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La Insanguinata Luna

Blutmond
von

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Prolog

Er rannte.

Er rannte so schnell wie er nur konnte durch die stillen Wälder, die die Kleinstadt namens Forks umgaben.

Es begann wieder zu schneien. Schnell war sein schwarzes Haar von einer Kapuze aus dicken Schneeflocken bedeckt. Und der Waldboden wurde ebenfalls von frischem weißen Tuch zugedeckt. – Einem Leichentuch, das schon bald von brennenden Scheiterhaufen geschmolzen werden könnte. Doch nur, wenn er zu spät käme, diejenigen zu retten, die er liebte. Den tiefhängenden Zweigen der Tannen, die in sein Gesicht schlugen, schenkte er keine Aufmerksamkeit. Auf seiner Alabasterhaut fühlten sie sich an wie Federn, die über seine Wangen strichen.

Er lief nun so schnell, dass er sich wunderte, warum er nicht schon längst flog.

In der Ferne hörte er bereits die fröhlichen Stimmen seiner neuen Familie. Deutlich hörte er das dröhnende Lachen von einem seiner Brüder. Sie schienen sich zu amüsieren.

Doch das könnte in wenigen Minuten vorbei sein. In wenigem Minuten könnten sie bereits tot sein. Der Gedanke ließ ihn erschaudern. Er biss die Zähne zusammen. Gift sammelte sich in seinem Mund.

Er hörte, wie ihm jemand dicht auf den Fersen war.

Besorgt drehte er den Kopf, aber da war Niemand. Vielleicht wünschte er sich nur, da wäre jemand. Jemand bestimmtes, den er bedingungslos liebte und für den er alles geben würde. Was wäre dieses unendliche Leben wert ohne sie? Nichts, dachte er…

Deshalb blickte er wieder nach vorne und folgte dem unsichtbaren Pfad durch die Tannen.

Heimkehr

Rasch versank die Sonne als glühender Feuerball im Westen und tauchte die Hügellandschaft der Toskana in warmes orange-rotes Licht.

Einsam wanderte eine Gestalt auf der Pflasterstraße, die hinauf zur Stadt Volterra führte. Trotz der Hitze des Sommers war sie in einen schwarzen Umhang gehüllt und hatte dessen Kapuze tief ins Gesicht gezogen.

Bevor die Sonne ganz hinter dem Horizont verschwand, entzündete sie noch die Spitze des Glockenturms in feurigem Rot. Dann war sie hinter den Hügelketten verschwunden.

Mit einer vollendeten Geste schlug die Gestalt die Kapuze zurück. Ein makelloses, blasses Gesicht kam zum Vorschein, umrahmt von braunen Locken. Die junge Frau war eine atemberaubende Schönheit. Nur ihre Augen waren seltsam fremd. Die Iris hatte die Farbe von sehr bräunlichem Rot und blass violette Schatten lagen unter ihren Augen, als ob sie noch unter den Folgen mehrerer sehr langer Nächte leiden würde.

Zielstrebig bahnte sie sich ihren Weg durch die eng aneinander gebauten Ziegelsteinhäuser. Ihr Schritt war nicht überhastet, aber doch zügig. Schließlich hatte sie es auch eilig an ihr Ziel zu gelangen.

Neugierig musterten vorbekommende Bewohner oder Touristen der Stadt sie. Sie konnte ihnen aus dem Gesicht lesen, dass sie sich alle fragten, was eine so außerordentlich hübsche Dame zu so später Stunde ohne Begleitung in Volterra tat. Aber sie schenkte ihren Beobachtern keine Beachtung.

Je näher man dem Herzen der Stadt kam, der Piazza dei Priori, desto mehr fühlte man sich in eine längst vergessene Zeit versetzt. Nicht nur die Römer hatten ihre Spuren hinterlassen. Es fanden sich auch zahlreiche Bauten etruskischer Architektur. Volterra besaß seinen ganz eigenen Charme, der die Touristen regelmäßig verzauberte.

Auf der Piazza wurde sie bereits erwartet. Vor dem Tor des Rathauses hielten zwei ebenfalls in schwarz gekleidete Männer Wache. Ihre Gesichter waren kreidebleich. Und trotz der feurig roten Augen schön.

Der Rechte war fast einen Kopf kleiner als sein Begleiter. Dunkelbraunes Haar hing ihm verspielt in die Stirn. Seine Züge waren weich, fast zu schön für einen Mann. Und er sah deutlich jünger aus, als der Andere. Allerdings sahen sie sich noch so ähnlich, dass sie auch für Brüder hätten gehalten werden können.

Dieser hielt die Arme vor der Brust verschränkt. Seine Miene war ernst und unleserlich. Er presste die Lippen so fest aufeinander, dass sie nur noch ein schmaler Strich waren, was das markante Gesicht seltsam aussehen ließ.

Als die junge Frau die Piazza betrat, entspannte sich die Miene des einen. Die Miene des Rechten verdunkelte sich.

„Ich habe dir gesagt, dass sie heute kommen wird, Alec.“, sagte der Blondschopf triumphierend. „Heute ist ihr Jahrestag.“

Alec erwiderte nichts. Seine Züge waren wieder glatt und erhaben über jede Emotion.

„Los, komm.“ Langsam ging der Linke die Treppen zur Piazza hinab. Alec sprang zu ihm hinunter. Aufrecht landete er aus mehreren Metern neben ihm. Gemeinsam schritten sie die letzten Stufen hinunter.

Die Frau kam direkt auf sie zu. Stolz hatte sie das Kinn erhoben und musterte beide genau. Schmunzelnd blieb sie vor ihnen stehen.

„Wir hatten dich früher erwartet, Vittoria.“

„Guten Abend, Felix.“, begrüßte sie den, der gesprochen hatte. Freundschaftlich umarmte sie ihn und küsste ihn auf beide Wangen.

„Alec.“ Sie nickte ihm erkennend zu.

„Die Oberhäupter erwarten dich schon seit Tagen.“, sagte Alec. Er machte keinen Hehl daraus, dass er Vittoria nicht gut leiden konnte. „Du solltest sie nicht länger warten lassen.“

„Das wird sie schon nicht.“, unterbrach Felix ihn barsch. Er warf ihm einen drohenden Blick zu und ein leises Grollen stieg in seiner Kehle auf.

Unterwürfig wie ein Hund, der scharf zurecht gewiesen worden war, senkte Alec das Haupt vor Felix. „Ich werde die frohe Nachricht überbringen, dass du wieder Heim gekehrt bist.“, sagte er und drehte sich auf dem Absatz um. Eilig stieg er die Treppe wieder hinauf und schlüpfte durch das Tor in den Palazzo dei Priori.

