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Save me, save me from myself…

… before I crash down
von

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Why does it rain down on utopia?

Save me, save me from myself…

… before I crash down
 

Ort: Santa Monica (nah LA), California, Berlin

Zeit: 2010

Hauptcharas: Johnny C. Depp u. Owen C. Wilson

Autor: Heidrun Wittich

Anzahl der Kapitel mit Prolog und Epilog: 11

“Gesagt”

`gedacht´
 

Hinweis: Diese Geschichte beruht auf keinen wahren Tatsachen. Fast alle Ereignisse sind erfunden von mir.
 

Prolog: Why does it rain down on utopia?
 

Hallo, hier meine neue FF, diesmal mit Owen Wilson und Johnny Depp. Meine zwei Lieblingsschauspieler, wie ich feststellen durfte. ^^ Achja, ich hoffe es wird noch einigesmaßen ersichtlich. Die mit Anführungszeichen gekennzeichneten Textstellen sind vom Fernseher in diesem Pitel. ^^" Wusste nicht das Sonderzeichen seit neuesten verboten sind. Sorry Admins. ^^

Viel Spaß beim lesen. ^^
 

"Guten Abend meine lieben Zuschauer vor den Fernsehgeräten und willkommen zu der heutigen Ausgabe von Star News. Ja, was mussten wir denn heute, am 1. April 2009, von Owen Wilson und Kate Hudson erfahren? Am Anfang des Jahres hatten die Beiden wieder verliebt rumgeturtelt und hatten nach der Trennung 2007 wieder zueinander gefunden. Doch nun soll alles wieder aus sein. Angeblich soll Kate Hudson nun mit einem Baseballspieler liiert sein. Fast hört es sich an, wie ein schlechter Aprilscherz, doch dies ist nicht der Fall. Die Frage, die sich alle stellen ist: Wird Owen Wilsons Psyche der Trennung diesmal stand halten? Oder wird er wieder einen Suizidversuch unternehmen so wie am 26. August 2007? ..."

Die weibliche Stimme, die aus dem Fernsehgerät stammte, verstummte. Eine Hand ließ die Fernbedienung auf die Sessellehne sinken. Ein tiefer Seufzer folgte. Die Person, aus der dieser entschwunden war, war vollkommen in den Polstern des Sessels versunken.

Von draußen waren laute Straßengeräusche zu hören. Autos, die vorbei fuhren, in denen Menschen saßen, die voller Freude auf ihre Familien nach Hause fuhren. Menschen, die einen anstrengenden Tag gehabt hatten, die von ihrem Chef angebrüllt worden waren. Menschen, die vielleicht einen geliebten Menschen heute die letzte Ehre erwiesen hatten.

Sie alle hatten eins gemeinsam. Sie waren einer von vielen. Ihr Leiden, ihre Gedanken, ihre Ängste und Sorgen, ihre Freuden und ihre Liebe, kannten nur bestimmte Personen. Personen, denen sie vertrauten und aus ihrem Land, ihrer Stadt kamen.

Er war anders. Er war nicht einer von vielen Menschen, die nahezu anonym auf dieser Welt lebten. Er war ein Star.

Seine Ängste, Sorgen, Leiden und Freuden verbreiteten sich über die Medien um die Welt. Alle wussten das Neuste über ihn und sein Leben. Er stand unter Beschuss. Verstecken war so gut wie unmöglich.

Seine Hände griffen nach dem Weinglas, welches auf dem Tisch stand. Langsam führte er es an seinen Mund und nahm einen Schluck aus diesem.

Der Raum war dunkel, kaum ein Licht schien. Nur das Fernsehbild ließ ab und an den Rotwein im Glas aufschimmern.

Er stellte das Weinglas wieder zurück. Er hatte seinen Weg damals selbst gewählt. Er wollte damals berühmt werden, doch nun zog ihn die Berühmtheit, wie Treibsand in der Wüste, in die Tiefe. Mal wieder. Und wieder wusste er nicht, wo dies enden sollte.

Stark sein. Nie die Hoffnung verlieren. Nicht aufgeben.

Die Sätze seines jüngeren Bruders hallten in seinen Kopf wieder. Die alten Bilder flackerten vor seinem geistigen Auge wieder auf.

Sein Bruder hatte ihn umarmt, als er wieder zu Bewusstsein gekommen war im Krankenhaus. Luke hatte geweint und ihm diese Sätze ins Ohr geflüstert.

Er hatte es ihm, Andrew und seinen Eltern versprochen, es nie wieder zu tun.

Diesmal wollte er stark sein, er wusste, dass er es konnte. Dieses Mal würde sie ihn nicht soweit bringen.

Mit einer Handbewegung schaltete auf einen anderen Sender. Mit einer weiteren Fingerbewegung sprach der Fernseher wieder.

"Und nun zu den VIP-News. Owen Wilson und Kate Hudson gehen erneut getrennte Wege. Sie hatte laut eigenen Angaben keine Lust mehr auf ihn. Laut neusten Gerüchten hat sie den Schauspieler wegen eines Baseballspielers verlassen…"

Er schloss die Augen. Ja er, Owen Wilson, war Gesprächsthema Nummer Eins. Die Medien schlachteten ihn mal wieder aus. Dabei war er sich so sicher gewesen und hatte so sehr gehofft, dass es diesmal auf ewig mit Kate halten würde. Er liebte diese Frau abgöttisch.

Doch wieder hatte sie ihm sein Herz heraus gerissen und vor die Füße geworfen.

Mit geschlossenen Augen tippte er auf der Fernbedienung herum und schaltete ein Programm weiter.

Lachen ertönte aus den Lautsprechern. Neugierig öffnete er ein Auge. Es war eine Gesprächsrunde, mit einigen Prominenten, die er nur vom sehen kannte, und Menschen, die zum ersten Mal im Fernsehen auftraten. Es war live und sie alle lachten. Doch worüber?

Einer schien etwas gezeichnet zu haben zu dem aktuellen Thema. Die Kamera schwenkte auf die Skizze.

Es traf ihn hart und sein ganzer Körper war angespannt. Die Skizze stellte eine Karikatur da. Die Figuren waren namentlich beschriftet. Es fehlte zwar ein erklärender Satz darunter, doch die Zeichnung war eindeutig. Sie brauchte keinen Satz zur Erklärung.

Auf dem Bild war eine Frau mit längeren Haaren zu sehen und mit dem Namen Kate Hudson gekennzeichnet. Sie hatte in der Hand eine Leine und neben ihr, auf allen Vieren, war ein Mann dargestellt, der sich am anderen Ende der Leine befand, und mit seinem Namen, Owen Wilson, versehen war.

Endlich hatten die meisten Leute sich vom Lachen beruhigt und der Leiter, der Gesprächsrunde, begann zu sprechen.

"Haha… Ist er nicht ein bemerkenswerter Zeichner? Die Karikatur drückt es hervorragend aus. Kate Hudson hat einen treu-doofen Hund gefunden und sehr gut erzogen. Während sie ihm das Herz bricht und mit Anderen ihr Glück versucht, wartete er geduldig. Und wenn es mit den Anderen nicht klappt, heißt es kurzerhand, dass der Trennungsgrund die Liebe zu Owen sei. Schon nimmt sie ihn wieder an die Leine, denn er hat ja brav gewartet. Dass der Mann aber auch nichts dazu lernt…Hahaha…"

Die Wut in Owen kochte hoch. Er war kein Hund, es war alles Lüge was sie sagten.

All der Zorn über die erneut gescheiterte Beziehung und die Medien entlud sich in einer Handbewegung, als die Fernbedienung auf den Bildschirm zuflog. Die Fernbedienung traf genau die Mitte des Bildschirms. Man hörte, wie das Glas zersprang und einzelne Scherben zu Boden fielen. Das Bild war verschwunden und auch der Ton war verebbt.

Nun war der Raum komplett im Dunkeln. Die Geräusche der Autos, die 15 Stockwerke unter seinem Appartement entlang fuhren, drangen an sein Ohr. Seine Hände rauften seine Haare kurz zusammen, dann glitten seine Finger über seine Augen.

Sie lachten über ihn. Die ganze Welt hielt ihn für einen dressierten Hund.

Es war nicht wahr! Oder doch?

Er zweifelte.

Plötzlich sprangen Funken aus dem kaputten Fernseher hervor, erhellten für wenige Sekunden den Raum und fielen dann, wie kleine Sterne zu Boden, wo sie dann erloschen.

Owen fuhr erschrocken zusammen und sprang aus seinem Sessel.

Ihm war bewusst geworden, dass sein Traum, mit Kate bis ans Lebensende glücklich zu sein, ausgeträumt war. Der Traum war erloschen wie die Funken.

Er griff nach seinem Weinglas und ging zu seinem Panoramafenster. Dieses ermöglichtete ihm, einen Blick über Los Angeles, aus dem 15. Stock. Vor ihm lagen Hochhäuser und in der Ferne Reklametafeln.

Das Licht der Reklametafeln, Straßenlaternen und Autos in der Ferne war so hell. Fast so hell wie die Sonne, die erst in ein paar Stunden wieder aufgehen würde.

Sein Glas wanderte an seine Lippen und er nahm erneut einen Schluck.

Er würde es ihnen und sich selbst beweisen. Dieses Mal würde er los kommen von ihr.

Während er im Dunkeln seines Zimmers auf den Anbruch eines neuen Tages wartete, wusste er im tiefsten Innern, dass er ihr wieder verfallen würde.

Falling again

1.Kapitel: Falling again
 

Er hatte es wieder getan. Er war wirklich ein Idiot.

Der blondhaarige Mann sah schon die Schlagzeilen von all den Zeitungen auf der ganzen Welt vor seinem geistigen Auge.

14. April 2010: Owen Wilson stürzte sich in den Tod!

So oder noch krasser würden sie lauten.

Vor einem Jahr, am ersten 1. April 2009, hatte er sich in seinem Apartment im 15. Stock in L.A. geschworen sich nie wieder an sie zu binden.

Nach diesem Schwur war er zurück nach Santa Monica gezogen. In ein Apartment im dritten Stock. Er hatte es geschafft Kate zu vergessen, bis… ja bis sie im Januar 2010 wieder bei ihm vor der Tür stand.

Weinend, verzweifelt.

Obwohl sie seinen Heiratsantrag ein Jahr zuvor abgelehnt hatte, hatte er sie wieder aufgenommen. Wieder ihre Lügen geglaubt, dass sie nur ihn lieben würde.

Wieder brach alles in sich zusammen und nun stand er hier, vor seinem Fenster.

Er sah aus dem dritten Stock hinauf zum Himmel.

Welche Ironie, dass grade heute die Sonne hell vom strahlend blauen Himmel schien. Sie schien ihn auszulachen für seine Naivität. Wie fast die ganze Welt. Gestern Abend hatte er sich wieder die Nachrichten angesehen. Diese Medien waren schlimmer als Aasgeier. Sie hatten sofort von der erneuten Trennung gewusst und sich darüber hergemacht.

Sie hatten über ihn gelacht und ihn als dummen Köter dargestellt.

Doch das Schlimmste an alldem war, wie er sich eingestehen musste, sie hatten recht!

Sie hatten verdammt noch mal recht! Schon ein Jahr zuvor hatten sie recht gehabt.

Es war hart dies einzusehen. Doch nun würde er nie wieder Kate verfallen, das hatte er sich fest vorgenommen.

Leider gab es, um diesen Willen durchzusetzen, nur eine Lösung für das Ganze.

Der Tod.

Genauer gesagt seinen Tod.

Mit leicht zitternder Hand öffnete er das Fenster seines Esszimmers.

Er hatte sich im Internet informiert. Wenn er Pech hatte, würde er nicht sterben, sondern Querschnittsgelähmt sein. Doch seine Wohnung lag, obwohl sie nur im dritten Stock war, recht weit oben und darunter war steinharter Asphalt.

Er beugte sich raus. Nein durchs Fenster wäre es nicht gut. Es wäre viel zu auffällig, wenn er hier rausklettern und springen würde.

Er musste seinen Suizid tarnen. Es musste nach einem Unfall aussehen, wenn seine Familie merken würde, dass es ein Selbstmord war, dann wären sie enttäuscht von ihm.

Owen begann stark zu überlegen und richtete seinen Blick zur rechten Seite seines Fensters. Dort befand sich sein Balkon.

Natürlich, warum war er nicht gleich darauf gekommen? Er würde sich eine Leiter nehmen, so tun, als ob er den Balkon gründlich putzen würde und dann ganz versehentlich das Gleichgewicht verlieren und zu Boden stürzen.

Ja das war der perfekte Plan.

Owen schloss das Fenster wieder und ging durch das Esszimmer hinaus auf seinen Flur, um durch diesen sein Wohnzimmer zu betreten, an welches der Balkon angrenzte.

Er öffnete die Balkontür und atmete die frische Aprilluft ein.

Sie war noch ein kleinwenig kühl, aber duftete schon schwach nach einigen ihm bekannten Blumen.

Es war wirklich ein schöner Tag.

Er seufzte tief und ging zurück durch das Wohnzimmer auf den Flur, wo nahe der Haustür ein Schrank stand. Sein Abstellschrank, wie er ihn getauft hatte. Hier war wirklich alles Mögliche drin und er hatte sich sogar mal vorgenommen diesen Schrank zu entrümpeln, allerdings hatte er es nie geschafft. Sein innerer Schweinehund war einfach zu groß. Selbst beim Umzug von L.A. nach Santa Monica hatte er den Schrank so verschlossen, dass nichts herausfallen konnte und er ihn somit nicht Leerräumen und anschließend wieder einräumen musste.

Er belächelte kurz seine Faulheit, als er den Schrank öffnete und automatisch einen Schritt zur Seite tat. Denn sogleich fielen, mit einen leichten Knall, ein Schrubber, gefolgt von einem Besen auf den hellbraunen Parkettboden. Die Zwei kamen ihm immer entgegen, egal wie er sie da reinstellte.

Die ersten Male war er immer stehen geblieben und hatte beide gegen den Kopf bekommen, was ihm zwei Beulen eingebracht hatte. Doch nun war er schlauer geworden diesbezüglich.

`Wenigstens in einer Sache hab ich dazu gelernt.´, dachte er und schnappte sich die Leiter.

Er brachte sie auf den Balkon und stellte sie dort auf, dann holte er noch einen Putzeimer aus dem Schrank und sah zum Besen und Schrubber hinunter.

Die beiden Gegenstände lagen immer noch auf den Boden. Der Blonde überlegte kurz ob er sie wieder aufheben sollte. Doch er würde eh bald tot sein, da spielte es keine Rolle, wie seine Wohnung aussah. Also ließ er sie liegen.

Dann ließ er sich Wasser ein und trat auf den Balkon hinaus.

Er war bereit.
 

Zur selben Zeit waren einige Meter tiefer auf dem Gehweg, welcher um den Apartmentblock führte, ein Mann in einem teuren Anzug und ein Mann mit mittellangen Haaren, einer Brille und einem Schnurrbart unterwegs.

Der Mann im teuren Anzug ließ seinen Begleiter anhalten und gestikulierte mit beiden Händen in die Richtung, zu der die Balkons des Apartmentblocks ausgerichtet waren.

„Wie Sie sehen, haben Sie einen direkten Blick auf das Meer, sowie einen direkten Zugang zu diesem. Es befinden sich keine Häuser in ihrem Sichtfeld. Sie sehen die Sonne somit jeden Abend ins Meer tauchen.“, sagte der Mann im Anzug und lächelte breit.

Sein Begleiter sah ebenfalls zum Meer hin. Zwischen dem Gehweg auf dem er stand und dem Strand standen nur Blumenbeete, deren Blumenpracht um diese Jahreszeit jedoch nicht vollständig zu sehen war, und eine kleine Hüfthohe und akkurat geschnittene Hecke. Dahinter, er stellte sich leicht auf die Zehenspitzen um seinen Blickwinkel zu ändern und somit einen besseren Blick zu haben, schloss sich eine kleine Rasenfläche an, auf welcher einige Palmen angesiedelt waren und dann folgte auch sogleich der Strand.

„Nun was sagen Sie? Hab ich ihnen zuviel versprochen?“

Der Mann mit der Brille hörte den leichten Stolz aus der Stimme des anderen Mannes heraus.

„Nein, Herr Helason. Sie haben definitiv nicht zu viel versprochen. Es ist wirklich wundervoll hier. Sehr ruhig, sauber und die Aussicht zum Meer…“

„Und warten sie erst einmal ab, Herr Depp, wenn wir auf dem Balkon im dritten Stock stehen. Die extravagante Bauweise unserer Apartments hat zum Vorteil, dass sie bereits im dritten Stock über die Palmen hinweg sehen können. Auch wenn es nur drei Etagen gibt, die jeweils zwei Apartments beherbergen, so ist es doch sehr hoch gebaut. Zwischen den einzelnen Etagen ist zwei Meter dicker Beton, sodass sie oben auch ruhig einmal laut aufstampfen können, ohne dass ihre unteren Nachbarn davon etwas mitbekommen. Zudem sind die Wände und Fenster perfekt isoliert, sodass auch bei einer etwas lauteren Party, bei geschlossenen Fenstern nichts zu hören ist. Zudem verfügt jeder Raum über eine Lüftung mit integrierter Klimaanlage. Sollte es bei Partys zum Beispiel, durch die geschlossenen Fenster zu stickig und heiß werden, sorgt dieser Mechanismus für schnelle Abhilfe.“

Das klang wirklich hervorragend, nicht dass er ein wilder Partylöwe war, aber seine Familie konnte manchmal schon etwas lauter werden, wenn sie ihn besuchte. Vor allem jetzt.

Vanessa und er hatten sich eine Beziehungspause gegönnt. Nicht, dass er sie nicht mehr liebte, nein das war ganz und gar nicht der Fall. Er liebte sie und die Kinder.

Aber dadurch, dass er in letzter Zeit etwas länger und öfter zu Hause war, hatten sie sich sehr oft gesehen.

Zu oft.

So waren sie übereingekommen ein wenig entfernt voneinander zu wohnen. Doch Johnny würde zurückkehren zu ihr und die Kinder würde er auch regelmäßig bei sich haben.

Seine Mutter verstand das nicht und hatte ihm schon mehrmals in letzter Zeit am Telefon den Kopf waschen wollen. Sie hatte Angst ihre zukünftige Schwiegertochter zu verlieren. Sie konnte Vanessa sehr gut leiden und wollte keine andere Frau an seiner Seite sehen.

„Ein herrlicher Tag. Nun gut wollen wir uns die Wo…“

Herr Helason, der Makler stoppte beim sprechen und verzog das Gesicht, als ein widerliches Quietschen ertönte. Er drehte den Kopf, um dessen Ursprung zu orten.

Auch Johnny Depp hatte das Quietschen gehört, jedoch hatte sein Ohr ihm gemeldet, dass es von oben gekommen sein musste.

So blickte er hinauf.

Die Sonne blendete ihn und er erkannte nur die schwarze Silhouette von etwas oder jemanden, die auf ihn zu flog.

Er überlegte nicht lange und breitet die Arme aus um es oder sogar eine Person aufzufangen.

Wenige Sekunden später hatte er etwas im Arm. Doch die Geschwindigkeit hatte das Etwas um einiges schwerer gemacht als erwartet. Er konnte dem Schwung nicht standhalten und seine Beine gaben nach und er sackte zu Boden, wo er schmerzhaft aufkam.

Johnny schloss die Augen kurz und biss die Zähne zusammen, um nicht einen Schmerzensschrei auszustoßen.

„Oh mein Gott, Herr Depp.“

Die erschrockene Stimme von dem Makler drang an sein Ohr und er öffnete die Augen.

„Nur halb so wild, Herr Helason.“, sagte er und blickte in seine Arme.

Ein blondes Haarbüschel lag auf seiner Brust. Sein einer Arm hielt den Rücken der Person umklammert. Die andere hatte versucht die Beine zu greifen, was nicht ganz so gut geklappt zu haben schien.

Langsam richtete er sich auf. Die Person schien bewusstlos zu sein oder tat zumindest so. Er wusste es nicht so genau. Aber durch das blonde Haar sah die Person wie ein Klischeeengel aus.

Dann legte Johnny ein breites Grinsen auf seine Lippen.

„Sagen Sie Herr Helason, Sie haben mir ja gar nicht erzählt, dass in diesem Gebiet Engel ihre Flugstunden bekommen.“

„Was? Wie?“

Helason verstand nicht ganz. Sein Körper zitterte noch leicht vor Schreck.

„Herr Depp es tut mir so Leid, ich weiß gar nicht wie und …“

Doch Johnny winkte mit einer Hand ab.

„Nicht so wild.“, beteuerte er.
 

Es war dunkel vor seinen Augen geworden, während er gefallen war und er hatte das Bewusstsein verloren.

`Ich bin tot endlich.´, dachte Owen, doch im gleichen Moment fragte er sich, wie er denn denken konnte, wenn er doch tot sei.

Dann hörte er auch zwei fremde Stimmen. Nein, er war also doch nicht tot.

Wenn er Pech hatte war er Querschnittsgelähmt. Er spürte keinen Schmerz, aber spürte seine Glieder. Also war auch das nicht eingetreten. Aber wie war das möglich?

Er öffnete die Augen. Doch statt einem schwarzgrauen Asphalt, sah er ein weißfarbenes Hemd und eine braune Stoffweste.

Auf wem zum Teufel war er denn bloß gelandet? Dann blickte er hinauf.

Ihm blieb fast das Herz stehen, als sein Gehirn das Gesicht von der anderen Person einordnen konnte.

Johnny Depp!

Dieser hatte grade herab gesehen und schien ebenfalls überrascht ihn zu sehen.

„Owen Wilson?“, fragte er irritiert und nun trat ein zweiter Mann hinter Johnny und somit in Owens Sichtfeld.

„Ähm… ja.“, sagte er nur und rappelte sich auf.

Es wurde peinlicher für ihn, je länger er auf dem dunkelhaarigem Schauspieler lag, bemerkte Owen.

Er kam von Johnny runter und setzte sich, mit einem kleinen Abstand zu dem anderem, auf seine vier Buchstaben.

„Alles in Ordnung mit Ihnen?“, fragte der braunhaarige Schauspieler und sah ihn durch seine Brille hinweg an.

„Ja, alles bestens.“, log der Blonde.

`Gott, wieso bin ich auf ihn gelandet? Wieso bin ich nicht tot?´, fragte Owen sich in Gedanken.

„Was ist denn um Himmelswillen passiert?“

Die Frage des anderen Herrn riss ihn aus seinen Gedanken.

„Nun Herr… Ähm…“

„Helason, mein Name. Ich bin Makler.“, stellte sich Helason rasch vor.

„Nun Herr Helason. Ich war grade dabei meinen Balkon ausgiebig zu putzen und hatte mir eine Leiter dafür hingestellt, als diese ins wanken geriert und ich hinunter fiel.“, erklärte der Blonde.

Nun war er noch mehr froh seinen Selbstmord als Unfall getarnt zu haben.

„Du liebe Zeit. Ich rufe einen Krankenwagen.“, meinte Helason.

„Nein!“, sagten Johnny und Owen gleichzeitig, anschließend blickten sie sich verdutzt an.

Helason sah von einem zum anderen.

„Ich bin unverletzt, bin ja weich gelandet.“, gab Owen kleinlaut als Erklärung.

„Und ich hab nur ein paar Schrammen und eventuell hat mein Hintern die Färbung eines Pavianpos angenommen, aber nichts gravierendes.“, sagte der Dunkelhaarige und stand auf.

„Sie sollten sich dennoch erst mal ausruhen und vom Schock erholen.“, meinte der Makler an Beide gewandt.

Doch Owen schüttelte den Kopf und stand ebenfalls.

“Ich gehe wieder hoch in mein Apartment und werde das Putzen für heute aufgeben und mich dann in mein Bett legen.“

Owen hatte bemerkt, dass er seinen Wohnungsschlüssel, wie immer in seiner Hosentasche trug.

„Danke für’s retten. Ich geh dann wieder.“

So schnell wie er von oben hinunter gesegelt war, war der Blonde auch schon wieder verschwunden.

„Seien Sie mir nicht böse Herr Helason. Aber ich werde mich auch etwas hinlegen, könnten wir morgen vielleicht…“

Helason verstand die Frage sofort.

„Selbstverständlich Herr Depp. Rufen Sie mich heute Abend oder morgen einfach an, um welche Uhrzeit Sie sich das Apartment von innen ansehen wollen. Ich werde ihnen sofort zur Verfügung stehen.“

„Danke.“, sagte Johnny und machte sich, dicht gefolgt vom Makler, auf den Heimweg.
 

Owen war inzwischen wieder oben in seiner Wohnung angekommen. Er hatte die Tür ins Schloss fallen lassen und hatte sich dann gegen die Tür mit dem Rücken gelehnt, um anschließend an dieser hinunter zu gleiten.

Dieser Versuch war schief gegangen. Aber nur, weil der Zufall Johnny Depp hierher geführt hatte. Warum auch immer.

Es war ihm egal. Sein Gehirn und Geist waren immer noch auf sterben eingestellt und so hatte er bald einen neuen Plan gefasst, wie er endgültig einen Schlussstrich ziehen konnte.

