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Sommernachtstraum

Der Sommer der großen Gefühle
von

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Prolog: "Der beste Sommer"

Das sollte der beste Sommer meines Lebens werden. Ich hatte mich so drauf gefreut und dann rutschte ich in diese verdammte scheiße – in diese scheiß Wette zu der sich mein Übermut hinreißen ließ. Und ich bereute es – ich bereute es abgrundtief. Denn wenn ich nicht „Ja“ gesagt hätte, wenn ich es wie sonst einfach hingenommen hätte und nicht diesen wirklich – ich meine wirklich! – idiotischen Vorschlag gemacht hätte, hätte ich dich nie besser kennen gelernt … Ich hätte nicht anfangen müssen dich in einem anderen Licht zu sehen, ich hätte nie etwas über dich, deine Familienverhältnisse, deine Freunde, deine tiefsten Ängste oder Träume und Wünsche erfahren müssen. Ich hätte weiterhin einfach den zu mir eiskalten (zu Mädchen jedoch charmanten!), beliebten, oberflächlichen, großkotzigen, reichen und eingebildeten Schnösel von damals vor mir gesehen. Nein, ich hätte dich einfach weiter abgrundtief hassen können … So wie es eigentlich auch sein sollte … doch dieser Sommer hat meine ganze, heile Welt zunichte gemacht – DU, hast sie wohl oder übel zunichte gemacht! Ich musste mich mit Dingen umher schlagen, die mir nicht mal in meinen schlimmsten Alpträumen eingefallen wären … und wirklich an allem bist du schuld. Nur DU! Du allein!

Na ja, teils zumindest … wieso hast du dich mir auch auf diese atemberaubende Weise gezeigt, die mein Herz zum Rasen bringt? Ich hasse dich dafür … aber gleichzeitig liebe ich dich auch …

Kapitel 1 – Adieu Amerika, Hallo Deutschland!

“Let him know that you know best cause after all you do know best. Try to slip past his defense without granting innocence – lay down a list of what is wrong. The things you’ve told him all along. And pray to God he hears you and pray to God he hears you.

Where did I go wrong, I lost a friend. Somewhere along in the bitterness and I would have stayed up with you all night …”

“Joel? Könntest du bitte diese Stöpsel rausnehmen und aufhören zu singen? Wir sind da und ich erwarte von dir, dass du dich benimmst. Deine Tante freut sich schon ewig dich wieder zu sehen und wir wollen ihr das nicht vermiesen.“

Genervt verdrehte ich meine Augen, jedoch so, dass es mein Dad nicht sehen konnte im Rückspiegel, durch den er mich gerade musterte, bevor ich etwas schnippig antwortete. „Schon klar, Dad. Mach dir um mich mal keine Sorgen. In 2 Tagen bin ich ja wieder weg, also kann ich nichts wirklich nennenswertes anstellen.“

„Das will ich auch hoffen Sohnemann … Ansonsten-“, bevor er jedoch weiter reden konnte fiel ich ihm schon ins Wort.

„Ja, ja, ja. Du wiederholst dich – das hatten wir doch schon hundertmal!“

„Du lernst ja nicht wirklich dazu.“

„Ach komm schon. Ich bin Musiker – das gehört eben dazu.“

„Ja, ein Möchtegernmusiker.“

„Hey, das war jetzt gemein!“, entfuhr es mir empört und ich sah meinen Dad mit einem skeptischen Blick an. Mittlerweile war der Wagen zum Stillstand gekommen und mein Dad hatte sich zu mir umgedreht, als er meinen Blick sah, fing er an zu lachen. „Schon gut, du weißt doch, dass ich das nicht so meine.“

„Ja … aber trotzdem verletzt es mich – zumindest mein Ego.“

„Darüber mache ich mir keine Sorgen, das ist groß genug. Genauso wie dein freches Mundwerk.“

Ich fing an zu lachen. Tja, ganz unrecht hatte er nicht, aber bei meiner Musik war ich empfindlich. Ich liebte es einfach vor mich hin zu singen oder Gitarre zu spielen – es machte mir Spaß und im letzen Jahr war es das einzige was beständig in meinem Leben blieb und mir noch ein paar glückliche Stunden bescherte.

„Also Superstar, wenn wir nun alles geklärt haben, kannst du ja schon mal aussteigen.“ , meldete sich mein Dad wieder zu Wort und sah nebenbei zu dem großen blauen Haus, das vor uns stand. Es gehörte meiner Tante und war ziemlich modern – viel Glass, viel blau und weiß und passend dazu auch sehr modern eingerichtet. Eigentlich passte es gar nicht in diese Umgebung. Sie wohnte nämlich auf dem Land – so bezeichnete ich es zumindest. Das hieß alle 30m kam mal ein weiteres Haus und so weit das Auge reichte sprang einem die Farbe Grün entgegen. Zu viel Grün für meinen Geschmack, aber heute war mir das ausnahmsweise egal, denn ich freute mich auf diesen Sommer schon seit Monaten. Bis in die nächste Stadt brauchte man 2 Stunden und normalerweise war ich das nicht gewohnt. Früher wohnten wir auch hier in der Nähe (genau 2 Stunden von hier weg), aber vor 3 Jahren zogen wir nach New York, da meine Mom ein gutes Jobangebot dort bekam. Meinem Dad war das nur recht – er leitete mehrere Firmen, was im Klartext hieß, dass es ihm egal war, wo wir wohnten. Sein Imperium konnte er von überall leiten und New York kam ihm zu der Zeit eh gerade recht. Wir kamen nur noch im Sommer hierher um Tante Marian zu besuchen. Sie war ein wenig einsam, da ihr Mann vor 2 ½ Jahren starb. Er hatte einen tragischen Autounfall und irgendwie war sie immer noch nicht drüber hinweg – auch wenn sie immer so tat. Mir war das nur Recht. So konnte ich meinen Sommer wieder hier verbringen – in meiner Heimat. Ich hatte sie immer total vermisst, vor allem meine Freunde. Als wir vor 3 Jahren weg zogen war ich 15 gewesen und es fiel mir damals echt schwer, alles zurück zu lassen. Nicht das es mir in New York nicht gefallen hatte – es war toll und die Leute dort sind echt super, aber nichts im Vergleich zu meinem Leben hier. Ich freute mich immer auf die Besuche bei Tante Marian und der Grund dafür war nicht wirklich Tante Marian selbst oder die Umgebung, sondern das ich meinen besten Freund Nate wider sehen konnte. Ich hatte immer noch jede Menge Kontakt mit ihm, obwohl ich seit 3 Jahren am anderen Ende der Welt lebte. Ich telefonierte beinahe täglich mit ihm und ihr könnt euch sicher vorstellen wie hoch meine Telefonrechnungen jeden Monat waren – Dad wollte mich jedes Mal am liebsten köpfen, wenn er eine zu Gesicht bekam. Schlussendlich hat er sein Vorhaben nie in die Tat umgesetzt – zu meinem Glück. (ein Wunder, ne?) Na ja, von Amerika nach Deutschland war es eben doch kein Katzensprung – auch nicht für die heutigen Telefongesellschaften, aber zum Glück gab es ja Internet. Das erleichterte das Ganze ein wenig – wenn auch nicht ausreichend. Es war eben doch etwas anderes, ob man „nur“ mit seinem Freund schrieb oder eben doch seine Stimme hörte und all seine Emotionen. Deshalb freute ich mich so auf diesen Sommer. Ich würde den ganzen Sommer zusammen mit Nate verbringen und nicht nur diesen Sommer sonder auch das nächste Jahr, und übernächste Jahr, und über übernächste Jahr. Genau, denn wir zogen wieder hier her zurück. Na ja wir war nicht ganz richtig, eigentlich nur mein Dad und ich. Mom blieb in Amerika – sie und Dad ließen sich scheiden, deshalb war das letzte Jahr für mich auch total schrecklich – sie waren fast nur am streiten, bis Dad vor einem Monat beschloss auszuziehen und er nahm mich kurzerhand mit, da er nicht wollte das ich bei Mom und ihrem neuen Freund wohnte. Ich hatte nichts dagegen, ich hätte nämlich kotzen können als ich erfuhr das Mom meinen Dad jahrelang betrogen hatte. Wie man sich sicher Vorstellen konnte, war unser Verhältnis nicht mehr das Beste. Sie war damals für mich gestorben und das buchstäblich. Wenn ich ehrlich war, hatte sie sich eh nie wirklich um mich gekümmert. Ihr Job war ihr immer wichtiger. So gesehen vermisste ich sie nicht wirklich – ich kannte sie eigentlich kaum. Die größte Zeit meiner Kindheit verbrachte ich mit dem Kindermädchen oder Dad – und natürlich mit Nate. Ich freute mich also riesig, als Dad mir mitteilte das wir wieder nach Deutschland ziehen würden. Nate war auch total überrascht, aber freute sich genau so sehr wie ich. Adieu Amerika, hallo Deutschland. Wir – besser gesagt mein Dad, den ich würde den Rest des Sommers zusammen mit Nate in einem Feriencamp verbringen– sollten diesen Sommer lang bei Tante Marian wohnen, während Dad sich um unser zukünftiges Haus kümmern sollte. (sollte heißen erstmals ein geeignetes Eigenheim für uns beide zu finden) Vielleicht nicht genau hier bei meiner Tante, aber vielleicht in der Stadt in der wir früher gelebt hatten. KLACK!

Ich wurde soeben aus meinen Gedanken gerissen, als ich realisierte das mein Dad ausgestiegen war und soeben die Türe zugeschlagen hatte. Ich saß stattdessen immer noch wie angewurzelt auf der Rückbank unseres Porsches. Ich sah durch das Fenster und erkannte warum er ausgestiegen war. Meine Tante stand in der Tür und winkte schon freudestrahlend rüber, jedoch nicht lange. Keine Minute später hatte sie ihn schon in ihre Arme geschlossen und schien irgendetwas zu sagen. Er erwiderte kurz etwas drauf und beide drehten sich plötzlich in meine Richtung. Ich beschloss, dass das nun der perfekte Moment für meinen glanzvollen Auftritt war – besser als weiterhin hier zu sitzen wie eine Salzsäule. Ich griff nach der Türschnalle und im nächsten Moment öffnete sich die Tür und schloss sich bald darauf mit einem „KLACK“. Ich stieg mit einem breiten Lächeln im Gesicht aus, während meine Tante schon auf dem Weg zu mir war und im nächsten Moment hatte sie mich schon in ihre Arme geschlossen und erdrückte mich halb.

„Ohh Joel. Ich habe dich so vermisst, mein Kleiner. Sieh nur wie groß du geworden bist.“, sagte sie mit einer etwas brüchigen Stimme. Die wollte jetzt doch nicht wirklich anfangen zu weinen, oder?

„Ähh danke … so viel bin ich eigentlich nicht gewachsen seit letztem Sommer.“, war meine intelligente Antwort auf ihre vorhergegangene Aussage. „Ach was … du merkst das bloß nicht Schätzchen.“, Sie ließ mich kurz los und musterte mich von Kopf bis Fuß. „Meine Güte hast du dich aber verändert. Du wirst langsam wirklich zu einem Mann. Hast du irgendetwas mit deinen Haaren gemacht?“, fügte sie etwas ratlos hinzu. Ich verdrehte die Augen und antwortete: „Ich bin ein MANN, Tante Marian! Und nicht erst seit einem Jahr! Ich sehe schon lange so aus und NEIN an meinen Haaren hat sich nichts verändert. Rein gar nichts!“.

„Bist du dir sicher? Sie sind etwas lang …“, meinte sie daraufhin. Mittlerweile hatte sie mich wenigstens los gelassen. „Die sind schon seit 2 ½ Jahren so lang.“, meckerte ich. Bevor sie jedoch weiterhin irgendetwas über mein Outfit, meine Haare oder mein Alter sagen konnte, mischte sich mein Dad ein. Er hatte unsere ganze Konversation mit einem Lächeln verfolgt. Danke Dad!

„Nimm es ihr nicht Übel Joel. Deine Tante ist nicht mehr die jüngste und weiß nicht was zurzeit eben „in“ ist.“, sagte er mit einem Lächeln im Gesicht.

„Also das ist jetzt wohl nicht wahr! Ich bin sicher die hippste Tante die es gibt.“, fügte sie vollkommen entrüstet hinzu. „Und ich sagte ja nicht, dass es mir nicht gefällt. Ich finde Joel sieht wirklich süß aus.“

„Süß!?“, entglitt es mir entgeistert. „Ich bin auf gar keinem Fall Süß! Hast du mich mal angesehen? Ich trage ne schwarze Röhre, T-shirt, Nietengürtel, Chucks und eine blaue Lederjacke. Was soll daran bitte süß sein?“, fügte ich noch hinzu. Das war ja wohl die Höhe und mein Dad lachte auch noch! Verräter. „Schon gut.“, meinte meine Tante mit einem Kopfschütteln. „Die Jungs von heute mögen es wohl nicht mehr als süß abgestempelt zu werden. Ich hab‘s kapiert, aber du bist einfach immer noch mein kleiner süßer Fratz. Das solltest du nicht vergessen.“

„FRATZ!?“, meinte ich mit einem schockierenden Blick. „Dad? Sag ihr dass das nicht wahr ist. Ich bin ein MANN und kein KIND mehr. Los, sag es ihr.“, meinte ich mit verschränkten Armen. Mein Dad hingegen lachte nur und sagte: „Ich würde dich ja gerne verteidigen, aber es wäre doch irgendwie gelogen, also lass ihr doch den Spaß. Sieh ein, du wirst immer ihr kleiner, süßer Joel sein. Egal wie alt du bist … und jetzt lasst uns rein gehen. Es wird langsam etwas kalt hier draußen.“ Und damit wandten er und Tante Marian sich von mir ab und gingen ins Haus. Tzz Kleiner. Kleiner. Das konnten sie sich abschminken – alle beide! Ich war immerhin 18! Das war einfach eine bodenlose Frechheit. Schlussendlich folgte ich den beiden ein wenig niedergeschlagen, doch dieser Gemütszustand sollte nicht lange anhalten. Noch bevor ich die Tür überhaupt erreichte, hatten sich schon wieder zwei Arme um meinen Hals gelegt und jemand drückte mich mit einem „Joooooeeeelll, da bist du ja endlich! Ich konnte es kaum mehr erwarten. Wo warst du verträumter Trottel so lange?“ an sich. Ich blinzelte erst ein paar Mal, bevor ich die vertraute Stimme wirklich zuordnen konnte und es kaum glauben konnte. NATE!? Ich schloss meine Arme ebenfalls um ihn und drückte ihn ordentlich an mich und musste erst mal drauf los lachen. „Du kennst mich doch, Man. Haha, ich lass mir immer länger Zeit. Die VIP’s kommen eben zum Schluss.“, meinte ich. Nate fing ebenfalls an zu Lachen und lies mich los. „Was machst du hier?“, rutschte es mir dann doch heraus. Ich war irgendwie total baff! Nate wohnte immerhin 2 Stunden von hier weg. „Dachtest du wirklich ich würde dich nicht begrüßen? Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, es sind schon wieder 2 Jahre vergangen seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Immerhin war ich letztes Jahr ja im Urlaub, als du hier warst. Das lass ich mir doch nicht entgehen! Bis morgen wäre mir einfach viel zu lange gewesen. “, antwortete er mit einem Lächeln im Gesicht. Ich grinste ebenfalls. „Du bist echt verrückt, Alter.“

„Immer wieder gerne.“, fügte er mit einem zwinkern hinzu. „Aber jetzt ernsthaft? Wie geht es dir? Du siehst gut aus – hast dich ziemlich verändert in den letzten Jahren – zumindest äußerlich. Deine Haare sind länger … und dein Style ist etwas …. Anders.“ Ich musste einfach lachen als ich Nates Gesichtsausdruck sah. „Tja, 2 Jahre sagst du? Ist eben eine lange Zeit, aber wahrscheinlich hast du Recht. Aber du hast dich auch verändert.“, sagte ich mit ernstem Tonfall. „Natürlich nur äußerlich“, fügte ich jedoch eine Minute später hinzu, als ich seinen fragenden Blick bemerkte. „Tja, wir sind eben immer noch dieselben.“, grinste mein blondhaariger Freund. „Innerlich natürlich.“, bemerkte er beiläufig mit diesem da-hast-du-es--idiot-du-infizierst-mich-mit-deiner-Art Blick. Ich lachte. Er lachte. Wir lachten. Und zu meiner Überraschung musste ich feststellen, wie sehr ich das vermisst hatte…
 

Ich saß auf meinem Lieblingsplatz in meinem „Zimmer“. Es war ein großes Zimmer mit riesengroßem Fenstern im hinteren Teil des Hauses. Hier hatte man eine tolle Aussicht auf die Bäume und Tante Marians geliebten Garten und natürlich auf den Himmel mit seinen zahlreichen funkelnden Sternen, die ich gerade betrachtete. Es war schon verrückt. Überall gab es den gleichen Himmel. Aber das hatte auch wieder etwas Beruhigendes. Es bedeutete, dass etwas für immer blieb, egal wie sehr sich die Erde selbst verändern würde. Ich saß also auf meinem Lieblingsplatz mit meiner Six-string und spielte ein paar lockere Töne vor mir her und sang ein paar Strophen aus einem Song von meiner absoluten Lieblingsband: The Fray, während ich über den heutigen Nachmittag nach dachte. Nate war noch lange geblieben – er aß mit uns noch zu Mittag. Aber das lag jetzt fast schon wieder 9 Stunden zurück. Er wollte eigentlich hier schlafen, aber seine Mutter erlaubte es nicht, weil er wieder einmal vergessen hatte sein Zimmer auf zu räumen und noch nicht mal seine Sachen fürs Camp gepackt hatte. Das war typisch Nate. Sie wollte unbedingt dass er das noch erledigte. Also durfte er nicht hier bleiben. Aber wir verabredeten uns gleich für Morgen früh in der nächsten Stadt. Dad war damit einverstanden, da er sich eh noch wegen ein paar Angeboten erkundigen wollte, die es im Zentrum der nächstgelegenen Stadt gab. Der Nachmittag war angenehm und ich fühlte mich fast wieder wie mit 15. Wir redeten über alles, alles was wir erlebt hatten und das obwohl wir gestern noch eine Stunde telefoniert hatten. Er erzählte mir von seiner Freundin die er mir übermorgen vorstellen wollte, wenn wir ins Feriencamp fahren würden. Sie nahm dort ebenfalls teil (sie kommt von etwas weiter her.) Wir redeten von alten Zeiten und den ganzen Stuss den wir fabriziert hatten. Es war wirklich unterhaltsam. Als wäre ich nie wirklich weg gewesen. Nate war Nate – das wusste ich schon immer und jetzt wurde es mir mal wieder bewiesen. Es war so leicht und unbeschwert mit ihm – das hatte ich schon fast vergessen. Aber es tat auch gut, dieses vertraute Gefühl wieder zu spüren. Vor allem nach den letzten Monaten. Die waren wirklich hart und schmerzhaft für mich gewesen … Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als ich ein Klopfen an meiner Tür realisierte und Dad seinen Kopf zur Tür reinsteckte. „Na, Rockstar? Darf ich reinkommen oder störe ich gerade?“, meinte er etwas verlegen. Ich sah ihn an und lächelte. „Nee kein Problem. Ich war nur gerade in Gedanken. Klopfst du schon lange?“

„Wie man‘s nimmt. Du brauchst ja bei allem ein wenig länger.“, grinste er.

„Haha sehr witzig. Ich lach mich tot.“, erwiderte ich beleidigt. Er trat nun ein und schloss die Tür hinter sich und setze sich neben mich auf die Fensterbank. Ich hörte auf zu spielen.

„Und wie war dein Nachmittag mit Nate?“, fragt er wie beiläufig.

„Schön. Vor allem Unterhaltsam – du kennst doch Nate.“

„Ja stimmt, aber freut mich. Ihr seht euch eh morgen wieder. Du hast ihn ganz schön vermisst, oder?“

„Ja, kann man wohl sagen … Er hat mir echt gefehlt. Ich freu mich schon auf morgen. Er will mir zeigen wie sich die Stadt in 3 Jahren verändert hat und wir treffen uns mit ein paar alten Freunden.“, lachte ich drauf los.

„Das klingt doch gut.“ Er machte eine kurze Pause bevor er fortfuhr. „Also ist es für dich wirklich o.k. wieder hier zu leben? Also nach dem Sommer meine ich?“ Ich sah ihn überrascht an.

„Natürlich, sonst hätte ich nicht „Ja“ dazu gesagt.“

„Ach, ich dachte nur du hättest es einfach nur so gesagt – mir zu liebe sozusagen. Aber dann bin ich ja beruhigt. Du hast heute etwas niedergeschlagen gewirkt, als wir auf dem Weg hier her waren und deine riesen Reisetasche steht immer noch unten wo ich sie heute Morgen zurück gelassen habe. “

„Ich war nur müde.“, verteidigte ich mich. „Wir sind immerhin fast die ganze Nacht geflogen und entschuldige, das ich in einem vollen Flugzeug, neben einem Fettwanz – der die Hälfte meines Platzes mit belegt hat - eben nicht so gut schlafen konnte, wie in meinem eigenen Bett.“, fügte ich mit beleidigtem Tonfall hinzu. Mein Dad fing an zu Lachen.

„Okey okey. Ich entschuldige mich offiziell. Es war nicht so gemeint.“

„Will ich auch hoffen …“, fügte ich immer noch beleidigt hinzu und ließ meine Hand ein paar Mal über die Seiten meiner Gitarre streichen.

„Schläft Tante Marian schon?“

„Ja, der Tag war etwas zu viel für sie. Nate hat sie schon früh aus dem Bett geklingelt und sie musste noch vieles für unsere Anreise organisieren.“

„Arme Tante Marian.“, meinte ich mitleidig. Und das meinte ich wirklich ernst. Ich wusste wie hartnäckig Nate sein konnte, wenn er wollte.

„Freust du dich schon aufs Sommercamp? Du hast Musik als Schwerpunkt gewählt oder?“

„Ja ich freu mich wirklich. Das wird bestimmt toll – Ich weiß es einfach. Das wird der beste Sommer meines Lebens. Es wird sich alles um Sonne, Party, Spaß und Musik drehen. Und das tollste ist Nate wird dabei sein. Die beiden Dinge die mir am meisten am Herzen liegen endlich vereint. “, sagte ich wirklich überzeugt. Mein Dad grinste. „Tja, das freut mich. Und vergiss nicht die ganzen tollen Mädchen.“

„Maaann Dad. Ich brauche keine Mädchen. Wie oft soll ich, das den noch sagen? Wenn sich was ergibt okey, aber an erster Stelle steht für mich die Musik.“, erwiderte ich genervt. Er wollte unbedingt dass ich mir ein Mädchen zu legte, damit ich nicht so oft alleine war. In New York war das öfters mal der Fall gewesen und Dad hatte deshalb oft ein schlechtes Gewissen. Echt nett, aber vollkommen unnötig. „Mach dir keinen Kopf Dad. Ich komm schon mit allem klar.“, fügte ich also noch hinzu.

„Ja ja ich weiß … es ist nur du bist nie mit einem Mädchen nach Hause gekommen oder so und du bist schon 18.“ Aus seinem Mund klang das schon fast, wie der Weltuntergang. Ich musste einfach lachen.

„Nur weil ich DAS nicht getan habe bedeutet es nicht, dass ich noch nie eine Freundin hatte. Ich hatte mehrere, aber es war nicht das richtige auf Dauer, klar? Es war einfach nicht wirklich ernst genug.“

„Ohw.“, war das einzige was mein Dad dazu sagte. Offensichtlich hatte er mit diesem Kommentar meinerseits nicht gerechnet. Er wirkte auch ein wenig überrascht. Tja, sorry Dad, dass du nicht alles über mein Leben wusstest. „Tja wenn das so ist … du hast aber schon an Verhütung und so gedacht, oder?“, kam es plötzlich von ihm. Ich hätte meinen Kopf jetzt gerne gegen die Nächste Wand oder das Fenster geschleudert, aber das wäre sicher nicht gut gekommen. Außerdem wollte ich Tante Marians ein und alles nicht zerstören. Also ließ ich einen genervten Seufzer von mir. „Dad? Das ist jetzt nicht dein Ernst oder? Dafür bist du ein paar Jahre zu spät dran. Und überhaupt siehst du hier irgendwo ein Kind? Also ich nicht und es gibt auch keines, wenn es dich beruhigt.“

„Okey, tut mir Leid. Ich will nur nicht, dass du dir dein Leben mit so etwas zerstörst.“

„Mach ich schon nicht Dad. Das hatte ich wirklich nie vor – eher stürze ich mich von der nächsten Brücke.“

„Nur nicht so Dramatisch.“

„Du hast damit angefangen.“ Und damit war das Gespräch vorerst beendet. Wir saßen noch ca. eine viertel Stunde so nebeneinander bis sich mein Vater wieder zu Wort meldete. Er schien nach gedacht zu haben.

„Joel?“

„Jap, anwesend.“

„Tust du mir einen gefallen?“

„Klar doch.“, erwiderte ich ohne zu Zögern.

„Du hast vorher aufgehört zu spielen, als ich rein kam. Ich hab eine Zeit lang zu gehört, weil du nicht geantwortet hast und ich nicht einfach reinplatzen wollte ohne deine Erlaubnis – die Tür war nicht ganz zu.“, entschuldigte er sich bevor er zum eigentlichen Punkt kam. „Würde es dir etwas ausmachen noch einmal etwas zu spielen? Ich hab dir früher doch so gern zu gehört und na ja … es wär schön wieder etwas von dir zu hören … so wie früher.“ Ich sah ihn überrascht an. Normalerweise nervte es ihn, wenn ich die ganze Zeit rum sang oder mit meinem Ipod herum rannte und mit summte … eigentlich nervte es ihn so gut wie immer und das Ganze ist erst seit einem Jahr so. Vorher hatte er nie etwas dagegen und hörte mir wirklich gerne zu. Deshalb auch mein Spitzname „Rockstar“. Aber um DAS hat er mich schon seit langem nicht mehr gebeten. Er war wohl zu sehr mit Mom und sich selbst und der Firma beschäftigt. Das letze Jahr war ja auch für ihn anstrengend – das sah man ihm einfach an. Ich sah ihn an und lächelte. „Wenn es weiter nichts ist.“ Und ich fing an zu spielen. Erst zaghaft und dann immer selbstbewusster. Ich sah wie Dad seine Augen schloss und sich langsam zurück lehnte. Mein Lächeln wurde breiter. Er wirkte wirklich friedlich in diesem Moment. Es war lange her seit ich ihn das letze Mal so gesehen hatte. Dann fing ich an zu singen, es kam einfach so – wie immer eigentlich.

„Let’s rearrange. I wish you were a stranger I could disengage. Say that we agree and then never change, soften a bit until we all just get along but that’s disregard. Find another friend and you discard as you lose the argument in a cable car – hanging above as the canyon comes between. Everyone knows I’m in – Over my head, over my head with eight seconds left in overtime. She’s on your mind, she’s on your mind …”

Ich spielte die letzten paar Takte bevor das Lied zu Ende war. Ich sah meinen Dad direkt an. „Das war wirklich schön. Von wem ist der Song?“, kam es von ihm einige Minuten später, als ich schon längst geendet hatte.

„Von meiner Lieblingsband „the Fray“. Der Song heißt „Over my head“.“, sagte ich genau so kurz angebunden. Es legte sich wieder die Stille über uns bis mein Dad sich erhob und meinte. „Es ist schon spät. Ich sollte ins Bett, wir müssen morgen beide früh aus den Federn.“ Und mit diesem Satz war er schon bei der Tür angelangt und öffnete sie. Ich sah ihm nur hinterher. Er drehte sich noch einmal um bevor er den Raum verließ mit einem kurzen „Danke“ und „Bleib nicht mehr zu lange wach.“ Die Tür schloss sich und ich sah sicher noch weitere 15 Minuten an, bevor ich meine Gitarre zur Seite stellte und beschloss ebenfalls ins Bett zu gehen. Das war echt seltsam, dachte ich, aber Dad hatte Recht und mit diesem Gedanken bereitete ich mich auf meinen wohlverdienten Schlaf vor und dieser übermahnte mich auch sofort, als ich mich in das Bett, das für mich gedacht war, legte und die Augen schloss.

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Ich möchte mich an dieser Stelle mal kurz zu Wort melden :D Das ist der Auftakt meiner geplanten Geschichte - ich hab schon einmal die ganzen Charakterbeschreibungen hochgeladen, der Charakter die noch vorkommen werden :D Übrigens, die Songs sind von einer meiner Lieblingsbands: The fray - wurde eh erwähnt^^ Diese Geschichte wird sich auch mit Musik auseinandersetzen, da diese auch für mich ein wichtiger Bestandteil meines Leben ist und ich glaube die Geschichte wird noch etwas typisch Hollywood-Teenie-Film-mäßig werden xD Aber mal sehen :)Ich hoffe es ist nicht all zu anstrengend zu lesen & bitte verzeiht mir rechtschreibfehler etc. Ich bin darin leider ne Niete^^

Kapitel 2 – Hochmut kommt vor dem Fall – Vor allem wenn es um Wetten geht.

“We all want to be, want to be somebody. Right now, we’re just looking for the exit. This is the way I would have done things. Up against the wall, up against the wall …” Boah nein … aufhören. Wer auch immer. Aufhören mit dem Krach … Ich will schlafen … einfach nur SCHLAFEN. Immerhin ist das mein offizieller zweiter Ferientag. Ich drehte mich auf die andere Seite meines Bettes und vergrub meinen Kopf unter meinem Kissen. “… You got me up against your wall. It’s you and me on a Monday. The lies that we told. This is where we both go numb now …” Ich wollte gerade aufstehen, um die Quelle des Lärms zu definieren, als plötzlich wieder Ruhe einkehrte. Das undefinierbare Geräusch war auf einmal verschwunden und ich war richtig dankbar dafür. Trotzdem drehte ich mich in die Richtung, in der ich das Geräusch vorher vermutete, um fest stellen zu können, was mir beinahe meinen wohlverdienten Schlaf geraubt hätte. Ich öffnete kurz meine Augen. Doc h im nächsten Moment war ich hellwach, als mir klar wurde, das dieser „Krach“ mein Klingelton war und somit mein Handy geklingelt hatte, das neben mir auf dem Bett lag und nun auf dem Boden gelandet war, als ich es offensichtlich runter geschmissen hatte beim Umdrehen. „Scheiße“, schoss es mir durch den Kopf. Scheiße, scheiße, scheiße! Alle meine Gedanken drehten sich nur noch um ein Thema: Wie spät war es? Dieser Morgen hätte echt nicht besser anfangen können. Ich warf meine Bettdecke zurück und griff nach meinem Handy. Mein Herz setze für einen kurzen Moment aus, als ich sah das Nate angerufen hatte. Heilige scheiße, ich hatte verschlafen! Es war schon viertel vor 9! Wir wollten uns eigentlich um Neun treffen. Verdammte Kacke! Ich drückte sofort auf „Anrufen“ und im nächsten Moment hörte ich schon seine genervte Stimme. „Mensch Alter, wo steckst du und warum nimmst du dein Handy nie ab? Für was hast du so ein Ding, wenn du eh nie ran gehst?“ Ich versuchte nicht zu nervös zu klingen. „Ähm na ja … also um ehrlich zu sein … ich … also … na ja weißt du es ist so … “, stammelte ich vor mich her.

„Ja? Geht’s noch weiter oder war‘s das?“

„Ähm …“

„Mensch Joel spuck‘s schon aus. Ich möchte heute noch eine Antwort. Also, wann bist du da?“

„Um ehrlich zu sein bin ich noch zu Hause … Ich hab verschlafen ..“, antwortete ich etwas kleinlaut.

„WAS!?“, hörte ich darauf Nates Stimme. „Sag dass das nicht dein Ernst ist! Bitte.“

„Tut mir echt voll Leid, aber Dad hat mich offensichtlich nicht geweckt! Der bekommt noch was zu hören von mir!“, antwortete ich etwas aufgebracht. Es stimmte ja … für was hatte man sonst einen Vater? „Das ist echt die lahmste Ausrede überhaupt … Du bist 18, Joel – keine 10 mehr.“, meinte Nate mit einem verärgerten Unterton. „Und was soll ich jetzt bitte machen? Wieder nach Hause gehen? Es dauert ja noch mindestens 2 Stunden bist du bei mir bist.“

„Ich dachte, du wärst nicht allein? Was ist mit den anderen?“, antwortete ich etwas überrascht.

„Ach, die konnten alle doch nicht … Mary fährt heute mit Jake nach Spanien, Marie und Mimi wurden von ihren Eltern zur Mithilfe beim alljährlichen Sommerputz gezwungen und Adi hatte Gestern so einen dichten, das er nur noch das Bett hüten kann. Du siehst wir sind also nur zu Zweit.“

„Ohw.“

„Jap „Ohw“ trifft es ziemlich gut“, bemerkte er und seufzte. „Na gut, weißt du was? Dann verschieben wir das mit der Stadtführung. Zu zweit wäre es eh viel zu langweilig. Außerdem wüsste ich gar nicht was ich dir da alles erzählen sollte. Wie wär‘s wenn ich jetzt nach Hause zu mir fahre und du kommst einfach dort hin? Wir können später ja immer noch ins Zentrum, wenn wir Bock haben – Ich wohn eh in der Nähe.“, fügte er dann mit seinem typischen Nate Tonfall hinzu. Er war also nicht sauer – zum Glück.

„Klingt gut. Mich interessiert eh viel mehr wie sich dein Zimmer verändert hat.“, fügte ich scherzhaft hinzu. „Ja klar, aber erwarte dir nicht zu viel.“

„Ich doch nicht! Ich kenn dich doch Nate.“

„Schon klar, also bis später.“

„Jap bis dann. Tschüss.“, und mit diesen Worten beendete ich das Gespräch. Im nächsten Moment machte ich so viele Sachen auf einmal, dass ich im Nachhinein gar nicht mehr wusste, was als erstes folgte. Ich warf mein Handy in meine Tasche, zog mir mein Shirt über den Kopf, zog ein anderes aus meiner Reisetasche – die sonderbarerweise mitten in meinem Zimmer stand, Dad musste sie wohl rauf gebracht haben. Als nächstes folgten eine dunkelblaue Röhrenjeans und eine blaue Jacke sowie ein brauner Ledergürtel und im nächsten Moment war ich schon in meinem eigenen Badezimmer, das mit einer Tür zu meinem Zimmer verbunden war. Ich sah mich kurz im Spiegel an, bürstete meine glatten Haare nach vorne und entschied dann, dass das reichen musste, bevor ich in meine geliebten schwarzen Converse schlüpfte und nach unten eilte. Ich begrüßte meine Tante und meinen Dad nicht mit einem „Guten Morgen“ sondern mit diesen schlichten Worten: „DAD!? Dad, warum hast du mich nicht geweckt! Es ist schon 9! Du wolltest mich zu Nate in die Stadt fahren. Hast du das schon vergessen? Na los beeil dich! Wir brauchen noch locker 2 Stunden zu ihm. Hopp hopp nicht einschlafen!“ Und damit war ich schon aus der Haustür hinaus gestürmt und hinterließ eine verwunderte Tante Marian sowie meinen Dad, der mir nur hinterher sah. „Dir auch einen schönen guten Morgen … ist der immer so stürmisch morgens?“, meinte Tante Marian zu meinem Dad. Er sah sie mit einem überraschten Blick an, trank noch den letzen Schlucks seines Kaffes bevor er antwortete: „Ich wünschte es wäre so. Wenn er nur mal so schnell aufkommen würde, wenn er zur Schule muss.“ Meine Tante lachte daraufhin. „Tja, ich sollte dann mal gehen, nicht das unsere königliche Majestät zu spät zu seinem Termin kommt. Obwohl er sich das wohl selbst zu zu schreiben hat. Er ist nun alt genug selbst auf zu stehen.“, fügte er hinzu. Meine Tanten erwiderte darauf nur ein „Wie du meinst … Na los geh schon. Dein Typ wird verlangt.“ Ich wartete währenddessen in Dads Porsche und hoffte dass meine Taktik funktionieren würde. Und ich hatte Recht – meine Taktik ging voll auf. Keine 5 Minuten später saß er schon neben mir im Wagen und startete den Motor. Er hielt mir einen braunen Sack hin, den ich verwundert entgegen nahm, bevor er mit heulendem Motor los fuhr. „Was ist das?“, meinte ich ratlos. „Sieh rein, dann weißt du es.“, antwortet mein Dad nur knapp, da er sich auf die Straße zu konzentrieren schien. Ich folgte seinem Rat. „Ein Croissant?“, sagte ich verwundert. „Was soll ich damit?“, fügte ich noch hinzu und sah ihn fragend an. „Ich würde mal sagen essen – wie jeder andere Mensch auch. Tante Marian meinte, dass du ohne Frühstück nicht aus dem Haus solltest und da ich dich nicht nochmal zurück holen wollte, um Bekanntschaft mit deiner schlechten Laune zu machen, hab ich es so mitgenommen. Außerdem meinte sie noch du seist eh viel zu dünn, dir würde es sicher nicht schaden.“, waren die erleuchtende Worte meines Vaters. „Tzz, nur weil ich nicht so fett wie Onkel Bernd bin …“, erwiderte ich etwas angepisst. Was ging die mein Gewicht an? Und selbst wenn ich zu dünn wäre, wäre das meine Sache oder nicht? Außerdem war ich ein Typ im Wachstum. Hallo? Wir fraßen wie Scheunendrescher und nahmen eben kein Gramm zu! Was kann ich dafür?

„Langsam mit den jungen Pferden. Onkel Bernd war eben wohl ernährt und um einige Jahre älter als du. Mit 18 war er auch so dünn, vergiss das nicht!“

„Na also, wo liegt dann das Problem? Du weißt das ich am Morgen nichts runter bekomme.“ Und damit warf ich den Sack auf die Hintere Sitzbank. Sollte das Ding doch Verschimmeln.

„Vielleicht liegt es ja auch einfach an deiner Figur betonter Kleidung, dass dich jeder 3te darauf anspricht.“, meinte mein Dad dann plötzlich mit total ernster Miene. Ich seufzte. Nicht, DAS Thema schon wieder!

„Dad, hör zu. Ich weiß du bist nicht gerade begeistert von meinen engen Hosen, aber ICH mag sie und das ist das einzige was zählt. Hättest du‘s lieber wenn ich solche XXL-Pants kaufen würde und jedem meinen Hinter entgegen strecken würde?“, meckerte ich. Wir hatten das Thema schon Tausendmal … und es würde sich nichts an meinem Standpunkt ändern, egal wie oft er das Thema noch anschneiden würde. Irgendwann nervte es einfach. Vor allem an einem Morgen wie diesen.

„Das wollte ich damit eigentlich nicht sagen. Es ist nur so … diese Hosen sind wirklich ENG. Du könntest sie ja auch eine oder zwei Nummern größer kaufen. Dann währen sie auch nicht mehr SO eng…“ Ich seufzte erneut. Meine Stimmung war langsam echt am Tiefpunkt.

„Sagte ich ja: XXL-Pants“

„Nur damit du es weißt: Damit wäre ich auch nicht einverstanden – Ich wollte dir damit nur sagen, dass ich mir gerne etwas „normaleres“ wünschen würde.“

„DAS ist für mich NORMAL und außerdem komme ich so gut bei den Mädchen an.“

„Echt jetzt?“, meinte er überrascht.

„Ja, und jetzt konzentrier dich wieder auf die Straße und nicht auf meine Hosen.“

„Aber-“, wollte er gerade erwidern, als ich ihm erneut ins Wort fiel.

„Ach und noch was: Basta. Finito. Das Thema ist abgehackt, klar?“ und damit machte ich auch klar, das es das für mich auch wirklich war. Ich hatte schon meinen Ipod zur Hand und streifte mir meine Kopfhörer über die Ohren und wählte den Titel „Rebell“ von den Ärzten. Somit hörte ich auch die letzen Worte meines Dads nicht mehr – was mir aber ziemlich egal war. Zum Glück war er noch nie wirklich standhaft gewesen und somit beließ er es auch dabei. Ich war auch echt froh darüber – Mom hätte jetzt wieder eine riesen große Diskussion angefangen. In der sie als Gewinnerin raus gegangen wäre. Bei mir und meinem Dad war es zum Glück immer anders rum. Hier war ich so gut wie immer der Gewinner. Ich sah aus dem Fenster und wir beide hatten wohl einvernehmlich und stillschweigend beschlossen, den Rest der Fahrt mit Schweigen zu verbringen. Immerhin hatten wir noch ca. 100 Minuten vor uns und die Zeit verlief wirklich schleppend... und damit meinte ich WIRKLICH richtig schleppend, so dass ich irgendwann sogar weg nickte …
 

Als ich aus meinen Tiefschlaf wieder erwachte, standen wir schon vor Nates Haus. Ich war nicht von selbst aufgewacht, mein Dad hatte mich geweckt. Unsere Verabschiedung fiel eher kühl aus – eine Nachwirkung unserer Mini Diskussion. Ich sagte nur kurz „Tschüss“ und das er sich melden sollte, wenn er wieder nach Hause fuhr und das war‘s auch schon. Damit sah ich den silbernen Porsche schon wieder weg fahren. Dafür erwartete mich an der Tür ein wirklich gut gelaunter Nate, der kein bisschen sauer schien – im Gegensatz zu meinem Dad. Er fiel mir sofort um den Hals und begrüßte mich ordentlich. Dabei verkniff er sich jedoch nicht einen beleidigten Kommentar zu meiner Verspätung. Er bat mich jedoch gleich ins Haus und somit gingen wir gleich in sein Zimmer, nachdem ich seine Mutter kurz begrüßte und die üblichen Standartphrasen beantwortete wie „Es ist schön dich wieder zu sehn, Joel“, „Groß bist du geworden. Ein richtiger Mann eben.“ Oder „Wie war New York so? Hat es dir gefallen?“. Alles ganz easy und locker. Nates Zimmer war dezent eingerichtet – man würde kaum vermuten, dass hier jemand wohnte, wenn nicht überall seine Klamotten herum liegen würden.

„Tja, hier wären wir. Und? Ich denke du hast wie immer zu viel erwartet.“, meldet er sich dann zu Wort.

„Ich hab gar nichts erwartet – um ehrlich zu sein ist es mehr, als ich erwartet hatte.“

„Haha, ja ein Haufen Klamotten.“

„Ja, das sagt auch schon viel über die Person, die in diesem Zimmer wohnt aus.“

„Ja klar.“

„Tja …“, meinte ich nur, bevor ich hinzufügte: „Und hast du schon fürs Camp gepackt?“

„Jap. Gestern alles erledigt. Wieso glaubst du sonst sieht es hier so aus?“

„Keine Ahnung – vielleicht hat jemand ein Bombenanschlag auf deine Klamotten verübt?“ Er lachte.

„Das trifft es ziemlich gut, abgesehen davon das es ich selbst war. Und du? Wie sieht‘s bei dir aus? Freust du dich auch schon so wie ich?“

„Klar doch! Das wird unser Sommer! Und meine Tasche hab ich noch nicht mal ausgepackt. Ich nehm einfach alles mit, was ich so dabei habe.“

„Aber so was von, du Mädchen.“, fügte er grinsend zu meinem Kommentar hinzu.

„Hey, komm mir nicht so.“, sagte ich empört. „Reicht schon wenn das einer tut.“

„Dein Dad?“

„Oh ja – wieder einmal die Hosen Diskussion.“

„Ohw.“

„Das kannst du laut sagen!“, und damit ließ ich mich genervt auf Nates Bett fallen. „Er macht immer alles so kompliziert und will immer den „gesellschaftlichen Anforderungen“ entsprechen – auch wenn ich nicht weiß was das mit meiner Hose zu tun hat.“

„Tja, mich musst du da nicht fragen. Ich versteh‘s auch nicht. Es kann eben nicht jeder auf XXL stehen.“

„Sag ich auch immer, aber ich glaube das wäre ihm noch lieber, als meine jetzige Wahl.“

„Ach was. Du steigerst dich da in was rein.“, meinte er und setze sich ans Ende des Bettes. „Wie kommst du eigentlich morgen in das Camp? Fährst du mit mir mit? Die Mom eines Kollegen hätte eh schon angeboten dich mitzunehmen – du liegst eh sozusagen auf dem Weg.“

„Echt? Das wäre klasse. Ich hab das noch gar nicht abgecheckt … und das ging wirklich in Ordnung?“

„Klar doch – wenn ich es sage.“

„Punkt für dich – und danke.“, meinte ich.

„Kein Problem. Immer wieder gerne.“ Danach fingen wir wieder mal an über alles und jeden zu reden. Er erzählte mir viel von unserer alten Clique. Und so vergingen ein paar Stunden doch noch ziemlich schnell. Irgendwann wurde Nate jedoch die Luft im Zimmer zu stickig – behauptete er zumindest und er wollte wissen ob es mir egal wäre, wenn wir ein wenig nach draußen gehen würden. Für mich kein Problem, also waren wir kurz darauf im Grünen.

„Wie wär’s wenn wir zum alten Fußballplatz gehen, wo wir früher oft waren?“, unterbrach der Blonde schlussendlich die Stille.

„Klingt gut. Gibt es mittlerweile nicht einen neueren, moderneren?“

„Doch, aber deshalb schlag ich ja den alten vor. Der-“ Unser Gespräch wurde soeben unterbrochen von Nates Handy, das sich gerade zu Wort meldete. „Wart mal kurz. Adi ruft an“, und mit diesen Worten nahm er ab. „Hey Alter. Na was geht? … Echt? Ja cool! Hast du dir doch nicht die ganze Birne weg gesoffen? … Klar, wir sind da… Jap, Joel is back und weicht mir nicht mehr von der Seite … ja du kennst ihn ja … Ja gut, dann bis gleich.“ Ich sah ihn fragend an, während wir schon wieder ein gehöriges Stück zurück gelegt hatten. „Adi möchte uns treffen. Es geht ihm schon wieder besser, war also doch nicht so arg. Der Penner wollte bestimmt nur ausschlafen.“, antwortete Nate fröhlich.

„Wahrscheinlich, aber echt cool. Und wo treffen wir ihn?“

„Er hat ebenfalls den Fußballplatz vorgeschlagen – den alten natürlich.“

„Wann?“

„Jetzt gleich – Er ist schon dort.“

Somit beschleunigten wir unsere Schritte noch ein wenig und rannten sogar die letzen paar Meter hin. Adi trat schon bald in unser Blickfeld und winkte uns fröhlich entgegen. Eigentlich hieß er ja Adrian Rabenstein, aber Adi mochte er viel lieber. Es klang seiner Ansicht nach „cooler“. Ich war echt überrascht, dass er sich kaum verändert hatte. Er hatte immer noch kurzes schwarzes Haar, an dem man jedoch erkennen konnte, dass seine Haare lockig wären, wenn er es länger wachsen ließ. Seine dunklen Augen strahlten einem immer noch mit vollem Selbstbewusstsein entgegen. Im Kontrast dazu standen seine eher locker sitzenden Sachen und das weiß/schwarze Kappi welches er trug.

„Oh man seid ihr lahmarschig.“, begrüßter er uns.

„Jetzt werd mal nicht frech hier, Rabenstein.“, erwiderte Nate sofort mit einem Grinsen im Gesicht.

„Na danke auch. Hey, Joel schön dich wieder zu sehn.“, und somit erhob er schon seine Hand zu unserem alten Gruß, den ich mit Freude vollführte. Manche Dinge änderten sich eben nie.

„Du siehst gut aus – wenn auch komplett anders… etwas Gewöhnungsbedürftig … und deine Hosen erst … die sind ja mega eng, können deine Weichteile da drin überhaupt atmen?“, meinte er wohl ernsthaft. Ehe ich jedoch eine Antwort geben konnte, meldete sich schon Nate zu Wort und ehrlich gesagt war mir das gerade Recht. Was hatten die auch alle mit meinen Hosen? „Hey, rede ihn lieber nicht drauf an. Das war heut schon Thema Nr. 1 zu Hause.“

„Korrekt“, pflichtete ich Nate gleich bei.

„Okey schon kapiert – kenne ich ebenfalls, also willkommen im Club – auch wenn‘s bei mir eher die weiten Hosen sind.“, grinste Adi mich an.

„Danke, hätte ich kaum geglaubt“, erwiderte ich mit einem Grinsen.

„Und was haben wir 3 Hübschen jetzt vor?“, fragte Nate.

„Wie wär‘s mit nem kleinen Match zwischen dir und Joel – so wie früher. Ich hätte nen Ball dabei. Ich bin natürlich Schiedsrichter. Einer muss ja darauf achten das ihr fair spielt. Außerdem muss ich mit den Hosen passen“, kam es sogleich von Adi.

„Und da wären wir wieder beim Thema Hosen. Siehst du, Joel, dieses Problem hast du mit deinen immerhin nicht“, neckte mich Nate sogleich.

„Haha ich lach mich tot. Siehst du es schon?“, meckerte ich mit einem sarkastischen Unterton.

„Uhh, wir haben eine kleine Zicke unter uns.“, scherzte Adi.

„Ich geb dir gleich Zicke, du Prolet.“, konterte ich.

„Okey okey ich ergebe mich. Aber jetzt mal im Ernst, was haltet ihr davon?“ Adi sah uns erwartungsvoll an. Er schien irgendwie Begeisterung zu erwarten. Nate und ich sahen uns an, bevor wir im Chor „Klingt gut“ antworteten. Wir drei sahen uns an und lachten.

„Manche Dinge ändern sich echt nie.“, meinte Adi immer noch lachend.

„Wenn wir gerade dabei sind. Was haltet ihr von einer kleinen Wette oder besser gesagt Wettkampf. Nennt es wie ihr wollt“, sagte Nate nachdem wir uns wieder im Griff hatten.

„Forderst du mich etwas heraus?“, kam es sogleich von mir.

„Oh ja, Superstar. Ich wette, dass ich es schaffe in 15 Minuten 3 Tore gegen dich zu erzielen. Und der Verlierer zahlt dem Gewinner ein Getränk.“

„Klingt doch gut und vor allem gibt es so ein wenig Spannung. Ich steh auf Spannung.“, meinte Adi.

„Ach was, wenn schon dann eine richtige Wette mit größerem Einsatz.“, kam es mit einem selbstsicherem Blick von mir. „Der Verlierer muss den ganzen Sommer lang das machen was der andere von ihm fordert. Wir schreiben beide unsere Forderung auf einen Zettel und der Verlierer kann seinen „Preis“ nach dem Spiel bei Adi abholen.“, fügte ich mit einem Lächeln hinzu.

„Da ist sich aber einer sicher, dass er gewinnt.“, kam es von Adi, doch die Situation schien ihm zu gefallen. „Aber das macht das Ganze nur noch spannender.“, fügte er hinzu und schien wirklich begeistert zu sein. Auch Nate schien nicht wirklich abgeneigt.

„Geht klar.“, antwortet er mit einem gefährlichen Blitzen in den Augen. „Aber du sagst, du tust alles was ich will? Ich mein wirklich alles. Es gibt kein Kneifen?“, meinte Nate dann noch.

„Kein Kneifen. Die Bedingung muss erfüllt werden und zwar wirklich ALLES – keine Einschränkungen. Also mach dich schon mal bereit zu verlieren.“, sagte ich ebenfalls mit selbstsicherer Mine.

„Wer sagt das ich verliere?“, antwortete Nate ebenso selbstsicher.

„Wenn es dir entgangen ist, ich war Torschützenkönig in unsere Mannschaft und der beste Spieler den wir hatten – nichts gegen dich Nate.“

„Tja, Zeiten ändern sich. 3 Jahre sind eine lange Zeit …“, lächelte Nate vor sich hin. Bevor wir uns jedoch weiter anstacheln konnten, fiel uns Adi ins Wort.

„Okey gut, also hier habt ihr eure Zettel, schreibt rauf was der andere einen Sommer lang tun muss und dann stellt euch auf. Ich stell meine Stoppuhr schon mal auf 15 Minuten. Wer als erstes 3 Tore schießt hat gewonnen.“ Wir taten wie uns befohlen wurde. Beide davon überzeugt zu gewinnen – doch ich wusste das ich besser wie Nate war. Ich konnte nur gewinnen, deshalb hatte ich diese Wette ja auch vorgeschlagen. Ich gewann immer im Fußball. Nate konnte sich schon saftig auf seinen „Preis“ freuen. Er dürfte nämlich den ganzen Sommer kein Wort mit seiner Freundin reden, wenn ich dabei war und sich nur um mich kümmern. Nein, ich war nicht besitzergreifend. Ich wollte nur nicht das irgend so ein dummes Weib zwischen unserer Männerfreundschaft stand und erst recht nicht diesen Sommer! Somit stellte ich mich gegenüber von Nate auf. Adi kam mit dem Ball rüber und warf ihn hoch – vertschüsste sich jedoch gleich wieder. Er wollte ja nicht zwischen den Fronten stehen. Nate hatte einen kleinen Vorteil. Er erwischte den Ball sofort, da er um einiges größer war als ich, jedoch nahm ich ihn ihm sofort ab – so flink wie ich war – und rannte auf sein Tor zu. Er hatte keine Chance mir nach zu kommen – er war zu überrascht gewesen. Ich zog ab und traf. Tja, 1 zu 0 für mich. Ich drehte mich mit einem viel sagenden Blick zu ihm um. „Und was sagst du jetzt?“

„Ich würde sagen, du bist immer noch so gut wie früher. Aber freu dich nicht zu früh, das war Glück.“, meinte Nate mit einem Grinsen und somit landete der Ball wieder in der Mitte zwischen uns. Dieses Mal hatte Nate den Ball schon von Anfang an. Er ließ sich nicht mehr so leicht austricksen und zog an mir vorbei, doch ich realisierte schnell was er vor hatte und versuchte ihn zu schneiden, jedoch mit mäßigem Erfolg. Er musste es schon erahnt haben, denn er hatte den Ball schon Weg geschossen – von einer weiten Distanz. Trotzdem wackelte mein blonder Freund und fiel hin. Ich musste ihn gestreift haben, denn der Ball prallte wenige Sekunden darauf auch an der rechten Stange ab. Ich realisierte das schneller wie er und kam somit in Ballbesitz und schoss so gleich mein 2tes Tor. „Juhu zweites Tor für Joel. Nate, ich glaub du musst langsam mal Gas geben.“, kam es von Adi vom Feldrand. „Ihr habt noch 10 Minuten.“, fügte er noch hinzu. Es ging auch gleich weiter. Diese Mal hatte ich den Ball. Ich versuchte ihn wieder auszutricksen, doch er war schneller und holte ihn sich. Wir lieferten uns jedoch eine Weile einen Zweikampf, bevor ich jedoch den Ball verlor und er die Chance ergriff und darauf los schoss – und er traf. Ich musste zugeben in Weitschüssen war er echt gut. Nate grinste. „Mach dich auf deine Niederlage gefasst.“

„Tzz, vergiss nicht, dass ich ihn Führung bin und nicht du Nate.“, erwiderte ich lächelnd.

„Wir werden sehen wie lange noch.“, meinte er ebenfalls grinsend. „Ich hab mich nur aufgewärmt bis jetzt.“, fügte er noch hinzu bevor es weiter ging. Diese Mal war er wieder am Start. Ich versuchte mir den Ball zu erkämpfen und war überrascht, als er mich austrickste und an mir vorbei zog und sogleich sein zweites Tor schoss. Ich sah ihn überrascht an, bevor ich zähneknirschend hinzufügte: „Bild dir bloß nichts drauf ein – das war Anfängerglück. Ich war nur kurz unaufmerksam.“

„Wie du meinst. Du kannst es dir gerne schön reden, dass wird jedoch nichts an der Tatsache ändern, dass ich als Gewinner von diesem Platz gehen werde.“, erwiderte Nate ein wenig arrogant.

„Hey ihr beiden! Quatscht nicht so viel. Ihr habt noch 4 Minuten und das nächste Tor entscheidet über Sieg oder Niederlage.“, war Adis unnötiger Kommentar. Das war jedem von uns klar. Ich hatte den Ball und grinste, bevor ich anfing an ihm vorbei zu tänzeln, doch Nate war schnell wieder vor mir, um den Ball zurück zu erobern. Einziger Nachteil für ihn: Wir waren schon fast wieder vor seinem Tor. Ich lächelte selbstsicher. Ich wusste, dass ich jetzt treffen würde. Ich würde ihn austricksen und schießen und damit wäre das ganze vorbei. Ich würde nach rechts antäuschen, dann aber nach links spielen und abziehen. Ich hatte mein Vorhaben fast schon durchgeführt, als Nate mit seiner Hand an meiner Hose Hängen blieb, als ich nach links ausweichen wollte und somit über den Ball stolperte. Ich sah seinen überraschten Blick und mir wurde plötzlich klar, dass es das war. Egal wie schnell ich jetzt auch war, ich wäre nie schnell genug um ihm noch zu folgen. Auch Nate war das klar und er nahm den Ball an sich und wollte gleich von dieser Weite in mein offenes Tor schießen. Doch so schnell gab ich nicht auf. Ich versuchte noch, ihm den Ball mit meinem Fuß weg zu kicken, bevor er schoss und hoffte immer noch, dass er dadurch vielleicht nicht richtig Zielen konnte. Aber zu meinem Pech traf er. Im Nachhinein kam ich zu dem Schluss, dass das wohl Schicksal sein musste. Es musste einfach so gewesen sein, aber na ja … Im ersten Moment konnte ich es nicht glauben. Ich hatte verloren. Ich sah an den Seitenrand und auch Adi schien überrascht zu sein. Er hatte auch mit meinem Sieg gerechnet – das sah ich ihm nun ganz deutlich an. Plötzlich brach die Enttäuschung über mich und ich senkte meinen Blick. Ich sah erst wieder auf, als Nate näher an mich heran trat und mir seine Hand vors Gesicht streckte. „Nimm‘s nicht so tragisch. Jeder hat mal einen schlechten Tag.“, meinte er lächelnd. „Aber ich hab‘s dir ja gesagt. Unterschätz mich nicht. Hochmut kommt vor dem Fall.“, fügte er jedoch noch neckend hinzu. Ich sah ihn böse an, ließ mir aber trotzdem aufhelfen. „Tja, du hast wohl Recht. Aber du hast fair gewonnen. Du bist echt gut geworden. Das muss ich zugeben.“, meinte ich zähneknirschend.

„Ich trainiere auch beinahe täglich, also will ich das auch hoffen, aber Gut. Jetzt hol dir deinen Preis ab. Und vergiss nicht: Kneifen gilt nicht. Adi ist Zeuge und du hast gesagt ALLES ist erlaubt. “, sagte er wissend. „Schon klar, ich hab nicht vor zu Kneifen. Wie sagt man so schön: Wettschulden sind Ehrenschulden.“, erwiderte ich wenig begeistert, jedoch aufrichtig. Ich war ja gespannt, was er sich ausgedacht hatte. Nate war bekannt für seine eigenartigen Ideen und Wetten liebte er.

„Okey Joel, hol dir deinen Zettel ab. Ich weiß zwar nicht wieso, aber offensichtlich bist du der Verlierer. Was war los mit dir?“, kam es vom Seitenrand und wenige Sekunden später stand Adi bei uns auf dem Spielfeld. „Ja, ja streu noch Salz in die Wunde.“, kam es von mir.

„Hey sorry, aber du musst zugeben, dass ich das nicht oft erleben werde!“, lächelte Adi und streckte mir den Zettel entgegen. „Tja, wer weiß.“, meinte Nate.

„Gewöhn dich nicht dran. Das war eine einmalige Sache.“, kam es kurz und knapp von mir während ich den zusammengefalteten Zettel öffnete. Nate und Adi unterhielten sich derweil etwas abseits von mir und gingen zum Tor um den Ball zu holen, während sich mein Gesichtsausdruck in wenigen Sekunden schlagartig ändern musste. Ich konnte nicht glauben was auf dem Zettel stand. Ich lass es noch ein Mal und noch ein Mal. Und noch ein Mal. Das konnte doch nicht Nates ernst sein? Hat der nicht mehr alle Tassen im Schrank? Ich sah schockiert zu ihm rüber, während er meine Reaktion offensichtlich amüsant fand. Ich sah ihn fassungslos an und zuckte hilflos mit den Schultern. Ich war Nates verrückte Ideen und Wetteinsätze gewohnt, aber DAS! Das über traf alles. Ich wusste wieso ich Erinnerungen an Wetten mit Nate verdrängt hatte. Jetzt wurde es mir schlagartig wieder klar, als ich an die Szene mit Vanessa dachte. Sie war meine damalige Freundin und ich warf ihr vor miserabel im Bett zu sein aufgrund ihrer „Schwimmreifen“, obwohl sie nicht Mal welche besaß. Das war das Ergebnis einer verlorenen Wette. Es war mir damals so peinlich und es war das einzige Mal – abgesehen von jetzt – dass ich eine Wette gegen Nate verloren hatte. Doch ich würde das 10mal lieber machen, als DAS was auf dem Zettel stand. Das war doch nicht normal? Wer kam überhaupt auf solche dummen Ideen? Manchmal würde ich Nate gerne umbringen – und jetzt ganz besonders gern! Ich ging zu ihm hin, da Adi gerade weiter Weg am telefonieren war. Offensichtlich hatte ihn jemand angerufen, als ich gerade meine Fassung verlor – zum Glück auch. Sonst hätte er das Ganze auch noch mit bekommen. Ich hielt Nate sogleich den kleinen Zettel vors Gesicht. „Tickst du noch ganz richtig? Was soll DAS?“, sagte ich total aufgebracht. Nate grinste. „Was? Du sagtest ALLES ist erlaubt und du hast verloren. Kneifen gilt nicht.“

„Aber wie stellst du dir das vor? Das geht doch gar nicht! Vor allem verbringen wir den Sommer in einem CAMP!“, sagte ich noch wütender. Wie konnte er so ruhig bleiben? Ach ja, er hatte sich diese ganze Kacke ausgedacht! Er war ein solcher Sadist. EINDEUTIG! Wie konnte ich das nur vergessen?

„Es ist doch ganz einfach. Ich weiß nicht wo das Problem liegt. Du gibst dich einfach den ganzen Sommer als Mädchen aus. Und die eigentliche Hürde besteht ja darin, dass du überzeugend sein musst und somit keiner herausfindet, dass du eigentlich ein Junge bist. Das Camp gibt einem doch erst den richtigen Kick.“, meinte er ganz ruhig.

„KICK?“, meinte ich beinahe hysterisch. „Da kenne ich eindeutig bessere Sachen wie einen Sprung aus einem Flugzeug oder-“, doch ich verstummte sofort als ich seinen Blick sah, der eindeutig sagte: Wette war Wette, auch wenn du nicht mit so etwas gerechnet hattest. So ein Mist. Er hatte Recht. Ich ergab mich also meinem Schicksal. „Und wie stellst du dir das ganze bitte vor? Ich bin KEIN Mädchen! Ich hab keine Brüste, keine langen Haare, keine manikürten Fingernägel … und überhaupt? Wie soll ich das so lange überleben? Das Camp geht fast 2 Monate!“, erwiderte ich entrüstet.

„Kein Problem. Ich kann dir eine Perücke meiner Schwester leihen, die sie noch vom Theaterkurs hat. Wir leihen uns einfach ein paar Klamotten und Schminke von ihr aus und-“, doch bevor Nate weiter reden konnte, hatte ich ihn schon unterbrochen. Schminke? Klamotten? Was bildete der sich ein? „Wie bitte!? Ich zieh doch keine hohen Schuhe oder Röcke an!? Bei dir pippt‘s wohl!“, schrie ich schon fast.

„Bleib ruhig. Von mir aus kannst du auch deine eigenen Klamotten anziehen – zumindest ein paar. Und schminken musst du dich auch nicht wirklich stark. Dann bist du eben der natürliche Typ. Wir machen das schon.“, erwiderte Nate und klopfte mir aufmunternd auf die Schulter. Das sollte mich wohl beruhigen, doch ich war schockiert. Ich verfluchte mich gerade selbst für meinen absolut doofen Vorschlag. Ich hasste mich gerade abgrundtief. Nate schien meinen verzweifelten Blick zu sehn und ließ sich ein wenig erweichen. „Okey wir versuchen es einfach so lange es geht, aber mindestens einen Monat. Danach kannst du wieder du selbst sein.“, meinte er dann.

„Ach ja? Wie wär’s wen wir die ganze Sache einfach vergessen?“, war mein verzweifelter Kommentar. „Wette ist Wette“, fügte Nate mit einem bösen Blick hinzu. Ich hatte nicht wirklich erwartet, dass er klein bei geben würde – aber hoffen durfte ich ja noch.

„Okey schon gut. Und wie stellst du dir das vor? Ich kann nicht auf einmal wieder ein Junge sein – mitten im CAMP. Und vor allem wo soll ich plötzlich Brüste auftreiben?“, war meine patzige Äußerung. „Überlass das mir. Ich geb dir heute alles mit, was du brauchst um dich her zu richten. Du musst nur darauf achten, dass dich morgen keiner sieht. Im Camp sage ich einfach, das du meine Cousine bist und das mein Kumpel, also eigentlich du, nicht kommen kann. Stattdessen hab ich dich jetzt mitgebracht. Ist doch egal ob du weiblich oder männlich bist.“

„Na ja … aber nur für einen Monat, oder? Und danach?“

„Ja, ein Monat und wegen dem anderen lassen wir uns schon etwas einfallen – Ich bin ja kreativ. So etwas wie, dir hat‘s hier nicht gefallen oder so. Und Schwupp die wupp kannst du als Junge ins Camp kommen. Natürlich als mein Kumpel der nun doch kommen konnte.“

„Na gut … wenn das mal gut geht“, meinte ich wenig begeistert. Mir war gerade richtig schlecht. „Und was erzählst du deinem Kumpel mit dessen Mom wir mitfahren?“

„Hmm … wir holen dich einfach bei dir zu Haus ab und ich sage ihr dasselbe wie allen anderen. Du bist meine Cousine und wohnst eben bei einer guten Freundin meiner Mutter, weil wir keinen Platz mehr hatten. Das geht schon gut. Ich hab damals ja nur gesagt, dass noch jemand mit mir mit kommt – ob das ein Mädchen oder ein Junge ist, davon war keine Rede.“

„Ich glaub nicht das das klappt.“

„Sag niemals nie“, erwiderte der Blonde mit viel Begeisterung.

„Du hast das doch nicht etwa geplant, oder?“, schoss es mir plötzlich.

„Ne für was hältst du mich, aber ich hab letztens einen Film angesehen indem sich ein Mädchen, als Junge ausgegeben hat und es hat geklappt. Also dachte ich mir wieso nicht einmal umgekehrt probieren und vor allem im „echten“ Leben.“, grinste er.

„Du bist krank und erinnere mich daran das ich dich demnächst kille sowie deinen Fernseher zerstöre.“

„Mach ich.“ Im nächsten Moment war Adi schon wieder bei uns. „Sorry Jungs, war wichtig. Und Joel? Was ist deine Wettschuld?“, meinte er neugierig. Ich merkte richtig wie mir sogleich wieder meine Gesichtszüge entglitten. Kaum wieder eingekriegt, schon war alles wieder dahin. Ich sah ihn etwas schockiert an und stammelte irgendetwas Undefinierbares vor mich hin. Ich hatte gar nicht daran gedacht was ich Adi sagen sollte. Die Wahrheit? Jedoch reagierte Nate schneller als ich und ergriff das Wort. „Ach er muss mich nur den ganzen Sommer lang bedienen – nichts Originelles. Na ja und Joel wird doch nicht mit ins Camp gehen. Das hat er mir gestern gesagt. Stattdessen kommt meine Cousine mit.“ Damit rettete er mehr oder weniger die ganze Situation– wie man’s nimmt. Immerhin hatte ich die ganze Kacke ja ihm zu verdanken. Obwohl mir bis jetzt nicht klar war, dass Adi ebenfalls in dieses Camp gehen würde – noch ein Hindernis mehr.

„Echt jetzt? Das ist aber schade. Ich hätte mich auf einen Sommer mit dir gefreut, aber gut ein Mädchen mehr ist auch gut.“, erwiderte Adi schulterzuckend.

„Ja. Du weißt ja, mein Vater macht Probleme. Du gehst auch in dem Fall?“, war meine kurze Antwort.

„Klar doch. Ich geh dort jeden Sommer hin. Schade, dass du nicht dabei bist.“, sagt Adi an mich gewandt bevor er sich wieder an Nate wandte. „ Aber dein Wetteinsatz ist wirklich nichts neues. Ich hätte mehr von dir erwartet, Nate. Du lässt nach.“ Der Blondschopf lachte darauf nur. „Wir werden ja sehn …“, fügte er grinsend hinzu. „Oh ja“, schoss es mir durch den Kopf. Ich sah die totale Katastrophe schon vor mir. OH.MEIN.GOTT. Ich würde das nicht überleben … das würde der schrecklichste Sommer aller Zeiten werden, dabei sollte es eigentlich der Beste werden. Alles war versaut und warum? Weil ich meine doofe Klappe nicht halten konnte. Ich konnte es immer noch nicht Glauben. Nur langsam sickerte es in mein Bewusstsein durch. Auch wenn der restliche Tag für mich gelaufen war. Ich bekam kaum mehr was mit, beschäftigte mich nur noch mit einem Gedanken. Ich sah mich schon in einem Kleid und Mädchenschuhen und der blonden Perücke von Nates Schwester, wie ich das seltsamste Mädchen überhaupt abgeben würde. Ich hätte Kotzen können. Auch Adi schien das aufzufallen. „Hey Alter, geht’s dir gut? Du siehst irgendwie blass aus?“, fragte er irgendwann – offensichtlich hielt er es nicht mehr aus – nachdem ich kaum mehr was gesagt hatte. „Ach was, der ist bloß nervös, weil er den Rest des Sommers zu Hause verbringen darf.“, scherzte Nate – sah mich jedoch besorgt an. Ich erwiderte seinen Blick nicht und schüttelte nur den Kopf. „Nein nein, mir geht es gut. Mir ist nur ein bisschen schlecht im Moment.“, eine kurze Pause folgte, bevor ich mich schließlich doch durch rang zu fragen: „Nate? Können wir vielleicht nach Hause? Mir reicht’s irgendwie … Nichts gegen dich Adi…“, meinte ich still und abwesend. Mein Körper war wie paralysiert und ich fühlte mich, als wäre ich für nichts mehr zu gebrauchen – was wahrscheinlich auch stimmte. Adi wechselte daraufhin nur einen seltsamen Blick mit Nate und auch Nate schien mein Gemütszustand nicht gerade sympathisch zu finden. Sie zuckten beide mit den Schultern und Nate antwortet mir: „Klar doch.“ Er entschuldigte sich noch bei Adi für mein seltsames Verhalten und wir gingen wieder zu ihm nach Hause. Ich wünschte mir derweilen einfach nur, dass der morgige Tag einfach nicht kommen würde. Das wäre das Beste. Doch so kam es leider nicht – war ja auch klar. Wirklich ernst wurde es erst, als Nate mir noch jede Menge Kram mit gab wie Schminke, Kleidung (Röcke & Kleider – Igitt, ich hätte mich wirklich fast übergeben), Ballerinas und Sandallen, BHs mit jeder Menge Einlagen, damit ich zumindest Körpchengröße A tragen konnte und natürlich die blonde Perücke. Mein Wunsch, er könnte es sich doch noch einmal anders überlegt haben, erfüllte sich also leider nicht. Er erbarmte sich nicht. Alles kam von seiner Schwester, die momentan gerade im Ausland war, ansonsten hätte ich die ganzen Sachen wohl gar nicht bekommen, aber na ja … Ich wunderte mich so wie so, wie ich das alles nach Hause schmuggeln sollte, jedoch weigerte ich mich auch bei ein paar Sachen, die Nate von mir verlangte wie zum Beispiel irgendwelche andere Unterhosen wie Boxershorts anzuziehen, meine Nägel zu lackieren und auch mit Schmuck war er bei mir an der falschen Adresse. Somit einigten wir uns darauf, dass ich meine eigenen Sachen anziehen würde, sowie den BH und die Perücke. Zusätzlich sollte ich leicht Schminke auftragen. Mir graute es jetzt schon davor. Ich sollte aber trotzdem alle Sachen mitnehmen – einfach zur Tarnung. Ich hätte ihm gerne eine rein geschlagen, doch ich hätte nicht gewusst ob ich das noch geschafft hätte … Ich war einfach … total down. Ich würde mich ewig dafür hassen. Sollte das jemals jemand raus bekommen, wäre ich für den Rest des kommenden Jahres das Gespött der ganzen Schule. Die Transe schlecht hin. Trotzdem versuchte ich auch etwas Positives an der Situation zu finden und so versuchte ich mir einzureden, dass es ja nur für einen Monat sein würde und das ich danach wieder ich sein würde – doch so leicht war das nicht. Diese Nacht konnte ich kaum schlafen – kein Wunder eigentlich. Ich lag die halbe Nacht wach. Als ich nach Hause kam verabschiedete ich mich noch von meiner Tante und meinem Dad und sagte ihnen sie könnten morgen auf jeden Fall ausschlafen – Ich würde erst später abgeholt. Und das stimmte ja auch – zumindest teilweise, den ich nannte ihnen eine falsche Uhrzeit für alle Fälle. Ich würde 2 Stunden früher aus dem Haus sein. Es würde schon alles glatt gehen …. Auch wenn mir erst wirklich klar wurde was mir blühte, als der Morgen fast schon wieder anbrach. Ich würde ab morgen ein MÄDCHEN sein – ein richtiges MÄDCHEN! Heilige Scheiße, wie sollte ich das schaffen ohne einen Nervenzusammenbruch zu erleiden? … Aber irgendwann neigte sich jeder Tag dem Ende zu und so auch dieser. Mein Schlaf war alles andere als erholsam – eher eine einzige Achterbahnfahrt und mir graute es schon vor dem Erwachen.

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Jaaaa~ ich habs tatsächlich geschafft^^ Also hier ist Kapitel 2! Ich hoffe es hat euch gefallen, auch wenn es noch zum Auftakt gehört. Ab Kapitel 3 gehts dann endlich los mit dem Sommercamp ;D Übrigens hab ich den 2 Kommischreiber vom letzen Kapitel ne ENS geschickt, das es weiter gegangen ist. Ich hoffe das passt & ich denke ich übernehme das System auch für die Zukunft^^ Ist für auch ja bequemer denke ich. && Danke nochmal für die 2 Kommis^^ Die waren total süß. Ja ansonsten? Ich hab mir überlegt vielleicht einen "Soundtrack" zu machen. Also zu jedem Kapitel, den Link zum Song online zu stellen, den ich am meisten angehört habe, während ich am schreiben war - das Beeinflusst ja sehr die Stimmung des Kapitels & vielleicht kann ich euch ja ein paar tolle (unbekannte) Songs zeigen, die euch genau so begeister wie mich^^ Ja was haltet ihr davon? Ansonsten wünsch ich euch noch einen wunderschönen Nachmittag/Abend <3

Kapitel 3 – Willkommen im Camp Villa! (sprich [spanisch]: ll = j = Vija)

Um Punkt 8 stand ich vor unserer Auffahrt – voll bepackt. Neben mir stand meine volle schwarze Reisetasche, die nun zur Hälfte mit Mädchen Sachen voll war. Der Rest lagerte nun in meinem Schrank, so dass es niemand finden würde. Ich hatte auch extra aufgepasst, dass ich niemanden aufweckte, als ich aufstand. Ansonsten hatte ich meine Six-String geschultert – immerhin war ich immer noch im Musikzweig, auch als Mädchen. Das Wetter war eigentlich recht gut, fast so als wollte es mich erst recht verspotten. Ich war richtig nervös und zitterte schon. Gleich müssten sie um die Ecke kommen und ich befürchtete, dass ich schon gleich auffliegen würde, wenn ich nur schon ins Auto stieg. Außerdem hatte ich Angst, dass mein Dad oder meine Tante mich doch noch sehen konnten und das wollte ich unter allen Umständen vermeiden. Ich hatte mir die blonde Perücke über gezogen, die mir knapp bis zu meinen neuen „Brüsten“ reichte. Die unechten Haare fielen in leichten Locken über meine Schultern und zusätzlich hatte ich nun einen leichten Seiten Pony, den ich mir jedoch mit ein paar Haarspangen (ebenfalls aus Nates Sammlung!) zur Seite gesteckt hatte, da dieser mich nur nervte. Ein paar einzelne Strähnen fielen mir jedoch immer noch ins Gesicht. Ansonsten war mein Gesicht von ein wenig Rusch, Labello und Wimperntusche gezeichnet. Ich hatte mich auch dazu durch gerungen einen wirklich dünnen schwarzen Liedstrich am unteren Augenlied anzubringen. Der hatte mich jedoch meine Nerven gekostet, bis ich den mal hatte waren etliche Minuten vergangen … echt zum Haare raufen! Parfüm lag jedoch immer noch auf meiner Abschussliste und somit landete die kleine Flasche auch nicht in meinem Koffer. Als ich mich dann im großen Spiegel im Gang ansah, hätte mich beinahe der Schlag getroffen … Ich sah gar nicht so schlecht aus, da ich eher feine Gesichtszüge hatte, ging ich als Mädchen schon halbwegs durch. Auch mein Körper war ziemlich schmal und hätte passen können, auch wenn die eher weiten Klamotten nichts allzu viel von meiner Figur erahnen ließen. Nur die blonden Haare störten mich – das war ich einfach nicht gewohnt. War ja auch ziemlich krass von Dunkelbraun auf so ein Caramel-Blond. Meine eigenen Sommerklamotten waren zum Glück nicht so eng wie z.B. meine Röhrenjeans. Somit konnte ich meinen maskulinen Körper ziemlich gut verstecken. Das ausgewählte T-Shirt war locker, aber nicht zu locker, darüber hatte ich eine schwarze Pulli-Jacke von meinem Dad drüber gezogen, die ich ihm am Vortag noch gestohlen hatte und mir somit um einiges zu groß war – aber mir gefiel das so und vor allem musste ich so nicht drauf achten, dass man eventuell doch etwas von meinem Körper sah. Außerdem hatte ich so das Gefühl immer noch ein männliches Wesen zu sein, auch wenn das eigentlich nicht mein Ziel sein sollte. Ansonsten trug ich noch eine dunkelblaue Jeans, die auch nicht so eng anlag wie sonst. Man durfte also nichts vermuten, außer dass ich eine Anhängerin des „Boyfriend-Styles“ war – ein Glück das dieser diesen Sommer „in“ war. Meine Schuhe waren immer noch meine eigenen schwarzen Converse – von diesen trennte mich wirklich keiner! Das einzige was ich sonst noch zu bemängeln hatte, war meine Größe – mit 1.85 Metern war ich doch sehr groß für ein Mädchen. Aber na ja … das konnte ich nun wirklich nicht ändern. Vor allem hatte ich so eine Ausrede, warum ich keine hohen Schuhe tragen konnte, denn die blieben ebenfalls zu Hause, obwohl Nate sie mir angedreht hatte. Schmuck hatte ich auch keinen an – außer meinen eigenen, den ich so oder so immer trug. Dazu zählten mein metallener Ring, den ich von Nate zum 16ten Geburtstag bekommen hatte, ein braunes Lederarmband und mehrere Freundschaftsbänder von Leuten aus Amerika sowie eine grobe Metallkette mit einem Schlüsselschloss dran. Das war meine Standartausrüstung und würde es auch bleiben. Basta. Trotzdem war ich nun Mega nervös und starrte mit meinen klaren blauen Augen um die Kurve. Ich konnte beinahe nur mein Herz klopfen hören, als ich das Geräusch eines sich nähernden PKWs hörte. Im nächsten Moment hatte auch schon ein schwarzer BMW vor mir gehalten und eine Frau mittleren Alters stieg aus und begrüßte mich fröhlich mit den Worten: „Guten Morgen, junge Dame. Du musst also Nates Cousine sein. Es freut mich sehr dich kennen zu lernen. Ich bin Gabriele, aber du kannst mich ruhig Gabi nennen.“ Sie streckte mir ihre Hand entgegen und ich erwiderte diese und antwortete sogleich bemüht freundlich. „Die Freude ist ganz auf meiner Seite. Ich bin … ähm.“, und ich stockte. Scheiße! Daran hatte ich gar nicht gedacht … wie sollte ich mich nennen? Doch ehe ich mich versah und Gabi misstrauisch werden konnte, stand schon Nate an meiner Seite. „Das ich dich endlich mal wieder sehe. Ist ja schon ewig her, oder Joelle?“, meinte er an mich gewandt und umarmte mich. Ich blinzelte etwas überrascht. Er hatte mich mit meinem Vornamen angeredet? Hallo? Nate? Einer zu Hause? Was sollte das? Doch als Gabi nicht darauf reagiert und nur meinte „Freut mich. Steigt schon mal ins Auto ein. Ich verstau derweil deine Sachen im Kofferraum – zum Glück ist der groß genug.“, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich war anfangs ziemlich verwirrt, aber Joel war ja sowohl männlich wie auch weiblich – sozusagen neutral mit dem einzigen Unterschied das man die männliche Form Joel schrieb und die weibliche Joelle, die Aussprache war jedoch von beiden Namen gleich. Ich kannte das Problem noch von New York, wir hatten dort ebenfalls eine Joelle in unserer Klasse und das führte oft zu Missverständnissen, weil keiner von uns beiden wusste, wen die Lehrer gerade meinten. Ich erwiderte nur ein kurzes „Danke“ während die arme Frau sich mit meiner großen Reisetasche herumschlug, bevor ich mit Nate auf die Rückbank durch rutschte. Dort machte ich sofort mit Gabis Sohn Bekanntschaft, den ich nicht wirklich kannte. Er kam mir zwar bekannt vor, doch ich wusste nicht wo ich ihn zuordnen sollte. Er hieß Justin und spielte zusammen mit Nate Fußball. Ich versuchte ihm so freundlich und mädchenhaft wie möglich zu Antworten – vor allem mit meiner Stimme war das ein Problem. Er wirkte auf mich ziemlich schüchtern im Umgang mit Mädchen. Er traute sich nicht mal mich wirklich an zu sehen und wenn er was fragte was mich betraf – wie zum Beispiel meinen Namen – fragte er Nate anstatt mich. Trotzdem antwortete ich ihm gleich und er wirkte dann peinlich berührt. Er war wohl wirklich sehr schüchtern. . „Du bist ziemlich groß für ein Mädchen.“, redete mich Justin plötzlich direkt an. „Ähm ja, das liegt wohl in der Familie – Meine Mom ist ebenfalls so groß. Ziemlich ätzend öfters.“, log ich daher und versuchte meine Stimme etwas höher klingen zu lassen. Es funktionierte halbwegs – zumindest so dass Justin kein Verdacht zu schöpfen schien. Mittlerweile hatte ich auch meine Nervosität wieder halbwegs im Griff. „Ohw, das kann ich mir vorstellen. Vor allem ist es sicher nicht leicht einen Freund zu finden, der größer ist wie du. Wie groß bist du denn? 1.80?“, fragte er. Ich wurde leicht rot. Freund? Als hätte ich dieses Problem … schon alleine der Gedanke daran ließ mich er schaudern. „Tja, wie man‘s nimmt. 1.80 ist fast richtig. Um genau zu sein bin ich 1.85 Meter groß.“, erwiderte ich. „Wow, du bist gleich groß wie ich.“, fügte er überrascht hinzu. „Hast du gehört Mom. Sie ist 1.85!“, wandte er sich dann an seine Mom, die soeben wieder eingestiegen war und los fuhr. Sie kommentierte das Ganze nur mit einem kurzen Nicken und konzentrierte sich dann wieder auf die Straße. Den Rest der Fahrt redeten Nate und Justin fast nur über Fußball und ich hatte einfach keinen Bock mich einzuklinken. Ich hatte im Moment gerade andere Probleme. Viel größere. Ich hatte eigentlich so gut wie nichts gesagt, außer den Kommentar zu meiner Größe und meinen Namen, aber ich hatte den Anschein, als sei das Justin eh lieber. Ich hatte so oder so kaum geschlafen und war einfach hundemüde, also war es mir so ziemlich egal. Vor allem käme ein Mädchen, das sich so sehr für Fußball interessierte sicher nicht gut an und ich wollte keinen unnötigen Verdacht erwecken. Also lehnte ich mich zurück und schwieg. Ich folgte ihrer angeregten Diskussion und dachte darüber nach, wie das Camp wohl sein würde. Erst als Nate mich irgendwann direkt ansprach und mich zuerst an stupsen musste, bevor ich reagierte, merkte ich wie sehr ich eigentlich in Gedanken war. „Hey Cousinchen! Nicht Tagträumen…“

„Mach ich doch gar nicht“, war meine überzeugende Antwort und es entwich mir ein Gähnen.

„ Sorry wir müssen dich ziemlich langweilen.“

„Ach was gar nicht. Es ist interessant – zum Zuhören mein ich.“

„Ja, deshalb träumst du auch in der Gegen umher und gähnst uns voll.“

„Mach dir keine Sorgen – es liegt nicht an dir.“

„An wem dann?“

„An meinem Schlafmangel.“

„Wirklich?“ Ich realisierte sofort seinen skeptischen Blick.

„Ja, wirklich – mach dir keine Sorgen, mir geht’s gut.“

Damit beließ Nate es und drehte sich wieder zu Justin. Ich lehnte mich wieder zurück und sah aus dem Fenster … und ehe ich mich versah hatte mich die Müdigkeit schon wieder eingeholt. Dieser monotone Ton und die ganze eintönige Umgebung gaben mir einfach den Rest. Und somit rief das Land der Träume, dass mich heute Nacht im Stich gelassen hatte, nach mir.
 

Tja, mein verdienter Schlaf wurde mir nicht lange gewährt, da ich kurz bevor wir im Camp ankamen von meinem wirklich netten, blonden Freund geweckt wurde. „Hey Dornröschen … hey aufwachen … Wir sind fast da.“ Und er machte das ganze wirklich gar nicht charmant, sondern rüttelte mich, als wäre die Welt drauf und dran unter zu gehen. „Maaaannn. Schon gut. Ich sagte SCHON GUT. Ich bin wach, klar?“ Ich öffnete langsam meine Augen und sah in 4 verdutzte Augenpaare und schlagartig wurde mir wieder bewusst, wo wir uns befanden – bei Justins Mom im Auto. „Ähh …“, stammelte ich. „Hab ich was im Gesicht?“, und dieses Mal sprach ich extra hoch. Justin erwiderte darauf nur: „Äh nein. Entschuldigung. Ich dachte nur, dass deine Stimme gerade so tief war…“ Er räusperte sich – offensichtlich war ihm das ganze peinlich. „Entschuldigung, ich hatte wohl einen Klos im Hals, das hab ich öfters.“, war meine geistreiche Antwort und ich hätte mich am liebsten dafür geschlagen. Klos im Hals? Wie dumm klang das denn? Doch Justin schien nicht weiter darüber nach zu denken, da Nate schon wieder anfing zu reden. „Leute? Habt ihr den riesen See gesehen?“

„Er ist kaum zu übersehen, Nate.“, erwiderte ich genervt. Er befand sich auch direkt neben uns – besser gesagt neben der Straße, die wir gerade entlang fuhren. Und ja er war schön, aber kein Grund so- … „Was hast du eigentlich als Schwerpunkt gewählt, Justin? Es gab ja 4 Punkte zur Auswahl. Musik, Mode bzw. Nähen, Sport und Kunst. Ich hab Sport genommen und als Spezialgebiet – man konnte ja 3 wählen, oder? – Fußball, Basketball und Baseball.“

„Cool. Ich hab auch Sport gewählt, aber nur Fußball & Baseball. Der Rest war nicht gerade meins …“, erwähnte Justin. „Was hast du genommen Joelle?“ Wow. Es war das erste Mal das er meinen Namen sagte, ein Wunder das er sich den gemerkt hat. „Sicher Mode oder Sport – Tanz vielleicht?“, fügte er selbstsicher hinzu. „Das trifft es wohl nicht ganz. Musik. Ich spiele Gitarre, Klavier und Schlagzeug, aber entschieden hab ich mich nur für Gitarre und Schlagzeug als Schwerpunkt.“, sagte ich eher beiläufig, da ich mir gerade die Landschaft ansah. Ich war zu fasziniert oder ich tat zumindest so. Viele Bäume, aber es wirkte wirklich schön, vor allem der See zog mich in seinen Bann. „Wow. Das ist ganz schön viel. In dem Fall bist du wohl ein Musik Genie?“, fragte Justin weiter. Offensichtlich wollte er unbedingt ein Gespräch mit mir führen – wahrscheinlich weil es ihm leid tat, dass er mich vorher mehr oder weniger ignoriert hatte. „Kann man wohl sagen“, war meine ernüchternde Antwort, doch Nate schien damit nicht zufrieden zu sein. „Machst du Witze? E- …“, ich boxte ihm sofort eine rein, als mir klar wurde was er sagen wollte. „Ich meine, Sie lebt für die Musik. Sie hängt die ganze Zeit an ihrer Gitarre und singt vor sich her.“

„Cool“, meinte Justin. „Du musst mir unbedingt mal was vorsingen.“

„Ähh … ja gerne, aber ein andermal.“, war meine Antwort. Und insgeheim hoffte ich, dass dieser Augenblick niemals kommen würde – vor allem wollte ich nicht mit so einer hohen Stimme singen! Nie im Leben, das konnte ich vergessen und er erst Recht! Ich warf Nate einen bösen Blick zu und er zuckte entschuldigend mit den Schultern. Ich würde Justin wohl oder übel aus dem Weg gehen müssen im Camp.
 

In den nächsten 10 Minuten waren wir dann im Camp angekommen. Die meisten Camper schienen schon da zu sein, da überall schon Jugendlich herum standen und irgendwelchen Beschäftigungen nach gingen. Offensichtlich kannten sich viel schon. Ich stieg aus dem Auto und holte mir mit den anderen beiden unsere Koffer bzw. meine Tasche ab. Justin verabschiedete sich noch von seiner Mom, während Nate und ich uns einfach nur bedankten und schon ein Mal zum Eingang gingen. Ich lass den Namen des Camps: Camp Villa. Klang ziemlich … seltsam. Jedenfalls stellte ich intelligenter weiße fest, dass das Spanisch sein musste. Auch wenn der Name seltsam war, das Camp selbst war eher modern und total cool von der Anlage her. Es gab einen See, Gemeinschaftshüten, ein Lagerfeuer, Räume für die verschiedenen Aktivitäten, sowie einen Sportplatz und die nächste Stadt war 30 Minuten entfernt. Ansonsten waren wir mitten in der Natur. Ich sah mich begeister um. Es gab einfach alles was das Herz begehrte. Die meisten Jugendlichen saßen schon vor einer der Hauptbühnen vor der Stühle aufgebaut waren. Offensichtlich würde dort die Begrüßung später stattfinden. Nate und ich folgten einem Schild auf dem groß „Anmeldung“ stand. Wir betraten auch gleich die Hütte, die wohl als „Kontaktstelle“ diente. Wir wurden auch sogleich von einer jungen, dunkelhaarigen Frau begrüßt. „Hallo, ihr könnt gleich hier her kommen. Ich bin gerade frei…“

„Klar.“, meinte Nate und wir stellten uns vor die junge Frau die wohl „Susi“ hieß – stand zumindest auf ihrem Namensschild. In Klammer stand noch Susanne. Wir sollten sie also bei ihrem Spitznamen nennen – das war mir auf Anhieb sympathisch.

„Hey, also herzlich willkommen in unserem Sommercamp. Wenn ihr irgendwelche Probleme, Anliegen oder sonstige Beschwerden habt oder irgendetwas braucht, kommt ihr als erstes zu mir. Ich werd schauen was ich für euch tun kann. Ansonsten wünsche ich euch viel Spaß hier. Tja, aber jetzt zum organisatorischen Teil. Als erstes brauche ich mal eure Namen … Ach ja und hier habt ihr einen Plan, der euch die ganzen Räumlichkeiten des Camps aufzeigt, damit ihr euch gleich zurechtfindet. Es ist alles darauf beschrieben. Ihr bekommt gleich auch noch euren Stundenplan mit euren Aktivitäten. Dafür sollte ich jedoch noch wissen welchen Schwerpunkt ihr gewählt habt.“

„Sicher doch – Nate Bruhn. 19 Jahre. Schwerpunkt Sport.“

„Okey und du?“

„Joelle Green, ebenfalls 18 und Schwerpunkt Musik.“ Sie sah mich etwas komisch an und drehte sich dann aber um, um die Unterlagen raus zu suchen. Ich sah fragend zu Nate, der mir nur kurz „deine Stimme“ zu zischte. Ups, vergessen …

„Also dich hab ich Nate, aber unter Joelle find ich nichts. Es gibt einen Joel Green, aber der ist unter den Jungs eingetragen.“ Ich sah sofort zu ihm. Nate ignorierte meinen panischen Blick gekonnt und wandte sich gleich „Susi“ zu.

„Tja … in dem Fall muss mir wohl ein kleiner Fehler bei der Anmeldung unterlaufen sein. Das ist meine Cousine und na ja … ich hab sie nach dem Anmeldeschluss noch angemeldet, da sie in Amerika wohnte und tja … offensichtlich habe ich einen Fehler gemacht oder die Person die die Daten aufgenommen hat. Obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass ich weiblich angegeben hab.“, sagte Nate wirklich überzeugend. Ich war total überrascht. Seit wann konnte er so gut Schauspielern?

