Zum Inhalt der Seite

Unexpected Love

"Das ist jetzt nicht echt passiert, oder?"
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Erstes Sehen

Erstes Sehen
 

Montag
 

Endlich. Hiermit brach das letzte halbe Schuljahr, nach einer gefühlten Ewigkeit, für mich an. Ich war bereits auf dem Weg zu dieser Schule und dachte über einiges nach. Nicht über Dinge wie "Was esse ich zu Mittag?" oder "Welche Hausaufgaben habe ich heute vergessen?" Nein es ging um etwas, was mich Nervenbündel im Dreieck springen ließ. Denn ich bekam einen neuen Lehrer in meinem Lieblingsfach Deutsch. Unser vorheriger trat in den Vaterschutz ein...
 

Zeitsprung Time!
 

„Es hat mir sehr Spaß gemacht mit euch den Unterricht zu gestalten. Ich hoffe, ihr werdet noch immer mit solch einer Freude den Deutschunterricht verfolgen und genießen.“ Alle standen auf und klatschten laut in die Hände und jubelten und stampften. Der Lehrer verbeugte ich vor uns und weinte vor Freude und Trauer gleichzeitig. „Ich werde euch vermissen. Wenn ich mal die Chance dazu bekommen werde, werde ich euch ein Bild der Kleinen zeigen, versprochen!“ Ungefähr das waren die letzten Worte des Deutschlehrers, dann ging er.
 

Zeitsprung Time zuende.
 

Und nun stand ein Neuer an. Oder eine Neue. Zu dem Zeitpunkt war noch gar nichts klar. Überhaupt nichts.
 

Wir hätten schon gerne etwas im Voraus gewusst, denn unser alter Lehrer war was besonderes. Er hatte eine so gute Bindung zu uns gehabt und uns diese verdammten Sachen so gut eingetrichtert, es wäre schwer ihn zu ersetzten.
 

Ich betete und sah mit meinen grünen Augen in den verschneiten dunklen Morgenhimmel. „Bitte bitte, lass alles gut werden...“ Ich wartete kurz. Worauf? Vielleicht auf ein Zeichen, wie ein... ich weiß nicht. Ein Flugzeug? Einen durch die Wolken schimmernden Stern? Ein fliegender Pinguin? Ohne Antwort oder ähnliches konnte ich nichts weiter tun als zu seufzen. Gut, der Pinguin wäre echt zu viel verlangt gewesen, sehe ich ein. Na ja... Ich stieg in den Zug ein, der mich in Richtung Schule brachte, stieg wieder aus und der restliche, aber extrem verschneite Weg war auch schnell getan.
 

In der warmen Schule, gerade noch rechtzeitig angekommen (typisch ich), schüttelte ich mir den Schnee ab, zog meine Jacke aus und nahm zügig im Klassenraum Platz. Nach kurzem Umschauen und flüchtigen Begrüßen einiger mehr oder minder guten Schulkameraden warteten wir auf den ersten Lehrer des Tages. Dies war leider nur der Musiklehrer. Gewohntes doppelstündiges Gedudel, gewohnter Unterricht, zumindest den Umständen entsprechend gewohnt. Die Nerven meines Kurses wahren angespannt. Die Nervosität stieg mit jedem Augenaufschlag. Die folgende Pause konnte man einfach nicht genießen mit dem fetten Sorgen im Bauch, von mir metaphorisch als Stein angedeutet. Stellt euch einen dicken Stein vor. Danke.
 

Die Sekunden waren nur ein zäher Klumpen aus Zeit. Ich dachte noch nie daran in der Pause drauf zu warten, dass die Pause zu Ende ging... Welch Ironie. Aber dieses Mal war alles egal. Wir wollten endlich wissen, wer war unser neuer Lehrer?
 

Alle waren unter Strom, nur ich ließ es mir so gering wie möglich anmerken. „Heulen bringt jetzt auch nichts mehr, wir können nur noch warten...“ Aber vielleicht machte ich es mit derartigen Aussagen nur noch schlimmer. Zumindest fühlte es sich so an.
 

Ich fuhr mir die letzten Nerven zerreißenden Stunden immer wieder durch meine relativ langen, hellbraunen Haare und befürchtete den Absturz in meiner Abitur-Karriere schlecht hin. Der letzte Lehrer war meine Rettung gewesen, denn ich war seit der 11ten Klasse ein wackelnder Kandidat.
 

Sozialwissenschaften LK 4, Englisch 4, Mathe 5, Deutsch LK 2. Und nun Deutsch verhauen? Das durfte mir nicht passieren...
 

Und die Schulglocke läutete. Alle zuckten als wenn ein Schuss zu hören gewesen wäre. Die letzte Stunde. Und diese war alles entscheidend. Deutsch... Alle saßen wie mit Sekundenkleber festgeklebt auf ihren Stühlen und starrten die Tür an. Als ob gleich die russische Armee jene eintreten und Harlem Shake tanzen würde.
 

Manche Schüler wippten mit dem Fuß, andere ließen es darauf ankommen von mir einen Duden in die Fresse zu bekommen, in dem sie undefinierbare Lieder auf dem Tisch klopften. Mit jeder vergangenen Sekunde schien die nächste länger zu werden.
 

Und dann wurde die blaue Türklinke herabgedrückt. Die Tür öffnete sich. Unsere Blicke fielen auf einen jungen Mann im Anzug, mit Umhängetasche und einer auffälligen Hygienemaske, wie sie die Chirurgen oder die ganzen Japaner tragen, direkt vor Mund und Nase. Zielsicher ging dieser Jemand zum Lehrerpult und legte sich seine Utensilien zurecht. Alles ohne etwas zu sagen.
 

Sofort brach Getuschel und Gemurmel aus. Was das der neue Lehrer? Aber er sah viel zu jung aus! Was ist das für eine Maske? Ist das ein Irrer aus der Klapse nebenan? Rollenspiel? Weltuntergang?
 

Als der Fremde wieder aufsah war es schlagartig wieder ruhig.
 

Die Krawatte wurde nach einem vorsichtigen Schielen zur Tür gelockert, die schwarzen, stufigen Haare kurz ein wenig zerzaust und die Anzugjacke aufgeknöpft. „So.“ Eine angenehme Stimme erfüllte den Raum, als fülle sie die angespannte Luft mit neuer, ruhiger Luft. „Wie Sie, lieber Deutschkurs 3, sehen können werde ich nun Ihren Unterricht führen. Für Ihre restliche Laufbahn auf dieser Schule. Ist zwar nur noch ein halbes Jahr... aber in diesem halben Jahr kann vieles schief gehen und davor möchte ich Sie gerne bewahren.“ Mit jedem Wort blies sich die Maske auf oder legte sich um seine Züge, wodurch man nur erahnen konnte, wie er ohne jene aussehen möge.
 

„Mein Name ist Noël Hawen. Also für sie Herr Hawen oder Mister Hawen oder so was. Ich bin 24 Jahre alt, bin vor kurzem hier her gezogen, dies ist mein erstes Zusammenarbeiten mit Schülern... und... ja... wenn sie was wissen wollen, dürfen sie fragen.“ Und die ersten Fragen waren schon in den Köpfen der Schüler klar zu erkennen, auf ihre Stirn regelrecht gemeißelt. Erst kam die höflichere: „Sie sind bereits mit 24 Lehrer?“ Der Neue nickte. „Ich habe bereits mit 17 mein Abi bestanden und danach gut mein Studium beendet, war also auch keine Besonderheit mehr.“
 

Dann war großes Schweigen. Es stand noch eine Frage offen. Eine ´auffällige´ Frage. Keiner traute sich diese laut auszusprechen. Zumindest nicht sofort. Nach unsicherem hin und herschauen brach es aus einem Mitschüler heraus. „Wenn man sie so fragen darf, warum tragen sie diese Maske?“
 

Ein kurzes Räuspern des Lehrers. Er zögerte. Doch dann, seine Antwort: „Nun, ich soll diese laut der Schule tragen, damit ich nicht noch mehr auffalle, ob wohl ich das so auffälliger finde... Reicht ja schon dass ich der jüngste Lehrer hier bin und, na ja...“ Wieder schielte er zur Tür. Sie war geschlossen, durch die kleine Glasscheibe sah man niemanden auf dem Flur stehen. „Solange Sie hier nicht erzählen, ich hätte das Ding hier ausgezogen um Mitleid oder so was zu erregen, kann ich sie abnehmen. Aber bitte, nehmen Sie keine Rücksicht auf mich, ich bin nur ein Lehrer wie jeder Andere hier auf dieser Schule.“ An seinen Augen sah man, wie er herzlich lächelte. Mit einigen Handgriffen war nun die Maske weg.
 

Man hörte den Schock einiger Schüler in ihrem lauten Atemzug. Große und breite Brandnarben. Von seinem Hals, über die linke Wange, bis zur Nase war fast alles überzogen mit diesen. Herr Hawen brach den Blickkontakt zu uns ab. Ich erkannte in seinem Gesichtsausdruck, dass man ihn nicht weiter darauf ansprechen sollte. Es war ihm wohl schon unangenehm genug gewesen. Ich lenke schnellstmöglich vom Thema ab. Auch, wenn ich selber, wie jeder andere hier jetzt auch, irgendwie an seiner Geschichte interessiert war.
 

„Ich denke, Sie sollten kurz die Anwesenheitsliste durchgehen und den Unterricht beginnen, für die nächste Klausur muss alles durchgearbeitet sein und die Zeit ist immer knapp.“ Er schaute auf, schmunzelte und nickte. Schnell die Liste in die Hände genommen ging er die ihm neuen Namen durch und sah sich kurz immer den genannten Schüler an.
 

„Ian Richer.“ Als ich reagierte und ´Anwesend´ zur Bestätigung rief, sah er mich an, lächelte und ging die Namen weiter durch. Irgendetwas war an diesem Noël Hawen...
 

Er schien aber ein angemessener Lehrer zu sein. Er nahm sich genügend Zeit für uns, um uns den kommenden Weg bekannt zu machen und das letzte halbe Schuljahr durch diese Schule zu bringen. Man merkte auch langsam, wie die Schüler irgendwie alle gleich reagierten. Die weiblichen Mitschüler konnten ihre Blicke nicht mehr von ihm nehmen weil er diese Art ausstrahlte, die ihn interessant machte, die Männlichen sahen ihn fast als Kollegen an. Vielleicht weil er so jung war? Ich war mir irgendwie nicht sicher... Er strahlte auch irgendwie eine spezielle Sympathie aus, in seinem Lächeln lag immer etwas besonderes und ansteckendes. Na ja, so gut ich das auch als Kerl bewerten konnte, sah er wirklich gut aus.
 

Aber die erste Stunde mit ihm war gut vergangen. Meine Sachen zusammengepackt machte ich mich auf den Weg zum Bahnhof in der Nähe. Wie auch sonst immer stand der Zug schon bereit, fuhr aber erst zehn Minuten später ab, da dies hier seine Anfangshaltestelle war. Meinen Standardplatz im Fahrradabteil, seitlich zu den Fenstern, gefunden und besetzt lehne ich mich bereits erschöpft zurück. Der Schnee wurde immer höher und die Beine immer schwerer, da tat es immer wieder gut sich in einem Zug von A nach B fahren zu lassen.
 

Eine längere Fahrt lag mal wieder vor mir, weshalb ich es mir mal wieder gemütlich machte.
 

Ich steckte mir die Kopfhörer meines Players in die Ohren und verdaute den Schultag. Dieser Lehrer, Herr Hawen, war irgendwie komisch. Allein die Tatsache, dass er so jung war irritierte mich im hohen Maße. So was waren wir nicht gewohnt.
 

Ich spürte aber auch, dass das irgendwie nicht alles ist... Ich versang in Gedanken.
 

Bald hörte ich dumpf durch meine Kopfhörer, wie eine Durchsage meine Haltestelle ansagte und ich machte mich bereit auszusteigen. Mich warm genug wieder eingepackt trabte ich in den Schnee und ab nach Hause, lief also knappe 10 Minuten, mit kleinen Abkürzungen durch den schön bis episch verschneiten Wald.
 

Erledigt fiel ich gerade zu in die Tür der Wohnung und schmiss alles weg, was mich beschwerte. Tasche, Schnee, Jacke, Schuhe, Mütze, Schal, noch mehr Schnee. Doch als ich in das Wohnzimmer ging seufzte ich lauthals. Ein neongelber Zettel lag auf dem Tisch, die Aufschrift war:
 

Hey Ian,
 

gehst du bitte eben einkaufen?
 

Wir geben dir auch das Geld
 

heute Abend zurück
 

Haben dich lieb,
 

Joce und Joan <3
 


 

Toll, gerade hatte ich mich entblättert, da lese ich, dass ich für mich und meine Schwestern einkaufen muss. Genervt und schon fast gestresst zog ich mir wieder Wintersachen über und huschte wieder raus, lief in Richtung Supermarkt.
 

Kurzer Hand einen Wagen genommen überlegte ich, was fehlte und packte alles ein. „Butter... Mehl... Toast und Frischkäse... Shampoo... da war noch was...“ Für einen Moment war ich nicht in meinen lückenhaften Kopfnotizen gefangen, da sah ich ein bekanntes Gesicht im nächsten Gang. Und dieses Gesicht kannte ich seit noch nicht ganz so langem... Es war Herr Hawen.
 

Ich war irgendwie verwundert. Es ist wirklich immer wieder aufs neue komisch einen Lehrer ein Privatleben haben zu sehen... Nun gut, ich packte nebenbei noch einige Sachen ein, behielt ihn aber im Blick. Es wäre mir unangenehm gewesen ihn einfach zu ignorieren oder anzusprechen. Und schon bald sah er auf und erkannte mich. Auch er war kurz überrascht, lächelte dann wieder, winkte und ich winkte zurück. Ich war aber schnell im nächsten Gang verschwunden. Ein Winken reicht, keine weiteren Risiken am ersten Tag eingehen... Sonst kommt das noch aufdringlich, gute Noten durch schleimen heuchlerisch oder so was.
 

Die letzten Utensilien gefunden und letztendlich auch gekauft ging ich wieder zurück nach Hause. Wieder den Schneemassen getrotzt kam ich auch im Warmen an und zog mich ein für alle mal das letzte mal um. Sofort machte ich es mir gemütlich in irgendwelchen Sportklamotten und begann einiges für die Schule zu tun...
 

Nun gut. Der Rest des Tages war nicht so was besonderes... der nächste Tag schien mir von viel größerer Bedeutung...

Erstes Gespräch

Dienstag
 

Aufstehen, fertig machen, etwas essen, auf zur Schule. Es schneite wie bereits angekündigt. Schnee über Schnee. Wie am Nordpol. Bald würde man uns hier auch Inuit nennen. Mit Mühen schaffte ich es in den Zug und dann auch in die Schule.
 

Dann: Unterricht halt. Aber kein Deutsch.
 

Klar war der Rest auch irgendwie wichtig, aber das Neue interessierte mich natürlich mehr... Und ich will ja nur das interessante erzählen.
 

Lange Schule, kurzer Sinn. Ich sah aus dem Fenster und konnte es nicht glauben. Noch immer wurde der Schnee nicht weniger, im Gegenteil. Man konnte schon nicht mehr sagen, ob der Himmel blau, grau, weiß oder pink war, so sehr schneite es. Alles an Kleidung, was ich da hatte, zog ich an, band mir den Schal um und bedeckte fast mein komplettes Gesicht, dazu auch noch Mütze und Handschuhe. Sicher war sicher. Das Gebäude verlassen tat ich alles daran, schnell zum Bahnhof zu kommen und mich erstmal im Zug niederzulassen... der Schnee fuckte mich schon so mega ab!
 

Angekommen stieg ich ein und machte es mir gemütlich, solange der Zug noch Aufenthalt hatte.
 

Ich war gerade fertig mich breit zu machen und am Einnicken, als noch jemand relativ lautstark in den Zug einstieg und fluchte. „Verdammt! Ich hasse Schnee!“, murmelte dieser Jemand gerade so hörbar und als ich diese Stimme vernahm musste ich einfach aufsehen. Denn sie war mir bekannt. Seit gar nicht so langem. „Herr Hawen?“ Ein wenig überrascht sah er zu mir und kam erfreut auf mich zu. „Ah... Herr Richer, richtig?“ „Bitte nennen sie mich Ian, zumindest so lange, bis ich wieder in der Schule bin. Ich hasse das siezen.“ Er lächelte mich an, durch die Maske, welche er wieder trug, ich lächelte eben so. „In Ordnung, Ian. Darf ich mich dazusetzen?“ Ich nickte und setzte mich selber so hin, dass es nicht irgendwie unhöflich oder ähnliches war. Dann sah ich, wie er es sich auch gemütlich machte, auch die Maske wieder abnehmend, und deshalb fragte ich nach. „Wo müssen Sie denn wieder raus?“ Bei seiner folgenden Antwort musste ich grinsen. Seine war auch meine Endstation. Bei der Erweiterung dieses Themas fanden wir heraus, dass wir in der Nähe wohnten. „Dann habe ich ja direkt jemanden gefunden, der mir helfen kann. Ich bin erst seit zwei Monaten hier und mit dem Zug fahre ich eigentlich auch nicht so oft.“ Ich nickte ihm zu, dann verfielen wir kurz in den Moment des peinlichen Schweigens. Tja... wir sahen uns an... schwiegen immer noch... „Also, Ian... wie bist du sonst so in der Schule?“
 

Typisches Thema... aber besser als schweigen. Ich schmunzelte und warf den Kopf in den Nacken. „Ach, na ja... Wenn Deutsch nicht wäre, hätte ich nur Fachoberschulreife. Ich würde mein Abi ohne das verdammte Fach nicht schaffen. Und ganz nebenbei, seien Sie lieb zu mir, wenn Sie bemerken, dass ich mich bei Ihnen einschleime. Ich brauch die Nebenleistungs-Punkte.“ Ich grinste. Boar klang das falsch. „Hm... ja gut, dann werde ich nett sein. Welche anderen Fächer hast du denn?“ „Sozialwissenschaften als Lehrkurs, Mathe als drittes Abifach und Physik als mündliches Abifach. Natürlich als zweiten Lehrkurs Deutsch.“
 

Herr Hawen fuhr sich kurz durch die Haare und schluckte. Ein nachdenklicher Gesichtsausdruck zeichnete sich langsam ab. „Nun... der Schnee ist momentan seeeeeeehr unangebracht. Ich denke, dass mein Bus nach Hause nicht fahren wird... Vielleicht kann ich ja mit zu dir kommen und dir bei der Gelegenheit ein bisschen bei deinen verhassten Fächern helfen? Natürlich nur, wenn du mich einladen würdest.“
 

Ich scheine geguckt zu haben wie ein Elch im Scheinwerferlicht eines UFO's, als ich dies hörte, denn Herr Hawen lachte nun los. Weshalb ich auch ins Stottern kam. „Ja k-klar. Würde mich so-sogar freuen.... äm.. aber... warum lachen Sie?“ So unangenehm wie es ihm war hielt er sich den Mund zu, antwortete mir aber wieder so ruhig, wie er konnte. „Tut mir leid, ich bin es nicht gewohnt auch privat wie ein Lehrer behandelt zu werden. Ich weiß, Lehrer lädt man eigentlich nicht gerne zu sich nach Hause ein. Sehe mich bitte nicht mehr als Lehrer sondern... vielleicht nur als neu gekommenen Schulkameraden oder... na ja... Nachhilfelehrer, wenn überhaupt. Ich werde dich schon nicht für irgendwas außerhalb der Schule bewerten.“
 

Das war es nicht, was mir gerade an diesem Gespräch unheimlich vorkam.... Nun gut...
 

„Also wie gesagt, wenn Sie möchten können Sie mitkommen. Und wenn der Schneesturm aufgehört hat werde ich Sie einfach wieder raus schmeißen.“ Er zögerte, warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu, antwortete dann, aus dem Kontext gezogen treudoof: „Okay. Muss ich dann wohl mit leben.“
 

Endlich wurde unsere letzte Haltestelle aufgerufen und wir machten uns bereit wieder in die Kälte hinaus zu stapfen. Wir hüpften aus dem Zug und liefen einen Waldweg entlang, über einige Straßen und kamen schnell bei mir an. Wir streiften unsere Schuhe an der Fußmatte ab, um den Schnee unter unseren Sohlen los zu werden und ich schloss die Wohnungstür auf. „Bitte, treten Sie ein.“
 

Ein wenig verwundert schaute sich mein 'neuer Schulkamerad' oder 'Nachhilfelehrer' um. „Du wohnst hier? Wie kannst du dir das leisten?“ Ich nahm ihm die Jacke ab und erklärte ihm kurz: „Ich habe ältere Zwillingsschwestern und die arbeiten in so 5 Sterne Hotels als Servicekräfte. Da unsere Eltern nach Amerika mussten, ich aber nicht mitwollte, blieb ich bei den beiden und die füttern mich hier durch.“
 

Ich führte ihn durch die große 4 Zimmer Wohnung und blieb am Ende mit ihm im Wohnzimmer sitzen. „Wollen Sie etwas trinken? Wir haben so gut wie alles da.“ „Vielleicht später, aber mach dir erst mal keinen Stress. Du kannst ja vielleicht deine Fachbücher holen und zu zeigst mir, wo du Schwierigkeiten hast.“ Eilig machte ich mich auf um auch genau so zügig zurück zu sein wie ich meine Sachen holte. Es war mir schon irgendwie unangenehm genug seine Zeit hier für mich zu beanspruchen und mir von ihm sagen lassen zu müssen, ich solle ihn jetzt nicht als Lehrer sehen. Aber eigentlich bot ich ihm Schutz vor dem Wetter, weil sein Bus wirklich nicht fuhr, und er revanchierte sich ja eigentlich nur dafür. Als er sich dann den Stoff der Unterrichtsfächer ansah erzählte er, dass das typische Schwierigkeiten sind, da man ohne sichere Grundkenntnisse einfach nicht durchblicken kann oder wird.
 

Mit einigen Aufgaben, welche er mit gab, wurde mir klar, wo das Problem lag und konnte doch präzise mit ihm alles nachholen. „Siehst du, so einfach ist das eigentlich. Wenn du möchtest und ich noch Zeit habe kann ich auch öfter bei dir vorbei kommen. Dann werden die Sachen sicherer und vor allem in Sozialwissenschaften muss man viele Sachen einfach auswendig lernen.“ „Da... da wäre ich ihnen so dankbar! Aber wollen sie das auch?“ Irgendwie glaube ich kurz an eine Aktion wie im Film 'Bad Teacher', so von wegen Schüler mit guten Noten geben ne kleine Lohnerhöhung. Egal, sollte mir nur recht sein.
 

Er schloss die Augen, verschränkte die Arme und lehnte sich zurück. „Was glaubst du, wenn ich dich schon frage, ob 'du' möchtest?“ Er öffnete wieder ein Auge und sah mich an, grinsend. „Aber... was wollen Sie dafür?“ Verwirrung breitete sich weit in meinem Kopf aus und direkt nach dieser 'Bad Teacher' Theorie zu fragen war mir unangenehm. Herr Hawen lockerte seine Pose, rückte zu mir und legte seine Hand auf meine Schulter. „Ach komm, darüber kann man später mal nachdenken. Mir fällt halt noch nichts ein, aber mal schauen. Vielleicht mal ein gutes Wort beim Direktor oder ähnliches.“ Dann stand er auf, sah aus dem Fenster und bemerkte, dass der Schneesturm nach ließ. Demnach zog er sich wieder Jacke, Schal und Handschuhe an. „Nun gut. Aber wenn da noch was ist, sagen Sie bescheid. Nur nette Worte sagen reicht nicht aus um Ihnen zu zeigen, wie dankbar ich Ihnen sein werde.“ Kurz suchte ich nach einer Mütze und gab ihm diese, er hatte selber keine da. Dankbar und lächelnd wurde jene angenommen, aufgesetzt und die Wohnung mit einem letzten lieben Gruß verlassen. Ich sah ihm noch nach, als er außer Sichtweite war, schloss ich die Tür.
 

Ich konnte mein Glück nicht fassen. Erst ein, wie gewünschter, netter und guter Deutschlehrer, dann ist er jung und ich komme mit ihm gut zurecht und dann will der mir als Nachhilfelehrer helfen! Das konnte einfach nicht wahr sein. So ungläubig wie ich war sah ich noch nach den Sachen, die er mir zeigte, um ein wenig zu lernen und um einiges Später zum Abend hin kamen auch endlich meine Schwestern wieder. „Ian! Wir sind da!“
 

Lächelnd kam ich ihnen auf dem Flur entgegen und begrüßte sie so glücklich wie ich war. „Was ist denn mit dir los, Ian? Ist irgendwas passiert?“ „Was? Nee, alles in Ordnung. Mir geht es nur so gut.“ Sie glaubten mir nicht so recht, aber sie wussten, mich auszuquetschen war schlimmer und schwerer als eine verständliche Erklärung der Integralrechnung. „Nun gut, wir haben eigentlich doch schon spät, oder etwa nicht?“ „Ja, Joan, es ist spät, ich werde jetzt schlafen gehen.“ Wie ein beleidigtes Kind machte ich mich davon, natürlich nur ironisch. Ich hatte es mir eh angewöhnt früh schlafen zu gehen, weshalb es auch relativ selten war, meine Schwestern am Abend zu sehen. Sie gehen dann zur Arbeit, wenn ich ungefähr nach Hause komme und kommen, wenn ich ins Bett gehe. Nun gut, ich machte mich also fertig, bla bla bla, und legte mich hin.

Ganz kurz & Ganz lang

Mittwoch
 

Nun, es geschah nichts besonderes am Mittwoch...

Okay, ich dachte viel über Herr Hawen nach, aber sonst war nichts. Ich sah ihn nicht in der Schule, nicht im Zug und nicht im Supermarkt oder so...

Dann komme ich mal zum Donnerstag.
 


 

Donnerstag
 

Ja, der Donnerstag. Joce und Joan versüßten mir den Morgen, indem sie einfach pennten. Nein, das war nicht böse gemeint, ich gönne den beiden den Schlaf, sie machen immer so viel für mich. Etwas gefrühstückt, und nebenbei was für die Beiden dagelassen, ja außer Geschirr zum spülen, verließ ich dick eingepackt das Haus. Der Schnee ließ ein wenig nach. Er lag zwar noch 40cm, aber es schneite halt nicht mehr. Der Zug fuhr im gewöhnlichen „Deutsche Bahn“-Tempo, ich ging noch den Rest zur Schule und begab mich in den Unterricht. Kein Deutsch, also nichts nennenswertes, und ich fuhr wieder nach Hause.
 

Und wen traf ich wieder im Zug? Herr Hawen. Lächelnd sah er mich und begab sich wieder zu mir. „Hey, Ian. Wie war Schule?“ Ich nickte und erzählte ihm knapp, dass alles in Ordnung sei. Er schien erfreut. „Und... wie sieht es heute mit ein bisschen Nachhilfe aus? Hast du Zeit?“ Wieder nickte ich. Ob wohl ich fast meinen Kopf beim nicken verlor, weil ich sehr doll nickte. Geiler konnte es einfach nicht kommen! „Würde mich freuen! Also wenn Sie Zeit haben...“ Er seufzte mit einem angenervten Unterton. Der war zwar ironisch gemeint, aber ich reagierte, für mich typisch, darauf. „Ja, wenn ich keine Zeit hätte, hätte ich dich nicht gefragt.“ Und wieder sah ich in ihm den Lehrer und es war mir noch unangenehmer als es bei einer anderen Person gewesen wäre. Wie konnte ich auch nur so doof sein?
 

Er drückte meine Schulter und zog mich leicht zu sich. „Hey, ist doch okay. Tut mir leid, wenn ich dir vorkomme, als würde ich dich für dumm verkaufen wollen. Ich habe nichts gesagt. Ja, ich habe Zeit für dich.“ Genau, betone auch noch, dass du für ´mich´ Zeit hast, dachte ich mir. Du hast mich schon derbe verunsichert, schlimmer kanns kaum noch kommen! Nun gut, ich ignorierte das vorgehende Gespräch und ließ mich auf den Versuch, das unangenehme zu vergessen, ein. Er schaffte es mich wieder zu lockern, wir redeten noch über einiges hier und da und letztendlich stiegen wir wieder gemeinsam aus dem Zug aus, zu mir nach Hause gehend.
 

Wie auch schon beim ersten Mal bat ich ihn herein, nahm ihm Jacke und ähnliches ab und wie er schon wusste setzte er sich ins Wohnzimmer.
 

