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Machtwächter ("9-Helden-Story")

Sphere Guards
von

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Prolog

Es war finsterste Nacht. Die Wellen rauschten leise in der winzigen, zum Meer hin weit geöffneten Bucht. Man konnte die salzige Meeresluft auf der Zunge spüren - die Blätter, die Erde, die Sträucher und deren Blüten des dunklen Laubwaldes riechen, der die Bucht in einigen Metern Entfernung umgab. Ein leises rascheln ging in der seichten Brise von ihm aus. Die uralten, verdorrten Äste und Stämme, die auf dem kleinen Sandstrand lagen, knarzten gelegentlich. Der wunderschöne Sternenhimmel war so klar heute Nacht. Jeder einzelne Stern schien in freudiger Erwartung zu funkeln. Aber es lag auch etwas Bedrohliches in ihrem Glanz und besonders im Schein des strahlenden Vollmondes, der heute unglaublich groß erschien.

Ein paar Wolken verirrten sich dennoch in diese magisch angehauchte Idylle. Lautlos schlichen sie über den Himmel und hangelten sich von Stern zu Stern. Sie hüllten den Mond ein, als wäre er ein unbezahlbarer Schatz. Fast schon begierig krochen sie über den Himmelskörper hinweg und verdeckten ihn gänzlich, um Sekunden später wieder ein Stück von ihm zu offenbaren. Wieder und wieder verschwand der Mond um dann erneut aufzutauchen und der Welt sein hellstes Licht zu offenbaren.

Dann wurde die endlos weite Wasseroberfläche plötzlich starr, glatt wie ein Spiegel. Es war als hätte das Meer hatte den Atem angehalten. Auch die Luft schien stillzustehen und sich zu festigen, so stark dass es schien sie berühren zu können. Und sogar der Wind war völlig verschwunden, sodass die Blätter aufgehört hatten zu rascheln und im Wind zu tanzen.

Erneut offenbarten die Wolken den Mond. Doch er war nicht mehr blendend weiß. Vielmehr hatte er eine blutrote Farbe angenommen, die alles um ihn her zu ersticken schien. Der blutrote Mond war das Symbol des Schicksals.
 

Ein sekundenlanges Rauschen durchbrach die ewige Stille. Ein magisches Portal war auf dem Sandstrand erschienen und heraus traten zwei finster gekleidete Gestalten. Der eine groß, in eine lange, respekteinflößende Kutte gehüllt. Auch wenn sein Gesicht unter der Kapuze nur zu erahnen war, so spürte man doch, wie er mit seinen dunklen Augen die Bucht absuchte. Hand in Hand mit ihm eine Gestalt, die ihm gerade einmal bis zum Bauchnabel reichte. Eben wie der Große in eine schmutziggraue Kutte gehüllt, wirkte sie auf den ersten Blick beängstigend. Jedoch hielt dieses Gefühl der Tatsache nicht stand, dass das Gesicht des sichtlich verängstigten Jungen bleich und fahl war. Seine stechend blauen Augen waren weit aufgerissen und suchten – wie auch die der großen Gestalt – den Strand und den Waldrand ab. Jedoch taten es des Jungen Augen eher panisch als wachsam.

Als sich das Portal wieder geschlossen hatte, marschierte der Große mit schnellen Schritten auf die Mitte der Bucht und des Strandes zu und steuerte dabei das Wasser an, der Kleine wurde einfach mitgerissen und reagierte mit einem erschrockenen Keuchen. Hastig stolperte er hinter seinem Führer her und versuchte verzweifelt mit dessen Schritten mitzuhalten.

Die Beiden waren nicht weit gekommen, da rauschte es wieder kurz und ein zweites Portal war erschienen, diesesmal wenige Meter vor ihnen. Der Große blieb abrupt stehen und wartete ab, während sein kleiner Begleiter erschrocken gegen ihn prallte und angsterfüllt hörbar einatmete, als er das zweite Portal entdeckt hatte. Aus diesem heraus trat eine dritte Gestalt, die sich den Beiden in den Weg stellte, nachdem ihr Portal sich ebenfalls wieder geschlossen hatte.

