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Krieg der Engel

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
An die Freischalter
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das nicht schon auf Adult geschalten werden muss, also bitte einfach Bescheid sagen. Auch um zukünftig nicht vor Problemen zu stehen.

An alle
Ta-da~
Ich erlaube mir mal ein Lebenszeichen zu geben, indem ich so ganz langsam mal Krieg der Engel zum Ende führe. Es sind noch einige Kapitel und sie werden unregemäßig kommen. Aber! Sie kommen. Komplett anzeigen

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Teil 1

Wo viel Licht ist,

ist auch starker Schatten.

[Johann Wolfgang Goethe]
 


 

Prolog
 

Sie sah wie Melodie am Rand der Wolken saß und auf die Erde runter sah. Neugierig ging sie zu der anderen und blickte ebenfalls über den Rand. Dort unten stand ein Junge von etwa neunzehn Jahren auf dem Dach eines Hochhauses und schaute in die Ferne.

“Wieder ein Selbstmörder?” fragte sie.

Melodie drehte sich leicht zu ihr um. “Ah, Larissa. Ich weiß nicht, vielleicht auch nicht, er lächelt schon die ganze Zeit.”

“Die Menschen werden es wohl nie lernen. Wenn sie Selbstmord begehen, verwehrt man ihnen doch den Zutritt ins Himmelreich.” Larissa betrachtete den Jungen genauer, er lächelte wirklich und sah nicht unzufrieden aus. Nach einiger Zeit setzte er sich und lehnte sich zurück. Sie fand, dass er ein wunderschönes Lächeln für einen Sterblichen hatte.

“Eher kein Selbstmörder, er genießt offenbar nur die Aussicht.” kicherte Melodie und sah zu ihr rüber. “Gefällt er dir?”

Prompt wurde sie rot und sah zur Seite. “Nein, warum sollte er auch!?” meinte sie aufgebracht. Vorsichtig schaute Larissa wieder nach unten.

“Weil er ziemlich gut aussieht.” lachte die Andere, sie hatte sie ertappt, doch wirklich interessieren tat sie sich nicht für den Jungen. Er war einfach nur außergewöhnlich.

Ein Mann trat hinter den Jungen und starrte auf ihn herab. “Pst, sei mal leise.” Melodie hörte auf zu lachen und wandte den Blick wieder nach unten. Nun bemerkte der Junge den Mann und lächelte ihn entschuldigend an.

“Tut mir Leid, ich wusste nicht, dass sonst noch jemand hier hoch kommt.” Der Junge stand auf und klopfte sich den Staub von der Hose. Stumm ging der Fremde auf ihn zu und packte ihn am Hals.

“Hey, was soll das? Sie müssen doch nicht gleich so sauer werden.” Mit den Händen versuchte er sich zu befreien, doch der Mann hob ihn hoch und machte nur einen Schritt auf die Kante des Daches zu. Der Junge baumelte nun über der Tiefe und sah den Anderen angsterfüllt an.

“Ey Mann, mach kein Scheiß!” Bevor sie sich versahen ließ der Mann los und er stürzte ab, ungläubig und geschockt weiteten sich seine Augen. Im nächsten Moment lag er auf dem Boden vor dem Hochhaus und war tot.

“Oh nein! Er hat ihn umgebracht!” stieß Larissa aus.

“So ist der Lauf der Dinge, Larissa.” traurig stand Melodie auf und kehrte dem Rand der Wolken den Rücken.

“Können wir nichts für ihn tun? Ich meine, dort unten.”

“Nein, wir können und dürfen nichts tun.” Melodie verschwand und Larissa blieb sitzen und beobachtete, wie die Polizei kam und alles regelte.

1

Wieder einmal saß sie mit Melodie bei ihrem Herrn und sah auf die Erde nieder. Zwei Wochen waren vergangen, seit sie den Mord an dem Jungen gesehen hatte. Larissa hatte einmal geglaubt ihn im Himmelreich gesehen zu haben, in Begleitung einer der älteren Engel hatte man ihn heimlich irgendwo hin gebracht.

Der Herr hatte sich eine Grundschule ausgesucht, die er betrachtete. Ihr fiel ein kleiner Junge auf, der gerade neu in die Schule kam, wahrscheinlich kam er in die dritte Klasse. Er hatte eine Wollmütze auf und einen Rucksack lässig über der Schulter. Er strahlte etwas besonderes aus und kam ihr bekannt vor.

“Herr, dieser Junge…” murmelte sie und sah zu ihm hoch. Er saß hinter ihr auf seinem Thron.

“Ja, du kennst ihn, er stürzte von einem Hochhaus, wie du weißt.”

“Wieso ist er dort unten?” fragte Melodie. Die Frage, warum er ein Kind war, blieb erst einmal offen.

“Er braucht Zeit um seine Fähigkeiten kennen zu lernen. Dafür ist er jetzt auf der Erde.”

“Kann er die nicht hier kennen lernen? Ich meine, hier hat er doch mehr Ruhe als dort unten.”

“Alex hat mich darum gebeten, auf die Erde gehen zu dürfen.”

“Er will doch keine Rache nehmen oder etwa doch!?” erschrocken starrte Larissa auf den Jungen. Stumm hatte er sich in die ihm zugewiesene Klasse gesetzt, nachdem er der Lehrerin seinen Zettel gegeben hatte.

“Nein, ich habe keine Rachegedanken bei ihm festgestellt.”

“Herr, irgendwas ist anders bei ihm. Woran liegt das?” Melodie betrachtete den Jungen genauer.

“Er ist anders, da hast du recht. Alle Engel unterscheiden sich von einander, doch Alex Larson unterscheidet sich noch mehr von den Anderen und euch. Nicht einmal ich vermag da Schicksal zu durchschauen und es lenken. Vielleicht hat es mit ihm etwas ganz besonderes vor. Zudem hat er seine gesamten Erinnerungen an sein Leben als Mensch noch.”

“Wirklich? Das ist ja noch nie vorgekommen. Es ist bemerkenswert, dass er nicht auf Rache sinnt, obwohl er weiß, dass man ihn umgebracht hat. Hm…” Larissa schaute verträumt zu ihm runter, selbst als kleiner Junge haftete etwas an ihm, das sie sich nicht erklären konnte.

“Und nun los, meine Lieben, ihr werdet schon erwartet. Die Cherubim im Garten Eden werden nicht endlos auf euch warten.” Melodie und sie standen auf und verbeugten sich. Ohne weitere Worte machten sie sich auf den Weg zu ihrem neuen Aufgabenplatz. Alex Larson ging ihr den gesamten Tag über nicht mehr aus dem Kopf.
 

Sie sah auf ihre Klasse und musste feststellen, dass der Neuzugang nur da saß und eine Zeitung durchblätterte. Noch nie war ihr ein so unmotivierter und desinteressierter Schüler wie dieser untergekommen. Oft schlief er oder las, wie im Moment, Zeitung oder kritzelte etwas in sein Heft.

Genervt atmete sie tief durch um sich zu beruhigen. “Alex!” Mit gehobener Augenbraue und dennoch gleichgültigen Blick ließ er die Zeitung sinken und sah sie mit seinen braunen ins Gelb gehenden Augen an.

“Ja?” murrte er.

“Würdest du nach vorn kommen und die Aufgabe lösen? Und dann darfst du uns sagen, was heute schönes in der Zeitung steht und anscheinend interessanter ist als mein Unterreicht.”