Morgen würde sein Leben enden und damit wäre er endlich frei.

No more sorrow

2. Kapitel: No more sorrow
 

Der Anruf erfolgte am frühen Vormittag und der Makler war unglaublich erleichtert, dass der Vorfall vom Vortag wohl doch keinen Einfluss auf sein Unternehmen hatte.

So jedenfalls hatte Johnny das Gefühl, als er den Hörer aufgelegt hatte.

Er selbst stand noch in Boxershorts in seinem Hotelzimmer.

Ausgiebig streckte er sich.

Die Sonne schien sanft in sein Schlafzimmer hinein. Die frische Aprilluft durchflutete mit jedem Atemzug seinen Körper.

Der Braunhaarige fühlte sich so erholt, wie schon lange nicht mehr. Er hatte die letzten Tage mehr Stress mit seiner Mutter, als mit Vanessa gehabt.

Seine Mutter wollte einfach nicht verstehen, dass diese Auszeit nichts Schlimmes war.

Doch seine eigene Mutter vertraute ihm noch weniger als Vanessa.

Sie hatte Angst, dass Johnny ihre zukünftige Schwiegertochter betrügen könnte.

Eine grauenvolle Vorstellung, die völliger Blödsinn war, wie Johnny selber wusste.

Aber gegen seine Worte war seine Mutter resistent.

So ging er leicht genervt an sein Handy, welches zu klingeln begonnen hatte.

„Depp!“

„Hier auch Depp. John wo bist du?“

„In meinem Hotelzimmer Mutter.“

„Allein?“

`Nein. Ich hab mein Harem grade versammelt, weißte?´

Er verkniff sich den ironisch gemeinten Satz aus seinen Gedanken. Brav antwortete er ihr.

„Ja.“

„Wirklich?“

„Ja Mutter. Wer soll denn hier bitte sein?“

„Eine andere Frau.“

Diese Frau war einfach unglaublich.

Johnny zog scharf Luft ein.

„Hier ist niemand außer mir und den Möbeln. Um die brauchst du dir keine Sorgen machen, die sind nicht an mir interessiert.“, sagte er bissig.

„Junger Mann nicht in dem Ton.“

Es war klar, dass der Satz ihm nun entgegen kommen musste.

„Entschuldigung, aber deine Anschuldigungen sind völlig überflüssig und unwahr. Ich betrüge Nessa nicht.“, erwiderte er.

„Das will ich auch schwer hoffen für dich. Sonst mach ich dich höchstpersönlich einen Kopf kürzer. So was hat deine Frau nicht verdient, sie hat dir zwei wundervolle Kinder geschenkt und…“

Johnnys Hirn schaltete ab.

Jetzt kam wieder der gleiche Vortrag. Er konnte ihn schon mitsprechen. Doch er verkniff es sich erneut und sagte an den entscheidenden Stellen breitwillig ja.

Nach geschlagenen zehn Minuten endete seine Mutter endlich. Höchste Zeit sein Gehirn wieder anzuschalten.

„Ich muss jetzt auflegen Mutter. Ich habe einen Termin.“

„Wo und bei wem?“

„In einem Apartment hier in Santa Monica. Mit einem Makler.“

Das letzte Wort betonte er besonders deutlich. Damit es nicht wieder einen Vortrag seitens seiner Mutter gab.

Grade dachte er, dass er sie endlich abwimmeln konnte, da entgegnete sie völlig aufgelöst: „Du willst ausziehen? Nein! Sei nicht dumm!“

Seine Mutter klang fast hysterisch am anderen Ende.

„Nein, nein Mutter. Hör mir zu. Die Wohnung ist komplett möbliert, das hat mir der Makler zugesichert und ich nehme auch nicht alle Sachen aus unserem Haus mit. Nur einige, solange die Auszeit ist.“

„Ich glaub dir nicht.“

`Das war mir von vorne herein klar.´, dachte Johnny und verdrehte die Augen, als ein Schluchzer durch die Leitung drang.

Dann hörte er eine Tür am anderen Ende ins Schloss fallen. Er betete zu allen Göttern auf der Welt, dass es sich dabei um seinen Vater handelte. Er war der Einzige, der ihn jetzt noch retten konnte.

Er stieß erleichtert Luft aus, als er einen Hörerwechsel vernahm. Sogleich donnerte die raue und tiefe stimme seines Vaters los.

„Was hast du angestellt?“, fragte er leicht zornig, ohne sich zu erkundigen wer am anderen Ende war.

Wenn sein Vater so mit ihm redete, kam er sich nicht wie ein 47-jähriger Mann, sondern wie ein 10-jähriger Junge vor.

„Nichts.“, beteuerte er wahrheitsgemäß.

Er hatte seinen Vater noch nie anlügen können.

„Und warum weint deine Mutter?“

„Weil sie mal wieder denkt, dass ich Vanessa verlasse und betrüge.“

Er hörte seinen Vater schwer ausatmen.

„Das übliche also.“

„Ja.“, bestätigte der Brünette.

„Was machst du nur.“

„Auf jeden Fall nichts Verwerfliches.“

Seine Mundwinkel zuckten kurz nach unten, als sein Vater schwer seufzte.

„Ich beruhige sie wieder, aber bitte ruf sie nicht an.“

„Das sag mal lieber ihr selbst. Sie stalkt mich und ruft immer an.“

Johnny bemerkte zu spät, dass sein Tonfall gegenüber seinem Vater etwas zu heftig gewesen war.

„John Christopher Depp II!“

Er kniff die Augen zusammen. Es ließ ihn immer noch zusammen fahren, wenn sein Vater ihm beim vollen Namen nannte.

„Tut mir Leid. Wirklich.“

„Das will ich auch hoffen mein Sohn. Ich leg jetzt auf und beruhig deine Mutter und werde sie auch bitten nicht mehr sooft anzurufen.“

„Danke. Tschüß.“

Erleichtert drückte er auf den roten Knopf und packte das Handy auf den Tisch. Das war genug Stress für den heutigen Tag. Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar und überlegte was er nun zu erst machen sollte.
 

Der Braunhaarige entschied sich für eine Dusche. Anschließend cremte er sein Gesicht ein und föhnte seine Haare trocken. Er zog ein weißes Shirt an, dazu eine blaue, leicht verwaschene Jeanshose. Sein Outfit machte er komplett, als er sich noch ein Kopftuch um die Stirn band und eine schwarze, anhängerlose Kette umband.

Ein kurzer Blick in den Spiegel und ein freches Grinsen auf den Lippen, überzeugten ihn, dass er so wie er jetzt aussah guten Gewissens auf die Straße gehen konnte.
 

In einem anderen Stadtteil von Santa Monica war auch ein blonder Mann von den Sonnenstrahlen, welche durch sein Fenster fielen, wach geküsst worden.

Mürrisch drehte er dem Sonnenschein den Rücken zu.

Doch nach wenigen Minuten setzte er sich doch missmutig auf.

Er sah auf den Wecker.

Es war neun Uhr. Eigentlich hatte Owen keine Lust aufzustehen, doch ein Selbstmord, nein ein Unfallselbstmord, führte sich leider nicht von selbst aus.

Ein lautes Knurren ließ ihn kurz zusammen fahren.

Dann lachte er leicht über sich selbst. Sein eigenes Magenknurren hatte ihn erschreckt.

Der Blonde klopfte sanft auf seinen Bauch.

„Na ja ein kleines Frühstück wird schon ganz okay sein.“, stellte er fest.

Mit einem kleinen Schwung schmiss er die Bettdecke zur Seite und stand auf. Er zog sich einen gutaussehenden Anzug an, warf seine Toastscheiben in den Toaster und setzte den Kaffee auf.

Anschließend holte er die Zeitung, welche vor seiner Haustür lag. Er überflog die Artikel und beschmierte nebenbei seine Toasts. Die Zeitung war, bis auf wenige Artikel, recht uninteressant.

Er nippte an seinem heißen Kaffee und aß seine Toastscheiben. Die wenigen interessanten Artikel hatte Owen schnell gelesen.

Die Zeitung wanderte dann augenblicklich in einen Beutel, in den er alte Zeitungen sammelte, um sie dann irgendwann wegzuwerfen.

Als er aufgegessen hatte spülte er den einen Teller und die eine Tasse schnell ab und ließ sie dann auf dem Abtropfteil der Spüle stehen.

Grade wollte er hinaus gehen, als ihn das Klingeln des Telefons zurückrief.

„Wilson.“, meldete er sich.

„Ebenfalls Wilson. Hey Bruder, was steht an bei dir?“

Lukes Stimme drang an sein Ohr.

Na toll, damit war er für eine Weile beschäftigt. Owen verdrehte leicht die Augen. Luke rief zwar selten an, aber wenn dann ging das Gespräch Stunden. Sein jüngerer Bruder war eine richtige Tratschtante.

Bei dem Gedanken musste Owen breit grinsen und ließ sich dann breitwillig auf ein Gespräch ein.
 

Währenddessen war Johnny durch ein Taxi wieder zum Apartmentblock gekommen, wo er gestern gewesen war. Dort, wo Owen ihm in die Arme gefallen war, im wahrsten Sinne des Wortes. Vor dem Hauseingang stand bereits Herr Helason. Mit einem freundlichen Lächeln und einem kräftigen Händedruck begrüßte er den braunhaarigen Schauspieler, als dieser aus dem Taxi gestiegen war und zu ihm kam.

„Geht es ihnen gut? Oder hat der Sturz gestern doch noch etwas Ernstes nach sich gezogen?“, fragte Helason.

„Nein gar nichts, nur ein paar blaue Flecken, aber nichts wildes.“, versicherte Johnny lächelnd.

„Das ist gut, dann steht der Wohnungsbesichtigung ja nichts mehr im Wege. Bitte folgen sie mit Herr Depp.“

Johnny tat wie ihm geheißen und folgte dem Makler bis in den dritten Stock. Sie nahmen dabei den Aufzug, da dies wohl doch etwas schneller ging, als die, neben dem Lift verlaufende, Treppe zu benutzen.

Als sie im dritten Stock ankamen, war dort ein langer Flur, auf dem nur zwei Türen zu sehen waren.

Die eine Tür gehörte zu dem Apartment, welches ihm Helason nun zeigen wollte. Die andere Tür, bei welcher das Treppenende war, gehörte wohl dann zu seinem Nachbarn.

„Herr Depp?“, fragte Helason, der bereits die Tür aufgeschlossen hatte.

„Ich komme.“, sagt Johnny und schritt auf die Tür zu.
 

Herr Helason hatte nicht zuviel versprochen. Das Apartment sah super aus und war auch gut strukturiert.

Kam man durch die Tür stand man sogleich in einem hellen Flur. Rechts von diesem ging sogleich eine Tür ab, die in ein großes und geräumiges Bad führte.

Links vom Flur führte eine Tür ins ebenfalls große Schlafzimmer.

Dann ging der Flur etwas schmaler geradeaus weiter, doch neben dem schmalen Flur war eine Tür.

„Die führt ins Wohnzimmer.“, erklärte Helason, „Aber es gibt noch eine zweite Tür die ins Wohnzimmer führt.“

Er zeigte Johnny die zweite Tür, die, wenn man dem schmalen Flur folgte, rechts lag.

Am Ende des Flurs schloss sich dann der große schöne Balkon an. Johnny trat hinaus und bestaunte den wundervollen Ausblick aufs Meer.

„Fantastisch.“, sagte er und blickte dann nach links, wo er einen anderen Balkon erblickte.

„Das ist der Balkon ihres Nachbarn, diese Verbindung ließ sich leider nicht vermeiden beim bauen.“

„Kein Problem Herr Helason.“, sagte Johnny.

Er schaute sich noch einmal die Balkonverbindung an.

Hoffentlich war sein Nachbar kein Dieb. Denn die Berüstung war an dieser Seite recht niedrig und man konnte problemlos von einem Balkon auf den anderen steigen.

Johnny schüttelte leicht schmunzelnd den Kopf.

`Diebe lassen die hier sicher nicht hin. Der wird schon eine weiße Weste haben. Wenn er nett ist, wäre es am allerbesten, aber das ist eigentlich auch egal. Ich will ihn ja nicht heiraten.´, dachte John und grinste breit, als er wieder hinein ging und die Balkontür schloss.

Er blickte beim hinein gehen auf eine Tür, welche sich gegenüber der Balkontür befand.

„Wo führt die Tür hin?“, fragte er.

Herr Helason wollte grade die zweite Tür zum Wohnzimmer öffnen, als Johnny die Frage stellte.

„Die Tür gehört zu einer kleinen Abstellkammer für Besen usw.“, sagte er.

Der braunhaarige Schauspieler nickte und spähte kurz in den kleinen leeren Raum hinein.

Anschließend folgte er dem Makler ins langgestreckte Wohnzimmer.

Am Ende des Wohnzimmers kam man durch eine Tür ins Esszimmer, welches einen Zugang zur offenen Küche hatte.

Die Küche war vollkommen möbliert, ebenso auch die restlichen Zimmer. Wie der Zufall es wollte, passte alles zu seinem persönlichen Farbgeschmack.

„Und?“

„Wundervoll Herr Helason. Ich möchte aber noch etwas da drüber nachdenken und ich melde mich dann bei ihnen.“

„Alles in Ordnung. Ich begleite Sie dann hinaus.“, sagte Helason lächelnd.

Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zur Wohnungstür.
 

„Man hört voneinander. Machs gut Luke.“, beendete Owen nun das zweistündige Gespräch mit seinem Bruder.

Er hatte immer noch ein Lächeln auf den Lippen. Denn sein Bruder hatte viele lustige Sachen von seinem aktuellen Dreh erzählt.

Noch eine Weile sah er schmunzelnd auf das Telefon. Doch dann fiel sein Lächeln in sich zusammen und eine ernste und entschlossene Miene zeichnete sich auf seinen Lippen ab.

Er war lang genug aufgehalten worden.

Es war warm genug um heute nur im Jackett rauszugehen.

Der Blonde verließ sein Apartment und schloss die Tür ab. Dann stieg er schnellen Schrittes die Treppe hinab.

Zur gleichen Zeit, wie Owen die Treppe runter ging, stiegen Helason und Johnny in den Lift.

Doch Owen war vor den beiden unten und entschwand auf die Straße.

Der Blonde schlenderte erst durch die Stadt. Es war gar nicht so einfach den geeigneten Ort zu finden für sein Vorhaben.

Doch dann hatte er ihn gefunden.

Er lehnte sich an eine Hauswand eines Geschäftes und blickte auf die Straße, um den fließenden Verkehr zu beobachten.

Es war nur eine Frage der Zeit.
 

Johnny trat aus dem Fahrstuhl heraus und ging mit Helason bis vor die Tür. Dort verabschiedete er sich mit einem festen Händedruck vom Makler.

Er hatte zu erst überlegt ein Taxi wieder zunehmen, doch auf der Hinfahrt hatte er schon gemerkt, dass es nicht weit war bis zu seinem Hotel und so entschloss er sich doch zu Fuß zugehen.

Die Luft war immer noch klar, obwohl neben ihm ein lauter und starker Verkehr herrschte. Doch das störte ihn nicht.

Vergnügt sah er in die Geschäfte, die sich in der Straße befanden. Hier und da wurde er von Leuten erkannt, denen er breitwillig Autogramme gab. Dabei war er immer mit einem Lächeln auf den Lippen bewaffnet.

Es dauerte eine Weile bis er weiter kam. Er blickte zur Seite und sah eine ihm bekannte Person an einer Hauswand lehnen.

`Was macht Owen denn hier?´, fragte er sich in Gedanken.

Der Blick des Blonden schien auf die Straße geheftet zu sein.

Irritiert hob Johnny eine Augenbraue in die Höhe.

Plötzlich vernahm er ein Wummern. Er drehte sich um, sah wie ein sieben Tonnen LKW sich durch die Straße quälte und nicht grad langsam unterwegs war, wie Johnny feststellte.

Er richtete seinen Blick wieder auf den Fleck wo er Owen gesehen hatte, doch der Blonde hastete schnellen Schrittes Richtung Fahrbahn.
 

Seine Zeit war gekommen. Auf diesen LKW hatte er gewartet. Der Fahrer war viel zu schnell unterwegs und er würde nicht bremsen können, wenn der Blonde plötzlich auf die Fahrbahn laufen würde.

Mit den Händen drückte er sich von der Hauswand ab und ging hastigen Schrittes los.

Dann sprang er förmlich auf die Straße, doch zu seinem Ärger war er noch etwas früh dran, doch der LKW-Fahrer schien abgelenkt zu sein zu seinem glück, denn er bremste nicht.
 

Johnny traute seinen Augen nicht, als er sah, dass Owen mitten auf der Fahrbahn stehen blieb und dieser scheiß LKW-Fahrer schien ihn noch nicht mal zu sehen. Der Braunhaarige wusste, wenn er jetzt nichts tat, würde die Sache nicht gut ausgehen. Auch die anderen Leute um ihn herum schienen aufgebracht, aber starr vor Schreck um zu handeln.

Der Schauspieler sprintete ohne länger zu zögern los und warf einen zornigen Blick hin zum LKW, der immer noch auf Owen zu steuerte. Erst jetzt schien der Fahrer zu sehen, dass etwas auf der Straße stand und begann zu bremsen.

`Viel zu spät.´, dachte Johnny und warf sich auf Owen.

Durch den Schwung riss er den Blonden mit sich und fiel Richtung Asphalt.

Er streckte einen Arm aus und vollführte mit Owen eine Rolle, sodass sie auf der anderen Fahrbahnfläche landeten, die in diesem Moment nicht befahren wurde.

Johnny landete auf Owen und hörte das Quietschen der Bremsen des riesigen Fahrzeugs, welches nur schwer zum Stehen kam.
 

Owen hatte auf den Ruck gewartet. Dieser kam auch, allerdings von hinten und nicht von der Seite. Bevor er auch nur etwas reagieren konnte, wurde er zu Boden gerissen und drehte sich plötzlich durch eine Rolle.

Als er auf dem Asphalt aufkam, beschwerte sich sein Rücken über die unsanfte Landung und schmerzte.

Er drehte den Kopf zur Seite, wo der LKW nun quietschend dort zu stehen kam, wo er sich vorher selbst befunden hatte.

Es hätte so schön gepasst.

Auf der anderen Seite seines Kopfes, an seinem Hals, hörte und spürte er das schwere Atmen der Person, die auf ihm lag und ihn weggerissen hatte.

Welcher Depp hatte es gewagt ihn zu retten?

Langsam schien sich die andere Person aufzusetzen.

Owen drehte den Kopf und sah in die braunen Augen des Anderen.

Ihn hatte wirklich ein Depp gerettet.

`Johnny Depp. Schon wieder!´, stellte er verärgert fest.

„SIND SIE IRRE?!“, schrie dieser ihn an.

Die Augen des Braunhaarigen waren voller Zorn und er war immer noch außer Atem.

„Nein bin ich nicht.“, knurrte Owen eben so zornig zurück.

„Wieso sind Sie dann stehen geblieben? Mitten auf einer Fahrbahn. Der LKW hätte Sie beinahe umgenietet, wenn ich nicht dagewesen wäre.“

`Hätte, du sagst es. Aber leider warst du ja da.´, dachte der Blonde.

„Ich hatte auf der anderen Straßenseite jemanden gesehen, wo ich dachte den zu kennen und dann ist mir aufgefallen, dass es doch jemand anderes war.“

„Das ist kein Grund mitten auf der Straße stehen zu bleiben.“

Johnny hatte mühe seine Stimme nicht wieder lauter werden zu lassen.

„Ich hab den LKW nicht gesehen!“, rechtfertigte sich Owen.

„Was?“

Der Braunhaarige hätte am liebsten laut gelacht, doch die vorangegangene Situation erstickte es.

„Sie wollen mir weiß machen, dass Sie einen sieben Tonnen schweren LKW ÜBERSEHEN HABEN?!“

Zum Ende des Satzes wurde er wieder lauter.

„Ja. Kann passieren und jetzt runter.“

Mit bestimmender Kraft schmiss Owen ihn runter von sich und stand auf. Doch bevor er das Geschehen so einfach verlassen konnte, wie noch am Tag zuvor, wurde er plötzlich am Arm festgehalten.

Er drehte den Kopf und sah in das Gesicht eines Sanitäters.

`Du großer Gott, nein!´

Einer der Leute auf der Straße hatte die Ambulanz verständigt, welche Owen nun, trotz Protest, in einen bereitstehenden Krankenwagen verfrachteten.

Auch Johnny wurde zu einem zweiten Krankenwagen gebracht, dieser folgte den Sanitätern allerdings ohne jeglichen Widerstand. Er hatte Schmerzen im linken Arm und war sich selbst nicht sicher was los war mit diesem.

`Irgendwas stimmt nicht mit diesen Owen Wilson.´, dachte er und zückte sein Handy.

Wilson wohnte in dem Apartmentblock, wo er sich seine Wohnung angesehen hatte.

Während die Sanitäter mit ihm los fuhren und seinen linken Arm untersuchten, wählte er die Nummer von Helason an.

Seine Entscheidung stand seit eben fest.

„Hallo Herr Helason. Hier spricht Johnny Depp. Ich wollte ihnen nur mitteilen, dass ich die Wohnung nehme und zwar sofort!“

Just breathe

3.Kapitel: Just breathe
 

Zwei ganze Tage hatten sie ihn im Krankenhaus behalten nur um zu sehen, ob der Sturz irgendwelche Spätfolgen mit sich gezogen hatte.

Doch außer einer leichten Wirbelsäulenprellung, war alles unversehrt geblieben.

Johnny Depp hatte sich nicht mehr gezeigt im Krankenhaus, sein Glück, sonst hätte Owen ihm die Hölle heiß gemacht.

Mit den Auflagen, sich für die nächsten Tage auszuruhen, nicht zu stark zu tragen und zu heben, hatte man ihn dann heute endlich raus gelassen.

Aus lauter Frust hatte der Blonde sich sogleich ein Sixpack Bier und ein Sixpack ein Liter Wasserflaschen gekauft.

Diese hatte er dann Sturerweise auch noch die Treppen hoch getragen.

Doch die Strafe folgte auf dem Fuße, als er in seinem Apartment angekommen war.

Er hatte grade die Sixpacks abgestellt, als ihm beim hochkommen auch sogleich ein Schmerz durch den Rücken schoss.

Wie ein alter Mann ging er in gebückter Haltung zum Sofa ins Wohnzimmer und ließ sich mit einem erschöpften Seufzen darauf nieder.
 

Sein Rücken tat immer noch höllisch weh, obwohl er bereits seit einer Stunde still dagelegen hatte.

Das kam also davon, wenn man nicht auf die Ärzte hörte. Der Körper rächte sich aber auch für jeden Fehltritt, den man sich erlaubte und dann auch noch so schnell.

Der Blonde griff blind mit der Hand in seine Hosentasche und zog sein Handy heraus.

Er öffnete das Adressbuchverzeichnis und wählte eine Nummer an.

Nach kurzem Tuten nahm am anderen Ende der Leitung jemand ab.

„Wilson?“

„Richtig geraten.“

„Wie bitte? Wer ist da?“

„Na wer könnte es wohl sein, Luke?“, fragte Owen grinsend.

„Owen?“

Die Stimme am anderen Ende klang ungläubig.

„Richtig.“

„Was ist? Ist was passiert? Geht’s Mum oder Dad schlecht?“, fragte der Jüngere sogleich besorgt.

„Weder noch. Mum und Dad geht’s gut. Mir allerdings nicht. Kannst du vorbei kommen und etwas von dieser schmerzlindernden Salbe mitbringen?“

„Ähm, ja kann ich. Aber was hast du denn…“

„Später Luke. Ich erklär es dir später.“

„Na gut, ich bin in einer dreiviertel Stunde da.“

„Okay.“, sagte Owen leicht enttäuscht darüber, dass es noch solange dauern würde.

„Tut mir Leid, dass ich nicht beamen kann. Tschau.“

Die Stimme seines Bruders klang leicht gereizt, als dieser auflegte.

Owen sah auf das Display und seufzte leise, als er das Handy wieder wegsteckte. So hatte er es doch nicht gemeint, aber vielleicht hatte sein jüngerer Bruder auch nur einen schlechten Tag gehabt.

Er sah auf seine Armbanduhr. Nun ja er würde es sicher in einer dreiviertel Stunde ganz genau wissen.

Bis dahin hatte er sich vorgenommen zu schlafen.
 

„Wann kommst du wieder Papi?“

Ein junges Mädchen schlang ihre Arme um die Taille ihres braunhaarigen Vaters.

Dieser sah hinab zu ihr und drückte sie sanft an sich.

„Ich bin nicht lange weg Lily-Rose.“, sagte er.

„Und wie lange genau?“

Die 11-Jährige war recht hartnäckig.

„Trennt ihr euch?“, setzte sie nach.

„Nein, dass tun wir nicht. Euer Vater braucht nur etwas Ruhe und er muss sich auf Filmangebote aus Amerika vorbereiten.“

Vanessa Paradies war mit seinem 8-jährigen Sohn Jack Christopher Depp III. grade durch die Tür des Flughafens gekommen.