„Nizifas, was denkst du dir dabei?“ Die Stimme des Neuankömmlings klang enttäuscht und ebenso aufgebracht. Und auch wenn er es vermutlich verstecken wollte, so konnte man eine Spur Angst nicht überhören.

Die beiden großen Gestalten standen sich gegenüber und starrten sich aus ihren Kapuzen heraus schweigend an. Der Jüngling blickte panisch von Einem zum Anderen und wieder zurück. Hätte man sie nebeneinander gestellt, man hätte sie nicht unterscheiden können. Beide waren etwa gleicher Statur und beide trugen die selbe unheimliche, schmutziggraue Kutte.

Schließlich durchbrach Nizifas die Stille. Seine Stimme war kalt und hart: „Geh mir aus dem Weg!“ „Nei-nein, das werde ich nicht tun! Du hast es mir versprochen! Du wolltest das Juwel, nicht den Jungen!“

Nizifas lachte laut auf und warf dabei den Kopf in den Nacken. „Juminas du einfältiger Narr! Hast du im Ernst geglaubt, ich würde in die Zitadelle einbrechen NUR um das Juwel zu stehlen?“

„Du-du hast ge-gesagt du wolltest mehr Macht! Und du wolltest sie mit mir teilen, wenn ich dir helfe!“ Wieder lachte Nizifas laut auf, aber diesmal klang es um so spöttischer. Juminas vergaß für einen Moment seine Angst und antwortete zornig auf das Lachen: „Das Ju-juwel gehörte König Nefos! Es ist unglaublich mächtig! Es reicht um den Sieben genug Macht zu verleihen um eine Armee zu zerschmettern. Wir sind nur zu zweit. Nur ein Teil der Macht hätte mir gereicht!“

„Bist du wirklich so dumm Juminas? Sag mir, warum sollte ich diese Macht mit dir teilen, wo ich sie doch allein für mich haben kann?“ Nizifas steckte seine freie Hand in eine Tasche seiner Kutte und zog einen türkisblau glühenden Saphir hervor. Er war in der üblichen Brillianten-Form geschliffen und seine Leuchtkraft reichte aus um den gesamten kleinen Strand in Licht zu tauchen. Der Kleine keuchte verängstigt auf und versteckte sich hinter Nizifas Beinen. Mit zitternder Stimme brachte er einige Worte hervor: „Nicht... Bitte, i-ich... Steck ihn wieder weg, ich kann es nicht ertragen!“ Er fing an zu schluchzen. „M-mein Kopf... Bitte!“

Nizifas lachte leise und beendete seine kleine Demonstration. „Außerdem, Juminas, der Juwel ist - wie du weißt – nichts. Er ist ein nettes Hilfsmittel auf meinem Weg, jedoch ist er genau genommen nicht von Belang. Der Junge jedoch, ist da um einiges mehr wert! Er wird mich zum...“ „I-ich hab es ihnen gesagt!“

Juminas fühlte sich eiskalt hintergangen. Vielleicht etwas übermütig hatte er Nizifas einfach unterbrochen. Dieser starrte ihn nun mit halb offenem Mund an. „Du hast was?“

„Ich hab ihnen gesagt... ihnen gesagt, wo du bist. Und was du getan hast. Sie werden gleich hier sein.“

„Wie kannst du... Du hast dich damit selbst verraten! Du kennst die Strafe auf Verrat. Sie werden dich vor das magische Tribunal stellen!“

„Das ist egal! Ich habe mein Leben verwirkt. Diese Schande ist nicht wieder gut zu machen und so habe ich nichts mehr zu verlieren.“

Nizifas hatte es die Sprache verschlagen. Er konnte nicht begreifen, wie man so einfach seinen eigenen Tod besiegeln konnte. Dann überkam ihn die Wut. Juminas hatte ihn die verbleibenden fünf der Sieben auf den Hals gehetzt. Das würde er bereuen.