“Von mir aus.” Betont langsam schlug er das Papier zu und kam nach vorn. “Welchen Lösungsweg wäre Ihnen denn lieber? Der Schwere oder der Leichte?” hinterhältig grinste er sie an. Sie ballte die Faust und war kurz davor ihm eine überzubraten, aber dann schrieb er einfach die Lösung an und drehte sich um.

“Heute steht einiges in Zeitung was interessanter als dieser Kinderkram ist. Zum Beispiel die Kritik gegen genmanipuliertes Obst, Getreide und Gemüse, etwas über die momentane Finanzlage des Landes, kleinere Reformen in unwichtigen Dingen und noch andere Sachen. Darf ich mich jetzt wieder setzen?” Verdutzt starrte sie ihn an, sie selbst hatte die Zeitung in der Pause gelesen und er hatte mit all seinen Aufzählungen recht. Offensichtlich las er sie wirklich und blätterte nicht nur darin rum um sie und den Unterricht zu stören.

“Du kannst dich wieder setzten.” seufzend fuhr sie fort und er las weiter. In der letzten Reihe raschelte immer das Papier und ließ sie kurz zusammen zucken.

Am Ende diese nervenaufreibenden Schultags lief sie eilig zum Zimmer des Direktors und klopfte an. Nach wenigen Minuten wurde sie rein gerufen. Der Direktor saß sichtlich am Ende an seinem Schreibtisch und rieb sich die Stirn.

“Herr Hoffmann, ich möchte mich über einen Schüler beschweren.” fing sie an und lenkte so die Aufmerksamkeit des Mannes auf sich. Er nickte und sie konnte fortfahren.

“Es geht um Alex Larson, er ist vorlaut, frech und-”

“verdammt eigensinnig, arbeitet nicht mit und andere Sachen. Nicht wahr?”

“Ja, genau! Dabei ist er gerade mal eineinhalb Wochen an der Schule.”

“Ich weiß, Frau Lichtenauer, es waren schon andere Lehrer wegen ihm hier, aber ich kann ihn nicht der Schule verweisen. Er stellt sonst nichts an und seine Noten sind einwandfrei, nichts spricht gegen seine Anwesenheit an dieser Schule.”

“Aber… Und dann ist da noch die Sache mit seiner Mütze, er setzt sie nicht ab, egal was man ihm sagt.”

“Auch das ist mir bereits bekannt. Lassen Sie ihn einfach machen, solange er sich nichts außer dieser Banalitäten zu schulden kommen lässt, sollten wir keine Diskussion mit ihm anfangen.”

“Was ist mit seinen Eltern, können sie nicht mit ihm reden?” sie war leicht verunsichert, was die Eltern des Jungen anging, bisher hatte sie nichts von ihnen gehört. Alex erzählte nicht viel und schien auch keine Freunde haben zu wollen, einige der Jungen hatten ihn am Anfang toll gefunden, weil er bereits gepierct war und tat was er wollte. Doch inzwischen hatten sie ihre Meinung geändert und ließen ihn in Ruhe, manche versuchten ihn zu ärgern, doch er ließ sich nichts anmerken.

“Bei mir hat sich weder seine Mutter noch sein Vater vorgestellt, ich habe die Vermutung, dass er ein Waisenkind ist und man deshalb so schwer mit ihm aus kommt.”

“Das wusste ich gar nicht. Mir war bewusst, dass er alle Schulsachen von der Schule gesponsert bekommt, aber dass er vielleicht ganz allein ist… Das ist ja schrecklich.”

“Bitte sagen Sie es weder den Schülern noch den anderen Lehrern, es ist nur eine Vermutung. Ich habe es Ihnen anvertraut, weil Sie seine Klassenlehrerin sind.”

“Danke für das Vertrauen. Ich werde mich dann verabschieden.”

“Auf Wiedersehen.”

2

Vorsichtig sah er zu ihm hinter, wieder einmal las er eine Zeitschrift und beachtete den Unterricht nicht. Schon seit längerem fand er Alex mit jedem Tag komischer. Kellan sah zu seinen Mitschülern und Mitschülerinnen, die ebenfalls zu dem komischen Jungen sahen, der sich seit vier Wochen in ihrer Klasse befand. Sie nickten und stimmten somit zu, dabei zu sein, wenn er Alex fragte, was unter der Mütze versteckt war. Er nahm sie nie ab, nicht einmal im Sportunterricht.

Die Pause kam nur quälend langsam und er wurde schon ganz hibbelig. Bald würden sie das Geheimnis um die Mütze wissen, zumindest wenn er die Mütze abnahm. Noch ein flüchtiger Blick zu Alex und er achtete wieder auf die Lehrerin.

Endlich klingelte es und alle standen auf, sammelten sich etwas abseits und gingen dann zu seinem Tisch. “Hey, Alex.” meinte Kellan bestimmt. Als wären sie lästig wandte er seinen Blick von der Zeitschrift ab und ihnen zu.

Er seufzte leise. “Wie kann ich euch helfen?”

“Was hast du eigentlich unter der Mütze, dass du sie nie absetzt?”

“Geht dich nichts an.” Er widmete sich wieder seiner Zeitschrift und ignorierte sie.

“Vielleicht ist es ja ein verhunzter Haarschnitt.” kicherte ein Mädchen als sie wieder gingen.

Ein anderes gab ihr eine kleine Kopfnuss. “Die wäre doch jetzt schon lange weg.”

“Ich schlage vor, wir nehmen sie ihm einfach weg.” Alex hatte es diesmal geschafft, dass sie gingen, doch das nächste Mal gaben sie sich nicht so schnell geschlagen.

“Wann willst du das denn schaffen?” fragte ein anderer Junge und sah ihn verwirrt an.

“Nach der Schule natürlich, du Dussel. Da ist er allein und uns kann kein Lehrer erwischen.”

“Du kannst echt gemein sein.” beschwerte sich eins der Mädchen, sie hatten alle die Arme verschränkt und sahen ihn strafen an.

“Na und? Ihr seid dann doch auch dabei, also beschwert euch nicht. Müsst ja nicht mit machen.” verunsichert wechselten sie Blicke, nickten dann und ließen die Arme sinken. Alle scharrten sich um Kellan und keiner bemerkte, dass Alex sie über den Rand seiner Zeitschrift hinweg aufmerksam beobachtete.

“Also, hört zu, wir machen das so…”

Es klingelte und sie konnten endlich nach Hause, seit der Pause in der sie sich aus gemacht hatten, wie sie ihm die Mütze klauen würden, waren sie alle nervös geworden und sahen oft zu Alex hinter. Er packte seine Sachen in den Rucksack und verließ den Raum. Eilig liefen sie ihm nach und folgten ihm einige Straßen lang, irgendwo blieb er dann stehen und schaute zurück.

Gleichgültig wanderte sein Blick über die Hälfte der Klasse und er legte den Kopf ein wenig schief. “Wie lange wollt ihr mir eigentlich noch folgen? Ihr seid schlimmer als jede Klette.” Als sie nichts sagten seufzte er wieder. “War noch was?” Er zog die Augenbrauen hoch. “Ihr und die Pappenheimer hinter mir tätet gut daran mich lieber in Ruhe zu lassen.” Kellan sah ihn überrascht an. Woher wusste er, dass hinter der nächsten Hausecke der Rest von der Klasse war? Bevor er überhaupt bemerkte, was geschah, lief Alex einfach weiter über die Straße. Sie liefen ihm nach, egal was er gesagt hatte, und dieses Mal versteckte sich keiner von ihnen.