Sie lächelte sanft und gab ihrem Mann einen Kuss auf die Lippen.

„Ich werde dich vermissen John.“, sagte sie.

„Ich dich auch mein Liebling, aber ich werde meinen Aufenthalt dort so kurz wie möglich halten, versprochen.“

Er hatte seiner Frau nichts von Owen und den geschehenen Erlebnissen erzählt. Der Schauspieler wollte nicht, dass sie sich Sorgen machte.

„Bis bald Papa.“

Sein Sohn streckte ihm beide Arme entgegen.

Johnny ging in die Knie um ihn auf Augenhöhe umarmen zu können.

Von hinten spürte er, wie seine Tochter ihre Arme um ihn schlang.

„Seit bloß brav. Ich will keine Klagen hören.“, sagte er mahnend mit einem Lächeln auf den Lippen.

„Geht klar Dad.“, antworteten die beiden im Chor.

Plötzlich ertönte ein Gong, gefolgt von einer Durchsage. Die Frauenstimme forderte alle Fluggäste, die nach L.A. wollten, auf jetzt in den Flieger zu steigen.

Erneute drückte er seine Kinder und küsste dann seine Frau zum Abschied, um sich dann mit seinem kleinen Rucksack, welchen er noch ins Flugzeug mitnehmen konnte, zum Check in zu bewegen.

Er war früh gekommen und hatte seine große Reisetasche und seine Koffer schon durchchecken lassen.

Der Braunhaarige konnte es kaum erwarten wieder in Santa Monica zu sein. In seinem Apartment. Er musste dann nur noch rausbekommen wo genau Owen da nun wohnte.
 

Nach dem Unfall auf der Straße war er mit genommen worden ins Krankenhaus. Nachdem die Polizei gekommen war und seine Aussage aufgenommen hatte, wurde er noch am gleichen Tag entlassen. Er hatte sich nichts Ernstes getan.

Doch als er sich nach Owen erkundigt hatte, war er besorgt gewesen. Er hatte den Arzt gebeten den Blonden genaustens durchzuchecken.

Der Arzt hatte ihm drauf hin versprochen Owen zwei Tage da zu behalten.

Mit einem beruhigten Gewissen war Johnny in sein Hotel zurück gekehrt und hatte alle Sachen zusammen gepackt, um noch am gleichen Tag zurück nach Paris zu fliegen.

Er wollte alle wichtigen Sachen holen, seine Kinder sehen und vor allem Vanessa seine Pläne erzählen.
 

Letzten Endes hatte er ihr nicht die ganze Wahrheit gesagt, doch er war sich sicher, sie würde es verstehen.

Die Sicherheitshinweise der Stewardess hatte er ignoriert, denn er war in seine Gedanken vertieft. Erst als er merkte, wie die Landschaft vor dem Fenster sich bewegte registrierte er, dass sie abhoben.

Natürlich reiste er erster Klasse und natürlich hatte er ein Flugzeug gewählt, was so gut wie leer war. Sonst hätten ihn schon längst Fans umringt.

Der Brünette stellte seinen Sitz etwas zurück, um eine entspanntere Sitzposition zu haben. Es würde jetzt einige Stunden dauern, bis er da war und Owen war sicher bereits schon entlassen worden. Wenn er ankam würde es bereits abends sein und er musste sich noch ein Auto kaufen oder mieten, je nachdem was schneller ging.

Um dem Jetlag etwas entgegen zu wirken, beschloss Johnny etwas zu schlafen.
 

Eine dreiviertel Stunde später in Santa Monica:

Ein Klingeln ließ Owen hochfahren und im selben Moment einen lauten Schmerzensschrei ausstoßen.

Der Blonde sackte wieder in das Sofa zurück.

Die Rückenschmerzen wirkten noch zwei Minuten nach, als sogleich ein weiteres Mal geklingelt wurde. Diesmal etwas energischer und länger.

„Ich komm ja.“, brummelte Owen.

Er drehte sich zur Seite, stand sachte und in leicht gebückter Haltung auf, um dann zur Tür zu gehen.

Er wurde wirklich alt. Früher war so was innerhalb von ein paar Minuten wieder verschwunden. Wirklich geschlafen hatte er die dreiviertel Stunde auch nicht, immer wenn er sich gedreht hatte, hatte ihn der Schmerz geweckt.

Er öffnete die Tür und stierte hinauf zu der Person, die vor ihm stand.

Die Augen seines Bruders sahen ihn besorgt und auch belustigt an.

„Suchst du was?“, fragte er.

„Nein.“, murrte Owen und drehte sich um, um zurück ins Wohnzimmer zu gehen.

„Was hast du denn gemacht?“

Luke trat ein und schloss die Tür hinter sich, dann folgte er dem Älteren ins Wohnzimmer.

„Autounfall.“

„WAS? Um Gottes Willen Owen, wie ist das passiert? Ich bring dich ins Krankenhaus.“

„Nein. Von da komm ich grade her.“

„Wie bitte? Ich versteh es grad nicht.“

Owen ließ sich sanft auf das Sofa nieder.

„Ich hatte vor zwei Tagen einen Autounfall.“

Gelassen begann Owen das Geschehene zu erzählen, auch erzählte er Luke davon, wie er sich den Anweisungen der Ärzte widersetzt hatte und nun mit Schmerzen gestraft war.

Luke schüttelte fassungslos den Kopf.

„Owen Cunningham Wilson bist du vollkommen bekloppt geworden?“

Es folgte eine leichte Kopfnuss.

„Musste das sein?“, fragte er genervt.

„Oh ja und ob das sein musste.“, keifte Luke.

„Hast du die Salbe?“, lenkte der Blonde vom Thema etwas ab.

„Ja hier. Ich mach das schon, versuch dich mal aufzusetzen. Du sturer alter Mann.“

„Danke, solch Freundlichkeit aus deinem Munde ist wirklich erbauend.“, sagte Owen ironisch.

Langsam setzte er sich auf und begann sein Hemd auszuziehen.

Kurz darauf spürte er die Hände von seinem jüngeren Bruder, die die Salbe in seine Haut einrieben.

Die Salbe war angenehm frisch und stillte so schon den heißen Schmerz.

Als Luke fertig war zog der Blonde sein Hemd wieder an.

„Geht es dir wirklich gut?

Der Braunhaarige sah ihn eindringlich an.

„Bis auf das.“, sagte er und deutete auf seinen Rücken, „Geht es mir gut.“

Nun gut, das war nicht ganz die Wahrheit, aber auch nicht ganz gelogen. Körperlich ging es ihm soweit gut. Seelisch allerdings nicht.

Zwei Tage lag er im Krankenhaus und konnte nichts unternehmen um seinem Leben ein Ende zu setzen.

Wieso ließ das Schicksal ihn nicht gehen und wieso zum Henker hatte ihn Johnny Depp schon zweimal gerettet?

Owen schüttelte kaum merklich den Kopf. Nicht zu fassen. Dabei hieß es doch Suizid sei so einfach.

„Owen? Hast du mir zu gehört?“

„Was?“

Die Stimme seines Bruders holte ihn zurück. Ein skeptischer Blick erdolchte ihn fast.

„Tut mir Leid, ich hab grad an was anderes gedacht. Was hast du gesagt?“

Luke seufzte tief und legte Owen die Hand auf die Schulter.

„Ich weiß von der Sache mit Kate und dir. Das ihr euch vor vier Tagen getrennt habt…“

„Sie von mir.“, korrigierte Owen ihn bitter.

„Ja. Es stand in der Presse.“

`Hätte mich auch gewundert, wenn es da nicht gestanden hätte´, dachte der Blonde genervt.

„Hör zu Owen. Wieso hast du mich nicht angerufen? Ich finde es schlimm solche Dinge aus der Presse erfahren zu müssen, statt von dir persönlich. Ich mach mir Sorgen um dich.“

Owen blickte zum anderen hin.

„Du brauchst dir keine Sorgen machen“, entgegnete er.

„Wirklich?“

„Ja, wirklich“, versicherte Owen mit einem Lächeln.

Schweigen trat ein. Luke sah ihn durchdringend an, in der Hoffnung in Owens Körperhaltung oder dessen Mimik irgendeine Spur von Lüge zu finden. Doch nach einer Weile gab er es dann doch auf und lehnte sich im Sessel zurück, während Owen sich wieder auf das Sofa sinken ließ.

„Wie war dein Tag?“, fragte der Blonde plötzlich um die Stille zu durchbrechen.

„Beschissen“, entgegnete der Jüngere.

„Wieso?“

„Ach ich spiel doch in einem neuen Film mit. Aber am Set herrscht das totale Chaos. Schrecklich, wirklich.“

„Ach deswegen klangst du so gereizt am Telefon“, sagte Owen und schielte zu Luke.

Dieser nickte nur mit dem Kopf und schloss die Augen um zu entspannen.
 

Luke konnte leider nicht lange bleiben, wie er es selber sagte. Für Owen war es Glück. Dank der Salbe von seinem Bruder konnte er sich wieder etwas schmerzfreier bewegen.

Zwar durchzuckte ab und an ein Stechen seinen Rücken, doch das würde bald vorbei sein.

Als sein Bruder fort war, öffnete er seinen Abstellschrank. Obwohl der Schrank nicht riesig war, musste er doch lange suchen um das zu finden, was er suchte.

Ein breiter Schlauch kam zum Vorschein. Dann schloss er den Schrank und ging in die Küche zurück. Dort wühlte er solange herum in einer der Schubbladen, bis er einen Kabelbinder fand.

Mit einem Blick auf die Uhr vergewisserte er sich, dass er diesmal ungestört sein würde.

Unter dem Apartmenthaus befand sich die Tiefgarage, wo sein Auto stand. Es war bereits nach 19 Uhr. Das bedeutete, dass die meisten nun zu Hause waren. Keiner würde ihm helfen können.

Er fuhr mit dem Lift hinab und bereitete sein Auto vor, in dem er das eine Schlauchende am Auspuff mit dem Kabelbinder befestigte. Dann öffnete er die Autotür, kurbelte das Fenster einen Spalt herunter und klemmte dort das zweite Schlauchende fest. Dann schloss er die Tür vom Auto und startete den Motor. Aus dem Radio, welches sogleich mit ansprang ertönte leise Musik.

Owen lehnte sich im Sitz zurück. Es hieß warten.
 

Johnny war ziemlich müde. Die Sonne war untergegangen. Vor zwei Stunden, Punkt 20 Uhr, war er gelandet und nun war er seit zwei Stunden unterwegs nach Santa Monica. Vom L.A. Flughafen, hatte er sich eine nahe liegende Autovermietung gesucht und mit Ach und Krach seine Sachen hinein bekommen. Er hatte zwar keine Möbel, aber Klamotten und andere Kleinigkeiten ließen das kleine Auto voll werden.

Der braunhaarige Schauspieler hatte alleine eine halbe Stunde gebraucht um aus L.A. raus zu kommen. Der Stadtverkehr war der Horror. Aber eine halbe Stunde war noch in Ordnung.

Nun sah er schon in der Ferne die Lichter von Santa Monica. In vielleicht einer halben, vielleicht auch einer Stunde, würde er ankommen und das Auto in der Tiefgarage parken.

Herr Helason hatte ihm davon noch am Telefon erzählt.
 

Es hatte doch länger gedauert, als gedacht. Der Raum im Auto füllte sich nur langsam mit den Abgasen, aber nach einer Stunde war der Raum komplett gefüllt.

Owen hatte es schwer dem inneren Bedürfnis zu widerstehen, um nicht den Wagen fluchtartig zu verlassen. Er hustete stark, als der Qualm beim Einatmen in seine Lunge drang.

Langsam aber sicher wurde ihm schwarz vor Augen und er verlor das Bewusstsein.
 

Endlich, nach einer halben Stunde sah er das Apartmenthaus im Licht der Scheinwerfer. Er fuhr sich mit der Hand kurz über die Augen, dann bog er um die Ecke um den Eingang der Tiefgarage zu passieren.

Der Schauspieler war überrascht, wie klein und übersichtlich die Garage war.

Er parkte sein Auto auf dem einzig freien Parkplatz und stieg aus.

Mit einer schnellen Handbewegung schob er den Fahrersitz vor und griff mit der Hand nach seiner Reisetasche. Den Rest würde er morgen holen, wenn er ausgeschlafen war.

Er ließ die Tür geräuschvoll ins Schloss fallen. Mit einem Piepen und einem kurzen blinken, versicherte ihm das Auto, dass es verschlossen war.

Nun musste er nur herausfinden, wo es hier hoch ging.

Erst jetzt fiel ihm das Brummen eines Motors auf.

Zuerst dachte er sich nichts bei, vielleicht war jemand grade angekommen oder wollte noch mal weg. Doch als er den Lift gefunden hatte und das Brummen des Motors immer noch monoton die Garage erfüllte, runzelte er die Stirn und sah sich um.

Nirgendwo war Scheinwerferlicht zu sehen oder irgendeine andere Bewegung.

„Hallo?“

Es war irgendwie unheimlich, als die Wände seine Stimme hallend zurück warfen. Dennoch ließ Johnny die Tasche vor dem Fahrstuhl nieder gleiten und ging dem Motorengeräusch nach.

Es dauerte einige Minuten da sah er den Wagen, dessen Motor lief. Die Scheiben des Wagens waren durch Rauchschwaden verhangen. Nur bei der Fahrerseite drang etwas Qualm heraus, aber sehr gering.

Dann erst bemerkte er den Schlauch, der vom Fenster zum Auspuff führte.

„Du großer Gott“, stieß er aus und rannte auf die Fahrertür zu, welche er mit Schwung aufriss.

Sofort stach ihm der Rauch ins Gesicht und sein Körper reagierte mit einem starken Husten, nach dem Einatmen der Luft, darauf.

Sofort wich er zurück und wedelte mit der Hand das Luftgemisch weg von seinem Gesicht.

Nun erkannte er eine ihm bereits vertraute Person.

Blondes Haar, schlanke Figur, gebrochene Nase und 42 Jahre alt.

Owen Wilson.

Als ein Teil des Rauchs verflogen war, griff er dem blonden Schauspieler unter die Achseln und zog ihn aus dem Auto heraus.

Er schleifte ihn etwas weg vom Auto.

Dann stellte er den Motor ab und überprüfte Owens Puls. Dieser war nur noch schwach am Hals wahrzunehmen.

Mit aufgeregten Händen zog er sein Handy heraus. Doch er hatte keinen Empfang. War ja klar.

Er überprüfte Owens Atmung und schockiert stellte er fest, dass diese ausgesetzt hatte. Schnell begann er mit einer Mund-zu-Mund-Beatmung. Er durfte keine Zeit verlieren, doch er brauchte auch einen Arzt, sonst würde er es nicht schaffen.

Durch ein lautes Husten kehrte Owen zurück. Auch wenn er nur kurz das Bewusstsein wieder erlangte und Johnny ansah.

Dieser war kurz aufgestanden, einige Meter von Owen fort gegangen, um Empfang zu bekommen für sein Handy und endlich erschien der erlösende kleine Empfangsbalken und er wählte den Notruf.

Die Frau am Ende der Notrufzentrale gab ihm einige Hinweise, wie er Owen helfen konnte.
 

Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis er endlich die Sirenen des Krankenwagens hörte.

Mit schneller Geschwindigkeit kam dieser hinunter gefahren. Vor ihm und Owen kam er zum Stehen und zwei Sanitäter sprangen heraus. Der eine öffnete die Flügeltüren des Krankenwagens. Der andere kam zu Johnny und begann sofort mit der Untersuchung.

Wenige Minuten nach dem Krankenwagen traf auch der Notarzt ein.

Johnny erklärte ihm, wie er Owen gefunden hatte.

„Sieht ganz klar nach Selbstmord aus“, sagte der Notarzt und wies die Sanitäter an Owen umgehend in ein Krankenhaus zu bringen, nachdem sie ihm eine Sauerstoffmaske umgelegt hatten.

„Er hat Glück gehabt, dass Sie das bemerkt haben.“

Johnny nickte nur leicht. Er konnte es nicht fassen.

Was war nur los mit dem jüngeren Schauspieler?

Nachdem der Krankenwagen verschwunden war, ging er wieder zum Lift, schnappte sich seine Tasche und fuhr mit dem Aufzug hinauf.

Er würde Owen morgen besuchen gehen und vor allem würde er sich umsehen, wo dieser wohnte im Apartmenthaus.

Johnny schloss die Tür zu seinem Apartment auf. Als er erschöpft aufs Bett fiel, durchzuckte ihn ein Verdacht.

War der Fenstersturz versehentlich? War der beinahe Unfall mit dem LKW ein versehen?

Oder waren beide auch Selbstmordversuche gewesen? Sah der andere Schauspieler wirklich keinen anderen Ausweg mehr? Nur weswegen?

Johnny konnte es nicht ganz verstehen und so kam er erst spät zu Ruhe.

I’ve given up

4.Kapitel: I’ve given up
 

Und weiter geht’s XD. Mal eine Frage für Zwischendurch. Soll es ein Happy End ganz zum Schluss geben oder nicht? ^^ Viel Spaß beim Lesen.

PS: Kapitel 5 wird den Titel ‚Call me when you’re sober’ tragen.
 

Er hatte verdammtes Glück. Das war doch nicht mehr normal!

Der Blonde drehte seinen Kopf zum Fenster des Krankenhauszimmers und sah hinaus.

Er konnte sich nicht an allzu viel erinnern, was vor vier Tagen in der Tiefgarage passiert war, aber er wusste, dass Johnny wieder da war.

Verärgert verzog Owen das Gesicht.

Was zum Henker hatte er da zu suchen gehabt?

Es war doch so perfekt gewesen. Er war sogar der Meinung, die Engel des Herren singen gehört zu haben. Es war alles schwarz gewesen und plötzlich, von hier auf jetzt, war er wieder zurück ins Leben katapultiert worden.
 

Der Arzt, der ihm am nächsten Tag eine Visite abgestattet hatte, da der Blonde zu Bewusstsein in der Nacht gekommen war, hatte ihn kritisch beäugt.

Auch hatte er ihm empfohlen einen Psychologen aufzusuchen und ihm erzählt, was geschehen war.

Owen hatte hinter dem Rücken des Arztes nur genervt die Augen verdreht.

Das Highlight des Tages, nach seinem Suizidversuch, war jedoch sein Bruder Luke gewesen.

Grade hatte der Arzt ihm einige „schöne“ psychiatrische Einrichtungen aufgezählt und nur nebenbei bemerkt, dass er Securitys vor Owens Zimmer gestellt hatte und seine Familie informiert hatte, da wurde auch schon die Tür aufgerissen. Sein jüngerer Bruder stürmte herein und griff mit den Händen nach seinem Hals. Die Securitys hatten zwar gepennt, als Luke herein stürmte, doch nun reagierten sie dafür umso schneller und hielten den Braunhaarigen auf, bevor er seine Hände um Owens Hals schließen konnte.

„DU ARSCH!“, schrie er.

Hätten die Sicherheitsmänner ihn nicht aufgehalten, hätte sich wohl all seine Wut und Verzweiflung, welche im Unterton mitschwangen, entladen.

Sein Bruder hatte ihn mit Schimpftriaden beworfen und sich nur schwerfällig beruhigt. Doch nach gefühlten zwei Stunden, endete Lukes Wortfeuerwerk und er brach in Tränen aus. Auf den Wunsch des Blonden hin, ließen die Securitys ihn los und gingen wieder hinaus. Luke setzte sich zu Owen auf das Bett um sich etwas zu beruhigen.

Wortlos entfernte sich dann der Arzt, um die Beiden alleine zu lassen.

Nach einigen Minuten des Schweigens hatte Luke dann wieder zu ihm gesehen. Kurz darauf hatte Owen eine Rötung im Gesicht. Genauer gesagt zwischen Auge und Wange.

Sein Bruder hatte ihm eine reingehauen.

Er fragte den Brünetten, wieso er dies getan hatte.

Der Andere lächelte nur leicht und erwiderte darauf nur, dass er seinen älteren Bruder ja irgendwie wieder zur Vernunft bringen musste.

Owen fand dies weniger lustig. Irgendwann ging Luke dann doch, kurz darauf erschienen seine Eltern deren Gesichter traurig aussahen. Es brach ihm fast das Herz die Enttäuschung in den Augen seiner Mutter lesen zu können. Eine Rechtfertigung seinerseits lehnte diese entschieden ab.

Am nächsten Tag besuchte ihn, welch Überraschung, Johnny Depp mit Luke im Schlepptau, ohne den der Brünette Fluch der Karibik Schauspieler wohl gar nicht erst zu Owens Zimmer gekommen wäre. Doch in der Gegenwart von Johnny schwieg der Blonde nur. Dieser war ihm bereits dreimal in die Quere gekommen. Dafür schienen sich Luke und Johnny umso besser zu verstehen. Wie schön, dass sein Bruder einen neuen Freund gefunden zu haben schien.

Owen stieß hörbar Luft aus, als die Beiden gehen mussten, da die Besuchszeit vorbei war.
 

Nun war er vier Tage im Krankenhaus gewesen, gestern war noch mal der Arzt dagewesen, der seine Familie schon seit langem betreute. Owen kannte ihn schon aus seinen Kindheitstagen. Er war es auch gewesen, der ihn, nach seinem ersten Suizidversuch 2006, in eine psychiatrische Einrichtung hinein gebracht hatte. Dies versuchte Adrian Sullivan erneut. Doch diesmal stieß er bei dem Blonden auf taube Ohren.

Owen erinnerte sich noch an das kurze Gespräch vom Vortag.
 

„Owen, die Trennung macht dir zu schaffen. Glaube mir du kriegst die Kurve alleine nicht, lass dir helfen“, sagte Adrian und sah ihn erwartend an.

„Ich weiß, du meinst es nur gut Adrian, aber ich kann es diesmal wirklich allein. Es war nur ein kleiner Rückschlag.“

„Ja, der dir beinahe das Leben gekostet hätte. Hätte dein Retter nicht sofort mit der Mund-zu-Mund-Beatmung begonnen, könntest du jetzt die Radieschen von unten beim Wachsen beobachten.“

Der alte Mann war nun mehr als zornig und schüttelte über dieses leichtsinnige Verhalten und die trotzige Haltung des Jüngeren nur den Kopf

„Ja ich weiß. Es wird nicht noch mal soweit kommen. Luke hat mir den Kopf gewaschen, mehr als das sogar.“

Der Blonde deutete auf die schwachrote Stelle unterhalb des Auges, welche Luke ihm verpasst hatte. Sullivan beeindruckte dies wenig.

„Das ist die erste und letzte Mahnung, mein Freund. Wenn ich dich noch einmal in einem Krankenhaus sehe, wegen solcher Sachen bekommst du eine kostenlose Fahrt in eine schöne Einrichtung“, drohend hob der Ältere dabei den Zeigefinger.

Owens Gesicht wurde ernst und schuldbewusst.

„Ich hab dich verstanden. Es kommt nie wieder vor. Versprochen.“
 

Welch ein Glück, dass Owen die Schauspielschule besucht hatte und welch ein glück, dass Sullivan zu alt war um sein Gespiele zu durchschauen. Der Krankenhausaufenthalt hatte ihm lediglich bewusst gemacht, dass er es sich zu einfach gemacht hatte. Sich umbringen in der Öffentlichkeit war ein absoluter Anfängerfehler, denn er nun schon zum zweiten Mal gemacht hatte. Die Öffentlichkeit ließ einen wie ihn nicht so schnell dahin scheiden. Verflucht noch mal.

Er verstand es nicht. Sonst war es den Menschen doch auch scheiß egal, wie sich andere Mitmenschen fühlten. Meist machten sie sogar schreckliche Sachen, wie Mobbing und ähnliches, um ihre Mitmenschen seelisch noch mehr zu verletzen.

Aber wenn sich dann jemand das Leben nehmen wollte, weil er den seelischen Schmerz nicht mehr ertrug, taten alle immer so ahnungslos und geschockt.

Idioten.

Ja, es gab kaum ein besseres Wort dafür, aber bei Menschen wie ihm, Stars, da war alles anders.

Stars durften nicht zerbrechen. Sie waren Vorbilder. Ja fast schon Götter. Sie mussten perfekt sein und jeder Versuch sich in der Öffentlichkeit zu töten wurde sofort verhindert.

Der Blonde schüttelte leicht den Kopf, als die Tür auf ging, um die Gedanken fort zu scheuchen.

„So Mr. Wilson. Wir machen jetzt noch eine Abschlussuntersuchung und wen alle Werte in Ordnung sind, werden Sie nachher noch entlassen“, verkündete der Arzt, welcher soeben mit zwei Schwestern das Zimmer betreten hatte.

Endlich mal gute Neuigkeiten. Er konnte es kaum erwarten wieder zu Hause zu sein. Hier drinnen wurde man ja wahnsinnig nach einiger Zeit.

Das Gesicht, des Blonden verzog sich kurz, als er schon wieder die Nadel der Kanüle in seiner Armbeuge spürte. Er riskierte einen kurzen Blick auf seinen Arm und sah, wie sie ihm wieder einen Teil Blut aus dem Arm zogen, verteilt auf drei Monovetten.