„Juminas, duuuuu...“ Voller Hass machte er einen Schritt auf sein Gegenüber zu, hob die Hand und feuerte einen sengend roten Strahl aus seiner Handfläche auf Juminas ab. Der Strahl traf diesen genau auf der Brust und riss ihn von den Füßen. Allerdings richtete sich Juminas wieder auf, was Nizifas doch sehr erstaunte: „Was? Der Zauber hat dich nicht getötet? Sagarnas Strahl ist immer tödlich!“ Juminas rappelte sich schwerfällig wieder auf und stöhnte erschöpft. Aber er kam nicht um ein verschlagenes Grinsen herum. „Nicht... Nicht wenn man sich dagegen schützt.“ keuchte er erschöpft und zog langsam ein kleines goldenes Amulett - welches an seinem Hals hing – unter seiner Kutte hervor. „Du magst mich für einen Narren halten, schön. Aber dumm bin ich deshalb nicht. Mir war klar, dass ich mit dem Tode rechnen muss, wenn ich dir gegenüber trete.“

Nizifas kochte vor Wut und machte wieder einen Schritt auf Juminas zu: „Ohhh...“

Aber diesmal kam er nicht weit. Um ihn her rauschte es mehrmals kurz und sieben Portale waren in der Dunkelheit der Nacht, kreisförmig um die drei herum erschienen. Aus ihnen traten sieben weitere Kuttengestalten, alle nicht voneinander zu unterscheiden. Kurz darauf verschwanden alle sieben Portale wieder. Nizifas blickte nervös umher, der Junge wurde immer kleiner und ängstlicher und Juminas Grinsen wurde immer breiter. Es war dieses schadenfrohe Grinsen welches man sah, wenn dem Grinsenden alles egal war, wenn nur seinem Feind geschadet wurde. Schließlich erhob einer der sieben Neuankömmlinge die Stimme. Sie wirkte erhaben und verkündend: „Nizifas Machtgier, hiermit werdet Ihr eures Amtes als Hochmagier von Dresh'kal enthoben. Darüber hinaus werdet Ihr nun in Gewahrsam genommen und vor das magische Tribunal gestellt. Dort werdet Ihr für euer erschreckend monströses Verbrechen zur Rechenschaft gezogen und so lange Todesqualen erleiden, bis Ihr denselbigen erliegt. So spricht das Siebengestirn, die sieben Hochmagier Dresh'kals.“

Einen Moment herrschte Stille, dann erhob Nizifas ein weiteres Mal seine kalte Stimme: „Sehr unterhaltsam. Wie ich sehe, Keldras, meisterlicher Anführer des Siebengestirns, habt ihr mich und Juminas bereits als Hochmagier ersetzt. Wie überaus mitfühlend von euch. Ist es nicht immer wieder schön zu sehen, wie ersetzbar man doch ist?“

„Genug nun mit diesem Gerede! Wir werden Euch nun abführen!“ Die sieben Magier des Siebengestirns schlossen ihren Kreis enger um die beiden Verräter und das Kind. Dieses wurde nur noch ängstlicher, Juminas grinste immer noch und Nizifas lachte auf. „Ich fürchte so einfach ist das nicht. Ihr vergesst, dass ich das hier habe!“ Er zückte erneut den Juwel, der augenblicklich sein Licht weit über den Strand verteilte. Ebenso augenblicklich griffen die Sieben an. Ein höllisches Chaos brach aus: Es blitze nur so mit magischen Geschossen, bunten Energiestrahlen, Feuerbällen, magischen Pfeilen, und vielem mehr. Aber all diese Magie drang überhaupt nicht zu Nizifas durch, da dieser eine Art Blase um sich erschaffen hatte, an der alles abprallte und erlosch.