In einer abgelegenen Gasse machte er wieder Halt und drehte sich betont langsam um. Als er sich ganz zu ihnen gedreht hatte und den Blick hob, stockte Kellan der Atem, hinter sich hörte er das Keuchen der anderen. Diese Überlegenheit die Alex ausstrahlte und seine gelben Augen in denen etwas lag, das er nicht verstand, nahmen ihm die Luft und ihm wurde ein wenig übel.

“Ich habe euch doch gesagt, dass ihr mich einfach in Ruhe lassen solltet. Was wollt ihr von mir?”

Kellan nahm all seinen Mut und seine Entschlossenheit zusammen. “Wir wollen, dass du die Mütze abnimmst.”

“Versucht doch sie mir weg zu nehmen.” ein triumphierendes Grinsen breitete sich auf dem Gesicht ihres Gegenübers aus. “Na los, ich warte, das hattet ihr doch sowieso geplant, oder etwa nicht?” Sie alle fühlten sich durch seine Worte beleidigt und sie rannten schreiend auf ihn zu.
 

Als sie die Tür zu dem Raum öffnete in dem ihre Klasse sie bereits erwartete, ahnte sie noch nicht, was sie dort sehen würde. Ihre Augen weiteten sich als sie die Schüler betrachtete, alle hatten Pflaster an Händen, Armen und Gesichtern und wer weiß wo noch. Sie sahen aus, als wären sie verprügelt wurden.

“Was habt ihr denn gemacht?” fragte sie betroffen.

Sichtlich geknickt sah ein Mädchen sie an. “Wir haben uns mit älteren Schülern gestritten und haben uns dann geprügelt.” erzählte sie, die meisten nickten zustimmend. Sie ließ den Blick über alle Gesichter schweifen und stellte fest, dass Alex überhaupt nicht verletzt war.

“Alex, was ist mit dir, hast du dich auch geprügelt?”

“Nein, ich hab mich da raus gehalten. Ich hab’s nur vom weiten gesehen und bin nach Hause gegangen.” fassungslos starrte sie den Jungen an, er hatte seine Klassenkameraden im Stich gelassen, als sich diese mit anderen geprügelt hatten. Sie hatte schon immer gewusst, dass er ein Einzelgänger und Außenseiter war, aber dass er sich nicht um seine Klasse sorgte war erschreckend. Bei ihm hatte sie in Sachen Sozialverhalten als Lehrerin völlig versagt.

Das Jahr war schnell vorbei und sie hatte noch immer ihre Schwierigkeiten mit Alex. Er war zwar vorlaut, mürrisch und gab freche Antworten, aber wenn es um seine Person ging blieb er verschlossen und zog sich zurück. Die Schüler hatten ganz aufgehört sich mit ihnen anfreunden zu wollen. Es war der Tag der Zeugnisausgabe und alle hatten ihre Zeugnisse, sie unterhielten sich angeregt darüber und prallten über gute Noten. Nur Einzelgänger Alex beteiligte sich nicht daran.

Es wurde leiser und alle sahen zu Alex, der auf dem Tisch lag und döste. Ein Mädchen stand auf und stelle sich vor ihn. Sie wurde aufmerksam, die Klasse würde doch keinen Streit mit dem Jungen anfangen wollen.

“Hey”

“Hm…” verschlafen sah er auf. “Was denn?” Unfreundlich wie immer, dachte sie sich, doch er wirkte verschlafen viel friedlicher als wenn er richtig wach war.

“Du machst doch so selten mit, bist du da überhaupt versetzt wurden?” fragte das Mädchen gehässig. Auch sie als seine Lehrerin fragte sich das, sie hatte nicht auf sein Zeugnis geachtet sondern es ihm einfach hingelegt.

“Ich weiß zwar nicht, was es dich angeht, aber ja ich wurde versetzt. Mit einem besseren Gesamtdurchschnitt als ihr alle zusammen.” Sie hätte ihm schon wieder eine verpassen können für seine patzige Antwort, doch sie tat es nicht. Beleidig setzte das Mädchen sich wieder und ließ ihn wieder in Ruhe. Schon bald war er wieder eingeschlafen und sie musste ihn zu Schulschluss sogar noch wecken.

Knurrend sah er auf, die sonst braunen Augen, waren nun mehr gelb. “Was denn jetzt schon wieder?” Als sie seine Augen sah und sein Verhalten bemerkte, glaubte sie ein Raubtier vor sich zu haben.

“Die Schule ist vorbei, Alex. Du kannst nach Hause gehen.” meinte sie zaghaft. Gähnend stand er auf und packte alles ein. Einige Schüler die gesehen hatten, das sie ihn weckte, waren stehen geblieben um sie zu beobachten.

“Tse, tolles Zuhause…” murmelte er und ging, verdrossen blieb er in der Tür stehen und sah zurück. “Schöne Ferien, wir sehen uns im nächsten Jahr.” Ungläubig starrte sie Alex hinter her, es war der erste freundlich gemeinte Satz den je von ihm gehört hatte.
 

Der Mann saß im Wagen vor einer Grundschule und wartete auf jemanden. Da fiel ihm ein Junge auf, der gerade aus der Schule kam. Er hatte eine graue Wollmütze auf, braune Haare lugten hervor und die Farbe seiner Augen war eine Mischung aus braun und gelb. Doch was ihn am meisten faszinierte war das, was den Jungen umgab, es weckte eine lange unterdrückte Gier.

Leise kicherte er. “Das wird sicher noch interessant, den werde ich im Auge behalten.” schnurrend erwachte der Motor und er fuhr dem Kind eine Weile nach, bis es zu auffällig geworden wäre. Er war sich sicher, den Jungen durfte man nicht einfach so ziehen lassen, er musste zumindest beobachtet werden.

3

Es war viel Zeit vergangen und inzwischen saß er in der siebten Klasse. Kellan unterhielt sich gerade mit einem Freund den er schon aus der Grundschule kannte, da ging die Tür auf und die Klingel war nur zu deutlich zu hören. Alle drehten sich um und ihr Mathelehrer sah auf. Durch die Tür kam ein Junge mit den Händen in den Taschen, zum schließen der Tür zog er eine aus der Tasche, aber die verschwand auch gleich wieder. Er glaubte gesehen zu haben, dass der Junge Handschuhe trug.

“Hi, mein Name ist Alex Larson, der Rektor schickt mich.” Kellan entglitten die Gesichtszüge. Das konnte einfach nicht wahr sein, er war froh gewesen als sich am letzten Schultag der vierten Klasse herausgestellt hatte, dass Alex fortzog. Und nun kam er drei Jahre später zurück.

“Gut, setzt dich Alex. Aber kannst du mir erklären, warum du erst zur zweiten Stunde erscheinst?” der Lehrer nickte.

Da war er wieder, dieser genervte Gesichtsausdruck. “Mein Flugzeug ist erst vor einer Stunde gelandet, tut mir Leid, aber ins Terminal des Flughafens kann ich mich nicht reinhacken.” antwortete er patzig. Er hatte immer noch eine Wollmütze auf und er setzte sie immer noch nicht ab. Alex ließ sich auf einen Stuhl ganz hinten fallen und legte sich gleich wieder auf den Tisch, aber schlief nicht sondern schrieb etwas in einen Block, den er aus dem Rucksack geholt hatte.