„Offensichtlich muss ein Fehler vorliegen. Aber gut ist nicht so schlimm, die Aktivität und alles stimmen zumindest, oder? Darf ich fragen warum ihr unterschiedliche Nachnamen habt wenn ihr Verwand seit?“ Sie gab mir den Zettel noch schnell um meine Daten zu korrigieren. Ich nickte kurz und hängte an meinen Namen noch ein „le“.

„Äh … ihre Eltern haben sich getrennt und sie hat den Namen ihrer Mutter angenommen – Sie kommt aus Amerika.“, erwiderte Nate schnell. Ich gab ihr den Zettel zurück.

„Aha, also nur für den Sommer zu Besuch bei deinem Cousin?“, wandte sie sich an mich. Ich nickte kurz. „Du bist ja ziemlich groß für ein Mädchen und deine Stimme ist ziemlich tief …“

„Soll vorkommen“, sagte ich extra mädchenhaft und ihre Zweifel schienen für einen kurzen Moment verschwunden.

„Na ja das einzige Problem, das wir jetzt noch haben ist die Aufteilung der Schlafhüten. Jungs und Mädchen sind eigentlich getrennt und die Schlafordnung steht bereits fix fest. Das heißt du wurdest mit einem Jungen eingeteilt, da wir ja dachten, dass du einer bist. Das ist jetzt wirklich doof.“

„Kein Problem. Nate passt schon auf mich auf.“, meinte ich mit einem Lächeln.

„Äh?“, sie sah fragend von einem zum anderen, bevor sie hinzufügte. „Du bist nicht mit Nate in einem Zimmer. Nate ist zusammen mit 3 anderen Jungs eingeteilt und du hast zum Glück eh nur eine 2er Hütte.“, erwiderte sie überrascht. Wir beide sahen uns an uns sagten gleichzeitig: „WAS!?“

„Aber ich hab das doch extra dazu gesagt bei der Anmeldung! Oder …“, Nate pausierte kurz. „ … oder vielleicht hab ich es sogar vergessen …“, meinte er schlussendlich etwas kleinlaut. Ich funkelte ihn böse an. NATE. Das war so was von typisch. Ich wusste ich hätte nach Fragen sollen.

„Und jetzt?“, sagte ich wenig begeistert.

„Tja, du wirst dir wohl mit dem anderen Jungen das Zimmer teilen müssen. Tut mir wirklich leid, aber da ist nichts mehr zu machen …“

„Schon okey“, meinte ich. Sie konnte ja nichts dafür.

„Hier sind eure Stundenpläne und hier steht wo jeweils eure Hütten sind. Wenn ihr sonst noch Fragen habt, könnt ihr später nochmal kommen. Ach und vergesst nicht um 6 Uhr ist die Begrüßung durch unseren Campleiter. Das heißt ihr habt jetzt noch 2 Stunden.“ Wir nahmen die Zettel entgegen und bedankten uns, bevor wir die Hütte verließen. Als wir draußen waren schlug ich Nate erst mal so richtig eine in seine Magengegend. „Aua! Spinnst du? Für was war das denn?“, meinte er überrascht. „Für was? Für was wohl! Du bist so ein Vollpfosten! Das gibt’s einfach nicht.“, erwiderte ich sauer.

„Man sorry. Ich hab‘s echt total vergessen.“

„Wie konntest du nur!“

„Ach nimm‘s nicht so schwer. Wir überleben das schon. Wir sehen uns doch jeden Morgen, Mittag und Abend. Du darfst auch mal bei mir Schlafen wenn du möchtest.“, grinste er. Ich schlug nochmal zu. „Vergiss es.“ Und damit marschierte ich in die Richtung in der ich meine Hütte vermutete. Nate rief mir noch nach. „Hey, wir treffen uns um 6 wieder hier, ja? Ich stell dir dann meine Freundin vor!“ Ich seufzte … schlimmer konnte dieser Tag wirklich nicht mehr werden, doch ich sollte mich täuschen. Ich hob nur kurz meine Hand, bevor ich aus seinem Blickfeld verschwunden war und einem Schild folgte auf dem Stand „Zu den Hütten 60 – 90“. Meine Nummer war die 66, also hatte ich es wohl nicht mehr so weit – wenigstens ein Lichtblick.
 

Und meine Vermutung war richtig. Nach etwa 15 Minuten hielt ich vor einer kleinen, aber feinen Blockhütte mit der Zahl 66 an. Vor ihr hatte sich eine kleine Gruppe Mädchen gebildet, die auf irgendetwas zu warten schienen. Ich blieb kurz vor der Hütte stehen, bevor ich die drei Treppen zur Tür nehmen wollte, als eines der Mädchen mich abschätzig musterte und sich ihren Kommentar nicht mehr verkneifen konnte. Ich nahm an das diese blonde Tussi wohl die Anführerin von der ganzen Schar war. Es lag zumindest nahe mit ihrer arroganten Haltung, den Extension in den Haaren und den vielen goldenen Kettchen und dem ganzen Rosa. „Na sieh mal an. Ich hab schon gehört, das Shane mit einem Mädchen in einem Zimmer sein soll, aber das es wirklich so ist hätte ich nicht gedacht... aber na ja egal. Eigentlich sollte das ja meine Hütte sein, wenn schon ein Mädchen bei Shane schlafen darf, aber wenn ich mir die so anschaue, weiß ich schon warum die Leiter nichts dagegen haben – die ist ja selbst ein halber Kerl.“ Die anderen Mädchen fingen an zu Lachen. Ich stand mit dem Rücken zu ihnen, stellte meine Tasche ab, bevor ich mich umdrehte. „Wie bitte?“, war meine feindliche Rückmeldung – Ich sah sie mit verengten Augen an.

„Oh Entschuldigung, wenn ich die Wahrheit sage.“, meinte sie lächelnd.

„Sagt wer?“

„Ich“, meinte sie selbstsicher und ich hatte die drei Stufen mittlerweile wieder hinter mir gelassen und stand nun auf Augenhöhe mit ihr. Na ja, das stimmte nicht ganz. Ich überragte sie mindestens um eine Kopflänge, aber das machte das Ganze nur interessanter. „Barbie höchstpersönlich – nur tausendmal hässlicher und künstlicher. Aber lass mich mal überlegen …“, ich legte eine künstliche Pause ein. „… das geht doch fast gar nicht. Barbie besteht ja auch nur aus Plastik.“, erwiderte ich darauf und ich sah sie mit einem siegessicheren Grinsen an. Die Tusse konnte mich mal und nach ihrem Gesicht nach, hatte sie mit meinem Konter nicht gerechnet.

„Was fällt dir ein-“, donnerte sie sofort los, doch bevor sie weiter reden konnte unterbrach ich sie. „Könntest du mir bitte aus dem Weg gehen, ich würde mich gerne ein wenig von dieser grässlichen Aussicht erholen, aber dafür muss ich in meine Hütte.“ Sie setze gerade dazu an, etwas darauf zu erwidern, als die Tür von innen aufging und die Schimpansenkönigin und ihre Versallen verstummten. Das einzige das ihr noch entwich war ein ehrfürchtiges „Shane“.

„Hey hey, aber hallo Mädels. Ihr streitet doch nicht etwas schon um mich, oder?“ Ich hatte den Kerl noch nicht mal gesehen und ich hätte schon Kotzen können. Was glaubte der? Das wir wilde Tiere waren, die sich um ein doofes Männchen stritten? Und dann noch über ein so großkotziges? Ich hörte wie er die drei Stufen hinter sich ließ und neben mir zum Stillstand kam. Ich wandte mich trotzdem nicht zu ihm, sondern sah ihn nur kurz aus dem Augenwinkel an. „Oh Heilige-Maria-Mutter-Gottes. Bist du etwa meine Zimmernachbarin?“, meinte er an die auf blondierte Zicke gewandt, die mich gleich so blöd angemacht hatte. Offensichtlich fand sie ihre Sprache sehr schnell wieder. „Tja, leider nicht. Eigentlich sollte ich es ja sein. Aber na ja … Wir sehen uns sicher auch so. Ich bin übrigens Nathalie.“

„Klar doch und freut mich – wie ihr sicher wisst: Ich bin Shane.“, grinste er. Ich würdigte ihn keines Blickes. Doch im nächsten Moment wandte er sich auch schon an mich. „Indem fall hab ich wohl mit dir die Ehre?“, fragte er etwas zögerlich. Ich wollte gerade etwas darauf erwidern, als ich mich zu ihm drehte und mich – zum 2ten Mal an diesem Tag – der Schlag traf. Meine Gesichtszüge entwichen mir sicher bis aufs äußerste und meine Kinnlade klappte sicher buchstäblich herunter. Das konnte nicht sein. NEIN. NEIN. NEIN. Und in diesem Moment fragte ich mich gerade, wieso haste mich Gott so? Und genau das stammelte ich auch „Nein … nein“. Das konnte einfach nicht wahr sein. Das vor mir war SHANE, der großkotzige, verwöhnte, arrogante und von sich selbstüberzeugte reiche Pinkel, der früher einmal in die gleiche Klasse wie ich ging, als wir noch hier wohnten und die Lehrer schon überlegten ihn 3 Klassen überspringen zu lassen. Er war ein Genie, aber auch ein Großkotz. Aber was noch viel wichtiger war: Er war mein Erzfeind damals gewesen! Wir hatten uns immer nur in den Haaren und stritten uns wann immer wir konnten und das obwohl er drei Jahre älter war als ich und mittlerweile schon Jungunternehmer war. Er hatte sich zwar stark verändert, doch sein Gehabe war immer noch dasselbe, genauso wie sein Gesicht und seine Mimik. Ich hätte ihn unter tausenden Leuten wieder erkannt und ich hasste ihn. Wirklich. Es gab nichts und niemanden, den ich weniger Leiden konnte, als ihn, da war mir Nathalie so gar sympathischer. Er hatte nun etwas längeres schwarzes Haar, genauso wie ich normalerweise. Er trug jetzt auch einen Ohrring in seinem linken Ohr genauso wie eine schwarze Röhre, die jedoch um einiges lockerer saß als meine es jemals taten. Dazu kombinierte er Turnschuhe, ein weißes T-Shirt mit einer schwarzen Weste drüber und einen grauen Ledergürtel. Um den Hals trug er eine Kette, die die Form einer Musiknote trug und seine Arme schmückten mehrere schwarze, braune und bunte Bänder – offensichtlich Festival-Bändchen. Er musste auf vielen gewesen sein, auch wenn ich ihn mir dort kaum vorstellen konnte. Seine dunkelgrünen Augen sahen mich im Moment etwas verwirrt an, und auch sein geschwungener Mund war leicht verzogen. Er hatte die Arme verschränkt. Immerhin erkannte er mich nicht …

„Wie bitte?“, fragte er also nach. Offensichtlich glaubte er, dass er sich verhört hatte.

„Tut uns wirklich leid, dass du mit so einem Freak das Zimmer teilen musst, Shane. Sie ist etwas langsam, wie du gerade selbst mit bekommst… Du kannst aber gerne zu uns rüber kommen, wenn es dir zu blöd mit ihr wird.“, meldete sich Natalie sofort und lies die Gelegenheit nicht aus, um mich blöd hin zu stellen. „Ich meine klar doch. Ich bin deine Zimmergenossin.“, brachte ich völlig zusammenhangslos hervor, sah ihn jedoch nicht an, da ich Angst hatte mich nicht beherrschen zu können. Ich konnte schon wieder spüren, wie alles von damals rauf kam. Er sah mich etwas seltsam an. „Okey, also doch?“, schien er mehr zu sich selbst zu sagen als zu mir. Auf Nathalies Kommentar ging er gar nicht weiter ein und das schien sie zu erzürnen – wenn Blicke töten könnten, dann wären jetzt sowohl ich, als auch er tot. Er schien einige Minuten zu brauchen um sich zu sammeln „Tja dann, willkommen ... lass uns erst mal rein gehen. Ich helfe dir natürlich.“, meinte er dann ganz nett zu mir und wandte sich sogleich auch Nathalie zu. „Ihr entschuldigt uns, Ladys.“ Nathalie sah ihn verständnislos an. „Ach ja, und wir sehen uns ganz sicher heute Abend.“, sagte er noch mit einem Augenzwinker zu der Schar weiblicher Schimpansen und machte dann kehrt auf dem Absatz, um mir die Türe aufzuhalten. „Madame, darf ich bitten?“, fragte er und sah mich erwartungsvoll an. Ich sah zwischen ihm und Nathalie hin und her – die wohl gerade blass vor Neid war, bevor sie mich böse anschaute und dann mit ihrer Clique abzog. Wenn ich Shane nicht kennen würde, hätte ich sein oberflächliches Gehabe ja als „nett“ empfunden, doch ich schüttelte einfach den Kopf und lief an ihm vorbei in die Hütte, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Auf seiner Anhöhe packte ich meine Reisetasche und rang mir ein knurrendes „Danke“ ab – bevor ich eintritt. Er folgte mir und verschloss die Tür. Ich machte mich sogleich ans auspacken, besser gesagt ich bezog mein Bett, während er mir mit verschränkten Armen zu sah. Meine Sachen würden in der Tasche bleiben – zumindest vorerst. Ich wollte jetzt gleich zu Nate gehen und mich beklagen. Ich war so was von SAUER auf ihn. So was von. Ich glaub SO sauer war ich noch nie in meinem ganzen Leben auf ihn. Der konnte was erleben, wenn ich ihn in die Finger kriegen sollte. Ich war auch schon dabei wortlos an Shane vorbei zu stürmen. Doch bevor ich bei der Tür war, wurde ich von genau diesem schwarzhaarigen Mädchenschwarm, über den ich mich gerade beklagen wollte, aufgehalten, als er nach meiner Hand griff. „Hey hey wohin des Weges so schnell? Du bist gerade erst gekommen.“, meinte er. Tja, zu Mädchen war er ja wirklich nett, aber nicht mit mir… Ich kenne dich du Großkotz!

„Das geht dich einen feuchten Dreck an“, erwiderte ich also angepisst. Ich konnte mich wirklich nicht beherrschen. „Und jetzt lass mich los.“ Er wirkte überrascht. Aber Hallo? Es war SHANE! Da konnte man sich nicht von mir erwarten, dass ich mich zusammen riss! Nie und nimmer. „Na na, wir haben uns noch nicht mal vorgestellt.“ Er nahm meine Hand und gab ihr einen kurzen Kuss auf die Oberfläche – wie in diesen alten Filmen. „Darf ich vorstellen. Ich bin Shane, der-“, doch ich unterbrach ihn und entzog ihm sogleich meine Hand, die ich angewidert betrachtete. Er gehörte eindeutig umgebracht oder viel besser noch: verprügelt und gequält.

„Würdest du bitte mit diesem Theater aufhören. Es interessiert mich nicht.“

„HALLO? Weißt du wer vor der steht?“, meinte er skeptisch.

„Ja, ich kann es mir schon denken. Irgend so ein oberflächlicher Vollpfosten, der-“

„Du kennst mich doch gar nicht.“, unterbrach er mich verärgert. Er schien verwirrt über mein Verhalten. Tja, das war der liebe Shane offensichtlich nicht gewöhnt.

„Oh doch! Und wie ich dich kenne. Ich kenne solche oberflächlichen Typen wie du ausreichend.“, war meine Antwort bevor ich mich umdrehte und gehen wollte.

„Ich seh schon du wirst hier sicher schwer Freunde finden, Eisprinzessin.“

„Tja, auf solche wie dich kann ich gerne verzichten. Da rede ich noch lieber mit einem Stein – der verhält sich wenigstens nicht so dumm.“

„Ich wollte nur nett sein.“, meinte er langsam sauer.

„Stecks es dir sonst wo hin und zieh das bei so holen Leuten wie Nathalie ab, die dein Affengehabe interessiert.“, erwiderte ich kalt. „Ach und noch was: Schleck nie wieder meine Hand ab oder es knallt.“ Und mit diesen Worten trat ich aus der Tür und hinterließ einen verärgerten Shane, der die Welt offensichtlich nicht mehr verstand. „Zicke“, rief er mir noch hinterher, doch zu diesem Zeitpunkt war ich schon Meter weit entfernt. Dieses arrogante Arschloch!! Was bildet der sich ein? Und Nate erst! Nate, ich bring dich um! Wegen dir darf ich mir jetzt ein Zimmer mit SHANE teilen! Mit Shane. Ich könnte explodieren vor Wut. Ich stand mitten auf dem Hauptplatz, als ich plötzlich abrupt stoppte, den mir wurde soeben klar, dass ich gar nicht wusste wo Nates Hütte war. Er hatte mir seine Nummer gar nicht gesagt und mein Handy hatte kurz bevor wir hier waren, den Geist aufgegeben und lag nun außerdem in meiner Hütte. In meiner Hütte, in der sich SHANE befand. Wirklich tolle Aussichten. Außerdem hatte Nate ja gesagt, dass wir uns erst wieder um 6 treffen würden – wahrscheinlich war er gerade bei seiner super tollen Freundin. Ich hoffte, dass er elendig verrecken würde, während er Spaß mit ihr hatte und ich in diesem Dilemma fest saß. Und zum 3ten Mal verfluchte ich diesen Tag. Heute war einfach nicht mein Ding – was sollte noch alles folgen? Reichte das nicht langsam? Was hatte ich verbrochen das ich das verdiente? Nach einer weiteren viertel Stunde, in der ich immer noch verwirrt auf dem Hauptplatz stand, beschloss ich wieder zurück zur Blockhütte zu gehen – hier herum stehen hatte auch nicht mehr Sinn. In wenigen Minuten war ich wieder zurück bei „unserer“ Hütte. Ich blieb kurz vor der Tür stehen, atmete kurz ein und öffnete sie dann. Als ich eintrat lag Shane auf dem Bett und sah kurz auf, als er mich jedoch erkannte, senkte er den Kopf sofort wieder. Ich hingegen ließ mich keine Minute später auf mein Bett fallen. „Schon wieder zurück, Eisprinzessin? Hattest offensichtlich nicht viel Erfolg – bei was auch immer. Wundert mich nicht wirklich mit deinem Karmer.“, sagte er in einem arroganten Tonfall und erhob sich von seinem Bett. „Klappe.“, war meine kurze, aber prägnante Antwort. „Ich verzieh mich.“, meinte Shane dann. „… Ich habe das Gefühl die Temperatur gefriert gerade auf den Nullpunkt.“ Ich lag immer noch auf meinem Bett und hob meine Hand um ihm den Mittelfinger entgegen zu strecken und erwiderte auf seinen Kommentar: „Ja, verschwinde. Du verpestest nämlich eh nur die Luft hier drinnen – So kann ich wenigstens ein wenig Lüften.“ Ich hörte nur noch wie ein angepisstes „Tzz“ von ihm kam und im nächsten Moment wurde die Tür zugeschlagen. Ich war wirklich froh, dass er nun weg war. So hatte ich wenigstens meine Ruhe. Sein Gesicht wollte ich als letzes ertragen müssen. Mein eigenes vergrub ich derweil in meinem Kissen. Oh Gott ich konnte nicht mehr. Das raubte mir echt alle Nerven! Ich sah kurz zur Seite und sofort fiel mir meine Gitarre ins Auge, die leicht angelehnt an meiner Reisetasche lehnte in ihrer schachbrettgemusterten Schutzhülle. Ich saß auf und griff nach dem schwarz, weißen „Sack“ und packte sie auch gleich aus. Sie lag so unbeschreiblich leicht in meiner Hand und erinnerte mich so an zu Hause, dass ich mich gleich besser fühlte. Ich fing gleich an ein paar Takte zu spielen. Das beruhigte mich immer. Nach wenigen Minuten war meine Wut fast schon aufgelöst. So konnte ich wenigstens über diesen – bis jetzt zumindest – schrecklichen Tag nach denken. Immerhin ein positiver Punk gab es: bis jetzt war ich ziemlich überzeugend als Mädchen. Das war aber auch das einzig Positive an diesem Tag. Puhh … echt anstrengend so was. Plötzlich fiel mir ein, dass mein Handy ja leer war, als ich nachsehen wollte wie spät es war. Ich legte also meine Gitarre kurz weg, holte meinen Akku aus der Tasche und steckte mein Handy an. Dafür musste ich zwar Shanes hochmodernes Gerät ausstecken, da wir nur eine Steckdose hatten, aber das war mir so ziemlich egal. Er brauchte eh kein Handy, hatte eh keine Freunde. Mein Handy blinkte kurz auf und zeigte dann 17:05 an. Ich sah auch das mein Vater schon 3 mal probiert hatte mich anzurufen, doch ich hatte wirklich keinen Bock ihn jetzt zurück zu rufen – Ich würde das abends machen. Immerhin hatte ich noch 55 Minuten, dann würde dieser ganze Tag hoffentlich mal eine Wendung in die richtige Richtung machen. Währenddessen wollte ich einfach nur hier sitzen, spielen und singen – und das tat ich auch. Ich musste zum wiederholten Male feststellen, dass es wirklich nichts Schöneres gab, als nach einem beschissenen Tag ein paar Takte zu spielen und sich alles von der Seele zu singen ... und die Welt erstrahlte wieder in vollkommen anderen Farben…

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Sooo~ das war der Start des Sommercamps. Shane hatte seinen ersten Auftritt xD Schrecklich ich weiß ... aber ich mag ihn <3 ... Ich war so motiviert, dass ich gleich noch ein Kapitel (also das jetzt, am FR war ja das alte) geschrieben habe, das wars aber fürs erste^^ Vielleicht schreib ich noch eines im Laufe dieser Woche, aber geplannt ist für die nächsten 2 Wochen nichts ... Ich muss nämlich lernen! (ich werde mich eh nicht dran halten, da ich motiviert zum schreiben, aber demotiviert zum Lernen bin xD) Hab in 2 Wochen Matura (bei euch glaub ich heißt es Abi?) & das heißt Pauken, pauken, pauken ... hätte ich eigentlich heute und gestern anfangen sollen als ich an dem Kapitel geschrieben hab xD Na ja jetzt ist mein Drang befriedigt & Joel hat seine Anfangsschwierigkeiten auch halbwegs überstanden ;D Jetzt kann ich auch lernen ... Ja ansonsten hab ich die Musik-Liste noch gemacht ... hört euch die Musik zum Kapitel an ;D Ansonsten wünsch ich euch voraussichtlich 2 tolle Wochen, die hoffentlich schöner als meine werden ;D xD

Ach, und Villa ist übrigens spanisch und spricht man Vija aus, da "ll" im spanischen gleich "j" ist.

Kapitel 4 – Es kann ja nur besser werden – alles Ansichtssache …

Um kurz vor 6 wartete ich an dem verabredeten Standpunkt – bei der Gabelung zu den Mädchen und Jungenhüten. Ich sah gelangweilt in alle Richtungen und versuchte mir alles so gut wie möglich einzuprägen, während ich auf Nate wartete. Er würde jetzt immer noch einige Dinge zu hören bekommen, jedoch nicht auf die aggressive Weiße, die ich ursprünglich geplant hatte. Ich war wieder vollkommen gechillt – mein Wundermittel half eben immer und 55 Minuten waren so sehr schnell überbrückt worden – ohne jegliche Störung. Zu meiner Verwunderung hatte auch der Großkotz Wort gehalten und war nicht mehr zurück gekommen – zu meiner Zufriedenheit. Eigentlich hätte der Abend gar nicht besser anfangen können. Eigentlich. Denn im nächsten Moment kam mir die besagte Person schon entgegen. Er war alleine unterwegs und machte sich offensichtlich gerade auf dem Weg zur Hauptbühne. Er warf mir einen verärgerten Blick zu, bevor er mich keines Blickes mehr würdigte – sollte er doch, so musste ich seine grässliche Visage immerhin keine Minute länger als nötig ertragen. Ich war immer noch auf den Schwarzhaarigen fixiert, als plötzlich jemand seine Arme von hinten um mich legte und fröhlich ein „Joelle, träumst du schon, meine Liebe?“ vor sich hin trällerte. Natürlich war es NATE – wer auch sonst? Ich kannte niemanden der sonst so abgöttisch gute Laune haben konnte an so einem beschissenen Tag – und für meinen Geschmack war das im Moment auch einfach zu viel gute Laune. „DU!“, sagte ich aufgebracht und befreite mich aus seiner Umarmung. „Was bildest du dir eigentlich ein? Als erstes vergisst du uns beide fürs gleiche Zimmer anzumelden und dann muss ich mir auch noch eine verdammte Hütte mit SHANE teilen. Hast du gehört, SHANE! Ich wusste gar nicht das der überhaupt Zeit für so etwas wie Spaß hat … muss der nichts für seine Firma tun?“, meinte ich vorwurfsvoll – ich hielt mich extra bedeckt für den Fall das jemand zuhören würde, was ziemlich wahrscheinlich war, wenn Shanes Name fiel. Nate sah mich daraufhin verständnislos an, bis der Zusammenhang meiner Wörter auch bei ihm angekommen war. Er fing an zu Lachen – und ich fühlte mich gerade richtig verarscht. „Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Du musst dir wirklich ein Zimmer mit Shane teilen? Unserem Shane?“, meinte er immer noch lachend. Er fand das ganze offensichtlich zum Tod lachen. Ich knurrte daraufhin nur: „Ja und jetzt hör auf zu lachen! Wem hab ich das zu verdanken? DIR nämlich!“

„Also ich finde das super, besser hättest du es echt nicht mehr erwischen können!“

„Schön, dass es wenigstens einer von uns witzig findet.“, sagte ich sarkastisch.

„Wie hat er auf dich reagiert?“, kam es als nächstes ehrlich interessiert.

„Na wie wohl? – total charmant, wie er eben zu Mädchen so ist … aber bei mir zieht seine Masche nicht. Ich hab ihn auch gleich mal zu Recht gewiesen.“, antwortete ich. Daraufhin erntete ich einen fragenden Blick von Nate und ich erzählte ihm die ganze Geschichte – zwar erst ab dort als Nathalie und ihre Schimpansen Schar abgezogen war und wir alleine im Zimmer waren, aber egal. Für den Zickenkrieg würde er sich eh nicht interessieren …

„DU HAST WAS!?“, kam es – keine Minute später – entgeistert von Nate.

„Du hast schon richtig gehört“, meinte ich mit einem kritischen Blick.

„Bist du wahnsinnig!? Shane zum Gegner zu haben – und vor allem hier – ist tödlich! Vor allem kennst du ihn ja rein theoretisch nicht. Kein Wunder, das er darüber verwundert war. Eine Fremde die ihn auch gleich noch beleidigt und wie eine Furie auf ihn los geht – das ist ja total strange…“, sagte Nate aufgebracht. Was reagierte der jetzt so über? War es zu viel Verlangt ein wenig Verständnis zu erwarten? Immerhin war das ja meine Sache! Und Shane gehörte nicht gerade zu meinen Lieblingsleuten – da konnte man nicht von mir verlangen, dass ich total ruhig blieb – vor allem nicht wenn man so überrumpelt wird!

„Hast du mir zugehört? Wir reden hier von SHANE!“, sagte ich, als würde das alles erklären.

„Ja doch! Aber das ändert nichts daran, dass du eigentlich so tun solltest als würdest du ihn nicht kennen – egal wie großkotzig er sich benimmt!“, konterte der Blonde. „Außerdem – wenn du das vergessen haben solltest in den 3 Jahren in denen du Weg warst –Shane ist der Sohn vom Campleiter. Er kann dich hier ohne Rücksicht auf Verluste fertig machen.“ Ich sah Nate skeptisch an. Er schien es zu bemerken und erklärte mir somit: „Na ja, der Leiter des Camps ist David Villa – der Geschäftsführer von DTM-Technologie Inc.“ Ich sah ihn immer noch verständnislos an. Ich fragte mich ernsthaft, was das mit mir und meiner Laufbahn als eventuelles Opfer von Shane zu tun hatte? Das Shane der Sohn des Leiters war, hatte ich – wohl gemerkt – geflissentlich überhört – mein Gehirn hatte sich verabschiedet, als nur schon der Name „Shane“ fiel. Der Blonde ließ einen entnervten Seufzer von sich. „Wie heißt Shane im Nachnamen?“, fragte er darauf. Ich zuckte mit den Schultern – ich wusste es wirklich nicht mehr. „Shane VILLA – er ist sein Sohn. Folglich ist er so was wie der King hier und kann sich alles erlauben. Das du DAS Vergessen hast. Ich weiß, dass dein Vater auch eine große Nummer im Business ist, aber gegen Shanes Vater ist er Kleinunternehmer.“ Ich zuckte wieder mit den Schultern. „Entschuldige, dass ich mir eben nicht ALLES merke.“, antworte ich beleidigt.

„Ist ja auch egal – sei einfach in Zukunft etwas netter zu ihm. Du musst ihn ja nicht gleich Lieben, aber-“, „Schon Gut! Ich bemüh mich.“, unterbrach ich ihn, auch wenn ich es nicht ernst meinte – Hauptsache Nate bekam seinen Willen. „Gut, dann können wir ja jetzt zur Begrüßung und ich kann dir endlich Shana vorstellen.“, fuhr Nate sogleich begeistert fort. Das Thema war für ihn damit offensichtlich gegessen – wie schnell mein bester Freund das Thema wechseln konnte verwunderte mich immer wieder, obwohl ich ihn jetzt genau 15 Jahre kannte. Er setze sich schon in Bewegung und steuerte auf irgendeine Gruppe zu, die schon vor der Hauptbühne Platz genommen hatte. Ich sah ihm fragend hinter her, bevor ich ihm folgte. „Shana?“

„Meine Freundin!“, kam es sogleich von ihm und im nächsten Moment war er bei der Gruppe angekommen und gab einem braunhaarigen Mädchen einen Kuss. Sie sah nicht schlecht aus, aber mein Geschmack traf sie nicht ganz. Sie war schlicht angezogen – dunkles Shirt, grauer Rock, schwarze etwas höher Stiefel, ein paar Ketten, leicht Geschminkt und ewig langes braunes Haar und natürlich super schlank – Sie hätte Model sein können. Irgendwie erinnerte sie mich jedoch an eine Indianerin, da sie auch ziemlich braun gebrannt war und ihre Haare mit einem Mittelscheitel getrennt, sowie einem ledernden Band geschmückt waren. Ich erkannte auch gleich ein paar weitere Gesichter, die mir bekannt waren wie zB. Adi und Justin oder Päd, der in unsre Klasse gegangen war. Vanessa war ebenfalls von der Partie genauso wie ihre beste Freundin Ashley. Die restlichen Gesichter sagten mir nicht viel – wahrscheinlich waren das Freunde von Shana oder so. Nate ließ sie endlich los und wandte sich dann an alle und zog mich auch gleich in die Mitte der Gruppe. „Hey Leute, hört mal her! Darf ich vorstellen, dass ist meine Cousine Joelle – ihr werdet sie sicher genau so lieben wie ich. Sie ist dieses Jahr das erste Mal dabei, also seid ja nett zu ihr, sonst bekommt ihr es mit mir zu tun.“, machte er auch gleich eine superpeinliche Ansage. Ich lächelte nur und hob meine Hand zum Gruß und brachte nur ein schüchterne „Hi.“ heraus. Mein knallrotes Gesicht war auch keine große Hilfe. Alle starrten mich in diesem Moment an. Das war mir wirklich peinlich, da sie mich richtig zu mustern schienen, vor allem die Mädchen. Adi war der erste der die Stille durchbrach – und ich war ihm dafür richtig dankbar.

„Deine Cousine heißt echt Joelle?“, wandte er sich sogleich an Nate und lachte, während dieser nickte und Shana noch einen kurzen Kuss gab. „Das ist ja verrückt, die heißt gleich wie dein bester Freund! Das nenn ich mal cool.“, fügte er noch hinzu. „Tja, deshalb ist sie wohl auch meine Lieblingscousine.“, meinte Nate nur schulterzuckend. Doch Adi reichte das nicht, er wandte sich direkt an mich. „Freut mich dich kennen zu lernen. Ich bin Adi und heiße dich somit herzlich willkommen in unserer Gruppe – es wird dir sicher gefallen.“ Er wartete nicht lange und umarmte mich sogleich zur Begrüßung –echt ungewohnt – vor allem von Adi. „Danke, davon bin ich überzeugt.“, erwiderte ich darauf nur. Er ließ mich wieder los und zeigte dann auf die restlichen Leute, die hinter ihm waren. Er fing an sie mir nach der Reihe vorzustellen von rechts nach links und einer nach dem anderen antwortet auch mit „Hallo“ oder „Hi, freut mich“. „Also da hätten wir mal Nate, deinen Cousin, den du ja gut zu kennen vermagst, denke ich. Dann wäre da noch Shana, seine Freundin. Justin, den du glaub ich auch schon kennst?“, fing er an. Ein kurzes Nicken meinerseits folgte, bevor er fortfuhr. „Dann wären da noch Vanessa und ihre Bussenfreundin Ashley, Päd, George, Violette, Alice und John – alles Freunde von Shana und natürlich dauer Camper hier – wir kennen uns jetzt schon ewig, aber wir freuen uns immer wenn wir ein neues Mitglied dazu bekommen, oder Leute?“, meinte er vollkommen überzeugt. Es folgte ein einstimmiges „Na klar doch.“ Sie schienen alle nett zu sein, ich konnte mich wirklich nicht beklagen. Doch ehe ich noch irgendetwas sagen konnte, ging schon die Begrüßungsfeier los und wir wurden alle zum allgemeinen Schweigen aufgefordert sowie zum hin setzen. Ich setzte mich neben ein dünnes, blondhaariges Mädchen mit leichten Locken. Sie trug einen hellblauen Haar reif mit einer riesen Masche und ein dazu passendes blaues Kleid. Sie hatte elfenbeinfarbene Haut und ihre dunkelbraunen Augen strahlten mir gleich entgegen – Sie war wirklich hübsch und mit ihren hellblauen Flip Flops war sie mir nur noch sympathischer, da sie nicht ganz so aufgemotzt wie die anderen wirkte. Sie lächelte mich an und ich glaubte mich daran zu erinnern, dass Adi gesagt hatte, dass sie Alice hieß. „Hey, und bist du schon nervös auf deinen ersten Sommer hier?“, sagte sie auch kurz nach dem ich mich gesetzt hatte.

„Na ja es geht. Ich freu mich eher. Vor allem auf Morgen – da legen wir ja endlich richtig los.“, meinte ich begeistert. „Cool, was für ein Zweig bist du?“, erwiderte sie mit einem Funkeln in den Augen.

„Musik natürlich – es gibt doch echt nichts besseres.“, sagte ich eben so begeistert.

„Echt? Das ist ja cool – genau wie ich. Ich bin sonst die einzige in unserer Gruppe die Musik gewählt hat. Ich freu mich übrigens dich kennen zu lernen, du scheinst mir nicht ganz so langweilig zu sein wie der Rest unsere Truppe.“, sagte sie immer noch lächelnd. Adi drehte sich kurz mit einem Augenrollen zu uns um, sagte jedoch nicht. Ich musste Grinsen. Sie hatte echt eine angenehme Ausstrahlung – total warm und sympathisch. Ich mochte sie auf Anhieb.

„Äh danke?“, meinte ich dann auf ihren letzen Kommentar, da mir nichts Besseres dazu einfiel. Im nächsten Moment schwiegen wir auch, da ein Mann auf die Bühne kam mit einem schwarzen Mikro. Er sah ziemlich schick aus mit seinem T-Shirt, Hose und Jackett, das wohl eigentlich zu irgendeinem Anzug gehörte. „Hallo Camper – alte und neue Freunde. Es freut mich euch heute herzlich willkommen zu heißen, zu einem weiteren Camping Sommer voller Arbeit, Freude und Spaß. Wie ihr seht hab ich mich auch schon richtig in Schale für euch geworfen.“, begann er sogleich und alle lachten. „Tja, für alle die es noch nicht wissen: Ich bin David Villa, euer Campleiter und Ansprechpartner für alles, wenn ich überhaupt mal da bin. Ansonsten bin ich die Nr. 2 nach Susi natürlich.“ Er verneigte sich in ihre Richtung, während sie ebenfalls lachte. Ich musste sagen dieser David wirkte ziemlich nett– ein Wunder, da er ja mit Shane Verwandt war. „Wie ihr wisst werde ich auch dieses Jahr nicht lange hier sein – eigentlich nur für Heute. Meine Arbeit ruft Leider wieder nach mir. Aber ich habe natürlich für tollen Ersatz gesorgt. Zum einen ist mein Stellvertreter mein Sohn Shane, der dieses Jahr jedoch als Camper selbst teilnimmt und somit wirklich nur in Notfällen agiert und zum anderen natürlich mein Bruder Fer – den ihr alle kennt. Ich bitte um einen Applaus, den er wird nun meinen Platz einnehmen.“ Und damit machte er ein paar Schritte auf die Seite unter dem ganzen Geklatsche, während ein anderer Mann – der zu meiner Verwunderung – genau gleich wie David aussah, die Bühne betrat. Der einzige Unterschied lag in der Kleidung. Während David immer noch sehr schick wirkte, hatte Fer nur eine kurze Hose und ein buntes Hemd mit Flip Flops an. Zum einen fiel jetzt auch wirklich auf, dass die beiden Brüder Spanier sein mussten mit ihrem dunklen Teint und Charme. Meine Verwunderung blieb Alice natürlich nicht versteckt – sie grinste, bevor sie mir zuflüsterte. „Die beiden sind eineiige Zwillinge.“ Ich nickte zur Verdeutlichung, das ich verstanden hatte. „Hallo alle zusammen. Das nennt man wohl eine wirklich nette Begrüßung.“, sagte der junge Mann charmant, bevor er jedoch fortfuhr, umarmte er seinen Bruder noch kurz. „Lange nicht gesehen“, meinte er mit einem Grinsen zu David, der ihm brüderlich auf die Schulter klopfte. „Tja, aber nun kommen wir wieder zu den wichtigen Dingen im Leben. Das Camp wird so vor sich gehen wie eigentlich immer. Ihr werdet alle euren Aktivitäten nach gehen und am Abend habt ihr Freizeit – da könnt ihr tun und lassen was ihr wollt, aber vergesst nicht, dass ihr natürlich auf dem Gelände bleiben müsst. Ab dem Beginn der 2ten Woche werden am Abend auch spezielle Veranstaltungen zu Verfügung stehen, das heißt also jede Menge Partys für euch. Wir werden schauen was wir alles herzaubern können. Wie ihr natürlich wisst findet am Ende des Sommers das große Finale statt, indem ihr zeigen könnt was ihr drauf habt – eure Eltern und Freunde sind natürlich herzlich eingeladen. Für das ganze müsst ihr euch jedoch anmelden und zwar bei Susi im Infocenter bitte. Tja, ich denke das war‘s soweit. Oder hab ich irgendetwas vergessen? …“, er legte eine kurze Pause ein, bevor Susi ihm vom Seitenrand ein Schild mit der Aufschrift „Lagerfeuer“ entgegen hielt. Ich konnte ein Lächeln einfach nicht verdrücken. Der Typ war offensichtlich ein wenig chaotisch – kannte ich nur zu gut. „Ach ja, das Lagerfeuer. Wir veranstalten dieses Jahr so eine Art Eröffnungslagerfeuer zu dem wir euch alle herzlich einladen wollen. Es wird nächste Woche Montag stattfinden, da es noch etwas Planung benötig…genauere Information folgen noch.“ Nach einer weiteren kurzen Pause meinte er dann: „So, aber jetzt sind wir wirklich fertig. Ich wünsche euch noch viel Spaß an eurem ersten Abend hier und hoffe, dass ihr den Abend noch mit uns zusammen auf der Hauptbühne genießt. Viel Spaß dabei.“, und mit diesen Worten machte er das Mikro aus und die ganzen Kids fingen keine Minute später wieder an zu reden und sich in alle Himmelsrichtungen zu verstreuen – einige blieben jedoch noch hier. Mittlerweile kam auch Musik aus den Lautsprechern und Fer und David hatten die Bühne verlassen und waren zum Rand gegangen, an dem Susi und Shane standen. In meinen Gedanken durfte ich sie ja duzen. Ich sah nur wie Shane ein weniger begeistertes Gesicht machte und sein Vater auf ihn einzureden schien. Im nächsten Moment spürte ich schon wie Alice mir eine Hand auf meine Schulter aufgelegt hatte. „Hey kommst du? Wir wollen ein bisschen an den See gehen.“, sagte sie.

„Oh ja klar.“, ich merkte erst jetzt, dass die anderen schon aufgestanden waren und Richtung See liefen. Alice war die einzige die auf mich gewartet hatte – das warf ich Nate in Gedanken jetzt schon vor, denn der hatte im Moment nur Augen für seine Shana – das merkte ich schon zu Genüge. Ich sah den beiden verärgert hinterher. Ich war so damit beschäftigt, dass ich gar nicht bemerkte wie ich jemanden anrempelte. „Oh sorry …“, doch als ich die Person erkannte, änderte ich meine Meinung sofort. „Oder doch nicht sorry.“ Vor mir standen Nathalie und Shane und sahen mich beide mit zusammengezogenen Augenbrauen an. Blondie fand zuerst ihre Sprache wieder. „Tzz du schon wieder – du gehst mir jetzt schon auf die Nerven, Tomboy. Also verschwinde aus meinem Blickfeld, du versaust die schöne Landschaft.“ Shane schwieg ausnahmsweise einmal. Ich seufzte. „Schon klar, Barbie – ich entschuldige mich offiziell nicht für den Rempler – den hattest du wohl verdient. Und damit Basta, Blondie.“, und damit wand ich mich von den beiden ab und folgte Alice wieder. Ich hatte jetzt wirklich keine Nerven für Zickenterror. Alice drehte sich derweilen überrascht zu mir. „Du kennst Nathalie und Shane?“, fragte sie. „Nur flüchtig – mit Shane teile ich mir ein Zimmer, dank Nate und Nathalie hat mich heute schon einmal angezickt.“, meinte ich knapp. „Ach so … hätte mich auch gewundert wenn‘s anders wär – Sie ist die Oberzicke hier.“

„Was du nicht sagst.“, sagte ich wenig begeistert. Wir schwiegen den Rest des Weges bis wir am See ankamen und uns zu den anderen saßen. Alice klinkte sich dort sofort in eine „aufregende“ (wie man‘s nahm, wenn einen das morgige Essen so sehr interessierte) Unterhaltung zwischen Violette und John ein, während ich einfach nur da saß und aufs Wasser starrte. Ich hatte keine Lust zu reden – wie den ganzen Tag heute schon. Justin probierte zwar ein paar Mal mich in ein Gespräch zu verwickeln genauso so wie Adi, doch ich ging nicht darauf ein. Es war ja nett gemeint, aber ich hatte einfach keine Lust. Meine Laune war auf dem Tiefpunkt, da Nate mich total ignorierte und ich mir das ungern gefallen ließ. Ich verabschiedete mich also 3 Stunden später von den anderen und ging zurück zu meiner Hütte – ich hatte endgültig genug von diesem Tag. Alice und –was für ein Wunder – Nate sahen mir etwas besorgt hinter her. Wow, er konnte immerhin für ganze 5 Sekunden seine Lippen von Shana lassen! Danach war ich weg. Zu meiner Erleichterung war Shane noch nicht wieder zurück und somit konnte ich mich in Ruhe umziehen und mich Bett fertig machen – die Perücke musste ich leider aufbehalten für den Fall das Shane nach Hause kam und mich sah. Ich band die Haare also zusammen. Bevor ich jedoch schlafen ging, rief ich noch zu Hause an – immerhin hatte Dad 3-mal versucht mich zu erreichen, doch es ging keiner mehr ran. Also hinterließ ich ihm eine Nachricht auf seiner Mailbox. „Hey Dad ich bin‘s. Sorry das ich vorher nicht an mein Handy gegangen bin, aber der Akku war alle. Ich wollte dir nur sagen, dass ich gut angekommen bin und du dir keine Sorgen zu machen brauchst – alles ist super. Ach und-“, ich machte eine kurze Pause, da ich schon eine Vermutung hatte, warum er überhaupt angerufen hatte. „ … wegen heute Morgen. Sorry ich hatte mich geirrt – wir sind doch früher gegangen. Nate hat mir erst später noch geschrieben und ich wollte euch nicht mehr wecken. Ich hoffe du hattest einen tollen Tag. Schlaf gut.“, und damit beendete ich die Nachricht. So, das war auch erledigt – jetzt konnte ich beruhigt schlafen gehen und diesen beschissenen Tag schnell vergessen. Für Morgen hoffte ich jedoch das Beste … Ich sah noch auf meinen Stundenplan, um meinen Wecker zu stellen und stellte fest, dass ich erst um 9 Uhr Unterricht hatte. Das bedeutete also um 8 Uhr aufstehen – ich wollte am ersten Tag wenigstens an den Frühstückstisch sitzen, auch wenn ich nichts Essen würde. Außerdem hoffte ich, dass ich vor Shane wach sein würde und somit vor ihm ins Bad konnte um meine Tarnung aufrecht zu erhalten … aber mit dem Thema konnte ich mich so oder so erst Morgen früh auseinander setzen. Mit diesem Gedanken löschte ich also das Licht und lag in mein Bett, doch bis ich einschlief verging noch eine ganze Weile, da mich der Lärm von draußen ein wenig wach hielt. Und mein Kopf war auch keine große Hilfe, da dieser viel zu voll mit etlichen Gedanken und Eindrücken war … Dieser Sommer würde offensichtlich horrormäßig verlaufen …
 

Der nächste Morgen ging genauso horrormäßig los, wie ich mir gedacht hatte – auch wenn meine Hoffnung noch nicht ganz abgestorben war. Es konnte ja nur besser werden – alles Ansichtssache … doch wenn man schon so geweckt wird, wie ich, konnte das ja nichts werden. Es begann alles damit, dass mein Handywecker abging und ich so gut wie nichts davon mitbekam. Ich drehte mich einfach auf die andere Seite und steckte meinen Kopf unters Kissen. Ich wollte noch nicht aufstehen. Es kam mir so vor als wäre ich gerade erst eingeschlafen. Doch diese Genugtuung sollte mir nicht gegönnt werden. Als ich schon fast wieder eingeschlafen war, ging das nervige Ding erneut ab und ich stöhnte genervt auf – aber nicht nur ich. Im nächsten Moment hörte ich schon Shanes verärgerte, aber auch schläfrige Stimme. „MACH DAS VERDAMMTE TEIL AUS! Es gibt hier auch Leute die weiterschlafen möchten, da sie spät ins Bett gegangen sind. Du bist hier nicht alleine verdammt!“

Ich drehte mich wieder um und griff nach meinem Handy, ließ es jedoch mit Absicht weiter klingeln.

Es folgte ein entnervtes knurren. „Auf was wartest du, Eisprinzessin? Oder muss ich selbst aufstehen und das Ding aus dem nächsten Fenster hauen?“, meinte er wieder ermüdend. Ich entschied mich dafür nach zu geben, da schon 15 nach 8 war und die Aussicht auf die Tatsache, dass mein Handy gleich als Frühstück für die Gebüsche enden würde, nicht gerade Freunde in mir hervor rief. Ich machte den Weck Ton aus und stand auf – achtete dabei jedoch genau darauf, dass meine Perücke noch so saß wie am Vortag und steuerte dann auf unser gemeinsames Bad zu - warum man sowas als Camper hatte, kam mir zu dem Zeitpunkt gar nicht in den Sinn. Ein eigenes Bad war ja auch nichts ungewöhnliches, wenn man nicht gerade am „Campen“ war. Später musste ich jedoch feststellen, dass dieser Luxus nicht jedem gegönnt war, sondern nur Shane. Also musste ich ihm wohl für etwas doch dankbar sein – so ersparte ich mir immerhin die widerlichen Gemeinschaftsduschräume und Bäder – und das Problem, dass ich aufliegen könnte, erledigte sich somit auch. Doch bevor ich die Tür hinter mir schloss sagte ich noch extra laut. „Selber schuld, wenn man gleich am ersten Tag den Mädchen reihenweise den Kopf verdreht und sich seine Birne zulaufen lässt.“ Als erstes kam keine Antwort von Shane, doch dann meinte er: „Klappe Eisprinzessin – du hast doch gar keine Ahnung! Im Gegensatz zu dir hab ich gearbeitet.“ Er zog sich die Bettdecke wieder über den Kopf. Arbeit? Was sollte der Gestern um 7 Uhr abends zu arbeiten gehabt haben? Ich sah ihn verwundert an, erwiderte jedoch: „Das sagen sie doch alle.“ Und damit war ich ihm Bad verschwunden und sperrte auch sogleich ab. Ich hatte keinen Bock darauf so früh am Morgen eine Diskussion mit dem Schwarzhaarigen zu starten geschweigen denn zu Streiten. Meine Sachen hatte ich schon unter den Arm geklemmt und legte sie nun neben dem Waschbecken ab, als kaum eine Minute später, Shane kurz an klopfte und mit etwas gehobener Stimme sagte. „Du hast 10 Minuten, danach will ICH ins Bad – immerhin gehört das auch mir und du befindest dich soeben in meinem Privatbereich – für dich wäre eigentlich die Gemeinschaftsdusche gedacht, aber sei froh das ich so nett bin.“ Das nett betonte er mit Absicht noch. Ich musste zugeben, dass war ein Punkt für ihn – zu Mädchen war er doch wirklich ganz nett, egal was es kostete. Ich beeilte mich trotzdem nicht – immerhin hatte ich abgesperrt. Was sollte er schon dagegen ausrichten? Die Türe eintreten? – wohl kaum. Ich zog mich als erstes um – immer noch die gleichen Klamotten wie Gestern – und richtete „meine Haare“. Als nächstes zog ich den Liedstrich und tuschte meine Wimpern leicht, noch ein wenig Labello und Rusch – fertig (das ging jedoch nicht ganz so schnell, wie es jetzt den Anschein machte). Ich war fast fertig, als Shane schon wieder an die Tür klopfte. „HEY, bist du endlich fertig? Das waren jetzt schon 15 MINUTEN!“, meinte er ziemlich ruhig – er hatte wohl ebenfalls keinen Bock zu streiten.

„Gleich, ich bin eben ein Mädchen.“, kam es von mir.

„Was du nicht sagst, kannst du mir das auch beweisen?“ Ich hielt kurz inne in meiner Beschäftigung.

„ARSCHLOCH“, schrie ich schon im nächsten Moment, packte meine Sachen und stürmte zur Tür hinaus. Zu meinem Übel, stand er nicht mehr bei der Tür und bekam sie somit auch nicht in seine Fresse geschlagen. Ich hätte es ihm wirklich gegönnt. Shane drehte sich sogleich zu mir um und meinte auch arrogant. „Na endlich, und das nächste Mal besuchst du bitte die Gemeinschaftsduschen.“ Ich streckte ihm als Antwort nur meine Zunge entgegen und er hob darauf nur eine Augenbraue, schüttelte im nächsten Moment den Kopf und verschwand im Bad. Ich wusste, dass das jetzt wirklich kindisch war, aber wie sollte ich mich bei dem Typen auch zusammenreisen? Der trieb einen ja auch in den Wahnsinn! Ich legte meine Sachen zurück in die Reisetasche, machte diese wieder zu und machte mich auf den Weg zum Frühstückssaal – generell einfach zu der Hütte in der wir immer Essen würden. Das war leichter gesagt, als getan, da ich vor lauter Wut meinen Plan nicht mitgenommen hatte und Shane wollte ich fürs Erste auf gar keinem Fall noch einmal begegnen. Das würde meinem Puls nicht gut tun, also irrte ich lieber noch einige Minuten über den Campingplatz, bis ich die richtige Hütte schlussendlich auch fand. Dort fand ich zu meiner Überraschung viele Leute vor – nur nicht meine eigenen. Und zu meinem viel größeren Übel war kein Tisch mehr frei, außer der ganz hinten und wer saß dort? Shane. Wie hatte der Typ es vor mir in die Hütte geschafft? Als nächstes wunderte ich mich auch darüber, dass er alleine dort saß. Er war doch so beliebt, dass er normalerweise keine ruhige Minute hatte. Doch im nächsten Moment wurde mir diese Frage schon beantwortet, als ein wirklich schüchternes Mädchen, das aber offensichtlich auf ihn stand, versuchte sich zu ihm zu setzen. Er sah sie gleich böse an und sie drehte sich sogleich in Panik wieder um. Armes Mädchen. Dem nächsten Mädchen ging es nicht besser, nur mit dem Unterschied, dass er dieses mit dem Kommentar „Könntest du mich bitte alleine lassen. Ich hatte heute einen ganz schlechten Start in den Tag und ich möchte meine Laune nicht an dir auslassen, das ist nicht meine Art.“ ab speiste. Sie verzog sich ebenfalls. Das ich nicht lachte, lag das an mir oder wie? Tja, mein Tag wurde soeben gerade um einiges besser und ich beschloss mich jetzt erst Recht zu Shane zu setzen – um seinen Tag noch unausstehlicher zu machen versteht sich. Ich grinste und holte mir einen kalten Kakao aus dem Kühlschrank, bevor ich auf die hinteren Tische zu steuerte. Böse zu sein konnte einem ja so ein gutes Gefühl geben. Als ich an „seinem“ Tisch ankam, setze ich meine Kakao auf dem hölzernen Tisch ab und setze mich sogleich gegenüber von ihm. Ich lächelte. Er biss gerade von seinem Brot ab und hielt jetzt in der Bewegung inne, um nach zu sehen wer es wagte ihn gerade – zum weiß ich wievielten Mal – zu stören. Als er mich erkannte stockte er kurz, biss nochmal von seinem Croissant ab und kaute erst mal. Offensichtlich glaubte er zu träumen. „Und schmeckt‘s ?“, fragte ich sogleich fröhlich, aber nicht ohne hinzuzufügen: „Ich hoffe du erstickst daran.“ Gleichzeitig packte ich meinen Kakao aus und fing an eine Schluck zu nehmen. Er sah mich mit finsterem Blick an, als er schluckte. Er seufzte. „Dir auch einen schönen guten Morgen. Deine Laune hat sich ja um einiges gebessert seit du die Hütte verlassen hast.“, bemerkte er. „Tja, jetzt wo ich dich so sehe.“, meinte ich nur und nahm wieder einen Schluck. „Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Du zickst mich ohne Grund andauernd an und jetzt willst du mit mir frühstücken um meinen Tag noch weiter zu vermissen? Du bist echt grausam – auch wenn ich dich enttäuschen muss, mein schlechter Start hat nichts mit dir zu tun. Ich lass mir meine freien Tage nicht von so einer Zicke wie dir versauen – auch wenn ich immer noch nicht weiß was ich dir getan habe.“, fügte er ebenfalls lächelnd hinzu. Mein Blick änderte sich kurz, bevor ich wieder mein Lächeln aufsetze. „Tja, es gibt eben Menschen die sieht man und man kann sie von Anfang an nicht ausstehen, da man ihren ekelhaften Charakter auf 100 Meter riechen kann – so war‘s eben bei dir.“ Er sah mich kritisch an, bevor er wieder lächelte. „Tja, dass beruht dann wohl auf Gegenseitigkeit, Eisprinzessin. Nur im Gegensatz zu dir, lasse ich mich nicht auf so ein kindisches Verhalten ein. Würde ich mich so verhalten wie du, könnte ich meine Firma gleich schließen.“, meinte er etwas arrogant. Mein Lächeln schwand. Er war diplomatisch, dass musste man ihm lassen. Aber das er mich kindisch nannte, konnte ich nicht auf mir sitzen lassen! Und das er immer noch so freundlich reagierte, regte mich auch auf. Wie konnte er nur so ruhig bleiben? Aber offensichtlich gefiel ihm der Wandel des Gesprächs. „Werd erst mal erwachsen, Kleine.“ Und damit warf er sein Brot zurück auf den Teller – er hatte es die ganze Zeit in der Hand behalten – und fügte noch hinzu, bevor er aufstand und ging. „Entschuldige mich, aber mir ist der Appetit vergangen. Außerdem müssen manche Leute arbeiten und sich um so Kleinkinder wie dich kümmern.“ Und damit war er dann aus meinem Blickfeld verschwunden. Und mir fiel erst jetzt auf, dass mich alle anstarrten. Offensichtlich war es ziemlich ungewöhnlich, dass ein Mädchen – vor allem eines wie ich – zusammen mit Shane „Frühstückte“. Ich senkte schnell meinen Blick und beeilte mich aus dem Raum zu kommen. Es war eh schon kurz vor 9. Jetzt musste ich nur noch meinen Unterrichtsraum finden. Ich sollte heute Schlagzeug Unterricht haben. Hmm … tja dann viel Glück ohne Plan, schoss es mir durch den Kopf, wollte mein Glück aber trotzdem versuchen.
 

Meine Vermutung bestätigte sich jedoch als die Wahrheit. Ich brauchte ca. eine halbe Stunde bis ich den Raum fand und verpasste somit die Begrüßungsrede des Leiters des Musikzweigs, der einem weiterführend sagen würde wo man heute Unterricht hatte – besser gesagt wo die einzelnen Fächer stattfanden. Nicht einmal Susi konnte mir helfen, da die Raumplanung ganz neu war und erst heute Nachmittag aufgehängt werden sollte. Außerdem hatte ich erfahren, warum die anderen nicht zum Frühstück erschienen waren. Der Sportzweig begann schon um halb 8 mit seinem Unterricht und Mode sowie Kunst erst um halb 10 – da hätte ich lange warten können. Ich stellte mit Verärgerung fest, das Nate mir das auch sagen hätte können Gestern. Er wusste das ganze Zeug ja, war ja nicht zum ersten Mal hier. Ich machte mich also etwas säuerlich, auf den Weg zu Hütte 15, in dem die Schlagzeuge anscheinend standen. Ich stürmte gleich rein und stammelte schon irgendeine Entschuldigung her, dass ich neu war und meinen Plan verloren hatte oder irgend so was, als ich abrupt stoppte, als ich erkannte wer da vor der Klasse und mir stand und referierte. Niemand geringeres als SHANE! Das meinte er also mit „Er müsse heute arbeiten“. Ich dachte das sei ironisch gemeint. Hatte er nicht gesagt, dass er ein normaler Camper sei? Offensichtlich nicht … Das Gesicht des Schwarzhaarigen wandelte sich sofort von Überraschung zu einem fiesen Grinsen. Scheiße. Er würde mir das sicher Heimzahlen von heute Morgen, schoss es mir sofort durch den Kopf und langsam stieg Panik in mir hoch. Wie sagte Nate nochmal? Er kann dich hier fertig machen ohne Rücksicht auf Verluste. Scheiße. „Na so was? Wer beehrt uns denn da noch mit seiner Anwesenheit?“ Er stoppte kurz und ging zu einem kleinen Pult rüber, um auf – das nahm ich zumindest an – irgendeiner Liste nach zu sehn, welcher Name zu mir gehörte. Erst jetzt fiel mir auf, dass er meinen Namen noch gar nicht kannte. „Joelle Green?“, sagte er mit einem fragenden Blick. Ich nickte kurz – zu mehr war ich nicht im Stande. „Tja, wenn du uns schon mit deiner Anwesenheit beehrst, wäre es nett wenn du das nächste Mal pünktlich kommst.“, meinte er nur. Ich war so nervös, dass ich einfach nur ein „Ich“ und „Plan“ vor mich her stammelte – alle Blicke waren auf mich gerichtet, wie peinlich. „Wie bitte? Willst du mir damit sagen, dass du zu blöd dafür warst diesen einfachen Plan zu lesen? Selbst die kleinen, die erst 14 sind, konnten den lesen. Oder hast du zu lang im Bad gebraucht? Entschuldige, aber das würde man kaum vermuten.“ Ich lief total rot an, während die anderen anfingen zu lachen. Ich hasste ihn. Und dieses selbstgefällige Grinsen erst. Am liebsten würde ich es ihm aus dem Gesicht prügeln. Er wusste, dass ich beim Frühstück war, sogar mit ihm zusammen und er machte das noch mit voller Absicht. Er schien noch etwas sagen zu wollen, doch er wurde von Alice unterbrochen, die die ganze Situation wohl nicht so witzig fand, wie ihre Klassenkameraden. „Es reicht, Shane. Wir sind hier um was zu lernen, also lass die Neue in Ruhe und konzentrier dich wieder auf deinen Unterricht. So etwas kann jedem Mal passieren. Ich erinnere dich nur mal an dein erstes Jahr.“, meinte sie bitter Ernst und mit einem selbstbewussten Lächeln im Gesicht. Ich war ihr wirklich dankbar – sie hatte mich soeben gerettet. „Schon gut. Wie du siehst hältst du uns nur auf. Also sei das nächste Mal bitte pünktlich. Ansonsten kannst du dich an ein Schlagzeug setzen – neben Alice ist noch eins frei.“, meinte er dann wieder gespielt freundlich. Doch sein Grinsen schien immer breiter zu werden. Offensichtlich hatte er noch einen anderen Plan für den Unterricht und das gefiel mir gar nicht. Ich musste zugeben, er war einfach in der besseren Position. Ich nickte also nur kurz und setze mich sogleich neben Alice, die mir schon entgegen winkte. „Man oh Man, hat der aber schlechte Laune. Was hast du dem getan? So hat er noch nie reagiert. Normalerweise ist ihm das egal.“, meinte sie wirklich verwundernd.

„Nichts.“, war meine kurze Antwort, bevor ich noch wenig begeistert hinzufügte. „Er leitet also immer diesen Kurs?“

„Na ja früher schon, aber dieses Jahr hätte es eigentlich Mr. Klotz übernehmen sollen, der ist jetzt aber kurzfristig krank geworden. Sie haben Krebs bei dem Armen festgestellt. Deshalb musste Shane auch so kurzfristig einspringen. Sie hätten sonst keinen Ersatz so schnell gefunden. Er leitet übrigens auch noch den Gitarrenkurs.“, antwortete sie mir fröhlich. Ich ließ einen Seufzer los. Genau die beiden Kurse die ich gewählt hatte. Toll. Das durfte doch einfach nicht wahr sein, dachte ich sarkastisch. Am liebsten wäre ich von der nächsten Brücke gesprungen – dazu müsste man jedoch erst mal eine hier in der Nähe finden. „Na ja, er macht seine Sache echt gut. Er ist eben auf all seinen Spezialgebieten ein Genie. Das muss man ihm lassen, obwohl ich ihn sonst auch nicht wirklich mag.“ Für diesen Kommentar war ich Alice wirklich dankbar und sie war mir jetzt schon 10mal sympathischer als vorher. Doch im nächsten Moment wechselte sie schon das Thema, als ich nicht auf ihre Frage reagierte, ob ich gestern nicht mitbekommen hatte, dass Shane diesen Kurs übernehmen würde. Wie auch? Keiner sagte mir etwas … Immerhin wusste ich jetzt, das er Gestern wohl wirklich gearbeitet hatte, um diesen Kurs vor zu bereiten, aber na ja … das machte ihn mir auch nicht sympathischer. „Was war eigentlich gestern los? Du warst plötzlich so seltsam.“, meinte Alice dann plötzlich an mich gewandt. Ich überlegte kurz, bevor ich ihr erklärte, dass es mir einfach nicht so gut gegangen war und ich einfach nur übermüdet gewesen sei. Sie schien es zu schlucken. Während wir uns noch ein wenig unterhielten und Shane vorne seinen Vortrag hielt, wurde mir dann plötzlich klar, dass diese Unterrichtseinheiten wohl sehr anstrengend werden würden und ich sollte Recht behalten. Shane ließ keine Gelegenheit aus, um mich zu demütigen oder mir irgendwelche Fragen zu stellen. Man konnte schon fast meinen das „Joelle“ sein neuer Lieblingsname war. Aber sein Plan ging nicht ganz auf – ich konnte das meiste perfekt beantworten. Immerhin liebte ich die Musik und hatte mich viel damit auseinander gesetzt in den letzen Jahren. Dieser Punkt ging also eindeutig an mich. Er ließ es dann auch irgendwann bleiben, als er merkte, dass es keinen Sinn hatte und ich wirklich in allen Punkten über genügend wissen verfügte. Somit wurde der Rest des Vormittages zum Spaziergang und machte auch ein wenig Spaß. Am Mittag ging ich mit Alice in unsere „Essenshütte“ in der ich ja gefrühstückt hatte. Es gab Spagetti Bolognese. Es war auch echt lecker und Alice stellte mich auch gleich ihren seltsamen Musik-Freunden vor. Ich war echt froh, dass ich Mittags weder Nathalie noch Shane begegnete, da ich von Alice erfuhr, das die Kursleiter in einer anderen Hütte aßen und Nathalie in den Sportzweig ging, um besser Tanzen zu lernen. Sie soll anscheinend echt gut darin sein, was ich mir gar nicht vorstellen wollte. Außerdem erfuhr ich, dass es üblich war, dass alle Zweige zu unterschiedlichen Zeiten Mittag (sowie Abendessen) hatten, da die Hütte nicht groß genug für alle war. Ansonsten war die Mittagspause echt angenehm und witzig. Am Nachmittag hatte ich Gitarrenunterricht – ebenfalls mit Shane und dieses Mal kam ich sogar pünktlich, da ich zusammen mit Nevio, einem Freund von Alice (Sie hatte mir heimlich gesteckt, dass sie auf ihn stand) zum Unterricht ging und er zum Glück wusste wo sich der Raum befand. Alice war leider nicht dabei, da sie sich als Zweitfach für Geige entschieden hatte. Der Nachmittag wurde trotzdem witzig, da Nevio ein echt unterhaltsamer Zeitgenosse war. Er war sogar verrückter als Alice und somit hatte ich viel zu Lachen. Das gefiel mir echt am besten am heutigen Tag. Endlich wieder unter Jungs. Das einzige was mich störte war, dass er anscheinend ein guter Kumpel von Shane war, aber so ließ mich Shane wenigstens in Ruhe, da Nevio mich immer verteidigte. Ich war ihm echt dankbar. Aber auch Shane beeindruckte ich heute Nachmittag noch mit meinen Gitarrenkünsten, da ich buchstäblich, die Bühne rockte. Er gab es jedoch nur zähneknirschend zu, im Gegensatz zum Rest der Klasse, die ebenfalls von meinen Künsten begeistert waren. Ich musste sagen, ich fühlte mich richtig wohl in der Musik-Gruppe, was mich etwas überraschte. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so schnell aufgenommen werden würde, nachdem ich Bekanntschaft mit Nathalie & Co. gemacht hatte. Das Abendessen und den restlichen angebrochenen Abend verbrachte ich zusammen mit Alice, Nevio und ihren anderen Freunden und sie waren mir um einiges lieber als Nates Gruppe (was mich selbst etwas überraschte). Nate sah ich übrigens den ganzen Tag nicht. So viel zu „wir sehen uns immer mittags, morgens und abends“. Er versuchte mich nicht einmal anzurufen. Echt ein toller bester Freund. Er sorgte sich ja wirklich sehr um mich und wie ich klar kam, dachte ich ironisch, aber im Laufe des Abends musste ich auch feststellen, dass es mir egal war. Ich hatte auch so meinen Spaß und der heutige Abend verlief ganz anders, als der andere. Alice war einfach toll. Genauso wie Nevio und auch an die anderen gewöhnte ich mich ziemlich schnell – und das nach einem Tag. Der einzige Minuspunkt war, dass ich nach dem Abendessen auf Nathalie traf. Das ganze sah ungefähr so aus: „Na wenn haben wir denn da. Der Oberfreak hat sich mit den Freaks angefreundet – wie passend. Du hast deinen Platz ja schnell erkannt.“, meinte sie wie immer selbstsicher lächelnd.

„Tja, immerhin schneller als du. Du hast wohl immer noch nicht gecheckt, dass du in die Altkleidersammlung gehörst. Barbie ist schon lange out – außer bei Kleinkindern.“ Alice und Nevio lachten darauf hinter mir und Nathalie erwiderte gleich. „Tja, wer gehört hier in die Altkleidersammlung? Du solltest dich mal besser selber ansehen. Wie wär‘s wenn du dir mal ein paar ordentlich Klamotten zu legst, anstatt die abgetragenen Sachen deines Bruder zu tragen?“ Ihre Schimpansen Freundinnen fingen sogleich an zu kichern, nachdem sie geendet hatte. Dieses Mal mischte sich jedoch Alice ein. „Ach halt die Klappe, Nathalie. Joelles Kleidungsstill ist richtig cool und nicht so langweilig wie deiner. Mir gefällt er. Er knallt nicht so wie eine Ampel, die einer Paris Hilton Gehirnwäsche unterzogen wurde und nur noch Pink, Gold und Glitzer kennt.“

„Genau. Alice hat wie immer ein Mal recht.“, pflichtete ihr Nevio bei. Und damit zog Nathalie eingeschnappt mit ihre Crew ab und wir verbrachten unseren Abend in aller Ruhe am See – mit jeder Menge Spaß. Ich ging später als einer von den letzen zusammen mit der blondhaarigen Madame. Sie begleitete mich noch zu meiner Hütte. „Danke für den tollen Abend.“, fügte ich auch gleich hinzu, als wir stehen blieben. „Kein Problem du bist gerne eingeladen, da wir Nate und die anderen eher selten sehen werden. Außer am Abend eventuell und wenn Gruppenaktivitäten stattfinden. Da muss man sich eben seine eigene Gruppe suchen.“, meinte sie lächelnd. „Stimmt wohl.“, kam es darauf von mir.

„Tja, dann. Viel Glück in der Höhle des Löwen.“

„Hä?“

„Shane.“

„Erinnere mich nicht daran, aber ich denke, der ist bestimmt noch gar nicht da. Er ist ja so „beschäftigt“. Aber danke. Schlaf gut.“

„Du auch.“, und damit ging sie. Zu meiner Verwunderung war Shane wirklich da und ich schaltete sofort wieder das Licht aus, als ich eintrat und aus seinem Bett ein Grummeln vernahm. Zu meinem Glück schlief er jedoch schon gleich wieder ein, da er kaum 5 Minuten später anfing zu schnarchen. Ich befand mich derweil im Bad. Es wunderte mich zwar, aber kümmerte mich auch nicht weiter. Immerhin war es erst 10. Ich blieb noch ein bisschen auf und schrieb an ein paar Songs herum, bevor ich dann auch irgendwann ins Bett ging – was bei dem Geschnarche jedoch ziemlich schwer viel. Ich war kurz davor, meinen Schuh nach ihm zu schmeißen, konnte mich aber gerade noch zusammen reißen. Somit begnügte ich mich damit meine Kopfhörer aufzusetzen, den Ipod anzumachen und den Schwarzhaarigen zu ignorieren.

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Wuhu^^ endlich das neue Kapitel geschafft - eigentlich sollte ich ja lernen (so wie den Rest der letzten 2 Wochen) aber nya ... ich bin am ende meiner Motivation, aber ich habs fast geschaft :D Freitag noch Mathe und dann schrieftliche adé ... Sry ich freu mich grad so xD Öhm ja lasst nen Kommi da ;D xD

@Verwirrte Träumerin danke nochmal für deine Glückwünsche ;D bis jetzt hats gut geklappt xD & thx für deinen süßen Kommi - die beste Motivation. Jetzt verstehe ich erst warum Autoren so auf Kommentare stehen Oo XDDD Ich hoffe das Kapi gefällt dir genau so gut ;D

Kapitel 5 – Wenn Eis zerbricht … Zeiten ändern dich

WICHTIG: Aufjedenfall den Song der dazu gehört (FM Static - Tonight), die ganze Zeit anhören ;D

Ansonsten möchte ich gar nicht viel dazu sagen außer: Ich hasse dieses Kapitel^^ Es steckt so viel Arbeit dahinter und ich bin absolut unglücklich damit, weil ich es nicht so rüber bringen konnte, wie ich eigentlich wollte. Tja, that's life. Aber umso mehr ich es abgeändert hab, umso grauenhafter wurde es und jetzt hab ich aufgegeben ... ich hoffe das es trotzdem ganz okey ist ...^^

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Die Tage zogen an mir so schnell vorbei, wie die Bäume im Herbst ihre Blätter verloren. Mittlerweile war ich schon 9 Tage hier und bereute es kein Stück. Der 1.Tag war zwar beschissen, doch seit damals war es steil bergauf gegangen. Heute war Montag, also brach die 2te Woche des Camps an (wir waren vor 9 Tagen am Samstag angekommen). Und wie von Fer versprochen, gab es heute so eine Art „Eröffnungslagerfeuer“. Ich und Alice freuten uns schon riesig darauf. Na ja, eigentlich nur Alice, da sie sich zum Ziel gesetzt hatte, Nevio zu sagen was sie für ihn fühlte und ich wollte sie so gut wie möglich unterstützen. Alice war so was wie meine beste Kollegin geworden, wir hingen fast 24 Stunden miteinander ab, aber Sie war auch erste Sahne. Auch mit Nevio kam ich super aus und er war eine gelungene Abwechslung zu Alice, da diese ja nur von Mädchensachen sprach – wie die neusten Trends, welche Jungs die heißesten waren und natürlich schwärmte sie den halben Tag von Nevio. So gesehen würde ich Alice alleine wahrscheinlich gar nicht aushalten, aber in Kombination mit Nevio war sie auch wirklich 24 Stunden ertragbar. Wäre ich also ein Mädchen, würde ich sie wahrscheinlich als meine „beste Camp-Freundin“ bezeichnen. Die Mädchensache lief auch gut, dadurch das ich ein eigenes Badezimmer hatte – das ich trotz Shanes Verbot weiterhin benutzte. Mittlerweile hatte ich diesen ganzen Mädchenkram schon fast drauf. Der Unterricht war zu meiner Verwunderung auch super, auch wenn Shane der Kursleiter war. Ich musste zugeben, er machte seine Sache gar nicht mal so schlecht. Beim Schlagzeug spielen hatte ich schon einiges dazu gelernt, während ich im Gitarrenunterricht so was wie der „König“ war. Ansonsten hatte sich zwischen unserer Beziehung nicht viel geändert. Er war immer noch ein Großkotz und reicher Pinkel, der den „coolen“ raushängen ließ und bei den Mädchen super gut ankam. Es gab auch regelmäßig Auseinandersetzungen mit Nathalie und ihrer Schimpansencrew, die eigentlich gar nichts dazu beitrugen – ich mochte sie trotzdem nicht. Mädchen die nur anderen hinterherliefen waren einfach bescheuert! Wer mochte so was schon? Die hatten ja keine eigene Meinung. Jedenfalls war ich Nathalies Lieblingsopfer, weil sie glaubte, dass ich mich an Shane ranmachen würde – die hatte sie ja nicht mehr alle! Nur weil ich am ersten Tag mit ihm „gefrühstückt“ hatte, hieß das noch lange nicht, dass ich was von ihm wollte. Jedoch wusste anscheinend keiner was wir beide damals geredet hatten, da sich offensichtlich keiner traute zu lauschen. Denn ansonsten wäre wohl niemand auf diese bescheuerte Idee gekommen. Die Gerüchteküche brodelte also, ansonsten war alles soweit Palletti. Mein Dad hatte auch mal angerufen und sich entschuldigt, dass er sich nicht gemeldet hatte, aber sein Handy sei ihm in den Abwasch gefallen und folglich außer Betrieb gewesen. Er habe auch schon ein paar Häuser ins Auge gefasst und bis ich wieder zu Hause sein würde – war er sich sicher – sei er bestimmt schon umgesiedelt. Das war also auch schon mal eine gute Nachricht! Meine Hoffnung hatte sich also gelohnt. Ach ja und zum Thema Nate und Shana – dort herrschte immer noch Baustelle, da sich eigentlich nicht viel geändert hatte. Er hing immer noch die meiste Zeit mit ihr zusammen, nahm sich aber ab und zu ein paar Abende frei um mit mir abzuhängen und zwar nur wir zwei, damit wir über alles reden konnten. Ich glaubte, sie mochte mich nicht wirklich, auch wenn sie Nate gegenüber etwas anderes behauptete. Alice meinte ja, dass Shana davon überzeugt war, dass ich was von Nate wollte! Hallo? Tickten die ganzen Weiber nicht mehr richtig? Er ist ja „mein Cousin“ und mit dem hat man nichts, auch wenn‘s nicht der Wahrheit entsprach. Diese Mädchen hatten echt eine blühende Fantasie … und sie machte sich dadurch auch nicht beliebter bei mir – und das sagte ich Nate auch direkt. Er war zwar nicht begeistert davon und versuchte mir einzureden, dass ich ein komplett falsches Bild seiner ach so tollen Freundin hatte, aber na ja … ich ließ mich nicht wirklich überzeugen. Außerdem entschuldigte der Blonde sich auch bei mir, da er sich die ersten 3 Tage gar nicht gemeldet hatte. Zu seiner Ausrede zählte unter anderem, dass er Shana einfach nicht los bekommen hatte und sie ihn auch nicht gehen lassen wollte – das habe ihn allerding schon genervt. Er schrieb mir aber immerhin ein paar SMS und klärte das ganze so auf. Mir war es ja mittlerweile egal, obwohl ich schon ein klein wenig eifersüchtig war. Immerhin hatten wir uns 2 Jahre lang nicht mehr gesehen, da war das wohl das mindeste. Tja, nicht alles konnte ebenso laufen wie man es geplant hatte … Ich musste eben lernen damit um zu gehen. Das würde sicher noch öfters in meinem Leben vorkommen. Das Camp leben war also somit ziemlich chillig und ich musste feststellen, dass ich es mochte – auch als Mädchen. Im Prinzip war es nicht so schlimm wie ich geglaubt hatte, abgesehen vom Schminken, den Themen über die die meisten quatschten und das Stimmen verstellen nervte, aber ansonsten war es akzeptabel.

Ich wurde nun aus meinen Gedanken gerissen, als es an der Tür klopfte. Ich stand gerade im Bad und tuschte mir noch schnell meine Wimpern – es war echt erschreckend wie schnell man sich an so etwas gewöhnen konnte. Im nächsten Moment stand ich schon an der Tür und öffnete diese. Vor mir stand eine wunderschöne Alice in einem tollen blauen Sommerkleid und schönen, schlichten Sandalen. Sie grinste sogleich. „Bin ich zu früh?“, sagte sie gleich. Ich nickte kurz. Ich war erst vor 30 Minuten hier angekommen und wunderte mich wie schnell Alice gewesen war. „Tut mir leid, aber ich kann es kaum mehr erwarten. Ich bin so nervös. Ich hoffe das alles klappt.“

„Klar doch, du wirst sehen es wird genau so laufen, wie du es dir vorgestellt hast.“, meinte ich überzeugt. „Meinst du wirklich?“, sagte sie total hibbelig. „Klar doch – du wirst schon sehen.“, sagte ich und drehte mich wieder um. „Willst du noch rein kommen?“, fügte ich hinzu.

„Ähm … ist Shane nicht da?“, fragte sie zögerlich.

„Was glaubst du denn? Dann wäre ich schon lange nicht mehr so gechillt wie jetzt.“, kam es entrüstet von mir. „Ach so okey, dann gerne.“, lächelte sie und trat ein. Im nächsten Moment meinte sie schon gespielt verärgert: „Woah was für ne Frechheit! Du hast ja wirklich ein eigenes Bad.“

„Tja, es hat auch Vorteile sich die Hütte mit Shane zu teilen – Um ehrlich zu sein ist das der einzige. Na ja eigentlich dürfte ich es ja nicht mal benutzen … es ist sozusagen sein Privateigentum.“ Alice lachte darauf ihr herzhaftes Lachen. „Na ja ich würde es trotzdem nicht wollen, da bleib ich lieber bei den Gemeinschaftsduschen.“, meinte sie. „Bist du fertig?“

„Ja eigentlich schon. Wieso?“

„Ja dann lass uns gehen!“

„Wir sind doch viel zu früh.“

„Ach was, nur 45 Minuten. Wir können ja bei Nate vorbei schauen.“

„Nicht bei Nevio?“, sagte ich mit Absicht. Sie schlug mir auf meinen Unterarm.

„Du bist doof.“

„Okey überredet … überraschen wir Nate. Er ist bestimmt froh, wenn ihn mal jemand von seiner zeckenhaften Freundin befreit.“, meinte ich ironisch. Alice grinste. „Sie ist nicht ganz dein Fall, was?“

„Das trifft es ziemlich gut. Ich versteh nicht was er an ihr findet. Sie ist wie ein ganz schlechter Abklatsch von Nathalie.“

„Woah.“, meinte die Blondhaarige entrüstet. „Sag ihr dass lieber nie ins Gesicht – es sei denn du willst dem Tode näher sein als dem Leben. Sie würde dich Köpfen! Sie kann Nathalie gar nicht leiden.“

„So wie mich anscheinend.“, und damit machten wir uns auf den Weg zum Eröffnungslagerfeuer. Na ja, eigentlich ja zu Nate aber das zählte ja eigentlich nicht. Wir waren auch gleich mal dort, da seine Hütte nur 10 Minuten von meiner Weg lag – und trotzdem schafften es Nate und ich nicht uns öfters als 4mal in den vergangenen 9 Tagen zu sehen. Alice klopfte derweilen an die Tür und zwar solange bis sie geöffnet wurde. Nate war schon immer etwas langsam gewesen. Wie ich vermutet hatte, war Zecken-Shana auch bei ihm – im Gegensatz zu ihr, freute er sich wirklich riesig mich zu sehn – weniger zu ihrer Begeisterung. Ich glaubte langsam echt, dass Alice vielleicht gar nicht so unrecht hatte und die wirklich eifersüchtig auf mich war. Auch Adi und Vanessa waren bei den beiden und so verbrachten wir die restlichen 45 Minuten vor dem Beginn des Lagerfeuers mit nichts wirklich Nennenswertes. So was würde man wohl als Freizeit genießen bezeichnen. Na ja, aber wirklich viel konnte ich nicht mit Nate sprechen, da jedes Mal wenn wir ein längeres Gespräch anfangen wollten, sich seine nervige Freundin einmischte. „Schatz, hilfst du mir mal kurz.“, „Was findest du besser? Die oder die.“, „Machen wir heute noch einen schönen romantischen Spaziergang?“. Ich hätte mich am liebsten Übergeben, aber na ja – für Nate riss ich mich zusammen. Doch zu meiner Freude musste ich feststellen, dass ich nicht „die“ einzige zu sein schien, den ihr Verhalten nervte. Ich sah, dass es Adi nicht anders ging. Am liebsten hätte ich ihr entgegen geschrien, dass ich eigentlich ein Junge war und sein bester Freund und das sie mit dem Theater aufhören konnte! Vor allem konnte ich nicht glauben, dass Nate das wirklich nicht auffiel. Also verbrachte ich die 45 Minuten in der meisten Zeit mit schmollen und zu hören … und da fragte man sich wirklich warum ich die Gruppe nicht sooo gern mochte, ja?
 