„Gebt es auf, ihr mächtigen Sieben! Gegen das Juwel kommt Ihr nicht an. Ich bin einfach zu mächtig für Euch und werde Euch wie eine Fliege zerquetschen!“ Er stieß ein scheußliches Lachen aus, welches einem Jeden die Haare zu Berge stehen ließ. Dann streckte er seine Hand aus und setzte zum Gegenangriff an: Urplötzlich zerplatzten alle sieben Köpfe des Siebengestirns und die sieben leblosen Körper fielen kopflos zu Boden. Das war's. Stille. Dann erneut das scheußliche Lachen Nizifas'. Er blickte zu Juminas herab, mit einem leicht irren Grinsen und aus Schlitzaugen, die einer Echse würdig wären: „Nun, Juminas, mein Freund, lebe wohl!“ Er stieß ein grausiges Lachen aus, das über die gesamte Bucht hallte. Seine Stimme hatte sich verändert. Sie war tiefer geworden und unmenschlicher.

Schließlich kehrte er Juminas den Rücken zu und schritt bis ans Wasser. Juminas Grinsen war verschwunden. Erneut war sein Gesicht zu einer verzweifelten Fratze geworden. Unwissend, was er nun tun sollte, wo er am liebsten tot wäre, fiel er auf die Knie und starrte in den Sand. Doch dann zwang ihn etwas zum Meer zu blicken. Er sah, wie Nizifas zusammen mit dem Kind über das Wasser lief, als bestünde es aus Glas. Und dann bemerkte er, wie die beiden stehenblieben. Der Junge drehte sich um und sein Gesicht war plötzlich nicht mehr ängstlich. Vielmehr war es ernst und entschlossen. Seine Augen waren nicht mehr die selben wie vorhin. Sie glühten in einem hellblauen Licht und waren gar nicht mehr als Augen zu erkennen. Auch aus seiner Nase drang ein solches Licht und aus seinem Mund, als er zu sprechen begann. Seine Stimme wirkte monoton und viel zu tief für die eigentliche piepsige Stimme des Kindes. Man könnte glauben, die Stimme rührte aus dem Munde eines Dämons her, so klang sie.

„Juminas! Gehe Ostwärts und suche nach einem Mann! Ein sehr junger Mann, dessen Kleidung ungewöhnlich und dessen Sprache fremd. Er wird viele Menschen um sich scharen und er ist es, der uns finden wird. Finde ihn!“

Dann wirkte Nizifas einen Zauber, und aus den Tiefen des Wassers erhob sich eine Ruine. Die Überreste eines alten Gemäuers erschienen mitten im Wasser und offenbarten ein breites Eisenportal. Als Nizifas dieses Tor öffnete, zeigte sich ein magisches Feld dahinter, durch welches man schreiten konnte, wie durch eines der magischen Portale. Und so schritten die beiden hindurch, woraufhin sich das Tor wieder schloss und die Ruine wieder versank.

Erwachen

Langsam wachte einer nach dem anderen auf und alle sahen sich verstört um. Kühl war es und der Wind wehte stark, so dass die Blätter der nah gelegenen Bäume kräftig raschelten. Der raue Boden, der nur mit einer sehr dünnen Sandschicht bedeckt war, ließ ihre Knochen schmerzen. Es roch nach Erde und exotischen Blumen. Allen lag der rostige Geschmack von Blut im Mund.
 

Ein groß gewachsener Junge mit blauer Jeans und einem einfachen, weißen T-Shirt war der erste, der ein Wort sagte: „Alter!“ Er stöhnte es regelrecht. Viel zu hastig richtete er sich auf und geriet bei dem Versuch auf die Beine zu kommen ins Stolpern, so dass er fast wieder zu Boden stürzte.
 