Nach einigen interessanten Gesprächen kamen wir zum eigentlichen Thema, zum meinen Schwächen in meinen Schulfächern. Er beschäftigte sich intensiv mit mir, nahm sich für mich, ohne auf die Uhr zu schauen, Zeit und schien auch selber irgendwie Spaß daran zu haben. Und das, was ich hier erzähle, dauerte schon so seine Zeit... Dafür, dass er beim letzten Mal schon um fünf weg war wunderte ich mich sehr über sein jetziges Verbleiben bei mir. „Oh! Herr Hawen! Müssen Sie nicht los? Es ist schon nach Fünf Uhr! Scheiße, das tut mir voll leid!“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich habe doch jetzt erst als Lehrer angefangen, also habe ich noch keine Klausuren und Arbeiten und Tests zum korrigieren da... Zeit habe ich also schon mal... oder möchtest du mich loswerden?“ „Nein!“ Ich schlug mir die Hand vor die Augen. Wie konnte ich nur so was sagen? Das muss so verdammt dumm rüber gekommen sein... Klar, ist ja auch die typische Masche: ´Oh, schon so spät? Zeit zum Socken bügeln! Würden sie sich bitte verpissen?´ „Scheiße... Ich möchte Ihnen nur nicht ihre Zeit stehlen.“
 

Immer noch hatte ich dieses Lehrerbild im Kopf, weshalb mir diese Situation dreifach so schlimm vorkam. Wie konnte ich so dreist zu ihm sein? Oder zumindest: Wie konnte ich etwas sagen, dass so dreist rüber kam? Ich biss mir auf die Zähne und wollte am liebsten erst mal im Boden versinken, zerplatzen wie eine Luftblase oder verdampfen wie eine Wolke, als eine Hand die meine aus meinem Gesicht nahm und mich zwei tief blaue Augen ansahen. „Tut mir leid, ich wollte nicht sagen, dass du den Eindruck machst, dass ich gehen soll. Wohl eher habe ich das gesagt, weil ich vielleicht dachte, dass ich dir deine Zeit stehle, Ian.“
 

Noch immer hielt er meine Hand, wahrscheinlich weil er wusste, dass sie mir sofort wieder ins Gesicht geflogen wäre. Jetzt war meine vergangene Aussage zwar egal, aber die jetzige Situation! Es sei seine Schuld?! Dann, dass er sich bei mir entschuldigte, weil er meine Zeit stehlen würde! Er! Ein Lehr...
 

„Nenn mich Noël.“ Aus seinem sanften, behutsamen Griff wurde ein fester Handschlag. „Okay? Privat bin ich einfach kein Lehrer. Will ich auch gar nicht sein. Also: Sei nicht so nervös, ich bin jetzt Noël.“ Ich zögerte, konnte auch eigentlich gar nicht so direkt reagieren, was Noël merkte: „Ach komm, lass mal den Mist hier mit Schule und so einfach vergessen. Dann bin ich jetzt einfach ein netter ´Nachbar´, ein Kollege oder so was. Sind doch auch nur 4 oder knapp 5 Jahre unterschied. Also... sollen wir einen... ´geheimen Cut´ machen? Zwischen Schule und Privatleben?“ Er lächelte mich hoffnungsvoll an.
 

Wie kam er darauf, mir so was vorzuschlagen? „Wieso? Wie kommen Sie darauf?“ „Ach, Ich merke, wie unangenehm es dir ist in mir die ganze Zeit den Lehrer zu sehen. Die ober Respekt-Person. Jetzt ist es doch auch schon fast zu spät, jetzt habe ich dich auch schon hier, zu Hause, besucht, begonnen dich zu duzen, alsoooo....“ Ich versuchte einfach mal ruhig zu bleiben. Ich sah ihn also an, versuchte ihn als einfachen jungen Mann zu akzeptieren, ein einfacher junger Mann, mit tief blauen Augen, mit nachtschwarzen Haaren und mit so... Äh, was zu Hölle denke ich hier?
 

„Na ja, aber das Bild des Lehrers werde ich nicht einfach so aus dem Kopf bekommen. Nur das du das weißt... Noël.“ Noël ließ zufrieden meine Hand los. Es war mir irgendwie unheimlich, dass er so viel Interesse zeigte, zumindest schon so früh. Ich war ein Schüler wie jeder andere und dennoch bestand der darauf, dass ich mich nicht in seiner Umgebung unwohl fühlte. Vielleicht lag es wirklich an seinem Alter, vielleicht wollte er doch eigentlich noch kein 'Erwachsener' in dem Sinn sein.
 

Na ja gut, auch wenn dem nicht so wäre, wahrscheinlich hätte ich genau so reagiert. Ich hätte mich so einem eingeschüchterten Deppen auch nicht umgehen können, also versuchte ich ihn nicht mehr als Lehrer zu sehen, was mir erst schwer fiel. Das zu ihm auf sehen war halt noch da, natürlich nicht das 5cm herauf sehen, weil er größer war als ich, sondern dieses ´großen Respekt haben´ und voll höflich sein... Aber ich traute mir zumindest langsam zu ihm mal in die blau... in die Augen zu schauen...
 

Er war mir dennoch irgendwie 100%ig fremd. Ich wusste zwar wie er hieß, ungefähr wo er wohnte... aber er war ein Fremder. Aber wie konnte ich das schnell ändern? Wenn ich es nicht schnell ändern würde, würde ich ihn wieder siezen... „Nun... Was machst du so Privat, außer dich um mich kümmern?“ Noël war überrascht, dass ich ihm diese Frage stellte. Man sah aber auch, dass ihm gefiel, dass ich nach seinem Privatleben fragte. Er fuhr sich durch die Haare und glänzte mich regelrecht an. „Tse, das willst du wissen? Also ich sammle Briefmarken, schaue Liebesfilme aus den 70ern, spiele mit den alten Leuten Bingo und suche nach dem weglosen Weg der Liebe.“ Man hätte echt meinen Blick sehen sollen. Ich wunderte mich, dass ich mir nicht auf die Hose gesabbert hatte. „Wollen Sie... Willst du mich verarschen?“ Noël rückte näher zu mir und fixierte mich, erst mit seinen Blicken, dann mit einem Arm, mit welchem er sich neben meinem Kopf abstützte. „Glaubst du wirklich, ich würde dich anlügen?“ Ich wurde nervös. „Zumindest hoffe ich, dass Sie... du mich angelogen hast. Also sag mir bitte, dass es ein Bluff war... Sonst... ist das halt ein bisschen gruselig... oder nicht?“ Er kam mir noch näher und flüsterte regelrecht: „Gut, dann sage ich dir, dass es ein Bluff war, aber ob ich es auch so meine ist was anderes.“ Und ich schluckte schwer. Grinsend entfernte er sich wieder von mir.
 

Echt, was war er nur für einer? Ich grinste auch einfach mal in der Hoffnung, er wollte mich einfach nur verarschen... Irgendwie stockte mir der Atem. Aber ich wollte immer noch mehr herausfinden. Also über ihn. Aber anders, irgendwie. Also nicht so anders, als... ne?
 

„Na ja, gewöhne dir mal daran, dass ich nun erst mal 'du' sein werde und wir sehen uns morgen in der Schule wieder, haben ja 6te und 7te Deutsch.“ „Oh mein Gott, was für ein krasser Abgang...“ Ich sammelte mich und sah, wie Noël aufstand und in Richtung des Flures ging. „Ach scheiße,“ murmelte ich. „Ich habe es verhauen. Wie blöd kann man sich denn anstellen? Mich sollte man echt als Messlatte für so was nehmen... Geiler Start...“ Mein Lehrer war wieder eingekleidet in seinen Wintersachen, gab mir bei der Gelegenheit auch die geliehene Mütze zurück und holte seine eigene aus seiner Manteltasche. „Nun, wie gesagt, bis spätestens Morgen oder, vielleicht bis heute Abend.“ Nachdenklich schüttelte ich den Kopf und wollte fragen, was er meinte, da ließ er mich dann stehen und verließ die Wohnung. „Heute Abend? Wie meinte er das?“ Während ich so nachdachte, was er damit sagen wollte, bemerkte ich etwas knisterndes in der Mütze. Es war ein Zettel. Ein Zettel mit einer Handynummer drauf. Es war seine.
 

/Kannst dich ja bei mir melden, also so für Termine für Nachhilfe und so ;) /
 


 

Ich konnte mir einen freudigen Ausruf nicht verkneifen. Es war wohl doch alles nicht so schlimm wie ich dachte... Schnell zückte ich mein Handy, speicherte die Nummer und gab natürlich als Name ein: 'Noël'. Vor allem hatte ich dieses Erfolgsgefühl, weil ich... ja, irgendwie war ich stolz darauf, mit einer Autoritätsperson ein so gutes Verhältnis zu haben. Die Freude erst mal verdaut machte ich mich daran mir etwas zu essen zu machen, sodass meine Schwestern auch noch was von meiner Heiterkeit hatten, und, nun, der Rest war mal wieder unwichtig. Bis ich, heute mal sehr über früh, im Bett war. Ich schnappte mir mein Handy und simste kurz die neue Nummer an.
 

[Hey da, hier ist Ian. Melde dich mal wenn
 

du noch Zeit hast.]
 

„Hm, war die Nachricht nicht ein bisschen... zu unangemessen? Ach man, ich soll ihn doch duzen und so, dann muss ich ihm auch so schreiben!“ Ich schickte ab.... wartete dann also... so einige Minuten. Schnell aber gab ich auf. „Hm, vielleicht hatte er doch noch was zu tun... Hehehe, typisch Männer, aber ich werde jetzt nicht beleidigt sein oder beim Klingeln des Handys aufspri...“ Gerade das Ding weggelegt, klingelte es und ich griff schneller danach als ich wahrscheinlich beim erwischen der heiß gewordenen Nachttischlampe 'Aua' geschrien hätte. Nun ja... ich schämte mich kurz dafür, dass ich mich selber verarscht hatte und sah dann die SMS, von ´Noël´.
 

[Guten Abend Ian, klar habe ich noch Zeit,
 

sonst hätte ich ja nicht „Bis heute Abend“
 

gesagt ;) Was gibt es denn?]
 

Erfreut über seine locker gehaltene Antwort schreib ich kurz, was ich ihm nun zurück simsen würde. Ein bisschen überarbeiten hier... das hört sich noch zu blöd an... ach man, kein Lehrer!... Ich war fast so schlimm wie ein Mädchen... Ich schüttelte den Kopf und schickte nun einfach ab, was da stand.
 

[Einerseits wollte ich dir schreiben, damit du
 

auch meine Nummer hast, andererseits...
 

hast du morgen Zeit? Ach mom, erstmal
 

generell, wann hast du ungefähr immer Zeit,
 

also so für Nachhilfe und so was?]
 

Einige Minuten später, seine Antwort. Ich drehte mich einmal im Bett um und öffnete den Text.
 

[Für dich immer ;) Nun, also sonst immer, außer
 

Mittwochs, da habe ich den freien Tag für Lehrer,
 

damit die so Tests und so was korrigieren können
 

und den sollte ich mir immer für Notfälle
 

freihalten. Wie wäre es so mit regulär, wenn wir
 

zusammen mit dem Zug fahren? Wann hast du
 

immer bis zur 7ten? Ich habe immer erst nach
 

der 7ten Schluss alsoooo... ]
 

Seinen ersten Satz gekonnt überlesen, damit ich nicht paranoid werde, tippte ich schnell:
 

[Dienstags, Donnerstags und Freitags. Das passt
 

dann doch sogar^^ Dann weiß ich ja schon mal
 

Bescheid. Aber wenn es mal nicht geht, kannst mich
 

immer anschreiben. Würde ich dir auch nicht
 

übel nehmen XD]
 

Ein bisschen gewartet, ein bisschen im Bett rumgerollt und eine neue SMS:
 

[Sehr gut! Wenn wir das dann regelmäßig halten
 

wirst du auch schnell deine Noten bessern
 

können :D Ich würde echt abgehen, wenn du
 

sichtbar besser wirst! Ich denke mal, ich lasse
 

dich dann wieder in Ruhe, es ist schon spät, du
 

musst heia bubu machen.]
 

Ich nickte verschämt, lächelte und schrieb die von mir aus letzte Nachricht:
 

[Ich würde mich auch freuen wie sonst was!
 

Na ja, spät ist es schon... also gut, ich
 

wünsche dir eine angenehme Nacht und so was.
 

Wir sehen uns Morgen, Herr Hawen :)]
 

Und die letzte aller Nachrichten für diesen Tag versprach mir gute Laune für den Nächsten:
 

[In Ordnung, dann wünsche ich dir auch eine
 

angenehme Nacht und so was, bis Morgen,
 

mein lieber Herr Richer^^]
 

Ich legte mein Handy weg und schlug mein Kissen neu auf. Dann kuschelte ich mich in meine Decke und schlief ein.

Sehr lang und na ja

Freitag
 

Na ja, ich stand halt so wie jeden Morgen auf, zog mich um, aß etwas, packte alles und fuhr zur Schule. So, bis zur 5ten ´normaler Unterricht´, dann Deutsch.
 

Herr Hawen kam wieder mit seiner Maske in den Raum, legte seine Sachen zurecht, lockerte seine Krawatte und bevor er dann seine Maske wieder abnahm, zwinkerte er uns allen zu. Wir alle lächelten zurück. „Ne? Nicht verraten!“ Und mit einem Handgriff sah man wieder sein sympathisches Gesicht. „So, jetzt kann ich Sie auch angemessen begrüßen! Guten Morgen oder, eigentlich ist es dafür zu spät... ach, Sie wissen Bescheid! Hallo.“ Und im Chor kam zurück: „Hallo!“ „Wenn das immer so gut läuft, bleibe ich bei der Begrüßung! Nun gut...“
 

Während wir alle ruhig an einer Aufgabe arbeiteten, ging 'Herr Hawen' an mir vorbei und fragte mich kurz, ob ich Probleme mit der Aufgabe hätte. Nach meinem „Nein“ legte er relativ unscheinbar einen kleinen Zettel auf meinen Tisch... Zum Glück fiel dies niemandem auf, ich saß ganz vorne links, kurz vor Pult. Den Zettel aufgefaltet und gelesen,
 

/Haha, jetzt musst du mich wieder siezen :D/
 

... sah ich ihm hinterher und er grinste mich an. Schnell nahm ich mein Handy und schrieb ihm so zurück, was er auch 'ausnahmsweise' zuließ. Als ich absendete las er die Nachricht in einem günstigen Moment und dann grinste ich.
 

[Ja und? SIE müssen mich auch siezen ;)]
 

Er lief zu seinem Tisch, packte sich einen Zettel und schob mir diesen wieder zu...
 

/Aber es ist schlimmer, wenn du mich duzt als wenn
 

ich dich duze XD /
 

Meine folgende Tat konnte ich mir einfach nicht verkneifen. Ich nickte ihm schon so zu, er ahnte, was nun kam und wirkte demnach auch nervös. Er wollte mir schon panisch entgegenkommen, doch das wäre zu auffällig gewesen. Eine lockere Pose auf meinem Stuhl eingenommen grinste ich noch breiter und sagte dann: „Jo Noël, komm mal her!“ Alle waren plötzlich aufmerksam und wie die Antilopen stellten sie ihre Ohren auf. Er natürlich auch. Panik war in sein Gesicht vermerkt und in seinen Augen stand 'Error'. „Äh... wie bitte, HERR RICHER?“ Aber das wollte ich ihm nicht weiter antun, sollte doch keiner von unserem privaten Kontakt wissen... das war einfach zu gemein. Ich musste fast lachen bei meinem Erfolg! „Ich sagte, Herr Hawen, würden sie mir bitte kurz bei meiner Aufgabe helfen?“ Noël wischte sich den imaginären Schweiß von der Stirn und kam zu mir, sich tief zu mir beugend. „Bist du irre? Du machst mir gerne Ärger, oder?“ „Nein, dass bist du selber schuld. Leg dich nicht mit mir an.“ Bevor er wieder ging klatschte er mir mit der flachen Hand voll vor die Stirn, was mich zu einem lauten Ausruf zwang. Das freute ihn... Nun gut...
 

Ein 'einigermaßen' geregelter Deutschunterricht folge.
 

Gegen Ende dieses Unterrichts verließen alle den Raum, nur ich nicht, denn 'Herr Hawen' ging auch noch nicht. Er packte seine Sachen ein, ließ sich Zeit und als er mich sah, wie ich blieb, lächelte er mich an. „HERR RICHER, wollen SIE nicht gehen?“ Unbeirrt packte er weiter, mich immer noch anlächelnd. „Warum sollte ich einfach gehen, HERR HAWEN? Ich könnte doch genauso gut auf Sie warten und mit Ihnen den Weg zum Zug gehen. Also wenn es Ihnen keine Probleme macht, wenn ich Ihnen Gesellschaft leiste.“ Nun zog er seinen Mantel an, wie auch seine Maske, nahm seine Tasche und klemmte mich regelrecht unter seinen Arm. „Als ob ich etwas dagegen hätte, Ian!“ Ohne das er mich los ließ ging er aus dem Klassenraum, in Richtung Lehrerzimmer, ließ kurz von mir ab um für eine Minute zu verschwinden und als er zurück war sagte er: „Dann lass mal  schnell weiter, der Zug wartet seit meinem Vandalismus nicht mehr freiwillig auf mich!“
 

Durch den Schnee laufend waren wir dann endlich im Zug und machten uns breit. Während wir so da saßen und plötzlich nichts mehr sagten dachte ich darüber nach, wie ich vielleicht dieses Mal ein bisschen mehr über ihn herausfinden könnte. In was für eine Situation könnte ich ihn bringen, in welcher man ihn besser kennenlernen würde... Wenn ich ihn einfach frage, was er so macht, verarscht der mich wieder... ich muss ihn irgendwie in eine ernste Lage bringen... wo er mich ernst nehmen muss... Und am besten sollte ich dann die noch viel interessantere Seite an ihm kennenlernen...
 

Ich grinste innerlich. Meine Idee war vielleicht ein bisschen unmoralisch, aber als ich so genau drüber nachdachte, log ich nicht... Aber meinen Plan sollte ich lieber erst später umsetzten... es sollte wirklich ernst rüber kommen...
 

„Ian? Wir müssen raus, träumst du?“ „Was? Ich? Nein, wieso?“ Ich war verdammt verpeilt, aber ich versuchte es mir nicht weiter ansehen zu lassen. Wir stiegen zusammen aus und gingen zu mir. Wie bereits gewohnt hingen wir unsere Sachen auf und machten es uns gemütlich.
 

„Und? Hast du noch ein bisschen gelernt als ich weg war?“ „Natürlich, was denkst du von mir? Ist doch mein Abi.“ Noël nickte zufrieden. „Gute Voraussetzungen. Aber sei mal etwas zurückhaltender, vor allem im Unterricht, und gönne mir mal meinen Erfolg! Auch wenn ich dich provoziere! Ich bin älter als du und verdiene Respekt!“ Doch ich verneinte eisern. „Nö. Das warst du echt selber schuld! Ich bin der Hund, der bellt UND beißt!“ Er verschränkte die Arme und seufzte. „Na gut, es freut mich sehr, dass du dir so über deine Zukunft bewusst bist und lernst. Über den Rest reden wir ein anderes Mal noch.“ Jetzt war ich auch zufrieden.
 

Ich ließ mir noch einiges von ihm sagen, aber ich wartete nur noch auf einen Moment, in welchem ich meinen im Zug erdachten Plan umsetzen konnte. Noël zeigte mir wieder ein paar Sachen für die Schule, bis ich ihn auf etwas ansprach. „Äm... Noël... kann ich dich mal... so privat... um Hilfe bitten?“ „Klar, was ist denn?“ Ich schmunzelte unsicher. Ich legte mir die Worte zurecht, denn lügen wollte ich gar keines Falles. Dafür habe ich ihn schon zu gern gewonnen. Aber ich musste wissen, wie er reagieren wird. Das war nun nämlich eine echte Herzenssache... „Ich... ich bin da so an einer Person interessiert... ich weiß aber nicht wie sehr ich interessiert bin... Kann normal sein, kann aber.... aber auch sehr sein... Weist du, wie ich das meine?“ „Ich kann es mir vorstellen...“ Er lehnte sich zurück und dachte nach.
 

„Glaubst du, du könntest sogar diese Person... sehr sehr mögen?“ Ich zögerte bei meiner Antwort... Um das klar zu stellen, eigentlich meinte ich ihn als diese Person... daher konnte ich nur so schwammige Antworten geben... wie scheiße das ist nicht lügen zu können! „Ich... ich weiß nicht... ich habe keine Ahnung...“ Das war knapp am Lügen vorbei... aber ´Keine Ahnung´ war immer eine gute Antwort. Bitte Noël, mach doch einfach irgendwas und frag nicht weiter...! „Ich kann ja etwas mit dir ausprobieren... dann kannst du selber herausfinden, wie nah du diese Person an dich rann lassen willst, also wie sehr du sie vielleicht magst. Das, was ich dann aber tun werde, muss aber unter uns bleiben, ich könnte von der Schule fliegen, okay?“ Jetzt war ich baff. Und verwirrt. Und beim genaueren nachdenken wurde ich leicht bis mega schwer panisch. „Was... wie jetzt?“ „... Stell dich mal hin. Und denk nur an diese Person.“ Immer verwirrter tat ich wie er wollte. „Und bleib ganz locker so stehen... Stell dir wirklich vor, ich wäre diese Person und dann, je nach dem, wie weit du mich gehen lässt oder was du dabei denkst, kannst du dir ja etwas zusammenreimen. Hauptsache, du bleibst einfach locker...“ Ich machte einfach mal, wie er sagte, schloss meine Augen, um so zu tun, als ob ich an wen anders denken würde...
 

Er legte eine Hand an mein Kinn und strich mir über dieses, den Hals herab, während er einige Schritte machte, um letztendlich hinter mir stehen zu bleiben. Schon jetzt spürte ich, wie... wie sollte man das sagen? Wie gerne und eigentlich auch uneigennützig er mir helfen wollte und... die Methode war auch etwas eigen... aber so... irgendwie glaube ich nicht, dass er sich um jeden so kümmern würde... zumindest fragte ich mich, würde ich das auch für einen Freund tun? Diese Grenze verschwamm irgendwie immer mehr.
 

Seine zweite Hand legte sich auf die andere Seite meines Halses und fuhr dann mit beiden meine Schultern herab, über den Rücken. Dann rutschte er mit seinen Händen in meine Seiten und fuhr wieder hinauf, über meinen Brustkorb, zu den Schlüsselbeinen, während er das machte versank ich eher in Gedanken, mich alles mögliche fragend, ob ich das machen würde für einen Freund? Würde das auch ein anderer Freund für mich machen? Einer, der mich länger kennt? Oder... würde ich das eigentlich überhaupt mit mir wirklich machen lasse, wenn ich doch echt in der Situation wäre? Oder wie weit würde ich das kommen lassen...? Wie weit... würde er gehen?
 

Ich achtete eigentlich nicht mehr auf das, was er tat, aber ich merkte doch, wie er mit seinen Händen wieder meinen Oberkörper herab fuhr, als der danach aber den Weg wieder hinauf wollte, war er unter meinem Hemd. Seine Hände waren warm, fast schon heiß...Mein Hirn war auf einmal abgeschaltet und ich konnte mich nicht mehr bewegen. Ob es eine Schockstarre war oder so.. ich wusste es nicht! Noël legte seinen Kopf auf meine Schulter und ich fühlte seinen Atem an meinem Hals. „Du scheinst diesen Jemand wirklich nah an dich ran lassen zu können... oder zu wollen...“, sagte er und ich hörte an seinem Tonfall, wie er grinste. Man hörte es einfach und das half mir bei meiner Bewegungsunfähigkeit gerade kein bisschen, im Gegenteil. Wollte ich ihn wirklich so weit an mich heran lassen?? Oder was hinderte mich gerade daran 'Schluss aus Ende' zu rufen? Meine Atmung wurde total flach, es war ein bitterer Schmerz in der Brust, als ob mein Herz auf einmal langsamer schlagen würde. „Scheiße...“, murmelte ich so laut ich konnte, was anscheinend aber nur ein stummer Ausruf blieb...
 

Er hielt aber nicht an, er ließ seine Finger wieder herabgleiten... sehr langsam... sehr weit hinab... zu weit hinab. Ganz langsam und behutsam rutschten sie in meine Hose.
 

Doch bevor er wirklich 'so' weit ging, hielt er an. „Ian?“ Ich reagierte nicht. „Ian?“ Er trat wieder vor mich und sah mir in die wohl leeren Augen. „Ian? Scheiße, was hab ich gemacht?“ Als ich mich immer noch nicht bewegen konnte, nahm er mich in seine Arme. Doch noch immer rührte ich mich keinen Zentimeter. Ich saß irgendwie in einer Starre, die mich nicht mehr los ließ. „Ian, tut mir leid, dass ich übertrieben habe! Ich hätte das nicht machen dürfen... irgendwas hat mich einfach getrieben und dann... ach Scheiße!“ Er sah mich wieder an, und ich sah ihn an. „Bitte, bitte vergiss, was ich getan habe! Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist... Ich wollte dir nicht irgendwie...“ Noël legte seine Hände an meine Wangen und hob meinen Kopf an, dass ich die paar Zentimeter Unterschied zu seinen Augen herauf sah. „Ian, sag bitte was...“ Ich öffnete zwar meinen Mund, aber es kam kein Ton heraus. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und somit brach ich den Blickkontakt ab und schaute zur Seite. „Es.... es geht gleich wieder...“ Mir die Stirn haltend stellte ich mich ans Fenster und atmete durch. Er folgte mir. „Das... das hätte ich nicht machen dürfen, wirklich nicht. Ich hab keine Ahnung was in mich gefahren ist. Also wenn ich gehen soll, dann...“ „Nein, geht gleich wieder...“ Das war mir echt zu krass gewesen. Ich weiß nicht, ob man so was in solchen Situationen sagen kann, ohne das man was falsches denkt, aber irgendwie war ich wie Wachs in seinen Händen gewesen... Das hört sich scheiße an... aber irgendwie war das wahr... Verdammt...
 

„Aber.... aber das war jetzt nicht...“ „Nein Ian... frag nicht, lass uns das einfach vergessen...“ Ich nickte. „In... in Ordnung. Ich... versuche es zu vergessen... es war ja auch nichts...“ Ich wand mich ihm zu und lächelte so gut ich konnte. Er ebenso. „Dann... versuchen wir einfach mal dort weiter zu machen, wo wir aufgehört haben, also bei der Nachhilfe und so... Ich hoffe, dass es aber nicht irgendwie umsonst war... es wäre schade... aber... nicht... ich meine... okay... egal...“ Wir setzten uns wieder und fuhren so gut wie möglich mit den Übungen fort, was uns aber schrecklich schwer fiel, vor allem ihm.
 

„Scheiße... ich bekomme nicht mehr aus dem Kopf, was ich dir angetan habe... ich...“ Ich stand auf und lief schon direkt in Richtung Küche, während er noch redete. „Willst du Kaffee? Oder Tee? Du musst nur sagen welchen.“ Nun stand er auch auf und folgte mir, blieb wieder hinter mir stehen, als ich Wasser heiß machte. „Ian. Ich meine es ernst. Mir geht es schlecht deswegen. Du klangst so wirklich hilflos als du gefragt hast und... ich wollte nur helfen...“ „Noël, ist okay... lass es uns vergessen, wirklich. Du bist jetzt nicht mein Lehrer also sage ich dir auch so: Es ist okay, du brauchst kein schlechtes Gewissen haben oder sonst was. Kann ja mal passieren.“ Nun gut, eigentlich passierte es nicht so oft, dass ein Lehrer, oder so was, einem Schüler so nah kommt, aber egal...
 

„Dann... dann danke ich dir dafür, dass du... nun... so nachsichtig mit mir bist. Ich werde auch aufpassen, was ich und wie ich dir sonst mal was antue. Also nicht so.... ne? Echt, keine Ahnung, was in mich gefa...“ „Ja Noël, Kaffee oder einen Tee?“ „Hagebutten Tee. Danke.“
 

Jetzt sah ich ihn auch nicht mehr so als Lehrer.... So was sollte ja auch nie zwischen Schüler und Lehrer vorkommen, auch wenn er eigentlich mein Lehrer war... Aber gerade eigentlich nicht.... vielleicht war die Aktion doch nicht so schlecht.... also nur in der Hinsicht! Ich drehte mich ihm zu und sah ihm in die irgendwie traurigen Augen. Dann erwiderte er meinen Blickkontakt fragend. Ich sah ihn wirklich nicht mehr als Lehrer... dennoch war er irgendwie über mir. Ich hatte schon noch das Gefühl, dass er halt 'erwachsener' war als ich... aber....
 