Dann war es endlich so weit: IT’S CAMPFIRE-TIME. Es fand am See unten statt. Es gab mehrere Lagerfeuer auf die man sich aufteilen konnte. Mitten im See hatte man eine Bühne aufgebaut, auf der jeder spielen konnte, wenn er oder sie etwas aufführen wollte – das Tat jedoch kaum einer. Ansonsten lief einfach nur Musik und es gab noch eine kurze Ansage von Fer, die sich aber kaum von der Begrüßungsrede unterschied. Kurz gesagt wollte er einfach sagen: Viel Spaß. Ich saß zusammen mit Nate, Shana, Adi, John und Vanessa an einem Lagerfeuer – Justin und Ashley hatten sich vor einer halben Stunde verabschiedet und meinten sie hätten noch etwas „wichtiges“ zu erledigen. Was das wohl war? Na ja, eigentlich war es für mich ziemlich langweilig, auch wenn sich Nate bemühte mich nicht zu ignorieren, aber seine Freundin leistete wirklich gute Arbeit. Ich musste nun endgültig ein sehen, dass Nate wohl wirklich keine Schuld traf an unserer mangelhaften Zeit. Ich unterhielt mich stattdessen mit Adi über das Camp. Wir waren beide ziemlich gleicher Ansichten. Außerdem war er der Einzige der meine weibliche Version zu mögen schien. Alice war ebenfalls vor einer halben Stunde gegangen, als Nevio gekommen war. Die beiden gingen natürlich irgendwo hin wo sie ihre Ruhe hatten. Ich hatte der Blonden nur noch „Viel Glück“ gewünscht. Und hier saß ich nun und kam mir wie der letze Idiot vor. Adi war mittlerweile mit Violette beschäftigt, die sich voll an ihn ran machte und er versuchte sie nach Kräften abzuwehren. Er tat mir irgendwie schon leid, aber das musste er endlich lernen – direkter zu Mädchen zu werden und auch einmal „Nein“ zu sagen. Ansonsten war ich nicht wirklich erpicht darauf mit meiner Ex oder John ein Gespräch zu führen. Sie waren beide nicht ganz mein Fall, also begnügte ich mich damit das Feuer zu beobachten und wünschte mir, dass Alice bald wieder mit Nevio zurück kommen würde, auch wenn die Chance ziemlich gering war – das war mir bewusst. Ich entschied mich also dafür, ihr mal eine SMS zu schreiben, wie es so lief. Ich weiß eigentlich fies, da es total unpassend in dem Moment sein würde, aber ich brauchte eine Beschäftigung. Außerdem interessierte es mich wirklich. Ich griff also in meine Hosentasche und musste zu meiner Verwunderung feststellen, dass sich dort nichts befand außer gähnende Leere … und ein Kaugummi, der es nicht Wert war überhaupt beachtet zu werden. MIST! Ich erinnerte mich daran, dass ich das viereckige Teil aufs Waschbecken gelegt hatte, als ich wieder in der Hütte ankam – da durfte es sich jetzt wahrscheinlich immer noch befinden. Ich hatte es wohl im Zimmer liegen lassen und vergessen einzustecken, da Alice viel zu früh vorbei kam. Ich beschloss also schnell zurück zu gehen und es mir zu holen. Hier war es auch nicht gerade spannender. Ich würde mit Sicherheit nichts verpassen. Vor allem knutschten Shana und mein blonder, bester Freund jetzt schon seit einer geraumen Zeit herum – konnten die sich nicht in ein Zimmer zurück ziehen? Ich stupste also schnell Adi an, der wirklich froh darüber schien, und sagte ihm das ich gleich wieder da sei, ich würde nur schnell mein Handy holen, dass ich vergessen hatte mit zu nehmen. Er nickte und sah mich verzweifelt an. Ich erwiderte seinen Blick mitleidig, jedoch konnte ich dagegen auch nichts machen. Tut mir Leid Adi, aber das musst du selbst schaffen. Im nächsten Augenblick war ich auch schon auf dem Weg zur Hütte 66 und hätte ich gewusst was mich dort erwartete, wäre ich wahrscheinlich auf der Stelle umgedreht und für den Rest des Abends abgetaucht. Doch so kam es nicht … wie auch – ich konnte ja nicht Hellsehen…
 

Ich war in etwa 20 Minuten bei meiner Hütte angekommen. Sie stand da einfach seelenruhig im Dunkeln. Ich hatte also nichts Bösartiges erwartet und öffnete so gleich die Tür – zu meiner Verwunderung war sie offen. Das fand ich allerding etwas seltsam, dachte mir jedoch nichts weiter dabei und trat ein, um keine Minute später im Bad zu stehen und mir mein Handy zu schnappen. Ich erstarrte jedoch, als ich plötzlich ein unterdrücktes Schluchzen hörte. Hatte ich mir das gerade eingebildet? Ich drehte mich natürlich sofort um, konnte jedoch in der Dunkelheit nichts weiter erkennen. Also Schalltete ich das Licht an und konnte kaum glauben was ich da vor mir sah. Der schwarzhaarige Junge saß zusammen geknüllt in der rechten Ecke zwischen der Tür und meinem Bett und hatte die Füße angezogen und seine Hände schützen darüber gelegt. Er zitterte am ganzen Körper und im nächsten Moment sah er mich mit verweinten Augen, verärgert an. „Shane?“, entwich es mir überrascht. „WAS!? Bist du jetzt schockiert? Na los, HAU AB! LASS MICH ALLEINE!“, antwortet er sogleich mit leiser und brüchiger Stimme. Ja, ich war schockiert, aber war das ein Wunder? Ich konnte einfach nicht glauben was ich da vor mir sah. Ich hatte ihn noch nie so gesehen – noch nie wirkte er auf mich so schwach und zerbrechlich wie in diesem Moment. Er war doch sonst immer so stark und selbstsicher – so was von arrogant. So ein Mensch konnte doch nicht innerhalb von ein paar Stunden so zusammen sacken? Ich hatte ihn vor 4 Stunden noch im Unterricht gesehen und dort war er ganz normal – Shane eben. Shane der reiche, von sich überzeugte, beliebte, hochnäsige Schnösel. Doch die Person vor mir hatte nichts mehr mit dem jungen Mann, der immer so selbstsicher durchs Leben ging und der nie irgendwelche Probleme zu kennen schien, von heute Nachmittag zu tun. Ich war wie erstarrt. Im ersten Moment wollte ich mich einfach umdrehen und vergessen was ich da gesehen hatte, doch im nächsten Moment überkam mich auch Mitleid sowie Mitgefühl. Mitgefühl weil er mich so sehr an mich selbst erinnerte, wie ich vor einem Jahr kaum selbst anders ausgesehen haben musste – Nacht für Nacht. Als keiner für mich da war und ich einsam und allein vor mich hin sinnierte. Wie oft hatte ich mir damals gewünscht, dass jemand an meiner Seite war, der mir einfach nur zu hörte und nichts sagte – nichts sagen musste, weil er auch so verstand. Obwohl ich im Moment ehrlich gesagt gar nichts verstand. Ich hätte jetzt gerne gelacht, wie es jeder getan hätte, wenn er seinen Erzfeind, so vor seinen Füßen vorgefunden hätte, so am Ende, doch ich konnte nicht. Was wäre ich auch für ein Mensch gewesen, wenn ich das in diesem Augenblick gekonnt hätte? Ich hätte mir wahrscheinlich nicht mal mehr selber in die Augen sehen können, wenn ich jetzt einfach gegangen wäre. Auch wenn in diesem Moment ein Teil meines Weltbildes durcheinandergeriet und garantiert nicht mehr gleich sein würde. Also setze ich mich ihm gegenüber, an mein Bett gelehnt, jedoch darauf bedacht, dass genug Abstand zwischen uns war. Ich wollte es ja nicht gleich übertreiben. Wahrscheinlich würde ihm das auch so schon unangenehm sein – auch ohne dass ich ihm so nah war. Ich sah ihn an. Seine dunklen Augen waren gesenkt und ich sah wie sich schon wieder die nächsten Tränen einen Weg nach unten bahnten. Ich merkte wie sich mein Herz zusammen zog. Ein Mensch so zu sehen – so am Ende, das hatte wirklich keiner verdient. Nicht einmal Shane. So wollte ich niemanden sehen, denn so sollte man auch niemanden sehen – klein und unbedeutend. Sein schwarz-weißer-Schachbrettpullover war schon völlig durch nässt an den Ärmeln – dort wo er seinen Kopf offensichtlich platziert hatte, bevor ich reingeplatzt war. Er musste also schon länger hier sein. Eigentlich seltsam. Während die anderen alle ihren Spaß hatten und sich am Lagerfeuer dieser Nacht erfreuten, saß der Junge vor mir – weinend und am Ende – von dem ich immer dachte, dass er eigentlich der glücklichste Mensch auf Erden war. Es schien immer so, aber offensichtlich war gar nichts in Ordnung. Die anderen waren jetzt alle glücklich und hatten ihren Spaß kaum 100 Meter entfernt, während sich der Schwarzhaarige hier still und heimlich zurück zog, um seine Maske fallen zu lassen. Anders konnte ich mir die ganze Situation nicht erklären, da sie einfach so weltfremd für mich war. Ich sah ihn erst mal einfach nur an. Ich konnte nicht anders. Das Bild vor mir war einfach unbeschreiblich traurig und zugleich auch total unreal. „Ich … Shane … ich …“, stammelte ich erst mal vor mich hin. Was sollte ich auch groß sagen? Ich wollte ja, doch irgendwie wollte nichts aus mir raus kommen. Der Schwarzhaarige sah auf. Er sah mich direkt an und für einen kurzen Augenblick trafen sich unsere Blicke. In seinem Blick lag so viel Schmerz, Verzweiflung und Trauer, dass es mir fast den Atem nahm. Ich konnte nicht anders als einfach zur Seite blicken, da ich dem einfach nicht stand halten konnte. Im nächsten Moment Starrtete ich jedoch schon einen 2ten Versuch – dieses Mal gelang es mir. Wenn ich ihn auch nicht ansehen konnte. „Ich weiß, die Frage klingt sicher total bescheuert …“, fing ich an, immer noch zur Seite schielend, bevor ich fortfuhr. „… und erst Recht von mir … aber … was ist passiert? Was ist los, Shane?“, fragte ich ohne irgendwelche Emotionen in der Stimme. Meine Stimme fühlte sich in diesem Moment falsch und total fremd an. Ich fühlte mich generell als wäre ich ihm falschen Film gelandet, als würde ich nur träumen. Shane schwieg, sah mich jedoch immer noch an, während ihm unaufhörlich die Tränen runter rannen. Ich schluckte kurz und beschloss ihn wieder direkt an zu sehen –und dieses Mal hielt ich seinem Blick stand. Er schien nach irgendetwas in meinen Augen zu suchen. Vielleicht nach Genugtuung oder Mitleid. Keine Ahnung. Ich wusste es nicht. Es war mir auch egal. Plötzlich senkte er seinen Blick und dieses Mal war er derjenige, der zur Seite sah, bevor er mir mit brüchiger Stimme antwortete. „Wieso willst du das wissen? Wenn du ehrlich bist interessiert es dich doch gar nicht. Geh einfach zurück und vergiss was du gesehen hast.“ Seine Stimme klang genauso anders wie meine. So fremd – ganz und gar nicht arrogant. Ich seufzte. „Du weißt gar nicht wie gern ich das tun würde, aber-“, ich brach ab, sah ihn erst mal an, bevor ich fortfuhr. „… aber ich kann nicht. Auch wenn du mir nicht glaubst, ich meine es ehrlich. Es interessiert mich wirklich. Ich weiß wie es ist, wenn man eigentlich nach Hilfe schreit, aber keinen einen erhört. Oder einen auch nicht erhören will. Was sollte ich deiner Meinung jetzt tun? Wirklich gehen? Entschuldige, aber das geht nicht mehr …. Du hast soeben mein gesamtes bisheriges Bild, das ich mir von dir zu Recht gelegt hatte, zerstört. Dann will ich jetzt auch wissen, was einen Menschen von der einen Sekunden zur anderen so zerstören kann – vor allem einen Menschen wie dich.“, redete ich einfach drauf los. Es war die Wahrheit, also warum nicht auch ehrlich sein? Als ich geendet hatte, sah ich ihn immer noch unverwandt an. Er hatte seinen Blick immer noch gesenkt, doch er hob ihn ganz leicht wieder und streifte meinen Blick. Er schien zu überlegen und wirkte gleichzeitig so verloren. Es war einfach unglaublich. Er gab ein seltsames Geräusch von sich – irgendetwas zwischen kurzem Auflachen und Heulkrampf. „Du bist echt seltsam … wirklich seltsam.“, meinte er nur. Ich dachte das war‘s schon, mehr würde nicht mehr kommen, den er sah wieder nur auf den Boden. Doch plötzlich schaute er mich wieder direkt an und fing einfach an zu erzählen. „Eigentlich ist nicht wirklich etwas vorgefallen. Eigentlich sollte es mir gut gehen und eigentlich ist alles genau gleich wie es eben immer war. Abgesehen davon das mein Vater wieder mal abgereist ist, ohne das er sich von mir verabschiedet hat. Aber das ist eigentlich auch nichts Neues für mich. Also warum macht es mich so traurig? Auch meine Mutter hat noch nicht mal angerufen um sich zu erkundigen wie es mir geht. Eigentlich nichts Schlimmes. Ich bin es ja gewohnt. Eigentlich. Aber warum verletzt es mich trotzdem so? Wahrscheinlich ist es einfach alles. Es ist nicht nur eine Sache, es ist einfach das ganze Übel, das mich die letzen Jahre einfach verfolgte und nicht mehr in Ruhe ließ – die ganze unerträgliche Situation. Die ganze Last, die ich seit genau 2 Jahren und 9 Monaten mit mir herum schleppe.“ Das war sein erster Wortschwall der folgte, in dem ich jedoch so gut wie nichts verstand. Nicht weil er so undeutlich sprach, sondern einfach weil ich den Zusammenhang zu seinem jetzigen Zustand nicht verstand. Er machte eine kurze Pause, da er zusammen zuckte und einmal schniefte. „Was ist passiert vor 2 Jahren und 9 Monaten?“, fragte ich also sanft. Ich wollte ihn nicht erschrecken mit meiner Stimme. Er schien gerade wie in einer anderen Welt – einer anderen Zeit. „Es passierte auf einer Feier. Es sollte die Party des Jahres werden. Es war die Geburtstagsparty vom Sohn eines guten Freundes meines Vaters und ich wollte unbedingt hin. Meine Eltern wollten mich jedoch nicht alleine gehen lassen, also kam mein Bruder mit – mein Zwillingsbruder Ryan. Er hatte eigentlich keinen Bock darauf, da er eigentlich lieber irgendeines seiner interessanten Fantasy-Bücher lesen wollte – die fand er schon immer interessanter. Er ging nur mir zu Liebe mit und ich ...“, Shane stockte sogleich wieder, da er zum 2ten mal stärker anfing zu weinen. „ ... Ich … ich hatte nichts Besseres zu tun, als mit der nächst besten Tussi abzuhauen und mich nach oben zurück zu ziehen, während ich meinen Bruder alleine unten zurück ließ. Ich hörte später von den anderen Gästen, dass er einfach auf dem Sofa saß und eigentlich gar nichts machte – außer Löcher in die Luft zu starren. Anfangs hatte er noch versucht mich zu suchen, doch er gab es schnell auf, als jemand ihm erzählte wo ich mich befand. Irgendwann sei jedoch so ein Mädchen zu ihm gesessen und habe ihm ein Getränk angeboten mit der Begründung, dass er so aussah, als könnte er eines Gebrauchen. Er nahm es an und trank gleich die Hälfte auf Ex hinunter. Innerhalb der nächsten 30 Minuten sei er ziemlich beinander gewesen, jedoch ahnte keiner was wirklich mit ihm los war. Eigentlich kannte man so ein Verhalten von meinen Bruder gar nicht und deshalb dachten wohl alle einfach, er sei einfach nur schnell ziemlich betrunken. Er redete zwar wirklich wirres Zeug und verhielt sich total komisch, doch keiner dachte sich was dabei. Sie beschrieben seinen Zustand wie Geistesabwesend. Das Mädchen wollte dann etwas später einen Spaziergang mit ihm machen und er stimmte anscheinend zu und verließ das Haus mit ihr. Er ging einfach …“, während er erzählte fing er wieder an zu zittern und die Tränen kamen wieder schneller und in vielzahlen. Die nächsten Sätze verstand ich nur mit viel Mühe und Not, da sie ihm so schwer über die Lippen zu kommen schienen. „Ich … als ich fertig mit dem Mädchen war, kam ich wieder runter. Meine Eltern hatten mich schon ein paar Mal versucht zu erreichen, da Ryan und ich schon seit einer Stunde zu Hause sein sollten. Ich wollte mich auch sofort auf den Weg nach Hause machen und auch gleich nach Ryan suchen, als mir jemand erklärte, wo er hin gegangen war. Er wollte mit diesem Mädchen zum alten Fabriksgelände, das in der Nähe des Hauses war. Ich wollte ihm nach, doch die anderen hielten mich auf. Das Mädchen das ich abgeschleppt hatte, meinte ich sollte doch noch bleiben und ein wenig Spaß mit ihr haben. Und ich Idiot hab auf sie gehört. Ich hab meinen Bruder wegen einem lächerlichen Mädchen versetzt. Warum hab ich nur auf Sie gehört? Wieso hab ich nicht auf meinen Verstand gehört, der zu meinem Bruder wollte. Wieso? Ich blieb also den Rest der Nacht und dachte mir nichts dabei. Mein Bruder kam währenddessen nicht mehr zurück…“ Er stockte wieder. Im nächsten Moment fing er so stark an zu weinen, dass er nicht mehr weiter reden konnte. Ich ließ ihm die Zeit und rückte etwas näher an ihn, berührte ihn leicht am Arm. Er sah sofort auf und hörte sogleich auf zu weinen – wenn auch nur kurz. „Und dann?“, fragte ich. Ich wusste nicht wirklich was er mir mit dieser Geschichte sagen wollte. Ich wusste nur, dass es ihm wirklich leid tat, dass er seinen Bruder alleine gelassen hatte und dass danach etwas passiert sein musste. „Er … Am nächsten Morgen riefen meine Eltern bei mir an – schon ziemlich früh. Ich half natürlich gerade beim Aufräumen. Ich nahm aber trotzdem ab. Mein Vater war dran und ich hatte sofort ein schlechtes Gefühl. Eigentlich hatte ich dieses Gefühl schon die ganze restliche Nacht, hatte es aber gekonnt ignoriert. Ich hörte sogleich meine Mutter im Hintergrund weinen und ich wusste sofort, dass etwas nicht stimmte. Ich fragte gleich nach, doch mein Vater antwortete nur, dass ich sofort nach Hause kommen sollte. Ich sagte ihm, dass ich aber nicht wüsste wo Ryan war und mein Vater stockte in diesem Moment. Die nächsten Worte brachte er offensichtlich nur schwer hervor. Er sagte ich müsse nicht mehr auf ihn warten. Ich verstand zu diesem Zeitpunkt nicht was er damit meinte und dachte mir nichts dabei. Ich dachte einfach, dass er ohne mich nach Hause gegangen war, weil er dachte ich sei vielleicht schon weg. Ich ging also sofort nach Hause. Keine Minute später kam auch schon die Polizei in das Haus in dem die Party letze Nacht stattfand. Ich war jedoch schon lange weg und bekam von dem Ganzen nichts mit. Ich erfuhr es erst 2 Tage später. Zuhause angekommen erfuhr ich jedoch gleich was los war und meine Welt brach zu diesem Zeitpunkt zusammen. Mein Bruder war in der vorherigen Nacht gestorben. Er hatte sich das Leben genommen, wie die Polizei vermutete. Sie fand heraus, dass dieses Mädchen gar nicht auf die Party eingeladen war und vielen Typen so ein Getränk angeboten hatte. Die die es angenommen hatten, konnten sich alle an nichts mehr erinnern oder landeten auf der Intensivstation des nahe liegenden Krankenhauses. Sie alle konnten sich jedoch an das gleiche erinnern, bevor sie das Getränk zu sich nahmen: Das sie dieses Getränk von diesem komischen Mädchen bekamen. Die Polizei fand darauf in ein paar Getränken Drogen– wirklich harte Drogen und in viel zu hohen Mengen. Es stellte sich heraus, dass dieses Mädchen die Übeltäterin war, das mit meinem Bruder abgehauen war. Man fand sie jedoch nie. Der Obduktionsbericht von Ryan ergab, dass er ebenfalls diese Drogen zu sich genommen hatte, jedoch viel mehr als alle anderen. Wahrscheinlich hatte ihm das Mädchen noch mehr von den Dingern gegeben, keine Ahnung – es wurde nicht heraus gefunden. Jedenfalls war er danach wahrscheinlich – so vermuten es zumindest die Polizei – im Drogenrausch die Brücke runter gesprungen, die in der Nähe des Fabrikgeländes lag. Es deutete nichts auf ein Verbrechen oder so etwas hin. Sie vermuteten deshalb, dass es eine Art unfreiwilliger Selbstmord war. Er wurde in den frühen Morgenstunden von einem Fußgänger am Rande des Flusses gefunden – die Strömung hatte ihn einige Meter Stromabwärts gespült. Die Beamten sagten jedoch, dass selbst wenn er nicht von der Brücke gesprungen wäre, wäre er so oder so an einer Überdosis gestorben.“ Er stockte und fing wieder so stark an zu weinen. Er zitterte so unbeschreiblich und die Tränen wurden immer mehr. Er schluchzte und fing an hin und her zu wippen, während ich einfach da saß – wie betäubt. Ich kannte Ryan und ich konnte kaum glauben was ich da hörte. Er war einmal ein sehr guter Freund von mir gewesen und umso mehr schockierte es mich, dass ich 3 Jahre lang nichts davon erfahren hatte, was mit ihm passiert war. Wie konnte mir das niemand sagen? Ich war nicht imstande irgendetwas dazu zu sagen. Shane fing plötzlich wieder an weiter zu reden, doch immer noch schwer verständlich. „Es war meine Schuld. Wenn ich ihm nur nach gegangen wäre. Wenn ich mich nur nicht überreden lassen hätte. Ich hätte es verhindern können. Es war alles meine Schuld. Wenn ich nicht auf diese doofe Party gewollt hätte, wenn ich bei ihm geblieben wäre, dann wäre er jetzt noch bei mir. Dann wäre da nicht diese unendliche Leere. Dann würde mir kein Teil fehlen. Dann wäre er noch am Leben … und meine Welt wäre nicht so farblos geworden. Meine Eltern müssten nicht so leiden und müssten mich nicht mit diesem schrecklichen Blick ansehen. Sie könnten einfach weiterleben wie davor auch … Wenn ich nicht wär, dann …“ Ich sah ihn ebenfalls mit Tränen in den Augen an. Ryan war so ein toller Mensch gewesen, er hatte das wirklich nicht verdient. Aber das Shane sich die Schuld daran gab, war doch vollkommener Unsinn! Wenn jemand Schuld hatte dann dieses Mädchen das abgetaucht war. Ich rückte näher an ihn und wollte ihm das auch klar machen. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich nicht auf Shane sauer das er irgendetwas tat, sonder auf dieses Mädchen. Dieses Mädchen das einfach grundlos ein Leben ausgelöscht hatte und auch mehrere in Kauf genommen hatte. Ich griff also nach Shanes Arm und hielt ihn einfach fest. Ich wusste nicht was ich anderes tun konnte, da ich ihm nicht noch näher kommen wollte. Es fühlte sich einfach nicht Richtig an „Spinnst du? Klar, dass was deinem Bruder widerfahren ist, ist wirklich schlimm – aber nichts davon ist deine Schuld. Er hätte selber „Nein“ zu allem sagen können. Er hatte selbst entschieden. Und egal was vorgefallen ist … Ryan hätte sicher nicht gewollt, dass du dich so gehen lässt. Das du dir daran die Schuld gibst, obwohl es nicht deine Schuld war. Ich glaube, Ryan hatte ein wirklich erfüllendes Leben – er hatte es immer gut. Er war so oft glücklich und ich denke er hätte von sich selbst behauptet, dass er wirklich gelebt hatte – wahrscheinlich viel mehr als du es jemals getan hast.“ Shane sah mich etwas überrascht an. Zum einen weil ich immer noch seinen Arm hielt und zum anderen weil er nur langsam zu begreifen schien was ich gerade gesagt hatte. „… Aber er war doch noch so jung – wie konnte er da gelebt haben? …“ Ich seufzte. Ich musste aufpassen, dass ich nicht zu viel erzählte. Immerhin kannte „Joelle“ Ryan eigentlich gar nicht. Auch wenn es mir schwer fiel nicht selbst noch anfangen zu heulen, aber das was ich sagte meinte ich wirklich so. Ich konnte mich noch gut an den Tag erinnern, als ich mit Ryan auf dem Dach unseres alten Hauses lag und er damals zu mir sagte, dass er komplett glücklich sei und wenn er jetzt gehen müsste, dann könnte er auch damit leben, weil er von sich selbst behaupten konnte, sein Leben nach bestem Gewissen gelebt zu haben. Er wolle einfach nur komplett glücklich sterben irgendwann. Ich hatte ihn damals um diese Ansicht wirklich beneidet. „Ich bin mir sicher, dass er nichts zu Bereuen hatte. Nate hat mir viel von ihm erzählt, die beiden waren ja oft zusammen früher.“ Shane nickte darauf kurz, um mir mittzuteilen, dass er zu hörte. „Nate sagte immer das Ryan aus vollkommener Überzeugung jeden Tag gelebt hat – und zwar nach seinen eigenen Vorstellungen.“

„Das stimmt. Er hatte schon immer seinen eigenen Kopf. Er war immer schon ganz anders wie ich. Im Gegensatz zu mir, war es ihm egal was Dad oder alle anderen von ihm dachten. Solange er das tun konnte was er wollte. Er liebte jeden Tag und war immer für alles dankbar. Er war immer so glücklich. Er war mein Ruhepol, meine Oase, der Sonnenschein an einem verregneten Tag – egal was passierte. Er war einfach immer da. Nichts konnte ihm seine gute Laune verderben. Die meisten Leute beschrieben ihn deshalb wohl als angenehmen Zeitgenossen, doch Gleichzeit auch als seltsam, wegen seiner Ansichten, seines Verhaltens, doch er hatte nie ein Problem damit. Er konnte Oberflächlichkeiten noch nie ausstehen und fühlte sich unter diesen ganzen „höheren Leuten“ nie wirklich wohl. Somit war er meinen Vater auch ein Dorn im Auge. Das war auch sein einziger wunder Punkt – die Verachtung meines Vaters, wenn er sich wieder einmal „falsch“ verhielt. Wenn er sich nicht an die Normen der Gesellschaft hielt. Ich glaube, mein Dad wusste ihn auch erst wirklich zu schätzen, als er weg war und das gemeinsame Abendessen ohne seine ganzen Witze und Unruhen von sich ging. Meine Mutter konnte mich anfangs sogar gar nicht mehr ansehen, weil sie in mir immer ihren verlorenen Sohn sah. Ich zeigte ihr immer wieder, was sie verloren hatte. Auch mein Dad ertrug meine Gegenwart nicht mehr, obwohl ich früher immer sein „Liebling“ war. Sie behandelten mich von da an beide wie Luft. Unsere Familie starb in dieser Nacht. Als ich dann auch noch anfing ein paar von Ryans Klamotten anzuziehen, da das meine Art der Trauer war, so fühlte ich mich ihm wenigstens noch ein wenig nah, konnten sie nicht mehr und steckten mich in ein Internat.“ Ich sah ihn mitfühlend an. Das klang alles so grausam. Man hatte ihm offensichtlich den Boden unter den Füßen weg genommen – ohne Rücksicht auf Verluste. Und als er seine Eltern und Freunde am meisten gebraucht hätte, war niemand da gewesen. Er tat mir total Leid „Aber dein Dad wirkte doch so cool bei der Begrüßung? Man würde kaum vermuten, dass euch so etwas wider fahren ist.“, meinte ich etwas verwirrt. Das war das erste das mir einfiel. Sein Dad hatte auf mich wirklich einen ganz anderen Eindruck gemacht. Shane ließ ein Seufzer von sich. „Tzz, mein Dad tut doch immer nur so. Das ist eine Fassade die er sich in den letzen 2 Jahren mühevoll aufgebaut hat. Ryan hatte sich immer gewünscht, dass er lockerer und „cooler“ wurde – wahrscheinlich ist das seine Art mit der Trauer um zu gehen. So zu tun als wäre er der Dad, den Ryan immer haben wollte. Früher war er wirklich mal so gewesen, bevor er sein Unternehmen gründete. Danach wurde er immer steifer und konzentrierte sich nur noch auf seine Arbeit. Auf irgendeine Art und Weise hat er sich selbst verloren …“, meinte Shane kopfschüttelnd. Ich war sprachlos. Wir sagten für eine ziemlich lange Zeit nichts mehr. Ich sah ihn einfach nur an, während er versuchte sich wieder ein wenig zusammen zu reißen – mit wenig Erfolg. Sein Bemühen rührte mich zu tiefst, weil es ihn nur noch hilfloser erscheinen ließ. Wir saßen also einfach nur so da. Er vor mir, in sich zusammen gefallen, kein bisschen stolz mehr, während ich weiterhin seinen Arm hielt und ihm beruhigend darüber strich. So hatte mich meine Mutter früher immer getröstet und es hatte immer sofort gewirkt. Doch Shanes Problem ließ sich nicht so einfach „weg streichen“, wie die kleinen Kinderprobleme, die ich damals hatte – das war mir durchaus klar. Doch das machte die ganze Situation ertragbarer. So fühlte ich mich nicht ganz so hilflos. Shane schien trotzdem körperlich ein wenig ruhiger zu werden, doch die Tränen konnte er immer noch nicht aufhalten. Wenn sie jetzt auch nicht mehr so stark hervor traten. Seine Augen, sein ganzes Gesicht war total errötet. Und mir kam die ganze Zeit nur ein Gedanke: Wie war diese Zeit für ihn? Wie war er damit fertig geworden? Wie hatte er sich Gefühlt als ihm das wichtigstes überhaupt weg genommen wurde? Ich konnte mir nicht vorstellen wie man mit so einem Verlust fertig werden sollte. Ryan war ein Teil von ihm gewesen – und auf einmal war er weg. Es interessierte mich wirklich, nicht aus Boshaftigkeit, sondern weil ich wissen wollte was wirklich hinter Shane stand. Wie Shane wirklich war – so wie ihn wahrscheinlich nur sein Bruder jemals gekannt hatte. Das wurde mir nun klar. Er war nicht das was er immer vorgab zu sein. Er hatte all die Jahre nur versucht seine Angst, seine schrecklichsten Befürchtungen zu überspielen. Ich konnte nicht anders. Ich wollte es wissen. Und deshalb fragte ich ihn auch. All die Fragen die mir durch den Kopf gingen. Es war wahrscheinlich wirklich unverschämt, aber ich wollte es einfach wissen. Wie fühlte sich Shane? Als erstes sah dieser mich nur seltsam an. Offensichtlich hatte er mit solchen Fragen meinerseits nicht gerechnet – wahrscheinlich weil ihn schon lange keiner mehr gefragt hatte, wie es ihm wirklich dabei ging. Jemand der es wirklich wissen wollte. Er schien mit sich zu ringen, als ich nach ihm fragte, doch schlussendlich rang er sich zu einer Antwort durch. „Eigentlich muss ich ja nicht wirklich große Töne spucken … mir geht‘s ja selbst nicht besser wie Dad. Damals ist meine Welt zusammen gebrochen. Ich war immer beliebt, stolz, charmant und arrogant. Ich wollte dazu gehören und so war ich cool und alle bewunderten mich. Vor allem entsprach ich so den Anforderungen meines Dads und seiner Gesellschaft. Ich war nicht so stark wie Ryan. Ich konnte mich nicht dagegen wehren, denn ich brauchte die Bestätigung einfach. Nach Ryans Tot hatte das alles jedoch keine Bedeutung mehr für mich. Ich war wie leer gefegt. Ich fühlte nichts mehr. Ich vergoss damals nur ein paar Tränen und diese nur in dem Moment, als ich erfuhr, dass ich ihn nie wieder sehen würde. Nicht einmal auf seiner Beerdigung vergoss ich eine einzelne Träne – da war nichts mehr, dass sich rührte. Danach war es als würde ich selbst nicht mehr existieren, als würden die ganzen Leute um mich herum verschwinden – ich nahm nichts mehr war. Alles war nur noch schwarz- weiß. Ich hörte auf zu lernen und irgendwann ging ich auch nicht mehr zur Schule. Ich war damals 18 und ging in die 1. Klasse Oberstufe, da ich 2 Jahre verpasste hatte durch ein Auslandsstudium und 1 Jahr weil ich in die Vorschule ging. Die Vorschule … eigentlich war ich dazu viel zu klug gewesen, doch mein Bruder wollte damals noch nicht in die Schule und ohne ihn wollte ich auch nicht … also ging ich mit ihm einfach mit.“, sagte er lächelnd. Doch es erstarb sogleich wieder. „Ich konnte einfach nicht mehr. Ich war ein Jahr in psychologischer Behandlung – doch auch das half nichts und mich selbst nervte es nur. Sie wollten alle verstehen was mit mir los war, wollten mich analysieren und mein Verhalten dokumentieren und mir schlaue Tipps geben … doch das konnte niemand verstehen. Niemand wusste wie ich und Ryan zueinanderstanden. Wie wichtig er für mich war. Irgendwann gingen mir die ganzen mitleidigen Blicke, Gespräche und das Getuschel so auf die Nerven, dass ich beschloss das es das Beste sein würde, wenn ich meine alte Fassade aufrecht behalten würde, genauso wie es meine ganze armselige Familie tat, und so folgte ich ihrem Beispiel und setze Tag für Tag diese Maske auf. Mein Leben wurde dadurch wieder erträglicher und die Leute fingen an mich wieder in Ruhe zu lassen. Irgendwann wurde dieses Verhalten zu meinem wirklichen Verhalten. Eigentlich war es so als wäre ich gar nicht da, als wäre das nicht ich, sondern als würde ich jemand anderen zu sehen wie er mit seinen Mitmenschen umging. Ich hatte nicht das Gefühl, dass das wirklich ich war. Nur nachts holte mich die Wirklichkeit ab und zu wieder ein und ich hatte Albträume. Ich konnte es nicht vergessen, so wie der Rest der Welt. Doch es wurde mit der Zeit immer weniger. Ich ließ mir meine Haare länger wachsen und änderte meinen Kleidungsstill radikal. Ich fing an fast nur noch schwarz zu tragen und kam zu dieser rockigen Stillrichtung. Und so zog die Zeit an mir vorbei … Ich fing an mich wieder auf die Schule zu konzentrieren. Ich übersprang gleich 4 Klassen und machte mein Abi noch im selben Jahr indem Ryan starb. Danach ging ich gleich studieren und baute nebenbei mein Unternehmen auf. Das ganze lenkte mich ab und ich konnte langsam wieder zurück in mein altes Leben gehen. Natürlich Oberflächlich betrachtet. Keiner redete mehr über Ryan, niemand wollte sich damit auseinandersetzen und somit war es fast so als hätte es ihn nie wirklich gegeben.“ Der Schwarzhaarige wirkte nun ganz ruhig, nur noch einzelne Träne verließen seine Augen. Offensichtlich hatte er sein Pensum erreicht. Trotzdem hatte ich das Gefühl, als würde er nicht wirklich von sich sprechen, sondern von jemand den er einfach nur gut kannte. „Und wieso gerade jetzt?“, fragte ich, während ich ihn immer noch fixierte. Obwohl meine Frage vollkommen zusammenhangslos klang, schien er sie zu verstehen. „Ryan und ich kamen jeden Sommer in dieses Camp. Er hatte es geliebt, seit Dad es eröffnete hatte. Doch seit 3 Jahren kommt mein Dad nur noch um die Begrüßungsrede zu halten, wie du dieses Jahr selbst mit erlebt hast – mehr schafft er einfach nicht. Hier erinnert alles so stark an Ryan. Auch ich ging seither immer nur als Kursleiter hier her – so konnte ich mich von dem ganzen distanzieren, aber dieses Jahr wollte ich das nicht mehr. Ich hatte in den letzen 3 Jahren fast nur gearbeitet, gelernt und „oberflächlich“ mein Leben gelebt. Doch es war nicht wirklich meines sondern das eines anderen. Ich wollte es ändern … Mein Leben bestand aus nichts anderem mehr und ich hatte langsam einfach das Gefühl ich würde ihn langsam vergessen. Immer mehr … Das wollte ich auf keinem Fall. Deshalb wollte ich dieses Jahr das Camp, als Camper selbst wieder erleben – auch wieder in unserer Hütte schlafen, am Frühstückstisch sitzen, den See besuchen … einfach alles. Doch schlussendlich musste ich fest stellen, dass es einfach zu viel war. Hier erinnert mich zu viel an ihn und alles kommt wieder hoch … ich kann hier nicht einfach so weitermachen – es fühlt sich an als würde ich ihn verraten …“ Er fing wieder an zu weinen. Ich wollte ihn beruhigen und in meine Arme nehmen, aber ich traute mich nicht. Stattdessen setze ich mich nun wirklich neben ihn und legte meinen Arm um ihn. „Ich würde dir gerne sagen, dass das schon wieder wird, aber es würde sich wie eine Lüge anfühlen. Ich denke nicht, dass du vergessen solltest was mit deinem Bruder passiert ist, dass verlangt auch niemand. Aber du solltest endlich los lassen und ihn gehen lassen. Er hatte sein Leben und nun bist du dran, endlich deines zu Leben – irgendwie bist du ihm das schuldig.“ Ich wusste nicht woher diese Worte kamen, doch sie schienen mir in diesem Moment einfach richtig zu sein. Doch Shane schien mir gar nicht mehr zu zu hören. Er schien wirklich weit weg zu sein, als er wieder zu sprechen begann. Ich war ihm nicht wirklich böse deshalb – ich konnte das Ganze ja auch nicht wirklich verstehen. Es wäre gelogen, wenn ich das behauptet hätte. Er hatte Recht, so etwas konnte niemand verstehen, der nicht selbst so eine Beziehung zu einem besonderen Menschen hatte „Wir waren beide so unterschiedlich und gleichzeitig passten wir so gut zueinander. Ich konnte nicht ohne ihn und er nicht ohne mich. Wie konnte er einfach gehen und mich alleine zurück lassen? Seit damals fühle ich mich so verloren und leer. Es ist als habe er einen Teil von mir mitgenommen. Es ist so unfair …“ Er lachte kurz hilflos auf. „…Aber weißt du was wirklich unfair ist? Im Prinzip habe ich jetzt sein Leben. Das Leben das ich eigentlich nicht mehr haben möchte und er wahrscheinlich gerne zu Ende leben würde. Das ist wirklich unfair. Warum musste er gehen und ich alleine hier zurück bleiben?“

Ich glaubte, dass er sich in den letzen Minuten, Stunden – keine Ahnung wie viel Zeit vergangen war – wirklich alles von der Seele redete. Alles, was er all die Jahre mit sich rumgetragen hatte. Und es war schockierend wie viel eine einzelne Seele aushalten konnte bzw. musste. Ich glaubte, ich hätte das nicht gekonnt. Ich hätte schon längst aufgegeben an seiner Stelle. Und deshalb wollte ich, dass er jetzt erst Recht nicht aufgab, dass er es schaffte, wenn er schon so lange durchhielt. Denn es klang schon beinahe so, als wäre er bereit los zu lassen – aufzugeben und zu verschwinden.

„HÖR AUF! Ich denke das ist jetzt nicht fair. Dein Bruder konnte nichts dafür – egal was alle anderen sagen, er hat sich das auch nicht auch gesucht und du solltest nicht so undankbar sein. Du solltest es viel mehr als 2te Chance ansehen – wenn schon deine Familie aus dem ganzen nichts gelernt hat, dann lern wenigstens du etwas von der Art und Weise wie Ryan gelebt hat. Wer könnte das ohnehin besser als du?“, meinte ich. Ich empfand es nicht als fair wie er das Leben als Strafe empfand und es machte mich irgendwie sauer. Klar, Ich konnte es nicht verstehen – wie auch? Ich hatte nie etwas Derartiges erlebt. Ich konnte es nicht beurteilen. Ich wusste nur das Ryan, das nicht gewollt hätte und deshalb musste ich ihm das irgendwie verklickern. Shane hingegen sah mich zweifelnd an, als er schlussendlich sagte: „Du verstehst das nicht. Was hatte ich auch erwartet.“ Ich rückte wieder ein wenig weg von ihm, bevor ich ihm wieder direkt in die Augen sah und meinte: „Ich verstehe‘s auch nicht, aber ich weiß, dass du es dir nicht leichter machst. Es ist deine Entscheidung. Du kannst es dir entweder leicht oder schwer machen – und so wie ich das jetzt sehe machst du es dir verdammt schwer. Versuch einfachmal den Blickwinkel zu ändern. Das kann manchmal Wunder bewirken. Denk mal darüber nach.“, mit diesen Worten stand ich auf, gefolgt von Shanes verklärten und verständnislosen Blick. Ich hatte genug gesagt und ich fühlte mich mehr als überfordert und zugleich auch so verdammt müde. Ich wollte nur noch ins Bett und nicht mehr darüber nach denken. Ich wollte einfach abschalten, denn mein Schädel pochte gerade. Und wie er pochte. „Ich denke für heute ist genug passiert – du siehst ziemlich erschöpft aus … Bett?“, fragte ich also. Ich hatte wirklich genug und ich fühlte mich im Moment auch richtig schwach, auch wenn ich dazu keinen Grund hatte. Shane nickte und stand ebenfalls auf. Die Tränen waren fast versiegt, jedoch konnte man noch die einzelnen Spuren zurück verfolgen. Wir sagten nichts mehr – keiner von uns. Er legte sich gleich hin, während ich noch eine ganze Weile im Bad verbrachte. Ich saß noch ewig lang drinnen und dachte über seine Worte nach, über alles was ich heute gesehen und gehört hatte. Und egal wie sehr ich versuchten mir den alten Shane vorzustellen, ich konnte es einfach nicht mehr. Er hatte sich heute für mich buchstäblich in Luft aufgelöst. Und stattdessen war dieser Schatten seiner selbst getreten. Und im nächsten Moment überfiel mich pure Verzweiflung. Ich war komplett überfordert. Wie sollte das alles nur weiter gehen? Ich konnte ihn nicht mehr mit denselben Augen wie vorher betrachten. Heute erschien er mir einfach so normal. So unglaublich verletzlich. So absolut unbeschreiblich … und diese Verzweiflung verließ mich auch den restlichen Abend nicht mehr, bis ich mich irgendwann hin legte und noch lange den Geräuschen des Campingplatz lauschte – und gleichzeitig wusste ich das es Shane nicht anders erging, auch wenn wir kein Wort mehr miteinander sprachen. Die Nacht verschluckte uns beide – mehr oder weniger …

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Heute gabs meinen Kommi ausnahmsweise am Anfang ;D Ich will auch nichts mehr dazu sagen ....

Kapitel 6 – Watch me Bleed – der Tag danach

Der nächste Morgen war höchst seltsam. Ich wachte von alleine auf. Jedes kleinste Geräusch ließ mich zusammen zucken und mein Kopf fühlte sich verdammt schwer an, als ich aufstand. Ich war normalerweise kein Frühaufsteher – im Gegenteil, doch der Kälte nach zu urteilen, die sich im Raum ausgebreitet hatte, da das Fenster über meinem Bett die ganze Nacht offen gewesen war, vermutete ich, dass es noch ziemlich früh war. Ein Blick aus dem Fenster bestätigte meinen Verdacht sogleich, da sich eine leichte graue Schicht über das Grundstück gelegt hatte – Nebel schlussfolgerte ich. Toll, dann musste es wirklich früh sein stellte ich verärgert fest. Was war nur los mit mir? Ich war doch sonst nicht so … Ich seufzte und schob es einfach auf den vorherigen Tag. Was absolut keine gute Idee war, da mir im nächsten Moment sofort Shane in den Sinn kam. Shane mit jeder Menge Tränen im Gesicht. Ich schauderte und schüttelte sofort den Kopf, in der Hoffnung das Bild los zu werden, das mich so eben überkam. Jedoch musste ich feststellen, dass es, zu meinem Bedauern, nichts brachte. Das Bild hatte sich so gut wie eingebrannt und überlagerte immer noch das Bild des großkotzigen, reichen Pinkel. Ich gähnte einmal herzhaft, als ich schon Shanes schwarzen Wuschelkopf unter der Decker hervor stechen sah. Die Nähe des schwarzhaarigen machte das Ganze auch nicht besser für mich. Er war so oder so das erste an das ich an diesem Morgen dachte, auch ohne das ich ihn sah. Eigentlich hätte ich liegen bleiben sollen, aber mir war nach frischer Luft. Obwohl davon ausreichend vorhanden war. Im Klartext sollte das eigentlich heißen, das ich nur nach einer Ausrede suchte um den Raum verlassen zu können, die besser klang, als das ich zugeben musste, das ich vor Shane flüchten wollte. Der erste Ort der mir einfiel war jedoch nicht sehr einfallsreich: Das private Badezimmer. Es war mir jedoch egal (wie immer), dass es eigentlich nicht wirklich zum Zimmer gehörte, da es ja nur eine Sonderbehandlung seitens Shanes war. Ich verkroch mich regelrecht dort und versuchte mich erstmals etwas ansehnlich zu machen. Zuvor verbrachte ich jedoch sicher noch Minuten damit, mich einfach nur zu setzen und vor mich hin zu starren und meine Hände verzweifelt in meinen Haaren zu vergraben – endlich mal ohne Perücke. Als ich jedoch zu dem Schluss kam, dass das nichts brachte und ich wirklich an die frische Luft musste, verließ ich meinen Fluchtort sogleich wieder. Ich hatte schon einen Fuß aus der Badezimmertür gesetzt, als ich ihm nächsten Augenblick schon wieder erfror. Mein Blick war auf Shane gerichtet, der ein bizarres Bild für mich abgab mit seinem zerzausten Haar, dem müden Gesichtsausdruck auf dem Gesicht und im Schneidersitz sitzend auf seinem Bett. Aber was wirkte in letzter Zeit nicht bizarr auf mich? Er war also auch schon wach. Es überraschte mich etwas, aber auf der anderen Seite hatte er wahrscheinlich noch viel schlechter geschlafen als ich. Gut, dann konnte ich mir das frische Luft schnappen auch sparen. Es würde eh nichts bringen – höchstens minimal. Ich konnte es ja verschieben. Mein Blick war derweil immer noch auf den Schwarzhaarigen gerichtet. Er sah nicht mehr ganz so fertig aus wie gestern – zu meiner Genugtuung. Erst als ich meinen Blick auf seinen Schoß senkte, fiel mir auf, dass er schwer beschäftigt zu sein schien. Er notierte irgendetwas in ein braunes, dünnes Buch, welches an dem genannten Ort platziert war. Er schien mich gar nicht zu bemerken– anfangs zumindest. Denn ich machte mich sogleich bemerkbar, als ich über meine eigenen Schuhe flog, die ich gestern achtlos vors Bad hingeschmissen hatte und denen ich vorher gekonnt ausgewichen war. Ich sah auf und meine klaren blauen Augen trafen auf ein saftiges, dunkelgrünes Paar. Ich war im ersten Moment wie erstarrt, da mir einfach so viele Bilder kamen, bevor ich schnell wieder weg sah und meine ursprüngliche Beschäftigung wieder aufnahm, die darin bestand mich wieder zu meinen Bett zu kämpfen.

„Hey.“, sagte ich etwas unsicher. Ich wusste nicht wie ich die peinliche Stille sonst überbrücken sollte. Er schreckte kurz auf und sah mich wieder durchdringend an. Was mir total unverständlich war – ihm müsste das Ganze doch sicher noch unangenehmer sein. Immerhin hatte ich ihn in seinem schwächsten Moment erwischt. Doch in seinem Blick lag nichts Derartiges. Er schien einfach nur müde und ausgepowert zu sein.

„Morgen …“, kam es von ihm. Zu meiner Verwunderung sah er immer noch nicht weg, sondern sah mich nun direkt an – wie gestern. Offensichtlich war er ziemlich fasziniert von meinen Augen. Ich glaubte es war das erste Mal in diesen 9 Tagen, dass Shane und ich uns überhaupt begrüßten morgens. Ansonsten schwiegen wir einfach oder gifteten uns gleich an. Doch das wäre jetzt einfach unpassend gewesen – dafür war wohl zu viel passiert, das wussten wir beide. Irgendwie hatte ich immer noch gehofft heute wieder den alten Shane vorzufinden und festzustellen, dass der gestrige Abend einfach nur ein dummer Traum oder Einbildung gewesen war. Alles andere – nur nicht echt. Stattdessen saß er jetzt auf seinem Bett und schrieb seelenruhig in sein Notizbuch und musterte mich immer noch.

„Was?“, meinte ich also. Er sah mich immer noch unverwandt an, bevor er unseren Blickkontakt unterbrach.

„Nichts. Ich hab nur nach gedacht.“

„Über was? Etwa darüber das ich genau so schrecklich aussehe wie du?“ Es entsprach der Wahrheit. Also warum nicht ehrlich sein? – das konnte er ruhig wissen. Ich war eben direkt. Und das war das erste was mir im Moment einfiel. Vielleicht nicht das schlauste, aber eben das erste. Er sah mich wieder an und sein Blick schien mir sagen zu wollen, dass er das selbst genauso gut wusste. Ich ging zu meinem Bett hinüber und ließ mich darauf fallen, als ich es trotzdem nochmal Laut aussprechen musste, so als wollte ich es mir selbst noch einmal bestätigen.

„Du siehst echt schrecklich aus – total fertig. Deine Augen sind total geschwollen.“ Seine Hand hielt inne beim Schreiben. Ich erkannte es daran, da der Stift nicht mehr über das Blatt kratzte, das bis vor kurzem die einzige Geräuschkulisse in diesem Raum war. Seine Augen suchten wieder meine, doch ich sah mit Absicht zur Decke, da ich ja auf meinem Bett lag. Als keine Antwort kam, setze ich mich wieder auf. Er hatte sich immer noch nicht bewegt. Stattdessen hatte er eine seiner geschwungen Augenbrauen gehoben – so wie ich es von ihm kannte. Jedoch musste ich feststellen, dass es nun kein wenig arrogant wirkte – ganz im Gegenteil. Er wirkte total normal im Gegensatz zu sonst. Er schien sich doch zu einer kurzen Rückmeldung durch zu ringen.

„Was du nicht sagst … Ich konnte auch kaum schlafen.“ Ach ne … hätte ich echt nicht gedacht! Aber gut, das erklärte natürlich alles. Obwohl ich mir das so oder so gedacht hatte. Ich zwang ihn ja nicht zum Reden. Aber so schnell gab ich nicht auf.

„Willst du heute wirklich in den Unterricht? Ich meine SO? Jeder wird merken, dass was vorgefallen sein muss.“, war mein nächster Kommentar. Ich hatte nicht vor weiter so zu tun, als wäre er Luft, auch wenn es seltsam war. Aber an diesem Morgen war auch gar nichts Normales. Also musste ich auch kein schlechtes Gewissen haben. Er hatte seine Arbeit wieder aufgenommen und schrieb weiter drauf los, als er bei meinen Worten wieder erstarrte und mich darauf überrascht an sah – offensichtlich hatte er daran noch gar nicht gedacht. Irgendwie war seine Reaktion verlangsamt … oder bildete ich mir das bloß ein? Oder wusste er etwa genau so wenig wie ich, wie er nun mit mir umgehen sollte? Das schien mir wahrscheinlicher. Er seufzte schlussendlich.

„Ich denke ich hab keine andere Wahl“, meinte er mit angestrengter Miene. „Auch wen‘s mir anders lieber wäre … Wie spät haben wir überhaupt?“, fügte er noch hinzu.

„Äh ..“, war meine geistreich Antwort, als ich schnell nach meinem Handy griff. Das war durchaus eine gute Frage. Außerdem war ich froh so eine Beschäftigung zu bekommen. „Es ist halb 7. Also haben wir noch 2 ½ Stunden.“

„Okay…“, kam es nur von ihm und er senkte sogleich wieder seinen Blick und konzentrierte sich wieder auf seine Notizen. Was er wohl gerade aufschrieb? Einen Brief vielleicht? Ich musste schon zugeben, dass ich ein wenig neugierig war. Doch ich kam zu dem Schluss, dass es mich nichts anging. Stattdessen konzentrierte ich mich wieder auf das vorherige Thema. Ich hatte nicht vor, es so einfach fallen zu lassen.

„Willst du es dir nicht noch einmal überlegen?“, sagte ich also sofort. Ich war der Meinung es wäre besser für ihn, wenn er heute nicht zum Unterricht ging. Ich wollte ihm das einfach ersparen, die neugierigen und fragenden Blicke – den so würde der Tag zu 100% ausgehen.

„Ich denke es wäre besser für dich – zumindest heute.“, fügte ich noch hinzu, als er nicht reagierte. Im nächsten Moment legte er sein Buch auch schon weg. Offensichtlich hatte er eingesehen, dass es keinen Sinn hatte weiter zu schreiben, während ich noch im selben Raum saß. Vor allem würde ich ihn fürs erste nicht in Ruhe lassen und er sollte dafür wenigstens so tun, als würde er nicht probieren, so zu tun als wäre ich gar nicht da. Er seufzte zum 2ten Mal.

„Du gibst nicht auf, was? Was sollte ich den deiner Meinung nach tun? Ich kann nicht einfach so dir nichts mir nichts sagen, dass ich heute nicht komme – nur weil es mir gerade in den Kram passen würde. Ich habe Verantwortung. Mein Onkel würde das sowie so nicht gelten lassen und von Susi muss ich gar nicht erst anfangen – die ist in dem Punkt noch viel strenger. Sie würden es beide nicht erlauben – höchstens wenn ich schwer krank im Bett liegen würde und das wäre höchst seltsam nachdem ich gestern noch so fit war.“, belehrte er mich. Ich zuckte nur mit den Schultern.

„Na und? Verantwortung hin oder her – manchmal muss man eben ein wenig egoistisch sein.“, entgegnete ich.

„Das kann ich vergessen.“, seufzte er erneut. Er fing an sich seine Schläfen zu massieren. Für meinen Geschmack verwarf er die Idee zu schnell.

„Okey, wenn du es nicht versuchen willst, dann lass es wenigsten mich für dich probieren.“

„Und wie willst du das schaffen?“, fragt er skeptisch, aber auch zugleich überrascht. Ich war ja selbst von mir überrascht – auch wenn ich noch nicht wusste wie ich das regeln sollte.

„Ich werde zu Susi gehen und ihr irgendetwas erzählen, warum du heute nicht kannst. Keine Ahnung ich lass mir was einfallen. Von mir aus sag ich ihr, dass wir den Unterricht am Sonntag nach holen. Ich denke da hätte dann niemand was dagegen. Was meinst du? Das klingt doch viel versprechend.“ Ich konnte selbst kaum glauben was ich da gerade sagte, aber es war mein voller Ernst. Es würde Shane gut tun und wenn ich ihm so ein wenig helfen konnte – warum nicht? Es würde mich schließlich nicht umbringen. Außerdem brauchte ich selbst ein wenig Zeit für mich.

„Tu was du nicht lassen kannst.“, meinte Shane schlussendlich immer noch kritisch. Er verzog seine Miene jedoch kein bisschen. Mir fiel jedoch noch etwas ein, das ich vorher schon tun wollte.

„Ach ja, hier hast du noch eine Schlaftablette – für den Fall das du deinen Schlaf nachholen möchtest.“, sagte ich im nächsten Moment und kramte die Tabletten aus dem Seitenfach meiner Reisetasche heraus. „Ich denke es würde dir ziemlich gut tun.“, fügte ich hinzu. Seine Augenbraue wanderte wieder nach oben, offensichtlich überrascht über meinen Vorschlag und meiner netten Art. Ja, schau mich nicht so an, als wäre ich nicht mehr ganz dicht, Shane. Ich versteh’s ja selber nicht. Genieß einfach den Moment, solange ich mich noch so verhalte.

„Von was du nicht allem überzeugt bist, was mir gut tun würde – echt unglaublich. Aber gut, ich denke die kann ich wirklich gut gebrauchen. Auch wenn ich mich wundere warum du so etwas dabei hast?“, antwortete er schlussendlich mit zusammen gezogen Augenbrauen, nahm die Tabletten jedoch an. Ich zuckte kurz zusammen. Autsch, das wollte ich eigentlich nicht damit bezwecken. Ich entgegnete also etwas unsicher.

„Na ja, ich konnte eine Zeit lang nicht ohne diese Dinger schlafen. Ich hab sie meiner Mutter damals geklaut. Mein Dad und sie lassen sich scheiden und ja … das letzte Jahr war hart für mich – seitdem hab ich immer welche dabei, da ich öfters Albträume habe und schwer wieder einschlafen kann.“ Shane nickte nur kurz, erwiderte darauf jedoch nichts außer ein „Tut mir wirklich leid für dich.“ Ich wusste jedoch, dass das nichts gegen seine eigenen Albträume war. Also wollte ich schnell wieder das Thema wechseln. Ich beschloss mich also auf mein Vorhaben zu konzentrieren.

„Überlass das wegen heute beruhigt mir – ich regele das.“, meinte ich wirklich überzeugt und sprang gleich auf, um Richtung Tür zu laufen. Wieso nicht jetzt gleich los gehen? Umso schneller die Sache geregelt war, umso schneller war ich hier raus und konnte frische Luft schnappen gehen. Wenn das Ganze überhaupt irgendwie klappen würde … Shane folgte meinen Schritten mit seinem Blick, hielt mich jedoch auf, bevor ich dir Tür öffnen konnte und raus stürmte.

„Joelle?“, sagte er etwas leise. Es war eigentlich mehr ein Flüstern und im ersten Moment dachte ich schon ich hätte es mir nur eingebildet. Ich drehte mich trotzdem noch einmal zu ihm um, um mich zu vergewissern, dass er überhaupt etwas gesagt hatte.

„Hast du was gesagt?“, fragte ich mit einem fragenden Blick. Es kam sogleich ein ehrliches „Danke.“ von ihm. Ich lächelte und nickte nur kurz, bevor ich die Tür passierte und sie gleich wieder hinter mir schloss. Dann rannte ich sofort los um schnellstmöglich bei Susi vorbei zu schauen. Ich hatte es nicht wirklich eilig, ich wollte einfach nur meine überschüssige Energie los werden – die mich plötzlich überkam – und die Luft wieder einmal tief in meinen Lungen brennen spüren.
 

Ich war ziemlich schnell vor der Infohütte angelangt und musste zu meiner Beruhigung auch feststellen, dass sie auch schon geöffnet hatte. Ich hätte nämlich keine Lust gehabt, die ganze Angelegenheit auf später zu verschieben. Außerdem war ich froh, Shanes Nähe für ein paar Minuten zu entkommen. Die letzen 24 h waren doch etwas zu viel für mich – nicht dass ich mir das freiwillig ausgesucht hatte. Es hatte sich eben so ergeben – natürlich ungewollt. Auf meinem Weg hierher war ich sogar Nate schon begegnet, der gerade auf dem Weg zum Frühstück war und mich gleich aufhielt. Er war ausnahmsweise einmal ohne Begleitung. Die Tatsache überraschte mich etwas. Vor allem der Grund warum er mich überhaupt aufhielt.

„Joelle!? Hey, wo warst du gestern plötzlich? Ich hab mir voll die Sorgen gemacht, weil Adi meinte du würdest nur schnell dein Handy holen, dass du vergessen hast und sofort wieder kommen. Doch du warst wie vom Erdboden verschwunden. Wo warst du denn bitte? Ich hatte deswegen noch voll den Stress mit Shana.“, warf er mir gleich verärgert entgegen.

„Sorry, ich erklär‘s dir später. Ich hab gerade keine Zeit. Viel Spaß noch – bei was auch immer.“, meinte ich nur und rannte an ihm vorbei. Er rief mir noch ein verärgertes „Hey .. Joelle! … warte … was soll das?“ entgegen, bevor er mit einem Kopfschütteln weiter seines Weges ging, als ich schon lange aus seinem Blickfeld verschwunden war. Tut mir Leid, Nate, aber heute musstest auch du ein Mal warten. Ich stürmte sogleich, vollkommen außer Atem, durch die hölzerne Tür. Die dunkelhaarige Empfangsdame sah mich natürlich gleich verwundert an und verharrte in ihrer Bewegung. So frühen Besuch war sie wahrscheinlich nicht gewohnt. Verständlich eigentlich. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass noch jemand um diese Uhrzeit mit einem Anliegen zu ihr kam.

„Äh .. hallo.“, meinte sie somit etwas verwundert. „Wie kann ich dir so früh am Morgen helfen? Ähm ..?“, fügte sie sogleich noch hinzu. Offensichtlich war ihr mein Name entfallen.

„Joelle – Ich bin die Zimmergenossin von Shane.“, antwortet ich sogleich. Sie nickte nur kurz.

„Ja, du warst die mit dem falschen Geschlecht – also auf dem Papier versteht sich.“

„Ja genau.“

„Also wie kann ich dir helfen? Muss ja ziemlich dringend sein..“, mutmaßte sie sogleich und sah mich immer noch unverwandt an. Doch ihr Blick war auch mit offener Neugierde gepaart. Okay, jetzt lass dir nur nichts anmerken. Du machst das schon. Lass dir einfach etwas einfallen – so wie Nate es bei unserer Ankunft tat! Genau so unbekümmert, ideenreich und vor allem überzeugend!

„Na ja, also es ist so …“, fing ich etwas unsicher an.

„Ja?“, erwiderte sie.

„Also .. Shane geht es nicht so gut. Es begann letzte Nacht. Er fing einfach an herum zu kotzen und jetzt hat er kaum geschlafen. Es geht ihm immer noch nicht besser. Er hat auch heute schon wieder 2-mal gekotzt und ja … jetzt wollte ich fragen, ob wir seinen Unterricht nicht ausfallen lassen können? Nur für heute. Wir würden ihn auch am Sonntag wieder einholen. Das wäre sicher kein Problem.“, sagte ich total schnell. Ein Wunder das sie mich überhaupt verstand. Ich redete einfach darauf los und dichtete mir irgendetwas zusammen. Ich hatte keine Ahnung ob es nicht zu übertrieben war. Die Braunhaarige sagte erst mal nichts und sah mich einfach nur skeptisch an. Mir fiel dabei auch auf, dass sie ihre Augenbrauen auf dieselbe Weise hob wie Shane. Sie schien ziemlich misstrauisch und dachte offensichtlich über meine Worte nach und schien abzuwägen wie viel der Wahrheit entsprach. Offensichtlich hatte ich doch übertrieben. Ich fing langsam an zu Zweifeln. Es dauerte auch bis sie mir eine Antwort gab.

„Shane? … krank? Nachdem er gestern … so munter war? Er hat noch mit mir den heutigen Tag durch geplant und dort wirkte er kein bisschen krank – im Gegenteil.“, sagte sie zögerlich zu mir. „Außerdem ist es nicht Shanes Art, jemand anderen zu schicken, um mir das mit zu teilen.“ Sie sah mich darauf direkt an, während ich peinlich berührt zur Seite schaute.

„Ähm ja …“, stotterte ich vor mich hin. „Tja … wie? .. Ähm.“

Sie hatte mich ganz klar bei meiner Lüge erwischt. Sie kannte ihn offensichtlich schon länger wie ich und auch um einiges besser. Verdammt. Das hatte mir der feine Herr natürlich wieder verschwiegen. Er hätte mich auch vorwarnen können!

„Okay…“, erwiderte ich. Ich beschloss, dass es besser sein würde mit der Wahrheit raus zu rücken – zumindest mit einem Teil. Ich musste ihr ja nicht gleich alles brüh warm servieren.

„Das war vielleicht ein wenig übertrieben. Er hat nicht gekotzt. Aber es geht ihm wirklich schlecht – nicht körperlich aber so eben. Er … hat seine Gründe, private Gründe. Ich bitte Sie deshalb inständig. Können Sie nicht einmal eine Ausnahme machen? Es würde ihm einiges ersparen, wenn er sich heute Ausruhen könnte.“, sagte ich flehend. Ich wollte eigentlich nicht so verzweifelt klingen. Doch immerhin schien es zu funktionieren. Sie sah mich immer noch skeptisch an, seufzte jedoch einen Augenblick später und sagte sogleich: „Na gut. Du scheinst es ehrlich zu meinen. Aber das ist wirklich nur eine Ausnahme!“

Sie legte den Papierstapel, den sie immer noch in der Hand hielt, auf die Seite und sagte dann noch: „Ich geh gleich mal zu ihm rüber und schau ob ich ihm irgendwie helfen kann.“

„NEIN!“, schrie ich so gleich.

„Was?“, sie sah mich verständnislos an.

„Ähm – überlassen sie das mir. Ich werde mich um ihn kümmern.“, erwiderte ich sogleich. Ich wollte nicht dass ihn irgendjemand so sah und ich war mir sicher, dass Shane das ebenfalls nicht wollte.

„Okay?“, meinte Susi skeptisch.

„Es ist alles in Ordnung.“, beruhigte ich sie sofort. Ich hielt es für das Beste. Außerdem war es ja nicht so eine große Sache. „Ich mach das schon. Sie haben sicher genug zu tun“, erwiderte ich überzeugend. Sie sah mich immer noch etwas verwirrt an, schien aber zu dem Entschluss zu kommen, dass ich überzeugend genug war oder einfach verrückt genug.

„Na gut, aber Shane wird mir einiges zu erklären haben.“, sagte sie dann.

„Wie sie meinen.“

„Also ich werde mich darum kümmern, dass die Musikcamper die heute Schlagzeug- und Gitarrenunterricht hätten, darüber informiert werden, dass dieser heute ausfällt und dafür sonntags nachgeholt wird.“, sagte sie wieder ganz sachlich.

„Danke.“, entgegnete ich und wollte schon wieder auf dem Absatz kehrt machen, da die Sache damit geregelt war, als Susi mir zu rief.

„Warte. Wo willst du so schnell hin?“, meinte sie fragend.

„Ich möchte noch schnell zum Frühstücksbuffet und Shane was zu essen holen. Er soll ja nicht verhungern.“, erklärte ich mich sofort. Das war ausnahmsweise nicht gelogen und entsprach meinem wirklichen Vorhaben. Susi blinzelte daraufhin, fing dann jedoch an zu lächeln.

„Ach so, na wenn das so ist – hier.“ Sie hielt mir einen Papiersack hin, der zuvor hinter ihr am Empfang stand.

„Was ist das?“, fragte ich skeptisch.

„Mein Frühstück. Ich bin noch nicht dazu gekommen es zu essen, aber na ja ich kann mir nach her nochmal was holen. Es sind lauter Sachen die Shane gerne isst. Wir haben in dem Punkt den gleichen Geschmack“, antworte sie mir lächelnd. Okay, offensichtlich kannte sie ihn wirklich gut. Ich wollte mir gar nicht genau vorstellen warum und woher. Immerhin war das ihre Sache. Ich nickte jedoch kurz und rannte nun wirklich aus der Hütte und zurück zu Shane – natürlich verabschiedete ich mich noch ordnungsgemäß von ihr. Dieser Morgen war so was von verwirrend, aber ich war froh, dass ich nun frei hatte und später Zeit haben würde um meine Gedanken wieder klar zu ordnen. Doch erst mal wollte ich Shane sein Frühstück bringen. Das hatte oberste Priorität. Vor der Hütte Nr. 66 blieb ich jedoch erst mal stehen. Irgendwie überkam mich wieder die Verzweiflung von gestern Abend. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals – den mir wurde soeben klar, dass ich irgendwie erwartete ihn wieder so vor zu finden wie am Abend zuvor. Doch ich wusste nicht wie ich bei einem eventuellen 2ten Mal reagieren würde. Gestern hatte mir ehrlich gesagt gereicht – meine Gedanken wurden schon genug auf den Kopf gestellt. Es genügte vollkommen so wie es jetzt war. Meine Hand lag bereits auf dem verrosteten Türgriff und ich atmete einmal tief durch, bevor ich sie vorsichtig öffnete. Doch meine Befürchtung bewahrheitete sich zum Glück nicht, denn als ich rein kam, lag Shane in seinem Bett und schlief tief und fest. Auf dem kleinen Nachtkästchen neben seinem Bett, konnte ich ein leeres Glas sowie meine Tabletten – offensichtlich hatte er sie zu sich genommen – ausmachen. Der Junge hatte ja echt Vertrauen in mich. Was wenn ich das ganze jetzt nicht geschafft hätte und er würde hier schlafen wie ein Bär? Na ja, er musste es ja selbst wissen, aber irgendwie ehrte mich sein Verhalten auch ein wenig. Aber wirklich nur ein ganz kleines bisschen. Ich stellte den Sack mit dem Essen so leise wie möglich daneben ab und suchte mit meinem Blick das Zimmer nach meine Block und meinem schwarzen Stift ab. Ich fand die genannten Sachen sogleich auf dem Boden neben meinem Bett und schrieb in meiner schwungvollen Handschrift auf einen leeren Zettel folgende Worte hinauf:
 

Hey Schlafmütze – hier ist was zu Essen für den Fall, dass dich der große Hunger plagen sollte, wenn du aufwachst. Ich hab‘s übrigens geschafft. Manchmal lohnt es sich eben doch nicht gleich aufzugeben… Jedenfalls wird der Unterricht sonntags nach geholt, also tank deine Reserven auf und genieß deinen freien Tag.

Joelle

PS: Morgen geht’s ja auch schon weiter … also untersteh dich heute zu arbeiten! Weder für das Camp noch für deine Firma, klar?

Ich fand, dass das meine Worte alles ziemlich gut auf den Punkt brachten. Und es klang auch ganz gut – nicht übermäßig freundlich, aber auch nicht außergewöhnlich böse. Es passte einfach. Ich legte den Zettel sogleich zusammengefaltet unter den braunen Papiersack. Ich war eindeutig zufrieden mit mir. Ich hatte jetzt alles erledigt, also konnte ich nun ebenfalls in meinen freien Tag starten. Ich beschloss, dass ich erst mal wieder einen freien Kopf bekommen wollte. Und was gab es da schöneres, als sich an den See zu chillen und ein wenig Musik zu produzieren? Oder eine Runde joggen zu gehen? Also zog ich mir schnell eine Jogging Hose an und ein eher weiteres schwarzes Shirt sowie einen Nietengurt (fragt mich nicht wieso, es sieht einfach stylischer aus), schulterte meine Six-String und beschloss erst mal eine Runde zum See oder in den Wald zu laufen, um einen geeigneten Platz für mein Vorhaben zu finden. Irgendwo wo ich allein sein konnte … und dieses Vorhaben setzte ich auch gleich in die Tat um.
 

Ich verbrachte den ganzen Tag alleine am See – zumindest am Morgen. Am Nachmittag kamen zahlreiche andere Camper um sich ebenfalls an dem klaren Wasser zu erfreuen – was die jedoch hier machten um diese Uhrzeit wo normalerweise Unterricht war, wollte ich gar nicht wissen, denn es waren bei Gott nicht alle vom Musikzweig. Ich ging auch nicht zu Alice oder Nevio, obwohl die beiden auch frei hatten. Aber ich dachte mir, dass sie sicher ihre Zweisamkeit genießen wollten, wenn der gestrige Abend überhaupt so gelaufen war, wie Alice es geplant hatte. Obwohl Alice ja nur den halben Tag frei haben würde – also nur morgens, da sie nachmittags ja Geigen-Unterricht hatte. Die Blondine hatte auch schon ein paar Mal versucht mich zu erreichen, jedoch hatte ich keine Lust zurück zu rufen. Ich hatte im Moment genug eigene Probleme mit denen ich mich auseinandersetzen musste. Da konnte ich ausnahmsweise Mal auf ihren Wortschwall verzichten. Shane ging mir natürlich nicht mehr aus dem Kopf und ich konnte einfach nicht glauben, dass er so ein guter Schauspieler sein sollte. Immerhin musste er das ja sein, wenn es in ihm eigentlich ganz anders aussah, oder? Seinen Erzählungen nach war der Schwarzhaarige eher so wie er sich mir Gestern gezeigt hatte. Wie konnte das also niemand durch schauen? Wie konnten die Leute das bloß ignorieren und gar nicht beachten? Wollten sie nicht oder konnten sie wirklich nicht? Wie konnte Shane überhaupt das ganze einfach nur verdrängen? Immerhin waren ihm sein Erinnerungen an seinen verstorbenen Bruder das teuerste. Auch wenn das irgendwie krank war. Auf der einen Seite verdrängen und auf der anderen nicht los lassen wollen. Na ja, eigentlich hat er nur so gehandelt wie er es eben von seiner Familie kannte. Weg sehen und alles überspielen – so tun als wäre alles in Ordnung, zum Alltag zurück kehren. Wie hätte er eigentlich auch anders handeln können? Er kannte es nicht anders … und dann wurde er auch noch in ein Internat abgeschoben. Das musste schrecklich sein. So etwas verdrängte man wohl wirklich liebend gern. In der härtesten Zeit seines Lebens einfach abgeschoben zu werden ohne jegliche Hilfe und Halt. Was waren das für Eltern, die ihr eigenes Kind weg schickten, weil sie seine Nähe nicht ertrugen? Ich meine, meine Eltern hatten auch genug zu tun im letzen Jahr und trotzdem hat Dad versucht mir Mut zu machen und mich auf zu bauen – für mich da zu sein, so gut es eben ging. Die gegenteilige Vorstellung verstörte mich vollkommend und ich flüchtete mich mehr und mehr in den Gedanken, dass für Shane die Einsamkeit nichts Neues war. Er war es ja von klein auf gewohnt. Die Stille tat mir persönlich ganz gut, nach dem ganzen Lärm. Zwischenzeitlich war ich auch ein Mal in die Hütte 66 zurück gekehrt um nach Shane zu sehen, der jedoch immer noch ruhig schlief und so friedlich aussah nach den ganzen Strapazen der letzen Nacht. Das war jedoch eigentlich nicht der Hauptgrund warum ich zurück kehrte, sondern eigentlich wollte ich nur meine Six-String wieder sicher verstauen, da ich noch eine Runde um den See joggen wollte. Dabei konnte ich schon immer gut nach denken. Während mir die Musik in den frühen Morgenstunden ein treuer Begleiter war, der Balsam auf meine Seele legte, so war der Sport der Ausgleich dazu, der mir Power gab und meinen Körper und Geist gleichzeitig forderte. Da es mir gegen Nachmittag sowieso zu voll werden würde, empfand ich die Idee als ziemlich clever. Jedoch wurde es mir auch beim Laufen um den See zu eng und so suchte ich nach einem Ort, an dem niemand sein würde. Ich entschloss mich also, das Musikgelände aufzusuchen, da dort bestimmt niemand sein würde, wenn kein Unterricht stattfand. Vor allem versuchte ich bekannten Gesichtern so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen – was gar nicht so leicht war. 3-mal wäre ich beinahe mit Alice zusammen gestoßen. Irgendwie tat sie mir schon fast Leid, da sie mich wirklich verzweifelt zu suchen schien. Ich wusste ja das es nicht fair war, ihr nicht auf ihre ganzen SMS und Anrufe zu antworten, doch ich hätte nicht gewusst was ich sagen hätte sollen – mir hätten einfach die Worte gefehlt und vor allem die Erklärungen. Auch wenn ich ihr jetzt erst Recht welche abliefern musste, aber ich hatte ja noch Zeit mir etwas zu überlegen. Ich würde auch nicht auf das heutige Abendessen gehen, das unmittelbar mit dem „Sing-Star-Abend“ verbunden war, der heute auf dem „Wir-haben-gemeinsam-Spaß“ Gruppenplan stand. Mir war einfach nicht nach Spaß und Lachen zumute.

Ich machte mich also vollkommen ausgepowert vom joggen auf den Weg zu dem besagten Musikraum, um kurz vor meinem Ziel inne zu halten, da ich plötzlich jemanden Klavier spielen hörte. Stimmt ja, die boten hier auch Klavierunterricht an. Jedoch fand ich es seltsam, dass dieser jetzt stattfinden sollte. Mein Gedanke jedoch, dass ich rund um das Musikareal meine Ruhe haben würde, bewahrheitete sich ansonsten. Es war totenstill, bis auf diese leise, aber feine Melodie, die ich war nahm. Ich mochte den Klang vom Klavier eigentlich nicht, obwohl ich es selbst auch perfekt spielen konnte. Meine Mom hatte mich früh zum Klavier spielen gezwungen. Es war das erste Instrument, das ich beherrschte und auch lernte. Ich war davon jedoch nie begeistert, da ich es einfach immer mit meiner Mom identifizierte und ich nie so sein wollte wie sie. Das war auch einer der Gründe warum ich mit dem Schlagzeug anfing – sie hasste diesen ‚Krach‘ wie sie es so schön bezeichnete. Doch diese Melodie war wunderschön. Sie war so gefühlvoll und gleichzeitig verdammt traurig. Sie zog mich sofort in ihren Bann und ich beschloss kurzerhand dem musikalischen Klang zu folgen. Ich landete schlussendlich, um so lauter die Melodie wurde, eh vor der Musikhütte, die ich eigentlich angepeilt hatte – nämlich den Schlagzeug-Raum. Na ja fast, den die Musik kam aus der Hütte daneben. Die Nachbarshütte aus der die Melodie erklang, war jedoch um einiges eleganter als mein Unterrichtsraum. Ich musste auch feststellen, dass sie zum größten Teil aus Glas bestand und hinten mit noch mehr Glas ausgearbeitet war. Ich glaubte mich daran erinnern zu können, dass sie zum privat Eigentum des Camps gehörte. Das bedeutete, dass niemand außer den Kursleitern sowie dem restliche Personal diese Hütte betreten durfte.

Plötzlich fügte sich zu dieser atemberaubenden Melodie auch noch eine Stimme, die dazu sang. Die Stimme passte sich perfekt an die Melodie an und zusammen ergab es ein stimmiges und traumhaftes Werk für meine Ohren ab. Die Stimme war einfach gänsehautmäßig – genau so gefühlvoll wie die Melodie. Somit wunderte ich mich nicht wirklich, dass ich wirklich Gänsehaut bekam – was bei mir normalerweise eher schwer zu erreichen war. Ich näherte mich also der Hütte, von der Neugierde getrieben. Wer auch immer dort sang und spielte machte seinen Job richtig gut. Ich konnte zwar nicht verstehen, von was diese Person sang, doch ich würde es gleich wissen. Ich hatte nämlich kurzerhand beschlossen, „einzubrechen“. Ich spürte schon einen leichten Anflug von Eifersucht, da es mir nie so leicht fiel meine Songs so wundervoll klingen zu lassen, als ich merkte, dass die Tür der Hütte nicht ganz zu war – so zu sagen nur angelehnt. Deshalb konnte ich den Song wahrscheinlich auch so gut hören. Ich ging somit hin und öffnete die hölzerne Tür einen Spaltbreit, konnte jedoch nichts weiter erkenne. Ich hoffte, dass die Türe nicht quietschen würde und ich hatte Glück – sie tat es auch nicht. Immerhin kam das bei so alten Türen schon mal vor. Ich schlich mich leise in den dunklen Raum hinein um wenige Augenblicke später endlich einen Blick auf die Person zu erhaschen, die einen solch tollen Song herzauberte. Zu meiner Überraschung saß dort kein geringeren als Shane Villa am Klavier und spielte genießerisch vor sich her. Seine Hände schienen wie magisch über die Tasten zu gleiten und seine ganze Haltung wirkte total entspannt. Er hatte seine Augen geschlossen, während er vor sich hin sang. Seine ganze Haltung war wieder so stolz und anmutig wie ich ihn eigentlich kannte, obwohl sein Song von einer ganz anderen Welt erzählte. Und ich konnte nicht verhindern, dass mich der Neid schamlos überfiel.
 

„…The silence keeps it easy – keeps you safe for the moment,

as you’re walking away. Your footsteps get louder.

All you needed was time but now time will destroy us…”

Ich konnte einfach nicht anders, als mich mit Vorsicht an die Wand zu lehnen – immerhin wollte ich noch länger in den Genuss dieses Songs kommen. Außerdem wollte ich Shane nicht stören. Er hätte dann sicher sofort aufgehört. Ich lauschte also einfach still und heimlich weiter. Ich beobachtete all seine Bewegungen, Gefühle und Regungen, die über sein Gesicht huschten, während er so vor sich hin spielte und sang. Ich hatte ihn noch nie singen gehört. Ich wusste nicht mal, dass er annähernd eine so kraftvolle Stimme hatte. Geschweige denn, dass er so gut Musik machen konnte. Und ich hatte auch selten so viele Gefühlsregungen bei ihm wahrgenommen.

„… It will all be over and here we are.

We’re stuck inside this salted earth together.

You’ll pierce my lungs – My limbs go numb as my colors fade out…

… You watch me bleed, you watch me bleed…”


 

Vor allem der Refrain war vollkommen. Ich hatte selten ein so atemberaubendes und stimmiges Bild vor mir gesehen. Ich schloss meine Augen und konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Ich wusste, dass Musik der beste Träger war, um Gefühle zum Ausdruck zu bringen, aber ich hatte es noch nie auf dieser Ebene geschafft, wie Shane es gerade tat. Er war eben wirklich in allen Bereichen, die er beherrschte ein Genie – wie Alice eben vor ein paar Tagen sagte. Das musste ich voller Neid zugeben.
 

„I gave you everything but die with a smile.

All you wanted was to live for a while – You took everything but it left you empty.

You can’t replace me, you can’t …

It’s almost over and here we are …”


 

Er fing an zum finale Part über zu gehen wie ich bemerkte. Er sah auch kein einziges Mal herüber. Er schien mich wirklich nicht bemerkt zu haben – war zu vertieft in seine Musik. Er sah nur ab und zu auf, um nach draußen zu sehen während er weiter spielte oder um manchmal ein Notenblatt umzudrehen, dass er vor sich hatte. Dieses Gefühl, das ich bei seiner Musik empfand, war unbeschreiblich! Ich war wie in einem Gefühlsrausch und zum ersten Mal hatte ich auch das Gefühl, den wirklichen Shane vor mir zu haben. So vollkommen wie er war. Irgendwie hatte er so fast etwas Göttliches an sich. Für einen kurzen Moment konnte ich sogar wirklich nach voll ziehen warum er so eine magische Ausstrahlung auf Mädchen ausübte – warum er so heiß umschwärmt war. Warum sich alle immer wie die Motten um ihn scharrten. Er strahlte so vor Energie. Ich hätte ihm noch Stunden zu hören können, doch jeder Song endete irgendwann. So auch dieser.
 

„It will all be over and here we are – We’ll die inside this salted earth together.

You’ll pierce my lungs – My limbs go numb as my colors fade out.

You watch me bleed, you watch me bleed,

you watch me bleed, you watch me bleed,

you watch me bleed – Watch me bleed!”


 

Mit dieser gesungen Zeile kam Shane zu Ende und auch die Melodie verstummt mit ein paar ruhigen Abschlussklängen. Ich verspürte schon fast Enttäuschung, als ich meine Augen wieder öffnete. Doch ich hatte mich schnell wieder gefangen. Immerhin war ich darin wirklich gut. Shane hatte mich immerhin noch nicht bemerkt und somit beschloss ich mich nicht einfach so aus dem Staub zu machen. Solch eine Leistung erforderte Gehör. Also ging ich auf ihn zu und fing an zu klatschen. Das war immerhin das mindeste was ich tun konnte für diese Vorstellung.

„Das war echt … wunderschön“, ich wusste nicht wie ich es besser beschreiben konnte, auch wenn es mir schwer fiel ihm DAS offen zu sagen. Ich dachte ich sei ein Meister im Gitarre spielen gewesen in seinem Unterricht. Doch gegen ihn war ich Durchschnitt.

„Ich wusste gar nicht, das du so gute Musik machst.“, fügte ich noch hinzu. Shane erstarrte sogleich, als er meine Stimme wahrnahm. Er schien noch in Gedanken gewesen zu sein. Er drehte sich dann jedoch überrascht und anfangs schockiert um – doch als er erkannte das ich es war, ließ er seine verkrampfte Haltung schnell wieder fallen. Er seufzte jedoch so gleich auf.

„Was machst du hier? Verfolgst du mich schon?“, meinte er beinahe scherzhaft. Er schien mir aber nicht wirklich böse zu sein, dass ich ihn belauscht hatte.

„Tzz, ich doch nicht. Das würde ich nicht wagen. Ich bin nur zufällig vorbei gekommen und hab dich spielen gehört – da wurde ich eben neugierig. Die besseres Frage ist doch eher, was machst du hier?“, war meine Antwort auf seinen vorherigen Kommentar.

„Mir ist buchstäblich die Decke auf den Kopf geflogen, als ich eine Weile wieder wach war. Also beschloss ich hier her zu kommen, um eine Melodie zu komponieren für meinen Song den ich heute Morgen geschrieben hab. Eigentlich sollte ihn jedoch niemand hören. Schon gar nicht du!“, versuchte er sich zu erklären. Ich sah ihn überrascht an. Das hatte er also heute Morgen so eifrig in dieses braune Buch geschrieben. Indem fall so eine Art Song- und Notenbuch. Respekt. Er hatte es echt voll drauf. Vor allem seine Komposition – das war ja nicht wirklich leicht. Ich sprach aus Erfahrung, denn Ich brauchte für so was z.B. immer ewig. Ich verblasste soeben weiter vor Neid und das konnte ich auch schwer verbergen. Wieso war der Typ auch so ein schamloses Genie?

„Du hast den Song heute Morgen geschrieben? Wow, und jetzt ist er schon so gut.“

„Ja, mir ging viel durch den Kopf, aber danke für dein Kompliment.“, war Shanes kurze Rückmeldung. Wenn er meinen Neid raus gehört hatte, so ließ er es sich nicht anmerken. Ich denke solche Reaktionen war er generell gewohnt – als Genie mein ich.

„Der Song ist wirklich gut. Ich hab‘s genossen und das heißt was! Ich kann Klavier nämlich gar nicht ausstehen normalerweise, aber dein Song … er war … atemberaubend.“, meinte ich sogleich etwas gedämpft. Ich hatte das Lob wirklich ernst gemeint, also sollte er es gefälligst zu schätzen wissen. Shane jedoch lachte nur kurz auf. Ich sah ihn verdattert an. Macht er sich gerade lustig über mich?

„Na dann sollte ich mich wohl wirklich geehrt fühlen. Also: Herzlichen Dank.“ Ich ignorierte diesen leicht sarkastischen Kommentar, obwohl er immer noch grinste – und somit konnte ich ihm fast nicht böse sein und fragte stattdessen.

„ Darf ich fragen wie du ihn genannt hast?“

„Watch me bleed.“, kam es sogleich von ihm. Watch me bleed. Es klang grausam, jedoch auf seine Situation mehr als passend. Vor allem auf den gestrigen Abend wie mir langsam klar wurde. Vielleicht handelte der Song somit auch von mir? Immerhin hatte ich ihn ja „bluten“ gesehen im übertragenen Sinne. Es folgte jedoch erst mal für eine ganze Weile Stille. Langsam wurde ich das wirklich gewohnt. Und ich fand es echt gruselig. Aber sie war durchaus nicht unangenehm. Jedoch war ich froh, als Shane sie schlussendlich wieder durchbrach.

„Ich muss mich noch bei dir bedanken für deine nette Nachricht – die hat mir gleich ein Lächeln auf die Lippen gezaubert, als ich auf gewacht bin. Das muss ich dir lassen – du weist echt wie du dich zu verhalten hast und vor allem denkst du mit – hätte ich dir gar nicht zu getraut. Ach ja und Danke für alles was du die letzen 2 Tage für mich gemacht hast. Auch wegen Gestern … Ich meine, dass du mir zu gehört hast.“, fügte er mit einem leichten Lächeln auf den Lippen hinzu. Und er schenkte mir wieder diesen unglaublichen Blick und im nächsten Moment trafen sich unsere Blicke schon wieder. Seine Augen glühten richtig vor Wärme – es erschreckte mich.

„Kein Problem, solange das ganze seinen Zweck erfüllt hat.“, meinte ich jedoch schulterzuckend und wandte meinen Blick von ihm ab. „Aber gewöhn dich nicht dran.“

„Das hatte ich nicht vor!“, setze er mit Nachdruck hinzu. Ich zuckte wieder mit den Schultern und wusste nicht so Recht was ich noch sagen sollte. Ich kam mir irgendwie fehl am Platz vor –mitten in diesem großen Raum, keine 5 Meter entfernt von Shane, der jetzt fast schon wieder perfekt erschien. Er hob plötzlich seine Hand und deutete damit neben sich auf den Klavierhocker. Ich nahm sein Angebot an. Er sah mich einige Minuten lang nur an, während ich mit meinem Lederarmband zu spielen begann. Ich mochte diese eindringlichen Blicke von ihm nicht!

„Was ist? Du bist so still. Das bin ich von dir gar nicht gewohnt, Eisprinzessin.“, durchbrach er zum 2ten Mal die Stille. Ich zuckte kurz zusammen – sah jedoch nach draußen, auf die grünen Wiesen.

„Ach, es ist einfach so viel passiert – etwas zu viel für meinen Geschmack. Außerdem überraschst du mich gerade. Hinter deiner Maske bist du eigentlich ziemlich normal. Sogar schon fast nett.“

„War ich das vorher nicht oder wie?“, meinte er gespielt schockiert. Sein Blick ruhte immer noch auf meinem gesenkten Antlitz.

„Doch – für die meisten zumindest, aber jetzt bist du so richtig ehrlich nett“, versuchte ich zu erklären und sah ihm wieder direkt in die Augen. Er schüttelte den Kopf, lächelte aber, schwieg jedoch zu meinem Kommentar. Ich hätte gerne gewusst, an was er gerade dachte.

„Weißt du was ich mich gerade Frage?“, meinte ich also.

„Nein, aber du wirst es mir bestimmt gleich sagen.“, meinte er ruhig und zugleich scherzhaft. Mir war noch nie aufgefallen, dass seine Stimme so einen angenehmen Klang hatte. Normalerweise empfand ich sie als nervig und ätzend. Aber vielleicht lag es auch daran, dass die sonst so unterschwellige Arroganz und Überlegenheit fehlte.

„Tzz, dann halt nicht.“, meinte ich sogleich desinteressiert. Ich zwang ihm doch nichts auf, was er eh nicht hören wollte – auch wenn er das nicht böse gemeint hatte.

„Na los sag schon – ich will’s hören.“

„Sicher?“

„Sicher.“, bestätigte er.

„Okay … Wieso weiß niemand das du so gut singen und spielen kannst?“ Das interessierte mich gerade brennend. Immerhin hatte er ein riesen Talent und könnte bestimmt schon Weltstar sein, wenn er wollte. Alle Voraussetzung erfüllte er ja. Und würde ihn jemand SO hören, würde er sicher sofort einen Plattenvertrag bekommen, da war ich mir zu 100% sicher. Shane schwieg erst mal für eine Weile, während ich ihn neugierig musterte. Ich verfolgte jede seiner Bewegungen bis er schlussendlich antwortete.

„Du überrascht mich echt immer wieder. Wie sehr du dich für mich interessierst.“

Der Schwarzhaarige pausierte kurz, bevor er fort fuhr. Er schien wirklich darüber nach zu denken, was er mir antworten sollte.

„Diesen Song … zu Performern war wirklich seltsam für mich und erst recht jetzt wo ich weiß, dass ihn auch noch jemand gehört hat. Er beschreibt genau wie ich mich fühle. Wahrscheinlich liegt es einfach daran, dass das mein erster Song nach fast 3 Jahren ist. Ich bin es einfach nicht mehr gewohnt. Ich hab seit Ryans Tot kaum mehr ein Instrument angerührt. Ich konnte es nicht mehr. Aber heute hatte ich einfach das Verlangen danach. Ich hatte fast vergessen wie leicht man seine Gefühle mit der Musik zum Ausdruck bringen kann, geschweige denn wie erleichternd es sein kann, einfach nur zu singen.“

„Das klingt doch sehr schön.“, meinte ich. Ich wollte ihm nicht noch auf die Nase binden, dass ich genau wusste wovon er sprach und das ich auch so fühlte wie er.

„Aber denk jetzt bloß nichts falsches von mir.“, fügte ich noch hinzu, als mir die gesamte Bedeutung seiner Worte klar wurde. Immerhin hatte er mir den Worten auch sagen wollen, wie unangenehm es für ihn war, das ich ihm zugehört hatte.

„Ich doch nicht – würde mir nie einfallen.“

„Und wirst du es aufführen? Also ich meine bei dieser Finalaufführung, wo jeder was beitragen kann, wenn er will, am Ende des Sommers?“, fragte ich sogleich. Ich empfand es als eine gute Idee. Jedoch schien Shane die Vorstellung gar nicht zu behagen – das konnte ich schon jetzt von dem Blick ablesen, den er mir zu warf. Totales Missfallen.

„Auf gar keinen Fall. In der Musik bringt man seine Gefühle zum Ausdruck, doch ich könnte das nicht auf so einer riesen großen Bühne. Das wäre sozusagen zu intim für mich. Es würde bedeuten, dass ich die Maske fallen lassen müsste und der ganzen Welt zeigen würde, wie ich wirklich denke und bin. Dazu bin ich nicht bereit – noch nicht.“, war seine einleuchtende Antwort. Ich hatte mir schon so etwas in der Art gedacht, also nickte ich nur. Ich konnte es zwar nicht wirklich nach empfinden, doch wollte ich ihm auch nicht das Gefühl geben, das ich ihn nicht verstand. Die Stimmung war gerade so locker und entspannt – das erste Mal seit den letzen 2 Tagen und ich wollte sie nicht zerstören, indem wir wieder auf den gestrigen Abend zurück kamen. Ich wurde mir stattdessen jedoch plötzlich der Tatsache bewusst, dass ich immer noch total verschwitz war und stinken musste wie ne Mülltonne. Als ich gerade anfangen wollte etwas zu meiner Situation zu sagen, fing Shanes Magen mit vollem Karacho an zu knurren. Als erstes dachte ich es wäre schon mein eigener, doch als ich Shanes Blick sah wusste ich dass dem nicht so war. Wir sahen uns daraufhin beide an und fingen sogleich an zu Lachen. Es war so was von einfach mit ihm zu Lachen. Es fühlte sich überraschend gut an.

„Das trifft sich aber gut. Da hat wohl jemand hunger?“, sprach ich das offensichtliche aus.

„Tja, schuldig im Sinne der Anklage“, erwiderte Shane gelassen.

„Das kommt genau richtig – mein Magen meldet sich sicher auch bald zu Wort. Immerhin hab ich heute noch nichts gegessen, aber vor allem sehnt sich mein Körper nach einer kalten Dusche.“, fügte ich also begeister hinzu und konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Shane erwiderte es. „Tja, ich würde sagen, dann ziehen wir uns mal in unsere gemütliche Hütte zurück. Die bietet so ziemlich alles an, was man sich wünscht – zumindest wenn man Shane Villa heißt.“

„Das hört sich vielversprechen an. Und ich kann offensichtlich froh sein, dass ich durch dich auch in diese Sonderklausel falle – auch ohne den Nachnamen Villa. Aber eins ist klar: wir kehren nicht zurück bis ich uns nicht etwas vom Abendessen mitgebracht habe. Ich will mir später nicht anhören müssen, dass ich mich nicht gut um dich gekümmert hätte.“, bemerkte ich nebenbei scherzhaft.

„Nichts da, du nimmst als erstes ne Dusche. Entschuldige, aber du stinkst wie ein nasser Hund – oder in deinem Fall: Hündin. Außerdem kann auch ich das mit dem Abendessen übernehmen.“

„Boah.“, erwiderte ich darauf und schlug ihm gespielt verärgert gegen seinen Arm. „Das nimmst du zurück! Bis jetzt hat es dich auch nicht gestört, also kann ich gar nicht soooo sehr stinken.“

„Nur weil ich nichts sage, heißt das noch lange nicht, dass es nicht eine unausweichliche Tatsache ist. Ich wollte eben nicht unfreundlich sein. Und außerdem will ich nicht riskieren dass unsere Mit-Camper, eine Vergiftung der Atemwege erleiden.“, meinte er ebenfalls scherzhaft. Ich verschränkte beleidigt meine Arme vor der Brust.

„Okay überredet.“, ergab ich mich schlussendlich. Daraufhin machten wir uns gemeinsam auf den Weg zurück zu unserer Hütte. Dort erledigte sich auch das Essens Problem. Wir hatten zwar keinen Kühlschrank oder so, aber offensichtlich hatte Susi vorbei geschaut, als wir beide außer Haus waren. Ihr war wohl aufgefallen, dass wir beide nicht zum Essen erschienen waren und hatte uns nun etwas vor die Tür gestellt. Es klebte darauf ein Zettel, auf dem sie nach einer Erklärung von Shane verlangte, aber gleichzeitig meinte wir sollten das Essen jedoch genießen. Wir seien bestimmt am Verhungern. Shane seufzte etwas schwermütig und schien schon zu überlegen was er ihr erzählen würde, bevor er die Sachen aufhob und rein sah.

„Pizza“, meinte er dann überrascht. „Lecker“, fügte er noch hinzu. Dann wandte er sich wieder an mich und ich konnte erkennen das seine Augen schon einen gierigen Ausdruck angenommen hatte. „Du magst das doch, oder?“.

„Klar doch, wer nicht?“, erwiderte ich sogleich fragend. Er erwiderte meinen Blick und zuckte mit den Schultern.

„Könnte ja sein, dass du eines von diesen Mädchen bist, die außer Salat nichts anrühren.“

Ich gab nur ein kurzes „Tzz“ von mir und öffnete dann die Tür, da Shane voll bepackt war.

„Da bist du bei mir an der falschen Adresse. Ich würde jeden in den Boden essen.“ Shane lachte darauf, bevor er mir in die Hütte folgte. Es war ziemlich kalt hier drinnen, was wohl immer noch am offenen Fenster lag. Während ich duschen ging, erwärmte Shane das Essen in der Mikrowelle (so etwas besaß auch nur er hier; noch ein Vorteil, aber eigentlich ein ziemlich unnützer). Doch auf mich wartete er nicht mehr – Er entschuldigte sich auch im Nachhinein dafür. Er hielt es einfach nicht mehr aus. Vor allem nicht mit der Pizza vor seiner Nase, dafür war sein Hunger zu groß, was ich jedoch als gutes Omen nahm. Das bedeutete, dass es ihm schon wieder besser ging …

Den Rest des Abends blieben wir in unsere Hütte und beschlossen einstimmig das wir nicht zu dem „Sing-Star-Abend“ gehen wollten. Zwar nicht mehr aus demselben Grund wie am Morgen noch, aber meine Begeisterung hielt sich auch so in Grenzen. Stattdessen lasen wir beide noch ein wenig – jeder Beschäftigte sich somit mit sich selbst bis wir ziemlich früh ins Bett gingen. Unser Tag hatte ja auch früh begonnen. Doch ich kam nicht drum herum unser Verhältnis noch klar zu stellen. Immerhin würde ab morgen wieder der Camp-Alltag beginnen. „Ab morgen wird alles wieder so wie vor 2 Tagen, oder?“, meinte ich also. Doch Shane antworte mir nicht mehr. Ich ging also davon aus, dass er schon eingeschlafen war. Doch ich glaubte auch ein kurzes, zögerliches Nicken auf der gegenüberliegenden Seite wahr genommen zu haben. Aber vielleicht war das auch nur Einbildung oder ich sah einfach das, was ich unbedingt sehen wollte. Keine Ahnung … eigentlich war es mir auch egal. Und über die Angst, wie es morgen wohl sein würde, legte sich plötzlich das Gefühl vollkommener Zufriedenheit.

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Es geht weiter~ Mir ist eigentlich aufgefallen, dass ich echt nett bin xD Bei mir gibts keien Clifhanger^^ Aber gut ich mag die selber auch nicht ... ich schreib lieber im "Buchstil" - ist mir sympatischer ;D Ansonsten? Heute gibts 2 Songs, da ich den Song der im Text vor kommt natürlich nicht selbst geschrieben habe - eines meiner absoluten Favos, ich hoffe es gefällt euch ;D & ja schon wieder FM Static, aber diese Band ist pure Liebe *_* Momentan höre ich wieder alle ihre Alben auf und ab^^ & das neue ist einfach genial xD So, aber jetzt genug von mir & bis zum nächsten Mal :D
 

@Aiishii tja ich denke das ist gut, dass es wenigstens ein paar Überraschungsmomente gibt xD
 

@Sayuri27 Danke & hoffentlich war was bei der Liste mit der Musik dabei ;D Ansonsten schreib mich einfach nochmal an, ich kann dir gern noch mehr Titel nennen^^
 

PS: Ich hoffe ich hab keine Ausdruck fehler drinnen >< hab das Kapi nicht nochmal durchgelesen ... ansonsten bitte drauf hinweisen, wenn man etwas nicht versteht! Danke (:


 

Kapitel 7 – Party mit Hindernissen – Nichts ist wie es scheint.