Wieder legte ihm der Arzt nahe, beim Verlassen des Krankenzimmers, eine Psychiatrie aufzusuchen, sowie schon die ganzen letzten Tage. Wieder lehnte Owen bestimmend ab.

Es dauerte zwei Stunden bis der Arzt wieder kam.

Der Blonde konnte ihm ansehen, wie ungern er verkündete, dass alle seine Werte in Ordnung waren.

Mit einem freudigen Lächeln stand er auf, sammelte seine sieben Sachen zusammen, die ihm seine Familie vorbei gebracht hatte, und machte sich auf den Weg raus aus diesem Gebäude.

Mit einem Armwinken holte er ein Taxi herbei und stieg in dieses ein, um dann zurück in sein Apartment zu fahren.
 

Es dauerte nicht lange schon war er zu Hause. Hier hatte sich nicht viel verändert, nur die Staubschicht war dicker geworden auf den Möbeln. Außerdem war die Luft stickig, drum entschloss er sich die Balkontür zu öffnen. Diese Gelegenheit nutzte er sogleich um hinaus zu gehen und einen tiefen Atemzug zu tätigen. Sein Blick glitt dabei auf den kahlen Nachbarsbalkon, der an seinem direkt angrenzte.

Ja der leere Balkon. Der Blick glitt nach vorne. Dann stutzte er.

Moment, der Nachbarsbalkon war nicht leer. Es standen Pflanzen dort. Sollte in seiner Abwesenheit doch jemand neben ihm eingezogen sein?

Wie auch immer, dachte er und ging wieder in sein Wohnzimmer hinein. Was interessierte ihn sein Nachbar? Er hatte ganz andere Sorgen.

Wie sollte er sich umbringen? Hier in seinen vier Wänden?

Er ließ sich auf das Sofa fallen und starrte die Decke an, als ob diese ihm eine Antwort geben könnte.
 

Johnny saß grade am Esszimmertisch und starrte zur Küche herüber, welche offen mit dem Esszimmer verbunden war. Genüsslich trank er seinen heißen Tee. Er dachte über das Vergangene nach.
 

Vor vier Tagen hatte er Owen das Leben gerettet. Zwei Tage später hatte er ihn besuchen wollen, doch das war gar nicht so einfach gewesen. Das Personal vom Krankenhaus wollte ihn nicht durchlassen. Wie der Zufall es wollte kam der Bruder von Owen, Luke Wilson, wie er sogleich erfuhr, vorbei und ermöglichte ihm das Durchkommen zu Owens Zimmer. Dieser lag schweigsam in seinem Bett und mied jeglichen Blickkontakt mit ihm.

Was hatte er ihm denn getan, hatte sich Johnny gefragt. Es schien, als ob der Blonde sauer war, dass Johnny ihm das Leben gerettet hatte.

Der Braunhaarige verstand es nicht ganz.

Er hatte sich mit Luke unterhalten. Der braunhaarige Wilson war locker drauf und bedankte sich mehrmals, dass er Owen geholfen hatte.

Irgendwann waren sie dann doch gegangen und zu Hause angekommen ging Johnny diesmal die Treppen hoch. Er ging an der Haustür seines Nachbarn vorbei, da die Treppe genau vor dieser endete.

Eher nebenbei blickte er auf das Namensschild der Klingel, blieb dann aber stehen und las den Namen noch mal.

Wilson.

Owen wohnte also direkt neben ihm. Verrückt. Erstaunlich.

Dann ging er in sein Apartment. Schließlich packten sich Kartons nicht von selbst aus.

Während er auspackte fiel ihm ein Fotoalbum in die Hand. Er hatte dieses lange nicht mehr in der Hand gehabt. Beim durchblättern wurde er wehmütig. Ja damals war er auch beinahe an die Grenzen seiner Kraft gekommen und das sah man auf den Fotos.

Vielleicht verstand er den Blonden ja doch.

Der Schauspieler stellte das Fotoalbum in eines der Regale.
 

Wann Owen nach Hause kommen würde, wusste der Brünette nicht. Aber er würde es sicher mitbekommen.

Er trank den letzten Rest seines, inzwischen kalt gewordenen, Tees. Dann wusch er die Tasse ab und stellte sie zurück in den Schrank.

Der Tag draußen war sonnig. Es war ja auch Mai geworden und der Sommer kam mit großen Schritten. Johnny trat auf den Balkon hinaus und genoss die Aussicht auf das Meer.
 

Owen blinzelte und war etwas erschrocken über sich selbst, als er realisierte, dass er eingeschlafen war. Doch im Traum war ihm auch nicht wirklich die zündende Idee gekommen.

Er setzte sich langsam auf, wenigstens ging es seinem Rücken wieder besser. Das ruhige Liegen im Krankenhaus hatte wahre Wunder bewirkt.

Er starrte hinauf zum Kronleuchter. Ein Geschenk seiner Eltern bei seinem Auszug. Eigentlich fand er das Ding nicht sonderlich schön, aber es war ein Geschenk, noch dazu von seinen Eltern. Der Blonde konnte so etwas einfach nicht so leicht weg werfen.

`Ob er wohl sehr stabil ist?´, fragte er sich in Gedanken.

Ein kleiner Test wäre sicher gut.

Und endlich zündete doch eine Idee in seinem Hirn. Was er brauchte war ein stabiler Kronleuchter, einen Stuhl und ein dickes Seil. Letzteres würde er sicher in seinem Abstellschrank finden.

Er ging sogleich zu diesem, öffnete die Tür und spürte kurz darauf zwei Dinge auf seinen Schädel hämmern. Kurz darauf rutschten Besen und Schrubber an seinem Kopf herunter und knallten zu Boden.

„Verdammt. Ich werd alt und verkalkt. Euch beide hab ich total vergessen“, redete er mit den beiden Gegenständen und rieb sich den Kopf an den Stellen, wo sie ihn getroffen hatten.

Der Blonde seufzte, griff in den Schrank hinein und zog kurz darauf ein Seil heraus. Er blickte es prüfend an. Ja die Länge stimmte. Dann griff er seine beiden Reinigungsgeräte und stopfte sie in den Schrank, um kurz darauf die Tür von diesem wieder zu schließen.

Dann ging er zurück ins Wohnzimmer.
 

Johnny drehte sich um und wollte grade wieder in seine Wohnung gehen, als er Bewegung in der Wohnung von Owen wahr nahm. Dieser hatte die Balkontür offen gelassen und hantierte mit einem Seil und einem Stuhl umher. Er schien so vertieft in sein Treiben zu sein, dass er Johnny nicht registrierte.

Der Brünette beäugte das Handeln des Blonden kritisch. Dieser formte so eben eine Schlinge aus dem Seil.

Der ältere Schauspieler schüttelte den Kopf. Der Blonde konnte es wohl nicht lassen. Aber gut, so einfach würde er es ihm nicht machen. Sogleich verschwand Johnny vom Balkon und öffnete seine Haustür.

Wie konnte er das Vorhaben von Owen verhindern? Bei ihm klingeln? Aber das würde nicht viel bringen.

Er grübelte stark, als ihm plötzlich ein Pfeifen aufhorchen ließ. Johnny sah sich um und bemerkte einen Jungen von dreizehn Jahren, der grade aus dem vierten Stock herunter kam. Der kam ihm grade recht.

„Hey Junge, tust du mir einen Gefallen.“

Der Junge sah ihn angewidert an.

„Könntest du da vorne an der Tür klingeln und die Person, die raus kommt in ein Gespräch verwickeln?“, erklärte Johnny, da er sich dachte, dass der Junge etwas missverstanden hatte.

„Und was hab ich davon?“, erwiderte der Junge fragend.

Ein tolles Gefühl, weil du was Gutes getan hast, wollte Johnny sagen, verkniff es sich aber. Die Jugend hier war an guten Taten kaum noch interessiert.

„Fünf Dollar.“

Der Brünette zückte den Schein aus seiner Hosentasche hervor. Welch Glück, dass er immer etwas Geld bei sich trug.

Der Junge nahm den Schein entgegen.

„Wie lange soll ich mit ihm reden?“

„Versuch fünf bis zehn Minuten herauszuschlagen. Da drüben wohnt Owen Wilson.“

Der Bursche sah ihn fragend an.

„Schauspieler. Spielte in Filmen, wie ‚Marley und ich’ mit.“

„Bäh, Weiberfilme.“

Der Junge verdrehte die Augen und stapfte dann weiter zur Tür.

Johnny sah dem Burschen nach. Teenager. Dabei dachte der Schauspieler immer, dass Jungs ihn cool fanden, aber anscheinend schien dieser kein Fan zu sein. Egal, Hauptsache er hielt Owen hin.
 

Der Blonde stand auf dem Stuhl und zog kräftig an dem Seil. Ja es hielt. Der Kronleuchter war widerstandsfähig. Grade als er sich die Schlinge um den Hals legte klingelte es an der Tür.

Keiner da, wollte er rufen, aber das wäre wohl doch etwas kontraproduktiv gewesen. Er würde es ignorieren, nahm er sich vor.

Doch dann klingelte es erneut. Wer konnte denn da nur so hartnäckig sein? Ach eigentlich war es ihm egal. Doch was wenn es Luke war? Der klingelte auch immer, obwohl er einen Schlüssel hatte und wenn sich Owen zu lange Zeit ließ beim öffnen, kam sein Bruder trotzdem rein, dank des Schlüssels. Nein das konnte er auf keinen Fall zu lassen.

Er zog seinen Kopf wieder aus der Schlinge, schloss die Tür zum Wohnzimmer, durchquerte den Flur und ging zur Haustür. Als er diese öffnete schaute er nicht schlecht, als er auf seiner Augenhöhe niemanden sah.

„Entschuldigung. Hier etwas weiter unten bin ich“, sagte eine jugendliche Stimme.

Owen sah hinab auf einen Jungen, den er jünger als sechzehn schätzte.

„Was willst du?“, fragte er genervt.

„Nur eine Kleinigkeit“, begann dieser leicht lächelnd.
 

Es waren fünf oder zehn Minuten vergangen, die ihm wie Stunden vorkamen. Dieser kleine Bengel nervte ihn tierisch. Doch er war ein Star, er musste sich zusammen reißen. Doch der Junge schien ihn nicht einmal zu kennen, bis auf einen Film kannte er keinen in dem Owen mit gespielt hatte. Endlich ging der jüngere und Owen ließ mit einem erleichterten Seufzen die Tür ins Schloss fallen.

Schnellen Schrittes stolzierte er ins Wohnzimmer, wo noch alles unberührt hing.

„Auf, dass mich jetzt keiner mehr stört“, redete er mit sich selbst, als er auf den Stuhl stieg und sich wieder die Schlinge umlegte.

Dann stieß er den Stuhl um.

Eine Sekunde später landete er auch unsanft auf den Boden.

„Was zum Henker?“, fragte er, während er kurz nach Luft schnappte, welche ihm für eine Sekunde abgeschnürt worden war.

Er packte das Seil und starrte das eine Ende von diesem an. Dann sah er zum Kronleuchter, welcher immer noch mit dem Rest des Seiles an der Decke schwang.

„Gerissen?“

War er wirklich so schwer? Er seufzte und nahm die Schlinge wieder vom Hals. Irgendwie war es wohl heute nicht sein Tag. So wie die anderen Tage zuvor auch schon nicht.

Er trat auf den Balkon hinaus, dessen Tür immer noch weit offen stand. Die Sonne schien hell vom Himmel, es war drei Uhr nachmittags. Ja bald war es Sommer hier in Santa Monica.

Der Blonde stützte sich auf der Balkonberüstung ab. Der Balkon war nicht groß, aber das störte ihn nicht.

„Wein?“

Er blinzelte und sah zu seinen Händen. Eine dritte Hand, welche von rechts kam, hielt ihm ein gefülltes Weinglas hin.

Sein neuer Nachbar wohl.

„Gern“, erwiderte Owen ohne einen Blick zu diesem zu werfen und nahm das Glas an.

„Obwohl es ja noch etwas früh ist oder Mr.“

Der Blonde sah herüber und seine Gesichtszüge entglitten ihm kurz, als er in das breit grinsende Gesicht sah.

„Du!“

Owen war sich nicht sicher, aber er hatte das Gefühl, langsam Paranoid zu werden. Denn schon wieder stand der Fluch der Karibik Star vor ihm und anscheinend wohnte er neben ihm. Du großer Gott und er wunderte sich warum der Suizid wieder nicht geklappt hatte? Ob Johnny etwas damit…? Nein, ganz sicher nicht. Es war nur ein dummer Zufall.

„Hallo ich bin Johnny.“

Der Andere reichte ihm die freie Hand.

„Owen“, sagte dieser und schüttelte die ihm gereichte Hand leicht.

„Ist es für Wein nicht noch etwas früh?“, wiederholte Owen die Frage

Der Brünette schüttelte den Kopf.

„Weißt du, wir sollten vielleicht etwas mehr wie die Russen oder Deutschen sein.“

Owen sah ihn fragend an. Er verstand nicht worauf der Andere hinaus wollte.

„Die haben immer einen Grund um zu trinken, egal zu welcher Uhrzeit.“

Johnny nahm grinsend einen Schluck vom Wein und verstaute dabei sein Taschenmesser heimlich in die Hosentasche. Owen hingegen lachte das erste Mal seit langem herzhaft auf.

Call me when you’re sober

5.Kapitel: Call me when you’re sober
 

Den Schock, dass Johnny Depp sein Nachbar war, hatte er nur langsam verdaut bekommen. Aber er konnte daran wohl nichts ändern. Vorerst jedenfalls.

Nach dem gemütlichen Nachmittag auf dem Balkon, bei dem er mit Johnny ins Plaudern gekommen war, hatte sich ein amüsanter Abend angekündigt.

Der brünette Schauspieler hatte ihn auf ein Abendessen eingeladen. Was er zu dem Zeitpunkt nur leider nicht wusste, als er die Einladung annahm, war, dass Johnny selber kochen würde.

Auf dem Balkon hatte John ihm erklärt, wieso er allein in Santa Monica war. Der blonde Wilson hoffte inständig, dass er und Vanessa zusammen blieben und bald wieder zueinander fanden.

So nett der Brünette auch war, aber er konnte es ihm nicht verzeihen, dass dieser ihm dreimal das Leben gerettet hatte.

Das John ihn bereits viermal das Leben rettete, hätte ihn sicher noch mehr auf die Palme gebracht.

Nachdem er den Wein ausgetrunken und John das Glas wieder gegeben hatte, war er in sein Wohnzimmer gegangen, hatte die Balkontür geschlossen und die Spuren seines Suizids beseitigt. Seile waren auch nicht mehr das, was sie früher waren. Er betrachtete noch mal das Seil. Dann stutzte er. An der einen Stelle war es definitiv gerissen, aber ein Teil war auch sauber durchgeschnitten. Er wusste wie dies aussah. Er selbst hatte, als kleiner Junge öfters einige Seile zur Hälfte durchgeschnitten damit sie leichter rissen. Wer konnte also seins angeritzt haben? Im Prinzip kam nur einer in Frage. Aber wie und vor allem warum? Der Blonde war sich sicher dem Brünetten noch auf die Schliche zu kommen.

Doch erst mal hieß es zu Abend zu essen. Owen schloss seine Tür und klingelte wenige Minuten später an Johnnys Haustür. Dieser öffnete auch sogleich.

„Komm rein.“

„Ähm wollten wir nicht essen gehen?“

„Nein, ich hab gesagt, ich lade dich zum Essen ein. Ich erwähnte nie, dass wir dafür irgendwo hingehen.“

Johnny grinste breit und ging zurück in die Wohnung.

Dieser Typ war unglaublich. Deswegen spielte er die meisten Rollen so authentisch. Im wirklichen Leben war er fast genauso drauf.

Die Tür fiel ins Schloss und wenige Minuten später schlenderte der Besucher durch den Flur in Richtung Wohnzimmer, welches einen offenen Zugang zum Esszimmer hatte. Dieses wiederum stand offen zur kleinen Küche. Owen stellte fest, dass dieses Apartment anders strukturiert war, als seines. Überraschend, denn er hatte immer gedacht, dass alle Apartments analog aufgebaut waren, im Höchstfall spiegelverkehrt zu einander standen. So konnte man sich täuschen.

Der Blonde drehte sich um zum Wohnzimmer, als er ein Plopp hörte, welches durch das Öffnen einer Weinflasche entstanden war. Diese war soeben von John geöffnet worden. Owen war verwundert, er hatte doch vorhin nur ein Glas Wein getrunken mit Johnny, wie konnte nun schon eine Flasche leer sein, sodass der Brünette eine Neue öffnen musste? Aber vielleicht war der vorherige Wein schon aus einer angebrochenen Flasche genommen worden. Irgendwie erfüllte Johnnys Nähe einen merkwürdigen Geruch.

„Oh nein, das Essen!“, entwich es der Kehle des Gastgebers.

Dieser rannte schnellst möglich in die Küche. Wenige Sekunden später kam ein Fluchen, dann ein erleichterter laut. Ob Owen wohl doch den Pizzaservice anrufen sollte? Seine Hand glitt automatisch zum Handy in seiner Hosentasche.

„Das Essen ist fertig.“

„Ach nein, ehrlich?“

Owen ertappte sich grinsend bei dieser ironischen Frage und schritt ins Esszimmer, welches einen gedeckten Tisch aufwies.

„Ja. Komm setz dich, ich hol den Wein.“

Johnny verschwand kurz aus seinem Sichtfeld, erschien dann aber kurze Zeit später wieder mit der geöffnete Flasche, um sogleich die Gläser zu füllen. Dann kam der Gastgeber mit zwei Tellern Suppe wieder und stellte einen davon vor Owens Nase ab.

Dieser beäugte das Dargebotene mit Skepsis.

„Na dann guten Appetit“, wünschte Johnny grinsend und griff beherzt zu seinem Löffel.

„Gleichfalls.“

Owen nahm ebenfalls seinen Löffel und befüllte diesen mit der Flüssignahrung.

„Wie oft kochst du so?“, fragte er während das Essen in seinen Mund wanderte.

„Heute zum ersten Mal.“

Johnny sah auf und blickte den Blonden mit hochgezogener Augenbraue an, als dieser das Gesicht verzog.

„Stimmt was nicht?“

„Probier, doch selbst mal.“

Der blonde Schauspieler erwiderte dies, nachdem er sein Weinglas zur Hälfte geleert hatte. Der Brünette kam dieser Aufforderung nach und schlürfte genüsslich seinen Löffel leer. Dann stockte auch ihm kurz der Atem und sein Gesicht verzog sich, als er den Schluck runter würgte. Sogleich griff auch er nach seinem Weinglas.

Owen grinste breit und sagte: „Na, schmeckt es nicht köstlich?“

„Oh ja. Unverbesserlich“, erwiderte die voller Ironie triefende Stimme des anderen.

„Zu viel Salz.“

„Definitiv John. Hast du noch was selbst gemacht?“

„Ja.“

„Meinst du es ist besser geworden?“

„Wir können es ja testen“, sagte John grinsend, wobei er selbst an der Qualität des Restes vom Menü zweifelte.

„Soll ich Pizzas bestellen?“

„Ja.“
 

Der Abend war nun doch gerettet. Dank dem freundlichen Pizzaservice um die Ecke.

Satt und zufrieden ging Owen auf den Balkon und zog die erfrischende Abendluft ein.

„Schöne Wohnung.“

„Danke. Ich find es auch schön.“

Eine ungemütliche Stille entstand. Owen sah zu seinem Balkon.

„Ich…, ich denke ich werde mal wieder rüber gehen. Ich will ins Bett, bin ziemlich müde.“

Johnny nickte ihm nur kurz zu. Er brachte den Blonden noch bis zur Tür. Dann räumte er das Geschirr fort und fiel selber ins Bett.
 

Der nächste Tag kam für Owen doch früher als erwartet. Er hatte noch längere Zeit im Bett wach gelegen und die Decke angestarrt. Er hatte überlegt. Doch zu einem Ende war er nicht gekommen, da die Müdigkeit über seinen Körper vorher siegte.

Nun, da er wieder wach war, überschlugen sich seine Gedanken wieder. Sein schlechtes Gewissen hatte den Weg aus seiner Kammer gefunden und heizte ihm nun richtig ein.

`Was denke ich mir dabei mich umbringen zu wollen? Adrian hat recht ich brauche Hilfe. Damals ging es auch nur mit Therapeuten. Ich kann wirklich vom Glück reden, dass bisher kein Versuch geklappt hat.´

Der Blonde hielt inne in seinen Gedanken. Was dachte er denn da bitte? Energisch schüttelte er den Kopf, während er sich über sein Frühstück hermachte.

Sein schlechtes Gewissen half ihm nicht weiter. Ja gestern Abend hatte er nicht mehr an Selbstmord gedacht, aber das war nur eine Ausnahme gewesen. Er nahm den letzten Happen seines Brötchens in den Mund, schnappte sich dann seine Kaffeetasse und entschwand auf den Balkon.

Er blickte zu Johnnys Balkontür herüber. Doch diese war fest verschlossen und auch sonst zeigte die Wohnung keine Zeichen von Leben in sich. Entweder schlief John noch oder aber er war fort.

Der blonde Schauspieler zuckte mit den Schultern, als ihn das Klingeln von der Wohnungstür herumfahren ließ.

„Wer stört denn schon so früh?“, fragte er sich während er zu Tür ging.

„Morgen“, schallte es ihm fröhlich entgegen.

„Wieso so früh?“

„Owen, es ist elf Uhr“, klärte ihn sein älterer Bruder Andrew auf.

„Hast du noch bis eben geschlafen, Onkel Owen?“

Der Blonde sah zu seinem Neffen herab, der, wie er feststellen musste, wieder etwas größer geworden war.

„Oh. Und was wollt ihr?“

„Dich abholen, kleiner Bruder.“

„Und dann?“

„Dann gehen wir in den Zoo, Onkel.“

Innerlich rollte Owen die Augen. Der Zoo war nun wirklich einer der letzten Orte, die er heute aufsuchen wollte. Aber sein Neffe hatte bereits diesen flehenden Blick aufgesetzt, wodurch er dem Kleinen wirklich nichts abschlagen konnte.

„Okay, okay. Ich komme ja, ich will nur schnell den Kaffee austrinken und Geld holen. Kommt solange rein.“

Sein Bruder und dessen Sohn betraten die Wohnung. Während der Junge auf den Balkon ging und die Aussicht genoss, ging Owen, gefolgt von Andrew, ins Wohnzimmer. Von da aus durchquerte er das Esszimmer und blieb dann an der Theke, die den Übergang zur Küche darstellte, stehen.

„Wie geht es dir?“

„Gut“, meinte Owen und das war noch nicht mal gelogen.

„Wo warst du gestern Abend? Ich wollte dich anrufen, aber du gingst nicht ans Haustelefon.“

„Ach entschuldige. Ich habe einen neuen Nachbarn bekommen und der lud mich auf ein Essen ein. Du hättest auf dem Handy anrufen sollen.“

„So, so.“

„Andrew, bitte. Es war so.“

Der Blonde konnte es nicht leiden, wenn seine Brüder an der Glaubhaftigkeit seiner Worte zweifelten. Andrew erwiderte darauf nichts weiter.

Mit einem großen Zug leerte er seinen Kaffee, griff nach seiner Brieftasche und stopfte diese in seine Jeanshose, für die er sich heute entschieden hatte. Dazu trug er ein weißes T-Shirt und nun langte seine Hand nach einer blauen Sweatjacke. Es war zwar warm draußen, aber noch zu kalt um ohne Jacke herumzulaufen.

„Kann los gehen, Kleiner“, rief er seinem Neffen zu.

Dieser kam vom Balkon wieder und schloss dessen Tür.

„Ob die Ziegen dich wieder ärgern werden?“, fragte er Owen grinsend, während er an den letzten Zoobesuch mit seinem Onkel dachte.

„Bestimmt nicht. Diesmal kann dein Vater sich zu den Biestern gesellen.“

Zu Dritt verließen sie die Wohnung.
 

„Bis irgendwann“, sagte Owen zur Verabschiedung mit einem Lächeln im Gesicht.

Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, fiel sein Lächeln in sich zusammen. Er griff mit der Hand an seine Schläfe, spürte wie eine Ader an der Seite pulsierte. Der Zoobesuch war wirklich amüsant gewesen, bis zu dem Moment als er Kate wieder sah. Sie war mit diesem schmierigen Typen und ihrem Sohn unterwegs gewesen, standen vor dem Robbengehege.