„Ist noch irgendetwas?“ Ich starrte ihn immer noch an. „Oh, nein, sorry. Hier, dein Tee.“ Die Tasse an ihn übergeben tranken wir noch in Ruhe etwas und redeten so ablenkend wie möglich über den nächsten Tag. „Wenn du mir nicht misstraust oder so kann ich Samstag, also ich meine morgen auch noch mal vorbei schauen. Die Situation ist jetzt eigentlich schlecht zum weiterlernen, oder?“ „Na ja, könnte besser sein. Wie wäre es denn mit... 14 Uhr?“ „Wäre gut.“ Wir nahmen einen Schluck und schwiegen synchron. „In Ordnung. Dann packe ich wohl eben die Sachen zusammen.“ Er leerte seine Tasse und ging zurück ins Wohnzimmer. Ich blieb aber und sammelte mich noch immer. Ich war einfach verwirrt, überfordert, konnte mich und das was war nicht einordnen...
 

Und schon war Noël zurück. „Ich... ich weiß ja, wo die Tür ist. Dann, wir sehen uns.“ „Ja, wir sehen uns.“ Mit einem lieb gemeinten Winken verließ er die Küche, und zuletzt hörte ich die Wohnungstür. So, jetzt hatte ich Zeit mich zu sammeln.
 

Ich öffnete den Küchenschrank und nahm eine Schachtel heraus. Eigentlich rauche ich nicht, ich tue es wirklich selten, und genau in solchen Momenten. Also wirklich selten... Mir auch noch einen Tee gemacht verschwand ich auf dem Balkon und machte mir die Zigarette an. Wann hatte ich meine letzte? Vor einem halben Jahr? Ich meine es war noch länger her.
 

Ich paffte ein wenig und seufzte in den Schnee. Ich ließ noch mal die ganze Sache vor meinem Auge im Schnelldurchlauf vorbeiziehen und sortierte es in eine Abteilung in meinem Kopf ein, welche ich mich nie wagte wieder anzudenken. „WTF? Das war nicht echt gewesen, oder?!“ Ich war noch glücklich kaum etwas in dieser Schublade gehabt zu haben... und nun?
 

Wieder zog ich an der Zigarette und schüttelte den Schnee aus meinen Haaren. „Es war letztendlich gar nichts, es hatte keine Bedeutung, also kann man es vergessen. Ich versuchte es also zu vergessen.“ Ich nahm einen weiteren Atemzug voll mit Nikotin und damit einen weiteren Atemzug Beruhigung. Das reichte nicht, direkt noch einen. „Okay, es war nichts, zumindest nichts schlimmes, ich war einfach nur willenlos in den Händen meines Lehrers. Alles in Ordnung... Was eine Zigarette so alles ausmacht...“
 

Den letzten Zug genommen schnippte ich den übriggebliebenen Filter weg und blies eine letzte graue Wolke in die kalte Luft. Und ab wieder ins Wohnzimmer.
 

In diesem angekommen sah ich, dass ich eine SMS bekam, als ich rauchen war. Natürlich war sie von Noël...
 

[Hey Ian, noch mal, das hätte ich nicht
 

machen dürfen. Das sollte also unter uns
 

bleiben und am besten einfach vergessen
 

werden. Ich fühle mich echt beschissen seit
 

der Sache. Schreib mir bitte zurück.]
 

Und ab da wurde mir irgendwie klar, dass ich für ihn mehr war als ein einfacher Schüler. Er hatte ein so tief schlechtes Gewissen wegen mir. Mir war die Sache schon fast egal, aber er konnte es sich nicht verzeihen... nun, ich schrieb ihm erst mal zurück.
 

[Hey Noël, ich habe gerade den Schock
 

verdaut, also ist alles wieder in Ordnung.
 

Zerbreche dir wirklich nicht mehr den Kopf
 

wegen der Sache. Ich hab einfach so
 

komisch reagiert, das ist alles. Hab mich nur
 

erschrocken, mehr nicht. Also... ist okay.]
 


 

Ich habe nur sehr kurz gewartet, da bekam ich eine kurze Nachricht zurück.
 

[Kann ich dich kurz anrufen?]
 

Verwirrt wie ich war antwortete ich ganz kurz einfach [Ja] und wartete darauf, dass er mich anrief. „Was wollte er nun von mir?“ Mir diese Frage stellend ging ich schon ins Schlafzimmer und zog mich um, während er mich dann anrief.
 

„Hey Noël, was ist denn los?“ „Ich wollte dich noch mal hören, weil schreiben, dass alles in Ordnung sei ist einfach... Aber wenn ich störe, dann leg einfach auf.“ „Nein nein, tust du schon nicht, sonst hätte ich ja nicht geschrieben, dass du anrufen kannst.“ Mit einigen Schwierigkeiten hüpfte ich in eine gemütliche Hose und schmiss mich dann auf das Bett, ab unter die Decke. Kacke war das kalt. Aber irgendwie wärmte Noëls Stimme mich auf. Nun gut, warum auch immer...
 

„Also... Dann lass ich dich mal wieder in Ruhe. Tut mir leid.“ Seine Stimme war ein wenig rauer am Telefon. Hätte ich nicht gewusst das er es war, hätte ich Probleme gehabt ihn wiederzuerkennen. „Ian?“ „Was? Ja, ist okay. Vergessen wir das. Ist nie gewesen. Ich habe dich nie gefragt wegen dem Mist und so. Alles nicht gewesen und jetzt mach dir keinen Kopf mehr drum!“ Er zögerte. „Okay, dann... dann habe ich das nie gemacht...“ „Nein, nicht 'du hast das nie gemacht', sondern 'ich habe nie gefragt'. Es war meine Schuld.“ Er seufzte. „Es war eigentlich niemals deine Schuld aber okay, du hast nie gefragt. Nochmals danke für deine Nachsicht.“ „Noël! Hör auf!“ Nun seufzte ich. „... ich wünsche dir eine gute Nacht, Noël, und... bis morgen.“ „Bis morgen, Ian. Schlaf du auch gut. Und halte dich warm, ich will mir keine Sorgen machen müssen.“ Jetzt hörte er sich wieder ein bisschen anders an, aber nun eher nach Noël... „Ich werde mein bestes tun. Bye.“ „Bye.“
 

Wir legten auf.
 

Ich sammelte mich wieder, wollte aber nicht schon wieder eine Rauchen gehen, auch, wenn mir dies gut getan hätte. Der Anruf holte einiges wieder hervor was ich gerade gar nicht gebrauchen konnte. Im Bett liegenbleibend packte ich erst mein Handy weg und schnaubte. Mehr passierte auch nicht mehr...
 

Also... dann kam der Samstag.

Unnützer Tag

Samstag
 

Ja ja, keine Schule. Ich habe also bis ungefähr 11:30 Uhr geschlafen. Hab da erst auf die Uhr geschaut. Ich hatte einen komischen Traum... Ich hatte irgendwas in meinen Händen gehalten und wollte es beschützten und bin vor irgendwelchen Leuten geflohen... Ich bin durch versteckte Gänge gelaufen, bin durch schmale Schächte gerutscht, habe versucht mich in einem Zimmer voll mit Hochbetten zu verstecken und bemerkte dann irgendwann, dass ich in einem riesigen Haus war, welches aussah wie ein riesiges edles Puppenhaus... Keine Ahnung... Irgendwie so was... Aber mir gefiel der Traum... Ich glaubte zwar nicht an Traumdeutung und so, aber der Traum hatte bestimmt eine Aussage...
 

Nun gut, ein bisschen über den Traum nachgedacht und mein Frühstück bereits angefangen kamen meine Schwestern aus ihrem Zimmer und sahen mich verschlafen an. „Hey Ian, na? Gut geschlafen?“ „Ja klar. Und ihr?“ „Wir auch.“ Mit einem Lächeln setzten sie sich zu mir an den Tisch und aßen einiges. Ich kam in meinen Plänen durcheinander...
 

Ich hatte schon die letzten Tage darauf aufgepasst, dass meine Schwestern Noël nicht kennenlernten, da sie sich sonst was denken würden... aber nach der Sache von gestern würde ich sogar lieber nackt über die Straße laufen als die drei aufeinandertreffen zu sehen. Noël mit seinem schlechten Gewissen, die Beiden mit ihrer Neugierde. „Wer bist du? Was machst du? Bezahlt dich Ian? Oder was macht er als Gegenleistung? Wollen wir überhaupt wissen, was er als Gegenleistung erbringt? Und wenn wir es nicht wissen wollen, schämst du dich dann nicht? Ja, wir reden auch mit dir, Ian! Ian! Ian?“ Ich schüttelte mich und war wieder in der Realität. „Ian? Was ist los mit dir? Nicht ausgeschlafen?“ „Was? Doch... eigentlich schon... hab nur nachgedacht.“ Joan kam mir näher, als wolle sie durch meine Augen in meinen luft- und hirnleeren Raum schauen wollen. „Darf ich fragen, über was du nachgedacht hast?“ Ich kam ihr näher. „Emanzipationsproklamation und Salami im ganzen Stück.“ Und sie distanziert sich von mir. „Ein ´nein´ hätte mehr als gereicht.“ Ich stehe auf, nehme mein Besteck und sage eiskalt wie der Wind am heutigen Morgen: „Es existiert ein Interesse an der generelle Relation der Applikation relativ primitiver Methoden komplementär zur Favoisierung adäquat komplexer Algorithmen.“ Und ihre Antwort war: „Ein einfaches ´leck mich am Arsch´ hätte auch gereicht.“ Nickend packe ich alles in die Spüle und war wieder in meinem Zimmer.
 

„Was soll ich denn nun machen? Soll ich das für heute absagen? Ich will auch Noël keine Probleme machen... wenn die beiden die Geschehnisse hier irgendwie raus finden würden, sie würden ihn bestimmt halb tot schlagen. Oder ihn zumindest melden... Mir ist klar, dass sie sich nur Sorgen um mich machen...“ Während ich mir immer wieder auf meine Unterlippe biss griff ich nach meinem Handy. „Soll ich oder soll ich nicht?“ Ich schrieb einen Text und schickte ihn einfach ab.
 

[Hey Noël.... Ich habe vergessen,
 

dass meine Schwestern heute den ganzen
 

Tag zu Hause sind und ich befürchte, die
 

würden uns beiden nicht gut tun. Vor allem
 

dir nicht. Können wir in ein Café gehen?
 

Ich nehme auch die Rechnung auf mich
 

wegen der Umstände. Liebe Grüße, Ian.]
 

Ich ging in meinem Zimmer auf und ab und sah immer wieder auf das Display. Bis ich eine SMS zurückbekam.
 

[Ja klar, wenn du mir dann vllt erklären
 

kannst, was genau da mit deinen Schwestern
 

los ist... Ich hole dich einfach um 13:30 Uhr
 

vor eurer Tür unten ab. Ich klingel auch nicht,
 

ich warte bis du raus kommst. Bis gleich,
 

Noël.]
 

Erleichtert schmiss ich mich auf das Bett. Ich dachte irgendwie, dass etwas schief gehen würde...
 

[Kann ich machen, aber denk bitte nichts
 

falsches. Bis gleich.]
 

Wieder das Zimmer verlassen sagte ich Joan und Joce, dass ich gleich weg sei. Bevor die fragen konnten, wo ich gleich sei, watschelte ich schon in die Waschküche um meine Kleidung zu holen. Bei meiner Rückkehr saßen mir die Beiden direkt an meinen Versen.
 

„Ian, wo willst du gleich hin?“ „In ein Café.“ „Mit wem?“ „Mit einem aus der Schule“ Und gelogen hatte ich nicht... „Wie jetzt? Mit einem Kerl?“ Oh, shit, in was habe ich mich da schon wieder verrannt?? „Äm... ja? Wieso?“ Joan schlug die Hände über ihrem Kopf zusammen. „Man geht doch nicht mit einem Kerl in ein Café! Was soll der denn denken?“ „Ja, verrate du es mir, was soll der denn denken?“ „Ja, dass du was von dem willst? Mit einem Kerl in ein Café...?“ „Joan, mach den Kopf zu und pack das Klischee wieder in die Kiste. Selbst wenn ich mich mit ihm bei mir im Zimmer ALLEINE treffen würde, würdest du das sagen, also ist okay jetzt.“ Ich wand mich ab und verschwand wieder in meinem Zimmer, bevor Joan wieder irgendwas sagen konnte. Ich hörte aber noch, wie Joce mit ihr redete.
 

Schon 12:45 Uhr. Klamotten raus gelegt und dann im Bad verschanzt wurde ich immer wütender auf meine Schwester. „Was denkt die denn von mir?“ Noch in aller Ruhe geduscht und sonst noch alles gemacht kleidete ich mich ein und sah wieder auf die Uhr. Noch eine viertel Stunde.
 

Haare geföhnt, ein wenig gestylt und dann aufgeräumt. Noch 5 Minuten. Ich wollte schon mal gehen, als mich doch noch mal Joan erwischte. „Ian, so war das nicht gemeint, weißt du doch.“ „Ja ja, ist gut.“ „Ian. Ich mache mir nur Sorgen!“ Ich schaute sie noch mal an und meinte: „Ich bin alt genug, um mich muss man sich keine Sorgen mehr machen. Zumindest in dieser Hinsicht nicht.“ Und ich verließ die Wohnung. Noël stand schon da. „Hey Ian.“ „Hey Noël. Tut mir leid wegen der Umstände.“ Er legte seinen Arm um mich, zog mich nah heran und sagte: „Ist doch gut. Ich mache mir keinen Kopf um die Sache von gestern und du nicht um die Umstände. Ist doch auch mal was anderes. Solange du ein Café kennst, in welchem bestimmt kein Schüler oder Lehrer ist.“ „Keine Sorge. Das Risiko gehe ich nicht ein.“ Wir gingen los, noch immer hatte er seinen Arm um mich und so verließen wir auch das Haus. Ich befürchtete, dass Joan oder Joce nun aus dem Fenster sah und mich bei meiner Rückkehr ausfragen wollen würde. Aber vorerst war ich in Sicherheit, weit genug weg.
 

Endlich in der Stadt angekommen und einen Platz zum bleiben gefunden bestellten wir uns etwas und ich erklärte ihm erst mal die Lage mit meinen Schwestern. „Seit meine Eltern in Amerika sind passen sie natürlich auf mich auf und sie machen sich auch immer Sorgen um mich. Und sie würden mich bestimmt komisch anschauen, wenn sie wissen würden, dass du mir umsonst Nachhilfe gibst. Weil... nun die denken schon ab und zu an sehr krasse Sachen...“ Er wendet seinen Blick ab. „Noël? Was ist los?“ Schnell sah er mich wieder an, griff nach seinem Getränk und murmelte gerade so hörbar: „Na ja, lieber zu viele Sorgen machen als dann denken, warum haben wir das nicht kommen sehen?“ Diese Aussage machte mich sehr nachdenklich. Er schien sehr Verständnisvoll, was ich eher weniger erwartet hatte. Ich wäre ausgerastet, wenn die Schwester eines Kollegen so was gesagt hätte... „Ich würde mir auch sehr Sorgen machen, wenn du dich unerwartet irgendwie... eingeschüchtert benehmen würdest... und wenn du dich mit wem triffst, den du vorher nie erwähnt hättest... Ist schon beirrend...“ „Ich glaube, du machst dir eh immer um mich Sorgen, Noël.“ „Du hast Recht. Ich halte meinen Mund.“ Wir tranken einen Schluck.
 

„Wie geht es dir denn insgesamt mit der Situation?“ Ich zuckte mit den Schultern und nahm direkt noch einen Schluck zu mir. „Nun... so Geheimnisse... die verunsichern mich schon sehr... aber na ja... so was gibt es irgendwie immer im Leben...“ „Tut mir leid, Ian. Also wenn ich dir Schwierigkeiten mache. Wenn dir das zu viel wird... sag einfach Bescheid. Dann lasse ich dich in Ruhe. Das letzte, was ich wollte, ist dir Probleme machen. Ich steigere mich da einfach zu sehr in was rein.“ Ich warf fast meine Tasse auf den Tisch zurück, denn was er sagte, sprach gegen alles und jeden. „Nein! So habe ich das nicht gemeint. Bleib bei mir!“
 

Öm... was habe ich da gesagt? Noël wollte auch wieder einen Schluck nehmen, sah mich aber nun genau so überrascht an wie ich es war. Seine Augen waren unglaublich weit geöffnet. Der Blick unterstrich mein Gefühl von „WTF“. Wieder schlug ich mir meine Hand vor die Augen. „Ey, was laber ich hier?“, fragte ich mich leise und hätte meinem Kopf am liebsten ein Meeting mit dem Tisch organisiert. „Fuck!“ Doch genau so wie das andere Mal, wo ich dies tat, nahm mir Noël die Hand sanft aus dem Gesicht und sah mich mit seinen blau.... mit seinen Augen halt an. „Ian. Ist okay. Ich... ich bin froh, dass du das gesagt hast, weil ich... eigentlich auch nur ungern gehen würde... danke, dass du so viele Probleme auf dich nimmst... auch für mich...“ So, wie er meine Hand hielt legte er sie auf den Tisch, ließ sie aber nicht los. Und das wurde aufmerksam von den Leuten um uns herum beobachtet, mit einem ähnlichen „WTF“-Blick. Und das merkten wir beide jetzt erst.
 

Panisch ließen er mich los und wir setzten uns sofort voneinander abgewandt hin. Wie künstlich das war! Schlimmer konnte es nicht kommen! „Was war das denn? Das war doch jetzt ein Scherz, oder?“ Ich schaute mich um. Und dann sahen alle weg. „Nein, war es anscheinend nicht...“ Und dann sah ich zu Noël. Er hielt sich die Stirn und fuhr sich dann durch die Haare. „Es ist nichts gewesen...“ „Genau, nichts gewesen...“ Und wir beide tranken synchron, schweigend und uns nicht ansehend. Irgendwann trafen sich doch wieder unsere Blicke. „Und jetzt?“ „Keine Ahnung.“ Wieder sahen wir weg. Doch das sollte nicht so bleiben.
 

Jetzt ließ Noël Taten sprechen. Er leerte seine Tasse, warf zwanzig Euro auf den Tisch, packte mich am Handgelenk und zog mich von dem Café weg. „Noël? Was ist los?“ „Die gucken alle so, da habe ich kein Bock drauf.“ Ich ließ mich dann einfach von ihm durch die Stadt ziehen, wehren konnte ich mich eh kaum. „Aber wo willst du jetzt hin?“ „Einfach weg.“
 

Letztendlich landeten wir auf einer Bank mitten in der Stadt. Sie war überdacht und demnach war es hier gut auszuhalten. Noël warf sich hin, so wie ich. Sein Tempo war schrecklich gewesen. Ich war außer Atem, wie er. „Super Aktion, Noël.“ „Sorry, ich befürchtete, dass wir weiter angestarrt werden. Das wollte ich dir ersparen.“ „Wie lieb von dir.“
 

Es war schon relativ dunkel. Jetzt waren wir halt einfach auf einer Bank, warum nicht? „War ja jetzt doch nicht so ein toller Tag, oder?“ „Nein, irgendwie nicht... alles nur wegen meiner Schwestern... tut mir leid.“ „Schon okay. Nächste Woche wird besser.“ „Genau.“ Schweigend saßen wir dann da. Es wurde wieder peinlich. Ich schlug die Hände auf die Beine. „Na ja. Ich denke, wir sollten wieder zurück... Ist schon irgendwie dunkel und kalt und alles.“ „Soll ich dich wieder nach Hause bringen?“ Ich schaute ihn kopfschüttelnd an. „Bringen? Bin ich ein kleines Kind? Ich kann auch alleine nach Hause!“ Aus Protest stand ich auf und marschierte rücksichtslos los. „Ian! Warte...“ Er stand auch auf und versuchte meinem Schritttempo gleich zu werden, auch wenn ihn das Mühen kostete. „Dann frage ich so: Soll ich dich wieder nach Hause begleiten?“ Ich wurde langsamer und lächelte ihn an. „Da gegen hätte ich nichts.“ Wieder legte er den Arm neckend um mich und lief wieder mit mir so durch die Gegend. Ich dachte ein bisschen, er wollte mich verarschen oder so, aber dies war wohl ein falscher Gedanke. Eher wärmte er mich, so kam es mir vor, nach dem er schon eine nennenswerte Strecke mit mir gegangen ist...
 

Als wir vor dem Haus standen, sah ich zu dem Fenster meiner Schwestern herauf. Ich sah niemanden. So ein Glück. „Soll ich noch bis zur Tür mitkommen? Oder ist das Risiko zu hoch?“ Noël nahm seinen Arm von mir und steckte seine Hände in die Manteltaschen. „Ich denke, ich bin dir schon dankbar genug mich bis hier her begleitet zu haben. Danke, Noël.“ Er nickte und reichte mir seine Hand. „Dann... wir sehen uns.“ „Werden wir.“ Ich nahm den Handschlag zum Abschied an, schloss die erste Tür auf und trat ins Haus ein, einmal noch zurückschauend. Noël ging aber schon wieder, also machte ich mich weiter auf den Weg zur Wohnung. „Was würde ich jetzt nur meinen Schwestern sagen, wenn sie mich auf ihn ansprechen würden?“ Nervös schloss ich die letzte Tür auf und war zu Hause. Sie standen schon mal nicht im ersten Raum hier, um mich sofort zu konfrontieren... Als ich ins Wohnzimmer kam, um zu sagen, dass ich zurück sei, saßen die beiden nur da.
 

„Hey ihr. Ich bin zurück.“ „Dann ist gut. Wir essen auch gleich.“ Mehr nicht. Verdutzt blieb ich im Türrahmen stehen. „Das Essen brauch aber noch was, also kannst ruhig noch in dein Zimmer.“ „Äm, ja klar. Okay.“ Ab ins Zimmer.
 

Den Rest des Tages gab es nichts mehr. Wir aßen alle zusammen und irgendwann legte ich mich schlafen.
 

Gegen 23 Uhr empfing ich noch eine SMS.
 

[Hey Ian, wir werden uns mit Pech
 

erst am Dienstag sehen, weil am
 

Montag eine Besprechung ist und alle
 

Schüler nach der 4ten Stunde frei
 

haben. Ich wünsche dir bis dahin
 

erholsame Nächte und gute Träume.
 

Bis dann, Noël.]
 

Danach konnte ich bis Sonntag durchschlafen.

Die Folgen und die Folgen der Folgen

Sonntag
 

Es geschah nichts. So sind Sonntage nun mal.

Ich spüre nur, wie ich über den Tag immer schwächer und kaputter wurde. Ich schlief zu Mittag, was nur kurz meine Energielosigkeit verschwinden ließ... aber ob sich das bis Montag wieder legte...
 


 

Montag
 

Nein, mir ging es immer noch so. Mein Wecker schien mir irgendwie viel zu früh zu schellen. Ich war so kaputt. Jede Bewegung war schwerfällig und träge. Ich war wie von einem Wal begattet. Einfach platt. Aber Schule war Schule.
 

Ich stand auf, machte mich fertig, duschte heute ausnahmsweise etwas länger, weil das warme Wasser richtig gut tat, und aß etwas. Und dann ging ich zum Zug, fuhr, stieg wieder aus und war dann irgendwann in der Schule.
 

Mir fiel das Konzentrieren so schwer. Ich sah immer und immer wieder auf die Uhr, doch die Zeit verging langsamer als sonst. Der Zeiger schien festzuklemmen. Er kam einfach nicht von der Stelle. Und meine Augen wollten immer wieder zu gehen. Und ich hatte irgendwie Druck im Kopf. Als ob ich Tauchen würde oder von Kissen umgeben wäre. Ein bisschen schwindelig war mir auch zunehmend geworden. Ich war anscheinend leicht erkältet. Aber es war noch zu ertragen. Alle mal. Es wurde zwar nicht besser, aber egal.
 

Noch eine Stunde Unterricht. Und danach noch eine. Zum Glück keine Hauptfächer. Müde, ich wurde immer müder und träger und anfälliger auf laute Geräusche...
 

Und endlich war die Schule zu ende, nach der 4ten Stunde, wie Noël sagte. Ich lief so schnell ich konnte zum Zug, ich wollte unbedingt wieder sitzen, weil ich eh schon so kraftlos war. Ich dachte, ich sammel jetzt noch alles in mir und liege dann halbtot auf den Sitzen...Aber wie schwer das war. Noch immer hatte ich diesen Druck im Kopf, bekam eigentlich gerade mal so mit, was um mich herum geschah und wollte einfach nur im warmen sitzen. Ich zog die Mütze und meinen Schal weiter in mein Gesicht und rieb meine Hände. Gleich hatte ich es geschafft. Aber umso näher ich meinem Ziel kam, desto länger kam mir der restliche Weg vor... Meine Schritte waren wie automatisch, im Trancezustand lief ich immer weiter.
 

Endlich war ich doch angekommen. Ich trat in den Zug ein und setzte mich hin. Und dann wurde mir kalt. Als ob die Kälte durch meinen Kragen in meine gesamte Jacke geströmt wäre. Oder wurde mir doch wärmer? Ich konnte es nicht mehr definieren. Aber mein Kopf glühte, das wusste ich... Ich konnte nicht mehr... Ich schloss einfach meine Augen und lehnte mich zurück in der Hoffnung, dass alles gleich wieder gut sein wird.
 

„Ian?“ Ich atmete tief ein um meinen Blick zu erheben und die Stimme zuzuordnen. „Noël?“ „Ian? Was ist mit dir los?“ Ein Lächeln kam mir unaufhaltsam über die Lippen und ich kippte ein wenig zur Seite. „Ich bin nur müde. Geht gleich wieder. Ich brauche nur ein bisschen... warum bist du schon hier?“ Im nächsten Moment lag eine angenehm kalte Hand auf meiner Stirn. Am liebsten wäre ich einfach eingeschlafen. Die Hand war so schön kalt. „Bist du verrückt? Du hast Fieber!“ Noël setzte sich neben mich und hielt meinen Kopf sanft aufrecht. „Seit wann geht es dir so?“ „Seit.... seit gestern Abend...“ „Warum kommst du dann in die Schule!“ Mein Kopf sank wieder und er legte seinen Mantel um mich. Allmählich bemerkte ich, dass ich zitterte und mir wurde wirklich kalt. „Ian, was machst du nur?“ Noël nahm mich in seine Arme und drückte mich. „Sag du mir mal, was du schon hier machst...? Ich dachte, da wäre eine Besprechung...?“ „Nur Einteilung neuer Kurse für die Kinder in der Unterstufe, damit habe ich nichts zu tun. Man, wenn ich nicht so früh da weg gegangen wäre... Mensch, Ian.“
 

Ich nickte einige Male ein, zumindest bekam ich wieder meine Umgebung nicht so richtig mit, bis wieder unsere Endhaltestelle aufgerufen wurde. Bevor ich aufstand, stand Noël auf, hing sich meine Tasche um und kniete sich mit dem Rücken zu mir hin. „Ich trage dich nach Hause. Keine Widerrede. Sonst packe ich dich gewaltsam, das verspreche ich dir.“ Hitze stieg in mir hoch, ihm war klar, dass ich das nicht gemacht hätte, wenn ich bei klarem Verstand gewesen wäre, aber ich tat wie er sagte. Mit seinem Mantel um meinen Schultern nahm er mich Huckepack und sprang kurz auf, um mich sicher tragen zu können. Dann stieg er mit mir aus.
 

Ich legte meine Arme um seine Schultern und mich fast komplett auf ihn drauf. Er trug mich zwar durch die Kälte und sonst wo her, aber ich fühlte mich wohl. Vielleicht weil ich einfach so müde war und mir langsam warm wurde, aber mir ging es in diesen Momenten gut. Einen Mantel als Decke, behutsam getragen und es war Noël. Ich wusste nicht warum, aber die Tatsache, dass er es war, beruhigte mich sehr. Wirklich sehr...
 

Ich wurde wieder wach, als er stehen blieb und in meiner Tasche kramte. Meine Schlüssel klirrten und er schloss die Haustür auf. Die Treppen trug er mich auch noch hinauf und schloss die Wohnungstür zuletzt auf. Die letzten Meter.
 