Die nächste Woche erfüllte wirklich alles – nur nicht meine Erwartungen. Shane war zu mir immer noch wie in den letzen Tagen und das verwirrte mich. Immerhin hatten wir gesagt, es würde alles wieder wie früher werden. Na ja, eigentlich war das meine Auffassung der ganzen Situation, was er dazu sagte, wusste ich immer noch nicht. Aber offensichtlich hatte er sich für das Gegenteil entschieden. Um genau zu sein, war er auch nicht mehr ganz so. Wir begrüßten uns lediglich wenn wir uns sahen und das war es eigentlich schon. Wir redeten eigentlich kaum mehr ein Wort miteinander, aber gifteten uns im Gegenzug auch nicht mehr an. Diese kleine Tatsache fiel kaum einem auf, außer Alice natürlich, die als Mädchen auf so ‚kleine Detail‘ (wie sie es nannte) achtete. Die anderen dachten wohl wir hätten uns arrangiert, mehr oder weniger. Den Rest der Zeit gingen wir uns – oder ich besser gesagt – mehr oder weniger aus dem Weg und es klappte ziemlich gut. Er war am nächsten Tag sofort zu Susi gegangen. (Er stand dafür sogar richtig früh auf, offensichtlich wollte er mir so schnell wie möglich aus dem Weg gehen!) Ich wusste nicht was er ihr erzählte, auf jeden Fall schien sie zufrieden damit zu sein, da ich sie in der Mittagspause noch am selben Tag zusammen sah und mich langsam echt fragte ob zwischen den beiden was lief? Sie schienen mir nämlich mehr als vertraut – wundern würde es mir ehrlich gesagt nicht, auch wenn es nicht mehr ganz mit meinem Bild von Shane zu harmonieren schien. Überhaupt war Shane trotzdem noch eine lästige Angelegenheit. Ich machte mir nämlich viel zu viele Gedanken um ihn. Ich fing schon richtig an ihn zu analysieren und alle seine Bewegung zu interpretieren – ob er das was er sagte gerade ernst meinte oder ob er einfach wieder zurück zu Norm gegangen war. Zu meiner Enttäuschung musste ich jedoch feststellen, dass er wieder zu seinem Alltag zurück gekehrt war. Nur manchmal, wenn wir uns wirklich nur kurz in unserem Zimmer – das ich mir ja notgedrungen mit ihm teilen musste – sah, hatte ich den Anschein er würde für einen kurzen Moment aufatmen und sich gehen lassen. Aber wirklich nur ganz kurz. Mit dem nächsten Wimpernschlag war diese Erscheinung meist schon wieder verschwunden. Trotzdem hatte ich das Gefühl das er mit sich selbst haderte. Ich sah es in seinem Blick. Er wandelte irgendwo zwischen dem Grad. Das spürte ich auch. Seine Worte klangen öfters heraus gequetscht und gezwungen, fast so als würde er sie nur sagen, weil man es von ihm erwartete, auch wenn das kaum einen aufzufallen schien. Langsam verlor ich wirklich den Verstand! Ich brauchte dringend Ablenkung. Leider würde mich diese Ablenkung in einer anderen Form heim suchen, als ich es mir wirklich gewünscht hatte, denn man konnte schon wieder einen Woche umblättern im Kalender – eigentlich eineinhalb. Den seit dem ‚Unfall‘ mit Shane, wie ich es mittlerweile nannte, den mehr schien es nicht zu sein, waren ca. 11 Tage vergangen. Heute war somit Freitag, das Ende der 3ten Woche. Und ich hasste diesen Tag. Unter normalen Umständen würde ich ihn lieben, da Freitag normalerweises Wochenende hieß, doch das galt diesen Freitag nicht. Es gab immer Ausnahmen und heute war eine solche – zumindest für mich. Heute würde eine begehrte Party steigen – auf die sich ausnahmslos alle – schon seit Tagen freuten. Alle, mit Ausnahme von mir. Denn diese beschissene Party hatte einen Minuspunkt und zwar einen richtig Fetten: Mädchen mussten sich „Schick“ machen und ein Kleid tragen, während die Jungs ebenfalls etwas „Schicker“ als sonst angezogen sein sollten. Unter normalen Umständen gar kein Problem. Eben unter normalen Umständen. Oberflächlich betrachtet dürfte ich keine Problem mit dem ganzen haben – doch ich hatte eines und zwar ein riesiges: Den zum ersten musste ich mich eh schon seit 3 Wochen mit diesem Mädchenkram herum schlagen und zum zweiten war ich ja eigentlich kein Mädchen und somit wollte ich unter keinen Umständen ein KLEID anziehen. Wieso glaubten die sonst rannte ich so „Burschikos“ rum? Sicher nicht, weil ich scharf darauf war meinen Körper in ein viel zu beengenden Stofffetzen – den mehr war es nicht – zu stecken, das viel zu viel von meiner Statur preis geben würde. Leider konnte ich diesen grauenvollen Event auch nicht umgehen, da Anwesenheitspflicht herrschte – wie sie diese jedoch kontrollieren wollte, war mir immer noch ein Rätsel. Einen Versuch war es also wert, doch da hatte ich die Rechnung ohne Alice gemacht. Die zerstörte meine Hoffnung heute Morgen sofort wieder, als sie mir mitteilte dass sie mich auch an meinen Haaren herangezogen dort hin schleifen würde – ob ich wollte oder nicht. Wortwörtlich genommen wäre das ja ein Problem, da ich dann mit Sicherheit meine Perücke verlieren würde. Also war es egal wie ich mich entscheiden würde. Es würde immer im Chaos enden. Somit wusste ich nicht was schlimmer sein würde. In beiden Fällen würde ich enttarnt werden … beim ersten lag die Wahrscheinlichkeit nicht so hoch. Immerhin. Laut Alice wäre das Event ja viel zu wichtig und würde den Zusammenhalt der gesamten Gruppe stärken. Wer‘s glaubte. In meinen Ohren, war das das dämlichste was ich in den letzten Wochen überhaupt gehört hatte. Manchmal fragte ich mich echt, was in diesem Mädchen vor sich ging – in welchem Paralleluniversum sie lebte? Als würden ich und Nathalie jemals noch zusammen finden. Denn eigentlich war der Abend nur wichtig für sie, da ihr erster Versuch Nevio ihre Liebe zu gestehen, gehörig in die Hose gegangen war. Als sie an dem Abend, an dem der Unfall passierte, gegangen war, wurde Nevio wenig später von einem Kumpel aufgehalten und er ging mit diesem mit, als er Alice fragte ob das OK für sie sei, er könne sich was auch immer nicht entgehen lassen – es war mir entfallen. Ich konnte mir auch nicht alles merken. Und erst recht nicht, wenn Alice wieder einer ihrer mehr oder weniger „Solo-Gesprächen“ führte, aus denen ich nach 30 Minuten Dauer Beschuss meistens ausstieg und nur noch ein „Aha“, „Okey“ oder „Oh wie schrecklich.“ von mir gab. Tja, und so nervös wie sie war, erwiderte sie darauf nur, dass es schon Okey sei. Tja Alice, wirklich dumm. Die ganze restliche Woche war sie dem Halbitaliener mehr oder weniger aus dem Weg gegangen, weil sie ihm nicht mehr unter die Augen treten wollte, weil sie das Gefühl hatte, dass „er“ sie versetzt hatte. Sie hatte ja gesagt es sei ‚Okey‘ also was regte sie sich im Nachhinein denn jetzt auf? Da versteh einer die Mädchen. Sagen ‚ja‘ aber meinen eigentlich ‚Nein.‘ Genau so verwirrt wie ich, hatte mich Nevio dann auch darauf angesprochen. Ich erwiderte jedoch nur, dass er einfach nochmal darüber nachdenken sollte und sich bei ihr Entschuldigen sollte. Das war das Problem von den beiden und gestern ist ihre Flamme dann wieder entfacht, als Nevio sich daraufhin seinem Fehler bewusst wurde und sich entschuldigte. Nun wollte sie es heute Abend nochmal versuchen, sollte er sie zum Tanzen auffordern. Na dann viel Glück. Jedenfalls hatte sie auch gleich noch angeordnet, dass sie um 7.00 zu mir kommen würde und wir uns bei mir schick machen würden – oder besser gesagt sie mich, da ich daraufhin ein entrüstetes „Hallo? Ich hab keine Ahnung davon, also vergesse ich den Abend.“ erwiderte. Sie wollte mir daraufhin helfen mit ihrem modischen Rat, damit sie ja an ihr Ziel kam. Wirklich egoistisch. Es wäre mir ja auch egal gewesen, immerhin war jeder ein Mal egoistisch, doch nicht wenn ich mich dafür in ein beschissenes Kleid zwängen musste. Ich wartete jetzt also schon total nervös auf die Ankunft des blondhaarigen Wirbels, der nur so vor Begeisterung strotzten würde im Gegensatz zu mir. Shane war zum Glück zu Nevio gegangen, da die beiden noch mit ein paar Jungs ein wenig Vortrinken wollten. Hatte mich ehrlich gesagt etwas gewundert … aber ja, jeder wie er will. Ich hätte das jetzt auch viel lieber gemacht, als auf Alice zu warten. Auch meine Vermutung, dass Shane und Nevio sich gut kannten, bestätigte sich zu meiner Verwunderung, wie mir Alice mitteilte. Die beiden kannten sich schon seit dem Kindergarten und Nevio war früher mal der beste Freund von Shane gewesen. Doch ihre Beziehung war in die Brüche gegangen vor 3 Jahren – den Grund wollte Alice mir nicht nennen (von ihr erfuhr ich auch wirklich alles! Sie wusste jedoch was sie ohne Bedenken weiter erzählen konnte und was nicht), jedoch konnte ich es mir schon denken: Ryans Tod. In den letzen 1 ½ Jahren hatten die beiden wieder ein wenig mehr Kontakt gehabt und nun schienen sie ihre Freundschaft wieder auf zu frischen. Ich hatte ja prinzipiell nichts dagegen, wenn Nevio nicht auch ein mittlerweile guter Kollege meinerseits war, aber ich wurde natürlich wieder ein Mal nicht gefragt. Ich hatte ihn die letzte Woche um einiges besser kennen gelernt, was jedoch nicht beabsichtig war. Es lag eigentlich nur an der abstrusen Tatsache, dass Nate irgendwie sauer auf mich zu sein schien – wegen was auch immer. Denn eigentlich hätte ja ich alle Gründe gehabt sauer auf ihn zu sein! Daher war ich auch zu stolz, um mich bei ihm zu melden, nachdem mir Adi erklärt hatte, dass er sauer auf mich sei, weil ich ihn an dem Morgen, als wir uns trafen so abblitzen ließ und weil er wegen mir Stress mit Shana hatte. Ich gönnte es ihm irgendwie. Sollte er den Charakter dieses Biestes doch endlich mal durchschauen. Die kleine Zicke (und dieses Mal war Nate damit gemeint) sollte sich erst mal wieder einkriegen, jedoch hatte ich im Stillen, nach 9 Tagen beschlossen, heute doch mal auf ihn zu zu gehen, da er mir irgendwie schon ein wenig abging – ein wenig sehr. Immerhin waren Nevio und Alice kein Ersatz für meinen besten Freund. Egal wie toll die beiden auch waren. Wie ich das jedoch anstellen würde war mir bis jetzt immer noch unklar. Wobei wir schon wieder bei meinem ursprünglichen Problem waren: nämlich diese beschissene Party mit Dresscode. Mittlerweile schlug meine Handy-Uhr 2 Minuten nach sieben an und ich fing an nervös im Zimmer umher zu gehen. Gab es wirklich keine Möglichkeit mehr, das ganze irgendwie abzuwenden? Ich überlegte fieberhaft, als ich plötzlich ein dumpfes Klopfen, das zu meinem Übel von der Tür kam, bemerkte. Am liebsten hätte ich sie gar nicht geöffnet, doch ich riss mich zusammen. Für Alice, dachte ich in meinen Gedanken. Nur für sie. Sie begrüßte mich auch schon strahlend und trat in den kleinen Raum, der jedoch mehr als genug Platz für 2 Personen anbot – zumindest wenn die Person nicht Shane Villa hieß, denn sein Kram lag überall auf dem Boden rum. Man musste sich buchstäblich ‚durchkämpfen‘ durch den Raum.

„Hey hey süße. Na bist du bereit für deinen großen Auftritt? Ich prophezeie dir, die Jungs werden sich reihenweise nach dir umdrehen, wenn ich mit dir fertig bin! Du wirst keine ruhige Minute mehr haben.“, fügte sie ihrer Begrüßung mit einem fetten Grinsen hinzu. Ich war dagegen weniger begeistert. Wie konnte sie mir das nur antun? Ich erwidert also nur ein warnendes knurren darauf. „Übertreib‘s nicht. Mir reicht eigentlich mein normales Pensum an Aufmerksamkeit das ich bekomme.“ Sie sah mich skeptisch an.

„Was bist du auch für ein Mädchen? Jedes Mädchen wird doch gerne heiß umschwärmt.“

„Ich muss dich enttäuschen, ich heiße nicht Nathalie-die-Super-Barbie.“ Sie schüttelte ihren Kopf.

„Ach was, du wirst es nicht bereuen, dass schwöre ich dir.“

Ich erwiderte darauf nichts mehr, da sich in meinem Magen schon alles zusammen zog. Der ganze Abend konnte nur in einer Katastrophe enden. Das konnte keinen Guten Ausgang haben. Alice ließ sich jedoch nicht beirren, da sie sofort ein paar Sachen aus ihrer Tasche holte, die mir noch gar nicht aufgefallen waren. Sie hatte einen Haufen von Kleidern und Accessoires dabei.

„Tja, ich dachte mir das wir bei deiner Auswahl nicht viel finden würde, also hab ich meine eigenen Sachen mitgebracht. Ob dir die Kleider passen müssen wir schauen, obwohl ich das schon glaube, immerhin hast du eine top Figur – was ich zumindest unter deinen ganzen weiten Klamotten vermute.“ Ich schluckte schwer. Mir wurde schon übel, wenn ich diesen ganzen Haufen von Klamotten nur schon sah.

„Ähm ich weiß nicht. Meine Sachen reichen doch.“

Sie schien diesen Kommentar geflissentlich zu überhören. „Also ich trage Größe 36. Was ist deine Kleidergröße? Auch 36?“

Ich sah als erstes von ihr zu den Kleidern und dann wieder von den Kleidern zu ihr. Mir schummerte es. 36? Keine Ahnung ich hatte normalerweise S oder 44/46 bei den Kleidern. Ich nickte jedoch nur, da mir der Kopf auch so schon rauschte – 36 würde mir schon passen und wenn nicht – Pech gehabt, dann konnte ich eben doch nicht mit.

„Na gut dann fangen wir mal an. Was hältst du von dem Kleid?“

In der nächsten Stunde zeigte sie mir ein Kleid nach dem anderen und ich hatte an jedem etwas auszusetzen und zwar wirklich an jedem. Die Kleider waren nicht hässlich oder so im Gegenteil – Alice hatte Geschmack. An jedem anderem Mädchen oder an ihr, hätten sie mir bestimmt gut gefallen. Jedoch nicht an mir – an einem Jungen. Ich brauchte etwas schlichtes, langes, mit wenig bis gar keinem Ausschnitt und eher flatterhaft. Und diese Beschreibung traf auf keines der Kleider zu. Entweder hatten sie einen zu großen Ausschnitt oder Rückenansicht, oder sie waren einfach zu kurz – Immerhin wollte ich mir nicht noch die Beine rasieren müssen oder so. Außerdem war ich so oder so der Meinung das man die Füße eines Jungen von denen eines Mädchens unterscheiden konnte, also musste es definitiv etwas langes sein. Jedoch musste ich feststellen, dass das einzige Kleid, das Alice bis zum Boden reichte, mir nur knapp über die Knie ging, wenn ich es mir hinhielt, da ich um einiges größer als die Blondhaarige war. Ich war zufrieden mit mir, auch wenn ich nach der ganzen Aktion ziemlich ausgepowert und genervt war von den ganzen Diskussionen, die wir über Kleider führten. Ich würde fürs erste nie wieder eine Shoppingmall betreten, das hatte ich soeben beschlossen. Jedenfalls die Mädchenabteilung nicht, die ich im Normalfall auch mied (außer ich war gerade mit Kolleginnen dabei zu shoppen und das eher ungern ...) Aber zu meiner Genugtuung stellte ich fest, wie auch Alice langsam der Mut verließ, das hieß wohl ich würde doch nicht mit gehen – zumindest nicht in einem Kleid.

„Das gibt es doch nicht. Du bist echt ein schwerer Fall. Du hast echt an allem etwas auszusetzen. Das ist doch nicht Normal!“

„In dem Fall muss ich jetzt doch hier bleiben.“ Sie straffte mich mit einem bösen Blick und sie wäre nicht Alice wenn sie so schnell aufgeben würde.

„Nichts da. Jetzt durchforsten wir mal deine Tasche – irgendetwas Brauchbares wirst du wohl dabei haben.“, meinte sie immer noch voller Zuversicht – oder Naivität.

„Nur zu, tu dir keinen Zwang an, du kannst dein Glück gern versuchen.“ Damit legte ich meine Reisetasche auf mein unordentliches Bett und ließ sie die Sachen durch stöbern. Ihr Blick sagte mir jedoch, dass sie schon halb am verzweifeln war, als sie nur meine eigentlichen Klamotten fand. Mein Grinsen wurde immer breiter. Ich war mir meines Sieges schon bewusst und auch Alice schien es mittlerweile akzeptiert zu haben. Jedoch hatte ich vollkommen vergessen, dass ich auch noch die Sachen von Nates Schwester eingepackt hatte zur Tarnung. Und das sollte mir nun zum Verhängnis werden, denn Alice blick klärte sich plötzlich.

„Na aber hallo, was haben wir denn da.“

Sie zog einen bläulich-grünen-Stoff heraus. Je nachdem wie das Sonnenlicht drauf schien änderte er seine Farbe von Blau zu Grün. Ich musste zu meinem Entsetzen feststehlen, dass es ein KLEID war, das sie so eben vor mich hin hielt.

„Perfekt. Das ist doch genau das was du wolltest. Wieso hast du nicht gleich gesagt das du so eins dabei hast?“, meinte sie nur verärgert, aber auch erleichtert. Und sie hatte recht. Das Kleid passte genau auf meine Beschreibung. Es war lang genug, so dass man meine Füße so gut wie nicht mehr erkennen würde. Unter der Brust, hatte es eine Naht mit einem Bändel, den man zusammen binden konnte und so die weite regulieren konnte. Das einzige was mich störte war der Ausschnitt. Das würde bei mir einfach lächerlich aussehen, vor allem würde man meine unechten Brüste erkenne.

„Der Ausschnitt.“, sagte ich also sogleich und Alice ließ sich das jedoch nicht nehmen. Immerhin hatte sie gerade ihren letzen Hoffnungsschimmer gefunden.

„Papperlapapp du probierst das jetzt an und wegen dem Ausschnitt las ich mir was einfallen, wenn du dich sooo unwohl damit fühlst. Obwohl ich nicht verstehe, was du gegen sexy Kleidung hast.“

Sie drückte mir den Stofffetzen in die Hand und ich stöhnte verzweifelt auf. Alles was mit sexy, einem Kleid und mir im Zusammenhang stand, erregte in mir Brechreiz. Gott musste mich wirklich hassen. Was hatte ich nur verbrochen in den letzten paar Wochen? Ich schleifte mich also betrübt ins Bad und ließ die Türe mit eine größeren Knall, als ich eigentlich bezweckt hatte, zu. Mein Blick begegnete sofort dem meines Spiegelbilds. Ich sah also in die spiegelnde Fläche und sagte mehr zu mir selbst:

„Super Joel. Erinnere dich daran, dass du Nate diesen Sommer wirklich noch killst. Selbst DAS hab ich ihm jetzt zu verdanken.“

Ein paar Minuten sträubte ich mich noch und atmete ein paar Mal tief ein, bis ich zu dem Schluss kam, dass das meine Situation auch nicht bessern würde. Ich zog meine eigenen bequemen Sachen aus und zwängte mich in dieses grässliche Kleid. Zu meiner Verwunderung passte es, da es ein dehnbarer Stoff war. Ich band die Schnürung noch unter meiner Brust und sah mir das Ergebnis im Spiegel an, auch wenn ich mich nur bis zu meinem Bauch darin sah. Es ließ zum Glück nicht so viel von meiner Figur erahnen, da es wirklich eher flatterhaft war und wirklich lang. Nur noch meine Zehenspitzen sahen unten heraus. Der Stoff fühlte sich seltsam an auf meiner Haut. Vor allem würde das ganze ziemlich kalt werden, da es keine Ärmel hatte. Ich sah mich noch lange Zeit im Spiegel an, da ich mein Spiegelbild trotz allem als abartig empfand –wenn wunderte es? Ich fühlte mich wirklich erbärmlich und das Ganze war so erniedrigend – bevor Alice nervös an die Tür klopfte.

„Hey, sag mal wie lange brauchst du noch? Hat dich das Bad etwa verschluckt?“

„Ich seh furchtbar aus.“, jammerte ich sogleich verzweifelt los – und das war kein bisschen gelogen.

„Ach was.“, erwiderte Alice aufmunternd. „Du siehst bestimmt toll aus.“

Ich öffnete also auf ihr Bedrängen hin, dass wir nicht mehr viel Zeit hatten, die Tür und als ich so vor ihr stand, schien es ihr fast den Atem zu nehmen. Im ersten Moment dachte ich schon, dass ich zu männlich aussah, das sie mich erkannte, als das was ich wirklich war, als Mann. Doch im nächsten Moment stieß sie schon ein erstauntes „Wow“ aus. Ich sah sie skeptisch und fragend an.

„Du siehst echt umwerfend aus – das Kleid steht dir total gut und deine lockigen blonden Haare unterstreichen das Ganze noch. Es ist perfekt. Viel müssen wir also nicht mehr machen!“

„Sehr witzig meinte ich dazu nur.“

„Ich meins ernst“, erwiderte sie empört. „Vertrau mir. Hier-“ Sie hielt mir ein Tuch hin.

„Was soll ich damit?“ Drehte sie jetzt vollkommen durch?

„Du bist echt schwer von Begriff.“ Sie seufzte und legte kurzerhand selbst Hand an, nahm mir das Tuch wieder weg, drehte mich so, dass ich mit dem Rücken zu ihr stand und band das Tuch um meine Brust. Im ersten Moment war ich empört.

„Alice! … Was?“

„Hack dich nicht so. Ich mach doch gar nichts, außerdem hast du nichts was ich nicht auch habe. So fertig.“

Ich sah an mir runter. Ziemlich angewidert. Sie hatte das Tuch über den Ausschnitt gebunden, so dass das Kleid mit einem Zebra-muster noch aufgepeppt wurde und hinten – an meinem Rücken – das Ganze zu einer größeren Masche gebunden.

„Kuck nicht so, du zerstörst das ganze schöne Bild damit.“

„Hör bloß auf – das ist folter! Sie mich an! Ich seh aus wie so ein Tussi-Mädchen.“

„Ach was, das passt doch und jetzt basta. Wenn interessierst das du dich heute schick gemacht hast? Bestimmt niemanden. Und wenn doch wird allen die Spucke weg bleiben! Die erkennen dich gar nicht mehr!“

Ich sah sie skeptisch und genervt zugleich an. Was sollte ich auf den ganzen Scheiß auch noch sagen? Die Frau konnte einem alle Nerven rauben. Ich gab mich jedoch geschlagen und rollte mit den Augen. Aber wenn sie glaubte das ich heute nicht mehr rum zickte, hatte sie sich geschnitten! Ich würde ihr das fett heimzahlen!

„Außerdem wird mir so ziemlich schnell kalt.“ Jetzt verdrehte sie die Augen.

„Kein Problem.“

Daraufhin richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf ihre eigenen Sachen und drehte mir, also auf meinen Kommentar hin, ihre schwarze, dünne H&M Jacke auf, die ich murrend entgegen nahm und anzog. Es fühlte sich wirklich widerlich an. Dieser Wollstoff – Bäh!

„Sind wir endlich fertig?“, erwiderte ich.

„Nichts da.“, kam es sogleich von ihr mit einem Grinsen. „Aber gleich. Du bist eh eher der natürliche Typ, also schminken wir dich nur noch ein wenig und das war‘s. Schmuck brauchst du keinen, obwohl dieses metallene Herz würde gut dazu passen.“

Ich sah das Teil angewidert an, was sie mir soeben vor die Nase hielt.

„Nie im Leben, da bleib ich lieber bei meinem eigenen Zeug.“, und damit zog ich meinen Ring sowie all meine Freundschaftsarmbänder wieder an.

„Wie du meinst.“, meinte Alice nur mit einem Seufzern. „Zerstör ruhig das ganze schöne Bild, das ich mühevoll erarbeitete habe.“

„Ich dachte ich sei eine Art von Naturschönheit?“

Konnte sie sich endlich mal entscheiden? Ich wollte schon wieder ins Bad, als sie mich aufhielt. „Was?“

„Wir sind noch nicht fertig. Setzt dich. Ich schmink dich jetzt noch.“

„Aber ja nichts grelles, ich warne dich! Und meine Haare lässt du gefälligst so wie sie sind.“

„Jaja.“

Somit vollendete sie ihr Werk und ich ließ alles geschehen. Ich musste zugeben, dass sie wirklich nicht übertrieben hatte und dass ich einigermaßen zufrieden mit meinem nachherigen Spiegelbild war. Sie hatte meine Augen mit ein wenig Liedschatten beschmiert und oben wie unten einen etwas dickeren schwarzen Strich gezogen und dazu meine Wimpern gehörig getuscht – so wie ich es selbst nie gemacht und auch nicht gekonnt hätte. In meinen Haaren hatte sie ein geflochtenes grünes Lederband getan – so eines wie Shana getragen hatte vor einigen Wochen. Nur dass es an mir um einiges besser aussah, was ich als seltsam empfand.

„Und einigermaßen zufrieden?“

„Ja doch, obwohl ich dir das nie verzeihen werde, das du mich ernsthaft dorthin schleppst.“

„Genau so wie ich dir nicht verzeihen werde, dass du mich vor einer Woche 1 Tag lang ignoriert hast, weil dort irgendetwas mit Shane war, auch wenn du es immer noch nicht zugibst. Und glaub mir ich werd noch raus bekommen was dort war, aber nicht heute. Nur das du es weißt, das nehme ich dir immer noch übel!“

Kam sie schon wieder mit dem Schwachsinn? Sie glaubte wirklich das was vorgefallen war! Ich meine es stimmte ja, aber warum musste sie meine Lüge auch so leicht durch schauen? War es wirklich SO offensichtlich, dass sich Shane etwas seltsam in meiner Gegenwart aufhielt? Sie behauptete ja er würde mich immer so komisch anblicken. So als wüsste er nicht ob er herkommen sollte oder nicht. Ich würde mal sagen, dass war einfach nur Alices Einbildung, aber ja, die junge Dame glaubte ja besser über mein Privatleben beschied zu wissen als ich! Ich seufzte entnervt.

„Ich hab es dir schon-“

„Hundertmal erklärt – Ich weiß. Ich glaub‘s dir aber trotzdem nicht! So und jetzt Themenwechsel. Ich krieg schon noch raus was da zwischen euch beiden war – auch wenn du es leugnest, aber wie gesagt nicht heute. Heute bin ich dran. Außerdem verdirbst du mir so meine gute Laune.“

„Wer verdirbt hier wem den ganzen Abend? Außerdem fängst du immer damit an. Ich hab mich schon 6 Mal dafür entschuldigt! Ich kann nichts dafür wenn du mir nicht glaubst.“

„Ich sagte Themenwechsel!“

Mit diesen Worten war das Thema für sie gegessen und sie drehte sich wieder zu ihren eigenen Klamotten, um sie wieder in ihre riesen Tasche zu packen. Diese Frau war echt zum Haare raufen! Wieso ließ ich mich auch immer unterbuttern? War ich vor 4 Wochen nicht noch durchsetzungsvermögender? Wo war diese Stärke abgeblieben? Oder lag es einfach daran, dass Frauen viel hartnäckiger als Männer waren? Wahrscheinlich – es musste so sein. Man konnte es sich zumindest ein reden … In diesem Moment wünschte ich mich so schnell wie möglich zu Nate. Ich wollte mit ihm reden, ihn lachen hören, seine Stimme neben mir wissen und wieder einmal ein richtiges Männergespräch über Frauen führen. Ich hatte so dermaßen das Gefühl das ich verweichte – und es gefiel mir gar nicht. Ich hatte noch keine Minute Zeit mir die ganzen Mädchen im Camp anzusehen … echt traurig für einen Kerl meiner Klasse. Stattdessen war ich auf dem Weg zu einer geilen Party, die mehr oder weniger ohne mich stattfinden würde, da ich mich nur hinsetzen würde und wie eine Salzsäure den anderen zusehen würde wie sie ihren Spaß haben würden. Echt erbärmlich …

„Okey, wenn du dann endlich still bist. Ich will ja nicht das du zu spät zu deiner selbst ernannten Ich-geh-stehe-heute-meine-Liebe-Party kommst.“, erwiderte ich also versöhnlich.

„So gefällt mir das ganze schon besser, aber bitte nicht so sarkastisch. Du bist ja nur eifersüchtig.“

„Ja klar … Danke, als bräuchte ich so was …“

„Jaja, das sagen alle die keinen Abkriegen … also bereit?“, fügte sie noch scherzend hinzu.

„Muss ich ja sein – du lässt mir keine Wahl.“

„Ach was – und jetzt bitte noch ein Lächeln.“

Ich setze ein halbherziges Lächeln auf. Eigentlich konnte man es nicht mal so nennen, denn es war eine einzige Grimasse.

„Schon besser. Also los!“ Und mit diesen Worten verließ ich meine geliebte – unter diesen Umständen zumindest – Hütte und machte mich mit einer hoch motivierten Alice und meiner demotivierenden Wenigkeit auf den Weg zur ‚beschießensten‘ Party des Sommers.
 

Alice und ich waren einige der Letzten die ankamen – auch wenn die Party kaum zu übersehen war. Es gab laute Musik, viele Bars mit allen Arten von Getränken, mehrere Lagerfeuer, eine Tanzfläche und jede Menge bekannter Gesichter. Ich glaubte fast der ganze Campingplatz hatte sich hier versammelt, was kein Wunder war bei Anwesenheitspflicht. Ich befand mich somit in einer wirklich beengenden Menschenmenge, folgte einer nervösen Alice, die halbverzweifelte, da sie bei den ganzen Leuten niemand von unserer Gruppe fand. Ich versuchte derweilen irgendwelchen Armen auszuweichen und nicht mit irgendwelchen Getränken oder Leuten zusammen zu stoßen. Als wir uns halbwegs an den Rand durchgekämpft hatten, sah ich Nate. Unsere Blicke kreuzten sich kurz, bis er mit einem beleidigten Blick wieder weg sah und sich an Adi wendete. Im ersten Moment war ich wütend, denn ich blieb stehen und sah ihn einfach an. Im nächsten Moment jedoch einfach nur enttäuscht. Ich hatte doch wirklich nichts getan? Aber offensichtlich hatte er sich immer noch nicht mit Shana ausgesprochen, da sie nicht bei ihm war. Aber dafür konnte ich doch nichts. Ich hielt Alice also an und deutete mit einem Kopfnicken zu Nate.

„Oh ich verstehe. Klar doch. Geh ruhig zu ihm hin. Ich such derweil weiter nach Nevio. Ich ruf dich an, wenn ich ihn gefunden habe. Okay?“

Ich nickte nur und im nächsten Moment ließ sie meine Hand los und ging weiter. Ich fühlte mich anfangs ziemlich verloren ohne ihre Hand – wie bestellt und nicht abgeholt. Aber ich fing mich schnell wieder und steuerte auf meinen blondhaarigen Freund zu. Er hatte immer noch den Rücken zu mir gedreht und unterhielt sich mit Adi. Adi sah mich überrascht an, als ich hinter Nate auftauchte. Er hatte mich natürlich schon auf sie beide zu steuern sehen.

„Ich denke, ich lasse euch beide Mal alleine. Du weißt ja wo wir sitzen.“, meinte Adi sogleich, bevor ich mich überhaupt bei Nate bemerkbar machen konnte. Ich konnte Adi innerlich nur dafür danken – er wusste einfach immer, wann er gehen sollte.

„Hä? Alter!? Hey! Was soll das?“, Nate sah ihm verwirrt nach, drehte sich jedoch sogleich auch entrüstet um. Er stoppte jedoch abrupt in seiner Bewegung, als sich unsere Blicke wieder kreuzten.

„Du.“, war das einzige Wort das er mir widmete, bevor er beleidigt sein Gesicht verzog und Anstalt machte wieder um zu drehen und Adi zu folgen.

„Hey.“, sagte ich nur, doch er drehte sich wirklich um und somit von mir weg. Ich konnte es nicht glauben! Er war wirklich eine Zicke!

„Man, Nate – jetzt warte doch! Warum bist du so sauer? Ich versteh das nicht. Ich bin derjenige der eigentlich sauer sein könnte. Immerhin lässt du mich mit der ganzen Scheiße total hängen und wegen wem? Dieser biestigen Shana.“

Er blieb stehen und drehte sich sogleich wieder zu mir – aufgebracht.

„Ach ja? Wer ignoriert mich? Und nenn sie gefälligst nicht biestig! Du hast ja keine Ahnung. Bring erst mal selbst eine ordentlich Beziehung auf die Beine.“

„Damit ich so werde wie du? Nein danke, ich verzichte freiwillig! Was ist los mit dir?“

„Mit mir? Die Frage lautet doch eher mit dir? Du redest nicht mehr mit mir!“

„Tzz, das glaubst auch nur du! Immerhin ignorierst DU mich schon seit Tagen!“

„Tu ich gar nicht, dass tust du!“

„Gar nicht. Ich wollte mich gerade entschuldigen – für was auch immer. Aber weißt du was? Ich scheiß drauf – mach doch was du willst!“

„Fein!“

„Ja fein!“, und mit diesen Worten drehte ich mich nun um und verließ Nate – ließ ihn einfach stehen ohne ihm einen weiteren Blick oder ein Wort zu schenken. Sollte er doch selbst sehen wie er zurechtkam. Ich meine nur! Wer war ich, dass ich mir seine Launen andauernd gefallen ließ? Da wollte man sich entschuldigen und dann das! Das war doch unverschämt … Ich wollte gerade Alice anrufen, als ich sie schon erblickte – zu meinem Übel saß sie bei Shana, Adi & Co. Konnte sie sich denn nicht eine andere Gruppe aussuchen? Sie musste sich ja nicht lange mit ihnen Abgeben … im Gegensatz zu mir, wenn ich mich dazu saß. Doch bevor ich wieder umdrehen konnte, hatte sie mich schon gesichtet und winkte mich herüber. Ich seufzte schon zum keine Ahnung wie vieltsten Mal verzweifelt auf. Viel schlimmer konnte der Abend wirklich nicht mehr werden. Ich steuerte also auf die kleine Gruppe zu. Zu meinem Pech kam auch Nate sogleich an, jedoch von der anderen Seite. Er warf mir einen scharfen Blick zu, den ich jedoch nicht erwiderte. Ja, das war feige, aber ich wollte einfach nicht. Ich hatte genug! Ich wusste, dass er wollte dass ich ging, aber ich setzte mich trotzdem zu Alice – jedoch etwas abseits von den anderen. Ich musste ja nicht mit ihnen reden.

„Hat wohl nicht ganz geklappt, was?“, meinte Alice sogleich flüsternd zu mir.

„Reden wir lieber nicht darüber.“, erwiderte ich angestrengt darauf. Ich hatte jetzt schon genug von dem Abend. Sie reichte mir ein Glas hin. Ich sah sie fragend an.

„Weißer Wodka. Ich denke du kannst ihn besser gebrauchen als ich.“, fügte sie mit einem Lächeln hinzu.

„Nevio noch nicht gefunden?“, kam es sogleich von mir, jedoch nicht ohne das ich das Getränk an mich nahm und sogleich auf Ex austrank.

„Nur nicht so schnell.“, kam es sogleich von ihr etwas überrascht. „Tja, gefunden schon, aber ich wurde noch nicht beachtet. Er sitz dort drüben bei Shane.“, und damit zeigte sie irgendwo in die Menschenmasse. Mein Blick streifte kurz über die Tanzfläche, vor der wir unweigerlich saßen, und ich erblickte die beiden sogleich. Sie sahen beide toll aus. Man hätte sie nicht übersehen können mit ihren Jacketts, den weißen T-Shirts, den lässigen Hosen und Converse. Sie stachen mit ihrem Style ein wenig heraus. Sie standen cool angelehnt an der Bar und unterhielten sich.

„Er kommt schon noch. Der Abend hat doch erst begonnen.“, versuchte ich Alice zu beruhigen. Ich kannte Alice mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass sie ein wenig enttäuscht war, aber ich glaubte auch an meine Worte. Mein Blick war immer noch auf die beiden gerichtet, als Shane mich plötzlich direkt ansah. Seine Haltung gefror sofort. Im ersten Moment schien er mich perplex zu mustern, bevor sich sein Blick verzog und er den Blick sofort wieder zu Nevio wendete. Im nächsten Moment ruhte Nevios ungläubiger Blick auf mir und dieses Mal war ich diejenige die sofort Weg sah. Was hatten die beiden denn? Es war mir total unangenehm und ich kontrollierte sofort ob meine Kleidung richtig viel – aber es passte alles. Wahrscheinlich unterhielten sie sich gerade über Alice. Ja genau, das musste es sein. Im nächsten Moment jammerte mich Alice auch schon voll, dass sie meiner Aussage nicht glaubte und was sie tun sollte. Ich hatte also keine Zeit mehr mich um Nevio oder Shane zu kümmern und bemühte mich damit Aufbauarbeit zu leisten. Und so bekam ich auch nicht mit wie Shane wieder zu mir rüber sah, genauso wie Nevio. Nevio beäugte sein Gegenüber jedoch skeptisch.

„Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Hast du ein bisschen zu viel getrunken? Offensichtlich hattest du schon genug – Ich glaub dein Wodka Bull steigt dir zu Kopf!“, meinte er ungläubig.

„Nein ich meins ernst. Sie sieht toll aus, dass musst du zugeben.“, kam es sogleich von Shane, während er noch ein Schluck von dem besagten Getränk nahm.

„Ja – Ich meine ja, sie sieht echt toll aus heute. Ganz anders als sonst und sie ist auch ein tolles Mädchen, Shane. Ich mag sie sehr gern. Aber-“, er schien nach Worten zu ringen. „Sie ist einfach nicht dein Typ. Du hast normalerweise nie solche Mädchen, Shane. Im Gegenteil, Nathalie wäre eher dein Fall. Normalerweise lachst du über solche „Freaks“. Ich mein, ich hab nichts dagegen. Ich versteh‘s nur nicht und ich will einfach nicht das du ihr weh tust, klar?“, fügte er ernst hinzu. Shane beachtete ihn derweilen einfach nicht und starrte immer noch auf das Objekt seiner Begierde, während er trotzdem nickte. Ob beabsichtigt oder nicht, war nicht klar zu erkennen.

„Bist du irgendwie krank oder was? Ich mein mir ist aufgefallen, dass ihr euch nicht mehr so angiftet, aber das jetzt? Was ist mit dir passiert? Bist du auf den Kopf gefallen? Oder hat dich jemand entführt? Wenn ja, dann will ich sofort wieder den alten Shane zurück!“, Nevio griff seinem schwarzhaarigen Freund an die Stirn und dieser erwachte sofort wieder aus seinen Träumereien. „Spinnst du!? Mir geht’s gut, klar? Ich will doch einfach nur mit ihr tanzen und vielleicht etwas reden. Ist das zu viel verlangt?“, erwiderte der besagte Träumer genervt. Und nun sah er seinem Gegenüber direkt in die Augen. Dieser sah in ungläubig an.

„Hallo? Du und mit einem Mädchen reden? Normalerweise ist deine Devise ‚Ficken und schicken‘. Und überhaupt was findest du an ihr?“ Shane seufzte und überlegte lange bevor er antwortete.

„Ich weiß, dass es seltsam klingt, aber ich weiß auch nicht … Sie ist so anders. Aber ich glaube das ist es. Ich finde es einfach faszinierend, dass sie sich nichts aus meinem Namen, dem ganzen Geld und meinem Aussehen macht … im Gegensatz zu den anderen Weibern. “ Nevio besah in darauf mit hochgezogenen Augenbrauen.

„Ach was weiß ich.“, erwiderte der Schwarzhaarige jedoch sogleich, als er den Blick seines Freundes sah und fand plötzlich die Getränkekarte ganz interessant. Der Halbitaliener klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter.

„Schon gut. Ich weiß zwar nicht warum dich das auf einmal nicht mehr stört, aber egal. Ich find‘s ja nicht schlimm. Es ist einfach ein wenig ungewohnt. Also geh schon – dann fordere sie zum tanzen auf.“ Shane sah ihn sofort wieder an – überrascht.

„Du meinst ich sollte das wirklich tun?“

„Das wolltest du ja, oder nicht?“

„Ja, ja … eigentlich schon.“, doch der Schwarzhaarige schien sich nicht mehr so sicher. Nevio sah wieder zu mir rüber.

„Also ich würde mich beeilen, bevor es ein anderer tut. Sie wird schon von mehreren Augen beobachtet.“, erwiderte dieser nur. Shane seufzte und grinste sogleich.

„Schon gut. Ich mach ja schon. Lass mich nur austrinken.“, und damit trank er den letzen Schluck, verabschiedete sich von seinem Freund und steuerte … auf MICH zu. Jedoch wäre mir das gar nicht aufgefallen, wenn Alice nicht wäre. Denn ihre Augen schienen immer größer zu werden und sie hörte plötzlich auf zu sprechen. Ich sah sie verwirrt an.

„Alice?“

Sie schien mich nicht zu hören. Erst beim 4ten Mal.

„Alice? Was verschlägt dir bitte die Sprache, wenn es um Nevio geht? Den Trick würde ich auch gerne beherrschen!“

„Ich wusste es!“, zischte sie.

„Was?“, erwiderte ich verwirrt. Sie sah mich nun unergründlich an.

„Shane steuerte geradewegs auf uns zu – und ganz sicher nicht wegen mir.“, erwiderte sie flüsternd und mit fragendem Blick. Mein Herzschlage setze für einen kurzen Moment aus, bevor ich ungläubig antwortete. Das konnte nicht sein, oder?

„Das bildest du dir ein. Er will ganz bestimmt zu Nathalie oder sonst wem, der hier in der Nähe steht.“

Alice schüttelte ihren goldenen Lockenkopf und bevor sie noch irgendetwas anderes erwidern konnte, war sie schon verstummt und sah hoch zu der Person die nun seitlich von mir stehen musste. Ich hatte meinen Blick immer noch gesenkt, als im nächsten Moment ein sanftes und schüchternes „Hey.“, erklang. Und diese Stimme. Ich hätte sie unter tausenden erkannt. Ein eiskalter schauer lief mir den Rücken runter. Der Unterton passte einfach nicht. Ich kniff kurz die Augen zu, dass konnte nicht wahr sein. Ich träumte. Neben mir stand nicht gerade Shane und hatte mich angesprochen? Doch meine Illusion wurde zerstört, als ich Alices Arm in meiner Seite spürte. Ich atmete tief ein, öffnete meine Augen und erblickte sofort Shanes blaue Converse, die immer in unsere Hütte achtlos herum lagen, und nun direkt vor mir standen. Ich schluckte. Konnte mich nicht ein Baum erschlagen oder ein schwarzes Loch schlucken? Ich erhob meinen Blick und blaue Augen trafen auf grüne. „Hallo.“, erwiderte ich ziemlich leise und ungläubig. Um mich herum wurde es still – selbst Adi, Nate und Shana hatten aufgehört zu reden und sahen nun ungläubig zu uns herüber. Vor allem Nates Blicke sprachen Bände. Er kapierte gar nichts. Wie auch? Ich kapierte es ja selbst nicht.

„Tja, ich hab dich so gesehen … und ja … ich dachte mir, vielleicht-“, er brach ab. Offensichtlich waren ihm die ganzen Blicke meiner Kollegen auch nicht geheuer. Er sah sich kurz um, bevor er weiter machen wollte.

„Also ja … die Musik ist ziemlich gut und deshalb …“

Er versuchte doch nicht gerade wirklich … oder? Nein. Nie im Leben. Nicht mich. Nein, das war nicht real. Wir hatten die letze Woche kaum ein Wort gesprochen. Wir hatten uns ignoriert und jetzt? Er wollte mich jetzt nicht ernsthaft zum Tanzen auffordern!? Meine Haltung verkrampfte sich augenblicklich und ich bekam Panik. Nein. Nein. Nein, das durfte nicht sein. Ich konnte doch nicht tanzen! Und erst recht nicht so! Doch bevor er den besagten Satz aussprechen konnte, war auch schon Nathalie an seiner Seite und hatte sich unter seinem Arm eingehakt mit einem „Shane, endlich! Ich hab dich schon überall gesucht.“ Zum ersten Mal in meinem Leben war ich wirklich dankbar Nathalie zu sehen und das hätte ich wirklich nie für möglich gehalten. Ich atmete schwer aus, jedoch so dass es keiner mitbekam.

„Na los, lass uns tanzen gehen.“, erwiderte sie noch zu dem Schwarzhaarigen, doch dieser bewegte sich keinen Zentimeter und beäugte sie nur etwas komisch. Bestes Timing. Glück gehabt, dachte ich mir. Na los geh schon mit dieser Zicke tanzen. Bitte. Doch mein gesamtes Bitten, brachte nichts. Er bewegte sich weiter hin nicht und sah Nathalie stattdessen verwirrt an, bevor er etwas auf ihre vorherigen Worte erwiderte.

„Ähm … ehrlich gesagt, hatte ich gerade etwas anderes vor. Besser gesagt ich hatte schon jemand ins Auge gefasst um zu tanzen. Tut mir Leid.“, meinte er aufrichtig. Er befreite sich aus ihrem Griff und blickte wieder auf mich. Ich schluckte und konnte nicht glauben, was sich da gerade vor mir abspielte. Shane ließ Nathalie abblitzen? War er noch ganz dicht? Und dann noch wegen mir? Auch Nathalie schien mehr als überrascht zu sein, obwohl sie die ganze Situation nicht ganz zu erfassen schien, da sie nur ein „Oh, wenn das so ist, warte ich eben eine Runde, aber mit wem willst du denn überhaupt tanzen? Ich sehe niemandem der deinem Niveau entsprechen würde außer mir.“, heraus brachte und erst jetzt schien sie zu realisieren das auch ich hier war.

„Ach wenn haben wir denn da? Freakylein, du hast dich ja ganz schön ins Zeug gelegt. Wolltest du jemanden beeindrucken?“ Sie fing an zu kichern und Shane sah sie fragend an. Ich war viel zu perplex um irgendetwas darauf zu erwidern. In meinem Kopf war es leer. Nathalie hatte mir mit ihren Sprüchen gerade noch gefehlt. Von mir aus hätte sie gerne mit ihm tanzen können. Ich verzichtete gerne. Doch das wollte sich Shane offensichtlich nicht gefallen lassen.

„Ähm Entschuldigung, aber woher willst du wissen, was meinem Niveau entspricht? Ich denke mal, das weiß ich doch nach am besten, oder nicht?“, erwiderte er etwas verärgert. Sie sah ihn überrascht an.

„Na ja, ist ja offensichtlich – wir spielen in derselben Liga im Gegensatz zu ihr.“ Und plötzlich schien ihr ein Licht aufzugehen warum er überhaupt hier stand und sie fing an zu lachen.

„Ach ich verstehe. Na, Tomboy wie viel bezahlst du Shane, damit er dich ein wenig beliebter macht? Willst wohl auch ein Mal dazu gehören. Das ist aber wirklich nett von dir Shane, dass du dich auf so ein Niveau runter lässt, könnte doch glatt deinem Ruf schaden.“, wandte sie sich zuerst an mich und dann an Shane. Meine Augenbrauen wanderten automatisch ein paar Zentimeter hinauf. Wie bitte? Ich hätte ihr gerne etwas richtig Fieses an den Kopf geworfen, doch mein Kopf war, wie vorher bereits erwähnt, leer und somit fiel mir nichts Nennenswertes ein. Ich stellte mir nur gerade vor, wie ich sie am besten Eigenhändig erwürgen konnte. Wieso auch ausgerechnet jetzt? Sonst hatte ich auch immer ne große Klappe … Ich stellte gerade nur fest, dass mittlerweile fast alle unserer ‚Unterhaltung‘ beiwohnten und ein paar ein Zustimmendes „Nathalie hat nicht ganz unrecht“ oder „Wie peinlich. Stimmt das?“ von sich gaben oder einfach nur kicherten. Ich schluckte schwer. Ich fühlte mich gerade so was von unwohl in meiner Haut. Ich hatte doch gar nichts getan, also warum urteilten die über mich!? Diese Oberflächlichkeit kotzte mich gerade richtig an. Doch auch Shanes Gesichtsausdruck änderte sich von einer Sekunde auf die Andere und im nächsten Moment legte er richtig los – auch wenn ich das, was jetzt kam, nie von ihm erwartet hätte.

„Was fällt dir eigentlich ein du blonde Tussi? Sie zahlt mir gar nichts, ich mache das freiwillig, klar? Wenn du mich fragst, hat sie so oder so einen besseren Geschmack als du und das auf ganzer Linie. Außerdem empfinde ich ihr Niveau genau als meine Richtlinie im Gegensatz zu deinem 0815 billig gehabe. Wie viel kostest du pro Nacht, kleine? 10 €? Würde zu deinem billigen Outfit passen! Und jetzt zisch ab und lass sie doch einfach in Ruhe!“ Nathalie war schockiert und auch die anderen sagten kein Wort mehr. Ich spürte schon richtig wie Nates und Alice fragende Blicke auf mir klebten und mich schon richtig durch bohrten.

„Und was glotzt ihr anderen so blöd? Na los, feiert eure beschissenes Party und vergnügt euch mit euch selbst!“, fügt er noch verärgert hinzu und im nächsten Moment drehten sich alle um und fingen wieder an zu Tuscheln und zu Reden. Nathalie sah Shane immer noch fassungslos an. Offensichtlich war ihr zum ersten Mal in ihrem Leben die Spucke im Hals stecken geblieben. Ich musste einfach Grinsen. Shane hatte mich gerade verteidigt und richtig gut dazu noch. Ich musste zugeben, ich war ihm ein wenig dankbar, aber nur ein wenig. Im nächsten Moment machte die blonde Tussi schon kehrt und rief ihm noch ein „Arschloch“ entgegen. Der Schwarzhaarige grinste daraufhin nur und sah ihr nach.

„Danke, dass hab ich schon öfters zu hören bekommen.“, rief er ihr noch nach, bevor er sich wieder an mich wandte. „Wo waren wir gerade bevor die alte Tussi uns gerade gestört hatte?“, fragte er mich. Seine Selbstsicherheit war wohl wieder zurück.

„Keine Ahnung.“, meinte ich. Er schien kurz nach zu denken, bevor es ihm wieder ein zu fallen schien.

„Ach ja, ich wollte dich eigentlich zum Tanzen auffordern, aber ich denke deine Lust hält sich in Grenzen nach dem ganzen Theater?“ Mein Herz setze wieder einen Schlag aus und ich hielt die Luft an.

„Ähm …. Tja, ehrlich gesagt war ich auch so nicht aufs Tanzen scharf, aber jetzt erst recht nicht mehr.“

Ich atmete wieder aus und sah ihn wie in Trance an. Das Ganze war so surreal. Träumte ich?

„Kann ich verstehen – mir geht’s ähnlich.“, erwiderte er lächelnd und ich hatte das Gefühl, als wäre der Shane wieder vor mir, den ich in den letzen Tagen irgendwie vermisst hatte. Irgendwie zumindest. Er konnte ja auch ganz okey sein …

„Was hältst du davon wenn wir uns ein wenig zurück ziehen von dem ganzen Chaos? Ein kleiner Spaziergang gefällig, junge Dame?“ Er hielt mir seine Hand hin, um mir aufzuhelfen. Ich saß wie perplex vor ihm und brachte kein Wort heraus. Ich sah kurzerhand zu Alice, die mich verwirrt ansah. Ich hätte es nicht tun sollen. Doch im nächsten Moment deutete sie mir mit dem Kopf mit Shane mitzugehen. Und ihr Blick sprach Bände. Sie erwartete wohl, dass ich ihr am nächsten Morgen alles erzählen müsste, oder wenn ich wieder zurück war. Desto früher umso besser. Ich nickte also nur und stand auf und nahm seine Hand dankend an. Das Ganze war schlecht. Richtig schlecht. Ich alleine auf den Weg – irgendwohin – mit einem Jungen, der eigentlich mein Erzfeind war. Aber was hätte ich auch anderes sagen sollen? Ich war wie in Trance – wer wäre das nicht an meiner Stelle?

„Dann bis später.“, sagte Shane noch an die anderen gewandt, bevor er mit meiner verwunderten, und immer noch wie in Trance befangener Person, von dannen zog.

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Hach~ heute ist so ein schöner Tag & ich verbring in drinnen ... eigentlich eine Schande oo Tja, dafür gibts ein neues Kapitel :D Auch toll^^ Öhm ja, jetzt sind wir in der hälfte angelangt (: denk ich zumindest ... es werden so um die 14 Kapitel + noch einen folgenden Epilog geben...
 

&& an dieser Stelle noch ein großes Dankeschön an meine treuen Kommi schreiber - ihr seit die besten ;D Ich hoffe das Kapitel ist annehmbar für euch ;D
 

@Sayuri27: Tja, not macht erfinderisch - aber das wars mit Joelles fürsorglichkeit ;D voraussichtlich zumindest xD Mann weiß ja nie was mir noch so einfällt ... ich hoffe ich hab dich mit diesem Teil halbwegs zufrieden gestellt ;D
 

@aiishii danke & schön wenns dir gefallen hat :D und wie jetzt, du kennst pizza nicht? xD Also ich frag nur wegen dem Fragezeichen^^ Na ja, zum Teil besser ausstehn, aber ja es geht in die Richtung ;D so was lässt eine Person natürlich in ein anderes Licht rücken ;D Schwer möglich wieder zur Norm zu gehen ... da es doch emotional ist ... ^^

Kapitel 8 – Reden, auf verschiedene Arten …

Wir liefen eine ganze Weile einfach schweigend nebeneinander her. Wir waren irgendwann Richtung Wald abgebogen und ich verfluchte diese Entscheidung soeben, da ich mit meinem Kleid aufpassen musste, nicht hängen zu bleiben, an irgendwelchen Baumstämmen oder sonstigem Gestrüpp. Außerdem stolperte ich Shane mehr oder weniger einfach nur hinterher. Es war nervig und ich überlegte mir gerade wie ich nochmal in diese Situation gekommen war? Ach ja, ich konnte nichts auf seine dumme Idee erwidern und war ihm einfach gefolgt wie ein Hündchen. Klar, ich war froh von dort weg zu kommen, aber die Alternative war auch nicht gerade berauschend – hinter Shane her zu rennen und aufzupassen, dass ich nicht jeden Moment hinfiel, was bei seiner Geschwindigkeit nicht gerade leicht fiel. Ich kam also zu dem Entschluss, dass es besser war mich selbst aus dieser Situation zu befreien.

„Shane.“, sagte ich sogleich in die Stille, die sich wie ein schweres Tuch um uns gelegt hatte.

„Ja?“, kam es sogleich fragend von ihm, doch er verlangsamte weder seinen Schritt noch drehte er sich zu mir um.

„Könntest du bitte etwas langsamer gehen. Es ist nicht so leicht dir mit diesem Kleid so schnell zu folgen.“

Ich sah gerade auf den Boden, da ich fast über eine Wurzel gestolpert wäre, die man bei der Dunkelheit kaum sehen konnte. Er blieb auf meine Antwort hin stehen und ich bemerkte das zu spät und lief voll in ihn rein.

„Ähm … Entschuldigung ich sehe hier nicht so gut.“

„Nichts passiert.“, meinte er nur. Er drehte sich immer noch nicht zu mir um und langsam machte ich mir auch sorgen, dass wir uns vielleicht verliefen, wenn wir einfach nur so weiter liefen. Bevor ich jedoch etwas erwidern konnte, lief er schon wieder weiter – dieses Mal hatte er jedoch meine Hand mit seiner verschlossen um mich besser führen zu können, nahm ich zumindest an. Ich musste mich beherrschen um sie nicht weg zu ziehen. Es war ungewohnt und fühlte sich irgendwie falsch an. Unsere Hände passten meinem Empfinden nach einfach ein wenig zu gut ineinander. Er lief ziemlich treffsicher durch diesen schmalen Weg. Er kannte ihn wohl oder übel besser wie ich. „Shane? Wohin gehen wir überhaupt? Haben wir uns nicht langsam verlaufen?“

Er wurde wieder etwas langsamer und hielt mir sogleich einen Ast weg, der ihm Weg schien.

„Danke“, erwiderte ich nur. Ich hatte doch nicht etwa Recht, oder? Ich meine ich hatte keine Angst in der Dunkelheit, das einzige vor dem ich mich fürchtete waren Gewitter – die mochte ich noch nie, aber ansonsten … ich konnte mir trotzdem schöneres vorstellen als nachts durch einen Wald zu streifen.

„Wir sind gleich da.“, erwiderte er nur. Ich sah überrascht hinter mir. Er hatte gewartet bis ich an ihm und dem Ast vorbei war bevor er wieder aufschloss. Er versuchte jedoch nicht noch einmal meine Hand zu nehmen.

„Du willst mir jetzt nicht ernsthaft sagen, dass du dich hier auskennst? Es sieht alles gleich aus!“

Er lächelte. „Doch.“

„Angeber …“, kam es nur von mir. Dann legte sich wieder Stille über uns. Ich versuchte einfach so gut wie möglich dem vorgetrampelten Pfad zu folgen und nicht daran zu denken, dass ich hier draußen alleine mit Shane Villa war. Plötzlich lichteten sich die Bäume vor mir und im nächsten Moment befand ich mich auf einer flachen Wiese mit sehr hohem Gras, jedoch alles voll mit weißen Blumen, die im Mondlicht hellblau und dunkelblau wirkten. Sie schwangen leicht hin und her in der leichten Sommerbrise. Ich blieb wie perplex stehen. Nach der Blumenwiese erstreckte sich der See und ein Steg führte hinein. Es war sogar ein Boot dort angebunden. Die Wellen schwappten leicht ans Ufer, auch wenn ich das von meinem Standpunkt aus nicht sehen konnte. Es war eine sternklare Nacht und so funkelten uns unzählige Sterne entgegen, die sich auf der Wasseroberfläche zusammen mit dem Mond spiegelten. Das Bild wirkte so harmonisch und sogleich surreal auf mich. Es war so still und hatte etwas aus einem anderen Universum. Ich traute mich kaum mehr zu atmen, aus Angst das Bild könnte sich verflüchtigen. Ich war eigentlich nie ein großer Romantiker oder irgendetwas in die Richtung, aber das empfand ich trotzdem als … schön. Wunderschön.

„Hier wären wir. Mein Lieblingsort an diesem Camp. Ich war hier oft mit Ryan – er hat sich kaum verändert in den 3 Jahren, seit ich nicht mehr hier war.“, erklang plötzlich eine Stimme hinter mir, die aber gut zu dem ganzen Bild passte. Meine Stimme dagegen klang fremd.

„Es ist traumhaft. Wie habt ihr den Ort gefunden?“

Ich traute mich nicht mich um zu drehen, da ich Shane nicht mit diesem schönen Bild in Verbindung bringen wollte. Er lief jedoch an mir vorbei und in die Blumenwiese und zerstörte somit mein Vorhaben. Ich musste zugeben, dass er perfekt in dieses gesamte Traumbild passte. Es passte fast schon zu perfekt.

„Es war Zufall. Wir hatten uns damals wirklich verirrt, aber haben auch wieder zurück gefunden und irgendwann haben wir diesen Pfad getrampelt.“, lächelte er. „Na komm schon, den armen Blumen macht das nichts aus.“

Ich bewegte mich von meinem Standort am Rand weg in die Mitte zu ihm. Obwohl mir die Blumen für einen kurzen Moment wirklich leid taten. Ich sah mich um.

„Weißt du was jetzt noch fehlt?“, meinte ich mit leuchtenden Augen.

„Nein, was?“

„Musik.“

„Stimmt, das nächste Mal nehme ich meine Gitarre mit und dann spiele ich dir was vor.“, meinte er daraufhin lächelnd. Ich sah ihn skeptisch an.

„Ja klar. Und dann noch mit einem selbstgeschriebenen Song über mich bitte.“, scherzte ich.

„Klar doch.“, erwiderte er sofort – ebenfalls mit einem Lächeln und sah auf die Wasseroberfläche. Sie spiegelte sich in seinen Augen wieder, die dadurch noch mehr zu glänzen und funkeln schienen. Mir war noch nie aufgefallen wie schön Shanes Gesicht eigentlich war. Er hätte Model sein können. Eigentlich war mir auch nie aufgefallen wie schön Shane generell war. Und ich musste feststellen wie leicht mir das ganze hier fiel. Wie leicht es mit ihm war. So einfach wie es eigentlich nicht sein sollte.

Ich fühlte mich wie in einer anderen Welt, alles schien zu verblassen, so als würden wir in einer anderen Zeit leben, wenn wir nur zu zweit waren. Ich musterte ihn weiter. Er war dünn, jedoch nicht so dünn wie ich. Er hatte ziemliche Muskeln nahm ich an, was sein Shirt so preis gab. Ob er wohl ins Fitnessstudio ging? Aber wohl kaum, er war das letzte Jahr wohl mit anderen Dingen beschäftigt … und mir fiel wieder diese Nacht ein. Shane tränenüberströmt – so anders, aber irgendwie gleich wie jetzt. Er lächelte immer noch. Und das Bild erinnerte mich an eine Gottheit. Ich fühlte mich auch gleich zurückversetzt in die Musikhütte. Ich schloss meine Augen. Es war auf irgendeine Art zu viel für mich – seine ganzen Facetten. Ich wusste einfach nicht mehr was ich über ihn denken sollte. Wenn ich ehrlich war wollte ich in der letzen Woche, dass er wieder so zu mir war, wie er es jetzt gerade war. Wenn ich ehrlich war, wollte ich wirklich wissen, was mit ihm los war, was in ihm vorging, von was er träumte und was ihn beängstigte und diese Gedanken beängstigten mich selbst. Sie umzingelten mich und hinterließen lauter Gefühlsregungen und Gedanken die ich nicht einordnen konnte, die nicht zu mir passten. Dinge die verkehrt schienen. Ich fing an zu frösteln. Shane bemerkte es und sein Blick lag sogleich auf mir.

„Ist dir kalt?“, fragt er sogleich. Ich öffnete meine Augen wieder und erwiderte ein „Nein, nein“, obwohl es nicht der Wahrheit entsprach. Mir war kalt. Er lachte kurz auf.

„Natürlich ist dir kalt. Ich sehe es ja. Wieso gibt’s du es nicht einfach zu?“

„Ersten: Was würde das ändern? Und zweitens: Warum fragst du dann so blöd, wenn du es eh weißt?“, meinte ich etwas bissig. Wieso lachte er jetzt bitte?

„Erstens: Jede Menge. Ich will ja nicht das du erfrierst und zweitens wollte ich mich nur versichern.“ Und damit fing er an sein Jackett auszuziehen. Ich verfolgte die Regung mit Interesse und musste feststellen, wie sehr ich überhaupt auf seinen Körper achtete. Ich hätte fast neidisch werden können. Sein Körper schien fast perfekt im Gegensatz zu meinem abgemagerten. Ich war schon ziemlich dünn, aber mein Appetit war im letzen Jahr auch ziemlich zurück gegangen … Magersüchtig war ich jedoch nicht oder so etwas. Einfach nur dünn.

„Was machst du da?“, fragte ich also skeptisch.

„Na was wohl?“, erwiderte er gespielt ratlos, bevor er mir sein Jackett über die Schulter legte.

„Zieh es an. Dir ist kalt und mir ist warm genug.“

„Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?“

„Klar doch. Na los zieh es an.“

Ich sah ihn immer noch an. Ich mochte es nicht wirklich wenn sich unsere Augen so lange trafen, aber ich konnte seine Handlung einfach nicht einschätzen. Er war ein Rätsel für mich – unlösbar in vielen Punkten. Und somit hatte ich auch nicht mit seiner nächsten Aussage gerechnet.

„Du siehst heute wunderschön aus, weißt du das?“

Und sein Blick hielt mich einfach gefangen, doch als ich merkte dass er meinem Gesicht etwas näher kam, drehte ich meinen Kopf sofort weg.

„Ähm danke, aber ich mag es nicht besonders.“

Ich sah einfach auf die andere Seite mit hochrotem Gesicht. Er hatte nicht probiert mich zu küssen, oder? Ich verkrampfte mich augenblicklich und versuchte mir einzureden, dass ich mir das nur eingebildet hatte. Schlagartig wurde mir aber auch wieder bewusst, wo ich mich befand und mir kam nur ein Gedanke: Ich musste so schnell wie möglich wieder zurück. Ich befand mich auf dünnem Eis. Vor allem was meine Gedanken anging. Die bildeten sich schon Sachen ein, die gar nicht hier waren … denn als ich wieder zu Shane sah, war seine Silhouette genau wie vorher. Er schaute auf den See. Es musste wirklich Einbildung gewesen sein. Also sagte ich einfach das erste was mir gerade einfiel. Und es war wirklich das doofste was ich überhaupt sagen konnte. Ich hätte mich im nächsten Moment gerne gegen den nächsten Baum katapultiert oder mich im See ertränkt. Oder einfach nur mein eigenes Mundwerk zugeklebt …

„Darf ich dich etwas wirklich doofes Fragen? Wieso hast du mir das alles erzählt damals?“

Ganz schlechte Frage! Anfangs schwieg Shane und ich sah ihn erwartungsvoll an.

„Du meinst in dieser Nacht?“

„Ja.“ Was sollte ich auch sonst meinen?

„Ehrlich gesagt habe ich darüber auch sehr viel nach gedacht in der letzen Woche. Ich wusste einfach nicht mehr wie ich dir gegenüber treten sollte. So wie immer oder so wie ich wirklich war? Ich wusste nicht wie sehr ich dir vertrauen konnte… aber du hast niemandem etwas erzählt.“, meinte er mit etwas überraschten und ernüchternden Unterton. Es klang mehr danach, als würde er das zu sich selbst sagen. Was hätte ich auch tun sollen? DAS jemanden erzählen? Ich wusste doch selbst nicht was damals wirklich los war … es wäre mir auch selbst zu unangenehm gewesen.

„Nein, das hatte ich durch aus nicht vor – es hätte mir eh niemand geglaubt. Außerdem hätte ich davon nichts. Wenn wir also soweit meine Verschwiegenheit geklärt hätten, dann bin ich froh – nur beantwortet das nicht meine Frage. Also was war deine Lösung?“, meinte ich nur achselzuckend.

„Ich weiß. Tja, ich bin nicht wirklich auf eine zufriedenstellende gekommen. Aber die annähernd ehrlichste Antwort ist: Weil du der einzige Mensch bist, den ich in den letzen 3 Jahren kennen gelernt habe, der den Menschen, den ich selbst am meisten hasse, durch schaut hast – meine Fassade; mein 2tes ich.“

Ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht mit so einer Antwort. Weil ich einfach gerade da war oder … ach keine Ahnung mit was. Ich wusste wirklich nicht, was ich darauf erwartet hatte, aber jedenfalls nicht das. Denn einerseits klang es so schrecklich einsam und schmerzhaft und anderseits musste es anstrengend sein eine Fassade so lange aufrecht zu erhalten. Sehr anstrengend. Und da stellte sich mir auch schon die nächste Frage: Wieso hatte ausgerechnet ich es geschafft diese Fassade zu durch schauen? Wenn ich ehrlich bin, hatte ich nichts dazu beigetragen. Es war alles Zufall gewesen. Ich verdiente das versteckte Lob, dass hinter diesen Worten standen, nicht wirklich. Ich wusste nicht was darauf zu erwidern, doch ich musste auch nichts erwidern, denn Shane durchbrach die Stille wieder ein Mal – wie so oft in der vergangenen Zeit.

„Ich hab übrigens nachgedacht über das was du gesagt hast. Also das das ich mit dem ganzen Abschließen sollte und es mir schwerer mache, als es eigentlich ist.“

Er sah mich wieder einmal direkt an. Wie ich das hasste, aber ich konnte mich diesem Blick auch nicht entziehen. Es war grauenhaft. So fesselnd, so verdammt ehrlich. Er war so verdammt ehrlich zu mir.

„Und ich denke du hattest Recht. Ich mach es mir selbst schwer, aber ich möchte nun versuchen mit dem Thema abzuschließen. Ich weiß nicht wie oder wann, aber ich möchte es einfach versuchen. Das bin ich ihm Schuldig. Ich will wieder annähernd leben.“

„Das klingt doch gut. Glückwunsch, du schaffst das schon. Wie sagt man so schön? Die Erkenntnis ist der Erste Schritt oder so in der Art …“, versuchte ich es etwas aufbauend. Was hätte ich darauf auch sagen sollen? Ich hatte nicht damit gerechnet dass er wirklich über meine Worte nach dachte …

„Mal sehn. Ich geb mein Bestes und das hab ich dir zu verdanken. Ich hab dir ne ganze Menge zu verdanken, wenn ich so nach denke … auch das wegen Susi und so – der freie Tag hat mir wirklich gut getan.“

„Kein Problem, immer wieder gerne.“, erwiderte ich lächelnd. Er schmeichelte mir, das war wirklich …. Nett, aber auch ungewöhnlich.

„Ich muss mich auch bei dir bedanken.“, erwiderte ich nun. Sein Blick wurde daraufhin fragend.

„Ähm?“

„Na ja für vorhin – mit Nathalie. Du hast es ihr echt gezeigt!“, meinte ich begeistert und lachend.

„Tja, es entsprach der Wahrheit. Sie nervt mich eh schon seit Tagen. Es musste irgendwann ausgesprochen werden. Außerdem war das unter aller Sau was sie zu dir gesagt hat.“

„Tja, das ist Nathalie, aber wie gesagt: Danke. Ich hoffe dir ist klar, dass sie jetzt nie wieder ein Wort mit dir wechseln wird.“

„Kein Problem. Wie hast du so schön gesagt? Immer wieder gerne und ich werd‘s überleben.“, meinte er grinsend und sah mich wieder direkt an. Ich wusste nicht wieso, aber wenn er mich so an sah und mit diesem Grinsen wurde mir richtig warm ums Herz – es fühlte sich einfach toll an. Vor allem weil ich wusste, dass es nur mit galt und dass sonst niemand dieses Lächeln zu Gesicht bekam … Moment … wurde ich langsam so etwas wie besitzergreifend? Bei Shane? Das war ja krank … Ich verschob den Gedanken sofort wieder. Er passte nicht – wie so vieles in letzter Zeit – und es machte mir auch Angst, da ich das bei niemandem empfand. Und im nächsten Moment hatte ich schon den nächsten Satz ausgesprochen, denn ich gar nicht laut aussprechen wollte. Wirklich bescheuert – das war eben ich. Erst reden und dann denken … es war schon immer ein Schwäche von mir.

„Ich weiß nicht warum du dich so Versteckst. Die Leute könnten mit Sicherheit auch diesen Shane mögen. Ich für meine Teil mag dich so zum Beispiel wirklich gern.“

Es war so direkt. So ehrlich. So ein einfacher Satz, der jedoch so eine große Wirkung hatte. Für Shane war er überraschend, das konnte ich in seinem Gesicht ablesen – er wusste offensichtlich nicht was er darauf erwidern sollte. Hätte ich wohl auch nicht gewusst, wenn das jemand zu mir gesagt hätte. Danke? Das klang einfach mickrig und unpassend. Auch dachte ich für einen kurzen Moment, das sich seine Wangen etwas rot gefärbt hatten, jedoch konnte ich das nicht wirklich erkennen bei der Dunkelheit. Wieder so eine Illusion. Ich wurde langsam müde – das musste es einfach sein. Meine ganzen Gedanken und diese Bilder passten nicht – hatten keinen Platz in meinem Gehirn. Sie sollten eigentlich auch keinen Platz haben, aber mein Herz entschied anders. Es streikte sogar gegen mein altes Bild von Shane, da es sich jetzt wie eine Lüge anfühlte. Es war ja auch eine – eigentlich. Doch bevor ich weiter über Shane sinnieren konnte, wandte dieser sich wieder an mich.

„Tja, das ist ziemlich direkt und ich weiß ehrlich gesagt nicht was ich darauf sagen soll. Du hast mich mit deinen Worten buchstäblich entwaffnet. Das haben bis jetzt wenige geschafft. Aber du schaffst das auch ziemlich oft – das muss ich dir lassen. Ich kann dich echt nicht einschätzen.“

Er sah mich wieder einmal an und im ersten Moment wusste ich gar nicht wovon er sprach bis mir klar wurde, dass das die Antwort auf meine Frage war. Ich sah ihn einfach nur an und wusste ebenfalls nicht, was ich darauf erwidern sollte. Aus seiner Sicht stimmte es ja, aber auf mich traf es ebenso zu wie auf ihn.

„Darf ich dich auch was fragen? – ebenfalls eine dumme Frage. Wieso bist du nicht gleich gegangen? Warum hast du mir zu gehört? Wieso hast du dich für mich interessierst? Ich meine, du hast nie wirklich Interesse an mir gezeigt. Im Gegenteil, eher Desinteresse.“

Ich sah in seinem Blick wirkliche Neugierde und Aufrichtigkeit. Die Frage kam jedoch genauso überraschend, wie meine eigenen. Ich hatte gerade noch darüber nach gedacht was ich auf seine vorigen Satz antworten sollte und jetzt kam er wieder mit dem. Jedoch war ich jetzt an der Reihe zu straucheln und überrascht zu sein. Was sollte ich darauf erwidern? Ich hatte mich genau diese Frage so oft in den letzen Tagen gefragt. Es gab kaum ein anderes Thema, dass so präsent war in meinen Gedanken wie diese Frage. Und ich wusste einfach keine Antwort darauf. Das war die einfache, aber simple Wahrheit. Also antwortete ich einfach der Wahrheit entsprechend:

„Keine Ahnung. Frag mich das Morgen oder Übermorgen oder noch besser über über Übermorgen oder nach dem Camp – vielleicht kann ich dir dann eine Antwort darauf geben.“

Und damit legte sich wieder das große Tuch des Schweigens über uns und die Geräusche der Nacht brachen über uns. Ein Satz, der unsere ganze Situation so treffend beschrieb – und er kam von mir. Es war ratlos. Es war verwirrend. Es war emotional. Alles.
 

Wir saßen noch sehr lange so da. Er und ich – nebeneinander. Auf den See schauend und schweigend. Aber nicht die ganze Zeit. Die Stimmung war anfangs etwas erdrückend, da jeder seinen eigenen Gedanken nach hing, aber Shane verstand es die Stimmung wieder etwas aufzulockern. Das musste ich ihm lassen und ich musste feststellen, dass ich es an ihm mochte. Seine ehrliche Offenheit, die so verständlich, so logisch, so einfach schien. Wir reden über viel – und damit meinte ich wirklich viel. Ich glaubte, über so vieles noch nie mit jemand anderem gesprochen zu haben, außer mit Nate. Wir redeten vor allem über Musik und unsere Erfahrungen. Ich wollte eine Band gründen und das fand er beindruckend. Ich musste hingegen feststellen, dass Shane eigentlich ziemlich bodenständig und bescheiden war – und zu meiner Überraschung auch unsicher in vielen Dingen. Er stand eigentlich nicht wirklich gerne im Mittelpunkt. Vor allem nicht wenn es um Gefühle ging oder Situationen die er selbst kannte. Und zu meiner weiteren Verwunderung musste ich auch feststellen, dass er meine Lieblingsband „The Fray“ nicht kannte. Hallo? Er kannte die beste Band aller Zeiten nicht! In welchem Universum lebte er den bitte? Es erschütterte mich zutiefst und ich versprach ihm einige Lieder von ihnen zu zeigen. Ich hatte sein Interesse mit meiner Schwärmerei geweckt. Ansonsten lachten wir viel, scherzten und verstanden uns blendend – eigentlich perfekt. Zu perfekt und absolut surreal, aber langsam musste ich mich ja dran gewöhnen. Wir waren zwar total verschieden, aber wir ergänzten uns gut – und wir hatten auch Gemeinsamkeiten, wenn auch wenige, aber über diese redeten wir stundenlang. So kam es mir zumindest vor. Die Zeit floss an mir vorbei wie Regen. Ich verlor jegliches Zeitgefühl und es war mir egal. Ich wollte gar nicht, dass es endete, weil ich so viele neue und interessante Dinge über Shane erfuhr. Zum Beispiel hasste er es spät aufzustehen, da dann der Tag so schnell verging. Er mochte keinen Käse und auch kein Gemüse. Er war auch kein Sportfreund – somit erledigte sich auch die Frage mit dem Fitnessstudio, liebte es aber lange und ausgiebige Spaziergänge zu machen. Öfters blieb er sogar lieber zu Hause, um ein wirklich gutes Buch zu lesen – eine Angewohnheit die er erst seit Ryans Tod praktizierte. Er liebte den Geruch von Vanille und war süchtig nach Milchschokolade – ganz simpel ohne irgendwelchen Schnick Schnack. Er liebte romantische Dinge – das bewies er mit der Auswahl dieses Ortes auch. Seine Lieblingsfarbe war dunkelblau – wie die Nacht. Er liebte es in den Sternenhimmel zu schauen und dabei dem Sprachgesang von Eminem zu folgen. Er mochte Hip Hop und vor allem klassische Musik, aber auch Rock und Indie. Er hasste Horrorfilme, weil sie ihm ziemlich nahe gingen und er danach immer Angst hatte – auch wenn er es sich nicht anmerken ließ. Und und und … ich könnte diese Liste noch um einige weitere Dinge fortführen. Ich hörte mir alles fasziniert an. In diesen Stunden, Minuten oder Sekunden hatte er mich völlig in den Bann gezogen. Wir wurden lediglich gestört, als er gerade dabei war mir von einer Familienfeier zu erzählen, die Ryan total versaut hatte mit einer seiner „Streiche“. Ich war gerade am lachen, als ein riesen Krach los ging. Ich verstummte sofort und sah ihn auffordern an – es war sein Handy. Er verdrehte seine Augen.

„Oh Mann, wer nervt auch jetzt schon wieder?“

Damit griff er in seine Hosentasche und zog ein – wie konnte es auch anders sein – Iphone aus der Tasche, während dieses mittlerweile wieder verstummt war. Während er genervt aufstöhnte, wandelte sich sein Blick plötzlich.

„Scheiße! Das war mein Onkel. Der fragt sich bestimmt wo wir sind.“

„Hä?“, erwiderte ich darauf nur. Wovon redete er? Wir waren ja noch auf dem Camp Gelände – rein theoretisch.

„Ja! Es ist schon halb 3.“

„Was!?“, meinte ich daraufhin schockiert. Wir saßen also wirklich schon ewig hier. Die Party war um 8 los gegangen und um 9 war ich ca. gegangen. Wow. Ich hatte mich wieder einmal selbst übertroffen …

„Ich glaube wir sollten mal zurück.“

„Ja, ich denke du hast Recht. Wir sitzen ja auch schon lange genug hier.“

„Offensichtlich.“, meinte Shane dazu nur abwesend, während er im nächsten Moment schon aufstand.

„Also gut, auf geht’s“, fügte er noch auffordern hinzu. Ich nickte nur. Mir wurde soeben erst klar, wie müde ich eigentlich war. Ich unterdrückte ein Gähnen. Das hatte ich irgendwie verdrängt, aber ich folgte dem Schwarzhaarigen dicht hinter ihm. Immerhin wollte ich ihn nicht verlieren – und was mit dem Kleid passierte war mir nun mehr oder weniger egal. Ich würde es sicher nicht mehr brauchen … während ich also über mein Kleid nach dachte, nebenbei einem Ast auswich, den mir Shane gütiger weise aus dem Weg hielt und wartete bis ich vorbei war, um mir wieder zu folgen, übersah ich eine unauffällige Wurzel, die kaum aus dem Boden ragte. Jedoch weit genug um mich zum stolpern und eigentlich auch zum Fall zu bringen – wenn Shane nicht gewesen wäre. Denn er fing meinen Fang gerade noch auf und griff rechtzeitig nach mir. Er hatte das ganze wohl kommen sehen. Ich war ein Tollpatsch – Leider. Nate meinte immer das würde mich liebenswert machen – diese Meinung konnte ich jedoch nicht wirklich teilen. Denn jetzt brachte sie mich in eine dämliche Situation. Er war nun wieder vor mir. Wie er das geschafft hatte in der kurzen Zeit – keine Ahnung. Er war jedenfalls vor mir und ich lag soeben in seinen Armen. Es war echt peinlich und vor allem unangenehm! Und er machte keine Anstalten mich los zu lassen. Erst als ich mich räusperte zog er mich ein Stückchen weg von sich und entschuldigte sich kaum merklich. Seine Arme waren dabei immer noch an meinen Schultern angelehnt und dabei beließ er es auch, während er mit tief in die Augen sah. Unsere Gesichter waren nur noch ein paar Zentimeter voneinander entfernt – einen größeren Abstand hatte er nicht zwischen uns gebracht. Und ich spürte richtig wie die Luft um uns zu vibrieren schien – wie in diesen Kitsch Filmen. Wie sich eine Spannung aufbaute. Und es gefiel mir gar nicht, da ich nicht wusste was ich jetzt tun sollte. Blickkontakt abbrechen? Im Nachhinein wäre es wohl das Beste gewesen. Doch in dieser Situation realisierte mein Gehirn zu langsam und die potenzielle Gefahr, die ich geglaubt hatte mir einzubilden, realisierte es erst recht nicht! Wirklich dummes und böses Gehirn! Denn im nächsten Moment überbrückte Shane die wenigen Zentimeter die unsere Gesichter voneinander trennten und legte seine Lippen auf meine. Im ersten Moment war ich zu perplex um irgendetwas zu realisieren – es war unfassbar. Mein Gehirn sagte immer noch, dass das Ganze nur ein schlechter Traum war, während mein Herz beschloss seinen Herzschlag zu beschleunigen. Wie dumm war das denn? War das noch eine normal Reaktion? Wenige Augenblicke später überkam mich jedoch Panik und ich verkrampfte mich augenblicklich. Sollte Shane das realisiert haben, ignorierte er es gekonnt, denn er war wohl zu sehr in unseren Kuss vertieft, auch wenn ich nichts erwiderte. Das ganze dauerte vielleicht ein paar Sekunden, doch diese Sekunden waren schon zu viel! Denn kurz darauf sah ich mich Shane weg stoßen und mich aus seinem Griff befreien und dann rannte ich einfach nur noch. Ich wollte einfach nur noch weg – weit weit weg. Mein Kleid war dabei nicht gerade hilfreich und auch nicht der ganze holprige und mit Hindernissen gesäumte Weg. Trotzdem ignorierte ich Shanes Stimme, die mir noch irgendetwas nach rief. Ich sah kein einziges Mal zurück. So ein Idiot, wieso hatte er das auch getan? Wieso hatte er es einfach nicht lassen könne? Er hatte den ganzen Abend damit versaut! Dieser Arsch hatte mich einfach geküsst! Wie widerlich! Was fiel ihm ein! DAS hätte mir eigentlich alles durch den Kopf gehen müssen, doch stattdessen war mir zum Heulen zumute. Mein Kopf war leer gefegt. Ein Junge hatte mich geküsst. EIN JUNGE. Bäh und dann auch noch mein ehemaliger Erzfeind. Das war wirklich zum Heulen. Als wäre das nicht schon genug, war Gott wohl nicht weiter gnädig mit mir. Aber wann war er das auch diese Woche schon? Während sich in mein Gehirn das Bild von Shane und mir küssend einbrannte, übersah ich die nächste Anhöhe und konnte meine Geschwindigkeit nicht mehr drosseln. Stattdessen stolperte ich. Jedoch realisierte ich das zu spät und legte mich mit einem fetten Aufprall hin. Wirklich die passendste Situation dafür. Ich wollte sofort wieder aufspringen und weiter rennen, doch ich spürte sofort einen starken Schmerz in meinem rechten Fuß und meiner linken Hand, als ich mich abstoßen wollte. Also zuckte ich sofort wieder zusammen und landete sogleich wieder auf dem Boden. Es schmerzte wirklich höllisch. Auch wenn ich das anfangs nicht wirklich realisierte, da ich einfach nur panisch hinter mich sah, da ich Schritte hörte. Man hätte meinen können, dass ich von jemandem mit einem Messer verfolgt wurde oder mich jemand vergewaltigen wollte. Obwohl Vergewaltigung schon sehr nah kam – eine Vergewaltigung meiner Gefühle. Während ich vor Schmerz aufstöhnte, kam auch Shane in mein Sichtfeld und als er mich da am Boden liegen sah, rannte er sofort los. Wenige Augenblicke später stand er schon an meiner Seite und ich hätte am liebsten laut aufgeschrien und mich in Luft aufgelöst. Wie sagte ich bereits? Wirklich passend!

„Oh mein Gott, Joelle. Geht es dir gut? Tut dir irgendwas weh? Kannst du aufstehen?“, sprudelte mein Zimmernachbar sofort los und wollte mir aufhelfen, doch ich fuhr ihn sogleich an.

„FASS MICH NICHT AN!“

Er zuckte sofort zurück und sah schuldbewusst auf mich runter. Ich ignorierte seinen Blick.

„Ich kann selber laufen, du kannst ruhig weiter gehen.“

„Spinnst du! Immerhin liegst du wegen mir dort.“

„Tu ich nicht! Das habe ich meiner Tollpatschigkeit zu verdanken und NICHT dir. Für so etwas brauche ich niemanden.“, knurrte ich und kämpfte mich unter Schmerzen hoch. Ich ließ mir natürlich nichts anmerken. Er sollte nicht noch auf blöde Ideen kommen. Stattdessen sollte er mich einfach nur alleine lassen. Es brannte wirklich extrem und ich konnte mich kaum halten. Shane folgt meinen Bemühungen mit skeptischem Blick.

„Na wenn du meinst.“

„Ja meine ich.“

Und damit wollte ich eigentlich davon stolzieren oder noch besser: rennen. Doch mein Fuß machte mir einen Strich durch die Rechnung. Ich hatte kaum den nächsten Schritt gemacht, als ich schon wieder zur Seite sackte. Jedoch nicht wieder auf den Boden aufschlug – dank Shane. Ich sah ihn böse an.

„Was gibt es an den Worten, fass mich nicht an, nicht zu verstehen?“

„Bist du blind? Du kannst keinen Schritt gehen!“

„Na und? Dann krabble ich eben zurück ins Camp.“

Ich hatte soeben ein Déjà-vu und es war definitiv nicht angenehm, da es zu sehr der Situation glich, vor der ich eigentlich weg gerannt war.

„Nicht mal das würdest du schaffen. Sieh dich an, du hast lauter Schürfungen und ich wette dein Knöchel ist ziemlich stark angeschwollen.“

„Er ist nur geprellt.“

„Wenn du das sagst.“, meinte er genervt. „Ist ja auch egal. Auf jeden Fall kannst du nicht mehr laufen.“

„Das sehe ich auch selbst, Klugscheisser“, brachte ich zähneknirschend hervor. Ich musste einen Schmerzensschrei unter drücken. Ich wollte ihn einfach nicht neben mir wissen. Ich wollte seine Nähe und verdammte Hilfsbereitschaft nicht. Doch Shanes schien das egal zu sein. Denn im nächsten Moment ging er in die Hocke und drehte sich mit seinem Rücken zu mir.

„Na los.“, meinte er auffordernd und wenig begeistert. Ich sah ihn skeptisch an. War er jetzt verrückt geworden? Er schien meinen Blick zu bemerken und stöhnte kurz auf.

„Ich werde dich auf dem Rücken tragen. So kann ich dich schneller zu einem Arzt bringen.“

„Ich brauche keinen Arzt.“, meinte ich kurz angebunden und etwas bockig. „Und ganz bestimmt, werde ich nicht auf deinen Rücken steigen! Hallo? Wie alt bin ich? 5? Nein, danke.“, fügte ich noch hinzu. Ich stieg sicher nicht auf seinen Rücken! Doch im nächsten Moment straffte er mich schon mit einem mörderischen Blick. Wenn Blicke töten könnten.

„Würdest du dich jetzt bitte dazu durch ringen? Mein Onkel wartet bereits. Er hat nochmal 3mal angerufen. Außerdem brauchen wir auf anderem Weg noch Stunden!“

„Vergiss es.“

„Bitte.“

„Nein.“

„Gut …“, fing er an und stand wieder auf, drehte sich zu mir um und kam mir wieder gefährlich nahe.

„Was hast du vor?“, fragte ich also. Doch ehe er antwortete, hatten seine Hände schon meine Schulter umschlungen, während er mit seiner freien Hand, meine Kniekehle außer Gefecht setze und mich nun in seinen Armen trug und schon drauf los lief, ehe ich mich überhaupt aufregen konnte – hätte ich so oder so nicht. Ich war im ersten Moment zu baff, um irgendetwas zu sagen – jeglicher Kommentar blieb mir stecken.

„Ich hab keinen Bock auf deine kindischen Diskussionen, also … was auch immer du sagen willst – erspar es dir und mir und ergib dich einfach. Du hast eh keine andere Wahl im Moment.“, kam es sogleich, als er merkte, dass ich gleich drauf los keifen würde. Ich erwiderte nur ein schwaches Knurren. Ich gab mich notgedrungen geschlagen. Er hatte ja Recht. Wir würden sonst wirklich noch Stunden brauchen und alleine kam ich so oder so nirgends hin – eine erniedrigende Erkenntnis.

„Okey.“, meinte ich einsichtig. „Aber du bringst mich zu NATE, klar? Nicht zu einem Arzt oder so!“, fügte ich noch hinzu. Ich wollte einfach zu meinem besten Freund. Ich brauchte etwas Normalität. Aber vor allem jemand mit dem ich reden konnte! Doch Shane schien anderer Meinung zu sein. „Sicher nicht! Du brauchst einen Arzt und nicht deinen Cousin.“

„Woher willst du das wissen?“, erwiderte ich trotzig.

„Ich weiß wohl besser als du, was ich brauche und was nicht!“, fügte ich noch hinzu. „Ansonsten komme ich nicht mit.“

Ich konnte buchstäblich sehen wie Shane sich beherrschen musste. Er wollte offensichtlich noch irgendetwas erwidern, beließ es jedoch dabei und erwiderte nur ein

„Nicht das du irgendeine Wahl hättest … aber ich will ja mal nicht so sein und deinen Willen akzeptieren. Meinetwegen. Es ist deine Sache.“

Damit war die Sache geklärt und er lief weiterhin Richtung Camp Campus, während ich am liebsten … keine Ahnung. Das war so was von peinlich. Herum getragen zu werden und dann auch noch von IHM. Ich war echt ein Glückspilz – im wahrsten Sinne des Wortes.
 

Wir schwiegen den Rest des Weges. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt meine eigene Tollpatschigkeit zu verfluchen sowie Gott höchst persönlich. Außerdem kämpfte ich mit der Hitze die langsam aber sicher in mir aufkam. Plötzlich glühte ich förmlich. Ich fror kein bisschen mehr. Ich konnte mir wirklich nichts Unangenehmeres vorstellen. Das würde definitiv auf meine „10-Situationen-die-ich-hasse-Liste“ kommen und zwar auf Platz 1! Nebenbei versuchte ich noch, mich nicht allzu stark an Shane anzulehnen, da ich ihn so wenig wie möglich berühren wollte – was in dieser Situation eigentlich unmöglich war. Aber ich konnte es mir wenigstens einreden. Er kam meiner Bitte jedoch nach und setzte mich bei Nate ab. Immerhin etwas. Nate war zu meiner Verwunderung noch wach und sah ganz schön bescheuert drein, als Shane mit mir auf dem Arm vor seiner Tür stand. Auch Justin, John und Adi – seine Zimmernachbarn sahen verwundert drein. Was um Himmels Willen machten die um die Uhrzeit noch wach?

„Was ist passiert!?“, meinte Nate sofort alarmiert, als er mich im Licht der Hüttenlampe sah.

„Was hast du mit ihr gemacht du Arschloch!“, fügte er sogleich noch an Shane gewandt hinzu. Ich musste wirklich erbärmlich aussehen und für manch einen würde es wirklich so aussehen, als hätte er sonst was mit mir angestellt. Es schien fast so als wollte der Blonde gleich auf ihn los gehen und er war wirklich aufgebraucht. Tja, so schnell konnte ein Streit zwischen guten Freunden vergessen sein – auch wenn er vor wenigen Stunden stattfand.

„Gar nichts.“, erwiderte der Angesprochene. „Sie ist hingefallen. Ich hab ihr lediglich geholfen.“, fügte er mit verärgertem Unterton hinzu, jedoch bemüht nett. Warum Nate auch immer noch wach war. Es war mir egal, denn ich war wirklich froh darüber. Es bedeute, dass ich nicht mit Shane in einem Raum schlafen musste. Das hätte mir gerade noch gefehlt. Besagter Schwarzhaariger lud mich auch sogleich ab.

„Meinst du nicht, dass du lieber zu einem Arzt solltest?“, meinte er sogleich an mich gewandt.

„Nein, es geht mir gut.“, erwiderte ich nur kurz. Noch ehe Shane irgendetwas erwidern konnte, schritt Nate jedoch ein. Er spürte offensichtlich, dass ich Shane so schnell wie möglich los haben wollte, auch wenn der Schwarzhaarige offensichtlich noch etwas zu sagen gehabt hätte. Danke Nate, auf dich war echt Verlass.

„Ich glaube, du hast heute Abend schon genug getan.“, knurrte er. „Ich wäre dir dankbar wenn du jetzt gehen würdest. Ich kümmere mich um den Rest – keine Sorge.“, fügte er noch unfreundlich hinzu. Er wollte ihn so schnell wie möglich raushauen. Ich wusste, das Nate kein Fan von Shane war – genau so wenig wie ich in diesem Moment. Mein Mitleid hielt sich dementsprechend auch in Grenzen nach allem. Shane schien sich jedoch nicht ganz sicher zu sein, da er abwechselnd zwischen mir und Nate hin und her sah. Was? Was glaubte er würde Nate mit mir machen? Tzz … Ich würdigte ihn keines Blickes. Schlussendlich seufzte er und kam zu dem Schluss, dass es wohl das Beste war, den Rest wirklich Nate zu überlassen, auch wenn er nicht ganz glücklich darüber schien.

„Schon gut. Ich bin ja schon weg. Also, schönen Abend euch noch.“

Und damit drehte er sich um und ging.

„Wir sehen uns ja morgen, Joelle. Gute Besserung.“, meinte er noch an mich gewandt.

Ich erwiderte jedoch nichts und starrte nur stur weiterhin auf die Wand vor mir. Sollte er enttäuscht oder sonst irgendetwas gewesen sein, so ließ er sich nichts anmerken. Keine einzige Gefühlsregung huschte über sein Gesicht und damit war er verschwunden. Nate zögerte keine Sekunde und setze sich direkt mir gegenüber und musterte mich besorgt.

„Was ist passiert? Was habt ihr so lange gemacht? Stimmt das was er gesagt hat oder hat er dir irgendetwas angetan? Oh mein Gott, du glaubst gar nicht was ich mir für Sorgen gemacht habe und überhaupt! Wie kommt es, dass du freiwillig mit Shane Villa mitgehst? Was habe ich bitte verpasst in der letzen Woche?“, sprudelte er sofort los. Ich seufzte und sah mit einem Seitenblick auf Justin & Co, die mich ebenfalls interessiert musterten. Ich wusste, dass Shane und ich morgen Thema Nr. 1 auf dem Campingplatz sein würden. Und es graute mir davor. Vor allem. Nate schien meinen Blick zu bemerken und sofort zu kapieren.

