls Freunde".

Er zog den ahnungslosen Toshiya besitzergreifend an sich und hoffte, die Männer würden nicht ausrasten. Mit einem oder zweien wäre er vielleicht zurande gekommen - aber dieser grosse, dicke Typ hinter ihm machte ihm Sorgen.

Doch der Mann grinste nur einfältig.

"Schade, vielleicht ein andermal".

So einfach ist das? Hmmm, wahrscheinlich kann ich immer noch so böse gucken wie früher. Und ich dachte schon...

Kyo winkte und führte Toshiya zurück zu dem Tisch, wo er Die und Kaoru zurückgelassen hatte.

Nur Kaoru war noch da. Kyo sah zu, dass der vor sich hinstolpernde Toshiya zu einem Stuhl kam, und setzte sich danach wieder auf seinen Platz.

"Wo ist Die hin?".

"Weg...mit irgendwem...". Kaoru zwinkerte. Kyo lachte ihn aus.

"Sou ka...und was ist mit Shinya-chan?".

"Uuuuuhhhmmmmm...der ist an der Bar, glaub ich...oder er ist schon gegangen. Sein Mantel ist weg". Kaoru schaute sich um.

Kyo nickte, nahm sein Glas, hob es an seine Lippen und verschluckte sich fast, als jemand gegen seinen Rücken stiess. Der Blonde drehte sich um und wollte schon drauflos motzen, als er sah, dass es Toshiya war. Angesichts des bezaubernden Lächelns verrauchte seine Wut sofort.

"Hi Kyo...". Der Bassist fiel auf seinen Po und brach in Gekicher aus.

Kyo sweatdroppte. "Ehm, Kaoru, macht's dir was aus, wenn ich...".

"Schon gut, ich nehm den Bus...".

"Okay - ich glaub nämlich, ich sollte Toshiya nach Hause bringen, er hat echt zuviel getrunken...".

"'kay...Nacht...". Kaoru warf den beiden Kusshände zu und lächelte. Kyo nickte und versuchte, Toshiya aufzuhelfen, während dieser damit beschäftigt war, Kaorus unsichtbare Küsse aus der Luft abzufangen.

Nur gut, dass du nicht so schwer bist, Totchi...

Kyo hielt ihn um die Hüfte fest und schleppte ihn so zum Wagen.
 

"So, da wären wir".

Kyo sah zu, wie Toshiya sich zusammenrollte und sich in sein Kissen kuschelte. Gerade als er das Licht ausgemacht hatte und gehen wollte, wurde er von Toshiyas Stimme aufgehalten.

"Ne, Kyo? Kann ich dich was fragen?".

Kyo zuckte die Schultern, gespannt. Warum nicht?

"Ja?"

"Warum vertraust du niemandem? Warum versuchst du, dich hinter deiner nicht vorhandenen Hässlichkeit zu verstecken? Ich weiss, du magst das, aber...warum lässt du keinen sehn, wie du offstage bist, wie kawaii du bist?".

Kyo blinzelte. Ist er wirklich betrunken? Er klingt überhaupt nicht so...

"Ich vertraue euch. Und überhaupt...du solltest endlich mal einsehn, dass es Unterschiede gibt zwischen dir und mir...oder Shinya und mir...dann wirst du schon sehn. Schlaf einfach, ne? Und nenn mich nicht kawaii!".

"Kyo - geh nicht". Nun klang die Stimme wirklich nicht mehr wie die eines Betrunkenen. Kyo blieb im Türrahmen stehn, kniff seine Augen zusammen und verschränkte die Arme vor seiner Brust.

"Was ist?".

Ein Stöhnen liess sich vernehmen, Bettlaken wurden zurückgeschlagen. Kyo nahm an, dass der blauhaarige Bassist sich eben aufgesetzt hatte.

"Hast du nicht manchmal genug davon, allein zu sein?".

"Was willst du?".

"Nur eine Nacht...bitte?".

Kyo stöhnte und schaute zu Boden. Die Stimme bettelte erneut, irgendwie verzweifelt.

"Mit jemandem, den ich kenne und dem ich trauen kann. Bitte - ich ertrage diese Leere nicht mehr...diese Isolation...nur zu nehmen, weil man's eben grad braucht...keinen Spass dabei...keine Gefühle. Wir sind doch Freunde, oder? Oder, Kyo?".

"Aa".

"Na also...bitte...bitte...gib mir nur eine Nacht! Eine Nacht. Das ist alles was ich will und ich verspreche dir, es wird dir gefallen. Du wirst allein nach Hause gehen und auch allein aufwachen".

"Darum wollest du, dass ich dich heute nach Hause fahre". Keine Wut, keine Bitterkeit - einfach nur Billigung von Tatsachen.

Er hörte sich etwas schuldig an. "Ja...".

"Ist es für dich?".

Oder ist es für uns beide? Wirst du mehr dabei empfinden - oder werde ich weggehen und dich allein lassen? Wirst du mich hier rausgehn lassen, auch wenn ich leblose Bruchstücke von mir zurücklasse? Muss ich zulassen, dass mein dunkles Herz zerreist, nur damit du deinen Spass haben kannst? Nur wegen deinem Geltungsdrang? Denn ich gelte viel, während du...wirst du mir das Wenige wegnehmen, das ich habe? Toshiya...Totchi...yurameki...

"Ja...ja...".

Am liebsten hätte Kyo die Tür hinter sich zugeschlagen, geschrien, Toshiya verletzt - aber...aber...

Kleider raschelten, und das Bett quietschte.

"Okay, ich werde es dir geben...".

Nimm es - es ist meine Seele. Du kannst sie haben, schliesslich gehört sie dir schon eine ganze Weile. Ich habe nur eine Bitte: Begrabe meinen Körper, wenn du mit ihm fertig bist...
 

~ ~ ~
 

Kyo würgte, presste die Augen zusammen und lehnte sich über das Spülbecken, während sich ihm der Magen umdrehte. Er schluckte ein paar Mal, aber nichts kam hoch, noch nicht...

Er hörte das Wasser in der Dusche prasseln und schaute in Richtung Badezimmer. Schaudernd ging er zurück in das dunkle, rote Schlafzimmer. Er zog sich schnell an und verschwand. Die Tür schloss er ganz leise hinter sich, obwohl er sie am liebsten aus ihren Angeln gerissen hätte...
 

* * *
 

Shinya guckte hinter seinem Schlagzeug hervor - eine Spannung lag in der Luft. Kyo war für einmal pünktlich gewesen - nur war sein Gesicht völlig ausdruckslos, so ganz anders als sonst.

Irgendetwas fehlte...

Das Feuer in seinen Augen - war es von selbst ausgebrannt oder hatte es irgendjemand erstickt? Shinya und Kaoru wechselten einen unbehaglichen Blick. Der einzige, der nichts zu bemerken schien, war Toshiya. Aber der bemerkte oft das Offensichtlichste nicht. Die plauderte locker mit dem Bassisten, wie immer, und Shinya wurde durch den Anblick getröstet. Doch gerade als Die Toshiya nur so zum Spass nen Klapps auf den Po gab, ertönte ein Riesenlärm, und Kyo gab ein durchdringendes Kreischen von sich.

Der Sänger hatte seinen Mikrophonständer zu Boden geworfen und trat nun wie wild und mit ohrenbetäubenden Schreien darauf ein. Zutiefst erschrocken betrachtete Shinya die Szene, während Toshiya und Die einfach nur völlig geschockt und überrascht dastanden. Kaoru legte sofort seine Gitarre ab, rannte zu dem wild gewordenen blonden Sänger, legte die Arme um ihn und hob ihn vom Boden auf, einfach nur weg vom Mikrophon. Oder wohl eher von dem, was davon noch übrig war...

Kyo zuckte und wand sich wie ein Wilder in Kaorus Armen, doch dieser hielt ihn fest und drückte ihn enger an sich, wobei ihm seine Grösse natürlich einige Vorteile verschaffte - dagegen kam Kyo unmöglich an. Eine Weile später beruhigte sich der Sänger und hing schwer atmend in Kaorus Armen.

Der Ältere setzte ihn vorsichtig wieder auf den Boden, gefasst darauf, dass der Jüngere erneut eine Attacke auf das Mikrophon starten würde. Keiner sprach auch nur ein Wort.

Kyo schüttelte Kauro ab, stürmte aus dem Raum und schlug die Tür laut hinter sich zu.

"Was...zum Teufel...war...das???", stiess Die aus und musterte die verstümmelten Reste des Mikrophons. Während Kyos heftigem Ausbruch hatte Toshiya sich Dies Hand gekrallt. Nun starrte er mit weit aufgerissenen Augen vor sich hin, seine Lippen bewegten sich, doch entrangen ihnen keine Worte. Blasse, zitternde Lippen und grosse, weisse Augen.

Kaoru starrte ziemlich irritiert die Tür an und rieb sich seine wunden Stellen - Kyo mochte klein sein, aber er war auch stark. Shinya ging entschieden zur Tür und machte sie auf.

"Warte, lass ihn. Wir brechen die Probe ab und lassen ihn alleine weitergrübeln oder was auch immer".

"Nein, ich denke nicht, dass das ne gute Idee ist", wies Shinya Kaoru sanft zurecht. Kaoru blinzelte - überrascht, dass jemand sein Urteil kritisierte.

"Ich gehe ihm nach - keine Angst, ich bin trainiert". Der Schlagzeuger sagte dies in vollem Ernst und machte sich dann auf, den blonden Sänger zu finden.

Die blinzelte. "Ich dachte, er mag Mikrophone...". Der Rotschopf packte leicht benommen seine Gitarre weg.

Toshiya schwankte, sagte jedoch nichts, packte lediglich ganz schnell seine Sachen zusammen und verschwand, bevor jemand etwas zu ihm sagen konnte.

"Hey, was ist denn letzte Nacht passiert?".

"Mit mir?".

"Ja".

Die zuckte mit den Schultern und lächelte.

"Bin nach Hause gegangen, hab noch was getrunken, fern geschaut und bin eingepennt. Das Mädchen hab ich irgendwo stehen lassen - sie hat genervt...".

Kaoru schüttelte nur den Kopf.

"Du bist manchmal echt scheisse. Ich hoffe, du sprichst mit mir, wenn du Hilfe brauchst, bevor du soweit bist wie Kyo heute. Ich glaube kaum, dass du genug Geld für ne neue Gitarre hast...".

Kaoru zeigte ein schmales Lächeln, schlug Die zum Abschied sanft auf die Schultern und liess den Gitarristen allein mit seinen Gedanken.

[Motion 2 - Moribund]

[© Clees; übersetzt von ~ eurydike ~]
 


 

"Kyo! KYO!".

Zittern. Wut. Zorn. Ekel.

Wie betäubt - keine Gefühle...

Zitternde Finger krallten sich in das gebleichte Haar, zogen daran. Alles wirkte so wässerig - wellenförmig und proportionslos. Lichter glühten auf und explodierten. Nur den sich schnell bewegenden, grauen Klumpen unter sich nahm er wahr.
 

* * *
 

Irgendetwas störte ihn. Irgendetwas fehlte - er wurde sich dessen mehr und mehr bewusst. Etwas, an das zu hören er sich so gewöhnt hatte - so vorhersehbar und angenehm. Aber was war es bloss? Er hatte es schon lange nicht mehr gehört - was konnte es nur sein?

Shinya keuchte und schaute sich um. Er wusste, dass der Sänger noch nicht weit gekommen sein konnte, schliesslich hatte er kurze Beine. Der Schlagzeuger versuchte, ruhig zu bleiben. Er entdeckte ein Aufblitzen von Goldblond direkt vor sich und kämpfte sich, Entschuldigungen vor sich hinmurmelnd, durch die Menge.

Als er näher kam, erkannte er, dass die Gestalt vor ihm tatsächlich der kleine Sänger war, der gerade eben aus dem Proberaum gestürmt war.

Er wird mir nicht weh tun. Egal wie wütend oder angekotzt er ist, er würde mich nicht schlagen.

Keines der Bandmitglieder hatte wirklich Angst vor Kyo (oder vor irgendeinem anderen Bandmitglied), es wollte aber auch keiner testen, wie dürftig sein Mass an Geduld war. Schon gar nicht, wenn er sauer genug war, etwas in Stücke zu schlagen.

Shinya packte die schmalen Schultern und zog die kleine Gestalt an den Rand des Gehsteigs. Er war überrascht, dass Kyo ihn nicht sofort wegstiess. Aber noch überraschter war er, als er sich den Sänger genauer anschaute.

Kyo blinzelte zu ihm auf, die Augen voller Tränen, das Gesicht ganz rot. Da war etwas, das ihn wahnsinnig schmerzerfüllt erscheinen liess, aber es war schon wieder weg, bevor Shinya es überhaupt richtig erfassen konnte.

"K...kyo? Du warst so schnell weg - wir haben uns Sorgen gemacht".

Der Schlagzeuger sagte dies ganz sanft und fragte sich dabei, was den für gewöhnlich so unbekümmerten Mann dermassen erregt haben könnte. Es war allen klar, dass Kyo ein ausdrucksstarker, gefühlvoller Mensch war - seine Lyrics machten dies offensichtlich, besonders, wenn er sie live vortrug. Aber dass er weinte...?

Kyo schien nicht zu bemerken, wie intensiv Shinya nachdachte. Er schaute einfach zu Boden und entzog sich dem Schlagzeuger.

"Ich bin nur etwas genervt...".

"Etwas?". Zweifel schwangen in Shinyas Stimme.

Kyo schluckte und versuchte, wütend auszusehn.

"Mir geht's gut, okay?

"Kyo, erzähl keinen Scheiss".

Shinya sah zu, wie Kyo sich auf die Lippen biss und versuchte, Tränen zurückzuhalten. So klein diese Geste auch war - Shinya sah sie ganz deutlich, er war sich gewohnt, alles scharf zu beobachten.

Also versuchte er es mit einer anderen Taktik.

"Ich bleibe heute Abend zuhause - möchtest du nicht zu mir kommen und ein paar Filme gucken? Bitte...die anderen wollen eh nur wieder ausgehn. Leiste mir doch Gesellschaft!".

Kyo sah ihn an als wären ihm gerade eben drei Köpfe gewachsen - Shinya konnte es ihm nicht verübeln, hoffte aber dennoch, Kyo würde auf sein Angebot annehmen. Der Schlagzeuger war normalerweise gern allein und ging eigentlich nur mit den anderen weg, wenn sie was trinken gingen.

"Wo ist der Haken?", fragte Kyo mit harter Stimme.

"Es gibt keinen. Ich mache mir einfach Sorgen um dich - ich möchte, dass du dich besser fühlst. Ausserdem sind die anderen nervig, wenn sie besoffen sind - sie vertragen Alkohol nicht ganz so gut wie ich", antwortete Shinya schlicht und einfach.

"...". Kyo schaute ihn eine Weile abwägend an.

"Hasst du es manchmal, allein zu sein, Shinya?".

"Nein", antwortete Shinya mit seiner ruhigen, tiefen Stimme. Ich hasse es die ganze Zeit...

Kyo lächelte und nickte.

"Okay, ich denke, ich werde kommen. Wann?".

"So gegen 17.00 Uhr? Ich werde vorher ein paar Filme ausleihen...".

Kyo nickte.

"Ja mata!".

Der Blonde drehte sich um, er sah schon wieder viel besser aus. Shinya sah ihm einen Moment nach, bevor er rief:

"Kyo?".

Kyo musste jemandem ausweichen und schaute dann zurück.

"Aa?".

"Bring ein Kissen mit!".

Der Sänger guckte etwas verwundert, nickte dann aber ernst.

"Wenn du meinst...".

Dann ging er weiter, die Hände in den Hosentaschen.

Der grosse Schlagzeuger sah ihm nach, dann drehte er sich um und ging langsam zurück ins Studio. Das war's - dein Lachen! Ich hab dich schon so lange nicht mehr lachen sehn...
 

* * *
 

Die sah zu, wie der langhaarige Bishounen zurückkam, um seine Sachen zu holen. Shinya war so sehr darum besorgt gewesen, dem Sänger nachzujagen, dass er all sein Zeug dagelassen hatte. Er nahm seine Tasche und steckte ein paar Drumsticks rein - seine ersten. Er hatte sie damals gekauft, als Dir en grey offiziell zusammengekommen waren. Allen war das abgenützte Holz so vertraut. Sie gehörten Shinya, waren aber auch für die anderen immer wieder ein tröstlicher Anblick. Es erinnerte sie daran, dass sie jenseits aller Photoshoots, des Einflusses der Plattenfirma und anderen, der Videos und all dem Druck, mit dem sie leben mussten, immer noch Dir en grey waren. Sie waren die Band. Fünf Jungs, die zusammen Spass hatten, zusammen lachten, zusammen schrieen, Enttäuschungen erlebten, zusammen litten und etwas gemeinsam erschufen. Sie hatten so viel Zeit miteinander verbracht, dass sie einander schon beinahe verwandt waren.

Die blinzelte diese Gedanken weg und konzentrierte sich wieder auf Shinya, der gerade mit seiner schlanken Hand zärtlich über sein Schlagzeug strich und sich dann der Tür zuwandte.

"Shinya?".

Der Schlagzeuger drehte sich um und schaute ihn an - sein Gesicht eine ausdruckslose Maske, wie immer.

"Ja?".

"Hast du ihn gefunden?".

"Ja".

"Und...?".

Shinya zog eine Augenbraue.

"Und...was?".

"Geht's ihm gut?".

"Nein".

"Oh...".

"Mach dir keine Sorgen - ich werde mich um ihn kümmern".

Die guckte erstaunt.

"Auf einmal? Warum das?".

Shinya kniff herausfordernd die Augen zusammen.

"Willst du irgendwas andeuten?".

Die zuckte die Schultern und schaute ihn skeptisch an.

"Du hast dich doch auch vorher nicht gross gekümmert".

Okay, zugegeben, ich bin eifersüchtig...

Wut zuckte über Shinyas Gesicht, doch gleich darauf zeigte er sich wieder völlig gleichgültig.

"Halt bloss den Mund, Die. Du solltest eigentlich am besten wissen, wie wichtig ihr mir alle seid. Ich tue alles für diese Band. Und ich weiss, du hast es nicht vergessen. Ja ne".

Damit drehte er sich um und ging, ohne ein weiteres Wort zu sagen.

Die zuckte zusammen - Shinyas harte Worte hatten ihn bis ins Mark getroffen. Diese Sache...sie war so lange her. Er wollte wütend sein auf Shinya, weil er ihn daran erinnerte, weil er sich mehr um Kyo sorgte, als um ihn, weil er ihm einfach nicht vergeben wollte...

Die biss die Zähne zusammen und packte seine Sachen. Er nahm seine Tasche, schloss die Tür ab und ging.
 

* * *
 

Toshiya starrte mit leerem Blick an die Wohnzimmerdecke, völlig in sich gekehrt, und dachte nach.

Wieder und wieder attackierte der berüchtigte Blonde das hilflose Mikrophon, so sehr, dass Toshiya anfing zu zittern. Der Bassist schluckte, schloss seine Augen und schlang die Arme um seinen Körper. Letzte Nacht...
 

~ ~ ~
 

"Ahhnnnnn...jaaaa...". Ein Zischen, zusammengebissene Zähne, zurückgeworfener Kopf. Blaue Strähnen klebten an seinem Nacken und an seinen Wangen. Der Druck wurde stärker, feuchte Streicheleinheiten hinterliessen ein angenehmes Kribbeln, rüttelten ihn auf.

Der Kopf neigte sich nach vorn und wieder zurück. Geschlossene Augen, offener Mund, blondes Haar. Lippen öffneten sich weiter, senkten sich wieder, brachten den Kopf dazu, sich zurückzuwerfen. Stöhnen. Gleich war es soweit. Aber so sehr sein Körper auch danach schrie, er wollte es nicht auf diese Weise. Sie würden später noch genug Zeit dafür haben...

Er setzte sich auf und rüttelte an den schmalen Schultern zwischen seinen Beinen. Augen öffneten sich. Der Andere setzte sich ebenfalls auf, leckte sich die Lippen. Diese dunklen Augen - sie schauten ihn an, als er den kleinen Körper an sich zog, die Arme um den schlanken Nacken legte. Sanft. Der Andere wartete einfach nur, versuchte, wieder zu Atem zu kommen.

Er lächelte, als er mit seinen dünnen Fingern die Lippen des Anderen streichelte. Diese Lippen hatten so vieles getan, so vieles gesagt...

Die dunklen Augen blinzelten nur, als er die Schmolllippen liebkoste.

Er lehnte sich vor und flüsterte der kleinen Gestalt ein Wort ins empfindliche Ohr:

"Hinein..."
 

~ ~ ~
 

RIIINNNGGG!!!

Toshiyas Augen schossen auf, er zuckte zusammen.

RIIINNNNGGGG!!!

Toshiya stöhnte. Sein Herz schlug wie wahnsinnig, als hätte er grad irgendwas eingeworfen. Der blauhaarige Bassist setzte sich auf und rieb sich den Nacken. Dann nahm den Hörer ab.

"Moshi moshi".

Er setzte sich vor seine beige Couch, lehnte sich dagegen, das Telefon an sein Ohr gepresst. Wo sind meine Zigaretten? Seine Augen huschten durchs Zimmer.

"Moshi moshi. Kaoru desu. Ich ruf nur an, um durchzugeben, dass in zwei Tagen ein Photoshooting angesetzt ist. Die von der Plattenfirma haben mir das gerade erst gemeldet - ganz schön knapp, ne?". Kaoru lachte leise.

Toshiya nickte vor sich hin, bis er realisierte, dass Kaoru ihn ja gar nicht sehen konnte.

"Aa, ja, ziemlich dämlich...". Er versuchte, seine Stimme so fröhlich wie immer klingen zu lassen.

"Hai. Ich muss die anderen noch anrufen. Wir sehn uns dann übermorgen".

"Maite - haben wir morgen denn keine Probe?". Toshiya versuchte, das Zittern in seiner Stimme mit einem Husten zu überdecken.

"Nein - hast du's denn nicht mitbekommen? Das Studio wurde morgen von jemand an-derem gebucht, also können wir nicht rein. Wir haben frei - kanpai!". Kaoru gluckste.

"Hai, kanpai. Also dann...ja".

"Ja ne".

Toshiya legte den Hörer auf, stöhnte und schloss die Augen. Vor seinem inneren Auge erschien das Bild eines schlanken, kleinen Körpers, gekrönt von einem lächelnden Gesicht und einem blonden Schopf. Aber es war falsch - alles war falsch.

Der grosse Mann zog die Knie an seine Brust und schluchzte.

[Motion 3 - Nadir]

[© Clees; übersetzt von ~ eurydike ~]
 

Er warf das unbezogene Kissen auf die Couch.

"Sehr...sauber".

"Hai".

Shinya lächelte und sah zu, wie Kyo sich neugierig umschaute. Der Blondschopf inspizierte den Raum, drehte sich langsam um die eigene Achse, bis er sich wieder Shinya gegenüber sah. Ihre Augen trafen sich. Kyo lächelte, schaute zu Boden und stopfte die Hände in die Taschen.

"Kannst dich hier für heut Abend wie zuhause fühlen", sagte Shinya und ging in seine kleine, mit dem Wohnzimmer verbundene Küche.

"Falls du jedoch länger bleiben willst, wirst du dich an ein paar Regeln gewöhnen müssen, die Die "schlichtweg anal" nennt". Er lächelte Kyo ungezwungen an, wandte sich dann zum Schrank, vor dem er gerade stand, und holte zwei Tassen raus.

Kyo ging ihm nach, nur die Andeutung eines Lächelns auf seinem Gesicht. Seine Füsse steckten in roten Socken.

"Die war schon mal hier?", fragte er neugierig, lehnte sich an einen kleinen Schrank und sah zu, wie Shinya einen Krug Tee aus dem Kühlschrank nahm.

Shinya zögerte, bevor er den Schwarztee in die Tassen goss.

"Ja. Ich habe etwa zehn Filme ausgeliehen. Sie liegen am Boden neben dem Sofa - such dir doch einfach einen aus. Ich mache hier noch schnell was fertig. Du hast noch nichts gegessen, oder?".

Kyo guckte etwas schuldbewusst.

"Sorry nochmal, dass ich zu früh gekommen bin...".

"Nur um zwanzig Minuten. Ich hab dir doch schon gesagt, es ist okay...".

Kyo nickte nur, lächelte etwas gezwungen und ging dann ins Wohnzimmer zurück. Shinya betrachtete ihn prüfend und verlor ihn schliesslich aus den Augen, als er sich vor der Couch hinkniete.

Der Schlagzeuger stellte die beiden Tassen in die Mikrowelle und stellte den Timer; Geräusche von Plastikboxen auf Holzboden drangen an sein Ohr. Er hat den ganzen Tag noch nichts gegessen. Er ist blasser als sonst...

Shinya seufzte.

Kyo blickte auf, als Shinya sich auf den Boden neben ihn setzte und sorgfältig ein Tablett abstellte. Der Schlagzeuger lächelte und guckte nach den Filmen in Kyos Schoss.

"Hast du was gutes gefunden? Ich war mir nicht sicher, welche gut sind - ich schaue mir nicht so oft Filme an".

Er gibt sich solche Mühe, nett zu sein...

Kyo schenkte Shinya ein Lächeln.

"Dann hast du ne gute Intuition, Shinya. Horrorfilme sind immer gut".

Ich brauche was mit sinnloser Gewalt...

"Also, welchen zuerst?".

Shinya rutschte umher, sein langes Haar spielte um seine Schultern und sein Gesicht.

Kyo blickte runter in seinen Schoss und wählte einen aus.

"Den hier".

Shinya wollte ihm den Film aus der Hand nehmen, doch der Blonde liess nicht los. Der Schlagzeuger blinzelte und hob eine Augenbraue.

"Danke. Ganz ehrlich. Ich weiss, es braucht so einiges an Vertrauen, mich hier reinzulassen und zu hoffen, dass deine Wohnung danach immer noch gleich aussieht wie vorher - erst recht nachdem du meine Wohnung gesehn hast".

Shinya blinzelte wieder und nickte.

"Ich hab alles weggeräumt, das Flecken machen könnte".

Er lächelte, nahm Kyo den Film ab und deutete auf das Tablett.

"Wenn du gern was anderes hättest, in der Küche gibt's noch mehr".

Dann krabbelte er zum Videogerät und legte das Band ein.

Als er sich umdrehte, war Kyo damit beschäftigt, das Tablett zu mustern. Zwei Tassen mit dampfendem Schwarztee, ein paar Reisbällchen, Süssigkeiten und eine grosse Schüssel Pudding, daneben zwei Löffel. Er lächelte.

"Shinya?". Er grabschte sich sein unbezogenes Kissen und setzte sich drauf, während er sprach.

Shinya krabbelte zu ihm zurück und setzte sich ebenfalls; Rücken an die Couch gelehnt, Beine ausgestreckt, die Fersen übereinandergelegt. Er blickte Kyo an.

"Hmmm?".

Kyo hob die Schüssel und grinste.

"Pudding?".
 

* * *
 

Die starrte auf den Fernseher. Normalerweise liebte er diese Serie, aber heute konnte er sich nicht drauf konzentrieren. Die Köpfe der Menschen flackerten, und Die konnte ihre Worte nicht erfassen.

Er nippte an seinem Bier und achtete schliesslich gar nicht mehr auf den Fernseher. Er lehnte seinen Kopf zurück und schloss die Augen. Diese Erinnerungen...

Sie hatten ihn den ganzen Tag beschäftigt. Gott, ich bin so scheisse...
 

~ ~ ~
 

"Die!?".

Der Aufschrei liess ihn aufschauen. Shinya stand in der Tür und sah dermassen geschockt aus, dass Die beinahe loslachte. Beinahe...

"Heyaaaa Shinya!", rief er überschwenglich, bevor er sich vollkotzte.

Shinya drängte sich an den vielen tanzenden Menschen vorbei. Er beugte sich zu dem Rotschopf runter und riss die Spritze aus seinem Arm. Die lächelte nur; er spürte nicht einmal, wie die dünne Nadel seine Haut durchbrach.

Auf einmal wurde er hochgehoben, kümmerte sich jedoch nicht weiter drum - die Farben um ihn leuchteten viel zu schön und das Leben war einfach herrlich...

Undeutlich hörte er Pascal und Shinya miteinander reden.

"Hör mal Süsser, er schuldet uns immer noch was, du kannst ihn nicht einfach so mitnehmen".

"Wieviel?".

"97'000 US-Dollar".
 

Als er die Augen öffnete, fand er sich auf einem Bett wieder, auf einem fremden Bett. Nicht, dass das etwas ungewöhnliches für ihn gewesen wäre. Aber er war angezogen - und die Shorts waren viel zu kurz.

Er blinzelte und schoss auf, als er Shinya kommen sah - der Schlagzeuger schaute ihn einfach nur von der Tür aus an.

"Sh...Shinya? Was machst du denn hier?".

"Das ist meine Wohnung...".

Die blinzelte verwirrt.

"Und wie bin ich hierher gekommen?".

"Ich weiss alles, Die...".

Die schluckte schwer und verschränkte die Arme. Er versuchte, seine Narben und Wunden zu verbergen. Aber seine Arme waren verbunden.

Shinya hatte die Hände zu Fäusten geballt. Er wirkte so verkrampft, dass Die befürchtete, er könnte in Stücke brechen.

Die Stimme war leise und gefährlich ruhig. "Ich hab Kaoru gesagt, es gehe um Familienangelegenheiten, wir haben die nächsten drei Wochen keine Probe. Du wirst hier bleiben. Du wirst nicht gehen, bevor ich es dir erlaube. Du wirst nicht ein Aspirin schlucken, egal, wie gross deine Schmerzen sind. Und wenn ich auch nur irgendwas hier in meiner Wohnung finde, werde ich etwas tun müssen, das ich wahrscheinlich bereuen werde...".

Die schluckte schwer. "Shinya...".

"Sag nichts, gar nichts. Zieh dich an - ich hab ein paar Kleider rausgesucht, die dir passten müssten. Und dann komm und iss was".

Shinya schlug die Tür mit einem unüberhörbaren Knall zu.

Die schluckte noch mal. Eigentlich hätte er wütend sein müssen, aber er war dermassen erschrocken, dass er einfach nur wie betäubt aus dem Bett stieg und sich anzog. Papiere auf dem Schreibtisch zogen seine Aufmerksamkeit auf sich.

Der Rotschopf ging näher ran und begann mit immer grösser werdenden Augen zu lesen:
 

Konto Nr. 445611-98

Terachi, Shinya

Aufgelöst

Restguthaben vollständig abgehoben

Bilanz: 0.00
 

Seine ganzen Ersparnisse...
 

~ ~ ~
 

Schuldgefühle übermannten Die - ein nicht ganz unbekanntes Gefühl.

Nach diesen drei Wochen hatte er sich so sehr bei Shinya entschuldigt, dass dieser seine Entschuldigungen schliesslich annahm. Als Die meinte, er hätte nie und nimmer zu zahlen brauchen, wies der Schlagzeuger ihn darauf hin, dass er nie wieder etwas davon hören wollte.

Diese ganzen drei Wochen lang hatte Shinya sich um ihn gekümmert. Mit ihm geredet, ihm geholfen und ihn aus der ganzen Misere wieder rausgebracht.

Shinya erzählte niemandem etwas davon, und Die war ihm dafür auf ewig dankbar.

Die ganze Sache hätte nicht nur Dies Verhältnis zu den anderen beeinträchtigt, sie hätte auch Dir en grey ruiniert - verdammt ja, das hätte sie.

Zuerst hatte er sich darüber aufgeregt, aber schon bald erkannte er, was für ein Idiot er gewesen war - und wie froh er sein konnte, dass Shinya sich um ihn gekümmert hatte.

Aber trotzdem - egal wie oft er sich während der ganzen Zeit an Shinyas Schulter ausgeweint hatte, nachdem er die Wohnung des Schlagzeugers verlassen hatte, war alles wieder wie vorher. Er neckte Shinya, Shinya reagierte darauf mit scharfen Worten und einem Grinsen, manchmal wurde er auch richtig wütend. Aber trotzdem war es so, als wäre nichts geschehen...

Die nippte weiter an seinem Bier und schaute runter auf seine Arme. Die Narben waren kaum noch zu sehen. Er streichelte sie und schüttelte den Kopf. Dann stand er auch, schaltete den Fernseher aus und ging zur Tür.

Ich muss hier raus...

[Motion 4 - Obsequious]

[© Clees; übersetzt von eurydike]
 

Toshiya trank Wasser aus einem Plastikbecher, seine Augen lugten unter seinen schwarzen Haaren hervor. Er war umgeben von Kleidern, Friseuren, Stylisten und von den andern Bandmitgliedern. Alle waren für einmal pünktlich zu dem Photo-Shooting gekommen, aber das war eigentlich Nebensache.

Shinya stand irgendwo auf der Seite und sprach leise mit Die. Dieser guckte erst ganz ernst, gleich aber wieder erleichtert, als Shinya ihm auf die Schultern klopfte und ihn anlächelte. Kaoru war damit beschäftigt, sich mit den Fotografen über Dinge zu unterhalten, um welche sich die andern in der Band eh nicht kümmerten und nach welchen sie schon gar nicht erst fragten. Kyo war derjenige, der alles aufhielt; er weigerte sich, seinen Visagisten an seinen Piercings rumfingern zu lassen, geschweige denn, sich von ihm schminken zu lassen...

Toshiya stöhnte. Das macht er immer. Erst so tun, als ob er jemandem die kreative Kontrolle überlassen würde, und dann passiert genau das Gegenteil. Kann er das nicht mal etwas lockerer sehn? Toshiya sah zu, wie Kyo nachdrücklich den Kopf schüttelte und die Hände des Visagisten von seinem Gesicht wegstiess.

Erst nachdem Kaoru realisiert hatte, dass dieser Visagist beharrlicher war als andere (normalerweise gaben sie auf und liessen Kyo machen, was er wollte), konnte er ihn behutsam und diplomatisch davon überzeugen, dass Kyo schon wisse, was er tue, und dass man ihm schon vertrauen könne. Es war nicht ganz einfach, aber Kaoru meisterte Herausforderungen immer mit Bravour.

Toshiya drehte sich um und warf den Mini-Becher in einen Abfallkübel. Der blauhaarige Bishounen schaute rüber zu Shinya, der Kyo durch den Spiegel beobachtete, und machte sich dann auf zum Foto-Set.

Grauer Hintergrund und zwei Couches - eine für zwei und die andere für so viele, wie es schafften, sich draufzuquetschen. Schön schlicht...

Müde schmiss sich Toshiya auf die längere Couch und legte seinen Kopf in den Nacken.

Eine Hand tätschelte sein Knie, er wandte den Kopf.

"Hhhh?". Er liess in seiner Stimme den Ärger und das Dunkle, das er fühlte, mitklingen.

"Ich liebe dich auch, Totchi". Die grinste, schnitt ein Gesicht und rutschte etwas unbehaglich umher. "Mein Gurt schneidet mir in den Rücken".

Toshiya hob eine Augenbraue und zuckte die Schultern. "Dann lockere ihn doch".

Die wandte ihm den Rücken zu und sah ihn über die Schulter an.

"Kannst du das nicht tun? Ich komm nicht ran".

Toshiya nickte und half Die.
 

Etwa fünfzehn Minuten später war Kyo endlich zufrieden und sein Visagist gab demütig zu, dass das Make-up "anständig" aussah. Kyo zuckte nur die Schultern, ging rüber zum Liebessessel, hüpfte drauf, fläzte sich hin und legte den Hinterkopf in seine Hände, was den Haarstylisten wiederum zum Ausflippen brachte, und weitere fünf Minuten wurden vergeudet, weil dieser noch mal an Kyos Haaren rumfummelte.

Dann, endlich, ging das Fotoshooting los.
 

"Okay, wie wär's nun mit ein paar Spass-Bildern?".

Die Jungs von Dir en grey schauten sich wissend an. Dies war nur die höfliche Art, sie zu bitten, auf ganz besondere Weise zu posieren. Nicht, dass es ihnen etwas ausmachte - sie fanden es alle ziemlich lustig. Zumindest behaupteten sie das...

Kaoru nickte grinsend und gab damit stellvertretend für alle seine Zustimmung.

"Okay, können wir dann bitte mit Kaoru und Shinya anfangen?".

Die Nichtgenannten erhoben sich und verliessen das Set, während Shinya und Kaoru wie Puppen umhergeschoben wurden.
 

Die stand breitbeinig da, hatte die Arme verschränkt und guckte lächelnd zu. Kyo hatte sich an die Wand gelehnt und starrte die Decke an, so als wäre er nicht daran interessiert, was um ihn herum vorging. Toshiya beobachtete Kyo einen Moment, dann ging er rüber zu Die und stiess ihn an. Die schubste zurück; er liess Kaoru, der gerade sein Ohr an Shinyas Brust legen musste, nicht aus den Augen.

"Hey".

"Hey".

"Gehen wir nachher ne Pizza essen?".

Die hob die Schultern.

"Shinya möchte mit mir über irgendwas reden, aber schauen wir mal. Frag doch Kyo, er hat bestimmt nichts vor".

Toshiya zuckte mit den Schultern, ausdruckslos.

"Er mag keine Pizza".

Die hob eine Augenbraue und schaute Toshiya an.

"Wer mag Pizza nicht?".

"Tja, er mag kein Bier - und wer Bier nicht mag, mag auch keine Pizza", argumentierte Toshiya.

Die schüttelte grinsend den Kopf.

"Du hast ne ganz schön schräge Logik, Toshiya".

"Danke".

"Können wir nun bitte Kyo und Kaoru haben?".

Shinya verliess das kleine Podest und kam zu ihnen rüber, gerade als Kyo sich auf den Weg machte. Der Sänger würdigte die anderen drei keines Blickes, als er vorbeiging, sondern schaute einfach nur geradeaus.

"Hey".

"Hey, hör mal, was Toshiya mir gerade eben gesagt hat...".

Der Bassist verfolgte die Unterhaltung nicht weiter. Er beobachtete wie Kaoru auf der Couch sass und Kyo ohne Vorwarnung in seinen Schoss sprang. Der Gitarrist lachte und schob Kyo so hin, dass dieser in die Kamera sah. Kyo lehnte sich zurück, legte seinen Kopf träge auf Kaorus Schulter und blickte mit halbgeschlossenen Lidern in die Kamera. Kaoru schlang seine Arme um Kyos Hüfte und so sassen die beiden da, während der Fotograph wie wild knipste.

"Ne?".

"Huh?".

"Ne, Totchi?".

"Um...hai".

Toshiya lachte und nickte Die zu.

Shinya hielt sich die Hand vor den Mund, um ein Lachen zu unterdrücken, und Die grinste breit.

"Du magst also tatsächlich diese Knebel mit den Bällen dran? Böser Totchi!".

Toshiya errötete und schlug Die auf die Schulter.

"Arsch! Ich wusste ja gar nicht, worum's geht!".

"Weiss ich doch". Die grinste selbstgefällig und lachte, als Toshiya noch einmal zuschlug.
 

Während sie diese Fotos machten, die durchgeknallte Yaoi-Fans vor lauter Argwohn und Spekulationen würden verrückt werden lassen, war die Stimmung gut, und das Geplänkel zwischen denjenigen, die gerade fotografiert wurden, witzig und völlig easy. Bis die beiden aufs Set gerufen wurden, deren Verhältnis zueinander im Moment doch sehr gestört war...

Toshiya versuchte, Kyo so zuversichtlich und sicher anzuschauen wie nur möglich. Kyo, der noch nie gut darin gewesen war, seine Gefühle zu verbergen, mied seinen Blick und ballte die Fäuste, als niemand es sah. Ganz anders als bei früheren Shootings taten sich die beiden schwer darin, spontan zu posieren. Sie standen einfach nur unbeholfen rum.

Toshiya wurde ganz verlegen, als der Fotograf sie tatsächlich darum bitten musste, bestimmte Posen einzunehmen. Kyo schien dies allerdings nicht weiter zu stören - er tat einfach, was ihm gesagt wurde. Sie bewegten sich nach den Anweisungen des Fotografen. Toshiya ging etwas in die Knie und passte sich damit Kyos Grösse an, während Kyo sich näher an ihn lehnte. Der Sänger näherte sein Gesicht bedrohlich Toshiyas, seine Brust presste sich an Arm und Schulter des Grösseren. Nach einer kleinen Ermunterung durch den Fotografen neigte Kyo den Kopf und öffnete seine Lippen, so als würde er gleich zubeissen und Toshiya aufessen. Die Kamera klickte wie wild, dann wurden sie aufgefordert, eine neue Pose einzunehmen.

Toshiya fühlte sich seltsam, als er Kyo an sich drückte, liess sich jedoch nichts anmerken. Kyo legte seine Arme ganz mechanisch um Toshiyas Schultern und starrte verbissen auf das Shirt des Bassisten. Auf Anweisung lehnte er seinen Kopf an Toshiyas Brust, worauf dieser sein Kinn auf Kyos Kopf legte. Der Fotograf kam rüber, richtete ihre Köpfe und tat sonst noch ein paar der kleinen, bestimmten Dinge, die Fotografen eben so tun.

Als das Blitzlicht losging und sie blendete, bewegte Kyo seinen Kopf und blickte zu Toshiya auf. Der Bassist schaute auf ihn runter und blickte ihm fragend ins Gesicht. Hasst du mich?

Die dunklen Augen gaben nichts preis, schauten einfach nur zu ihm auf. Sie waren...leer...

Doch obwohl es so leer schien, war das kleine Gesicht dennoch so...so seltsam schön...

Toshiya lehnte sich runter, ganz impulsiv, bis seine Lippen so nah an Kyos waren, dass nur noch Atemzüge sie trennten.

Diese Lippen...

Die zitternden Lippen hielten seine Augen gefangen - diese Lippen, geschmückt mit Piercings und getüncht in ein dunkles Rubinrot. Blutrot. Die Farbe, die Blut hat, sobald es gerinnt und langsam zum Schorf wird, die Wunde verdeckt, sie aber noch nicht heilt.