„Ich gebe es nur ungern zu, aber Alec hat recht. Aro ist sehr unruhig. Diesmal hast du seine Geduld wirklich auf eine harte Probe gestellt.“, sagte Felix.

„Dann wird es Zeit, dass ich diese Probe beende.“, meinte Vittoria und wandte sich dem Rathaus zu in das Alec verschwunden war.

Felix und sie sprachen kein Wort miteinander, als sie die prunkvolle Eingangshalle durchquerten. Die Absätze von Vittorias Schuhen machten ein klackerndes Geräusch. In der leeren Halle verstärkte es sich verräterisch laut.

Mit dem Aufzug gelangten sie zwei Stockwerke tiefer.

„Falls es dir etwas bedeutet: Du hast uns allen gefehlt.“, sagte Felix.

Vittoria lächelte. „Ihr habt mir auch gefehlt.“, antwortete sie leise. „Es ist schön, wieder daheim zu sein.“

Ein angenehmes Klingeln ertönte und die Aufzugtüren schoben sich auf. Vittorias Miene wurde wieder ausdruckslos. Eine Porzellanmaske.

Felix ging ihr voraus. An einem großen Empfangstisch aus dunklen Mahagoniholz saß eine Frau mittleren Alters. Ihre Hautfarbe war dunkel, sonnengebräunt. Freundlich lächelnd blickte sie den beiden Vampiren entgegen. „Schön Sie wiederzusehen, Ma’am.“, sagte sie zu Vittoria.

Vittoria warf ihr einen Blick zu. „Gleichfalls. Sie haben sich verändert.“

Die Dame kicherte. „Lässt sich leider nicht vermeiden als Mensch, wissen Sie?“

Darauf antwortete Vittoria nicht weiter. Sie hatte keine Zeit und keine Lust sich mit dieser Frau zu unterhalten. Was wusste sie schon über die Volturi? Über das Leben als Vampir? Sie sollte sich glücklich schätzen ein Mensch zu sein. Aber wahrscheinlich hoffte auch sie, wie schon ihre Vorgängerinnen, eine von ihnen zu werden.

Felix öffnete ihr eine der Flügeltüren am Ende der Empfangshalle. Dahinter lag ein weiterer Raum. Hinter einem kleinen Schreibtisch saß ein weiterer Vampir.

Vittoria nickte ihm zu.

Er winkte sie gleich durch die schwere Holztür.

Auf dem Weg durch einen weiteren getäfelten Flur fragte Vittoria: „Gibt es Neuigkeiten bezüglich der Mitglieder der Wache?“

Felix nickte. „Ja. Eleazar hat uns verlassen. Er lebt jetzt in Alaska mit seiner Gefährtin und ist einer dieser „Vegetarier“ geworden. Aro war nicht begeistert von seiner Entscheidung.

Aber wir haben einen guten Ersatz bekommen. Demetri kam vor knapp sechs Monaten aus Russland her. Jetzt haben wir den besten Tracker, den es je gab. Manchmal ist er noch ein wenig dickköpfig, aber ich mag ihn sehr.“

Vittoria nickte. Auch sie betrübte, zu hören, dass Eleazar gegangen war. Seine Gabe war immer von großem Nutzen für sie gewesen. Auf den Neuling hingegen, war sie gespannt. Wenn Felix sagte, er mochte ihn gern, dann war das nicht bedeutungslos. Mit Felix schloss man nur schwer Freundschaft. Sie hatte es Jahrzehnte gekostet, ihm so nahe zu kommen, dass er ihr wirklich vertraute.

Vor ihnen schob sich die Wandvertäfelung zur Seite und Alec trat auf den Gang. Als er die beiden erblickte machte er ihnen Platz. „Aro möchte dich gleich sprechen.“

Durch die Geheimtür in der Wand traten sie in einen schmalen Gang, der sich zu einer großen Rotunde öffnete. Durch schmale Fensterspalten schien der Mond hinein. Der Marmorboden schimmerte mystisch.

Auf drei Holzstühlen, die mehr an Throne erinnerten, saßen sie. Die drei Oberhäupter der Volturi, des mächtigsten Clans der Vampire. Aro, Marcus und Caius.

Aufmerksam musterten sie Vittoria.

Felix und Alec traten nach ihr ein. Stumm nahmen sie ihre Posten zwischen den Säulen an der Wand ein.

Allein stand Vittoria in der Mitte und blickte zu Aro hoch. Respektvoll deutete sie eine Verbeugung an. Hinter den Sitzen entdeckte sie Renata und einen Vampir, den sie noch nie gesehen hatte. Das musste Demetri sein. Sein Aussehen machte ihn schon mal interessant.

Aber ihre Aufmerksamkeit galt Aro, der sich von seinem Stuhl erhob. Gütig breitete er die Arme aus und stieg die einzelne Stufe zu ihr herab. „Vittoria.“, sagte er, während er sie väterlich in die Arme schloss. „Willkommen zu Hause, meine Tochter.“

Vittoria schenkte ihm ein warmes Lächeln.

Sanft fasste er sie an den Schultern. „Lass uns in die Bibliothek gehen. Ich bin gespannt auf deinen Bericht.“

Einladend bot er ihr seinen Arm an und sie hakte sich ein. Sie wandten sich nach rechts und steuerten auf eine der Türen zwischen den Säulen zu. Renata hatte sich ebenfalls in Bewegung gesetzt und wollte ihnen folgen. Aber Aro winkte ab und sie zog sich wieder zurück.

Bevor sie die Tür durchschritten, kamen sie an dem Vittoria unbekannten Vampir vorbei. Sie hatte gleich bemerkt, wie er sie seit sie den Raum betreten hatte, neugierig musterte. Als sie an ihm vorbeiging blickte sie ihm direkt in die Augen und sog mehr Luft in ihre Lungen als sonst. Sein Geruch machte sie benommen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, jemals einen Mann so begehrt zu haben, obwohl sie noch nicht einmal ein Wort mit ihm gewechselt hatte oder überhaupt wusste, wer er war.

Verstohlen blickte sie über die Schulter, bevor sich die Tür hinter ihr und Aro schloss.

Ein Brief im Umhang

Ein Brief im Umschlag
 

„So Vittoria. Erzähle mir von deiner Reise.“, sagte Aro. Er hatte auf einem antiken Holzstuhl Platz genommen. Seine Ellbogen stützte er auf die Tischkante und legte die Fingerspitzen aneinander.