“Hey, Kellan.” flüsterte sein Freund. “Sag mal, verfolgt der uns? Der ist ja noch mieser drauf als in der Grundschule.”

“Weiß nicht.” verunsichert schaute er zurück. Im Grunde unterschied er sich äußerlich nicht von damals, außer dass er größer war, er hatte eine Wollmütze auf, einen Piercing mit einem Kreuz im linken Ohr und seine Augen hatten noch immer diese unheimliche Farbe. Nur seine Sachen hatten sich ein wenig geändert. Ausgewaschene Jeans, Nietengürtel, ein einfacher schief hängender Gürtel, Ketten und ein schwarzes T-Shirt. Kellan hatte sich nicht versehen, Alex hatte tatsächlich schwarze Lederhandschuhe an, kurz über den Knöcheln waren sie abgeschnitten und hatten eine saubere Naht.

Mürrisch sah Alex auf. “Ist was? Du kennst die Regeln doch: Lass mich einfach in Ruhe.” knurrte er ihn an, schnell drehte er sich wieder nach vorn um. Alex hatte ihn nicht vergessen und er, Kellan, hatte die Prügel nicht vergessen, die die ganze Klasse hatte einstecken müssen, als sie ihm die Mütze hatten wegnehmen wollen.
 

Sie hockte im Garten und sah im Teich wie sich Alex auf der Erde schlug. Zwar bemerkte sie, wie der Herr hinter sie trat, doch sie ließ es sich nicht anmerken.

“Verweilen deine Gedanken wieder bei dem Jungen?” wollte er von ihr wissen.

“Er ist ziemlich seltsam, als er ein Mensch war hat er gelächelt bevor er gestürzt war, doch jetzt zeigt sich kein einziges Mal eine Andeutung eines Lächelns immer nur dieses Grinsen, das andere verspottet oder das eines Raubtieres.” Larissa seufzte und sah neben sich. Der Herr hatte sich neben ihr nieder gelassen und sie errötete, da er ihr diese Ehre zuteil werden ließ.

“Er ist schlecht gelaunt und benimmt sich nicht wie es sich für ein Engel gehört. Ist er denn wirklich einer der unseren?”

“Ja, er ist ein Engel. Alex verhält sich so wie er es für richtig hält.”

“Er sündig so oft, Herr…”

“Weil er eine Aufgabe hat und die hat er zu erfüllen. Wir müssen über seine Sünden hinweg sehen. Egal was er tut, er tut es immer im Glauben an mich und daran, das Richtige zu tun.” Der Herr sah sie mitfühlend an. “Jeder hat seinen Platz in diesem Krieg. Im Krieg de Engel.” erschüttert starrte Larissa ihn an.

Teil 2

Es blüht die Blume nur kurze Zeit,

die Freundschaft blüht in Ewigkeit.
 

1
 

Seit einem Jahr hörte er sich das leise Getuschel über sich an und sagte nichts dazu. Sollten sie doch denken, was sie wollten. Ihm war aufgefallen, dass die Lehrer und die Schüler, die ihn aus der Grundschule kannten, ihn strenger beobachteten als früher. Inzwischen hatten manche Lehrer angefangen ihm wegen seiner unmotivierten Mitarbeit zu drohen. Bisher hatte Alex sich gut behaupten können, doch nur weil ihm seine noch nicht ausgereiften Fähigkeiten geholfen hatten.

Nun war es wieder soweit, der Lehrer kam auf ihn zu und stellte sich mit verschränkten Armen vor ihm auf. Er selbst ließ ihn unbeachtet und schrieb weiter seinen Bericht.

“Alex, würdest du gefälligst mitmachen!” fuhr man ihn an.

“Verziehen Sie sich.” brummte er ohne aufzusehen.

“Ich habe mich wohl nicht klar genug ausgedrückt. Arbeite mit oder ich gebe dir eine Sechs.” herausfordernd setzte er sich auf und einige in der Klasse hielten abrupt den Atem an.

“Sie sollen sich verziehen.”

“Arbeite mit oder du kassierst eine Sechs!” amüsiert lachte er auf, was das Fass offenbar zum überlaufen brachte. “Wie du willst, du kriegst die Sechs.” Prompt stand Alex auf und spürte die Wildheit in sich hoch kochen und somit auch die Dominanz.

“Ach, meinen Sie wirklich? Ich glaube eher nicht.” grinsend bohrten sich seine Augen in die des Lehrers.

“Ja, meine ich.” der Mann wollte sich schon umdrehen und gehen, aber er konnte den Blickkontakt nicht unterbrechen und blieb wo er war. Alex’ Grinsen wurde breiter und animalischer, als er spürte, wie sein Lehrer Angst bekam. Die Entschlossenheit in der Haltung und den Augen des Lehrers verschwand.

Als er den Blickkontakt letztendlich unterbrach, lief der Mann unsicher zur Tafel und fuhr fort. Wieder würde er keine Sechs bekommen.

Die Stunde war fast zu Ende, als ihm ein bekannter Geruch in die Nase stieg. Gier und ein uralter Instinkt wurde in ihm geweckt, auch die Wildheit erwachte wieder. Schnell packte er seine Sachen ein und stand auf.

“Alex, setz dich, wenn du schon nicht mitarbeitest.” maulte der Lehrer rum.

“Sorry, ich hab was zu erledigen, außerdem ist eh gleich Pause.” Eilig verließ er den Raum.
 

Kellan sah aus dem Fenster und beobachtete, wie Alex über die Straße rannte. Er hatte gewusst, dass er schnell und sportlich war, aber dass er derart schnell war, war ihm völlig unklar gewesen. Auch das er so wach und motiviert sein konnte und den Unterricht wegen irgendwas verließ.
 

Alex sprintete die Straßen entlang, irgendwo blieb er stehen und sah sich um. Er wusste sehr wohl, dass er verfolgt und beobachtet wurde. Schon vom ersten Tag an hatte er es gewusst.

“Bist du es nicht langsam leid mich zu verfolgen? Komm doch endlich raus.” Ein Mann trat aus dem Schatten und lächelte ihn an.

“Alex, schön dich zu sehen.” Die Augen des Fremden schimmerten einen Moment lang rötlich.

“Ich kann nicht behaupten, dass es mir genauso geht.”

“Wirklich schade.” enttäuscht schüttelte der Mann den Kopf. Kaum hatte er seine Schauspielerei beendet griff er auch schon an indem er nach ihm schlug. Leicht wich Alex aus und sah ihn schief an.

“Was denn, hast du nicht mehr zu bieten? Dann verschwende ich hier ja meine Zeit.” Der Mann schlug und trat noch einige Male lasch nach ihm und er wich immer aus. Sein Elan zu Kämpfen nahm schon wieder ab, als ein richtiger Tritt auf seine Kniekehle zielte.

“Es gab eine Zeit, da wollte ich dich anwerben. Ist dir das klar, Alex?”

“Tut mir Leid, ich hab mich jemandem anderen verpflichtet.” grinste er. Knurrend setzte er einen Kick in den Nacken, wodurch der andere leicht zusammensackte. Etwas gehockt trat Alex noch einmal zu, mit dem Gesicht als Ziel. Doch sein Fuß wurde von einer Hand abgefangen.

“Wir wissen, dass du von der anderen Seite kommst.”

“Es ist immer ein Fehler sich mit dem Teufel einzulassen.” zischte er bösartig. Der Kampf wurde ernsthafter, doch er wurde es schnell wieder leid, da der Mann offensichtlich keinen Nahkampf beherrschte. Aus seiner Tasche zog er eine Colt Border Patrol MK3 und richtete sie auf den Kopf des Mannes.