Seit ich Kyo zum ersten Mal getroffen habe, haben seine Lippen meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Seltsamer, kleiner Hitzkopf...

Sogar nachdem du mich dich hast küssen lassen, bist du immer noch ein Mysterium. Aber auch angsteinflössend. Wirst du mich in Stücke reissen, wie du es mit diesem Mikrophon getan hast? Ich habe keine Ahnung, ob ich der Grund dafür war, oder ob du uns einfach nur erschrecken wolltest...

Kyos Augen blinzelten zu Toshiya auf. Und dann, genau so plötzlich, verdeckten blonde Haare die Sicht und das Gesicht des Bassisten, und er lehnte sich weg.

"Jungs, ich werde die Abzüge so schnell wie möglich eurem Manager schicken. Danke für eure Zeit!".

Kyo stiess sich von Toshiya weg und ging an den anderen vorbei hinter die Vorhänge, wo sie sich umziehen konnten. Toshiya blinzelte und nickte dem Fotografen zu.

"Ihnen auch vielen Dank". Dann drehte er sich schnell um, leicht errötend. Die stiess ihn an, als sie gingen, um ihr Make-up abzuwaschen.

"Kannst du dich auf nichts anderes konzentrieren als darauf, Action zu bekommen?", witzelte der Gitarrist und zerzauste Toshiyas Haar. "Wah...Gel...".

"Geschieht dir recht", bemerkte Shinya, worauf auch seine Haare vollkommen verwuschelt wurden. Er warf Die einen bösen Blick zu und ging dann zum Spülbecken. Kaoru lachte und tätschelte Toshiya und Die den Kopf.

"So, das reicht Kinder! Benehmt euch!".

Die murrte und versuchte, den Tätscheleien zu entkommen.

"Und das von jemandem, der mit Slinkys spielt".

"Toshiya kicherte und setzte sich von den anderen ab. Er näherte sich den Vorhängen und berührte sanft den Stoff.

"Kyo? Können wir nachher in ein Café oder so gehn und reden? Ich finde, es wäre echt nötig...und...na ja...wegen dieser Nacht...".

Stille.

"Kyo?".

Er guckte hinter den Vorhang - Leere. Etwas durcheinander drehte sich Toshiya um und schaute zurück. Die und Shinya stritten sich um die Watte und wollten sich gerade an Kaoru wenden, damit der entscheiden konnte, wer von den beiden sie denn nun die Watte zuerst haben durfte. Doch der Gitarrist war gerade damit beschäftigt, Bindfaden-Ornamente aus seinem Haar zu entfernen (man fragt und wundert sich besser nicht, wie diese dahin gekommen sind).

"Kaoru?".

"Aa?".

"Wo ist Kyo?".

Kaoru schaute sich um und hob dann die Schultern.

"Seine Tasche ist weg - ich denke, er ist schon gegangen".

"Oh".

Toshiya konnte kaum verbergen, wie enttäuscht und gekränkt er war.

Kaoru missverstand dies völlig, umarmte den Bassisten freundschaftlich und stiess ihn sanft in den Magen.

"Irgendwas wichtiges?".

"Ummm...nein, nicht wirklich".

Als Toshiya Kaoru anlächelte, wendete Shinya seine Augen von den beiden Männern zu seiner Rechten ab und überliess Die die Wattebäusche. Toshiya wischte sich still den Lidschatten von den Augen; Mandelaugen verfolgten jede seiner Bewegungen.
 

* * *
 

Nachdenkliche Augen betrachteten die wirbelnde Schwärze, Silber glänzte und drehte sich im Kreis. Dumpf und leise drangen unwichtige Unterhaltungen und Stimmen an sein Ohr. Die Töne zerschlugen nach dem Einschlag wie Handgranaten, schrieen schmerzerfüllt und wurden trotz aller Bemühungen nicht wahrgenommen. Rauch stieg an die Decke, ein bitterer Geruch lag in der Luft.

Er seufzte und nahm den Löffel aus der Tasse. Ich hasse Kaffee...

Dunkle Augen schauten nach draussen, betrachteten die vorbeifahrenden Wagen. So viele verschiedenen Farben. Dünne, schmale Hände falteten sich, Ellenbogen stützten sich auf den Tisch.

Er war gelangweilt. Aber nicht wirklich. Eigentlich hätte es vieles gegeben, womit er sich hätte beschäftigen oder worüber er hätte nachdenken können. Seine Rastlosigkeit machte es ihm jedoch fast unmöglich, sich zu konzentrieren.

Volle, unbewusst schmollende Lippen kräuselten sich zusammen. Augen fokussierten die von Füssen getretenen Pfützen draussen auf der Strasse

Was soll ich denn tun? Einfach nur rumsitzen und mich bemitleiden wie ein verdammtes Weichei? Das letzte was ich will, ist schwach und fügsam sein - vorallem dann, wenn ich mich nicht selbst dazu entschlossen habe, so zu sein...

Er legte sein Kinn auf seine Hände, die dunklen Augen blinzelten.

"Sitzt hier jemand oder findest du das Dekor einfach nur so wahnsinnig interessant?".

Er riss seine Augen vom Stuhl los und sah auf, Gelb verklärte seine Sicht. Ruhig zuckte er mit den Schultern und strich sich ein paar Haarsträhnen aus den Augen. Nun konnte er klarer sehen.

"Kommt drauf an. Wenn du dich traust...".

Die andere Person grinste und liess sich auf den Stuhl fallen.

"Warum auch nicht - bist ja schliesslich nur du...". Die Stimme leicht foppend, ein freundliches Blinzeln.

Die beiden sassen eine Weile schweigend da - einer starrte aus dem Fenster, während der andere zuschaute, wie der Kaffee wirbelte, als er umrührte.

Die tiefere Stimme brach als erste das lange Schweigen.

"Toshiya hat mich gefragt, ob ich dich was fragen könnte."

Schnauben. Eine Augenbraue hob sich.

"Denkt er, wir seinen immer noch auf der High School oder was? Sag ihm, er soll mit mir reden, wenn er mit mir reden will. Ich hätte etwas mehr Rückgrat von ihm erwartet".

Die Bitterkeit dieser Worte prallte am anderen ab.

"Maamaa, er hatte ein paar wichtige Verabredungen. Bist du denn nicht wenigstens neugierig?".

Der Löffel stiess laut auf den Boden der Tasse.

"NEIN". Doch...

Sein Gegenüber lachte ihn an. Die schokoladebraunen Augen musterten ihn. Ziemlich gemeine und böse Gedanken richteten sich an das Lachen. Und keiner dieser Gedanken sah vor, die weissen Zähne ganz zu lassen.

"Na klaaar. Naja, du weißt ja, dass Toshiya zu faul ist, sein Handy zu benutzen. Und überhaupt, ich wollte mit dir eh noch über was reden, also dachte ich, ich könnte dir seine Nachricht ja auch gleich ausrichten. Er möchte, dass du heute Abend zu ihm kommst. Er hat ne neue DVD, "Evil Dead", und er denkt, du könntest sie mögen. So gegen 20.00 Uhr ist er wieder zurück".

Die Augen richteten sich wieder auf den Kaffee. Vorgetäuschtes Desinteresse.

"Wie auch immer...ich bin beschäftigt".

Der andere sah ihn forschend an und zuckte die Schultern.

"Und worüber wolltest du mit mir reden?".

Schon wieder dieses verdammte Lachen...!

"Wollte ich das?". Die pure Unschuld.

"Baka! Du hast gesagt...".

"Wir planen für nächsten Mittwoch ein Treffen - einfach ein bisschen rumhängen, ein paar Games spielen, trinken. Es wäre schön, wenn alle fünf kommen könnten - so wie früher. Kommst du? Bitte...".

Der süsse, hoffnungsvolle Blick verwirrte ihn.

Wahrscheinlich werde ich das bereuen. Aber es klingt so verlockend...

"Ja. Aber sorg dafür, dass du meine Lieblingslimonade da hast".

"Sugoi! Natürlich, oh mein Besonnener".

Ein Grinsen. Ein Zwinkern.

"Naja, ich geh dann. Shinya und ich wollen Peitschen kaufen gehn - frag lieber nicht!". Damit sprang er auf, winkte und verliess das Café mit grossen Schritten.

Die dunklen Augen schauten wieder aus dem Fenster und sahen das leuchtend rote Haar in einer Masse von braun und schwarz verschwinden. Sie zwinkerten und senkten sich auf die immer noch volle Tasse auf dem Tisch.

Mit einem Seufzen legte er ein paar Yen daneben und stand auf.

Die dünnen, kurzen Arme schlüpften in den Mantel, und er zog sich seine kleine Tasche über den Kopf. Der Träger fiel über seine Brust, die Tasche lag vertraut auf seiner Hüfte. Er zog den Kragen bis zu seinen runden Wangen hoch und ging dann raus in den Regen.
 

* * *
 

Finger rieben sanft über den kleinen Fleck. Der grüne Teppich im Badezimmer. Ein kleiner, unregelmässiger, weisser Kreis inmitten des Waldes. Gebleicht...

Erinnerung...
 

~ ~ ~
 

"Bist du sicher?".

"Natürlich, Baka. Ich hab das auch schon für meinen Bruder gemacht".

Kyo blickte skeptisch.

"Sou?".

Toshiya nickte voller Enthusiasmus und drückte Kyos Schultern nach unten, um ihn dazu zu bringen, sich auf den Toilettendeckel zu setzen.

"Naja...", grinst er böse und fuhr mit seinen Fingern durch Kyos halbnasses Haar, "...das war, nachdem er mir eines meiner Armee-Spielsets kaputtgemacht hatte. Du weißt schon, diese kleinen Spielsoldaten? Er hatte sie mit seiner BB-Pistole zerschossen. Als er schlief, hab ich Peroxid über seine Haare geschüttet und dann, als es Zeit was, das ganze auszuwaschen, einen Kübel Wasser darüber gekippt".

Toshiya lachte.

"Er hat mich stundenlang durchs Haus gejagt".

Kyo gluckste.

"Du warst ein böser Junge, Totchi".

"Das weißt du doch, Kyo-chan", kicherte Toshiya.

"Demo - ich will aber nicht, dass das hier wie dieser Streich rauskommt...". Kyo schien Zweifel zu haben und etwas unsicher zu sein, nun, als sie sich daran machten, das zu tun, worüber sie schon seit fast einem Monat ständig sprachen.

Toshiya seufzte dramatisch und verwarf die Hände in gespielter Verzweiflung.

"Soll ich Kaoru anrufen und ihn um Hilfe bitten? Er hat seine Haare schon zigmal gefärbt".

Sofort hörte Kyo auf, sich zu beschweren, und krallte sich ängstlich an Toshiyas Shirt fest.

"Auf keinen Fall, Totchi! Kaoru würde mich umbringen, wenn er wüsste, was ich vorhabe!".

Toshiya grinste und kniff Kyo in die Wange.

"Dann hör auf zu meckern - fangen wir an! Kümmer dich nicht darum, was Kaoru denkt, ne? Es sind deine Haare".

Kyo blickte finster vor sich hin und rieb sich seine gerötete Wange.

"Ja, ja. Es sind meine Haare. Aber weißt du, er wird denken, ich hätte das nur getan, um ihn zu ärgern oder so - er hat immer gesagt, ich solle meine Haare natürlich lassen. Das letzte, was ich brauche, ist, dass er nen Ausraster kriegt, weil ich dieses Zeug in meinen Haaren habe".

Toshiya zuckte die Schultern.

"Ach was, das ist einfach nur sein Beschützerinstinkt. Er macht sich Sorgen, dass wir uns schon am Anfang zu sehr verändern, dass wir das bisschen Ruhm, das wir bisher eingesakt haben, schon wieder verlieren. Aber hey, in dem Fall kannst du dir ja immer noch den Schädel kahlrasieren!".

Kyo piekste ihn in die Seite, Toshiya quietschte vor Schmerz. Kyo grinste düster.

"Nah".

Der Bassist stiess die kleine Hand von sich und grinste.

"Also dann, lass uns anfangen! Mach dein Haar nochmal etwas nass, es ist schon fast wieder trocken".

Kyo sprang auf und tat, wie Toshiya ihm sagte - schliesslich war Toshiya von ihnen dreien derjenige mit der grössten Erfahrung im Haarefärben.

Er beugte sich über das Spülbecken, beugte seinen Kopf unter den Hahn und drehte das Wasser auf. Er drehte seinen Kopf hin und her, so dass sein Haar nass wurde. Ein Tropfen rann die Stirn runter.

Als schmale Hände sich um seine Hüften legten, und fremde Hüften sich an seine drückten, fuhr er zusammen und schlug sich dabei beinahe seinen Hinterkopf an dem rostigen Wasserhahn auf. Kyo, ganz rot im Gesicht und immer noch vornüber gebeugt, konnte nicht weg; mit Toshiya so an ihn gepresst gab es kein Entkommen.

"TOTCHIII!!!".

"Pass auf...".

Toshiya kicherte, lehnte sich vor und sprach in sein Ohr.

"Du solltest echt besser aufpassen, wo du deinen kleinen Arsch hinsteckst, Kyo".

Kyo runzelte die Stirn und brummte.

"Und ich behaupte immer noch, dass ein Dildo für dich eine gute Investition wäre".

Toshiya schmollte gespielt und liess von Kyo ab. Dieser erhob sich, das Gesicht über und über rot und mit einem leicht verärgerten Ausdruck in seinen Augen. Toshiya lachte und kniff ihm in die Nase.

"Sei doch nicht so, Kyo-chan. Was ist, magst du Jungs nicht?".

Kyo blinzelte verwirrt.

"Hey, wollten wir uns nicht um meine Haare kümmern?".

"Ist dir das Thema unangenehm - für einmal?.

Ein listiger Blick, begleitet von einem triumphierenden Lächeln.

"Urusai! Bin ich es nicht, der immer sagt, jeder und jede sei bi, ob wir es nun wollen oder nicht?".

Toshiya guckte nachdenklich.

"Hmmm...stimmt...".

Kyo blinzelte Wassertröpfchen aus seinen Augen.

"Hey, meine Haare sind jetzt nass".

"Waiii, richtig! Komm her".

Kyo liess sich vor Toshiya niederplumpsen, der damit beschäftigt war, das Peroxid vorzubereiten. Als alles bereit war, fühlte Kyo, wie Plastik an seinen Kopf gedrückt wurde.

"Bist du dir völlig sicher? Du kannst es dir immer noch anders überlegen...", kam die Frage von Toshiya, der seinem Freund eine letzte Chance geben wollte, zu entkommen.

"Tun wir's, Toshiya", antwortete Kyo scherzend.

"Okay, aber du darfst mich nicht töten, wenn du das Resultat nicht magst...".

Kalte Flüssigkeit traf auf Kyos Kopfhaut.
 

"Nun?". Er tappte ungeduldig mit dem Fuss, seine Arme hatte er vor der Brust verschränkt.

Toshiya beäugte ihn und grinste dann.

"Du bist ein hinreissender Blondschopf, Kyo", neckte er und wuschelte ihm durch die luftigen Haare.

Kyo rollte nur mit den Augen und guckte in den Spiegel. Wie gewöhnlich standen seine kürzeren Strähnen in allen möglichen Richtungen vom Kopf ab, während die längere Partie am Hinterkopf einfach auf den Rücken hinunterhing. Er starrte sich an. Aber er erkannte sein Spiegelbild nicht.

Toshiyas lächelndes Gesicht guckte ihm über die Schulter. Kyo liess seine Finger über den Spiegel gleiten, über sein darin gespiegeltes Gesicht. Mandelaugen betrachteten ihn ebenfalls - genauso neugierig.

"DAS nennst du natürlich?".

"Ja...".

"Ja...?".

"Ja!".
 

"KYO???".

Er zuckte zusammen und versteckte sich instinktiv hinter Toshiya.

"WAS ZUM TEUFEL IST MIT DEINEN HAAREN PASSIERT?".

Er guckte hinter dem schlanken Bassisten hervor. Grossen Augen trafen auf zusammengekniffene.

"Ich...wurde vom Blitz getroffen...?".

"Du...du bist GELB!".

Toshiya grinste verlegen und griff nach Kyos Hand, wie um ihn zu unterstützen.

"Mein Fehler - ich hab's etwas zu lange einwirken lassen".

"Du hast ihm dabei geholfen?".

"Naja, er wollte sie färben".

"Aber...".

Toshiya neigte verteidigend den Kopf, ganz und gar nicht eingeschüchtert.

"Kaoru, findest du denn nicht, dass es gut aussieht?".

"Das kann ich nicht sagen, wenn er sich weiterhin wie ein Mädchen hinter dir versteckt", kam die trockene Antwort.

Sofort kam Kyo hinter Toshiya hervor und guckte böse.

"Ich habe mich nicht versteckt, du Trottel!".

"Aaaawwwwww!!! Er ist so kawaii!", zirpte Die grinsend.

Kyos tötender Blick richtete sich auf ihn.

"Kawaiikunee!".

Shinya lächelte hinter seinem Schlagzeug hervor.

"Ich finde, es steht ihm gut - vielleicht etwas krass für den Anfang, aber man gewöhnt sich dran...".

"Danke Shinya-chan, wenigstens EINER würdigt mein Handwerk".

Toshiya strahlte und ging rüber zu seinem Bass-Koffer.

"Sind das die einzigen Haare an Kyo, die du gefärbt hast?".

"TEME!".

Kyo errötete, packte den lachenden Die. Die beiden fielen zu Boden und begannen zu wrestlen.

Kaoru seufzte, während Shinya sich ein Lachen verkniff.

"Muss ich mich mit solchen Kleinkindern abgeben?".

Darauf rissen alle drei Kaoru zu Boden und lautes Gelächter widerhallte im Raum, als sie alle gegeneinander "kämpften" - das einzige andere hörbare Geräusch war Shinyas leises Lachen.
 

~ ~ ~
 

Er erhob sich und verliess das leere Badezimmer.
 

* * *
 

Nervös öffnete Toshiya die Tür.

"Hey, freut mich, dass du gekommen bist. Ich wusste nicht, ob Die dich noch erwischt hat oder nicht".

Er trat zur Seite und wartete.

Kyo trat ein und zog seine Schuhe aus. Toshiya liess die Tür los und schon fiel sie mit einem lauten Knall zu.

"Hat er".

Kyo stand einfach nur da, schaute Toshiya an und steckte die Hände in seine Hosentaschen. Er war auf der Hut.

Toshiya lächelte und ging voran ins Wohnzimmer.

"Ne, ich hab ne Schale voll Süsses - heute war Ausverkauf. Erdbeer, Vanille, Himbeer, Heidelbeer - alles, was du dir nur träumen kannst. Naja, begrenzt natürlich".

Kyo nickte und schaute sich die Schale und ihren Inhalt genauer an.

"So eine Naschkatze, Toshiya."

Kein "Totchi"...

Toshiya grinste, sein Herz schlug schmerzhaft.

"Ich weiss. Ungesund, ne? Setz dich ruhig, ich muss erst mal den DVD-Player installieren".

Kyo setzte sich ausdruckslos auf die Couch. Seine Hände lagen gefaltet in seinem Schoss, und er betrachtete das Glas auf dem Tischchen.

Toshiya schlug sich mit Kabeln und anderem herum, bevor er die DVD einlegte. Er setzte sich auf die Couch, nah zu Kyo, und schaltete den Fernseher via Fernbedienung ein. Nach einigem kompliziertem Geknipse fing der Film an. Der blauhaarige Bishounen schaltete das Licht aus und machte es sich gemütlich.

Seine Augen drifteten unablässig zwischen auf verstörende Art dezimierten Blonden und dem Blonden auf der Couch neben ihm hin und her. Kyo schaute sich die Szenen von Gewalt mit wechselnden Gesichtsausdrücken an - von einem stoischen Blinzeln bis zu einem breiten Grinsen.

Du bist still. Normalerweise würdest du reden, brüllen, die Killer anfeuern...aber du sitzt einfach nur da. Ich will mit dir reden. Und ich bin so überrascht, dass du tatsächlich aufgetaucht bist...

Nun bin ich nicht sicher, was ich tun soll. Kyo...

Toshiyas Augen wurden bohrend, als ein kleiner Teil von Kyos pinker Zunge ausfuhr, um mit dem silbernern Ring in seiner Unterlippe zu spielen. Glänzendes Metall blitzte auf, wenn der Bildschirm flackerte und Kyos Profil und seinen kleinen Körper in einem weissen Schein ummantelte. Seine Brust bewegte sich mit seinen Atemzügen leicht auf und ab. Toshiyas Augen wanderten an Kyos mit Jeans bekleideten Beinen hinunter. Schwache Konturen von entspanntem, muskulösem Fleisch. Kleine, rote Füsse lugten unter den Hosen hervor, sie hingen nur ein paar wenige Zentimeter über dem Boden.

Nach dieser Nacht hast du dich verändert. Warum? Du warst schliesslich einverstanden...

Rosige Lippen pressten sich leicht zusammen, bevor sie sich wieder öffneten. Luft drang in den kleinen Mund und dann die Kehle runter.

Wir müssen reden...

Ausdrucksvolle Augen betrachteten den Bildschirm. Auf den jungenhaft runden Wangen erschienen Lachgrübchen, als der Arm irgendeines namenlosen Typen davonflog.

Wir waren so gute Freunde. Ich will das wegen so was nicht verlieren...

Und dann, völlige Dunkelheit.

"Toshiya?".

Toshiya lächelte in sich hinein.

Du hast eine so hohe, unschuldig-klingende Stimme. Kein Wunder versuchst du immer, böse auszusehn - wenn es nicht so wäre, würde dich beim ersten Treffen keiner ernst nehmen, ne?

"Aaa? Mochtest du ihn?".

Toshiyas Finger knipsten eine Lampe an, und Kyo blinzelte wegen der plötzlichen Helligkeit. Toshiya schaltete mit seinen zuverlässigen Fernbedienungen den DVD-Player und den Fernseher aus. Kyo nickte.

"Ja, jede Menge Besessenheit und Tod".

"Ich dachte mir schon, dass du ihn mögen wirst".

"Du nicht?".

"Naja...ja, doch. Duh", grinste Toshiya.

Kyo betrachtete ihn schweigend, bevor er einen Blick auf seine Uhr warf.

"Es ist...".

"Kyo, können wir reden? Es ist wichtig".

Der Blonde blickte ihn an. Sein Gesicht verspannte sich, doch er wollte sich nichts anmerken lassen.

"Ich weiss, also rede".

Toshiya seufzte.

"Kyo, ich komme gleich zum Punkt, okay? Bist du wütend auf mich?".

Kyo sah ihn einfach nur an.

"Nein. Du bist, was du bist".

Toshiya zuckte zusammen, gekränkt.

"Was soll das denn heissen?".

Kyos Augen blitzten auf.

"Kann ich dir nicht sagen - es würde zwischen uns eh nichts ändern".

Toshiya starrte ihn auf einmal zornig an, seine Geduld war am Ende.

"Was hat sich denn geändert? Kami, ich habe beinahe Angst, dich zu berühren, weil ich befürchte, du könntest mit mir dasselbe tun wie mit diesem Mikrophon. Warum zum Teufel hast du das Mikrophon zerschlagen?!".

"Es hat mich angepisst!".

Kyos Stimme klang barsch und laut. Er zog sich in sich selbst zurück, entschlossen, nicht mehr von sich preiszugeben, als er schon hatte.

Toshiya klammerte sich verzweifelt an das Kissen, auf dem er sass, frustriert.

"Gott, Kyo, das tust du immer! Du bringst mich dazu, mir Sorgen um dich zu machen. Du sorgst dafür, dass ich genau weiss, dass mit dir was nicht stimmt - und dann schliesst du mich einfach aus! Ist das ein verdammtes Spiel?".

Toshiya machte seiner Verärgerung Luft und fuchtelte dabei genervt mit seiner Hand herum.

"Oh nein, natürlich nicht! Das würdest du doch nie tun, und wenn du es tätest, würde niemals jemand darauf reinfallen oder deswegen hinter dir her sein, weil sie dir sowieso alle immer ihre Aufmerksamkeit schenken!".

Kyo starrte ihn mit grossen, weiten Augen an. Unfähig, sich zu bewegen. Sein Herz schlug mit jedem Wort schmerzerfüllt mit.

Toshiya krabbelte über die Couch und näherte sich ihm. Seine schönen Augen blickten tief in Kyos, seine Stimme leise und böse.

"In jener Nacht hast du es mehr gebraucht als ich, und ich wusste es . Ich wusste, dass du seit mindestens fünf Monaten keinen Sex mehr hattest, und ich wusste, du fühlst dich unbegehrt. Denn das bist du - unbegehrt. Verdammt, Kyo, ich habe jemanden gebraucht. Jemand, dem ich vertrauen kann, der mir etwas bedeutet, und da warst du der beste. Du würdest mir keinen Korb geben, und du tust nie etwas nur halbherzig. Ich dachte, es wäre ein gerechter Handel - du bekommst, was du brauchst, ich bekomme, was ich will. Ich habe das für mich getan - es war reiner Zufall, dass du auch was davon hattest, auch wenn du es nicht zugeben willst. Aber dann bist du bei der Probe ausgerastet, und ich habe angefangen, mich zu wundern...

Er stiess den geschockten Blonden auf den Rücken, drängte sich zwischen Kyos Beine und legte seine Hände auf den Stoff zu beiden Seiten von Kyos Kopf.

"Kyo, ich will, dass du glücklich bist. Aber du bist so verdammt schwierig. Du machst manchmal dich und alle anderen unglücklich, weiss du das? Erinnerst du dich an Sascha?".

Kyos Augen wurden noch grösser, seine Lippen öffneten sich, als er nach Luft schnappte. Er konnte kaum fassen, dass die Person über ihm Toshiya war.

Toshiya streichelte traurig Kyos Wange, mitfühlend.

"Sie war eine alte Freundin von Kaoru. Er bat sie, es mit dir zu versuchen. Und er liess sie schwören, eine Weile bei dir zu bleiben, dir eine Chance zu geben. Der einzige Grund, warum sie länger als eine Woche bei dir blieb, war, dass Kaoru sie später mit einem seiner Cousins verkuppelte. Darum verschwand sie nach diesen zwei Monaten auch so schnell, Kyo-chan".

"K...Kaoru...".

"Yep. Wir wollten sie alle dazu bringen, dich zu mögen, doch das tat sie nicht".

"Diese Nacht...".

"Ich brachte es genau so sehr wie du".

Leise, schwach. "Nein...".

"Doch, Kyo. Du wolltest es".

"Nein...".

Toshiya beugte sich runter und küsste ihm den Nacken runter, ganz langsam und sanft.

"Doch! Du hast dich nicht beschwert, als ich dich besinnungslos gevögelt habe. Also, warum jagst du mir solche Angst ein, wo ich dir doch geholfen habe?".

Kyo presste seine Augen zu. In seiner Brust machte sich ein solcher Schmerz breit, dass er kaum mehr atmen konnte. Er kämpfte dagegen an, doch unter seinen Lidern sammelten sich dennoch Tränen.

Sie wissen es alle, sie wissen es...

Toshiya küsste weiter. Wieder den Nacken rauf, während geschickte Finger die Knöpfe an Kyos Jeans aufmachten.

"Kämpfe nicht gegen mich an, Kyo, ich kenne dich in- und auswendig. Ich weiss, was du von mir denkst - und ich denke, es ist wahr. Aber ich weiss auch, was du bist. Und du bedeutest mir immer noch etwas. Uns allen. Ausserdem bist du so liebesbedürftig, dass du eh mitmachst, ne?

Denkst du, ich hätte deine Zuneigung zu mir nicht bemerkt? Diese sehnsüchtigen Blicke, die du mir manchmal zugeworfen hast - in der Bar, im Club, bei unseren Konzerten? Du nimmst an, ich hätte nicht gemerkt, wie du mich immer beschützen wolltest? Du denkst, ich hätte nicht erkannt, wie sehr du dominiert werden wolltest, wie du als das Stück Scheisse behandelt werden wolltest, das du bist? Du spielst den Sadisten, doch mich kannst du nicht täuschen - törichter Masochist. Wenn du mir als Freund nicht so viel bedeuten würdest, hätte ich meinen Spass mit dir schon viel früher gehabt, Kyo-chan".

Die Finger wanderten Kyos Shirt hinauf und zogen es bis zu seinem Nacken. Kyo drückte sich zurück in die Couch, wie um zu flüchten, kriegte aber einen beruhigenden Kuss auf die Lippen. Ein leises Wimmern drang entrang seiner Kehle, und er wendete sein Gesicht von Toshiyas ab. Heisse Tränen begannen seine Wangen hinunter zu strömen. Toshiya lächelte und leckte an einer der feuchten Spuren.

"Ich weiss, ich weiss. Dies ist das letzte Mal, Kyo. Für immer...".
 

Eine Hornisse und eine Fliege umwarben sich.

Die Hornisse erstach die Fliege.

[Motion 5 - Darkstar]

[© Clees; übersetzt von eurydike]
 

Toshiya stiess einen Seufzer aus und betrachtete seinen Grüntee, während er die runde Tasse in seinen Händen drehte.

"Und du hast ihn einfach dort gelassen?".

Toshiya nickte.

"Er sah aus wie ein verlorengegangenes Gepäckstück".

"Toshiya, du bist so egoistisch".

Der Bassist runzelte die Stirn und drehte weiterhin die Tasse in seinen Händen.

"Ja, aber wenigstens hab ich's ihm gesagt. Irgendjemand musste es ihm doch mal sagen, oder?!?".

"Aber nicht so. Ds hat er nicht verdient. Schon gar nicht von dir".

Toshiyas rotgeränderte Augen schossen auf und schauten böse.

"Wenigstens bedeutet mir Kyo genug, dass ich das durchziehe!".

Frustriert umklammerte er die friedliche Teetasse.

"Gott, er macht es so schwer. Er macht mich so wütend. Ich...ich denke, mein Temperament ist mit mir durchgegangen...".

Die Umklammerung entspannte sich, und sein Gesicht nahm einen leicht schuldbewussten Ausdruck an.

"Aber er verdient es. Mir solche Angst zu machen...".

"Was nun?".

Toshiya schüttelte den Kopf und zog die Nase hoch.

"Irgendwie hatte ich gehofft, du wüsstest das...".

"Keine Ahnung...".

"Na toll".

Toshiya rollte die Augen und nippte an seinem Tee. Plötzlich kam ihm ein Gedanke und er schauderte. Seine Stimme zitterte.

"Was ist, wenn er es nicht mehr in den Griff bekommt...?".

"Dann werden wir ihm helfen".

"Ich...ich fühle mich trotzdem schuldig. Ich weiss, es war gemein, aber...wenn dies jemanden glücklich macht...irgendwie...".

Toshiya seufzte und schaute zu der Person ihm gegenüber auf.

"Ich kann es nicht beschreiben. Ich mag es, wie er mich festhält. Sein Stöhnen. Seine Berührungen. Es ist so anders...".

Leicht verwundert schüttelte er den Kopf.

"Ist es das?".

"Ja. Weil ich ihm vertraue und er nicht einfach nur da ist, weil er nen Fick braucht, sondern weil ich ihm etwas bedeute. Die ganze Atmosphäre ist so anders".

Toshiya lächelte abwesend. Er spielte immer noch mit seiner Tasse.

Ein Seufzen.

"Ich wünschte, ich hätte sowas...hast du Angst davor, was nun passieren könnte?".

Die Frage kam behutsam, voller Besorgnis.

Toshiya nickte und schluckte. Dann zwang er sich zu einem Lächeln und versuchte, das Thema zu wechseln:

"Nun erzähl mal, wie war dein gestriges Shopping-Treffen mit deinem "Schwarm"?".
 

* * *
 

"Er ist nicht da".

Shinya spielte unbewusst mit den Spitzen seiner Haare und liess seine Blicke umherschweifen: Von Kaorus besorgtem Gesicht, zu Die, der seinen Arm um Toshiyas zitternde Schultern legte, und wieder zurück zu Kaoru.

"Du hast es ihm gesagt, oder, Die-kun?", fragte Shinya ernst, seine Augen fielen erneut auf den Rotschopf.

"Ja. Er sollte hier sein. Ihr kennt doch Kyo. Was könnte er schon anderes vor haben, als mit uns rumzuhängen?".

Die versuchte, zu witzeln, lachte jedoch nicht. Toshiya lehnte seinen Kopf an Dies Schulter und schaute düster zu Boden.

"Sollen wir ihn anrufen...?", fragte Kaoru und blickte in die Runde. Toshiya vermied es, seinem Blick zu begegnen und zog die Nase hoch. Die zuckte die Schultern. Sein Gesichtsausdruck machte klar, dass er auch keinen Rat wusste.

"Darf ich?".

"Klar...".

Kaoru beobachtete, wie Shinya aufstand und in sein Schlafzimmer ging. Er hob den Hörer und wählte. Während er dem Klingelzeichen lauschte, sassen die andern ruhig in Kaorus Wohnzimmer.

"Toshiya, daijoubu?".

Toshiya sah zu Die auf und nickte dann.

"Daijoubu, Kao. Nur etwas müde".

Der Geist eines Lächelns.

Kaoru seufzte. Er strich sich ein paar seiner violetten Haarsträhnen hinter die Ohren und betrachtete seine Freunde auf der gegenüberliegenden Couch.

"Hat einer von euch ne Ahnung, was in letzter Zeit mit Kyo los ist?".

Toshiya verbarg sein Gesicht an Dies Schulter und dieser zuckte nur die Schultern.

"Wer kann das bei ihm schon so genau sagen?".

Kaoru schüttelte leicht den Kopf.

"Dennoch...er war letzthin ziemlich komisch, und ich mache mir Sorgen. Aber er würde nur sauer werden, wenn ich ihn darauf anspräche, ne. Und heute Abend ist er nicht gekommen...ich denke, ich sollte ihn doch drauf ansprechen...".

"Ich denke, es ist alles in Ordnung, Kaoru. Ich bin sicher, er ist nur schlecht gelaunt. Oder er schläft".

Kaoru lächelte.

"Ja, das sähe ihm ähnlich...".
 

Shinya verstärkte den Druck auf das Telefonkabel zwischen seinen Fingern, als niemand abhob. Er hörte die leise Unterhaltung der anderen und konnte nicht anders - Verbitterung stieg in ihm auf.

Es ist ihnen egal. Aber das sollte es ihnen verdammt noch mal nicht sein...

Er tadelte sich innerlich selbst, doch er fühlte, wie sich seine Lippen vor Wut zusammenpressten.

Vielleicht war es der Stress, der ihm zu schaffen machte...oder vielleicht war es, weil er schon so lange nicht mehr geweint hatte, dass er sich nicht einmal mehr daran erinnern konnte.

Was auch immer der Grund war, er war entrüstet darüber, dass die anderen Kyos Abwesenheit auf die leichte Schulter nahmen.

Diese drei nehmen alles easy. Für sie ist das Leben ein einziger Spass, ein Traum!

Er legte auf und wählte die vertraute Nummer noch einmal.

Es sollte mir nicht so nahe gehen...aber, wenn sie nur gesehen hätten...

Shinya machte sich grosse Sorgen um ihren Sänger. Weil er eine so gute Beobachtungsgabe hatte, fiel es ihm leichter als den anderen, seltsames Verhalten zu erkennen.

Alle hatten Kyo schon vor Schmerz schreien gehört, sie alle hatten seine Stimme tränenerstickt zittern gehört, sie hatten ihn sogar kotzen gehört - aber ihn tatsächlich weinen gesehen hatte bisher nur Shinya. Toshiya und Kyo waren beide ziemlich offen was ihre Gefühle betraf, ganz anders als die meisten japanischen Männer, und Toshiya weinen zu sehen war nicht allzu überraschend.

Aber Kyo weinen zu sehen, und dann erst noch Offstage, im wirklichen Leben..

Shinya war durch die Hölle gegangen, um Die davor zu bewahren, in den Abgrund zu stürzen. Und der Gedanke, so etwas noch einmal durchmachen zu müssen, liess ihn erschaudern.

Sein Herz blieb stehen, als der Klingelton auf einmal unterbrochen wurde und ein Grunzen ertönte.

"Uhn?".

"Shinya desu. Moshi moshi".

"Oh, hey".

Shinya runzelte die Stirn.

Hab ich's mir doch gedacht, etwas stimmt nicht...

"Wir sind bei Kaoru und fragen uns, wo du bleibst. Hast du's vergessen?".

"Nein...".

Der grosse Drummer fühlte sich gekränkt.

"Hast du geschlafen?".

"Iie...".

"Warum kommst du dann nicht?".

"Bin beschäftigt".

Shinya hörte metallisches Klappern auf Porzellan.

"Kann ich zu dir kommen?".

"Ich dachte, du seist gern allein, Shinya. Solltest du nicht zuhause sein und alle ignorieren?".

"Das tust du doch schon - und zwar gut genug für uns beide".

"Werd ja nicht zickig, nur weil Die dir an die Kleider gegangen ist".

"Es geht nicht um Die".

"Ach nein?".

Leichte Verbitterung klang in diesen Worten mit.

Shinya blinzelte etwas verwirrt.

"Was?".

"Vergiss es...".

Abwesend. Wieder das Geräusch. Und ein leises Reiben.

"Verdiene ich das wirklich? Ich habe nur angerufen, weil ich mir Sorgen mache...".

"Mach dir keine Sorgen um mich, Shinya".

Kyo machte eine Pause und wieder ertönte das leise Klappern.

"Sag Kaoru und Die, dass es mir leid tut".

Shinya zögerte.

"Und Toshiya?".

Eine weitere, lange Pause.

"Er ist in mir drin - er weiss, wie ich fühle".

"Was soll...?".

"Bai Shin-kun. Wir sehen uns bei der Probe".

Klick.

Shinya blinzelte und legte den Hörer auf. Langsam ging er zurück ins Wohnzimmer.
 

Zwei ängstliche Augenpaare begrüssten ihn. Toshiyas Augen waren immer noch gesenkt und fixierten sich nun auf Shinyas besockte Füsse.

"Er kommt nicht".

"Irgendwelche Gründe?", fragte Kaoru, die Sorge stand ihm ins Gesicht geschrieben.

Shinyas Augen hatten bis dahin auf Toshiya geruht, doch nun schaute er Kaoru an, als er antwortete.

"Er sagte, er sei beschäftigt. Und er sagte auch, es tue ihm leid, zu Die und Kauro".

Toshiya zuckte zusammen. Die runzelte die Stirn und legte beruhigend die Arme um ihn. Kaoru guckte verwirrt, während Shinya nur ausdruckslos Toshiya betrachtete.

"Nur zu uns?".

"Er sagte, Toshiya sei in ihm drin, er würde seine Gefühle bereits kennen".

"Metaphorischer kleiner Partymuffel", seufzte Kaoru.

Toshiya blickte einfach nur schmerzerfüllt.

"Entschuldigt mich...".

Er erhob sich mit leiser Stimme. Dann ging er ins Badezimmer und schloss die Tür ab. Die drei Übriggebliebenen konnten problemlos sein leises Schluchzen hören.

Kaoru blickte zuerst zur Tür, dann zu den beiden anderen Bandmitgliedern. Für ein paar Augenblicke betrachtete er sie schweigend und ernst.

"Okay, irgendwer soll mir bitte sagen, was los ist. Offensichtlich wisst ihr alle etwas darüber und keiner erzählt es mir".

Shinya schüttelte nur den Kopf und ging zur Tür.

"Wo gehst du hin?".

Er blickte zurück, während er seine Stiefel anzog.

"Zu Kyo. Ich weiss auch nicht viel mehr als du, Kaoru".

Er schaute Die düster an. Dieser blickte voller Schmerz zurück, um Verzeihung flehend, doch Shinya schüttelte den Kopf und öffnete die Tür.

"Ich habe keine Ahnung, was los ist, doch ich lasse Kyo heute Nacht nicht allein. Gute Nacht, Kaoru, Die".

Damit ging er und schlug die Tür hinter sich zu.

Kaoru schaute Die an, er spürte die Spannung.

"Die...?".

Die fing seinen Blick auf und seufzte.

"Okay. Lass mich nur erst Totchi nach Hause bringen. Ich komme später wieder".
 

* * *
 

Die Lichter strahlen farbenfroh und hell und leuchteten im Dunkeln. Körper kreisten und prallten im Takt der Musik aneinander.

Kyo setzte sich auf einen Barhocker und stützte seine Ellbogen auf dem Tresen auf.

"Was darf's denn sein?".

"Purple Motherfucker".

Der Barkeeper nickte und machte sich an die Arbeit. Kyo bliess sich ein paar nervende, blonde Häärchen aus den Augen und sah sich um.

Dies war nicht die Art Club, in den er normalerweise mit Freunden gehen würde, aber für diese Nacht brauchte er etwas unverbindliches. Harter, düsterer Techno hämmerte laut, und interessante Leute bewegten sich zu seinem unerbittlichen Takt. Kyo spielte abwesend mit seinem Lippen-Piercing, während seine grossen Augen über den Boden wanderten. Ironischerweise glich dieser Ort dem konstruierten Club aus dem [KR]Cube-Video. In letzter Zeit war das Leben sowieso voller Ironie...

Er hob seine stark geschminkten Augen zurück zum Tresen und betrachtete die darauf tanzenden Farben. Unter all den Freaks in diesem Club würde er kaum als einer der bekannteren auffallen.

Früher an dem Abend hatten sich seine Arme und Hände seelenruhig mit beruhigend-vertrauten Dingen wie Bürsten und Sprayen beschäftigt - nun waren seine Haare auf diese ehemals einzigartige Art und Weise gestylt, die alltäglich geworden war. Sein gewöhnliches Gesicht war mit weiss, schwarz und rot übermalt. Sein beschämend kleiner Körper steckte in billigem, dünnem schwarzem Vinyl. Und seine Grösse wurde durch die 10-Centimeter-Absätze seiner oberschenkelhohen Stiefel, die er nur selten trug, positiv verändert. Und obwohl er Röcke nicht so gerne mochte, trug er einen geschlitzten Rock und darunter ganz kurze Shorts mit einem Strumpfband - er wollte sich heute nicht wie sich selbst fühlen. Seine Halsbänder waren so eng geschnürt, dass er sich atmen spüren konnte.

