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Bloody Dates

von

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Der Anfang

Dieser eine Fall machte mich wirklich zu schaffen. Ich dachte, es würde nie ein Ende nehmen. Die Tage und Nächte streiften an mir vorbei, als hätte ich diese nie erlebt.

Drei Monate. Drei gottverdammte Monate, in denen ich meine ganze Kraft investierte, in denen ich verzweifelt versuchte die Morde aufzuklären. Diese drei Monate waren der Anfang vom Ende, einfach vergebens.

Ich wusste noch genau wie sich alles abspielte. Sobald ich meine Augen schloss, sah ich die starren Gesichter der Leichen, ihren Gesichtsausdruck, dem des Todes geweiht.

Alles was ich für diesen Fall tat, endete so rasch wie ich an jenem Tag diesen einen Anruf bekam…
 

Es war ein Freitag im November. Welcher Tag es genau war, weiß ich nicht mehr. Ich saß, wie immer, in meinem Büro und schrieb einen Bericht über einen Fall, der sich am Vortag abspielte. Nichts Besonderes. Eine Frau wurde bestohlen, den Täter fand man zwei Straßen weiter, von einem Blumentopf, der von einem Balkon fiel, erschlagen.

Ich schrieb den Bericht auf meinem Rechner und machte zwischendurch kleine Pausen, in denen ich mich kurz zurücklehnte und die Augen zukniff. Es klopfte schlagartig an der Tür und ich fuhr erschrocken auf. Ich bat die Person herein. Es war Geoffrey.
 

Geoffrey ist ein wirklich gut aussehender junger Mann, mit langen roten Haaren, die er zusammengebunden hatte, und mit wunderschönen ozeanblauen Augen. Er war fast ein Kopf größer als ich und sportlich gebaut. Ich mochte ihn sehr und er mich, doch ich wies ihn immer ab, weil ich Angst vor einer Beziehung hatte. Ich wollte nichts zerstören mit meinem etwas rauen, sehr männlichen Charakter.
 

Geoffrey schritt zielsicher zu meinem Schreibtisch rüber, stützte sich mit den Händen in der Mitte ab und lächelte frech, so wie er es immer tat.

Unsere Gesichter waren uns sehr nahe, doch ich verzog mein Gesicht keineswegs. Ich spürte wie mein Herz klopfte, reagierte jedoch nicht darauf, unterdrückte dieses Gefühl in dem ich mir immer wieder einredete, dass daraus nichts werden kann.

Nun, da stand er. Angesicht zu Angesicht. Er lächelte wieder, atmete einmal tief ein und fing dann an auf mich loszureden.

„Guten Morgen, Vicky! Wie geht es dir denn heute? Gut geschlafen? Hast du nicht Lust mit mir in der Mittagspause in ein hübsches Restaurant zu fahren um dort zu speisen?“

Er kam direkt auf den Punkt, wusste was er wollte, auch wenn er die Antwort schon wusste, denn er fragte mich jeden Tag dasselbe, mit einem Fünkchen Hoffnung.

Vicky ist mein Spitzname, denn eigentlich heiße ich Victoria. Aber alle auf dem Revier nennen mich so, außer meinem Chef, wenn dieser wieder einmal schlecht gelaunt oder wütend ist.
 

Ich hob leicht die Augenbrauen und stieß einen lauten Seufzer aus. Er fragte mich wirklich jeden Tag.

„Geoffrey, wie oft muss ich es dir noch sagen? Daraus wird nichts! Ich trenne Privat von Beruf, versteh mich doch endlich“.

Meine Stimme klang recht kühl, doch das würde ihn nicht einschüchtern. Nicht mit seinem Selbstbewusstsein, das er hatte. Er lächelte leicht, nahm seine Hände vom Schreibtisch und steckte diese in seine Taschen. Dann zuckte er mit den Schultern. Er drehte sich um, ging ein Schritt zur Tür, blieb jedoch wieder stehen.

Ich starrte auf seinen Rücken, wartete ab was er als nächstes tun wollte.

Er drehte sich wieder um und lächelte noch einmal, doch dieses Lächeln war so charmant, ich hätte dahin schmelzen können, doch ich war ein Ass, wenn es darum ging ein «Pokerface» zu haben, wie ich es immer wieder gern nannte.

„Ich liebe dich, das weißt du doch. Warum weist du mich dann immer wieder ab? Warum tust du mir das an?“

Mein Blick galt jetzt dem Boden, ich spürte wie eine leichte Röte in mein Gesicht hochschoss. Geoffrey lächelte nicht mehr, er wurde sehr ernst. Wenn er mir sagte, dass er mich liebte, dann war mit ihm nicht zu spaßen.

Ich wollte ihm etwas sagen, sagen dass es mir genau so erging, doch den Mut dazu hatte ich nicht. Sonst war ich doch die tollkühne Heldin, die sich in alles stürzte, die den Mut dazu hatte sich in jede Gefahr zu stürzen.

„Ich gehe wieder. Aber vergiss nicht, ich bin immer für dich da…“

Geoffrey drehte sich wieder um, trat aus dem Raum und schloss sanft die Tür hinter sich. Jede Frau würde vielleicht weinen, wie dumm sie doch war diesen Mann davongehen zu lassen, doch ich blieb stur, mein Blick noch immer dem Boden zugerichtet.

Ich hasste mich, ich hasste mich so sehr wie kein anderer mich hassen könnte. Ich war nur dann stolz auf mich wenn ich meine Arbeit mit Bravour erledigt hatte.

Ich spürte einen leichten Drang zum weinen, doch unterdrückte jegliches Gefühl was in mir war, auch wenn es mich innerlich zerbrechen lies.

Ich lehnte mich wieder zurück und seufzte laut, ich musste den Bericht noch zu Ende schreiben.

Ich legte meine Hände auf die Tastatur und tippte, gekonnt mit zehn Fingern, den Bericht.
 

Das Telefon klingelte. Ich wollte abheben, doch das Klingeln verstummte von einem Moment zum anderen. Also hatten mein Chef oder Mandy Miller, die Sekretärin, abgehoben.

Wir hatten nur drei Telefone, die miteinander verbunden waren, falls jemand von uns nicht hier war. Mein Chef, Mandy und ich. Die anderen hatten auch Telefone, doch diese waren nur da um wichtige Gespräche durchzuführen.

Ich überlegte nicht lange nach und stürzte mich wieder in meine Arbeit, ich war schon fast fertig. Doch ich konnte diesen Bericht nicht zu Ende schreiben, denn ich wurde von meinem Chef gerufen.
 

Ich eilte aus dem Büro, schlug die Tür hinter mir zu und rannte die Stufen hinauf, um ins erste Stockwerk zu gelangen. Ich verlangsamte meine Schritte und begrüßte meine Teamkameraden, die alle in ihrer Arbeit vertieft waren.

Ich öffnete die Tür vom Büro des Chefs, ging hinein und schloss sie hinter mir zu.

Geoffrey und Joel standen schon vor dem Schreibtisch von Thomas Coltrane, so der Name meines Chefs.
 

Joel war ein Kollege von mir, ein junger Mann in meiner Größe, dunkelbraun, kurze Haare, immer mit Gel beschmiert, und grünen Augen. Er, Geoffrey und ich, bildeten ein Team und lösten Fälle aller art.
 

„Hier bin ich!“, sagte ich etwas laut und stellte mich zwischen den beiden Männern.

„Victoria“, fing er an, „Ich habe soeben einen Anruf erhalten. Eine Frau wurde im Café «Silent Moon», in der Chaucer Street umgebracht. Die Kollegen von der Spurensicherung sind schon längst da und der Fall fällt unter Ihrer Obhut. Ich erwarte von Ihnen, dass sie Diesen aufklären werden!“

Ich nickte und drehte mich um, in aller Eile verschwand ich dann wieder. Der Chef war schlecht gelaunt, weswegen ich schnellstens weg wollte.
 

„Wir nehmen meinen Wagen!“, meinte Geoffrey, der schon nach seinen Schlüsseln suchte.

„In Ordnung. Wir müssen darauf gefasst sein, dass die Presseleute schon zur Stelle sind. Joel du wirst sie davon abhalten ins Café zu stürmen, Geoffrey und ich, kümmern uns dann um den Rest, wenn’s dich nicht stört.“

Joel verneinte und wir eilten zu dritt aus dem Gebäude, rannten zu Geoffreys Auto, was nur einige Meter weiter weg geparkt war und fuhren zum Tatort.
 

Geoffrey parkte gegenüber vom Café. Überall standen Menschenmassen, ihre Gesichter waren an der Fensterscheibe platt gedrückt, Blitzlichter kamen von allen Seiten, der Lärm dröhnte von überall.

Joel ging zielsicher auf sie zu, versuchte sie vom Tatort abzuhalten.

Geoffrey und ich drängten uns durch die Massen, einige Leute beschwerten sich, doch das störte mich am Wenigsten.

Als wir im Raum waren, stellte sich Joel vor die Tür, damit niemand eintreten konnte. Ich sah ihm eine Weile nach, wie er mit den Händen wedelte um die Menschenmassen davon zu jagen und den Presseleuten versuchte weis zu machen, dass dies nur halb so interessant war, wie sie vielleicht dachten.

An den Fensterscheiben drückten sich die Menschen gegenseitig um einen Blick auf die Leiche erhaschen zu können.
 

Es war eine Frau mit langen blonden Haaren, die sie offen trug. Sie war ziemlich groß, so wie ich schätzte, und sie war ganz blutüberströmt. Der Anblick war mir nicht geheuer, doch müsste ich an so etwas schon längst gewöhnt sein.
 

Geoffrey zupfte an meinem Ärmel und ich drehte mich wieder zu ihm um, ohne weiter über die Menschen da draußen nachzudenken.
 

Kevin Doyle, der Chef der Spurensicherung, kam auf uns zu, schüttelte uns beiden die Hände, wir waren uns vertraut, und fragte uns schließlich wie es uns erging.

„Ich fühle mich bestens, Kevin. Was kannst du uns über den Tatort sagen?“, fragte Geoffrey ihn, während ich mir das Ganze aus der Nähe betrachtete.

„Ihr Name ist Chris McDain, 23 Jahre alt. Sie wurde vergiftet, in dem sie Kaffee trank. Sie musste in Begleitung sein, denn eine zweite Tasse stand genau gegenüber von ihr. In ihrer Tasche fanden wir, außer ihrem Ausweis, ein Adressbuch, Lippenstift, Spiegel und ihr Handy. Um das Gift handelt es sich hierbei um Natriumhydroxid, welches sich in einer Kapsel befand. Die Kapsel löste sich im warmen Kaffee auf und als die Frau daran trank, fing sie sofort an Blut zu spucken und ist dann an einem großen Blutverlust gestorben.“
 

Auf dem Tisch war nur eine Tasse Kaffe, die sich gegenüber der Leiche befand. Sie wurde nicht angerührt, nur die Fingerabdrücke von der Kellnerin waren darauf vorzufinden, wie die Spurensicherung soeben herausstellte. Die Tasse vom Opfer lag auf dem Boden, in tausenden von Stücken, der Kaffee war verschüttet.

Kevin erklärte zudem auch noch, dass nur die Fingerabdrücke von Chris und der Kellnerin zu finden waren. In erster Linie käme die Kellnerin in Verdacht.
 

Ich drehte mich um, legte meine Hand auf Geoffreys Schulter und flüsterte ihm ins Ohr, dass ich die Kellnerin verhören werde und er sich weiter mit Kevin unterhalten sollte.

Geoffrey nickte leicht lächelnd und ich ging zur Kellnerin rüber, die sehr geschockt war und vor sich hin zitterte.

„Guten Tag! Sie sind sicherlich die Kellnerin, die sich hier um alles gekümmert hat, nicht wahr?“, fragte ich sie sehr behutsam.

Sie starrte mich mit verweinten Augen an, nickte leicht und antwortete mir.

„Ja, mein Name ist Judith Flewer.“, sie stotterte leicht.

„Könnten wir in einen Nebenraum gehen? Dort könnten wir ja ungestört reden, wenn es Ihnen nichts ausmacht.“
 

Judith schüttelte den Kopf und wir gingen gemeinsam in einen Nebenraum, wo sie mich fragte ob ich einen Kaffee haben wolle. Ich nickte leicht und redete mit ihr, während sie alles zubereitete.

„Miss Flewer. Seit wann arbeiten Sie hier und wie sind Ihre Arbeitszeiten?“

Mit dieser Frage fing ich erstmals an, damit ich sie nicht allzu sehr verschreckte.

Sie schritt im Raum hin und her, bereitete schnell den Kaffee vor und als dieser fertig war, servierte sie ihn mir. Sie setzte sich mir gegenüber und trank erstmals einen kleinen Schluck, ehe sie zu antworten begann.