“Du kannst von Glück reden, dass ich kein Schwert in der Öffentlichkeit tragen darf.” brummte er und schoss. Er traf die Mitte der Stirn, doch die Wunde schloss sich gleich wieder und der Mann begann zu lachen. Er war besessen und der Dämon in ihm schützte ihn vor gewöhnlichen Waffen oder Munition. Aber wer sagte, dass Alex nur gewöhnliche Munition geladen hatte?

Er lud ein Mal durch um zu den letzten vier Patronen zu kommen. Triumphierend sah er den Fremden an, seit Jahren hatte er ihn auf Schritt und Tritt verfolgt ohne irgendwas zu unternehmen.

“In nomine Patris,” er versenkte die erste Kugel wieder in der Stirn, diesmal blieb das Loch aber. “et Filii,” die zweite Kugel brannte sich unterhalb des Brustbeins ins Fleisch. “et Spiritus Sancti.” die restlichen zwei Kugel bohrten sich in die Schultern und es flammte ein Kreuz auf. Kreischend stand der Mann da und rief nach seinem Herrn, den Teufel.

“Fahr zur Hölle, Arschloch.”

Bevor er endgültig zu Asche verbrannte, schrie er noch einmal. “Wir werden uns wieder sehen, Alex! Das verspreche ich dir!” unbeeindruckt stand er da und verstaute die Waffe wieder in der Tasche. Mit der Zunge fuhr er sich über die Lippen, er war nicht auf seine Kosten gekommen und fühlte sich von dieser Lachnummer verarscht.

Beleidigt ging er gar nicht erst wieder in die Schule sondern direkt nach Hause. Wo ihn ein formeller Brief bereits erwartete.

“Mann, die können einen echt nerven. Wissen die nicht, dass ich hier zu tun hab?” murrte er, als er das Rosensiegel betrachtete.
 

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Noch kurz etwas zu dem Zitat am Anfang. Das Orginal kommt von Wilhelm Busch und ich habe nur ein Wort abgeändert.

2

Alex wirkte nervös, fand zumindest Kellan, der sich hatte neben ihn setzen müssen. Er sah ständig auf die Uhr und kritzelte gehetzt in seinen Block. Er sah genauer hin, es war eine uralte Schrift, die der andere benutzte, und kleine Zeichnungen verbildlichten offensichtlich den Text.

In der vorletzten Stunde fast am Ende hörte man, dass er seinen Stift auf den Block schmiss.

“Verdammt!” Eilig packte er ein und alle drehten sich zu ihm um. Kellan sah wie der Lehrer zu Alex ging.

“Setz dich wieder hin, ich habe gehört, was du dir gestern erlaubt hast.”

“Ach, geben Sie mir eben eine Sechs. Ich komm so schon zu spät!” Mit diesen Worten verschwand er, doch er bemerkte anscheinend nicht, wie er einen Brief verlor.

Schnell schnappte Kellan sich den Umschlag. Er war aus altem Pergament und war ursprünglich mit einem Wachssiegel verschlossen gewesen. Verwirrt betrachtete er es und glaubte eine Rose zu erkennen. Vorsichtig holte er den Brief heraus und begann ihn zu lesen.
 

An Alex Larson

Kommandant des ersten Seraphimkorps

Vizekommandant der Militärabteilung
 

Sehr geehrter Kommandant Larson,
 

ich, Elisa, benachrichtige Euch hiermit über das Treffen mit den Anderen am gewohnten Ort. Es wird dreizehn Uhr Eurer Ortszeit beginnen.

Man bittet Euch um Eure dringende Anwesenheit und Pünktlichkeit und möchte darauf hinweisen, dass Ihr an den letzten vier Treffen nicht teilgenommen habt.
 

Mit freundlichem Gruß

Elisa
 

Ihm stockte der Atem. Kommandant? Vizekommandant? Wer war dieser Typ? Der Lehrer räusperte sich und riss ihn aus seinen Gedanken. Kurz schaute er sich um, um sicher zu gehen, dass niemand sonst den Brief bemerkt hatte und widmete sich dann wieder dem Unterricht.
 

Als er das Zimmer betrat erwartete Elisa ihn schon mit seiner Garderobe gehetzt ließ er seinen Rucksack in einer Ecke liegen.

“Heute nur den Umhang, Elisa!”, maulte er sie an, als sie schon mit Hemd und Hose zu ihm kam. Rasch legte sie diese zur Seite und holte den Umhang. Ehrenvoll legte sie ihn bewusst langsam um die Schultern und wollte herum kommen um ihn zu schließen, aber er lief schon los und schloss ihn selbst. Elisa lief ihm fast rennend hinter her und richtete den Umhang noch ein wenig.

“Sie sind aufgebracht, Kommandant, Ihr solltet Euch darauf vorbereiten.”

“Ich weiß, deswegen solltest du dich jetzt auch zurückziehen.” Sie nickte und verbeugte sich. Das Mädchen war zwar nicht seine Vizekommandantin, aber sie übernahm einen Großteil der Pflichten eines solchen. Nur für den Kampf war sie nicht gemacht. Alex stieß die Türen auf und alle Köpfe drehten sich zu ihm um.

Ein bärtiger alter Mann sah ihn streng und strafend zugleich an. “Du bist zu spät, Alex.”

“Dafür entschuldige ich mich, ich habe die Zeit verpasst. Aber es ist besser als würde ich gar nicht kommen.” Er setzte sich auf seinen Platz und lehnte sich zurück. Solche Treffen waren nichts für ihn, er und seine Truppe erledigten die Dinge auf ihre Weise, womit die anderen Kommandanten nicht unbedingt einverstanden waren.

“Nimm in Gegenwart des Herrn gefälligst die Mütze ab!”, schnauzte man ihn von der Seite an.

“Mir wäre wohler, wenn ich sie aufbehalten darf.” Fragend warf er einen Blick zum Herrn, der in seinem großen Thron saß und alles mit anhörte.

“Behalt sie auf”, meinte er gütig. “Aber nun lasst uns anfangen.”

Der erste Engel stand auf. “Wir sehen eine deutliche Bewegung in den Reihen der Anderen. Sie bekommen immer mehr Zuwachs, wogegen unsere Reihen nur einen schmalen Zuwachs verzeichnen können.” Alex verleierte die Augen, man nannte den Teufel und sein Gefolge die Dämonen nur die ›Anderen‹.

Seufzend erhob auch er sich. “Ist ja wohl klar, dass er immer mehr findet, die für ihn arbeiten und wir nur wenige finden. Wir haben Ansprüche an die Engel, die in den Kampf ziehen sollen. Sie müssen außergewöhnliche Fähigkeiten haben und festen Glaubens sein. Das mit dem Glauben ist nicht das Problem, es sind die Fähigkeiten, die kaum ein Engel hat um ein Seraphim zu werden.

Der Teufel hingegen nimmt jeden der zu ihm kommt, er vergreift sich sogar an den Menschen. Menschen mit einem schlechten Kern, die alles tun um an ihre Ziele zu kommen gehen nur zu gern einen Pakt mit ihm ein.”

“Alex, ich warne dich, übertreib es nicht”, zischte Georg, der bärtige Engel und sein ehemaliger Mentor.