Vittoria betrat den hohen Raum kurz nach ihm und schloss die Tür. Ein wuchtiger Tisch dominierte den Raum. An den Wänden standen Bücherregale, die bis auf den letzten Platz gefüllt waren und hinauf zur Decke reichten. Von der Decke hing ein dekorativer Kronleuchter, dessen Kerzen nie gebrannt hatten.

Sie setzte sich auf den Stuhl ihm gegenüber. „Willst du nicht deine Gabe einsetzen? Es würde die Sache abkürzen.“, schlug sie vor.

„Nein.“, lehnte er ab. „Später vielleicht, um Details zu erfahren. Aber erst möchte ich dich hören. Wir haben mehr als genug Zeit.“

Vittoria zuckte mit den Schultern. „Wie du willst. Was möchtest du zuerst hören?“

Aro überlegte nicht lange. „Ägypten.“

„Amun hat ein neues Familienmitglied. Ein Junge namens Benjamin. Er wurde versehentlich verwandelt. Ich denke nicht, dass eine Strafe angebracht ist. Vor allem, weil er sehr vielversprechend zu sein scheint.“

„Inwiefern vielversprechend? Könnte er nützlich sein?“, wollte Aro ungeduldig wissen.

„Er kann die Elemente nach seinem Willen beeinflussen. Aber er ist erst achtzehn Monate alt. Du solltest noch warten, bevor du ihnen einen persönlichen Besuch abstattest.“

„Du hast Recht. Neugeborene sind gefährlich. Soll er sich ruhig in Ägypten entwickeln.“, sagte Aro überlegt. „Und sonst ist alles in Ordnung dort? Keine unbedachten Taten?“

„Nein. Obwohl fast nur die Sonne scheint, schaffen sie es unentdeckt zu bleiben. Bei der Jagd sind sie noch vorsichtiger. Ich habe allerdings nur zwei Monate bei ihnen verbracht. Das Klima und die Menschen dort gefielen mir nicht.“

„Wie stehen die Dinge bei Carlisle?“ Er dürstete danach, Neuigkeiten von seinem alten Freund zu hören.

„Es ist alles gut. Inzwischen haben sie einen dauerhaften Wohnsitz in Kanada, in der Nähe von Vancouver. Eine verschlafene Kleinstadt. Es hat mich einige Zeit gekostet sie zu finden. Carlisle beschützt seine Familie gut.“

Aro nickte. „Das hört sich ganz nach ihm an. Hält er immer noch an dieser Art fest, sich von Tierblut zu ernähren? Lächerlich…“

„Das tut er. Seine Familie ist immer noch beisammen. Er und Esme, Rosalie und Emmett, Jasper und Alice. Nur einer seiner sogenannten Söhne ist noch alleine.“

„Edward. Hat er das Angebot wieder abgelehnt?“

„Bedauerlicherweise ja. Ebenso wie Alice.“

„Zu schade. Und da habe ich schon meine bezaubernde Tochter geschickt, um ihm vielleicht damit die Sinne zu vernebeln. Aber wie es aussieht, ist er noch nicht bereit dazu, sich uns an zu schließen.“ Aro war sehr betrübt darüber. Sie konnte es in seinen Augen lesen.

Vittoria hob die Mundwinkel. „Ich habe mir die größte Mühe gegeben. Aber er scheint an niemandem interessiert zu sein.“

„Ebenso wie du.“, entgegnete Aro kühl. Er schaute sie ernst an.

Vittoria stand abrupt auf. Sie lief zu einem der hohen Fenster und spähte durch einen Schlitz im Vorhang hinaus. Unter ihr lag Volterra. Friedlich und ruhig. Am Horizont war kein Streifen Sonnenlicht mehr auszumachen. Sie seufzte und betrachtete das schlafende Städtchen. „Was soll das? Sollte ich dir nicht Bericht erstatten?“, fragte sie empört.

„Weil es mich etwas angeht, Vittoria. Ich habe es gesehen, sobald du die Rotunde betreten hattest. Du bist verbittert geworden.“, antwortete Aro ruhig. Sein Geduldsfaden war unnatürlich lang bei ihr.

„Nein, das tut es verdammt noch mal nicht! Es geht dich gar nichts an, mit wem ich zusammen bin oder nicht!“ Sie konnte das ewige Gerede von ihrem Ziehvater nicht mehr hören. Sie würde sich an niemanden binden. Niemals. Sie begehrte und benutzte nur.

Plötzlich war Aro neben ihr. Grob drückte er sie an die Wand. Zorn lag in seinen milchig roten Augen und er presste sichtbar die Zähne zusammen. „Rede nicht in diesem Ton mit mir, Vittoria. Mir scheint, du hast den Respekt auf deiner Reise verloren.“, zischte er.

Erschrocken schaute Vittoria ihm in die Augen. „Nein, das habe ich nicht.“, sagte sie entschuldigend. Sie senkte den Blick.

Aro ließ von ihr ab. „Ich glaube dir nicht. Aber ich bringe es nicht übers Herz, dir etwas an zu tun.“

Das wusste Vittoria. Er konnte es nicht. Sie wusste nicht genau warum, aber es schien mit ihrer Geschichte zusammen zu hängen. Als ob er ihr oder sich selbst gegenüber eine Schuld begleichen wollte. Doch sie hatte sich nie getraut, ihn danach zu fragen.

„Darf ich weiter sprechen?“

„Das genügt mir. Lass mich deine Erinnerung lesen.“, sagte er und legte seine Handflächen an ihre Schläfen.

Vittoria schloss die Augen und ließ es geschehen.

Ein stechender Schmerz fuhr in ihren Kopf, als ob eine Nadel herumstochern würde. Dann flimmerten Bilder vor ihrem inneren Auge auf, zu schnell, um sie in eine Ordnung zu bringen oder sie genau zu erkennen. Fetzen ihrer Erinnerung ihrer Reise. Geduldig ließ Vittoria die Tortur über sich ergehen.

Plötzlich nahm Aro seine Hände fort. Der Schmerz verebbte und Vittoria öffnete wieder ihre Augen. Blinzend schaute sie sich um.

Aro war verschwunden. Der Stuhl auf dem er gesessen hatte, war wieder ordentlich an den Tisch gerückt. Nichts deutete auf seine Anwesenheit hin. Misstrauisch schaute Vittoria aus dem Fenster. Auch hier war nichts verräterisch zu entdecken. In unschuldiger Stille schlief Volterra, nur um am Morgen wieder geschäftig und lärmend aufzuwachen.