„Pass auf, ich lass dich jetzt runter.“ Ganz vorsichtig ließ er mich auf das große Sofa herab und setzte sich kurz darauf neben mich. Ich atmete tief durch, ich war zu Hause. Endlich. „Wie geht es dir? Soll ich dir noch schnell was geben?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein, geht schon. Danke dir. Danke dir für alles. Ich schaff den Rest schon.“ Er nickte. „Wann kommen denn heute deine Schwestern? Ich will mir nicht lange Sorgen um dich machen müssen.“ Er stand bereits wieder auf, legte meine Tasche noch eben ab und ich gab ihm seinen Mantel wieder, welchen er direkt anzog. „Heute Abend, gegen 22 Uhr, ungefähr.“ Dann sah er mich ungläubig an. Er beugte sich zu mir herunter, packte mich an den Schultern und sagte: „Vergiss es!“ Daraufhin schmiss er seinen Mantel auf mich, zog Schuhe, Schal und Pullover aus und meinte noch: „Dann bleibe ich bis ungefähr 21 Uhr.“ Sofort setzte ich mich auf, zumindest so schnell ich konnte wohl gemerkt, und protestierte: „Was? Nein, das- das kannst du nicht machen. Ich meine, geh einfach, ich erhole mich eh in der Regel schnell also.“ „Nein, ich bleibe. Wo sind denn Decken und Kissen und so? Was ist mit Medikamenten? Welchen Tee soll ich dir machen?...“
 

Alles drehte sich, genauso wie meine Gedanken. ...Danke, aber nein, oder doch, eigentlich gerne, aber nicht so lange und nicht einfach so, vielleicht morgen, oder lass, geht schon, glaube ich, brauche nur eine Decke, reicht dann auch schon, oder... „Noël, das kannst du doch nicht machen! Ist- ist schon okay...“ Ich wollte ihm hinterher, aber er kam mir zuvor und drückte mich zurück ins Sofa. „Nein, sag mir, wo die Sachen sind und dann ist gut.“ „Ich, äh...“ Er war schon wieder weg und schien mein Schlafzimmer gefunden zu haben. Voll bepackt kam er wieder und legte mir schon alles zurecht. „Hier, Kissen, Decke, hab auch was aus dem Schrank genommen, kannst ja nicht in Straßenklamotten hier rumliegen. Ich mache dir einen Tee und du ziehst dich um.“ Und er war wieder weg, in der Küche.
 

Da er irgendwie Recht hatte zog ich mich auch um und wollte ihm dann folgen, aber ich war wirklich total schwach, ich kam kaum von der Stelle. Ein Gefühl von Erfolg überkam mich, als ich in der Küche an kam. „Noël, ist schon gut... ich schaffe das schon.“ Wo er mir gerade heißes Wasser in die Tasse schüttete, hätte er mich bestimmt am liebsten in jene gesetzt. Angenervt sah er mir in die Augen. „Du schaffst es aber noch besser mit Hilfe, also ab zurück aufs Sofa.“ „Nein, ist okay jetzt.“ Ich griff nach der Tasse, doch Noël nahm sie mir weg. Aus dem Nichts packte er mich, entschuldigte sich bei mir und trägt mich auf seinen Armen zurück zu meinem neuen Bett. Geschockt blieb ich auch in diesem. „Hatte er mich gerade...?“ „Ich mache dir jetzt einfach einen Kamillentee.“
 

Er kam zurück, mit der Tasse und setzte sich zu mir. „Bitte, nimm einfach meine Hilfe an. Wenn du mich hier auch noch rausjagen willst, geht es dir schlechter und du erholst dich nicht und ich werde mich länger um dich kümmern müssen.“ Noch immer war ich völlig bescheuert im Kopf, weil er mich gerade noch einfach so durch die Wohnung trug. Auf seinen Armen, als ob ich nichts wäre. Aber... eigentlich war ich doch sehr viel, also für ihn. „Okay... Dann mach was du willst.... danke...“ „Trink ein bisschen.“ Ich tat wie er sagte. Dieser Satz war bestimmt der Satz des Tages. Ich tat wie er sagte. Fing ja schon mal gut an...
 

„Mir ist so warm...“ Ich schnaubte und schlug um mich, um die Decke los zu werden. Noël kontrollierte kurz meine Temperatur, nahm wieder seine Hand von meiner Stirn und schmunzelte. „Sorry, aber du musst erst mal zugedeckt bleiben. Du hast Fieber und das nicht ohne Grund. Fieber ist ein Temperaturanstieg im Körper, welcher die Bakterien und Viren abtöten soll, die du dir eingefangen hast. Damit du schnell wieder Gesund wirst solltest du dich trotzdem noch warm halten. Aber ich kann dir einen kalten Umschlag machen.“ Er stand wieder auf, verschwand im Badezimmer und kam zurück, mir einen kalten Waschlappen, welchen er auf meine kochende Stirn legte. Ein befreiendes Zischen kam von mir und ich bedankte mich, schon wieder.
 

„Schlaf auch am besten ganz viel, dann kann dein Körper die Energie auf die Genesung konzentrieren und nicht darauf, dich über meine Dickköpfigkeit aufzuregen.“ „Ist ja gut. Aber... bau bitte keinen Scheiß hier.“ „Wie könnte ich?“ Ein lächeln von ihm und.... Ich tat wie er sagte. Ich schlief ein wenig. Ich vertraute ihm einfach mal. Wie konnte ich auch gerade anders? Ich war zu schwach um ihn raus zuschmeißen. Ach egal.
 

Einmal wurde ich wach und das einzige was ich sah war ein schlafender Noël. Er hatte sich zwar den Fernseher an gemacht, aber er schlief. Er war einfach im sitzen eingeschlafen. Ich musste fast laut lachen, aber mein Kopf ließ dies nicht zu. Es drückte und pulsierte da oben. Der kalte Umschlag war auch jetzt auf 40°C erwärmt...
 

Ohne das Noël es merken sollte stand ich mal wieder auf, nahm den warmen Lappen von meiner Stirn und wandelte ins Badezimmer. Erst wusch ich mich kalt, so kalt wie es ertragbar war, und dann wusch ich den Lappen. Ich bekam ihn einfach nicht so kalt wie ich es wollte, er schien immer zu warm zu sein. Ich gab aber nicht auf, bis sich auf einmal zwei Hände in meine Seiten legten und jemand mich durch den Spiegel besorgt anschaut. „Was ist los?“ „Noël, schlaf doch wieder, mir war nur wieder so warm und der Umschlag war auch wieder warm und alles und so.“ „Warte mal.“ Er ließ mich los, seine Hände aber strecke er nach vorn, unter meinen Armen durch, nahm den Lappen und machte so, wie er für richtig hielt.
 

„So, gehst du jetzt wieder von allein aufs Sofa oder muss ich dich doch wieder tragen?“ „Ich hatte eigentlich eh vor wieder aufs Sofa zu gehen, keine Sorge.“ Ich nahm mir den Umschlag wieder und drehte mich um, ihn so anlächelnd, dass er verstand, dass ich ihn darum bat, mir den Weg frei zu machen. Doch was er tat, entsprach nicht meinem Willen. Er beugte sich weit herab und... ja was tat er dann? Denk nichts falsches, er warf mich auf seine Schulter und trug mich wieder weg. „Du siehst mir zu krank aus, überanstrenge dich nicht.“ „Tue ich nicht, glaube es mir. Lass mich runter.“ „Gleich.“ Und er legte mich auf dem Sofa wieder hin. Ganz vorsichtig. Er blieb über mir gebeugt und grinste mich an. Ich grinste zurück und legte mir brav den Lappen auf meine Stirn. „So, ist gut jetzt, oder?“ Er nickte. „Jopp. Jetzt ist gut.“ Und er setzte sich wieder zu mir.
 

Gähnend und wieder unter der Hitze leidend schob ich die Decke weg und wedelte mir die Luft unter mein T-Shirt. „Ich schlaf gleich wieder ein, sonst ertrage ich das nicht... kannst du auch machen, also wieder. Ich wollte dich auch eigentlich gar nicht wecken.“ „Ich? Ich habe gar nicht geschlafen.“ Ich schmunzelte. „Hast du nicht?“ „Nein.“ Aber wie ich sah, konnte ich ihn anscheinend leicht mit meinem Gähnen anstecken. Einer meiner Kissen warf ich ihm zu, einfach nur, weil es angebracht schien. „Dann schlaf halt jetzt.“ „Wenn du das sagst mach ich das mal.“ Und so taten wir auch. Die letzten Stunden noch.
 

„Hm? Oh, Noël, es ist schon fast halb 9. Verdammt ist das spät.“ „Ich weiß.“ Als ich mich aufsetzte und meine Umgebung endlich erkannte, saß Noël gar nicht mehr bei mir. Er lief durch die Wohnung und schaute kurz um die Ecke. „Was... was machst du?“ „Ich habe dir und mir neuen Tee gemacht. Deiner steht schon da.“ Ich sah die Tasse auf dem Tisch und nahm sie. „Äm... danke. Eigentlich wüsste ich nicht, was ich den heutigen Tag ohne dich gemacht hätte.“ „Ist schon okay, ich habe eh nichts besseres zu tun und ich habe dich echt gern, ich lass dich nicht mit so einer Grippe bei dem Wetter allein.“ Wäre mir nicht schon vorher so warm gewesen würde ich jetzt sagen, ich wäre rot geworden. Versunken in diesem Gedanken bemerkte ich erst spät, dass er plötzlich vor mir hockte und mich anlächelte, so wie schon den ganzen Tag. „Ich hoffe, du brauchst erst mal nichts mehr. Wenn doch noch was ist, ruf mich an, ich bin so schnell ich kann bei dir.“ Ich sah weg. „Ist doch okay jetzt. Komm mir bitte nicht so nah, du... du könntest dich anstecken und das will ich nicht.“ „Ich werde mich nicht anstecken, keine Sorge. Also, schlaf noch ein bisschen.“ „Mach ich und jetzt geh!“ Er fuhr mir langsam durch meine Haare, nickte und ging in Richtung Flur. Ich fiel zurück und packte mir den heruntergefallenen Lappen wieder auf die Stirn. „Au Scheiße...“ „Ciao Ian, pass bitte noch auf dich auf.“ „Ja, ist ja gut.“ Und das Schloss der Wohnungstür klickte. Jetzt war mir schlecht. Ich war allein. Ich strampelte die Decke komplett von mir weg und trank den Tee. Irgendwie fühlte ich mich jetzt hilflos. Noch fast eine Stunde. Und die Tasse war nun leer. Egal, eigentlich passierte nichts mehr.
 

Meine Schwestern kamen irgendwann an, sahen mich erschrocken und kümmerten sich noch um mich. Ich schlief die Nacht auf dem Sofa, es war mir so angenehm geworden. Also: Dienstag.

Und der Höhepunkt... also meiner Krankheit

Dienstag
 

So ein Glück, ich schlief bis fast 12 Uhr durch. So ein Pech, jetzt wusste ich, welche Viren ich mir anscheinend eingefangen habe. Mein Hals war wie eine einzige offene Fleischwunde, tief und schmerzhaft. Ich traute mich gar nicht überhaupt einen Laut von mir zu geben, dies hätte mich bestimmt umgebracht oder so! Ich stand auf und ging taumelnd ins Badezimmer. Ein Zombie war im Spiegel. Scheiße, das war ja ich. Mein Gott.
 

Erst einmal kalt gewaschen, ich gurgelte kaltes Wasser und ließ mir heißes Wasser in die Wanne ein. Was mich meine Halsschmerzen quälten! Das war echt unglaublich. Ich badete so lang wie das Wasser warm war und dank meines noch immer anhaltenden Fiebers war das schon so eine lange Zeit. Aber es half mir kaum. Das aus der Wanne kommen und anziehen machte die Entspannung wieder komplett weg.
 

Als ich dann in der Küche war, lag da ein Zettel von meinen Schwestern.
 

Hey Ian, du hast so lieb geschlafen, da
 

wollten wir dich nicht wecken. Wir
 

hoffen, du erholst dich noch gut. Pass
 

bitte auf dich auf Schatzi!
 

Haben dich lieb,
 

Joan und Joce
 


 

Ich nickte und dachte an sie als ich mir einen Tee machte. Wie gut mir jetzt der warme Tee tun wird, dachte ich. Mit der Tasse und dem kleinen gut riechenden Teebeutel ging ich zurück zu meinem Schlafplatz. Man, was sollte ich nur den ganzen Tag machen? Ich war so hilflos... und schwer gelangweilt. Den Fernseher angemacht und ein wenig getrunken versuchte ich wieder zu schlafen, träumen war interessanter als hier rumgammeln und ich würde mich bestimmt im Schlaf besser erholen als sonst wie. Ich wälzte mich hin und her, einerseits sollte ich mich ja warm halten, andererseits war mir schon so unerträglich warm. Ich schaffte es aber mit Decke zu schlafen, auch, wenn ich sie letztendlich nur umarmte.
 

Die Wohnungstür fiel ins Schloss. Verballert und verschlafen setzte ich mich auf und sah nach, wer da war, es war noch so früh. „Joan? Joce? Warum habt ihr schon so...“ „Sorry Ian.“ Und völlig überrascht und auch irgendwie überfordert sprang ich auf. „Noël? Was machst du denn hier? Wie bist du hier rein gekommen?!“ Er warf seine Jacke auf das Sofa, lockerte seine Krawatte, knöpfte einige Knöpfe seines Hemdes auf, stand dann vor mir und gab mir ungeniert einen Kuss auf die Wange. „Ich freue mich auch dich zu sehen.“ „Was zur Hölle?!“ „Man, du glühst ja noch mehr als gestern! Leg dich wieder hin!“ Und er drückte mich behutsam zurück auf meinen Schlafplatz. Und jetzt merkte ich, wie sehr mein geistesabwesender Ausruf meinen Hals ruinierte. „Scheiße,“ kam noch so hörbar aus meinem Mund heraus. „Ian, was ist los?“ Ich schüttelte den Kopf. „Ist es so schlimm oder willst du es mir nicht sagen?“ Ich zeigte ihm zwei Finger. „Zweiteres? Du willst es nicht sagen?“ Ich nickte. „Warum denn das?“ Genervt nahm ich mein Handy und schrieb, was los war. Er las es laut. „Weil ich erst wissen will, warum du hier nen Schlüssel hast und weil ich nicht will dass du dir Sorgen machst, ist schon okay.“ Er tippte was ein und gab mir das Handy wieder.
 

[Ich habe mir den Schlüssel aus eurem
 

Schlüsselkasten genommen, weil ich
 

mich um dich kümmern wollte, wenn
 

ich von der Schule komme und du weißt,
 

ich mache mir immer Sorgen um dich.]
 

Ich sah ihn noch viel genervter an, schnappte mir demnach mein Handy wieder und keuchte: „Ich kann dich schon noch hören, ich habs nur mit dem Hals.“ „Dann sei doch ruhig. Damit habe ich aber schon gerechnet.“ Noël kramte in seiner Tasche herum und holte Medikamente raus. Drei ganze Packungen und Flaschen. „Was hast du denn mit mir vor? Bist du jetzt auch Chemielehrer oder wie?“ „Ich habe gesagt sei ruhig. Hier, das hier ist gegen Entzündungen im Hals. Bitte nimm das ein.“ Einige Blicke auf das geworfen, was er mir da gab, gab ich es ihm sofort wieder zurück. „Das ist doch Antibiotika! Ich nehme so was nicht, wenn ich es nicht selber verschrieben bekommen habe!“ „Ian, sieh das nicht so eng. Ich will doch nur, dass du schnell wieder gesund wirst. Und wenn du den Hals entzündet hast und das gegen Halsentzündungen ist, dann ist das doch richtig so. Bitte.“ „Nein?!“
 

Ich stand wieder auf und ab in die Küche, neuen Tee machen. Um zu zeigen, wie gut ich eigentlich auch ohne ihn zurechtkommen würde fragte ich ihn laut: „Willst du auch einen Tee?“ Der Schmerz gerade war es mir wert. Er sollte wirklich merken, dass ich mich sträubte weiter seine Hilfe anzunehmen. „Lass gut sein Ian.“ Plötzlich stand er hinter mir. Ich drehte mich erschrocken, doch er sah mich total kalt an. „Lass es nicht darauf ankommen, wenn du so weiter machst wirst du noch an deinen Halsschmerzen zu Grunde gehen. Das wird noch schlimmer, wirklich.“ Das merkte ich schon, aber ließ es mir nicht anmerken. „Ich halte das schon aus. Ich bin schlimmeres gewohnt...“ Relativ eingeschüchtert, weil er so direkt an mir stand, wand ich mich wieder ab. Mir wurde unangenehmer Weise wieder ganz warm, heiß sogar und der Druck in meinem Kopf wurde wieder stärker, aber ich ließ es nicht anmerken. Ich konzentrierte mich noch darauf ganz normal zu bleiben. Solange, bis ich wieder auf dem Sofa war.
 

Ich goss das heiße Wasser in die Tasse, legte den kleinen Beutel in diese und ging, oder taumelte, zurück. Einen Schritt vor den anderen, ganz ruhig... gleich hab ichs... Geschafft! Ich war wieder auf dem Sofa, und das ohne zu stolpern, etwas zu verschütten oder zu sterben! Man war ich gut. „Siehst du? Alles in bester Ordnung.“ Und wie müde ich jetzt war, nach dem ich die Konzentration so in mir zusammenkratzte... Noël blieb stehen, verschränkte die Arme und seine Mine blieb vollkommen kalt. Schnell sah ich weg und legte mich wieder hin. Sein Blick hatte mich voll eingeschüchtert... „Ich schlafe jetzt noch ein bisschen und dann ist gut. Also... gu- gute Nacht!“ Die Decke bis unter mein Kinn gezogen schloss ich einfach meine Augen, aber ich hörte noch, wie sich Noël den Sessel am Kopfende des Sofas zurecht schob und dann platz nahm. Sollte mir egal sein. Ich sah immer wieder mal nach ihm, verfiel bald langsam aber sicher in einen Dämmerzustand und war im Halbschlaf.
 

Ganz nebenbei in diesem Halbschlaf bemerkte ich, dass ich total im Arsch war. Ich versuchte durch den Mund zu atmen, denn mein Hals fühlte sich ganz unausstehlich kalt an, als ich durch die Nase atmete. Den Umständen entsprechend keuchte ich dadurch. Ich war aber so müde, dass mir das egal war, ich konnte das eh nicht realisieren. Mir war auch noch so unerträglich warm. Ich schwitze sehr, was leider nicht half. Wie ein Hochofen, auf welchen man Eiswürfel schmiss, so viel brachte das...
 

Aber irgendwann legte sich eine kühle Hand in meinen Nacken und ich beruhigte mich. Sie lenkte mich ab und senkte zumindest ein wenig meine Überhitzung, strich mir die Haare aus dem Nacken und fuhr mir vorsichtig über die Schultern. Ich entspannte mich und schlief dann komplett ein.
 

Dabei wurde mir gar nicht bewusst, dass es Noëls Hand war...
 

Verhältnismäßig früh wachte ich aber wieder auf.
 

Ich dachte, wenn ich jetzt meinen Mund öffnen würde, würde mein Kehlkopf und meine Mandeln Tschüss sagen und herausspringen. Also merke: Schlaf zum Auskurieren von Halsschmerzen ist verdammt schlecht, wenn man durch den Mund atmet... wer hätte das gedacht... Ich wohl im Schlaf nicht...
 

Aufgesetzt hielt ich mir meinen Hals und schluckte so viel wie ich gerade konnte, um die Schmerzen vielleicht mit Speichel oder so zu lindern. Aber es tat sich nichts. Panisch umgeschaut gab Noël mir meinen Tee, schmunzelnd, denn er erwartete mein Leiden.
 

Ich trank. Ich trank eine Menge. Mein Hals war nicht mehr so rau, aber dennoch tat es abnormal weh, vor allem als ich trocken schlucken wollte um den Schleim los zu werden. Wenn man Lippenlesen konnte, verstand man meinen verzweifelten stummen Ausruf. „Scheiße.“ Noël verstand ihn. Er stand auf und stellte sich neben mich, nahm die von mir abgelehnte Medizin und deutete an, dass ich doch eine Kappe zu mir nehmen sollte. Doch ich verneinte wieder. Er schüttete schon die Flüssigkeit in den kleinen Messbecher und hielt ihn mir hin, doch ich drehte meinen Kopf weg. „Ich hab gesagt, ich will das nicht nehmen, solange es mir nicht verschrieben wurde.“
 

Noël sah mich wieder eiskalt an, als ich mich wieder zu ihm zurück drehte. Dann, ohne irgendwie zu Zögern, ließ er das Antibiotika in seinen Mund laufen, schluckte es aber nicht herab. „Noël? Was machst du?“ Verwirrt wie ich erst mal war setzte ich mich richtig auf, sodass ich in nächsten Moment hätte aufstehen können. Doch bevor ich eine Antwort bekam drückte er mich wieder in die Liege, kniete sich über mich, stütze sich mit einer Hand, direkt neben meinem Kopf, ab und mit der anderen hielt er mich am Kinn fest. „Noël? Was...?“ Mit meiner aufzubringenden Kraft versuchte ich irgendwie aus dieser Lage zu kommen, ich wusste ja gar nicht, was hier ab ging. Er ließ sich aber immer weiter zu mir herab und verhinderte jedes Abwenden von mir. „Noël!? Hör auf, was soll das? Bitte, hör auf...!“
 

Ich traute mich nicht ihm in die Augen zu sehen, ich wollte nicht noch unsicherer werden, als ich eh schon war. Solange ich ihm nicht in die Augen sah sah ich auch nicht, dass er dies hier tat... Ich wollte auch eigentlich nicht, dass er das hier tat... Mir reichte schon so vollkommen, dass er die ganze Zeit so kalt zu mir sah... Man, was war hier los? Warum tat er das?
 

„Noël...?“ Er war kurz davor... nun... mir sehr nahe zu kommen, mein Herz pumpte und pumpte, er neigte seinen Kopf, aber ich entriss mich noch eigentlich knapp seinem Griff und rutschte hervor, sprang sofort vom Sofa. Da stand ich, als ob mich ein Auto fast angefahren hätte. „Noël! Ich... ich nehme das Zeug schon, aber selber... o- okay?“ Jetzt gefror mir mein Blut, sein Blick was so krass kalt und gleichgültig, dass mir ganz ganz ganz anders wurde. Er ging dann einfach weg, ins Badezimmer, und spuckte alles aus, was er eben zu sich nahm. Ich konnte nichts anders und ließ mich auf den Sessel fallen. Wie gerne ich jetzt eine geraucht hätte......
 

„Das war doch nicht ernst gemeint, oder? Das hätte er doch nie durchgezogen...“ Bevor ich wieder in Gedanken versinken durfte ich nicht vergessen das Antibiotika nehmen, sonst... ja, keine Ahnung, was sonst... Ich öffnete die Flasche, sah kurz, wie viel noch drin war und nahm einen sehr kleinen Schluck. Dadurch nahm ich zwar weniger zu mir als ich eigentlich sollte, aber egal. Verdammt schmeckte das scheußlich! Eine Mischung aus Listerine, dem Zungen-Mundspühlungs-Killer, und Zuckerwasser mit einem Schuss mehr Listerine. Und das hatte Noël die ganze Zeit im Mund? Ich schüttelte mich bei dem Gedanken. Noël kam zurück.
 

Ich wagte es mich nicht ihn anzusehen. Er war mir fast schon irgendwie fremd geworden. Mein Kopf lag auf dem warmen Kissen und ich zog die Decke bis über meinen Mund hoch, ihn so gut wie mir möglich war ignorierend. Als Noël sich wie eben auf den Sessel setzte wand ich mich noch weiter weg. Kein Risiko eingehen. Ich seufzte wegen der Hitze unter dieser Decke und wieder legte sich die kalte Hand in mein Genick.
 

Mein Augen wechselten ihren Fokus immer wieder von Tisch zu Fernseher zu Fenster und zurück. Wie sollte ich jetzt reagieren? Erst macht er das, jetzt ist er wieder so und gleich wieder anders?Nervosität. Viel davon. „Ian, schau mich mal an.“ Zögernd... ja.... mal wieder, tat ich wie er sagte, langsam und eingeschüchtert. Meine Augen ragten aber gerade so über das Kissen um ihn anzusehen. Am liebsten wäre ich weggerollt, eigentlich wollte ich ihm nicht unbedingt in die Augen schauen, nicht nach der Sache. Deshalb sah ich auch wieder weg, rollen wäre aber echt zu unhöflich gewesen „Du willst bestimmt sagen, dass ich das selber schuld war, oder?“ „Schone deinen Hals, Ian.“ „Nein.“ „Soll ich das morgen noch mal versuchen, weil dein Hals sich nicht erholt, weil du redest?“ Ich schluckte und mir wurde unwohl. Wie unnötig diese Frage war... also eigentlich. Mir wurde echt unwohl. Hoffentlich reichte mein Schweigen als Antwort.
 

„Kann ich dir noch was gutes tun?“ Ich verneinte wortlos. „Bist du sicher?“ Ich bejahte wortlos. Was sollte ich auch machen? Leise stammelte ich: „Ich schlaf einfach noch ein bisschen,“ und dann war gut. Auch er machte es sich gemütlich und gab kein Wort mehr von sich.
 

So wie er gerade war schien das alles doch nur eine Finte gewesen zu sein. Die Sache so sehend ging es mir schon besser. Aber er kam mir wirklich nah. Vielleicht war es doch keine Finte? Mit der anderen Ansicht ging es mir wirklich viel besser. Puh... es war nicht so, wie es aussah. Und wie geil sich dies anhörte... Die typische Aussage schlecht hin: Es war nicht so, wie es aussah.
 

Der Rest des Tages war schnell weg, also es tat sich zumindest nichts mehr. Ich schlief, das Antibiotika war sehr stark, und währenddessen verschwand Noël. Ich danke ihm immer noch für diesen Abgang. Dann kamen irgendwann meine Schwestern, weckten mich, kümmerten sich um mich und dann nächster Tag.
 

Und wie ich noch zugeben musste, ich nahm noch etwas von der bescheuerten Medizin.

Und keinen Tag ohne ihn

Mittwoch
 

Ich wurde geweckt. Um... 9 Uhr. Indem die Tür fiel ins Schloss. Verschlafen und vercheckt setzte ich mich auf, mir durch die Haare fahrend. „Huh? Was... Noël?“ Und um die Ecke kam er, Noël. Kurz nachgedacht schüttelte ich mich und fragte verwundert und krächzend: „Was machst du denn schon wieder hier?“ Meine Halsschmerzen waren ein wenig erträglicher geworden, dafür hatte ich Schleim im Hals. Demnach war ich heiser. Aber lieber so als anders.
 

Noël warf seine Tasche neben das Sofa, genauso wie seine Jacke, schüttelte den Schnee aus seinen Haaren und zog seinen Pullover aus. „Heute ist doch Mittwoch, mein freier Tag.“ Meine Decke weggestrampelt und mich einmal gestreckt setzte er sich neben mich und sah mich erwartungsvoll an, denn er wusste, ich würde ihn jetzt noch was fragen. „Aber du hast doch gesagt, dass du eigentlich deinen freien Tag zu Hause verbringen willst. Was machst du dann hier?“ Er ignorierte meine ein bisschen bösen und krass verwirrten Tonfall, kontrollierte kurz mein sehr gesunkenes Fieber und packte einige Sachen aus seiner Tasche aus wie Bücher und Hefte. Wollte er hier arbeiten oder wie? „Glaubst du wirklich ein freier Tag sei mir wichtiger als du es bist? Hältst du mich für einen Unmensch?“ „Nein, aber mir geht es besser und du kannst ruhig zu Hause in aller Ruhe arbeiten.“ Ich hörte mich an wie ein Kettenraucher. Das war schon irgendwie lustig. „Willst du mich rausschmeißen?“ „Kann ich gar nicht, du hast einen Wohnungsschlüssel.“ „Nimm ihn mir doch ab.“ „Was?“ Ich sah in schmunzelnd an.
 

Er zeigte mir den einzelnen Schlüssel, hielt ihn mir auch kurz vor die Nase und stecke ihn sich dann langsam und tief in die linke Hosentasche. Sollte mein Griff wirklich in die Richtung gehen? Dachte er sich so, ich fiel da aber nicht drauf rein! „Bleib doch wo der Pfeffer wächst! Ich greife dir nicht in die Hosentasche. Auch, wenn es dir gefallen würde! Perversling!“ Noël grinste breit. „Okay, bleiben ist zwar nicht so schön wie... aber auch eine gute Option.“ „Was...?“ Ich schluckte einfach mal das Ende meiner Aussage. Denken war gerade auch keine gute Idee aber na ja. Themawechsel. „W- was machst du denn jetzt?“ „Unterricht für die 5er, 6er und für euch vorbereiten.“ Die Bücher flogen über den Tisch, Textmarkerdeckel ebenso und einzelne vollgeschriebene Blätter schmiss er immer wieder weg oder zumindest in die ungefähre Richtung des Mülleimers. 3 Meter unterschied nahm ich ihm nicht übel.
 