Kyo holte eine Zigarette raus und zündete sie an. Der Rauch stieg träge in die Luft, und ein grosser, violetter Drink wurde vor ihm hingestellt.

"Bitteschön".

Er nickte nur und nippte durch den Trinkhalm. Normalerweise wurde er beim Anblick von dermassen starkem Alkohol bleich vor Ekel, doch sein Gesicht war so ausdruckslos, als würde er Gras beim Wachsen zusehen. Warme Hände fuhren seinen Rücken hoch, als der Alkohol seinen Hals runterlief. Die Hände glitten über seine Schultern und seine Brust. Er leckte seine Lippen und stiess Rauch aus, völlig entnervt.
 

* * *

Shinya ging durch die Strassen. Seine Arme vor der Brust gekreuzt passierte er Nachtclub über Nachtclub. Das verräterische Klappern hatte ihm alles verraten, was er hatte wissen müssen. Seit seiner High-School-Zeit war für ihn das Geräusch von Make-up-Behältern auf einem Spülbecken ebenso natürlich wie das Geräusch von laufendem Wasser oder das Schreien eines Babys.

Das bedeutete, dass Kyo nicht in einem normalen Club sein würde. Weil Kaoru der einzige war, der auch offstage Make-up trug, gingen sie meistens zusammen in ihre Stammclubs, denn es was nicht nötig, dass sie sich was anderes suchten.

Während er die Namen der vorbeiziehenden Clubs in sich hineinmurmelte, wurde er langsam aber sicher unruhig. Zuerst hatte er geglaubt, er würde schnell einen Club finden, in den Kyo hätte gegangen sein können, doch mit dem verstreichenden Minuten verlor er immer mehr die Hoffung.

Moment, was ist das?

Shinya beschleunigte seine Schritte und wich dabei betrunkenen Päärchen aus, als er auf die leuchtenden Lichter zuhastete. Unter der Leuchttafel hielt er an, erleichtert, weil er den richtigen Ort gefunden hatte.

MELODIOUS TRASH
 

* * *
 

"Ich kann nicht so tief ins Detail gehen, wenn Toshiya nicht da ist...aber soviel kann ich dir sagen: Ich war eine Weile bei Shinya und habe etwas merkwürdiges bemerkt...".
 

* * *
 

Er half dem taumelnden Blondschopf, in die Toilette zu kommen. Würgen widerhallte im Raum. Er hielt den zitternden Rücken fest, während der Magen des Sängers sich erleichterte.

Als es ruhig wurde, lehnte er sich zurück und zog den Kleineren von der Toilettenschüssel weg. Er wischte Toilettenpapier - das einzige, was er auf die Schnelle finden konnte - über die Lippen des anderen.

Dunkle Augen öffneten sich wie benebelt, blutunterlaufen, aber dennoch voller Bewusstsein. Dünne Finger berührten den auffälligen Fleck; den kleinen, weissen Kreis auf Grün.

"Unser...unser alter Teppich. Ich dachte, Toshiya hätte ihn schon längst weggeworfen...".

Das kleine Gesicht drehte sich, blickte ihn an und dann wieder zurück auf das Relikt.

"Ich brauchte nen Teppich hier drin. Toshiya hat ihn mir vor langer Zeit gegeben...".

"Ich schulde dir immer noch was...für das Bleichmittel...".

"Spielt das noch eine Rolle? Ich hatte das Peroxid eh gestohlen...".

Ein Schaudern durchlief den Körper in seinen Armen.

"Sch...".

Schnell lehnte er das kleine Gesicht zurück über die Toilettenschüssel. Mehr Gallenflüssigkeit erkämpfte sich ihren Weg aus dem schwarz und rot verschmierten Mund...
 

* * *
 

"Nach einer Weile wurde es offensichtlich, weisst du? Ich denke, es wirkt nicht so, aber ich...na ja, ich beobachte Shinya ziemlich oft und manchmal fällt es mir auf. Dieses Beschützende, die Zuneigung, die Toleranz. Toshiya hat es auch bemerkt, und es stresst ihn ziemlich...".
 

* * *
 

Toshiya guckte sich ein dummes, koreanisches Drama an. Es zog sich in die Länge. Er lag auf der Couch; einen seiner Arme hatte er über seine Stirn gelegt, der andere lag auf seiner Brust.

Lustlos schaute er zu, wie sie ihren untreuen Geliebten schlug.

Kyo...

Es war nicht fair. Toshiya war derjenige gewesen, der dafür gesorgt hatte, dass Kyo Jobs bekam, als sie noch nicht berühmt waren. Er hatte dafür gesorgt, dass er richtig ass und nicht in komplettem Chaos lebte. Und er hatte dafür gesorgt, dass er immer lachte, und er hatte ihn vor denen beschützt, die Kyos Unwissen über seine eigene Schönheit und seine Reize nur ausnutzen wollten.

Aber seit die Band lukrativ geworden und Toshiya ausgezogen war, sah er seinen Freund nicht mehr so oft, wie er es einst getan hatte. Er nahm es anderen übel, wenn sie sich um Kyo kümmerten. Wenn jemand ihn auf eine Art und Weise liebte, auf die er ihn nie würde lieben können.

Toshiya kniff die Augen zu, liess die Hände auf die Couch gleiten und befühlte den Stoff. Es schien so lange her zu sein, seit er von Kyos Wärme gewärmt worden war, seit Kyo darauf gesessen hatte. So lange her, seit er Kyos Rücken an seiner Brust gespürt hatte und Kyos Gewicht in seinem Schoss, schweissüberströmt. Und doch erschien es ihm so nah, wie Kyos geschocktes Gesicht von Tränen und Kummer überströmt worden war - seine gepeinigten Schreie inmitten des Genusses.

Ein zweischneidiges Schwert...

Toshiya liebte Kyo nicht auf diese Weise, doch das musste noch lange nicht heissen, dass er sich bei ihm nicht Trost und Spass holen konnte, wenn er das wollte.

Spielte es eine Rolle, dass Kyo dachte, er sei in Toshiya verliebt, aber genau wusste, dass Toshiya in nicht liebte?

Der blauhaarige Bassist wusste, dass er Kyo danach Unrecht getan hatte. Warum also sollte er Kyo nicht dazu zwingen, die Wahrheit zu sehen, und damit den Druck von den anderen nehmen, wo er doch grad dabei war?

Auch wenn ihm dies die Freundschaft zu seinem ersten richtigen und engen Freund kostete...

Schluchzen.
 

* * *
 

"Moment, willst du mir damit sagen...?".

"Ja, ja...".

"Aber, was ist mit dir? Wo passt du in das Ganze rein?".

Die zuckte zusammen.

"Ich? Ich...ich bin einfach da. Ich habe mich in jemanden verknallt, der meine Gefühle nie erwidern wird...".

Kaoru schüttelte leicht ungläubig den Kopf.

"Wer wird deine Gefühle nie erwidern?".

"Shinya...".
 

* * *
 

"Uuuuugggghnnnnn...".

"Was hast du getrunken? Du riechst scheusslich...".

"Purpellmosafuka...".

"Gute Wahl. Diesen Drink würde nicht mal ich anfassen. Den meisten wird schlecht davon, ausser sie sind ihn sich gewöhnt. Ich hol dir ne Kopfwehtablette, leg dich zurück...".

"Shinya...?".

"Hm?".

Unverständliches Gemurmel.

"Zzzzzzzz...".

"Ich hoffe, du schläfst die ganze Nacht durch".
 

* * *
 

Langsam machte er die Augen auf und zuckte zusammen, als Licht in seine erweiterten Pupillen fiel. Schwach hob er seine Hand, um die Strahlen abzuwehren, vergeblich. Eine Welle von Übelkeit übermannte ihn und sein Magen krampfte sich zusammen. Er schluckte schwer und kämpfte gegen den Schwindel an. Neben ihm bewegte sich ein Körper und ein schreckliches Gefühl machte sich in ihm breit. Totchi...?

"Guten Morgen. Ich hatte gedacht, du würdest länger schlafen".

Shinyas mandelförmige Augen blinzelten ihm durch seine zerzausten, kastanienbraunen Fransen entgegen.

Kyo ächzte und sank zurück. Seinen Unterarm hatte er beschütztend über seine brennenden Augen gelegt.

"Hast du ne Knarre?".

"Keine Angst, du wirst das schon überleben. Aber nicht, ohne leiden zu müssen".

"Uugghhhnnnnn...".

"Ich hol dir was zu trinken. Beweg dich lieber nicht".

Shinya schlüpfte aus dem Bett und tapste leise zur Tür. Kyo spähte unter seinem Arm hervor - seine Neugierde hatte seine Abscheu vor der Helligkeit überwunden (und auch den Schmerz, der in seinem Kopf pochte). Seltsamerweise trug Shinya zum schlafen nur ein riesengrosses T-Shirt und normale Shorts.

Doch Kyo war zu müde und zu verkatert, um darüber nachzudenken; sein Arm legte sich wieder über die Augen.

Nackt. Er blinzelte, hob seinen Arm und betrachtete ihn. Keine Ärmel. Auch sonst konnte er nichts fühlen...!

Kyo errötete und tastete mit den Händen seinen Körper ab, in der Hoffnung, irgendeine Art von Kleidung daran zu finden. Als er merkte, dass er seine Shorts noch trug, entspannte er sich.

Nun lag er da, wie Shinya es ihm geraten hatte. Hoffentlich wusste der grosse Braunhaarige, wovon er sprach. Er nutzte die Zeit und versuchte, über das Pochen in seinem Kopf nachzudenken.

Ich kann mich kaum an letzte Nacht erinnern...ugh...

"Hier".

Etwas heisses und wohlriechendes wurde ihm unter die Nase gehalten. Kyo lugte unter seinem Arm hervor. Shinya stand über ihm und nahm die Tasse wieder weg, jetzt, wo Kyo auf ihn aufmerksam geworden war.

"Es wird deinen Magen beruhigen".

Kyo nickte und nahm behutsam die Tasse. Shinya musste ihm helfen, aufrecht zu sitzen, während er schwach an der Flüssigkeit nippte. Doch kaum hatte er zwei Schlucke getrunken, ächzte er wieder, liess sich zurückfallen und hielt Shinya die Tasse hin.

"Hey, wird dir immer so schlecht...?".¨

Shinya stellte die Tasse auf den Boden und krabbelte über Kyo. Dann legte er sich neben ihn und sah ihm mit einem amüsierten Lächeln beim Leiden zu.

"Nein. Du verträgst einfach nichts - und dann hast du auch noch sowas starkes getrunken. Ich bin überrascht, dass du dich nur fünfmal übergeben hast...".

Kyo schnitt ein Gesicht.

"Tut mir leid, dich zu enttäuschen...".

"Erinnerst du dich an letzte Nacht?".

"Wage...".

Shinya setzte sich im Schneidersitz hin, stützte die Ellenbogen auf seine Kne, legte das Kinn in seine Hände und schaute auf Kyo runter. Die Bettdecke kam nur bis zur Taille. Es war für ihn nichts neues, Kyos nackte Brust zu sehn. Meistens war jeder ausser Shinya beim Ende eines Konzerts oben ohne. Doch diese Situation war neu. Ohne das gleissende Bühnenlicht, den Schweiss, das Theaterblut und das Yoghurt war Kyos Brust nicht mehr, was sie mal war. Shinya liess seine Mandelaugen darüber gleiten - Sonnenlicht hob kleine Details hervor.

"Shinya...".

"Uhm?".

Shinyas Augen wanderten zu seinem Gesicht. Nur die Nasenspitze und die Lippen wurden von der Sonne beschienen.

"Wie bin ich hierher gekommen?".

"Ich hab dich hergebracht".

"Hab ich dich darum ge-...".

"Nein, du wolltest allein sein. Doch ich habe mir Sorgen gemacht und nach dir gesucht. Und habe dich gefunden".

Kyo schluckte und rutschte umher.

Shinya drehte leicht den Kopf.

"Du solltest schlafen. So geht's dir am schnellsten wieder besser".

Er stand auf und ging zur Tür.

"Shinya...".

Der Schlagzeuger drehte sich um und schaute zurück.

"Ja?".

Zwei dunkle Augen blickten ihn an.

"Damals...wenn du nicht an die Zeit gedacht hättest, wäre mein Haar während des Bleichens verbrannt und ausgefallen. Ich hab's dir bisher noch nie richtig gesagt - aber danke!".

Shinya lächelte und nickte.

"Ich hatte an dem Tag eh nichts besseres zu tun. Und überhaupt, ich konnte mir doch nicht entgehen lassen, wie Toshiya Friseur spielt - und es sogar überlebt, Hand an dich zu legen".

Kyo lachte und bedeckte seine Augen wieder.

"Au...lachen tut weh. Geh weg...".

Er lachte und kicherte.

Shinya lächelte breiter und nickte wie aus Gewohnheit.

"Tu, was du richtig gut kannst, und schlaf".

Nachdem er das leise "Hai" und danach ruhiges Atmen vernommen hatte, schloss er sanft die Tür.

Er seufzte in sich hinein und ging in die Küche, um sich etwas zu essen zu holen.
 

* * *
 

Die öffnete langsam seine Augen. Dunkelheit. Er bewegte sich und erstarrte dann mitten in einem Gähnen, als er einen Körper an seinem spürte. Seine Arme waren um ihn gelegt.

Ungeduldig wartete er, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, und betete, dass das, was er roch, nicht seine dunklen Ahnungen bestätigen würde.

Dann konnte er sehen.

Er zuckte zusammen und schloss die Augen. Er hätte sich erwürgen können.

Ich habe den gleichen verdammten Fehler gemacht...oh Scheisse...

[Motion 6 - Pariah]

So, schon wieder ein Teil übersetzt - irgendwie macht das richtig Spass...und so kann ich wenigstens die Zeit bei der Arbeit sinnvoll nutzen, wo ich grad nix sonst zu tun hab...

Bitte sagt mir, wenn ihr irgendwelche Schreibfehler entdeckt oder Übersetzungs-Tipps habt - ich bin für Anregungen immer offen... ^^
 

Danke fürs Lesen! ^.^
 

[© Clees; übersetzt von eurydike]
 

"Moshi moshi".

"Hey, ich bin's...".

"Oh, hey! Was gibt's?".

"Nicht allzu viel...ich wollte nur...können wir über diese eine Nacht reden?".

"Klar. Dann willst du's also wissen?".

"Ja...".

"Okay. Wir treffen uns im Café beim Outlet-Laden".

"Danke".

Klick.

Klick.
 

* * *
 

Sein Herz schlug wie wild. Um sie herum donnerte die Musik. Seine Augen waren geschlossen, seine Finger schlugen und zupften die Saiten, seine Innereien vibrierten mit der Musik. Das alles wurde von einer seltsamen Stimme begleitet. Der Stimme, die sie so einzigartig machte.

Und dann Stille.

Er rang etwas nach Luft und öffnete die Augen, um die anderen anzusehen.

Kaoru lächelte sein albern-glückliches Lachen. Die nästelte launisch an seiner Gitarre rum. Shinya guckte befriedigt und klopfte abwesend auf sein Schlagzeug. Und Kyo...

Kyo war weg...
 

Toshiya legte seinen Bass für einmal ganz vorsichtig in den Koffer, seine Finger verweilten auf der glatten Oberfläche. Er sah sein eigenes Spiegelbild darauf und betrachtete es eine Weile nachdenklich. Die Lippen eines Engels, dunkle, leidenschaftliche Augen, die Gesichtsform eines weiblichen Weltklassemodels und die Haare eines unschuldigen Schulkindes.

Er schloss die Augen und stiess angespannt Luft aus. Manchmal wünschte ich, ich wäre hässlich...

Toshiya drehte sich um und ging rüber zu Die.

"Die, wo ist Kyo hingegangen?".

Die warf Kaoru, der gerade ein paar Notenblätter mit Shinya durchging, einen Blick zu.

"Rauchen...wahrscheinlich...".

"Die...ich bin gleich wieder zurück, okay?".

Dieser nickte und streichelte beruhigend seinen Arm. Toshiya schenkte ihm ein Lächeln und streichelte seine Wange.

Dann drehte er sich schnell um und ging zur Tür. Er wollte vermeiden, dass irgendjemand den Gefühlswechsel auf seinem Gesicht sah - von vorgetäuschter Normalität zu tiefer Verzweiflung...
 

Er konnte es ganz klar riechen.

Rauch...

Toshiya trat hinaus und liess die schwere Metalltür hinter sich zufallen. Sein Herz blieb beinahe stehen, als er seinen Freund erblickte.

Kyo stand an der Wand, den Kopf zurück zurückgelehnt, die Finger führten eine Zigaretten an seine Lippen. Er inhalierte den Rauch und stiess das Grau durch seinen kleinen Mund aus, als er die Hand runternahm.

"Kyo...".

Kyo schaute ihn nicht an. Das Gesicht des Blonden starrte einfach nur in den Himmel hinauf.

Toshiya lehnte sich an die Wand auf der anderen Seite der Tür und grub mit tauben Fingern nach einer Zigarette. Er zündete sie unbeholfen an und nahm einen Zug. Das Nikotin beruhigte seine blank liegenden Nerven. Seine Augen schielten zum Himmel, und er versuchte, einen Anfang zu finden. Er hatte Angst. Er wusste nicht, wie Kyo auf ihn reagieren würde - und diese Unsicherkeit machte ihm Angst.

Dann fing er auf die einzige Weise an, die er kannte.

"Kyo-chan...ich will dich nicht verlieren...".

"Aha, nun bin ich es also wert, von dir verloren zu werden?".

Toshiya zuckte zusammen. Kyos Stimme klang bitter und angespannt.

"So meine ich es nicht".

Toshiyas Hand zitterte leicht, als er einen weiteren Zug nahm. Die Luft brannte in seinem Hals.

"Ich...ich will nur, dass du glücklich bist...".

Seine Stimme klang, als müsste er gleich losheulen, und er betete zu Kami, dass dies nicht geschah...

"Warum kennst du mich, Toshiya?".

"Weil ich immer alles für dich und mit dir habe tun wollen, seit wir uns kennengelernt haben. Du bist der erste und einzige dauerhafte Freund, den ich je hatte. Wir haben so vieles zusammen durchgemacht - Hunger, Erschöpfung, Trauer, Freude...

Ich habe immer mein bestes gegeben, dich glücklich zu machen. Ich wollte das viel zu sehr, um nicht zu wissen, wer du bist".

Toshiya faltete die Arme vor seiner Brust und lehnte den Kopf an die Wand.

Kyo seufzte und warf seine Zigarette zu Boden. Seine dunklen Augen sahen ihr nach.

"Ich dachte, ich könnte damit umgehen, wenn niemand anderes es wüsste...".

Toshiya biss sich auf die Lippe und verkrampfte sich.

"Nur ich. Kyo, du kannst uns nicht verlassen!".

Er machte eine Pause.

"Du kannst mich nicht verlassen".

Kyo schloss seine Augen und schüttelte den Kopf.

"Ich weiss".

Der Knoten in Toshiyas Hals wurde grösser. Kami, es ist so schwer...

"Wünschtest du dir, du könntest es?".

"Mehr als alles andere. Ich wünschte, ich könnte dich hassen. Ich wünschte, du würdest dich so fühlen, wie ich - derjenige sein, der so würdelos in der Falle sitzt. Weißt du, Toshiya, ich bin in dieser ersten Nacht gestorben, als ich dir das gewährte, was du wolltest...".

Kyos Stimme war dumpf und monoton.

Die Worte und die Stimme quälten Toshiyas Herz, Wunden wurden aufgerissen.

"Ich verdiene das. Aber ich musste dich damals haben. Ich musste das von dir verlangen...". Damit du es jemandem geben kannst, der darauf aufpasst...

Kyo schüttelte den Kopf und trat von der Wand weg. Er schaute Toshiya böse an. Doch Toshiyas sanftes Lächeln dämpfte seine Wut, und seine Augen blickten auf einmal voller Sorge.

"Ich wollte es von mir aus geben. Verdammt, Toshiya, warum?!?".

Toshiya trank sanft von seiner Zigarette und liess ihre Leiche dann auf den Asphalt fallen. Innerlich zitterte er wie Espenlaub. Ich hoffe, du wirst es später einmal verstehen können. Boku no Kyo...

"Weil...weil ich dich nicht so liebe. Und ich werde es auch nie". Aber ich wünschte, es wäre so. Ich wünschte, ich könnte, damit du glücklich wärst. Und ich dich immer beschützen könnte, weil du mir vertraust...

Toshiya ging zu Kyo und streckte seine Hand nach ihm aus. Er stand ganz nahe bei ihm und seine Finger strichen über Kyos blasse Wange. Der Sänger schauderte und gab sich der Berührung hin. Seine Augen schlossen sich, als er leicht seinen Kopf drehte, um an den schlanken Fingern, die ihn liebkosten, zu saugen und sie zu küssen. Toshiya sah ihm nur schweigend zu. Kyo öffnete die Augen und blickte zu ihm auf.

Seine Stimme war kaum mehr als ein Wispern.

"Bitte...".

Toshiya brach beinahe in Tränen aus, der Knoten in seinem Hals wurde immer enger. Doch er lächelte. Mein armer kleiner Masochist. Du zerbrichst für einen Kuss - und ich habe dich dazu gebracht. Hoffentlich verstehst du am Ende alles, bitte...

"Nein. Ich habe es dir damals schon gesagt - es war das letzte Mal".

Toshiyas Herz bracht entzwei, als er den Schmerz in Kyos grossen, braunen Augen sah. Kyo zog zitternd die Luft ein und seine Augen schlossen sich einen Moment, als er versuchte, sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. Toshiyas Finger glitten von Kyos Wange zu seinen Lippen und fuhren über die weiche Haut und die kleinen Metallstücke.

"Komm. Kaoru wird uns erwürgen, wenn wir nicht zurückkommen".

Toshiya nahm seine Hand weg und öffnete die Tür. Kyo biss sich auf die Lippe und nickte schwach.

"Ja...aber gib mir bitte noch einen Moment...".

Toshiya nickte.

"Bis nachher...".

Er liess den Blonden stehen und schloss seine Arme ganz fest um sich. Tränen verklärten seine Sicht, als er durch die Halle ging. Einem Zusammenbruch nahe rannte er in die Toilette. Dort beugte er sich über das Spülbecken - ausserstande, seine Tränen zurückzuhalten...
 

* * *
 

Ausgeheult - so fühlte er sich.

Er beobachtete, wie Shinya Kyo zurückhielt, als dieser gerade gehen wollte. Die beiden wechselten ein paar Worte, und Kyo liess sich auf die Couch fallen. Der Blonde sah zu, wie Shinya seine Sachen zusammenpackte. Als der Schlagzeuger zurückkam, stand Kyo auf, und die Beiden verliessen den Raum. Zusammen.

Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Toshiya drehte teilsnahmslos seinen Kopf.

"Daijoubu? Wie ist es gelaufen?".

Toshiyas leblose Augen betrachteten den leeren Türrahmen.

"Ich...ich habe ihn gehen lassen. Nun liegt es an Shinya. Und wenn er es nicht schafft, weiss ich auch nicht, was passieren wird. Ich glaube nicht, dass ich ihn würde retten können...".

"Toshiya...".

Der Name kam sanft und mitfühlend. Der Bassist wandte sich um und lehnte sich in die tröstende, warme Umarmung. Finger strichen über sein Haar.

Er vergrub sein Gesicht in der muskulösen Schulter.

"Ich vermisse ihn jetzt schon. Oh, Kami, ich glaube nicht, dass ich das überstehe...".

"Doch, das wirst du. Du kannst ihn nicht so einengen - und das weißt du".

Toshiya zog die Nase hoch und versuchte, Tränen zurückzuhalten. Er liess sich weiterhin umarmen und sanft wiegen. Seine leeren Augen starrten an die Wand.

Nichts, gar nichts mehr. Mein Kyo...ich bin so leer...

Aber ich will, dass du glücklich bist - auch wenn es mich umbringt. Auch wenn es das letzte Bisschen Zuneigung zerstört, das du noch für mich empfindest. Auch wenn es mich in Stücke reisst - ich liesse es geschehen, nur für dich. Und ich habe es bereits geschehen lassen, oh ja, das habe ich...

Die hielt Toshiya ganz fest an sich gedrückt, während dieser leise weinte.

Kaoru konnte sich das nicht mehr länger mitansehen und ging, ohne ein Wort zu sagen. Sein eigenes Herz lag verloren auf dem Boden...
 

* * *
 

Kaoru seufzte faul und schaute an die Decke. Er konnte keine neuen Wasserzeichen entdecken, rollte sich auf die Seite und legte eine Wange auf seine Hand. Seine Augen wanderten zu dem Fenster gegenüber seinem Bett und betrachteten die vorbeifligenden Vögel.

Die ganze Zeit über hatte ich keine Ahnung. Ich wusste nur, dass meine Gefühle für ihn seit der High-School immer stärker geworden sind. Nun habe ich solche Angst, von ihm zu hören, dass das alles ein Fehler war...

Der Augen des Violetthaarigen schauten auf die Nachttischuhr. Immer noch fast eine Stunde, bis er kommen würde. Kaorus Augen blickten wieder aus dem Fenster - in seinen Gedanken wurde der Raum immer dunkler, die Sonne war schon längst untergegangen und er war nicht allein...
 

~ ~ ~
 

Kaoru legte sanft eine Hand auf Dies und drückte sie. Die sah auf und lächelte nur mit seinen Lippen.

"Und ihr glaubt also, dass sie zusammen glücklich sein werden?".

Kaoru fragte dies voller Sorge und betrachtete seinen besten Freund mit grossem Mitgefühl.

Die seufzte leise. Kaorus ehrlicher Blick beruhigte ihn.

"Ja. Wenn du drüber nachdenkst, sind die beiden wirklich gut füreinander. Kyo wird zufrieden sein und sicher, und Shinya wird jemanden haben, um den er sich kümmern kann und zu dem er eine Verbindung herstellen kann. Kyo kann Shinya zehnmal glücklicher machen, als ich es je könnte".

Die schüttelte leicht den Kopf. Seine tiefen Augen wanderten zum gläsernen Tischchen.

"Es wird hart, aber irgendwann werde ich es überwinden, ne?".

Kaoru sah ihn sich genau an. Er wusste es besser. Ich könnte dich nie vergessen...

"Wir sind schon seit der High-School befreundet, ne?".

Die nickte und grinste.

"Ja, wir haben uns immer um unser Essensgeld "geprügelt"".

"Ja, deshalb bin ich nun wohl auch so dünn. Du hast immer gewonnen".

"Weil du ein Schwächling bist".

Kaoru runzelte die Stirn und unterdrückte ein Lachen.

"Mou, du bist nur so verdammt gross".

Die kicherte, ergriff die Hand, die auf seiner lang, und hob sie in Augenhöhe, um sie genauer zu betrachten.

"Schau dir das an", sagte er. Sein altes Grinsen zeigte sich wieder, als er fest Kaorus Handgelenk drückte, damit er die Hand nicht mehr aus eigener Kraft würde bewegen können. Dann liess Kaorus Hand in der Luft hin und her schlenkern.

"Ein dünnes, kleines Handgelenk. Kein Wunder, kommst du nicht gegen mich an. Guck nur wie diese Hand rumfuchtelt".

Er liess die Hand des Gitarristen noch ein paar Mal umherschlenkern, um das eben Gesagte noch zu unterstreichen.

Kaoru lachte und riss seine Hand zurück.

"Ich könnte da auch ein paar Dinge über deine knochigen Knie sagen...".

Die lächelte ihn unschuldig an, dann aber verschwand dieses Lächeln und ein ernster Ausdruck trat an seinen Platz, als er in die schmalen Augen seines Freundes blickte.

"Tut mir leid, dass wir dich aus alldem rausgehalten haben, Kaoru. Aber wir dachten, es sei besser, so wenig Leute wie möglich mit reinzuziehen".

Kaoru zuckte mit den Schultern.

"Erst war ich beleidigt, doch ich verstehe schon, warum ihr's getan habt. Ehrlich gesagt mache ich mir Sorgen darüber, wie du aus all dem rauskommen wirst".

"Allein, genauso, wie ich reingeschlittert bin".

Die seufzte ziemlich laut - diese Aussicht gefiel ihm nicht sonderlich. Die tiefen Augen blickten wieder auf den Beistelltisch, und Kaoru tätschelte Aufmerksamkeit heischend seine Schulter.

"Hey, du warst doch gar nie allein, baka. Aus irgendeinem Grund sind wir doch beste Freunde, oder?!?".

Kaoru lächelte ihn an. Die sah auf. Das Lächeln wirkte ansteckend und breitete sich nun auch auf seinem Gesicht aus.

"Ich bin etwas überrascht, dass du es nicht schräg findest, dass ich Shinya mag...naja, auf diese Art...".

Der Violetthaarige zuckte mit den Schultern.

"Es macht mir absolut nichts aus. Du bist Die, ne? Und überhaupt, es ist ja nicht so, dass sich noch keiner darüber gewundert hat".

"Echt? Tja, an deinen schlaffen Handgelenken scheint doch mehr dran zu sein, als ich dachte. Du bist bestimmt ein Uke, ne?".

Kaoru lachte und schlug nach Dies Arm. Die seinerseits packte ihn beim Handgelenk und zog ihn ganz nah an sich ran, so dass er Kaoru mit dessen eigenen Hand auf den Kopf schlagen konnte. Dies ging eine Weile so, bis beide lachend aufeinander am Boden lagen.

Kaoru schnappte unter Die kichernd nach Luft. Zum wohl tausendsten Mal hatte der Rotschopf ihn aufgrund seiner Grösse bezwungen. Er versuchte noch eine Weile, sich zu befreien, gab dann aber auf und lag nach Atem ringend da. Die grinste selbstgefällig.

"Schlappschwanz!".

"Wenigstens hab ich keinen menstruellen Zyklus in meinen Haaren".

"Oh, der war hässlich!".

Die lachte.

"Danke, ich geb mir Mühe. Geh runter, du tust mir weh. Nächstes Mal versohl ich dir den Hintern". Kaoru grinste.

"Das möchte ich sehen. Überdies find ich dich ziemlich bequem".

Die legte sich auf Kaoru. Er ignorierte das protestierende Grunzen und stützte seine Ellenbogen auf Kaorus Brust auf. Dann legte er das Kinn auf seine Hände und schaute wenig mitfühlend auf seinen zuckenden Freund runter.

"Au...verdammt...bist du knochig...".

"Sag das noch mal und ich setze mich mit meinen Knien auf dich drauf".

"Ich werde dich erwürgen!".

"Wer? Du? Mit deinen schlaffen Handgelenken?".

Die imitierte Kaorus Hände, und dieser konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Die betrachtete ihn und lachte ebenfalls. Zum ersten Mal seit langem war er glücklich.

"Danke Kaoru".

Kaoru blinzelte und lächelte ihn an.

"Wofür denn?".

"Dafür, dass du uns nicht verurteilst - dass du mich nicht verurteilst. Und dafür, dass du mich abgelenkt hast".

Kaoru versuchte, in eine etwas bequemere Stellung zu rutschen, und täschelte etwas unbeholfen Dies Ellenbogen.

"Dafür bin ich doch da".

Die musterte ihn - das Lächeln war verschwunden - und ging vom anderen Gitarristen runter. Eine Weile sass er einfach nur ruhig da, seine Augen fixierten den Boden, und dachte nach.

Kaoru setzte sich auf, sein Körper erleichtert, Dies Gewicht endlich los zu sein. Er betrachtete den vor sich hinbrütenden Rotschopf einen Moment und stiess ihn dann an.

"Die?".

Die drehte sich um und schaute ihn an. Dann umarmte er ihn. Kaoru blinzelte, war für ein paar Sekunden völlig verblüfft, schlang dann aber seinerseits die Arme um seinen Freund und drückte ihn an sich.

"Wirklich, danke", flüsterte Die, sein Gesicht schmiegte sich zwischen Kaorus Schulter und Nacken.

Kaoru lächelte sanft und hielt ihn voller Zuneigung fest.

"Kein Problem. Schliesslich kümmerst du dich auch um meinen Scheiss, ne? Denk nicht drüber nach".

Sein Herz schlug etwas schneller, als ihm eine Idee kam.

Sanft küsste er Dies Ohr.

Dies Augen schossen auf und er blinzelte verwirrt.

"Kaoru?".

Kaoru antwortete, indem er einfach nur etwas weiter unten an Dies Ohr weiterküsste. Der Rotschopf riss sich von ihm los und blickte ihn mit einer Mischung aus Verwirrung und Unsicherheit an.

"Kaoru, was tust du da?".

Kaoru lächelte ihn an und berührte ihn, seine Finger streichelten Dies Gesicht. Dieser starrte ihn einfach nur völlig verunsichert an, er wusste nicht, was er davon halten sollte.

"Es ist nichts weltbewegendes - Freunde sind Freunde. Du warst so einsam, und dass Shinya dich nicht will, ist hart, ne? Mit mir ist es sicherer als mit irgendeinem Fremden".

Die schluckte diese Anregung nur mit Mühe. Es hörte sich verlockend an - doch er wusste, er sollte es nicht tun. Er fühlte sich wie betrunken. Naja, wie hätte er sich sonst fühlen sollen, nachdem sein bester Freund gerade angeboten hatte, mit ihm Sex zu haben?

"Kaoru...fragst du mich wirklich, ob ich...?".

Kaoru grinste.

"Wonach schaut es denn aus? Hey, ich hab das noch nie getan, aber es könnte ganz interessant sein. Wir haben ein Konzert vor uns und dann ist da noch alles andere, wir sind mit unseren Nerven am Ende - und Sex ist das beste Mittel gegen Stress".

"Aber - bist du nicht...".

Kaoru rollte verzweifelt die Augen und grinste. Er klopfte mit seinem Fingerknöchel auf Dies Stirn.

"Das ist keine Wissenschaft, Einstein. Ja oder nein".

Die schaute ihn an, als ob er verrückt geworden sei, und dies bereitete Kaoru Sorgen. Doch ganz langsam änderte sich Dies Ausdruck...
 

~ ~ ~
 

Kaoru stöhnte.

DING DONG.

Der Lead-Gitarrist blinzelte und fand wieder zu sich selbst. Tageslicht sammelte sich neben ihm auf dem Bett und seine tätowierten Finger streichelten liebevoll den warmen Fleck.

DING DONG.

Kaoru setzte sich auf und ging zur Tür. Im Eingang stand ein Mann, jünger als er, mit leuchtend rotem Haar und tiefen Augen.

"Hey Die. Komm doch rein".
 

* * *
 

"Eh, nur nen Mo...AUA!!! Verdammter Flügel...".

Shinya wartete vor Tür und amüsierte sich über das laute Stampfen und das Geschrei von drinnen.

Nach einigen Kratzgeräuschen und gemurmelten Flüchen ging die Tür auf. Ein erröteter Kyo winkte ihn rein und Shinya setzte sich in Bewegung. Weit kam er nicht.

Der ganze Eingangsbereich war überstellt mit Kartonschachteln, Kleidern, Büchern, Bettwäsche und sonstigen Dingen. Shinya sah sich um. Seine Augenbrauen hoben sich.

"Hier lebst du?".

Kyo kratzte sich am Hinterkopf und blickte verteidigend.

"Hey, ist ja nicht mein Fehler, dass du's nicht gesehn hast, als es aufgeräumt war".

"Und wann war das? Vor ein paar Jahren?".

"Sehr witzig!".

Shinya lächelte in das kleine, entrüstete Gesicht.

"Fertig?!?".

Ein leicht schüchternes, sehr betretenes Lachen spielte um die Lippen des Sängers.

"Fast...ich hab irgendwie die Zeit vergessen. Gib mir nur ne Minute, okay?".

Kyo drehte sich um und kämpfte sich durch all die Sachen zu seinem Zimmer vor. Shinya räusperte sich. Der Blonde schaute zurück.

Shinya stand etwas hilflos herum, nicht ganz sicher, wo er sich wohl am besten hinstellen sollte...

"Oh, ehm, die Couch ist dort".

Shinya folgte Kyos Blicken und wurde ein paar Nuancen blasser.

"Ich lehne mich einfach gegen die Tür. Das ist sicherer".

"Ich lasse das durchgehn, weil ich spät dran bin. Das nächste Mal kriegst du was zu hören!".

Kyo drehte um und ging in einen Raum, von dem Shinya annahm, dass es das Schlafzimmer war.

Shinya sah sich neugierig um.

Toshiya hat es also ernst gemeint - er ist immer noch ein Messy. Gott, es ist so lange her, seit ich seine Wohnung zum letzten Mal gesehen habe. Ich kann mich nicht mal mehr daran erinnern, wie Dies Wohnung aussieht. Alles, was ich noch weiss, ist, dass Toshiya ein rotes Schlafzimmer hat. Ich verschliesse ich tatsächlich vor ihnen. Und ich hab's nicht mal bemerkt...

Als Shinya sich so umschaute, bemerkte er zu seiner Belustigung Gundam-Spielzeug, das überall herumlag, und Action-Figuren, Animé- und Horror-DVDs sowie eine Playstation 2 neben dem Fernseher.

Ist das Street Fighter Alpha 2?

"Sorry, dass du warten musstest".

Shinya blickte zurück und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.

Kyo hatte seine schmuddeligen Jeans und das löchrige T-Shirt gegen ein geknöpftes Hawaii-Shirt und eine enge Lederhose eingetauscht. Dazu hatte er sich seinen Mini-Cowboyhut - er war alt und alle wünschten, er hätte ihn längst weggeschmissen - und seine gelbe Sonnenbrille aufgesetzt und Lipgloss aufgetragen.

Der Blonde liess sich zu Boden plumpsen, zog seine Schuhe an und brabbelte vor sich hin, als würde Shinya ihn nicht fortwährend anstarren.

"Ich war ganz einfach total müde. Habe letzte Nacht nicht allzu viel Schlaf gekriegt und habe mich darum dran gemacht, all die Modelle zusammenzubauen, die ich letzten Frühling gekauft habe. Und verdammt noch mal, ich hab's doch tatsächlich geschafft, meinen Fuss irgendwie am Kopf festzukleben, und damit war ich eine Weile beschäftigt. Dann gingen all die verdammten Wecker los, die Kaoru gestellt hatte, und die musste ich auch noch finden. Das Biest hat sie absichtlich versteckt. Nur weil ich ein paar Mal verschlafen habe, gibt ihm das noch lange nicht das Recht, meine Wohnung zu verminen". Kyo rappelte sich auf und bürstete sich Staub von seinem Hinterteil. "Es ist wirklich gemein".

Shinya kicherte nur und stiess den Cowboyhut runter, wobei er die Sonnenbrille verschob.

"Ein paar Mal?".

"Du gehst mir auf die Nerven", entgegnete Kyo genervt und setzte den Hut wieder richtig hin.

"Warum trägst du den? Er ist hässlich".

Kyo blinzelte und schenkte ihm ein trauriges Lächeln.

"Nur weil er hässlich ist und einige Leute ihn nicht wollen, heisst das noch lange nicht, dass er nicht auch mal etwas Glück haben darf".

Shinya hörte auf zu lachen und studierte die dunklen Augen.

"Lass uns gehen. Ich habe reserviert".

"Reserviert? Ich dachte, wir gehen ins Pharoh".

Shinya lächelte und hob Kyos Mantel vom Boden auf. Er warf ihn ihm zu und Kyo fing ihn auf, immer noch leicht verwirrt. Shinya wandte sich um und ging raus. Kyo folgte ihm. Der Schlagzeuger wartete, bis Kyo die Tür verschlossen hatte, und führte ihn dann zu seinem Wagen.

"Shinya? Wo gehen wir denn dann hin?!".

"Überraschung".

Kyo blickte ihn einen Moment an und grinste dann.

"Du bist seltsam".

Shinya lächelte, seine Mandelaugen glänzten.

"Das hoffe ich doch".

Kyo machte es sich in seinem Sitz bequem und sah aus dem Fenster, während Shinya den Wagen startete.

[Motion 7 - Gossamer]

Dieses Kapitel war so schön zu übersetzen - besonders der Teil mit Toshiya! ^^

Weiterhin viel Spass beim Lesen - und bitte gebt mir Kommentare, ja! Davon leben wir "Schreiberlinge" doch alle... ^.^
 

* * * * *
 

[© Clees; übersetzt von eurydike]
 

Toshiya betrachtete ihn eingehend, seine Ohren tranken jedes seiner Worte.

"...und ich weiss, ich hätte es nicht tun sollen. Aber er war warm und...verdammt, nun suche ich nach Ausreden".

Toshiya nickte und nippte an seinem Kaffee.

"Es war nicht so einfach, das Angebot abzulehnen, wie du dachtest".

Die schluckte und rieb müde seine Stirn.

"Ich weiss, nun weiss ich es...".

"Was wirst du tun?".

"Tun? Hoffentlich nichts, was mein Leben noch komplizierter machen könnte".

Toshiya lächelte und schob Die den Teller mit den Keksen entgegen.

"Nimm einen".

Die sah auf und beäugte den Teller, bevor er Toshiya anblickte.

"Ich kann nicht. Du weißt, ich kann nicht. Es ist schon schwer genug, wenn ich nur den ganzen gesunden Mist esse".

Toshiya schüttelte den Kopf und schob noch einmal beharrlich am Teller.

"Etwas, was ich aus alledem gelernt habe, Die, ist, dass, wenn du dich schliesslich verloren hast, dir auf einmal alles in die Hände fällt".

Die betrachtete das für gewöhnlich so warme Gesicht, das ihn nun mit kühler Ausdruckslosigkeit musterte.

Toshiya stiess ihm den Teller noch einmal entgegen, und Die nahm sich ganz langsam einen Keks.

Toshiya lächelte.
 