Ein kleines Mädchen mit einem schmutzigen, braunen Kleid tat es ihm nach. „W-wo bin ich? Und wer seid ihr überhaupt?“ Panisch machte sie ein paar unwillkürliche Schritte rückwärts und fiel dabei über die Spitze eines Steines, der aus dem Boden ragte. Heftig schluchzend kam sie auf alle Viere und krabbelte durch den Dreck weg von dem Jungen. In Strömen liefen ihr die Tränen am Gesicht herunter.

Dabei achtete sie nicht darauf wohin sie sich flüchtete und stieß gegen den Körper eines anderen Jungen, der ebenfalls Jeans, aber einen schwarzen Pullover trug.

Der Junge zuckte aus seinem Ohnmacht-ähnlichen Schlaf und sah sich erschrocken um.
 

Als dieser sich auf einer großen, sandigen Lichtung umringt von Bäumen wiederfand, stand auch er sehr schnell auf seinen Beinen. Seine Hände fuhren zu seinem Kopf und vergruben sich in seinen braunen Haaren, während sich sein Mund ungläubig öffnete, jedoch befreit von jeglichem Ton blieb. Unfähig etwas anderes zu denken als Wo? Was? Warum? verhielt er sich starr und ausdruckslos, abgesehen von der Angst die ihm im Gesicht stand.

Das Mädchen was ihn angerempelt hatte sprang schreiend zurück und kauerte sich bebend auf den Boden, ihr Gesicht vergrub sie dabei in ihren Armen und weinte bitterlich. Er hatte es bisher gar nicht bemerkt. Aber er war zu geschockt um große Notiz von dem Mädchen zu nehmen.
 

Nur zwei Meter entfernt schrie plötzlich ein weiterer Junge auf den deutlich größeren Jungen mit dem Pullover ein und packte ihn hart rüttelnd an den Armen. „Was hast du mit mir gemacht? Immer, immer, immer machst du mich fertig! Wo bin ich? Wo hast du mich hingebracht? Ich hasse dich!“ Schluchzend rutschte der Kleinere auf seine Knie. Auch er trug eine Jeans und dazu ein schwarzes Shirt.
 

Ein asiatischer Junge mit violetten Haaren, dunkelgrüner Jogginghose und weißer Polyesterjacke hockte hinter einem der etwas größeren Felsen, die hier und da aus dem sandigen Boden ragten und tippte zittrig auf einem Handy herum.
 

Auf einem anderen Felsen kauerte ein Mädchen in einem weißen, sehr eleganten Sommerkleid. Panisch versuchte die junge Frau das Gleichgewicht zu wahren und nicht vom Felsen zu stürzen, wo ein dunkelhäutiges Mädchen mit schlichter Stoffkleidung damit beschäftigt war kleine Skorpione zu zertreten, die unter dem Felsen hervorkrabbelten.
 

Am Rande der Lichtung torkelte ein Latzhosen tragendes Mädchen mit feuerroten Haaren umher und beobachtete das Geschehen durch ihren Schock wie in Trance.
 

Nur eine Person zeigte gar keine Reaktion auf diese außergewöhnliche Situation.

Ein asiatisch anmutendes Kind lag flach auf dem Rücken, mitten auf der Lichtung zwischen den anderen acht Jugendlichen und starrte mit desinteressierten Augen in den düsteren Abendhimmel. Ameisen krabbelten über die braunen Leinen, die die Kleidung des Kindes ausmachten und selbst der kahle Schädel blieb nicht verschont, jedoch schien das dem Kind nichts auszumachen.
 

Während die 9 jungen Menschen immer noch versuchten zu verstehen was hier geschah, wurde der Wind immer stärker und vereinzelte Tropfen fielen vom Himmel. Der Himmel selbst verdüsterte sich indes immer mehr, da der Abend immer weiter voranschritt.