Hastig, ja fast panisch hatte er sich seinen Neffen gekrallt, welcher mit seinem Vater diskutiert hatte, und war mit ihm ins nächst beste Streichelgehege gegangen. Zu seinem Pech war es das verhasste Ziegengehege. Diese Viecher schienen sich auch noch an seinen letzten Besuch zu erinnern und begannen ihn wieder mit ihren Hörnern umher zu jagen. Dadurch hatte er natürlich die komplette Aufmerksamkeit der umstehenden Leute und somit auch die von Kate und ihrem neuen Kerl. Dieser krümmte sich vor lachen, zeigte mit dem Finger auf ihn und sagte: „Was für ein Idiot.“

Owen schloss die Augen, als er sich auf das Sofa sinken ließ. Dieser Tag war eine absolute Katastrophe gewesen und sein Kopf schien fast zu explodieren. Er wünschte sich, dass der Erdboden sich auftat und ihn verschlang. Aber vorher brauchte er etwas um die Kopfschmerzen killen. Missmutig öffnete er die Augen, um aufzustehen, die Balkontür zu öffnen und dann in die Küche zu entschwinden. Frische Luft half gut gegen Kopfweh, doch das dauerte ihm alles zu lange. Mit einem Handgriff schloss er seinen Medizinschrank auf. Dann griff er nach seinen Aspirin.

Beim Rausholen fielen auch noch gleich ein paar andere Tablettenpackungen heraus. Eine davon kannte er nur zu gut.

Oxycodone.

Wieso hatte er es aufgehoben? Er wusste es nicht. Dieses Mittel hatte er schon bei seinem ersten Suizidversuch genommen. Er griff es und wollte es weg legen, doch dann hielt er inne, sah sich die anderen Medikamentenpackungen an. Was wohl geschah wenn er von jedem welche nahm?
 

John war erschöpft. Er war schon früh aufgestanden. Sein Agent hatte ihn angerufen, da er ein interessantes Filmangebot für ihn hatte. Johnny hatte keine Zeit verloren und war zu seinem Manager gefahren. Das Angebot hatte er schnell überflogen und dann zugestimmt. Der Drehbeginn sollte Ende August sein. Zwar hatte Johnny erst vor kurzem einen anderen Film abgedreht, dessen Ausstrahlung Ende Herbst oder sogar erst Anfang Dezember starten sollte, aber er liebte halt seine Arbeit als Schauspieler und das Drehbuch sagte ihm mehr als zu.

Der Brünette hatte noch einiges mit seinem Manager zu klären und so vergingen der Vormittag und auch der Nachmittag.

Es war sechzehn Uhr, als er seine Apartmenttür hinter sich schloss und sein Handy klingelte. Seine Frau war am anderen Ende. John lächelte leicht. Es ging um seine Kinder, die ihn gern in den Sommerferien besuchen wollten. Natürlich lehnte er dies nicht ab.

Nach dem kurzen Gespräch war er irgendwie wacher geworden.

Ob Owen zu Hause war? Und wenn ja, würde dieser wieder Blödsinn anstellen? Irgendwie erinnerte ihn Owen an einen kleinen überforderten Jungen und Vatergefühle stiegen in ihm auf. Er griff sich eine Flasche Wein und ging auf den Balkon.

Die Balkontür des Anderen stand offen.

„Owen? Bist du da?“, rief er fragend hinüber.

Von der Couch, welche mit dem Rücken zur Balkontür stand, nahm er eine Regung war. Ohne weiter nachzufragen stieg er über die Berüstung und ging ins Wohnzimmer des Anderen. Irritiert zog John eine Augenbraue hoch, als er mehrere geöffnete Tablettenpackungen auf dem kleinen Tisch liegen sah.

Owen starrte ebenfalls auf diese.

„Was…“

„Ich habe scheiße gebaut John“, sagte Owen bevor der Andere die Frage formulieren konnte.

„Ich seh es. Ich hole einen Arzt.“

„Nein! Bitte, nicht, es muss einen anderen Weg geben.“

Das Flehen des Blonden klang ängstlich.

„Hm. Du musst dich übergeben. Wann hast du die Pillen genommen?“

„Eben. Grad mal 3 Minuten her. Ich kann mich nur nicht übergeben.“

„Hier trink das.“

Johnny reichte ihm die Weinflasche rüber, welche nur durch einen Schraubverschluss verschlossen wurde.

„Aber Tabletten und Alkohol, dass…“

„Ja genau, das und so wollen wir es ja auch.“

Owen nickte, öffnete die Flasche und begann große Schlucke zu nehmen.

„Bin gleich wieder da.“

Johnny schüttelte den Kopf, während er in seine Wohnung ging und nach ein paar Flaschen Wein und Whisky suchte, welche er schließlich fand und zu Owen zurückkehrte.

`Wenigstens hat er selbst bemerkt, dass es ein Fehler war. Vielleicht fängt er sich ja doch noch.´

John ging in Owens Küche und suchte dort nach einem Glas.

„Dritter Schrank von rechts“, kam es von dem Blonden, welcher die volle Weinflasche schon bis zur Hälfte geleert hatte.

Langsam spürte der jüngere Schauspieler, wie es in seinem Inneren anfing zu rebellieren.

Auch John gönnte sich nun einen Schluck Rotwein aus einem Glas. Er beobachtete Owen, dem mit jedem Schluck mehr unwohl zu werden schien. Grade als der Brünette dachte, dass der Blonde gleich das Badezimmer aufsuchen würde, kam aus dessen Mund nur ein Rülpser heraus.

`Okay. So wird das nichts. Da müssen härtere Geschütze ran.´

Der Brünette suchte erneut ein Glas, kippte in dieses Whisky hinein und reichte es Owen.

„Trink!“

Owen tat wie ihm geheißen und leerte zwischen dem Rotwein, auch das Whiskyglas. Er schüttelte sich leicht.

„Wederlich. Dis Zeugsch“, begann er zu lallen.

Der Alkohol begann schnell seine Wirkung zu entfalten. Kein Wunder, Owen schien die Tabletten auf nüchternen Magen genommen zu haben. Umso größer war die Gefahr, dass bereits die ersten Tabletten abgebaut worden waren, aber es erklärte auch die schnelle Alkoholaufnahme.

„Du bistsche schon süßlich nischt?“

Johnny sah zu Owen herüber. Der Blonde schien nicht mehr Herr seiner Sinne zu sein, denn er beugte sich zu dem Brünetten rüber, hielt dann aber inne. In weiser Voraussicht nahm er Owen die Flasche ab. Kurz darauf taumelte er schnellen Schrittes zum Bad.
 

Nach einigen Minuten schien auch die letzte Tablette aus Owens Körper heraus geschleust worden zu sein. Nur betrunken war der Jüngere noch immer. John entschied sich kurzer Hand ihn ins Bett zu verfrachten. Was ihm ein unverständliches Kauderwelsch von Owen einbrachte.

„Wieso wolltest du dich so oft umbringen?“, fragte John, er wusste aus eigener Erfahrung, das Betrunkene nicht mehr im Stande waren zu lügen.

„Wegen ihr.“

„Wem?“

„Kate.“

John verstand nun. Es ging um Owens Ex-Freundin. Er hatte es vor einiger Zeit in der Zeitung gelesen.

„Owen, das ist doch kein Grund sich umzubringen.“

„Du haste doch kein bisschen Ahnung, wie es mir geht. Du Idiot.“

„Okay, okay Kleiner. Sag mir Bescheid, wenn du wieder nüchtern bist. Schlaf jetzt.“

Er machte das Licht aus, kurz darauf hörte er die gleichmäßigen ruhigen Atemzüge des Anderen. Ob er ihn allein lassen konnte? Bestimmt.
 

Am nächsten Morgen hallte das Klingeln des Handys in seinem Kopf. Owen wachte mürrisch auf. Er hielt sich den Kopf und griff nach dem Handy um es zum Schweigen zu bringen. Eine SMS. Er kniff die Augen zusammen. Er hatte zuviel getrunken, definitiv und das nur, weil er die Tabletten genommen hatte. Aber gut, da musste er durch, war ja nicht sein erster Kater. Er öffnete die SMS und schluckte.

Sie war von Kate. Er würde nicht darauf antworten, nahm er sich vor.

Und doch tat er es.

Don’t tell me how my life should be!

6.Kapitel: Don’t tell me how my life should be!
 

Okay, etwas vorweg, was nichts mit dem FF zu tun hat. Owen ist am 14.1.2011 Vater geworden. Ich wusste gar nicht, dass er schon solange eine Freundin hatte. Na ja ich freu mich für ihn. ^^ Und dann noch was, der FF geht hoffentlich jetzt schneller voran, aber ich hatte die letzten Monate viel um die Ohren. Sorry. ^^“
 

Die warme Junisonne durchflutete sein Wohnzimmer, ließ Hitze in diesem entstehen.

Der Mann saß in seinem Sessel und spielte mit seinem Handy herum.

Was war er nur für ein Narr gewesen?

Er erinnerte sich nur ungern an die letzte Mai Woche, welche vor einigen Tagen geendet hatte.

Der Blonde war mit einem riesigen Kater aufgewacht, was nach seiner Tabletten-Alkohol Aktion kein Wunder war. Die SMS von Kate hatte diesen nur verschlimmert. Eine Sache, die er sich merken sollte, Kater und angestrengtes Nachdenken waren eine genauso schlechte Kombination, wie Tabletten und Alkohol.

Zuerst wollte er auf die SMS nicht antworten, doch einige Stunden später hatte er doch darauf reagiert.
 

Nun saß er hier, wartete darauf, dass sie ihm wieder antwortete. Doch sie tat es nicht. Er rieb sich die Schläfe und war froh eine Aspirintablette genommen zu haben. Die Kopfschmerzen hätten ihn sonst wahrscheinlich umgebracht und irgendwie war nebenan bei Johnny viel Lärm, warum auch immer.

Owen trank seinen Orangensaft, welchen er sich heute gemacht hatte, aus. Etwas Fruchtiges tat seinem erschöpften Körper sicher gut.

Ein Schrei von nebenan ließ ihn hochfahren. Hastig rannte Owen auf seinen Balkon und rief: „Johnny!“

Nichts war zu hören und das obwohl die Balkontür offen stand.

„Johnny?!“

Owen war beschäftigt mit dem Hineinspähen in das Wohnzimmer, dass er nicht mitbekam, wie jemand hinter dem großen Blumenkübel auf dem Balkon hervor kam.

Plötzlich spürte er etwas Kleines an seiner Brust abprallen, dann noch mal und noch mal.

„Peng, Peng. Hände hoch, du Bandit“, kicherte eine Kinderstimme.

Owen blickte herab und sah einen kleinen Jungen mit einem Cowboyhut und einem Sheriffstern an der Brust.

Der Blonde lächelte breit, als er die Hände in die Luft hob.

„Ich ergebe mich Sheriff, ich ergebe mich. Haben Sie doch bitte erbarmen mit mir.“

Der Junge sah ihn schelmisch grinsend an.

„Na gut. Ausnahmsweise, aber du wirst trotzdem eingebuchtet.“

„Und wo?“

„Komm hier rüber.“

Der 8-Jährige zielte mit der Spielzeugpistole, welche mit Plastikkugeln gefüllt war, weiterhin auf Owen.

Dieser fand, dass dieses Spielzeug verdammt echt aussah. Sogar stink normale Wasserpistolen hatten auf den ersten Blick Ähnlichkeit mit echten. Moderne Zeiten. Er ertappte sich des Öfteren bei dem Gedanken, dass damals alles besser war. Wie hatte er den Satz damals gehasst, wenn seine Eltern ihn aussprachen und nun? Nun war er selbst kein Deut besser.

Langsam stieg er über die Berüstung und sah den Jungen an.

„Dahin“, kommentierte dieser nur und wies mit dem Kopf in Richtung Wohnzimmer, „Und Hände wieder schön hoch.“

Der Blonde tat wie ihm geheißen. Oh man, das durfte er echt keinem erzählen, dass er sich von einem kleinen Bengel herum kommandieren ließ. Owen lachte leise bei dem Gedanken.

Als er sich im Wohnzimmer umsah, erkannte er Johnny, welcher an einen Sessel gefesselt war. Owen musste sich auf den anderen Sessel setzen und wurde dort ebenfalls von einem Teenager Cowgirl gefesselt, während der Sheriff die Pistole auf ihn gerichtet hielt.

„Tut mir Leid Owen, aber ich konnte Jack nicht aufhalten“, sagte der Brünette etwas geschafft und deutet mit dem Kopf auf seine Fesseln.

„Nicht so wild. Ich wurde ja recht schonend hier her gebracht. Sind das deine Kinder?“

„Ja, ich denke schon.“

„Ruhe! Gefangene haben nicht das Recht miteinander zu reden“, schaltete sich das Mädchen ein.

„Lily!“, ermahnte ihr Vater sie.

„Ist doch so.“

Die Teenagerin zuckte mit den Schultern und stellte sich hinter den Sessel auf dem ihr Vater saß. Ihr Gesicht ging an die Seite von seinen Kopf.

„Verrate uns wo das Keksversteck ist.“

Owen lachte herzhaft auf. Darum ging es? Deswegen waren sie gefesselt? Weil Johnny die Kekse nicht herausgeben wollte.

Die Depps schauten ihn irritiert an, während er versuchte sich wieder einzukriegen.

„Das ist nicht lustig“, kam es von John vorwurfsvoll.

„Ich finde schon. Nun gib ihnen doch Kekse.“

„Aber es gibt bald Mittag und dann essen sie wieder nichts Vernünftiges.“

„Wir wollen Kekse und nichts Vernünftiges!“, protestierte Jack.

Der Blonde begann erneut zu lachen und wandt sich leicht unter den Fesseln.

„Owen, hör auf zu lachen. Das ist eine ernste Sache.“

„Johnny, willst du deinen Kindern wirklich dein Essen antun?“

„Na ja. Ja.“

„Dein Essen schmeckt nicht, Dad“, meinte Lily und verzog, angewidert bei dem Gedanken daran, das Gesicht.

„Das stimmt allerdings John. Eins zu null für die Keksfraktion.“

„Fall mir ruhig in den Rücken.“

Johnny sah ihn mahnend mit einer erhobenen Augenbraue an. Doch auch der neuen Aufforderung seiner Tochter das Keksversteck preis zugeben kam er nicht nach.

„Aber von zu vielen Keksen wird ihnen schlecht.“

Owen wiegte abschätzend den Kopf und sagte: „Stimmt auch wieder. Ausgleich.“

Lily schien nun herausgefordert zu sein. In den Augen der Kleinen funkelte etwas Angriffslustiges, fand Owen und er sollte recht behalten, denn sie holte zum finalen Schlag aus.

„Zuviel von Dads selbst gemachten Essen ist ungesünder, als alle Kekse, die es hier gibt.“

Der Blonde brüllte fast vor Lachen und selbst Johnnys zornige Blicke brachten ihn nicht zur Vernunft. Tränen stiegen ihm in die Augen vor Lachen und er schnappte nach Luft, als der Lachflash sich langsam legte.

„Drei zu eins, John. Das war zwei Punkte wert, das kriegst du nicht mehr getopt. Sieger nach Punkten ist die Keksfraktion.“

Die Kinder jubelten. John hingegen schien mit diesem Ergebnis mehr als nur unzufrieden. Nach einem kurzen inneren Kampf gab er dann aber doch endlich nach.

„Dritter Hängeschrank von links, hinter den Minutenterrinen und macht uns los.“

Während Lily-Rose die Angaben ihres Vaters überprüfte und triumphierend die Kekse dann heraus holte, band sein Sohn die Beiden wieder los.

Sichtlich verärgert rieb sich Johnny die Handgelenke.

„Sorry Owen, das war so nicht geplant. Sie sind wegen der Beziehungspause von Nessa und mir etwas… stürmisch.“

„Nette Umschreibung. Aber Schwamm drüber. Hast du eben so geschrien?“

Johnny nickte: „Ja habe ich. Die Beiden hatten mich zu Fall gebracht, um mich zu fesseln.“

Owen lachte erneut, was ihm böse Blicke von Johnny einbrachten. Der Blonde blickte ihn entschuldigend an.

„Na ja, ich geh mal wieder rüber.“

Das Handy in seiner Hosentasche vibrierte und er warf nur einen flüchtigen Blick auf das Display. Eine SMS.

„Ja, man sieht sich.“
 

Owen hatte gehofft, dass er so langsam aber sicher nicht jedes Mal wieder in den Abgrund fiel. Doch mal wieder hatte er sich geirrt. Als er in seine Wohnung, über den Balkon, zurück gekehrt war, hatte er die SMS gelesen. Sie war von Kate. Eigentlich hatte er die ganze Zeit auf eine Reaktion ihrerseits gewartet. Diese jedoch war nicht ausgefallen wie erwartet. Sie schrieb, dass es wohl ein Fehler war sich bei ihm zu melden.

Sein Verstand wusste, dass sie damit Recht hatte und, dass es ein Fehler war ihr zu antworten, doch sein Herz erstickte jeden Schrei des Protestes. Sein Herz wollte Kate. Ganz und gar und vor allem jetzt. Das es nicht bekam, was es wollte schien es nur zorniger zu machen.

Owens Herz raste, die Luft hier schien ihn zu ersticken, obwohl die Balkontür offen stand. Er musste hier raus. Kurz um schnappte er sich seinen Schlüssel und schmiss die Tür geräuschvoll ins Schloss. Doch auch die warme Juniluft brachte keine Besserung.

Sein Herz schmerzte, es schrie in ihm und es brachte ihn um den Verstand. Verdammt noch mal, es sollte schweigen, für immer. Warum gab es keine Ruhe? Wieso hing es so sehr an dieser Frau, die ihm so oft wehgetan hatte?

Wieder schien sich in seinem Kopf ein Schalter umzulegen. Er schien nicht Herr seiner Sinne zu sein, als er einen Waffenladen betrat. Der Verkäufer sah schmierig aus, sein schwarzes Haar war fettig und der Laden sah aus, wie das letzte Loch.

Ein schelmisches Grinsen ging auf die Lippen des Verkäufers, als Owen eine Waffe zum Schutz kaufte.
 

Der nächste Tag begann ruhig, friedlich und sonnig, wie die vergangenen Tage. Gut, die Ruhe konnte Owen nicht wirklich bestätigen, denn Johnnys „Gangster-Bande“, wie er Lily-Rose Melody und ihren Bruder Jack Christopher getauft hatte, hielt den Älteren mächtig auf Trab, das hörte man des Öfteren.

Owen lachte leise, als er die genervte Stimme von John hörte, der seine Kinder mal wieder zur Ordnung rufen wollte.

Sein Lachen erlosch, als er die Waffe vor sich auf den Tisch liegen sah. Der Lauf der Kleinkaliber Pistole war auf ihn gerichtet.

Wieso hatte er sie gekauft? Je länger er vor ihr saß, desto sinnloser erschien ihm dieser Kauf. Trotzdem wollte er sie nicht zurück bringen, denn sein Herz wisperte, dass er sie brauchte.

Plötzlich riss ihn das Klingeln der Türglocke aus den Gedanken. Der Blonde ging hin und öffnete. Johnny und seine Kinder standen vor der Tür, wobei der kleine Sohn schon an Owen vorbei flitzte und mit einer Wasserpistole um sich schoss.

„Christopher! Komm zurück.“

„Schon okay, kommt doch rein. Was kann ich für euch tun?“

„Mich seelisch aufbauen“, murrte John, während er eintrat.

„So schlimm?“

„Eine Katastrophe. Ich versteh nicht wie Nessa das aushält. Tag täglich.“

Der Brünette verdrehte die Augen.

„Ihr könnt ja hier bleiben und ich helfe dir beim Kindersitten.“

„Danke, das weiß ich sehr zu schätzen.“

„Guck mal Papa, noch eine Pistole“, unterbrach Jack die Unterhaltung der beiden Männer.

Owen durchfuhr ein eiskalter Schauer und er griff sofort nach der Waffe.

„Das… das ist nichts für dich.“

Schmollend zog Jack mit seiner zweiten Pistole von dannen.

Johnny blickte ihn irritiert an.

„Du hast eine Waffe?“, fragte er mit erhobener Augenbraue.

„Zum Schutz.“

Der Blonde verstaute die Waffe in eine Schubblade. John wollte etwas erwidern, als lautes Gezeter und Geschrei aus dem Wohnzimmer drang.

Beide Männer gingen hin und sahen, wie Lily auf Jacks Oberkörper schlug und dieser wiederum an ihren Haaren zog.

„Sheriff oder Diva?“, fragte Johnny mit einem Seufzer.

„Sheriff.“

Schon griff Owen nach Christopher, während Johnny Lily versuchte weg zu ziehen, was sich allerdings als schwieriger entpuppte, als geahnt.

Nach circa fünf Minuten, gefühlten zwanzig, hatten sie die Kampfhenne und den Kampfhahn auseinander bekommen.

„Was war denn wieder los?“, suchte John das Gespräch bei seinen Kindern.

„Lil hat meine Pistole auf unseren Balkon geworfen…“

„Ja, weil Jack mich wieder nass machen wollte, ich hab keine Lust mehr darauf gehabt. Er hört nicht auf und macht das schon seit heute Morgen“, jammerte Lily.

„Stimmt gar nicht.“

„Stimmt ja wohl.“

„Gar nicht.“

John zog tief Luft ein, der Kampf ging in die nächste Runde.

„Wollen wir ein Eis essen gehen?“, fragte Owen und das Wortgefecht der Geschwister verstummte sofort.

„Ja!“, kam es sofort im Chor.

„Na dann los geht’s. Ich kenn da ’ne klasse Eisdiele.“

„Haben die auch grünes Eis?“, fragte Christopher.

„Die haben sogar blaues.“

Die Augen des Jungen begannen zu leuchten und er schien gar nicht schnell genug los zu kommen.

„Du kannst gut mit Kindern umgehen. Wo hast du das gelernt?“

„Kates Sohn.“

In Owens Stimme schwang Bitterkeit mit. Er hatte Kates Sohn gemocht und er vermisste ihn etwas. Das kleine quirlige Menschlein.
 

Der Nachmittag mit Johnny und seinen Kindern war sehr schön und sehr erfrischend gewesen. Nach dem Eis waren sie spazieren gegangen und hatten bei einem Spielplatz halt gemacht. Hin und wieder kreisten Owens Gedanken dabei um Kate und ihren Sohn. Doch lange konnten sich die Erinnerungen nicht halten.

Nun wo er wieder alleine war, kamen sie zurück und blieben beständig in seinem Kopf. Wieder schien sich ein Schalter umzulegen und automatisch griff seine Hand in die Schubblade, wo die Waffe lag.

Sein Herz randalierte wieder in seinem Brustkorb, es war nicht zu ertragen und es schien immer schlimmer zu werden. Es sollte schweigen. Für immer und ewig.

Langsam wanderte die Waffe an seine Schläfe, er schloss die Augen, schluckte hart und zählte im Kopf bis drei.

`1…

2…

2 ½… Nein jetzt keine Schwäche mehr.´

Er holte tief Luft.

`3!´

Leicht verzögert drückte er den Abzug mit seinem Finger. Etwas Flüssiges rannte seine Schläfe hinab.

Owen hatte es sich nicht so vorgestellt. Es war so leise, schmerzfrei und sein Herz raste immer noch.

„Moment mal“, nuschelte er und öffnete die Augen.

Die Waffe sank herab. Er war nicht tot. Der Blonde wischte mit den Fingern über die nasse Stelle und roch an der farblosen Flüssigkeit.

„Wasser?“

Er drückte den Abzug erneut und es spritzte ein Wasserstrahl heraus.

„Eine Wasserpistole?“

Verwunderung machte sich breit. Woher kam die denn? Dann durchzuckte ihn die Erkenntnis wie ein Blitz. Er hatte Jack morgens die falsche Pistole abgenommen. Das hieß, hätte Lily sie nicht rüber geschleudert auf den Balkon, hätte Jack abgedrückt und…

Oh Gott, er wollte nicht weiter daran denken, aber die Kinder spielten sicher mit der Waffe. Wieso sahen die Spielzeugpistolen den Echten auch so verdammt ähnlich auf den ersten Blick? Und wieso hatte er den Unterschied nicht früher bemerkt?

Wie von der Tarantel gestochen riss er seine Apartmenttür auf und klingelte bei Depps Sturm. Kurz darauf öffnete Johnny die Tür.

„Was gibt’s?“

„Wo ist Jack?“

„Duschen. Wieso?“

„Ich… Wo ist seine Wasserpistole?“

„Nicht hier.“

„Was? Was soll das heißen?“

Johnny lehnte sich gelassen an den Türrahmen, beide Hände hinter dem Rücken haltend, als er sagte: „Du weißt genau was das heißen soll, Owen.“

„Nein… du verstehst nicht. Wo ist sie? Spielt Lily mit ihr?“

„Nein. Seine Wasserpistole ist nicht hier.“

„Aber sie wurde doch auf den Balkon geworfen. Johnny“, verzweifelte gestikulierte Owen mit den Händen, bis er erstarrte.

Johnny zückte eine Pistole, Owens Pistole, hinter dem Rücken hervor. Er entsicherte sie und hielt den Lauf auf Owens Stirn gerichtet.

„Seine Wasserpistole hast du! Du hast meine Kinder in Gefahr gebracht, weil du dich nicht unter Kontrolle hast.“

Dem Blonden rutschte ein Geröll vom Herzen.

„Oh zum Glück. Es tut mir Leid, ich… gib sie her, ich werde sie ordnungsgemäß weg schließen“, lächelte er.