„Es stimmt alles – mehr oder weniger. Aber können wir darüber morgen reden? Ich bin müde und mein Fuß schmerzt höllisch. Ich möchte einfach nur noch schlafen. Der Abend war ziemlich anstrengend, zumindest die letze Stunde.“, meinte ich dann. Die ganze Ursprungsgeschichte war nur für Nates Ohren gedacht und nicht auch noch für 6 weitere die eindeutig nicht zu Nate gehörten. Und als ich die Worte aussprach, wusste ich dass sie ehrlich gemeint waren. Klar, ich wollte reden, aber das hatte auch noch bis morgen Zeit. Immerhin war ich wirklich müde. Hündemüde. Der Blondhaarige nickte verständnisvoll.

„Klar doch. Wir reden morgen.“

Und damit machten wir uns Bett fertig. Es flog kein weiteres Wort mehr. Ich schlief bei Nate ihm Bett. Die Betten waren zum Glück so groß, dass wir zu zweit gut Platz hatten. Außerdem war ich eh gut darin, mich klein zu machen – eine Angewohnheit aus Kindertagen. Als ich so im Bett lag, kamen in mir noch ein paar einzelne Bilder hoch, die sich mir wie eingebrannt hatten und die ich lieber verdrängt hätte, denn es waren durchaus keine positiven. Trotzdem schlief ich sehr schnell ein – Nates nähe beruhigte mich ein wenig. Sie war vertraut und wirkte kein bisschen falsch – im Gegensatz zu der von Shane. Es war als wäre ich wieder „zu Hause“. Es hatte zumindest etwas Heimat bezogenes und es gab mir etwas Kraft. Mein Knöchel pochte unaufhört weiter, aber der Schmerz wurde immer dumpfer umso müder ich wurde. Und damit verfiel ich sehr schnell in einen ruhelosen Schlaf – aber die albtraumhaften Bilder, die sich in den letzen Stunden oder Minuten, wer wusste das schon so genau, eingebrannt hatten, ließen mich auch im Traum nicht los. Ich wusste nur noch, dass mein letzer Gedanke Nate galt und dass ich froh war, dass er nicht mehr sauer auf mich war, sondern viel mehr besorgt schien. Ich hätte sonst nicht gewusst wo ich hin gehen sollte. Ich wollte auch nirgends anders hin. Es war richtig, denn bei Shane hätte ich mit Sicherheit keinen Schlaf mehr gefunden heute Nacht …

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... und damit wären wir am Ende angelangt (: Für dieses Kapitel zumindest. Hach~ ich bin so happy heute xD Ich hab Matura endlich hinter mir & super gut abgeschlossen, also bin ich mehr oder weniger mehr als zufrieden mit mir (: Jaa, richtig, das ist auch der Grund warum dieses Kapitel mit etwas verspätung heute, Montag, um 23.00 Uhr erst online kommt xD Aber gut, immerhin bin ich auch mit diesem Kapitel mehr als zufrieden^^ Ich mag es irgendwie ... Ach ja und danke für meine treuen Kommischreiber - wie immer. Ich liebe euch <3 Auch wenn ich gerne mal konstruktive Kritik hören möchte^^ & natürlich eure Gedanken, was ihr meint & wie es weiter gehen könnte ;D Aber immerhin möchte ich mich ja auch verbessern ... Ansonsten? Ich hoffe ich hab euch nicht zu sehr enttäuscht mit dem weiterne Verlauf der Handlung, aber Joel muss noch etwas als Mädchen durch halten xD Woah und tut mir Leid das meine Kapis immer so lang sind qq ist ja fast schon unerträglich, aber ich schreib so gerne ... *räusper* Na ja egal, jetzt zu den Kommis des vorherigen Kapi.
 

@KazuGoesToWonderland vielen lieben Dank für den Kommi qq hat mich sehr gefreut, vor allem weil es der Erste war (: Mir würde es gleich gehn - ich würde ihn nur anhimmeln, was wohl ein Problem wäre ;D Tja, tanzen war mir doch ne Nummer zu groß xD Außerdem besteht dort zu viel Körperkontakt, das geht jetzt noch nicht xDDD Ach~ und ich finde deinen Namen voll toll <3
 

@aiishii ich muss dich leider sehr entäuschen, so schnell gehts doch nicht & außerdem ist Shane ja artig ... er würde nie einfach so über jemanden her fallen - gut erzogen der Junge xD Vielleicht zu Leiden der Leser xDD Ne ne, den Schock heb ich mir für später auf, wenn es ihn so richtig erwischt hat und das ganze noch viel viel mehr weh tut xD Ich bin gemein ich weiß^^ Ich hoffe du bist nicht all zu entäuscht^^ <3
 

@Sayuri27 tja, ich hoffe das war nicht zu langsam xD Jaaa, hattest du so etwas erwartet? Ich hoffe doch, dass dir das Kapitel gefällt & danke für dein Lob & deinen lieben Kommi. Ich glaube, wir haben den gleichen Musikgeschmack ;D Find ich top^^
 

Oh und zum Abschluss - das nächste Kapitel wird dauern, weil ich ab Freitag für eine Woche auf Maturareise bin^^ Also geduld bitte & nicht das man sich wundert ;D

Kapitel 9 – Nate.Superheld – ein alles Könner auf ganzer Linie! / Krankenbesuche

Der nächste Morgen wurde wirklich anstrengend. Ich wachte viel zu früh auf, zusätzlich mit starken Kopfschmerzen und versuchte mich so unbemerkbar wie möglich zu machen, da ich Nate und die anderen Jungs miteinander reden hörte. Ich fühlte mich miserabel, schlecht, demotiviert und wollte einfach nur verschwinden, als der gestrige Abend wieder vor meinem geistigen Auge auftauchte. Ich drehte mich also auf die andere Seite und wartete bis die Stimmen verstummten. Erst dann stand ich auf und musste sogleich feststellen, dass Nate nicht den Luxus eines eigenen Bades besaß. Es war das Erste was ich morgens normalerweise tat, seit ich hier war und nun fühlte ich mich noch verlorener, als ich es eh schon war. Ich ließ mich also mit einem resignierten Seufzer zurück auf Nates Bett fallen, dass mir nun wieder viel sympathischer wurde. Ich könnte mich einfach darin vergraben und so tun als wäre ich Tod oder total krank … aber anderseits war das ziemlich unglaubwürdig. Ich war kein sonderlich guter Schauspieler – Idee also abgehackt. Plötzlich realisierte ich im hintersten Winkel meines Gehirns einen kleinen Impuls, der immer stärker wurde. Zu meiner Verwunderung musste ich feststellen, dass mein Fuß immer noch schmerzte und umso mehr ich mir dieser Tatsache bewusst wurde, umso stärker wurde der Schmerz. Ich biss mir also auf die Lippen, da der Schmerz langsam unerträglich wurde und stöhnte auf, als ich mir gleichzeit über meinen Fuß strich. Ich hatte ihn noch gar nicht betrachtet … Er war vollkommen verschrammt, aber er sah jetzt nicht irgendwie sonderbar aus – eigentlich wie immer. Abgesehen davon dass er von unendlich dünnen Schnitten, die aber wieder abgeheilt waren, übersäumt war. Es sah so aus, als hätte ich mir gestern die volle Breitseite im Ritzen gegeben. Ich stöhnte ein weiteres Mal genervt auf.

„Na super! Noch ein weiteres Gerücht das bald seine Umwege macht …“

Eigentlich sagte ich diese Worte ja zu mir selbst und deshalb erschrak ich auch, als mir eine Stimme darauf antwortete.

„Was für ein Gerücht? Wovon redest du?“

Ich drehte mich sofort um und sah schockiert hinter mir, während ich im nächsten Moment schon wieder erleichtert ausatmete. Ich hatte mit jemand anderem gerechnet, jemanden den ich fürs Erste sicher nicht mehr sehen wollte – auch wenn derjenige dieser Hütte garantiert nicht zu nah kam. Doch es war nur Nate.

„MAN! Schleich dich nicht so an! Ich wär soeben fast an einem Herzinfarkt gestorben!“, meinte ich wenig begeistert. Nate lachte.

„Nein wärst du nicht – dafür bist du zu jung würd ich sagen.“

Er grinste sein Unschuldslächeln, dass ich immer so sehr an ihm mochte – doch nicht heute. Ich hatte noch nicht vergessen, wie er in den letzen Tagen mit mir umgegangen war. Ich war sauer – und das zu Recht! Auch wenn er Gestern mein rettender Anker war … Ich schenkte ihm daraufhin also einen sauren Blick. Nates Gesichtszüge prägte keinen Moment später Überraschung, bevor er im nächsten Moment hinzufügte:

„Schon Gut, sorry. Was ist dir für eine Laus über die Leber gelaufen?“

Er schien es ehrlich zu meinen und ich hörte da einen Unterton aus Nates Stimme der mir gar nicht gefiel. Ich war stur. Na und? Ich drehte mich einfach wieder von ihm weg und ignorierte ihn somit. Ich hielt es nicht für angebracht ihm darauf wirklich eine Antwort zugeben – müsste er eigentlich doch wissen wie es mir ging. Ach ja, ich vergaß er war in den letzen Tagen ja zu stolz und zickig um mit mir zu reden … Während ich meiner aufkommenden Wut in Gedanken Luft machte, lief er stattdessen ein wenig im Zimmer auf und ab und ich sah ihm nebenbei dabei zu, bis er sich dazu entschloss gegenüber von mir auf meinem Bett Platz zu nehmen. Na ja, eigentlich war es ja seins, aber egal. Man würde meinen das wir uns jetzt überglücklich in die Arme fallen würden oder so – aber nein, falsch gedacht. Wir schwiegen uns die ganze Zeit an.

„Du kannst die Perücke abnehmen, ich hab abgesperrt und Justin, John und Adi sind so oder so bei den anderen beim Frühstück.“, erwähnte er wie nebenbei, als hätte die Stille nie existiert. Ich folgte seinem Rat und ich musste zugeben, dass ich froh war wieder einmal durch meine eigenen Haare zu fahren. Sie fühlten sich so natürlich und weich an. Und kurz! Ich war noch nie so froh, durch meine relativ kurzen Haare zu fahren (gegen die Perücke waren sie kurz). Ich schenkte ihm einen Seitenblick und er machte so ein mittleidiges Gesicht, als wäre er hier um einige Jahre gealtert. Er sah mich etwas verletzt an und mir blieb fast das Herz stehen. Ich hatte meinen besten Freund noch nie so fertig erlebt und plötzlich wurde mir klar, dass ich wahrscheinlich daran nicht so unschuldig sein konnte … okey vielleicht hatte ich ja lange genug beleidigte Leberwurst gespielt. Immerhin war ich selbst nicht ganz unschuldig an unserer Lage – zumindest zu einem gaaaaanz kleinen Teil … Ich wollte irgendetwas sagen, doch mir viel nichts Schlaues ein, also sagte ich das Erste was mir gerade durch meine Matschbirne schoss (so fühlte sich mein Schädel zumindest an. Er war total heiß und ich hatte extreme Kopfschmerzen – hatte ich das schon erwähnt?).

„Und du willst nichts frühstücken?“, erwiderte ich skeptisch

„Nein, du bist mir um einiges wichtiger als mein Frühstück.“, war seine simple Antwort. Ich blinzelte. Er sagte das so selbstverständlich als hätte ich soeben die Relativitätstheorie von Einstein verstanden. Aber ich musste daraufhin einfach Lächeln – das war einfach Nate, mein bester Freund und seine simple Welt, in der ich immer noch ein großer Teil war. Außerdem hieß es wirklich etwas, wenn Nate freiwillig auf sein Frühstück verzichtete, denn ich kannte niemanden der so verfressen war wie er! Für Essen ließ er normalerweise alles stehen und liegen – und somit war das wohl seine Art mir zu sagen wie wichtig ich ihm war…. Etwas seltsam ich weiß … Hey, aber wir sprachen hier von Nate. Trotzdem konnte ich mir einen giftigen Kommentar nicht verkneifen.

„Tja, seit neustem wieder oder wie? Oder muss ich damit rechnen, dass ich bald wieder auf Platz 2 lande?“, fügte ich beleidigt hinzu. Nate lachte kurz auf.

„Nein, du bist Nr. 1. Tut mir Leid, dass ich das Vergessen habe. Du hattest Recht. Ich hab mich echt nur auf Shana konzentriert und dich total vergessen. Na ja, ich glaube ich hab sie einfach schon so lange nicht mehr gesehen und ja … deshalb wollte ich so viel Zeit wie möglich mit ihr verbringen.“, meinte er schuldbewusst. Ich sah ihn achselzuckend an – meine Wut war wie verraucht. Nate machte es einem auch wirklich schwer ihn nicht zu mögen …

„Na ja, ich hab auch übertrieben. Immerhin bist du nicht mein Eigentum, aber ich war eben enttäuscht. Immerhin sind fast 2 Jahre vergangen seit unserem letzen Treffen. Aber natürlich kommt sie bei dir an 1. Stelle. Tut mir leid, ich konnte das nicht beurteilen … Ich war selbst noch nie so verliebt wie du.“, meinte ich ebenfalls entschuldigend. Ich empfand es nur als fair mich ebenfalls zu entschuldigen – immerhin hatte ich mich echt wie ein eifersüchtiger Trottel aufgeführt. (Ja, ich gebs zu, also seit zufrieden damit …) Nate nickte kurz.

„Tja, wir haben beide Scheiße gebaut. Alles wieder gut?“, fügte er lächelnd hinzu. Ich nickte – ebenfalls lächelnd. Und ich konnte das Gefühl nicht unterdrücken, froh zu sein, Nate wieder an meiner Seite zu wissen! Doch bevor ich noch irgendetwas erwidern konnte, platze er schon mit dem nächsten heraus.

„Also, wenn unsere Brüderschaft so weit geklärt ist … kommen wir zum wichtigen: was ist Gestern passiert? Oder in der Zeit, als ich nicht für dich da war.“

Die letzen Worte sagte er eher stockend. Aber er sah mich offen und ehrlich an. Ich verzog meinen Mund und ließ einen genervten Seufzer los. Tja, wo sollte ich anfangen? Immerhin war so viel passiert.

„Tja, also am besten ist es, wenn ich dort anfange wo alles begonnen hat. Das wäre beim Eröffnungslagerfeuer – als ich ging um mein Handy zu holen und nicht mehr zurück kam. Du weißt schon.“

Nate nickte nur, schwieg jedoch. Also fuhr ich fort.

„Als ich dort ins Zimmer kam war alles dunkel, aber Shane war da.“

„Was für ein Wunder. Offensichtlich mag er es dunkel, passt ja auch super zu seinem beschissenen Charakter!“, meinte Nate spöttisch.

„NATE!“, ermahnte ich ihn sofort. „Shane ist nicht so wie du meinst. Du würdest nicht glauben wie nett und witzig er sein kann. Er ist eigentlich ein Mensch wie du und ich und-“, als ich merkte wie Nate mich seltsam ansah und sein Blick einen wenig begeisterten Gesichtsausdruck an nahm, stockte ich. Scheiße. Hatte ich gerade von ihm geschwärmt und ihn verteidigt? Baam … Game over, Joel.

„Bist du krank?“, fragte Nate sogleich und griff mir an meine Stirn. Ich schlug seine Hand auch sogleich etwas genervt weg.

„Nein bin ich nicht, okey? Ich kann ja wohl … ähm … ja, die Wahrheit sagen und … und … auch meine Meinung ändern.“

Ich sah ihn verlegen an. Er hingegen saß mir mit offenen Mund gegenüber bevor er hervorbrachte:

„Auch wenn es um Shane geht? Ich meine den großkotzigen, arroga-“, doch bevor er seinen Vortrag – und ich wusste dass es in so etwas enden würde wenn es um Shane ging, immerhin war er früher auch Gesprächsstoff Nummer 1, aber im negativen Sinne – fortführen konnte, unterbrach ich ihn.

„Ja – auch wenn es um Shane Villa geht, klar?“

Ich sah ihn mit einem Blick an, der ihm verdeutlichen sollte, dass ich keinen Wiederspruch duldete.

„Okey okey, da muss ja echt ne Menge vorgefallen sein, wenn du in so hohen Tönen von deinem Erzfeind – Entschuldige Ex-Erzfeind, wie es jetzt aussieht – schwärmst.“, meinte er ernüchternd und ehrlich überrascht. Ich sah ihn ermahnend an – auch wenn er nicht ganz so unrecht hatte. Diese … Situation war auch für mich neu. Auch der Blonde schien zu merken, dass es mir ernst war und er erwiderte auf meinen Blick:

„Was den? Ist ja wahr! Aber gut ich bin ab jetzt still und geb kein Kommentar mehr von mir bis du geendet hast.“

„Gut so.“, meinte ich nur knapp, bevor ich fortfuhr. „Also … ich kam jedenfalls in die Hütte und ja da war Shane, aber nicht so wie wir ihn kannten…“, jetzt stockte ausnahmsweise ich mal und versuchte nach Worten zu ringen, als mir ein alt bekanntes Bild wieder vor die Augen schoss.

„Ach ne? Wie denn … Na los, mach‘s nicht so spannend.“, witzelte Nate noch.

„… er war anders.“

„Wie anders?“

Ich zuckte mit den Schultern …

„ …Na ja … total in sich zusammen gefallen, vollkommen konträr zu seinem sonstigen ich.“

Nate sah mich gelangweilt an. „Du musst dich schon deutlicher ausdrücken.“

„Ich mein halt ... Weinend. Gebrochen-“

Jetzt hatte ich die Aufmerksamkeit meines besten Freundes wieder - und zwar komplett.

„WAS!? Shane Villa am heulen wie ein kleines Kind? Willst du mich auf den Arm nehmen? Das glaub ich jetzt nicht.“

Nate verstummte jedoch sofort wieder, als ich ihn wieder genervt ansah. Ich war im Moment auch nicht gerade ein Fan von dem Schwarzhaarigen, nach allem was er mir angetan hatte, aber das hatte er wirklich nicht verdient. Ich wollte trotzdem nicht dass man so abschätzig über ihn redete. Ich fühlte mich dazu verpflichtet für ihn Partei zu ergreifen.

„Entschuldige.“, meinte mein bester Freund etwas kleinlaut. „Erzähl weiter.“

Also fuhr ich fort. Ich erzählte ihm alles. Es kam mir fast so vor, als wäre das ganze ebenfalls Gestern passiert. Als wir an den Punkt anlangten, als es um Ryan ging, hatten wir beide noch eine ziemlich heftige Diskussion, da ich ihm vorwarf, dass er mir die Information 2 Jahre lang vorenthalten hatte! Immerhin war Ryan auch ein guter Kollege meinerseits gewesen und es war einfach nicht fair mir nichts davon zu erzählen. Nates ernüchternde Antwort darauf war, dass ich ihn Amerika eh nichts ausrichten hätte können und er mich nicht unnötig damit belasten wollte. Wie auch immer. Ich erzählte ihm von dieser Nacht, dem seltsamen Tag danach, als ich Shane am Klavier spielen belauschte und die restliche Woche, die mehr als seltsam von sich ging und schlussendlich eben das was gestern passiert war. Das war wohl der schwerste Teil – und gleichzeitig auch der Schockierenste. Aber das schlimmste war Nates Reaktion.

„WIE BITTE!? ER HAT DICH – ich meine wirklich DICH – geküsst? Welchen Geier hat ihn da den geritten?“

Ich sah ihn schon zum 3ten Mal an diesem Morgen extrem ermahnend an. Langsam hatte ich das Gefühl, dass das zu meiner neuen Lieblingsgeste wurde.

„Was soll das jetzt heißen? Ich bin durchaus attraktiv.“

„Ja, als Junge, aber nicht als falsches Mädchen.“

Das FALSCH betonte er noch extra und ich gab mich geschlagen. Er hatte Recht. Ich war kein Mädchen –und erst recht nicht attraktiv. Nicht für einen Typen wie Shane, der jede haben konnte.

„Stimmt“, meinte ich also schwermütig, als hätte mich die Erkenntnis erst jetzt getroffen, was auch gar nicht wirklich gelogen war, denn wenn ich ehrlich war, hatte ich mich in seiner Nähe wirklich nicht wie ein Mädchen gefühlt. Sondern wie ich eben. Ich hatte mit ihm über Themen gesprochen über die ich auch mit Nate reden würde, ich hatte geredet wie ich immer spreche, ich hatte mich bewegt wie ich, ich war sarkastisch wie ich – einfach alles. Nichts war vorgespielt gewesen … und ich musste zugeben, dass ich wirklich vergessen hatte das ich für ihn ein Mädchen war, bis zu dem Augenblick als er sich vorbeugte und mich küsste … Ich konnte daraufhin nicht anders, als total rot zu werden, als die Erinnerung an den Kuss zurück kam. Nate grinste mich an – zumindest solange bis ich rot wurde, danach wurde sein Gesichtsausdruck schockiert und dann fing er lauthals an zu lachen.

„Oh Gott, er hat dich wirklich? Oh mein Gott, dass glaubt mir niemand!“

Nate verstummte sogleich, als er meinen weniger begeisterten Gesichtsausdruck sah, aber die Tränen musste er sich trotzdem aus den Augenwinkel wischen, bevor er sogleich hinzufügte:

„Nicht das ich vorhatte es irgendjemand zu erzählen. Aber … es ist einfach so witzig. Wenn Shane wüsste WEN er wirklich geküsst hat – auch noch freiwillig. Ich glaube der würde tot umfallen.“

Nate lachte wieder – und meine Laune sank immer weiter in den Keller. Er machte sich doch tatsächlich über meine missliche Lage lustig!?

„Danke für dein Mitleid Nate. Ich fand das Ganze nicht witzig – und finde es übrigens jetzt immer noch nicht. Mir ist zum Heulen zu Mute und du-“, ich fand einfach keine Worte dafür, also beließ ich es bei „Wirklich Danke, Nate!“

Er sah mich sogleich entschuldigend an, während ich meine Arme vor mir verschränkt hatte.

„Sorry, das klingt nur-“

„So ab normal?“

„Ja, das trifft es ziemlich gut. Tut mir Leid. Das muss wirklich schrecklich gewesen sein. Aber gut ein Kuss ist jetzt ja nicht wirklich so schlimm. Ist ja nicht so, als wäre er über dich hergefallen oder so… Um ehrlich zu sein, hatte ich das Gestern eher erwartet.“

„NICHT SCHLIMM!? Willst du mir jetzt ernsthaft sagen, du hattest schon mal was mit einem Typen?“

Ich sah ihn vorwurfsvoll an. Er zog sich in seiner typischen Nate Manier zusammen und nickte, während mir meine Gesichtszüge entgleisten. What the fuck!?

„Na ja ich war besoffen und ja da ist es eben passiert. Keine Ahnung, war ja auch nicht so schlimm. Ich weiß eh nichts mehr davon, außerdem war das in der Pubertät. Ich war dumm. Ich war naiv und, wie schon gesagt, war ich mehr als besoffen. Ich bin entschuldigt.“, meinte er so als wäre es das normalste auf der Welt.

„Sieh mich jetzt nicht so an – da ist nichts dabei.“

Ich zuckte nur mit den Schultern, bis mir plötzlich ein Licht aufging.

„Das ist es!“

„Was?“, meinte Nate fragend. Er hatte den Zusammenhang nicht verstanden – konnte meinem genialen Gedankengang nicht folgen.

„Er hat mich nur geküsst, weil er besoffen war. Unter normalen Umständen hätte er das sicher nicht getan. Immerhin war er mit Nevio vor saufen.“, sagte ich sogleich voller Freude. Auch wenn ich das Gefühl an sich eher gedämpft wahr nahm. Es würde nämlich bedeuten, dass Shane nicht daran schuld war und ich mich ihm wieder nähern konnte ohne Einwände und schlechtes Gewissen, weil es nichts zu bedeuten hatte. Die Vorstellung gefiel mir besser als die, die bedeutete nie wieder mit Shane zu reden. Der bloße Gedanke daran ließ mich eher schaudern, als ich an unser Gespräch von Gestern zurück dachte. Immerhin war es ein echt toller und entspannter Abend gewesen bis zu dem einen Zeitpunkt, indem ich mich selber in so eine Scheiße ritt. Nate hingegen entging mein freudiger Tonfall nicht und er schien auch nicht meiner Meinung zu sein, und äußerte dass auch sogleich wenig begeistert.

„Äh, Erde an Joel!“, meinte er mit den Händen fuchtelnd. „Wirkte Shane auf dich gestern total dicht? Also auf mich kein bisschen! Außerdem weißt du nicht wirklich, ob sie was getrunken haben oder ob sie einfach nur geredet haben. Immerhin hatten Nevio und er kaum Kontakt seit Ryans Tod, da gibt es schon ne Menge zu klären und zu besprechen. Für mich sieht es eher so aus, als hätte sich da jemand total in dich verknallt.“

Meine kurze Anwandlung von guter Laune verwandelte sich soeben ihn eine schockierte und notgedrungener Abwehr.

„Spinnst du!? Nie im Leben, das war nur ein Ausrutscher.“

„Tja, wie du meinst, aber du wirst es nie erfahren, wenn du das nicht mit ihm klärst.“

Ich knurrte nur widerwillig. Die Vorstellung gefiel mir ganz und gar nicht. Shane der mir eine Liebeserklärung machte. Aber ich wollte meinen Hoffnungsschimmer auch nicht fallen lassen, immerhin war er auch zu genial. Außerdem würde so etwas mit Sicherheit nicht passieren! Da müsste die Welt untergehen … Nate spinnte sich da mal wieder was zusammen und sah Geister wo gar keine waren. Ja, genau! Doch dieser kleine Spinner hatte noch nicht vor mich in Ruhe zu lassen …

„Vielleicht nicht heute, aber na ja in der nächsten Zeit solltest du auf jeden Fall mit ihm darüber reden. Das ist auch fair ihm gegenüber… aber mal ernsthaft? Was hattest du von Shane erwartet? Wenn der mit einem Mädchen abzieht, weiß man normalerweise was das heißt … deshalb hat es mich auch verwundert, dass du mit ihm mit bist.“, meinte mein blondhaariger Freund sogleich.

„Ach ja …“, meinte ich nur abwesend.

„Was?“

Ich antwortete, auch wenn die Erkenntnis etwas schockierend war für Nate – sie war ehrlich, brutal und genau das was mir vor wenigen Minuten erst klar wurde.

„Ich hatte vollkommen vergessen, dass ich für ihn ein Mädchen bin.“, meinte ich etwas enttäuscht. Stimmt, das hatte ich wirklich außer Acht gelassen … ich hatte nicht das Gefühl, das ich ihm das so sehr vorspielen musste. Er nahm mich wie ich war. Ich hatte nicht das Gefühl das ich Joelle, das Mädchen war, wenn ich bei ihm war, sondern einfach ich selbst. Eigentlich bedeutete das ja nichts Gutes, auch wenn es nicht so schlimm war. Eigentlich … oder?

„Man, man, man … also Joel du hast dich da echt in was reingeritten.“, meinte Nate nur kopfschüttelnd.

„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen DU bist drauf und dran dich in Shane zu verlieben. Du warst noch nie von jemandem so fasziniert und so- … na ja interessiert.“

PAUSE – hier drücken wir mal eben die Pause taste. DAS konnte mein Gehirn wirklich nicht verarbeiten. Das hatte mein bester Freund nicht gerade zu mir gesagt, richtig? Ich? In Shane verliebt? DAS musste ein schlechter Scherz sein. Ein Teil von mir wollte aufspringen und ihm an die Gurgel springen und ihn davon überzeugen dass es nicht so war, während ein anderer Teil – ein ganz kleiner Teil in mir sich regte und sagte, dass er vielleicht recht hatte. Immerhin hatte ich mich wirklich schon lange nicht mehr SO für eine Person interessiert und die Vorstellung nicht mehr mit Shane zu reden oder zu scherzen – die tat weh … auch wenn ich ihn gerade mal zwei Wochen kannte. Also wirklich kannte. Und ja, es faszinierte mich … Na und? Immerhin hatte sich herausgestellt, dass mein Ex-Erzfeind alles andere als arrogant und überheblich ist und echt interessant war – das gab ich ja zu. Wer wäre da nicht von der Neugierde getrieben? …

Ich schluckte, doch bevor ich noch irgendetwas zu meiner Verteidigung sagen konnte, klopfte mir der Blondhaarige freundschaftlich auf die Schulter und grinste.

„Aber gut, dass wir beide wissen, dass es nie so weit kommen würde, oder? Immerhin bist du zu 100% hetero, nicht?“

Ich sah ihn an. Ich fühlte mich soeben total verarscht. Zuerst brachte er so eine … so eine … verrückte Idee und kaperte meine komplette Welt damit, um dann mit dieser Scherz-Nummer zu kommen? Das war ein Witz! Die ganze Situation war ein einziger Witz … Aber was wenn Nate unrecht hatte? Und mein Dad vielleicht doch recht hatte? Klar, er sagte dass auch immer nur zum Spaß, aber immerhin hatte ich wirklich immer MEGA enge Hosen an. Ich war total eitel, ich ging gerne einkaufen (wenn es für mich war und neue Klamotten bedeutet) aber stand ich deshalb gleich auf Jungs? Zumindest … unterbewusst? Total verwerflich …. Das konnte doch nicht sein …

„Hehe … ja.“, erwiderte ich wenig überzeugend – ich hoffte trotzdem das Nate mein Zittern und Zögern nicht bemerkte und das Glück schien ausnahmsweise mal auf meiner Seite zu stehen, da Nate das Wort wieder ergriff und von etwas vollkommen anderem begann. Oder vielleicht tat er einfach nur so, als würde er nichts bemerken um das Thema wechseln zu können, weil ihm die Vorstellung genauso unheimlich erschien wie mir? Wie auch immer – ich war froh über den Themenwechsel.

„Tja, wie auch immer. Ich muss jetzt mal los. Mein Unterricht fängt bald an. Ich denke wir haben das meiste besprochen oder? Oder gibt es noch etwas das ich wissen sollte?“, meinte Nate dann mit einem Blick auf seine Uhr. Ich schüttelte nur den Kopf, zu mehr war ich im Moment nicht imstande. Als er aufstand wollte ich ihm schon folgen, da ich ebenfalls zum Unterricht musste – zumindest bald, doch ich sackte sofort auf dem Boden zusammen und ließ einen kurzen Schmerzensknurrer von mir. AU! AU! AU! Mein Knöchel schmerzte wieder höllisch und der Schmerz machte es unmöglich nicht aufzuschreien. Nate drehte sich natürlich sofort zu mir um und kniete sich direkt vor mich hin – seine Hand legte sich auf mein Schulterblatt und er sah mich besorgt an.

„Hey, Joel, alles okey? Hast du Schmerzen?“, meinte er sogleich besorgt.

„Seh ich so aus, als hätte ich keine Schmerzen? Nein, ich bin ein wirklich guter Schauspieler – erinnere mich daran nach einer Schauspielschule für mich zu suchen, wenn das ganze Theater vorüber ist.“, meinte ich sarkastisch zwischen zusammen gebissen Zähnen. Man, schmerzte das! Nate suchte derweilen meinen Fuß mit seinen gewissenhaften braunen Augen ab und im nächsten Moment verspürte ich schon die nächste Schmerzenswelle. Die Ursache: Nate und seine verflixte Hand!

„Au.“, schrie ich sofort. „Hör auf – das schmerzt höllisch, hab ich das noch nicht erwähnt? Nein? Gut, dann erwähne ich es jetzt!“

„Okey okey, ganz ruhig … sagtest du nicht das du deinen Fuß nur gezerrt hast?“

„Ja, dann habe ich ihn mir eben etwas FESTER gezerrt! Könntest du jetzt bitte damit aufhören!? Seit wann bist du überhaupt Arzt, Herr Bruhn?“

Nate lies von mir ab und sah mich mit ernstem Blick an – eine Seltenheit, die man eigentlich festhalten sollte.

„Ich hab ein freiwilliges soziales Jahr gemacht, klar? Ich kenn mich mit solchen Dingen ein wenig aus und DAS…“, er griff demonstrativ zu meinem Fuß. „… ist wahrscheinlich weitaus mehr als eine Zerrung. Bist du zu blöd um den Unterschied zwischen gebrochen und gezerrt nicht zu merken? Seit wann schmerzt es so sehr?“

Nate mit so ernstem Blick und mit einer so ernsten Stimme machte mich baff. Es war klar, dass er nicht zu Scherzen aufgelegt war und ich traute mich auch gar nicht wirklich etwas anderes, als auf seine Frage zu antworten. Das war mehr als unheimlich … Nate und ernst? Gruselig …

„ Es schmerzt schon seit gestern Abend so, aber jetzt … ist es beinahe unerträglich.“

Ich kniff meine Augen zu, um den Schmerz zurück zu kämpfen. Nate schien zu überlegen und wirkte wieder mehr wie er selbst – Gott sei Dank.

„Tja, deine Tollpatschigkeit kann echt ein Segen sein.“

„Was? Der hab ich das ganze Dilemma zu verdanken – und dir natürlich.“

Nate grinste nun wieder. Offensichtlich fand er meinen Fuß jetzt doch nicht mehr so schlimm, wo er ihn doch etwas genauer angesehen hatte.

„Na ja, dafür musst du Shane fürs erste nicht sehen.“

Ich sah ihn nur verdattert an. Was hatte SHANE mit meinem Fuß gemeinsam? Konnte mir einer sagen, wovon er bitte sprach? Um meinen Standpunkt klar zu machen, erwiderte ich also ein simples „Hä?“

„Tja, ich bring dich jetzt zur Krankenhütte. Wie gesagt, ich denke dein Fuß ist mehr als geprellt, außerdem bist du ziemlich heiß.“

„Danke, dass hör ich öfters.“

„Nicht so, du Idiot. Ich wollte damit eigentlich sagen, dass du wahrscheinlich schon Fieber von deinem Zustand bekommst. Somit wirst du Shane fürs erste aus dem Weg gehen können.“

Ich sah ihn überrascht an und plötzlich merkte ich das mir wirklich ziemlich heiß war. Ich wollte jedoch schon abwehren, doch Nate sah mich wieder mit dieser ernsten Miene an, die keinen Wiederspruch duldete. Er wusste, dass ich Ärzte hasste, also hatte er schon damit gerechnet.

„Wage es nicht! Ich dulde keine Wiederrede!“ und damit setze er seinen Willen wieder einmal durch.

„Und was ist mit deinem Unterricht?“

„Auf den Scheiße ich, wenn es dir offensichtlich so miserabel geht. Also, Prinzessin …“ (von mir kam ein ruppiges „Klappe“ zurück!), und damit half er mir auf – na ja eigentlich trug er mich. (nicht schon wieder … so was von peinlich) Er half mir mich etwas zu richten und wir gingen kurz darauf in den Krankenflügel. Er trug mich leider Gottes immer noch, da ich wirklich nicht mehr selbst auf meinen Beinen stehen konnte. Nate grinste Fett, während ich eine ziemliche Grimasse hinzog. Das war so was von peinlich –hatte ich das schon erwähnt? Ich musste auch ziemlich schwer sein … sollte das jedoch wirklich der Fall gewesen sein, so ließ sich Nate nichts anmerken… zumindest nicht bis zur Hälfte des Weges …

„Oh Mann Joel, erinnere mich daran, dass ich dich mit Essen vollstopfe, wenn ich dich wieder hab – du wiegst ja kaum was.“

„Fang du nicht auch noch damit an! Es reicht schon, wenn meine Tante oder Dad mir das andauernd sagen!“, erwiderte ich nur genervt. So viel zu mir und Schwergewicht, aber nun zu den wichtigen Dingen …
 

Wir waren schnell in der Krankenhütte und der zu behandelnde Arzt war ehrlich überrascht, als wir über die Schwelle traten – was vielleicht auch daran lag, dass Nate mich immer noch trug oder vielleicht auch daran, dass es noch so früh am Morgen war. Na ja, er sah sich meinen Fuß jedenfalls an und das Ergebnis erfreute mich gar nicht. Nate hatte auf voller Linie recht gehabt – er musste wirklich etwas in diesem sozialen Jahr gelernt haben, anders konnte ich mir das nicht erklären! Ich hatte mir den Fuß nicht gezerrt, sondern hatte mir einen aalglatten Bruch zugezogen und auch mit dem Fieber hatte mein bester Freund recht. Meine vielen Schnitte, von denen ich überzeugt war, dass sie abgeheilt waren (fragt mich nicht wie ich auf diese bescheuerte Idee kam, ich glaubte ich halluziniere), hatten sich entzunden durch den ganzen Dreck und ja, dass verursachte eben Fieber. Mir war plötzlich auch wirklich nicht mehr gut – ich meine noch schlechter als vorhin. Ob das nun an der Diagnose lag oder einfach daran dass ich mich bei einem Arzt befand, wusste ich nicht. Es war mir auch egal. Zusätzlich kam auch noch mein Schlafmangel dazu, der sich nicht gerade positiv auf meinen Zustand auswirkte. Jedenfalls war das Resümee wenig zufriedenstellend: Hausarrest – so nannte ich es zumindest, denn der Arzt wollte mich für eine Weile hier behalten – einfach zur Beobachtung und für den Fall das das Fieber anstieg. HÖLLE für mich! Ich klammerte mich auch direkt an Nate, als dieser erleichter aufzuatmen schien. Er sah meinen verzweifelten Blick und schüttelte nur belustigt den Kopf. Und wisst ihr was er dazu sagte?

„Das wird schon – es ist nur zu deinem Besten. Tut mir leid.“

Wirklich aufmunternd, nicht? Na ja an das was als nächstes passierte erinnere ich mich gar nicht mehr genau, denn der Arzt gab mir irgendein Mittel – ich vermute es war ein Schlafmittel, den danach hab ich ein Blackout und als ich wieder aufwachte lag ich eben hier – in dieser Holzhütte auf einem Krankenbett. Ein wenig übertrieben würd ich sagen, aber ja … ich hatte keine Ahnung wie spät es war oder welchen Tag wir hatten, da die Vorhänge zugezogen waren und auch sonst alles ziemlich dunkel war. Keine Ahnung wie lang ich wach war, aber ich vermute nicht lange, da ich danach schon das nächste Blackout hatte. Als ich das nächste Mal aufwachte war jemand bei mir – meine Erinnerung ist etwas schummrig. Ich glaubte, es war der Arzt, der sagte dass mein Körper vom Stress ausgepowert sei und das ich Ruhe brauchte– keine Ahnung vielleicht träumte ich das auch. Ich realisierte auch, dass auf dem Nachtisch, der zur rechten meines Bettes lag, ein Strauß voller Blumen in seiner vollen Pracht strahlte. Ich war mir ziemlich sicher, dass dieser beim letzen Mal noch nicht hier war – auch wenn ich mich gleichzeitig fragte, wo man hier Blumen herbekam? Aber sie hatten eine schöne Farbe – sie waren blau wie der See im Camp, also meine Lieblingsfarbe. Beim nächsten Augenzwinkern schlief ich jedoch auch schon wieder ein – glaubte ich zumindest und ich erinnerte mich an eine Stimme die sagte, dass ich noch mehr Ruhe brauchte, damit das Fieber weiter sank. Ich wollte auch gar nicht wiedersprechen. Dann kam der Moment an denn ich mich wieder klar erinnern konnte. Ich fühlte mich richtig erholt (soweit man eben erholt sein konnte), als ich die Augen wieder öffnete und auch dieses Mal war jemand bei mir, aber nicht der Arzt, sondern Alice. Sie flog mir sofort um den Hals und sagte etwas das klang wie, bin ich froh das du endlich wieder wacht bist. Ich hab dich so vermisst oder so. Ich blinzelte nur verdutzt ehe ich meine Stimme wieder fand – sie klang etwas seltsam, schläfrig.

„Alice! … grr … würdest du … bitte … erwürgst mich …. Halb.“

Sie schien anfangs nicht darauf zu reagieren ehe sie mich doch los lies und sagte:

„Ach ja, sorry. Stimmt ja, der Arzt sagte du wirst eher schwach sein. Immerhin hast du viel geschlafen und nichts gegessen.“

Ich sah sie verdutz an.

„Ähm … wie lange um genau zu sein?“

„5 Tage wenn du es genau wissen willst. Das Fieber ist kurze Zeit höher geworden, aber sehr schnell wieder abgeklungen. Am Samstagmorgen hab ich dich her gebracht und heute haben wir Mittwochabend.“

Diese Stimme kannte ich und keinen Moment später trat auch Nate durch die Tür und machte ein kurze Handbewegung.

„Na? Wie geht’s unsrer Patientin? Genug geschlafen Dornröschen? Wir haben uns echt Sorgen gemacht“

Er grinste und ich grinste schwach zurück.

„Den Umständen entsprechend würd ich sagen, aber danke. Hab ich viel verpasst?“

Nun übernahm Alice das Wort, während Nate sich einen Stuhl schnappte und sich zu meiner Rechten nieder lies.

„Nicht wirklich – nur langweiligen Unterricht, der ohne dich noch langweiliger war.“, meinte die Blondhaarige und lächelte. „Aber ich bin froh, dass du wieder wach bist.“

Ich grinste. Ich kam mir irgendwie blöd vor …

„Ich auch-…“, und noch ehe ich noch was sagen konnte viel mir plötzlich was ein und ich wendete mich an Nate.

„Moment mal, du sagtest wir?“, meinte ich fragend und da sah ich auch gleich die ganzen Sachen die auf meinem Nachttisch standen. Ich blinzelte überrascht. Die Blumen waren immer noch da – aber nicht mehr dieselben, nun waren es eine Art von weißen Blumen, die einen unglaublichen Duft versprühten, denn ich bis hierher riechen konnte und mir wurde plötzlich klar woher ich diesen Geruch kannte – diese Blumen wuchsen bei dem See, denn mir Shane gezeigt hatte, als er … woah ich wollte gar nicht dran denken und verdrängte den Gedanken sogleich. Es gab nur einen der diese Prachtexemplare auftreiben konnte und er war hier gewesen. Mein Herz setze für einen kurzen Moment aus, bevor ich meine Aufmerksamkeit von den weißen Blütenblätter ablenkte und auf die massenhaft vorhandene Tüten voller Schokolade und Gummibärchen richtete und die dazu passenden Karten auf denen stand „Gute Besserung“ oder „Werd bald wieder Gesund“ oder so. Ich blinzelte und Nate schien zu verstehen, was mich faszinierte.

„Ja wir. Es waren mehrere Leute hier wie du siehst, die dir auch ordentlich viel mit gebracht haben – Die Empfangsdame, Susi, du erinnerst dich? Sie ist echt voll nett …“

Ich nickte, ehe er fortsetze.

„Justin, Shana, Ashley … Adi war hier und natürlich Alice mit deinen Kollegen aus der Musiktruppe. Ach ja und Nevio war auch mehrmals hier, genauso wie …“, er stockte und ich wusste welchen Namen er sagen wollte. Ich beendete seinen Satz an seiner Stelle.

„Shane.“, flüsterte ich fast. Nate nickte und auch Alice musterte mich interessiert.

„Von ihm sind die Blumen.“, sagte ich völlig verstört und zusammenhangslos, auch wenn ich nicht wusste, warum es mich überraschen sollte, dass Shane mich besuchte.

„Ja, er ist jeden Tag gekommen, als er erfahren hat, dass du hier bist und das es dir nicht … na ja so gut geht. Ich konnte ihn ja schlecht davon abhalten. Er hat dir jeden Morgen Blumen gebracht, die sind von heute-…“ Nate wollte glaube ich noch mehr sagen, doch Alice unterbrach ihn.

„Ja, richtig süß von ihm – hätte ich ihm echt nicht zugetraut. Er hat dich auch immer morgens und abends besucht. Er war auch vorher hier, bevor wir gekommen sind.“

„Oh.“, erwiderte ich nur darauf, während Nate mit weniger Begeisterung nickte. Alice hingegen grinste.

„Und jetzt raus mit der Sprache! Was läuft da zwischen dir und Shane? Ich meine das würde Shane NIE im Leben nur für seine Zimmernachbarin tun– viel zu nett für ihn. Nevio meinte auch, er versteht es nicht ganz und Shane hat auch nicht mit ihm darüber geredet, was zwischen euch vorgefallen ist, als ihr alleine wart.“, sprudelte sie sofort los – voller Neugier.

„Ähm … nichts. Wir haben geredet.“, kam es sogleich von mir.

„Geredet?“, meinte sie unglaubwürdig. Offensichtlich hatte sie was Spektakuläreres erwartet, aber ich hatte nicht vor ihr von dem- … ach egal. Ich hatte jedenfalls nicht vor ihr von dem Ganzen zu erzählen, also nickte ich nur. Immerhin hatte Shane auch Nevio nichts gesagt und ich empfand das als doch sehr klug.

„Ja, wir haben nur geredet.“

„Und deshalb brichst du dir denn Fuß?“

„Öhm nein … ich bin eben ungeschickt. Ich bin gestolpert und hingefallen.“

„Aha.“, war ihre simple Antwort. „Und da war nicht mehr?“

Ich schüttelte den Kopf.

„Nein, das ist alles.“

Sie schien wirklich ziemlich enttäuscht. Also fragte ich gleich das naheliegenste, dass sie sofort von mir ablenken würde: wie es mit ihr und Nevio verlaufen war in meiner Abwesenheit, auch mit dem Hintergedanken, sie auf andere Gedanken zu bringen. Sie schluckte den Köder und erzählte mir, dass zwischen ihnen nicht wirklich was vorangegangen sei. Sie seien beide zu besorgt um mich gewesen. Irgendwie süß, aber sie würde es schon bald wieder in Angriff nehmen. Als ginge es darum irgendeinen Krieg zu gewinnen. Ich musste Grinsen und auch Nate schien ihre Ausführung amüsant zu finden – er gab zumindest ein paar sarkastische Kommentare von sich und erntete von Alice viele böse Blicke und leichte Fausthiebe gegen seinen Arm. Alles in allem war es noch ein witziger Abend mit den beiden und sie blieben noch so lange bis der Arzt sie raus schmiss, da er meinte das ich wieder Ruhe brauchte. Ich aß auch zum ersten Mal wieder etwas und es fühlte sich richtig gut an. Ich wusste zuvor echt nicht wie befriedigend essen sein kann! Danach war ich so voll, dass ich schnell wieder einschlief. Ich glaubte, mir wurde schon wieder ein Schlafmittel gegeben? Kay, es war mir auch so was von egal … so würde ich wenigstens gut schlafen.
 

Sollte mir der Doc ein Schlafmittel gegeben haben, so war es kein starkes, denn ich wachte beim ersten Sonnenstrahl und Vogelgezwitscher auf. Die restlichen Tage vergingen ziemlich langsam und zäh, da ich immer noch hier bleiben musste und so wie es aussah auch noch für längere Zeit. Ich hörte in der Zwischenzeit viel Musik – ich hatte auch jede Menge Zeitschriften, die mir Alice vorbei brachte. Echt nett, nur leider war ich kein Mädchen das sich für den neusten Klatsch und Tratsch interessierte. Ansonsten dachte ich viel nach. Ich telefonierte auch ein paar Mal mit meinem Dad, der sich zum Glück nicht wunderte, warum ich mitten am Morgen oder am Nachmittag abnahm, obwohl ich eigentlich Unterricht haben sollte. Von meinem Unfall erzählte ich ihm natürlich nichts – es war besser so. Ich wollte nicht, dass er sich unnötig Sorgen machte. Er wirkte so glücklich und erzählte mir von unserem neuen Haus, das er momentan renovierte und wie es in der Firma so lief. Ein Problem das mir desweiteren nicht mehr aus dem Kopf ging, war natürlich der Unterricht selbst und wie ich das alles nach holen sollte, aber ich war zuversichtlich. Ich würde das schon schaffen. Immerhin konnte ich auch Ehrgeizig sein, wenn ich wollte. Ansonsten war mein Alltag von vielen Leuten geprägt, die mich besuchten. Und das wirklich zu den unterschiedlichsten Zeiten. Nate schaute immer mittags herein und oft auch abends zusammen mit Alice, Nevio, Adi, Justin oder sonst wem im Gepäck. Er kam jeden Tag, genauso wie Alice – Nevio kam so gut wie jeden 2ten Tag. Auch Susi sah mittags mal vorbei – nicht oft, aber ab und zu. Ich glaubte, sie fühlte sich dazu etwas verpflichtet, da ich Shane geholfen hatte – das vermutete ich zumindest insgeheim. Da waren wir nun wieder bei meinem zweiten Problem: Shane Villa. Er kam wirklich jeden Tag (immer morgens und abends, ziemlich spät), genauso wie Alice es gesagt hatte und er brachte auch jedes Mal neue Blumen. Er war auch der einzige mit dem ich kein Wort sprach, da ich jedes Mal so tat, als würde ich schlafen, wenn er sich dem Raum näherte. Ich konnte ihn langsam schon von seinem Gang von den anderen unterscheiden. (verrückt was man nicht alles lernte, wenn man sich im Krankenstand befand, nicht?). Ich wusste nicht, ob er sich darüber wunderte, dass ich immer schlief oder ob er wusste, dass ich nur so tat, aber es war mir egal. Er sagte auch nie etwas, stand einfach nur da oder setze sich auf einen Stuhl neben meinem Bett. Aber schon das alleine war zu viel. Seine bloße Anwesenheit erdrückte mich. Ich wollte einfach nur das er ging und mich endlich in Ruhe lies. Ich wusste einfach nicht, wie ich ihm gegenüber treten sollte … Aber das löste das Problem noch lange nicht, denn es schob es nur auf – das war mir klar, aber ich brauchte eben Zeit. In meinen Gedanken war er trotzdem so präsent wie nie zu vor. Sie drifteten immer wieder zu ihm ab und zu dem was Nate im Scherz gesagt hatte. …als ob du drauf und dran bist, dich in ihn zu verlieben … Ich versuchte es zu verdrängen, aber so leicht war das nicht. Irgendwann kehrten die Gedanken immer wieder zu diesem EINEN Gedanken zurück. Vor allem wenn mir langweilig war, was nicht gerade selten vorkam. Aber ich wollte mich partout nicht mit dem Thema Shane in Kombination mit Liebe beschäftigen – es ekelte mich irgendwie, wenn ich ehrlich war und vor allem machte es mir Angst. Denn wenn es stimmen würde müsste ich einiges in meinem Leben überdenken … und Oh mein Gott wie würde ich das ganze Dad erklären? Hey, Dad, sorry aber ich glaube du hattest Recht … es könnte sein, dass ich doch irgendwie auf Jungs stehe? Cool, oder? Und jetzt lass uns das neue Haus feiern? Nein. Nein. Nein. An so was durfte ich erst gar nicht denken. Leichter gesagt als getan. Im Prinzip kam ich irgendwann drauf, dass ich das Ganze vielleicht falsch anging und eher mit der Frage anfange sollte, ob ich Shane liebte? Aber die Frage war noch unerträglicher als die andere, also ließ ich es und schrieb in der Zwischenzeit viele Songtexte (das lenkte ab). Ich war richtig kreativ – vermisste jedoch meine Six-String. Ich hatte schon ewig nicht mehr gespielt – so kam es mir zumindest vor und gerade jetzt hätte ich sie gut gebrauchen können ... Na ja, mittlerweile war Montag, also war ich schon länger als eine Woche hier. Langsam bekam ich auch Panik, wie ich den Unterricht noch schaffen sollte… aber gut, das sollte sich heute noch erledigen … den gerade als meine Gedanken wieder zu einem gewissen Schwarzhaarigen abdriften wollten, hörte ich wie die Tür aufging und ich einen Moment zu spät meine Augen zu kniff, um so zu tun als würde ich schlafen. Vor lauter nach Denken, hatte ich seine Schritte gar nicht gehört …. Echt toll, ich hoffte also, dass ich ihn trotzdem überzeugen konnte, dass ich schlief und das er es als Einbildung abtat, doch das Glück war mir nicht hold. Ich wollte mich noch nicht mit ihm konfrontiert sehen. Ich war noch nicht bereit dafür. Zuerst war eine Zeit lang Stille und meine Hoffnung, dass er wirklich glaubte, er hätte sich eingebildet, das ich wach war, stieg von Minute zu Minute – bis er sie kläglich platzen ließ.

„Joelle, ich weiß das du wach bist – und ich weiß auch, dass du so gut wie immer wach warst, wenn ich bei dir war. Ich wollte deinen Willen akzeptieren, aber langsam reicht‘s mir mit diesem Katz-und-Maus-Spiel. Ich hab eine Woche lang mitgespielt, aber jetzt … Wir müssen reden.“

Diese Stimme. Wie sehr hatte ich sie vermisst – irgendwie zumindest, obwohl ein anderer Teil sich lieber übergeben wollte. Ich hörte wie ein Stuhl über den Boden knarrte und zu meiner Linken abgestellt wurde. Ich seufzte und öffnete gegen meinen Willen meine blauen Augen.

„Na geht doch.“, meinte Shane sogleich lächelnd. „Warum nicht gleich so?“

Ich sah ihn kurz an, hätte jedoch sogleich am liebsten meine Augen wieder geschlossen. Er sah irgendwie erschöpft aus, hatte jedoch das Lächeln aufgelegt, das ich so liebte. Grrr, scheiß Shane – zum Teufel mit diesem Typen. Er stellte meine ganze heile Welt auf den Kopf …. Er räusperte sich.

„Keine Antwort? So still kenne ich dich kaum.“

„Nette Feststellung. Was sollte ich drauf auch schon sagen? Ich denke, du bist hell genug in deinem Köpfchen, dass du dir die Antwort sicher schon denken kannst.“, erwiderte ich sarkastisch. Er sah etwas überrascht auf, als ich ihn direkt an sah, doch ich senkte meinen Blick gleich wieder auf meine Hände, da ich diese Spannung nicht ertrug, wenn sich unsere Blicke trafen.

„Dir geht’s also gut – Freut mich. Dann waren meine Sorgen wohl umsonst.“

Er lächelte und sah nun ebenfalls auf seine Hände. Er spielte mit seinem Ring herum. Er schien irgendwie nervös zu sein und das übertrug sich auch auf mich. Moment mal!? …

„Du hast dir Sorgen gemacht? Warum? Ich bin nur hingefallen?“, sagte ich etwas unglaubwürdig.

„Natürlich! Du warst 5 Tage nicht ansprechbar, das ist nicht gut und „nur hingefallen“ kann man das auch nicht mehr nennen. Du kennst den Unterschied zwischen gebrochen und gezerrt nicht. Das hätte schlimmer enden können, wenn dein Cousin nicht so schnell reagiert hätte. Du hättest mich deinen Fuß eben doch ansehen lassen sollen.“

Es klang vorwurfsvoll (sollte es auch sein, dass glaubte ich zumindest) und sein Blick war auch mehr als ernst und besorgt, wie ich aus dem Augenwinkel sah und ich schämte mich auch sogleich für meine dumme Frage. Klar, hatte er sich Sorgen gemacht. Das hatten sie alle!

„Ich wollte, dass du so schnell wie möglich gehst, kannst du das nicht verstehen? Du hast an diesem Abend alles zerstört!“, entglitt es mir sogleich etwas sauer, was nicht geplant war. Ich hatte eigentlich auch nicht vorgehabt diesen Abend so schnell zu erwähnen und erst recht nicht so … ruppig – blödes Mundwerk! Shane zuckte auch merklich zusammen und schien kurz etwas verletzt zu wirken – doch diese Erscheinung war sogleich auch wieder verschwunden und er blickte weiterhin auf seinen Ring. Offensichtlich fand er diesen ziemlich interessant. Ich nahm es ihm nicht übel – im Gegenteil so fühlte ich mich auch wohler. Es zeigte, dass die ganze Situation nicht nur mir unangenehm war. Kurze Zeit herrschte also Stille zwischen uns. Ich sah ihn einfach an, während er weiterhin auf seine Hände starrte. Ich dachte schon, dass war‘s, als er plötzlich seinen Blick hob und seine Augen meine trafen. Ich musste wieder einmal feststellen wie faszinierend und anziehend seine Augen doch waren. Er hatte wunderschöne grüne Augen … ich schluckte, wollte schon etwas sagen – irgendetwas, doch er kam mir zu vor.

„Sorry für alles was an dem Abend passiert ist. Ich weiß, das es meine Schuld war, auch das mit deinem Fuß … Ich … ich weiß auch nicht was mich an dem Abend geritten hat. Es war wirklich ein schöner Abend, bis zu dem Zeitpunkt … Naja … als ich dich geküsst habe und du weg gerannt bist … ich … ich wollte mich dafür entschuldigen..“, kam es plötzlich von ihm und als er zu dem Part mit dem Kuss kam senkte er den Blick und sah nach draußen – die Vorhänge waren heute zurück gezogen. Offensichtlich war es ihm genau so peinlich. Ich schluckte noch einmal und merkte wie ich langsam rot wurde. Nein, nein, nein, nicht schon wieder!

„Schon okey … ich nehm deine Entschuldigung an, auch wenn ich sagen muss, das der Sturz nicht deine Schuld war, sondern meiner Tollpatschigkeit zu zu schreiben ist… aber ich bin froh das du das sagst … Also siehst du das Ganze auch nur als ein Art Unfall?“, sagte ich etwas erleichterter, wie ich es vorgehabt hatte. Er erhob seinen Kopf sofort wieder beim Klang meiner Stimme und sah aber eher an mir vorbei.

„Unfall?“, meinte er anfangs etwas verwirrt und mir schien, dass seine Augen plötzlich ein dunkleres Grün anzunehmen schienen, als er meine Worte verarbeitete, aber das lag wahrscheinlich nur am Licht Einfall.

„Ja genau, das war‘s. Ich weiß auch nicht, ich hab’s einfach aus Gewohnheit gemacht. Wenn ich normalerweise mit einem Mädchen alleine bin, na ja, dann läuft eigentlich immer etwas …“, setze er entschuldigend fort. Bei dem Wort Mädchen, drehte sich mein Magen um. Doch ich versuchte zu Lächeln.

„Ja, das wird es wohl gewesen sein.“, meinte ich etwas gedrückt. Shane schien dass zu merken, denn er fügte noch hinzu – jedoch wieder eher weg schauend.

„Ich will wirklich nichts von dir. Ich … ich will nur das wir Freunde bleiben.“, meinte er nachdrücklich und seine Augen richteten sich wieder auf mich. Dieses Mal war mein Lächeln echt, auch wenn ich mir kurz einbildete das Shane ein wenig rot wurde. Ich hatte also Recht und nicht Nate. Shane wollte nichts von mir. Das freute mich ungeheuerlich, das würde ich dem Blonden heute Abend noch hinein drücken. Ich fühlte mich erleichtert auch wenn dieser Art der Erleichterung einen bitteren Nachgeschmack hatte …

„Dann sind wir ja einer Meinung.“, fügte ich also immer noch lächelnd hinzu.
 

Tja, wie es weiter ging? Er blieb noch ziemlich lange und die Stimmung lockerte sich immer mehr. Er blieb sogar den ganzen Morgen bei mir und erzählte mir was ich verpasst hatte und was er so getan hatte und ja wir führten ein angenehmes Gespräch. Doch gegen Mittag musste er dann los, weil er noch etwas für den Nachmittagskurs vorzubereiten hatte. Heute Vormittag hatte er frei, aber er versprach mir am Abend wieder zu kommen und noch etwas anderes …

„Ähm, ich hab mir eigentlich noch etwas überlegt als Entschuldigung…“

Ich sah ihn fragend an und er erwiderte meinen Blick.

„Na ja, ich dachte ich könnte dir vielleicht abends immer Nachhilfe geben, dass du mit dem Stoff wieder mit kommst, wenn du wieder am Unterricht teil nimmst – ist ja doch ne längere Abwesenheit.“

Ich sah ihn immer noch an und sagte erst mal gar nichts. Konnte der Typ Gedanken lesen? Bevor er kam, hatte ich mir genau darüber noch Sorgen gemacht … Ich lächelte.

„Klar – das klingt gut. Sogar sehr gut.“

„Freut mich.“, erwiderte er sogleich bevor er auf seine Handy-Uhr blickte.

„Ich sollte nun echt los – ich bin eh schon später dran, als ich es geplant hatte.“

Er stand von seinem Stuhl auf, der wohl ziemlich unbequem sein musste, um seine Aussage zu unterstreichen. Ich nickte nur, auch wenn ich ein wenig enttäuscht war – mit ihm vergingen die Stunden immer so schnell.

„Okey, viel Spaß – Heitz ihnen so richtig ein und nimm sie in die Mangel.“

„Klar, immer doch. Bis heute Abend.“, und mit diesen Worten verabschiedete er sich. Doch bevor er die Tür zu meinem Zimmer vollständig erreicht hatte, drehte er sich noch einmal zu mir um.

„Ach ja, da wär noch was.“

„Noch was?“, meinte ich fragend. „Meinst du nicht, du hast schon genug getan?“

„Nein, nicht wirklich.“, meinte er lächelnd. „Also, ich dachte mir … Na ja, auch als Teil der Entschuldigung könnten wir ja Picknicken gehen – einfach um den Abend zu wiederholen oder sozusagen um ihn „Gut“ zu machen.“, fügte er etwas schüchtern hinzu.

„Picknicken? Du und ich?“, sagte ich ungläubig. Mein Blick musste das Ganze noch ziemlich unterstrichen haben, denn er sagte sogleich.

„Okey, vergiss das. Das war eine blöde Idee.“

Er wollte sich schon umdrehen, um das Zimmer zu verlassen, doch ich erwiderte sofort ein „Nein“. Er drehte sich überrascht um, doch sein Blick sprach Bände. Er verstand nicht, was ich meinte. Auch ich wusste nicht so genau, warum ich das sofort gesagt hatte, doch die Worte kamen einfach so – wie so oft und ich hasste es, dass ich nicht vorher überlegen konnte, was ich sagen wollte. Keine Ahnung was ich mir bei meiner Antwort dachte … mein Gehirn hatte sich wohl verabschiedet. Ein Picknick war doch wirklich … Oberschwul … das war das einzige das mir dazu einfiel, aber innerlich gab es mir auch ein unerwartetes warmes Gefühl, dass ich sofort in die hintersten Winkel meines Körpers verbannte – es klappte jedoch nicht ganz. Ich hätte mich am liebsten Geschüttelt, um es los zu werden. Bäh …

„Nein, es ist wegen meinem Fuß … Die Idee klingt … schön, aber ich darf nicht raus und ich kann auch nicht wirklich laufen.“, meinte ich mit einem entschuldigen Blick. Er schien langsam zu kapieren.

„Ach so. Ja klar, das ist kein Problem. Ich kümmere mich darum … also steht das Picknick?“, fragte er.

Ich nickte – zögerlich. Ich wollte ihn einfach nicht enttäuschen – irgendwie.

„Ja, wenn du es irgendwie schaffst mich hier raus zu bringen – aber erst mal kommt das lernen.“

„Schon klar.“, meinte er lächelnd. „Also ich muss jetzt, wir sehen uns heute Abend. Ich bring die Sachen mit und deine Gitarre – ruh dich derweil aus, du wirst die Kraft fürs Lernen brauchen.“, fügte er noch hinzu. Ich nickte wieder nur und somit ließ er mich in meinem Zimmer zurück. Die Welt war wirklich verrückt geworden … extrem verrückt, wenn Shane Villa, mein Ex-Erzfeind, mir Nachhilfe gab, mich besuchte und ich vielleicht mit ihm Picknicken gehen würde … das Schwulste was ich je in meinem Leben tun werde. Ja, die Welt war verrück geworden … aber sie war auch irgendwie schön, auf eine bizarre Art und Weise – und ich? Ich blieb lächelnd zurück.

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Hach~ es tut mir so leid, dass das immer solche Blöcke zum Lesen sind - ich übertriff mich immer wieder >< Muss anstrengend sein ... aber das ist das scheiß Word ...
 

Tja ansonsten danke ich meinen lieben Kommi schreiber - Immerhin das erste Mal 4 Kommis xD Danke an abgemeldet, Beere, abgemeldet & Sayuri27 <3 Solche netten Kommentare & Lobe motivieren immer wieder ;D
 

Ihr habt wieder viel zu lesen & sorry das die Geschichte so schleppend ist - ich steh darauf, aber es passiert ja immer was, wenn auch nicht das was ihr erhofft xD ;D
 

Tja, ganz viel Liebe & Schlaf wünsch ich euch allen :D (Ich kanns gebrauchen - total k.o. von Maturareise xD)

Kapitel 10 – Überraschungen – mehr als genug

Es wurde zu meiner Angewohnheit, dass ich mich den ganzen Tag immer auf 2 Momente freute. 1ents auf die Morgenstunden, da Shane immer kurz vor dem Unterricht vorbei kam, um mir frische Blumen zu bringen und 2tens auf die Abende. Ich wartete immer ungeduldig auf den Schwarzhaarigen, doch die Nachmittage vergingen schleppend. So als wollten sie nicht, dass er wieder zu mir zurück kehrte. Jedes Mal kämpfte ich auch mit der Angst, dass er sein Versprechen brechen würde und nicht mehr kommen würde … immerhin war er ein beschäftigter Mann. Es gab immer etwas zu tun für ihn. Doch er enttäuschte mich kein einziges Mal. Er kam jeden Abend und wir lernten für Stunden. Sogar der werte Doktor machte von Zeit zu Zeit eine Ausnahme, sodass Shane länger bleiben konnten. Ich gab es ungern zu, aber die Einzelunterrichtsstunden waren phänomenal. Shane war so entspannt, so locker und … leicht. Ja, er hatte in diesen Momenten etwas an sich … ganz anders wie im normalen Unterricht bis dato. Ansonsten bekam ich nicht mehr so viel Besuch, außer an den Wochenenden. Alice und Nate trauten sich nicht mehr vorbei zu kommen, seit ich ihnen erzählt hatte, das Shane mir Nachhilfe geben würde abends. Es wäre ihnen Unangenehm und ich konnte sie verstehen. Und mir persönlich war das eh lieber. Wenn die beiden hier wären, würde auch Shane wieder sein arrogantes Gehabe aufsetzen und das wollte ich nicht. Ich wollte, dass der Schwarzhaarige er selbst sein konnte. Erst recht wenn er sein gefaktes selbst nur bei mir fallen lassen konnte. Doch heute sollte ich noch überrascht werden … Es war mitten am Nachmittag und mir war stink langweilig. Ich glaubte sogar mich so gut wie jede 5 Minuten dabei zu erwischen, wie ich nach meinem Handy fingerte, um zu sehen wie spät es war und ob ich vielleicht in Ohnmacht gefallen war und der Tag schon vorbei war. Meiner Fantasie zum Trotz traf diese Situation leider nicht ein. Ich verstand so oder so nicht warum ich immer noch hier bleiben musste. Ich hatte kein Fieber mehr und mein Fuß war mittlerweile vollkommen eingegipst. Mit Krücken konnte ich sogar laufen … also warum mich hier behalten? Gute Frage, auf die wohl nur der Herr Doktor eine Antwort hatte und ich war nicht gerade erpicht darauf ihn zu fragen (ich hasste Ärzte!). Statt gemütlich im Unterricht eine Runde zu pennen, lag ich also immer noch in meinem Krankenbett und kämpfte mich durch ein paar von Alices Klatschzeitschriften. Sie enthielten selten etwas lesbares, aber immerhin gab es ein paar schöne Bilder zu betrachten… man konnte sich also denken wie langweilig mir war, um so weit zu sinken. Es verging keine weitere Minute und ein genervter Seufzer meinerseits erfüllte den Raum. „Und bei so was soll man gesund werden? Kaum vorstellbar … ich werd eher noch verrückt!“, nuschelte ich vor mich hin und blätterte zugleich die nächste Seite um. Umso überraschter war ich natürlich, als mir jemand auf meine undeutliche Aussage antwortete.

„Hmm … Mein Freund will nicht mit mir schlafen? Liegt es jetzt an mir oder an ihm? Bella (13) … wirklich sehr interessante Themen hast du da – das du mir bis jetzt noch nicht weg gestorben bist, wundert mich ehrlich gesagt.“

Ich zuckte regelrecht zusammen und drehte meinen Kopf sofort in die Richtung aus der die Stimme kam und blickte sofort in ein saftig-grünes Augenpaar, das meinen Blick überrascht erwiderte, während ich meine Kopfhörer abstreifte, die ich bis zu diesem Zeitpunkt auf hatte.

„SHANE!? Wie? Was? Wieso?“, stammelte ich unglaubwürdig vor mich her, als ich das Augenpaar und die paar Haarsträhnen, die in sein Gesicht hingen, identifizierte. Er hatte natürlich den Überraschungsmoment schlecht hin auf seiner Seite, weshalb ich mehr als überrumpelt war und keinen geraden Satz mehr heraus brachte. Ich hatte gar nicht bemerkt wie er neben mein Bett getreten war, geschweige denn wie er den Raum betreten hatte … ich sollte mir wohl eher um mein Gehirn sorgen machen, anstatt mich über Langeweile zu beklagen. Offensichtlich erfasste es wichtige Daten nicht mehr.

„Jap, wie er leibt und lebt. Ich weiß, ich bin umwerfend, deine Blicke verraten dich.“, erwiderte er lächelnd auf meine blöde Wortfolge, die in einem Comic mehr Satzzeichen haben würde als Worte. Zum Glück war das Leben kein Comic. Ich wäre ein erbärmlicher Protagonist. Shanes Aussage wurde noch durch diese absolut seltsame Bewegung, die wohl arrogant wirken sollte unterstrichen. Bei mir hatte sie jedoch den Gegenteiligen Effekt – ich musste einfach lachen.

„Ach, halt die Klappe, Großkotz. Du träumst schon mit offenen Augen.“, kam es von mir mit einem neckischen Unterton und nebenbei schlug ich ihm spielerisch mit dem Magazin in meiner Hand auf seinen Oberarm. Er hob sofort abwehrend die Arme.

„Okey okey, ganz ruhig. Wir wollen ja keine Toten hier sehen. Ich ergebe mich freiwillig – bei diesem sprühenden Charme kann ich ja fast nicht mehr anders.“, erwiderte er prompt – genau so neckisch und spielerisch. Wir hatten noch ein echt kindisches Wortgefecht – buchstäblich wie kleine Kinder – und genau so freute ich mich auch über seinen Besuch. Also machte ich eine abwerfende Handbewegung und kam gleich zum eigentlichen Punkt.

„Jetzt ernsthaft, Scherzkeks. Was machst du hier? Es ist mitten am Nachmittag … Ich meine, ich finde es ja Ehrenwert und versteh mich nicht falsch ich bin froh, dass du da bist und somit meine Langeweile ein glimpfliches Ende nimmt, aber ich will nicht das du wegen mir den Unterricht schwänzt oder so … abgesehen davon das du so oder so Lehrer bist und dir das somit nicht leisten kannst und vergiss-“, doch noch ehe ich meinen Redeschwall noch ansatzweise fortsetzen konnte, unterbrach er mich schon.

„Schon gut, schon gut. Beruhig dich. Alles zu seiner Zeit. Um genau zu sein habe ich heute frei, da der Unterricht nicht stattfindet, da sich heute alle auf die „Turn-up-competition“ vorbereiten dürfen, die wohl gemerkt morgen stattfindet. Da du aber so gut wie ausgeschlossen von den Camp-Aktivitäten bist, kannst du das natürlich nicht wissen und ich dachte ich überrasch dich einfach mal und komm früher vorbei.“

„Oh … das klingt cool. Du bewahrst mich somit vor meinen Selbstmordgedanken.“, meinte ich mit ehrlicher Freude in der Stimme. Er lachte.

„Ach was, so schlimm?“

Ich war irgendwie aus dem Häuschen, auch wenn mir der Grund verborgen blieb oder lag es vielleicht daran, dass Shane an seinem freien Nachmittag direkt zu mir kam? Ähm nein ganz sicher nicht.

„Oh ja.“, erwiderte ich mit ernstem Blick. Er grinste nur und schüttelte den Kopf

„Du bist unmöglich.“

„Ich weiß … also? Wann fangen wir mit lernen an?“, sprach ich gleich das naheliegenste aus. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich mal so aufs Lernen freuen würde. Ich sah ihn erwartungsvoll an, bis mir etwas auffiel das nicht zu meinem Plan passte und dem ich sogleich Ausdruck verschaffen musste.

„Ähm … wo ist deine Gitarre?“

„Die liegt sicher verstaut genau neben meinem Bett – wenn du es genau wissen willst.“, kam es prompt mit einem Grinsen von ihm.

„Aha und was macht sie da?“, fragte ich ehrlich interessiert. Shanes Grinsen wurde immer breiter.

„Na ja, ich dachte mir, wir könnten uns eine kleine Auszeit gönnen.“

Er musste meinen Blick gesehen haben, denn er fügte sogleich hinzu:

„Also nur am Nachmittag natürlich – am Abend wird sofort wieder gelernt! Du sollst ja davon profitieren.“

„Aha und wovon soll ich profitieren? Du musst dich klarer Ausdrücken!“, meinte ich etwas vorwurfsvoll, immerhin wollte ich lernen – ich sehnte mich nach ein wenig Musik.

„Ich dachte mir, ein bisschen frische Luft könnte dir ganz gut tun. Du solltest mal wieder raus kommen, um die reale Welt da draußen nicht zu vergessen. Und sag jetzt nicht „Nein“. Ich dulde keinen Wiederstand, immerhin hast du es mir selbst versprochen.“

„Ähm … okey?“, meinte ich fragend und ohne jeglichen Widerstand. Ich wüsste auch gar nicht gegen was ich Wiederstand leisten sollte. Ich wusste ja nicht um was es ging und frische Luft klang nebenbei gesagt wie Musik in meinen Ohren.

„Ich muss zugeben, es hat ne Weile gedauert bis ich deinen Arzt soweit bekommen hab, dass er dich nun endlich mit mir raus lässt, da er ja sehr gründlich ist. Aber nach vielem hartnäckigen Nachfragen und Beschwörungen konnte ich ihn schlussendlich doch überzeugen.“, versuchte er sich zu erklären und das nicht gerade mit wenig Stolz in der Stimme.

„Okay, schon mal danke für dein Bemühen, aber würdest du mir jetzt bitte sagen, was du vor hast?“

„Jetzt bin ich aber enttäuscht – Sag nicht, du hast es schon vergessen.“

„Was vergessen?“

Statt auf meine Frage zu antworten, hob er etwas auf, was ich bis dato noch gar nicht bemerkt hatte und ich wurde unverbindlich mit einem hölzernen Ding konfrontiert – einem Picknick-Korb um genau zu sein! Das Picknick!! Ich hatte es total vergessen … und wenn ich ehrlich war dachte ich auch, dass es Shane ebenso ergangen war. Stattdessen hatte er dafür gekämpft – hinter meinem Rücken – nur um ein paar Stunden in Freiheit mit mir verbringen zu können. Das war mir jetzt extrem unangenehm. Vor allem, weil ich meinen Missmut kaum verbergen konnte. Na toll – jetzt wollte ich doch lieber wieder lernen. Frische Luft klang nun doch nicht mehr ganz so traumhaft. Lieber stickige Luft und eine normale Atmosphäre, als frische und eine gefährliche Situationen, die mich an eine furchtbare Nacht erinnern würde. Ich wollte jedoch nicht unhöflich sein, da er sich ehrlich zu freuen schien, dass wir endlich mal wieder was zu zweit Unternehmen konnten. Also zwang ich mir ein klägliches Lächeln und eine ebenso klägliche Antwort zu Recht.

„Ähm … ein Picknick? … Ja … toll.“

Nicht gerade überzeugend ich weiß. Aber hey … ich war ein Junge – Lügen gehörte nicht gerade zu meinem Spezialgebiet oder sagen wir eher Schauspielerei (und ich glaubte das hab ich mittlerweile auch schon mehrmals bewiesen). Shane schien kein bisschen irritiert, denn er erwiderte sofort ein „Wunderbar“ bevor „Dann lass uns keine Zeit verlieren“ folgte. Ich dachte mir nur: Doch, lass uns jede Menge Zeit verlieren. Ich hätte es jetzt auch gerne erwidert, doch ich beließ es dabei … Immerhin hatte er sich darum bemüht und ich wollte ihm die Freude nicht vermasseln … also machten wir uns keine 15 Minuten später extrem langsam auf den Weg. Ich befürchtete schon wieder so etwas wie den Weltuntergang meiner Welt und das Gefühl verbesserte sich nicht gerade, als Shane direkt auf den Wald zusteuerte. Der Wald meiner Albträume – mein schlimmster Albtraum um genau zu sein … verdammt! Chaos ich komme – Gott, wenn es dich wirklich gibt, dann bitte, lass es dieses Mal ganz entspannt sein und lass mich kein Déjà-vu erleben … Bitte! Ich geh dann auch wieder brav zur Kirche und bete wieder mehr …
 

… Tja, 30 Minuten später und ich muss sagen: bis jetzt läuft es ganz Gut – ganz normal. Abgesehen von einem Punkt: Ich war für Shane mehr als hinderlich, da wir nicht gerade schnell voran kamen. Ich war davon überzeugt, dass uns selbst die Schnecken überholen mussten. Mein Fuß war eben für eine solche Wandertour noch nicht bereit – zumindest nicht auf eine schnelle. Wir brauchten ca. 1 ½ Stunden bis wir wieder an dem See und somit Shanes Lieblingsort überhaupt ankamen. Selbst am Tag verlor dieser Ort nicht mal seinen Glanz und entgegen meiner Erwartungen fühlte ich mich richtig gut. Shane hatte schon alles vorbereitet und mitten auf der Wiese war eine Decke ausgebreitet auf der ein Kissen, ein paar Sachen und seine Gitarre lagen. Er lief direkt darauf zu und drehte sich dann mit einem strahlenden Lächeln zu mir um.

„Na? Hab ich zu viel versprochen?“

„Nein, obwohl ich mich jetzt echt Frage, was du getan hättest, wenn ich ‚nein‘ gesagt hätte. “

„Ich hätte dich wohl überredet.“

„Hättest du nicht.“

„Hätte ich wohl.“

„Nein.“

„Doch.“

„Nein“

„Doch“

„Nein“

„Doch“

„Das hättest du nicht geschafft.“

„Doch, aber egal … du bist hier. Dieses was-wäre-wenn-gehabe interessiert doch keinen. Das jetzt zählt. Also, beweg deinen Hintern hier her.“

„Wirklich weise gesprochen – immerhin.“

Er deutete neben sich, denn er hatte sich mittlerweile gesetzt. Ich tat wie mir geheißen.

„Ich hoffe, du hast Hunger mitgebracht. Ich hab alles eingepackt was ich finden konnte.“

„Wie praktisch wenn man sich der Sohn des Campleiters nennen kann.“, erwiderte ich nicht ohne Ironie.

„Tja, man muss eben wissen wie man mit Luxus umzugehen hat – zumindest auf einem Camping Platz.“

„Das glaube ich sofort.“, meinte ich unbekümmert und blickte mich ein wenig um, während Shane das ganze Essen auspackte.

„Sag mal, sagtest du nicht deine Gitarre sei neben deinem Bett, wo sie sicher ist?“

„Das war gelogen.“, erwiderte er grinsend.

„Was du nicht sagst – wirklich unverschämt.“

„Du wirst es überleben.“

„Das meinte ich auch nicht.“

„Keine Panik, ich hab noch eine kleine Überraschung für dich.“

Er sah mich direkt an, als er diese Worte aussprach und ich hätte mich ewig in diesen Augen verlieren können, wenn er den Blickkontakt nicht wieder abgebrochen hätte. Ähm ja, den Satz streichen wir besser wieder aus meinen Gedanken …

„Dann bin ich ja mal gespannt …“

„Das kannst du auch sein, auch wenn ich jetzt schon weiß, dass es dir nicht gefallen wird.“

„Das kannst du nicht wissen.“

„Oh doch, kann ich – ich kenne dich mittlerweile ein wenig.“

„Du sagst mir heute ein bisschen zu oft „doch“ …“

„Wirklich?“

„Ja!“

„Witzig.“, und damit reichte er mir eine Schüssel mit Obst. Ich sah ihn mit verdrehten Augen an, ehe ich mir eine Erdbeere gönnte und damit starteten wir in unser „Entschuldigungs-Picknick“ und es wurde richtig witzig und locker – kein bisschen verklemmt oder unangenehm ... es musste wohl wirklich einen Gott geben, der Wunder fabrizierte. Ich dankte ihm und wollte mein Versprechen eventuell wirklich in die Tat umsetzen … aber wie sagt man so schön? Lobe den Tag nicht vor dem Abend, oder so irgendwie … jedenfalls war dieses Sprichwort goldrichtig.
 

Okey ich gebe es zu. Shane war atemberaubend und so … zuvorkommend. Der Nachmittag wurde alles andere als grausam – im Gegenteil, er war wunderschön zumindest bis zu jenem Moment mit dem ich mich nun konfrontiert sah. Shane versuchte allen Ernstes mich dazu zu bewegen mit ihm schwimmen zu gehen. Er versuchte wirklich alles um mich ins Wasser zu kriegen …

„Ach komm schon Joelle, sei keine Spielverderberin. Von mir aus kannst du deine Klamotten auch anlassen.“

„Denk nicht einmal im Traum daran, dass ich sie ausziehen würde!“, erwiderte ich genervt und ich hoffte, dass er meinen panischen Unterton nicht raus hörte. Ich konnte nicht ins Wasser – das war doch offensichtlich. Außerdem hatte ich auch nicht gerade das Bedürfnis danach. Ich würde nur sowas von auffliegen. Er griff nach meinem Arm und versuchte mich aufzuziehen. Zum ersten Mal in meinem Leben verfluchte ich mich dafür, dass ich so zierlich und leicht war.

„SHANE! Bitte, lass das.“, schrie ich schon voller Panik, als er mich aufbekam und über seine Schulter warf und dem Wasser immer näher kam. Panik. Hilfe. Panik. Hilfe.

„Nein, nein. Nenn mir einen guten Grund warum ich dich wieder absetzen sollte?“

Ich überlegte fieberhaft, auch wenn ich wusste, dass diese Frage eigentlich nicht ernst gemeint war. Aber ich bekam zum Glück rechtzeitig die richtige Erleuchtung und beruhigte mich langsam etwas. Es war meine einzige Hoffnung und ich wusste dass es funktionieren würde. Auch wenn sie ziemlich klischeehaft und gemein war – das typische Mädchen gehabe eben.

„Shane bitte lass mich runter, du tust mir weh. Außerdem kann ich nicht ins Wasser wegen meinem Fuß – selbst wenn ich wollte. Gips und Wasser verträgt sich nicht gerade.“

Mein Fuß hatte ich nämlich völlig vergessen – er wohl auch. Was wohl daran lag, dass er unter einer weiten Jogginghose versteckt war. Ich versuchte meine Stimme so zuckersüß und verletzt klingen zu lassen wie möglich. Und es klappte. Er blieb sofort stehen und Schieftete mich von seiner Schulter runter – was jedoch nicht besser war, denn nun lag ich in seinen Armen und wir blickten uns direkt an. Es war fast so als wollte er abwägen was gelogen und was der Wahrheit entsprach.

„Na gut, du hast Recht. Tut mir Leid, dass hab ich nicht bedacht, aber…“, er sah wieder auf und plötzlich änderte sich sein Gesichtsausdruck wieder und sein Lächeln wurde immer breiter.

„Dann machen wir eben was anderes. Das kannst du mir nun wirklich nicht verwehren.“

Ich sah ihn panisch an, denn er steuerte schon wieder auf das Wasser zu.

„Shane!? Shane, was hast du vor?“, kam es zum 2ten Mal mehr als nervös von mir, doch ich bekam keine Antwort.

„Shane!“

Ich schloss schon panisch meine Augen, als er mich plötzlich los ließ und absetze. Ich dachte schon ich würde jeden Moment mit dem Wasser Bekanntschaft machen, doch stattdessen war alles immer noch trocken – so fühlte es sich zumindest an. Ich öffnete die Augen wieder – überrascht – und sah einen grinsenden Shane vor mir, bevor ich mich umsah und jede Menge Holz um mich wahrnahm.

„Ein Boot?“

„Jap, so wirst du nicht nass.“

„Das ist …“, mir fiel nichts dazu ein. Immerhin hatte ich gerade so etwas wie Todesangst gehabt.

„Genial.“, beendete er meinen Satz. Ich sah ihn unmissverständlich an. Wieso war mir dieses verdammte Boot vorher nicht aufgefallen!? Ich musste mich echt wieder mehr auf meine Umgebung konzentrieren, um wieder in der Lage zu sein wichtige Details zu erfassen … und mich nicht andauernd von – Nein! Das wollte ich nicht gerade denken … Ich war zu lange an der Hitze – eindeutig! Wie viel Grad hatten wir heute? Auf jeden Fall zu viele … Ich wollte gerade etwas sagen, als ich erfasste, dass Shane wieder zurück zu unserem Platz gelaufen war und seine Gitarre holte, bevor er wieder zurück zu mir kam und sich neben mich in das Boot setze. Es schwankte ungeheuerlich, als er es betrat. Ich hielt mich panisch am Rand fest. Das was ich vorher noch sagen wollte, war schon wie Weg gefegt. Bam. Einfach weg. Ich sah nur noch das Wasser und mich kollidieren.

„Du bist echt wasserscheu.“

„Das wärst du auch, wenn du wüsstest, dass du untergehst wie ein Stein, solltest du wegen einem egoistischen Idioten ins Wasser fliegen.“

Er lachte.

„Danke, wie charmant – aber keine Panik. Ich würde dich nicht untergehen lassen.“

„Na toll! Wie beruhigend.“, sagte ich absolut nicht sarkastisch. „Du willst mir jetzt sicher gleich stolz verkünden, dass du das erste Abzeichen der Seepferdchen-Gruppe* hast, stimmt‘s?“

„Nicht ganz.“, grinste er vor sich hin, während er das Boot los machte. Fürs Erste war unsere Konversation damit beendet und Shane fing an raus zu rudern. Wir kamen der Mitte des kleinen Sees immer näher und näher und langsam wurde ich auch lockerer. Was sicher nicht an der Umgebung oder dem Wasser oder diesem monotonen Geräusch lag, dass das Boot von sich gab. Nein, ich wurde schlicht und einfach abgelenkt. Mittlerweile beobachtete ich die Wellen und wie sie sich an unserem Boot brachen. Ab und zu glitt mein Blick auch zu Shane (wohl gemerkt die Ablenkung schlecht hin, um auf andere Gedanken zu kommen ...). Wie sich sein Oberkörper immer anspann, wenn er die Ruder nach vorne bewegte – seine Muskeln zeichneten sich klar unter seinem schwarzen Shirt ab. Ich kam auch nicht davon ab, ihn richtig zu Mustern, während er breitbeinig da saß und sich somit mehr in seiner Jeans abzeichnete, als mir lieb war. Auch der Gürtel war mehr als unnötig, da er viel zu locker saß und es somit den Anschein machte, dass er die Hose bald verlieren würde – nicht das sie so locker saß, aber eben auch nicht so eng. Ich wurde unvermittelt rot und drehte meinen Kopf sofort wieder weg. Eindeutig zu viel ABLENKUNG! Wie war das noch einmal mit der Hitze? Doch mein Blick glitt trotzdem von Zeit zu Zeit wieder zurück, bis der besagte Herr mich aus meiner Gedankenwelt wieder zurück holte – wie so oft in letzer Zeit. Es wurde langsam echt zur Gewohnheit …

„Da wären wir. Toll, oder? War doch gar nicht so eine schlechte Idee.“, erklang seine Stimme über den Wellen. Mittlerweile waren wir in der Mitte des Sees angelangt und er sah mich nun unverbindlich an – nicht mehr das Wasser. Ich sah ihn ebenfalls an und merkte wie mir der Wind leicht durch meine unechten Haare flog. Ich nickte nur Ergebens – ganz unrecht hatte er ja nicht. Man hatte einen tollen Ausblick über alles was es rund um den See gab. Ich konnte unseren Platz sehen, die Straße und sogar das Camp, aber ich fühlte mich trotzdem nicht wohler … zumindest nicht mehr unter diesem Blick. Nein, ich war wirklich nicht wasserscheu … ich fühlte mich nur nicht so wohl in der Kombination „Mädchenmontur“ & Wasser. Verständlich, ne? Auch Shane schien meine Nervosität nicht zu entgehen … leider. Ich dachte immer ich sei nicht leicht zu durch schauen, aber offensichtlich kannte er mich langsam wirklich ziemlich gut …

„Fühlst du dich immer noch unsicher? Dir kann nichts passieren. Das verspreche ich dir.“

Während er die Worte aussprach, veränderte sich seine Augenfarbe zu einem sanften Grünton und ich konnte gar nicht anders als ihm zu glauben – jedoch brachte ich immer noch nichts anderes zustande wie ein Nicken. Ich hatte nicht wirklich Angst vor dem Wasser, ich war einfach viel zu abgelenkt von Shane selbst. Baaamm – hatten wir das nicht schon mal heute? Seit wann war er eigentlich… so sexy? Seine Ausstrahlung war pures Sexappeal – seine Körpersprache, wie sich seine Lippen passend zu den Worten verführerisch schlossen und wieder öffneten. Hallo? Plötzlich haftete mein Blick direkt auf seinen Lippen und für einen kurzen Moment fragte ich mich, wie es sich wohl anfühlen würde, wenn sich seine Lippen noch einmal auf meine legen würden.

Ich wurde aus meiner … seltsamen Fantasie gerissen, als seine Hand meine kurz berührte – denn ich zog sie sofort weg und sah ihn verwirrt und zugleich überrascht an. Hatte ich mir diese Spannung gerade eingebildet? Und mein Herz klopfte nicht gerade so, als hätte man mich heimlich beim Abschreiben erwischt?

„Hey, Tagträumerin. Ich sagte, ob du bereit für deine Überraschung bist?“

„Überraschung?“, sagte ich immer noch etwas verwirrt.

„Jep.“

Plötzlich merkte ich, dass Shane nun seine Gitarre im Arm hielt. Ich sah ihn zweifelnd an.

„Du willst mir jetzt aber nicht wirklich was vorspielen, oder?“

Ich konnte 1 & 1 zusammen zählen.

„Hey, zerstör nicht die ganze Überraschung, dass macht alles kaputt.“, meinte er spielerisch verärgert.

„Und womöglich noch ein Song, denn du extra für mich geschrieben hast. Indem du mir sagst wie toll ich bin, oder?“, sagte ich scherzhaft. „So wie ich es letztes Mal gefordert hatte.“

„Oh man! Mit dir macht das echt keinen Spaß. Aus deinem Mund klingt es nach etwas grauenhaften, derweil hast du meine Gesangskünste letztens noch so in den Himmel gelobt.“

Nun klang seine Stimme etwas beleidigt, aber sein Gesichtsausdruck verriet, dass er es nicht ernst meinte. Ich blinzelte derweil überrascht und ebenso überrascht klang meine Antwort. Er meinte es ernst.

„Ein Song? Für mich?“, meinte ich skeptisch.

„Jap, und nur für dich, auch nur für deine bezaubernden Ohren gedacht. Ich brauch ja jemand der mir zuhört, nun da ich meine Leidenschaft wieder entdeckt habe – also hör‘s dir einfach an.“, kam es umwerfend charmant von ihm und mit diesem phänomenalen Lächeln. Wenn ich wirklich ein Mädchen gewesen wäre, wäre ich spätestens jetzt dahin geschmolzen. Stattdessen machte sich nun ein ungutes (kotz) Gefühl in mir breit – ein Gefühl das ich ziemlich gut kannte und das mich in letzter Zeit selten getäuscht hatte. Ich verband nicht wirklich gute Erinnerungen damit, wie man sich denken konnte – sonst wäre es kein ungutes.

„ Aber bitte lach nicht.“, fügte er noch mit Nachdruck hinzu, bevor er anfing die ersten Takte zu spielen. Manchmal war der Typ echt Unsicher – was mir jedoch keinesfalls missfiel. Meine ersten Zweifel schwanden schon bei den ersten Klängen. Dafür hörte ich ihm wohl einfach zu gerne zu. Es war als würde die Melodie alles weg waschen … Der Sound war interessant und richtig heiter und als er auch noch anfing zu singen und mir dabei noch in die Augen sah, war es endgültig um mich geschehen. Alles schwappte davon. Ich sah nur noch ihn und hörte nur noch seine Stimme, die für mich sang und nur für mich. Der Rest wurde partout ignoriert – nicht mehr wichtig.
 


 

“I wanna be the picture on your wall.

I wanna chase you around until we fall.

I wanna be the one you write about.

I wanna be the one who never lets you down,

but right now I feel like I am losing control, losing control
 

Hey, hey, hey, hey – My head is spinning cause of you.

Hey, hey, hey, hey – you’ve no clue what you do.

Your the storm, let it rain. You've got eyes like a hurricane.

Hey, hey, hey, hey – you’ve no clue what you do to me.

You've no clue what you do to me.

…”
 

Ich sah ihn die ganze Zeit an. Und sein Blick erst – einfach unbeschreiblich. Er nahm mir den Atem. Alles verschwamm – da waren nur seine Worte und sein Blick. Nichts weiter. Und den ganzen Song über lächelte er so unbeschreiblich – das Lächeln das ich so liebte, wenn es sich doch mal auf sein Gesicht schlich. Und das war im Alltag durchaus selten. Und glaubt mir, ich konnte selbst kaum glauben wie schwul das gerade klang. Aber für die kurze Dauer dieses Songs war es mir egal. Es gab nur noch ihn und mich. Zugegeben, er sah dabei auch einfach … heiß aus? Sah ich auch so aus, wenn ich etwas performte?
 