Das war mal wieder typisch für Aro. Sobald er das hatte, was er wollte, ging er ohne ein Wort zu sagen.

Vittoria war es gerade nur recht. Sie wollte ihre Ruhe haben. Sie wollte in Ruhe nachdenken. Und vor allem wollte sie ihre Kleidung wechseln. Der Umhang war an einigen Stellen zerschlissen von der Reise. Nicht, dass sie nicht pfleglich mit ihm umgegangen wäre, aber ein Jahr herumwandern, nahmen auch den besten Stoff mit.

Vor der Tür zu Aros privaten Gemächern wurde sie schon erwartet. Felix lehnte an der Wand und schien in Gedanken versunken zu sein. Das klickende Geräusch des Schlosses, als die Tür zufiel, ließ ihn aufschrecken. „Da bist du ja.“, sagte er. Seine Erleichterung darüber, sie wiederzusehen, konnte er nicht ganz verstecken.

„Warum so erleichtert darüber?“, ging Vittoria auf ihn ein.

„Aro rauschte so schnell hier heraus, wie von einer Horde Werwölfe gejagt. Ich dachte schon, er hätte etwas getan, was er morgen bereuen würde.“

Vittoria schmunzelte. „Das könnte er nicht. Aber ich möchte jetzt gerne meine Garderobe ein wenig ändern.“ Sie machte eine ausladende Geste an sich herunter.

Felix betrachtete sie und nickte beim Anblick von einigen Löchern durch die schneeweiße Haut hervorschimmerte. „Ja. Ich komme mit dir. Wir haben auch einiges zu bereden.“

Vittoria schüttelte energisch den Kopf. „Ich möchte allein sein. Morgen.“ Sie wandte sich nach rechts und ging langsam den Gang hinunter.

Felix machte einen Satz hinter ihr her und schnitt ihr den Weg ab. Fest legte er seine Hände um ihre Schultern. „Versprochen?“, fragte er.

„Versprochen. Aber nur, wenn du mich jetzt in Ruhe lässt und deine Hände von mir nimmst.“, zischte sie. Warum war er manchmal nur so eine Klette?

Früher war er nicht so gewesen. Früher war er ein strikter Einzelgänger und grantiger Eigenbrötler gewesen. Aber hatte man erst mal sein Vertrauen gewonnen, dann schien man ihn nur sehr schwer wieder los zu werden.

Nur widerwillig zog Felix sich zurück. Mit gesenktem Kopf ging er den Gang in die entgegengesetzte Richtung davon, in die Vittoria wollte. Sie blickte ihm nicht nach, sondern beschleunigte wieder, sodass sie wenige Zentimeter über dem Boden zu schweben schien.

Zielstrebig fand sie ihren Weg durch die verzweigten Gänge zu ihren Gemächern. Herrisch stieß sie die Tür auf und schlug die Türflügel so fest zu, dass sie erzitterten.

Es war noch alles so, wie sie es verlassen hatte. Auf den Möbeln war noch nicht einmal eine Staubschicht zu entdecken. Sie war froh, dass sich jemand darum gekümmert hatte und sie nicht noch selbst Hand anlegen musste. Der Raum wurde von einem niedrigen Tisch dominiert um den gemütlich aussehende Sessel angeordnet waren. An den weiß getünchten Wänden hingen verschiedene Gemälde von berühmten italienischen Malern. In einer Nische hatte eine Skulptur der römischen Götter Phoebus und Diana Platz gefunden. Fenster gab es nicht.

Ein Türrahmen in Form eines antiken Bogen gearbeitet, neben dem ein alter Schreibtisch aus dem 19. Jahrhundert stand, führte in einen weiteren Raum. Dieser hatte eine hohe Decke und kunstvollen Stuck an den Wänden. Statt eines Bettes stand ein Diwan mit nachtblauen Laken in der Mitte. Daneben ein in persischem Design gehaltener Nachttisch. An der Wand hing ein Spiegel. Das waren die einzigen Möbel hier. Eine kleine Tür verbarg den Blick auf einen weiteren Raum.

Entnervt löste Vittoria die Fibel, die den Umhang an ihrer Kehle zusammenhielt und das Wappen der Volturi trug, und warf den Umhang achtlos auf den Diwan. Dann öffnete sie die Tür am anderen Ende des Raumes. Hinter ihr verbarg sich ein kleiner begehbarer Kleiderschrank.

Wahllos suchte sie sich eine schwarze Bluse aus und eine grau karierte Stoffhose, in die sie schnell schlüpfte.

Dann wandte sie sich ihrem Umhang zu. Seufzend löste sie das Wappen der Volturi. Auf dem Nachtschrank lag eine dünne Silberkette. Sie fädelte diese durch eine schmale Öse am Wappen und hängte sich die Kette um den Hals. Sorgfältig rückte sie den Anhänger im Spiegel zurecht.

Der Umhang war nicht mehr zu gebrauchen. Sie wollte ihn gerade nehmen und in den Kleiderschrank zu ihren anderen abgetragenen Umhängen verbannen, als ihr ein Stück Stoff an der Innenseite auffiel, dass wie ein Flicken aufgenäht worden war. Sie runzelte die Stirn und setzte sich im Schneidersitz auf den Diwan.

Vorsichtig löste sie die Nähte und hob den Stofffetzen an. Sie hörte das Knistern von Papier. Mit spitzen Fingern zupfte sie einen Umschlag hervor. Er war ziemlich zerknittert, aber nicht beschädigt.

Der Brief war an sie adressiert. Misstrauisch drehte sie ihn um. Vielleicht gab es einen Absender. Doch die Rückseite war nicht beschrieben. Vittoria wandte sich wieder ihrem Namen zu.
 

Vittoria
 

Bei näherem Betrachten wurde ihr klar, von wem der Brief stammte. Diese säuberliche, akademische Schrift konnte nur Carlisle Cullen gehören. Was wollte er nur sie wissen lassen, wenn er ihr einen Brief in den Umhang nähte?