Nächtliches Scharmützel

Neva ritt neben seinem Kommandanten langsam und vorsichtig um die Bäume herum. Nicht mehr weit vor ihnen lag das Goblinlager, welches sie dem Erdboden gleichmachen würden. Er und die anderen Ritter seiner Reitereinheit hatten den Befehl erhalten, alle Goblins zu vernichten, die in diesem Lager zu finden waren. Denn diese Goblins waren als respektlose Plünderer bekannt, die die Gegend unsicher machten. Die Bewohner des Königreiches Neulan waren ohnehin schon geschunden und angsterfüllt genug, da mussten sie nicht zusätzlich noch durch Goblins das Wenige verlieren, was sie noch besaßen. Neulan hatte es hart getroffen.

Der Krieg gegen Daldoran und seine schändlichen Lakaien war endlich vorbei und die Bevölkerung der Ebenen konnte wieder aufatmen. Doch trotzdem mussten Städte wieder aufgebaut und Sicherheit neu erlebt werden. Und durch die vielen Überreste der dunklen Armeen des besiegten Feindes wurden die Menschen nicht gerade ermutigt. Die Angst vor den Überfällen der Überlebenden des Krieges überstrahlte den wackligen Frieden. Stinkende Trolle, brüllende Orks, unmenschlich starke Minotauren, zweieinhalb Meter große Gnolle, Scharen von kreischenden Goblins und noch viele weitere finstere Bestien überrannten die Welt. Die Streitmächte der Menschen und Elben waren bis auf eine Hand voll Soldaten dezimiert und von den anderen Völkern war wenig bekannt. Aber wahrscheinlich sah es bei ihnen ähnlich aus.

Seit sie aus Felsental aufgebrochen waren hatte Neva das Gefühl, als würde er beobachtet. Da er keinen Beweis hatte, sondern nur ein flaues Gefühl im Magen, wagte er es nicht eine Andeutung zu machen. In stetigem Tempo ritten sie durch den dichten Wald an einem Abhang eines Gebirges entlang. Sie wollten unentdeckt bleiben und die Goblins überraschen um einen tödlichen Schlag auszuführen. Ein Goblin alleine mochte schwach und dumm wie ein Stein sein, auch die millitärische Ausbildung der Goblins ließ stark zu wünschen übrig. Sie waren nicht nur Babaren, sie waren kämpferisch talentlose Babaren. Doch zusammen vermochten sie ein ganzes Dorf zu überrennen. Darin lag die Stärke der dämlichen kleinen Grünhäute. Es war wie mit Ameisen. Eine einzelne konnte man zertreten. Ein paar mehrere vielleicht auch noch. Aber ab einer gewissen Anzahl wurde es gefährlich. Eine kleine Kampfgruppe der Goblins hatte oft an die hundert Kämpfer und waren so den Rittern zahlenmäßig überlegen. Ihre Mission war gut zu schaffen, aber nicht ungefährlich.

Jetzt kamen sie an einem Felsvorsprung vorbei. Unzählige Büsche wuchsen hier auf und um den Hang der Berge herum und weiter oben wurden die Bäume noch dichter. Neva und seine Mitreiter erwarteten keinen Angriff. Die Goblins konnten unmöglich wissen, was da auf sie zuritt. Und wer sonst würde es wagen eine gut ausgebildete Reitereinheit der königlichen Truppen zu attackieren? Keiner seiner Begleiter rechnete mit einem Angriff, genauso wenig wie sein Kommandant. Das war es, was ihm zu denken gab. Irgendwas behagte Neva nicht an diesem Ort. Ohne es selbst zu merken schloss sich seine Faust fester um den Griff seines Schwertes und er fragte sich nervös, wie weit es wohl noch zu den Goblins war. Aber bevor er den Gedanken zu Ende denken konnte, riss ihn etwas aus seinem Grübeln heraus: Ein lautes Pfeifen durchschnitt die Abenddämmerung. Ein Vogel war das nicht, so viel war ihm klar. Die anderen schienen sich gar nicht darum zu kümmern, die Pferde jedoch wurden plötzlich merkwürdig unruhig. Sie wieherten ängstlich und zuckten mit den Köpfen. Eine unheilvolle Vorahnung ergriff Neva. Hastig suchten seine grünen Augen den Hang und den Felsvorsprung ab. Es war wie in einem Alptraum, als sich plötzlich wirklich eine Gestalt auf dem Felsvorsprung erhob und in ein Horn blies. Trotz der frühen Abendstunden war es durch den Wald bereits dunkel genug, um nur wenig von der schemenhaften Gestalt erkennen zu können. Alle Reiter drehten sich erschrocken zu dem Hornbläser um und sahen entsetzt zu, wie neben und hinter ihm noch weitere Gestalten auftauchten. Erst waren es nur wenige. Fünf, dann zehn. Aber in Sekunden wuchs ihre Anzahl auf fünfzig und mehr an. Sie hatten Kampfstäbe in der Hand, seltsam für Krieger, wenn sie denn welche waren.