Doch Johnny schüttelte nur langsam den Kopf, bevor er fortfuhr: „Vergiss es. Du bist nicht in der Verfassung eine Waffe Ordnungsgerecht zu lagern. Ich beschlagnahme die Waffe vorerst.“

„Was?!“

Owen starrte ihn fassungslos an. Wie konnte der Andere so über sein Leben bestimmen.

„Krieg dein Leben in den Griff ohne Selbstmordgedanken. Dein Leben sollte so schön sein. Arbeit, ausgehen, Spaß haben. Hör auf dir alles kaputt zu machen.“

Der Brünette sprach mit gedämpfter Stimme, da seine Kinder nichts hören sollten. In Owen kochte Wut hoch, sodass er beim Sprechen gar nicht mehr die Lautstärke registrierte.

„Sag mir nicht, wie mein Leben sein sollte. Klar? Du hast keine Ahnung, wie schwer es ist ICH zu sein.“

„Owen…“

Doch sein Nachbar war in seine Wohnung gegangen und hatte seine Tür geräuschvoll ins Schloss geworfen.

„Ist Owen sauer auf dich, Dad?“

Die Stimme der Teenagerin, welche hinter ihm auftauchte, war recht kleinlaut. Johnny sicherte die Waffe wieder und drehte sich mit einem sanften Lächeln zu ihr um, während er die Tür schloss.

„Vielleicht ein bisschen, aber ich glaub am meisten ist er auf sich selbst sauer.“

„Wieso?“

„Unwichtig.“

„Was ist mit der…“

Lily nickte mit dem Kopf zu der Waffe in der Hand ihres Vaters.

„Du hast sie nie gesehen. Das bleibt unser kleines Geheimnis, einverstanden?“

„Ja.“
 

Frustriert saß Owen an seinem Küchentisch und starrte auf die Wasserpistole. Wieder einmal war sein Leben durch Johnny verlängert worden und nur wegen eines dummen Verwechslungszufall.

Mit der Faust schlug er auf den Tisch, sodass das Spielzeug einen kleinen Hüpfer machte.

„Verdammte Scheiße, VERDAMMTE SCHEIßE!“

Er raufte sich die Haare. Am liebsten hätte er etwas kaputt geschmissen, doch was würde das bringen? Seine Wut erstickte die Schreie seines Herzens. Er fühlte sich frei und entspannt. Doch gleichzeitig raste sein Puls. Es war so Paradox.

Die Türklingel ließ ihn hoch fahren. War das wieder Johnny? Hoffentlich nicht, denn der Blonde war noch immer sauer auf ihn.

Mürrisch öffnete er die Tür und spürte, wie sich zwei Hände auf seine Brust legten und sich in sein Shirt krallten. Eine schluchzende Stimme begann zu sprechen, die er nur zu gut kannte.

„Owen, es ist so schrecklich… ich weiß nicht mehr weiter. Ich brauche dich.“

Ein Kloß bildete sich in seinem Hals.

„Hilf mir, bitte. Kann ich heute Nacht bei dir bleiben.“

Die rot geschwollenen, verweinten Augen seiner Ex-Freundin sahen zu ihm hinauf.

„Natürlich, komm rein“, sagte die nun sanfte Stimme seines Herzens.

Bleed it out

7. Kapitel: Bleed it out
 

Das Kapitel ist irgendwie etwas philosophisch geworden und spiegelt nur meine Meinung wieder im Bezug auf Herz und Verstand ;)
 

Er lachte, er lachte ihn einfach an. Oder aus. Jedenfalls hatte er das Gefühl, dass der Mann im Spiegel dies tat. Owen drehte sich um und löschte das Licht im Badezimmer. Er konnte sich selbst nicht mehr ansehen. Wie dumm konnte ein Mensch denn nur sein?

Würde das Leben ein Film sein und würde es einen Oscar für den dümmsten und naivsten Protagonisten geben. Er würde sämtliche Preise abräumen.

Es war wirklich zum Verrückt werden. Jedes Mal, wenn es einen Schritt voran ging, ging er einen Schritt zurück. Wieso hing er an dem Vergangenen? Wieso trat er vor der Zukunft zurück?

Angst? Vor dem was kommen oder auch nicht kommen würde? Dem Blonden war es ein Rätsel. Adrian hätte ihm sicher helfen können. Doch den Arzt und Familienfreund wollte er nicht anrufen.

Zum Einen wollte er ihn nicht belästigen, zum Anderen wollte er dessen Worte dazu nicht hören. Insgeheim wusste Owen auch, dass er keine Schwäche einräumen wollte. Er konnte und wollte sich nicht eingestehen, dass er den falschen Weg gewählt hatte und nun immer und immer wieder im Kreis lief.

Man sagte, dass man aus Fehlern lernen würde. Er aber nicht. Er beging sie immer und immer wieder, in der stillen Hoffnung, dass der Fehler zu Glück umschlug.

Wahrscheinlich dachten Frauen, die immer und immer wieder von ihrem Mann geschlagen wurden ähnlich. Sie wollen sich nicht eingestehen, dass sie auf dem falschen Pfad sind, sich im Kreis drehen und, dass ein Fehler immer ein Fehler bleiben würde und nie zu Glück umschlug.
 

Owen strich sich über die müden Augen. Augenringe zeichneten sich unter diesen ab. Kate hatte sich wieder von ihm getrennt und, als ob das noch nicht schlimm genug gewesen wäre, hatte er heute in der Klatschzeitung gelesen, als er bei einem Kiosk eine Schachtel Zigaretten gekauft hatte, dass sie auch schon einen Neuen hatte. War er denn nur ein Lückenfüller für sie gewesen? Nur ein Betthäschen?

Es war irgendwie frustrierend, so was zu sehen. Damals hatte er so was mit Frauen abgezogen. Sein Bruder tat es heute noch. Luke, der kleine Casanova.

Er grinste leicht bei dem Gedanken an seinen Bruder und dessen Masche. Als er jünger war, waren beide gemeinsam auf Beutezug gegangen. Doch als er Kate kennengelernt hatte, war es damit vorbei.

Owen trat auf den Balkon und zückte die Zigarettenschachtel. Es wurde kühler, obwohl es erst Ende August war. Anfang Juni war Kate zu ihm gekommen und seit ein paar Tagen war alles wieder aus. Mit Johnny hatte er seit der Sache mit der Waffe auch kein Wort mehr gewechselt.

Die Zigarette wanderte in seinen Mund und er zündete sie sich an. Es war kaum Wind da, weswegen es ihm ohne Probleme gelang.

„Du rauchst?“

Owen blickte neben sich. Johnny war ebenfalls auf den Balkon getreten und blickte ihn an. Er nahm einen tiefen Zug von dem Glimmstängel, hustete dann aber heftig. Johnny sah ihn verwirrt an.

„Ich… hab mal… schon her…“, hustete er hervor.

„Fängst du wieder an? Wieso?“

„Kate…“

„Schon wieder? Junge, komm mal langsam klar in deinem Leben.“

Owen starrte ihn an. Eigentlich wollte er den nächsten Zug nehmen, doch er hielt inne.

„Wie bitte?“

Johnny schüttelte leicht den Kopf und lächelte.

„Verzeih mir bitte, meine Kinder waren die ganzen Sommerferien hier. Ihre Sprache hat wohl sehr abgefärbt.“

„Es hat den Anschein, ja.“

Der Blonde zog erneut an der Zigarette. Diesmal hustete er nicht, sondern genoss es, wie der Rauch sich in seinen Lungen ausbreitete und in ihm ein Gefühl der inneren Ruhe auslöste. Sein Verstand wurde mit vernebelt. Natürlich wusste er, dass eine Zigarette niemanden ruhiger werden ließ, geschweige denn, dass man dadurch konzentrierter oder schlanker wurde. Alles Einbildung. Doch der Glaube versetzte Berge.

Eine ganze Weile standen die Männer nebeneinander, jeder auf seinen eigenen Balkon und schwiegen sich an. In Owen war ein unglaublicher Gewissenskonflikt entfacht worden. Gut gegen Böse, Vernunft gegen Sturheit, das schlechte Gewissen gegen den falschen Stolz. Nach langem gewann das Gute, die Vernunft und das schlechte Gewissen in ihm. Er nahm den letzten Zug und drückte die Zigarette an der Metallberüstung aus.

„John…“, begann er die Unterhaltung zögerlich.

„Ja?“

„Das mit deinem Sohn, mit der Pistole. Du hast Recht, ich bin nicht in der Lage eine Waffe zu führen, geschweige denn zu lagern. Ich wollte niemanden in Gefahr bringen.“

„Ich weiß, dennoch hast du es gemacht. Die meisten Menschen wollen ihre Liebsten nicht in Gefahr bringen und dennoch tun sie es immer wieder, weil sie ihre Emotionen immer vor den Verstand stellen.“

„Aber Emotionen sind wichtig und man kann dieses Verhalten nicht ändern.“

„Teils, teils. Natürlich sind Emotionen wichtig, doch nur solange sie uns oder andere nicht verletzen oder zerstören. Man kann das Verhalten nicht ganz abschalten, aber ändern, indem man versucht die wichtigen Dinge des Verstandes umzusetzen und sich dann in den Sog der Emotionen begibt.“

„Was hätte ich also deiner Meinung nach anders machen sollen, als deine Kinder da waren?“

Johnny schüttelte leicht den Kopf und sah ihn scharf an. Owen zog eine Augenbraue hoch, er verstand nicht. Hatte er etwas Falsches gesagt oder gefragt? Der Brünette zeigte Erbarmen und seufzte theatralisch.

„Schalt deinen Verstand ein.“

„Ist er doch.“

„Nein ist er nicht, Owen. Sonst wüsstest du, dass der Fehler nicht in der Zeit lag, als das mit der Waffe geschah, sondern in einer anderen.“

Der Blonde schwieg und sah zu Boden. In seinem Kopf dämmerte es, worauf der Ältere hinaus wollte. Er hörte seinen Herzschlag, wie das Blut in seinen Adern pulsierte. Sein Herz, er hatte es so oft gehört in letzter Zeit. Doch die tiefe Stimme des Verstandes, war kaum noch wahrzunehmen. Er holte tief Luft, blendete den Herzschlag aus, konzentrierte sich ganz auf sich. Was der Rauch vorher benebelt hatte, wurde wieder klar. Die Stimme der Vernunft laut und deutlich.

Die ganze Zeit ruhten die braunen Augen des Anderen auf ihn, als Owen wieder aufsah, hörte man John sichtlich aufatmen.

„Hast du die Waffe noch?“

Johnny nickte kaum merklich.

„Gut, dann lass uns los gehen. Es ist besser, wenn sie für immer aus meinen Besitz verschwindet.“

Owens Stimme war voller Überzeugung und ließ keinen Zweifel an der Glaubwürdigkeit seiner Aussage. John sah ihn zufrieden an.
 

Wenige Minuten später wanderten die Beiden durch die Stadt, auf den Weg zum nächst besten Waffenladen.

„John, wieso bist du so anders denkend?“

„In welchen Bezug?“, fragte der Angesprochene.

„Na ja, diese Herz und Verstand Sache, hört sich zum Einen sehr Mystisch, aber auch Spirituell und Weise an. Die Meisten sagen doch, dass man auf sein Herz hören soll, statt auf den Verstand. Wieso bist du also der Meinung, dass es andersrum besser ist?“

„Es ist nicht unbedingt besser. Aber das Herz wird vom Menschen als Zentrum sämtlicher Gefühle gesehen, an sich kommen alle Gefühle vom Kopf. Es sind chemische Prozesse, aber das würde zu weit führen jetzt. Gehen wir also weiter davon aus, dass das Herz Sitz aller Gefühle ist. Das Herz ist immer befangen, der Verstand nicht. Der Verstand ist rational, vergleichbar kalt. Menschen mögen Wärme und möchten nicht als kaltherzig bezeichnet werden. Deswegen wird gesagt, ’Treff die Entscheidung aus dem Herzen’, weil man sie für menschlicher und sozialer hält. Dies ist aber nur bedingt so.“
 

Der Blonde musste die Worte seines Nachbars unterbrechen, da sie das Waffengeschäft betraten. Der Besitzer von diesem sah zu erst irritiert, dann aber erfreut aus, in anbetracht der Tatsache, welche Kunden sich hierher verirrt hatten. Owen war sich sehr sicher, dass dieser Mensch mit dem Verstand dachte und in der nächsten Zeitung ein Artikel über ihren Besuch hier stand. So schnell es ging verkaufte Owen die Waffe und fühlte sich, als sie das Geschäft verließen, wesentlich freier und behaglicher.

„Wieso sagst du, dass Entscheidungen aus dem Herzen nur bedingt sozial sind?“, nahm Owen das Gespräch mit der Frage wieder auf, welches sie unterbrochen hatten.

„Nun, es heißt nicht umsonst, dass tief im Herzen eines Menschen ein Egoist sitzt. Das Herz denkt vielleicht an andere, aber in erster Linie doch nur an sich selbst. Welches Unternehmen trifft Entscheidungen aus reinster Nächstenliebe, wenn die Entscheidung ihm selbst nichts bringen würde? Ein Beispiel, wenn du die Wahl hättest zwischen zwei Rollenangeboten mit folgenden Hintergründen. Die eine Rolle bringt relativ wenig Geld und ist für einen stink normalen Film, die andere Rolle, die in etwa das gleiche Geld einbringt, ist für einen Film, dessen Einnahmen eine Wohltätigenzweck gespendet werden. Welche Rolle nimmst du?“

„Die für den Wohltätigenzweck im Anschluss“, sagte Owen sogleich.

„Wieso?“, fragte Johnny ihn.

„Weil ich anderen damit helfen kann ihre Lebensumstände zu verbessern. Was für eine bescheuerte Frage.“

„Und um deinen Ruf zu stärken.“

„Was? Nein, darum geht es nicht.“

„Indirekt schon und dein Herz weiß das. Nimmst du die Rolle mit den Wohltätigenzweck hilfst du anderen, dir selbst aber noch viel mehr. Die Medien puschen dich hoch, als den sozialen Menschen. Dein Ruf eilt dir voraus, alle halten dich für großzügig. Du wirst von den Fans und Zuschauern geliebt, sie wollen dich. Die Filmemacher wissen das und buchen dich für sämtliche Rollen in Filmen, die es gibt. Nimmst du die Rolle für einen normalen Film, passiert das alles nicht.“

Owen schluckte. Johnnys Argumentation hatte einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen.

„Aber ich könnte, das Geld, was ich mit den vielen Rollen verdiene, dann wieder Bedürftigen schenken und…“

Owen hielt mitten im Satz inne, denn er wusste was dann wieder beginnen würde.

Johnny führte den Satz für ihn zu ende: „Und dann halten dich alle wieder für einen Heiligen. Die Fans wollen dich noch mehr… du bekommst Filmangebote und so weiter.“

„Aber das will ich doch so gar nicht dann.“

„Du nicht, aber dein Herz. Erkennt man irgendwann den Egoismus in seinem Handeln, schiebt man es auf den kaltherzigen Verstand, dabei war es das soziale Herz. Jedenfalls, wenn man bei den menschlichen Glauben bleibt, dass das Herz die Gefühle und soziale Ader ist.“

„Das heißt meine Selbstmordgedanken kommen vom Verstand. Schließlich tun sie mir ja nichts Gutes.“

„Falsch. Der Verstand ist eigentlich darauf trainiert einen kühlen Kopf zu bewahren und irgendwie immer eine Lösung zu finden. Das Herz ist Egoistisch. Ihm ist es egal, ob das Handeln, zu dem es uns drängt, körperlich gut für uns ist. Hauptsache ihm geht es ’gut’. Wieso willst du dich umbringen? Sag es mir.“

Der Blonde überlegte leicht. Diesen Gedanken hatte er sich noch nie gemacht. Ja, wieso eigentlich? Wieso wollte er von dieser Welt unbedingt gehen?

„Na ja, weil“, begann Owen zögerlich und fuhr sich durchs Haar, „weil ich nicht über die Trennung von Kate hinweg komme sonst.“

„Und du meinst es ist der einzige Weg?“

„Nein, aber der Schnellere. Ihr Verlust schmerzt im Herzen…“

„Du hast die beiden Stichwörter genannt. Es soll schnell gehen, weil dein Herz ’Schmerzen’ hat. Dein Herz will, dass es sofort aufhört und das geht am besten, in dem man nichts mehr spüren kann. Das wiederum geht nur, wenn man tot ist. Die anderen Wege, wie Therapie oder einfach die Zeit die Wunden heilen zu lassen, ist zu langwierig. Soviel Geduld hat das Herz nicht.“

Owen rieb sich die Stirn. Diese Fakten waren hoch philosophisch für ihn. Sie klangen so spirituell, der größte Blödsinn für ihn. Dennoch beschrieben sie das Geschehene in seinen Leben so Glasklar. Sie hatten viel Wahrheit in sich. Zu viel für seinen Geschmack.

„Was soll ich also tun…?“

„Was sagt dir dein Verstand, Owen?“

„Nichts.“

Eine glatte Lüge, wie er wusste. Sein Verstand schrie die Antwort, sodass er das Gefühl hatte, sein ganzer Körper erzitterte darunter. Doch nach Außen hin war er vollkommen ruhig.

„Hm. Nun, ich und mein Verstand raten dir zu einer Therapie. Damit dein Verstand und dein Herz ausgeglichen sind. Dein Körper oder Geist wird von beiden regiert. Keiner darf die ganze ’Macht’ über dich alleine haben.“

„Das ist total grotesk, nahe zu paradox. Zu erst sagst du, dass das Herz so schlecht sei und nun ist es der Verstand? Entscheide dich mal endlich.“

Johnny schüttelte energisch den Kopf, als er antwortete: „Das ganze Leben ist ein Paradoxon. Der Verstand alleine macht einen zu rational, sodass man das wesentliche auch mal aus den Augen verliert und die Gefühle Anderer ausblendet. Man wird kalt und unmenschlich. Das Herz alleine, lässt einen in Selbstmitleid versinken, man denkt man sei sozial, ist aber im Prinzip egoistisch und hilft sich selbst durch die Notlagen oder das Leiden Anderer. Man wirkt herzlich und wird egoistisch. Beide müssen ausgeglichen sein, sowie Ying und Yang…“

„Ach hör mir auf mit diesem Esoterik Mist, davon war Kate auch eingenommen. So was Idiotisches. Ich habe im ersten Moment doch wirklich geglaubt, du wolltest mir helfen und würdest mir etwas Wissenswertes beibringen. Aber wahrscheinlich bist du ein genauso egoistischer Mensch, wie alle Anderen.“

„Glaubst du das wirklich?“, fragte Johnny fassungslos.

„Ja. Ich weiß es.“
 

Damit verschwand Owen wutentbrannt und ließ den Brünetten alleine zurück in den Park, in den ihre Füße sie getragen hatten, während der Unterhaltung.

Der Blonde hingegen rannte nach Hause und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Sein Atem ging schnell, sein Herz raste vom Laufen, sodass er sich erst mal auf einen Stuhl auf den Balkon sinken ließ. Er hatte sich diesen Platz ausgesucht, da er den Drang zu rauchen verspürte. Die Zigarette sollte ihn beruhigen und zum Nachdenken bringen.

Mit einem Knacken entzündete das Feuerzeug die Flamme, während die andere Hand von Owen nach der Zigarettenpackung griff und einen der Glimmstängel heraus zog und in den Mund schob. Das Feuer wanderte ans andere Ende und entzündete den zusammengepressten Tabak samt Papier, welches ihn umhüllte.

Mehrere Atemzüge später fühlte er sich wesentlich ruhiger und entspannter. Er lauschte den Schlägen seines Herzens, welches gleichmäßig schlug, um das Blut durch seinen Körper zu pumpen.

Er rauchte auf und drückte die Zigarette am Tisch, welcher auf seinen Balkon stand, aus. Sein zum Boden gerichteter Blick wanderte an seinen Beinen hoch und kam bei seinen Armen, welche auf seinen Knien ruhten, zum Stillstand. Die Narben auf seinem Handgelenk waren verblasst, aber dennoch sichtbar. Die blauen Venen schimmerten durch die Haut, die auf der Unterseite des Arms heller war, da dort selten Sonne hinkam.

„Wieso tun mir alle Leute, die mir was bedeuten so weh? Wieso muss ich so sehr leiden?“, fragte er sich.

Ihn schien doch eh keiner haben zu wollen. Sonst würde man ihn doch verstehen. Mit ihm fühlen und vor allem ihn endlich gehen lassen.

Owen lauschte, doch bis auf die Blätter, die im Wind raschelten vernahm er keinen Laut. Er war alleine. Johnny war nicht da. Niemand war da. Niemand würde es diesmal verhindern. Mechanisch stand er auf und ging in die Küche. Die schnelle Variante hatte er vor einer halben Stunde verkauft. Nun hatte er nur die langsame Variante. Der Wasserhahn wurde aufgedreht und füllte ein Glas voll mit klarer Flüssigkeit. Eine weiße Pille wanderte in Owens Mund und das Wasser hinterher. Dann nahm seine Hand ein scharfes Messer, mit welchem er sich in seinen Sessel setzte. Er wartete etwas, bis er der Meinung war, dass die Tablette wirkte.

Dann machte er den ersten Schnitt mit dem Messer. Es tat kaum weh, die Tablette wirkte also schon ein wenig. Owen wusste, wenn er mit dem scharfen Gegenstand den kompletten Arm lang schnitt, würde er schneller verbluten. Doch irgendwie konnte er es nicht. Nur die waagerechten Schnitte, quer über ’s Handgelenk, traute er sich zu setzen. So wie damals auch.

Nach sechs weiteren Schnitten, die immer tiefer ins Fleisch gegangen waren, floss das Blut in strömen aus seinem Körper. Das Messer glitt aus seiner Hand und er fühlte sich nicht mehr in der Lage den Kopf oben zu behalten. Er bettete ihn auf die Rücklehne seines Sessels und starrte die Decke an. Alles begann sich zu drehen, ihm wurde schlecht und in ihm kämpfte der Impuls, dass er einen Notarzt rufen sollte. Doch Owen schloss lieber die Augen, lauschte den langsam werdenden Herzschlag in seiner Brust und schaltete den Kopf und den damit verbundenen Impuls einfach ab. Ein tiefer Atemzug, den er noch mal durch den ganzen Körper gleiten spürte, und dann glitt er in die Dunkelheit hinab.
 

Er wusste nicht, wie viel Zeit zwischen dem Schließen der Augen und dem jetzigen Stimmegewirr vergangen war. Doch die Stimmen störten ihn in der Ruhe, die er gefunden hatte. Sie schienen immer lauter zu werden und irgendwie schien es auch nicht mehr dunkel zu sein. Sein Kopf schien auch langsam wieder voll dazu sein und empfing sogleich Signale von sämtlichen Körperregionen. Es dauerte eine Zeitlang, bis sein Hirn und er selbst diese verarbeitet hatten und zuordnen konnten.

Seine Arme schmerzten. Erschöpft öffnete er die Augen, um sich die Ursache der Schmerzen anzusehen. Vor sich sah er eine weiße wand, an der graue Schränke standen.

`Nein, nein. NEIN! Nicht schon wieder. Wieso hat es nicht geklappt? Wieso bin ich in einem Krankenhaus?´

„Er ist zu sich gekommen“, bemerkte eine Stimme, die Owen Luke zuordnen konnte.

Besagter kam in sein Blickfeld. Doch dessen Blick wollte er nicht sehen. Der Blonde übergab der Müdigkeit seines geschwächten Körpers wieder die Kontrolle und schloss erneut die Augen um zu schlafen.

Ring of fire

8. Kapitel: Ring of fire
 

„Und Action!“, schrie die Stimme des Regiesseurs.

Owens Körper war angespannt, sein Kopf nur auf den Text, den er sogleich sagen würde, konzentriert. Alles in ihm war auf Höchstleistung eingestellt. Diese Szene mussten sie noch in den Kasten kriegen und dann hatte er für heute Feierabend.

Dann kam sein Zeichen. Er hastete die kleine Treppe hinauf, zückte seinen Degen und befand sich in einer Eingangshalle. Vor ihm stand Johnny, welcher eine Dame am Arm gepackt hielt. Diese wiederum zerrte an ihm herum, um von ihm los zu kommen. Die brünette Dame ließ das sehr realistisch aussehen, wie Owen fand. Aber dafür war jetzt keine Zeit.

„Halt! Lassen Sie Mademoiselle Ledeaux los, Rousseaux.“

„Und was… wenn nicht?“, fragte Johnny mit einem leicht französischen Akzent und einem überheblichen Lächeln.

„Wenn nicht… ja wenn nicht“, meinte Owen kleinlaut.

Er blickte kurz eingeschüchtert zu Boden, blickte dann jedoch trotzig und wild entschlossen wieder auf.

„Wenn nicht, wird Ihr Leben hier ein Ende finden!“

Johnny lachte amüsiert und spöttisch auf.

„Doch nicht etwa von Ihnen, oder doch? Pierré, wir wissen Beide, dass Sie ein schlechter Kämpfer sind.“

„Angst was?“

Die junge Dame hörte auf zu zerren und starrte Owen an.