Geschwind öffnete sie den Briefumschlag und zog mehrere Seiten, die eng mit schwarzer Tinte beschrieben waren, hervor. Aufgeregt begann sie zu lesen…

Offenbarung

Liebe Vittoria,
 

verzeih, dass ich diesen Brief so hinterlistig in deiner Kleidung versteckt habe. Wie gern hätte ich dir alles persönlich erklärt, aber ich musste dieses Wissen vor Aro schützen. Bestimmt hat er in deinen Erinnerungen gelesen, so wie ich ihn kenne. Und dieser Brief und sein Inhalt sind zu wertvoll als das er ihn ausspioniert. Sei bitte nicht nachtragend. Ich meine es nur gut mit dir, denn du bist mir, Esme und unserer Familie in den vergangenen Monaten sehr ans Herz gewachsen. Und hiermit möchte ich dir sagen, dass du, wann immer du Zuflucht suchst, zu uns kommen kannst. Wir würden dich gern bei uns aufnehmen.

Doch ich schreibe nicht, nur um dir zu sagen, dass du ein immer gern gesehener Gast bei uns sein wirst.

Wie du weißt, war ich einmal eine Zeit lang in Volterra beheimatet. Obwohl, eigentlich war ich nicht lang genug dort, um es wirklich meine Heimat nennen zu können. Allerhöchstens eine angenehme Zeit unter Freunden. Denn schon nach dreißig Jahren verließ ich Aro, Marcus und Caius wieder. Und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Es sind Dinge geschehen, die ich nicht verantworten konnte.

Schon damals waren die Volturi sehr strikt in der Einhaltung der Gesetze, die sie gemacht haben und häufiger mal zu ihren Gunsten auslegten. Wer sich nicht an diese ungeschriebenen Gesetze hielt, der wurde gnadenlos bestraft.

Doch zunächst musst du meine Geschichte, oder zumindest einen Teil von ihr, kennen, um deine eigene besser zu verstehen und warum ich mich ein wenig schuldig für dein Schicksal mache.

Ich wurde in London um 1740 geboren. Meine Mutter starb kurz nach meiner Geburt. Also musste mein Vater mich alleine aufziehen. Er war ein anglikanischer Priester, sehr intolerant gegenüber anderen Religionen und Lebensphilosophien. Außerdem glaubte er fest an die Existenz des Bösen. Regelmäßig wurden unter seiner Leitung vermeintliche Hexen, Werwölfe und Vampire verfolgt und auf Scheiterhaufen verbrannt. Viele Unschuldige starben.

Aber ich kann nicht sagen, dass er ein schlechter Mensch war. Er stand hinter seiner Überzeugung. Er war ein strenger Vater und erwartete viel von mir, seinem einzigen Sohn. Dennoch liebte ich ihn. Wie könnte ich auch nicht? Er war schließlich mein Vater.

Als er älter wurde, übertrug er mir die Verantwortung für diese Verfolgungen. Doch ich war eine ziemliche Enttäuschung. Ich konnte einfach keine Dämonen sehen, wo keine zu existieren zu schienen. Denn natürlich waren die wahren Kreaturen, die er jagte, nicht so einfach zu fangen.

Ich dachte immer meine Geduld, Sorgfalt, Neugier und mein Einfallsreichtum wären die guten Eigenschaften, die ich von ihm geerbt hätte. Und sie waren mir auch immer von großem Nutzen gewesen. Bis zu dieser einen kalten Winternacht, dachte ich das.

Ich hatte sehr genau nachgeforscht und entdeckte eine wirkliche Familie von Vampiren. Sie lebten in Londons zwielichtiger Unterwelt und kamen nur bei Nacht aus ihrem Unterschlupf, um zu jagen. Unzählige mussten damals so gelebt haben.

Und dieses eine Mal war ich mir sicher, dass ich wirklich Vampire entdeckt hatte. Die Bewohner der Gemeinde meines Vaters versammelten sich mit Mistgabeln, Sensen und Fackeln vor unserer kleinen Kapelle. Sie alle dürsteten danach die Schuldigen für viele ungeklärte Morde zu verbrennen.

Also führte ich sie zielstrebig zu der Stelle, an der ich die Vampire die Straße habe verlassen sehen. Der Mob wurde unruhig und wollte schon wieder in seine Häuser zurückkehren, als dann doch noch einer der Vampire aus dem muffigen Kelleraufgang kletterte.

Sobald er die wütenden Mitglieder der Gemeinde sah, rief er etwas auf Latein. Ich erkannte es als Latein, weil mein Vater mich oft die Bibel hat lesen lassen. Es gab noch keine Übersetzungen, deshalb musste ich zwingend Latein lernen. Zwei weitere Vampire erschienen auf der Straße und die drei flohen in die dunkle Gasse.

Wir folgten ihnen.

Ich war 23 und ein schneller Läufer. Ich setzte mich von der Gruppe ab. Die kalte Nachtluft brannte in meinen Lungen und plötzlich sprang mich jemand aus der Dunkelheit heraus an und riss mich zu Boden. Scharfe Zähne gruben sich in meinen Hals. Natürlich schrie ich. Schmerz durchflutete meinen Körper, wie flüssiges Feuer, und der Blutverlust drohte mich umzubringen.

Ich wusste nicht, was mit mir geschah. Hinter mir hörte ich den Mob brüllen und sich nähern. Plötzlich ließ mein Angreifer von mir ab.

Dann brach die Hölle los.

Todesschreie gellten durch die Gasse, als die Kreatur sich selbst verteidigte und die Männer anfiel. Ich lag blutend auf dem Boden und beobachtete das Geschehen. Ich war fast bewusstlos vor Schmerzen und konnte auch nur schwer glauben, was ich da sah. Ein Mensch wandte sich gegen seines gleichen und griff sie an, um ihr Blut zu trinken? Ich hatte immer geglaubt, dass die Monstergeschichten meines Vaters nicht einen Funken Wahrheit enthielten. Aber in dieser Nacht und den folgenden wurde mir klar, dass er unwissentlich Recht gehabt hatte.

Um mein eigenes Leben zu retten schleppte ich mich in einen verlassenen Keller, fort von dem Mob, die dem Vampir und das Opfer, was er sich geschnappt hatte, weiter verfolgten. Ich wusste, was mein Vater tun würde. Er würde die Toten verbrennen lassen und alles, was mit dem Monster in Berührung gekommen war, ebenfalls vernichten.

Ich kann nur Vermutungen anstellen, wie ich es vollbracht habe die nächsten drei Tage still zu bleiben trotz der Höllenqualen, die ich durchlitt, und nicht entdeckt zu werden. Drei Tage versteckte ich mich zwischen halb verrotteten Kartoffeln, Rattendreck und Spinnen.