„Nun ich arbeite seit ungefähr zwei Jahren hier. Ich arbeite Montags, Dienstags, Mittwochs, Freitags und Samstags von sieben Uhr morgens bis 4 Uhr Nachmittags.“

Ihre Antwort war knapp und präzise. Ich trank auch einen kleinen Schluck aus der Tasse und überlegte mir die nächste Frage.

„Waren heute sehr viele oder sehr wenige Gäste im Laden?“

Sie blickte mich an und überlegte, ob es wohl wirklich so viele waren oder nicht.

„Es war heute wirklich viel los. Die meisten Leute kamen so gegen Mittag“, gab sie in einem recht ruhigen Ton von sich.

„Sie erinnern sich doch sicherlich noch, wie die Person, die gegenüber der Toten saß aussah. War es eine Frau oder ein Mann und kannten sie das Opfer?“

Judith verzog leicht das Gesicht, ihre Stirn legte sich in Falten und sie dachte angestrengt nach. Ich bemerkte, dass sie noch immer vor Aufregung zitterte.

Ich ließ ihr Zeit und trank meinen Kaffee aus. Er war wirklich gut, nicht wie solchen den ich in anderen Cafés getrunken habe.

„Ich versuche mich daran zu erinnern, doch es gelingt mir nicht. Ich weiß einfach nicht mehr wer sie begeleitete. Geschweige denn ob es ein Mann oder eine Frau war. Es tut mir so leid, Kommissar. Das Opfer selbst, kannte ich nicht, habe sie nie zuvor hier gesehen. Sie glauben doch etwa nicht, dass ich sie umgebracht habe?“

Sie brach in Tränen aus und ihr Gesicht errötete, als ob sie sich schämen würde. Ich wusste nicht ob ich sie als Täterin in Frage stellen konnte, aber sie war immerhin die Hauptverdächtige.

„Nicht schlimm, Miss Flewer. Leider sind Sie eine Verdächtige, so Leid mir es auch tut und wir müssen Sie mitnehmen, damit wir Sie verhören können. Ich gebe Ihnen meine Nummer, wenn Ihnen noch etwas einfallen sollte. Jedes kleine Detail, auch wenn es Ihnen unwichtig erscheint, könnte uns weiterhelfen. Ich schicke am Sonntag ein paar Leute hierher vorbei damit man Sie abholen kann. So können Sie wenigstens noch morgen arbeiten. Ich sage meinen Männern bescheid, dass sie Euch dann hier abholen werden. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag!“, ich verabschiedete mich von Judith und hinterließ ihr die Nummer vom Büro, damit sie mich jederzeit erreichen konnte.

Ich ließ sie zurück und hörte noch, wie sie schluchzte.
 

Ich ging zu Geoffrey zurück, der mittlerweile Fotos vom Tatort machte. Die Leiche wurde schon wegtransportiert und Joel war auf die Idee gekommen Verstärkung zu rufen um die Menschen vom Tatort fernzuhalten.

„Ich habe die Kellnerin befragt. Leider kann sie sich an nichts mehr erinnern. Glaubst du, wir werden herausfinden wer der Begleiter war?“

Geoffrey hörte mit dem Knipsen auf und drehte sich zu mir um. Er lächelte leicht verkrampft und schüttelte den Kopf.

„Ich denke die Person ist schon über alle Berge. Wir werden es schwierig haben, den Mörder ausfindig zu machen. Die Kellnerin ist verdächtig, aber ohne Beweise wissen wir rein gar nichts. Schau du dich doch mal um, vielleicht findest du etwas interessantes, mit deinen scharfen Augen“

Er lächelte und ich spürte wie eine gewisse Röte in mir hochschoss, weshalb ich meinen Kopf sofort umdrehte und mich an Kevin wandte, der mit mir reden wollte.

„Nun, ich habe alles auf Hinweise durchsucht. Habe leider nichts Weiteres gefunden. Ich werde ins Labor gehen und mir die Leiche genauer ansehen. Ich rufe dich an, sobald ich etwas gefunden habe. Schönen Tag noch!“

Ich nickte ihm zu und schon war er verschwunden. Ich schlenderte durch den Raum und sah mir alles genau an. Es wurde scheinbar nichts berührt, alles stand noch am selben Platz. Auf einmal fiel mir ein, dass ich vielleicht nach einer kleinen Flasche oder etwas ähnlichem suchen sollte, wo noch andere Kapseln mit Natriumhydroxid sein könnten.

„Geoffrey? Such nach kleinen Behältern wo man Kapseln verstecken könnte, wenn wir so etwas finden, dann finden wir auch sicherlich Fingerabdrücke“
 

Ich hatte Hoffnung. Hoffnung diesen Fall doch aufklären zu können. Mein Chef sah es wirklich nicht gerne, wenn es Niemandem gelang einen Fall zu lösen. Ich malte mir schon aus, wie er vor mir stand und mich in seiner schlechten Laune anbrüllte, obwohl ich die Beste des Reviers war. Ich schüttelte den Kopf um mich von dem Gedanken loszureißen und suchte überall nach dem einen kleinen Beweis.
 

Nach einer halben Stunde gaben wir es auf. Wir hatten jeden Winkel des Raumes durchsucht, wir hatten die Mülleimer geleert, wir haben sogar jeden einzelnen Schrank geöffnet, den wir vorfanden. Vergebens.

Joel hatte es geschafft die Menschenmengen aufzulösen, schickte die Kollegen zurück und kam selbst herein.

„Seid ihr mit euren Nachforschungen vorangekommen?“, fragte er neugierig und tat so, als wäre er gar nicht erschöpft vom rumbrüllen und verjagen.

„Nein. Wir haben leider nicht sehr viel herausgefunden, aber ich werde dir in aller Ruhe alles auf dem Weg zum Revier erklären. Geoffrey, sagst du bitte der Kellnerin bescheid, dass sie alles aufräumen kann? Und erinnere sie bitte daran, dass sie am Sonntag um zwei Uhr Mittags abgeholt wird, um in eine Verhörung zu gehen.“

Geoffrey nickte, schritt zu ihr und lächelte sie an.

„Für dich tu ich immer alles, Süße!“, hauchte er mir verführerisch ins Ohr. Ich errötete und maulte, dass er es sein lassen sollte. Dann ging ich zurück ins Auto, dicht gefolgt von Joel. Geoffrey hatte mir noch seinen Autoschlüssel in die Hand gedrückt.
 

Wir warteten einige Minuten auf ihn, als er endlich aus dem Laden kam. Er lächelte vor sich hin, als hätte es nie einen Mord gegeben. Ich grummelte etwas vor mich hin, wahrscheinlich vor Wut, doch niemand hörte es, was auch gut war, denn ich würde wieder ausrasten, wie man es ja bei mir gewohnt war.
 

Geoffrey setzte sich ans Steuer, steckte die Autoschlüssel ein und startete den Wagen. Wir fuhren zurück zum Revier, mit wenig Hoffnung diesen Fall lösen zu können.

„Glaubst du, wir werden den Mord aufklären können?“, fragte ich die Männer etwas unsicher.

Geoffrey lächelte und blickte immer wieder zur Seite, als er mit mir redete.

„Etwas mehr Selbstbewusstsein bitte. Natürlich werden wir den Fall lösen, darauf kannst du dich verlassen. Egal wie lange wir brauchen werden, wir werden es schaffen. Das verspreche ich dir, Vicky!“

Er schien so etwas von selbstbewusst zu sein. Manchmal fehlte mir es an diesem, was mich wirklich zu schaffen machte. Ich fühlte mich von einem Moment zum anderen so leer, eine leere Hülle. Ich starrte aus dem Fenster und redete die ganze Fahrt über nicht, Joel und Geoffrey ebenso.
 

Wir hielten an und stiegen aus. Ich eilte über die Straße und wäre fast von einem Auto angestoßen worden, wenn Joel nicht nach mir geschrieen hätte. Ich entschuldigte mich bei ihm und rannte ins Büro des Chefs, wo ich dann eine Predigt zu hören bekam, weil ich mir nicht sicher über den Fall war.

Ich trat aus dem Büro, zitterte sichtlich, denn ich hatte alle Mühe mich zusammenzureißen und ich wusste, wer mich jetzt ansprach der würde es zu hören bekommen.

Meine Arbeitskollegen bemerkten es und vertieften sich wieder in ihre Arbeit. Ich schüttelte den Kopf und ging zielsicher auf Ian, der Mann von Mandy, zu.

„Am Sonntag musst du im Café «Silent Moon» in der Chaucer Street eine Kellnerin für das Verhör abholen. Ich werde dir heute Abend noch eine E-Mail mit den Fragen schicken. Ich habe jetzt Feierabend, tschüss!“

Ich drehte mich einfach um, ohne auf das zu hören, was er mir noch sagen wollte, mir war es egal. Ich wollte nur noch eins: Nach Hause!
 

Ich hatte mein Auto zwei Straßen weiter geparkt, also musste ich noch etwas zu Fuß gehen, was mich nicht sonderlich störte. Ich suchte meine Autoschlüssel und fand diese dann auch, stieg in mein Auto und fuhr nach Hause.

Kaum zu Hause angekommen öffnete ich die Haustür, schmiss meine schwarze Ledertasche in die Ecke und ließ mich einfach in meinen Sessel fallen, wo ich die Augen schloss und döste.

Es war erst kurz nach drei und ich hatte noch nichts gegessen, was mir egal war. Ich schrieb sofort die E-Mail, die ich an Ian verschicken sollte.
 

Ich wohnte alleine. Immer wenn ich nach Hause kam, wusste ich, dass niemand da war, der mich begrüßte der mich fragt, was ich alles so auf der Arbeit hatte. Niemand der mir einmal gelegentlich kochte oder mit mir einen Film ansah. Es war einfach erbärmlich. Ich hasste diese Stille, unterbrochen von einem regelmäßigen Ticktack, was von der Küchenuhr aus kam. Aber andererseits liebte ich es alleine zu sein, ich störte niemanden, ich hatte meine Ruhe und konnte alles machen was ich wollte. Ich hätte vielleicht schon längst einen Mann an meiner Seite haben können, doch meine Angst davor war zu groß. Ein weiterer Grund um alleine zu leben.
 

Ich saß, nachdem ich die E-Mail verschickte hatte, im Sessel und schlief nach einer halben Stunde mit dem klickenden Geräusch ein. Als ich meine Augen wieder öffnete, aufstand und auf die Küchenuhr starrte, war es schon nach fünf. Ich hatte wieder so viel Zeit, eigentlich müsste ich am Fall arbeiten, doch ich fühlte mich dafür zu miserabel.

Ich öffnete den Kühlschrank, zog etwas Butter und Fleisch heraus, legte es auf die Küchentheke, nahm mir eine Pfanne, heizte diese, legte das Butter hinein, einige Sekunden später das Fleisch und fing an zu kochen.

Ich öffnete einen weiteren Schrank, wo ich mir einen Topf herausnahm, diesen mit Wasser füllte und dieses dann kochen ließ, damit ich meine Nudeln hinein legen konnte.

Nach etwa einer halben Stunde war das Essen fertig und ich setzte alles auf den Tisch.

Ich nahm mir von allem etwas und speiste in aller Ruhe, in dem ich den Fernseher einschaltete.

Die Nachrichten erzählten nicht viel, noch war noch nichts vom Mord in der Presse, was mich doch ein wenig wunderte.
 

Es war acht Uhr. Ich räumte noch schnell die Wäsche weg, zog mir meinen Mantel an, stieg ins Auto und ging in Richtung Kneipe eine Straße weiter. Mir war wirklich viel zu kalt um zu Fuß zu gehen.

Ich parkte gegenüber von meinem Stammlokal und schritt hinein, begrüßte die Gäste und den Wirt, dann setzte ich mich an die Theke.
 

„Guten Abend, Victoria. Das Übliche?“, fragte mich der Wirt und ich nickte leicht.

Ich wartete einige Sekunden und er brachte mir Gin Tonic, mein Lieblingsgetränk.

„Vielen Dank, Steve!“, meinte ich halb lächelnd und nippte etwas an diesem, bevor ich doch etwas größere Schlücke trank.

„Du trinkst wirklich viel zu viel! Was sagt die Arbeit?“, fragte er mich noch schnell um nicht von mir angebrüllt zu werden.

„Ich habe wieder einen Mord aufzuklären. Er scheint mir doch sehr schwer zu sein. Ich kann das nicht!“

Ich fing wieder an in tiefe Depressionen zu fallen, mein Selbstbewusstsein sank und ich trank den Gin Tonic mit einem Zug leer.

„Noch einen, bitte!“
 

Ich wusste nicht warum, aber ich trank einen Gin Tonic nach dem anderen. Vielleicht war ich wieder einmal frustriert. Ja frustriert über mich und die Welt, weil ich alleine war, weil ich ein ungutes Gefühl für den Mord hatte und weil ich mich selbst hasste.