Ihm einige Minuten über die Schulter geschaut fiel ich doch irgendwann in meine alte Position zurück und lag schwitzend doof da. Ich wedelte mir wieder Luft unter mein Shirt und stand dann auf, lief in die Küche und kam mit zwei Tassen Tee zurück. Eine Tasse Kamillentee, eine Tasse Hagebutte. „Hier, vielleicht stecke ich dich doch noch an.“ „Danke, aber es reicht doch schon, dass ich mir so Sorgen um dich mache. Da musst du dich nicht auch noch um mich kümmern.“ Er trank ein wenig und arbeitete dann intensiv weiter, mir aber noch mal dankend den Kopf tätschelnd.
 

Ich legte mich wieder hin und schloss einfach mal die Augen. Noch ein bisschen Schlaf und die Krankheit an sich wäre weg, ich müsste nur noch die Entzündung in meinem Hals loswerden. Und dank Noël wäre das kein Problem. Auch, wenn ich dies nie laut zugegeben hätte. Mein Hirn fuhr also herunter und ich tauchte in bescheuerte Träume ein.
 

Irgendwann wachte ich wieder auf und ich starrte zur Zimmerdecke. Mir war so verdammt ekelhaft warm! Die mich noch zudeckende Decke schnell los geworden wedelte ich wieder Luft unter mein Shirt. Es wurde nicht besser weshalb ich laut seufzte. Ich wusste nicht, ob ich mich bewegen sollte, um von meinem erwärmten Platz zu kommen oder liegen bleiben um mich nicht durch Bewegung weiter zu erhitzen... Mein Shirt dann bis Brusthöhe hoch gezogen und meine Arme über meinem Kopf gestreckt versuchte ich allein durch den Gedanken an etwas kaltes etwas an Körperwärme zu verlieren. Noël kam aus der Küche und sah mich verwundert an. „Bist du jetzt gar?“ Nicht über diesen Witz lachen könnend streckte ich ihm die Zunge entgegen und machte einfach meine Augen zu. „Ist dir so warm?“ Grinsend stützte er sich mit einem Arm an der Rückenlehne des Sofas ab und ließ sich ein wenig zu mir herunter um mich daraufhin sanft anzupusten.
 

Ich begann zu knurren, weil das natürlich gut tat, es kühlte sehr, und sagte... na ja gut, vielleicht sagte ich das nicht so direkt, sondern... Noël meinte wohl ich hätte das gestöhnt aber... also ich sagte: „Das tut gut... Hör bitte nicht auf...“ Ja. Und er hörte auf mit dem Satz: „Schade, dass ich das nur in dieser Hinsicht von dir zu hören bekomme.“
 

Aus meiner Entspannung gerissen wurde mein zaghaftes Blinzeln nach ihm, was er bestimmt für einen willigen Blick hielt, zu einem schockierten Augenaufreißen. Höchst zufrieden wie er dann war nahm er seine Tasse und ging in Richtung Terrassentür (welche in Richtung Kopfende war) und schaute ein wenig hinaus. Ich blieb so liegen, neigte nur meinen Kopf so die Lehne des Sofas hinab, dass ich ihn sehen konnte und meinte: „Noël, du wirst mir langsam unheimlich.“ Sein Blick fiel wieder auf mich und er setzte die Tasse zu einem Schluck an. „Ich? Warum? Verstehe ich nicht.“ Mit einer sehr eleganten Bewegung lag ich auf meinem Bauch und setzte einen Gesichtsausdruck auf, der verriet, dass ich mir verarscht vor kam. „Merkst du das schon nicht mehr oder willst du mich verunsichern?“ Er stand noch einige Zeit schweigend vor der Glastür, kam dann zurück zu mir, hockte sich vor mich und tippte mir auf die Stirn, durchgängig. Mit einem ganz gleichgültigen Blick.
 

„Denk ja nicht, dass du so unwiderstehlich bist, dass du sogar mich in deinen Bann zeihst. Das Leben ist kein Ponyhof, wir leben auch nicht auf einer Lakritzstange und ein Wunschkonzert ist das hier erst recht nicht.“ „Wunschkonzert?“ Noch immer tippte er mir auf die Stirn und noch immer hatte ich den selben Gesichtsausdruck drauf. Ich fühlte mich halt noch immer verarscht. „Glaubst du, das würde ich mir wünschen?“ „Natürlich, weil ich weiß, dass ich unwiderstehlich bin. Und streite das jetzt nicht ab!“ Nun begann ich auf ihm rum zu tippen. Genauer gesagt tippte ich auf seiner linken Wange herum, auf seiner vernarbten. „Jaja, du verwechselst Unwiderstehlichkeit mit Mitleid. Du siehst so arm aus mit deinen Brandnarben, da ist klar, dass alle lieb zu dir sind.“ Noël blähte seine Wange auf und starrte mich böse an. Er gab mir eine flache Hand voll auf die vorbereitete Stirn und setzte sich dann stolz auf den Sessel. „Ah! Das hat voll geklatscht! Jetzt bekommst du auch kein Mitleid mehr von mir! Vergiss es!“ „Wusstest du, dass Verletzungen der Art oft sexy machen?“ „Nun, bei manchen hilft halt keine normale Schönheits-OP mehr. Natürlich kann ich mir nicht vorstellen, dass du so ein Fall warst, keine Sorge. Ich wollte es nur gesagt haben...“ Ich rieb mir noch die wahrscheinlich rote Stelle an meinem Kopf, weshalb ich so nett blieb und es nicht darauf ankommen ließ noch ein paar zu bekommen. Gekonnt aus dem Thema der Unwiderstehlichkeit gewunden.
 

„Aber jetzt ernsthaft, ich habe mich nie getraut zu fragen... aber, wieso hast du diese Narben?“ „Nun, das ist wirklich eine lange Geschichte und schmerzhaft ist sie auch. Aber... ich kann dir was anderes zu dem Thema zeigen. Vielleicht traust du dich dann eh nicht mehr zu fragen.“ „Zeigen?“ Er erhob sich kurz und zog sein Hemd aus. Was ich sah, war echt krass. Sein Arm, seine Schulter und teile seiner Brust waren genauso von den Narben betroffen. Noël hob seine Arme, drehte sich noch mal zur vollkommenen Präsentation und nickte mir dann zu. „So insgesamt doch kein schöner Anblick mehr. Aber egal. Solange es noch Winter ist siehts keiner. Außer du jetzt.“ Erstmal schloss ich meinen Mund wieder. „Okay, ich frage nicht mehr. Tut mir leid, Noël.“ Er nahm sich sein Hemd wieder und war gerade dabei es sich wieder überzuziehen, da wand er sich mir noch mal zu. „Schon gut. Wenn ich sonst drauf angesprochen werde sage ich immer: ´Frag mich morgen noch mal wenn ich dich mit der Frage erwarte. Dann bringe ich die Schrotflinte mit.´ Das reicht meistens.“ „Vielen Dank, dass du das bei mir nicht gemacht hast.“ „Bei dir? Niemals.“ Wieder in voller Montur setzte er sich, direkt wieder die Tasse da habend.
 

„So, was denkst du jetzt?“, fragt er mich mit einer erhobenen Augenbraue. „Du bist ein Exhibitionist. Nein, äm... nun... keine Ahnung...“ Er lachte und lehne sich zurück. „Na gut. Dann weißt du jetzt einfach mal was über mich.“ „Ja. Schon komisch so was über einen Lehrer zu wissen oder eher so was direkt gesehen zu haben.“ „Jetzt kommst du wieder mit den Lehrer-Sachen! Bist du mal ruhig?“ Jetzt grinste ich. Voll den Nerv getroffen. „Na? Meinen SIE nun, SIE waren doch bei mir zu weit gegangen mit der Intimität?“ „Jetzt sei bloß ruhig du.... ne? Weißst du Bescheid! Wenn ich will dann... Nein, ich sage das nicht... Mein Anwalt hat gesagt ´Für eine weitere Drohung kann ich Sie nicht verteidigen´.“ Ich verdrängte meine Kommentare, die sich gerade anboten und begann eine kleine Kappe Medizin vorzubereiten, um natürlich das Zeug auch einzunehmen. Zur Bestätigung nickte ich ihm mit vollem Munde zu. Ich wollte ja auch schnell wieder gesund werden.
 

Das war so der Großteil des Mittwochs. Irgendwann wurde es spät und Noël musste gehen. Ich dankte ihm und sah ihm noch nach, als er die Wohnung verließ. Dann später kamen halt meine Schwestern, kurz nach ihrer Heimkehr schlief ich schon ein. Ich sollte lieber langsam zum Donnerstag kommen... Ihr werdet lesen, warum.

Letzter Tag mit

Donnerstag
 

Bla bla bla, ich war morgens oder eher vormittags wach, mir ging es schon viel besser, ich duschen, essen und so weiter. Endlich habe ich mich selber für so gesund erklärt, dass ich meine Bettwäsche neu bezog und wieder ins Bett schmiss, mich auch wieder dem Alltag gemäß anzog und nur noch zum Fernsehgucken auf dem Sofa war. Mir war das ja eh schon viel zu unangenehm gewesen immer pennend neben Noël gelegen zu haben. Endlich hatte das ein Ende. Also tat ich was ich bis jetzt kaum konnte, wie... Wäsche in die Waschmaschine hauen, gewaschene Sachen einräumen oder halt Bettsachen neu beziehen und so was. Bis Nachmittags Noël wieder durch die Tür kam.
 

Im Vorraum entkleidete er sich bereits, hing seine Sachen auf und sah dann um die Ecke, mich begrüßend.
 

„Hey, Ian. Und? Wie geht es dir?“ Ihm entgegenkommend begrüßte ich ihn ebenfalls und kam dann auf seine Frage zu sprechen. „Wie du jetzt hören kannst bin ich noch immer ein wenig heiser, aber das wird sich auch noch legen. Schmerzen habe ich auch kaum noch welche. Morgen letzter Tag für mich Schulfrei und dann ist eh alles wieder in Ordnung.“ Er zog noch Mütze und Schal aus, sich über meine Nachricht freuend. „Na also. Dann misstraue mir doch daraufhin in Zukunft nicht mehr so sehr, ich würde dir niemals irgendwelche Medikamente grundlos verabreichen. Kannst mir echt vertrauen.“
 

In meinem Hinterkopf bahnt sich gerade, wo ich das hier erzähle, die vergangene Szene ab.... also von wegen „Du musst stopp sagen“, aber damals habe ich da nicht dran gedacht. Hätte ich mal lieber. Vom kommenden wusste ich ja noch nichts...
 

Noël tätschelte mir meinen Kopf, liebevoll und gar nicht den Anschein machend einen kalten Blick auflegen zu können, wie gestern. „Ist mir klar, du hast mein Vertrauen. Danke noch mal. Auch wenn deine Art und Weisen bedenklich waren, mich zu dem Medikament zu bringen.“ „Hauptsache, du hattest das Zeug genommen, also.“
 

Ja ja, für mich war das noch immer ein Bluff gewesen... Nun gut.
 

„Und? Wieder einen Tee? Oder doch heute einen Kaffee?“ Ich war auf dem Weg zur Küche, wo mich aber Noël einholte, von der Theke wegdrückte und sich selber etwas ein schüttete. „Jetzt tu nicht so, als ob du wieder 100% gesund wärst. Ich weiß wo die Küche ist und wie man sich Tee macht, also.“ „Du immer mit deinem ´Also´. Ich werde schon nicht wieder krank weil ich dir einen Tee mache. Und du bist noch immer nur ein Gast, also vom Sinn her, also.“ Noël kramte nebenbei in deiner linken Hosentasche herum und zeigte mir daraufhin sein Argument. „Ich bin kein Gast, ich wohne hier, ich habe einen Wohnungsschlüssel. Also.“
 

Ich goss gerade das heiße Wasser in die Tasse, als ich den Schlüssel vor die Nase gehalten bekam. Ich schnappte nach ihm, aber konnte ihn nicht fassen. „Noël, du hast mir den Schlüssel geklaut, du wohnst hier kein bisschen! Gib den Schlüssel her!“ „Nö, ich bin noch am überlegen ob ich ihn dir wirklich wiedergeben soll, wenn du wieder gesund bist. Immer hin, ich bin dein Lehrer und wenn du mal fehlst und keiner eine Ahnung hat wo du bist kann ich schnell nachsehen und mich dann auch um dich kümmern. Dazu kann ich dir die Materialien vorbeibringen und dir immer Nachhilfe geben und...“ Während er so die ganzen Vorteile des Schlüssels nannte, versuchte ich ihn immer noch zu fangen, aber natürlich hatte ich keine Chance. Letztendlich verschwand er wieder linken Hosentasche und ich musste aufgeben. „Was ist los? Willst du ihn doch nicht so unbedingt wieder zurück?“ „Als ob ich dir wirklich in die Tasche greifen würde. Das kommt ganz krass... ne?“ „Aber dann hast du den Schlüssel.“ „Willst du, dass ich ihn mir hole??“ Grinsend und den Tee umrührend wand sich Noël ab und setzte sich auf den Sessel.
 

„Hey! Echt, das ist Diebstahl. Was, wenn meine Schwestern ihn mal brauchen? Oder ich?“ „Du hast meine Nummer. Im Notfall würde ich ihn dir ohne Murren wiedergeben.“ Ich sprang hinter Noël, saß also auf die Rückenlehne des Sessels, und schüttelte ihn. „Das hier ist ein Notfall! Ich wurde beklaut und habe keinen Ersatzschlüssel mehr!“ In der nächsten Sekunde hatte er den Schlüssel im Mund und sah zu mir hoch, meine Hände festhaltend. „Er ist dir so wichtig? Dann hol ihn dir doch.“, nuschelte er verständlich und fixierte mich. Ich wollte meine Hand heben und ihm das Ding einfach wegnehmen, aber das ließ er nicht zu. Er wollte, dass ich ihn mir anders hole. Mit dem Mund.
 

Nicht wissend, was ich vielleicht machen sollte, wurde ich rot. Ich konnte doch nicht... Aber das erwartete er.
 

Mein Kopf sagte: „Mach schon, dann ist die Sache mit dem verdammten Stück Eisen gegessen! Nein, warte, das mit dem gegessen war gerade ein schlechtes Wortspiel...“
 

Und mein Bauch: „Willst du ihn in irgendwas bestätigen? Was, wenn er sich dabei was denkt? Also außer: ´LOL, der macht das echt!´“
 

Mein Bauch war stärker, ich hatte nämlich auch Hunger. Das war mit Sicherheit ein Zeichen. Aber ich wollte... also an den Schlüssel! Noël kam mir ein wenig entgegen, aber ich brach ab und sprang vom Sessel weg. „Und du wunderst dich, dass ich sage, dass du mir unheimlich wirst. Schäm dich, du Penner.“ So ruhig wie Noël da noch saß schaute er mir noch nach und wechselte immer die Position des Schlüssels in seinem Mund. „Jetzt nimm das Ding wieder aus dem Schnabel, da greife ich dir doch lieber in die Tasche als so was zu machen!“ „Freut mich zu hören. Ich lasse ihn hier in meinem Schnabel. Sonst, die einzige Möglichkeit die du noch hättest wäre mir im Unterricht mal in die Tasche zu greifen. Weil, so ein Stück Metall im Unterricht im Mund zu haben ist ein bisschen zu bescheuert.“ Mir klappte der Kiefer aus. „Das ist jetzt ein verkackter Scherz, oder??“ Noël zuckte mit den Schultern. „Wenn dir nach lachen ist, mach. Aber ich meine das so ein bisschen ernst. Aber lachen ist gut.“ Am Liebsten wäre ich ihm ins Gesicht gesprungen. Wieso muss ich um meinen eigenen Schlüssel kämpfen? Ich beließ es erstmal dabei. Ändern konnte UND WOLLTE ich das hier gerade nicht. Soll er doch weiter darauf rumkauen und an Eisenüberschuss verrecken. Geht bestimmt irgendwie. „Wie willst du eigentlich deinen Tee trinken mit dem Ding im Mund?“ Kurz demonstrierte er mir seine Lösung, in dem er einfach das Ding im Mundwinkel ließ und mit der anderen Seite trank, und ich verzweifelte daran, je wieder einen Zweitschlüssel zu besitzen. „Wie gesagt, nimm ihn dir.“ Und belustigt und vergnügt machte er es sich gemütlich.
 

Ich tat einfach, was ich sonst auch hätte getan. Ihn um Nachhilfe beten. Mehrere Male betonte ich, dass es mir gut genug ging um wieder zu lernen. Als er sich noch immer weigerte nahm ich einfach meine Sachen und lernte für mich, auch, wenn das nicht so gut lief. Nach gut einer halben Stunde mit starrem und beleidigtem Schweigen zwang er sich doch mir zu helfen, sagte mir, ich solle einige Skizzen machen und er würde mich danach mal abfragen. Mit den einfachen Zeichnungen konnte ich mir die Sachen besser merken und kam nach einigen Befragungen auch ohne sie auf die Lösungen, da ich noch immer die Bilder bei den Fragen im Kopf hatte. Dies machte auch in anderen Fächern mit mir.
 

„Ich hoffe, das hilft dir. Also für heute soll das reichen.“, nuschelte er noch immer mit dem Schlüssel im Mund. „Wie? Für heute soll das reichen? Niemals. Ich muss nicht mehr geschont werden, echt. Sonst lerne ich halt für mich.“ Noël wand sich seufzend ab und beschäftigte sich mit dem Fernseher.
 

„Noël? Würdest du mich nur kurz die Sachen abfragen?“ „Nein. Soll dich die Traumwelt abfragen, ich machs nicht.“ „Aber Noël, willst du nicht, dass ich mein Abi schaffe, Geld verdiene und ein schönes Leben führe?“ Unzufrieden tat er dies, zwar gefühllos und angepisst, aber er tat es. Und nickte. „Siehst du? Reicht für heute. Wirklich, erhole dich erstmal komplett und lerne danach wieder durchgängig. Mach nicht immer alles gleichzeitig sondern nacheinander.“ „Werde ich, wenn es wiedermal so weit kommen wird. Aber jetzt ist alles in Ordnung. Das ich heiser bin, weil mein Hals noch ein bisschen schleimt hat nichts mit meiner Krankheit oder so zu tun. Okay jetzt?“ Noch immer unzufrieden nickte er, ich schubste ihn aber ein wenig. „Bleib ruhig, ich bin doch alt genug um mich selber versorgen zu können. Ich kann auch mit der Verantwortung umgehen mich selber nicht zu überfordern und alles.Wirklich. Ich bin alt genug.“
 

Nach einer relativ langen Zeit war Noël wieder normal mir gegenüber. Zumindest so normal, wie er halt mir gegenüber sein konnte...
 

So geregelt wie ich wieder war räumte ich noch ein wenig die Wohnung auf, also das Wohnzimmer und die Küche und ließ mich immer wieder von Noël provozieren. Es wurde echt spät. Ich saß mit ihm auf dem Sofa und warf einen besorgten Blick zur Uhr. „Nun... also... Noël, es ist schon spät.“ „Ich weiß.“ Wir beide standen auf, zögerten irgendwie und wussten kurz nicht, wie wir uns verabschieden sollten. Noël holte kurz Luft, wechselte die Position des Schlüssels in seinem Mund, nahm ich auch für eine Sekunde heraus um mir zu sagen: „Ich gehe nur noch mal eben ins Bad und bin dann weg.“ Die Situation nicht ausnutzend, weil ich ja so sozial bin..., nickte ich ruhig und... gab ihm die Hand, welche er auch annahm, als er den Schlüssel zurück tat. „Okay, also...“ „Ja, ich weiß wo die Tür ist.“ „Na gut... Man sieht sich.“ „Genau.“
 

Er verschwand in Flur und da da auch direkt das Bad war, dachte ich, ich würde ihn nicht mehr sehen, nahm die Schachtel mit den Zigaretten und verpisste mich für den Moment einfach auf den Balkon. Ja, ich hatte einen Grund mal eine zu rauchen. Ich war gesund. Und irgendwie fühlte ich mich, als wäre ich unter Stress. Vielleicht doch noch ein bisschen krank oder so. Ich zündete die Zigarette an und nahm einen entspannten ersten Zug. Der Himmel war bewölkt, das sah man noch in der Dunkelheit. Hatte bestimmt gerade noch geschneit. Das einzige Licht hier war die kleine Wandlampe hier auf dem Balkon. Und die verschneiten Laternen unten auf der Straße. Sonst war es sehr dunkel. Und ein bisschen kälter als ich dachte. Ich nahm noch einige Atemzüge Nikotin zu mir, bis auf einmal die Glastür aufging. „Ian, was ist denn mit mor...“ Noël verstummte. Ich sah ihn an und er nahm den Schlüssel aus seinem Mundwinkel.
 

„Ja?“ „Du rauchst?“ „Manchmal.“ „Lass das, das schadet dir.“ „So oft rauche ich gar nicht.“ Er kam auf mich zu und versuchte mir den Rest der Zigarette wegzunehmen. „Ich rauche echt sehr selten also ist gut jetzt! Lass den Kack!“ „Du schadest aber nicht nur dir damit.“ Ihn wieder auf Distanz bekommen schnippte ich kurz die Asche weg. „Ich passe ja auf, dass keiner passiv mitraucht.“ „So meine ich das nicht. Es schadet mir wenn du rauchst.“ Gerade wollte ich wieder einen Zug nehmen, da muss ich aber erst einmal auf Noëls Aussage antworten, die mir einfach bescheuert und kindisch vorkam. „Wie? Was soll das denn? Geh doch wieder in die Wohnung und mach die Scheißhaustür zu.“ Er machte mich innerhalb dieser paar Sekunden echt hoch aggressiv. Das schafften bis jetzt echt nur wenige. „Darum geht es nicht. Es schadet mir zu wissen, dass du das tust.“ Jetzt hatte ich meine Lunge wieder mit Rauch gefüllt und wollte wieder auf diese sinnlose Diskussion antworten, als ich aber unterbrochen wurde. „Noël, du bist nur mein Le-“ und als ich gerade meinen Mund so öffnete, dass leicht die grauen schweifenden Wolken entwichen, packte Noël mich an meiner Hand, mit welcher ich die Zigarette hielt und drängte mich so zurück, dass er sie in das eiskalte Geländer drücken konnte. Mit seiner anderen Hand ergriff er mein Kinn und legte seine Lippen so auf meine, dass kein Rauch mehr entweichen konnte. Also irgendwie küsste er mich.
 

Ich wusste gar nicht so schnell zu verstehen, was hier gerade geschah, da begann er durch seinen Mund einzuatmen. Ich rutschte fast weg, das war ein so unangenehmes Gefühl, denn Noël nahm jeden Atem aus mir heraus, genauso den Rauch. Ich konnte mich nicht wehren, ich hielt mich irgendwo fest, gerade noch auf den Beinen, weil ich befürchtete ganz die Luft zu verlieren. Und meinen Mund schließen konnte ich auch nicht, Noël drang vorsichtig mit seiner Zunge so weit vor, dass ich ihm sie hätte abbeißen müssen. Langsam wurde ich schwach und er ließ mich am Kinn los, um mich im Nacken zu stützen. Dann ging er in einen sanften Kuss über, ließ ein wenig von mir ab und flüsterte: „So sehr schadet es mir. Und ich bin nicht nur dein Lehrer, Ian.“, und ließ dann komplett ab.
 

Seichter grauer Nebel wich von unseren Lippen und nebenbei nahm er mir die Zigarette aus der Hand. Abgewandt pustete er meinen Rauch aus und setzte sofort den Rest der Zigarette an, um sie mit so wenigen Zügen wie möglich komplett wegzurauchen. Währenddessen kämpfte ich um Luft und hustete. Wäre das Geländer nicht gewesen wäre ich vielleicht zu Boden gegangen. Doch ich bekam mich schnell wieder ein und blickte zu Noël, der fast erreicht hatte, was er wollte. Ihn rauchen zu sehen tat mir irgendwie mehr weh als das Geschehene, also stand ich wackelig auf und wollte ihm den Rest abnehmen mit den Worten „Hör auf, ich will nicht, dass du das machst!“, doch er kam mir zuvor und packte wieder meine Hand. „Soll ich das von eben noch mal mit dir machen oder schaffst du es mir zuzusehen, wie ich rauche?“ Erst jetzt kam langsam in mir hoch, was er eben mit mir gemacht hatte und ich wurde wieder schwach in den Beinen. Alles ging mir gleichzeitig durch den Kopf. Er hatte mich eben... und was er flüsterte.... dann verstand ich, was er meinte, von wegen, es schadet ihm zu wissen, dass ich rauche. Mir wurde schlecht als ich sah, dass er es gerade auch tat.
 

Er nahm einen Atemzug an Nikotin zu sich, der mich hätte zum Übergeben gezwungen, und warf den Filter weg. „Schau zu, dass ich dich nie wieder beim Rauchen erwische. Beim nächsten Mal... ich sags dir, ich werde... ach!“ Er sah den Schlüssel, welchen er in seiner Jackentasche hatte, mit einem scheinbar riesigen Gemisch an Gefühlen an, legte ihn sich wieder in den Mund und lief wieder in die Wohnung. Ihm schien es zu wichtig zu sein, noch immer den Schlüssel zu haben um wieder zu mir zu kommen!
 

Ich hielt mir noch die schmerzende Brust, folgte ihm aber sofort. „Was sollte das? Bist du irre? Wie kannst du mich nur...?“ Doch er zog sich gerade einfach nur noch seinen Schal an und wollte noch die Mütze nehmen und abhauen. „Noël, was soll das? Du scheiß...!“ Ich riss ihn an der Jacke zurück, warf ihn gegen die Wand, drückte ihn gegen diese... wollte nach dem Schlüssel greifen, doch er ließ darauf hin weniger von diesem hervorblitzen und packte meine Hand um diese abzuwenden. Also nahm ihm den Schlüssel ab, wie er es wollte und gerade auch nur noch ging, mit meinem Mund. Aus seinem. Meine Wut und das Bedürfnis ihn nicht mehr einfach bei uns haben zu wollen waren gerade einfach zu groß um darüber nachzudenken, dass er sich dies irgendwann mal warum auch immer erhoffte. Erst legte sich meine Zunge unter das kalte Metall, dann meine Lippen um jenes herum und so schnell sie auch auf seine Lippen trafen trennten sie sich wieder.
 

Den Schlüssel in meine Hand gespuckt, ohne den Blickkontakt zu Noël zu unterbrechen, sagte ich so ruhig und heiser, dass es schon wieder krank war: „Und jetzt komm hier nicht mehr hin. Nie wieder.“ Ich ließ Noël gehen. Gerade als er durch die letzte Tür stürmte standen meine Schwestern im Treppenhaus und erschraken bei der Tatsache, dass er aus ihrer Wohnung kam. „War das nicht der von...?“, hörte ich sie noch, als ich die nächste Tasse gegen die Wand warf, mich auf das Sofa setzte und meinen Kopf in meine Hände legte. Sehr schnell waren Joan und Joce bei mir und hockten sich jeweils neben mich. „Ian! Was ist passiert? Was das nicht der Typ, der mit dir am Samstag...“ „Ja. Das war er...“ „Was ist passiert, Ian?“ Ich antwortete nicht mehr. „Ian?“ Ich stand nur auf und verschwand in meinem Zimmer. Mein Handy schaltete ich aus und bewahrte mich selber davor noch etwas kaputt zu machen. Darauf hin machte ich das verdammte Radio an. Es lief ein Lied von... ich glaube es war Eminem und einer anderen Frau. Es hieß Airplane... Mir wurde nun alles bewusst, was den Tag geschah... und die Tage davor... Nun...

Nahe Zukunft ohne ihn und meine Entscheidung

Freitag, Samstag und Sonntag
 

Ich ging den Freitag wirklich noch nicht zur Schule. Konnte ich auch nicht. Seelisch. Ich hätte Deutsch gehabt. Ich hatte noch immer mein Handy aus. Das ganze Wochenende.

Dann kam der Montag... Deutsch... ich konnte nicht länger fehlen. Die Sonntagnacht war schrecklich. Es schneite.
 


 


 

Montag
 

Mit Magenschmerzen wachte ich auf. Mir ging es beschissener als am Montag wo ich so krank war... Ich musste mich fertig machen... aber duschen wäre keine gute Idee gewesen. Das ganze Wochenende habe ich mich geduscht. Es war, als wollte ich jede Stelle, die Noël jemals angefasst hatte, von ihm befreien. Sogar meinen Lendenbereich wusch ich, bis er rot war und fast Ausschlag entwickelte.
 