Und dann war es vorbei. Ganz plötzlich verschwand der Schmerz aus meinen Gliedern. Es dauerte allerdings eine Weile, bis ich bemerkte, dass mein Herz nicht mehr schlug und meine Lungen den Sauerstoff aus der Luft nicht mehr benötigten. Ein unangenehmes Brennen in meiner Kehle verblieb jedoch.

Als mir bewusst wurde, was ich geworden war, versank ich in Selbsthass. Ich versuchte mich umzubringen. Wahrscheinlich war ich der einzige Vampir, der das jemals versucht hat. Ich versuchte es auf alle herkömmlichen Methoden, aber natürlich war es vergebens.

Ich war so jung, so jung, dass ich eigentlich dem Durst nicht hätte widerstehen können. Mein Instinkt hätte mich dazu bringen müssen zu jagen, aber ich konnte ihn erfolgreich unterdrücken. Ich führte mich nicht in Versuchung, indem ich mich so weit wie möglich von Menschen fernhielt. Je länger ich den Durst unterdrückte, desto schwächer wurde ich.

Ich war so wahnsinnig vor Durst, dass ich nicht anders konnte, als ein Rudel Rehe anzufallen, die eines Nachts meinen Weg kreuzten. Meine Stärke kehrte mit ihrem Blut zurück und ich erkannte, dass Menschenblut nicht die einzige Möglichkeit war zu leben, dass ich nicht das Monster werden musste, dass mich verwandelt hatte.

Endlich konnte ich meine Träume verwirklichen. Ich studierte und lernte nachts, reiste und plante am Tag. Ich durchschwamm den Kanal und reiste durch Frankreich und den Rest von Europa, wanderte von Universität zu Universität, um zu lernen und meine Bestimmung zu finden.

Und so kam ich nach Volterra. Ich studierte in Italien, als ich auf Aro, Marcus und Caius traf. Sie waren zivilisierter als alle anderen Clans, die ich bisher getroffen hatte. Und so entschied ich mich, bei ihnen zu bleiben.

Sie versuchten hartnäckig, mich dazu zu bewegen, meine naturgegebene Nahrungsquelle wieder zu verwenden. Aber ich ließ mich nicht überzeugen. Trotzdem blieb ich bei ihnen, um von ihnen zu lernen.

Während meiner Zeit in Rom hatte ich flüchtig Bekanntschaft mit einem dort ansässigen Clan gemacht. Bis heute war es wohl die einzige Familie, die auch biologisch miteinander verwandt war und nicht nur Familienbande vortäuschte, wie wir es tun.

Das ist der Zeitpunkt, an dem sich unsere Geschichte miteinander verflechtet. Ich habe dich zwar damals nur kurz persönlich getroffen, aber dein Vater berichtete mir ausführlich über dich und deine Gabe in seinen Briefen an mich.

Deine Familie wusste auch nicht, dass ich in Volterra Halt gemacht hatte. Die Volturi schenkten euch keine Beachtung, weil sie sich sicher fühlten. Sie waren sich sicher, dass sie, falls sich die Ereignisse doch überschlagen sollten, rechtzeitig in Rom wären. Nun, das waren sie ja auch…

Ich weiß nicht, was ich mehr hätte tun können, um das Schreckliche, was sie taten zu verhindern und dir dies alles zu ersparen. Aber ich hätte mehr tun müssen.

Du fragst dich zurecht: Wovon redet er? Die Volturi retteten mich vor den Rumänen!

Vittoria, es ist nur das, was sie dich haben glauben lassen. Die Rumänen waren zwar schon immer eine Bedrohung für sie, aber zu dem Zeitpunkt, hatten sie deren Clan schon fast ausgerottet.

Ich weiß, du willst es wahrscheinlich nicht hören und es wäre auch besser, wüsstest du nichts von der Wahrheit. Aber ich fühle mich verpflichtet dazu. Ganz einfach, weil ich nicht verhindern konnte, dass die Volturi das Gesetz wieder zu ihren Gunsten auslegten und wahrscheinlich zu überhastet handelten.

Nach meiner Studienzeit in Rom hielt ich den Kontakt mit deinem Vater Marcello aufrecht. Wir schrieben uns regelmäßig und tauschten unsere Erfahrungen aus. In einem dieser stets vertraulichen Briefe suchte er meinen Rat.

Er vertraute mir an, dass ihr euch einem Menschen offenbart hattet, dass deine kleine Schwester sich in einen jungen Künstler verliebt hatte, ihr ihn aber nicht verwandeln konntet. Die Gefahr, ihn umzubringen war einfach zu groß. Ich riet ihm, den Menschen so schnell wie möglich zu einem von uns zu machen, oder jeden Kontakt zu ihm abzubrechen. Denn ich wusste, dass die Volturi nicht lange zögern würden und ein blutiges Urteil fällen würden, bekämen sie Wind von der Sache.

Meine Korrespondenz mit Vampiren aus aller Welt war kein Geheimnis in Volterra. Ich ahnte nicht, dass meine Briefe gelesen wurden. Natürlich nicht, ich vertraute Aro und darauf, dass meine Privatsphäre gewahrt bleiben würde. Wie ich mich doch in ihnen täuschte…

Aro, Marcus und Caius zögerten nicht und reisten sofort nach Rom. Ihnen folgte der Großteil der Wache. Als ich erfuhr, dass die Oberhäupter fort waren, war mir sofort klar, dass sie keine Gnade walten lassen würden.

Auf der Stelle machte ich mich ebenfalls auf den Weg nach Rom. Als ich aber dort ankam, hatte die Wache ihr Werk fast beendet. Zu Stein erstarrt, beobachtete ich, wie sie deinen Bruder Andrea, mit dem ich eine engere Freundschaft begonnen hatte, in Stücke rissen und diese auf einen Scheiterhaufen warfen. Ich werde seinen letzten Blick in meine Augen niemals vergessen. Bis heute kann ich nicht sagen, ob er mir Vorwürfe machte hinter seiner Maske aus Schmerz. Ich für meinen Teil mache mir bis heute Vorwürfe.

Als ich endlich aus meiner Starre erwachte, wandte ich mich Aro zu. Mühsam hielt ich meinen Zorn zurück, als ich ihn aufforderte, mir das Geschehen zu erklären. Herablassend sagte er, dass Ungehorsam bestraft werden müsse, ohne Ausnahme, und dass ich froh sein konnte, dass ich nicht auch ein Urteil zu erwarten hätte.

Ganz benommen vor Trauer und erneutem Selbsthass, wollte ich auf direktem Wege nach Volterra zurückkehren, meine sieben Sachen packen und die Neue Welt für mich entdecken. Ich hatte schon länger in Erwägung gezogen, die Volturi zu verlassen, weil sie und ich doch zu verschiedene Ansichten vom Leben hatten. Und jetzt war die beste Gelegenheit gekommen, zu gehen.