Ich wusste auch nicht, wie ich es schaffte nach Hause zu kommen mit dem Auto, auch wenn es nur eine Straße weiter war. Ich denke, damals hatte ich so um die sieben Gin Tonic oder so.

Ich wollte mir einfach nicht vorstellen wie ich nach Hause gefahren bin, die Tür aufschloss und aufs Klo raste, wo ich mich mehrmals übergab.

Gut, dass ich wenigstens den Reflex hatte auf die Toilette zu gehen, sonst hätte ich am nächsten Morgen wieder so eine Schweinerei wegzuwischen.

Ich wusste nichts mehr, was ich an diesem Abend tat, wie ich Heim kam oder wie ich es schaffte in mein Bett zu kommen. Ich wusste nur eins:

Mir würde es am nächsten Tag nicht gut ergehen.

Verzweifelte Suche

Es kam mir vor als hätte ich nicht geschlafen, als ich aufstand. Ich fühlte mich müde wie nie zuvor, mir tat mein Kopf weh und mir war schlecht. Ich stand auf, schwankte ein wenig und begab mich sofort ins Badezimmer wo ich eine lauwarme Dusche nahm. Es tat gut, wie das warme Wasser über meinen Körper floss.

Nach zehn Minuten stieg ich aus, trocknete mich ab, zog mich an und marschierte, sehr langsam und mit nassen Haaren, in die Küche wo ich frühstückte. Ich ließ mich auf den Stuhl fallen und starrte auf meine Müslischüssel.

Ich griff nach der Müslipackung und schüttete ein. Ich goss noch Milch über mein Frühstück und machte mich schläfrig über mein Essen her.

Mir war schlecht und außerdem dachte ich, aus welchem Grund auch immer, dauernd an den Mordfall am Tag zuvor.

Ich schüttelte den Kopf und steckte mir den Löffel in den Mund, dann starrte ich kurz zur Uhr, damit ich nicht zu spät kam. Ich hatte mindestens eine halbe Stunde, bevor ich aufbrechen musste.

Wiederum vergingen zehn Minuten. Ich räumte alles weg, ging ins Bad und trocknete meine Haare. Ich band sie in einem Pferdeschwanz zusammen und begutachtete mich im Spiegel. Ich fand mich einfach hässlich.

Ich drehte mich um und eilte in mein Zimmer um meine Tasche zu holen, dann fiel mir wieder ein, dass ich sie gestern in die Ecke geschmissen hatte, also ging ich dorthin und holte sie.

Ich suchte nach dem Autoschlüssel und ging dann nach draußen, wo ich, nachdem ich die Tür abgeschlossen hatte, ins Auto stieg.
 

Nach zehn Minuten Fahrt kam ich endlich an. Ich stieg aus und ging in das große Gebäude, was kaum zu verfehlen war, hinein. Ich begrüßte Mandy und eilte in mein Büro, wo ich schleunigst die Tür schloss und meinen Computer startete.

Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen. Irgendwie drehte sich bei mir noch alles, ich hatte mich noch nicht richtig erholt.
 

Es klopfte an der Tür und Geoffrey und Joel kamen herein. Ich begrüßte sie und sie starrten mich unbeholfen an. Geoffrey lächelte leicht verkrampft und fragte mich ob ich irgendetwas bräuchte.

„Wie kommst du denn auf so etwas?“, fragte ich freundlich.

Geoffrey sah mich gequält an.

„Nun, du siehst aus, als hättest du wieder zu viel getrunken letzte Nacht.“

Ich sah ihn an, und warum das so war, wusste ich nicht, doch ich schrie ihn an.

„Nein, brauch ich nicht! Was wollt ihr hier?“

Joel schien leicht verschreckt zu sein, doch Geoffrey machte es nicht viel aus. Er starrte mich an. Wenn er jetzt, in diesem Moment, noch etwas sagen würde, dann würde ich wieder ausflippen. Ich war wieder einmal schlecht gelaunt.
 

Joel fasste seinen ganzen Mut zusammen um mir zu sagen, dass er und Geoffrey hier waren um den Fall noch einmal durchzugehen.

Ich atmete einmal tief durch und bat Beide Platz zu nehmen. Ich lehnte mich wieder zurück und schloss wieder die Augen. Es war eine unangenehme Stille, niemand sprach auch nur ein Wort. Ich rückte mich wieder zurecht und blickte Geoffrey in die Augen, wobei ich ein wenig errötete. Er sah mich stumm an und lächelte leicht.
 

Er war jemand, der in jeder Situation lachen konnte. Ich schüttelte den Kopf und fing an zu sprechen.

„Also, wenn wir den bisherigen Stand zusammenfassen: Wir haben rein gar keine Hinweise“

Ich seufzte laut und ließ meinen Kopf leicht hängen. Joel nickte.

„Wir werden diesen Täter schon schnappen, komme was wolle. Wir sich ja schließlich nicht irgendwer!“

Man merkte Geoffrey an, dass er versuchte die Situation aufzulockern.

„Sei nicht zu optimistisch. Wir haben eine Zeugin, die sich an nichts mehr erinnern kann. Ich habe eine Durchsage gegeben, dass diejenigen, die sich an irgendetwas erinnern können, was mit dem Mord zu tun haben könnte, dann sollen sie sich hier melden. Aber bisher ohne Erfolg.“

Joel verzog leicht seinen Mund und hob die Augenbrauen. Er hatte Recht. Wir hatten nur eine Augenzeugin, Judith, die außerdem auch noch die Hauptverdächtige war.

Am Sonntag würde Ian sie verhören, was sein Spezialgebiet war.
 

Es war wieder eine vollkommene Stille. Ich überlegte eine Weile nach und schüttelte den Kopf.

„Was schweigen wir hier noch herum? An die Arbeit. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Wir müssen jede Möglichkeit in Augenschein nehmen.“

Es schien, als wären die zwei Männer durch meine selbstbewusste Anforderung erwacht.

„So mögen wir dich. Selbstbewusst und optimistisch!“, Geoffrey lachte.

„Wo fangen wir an?“, Joel überlegte.

„Kevin! Er soll doch noch anrufen!!!“, ich erhob mich, stützte mich aufs Pult und meinte zu Joel, er solle nach Oben und ihm dort telefonieren.

Er gehorchte mir, was ich manchmal zu witzig fand, und eilte aus dem Büro.

Ich fühlte mich von einem Moment zum anderen besser. Mir war, als hätte ich seit langem keine Action mehr gehabt, und diese wieder in mir geweckt war.

Geoffrey sah mich lächelnd an, als wolle er mir sagen, dass er mich so am liebsten mochte. Ich setzte mich und überlegte wieder, was zum Auflösen des Falls vielleicht behilflich sein könnte.
 

Geoffrey stand auf und stellte sich neben mich. Ich bemerkte es nicht sofort, doch sah zu ihm auf und blickte in seine Augen, in denen ich mich schnell verlierte.

Ich sah zu ihm hoch, was mir irgendwie dämlich vorkam, denn so erschien ich mir klein vor.

„Steh auf…“, sagte er mit ruhiger Stimme. Ich sah ihn an und wusste nicht warum er das wollte.

Ich blieb einige Sekunden sitzen, als er mich am Arm packte und mich zu ihm hochzog. Ich starrte ihn an, er war mir sehr nahe, mein Herz klopfte. Ich konnte nicht antworten, mein Hals war trocken.

„Beruhige dich, beruhige dich“, dachte ich mir die ganze Zeit ohne meine Augen von seinen abzuwenden.

Er starrte mich an, es waren einige Minuten, oder doch Sekunden? Es kam mir sehr lange vor, dieser Moment hätte ewig andauern können. Könnte. Doch tat es nicht.
 

Er zog mich immer näher an sich, meine Brüste drückten sich immer näher an seine Brust, mein Herz raste wie verrückt.

Dann küsste er mich, lange, ich hielt hin, bis ich wirklich bemerkte was er tat. Ich hätte den Kuss erwidern können, doch meine innerliche Stimme hielt mich davon ab.

Ich drückte ihn heftig von mir weg, stolperte ein wenig nach hinten und sah ihn nicht mehr an.

Ich schrie nur noch, warum er das tat, warum er so besessen davon war mich haben zu wollen.

„Du könntest jede Frau haben, jede ach so unerdenkliche Frau!“ Ich war außer mir vor Wut, mir liefen die Tränen.

Er starrte mich an, sagte kein Wort. Ich sah zu Boden.
 

Plötzlich kam Joel ins Zimmer gestürzt, um uns zu erzählen was Kevin am Telefon sagte. Er blieb stehen und blickte uns abwechselnd na. Er konnte ja nicht wissen was passiert war.

Ich starrte ihn erschrocken an und rannte einfach aus dem Zimmer. Ich streifte Joels Schulter und rannte einfach aufs Klo wo ich mich gegen die Wand lehnte und mich zu Boden sinken lies.

Warum weinte ich? Warum war ich so aufgelöst? Was war mit mir los?

Ich weinte vor mich hin. Ich wusste nicht wie lange, aber lang genug. Ich konnte mich wirklich mit einem Kind vergleichen, welches eine Dummheit oder was auch immer gemacht hatte.

Was machte ich hier eigentlich? Warum weinte ich, wegen ihm? Ich war doch eine starke Polizistin.

Ich erhob mich, ging zum Spiegel und wischte mir die Tränen ab, mein Make-up war verwischt, doch wischte ich die Spuren weg. Ich sah noch kurz in den Spiegel und ging in mein Büro, wo niemand mehr war. Ich setzte mich auf den Stuhl und sah einen kleinen Zettel auf dem Tisch liegen, der von Joel stammte. Ich nahm ihn und las was er mir geschrieben hatte. Es ging darum, dass die Spurensicherung nichts Neues entdeckte hatte und dass es sich bei dem Gift wirklich um Natriumhydroxid handelte.
 

Ich seufzte und zerknüllte das Papier. Ich stand auf und schritt zum Fenster, welches sich hinter mir befand, und schaute auf die Straße. Die Menschen gingen vorbei, mal eilig mal langsam.

Ich dachte über den Fall nach, darüber nach, welches Detail mir entsprungen sein könnte, ob es überhaupt ein solches gab. Morgen würde Ian Judith verhören, alles protokollieren und mit ein wenig Glück erinnert sich sie an ein für uns vielleicht wichtiges Detail.

Ich drehte mich wieder um, blickte auf die Uhr die über der Tür hing, und setzte mich wieder, denn es war noch lange nicht Feierabend.
 

Am Abend fuhr ich nach Hause, legte mich auf die Couch und schaltete den Fernseher ein. Die Nachrichten erzählten nichts Interessantes und ein guter Film war auch nirgends zu finden. Mir war langweilig und ich war müde, weshalb ich mich, ohne Mahlzeit, einfach ins Bett legte und einschlief.
 

Am nächsten Morgen, als es schon fast Mittag war, stand ich auf, eilte ins Bad, zog mich an und frühstückte, wie jeden Morgen.

Es war ein banaler Tagesablauf, nichts Ungewöhnliches würde man mir zuschreiben. Ich saß am Tisch und aß mein Müsli, schaute auf die Uhr und dachte an Ian, dass er Judith bald verhören würde. Da ich heute frei hatte, wollte ich nicht an die Arbeit denken, doch musste ich es, weil mir die Sache mit Geoffrey wieder ins Gedächtnis kam.

Ich schüttelte den Kopf und versuchte mich Abzulenken, indem ich den Fernseher einschaltete.

Sie erzählten von einem Attentat im Irak, was eigentlich nichts mehr Ungewöhnliches ist. Die Nachrichten langweilten mich und ich schaltete um. Ich suchte nach einem Programm, welches mich interessieren würde.

Ich fand einen Film, der soeben anfing und schaute mir diesen an.

Er war nicht besonders interessant, den die Geschichte handelte um eine Frau die ihr Leben aufs Spiel setzte um ihr Kind vor ihrem verrückten Ex zu beschützen.

Der Film dauerte bis halb drei, und genau um diese Zeit klingelte mein Handy.

Ich hob auf und eine vertraute Stimme, Ian, erzählte mir wie die Verhörung abgelaufen war.

„Hey, Vicky! Ich bin’s Ian! Na wie geht’s? Gut ausgeruht? Ich hab die Verhörung jetzt hinter mir, aber Judith erinnert sich an rein gar nichts mehr. Sie weiß nicht ob ein Mann oder eine Frau gegenüber der Toten saß. Ich glaub nicht, dass sie zu so etwas fähig ist.“

„Ja, das denke ich auch. Aber wir dürfen sie nicht ausschließen. Ich habe ihr die Nummer vom Polizeipräsidium gegeben, falls sie sich an etwas erinnern kann. Man weiß ja nie… Hast du denn jetzt Feierabend oder musst du noch arbeiten?“, fragte ich ihn.