Als ich in der Küche war lag dort wieder ein Zettel meiner Schwestern. Das ganze Wochenende habe ich nicht mit ihnen geredet... Ich ließ sie immer stehen... es tat mir leid...
 

Ian,
 

wenn was ist, rede bitte
 

mit uns, kannst uns auch
 

wecken... Wir lieben dich
 

Joan & Joce
 


 

Meine Magenschmerzen wurden stärker, doch ich aß etwas. Meine Tasche gepackt machte ich mich auf den Weg. Es war alles zugeschneit. Ich saß im Zug. Doch dieses Mal wo anders als sonst. Ich wollte mich nicht frühzeitig an ihn erinnern müssen.
 

Die Fahrt überstanden ging ich zur Schule und saß die nötigen Stunden ab. Bis dann Deutsch dran war. Ich versuchte ganz normal zu sein. Es war nichts gewesen, was mit der Schule zu tun haben sollte. Noël kam durch die Tür. Er sah total scheiße aus.
 

Als ob er lange nicht geschlafen hätte. Und er zitterte. Bestimmt aber nicht wegen mir, es sah eher so aus, als wäre er auf Entzug oder so was. Aber... Aber auf was? … Er hielt die ganze Zeit etwas zwischen seinen Fingern, war es ein Stift oder ein eingerolltes Papier... Zigaretten?
 

Warte... Hatte ihn das bisschen Rauchen von... abhängig gemacht? Oder... oder er hatte vorher mal sehr viel geraucht und nun... Rückfall?
 

Ich könnte mir zumindest gut vorstellen, dass er damals viel geraucht hatte. Er hatte früh Abi gemacht und studiert... klar zieht einen das runter... und dann rauchen ist nur zu logisch... Er hatte einen Rückfall wegen der Sache, die bei mir passiert ist. Super. Ich habe mir wirklich erhofft keine Verbindung machen zu können zwischen hier und Privat. Er sah so scheiße aus. Er ging diesen Rückfall ein, wegen mir. Jetzt war das alles noch viel schlimmer... dass er das gemacht hat, ob wohl er sich das hätte denken können... Scheißkerl.
 

„Guten Morgen liebe Schülerinnen und Schüler. Holten sie schon mal ihre Bücher heraus, ich erkläre ihnen eben die Aufgabe und dann werden sie mir in 20 Minuten ihre Ergebnisse präsentieren. Kurzes Brainstorming zum Thema...“ Er schrieb etwas an die Tafel und deutete auf dies. „Noch Fragen? Nein? Okay.“ Er setzte sich und legte sich nervös einige Sachen zurecht. Immer wieder verschob er seine Stifte und die Kreide, blätterte in seinen Ordnern herum, hielt etwas nervös in Händen und wippte mit dem Fuß. Er war so am Arsch. Doch ich durfte da nicht mehr Aufmerksamkeit drauf geben als meine Mitschüler, ob wohl selbst die ihn mehr anstarrten als ich. Ich wusste echt nicht, ab wann nun das, was ich machte, auffällig war oder wurde und irgendwas verraten konnte. Einfach ignorieren.
 

Nach den zwanzig Minuten trugen einige ihre Ergebnisse vor und Noël wollte, dass jeder so viele weitere Stichwörter aufschrieb, wie möglich war und in der restlichen Stunde sollte dies zu einer geordneten Mindmap gemacht werden. Waren das die typischen Aufgaben die ein Lehrer gab, wenn es ihm beschissen ging? Ich schüttelte den Kopf und tat einfach.
 

Noël ging rum und sah sich einige Arbeiten an. Würde er auch an mir vorbeigehen? Ich schielte zu ihm rüber und irgendwann kam er wirklich bei mir an, aber es war klar warum. Er legte mir einen Zettel auf den Tisch und war so schnell weg wie er gekommen war. Erst wollte ich ihn nicht öffnen, aber dennoch faltete ich ihn auseinander und las, keine Ahnung, warum.
 

/Ruf mich heute bitte an./
 

Genervt packte ich den Zettel weg und machte weiter, wo ich aufgehört hatte. Endlich war der Unterricht zu Ende. Ich wollte schnell verschwinden, aber ich war der letzte, der den Unterricht verließ, weil ich so in Eile war, dass mir immer etwas herunterfiel oder vergessen wurde. Noël war immer noch da. Ich wollte echt nur noch hier raus. Endlich alles eingepackt lief ich mit großen Schritten zur Tür, bis ich seine Stimme noch mal meinen Namen rufen hörte. „Ian!“ Ich blieb wie gefroren stehen. Ich stand nur noch einen halben Schritt entfernt von dem großen Schulflur... Ich konnte einfach gehen... Doch ich drehte mich ihm zu. Ohne Worte... „Ian... bitte...“
 

Mein Blick verfinsterte und senkte sich. Ich verließ den Raum.
 

Wieder die reguläre Fahrt und so und ich war zu Hause. Ich fragte mich noch immer, ob ich ihm wirklich den Gefallen tun und ihn anrufen sollte. Ich wurde mehrere Tage von ihm angemacht und ich habe gedacht das wäre Scherz und dann...? Ich war mir echt nicht mehr sicher. Er hatte mich geküsst! Schon mehr oder weniger, aber...? Meine Beine schickten mich einfach mal eben in die Küche. Mein Herz schlug stärker. Ich machte mir einen Kaffee und schaltete mein Handy an. 34 verpasste Anrufe, 1 neue Mitteilung. [Ruf mich bitte an, wenn du das hier liest] In mir stieg wieder eine Wut. Sollte ich ihn wirklich anrufen? Der erste Schluck Kaffee. Nun... Der zweite Schluck. Ich konnte mich gerade mit allem besser beschäftigen als mit ihm. Dritter Schluck. Die Fenster könnten auch mal wieder geputzt werden. Noch ein Schluck.
 

Mit einem Handgriff ertönte das Freizeichen. Ob ich es bereuen werde ihn angerufen zu haben?
 

Es tutete... noch ein mal... Oh man... Hand, drück einfach wieder das rote Knöpfchen... noch ein Piepen... „Ian?!“ Ein Kloß setzte sich in meinem Hals fest. „Ja, ich bin es. Was ist denn?“ „Bitte, bitte lass uns noch mal über alles was geschehen ist reden!“ „Du hast gerade deine Chance, also...?“ „Nein, ich meine unter vier Augen.“ Ich zögerte. Wieder hörte sich seine Stimme durch das Telefon ganz anders an. „Nein. Wenn du das nicht per Telefon regeln kannst, kannst du es auch nicht unter vier Augen regeln.“ Jetzt zögerte er. Ich schwieg aber eisern. „Okay... also... was da war... warte… ich meine... nun... Ian...“ „Du scheinst keine Ahnung zu haben, was du sagen willst, oder?“ Er antwortete nicht.
 

„Gut, dann frage ich dich einfach. Warum wolltest du, dass ich dich anrufe?“ „Weil ich das mit dir klären wollte. Weil... ich will nicht, dass das jetzt alles kaputt ist.“ „Was? Was soll denn so besonderes kaputt gegangen sein? Oh, eine Bekanntschaft ist futsch, ja und? Hast doch bestimmt noch andere zum anmachen.“ Wieder antwortete er nicht. Mein Herz schlug mir bis zum Anschlag. „Wenn du so schweigst muss ich dir dir halt die eine Frage stellen... Was hatte dir das denn bedeutet? Was habe ich dir bedeutet?“ Er ließ eine schrecklich lange Pause, bis er endlich mal was raus bekam. „Also... das... das hatte schon... schon einen Grund, warum ich das... das so gemacht habe...“ Und mein Herz blieb stehen. Es war, als ob mein Körper sich gerade darauf einstellen würde nun die Sätze meines Lebens zu hören. Alles lief wie in Zeitlupe und mir schmerzte jede Zelle in meiner Brust und in meinen Lippen. „Warte... sag mir einfach, ob es dir mehr bedeutet hat...“ Keine Antwort.
 

„Jetzt sag schon!“ „Ja! Ja, hatte es! Du hattest mir mehr bedeutet! Deine Anwesenheit hatte mir mehr bedeutet! Alles!“ Das, was ich in diesen Momenten fühlte, was unbeschreiblich.
 

Als ob meine Lippen völlig taub, mein Herz und meine Lunge zerquetscht und mein Kopf geleert werden würde. Gar nichts ging mehr. „Ian, der erste Vorfall... das war nur, weil ich da schon...“ „Weißt du eigentlich, was du gerade machst? Du erzählst mir gerade, dass du was von mir wollen würdest, dass du mich liebst! Bist du bescheuert? Du bist mein Lehrer!“ „Mir ist egal was ich bin! Es ist halt so und...“ „Ich glaube das gerade nicht... Da ist so ein Idiot, der sein ganzes Leben kaputt machen will, weil er sich in einen Schüler verliebt und jetzt... Echt, was soll das?“ Dafür, das eben mein Herz einen Stopp machte, rastete ich jetzt voll aus. Ich wollte die ganze Zeit einfach nur noch auflegen, aber ich hatte noch so viel zu sagen...
 

„Ian, glaubst du, ich habe mir das ausgesucht? Glaubst du, ich bin in die Klasse gekommen und dachte mir, ´Komm, einen von denen kannst du dir noch nehmen und die Liebe gestehen´?“ „Aber warum ich? Und warum hast du den ganzen scheiß mit mir gemacht?“ „... ist dir das nicht klar? Soll ich dir das noch mal ganz kurz in einem Satz sagen? Ich... ich will an deiner Seite sein! Seit schon einiger Zeit kann ich kaum noch an etwas oder jemand anderen denken! Wie du warst, wie du immer noch bist. Und wie weit du mich immer hast gehen lassen...“ „Halt den Mund, Noël!“ Jetzt war wirklich bei mir Schluss. Mein letzter Faden riss. „Hör auf so was zu sagen, das macht mich gerade so krank! Du sagst das gerade so, als ob ich das gewusst und es mir gefallen hätte! Du hast genau gesehen, wie verstört ich nach all dem war und jetzt tust du so, als ob ich dich dazu gebracht hätte das zu tun? Als ob ich extra so gewesen wäre, dass du dich nicht mehr zurückhalten konntest?!“ „Nein, so... Ian!“ „Nein, mir ist gerade der Drang dir zu zuhören komplett vergangen...“ Und ich legte auf.
 

Meine Hände zuckten... ich wollte irgendwas kaputt machen... irgendetwas sollte in tausend kleinen Teilen zerspringen... Ich war kurz davor mit dem Kerzenständer die Glasscheibe des Tisches zu zerschlagen, aber als ich den Kerzenständer in Händen hielt bemerkte ich, wie krass das war. Wegen ihm... wegen Noël... ich wollte kaputt machen...
 

Ich nahm die kleine Schachtel aus meiner Jackentasche. Ja, ich hatte meine Zigaretten mit in die Schule genommen. Ich dachte, der Unterricht wäre so schlimm gewesen, dass ich eine danach nötig hätte. Dafür konnte ich sie jetzt gut gebrauchen. Am Liebsten hätte ich alle gleichzeitig angezündet und geraucht. Ich wollte kaputt machen, irgendwas. Die erste Zigarette war an und ich rauchte sie zu Ende... dann die Zweite... ich beruhigte mich nicht... Ich wusste nicht warum... vielleicht weil...

Meine scheiß Pläne und was er dazu sagt

Die nächsten Tage...
 

...fuhr ich immer in einem anderen Abteil des Zuges und schwänzte den Unterricht. Nur den Deutschunterricht. Auch, wenn das auffällig war. Ich hätte für nichts garantieren können, wenn ich ihn wiedergesehen hätte. In jederlei Hinsicht. Er schien das schnell zu bemerken und zu verstehen, weshalb er mir daraufhin regelmäßig den Stoff vom Unterricht per Post zuschickte. Anfangs waren da immer so Zettel zwischen auf welchen stand /Melde dich bitte bei mir/, aber schnell verschwanden sie.
 

Dankbar für das Schicken der Unterlagen war ich eher weniger, ich hätte das auch ohne seine Hilfe irgendwie geschafft. Ich hätte ja auch bei einem Klassen- oder Kurskamerad anrufen und mich erkundigen können. Nun gut. Ein Tag war aber schon scheiße, weil da eine Klausur anstand. Deutsch. Ja, ich habe schon so 2-3 Wochen geschwänzt... Egal...
 


 


 

Dienstag
 

Ja, Dienstag war das. Einige Tage vorher schrieb mir Noël eine SMS.
 

[Hey Ian. Also... kommenden Dienstag
 

ist die Deutschklausur... Du solltest
 

da sein... Ich werde auch keine Aufsicht
 

führen. LG, Noël]
 

Mehr nicht. Zum Glück. Ich machte mich also fertig, packte Klausurbögen ein und schluckte schwer. Ich wusste wirklich nicht, wie ich reagieren sollte, wenn ich ihn sehen würde. Denn er als Deutschlehrer müsste er uns zumindest die Klausuren austeilen und so lange bleiben, bis alle Fragen geklärt wären. Das machte mich nervös. Die letzten Stifte wie Marker und so eingepackt ging ich zum Zug, fuhr und lief den Rest wieder zur Schule.
 

Es ging sofort los. Ich war mit unter als erster im Raum, um mich weit weg vom Lehrerpult nieder zu lassen. Und das war wohl nötig. Noël kam in den Raum, noch immer nicht so gut aussehend, sah sich um und nachdem er mich gesehen hatte, sprach er erst. „Also. Ich teile Ihnen gleich die Klausur aus und lesen Sie sich diese sofort durch, damit Fragen schnell geklärt werden können.“ Jedes Blatt gab er persönlich den Schülern, wünschte auch jedem viel Glück und schien ansonsten relativ ruhig und normal zu sein. Dann stand er vor mir. Er senkte seinen Blick, gab mir die Blätter, sah mich wieder an und sagte: „Viel Glück, Herr Richer.“ Mehr nicht. Wirklich mehr nicht.
 

Dafür, dass ich so nervös war, saß ich jetzt da wie das letzte Hündchen in der 'Kauf-mich'-Box. Ich erwarte die ganze Zeit eine Veränderung und dann passiert gar nichts. Er sagte so zu sagen gar nichts. Nur das selbe, was er jedem sagte. Er hätte mir lieber.... lieber: „Hier und lass dich nie wieder blicken.“, sagen können. Aber „Viel Glück“... Ich musste den Text lesen. Ich überflog diesen kurz, sah mir die Aufgaben an und das wars. Selbst wenn ich Fragen gehabt hätte, ich hätte sie nicht gestellt. Lieber wäre ich beim Spicken oder so erwischt worden. Immer wieder musste ich ihn anschauen, immer wieder sah ich nicht Herr Hawen sondern Noël, der mich geküsst hatte. Dem es doch eigentlich so beschissen ging. Aber er stand da vorne, als ob nie etwas gewesen wäre. Die Szenen waren nicht mehr aus meinem Kopf zu bekommen... Irgendwie tat mir das Herz weh...
 

Er verließ den Raum, mir einen letzten Blick zuwerfend... Was ich im Nachhinein erfuhr war, dass er an unserem Fenster vorbei ging, nur mich anschauend.
 

Die Klausur lief ansonsten ganz gut. So wie der restliche Tag. Auch, wenn mein Herz echt anscheinend einige Spuren davon trug.

Und was er dazu schreibt und die Folgen

Und ungefähr eine Woche später...
 

...schrieb mich Noël wieder auf dem Handy an.
 

[Ian, du musst wieder in den
 

Deutschunterricht kommen. Irgendein
 

Schüler schien bemerkt zu haben, dass
 

ich einige deiner Fehlstunden nicht
 

aufgeschrieben habe und da ihm das eh
 

komisch vorkam sprach er mit einem
 

anderen Lehrer und dieser fragt mich
 

wegen dir aus. Bring bitte gültige
 

Entschuldigungen für die nächste Stunde
 

mit, die du wieder kommen wirst.]
 


 

Mehr nicht. Kein ´LG, Noël´ oder so... das traf mich irgendwie. Ich wusste aber nicht warum. Wieso war ich nicht glücklich darüber, dass er mich in Ruhe ließ? Bei der Frage wurde mir schlecht, weil ich keine Antwort fand... den Freitag musste ich dann wohl wieder in den Deutschunterricht... Mir war nicht wohl bei der Sache... Noël wieder zu sehen... Zu wissen, was er für mich empfand... und das musste alles geheim bleiben... und dabei wollte ich irgendwie mit ihm reden...
 


 


 

Freitag
 

Aufstehen, fertig machen, Frühstücken, die Wohnung verlassen.
 

Zum Zug gehen, mit dem Zug fahren, aussteigen, zur Schule gehen, den Raum betreten.
 

Das war die erste Hälfte meines Tages. Monoton und ein Klumpen Zeit. Wie ein schlechter Film zog alles an mir vorbei. Bis der Deutschunterricht kam. Noël trat ein und sah mich. Dann setzte er sich, legte seine Ordner und so auf den Tisch und stand wieder auf. „Einen schönen guten Morgen wünsche ich Ihnen.“ Wir antworteten im Chor. „Nun, wir machen bei unserem alten Thema weiter. Auf Seite 273. Würde einer von Ihnen den nächsten Text vorlesen wollen?“ Einige meldeten sich und irgendwer wurde auch drangenommen. Aber das war mir so egal. Ich bekam meine Augen nicht mehr von Noël los. Wie konnte er nur so normal sein? Ich saß hier auf glühenden Kohlen und er? Irgendwie war er mir wieder Fremd, aber... als ob ich wissen würde, wie er hinter dieser Fassade aussähe war er mir doch vertraut. Aber wusste ich das wirklich noch? War er noch der Noël, der seine Hände über meinen Körper hat gleiten lassen... Meine Vorstellung bröckelte... Ich konnte es mir irgendwie doch nicht mehr vorstellen... aber er war doch... Noël...
 

Mein Blick schwankte immer hin und her. Von Noël zum Fenster, von dort wieder zurück und dann mal ins Buch. Dies ging sehr lange so. Von mir waren es geschätzte 3 Stunden. Immer wieder sah ich... Herr Hawen... Noël.... aber ich fühlte mich komisch.... unwohl... als ob ich wissen würde, dass er sich verstellt oder... Und dann irgendwann war der Unterricht zu ende. Nervös atmete ich tief ein und wieder aus.
 

Ich nahm meine ganzen Entschuldigungen und ging zu ihm. „Hier... die... sollte ich ja so schnell wie möglich mitbringen.“ Ohne mich anzusehen nahm er die Blätter und las sie kurz durch. „Ich hoffe, dass das gute Erklärungen sind.“ Ich war ein wenig verwundert. „Warum?“ „Ist egal. Ich wünsche Ihnen noch einen guten Tag.“ Und so ließ er mich stehen. Das hatte gesessen. Als ob ich einen Schlag in den Magen bekommen hätte. Und das bei unserer einzigen persönlichen Begegnung nach einer relativ langen Zeit... Das habe ich echt anders geplant gehabt. Aber ich versuchte so wenig wie möglich daran zu denken und ging wieder meine Wege. Daraufhin war er auch nicht im Zug... das sollte mir aber egal sein. Eigentlich.
 

Ich kam zu Hause an. Doch noch immer wunderte ich mich wegen seiner Aussage. „Er hofft, dass die Erklärungen gut sind...“ Mir ging diese Aussage nicht mehr aus dem Kopf und da mir seine Fassade auch nachzudenken gab, griff ich nach meinem Handy und schrieb ihm eine SMS.
 

[Noël, ich wollte nur fragen, was da
 

mit meinen Entschuldigungen war.
 

Was für Erklärungen sollen gut sein?
 

Wenn es Probleme gibt, ruf an.
 

LG, Ian]
 

Ich steckte mir mein Handy in die Tasche. Ich wollte so schnell wie möglich Bescheid wissen, aber ich wartete sehr lange auf eine Antwort. Ich machte mir etwas zu Essen, lernte nebenbei für die Schule, aber es tat sich nichts mehr... Den ganzen Tag... das ganze Wochenende... ich musste warten bis Freitag, denn am Montag wechselte er kein Wort mit mir... Er sah mich an, aber seine Blicke gingen durch mich durch.....

Alles meine Schuld und es war im so egal...

Freitag
 

Der Deutschunterricht...
 

Noël kam in den Raum, seufzte und blieb vor dem Pult stehen. Dann legte er seine Tasche weg. Dann setzte er sich auf das Pult. „Nun...“, begann er und fuhr sich über die verbrannte Wange. „Ich werde versetzt. Eigentlich sofort, aber ich wollte Ihnen noch Bescheid sagen.“
 

Totenstille. Vor allem aus meiner Sicht. Ich hatte einen Tunnelblick. Ich sah nur noch Noël... vielleicht, weil es eines der letzten Male mit ihm nun wäre? „Aber Herr Hawen! Warum?“ Der erste Schüler stand auf und ließ nicht locker. Noël kratze sich am Nacken. „Nun... es gab einige Probleme hier... Die Differenz zwischen meinem und ihrem Alter schien den Lehrern und dem Direktor nicht groß genug. Sie dachten, ich sei zu... zu nachsichtig mit einigen von euch... Deshalb werde ich auf eine Realschule geschickt...“
 

Und das war alles meine Schuld. Es war klar, dass ich gemeint war. Zum Glück war das anscheinend den Schülern um mich herum nicht sofort klar. Vielleicht war ja was los, als ich weg war, was sie nun als Begründung für seine Versetzung ansahen. Aber mir war klar, es war wegen mir. Und jetzt war auch seine Aussage klar. „Ich hoffe, dass das gute Erklärungen sind.“ Sie waren nicht gut genug zu erklären, warum ich so lange im Unterricht fehlte... Nur im Deutschunterricht... Und wahrscheinlich auch, weil alle wussten, dass ich fehlte, aber ich nicht jede Stunde als fehlend eingetragen wurde... „Aber Herr Hawen, was sollen wir ohne Sie machen? Sie waren der einzige Lehrer, der unseren alten Lehrer wirklich das Wasser reichen konnte! Wenn Sie jetzt gehen, kann es nur noch schlimmer werden! Wirklich!“ „Ich kann es leider nicht mehr ändern... Der Unterricht für heute ist nun eigentlich beendet. Oder haben Sie noch Fragen?“ Stille... „In Ordnung... Ich wünsche Ihnen einen guten neuen Lehrer und ein gutes Abitur. Versauten sie sich Ihre Zukunft nicht...“
 

Mehr nicht. Nach einigen Minuten standen alle auf. Langsam verließen sie den Raum und verabschiedeten sich noch einmal bei ihm... Ich wollte als letzter gehen... Ich wollte das nicht das Ende sein lassen...
 

Alle waren weg. Nur er und ich noch nicht. Ich stand auf und trat nach vorn. „Also... Herr Hawen... Noël, ich meine...“ „Ja, ich wünsche Ihnen auch noch einen schönen Tag.“ Ich zuckte zusammen. Ich wusste ja noch nicht, dass es noch schlimmer kam... „Was...?“ „Was denn noch? Erwarten Sie noch irgendwas extra für sich? Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag reicht wohl. Sie sind ein Schüler wie jeder andere. Da gibt es nichts extra.“ Er sah mich an. Er sah mir in die glasigen Augen. Aber er blieb kalt. Seine Sachen endlich zusammen gehabt verließ er den Raum. Ich bewegte mich nicht.
 

Für diese Sekunden war ich irgendwie nicht da. Es war so, als ob ich in mich gekehrt wäre um meinen Schock und so zu unterdrücken. Entweder wäre ich ihm hinterher gelaufen, oder ich wäre einfach umgekippt oder ich hätte sonst was gemacht, wenn ich nicht innerlich gegen mich selber gekämpft hätte. Ich realisierte nicht im geringsten, was hier gerade geschah. Ich wollte das einfach nicht glauben. So ruhig wie ich bleiben konnte stand ich also da. Ich wollte gehen. Einfach hier weg...
 

Ich dachte im Zug über alles nach... Das war dann das letzte Mal das ich ihn sah... Das war alles meine Schuld... und ich war ihm so egal... Das alles war ihm so egal...
 

Ich kam irgendwann zu Hause an und warf alles an Schulsachen und so in die nächste Ecke. Mich warf ich dann auf das Sofa. Noch immer hatte ich das alles hier nicht verstanden. Ich wollte es auch nicht verstehen. Schnell nahm ich mein Handy und wollte ihm schreiben... ich wusste aber nicht was... Ich versuchte ihn erst mal anzurufen...
 

Freizeichen... noch immer... weggedrückt? Ich versuchte es noch einmal... Freizeichen... und weggedrückt. Hatte er damit gerechnet, dass ich ihn anrufe? Ich schrieb schnell etwas... Nein, der Text war scheiße... doch statt ihn wegzurücken sendete ich ihn...
 

[Noël, bitte melde dich bei mir, mir
 

tut das alles so leid und ich weiß,
 

dass das alles meine Schuld ist. Ich
 

will dich wiedersehen! Bitte, es tut
 

mir so leid]
 

Super... Ich legte das Handy auf den Tisch und starrte es an... Es tat sich nichts... Keine Antwort oder ähnliches. Ich nahm meine Schachtel Zigaretten, einen Schal und verschanzte mich auf dem Balkon. „Er muss sich melden.... er wird sich melden...“, sagte ich und band mir den Schal um. Mit zittrigen Fingern machte ich mir die Zigarette an. Ich nahm einen Zug... und warf sie runter auf die Straße. Ich wollte nicht mehr rauchen. Gar nicht mehr. Ich warf auch die restlichen Zigaretten runter auf die Straße. „So eine Scheiße!“, rief ich und preschte die Glastür zu, als ich wieder in Wohnzimmer stand. Ich sah auf mein Handy. Ein verpasster Anruf? Der Anruf war von Noël... „Scheiße!“ Ich rief ihn zurück, doch er ging einfach nicht dran. Mein Fluchen wurde immer lauter. Bis dann wer an der Tür klingelte. „Man, das brauche ich gerade gar nicht!“ Ich lief also zur Tür, drückte den Knopf um die Haustür unten zu öffnen und als es dann bei mir klopfte öffnete dich die Wohnungstür. Dort stand Noël. „Was? N- Noël...? Was machst du hier?“ Ohne etwas zu sagen kam er rein, schloss die Tür hinter sich und drängte mich an die nächste Wand. Dann zog er mit den Schal herab und küsste mich.
 

So überrascht wie ich war konnte ich nicht reagieren, aber irgendwann packte ich ihn am Kragen und drückte ihn gegen die Wand. „Was soll das?! Wie.. wie kannst du nur?“ Ihm in die Augen sehend wurde ich schwächer. „Wie konntest du mich nur allein lassen...“ „Es tut mir leid, Ian... Ich wollte das nicht...“

Vielleicht wäre das hier noch zu erwähnen

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Und (m)eine Panikattacke

Samstag
 

Ich lag im Bett und ließ alles noch mal durch meinen Kopf gehen... Gestern war echt einfach nur noch ein bescheuerter Tag. Noël kam irgendwie mega gut mit Joan und Joce klar und ich saß neben den dreien, nicht mehr aus dem Kopf bekommend, was Noël mit mir gemacht hatte, ob wohl Joan und Joce vielleicht nur einen Raum weiter waren. Wie dem auch sei, sie kamen alle gut miteinander zurecht und ich fühlte mich einfach nur verarscht. Echt, da mache ich mir voll die Sorgen und alles, dass das so ein verdammtes Chaos geben würde und dann? Da sind die die besten Freunde!
 

Ich rollte mich auf die andere Seite des Bettes. Noël schlief auf dem Sofa. Hoffentlich hatte ich da einige Viren hinterlassen, die er sich noch einfangen konnte... Mich ärgerte es einfach so, dass er schon eigentlich besser mit meinen Schwestern zurecht kam als ich! Wieder rollte ich herum. Ich konnte nicht mehr schlafen... na gut.
 