* * *
 

Kyo blickte sich begeistert und sehr fasziniert um. Irgendwie, auf irgendeine Weise, hatte Shinya es geschafft, das einzige erstklassige Französische Restaurant der ganzen Stadt zu finden. Auf Shinyas Obskurität ist Verlass... Kyo grinste in sich hinein. Sie sassen in einem dieser mit einem Vorhang abgeschlossenen Privaträumen - mit einem üppig gedeckten Tisch und zwei Stühlen. So hatten sie ihre eigene kleine Welt innerhalb der Welt des überfeinen Restaurants.

Das Restaurant war nicht sehr voll; wenigstens sah es so aus. Kyo war sich sicher, dass jeder, der hier reinkommen wollte, entweder Beziehungen haben oder lange lange vorher reservieren musste.

Der Blonde sah rüber zu seinem Bandkollegen, der dabei war, die Speise- und Weinkarte zu studieren. Shinyas Mandelaugen bewegten sich beim Lesen hin und her und blinzelten ab und zu ganz unbewusst.

Kyo fühlte sich etwas seltsam in Shinyas Gegenwart. Verdammt, die anderen brachten ihn immer dazu, sich in Situationen wie dieser unwohl zu fühlen. An Orten wie diesem, um genauer zu sein. Und dass er mit einem der schönsten Männer seiner Band da war, machte es auch nicht viel besser, sondern verstärkte sein Gefühl von Unzulänglichkeit nur noch. Er fühlte sich wie eine dicke, blutsaugende Zecke umgeben von wunderschönen Schmetterlingen.

Abwesend spielte Kyos Zunge mit dem Ring in seiner Lippe, als er Shinya betrachtete. Der Schlagzeuger trug ein elegantes, cremefarbenes Shirt und eine enge, khakifarbene Hose. Die langen Haare trug er offen und wie immer perfekt gekämmt. Und - ganz anders als Kyo - er trug kein Make-up.

Er sieht so wirklich aus...

Kyos dunkle Augen betrachteten ihn immer noch eingehend, als Shinya aufsah und die Blicke bemerkte. Kyo biss sich auf die Lippen. Shinya lächelte andeutungsweise und kurz. Kyo blinzelte.

"Dir gefällt's hier".

Kyo zuckte die Schultern und versuchte, nicht über den nicht ganz ernst gemeinten Vorwurf zu lachen.

"Es ist schön. Shinya, warum sind wir hier?".

Shinya setzte sich zurück. Die Menukarte liess er offen auf dem Tisch liegen.

"Ich wollte es so. Ich wollte dich hier drin sehen".

Kyo blinzelte und errötete leicht, unbewusst und verlegen.

"Damit du was zu lachen hast?".

Shinya schüttelte den Kopf und grinste förmlich.

"Manchmal bist du am entspanntesten, wenn du so ganz und gar nicht in deinem Element bist".

Kyo runzelte die Stirn.

"Du willst mich entspannt sehn?".

Der Schlagzeuger nickte.

"Natürlich. Wie krieg ich sonst zu hören, was du zu sagen hast?".

Kyo betrachtete sein leeres, kristallenes Weinglas.

"Warum bist du so sehr darauf aus, mir näher zu kommen?".

"Jeder braucht ein Hobby".

Kyo schaute ihn mit grossen Augen an. Es herrschte Stille.

Dann lachte dermassen los, dass er beinahe vom Stuhl fiel. Shinya grinste und kicherte, als der Kellner reinkam. Dieser schien sich von dem lauten Persönlichkeitsausbruch zutiefst angegriffen zu fühlen und wartete, bis Kyos Kreischen und sein hohes Lachen verstummt waren, bevor er ihre Bestellungen aufnahm.
 

Nachdem sie den Hauptgang und den Wein (ein Spezi für Kyo) vor sich hatten, blieb Kyo nichts anderes übrig, als zuzusehn, wie Shinya selbstbewusst das Essen vor sich in Angriff nahm.

Kyo blickte auf seinen eigenen Teller und erinnerte sich daran, warum er so gut wie nie Gaijin-Essen bestellte - er wusste nie so ganz, was zum Teufel er da ass...

Er entschied, dass das grüne Zeug ganz okay aussah, stopfte sich etwas davon in den Mund und kaute. Shinya schaute ihm mit einem kleinen, amüsierten Grinsen zu. Kyo schluckte und streckte die Zunge raus. Shinya kicherte nur. Das leise Lachen begann, Kyo zu nerven. Und doch berührte ihn das Vertrauen, das Shinya ihm zeigte.

"Echt stilvoll".

"DU hast diesen Ort ausgesucht".

"Ja, hab ich. Übrigens, das ist Spargel. Tunke ihn in das gelbe Zeug".

Kyo schaute zurück auf seinen Teller.

"Gelbes Zeug?".

Shinya rutschte seinen Stuhl nach vorne und lehnte sich vorsichtig über den Tisch. Er benutzte seine eigenen Stäbchen, nahm sich damit etwas Spargel, tunkte ihn in das besagte gelbe Zeug und hielt es Kyos skeptischem Mund entgegen.

"Probier. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass du davon Durchfall kriegst".

Kyo schnitt ein Gesicht.

"Shinya, ich mache mir Sorgen um dich".

Dieser lächelte nur.

"Erinnern wir uns nicht daran, wer von uns vor ein paar Tagen aufgrund von verantwortungslosem Verhalten unter einem ganz fürchterlichen Kater litt".

Kyo murrte und gab auf. Ein schneller Tod war entschieden besser als ein langsamer. Er hielt Shinyas schlanke Hand immer noch in seinen beiden kleinen Händen und ass den Spargel von den Stäbchen. Als er bemerkte, dass Shinya ihn eingehender betrachtete, lehnte er sich zurück und kaute ziemlich nachdenklich vor sich hin.

"Nun?".

"Es ist okay...".

Shinya lächelte und ass nun wieder von seinem eigenen Teller. Sie redeten kaum, während sie assen, jeder in seine eigenen Gedanken versunken. Dementsprechend schnell waren sie fertig, doch keiner machte Anstalten, zu gehen. Shinya nippte gemächlich an seinem Wein und genoss es, einen gutgefüllten Magen zu haben. Kyo betrachtete ihn eine Weile, bevor er das angenehme Schweigen brach.

"Du bist schön angezogen".

"Du auch".

"Du weißt, was ich meine".

Shinyas Lippen zuckten.

"Es ist ein schönes Restaurant. Ein Essen hier kostet in etwa soviel, wie wir in einem Monat verdienen".

"Und wer bezahlt das?".

"Darüber sprechen wir später. Also, ich höre".

Kyo hob eine Augenbraue. Er wusste genau, worauf Shinya herauswollte, doch er versuchte, seine Wunden hinter selbst auferlegter Unwissenheit zu verbergen.

"Was? Könntest du ein bisschen genauer sein?".

"Ich möchte wissen, was dich zum weinen gebracht hat. Ich weiss, es geht irgendwie um Toshiya und/oder Die. Erzähl es mir".

Kyo nippte an seinem Spezi.

"Warum? Ich muss dir gar nichts erzählen".

Seine dunklen Augen blickten in Shinyas mandelförmige. Manchmal brachte Kyo es fertig, einfach geradeaus zu sein, ganz ohne Metaphern.

Shinya neigte leicht den Kopf und betrachtete Kyo mit einem seltsamen Ausdruck auf dem Gesicht. Das Einzige, was sich änderte, war der Ausdruck in Kyos Augen. Und gerade das war es, was ihm in Shinyas Augen eine völlig andere Erscheinung verlieh. Kyo setzte sich anders hin und legte seinen einen Fuss aufs Knie.

"Weil ich dich kennen möchte".

Kyo blinzelte, seine Augen weiteten sich. So sehr wurde sein kleiner Körper wie von einem elektrischen Schlag durchgerüttelt, dass er nicht einmal dazu kam, Überraschung zu empfinden. Meint er etwa...? Nein, unmöglich, ausser Toshiya hat es ihm erzählt...

Kyo zuckte zusammen und blickte runter auf den Tisch. Seine schlanken Finger ballten sich in seinem Schoss zu Fäusten. Ganz unbewusst biss er sich auf die Innenseite seiner Lippe. Wurde er paranoid oder was war wirklich in Shinyas Kopf vorgegangen, als er das gerade eben gesagt hatte.

Nach langem Schweigen regte sich Shinya.

"Kyo, ich werde dich nicht verletzen".

Kyo sah mit zusammengekniffenen Augen zu ihm auf.

"Sei nicht blöd".

Der Braunhaarige lehnte sich vor und legte seine Hand neben Kyos Teller. Kyo mustere sie, dann blickte er zurück in Shinyas Augen. Unlesbare, mandelförmige Augen starrten in seine, warmes Braun versank in Dunkelheit.

"Wenn ich dich hätte verletzten wollen, Baka, hätte ich dich wohl kaum aufgehalten".

Kyo warf ihm einen leeren Blick zu, dann lächelte er reumütig, wenn auch etwas schmerzhaft.

"Stimmt, stimmt...".

"Und überhaupt", fuhr Shinya sanft fort, als ob Kyo gar nichts gesagt hätte, "du schuldest mir etwas fürs Abendessen, meinst du nicht auch?".

Er lehnte sich zurück und blickte Kyo völlig ernst an.

Dieser lächelte und nickte.

"Hast ja recht. Ich denke, es spielt eh keine Rolle - ich brauche wirklich jemanden zum Reden...".

Er sah voller Wehmut auf seine Finger, die unbewusst mit der Stoffserviette in seinem Schoss spielten. Er sah zu Shinya auf, traurig, und doch gezwungen ruhig und optimistisch.

"Ich habe keine andere Wahl, als dir zu trauen, oder?".

Shinya nickte einfach nur. Er sah Kyo an, während dieser versuchte, die richtigen Worte zu finden. Er wollte den kleinen Blonden nicht hetzen. Nach ein paar langen Minuten öffnete sich Kyos Mund und seine Tenorstimme füllte die Stille...
 

* * *
 

Kaoru betrachtete sich im Spiegel. Manchmal verblüffe ich mich selbst...

Er fuhr mit einem Finger von seinem Scheitel bis runter zu seiner Wange, dann weiter über Kinn und Nacken.

Ich habe eine Begabung fürs Vortäuschen...
 

~ ~ ~
 

Die wrang nervös seine Hände. Kaoru lauschte seinem abwesenden Geplapper. Seine Augen fixierten die Hände des Gitarristen. Sinnloserweise machte er sich Sorgen, der andere würde sich seine Hände wund reiben.

"Kaoru!".

Kaorus Augen schossen auf und schauten in Dies grosse, hellbraune Lichter. So unergründliche Augen...

Wie aus einem Reflex heraus lächelte er.

Die seufzte.

"Du hast mir gar nicht mehr zugehört, stimmt's?".

Eine Spur seines alten Selbst war darin zu hören - gleichgültige Zuneigung.

Kaoru grinste.

"Sorry, aber du bist irgendwie vom Thema abgekommen. Ich habe dennoch verstanden. Warum? Ich dachte, wir hatten Spass, ne?".

Eigentlich hatte er verletzt klingen wollen, doch nun gab er seiner Stimme lediglich einen unbeschwerten Tonfall. Er streckte seine Hand aus und streichelte vertraut Dies Wange mit seinen magentarot lackierten Nägeln, als ob er ihn daran erinnern wollte.

Die seufzte wieder und wich zurück. Sanft umfasste er Kaorus Handgelenk und stiess es von sich weg.

"Kao...ja, hatten wir. Es war schön. Aber ich will unsere Freundschaft nicht kaputtmachen, verstehst du? Und ich will nicht...naja...".

"Ich weiss...". Gott, ich weiss...

Kaoru regte sich unbehaglich, versuchte jedoch, weiterzulächeln.

"Denkst du, ich will eine Beziehung mit einem Trottel wie dir? Spinnst du?", neckte Kaoru unbekümmert. Ich würde meine Seele dafür geben, dass du mich liebst...

Die lächelte erleichtert.

"Oh, wow...das ist gut. Ich hatte schon befürchtet, dass du genau das wolltest!".

Er lachte nervös.

"Natürlich nicht!". Du weißt nicht mal die Hälfte...

"Also...Toshiya und ich gehen heute Abend ins Kino und danach vielleicht noch auf nen Kaffee oder so. Kommst du mit?".

"Shit, ihr benehmt euch, als wärt ihr 30! Nein, auf keinen Fall".

"Weißt du, es dauert nur noch zwei Jahre...".

"Halt den Mund!!!".

Kaoru brachte ihn mit einem Kissen zum Schweigen, bevor Die ausreden konnte. Dieser lachte, stürzte sich auf ihn und riss das Kissen weg. Kaoru verlor das Gleichgewicht und fiel zu Boden, wobei er Die mitzog.

"Ufff...".

Kaoru grinste und sah zu, wie Die an seiner Brust lachte. Er strich ihm zärtlich ein paar seiner hellroten Strähnen aus dem Gesicht. Dies Lachen beruhigte sich und er schenkte Kaoru ein Lächeln.

"In dieser Nacht...ich hätte schwören können...".

"Hättest du wohl gern!".

Kaoru streckte die Zunge raus und stiess ihn weg.

"Geh runter, du erdrückst mich...".

Die kicherte und erhob sich, jedoch ohne Kaoru aufzuhelfen.

"Okay, dann isolier dich halt, ist uns doch egal. Ich werde dir was mitbringen...".

"Aber nur, wenn es zu nem Schwabbelbauch führt...".

"Death by Chocolate?".

"OoOoo...".

Die lachte von der Tür aus und schloss sie mit einem leisen Klicken.

Kaoru seufzte und legte den Kopf in die Hände.

Es geht mir gut. Ich wusste es. Ich wusste, dass nichts passieren würde. So blöd bin ich nicht...

Er schauderte und fühlte Feuchtigkeit auf seinem Gesicht.

Nur, warum tut es dann trotzdem so verdammt weh?
 

~ ~ ~
 

Kaoru verliess das Badezimmer und widmete sich wieder seinen Kompositionen.
 

* * *
 

Toshiya betrachtete die Sterne in der Dunkelheit, ihr Licht spiegelte sich leicht im Glanz seiner Brille. Er war heute zu faul gewesen, seine Linsen einzusetzen.

Die Holzbank war nicht sehr bequem, aber sie erfüllte ihren Zweck und deshalb machte es Toshiya nichts aus. Er war nicht so pflegebedürftig wie alle immer dachten. Er hatte seine Arme um seine dünne Brust geschlungen, um den Wind abzuhalten, und seine Beine hatte er von sich gestreckt, die Knöchel übereinandergeschlagen.

Es ist so ruhig...

Toshiyas Ohren erkannten die Geräusche von verschiedenen Käfern und anderem, was in der Nacht so zu hören war. Der Wind war nicht sonderlich kalt, doch die Kühle machte ihn dennoch frösteln.

Allein...

Das war etwas ganz neues für ihn. Er und Die hatten sich früher am Abend getrennt. Naja, oder später, wie auch immer man es sagen wollte. Es war jetzt 2 Uhr morgens und Toshiya ging es den Umständen entsprechend gut, er war nicht im geringsten müde. Zumindest nicht körperlich.

Manchmal hatten er und Kyo sich die Nächte um die Ohren geschlagen. Sie hatten von irgendwelchen Dächern rauf in die Sterne geguckt, waren für ein bisschen Nervenkitzel durch die Strassen in den sogenannt "gefährlichen" Stadtteilen gerannt oder sie hatten einfach aus dem grossen Fenster in Toshiyas alten Zimmer (oder seinem neuen) geschaut. Oder manchmal hatten er und Kaoru gegen Die und Kyo Pool gespielt und darüber gelacht, dass sie einander sowas von schlagen würden. Oder sie waren mit Shinya trinken gegangen, oder sie hatten sich irgendwelche Horrorstreifen angesehen, oder ihre Küchen in ein Chaos verwandelt, oder Strip-Poker gespielt, oder...oder...

Toshiya blinzelte zum Himmel hoch. Seine schönen Augen füllten sich mit Tränen.

Aber jetzt. Jetzt war Die zuhause und dachte darüber nach, dass er das Rummachen mit Kaoru nicht so sehr gemocht haben sollte . Jetzt sass Kaoru zuhause und träumte von Die, und das nicht nur freundschaftlich. Jetzt war Kyo irgendwo mit Shinya und tat Kami weiss was...

Toshiya lächelte schmerzerfüllt vor sich hin.

Sie werden schon sehen. Am Ende werden sie es verstehen. Kyo. Ich vermisse dein albernes, doofes Lachen. Deine schiefen Zähne.

Im Wind konnte er das Schrummen seines Basses hören. Er schloss die Augen. Sein Herz folgte und passte sich den Tönen in seinem Kopf an.

Ich werde meinen Kyo glücklich machen. Ich werde sie alle glücklich machen. Meine Freunde. Ich wünschte nur, ich wäre nicht allein...
 

Ein Körper plumpste neben ihn auf die Bank. Eine Stimme viel höher war als die von Kyo und mit einer bezaubernden Süsse sprach leise zu ihm.

"Kalt?".

Toshiya nickte. Seine Augen betrachteten immer noch die Sterne.

"Ein bisschen. Ich habe meine Jacke vergessen".

Ein schlanker Arm legte sich um seine Schulter und zog ihn an sich, während der Körper im gleichen Atemzug näher rutschte. Toshiya lehnte sich an den Körper und bettete seinen Kopf auf die muskulöse Schulter. Er schaute weiterhin hinauf in die Sterne und atmete tief. Warm. Wärme. Sein unterkühlter Körper fröstelte ein bisschen und fühlte, wie der Arm ihn beruhigend festhielt, eine warme, schwielige Hand auf seinem Bizeps.

Toshiya lauschte weiterhin der Nacht. Seiner Liste war ein neues Geräusch hinzugefügt worden: Herzschlag...

[Motion 8 - Chary]

Und weiter geht's... ^.^
 


 

[© Clees; übersetzt von eurydike]
 

"Ich kann nicht fassen, dass du das unterhaltend findest...".

"Ssshhhhh, ich will die Titelmelodie hören".

Dramatisches Seufzen.

"Jedes Mal?".

"Sei nicht so zickig!".

"Seh ich für dich aus wie ne Ziege?".

"Onna no ko wa isogi ashide, kimi wo oikoshiteiku...".

"Oh, bitte...".

Kyo hob den Zeigefinger und grinste.

"Otome gokoro, chotto, shirana sugiru, my boy!!!".

Shinya rollte die Augen und weigerte sich, zu lächeln. Kyo sang weiter mit und hüpfte dazu etwas im Takt. Der Schlagzeuger betrachtete ihn resigniert, dennoch war da Zuneigung in seinen Augen.

"Ich werde denjenigen, der dir dieses Tape gegeben hat, persönlich erwürgen".

"Hab's letzten Monat in Sendai gekauft".

Shinya schüttelte den Kopf.

"Ich wusste, ich hätte dich nicht allein gehen lassen sollen".

Nun war es an Kyo, die Augen zu rollen. Er stiess den Braunhaarigen in die Rippen.

"Ich tue, was ich will. Und überhaupt musst du gar nicht meinen, dass du mich mit so ner Diskussion davon abhalten kannst, das hier zu gucken. Also, sei still, ne?".

Der Blonde grinste ihn schelmisch an und setzte sich zurück. Seine dunklen Augen sahen zu, wie Idol Projects Palu-pu die Scheisse aus einem Roboter-Monster rausprügelte.

Shinya hielt den Mund und betrachtete Kyo - dieser war bei weitem spannender für ihn als dieses doofe Animé, bei dem es nur darum ging, ja viele Brüste zu zeigen. Der Sänger lächelte nur glücklich vor sich hin, während er den rumrennenden, animierten Mädchen zuschaute.

Für Shinya seinerseits kam es überraschend, dass Kyo sowas mochte. Natürlich tat es manchmal gut, sich von etwas hirnlosem einlullen zu lassen - doch das hier war zuviel. Er stiess Kyo an.

"Du findest das unterhaltend?".

"Shinyaaaaaa...", ein Seufzen. "Du verdirbst mir den Spass".

"Sei ehrlich".

"Mou!".

Shinya lachte über Kyos entrüstetes Gesicht.

"Warum hast du mich überhaupt darum gebeten, diesen Blödsinn mit dir zu gucken? Die würde das mögen".

Kyo schaute ihn eine Minute lang fest an, dann packte er ihn ganz unerwartet. Shinya verkrampfte sich und hoffte, Kyo würde nicht so roh mit ihm umgehen, wie er und die anderen es manchmal taten. Aber nein, zu seiner (überaus grossen) Erleichterung umarmte Kyo ihn lediglich.

"Weil du weich bist".

"Weich?". Shinya hob eine Augenbraue.

"Und rundlich...".

"Rundlich?!?".

"Ne, Shinya, du solltest dich über diese Animé-Mädels nicht so aufregen".

"Wie?".

Shinya war ziemlich verwirrt.

Kyo grinste böse, löste die Umarmung ein bisschen und kuschelte sich in Shinyas Schoss. Shinya errötete und stiess ihn weg.

"Baka Kyo".

Kyo lachte und blickte auf den Fernseher.

"Das ist echt scheisse".

Shinya antwortete nicht. Kyo seufzte und schaltete den Fernseher aus.

"Ich hoffte, es wäre lustig, weißt du? Das Konzert letzte Nacht...".

Shinya lehnte sich vor und neigte den Kopf. Kyo legte die Fernbedienung gewohnt nachlässig auf den Boden, seine dunklen Augen betrachteten immer noch den schwarzen Bildschirm. Shinyas Mandelaugen glitten über die weichen, blonden Strähnen, ihre Farbe wiederspiegelte sich in den Augen das Sängers und ihre Enden kitzelten die runden Wangen.

"Tut es immer noch so weh?".

Kyo nickte stumm und schloss die Augen.

"Dumm und schwach, huh?. Ich wünschte, nein, ich träume davon, dass er mich zerbricht. So wie in dieser Nacht. Ich denke, ich bin ziemlich kaputt, was?".

Kyo grinste voller Selbsthass vor sich hin.

Shinya rutschte näher und umfasste seine Schultern. Er zog ihn an sich und Kyo liess sich ohne Gegenwehr zwischen Shinyas Beine ziehen und legte sich auf seine Brust. Shinya legte seine Arme um Kyo und seine Wange auf den gelben Schopf.

"Du wusstest nie, wann genug ist".

"Willst du damit andeuten, ich solle nicht rauchen?".

"Keinen Themawechsel!".

Kyo seufzte, rutschte etwas umher und schloss seine Augen.

"Ich bin müde, Shinya. Nnnnh...du bist warm".

"Wenn er dich berührte, würdest du dich ihm wieder hingeben?".

"Shinya...".

"Antworte".

"Ist es so falsch, sich geliebt oder gebraucht fühlen zu wollen? Ich denke, ich würde es tun. Ja, ich bin ein verdammter Schwächlich, was soll ich sagen? Ich habe kein Rückgrat, ich bin ein rückgratloser Feigling. Das weißt du, Shin-kun...", murmelte Kyo in Shinyas Shirt, bereits im Halbschlaf.

Es überraschte den Schlagzeuger keineswegs, wie schnell Kyo von einem Stadium vollen Bewusstseins in eines von Bewusstlosigkeit abdriftete - der Blonde konnte mitten im Satz einschlafen, wenn er es denn wollte.

Shinya streichelte sanft und liebevoll das weiche Haar, während er Kyo dabei zuschaute, wie er in seinen Träumen versank. Er genoss es, einen anderen, atmenden Körper auf sich zu spüren, der ihn wärmte. Kyos Lippen waren geöffnet, als er im Schlaf atmete. Die Luft trocknete die Schmolllippen aus.

Seine langen Finger wanderten zärtlich über diese Lippen und er küsste ihn sanft auf das widerspenstige Haar. Überhaupt kein Feigling. Du bist einfach Kyo. Der unglaubliche Kyo...
 

* * *
 

Toshiya gähnte und streckte sich geniesserisch. Es war nicht die erste Nacht gewesen, die er auf der Bühne verbracht hatte, und ganz bestimmt auch nicht die letzte. Zum Glück war der Hausmeister hier nicht zimperlich - einmal hatten Kyo und er einer älteren Frau beinahe einen Herzanfall verpasst. Er grinste schläfrig, als er sich an den lustigen Vorfall erinnerte. Er selbst war vor unterdrücktem Lachen und Steifheit ganz hilflos gewesen, und Kyo hatte versucht, sie zu beruhigen. Doch das hatte die arme Obaasan nur noch mehr erschreckt - Kyo hatte immer noch getrocknetes Theaterblut sowie Eier- und Yoghurtreste auf seinem Gesicht und seinem Shirt gehabt, geschweige denn all seine Piercings, die freakigen Linsen und die blutunterlaufenen Augen, weil er die Linsen zum Schlafen nicht rausgenommen hatte. Kyo hatte ausgesehen wie eine Kreatur aus der Hölle in seinem alten Make-up und mit der blassen Haut...

Toshiya kicherte. Ein kleiner Teufelsbraten...

Danach hatte ein strenger Vortrag von Kaoru sichergestellt, dass sie nie mehr in ihren Kostümen auf der Bühne schliefen. Aber manchmal taten sie es trotzdem noch.

Nicht nur ich...

Seit jener Nacht war Kyo immer von Shinya umgeben gewesen, wie von einem unsichtbaren Schutzschild. Er redete nicht mit Toshiya, und obwohl ihn das vorher nie gestört hatte, ärgerte es ihn nun immens.

Shin-shin weiss nicht, warum. Ich weiss, er hat es irgendwie geschafft, es aus Kyo rauszukriegen, aber er weiss nicht, warum ich es getan habe...

Toshiya seufzte, rollte sich auf den Bauch und beäugte den Staub unter seiner Nase.

Lustlos fuhr er mit einem Finger durch Staubhügelchen, alte Konfetti, Glitter und anderes, was sich auf einer gut benutzten Bühne im Laufe der Jahre so alles ansammelt.

Eine Woche. Sieben Tage... Es war eine Woche her seit diesem Vorfall auf der Bank. Ja, in seinem Kopf war diese Nacht wie eine eigene Zeiteinheit. Stundenlang hatten sie einfach nur in der Morgendämmerung dagesessen. Sie hatten nicht mehr gesprochen als diese paar Worte, doch das hatte Toshiya bereits gereicht. Er konnte nicht genau sagen, warum, aber er hatte sich so sicher gefühlt, schweigend in den Armen eines anderen zu sein. Und zärtlich gegen die Kälte geschützt zu werden. Sein Herz erzitterte schon, wenn er nur an das süsse Gefühl dachte.

Es spielte keine Rolle, dass Toshiya nicht wusste, wer er gewesen war, oder?

Toshiya seufzte und gähnte. Er hatte den Rest seines Lebens Zeit, IHN zu finden und...

Naja, für das Danach hatte er noch keine Pläne gemacht.

Toshiya lächelte vor sich hin. Diese zuckersüsse Stimme, die ihn eingesponnen hatte in herrliches Nichts, ihn wie abgetrennt hatte von allem und ihm Zufriedenheit gegeben hatte, gehörte zu einem fast genau so süssen Gesicht. Sich die noch fast feminineren Züge als die seinen in Erinnerung zu rufen, den etwas abgehobenen, aber authentischen Stil, den langen Körper, zauberte ein so breites Grinsen auf sein Gesicht, dass man denken konnte, er hätte gerade etwas geschnüffelt.

Toshiya hievte sich auf und hob seine Tasche vom Boden. Während er sich von seinen Füssen zum Ausgang tragen liess, strich er sich ein paar seiner hoffnungslos unordentlichen Haarsträhnen hinter die Ohren. Er holte eine Sonnenbrille aus dem Rucksack und setzte sie auf. Die Helligkeit der Aussenwelt startete sofort ihren Angriff auf seine ans Dunkel gewöhnten und von den Kontaktlinsen ausgetrockneten Augen. Die Brillengläser waren gelb - sie gehörte Kyo. Er seufzte, als er zu seinem Wagen ging. Seine Bewegungen gingen in Gewohnheit über.

Sollte ich mich schuldig fühlen?

Einem Fremden in der Nacht verfallen und einen Freund fertigmachen - körperlich und geistig - WAR nicht dasselbe. Konnte man das überhaupt vergleichen? Wahrscheinlich nicht. Also, warum sollte er sich dann schuldig fühlen? Toshiya biss sich verbittert auf die Zunge.

Abgesehen davon passt Shinya jetzt auf ihn auf. Wenn ich mich ihm nur auf wenige Meter nähere, starrt Shinya mich an, als wäre ich der personifizierte Schwarze Tod. Er grinste düster vor sich hin. Vielleicht bin ich das...

"Ich sollte glücklich sein. Schliesslich funktioniert es", sagte Toshiya zu sich selbst, weil die Stille im Wagen ihn verrückt machte, während er fuhr. Normalerweise wäre Kyo da und würde ihn volllabern oder singen oder mit dem Radio rumspielen oder aus dem Fenster rausschreien oder mit seinen Füssen stampfen oder mit den Fingern trommeln oder...

"Ich sollte nicht mehr so denken".

Toshiya zog seine Augen zusammen, als wolle er damit das Rotlicht dazubringen, auf grün zu wechseln. Rote Ampeln sind sture, arrogante Bastarde. Aber Toshiya hielt stolz stand und starrte das Rot weiterhin an, bis es aufgab und dem Grün Platz machte. Mit einem selbstgefälligen Grinsen fuhr Toshiya los, er freute sich hämisch.

Wie immer wanderten seine Gedanken in Kreisen um seine beiden Freunde in Not, von vertrautem Gold zu einem ernsten Gesicht, doch irgendwie kehrten sie immer wieder zu diesem von schwarz umrahmten schönen Gesicht zurück. Toshiyas Haut war immer noch etwas angespannt von den Tränen und dem Elend der vergangenen Tage, aber sein Lächeln war schon wärmer, als er weiter nach Hause fuhr.
 

* * *
 

Leuchtend. Glänzend.

Will kotzen. All meine Innereien und Organe ausspuken. Ich frage mich, wie es wohl wäre, alle Stränge und Venen immer noch mit mir verbunden zu haben, doch sie würden aus meinem Mund herauskommen, so dass ich ihn offen halten müsste, während mich der Gestank zum würgen bringt. Wie würden sie reagieren, wenn ich alles so ausspuken würde? Würde mein Herz auf dem Tisch weiterschlagen? Ich würde meine Kehle packen. Fühlen, wie meine Lungen sich zusammenziehen und wieder ausdehnen, wenn die Luft durch die Luftröhre aus dem Mund ausströhmt. Würde alles in einem Wirrwarr daliegen oder würde ein organisiertes Chaos herrschen? Ich frage mich, ob alles in einem Haufen rauskommen würde oder genauso, wie es drin auch war, nur umgekehrt? Was, wenn eine Gebärmutter rauskommt? Das wär krass. Ob meine Innereien wohl weiss oder grau wären? Oder pink? Und meine Gallenblase, wäre sie immer noch grün? Und ich könnte sehen, wie mein Blut durch die Venen wandert. Alle Membrane geplatzt.

Kyo sass da und starrte auf den Tisch. Ganz viele unterhaltende Bilder entstanden vor seinem inneren Auge, während dieser Dandy in seinem teuren Anzug affektiert vor sich hinquasselte. Wage vernahm er Kaorus Stimme, dann Shinyas. Dann wieder die dieses verdammten Dandys! Kyo versuchte sie zu überhören, es kümmerte ihn nicht. Vielmehr konzentrierte er sich auf das Gefühl in seinem Hals, seiner Brust und seinem Magen, das ihn beinahe zum Erbrechen brachte. Dabei kamen ihm jede Menge unterhaltsame Ideen.
 

Shinya schaute so diskret wie möglich rüber zu Kyo. Er sieht blass aus...

Eine knochige Schulter stiess an seine und Shinya blickte Die an. Dieser lachte unter seinen wirren Haaren hervor. Shinya rollte schelmisch die Augen und wandte sich wieder Yahiko zu. Der junge Assistent ihrer Plattenfirma erklärte ihnen eifrig die Wünsche der Firma. Kaoru nickte geduldig und hörte aufmerksam zu. Kyo starrte auf den Tisch. Er versuchte nicht einmal, zu verbergen, wie sehr es ihm am Arsch vorbeiging, was ihnen dieser leitende "Arsch-Lecker" (wie sie die Leute von der Plattenfirma unter sich nannten) zu sagen hatte. Der kleine Sänger schien viel mehr Gefallen an dem metallischen Schein zu finden.

Ganz anders Toshiya. Dieser bemühte mit herzzerreissender Entschlossenheit, aufzupassen, doch sobald Die damit anfing, Yahiko zu synchronisieren, wenn dieser nicht hinschaute, war es um ihn geschehen. Der Bassist lächelte hinter seiner wohlgeformten Hand und wechselte verschwörerische Blicke mit Die. Dieser ging darauf ein und fing an, Gesichter zu schneiden und so viele seiner Bandkollegen wie möglich damit abzulenken. Shinya stand seinen Mann und ignorierte die beiden leise vor sich hinkichernden Männer total. Er konzentrierte sich auf Yahiko. Abgesehen von den Blicken, die er Kyo immer wieder zuwarf.

"Ich weiss, ihr alle wollt euch verwirklichen, und da ist auch absolut nichts falsches dran. Ehrlich gesagt ermuntern wir auch sogar dazu, bei dem Talent, das ihr alle habt. Wie auch immer, wir denken, dass es doch ganz gut wäre, auch noch andere Illustrationen als nur eure eigenen für das Cover der neuen Single durchzusehn - nur für den Fall dass uns dadurch eventuell noch andere Ideen kommen. Seht euch zum Beispiel das hier an...", Rascheln, "faszinierend, findet ihr nicht? Oder wie findet ihr das? Wir glauben es ist...".

"Ich glaube, Kopfschmerzen werden durch die oberen Hirnlappen hervorgerufen, die anschwellen und an den Schädel stossen".

Stille.

Unbehagliches Husten.

"Ja...uhm...".

Shinya wollte gerade den Mund öffnen, doch Toshiya kam ihm zuvor.

"Kyo-kun hat heute seine Erkältungsmedizin nicht genommen, gomennasai. Er ist eigentlich zu krank, um an dieser Sitzung teilzunehmen. Künstler, ne?".

Toshiyas schönes, kühles Lächeln zauberte sofort den Ekel und die Empörung von Yahikos Gesicht, als ob er Öl wäre, das langsam an die Wasseroberfläche steigt. Er lächelte und nickte.

"Natürlich".

Toshiya sprang auf.

"Ich kümmere mich um ihn. Mach dir keine Sorgen, Totchi".

Shinyas Stimme zerschnitt die Luft und brachte seine Bandkollegen dazu, ihn eingehend zu mustern. Toshiyas schöne Augen blinzelten und starrten überrascht in Shinyas Mandelaugen. Shinya stand da und die Beiden betrachteten einander, eine Spannung lag in der Luft.

Yahiko bemerkte davon nichts und begann damit, Fotos zu ordnen, die er ihnen zeigen wollte.

"Es ist wirklich kein Problem".

"Ich bin ihm näher, es ist nur vernünftig".

Toshiya zuckte zusammen, hielt den Atem an und liess sich auf seinen Sitz zurücksinken.

Shinyas Gesicht war immer noch eine ausdruckslose Maske, als er um den Tisch herumging und Kyo bei den Schultern nahm. Leise flüsterte er in das Ohr des Sängers.

"Komm".

Kyo stiess seinen Stuhl zurück und rammte damit unabsichtlich Shinyas Beine. Der Schlagzeuger reagierte nicht, doch innerlich zuckte er vor Schmerz zusammen. Der Blonde erhob sich und lächelte Shinya entschuldigend an. Dann verliessen die Beiden ruhig den Raum.

Der Braunhaarige führte Kyo vorsichtig zu einer Bank in der grossen, offenen Lobby. Er brachte den kleinen Sänger sanft aber bestimmt dazu, sich hinzusetzen, und ging vor ihm in die Hocke. Shinya spürte den stechenden Schmerz in seinen Knien kaum, viel zu sehr war er damit beschäftigt, besorgt das blasse Gesicht zu betrachten.

"Willst du etwas Wasser?".

Kyo schluckte und nickte. Seine dunklen Augen verschwanden hinter geäderten Augenlidern, während Shinya aufstand und zum Wasserspender ging. Kurze Zeit später war er schon wieder zurück und presste einen Becher an die vollen Lippen.

"Hier".

Kyos Augen öffneten sich, kleine Hände umschlossen Shinyas und übernahmen die Kontrolle. Matt schluckte er das Wasser, das seinen Rachen runterlief. Die Mandelaugen schauten einfach nur zu.

"Daijobu?".

Er strich ein paar Haarsträhnen aus Kyos Stirn und stellte den Becher auf die Bank, als Kyo seine Hand wieder freigab. Kyo nickte und leckte sich die Lippen.

"Aa. Ich hab nur ziemliche Kopfschmerzen und mir ist speiübel".

Sein Blick schwenkte zu der Empfangsdame, die immer wieder unauffällig aber besorgt zu ihnen rüberschaute.

"Aber mach dir keine Sorgen, ich glaube kaum, dass etwas hochkommen würde".

"Gut".

Shinya entlastete seine Knie und setzte sich neben Kyo. Er seufzte.

"Danke, dass du mir nen Grund gegeben hast, da rauszukommen".

Kyo versuchte erst gar nicht, zu lächeln, und doch fühlte er ein Lächeln in sich drin.

"Ich wusste doch, dass nicht mal du den Scheiss erträgst".

Shinya grinste ironisch.

"Auch ich habe meine Grenzen".

Der Schlagzeuger betrachtete ihn eingehend. Wie die kleinen Hände sich hoben, um die Haare hinter die Ohren zu streichen, und sich dann wieder auf die warmen Oberschenkel legten.

"Deine Hände zittern".

Kyo schaute auf seine Hände und gluckste.

"Vielleicht bin ich spitz?".

"Du hast weder gestern noch heute etwas gegessen, stimmt's?".

Kyo antwortete nicht, was eigentlich schon eine Antwort war.

Shinyas Lippen zogen sich frustriert zusammen.

"Idiot, kein Wunder, dass dein Magen und dein Kopf verrückt spielen. Du musst essen". Shinya stand auf und schaute ihn entschieden an.

"Komm!".

Kyo seufzte leise und erhob sich - gezwungen werden, etwas zu essen, war immer noch besser, als in diese Sitzung zurückzumüssen.

"Wohin gehen wir, oh Shin-sama?".

"Du bist hier der Missetäter, nicht ich. Wir gehen zu mir, damit ich sicherstellen kann, dass du einmal etwas gesundes isst".

Kyo verzog angeekelt das Gesicht.

"Du und dein Gesundheits-Zeug".

"Ich kann Diäten machen, wann und sooft ich will".

"Shinya...".

"Du kannst später meckern - und solltest du dich in meinem Auto übergeben, erwürge ich dich. Aber nicht, bevor ich dir nicht durch jede Körperöffnung Tofu eingeflösst habe".

"JEDE Körperöffnung?".

"Steig ein!".
 

* * *
 

Kauro lag auf seinem Bett, das Telefon unter sein Ohr geklemmt, krümmte leicht seinen Rücken und seufzte erleichtert auf, als sich die Verspannung löste.

"Du hast was getan?".

Die Stimme am anderen Ende seufzte.

"Verdammt, Kaoru, ich hab's dir doch eben erklärt! Was hast du gerade gemacht? Dich gedehnt?".

Kaoru grinste schuldig, entspannte sich und legte sich seinen tätowierten Arm auf die Stirn.

"Nein".

"Lügner. Immer, wenn ich was wichtiges zu sagen habe, ...".

"Was hast du gesagt?".

Kaoru grinste, als er Dies leise Verwünschungen hörte.

"Ich sagte, dass ich die anderen zu einer "Band Night" überredet habe. Wir gehen und sehen uns ne Indie-Show an, so wie damals, als wir noch richtig scheisse waren".

"Du meinst, bevor sie angefangen haben, uns dafür zu bezahlen, dass wir scheisse sind?".

"Genau".

Kaoru lachte.

"Wo treffen wir uns denn? Beim Konzertlokal oder so?".

"Uh-huh...naja, um ehrlich zu sein, Kyo wird mich mitnehmen, weil mein Auto in der Reparatur ist. Irgendein Punk hat eine Kerze unter meine Motorhaube gelegt...".

"Armer Die".

"Und du wirst Toshiya abholen, weil der keinen Wagen hat".

"Oh".

"Wie sehr magst du mich jetzt?".

"Bastard".

Die lachte und Kaoru konnte das Megawatt-Lachen in der ihm so vertrauten Stimme hören.

"Ich habe nur darüber nachgedacht, wie seltsam in letzter Zeit alles war. Und ich möchte versuchen, uns wieder zusammenzuschweissen oder so, weißt du. Es ist alles so komisch. Ich hoffe wirklich, dass wir dadurch darüber hinwegkommen".

"Ja, Ich weiss, was du meinst. Besonders Shinya und Toshiya".

Kauro legte seinen Kopf schräg. Seine Adleraugen schauten den Vögeln nach, die aussen an seinem Fenster vorbeiflogen.

"Ich denke, Kyo hat realisiert, wie sehr es Toshiya leid tut. Er hat ihm vergeben, irgendwie. Aber trotzdem, der Kleine macht mir Sorgen".

"Ja, mir auch".

"Shinya ist im Moment gar nicht gut auf Toshiya zu sprechen, und du weißt, wie das enden wird".

"Uh-huh. Gar nicht. Shinya versucht, sich zwischen Toshiya und alle anderen zu drängen und das macht es nur noch angespannter".

Kaoru schwieg einen Moment.

"Die, bereust du es, dass wir rumgemacht haben?".

"Ehm...wo kommt das jetzt her?".

"Kam mir nur grad so in den Sinn. Gibst du mir ne Antwort?".

Die Stimme klang etwas ängstlich und verwirrt.

"Kaoru, ich dachte, ich habe gesagt, es war nicht...".

"Ist es auch nicht, vergiss es. Hey, wirst einen dieser abscheulichen Hüte tragen, die wir immer hatten? Ich glaube, ich habe den Federhut aus "Garden" immer noch".