„Ich kann jetzt Schluss machen, hat mir der Chef gesagt. Kommst du eigentlich weiter mit dem Fall?“

„Nein, leider nicht. Ich weiß nicht, wie es weiter gehen soll. Ich habe keinen weiteren Anhaltspunkt. Keinen einzigen Hinweis…“

„Schade, nun ich geh’ dann mal, wir sehen uns dann am Dienstag. Tschüss.“

Ian legte auf, bevor ich ihm antworten konnte. Ich legte mein Handy auf den Couchtisch und ging aus dem Wohnzimmer. Der Tag verging schnell, als ich meine Hausarbeiten erledigte und am Abend fiel ich erschöpft ins Bett und schlief ruhig ein.

Wer ist der Täter?

Es verging ein Monat und wir hatten den Fall noch immer nicht gelöst. Wir hatten diesen schon in die ungelösten Akten gelegt und gingen unserem Alltag nach. Der Chef war eine Woche in Urlaub gefahren und übergab mir die Verantwortung. Er drohte mir damit, wenn ich nicht alles in Schach halten könne, dann würde er mich rausschmeißen. Also musste ich selbst alles Kontrollieren und nebenbei meine Aufgaben erledigen.

Wir hatten keine schwierigen Aufgaben, was mir sehr zugute kam.
 

Doch am 19. Dezember, an einem Mittwoch, ich kann mich noch genauestens Erinnern, kam ein Anruf, mit der Aussage, es gäbe wieder einen Mord.

Ich trommelte Geoffrey und Joel zusammen, eilte mit ihnen aus dem Gebäude heraus und fuhr dann ins französische Restaurant «La Fleur» in der Shelton Street.
 

Wir kamen an, wieder voll mit Presseleuten und Menschenmassen. Ich eilte dahin, Geoffrey und Joel hielten die Leute davon ab, ins Restaurant zu stürmen und riefen Verstärkung.

Die Spurensicherung war noch nicht da, weshalb ich diese sofort anrief.

Der Mann an der Theke eilte herbei und fragte mich ob ich von der Polizei wäre, was ich mit einem Nicken bestätigte.

„Mein Name ist Victoria Harley. Haben Sie die Polizei verständigt?“, fragte ich ihn und schaute mich um. Es war nirgends eine Leiche zu sehen und die Leute saßen an ihren Plätzen, tuschelten irgendetwas und waren sichtlich geschockt.

„Ja, das war ich. Ich bin Roy Parker. Das Opfer befindet sich auf der Toilette…“, er zeigte mit dem Finger in Richtung Toilette.

„Vielen Dank, Herr Parker. Hat jemand das Restaurant verlassen, in der Zeit?“, es war von Wichtigkeit, dies zu Fragen.

„Darauf habe ich nicht geachtet, ich habe nur gemacht was man mir am Telefon sagte.“

„Vielen Dank. Ich werde mir alles genauer ansehen, behalten Sie die Gäste hier.“, ich drehte mich um und ging zur Toilette.
 

Vor einer Kabinentür war Blut auf dem Boden, welches ausgelaufen war. Ich ging dorthin und wollte die Tür öffnen, doch konnte ich es nicht, obwohl «Frei» auf der Tür stand. Ich hielt mich am Oberen Kabinenrand fest und zog mich hoch. Was ich auf der anderen Seite fand, war gar nicht so edel.
 

Die Leiche lag am Boden, mit dem Rücken zur Tür und überall war Blut. Neben der Tatwaffe, dem Messer, lagen kreuz und quer ihre Sachen. Von hier oben konnte ich noch nicht viel sehen, also musste ich auf die Spurensicherung warten.

Ich kletterte wieder runter, ohne auf das Blut zu treten und ging ins Innere des Restaurants, wo ich dann Roy aufsuchte. Er stand noch immer an der Theke und so ging ich zu ihm und fragte ihn einiges.

„Wissen Sie vielleicht, wer alles auf die Toilette ging? Ich habe gesehen, dass es eine Gemischte ist.“

Roy wollte antworten, als ein kleiner Junge auf mich zu kam und meinte, er wüsste es.

Ich schaute zu ihm runter und ging in die Knie. Ich lächelte und fragte ihn ob er mir alles genau sagen könnte.
 

„Ich und meine Mama haben auf Papa gewartet und ich habe dann einfach die Leute angeschaut. Da wäre einmal dieser große Mann da drüben.“, er zeigte auf einen großen Mann, mit Mütze und Schnurbart, „Der Mann mit dem Dreitagebart da…“, er zeigte auf einen etwas zierlichen jungen Mann mit etwas längeren Haaren, „Der affektiert wirkende Kerl mit dem Pferdeschwanz…“, diesmal zeigte er auf einen jungen Mann, der seine schwarzen, lange Haare in einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, “Und noch, diese Frau da!“, er zeigte mit dem Finger auf eine elegante Frau, die ihre Haare zusammengebunden hatte und die eine Brille trug.

„Du hast ein gutes Gedächtnis. Respekt mein Kleiner!“, ich lächelte ihn an und holte alle Leute herbei die der Junge aufgezählt hatte.

Währenddessen kamen die Leute von der Spurensicherung herein. Geoffrey und Joel hatten Verstärkung erhalten und kamen auch hinzu.
 

Kevin und seine Mannschaft untersuchten alles und kamen zum einem Entschluss.

„Bei der Ermordeten handelt es sich um Melanie Grow, 23. Ihr Herz wurde mit einem Stich durchbohrt… Das Opfer weist sehr dünne Strangulierungsmahle am Hals auf. Sie wurde definitiv nicht zuerst erwürgt und dann erstochen, sonst wäre sie schon vorher tot gewesen und es wäre nicht so heftig zu einem Blutaustritt gekommen. Vermutlich hat sie der Täter so lange gewürgt, bis sie das Bewusstsein verlor, und dann zugestochen. Er zog dann das Messer aus ihrer Brust und ließ sie dann verbluten. Neben der Tatwaffe, dem Messer, liegen ihre durchwühlten Sachen. Ihr Portemonnaie ist leer. Ich denke es ist ein gewöhnlicher Raubmord. Der Täter ist durch das Fenster eingedrungen und hat darauf gewartet, dass jemand in seine Kabine kommt. Er fiel Fräulein Grow von hinten an, die zufällig rein kam, und brachte sie um. Dann raubte er ihre Wertsachen und flüchtete aus wieder durchs Fenster. So könnte sich das ganze Abgespielt haben.“

Kevin gab uns seine Meinung, was er nicht oft tat, in einem Stück.
 

Ich schaute mir die Kabine genauer, die Leiche wurde schon wegtransportiert. Das Fenster schien mir ein wenig zu sauber zu sein.

„Ist das Fenster nicht viel zu sauber?“, fragte ich ihn. Kevin blickte mich an und Geoffrey gab mir eine dumme Antwort dazu.

„Wieso? Ist doch schön mal eine saubere Toilette vorzufinden“, er merkte gleich, dass dies dumm von ihm war.
 

„Sie hat vollkommen Recht. Bedenkt man den Blutaustritt des Opfers, ist mit großer Sicherzeit davon auszugehen, dass der Täter ziemlich blutüberströmt ist! Im Widerspruch dazu aber finden wir keinerlei Blutspuren an dem Fenster, das er zur Flucht benutzt haben soll!“, meinte Joel.

„Sch-schon, aber was, wenn er sich abgewischt hat, bevor er flüchtete?“, fragte Geoffrey wieder unüberlegt.

„Hahaha…Ein Täter, der die Tatwaffe am Tatort zurücklässt und überstürzt flüchtet, nimmt sich also die Zeit für so was? Die Tatwaffe hat er deswegen zurückgelassen, weil er mit ihr nicht flüchten konnte. Und warum? Weil es sich um jemanden aus dem Restaurant handelt und nicht um einen Täter von außerhalb! Alles sollte so aussehen, als wäre der Mord von einem Eindringling verübt worden, doch in Wirklichkeit hatte der Täter schon längst wieder im Restaurant Platz genommen oder ist in dem ganzen Chaos geflüchtet!“, fuhr ich fort, „Das wolltest du doch sagen, Joel?“
 

Ich lächelte und legte meine Hände stolz auf meine Hüften.

„A-aber, Vicky… Die Tür dieser Kabine wurde doch durch die Leiche blockiert? Es gibt keinerlei Anzeichen, dass die Leiche verschoben wurde. Und in der Kabine nebenan gibt es kein Fenster. Wie konnte der Täter rausgelangen ohne ein Fenster zu benutzen?“, fragte Geoffrey weiter.

„Es bleibt nur eine Möglichkeit. Schau mal hoch!“, ich selbst richtete meinen Blick auf die Kabinentür. Eine Spalte, groß genug damit eine Person durchkommen konnte.

„Meinst du etwa diese Spalte?“, Geoffreys Blick war entsetzt, „D-da kommt aber nie im Leben ein Erwachsener durch…“

„Joel, probier es mal aus. Und zwar in der Kabine nebenan, damit der Tatort nicht durcheinander kommt. Man darf keine Möglichkeit außer Acht lassen, will man der Wahrheit auf die Spur kommen. Nicht wahr, Geoffrey?“, ich war meiner Überzeugt diesen Fall zu klären, ich klang sogar ein wenig eingebildet. Geoffrey jedoch starrte mich an, als wolle er sagen, ich wäre die Größte.
 

Joel versuchte währenddessen über die Kabinentür zu klettern es gelang ihm irgendwie, wie er es selbst beteuerte.

„A-aber wenn wir davon ausgehen, dass der Täter blutüberströmt war, dann müssen wir doch Blutspuren an der Kabinenwand…“, meinte Kevin, doch bevor er den Satz beenden konnte, fiel ich ihm schon ins Wort.

„Nein, müssten wir nicht! Einem Eindringling wäre es tatsächlich nur darum gegangen zu flüchten. Da der Täter aber jemand aus dem Restaurant ist, war es nötig, die Tat wie die eines Eindringlings aussehen zu lassen, sonst würde früher oder später der Tatverdacht auf ihn fallen. Somit musste er natürlich darauf achten, dass keine Blutspuren an der Kabinenwand zurückbleiben. Und da das hier eine Toilette ist, standen ihm auch Wasser und Papier zum Abwischen zur Verfügung. Wirklich ein detailliert geplantes Verbrechen…“

Ich sah mir alles an, schritt umher und überlegte.
 

„A-aber was, wenn ihn jemand gesehen hätte? Eine Restauranttoilette ist doch höchst frequentiert?“, Geoffrey versuchte sich jede Mögliche Frage einfallen zu lassen. Er wollte nichts außer Acht lassen.

„Ist es dir nicht aufgefallen? Die Eingangstür dieser Toilette kann auch abgesperrt werden. Somit wäre der Raum hier verschlossen und jegliche unliebsame Störung auszuschließen! Und wir haben bisher vier Hauptverdächtige. Joel, verhöre sie bitte!“, mit diesem einen Befehl wandte ich mich von Joel und Geoffrey ab, damit ich weitere Details ausfindig machen konnte.

Klar und deutlich konnte ich hören, wie Joel jeden der Reihe nach verhörte.
 

„Sie fangen an, Mr. March! Sie haben kurz vor dem Opfer die Toilette aufgesucht?“, befragte Joel den etwas zierlichen Mann.

Dieser kratzte sich am Hinterkopf und antwortete auf Joels Frage.

„Äh ja…“, zögerte er, “Ich bin heute hergekommen um meinen Aufsatz zu Ende zu schreiben. Ich bin nämlich Student.“
 

Als nächstes wandte sich Joel zur Mrs. Star. Sie sagte, sie hätte die Toilette betreten, als Mr. March gerade raus ging und das Opfer bereits drin war. Außerdem sagte sie aus, dass sie hier war, weil sie eine Verabredung hatte. Wer diese jedoch war, sagte sie nicht, nur das es privat wäre.
 

„Als nächster bin ich rein! Ich bin fast jeden Tag hier! Der Besitzer und ich sind nämlich Freunde!“, sagte der Hüne, Mr. Blues.
 

Der junge Mann mit dem Pferdeschwanz, Mr. Wakao, meldete sich als letzter. Er war auch derjenige, der die Leiche fand.

Ich hörte zu, während ich alle genau beobachtete. Diesen Mord wollte ich aufklären, koste was es wolle.

„Sie haben also bemerkt, dass Blut aus dem Türspalt der Kabine kommt und geschrieen?“, fragte Joel weiter.
 

Dieser bejahte. Es war klar, dass das Opfer mit jemandem hier verabredet war. Und die Tatsache, dass dieser jemand sich noch nicht zu Wort gemeldet hat, lässt eindeutig darauf schließen. Ich war in meinen Gedanken und kam dann auf die Idee, dass alle versuchen sollten über den Spalt zu klettern.