Und dann warst plötzlich du da. Allein und verwirrt standest du aufeinmal in unserer Mitte. Um wenigstens ein wenig meiner Schuld zu begleichen, handelte ich unmittelbar. Noch bevor ein Mitglied der Wache dich angreifen konnte, schloss ich dich in meine Arme. Ich erinnere mich, als ob es gestern gewesen wäre. Du zittertest am ganzen Leib und klammertest dich fest an mir fest.

Ich war froh, dass Jane in Volterra zurückgeblieben war und sie dir nicht weh tun konnte. Ich brachte dich zu Aro, Marcus und Caius. Es kam mir vor, als ob sie sich stundenlang beraten würden. Und ich hielt dich die ganze Zeit, all die Zeit.

Und endlich wandte Aro sich an uns. Er tischte dir die Lüge auf, dass die Rumänen deine Familie überfallen hätten und sie getötet hätten. Leider waren die Volturi zu spät gekommen, um sie zu retten, aber dich würden sie in ihren Reihen willkommen heißen.

Ich konnte nicht fassen, was er erzählte, hielt aber meinen Mund. Wenn ich Einspruch erheben würde, das wusste ich, würden wir beide doch noch auf den Scheiterhaufen enden. Und so begleitete ich die Wache und dich zurück nach Volterra.

Dort erklärte ich Aro, Marcus und Caius, dass ich sie verlassen würde und nach Amerika gehen wollte. Sie ließen mich unbehelligt ziehen. Aber ich vergaß nie, was sie deiner Familie angetan haben und was sie dir damit angetan haben. Den Rest meiner Geschichte hast du in den Monaten bei uns erfahren.

Ich gebe zu, ich hatte nicht erwartet, dich jemals wieder zu sehen. Dementsprechend überrascht war ich, als du uns einen Besuch abstattetest.

Am Ende dieses Briefes kann ich mich nur wiederholen, dass dir das Haus meiner Familie offen stehen wird. Aber handle nicht zu voreilig. Aro hat zwar aus purem Eigennutz gearbeitet und vielleicht möchtest du dich rächen, nun da du die wahren Mörder deiner Familie kennst, aber vergesse nicht wer du bist.

Du kennst die Stärken der Wache und dass es unmöglich ist Rachepläne zu schmieden. Falls du es nicht mehr bei ihnen aushältst, kehre ihnen einfach den Rücken. Aber, bitte, versuche nicht, Rache zu üben! Es würde in deinem Tod enden!

Ich hoffe, du kannst mir eines Tages meine Taten vergeben. Ich hätte alles getan, um deine Familie zu retten, aber ich war zu leichtgläubig und deswegen habe ich versagt.

Ich kann dir nur alles Gute wünschen und hoffen, dass du wie versprochen Kontakt zu uns halten wirst. Dennoch, fühle dich nicht gezwungen dazu.
 

Vale,
 

Carlisle Cullen
 

PS: Esme wünscht dir ebenfalls alles gute und, dass du einen liebevollen Gefährten findest. Sie wünscht sich sehr, dass du uns bald besuchen kommst und, wenn du magst, für immer bei uns bleibst. Ebenfalls übermittle ich Grüße von Edward, Rosalie und Emmett.
 

Kraftlos fielen Vittoria die Seiten aus der Hand. In ihrem Kopf spielte sich die von Carlisle beschriebene Szene wie ein Film ab. Oft hatte sie Aro gefragt, wer der Vampir war, der sie in seinen Armen geborgen hatte, aber er hatte immer nur ausweichend geantwortet und nie konkrete Namen genannt. Jetzt wusste sie, warum.

Zitternd sank sie auf den Diwan. Seit Jahrhunderten hatte ihr Herz nicht mehr geschlagen. Jetzt fühlte es sich so an, als ob dort nichts mehr wäre; einfach ein Loch in ihrem Körper. Jetzt kannte sie die Antworten auf all ihre Fragen, die nie von einem der Oberhäupter beantwortet worden waren. Und sie wünschte, sie hätte sie niemals erfahren. Denn jetzt würde die Ehre der Familie und das Andenken an sie verlangen, Rache zu üben. Vendetta…Blutrache. Vittoria würde in ihr Verderben gehen. Aber sie würde es mit Stolz tun…



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Kommentare zu dieser Fanfic (10)

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Von:  Flippi
2010-03-10T20:28:15+00:00 10.03.2010 21:28
Wow... Also ich fand den brief wirklich klasse!
Da kann ich Chevelle nur recht geben der lies sich wirklich fast so als ob carlisle den geschrieben hätte...
Auch fand ich da toll das du so sehr in die Geschichte ihrer Vergangenheit eingegangen bist und das ganze so toll geschrieben hast!
Also die Geschichte ist einfach nur klasse!
Auch wenn ich nun mal gespannt bin was sie machen wird..
Oder wie sie rache nähmen wird...
Wie ich es anstellen würde, da hätte ich eine Idee... XP
Aber na ja sie ist ja nicht ich und da bin ich nun mal mehr als gespannt!
Sie findet da sicher auch ihre Möglichkeiten und es ist wohl irgendwie auch ihr glück das sie die meisten Wachen mehr oder weniger doch gut kennt...
Aber mal schauen wie das ganze wohl herauskommen wird!^.^
Also ich freue mich da schon sehr auf ein neues Kapi!
Lg

Flippi
Von:  Flippi
2010-03-10T14:44:12+00:00 10.03.2010 15:44
Also mir hat das Kapi auch wieder sehr gut gefallen!
Da bin ich nun wirklich mal gespannt was wohl in den Brief steht!
Ja und viel hat sie da wohl nun wirklich erlebt!
Interessant war es wieder mal!
Da bin ich nun wirklich mal gespannt wie es sich entwicket!
Felix scheint ja schon ein bisschen intresse an ihr zu haben, oder wenigstens scheint es so...
Wo sie ihn wohl einfach nur als guten Freund sieht!^.^
Aber na ja, da schauen wir wohl mal wie es weiter geht!
Ein kapi habe ich nun ja noch zu lesen...
Aber ich bin da wirklich mal gespannt!
Lg