„Monsieur Châteu…“

Doch schon bekam sie einen Schlag von Johnny, sodass sie bewusstlos am Boden liegen blieb.

„Attaquez, Pierré!“

Stille.

„Cut!“, schrie der Regiesseur, „Gut, das war es für heute. Morgen um sieben geht’s weiter.“

„Nicht schlecht Owen“, meinte Johnny und ließ den Degen sinken.

„Danke, ihr Beide seid aber auch sehr überzeugend gewesen.“

Der Blonde lockerte den obersten Knopf seines Rüschenhemdes. Er konnte diesem Fummel irgendwie nichts abgewinnen. Die Stiefel waren ja noch cool, aber der Rest erinnerte ihn irgendwie eher an einen Balletttänzer.

„Kommst du nachher noch mit Einen trinken?“, fragte Johnny ihn.

Owen schüttelte den Kopf.

„Nein, tut mir Leid, aber ich bin, denke ich, immer noch nicht zu Hundertprozent auf dem Damm. Ich möchte mich noch etwas schonen.“

Johnny nickte verstehend und entschwand mit ihm und den anderen zur Garderobe.
 

Eine Stunde später befand sich Owen in seinem Hotelzimmer und ließ sich auf das Bett fallen. Kopfschmerzen plagten ihn, mal wieder. Er schluckte eine Aspirin und schloss die Augen. Fast zwei Monate waren seit seinem Suizid vergangen. Doch von da an, wurde er regelmäßig von Migräne heimgesucht. Die Ärzte meinten, dass würde wieder vorbei gehen.

Seine Familie und Adrian waren der festen Überzeugung, dass es eine Art Strafe sei, die er mit Recht verdient hätte. Als er das erste Mal erwacht war, konnte er nicht lange bei Bewusstsein bleiben, dafür hatte er zu viel Blut verloren. Am nächsten Tag war er dann doch wach geworden und bei Bewusstsein geblieben. Als Adrian kam hatte er sich schlafend gestellt. Doch der ältere Herr hatte ihn sofort durchschaut und am liebsten hätte er Owen Zwangseinweisen lassen. Doch da Owen gegenüber einem Psychologen angab, er wolle Leben, konnte ihn niemand in eine psychatrische Klinik bringen. Schließlich war er geistig zurechnungsfähig. Aber Owen wusste, dass Adrian seine Drohung ernst machen würde, wenn er noch einmal so offentsichtlich Selbstmord begehen würde.

Johnny hatte ihn auch besucht. Nun dieser hatte ihn ja, mal wieder, gefunden. Langsam wurde das Ganze echt nervig, wie Owen fand. Welches Wesen hatte ihm so einen ’Schutzengel’ gesendet?

Das Erste, was er von John bekam, war eine Ohrfeige, deren Abdruck man auch nach zwei Tagen noch gesehen hatte. Anschließend folgte ein Vortrag über sein egoistisches, durchs Herz ausgelöstes, Denken. Wenigstens war der Waffenverkauf nicht in die Medien geraten, da sein Suizidversuch sämtliche Zeitungen ausfüllte, mal wieder. Natürlich mit den dazugehörigen Verschwörungstheorien.

Die wirkliche Überraschung lieferte Johnny ihm, als dieser ihm, einen Tag vor seiner Entlassung, ein Drehbuch auf den Bauch warf. Die Worte, die Johnny dazu sprach, versetzten ihm einen Stich ins Herz. Die Stimme vom Brünetten hallte erneut in seinen Kopf herum.

„Auch wenn du weiterhin denkst ich sei ein egoistischer Mensch, wie all die Anderen.“

Das Schlimmste an diesen Worten war eigentlich die Tatsache, dass Owen selbst sie dem Anderen an den Kopf geworfen hatte. Mittlerweile bereute er diese voreilige Beschuldigung zutiefst.

Er hatte sich bei dem Anderen entschuldigt, doch ob dieser diese angenommen hatte, wusste er nicht.

Zuhause hatte er sich das Drehbuch, welches in Frankreich spielen sollte, durchgelesen. Johnny hatte ihn für die Rolle des Pierré Châteu vorgeschlagen. Die Rolle gefiel ihm sehr, weswegen er zu sagte. Diese Rolle spielte er grundsätzlich in Filmen. Ein machohafter Casanova, der aber kampfmäßig eher eine Niete war. Doch natürlich zum Ende hin sich seiner Angst stellte, wenn es um seine große Liebe und sein Leben ging.
 

Nun war er also in Frankreich, wo das Set zum Film in der Nähe eines wunderschönen Anwesens war. Ein Teil der Szenen wurden im Herrenhaus selbst gespielt, wie z.b. die Szene in der Eingangshalle heute. Ein anderer Teil war nachgebaut worden, da die wirklichen Räume zu klein waren für die gesamte Technik. Schließlich würde es ein 3D Film werden.

Langsam setzte sich Owen wieder auf. Nicht nur die Zeitungen hatten von seinem Suizid Wind bekommen, sondern die ganze Welt. Mal wieder. Es war einfach sehr dumm gelaufen, dass just in dem Moment, wo die Sanitäter ihn raus brachten zum Krankenwagen, ein Journalist in der Nähe war. Ach, und Kate hatte sich auch gemeldet. Diese scheinheilige Schlange. Gespielt überrascht und traurig, traute sie sich doch glatt zu fragen, ob er das Ganze wegen ihr gemacht habe.

Natürlich wegen ihr. Seine ganze Welt drehte sich nur um sie, seit Jahren! Wie konnte sie denn nur so ignorant sein? Mehr und mehr begann er den Tag zu verfluchen, an dem er sie getroffen hatte.

Doch seit wann dachte er so über sie? Er liebte sie doch. Oder nicht? Sollte der Vortrag von Johnny langsam Wirkung auf ihn haben?

Eins wusste Owen auf jeden Fall. Der Film tat ihm unglaublich gut. Er versank nicht mehr in Selbstmitleid. Er war unter Leuten, seine Gedanken waren immer irgendwo im Bezug auf den Film. Es schien, als hätte er sein Herz und alles was mit Kate in Verbindung stand in den USA gelassen.
 

Ein Klopfen ließ ihn hochfahren. Ein Blick auf die Armbanduhr verriert ihm, dass es bereits 22 Uhr war. Himmel, wie lange war er in Gedanken versunken gewesen? Als er die Tür öffnete stand Johnny mit einem matten Lächeln vor der Tür.

„Wieder zurück vom Party machen?“

„Eher abgebrochen“, gestand John.

„Wieso?“

„Darf ich reinkommen?“

„Ähm, ja natürlich.“

Owen machte dem Anderem Platz und ließ ihn eintreten. Was sein Kollge wohl hatte? Vielleicht ging es um Evangeline Chandler. Owen hatte schon mitbekommen, dass die Beiden ordentlich miteinander geflirtet hatten. Evangeline war die junge Dame, die Valentina Ledeaux in ihren Film spielte. Pierrés große Liebe und welche von Rousseaux ebenfalls geliebt wurde. Anscheinend schien sich da etwas zu entwickeln. Jedenfalls sah man deutlich, dass Eva mit John flirtete.

„Also was ist los?“

„Es ist wegen Eva.“

„Ich versteh nicht wirklich John. Worauf willst du hinaus?“

„Wir waren eben in einer Bar und tranken etwas, und nun ja, sie hat mich geküsst.“

„Vielleicht, weil sie betrunken war?“

„Nein, es war kein Kuss, den man von einem Betrunkenen bekommt.“

Er erinnerte sich an den ersten Kuss von einer flüchtigen Bekanntschaft, die betrunken war. Der Kuss von Evangeline war wie der von Vanessa. Er war echt. Gefühlvoll.

„Die Küsse schmecken anders?“, fragte Owen irritiert.

„Ja, tun sie. Glaub mir.“

„Aber wo ist das Problem. Eva ist doch nett und passt gut zu dir.“

„Das Problem ist Vanessa und meine Kinder, Owen.“

„Aber ihr habt euch doch getrennt…“

„Wir haben eine Beziehungspause.“

„Ist doch das Gleiche.“

„Nein, ist es nicht. Eva wollte das auch nicht verstehen“, sagte Johnny genervt.

„Weil man es nicht verstehen kann. Alle Paare sagen nach einer Zeit sie wollen eine Beziehungspause. Das heißt aber eigentlich nur, dass sie eine Pause wollen, um eine Trennung vorzubereiten.“

„Bei uns aber nicht.“

Johnnys Stimme nahm einen gereizten Unterton an. Er liebte Vanessa, dass war ihm in dieser Auszeit klar geworden. Außerdem sprach er in letzter Zeit wieder regelmäßiger mit ihr am Telefon. Ihr schien die Beziehung genauso wichtig zu sein wie ihm. Wieso konnten die das alle nicht verstehen?

„Okay, okay. Bei euch dann nicht. Und wo ist nun das Problem?“

„Eva ist das Problem, ich befürchte, dass sie die Abfuhr nicht so hinnehmen wird. Sie hatte sowas wahnsinniges in ihrem Blick.“

„So wie so ziemlich jeder Mensch, der verliebt ist, und den Blick hast du dir sicher nur eingebildet. Na und? Ihr seid Profis. Ihr dreht den Film ab und dann seht ihr euch frühstens zur Premiere wieder. Und das auch nur einmal.“

„Sicher?“

„Absolut.“

Johnny zog tief Luft ein und strich sich mit der Hand über die müden Augen und über seinen Bart. Sein Markenzeichen mittlerweile. Bald würde er wieder für den vierten Teil von Fluch der Karibik vor der Kamera stehen.

„Du, John?“

„Ja?“

Der Angesprochene hob den Blick, anscheinend war er grade aus seiner Gedankenwelt hochgeschreckt.

„Danke.“

„Für was?“

„Für alles. Das Leben retten und vorallem die Rolle hier. Es macht mir Spaß, vielleicht hab ich das alles gebraucht. Es tut mir aus tiefsten Herzen Leid, was geschehen ist.“

„Ich weiß. Es tut dir immer Leid. Nur fällt es mir schwer es dir zu glauben. Du entschuldigst dich immer. So wie alle Menschen, triffst du diese Entschuldigung aus dem Herzen, nicht aus dem Kopf. Der eigentliche Grund, weswegen ich dir das Drehbuch gab, ist der, dass ich dich im Auge habe. Man kann dich nicht alleine lassen.“

Seine Worte waren wie ein Brett, dass man Owen mit voller Wucht gegen den Kopf schlug. Das war der wahre Grund, weswegen er hier war? Weil Johnny ihm nicht vertraute? Weil er ihn nicht alleine lassen wollte, wegen all dem Suizid? Weil er ihn für schwach hielt?

„Entschuldigungen aus tiefsten Herzen sind ernst gemeinte Entschuldigungen, John!“

Der Brünette schüttelte lachend den Kopf. Owen verstand diese Reaktion nicht.

John begann es ihm zu erklären: „Was hab ich dir vor einigen Monaten über Herz und Verstand gesagt?“

Owen verdrehte leicht die Augen. Wieder dieses Thema. Doch er musste es sich wohl oder übel anhören.

„Herz ist Egoist. Verstand ist kalt“, nuschelte er.

„Genau. Wie viel ist eine Entschuldigung aus dem Herzen also wert? Richtig, gar nichts. Aus welchen Grund willst du dich bei mir entschuldigen? Und benutz deinen Verstand. Der kann dir den wahren Grund sagen, den dir dein Herz verschweigt.“

Owen schloss die Augen und überlegte. Sein schlechtes Gewissen ließ nicht lange auf sich warten und lieferte ihm die Antworten glasklar.

„Weil ich mich dann besser fühle, wenn ich mich bei dir entschuldige… was eigentlich eher egoistisch ist.“

„Bingo. Eine Entschuldigung aus dem Herzen dient in erster Linie einem selbst, um seine Ruhe zu haben. Um sagen zu können ’Hey, die dürfen nicht mehr böse auf mich sein, ich hab mich entschuldigt’. Aber weswegen man sich eigentlich entschuldigt bzw. entschuldigen sollte, weiß man trotzdem nicht. Mit dem Verstand soll man das Geschehene revue passieren lassen und dann eine Entschuldigung aus dem Verstand klar aussprechen. Der Verstand entschuldigt sich für etwas, von dem er auch den Grund weiß. Das Herz spricht meist nur hohle Entschuldigungen aus. Dabei arbeitet es eng mit dem Mund zusammen, der die Entschuldigung schneller ausspricht, als das Gehirn denken kann. Es ist faktisch wie ein Reflex geworden. Fragst du jemanden, der sich mit dem Herz entschuldigt, weswegen er sich entschuldigt, kommt er ins stottern.“

Owen seufzte, das war einfach nur mies. Wieso wusste dieser Depp soviel und wieso entsprach es der Wahrheit zum extrem großen Teil? Das war nicht fair.

Er spürte Johnnys Hand auf seiner Schulter, dieser war aufgestanden.

„Ich gehe jetzt in mein Zimmer. Ich werde deine Entschuldigung für Alles und dein Danke für Alles erst annehmen, wenn ich weiß, dass sie von deinem Kopf und nicht von deinem Herzen kommt. Gute Nacht.“

Mit diesen Worten ging John und ließ die Tür ins Schloss fallen. Die Stille legte sich wie ein Mantel um Owens Gemüt. Johnny glaubte ihm nicht und je mehr er darüber nachdachte, konnte er sich selbst auch nicht glauben. Ein Glück war sein Kollege erst nach dem Nehmen der Aspirin gekommen, sonst wären seine Kopfschmerzen wahrscheinlich noch schlimmer geworden. Die Luft im Zimmer schien stickiger zu werden. Er brauchte frische Luft. Owen entschloss sich einen abendlichen Sparziergang zu machen. Einmal zum Set und wieder zurück. Danach würde es ihm besser gehen. Jetzt schlafen? Unmöglich.

Der Blonde stand auf, griff seine Jacke, denn der November war in Europa doch schon recht kühl, jedenfalls kühler als in Santa Monica, und verschwand aus dem Hotel.
 

Die kalte klare Nachtluft, war wirklich sehr gut für ihn. Er beobachtete beim Gehen die Umgebung. Frankreich war ein schönes Land. Man musste nicht direkt in Paris sein, um das zu erkennen. Sie befanden sich nördlich von Paris. Die Hauptstadt des Landes war gut zwei Stunden von hier entfernt.

Er bog um die Ecke, wo er schon die ersten angemieteten Hallen des Sets sah, in denen Kostüme und Requisiten untergebracht waren. Owen lächelte. In zwei Wochen war hier alles wieder weg, dann würde der Film voraussichtlich fertig gedreht sein. Doch er würde nicht gleich nach Amerika zurückkehren. Er wurde ein bisschen in Europa umherreisen. Einfach mal alles sehen was es gab. Ob nun mit oder ohne Johnny. Er hatte sich im Griff, das würde er dem Anderem schon zeigen.

Plötzlich stieg ihm ein unangenehmer Geruch in die Nase. Je näher er dem Set kam, desto intensiver wurde dieser Geruch, der ihn zum Husten brachte.

Es war Rauch, schoss es ihm durch den Kopf. Kurz darauf sah er, wie es aus dem Anwesen heraus qualmte. Einige Fenster waren hell erleuchtet.

„Feuer…“

Fassungslos blieb er stehen. Wie kam da Feuer rein? Hatten die Leute vergessen die Kerzen dort drinnen auszupusten und war dann eine umgefallen? Nein, das konnte nicht sein. Die Leute arbeiteten gründlich und kontrollierten alles doppelt und dreifach. Owen ging näher und stellte fest, dass die Tür offen stand. Jemand musste da drinne sein. Die Tür wurde nachts, logischerweise, immer abgeschlossen. Nur Wenige hatten den Schlüssel dazu. Jemand war da drinne im Feuer. Jemand war in Gefahr.

Geistesgegenwärtig griff Owen nach seinem Handy und wählte die Nummer der Feuerwehr. Auch wenn er nur englisch sprach, verstanden die in der Zentrale schnell worum es ging. Als Owen auflegte stand er vor der offenen Tür und ihm blieb fast das Herz stehen. Von außen sah man es dem Haus noch nicht an, aber innen brannte es bereits lichterloh. Grade schien das Feuer die Eingangshalle erreicht zu haben.

Schützend hielt sich Owen den Arm vor Mund und Nase. Der dichte Rauch trieb ihm die Tränen in die Augen und reizte seine Schleimhäute.

„HALLO?! IST HIER JEMAND? IRGENDWER? HALLO?“, schrie er in das Haus.

Doch keine Antwort erfolgte. Grade wollte er sich umdrehen und etwas Abstand zum Haus halten, als er einen Schatten wahr nahm, der aus dem Nichts die Treppe hochlief.

„Stopp!“

Owen hustete stark, rannte dann aber hinein, dem Schatten hinterher. Die Hitze im Haus war unerträglich, sodass er seine Jacke auszog und sie sich vor Mund und Nase presste. Wie lange würde das Haus wohl noch stehen? Wann würde es anfangen einzustürzen? Er rannte durch den Flur des Obergeschosses, als er erneut die Gestalt sah, welche in eines der Schlafzimmer rannte. Er folgte ihr. Als er das Zimmer betrat, starrte er die Person an, die ihn von der Mitte des Raumes her anblickte. Deren langes hellbraunes Haar offen und strähnig herab hing. Er kannte sie. Die Jacke rutschte von seinem Mund.

„Evangeline…? Was… Wieso?“

Ein Hustenanfall ließ ihn zusammen fahren und er presste erneut die Jacke vor seine Atemwege.

„Was machst du hier Owen? Du solltest hier gar nicht sein.“

„Wer dann?“, fragte er mit leiser Stimme, die durch seine Jacke gedämpft wurde.

„Johnny.“

„Wieso sollte er herkommen?“

„Weil ich ihm eine SMS geschrieben habe… Ich wollte mit ihm reden stand dadrin.“

„Hier? Wir müssen raus es brennt.“

„Ich weiß.“

Evangelines Stimme war vollkommen ruhig. Zwar sah man, dass auch ihr das Atmen immer schwerer fiel und sie der Reizhusten immer öfter heimsuchte, doch in ihren Augen lag keine Frucht. In diesen befand sich eher ein Spur Wahnsinn und Gleichgültigkeit. Dennoch machte sie keine Anstalten fortzugehen, doch Owen konnte sich doch auch nicht hier zurück lassen.

„Er sollte hierher kommen. Er soll mit mir gehen.“

„Wohin?“

„In den Tod.“

Owen fiel beinahe die Kinnlade herunter. Johnnys Menschenkenntnis war nicht von schlechten Eltern. Diese Frau war wirklich wahnsinnig und stärker Suizid gefährdet als er.

„Aber wieso?“

„Wir gehören zusammen, das weiß ich. Nur seine irdischen Fesseln halten ihn von mir fern.“

Owen schlussfolgerte, dass sie mit irdischen Fesseln Vanessa und die Kinder meinte.

„Eva, das ist keine Lösung. Du willst nicht sterben. Es ist dein egoistisches Herz“, begann Owen.

Es fühlte sich komisch an Johnnys Worte zu nutzen, aber was Besseres fiel ihm einfach nicht ein. Die Brünette lachte heiser auf.

„Hat er dir das auch eingepflanzt? Glaubst du das wirklich? Ich soll keinen Suizid begehen? Das sagt mir Einer, der es schon mindestens zweimal tun wollte? Ich weiß, was du getan hast und ich weiß auch weswegen. Ich bin kein Schisser, sowie du Owen. Ich zieh es durch.“

Sie trat auf ihn zu, sodass sie ihm dicht gegenüberstand.

„Glaub Johnny nicht immer alles. Er quält einen zu gerne. Er ist ein egoistischer Mensch, wie jeder andere auch. Er liebt es anderen seelisch weh zu tun und sie dann wieder aufzubauen. Er fühlt sich wie Gott dadurch. Du bist doch auch nur eine Marionette von ihm.“

Owen wollte schon widersprechen, doch er wusste nicht wie. Unrecht hatte sie nicht. Johnnys Worte von vorhin kamen ihm in den Sinn. Sein nervöser Herzschlag normalisierte sich. Der Impuls rauszurennen nahm ab. Ein lauter Knall ließ ihn zusammenzucken. Als er sich umdrehte, sah er, dass ein brennender Balken hinab gefallen war und nun den Weg aus dem Zimmer versperrte. Die Hitze spürte er kaum noch.

Evas Hand legte sich in seine und sie zog ihn mit sich.

„Lass es uns gemeinsam durchziehen. Unsere Liebe wird nicht erwidert. Welchen Sinn hat es also noch hier auf Erden zu verweilen.“

Der Blonde ließ die Jacke zu Boden gleiten und seufzte leise. Sie hatte sicherlich recht. Grade wollte er sich zu ihr auf das Bett setzen, als er seinen Namen hörte. Er drehte sich zur Tür um und sah kurz darauf, wie jemand über die Flammen sprang.

„John?“

Doch er bekam keine Antwort, sondern wurde gleich von diesem gepackt und mit Wasser übergossen. Dann zog John ihn mit sich, über den brennenden Balken hinaus aus in den Gang.

„Was ist mit Eva?“

„Sie hat ihren Weg so eben selbst gewählt. Doch ich lasse nicht zu, dass sie dich in ihren Sog mitzieht.“

Owen schwieg, als ihm bewusst wurde, auf was er sich grade versucht hatte einzulassen. Einige Minuten später standen sie draußen im Freien. Sie husteten kräftig. Die Sanitäter eilten auf Beide zu. Owen jedoch wandte sich an einen Feuerwehrmann, welcher um das Feuer herum stand.

„Da… da ist noch eine Frau drinne.“

Doch kaum hatte er die Worte ausgesprochen, fiel das Gebäude in sich zusammen.

Who wants to live forever

9. Kapitel: Who wants to live forever
 

Langsam fielen die Schneeflocken zu Boden. Fast andächtig ließ sich Owen auf eine Bank nieder und betrachtete die verschneite Landschaft. Dieses Bild hatte etwas Melancholisches an sich. Dennoch sah es traumhaft aus, wie es alles in weiß gehüllt war.

Der französische Film war erst mal auf Eis gelegt. Das Anwesen war bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Die Feuerwehr konnte nichts mehr tun, außer es kontrolliert abbrennen zu lassen. Evangeline war in dem Gebäude umgekommen. Die Polizei mutmaßte, dass sie Brandbeschleuniger genutzt hatte, um so ein Feuer hinzubekommen.

Nicht zu fassen, das Anwesen stand nicht allzu weit von der Innenstadt entfernt und trotzdem hatte man das Feuer im Haus nur sehr spät gesehen. Besser gesagt, er hatte es gesehen, aber auch nur per Zufall.

Nun suchten die Produzenten ein neues Anwesen mit den gleichen Kriterien, um die Filmaufnahmen irgendwann im neuen Jahr fortzusetzen. Sie würden sich melden bei ihm.

Owen erfuhr im Krankenhaus, nachdem sie versorgt worden waren, von Johnny, dass Evangeline ihm eine SMS geschrieben hatte, ihn gebeten hatte zu ihr ins Anwesen zu kommen. Die Beiden waren sich ziemlich sicher, dass Eva irgendwas vorgehabt hatte mit Johnny. Owen hatte sogar das Gefühl, dass sie seinen Kollegen mit in den Tod gerissen hätte, sowie ihn beinahe auch.
 

Nach dem Ganzen hin und her war er in Spanien, Italien und in der Türkei gewesen. Nun jedoch befand er sich im kalten Berlin. Die Deutschen waren ein komisches Volk. Es war Dezember, Mitte Dezember genauer gesagt. Weihnachten rückte immer näher. Die Deutschen wollten Schnee zum Weihnachtsfest und das Wetter hatte ihnen den Wunsch schon vorzeitig erfüllt. Dennoch hörte er sie immer schimpfen. Mittlerweile konnte er es sich gut zusammenreimen. Das Wort ’Scheiße’ kannte er mittlerweile. Ein deutscher Fan hatte ihn auf der Straße mal angequatscht und mit ihm geredet, auf Englisch versteht sich, und ihm erklärt, dass die Deutschen immer einen Grund zum Meckern und Motzen hatten.

Das fand Owen sehr amüsant und von da an beobachtete er dieses Volk genauer. Sie gestikulierten immer stark mit den Händen und schrien sich an. Meistens jedenfalls.

Der Blonde lehnte sich mit einem Lächeln zurück. Verrückt worüber er so nachdachte, doch nun musste er über sich nachdenken. Mal wieder.

Wieso wollte er bei Evangeline sein, als das Haus brannte? Wieso war er nicht gegangen? Wieso war er mit ihr gegangen? Wieso hatte er sie nicht mit rausgezogen? Wieso musste Johnny eingreifen, um sein Leben zu retten?

War er es schon gewohnt, dass jemand auf ihn aufpasste? Er hatte das Feuer nicht mehr knistern hören, sondern nur seinen Herzschlag. Sein Herz.

Anscheinend war er immer noch nicht über Kate hinweg. Immer noch wollte er sich selbst umbringen oder, dass andere es für ihn taten, auch wenn der Drang dazu immer mehr abgenommen hatte in den letzten Monaten.