Mr. March, kam mit Leichtigkeit durch, Mr. Wakao, passte nicht durch, Mr. Blues, der recht groß und breit war, passte sicherlich nicht durch und Mrs. Star passte auch zweifellos durch.

„Der Kreis der Tatverdächtigen wurde auf Mr. March und Mrs. Star reduziert. Aber eines ist klar. Vor dem Messerstich hat der Täter das Opfer mit einer dünnen Schnur gewürgt und so bewusstlos gemacht. Solange wir diese Tatwaffe nicht gefunden haben, können wir niemanden als Täter darstellen.“, ich marschierte zu Kevin und entriss ihm die Plastikhülle mit dem blutverschmierten Messer. Da fiel mir etwas auf. Der Griff des Messers war über und über mit Blut, sogar der Griff und auf der Klinge war ein dünner, sauberer Streifen. Ich schaute mir alles genauer an, es war mir suspekt.

„W-was ist?“, fragte Geoffrey als er meinen zu ernsten Blick sah.

Ich zeigte ihm, was ich soeben entdeckt hatte.

„Vicky?“, ich wurde aus meinen Gedanken gerissen und drehte mich zu Kevin um, der mich gerufen hatte.
 

„Hier oben ist ein Bluttropfen, beim Spalt…“

„W-Wie?“, erschrocken starrte ich ihn an. Wie war es möglich, dass dort oben Blut gelangen konnte?
 

„Na klar! Der Täter hatte vorgesorgt, damit er keine Blutspritzer abbekommt! Er hat das Opfer mit dem Messer erstochen, an dem er zuvor eine Schnur festgemacht hatte. Als er dann aus der Kabine raus war, zog er mittels der Schnur das Messer aus der Brust des Opfers raus! Das Blut trat nämlich nicht beim Zustechen aus, sondern beim herausziehen des Messers… Und nein, warte… Nicht der Täter „kletterte“ über die Kabinenwand, sondern die Leiche! Der Täter hat sein Opfer bewusstlos gewürgt und sie vor der Kabine erstochen! Die Schnur befestigte er darauf am Messer und warf die Leiche über die Kabinenwand in die Kabine hinein. Natürlich warf er auch ihre durchwühlten Sachen rein, damit alles nach einem Raubüberfall aussieht. Dann brauchte er nur noch an der Schnur zu ziehen und das Messer raus zu ziehen. Das Blut sprudelte aus ihrer Brust und es sah ganz so aus, als wäre sie in der Toilettenkabine ermordet worden.“, ich redete in einem Stück, es war wie ein Lichtblitz, von einem Moment zum Anderen, spielte sich alles vor mir ab, als wäre ich Zeuge dieses Verbrechens.
 

„Erstaunlich…“, murmelte Joel, Geoffrey sagte gar nichts mehr, Kevin war verblüfft und die Verdächtigen sahen einander an. Alles schien ins Bild zu passen und doch wusste ich nicht wer der Mörder war, nur das Opfer selbst, dessen Leben nun vorüber war, kannte das Gesicht.

„Alles schön und gut, aber wer ist nun der Täter?“, fragte Joel und schielte kurz zu den Verdächtigen rüber.
 

„Schließen wir für heute ab. Ich werde in Ruhe noch darüber nachdenken…“, ich verabschiedete mich von den Verdächtigen, sagte ihnen, sie sollen ihre Nummern Geoffrey hinterlassen, eilte aus dem Restaurant und wartete grübelnd im Auto auf die Anderen.

Ich schloss meine Augen, alles spielte sich noch einmal vor meinen Augen ab, als ich plötzlich durch das Knallen der Autotür erschrocken die Augen wieder öffnete.

Joel und Geoffrey waren zeitgleich ins Auto gestiegen und fragten mich überstürzt, wen ich in Verdacht hätte.

„Eigentlich niemand von denen die im Restaurant waren…“, sagte ich ihnen, während ich das Auto startete um zu fahren, „ich denke, dass der Täter geflüchtet ist. Der kleine Junge muss jemanden übersehen haben oder so, ich weiß nicht… Mein Gefühl sagt mir, dass niemand von ihnen der Täter ist. Zu Hause werde ich noch einmal alles durchgehen.“

„Gut…“, murmelte Joel, der seinen Blick aus dem Fenster wandte. Geoffrey lehnte sich nach hinten und pfiff wenig vor sich hin, was mich störte.
 

Vor dem Polizeirevier stationierte ich, ließ die Beiden aussteigen, verabschiedete mich und fuhr nach Hause, wo ich meine Sachen niederlegte und in mein Stammcafé marschierte, wo ich dann wieder Gin Tonic soff, wie eine Verrückte.
 

Es wiederholte sich alles, immer und immer wieder. Ich ging ins Café trank so viel, dass ich betrunken war und hatte am nächsten Morgen hatte ich einen Kater. Das war typisch ich. Immer wenn ich irgendwie mit etwas nicht klar kam oder wenn ich etwas zu feiern hatte. Ich bequatschte dann Steve, vielleicht auch noch andere Gäste und trank weiterhin Gin Tonic.

Warum der Wirt mir den Gin nicht verbietet, wusste ich nicht.
 

Am nächsten Morgen stand ich seltsamerweise früh auf, nahm ein Bad und fuhr, wie jeden Morgen, zur Arbeit. Ich rief sofort Kevin an, damit er mir die Unterlagen per Email schickte. Als Diese ankamen, druckte ich sie aus, Mandy überreichte sie mir, und ich fing sofort mit der Arbeit an. Geoffrey war glücklicherweise noch nicht ins Büro gekommen und Joel würde eh später kommen.
 

Mr. March war ein Student, 25 Jahre, nicht mit der Person verwandt. Er beteuerte dass er seinen Aufsatz zu Ende schreiben wollte, was ja stimmte, diesen habe ich ja gesehen. Ich schloss ihn schon mal aus dem Kreis der Verdächtigen aus. Er hatte ja keine Schnur bei sich, denn diese war ja nirgends aufzusuchen.

Mrs. Star war Rechtsanwältin, 27 Jahre, hatte Akten von einem Fall mit und außerdem war sie mit jemandem verabredet. Ich sah, wer ihre Verabredung war, es handelte sich wahrscheinlich um ihre Tochter. Sie schied dann auch aus.
 

Mr. Wakao hatte die Leiche gefunden. Er war sehr aufgebracht über den Fund, er schien mir wie ein Weichei. Eine Schnur trug er auch nicht bei sich, weshalb man ihn auch ausschließen konnte.
 

Und Mr. Blues kannte den Restaurantbesitzer, er kam ja des Öfteren. Ihn wollte ich auch als Verdächtigen ausschließen. Sie hatten alle kein Motiv und was die Alibis angeht:

Mr. March war vor dem Opfer auf der Toilette, Mrs. Star auch, Mr. Blues und Mr. Wakao ungefähr einige Zeit nachdem das Opfer drin war.

Irgendwann, als der Täter und das Opfer alleine waren, ereignete sich der Mord. Und niemand hatte es bemerkt. Der kleine Junge hatte diesen eine Person, ob Mann oder Frau, nicht bemerkt. Es gab keine Zeugen. Es nervte mich. Wieder musste ich einen Fall als ungelöst in die Akten schieben, und dies hasste ich.
 

Seufzend lehnte ich mich zurück, schmiss die Akten auf meinen Schreibtisch und wartete einfach ab, bis Geoffrey oder Joel kamen. Nach zehn Minuten kamen Beide gleichzeitig ins Büro. Ich bat sie Platz zu nehmen und erklärte ihnen alles.

„Hoffentlich können wir den Fall irgendwann lösen“, sagte Geoffrey und sah mich wieder mit seinem charmanten Blick an, wobei ich leicht errötete.

Der Hinweis

Zwei lange, ruhige Wochen vergingen, wo ich immer und immer wieder einen Blick auf die beiden ungelösten Fälle warf. Ich hatte keine Informationen, nicht mal einen klitzekleinen Anhaltspunkt, der mich zur Lösung des Falles näher brachte.

Ich verbrachte manchmal Nächte in meinem Büro, weil ich dachte, ich hätte einen Hinweis gefunden.

Zum Chef traute ich mich auch nicht mehr, der war in letzter Zeit in sehr mieser Stimmung, weil ich, die ach so intelligente Polizistin, diesen Fall noch immer nicht gelöst hatte. Sogar auf Silvester hatte ich verzichtet um zu arbeiten, was ich bald darauf bereute.
 

Wir waren schon Januar, die Zeit verging einerseits wie im Fluge andererseits kam es mir aber vor, als wollen die Tage nicht vergehen. Es schneite draußen, als ich einen Blick aus dem Fenster riskierte. Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als Geoffrey, dieses Mal ohne klopfen, an der Tür stand und auf mich einredete.

„Guten Morgen Herzblatt!“, sagte er charmant, was mich jedoch ehrlich gesagt gar nicht erfreute. Es hörte sich so kindisch an.

„Guten Morgen“, erwiderte ich ihm matt und starrte wieder aus dem Fenster.

„Sag mal, wollen wir heute-“, fing er an, doch ich unterbrach ihn mit einem klaren Nein.

„Geoffrey, du weißt, was meine Antwort ist und anstatt, dass du hier flirtest, solltest du besser arbeiten“

„J-Ja, aber ich…“

„Kein Aber!!!“, schrie ich ihn an, ich war heute wieder in so schlechter Laune. Als ich merkte, dass ich ihn angeschrieen hatte, entschuldigte ich mich bei ihm.

Ohne ein Wort zu sagen, verließ er das Büro, schloss die Tür und kam dann wieder rein, dieses Mal mit Joel zusammen.
 

„Wir müssen in die Ashtorth Street. Dort gab es wieder einen Mord…“

Ich stand schnell auf, nahm meinen Mantel und rannte, während ich meinen Mantel anzog, ihnen hinterher zum Streifenwagen. Geoffrey saß am Steuer, ich neben ihm und Joel hinter Geoffrey.

„Was ist geschehen?“, fragte ich Joel und schaltete die Sirene an, damit wir so schnell wie möglich dorthin kamen. Es war eigentlich nicht weit, fast um die Ecke.

„Es gab einen Mord im Kino «Cinecingle». Man fand eine ermordete Frau in einem der Säle. Ich habe Kevin sofort angerufen. Er ist auf dem Weg dorthin.“
 

Ich seufzte. Gab es eine Verbindung zwischen den Frauen? Bis jetzt sahen die Frauen ja alle unterschiedlich aus, aber ich verstand nicht richtig.
 

Als wir ankamen, stieg ich aus. Niemand von der Presse war da, wobei meine Laune schon ein wenig besser wurde, denn solches Glück hatte ich selten.
 

Wir kamen vom Hintereingang herein, trafen auf den Kinobesiter, der uns sofort zum Saal brachte.

„Fräulein Harley. Ich bitte Sie. Dieser Mord darf nicht an die Öffentlichkeit geraten, es würde dem Image dieses Kinos schaden“, Mr. Karth flehte mich ja förmlich an.

Ich nickte. Wir kamen an und begrüßten erstmals die Leute von der Spurensicherung, dann ging ich Zielsicher auf Kevin zu, dicht gefolgt von meinen Arbeitskollegen.

„Guten Tag, Kevin. Bist du schon lange hier?“, fragte ich ihn und mein Blick wanderte auf die Frau, deren Augen aufgerissen waren und ihr Mund offen war.
 

Sie hatte lange, braune Haare und ebenso braune Augen. Ich schätze sie kleiner als ich.
 

„Hey, Vicky. Bin soeben eingetroffen. Wir haben ihre Personalien gefunden. Bei der Frau handelt es sich um Charlotte Wiedersang, 23, eine deutsche Frau, die seit einigen Jahren hier lebt. Nicht verheiratet, keine Kinder und allem Anschein nach hatte sie auch keinen Freund. Meine Männer suchen hier noch nach Spuren. Mir wurde gesagt, dass man die Leiche erst eine Viertelstunde fand, als man den Saal hier säubern wollte. Die Putzfrauen beteuern ebenso, dass sie die Frau nicht angefasst haben.“
 

Ich lächelte und befahl Joel, er solle die Putzfrauen verhören, Geoffrey den Kinobesiter.

Ich ging an den Reihen vorbei, ging den Männern aus dem Weg, damit ich sie nicht bei der Arbeit hinderte und schaute mir alles genauestens an.

Ich fand beim ersten Blick nichts, also musste ich abwarten. Ich wollte den Saal verlassen, war schon fast unten, denn die Leiche war in der hintersten Reihe.