Langsam tauchte der Mond hinter einer Wolke auf, während der Hornbläser ein weiteres mal ins Horn blies, woraufhin die anderen Gestalten mit lauten, keckernden Geräuschen - die Neva an eine schreckliche Kreatur erinnerten - auf sie losstürmten. Sofort war ein totales Durcheinander und ein lautstarkes Kampfgetümmel entstanden. Die Kämpfer waren flink und wendig und wichen fast jedem Schlag aus, oder blockten ihn ab. Als ein paar von ihnen unter eine Lücke in den Baumkronen traten, konnten alle Reiter sehen, gegen wen sie hier eigendlich kämpften: Gnolle. Also doch. Neva atmete hörbar ein. Schon bei den keckernden Geräuschen musste er an Gnolle denken. Aber es waren keine gewöhnlichen Gnolle:

Gnolle waren so etwas wie aufrecht gehende Hyänen und gerade so intelligent, dass sie nicht als Tiere galten. Aber normalerweise waren sie zwei bis drei Köpfe größer als Menschen. Diese hier waren sogar etwas kleiner, ungefähr eins-siebzig. Darüber hinaus trugen sie glänzende Rüstungen aus Metall, nicht wie normalerweise Babarenrüstungen, also Rüstungen aus Leder und Stoffresten. Und auch ihre Waffen waren ungewöhnlich. Bei Gnollen galt der Grundsatz: Je größer die Waffe, desto besser. Und wenn sie bei einem ihrer toten Gegner eine bessere (oder größere) Waffe fanden, nahmen sie diese meistens an sich und warfen die alte weg. Diese Gnolle hier trugen allerdings alle die gleichen normalen Kampfstäbe. Eher eine Waffe für geschickte Kämpfer, die auf leichte Waffen spezialisiert waren, nicht für starke langsame Krieger, die sich auf die Anwendung von schweren Kriegswaffen festlegten. Außerdem schienen diese hier - ganz im Gegenteil zu normalen Gnollen - gut mit ihren Waffen umgehen zu können, ja sogar ausgebildet zu sein.

Ehe er es sich versah, war Neva von drei Gnollen umzingelt. Mit zwei von ihnen schien er gerade noch fertig zu werden, aber der dritte schlug ihm seinen Stab immer wieder in den Rücken. Erst jetzt bekam Neva den Eindruck als hätten seine Angreifer gar nicht vor ihn zu töten. Auch bei seinen Mitstreitern war es so: Die Gnolle schlugen sie mit ihren Stäben auf Arme und Beine und auf den Rücken. Sie hätten sie mit gezielten Schlägen auf Kopf, Hals und Brust ohne Probleme in den Tod jagen können, aber aus irgendeinem Grund schienen sie die Ritter nur beschäftigen zu wollen. Ja, sie wollten sie wohl von irgendwas ablenken. Plötzlich bemerkte Neva, dass weitere zwei Gnolle neben seinem Pferd aufgetaucht waren und die fünf versuchten nun ihn vom Pferd zu reißen. Mit aller Kraft versuchte er sie abzuwehren, aber sie gaben keine Ruhe.