„Vielleicht bin ich ja stärker geworden. Vielleicht ist mein Verstand stärker als mein Herz. Ich muss es mir beweisen“, sprach er zu sich selbst.

Die Frage, die sich ihm stellte war. Wie? Außerdem war Johnny nicht da. Diesmal würde ihn keiner retten können. Er musste standhaft bleiben. Aber wollte er das überhaupt?

Er war alleine. Niemand würde ihm helfen können. Er würde kein Schisser sein, so wie Evangeline behauptet hatte. Er könnte es ihr, den Anderen und sich selbst beweisen.

Sein Blick wanderte herum und blieb auf einen tief gefrorenen See haften. Wie dick das Eis wohl wahr?
 

„Ganz schön kalt hier in Berlin“, meinte der brünette Mann und sah seine Begleitung an, dessen schwarzer Mantel, genauso wie seiner, immer weißer wurde durch den fallenden Schnee.

„Ja, dass ist normal hier. Aber, dass es geschneit hat ist schon ein kleines Wunder, Herr Depp.“

„Ach wirklich?“

„Ja. Die vergangenen Jahre hatte es hier nie geschneit, höchstens in den höheren Gebirgslagen.“

„Interessant.“

„Aber sonst gefällt es Ihnen hier?“

„Ja. Mr. Lensen. Es ist echt schön. Auch wenn mir etwas wärmeres Wetter wesentlich lieber gewesen wäre für meine Filmpremiere heute Abend.“

Der brünette Schauspieler hatte mehrere Filme begonnen zu drehen. Bevor er den französischen Film begonnen hatte, hatte er einen anderen zu ende gebracht. Trotz des hin und her mit Owen. Nun drehte er nebenbei noch für Fluch der Karibik 4 in England.

Wo Owen war wusste er nicht. Der Blonde hatte erzählt, er würde Europa bereisen. Hoffentlich tat er nichts Dummes.

Mit Vanessa schien es auch wieder besser zu laufen. Nach dem Brand war er für ein paar Tage wieder zu seiner Frau und seinen Kindern zurück gezogen. In den gemeinsamen Tagen hatten sie schnell gemerkt, wie sehr sie einander vermisst hatten.

Da sowohl Vanessa, als auch er Desinteresse an neuen Bekanntschaften gehabt hatte in der Zeit, war Johnny sich nun sehr sicher, dass sie Beide füreinander gemacht waren.

Nun überquerten Lensen und er eine Straße um auf einen kleinen Wiesenweg einzubiegen. Es war eine kleine Abkürzung zu dem Hotel in dem John wohnte. Er wollte sich noch schnell umziehen gehen, ein schicker Anzug, ein wenig frisch machen und dann auf ins Getümmel zu den Fotografen und Fans. Wobei auf die Fans freute er sich schon am meisten. Das Gekreische, die leuchtenden Augen.

Johnny blickte auf den nahegelegenen See, welcher zugefroren war. Schon wollte er sich wieder dem Weg widmen, als er eine Gestalt auf den See wahrnahm.

Irritiert blieb er stehen und versuchte etwas zu erkennen, doch die Bäume, die um den See standen erschwerten ihm die Sicht, trotz ihrer Kahlheit.

„Sagen Sie, Herr Lensen, wie dick ist das Eis von den Seen in Berlin?“

„Nun einige wagemutige Kinder gehen zwar immer wieder auf die Eisflächen, aber offiziell freigegeben ist es nicht. Die Feuerwehr untersucht regelmäßig die Dicke des Eises. Auch wenn dieses am Rande schon recht dick zu sein scheint, so wird es zur Mitte hin doch immer dünner. Berlin ist zudem eine Großstadt, nun ja die Hauptstadt eben, der viele Smog erwärmt die Umgebung, das heißt die Eisflächen in Stadtnähe frieren schwerer zu. Wieso fragen Sie?“

Der Andere blieb ebenfalls stehen und sah zurück zu Johnny, der immer noch auf den See starrte.

„Herr Depp? Alles in Ordnung mit Ihnen?“

„Mit mir ja…“, sagte Johnny zögernd und ging einige Schritte zurück.

Er hoffte durch den Wechsel der Perspektive einen besseren Blick auf das Gewässer zu erhaschen. Nach einigen Schritten gelang es ihm auch. Da stand wirklich jemand auf dem Eis. Wobei, das stimmte nicht ganz, denn derjenige begann darauf herum zu hüpfen.

„Großer Gott, das Kind ist wahnsinnig.“

Lensen war zu Johnny gegangen und sah nun das, was er sah.

„Rufen Sie Hilfe, Herr Lensen. Ich versuch das Kind vom Eis runter zubekommen, bevor es einbricht.“

„Ja… ja natürlich, sofort.“

Aufgekratzt wühlte der Mann in seinen Jackentaschen herum, auf der Suche nach seinem Handy.
 

Als er den Rand des Sees erreicht hatte, war Owen eine Weile unschlüssig dort stehen geblieben. Doch die Neugier und das Drängen seines Herzens hatten gesiegt über ihn. Sein Innerstes sagte: „Komm mach es. Was soll schon passieren? Entweder das Schicksal liebt dich und du bleibst ganz, oder du stirbst, sowie du es schon seit langem wolltest.“

Es gab nur die zwei Optionen und so kalt wie es in Deutschland die letzten Tage gewesen war, würde das Eis dick genug sein um ihn zu tragen.

Zaghaft setzte er einen Fuß nach dem Anderem auf das Eis und rutschte dann ohne die Füße wieder anzuheben über das Eis, hinaus auf den See. Es war praktisch wie Schlittschuhlaufen, nur ohne Schlittschuhe eben.

Auf dem See, fast in der Mitte, wie Owen vermutete, kam er zu stehen. Er blickte sich um. Niemand war zu sehen.

Sein Blick glitt hinauf zum Himmel und sah diesen flehend an.

„Gib mir ein Zeichen, wer oder was du auch immer bist. Lass mich untergehen für alles was ich getan habe. Ich habe die Liebe meines Lebens gefunden. Doch sie ließ mich immer und immer wieder gegen eine Wand rennen. Ich habe meinen Kollegen und Nachbarn in Lebensgefahr gebracht, ihn genötigt mich zu retten und auf mich aufzupassen, wie auf ein Kind. Ich stoße meiner Familie vor den Kopf. Ich bin ein Egoist par exelancè. Nun gebe ich dir die einmalige Gelegenheit mich heimlich untergehen zu lassen. Ich stehe hier allein und lege mein Leben in deine Hände.“

Stille.

Owen blickte noch eine ganze Weile hinauf zum Wolken verhangenden Himmel. Doch es schneite einfach weiter ohne, dass sich auch nur irgendwo, irgendwie, irgendwas regte.

Der Blonde senkte den Blick und zog eine Schnute, das war nicht das was er sich erhofft hatte. Er hatte Strafe verdient, er wollte Strafe verdienen. Aber irgendwie wollte ihn keiner strafen. Jedenfalls keiner von da oben. Wieso musste man denn hier alles alleine machen?

Mit der Fußspitze schob er den Schnee auf dem Eis zur Seite, dieses jedoch wies keinerlei Risse auf.

„Du beschissenes Eis! Geh kaputt. Ich befehle es dir. Lass mich einbrechen. Unschuldige lässt du fallen, aber schuldige nicht oder was?“

Wie von der Tarantel gestochen begann der Schauspieler auf dem Eis umher zu hüpfen, was an einigen Stellen nicht ganz so einfach war. Owen hatte mühe nicht weg zu rutschen, doch die Mühe brachte ihm nichts, denn gelegentlich knallte er doch auf das harte Eis. Sein Körper durchzuckten Blitze, die den Schmerz an sein Gehirn leiteten.

Nachdem er ein erneutes Mal ausgerutscht war blieb er auf dem Eis liegen. Er drehte sich auf den Rücken und sah in den Himmel. Man konnte nicht erkennen, ob es Nachmittag oder schon Abend war und ehrlich gesagt, war er auch zu faul auf seine Armbanduhr zu sehen.

Die Kälte begann sich durch seinen warmen Mantel zu fressen, als seine Augen sahen, dass sich zwei Wolken auseinander schoben und ein kleiner Sonnenstrahl sich hindurch verirrte. Wohin er schien, wusste der Blonde nicht, doch irgendwie fühlte er sich auf einmal furchtbar deplatziert.

„Was zum Teufel mach ich hier?“

Er biss sich auf die Unterlippe, als sich ein Kloß in seinem Hals bildete.

„Was tu ich hier nur? Ich liege auf Eis auf einem See, auf dem ich eben noch rumgesprungen bin. Ich könnte jede Sekunde einbrechen und niemand würde es bemerken. Ich bin ein Egoist und ein absoluter Vollidiot noch dazu.“

Er schloss die Augen. Er blendete sein Herz aus und spürte nur noch seinen Körper, seinen Verstand. Sein Ellenbogen sendete Schmerzen an seinen Kopf. Sein Fußgelenk ebenfalls, wahrscheinlich war es verstaucht.

All seine Selbstmordversuche wurden von seinem Gedächtnis ausgegraben. Sie liefen wie ein Film vor seinem geistigen Auge ab. In jeder dieser Situationen hatte er wie ein stures Kind reagiert und wollte wegrennen. Er hatte nie versucht sich der Situation zu stellen. Er hatte nie gewollt sich mit Kate und deren Liebe auseinander zu setzen. Dabei wäre er doch nicht mal alleine gewesen. Seine Brüder waren da, seine Eltern, Adrian, seine Freunde Ben Stiller oder gar Johnny Depp, ja den Brünetten musste er jetzt dazu zählen, sie alle wären für ihn dagewesen.

„Ich bin ein Arschloch gewesen. Zu ihnen allen.“

Er hatte sie alle belogen, hatte alle Sorgen immer weggelächelt und sich dann in seinem Herzen ertränkt. Johnnys Worte schwebten durch seinen Kopf. Herz ist Egoist, Verstand ist kühl.

Die Kälte des Eises schien mit seinem kühlen Verstand zu verschmelzen. Er musste sich mit Kate und allem was dazu gehörte auseinander setzen.

Sofort, sagte etwas in seinem Inneren. Doch Owen wusste, dass das die falsche Stimme war, die dort sprach.

Langsam setzte er sich auf und schüttelte leicht den Kopf, um den Schnee, welcher sich in seinen Haar angesammelt hatte, loszuwerden.

„Erst mal runter von dem Eis hier“, nuschelte er und stand dann auf.

„OWEN!“

Der Angesprochene fuhr rum und sah eine ihm bekannte Person am Ufer stehen. Beschwichtigend und grinsend hob er die Hände in die Luft.

„Keine Bange Johnny, ich komme schon von ganz alleine. Ich hatte grade eine Erkenntnis.“

Er sah Johns skeptischen Blick, doch dessen Haltung wurde lockerer, als Owen begann auf ihn zu zugehen. Nach fünf Schritten blieb Owen jedoch stehen. Er starrte auf das Eis unter ihm, doch alles schien so wie vorher, so wollte er seinen Weg fortsetzen.

Viel zu spät bemerkte er den breiten Riss, der sich von der richtigen Mitte des Sees rasant auf ihn zu bewegte. Mit einem Mal trat der Schauspieler ins Leere. Das Nächste, was er spürte, war das Wasser und dessen erschreckende Kälte. Panisch griff er nach dem Rand des Eisloches, doch jedes Mal, wenn er versuchte sich daran hochzuziehen, brach es ab.

„Hilfe, John.“
 

Der Brünette war wie vom Donner gerührt stehen geblieben, als sich das Kind auf dem Eis in Owen verwandelt hatte. Das durfte doch nicht wahr sein? Wann würde er endlich von seinem Egotrip runter kommen? Wie oft wollte er sich noch im Selbstmitleid versenken?

„OWEN!“, schrie John, doch grade, als er auf diesen zu gehen wollte, sah er dessen Grinsen.

Skeptisch hörte er dessen Antwort. Zu erst wollte er es dem Anderem nicht glauben, doch dann sah er, wie dieser völlig freiwillig auf ihn zu steuerte. Aber lange hatte Johnny nicht Zeit sich entspannt zurück zu halten. Mit einem Mal stürzte Owen ab. Das Wasser spritzte leicht an den Seiten über. Kurz darauf hörte er Owens Hilferuf und sah, wie dieser sich panisch versuchte aus dem Nassen zu befreien.

Johnny sah sich um und packte einen dicken Ast. Hoffentlich hatte Lensen die Feuerwehr verständigt und hoffentlich, war diese schnell hier.

Der Brünette hatte mal einen Bericht gesehen, wie man Leute aus dem Eis befreien konnte ohne selbst einzubrechen. Er legte sich auf den Bauch und begann auf das Loch zu zurobben, mit der einen Hand zog er dabei immer den Ast mit sich. Eineinhalb Meter vor dem Loch verharrte er und schob den Ast hinaus.

„Halt dich an dem Ast fest Owen. Ich versuch dich dann rauszuziehen.“

„Ist gut. Ich hab ihn, kannst los legen“, hörte man Owens Stimme, die sehr brüchig klang, da er zitterte.

„Gut.“

Johnny rutschte noch etwas zurück vom loch, um sich hinzusetzen, dann begann er am Ast zu ziehen. Doch Owen war durch die nassen dicken Wintersachen, wesentlich schwerer als erwartet und Johns Schuhe hatten keinerlei Halt auf dem Eis. Zu spät bemerkte John, dass er näher an das Loch rutschte. Grade wollte er den Versuch stoppen, als er ein Knacken unter sich vernahm und wenige Sekunden später sich ebenfalls im Nassen wieder fand. Sein Herz hämmerte vor Schreck wie wild gegen seinen Brustkorb.

„Wir müssen hier raus.“

„Ach, nee. Ernsthaft?“, giftete er Owen an, welcher auf ihn zu geschwommen kam, fügte dann aber ruhiger hinzu, „Wir müssen uns in Bewegung halten und irgendwie versuchen auf das Eis zu kommen.“

Nun begann auch Johnny sich am Eisrand hochziehen zu wollen, scheiterte aber genauso wie Owen daran. Der Blonde hingegen begann bitterlich zu frieren. Seine Beine und Arme fühlten sich taub an und irgendwie verließen ihn auch die Kräfte.

„Ich kann nicht mehr John. Es zieht mich runter.“

„Zieh die Schuhe aus.“

„Was?“

„Frag nicht, mach.“

Mit tauben Fingern folgte Owen der Aufforderung. Doch er bereute sie sogleich, denn seine Füße fühlten sich nun genauso taub an wie seine Hände. Jedoch spürte er, wie ein gewisses Maß an Gewicht fort war. Johnny hatte wohl das Gleiche getan, versuchte jedoch erneut sich am Eis hochzuziehen. Sein Oberkörper war schon auf drauf, als wieder einbrach. Der Brünette gab aber nicht auf und versuchte es erneut.

Zitternd gähnte Owen und rieb sich die Augen. Wieso wurde er nur müde jetzt?

„Beweg dich Owen!“

„Ich mag nicht, mir ist kalt, wenn ich mich bewege. Außerdem bin ich müde.“

Der Blonde schloss die Augen und begann wegzudämmern. Beherzt zog Johnny ihn in seine Arme, damit er nicht unterging. Mit ihm im Arm würde er sich nie heraus gehoben bekommen. Wo zum Henker blieb die Feuerwehr?

Auch er spürte wie seine Kräfte schwanden, doch sein Wille blieb eisern. Es gab nur noch die Flucht nach vorn. Er begann mit der freien Faust auf das vor ihm liegende Eis zu schlagen. Langsam gab es den Schlägen nach. Jedoch spürte John, wie die Müdigkeit ihn zum Aufgeben zwang. Mit all ihren Mitteln.

How to save a life

Epilog: How to save a life
 

Andächtig legte die Frau eine Rose auf das Grab vor sich. Sie lächelte bei der Erinnerung an den Verstorbenen. Er war ihr immer noch sehr wichtig. Dann schritt sie den schmalen Weg entlang, der zwischen den Gräbern verlief und zum Hauptweg des Friedhofs führte. Nicht weit entfernt von dem von ihr besuchten Grab, stand eine recht große Menschentraube um ein weiteres Grab, welches noch sehr frisch war. Die Personen schienen grade in einer Art Schweigeminute zu sein.

Vanessa Paradies blieb erst mal stehen im Hauptgang und bemerkte eine brünette junge Frau, die in ihrer Nähe stand. Sie kannte sie nicht, aber der Blick der Anderen ruhte ebenfalls auf der Menschentraube.

Nach ein paar Minuten begann sich die Gruppe aufzulösen. Jeder entschwand vom Friedhof, bis auf zwei Personen, die den Grabstein immer noch anstarrten. Langsam schritt Vanessa auf die Beiden zu.
 

„Ich kann es immer noch nicht wirklich glauben“, meinte der Mann, als die anderen der Gruppe verschwanden und strich sich über den Dreitagebart.

„Was genau von dem was passiert ist?“

„Alles. Einfach alles.“

„… Alles in Ordnung bei euch?“, fragte Vanessa zaghaft.

„Ja, keine Bange. Wir kommen schon klar. Nicht wahr?“

Der Ältere von beiden legte seinem Kumpel die Hand auf die Schulter und drückte leicht seine Schulter. Nun drehte sich dieser ebenfalls Vanessa zu und nickte.

„Wir haben schon ganz andere Dinge überlebt, nicht wahr Johnny?“

Ein Grinsen huschte auf Owens Gesicht. Es war so typisch für ihn, ein ebenso starkes Erkennungsmerkmal, wie die gebrochene Nase, fand Johnny jedenfalls.

„Das freut mich, wollen wir dann so langsam gehen. Ich bin beim Grab meines Vaters soweit fertig“, meinte Johns Freundin und sah beide fragend an.

„Ist gut, geh schon mal vor, wir kommen dann so langsam nach“, erwiderte ihr Mann.

Vanessa nickte und ging elegant Richtung Ausgang. Owen und Johnny blieben noch am Grab stehen.
 

Für Owen war es immer noch wie ein Wunder, dass sie beide hier lebend standen und das bei bester Gesundheit. Die Ärzte im Krankenhaus in Berlin hatten ihm, nachdem er völlig unterkühlt im Krankenhaus zu sich kam, kurz erklärt was geschehen war. Owen hatte das Bewusstsein verloren, sein Herz war kurz davor gewesen stehen zu bleiben. Johnny hatte das Eis eingeschlagen um in die Nähe des Ufers zu kommen. Dann kam endlich die Feuerwehr und erlöste John von der anstrengenden Arbeit, indem sie ihm eine Leiter zu schoben und damit beide rausgezogen hatten. Es ging dann Schlag auf Schlag, indem beide ins Krankenhaus gebracht und mit Wärme und Essen wieder aufgepäppelt worden waren.

Nach gut einer Woche konnten sie das Krankenhaus wieder verlassen. In dieser einen Woche hatte er endlich mal Johnnys Frau kennengelernt, oder besser gesagt seine Lebensgefährtin. Diese war voller Sorge Hals über Kopf angereist.
 

Das neue Jahr hatte er zusammen mit seiner und Johnnys Familie eingeläutet. Nun war es Februar geworden. Die Produzenten des französischen Films hatten eine neue Location gefunden. Doch bevor die Dreharbeiten wieder beginnen sollten, waren heute alle zum Pariser Friedhof gegangen, um das Grab von Evangeline Chandler zu besuchen. Ihr zu Gedenken, trotz ihrer Tat. Denn sie war nun mal eine wundervolle Schauspielerin gewesen. Ihre Mutter war gebürtige Französin, welche immer noch in Frankreich lebte, weswegen Eva hier beerdigt wurde.

„Wie geht’s nun weiter John. Deine und Vanis Beziehungspause ist ja nun vorbei, das heißt wohl du ziehst aus, oder bleibst du mein Nachbar?“

Owen sah den Anderen mit leichtem Grinsen an, dieser lächelte ebenfalls entspannt.

„Nein ich zieh nach Frankreich zurück zu Nessa. Ich bleibe nicht dein Nachbar. Das wäre mir auf die Dauer auch viel zu anstrengend“, sagte er gespielt genervt.

„Schade. Aber du kannst mich jeder Zeit besuchen kommen mit deiner Familie.“

„Das Angebot werde ich bald wahrnehmen. Wie geht es bei dir nun weiter?“

John und er hatten sich seit Weihnachten nicht mehr gesehen.

„Ich habe eine Therapie begonnen, aus eigenem Antrieb. Ich war zwar der Meinung im Dezember, ich sei stark genug, aber ich will diesmal auf Nummer sicher gehen.“

„Das freut mich zu hören Owen. Du weißt ich bin immer da. Genauso wie deine Familie und deine anderen Freunde.“

„Ich weiß, ich weiß. Ich habe auch noch jemanden“, sagte Owen und schlenderte mit John nun ebenfalls zum Hauptgang.

„Aber nicht schon wieder Kate oder?“

Owen lachte herzhaft auf und schüttelte dann energisch den Kopf.

„Nein, nein. Keine Bange. Der Zug ist abgefahren.“

Der Blonde nickte zu der jungen brünetten Frau, die sich grade mit Vanessa begonnen hatte zu unterhalten.

„Das ist Jade. Jade Duell, meine neue Freundin. Sie weiß auch von allen Suizidversuchen, die ich das vergangene Jahr begangen habe. Wir sind seit einem Monat zusammen. Ich vertraue ihr und ich bin mir bei ihr sehr sicher, dass sie die Richtige ist.“

„Na ja. Sie ist schon mal nicht blond und hat wenig Ähnlichkeit mit Kate. Kann also nur besser werden. Weiß sie auch von der Aktion mit der Waffe?“

„Bist du verrückt geworden? Ich will Kinder mit ihr vielleicht mal haben. Das kann ich vergessen, wenn sie davon erfährt. Weiß denn Vanessa davon?“

„Irre? Die erschlägt uns beide. Das bleibt schön unter uns drein.“

„Drei?“, fragte der Blonde irritiert.

„Du, Lily Rose und ich.“

Owen blieb der Mund offen stehen. Seine Tochter wusste davon?

„Guck nicht so. Das Kind ist keine vier mehr. Sie ist elf. Sie ist schlauer, als du denkst.“

„Okay~. Ich nehme es mal so hin.“

Sie kamen bei ihren beiden Herzdamen an, die sich gegenseitig selbst vorgestellt hatten. Nun stellte Owen John Jade und Jade John vor. Nach einem kurzen Smalltalk, bei welchem sie das Friedhofsgelände endgültig verließen, stellte sich schnell heraus, dass die Damen auf einer Wellenlänge zu sein schienen.

Owen legte einen Arm um Johnnys Hals und zog ihn leicht zu sich heran, was den überraschten John irritiert gucken ließ.

„Weißt du John. Ich freu mich schon auf den Dreh und vielleicht kauf ich mir das Nachbar Grundstück bei dir in Frankreich, dann sind wir wieder Nachbarn“, lachte der Blonde.

„Du kannst doch gar kein französisch, was willst du denn da?“

„Du kannst es mir ja beibringen.“

„Seh ich aus wie ein Lehrer, Owen?“

„Hm. Also ehrlich gesagt, mit der Brille schon. Wie ein Professor.“
 

Vanessa und Jade blieben ein wenig auf Abstand zu den beiden Männern, amüsierten sich jedoch über Owens Vorschläge und Johnnys Reaktionen darauf königlich.

„Owen ist manchmal so verspielt, wie ein Kind“, meinte Vanessa.

Jade jedoch schüttelte lachend den Kopf.

„Owen ist ein Kind. Manchmal ist er dann auch mal erwachsen“, korrigierte sie die Andere, was beide erneut zum Lachen brachte.
 

„Ich seh mit der Brille gar nicht aus wie ein Lehrer. Höchstens wie ein Künstler“, meinte John.

„Cool. Kunstunterricht kann ich auch gebrauchen. Also unterrichtest du mich neben Philosophie, Lebensrettende Weisheiten auch noch in Kunst und Französisch. Mach dich schon mal an einen Stundenplan.“

Johnny knurrte genervt und verschränkte die Arme vor der Brust, nur um Owen dann fies grinsend anzusehen.

„Dann lass ich dich aber noch erstklassige Arbeiten schreiben.“

Owen zog lachend den Kopf ein und tat so, als würde er sich fürchten.

Der Blonde mochte gar nicht daran denken, dass er beinahe sein Leben für immer weg geschmissen hätte.

Vielleicht war es doch ganz gut manchmal ein Schisser zu sein. Mal nicht auf sein Herz zu hören, sondern auf seinen Verstand. Es war ein Fehler gewesen, den falschen Weg immer und immer wieder zu gehen. Es war ein Fehler gewesen sich dem Neuen und Unbekannten nicht zu stellen. Nur in der Vergangenheit zu leben, machte einen unglücklich. Genauso, wie wenn man im Selbstmitleid ertrank.

Niemals wieder würde er wegen seines falschen Stolzes, seiner Sturheit oder seines Egoismus seine Liebsten verletzen, wegstoßen oder gar in Gefahr bringen.

Das Leben war dafür zu kurz, zu schön und viel zu wertvoll.
 

~~Ende~~



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