Flippi
Von:  Flippi
2010-03-10T14:21:32+00:00 10.03.2010 15:21
Oh ja, ich fand das Kapi auch einfach sooo klasse!
Besonders etwas das ich ganz toll geschrieben fand was die Stelle ganz am Anfang wo die Sonne da hinter dem Turm so schön unterging. Das lied da einfach gerade so schön ein zu träumen... XP Da konnte ich so wirklich fast vor Augen sehen wie die Scene ausschauen mag.
Aber auch den Rest fand ich einfach so toll!
Auch wenn ich hier sagen kann das Felix auch wieder mein Favorit war!
Den mag ich einfach und wie du ihn so in deiner Geschichte beschreibst ist einfach klasse!
Besonders auch das mit dem Jahrzehnte lang kämpfen... XP
Irgendeie kenne ich das bisschen von mir... da müssen sich alle so schön lange mühe gehen... oder in der Regel...O__O Eine Ausnahme ist mir letztes Jahr mal begegnet, aber wir fanden das wohl beide merkwürig und irgendwie sind wir auch ein bisschen eigen...XP
Doch ich bin mal gespannt wie es sich wohl noch so entwickeln wird!
Auch wenn es sich ja schon viel versprächend anhört mit dem Neuen! XP
(Ich wer da zwar nicht so gerne in seiner Haut... aber ich bin dann doch mal gespannt wie sich Demetri nun so schlägt!^.^)
Und weiter lese ich da wohl auch gleich...
Bin krank und habe wohl nichts besseres zu tun!
Aber ich finde deine FF einfach sooo toll!!!!
Lg

Flippi
Von:  Flippi
2010-03-02T21:44:18+00:00 02.03.2010 22:44
Also ich bin mal gespannt wie die Geschichte so wird!
Aber eines muss ich dir sagen ich fand deine kleine Einleitung einfach klasse... XP
Da gebe ich dir einfach nur recht! Ich mag die Volturis erlich lieber...
Ah im Grunde sind sie so toll! (Auch wenn es viele wohl auch anders sehen... XP)
Ich finde sie einfach vom Charakter her interessanter...
Aber das siehst du wohl genau so!
Auch wenn ich sagen kann das ich den ersten Film gesehen habe (Mich dabei halb tot gelacht habe... aber ich habe nichts dafür... ich bin ein Mensch der vieles schnell lustig findet...) und auch den zweiten Film gesehen hat. (Der schon bisschen besser war... Auch wenn es wohl nur an letzten teil in Italien lag... Wieso nur... XP)
Dafür kann ich beichten das ich die Bücher nicht gelesen habe... ausser die Stellen wo die Volturis vorgekommen sind... (Und ich schreibe wieder viel unnützes zeugs... aber ich kann nicht anders...;__;)

Also ich fand den Polog einfach schon klasse!!!
Ah ich muss deine FF umbedingt weiter lesen!
Auch wenn ich da heute wohl nicht mehr dazu kommen...
Sie ist einfach sehr vielversprächen und genau das nach dem ich so lange gesucht habe!
Also ich bin schon mal sehr gespannt was kommen wird!
Lg

Flippi
Ps: Und irgendwie hast du bei den Bildern zu Demetri udn Felix recht... geändert sieht es viel besser aus... XP (Auch wenn ich mir darüber bis jetzt nie Gedanken gemacht hatte...)
Von:  Chevelle
2010-02-26T20:16:25+00:00 26.02.2010 21:16
Wow, das neue Kapitel ist wirklich gut geschrieben.
Ich finde, dass der Brief richtig authentisch rüberkommt. Als hätte ihn wirklich Carlisle geschrieben (ich hoffe, du weißt wie ich das meine XD). Auch finde ich schön, dass du so sehr auf Vittorias Geschichte eingegangen bist. Und das muss einfach bei einem OC!

Emotional und lebendig geschrieben, ich habe nichts daran auszusetzen!
Ich freue mich auf weitere Kapitel. Bin gespannt, was du dir für Vittoria noch einfallen lässt.

Liebe Grüße,
Chevelle (oder früher auch Frany)
Von: abgemeldet
2010-02-26T17:54:19+00:00 26.02.2010 18:54
Geil. Echt geil Mir gefällt Deine Geschichte total. :D

Und uuuh ... haha eine Affäre zwischen Vittoria und Demetri ? Uh xD
Hast Du den namen aus Illuminati ? ^^

Mach weiter so liebe Grüße Lolo
Von: abgemeldet
2010-02-09T17:18:40+00:00 09.02.2010 18:18
omg
wie gemein ist das denn ???? he
einfach da aufzuhören
voll fies von dir
mich interessierts jetzt aber auch was da drin steht^^
ein echt hammer kapi
freu mich schon aufs nächste ^^

lg
has
Von: abgemeldet
2010-02-06T18:53:50+00:00 06.02.2010 19:53
der prolog war ja der hammer
wow
einfach klasse
man weis überhaupt nicht wer das ist und es macht lust auf mehr zu lesen ^^
und das werd ich auch gleich tun xDDD
ne meine ansagen sind schon die besten ^^

lg
has
Von: abgemeldet
2010-02-06T18:53:39+00:00 06.02.2010 19:53
oho
der neue xDDD
das ist doch immer wieder geil
so was
die schöne verliebt sich in den neuen ^^
ich finde solche geschichten klasse =)
und felix erst
alec hat ja eine menge respekt vor ihm
gefällt mir
ich liebe felix von allen volturis am meisten
und ich finde sie auch nicht so böse
wie sie in twilight dargestellt werden
klar sie sind brutal und kaltblütig
aber dennoch liebe ich sie
sie sind meine favos unter den ganzen bösewichten
man wie sich das gleich wieder anhört
aber wow
sie musste echt lange kämpfen um mit felix befreundet zu sein
ein jahrzehnt lang
so lange würde ich zwar nicht darum kämpfen
da muss es sich schon um eine wirkliche Person handeln mit der ich befreudnet sein will
sonst wer mir sowas ja egal
ich bin da nichts so ^^
aber es wäre echt nett wenn du schreiben würdest wie die zwei sich angefreundet haben
wäre echt nett
und es interessiert mich jetzt echt xDDD
ein echt hammer kapi
ich hau dich gleich zu meinen favos ^^
würdest du mir eine ENS schicken wenns weitergeht ???????

lg
has
Von: abgemeldet
2010-02-06T18:42:44+00:00 06.02.2010 19:42
der prolog war ja der hammer
wow
einfach klasse
man weis überhaupt nicht wer das ist und es macht lust auf mehr zu lesen ^^
und das werd ich auch gleich tun xDDD
ne meine ansagen sind schon die besten ^^

lg
has


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