Die kicherte.

"Besser nicht".

Kaoru rutschte etwas umher, sah hinauf an die Decke und legte ein Handgelenk auf seine Stirn.

"Kaum zu fassen, dass ich noch gar nicht gefragt hab, wer denn überhaupt spielt".

"Irgendwas mit "Tree". Ich hab schon von einigen Leuten gehört, dass die richtig gut sein sollen".

Kaoru lächelte. Erinnerungen überkamen ihn.

"Mann, ich merke erst jetzt, wie sehr ich es vermisse, wie totale Loser in den Underground-Lokalen rumzuhängen. Wir hatten immer soviel Spass".

"Ja, wirklich".

Die grinste wehmütig - Kaoru konnte es hören.

Eine lange Stille herrschte, während der die beiden es einfach nur genossen, einander atmen zu hören. Bilder von vergangenen Tagen zogen an ihrem inneren Auge vorbei.

Auf einmal ertönte Dies Türklingel und riss Kaoru in die Wirklichkeit zurück. Wahrscheinlich ging es Die genauso.

"Wer besucht dich denn?".

"Nur eine Freundin. Ich muss Schluss machen. Wir sehen uns beim Konzert!".

"Die...". Die Leitung war tot. Kaoru seufzte und hängte auf. Er versuchte, nicht an die hohe, süsse Mädchenstimme zu denken, die an sein Ohr gedrungen war, bevor Die aufgelegt hatte...

[Motion 9 - Substantiator]

Sorry, dass es dieses Mal etwas länger gedauert hat - aber ich muss halt manchmal auch noch arbeiten... ^^
 

Als ich vorhin die letzten paar Absätze dieses Teils übersetzt hab, lief es mir kalt den Rücken runter - ich liebe diese Geschichte einfach... ^.^
 


 

[© Clees; übersetzt von eurydike]
 

"Heeeeyy!!!".

"Hey, verdammt, wie geht's dir?".

Die grinste.

"Sugoi. Und ich fass es nicht".

Kyo schmunzelte.

"Ich wollte zu meinen Wurzeln zurückkehren".

"In der Tat".

Die beäugte den kleingewachsenen Blonden, der mit einem ziemlich albernen Gesichtsausdruck zu ihm aufschaute.

"Du hast dasselbe getan".

Kyo trug einen seiner alten, aufgeschlitzten Kimonos. Oben bei den Schultern ging er weit auseinander und setzte einen guten Teil seiner Brust der Nachtluft aus. Seine Haare hatte er mit diesem Blätter-Gebilde hochgesteckt, nur waren sie jetzt blond und kürzer. Sein Make-up trug er wie zu ihren Anfängen, feminin, mit einem glänzenden blauen Diamant-Aufkleber auf der Stirn. Oberschenkelhohe Vinyl-Stiefel, die er seit jener Nacht, wo er sich so betrunken hatte, nicht mehr getragen hatte, schmiegten sich an seine Beine. Er sah aus, als wäre er soeben dem "Ash"-Video entstiegen, nur waren die Nägel jetzt kurz und schwarz.

"Ich wette, wir sind die einzigen. Ich habe vorhin noch zu Kaoru gesagt, dass ich mich nicht aufstylen würde, aber denn konnte ich es doch nicht lassen".

Die trug auch eines seiner alten Outfits. Die geglätteten Haare und das starke Make-up waren gleich, wie auch der schwarze, knielange Mantel mit den Schlitzen an den Seiten. Um der zu erwartenden Hitze in der Konzerthalle Rechnung zu tragen, trug er den Mantel halb offen und zeigte ebenfalls Brust. Auch er trug schenkelhohe Vinyl-Stiefel. Das Einzige, was die Rückblende störte, waren seine kurzen Haare.

Es war wirklich wie zu "Garden"-Zeiten.

"Hoffentlich nicht", antwortete Kyo und schnitt ein Gesicht. "Ich hasse es, bei Sentimentalitäten erwischt zu werden. Ich war auch dabei, mich fertig zu machen, und habe gedacht ,Warum nicht? Wofür kann ich das Zeug sonst noch brauchen?'".

"Wenigstens singst du jetzt besser als damals".

"Ich frage mich, ob die Pubertät dein Gitarrenspiel verbessert hat".

Die lachte über die Beleidung, während Kyo lediglich die Augen rollte und den Kopf in Richtung Treppe wandte.

"Gehen wir".

"Hai hai".

Immer noch grinsend schloss Die seine Wohnung ab und folgte dem kleineren Goth zu seinem Wagen. Sie merkten gar nicht mehr, wie man sie anstarrte, als sie, gutgelaunt miteinander plaudernd, über die Strasse gingen.
 

* * *
 

Kaoru warf einen Blick auf Toshiya, der verträumt aus dem Fenster schaute.

"So schön...ich hoffe, der heutige Abend wird gut".

"Klar wird er das, Toshiya".

Toshiya seufzte.

"Ja, du hast recht".

Das schöne Gesicht wurde härter, seine Stimme klang bestimmt.

"Wir WERDEN Spass haben, verdammt!".

"Und zwar GEMEINSAM".

Toshiya blickte rüber zu Kaoru und grinste.

"Genau".

Der violetthaarige Mann lächelte in sich hinein, während er fuhr.

"Du hast dich ganz schön rausgeputzt. Nun fühl ich mich wie ein Penner".

Toshiya sah an sich runter.

"Rausgeputzt?".

Eine glänzende, enge, auf der Hüfte sitzende Lederhose, ein Rüschenshirt mit weggerissenen Ärmeln und schwarze Stiefel. Und dazu, wie üblich, Armbänder.

Kaoru nickte. Er hatte (blöderweise) angenommen, dass die andern auch völlig casual kommen würden. Also trug er seine enge Lieblinsschlagjeans und ein einfaches, schwarzes Shirt mit Knöpfen. Er hatte sein normales Make-up aufgelegt und trug denselben Schmuck, den er jeden Tag trug.

Toshiya lächelte.

"Irgendwie schon, ne? Ich gehe einfach nicht gern in solche Lokale, wenn ich nicht aufgestylt bin. Da fühl ich mich unwohl".

"Tja, hoffentlich sind die andern nicht so aufgedonnert".

Toshiya lachte.

"Wer? Gomen, Kaoru, aber in unserer Band gibt's nur Pfaue!".

Kaoru nickte nachdenklich und seufzte dann.

"Stimmt. Uh, nun fühl ich mich echt doof".

Der Bassist klopfte ihm beruhigend auf die Schulter.

"Ich bin sicher, Kyo kann was mit deinen Haaren machen, sobald wir da sind".

"Nah, da kann ich ja gleich als Vogelscheuche gehn".

Toshiya zuckte die Schultern.

"Wie du meinst".

Schweigend fuhren sie weiter.

"Hey, Toshiya?".

"Uhm?".

Die Augen des Blauhaarigen schwenkten von Fenster zurück zu seinem Bandkollegen.

"Weißt du, wer Dies Freundin ist?".
 

* * *
 

"Oh mein Gott...".

Gekicher.

"Ich glaub's nicht, dass er immer noch da reinpasst".

"Eigentlich hätte er doch etwas wachsen sollen, oder?!".

"Nun bist du aber gemein".

"Zum Teufel, ja! Ich wünschte, ich könnte solche Kimonos tragen".

"Hehehehehe".

"Die hat schöne Beine".

"Ich weiss. Ich wünschte, ich könnte sowas kurzes tragen".

"Weißt du, Kaoru, vielleicht solltest du einmal in deinem Leben nicht so verklemmt sein".

"Kühnheit überlasse ich dir und Die. Ich fühle mich halt gern angezogen".

"Shin-Shin, Kyo und du seid echt nicht lustig. Aber wenigstens trägt Kyo heute was besonderes".

"Ich kann's kaum erwarten, zu sehen, was Shinya trägt".

"Wah, sie sind solche Idioten!".

"Ich kann's echt nicht fassen, dass sie sich so aufgestylt haben. Nein, warte, ich kann's doch fassen".

"Gockel".

"Hehehehehe".

Kaoru und Toshiya standen am Rande der Menschenmenge, neben der Bar. Letztendlich hatten sie entschieden, sich alle in einer Bar ein paar Strassen vom Konzertlokal entfernt zu treffen, so dass sie dann gemeinsam hingehen konnten. Die beiden beobachteten ihre Bandkollegen, die vor ihnen da gewesen waren und nun an einem Tisch in der Ecke sassen. Die beiden unwissenden Musiker redeten und lachten, sie bemerkten ihre vor sich hinkichernden Freunde nicht.

Die zwei grinsten einander an, nahmen ihre Getränke und gingen rüber. Kyos kräftige Stimme und Dies leiseres Gemurmel wurden deutlicher, als sie näher kamen. Kyo hatte sich über den Tisch gelehnt und lachte so sehr, dass ihm beinahe die Tränen kamen. Die grinste und lachte ebenfalls, zufrieden, dass Kyo seinen Witz mochte.

Die hob eine Augenbraue, als Kyo auf einmal aufhörte. Sein Blick war auf etwas hinter Die gerichtet. Kyo setzte sich selbstbewusst auf und zog seinen Kimono wieder so hin, wie er sein musste. Die wollte gerade nachfragen, als eine warme Hand sich auf seine Schulter legte.

"Ladies, sind hier noch Plätze frei?".

Kyo blickte finster, doch Die lachte nur.

"Keine Ahnung. Lass mich erst mal deinen Arsch auschecken".

Kaoru schüttelte den Kopf und liess sich auf den Stuhl neben Die fallen.

"Eins sag ich dir, irgendwann wird das ganze Testosteron deinen Kopf zum Explodieren bringen".

"Und das soll schlecht sein?".

"Ne ne, Die, nur nicht ladylike!".

Toshiya lächelte und setzte sich neben Kyo, der ihn für einen Moment anstarrte, bevor seine dunklen Augen wieder auf den Tisch fielen.

"Wenn wir gerade von Ladies reden, wo ist Shinya-chan?".

Kyo sah ganz plötzlich auf und warf Toshiya einen undeutbaren Blick zu.

"Nennst du Shinya eine Lady?".

Toshiya blinzelte wegen Kyos agressivem Ton.

"Es war ein Witz, Kyo".

Die versuchte, das seltsame Schweigen zu brechen, bevor es überhaupt angefangen hatte.

"Okay, nachdem Kyo so richtig grantig war, können wir zu Phase 2 dieses Abends übergehen, ne? Weiss irgendwer Shinyas Handy-Nummer?".

"Neee".

"Uh-huh".

"Ja".

Alle drei sahen Kyo mit hochgezogenen Augenbrauen an. Kyo schien dies nicht zu bemerken, während er seine kleine Tasche durchwühlte und sein Handy rauszog. Die anderen glotzten nur dumm, als er wählte und wartete. Er stützte seine Ellenbogen auf dem Tisch auf und kratzte sich die Nase. Toshiya schaute verbissen weg und exte sein Bier. Die betrachtete Toshiya besorgt, während Kaoru leise seufzte und sich in seinem Stuhl zurücklehnte.
 

* * *
 

Shinya zog sein vibrierendes Handy aus der Tasche und warf einen irritierten Blick darauf. Wer...? Er schaute auf den Display und lächelte auf einmal. Er...

"Konban wa".

"Hoi, Shin, wo zum Teufel bist du?".

"Auf dem Weg zur Bar. Ich musste erst nen billigen Parkplatz finden".

"Billig? Kein Wunder brauchst du so lange. Wir warten schon alle auf dich".

"Sorry, dass ich nicht so frivol bin, wie ihr".

"Das tat weh, Shinya. Das tat weh".

"Also, bist du fertig? Ich werde nicht schneller gehen, nur weil ich mich schuldig fühle".

"Dann beeil dich einfach".

"Bis gleich".

"WARTE!".

"Was ist?".

"Was hast du an?".

"Huh?".
 

* * *
 

Zusammen als Gruppe zu gehen stellte sich als schwierig heraus, weil sie zu fünft waren. Also gingen zwei vorne und drei hinten, alle in Unterhaltungen vertieft. Shinya und Kaoru gingen voraus, Kyo zwischen Die und Toshiya dahinter. Shinya und Kaoru redeten leise, tauschten ab und zu ein wissendes Lächeln voller Zuneigung, wenn die drei hinter ihnen in lautes Gelächter ausbrachen, dreckige Witze machten oder einander neckten.

Soweit war der Abend gut gelaufen - Kyo benahm sich Toshiya gegenüber normal, Toshiya war vorsichtig und gab sich Mühe, und Shinya sah Toshiya nicht mehr an, als wolle er ihn jeden Augenblick erdolchen.

In die Konzerthalle reinzukommen war einfach, abgesehen davon, dass Kyo und Die von ein paar Security-Leuten durchsucht bzw. betatscht wurden, was die anderen ganz furchtbar amüsierte. Als die liebenswürdigen Türsteher flirten wollten, versuchte Die ihnen verlegen zu erklären, dass er nur für die Party so angezogen war, während Kyo ohne eine Miene zu verziehen meinte, er sei lesbisch. Dies führte natürlich dazu, dass die anderen sie aufzogen und dazu bringen wollten, sich zu küssen.

"Einmal, nur einmal wollen wir zwei Mädchen küssen sehn!".

Kyo grinste nur, während Die lachte und den Kopf schüttelte. Alles schien wieder ganz normal zu sein, obwohl auf beiden Seiten immer noch eine gewisse Unsicherheit herrschte.
 

* * *
 

"Ne, wie lang ist ihr Set nochmal?".

"Wenn man bedenkt, dass die Leute nah dran sind, diese Jungs zu Tode zu buhen, wohl nicht allzu lang".

"Arme Kerle".

Toshiya lächelte ihn an.

"Bitte versteh mich nicht falsch, aber du siehst heute echt sü-...gut aus".

Kyo hob eine Augenbraue, als wolle er genervt wirken. Doch als Toshiya wieder auf die Bühne blickte, schwenkten seine dunklen Augen zum Tisch, und er lächelte glücklich vor sich hin. Shinya biss sich auf die Innenseite seiner Wangen und schaute ebensfalls zurück auf die Bühne.

Kaoru und Die waren schon vor einer Weile verschwunden, um etwas zu holen. Sie hatten versprochen, für alle dralle Mädchen mitzubringen, wenn sie für das Konzert der "Tree"-Band wieder zurückkommen würden.

Toshiya seufzte.

"Neeee, diese Typen sind echt schlecht".

"Nicht jeder hat den richtigen Drive, weißt du".

"Es wäre aber schön, wenn sie ihn hätten".

Kyo schüttelte den Kopf.

"Vielleicht".

Toshiya öffnete gerade den Mund, doch Shinyas Stimme fiel dazwischen.

"Ne, Kyo, Toshiya, dünkt es euch nicht auch, dass die anderen beiden Deppen schon ne ganze Weile weg sind?".

"Sie können auf sich selbst aufpassen".

Kyos Gesichtsausdruck war undeutbar, als er Shinya anstarrte. Toshiya lächelte nur.

"Mach dir keine Sorgen, Shinya-kun, du kennst ja die beiden. Ich wette, sie treiben gerade irgendwo was zu trinken auf. Zumindest hoffe ich das, so hätten wir dann wenigstens was besseres zu tun, als einfach nur rumzusitzen und uns unser Gehör ruinieren zu lassen".

Kyo konnte seine Enttäuschung gut verbergen, doch Shinya bemerkte sie trotzdem.

"Wahrscheinlich".

Die Härte in Shinyas Stimme überraschte Toshiya, doch er lächelte nur, konzentrierte sich wieder auf die Bühne und hoffte, dass der Abend weiterhin angenehm bleiben würde.
 

* * *
 

"Hey, ihr habt ja ganz schön lange gebraucht".

"Ich freu mich auch, dich zu sehn, Sonnenschein. Krieg ich kein Lächeln?".

"Fuck off".

"Ich hab dir was mitgebracht. Und dir. Und dir".

Kaoru grinste, als er das Sixpack ablud. Die stiess Kyo an, als er sich in den Stuhl plumpsen liess. Shinya hob eine Augenbraue, nahm dann aber einfach nur eine Dose und öffnete sie.

"Wir dachten schon, ihr wärt verloren gegangen".

"Oder flachgelegt worden", fiel Toshiya fröhlich ein und schnappte sich ein Bier für sich selbst.

Kyo zog eine Schnute.

"Was ist das hier? Vergesst-Kyo-Nacht? Hättet ihr mir nicht wenigstens ne Limo mitbringen können?".

Die zog ein Spezi aus Kaorus Manteltasche und reichte es ihm. Er grinste.

"Du weißt, dass du mich liebst".

Kyo rollte die Augen und öffnete die Flasche.

"Ah, endlich".

Toshiya seufzte erleichtert auf, als die furchtbare Vorband die Bühne verliess. Die versammelte Menge teilte sein Gefühl und reagierte mit lauten Schreien und Applaus.

Die Lichter schwenkten herum und eine neue Gruppe von Männern betrat die Bühne. Die Jungs von Dir en grey sahen interessiert zu, wie sie alles aufbauten und dann ihre Plätze einnahmen. Ein grosser, schlanker Mann mit schwarzen Haaren, einem jungen, weiblichen Gesicht schenkte den Zuschauern ein nur angedeutetes Lächeln, während er sich den Gitarrengurt über die Schulter legte und sich gegen das Mikrophon lehnte.

"Konban wa, minna-sama. Wir sind Plastic Tree. Danke furs Kommen", hallte eine leise, süsse Stimme über die Lautsprecher.

Toshiya versteifte sich zusehends, seine Augen wurden fast so gross wie Kyos. Kaoru hob eine Augenbraue, doch weil er keine Antwort bekam, folgte er ganz einfach Toshiyas starrendem Blick.

Die Band fing an zu spielen und eine sanfte, hohe, rauchige Stimme sang dazu. Spätestens jetzt hatte jeder am Tisch bemerkt, wie Toshiya mit offenem Mund vor sich hinstarrte.

"Toshiya, was ist denn?".

Toshiyas Augen blinzelten kurz zu Kaoru, doch seine Aufmerksamkeit blieb an dem grossen Sänger hängen.

"Es ist...ich hab ihn gefunden".

Ein grosses, albernes Lächeln liess sein Gesicht erstrahlen. Auf einmal strahlte er eine solche Wärme aus, dass er beinahe zu glühen schien.

"Ich habe ihn gefunden".

"Wen?", fragte Kyo angespannt.

"Den Mann. Der, der mich damals im Park im Arm gehalten hat".

Die staunende und glückliche Verwunderung in seiner Stimme liess keine Zweifel übrig.

"Ich muss pissen", murmelte Kyo. Bevor irgendjemand reagieren konnte, war er auch schon weg und bahnte sich seinen Weg durch die Menge zum Ausgang. Keiner versuchte, ihm zu folgen.

Shinya erhob sich schnell. Eine Hand griff nach seiner. Seine braunen Haare hingen ihm ins Gesicht, als Die ängstlich zu ihm aufsah.

"Vielleicht solltest du ihn einfach gehen lassen. Wenn er bis jetzt nicht darüber hinweg gekommen ist, wann...".

Shinya entriss ihm seine Hand, stiess sich durch die Menge und hoffte, einen Blick auf sich davonstehlendes Gold zu erhaschen.
 

* * *
 

"Das ist schlecht für deine Gesundheit. Und deinen Hals".

Kyos Augen flackerten zu ihm rüber und dann wieder zurück nach oben.

"Nicht so schlecht wie das, wonach ich mich sonst noch verzehre".

Er beäugte die Zigarette zwischen zwei schlanken Fingern, bevor er wieder zu Shinya rüberschaute.

"Es ist schwer, davon loszukommen".

Shinya ging zu ihm rüber, lehnte sich an die Wand neben ihm und guckte ebenfalls rauf in den Himmel.

"Du hilfst mir, in Form zu bleiben, wenn ich dir immer durch die ganze Stadt nachjagen muss".

"Niemand hat dich darum gebeten".

Shinya zuckte die Schultern.

"Vielleicht will ich es so".

Kyo blickte ihn argwöhnisch durch wirre, blonde Fransen an.

"Jetzt bin ich nicht am Rennen".

"Egal. Scheinbar hast du gemerkt, dass es keinen Sinn hat. Aber das hast du ja eigentlich schon gewusst".

Kyo seufzte. Seine grossen Augen wanderten runter zum kalten Zement unter seinen Füssen.

"Ich bin nicht sehr clever".

Shinya fühlte, wie seine Lippen sich zu einem Lächeln verzogen.

"Nein. Das bist du wirklich nicht".

Kyo nahm einen Zug von seinem Glimmstengel und sah rüber zu Shinya. Die dunklen, glänzenden Augen betrachteten ihn eingehend. Shinya blickte einfach nur unbeeindruckt zurück.

"Ist es das, was du willst, Kyo? Ist das alles, wonach du zu verlangen gedenkst? Du hast doch die Frage schon gestellt, immer und immer wieder - du kennst die Antwort".

"Warum hältst du mir dann Vorträge, verdammt?".

Kyos liess seine grossen Augen blinzeln, etwas angespannt. Shinya betrachtete einfach nur die mit Leben gefüllten Augen und die warmen Lippen. Es gab eine kleine Pause, in der Kyo nach Worten suchte. Für einmal wusste er nicht mehr weiter.

"Gehtst du nach Hause?".

Kyo blinzelte wieder und nickte stumm.

"Mir ist nicht danach, dort rumzuhängen und zuzusehn, wie Toshiya dieses Model ansabbert".

Abwesend nahm er einen weiteren Zug und schaute runter auf den Boden. Abgelenkt, während seine Gedanken kreisten.

Shinya nickte.

"Ich sollte wieder reingehn".

"...".

Kyo blickte ihn schweigend an und nickte dann ebenfalls.

"Ja".

Sie stiessen sich beide von der Wand ab, und Shinya klopfte sich den Staub von Rücken und Po. Kyo rauchte seine Zigarette fertig und beendete ihr Leben mit einer schnellen, drehenden Bewegung. Wieder standen sie schweigend da, verweilend.

"Shinya, dieser Mann sieht gut aus, nicht wahr? Schön, gross, schlank, feminin...".

Kyo zog verlegen an seinem Kimono rum.

Shinya legte den Kopf schief und betrachtete Kyos verletzliche, kleine Gestalt in der mondbeschienen Gasse neben dem Konzertlokal.

"So ist es".

Kyo zwang sich zu einem Lächeln. Doch er zeigte mehr seine Zähne, als dass er wirklich lächelte.

"Irgendwie wie du. Wir sehen uns bei der Probe, ne? Sag den anderen, dass ich mich nicht so gut fühle. Ruf mich an oder was auch immer".

Die kleine Gestalt drehte sich um und ging los.

Shinya sah ihr eine Weile nach.

Eine einsame, kleine Gestalt umgeben von grosser Kälte. Shinya blickte runter auf seine Hände, dann zurück auf den Schatten seines Freundes.

Dann leise:

"Lass mich dich wärmen, bevor du erfrierst".

[Motion 10 - Exhumination]

Sorry, hat wieder etwas gedauert...
 

Diesen Teil widme ich ganz besonders Neko, Calu und ChichiU, weil ihr drei mir immer so treu meine Fic hier lest und mir so liebe Kommentare schreibt... ^.^ *knuddel*
 

In diesem Teil ereignet sich eigentlich auch nicht viel spektakuläres, aber ich mag die Szene mit Kyo und Shinya - Neko, ich hoffe, dass du Shinya in dieser Geschichte doch noch lieb gewinnst... ^^
 


 

[© Clees; übersetzt von eurydike]
 

Gähnen.

Gelangweiltes Reiben. Klare Augen.

Lippenlecken.

Haare aus dem Gesicht Streichen.

Ein leichtes Stretchen und ein leises Grunzen.
 

Shinya legte seine Kopfhörer weg und schaute über den Sitz vor ihm. Durch die Windschutzscheibe des Busses konnte er die Nacht sehen, gesprekelt mit Regen. Die Tropfen waren schwer und aufgebläht. Shinya spürte, wie der Geist eines Lächelns sich auf seinem Mund zeigte.

"Ne, Shin-shin, wie spät ist es?".

Ein weiteres Gähnen, eine kratzige, hohe Stimme.

Shinya lugte runter auf sein Handgelenk.

"Fast ein Uhr".

"Oi...mein Bein ist eingeschlafen".

"Du solltest nicht mit übereinandergeschlagenen Beinen schlafen. Das unterbricht den Blutfluss. Du solltest eh nicht so sitzen - es beeinträchtigt die Blutzirkulation zu...".

"Haihai, Shin-kasaan. Gott, du klingst wie mein alter Bio-Lehrer".

"Du erinnerst dich daran, dass du in der Schule warst? Ich bin erstaunt".

"Haha, Schlaumeier".

Erneutes Gähnen.

"Müde?".

"Nicht genug, um nochmal zu schlafen".

Shinya nickte zu sich selbst und nahm sich die Haare hinter die Ohren.

"Gut. Ich hab's endlich geschafft, den Film auszuleihen, von dem du mir erzählt hast".

"Sou? Hast du ihn dir noch nicht angeguckt?".

"Iie, hatte keine Zeit mehr, bevor wir gingen. Aber ich habe es eigentlich heute Abend vor".

Dunkle Augen.

"Allein?".

Sogar du kannst manchmal vorhersehbar sein...

"Ich muss fast - ich wohne allein".

"Ich habe heute Abend noch nichts vor. Die und Kaoru gehen aus, Totchi wird wohl mit Ryutaro unterwegs sein. Ich würde es nicht ertragen, dass du Loser allein zu Hause nen Film guckst, also werde ich dir Gesellschaft leisten. Und du wirst Pudding für mich machen".

Shinya lächelte das verspielte Grinsen an.

"Fettfrei".

Würgegeräusche.

"Sei nicht so dramatisch. Ich habe meinen Wagen nicht so nah bei der Bushaltestelle geparkt, damit du durch den Regen nach Hause gehen musst".

"Na schön!". Ein letztes Gähnen. "Macht es dir was aus, wenn ich deine Zahnbürste benutze?".

"Nur, wenn du mir versprichst, nicht draufzuspucken".
 

* * *
 

Ihr wisst, was ihr wann zu tun habt, also los!

BEEP.
 

"Ah, Mist. Du hast schon dreimal nicht abgehoben. Beschäftigt oder sitzt du in der U-Bahn fest? Naja, ruf mich einfach an, okay? Wo warst du in letzter Zeit? Du hast im Bus die ganze Zeit kein Wort mit mir geredet, auch im Studio nicht, und dann hast du mich auf dem Weg nach Hause ignoriert. Was ist los? Sei kein Arsch, okay? Wenn du schlecht drauf bist, musst du's mir nur sagen. Wenn du allein sein willst auch. Ich kann schliesslich keine Gedanken lesen, okay? Ich hab schon genug Stress, Dir en Grey am laufen zu halten und alles zu organisieren, obwohl ich gar nicht müsste...

Sorry, es ist nur...

Wir sind schon seit Ewigkeiten befreundet, aber manchmal kann nicht mal ich sagen, was dir durch den Kopf geht. Mach's mir nicht so schwer, okay? Und ruf mich an, du Arschloch. Ruf mich an".
 

* * *
 

"Ich muss zugeben, er ist besser, als ich erwartet hab".

Kyo hob vorwurfsvoll eine Augenbraue.

"Willst du damit sagen, dass ich nen schlechten Geschmack hab?".

Shinya lächelte ein bisschen und schüttelte den Kopf.

"Nicht so sehr das. Vielmehr, dass du ne Schwäche für blutrünstige Filme hast".

"Zuviel für Shin-Shin?".

Shinya rollte die Augen und stand auf, die leere Pudding-Schale in der Hand.

"Ich finde nur, dass etwas Handlung ab und an ganz gut wäre".

Kyo lachte schelmisch, beäugte seine Schale und kratzte mit dem Löffel darin rum, auf der Suche nach Resten. Als er noch etwas Pudding fand, funkelten seine dunklen Augen glücklich die braune Masse an, schlossen sich aber, bevor er den Löffel ganz sauber leckte. Shinya schaute zu, angespannt. Die Augen des Sängers öffneten sich und zielten auf Shinya, der seinen Blick vom Mund auf die runden Kugeln verlagerte.

"Dieser hatte beides. Also bin ich genial".

Shinya schnaubte, drehte sich um und ging in die Küche. Er hörte kleine Füsse hinter sich hertapsen, als er seine Schale ins Spülbecken stellte und Wasser laufen liess. Kyos Schale stand auf einmal wie von Geisterhand ebenfalls neben der von Shinya, begleitet von einem sanften Klaps auf seine Schulter.

"Danke".

"Gern geschehen. Ich bin ein guter Gastgeber - egal, ob der Gast willkommen ist oder nicht".

Shinya grinste in sich rein, während er den Abwasch machte. Er konnte das Schmollen auf Kyos Lippen regelrecht hören und fühlen.

"Du bist abends immer so mürrisch".

"So ist es. Gib mir deinen Löffel".

Kyo liess mit einem Seufzen davon ab.

"Ich wünschte, du hättest richtigen Pudding gehabt".

"Deine Essgewohnheiten sind grauenhaft".

Als Antwort bekam er einen feuchten, spöttischen Kuss auf die Wange. Shinya lachte, und Kyo leckte ihn am Ohr.

"Du bist so prüde, dass es fast schon wieder lustig ist".

"Fast?".

"Uh-huh".

Shinya drehte das Wasser ab und stellte die sauberen Schalen und Löffel in das Abtropfgitter.

"Verdiene ich es, beschimpft zu werden, nur weil ich mich um meine Gesundheit und die von anderen sorge? Ist das der Lohn dafür?".

Kyo lachte und bohrte sich in der Nase.

"Du willst dir doch nur deinen mageren Arsch reinwaschen".

Shinya blinzelte und fauchte, spielerisch.

"Ich hab langsam genug von deinem Geschwafel".

"Wie? Immer noch empfindliche Ohren?".

"Warum...".

Der kleine Sänger lachte wieder, wich nach hinten aus und mass ihn mit Blicken.

"Magere Hände, dünne Oberschenkel, gebogener Rücken, runde Brustwarzen...".

"Kyo!".

Er lachte noch mal und rannte ins Wohnzimmer. Shinya jagte ihm hinterher. Der Schlagzeuger hatte ihn in null Komma nichts eingeholt, doch er war nicht schnell genug, sich den Sänger zu schnappen. Kyo sprang auf und rannte auf die andere Seite der Couch. Sie grinsten einander an, jeder äffte die Bewegungen des anderen nach - wenn einer sich nach rechts neigte, neigte der andere sich nach links und so weiter. Shinya wartete ruhig. Er wusste, dass es Kyo nicht schaffen würde, für längere Zeit stillzustehn. Seine Geduld wurde belohnt; als Kyo sich umdrehte und raus auf den Flur rannte, jagte Shinya ihm einmal mehr nach und folgte ihm in sein eigenes Schlafzimmer.
 

* * *
 

Toshiyas Fingerspitzen zeichneten kleine Kreise auf die helle, geschmeidige Haut. Weich und wunderbar warm glänzte sie im sanften Licht. Das Flackern der Kerzen und das leise Summen der heruntergedrehten Lampen vervollständigten die Szenerie.

Toshiyas schöne Augen liebkosten den Körper der Taube an seiner Seite. Er stütze sein Kinn etwas bequemer auf seiner Hand auf, ein Lächeln spielte um seine Lippen. Haut an Haut. Sein Schenkel freute sich über die angenehme Berührung.

"Bist du jetzt glücklich?".

Toshiya nickte. Seine Hand wurde von einer anderen umfasst, die genauso von Saiten aufgerauht war. Der Bassist lächelte noch mehr, als Ryutaro ausdruckslos zu ihm aufschaute.

So ein süsser Ausdruck. Er ist so tiefgründig. Dabei habe ich doch erst meine Hand in den Ozean getaucht. Dieses Mal mal will ich darin eintauchen, bis ich ertrinke...

"Liefen die Aufnahmen gut?".

"Ja, ganz gut. Die fühlt sich immer noch etwas unbehaglich wegen Kaoru-chan, und Shinya widmet sich voll und ganz Kyo. Zwischen Kyo und mir ist alles wieder okay, aber ein Teil von ihm hofft immer noch. Meine K-chans tun mir leid; Kaoru ist etwas zu unbeirrt und Kyo gibt die Hoffnung nicht auf".

Toshiya seufzte leise. Seine eingesperrten Finger zuckten ruhelos in ihrem Käfig aus Haut.

"Ich dachte, das ist das, was du an ihm magst".

Ryutaro lächelte schwach zu ihm hoch und drückte seine Finger fester.

Toshiya nickte. Seine kurzen Haare strichen dabei über seine Wangen.

"Ja, tu ich auch. Es ist ein Teil davon, wie wir dahin gekommen sind und auch da bleiben werden, wo wir jetzt sind. Wenn Kyo einmal sein Herz an etwas verloren hat, kann er nicht aufhören, zu hoffen und dieses Etwas zu wollen. Aber ich zähle auf Shinya, dass er es schafft, das zu verändern, worauf er hofft".

"Und Kaoru?".

Toshiya lächelte unschuldig.

"Da musst du Die fragen, nicht mich".

Ryutaro setzte sich auf und legte eine Hand auf den weichen Bogen von Toshiyas Wange. Toshiyas Augen schlossen sich halb, und er drückte sich näher an die warme Hand. Ein sanfter Atemstoss kitzelte seine geöffneten Lippen.

"Hast du keine Angst, dass ich dich fallen lassen könnte, so wie du ihn hast fallen lassen?".

Ryutaros leise, rauchige Stimme erklang in die dünne Stille.

Toshiya setzte sich mehr auf, die Hand des anderen immer noch auf seiner Wange. Sanft legte er seine Hand um das Handgelenk.

"Nein, du liebst mich".

Ryutaro lächelte, und Toshiya schmiegte sich langsam an ihn. Seine kühlen Lippen knabberten an der Unterlippe des Sängers und saugten sachte daran.
 

* * *
 

Golden. Das war es. Einfach golden.

Shinya nahm einen tiefen Atemzug. Der Geruch von Schlaf drang in seine Nase und seine Sinne. Dies war das zweite Mal, dass Kyo in seinem Bett geschlafen hatte. Doch der Schlagzeuger hatte es dieses Mal mehr genossen - das letzte Mal war zu sehr in Alkohol getränkt gewesen, um natürlich zu sein.

Im matten Morgenlicht lag Stille und Behaglichkeit.

Shinya seufzte und betrachtete das kleine Gesicht mit einer Vertrauheit, die ihm sehr viel bedeutete. Gebogene, kleine Nase, weisse Haut, dünne Augenbrauen, hohe Wangenknochen, korngelbe Strähnen, rundes Gesicht, volle Lippen, glänzendes Metall...

Wirst du wohl jemals aufhören, dich zu verstümmeln?

Die kurzen Atemzüge waren das einzige, das an seine Ohren drang. Herzschlag pochte gegen seine Finger. Shinyas Hand lag leicht auf der sich bewegenden Brust, die weiche Baumwolle von Kyos Shirt bewegte sich mit Kyos Lungen auf und ab. Mandelaugen wanderten vertraut über den strammen, gedrungenen Körper.

Schlank, aber nicht mager wie ich. Das ist gut...

Als Shinyas Blicke wieder auf das Gesicht fielen, wurden sie von wortloser Dunkelheit aufgesogen. Shinya blinzelte überrascht, machte aber keine Anstalten, seine Hand wegzunehmen. Stattdessen strich er sich ganz umbefangen die Haare aus dem Gesicht und hinter ein Ohr.

"Morgen".

Kyo schaute ihn schweigend an und nickte dann.

"Morgen".

Die beiden Freunde sahen einander still an, der eine fragend, der andere gab keine Antwort.

Kyo rührte sich und strich sich müde über die Wange, bevor er gähnte. Er machte sich nicht die Mühe, die Hand vor den Mund zu halten, sondern kratzte sich damit am Kopf. Shinya nahm seine Hand von Kyos Brust und legte sich ruhig an seine Seite.

"Ich habe Hunger", hustete Kyo mit einem Grinsen. "Machst du mir Frühstück?".

"Wechsle nicht das Thema".

Shinya blickte ihn fortwährend an, Kyo schaute weg und spielte mit einem seiner Ringe. Der Schlagzeuger blickte runter auf die sich bewegenden Finger. Schweigend nahm er die beiden Hände in seine Hand und stoppte damit die verkrampften Bewegungen.

Kyo seufzte ruhelos und zog seine Knie an. Die Füsse presste er fest aufs Bett. Seine Knie lehnten sich fast schon mädchenhaft gegeneinander, seine Fersen zeigten nach aussen. Shinya hielt seine Hände ganz fest.

"Shinya..."

"Vielleicht weißt du es gar nicht...".

Dunkle, runde Augen begegneten seinen mandelförmigen.

Er zieht sich wieder zurück...

"Shin...".

Die vollen Lippen atmeten den Spitznamen aus.

Shinyas Ausdruck wurde weicher.

"Ich denke, du weißt es wirklich nicht, hn? Für jemanden, der so viel sieht, bist du ganz schön blind, sobald es um dich geht".

Die Augen wurden gross, unwillig. Angst?

Shinya liess die schlanken Finger los, doch sie bewegten sich nicht. Sein Herz schlug so heftig, dass das Blut durch seinen ganzen Körper vibrierte. Er spürte seinen Puls überall. Die Mandelaugen schlossen sich warm, als er seinen Kopf auf Kyos Brust legte. Der Herzschlag unter seinen Ohren war langsamer als sein eigener, doch das hatte er eh schon gewusst. Es würde ihn nicht länger davon abhalten...

Shinya liess seine Arme um und unter Kyos Oberkörper gleiten, umarmte ihn sanft, seine Brust immer noch halb auf Kyo. Das Herz des Schlagzeugers schlug in einem nicht enenden wollenden, dumpfen Rhythmus.

Er war überrascht. Unsichere Finger berührten unruhig seine Schultern. Doch er wusste, dass Kyo ihn nicht wegstossen würde. Noch nicht.

Warm. Kyo war warm.

Ist es das, was ich tun muss, damit er mich wahrnimmt?

"Ich erwarte nichts. Ich verlange nichts. Nur, dass du dir anhörst, was ich zu sagen habe. Soviel schuldest du mir, ne?".

"Ich...Shinya, was...".

"Ich liebe dich. Ich kenne dich, Kyo. Ich liebe deine Unvollkommenheiten und deine Vollkommenheiten".

Angespannte Stille.

Shinya drückte ihn etwas stärker, bevor er sich entspannte. Sein Herz schlug schneller in seinen Ohren, doch er fühlte sich seltsam gelassen. Weil er selbst warm war.
 

Kyo starrte überrascht auf den Braunhaarigen runter, seine Gedanken rasten. Bilder, Erinnerungen an all die Lächeln, die Shinya ihm geschenkt hatte, all die Worte.

Es war, weil er...?

Wie aus einem Reflex heraus legte der Sänger sanft die Arme um Shinya und hielt den Schlagzeuger fest. Seine dunklen, grossen Augen folgten dem Sonnenlicht, das wie ein Heiligenschein um Shinyas Kopf tanzte. Er betrachtete das verschlossene Gesicht seines offenen Freundes, und die dünne, aber starke Form seines Körpers. Der Herzschlag des anderen hämmerte auf ihm wie wahnsinnig, und er sog die Wärme ein, die Shinyas Körper ihm schenkte.

Seine Augen wurden weich, während er die Person anblickte, die ihn hielt.

Ich liebe Shinya nicht. Das weiss er...

Seine Finger gruben sich neugierig in Shinyas glatte, dicke Haare. Shinya bewegte sich leicht und lehnte sich in die Berührung.

Und dennoch ist es nun an mir, auf ihn aufzupassen. So wie...

Seine Haut errötete glücklich wegen Shinyas warmer Haut.

Ich kann ihn lieben lernen. Ich kann ihn näher an mich ranlassen und sehen...sehen, ob wir beide, er und ich, es schaffen...
 

* * *
 

Hier ist Nikkura, bitte hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem Ton.

BEEP.

"Heh-heh. Deine Nachricht klingt immer noch genauso schäbig wie immer. Wann änderst du die endlich? Ich wette, du hast immer noch den Anrufbeantworter mit dem kaputten Lämpchen, den ich dir für deine erste Wohnung geschenkt hab, ne? Okay, also, ich rufe eigentlich nur an, weil wir reden müssen. Sorry wegen...naja, du weißt schon. Wir können ja dann gleich über alles zusammen reden, ne? Wenn du immer noch mit mir reden willst, komm doch morgen Abend so gegen 19.00 Uhr zu mir. Bis dann, hoffentlich".

"Warte! Die?!? Die, hast du schon aufgelegt? Warum...?".

CLICK.

[Motion 11 - Orbit]

Endlich, der 11. Teil...

Sorry, dass es so lange gedauert hat - aber ich hatte letzte Woche Urlaub und bin nicht zum Übersetzen gekommen...
 

Dieses Kapitel ist speziell Tisha und Yumi gewidmet - ich hab euch lieb! ^.^
 

Hmmm...nun gibt's nur noch drei Teile, nachher ist Schluss...stimmt mich irgendwie traurig...
 

Naja, viel Spass erst mal mit diesem Kapitel... ^^
 


 

[© Clees; übersetzt von eurydike]
 

"Und?".

"Was und? Er hat seitdem nicht mehr angerufen...".

Die schaute müde runter auf die kleinen Kräusel, die sich über die weisse Fläche zogen. Toshiya neigte nachdenklich seinen Kopf und kippte seine Cappuccino-Tasse ganz sachte. Seinen schönen Augen sogen die Verzweiflung des Gitarristen in sich auf, der ihm gegenüber sass.

"Du hättest nicht einfach auflegen sollen, ne?".

"Ich will von Angesicht zu Angesicht mit ihm reden, nicht über eine Maschine! Ich weiss nicht, vielleicht hast du recht. Ich fühle mich ja auch schuldig deswegen. Wie auch immer, wie läuft's mit Ryutaro?".