„Hey, Vicky. Komm her! Ich habe hier etwas, was dich interessieren könnte!“
 

Ich eilte wieder hoch, zu Kevin und blieb einen halben Meter vor ihm stehen. Er zeigte mir ein kleines, braunes Notizbuch, was er mir dann auch in die Hand drückte, nachdem ich mir Handschuhe angezogen hatte.

„Miss Wiedersang wurde mit einem dünnen Seil erdrosselt, oder so etwas ähnlichem. Sie versuchte sich zu wehren, weshalb sie einige Kratzer am Hals hat. Sie hatte wohl versucht das Seil von ihrem Hals zu lösen. Und dieses Notizbuch habe ich unter ihrem Sitz gefunden. Ich habe ein wenig durchgeblättert und da steht einiges drin. Schau es dir doch genauer an. Ich suche weiter.“

Eine Spur! Es war die erste Spur seit langem bei einem Mord. Meine Laune war wieder sehr gut und ich war total motiviert um mich in meine Arbeit zu stürzten.

Ich setzte mich weiter unten in einen der Sitze und nahm mir jede einzelne Seite des Notizbüchleins durch. Irgendwo gab es einen Hinweis, das hatte ich im Gefühl.
 

Die ersten Seiten waren nicht besonders von Bedeutung. Da stand nur so was wie Arbeitsessen, Reinigung und so weiter. Erst in der Mitte des Heftchens, fand ich eine Internetadresse die klar und deutlich angab, dass es sich hierbei um einen Chat handelte. Ich lächelte. Das war ein Anhaltspunkt. Ich suchte weiter und fand dann auch noch Treffpunkte mit mehreren Männern, immer stand der Nickname hinter dem Lokal. Ihr letztes Treffen, das sie eingetragen hatte war dieses Kino hier, der Nickname war «Badboy».
 

Ein Grinsen huschte über mein Gesicht, ich eilte zu Geoffrey und Joel, sagte ihnen, dass ich den Wagen nehmen würde und sofort zum Revier zurückkehren würde.

„Jungs, ich habe einen Hinweis! Ihr werdet hier weiter arbeiten. Sagt Kevin er soll euch zurück ins Revier fahren. Ich werde jetzt arbeiten!“, ich lächelte, zeigte das Notizbuch und verschwand.

Ich konnte mir vorstellen, wie verblüfft Beide jetzt waren, da sie ja nicht wussten was los war.
 

Ich hatte mir noch schnell den Autoschlüssel von Geoffrey genommen, stieg in den Wagen und fuhr, fast zu schnell, zurück zum Revier. Ich war außer mir vor Freude, in der Hoffnung diesen Fall zu lösen, vielleicht auch so die anderen?

Während der Fahrt fiel mir nämlich auf, dass alle drei Opfer dasselbe Alter hatten, nämlich 23 Jahre. Dies war vielleicht immer derselbe Täter. Ich war mir nicht sicher, aber herausfinden würde ich es.
 

Ich kam im Revier an, parkte ein und rannte schnell ins Büro. Ich konnte Mandy noch hören, wie sie mich fragte, was los sei, doch ich war so schnell weg, dass ich nicht mehr antworten konnte.
 

Ich startete meinen Computer, zog meinen Mantel aus, den ich auf den Tisch knallte, und setzte mich.

Ich tippte die Internetadresse ein und wurde gebeten, einen Nicknamen einzugeben. Ich überlegte eine Weile und nannte mich «Policegirl23».

Ich wusste noch nicht so recht damit umzugehen, doch es war einfacher als ich gedacht hatte. Ich wurde von einigen angeklickt, aber dieser «Badboy» war nicht unter ihnen.
 

Ich fand etwas, wo ich mein Profil bearbeiten konnte, wo ich ein Foto hochladen konnte und wo ich einige Einstellungen ändern konnte.

Also suchte ich ein wenig in den Profilen. Einige hatten Fotos, einige nicht und mit ein bisschen Glück würde ich sogar das Foto vom Täter sehen.

Ich lächelte selbstbewusst. Per Zufall fand ich das Foto des Opfers von heute, deren Nickname war «Sexy» und ihr letzter Login war vor zwei Tagen.
 

Ich suchte weiter. Ich sah mir die Fotos an, ich hatte fast vergessen, dass ich nach «Badboy» suchen sollte. Ich fand auch die Profile von den anderen beiden Opfern. Da wurde mir einiges klar.
 

Ich suchte weiter und fand, nach ungefähr zehn Minuten Recherche, meine Zielperson. Ich klickte ihn an und musste lächeln.

Ich lehnte mich kurz zurück, ignorierte die anderen Männer die mir geschrieben haben und starrte, fast wie eine Verrückte auf den Bildschirm.
 

Es schneite immer noch. Meine Arbeitskollegen waren noch nicht zurückgekommen. Ich stand auf, sperrte die Tür ab und setzte mich wieder zurück an meinen warmen Platz wo ich dem Mann schrieb.

Endlich hatte ich ihn gefunden. Nach fast zwei Monaten hatte ich diesen Kerl in meinen Händen. Nun war es Zeit zu handeln!

Dem Täter auf der Spur

«Hey! Wie geht’s?»
 

Ich wartete einige Zeit, bis er mir zurück schrieb. Ich wollte ein lockeres Gespräch führen.
 

«Gut! Und dir, meine Gesetzeshüterin? ;)»
 

Ich lachte. Er schien auf den ersten Blick sehr selbstsicher zu sein.
 

«Danke, gut. Was verschlägt es dich denn hierher?»

«Mich? Warum sprichst du nicht zuerst über dich? Ich bin ein Kavalier und überlasse den Frauen immer den Vortritt»
 

Ich musste mir etwas einfallen lassen. Ich legte meine Hände aufs Klavier, schrieb, löschte wieder und tippte schlussendlich meine Entscheidung ein.
 

«Hmm… Ich bin eine einsame Frau, die ein starkes Männerherz braucht ;)»
 

Dieses Mal brauchte er etwas länger. Ungeduldig kaute ich an meinen Nägel, was ich manchmal tat wenn es mir nicht schnell genug ging.
 

«Und ich bin ein einsamer Prinz auf der Suche nach seiner Prinzessin. Sag mir, meine Holde, hast du denn keinen Mann, der dir das Glück beschert?»

«Nein. Sonst wäre ich ja nicht hier. Sprich mal ein wenig über dich. Du scheinst mich sehr zu interessieren. Schreibst wirklich charmant und außergewöhnlich»
 

Wieder vergingen einige Minuten, bevor er mir geschrieben hatte. Es war schon fast nach vier Uhr, Geoffrey und Joel mussten jeden Moment zurückkommen.
 

«Manche Frauen denken ich sei verrückt, in dieser alten, aber doch eleganten Sprache zu sprechen. Es ist ein Hobby von mir mich mit dem Mittelalter zu befassen. In dieser Zeit war noch alles edel und die Frauen waren begeistert von den Sprüchen der Männer. Was willst du denn noch wissen?»

«Beschreib dich mal. Es würde mich schon interessieren wie ein solch edler Mann aussieht? Du interessierst mich sehr :)»
 

Oh mein Gott. Ich schrieb so einen Blödsinn. Gut, dass man mich nicht sehen konnte, wie ich hier saß und die Augen verdrehte. Er war schon in Ordnung, aber immerhin, mit größter Wahrscheinlichkeit, der Mörder.

Es klopfte an der Tür, ich stand auf und schloss auf. Geoffrey und Joel standen dort und ich zerrte sie herein. Dann sperrte ich die Tür wieder ab.

„Ich war schnell weg, denn ich habe eine heiße Spur gefunden. Schaut mal her!“, ich lächelte und brachte sie vor meinem Computer.

„Machen Frauen denken ich sei verrückt, in dieser alten, aber doch eleganten Sprache zu sprechen. Vicky, sag mal, warum gehst du chatten?“, ich bemerkte eine gewisse Eifersucht in Geoffreys Ton.

„Beruhig dich! Kevin hatte ein Notizbuch unter dem Sitz gefunden und hat es mir gegeben. Dort habe ich dann die Internetadresse gefunden. Und Charlotte hatte sich mit diesem «Badboy» im «Cinecingle» getroffen. Und jetzt versuche ich einiges über ihn herauszufinden. Wartet! Ich schau mal, was er mir geschrieben hat!“
 

«Ich bin groß so 1,85m, blond und habe braune Augen. Ich bin recht freundlich, charmant und kümmere mich gerne um meine Herzensdame. Beschreib du dich doch ;)»
 

„Und ER soll unser Täter sein? Er scheint mir eher wie ein notgeiler Pfaffe zu sein. Und sag mir nicht, dass er dir gefällt!“, Geoffrey war wirklich sehr Eifersüchtig. Ich konnte es an seinem Gesichtsausdruck erkennen und an seiner Stimme hören.

„Ich geh mal… Ich habe den Bericht von Kevin erhalten. Ich lese den mal durch. Bringe ihn dir nachher wieder.“, Joel war wieder weg und ließ mich mit dem etwas zu eifersüchtigen Geoffrey alleine.

„Geoffrey, reg dich ab. Bitte…“, flüsterte ich und sah ihn dabei etwas flehend an.

Er biss sich auf die Zähne und lächelte sanft, was mir doch eher gezwungen vorkam. Ich schrieb zurück und hörte wie Geoffrey mit aller Mühe versuchte sich zu beherrschen.
 

«1,75m, blond, blaue Augen. Freundlich, schüchtern und verspielt ;) Ich mag Männer, die groß sind, da ich es selbst bin :)»

«Hier scheinst du mir gar nicht schüchtern zu sein ;) Du bist echt nett. Sag mir mal, interessierst du dich auch für andere Männer, oder hast du immer zuerst ein bestimmtes Ziel. Bitte sei ehrlich»
 

„Was geht ihn das an? Ich werde ihn…“, Geoffrey holte tief Luft und drehte sich zum Fenster um. Wenn ich so weitermachen würde, dann würde er, was weiß ich machen.

Ich erhob mich und legte meine Arme um seine Hüfte. Ich wollte ihn beruhigen und außerdem wollte ich ihn nicht so erleben, das passte nicht zu ihm. Er rührte sich nicht.

„Geoffrey, bitte. Es ist für die Ermittlung… Ich weiß du liebst mich, aber sei doch ehrlich. Du weißt genau, dass dieser Mann, den ich ja gar nicht kenne, dass er mir nicht gefällt.“

Er sagte weiterhin nichts. Ich löste mich von ihm und setzte mich wieder.
 

«Ich bin eher der Typ, der sich für mehrere Männer interessiert ;) Und ich mag es, wenn man um mich kämpft, solange man sich nicht prügelt. Und was ist mit dir? Interessierst du dich für mehrere Frauen oder nur für eine Bestimmte?»
 

Ich lächelte wieder und ignorierte Geoffrey. Er hatte sich wieder umgedreht und schaute mir über die Schulter, was ich geschrieben hatte. Es war ja nicht Privat, also war es mir auch egal.
 

«Ich konzentriere mich immer nur auf Eine. Und du hast gerade mein Interesse geweckt ;)»
 

Ich lächelte und bemerkte, dass Geoffrey aus dem Zimmer rausgehen wollte. Ich sprang von meinem Platz, es war ein Reflex, und hielt ihn am Arm fest, wobei er stehen blieb und dann auf den Boden starrte.

„Warum willst du weg?“, fragte ich ihn, obwohl ich wusste, dass es aus Eifersucht war.

„Sag mir, bedeute ich dir wirklich rein gar nichts?“, er packte mich an den Schultern, drückte etwas fester zu und durchbohrte mich mit seinen wunderschönen Augen.

Ich gab ihm keine Antwort. Natürlich liebte ich ihn, aber ich war zu feige. Ich hatte doch nur Angst. Meine Augen füllten sich mit Tränen und ich blickte leicht weg. Dazu bin ich noch rot geworden.

Geoffrey küsste mich. Ich wehrte mich nicht dagegen, sondern erwiderte diesen. Sein Griff lockerte sich und er schlang seine Arme um meinen Rücken, drückte mich näher an sich ohne den Kuss zu lösen.

Mein Herz pochte wie wild und ich vergaß fast alles um mich. Dann ließ er mich los. Ich sagte nichts, ging an meinen Platz zurück und legte meine Finger auf die Tastatur.
 

«Hab ich denn eine solch starke, magische Aura ;) Ich würde dich wirklich gerne näher kennen lernen. Treffen wir uns irgendwann einmal? :)»
 

„Hat dir dieser Kuss, denn nichts bedeutet?“, Geoffrey schritt wieder auf mich zu, blieb vor dem Tisch stehen und schaute mich an.

„Warum jetzt?“, fragte ich ihn, ohne auf seine Frage einzugehen.

„Ich liebe dich, Victoria…“, er benutzte nicht einmal meinen Spitznamen, ich hatte eine regelrechte Gänsehaut. Ich wusste doch, wie ernst es ihm war. Ich wusste ja, was er für mich empfand.