 

“I can make you laugh until you cry. I can tell your mood just by your eyes.

I can sleep with your head on my cheek and I could be the one you'd never want to leave, but right now I feel like I'm losing control, losing control.
 


 

Hey, hey, hey, hey – My head is spinning cause of you.

Hey, hey, hey, hey – you’ve no clue what you do.

Your the storm, let it rain. You've got eyes like a hurricane.

Hey, hey, hey, hey – you’ve no clue what you do to me.

You've no clue what you do to me.

…”
 

Ich hörte nur noch seine Stimme – alle anderen Geräusche schienen zu verschwinden. Bis auf eines – mein Pulsschlag. Mein Herz klopfte so laut gegen meinen Brustkorb, dass ich glaubte er müsste es hören. Wie konnte es auch jemand schaffen so viel Gefühl in einen simplen Song zu stecken? Ich bekam eine Gänsehaut und das nicht nur wegen dem Song oder seiner Stimme – vor allem wegen den Blicken mit denen er mich ansah. Irgendwann schloss ich meine Augen – zugegeben nicht nur um Shanes Blick zu entgehen und den Song einfach zu genießen, sondern in erster Linie, weil es ein wenig zu viel für mich war – die ganze Situation. Immerhin hatte mir noch nie jemand SO in die Augen gesehen, so durchdringend und zugleich fesselnd, und schon gar nicht, wenn man mir einen Song vorspielte – abgesehen davon dass mir auch noch nie jemand was vorgespielt hatte … somit war alles neu für mich – Premiere sozusagen.
 


 

“… And we'll both fall, we'll lose it all, but we'll have each other

and we won't make the same mistake cause we're better together,

and we're smarter than before cause we have been through the world

and we know that there is more – When you find the one that you are looking for.
 


 

Hey, hey, hey, hey – My head is spinning cause of you.

Hey, hey, hey, hey – you’ve no clue what you do.

Your the storm, let it rain. You've got eyes like a hurricane.

Hey, hey, hey, hey – you’ve no clue what you do to me.

You've no clue what you do to me.

…”
 

Es war seltsam. In diesem Moment war eine gewisse Magie vorhanden, eine Anziehung, die man nicht greifen konnte. Vor allem, weil der Song davon handelte wie wichtig ich ihm war – wenn dieser Song überhaupt von mir handelte und das bezweifelte ich wirklich. Es musste einfach ein Scherz gewesen sein. Immerhin war der Song eindeutig ein Liebeslied und das war ich nun wirklich nicht wert geschweige denn, bereit zu akzeptieren. Eigentlich bitter, da der Song echt wunderschön war. Aber: nicht passend auf mich. Ich war bei weitem nicht so verwirrend wie er – in allen Punkten. Aber offensichtlich brachte ihn die Person, um die es ging, echt in Wallungen und um den Verstand. Gleichzeitig, während ich langsam wieder anfing nach zu denken, kam der Schwarzhaarige zum Schluss des Songs …
 


 

“You're the storm, let it rain.

You've got eyes like a hurricane.

Hey, hey, hey, hey

You've no clue what you do to me.

You've no clue what you do to me.

You've no clue what you do to me.”
 

Und als der Song dann wirklich endete, saß ich immer noch wie angewurzelt da und hatte meine Augen immer noch geschlossen. Ich hatte Angst davor was mich erwarten würde wenn ich sie wieder öffnete – das das alles vielleicht nur ein Traum war. Dafür war es irgendwie doch zu schön. Immerhin war es doch etwas besonderes, oder? Doch plötzlich flogen die positiven Gefühle davon und ich fühlte mich schlecht. So richtig mies. Ich kämpfte den Impuls hinunter mich übergeben zu müssen. Ich war ein elender Lügner. Ich verdiente das ganze hier eigentlich nicht und vor allem verdiente Shane so etwas nicht. Der Song, wenn er überhaupt wirklich an mich gerichtet war, wäre dann auch an Joelle – das Mädchen. Er würde von jemandem singen der so eigentlich nicht existierte – zumindest nicht in weiblicher Form und plötzlich überkamen mich noch mehr Zweifel ... was wenn Nate doch recht hatte? Wenn sich Shane wirklich in meine weibliche Form verliebt hatte? Oder es zumindest irgendwie glaubte? Ich schüttelte den Kopf – an so was durfte ich gar nicht denken. Nein, Shane hatte mir vor wenigen Tagen selbst gesagt, dass er nichts von mir wollte, dass das alles nur ein blöder Unfall war. Ja genau, so war’s. Ich schrak auf und öffnete meine Augen wieder, als sich zum 2ten Mal eine warme Hand um meine geballte Faust legte.

„Hey.“, ertönte seine Stimme sanft. „Alles okey?“

Er wirkte etwas besorgt. So wollte ich eigentlich nicht reagieren. Immerhin hatte er sich solche Mühe bei allem gegeben, aber ich war auch weiterhin nur in der Lage zu nicken und sprach erst wieder als ich meiner Stimme wieder halbwegs vertrauen konnte. Sie klang trotzdem etwas abgedroschen.

„Das war echt wunderschön. Aber jetzt ernsthaft? An wenn hast du wirklich gedacht, als du den Song geschrieben hast?“, sagte ich ehrlich interessiert.

„An dich – hab ich doch gesagt.“, erwiderte er irritiert schnaufend. Als erstes sah ich ihn entgeistert an, ehe ich kurz auflachte. Er musste heute echt zum Scherzen aufgelegt sein.

„Ja ja Casanova, echt witzig – mal ehrlich. Erstens: Ich bin nicht so toll und besonders, als das sich jemand so in mich verlieben könnte und zweitens wäre ich den Song gar nicht wert – ehrlich.“, meinte ich immer noch scherzhaft. „Also, an wen hast du gedacht?“

„Und was wäre, wenn ich jetzt sagen würde, dass du dich irrst, ich den Song nur für dich geschrieben hab, ich dich so sehe und du den Song auf alle Fälle wert bist und dass du gleichzeitig einer der wundervollsten Menschen bist, die ich seit langem getroffen hab? Außerdem versteh ich nicht wieso du dich selbst so schlecht machst – fasziniert mich echt, auch wenn ich nicht verstehe warum.“

„Ich würde sagen, dass du spinnst. Und wahrscheinlich würde ich freiwillig ins Wasser springen – ertrinken wäre weniger schockierend.“

Er lachte kurz unglaubwürdig.

„Gut, ich glaub dann schweige ich wohl lieber.“

Ich sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Immerhin hatte das alles jetzt wirklich scherzhaft geklungen … Das war mehr als verwirrend …

„Also?“

„Was?“

„Du hast meine Frage immer noch nicht beantwortet – wer ist dieses Mädchen? Und ich bin neugierig! Ich will antworten und vor allem: keine Scherze mehr.“

Er seufzte kurz und sah mich so unergründlich an.

„Man ich hab dir doch schon alles gesagt – was willst du mehr? Selbst schuld wenn du mir nicht glaubst.“, meinte er etwas zaghaft. Nun sah ich ihn echt ernst an – und gleichzeitig wirklich schockiert. Er meinte das ernst? Wirklich? Hallo!? Der Song sollte von mir handeln?

„Willst du mich verarschen? Der Song handelt doch von jemand anderem, oder?“

Die letzen Worten klangen wirklich sehr zaghaft und im hinteren Teil meines Gehirns fing es zu rattern an, bevor ich das offensichtliche aussprach.

„Der Song klingt nämlich nach jemanden, denn du sehr … liebst. Unsterblich.“

Es war die Wahrheit. Davon handelte der Song und wir wussten es beide. Die letzen 2 Worte waren fast nur noch ein Flüstern meinerseits. Ich brachte sie einfach nicht richtig übers Herz. Ich weiß nicht woher ich überhaupt den Mut nahm um diese Erkenntnis aus zu sprechen. Sie würde alles beenden, wenn er falsch drauf antworten würde und das wollte ich eigentlich nicht wirklich … auch wenn ich die Wahrheit eigentlich wusste. Ich wollte sie nur nicht wahr haben, weil ich gern in seiner Nähe war – er tat mir gut. Doch Shane schwieg – was die ganze Situation auch nicht besser machte. Vor allem weil er mich so durchdringend ansah, aber gleichzeitig nichts Preis gab. Ich erkannte nichts in seiner Mimik. Weder Anzeichen für einen Scherz noch dafür dass es wirklich ernst gemeint war. Es machte mich Wahnsinnig. Also versuchte ich weiterhin mich zu retten – mit Worten.

„Du sagtest du liebst mich nicht … wir sind nur Freunde. Der Song klingt aber nicht nach einem Freund.“, sprach ich weiter und sah ihn dabei unverwandt an, ehe ich meine Kopf senkte. Dieser Blick – so durchdringend, als wollte er meine Gedanken lesen. Ich lachte wieder kurz auf – ein Akt purer Verzweiflung.

„Das ist doch alles nur ein schlechter Scherz, oder? Und sag jetzt ja nichts Falsches!“

Es erschreckte mich gerade selbst wie flehend meine Stimme bei diesem Satz klang. Shane musterte mich ebenfalls etwas seltsam bevor er den Griff um meine Hand festigte und seinen Kopf schüttelte. Er seufzte. Offensichtlich hatte er seine Antwort gefunden.

„Joelle …“, fing er wieder mit Nachdruck an. „Ich weiß nicht woher diese panische Angst kommt, dass ich mich in dich verlieben könnte, aber sei beruhigt. Ich weiß das klingt verrückt. Ja, ich liebe dich, aber als gute Freundin … mehr als Schwester, okey? Beruhig dich das jetzt? Da ist nichts. Und ja, erwischt. Es war nur ein Scherz – hallo? Hast du mir das jetzt echt abgekauft? Vielleicht sollte ich doch noch mal über eine Schauspielkarriere nach denken – offensichtlich war ich ziemlicher gut, oder? Und wegen dem Song … wenn du es unbedingt wissen willst, er handelt von einer alten Freundin, in die ich damals verknallt war, klar?“, meinte er doch relativ überzeugend. Er sah mir dabei jedoch nicht in die Augen und das erste Wort, dass mir durch den Kopf schoss war: Lügner! Doch meine 2te Reaktion war Erleichterung und ich ignorierte das vorangegangene „Lügner“. Er hatte es doch gesagt. Es würde schon stimmen. Es war ihm peinlich – wohl weil ich so reagiert hatte. Sicher, das war‘s. Außerdem war es wirklich gut gespielt – wenn es denn wirklich eine Lüge war. Dabei bedachte ich jedoch nicht, dass Shane vielen Leuten fast sein ganzes Leben lang etwas vorspielte und somit war auch klar, dass er sicher auch gut Lügen konnte. Aber wie gesagt, der Gedanke kam mir nicht.

„Boah, verarsch mich nie wieder so Dreckig klar!? Du hast mir echt einen Schock eingejagt. Über so was macht man keine Witze.“, meinte ich trocken, erleichtert und genervt zu gleich. Immerhin war das die pure Wahrheit.

„Ja ja, sorry, war nicht so gemeint. Wirklich. Ich dachte einfach nur, dass es witzig wär, deiner scherzhaften Bitte von letztem Mal nach zu kommen. Tut mir leid – ich dachte nicht das du SO reagieren würdest, okey?“

Diese Worte hätten jedem Mädchen das Herz gebrochen, während es meines in Sicherheit wog. Ich nachhinein betrachtet war ich wohl wirklich blind, um nicht zu erkennen wie ernst der Song gemeint war oder einfach nur extrem dumm, aber gut … ich glaubte, ich wollte es einfach nicht wahr haben. Ich wollte es nicht hören. Die Wahrheit schmerzte nun Mal – da ist Verdrängen und Vergessen die beste Möglichkeit – die bessere Alternative. Es ist kein Geheimnis, das Menschen dumm sind und sich oft vom Verstand leiten lassen, obwohl das Herz so deutlich eine andere Sprache sprach. Echt seltsam, nicht? Aber ich war eben auch nur ein Mensch, der eben nur das hörte, was er hören wollte … Tja, danach wurde es etwas unangenehm – kann man sich ja denken. Die Luft war mehr als geladen. Nicht so, als würden wir uns jeden Moment an die Gurgel gehen, sondern eher von Bedrücktheit und Schweigen. Wir fuhren wieder an den Rand und die Stimmung war langsam mehr als gedrückt. Shane versuchte sie noch ein paar Mal aufzulockern, aber dieses beengende Gefühl ließ mich nicht mehr los. Den ganzen Tag – obwohl er alles als Scherz abgetan hatte. Aber irgendwie stempelte irgendetwas in mir, das Ganze als nicht gerade glaubwürdig ab. Doch ich ignorierte es – versuchte es zumindest. Wir räumten auf und gingen wieder zurück, selbst dort schwiegen wir und als wir wieder zurück im Krankenflügel waren, lernten wir – aber nicht lange. Ich war dafür nicht mehr im Stande. Ich schickte Shane also ziemlich früh weg mit der Begründung, dass ich müde war und der Tag einfach ein wenig zu viel für mich gewesen sei – was ja auch nicht ganz gelogen war. Auch wenn es auf andere Weise zu viel für mich war. Auf eine Weise, an die ich eigentlich nicht wirklich denken wollte – schon wieder. Ich bedankte mich noch einmal für den schönen Nachmittag und er reagierte eher bescheiden darauf. So als wollte er darauf achten, nichts Falsches mehr zu sagen oder zu tun. Er tat mir ein bisschen leid. Immerhin wollte er mir eine Freude machen … und dann … na ja das alles eben. Danach ging er unverzüglich, aber nicht ohne noch einmal zu beteuern, dass wir nur Freunde waren … was die ganze Sache für mich nur noch schlimmer machte. Ich erzwang ein Lächeln und antwortete:

„Ich weiß. Danke.“

Als er die Tür hinter sich jedoch schloss, sackte ich buchstäblich in mir zusammen. Die letzen paar Stunden hatten mich doch viel Kraft gekostet und im Moment fühlte ich mich wirklich extrem ausgelaugt. Und somit schlief ich auch ziemlich schnell ein, nachdem ich mir noch ein paar Songs auf meinem Ipod anhörte – zur Beruhigung. Doch meine Träume wurden deshalb kaum angenehmer. Im Gegenteil. Ich träumte nur schlechtes … und Shane kam dabei öfters vor, als es mir lieb war und das nicht gerade im positiven Sinne …

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Bin ich nicht nett? Ich dachte bevor ich jetzt morgen wieder in den Urlaub fahre, schreib ich noch ein Kapitel ... ja ich weiß ... hab mir Zeit gelassen ... *verkriecht sich total beschämt* Immerhin habt ihr jetzt ein wenig Lesestoff^^
 

Der Titel war echt gemein^^ Fällt mir grad im Nachhinein auf – da hätte man auch etwas anderes erwarten können xD …. Yeah x3 Ich liebe den Song den Shane in diesem Kapitel performt *__* Absolute Liebe <3 Wer liebt ihn noch? xD Und Stephen Barnes *__* Ähm ja, bevor das jetzt ausartet … back zur Story^^
 

Tja, Joel lernt langsam dazu – langsam dämmert‘s ihm xD Ja, ich weiß – er ist 1A im Verdrängen, aber hey, das bin ich auch. Lassen wir dir Beiden noch ein bisschen im Kreis rennen – es macht mir so viel Spaß und erheitert meinen Schlaf ungemein xD Aber auch Shane hat‘s jetzt glaub ich kapiert – ich hoffe ihr seid nicht allzu enttäuscht :D (schreib ich das eigentlich immer? Oo) Auf die Beiden kommt noch einiges zu – also gönne ich ihnen noch ein wenig Pause^^ Zumindest 1-2 Kapiteln noch ehe wir in Richtung Finale zu steuern :D So sieht jedenfalls die Planung aus. Tja, über jeweilige Kommentar, ob gute oder böse, freue ich mich natürlich wie immer :D

&& vielen Dank an die fleißigen Kommi Schreiber. Ich liebe euch, Leute <3

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NACHTRAG 23.07.2011

Das Kapitel ist erst heute online gekommen >.< Tut mir echt leid. Ich hatte vergessen einen Satz raus zu löschen, den ich mitten im Text drinnen hatte, als Erinnerung für mich & dadurch wurde es nicht freigeschalten --> ich hatte die ganze Woche kein Internet und habs dadruch nicht mitbekommen ... Echt scheiße xD Tja, jetzt bin ich aus meinem Urlaub zurück & es hat einen Vorteil für mich: Ich kann mir länger Zeit fürs nächste Kapi lassen - immerhin xD Dachte schon ich müsste es morgen noch hinfetzen XD Tja, das wars erstmal - bin jetzt k.o. und will nur noch ins Bbett^^ Gute Nacht ...

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Kapitel 11 – Sommersturm – … und es wurden immer mehr Wolken...

WICHTIG: Song einschalten - er passt perfekt zu der Stimmung ;D Vor allem gegen Schluss^^

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Am nächsten Tag wachte ich wirklich spät auf – ich hatte die halbe Nacht kaum geschlafen, war andauernd wieder aufgewacht und später wieder eingeschlafen. Doch der Schlaf blieb unruhig. Im ersten Moment wusste ich nicht mal mehr wo ich war, bis ich die weißen Wände wieder erkannte und genervt auf seufzte. Immer noch auf der Krankenstation. Ich hätte kotzen können. Ich wollte weg – mich endlich wieder bewegen und einem gewissen jemand aus dem Weg gehen. Irgendwie zumindest. Ein Teil von mir wollte es und den anderen schwieg ich recht erfolgreich tot. Mein Blick wanderte durch das Zimmer und blieb dann an den frischen Blumen hängen die neben meinem Bett lagen, zusammen mit einem farblich passenden Umschlag mit meinem Namen oben. Na ja, wenn man das -le weg lassen würde. Trotzdem war er an mich gerichtet. Mein Herzschlag beschleunigte sich für einen kurzen Augenblick wieder, während ich im nächsten Moment schon die Hände über meinen Kopf zusammen schlug und mich mit einem genervten Seufzer wieder zurück in die weichen Federn fallen ließ. Das gab es einfach nicht. Wie konnte er nur? Er war wirklich gekommen heute. Er hatte sein Versprechen nicht gebrochen. Obwohl wir uns auf irgendeine Art gestritten hatten – stillschweigend zumindest. Ich atmete schwer ein. Wir waren beide eigentlich die Typen, die vor Problemen weg liefen. In diesem Fall wohl nur noch ich. Das machte das Ganze auch nicht leichter – kein bisschen. Es verwirrte mich nur mehr und für meine Gefühlswelt war es auch nicht wirklich entspannend, jetzt zumindest nicht, obwohl ich genau das gebraucht hätte. Denn mein Pulsschlag war alles andere als normal. Ich hatte das Gefühl bald zu ersticken oder zu zerspringen. Irgendetwas von beidem auf jeden Fall – ich konnte mich nur noch nicht entscheiden. Dieser verdammte Idiot!? Was fiel ihm überhaupt ein? Er hatte doch tatsächlich den Mut wieder zu kommen. Er hielt sein Wort … Wieso war er nur so verdammt ehrlich und vertrauenswürdig? Wieso? Wieso machte er es mir auch so schwer, ihn einfach wieder in Ruhe zu lassen? Nicht mal mehr in meinen Träumen – er war überall. Gott. Aber eigentlich mochte ich genau das an ihm. Ich mochte seine ganze Art. Es machte ihn interessant … extrem interessant mit den 2 unterschiedlichen Gesichtern … auch wenn mir nur eines wirklich gefiel. Ich nahm meine Hände wieder runter und linste wieder auf die Seite, auf das rechteckige Quadrat. Ich wollte den Umschlag nicht an mich nehmen, also betrachtete ich ihn nur – und ich betrachtete ihn wirklich lange. Überlegte was ich damit machen sollte. Lesen? Fürs Erste wohl nicht … ich wollte nicht wissen was er zu sagen hatte. Jetzt nicht. Also legte ich ihn wieder weg und versuchte wieder zu schlafen. Ich wollte einfach aufwachen – aufwachen aus diesem Albtraum, aus meinen scheiß Gefühlen und diesen verwirrenden Gedanken. Wieso konnte es nicht einfach ein Traum sein?
 

Ich musste jedoch zugeben, die nächsten 3 Tage hatten 3 gute Dinge. Das Erste war, dass ich immer viel schlief. Ich fühlte mich ausgepowert, obwohl ich gar nichts tat außer mein Bett zu hüten. Also übermahnte mich der Schlaf immer sehr schnell und ich schlief immer genau so, dass ich Shane nicht sehen musste – und dieses Mal schlief ich wirklich. Welch ein Glück. Ich wusste nur immer, dass er da war, weil er mir die Unterlagen vom Unterricht vorbei brachte oder weil frische Blumen neben meinem Bett standen. Und ich verfluchte ihn nicht nur einmal – eigentlich alle paar Minuten wenn ich wach war und dann auch nur in Gedanken. Aber eigentlich meinte ich es nicht wirklich ernst. Irgendwie zumindest. Das 2te war die Nachricht, dass ich endlich entlassen wurde. Der Doc meinte ich sei wieder fit genug und das ein Verband jetzt reichen würde, jedoch musste ich auch weiterhin erstmals mit nur noch einer Krücke laufen, um den verbundenen Fuß zu schonen. Aber das war mir egal – was zählte war, dass ich wieder raus gehen konnte und endlich wieder etwas anderes sehen würde außer diesem beschissenen Weiß. Und das 3te … tja, das zählte ich ungern dazu. Es war nämlich Shanes Brief … Er war weitaus ungefährlicher als ich dachte und er hob meine Laune extrem – was mich eigentlich eher anpisste. Wortwörtlich – ich zitiere – stand darin:
 

„Hey Joelle,

ich weiß das du mich die nächsten Tage sicher nicht sehen willst – so gut kenne ich dich mittlerweile. Ich muss dich jedoch enttäuschen. Ich halte meine Versprechen. Und wegen dem Brief … Na ja, du hast geschlafen, ich wollte dich nicht wecken, also entschied ich mich für die altmodische Methode. Ich wollte nur noch einmal betonen, dass ich das Gestern ernst gemeint habe – wir sind Freunde. Gute Freunde, okey? Und es war echt ein Scherz … vielleicht kein guter, aber ja, das ist Ansichtssache nehm ich an? Ich mag dich echt gern und ich will dich nicht verlieren. Ich weiß, wie schmalzig das klingt und ich kann mir jetzt schon vorstellen, wie du dein Gesicht verziehst. Das ist ja offensichtlich nicht so deine Welt … Na ja, meine eigentlich auch nicht, aber egal. Tja, ansonsten was gibt es sonst noch zu erzählen? Im Unterricht ….“

Der Rest ist nicht wirklich relevant. Nur allgemeine Sachen, die mich zum Lachen bringen sollten und es erfüllte seinen Zweck. Wir schrieben uns seither nur Briefe hin und her. Was irgendwie noch witziger war – vor allem etwas distanziert. Natürlich war es nur belangloses Zeug, aber es gab mir eine Beschäftigung, wenn ich mal nicht schlief. Und darüber war ich froh, da ich ansonsten viel zu viel nach gedacht hätte. Meine Antwort auf diesen einen Brief war einsichtig. Ich sagte, dass ich ein wenig überreagiert hatte. Immerhin war es nur ein Song und das sei Interpretationssache und wenn es eh nur ein Scherz war, dann war es irrelevant. Danach ließ ich das Thema fallen und näherte mich Shane anderweitig wieder an … Und ab da an verlief alles normal – so normal wie mit Alice oder Nate. Was man eben als normal bezeichnen konnte, wenn man mit jemandem schrieb.

Wie auch immer, was heute zählte war, dass ich endlich wieder raus kam. Der Arzt laberte mich gerade noch etwas voll, auf was ich achten sollte und so, aber ich beachtete ihn kaum. Wer würde das auch schon? Ich nickte zwischenzeitlich nur immer wieder brav, bis er mich endlich gehen ließ. Für heute war ich noch vom Unterricht frei geschrieben, ab Morgen würde es wieder richtig los gehen. Und ich freute mich riesig. Denn das würde bedeuten: Langeweile ade. Aber erstmals machte ich mich auf zu meiner Hütte, bei der ich auch relativ schnell ankam (ich war schon wieder viel fitter & somit schneller). Dort angekommen legte ich mich auf mein Bett und atmete angestrengt aus. Lächelnd. Wow, fühlte es sich wieder gut an frische Luft einzuatmen, nachdem man ein wenig draußen war. Und ich konnte den Camplärm wieder hören. Als erstes griff ich natürlich zu meiner geliebten und treuen Six-string und ließ meine Hände über die Seiten fahren. Yes, Jackpot – zumindest für mich nach dieser ganzen Abstinenz. Ich fühlte mich wie auf Entzug, da ich schon lange nichts mehr gespielt hatte. Und im nächsten Moment erklang schon einer meiner Lieblingssong. Die Hütte war von Musik erfüllt und ich sog es richtig auf. Musik war eben doch mein Leben – alles. Eigentlich wollte ich ja zu Nate oder Alice, aber da die beiden Unterricht hatten, blieb ich in Hütte 66, und verschob meinen Plan auf später. Stattdessen spielte ich ein bisschen und versuchte mich an einem neuen Song, was mir jedoch nicht ganz gelang, da mir zu viel im Kopf rum schwirrte und endete schlussendlich damit, dass ich meinen Dad wieder einmal anrief. Alles in allem sehr entspannenden. Und zum ersten Mal seit Tagen, dachte ich nicht an Shane.
 

Doch die Konfrontation mit ihm kam etwas früher als gedacht. Was vielleicht gar nicht so schlecht war, andernfalls wär ich wohl total nervös gewesen und hätte mich vielleicht auch aus dem Staub gemacht frühzeitig, um noch ein bisschen Zeit zu schinden … Ich meine immerhin hab ich ihn nicht mehr gesehen seit dem Picknick (für mich eindeutig sehr abwertend ausgedrückt). Wir hatten uns nur in altmodischen Briefen unterhalten. So war es also kein Wunder, dass er total überrascht war mich zu sehen. Genau so wie ich. Ich saß gerade auf meinem Bett und summte vor mich hin, als er reinkam. Er wollte vor dem Abendessen noch kurz duschen. Normalerweise ging er nach dem Unterricht zu Nevio, chillte am See oder arbeitete wie ein Wilder fürs Camp oder seine Firma. Also rechnete ich auch diesen Abend wieder damit, dass er später kommen würde. So wie sonst auch und so wie es davor eben war. Tja, falsch gedacht. Er kam pünktlich zur Tür herein spaziert und blieb erstmals perplex stehen, als er die Tür hinter sich schloss. Mein Zimmernachbar erstarrte buchstäblich in seiner Bewegung, als er mich entdeckte. Vor allem war er überrascht mich zu sehn – sehr überrascht. Wen wundert’s? Ich hatte ihm auch nicht gesagt, dass ich heute raus kommen würde.

„Ähm … Joelle?“

„Hey …“, meinte ich etwas schüchtern und konnte nicht vermeiden, dass ich knallrot anlief, da ich ihn nicht bemerkt hatte. Er hielt in seiner Bewegung weiterhin inne. Okey, ganz ruhig. Es ist alles in Ordnung, versuchte ich mir selbst klar zu machen. Das war es ja auch. Also warum sich unnötig so unsicher aufführen?

„Ähm du kannst ruhig weiter machen.“, sprach ich das aus, das mich gerade aus dem Konzept gebracht hatte. Nicht das ich jemals eines gehabt hätte, aber egal.

„Wie bitte?“, kommentierte er nur – er schien nicht zu verstehen, was ich meinte.

„Na ja, du stehst da wie eine Salzsäure.“

„Ach so … ähm ja.“, meinte er nur und bewegte sich wieder ein bisschen. Na ja, er machte die Tür richtig zu und verschränkte die Arme vor seiner Brust, blieb aber weiterhin dort stehen. Also richtig Bewegen war doch etwas anderes.

„Was machst du hier? Sag nicht du bist aus der Krankenstation abgehauen?“, fügte Shane dann noch in seinem ganz normalen Tonfall hinzu.

„Nein. Das trifft es nicht wirklich. Ich wurde entlassen – ganz offiziell.“

„Ohw … und warum weiß ich davon nichts?“

Mittlerweile hatte er sich aufs Bett mir gegenüber gesetzt (was sein Eigenes war), aber er lächelte. Okey? Da versteh einer diesen Typ. Als Erstes war er wie vom Donner getroffen und dann war alles wieder normal …

„Ähm … das war ganz spontan. Der Arzt hat es immer nur angedeutet und ja, es war nie richtig sicher.“

„Ach so.“

Er legt eine kurze Pause ein – hing wohl seinen eigenen Gedanken nach.

„Und was machst du gerade?“, fragte er irgendwann einfach.

„Nichts. Musik hören.“, erwiderte ich nur trocken und hob als Beweis meine Kopfhörer auf, die vor kurzem noch meine Ohren bedeckt hatten. Aber meine Aussage stimmte nicht ganz. Ich hielt den Zettel weg auf den ich bis vor ein paar Minuten noch geschrieben hatte. Und er wusste es auch. Er sah nämlich geradewegs auf den Zettel, aber er sah drüber hinweg.

Bevor er noch irgendwelche unangenehmen Fragen stellen konnte, ergriff ich lieber das Wort wieder.

„Und was machst du hier? Normalerweise bist du im die Zeit am See, am Arbeiten oder bei Nevio.“

Langsam ging es wieder, stellte ich nebenbei fest. Meine Nervosität legte sich wieder – es war wie immer. Wie vor dieser ganzen Scheiße im Wald. Irgendwie. Nur meine Gefühle waren nicht mehr dieselben … die wussten nämlich gar nix mehr, drehten und wendeten sich – je nachdem wie der Wind gerade flog und wie meine Stimmung war.

„Ähm ja stimmt. Aber ich wollte noch Duschen und mich etwas frisch machen bevor ich bei Nevio nochmal vorbei schaue …“, antwortet er simpel auf meine vorherige Frage und zog nebenbei seine blauen Converse aus. Diese kleine Geste passte eigentlich nicht wirklich zu seinem besagten Plan – ich folgte ihr trotzdem anteilslos, als ich diese Feststellung machte.

„Ach so.“

„Ja, aber…“

„Aber?“, unterbrach ich ihn fragend. Er hatte abgebrochen.

„Ich glaube, das lass ich erst mal bleiben.“, kam es schulterzuckend zurück.

Er lächelte dabei das Lächeln das ich so liebte. Ich musste es einfach erwidern. Irgendwie hatte ich es doch vermisst – das alles. Ein ganz kleines bisschen zumindest. Briefe waren einfach nicht das gleiche. Sie waren eher langweilig – nicht so interessant, weil man die Regungen des anderen nicht wahr nahm. In einem Brief konnte man auch mehr als gut Lügen, fiel mir auf. Aber seine Augen konnten das nicht. Und ich liebte es den Glanz darin zu verfolgen und wie sie sich änderten. Je nach Stimmung und Lichteinfall … Eigentlich mochte ich die Farbe Grün nie. Sie war mir nie aufgefallen. Aber jetzt schien sie mir doch ganz schön und frisch. Wie hatte ich jahrelang Leben können ohne dieser Farbe nicht mal 5 Minuten meiner Zeit zu schenken? Sie hatte potenzial und mir schien es plötzlich unmöglich, dass ich nie auch nur ansatzweise die Schönheit dieser Farbe erkannt hatte. Eigentlich traurig …

Super. Jetzt wurde ich langsam auch noch philosophisch. Seit wann machte ich mir Gedanken um Farben und warum ich sie nie mochte? Ähm ja, Kurzschluss? Wohl möglich. Überdosis an Gefühlen die ich nicht kannte? Sehr wahrscheinlich. Zu viel Stress? Definitiv. Zu wenig Schlaf? Wahrscheinlich. Auch wenn ich die letzten Tage fast nur geschlafen hatte … ich sollte einfach ein wenig abschalten. Leichter gesagt, als getan.

„Und warum, wenn ich fragen darf?“, erwiderte ich also strahlend. Ich konnte nicht anders. Vor allem weil ich die Antwort eigentlich schon wusste und sie brachte mich nur noch mehr zum Grinsen – obwohl ich das gar nicht wollte.

„Na warum wohl?“, fragte er neckisch. „Du bist wieder da – das müssen wir feiern. Zwar nicht gerade mit Sekt oder so, aber ich geh gleich in die Küche und hol uns was zu essen. Ich habe Hunger. Außerdem glaub ich kaum das du schon bereit für die Essenshütte bist.“

„Wohl kaum.“, erwiderte ich grinsend. Eigentlich war es echt leicht. Leichter als gedacht. Meine Angst war vollkommen unbegründet. Es war alles ganz normal. Ab da an wieder. So als hätte es die Tage davor nicht gegeben, zumindest die schlechten. Normal an einem sommerlichen Abend…
 

… doch die Nacht war grauenhaft! Der Abend war wunderschön sommerlich bis schwarze Wolken aufzogen und den Himmel und den Sonnenuntergang trübten. Ich dachte mir nichts dabei – das würde sich schon wieder verziehen. Da hatte ich mich wohl gründlich getäuscht … den es wurden immer mehr Wolken. Zu dem Zeitpunkt an dem ich es bemerkte, war es mir egal. Shane und ich aßen zusammen und er erzählte mir diverse Sachen die ich verpasst hatte wie zB. das Alice und Nevio sich endlich näher gekommen waren und er Shane gegenüber zugegeben hatte, Alice ganz anziehend zu finden. Es wunderte mich wirklich, dass die Blondine mir DAS noch nicht mitgeteilt hatte … obwohl, wenn ich so nach dachte, hatte ich die letzen 3 Tage auch fast nur geschlafen. Wann hätte sie auch gekonnt? Ansonsten spielten wir auch noch ein paar Runden UNO und ich gewann fast immer (ja ich weiß ein uraltes und einfaches Spiel, aber es machte Spaß). Mein Gewinn? Jede Menge Schokolade, die eigentlich unser Nachtisch werden sollte … jetzt war es nur noch meiner. Ja ich weiß, eigentlich sollte mir das Wetten vergangen sein, aber an UNO in Kombi mit Schokolade war ja nichts verkehrtes, geschweige denn riskantes. Na ja, jedenfalls entschieden wir uns danach beide früh ins Bett zu gehen. Shane war auch recht k.o. und müde, was mir bis dato gar nicht aufgefallen war. Er sah echt ein wenig fertig aus und hatte ein Gähnen mehr als nur einmal unterdrückt. Wir legten uns also hin und sowohl er, als auch ich schliefen schnell ein – er vor mir wohl gemerkt. Bis dahin hatte es nur angefangen zu regnen. Eigentlich alles okey. Worin lag also mein Problem? Tja, ganz einfach es blieb nicht nur beim Regen. Mitten in der Nacht fing es an zu Donnern, richtig laut und ohrenbetäubend, sowie zu Blitzen. Der ganze Nachthimmel wurde innerhalb von ein paar Sekunden total beleuchtet. Der Himmel war zeitweise von weißen Rissen gesäumt, die genauso schnell wieder kamen und verschwanden, wie sie gekommen waren. Ein Gewitter zog auf – zu dem noch ein richtig starkes. Ein Sommersturm der tobte, Gott musste einen Anfall haben. Es stürmte – und genau das weckte mich. Wir hatten das Fenster offen und ich hatte generell eher einen leichten Schlaf. Und was war der Witz an der ganzen Sache? Ich hatte panische Angst vor Gewittern, hatte ich das schon erwähnt? Ich weiß, peinlich auch noch in meinem Alter und dann auch noch als Junge. Ich nehme an, man konnte sich trotzdem vorstellen wie ich mich fühlte. Ich hatte mir die Decke über den Kopf gestülpt und betete, dass die Geräusche verstummen würden und das Licht verschwand. Es sollte einfach gehen und mich wieder in Ruhe lassen. Stattdessen wurde es immer stärker – Ich hatte fast das Gefühl das es mich verhöhnte und das Ganze sehr witzig fand. Ich hingegen zitierte. Mir war nicht nur kalt, sondern ich verkrampfte mich richtig und zog sogar meine Füße an. Das hatte ich definitiv schon lange nicht mehr gemacht. Das ich nicht wimmerte war alles. Ich hasste Gewitter nicht immer. Ich hatte immer großen Respekt davor, aber richtige Angst bekam ich erst, als ich einmal im Urlaub meine Eltern verlor in einem Wald, weil ich einem Tier nach gelaufen war. Wir wollten gerade zurück ins Ferienhaus, da eben ein Gewitter aufzog – und das auch ziemlich schnell. Ich dachte daran natürlich nicht als kleines Kind. Meine Eltern hatten mich nur eine Sekunde aus den Augen gelassen, weil Opa angerufen hatte und sie nun wegen irgendetwas diskutierten, und schon war ich weg. Ich fand sie natürlich nicht mehr und das Gewitter zog auf. Somit war ich alleine in einem in schwarz getunkten Wald mit den dunklen Bäumen, dem Blitz und Donner, der über mir hallte und den Geräuschen der Nacht. Dass mich das geprägt hatte, versteht wohl jeder. Vor allem weil der Höhepunkt kam, als ein Blitz in einen Baum einschlug, der mich fast erschlagen hätte. Danach sackte ich weinend neben diesem zusammen und schrie nach meinen Eltern. Ein paar Stunden später fand mich dann eine Gruppe von Polizisten, die nach mir gesucht hatten, da meine Eltern natürlich diese alarmiert hatten. Das Fazit aus diesem Horrorszenario für einen 7-jährigen? Ich war ziemlich unterkühlt und musste ein paar Tage im Krankenhaus verbringen und zog zusätzlich für die Zukunft ein Trauma mit mir nach. Also kein angenehmer Urlaub – Gewitter und Ärzte. Und beides hasste ich. So lag ich nun in meinem Bett, das mir plötzlich viel zu klein vorkam, und zitierte wie Espenlaub. Ich hatte das Gefühl das die Dunkelheit sich nach mir verzehrte. Ich traute mich kaum, meine Augen auf zu machen, da ich jedes Mal zusammen zuckte, wenn es donnerte. Eigentlich unsinnig. Es erhellte sich auch vor meinem inneren Auge – Licht konnte man nicht entfliehen. Und es donnerte ziemlich oft. Die Erde bebte. Und ich war echt kurz vor einem Herzstillstand, als sich Shane plötzlich in seinem Bett umdrehte und irgendetwas grummelte. Diese simple Bewegung ergatterte meine gesamte Aufmerksamkeit. Es lenkte mich für einen kurzen Augenblick ab. Ich zog die Decke etwas runter und blinzelte raus – ich wollte mich einfach ablenken, egal mit was. Auch wenn es nur ein grummelnder Shane war. Dann donnerte es wieder und ich zuckte regelrecht zusammen und verkroch mich sogleich auch wieder unter meiner Bettdecke. Wie oft den noch? Ich wollte doch nur schlafen! … Das ich dabei irgendwelche Geräusche von mir gab, war mir gar nicht bewusst. Diese Geräusche mussten Shane jedoch geweckt haben, denn ich hörte wie er aufstand und das Fenster zu machte, das ich mich nicht getraut hatte zu schließen, obwohl es über dem Ende meines Bettes lag. Er drehte sich schon wieder in Richtung Bett und gähnte wieder mal, als seine Schritte plötzlich verstummten. Egal wie verschlafen er auch war, ihm musste wohl aufgefallen sein, wie sehr ich zitterte, denn genau in dem Moment erklang wieder ein Donner. Echt scharfsinnig – sogar im Halbschlaf. Ich zuckte so sehr zusammen, dass ich gar nicht wahrnahm, dass er nun an der Seite meines Bettes stand.

„Hey, Joelle, alles klar bei dir?“, erklang seine sanfte und etwas verschlafene Stimme über mir. Ich zog mir die Decke weiter ins Gesicht und murmelte irgendetwas vor mich hin. Es war mir total peinlich, vor allem weil ich schon leichte Tränen in den Augen hatten – ich steigerte mich total in was hinein, ich weiß. Ich glaubte, in dem Moment schien ihm erst aufzufallen wie sehr ich überhaupt zitterte, denn er kniete sich hin und zog mir die Bettdecke leicht vom Kopf.

„Hey, es ist alles gut. Du brauchst keine Angst zu haben. Das ist nur ein Gewitter, das gleich wieder vorbei ist.“

Das war leicht gesagt, wenn man keine Angst hatte! Vor allem konnte man nicht behaupten dass ‚es gleich vorbei war‘, da das schon die halbe Nacht so ging. Ich zog mir die Decke noch weiter aus dem Gesicht und sah direkt in diese Smaragde, die selbst bei Nacht ihren Glanz nicht verloren. In dem Moment donnerte es wieder und ich zuckte erbärmlich zusammen.

„Hey …“

Er legte mir beruhigend eine Hand auf dem Kopf und drängte mich wenig später gegen die Wand, so dass er auf dem Bett Platz nehmen konnte. Ich rappelte mich ebenfalls auf, jedoch in der Bettdecke eingewickelt.

„Ich hab panische Angst vor Gewittern.“, beichtete ich leise und mit schwacher Stimme das offensichtliche und konnte nicht vermeiden wie ich leicht rot wurde. Na toll. Das war die Beichte des Jahrhunderts. Er sah mich jedoch nicht spöttisch an, sondern leicht lächelnd.

„Hätte ich echt nicht gedacht.“

„Sehr witzig.“, meinte ich nicht weniger sarkastisch, dabei erklang der nächste Donner. Ich kniff die Augen wieder zusammen.

„Hey, es ist echt alles in Ordnung.“, erklang es neben mir und dabei legte er seine Arme um mich. Seine Stimme war nun noch sanfter – ging das überhaupt? Zum ersten Mal sträubte ich mich nicht gegen eine Berührung von ihm, sondern hieß sie sogar willkommen. Es donnerte wieder und ich zuckte in seinen Armen leicht zusammen. Er drückte mich noch mehr an sich.

„Es ist alles okey, dir kann nichts passieren. Das lasse ich nicht zu, das verspreche ich, okey?“

Und obwohl die Worte eigentlich albern waren, wirkten sie. Ich fühlte mich etwas weniger einsam, nicht so rastlos und ich fing an weniger zu zittern und mich langsam wieder zu beruhigen. Er drückte mich wieder etwas von sich weg, um mich besser ansehen zu können. Er sah mir dabei direkt in die Augen und fügte noch hinzu:

„Du weißt, dass ich meine Versprechen halte.“

Ich nickte nur und ich wusste, dass er es ernst meinte. Es war die Wahrheit. Ich hätte ihm nicht mehr vertrauen können, als in diesem Moment und so lächerlich es auch klang, meine Angst verschwand für einen kurzen Augenblick. Shane war da. Was sollte mir schon groß passieren? Er war da … Er strich mir sanft über den Rücken, um mich noch mehr zu beruhigen. Es wirkte – und wie es wirkte. Er tat das so lange bis ich gänzlich aufhörte zu zittern und bis ich nicht mehr zusammenzuckte, wenn es donnerte. Dabei flüsterte er mir beruhigende Worte zu und ich war extrem froh, dass er bei mir war. Nate hätte jetzt geschlafen wie ein Stein und mich mir selbst überlassen. Shane hingegen war an meiner Seite und es fühlte sich gut an, an seiner Schulter. Ich weiß nicht wie lange wir so da saßen, aber es schien wie eine Ewigkeit und ich schätzte es sehr, den ich wusste wie müde er eigentlich war. Er versuchte mich abzulenken und erzählte mir von Ryan und ihm, wie auch er früher Angst vor Gewittern hatte und Ryan immer für ihn den Clown spielte, damit er lachen musste und seine Angst vergaß. Er blieb die ganze Nacht bei ihm. Ich musste unweigerlich lächeln, weil das einfach so gut zu Ryan passte. So war er schon immer gewesen – für alle da und immer ein Lächeln auf den Lippen. Und Shane war ihm in manchen Punkten gar nicht so unähnlich – zumindest auf eine erwachsenere Art. Als es mir soweit wieder gut ging, drückte er mich wieder sanft weg. Ich sah ihn verschlafen an – auch ich wurde langsam wieder müde.

„Geht’s wieder?“, fragt er. Ich nickte nur.

„Gut, dann probieren wir jetzt beide wieder zu schlafen, okey?“

Ich nickte obwohl sich in mir alles verkrampfte. Ich wollte nicht dass er ging, auch wenn es nur bedeutete, dass er mein Bett verließ und in seines schlüpfte. Doch er stand schon auf. Bevor er jedoch wieder dort ankam, wo er eigentlich hin wollte (sein Bett), schnappte ich reflexartig nach seiner Hand. Ich wollte nicht allein sein. Ich fühlte mich schon wieder von der Dunkelheit verschlungen. Er war für mich, in diesem Moment, wie ein Licht und sobald er sich entfernte, kehrte die Angst zurück. Er sah mich überrascht an.

„Was-?“, doch weiter kam er nicht.

Ich sah ihn bittend an und brachte, etwas angeschlagen, folgende Worte raus:

„Bitte, geh nicht. Bleib hier.“

Ich sah ihn direkt an und der Schwarzhaarige schien meine Angst zu spüren – keine Ahnung, vielleicht auch zu sehen. Ich hatte schon wieder leicht angefangen zu zittern. Es war als hätte man mir meine Wärme entzogen und jetzt wurde es wieder kalt. Im nächsten Moment wurde mir erst klar, was ich da getan und gesagt hatte und ich ließ seine Hand los. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich froh im Moment ein Mädchen zu sein, denn andernfalls wäre die ganze Aktion mehr als peinlich. Aber als Mädchen konnte man Schwäche zeigen und so offensichtlich um Hilfe bitten. Ich dachte schon, er würde sich wieder seinem Bett zuwenden, doch erst mal strich er mir sanft über den Kopf und ging erst dann zurück zu seinem Bett. Im ersten Moment stieg Panik und Enttäuschung in mir hoch, vor allem weil er nichts gesagt hatte. Doch anstatt sich wieder hinzulegen, schob er sein Bett zu meinem rüber. Ich folgte der Szene vor mir kommentarlos. Im ersten Moment kapierte ich auch gar nichts, sah ihn nur hoffnungsvoll an ehe er dann sagte:

„Ich geh nicht weg, okey? Ich bleib die ganze Nacht bei dir, wenn du willst. Aber jetzt leg dich erst mal hin und versuch zu schlafen, ja?“

Ich tat wie mir geheißen und legte mich hin, kämpfte jedoch den Drang hinunter meine Bettdecke wieder über den Kopf zu ziehen. Trotzdem fühlte ich mich schon wieder ein wenig besser. Obwohl ich Angst hatte, dass er vor mir einschlafen würde und ich wieder alleine sein würde. Doch stattdessen setzte er sich auf, knipste die Bettlampe, die links neben meinem Bett hang, an und nahm ein Buch zur Hand. Ich sah ihn fragend an. Er antwortete lächelnd.

„Was denn? Sieh mich nicht so an als wär ich verrückt, klar? Ich dachte ein bisschen Licht, nimmt dir ein wenig die Unsicherheit.“

„Aber-“, wollte ich erwidern. Er schien zu wissen was ich sagen wollte. Er war doch selbst total müde.

„Kein aber, es ist okey, klar? Und jetzt versuch zu schlafen. Ich bleib solange wach bis du wieder eingeschlafen bist und lese derweil ein wenig. Ich wollte eh wissen wie es mit Kyle weiter geht. Außerdem könnte ich eh nicht schlafen, wenn ich weiß, dass du neben mir tausend Tote stirbst.“, fügte er sanft und neckisch hinzu. Ich streckte ihm meine Zunge entgegen, lächelte dann aber. Während er das sagte, strich er mir beruhigend über den Handrücken, mit dem ich meine Decke umklammerte, und was soll ich sagen? Er war echt … unbeschreiblich. Seine Berührung beruhigte mich extrem, weil er mir damit zeigte, dass er da war und durch die Nähe konnte ich ihn sogar atmen hören. Ich schloss meine Augen – lächelnd – und eine geraume Zeit darauf geleitete mich seine Berührung sanft in einen traumlosen Schlaf, der auch bis zum Morgengrauen anhielt. Den ich hatte das Gefühl neben mir würde ein Licht schweben, das mich beschützte und mich nicht los lassen würde, egal wie stark es draußen windete und wehte, egal wie sehr es donnerte und Blitze. Ich war in Sicherheit. Ich war nicht allein – Er war bei mir und würde es fürs Erste auch bleiben.

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Sooo Endstation mit dem ganzen Kitsch :P Tja, was soll ich sagen? Ein wirklich nettes Filler-Kapitel, aber ich wollte es unbedingt rein bringen als mir letztens die Idee kam und ich liebe es. Irgendwie^^

Ich liebe dieses Wort, ist das jemandem schon aufgefallen? Kommt sehr oft vor … xD
 

Außerdem widme ich dieses Kapitel jemand ganz bestimmten … nämlich meiner wirklich treuen und wundervollen Kommentarschreiberin, die ein Fan der ersten Stunde dieser Geschichte war: Yeliz. Du hast mich mit deinen ganzen Kommentare, Lob und weiß ich was alles letztens wirklich motiviert zum weiter schreiben. Ich war echt baff, als ich zurück kam nach einer Woche und sah wie viel du nach kommentiert hast! Hammer :D Vielen lieben Dank & sorry dass ich keine Zeit hatte deine Kommis zu kommentieren – das gilt auch für die restlichen tollen Kommentare zum letzten Kapitel. Ihr seid genau so toll <3
 

Mit diesem Gedanken verabschiede ich mich erst mal & kann euch schon sagen, dass ihr euch auf das nächste Kapitel freuen könnt, dass nach meinem letzten Urlaub für diese Ferien geschrieben wird ;D

Kapitel 12 – Gehirn auf Autopilot, das Herz übernimmt

Der nächste Morgen war göttlich. Ich fühlte mich zumindest wie ein Gott, obwohl ich kaum geschlafen hatte. Das Erste was ich erblickte war Shanes schlafendes Gesicht, der seinen ohrenbetäubenden Handywecker nicht hörte – ich hingegen schon. Wir mussten aufstehen. Als 2tes fiel mir auf, dass Shane mittlerweile schon mehr auf meinem Bett lag und ich mir über Nacht seine Hand gekrallt hatte. Man könnte also sagen, wir hielten nun Händchen.

Arg, verflucht sei dieses scheiß Unwetter. Ich ließ seine Hand sofort los und stand auf, um diesen nervigen Ton zum Schweigen zu bringen, der mich nur noch mehr aufregte. Als das geglückt war, entschied ich mich dafür den Schwarzhaarigen fürs Erste noch schlafen zu lassen. Er würde auch in 20 Minuten fertig werden. Ich brauchte das Bad dringender. Ich machte also meine Haare, rückte die Perücke wieder etwas ordentlicher und schminkte mich leicht und zog mich auch an. Diese scheiß Perücke kratzte langsam. Kein Wunder, wenn man sie auch fast 24 Stunden am Tag trug. Aber ich musste eben vorsichtig sein … Danach machte ich mich daran Shane zu wecken.

„Hey, Schlafmütze. Aufstehen. In 15 Minuten beginnt der Unterricht.“, erklang es Lautstark durch unsere Hütte. Er grummelte nur. Ich packte meine Sachen, während ich lächelnd meine Augen verdrehte. Typisch für ihn. Ich wurde aber unweigerlich rot wie eine Tomate, als ich daran dachte was er in der letzten Nacht für mich getan hatte. Das war wirklich nett von ihm gewesen. Und ich wollte mich noch bei ihm bedanken, wenn ich auch nicht wusste wie. Vor allem, weil es so Mega peinlich war. Also ging ich erst mal zu ihm und rüttelte ihn wach – nicht gerade auf die sanfteste Art, aber egal.

„Woah ne! Nur noch 5 Minuten.“, stieß er genervt aus und damit drehte er sich wieder zur Seite.

„Die hast du nicht mehr, mein Lieber. In 10 Minuten beginnt der Unterricht, zu dem vor allem du pünktlich sein solltest.“, erwiderte ich nur und schüttelte ihn etwas fester. Bei den Worten 10 Minuten schrak er plötzlich auf.

„WAS!?“, sagt er plötzlich hellwach und sprang sogleich auch auf. Ich sah ihm nur verdutzt hinterher. Aus dem Bad ertönte noch ein vorwurfsvolles „Warum hast du mich nicht früher geweckt?“.

„Hat sich nicht ergeben – du hast sogar diesen grässlichen Weckton nicht gehört. Was war das auch für ne Musik?“, kommentierte ich nur ehrlich unbegeistert. Die Musik war echt … dafür gab es keinen Ausdruck – einfach nicht mein Geschmack gewesen (nett & einfach ausgedrückt). Da ich fertig war, setze ich mich auf mein Bett oder besser gesagt auf Shanes und folgte dem Schauspiel für 9 Minuten.

„Hey! Das war Frittenbude, die sind nicht so schlecht. Ich mag sie.“

„Das hab ich gemerkt – so sehr das du nicht mal aufwachst.“

Darauf fiel ihm wohl nichts mehr ein oder er hatte auf die Uhr geguckt und war einfach zu gestresst um irgendetwas zu erwidern. Wow, wir hatten noch eine Minute um zum Unterricht zu kommen. Jetzt musste er sich beeilen. Doch da kam er schon fertig und perfekt gestylt raus – Na ja, fast. Seine Haare wollten wohl nicht so wie er. Ich grinste.

„Lach nicht. Dir habe ich das zu verdanken. Ich weiß das ich Kacke aussehe.“

„Ach was, du siehst doch in allem Gut aus. Und die Frisur steht dir. Ein natürlicher Fall – hat doch auch was.“, fügte ich noch grinsend hinzu. Dieses Mal war er es, der die Augen verdrehte, nach seiner Jacke schnappte und dabei einen leichten Rotschimmer nicht verbergen konnte – mir fiel es jedoch nicht auf. Wie immer.

„Ja ja, mach dich nur Lustig über mich. Dann hab ich halt meinen natürlichen Look entdeckt – ist doch auch egal.“

„Sag ich doch. Du wirst noch Trendsetter. Nächstes Jahr laufen dann alle so rum und du kannst behaupten, dass du das schon letztes Jahr so getragen hast.“

„Als wär ich darauf scharf.“, meinte er nur kopfschüttelnd. „Also gut, dann lass uns gehen. Wir sind eh schon zu spät.“, kam es kurz darauf.

„Hä? Wir haben noch 40 Sekunden.“

„Ja, aber mit deinem Fuß brauchen wir mindestens 5 Minuten rüber.“, grinste er.

„HEY! Ich bin schneller geworden. Außerdem kann ich mich echt beeilen, wenn ich will!“

„Beweis es.“

„Nichts lieber als das!“, und damit liefen wir los und ließen die Hütte 66 hinter uns. Genauso wie unsere Betten, die immer noch nebeneinander standen.
 

Es folgte ein entspannter Unterricht, auf den ich mich Wahnsinnig freute – vor allem nach dieser langen Abstinenz. Die Tage zogen an mir vorbei wie nichts, und die Blätter der Kalender häuften sich im Papierkorb. Es wurde zu meiner Angewohnheit mit Shane zusammen in unserer Hütte zu frühstücken, bevor wir gemeinsam zum Unterricht gingen. Nicht selten kam es dabei vor, dass mir das Frühstück sogar bis zum Bett getragen wurde (Jap, ich hatte tatsächlich angefangen zu frühstücken …). Wirklich aufmerksam. Auch wenn er die Schuld meinem Fuß zuschrieb, wenn ich ihn fragte warum er das machte. Seine Antwort war immer dieselbe: Es war für mich bequemer und ich sollte meinen Fuß schonen. Ansonsten war alles weiterhin normal und ich hatte mittlerweile aufgehört über mich und Shane nach zu denken. Diese Taktik tat sowohl meinem Gehirn wie auch meiner Gesundheit gut. So wie es jetzt war, war es mehr als okey. Den Unterricht liebte ich übrigens. Und das nicht nur wegen Shane. Die Mittagspause verbrachte ich immer mit Alice, Nevio und ihrer Clique. In seltenen Fällen war auch Shane von der Partie. Nach dem Unterricht traf ich mich oft mit Alice oder Nate. Die beiden wechselten sich geschickt ab. Ich hatte schon das Gefühl, dass die beiden das Ganze richtig planten, wer wann mit mir etwas Unternehmen durfte. Dabei musste ich zugeben, dass ich lieber mit Nate verkehrte. Klar auch, er war mein bester Freund und wenn er dann auch noch Adi mit brachte, war das ganze perfekt. Wie früher – unsere Clique. Alice hingegen redet die ganze Zeit von Nevio, Kleidung und Klatsch und Tratsch – nicht gerade mein Gebiet. Trotzdem hatte ich sie lieb gewonnen. Und der Rest des Abends, sollte es davon noch einen geben (gab es fast immer, weil ich es mir so einrichtete), gehörte Shane. Ich musste beschämt zugeben, dass ich mich auf diese Stunden immer am meisten freute. Ich hatte schon fast ein schlechtes Gewissen Nate gegenüber, weil ich ihn manchmal total plump abspeiste, aber er war zum Glück nie sauer auf mich. Aber ich erfuhr dabei immer so viele neue und interessante Dinge über den Schwarzhaarigen und er brachte mich echt oft zum Lachen. Ich liebte es. Am liebsten gingen wir zu Shanes Geheimversteck, wenn wir genug Zeit hatten, und somit wurde es auch zu meiner Ruheoase. Alice bekam von dem natürlich kaum etwas mit, denn ansonsten hätte sie mir Löcher in den Bauch gefragt – sie war auch zu sehr mit sich und Nevio beschäftigt. Jedenfalls war ich auch froh darüber, dass sie es jetzt auch einfach bei dem „Wir sind Freunde“ beließ.

Und so zogen die Camp-Tage ins Land. Mittlerweile waren wir in der 5. Campwoche – also so zu sagen Halbzeit (ein bisschen drüber). Das bedeutete auch, dass ich die Wette eigentlich erfüllt hatte. Aber mittlerweile wollte ich fürs Erste so bleiben. Klar, es nervte, aber andernfalls müsste ich nochmal von Null anfangen und das wollte ich nicht. Ich hatte mich schon eingelebt. Vor allem wollte ich die Abende mit Shane nicht aufgeben. Und wenn jetzt ‚Joel Green‘ auftauchen würde, wäre das ganze zerstört. Ich wusste auch nicht, wie ich ihm entgegen treten sollte. Somit kam es fürs Erste nicht Infrage.
 

Heute hatte ich früher aus, da Shane zu einer Camp-Sitzung musste, der alle Lehrer beiwohnten. Somit verbrachte ich den Rest des Nachmittags mit Alice am See und das ganz ohne Komplikationen, da ich mittlerweile wieder ohne Krücken laufen konnte. Wir redeten viel und sie wollte mir ein paar Tipps geben, wie ich mich besser zur Geltung bringen konnte. Ich blockte natürlich vollkommen ab. Mittlerweile war ich wieder in meiner Hütte. Das Abendessen hatte ich sausen lassen – Ich hatte irgendwie keinen Hunger. Stattdessen wartete ich auf Shane und spielte ein wenig auf meiner Gitarre unterstützt durch die Klänge eines dämmernden Sommerabends. Es dauerte auch nicht lange und der besagte Schwarzhaarige kam voll bepackt in die Hütte. Ich zog eine Augenbraue hoch. Was hatte der den für Kram dabei? Ich wollte schon aufspringen und ihm helfen, doch er wies mich mit seinem Blick schroff ab und ließ alles auf sein Bett fallen, dass mittlerweile wieder an der anderen Seite der Wand stand – nur so am Rande. Ich hatte mich übrigens für damals noch bedankt, aber er tat es mit einer achtlosen Handbewegung ab (die Nacht, als es so stürmte …).

„Ähm was wird das?“, fragte ich ehrlich interessiert, denn er hatte angefangen Essen auszupacken. Er sah mich nur an, schwieg jedoch.

„Hallo? Hast du ein Schweigegelübde auf der Konferenz abgelegt?“

Er lächelte.

„Nein, natürlich nicht. Das würde ich nicht überleben. Außerdem war es eine Sitzung.“

„Jaja, sei nicht so kleinlich. Ist doch alles dasselbe … dann kann ich ja beruhigt sein, aber was machst du dann?“

Ich legte meine Gitarre weg und wollte gerade aufstehen, als er mir ein Pizzastück unter die Nase hielt. Ich sah ihn fragend an.

„Was? Susi hat mir gesagt, dass du heute nicht zum Abendessen gekommen bist und da dachte ich eben ich bring dir was mit.“

„Oh danke …“, erwiderte ich nur. Ich hatte absolut keinen Hunger, aber gut ich nahm es an. Und schon wieder Pizza. Doch eigentlich hatte etwas anderes in seinem Satz meine Aufmerksamkeit erregt. Etwas das irgendwie mein Interesse weckte und das mich hellhörig werden ließ.

„Du warst bei ihr?“, fragte ich also.

Ich musste aufpassen nicht zu interessiert zu klingen. Und es interessierte mich wirklich brennend – er saß doch sehr viel mit ihr zusammen.

„Ja. Ich besuch sie fast jeden Tag – ist doch klar.“

„Ach so. Ihr versteht auch also recht gut?“, kam es etwas schroff von mir, während ich ein Stück von der Pizza runter biss.

„Ähm ja?“, sagte er etwas verwirrt. Hatte er meinen Tonfall raus gehört? Egal. Ich erwiderte nichts mehr sondern kaute weiter, etwas säuerlich, auf der Gummipizza rum. Heute schmeckte sie mir irgendwie nicht. Er hantiert derweil mit verschiedenen Heften und Blättern, während ich fertig aß. Als er fertig war, steckte er sie alle in seine Tasche und wandte sich endlich mir zu.

„Und wie war dein Tag?“, sagte er lächelnd und mit bester Laune.

„Ganz okey.“, meinte ich. Er fing an über noch ein paar belanglose Sachen zu sprechen, bevor er mit einer etwas seltsamen Idee raus rückte. Der Grund warum er so gute Laune hatte vielleicht? Keine Ahnung …

„Wie wär‘s mit Kino?“, meinte er freudestrahlend. Ich sah ihn verständnislos an.

„Dann erklär mir mal Mr. Superschlau, wie das ganze Funktionieren soll? Immerhin dürfen wir hier nicht weg. Oder gibt es einen Kinosaal, den ich bis jetzt übersehen habe?“, erwiderte ich leicht sarkastisch. Er lachte hingegen. Ich sah ihn trotzdem grinsend und mit hochgehobenen Augenbrauen an. Ich konnte nicht anders, wenn er mich so an lächelte. Außerdem interessierte es mich wirklich wie er auf diese Idee kam.

„Nein, nicht ganz. Schon vergessen? Ich bin der Sohn des Camp-Leiters – Ich kann alles.“, meinte er wieder mit dieser lächerlich gehobenen Art. Doch er Grinste dabei so seltsam, dass es fast noch lächerlicher wirkte. Ich musste einfach lachen.

„Ach ja, V.I.P-Status. Das hatte ich verdrängt.“

Er sah mich entgeistert an, wenn auch gespielt entgeistert.

„Na, warte. Ich glaube dir muss man noch Respekt bei bringen.“, meinte er und kam mit einem sonderbaren Blick, der nichts Gutes verhieß, auf mich zu. Dabei krallte er sich sein Bettzeug und warf es auf mich. Keine Sekunde später warf er sich schon drauf und wir lieferten uns ein Kissen-Bettzeug-Schlacht oder so etwas in der Art. Jedenfalls vergaß ich dabei ganz auf meine Deckung zu achten – soll heißen: ich vergaß das ich ein Mädchen war. Sein sollte. Irgendwann, als ich unter dem ganzen Bettzeug begraben war und kaum mehr raus kam, hörte er endlich auf und zog mir die Decke weg und setzte sich sogleich auch auf den Bettrand. Da er nicht irgendwie seltsam schaute oder so nahm ich an, das meine Perücke, Gott sei Dank, noch richtig saß. Die hatte echt einen guten Halt – keine schlechte Qualität, das musste ich echt zugeben. Vielleicht war aber auch nur Gott wieder auf meiner Seite? Ich hoffte doch …

„Das war echt gemein – richtig hinterhältig. Schäm dich Shane, ein-“, doch er unterbrach mich.

„Was? Du hast es provozierst. Immerhin hast du meinen männlichen Stolz verletzt.“, kam es von ihm scherzhaft. Ich verdrehte nur meine Augen. Es gab noch einem kleinen Abklatsch einzelner Wörter zwischen uns, gefolgt von Schweigen beiderseits, bevor er wieder das Wort ergriff.

„Also, was ist jetzt? Kino, du und ich. Geht das klar?“

Er war mir dabei recht nahe, was mir gar nicht wirklich auffiel, da er immer noch auf meinem Bett und somit auf mir lag – so halbwegs zumindest. Das Bettzeug lag zwischen uns, sodass ich ihn kaum auf mir spürte. Ich zuckte mit den Schultern und antwortete:

„Warum nicht? Wenn wir den Film ansehen, von dem ich dir das letzte Mal erzählt habe.“, grinste ich. Er sah mich mit großen Augen an.

„Sicher nicht!“, kam es entrüstet von ihm. „Das war so ein Horror-Metzel-Streifen. Du weißt das ich auf das gar nicht stehe.“

„Ich weiß, deshalb will ich es ja unbedingt ansehen. Ich will sehen wie du tausend Tode stirbst.“, meinte ich neckisch.

„Danke, wirklich nett. So zeigst du dich also erkenntlich.“, antwortete er gespielt beleidigt.

„Hey, ich hab mich damals bedankt! Du hast es einfach abgetan. Also halt mir das nicht vor ... Aber nein, ernsthaft. Lass uns gehen, aber ich suche den Film aus! Du hast nur ein ganz ganz kleines Mitspracherecht.“

Ich unterstütze meine Aussage auch mit meiner herumfuchtelnden Hand.

„Ach ja, und noch was. Lass uns doch Alice und Nevio fragen ob sie auch mitkommen. Zu viert ist es doch viel witziger.“, fügte ich noch hinzu. Das war wirklich ein Geniestreich von mir. Und ich freute mich wirklich auf einen Abend zu viert. Vor allem würde es ein entspannter Abend werden, da erstens Alice endlich eine Chance hatte mit Nevio alleine zu sein und für mich bedeutete es keine Missverständnisse. Auch wenn alles wieder wie früher war. Irgendwie. Denn es würde keine Art von Date werden, sondern ein Treffen zwischen vier Freunden (mir spukten das Picknick und alles andere immer noch durch den Kopf und ich wollte einfach kein Risiko eingehen). Das fühlte sich gleich viel besser an. Im ersten Moment sah der Schwarzhaarige mich etwas seltsam an, dann zuckte er jedoch mit den Schultern.

„Warum nicht. Ich hab schon lange nichts mehr mit Nevio gemacht, also außerhalb des Camps.“

„Also gut, dann fragst du Nevio und ich Alice. Dann wäre das ganze gebongt. Und wann gehen wir?“

„So schnell wie möglich – Ich organisiere alles.“

„Okey.“, und damit war er schon aufgestanden und Richtung Tür gelaufen.

„Ähm jetzt gleich oder wie?“, meinte ich überrascht.

„Jap. Wir sehen uns nachher am Lagerfeuer. Tschau.“, sagte er noch an mich gewandt, bevor er mit blendender Laune aus der Tür stürmte. Ich seufzte. Also gut, dann ging ich jetzt wohl mal auf die Suche nach Alice. Ich hatte eh nichts Besseres zu tun.
 

Ich fand sie recht schnell und sie war begeistert von der Idee. Also wurde die Sache sofort in die Tat umgesetzt und Shane war wirklich Weltmeister im organisieren. Keine 2 Tage später, am Freitagabend, saßen wir ihn seinem Auto oder besser gesagt das seines Onkels und fuhren in Richtung Stadt. Ich und Alice saßen hinten, während Shane fuhr und Nevio den Beifahrersitz gepachtet hatte.

Die Autofahrt an sich war echt witzig. Wir witzelten die ganze Zeit herum und zwischen Alice und Nevio schien es wirklich zu funken. Dieses mal so richtig. Alice war glücklich und ich war es auch. Sie sah auch echt umwerfend aus in ihrem Kleid und den zusammengebunden Locken im Gegensatz zu mir. Ich hatte mir nur eine Trainingshose rüber gezogen, wegen meinem Fuß (ich trug immer noch einen Verband), und um das offensichtliche zu verbergen. Die anderen weiten Hosen musste ich erst noch waschen. Ich hatte nicht gedacht, dass ich so lange ein Mädchen sein würde. Darüber hatte ich ein T-Shirt von mir selbst an, weshalb ich noch die Kapuzenjacke meines Dads drüber gezogen hatte, weil das T-Shirt meine männliche Form verriet. Ich würde sie nicht ausziehen auf gar keinem Fall, auch wenn ich verschmelzen würde. Zum Glück war es schon Abend und somit kühlte es auch ein wenig ab. Ich sah also, alles anderes als girliehaft aus – nur meine Haare und das war die Perücke.

Probleme gab es erst vor dem Kino, weil wir uns nicht entscheiden konnten was wir ansehen wollten. Alice wollte irgend so eine dramatische Lovestory ansehen, Shane war für Comedy und Nevio und ich wollten etwas Action. Immerhin waren wir uns alle 3 sicher, dass wir nicht in Alice Liebschnulze gehen wollten, somit fiel das Flach. Sie warf mir dabei einen bösen Blick zu, den ich nur schulterzuckend ab tat mit einem entschuldigen Blick. Ich hatte eben keinen Bock auf Friede, Freude, Eierkuchen und unendlichen Kitsch. Nach langem hin und her und nachdem es schon fast viertel nach 8 war, entschieden wir uns für „The Mission“. Ein Film der anscheinend sowohl Action, wie auch eine Liebesstory enthielt. Man empfahl es uns zumindest als solchen Film. Es war also ein netter Kompromiss mit dem alle leben konnten.

Shane und Nevio gingen die Karten kaufen, während Alice und ich uns um die Fressalien kümmerten. Danach ging es endlich los. Alles ging ziemlich schnell, da wir ja schon so spät dran waren. Leider hatten wir auch Pech und wir bekamen jeweils nur 2 Plätze nebeneinander, weil der Saal fast ausgebucht war. Der Film war erst gestern angelaufen. Somit war klar, das Nevio und Alice nebeneinander sitzen würden und ich und Shane. Ich musste ehrlich zugeben, dass ich anfangs ein bisschen nervös war. Den das war genau die Situation die ich vermeiden wollte … Warum mussten wir auch so lange diskutieren? Aber gut, eigentlich war‘s ja okey. Immerhin waren wir Freunde und ich teilte mir auch ein Zimmer mit ihm, indem ich auch die Abende mit ihm alleine verbrachte … also warum sich aufregen?
 

Der Film selbst war grotenschlecht, da sich herausstellte, dass es mehr eine kitschige Liebesgeschichte war, die kaum Action enthielt, mit wirklich miesen Darstellern. Und wie konnte es anders sein, total vorhersehbar war. Mich wunderte das so viele den Film ansahen – Ich fand ihn wirklich grauenhaft. Jedenfalls wurde es mir in der Hälfte zu bunt und auch Shane schien es willkommen zu heißen den Film zu verlassen. Also gingen wir, was wahrscheinlich der größte Fehler meines Lebens war (zu diesem Zeitpunkt zumindest). Als wir raus liefen unterhielten wir uns nur über den Film und wie schlecht er war. Wir zogen ihn total ins lächerliche. Da wir noch auf Nevio und Alice warten mussten, die wohl vorhatten den Film zu Ende zu schauen, blieben uns noch ca. 50 Minuten die wir tot schlagen mussten. Shane schlug vor noch etwas trinken zu gehen, wobei ich im ersten Moment verneinte, dann aber zustimmte. Da waren wenigstens Leute. Leider war das Lokal, das sich im Kinogebäude befand, total überfüllt und so holten wir uns nur etwas zum mitnehmen. Danach schlenderten wir durch die Straßen, auf der Suche nach einem anderen Lokal.

„Oh man, heute ist echt nicht unser Tag. Als erstes die Karten, der Stau, der Film, jetzt das mit den Getränken.“, meinte ich lachend. Ich sah‘s echt mit Humor – so viel Pech hatte ich schon lange nicht mehr. (abgesehen von dieser blöden Wette, die ich verloren hatte)

„Oh ja!“, kam es von Shane.

„Oh Jane, ich kann dich nicht verlassen. Was wird aus dir?“, äffte er noch eine Szene des Films nach. Ich lachte.

„Ich weiß nicht, vielleicht verrotte ich und im besten Fall fressen mich die Würmer, so dass die Zuschauer meine schlechte Leistung nicht mehr ertragen müssen.“, fügte ich dramatisch hinzu. Jetzt lachte er.

„Das wäre sicher gut gewesen. Passend wenn du mich fragst. Horror der auch mir gefallen würde.“

Wir Bogen um die nächste Straßenecke und überquerten die Straße, so dass wir in einen kleinen Park kamen, während wir weiter über den Film lästerten.

„Das mit Nevio und Alice scheint gut zu laufen heute, meinst du nicht?“, wechselte ich dann das Thema.

„Hmm … Ja ich denke schon, da geht heute bestimmt noch was. Ich würde sagen Verkuppelungsversuch geglückt.“, antwortete er mit einem bezaubernden Lächeln.

„Ach, wir haben doch gar nichts gemacht.“

„Eigentlich nicht viel. Wir haben ihnen nur ein bisschen Zeit für einander verschafft.“

„Ja, ist ja auch schön. Alice freut sich bestimmt extrem.“

„Ich mich auch.“, wechselte er plötzlich das Thema. Ich realisierte das nicht wirklich, sondern antwortete einfach. Ich dachte, dass es sich auf Alice und Nevio bezog und nicht auf etwas … anderes, wenn ich die Szene im Nachhinein Review passieren lasse.

„Ja, die beiden haben es echt verdient. Außerdem war der Abend trotzdem toll, obwohl so fiel schief gegangen ist.“

Wir hatten den kleinen Parkweg verlassen und gingen nun durch die Wiesen. Das Shane dabei seine Hand immer wieder verdächtig neben meiner Hand hatte, fiel mir gar nicht auf. Ich war einfach zu unaufmerksam. Auch die Blicke die irgendwie anders waren, realisierte ich nicht. Ich lief ein wenig vor ihm und drehte mich dann um, als ich merkte dass er ziemlich weit zurück gefallen war. Somit lief ich nun Rückwärts – keine gute Idee, denn so sah ich den Weg nicht mehr und konzentrierte mich nur auf Shane.

„Was ist los? Du bist plötzlich so langsam?“, fragte ich. Er schreckte hoch – hatte wohl nach gedacht.

„Nichts, ich war nur gerade …. abgelenkt.“, meinte er mit einem leichten Rotschimmer und schloss etwas mehr auf.

„Eine kleine Träumerei?“

„So etwas in der Art.“

„Erzähl.“, meinte ich mit Nachdruck und lächelnd. Das war eine Premiere, ich musste einfach wissen wovon jemand wie er mitten am Tag – na ja, fast – träumte.

„Nein, es ist nicht wichtig.“

„Es muss wichtig sein, wenn du mich so aus den Augen lässt.“, erwiderte ich. Er sah mich nun wieder direkt an – etwas überrascht.

„Na ja, ich habe nachgedacht wann ich das letzte Mal mit einem Mädchen so viel unternommen habe wie mit dir.“, beichtete er schlussendlich.

„Oh ..“, meinte ich etwas überrascht.

„Na ja, das ist bestimmt nicht lange her.“, erwiderte ich jedoch grinsend. Immerhin war er Shane Villa. Er hatte haufenweise Freunde und Mädchen – wenn auch nicht die Richtige Sorte in manchen Fällen.

„Na ja ...“, sagte er etwas verlegen.

„Eigentlich habe ich nie so viele unterschiedliche Dinge mit einem unternommen. Ich hab mich nie so sehr für die Mädchen selbst interessiert – also was sie gern machen, mit was sie sich beschäftigen, wovon sie träumen. Du weißt schon. Wie sie leben. Ich wollte immer nur das Eine und es war immer nur oberflächlich. Ich habe mich nur anfangs bemüht. Meine längste Beziehung war 1 ½ Jahr und das auch nur, weil ich dort für ein Jahr in Amerika war und wir uns also kaum sahen. Ich konnte sie immer mit teuren Geschenken beruhigen. “

„Oh … na ja das ändert sich bestimmt wenn die Richtige kommt.“, meinte ich ehrlich überzeugt. Dass er dabei andeutete sich für mich zu interessieren, entging mir einfach. Auch wenn mich der Rest etwas überraschte. Über Beziehungen hatten wir nie gesprochen – zum Glück. Was hätte ich dazu auch sagen können? Schlecht etwas. Danach schwiegen wir und ich lief weiterhin rückwärts und sah ihn einfach an. Die Stille wurde mir jedoch unangenehm, so dass ich einfach sagte:

„Heute ist echt ein schöner Abend. Man kann alle Sterne sehen und wir haben sogar Vollmond.“ Shanes Blick folgte meinem nach oben in den Sternenhimmel, bevor er mir zustimmte.

„Ja du hast Recht. Aber das ist nicht das einz-“, und in diesem Moment geschah wieder einmal das unmöglichste. Ich wusste, das Rückwärts laufen nichts für mich war – ein gefundenes Fressen für meine Tollpatschigkeit. Die Wiese endete und ein Gehweg folgte nun wieder hinter mir, was ich natürlich nicht sah, weil ich rückwärts lief. Somit stolperte ich mit meinem einen Fuß über die Kante und sah mich schon hinten auf dem Boden liegen – wahrscheinlich blutend. Doch Shane schien es schon erahnt zu haben, so dass er wieder einmal nach mir Griff und mich somit vor dem schlimmsten bewahrte. Ich lag wieder in seinen Armen und er zog mich mehr oder weniger wieder auf.

„Also du bist echt ein Phänomen was Tollpatschigkeit angeht. Gibt es ein Fettnäpfchen, du trittst bestimmt rein.“, meinte er lächelnd und zugleich kopfschüttelnd. Ich konnte nichts erwidern, denn diese Situation kam mir so verdammt bekannt vor. Sein Gesicht war mir extrem nahe und mein Herz fing an zu rasen – beschleunigte sich in einem Sekundenbruchteil. Lag das am Schock, dass ich knapp dem eventuellen Tod entgangen war?

„Passiert mir nur mit dir – zumindest so oft.“, gab ich etwas kleinlaut von mir. Er lächelte wieder und dabei trafen sich unsere Blicke, da ich bis vor ein paar Sekunden noch etwas beschämt zur Seite geschaut hatte. Mein Kopf musste einer Erdbeere im Hochsommer gleichen. Auf seinem Gesicht bereitete sich plötzlich Überraschung aus, und er ließ mich wieder los, jedoch hielt er nun meine Hände. Ich merkte das jedoch gar nicht, da ich nur die Regungen in seinem Gesicht und in seinen Augen verfolgte. Ich klebte regelrecht an seinem Blick. Keine Ahnung wieso.

Diese grünen Augen, die plötzlich dunkler schienen und dann wieder heller. Diese Augen die so aussagekräftig waren und unbeschreiblich funkelten. Ich war wie gebannt, hatte das Gefühl das ich plötzlich nur noch meine Herzschlag hörte. Meine ganzen Gedanken die ich einfach so stehen ließ vor ein paar Tagen, kehrten zurück. Sie überfluteten mein Gehirn und plötzlich war alles wieder da. Dieses ganze Wirrwarr, dass ich erfolgreich verdrängt hatte. Erst jetzt fiel mir auf, wie nah wir uns waren. Extrem nah – 4 cm fehlten vielleicht noch bis sich unsere Lippen berühren würden. Mein Gehirn sagte mir: bring Abstand zwischen euch, na los du Blödmann! Doch ich bewegte mich keinen Zentimeter – streifte lediglich über sein ganzes Gesicht mit meinem Blick ehe ich schlussendlich an seinen Lippen kleben blieb. Shane schien irgendetwas zu sagen, doch ich hörte es nicht mehr.

Und plötzlich passierte das Unglaubliche, das eigentlich so in der Luft lag, und mich zurück in die Wirklichkeit katapultierte. Er beugte sich zu mir hinunter – wie damals. Und seine weichen Lippen berührten meine.

Mir lief ein eiskalter Schauer meinen Rücken hinunter. Er strich mit seiner Zunge über meine Lippe und dieses Mal konnte ich nicht wieder stehen und gewährte ihm Einlass. Es war als hätten meine Lippen nur darauf gewartet wieder seine zu treffen, als hätten sie sich danach gesehnt die ganze Zeit. Ich ließ den Kuss zu – sogar mit Zunge und erwiderte ihn sogar.

Zu meiner Verteidigung: Ich bekam in diesem Moment gar nichts mit. Es gab nur ihn und mich und diesen Kuss, der anders war wie mit einem Mädchen – fordernder, aber zugleich auch so sanft und süß. Gott, es brachte mich wortwörtlich um meinen Verstand. Ansonsten hätte ich wohl anders reagiert. Es machte mich wahnsinnig und es kribbelte überall, mir wurde heiß, obwohl mir vorher fast etwas kalt war. Er zog mich näher an sich und ich ließ ihn gewähren. Ich war zu gar nichts mehr im Stande, realisierte nichts. Meine Gedanken, meine Zweifel, alles war wie weg gefegt. Dafür fühlte es sich zu gut an. Zu prickelnd. Ich fühlte nur ihn und mein Herz raste so sehr, beruhigte sich aber ganz langsam wieder. Extrem langsam. Und für diesen kurzen Moment dachte ich, es könnte so schön sein. Was war so schlimm daran?

Ich weiß nicht wie lange wir uns küssten. Irgendwann machten wir eine Pause, als einer von uns nach Luft schnappen musste, und mein Gehirn schien wohl auf Autopilot geschalten zu haben, entschied das mein Herz nun die Steuerung übernehmen sollte. Er strich mir sanft über meine Wange, wollte irgendetwas sagen, doch ich ließ es nicht so weit kommen. Ich sah mich nur weiterhin in den weiten von grünen Wiesen versinken, spürte nur die Sehnsucht nach mehr und küsste ihn noch einmal, schloss die Augen sogleich auch wieder. Das Grün existierte nur noch in meinen Gedanken, eine flüchtige Erinnerungen – eine Reflektion seiner Augenfarbe.

Jetzt übernahm ich die Initiative – ICH! Wie bescheuert musste ich gewesen sein!? Wie berauscht? Er war merklich überrascht, erwiderte den Kuss aber sofort. Ich biss ihm leicht neckisch auf die Lippe und ließ mich einfach leiten von meinem Gefühl. Ich konnte einfach nicht genug davon bekommen, wie seine Zunge meine Berührte und …

BAAM, dann kam der Sturzflug, an dem sich mein Bewusstsein wieder zu Wort meldete. Und plötzlich war mir total klar, wo ich war. Das Shane gerade mit seiner Hand auf Erkundungstour ging und meinen Rücken runter strich, während er mit der anderen immer noch meine rechte Hand hielt. Und als er fast meinen Hintern erreicht hatte, traf es mich wie eine Ohrfeige.

Ich unterbrach den Kuss augenblicklich, trat zurück und drehte mich weg. Ich konnte ihn einfach nicht ansehen. Er hielt mich immer noch an meiner Hand fest, ich entzog ihm auch diese. In diesem Moment wirkte er mehr als verloren. So als hätte man ihm plötzlich etwas sehr wichtiges entzogen, als wäre er aus einem schönen Traum aufgewacht und musste feststellen, dass es nur das war. Ein einfacher Traum. Er blinzelte – war verwirrt, klar. Aber ich auch, mehr als. Ich war sprachlos – verstand mich selber nicht mehr. Wie … wie konnte ich so etwas …?

„Ähm was ist los? Habe ich irgendetwas falsch gemacht, oder …?“

Er wusste nicht was er sagen sollte. Ich auch nicht. Was hatte ich auch getan? War ich verrückt!? Wieso hatte ich ihn geküsst? Warum hatte mir das Ganze auch noch gefallen! Klar ich mochte ihn, aber nicht so! Nicht so, oder? Warum kribbelten dann meine Lippen immer noch so – brannten richtig? Scheiße. Plötzlich machte meine Verwirrung, Panik Platz. Ich wollte weg – einfach nur weg. So wie ich es immer machte, wenn mir etwas unangenehm wurde. Ich wollte allein sein, wollte meine Ruhe. Von allem, meinen vernichtenden und anstrengenden Gedanken – vor mir selbst. Shane kam näher und wollte mich berühren, doch ich ließ es nicht zu, hielt ihn mit meinen Worten auf.

„Nein, bleib dort wo du bist. Bitte. Komm nicht näher. Bitte.“

Meine Stimme trifte vor Unsicherheit und Gewissensbisse. Shane hingegen blieb, zu meiner Verwunderung, tatsächlich stehen und schaute mich nur verwirrt und mitleidig an. Er wusste wohl nicht wirklich wie er mein Verhalten einschätzen sollte – also ging er lieber auf Abstand. Gut so. Ich war der Verzweiflung mehr nahe als mir lieb war und seit langem hatte ich wieder einmal das Bedürfnis einfach nur zu Verschwinden. Nur wohin? Ich wusste nicht was ich tun sollte. Ich war überfordert, genau wie er. Obwohl er eigentlich nichts falsch gemacht hatte. Ich hatte den Kuss erwidert. Ich war nicht zurück getreten. Ich. Ich. Ich. Ich spürte schon richtig, wie sich leichte Tränen der Verzweiflung in meinen Augen ansammelten. Doch ich kämpfte sie runter, hatte mein Hände vor mir verschränkt – ein Schutzmechanismus. Was sollte ich tun? Er sollte einfach gehen … oder ich.

„Ich … kannst du mich nach Hause fahren? Ich möchte Heim. Bitte.“ , brachte ich irgendwann hervor. Er stand einfach nur hinter mir – die Hände in seinen Hosentaschen vergraben und starrte einfach auf meinen Rücken. Ich drehte mich nicht einmal jetzt zu ihm um, als ich darum bat. Ich konnte es nicht. Es fühlte sich so schäbig an. Alles brach gerade zusammen.

Doch ich riss mich zusammen und versuchte es zumindest. Das war ich ihm schuldig. Doch ich sah ihm immer noch nicht ins Gesicht, stattdessen beäugte ich seine Schuhe. Er trug wieder seine altbekannten blauen Converse. Er nickte und drehte sich um und ging – Ich lief im hinterher. Er verstand die Situation wenigstens so weit, dass er nichts mehr sagte oder fragte. Er war wohl mit seinen eigenen Gedanken, was er wohl falsch gemacht hatte, beschäftigt. Beim Auto angekommen stiegen wir ein und redeten bis zum Camp kein einziges Wort mehr miteinander. Ich schaute die ganze Fahrt aus dem Fenster, hätte mich am liebsten auf die Rückbank gesessen, dass ich ihn nicht mehr wahrnehmen musste und fragte mich was ich hier eigentlich tat. Wieso ich so ein dreckiges Spiel spielte – mittlerweile sogar freiwillig. Um bei ihm zu sein?

Ich schüttelte den Kopf, während er sich auf die Straße konzentrierte. Er war ein guter Autofahrer, das fiel mir erst jetzt auf – zumindest etwas, auch wenn es ein unwichtiges Detail war. Als wir am Camp ankamen, stieg ich sofort aus und bedankte mich, dass er mich her gebracht hatte. Ich schlug die Tür jedoch gleich zu und dachte schon das war‘s. Immerhin musste er nochmal zurück. Wie sollten die anderen auch sonst nach Hause kommen?

Doch keine Minute später ging seine Tür auf und er rief meinen Namen. Ich blieb stehen, obwohl ich lieber weiter gelaufen wäre. Er wollte offensichtlich wissen woran er war. Doch stattdessen blieb er einfach einen Meter hinter mir stehen und begann einfach drauf los zu reden. Mehr als souverän. Wie konnte er das jetzt nur?

„Ich habe nach gedacht unter der Fahrt – ich hatte ja genug Zeit. … und ich denke das Ganze ist nicht fair …. Ich hab genug von deinem Egotrip. Ich hab lange genug Rücksicht auf dich genommen …. Ich würde gerne sagen das es mir leid tut … aber ich kann nicht … ich hab es wirklich versucht … ich hab es von Anfang an ernst gemeint – immer. Damals im Wald, am See, der Song – das war alles ehrlich gemeint, aber du hast immer so verdammt abweisend reagiert … Damals im Wald, als du Weg gerannt bist und dich verletzt hast da … Na ja, egal und als du gesagt hast, das es für dich nur ein Unfall sei … da hab ich eben gelogen.“

Ja ich weiß, schoss es mir durch den Kopf. Doch ich wollte es nicht hören – heute, wie auch damals nicht. Nicht jetzt , nicht in dieser Situation, wo es um mich ging. Um meine Gefühle. Doch er sprach einfach weiter. Verzweifelt. Erklärend. Aufgewühlt.

„…und damals am See mit dem Song. Ich hatte endlich den Mut dir zu sagen wie ich fühlte, oder so was in der Art zumindest an zu deuten und du … du … du bist total hysterisch geworden. Ich musste also lügen. Du wolltest das ja immer – dein Gesicht sprach Bände! Du hättest dich sehen sollen. Du hast mir nie eine andere Wahl gelassen. Ich wusste wenn ich was Falsches sagen würde, wär‘s das gewesen und das wollte ich nicht …“, fügte er hinzu.

Ja, ich auch nicht. Deshalb hab ich es hin genommen. Ich wollte auch weiterhin mit der zusammen sein. Ich wollte … doch er schwieg auch jetzt nicht.

„Nach dem ganzen mit dem See hatte ich die Hoffnung eigentlich schon aufgegeben und versucht meine Gefühle zu unterdrücken und dich wirklich als Freundin zu sehen. Es hat auch irgendwie halbwegs geklappt … darin bin ich ja eigentlich geübt, aber als du zu dem Kinobesuch zugestimmt hast, dachte ich dass du es auch als eine Art … na ja Date siehst. Doppeldate, weil du genau Alice und Nevio vorgeschlagen hast. Die beiden sind ja auch wie eine Art Paar – sie stehen beide aufeinander.“

Ja die Betonung lag auf auch. Aber was dachte er? Sind wir ein Paar? Nein. Sind wir fast ein Paar? Nein. Stehen wir aufeinander? Viel wichtiger, will ich was von ihm? Nein … Ach, ich weiß es nicht … Ich weiß gar nichts mehr. Außerdem waren Nevio und Alice die einzigen gemeinsamen Freunde die wir hatten.

„ Aber da hab ich mich wohl getäuscht … auch wenn ich nicht verstehe, warum du mich dann geküsst hast. Aber es ist okey. Du brauchst Zeit. Und die bekommst du auch. Aber ich kann nicht mehr so weiter machen wie bisher. Ich kann es einfach nicht mehr – dieses Katz-und-Maus-Spiel. Geh ich einen Schritt auf dich zu, schupfst du mich wieder weg. Und wenn du einen Schritt auf mich zugehst, rennst du danach wieder… Das ist nicht fair…“

Ja, ich wusste es. Das alles war nicht fair von mir. Ich war eine einzige Enttäuschung, ein totaler Egoist.

„Ich denke, ich hätte es dir schon längst sagen sollen … aber ich glaube ich hab mich wirklich in di-“, setzte er schon an, doch jetzt unterbrach ich ihn sofort. Mein Herz setze für einen kurzen Moment aus und die Panik kam wieder zurück, betäubte alles andere wieder und verdrängte es. Er durfte diese Worte nicht sagen. Er hatte schon so viel gesagt, hatte sich versucht zu erklären und ich wusste was er mir mitteilen wollte, aber ich wollte es nicht hören. Weil es nicht die Wahrheit sein konnte, weil es ihn verletzen würde, wenn er die richtige Wahrheit erfahren würde und es gesagt hätte. Also sagte ich völlig panisch und aufgelöst:

„Nein, sag das nicht. Sag nicht etwas, dass du bereuen wirst früher oder später. Du weißt nicht wer ich wirklich bin, Shane. Ich hab‘s schon viel zu weit getrieben. Tut mir leid, ich hätte aussteigen sollen, als es noch ohne Probleme möglich war.“

Die Worte schmerzten, aber es war die Wahrheit. Die bittere Wahrheit. Ich war so kurz davor ihm alles zu sagen. Über die Wette. Wer ich war. Wie ich fühlte. Das wäre doch fair, wenn er schon von Fairness sprach, oder?

„Was meinst du? Ich bereue wirklich nichts … dank dir, le-“, erwiderte er verwirrt und ich unterbrach ihn – langsam sauer. Schon klar, was wusste er schon? Eben nichts. Warum machte er es mir dann so schwer? Immer. In allem. Von Anfang an … warum hatte ich es mir auch selbst so schwer gemacht?

„Nein, das hast du dir selber zu zu schreiben, nicht mir. Und glaub mir, du würdest es bereuen, wenn du diese Worte ausgerechnet an mich verlierst. Glaub mir …“, redete ich vor mich hin. Ich konnte ihn einfach nicht ansehen. Er wollte was erwidern, doch da ertönte einer meiner Lieblingssongs von Underoth: Reinveinting your exit, mein Klingelton. Eigentlich ganz passend zu dieser Situation. Ich sah auf den Bildschirm. Alice rief an. Sie musste uns schon panisch suchen.