Toshiya nickte. Er akzeptierte den Themawechsel gerne.

"Gut".

Er verschränkte seine Arme, stützte sie auf den Tisch und lehnte sich mit seinem Gewicht dagegen.

"Ich bin...ich bin einfach nur glücklich. Er hat mich dazu gebracht, mich zu öffnen...für so vieles. Weißt du, anstatt frustriert zu sein, kann ich ihn trösten, ihm Verständnis entgegen bringen. Bei Kyo habe ich es nicht geschafft - ich habe einfach nicht eingesehen, warum er das annahm, darum war es so schwer, damit umzugehn. Mit Ryutaro...ich kann es nicht erklären, doch es ist fast so, als ob er diesen Teil von mir geöffnet hätte. Ich denke, ich habe einen guten Einfluss auf ihn, weißt du? Und er beeinflusst mich ebenfalls".

Er lächelte etwas.

Die nickte und betrachtete die Bewegung in seiner Milch, als Toshiya an den Tisch stiess.

"Sou desu ne...ich bin froh, dass du glücklich bist. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, dass du allein sein würdest, wenn all das hier ein Ende hat".

Toshiya sah ihn genau an, seine Augen glänzten.

"Du warst immer da, um mir zu helfen".

"Ich bin keine wirklich gute Unterstützung".

"Und wie kommst du mit Shinya klar?".

Die nippte an seiner irdenen Tasse und setzte sie danach leise wieder ab.

"Okay, okay. Ich meine, ihn glücklich zu sehn, macht es mir leichter. Es ist ja an sich nicht so, dass er mich zurückgewiesen hat, aber ich weiss, er hätte es getan. Ich...ich denke, das macht nicht viel Sinn".

"Magst du Shinya immer noch?".

"Ja, aber da gibt's noch jemanden...".

"Kaoru".

Die hob eine Braue.

"Warum denkst du, es sei ein anderer Typ? Und wie kommst du ausgerechnet auf Kaoru?".

Toshiya schüttelte den Kopf.

"Egal, vergiss es".

"Nein, sag's mir".

"Uh...nein...".

Die lehnte sich eindringlich nach vorne.

"Toshiya, komm schon. Ich muss es wissen".

Der Jüngere wurde weich und gab nach.

"Die Art, wie du ihn ansiehst. Und wie er dich ansieht. Die, Kaoru will dich! Ernsthaft".

Die rollte die Augen und tat so, als wären die Worte nur Unsinn.

"Toshiya, wie kommst du darauf, dass Kaoru überhaupt Männer mag?".

"Oh, nun komm...wenn ich auf jemanden wetten müsste, stünde Kaoru zuoberst auf meiner Lipste".

"Du denkst doch sowieso, dass jeder Männer mag. Und Frauen. Und noch so einiges dazwischen".

"Darum geht's nicht. Kaoru hat dich während der ganzen Aufnahmen angestarrt, und er war ziemlich am Boden zerstört, als du ihn ignoriert hast. Ist das normal?".

"Könnte sein. Weißt du, Kaoru nimmt Freundschaften sehr ernst - und wir sind schon so lange beste Freunde".

Toshiya schüttelte ernst den Kopf.

"Uh-uh. Weißt du, woran seine Blicke mich erinnert haben?".

"Woran", frage Die, der sich etwas lustig über Toshiya machte.

"Daran, wie Kyo mich angesehen hat".

"...".

"Denk einfach nur daran, ne? Und zieh es in Betracht - Kaoru ist in Ordnung. Schwer in Ordnung. Frage dich, wo deine Gefühle für ihn anfangen und aufhören".

Toshiya nippte still an seinem Getränk und betrachtete Die.
 

* * *
 

Shinya lachte hemmungslos.

"Ich weiss! Dann ruft er den Empfang an, völlig hysterisch, und die Frau sagt ihm ganz ruhig, er solle dranbleiben. Also rennt er los zur Lobby und, als die Türen sich schliessen, sieht er sie immer noch dort sitzen. Er schreit , jemand solle den Lift aufhalten und rennt wie ein Verrückter. Und das Ende der langen Geschichte: Er war erleichtert und seine Frau erfuhr nie was davon".

Shinya lachte wieder, der Schalk blitzte in seinen Mandelaugen.

Kyo grinste.

"Lustig, ne?".

"Ich lache nicht wegen der Geschichte, sondern wegen dem Reis, der dir im Gesicht klebt".

Shinya schaute fröhlich zu, wie Kyo sich ganz verlegen die weissen Körner von Kinn und Lippen wischte.

"Das ist gemein".

"Mou...!".

Sogar als Kyo ihm einen tödlichen Blick zuwarf, kicherte Shinya immer noch. Der Ausdruck des Blonden wurde sofort weicher, als Shinyas Aufmerksamkeit sich dem Kellner zuwendete, der mit dem Wechselgeld zurückkam. Der Braunhaarige murmelte ein paar Dankesworte und legte noch etwas Trinkgeld hin. Als er seine Geldbörse wegstecken wollte, bemerkte er Kyos seltsamen Blick. Er hielt ein und lächelte etwas unsicher.

"Ja?".

"Nichts. Ich muss nur schnell zur Toilette".

Kyo schlüpfte aus dem Séparée und setzte sich dabei seinen alten Hut auf. Shinya nickte abwesend und steckte die Geldbörse zurück in seine Tasche. Er blickte auf den leeren Platz ihm gegenüber, bevor er ebenfalls aufstand. Als er am Tresen vorüberging, fiel ihm etwas auf. Ein kleines Lächeln und schon hatte er etwas zu erledigen, bevor Kyo von der Toilette zurückkam.
 

Kyo wusch seine Hände ohne nachzudenken, rieb die pinke Seife zwischen seinen Fingern, während das Wasser darüber hinwegfloss. Seine Haut fühlte sich rau an. Er versetzte dem Metallknopf des Händetrockners einen Schlag. Während er so da stand und die Hände unter die Ströme von warmer Luft hielt, bemerkte er sein Spiegelbild im Spiegel. Dieselbe gewöhnliche Gestalt wie immer. Dieselben leicht schmuddeligen Kleider, derselbe Hut, den er schon zu La:Sadies-Zeiten hatte, dieselben grossen Augen...

Aber da war etwas Seltsames...

Er schaute zurück auf den metallenen Trockner, der sich gerade ausschaltete.

Shinya hat so etwas Verlockendes, wenn man ihn machen lässt...

Er grinste und schüttelte beim Gedanken an den Schlagzeuger leicht den Kopf. Dann bemerkte Kyo sein Gesicht, unproportioniert über der zylinderförmigen Stütze, seine Zähne zu gross geraten, zu detailliert. Das Lachen verschwand.

Und ich bin immer noch hässlich...

Er rieb den Rest der Feuchtigkeit an seiner Jeans ab, stiess die Tür mit seinem rechten Fuss auf und ging.
 

Shinya runzelte innerlich Stirn, als er den ausdruckslosen, ziemlich düsteren Ausdruck auf Kyos Gesicht sah, als dieser aus der Toilette kam. So, wie er Kyo kannte, hatte dieser wohl gerade eben an etwas gedacht oder etwas gesehen, das zu einem Stimmungswechsel geführt hatte. Shinya hob leicht eine Braue und sah zu, wie der Blonde sich ungeduldig an ein paar Leuten vorbei zu ihrem Séparée drängte.

Ich werde seine Stimmung einfach wieder ändern müssen...

"Kyo!".

Kyo entdeckte ihn, nickte und bahnte sich seinen Weg um die Tische rüber zum Ausgang. Er steckte seine Hände in die Taschen und folgte dem grösseren Musiker durch die zwei Doppeltüren.

"Ne, was ist das?", fragte Kyo neugierig, seine Augen wanderten zu der Tüte in Shinyas Hand.

Shinyas Lippen verzogen sich ein kleines Bisschen.

"Nichts für dich, es sei denn, du schenkst mir ein Lächeln".

"Shinya, das ist ja wohl das dümmste Ultimatum, das ich je gehört hab".

"Ich könnte alles für dich gekauft haben, von deinem Lieblingsgebäck bis zu einem gesunden Diätmuffin. Du wirst es nie rausfinden, ausser du lachst für mich".

Shinya grinste böse, sehr zufrieden mit sich selbst, als er sah, wie Kyos Stirn sich runzelte und seine Augen runter auf die Strasse blickten. Schliesslich schüttelte Kyo unter seinem wachsamen Blick den Kopf und lachte.

"Du bist ein Manipulator".

"Ja. Also, wirst du nun lächeln?".

Kyo packte seine Arme und zog ihn von der Menschenmenge weg zu dem Zaun, der Shinyas Wohnhaus umschloss. Shinya sah ihn erwartungsvoll an. Kyo zeigte seine Zähne.

"Nein, nein, ich will ein Lächeln".

Kyo gab nach und lächelte für ihn. Glücklich reichte Shinya ihm die Tüte und reihte sich wieder in den Menschensog ein. Der kleine Blonde öffnete sie gespannt und spähte hinein. Seine Lippen verwandelten sich in ein grosses Grinsen. Er guckte auf, ging schnell hinter dem langbeinigen Mann her und packte ihn um die Taille.

"Sieht lecker aus, Shin-shin".

"Nenn mich nicht so...".

"Hai. Wah, Ich kann's kaum erwarten, es zu essen".

Kyo grinste glücklich und spähte noch einmal in die Tüte. Seine Stimmung hatte sich augenblicklich verbessert. Wenn es einen Weg gab, Kyo zum Lachen zu bringen, dann war es, ihm etwas zu Essen zu geben.

Shinya lächelte und sah zu, wie der kleine Blonde das Konfekt betrachtete, wieder aufschaute und dann anfing, vom letzten Mal zu erzählen, wo er sich sowas gekauft hatte. Er hörte nicht allzu genau zu, sondern konzentrierte sich vielmehr auf das Strahlen in Kyos dunklen Augen, auf den Wind in seinen Haaren und darauf, wie seine Wangen sich bewegten.

Die kleinsten Dinge gehen ihm so nah...

"Ne, Shinya?".

"Hm?".

"Wir sind bei deiner Wohnung".

Kyo drehte sich um und blickte ihn an. Die Krempe seines scheusslichen Hutes versteckte seine Augen vor der Sonne. Shinya sah sich um und stellte fest, dass Kyo tatsächlich recht hatte.

Der Schlagzeuger hielt an. Er hatte keine grosse Lust, das Zusammensein zu beenden. Kyo zögerte ebenfalls und dachte drüber nach, was er sagen sollte. Shinyas Mandelaugen betrachteten ihn eingehend.

"Ich...es hat mir echt Spass gemacht mit dir, weißt du? Anstelle von jeder Menge verschissener Tage und ein paar wenigen guten, hab ich viele gute und nur ein paar wenige schlechte. Ich nehme mal an, dir geht es ähnlich, denn du hast mich noch nicht zum Teufel gejagt, also...wollen wir morgen nach der Probe was zusammen machen?", platzte Kyo raus.

Der junge Schlagzeuger blinzelte, musste erst mal alles erfassen. Dann lächelte er.

"Natürlich. Aber du kommst zu mir - deine Wohnung ist zu schmutzig".

"Ich habe geputzt und aufgeräumt".

"Dennoch...".

Kyo lachte.

"Du bist so pingelig".

"Aa. Ich mag einfach keine Unordnung".

"Naja, das schreit zum Himmel, denn ganz offensichtlich magst du mich".

Shinya trat näher an ihn ran und hob eine Hand, um Kyos Wange zu berühren. Kyo stand stockstill. Seine Augen folgten den langen Fingern, als sie sich ihm näherten und sich sanft auf die Seite seines runden Gesichtes legten. Seine dunklen Augen schossen zurück und trafen auf mandelförmige. Für einen langen Moment sprachen und bewegten sie sich nicht.

Dann lehnte Kyo sich impulsiv vor und hoch und presste nur für einen Augenblick seine Lippen auf die von Shinya. Für Shinya war es so, als wäre eine Ewigkeit vergangen, doch als Kyo wieder zurücktrat, erschien es ihm, als hätte der Kuss nur ein Augenzwinkern lang gedauert.

Wird er rot?

"Ja ne, Shin-shin. Bis morgen!".

Kyo wandte sich um und verschwand in der Menge.

Shinya stand noch eine Weile dort, leicht benommen. Dann ergriff ein kleines, glückliches Lächeln Kontrolle über seine vollen Lippen, und er ging langsam aber unbeschwert die Treppe zu seiner Wohnung hinauf.
 

* * *
 

Spritzer. Leise, unbeschreibliche Töne. Kleine, schnell nacheinander einschlagende Explosionen. Tausende von Trümmern, die sich immer wieder zu neuen Detonationen sammeln. Klebrig, glitschig sammeln sie sich, werden immer grösser. Werden zu einem Monster, das schlittert und dem bereits durchnässten Material entlangwandert. Dann ein Abgrund, und es fällt, immer tiefer, seinem unbewussten Tod entgegen. Schliesslich landet es in dunklem, nassen Violett, und vereinigt sich mit tausend anderen.
 

Kaoru strich sich das feuchte Haar aus dem Gesicht. Er mochte es nicht, wenn ihm nasse Strähnen an Nacken und Kopf klebten. Er klingelte noch einmal, und dieses Mal wurde er eingelassen.

Der Gitarrist machte die Tür auf und trat ein. Seine Schuhe erzeugten quietschende Geräusche auf dem schmutzigen Linoleum. Er warf einen letzten Blick zurück auf den Regen und die Dunkelheit und fragte sich, ob er wohl doch besser umkehren sollte. Kaoru seufzte und ging dann die ihm so wohlbekannte Treppe rauf. Sein Körper bewegte sich wie von selbst. Doch Kaorus Herz war draussen stehengeblieben, im strömenden Regen.
 

KLOPF-KLOPF.

"Hey".

"Komm schon rein. Du bist ja klitschnass! Warte, ich hol dir ein Handtuch".

Kaoru schüttelte leicht den Kopf, als er sich mit einer Hand durch das feuchte Haar fuhr. Trocken und gekleidet in eine Jogginghose von Die, schaute er den Gitarristen an. Die sass ihm gegenüber auf der kleinen Couch, seine Augen auf den Boden gerichtet, und spielte mit seinen Fingern. Es war offensichtlich, dass der Gitarrist nach einem Weg suchte, die unangenehme Stille zu unterbrechen.

Kaorus Augen wanderten über Dies schlanken Körper, rauf zu seinem freundlichen Gesicht, das nun jedoch sehr ernst und überlegen wirkte. Gebräunte Haut, grosser Mund, tiefgründige Augen, gutaussehende Gesichtszüge, die man im richtigen Licht als schön bezeichnen konnte. Einzigartig und liebenswert. Da war etwas so Gewinnendes und Vertrauenswürdiges in seinem Gesicht, dass jedermann sich in seiner Gegenwart wohlfühlte.

"Die...".

Die schaute auf und begegnete Kaorus zusammengekniffenen Augen mit leichtem Zögern. Kaorus Körpersprache bestätigte ihm schon seine Vorahnung - Kaoru schien in ernster, depressiver und düsterer Stimmung zu sein. In einer Stimmung, in der er entschlossen war, der momentanen Situation ein Ende zu setzen - ohne Rücksicht darauf, was dabei rauskam.

Kaoru, ich wünschte, dies würde nicht passieren...

"Ja?".

"Fangen wir damit an, was im Studio vorgefallen ist. Ich möchte wissen, warum du dich so verhalten hast".

Die gänzliche Authorität in Kaorus Stimme schlug im Rothaarigen eine Saite des Widerstandes an, doch er unterdrückte den Drang.

"Okay. Ich...es war einfach seltsam. Ich weiss, wir haben gesagt, es war nichts dabei, aber da war trotzdem etwas, was mir Unbehagen bereitete. Sogar mehrere Dinge. Und da war es bei weitem einfacher, dich zu meiden, als darüber nachzudenken. Und dazu kam noch, dass ich mich damit echt nicht während der Arbeit beschäftigen wollte".

Kaoru nickte leicht und seufzte.

"Okay. Aber was hast du dann für ein Problem damit, was wir getan haben?".

"Das Problem bist du".

"Wie kommt das?".

Ruhig, gelöst, doch innerlich tobte der Schmerz.

Die fuhr mit einer etwas sanfteren Stimme fort.

"Kao...du weißt, ich bin immer dein bester Freund, durch dick und dünn, ne? Und dass du mir sehr wichtig bist, oder?".

Der violetthaarige Gitarrist nickte, doch sein Herz sank in sich zusammen, als er merkte, wohin diese Diskussion führte.

"Und ich weiss auch, dass du dasselbe fühlst. Gott, wir haben soviel Scheisse zusammen durchgemacht. Ich kann nicht mal in Worte fassen, wie wichtig mir unsere Frendschaft ist. Doch das bedeutet auch, dass ich die Wahrheit will. Ich erwarte von dir, dass du ehrlich bist; vor allem bei etwas, das auch mich betrifft.

"Die...".

"Lass mich ausreden, ne?", fuhr Die ernst fort. "Denn, wenn ich das jetzt nicht sage, werde ich wohl nicht mehr so schnell dazu fähig sein".

Kaorus Augen wanderten zur Wand und dann wieder zurück zu Dies Shirt. Er nickte, mied jedoch Dies forschende Augen. Ein leicht trauriger Ausdruck wusch über sein Gesicht.

Die lehnte sich vor. Er versuchte, den Mut dafür zu fassen, die entscheidende Frage zu stellen. Die Frage, die seine ganze Beziehung zu dem Mann, den er seit seiner Kindheit kannte, zerstören konnte.

"Hast du damals angeboten, mit mir zu schlafen, weil es das Beste war, was wir in der Situation hätten tun können, oder war es, weil du Gefühle für mich hast?".

Herausgepresst, mit zitternder Stimme.

Kaorus Augen huschten durch den Raum, und er umarmte sich etwas fester. Doch er sass weiterhin schweigend da, trotz der stummen Bitte, die vom Rothaarigen ihm gegenüber ausging.

Die lehnte sich vor und beobachtete Kaoru intensiv.

Jetzt hat er wieder seine Maske auf. Verdammt, hör auf, dich zu verstecken, und sag's mir! Das ist nicht fair. Dein Wille ist viel stärker ist als meiner, das weißt du doch? Ja, das tust du. Doch dieses Mal kann ich dich nicht gewinnen lassen, Kaoru...

Die lehnte sich weiter vor und legte behutsam eine Hand auf Kaorus Knie. Dies brachte die schmalen Augen dazu, sich ihm zuzuwenden, und er nutzte die Gelegenheit, sie gefangenzunehmen und ein weiteres Mal zu fragen.

"Bitte".

"Ja, habe ich", murmelte Kaoru leise. Dies tiefgründige Augen nahmen seine traurigen in Besitz.

Die schluckte dies ruhig, seine Gedanken rasten wie sein Herz.

Ich hatte dies erwartet, aber warum bin ich dann so unvorbereitet?

"Bestürzt?", fragte Kaoru leise, Traurigkeit klang in seiner Stimme mit.

"Nein. Nein, scheisse, Kaoru, es ist nur...ich weiss nicht, was ich jetzt sagen oder tun soll".

"Naja, in meine Arme fallen und "Kaoru, mein Liebster" schreien wär ganz nett", antwortete der violetthaarige Mann und versuchte damit, mit einem kleinen Witz die Last der Wirklichkeit zu vertreiben. Die kicherte leise und anerkennend und setzte sich zurück. Seine Augen fielen auf seine im Schoss gefalteten Hände.

Für eine Weile sassen sie in kompletter Stille da. Der Regen, der an die Fenster und aufs Dach klopfte, war das einzige Geräusch, und begleitete die Gedanken der beiden Männer - einer war besorgt, der andere sinnierte vor sich hin.

Kaorus Aufmerksamkeit wandte sich wieder Die zu, seinem Langzeit-Gefährten in Elend, Musik und Freundschaft. Er versuchte, Dies Gefühle einzuschätzen, doch das ausdruckslose Gesicht und die halb geschlossenen Augen verdeckten jegliche Hinweise auf innerlich gehegte Gedanken. Das erdrücktende Gewicht des Unbekannten fiel schwer auf Kaorus Schultern, als die Zeit in endlosen Sekunden von Befangenheit verstrich.

Schliesslich schien Die zu einem Entschluss gekommen zu sein; er setzte sich auf und stretchte leicht seinen Rücken. Seine Augen hoben sich und begegneten den wartenden von Kaoru.

"Ich weiss, du möchtest eine Antwort, doch ich kann dir jetzt noch keine geben. Ich möchte eine Weile warten und sehen, wie ich fühle. Ich...ich kann nichts garantieren...oder sagen, es gäbe eine Chance...ich will dich nicht in die Irre führen. Ich brauche einfach etwas Zeit, um mir klar zu werden, was ich davon halten soll...und wie ich für dich fühle. Mein Kopf ist im Moment völlig leer, gomen. Ich glaube, ich bin immer noch wie betäubt."

Die lächelte. Er hatte seine Unbekümmertheit wieder.

Kaoru lächelte schwach zurück und nickte.

"Ich verstehe, ehrlich. Lass es mich einfach wissen, wenn du soweit bist, ne? Und ignorier mich nicht!".

Er lachte vor sich hin, als ob er den Schmerz lindern wollte, und Die lachte mit.

"Hai, hai, oh furchtloser Leader".

"Ich sollte gehen. Ich möchte nicht zu spat nachhause kommen, eine Komposition wartet noch auf mich, bevor ich schlafen gehe".

Die schaute ihn voller Sorge an, und dies machte Kaorus Herz etwas leichter.

"Bist du sicher? Es regnet in Strömen und es ist nicht so, dass du in der Nähe wohnst. Ich kann allenfalls auf der Couch schlafen...".

Kaoru zuckte innerlich zusammen.

Das tat weh. Die Couch, nicht das Bett...

Äusserlich lächelte er erneut und schüttelte den Kopf.

"Nah, mir ist mein Bett lieber als deins, und überhaupt hat's dort Dinge, mit denen ich arbeiten muss".

Er stand auf und wandte sich Dies Zimmer zu.

"Willst du sie jetzt gleich zurück?".

"Nein, kein Problem, behalt sie an und ich bring dir deine trockenen Kleider morgen zur Probe mit".

"Danke".

"Sei nicht albern".

Die grinste und erhob sich ebenfalls. Kaoru lächelte zurück.

"Die, danke für dein Verständnis".

"Dafür bin ich doch da. Denk nicht dran, ich werde auf dich zukommen, wenn ich soweit bin. Nun will ich nicht mehr drüber reden, geh schon", neckte ihn Die und drängte ihn sanft zur Tür. Kaoru kicherte und gehorchte, jedoch nicht bevor Die ihm einen Hut auf den Kopf gesetzt hatte.

"Und komm ja nicht wieder, ausser du hast Bier und Nutten dabei".

Kaoru nickte, der Hut rutschte ihm dabei fast ins Gesicht. Er lachte und ging winkend die Treppe runter. Die lehnte sich gegen den Türrahmen, die Arme vor seiner Brust verschränkt, und schaute der kleineren Gestalt nach, die im Treppenhaus verschwand.

Er seufzte, das Lachen war auf einmal wie weggewischt.

Wie genau fühle ich für ihn? Vorallem jetzt, wo ich weiss, wie es ist, auf diese Weise mit ihm zusammen zu sein. Ich will ihm nicht das Herz brechen. Uh, diese Tour wird so schwierig werden...

Die schüttelte den Kopf und ging wieder rein. Er fläzte sich auf die Couch, auf der Kaoru gerade noch gesessen hatte, und schaltete den Fernseher an. Doch irgendwie fand er nichts Interessantes, und seine Gedanken wanderten zurück zu seinem liebeskranken Freund.

Schliesslich gab er ein entnervtes Grunzen von sich, schnappte sich sein schnurloses Telefon und tippte die Nummer ein.
 

* * *
 

Kaoru starrte an die Decke über ihm. Noch keine neuen Wasserzeichen.

Seine Augen drifteten zum Fenster gegenüber seinem Bett. Keine Vögel heute Nacht. Und auf einmal konnte er dem Drang nicht mehr wiederstehen und liess eine einzelne Träne seinen wässrigen Augen entrinnen und lachte.
 

* * *
 

"Moshi moshi". Unterdrücktes Gähnen.

Shinya lächelte, seine langen Finger spielten mit bewundernswerter Gewandtheit mit einem Stift.

"Shinya desu".

"Oh hey". Shinya hörte zufrieden das leichte Grinsen. "Was gibt's?".

"Nichts besonderes...".

"Klingt spannend".

Angenehme Stille. Der Braunhaarige lauschte dem schwach hörbaren Atmen.

"Ich wollte dich etwas fragen".

"Sou? Schiess los...".

"An wen denkst du, wenn wir unsere Songs spielen?".

"An wen?".

"Ja".

Eine Pause. Er hatte dies erwartet und horchte, wie die Atmung sich fast unmerklich änderte.

"Diese Gefühle, die immer unsere Herzen erzittern liessen. Ängste, die wir nie ausgesprochen haben. Dinge, über die wir nachgedacht, aber nie getan haben. Ich glaube, ich denke nie wirklich an etwas Spezielles. Nur daran, was der Song mir bedeutet".

"Für einmal bist du verständlich".

"Nur weil du Shinya bist". Verspielter, ausweichender Tonfall.

"Freust du dich auf morgen?".

"Kommt drauf an. Welches ,morgen'?".

"Hm?".

"Welches ,morgen'?".

"Probe".

"Oh. Ja, klar. Warum zum Teufel nicht".

"Darf ich dich morgen küssen?".

Shinya grinste in sich rein, als er sich vorstellte, wie das Pink sich auf den runden Wangen ausbreitete.

"Ich kann ganz gut atmen, danke".

"Baka".

Leises Lachen.

"Ich will nicht zu direkt sein".

"Keine Sorge - du verwirrst mich eh schon genug".

"Shinya".

"Hm?".

"Wenn aus meiner Nase graue Haare wüchsen, meine Bauchspeicheldrüse zum Mund rausschaute und meine Augen aus ihren Höhlen träten - würdest du mich immer noch lieben?".

"Ja".

"Warum fragst du dann?".

"...". Lächeln. "Du bist unmöglich".

"Ich gebe mir Mühe. Dann bis morgen, ne? Ich geh jetzt schlafen".

"Gut, du hast es nötig. Nimm diese Pillen, wenn du immer noch Probleme hast".

"Aa, aa...Bai".

"Ja ne".
 

* * *
 

"Brauchst du ein Hustenbonbon? Ich hab Kirsche und Minze".

"Nah, nur etwas Wasser. Fühle mich heute etwas trocken".

"Bedien dich", grinste Toshiya.

"Gute Arbeit, ne? Ich glaube, wir sind gut in Form. Aber Jungs, entgegen jedwelcher vorgefassten Meinungen, wir MÜSSEN pünktlich beim Bus sein. Zugegeben, wir können nicht abfahren, bevor nicht alle dort sind, aber alle werden sich nerven, und ich denke kaum, dass euch das passt. Besonders dir, Toshiya".

Toshiya zeigte ein süsses Grinsen.

"Hai!".

Kyo kicherte, und Die grinste.

"Ja, ihr müsst echt eure Wecker stellen. Ich halte es nicht für klug, die Staff-Leute erneut zu nerven, indem ihr drei Stunden zu spät auftaucht", erklang Shinyas belehrende Stimme.

"Mou, ich hab doch gesagt, der Zug hatte Verspätung!".

"Was hast du in dem kleinen, abgelegenen Vorort eigentlich gemacht?".

"Die-chan, ich hab mir meine Mandeln von einem sehr...".

"Ich will diese Geschichte nicht schon wieder hören!".

Kaoru lachte und schnitt Toshiyas Hentai-Stimme ab.

"Also, alles was ich zu sagen habe ist, seid pünktlich, seid bereit zur Abfahrt, und am Schluss werde ich zählen, ob alle da sind".

"Ja, Anke-sama", fiel Kyo sarkastisch ein.

"Ehm...hat irgendwer die neue Gameboy-Version von ,Tekken 5'?".
 

* * *
 

Ein. Aus. Ein. Aus.

Blasen.

Herumwirbelndes, sich drehendes Violett im Dunkeln. Undeutliches, pulsierendes Schwarz, übergreifend auf silberne Strahlen und Violett. Sich veränderndes, willkürliches Flimmern, eingewebt in die sich bewegende Masse. Eine zärtliche Berührung, sanft und leer, vergangen, bevor man sich daran erinnern kann. Trost, so scheint es, ist fliessend und unsicher in Zeiten wie diesen - jedoch nicht ohne Erwartung und kurzzeitiger Erfüllung. Einheit, das Gefühl von Anpassung. Einigkeit und Unklarheit, ein gesichtsloser Teil eines formlosen Puzzles, geregelt durch namenlose Nervenzellen.

Äther und arsenhaltige Flüssigkeit tropfen von den Eiern von Glühwürmchen in die Tiefe. Ein Windstoss, energisches Ausscheiden von Violett und mehr glühende Tropfen. Ein endgültiges Zucken und verfemte, orange Flocken schliessen sich ihren Grabbrüdern an.
 

Kyo starrte in den Himmel und versuchte herauszufinden, wie er genau fühlte und was dies bedeuten würde. Die schwarz geschminkten Lippen pressten sich einen Moment zusammen. Seine Gedanken irrten umher, er versuchte, dem Entschluss seines Herzens auszuweichen.

Gab es einen Grund, ängstlich oder vorsichtig zu sein?

Er verlagerte sein leichtes Gewicht auf seinen linken Fuss, die Kälte störte ihn nicht. Es wurde nun bei Nacht schon extrem kalt, doch ihn belasteten andere Dinge.

Besonders jene, die einen Einfluss auf die diese Woche startende Tour haben würden - eine Tour, die mehrere Woche dauern und in Studio-Lives und Interviews übergehen würde.

Der kleine Blonde seufzte. In solch stressigen Zeiten wünschte er sich, sein Kopf würde in einen Schraubstock passen, und eine überaus gütige Seele würde diesen anziehen. Fest.

Wenn er sein Bühnen-Makeup trug, fühlte er sich wesentlich entspannter, selbstsicherer und stärker. Wahrscheinlich war es dieses gottähnliche Gefühl, das ihn durchströhmte, wenn er Tausende mit nur seiner Stimme und seinen Worten rumkommandierte, das seine Sicherheit auf einen einigermassen angemessenen Stand brachte. Oder vielleicht war es auch einfach nur die Anonymität, die ihn zu dieser Verwegenheit verleitete. Es konnte aber genauso gut sein, dass es half, eine Maske zu tragen, sei sie nun abwischbar oder nicht.

Dies mochte erklären, warum er sie nun trug, offstage.

Hör auch zu labern, du lenkst mich ab! [/i|

Kyos ruhelose Gedanken hielten inne und liessen sich auf dem momentan wichtigsten Thema nieder. Seine grossen, dunken und unbeschreiblich süssen Augen schauten auf zum pulsierenden Dreiviertel-Mond. Getränkt in das sanfte Licht schien seine kleine Gestalt in der nächtlichen Luft zu schweben. Verführerisch und dennoch einschüchternd umschlang die Abendbrise seinen Körper, während er in sich ging und in sich hineinhorchte.

Kann ich glücklich sein?

Er war beinahe zu skeptisch, wollte die Antwort nicht hören. Karrierenmässig hatten sich seine Träume erfüllt. Was das Familienleben anging, lagen die Dinge so, wie sie nun mal lagen, und sie würden sich nicht ändern - es spielte ihm so oder so keine Rolle. Seine Kindheit, alleine verbracht, weg von Zuhause, nahm er als Rechtfertigung für seine Wut und seine Leistungen. Sollte er also nicht glücklich sein?

Nein. Egal, wie viele Fremde einen lieben, man wird trotzdem ganz schnell daran erinnert, dass man für sie ebenfalls ein Fremder ist. Niemand kennt einen. Niemand hört zu, durchschaut einen oder kümmert sich um einen. Und niemand will einen...

Aber...

Kyo sah ein, dass es nach Jahre dauerndem Selbsthass, Unglauben und geringem Selbstbewusstsein schwierig war, einen Keim zum Blühen zu bringen. Eine Idee, ein Gedanke, Hoffnung und Vertrauen.

Vorallem Vertrauen.

Doch wie es schien, war Vertrauen diese Nacht überflüssig. Alles, was es brauchte, war Neugier und Mut. Viel viel Mut.

Der kleine Sänger seufzte noch einmal. Seine Gedanken waren nicht sehr ergiebig, doch mit ihnen verging die Zeit und gestatteten ihm für einen Moment die Befreiung von seinen Sorgen. Ganz schön komisch, wenn man bedachte, dass dies alles war, worauf er sich konzentrierte...

"Oh, hey. Ich hab dich nicht so früh erwartet. Du solltest echt damit aufhören, es ist scheusslich für deine Lungen und deinen Hals. Das gilt übrigens auch für mich".

Kyo warf einen Blick auf die Zigarette in seiner Hand und zuckte die Schultern. Er liess den Glimmstengel zu Boden fallen und drückte ihn schnell mit seinem Schuh aus.

"Wollte nur die Zeit töten".

"Verstehe. Komm schon rein - es wird ganz schön kalt in der Nacht. Du holst dir noch ne Erkältung, und Kaoru würde uns nie verzeihen, ne?".

Ein sanftes, wärmendes Lächeln.

"Aa, aa. Shinya...".

"Hm?".

Kyo sah erneut rauf zum Himmel, und Shinya folgte seinem Blick.

"Als ich heute Nachmittag zu meinem Auto ging, sah ich einen Wagen an mir vorbeifahren. Er raste vorbei und wenn ich nicht angehalten hätte, wäre ich ganz schön aufgeschmissen gewesen. Alles, woran ich denken konnte, war: ,Seine Windschutzscheibe muss voller toter Käfer und Därme sein. Schränkt das die Sicht nicht sehr ein?'. Findest du das seltsam?".

"Wenn es von dir kommt - nein. Komm rauf, ich wärme uns ne heisse Schokolade in der Mikrowelle". Shinya löste sich aus seiner Haltung und machte die Tür auf.

Kyo schweig und bedachte ihn mit einem nachdenklichen Blick, bevor er die Tritte raufstieg und durch die ihm aufgehaltene Tür eintrat. Der Schlagzeuger folgte ihm, sein sanfter, feuchter Atem wärmte Kyos Nacken.
 

* * *
 

Es liess ziemlich tief blicken, doch es war etwas, das hatte gehört und gesagt werden müssen.
 

~ ~ ~
 

"Sou? Klingt für mich, als hättest du ein Problem".

"Nicht unwahr".

"Und wie wirst du mit ihm während der Tour umgehn?".

"Du kennst ihn. Ich werde nie so genau wissen, was sich hinter diesen Augen abspielt".

"Wer tut das schon?".

"Genau".

Seufzen.

"Schau mal, er ist wenigstens ehrlich, ne? Du wirst es wissen, wenn es ihn belastet - shit, wenn überhaupt einer von uns ihn durchschaut, dann bist es DU".

"Er ist nicht einfach zu verstehen".

"Genausowenig die Bibel, aber es gibt immer noch Leute, die sie lesen. Also musst du dran bleiben und nicht schwächeln".

"Gomen...ich bin einfach nur müde...und diese ganze Sache...".

"Lass nur...also bist du dir einigermassen sicher?".

"Ich denke schon. Nur...eine Beziehung mit einem Mann ? Das hatte ich noch nie. Ich versuche, mich immer noch an die Vorstellung zu gewöhnen, dass ich sowas mit nem Typen getan habe, und dann erst noch mit meinem besten Freund".

"Mach kein Dilemma draus. Was passiert ist, ist passiert. Konzentriere dich auf das Jetzt. Und überhaupt, das Geschlecht ist unwichtig, wenn die Gefühle echt sind".

"Ist es für dich so?".

"Ich sehe ihn nicht als ,weiblich' oder ,männlich'".

"Ich glaube, ich weiss, was du meinst".

"Also, was hält dich denn dann noch auf?".

"Angst".

"Baka! Du weisst doch, dass du nicht zurückgewiesen wirst!".

"Das ist es nicht".

"Was dann?".

"Ich hab Angst, dass, wenn ich das hier kaputtmache, ich die Chance vergeben habe, für den Rest meines Lebens glücklich zu sein".

"Bist du tatsächlich so unsicher?".

"Ich tendiere dazu, die falschen Dinge zur falschen Zeit mit den falschen Leuten zu tun".

"Wer tut das nicht?".

"Ich wünschte, du wüsstest auch nur die Hälfte davon...".
 

~ ~ ~
 

Flammen breiteten sich auf dem weissen Laken aus. Tiefgründige Augen blinzelten. Der Schlaf war weit weit entfernt.
 

[Motion 12- Zeroing]

Wow, long time no update! Sorry!
 

Weiterhin viel Spass beim Lesen - obwohl dieses Kapitel eigentlich nicht sehr lustig ist... T.T
 


 

[© Clees; übersetzt von eurydike]
 

"Kannst du bitte aufhören?".

"Warum?".

Toshiya wandte dem Bett den Rücken zu und wählte weiterhin umsichtig T-Shirts aus. Auf eine Anweisung von Kyo hin, die er immer befolgte, nahm er nie zu viele Kleider mit auf Tour. Während er so ein paar Möglichkeiten abwägte, fühlte er Augen Löcher in sei-nen Rücken starren.

Toshiya seufzte. Es war bestimmt nicht das letzte Mal, dass sie aus Karrieregründen von-einander getrennt wurden, doch es war das erste Mal. Und Toshiyas Liebhaber machte es auch nicht gerade einfacher.

Der nun schwarzhaarige Bassist drehte sich um und schaute ihn an. Ryutaro blickte zu-rück und hob schweigend seine Arme.

Toshiya liess das Shirt, das er gerade in der Hand hielt, sinken, ging schnell rüber und liess seine eigenen Arme um Ryutaros Nacken gleiten, während der Sänger ihm um die Taille fasste. Toshiya strich beruhigend über die Haare seines Liebsten. Ryutaro lehnte gleichzeitig seine Stirn an Toshiyas Herz.

"Musst du wirklich gehen?".

Toshiya seufzte erneut. Diese kindische Frage hatten sie während der letzten paar Tage immer wieder diskutiert. Als er Ryutaro zum ersten Mal von der kommenden Tour erzählt hatte, hatte der Sänger nur ruhig genickt und gelächelt. Doch als die Tage verstrichen und Toshiyas Abreise immer näher rückte, war Ryutaros aufgesetzte Ruhe zusammen-gebrochen. Es war nur eine Nacht her, wo Toshiya durch Ryutaros hysterisches Schluch-zen geweckt worden war. Ein paar Plazebo-Pillen aus Zucker hatten ihn wieder beruhigt, und als Toshiya ihn fragte, was los sei, hatte er nur gesagt, da wäre ein Monster unter dem Bett. Dieses Monster war scheinbar verschwunden, sobald Toshiya aufgewacht war.

Leben mit dem exzentrischen Schönen war nicht einfach, aber es war überaus interes-sant. Toshiya hätte es nicht anders gewollt, obschon es Situationen wie diese doch sehr schwierig machte.

"Ryu, du weißt, ich muss. Fangen Tadashi und du nicht schon bald an, am neuen Material zu arbeiten?".

"Aa".

"Dann wirst du höllisch beschäftigt sein, und ich werde nicht da sein und dich ablenken".

Toshiya lächelte, als Ryutaro sich zurückneigte und ihn unsicher ansah. Der Bassist liess seine schwieligen Finger sanft und liebevoll über die weiche, glatte Wange gleiten.

"Ich will trotzdem nicht, dass du gehst".

"Offensichtlich, ne", grinste Toshiya.

Ryutaro lächelte schwach und liess von ihm ab.

Toshiya drehte sich um und kümmerte sich wieder um sein zu Boden gefallenes Shirt. Er hob es auf und warf einen Blick zurück auf seinen mürrischen Geliebten.

"Singst du für mich?".

Ryutaro blinzelte.

"Bitte? Damit ich während der Zugfahrt was Angenehmes anzuhören habe".

Ryutaro öffnete den Mund.

Toshiya suchte weiter Kleidung zusammen und lauschte dabei verträumt der leisen, ho-hen Stimme. Er fühlte sich schuldig, doch er hatte keine Wahl. Sie beide hatten Verpflich-tungen, mit denen sie nun mal leben mussten.

Ein Frieden erfüllte ihn, und er faltete gelassen den Stoff.

Er schwelgte im Gefühl von von ganzem Herzen kommender Liebe. Sein Herz war voll und ganz in den Händen des Sängers, und Ryutaros Herz lag in den seinen. Er wusste nicht genau, was sie beide zusammenhielt, doch er wusste, dass er sich verändert hatte. Er war nicht mehr länger ungeduldig und unfähig zu verstehen, sondern spendete still und leise Trost und dämpfte die selbstzerstörerischen Gedanken und Gewohnheiten sei-nes Geliebten. Ryutaros tiefgründige Seele, seine alles überstrahlende Bestimmung und Bedeutung hatten von ihm Besitz ergriffen, inspirierten ihn, gaben ihm Halt. Toshiya war nicht mehr die ziellose Mitläufer-Hülle, die er mal gewesen war.

Ryutaro war sein Lehrer, sein Verteidiger und sein Teich. Toshiya war darin unterge-taucht, mit einem Lächeln auf dem Gesicht.

Warme Finger strichen seiner Taille entlang, über seinen Unterleib, und riefen ihn wieder zum Wesentlichen zurück. Er fühlte Ryutaros feuchten Atem sanft auf seinem Nacken und lächelte. Zufrieden lehnte er sich in Ryutaros lange Arme zurück.

"Willst du morgen im Zug schlafen?".

"Tief und fest...".
 

* * *
 

Es regnete. Schon wieder.

Zum Glück waren alle pünktlich, und alles lief wie geplant. Sie stiegen in den Bus, der sie zum regionalen Hauptbahnhof bringen sollte. Von dort würden sie einen der Frühzüge nehmen, in dem ein Wagen ganz allein für sie reserviert war. Als sie es zu Beginn einer Tour einmal mit einem ganz normalen, für jedermann zugänglichen Zug versucht hatten, waren sie danach alle müde und launisch gewesen und hatten schlimme Handkrämpfe gehabt.
 