Aufgestanden, gestreckt, ein Shirt übergeworfen trat ich aus meinem Raum und wollte in Richtung Küche gehen, also durch das Wohnzimmer, da sitzt da kackendreist ein Noël und trinkt in aller Seelenruhe einen Kaffee während er eine Zeitung liest. „Guten Morgen, Schatzi. Na? Gut geschlafen?“ „Ich brauch dich ja nicht zu fragen, Spinner. Meinst du echt, du hast dich hier so wohl zu fühlen wie zu Hause?? Ey, wenn das so weiter geht werde ich dich hier nicht mehr los!“ „Keine Sorge, gleich wirst du mich lang genug nicht sehen.“ Noël trank einen Schluck Kaffee, gab mir dann die Tasse, damit ich auch trinken konnte. So tat ich auch und fragte dann: „Wieso? Was ist los?“ Jetzt blätterte er kurz um, legte dann die Zeitung weg und seufzte. „Nun... wie soll ich das sagen ohne das du einen mords Schrecken bekommst?... Ich glaube, ich schaff das nicht. Ich mach es kurz und schmerzvoll: Der Direktor würde gerne mit dir reden. Wegen mir.“ „Oh.... ohooooouh Scheiße! Du meinst das jetzt nicht ernst, oder?!“ „Sorry, Schatz, aber doch. Ich schwöre es dir auf mein Leben, er hatte hier angerufen in der Hoffnung, du würdest ihn zurückrufen um die Sache mit mir irgendwie wohl klären zu können. Also so hat es Joce mir gesagt.“
 

Ich schlug mir die Hände über dem Kopf zusammen, nachdem ich die Tasse natürlich leer trank und dann wegstellte. „Fuck! Fuck! Fuck! Ähm, weißt du, ob sie die Nummer aufgeschrieben hat oder so?“ „Ja, Moment, ich sollte sie dir geben. Hier.“ Mit Schwierigkeiten, die auf Müdigkeit deuteten, erhob er sich und holte einen kleinen gelben Notizzettel aus der Hosentasche, mit der verhassten Nummer der Schule. „Super, ich ruf dann eben da an...“ Ich hatte zwar noch keine genaue Ahnung, was genau jetzt los war, aber vielleicht würde ich durch das Telefonat schlauer werden.
 

Das Wohnzimmer mit dem Telefon verlassen und in ein ruhigeres Zimmer verschwunden wählte ich ein und wartete auf Antwort. Leider kam diese auch. „Städtisches Gymnasium, Julia Mersing am Telefon, was kann ich für Sie tun?“ Warum mussten die immer so bescheuerte Standardsätze sagen, wenn man die anruft? Wenn man bei denen anklopft kommt bestimmt so was ähnliches bei rum... „Äh, schönen guten Tag, mein Name ist Ian Richer. Herr Rossen hatte mich um Rückruf gebeten.“ „Natürlich, einen Moment, ich leite Sie weiter.“ „Danke.“ Ich erwartete so typische Fahrstuhlmusik, aber ich hatte Glück, ich wurde wohl schon erwartet... „Ah, Herr Richer! Danke, dass Sie sich melden. Also, ich müsste Sie mal unter 4 Augen sprechen, wenn Sie Zeit haben. Mir ist das Anliegen sehr wichtig und es liegt bestimmt auch in Ihrem Interesse da mal etwas klar zu stellen.“ Hoffentlich hörte man mein schweres und verzweifeltes Schlucken nicht... „Ah... ja natürlich... Ich bin die ganze Zeit zu sprechen, ich passe mich Ihnen an.“ „Das freut mich sehr zu hören. Wie wäre es sofort mit heute? Es wäre sehr von Vorteil das so schnell wie möglich zu klären.“ Oh man, das hörte sich so ernst an, dass ich fast Panik bekam. „Ja, okay... ich kann in einer Stunde in der Schule sein...“ „Sehr gut! Fragen Sie im Sekretariat nach mir, ich werde da sein. Bis gleich Herr Richer.“ „Bis Gleich, Herr Rossen.“ Tut, tut, tut... Aufgelegt.
 

Mein Zimmer wieder verlassen und das Telefon neben Noël geworfen biss ich die Zähne zusammen und schüttelte den Kopf. „Ich mach mich dann mal fertig, in einer viertel Stunde müsste ich bereits los...“ „Alles klar.“ Die Gleichgültigkeit von Noël kotzte mich gerade irgendwie sehr an, aber ich hatte nicht genügend Zeit mich aufzuregen. Duschen, etwas essen und zum Zug. Alles in einer viertel Stunde. Ich musste mich beeilen.
 

Nach dem Duschen lief ich, mich noch anziehend, in die Küche um nebenbei etwas zu essen. Joan und Joce waren wieder da. Sie kamen vom Einkaufen zurück und begrüßten mich. „Hey ihr. Ich bin gleich weg. Hab den Direktor zurückgerufen und so.“ „Oh, okay. Wenn es Probleme gibt, ruf uns an!“ „Ich regel das schon. Ich bin alt genug.“
 

Mit einem Toast im Mund ging ich zu Noël, der gerade seine Zeitung zu Ende gelesen hat. „Hast du gehört? Ich bin gleich weg.“ „Ist okay. Pass auf dich auf.“ „Mehr willst du mir nicht sagen?“ „Warum?“ Was war nur los mit ihm? Ich mochte gar nicht, wie er zu mir war. War ich ihm heute mal nicht wichtig oder so? Jetzt ist der hier willkommen und dann benimmt er sich anders? „Ist ja gut. Ich geh jetzt. Ciao...“ Doch ich kam nicht weit. Noël hatte mich noch ergriffen und umarmt. „Entschuldige...“ „Entschuldige? Was denn? Es ist doch nichts...“ „Klar ist da was. Ich benehme mich scheiße dir gegenüber... Tut mir leid.“ Ich seufzte. Warum fällt einem so was auf, nach dem man sich scheiße benommen hat? Ich meine, wenn man das vorher weiß, dann macht mans doch einfach nicht, oder? „Ich habe Angst vor dem, das vielleicht passieren wird... ich möchte es mir nur nicht ansehen lassen... Ich habe keine Ahnung, was er weiß oder vermutet... für dich wird es zwar nicht so schlimm wie für mich... aber... ich bitte dich darum... Also was mit mir geschehen wird... liegt in deinen Händen...“ Er senkte seinen Blick und wechselte immer den Fuß auf welchem er sein Gewicht lagerte. „Tut mir leid, das alles auf dich zu geben aber...“ „Ist okay. Selbst wenn er mich auf die Streckbank legen würde... ich würde nichts sagen. Dafür bist du mir viel viel viel zu wichtig, Noël.“ „Danke Ian.“ „Och man, Noël! Was denkst du von mir? Das ich da schnell raus will und sage: ´Der Lehrer da ist mir mir zusammen?´ Ich dachte, du kennst mich.“ Ich grinste. „Lass mich dich noch näher kennenlernen und dann reden wir weiter.“ „Klar, mit mir zusammen sein aber von mir keine Ahnung haben. Du Penner ey!“ Jetzt war ich platt. „Scheiße! Ich muss los! Wegen dir komme ich jetzt auch noch zu spät!“ Im Laufen Schal und Mütze gegriffen sprintete ich durch zum Zug, den ich mit einigen Mühen und Nöten noch bekam. Ich saß zwar nun im Zug und begann etwas Musik zu hören, doch ich bekam mich selber einfach nicht ruhig. Mein Puls erhöhte sich jetzt schon auf 90 Beats per Minute...
 

Ich stieg bald aus und ließ den restlichen Weg...
 

Verdammt... Die Schule war schon in Sichtweite... Aber ich musste weiter gehen...
 

Scheiße... Nun stand ich in der Schule und konnte schon das Sekretariat sehen...
 

Fuck... die Frauen waren auch da. Warum hat auch die Schule am Wochenende auf?! Was wird der mich nur fragen? Vielleicht holt der Folterinstrumente um alles daran zu setzen Noëls Geheimnisse raus zu bekommen... oder da wird noch wer sitzen und dann spielen die mit mir Guter Bulle, Böser Bulle... Mist! Mist! Mist!
 

„Hallo, ich werde von Herrn Rossen erwartet.“ „Alles klar, folgen Sie mir bitte.“ In den Hinterraum? Da hin, wo mich keiner Schreien hören wird? Äh... nein?! Fuck! Okay, Moment... bleib ganz Ruhig... Ich kann da nichts für, dass ist alles Noëls Schuld! Es war seine Verantwortung! Er ist der Lehrer! … es darf auf gar keinen Fall so weit kommen... auf gar-keinen-Fall! „Bitte.“ Tja, da war er, der grausame Raum... Und da saß Herr Rossen, der Direktor... Er stand auf. „Guten Tag Herr Richer. Freut mich sehr, dass Sie so früh Zeit gefunden haben.“ Ich sagte einfach mal gar nichts... ich war zu nervös, ich nickte nur. Herr Rossen bat mich Platz zu nehmen. Ganz ruhig... es wird nichts passieren...
 

„Nun... wissen Sie, warum ich sie sprechen will?“ Wegen Noël... „Keine Ahnung, tut mir leid.“ … Wie geil Kopf und Mund gegeneinander arbeiten können... Verdammt! „Also, ich habe Ihrer Schwester Bescheid gesagt. Ich dachte, sie hätte Sie informiert.“ Nein nein, genauer gesagt informierte mich Noël, der zufälligerweise bei mir war... „Nein, ich war wohl zu sehr in Eile Sie zurück zu rufen und mich auf den Weg zu Ihnen zu machen.“ Zum Glück ist mein Mund so eigensinnig... Guter Mund!
 

„In Ordnung... Es... Es gibt etwas zu klären, wegen Herr Hawen.“ Man, ich habe echt bis eben gehofft, es sei doch etwas anderes... Schweigen... „Nun... Sie wissen, wo das Problem lag?“ „Ja... ich habe den Deutschunterricht nicht besucht...“ „Und Herr Hawen hat bewusst einige ihrer Fehlstunden unterschlagen. Richtig?“ „Richtig.“ Jetzt musste ich aufpassen, was ich sage... „Wissen Sie denn, warum?“ So, und was sagte ich jetzt? Soll ich lügen und das Risiko eingehen erwischt zu werden? Oder meine Standardantwort: 'Keine Ahnung?' Kommt genau so gut wie: 'Es ist nicht so wie sie denken'...
 

„Ja, aber ich sollte darüber kein Wort verlieren.“ Mund?! Was...? „Was? Äh... Herr Richer... es geht um die Zukunft dieses Mannes,... und auch um die Zukunft dieser Schule.“ „Ich weiß, aber ich möchte selber darüber auch keine Worte verlieren.“ Ey, Mund! Bau keinen Scheiß! „... Ich verstehe... darf ich Ihnen denn einige Fragen stellen, damit ich einige Sachen ausschließen kann?“ „Wenn es nicht zu weit in mein Privatleben reicht beantworte ich alles.“ Innerlich lachte ich mich regelrecht aus. Wieso sagte ich so was?! Bin ich irre oder hat mir wer was in den Kaffee getan? „Gut... also... er hat noch etwas mit Ihnen privat zu tun gehabt, so habe ich das aus ihrer Aussage entnommen, ist das richtig?“ „Ja. Ich kenne ihn auch einigermaßen privat.“ Oh Fuck, oh Fuck, oh Fuck! „Gab es eine... spezielle Beziehung zu ihm?“ „Dazu sage ich nichts.“ „Wissen Ihre Schwestern davon?“ „Dazu sage ich auch nichts.“ „Haben sie etwas damit zu tun?“ „Ich sage dazu nichts.“ Die letzten Fragen waren bohrend, der Direktor versuchte echt mehr aus mir heraus zu bekommen, neigte sich leicht zu mir, doch als ich so blockte lehnte er sich zurück in seinen Sitz. „Herr Richer... tut mir leid Sie so ausfragen zu müssen... aber... ich werde Ihnen eine letzte Frage stellen... aber da bitte ich Sie wirklich um eine klare Antwort. Das muss einfach geklärt werden...“ Ich schluckte, versuchte aber immer noch ruhig zu wirken. Es hing alles nun an mir... sag nichts... er kann dich nicht zwingen etwas zu sagen...
 

„Herr Richer...“ Scheiße! „Hatte er eine Liebesbeziehung zu Ihrer Schwester?“
 

Äh........ Was?!
 

„Herr Richer, bitte beantworten Sie meine Frage. Es ist wirklich wichtig das zu klären.“ Wieso... mit einer meiner Schwestern? „Woher wissen Sie davon?“ Sorry,! Aber das musste jetzt mal sein! „Schon als ich mit ihr telefoniert habe hörte ich, dass sie sehr verunsichert war, als ich Herr Hawen erwähnte... Ich meine, es entschuldigt nicht sein verhalten... aber diese Ausnahmebedingungen Ihnen gegenüber erklärten dies.“ Bin ich ne Katze und eines meiner Leben ist nun futsch oder ist mein Engel mit dem goldenen Ritter gerade durch die Tür gekommen? Heilige Mutter Gottes! Klar war Joan überrascht... die dachte bestimmt 'Warum ruft der Direktor von Ians Schule wegen Noël an, der da ja nicht arbeitet?'
 

„Nun... ja... zu der Zeit, wo meine Schwierigkeiten mit ihm auftraten hatte sie viele Probleme mit ihm und ich war sehr sauer auf ihn und er dachte, er könnte durch mich wieder an sie gelangen...“ Mund, ich liebe dich! Wenn ich könnte würde ich dich küssen! Man war ich gut! „... das sollte natürlich nicht vorkommen... So leid es mir tut, aber... wir müssen sicher gehen, dass Sie dadurch keine Defizite aufweisen und werden eine extra Klausur mit Ihnen schreiben müssen im Fach Deutsch. Dies sollte so gut wie möglich unter uns bleiben... Wenn etwas derartiges weiter heraus getragen wird... also helfen wird das unserer Schule nicht.“ „Klar, verstehe ich. Dann... behalten Sie die Sache hier mit meiner Schwester am besten auch für sich. Ich sollte es ja nicht erzählen. Sie hasst es über gescheiterte Beziehungen zu reden.“ Herr Rossen nickte und erhob sich dann. „Vielen Dank für das Gespräch, Herr Richer.“ „Ist okay.“ Er reichte mir seine Hand, ich nahm beruhigt und tief in mir vor Freude heulend an. So schnell ich konnte eilte ich wieder nach Hause. Und kam schnell an.
 

Die Tür aufgerissen, in das Wohnzimmer gestürmt rief ich direkt laut los. „Es war nichts! Gar nichts! Es ist alles okay, ich musste nichts...“ Doch ich wurde unterbrochen. „Ich hab meinen Job wieder.“ „Äh, was?“ Noël kam um die Ecke der Küche hervor und grinste mich so breit an, wie er es noch nie tat. „Wie jetzt?“ Er kam noch etwas näher an mich heran und flüsterte mir zu, sodass meine Schwestern, die noch in der Küche waren, es nicht hörten: „Herr Rossen hatte mich gerade auf dem Handy angerufen. Ich bin wieder dein Deutschlehrer.“ „Och nö! Nicht echt, oder? Das heißt, der eigentliche Stress hört immer noch nicht auf?“ „Ach Ian!“ Sein Grinsen wurde zu einem Lachen und er umarmte mich total überwältigt.
 

„Was auch immer du gesagt hast, ich liebe dich, Ian!“ „Ist ja gut!“ Auch Joan und Joce kamen nun hervor und sahen auch sehr erfreut aus. „Was war denn nun mit dem Herrn Rossen? Wars was schlimmes?“ „Äh, nee. Bei uns in der Schule... wurde... nur was geklaut! Und... ja ich habs halt gesehen. Ist alles okay.“ Auch, wenn mir das so verdammt leid tat, dass ich log, jeder war irgendwie glücklich, meine Lügen schadeten keinem und das war die Hauptsache. Uns ging es jetzt allen gut.
 

„Ian, gehst du mit mir eine Runde um den Block? Ich brauche ein bisschen frische Luft.“ Noël stand schon auf, gar nicht auf meine Antwort wartend und schob mich wieder in Richtung Flur. „Äh... anscheinend würdest du ein Nein nicht akzeptieren...“ Er nahm sich eben noch Jacke und sonstiges, da standen wir schon vor der Tür des Hauses. „Sorry Schatz. Ich wollte nur in aller Ruhe hören, was jetzt alles gewesen ist. Erzähl schon!“ „Ist ja gut... also, was du vielleicht unbedingt wissen solltest... Du warst mit Joan zusammen. Das ergab sich so... ach warte, ich fange mal von vorne an...“
 

Ich erzählte also was bei dem Gespräch unter 4 Augen rum gekommen ist und ob wohl ich befürchtete von Noël für die Scheinbeziehung einen auf den Kopf zu bekommen dankte er mir sehr und küsste mich immer und immer wieder. „Ich kann dir echt nicht sagen, wie sehr ich dir danke! Ich meine, ich habe euch alle schon so lieb gewonnen und euch dann verlassen... natürlich hab ich dich am liebsten!“ „Ist ja gut! Ich hab dich auch am liebsten und dann ist doch gut!“ Unser Beisamensein war aber relativ früh wieder aufgelöst. „Tut mir leid. Ich muss für Montag noch Unterricht vorbereiten und ich will das nicht morgen auf den letzten Drücker machen. Ich werde auch morgen wieder bei euch vor der Tür stehen so früh ich kann!“ „Mach dir und vor allem mir keinen Stress!“ „Ich mach mir kein Stress. Ich weck dich also morgen um 8?“ „Verpiss dich!“ Ein letztes Mal packte und drückte er mich, mich auch das letzte Mal für den Tag innig küssend.
 

Er hielt mich, als wäre es das letzte Mal in unserem Leben, er küsste mich, als wäre es das letzte Mal für immer... Ey, ich schnulze hier ja schon rum wie son Mädchen! Aber es tat einfach gut... Ich musste abbrechen! „Noël! Wenn das hier einer sieht!“ „Na gut, dann bekommst du morgen mehr. Pass noch auf dich auf.“ „Ist gut. Tschüss!“ „Ciao, Ian.“ Und er küsste mich noch mal. Aber kurz. Und dann ging er.
 

Das war der erste Samstag mit diesem besonderen Gefühl von... na ja, ihr wisst, was ich meine. Ich ging also wieder nach Hause, machte es mir noch mit Joan und Joce gemütlich und irgendwann, nachdem wir zusammen noch einen Film geguckt haben legten wir uns alle schlafen.

Erstes Mal bei ihm

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Und keine Ahnung was ich will

Montag

Eine Süße SMS weckte mich relativ unscheinbar. Erst checkte ich gar nicht, was da so bimmelte, aber nach und nach wurde mir klar, das war wohl mein Handy.
 

[Guten Morgen mein Schatzi ;)
 

Verrätst du mir, wann du immer
 

Morgens mit dem Zug fährst?
 

Vielleicht können wir anfangen
 

immer zusammen zur Schule zu
 

fahren, wenn wir gemeinsam
 

beginn haben. Oder willst du
 

nicht? Liebe dich, Noël]
 

Das war süß. Da werde ich von einer so lieben SMS von Noël geweckt, dass ich schon kotzen könnte. Meine Fresse, bin ich sein kleines Mädchen oder was? Seufzend und eigentlich noch 10 Minuten Zeit zum Schlafen gehabt, drehte ich mich halb tot um und schrieb ihm eben zurück.
 

[Morgen du Spinner. 1. Schau
 

erst auf die Uhr, wenn du mir
 

schreibst. 2. Ich fahre immer,
 

wenn ich zur ersten Stunde habe
 

mit dem Zug um 7:18. Du nimmst
 

wahrscheinlich den früher. Ach,
 

und 3. Vergiss es. Da sind so
 

Leute aus meiner Stufe immer im
 

im Zug, die würden das
 

mitbekommen, dass da was läuft.]
 

Ich wollte mir nicht ansehen lassen, dass ich seine Idee schön fand, ich aber kein unnötiges Risiko eingehen wollte. Cool bleiben. Auch, wenn mein Zimmer schon cool genug war.
 

Jetzt war ich schon wach, also konnte ich auch jetzt aufstehen. Die Bettdecke war weggeschoben, das Fenster geschlossen und eine weitere SMS kam an.
 

[Was denn? So früh ist es
 

auch nicht. Stell dich nicht so
 

an... Ich könnte zwar auch den
 

Zug um halb nehmen, aber dann
 

müsste ich die ganzen Sachen
 

immer am Vortag schon
 

vorbereiten^^’ Was sind das
 

denn für Welche? Würden die
 

auch schauen, ob da was
 

komisches sein könnte oder so?]
 

Ich verdrehte die Augen. Dabei dachte ich auch nach, wie ich relativ kurz antworten könnte. Nachdem ich dann auch einige Klamotten zu Recht suchte, schrieb ich zurück.
 

[Keine Ahnung. Ich hab sehr
 

wenig mit den Leuten so zu tun.
 

Können wir da ein anderes Mal
 

darüber reden?]
 

Die Zeit, in welcher ich auf eine Antwort wartete, zog ich mich an und war sogar schon am Zähneputzen. Den Schaum ausgespuckt sah ich auf mein Handy. Neue Nachricht von Noël.
 

[Klar, ist okay. Wir sehen
 

uns gleich. Ich liebe dich.]
 

Den Rest erledigte ich auch relativ schnell und da ich so früh schon aufstand, war ich viel zu früh mit allem fertig. Ich begann über diese momentane Beziehung nachzudenken.
 

War das echt richtig mit ihm zusammen zukommen? Wie ich ja schon vor uns dachte, das Risiko ist viel zu hoch für einen einfachen Spaß oder so. Er könnte seinen Job, eigentlich schon seine Existenz, verlieren. Der würde nicht mehr eingestellt werden.
 

Aber letztendlich machte er das für mich. Er ging für unsere Beziehung solche Risiken ein. Ich bedeutete ihm wohl wirklich eine Menge.
 

Ich ließ mich auf das Sofa fallen und schloss die Augen.
 

Ob ich so vieles für ihn machen würde? Okay, mehr oder weniger tat ich das ja. Wer weiß, was mich in der Schule erwarten würde, wenn das raus käme? Ach du Scheiße! Meine Noten würden dann wahrscheinlich für unzuverlässig gehalten werden! Und bestimmt müsste ich alles noch mal neu machen oder total krasse Prüfungen über mich ergehen lassen! Aber darüber habe ich nie nachgedacht. Ich habe nie darüber nachgedacht, welche Risiken mich erwarten würden, weil mir das egal war... So wie ihm das egal war und noch immer ist.
 

Ich setzte mich wieder auf, begann mir Jacke, Schal und so weiter anzulegen und das Haus mit allem drum und dran zu verlassen.
 

Der Schnee ließ stark nach. Es war gerade noch kalt genug, dass er nicht schmolz. Aber es schneite zum Glück nicht mehr. Für ende Jänner sollte das auch so, meiner Meinung nach zumindest, sein,. Schnee geht mir einfach viel zu schnell auf den Sack. Ich meine, wenn es Weihnachten und so schneit, ist das toll, episch und so, aber nicht, wenn es schneit und taut und dann wieder gefriert und wieder schneit und wieder taut. Das konnte ich gar nicht leiden. Kann ich immer noch nicht. Und jetzt sollte es reichen. Es soll warm werden. Ich mag 15°C. Das ist die perfekte Temperatur um einen Ian in Freilandhaltung artgerecht zu halten.
 

Während ich wieder so über all möglichen Scheiß nachdachte, kam ich schon im Zug an. Und plötzlich zog mich eine Hand zurück und warme, weiche Lippen küssten mich. „Guten Morgen, mein Schatz...“
 

„Bist du irre?! Mich so zu erschrecken! Du alter Spast!“ Ich riss mich los. Meine Reaktion musste wieder cool kommen, nichts anmerken lassen. Auch, wenn ich mich echt unendlich freute ihn zu sehen. Das gehörte einfach dazu. Er wusste, wie es in mir eigentlich war. Deshalb grinste er auch so.
 

„Lass uns zusammen einsteigen und über die letzten SMS reden“
 

So, wie wir da zusammen saßen, kamen wir wieder darauf, dass ich eigentlich keine Ahnung von meiner Stufe oder so hatte. „Ich habe echt wenig mit denen zu tun. Ich kam von der Realschule auf das Gymnasium um mein Abi zu machen. Deshalb hatte ich all meine Freunde auf der Realschule, aber es schafften so wenige aufs Gymnasium, dass meine Freunde nicht zu denen zählten, die es schafften. Und... ich bin nie mit irgendwelchen Leuten aus meiner Stufe in ein Gespräch gekommen, welches irgendwie eine Freundschaft oder so versprach. Ich komme aber irgendwie mit jedem gut klar, nur befreundet bin ich nicht wirklich mit wem...“
 

Noël schmunzelte. „Das ist schade...“ Seine Aussage brachte irgendwelche Denkprozesse in Gang, welche ich nicht nachvollziehen konnte.
 

„Noël? Über was denkst du gerade nach? Hab ich irgendwas gesagt?“
 

„Was? Ich? Ich dachte nur, ich habe glaube ich, etwas zu Hause vergessen...“ Zwar wusste ich nicht, an was er bei dem Gespräch denken musste, aber nun gut.
 

Er fragte mich noch ein bisschen über einige Dinge aus meiner Vergangenheit aus und irgendwann gab ich ihm einen kleinen Box in die Seite, um darauf aufmerksam zu machen, dass einige aus meiner Schule nun im Zug saßen. Privatleben wieder einpacken und Folterinstrumente raus holen. Lehrer-Schüler Unterhaltungen mussten ausgefahren werden.
 

Unter diesem Druck fuhren wir dann bis zur Endhaltestelle und gingen zusammen zur Schule. Wir trennten uns im Gebäude und das Letzte, was uns verraten könnte, war das Zwinkern von ihm und der Mittelfinger von mir. Aber das fiel in diesem gekonnten Moment niemandem auf.
 

Und irgendwann war halt wieder relativ normal Deutschunterricht. Aber dieses Mal sollte es doch ein bisschen anders sein.
 

Noch immer hieß es hier, Herr Hawen würde nicht mehr der Lehrer sein. Ich meine, woher sollten die auch wissen, dass es doch anders kam? Glücklich und zufrieden kam Noël um die Ecke, nahm seine Hygienemaske ab und begrüßte alle, mit einem ganz anderen Thema als Deutsch, anschließend.
 

„Leute! Ich bin wieder euer Lehrer! Alles, was da war, konnte aufgeklärt werden und damit bin ich nicht mehr in Gefahr euch alleine lassen zu müssen. Keine Sorge, ich bleibe!“ Alle sahen wie vom Blitz getroffen nach vorn. Die Worte waren für sie so unglaublich.
 

Dann klatschten einzelne. Und bald klatschten alle. Jubelrufe schallten durch den Raum und Noël bekam Schwierigkeiten die Masse wieder ruhig zu bekommen. Aber so sehr er alle versuchte wieder runter zu fahren, er freute ihn sichtlich in dem Kurs angenommen zu sein.
 

„Ist doch gut! Ich werde auch nicht mehr gehen, keine Sorge!“ Ausgeglichene Ruhe trat langsam ein. Doch noch immer war wohl für Noël nicht an Deutschunterricht zu denken.
 

„So ihr. Ich habe da so eine kleine Idee. Ich meine, wir sind ein Lehrkurs. Wir müssen ja auch irgendwo zusammenhalten und die letzten Monate bis zum Abi miteinander auskommen. Wir prägen gegenseitig unsere Zukunft und ihr kennt mich ja noch nicht so gut. Jetzt, wo ich bei euch bleibe und das auch so bleibt dachte ich mir... Wir machen mal ein gechilltes Kurstreffen, vielleicht in einer kleinen Bar oder Kneipe oder so. Oder mögt ihr die Idee nicht?“
 

Widerspruch ertönte aus allen schallenden Ecken. Ich war noch nicht so entschlossen, ich wusste einfach nicht, was ich davon halten sollte. Saufen mit dem Lehrer und einem Kurs, den man eigentlich nicht kannte?
 

„Das hört sich einstimmig nach einem Kurstreffen an. Und habt ihr eine Ahnung wann? Ich lass mich gerne beraten und Zeit hab ich momentan auch!“
 

„Morgen!!“
 

„Ja, Morgen!“
 

Morgen schon?! Ist mein Kurs irre? So kurzfristig ist doch bescheuert! „Na gut, wenn ihr alle wollt oder kann wer nicht?“
 

Was?
 

„Gut! Also Morgen, lasst mal so gegen 19 Uhr in der Bar die drei Straßen weiter hier treffen. Die ersten Drei, die da sind, bekommen von mir einen Ausgegeben!“ Was ging da gerade mit ihm ab?
 

Die Freude war so verdammt riesig, dass mein doof aus der Wäsche gucken in der Menge versank. War ja nicht schlimm. Noël würde bestimmt heute noch bei mir privat vorbeischauen und da könnte ich ihm so derbe in den Hintern treten, dass er aus der Nase bluten wird!
 

Zwar waren wir nun mit positiven Dingern überfüllt, aber demnach war auch der eigentliche Unterricht beschissen zu lenken. Aber egal. Bald war Schluss, Noël musste noch etwas bleiben und ich fuhr schon mal nach Hause.
 