„Geoffrey ich…“, ich hielt inne. Ich konnte es nicht. Verdammt noch mal, wie sehr ich mich hasste.

„Solange ich mich selbst hasse, kann ich niemand anderes lieben…“, was für eine dumme Antwort dies doch war. Ich schämte mich und wandte meinen Kopf wieder zum Monitor.
 

«Würde mich reizen :) Habe im Moment leider noch sehr viel zu tun da ich Lieferant bin, aber ich werde mich noch bei dir melden ;) Hoffe du bist des Öfteren Online. Ich muss jetzt, eine Lieferung! Ich freu mich schon, dir wieder zu schreiben, süße Maus»
 

Ich atmete tief ein und sagte Geoffrey dann, dass er nicht mehr online ist. Ich schaltete den Computer ab und stand auf. Ich wollte zur Tür, doch Geoffrey stellte sich davor und schloss ab.

„W-Was soll das? Bitte Geoffrey, lass mich durch. Ich habe noch einiges zu erledigen.

Normalerweise redete er ja viel, aber er benahm sich so seltsam, ich hatte wirklich Angst. Er hielt mich am Arm fest, zog mich mit und schloss die Vorhänge, dann drückte er mich auf den Tisch und küsste, ohne Vorwarnung meinen Hals.
 

„Geoffrey lass das, bitte…“, ich flehte ihn an, doch er hörte nicht auf. Er küsste mich weiter und fuhr mit einer Hand unter meinen Pullover strich mir sanft über den Rücken. Ich versuchte mich zu wehren, doch gelang es mir nicht.

Geoffrey hörte auf und ließ mich los. Sein Blick war finster und doch entschlossen.

„So ungefähr würde sich dieser Typ an dich ranmachen. Wer weiß, was er sonst noch alles mit dir anstellen wird! Sei doch vernünftig!“

Seine Absicht war also mir Angst zu machen und zu zeigen, wie dieser Mann mit mir sein könnte?
 

Tränen liefen mir über die Wangen und ich fiel Geoffrey spontan um den Hals. Dieser war mehr als etwas erstaunt und fragte mich, warum ich das tat.

„Du wirst mich doch beschützen, nicht wahr?“, ich heulte und als er lächelnd Ja sagte, huschte auch über mein Gesicht ein Lächeln.

Ich ließ ihn los, wisch mir die Tränen aus dem Gesicht und sagte, dass ich mich mit dem Täter treffen werde.

„Ja…“, sagte er knapp.

„Wenn dieser Fall gelöst ist, dann gehen wir zusammen essen, okay?“, ich versuchte ihn ein wenig aufzumuntern, denn ich war es wirklich nicht gewohnt ihn so zu sehen.

Sein freches Grinsen war wieder da. „Gut, endlich! Ich werde jetzt gehen, es ist schon nach fünf, ich hab Feierabend, bis Morgen dann!“

Mit einem Wink war er dann auch schon wieder weg. Ich seufzte und ließ mich in meinen Stuhl fallen. Ich griff nach dem Hörer und wählte die Nummer von Joels Handy.
 

„Ich bin’s, Victoria! Kannst du mir die Akten vorbeibringen? Ich geh dann mal alles durch. Danke!“

Ich legte auch schon auf und schaute aus dem Fenster, nachdem ich die Vorhänge wieder beiseite schob. Ich konnte sehen, wie Geoffrey in seinen Wagen stieg und davon fuhr.

Wenn ich diesen Fall gelöst habe muss ich dann ja wohl mit ihm essen gehen.

Als es an der Tür klopfte drehte ich mich um und Joel brachte mir die Unterlagen.

„Hat Geoffrey sich wieder beruhigt?“

„Ja, ich habe ihm gesagt wir würden zusammen essen gehen, sobald wir diesen Fall gelöst haben. Aber das ist jetzt unwichtig. Ich werde mich mit dem Verdächtigen treffen. Wann weiß ich noch nicht, aber bald.“
 

Joel blickte mich einige Sekunden lang an.
 

„Ohne unseren Schutz wirst du nirgends gehen!“, er lächelte leicht.

„Natürlich! Ich brauche ja Zeugen und außerdem brauche ich Schutz falls etwas schief gehen sollte. Ich danke dir für die Akten. Hast du nicht auch Feierabend?“

Ich nahm den Umschlag und zog den Bericht heraus welchen ich mir kurz anschaute.

„Doch und ich werde jetzt gehen. Bis dann. Tschüss!“
 

Joel ging wieder aus meinem Büro. Ich war jetzt ungestört und konnte in Ruhe alles durchlesen.

Das Date

Eine Woche später, nachdem ich jeden Tag mit diesem unbekannten Mann geredet hatte, hatte ich mit ihm ausgemacht, dass er zu mir nach Hause kommen sollte, da ich nicht gerade die Öffentlichkeit mochte, dies erzählte ich ihm jedenfalls. Ich kannte seinen Namen nicht und er nicht meinen, wir hatten ausgemacht, dass wir ihn verraten würden, wenn wir uns sahen.
 

Heute war dieser Tag, Samstag, an dem er kommen sollte. Ich war doch leicht nervös und konnte nur hoffen, dass alles klappen würde. Ich hatte Geoffrey gebeten Kameras im ganzen Haus zu installieren.

Joel habe ich gebeten draußen, in seinem Wagen zu warten, damit er sofort Verstärkung rufen konnte, sobald etwas außer Kontrolle geraten sollte. Geoffrey selbst bestand darauf im Haus zu sein.

Ich habe ihm gesagt, er solle sich im Wandschrank, in meinem Zimmer verstecken.

Ich selbst hatte darauf bestanden keine Waffen in meinem Haus zu haben, falls «Badboy» sie finden sollte. Also hatte ich sie Joel gegeben, der sie dann ins Handschuhfach seines Autos legte.
 

„Bist du dir sicher, dass du diese Aktion durchführen willst?“, fragte Geoffrey mich, der mir dabei zusah, wie ich mich zurecht machte.

„Na klar! Ich weiß, dass er der Täter ist. Er hatte mir ja erzählt, dass er bereits drei andere Dates hatte die nicht interessant waren. Ich bin sicher, dass er es ist…!“

Ich blickte noch einmal kurz in den Spiegel. Noch fünfzehn Minuten.

„Geh bitte an deinen Platz. Und keine Eifersuchtsanfälle!“, ich atmete tief ein und dann wieder aus.
 

Ich wollte nicht, dass es wie letzte Woche endete. Seitdem wir das geklärt hatten ging es lockerer zu, aber ich spürte doch eine Gewisse Eifersucht in der Luft. Und außerdem überhäufte er mich mit Blumen und Komplimenten, nur weil ich mit ihm essen gehe.

Ich sah im Spiegel, dass Geoffrey sich in meinem Zimmer versteckt hatte. Ich schmierte noch ein wenig Lippenstift auf meine Lippen und setzte mich ins Wohnzimmer. Ich blickte in eine der versteckten Kameras, die sich über den Vorhängen befand, gut versteckt. Ich gab Joel ein Zeichen, dass alles in Ordnung war, schließlich beobachtete er alles in seinem Auto auf einem kleinen Monitor, wo er nach belieben die Kamera umschalten konnte.
 

Ich hatte meinem Date gesagt, dass ich von Beruf aus Fleuristin war und daher sehr viele Blumen zuhause hätte. Die vielen Blumen hatte ich von Geoffrey, da brauchte ich mir keine Neuen zu kaufen.

Ich blickte auf die Uhr. Es war viertel nach sieben. Er müsste jeden Augenblick erscheinen.
 

Es klingelte an der Tür. Mit lautem Herzklopfen öffnete ich die Tür. Ehrlich gesagt war ich mehr als überrascht. Vor meiner Haustür stand ein großer, gut aussehender junger Mann. Er hatte etwas längere, blonde Haare, die leicht zur Seite gekämmt waren. Er hatte braune Augen die mir gefielen. Ich mochte blaue Augen mehr, aber diese waren auch schön. Vom Aussehen her, würde ich nie denken, er sei ein Mörder.
 

Ich lächelte und bat ihn herein. Ich zitterte leicht, denn ich war leicht nervös.

„Guten Abend. Dann bist du mein charmanter Prinz?“, ich lächelte leicht verführerisch. Ich versuchte anders zu sein als sonst, ich musste Gefühle zeigen, die ich für ihn eigentlich nicht hatte.
 

„Guten Abend, mein holdes Weib!“, er lächelte und ich dachte sofort an Geoffrey. Es war ihm irgendwie ähnlich.

Ich biss mir auf die Unterlippe und lächelte dabei ein wenig. Ich hatte Herzklopfen. Ich führte ihn ins Wohnzimmer wo er sich dann niedersetzte.

„Schöne Wohnung hast du. Darf ich mich vorstellen? Da ich’s dir ja versprochen habe. Serge Levier!“, er lächelte wieder. Er hatte mich in seinen Bann gezogen mit seinem Charme.

Ich lächelte und spürte, wie es mir wärmer wurde.

„I-Ich bin Vicky Hemmington“, ich hatte mit Joel ausgemacht nicht meinen wahren Namen zu verraten, da ich schon des Öfteren in der Presse stand.

„Ich hole etwas Champagner!“, ich verschwand in die Küche und blickte aus dem Fenster. Ich sah Joels Wagen und er, wie er das Haus beobachtete.

Ich öffnete den Kühlschrank und nahm eine Flasche und zwei Gläser aus dem Schrank, dann ging ich zurück.

„Hier bitte!“, ich setzte sein Glas hin und versuchte die Flasche zu öffnen, was mir jedoch nicht gelang. In dem Moment dachte ich, dass Joel sich im Auto kaputt lachen würde.

„Ich öffne sie, wenn du magst. Du bist wirklich schüchtern, Vicky!“, er nahm mir die Flasche aus der Hand und streifte dabei kurz meine.

„Ich weiß… Ich hab’s dir ja gesagt!“, ich lachte laut auf. Irgendwie brauchte ich mich nicht zu verstellen, es ging von selbst.

Er schenkte mir etwas ein und wir stießen zusammen an.
 

Der Abend verlief noch ziemlich ruhig, es war witzig und wir unterhielten uns. Ich dachte mir, dass Geoffrey mich nach diesem Abend umbringen würde. Die Wahrscheinlichkeit, dass er der Täter war, wurde immer geringer. Er hätte mich bei jedem Augeblick umbringen können.

„Komm wir gehen in mein Zimmer“, flüsterte ich ihm zu. Ich hatte mit Joel ausgemacht, dass wir dorthin gehen, wenn noch nichts passiert ist.
 

Er lächelte nur kurz und folgte mir. Ich schloss die Rollläden und machte das Licht schummrig, sodass Geoffrey aber noch etwas sehen konnte und Joels Kamera, diese war dieses Mal beim Wandschrank, auch.
 

Da drehte sich der Spieß um. Serge machte sich an mich ran, küsste mich überall, zuerst am Hals, ging mir unter meinen Pullover und zog mir mein BH aus.

Geoffrey hatte Recht gehabt, es war alles so wie er sagte, doch ich durfte mich nicht wehren, ich sollte einfach mitmachen. Es tat mir Leid, ich wollte Geoffrey so etwas nicht antun, aber ich musste es tun.

Also tat ich es gleich und tat so, als würde es mir gefallen und ich fuhr auch mit meiner Hand unter sein T-Shirt. Ehrlich gesagt fühlte sich sein Oberkörper gut, aber dies musste Geoffrey nicht wissen.

„Ich werde jetzt ne Schnur nehmen und dich damit Fesseln, einverstanden?“

Ich sah, dass Serge eine dünne, aber scheinbar reißfeste Schnur aus seiner Tasche nahm.

„Schließ die Augen, Süße und streck deine Arme aus!“, flüsterte er mir ins Ohr.

Ich tat es und spürte, wie er versuchte mich mit der Schnur zu erdrosseln.

„N-Nein“, quetschte es aus mir heraus und ich hatte Glück, dass Geoffrey sofort einsprang.
 

Er packte Serge am Hals und drückte mit seinem Arm leicht dagegen. Außerdem nahm er einen Arm von ihm, den er dann hinter seinen Rücken drückte.

„Du mieses Schwein!“, schrie Geoffrey ihn an. Ich hörte Sirenen und konnte mir denken, dass Verstärkung angekommen war.

Ich hustete noch ein wenig, er hatte doch etwas zu fest gedrückt. Als einige Polizeimänner mein Zimmer stürmten und den Mann festhielten, stand ich auf und blickte ihm wutentbrannt und stolz ins Gesicht.

„Ich bin Victoria Harley, Kriminalpolizistin. Du bist vorläufig festgenommen, wegen versuchten Mordes. Männer, schleppt ihn ab!“

Aufs Wort machten sie das, was ich ihnen befohlen hatte. Geoffrey sah mich an und fragte mich, ob alles in Ordnung wäre.