Natürlich war Kaoru als erster da gewesen und hatte geholfen das zu packen, was noch übrig war. Dann wartete er im feinen Nieselregen auf seine Bandkollegen. Shinya kam als nächster, nickte Kaoru schweigend zu und stieg in den Bus. Dann tauchte Die auf, mit dunklen Ringen unter den Augen, aber einem positiven Lächeln auf dem Gesicht. Er blieb eine Weite draussen bei Kaoru stehen, eine Hand in seine Sweatshirt-Tasche vergraben, und rauchte. Für ein paar Minuten quatschte er ganz locker mit dem kleineren Mann, doch dann wurde es ihm in der Feuchtigkeit zu ungemütlich und er suchte drinnen bei Shinya Zuflucht. Danach kam Toshiya, seine Augen hatte er hinter kleinen, dunklen Bril-lengläsern versteckt. Er begrüsste Kaoru mit einem schwachen Lächeln und stieg schnell ein, er zitterte. Ein paar Minuten später kam Kyo atemlos angerannt und machte seinem Ärger über einen fehlerhaften Wecker Luft (obwohl eben dieser Wecker in etwa die Grös-se einer Pfanne hatte). Leicht errötet und mit pinken Wangen stieg Kyo ein. Es konnte losgehen.

Die und Shinya waren in ein leises Wortgeplänkel vertieft, welches von den anderen lie-bevoll überhört wurde. Kaoru schloss die Augen und versuchte, noch eine Weile zu schla-fen, bevor am Bahnhof dann die Tortur mit dem Umsteigen - erst noch mit all ihrem Ge-päck - losgehen würde. Kyo starrte hinaus auf die vorbeiziehende Landschaft. Er war ganz in Gedanken versunken und seine Finger drehten sein silbernes, rundes Lippenpier-cing abwesend im und gegen den Uhrzeigersinn. Toshiya schaute ebenfalls aus dem Fenster, sein Kinn auf die Handfläche gestützt, seine Finger bedeckten den Mund und be-rührten seine Nasenspitze.

Die Sonne war noch nicht aufgegangen. Ein helles Blau durchtränkte den kleinen Bus. Nichts war zu hören ausser leises Gemurmel.
 

* * *
 

Kaoru warf Kyo einen amüsierten Blick zu. Der Sänger schlief tief und fest, die Kopfhörer fest aufgesetzt, sein Kinn aufs Schlüsselbein geneigt. Kaoru wendete seine Aufmerksam-keit den anderen Leuten im Zug zu. Shinya sass alleine da, hörte Musik und schlug dazu mit den Fingern einen Takt auf seine dünnen Oberschenkel, den nur er hörte. Toshiya sass zusammen mit Die, und die beiden sprachen so leise, dass Kaoru nur ihre Stimmen, nicht aber ihre Worte hören konnte.

Der violetthaarige Gitarrist schaute ohne wirkliches Interesse zurück auf das Börsen-Magazin in seinem Schoss. Es war immer noch zu früh für ihre übliche Witzereiss- und Rumalber-Phase, die meist von der "Wir langweilen uns zu Tode"-Phase abgelöst wurde.

Er seufzte ruhelos und steckte das Magazin zurück in seine Tasche. Dann schaute er noch einmal zu Kyo rüber. Und beneidete ihn.

Schau dir den an. Schläft glückselig vor sich hin, und die Zeit vergeht mühelos. Ver-dammt, wäre ich doch nur auch narkoleptisch veranlagt...

Er grinste.

Naja, wenigstens sabbere ich nicht...

Auf einmal hatte Kaoru das deutliche Gefühl, dass ihn jemand beobachtete. Er guckte über seine Schulter und sah, wie Mandelaugen ihn ausdruckslos betrachteten. Als Shinya seinen Blick erwiederte, nahm Kaoru die Einladung an und stand auf. Er ging an Die und Toshiya vorbei und lächelte die beiden an, als Toshiya ihm ein kleines, schuldbewusstes Grinsen schenkte. Dies konnte nur bedeuten, dass er mit Die über etwas sprach, worüber Kaoru nicht Bescheid wissen sollte. Die lächelte strahlend, und dies wärmte Kaoru. Er er-wiederte das Lächeln bevor Die sich wieder der privaten Unterhaltung zuwandte.

Shinya nahm wortlos seine Tasche von einem der Sitze, stellte sie auf den Boden und rutschte rüber. Beinahe anmutig nahm er seine Kopfhörer ab und Kaoru erkannte das Schlagzeugsolo eines X JAPAN-Songs, den er sich schon ewig nicht mehr angehört hatte.

Kaoru setzte sich und die beiden sahen einander an.

"Wolltest du mit mir reden?", begann Kaoru auf eine ruhige, brüderliche, ermunternde Art.

Shinya nickte.

"Ich brauche deine Meinung zu etwas...".

"Klar, schiess los".

"Werden diese Wochen gut laufen?".

Kaoru blinzelte und antwortete ganz automatisch.

"Natürlich werden sie das, solange wir uns konzentrieren".

"Das meinte ich nicht. Hast du es denn nicht bemerkt?".

Shinya blickte in die Runde.

"Was bemerkt?".

"Toshiya vermisst Ryutaro bereits. Und ich...Kaoru, es ist doch offensichtlich, dass alles heikler geworden ist. Wir alle haben uns verändert, irgendwie...".

Kaoru nahm diese Worte auf, dachte darüber nach und musste schliesslich zugeben, dass Shinya recht hatte.

"Das hat was...".

"Aber ich bereue es nicht. Jetzt nicht".

"Ich wünschte, ich könnte dasselbe sagen...".
 

* * *
 

Die Zugfahrt war lang und qualvoll. Nachdem sie alle eine Zeitlang wach waren, hatten sie sich nicht damit zufrieden gegeben, auf nur einem Sitz sitzen zu bleiben. Stattdessen verteilten sie sich und sprangen von einem Ort zum andern, bis ein bestimmter Platz ih-nen zusagte. Shinya sass neben Kyo, der ihm halb neugierig, halb gelangweilt zuschaute, wie er ein Game spielte. Der Schlagzeuger neigte den kleinen Computer geistesgegen-wärtig so, dass der Blonde das Spiel verfolgen und Ratschläge dazu geben konnte, die Shinya aber schlauerweise nicht befolgte.

Kaoru hatte Karten mitgebracht und spielte nun zusammen mit Toshiya Poker. Und natürlich spielten sie um einfache Münzen anstelle vom ganz grossen Geld. Die war schon nach ein paar Runden ausgestiegen; er hatte erkannt, dass er seine Meister gefunden hatte. Kaoru und Toshiya plauderten unverfänglich, witzelten und beschimpften einander wie üblich, indem sie einander an Vulgarität zu überbieten versuchten. Wenn ihnen die Ideen ausgingen, steuerte Kyo unbewusst etwas bei, das die beiden wieder für einige Zeit bei Laune hielt.

Währenddessen hatte sich Die auf den kleinen, sofaähnlichen Sitzen im hinteren Teil des Waggons ausgestreckt. Mit dem Arm über den Augen und den aufgesetzten Kopfhörern ausgerüstet war er wohl gerade dabei, einzuschlafen.

Sie waren nicht so lebhaft wie sie es normalerweise waren. Doch wenn man bedachte, dass sie gerade anstrengende Aufnahmen hinter sich gebracht hatten und gleich danach auf Tour gehen mussten, war dies wohl nur zu verständlich - ihre inneren Uhren hatten sich dem neuen Rhythmus noch nicht angepasst. Doch sie beschwerten sich nicht, son-dern dümpelten in Lethargie, wo Kopfschmerzen sich bereits bemerkbar machten, aber doch noch nicht vollkommen zu spüren waren.

Es war stockdunkel, als sie endlich ihr Ziel erreichten. Da sie Nachtmenschen waren, wa-ren sie nun wieder etwas wacher, jedoch nicht genug, um geistreiche Unterhaltungen zu führen. Dieses Gefühl von Trägheit würde sich erst verflüchtigen, nachdem sie eine Nacht lang geschlafen hatten.

Sie schleppten sich zum Bus, der sie ins Hotel bringen sollte, und diskutierten alle zu-sammen (mit dem Busfahrer) über den Nutzen und die Brauchbarkeit von Gummi-Nippeln.

Angekommen, schleppten sie sich ins Hotel, wo sie eine Stunde warten mussten, bis das Check-in erledigt war. Wie immer waren schon einige ihrer Zimmer weitergegeben wor-den, obwohl sie genau so viele Zimmer reserviert hatten, wie sie brauchten. Dies bedeu-tete, dass einige sich zusammentun mussten. Und da ihre Mitarbeiter nicht unbedingt dazu bereit waren, erklärten sich die Bandmitglieder, wie schon so oft, bereit, Zimmer zu teilen. Shinya bestimmte meistens die Verteilung, und Kaoru teilte sie den anderen mit.

Kyo, Die und Toshiya waren schlichtweg tot. Kyo müde von der Reise, Die von einer schlaflosen Nacht, und Toshiya einfach nur emotional und körperlich am Boden. Und kei-ner von ihnen campierte gern. Kyo knurrte leise und stampfte frustriert mit dem linken Fuss. Die hatte sich in sein Schicksal gefügt und sich in einen der sofaartigen Sessel in der Lobby plumpsen lassen. Toshiya lehnte an der Wand und kämpfte gegen den Schlaf.

Shinya wandte sich von der hilflosen Person an der Reception ab und ergriff sanft Kaorus Arm. Der Violetthaarige schaute ihn erwartungsvoll an. Er liess seinen Blick über die drei Halbtoten und ihre umherstreunende Crew schweifen. Dann seufzte er.

"Ich hasse Hotels...".

"Du siehst fertig aus. Du teilst dein Zimmer mit Die, ich mit den anderen beiden. So kriegst du wenigstens etwas Ruhe".

Kaoru lächelte über die leise Besorgnis in Shinyas tiefer Stimme. Es war wohlbekannt, dass Toshiya im Schlaf redete, wenn er müde zu Bett ging, und Kaoru schlief nie sehr tief. Trotzdem machte sich eine traurige Ironie in seinem Herz breit.

"Du hast recht. Wie kommt es, dass du immer noch so munter bist?".

Kaoru war nur noch aufgrund seiner Verbissenheit und Willenskraft einigermassen wach.

Shinya lächelte schwach.

"Ich rauche nicht, und ich ernähre mich wesentlich gesünder als der Rest von euch".

"Nimmst du die Zimmerschlüssel? Ihr kriegt ein Rollbett in euer Zimmer, oder?".

"Ja, mach dir keine Sorgen. Ich werde mich hier unten um alles kümmern. Geh nur schlafen".

"Bist du...".

"Kaoru, lass mich für einmal der Vater sein. Geh. Ich denke, ich bin verantwortungsvoll genug, das hier alles zu erledigen".

Shinya schenkte ihm ein kleines, warmes Lächeln. Kaoru nickte dankbar und nahm die Schlüssel entgegen.

"343 ist Dies und dein Zimmer, 345 ist unseres. Ich lasse mir nen Zweitschlüssel geben, die anderen beiden können also abschliessen. Wir sehn uns morgen früh".

Shinya wandte sich wieder um, um dafür zu sorgen, dass jeder ihrer Mitarbeiter ein Zimmer bekam, und generell nach dem Rechten zu sehn, so dass die Band wusste, was abging.

"Nacht".

Kaoru drehte sich um und ging dahin, wo die anderen Musiker warteten.
 

* * *
 

Hineingleiten. Einrasten. Akzeptiert. Quietschen. Rausziehen. Weg. Leise Schritte, ein leichter Körper. Metall auf Holz. Kein Licht, aber leise auf den Boden gestelltes Gepäck. Vorsichtig.

Kyo spähte zum Rollbett, das beim Fenster an der Wand stand. Toshiya schlief bereits tief und fest, und so, wie er ihn kannte, würde er das auch die ganze Nacht bleiben.

Die Matratze bewegte sich und die Bettlaken wurden aufgeschlagen. Im ruhigen Zimmer klang dies so laut wie das Quietschen von Kreide auf einer Wandtafel in der Schule. Da-nach war nicht mehr viel zu hören. Die Gestalt neben ihm lag still da.

Kyo drehte sich auf die Seite.

"Shin-shin?".

Flüstern.

Shinya liess seinen Blick zu der gedämpften Stimme schweifen. Dunkle Augen glitzerten ihm in der Dunkelheit des Raumes entgegen. Er lächelte schwach, erschöpft. Dann dreh-te er sich ebenfalls auf die Seite, wandte sich Kyos verborgenem Gesicht zu.

"Aa?".

"Alles okay?".

"Natürlich. Wir kriegen alle Frühstück umsonst".

"War das nicht eh schon inbegriffen?".

"Aber nicht aufs Zimmer".

"Oh...".

Es wurde wieder still. Einer betrachtete weisse Reinheit unter unsichtbaren, unsauberen Fingern, der andere runde Süsse.

"Shinya, ich mag keine Rollbetten. Ich krieg davon Rückenschmerzen".

"Ich weiss".

"..."

"Kyo".

Die Augen des Blonden fuhren auf und suchten Shinyas, als dessen starke Finger sich zum Liebkosen ausstreckten. Kyo hielt still und entschied sich dann, die Augen zu schliessen. Shinyas Fingerspitzen wanderten über die zuckenden Augenlider, die breite Nase und dann ganz sachte über die weichen Lippen. Kyo teilte sie, um einen kalten Atemzug zu nehmen, doch blies stattdessen entschuldigend warme Luft über die Finger.

Seine Augen öffneten sich und trafen auf Shinyas lächelnde. Er rutschte näher, beugte den Kopf etwas nach unten. Shinyas lange Finger fanden und hielten Kyos kleine Hand, ineinander verschränkt. Behaglichkeit durchströmte ihn und seine Mandelaugen fielen ihm langsam zu, als der Schlaf ihn übermannte.

Kyos Ohren lauschten den konstanten Tönen von Shinyas Leben, bis sein alter Freund ihn wieder entführte. Die Laken hatte er bis zu den Augen hochgezogen.

Sogar im Schlaf zauberte das Gefühl von schlanken Fingern, die sanft seine Hand in heimlicher Zuneigung umschlossen, ein ungewöhnliches, sanftes Lächeln voller melancholischer Freude auf sein Gesicht.
 

* * *
 

Sobald sie unter den Scheinwerfern standen, fühlten sie sich alle urplötzlich wieder in ih-rem Element. Die Grösse der Hallen schüchterte sie nicht mehr ein, und beeindruckte sie auch nicht länger, sondern machte ihre Aufregung stattdessen nur noch grösser. Sie wa-ren wieder im angenehmen, aber anstrengenden Rhythmus der Tournee. Hotels gingen in andere Hotels über, und jede Nacht wurde gefeiert. Jeder frühe Morgen, wo gepackt wer-den musste, war schmerzhaft und voller Gegrunze. Die langen Reisetage wurden mit Spielen, Gesprächen, Einfällen, Witzen, Streichen und Schlaf untermalt. Sie waren schon etwas mehr als zur Hälfte durch den ersten Monat der Tour. Die Zeit schien entweder un-glaublich schnell oder quälend langsam zu vergehen.
 

* * *
 

"Aaaaaahhhhh".

"Genug gegähnt".

"Sorry...".

Toshiya hielt verlegen die Hand vor den Mund und wechselte einen kurzen Blick mit Kyo, der ähnlich zerzaust aussah. Der Blonde lächelte ihm zu, doch seine Aufmerksamkeit richtete sich schnell wieder auf Kaoru. Shinya kam auf ihn zu und bot dem Sänger einen kleinen Becher Kaffee an. Kyo lächelte dankbar und nickte. Der Schlagzeuger rauschte an Toshiya vorbei und reichte ihm dabei den anderen Becher.

"Die?"

"Ja, bin bereit".

Aufeinanderfolgende Soundchecks sind scheisse...

Toshiya lehnte sich auf den Boden zurück, verlagerte sein Gewicht bequem auf die Un-terarme. Während er an der dickflüssigen, koffeinhaltigen Herrlichkeit nippte, wanderten seine schönen Augen über das schon fast unangenehm vertraute Setup. Die spielte etwas auf seiner Gitarre, ging umher und testete, ob sein Amp und andere Gerätschaften funk-tionierten. Kaoru sprach mit den Typen, die alles aufeinander abstimmten, und lauschte unglaublich aufmerksam Dies Sound. Toshiya schnaubte.

Es ist ja nicht so, dass wir das nicht schon tausendmal getan hätten! Wah, ich will Ryu anrufen...

Der schwarzhaarige Bassist stöhnte. Schon jetzt vermisste er seinen reizenden Koi - und es waren doch erst zwei Wochen der dreimonatigen Tour durch. Er versuchte, fröhlich zu sein, und dies fiel ihm nicht allzu schwer, weil die anderen immer versuchten, seine Lau-ne zu heben. Doch es war immer noch deprimierend.

Müde liess Toshiya seinen Blick vom umherschwirrenden Die rüber zu seinen zwei ande-ren Bandkollegen wandern. Kyo und Shinya sprachen leise in der Nähe von Shinyas Schlagzeug zusammen. Kyo sass auf dem Podest, sein Kaffee stand, von einer Hand festgehalten, auf der stabilen Fläche zwischen seinen Beinen. Shinya stand vor ihm und nickte leicht. Sein langes Haar fiel ihm dabei leicht ins Gesicht. Geistesgegenwärtig strich der Schlagzeuger es zurück und nippte an seinem Becher, während er Kyo anschaute und ihm zuhörte. Sie befanden sich in ihrer eigenen, kleinen Welt. Fast so, als hätte eine Bla-se die beiden umschlossen. Das Lächeln, das sie tauschten, war beinahe zu sanft, deute-te zuviel an.

Toshiya fühlte, wie die Ecken seiner Lippen nach oben wanderten. Die beiden passten wirklich zusammen, auf eine ganz bizarre Art. Zu wissen, dass die beiden eng zusam-mengewachsen waren und Kyo nun jemanden hatte, auf den er sich verlassen konnte, wärmte sein Herz. Er seufzte, tief.

Wie ich und Ryutaro. Nur musste niemand Ryutaro verletzen, damit ich ihn haben konnte...

"Toshiya?".

Der gutaussehende Bassist lächelte und erhob sich.

"Komme".

Und er zupfte sorgfältig, während er auf der ganzen Bühne umherwanderte.
 

* * *
 

"Brrr...shit, ist das kalt".

Kyo fröstelte, rieb seine behandschuhten Hände aneinander und atmete geräuschvoll in der eiskalten Luft.

Die warf ihm einen Blick zu und nickte. Er dehnte seine Hände ein paar Mal und hob dann zwei Finger, um die Zigarette aus seinem Mund zu nehmen.

"Gibst du mir Feuer? Verdammt, ich spüre meine Zehen kaum noch. Freue mich schon auf die Scheinwerfer", sagte Kyo abwesend. Seine tauben Finger fummelten eine Zigaret-te aus seiner Tasche. Er hielt sie dem Rotschopf hin, der sie mit seinem Feuerzeug an-zündete. Beide wandten sich um, betrachteten wieder den vollen Parkplatz. Die Sonne war schon halb untergegangen.

Kyo atmete gefährliche Chemikalien aus und blinzelte. Seine Augen taten ihm etwas weh.

Hätte mit dem Puder wohl nicht so leichtfertig umgehn sollen. Meine Augen werden nachher gehörig brennen. Tja...

Die schnippte ruhig die Asche von seinem Glimmstangel und betrachtete den Beton unter seinen Sohlen.

"Die erste Show der Tour".

"Uh-huh".

"Erstes Livekonzert seit einer geraumen Zeit. Erste Vorstellung des neuen Albums".

"Yep".

"Neue Kostüme, neuer Bühnenaufbau, neue Shows, grössere Hallen".

"Die, bist du nervös?".

Die schaute rüber, sah das spitzbübische Lächeln auf dem Gesicht des Sängers und lä-chelte zurück.

"Du nicht? Du warst in letzter Zeit etwas heiser...".

"Nah. Mir geht's gut, solange ich ein Meer von Leuten vor mir habe. Fühle mich dort oben wie zuhause. Darauf habe ich mich gefreut, seit ich das letzte Mal von einer Bühne ge-stiegen bin".

Kyo zuckte die Schultern und nahm einen Zug.

"Ich glaube, du lügst", neckte Die und stupste ihn an. "Du zitterst ja".

Der kleine Blonde schenkte ihm einen finsteren, dramatischen Blick und legte seine Arme um seinen eigenen Körper.

"Es ist kalt, du Depp".

"Dieses Jahr ist es früh kalt geworden".

"Mmm".

Sie rauchten eine Weile ruhig vor sich hin. Beide machten sich Gedanken über das Kon-zert, das in 33 Minuten losgehen würde. In der Halle gab es keine Rauchverbote, doch sie fühlten sich schlecht dabei, in so einer schönen Lokalität zu rauchen. Zudem wollte Die eine bestimmte Person meiden, und Kyo wollte Shinya nicht belästigen. Schliesslich mussten sie alle mit dem gleichen kleinen Backstage-Raum vorlieb nehmen.

"Machst du dir Sorgen?".

"Worum?".

Kyo schaute Die an und hob eine bemalte Augenbraue. Die sah resigniert und traurig aus, was den Sänger, wie immer, überraschte.

"Naja...bei...bei allem, was passiert ist. Ich meine...Kyo, kann ich ehrlich zu dir sein?".

Die blickte den Blonden hoffnungsvoll an. Dieser nickte nur stumm. Die Zigaretten lagen vergessen und vor sich hin brennend zwischen ihren Fingern, als die Unterhaltung ernster wurde.

"Alles ist so anders. Doch ich wollte nicht, dass sich etwas ändert. Absolut nicht".

Die schüttelte nachdrücklich den Kopf.

"Aber nun hat sich mein bester Freund in mich verliebt, und ich mich vielleicht sogar in ihn, obwohl ich mir eigentlich nie auf diese Weise was aus Männern gemacht hab. Es ist so verschissen".

Kyo blinzelte. Er nahm dies alles auf und nickte, während er überlegte, was er sagen könnte, um Die zu helfen. Er hatte nichts über Die und Kaoru gewusst, doch es scho-ckierte ihn nicht im geringsten.

"Kannst du mir nen Tipp geben? Wie kannst du so ruhig bleiben, wenn Shinya dir prak-tisch zu Füssen liegt?", fragte Die taktlos.

"Tut er nicht. Ich behandle ihn einfach so, als ob er...Shinya wäre. Aber ich denke, es ist einfacher für mich, weil ich schon immer offen für eine Beziehung mit nem Typen war, nur...Die, Shinya ist völlig anders als Kao. Wenn du meinst, du möchtest es mit Kao ver-suchen, dann tu's. Wenigstens ne Chance hat er verdient, oder?".

Kyo nahm einen Zug von seiner Zigarette und sah Die an. Seine Worte schienen zu wir-ken.

"Also gibt's du Shinya ne Chance", fragte der Rotschopf unbarmherzig.

"Ich...ja, ich denke schon, ja".

"Dann seid ihr beiden ein Paar? Liebst du ihn jetzt?".

"Die...".

"Kyo, ich will es nur wissen, onegai? Ich brauche einfach nen Tipp, was ich tun soll. Eine Bestätigung".

Der Blonde seufzte, und seine Augen wanderten zum dunkelblauen Himmel.

"Ich fühle...etwas. Als würde ich vor einem Abgrund stehen und drüber hinaus wippen, doch ich bin glücklich. Ich glaube, ich habe angefangen...".

PENG.

"Jungs, es wird Zeit!".

Kyo drückte still seine Zigarete aus. Die warf seine achtlos zu Boden und sah Kyo erwar-tungsvol an.

"Angefangen was?".

Der Blonde lächelte und tätschelte sanft Dies Arm.

"Betrachte Kaoru in einem romantischen Licht und denke, was immer du denken willst. Sieh die Liebe in seinen Augen und was er tut, und hinterfrage dann deine eigenen Ta-ten. Nimm dir Zeit, Die. Keine Angst, wenn's geschehen muss, wird's geschehn".

Die lächelte ebenfalls und warf einen Arm um Kyos Schultern. Zusammen gingen sie durch die Tür, zurück zum Backstage-Areal hinter der Bühne.

"Seit wann bis du so weise?".

"Bin ich nicht. Du bist blöd".

"Mou...".

Kyo lachte.

"Was ist denn so lustig?", wollte Shinya neugierig und mit gehobener Braue wissen. Tos-hiya sah auf, als sie zurückkamen, und widmete sich dann wieder seinem Stretching. Ka-oru schenkte ihnen ebenso interessierte Blicke, während er umhersprang, um sich auf-zuwärmen.

Die und Kyo wechselten ein verschwörerisches kleines Grinsen, bevor sie auseinander-gingen.

"Nichts Shin-shin. Wir haben nur drüber gesprochen, wie Die als Kind entmannt wurde".

Shinya lächelte amusiert, während Kyo in eine Ecke ging, sich zu seinen Zehen runter-bückte und stretchte. Der Schlagzeuger kehrte zu den Aufwärmübungen mit seinen Drumsticks zurück. Kaoru gluckste und tanzte einmal im Kreis um sich selbst, um sein Blut aufzutauen. Toshiya lächelte und stand auf. Seine Gedanken anderswo, während er seinen Arm hinter seinem Rücken dehnte. Die sass auf einem Stuhl und schlenkerte im Takt seine Beine, während seine Augen über seine Bandkollegen wanderten. Auf Kyo blieben sie eine Weile ruhen. Der Sänger fing seinen Blick auf und grinste. Die grinste zurück.

Ich sollte öfter mit ihm reden. Er weiss, wie es ist, in meiner Position zu sein...

Er sah rüber zu Kaoru, der Luftgitarre spielte, Grimassen schnitt und so jeden, der ihm zuschaute, unterhielt. Die lächelte. Der Anblick war so gewohnt, und doch so kawaii und albern.

Aber Kyo hat recht. Ich sollte mir keine Sorgen machen, sondern einfach nur locker bleiben und alles auf mich zukommen lassen. Ich glaube, ich fühle mehr als nur Freund-schaft für ihn. Es ist nur so frustrierend, es nicht genau zu wissen...

Ein sanftes Klaps auf seiner Schulter unterbrach seine Gedanken. Der Gitarrist sah auf in Toshiyas irritiertes Gesicht. Der Bishounen kniete neben Dies Stuhl nieder und dehnte seinen Nacken, während er Die betrachtete.

"Abgelenkt?".

"Ein bisschen".

"Nervös?".

"Etwas. Du?".

"Ja. Sehr sogar".

Toshiya grinste etwas. Seine schiefen Zähne klapperten tonlos bei der Kälte.

Die nickte und schaute wieder zu Kaoru.

"Ich glaube, es wird super".

"Aa. Du bist viel ruhiger. Hast du mit Kaoru gesprochen oder so?".

"Nein".
 

* * *
 

Energie durchfuhr ihn, strahlte von ihm aus, waberte um ihn. Seine Finger bewegten sich in komplizierten Mustern über die Saiten. Die Musik schlug mit so einer Wucht in seine Sinne ein, dass er sich nicht mehr beherrschen konnte. Er lehnte seinen Körper zurück und schüttelte den Kopf im Takt zu Shinyas ohrenbetäubendem Rhythmus. Kyos Stimme erhob sich in Tönen, die Menschen eigentlich gar nicht hätten können hervorbringen sol-len. Sie wand sich um die Musik, bis die gesungenen Worte nicht mehr länger nur für sich allein standen, sondern ein Teil des Ganzen geworden waren. Toshiyas tiefes Saitenspiel vibrierte in seinem Herz, und Dies Rhythmus wirkte ausgleichend, bis Musik und Stimme eins geworden waren.
 

Kaoru presste die Lippen ganz fest zusammen, als die Bridge kam und sein Solo von sei-nen Fingern in die Lautsprecher schoss. Seine Augen schlossen sich und alles, was er se-hen konnte, waren blitzende Lichter hinter seinen dünnen Augenlidern. Die Menge rief seinen Namen, liess seine Finger noch schneller fliegen.

Als er sich vor der Wiederholung der Passage vor dem Refrain wieder umschaute, blickte er rüber zu Die. Der Gitarrist mit den leuchtend roten Haaren grinste ihn an, und er fühl-te, wie seine Lippen sich ebenfalls zu einem Grinsen verzogen. Seine Augen wanderten schnell weiter, um zu checken, was die anderen beiden machten, und um seine Möglich-keiten abzuwägen.

Er wollte unbedingt eine kleine Show abziehn, über die er mit einem der andern gespro-chen hatte. Das Publikum würde wahnsinnig werden. Und er war genau in der richtigen Stimmung dafür. Heute Nacht wollte er die Menge schreien hören, rau und echt.

Laufende Fusstritte hinter ihm kündigten Toshiya an, bevor der schwarzhaarige Bassist über das mittlere Podest sprang und mit einem heftigen Schlag in seine Saiten zu Boden kam. Kaorus schmale Augen fielen auf ihren Sänger, der am Rand der Bühne auf der Sei-te lag; seinen Kopf hatte er dem Publikum zugewandt, das Mikrophon hing in der "schlaf-fen" rechten Hand.

Kaoru nahm eine andere Position ein, um etwas sicherer auf den Beinen zu stehn, und spielte die letzten paar Noten, bevor der Sänger den Gesang wieder aufnehmen sollte.

Kyo bewegte sich nicht und Kaoru warf einen Blick auf Die, der nur grinsend den Kopf schüttelte und die eine Passage noch einmal spielte. Kaoru lachte, doch niemand hörte ihn. Kyo war wirklich dramatisch während Konzerten, manchmal verbiss er sich dermas-sen in etwas, dass er tatsächlich seinen Einsatz verpasste.

Toshiya sprang umher wie eine Rakete, während er spielte, doch das ewige Vor und Zu-rück beeinträchtigte seine Musik nicht im geringsten. Shinyas lautes Gehämmer wider-hallte in seinem Herzen, und dann näherten sie sich einmal mehr dem Refrain.

Kaorus Augen wurden schmaler und wieder sah er rüber zu Die. Die sah etwas verwirrt aus und trat von einem Fuss auf den anderen. Scheinbar versuchte er sich zu entschei-den, ob er sich bewegen sollte oder nicht. Toshiya blickte Kaoru unsicher an, als erwarte er eine Antwort. Kaorus Augen kehrten zurück zu Kyos bewegungsloser Gestalt, und er verlagerte sein Gewicht auf seine Fussballen.

Etwas stimmt nicht...

Ein lauter Schlag. Ohrenbetäubende Akkorde vibrierten durch die ganze Halle. Einer der Mischer kappte schnell den Strom zu Dies Gitarre, bevor sie sich beruhigen konnte.

Die war schon an Kyos Seite, als Toshiya und Kaoru ebenfalls ihre Instrumente fallen liessen. Das Getrommel wurde schwächer und hörte genauso plötzlich ganz auf, als Shi-nya bemerkte, was vor sich ging.

Kaorus Freude schlug sich urplötzlich in Panik um, als er sah, wie Die den wie tot wirken-den Kyo auf den Rücken drehte. Der Kiefer des Sängers schien ganz schlaff.

Toshiya war wegen seiner längeren Beine nur wenige Sekunden vor Kaoru da, und er tät-schelte sogleich nervös Kyos rötliches Gesicht. Kaoru schnappte leicht nach Luft, fiel je-doch sofort auf seine Knie, als er nahe genug war, und beugte sich über Kyo.

"Kyo...?!".

Als ob dies ihn aufwecken würde...

"OhmeinGottohmeinGottohmeinGott...".

"Toshiya, geh und hol Hideto!".

"Ohmeingott, nein...neinneinnein...".

"TOSHIYA!".

Wie betäubt rappelte dieser sich auf und rannte so schnell wie seine stolpernden Beine ihn trugen.

"Kaoru, er atmet nicht?".

Dies Stimme brach voller Angst. Security-Leute versuchten, die Menge zu beruhigen, obwohl die Männer auf der Bühne immer ängstlicher wirkten.

Verzweifelte Hände fühlten den Nacken des Blonden, und schwielige Finger wurden über seine Lippen gehalten.

"Oh scheisse...".

"Wir müssen ihn ins Krankenhaus bringen!".

"Was ist denn los?".

Shinya beugte sich mit voller Bestürzung und Unsicherheit gehobenen Augenbrauen über sie.

"Kyo?".

"Heb ihn auf, wir müssen ihn von der Bühne runter bringen und...und...hilf mir ein-fach...".

Kaoru liess einen Arm unter Kyos Knie gleiten, und Die nahm den Sänger vorsichtig beim Rücken. Langsam erhoben sich die beiden und hievten Kyos nach vorne geneigten Körper vollständig in Dies starke Arme. Shinya schaute nur geschockt zu, bis er Die etwas tau-meln sah. Der Schlagzeuger half Die schweigend, wieder ins Gleichgewichtzu kommen, und rannte ihm nach, als er Kyo von der Bühne trug.

Kaoru versuchte, vernünftig zu denken, doch sein Hirn brannte. Als die anderen beiden hinter dem Vorhang verschwanden, sah er, wie ein paar Männer in Mediziner-Kitteln Die halfen, Kyo auf eine Trage zu legen, und sich dann über den bewusstlosen Sänger beug-ten. Doch dies beruhigte ihn kaum.

Sein Gehör meldete sich zurück, und sein Blick fiel auf die betroffenen, verwirrten Ge-sichter im Publikum. Er schluckte.
 

* * *
 

Leises Weinen und Desinfektionsmittel. Dies Blick wandte sich vom Boden zu Kaoru. Der violetthaarige Mann starrte dümmlich an die Tür zu Kyos Zimmer, fast so, als ob er sich fragte, warum zum Teufel sie überhaupt hier waren. Schuld, Sorge, Angst...all das stand ihm ins Gesicht geschrieben.

Wir wissen noch nicht mal, ob er okay ist...wir wissen gar nichts...es ist nicht dein Fehler, Kao, zieh dich nicht zurück, wenn wir dich brauchen...ich brauche dich...

Die schlag seinen Arm fester um Toshiyas bebende Schultern und zog den tränenüber-strömten Mann näher an sich ran. Totchis Schluchzen und seine Besorgnis schenkten ihm Trost, doch in sein Herz gemeisselt war die gleiche Angst...
 

Während er in der Nähe der Aufnahme sass, konnte der Braunhaarige die Halle zu seiner Rechten runterschauen und seine Freunde betrachten, die vor dem zweiten Raum in der Halle sassen. Shinya konnte kaum gerade sehen, doch er konzentrierte sich, und seine Hände schrieben vorsichtig die erforderlichen Worte. Toshiya hätte dies an seiner Stelle tun sollen, doch er war nicht in der Verfassung dazu. Nicht, dass es bei Shinya besser war...

Seine Finger zuckten, doch der Stift schrieb immer noch deutlich. Der Schlagzeuger kon-zentrierte sich auf die Fragen, versuchte, seine Gedanken und sein Herz vor der Realität zu verschliessen.

Je Windpocken gehabt? Ja. Werden gerade Medikamente für eine längere Zeitdauer eingenommen? Nein. Raucher? Ja. Wenn ja, wieviel und wie oft? Alle 5 - 12 Tage ein Päckchen. Herzkrankheiten? Nein. Familienmitglieder mit Herzproblemen? Weiss nicht. Alter? 26. Zivilstand? S...single. Eine oder mehrere der untenstehenden Komplikationen gehabt? Nein. Blutgruppe? B. Medikamenten-Allergie? Weiss nicht...

ICH WEISS NICHT!

Kami-sama...

Shinyas Kopf fiel nach vorn, die Hand liess den Stift fallen, bedeckte die Augen. Seine Schultern fingen an zu zittern, als er sich von seinen Gefühlen übermannen liess. Allein...
 

[Motion 13 - Radical]

Oh Mann, dieses Kapitel hat's echt in sich...all die schönen Dialoge...
 

Haltet schon mal eure Taschentücher bereit - aber keine Angst, es stirbt keiner! ^^
 

Dieser Teil ist ganz speziell für cece! Sie wird schon wissen, warum... ^^
 


 

[© Clees; übersetzt von eurydike]
 

"Hallo, ich bin Doktor Ogata".

Kaoru setzte sich sofort gerade hin und stand auf, um den förmlich aussehenden, vor ihm stehenden Mann zu begrüssen. Dies Augen schossen schnell zu der durchschnittlichen Gestalt auf, und Toshiyas verheulte Augen folgten den seinen voller Schmerz. Shinya betrachtete den Mann ängstlich, seine Augen ganz düster vor Sorge und getrockneten Tränen.

"Nikkura Kaoru. Atmet er wieder? Wissen Sie, was los ist?".

Kaoru bemühte sich, gefasst zu klingen, doch an seiner Stimme erkannte der Arzt sofort, dass sein Zustand nahe an dem des Patienten war. Und noch etwas hatte er in den Blicken dieser vier Männer erkannt, als er zuvor auf sie zugegangen war: Sie standen dem Kleinen im Krankenbett ziemlich nahe.

"Bitte setzen Sie sich".

Der Arzt zog für sich selber einen Stuhl heran, er war ein Muster an Geduld und Kompetenz.

Kaoru liess sich in seinen Stuhl zurücksinken. Der Schlafmangel und die Erschöpfung hielten ihn im Zaum. Die anderen rutschten nervös umher, schauten einander an, in ihren Augen schimmerte Hoffnung, gepaart mit Furcht.

"Also, wir haben seine Atmung stabilisiert, und sein Puls ist regelmässig. Wir haben ein paar Tests gemacht und die Resultate sind in keinster Weise besorgniserregend. Es sieht so aus, als ob Niimura-sans Körper unter hoher Belastung gelitten hat, deswegen ist er ohnmächtig geworden und hatte Atemprobleme. Das wird keine Nachwirkungen haben, keine Angst. Dennoch schlage ich Ihnen vor, künftig etwas besser auf ihn aufzupassen - unsere Tests haben ergeben, dass er einen wesentlich tieferen Blutdruck hat, als die meisten. Dazu hat er hohes Fieber und andere Erkältungssymptome".

Der Arzt machte eine Pause, liess seine Worte wirken.

"Er schien in letzter Zeit etwas seltsam zu sein, doch wir wussten nicht, dass er krank war...", bemerkte Die leise und schüttelte leicht seinen Kopf.

"Natürlich nicht; Kyo würde wohl eher eine Lunge rauskotzen, als dass er vor uns Schwäche zeigen und uns um Hilfe bitten würde. Ihr wisst, wie sehr er das hasst", fügte Shinya hinzu. Sein Herz schlug immer noch wie wahnsinnig.

"Bitte fahren Sie fort", forderte Kaoru den Arzt respektvoll auf.

"Sein Blutzucker war ebenfalls recht niedrig. Wir werden ihn morgen Vormittag entlassen, wenn sein Zustand sich weiter bessert. Machen Sie sich keine Sorgen, solange er sich ausruht und regelmässig genügend isst, ist dies kein ernsthafteres Problem. Eine Woche Konzertpause sollte dafür sorgen, dass es ihm wieder gut geht - vorausgesetzt, er ruht sich aus. Was die Erkältung angeht...ich habe ihm ein abschwellendes Mittel verschrieben, damit er sie loswird, sowie Antibiotika gegen seine Nebenhöhlenentzündung. In wenigen Tagen sollte er darüber hinweg sein".

"Und der tiefe Blutdruck...wissen Sie, was den verursacht haben könnte?".

Doktor Ogata schüttelte den Kopf.

"Es kommt immer auf den Körper draufan. Menschen mit tiefem Blutdruck schlafen öfter und tiefer. Sie sind auch viel schneller erschöpft. Was Niimura-san betrifft...bei ihm ist es nur deswegen so schlimm geworden, weil er krank war und nichts dagegen getan hat. Normalerweise ist sein Blutdruck nur wenig unter dem Durchschnitt, und in ein paar Tagen wird er wieder auf diesem ungefährlichen Level sein".

"Sou...".

Kaoru nickte leicht.

"Noch Fragen?".

"Ist er wach", fragte Die. Seine tiefgründigen Augen blickten hoffnungsvoll auf den Mediziner. Doch der Arzt schüttelte den Kopf.

"Nein. Wir erwarten, dass er erst in ein paar Stunden aufwacht".

"Können wir ihn sehen?".

Eine schnüffelnde, zitternde Stimme erklang von da, wo Dies Schulter war.

Der ältere Mann lächelte Toshiya sanft an und nickte.

"Ja, aber bitte seien Sie leise".

Kaoru und der Arzt erhoben sich. Kaoru verneigte sich leicht.

"Vielen Dank".

"Nichts zu danken. Eine Krankenschwester wird laufend nach ihm sehen. Und wie ich schon sagte, es geht ihm bald wieder gut".

Der Arzt lächelte die jungen Männer an und verabschiedete sich dann, um sich noch um andere Patienten zu kümmern.

Die vier standen eine Weile nur da und verdauten die guten Neuigkeiten. Schliesslich brach Toshiyas nervöses Lachen die Stille.

"Dieser Baka...".

Die grinste, rieb sich die Augen und tat so, als wäre er nicht Tränen der Erleichterung nahe.

"Aber echt. Erinnert mich daran, dass ich ihn später dafür in den Arsch trete!".

Kaorus Blick wanderte zu Shinya, dessen Mandelaugen auf den abgenutzten Fliesen ruhten. Das Gesicht des jungen Mannes war eine Maske, aber nur eine ganz dünne. Dünn genug, dass Kaoru sie durchschauen und die tiefe Erleichterung und das unangenehme Schuldgefühl im Inneren des Schlagzeugers sehen konnte. Die Angst, die an den Bandmitgliedern genagt hatte, seit sie vor 5 Stunden angekommen waren, verschwand langsam. Trotzdem konnte Kaoru praktisch das Gewicht der Schuld auf Shinyas Schultern sehen.