“Was bieten wir den Menschen schon? Seelenheil, na und? Kein Mensch außer die Männer und Frauen in den Klöstern will heute noch Seelenheil bekommen. Was zählt sind materielle Besitztümer.” Ernst sah er in die Runde und bekam nur böse Blicke zurück. “Luzifer kann ihnen alles geben, was sie haben wollen, dazu müssen sie ihm nur ihre Seelen verkaufen. Und die fahren zur Hölle, wenn sie von uns getötet werden. Mit jeder gekauften Seele die dort unten landet ist er einen Dämon reicher.”

“Jetzt reicht es! Wie kommst du dazu uns belehren zu wollen!?”, schrie ein anderer Engel ihn an, sein Gesicht war rot vor Zorn. “Woher willst du wissen, wie der Teufel zu seinem Gefolge kommt und dass wir diejenigen sind, die sie ihm schicken?!?”

Auch Alex wurde nun wütend. “Weil ich derjenige bin, der auf der Erde ist und täglich mehr als einen dieser Menschen auslöscht. Tagtäglich sehe ich sie zur Hölle fahren, immer bin ich es dem sie ein Wiedersehen versprechen. Und nur weil keiner von euch nach unten geht um die Lage selbst zu beurteilen. Manchmal frage ich mich, warum ihr das Kämpfen gelernt habt und immer noch trainiert, wenn ihr ja doch nur hier oben sitzt und alles aus der Ferne beobachtet!”

“Beruhige dich, Alex”, der Herr lächelte ihn beruhigend an, aber er wollte sich nicht beruhigen, nicht wenn er sich das alles anhören musste. Dennoch setzte er sich wieder und hielt die nächsten Stunden über den Mund, fast war er eingeschlafen, doch da spürte er plötzlich etwas.

Sofort war er wieder richtig wach und setzte sich aufrecht hin. Auf der Erde war irgendwas los und nur er konnte es spüren. Vermutlich hatte er zu viel Zeit in der Gegenwart der Menschen verbracht.

Eilig stand er auf und verbeugte sich vor dem Herrn. “Bitte verzeiht.” Mit schnellen Schritten verließ er den Raum, den Umhang vergaß er völlig abzulegen.

“Elisa, mein Schwert und meine Sachen.” Das Mädchen kam zügig zu ihm und reichte ihm alles, jedoch nahm er nur das Schwert an sich. Die silberne Klinge schimmerte leicht.
 

Angsterfüllt sah er zu dem Ding hoch, das drei Meter über ihm aufragte und einem feuerrotem, verwesendem Drachen nicht unähnlich sah. Die Schuppen fehlten an einigen stellen und die Muskeln kamen zum Vorschein, der Gestank von Verwesung und Schwefel drang in seine Nase. Er war einfach aufgetaucht und versperrte ihm bedrohlich den Weg.

Langsam kroch das Ungetüm auf ihn zu und knurrte. Kellan stolperte und saß plötzlich auf seinem Hinterteil. Zitternd blieb er, wo er war und wartete mit geschlossenen Augen auf die Klaue, die sich schon hob um ihn zu töten.

Er spürte einen kurzen Luftzug, doch die Klaue kam nicht. Vorsichtig öffnete er die Augen und glaubte nicht, was er da sah. An der schwarzen Mütze hatte er Alex sofort erkannt, er trug einen langen weißen Umhang und wehrte die Klaue mit einem Schwert ab. Er schwang das Schwert gerade als Kellan eine Hand auf seiner Schulter spürte.

Erschrocken fuhr er herum und sah in das Gesicht eines kleinen Mädchens. Sie war maximal zehn, vielleicht elf Jahre alt, hatte die blonden Haare hochgesteckt und sah ihn mit besorgten mandelfarbenen Augen an.

“Ist Ihnen etwas passiert?”, fragte sie. Stumm schüttelte er den Kopf, was hatte dieses Mädchen mit Alex zu tun? Oder war sie einfach nur zufällig dort? Leise Schritte kamen auf sie zu und er sah auf. Das drachenartige Ding war verschwunden und Alex hatte das Schwert über die Schulter gelegt, seine Miene verhieß nichts gutes.

“W-Was war das?”, stotterte er.

“Ein Albtraum.” Kellan sah die Faust nicht kommen, aber sie schlug ihn zu Boden und er verlor das Bewusstsein.

Es war dunkel als er die Augen öffnete und er lag auf dem harten Boden der Straße. Sein Schädel dröhnte und er konnte sich nur schwach daran erinnern, was vor seiner Bewusstlosigkeit passiert war. Träge setzte er sich auf und rieb sich das Gesicht um wieder wach zu werden.

“Da ist er!”, rief jemand und fünf Schatten kamen auf ihn zu. Seine Freunde hockten sich zu ihm und sahen ihn an.

“Mensch, was ist denn passiert? Wir suchen dich schon seit Stunden.”

“Ich… Ich weiß nicht genau.” Kellan fragte sich, ob es wirklich nur ein Traum gewesen war, dass ihn dieses Ding angegriffen hatte oder vollkommen real war. Man half ihm hoch und brachte ihn nach Hause, aber die Frage über die Wahrheit ging ihm nicht aus dem Kopf. Denn wenn das alles real war, dann hatte Alex wirklich etwas zu verheimlichen.

3

Er hatte über eine Woche gewartet, bis er entschieden hatte Alex den Brief zurück zu geben. Es war gerade große Pause und alle mussten den Raum verlassen. Ihm kam es so vor als hätte er eine Ewigkeit gebraucht um den Anderen zu finden. Alex hatte es sich auf einer Treppe bequem gemacht und döste.

“Mann, kann der nicht nachts schlafen, wie andere auch?” fragte er sich leise und trat neben ihn. “Hey, Alex.” Knurrend öffnete er die Augen, sie waren fast gelb. Diesen Farbwechsel hatte Kellan schon einige Male beobachtet und konnte es sich immer noch nicht erklären.

“Was willst du?”

“Dir etwas zurückgeben.” Er setzte sich auf eine der Stufen.

“Und was bitteschön?” Auch Alex setzte sich auf, die gelben Augen lagen die ganze Zeit auf ihm.

“Den Brief hier.” Aus der Tasche holte er den Umschlag und reichte ihn dem anderen Jungen. Welcher ihn kommentarlos entgegennahm.

“Du hast ihn gelesen.” Stellte er fest. “Bist du wenigstens schlau daraus geworden?”

“Nein, aber ich habe Fragen. Warum wirst du darin als Kommandant bezeichnet?”

Alex machte ein abwertendes Geräusch. “Ich hab gefragt, ob du schlau daraus geworden bist und nicht, ob du Fragen hast. Von mir bekommst du jedenfalls keine Antworten.” Er stand auf und ging. Kellan blieb allein sitzen und fühlte sich irgendwie veralbert.
 

Gelangweilt saß er da und zeichnete in seinen Block, das Treffen mit den Anderen drei Wochen zuvor hatte wieder einmal bewiesen, dass er für eine Unterhaltung mit den Anderen nicht geschaffen war. Jedes mal, wenn er an einem Treffen teilgenommen hatte, waren sie im Streit auseinander gegangen.

Der Gestank von Schwefel kam mit den Schritten im Treppenhaus näher und er bereitete sich schon einmal darauf vor nicht aufzufallen. Als er es nicht mehr ertrug zog er das Palituch über die Nase und ignorierte die mahnenden Blicke der Lehrerin.