„Du solltest gehen. Alice hat angerufen. Sie wundern sich bestimmt schon wo wir sind.“, sagte ich also nur. Das war das Beste – für uns beide. Das war der beste Punk um auf zu hören. Er schien weiterhin noch etwas sagen zu wollen, doch schlussendlich ließ er es.

„Okay, aber wir sehen uns nachher, ja?“

Ich nickte, auch wenn ich jetzt schon wusste, dass es eine dicke Lüge war. Und mir schien das auch er es irgendwie zu ahnen schien, aber ich konnte nicht mehr. Das musste enden. Ich war den Tränen mehr als nahe, obwohl ich nicht wirklich wusste warum mich das ganze so mit nahm. Warum schmerzte das alles so verdammt? Wieso schmerzte dieser Punkt, die Gewissheit dass es das gewesen war, so sehr?

Ich wollte nicht mehr. Ich wollte einfach nur wieder ich selbst sein – wieder denken und fühlen wie ich selbst. Das hier war mir mehr als fremd. Es fühlte sich nicht wie ich an, sondern wie das Mädchen das ich spielte und das alles sollte auch mit diesem untergehen – dem war ich mir bewusst. Es würde das Beste sein – für uns beide. Wir würden sonst nur beide darunter leiden. Vor allem wenn die Wahrheit ans Licht kam. Jetzt konnte ich noch aussteigen – zwar etwas verspätet, aber lieber später als nie. Vielleicht würde es anfangs schmerzen … doch wie sagt man so schön? Zeit heilt alle Wunden. Also wird es auch in diesem Fall so sein … warum auch nicht? Im Vergessen war ich so oder so Weltmeister. Ich würde kaum Probleme damit haben … das redete ich mir zumindest ein, während ich Shanes Auto noch nach sah, ehe ich mich auf den Weg zu Nate machte. Das Ganze musste enden – ein für alle Mal!

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Tja, das wäre somit der Auftakt des Endes *schnief* Nur noch 4 Kapitel + Epilog und dann war's das mit meinen beiden Schnuckis^^ Jetzt kommt der harte Teil dann, auf den ihr so lange schon wartet ;D Muhaa^^
 

Vielen lieben Dank an NARUT0, Sayuri27 und Beere für eure Kommentare <3
 

@Liete gott ich find den Tippfehler geil^^ Haha, mal sehen ob das noch passiert^^ Ich hab mich noch nicht ganz für ein Happy End entschieden ... Mal sehen mal sehen xD Aber schön wenns toll war (:
 

@Beere er bessert sich, aber Angewohnheiten sind angewohnheiten xD Das dauert xD Aber cool, wenn das Kapitel so gut angekommen ist (:
 

@Sayuri27 da hast du deinen Kuss - sogar 2 ;D Und da darfst Shane weiterhin bemitleiden, dass war wohl bis jetzt das härtest, ne? xD

Kapitel 13 – Wenn die Seifenblase voller Lügen platzt

Ich war auf dem Weg zu Nate. Mittlerweile konnte ich die Tränen nicht mal mehr zurück halten – auch wenn ich nicht richtig weinte. Sie liefen einfach nur über mein Gesicht. Warum eigentlich? Ich hatte keinen nennenswerten Grund. Ich bekam dabei aber seltsame Blicke zugeworfen. Ich wollte gar nicht wissen wie ich aussah. Wussten die anderen eigentlich, dass wir heute im Kino waren? Ach, eigentlich war es egal. Es war doch alles egal … Als ich vor Nate’s Hütte stand, klopfte ich fast schon hysterisch an und ich hörte wie sich drinnen etwas bewegte. Er machte keine Sekunde später auf mit seiner bissigen Freundin im Arm.

„Hey, was gibt’s, Schätzchen? Was berei-“, doch plötzlich brach er ab, als er mein Gesicht zu sehen schien, im Schein der alten Lampe, die neben der Tür hing. Auch Shana sah mich verdutzt an – doch Nate schien zum Glück sofort zu kapieren.

„Schatz, würdest du bitte gehen?“, wandte er sich an sie und öffnete die Tür nun ganz, sodass ich eintreten konnte. Ich wartete keine Sekunde länger und schlurfte an den beiden vorbei. Sie sah ihn verdutzt an, nickte dann aber zustimmend und machte die Tür hinter sich zu.

Sobald sie draußen war, brach ich auf Nates Boden zusammen, sogar die Perücke verlor ich, da ich sie einfach runter streifte. Ich wollte das los werden – dieser Inbegriff von ‚mädchenhaft‘. Die Tränen flossen immer noch, was mir eigentlich unangenehm war. Aber ich war einfach … so aufgelöst. Wusste nicht wo hin mit meinen Gedanken, sodass es mir in diesem Moment egal war. Eigentlich hatte ich sonst immer eine relativ gute Selbstbeherrschung, doch keine Ahnung wo dieses Talent geblieben war. Es hatte sich dezent verabschiedet … Nate beugte sich sofort zu mir runter und umarmte mich – drückte mich fest gegen seinen Oberkörper.

„Hey, was ist los? Es ist alles okey, beruhige dich.“

„Nichts ist okey“, sagte ich mit brechender Stimme. „Gar nichts.“

„Was ist passiert?“, erwiderte er sanft und strich mir dabei über den Rücken. Komisch, bei ihm fühlte es sich ganz anders an als bei Shane.

Und da war er wieder. Die Person um die meine ganzen Gedanken kreisten im Moment. Schon wieder. Mir schossen mehrere Bilder durch den Kopf. Die Tränen fingen unweigerlich an fester zu fließen und ich fing stotternd und völlig aufgewühlt meinem besten Freund, den heutigen Abend zu schildern. Dabei ließ ich nichts aus – gar nichts. Und mir fiel erst jetzt auf, wie blind ich eigentlich gewesen war. Shane hatte mehrere Anzeichen von sich gegeben. Ich hatte sie nur nicht realisiert und unbewusst auch noch darauf reagiert. Als ich fertig war mit erzählen, war ich froh das Nate erst mal gar nichts sagte, sondern mich einfach mir selbst überließ und dabei einfach nur da war. Vielleicht war er einfach zu … überrascht. Oder geschockt – traf es wohl eher. Er ließ aber nichts durch blicken, sah unberührt vor sich her.

„Ich kann nicht mehr.“, fügte ich dann nach einer Ewigkeit hinzu.

„Das ist okey – verständlich.“, erwiderte der Blondhaarige ganz ruhig. Ich wusch mir über die Augen und hatte mich nach einer halben Ewigkeit wieder halbwegs beruhigt.

„Weißt du was? Du hast recht, es reicht. Vielleicht war die ganze Wette doch keine so gute Idee …“, fügte er noch schuldbewusst hinzu. Doch er ließ mir gar keine Zeit darauf etwas zu erwidern.

„Ab Morgen wirst du wieder du selbst sein. Ich werde mich gleich Morgen früh darum kümmern. Dann ziehst du dich einfach um und ich lass mir etwas einfallen, warum du jetzt statt meiner Cousine da bist. So wie es abgemacht war.“, fügt er hinzu. Ich brachte nur ein schwaches „Danke“ heraus.

„Das ist doch selbstverständlich – immerhin hab ich dir die Suppe eingebrockt. Es tut mir echt leid, Joel. Das war echt das letzte Mal. Ich wusste ja nicht … das so etwas passieren würde.“

Er sah dabei wirklich fertig aus. Ich weiß, dass er mir das nicht antun wollte. Er hatte sich nur ein Spaß daraus gemacht. Und jetzt war das ganze ausgeartet. Ich hatte es übertrieben. Irgendwie.

„Schon okey.“, antwortete ich nur.

Was hätte ich auch anderes sagen sollen? Es gab nichts, was passend gewesen wäre.

Im nächsten Moment stand Nate schon wieder auf und rief Justin an. Er bat ihn darum heute Nacht bei Päd zu schlafen und den Anderen ebenfalls Bescheid zu sagen, irgendwo anders zu schlafen, es gäbe einen Notfall und dieser stimmte auch sogleich zu. Ich war Nate wirklich dankbar dafür. So konnte ich wenigstens bei ihm bleiben.

„So, das wäre geklärt. Du kannst bei mir im Bett schlafen. Ich hol nachher noch deine Sachen aus eurer Hütte. Du kannst dich dann hinlegen. Du wirst sehen die Welt sieht morgen wieder ganz anders aus – wieder normal.“, meinte er schwach lächelnd. Ich lächelte noch schwächer zurück, setzte mich dabei aber auf sein Bett.

„Ach ja, ist es okey, wenn ich noch zu Shana gehe? Ich hab sie vorher etwas forsch abgespeist.“, fügte er beschämt hinzu. Aber ich nahm es ihm nicht Übel. Nicht mehr. Ich konnte es irgendwie auch verstehen. Er wollte den Menschen den er liebte, nicht durch so eine Kleinigkeit verlieren.

„Kein Problem“, erwiderte ich also. Danach machte er sich unverzüglich Aufbruch bereit und ging meine Sachen holen. Ich war ihm dafür wirklich extrem dankbar. Ich wollte nicht Gefahr laufen mit Shane zu kollidieren, wenn er schon wieder zurück war. Was ich eher bezweifelte, aber trotzdem. Ich legte mich derweil hin und verkroch mich im Bett. Ich schlief noch ein bevor Nate überhaupt zurück war mit meinen Sachen – aber ich wusste auch nicht wie lange er dafür gebraucht hatte. Aber es überraschte mich, dass ich so müde war. Vor allem weil meine Gedanken irgendwann aufhörten in irgendwelche Richtungen zu denken … irgendwann waren sie stumpf, nur noch ein Nachhall ihrer Vorgänger … jedoch blieb ein bitteres Gefühl zurück. Ich erwartete den nächsten Morgen mit gemischten Gefühlen.
 

Nate hielt sein Versprechen. Er ging um 6 Uhr morgens, wenn das Sekretariat aufmachte und keine Menschenseele sonst wach war, direkt zu Susi und teilte ihr mit das „Joelle“ über Nacht abgereist war. Ihre Eltern hätten sie abgeholt, da sie nach Hause wollte. Susi sah dieser ganzen Geschichte eher skeptisch entgegen, aber sie sagte nichts. Wahrscheinlich weil es dafür noch viel zu früh war. Auf jeden Fall teilte Nate ihr auch noch mit, dass statt seiner Cousine nun sein bester Freund kommen würde. Wenn das okey sei. Susi hatte damit keine Probleme. Ich sollte mich nur melden innerhalb der kommenden Woche oder besser noch bei meiner Ankunft, um meine Daten durchzugeben. Zu dem Zeitpunkt wusste ich nur noch nicht, dass das nicht mehr nötig sein würde.

Ich wachte an diesem Morgen mit einem mulmigen Gefühl auf. Mir war Übel. Nate kam gerade wieder rein, als ich aufwachte und teilte mir seinen Erfolg mit. Ich nickte nur anerkennend. Er sollte echt Schauspieler werden, anstatt über eine Sportkarriere nach zu denken. Ansonsten schwiegen wir. Ich hing jedoch wieder meinen eigenen Gedanken nach, die sich wohl über Nacht erholt hatten und nun wieder mit den alten Themen begangen. Den gestrigen Abend, Shane, was Alice und Nevio dachten und und und …

Da Justin um viertel nach 7 vorbei kommen wollte, er hatte sich glücklicherweise angemeldet, verzog ich mich gegen halb 7 (da war kaum jemand wach) in die Mädchentoilette mit meiner Tasche – wohl eher aus Gewohnheit als mit Absicht. Ich zog nach etlichen Tagen endlich wieder meine eigenen Klamotten an: Meine schwarze Röhre, mein schwarzes As-I-lay-dying-Shirt, meine Freundschaftsbänder, mein Nietengürtel und meine geliebten schwarzen Chucks, sowie meine dunkelblaue Lederjacke. Ich fühlte mich auf Anhieb schon wieder besser. Ich hatte diese Alltäglichen Klamotten richtig vermisst, wie mir erst jetzt klar wurde. Sie waren viel besser als die alten Schlabber Sachen die ich mitgenommen hatte und den halben Sommer trug. Ich steckte meine Mädchensachen schlampig in meine Tasche und dabei unterlief mir ein schwerwiegender Fehler. Ich war so in meine Sachen, den Gedanken an den gestrigen Abend und meinen verwirrenden Gefühlen für Shane vertieft, dass ich gar nicht bemerkt hatte, wie die Tür ins Schloss fiel. Ich griff nach dem Türgriff der Mädchenkabine und riss die Holztür schwungvoll auf, sah dabei auf meine Tasche, da mir das scheiß Kleid von der Party raus fiel und bückte mich somit sogleich. Jedoch erstarrte ich sofort in meiner Bewegung, als ich ein Räuspern war nahm und eine mir sehr bekannte Stimme entgegen knallte. Verdammt. Ich gefror zu Eis.

„Ähm Entschuldigung? Das ist die Mädchentoilette, wenn du Idiot das nicht bemerkt hast? Wie schusselig kann man eigentlich sein, um die falsche Tür zu erwischen? Dabei steht ganz fett auf der Tür „DAMEN“ und nicht „HERREN“.“

Nathalie hatte sich ihrem Spiegelbild zu gewandt, tuschte gerade ihre Wimpern und schien mich noch gar nicht richtig wahrgenommen zu haben, sodass ich versuchte schnell das Kleid zu packen und mich zu verdrücken mit einem einfachen „Entschuldigung. Kommt sicher nicht mehr vor.“, bevor ihr noch irgendetwas seltsames auffallen würde. Doch das Schicksal war mir nicht hold. Wie so oft in diesem verschissen Urlaub. Ich lief gerade auf die Tür zu, als sie sich zu mir umdrehte und an mich gewandt sagte:

„Moment Mal. Wer bist du überhaupt? Ich hab dich hier noch nicht gesehen.“

Verdammte scheiße. Halt einfach deine Klappe, Schlampe! Ich hatte andere Probleme mit denen ich mich auseinander schlagen musste. Ich versuchte so schnell wie möglich raus zu kommen, doch sie war etwas schneller indem sie mir den Weg versperrte und mich musterte. Schon blöd das ich an ihr vorbei musste, um den Ausgang zu erreichen. Ich stand also zwischen ihr und der Tür in ihrem Rücken, die ich schon fast auf hatte. Leider blockierte sie gerade meinen Fluchtweg.

„Du kommst mir bekannt vor, Freundchen… Woher noch gleich?“

Sie schien nach zu denken und ich sah weg. Gott, wieso ausgerechnet jetzt und hier!? Hoffentlich machte sie ihren blonden Haaren alle Ehre – auch wenn diese gefärbt waren.

Ich hätte sie einfach weg stoßen sollen. Scheiße nur, dass mein Mädchen-schlägt-man-nicht-Instinkt ausgeschlagen hatte. Plötzlich glitt ihr Blick über meine Tasche und dem Kleid in der Hand, dass ich vor lauter Schreck vergessen hatte wieder rein zu stecken. Das sollte wohl mein Verhängnis werden. Scheiße! Mittlerweile standen wir vor der offenen Tür, sie in ihrem Pyjama wohl gemerkt.

„Moment mal, das Kleid kenne ich doch und diese billige Tasche auch … genauso wie diese Armbänder und dein Gesicht …“, sie scannte mich richtig mit ihrem Blick ab, bis ihr wohl ein Licht aufging. Wieso mussten Mädchen auch immer so auf Details achten? Auf die wirklich unwichtigsten Dinge und sich diese merken …

Joelle!?“, brachte sie schockiert raus. Ich reagierte ebenso geschockt auf meinen Namen und sie sah mich mit offenem Mund an. Ich konnte nicht verhindern, dass ich sie sofort ansah, während sie nicht mehr wusste was sie sagen sollte. Anfangs zumindest. Sie fand ihre Sprache zumindest schneller wieder als ich.

„Oh mein Gott! Seit wann hast du einen Schwanz?“, brachte sie nur hervor und dabei blickte sie offensichtlich auf mein heiligstes Stück. Ich musste zugeben, Dad hatte recht. Wieso waren meine Hosen auch so eng!? In Zukunft würde ich sie weiter kaufen …

„Was?“, erwiderte ich bissig. „Du warst doch diejenige die es mir am wenigsten abgekauft hat.“

Nicht gerade … die geschickteste Erwiderung. Kontern hatte ich wohl über Nacht auch Vergessen … Sie schien nicht zu wissen was sie darauf sagen sollte, stattdessen fing sie an zu lachen.

„Das erklärt einiges, mein Lieber. Die weiten Hose, dein Verhalten, das du so Tomboy-mäßig warst. Ich dachte eigentlich immer das du eine Lesbe seist, bis du dich so an Shane ran gemacht hast. Immerhin damit lag ich nicht ganz falsch …“, meinte sie amüsiert.

„Wie krank muss man eigentlich sein, um sich als Mädchen auszugeben?“

Ich erwiderte nichts, sondern sah sie nur hasserfüllt an, drehte meinen Kopf aber von ihr weg. Ich ertrug diese Blamage nicht. Warum musste ich auch ausgerechnet ihr über den Weg laufen? Ich würde sie gerne erwürgen. Ich brauchte ihre scheiß Zusammenfassung und Gedankengänge nicht. Es interessierte mich nicht – kein Stück.

Doch plötzlich fing sie mit meinem wunden Punkt an – dem wunden Punkt in der ganzen Geschichte.

„Weiß eigentlich Shane davon?“, fragte sie ehrlich interessiert. Es war das erste Mal das sie wirklich an etwas interessiert zu sein schien, wenn sie mit mir redete. Doch beim Klang von Shanes Name zuckte ich automatisch zusammen und blickte sie wieder direkt an. Mein Blick sprach Bände: Er sollte bloß nichts davon erfahren! Sie lächelte ein Siegerlächeln.

„So so der Gute weiß also gar nicht mit was für Gesindel er sich abgibt – mit was für einer kranken und bemitleidenswerten Person. Na ja, verständlich. Du hast deinen Part ja auch nicht wirklich schlecht gespielt. Tja, bis jetzt. Wie würde er wohl reagieren, wenn er das erfährt? Wenn es alle erfahren würde?“

„Nein!“, entglitt es mir sofort. „Er darf nichts davon erfahren. Bitte.“, letzeres erforderte viel Kraft von mir.

„Keine Sorge, ich sage ihm nichts. Damit würde ich nur ihm selbst Schaden und das will ich ja nicht. Zumindest wenn du mir … na ja, nennen wir es einen kleinen Gefallen tust.“

Langsam machte sie mich sauer mit ihrem scheiß Spielchen. Immerhin ging es hier um Menschen – Menschen die leicht zerbrechen konnten. Vor allem Shane. Das hatte ich selbst gesehen. Also brachte ich es auf den Punkt.

„Was willst du Nathalie?“

„Was ich will?“, fragte sie scheinheilig.

„Tja, wie wäre es damit: Du hältst dich von Shane fern. Das dürfte ja wohl kein Problem sein. Immerhin scheint er ja nicht die gleichen abartigen Neigungen wie du zu haben – dem Himmel sei Dank. Du machst ihm aber irgendwie klar, dass die liebe „Joelle“ nichts von ihm will. Das sie gegangen ist, weil sie seine Nähe nicht mehr ertrug. Sag, dass sie ihn hasst, dass sie ihn nicht mehr wieder sehen will. Und dann wirst du mir eine Gelegenheit geben, Shane besser kennen zu lernen und ihn zu trösten, klar? Wie du es machst, ist mir vollkommen egal.“

„Vergiss es.“, erwiderte ich bissig. Ich konnte ihm das nicht antun. Nathalie war mit Sicherheit das Letzte mit dem er sich abgeben wollte. Das letzte was er überhaupt brauchte. Er hatte etwas Besseres verdient – viel besser.

„Na gut, dann wird wohl sein Herz gebrochen werden und alle werden die Wahrheit über die kleine, süße Joelle erfahren und ihre plötzliche Abreise oder sollte ich besser sagen, das sie uns nun in andere Form beiwohnt.“, erwiderte sofort in ihrem besten Unschuldston.

Ich gab ein aggressives Knurren von mir. Die blöde Tussi! Am liebsten hätte ich ihr dieses hämische Grinsen aus ihrem grauenhaften Gesicht geschlagen. Aber Mädchen schlug man ja nicht. Ich hatte bis dato nie wirklich geglaubt, dass ein Mensch hässlicher sein konnte, wie Nathalie in diesem Moment. Ihr Charakter machte sie zu einem Monster – innerlich wie äußerlich. Auch wenn der erste Schein, ein vielleicht ganz hübsches Mädchen barg. Aber nicht für mich. Sie ließ mir einfach keine andere Wahl.

„Na gut, ich mach‘s. Aber es passiert in meinem Tempo.“, erwiderte ich schlussendlich zähneknirschend. Ihr Gesichtsausdruck änderte sich kurz, aber nur für einen Wimpernschlag.

„Tzz, vergiss es. Das ist ein Deal, indem du nicht in der Lage bist Forderungen zu stellen.“, lächelte sie wissend. Ich sah ihr dabei nur weiterhin zerknirschte zu. Nach ein paar Sekunden schien sie das Ganze noch einmal durch gegangen zu sein in Gedanken und kam zu einem anderen Schluss.

„Na gut, du bekommst eine Woche. Solltest du es bis dahin nicht geschafft haben, werde ich dein kleines Geheimnis auffliegen lassen.“, fügte sie noch hinzu. Damit warf sie mir noch einen abschätzigen Blick mit ihrem zufriedensten Lächeln zu und wandte sich von mir ab und ging sogleich in die Richtung, in der ich ihre Hütte vermutete.

Eine Woche – die Deadline war gesetzt. Wie sollte ich das schaffen? Ich stapfte wütend in die entgegengesetzte Richtung davon. Ich musste mit Nate reden. Ich konnte nicht mehr. Ich konnte nicht länger hier bleiben. Ich konnte Shane das nicht antun. Da ging ich lieber. Wenn es Nathalie rum erzählte in einer Woche und ich nicht hier war, konnte es mir ja gleichgültig sein. Das würde ich überleben.

Während ich so in meine Gedanken vertief war, entging mir etwas sehr wichtiges … nämlich das Nathalie und ich einen unauffälligen Beobachter hatten, der alles aus sicherer Entfernung mit Hören konnte: Alice. Sie war die ganze Zeit in irgendeinem der Klos gewesen. Und das würde die ganze Situation nicht gerade erleichtern – im Gegenteil.
 

Alice passte mich zum ungünstigsten Zeitpunkt ab. Ich war nur noch einen Katzensprung von Nates Hütte weg, als sie mich am Arm packte. Ich hatte sie gar nicht gehört und war somit umso überraschter.

„Was-… !?“

Ich drehte mich um und sah mich einer wütenden und enttäuschten Alice gegenüber. Eigentlich hatte ich mit Nathalie gerechnet – das ihr noch irgendetwas eingefallen war.

„Du Arsch!“, schrie sie sofort und verpasste mir sogleich eine Ohrfeige. Man(n) konnte die Frau zuschlagen für ihre zierliche Figur. Ich wusste spätestens dort, dass sie die ganze Konversation mit Nathalie mitbekommen hatte. Ich versuchte also gar nicht mich zu verteidigen.

„Alice..“, brachte ich nur hervor, doch sie ließ mich nicht weiter reden.

„Weißt du wie verarscht ich mir gerade vor komme!? Ich dachte, du seist meine Freundinn. Ich wusste, dass du etwas komisch warst, aber DAS! Das top einfach alles, was ich dachte! Hast du dabei einmal an die Anderen gedacht? An mich? An Nevio und unsere Freunde? …“, fügte sie sauer hinzu.

„Alice …“

„Nein! Nicht „Alice“! Hast du einmal, nur einmal an Shane gedacht!? Dieser Idiot hat sich volle Kanne in dich verknallt und du trittst ihn mit beiden Beinen. Du bist so was von verlogen! Weißt du, wie er sich fühlen wird? Er hat uns erzählt was passiert ist und uns alles gestanden!! Wie konntest du nur. Wie konntest du das zu lassen! Wie konntest du uns allen etwas vorspielen? Wahrscheinlich hat dir das Ganze auch noch Spaß gemacht! “

Mittlerweile hatte sie sogar Tränen in den Augen – ob aus Trauer oder Wut konnte ich nicht sagen. Mit diesen Worten hatte sie nicht nur meinen wunden Punkt getroffen, sondern mich buchstäblich entwaffnet. Was sollte ich darauf auch erwidern? Es stimmte ja. Ich wusste wie scheiße das alles war. Ich wusste wie mies ich war. Sie musste es mir nicht so deutlich vor Augen führen.

„Wie kommt man überhaupt auf so eine kranke Idee!?“, fügte sie in ihrem Wutanfall noch hinzu.

„Es war eine verlorene Wette.“, erwiderte ich beschämt.

„Eine Wette!? Das gibt’s echt nicht … Du dachtest also tatsächlich, dass du uns einfach mal so das Mädchen vorspielst und wenn du genug davon hast, kehrst du als Junge zurück ohne das auch irgendjemand was bemerkt? Du bist so ein verdammter Idiot, Joel Green. Wenn das überhaupt dein richtiger Name ist!“

Ihre Stimme zitterte mittlerweile vor Wut und sie tat mir so leid. Sie war so enttäuscht von mir.

„Alice …“, versuchte ich es wieder. Doch es nütze nichts. Ich versuchte nach ihrer Hand zu greifen, sie zu beruhigen, doch sie fing an nach mir zu schlagen.

„Lass mich los, du Arsch! Fass mich nicht an. Fass mich nie wieder an! Noch besser, tritt mir nie wieder unter die Augen! Mir nicht, Nevio nicht und auch Shane nicht. Hau einfach ab! Das kannst du doch am Besten. Verrotte in deinen kranken und aberwitzigen Phantasien. Irgendwo – nur nicht hier!“, und mit diesen Worten stürmte sie davon.

Ich konnte ihr nur noch nach sehen. War zu perplex um irgendetwas zu tun. Sie hatte mit ihren Worten ins Schwarze getroffen und ich wusste wie ernst sie diese gemeint hatte. Und es versetze mir einen Stich in der Herzgegend. Ich hatte sie so verdammt enttäuscht.

Das war der ausschlaggebende Punkt. Nun wollte ich wirklich weg. Ich hatte hier keinen Platz mehr – kein Recht mehr hier zu sein. So wie sie es ausgedrückt hatte: Im Weglaufen war ich Weltmeister und ich würde meinem Titel alle Ehre machen.
 

Es dauerte bis ich wieder bei Nate war. Ich konnte nicht gleich nach der Konfrontation mit Alice zu ihm gehen. Doch irgendwann tat ich‘s. Ich trat ein. Justin war noch nicht da – zum Glück. Ich wusste auch gar nicht, wie spät es überhaupt war. Nate sah mich überrascht an – es wandelte sich jedoch gleich zu entsetzen.

„Mann! Alter was machst du hier? Bist du verrückt!? Du kommst doch laut Plan erst an. Außerdem kommt Justin jede Sekunde wieder.“

„Das ist mir egal.“, erwiderte ich bissig.

„Ich muss mit dir reden. Ich mach bei deinem ach so genialen Plan nicht mehr mit. Denn dir hab ich die ganze Scheiße doch erst zu verdanken! Wenn du und diese dumme Wette nicht gewesen wären, dann wäre jetzt immer noch alles normal! Mein Leben wäre nicht im Eimer.“, fügte ich wütend hinzu. Alice hatte mich erst richtig aufgestachelt.

„Jetzt mal halblang. Du hättest auch einfach den Schwanz einziehen können! Es hat dich niemand dazu gezwungen.“, erwiderte er ebenso säuerlich.

„DOCH! DU hast mich doch regelrecht dazu genötigt. Du und deine scheiß abnormalen Ideen. Ich bin jetzt der, der das Gespött des Camps ist, nicht du!“

„Was redest du!? Es weiß doch keiner davon und es wird auch niemand erfahren, wenn du dich an meinen Plan hältst!“

„Dein scheiß Plan hat schon versagt!“, erwiderte ich gekränkt. Nate sah mich verständnislos an.

„Was meinst du damit?“

„Nathalie hat mich gesehen und Alice auch. Sie konnten beide 1 und 1 zusammen zählen. Sie haben mich erkannt, verdammte Scheiße!“

„Unmöglich“, meinte Nate. „Die Tarnung war perfekt.“

„War sie eben nicht, du Idiot!“, und damit wandte ich mich fürs Erste ab. Er musste ja nicht wissen, dass ich es selbst vergeigt hatte mit meiner Unvorsichtigkeit.

„Okey man, das wird schon! Du musst es nur allen erklären!“

„ERKLÄREN!? Was gibt es daran zu erklären? Ich und mein kranker bester Freund, wollten einfach mal ein Experiment starten? Weißt du wie scheiße das Ganze für mich ist? “

„Ach was, die verstehen das schon und werden darüber lachen.“

„Darüber lachen? Das ich NICHT lache. Alice hat mir schon eine Ohrfeige verpasst? Wie meinst du werden Nevio oder Shane erst reagieren!? Vor allem Shane!“, sagte ich vollkommen hysterisch, was wohl witzig wirken musste für einen Außenstehenden. Für mich war es jedoch eine einzige Katastrophe.

„Oh …“, meinte Nate nur etwas verlegen dazu. „Ich hab mich schon gewundert, warum deine Wange so rot ist.“

Das war ein sehr hilfreicher Kommentar. Am liebsten wäre ich ihm an die Gurgel gesprungen! Ich brauchte irgendetwas an dem ich meine Wut auslassen konnte. Irgendetwas…

„Aber ich glaube genau da liegt eigentlich das Problem.“, sagte Nate sogleich zusammenhangslos. Und das lenkte mich für kurze Zeit ab und rückte meine Wut wieder in den Hintergrund.

„Woran?“, sagte ich unmissverständlich und massierte meinen Nasenrücken. Ich bekam langsam Kopfschmerzen.

„An Shane!“, erwiderte er selbstverständlich. Ich sah ihn an, als wäre er soeben verrückt geworden.

„Ach nein! Ist das nicht offensichtlich? Verdammt ich mag diesen Kerl, wenn du es bist jetzt noch nicht kapiert hast!“, erwiderte ich absolut NICHT sarkastisch.

„Und das ist dein Problem.“

„Mein Problem?“, antwortet ich verwirrt und unglaubwürdig.

„Ja, dein Problem.“, meinte er immer noch in diesem bevormundenden Tonfall. Dieser erinnerte mich an meinen Vater – so hatte er immer mit mir gesprochen, wenn ich eine Dummheit begangen hatte. Ich kam mir so vor, als wollte Nate mir damit etwas Wichtiges sagen. Doch bei mir kam es nicht an.

Mit diesen Worten kam er auch auf mich zu und legte mir mitleidig seine Hand auf meine Schulter. Ich verstand immer noch nichts, hätte sie am liebsten Weg geschubst.

„Man Joel, du bist der Einzige der es noch nicht kapiert hat! Du redest nur noch von ihm, du schwärmst so von ihm, wie ich dich noch nie von jemand reden gehört habe! Du verbringst deine halbe Zeit mit ihm und versetzt sogar mich, deinen besten Freund, dafür…“

Er machte eine obligatorische Pause und ich sah ihn noch verständnisloser an. Worauf wollte der scheiß Typ vor mir hinaus?

„Na und?“, sagte ich also, als mein Blondhaariger Freund nicht mehr weiter redete und auf irgendeine Reaktion meinerseits zu warten schien. Offensichtlich reagierte ich nicht so, wie er es sich erwünscht hatte, denn Nate seufzte ehe er zum letzten Schlag aus holte. Und der prallte hart auf –richtig schmerzhaft.

„Wie kann man nur so blöd sein? Echt mal … du würdest einen Preis dafür gewinnen, wenn es so etwas geben würde.“, fing er an ehe er seufzte und es auf den Punkt brachte mit folgendem Satz:

Kumpel, du hast dich so was von in diesen Typen verliebt.“

Und mit diesen Worten brach meine Welt für heute endgültig zusammen. Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Ich war sprachlos. Ich hatte das Gefühl, dass mir noch schlechter wurde und ich fühlte mich gerade als wäre ich die letzten Tage in einer Blase gefangen gewesen, die soeben geplatzt war. Unerwartet. Hart. Richtig gemein.

„Du hast sie doch nicht mehr alle!“, fuhr ich auf.

„Ich bin nicht SCHWUL. Auch wenn ihr alle mir versucht das einzureden.“, fügte ich noch hinzu und ich sah ihn entgeistert an. Nate schüttelt nur Mitleidig seinen Kopf.

„Es ist okey. Du brauchst dich nicht zu schämen. Klar, der Gedanke ist gewöhnungsbedürftig. Ich musste mich auch erst daran gewöhnen. Deshalb war ich auch nie sauer. Du verdienst es echt und mein Gott, dann ist es halt ein Typ. Scheiß drauf. Ich kann auch darüber hin weg sehen, dass es dieses Arschloch ist – wenn es dich glücklich macht. Was soll’s?“

Er sagte das so, als wäre es das normalste auf der Welt. Ich wusste einfach nicht mehr, was ich sagen oder denken sollte. Was war mit diesem Typen nur los? Was stimmte mit ihm nicht? Wie kam er zu dieser Behauptung! Klar, ich mochte Shane, aber als … Kumpel, nicht als Freund oder Partner …

Alles was ich wusste war, dass mein Verstand sich heftig gegen diese Behauptung wehrte ... keine Ahnung. Ich hatte genug von diesem absurden Tag. So viel zu „es wird alles wieder normal“. Ich fühlte mich wie in einem schlechten Film… Ich wusste mir nicht mehr anders zu helfen, also tat ich das, was ich am besten konnte. Das mit dem ich Probleme immer löste.

„Ich hau ab. Mir reicht‘s! Du kapierst doch gar nichts!“, erwiderte ich noch, doch ehe ich raus gehen konnte, ging die Tür vor mir schon wieder auf und verfehlte mich nur um ein paar Millimeter. Ich blieb perplex stehen und sah dem besagte Schwarzhaarige, der Mittelpunkt unseres Gespräches war und soeben an mir vorbei stürmte, verdutzt nach. Mein Herz setzte für einen kurzen Moment aus. Shane beachtete mich jedoch gar nicht. Kein Stück.

„Nate! Ich störe dich nur Ungern, aber es ist dringend. Gib mir sofort die Nummer deiner Cousine. Susi hat mir erzählt, dass sie abgereist ist. Warum!?“, legte dieser sofort los ohne ein ‚Hallo‘ oder irgendetwas in der Art.

Das hatte gerade noch gefehlt, der krönender Abschluss. Die Ironie schlecht hin. Jetzt könnte ich ihn endgültig los werden, dachte ich mir. Das wäre die Chance Nathalies Bedingung einzulösen (obwohl es sinnlos war, ich war eh schon aufgeflogen) und Nate schien das gerade für mich zu übernehmen. Eigentlich wollte ich gehen, doch ich konnte mich nicht mehr bewegen, seit mich die Tür fast getroffen hätte. Aber daran lag es nicht wirklich. Es lag an ihm und meinem klopfenden Herzen, dass jeden Moment zu zerspringen schien. Ich wollte nicht weg. Da war dieser Geruch, der mich erstarren ließ … viel zu verlockend.

„Spinnst du! Warum sollte ich ausgerechnet dir die geben. Es ist doch offensichtlich warum sie gegangen ist. Sicher nicht meinetwegen. Und wenn sie dir die Nummer nie selbst gegeben hat, kann ich auch nichts daran ändern.“

„Verdammt, das hat sich nie ergeben und es war auch unnötig. Wir haben in einem Zimmer gewohnt, wenn dir das entgangen sein sollte, Bruhn.“, erwiderte Shane scharf. So bat man echt nicht um etwas.

„Aber ich muss dringend mit ihr reden“, fügte er noch etwas freundlicher hinzu.

„Ach? Und was willst du ihr sagen?“

Nates Blick war mehr als angepisst und Feindseelig. Zum Glück konnte er Shane nicht riechen, sonst hätte er wahrscheinlich echt noch klein bei gegeben.

„Verdammt, ich hab mich so was von in deine Cousine verknallt, klar? Ich liebe sie. Das erste Mädchen in das ich mich verliebt habe, also zerstör mir das nicht. Bitte. Ich will sie nicht verlieren.“

Er sagte das mit so viel Ehrlichkeit, dass selbst Nate nichts mehr einfiel und er zum ersten Mal in seinem Leben sprachlos vor Shane stand. Das Geständnis war auch wirklich offen.

Ich schluckte hart. Mein Kopf wandte sich sofort zu den Beiden um noch ehe er mit seiner Wortfolge überhaupt geendet hatte. Ich fixierte den Schwarzhaarigen, zumindest seinen Rücken, während mein Herz wirklich stehen blieb. Ich hatte aufgehört zu atmen – hielt die Luft an. Ich fühlte mich wie mit einer Pfanne geschlagen … oder als hätte ich die ganze Nacht in einer Disco verbracht in der nur House und Techno lief.

Nun war es ausgesprochen und es konnte nicht mehr zurück genommen werden. Nun hatte ich Gewissheit. Er hatte sich in mich verknallt. Ich hatte es gewusst und verdrängt. Ich wollte es nicht merken. Ich bemerkte Nates mitleidigen Blick, der auf mir lag. Er sah immer zu zwischen mir und Shane hin und her. Und mir fielen seine vorherigen Worte wieder ein.

Rede mit ihm. Erkläre es ihm. Er wird es verstehen. Er würde gar nichts verstehen. Doch noch ehe ich etwas gegen das tun konnte, was nun folgte, war es schon passiert.

„Okey, ich geb dir ihre Nummer. Ich glaube, ihr habt einiges zu klären.“, erklärte Nate seufzend.

„Danke.“, erklang Shanes erleichterte Stimme, während ich glaubte mich verhört zu haben.

Mein bester Freund wollte ihm meine Nummer geben? War das eine Verschwörung von der ich nichts wusste? Ich konnte nicht glauben, dass Nate das tatsächlich machte!? Und auch noch, wenn ich ihm selben Raum war!? Ich wollte dazwischen funken.

Anfangs hoffte ich noch, dass er eine erfinden würde. Doch das ganze platzte sehr schnell, als Shane schon sein Handy am Ohr hatte. Nate hatte ihm meine richtige gegeben, ich wusste es schon als der Blondhaarige ihm die, mir sehr bekannten, Zahlen diktierte. Das Ganze passierte viel zu schnell, als das ich es realisieren konnte und ich hatte das Gefühl mich in Zeitlupe zu bewegen. Ich schaffte es nicht mehr raus. Und schon erklang auch mein Klingelton. Underoath, Reinveiting your exit, den auch Shane schon gehört hatte.

Das was folgte war die Hölle selbst. Und ich fragte mich echt, warum Gott mich wohl so hasste? Shane drehte sich überrascht zu mir um und ließ sein Handy sinken, als er mich sah. Anfangs sah er sich nur hilfesuchend und verwirrt um – mein Klingelton erklang immer noch. Ich sah auf den Boden, beschämt, peinlich berührt. Ich konnte ihn nicht ansehen. Doch Shane schien sehr schnell zu kapieren – zu schnell. Er hatte eben eine unglaubliche Auffassungsgabe und er war ja auch das komplette Gegenteil von dumm und naiv.

„Das ist nicht wahr, oder?“, sagte er anfangs noch hoffnungsvoll und kam auf mich zu.

„Sag, dass das nicht wahr ist. Das das nur ein scheiß Scherz von euch Beiden ist.“, kam es dann fordernder, als weder ich noch Nate etwas sagten. Ich sah auf den Boden, erkannte das Dunkelblau seiner geliebten Converse in meinem beengenden Blickfeld. Er stand nun direkt vor mir.

Im nächsten Augenblick passierte nichts. Sein Atem streifte lediglich meine Haare – ich konnte es spüren, da ich ein wenig Kleiner war als er. Aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein … obwohl ich mir überdeutlich allem bewusst war, was in diesem Raum geschah.

Plötzlich griff er nach meinem Arm und hob mein Gesicht an. Sein Griff war hart – alles andere als sanft. Die Stellen die er berührte kribbelten trotzdem leicht – sie brannten fast schon. Jetzt kam ich nicht mehr aus in dieses Grün zu schauen, dass mich sonst immer fasziniert hatte und dem ich jetzt gerne ausgewichen wäre. Und dieser Blick erst. Der tat weh. Die Hoffnung die ich absterben sah, und die Erkenntnis, die langsam in sein Bewusstsein schwappte. Er hatte kapiert, dass ich SIE war. Er erkannte meine Augen, vielleicht auch mein Gesicht. Immerhin sah man nicht viele mit solchen blauen Augen. Außerdem achtete Shane viel zu sehr auf Details und hatte sehr früh gelernt sich Gesichter zu merken. Er ließ mich los und sah auf den Boden, als er Laut aussprach was er dachte.

„Joel Green. Natürlich, Nates nerviger Freund der nach Amerika gezogen ist vor drei Jahren. Ich wusste, dass mir der Namen bekannt vor kam. Ich wusste nur nicht mehr woher … Das erklärt natürlich einiges. Eigentlich alles – ihr ganzes Verhalten.“, flüsterte er mehr. Dabei machte er eine Pause, ehe er sich korrigierte und mich mit diesem durchbohrenden Blick an sah. So verletzt. So enttäuscht. So bitter.

„Oder besser gesagt, dein Verhalten.“, damit wandte er sich wieder mir zu.

„Na, habt ihr die Show wenigstens genossen? Hat es wenigstens Spaß gemacht, dich an mir zu rächen? Mich so zu verarschen? Du bist echt so was von erbärmlich, Green!“, und das ‚Green‘ spuckte er richtig aus. Ich zuckte zusammen. Danach ging er an mir vorbei und wollte gehen. Ich wusste nicht was ich sagen oder tun sollte. Ich hatte nicht geahnt was für ein Verlauf dieser Tag nehmen würde. Es war der reinste Albtraum.

„Shane …“, versuchte ich mich zu erklären. Ich wollte nicht, dass er ging. Ich wollte es ihm erklären. Ich wollte ihm sagen, dass nichts gespielt war. Das alles echt war. Aber ich konnte nicht, meine Stimme versagte – brach weg.

Als ich mich so seinem Rücken entgegen sah, schon wieder, brach es über mich. Die Verzweiflung, die Abwehr der letzten Wochen, sogar der letzten paar Minuten des letzten Gesprächs das ich mit Nate führte und die Verwirrung machte der alles erleuchtenden Erkenntnis Platz. Sie wurden einfach weg gespült von meinen Schuldgefühlen, dem unerwarteten Schmerz, der sich in mir ausbereitete. Jetzt wo alles fast vorbei war. Jetzt wo ich verloren hatte, was ich niemals auch nur im entferntesten Sinne realisiert hatte, dass ich es je gefunden hatte. Ich war ahnungslos gewandert. Mein Herz schmerzte so sehr, als hätte man es zu Tode getrampelt. Ich kannte das nicht – hatte so etwas noch nie auch nur ansatzweise gefühlt. Nate hatte Recht: Ich hatte mich tatsächlich in Shane verliebt. Ich wollte ihn nicht verlieren. Ich wollte nicht, dass er ging. Er sollte hier bleiben. Er sollte mir zuhören. Er sollte bei mir bleiben.

Also folgte ich ihm, aber nicht ohne Nate noch ein bissiges „Und bist du jetzt zufrieden?“ zu zuwerfen. Dabei rannte ich an Justin vorbei, der direkt hinter der Tür stand und offensichtlich alles mitbekommen hatte. Ich wusste nicht wie viel, doch offensichtlich mehr als genug, seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen. Heute war hier echt Full House. Aber es war mir egal. Es war vorbei. GAME OVER. Ich hatte alles verloren, was ich mir irgendwie erkämpft hatte. Also hatte ich nichts zu verlieren.

Ich lief Shane nach, rief seinen Namen. Verzweifelt. Doch er drehte sich nicht um – kein einziges Mal. Er ging einfach weiter, ohne stehen zu bleiben, ohne dass ich eine Chance hatte ihn einzuholen und irgendwann war er aus meinem Blickfeld verschwunden. Er hatte einen zu großen Vorsprung und beschleunigte seine Schritte zudem noch. Ich hatte gar keine Chance.

Der Schwarzhaarige hatte kaum etwas gesagt, aber das war schlimmer, als jedes Wort das er sagen hätte können. Sein Blick sagte mehr als 1000 Worte. Und es schmerzte. So sehr. Ich hatte das Gefühl zu brechen – mein Herz brach. Immer mehr, immer weiter. Irgendwann würde es vollkommen zerstört auf dem Boden vor mir liegen. Was würde es noch alles aushalten?

Und mir blieb wieder Mal nur eines: Die Flucht. Ich würde das Camp Villa verlassen. Ich hatte nichts mehr, dass mich noch hier hielt …

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Sooo hier ist es: mein Baby, indem viel Schweiß steckt. Es passiert ja auch ne ganze Menge in dem Kapitel^^ Meine Charas tun mir irgendwie gerade selbst leid xD Fast alle qq …

Tja~ härtester Teil überstanden würd ich sagen :D Und habt ihr gedacht, dass es so raus kommt? Das Nate Joel im Prinzip verrät^^ Hach, ich liebe seine Rolle in diesem Kapitel xD Ich glaub euch Lesern ist er nicht mehr ganz so sympathisch :D Haha, tja sonst wär es eben auf anderem Wege raus gekommen. Eigentlich ist es ja egal xD
 

Und ja, Joel hats endlich kapiert ;D Schwere Geburt für ihn xD Manche Leute müssen doch erst etwas verlieren, um zu erkennen wie wichtig es ihnen war^^ schauen wir mal wie es mit den beiden Hübschen weiter geht & ob Shane darüber hin weg sehen kann :D Ich hab da leider zu viele verschiedene Ideen für ein Ende >.< Ich hasse es, wenn ich mich nicht entscheiden kann xD
 

3 Kapitel noch, dann war‘s das :D Genießt die Endstrecke noch :D

& zu dem Song von diesem Kapitel. Pure pure Liebe. Wer ‚You me at six‘ kennt, weiß das natürlich. Aber dieser Song ist mein absoluter Favorit von ihnen – wohl weil er für mich selbst auch eine besondere Bedeutung hat. Ich hoffe er gefällt euch genau so gut wie mir ;D
 

Über irgendwelches Feedback würde ich mich natürlich wie immer freuen <3

& vielen lieben Dank an meine treuen Kommischreiber <3
 

Falls ihr Zeit und Lust habt, könnt ihr in mein neues Baby reinschauen, dass ich wohl im Eiltempo schreiben muss … deshalb kann es sein, dass es bei Sommernachtstraum zu kleinen Verzögerungen kommt … kommt ganz auf meine Schreiblust an ;D

Ich würde mich freuen wenn ihr mal reinschaut & euren Senf dazu hinter lässt:
 

http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/serie/1566/276788
 

Ganz liebe Grüße, eure Taku <3

Kapitel 14 – I hate this song/You’re love was a lie

Doch fürs Erste flüchtete ich mich an Shanes Geheimversteck. Dort konnte ich am besten nach Denken und wieder zur Ruhe kommen. Obwohl man es nicht wirklich Ruhe nennen konnte. Nein, es gab mir einfach etwas zu tun. Etwas, damit ich mich nicht Hals über Kopf irgendwo hinein stürzte, was ich im nächsten Moment bereuen würde, obwohl ich schon mitten drinnen war. Ich konnte laufen – weg rennen. Vor allem. Vor meinen Problemen, den ganzen Leuten, lösen würde sich lediglich nichts.

Stattdessen fing ich an zu weinen – und dieses Mal wirklich. Der Auftakt für meine eigene kleine Welt um weiter zu Sternenstaub zu zerbröseln und mir selbst die Hölle heiß zu machen. Echt. Wirklich. An manchen Tagen war ich so angeekelt von mir selbst, dass ich mich wirklich am liebsten selbst zu Grunde gerichtet hätte. Und heute war ich schon nah dran war. Egal was ich machte, ich verfluchte es. Aber normalerweise kam das selten vor. Und dann auch nicht wegen einer anderen Person. Nie! Niemals.

Ich dachte an mich … und die paar einzelnen Leute, die mir wichtig waren. Nate, mein Dad und meine Tante, Andrew (mein bester Freund aus Amerika), Rose, Rich und alle anderen, die ich jetzt im Moment richtig vermisste. Die mir vor kamen, als hätten sie nichts mehr mit mir zu tun … wäre ich doch bloß in Amerika geblieben.

Ich hielt das Ganze hier nicht mehr aus. Ich wurde wahnsinnig langsam – bald reif für die Klapse, wenn es so weiter ging. Wenn dieser scheiß Schmerz nicht bald verstummte. Ich wollte nur noch nach Hause. So weit weg wie möglich. Ich wollte Abstand, wollte vergessen, wollte Normalität. Ich wunderte mich echt, wie viel ich in den letzten Stunden geweint hatte. Tränen bedeutete Schwäche und ich wollte nicht schwach sein. Nicht vor Anderen und nicht vor mir selbst. Also strich ich sie mir weg. Dieses Spiel spielte ich so lange, bis meine Tränen erstickten, weil ich einfach kein Tränenwasser mehr übrig hatte. In der Zwischenzeit dachte ich weiterhin nach, ließ meine Gedanken einfach wandern. Wann hatte ich eigentlich den Absprung verpasst? Ich hatte mir das alles selbst zu zu schreiben – das war mir klar. Nate hatte Recht. Alice, Shane – alle. Ich hätte nie so sehr mit ihren Gefühlen spielen müssen. Vor allem nicht mit Shanes. Ich wusste was dort im Busch war, ahnte was er fühlte und dachte nur an mich. Ich war so ein Egoist.

Aber jetzt … jetzt hatte sich die ganze Situation geändert. Ich wollte ihn. Ich wollte nicht, dass er von meiner Seite wich. Ich wollte seine Lippen auf meinen spüren. Ich wollte seinen Körper spüren – seine zarten und schüchternen Berührungen. Ich sehnte mich danach. Er tat mir so gut, er war eine Art Licht für mich und ich war die Motte die immer um es kreiste und sich nach dem Licht sehnte – eigentlich von Anfang an. Auch wenn sich die Motte gar nicht im Klaren war, wie sehr sie das Licht brauchte. Genau so fühlte ich mich jetzt.

Man hatte mir mein Licht entzogen – na ja, eigentlich ich selbst. Ich hatte nie gewusst wie sehr ich dieses Licht brauchte … Hätte ich gewusst das Liebe und der Verlust dieses Licht so schmerzte, dann hätte ich es verboten, wäre ins Kloster gegangen ... oder ich hätte es einfach früher beendet. Von mir aus und … freiwillig. Andernfalls, allen Vermutungen und Gedanken zum Trotz, war es mir jetzt wirklich egal, das ich mich in einen Jungen verliebt hatte. Irgendwie. Für mein Herz war es keine neue Erkenntnis – es unterschied nicht zwischen Mann oder Frau. Für es zählte nur das Gefühl. Der Rest war ihm egal, so wie mir jetzt. So hart der Weg bis zu dieser Erkenntnis für meinen Verstand auch war, jetzt war es mir egal. Wichtig war nur noch der Schmerz, dass ich ihn verloren hatte und wahrscheinlich so sehr verletzt hatte, wie nur Ryan es mit seinem Tod konnte.

So was konnte man nicht mehr gut machen. Man konnte ein richtig gebrochenes Herz nicht mehr erneuern. Und damit meinte ich nicht die „gebrochenen Herzen“ dieser 14-jährigen pubertierenden Mädchen die Heulen weil ihr Freund Schluss gemacht hatte und sich dann gleich den nächsten angelten. Nein, ein gebrochenes Herz konnte man nur ein wenig verarzten, den Schmerz versuchen zu lindern. Mehr ging nicht. Bei mir gab es nichts mehr zu linder … Ich wollte den gesamten Schmerz spüren – ich hatte es verdient. Eindeutig.
 

Ich weiß nicht für wie lange ich dort saß. Als ich endlich fertig damit war, mich selbst und alles zu bemitleiden, entschied ich mich dafür meinen Dad anzurufen. Ich hatte einen Entschluss gefasst, denn ich auch endlich umsetzten wollte. Ich wollte wirklich gehen – es war das Beste für alle. Und vor allem: Es war einfach meine Art. Ich wusste mir nicht anders zu helfen. Und ich würde Nate auch sicher nicht mehr um „Erlaubnis“ fragen, dachte ich angepisst.

Ich wählte aus meinem Telefonverzeichnis seine Nummer, obwohl ich erstmals stockte, als ich die Zahlenkombination erkannte die mich als letztes angerufen hatte. Shane. Ich könnte ihn anrufen. Doch ich drückte sie gleich weg und verwarf diesen Gedanken wieder. Es gab keine Hoffnung mehr.

Dann wählte ich wirklich Dads Nummer und wartete. Es dauerte bis er endlich abnahm. Ich nahm seine Stimme anfangs gar nicht wahr – bekam nur den Schluss mit, weil ich so … am Boden war.

„Hey, Rockstar. Na was macht das Camp? Ist ja noch nicht lange her, dass du das letze Mal angerufen hast. Was gibt’s? Ach ja, ich wäre dir dankbar, wenn du dich so kurz wie möglich fassen könntest. Ich bin gerade unterwegs und es ist ungünstig zu telefonieren …“, redete er gleich freudestrahlend drauf los. So viel gute Laune an so einem Tag, sollte echt verboten werden. Ich ging jedoch auf seinen Smalltalk gar nicht erst ein und rückte gleich mit dem wesentlichen heraus. Ich selbst wollte das Gespräch ebenfalls so kurz wie möglich halten.

„Dad, kannst du mich bitte abholen? Ich möchte nach Hause – so schnell wie möglich.“

Meine Stimme klang immer noch etwas brüchig. Ich hoffte, dass er nicht erkannte, dass ich vorher geweint hatte. Auch wenn ich das eher bezweifelte. Am Telefon klang man doch immer anders, oder?

Dad sagte für eine ganze Weile gar nichts – mit dem hatte er offensichtlich nicht gerechnet. Er wusste offensichtlich nicht wie er diese Nachricht, oder Bitte eigentlich, zu interpretieren hatte.

„Joel, was ist los? Ist etwas passiert?“, rang er sich dann doch durch.

„Ich …-“, doch ich konnte ihm das alles nicht sagen. Nicht so. Nicht am Telefon.

„Ich erklär‘s dir später. Also, kannst du mich abholen? Jetzt am besten? Bitte, Dad.“

„Bist du dir sicher?“

„Ja, ganz sicher.“

Er machte eine kurze Pause.

„Es gibt da nur noch ein Problem … Ich hab heute den ganzen Tag Termine und am Abend hab ich auch noch einen wichtigen Geschäftstermin. Außerdem bin ich momentan nicht in Deutschland, sondern in Amerika – auch wegen der Scheidung.“

„Oh.“, erwiderte ich nur und versuchte meine Enttäuschung zu verbergen. Das heißt wohl ich musste hier bleiben. Doch mein Dad gab so schnell nicht auf.

„Ich werde sehen, dass ich dich so schnell wie möglich abholen kann, aber vor morgen schaffe ich es nicht. Ich nehme heute Nacht noch einen Flug, dann wäre ich so gegen Neun bei dir. Tut mir Leid, schneller geht es nicht.“

Das rettete mir zumindest ein wenig den Tag. Meine Mom hätte mich jetzt einfach hier sitzen lassen, aber auf Dad war Verlass. Ich war echt so was von froh. Ich nickte mit meinem Kopf, bis mir auffiel, dass er das gar nicht sehen konnte.

„Ja ist gut. Danke, Dad. Du bist der Beste.“

Und das meinte ich wirklich so. Er lachte nur kurz auf, ehe ich noch hinzufügte:

„Und Dad? Ich hab dich lieb.“

Ich wusste nicht wann ich das letzte Mal diese Worte sagte, doch auch mein Dad schien überrascht zu sein. Es lag jedenfalls schon eine Ewigkeit zurück – zu lange. Und es war gerade passend.

„Ja, ich dich auch. Also wir sehen uns morgen.“, war seine leicht verdutzte Antwort. Spätestens jetzt war ihm wohl klar, wie sehr ich von hier weg wollte. Hoffentlich fing er sich nicht an Sorgen zu machen … das wollte ich natürlich nicht … und ich kannte meinen Dad, wenn es um mich ging. Er hatte zu oft ein schlechtes Gewissen, weil er eher wenig Zeit für mich hatte als ich klein war. Jetzt glaubte er wohl, dass er es nach holen sollte …

„Ja, bis dann.“, meinte ich nur noch und damit war unser Gespräch beendet. Mit diesem kleinen, aber feinen Hoffnungsschimmer machte ich mich schlussendlich wieder auf dem Weg zum Camp. Absolut keine gute Idee.
 

Dort musste ich nämlich feststellen, dass mittlerweile wirklich jeder meine Geschichte zu kennen schien. Ich hatte mir aber auch den ungünstigsten Zeitpunkt ausgesucht, um zurück zu kehren: die Mittagspause. Justin, Alice oder Nathalie hatten ganze Arbeit geleistet. Ich wusste nicht, wer es weiter erzählt hatte – vielleicht auch alle Drei. Es war ja auch egal. Es wussten alle – das war das was zählte. Überall wo ich hin lief, folgten mir die Blicke der Anderen, das Gelächter und Getuschel. Und das von Leuten, die ich teilweise nicht mal kannte – aber sie mich offensichtlich.

Manche strafften mich sogar mit wirklich angewiderten Blicken. Ansonsten beachtete mich aber keiner weiter oder sagte etwas. Ich hielt Ausschau nach Nate, was nicht gerade sehr leicht war, wenn man den Blick auf den Boden richtete. Wo war auch mein Selbstbewusstsein geblieben? Hallo!

So passierte es auch, dass ich kurz unaufmerksam war und in jemanden hinein ran. Ich entschuldigte mich sofort, doch die Worte blieben mir teilweise im Hals stecken, als ich auf sah und in ein mir sehr bekannten Augenpaar sah. Shane.

„Spar dir die Worte, Lügner.“, sagte er nur giftig, bevor er weiter ging und ich noch irgendetwas erwidern konnte. Seine Worte waren gar nicht das schlimmste an allem, sondern sein Blick. Total Hass erfüllt. Ich blieb einfach nur stehen ohne irgendetwas zu sagen. Zu wem auch? Ich realisierte nur, dass mein Herz schmerzte, weiter brach. Ich war den Tränen wieder sehr nahe, kämpfte sie jedoch runter. Ich wollte mir diese Blöße nicht auch noch vor allen geben. Es reichte schon vor mir selbst. Gott, seit wann war ich überhaupt so zimperlich? Es reichte schon alleine ihn nur zu sehen. Wunderbar! Liebe war eindeutig Scheiße.

Also änderte ich meine Richtung und setzte mich irgendwo abseits vom ganzen Camp leben hin, wo mich kaum jemand sah und hing meinen eigenen Gedanken nach. Doch ich blieb nicht lange allein. Irgendwann trat ein Schatten hinter mich, der auch nicht lange schwieg. Leider. Ich hätte meine Ruhe im Moment bevorzugt.

„Die Gerüchte sind also wahr. Du bist tatsächlich ein Junge. Also hab ich doch keinen Fehler bei der Anmeldung gemacht.“

Ich sah hoch und entdeckte Susi, die Chef-Sekretärin. Na wunderbar, selbst das Personal wusste schon Bescheid. Konnte das noch schlimmer werden? Wohl kaum.

„Wow, was für eine wichtige Erkenntnis – muss schmerzhaft gewesen sein.“, meinte ich absolut nicht sarkastisch, bevor ich fort fuhr.

„Bist du auch gekommen, um mir Vorwürfe zu machen? Dann kannst du gleich wieder verschwinden.“, erwiderte ich nur desinteressiert und genervt. Es nervte langsam, das alles! Ich wollte einfach nur allein gelassen werden. Kapierte das keiner!? Man sollte mich mir selbst überlassen. Doch Susi schien das nicht vor zu haben. Sie lachte kurz auf und setze sich dann neben mich.

„Nein, ich bin nicht gekommen um dir Vorwürfe zu machen. Ich glaube, du weißt selbst wie dumm diese Idee war. Und du bist schon genug gestraft mit den Folgen. Es ist bestimmt nicht leicht. Ich kenne diese Kids hier.“, sagte sie ehrlich. Es klang fast tröstend.

„Danke auch.“, erwiderte ich nur und sah sie dabei an. Ich wusste nicht wirklich was ich davon halten sollte. Immerhin hatte sie wohl einen Grund weshalb sie mit mir reden wollte – nahm ich zumindest an. Alles andere wäre auch absolut unlogisch gewesen …

Anschließend schwiegen wir aber eine ganze Weile. Ich hatte ihr nichts zu sagen, also warum sollte ich auch anfangen? Doch sie hatte mir offensichtlich sehr viel zu sagen – wusste nur nicht wie sie anfangen sollte. Sie sparte sich dann aber den ganzen Smalltalk, worüber ich ihr auch dankbar war.

„Weißt du, dass du Shane mit deinem Verhalten, das Herz gebrochen hast? Er hat fast nur noch von dir gesprochen – wie toll du seist. Und du verarscht ihn auf diese dreckige Weise. Ich weiß, dass du ihn nie wirklich mochtest, aber das hat er echt nicht verdient. Du weißt, dass er nicht so ist, wie er sich immer gibt. Deshalb verstehe ich nicht wie du ihm das antun konntest – einen Menschen so zu verletzen. Ich hätte dich nie so eingeschätzt, um ehrlich zu sein. Ryan hatte immer eine hohe Meinung von dir, Joel Green.“

Ich reagierte ziemlich allergisch auf meinen Namen. Kein Wunder, er war heute schon mehr als einmal gefallen und immer total vorwurfsvoll. Bei ihr klang es eher bitter. Trotzdem sah ich sie erst mal nur an – war zu … perplex. Woher …?

Sie redete fast schon so, als würde sie mich weiß ich wie gut kennen. Wie kam sie dazu? Zudem wollte ich den Rest auch nicht hören. Ich wusste es. Reichte das nicht schon? Ich kniff meine Augen zusammen und die nächsten Worte kamen aggressiver rüber, als ich es gemeint hatte.

„Sei doch froh. Jetzt hast du freie Bahn bei ihm. Du kannst ihn trösten und er wird schnell jemand besseren finden. Vielleicht sogar dich. Und überhaupt, woher nimmst du dir das Recht heraus, zu wissen wie Ryan über mich gedacht hat, geschweige denn wie ich über Shane denke?“

Nun war sie diejenige die erstaunt schaute und dann auch noch, zu allem Überfluss, anfing zu Lachen.

„Moment mal, wer glaubst du wer ich bin?“, sagte sie immer noch lachend. Ich sah sie an als wäre sie der Weihnachtsmann höchstpersönlich. Immerhin hatte ich sie gerade beleidigt und sie lachte nur.

„Ähm … ein Mädchen das total auf Shane abfährt und das er schon lange kennt?“

So kam es mal immer rüber – und Shane schien auch immer gut mit ihr auszukommen und sie zu mögen. Sie lachte noch mehr. Jetzt verstand ich gar nichts mehr.

„Oh man ..“, sagte sie. „Das ist echt witzig. Ich bin kein Mädchen das auf ihn abfährt. Aber ich kenne ihn wirklich schon lange – sein ganzes Leben lang um genau zu sein.“

„Schön für dich.“, erwiderte ich genervt, da ich absolut gar nichts kapierte. Wieso lachte die so?

„Es wundert mich, dass du dich nicht mehr an mich erinnerst. Du warst einmal bei uns, als Ryan dich mitgenommen hat, weil er dir Nachhilfe geben wollte.“

Bei uns? Ryan? Ich sah sie noch verständnisloser an, doch sie erklärte sich so gleich.

„Ich bin Shanes ältere Schwester. Gut, das liegt schon ewig zurück, aber trotzdem. Ich hab dich immer mal wieder gesehen – auch wenn ich die Beiden von der Schule abgeholt habe. Erinnerst du dich daran?“, fing sie an. Ich nickte nur, verarbeitete erst mal ihre ganzen Worte. Aber ich erinnerte mich wirklich noch an sie.

„Klar, du hast dich extrem verändert, aber das Model erkenne ich jetzt doch noch wieder und deinen Namen natürlich. Er kam oft in Ryans Erzählungen vor … und auch in Shanes. War ziemlich witzig. Die einen positiv, die anderen negativ.“, fügte sie immer noch lächelnd hinzu. Offensichtlich schwelgte sie gerade in einer Art Erinnerung, die wohl schön war. Ich hingegen dachte mir nur: Schwester? Scheiße – wirklich in ein schönes Fettnäpfchen getreten. Und genau so sah ich sie auch an.

„Du bist seine Schwester?“, vergewisserte ich mich.

„Jap.“, erwiderte sie lächelnd.

„Oh … das tut mir jetzt echt leid.“, meinte ich beschämt. Wie peinlich! Jetzt wo sie es sagte, erinnerte ich mich an mehrere kurze Begegnungen mit ihr. Auch wenn sie sich auch ziemlich verändert hatte seit damals …

„Schon okey, aber wieder zurück zum eigentlichen Thema: mein Bruder.“

Ich seufzte auf – schloss kurz meine Augen, um danach wieder schuldbewusst, und etwas enttäuscht, auf den Boden zu blicken. Was gab es da noch zu bereden? Doch für sie gab es offensichtlich noch viel. Sie redete einfach weiter.

„Er ist der Einzige der mir noch geblieben ist und deshalb kann ich es gar nicht ab, wenn man ihn verletzt, klar? Aber ich bin auch kein Unmensch. Ich kenne dich nicht wirklich – nur aus Erzählungen und die sind mal so und mal so. Ich möchte einfach nur den Grund wissen, warum du Shane so verachtest, dass du ihm das angetan hast? Das du ihn als erstes so aufgebaut hast und ihn dann so fallen lässt.“

Sie sah mich ehrlich interessiert an, ohne Hass oder irgendetwas. Sie wollte einfach nur die Wahrheit wissen – wollte ihren kleinen Bruder beschützen. Irgendwie beneidete ich Shane gerade um seine Schwester. So jemanden wie Susi hätte ich im letzen Jahr auch gebrauchen können. Ich sagte jedoch eine ganze Weile gar nichts, bis es dann doch einfach so raus kam. Ich wusste auch nicht was ich anderes sagen hätte sollen. Es gab nichts mehr zu sagen.

„Ich hasse deinen Bruder nicht. Im Gegenteil. Ich liebe ihn – ehrlich.“, jetzt war es ihr Part mich anzusehen wie einen verrückten.

Sie wollte was sagen, aber ich ließ es nicht zu.

„Gut, du hast Recht. Ich mochte ihn früher nie. Seine ganze Art und sein hochnäsiges Gehabe. Im Gegensatz zu Ryan, meinte er immer etwas Besseres zu sein wegen seinem Namen. Auch hier mochte ich ihn anfangs nicht … aber … durch die ganze Mädchensache hab ich ihn so kennen gelernt, wie ich ihn sonst nie kennen gelernt hätte. Das ist das einzig Positive an der ganzen Sache. Obwohl das Negative wohl überwiegt. Du kannst echt stolz auf ihn sein. Er ist wirklich toll. Er wäre so perfekt, wenn er diesen Schutzmantel endlich ablegen würde. Er verdient wirklich etwas Besseres. Ich weiß, dass ich es nicht so weit treiben hätte sollen, aber ich wollte nicht von seiner Nähe weichen. Er war …“, doch weiter kam ich nicht.

„Das heißt, du hast ihn gar nicht verarscht?“, meinte sie unglaubwürdig. Ich sah sie an und legte dabei ein bitteres Lächeln auf.

„Nein, alles was ich gesagt oder getan habe, war immer ehrlich – nie eine Lüge. Ich wollte ihn nicht verarschen. Er hat mich total fasziniert und ich wollte diese Person besser kennen lernen.“, versuchte ich mich zu erklären ohne weiß ich wie rot an zu laufen. Susi sah mich einfach nur an und schien abzuwägen, ob ich die Wahrheit sagte.

„Scheiße nur, dass ich mich jetzt in ihn verliebt habe.“, fügte ich noch etwas deprimierter hinzu.

„Du meinst es echt ehrlich, oder?“, fragte sie. Ich sah sie direkt an.

„So ehrlich wie nie zuvor.“

Es war die Wahrheit. Ich würde alles geben, um noch einmal mit ihm reden zu können. Mit ihm zusammen zu sein.

„Na gut. Dann probier es wenigstens. Du hast nichts zu verlieren.“

„Und wie? Er würdigt mich doch keines Blickes, geschweige denn das er mit mir Reden würde.“

Nun lächelte sie.

„Komm heute Abend zum „Half-time-slam“. Ich werde dir eine Chance verschaffen wie du mit ihm reden kannst.“

Ich sah sie überrascht an. Meinte sie das Ernst? Die Frau wäre dann meine Heldin – buchstäblich. Wenn sie das auch tatsächlich schaffen würde, was ich mir nicht vorstellen konnte.

„Was denn? Ich mach das nur für meinen Bruder. Er hat es verdient glücklich zu werden. Und ich denke mit dir hätte er durch aus eine gute Chance – so wie ich das bis jetzt sehe.“, fügte sie noch zwinkernd hinzu.

„Aber-“, wollte ich noch erwidern, doch sie war schon aufgestanden und weg gelaufen. Sie hatte es jetzt ziemlich eilig. Sie winkte mir noch zu und schrie:

„Kein aber! Ich erwarte dich dort.“

Damit ließ sie mich alleine zurück und ich konnte nicht verhindern, dass eine kleine Blume der Hoffnung wieder in mir aufblühte. Gießen musste ich sie jedoch selbst … also beschloss ich zu diesem Halbzeitdings zu gehen. Sie hatte ja Recht – Ich hatte nichts zu verlieren, nur zu gewinnen.
 

Da ich mehr oder weniger von den Campaktivitäten ausgeschlossen war und somit keinen Unterricht hatte, nutze ich die restliche Zeit um meine Gedanken zu ordnen und einfach aufzuschreiben was in mir vorging. Und wie konnte man das besser als mit einem Song? Ich saß den gesamten Nachmittag am See und schrieb und komponierte nur an diesem einen Song. Es gab mir Ruhe und Frieden. Und ich war echt stolz auf mich, als er fertig vor mir lag – das musste ich ehrlich zugeben. Es war mir noch nie so leicht gefallen und er tröstete mich ein wenig – nahm mir meine unsichtbare Last von den Schultern.

Es dunkelte langsam schon ab und mit einem Blick auf mein Handy stellte ich fest, dass es wohl Zeit war zu diesem Event zu gehen. Auch wenn es die Hölle sein würde. Es war meine letze Chance – die Hoffnung starb immerhin zuletzt. Also ging ich hin. Und gegen meine Erwartungen war das Event gerammelt voll. Fast alle schienen hier zu sein. Ich sah Alice, Nevio und sogar Shane – alle strafften mich mit hasserfüllten oder bemitleidenswerten Blicken. Ich sah weg und tat so als hätte ich sie nicht gesehen. Mein Mut sank. Deshalb stellte ich mich wohl irgendwo ganz Abseits am Rand der Bühne hin, dort wo alle hinauf gingen und wo mich kaum jemand sehen würde. Ich fühlte mich richtig allein unter den ganzen Leuten. Also war ich froh, als ich erkannte das Nate auf mich zukam und zu mir stand. Wir redeten kaum. Er fragte auch nicht was ich hier machte. Ich sagte nur, dass ich morgen gehen würde und er nickte nur verstehend. Entschuldigte sich noch für den Scheiß den er gebaut hatte und das er kein Recht dazu hatte. Ich zuckte nur die Schultern, obwohl es mir nicht so egal war, wie ich tat. Aber was zählte das jetzt noch? Es wäre so oder so irgendwie rausgekommen.

Vielleicht …

Dann ging das ganze Spektakel los und Susi stieg auf die Bühne. Alle klatschten ihr entgegen und manche riefen auch etwas oder pfiffen.

„Hallo Leute! Ich heiße euch herzlich willkommen zu unserem dies jährigen „Half-time-slam“, der mit etwas Verspätung in der 5. Campwoche startet. Na ja, auch egal 3 Wochen haben wir noch um Spaß zu haben.“, startete sie ihre Begrüßungsrede, während die Menge tobte.

„Wie auch immer. Ich wünsche euch heute Abend noch viel Spaß und möchte jetzt auch gleich anfangen. Wir wollen ja keine Zeit verlieren. Ihr wisst was jetzt kommt, oder?“

Die Menge jubelt wieder – sollte wohl so etwas wie „Ja“ heißen.

„Ich werde einen oder eine aus unserer Runde aussuchen, der uns etwas vortragen wird und somit zeigt was er kann und hier gelernt hat soweit. Ein ‚Nein‘ wird nicht akzeptiert.“

Das Geklatsche wurde wieder lauter und Susi schien nach irgendetwas in der Menge zu suchen. Offensichtlich fand sie es ziemlich schnell, da sie sogleich weiter redete.

„Da heute Morgen aber ein ziemlicher Rummel herrschte, denn wohl so ziemlich jeder mitbekommen hat, da es … na ja eine etwas seltsam Situation gab, habe ich mir etwas Besonderes einfallen lassen. Ich werde mir 2 Personen auf die Bühne holen. Und ich erwarte mir, dass beide mit Leib und Seele dabei sind.“, fügte sie hinzu und sah mich plötzlich an. Mein Herzschlag setzte aus – den das kapierte ich doch Recht schnell. Sie wollte mich jetzt nicht wirklich auf die Bühne holen? Nicht nach dem ganzen Scheiß, oder? Sie sah wieder ins Publikum und fuhr fort, während unter ihr die Leute klatschten.

„Eine herzlichen Applaus für unsere 2 auserwählten: Joel Green und mein Bruder, Shane Villa. Applaus bitte!“

Das Geklatsche verstummte augenblicklich. Ich sah schon regelrecht wie sich die Blicke auf mich stürzten. Ich sah auch wie Shane sich weigerte vorzutreten, da er im Gegensatz zu mir schon oben stand. Er hatte sich um die Technik gekümmert und war mit den anderen Lehrern hinten gestanden und hatte ebenfalls geklatscht. Anstandsmäßig.

„Hallo? Applaus bitte. Und die Beiden auf die Bühne bzw. derjenige der noch nicht auf der Bühne steht – sofort. “, erklang noch einmal Susis eindringliche Stimme durchs Mikro. Die Menge klatschte zaghaft, nicht so freudevoll und energiegeladen wie vorher.

Die Dunkelhaarige hatte ihren Bruder nach vorne gezogen und hatte ihm ein Mikro in die Hand gedrückt. Ihm war das ganze genau so unangenehm wie mir – das sah ich deutlich. Er wollte nichts singen und sagte das auch.

Klar, er hatte mir mal gesagt, dass er sich vor so vielen Leuten nicht wohl fühlte – erst recht nicht wenn er singen sollte. Das war sein kleines Geheimnis. Mittlerweile zog Nate mich schon nach oben – ich hatte wieder Mal auf Autopilot geschalten. Mein Herz klopfte wie noch nie in meinem Leben. Ich hatte das Gefühl das ich jeden Moment sterben würde. Alle Blicke klebten an mir, als ich rauf stieg und schlussendlich vor Susi stand. Sie drückte auch mir ein Mikro in die Hand, während ein paar der anderen Lehrer einen Stuhl und einen Mikroständer aufbauten sowie eine Gitarre griffbereit stellten. Ja, ich wollte mit Shane reden, aber nicht so. Er diskutierte derweil immer noch mit Susi, während ich gar nichts sagen konnte. Ich wollte auch nicht singen, aber ich brachte kein Wort heraus.

Die taffe Brünette übernahm derweil wieder das Wort, als sie ihrem Bruder das Mikro aus der Hand nahm und ihn somit auch gleichzeitig wieder zum Schweigen brachte. Es war auch unmissverständlich, er sollte sich nicht beschweren, sonder einfach machen.

„Also wer von euch beiden fängt an?“, fragte sie sogleich.

Weder Shane noch ich rührten uns. Ich sah einfach nur auf den Boden – der war gerade Mega interessant. Ich wollte auch gar nichts sehen. Wieso konnte sich dieser Boden nicht auftun und mich verschlucken? Es passierte eine ganze Weile nämlich nichts. Bis jetzt zumindest, denn nun erklang wieder Susis Stimme seltsam verzerrt durchs Mikro.

„Na gut, dann suche ich mir einen aus.“

Ich sah auf und nahm wahr wie Shane sie mit einem mörderischen Blick musterte. Und seine Mimik war alles andere als begeistert – ich hätte ihm etwas mehr Selbstbeherrschung zu getraut, doch er hatte wohl beschlossen, dass er nicht länger mit spielen wollte.

„Mir reicht’s. Was soll der Mist überhaupt? Ich mach das nicht.“, und mit diesen Worten lief er Richtung Abgang und wollte die Bühne verlassen. Susi lief ihm nach, hielt ihn auf. Und ich war wie gebannt – kannte dieses Szenario nur zu gut. Ich hier stehend, während er weg lief und alles was ich noch zu Gesicht bekam von ihm, war sein Rücken. Und da war wieder dieses Gefühl.

Ich weiß nicht was mich dabei jetzt ritt, aber während die Beiden wieder diskutierten, setzte ich mich auf den Stuhl, der mitten auf der Bühne stand, nahm diese Gitarre hervor, die man dafür aufgestellt hatte, stimmte sie ein und fing einfach an zu spielen.

Ich wollte nicht das Shane ging und mir wurde klar, dass das wirklich die Einzige und letze Möglichkeit sein würde, um ihm mitzuteilen, wie ich wirklich dachte. Ihm alles zu erklären. Ich wurde vom Adrenalin und meinem Willen zusätzlich gepuscht. Ich wollte nicht aufgeben – nicht so. Nicht noch einmal. Ich würde diesen verdammten Song vortragen, an dem ich heute Nachmittag geschrieben hatte. Immerhin war dieser ja auch für Shane. Ich hatte genug Zeit gehabt ihn zu üben und jetzt war der perfekte Zeitpunkt ihn vorzutragen. Wahrscheinlich der Einzige den ich jemals bekommen würde.

Ich hörte wie die Stimmen und das Getuschel langsam verstummten und sah wie mich Alice, Nevio, Shana, Adi und alle anderen überrascht ansahen – für einen kurzen Augenblick war da keine Abscheu. Für diesen kurzen Augenblick war mein Mut wieder zurück, mein Ego, mein Selbstbewusstsein. Auch Shane und Susis streitenden Stimmen verstummten hinter mir. Das gab mir den Anreiz los zu legen. Und als ich die ersten Zeilen sang, fühlte sich mein ganzer Körper wie elektrisch geladen an – pures Adrenalin. Ich spürte den Beat, spürte wie mir die Leute zu hörten.
 

“I’m not right and I’m not fine, I wanna be rain, that tastes like wine.

I wanna be good, I wanna be great, I wanna be everything but I don’t want to be your mistake.

Send me inside your mind.

I wanna know what you’re thinking – let me into your view.

I wanna know how you see this thing – this time, I’ll promise I’ll try to be the one you always thought you knew. It’s true – it’s still me.”

Ich spielte weiter, spürte wie sich langsam in mir alles Beruhigte. Und als ich schon mit der 2ten Zeile weiter machen wollte, ertönte plötzlich Shanes Stimme zu meinem Takt. Offensichtlich war ihm nicht entgangen, dass der Song für ihn war. Es war ja eigentlich auch offensichtlich. Aber dass er tatsächlich einsteigen würde, hätte ich nicht gedacht. Es überraschte mich, aber ich sah ihn nicht an. Kein einziges Mal. Aber ich konnte den Schmerz über die Worte, die er sang, kaum verbergen – man konnte meine Gefühlsregung bestimmt auch in meinem Gesicht war nehmen. Scheiße.
 

“With every appearance by you, blinding my eyes, I can hardly remember the last time I felt like I do. You were something like my hero but you’re lying felt so real to me.

I thought your heart beat was fast just like mine – but this situation shows another truth

I have to admit it,

your love was just a lie (Lie! Lie! Lie!)

It was nothing but a lie (Lie! Lie! Lie!)

You’re nothing but a lie!”

Shane bewies mit diesem Auftritt wieder einmal eines: dass er ein Genie war. Er fügte sich perfekt in meinen Takt ein, so als gehörte sein Part zu meinem Song als wäre es ein Duett. Mittlerweile standen wir uns sogar gegenüber. Doch anstatt ins Publikum zu blicken sah er nur mich an. Ich sah jedoch weg, hatte nicht den Mut, in seine Augen zu sehen. Ich wollte nicht sehen was er über mich, über diesen Song, dachte. Ich wusste nicht mal was ich davon halten soll. Doch ich fing mit dem Chorus an, übersprang die 2te Zeile, da ich diesen als passender empfand. Ich wollte ihm wenigstens hier ebenbürtig sein.

“I'm feeling real sorry. This is becoming a problem.

I'm hurting, it's unfair but somehow your words are haunting me,

You're under my skin, You're breaking in (you're breaking),

You're under my skin, You're breaking in (you're breaking),

You know that I hate this song, because it was written for you.”


 

Es war die Wahrheit. Ich hasste diesen Song, weil er für ihn geschrieben wurde. Für all das Chaos das er in mir anrichtete. Für alles was passiert war und das die Zeit mit ihm wohl gleichzeitig auch eine der schönsten war, die ich jemals mit jemanden geteilt hatte. Shane hingegen schüttelte nur den Kopf über diese Worte und fuhr fort. Ich hatte schon erwartet, dass er jetzt wieder einsetzen würde.
 

“I'm trying real hard not to shake. I'm biting my tongue,

but with you by my side I felt alive again and with every breathe that I took,

I felt like I've won. You were my key to survival.

You were changing me. You showed me how to live.

So I wanted you to stay, but now I don’t want to see your face again – Liar!”

Autsch, das schmerzte wirklich. Die Worte, die er mir schon einmal unter die Nase gerieben hatte. Es machte mir noch einmal bewusst wie sehr ich ihn überhaupt verletzt hatte. Auch wenn es jetzt nicht danach aussah. Darin war er wirklich gut – er wirkte wie immer. Ein wenig anteilslos - distanziert. Aber trotzdem erkannte ich die dunklen Schatten unter seinen sonst so glanzvollen Iriden, die jetzt irgendwie stumpf wirkten. Trotzdem konnte das nicht das Ende sein. Mittlerweile nahm ich auch die ganzen Leute um uns nicht mehr wahr. Es war mir auch egal, was sie darüber dachten. Ich wollte einfach nur Shane zurück – ich wollte nur ihn überzeugen, dass alles, außer meiner Oberfläche, wahr war.
 

“Speak with your tongue died, I know that you're tired but I just want to know,

Do you think about me? Do you think about us and what we could be?

Than I do, but I can just repeat myself. I don’t want to be your mistake.”

Und dieses Mal sah ich ihn an, während ich diese Worte sang. Ich wollte, dass er die Wahrheit dahinter erkannte. Sein Blick, seine perfekte Maske verschwand auch für einen kurzen Augenblick. Ich sah Bitterkeit und unendliche Traurigkeit. Doch auch er sang weiter – sang das was ihm auf der Seele lastete hinaus. Das erste Mal in seinem Leben wahrscheinlich – auch wenn er die Anderen wahrscheinlich genau so wenig wahr nahm wie ich. Noch weniger wie ich, da er eigentlich nur mich ansah, was ich jedoch nur bemerkte, wenn ich kurz mal meinen Blick hob.
 

“I can't bite my tongue forever, while you try to play it cool.

You can hide behind your stories but don't take me for a fool.

You can look into my eyes and pretend all you want but I know your love is just a lie (Lie! Lie!)

It's nothing but a lie (Lie! Lie!)

So don't try to say you're sorry or try to make it right.

Don't waste your breath because it’s too late.

Your love was just a lie (Lie! Lie! Lie!)

It was nothing but a lie (Lie! Lie! Lie!)

You’re nothing but a lie!”

Ich kam nicht rund um festzustellen, wie sehr ich seinen Gesang doch liebte. Selbst jetzt noch, in dieser Situation. Es war wie beim ersten Mal als ich ihn hörte – es ging mir unter die Haut. Schon immer und ich hätte ihm den ganzen Tag zuhören können. Und ich beneidete in diesem Moment Alice, Nate, Nevio, Adi und alle anderen, die uns einfach nur zusehen konnten – anteilslos. Dafür, dass dieser Song für sie alle nur ein schöner Song bleiben würde. Aber er war nicht mehr. Er hatte für sie keine Bedeutung. Vielleicht gefiel er ihnen auch gar nicht. Doch für mich war er meine letzte Hoffnung. Die Hoffnung die langsam erstickt wurde. Shanes Worte, diese ganzen Worte, stachen erbarmungslos zu wie ein Dolch. Das schlimmste? Das er mir zeitweise in die Augen sah und ich erkannte, dass er es auch so meinte. Doch der Song endete bald. Deshalb improvisierte ich in meinem Abschluss etwas – ersetze eine Zeile durch eine Andere.
 

„Now I know what you’re thinking and It hurts – yeah it hurts so much.

I’m really sorry, yeah so sorry for lying to you about one thing but I’ll have to say and it’s the truth: nothing I said or have done was meant to be a lie to you.”

Eigentlich war es hoffnungslos. Das wusste ich. Trotzdem war es meine letzte Chance, die jedoch kläglich zerplatzte in einem einfachen ‚puff‘. Ich spielte die Abschluss tackte. Shane sah mich derweil mit einem unergründlichen Blick an, bevor auch er sein letztes Wort sang – sein letztes Statement.
 

„Shut up, Liar. I don’t want to hear it anymore. It’s over. Face it: Game Over.

I don’t want to see your face again.”

Dieser Part war schon mehr ein Sprachgesang als richtiges singen. Und damit wandte er sich auch von mir ab. Damit war es vorbei. Ich spielte noch die letzen Takte zu Ende, bevor die Melodie komplett verstummte. Alles schwieg. Ich war wie betäubt in diesem Moment, fühlte mich wie in einer Seifenblase, die komplett leer war.

Die Blicke folgten Shane, der mittlerweile sein Mikro hingelegt hatte und die Bühne verließ – mit einer Maske aus Stahl. Das war‘s. Er hatte es klar und deutlich ausgedrückt und er ging – das sagte wohl alles und war der krönende Abschluss. Ich sah ihm nur nach.

Und da quälte mich plötzlich nur ein Gedanke: Das konnte es nicht gewesen sein. Ich wollte nicht aufgeben – nicht ohne noch ein einziges Mal mit ihm gesprochen zu haben. Richtig gesprochen zu haben. Auch wenn ich ihn dazu zwingen musste. So schnell dieser Gedanke aufgetaucht war, so schnell erreichte mein Vorhaben auch meine Beine. Ich sprang sofort auf und rannte an Susi vorbei, von der Bühne runter, an Nate vorbei, nur auf Shanes Rücken fixiert – wieder Mal. Und dieses Mal würde er nicht so einfach davon kommen. Ich wollte reden.

Das letze was ich noch von dem Event war nahm? Susis Stimme, die etwas atemlos durch das Mikro sagte: „Das war doch mal was.“

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OMG, ich bin tod ... total tot & ich mag das Kapitel nicht wirklich xD Das kommt dabei raus, wenn man sich zum schreiben zwingt, aba gut es erfüllt seinen Zweck - so halbwegs zumindest ... Ich glaub ich hab ein bisschen zu viel Musical Filme geguckt in letzter Zeit - entschuldigt mich bitte...^^
 

So~ und jetzt verabschiede ich mich in mein Bett - bin gerade Heim gekommen (8:28) vom Weg gehen und ja - bin gegangen als es hell war und komm zurück wenn es hell ist. Toll! xD Na ja, jedenfalls wollte ich das Kapitel gestern schon online stellen, habs aber nicht mehr geschafft, also dachte ich, ich mache es jetzt noch, den für den Rest des Tages schlafe ich und somit wäre gar nix mehr draus geworden... xD
 

Öhm ja ... der Song der Beiden ist übrigens zusammen gemixt aus diversen Songs xD Was halt so gepasst hat ... ja ja bin ja klug ;D Dürft auch gerne raten, was so alles dabei war ... auch wenn ich selbst glaub nicht mehr alles weiß xDDD
 

Jaaaa~ have fun & noch vielen lieben dank an meine fleißigen Kommischreiber <3 Love you, Leutz ;D & jetzt bye bye bis zum nächsten Mal!

Kapitel 15 – Wenn ein Herz bricht …

Ich rannte als würde es um mein Leben gehen, dabei war dem gar nicht so. Nicht wirklich. Ich hatte nur das Gefühl, dass es um mein Leben ging, aber eigentlich … war es ein hoffnungsloses Unterfangen. Eine total verfahrene Situation, aus der mich nur noch ein Wunder retten konnte. Und ich versuchte gerade, allen Ernstes dieses Wunder selbst zu fabrizieren.

„Shane …“, rief ich vor mich hin. Ich war mir nicht mal sicher ob er es überhaupt hörte. Uns trennten nur noch ein paar Meter. Doch er verlangsamte seinen Schritt kein bisschen.

„Verdammt! Jetzt bleib doch mal stehen. Ich will mit dir reden, dir alles erklären!“, rief ich nochmal, jedoch mit einem etwas aggressiven Unterton. Mittlerweile erkannte ich auch wo er hin wollte – zu unserer Hütte, besser gesagt zu seiner. Oder ich vermutete es zumindest, da die Richtung passen würde.

Und ich hatte Recht. Ein paar Sekunden oder eigentlich etliche Minuten später standen wir schon vor der Tür, die ich schon 1000-mal gesehen hatte in den letzten Wochen. Er blieb zu meiner Verwunderung auch kurz stehen – endlich – und sah mich abschätzig an.

„Erklären? Was gibt es da noch zu klären? Es ist doch alles klar.“, erwiderte mein Gegenüber nur, aber an die Tür gewandt. Er wartete gar nicht auf eine Antwort, sondern ging rein und schlug das besagte Rechteck hinter sich zu. Ich hätte ihm jetzt gerne eine rein geboxt, da mich dieses arrogante Gehabe extrem zur Weißglut trieb. Auch wenn ich wusste, dass das nur sein Schutzschild war, um seine Würde zu behalten. Um seinen Stolz nicht zu verlieren und um mit allem fertig zu werden. Ja, als Beobachter ließ es sich doch leichter leben. Aber es fühlte sich an, als würde ich einem Fremden nach laufen. Ich reagierte jedoch etwas schneller als der Schwarzhaarige und so schaffte ich es noch das Zimmer zu betreten, bevor er die Tür abschließen konnte. Sein Blick war … nicht gerade begeistert.

„Was machst du hier? Geh! Das ist mein Zimmer!“, klatsche er mir sofort als Warnung entgegen.

„Es ist auch meins.“

„Nicht mehr.“, erinnerte er mich giftig daran.

„Wieso rennst du mir überhaupt nach wie ein räudiger Hund? Hat dir das vorher nicht gereicht? Hab ich mich nicht klar genug ausgedrückt?“, fügt er noch hinzu und kam mir nun auch entgegen – sah mich sogar an. Ich schluckte schwer – hatte nicht damit gerechnet. Er hatte eindeutig mehr Mumm zwischen den Knochen. Ich hätte das nicht gekonnt. Aber er sah mir einfach kalt ins Gesicht – so als wäre es ihm egal.

Für mich war es mehr als schwer, den Augenkontakt bei zu behalten – es machte mich nervös und noch hoffnungsloser, weil sein Blick so kalt war. Eiskalt. Da war kein Funkeln mehr, keine Wärme und das sonst so klare Grün zwang mich leicht in die Knie. Im ersten Moment, als er so auf mich zu kam, dachte ich schon er wollte mir einen Schlag verpassen, aber er ließ es. Ich schämte mich im nächsten Moment auch schon für diesen Gedanken, hätte es doch besser wissen müssen. Das wäre nicht seine Art gewesen.

„Ich wollte dir nur sagen, dass das alles ehrlich gemeint war. Ich hab dir nichts vorgespielt. Das bin ich. Das ist Joelle.“, versuchte ich mein Eindringen zu erklären, irgendwie zumindest, ohne auf seine vorherigen Worte ein zu gehen. Ich sah daraufhin etwas aufblitzten in seinen Augen, aber ehe ich mehr erahnen konnte, drehte er sich auch schon von mir weg. Ich dachte eigentlich schon, dass ihm das ganze wirklich egal war und ihn die ganze Situation so was von kalt ließ, da er einfach nicht reagierte … aber da fiel mir erst auf, dass er seine Hand zur Faust geballt hatte. Und im nächsten Moment schwirrten mir schon wieder etliche Fragezeichen durch den Kopf, die alle nach irgendwelchen Zeichen suchten, dass er mich doch noch nicht aufgegeben hatte – oder zumindest darauf hofften. Ich sah immer noch auf seine geballte Faust, fragte mich gleichzeitig, für was sie stand, für was er sie brauchte … Um seine Selbstbeherrschung zu bewahren? Für was auch? Um seine Wut zu unterdrücken, weil er mir so sehr eine reinhauen wollte, dass er sich kaum mehr halten konnte? Keine Ahnung. Oder vielleicht weil er nicht mehr konnte? Weil ihn das Ganze nicht so kalt ließ, wie er mir weiß machen wollte? Konnte es doch gar nicht, oder? Sonst hätte er nicht diesen Song mit mir gesungen …

Er musste kurz vor einem Zusammenbruch stehen, da er schon anfing zu zittern. Was für eine Art von Zusammenbrach war mir aber ein Rätsel. Ob das jetzt bedeutete, dass er diesen ganzen Schutzmechanismus, dieses Anteilslose, nicht mehr aufrecht halten konnte, und diese unsichtbaren Mauern einbrachen? Keine Ahnung. Ich hoffte es jedoch. Ich wollte nur, dass er mir endlich zuhörte. Und zwar er selbst.