Meine Verwirrung war dennoch immer echt groß. Einfach mal so morgen dicke Party machen? War der Irre? Will der jetzt unser aller Homy werden oder wie auch immer das geschrieben wird! Das geht doch nicht einfach mal, einen auf Kumpel zu machen!
 

Endlich kam ich zu Hause an. Ich war allein. Das konnte ich gerade auch echt gut gebrauchen. Mir schwirrten viele Gedanken durch den Kopf und einer machte am Ende besonders Sinn.
 

Er machte das bestimmt, damit ich auch besser mit den Leuten klar kommen würde. Damit die mit mir reden und ich mit denen zu tun habe! Hey, brauchte ich jetzt seine Hilfe oder was?
 

Ich warf mich auf das Sofa.
 

Innerhalb von so weniger Zeit sollte sich so vieles ändern. Plötzlich war ich ein Kandidat eines 2,... Abiturs, ich war kein Single mehr und... ich war schwul. Ja, ich war mit einem Mann zusammen. Nur einer und vielleicht ein halber Monat und ich war plötzlich mit einem Kerl zusammen. Aus meinem Gedanken vollkommen Hetero zu sein wurde ein starker drall nach Homo. Das konnte doch nicht war sein?!
 

Ich versank total in solchen Konflikten. Irgendwann klingelte es an der Tür. Sollte Noël sein. Mir war auf einmal so mulmig. Richtig unwohl. Ich konnte doch nicht einfach schwul sein! Ich machte die Tür des Hauses mit einem Knopfdruck zugängig. Dann öffnete ich die Tür der Wohnung und sah Noël die letzten Stufen heraufkommen. Ich wollte irgendwie, dass er wieder geht...
 

„Hey Ian!“ „Hey.“ Ich dachte, ich hätte zu viel Sprudel getrunken. So schlecht war mir. Wie scheiße das kommen müsste. Man kommt zu seinem Freund und dieser denkt sich so: Irgendwie klappt das nicht. „Und? Schon Hausaufgaben gemacht?“ „Mir ging es nicht so gut. Ich habe mich bis eben hingelegt gehabt.“ „Ach so, tut mir leid, wenn ich dich aus den Federn geworfen habe.“ Dennoch bat ich ihn herein. Nun wusste ich gar nicht mehr, ob ich ihn irgendwie noch so sehr liebte, dass mir auch so schlecht war oder ob es hauptsächlich dieses Fremde sich selber gegenüber war. Er sah so gut aus, wie er mich anlächelte, aber wollte ich echt mit einem Mann zusammen sein? Mit einem, der älter war als ich?
 

„Wenn es dir nicht so gut geht, soll ich mich um dich kümmern? Etwas massieren oder dich einfach so auf andere Gedanken bringen?“ Er hatte sich noch gar nicht Jacke und Schal und so was ausgezogen, da drängte er mich schon an die Wand und raunte mir diese Worte ins Ohr. Toll! Basierte das hier dann auch noch fast nur auf Sex? Auf Sex und dieses reizende Risiko erwischt zu werden? War es ein geiles Geheimnis zwischen uns? Der Lehrer und der Schüler?
 

Ganz ruhig. Ich rastete gerade innerlich so aus. Auf einmal war einfach alles falsch. Ich konnte doch nicht mit einem Kerl zusammen sein! Ich stand auf Frauen! Ich hatte Frauen! Ich wollte der Mann im Haus sein! Nicht einer von zwei! Und wie sollte ich mich outen?! Vor allem nun, wo ich so darüber nachdenke und an allem und jedem Zweifel! „Nein, mir ist nicht so danach.“ Abstand. Ich wollte Abstand. Er war mir schon wieder so nah, dass er mir sogar den Raum zum Denken nahm.
 

„Ach komm, ich weiß, wie schnell du umzustimmen bist. Lehn dich einfach zurück, ich mach schon...“
 

„Nein Noël, ich will echt nicht.“
 

„Wenn ich dich mir so anschaue, sagt dein Körper aber...“
 

„Ich will aber nicht!“ Dieser Ausruf war so laut, dass er sofort von mir wich. Im Moment tat mir das aber nicht leid.
 

„Ian? Was ist los?“
 

„Ich brauche Abstand, okay? Ich meine, du tust jetzt schon, als wäre ich von dir abhängig und organisiert ein Kurstreffen, damit ich mit den Leuten was zu tun habe und wir sind erst letztens Knall auf Fall zusammengekommen ohne das ich da richtig drüber nachdenken konnte! Ich meine, plötzlich war ich schwul!“ Und das brachte nun auch ihn zum nachdenken. Ich hielt aber nicht an. „Ich weiß ja nicht, ob du schon vorher total so warst, aber ich dachte bis dahin, dass ich hetero wäre! Ich war mit Mädchen zusammen und war so auch glücklich und dann kommt mein Deutschlehrer und verdreht mir fast komplett den Kopf!“ Das ging bestimmt gerade alles viel zu schnell für ihn. Er wusste gar nicht, wie er reagieren sollte. Ich wusste nicht, ob sein Herz jetzt schneller schlug oder stehen blieb.
 

„Ian... Das tut mir leid. Ich wusste nicht, dass... es dir so viel zu schnell ging.“ „Ich weiß. Ich eigentlich auch nicht.“ Also was sollte das nun alles bedeuten? Auf was wollte ich eigentlich hinaus? Innerlich wollte ich wohl irgendeinen Satz hören, der hier alles wieder gut machen konnte. Aber ich wusste echt nicht, was für ein Satz das hätte sein können. Sollte wohl so was wie die Quadratur des Kreises sein.
 

Ich schüttelte mich und entfernte mich von der Wand. Und von ihm. „Ich brauche eine Pause. Mindestens. Ich muss mit meinem Leben klar kommen. Und ich muss raus bekommen, was ich dazu brauche. Oder was nicht.“ Noël nickte. „Ich lass dich dann mal... etwas allein. Ich will dich ja nicht drängen oder etwas derartiges. Aber egal wie du dich entwickeln oder entscheiden wirst... Ich... also...“ „Danke, Noël.“ Damit war der momentane Cut gemacht. Ich weiß nicht, ob mir ein abschließender Kuss gut getan hätte oder so. Er nickte noch einmal, schloss seine Jacke wieder und ging. Bevor er die Tür schloss, sah er noch mal zurück. Dann war er weg. Ich war allein. Das ging wirklich schnell. Genauso schnell wie ich vergeben war, war ich wieder allein. So blieb das auch erst einmal. Ich erzählte meinen Schwestern nichts. Ich wusste ja nicht einmal, ob ich nur eine kurze, eine lange oder eine ewige Pause bräuchte. Solange nichts klar war, sagte ich nichts. Aber erst war mir eines wichtig in diesen Augenblicken.
 

Ich wollte mir selber beweisen, dass ich nicht schwul bin.

Und das Ende

Dienstag

Ich wachte auf, direkt mit diesem Gedanken: „Was willst du eigentlich?“ Ich wachte auf und alles war so schnell B bevor es A war. Ich hüpfte zwischen den Gräben hin und her. Keine Ahnung, wo hin ich wollte. Erst mal sollte ich aufstehen.

Irgendwie zwang ich mich auf meine Beine und machte mich fertig. Es lief eigentlich wie immer, aber dennoch so anders. Ich stapfte durch die restliche Kälte. Ich stieg in den Zug. Ich stieg wieder aus und ging zur Schule. Zum Glück war kein Deutsch. Wäre mir unangenehm gewesen.

Mir wäre ein zusammentreffen so unangenehm gewesen, dass ich sogar meinen Lehrer in der letzten Stunde fragte, ob ich Ausnahmsweise früher gehen dürfte, um einen Zug früher zu bekommen. Wegen Arzttermin sagte ich. Und somit durfte ich gehen.

Am Abend sollte noch immer der Treff mit dem Kurs sein. Ich sollte eigentlich nicht fehlen. Bei der Gelegenheit in der Bar zu sein, könnte ich mich ja ablenken. Vielleicht könnte ich meinen heterosexuellen Charme spielen lassen...

Darauf bereitete ich mich den Rest des Tages vor. Anziehen. Aber was? Sah ich in letzter Zeit ´anders´ aus? Ich suchte mir weißes Hemd, da drunter schwarzes, langarmiges Shirt und lockere Jeans. Und lockerer Gürtel. Das kam immer gut. Und ein Bandanna um den Hals. Haare machen. Nach hinten? Oder wieder nach unten? Nach unten. Ganz klar. Noël sollte nicht denken, dass ich mich nun versuche zu ändern. Eben nicht. Er soll sehen, dass ich immer noch der Selbe bin, aber halt hetero. Eben nicht anders!

Schnell kam der Abend. Also wieder in den Zug, ab in Richtung Schule und dann die paar Straßen weiter. Ich war noch nie in dieser Bar. Hoffentlich gab es da schöne Mädchen und Frauen. Irgendwas musste mich ja ablenken.

Ich kam so pünktlich, dass ich nicht der Erste und auch nicht der Letzte war. Noël und weitere Leute waren schon an der Theke.

„Hey, Ian hat’s auch geschafft!“ Noël drehte sich um und so neutral wie er konnte nickte er mir zu. Das war’s. Ich sah wo anders hin. Nicht mehr Interesse andeuten. An den äußersten Rand meines Kurses platz genommen, war ich der kleinen Clique der Mädchen und jungen Frauen am nächsten. Cool.

Zwei bis drei dieser Frauen schauten immer wieder zu mir rüber. Eine dieser war auch meine Blicke wert. Sie war bestimmt auch 19, wirkte aber reifer. Sie war nicht so am kichern und alles. Bestimmt war sie die große Schwester von einer dieser hysterischen Weiber. Ich guckte rüber, sie auch, ich lächelte, sie auch und ich widmete mich dem Barkeeper zu. ´Soll ich oder soll ich nicht? Käme es kitschig wenn ich ihr einen Drink bringen lasse? Und wenn nicht, was soll ich ihr dann bringen lassen?´ Super. Ich konnte jetzt schon alles falsch machen und mich als vollkommenen Homo outen. Ich sollte mal versuchen sie abzuschätzen und dabei kannte ich mich nicht mal mit Cocktails und so was aus! Scheiße!

„Ian? Hey Alter!“

„Huh? Was ist Dave?“ Der Typ aus meinem Kurs, David, rückte etwas zu mir und steckte mir ganz nebenbei eine Strategie.

„Willst du die da betören?“

„Woher...? Fällt das so auf?“

„Ist okay. Bestell ihr eine starke Bloody Mary. Sag, dass da viel Alk drinnen ist, damit sie schnell blau wird und die Kinder da nicht mehr ertragen muss und eine Mary, weil sie auch gefährlich aussieht. Verstehst du, was ich meine?“

„Klar, danke.“ Hoffentlich klappte das mal. Ich tat wie er sagte.

Nach einigen Minuten wurde ihr der Drink vor die Nase gestellt und eine kurze Bewegung deutete auf den Spinner, der den spendierte: Mich. Sie lächelte, sah wieder zu mir, sah dann aber wieder weg. Was hieß das denn nun?

Sie versteckte sich kurz zwischen den Köpfen der zu kindischen Mädels und kam dann wieder hervor. Und in meine Richtung. Alles klar, jetzt kam es drauf an!

„Hey.“

„Hey.“

„Wie komme ich zu der Ehre?“ Sie hob ihren roten Drink.

„Nun...“ Und sofort auf Tuchfühlung gehen. Das konnte ich. Sternchen, Grins, Sternchen. Ich neigte mich zu ihr, als solle niemand anderes hören, wie zu der Ehre kam. Daher kam sie mir auch näher. Ungehemmt. So was am Anfang lockert immer die Stimmung. „Also, ich dachte mir... du siehst ganz schön gestresst aus mir dem kleinen Zirkus da hinten und... na ja, der Cocktail passt zu dir. Ich dachte einfach mal, du stehst auf kleine Gefahren?“ Sie brauchte nicht lange, um diesen Spruch als Anmache zu erkennen. Aber es schien ihr zu gefallen.

„Du schätzt mich schneller richtig ein, als so manche, die sich Freunde schimpfen. Gefällt mir. Nenn mich Nessy. Vanessa klingt scheiße.“

„Alles klar, Nessy. Nenn mich Ian. Klingt zwar auch scheiße, aber da raus einen Spitznamen machen ist schwer.“ Sie lachte. Jawohl, ich hatte es nicht verlernt!

„Ach quatsch. Freut mich, Ian.“ Sie hob wieder ihr Glas. Ich griff nach meinem und hob es ebenfalls. Dann tranken wir.

„Und? Was machst du hier? Scheinst auch nicht unbedingt freiwillig hier zu sein.“

„Na ja... ist eigentlich ein Kurstreffen hier. Deutsch Lehrkurs. Aber... ich finde dich gerade interessanter. Was machst du denn hier? Musst du auf die kleinen Mädels aufpassen?“

Sie nickte leicht beschämt und überfordert. „Ja ja, die kleine Schwester hat B-Day. Und da muss die Große auf die Kleine aufpassen, weil die Kleine in eine Bar will. Deswegen... muss ich auch in spätestens einer Stunde den Sack Flöhe da nach Hause bringen...“

„Aber das muss ja dann nichts heißen, oder?“ Ich nahm einen Zettel aus meiner Hemdtasche und wie zufällig fand ich einen Kugelschreiber in meiner Hosentasche. Meine Nummer kannte ich auswendig. Muss man, wenn man so ein Player wie ich ist! „Wenn du magst...“ Nessy grinste nun auch, steckte aber nur den Zettel weg. „Meine Nummer gebe ich dir erst, wenn ich dich besser kenne! Ich bin nicht so leicht zu haben!“

„Das habe ich nie bezweifelt.“ Und mit solchen Aussagen macht man dann den Sack zu.

Nessy war mir echt sympathisch. Sie war keine Tussi und sie war halt nicht leicht zu haben. Aber sie blockte nicht. Es war so ein Spielen. Sie ließ es aber auch drauf ankommen mit ihrem Outfit. Eine braune Lederkorsage mit Trägern, eine braune Jeansjacke drüber und eine relativ weite schwarze Hose. Dazu ihre braunen Haare, meine Länge. Und ihre Augen.

Wir erzählten uns noch einiges und lachten viel. Angetrunken waren wir auch. Ich gab einiges aus. Ich drängte sie aber zu nichts. Sie bestellte munter. Was alles in so ein hübsches Fräulein reinpasste! Die hatte meinen Respekt! Ich ignorierte total meinen Kurs. Und die Blicke von Noël.

Gegen 22 Uhr wurde der Abschied schwer. „Och Ian, das tut mir so leid! Ich muss die Kinder hier wegbringen! Aber das war echt ein toller Abend!“ Sie stand auf, gab mir zumindest 20 Euro für einige der Cocktails, die sie locker verputzt hatte, und gab mir einen Kuss auf die Wange. „Aber weißt du was? Das muss ja nicht jetzt enden! Hier, schreib dir meine Nummer auf.“ Ihr Handy gezückt und mir die Nummer mit dem Namen ´Eigene Nummer´ gezeigt konnte ich mir sicher sein, dass sie mich nicht verarscht. War irgendwie süß.

„Alles klar. Ich kann mich ja melden, wenn hier das Kurstreffen offiziell zu Ende ist. Ich hoffe nur, bis dahin hast du dich noch nicht hingelegt.“

„Niemals. Ich werde warten. Also melde dich auch!“

„Klar.“ Nun wand sich Nessy ab und trat an den Kindergeburtstag. „Hey Mädels. Auf, auf! In acht Minuten kommt unser, nein, euer Bus nach Hause! Kommt oder ich sag euren Müttern, dass ihr wolltet, dass ich euch Tequila bestelle!“ Alle hatten ihre Jacken an und verließen allmählich den Laden. Zu guter Letzt wurde ich noch mal von diesen niedlichen Augen angeblitzt. Dann war sie weg. So, nun hieß es, warten bis Noël uns befreite. „Iaaaaaaan! Geil ist die, die du dir da angelächelt hast! Respekt!“

„Heeey, Dave! Ohne dich hätt’ ich das nicht geschafft! Ich schulde dir was, Alter!“ Okay, vielleicht war es doch von Noël eine gute Idee, den Treff heute und hier zu machen.

David war okay. Ich hab den Rest mit ihm geredet und regelrecht noch gesoffen und endlich kam die erlösende Aussage: „Nun gut. Wir haben 23:30 Uhr. Ihr seid nun frei! Ich hoffe, es hat euch Spaß gemacht und man kann das mal wiederholen.“ Ich wusste, dass er unter keinen Umständen wollte, dass es aber genauso wieder ablaufen sollte. Aber ich war so blau, dass es mir scheiß egal war. Ich ging einfach. Ich wollte mich ja noch bei Nessy melden.

Nicht einmal ein kurzer Schwenk zurück war von mir gekommen. Ich war einfach zu besoffen um an Noël zu denken. Mir war klar: Erst nach Hause, bevor ich total blau in der Pampa lande und keine Ahnung habe, wie ich wieder zurück komme. Also ab nach Hause mit dem Zug. Kein Problem.

In den heimischen 4 Wänden trank ich erst Mal was Normales. Da waren bestimmt noch immer 1,5 bis 2 Promille in mir am Tanzen! Und diese ließen mich unsicher werden. Zur Sicherheit setzte ich mich auf das Sofa und blieb ganz ruhig. Ich holte schon mal mein Handy raus. Oh, eine SMS? Hatte es da jemand nicht ohne mich ausgehalten? Und wie es da einer nicht ausgehalten hat.
 

[Ian, pass bitte auf dich auf. Du bist

echt ganz schön betrunken. Wenn

du Probleme hast, melde dich bitte.

Und wenn du zu Hause bist.

Noël]
 

Wie schön das war, dass sich jemand Sorgen machte. Wie eine Wand, an welche man sich immer lehnen konnte. Ich wurde melancholisch.

Ich wusste gar nicht, ob Nessy jetzt eine war, die bei mir die Tendenz hatte ein ´One-night-stand´ zu sein, vielleicht doch eine Partnerin oder doch nur eine Freundin? Ich meine, unser Beisammensein gerade war wie unter Kollegen. Da war eigentlich kein sexuelles Interesse. Ob es daran lag, dass sie so Kollegen-mäßig war oder sie einfach nicht die Richtige gewesen wäre oder ich vielleicht doch anders war... Ich vermisste Noël. Alles drehte sich und ich war allein. Sollte ich mir eingestehen, dass ich, wenn überhaupt, etwas zwischen A und B war und nicht schwarz oder weiß? Oder sollte ich doch versuchen zu schauen, ob ich vielleicht doch ´normal´ war? Egal, ich wollte irgendwie nicht allein sein. Nur darum ging es mir gerade. Eine weitere Welle Alkohol schoss mir in den Kopf. Mich griff Mut.
 

[Hey Nessy Süße,

Du das wird nichts, so wie wir

das jetzt wollten. Du warst echt

ne Liebe, wir können uns echt

gerne mal Privat treffen, mit

anderen Zielen dann auch. Aber

so... so wird das leider nichts.

Ich hab mich da in was rein verrannt.

Ich hoffe, wir bleiben trotzdem

im Kontakt. Es liegt an mir.

Liebe Grüße und eine gute Nacht,

Ian]
 

„Hoffentlich hab ich das jetzt gut rüber gebracht. So was zu schreiben ist echt schwer... Ich meine, Frauen fassen alles negativ auf!“ Aber wie ich die Frauen kannte antworteten sie immer hin schnell.
 

[Hey Ian,

Ist schon okay, ich versteh dich :)

Direkt ins Bett wäre ich eh nicht

mit dir gegangen ;D Was ich aber

weiß, diese andere Person, die dein Herz

erobert hatte, muss echt ein

Glückspilz sein. Man schreibt sich

noch und dir auch eine gute Nacht!

PS: Danke, dass du dich gemeldet

hast ;) Nessy :*]
 

„Fiel das so auf, dass ich noch jemanden im Hinterkopf hatte und deshalb so war? Danke Nessy.“ Ich schaute auf die Uhr. „Scheiße! Schon halb eins?“ Ich musste zu Noël!

Jacke und alles Andere, was ich auf die schnelle bei der Hand hatte über geschmissen lief ich los.

Der kalte Wind peitschte mir ins Gesicht. Mitten in der Nacht war es echt schlimmer als mitten am Tag. Und es war stockdunkel. Aber ich fand zu ihm.
 

„Ian? Was machst du hier?!“ Bedröppelt und gebranntmarkt von der Kälte stand ich vor seiner Tür und sah ihn mit großen Augen an.

„Ich will zu dir...“

„Ist etwas passiert?“

„Ich liebe dich.“ So schnell ich auf den Punkt kam, so verwirrt und dann aufgelöst nahm mich Noël in seine Arme.

„Ian.... ich liebe dich auch....“ Es war warm. Wunderschön warm. Und ich war in Sicherheit. Sicher vor allem und jedem. Vor allem war mir noch immer sehr schwindelig, aber ich konnte mich fallen lassen. Ich vertraute ihm wie keinem anderen. „Ich liebe dich Noël.“

„Ich dich auch Ian.“
 

Ende
 

-> Bei Interesse schaut doch einfach bald mal bei meinen anderen Ff's nach, denn in den kommenden Tagen werde ich die original Story der beiden hier anfangen hochzuladen ;)
 

Grüße~



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (18)
[1] [2]
/ 2

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  DasIch
2014-02-07T17:34:42+00:00 07.02.2014 18:34
Du solltest davon echt eine Fortsetzung machen XD
Von:  DasIch
2014-02-04T04:50:43+00:00 04.02.2014 05:50
Oh man i love it!!! Schade das ich sie erst so spät gefunden habe

GLG

DasIch
Von:  Onlyknow3
2014-02-02T18:22:44+00:00 02.02.2014 19:22
Das ist so ein schönes Kapitel,bin auf die anderen Kapitel gespannt.

LG
Onlyknow3
Von: abgemeldet
2011-05-02T18:12:21+00:00 02.05.2011 20:12
Ich....liebe....diesen....FF ... Q_Q
xO Warum bin ich noch nicht 18 ????
dann könnte ich jetzt weiterlesen....

Ps: ich hab diesen FF auf meinem Ebook, hoffe das ist kein Problem? ._.
Von:  Maldoran
2011-03-24T21:38:20+00:00 24.03.2011 22:38
Hey!

Also, ich verstehe eines überhaupt gar nicht; wieso Du auf diese Story so gut wie gar keine Kommis bekommen hast? *verwirrt bin* Tz!
Okay, ich muss zugeben, am Anfang hatte ich schon gewisse Probleme mit Deinem doch... etwas so ganz anderen Schreibstil, als ich ihn bisher gewohnt war... bin. Ich lese viel. Hier ... und auch anderswo. Hauptsächlich... nein, eigentlich ausschließlich shonen-ai.
Aber nach ein- zwei Kapiteln war ich dann voll drin. Und dabei. Dieser andere Schreibstil hat mir dann letztlich doch sehr gut gefallen, es "rumpelt" zwar manchmal etwas... ich meine, die Sätze sind oft sehr knapp und kurz, aber gerade DAS machte dann den Reiz aus. Finde ich. Du hast immer alles genau auf den Punkt gebracht, in relativ kurzer Zeit und mit den passenden Worten und Ausdrücken.
Und so ganz nebenbei musste ich an manchen Stellen wirklich ganz doll Schmunzeln und leise vor mich hinkichern. Da war was... warte mal... als Ian krank wurde, sowas wie "er fühlte sich wie von einem Wal begattet". Das hab ich mir gemerkt, weil ich das so witzig fand diese Aussage und auch noch nie gehört habe! Und solche Sachen waren noch öfter zu finden/lesen, worüber ich mich königlich amüsiert habe.
Auch die "coolen" Sprüche fand ich toll, und das hörst Du nun aus dem "Mund" einer 46-jährigen!! Haha!

Deine Charas gefallen mir auch gut; Ian so... naja, jung, witzig, unerfahren, stolpert streckenweise ganz gewaltig in seinen eigenen Gefühlen herum, versucht ständig, sich gegen Noel zu wehren, und gegen seine aufkommende Gefühle für ihn. Und Noel ist so... zuversichtlich, sich seiner eigenen Gefühle ganz sicher und gibt nicht auf, Ian für sich gewinnen zu wollen! Gerne hätte ich auch seine Gedanken während der Story verfolgen wollen. Dieses zielstrebige an ihm, dieses fordernde, drängende Verlangen nach Ians Liebe.. wow! Das hat mich total beindruckt, ehrlich! Das hast Du immer wieder gut rübergebracht, finde ich.

Auch die "heißen" Szenen waren schön beschrieben; alles, was nötig war, und nichts, was gestört hätte, oder irgendwie komisch gewirkt hätte. Genau das richtige Maß! *zwinker* Man muss nicht immer alles so ausführlich beschreiben, Noels Worte reichten schon aus... *kicher*... bei Ian und bei mir! *rot werd*

Alles in allem eine schöne Story, etwas wild, etwas schräg in der Ausdrucksweise, eben ungewohnt für mich, aber trotzdem konnte ich nicht aufhören zu Lesen! Und werde auch noch in andere Storys von Dir reinschnuppern... bin neugierig. Leider hab ich nicht immer soviel an Zeit, die ich gerne hätte zum Lesen...

Was mir auch imponiert hat; trotz der wenigen Kommis hast Du es durchgezogen!

GLG
Vala
Von:  tenshi_90
2011-02-08T18:45:47+00:00 08.02.2011 19:45
Ein sehr schönes Kapi ^^

Die Szene in der Dusche is echt heiß =)

Freu mich aufs nächste =)

LG
Von:  tenshi_90
2011-01-24T20:04:03+00:00 24.01.2011 21:04
Hey! Eine sehr süße Story ^^

Gefällt mir echt gut.. die beiden sind so ein süßes paar :D

LG
Von:  Jay
2010-10-18T20:53:28+00:00 18.10.2010 22:53
Also hab mir jetz deine FF heute im ganzen durchgelesen und da du wie ich im letzten kapitel vernommen habe dir so gerne kommis wünscht dachte ich mir mache ich das doch mal, obwohl ich eher schreibfaul bin und deswegen auch nicht unbedingt zu allen ein kommentar machen wollte. Ich hoffe du verzeihst mir das xD
Jetz zu der FF. Tja da ich sie im ganzen gelesen habe bedeutet das schon das sie mir gefallen hat bis jetzt. Vom Inhalt her, also naja ich mag sowieso die Thematik Schüler-Lehrer-Beziehung. Höhö ich steh auf sowas xD
Im großen und ganzen hat es mir bis jetzt vom Inhalt gefallen auch wenn ich ab und zu lachen musste im positiven ... allerdings auch mal im negativen weil ich manches nicht verstanden habe ._. Es war ab und an irgendwie lückenhaft das ich gar nicht wusste was du meinst Q.Q aber naja ich habs einigermaßen in solchen momenten verstanden oder sie waren nicht so wichtig also egal^^''
Das du übrigens hier ne Krise reinbaust und nich wie in gewissen anderen FFs Schüler und Lehrer gleich über sich herfallen und das auch noch ohne Grund gefällt mir auch.
Und überhaupt sind Krisen ne tolle Sache *-*
Uh... was kann ich noch sagen?
Ah ja! Dein Schreibstil... Da wusste ich erstmal gar nicht was das sein sollte^^. Es erinnert an Tagebuch wegen der Tagesangaben, aber dann immer diese Andeutungen, da könnte man auch meinen er würde gerade seine Lebengeschichte oder sowas aufschreiben. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt und es gefällt mir sehr gut. Gerade durch diese Andeutungen wird die Spannung noch gehoben uû
Hach ja vermutlich könnte ich noch mehr schreiben, aber zu dieser ''späten'' Stunde will mir nichts schlaues mehr einfallen.
Deswegen sag ich jetz: Ich bin gespannt aufs nächste Kapitel!
Also tu mir doch den Gefallen damit ich bald wieder was zum lesen hab ;D (es kann übrigens auch mal wieder etwas länger sein *-*)
Ansonsten viel spaß beim schreiben .D
Von:  _Chii
2010-10-17T12:22:27+00:00 17.10.2010 14:22
Hey ^.^
Ich finde deine FF auch sehr spannend und werde sie weiter verfolgen. (:
Ich finde es auch sehr gut das du bei einer sichtweise bleibst also nich irgendwie die perspektiven zwischen den zweien wechselst.
Ich freue mich schon auf die weiteren kapitel. ^-^

Von: abgemeldet
2010-10-15T18:21:32+00:00 15.10.2010 20:21
Freu mich schon, wenn du weiter einstellst. Ich finde die Geschichte spannend und möchte wissen, wie es weiter geht:D


Zurück