Plötzlich wurde sie Tür brutal auf gerissen und alle erschraken. Zwei Dämonen in Menschengestalt betraten den Raum murmelnd, wahrscheinlich waren sie auf Rekrutensuche. Sie musterten jeden Schüler, doch an ihm liefen sie einfach vorbei.

Gut hörbar schnüffelte einer der Beiden. “Riechst du das auch? Diese Reinheit?”

“Das sind Kinder, klar riechen die sauberer als Erwachsene.” Wieder schnüffelte er und wandte sich an ein Mädchen, ängstlich lehnte sie sich zurück, als er ihr zu nah kam. Ein drohendes und tiefes Grollen entwich Alex’ Kehle und machte sie so auf sich aufmerksam.

“Ein Mensch der knurrt, ist ja niedlich.” Kicherte der eine.

“Ich glaube, der ist es.” Murmelte der, der ihn schon gerochen hatte. “Sag, Junge, bist du wirklich so rein?” Unter dem Tisch hatte er bereits seine Waffen geladen, wenn sie angriffen, würde er sie auslöschen.

“Nicht wirklich.” Grinste er. “Verlasst den Raum, hier gibt es nichts für euch zu holen.” Die beiden Dämonen kamen auf ihn zu. Als sie deutlich zu nahe waren stand er auf und hob die Waffen, die Läufe richtete er auf die Köpfe der Beiden.

“Ihr sollt den Raum und am besten dieses Gebäude verlassen, sonst habt ihr Kugeln in euren Köpfen, die euch gar nicht gut bekommen.” Unsicher sahen sie einander an, nickten ihm zu und gingen langsam in Richtung Tür. Sie hatten gewusst worauf er angespielt hatte. Schnell waren sie weg und alle erholten sich von dem Schock.

“ALEX! Du meldest dich sofort beim Direktor!” Schrie die Lehrerin.

Erschrocken zuckte er zusammen, seine Gedanken waren noch bei den Dämonen. “Wieso?”

Mit einem eindeutigen Blick sah die Frau auf die Waffen. “Wegen illegalen Waffenbesitz und weil Waffen auf dem Schulgelände verboten sind.”

“Die sind nicht illegal!” Erwiderte er empört. “Von mir aus kann ich Ihnen meinen Waffenschein zeigen.”

Seine Aussage wurde völlig übergangen. “Du wirst dich beim Direktor melden!” genervt packte er die Waffen und seine Sachen ein.

“Von mir aus.” Alex lächelte gemein. “Aber abnehmen wird er sie mir auch nicht, ich komme höchstens mit ‘ner Erklärung, dass ich sie weiterhin tragen darf, wieder.” Leise lachend verließ er den Raum und machte sich auf den Weg zum Direktor.

Höfflich klopfte er an und wurde herein gerufen. “Hi, ich soll mich bei Ihnen melden.”

“Und weshalb?” Verwirrt sah man ihn an.

“Wegen den hier.” Er packte die beiden Colt Ace aus. “Frau Kluge ist der Meinung, dass ich die Beiden illegal besitzen würde.”

“Tust du das denn nicht?”

“Nein” Aus der Tasche holte er seinen Waffenschein, der auch tatsächlich legal war. Dafür hatte er einige Bekannte seines Vaters kontaktieren und sagen müssen, er wäre ein verheimlichtes Kind seiner Eltern.

“Nun du trägst die Waffen anscheinend legal, aber ich kann dir nicht erlauben sie auch hier in der Schule dabei zu haben.” Brummte der Direktor und begutachtete den Waffenschein. Alex holte seine nachgemachten ›Hundmarken‹, die er für solche Fälle um den Hals trug, hervor. Darauf war außer seinen Daten noch das Siegel des Vatikans und das Rosensiegel des Herrn selbst.
 

“Wissen Sie was das ist?” Fragte Alex’ Stimme und ein kurzes Schweigen entstand.

“Ja, ich weiß, was das ist.” Die Stimme des Rektors klang ehrfürchtig und das war deutlich durch die Tür zu hören, vor der Kellan stand um zu lauschen. Mit Alex stimmte was nicht und er würde herausfinden, was es war.

“Dann ist Ihnen auch klar, was das bedeutet.”

“Ich werde den Lehrern bescheid sagen.”

“Es reicht völlig, wenn Sie es mir schriftlich geben.”

“Na gut.” Wieder entstand ein Schweigen, das von Tippen durchdrungen wurde. Letztendlich wurde etwas ausgedruckt und Abschiedgrüße gemurmelt. Alex kam aus dem Zimmer, mit einem Gesicht als hätte er seinen Willen nicht bekommen.

Ein abwertender Blick streifte Kellan als der Andere an ihm vorbei lief. Ihn störte es nicht und sah Alex hinter her.

4

Zwei Wochen waren seit dem Ereignis mit den Waffen vergangen und alle waren noch vorsichtiger in Alex Nähe geworden. Man tuschelte, dass er sie trotz des Besuches beim Rektor immer noch bei sich hätte. Kellan gab nichts auf die Vermutungen, da er wusste, dass Alex sie immer noch dabei hatte. Nur wusste er nicht, was er aus dem Hut gezaubert hatte um sie behalten zu dürfen, es musste irgendwas wichtiges oder einflussreiches sein, dass es sogar den Direktor eingeschüchtert hatte.

Er bereute es in diesem Moment, dass er sich hatte breitschlagen lassen die Bücher für die Lehrerin zu tragen, denn Alex kam gerade um die Ecke und lief zum Ausgang. Wohl oder Übel musste Kellan ihm folgen, doch er hielt einen gewissen Abstand ein.

Kellan staunte nicht schlecht als er sah wie sich das Gesicht eines Mädchens aufhellte als sie Alex sah. Sie hatte schon die ganze Zeit vor der Tür gestanden und er hatte sie längst als das Mädchen erkannt, das bei Alex war, als ihn dieses Ungetüm angegriffen hatte.

“Was machst du denn hier?” fragte Alex schlecht gelaunt wie immer, doch er schien es diesmal nicht wirklich ernst zu meinen.

“Ich bringe einige Papiere und eine Nachricht.”

“Kann das nicht bis später warten?” sie lächelte nur und lief neben ihm her. “Hey, was würdest du sagen, wenn du hier leben könntest?”

“Ich würde fragen, wie das gehen soll und warum.”

“Ich möchte das du hier lebst, dann hast du nicht immer so einen weiten Weg, wenn du mir irgendwas bringen musst.” Sie sah ihn verwundert an, ihr war ein solches Angebot offensichtlich völlig fremd aus Alex’ Mund. Aber dann schüttelte sie lächelnd den Kopf.

“Ich möchte in kein Heim, so wie Ihr. Lieber mache ich den weiten Weg.” Kellan glaubte sich verhört zu haben. Alex war in einem Heim? Das hatte nie jemand gesagt, sie alle waren der Annahme, dass er allein lebte und seine Eltern nur selten sah.

“Du musst in kein Heim, ich mache bei mir ein Zimmer leer und du kannst es dir einrichten, wie du willst. Die Wohnung, die man mir gegeben hat, ist groß genug.” Sie sah ihn erst überrascht, dann traurig und mitfühlend an. Es sah so aus als würde sie verstehen, was er damit sagen wollte. Vermutlich war er in einer großen Wohnung einfach nur einsam. Was ein völlig neues Licht in Kellans Augen auf ihn warf.

“Ihr könntet doch einfach wieder bei uns leben.” schlug sie nach einer Weile vor.