„Ich …“, versuchte ich es weiter, doch er unterbrach mich gleich.

„Ich. Ich. Ich. Hörst du dir überhaupt einmal zu?“, sagte er plötzlich wütend. Ich zuckte unweigerlich zusammen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er nochmal etwas sagen würde und ich hatte seine Stimme noch nie so wahr genommen wie in diesem Moment.

„Wieso willst du es nicht kapieren. Hau endlich ab! Lass mich in Frieden. Du hast bekommen was du wolltest.“, fügte er noch hinzu und sah mich dabei wieder so unergründlich an wie beim Song vorher, dass mir schon wieder vorkam, als wäre es eine halbe Ewigkeit her. Und da fiel es mir auf. Seine Augen verrieten ihn. Ich sah wie schwer es ihm fiel, diese Maske aufrecht zu erhalten. Dass er am liebsten einfach weg gerannt wäre und mich mit Gewalt rausgeworfen hätte. Dabei war es so lächerlich. Ich kannte sein wahres Ich. Ich wusste wie er war und das war gerade wieder er. Dieser verdammte scheiß Schutzpanzer mit dem man nicht reden konnte. Dieser scheiß, großkotzige Kerl der sich für was Besseres hielt.

„Ich will dir doch nur …-“, versuchte ich es noch einmal, doch er ließ es wieder nicht zu.

„Was? Alles erklären? Um etwas bitten? Helfen? Danke, du hast schon genug getan. Wenn du mir etwas Gutes tun willst, dann hau ab. Damit wär mir am meisten geholfen. Was erwartest du auch nach dem Ganzen von mir? Was willst du überhaupt noch hier? Geh.“

Die letzen Worte klangen mehr wie der Shane den ich kannte, sie klangen sanfter. Verzweifelter. Bittender. Die Maske bröckelte. Immer weiter.

Seine Worte hingegen trieben mich in die Enge. Er hatte recht, was wollte ich ihm schon erklären? Ich war wie immer egoistisch – dachte nur an mich. Ich wollte nur mein Gewissen beruhigen. Wollte mir selbst sagen können, dass ich es wenigstens versucht hatte. Ich wollte mir Platz verschaffen, wollte endlich Klarheit und wollte auch nicht gehen ohne ihm gesagt zu haben, was er mir eigentlich bedeutete. Also sagte ich das was am einfachsten war, die Wahrheit selbst. Es brauchte keine Ausflüchte mehr, keine halbherzigen Erklärungen – ich hätte auch keine auf Lager gehabt.

„Du fragst ernsthaft warum ich noch hier bin? Warum ich dir nach renne?“, jetzt wurde ich langsam sauer. Sauer über seine Reaktion. Sauer über seine blöden Fragen. Sauer über seinen Tonfall. Sauer über seine ganze Art, die ich sonst eigentlich so liebte. Und nun kam ICH ihm immer näher, während er begann immer wieder einen Schritt zurück zu weichen – immer mehr der Wand entgegen, die sich unmittelbar am anderen Ende dieses Raumes befand. Ich spürte seine Unsicherheit, wie unangenehm ihm der Wandel des Gesprächs war. Ich hatte trotzdem kein Erbarmen. Nicht jetzt.

„Das fragst du?“, fuhr ich fort. „Man! Vielleicht weil ich dich mag? Vielleicht weil du mir wichtig bist? Weil ich dich nicht verlieren will? Weil ich will, das du mir glaubst, dass du mir eine 2te Chance gibst?“, sagte ich, während er nun wirklich mit der Wand hinter ihm Bekanntschaft machte.

Meine Wut war Verzweiflung gewichen. Seine Maske brach – immer mehr. Jetzt hatte ich ihn eingeengt. Zurück gedrängt. Ich war kurz davor durch zu brechen. Ich sah es. Ich spürte es. Shane hingegen wusste nicht mehr wo hin, wusste keine Fluchtwege mehr. Jetzt konnte er nicht mehr weg laufen – hier nicht.

„Lügner.“, brachte er nur hervor. Es klang … mühevoll. Als hätte es ihn viel Anstrengung gekostet es zu sagen. Ich sah ihn ungläubig an. War das sein Ernst? War das alles, was er dazu zu sagen hatte?

Verdammte Scheiße! Wieso machst du es einem auch immer so schwer? Als erstes lässt du nicht locker, versuchst alles um in meiner Nähe zu sein und jedes Mal wenn ich dich abgeblockt habe, hast du wieder angefangen und jetzt? Ich versuch dir das Ganze zu erklären. Und du versteckst dich hinter deinem scheiß Schutzwahl von Arroganz! Dabei weiß ich wie du wirklich bist, Shane. Das ist so lächerlich.“, brach es aus mir hervor. Shane sah mich immer noch so an. Immer noch so unergründlich, doch es wandelte sich im nächsten Moment und wich wieder dieser verfluchten Arroganz.

„Nenn mir nur einen Grund, warum ich dir noch Glauben sollte?“, meinte er abschätzig – schaute mich dabei aber nicht an. Es fiel ihm immer schwerer, aber das war mir auch kein Trost. Er machte mich total fertig. Ich ließ ein gekränkter Seufzer erklingen, bevor ich wohl mit dem schmerzhaftesten fortfuhr.

„Ganz einfach: Weil ich mich Hals über Kopf in dich verliebt habe, du verdammter Idiot!“

Jetzt sah auch ich weg. Ziel fast erreicht für diesen Tag. Untergang besiegelt – wäre somit abgehackt. Aber ich konnte sogar aus dem Augenwinkel erkenne, wie seine ganze Maske nun wirklich zusammen brach. Auch wenn er versuchte, sie zu wahren. Erfolglos. Und das gab mir ein klein wenig Hoffnung. Ich versuchte es ein letztes Mal, war der Verzweiflung so nahe wie nie, da er einfach nicht mehr reagierte. Er starrte nur gerade aus auf irgendeinen Punkt hinter mir, während seine Pupillen sich leicht geweitet hatten.

„Hast du gehört? Ich liebe dich, du Blödmann.“, flüsterte ich schon fast. Aber ich glaubte, er hatte es durch aus gehört. Es war hier drinnen auch so leise, das man wohl auch eine Nadel gehört hätte, wenn sie runtergefallen wäre.

Ich wollte diese 3 Worte eigentlich nicht ins Spiel bringen. Sie schienen zu groß dafür, weil sie so endgültig waren. Und ich wollte sie eigentlich auch nie laut aussprechen. Fürs erste jedenfalls. Es stimmte zwar, war die pure Wahrheit und wann wäre die Wahrheit angebrachter gewesen, als jetzt? Aber auf der anderen Seite … Was hatte es auch für einen Sinn? Aber ich hatte das Gefühl, dass es Shane vielleicht aus der Reserve locken würde – irgendwie.

Deshalb hatte ich diese zerstörerischen Worte auch benutzt. Und ich hatte Recht. Shane konnte nicht mehr – und ich sah dabei zu. Ich sah wie er langsam zerbrach, seine Maske, sein 2tes ich, so wie damals. Ich sah wie ihm langsam einzelne Tränen übers Gesicht rollten. Aber wirklich nur vereinzelnd – sie hinterließen kaum eine Spur, sodass man fast glauben konnte, dass sie nur in meiner Einbildung existierten.

Ich biss mir kurz auf die Unterlippe, hatte sogleich ein schlechtes Gewissen. Ich hätte es nicht sagen sollen. Das war wohl doch ein wenig zu viel. Ich wollte ihn nicht so überfordern …

Und dann reagierte er plötzlich, obwohl vorher gar nichts gekommen war. Seine Hände drückten sich gegen meine Schultern und brachten mich mit wenig Kraftaufwand dazu einige Schritte rückwärts zu gehen. Er brachte somit einen gehörigen Abstand zwischen uns und lief wenig später an mir vorbei. Und das Einzige was er zu sagen hatte war:

„Du hast sie doch nicht mehr alle!“, bevor er mit brüchiger Stimme unsere Tür erreichte und ging. Ich blieb hier zurück, blieb stehen.

Das tat mehr weh als alles andere was er hätte sagen können. Denn im Endeffekt hatte er gar nichts gesagt. Das war schlimmer, als wenn er gesagt hätte, dass er mich abstoßend oder sogar hassen würde …

Ich spürte wie auch mein Herz weiter brach und ich glaubte die Grenze des Möglichen langsam erreicht zu haben. Ich wollte ihm noch nach, doch ich konnte nicht mehr.

Sobald er gegangen war, drehte ich mich um und ließ mich an der Wand runter rutschen an der vor wenigen Minuten noch Shane gelehnt hatte. Ich bildete mir fast ein seinen Geruch, zusammen mit seinem Parfüm zu riechen. One Million. Ich kannte es. Und der Geruch machte alles nur noch schlimmer. Auch wenn es vielleicht nur Einbildung war – Sehnsucht nach mehr. Selbst seine Hände spürte ich immer noch auf meinen Schultern und wie sie mich von ihm gestoßen hatten – als hätte sich diese Bewegung eingebrannt, als hätte ich seine Berührung übermenschlich deutlich wahr genommen. Die Welt war echt grausam – das man sich an solche Kleinigkeiten so genau erinnern konnte …

Ich hatte es wieder ein Mal gehörig versaut und war kläglich untergegangen. Was zurück blieb? Ein Gefühl der inneren Leere, das durch das Gefühl versagt zu haben, überschattet wurde. Zusammen mit diesem unerträglichen Schmerz.
 

Ich wartete. Ich wartete die ganze verdammte Nacht, doch Shane kam nicht zurück. Ich dachte, er würde wieder kommen, wenn er sich beruhig hatte. Doch da hatte ich mich getäuscht. Wo sollte er auch die ganze Nacht hin? Zu Nevio vielleicht? Ich würde immerhin auch zu meinem besten Freund fliehen – hätte es auch jetzt vorgehabt, wenn ich den Blonden für heute ausnahmsweise nicht mehr sehen wollte. Er hatte schon genug getan – versaut um genau zu sein.

Doch der Schwarzhaarige, auf den ich so lange wartete und herbei sehnte, kam nicht mehr. Ich versuchte ihn anzurufen, doch er nahm nie ab. Immer kam diese mechanische Frauenstimme, die mir auf ihre beschissen freundliche Art sagte, dass er im Moment nicht erreichbar war. Ich schrieb ihm tausende SMS. Ich versuchte es fast den ganzen Abend. Irgendwann war das Handy sogar ganz ausgeschalten und meine Verzweiflung und Sorge erreichte ihren Höhepunkt. Wo war der Idiot? Er hätte wenigstens sagen können, dass es ihm gut geht – zumindest körperlich.

Nach 3 Stunden fragte ich etliche Leute, ob sie ihn gesehen hatten – sogar Nevio, der mir einen komischen Blick zu warf und meine Vermutung von eben kläglich platzten ließ, aber glücklicherweise sagte der Halbitaliener nichts mehr zu der ganzen Situation. Er fragte sogar wie es mir ging. Echt nett, aber ich hatte keine Lust zu reden. Ich wollte nur Shane finden, alles andere war erst mal egal. Als letztes versuchte ich es bei Susi, doch auch sie schüttelte nur den Kopf.

Als ich wieder zurück kam, in Hütte 66, hoffte ich schon ihn vor zu finden, doch ich wurde bitter enttäuscht. Sein Bett war leer. Er war nicht da. Ich ließ mich neben meine Tasche fallen, die ich jetzt doch noch bei Nate abgeholt hatte (mein blonder Freund war nicht da gewesen, aber Justin was fast noch schlimmer. Der hatte mich angesehen als wäre ich ein Monster oder als hätte ich eine tödliche Krankheit …) und ließ die Verzweiflung überhand gewinnen.

Das hatte ich super hinbekommen. Ganz toll! Ich war für so komplizierte, übermäßig zwischenmenschliche Sachen wie Liebe einfach nicht geschaffen. Ich wusste schon, warum ich immer darauf verzichtet hatte und nie scharf darauf war. Nicht, dass ich darüber jemals ernsthaft nach gedacht hätte. Es hatte mich nie interessiert, war mir egal, aber ich hatte mich schon oft gefragt, was in meinen ganzen Beziehungen falsch gelaufen war. Jetzt wusste ich es: Ich war nie richtig verliebt. Denn es hatte sich nie auch nur ansatzweise so angefühlt wie jetzt. Nie, wenn jemand mit mir Schluss gemacht hatte oder ich. Ich hatte lediglich bedauert, dass ich mir wohl jemand anderen suchen musste, um Sex zu haben. Im Vordergrund stand eigentlich immer die körperliche Befriedigung und das Bedürfnis jemanden an meiner Seite zu haben – oberflächlich gesehen. Tja, fail. Das hatte ich jetzt eindeutig vermasselt.
 

Ich blieb noch bis 2 Uhr morgens wach und überlegte fieberhaft wo er sein konnte. Danach musste ich irgendwann eingeschlafen sein vor Müdigkeit. Aber es war auch egal … Shane kam die ganze Nacht eh nicht. Auf was hätte ich also gewartet? Und ab Morgen war ich so oder so weg. Ich würde ihn also nicht mehr wiedersehen … vielleicht war es auch besser so. Auch wenn es schmerzte und ich das Gefühl hatte, das mein Herz nun vor mir auf dem Boden lag, während ich in meinen Träumen von ihm verfolgt wurde. Schlimmer konnte es echt nicht mehr werden … den Fall hatte ich hinter mir – von ganz Oben nach ganz Unten. Dabei hatte ich nicht mal erkannt, dass ich nahe Wolke 7 war. Jetzt hieß es einfach nur noch durch halten und bluten. Irgendwann musste das ja auch vorbei sein … irgendwann.
 

Während ich also vor Sorge um ihn halb um kam und nun in einen ruhelosen Schlaf gefallen war, trieb sich Shane die ganze Nacht draußen herum. Er hatte sich anfangs in den Wald verzogen, an den See. Doch dort wurde es ihm irgendwann zu eng – zu viel erinnerte an mich und unsere Zeit hier. Anschließend streunte er also von hier nach dort, gequält durch meine Worte und seine Gedanken.

Ich liebe dich.

Doch er schien sich im Kreis zu drehen. Seine Gedanken umzingelten ihn und erwarteten Lösungen. Erwarteten Erkenntnisse. Also setzte er sich gegen 5 Uhr morgens, fertig von all dem, auf den Treppenabsatz zum Sekretariat. Warum wusste er selbst nicht – es war wohl reine Willkür. Umso überraschter war er, als plötzlich seine Schwester raus kam und ihm eine Decke über die Schulter legte sowie ein Getränk in die Hand drückte. Sie selbst hatte eine Morgenjacke an und setzte sich zu ihm, aber erst nach dem sie gefragt hatte.

„Darf ich?“

Er sah sie an und zuckte mit den Schultern und machte ihr zugleich auch Platz. Eigentlich wäre das Antwort genug gewesen, doch er sagte trotzdem:

„Warum nicht? Du lässt es dir eh nicht verbieten.“

„Da hast du Recht.“, lächelte sie. Es herrschte Schweigen zwischen den Geschwistern bis Shane sich durch rang doch noch was zu sagen.

„Danke für die Decke und den Kaffee. Den kann ich echt gebrauchen.“

„Kein Problem.“, lächelte sie immer noch. „Dafür sind Schwestern da.“

Er seufzte angestrengt aus.

„Möchtest du reden?“, fragte sie vorsichtig. Shane ignorierte die Frage, stellte aber eine Gegenfrage.

„Warum bist du so früh schon wach? Und vor allem, warum bist du hier?“, fragt er.

„War ja klar. Das könnte ich dich übrigens auch fragen. Du erkältest dich noch.“, antwortete sie, bevor sie seufzte und dann fortfuhr.

„Ich konnte nicht mehr schlafen – mir ging zu viel durch den Kopf.“

„Dito.“, antwortet Shane. Seine Schwester musterte ihn mit einem skeptischen Seitenblick. Er sah furchtbar aus, dass musste sie durch aus zu geben. Ungewohnt. So hatte sie ihn schon lange nicht mehr gesehen – vor 2 Jahren vielleicht das letzte Mal?

„Ja, nur mit dem Unterschied das du gar nicht geschlafen hast, mein Lieber. Du warst ja nicht einmal in deiner Unterkunft.“

Er sah sie überrascht an.

„Woher-?“, doch weiter kam er gar nicht.

„Joel hat es mir gesagt. Er hat gegen 1 Uhr bei mir geklopft und gefragt, ob ich dich gesehen habe. Ich dachte mir schon, dass du nicht mehr zurück kommen würdest. Dafür kenne ich dich zu gut. Als Ryan gestorben ist, bist du auch die halben Nächte durch Berlin gefahren – auf der Suche nach was auch immer.“, erklärte sie ein wenig bitter.

„Ach so.“

„Er hat sich echt Sorgen um dich gemacht. Du hättest ihn sehen sollen. Ich habe versucht ihm zu erklären, dass das bei dir normal sei. Aber ich glaube er hat mir gar nicht zugehört. Du hättest ihm wenigstens eine SMS schreiben können.“

Der Schwarzhaarige sah beschämt weg.

„Wieso auch? Ihm habe ich das Ganze doch zu verdanken.“, erwiderte er beleidigt.

„Meinst du nicht, dass du ihm damit ein wenig Unrecht tust?“

„Nein.“, erwiderte Shane schroff.

„Klar, das mit dem Mädchenkram war eine echt blöde Idee, aber er wollte dir echt nichts Böses. Er hatte das doch auch nicht geplant.“

„Was?“, erwiderte Shane leicht säuerlich. „Das ich mich in ihn, sie, wie auch immer verliebe?“

„Ja zum Beispiel. Aber vor allem nicht das er sich in dich verliebt.“

Der Schwarzhaarige erwiderte nichts drauf und seine Schwester sah ihn überrascht an.

„Wusstest du das etwas? Also, ich meine das er sich in dich verknallt hat?“, fragte sie.

„Nein.“, erwiderte Shane. Korrigierte sich aber sogleich.

„Ja. Er ist mir gefolgt nach deiner scheiß Idee beim „Half-time-slam“. Danke dafür! Ich kam also nicht aus mit ihm zu reden. Und dabei hat er mir so nebenbei entgegen geklatscht, dass er mich liebt.“, fügte er verzweifelt und mit den Händen vorm Gesicht hinzu. Die Dunkelhaarige zog nun eine Augenbraue hoch.

„Alle Achtung, das erfordert Mut.“

„Oder Dummheit.“

„Nein, Mut. Sich vor seine Liebe hinzustellen und das zu sagen … Das sind wohl einige der 3 schwersten Worte der Welt. Vor allem wenn es um dich geht. Ich weiß wie kompliziert du manchmal sein kannst. Du hast ein gutes Händchen dafür einfache Sachen kompliziert zu machen.“

„Es ist kompliziert – mehr als das. Das ist ein Unterschied.“

„Ach ja? Vielleicht auch nur weil du es so kompliziert machst. Das ist es doch eigentlich, oder?“

Der Schwarzhaarige erwiderte nichts mehr darauf, seine Schwester war aber noch lange nicht fertig. „Gefühle kann man nicht kontrollieren. Das müsstest du mittlerweile auch gelernt haben, auch wenn ich weiß, dass du von zu Hause nichts anderes gewohnt bist. Das kann man sich alles nicht aus suchen. Warum bist du also so sauer? Er war doch sehr fair zu dir, meines Erachtens nach.“

„FAIR!? Er hat mir 4 Wochen lang vorgespielt ein Mädchen zu sein und … und er hat … er ist … ich meine … Gott! Dieser scheiß Song, diese scheiß Liebeserklärung, diese ganze Scheiße! Das ist alles nicht fair, klar? Er hat alles nur noch komplizierter gemacht und so … abartig Scheiße. Einfach Scheiße!“, fuhr Shane sofort auf. Seine Schwester setzte sich etwas aufrechter hin und betrachtete ihren Bruder mit einer gehobenen Augenbraue ehe sie bewundernswert durch ihre Zähne pfiff.

„Wow. Ich glaub ich hab dich noch nie so oft ‚scheiße‘ sagen hören. Ich wusste nicht mal das dieser Ausdruck zu deinem Wortschatz gehört.“

„Es kommt selten zu tage. Ich mag es eher … mich gewählt auszudrücken. Aber in so einer Situation ist gewählt wohl mehr als unpassend.“

„Ich weiß gar nicht, was du hast. Eigentlich ist die Sache doch so was von klar. Du liebst ihn, wo liegt das Problem?“

„Ich bin nicht schwul.“, erwiderte Shane sofort, ohne auf ihre eigentlich Frage ein zu gehen.

„Das war auch nicht meine Frage … ich hab danach gefragt, was du für ihn empfindest. Lass den Rest doch mal außer Acht. Das Geschlecht und all die Nebensachen – blende es einfach aus. Irgendwas muss sich ja bei dir Regen, wenn du ihn siehst oder nicht? Hass? Enttäuschung? Bitterkeit? Leere? Irgendwas? Und davor muss ja auch was anderes gewesen sein, damit sich das Gefühl so ins Negative verwandelt hat, also?“

Dieses Mal reagierte ihr Bruder gar nicht – starrte nur vor sich hin und vergrub sein Gesicht weiterhin in seinen Händen. Susi schwieg auf seine stillschweigende Antwort für eine lange Zeit, bevor sie auf seufzte.

„Du hast dich also so richtig in ihn verliebt, hab ich recht? Und das ist dein Problem. Das macht dir Angst, oder? Weil du nicht weißt, was es mit sich bringen wird … Angst, weil du zum ersten Mal etwas machen würdest, dass Dad und wahrscheinlich niemand in unserer Familie gut heißen würde – weil er ein Kerl ist. Dann lass dir aber gesagt sein: hier geht’s nicht um Dad, nicht um Mom oder ihre bescheuerten Freunde, ihre Gesellschaft oder um Ryan. An diesem Punkt geht es nur um dich … und vielleicht auch ein wenig um ihn. Du verletzt ihn genauso mit deinem Verhalten. Und was hättest du schon zu verlieren? Mein Gott wir sind deine Familie und irgendwann würden sie es auch akzeptieren.“

„Um das geht es doch gar nicht.“

„Ach nein? Um was dann?“

„Ich … will es einfach nicht.“, meinte er mehr als zögerlich. Zaghaft.

„Und warum? Gestern hat das alles noch ganz anders geklungen.“

„MAN! Heute ist es eben was anderes, kapier das endlich! Was mischt du dich überhaupt ein? Halt dich einfach raus … du machst alles nur noch schlimmer. Mach deinen Mund lieber mal auf, wenn es angebracht wäre.“

„Ach ja? Ich finde es im Moment sehr angebracht. Find dich damit ab – ich rede wie es mir passt und wenn es für mich passt, klar? Und außerdem ist es dir nur unangenehm, weil du weißt, dass ich Recht habe. Du weißt es. Was glaubst du auch würde passieren, wenn du mit Joel zusammen wärst und irgendjemand davon Wind bekommt? Das dich Mom und Dad weg schicken? Wunderbar, haben sie doch eh schon lange gemacht, als Ryan gestorben ist. Mehr ignorieren wie jetzt können sie dich auch nicht mehr. Ich erinnere dich ja nur ungern an deine Internat Zeiten, aber …“

Susi redete sich in diesem Moment vollkommen in Rasche, doch jetzt stockte sie abrupt, als sie den veränderten Gesichtsausdruck ihres Bruders wahr nahm und gleichzeitig realisierte. Schmerzhaft, einsam, starr und bitter – fast schon gequält.

„Tut mir Leid, das wollte ich nicht. Ich …“

„Schon gut.“

„Ich hab nie gut geheißen, dass sie dich damals weg geschickt haben nur weil … du na ja … eben wie Ryan aussiehst und du weißt, das es mir leid tut, dass ich nichts dagegen gemacht habe, oder?“

„Lass es. Es war wie es war. Wahrscheinlich war ich selbst schuld … hätte ich nicht Ryans Klamotten angefangen anzuziehen, seine Sachen zu verwenden, seine Musik anzuhören und auch noch zu spielen anstatt weiterhin die Stücke von Mozart oder Betthoven nach zu spielen und mir zusätzlich nicht noch meine Haare wachsen lassen, wäre alles anders verlaufen. Dann könnten sie mir vielleicht noch länger als 10 Minuten ins Gesicht schauen. Aber es war eben so wie es war und jetzt bin ich eben so wie ich bin. Nun ist eben auch mein Ding. Und davon abgesehen … was hättest du schon tun können?“

Die Stimmung wurde immer kälter. Susi schien das ebenfalls zu spüren, obwohl sie fast schon glaubte, dass sie sich das einbildete. Aber sie ließ das Thema trotzdem fallen. Sie befand sich auf dünnem Eis und sie wusste es – antwortete somit nichts mehr. Ihr fiel auch ehrlich gesagt nichts mehr darauf ein. Sie wusste, dass ihr Bruder nie auch nur jemals mit ihr über diese Zeit reden würde. Sie konnte ihn ja auch verstehen. Immerhin hatte sie ihn ja damals auch irgendwie im Stich gelassen – es war auch für sie hart gewesen. Aber genau deshalb wollte sie ihn jetzt in die richtige Richtung schubsen. Und die Braunhaarige wusste, dass er genau das brauchte. Ryan war nicht mehr da um das zu tun – dann musste sie das eben übernehmen. Und sie musste es irgendwie schaffen.

Sie hatte selbst gesehen, wie sich Shane in diesen paar vergangenen Wochen verändert hatte, auch ihre gegenüber. Er war so ausgelassen und fröhlich wie früher, hatte wieder mehr gelacht und vor allem die letzten 2 Wochen. Es war kaum auszuhalten wie gut gelaunt er war bis auf ein paar einzelne Tage. Es schien ihr so als hätte ich mit meiner Präsenz, die Leere, die Abwehrhaltung gegenüber dem Leben, überdeckt, die Ryans Tod ausgelöst hatte. Und sie wollte, dass er an diesem Punkt anknüpfen konnte – mit mir. Weil er jemanden an seiner Seite brauchen würde – einen Außenstehenden. Also seufzte sie erneut und unterbrach diese schwere Stille– wollte es noch ein Mal versuchen. Hoffentlich etwas ruhiger. Ihr Bruder war auch so ein Dickkopf. Immer mit dem Kopf durch die Wand ...

„Tja, ich würde deinen Willen ja gerne akzeptieren und schweigen, aber … ich kann nicht. Konnte ich noch nie gut. Also, lass mich das Ganze nochmal zusammenfassen kurz…“, versuchte sie die Stimmung erstmals etwas zu lockern, was ihr aber kläglich misslang.

„Schweig einfach.“, erwiderte Shane nur missmutig. Doch Susi überhörte es einfach.

„Du hast dich zum ersten Mal in deinem Leben richtig verliebt, warst bereit alles dafür zu geben und dann stellt sich dummerweise heraus, dass das Mädchen deiner Träume in Wirklichkeit ein Kerl ist. Echt ne dumme Sache. Aber weißt du was? Eigentlich ist es doch egal. Was zählt ist das Gefühl. Ob sie, er nun ein Kerl oder ein Mädchen ist, ist doch eigentlich egal. Meinst du nicht auch? Wegen dem spricht, berührt, geht und küsst er genau gleich. Nur die Oberfläche hat sich verändert. Aber ist das denn so schlimm?“

„Ob das nicht schlimm ist? Hallo, hatten wir das nicht schon mal heute!? Kannst du nicht einfach aufhören? Es ändert sich nichts. Dieses Mädchen ist zufälligerweise der Typ den ich am meisten verachtet habe Jahre lang! Wir mochten uns nie … Joel Green, dieser dumme-“

„Ach, vor ein paar Tagen warst du noch ganz hin und weg von ihr! Da war‘s dir auch nicht zu dumm.“

Shane knirschte mit den Zähnen.

„Das ist nicht fair! Ich bin hier das Opfer und du stellst es so hin, als sei ich derjenige der das Ganze zu Verantworten hat!“, meinte er aufgebracht.

„Ja! Weil du es dir auch immer so schwer machst. Du riskierst nie einen 2ten Blick – bleibst immer auf der sicheren Seite. Schmeiß deinen gekränkten Stolz einfach mal über Bord und wage etwas – so wie Ryan. Lass dich einfach auf das Abenteuer ein. Ich kann mich nur wiederholen: Was hast du zu verlieren? Die Antwort darauf ist so einfach: nämlich nichts. Zumindest nichts nennenswertes, was du vielleicht nicht eh schon lange verloren hast.“

„Du redest solchen Mist. Wie solle ich mich auf etwas einlassen, wenn ich selber nicht weiß, was ich will?“

„Dann denk nach.“

„Was meinst du tue ich schon die ganze Nacht lang?“, erwiderte er bissig.

„Wie auch immer. Du solltest dir aber nicht zu lange Zeit lassen, wenn du noch etwas retten willst – wenn es dir wichtig genug ist.“

„Wovon redest du?“, meinte Shane genervt.

„Er meint es wirklich ehrlich mit dir. Wenn du meine Meinung hören willst … Er hat dir echt gut getan. Ich hab‘s mit eigenen Augen gesehen. So glücklich warst du schon lange nicht mehr. So eine Chance bekommst du vielleicht nie wieder. Und so wie ich Joel kennen gelernt habe, ist er ganz schön liebenswürdig. Also hier mein Rat: Versuch es, wenn du dir ihm klaren bist, was du willst. Obwohl wir beide wissen, dass du ihn liebst und das es eigentlich nichts mehr zu überlegen gibt. Aber gut vergolde deine Zeit mit noch 20 Stunden nach denken. Denn du weißt selbst, dass sich eigentlich nicht viel geändert hat. Und wenn du es nicht glaubst …. Dann überzeug dich selbst. Aber warte nicht zu lange. Sein Vater holt ihn morgen um 9 ab. Ich hoffe du tust einmal in deinem Leben das Richtige – das was für dich gut wäre.“, und damit stand seine Schwester auf und ging wieder hinein – schweigend. Sie fügte kein einziges Wort mehr hinzu, nicht einmal einen kurzen Abschiedsgruß. Sie ließ ihren Bruder alleine mit seinen ganzen Fragezeichen und es wurden bei weitem nicht weniger.

„Du irrst dich, es hat sich ne ganze Menge geändert.“, flüsterte der Schwarzhaarige noch in die Dunkelheit, aber so, dass sie es nicht mehr hörte. Diese Worte waren an die dunkle und schwarze Nacht gerichtet … an ihre gesamte Trostlosigkeit und Schwärze, die alles aufsog – danach gierte.

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Uhhhh *__* Ich liebe diesen Song zu diesem Kapitel~ *grade in alten Erinnerunge schwebt* xD Öhm ja ... ich spann euch noch ein wenig auf die Folter. Aber jetzt habt ihrs eigentlich bald geschafft ._. Hach, wollt ihr eigentlich ein Happy-End? xD
 

Ansonsten, dieses Kapi mag ich irgendwie ... vor allem weil da mal etwas aus der Sicht von Shane und seiner Schwester drinnne ist xD Mal was anderes^^
 

Jaaaa, also das wars auch schon von mir^^

Ich dank nur noch folgenden Personen für ihre tollen Kommentare (:

Sayuri27, NARUT0, Tshioni & Beere <3

Vielen Dank^^

Taku :3

Kapitel 16 – … & die Blüten der Hoffnung wieder erblühen …

Shane blieb den restlichen Morgen dort auf diesem Absatz sitzen und dachte über die Worte seiner Schwester nach. Er zerbrach sich den Kopf darüber, um schlussendlich immer wieder an den gleichen Punkt zu kommen. An den Punkt, an dem er nichts mehr wusste. Er wusste nicht mehr, ob ihn wirklich das Geschlecht störte oder einfach die ganzen Lügen? Oder einfach, dass er es nie gemerkt hatte, dass er so blind gewesen war … oder. Oder.Oder.

Es gab so viele scheiß Alternativen, so viele Antworten, die alle nutzlos und alles andere als logisch waren. Mit Logik kam er hier so oder so nicht weit. Gefühle waren nicht logisch – ganz und gar nicht. Das war ihm nun klar geworden. Und umso mehr er anfing sich im Kreis zu drehen und alles wieder und wieder durch zu kauen, zu wiederholen … umso schlimmer wurde es für ihn. Umso verwirrender. Und dann fing er wieder an zu Zweifeln – erwischte sich wieder dabei, wie die besagte Logik einen Abgang machte und seine Abwehrhaltung schwand.

Hatte seine Schwester vielleicht recht? Was sollte er tun? Ja, er hatte sich zum ersten Mal in seinem Leben so richtig verliebt – mit allem. Schmetterlinge im Bauch, haufenweise Endorphine und er hätte am liebsten die ganze Welt umarmt. Bis zum heutigen Tag … oder den gestrigen. Wie auch immer – es war egal. Dummerweise war seine Auserwählte nun ein Kerl. Zählte das etwas? Oder war es egal, weil die Person vielleicht wirklich noch dieselbe war?

Außerdem war ich nie richtig mädchenhaft gewesen, dass musste er sich so oder so eingestehen. Aber ich hatte ihn trotzdem verzaubert – mit meiner Art. Irgendwie zumindest. Vielleicht hatte seine Schwester recht und er hatte mich immer ganz falsch eingeschätzt, so wie ich ihn. Vielleicht war es einen Versuch wert. Vielleicht war das erlebte ja doch irgendwie keine Lüge und es hatte sich wirklich nichts geändert. Vielleicht zählte dieser Tag einfach nicht. Konnte man so etwas vergessen? So einen Betrug? Er wusste es nicht. Aber er wollte es versuchen. Er wollte nicht irgendwann aufwachen und es bereuen, dass er nichts unternommen hatte. Das er genau in diesem Moment versagt hatte. Dass er sie, ihn – wie auch immer – gehen ließ, wenn er doch vielleicht noch immer vor der Person stand, in die er sich so sehr verliebt hatte. Er musste es einfach herausfinden.

Dabei kam dem Schwarzhaarigen ein seltsamer Gedanken. Ein Gedanke der so verrückt war, dass er fast wieder genial war. Und mit diesem einen Gedanken im Hinterkopf bewaffnet, erhob er sich und ging in Richtung seines derzeitigen zu Hause …
 

Shane stand nun vor unserer Tür. Es war genau 6 Uhr 30. Noch 2 ½ Stunden bis zum Unterricht und bis man mich abholen würde. Er zögerte anfangs. Legte seine Hand auf die Klinke und ließ sie dann aber wieder fallen. Sein Herz schlug schneller. Er wusste ja nicht einmal, ob ich hier war oder zu Nate gegangen war – was wahrscheinlich gar nicht so abwegig war. Denn jetzt würde die Entscheidung für ihn fallen. Und wenn er ehrlich war, hatte er auch Angst mir gegenüber zu treten, weil zu viele Sachen zu ungewiss waren. Er hasste es nicht Bescheid zu wissen. Ins kalte Wasser geworfen zu werden.

In seinen Gedanken zählte er bis 3 und machte dann die Tür wirklich auf – nach dem Gefühlten 5000sten Mal. Diese gab auch mit einem lauten quietschen sofort nach. Shane zog die Lippen kraus– er hatte eigentlich nicht vor gehabt mich zu wecken, für den Fall, dass ich hier war und trat leise ein. Das Quietschen, genauso wie seine Schritte, kamen ihm ohrenbetäubend laut vor, so als könnte es einen schlafenden Bären wecken. Sein Blick suchte das Zimmer ab und wurde schnell fündig. Ich lag auf meinem Rücken, hatte die halbe Bettdecke auf den Boden katapultiert und musste ziemlich komisch aussehen, wie ich so da lag – das vermutete ich zumindest. In meiner Hand lag immerhin noch mein Handy – nur für den Fall der Fälle. Man wusste ja nie wer anrufen würde.

Shane atmete, zu seiner eigenen Verwunderung erleichter aus, obwohl seine Nervosität stetig stieg. Obwohl er nicht wirklich wusste warum. Immerhin schlief ich ja, ich war also in seiner Welt ungefährlich? Er kam mit vorsichtigen Schritten auf mich zu, versuchte möglichst keinen Laut von sich zu geben.

Dann passierte fürs erste ein Mal nichts. Er hörte einfach meinen beruhigenden Atemzügen zu – aus sicherer Entfernung ehe er sich dann doch wieder näherte. Ganz zaghaft, so als könnte ich ihm jeden Moment an die Gurgel springen. Vollkommener Quatsch.

Er ließ sich langsam in die Hocke hinab und kniete somit an MEINEM Bettrand – gab‘s das? Oh Mann. So hatte er immerhin eine bessere Sicht auf mich und konnte mich, zu meinem Leiden, beim Schlafen beobachten. Irgendwann verschränkte er auch seine Arme, als er sich sicher genug fühlte und platzierte sie auf der Matratze – ganz am Rand natürlich. Sofort legte er seinen Kopf darauf, stützte sich ab.

Ich bekam von dem ganzen natürlich nichts mit. Ich drehte mich auch irgendwann zur Seite und Shane schreckte kurz auf, beruhigte sich aber sofort wieder. Jetzt lag ich nur noch ein paar Zentimeter von seinem Gesicht weg – wahrscheinlich atmete ich ihn auch an. Er sah mich nur an und überlegte was er tun sollte. Sollte er wirklich? Nein. Er strich mir jedoch, während er so nachdachte, eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die mir zuvor hinein gefallen war und berührte somit auch noch meine linke Wange – ganz zaghaft. Sanft, leicht. Ich glaubte sogar in meinem Traum sie zu spüren, diesen Hauch von Nichts. Ich seufzte zufrieden. Der Schwarzhaarige zog seine Hand sofort zurück – ihm schien auch erst jetzt klar zu werden, was er da gerade getan hatte. Und im nächsten Moment konnte er sich ein zaghaftes, schwaches Lächeln nicht verkneifen. Es war wohl wirklich nicht so anders. Nur meine Haare waren es – kürzer, dunkler und viel weicher als diese störrige Perücke.

Und mein Gesicht war frei von diesem ganzen Make-up Kleister, auch wenn ich nie so viel Schminke getragen hatte. Ansonsten fühlte sich wirklich alles gleich an. Ich atmete gleich, ich schlief gleich, meine Haut war genau so weich wie immer.

Er beobachtet mich weiterhin, folgte jeder meiner Regungen und langsam spürte auch ich es. Ich fühlte mich beobachtet. Ich war es ja auch. Das muss der Moment gewesen sein, indem er einfach alles weitere nachdenken ausblendete und seinen eigentlichen Plan B umsetzten wollte. Jedoch hatte er mich dabei außer Acht gelassen. Denn im nächsten Moment kam er meinem Gesicht immer näher – er wollte die letzen Zentimeter überbrücken und unsere Lippen miteinander verschließen. Doch genau in diesem Moment hielt ich es nicht mehr aus. Das Gefühl wurde zu beengend.

Ich öffnete also meine Augen und traf auf ein sanftes Grün, das sich sogleich verdunkelte vor Schreck, als es in meine Augen sah. Shane schaute mich noch einen Moment geschockt an – nur noch 3 Zentimeter fehlten und dann würden sich unsere Lippen berühren …

Im nächsten Moment war er schon aufgesprungen. Ich hielt es im ersten Augenblick für einen Traum, das der Schwarzhaarige eben neben meinem Bett stand und versucht hatte mich zu küssen. Wohl verständlich, oder? Doch sobald ich seine Stimme wahrnahm, die „Scheiße“ fluchte, realisierte ich das ich wach war.

Ich fuhr mir über die Augen und im nächsten Moment, als die Erkenntnis langsam durch sickerte, dass er wieder da war, sprang ich auf. Nicht nur weil ich hörte, wie sich seine Schritte wieder von mir entfernten. Er ging zur Tür.

„Shane!“, schrie ich panisch, als ich aufsprang. Er blieb stehen. Gott sei Dank, blieb er stehen, schoss es mir durch den Kopf – auch wenn ich noch total schlaftrunken war, so war ich gleichzeitig hellwach. Meine Sinne zumindest. Ich sprang sofort zu ihm und stellte mich zwischen die Tür und ihn. Er sollte nicht gehen. Er sollte hier bleiben. Es gab noch so viel zu klären. Er sah beschämt weg und hatte mittlerweile einen hochroten Kopf, was mir nicht gerade besonders vor kam. Ich hatte noch nicht kapiert, dass der versuchte Kuss kein Traum war und dass das der Grund war, warum er aussah wie eine überreife Tomate.

„Wo warst du die ganze Nacht? Weißt du, was ich mir für Sorgen gemacht habe? Ich dachte, dir sei sonst was passiert.“, sagte ich vorwurfsvoll. Er sah immer noch weg, aber antwortete immerhin. Ich hatte im ersten Moment schon Angst, dass er nicht Mal das tun würde – das er immer noch so wütend auf mich war. Aber er schien sich wieder beruhigt zu haben.

„Tut mir Leid. Mir ging’s gut.“

„Das sehe ich.“, sagte ich immer noch scharf.

„Was machst du hier?“, fragte ich ihn – eigentlich eine dumme Frage, ich weiß. Es war ja nicht so, als wäre er hier eingebrochen. Also korrigierte ich mich sofort, denn er sah mich gerade ziemlich irritiert an.

„Ich meine, wieso bist du gekommen, wenn du wusstest das ich hier bin? Überhaupt warum bist du so rot?“

Tolle Auffassungsgabe, auch das weiß ich. Ich hatte echt ein Händchen dafür, die peinlichsten Sachen einfach plump auszusprechen. Schieben wir es auf meinen immer noch leicht nachhallende ‚Schlaftrunkenheit‘. Er hingegen sah wieder beschämt weg.

„Du … du hast nichts mitbekommen?“, fragte er hoffnungsvoll. Ich sah mich hilfesuchend im Raum um. Was hatte ich bitte verpasst?

„Nicht wirklich. Ich hab geschlafen, falls dir das entgangen sein sollte und ich hatte echt einen verrückten Traum. Ich dachte, du seist neben meinem Bett und du wolltest mich küssen und dann dachte ich, dass ich deinen Atem auf meiner Haut gespürt habe und bin aufgewacht und-“, während ich so darauf los plapperte, wurde Shane noch roter, konnte einer überreifen Tomate nun echt mehr als Konkurrenz machen … bei mir ging zeitgleich ein Licht auf.

„Oh … das … war kein Traum?“, fragte ich vorsichtig, um meine Feststellung nicht zu … laut und geschockt auszusprechen. Er wusste nicht was er sagen sollte, stattdessen sah er wieder weg und das war mir Antwort genug.

„Okay … wenn du mich küssen wolltest... Ich meine schön und gut, nicht das ich was dagegen hätte, aber warum zur Hölle solltest du das machen?“

Die Frage war ehrlich gemeint und ich sah ihn unverwandt an. Ich war verwirrt. Das ganze passte nicht – vor allem nicht zum gestrigen Abend. Hatte ich vielleicht eine Woche durch gepennt? Er sah weiterhin weg und schwieg. Ich sah ihn immer noch Fragend an. Als er weiterhin nichts sagte, räusperte ich mich.

„Also?“

Er warf mir einen Seitenblick zu, wendete diesen aber sofort wieder ab, als sich unsere Blicke trafen.

„Na ja …“, fing er dann endlich an.

„Es war so ….“ Pause.

„Ja, ich wollte dich wirklich küssen.“

Er stockte sofort, als er wohl aus seinem Seitenblick meinen Blick sah – ich war baff. Wollte der mich verarschen? Wo waren die ganzen Kameras? Gestern wollte er nichts von mir wissen und heute versuchte er mich zu küssen? Träumte ich immer noch? Sollte dem so sein, so war es ein schöner Traum. Schöner als meine letzten, also beschloss ich meiner anwachsenden Neugier zu vertrauen. Trotzdem zwickte ich mich kurz selbst – AU! – um nur festzustellen, dass ich wach war. Vielleicht war ja doch noch nicht alles verloren.

„Und weiter?“, meinte ich also.

Ich wollte Antworten. Vor allem, wollte ich wissen, was er sich von dieser Aktion erhoffte hatte? Aber ich konnte auch nicht verbergen, dass sich ein kleiner Hoffnungsfunken in mir wieder zurück meldete – ein ganz kleiner (eigentlich ein ziemlich großer für mich). Dieser kleine, unbedeutende Funken, gab aber noch Hoffnung auf ein ‚Happy-End‘. Vielleicht könnten wir es wirklich noch klären. Mein Herz fing unweigerlich an zu rasen, als ich mir das vorstellte.

„Ich hab mit Susi gesprochen.“, fing er an. „Und sie meinte, das es doch egal ist, ob du ein Mädchen oder Junge bist – die Gefühle seien dieselben, die Berührungen. Es wäre nichts anders. Außer die Oberfläche. Und ich wollte jetzt eben testen ob sie Recht hatte.“, sagte er immer noch verlegen. Er wurde wieder leicht rot. Es war ihm offensichtlich peinlich. Doch mir war es egal. Er konnte mich 10mal küssen, wenn er das brauchte, um sich seiner Gefühle sicher zu werden. Hauptsache es bestand ein kleiner Funke Hoffnung, dass er mir verzieh. Das er genau so fühlte wie ich.

„Also hab ich das deiner Schwester zu verdanken?“, brachte ich es auf den Punkt

„Ja – Ähm nein. Sie hat es nicht direkt so ausgedrückt. Es war meine Idee.“

Ich zog eine Augenbraue hoch, während er die Worte aussprach. Ich musste einfach Lächeln. Er war so süß, wenn er verlegen war.

„Okay. Nnur noch einmal für mich. Du wolltest mich küssen, während ich schlafe um fest zu stellen, ob sich nichts verändert hat zwischen uns und deinen Gefühlen?“, fasste ich das ganze nochmal zusammen. Es musste sich in seinen Ohren ziemlich blöd anhören, denn er sah mich total betreten an und im nächsten Moment seufzte er und sagte:

„Tut mir Leid, das war eine blöde Idee.“

Und mit dieser Feststellung wollte er schon wieder gehen – doch er hatte die Rechnung ohne mich gemacht. Wieder einmal. Ich blockierte mit meiner Hand die Tür, sodass er nicht mehr raus konnte. Er lockerte seinen Griff unweigerlich wieder – sah mich an. Wir waren uns jetzt extrem nah. Sein Gesicht berührte fast meines.

„Was-?“, wollte er fragen, doch ich ließ ihn nicht ausreden.

„Du dachtest, du kommst einfach mal hier rein. Versuchst mich zu küssen und sollte das nicht möglich sein, dann haust du einfach wieder ab? Und du warst ernsthaft davon überzeugt, dass ich dabei mitspielen würde? Tut mir Leid, da muss ich dich leider enttäuschen.“, legte ich sofort etwas beleidigt los. Er sah sich verwirrt um und sah mir dann aber direkt in die Augen. Gott, wie hatte ich das vermisst? Buchstäblich. Sein Ausdruck war nämlich … relativ offen. Keine Abscheu. Kein Hass. Nur Verwirrtheit. Er kannte sich echt nicht aus. Ich glaubte, er dachte, dass ich sauer sei. Das war ich auch, aber nicht so wie er meinte. Also erklärte ich mich sofort.

„Na los.“, sagte ich. „Tue das wofür du gekommen bist.“

Seine Augenbraue zog sich automatisch nach oben, so wie immer, wenn er sich etwas nicht ganz sicher war. Jetzt sah er mich überrascht an. Und mich nervte es gerade extrem, dass ich ein paar Zentimeter kleiner war als er. Es gab ihm einfach die mächtigere Position.

„Ist das dein Ernst?“, fragte er unglaubwürdig. Ich nickte.

„Ja, wenn es das ist was du brauchst, um uns noch eine Chance zu geben, sage ich nicht nein. Außerdem ist es ja nicht so, als würde es mir nicht gefallen.“, sagte ich ehrlich und konnte nicht verhindern, dass auch meine Wangen einen leichten Rosaschimmer zierte. Ich glaubte, zu erkennen, dass sich auch auf seinen Lippen ein leichtes Lächeln abzeichnete – ansatzweise. Mein Herz beschleunigte sein Tempo schon wieder. Solche Schwankungen konnten wohl kaum gesund sein, oder?

Dennoch dachte ich nur eine einzige Sache die ganze Zeit: Na los, küss mich schon.

Und dann strich er mir tatsächlich zärtlich über die Wange, bevor es sich runter beugte und mich küsste. Seine Lippen mit meinen versiegte. Und das Beste: es war kein Traum! Es war besser als jeder Traum. Ich war hellwach und all meine Sinne auf Alarmbereitschaft – voller Vorfreude. Ich konnte es kaum erwarten. Als sich unsere Lippen berührten, fühlte ich wie eine Welle der Zufriedenheit und der Sehnsucht über mich einbrach und genau das legte ich auch in diese Berührung. Der Kuss wurde von Shanes Seite aus immer fordernder. Am Anfang war er relativ zaghaft, doch dann kehrte mein Shane zurück. Es war phänomenal. Ich glaubte, ein Mädchen hatte mich noch nie so atemberaubend geküsst wie er – denn das war dieser Kuss definitiv.

Wir lösten uns erst wieder voneinander, als einer von uns nach Luft schnappen musste. Ich sah ihn dabei an. Mein Thema Nr.1, für mein Herz & meine Gedanken zumindest, hatte im Gegensatz zu mir immer noch seine Augen geschlossen. Ich hatte meine Hände immer noch um seinen Hals gelegt, die ich während des Kusses irgendwann mal dort platziert hatte, und traute mich kaum die Stille zu durchbrechen, die sich über uns gelegt hatte. Ich hörte nur mein Blut rauschen – meinen Pulsschlag. Ich hatte Angst, dass er etwas anderes fühlte als ich. Noch eine Enttäuschung würde mein Herz wohl nicht mehr verkraften. Das setzte so eben für ein paar Sekunden aus – so glaubte ich zumindest. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus, da ich ansonsten an Atemnot sterben würde, und fragte zaghaft:

„Shane?“

Er reagierte nicht, hielt seine Augen immer noch geschlossen. Ich konnte nichts aus seinem Gesicht ablesen. Und mein Herz fing wieder an gegen meinen Brustkorb zu pochen. Wann würde das aufhören? Es war unerträglich.

„Und? Wie sieht‘s aus?“, sagte ich schüchtern und sah dabei auf den Boden. Ich hatte Angst – Angst dass es das letze Mal sein würde. Und plötzlich griff er auch nach meinen Händen, löste sie von seinem Hals. Mein Herz setze aus –jetzt kam die Zurückweißung auf die ich so lange gewartet hatte. Für die ich alles in Kauf genommen hatte – hoffnungslos.

„Joel, es tut mir leid, aber-“, mein Herz pochte heftiger bei diesen Worten, wurde buchstäblich aufgespießt. Wie von 1000 Nadeln durchstochen. Es fing schon wieder an zu schmerzen und die Enttäuschung machte sich breit…

… bis ich etwas spürte. Eher Realisierte.

Wärme. Meine Hände waren warm, obwohl sie das nie waren. Erst da fiel mir auf, dass der Schwarzhaarige vor mir meine Hände immer noch mit seinen verschlossen hielt. Ich sah auf und sah ihn sein lächelndes Gesicht.

„… es ist alles wie immer. Die Schmetterlinge haben sich nicht verkrochen. Sie sind noch da – der Kuss fühlte sich nach ihr, ich meine dir an. Susi hatte Recht – das Gefühl zählt. Und das ist definitiv immer noch das gleiche. Nicht die kleinste Veränderung.“

Er sah fertig aus – klar, er hatte die ganze Nacht nicht geschlafen, aber er strahlte übers ganze Gesicht und lächelte das Lachen, das ich so liebte. Surreal – absolut surreal. Offensichtlich kam er mit dem Ganzen doch besser zu Recht wie ich gedacht hatte. Ich hingegen konnte es nicht glauben. Ich konnte nicht glauben, dass er das tatsächlich sagte. Ich spürte wie sich die Endorphine langsam wieder regten, nach den letzen Tagen und die Enttäuschung von ihrem Platz fegte – schneller als ich ‚Shane‘ sagen konnte. Und ich denke, dass uns beide in diesem Moment die Erleichterung nur so überwältigte.

„Und das bedeutet?“, fragte ich neugierig und immer noch leicht nervös. Er hatte ja nicht mehr dazu gesagt. Es musste also nichts heißen.

„Hmm, lass mich mal überlegen“, sagte er gespielt nachdenklich, während er meine Hände los ließ, sie wieder um seinen Hals legte und mich dabei noch enger zu sich ran zog, als er mir seine Antwort eröffnet.

„Ich würde sagen, lass es uns ausprobieren. Ich kann dir nicht versprechen, dass es klappt. Ich kann dir nur versprechen es so gut wie möglich zu versuchen. Und der Rest wird sich mit der Zeit ergeben. Wir werden sehen, wo wir dann landen und ob es funktioniert mit uns beiden.“

Er sah mich dabei unverwandt an, während seine Gesicht nur noch von einem leichten rosa überzogen war, und fügte noch selbstsicher, wie immer, hinzu:

„Vorausgesetzt du stimmst dem Ganzen zu?“

Ich musste einfach lachen, umarmte in überglücklich. Es war so … lächerlich. Aber traumhaft. Das war eben er. Es klang meines Erachtens nämlich danach, als hätten wir gerade einen Vertrag abgeschlossen – richtig sachlich. Aber ich würde ihn trotzdem unterzeichnen. Mit allem was ich hatte.

„Soll das ein Witz sein? Klar! Ja! Ja! 1000mal ja.“, erwiderte ich freudestrahlend. Er grinste und auch ihm schien eine große Last von den Schultern zu fallen. Er sah müde aus – ja. Aber genauso überglücklich wie ich. Ich sah ihn seine wundervollen Augen, dieses unbeschreibliche Grün, das mich schon mehr als einmal verzauber hatte, von Anfang an und ließ mich darin treiben, verfolgte den Wandel der Farbe ehe er die Stille und unser Lachen, das immer noch nach hallte, unterbrach.

„Aber das mit diesen mysteriösen Gründen, warum du hier als Mädchen rum stolzierst, möchte ich schon noch erklärt bekommen.“

Ich lachte kurz auf und schüttelte den Kopf. Das war das Mindeste.

„Versprochen. Ich werde dir die Geschichte ein anderes Mal erzählen – sie ist ziemlich lang. Aber hier die Kurzfassung: Ich hatte eine Wette gegen Nate verloren und dummerweise zugestimmt, alles zu machen, was er wollte. So kam es dann dazu. “

Shane zog eine Augenbraue hoch.

„Okay? Ihr nehmt Wetten aber erschreckend ernst.“, meinte er nur verblüfft.

„Es ging um den männlichen Stolz.“, kam es von mir.

„Das ist mir eindeutig zu hoch, auch wenn männlicher Stolz normalerweise mein Fachgebiet ist und ich wohl als Genie eigentlich alles kapieren sollte – echt seltsame Welt.“, erwiderte er nur und dachte wohl wirklich noch über meine kurze Wortfolge nach.

„Aber erinnere mich trotzdem daran, nie mit deinem besten Freund um etwas zu wetten. Abgesehen davon, dass er mir auch nicht wirklich sympathisch ist.“, fügte er noch grinsend hinzu.

„Klar.“, erwiderte ich, bevor auch ich hinzufügte: „Für mich war es auch das letze Mal – glaub mir! Und was Nate angeht … vielleicht ist er gar nicht so übel wie du denkst. Jetzt musst du ihm wohl eine Chance geben. Er ist mein bester Freund.“

„Vielleicht … und wenn, dann nur dir zu Liebe. Aber ich glaube kaum, dass es etwas ändert. Und zum Wetten … das kann ich mir sehr gut vorstellen …“, meinte er immer noch grinsend. Es folgte eine kurze Pause. Jeder hing kurz seinen eigenen Gedanken nach. Aber ich ergriff dieses Mal als erstes das Wort.

„Das heißt, ich habe das hier deiner Schwester zu verdanken?“, hakte ich noch einmal nach. Er sah mich sofort an und nickte - zögerlich. Er hatte wohl nicht mit dieser … Nachfrage meinerseits gerechnet.

„Jap, könnte man so sagen.“

Ich lächelte. Ab heute war sie offiziell meine persönliche Heldin. Sie hatte meine kleine, feine Welt vor dem Untergang bewahrt, obwohl sie nun vollkommen auf dem Kopf stand. Aber ich fand es gar nicht mehr so schlecht.

„Erinnere mich daran, dass ich mich bei ihr dafür bedanke.“

„Ja, aber hoffentlich zeigst du dich erkenntlicher als bei mir.“

„Hey!“, meinte ich empört. „Ich hab mich nach dieser Nacht bedankt – wie oft muss ich das noch sagen?!“

„Ja, aber wie. Vor allem sehe ich das Ganze jetzt ganz anders.“, grinste er.

Ich wusste darauf nichts mehr zu erwidern, wollte auch nicht, und zuckte nur mit den Schultern, bevor er hinzufügte:

„Und was machen wir jetzt mit der Zeit die wir noch haben?“

Gut so. Er hatte meinen Gesichtsausdruck (richtig missmutig) hervorragend interpretiert. Das klappte schon Mal. Er wusste, wann er die Klappe halten sollte. Ich sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Er grinste scheinheilig. Ich schüttelte den Kopf, hatten wir doch beide den gleichen Gedanken. Doch ich sprach es schlussendlich aus.

„Na los, du Herzensbrecher, küss mich schon!“

„Nichts lieber als das.“, antwortet er und versiegelte unsere Lippen sogleich. Jap, dieser Tag war eindeutig gut – sehr gut. Auch wenn er verdammt scheiße begonnen hatte. Ich war überdimensional glücklich. Das war das Einzige was zählte. Und ich und Shane würden es zumindest versuchen – mehr hätte ich mir nicht erträumen können … Was konnte jetzt noch schief gehen? Eine einziges Sache … den unser Kuss wurde kurzerhand gestört, als sich mein Magen zu Wort meldete. Er grummelte ohrenbetäubend und forderte zumindest sein Frühstück, da ich Gestern schon den ganzen Tag nichts gegessen hatte! Shane lachte.

„Öhm, da hat wohl jemand Hunger.“

„Hey, beklag dich nicht. Das hättest du auch, wenn du Gestern nichts gegessen hast.“

Er sah mich überrascht an.

„Wie jetzt, du hast nichts gegessen?“

„Nein – ich hatte besseres zu tun.“

„Das muss sich schleunigst ändern. Mir fällt erst jetzt auf wie dünn du eigentlich bist. Vorher hattest du immer so weite Klamotten an, da fiel das gar nicht auf.“, meinte er und musterte mich derweil.

„Nicht du auch noch! Es reicht schon wenn meine Tante, mein Dad und Nate mir dauernd in den Ohren liegen. Hast du was auszusetzen? Dann kannst du gleich verschwinden.“, sagte ich leicht beleidigt, aber gespielt. Ich hätte ihn nie weg schicken können. Nicht jetzt, wo er doch alles war.

„Sie haben halt Recht und wollen nur dein Bestes – aber für mich passt‘s schon. Aber hey, man sagt ja Liebe macht dick – oder so irgendetwas in der Art. Oder war es doch was anderes? Nee, ich glaub nicht. Also mach dich bereit ein paar Kilos zu zulegen. Ich esse selber viel zu gern.“, und mit diesen Worten drückte er mir ein kurzen Kuss auf den Mund auf. Ich war kurz etwas überrumpelt, aber ich hatte mich schnell wieder im Griff.

„Erstens: Sagt man gar nicht und Zweitens: Untersteh dich ja mich irgendwie zu mästen! Nur weil du isst, muss ich das ja nicht machen. Wir müssen auch nicht alles gemeinsam machen, nur weil wir jetzt ein Paar sind.“, erwiderte ich lachend. Ich ignorierte den Umstand, dass ich eigentlich nur wegen ihm angefangen hatte zu frühstücken. Und das ich eigentlich wirklich immer aß, wenn er es tat – zumindest in den letzten Wochen. Das musste sich definitiv ändern. Da ertönte auch schon wieder mein Magen. Perfekt. Der Schwarzhaarige, und jetzt wohl auch mein Freund – man, klang das ungewohnt – seufzte.

„Sollen wir Frühstücken gehen? Die richtige Uhrzeit hätten wir ja. Es ist 7.00, da macht die Essenshütte gerade auf für die Sportler.“, sprach er das Naheliegenste aus. Ich überlegte kurz, bevor ich grinsend erwiderte:

„Also ich hätte da eine viel bessere Idee. Wie wär‘s zuerst mit dem Nachtisch? Auch wenn’s denn beim Frühstück eigentlich nicht gibt.“, entgegnete ich nur sehr geistreich und ehe ich die Worte ausgesprochen hatte, küsste ich ihn. Er erwiderte ohne zu Zögern und musste ebenfalls in den Kuss grinsen. Aber er löste ihn ziemlich schnell wieder, als mein Magen ein weiteres Mal ertönte und dieses Mal fordernder. Shane seufzte Ergebens.

„Also prinzipiell hätte ich ja nichts dagegen, aber ich glaube es wird höchste Eisenbahn – außerdem habe ich auch langsam Hunger.“, kommentiere er das Grummeln nur.

Ich sah anfangs ein bisschen enttäuscht aus, sah aber ein dass es das Beste sein würde. Wir hatten ja nachher noch genug Zeit. Und dann waren wir hoffentlich ungestört.

„Okay, aber lass mich noch als erstes Duschen. Ich hab in den Klamotten geschlafen und habe das Gefühl das ich so wunderbar dufte wie ein Stinktier.“, erwiderte ich.

„Ich wollte ja nichts sagen – aus Höflichkeit.“

„Dann solltest du dich selbst erst mal riechen.“

„Hey, das Problem hab ich nicht. Ich war ja die ganze Nacht draußen und bin somit ordentlich durch gelüftet.“

Ich grinste, bevor ich neckisch hinzufügte: „Schaden würde es dir jedenfalls auch nicht.“

Am Anfang sah er mich nur an ehe sich sein Mund dazu gesellte. Unglaubwürdig.

„Willst du damit sagen, das ich stinke?“

„Vielleicht?“, erwiderte ich achselzuckend. Er ergab sich dann aber schlussendlich seinem Schicksal, da ihm keine Erwiderung mehr einfiel.

„Okay, ich hab verstanden und unterwerfe mich, geh auch noch duschen. Aber nur das wir das klar stellen: Nicht weil ich stinke, sondern damit ich wacher werde. Ich befinde mich immer noch im Delirium.“, erwähnte er nebenbei, ließ mich dann los und wandte sich seinem Koffer zu um frische Klamotten raus zu suchen. Ich vermisste seinen Körper augenblicklich vor mir – seine Wärme und seinen Geruch, der noch Schwach in der Luft lag. Er roch eigentlich alles andere als schlecht.

„Wie du meinst. Ich bin dann mal unter der Dusche zu finden.“, sagte ich und schnappte mir ebenfalls frische Sachen ehe ich noch komplett den Verstand verlieren würde.

Ich traute mich nicht zu fragen, ob er mit kommen wollte – groß genug war die Dusche ja, aber ich hatte das Gefühl, das dafür alles noch zu frisch war. Wasser sparen sozusagen, jedoch … Ich wollte uns nicht überfordern. Immerhin war diese Beziehung für uns beide eine neue Erfahrung und wir mussten uns beide erst noch dran gewöhnen, dass der andere vom gleichen Geschlecht war.

Also gingen wir getrennt duschen.

Danach waren wir schnell fertig. Shane hatte sich nach meinem gequengel nur schnell eine schlabbrige Trainingshose, ein weißes enges Tanktop, bei dem man seine ansatzweise vorhandenen Bauchmuskeln sehen konnte und eine eher locker sitzende Jacke drüber gezogen. Ich konnte nicht anders als Rot zu werden, als ich ihn um seine Figur beneidete (Er scheuchte die halbe Zeit nur mit einem Handtuch um die Hüften durch das Zimmer, weil er die ganze Zeit irgendetwas vergaß). Er sah wirklich Hammer aus – obwohl die Klamotten alles andere als besonders waren, sonder einfach nur ein sehr sportliches Outfit. Gott, so was sollte eigentlich verboten werden. Trotzdem musste ich unweigerlich Grinsen: Das alles war meins – ab jetzt zumindest. Und hoffentlich auch in Zukunft.

Ich hatte mich für ein Outfit entschieden, das einfach nur aus einer grauen Jeansröhre und einem weißen T-Shirt mit Aufdruck und einer schwarzen dünnen Jacke bestand. Ganz simpel ohne viel Schnick-schnack. Das Einzige was meine Arme säumte waren meine zahlreichen Freundschaftsbänder, die man auch sehen konnte, da ich die Ärmel der Jacke hinauf krempelte.

„Kann‘s los gehen?“, fragte Shane.

„Klar, ich warte nur noch auf dich.“, erwiderte ich.

„Tut mir leid. Ich hab so schnell gemacht wie es ging.“, sagte er und gab mir dabei einen entschuldigenden Kuss. Ich nickte anerkennend. Ich wusste wie müde er war – ich konnte es ihm ansehen. Und ich hatte es vorher schon gemerkt. Er stolperte echt über alles was nur ging. Und im Bad hörte ich ihn nicht nur einmal fluchen, weil ihm wieder etwas einfiel, dass er nebenan liegen lassen hatte. Tja, mir war das nur recht – so hatte ich noch den ein oder anderen reizvollen Ausblick präsentiert bekommen. Am liebsten wäre er jetzt ins Bett gegangen. Verständlich es war Sonntag, da hatten wir frei und außerdem war er die ganze Nacht draußen. Deshalb wusste ich es umso mehr zu schätzen, dass er jetzt mit mir Frühstücken ging.

„Weißt du was?“, fragte ich, als er nach seinem Handy griff.

„Was?“, fragt er.

„Kann ein Herz echt so glücklich sein, das es nur beim Anblick einer Person, fast schon zerspringt?“

Er drehte sich überrascht zu mir, sah dann aber meinen ernsten Gesichtsausdruck. Ich fragte mich das wirklich gerade. Mein Herz glühte vor Freude – ich hatte fast das Gefühl zu zerspringen. Dieses Mal aber im positiven Sinne. Er grinste und kam auf mich zu.

„Ich weiß nicht. Sag du’s mir.“, meinte er nur.

„Ich glaube schon – meins tut es zumindest.“

Ich sah ihn dabei an und er blinzelte bei meinen Worten ein paar Mal – vor allem nach dem was jetzt folgte. Es klang auch echt … kindlich irgendwie. Als hätte ich ihm gerade erklärt, dass ich immer noch an den Osterhasen glaubte oder ans Christkind.

„Ich glaube, ich liebe dich wirklich. Eigentlich ist das beängstigend.“

„Hey!“, meinte er verärgert.

„Tut mir Leid, das ist es.“, sagte ich. „Ich bin so glücklich wie noch nie, das ist durch aus furcheinflössend.“

Er lachte, bevor er mit meinem Lieblingslächeln sagte:

„Du bist echt unmöglich, aber ich schätze, dass ich das so an dir mag. Deine … unbeschreibliche Art. Deshalb liebe ich dich wohl auch.“

Jetzt war ich damit dran, blöd drein zu schauen. Ich sah ihn mit großen Augen an, bevor er es auf die Spitze trieb. Ihm schien mein Blick nicht entgangen zu sein und er fand es offensichtlich witzig.

„Ich liebe dich.“, wiederholte er also. Immer noch mit diesem atemberaubenden Lächeln.

Und ich grinste ebenfalls – es war das erste Mal, dass er es mir direkt sagte. Ich kam mir echt idiotisch vor. Das 3 so simple Worte ausreichten, um mich in einen solchen Zustand zu versetzten. Meine Mundwinkel würden am Ende des Tages schmerzen …

… und mein Herz? Das führte gerade einen Freudentanz auf und hatte so eben ein Feuerwerk in die Höhe geschossen – ganz offiziell.

„Ich dich auch.“, erwiderte ich nur und küsste ihn. Zwar nicht lange, weil mein Magen wieder einmal störte, aber immerhin kurz. Ich konnte einfach nicht genug von seinen Lippen bekommen. Wenn das nicht die beste Grundlage für eine Sucht werden würde, wusste ich auch nicht mehr weiter …

Shane lachte nur und wir verließen das Zimmer.

Es war ein schöner Morgen – wäre es auch gewesen, wenn es geregnet hätte. Wir liefen nebeneinander her und zu meiner Überraschung griff der Schwarzhaarige gleich nach meiner Hand, nachdem er die Tür hinter sich zu gemacht hatte. Offensichtlich hatte er darauf die letzen Wochen lang genug verzichtet. Wir liefen also Händchen haltend über den gesamten Camp-Campus, aber zum Glück waren fürs Erste kaum Leute unterwegs. Ich musste ehrlich sagen, damit hatte ich nicht gerechnet. Aber es zauberte mir ein weiteres Lächeln auf die Lippen, obwohl ich eh schon am Dauergrinsen war. Auch wenn ich ihn anfangs überrascht an sah, doch er schien es gar nicht zu bemerken. Er gähnte nur vor sich hin.

Als wir dann endlich im Essenssaal ankamen, merkte ich erst was für einen Wahnsinns Hunger ich hatte. Ich stürzte mich sofort aufs Buffet, unter den Augen der Köchin, die schmunzelte. Shane vergaß ich dabei vollkommen. Er sah mir anfangs auch nur zu und erst als ich schon anfing zu essen, holte er sich auch etwas. Während ich 3 Teller voller Brötchen, Obst und Süßgebäck hatte, begnügte er sich mit einem einfach Croissant und ein paar Erdbeeren. Als er fertig war, sah er mir beim Rest grinsend zu und ich konnte nicht verhindern, dass ich extra darauf achtete ordentlich zu essen. Was mir ehrlich gesagt etwas schwer viel.

„Wie war das noch mal mit Liebe macht dick?“, fragte er scheinheilig. Ich stockte und kurz darauf zierte ein Rosaschimmer mein Gesicht.

„Das ist eine Ausnahme.“, meinte ich und aß sogleich weiter. Er zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts mehr. Als ich fertig war fragte er, was wir jetzt noch tun wollten.

„Ist schon okay, wir können uns ein wenig hinlegen – du vor allem. Ich weiß wie müde du bist. Ich kann derweil ein wenig … keine Ahnung. Ich find schon was, dass ich machen kann. Ich bin ja kreativ.“, meinte ich, während ich versuchte das Chaos auf dem Tisch, das ich verursacht hatte, wieder in den Griff zu bekommen. Oder zumindest irgendwie zu Regeln. Mein schwarzhaariger Freund schüttelte sofort den Kopf.

„Kommt auf keinem Fall infrage. Immerhin bist du nur noch für 1 ½ Stunden hier. Die vergolde ich sicher nicht damit, dass ich schlafe, während du abfährst.“, erwiderte er sofort.

Ich sah ihn überrascht an. Scheiße! Ich hatte vollkommen vergessen, dass mein Dad mich in ca. 1 Stunde abholen würde. Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen.

„Scheiße.“, sagte ich mehr schockiert als sonst was.

„Hey, das ist doch kein Problem. Wir treffen uns einfach nach dem Camp.“, versuchte er mich aufzubauen. Ich sah wieder auf – missmutig.

„Mir bleibt wohl kaum etwas anderes übrig.“, meinte ich lustlos. Ich konnte mir 3 Wochen ohne ihn fürs Erste gar nicht vorstellen. Immerhin war er die letzten Wochen, die ganze Zeit an meiner Seite – wenn auch jetzt auf eine andere Art. Und es war so erfrischend … ich wollte das Gefühl nicht verlieren. Vor allem wollte ich ihn nicht verlieren. Eindeutig, hallo Sucht!

„Hast du schon gepackt?“, fragt er. Ich nickte.

„Hmm, dann möchtest du dich vielleicht noch von deinen Freunden verabschieden. Vor allem solltest du wohl noch mit Alice reden.“

Ich sah ihn überrascht an. Er hatte recht. Das wäre wohl wirklich das Beste. Aber ich hatte ein wahnsinnig schlechtes Gewissen. Er schien es zu merken.

„Das ist schon in Ordnung. Ich versteh das. Wir haben danach noch genug Zeit – ich ruf dich an, okay? Ich mach‘s mir daweil in unsere Hütte gemütlich und leg mich vielleicht doch noch ein wenig hin.“

Ich sah ihn wenig begeistert an, sagte dann aber „Okay“.

Das war‘s fürs Erste. Wir liefen hinaus und dieses Mal griff ich nach seiner Hand. Es fühlte sich komischerweise gar nicht schlecht an. Es machte mir auch gar nichts aus, dass uns manche komisch ansahen oder uns nach blickten. Ich war im Moment so glücklich, dass mir alles egal war. Die Welt hätte auch untergehen können und es wäre mir egal gewesen, solange der Schwarzhaarige meine Hand nicht los ließ. Es war so wie ich am See festgestellt hatte, unsere Hände passten perfekt zu einander. Shane begleitete mich noch zu Nate, und wollte sich schon von mir trennen, als wir an Susi vorbei kamen. Sie trug gerade ein paar Blätter zum Organisationsraum. Wir fragten sie, ob wir ihr irgendwie helfen konnten und als sie uns beide sah, Händchenhaltend, musste sie einfach grinsen.

„Es hat also doch geklappt. Ich bin stolz auf dich Brüderchen, das du einmal auf mich gehört hast.“, meinte sie an Shane gewandt. Er zuckte nur mit den Achseln.

„Indem fall werde ich dich jetzt wohl öfters bei uns sehen, oder Joel?“

„Ich denke schon.“, erwiderte ich grinsend und sah dabei zu Shane, der meinen fragenden Blick folgendermaßen kommentierte: „Ich denke, das wird sich nicht vermeiden lassen.“

Sie grinste, sagte dann aber, dass sie weiter müsse und wünschte mir eine gute Heimfahrt für den Fall, dass wir uns nicht mehr sehen würden. Danach ging ich meines Weges. Shane und ich verabredeten uns noch um viertel vor neun bei der Auffahrt. Ich hatte noch einiges vor.
 

Ich ging als erstes zu Alice, doch die war nicht anzutreffen. Ich nahm an, das sie vielleicht bei Nevio war oder beim Frühstück. Somit schrieb ich ihr einen Brief in dem ich ihr alles erklärte. Ich hoffte, dass sie ihn lesen würde. Danach ging ich zu Nate. Er konnte es kaum glauben, dass ich und Shane nun ein Paar sein sollten, aber er freute sich ehrlich für mich. Genauso wie Adi. Ich war echt überrascht, dass er kein Problem damit hatte. Aber er gestand, dass er einen Cousin hatte, der schwul war und mit seinem Freund auch schon verlobt war, sodass er mittlerweile mit homosexuellen Paaren umgehen konnte. Die Zeit verging dann sehr schnell, worüber ich auch froh war.

Ich verabschiedete mich von allen und Nate begleitete mich noch zur Auffahrt, wo ich auch sofort auf Shane traf. Er begrüßte mich nur mit einem kurzen Kuss, was wohl daran lag, dass wir Publikum hatten. Nate sah dabei schon peinlich berührt weg. Ja, es war auch für uns ungewohnt.

Wir redeten noch ein bisschen, zumindest ich und Nate, während Shane nur daneben stand und einen Arm um mich gelegt hatte. Nur noch 5 Minuten bis mein Dad da sein würde. Er hatte mir eine SMS geschrieben, dass er es auch pünktlich bis 9.00 schaffen würde. Es wäre mir jetzt auch egal gewesen, wenn es anders gewesen wäre. Aber gut, jetzt konnte ich nichts mehr ändern.

Nate verabschiedete sich noch – ich umarmte ihn und er versprach mir mindestens 4mal die Woche anzurufen. Gerade als Nate gehen wollte, kam Alice angerannt. Sie rief wie wild meinen Namen. Ich drehte mich augenblicklich um. Sie war vollkommen außer Atem.

„Gott sei Dank erwische ich dich noch.“, brachte sie angestrengt hervor, wobei sie ziemlich überrascht wirkte, als sie Shane an meiner Seite erblickte. Und sie schien es auch gleich richtig zu interpretieren. War ja auch nicht schwer, nach dem ganzen Drama. Warum sollte er sonst bei mir sein?

„Ihr seid…?“

„Ein Paar.“, vollendete ich ihren unausgesprochenen Satz.

„Wow – Glückwunsch.“, sagte sie, bevor sie den Kopf schüttelte und sagte:

„Ähm ja eigentlich bin ich wegen etwas anderem hier, obwohl ich mich natürlich darüber freue.“, sie legte eine Pause ein, um ihre Aussage zu Untersteichen.

„Ja, also ich wollte mich bei dir entschuldigen. Ich hab deinen Brief bekommen und danach war mir klar, dass ich dich unbedingt noch einmal sehen muss, bevor du weg bist. Ich hätte mir deine Geschichte anhören sollen. Nate hat sie mir erzählt und ja, ich hab überreagiert – ein bisschen zumindest. Tut mir leid.“, legte sie etwas beschämt los. Sie sah dabei immer zwischen mir, dem Boden und Nate hin und her.

„Ist schon okay.“, sagte ich und ich meinte es auch wirklich so. „Du warst einfach nur enttäuscht.“

Sie lächelte.

„Danke. Ich weiß, das dir nicht mehr viel Zeit bleibt, also wollte ich noch Tschüss sagen.“

Sie hatte Tränen in den Augen – ich musste Grinsen. Sie war so emotional. Ein echter Wirbelwind eben. Ich umarmte sie und dabei sagte sie:

„Aber du wirst meine beste Freundin bleiben, verstanden? Ich ruf dich an.“

Ich lachte nur und erwiderte: „Okay, auch wenn mir Freund lieber wäre.“

„Wir werden sehen.“, erwiderte sie mit einem Zwinkern. Damit hatten sie und Nate sich verabschiedet und gingen. Sie wollten uns beiden wohl noch genug Zeit lassen. Ich schätzte das.

„Tja, jetzt geht’s gleich nach Hause.“, sagte Shane. Ich sah ihn etwas deprimiert an.

„Ja, aber darauf bin ich ehrlich gesagt nicht mehr scharf. Ich werde dich vermissen. Vor allem, weil ich dich gerade erst für mich gewinnen konnte.“

Er grinste.

„Ach, ich renn dir schon nicht davon.“

„Wer weiß.“, erwiderte ich ziemlich leise und musste dabei an Nathalie und die anderen Mädchen denken, die ihn sonst immer so umschwärmt hatten. Das würde jetzt sicher wieder los gehen … und es gefiel mir gar nicht.

Ich sah ihn einfach nur an, während ich immer noch über Shanes Beliebtheit nach dachte – wollte mir alles von ihm einprägen. Jedes Haar, jeder Geruch, jede Pore,.

„Tust du mir eine gefallen?“, fragte ich irgendwann. Er sah überrascht aus, nickte dann aber.

„Küsst du mich noch einmal zum Abschied? Ich meine richtig.“, fragte ich verlegen. Wieso fragte ich auch und machte es einfach nicht selber? Er grinste unweigerlich.

„Nichts leichter als das.“, sagte er und küsste mich sogleich so, wie ich es gefordert hatte. Obwohl es ein Abschied war, fühlte es sich gar nicht so danach an.

Wir unterbrachen unseren Zungenkuss, als wir in der Ferne ein Auto hörten. Es war bestimmt der Porsche meines Dads. Ich erkannte den Motor. Ich sah ihn noch einmal an, bevor ich ihn noch einmal umarmte und gehen wollte. Doch gerade als ich dem Auto entgegen laufen wollte, zog er mich zurück.

„Was? Shane ich muss gehen.“, sagte ich also mit etwas nach Druck.

„Was denkst du denn?“, fragte er. „Glaubst du echt ich lasse dich einfach so alleine gehen? Nach dem ganzen Drama? Dann kennst du mich aber schlecht …“

Hä? Ich sah ihn fragend an. Er grinste wissend.

„Während du dich mit deinen Freunden vergnügt hast, habe ich alles vorbereitet. Ein guter ehemaliger Freund meinerseits wird meinen Posten übernehmen und wird im Verlaufe des heutigen Tages hier an kommen … und um den Rest kümmert sich wie immer Susi. Somit fahr ich natürlich mit dir. Fürs Erste will ich dich nicht verlieren. Vorausgesetzt dein Vater hat nichts dagegen.“, sagte er lächelnd und ich glaubte mich verhört zu haben. Doch er holte soeben seinen, mir sehr bekannten Koffer aus einer Ecke, in der ich ihn nicht sehen konnte, und unterstich seine Aussage damit. Mir blieb die Spucke weg – ich war sprachlos. Aber ich musste kurz darauf einfach Lachen vor Glück und umarmte ihn noch einmal vor Freude. Aber nicht ohne ihm vorwurfsvoll entgegen zu werfen:

„Du Arsch! Und du sagst einfach nichts. Lässt mich in dem Glauben, dass ich dich 3 Wochen lang nicht sehe.“

Er grinste weiterhin.

„Tja, das ist meine Art.“

Ich schlug ihm beleidigt auf dem Arm.

„Jap, eindeutig, dass muss ich dir noch austreiben.“

Er sah mich skeptisch an, so als sei das ein Scherz gewesen. Und keine Sekunde später fuhr auch schon der silberne Porsche meines Vaters vor. Er war ziemlich überrascht, als ich ihn fragte ob es okay sei, wenn Shane die nächsten 3 Wochen bei uns wohnen würde, doch er sagte nichts dagegen und ich war mehr als glücklich. Wir stiegen beide auf die Rückbank – so konnten wir auch unauffällig Händchen halten. Fürs Erste war das nämlich gestrichen. Ich wollte das ganze meinem Dad und meiner Tante schonend beibringen. Irgendwie. Es würde schon gehen und sie würden es schon akzeptieren. Mein Dad hatte es doch eh schon lange vermutet, dachte ich noch, bevor wir auf der Autobahn Richtung Norden fuhren. Es klang zumindest immer danach.

Shane schlief unter der Autofahrt ein und ich genoss es einfach ihn beim Schlafen zu beobachten (das war so was von interessant), während ich versuchte unangenehmen Fragen meines Dads auszuweichen. Irgendwann wurde es ihm auch zu blöd und er drehte den Radio mehr auf, sodass es schwerer war sich zu unterhalten. Das war sein Zeichen, das er genug von meinen Antworten hatte und mich fürs Erste in Ruhe lassen würde. Mir war das nur Recht.

Tja, alles in allem war dieser Sommer definitiv der beste Sommer meines Lebens. Aber auf eine andere Art, wie ich es erwartet hatte. Gott ging eben komische Wege – aber ich beklagte mich nicht. Ich war zufrieden damit. Ich hatte diesen Sommer meinen besten Freund ein Stück weit an Shana verloren, aber ich hatte eine wunderbare Freundin mehr an meiner Seite und den besten Partner, den man sich nur wünschen konnte (Wer hätte gedacht, dass ich so etwas jemals über meinen Ex-Erzfeind sagen würde?). Ich war total zufrieden und glücklich. Wie besagte ein Sprichwort? Glück bedeutet, wenn man nicht mehr einschlafen möchte, weil die Realität schöner ist als jeder Traum. Das traf bei mir definitiv zu. Und so würde es hoffentlich auch bleiben. Ich war zuversichtlich.

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THE END. Haha, endlich geschafft^^ Tut mir leid, dass es jetzt so lange gedauert hat, aber ich war so unmotivert und dann war ich krank und dann kam wieder etwas dazwische und bla bla bla ...aufjedenfall ein dickes fettes SORRY. Aber gut, dafür ist das Kapitel wieder mal ein bisschen länger^^ und ich glaube auch viel zu kitschig geraten >< Aber hey, dafür habt ihr euer Happy-End^^

Ich muss sagen ... was hätte die Geschichte auch für ein Sinn gehabt ohne Happy-End? Somit hab ich mich dann doch dafür entschlossen ...

Tja, was sagt ihr zum Ende? So gelaufen wie ihr euch es erwartet hatte?
 

... tja, das wars jetzt. Was mache ich jetzt nur!? Ich bin am überlegen, ob ich zu einer anderen FF von mir ne Fortsetzung schreib ... hierzu hätte ich allerdings auch ein paar Ideen zu einzelnen Charakteren ... und jede Menge Oneshot ideen xD Zu viel zu viel und ich bin so faul, also ... kay. Habt ihr irgendwelche Anregungen, Wünsche oder sonstiges das ihr noch los werden möchtet?
 

Ansonsten: Ich hoffe doch, dass es euch Spaß gemacht hat mit den Beiden mit zu fiebern. Gott, ich werd die Beiden vermissen^^ Sind mir doch ans Herz gewachsen (: Aber na ja, sie haben ihr Happy-End gekriegt. Vorerst zumindest^^ In den nächsten paar Tagen folgt noch ein kurzer Epilog & damit ist diese Story fertig erzählt (:

Für alle die mir auch zukünftig weiter folgen wollen, kann ich nur empfehlen von Zeit zu zeit auf meinem Profil vorbei zu sehen ;D Ich würd mich darüber natürlich freuen <3
 

In diesem Sinne verabschiedet sich eine wirklich dankbare Autorin für vorerst 65 Kommentare und 57 Favoriten. Danke – für alles!



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Kommentare zu dieser Fanfic (70)
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Von:  Sayuri27
2011-10-12T16:38:20+00:00 12.10.2011 18:38
zuerst ein mal ein riesig großes sorry das
mein kommi erst jetzt hier landet
ich hatte einfach nur in letzter zeit
so viel zu tun, dass ich leider wirklich kaum für
irgendetwas anderes zeit hatte

:DDDDD <- das war ungefähr mein Gesichtsausdruck
als ich das ende gelesen habe!!! ich bin so froh
dass die story gut ausgegangen ist. ich glaub ich hätte
das nicht ertragen wenn joel und shane nach der langen
leidensphase dann nicht einmal ein happy end bekommen
hätte.
diese story war wirklich wunderschön geschrieben, toll
zum mitleben, es hat einfach das gesamtpacket super gepasst.
danke für diese schöne geschichte! :)

wir schreiben uns beim epilog ;)
lg Sayu27
Von:  Yeliz
2011-09-25T16:23:21+00:00 25.09.2011 18:23
Oh ich schäme mich so !!.. Erst jetzt lese ich dieses Kapitel... Es ist ach manooo.. Perfekt!? Ja!

Ich sag nur woaaahr.. Gefühlsmäßig bin ich voller Glückshormone und meine Heilige ich bin karamelisiert und mit Puderzucker überhäuft.
Es war einfach nur extrem süsz ^^ !

So erstmal ich kann nicht klar denken, deswegen schreib ich hier mal ganz viel komisches rein. Also ich bin natürlich wegen den beiden Süszen so extrem verquert.
Ja was soll ich sagen ich könnte heulen, dass ich nicht mehr von ihnen bekommen. Aber das ende hat wirklich alles gut gemacht. Es war irgendwie einfach nur lustig und mensch total Herzerwärmend.
Ich fand es eig. schön geschrieben und muss sagen, das ich irgendwie traurig bin nur noch den shcönen Epilog lesen zu können, aber ich werde bei Zeiten (... Ich hoffe ich kriege die Zeit, bei dem ganzen, blöden Stress >.<) bei deinen anderen Geschichten mal vorbeischau'n !
Und achja waaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaah..^^ musste mal sein.

So FETTES Danke'schöööööön !! Für diese WUNDERVOLLE ff und ich hoffe du verzauberst mich deinen anderen folgenden Ideen auch so ;)
Bye, xoxo.
Und Lieeebe Grüsze hinterlasse ich + RIESEN Schokokuchen und RIESENGROSZEN Lolli !! :)
Von: abgemeldet
2011-09-10T22:13:25+00:00 11.09.2011 00:13
das ende hat mich sooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooo glueklich gemacht.ich find das sooo toll.!!!!
vielen,vielen dank


xoxo aiishii
Von:  Glimmerharp
2011-09-10T19:03:59+00:00 10.09.2011 21:03
Das war einfach sooo toll *_*
und kitschig und süß
hrrr *_*
*mehr davon haben mag*
*_*
es war einfach mega toll und so zum herz zerreisend *_*
hach ich liebe deine FFs *_*
hihi
Du könntest ja ain OS davon machen wo sie es dem Vater erzählen hihi
^^

Von:  NARUT0
2011-09-10T14:48:03+00:00 10.09.2011 16:48
awww *___*
Das is so süß... süß süß eben xD.
Nich zu Kitschig aber dennoch süß.
Und Oh gott es is ja so genial das Shane mit ihm kommt haha.
Die werden die drei wochen wohl kaum die finger von sich lassen XDD.
Aber ich finds gut das sie das alle so akzeptieren,
jetzt frag ich mich nur noch was
der vater dazu sagen würde xD.
Aber na gut.
Dann wars das jetzt wohl .__.
Es war einfach alles toll zu lesen <3
Mach ja weiter so :3~


Von:  Yeliz
2011-09-02T14:42:00+00:00 02.09.2011 16:42
Halllöle was'n das für'ne Frage, jaa na klar ein Happy-End bitte x'D Wenn du meine Nerven schon so strapzierst mit diesen beiden süszen dann will ich auch ein schönes Ende.. Das haben die Beiden doch verdient (;

Shane ist doof ^^ der soll sich mal nicht so meine Fresse x'D
Okey nein ich versteh ihn ja das muss wie'n Schlag sein.. Ich meine einfach so zu verstehen das man eine Typen liebt, obwohl ich das anders reagiert hätte, aber typisch Shane und woaar.. der soll mir ja auf seine große Schwester hören !

Also das Kapitel war einfach .. ahc du weißt doch das ich einfach besessen bin.. also labber ich jetzt mal nicht so viel und sag nur DANKE'SCHÖÖÖN ! Ich fand's einfach entspannend mal eine andere Sicht zu lesen und dam'n gefällt mir ..

So ich erwarte schon sehnsüchtig das nächste Kapitel und ich glaube ich brauch Ablenkung ^_^ sosnt werd ich wahnsinnig.. Mal wieder so'ne Phase von mir wo ich ungeduldig, wei keine Ahnung was bin ;D

Okey Liebe Grüsze und fett'n Kuchen schenk !
(; Liza

Der Song ist toll und ich werde ihn jetzt fein hören und like it (: Ich mag deinen Musikgeschmack sehr !(:
Von:  Yeliz
2011-09-02T14:04:52+00:00 02.09.2011 16:04
Darf ich sagen das du unglaublich bist und das diese Geschichte einfach nur toll ist.. und ja ich wiederhole mich, aber es stimmt doch ! :D

Du bist doof.. xD Nein bist du nicht(!!), aber mensch ich bin so gerührt , was ist denn das.. Die se Vorstellung von den Beiden ist so unglaublich

jaaa von Vorne... also ich sag nur das alles ist irgendwie einfach nur zum Gehirn wegpuffen .. Jaa es hat sich verpufft.. Ist weg und kommt nicht back .. Aww.. ich weisz echt nicht was ich schreiben soll.. Ich hab grad keinen einzigen Gedanken zu den Szenen und alles so zusammen..
Eig. perfektes Drama Kapitel.. ich kann einfahc nur sagen .. ICH mag ES !! Oder LIEBE es kein Plan.. nur noch so wenige Kapitel bis zum ENde >.< Awww.. okey ich bleib stark.

Danke'schön.. Der zusammengebastelte Song war toll, also auch von den Zeilen gewählt, auch wenn es immer wieder weh getan hat wenn Joel's Herz so geschmerzt hat. Joaar.. ich muss weiterlesen .. bin total aus'm Häuschen und brauch das grade !!
Menshc ich fühl mich wie'n Junky mit der Geschichte x'D

Okey also nimm das mal hier alles nicht so ernst wie gesagt mein Gehirn ist grad weg und will nicht wiederkommen, jab wegn dieser Geschichte und jaor
Liebe Grüüsze
Liza
PS: Tolle Geschichte ! *___*
Von:  Yeliz
2011-09-02T13:15:22+00:00 02.09.2011 15:15
Ich bin total baff und woaah ich finde meine Sprache gerade nicht wirklich wieder..

Nate bleibt weiterhin ein Idiot mit großem Herzen und jaa ich finde sogar, dass du das gut gewählt hast und oh man..

Ich hab grad leeren Kopf und auch nicht.. Waah Was zum .. Was amchst du mit mir xD ?
Eyy das war wirklich fantastisch Joel und diese Gefühlsregungen und die Reaktionen der anderen und Shane und wohaaaaa..
Also ich bin einfahc nur total sprachlos werde jetzt das nächste Kapitel lesen, weil ich sonst vor Aufregung sterbe..

UND You Me At Six sind einfach GEIL !! Love it ! Gute Wahl für diesen Song.

Ich hinterlasse dir mal liebe Grüsze und verdammt der Einfall und dieses Kapitel waren so gut.
Von:  Beere
2011-09-02T00:44:09+00:00 02.09.2011 02:44
Ob ich ein Happy End will? Natürlich, was glaubst du denn? xD wenn du mir keins gibst, werd ich dich ewig zuheulen, bis du freiwillig eine Fortsetzung mit Happy End schreibst (obwohl eine Fortsetzung natürlich auch nicht schlecht wäre..hm..xD)

Ich hoffe einfach mal Shane hört auf sein Schwesterchen und kriegt endlich seine Gedanken auf die Reihe und trifft die richtige Entscheidung :o
Von:  Yeliz
2011-09-01T20:44:42+00:00 01.09.2011 22:44
Achso und der Song war toll gewähltl, mal wieder x'D aber ich musste ihn ganze Zeit mithören und hab ihn noch zusätzlich im Kopf.. wuui^^


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