Schließlich fiel Nevas Blick erneut auf den offensichtlichen Anführer der Horde: Der Hornbläser stand nach wie vor auf dem Felsvorsprung, hielt das Horn in der Hand und besah sich die Schlacht. Seine kleinen Augen leuchteten gelb in der Dunkelheit und Neva hatte das Gefühl, als seien sie auf ihn gerichtet. Er behielt Recht. Als die fünf Gnolle es nach einiger Zeit immer noch nicht geschafft hatten ihn von seinem Reittier zu stoßen, ließ der Obergnoll das Horn fallen und stürmte nun auch auf das Getümmel los. Er rannte gerade aus auf Neva zu, rannte über einen flachen Felsen und sprang. Sein Sprung war gewaltig und er winkelte die Beine im Sprung an und drehte sie in Nevas Richtung. Bevor Neva begriff was er vor hatte war es schon zu spät. Der Gnollanführer traf Neva mit seinen Füßen hart am Oberkörper und katapultierte ihn vom Streitross. Neva krachte hart zu Boden und sämtliche Luft entwich ruckartig aus seinen Lungen. Er bekam nur noch mit wie der Gnollanführer auf seinem Brustkorb landete und dort in der Hocke verblieb. Die fünf anderen Gnolle hatten ihn bereits an Händen und Füßen gefesselt, ehe Neva seine Fassung zurück erlangt hatte. Wie konnten sie nur so schnell sein? Verwirrt blickte er in das grinsende Gesicht des Gnollanführers, wenn man das Fletschen der Zähne als Grinsen bezeichnen konnte. Die anderen Ritter hatten seinen Sturz überhaupt nicht mitbekommen, die Gnolle schon. Von überall her hörte er ein hyänisches albernes Gekichere und Gegackere und das letzte was er warnahm war die Faust des Gnolles, der immernoch auf seinem Brustkorp hockte.



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  Dragonwolf
2010-03-24T10:27:52+00:00 24.03.2010 11:27
Was soll ich sagen? Den bisherigen Inhalt hast du mich ja bereits mal lesen lassen und kennst meine Meinung dazu ja schon.
Alles gut geschrieben (wenn auch einige Sätze etwas merkwürdig zu lesen waren, hatte Mark ja auch schon geschrieben). Der Inhalt ist bisher auch recht interessant nur wirkt alles bisher noch total zusammenhanglos. Aber das ist am Anfang ja nun nicht sonderlich verwunderlich.
Von:  Blackshark
2010-03-21T14:45:07+00:00 21.03.2010 15:45
Hmmm...interessant. Es wird vermutlich wirklich herausfordernd jedem dieser Charaktere dieselbe Aufmerksamkeit zu schenken.
Allerdings wird man in diesem Kapitel eigentlich einfach in das Geschehen hineingeworfen und wenn man deine Einleitung nicht gelesen hat, fühlt man sich wohl erst etwas hilflos. Aber das ist auch nicht weiter schlimm, das kann man ja in den nächsten Kapiteln ändern.
Von:  Blackshark
2010-03-21T13:46:53+00:00 21.03.2010 14:46
Ich bin, um es auf den Punkt zu bringen, beeindruckt!
Das Grundkonzept gefällt mir und der Prolog war auch sehr spannend und darüber hinaus vor Allem sehr gut geschrieben! (Lies dir den Text aber nochmal durch. Da ist mal ein Wort zu viel.)
Im Grunde kann ich momentan keine negative Kritik äußern, weil mir der Prolog rundum gefallen hat. Allerdings musste ich manchmal einen Satz zweimal lesen, bis ich ihn richtig verstanden hab. Hatte manchmal das Gefühl es fehlen Wörter, was nach nochmaligen Lesen aber nicht der Fall war. Liegt einfach an deinem Schreibstil, den ich aber wirklich schön finde.
Ich bin schonmal gespannt auf das erste Kapitel und warte gespannt darauf.


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