„Ja, danke“, ich lächelte und er nahm mich in den Arm. Ich fühlte mich besser und schloss die Augen.

„Danke“, murmelte ich noch einmal.

Das Urteil

Es war ein regnerischer Tag im Februar. Es regnete so viel, dass die Regenschirme nicht mehr standhielten. Und an diesem Tag war auch die Gerichtsverhandlung.
 

Ich hatte nun alle Beweise zusammen, war wirklich gut darauf vorbereitet und bereit diesen Mann, auch wenn er noch so gut aussehend war, hinter Gitter zu bringen.
 

Jede menge Presseleute standen vor dem Gebäude, im Regen, und versuchten alles abzulichten.

Ich kam mit dem ersten Polizeiwagen an, stieg aus, war fein angezogen, wie es sich eben gehörte.

Vier Wagen weiter, stieg Serge aus, mit zwei Beamten, die ihn festhielten.

Ich marschierte, ohne jemanden zu beachten, in die Halle hinein. Ich ging sofort ins Gerichtszimmer und setzte mich an meinen Platz.

Der Angeklagte wurde nach vorne gebracht, wo er dann Platz nahm. Der Richter saß bereits an seinem Platz und wartete, bis alles ruhig war.

Dann schaute er auf den Staatsanwalt, der dann die Anklage erhob.
 

„Man beschuldigt Sie an drei Morden und einem versuchten Mord. Der erste Mord befand sich in einem Café mit dem Namen «Silent Moon». Dort sollen Sie Miss Chris McCain umgebracht haben, indem Sie ihr Natriumhydroxid in den Kaffee geschüttet haben. Der zweite Mord ereignete sich im Restaurant «La Fleur». Dort sollen Sie Miss Melanie Grow ermordet haben, indem Sie sie zuerst bewusstlos gewürgt haben und dann erstochen haben. Der dritte Mord war im Kino «Cinecingle», wo man in der hintersten Reihe eine strangulierte Frau fand, mit dem Namen Charlotte Wiedersang. Versucht zu ermorden haben Sie Victoria Harley, Kriminalpolizistin. Was haben Sie dazu zu äußern?“
 

Serge sagte rein gar nichts. Er starrte den Staatsanwalt und lächelte einfach nur. Ich war sehr überrascht, wie er handelte, denn ich selbst dachte, er würde doch versuchen sich da rauszureden.
 

„Hat jemand noch Fragen an den Angeklagten?“, fragte der Richter und sein Blick wanderte durch die Menge.
 

Ich erhob mich, ohne zu überlegen.

„Ich habe eine Frage an ihn!“, ich stand da, selbstbewusst und mit einer quälenden Frage auf der Zunge. Dann schritt ich auf den Angeklagten zu und blickte ihm in seine Augen.
 

„Sag mir, was war dein Motiv?“
 

Wieder antwortete er nicht und grinste mir frech ins Gesicht. Ich hasste es, wenn jemand das tat.

„Antworte mir!“

Ich wurde etwas lauter, doch seine Antwort war ein Grinsen. Ich wurde so langsam wütend und starrte ihn böse an.
 

„Keine weiteren Fragen, euer Ehren!“, ich setzte mich zurück und schaute Serge zu, wie er zurück an seinen Platz ging.
 

„Nun bedauerlicherweise haben wir keine Zeugen für die Morde. Dieser Mann hat seine Verbrechen wirklich gut begangen. Aber Beweise haben wir jede Menge!“, sagte ich, und erhob mich wieder und schritt zielsicher nach vorne.
 

Der Richter sah mich etwas entsetzt an und bat mich, Platz zu nehmen.

„Ich bin Kriminalpolizistin, wie Sie wissen. Ich habe jeden der drei Mordfälle genauestens Untersucht und auch dementsprechend gehandelt. Ich kann Euch, jedem hier, erzählen, wie sich die Morde abgespielt haben!“
 

„Fahren Sie fort“, sagte mir der Richter und ich tat es, ohne mit der Wimper zu zucken.
 

„Chris McCain war 23 Jahre alt. Melanie Grow war 23 Jahre alt. Charlotte Wiedersang war 23 Jahre alt. Und auch ich bin 23 Jahre alt! Diese Gemeinsamkeit zeigt schon, dass es derselbe Täter sein muss, dieser Mann, der mich versuchte umzubringen!“, ich zeigte entschlossen auf ihn, ohne ihn dabei anzusehen.
 

„Aber Miss Harley!“, griff seine Anwältin ein, „Das muss ja noch lange nicht heißen, dass er der Mörder ist. Es könnte ja auch eine andere Person gewesen sein, die zufälligerweise einen dieser Morde verübt hat!“
 

Ich lachte selbstgefällig und atmete kurz durch.

„Fangen wir beim ersten Mord an: Miss McCain starb an Natriumhydroxid, welches Mr. Levier zuvor in ihren Kaffee geschüttet hatte. Das Natriumhydroxid befand sich in einer kleinen Kapsel, weshalb diese sich erst nach wenigen Minuten im warmen Kaffee aufgelöst hatte. Er brauchte ihr dann nur noch zu beteuern, dass er mal kurz aufs Klo musste oder so etwas in der Art. Natürlich hat er sich dann heimlich raus geschlichen. Es bestand zwar ein Risiko, dass die Kellnerin sich an ihn erinnern würde, doch tat sie es nicht, weil es an diesem Tag überfüllt gewesen war! Den kleinen Behälter hat er selbstverständlich wieder mitgenommen. Als ich seine Wohnung durchsuchen ließ, fand man diese kleine Flasche in einem der Schränke, übersät mit den Fingerabdrücken des Angeklagten!“
 

Ich schritt auf den Richter zu gab ihm den Behälter und auch den Bericht, den Kevin mir zusammengefasst hatte.

Serge sagte weiterhin nichts er starrte mich nur an mit einem bösen Funkeln in seinen Augen. Ich lachte leicht, drehte mich wieder um und schritt wieder zurück wo ich vorhin stand.
 

„Ja in der Tat, dieser Bericht ist wirklich ausführlich. Hat jemand noch Fragen bezüglich des ersten Mordes?“, fragte der Richter in die Runde und ein leises Murmeln durchdrang die Stille des Saals.

„Ruhe bitte!“, die Stimme des Richters wurde lauter während er mit seinem Hammer auf den Tisch klopfte.

„Fahren Sie fort!“
 

„Jawohl, euer Ehren! Der zweite Mord ereignete sich im Restaurant «La Fleur». Dort fand man Miss Grow erstochen in der Toilette wieder. Zuerst dachten wir es wäre ein Eindringling, da ihre Sachen durchwühlt waren und auch ihr Geld fehlte, dann kam ich aber hinter den Trick der dahinter steckte. Mr. Levier hatte ihr Opfer zuerst bewusstlos gewürgt, mit einer Schnur, und dann hatte er sie erstochen, über die Kabinentür gehievt, fallen lassen und das Messer rausgezogen! So bekam er keine Blutspritzer ab! Er flüchtete aus dem Restaurant als es ein durcheinander gab und so hatte niemand ihn bemerkt. Die Schnur hatte er selbstverständlich mitgenommen. Diese hat er dann auch noch beim nächsten Mord benutzt und als er in meiner Wohnung war. Ich habe diese Schnur auch untersuchen lassen. Zweifellos befinden sich dort Fingerabdrücke von ihm und vom nächsten Opfer, das versuchte sich die Mordwaffe vom Hals zu drücken. Außerdem klebt dort das Blut der verstorbenen Miss Grow. So habe ich dann auch den dritten Mord aufgeklärt!“
 

Wieder schritt ich nach vorne und überreichte dieses Mal die Schnur mit dem Bericht. Der Richter schaute sich alles an.

„In der Tat! Es beweist, dass er der Mörder von den drei Frauen ist. Hat jemand noch Fragen?“
 

Die Anwältin von Serge erhob sich und fragte mich, wie ich denn auf die Idee kam, dass ihr Mandant der Mörder war.

„Ganz einfach“, fing ich an, „Beim dritten Opfer fand ich ein Notizblock mit einer Internetadresse, die mich zu einem Chat führte. Dort waren alle drei Opfer angemeldet! Und um den Täter zu überführen versuchte ich mein Glück und lotste ihn in meine Wohnung. Und als endgültigen Beweis habe ich die Videoaufnahmen, die Sie sich gerne anschauen können!“

Serges Anwältin schielte zum Mandant, sie konnte ihn nicht mehr verteidigen, es lag förmlich auf der Hand, dass er der Mörder war.

„Lassen Sie es gut sein!“, meinte sie und setzte sich.
 

„Nun es gibt genügend Beweise, dass Serge Levier der Täter war. Haben Sie ein letztes Wort Mr. Levier?“
 

Es war vollkommene Stille, alle Augen waren auf den Angeklagten gerichtet, dieser lächelte. Es war aber ein verzweifeltes Lächeln, welches er auf dem Gesicht hatte.
 

„Es ist doch immer wieder dasselbe. Man verliebt sich und wird dann hintergangen. Meine erste Liebe hatte mich nur ausgelacht! Ich war ein Spielzeug sowie die anderen Männer, die sie hatte.

Das zweite Mädchen hatte mich nur benutzt um an meinen Freund ranzukommen und die dritte Frau liebte mich nur wegen dem Geld, das ich von meinem Vater bekam. Ich hielt es nicht mehr aus! Ich ging in den Chat und schrieb mit einigen Frauen und was fand ich heraus? Chris und Melanie hatten ihren Mann betrogen, beide trafen sich mit anderen Männern und amüsierten sich mit denen. Charlotte benutzte die Männer auch nur als ihre Spielsachen und Victoria hatte mir gesagt, dass sie sich mit mehreren Männern traf. Jede von ihnen, jede Frau die einem Mann nicht treu bleiben kann, sollte bestraft werden, jede einzelne. Jede sollte mit dem Tod bestraft werden!“
 

Wie ein verrückter lachte er auf. Er lachte und doch liefen ihm die Tränen die Wange runter. Einerseits tat er mir Leid, weil er nie die richtige Frau gefunden hatte, aber andererseits widerte er mich an, weil er so grausam war. Der Richter erhob sich und sprach das Urteil:
 

„Sie werden lebenslänglich im Gefängnis schmoren können und in Ruhe über ihre Tate nachdenken können! Führt ihn ab!“
 

Polizisten kamen herein und nahmen ihn an den Armen. Jeder erhob sich, die Zuschauermenge wurde immer kleiner. Geoffrey und Joel warteten auf mich und wir folgten dem Gefangenen nach draußen.

„Das hast du aber gut gemacht!“, meinte Geoffrey und lächelte. Ich bedankte mich bei ihm.
 

Es regnete immer noch heftig jedoch hatte ich keinen Regenschirm, aber glücklicherweise war es nicht weit bis zum Wagen, doch alles änderte sich schlagartig.
 

„Haltete ihn auf!“, schrie einer der Polizisten. Ich schaute hoch und sah, dass Serge sich aus den Griffen der Wachmänner gelöst hatte. Ich reagierte schnell und rannte dem Mann hinterher, die Polizisten waren starr vor Schreck. Serge rannte und ich ihm hinterher. Ich hörte noch andere Schritte und drehte mich kurz um. Geoffrey war mir hinterher gelaufen. Ich lief weiter und musste einen Zahn zulegen. Serge rannte die Straßen weiter runter.

„Es hat doch keinen Sinn!“, schrie ich aber ob er es hörte wusste ich nicht. Der Regen war viel zu Laut, es plätscherte überall und es war schwer überhaupt etwas zu sehen.
 

Unten, an einer Kreuzung, blieb er stehen. Als ich ihm dann näher kam, rannte er auf die andere Straßenseite. Ich rannte ihm hinterher.
 

Doch es war zu spät.
 

Ich rutschte im nassen Regen aus landete unsanft zu Boden, stand auf und versuchte weiter zu laufen, doch in dem Moment kam ein Laster auf mich zugerast, er bremste, doch es half nichts.
 

Das Letzte an das ich mich noch erinnern kann, war dass Serge auf der anderen Seite stehen blieb und dass Geoffrey auf mich zugelaufen kam und mich in seinen Armen hielt. Ich atmete schwer, mir tat alles höllisch weh, ich spürte nichts mehr. Die Polizisten kamen auch, ich hörte schon von weitem die Sirenen des Krankenwagen, es regnete noch immer heft und Geoffrey kniete vor mir nieder.
 

„Bitte, Vicky halt durch. Bitte…!“, er hatte Tränen im Gesicht, dachte ich jedenfalls.

„Tut mir Leid… Ich liebe dich…“, das sagte ich ihm noch bevor mir schwarz vor Augen war und mein Herz aufhörte zu schlagen.



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