Der Gitarrist streckte die Hand aus und berührte eine der dünnen Schultern. Der Schlagzeuger sah auf, mit warmen, forschenden Mandelaugen. Eine lange Hand ergriff Kaorus und drückte zu. Ein sanftes Lächeln traf ihn. Kaoru nickte und lächelte zurück.

"Komm, gehen wir zu ihm, okay?".

"Aa".

Mehr sagte Shinya nicht und stand auf.
 

* * *
 

"Hey...".

"Oh, ich dachte, du wärst mit Kaoru gegangen".

"Nein. Eigentlich hatte ich das vor, aber dann wollte ich nochmal mit dir sprechen und schauen...wie geht es dir?".

Die lächelte leicht und wandte sich Toshiyas besorgten brauen Augen zu.

"Gut. Mach dir um mich keine Sorgen, ne".

Der Bassist schaute ihn skeptisch an, bevor er sich vor ihn hinstellte, um durch die Glasscheibe in der Tür zu gucken. Die sah die schönen Gesichtszüge stöhnen und die Augenlider sich senken. Toshiyas Wimpern flatterten und einer seiner Arme hob sich und strick ein paar seidige Strähnen zurück.

Die schönen Augen blickten Die an.

"Geht es dir immer noch nah? Ich meine, ganz offensichtlich sind sie...naja, Shin-shin ist nicht mehr allein...".

Die nickte. Ein müdes Lächeln spielte um seine Lippen.

"Wenn ich ihn so ansehe...es ist gut so. Besser als es zwischen mir und Shinya je geworden wäre".

"Ja, aber deinem Herz ist das bestimmt nicht ganz gleichgültig - es tut weh, ne?".

Der schwarzhaarige Mann legte eine Hand auf Dies Schulter und betrachtete ihn voller Sorge.

"Eigentlich...nein. Nicht mehr so sehr, wie auch schon. Ich denke manchmal daran, was hätte sein können, und das ist es auch schon. Und ich es fühlt sich an...als ob ich glücklich für sie wäre. Wenn ich mir sie jetzt anschaue, bin ich froh, dass Kyo jemanden hat, der für ihn da sein kann und will. Jemand, der wirklich auf ihn aufpassen kann".

"Gibt es jemand anderen in deinem Herzen?".

"Langsam fange ich an, das zu glauben. Immer und immer wieder der Gedanke "Was wäre, wenn ER an Kyos Stelle wäre?" Schäbig, aber...ich kann es nicht stoppen...".

Toshiya blickte ihn schmerzerfüllt an, legte seine langen Arme um Dies Nacken und umarmte ihn voller Zuneigung. Die empfing dankbar die tröstende Geste und legte seinerseits die Arme um seinen Freund.

"Wenn es tödlich ausgegangen wäre...". Toshiyas Stimme schauderte leise in die Ohren des Rothaarigen.

"Ssscchhhh, das kleine Biest ist in Ordnung...".

"Komm, gehn wir zurück ins Hotel, ne?".

Toshiya trat zurück und betastete seine pinke, rohe Nase.

"Aa".

Die lächelte ihn an, drehte sich um und machte sich auf den langen Weg zum Parkplatz.

Toshiya warf einen letzten Blick in das weisse Zimmer und lächelte sanft.

Der Kreis schliesst sich. Er hat sich schon beinahe geschlossen, Kyo-chan. Mach nur, dass du wieder gesund wirst - deinetwegen und auch wegen Shinya, ne?

Mandelaugen trafen einen Moment lang auf seine, und Toshiyas Finger zitterten...
 

* * *
 

Matte, weisse Strahlen. Sie drangen durch Schlitze ein und zeichnten eine gerade Linie auf rotbraune Flecke. Von dort wanderte das Weiss in langsamen Wellen auf und nieder. Schatten verzierten die schwer herabhängenden Fäden, breiteten sich aus.

Eine Bewegung. Wund gewordene Haut wegen zu lange gleicher Lage.

Dies zog die Aufmerksamkeit der rotbraunen Masse auf sich, sie erhob sich, breitete sich aus, teilte sich, bis glattes, makelloses Pink zum Vorschein kam. Mandeln fokussierten etwas Bestimmtes.

"Kyo? Bist du wach?".

Ein Husten. Kratzig. Nicht gut. Mehr Bewegung und auf einmal ist die glänzend schwarz umhüllte Gestalt näher. Pinke Blüten kommen noch näher, besorgt.

"Kyo?".

"Ich bin wach...".

Kyo lächelte schwach, sein Gesicht tat weh. Er seufzte, entspannte sich wieder, schaute um sich - doch sein Augen landeten immer wieder auf Shinya. Weisses Zimmer. Seine schlanken Finger strichen abwesend über eine schmerzhafte Stelle, die auf der verletzlichen Haut an der Innenseite seines Ellenbogens tanzte. Plastik. Er warf einen überraschten Blick nach unten. Eine Infusion.

Ich bin im Krankenhaus...

"Kyo, du bist wach".

Erleichterung. Wahnsinnige Erleicherung.

Der Tonfall deckte Kyo zu wie eine Decke, wärmte ihn. So viel Fürsorge und Besorgnis in diesem einen Satz. Nur für ihn...

Kyo schaute zurück auf Shinya und begann, Schlüsse zu ziehn. Shinya trug immer noch seine Konzert-Kleider, hatte jedoch eine schlechtsitzende Jogginghose über seinen Rock gezogen, die verdächtig nach Dies aussah. Seine Frisur sass noch, war aber doch ein bisschen zerzaust. Das Makeup war um die Augen verschmiert, ansonsten war die Schminke weg. Die Haut an seinen Wangen war röter als sonst. Und er trug immer noch ihr Tour-Tshirt, doch die Handschuhe hatte er abgelegt.

"Shinya...hab ich was angestellt...?".

"Du bist auf der Bühne in Ohnmacht gefallen. Kyo, du hättest mir sagen sollen, dass du krank bist".

Missfallen und Strenge in der Stimme. Typisch Shinya.

Kyo runzelte die Stirn.

"Ich falle nicht in Ohnmacht - ich verliere das Bewusstsein".

"Na gut, du hast das Bewusstsein verloren. Aber alles ist in Ordnung. Du musst nur eine Woche pausieren, danach sollte es dir wieder gut gehen. Sie werden sich wahrscheinlich in ein paar Stunden schon entlassen. Der Arzt kann dir alles viel besser erklären, als ich es kann".

Shinya seufzte leise und setzte sich zu Kyo aufs Bett. Der Sänger schaute ihn müde an. Die ihm wohlbekannten Kopfschmerzen kehrten zurück.

Der Braunhaare blickte ihn voller Besorgnis an. Der ernste und auch verletzte Ausdruck auf seinem Gesicht kam in Kyos durch die Krankheit leicht vernebeltes Blickfeld.

"Kyo...du hast mir so nen Schrecken eingejagt. Ich dachte schon...alles hätte passieren können. Kann immer noch passieren. Ich...Kyo, wenn ich dich verloren hätte...".

Shinya schüttelte langsam den Kopf. Er fühlte sich blöd, weil er so emotional und weichlich reagierte, doch er konnte nicht gegen die neuen Tränen in seinen schon lange trockenen Augen ankämpfen.

Kyo schluckte. Ein seltsames Schuldgefühl machte sich in ihm breit. Das war das erste Mal, dass jemand wegen ihm weinte. Geschweige denn Shinya.

Ich bin Schuld, dass Shinya so bestürzt ist? Ich habe ihn noch nie weinen gesehn. Noch nicht mal mit Tränen in den Augen wie jetzt. Shinya, du baka, verschwende deine Tränen nicht für mich. Spar sie auf. Ich werde eine Halskette daraus machen, wenn wir älter sind...

Der Blonde rutschte umher, lehnte sich trotz des gespannten Infusionskabels in seinem rechten Arm vor und legte seine weisse, schlanke Hand auf Shinyas. Als der Schlagzeuger ihn anblinzelte und so die Tränen zurückblinzelte, lächelte Kyo. Seine Finger drückten Shinyas warm.

Das Lächeln eines Geliebten.

"Shinya...du bist schön".

Pause.

"Sagst du immer solche Sachen, wenn du aus Ohnmachten erwachst?".

Schmollen.

"Hoi!".

"Oh, richtig, du hast das Bewusstsein verloren".

Spass. Leises, kratziges Lachen.
 

Die Krankenschwester wollte gerade die Tür aufmachen, hielt jedoch inne, als ihr Blick durch die kleine Glasscheibe fiel. Ein kleines Lächeln umspielte ihre rotgeschminkten Lippen und sie entschied sich, später nochmal wiederzukommen. Sie störte nun mal nicht gern die traute Zweisamkeit von Paaren...
 

* * *
 

Die duckte sich unter den kleinen Unterstand und lachte leise in sich hinein. Er sah zu, wie sein anmutiger Begleiter ihm nachrannte und sich dabei die Arme schützend über den Kopf hielt. Dennoch benetzte der Regen seine violetten Haare und das gespielt genervte Gesicht. Als der kleinere Mann ebenfalls unter den Unterstand hüpfte, lachte Die nochmal.

"Sowas von zimperlich".

"Bin ich nicht".

Kaoru streckte rebellisch die Zunge raus.

"Ich mag's nur nicht, wen mein Haar nass wird".

Die zerzauste grob Kaorus Haare, was ihm einen Hieb in die Seite einbrachte. Wieder lachte er.

"Dann solltest du dir vielleicht nen Schirm kaufen, du Schlaumeier".

"Ach, Pferdescheisse! Ich möchte meinen, DU solltest MIR einen kaufen!".

"Und warum das?".

"Hab ich nicht letztes Jahr das Bier spendiert?".

"Bier ist Bier! Das ist was anderes".

"Du bist einfach nur geizig".

"ICH?!?".

Kaoru grinste. Die versetzte ihm einen leichten Schlag auf die Schulter, als sie sich umwandten und reingingen.

"Okay, ich kauf dir nen verdammten Regenschirm".

"Danke, oh Die-sama".

"Ganz recht".

Kaoru lachte. Sie gingen schweigend weiter und betrachteten interessiert all die einheimischen Dinge, die zum Verkauf angeboten wurden. Normalerweise gingen sie immer alle gemeinsam Souvenirs einkaufen, doch nun, da Kyo eine Woche ausser Gefecht gesetzt war, hatten sie für einmal wirklich genügend Zeit dazu. Mittlerweile war es Donnerstag, und die beiden hatten sich zu einer letzten Erkundungstour aufgemacht. Toshiya hatte für sich und Ryutaro bereits Schmuck gekauft und liess diese Tour aus, um besagten Geliebten anzurufen. Wenn Toshiya so weitermachte, würde seine Telefonkarte bereits in zwei Wochen aufgebraucht sein, wenn überhaupt. Shinya war im Hotel geblieben, um Kyo Gesellschaft zu leisten, wie gesagt hatte. Wie die beiden sich manchmal ansahen und die Tatsache, Toshiya mit Die und Kaoru das Zimmer hatte teilen wollen, liess darauf schliesen, dass die beiden sich vorsichtig an eine echte Liebesbeziehung rantasteten. Eines Morgens beim Zähneputzen waren Die und Kaoru zum Schluss gekommen, dass Kyo etwas zu liebenswürdig war, Shinya zu...naja...irgendwie. Auf jeden Fall lachte er wesentlich mehr als sonst.

"Hey, Kaoru?".

"Huh?".

Kaoru schaute von den Sonnenbrillen auf, die er sich gerade anguckte. Seine Augen suchten Die, der ihn mit einem seltsamen Gesichtsausdruck ansah. Er hob eine Augenbraue.

"Alles in Ordnung mit dir?".

"Oh, ja. Völlig. Ich hab nur grad gedacht...". Er brach den Satz unvollendet ab.

"Was?".

"Gehen wir heute Abend aus?".

"Oh, ja". Kaoru grinste. "Ich glaube, heute erlaubt uns Shinya sogar kampflos, Kyo mitzunehmen".

"Nein...ich meinte...nur wir. Wir beide".

Die lächelte vorsichtig und fand auf einmal eine Spielzeugpistole aus Holz wahnsinnig faszinierend.

Kaoru blinzelte. Sein Grinsen wurde sanfter und verwandelte sich in ein warmes Lachen.

"Ja. Das wär cool".

Dies Megawatt-Grinsen blitzte auf, und er nahm Kaoru beim Ärmel.

"Komm, ich seh Schirme. Ganz schöne, mit Blumenmuster...".

"Trottel".

"Schnell, du Weichling, bevor jemand sie vor unsrer Nase wegkauft!".
 

* * *
 

"So, geht's morgen wieder los?".

"Uh-huh. Kyo geht's wieder besser, genau wie der Arzt gesagt hat. Also ist er Krankenhaus- UND Shinya-geprüft".

Toshiya lachte und drehte die glatte Halskette in seinen geschickten Fingern.

"Das ist gut. Dann kommst du also endlich wieder auf die Bühne".

"Yep. Und wie laufen die Aufnahmen?".

"Wie immer: Akira beschwert sich und Tadashi gibt sich ganz nett. Aber in drei Tagen und zwei Stunden wird alles in Ordnung sein".

"Das ist aber präzise".

"Es ist wie immer. Aki und Tada sind während Aufnahem immer so".

"Aber nun bist du zuhause, oder?". Besorgt.

Betreten. "Ja...du hattest recht...die Glühbirne ist eben ausgebrannt".

"Gut so, ne? Keine Krieger der Dunkelheit unter unserem Bett".

"Toshiya, ich vermisse dich".

"Ich vermisse dich auch".

"Wann kommst du nach Hause?".

"Bald. Du weißt wann. Ich hab's in den Kalender geschrieben".

"Ich hab ihn verloren".

"Itoshi...".

"Ich wollte das nicht. Er ist einfach verschwunden. Könnte ihn jemand...".

"Unsere Schlösser sind sicher. Ich hab Tada ein paar Kopien meines Briefes dagelassen. Frag ihn einfach, er wird dir eine geben".

"Entschuldige...".

"Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Nur noch ein Monat, ein Monat".

Toshiyas Stimme zitterte.

"Ich hab letzte Nacht in die Sterne raufgeguckt. Sie sind so schön".

Der Bassist lächelte über die unschuldige Stimme.

"Ich liebe dich".

Lange Pause. Nur leises Atmen war zu hören.

Ein.

Aus.

Ein.

Aus.

"Ich liebe dich".

[Motion 14 - Throb]

Der letzte Teil... *schnief*

Bin richtig traurig, jetzt, wo ich alles übersetzt habe...
 

Vielen Dank an alle, die mitgelesen und mitgelitten und mir Kommis gegeben haben! ^.^
 

[© Clees; übersetzt von eurydike]
 

Er befingerte die glasklare Murmel und betrachtete sie kritisch. Sanfte Hitzewellen waren die einzigen Echos seiner Berühungen, und die Murmel rollte über den Boden.

Shinya blickte auf, als etwas an seinem Fuss abprallte. Er warf Kyo einen müden Blick zu, doch dieser zog nur lächelnd die Mundwinkel hoch. Die Augen des Schlagzeugers verengten sich. Entweder amüsierte sich Kyo über irgendwas oder...naja, irgendetwas anderes. Nicht einmal die Bandkollegen des Blonden konnten je ganz sicher sein, welche Gedanken durch sein rundes Köpfchen gingen.

Shinyas Augen wanderten auf den Boden. Er legte die Zeitschrift in seinen Schoss und lehnte sich vor, seine langen Finger hoben die Murmel auf. Ein weiterer fragender Blick zu Kyo.

Dieser streckte einfach nur seine Hand aus.

"Die gehört mir".

"Jetzt mir...".

Shinya ignorierte die ihm entgegengestreckte Handfläche und betrachtete das kleine Objekte stattdessen eingehend, scheinbar voller Neugier.

"Ahem".

Shinya steckte die kleine Kugel in seine Hosentasche. Sein Gesicht blieb unermüdlich ausdruckslos. Doch innerlich platze er beinahe vor Freude, als die Grösse von Kyos Augen sich um die Hälfte verringerte und dieser ihn leicht zornig anstarrte. Ziemlich belustigt nahm Shinya sein Magazin wieder auf und las da weiter, wo er stehengeblieben war.

Das Rascheln von Kleidern und das leise Tappsen von kleinen, besockten Füssen auf dem dünnen Teppichboden drang an seine Ohren. Die Anwesenheit eines Anderen baute sich vor ihm auf, doch seine Mandelaugen scannten weiterhin die klar gedruckten Kanji.

Als die besagten Füsse jedoch leise und ungeduldig auf besagten Boden zu klopfen begannen, konnte er nicht mehr länger ernst bleiben.

"Ich sehe dein Lachen, du Kleptomane. Ich will meine Murmel zurück".

"Sou? Ich finde, du solltest lernen, andere nicht zu belästigen. Wenn du meine Aufmerksamkeit willst, musst du mich auf eine reife und erwachsene Weise darum bitten".

"Wie auch immer...gib mir jetzt einfach meine Murmel zurück, Shinya-sensei".

Shinya legte die Zeitschrift in seinen Schoss zurück und sah mit einer leicht hochgezogenen Augenbraue zu ihm auf.

"Wenn du sie so sehr willst, nimm sie dir doch".

Kyo seufzte und rollte genervt die Augen.

"Wenn du allein sein willst, hättest du nicht bleiben sollen".

Shinya hörte sehr wohl die Derbe in der Stimme, doch er kannte den Sänger gut.

Kyo lehnte sich vor und langte in Shinyas Tasche. Seine Finger bewegten sich suchend nach dem kleinen Glasspielzeug, doch seine Augen waren immer noch auf Shinyas hellere gerichtet. Als er die verlorene Murmel zu fassen bekam, packten starke, lange Finger sein Handgelenk und hielten seine Hand fest.

"Sou desu?".

Das Murmeln kam aus tief aus Shinyas Kehle, sein Gesicht war nur einen Atemzug von dem des erstarrten Blonden entfernt.

Das unscheinbare, schöne Gesicht neigte sich ihm zu. Die Sicht wurde getrübt, als weiche Haut aufeinandertraf. Sanft, unkompliziert und direkt. Eigengeschmäcke vermischten sich. Keiner verlangte mehr oder weniger.

Der Griff um Kyos Handgelenk lockerte sich, und er zog seine Hand aus der nun warmen Tasche.

Ohne Vorwarnung war alles vorbei, und Shinya blieb blinzelnd zurück. Die Wirklichkeit traf ihn. Kyos leichtes Gewicht landete auf dem Bett neben ihm und der warme, kleine Körper war nah genug, dass Shinyas reizbare Haut ihn durch die seine Kleider fühlen konnte.

Er drehte sich um und schaute Kyo an. Der andere hielt seine Murmel hoch und betrachtete das fluoreszierende Licht, das darin tanzte.

"Das war es, was du wolltest, nicht wahr?", fragte Shinya, nicht ganz sicher ob er frustriert oder ermutigt sein sollte.

Kyo sah ihn an und grinste.

"Du bist immer so schlecht gelaunt. Cheer up, ne".

Shinya schnaubte.

"Wie lächerlich, dass ausgerechnet du das sagst".

"Shinya".

Kyos schlanke Finger strichen über Shinyas Wange und auf einmal war völliges Dunkel die einzige Farbe, die er erkennen konnte. Die weichen Ballen strichen über Shinyas Kiefer, dann das Kinn hoch bis zu seinen Lippen.

"Ich arbeite daran. So, wie du mich behandelst...ich bin kein verdammter Schmetterling".

Shinya blinzelte. Verständnis leuchtete in seinen Augen auf, und er lehnte sich näher zu Kyo. Seine Hand nahm die forschenden Finger und zog sie weg. Der Sänger lehnte sich nicht zurück, sondern sah ihn mit grossen Augen an. Shinya lächelte.

"Für mich schon...".

Kyo runzelte die Stirn und öffnete den Mund, um die Behauptung zu widerlegen, doch seine Lippen unterdrückten den hitzigen Widerspruch. Schliesslich entspannte er sich und Shinya wählte den Moment für den Rückzug. Ein grinsendes Lächeln geisterte um seine verschlagenen Lippen.

"Dich reizt aber auch das kleinste Bisschen".

Kyo schüttelte wortlos den Kopf. Dann legte er sich hin und benutzte Shinyas Schoss als Kissen. Seinen Hinterkopf hatte er Shinyas Bauch zugewandt und schloss die Augen. Er liess die Zunge über seine Lippen gleiten und schmeckte den Gloss, der von Shinyas Kuss noch übriggeblieben war. Dann schmiegte er sich an den dünnen Oberschenkel, seufzte leise und verfiel träge in Halbschlaf.

Shinyas lächelte in sich hinein und hob sein Magazin wieder auf. Er suchte nach dem Artikel, worin er gelesen hatte, und lächelte noch mehr, als er an den Geschmack seiner gestohlenen Küsse dachte. Zufrieden und abwesend las er weiter.

Der Schlagzeuger sah runter auf seinen Schoss, seine Finger vergruben sich in halblanger, gebleichter Weichheit. Er streichelte den geliebten Kopf, sein Herz klammerte sich fest.

Wir brauchen keine Worte, oder? Warum dich jemand überhaupt jemals hat loswerden wollen - ich weiss es nicht. Aber nun...ich habe so lange darauf gewartet. Kyo, mein Baka. Mein verletzlicher, schöner, wütender und tiefgründiger Baka...

Kyo hob sein Kinn an, als ob er Shinya auffordern wollte, seine Finger noch tiefer im hellen Haar zu vergraben. Auf Shinyas Gesicht zeigte sich ein Lächeln.

Ich sollte dich Kätzchen nennen. Doch dann würdest du mich wohl umbringen - auf sehr schmerzvolle Weise...

Der braunhaarige Musiker widmete sich einem neuen Artikel, durch und durch amüsiert.
 

* * *
 

Die hob die verkrampften Hände unter seinen Mund und kaute an seinen Daumennägeln. Seine tiefen Augen blickten auf die geschlossene Tür.

Ein leises Klopfen.

Der Gitarrist stand auf und öffnete. Toshiya blinzelte ihm entgegen, das hübsche Gesicht gleichermassen überrascht wie enttäuscht.

"Ich hatte gehofft, du würdest nicht aufmachen...".

"Es lief nicht ganz so gut".

"Sou? Was ist passiert?".

"Es war von Anfang an viel zu schwierig...".

"Die, ich fass es nicht...scheisse! Reden wir später drüber".

"Ja".

"Vergiss nicht - dies ist deine letzte, richtige Chance für ne ganze Weile, ne? Ganbare".

Die setzte sich wieder hin und starrte geradeaus. Verzweifelt nahm er das TV-Programm und versuchte, so normal wie möglich auszusehn, als die Tür aufging.

Sanfte, feuchte Hitze ummantelte Kaoru, als dieser zu seinem Koffer ging. Seine einfache Yukata war eng zugebunden, und er trocknete sich die feuchten Haare mit einem Frotteetuch. Er machte den Koffer auf und holte ein T-Shirt und eine Boxerhose raus. Dann drehte er sich um und ging zurück ins Badezimmer. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss.

Die stiess aufgestaute Luft aus. Schwäche und Angespanntheit liefen abwechslungsweise durch seinen Körper. Er legte das Programm zurück an seinen gewohnten Platz und schaute zur Tür. Er rieb sich die Stirn und verfluchte sich innerlich. Mut zu sammeln war schwer, besonders für Die. Er hatte Angst, einen Fehler zu machen, Angst, diesen Schritt zu wagen, und am wichtigsten, Angst, sein und auch Kaorus Leben zu zerstören.

Schlimm genug, dass Kyo und Shinya nun zusammen waren - eine Beziehung war relativ einfach vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Auch dass Toshiya mit Ryutaro ging, war nicht weiter problematisch, denn die Medien brachten Dir en grey und Plastic Tree nie in Verbindung. Aber eine Beziehung wie...diese? Was wäre, wenn Kaoru ihn nun doch nicht wollte? Oder wenn Die sich später mal in ein Mädchen verlieben würde? Oder wenn Kaoru dies täte?

Bis anhin hatte Die keine positiven Erfahrungen mit ernsthaften, bedeutungsvollen Romanzen gemacht, deshalb mied er sie.

Und folglich war es für ihn auch schwer, sich auf eine Beziehung einzulassen.

Oiiiii...

Die starrte auf die geschlossene Tür und überlegte immer noch, wie er so eine Unterhaltung wohl am besten anfing. In seinen Tagträumen zog Kaoru ihn am Ende immer ganz nah an sich ran und schwor ihm, dass er nie aufhören würde, ihn anzubeten. Hoffnungsvolle Gedanken, doch bei weitem nicht genug, um seine zögernde Nervosität zu bezwingen.

Die Tür ging wieder auf, und Kaoru warf seine Yukata auf den geschlossenen Koffer. Er lächelte Die an, der etwas gezwungen zurücklächelte.

"Läuft irgendwas Gutes?", fragte Kaoru abwesend und warf sich aufs Bett. Er krabbelte rauf und schlug den Bettüberwurf zurück. Unter Dies sehnsüchtigen Blicken liess der ahnungslose Kaoru seine hellen, langen Beine unter die Decke gleiten und zog sie bis zur Taille hoch. Die Augen des Violetthaarigen fielen wieder auf Die. Dieser setzte schnell sein fröhliches Gesicht auf und schüttelte den Kopf.

"Nein, es sei denn, du willst lernen, wie man Sashimi kocht".

Kaoru lachte.

"Nee, mir steht der Sinn nicht nach Kulinarischem. Was dagegen, wenn wir schlafen?".

"Nein".

Die schaltete das Licht aus und schlüpfte aus seiner Jeans. Kaoru lächelte ihn an, drehte sich um und legte sich auf den Bauch. Dann liess er seinen Arm unters Kissen gleiten und kuschelte sich rein.

Die zog sich sein Shirt aus und liess es zu Boden fallen - schliesslich hatte er im Moment anderes im Kopf als Ordnung. Der schlaksige Gitarrist schlüpfte in seine Hälfte des Bettes, legte sich auf die Seite und betrachtete seinen Langzeit-Freund.

Kao...es war noch nie so schwer, mit dir zu reden. Ich finde keine Worte, wenn's um sowas geht. Normalerweise rede ich wie ein Buch, doch dir das zu sagen, ist so etwas ganz anderes. Verdammt, Kao...sogar dein Hinterkopf ist sugoi. Oi, und ich klinge wie ein unbeholfener 15-Jähriger...

Vielleicht...vielleicht sollte ich einfach zur Tat schreiten...ja...

Die legte einen Arm um Kaorus Schultern und rutschte näher. Nur das Rascheln der Bettdecken untermalte seine Bewegungen, sonst war alles still.

Bitte sag mir nicht, dass du schon schläfst...

"Die? Ist dir kalt?".

Die Stimme war gedämpft und klang schläfrig.

"Nicht wirklich. Du hast unser Zimmer in ne Saune verwandelt".

"Mou, ich mag heisse Duschen. Du wirst drüber hinwegkommen".

Es dauerte eine ganze Weile, bis sich Dies wild schlagendes Herz soweit beruhigt hatte, dass er genug Kraft hatte, das zu tun, was er tun musste. Er rutschte noch etwas näher und berührte mit seiner Brust einen Teil von Kaorus Schulter und Seite. Kaoru reagierte nicht.

Die hauchte leicht in die violett-schwarze Haarpracht.

"Kao, schau mich an. Ich muss dir etwas sagen".

Das leise, eindringliche und unsichere Flüstern liess Kaoru aufhorchen. Der kleinere Mann drehte sich um, so dass er Die ansehen konnte. Seine Augenbrauen hatte er leicht zusammengezogen, Furcht zeigte sich auf seinem Gesicht.

"Was ist los? Du klingst so aufgeregt...".

"Nicht...nicht wirklich...".

"Was ist es dann?".

Die starrte in die erwartungsvollen Augen, fast verliess ihn der Mut. Doch Kaorus Gesicht, der Glanz in seinen Augen, das sanfte Lächeln und die ermunternden Worte trieben ihn weiter.

Er lehnte sich vor und drückte schnell seine Lippen auf Kaorus. Dabei überraschte er den anderen so sehr, dass dieser den Mund weit genug öffnete, dass er seine Zunge hineingleiten lassen konnte. Nun würde es keine Verwirrungen mehr geben, keine Ausreden - und keine Zweifel.

Zuerst reagierte Kaoru nicht - er war zu verblüfft, ihn an sich zu ziehn oder wegzustossen. Die liess von ihm ab, drückte ihm einen sanften Kuss auf und öffnete langsam die Augen. Hoffnungsvoll suchte er Kaorus Blick.

"Die...was...bist du spitz oder so?".

Eine undeutbare Stimme. Und doch konnte Die Gekränktheit raushören.

"Iie, iie. Nein, ich...Kaoru...mir ist etwas bewusst geworden. Ich will...nein, ich liebe dich. Nicht als ein Freund oder wie einen Bruder - ich liebe dich einfach".

Falkenartige Augen blinzelten.

"Aber deine Freundin...".

"Freundin?".

Die blickte ganz überrascht auf. Mit so einer Antwort hatte er nun überhaupt nicht gerechnet.

Kaorus Augen wurden hart. Die schluckte.

"Ja, ich weiss, dass du eine hast. Ich hörte ein Mädchen mit dir sprechen, als wir telefoniert haben...".

"Wann?".

"Bevor wir Ryu-kun gesehen haben..."

Dies Gedanken drehten sich. Er blinzelte. Dann lachte er.

"Kaoru...Wow, kami-sama, du hast mich ganz schön ins Schwitzen gebracht. Das war meine Cousine aus Fukuoka".

"Sou?".

"Aa, du Riesenbaka. Erinnerst du dich? Ich hatte dir doch gesagt, sie würde mich besuchen kommen".

"Oh...".

Sie lagen eine Weile schweigend da. Die sah ihn ernst an, doch Kaorus Augen waren auf die Decke in seiner Hand gerichtet.

"Kaoru?".

"Aa?".

Kaorus Augen richteten sich auf Die.

"Du hast mich verstanden, oder?".

"Ja".

Schweigen.

"Verdammt Kaoru! Hast du mir nichts zu sagen?".

"Was willst du denn hören?".

Die blinzelte, verwirrt und besorgt über den immer noch verletzten Ton. Er streckte seine Hand aus und berührte sanft Kaorus Wange. Der Violetthaarige wich zurück. Seine Augen glitzerten dunkel.

"Fuck, Kao...irgendwas. Etwas. Ich habe...ich habe dir dies seit 1 ½ Monaten zu sagen versucht..."

"Hn".

"Schreib mich nicht einfach so ab!".

Einmal mehr war Die überrascht, als glänzende, glücklich-traurige Augen seine trafen.

"Hättest du mir das nicht schon damals sagen können? Musste ich die ganze Zeit leiden, nur weil du keinen Mumm hattest?".

Kaoru versuchte, wütend zu sein, doch Die streckte seine Hand ein zweites Mal nach ihm aus. Kaoru versuchte, sie abzuschütteln, doch Die war hartnäckig und gewann.

Kaoru liess zu, dass Die ihn in den Arm nahm und schon bald hielt dieser ihn ganz fest und streichelte über seinen Rücken.

Kaoru seufzte, schloss seine Augen und atmete sanft an Dies nackter Brust.

"Ich...ich bin nicht wütend. Naja, doch, ein bisschen vielleicht...".

Die küsste ihn auf den Kopf - etwas sehr ungewohntes, und doch so perfektes.

"Ich brauche immer Zeit, Kaoru. Normalerweise mache ich sowas nicht...".

Ein leichtes Lachen entrang dem violetthaarigen Künstler.

"Wo du Recht hast, hast du Recht".

"Kaoru?"

"Aa?".

"Kannst du es mir sagen, bitte?".

Kaoru hob den Kopf und lächelte ihn an.

"Sanft?".

Er legte einen seiner dünnen Finger auf Dies Lippen, bevor dieser sich beschweren konnte.

"Ich liebe dich".

Die süssen Lippen unter seinem Finger öffneten sich und zeigten strahlende Zähne. Kaoru beugte sich vor und verschloss diese Lippen mit einem innigen Kuss. Die Gefühle und Empfindungen, die durch ihre Körper jagten, waren fremd - doch sie brachten wahre Erfüllung mit sich.
 

* * *
 

Toshiya wandte sich von der Tür ab und legte eine Hand auf seine lächelnden Lippen. Er drehte sich um und begab sich langsam zurück in sein Zimmer. Seine Schritte klangen leicht und siegreich.

Im Zimmer angekommen, schlüpfte er leise ins Bett. Er hatte aus eigener Tasche für das zusätzliche Einzelzimmer bezahlt, und nun freute er sich, dass seine Voraussicht belohnt wurde.

Die einsame Gestalt lächelte im Dunkeln weiter. Ihre Augen schlossen sich und Schlaf schlich sich sanft in sein Bewusstsein ein.

Vollendet. Minna sind happy. Meine Freunde...es hat funktioniert. Nun sind alle glücklich. Ich hatte es versprochen, oder? Oder...?
 

* * *
 

Die letzten Wochen der Tour vergingen ohne weitere Probleme. Shinya nervte Kyo wegen seiner Gesundheit, Kyo schaffte es, ihn dafür nicht zu erwürgen, Die brachte es fertig, noch genkier als sonst zu sein, Kaoru war auf der Bühne unglaublich dramatisch und Toshiya lernte mit seiner Zunge Gitarre spielen (naja, in Massen). Ihre Possen während des letzten Konzerts waren ziemlich schräg und abartig und liefen in eine Nacht exzessivem Trinkens mit ihrer Tour-Crew hinaus. Dieser bezaubernde Abend endete mit Massenschlafen in Kaorus Bett, in dem man am nächsten Morgen lauter betrunkene Körper fand.

Eine Menge Kaffee brachte alle wenigstens halbwegs auf Touren, und den letzten Tag in der letzten Stadt hingen sie nur rum und versuchten, sich von ihren Katern zu erholen.

Als sie in ihren Zug stiegen, um die eintägige Rückfahrt auf sich zu nehmen, winkten sie fröhlich ein paar Fans zu und liessen sich dann in bequeme Sitze fallen. Eine Zufriedenheit, Ruhe und Einigkeit herrschte in der Band, wie sie schon lange nicht mehr dagewesen war. Lachen, Witze und liebevolle Hänseleien füllten die Stunden.
 

Shinya schaute nachdenklich zum Fenster raus, die dunkle Landschaft zog tonlos vorbei. Seine Finger ballten sich etwas fester in Kyos weichen Händen. Die beiden konnten auf Händchenhalten einfach nicht verzichten.

Kyo sass tief schlafend neben ihm, sein Kinn lag an seiner Brust. Seine schlaffen Finger hielten Shinyas immer noch umschlungen, und ein süsses, kleines Lächeln spielte um seine Lippen. Toshiya sass neben Kyo, hatte sich behaglich an den kleinen Sänger gekuschelt und schlief ebenfalls. Der langbeinige Bassist hatte sich in seinem Sitz zusammengerollt, eine seltsame, aber offenbar bequeme Stellung.

Kauro und Die sassen auf der anderen Seite des Ganges. Kaoru betrachtete ebenfalls die vorbeiziehende Landschaft, seine Brust an Dies gelehnt. Er lächelte sanft vor sich hin, während er Dies leisem Schnarchen lauschte.

Shinya warf einen Blick auf die beiden schlafenden Bandkollegen neben ihm, dann rüber zu Kaoru und Die. Kaoru fing seinen Blick im selben Augenblick auf - und beide lächelten sich an.
 

~ OWARI ~



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (80)
[1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9]
/ 9

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  KyOs_DiE
2009-07-25T13:54:06+00:00 25.07.2009 15:54
Sie ist schön.

Von: abgemeldet
2007-11-14T21:02:52+00:00 14.11.2007 22:02
Ich mag keine Happy Endings, aber diese... Ich bin sprachlos!
Diese FF ist wahnsinnig gut, berauschend, einzigartig!
Von:  -Insomnia-
2007-07-03T08:14:09+00:00 03.07.2007 10:14
hm... is echt die beste ff die ich je gelesen hab...
das is alles so toll beschrieben wobei ich sagen muss das ich manchmal auch verwirrt war wer jetzt mit wem redet was sich jedoch immer wieder schnell geklärt hat...
hmz
doch is echt toll.
mir fehlen die worte ^-^
Von:  -Pharao-Atemu-
2007-01-22T15:36:21+00:00 22.01.2007 16:36
ich bin begeistert von der ff mein english is furchbar für mein alter und meine klassenstufe *lach* ^^
Von:  Keyjahn
2006-12-29T10:59:39+00:00 29.12.2006 11:59
für alle die die story im original lesen wollen...

http://petra.lichtenecker.net/cleesystoryline/index2.htm

ich hatte dieses jahr die ehre clees kennezulernen, sie ist sehr, sehr nett!
^^
und ich hab bei ihr das selbe gemacht, wie bei ihre freundin line, beim ersten treffen!

einmal verbeugt!
sie angebetet!
XD
Von: abgemeldet
2006-11-02T23:34:21+00:00 03.11.2006 00:34
ich würd die story gern im original lesen, aber der link funzt net .___.
kannst du mir den nochmal schicken? wär lieb ^-^
Von:  Miez
2006-10-13T09:25:52+00:00 13.10.2006 11:25
*muahahaha*
Fertig °_°
Sowas geiles...ich wusste doch, die Englischen Geschichten sind immer die besten, von allen Serien xD~ Und ich kann se net lesen weil ich zu dumm zu Englisch bin T^T
Zum Glück hast du so toll übersetzt...die Geschichte ist wirklich toll~
Von:  Jo_chan
2006-08-26T11:56:11+00:00 26.08.2006 13:56
Was O.O Schon vorbei????????????????????????
Ich bin immer noch voll geplättet und kann nicht glauben das es das schon gewesen sein soll O.O Naaaaiiiiin!!!
Das muss doch noch irgendwie weiter gehen *Bildschirm rüttel* Es soll weiter geeeeeehn *laut los schluchz*
Hach... Aber... Happy end... Minna-san sind happy, das ist wirklich beruhigend zu wissen und lässt mich einfach nur aufatmen und glücklich vor mich hin grinsen. Schrit eins A, erste Sahne, ich kann nicht sagen wie das Original ist, aber wenn du das alles aus dem englischen übersetzt hast, bin ich wirklich sprachlos. Du hast dir jedenfalls meinen Respekt und meinen Dank, für diese geniale Übersetzung, eingehandelt und ich bin wirklich froh das ich auf diese FF gestoßen bin!!!
Ich habe noch nicht viele FF´s aus dem Dir en grey Thema gelesen, aber DIESE hat eindeutig eine Empfehlung verdient und einen Platz in der Favoriten Liste, eines jeden, der Dir en gey mag, liebt, vergöttert ^^~
Eigentlich kann ich mich meinen Vorgängern nur anschließen und sagen das ich die FF einsame Klasse fand und ich mir wünschen würde, das dieser Kommentar, auch die Original Autorin erreichen mag, damit sie weiß welch wunderbares Werk sie geschafft hat ^^~
Diese FF ist eindeutig zum wieder und wieder lesen, ich war gefesselt, habe die Zeit vergessen und konnte nicht mehr aufhören musste mich regelrecht los reißen und hab fast getobt wenn man mich unterbrochen hat!
Einsame Spitze, mehr kann ich dazu nicht mehr sagen. Wunderbarer Wortfluss, sehr schön zu verstehen, prima ausgehandelt und verarbeitet. Sehr genial!!!!!!
Auf einer Skala von 1 bis 10 Möglichen Punken, ist diese FF eine 11, wenn nicht sogar ne 20!!! *hin und weg desu*
Ich schwafel zuviel. Gomen-ne.

Auf weitere Übersetzungen ^^
Und falls es von dieser FF eine Fortsetzung geben sollte, bitte sage mir Bescheid ^^ Arigatooouuuuu~
Nochmal!!!

Liebe Grüße, viel, viel Lob!!!
JoeyChan
Von: abgemeldet
2006-07-11T15:55:21+00:00 11.07.2006 17:55
hast du echt gut übersetzt! *aufschulterklopf*
Von: abgemeldet
2006-03-23T11:40:00+00:00 23.03.2006 12:40
Juhuu ^o^

Ich hatte mir die FF gestern Abend irgendwann aus dem Netz geholt (also von hier ÔO) weil ich irgendwie lange weile hatte und ich hab sie mir dann auch ausgedruckt und im bett angefangen zu lesen... leider musste ich um 4 Uhr nachts aufhören, da ich um 7 wieder raus musste aber in der Schule ging es weiter und eben habe ich sie durch bekommen und ich muss sagen, die ist Zucker *________*
An manchen Stellen war es wirklich seeeeehr verworren und ich habe das nur mit Mühe und Kombinationsgabe verstanden aber sonst war es echt toll. Diese Stellen, wo auch wirklich kein Name gefallen ist, wer das sagte, haben mich immer wieder aufgeregt, weil ich nicht sofort wusste, wer das denn nun sagt, aber das hat man dann ja auch schnell herausgefunden, wenn man das aufmerksam gelesen hat.
Und es ist mal eine ShinXKyo Story mit Happy end... TT____TT Wie schöööö~n!! Immer oder eher fast immer ist da dann kein Happy end vorhanden *flucht*
Auch wenn ich DaiXShin auch voll mag, aber es sollte halt nicht so sein ÔO
Und Toshiya... Menno... der ist immer der böse, der alle... jah ÔO wie soll man das sagen... verführt und denen falsche Hoffnungen macht und sie dann abblitzen lässt *hoil*
Dabei ist der nicht sou XDDD
Shinya kümmert sich voll süß um Kyo und lässt dem so viel Zeit, sich darauf einzustellen und das finde ich voll knuddelig ^o^
Wie die auch so miteinander umgehen ist voll niedlich. Und Dai und Kao *umkipp* Auch toll XDDDD
Ouh man... Ich finde das voll klasse, das ihr/du diese FF übersetzt hast/habt! Respakt. Ich hätte da echt keinen Nerv zu und die ist auch noch so lang .______.
Aber ich finde sie echt klasse gemacht!!

Baibai das RaniX ^______^ *wünx*


Zurück