Er tätschelte ihren Kopf, eine Geste die man ihm eigentlich nicht zu traute. “Ich bleibe lieber hier. Du musst nicht hier leben, wenn du nicht willst.”

“Ich würde gern bei Euch einziehen.” murmelte sie.

“Dann sag jetzt endlich Du zu mir.” grinste er sie an. Kellan verstand die Welt nicht mehr, der stets und ständig schlecht gelaunte Alex ist dem Mädchen gegenüber freundlich und fröhlich.

“Na schön.” strahlte sie ihn an. “Aber was soll ich dann den ganzen Tag machen?”

“Blöde Frage, du wirst in die Schule gehen, ich regle das.”

“Aber-” setzte sie entsetzt an.

“Ich will nichts hören, du wirst sehen, so schlimm ist es nicht.” er bleib stehen und fasste sie an den Schultern. Schnell versteckte Kellan sich, er wollte hören was Alex ihr noch zu sagen hatte.

“Nur weil ich keine Freunde haben will, heißt das nicht, dass du keine haben sollst. Du kannst hier tun und lassen was du willst. Nimm dir kein Beispiel an mir. Okay?” sie nickte und Kellan starrte ihn an. Er wollte keine Freunde haben, vielleicht war er deshalb so abweisend zu anderen. Manchmal konnte man glauben, Alex würde irgendwie anders denken, eher wie ein Erwachsener als wie ein Junge. Wie jemand der genau wusste, was er aufs Spiel setzte und zu welchem Preis.

Wieder einmal stand das Mädchen vor der Schule und wartete auf Alex. Sie strahlte ihn an, als er raus kam und er lächelte sie ebenfalls an. Sie hatte einen Rucksack auf dem Rücken und ihm war klar, dass Alex es geschafft hatte und sie auf die Grundschule zwei Straßen weiter ging.

Sie gingen gerade um die Ecke als sie ihm einen Stapel Papier in die Hand drückte.

“Mann, du schüttest mich echt mit Arbeit zu.”

“Beschwer dich nicht, wenn es nach den anderen ginge wäre es mehr.” erwiderte sie, Kellan hörte keinen Funken mehr von dem Respekt, der noch vor einer Woche in ihrer Stimme gewesen war.

“Schon gut, kann ich das wenigstens zu Hause machen oder gleich hier auf dem Weg?” fragte er scherzend. Gespielt eingeschnappt rümpfte sie die Nase. Die Beiden verstanden sich anscheinend bestens.

5

Er klopfte einfach und hoffte, dass man es gehört hatte. Nach wenigen Minuten ging die Tür leise auf und das Mädchen schaute ihn an.

“Ja?” fragte sie unsicher.

“Ich bin ein Klassenkamerad von Alex, ich bring ihm die Hausaufgaben. Ist er da?” erklärte er ihr. Sie hatten ausgelost, wer los ging und Alex die Hausaufgaben brachte. Und nun musste er es ausbaden, denn er hatte verloren.

“Er schläft grade, kommen Sie doch rein.” so leise wie möglich betrat er die Wohnung und zog die Jacke aus. Alles war hell eingerichtet und hatte einige Farbtupfer.

“Du kannst ruhig Kellan zu mir sagen.” murmelte er ihr zu und sie nickte kurz. Stumm bot sie ihm einen Platz auf dem Sessel an der zum Fernseher ausgerichtet da stand. Er setzte sich und sah sich weiter um, es war ein Geschmack den er Alex nicht zugesprochen hätte, alles sah irgendwie so aus, als würde es jemandem gehören, der ein paar Jahre älter als sie war. Das Mädchen kam mit einem Glas Limo für ihn aus der Küche und stellte es vor ihn auf den Tisch.

“Danke”

“Mein Name ist Elisa. Vielleicht sollte ich lieber alles aufschreiben, was du ihm sagen willst. Ich weiß nämlich nicht, wann er aufsteht.” lächelte sie und warf einen Blick über die Schulter.

“Wieso ist er in den letzten zwei Tagen eigentlich nicht zur Schule gekommen?”

“Alex ist krank und schläft den ganzen Tag, nur ab und zu steht er kurz auf. Wahrscheinlich ist es eine Grippe.” erzählte sie und klang dabei mitleidig.

“Gehst du wenigstens in die Schule, auch wenn er krank ist?” er wollte sicher gehen, dass Alex sie nicht dort wohnen ließ nur um jemanden zu haben, der sich um den Haushalt kümmert.

“Ja, er besteht darauf.” Erstaunt sah er sie an, das klang fast so, als wäre sie lieber zu Hause um sich um ihn zu sorgen. Hinter ihr wurde eine Tür geöffnet und Alex trat heraus, verschlafen betrachtete er ihn.

“Was willst du denn hier?” brummte er angepisst. Er war also noch schlimmer, wenn er gerade erst aufgestanden war, stellte Kellan fest.

“Ich bring dir die Hausaufgaben und Testtermine, was dagegen?” meinte er unfreundlich. Träge kam Alex zum Sofa und setzte sich. Unauffällig musterte Kellan ihn, er hatte eine lange Hose und ein Hemd an, er war ihm offensichtlich klar, dass er mit einem kleinen Mädchen zusammen wohnte.

“Schieß los.” Eine viertel Stunde lang erklärte Kellan dem anderen, was sie für Aufgaben lösen sollten. Obwohl er nur halbwach war konnte Alex ihm einige Lösungen schon auf Anhieb sagen. Nachdem sie fertig waren stand er auf.

“Elisa, würdest du dir die Termine notieren? Ich geh wieder ins Bett.”

“Ja” rief sie ihm hinter her, aus der Küche holte Alex sich noch etwas zu Trinken und verschwand in dem Zimmer aus dem er zuvor gekommen war.

“Ein Danke wäre ganz nett gewesen.” murrte er.

“Nimm es ihm nicht übel, er ist eigentlich gar nicht so.” meinte sie lächelnd und nahm einen Block und einen Stift zur Hand. Kurz gab er ihr die Termine und trank seine Limo aus. Er hätte sich fast verschluckt als er das Husten aus dem Zimmer hörte und sah zur Tür. Es hörte sich gar nicht gut an und auch Elisa schaute besorgt zur Tür.

“Hoffentlich ist es morgen besser.” murmelte sie abwesend. Kellan stand auf und ging zur Tür. Das Mädchen folgte ihm und öffnete ihm die Tür als er so weit war.

“Danke, dass du ihm die Sachen gebracht hast.”

“Bitte” sagte er und ging. Der Besuch hatte ihm die Laune verdorben, so unfreundlich war Alex gewesen.

Allmählich fragte er sich, warum es immer wieder ihn traf, schon wieder musste er Alex die Hausaufgaben bringen, doch diesmal kam er schon mit einer Laune wie sieben Tage Regenwetter dort an. Er klopfte an der Tür und sie ging nur wenig später auf. Darin stand Alex mit zerknirschtem Gesicht. Stumm wurde die Tür offen gelassen und er ging wieder nach drinnen. Sichtlich verwundert trat Kellan ein und zog die Jacke aus.

Wirsch lief Alex durch die Wohnung und suchte etwas. “Warte kurz, bin gleich da.” brummte er und lief in die Küche. Er setzte sich und wartete, ihm war aufgefallen, dass Elisa nicht da war und fragte sich, wo sie war. Alex kam zurück und hatte eine Tasse in der Hand, mit ihr ging er in ein Zimmer, dessen Tür nur angelehnt war.

“Hier, aber vorsichtig, ist heiß.” hörte er ihn murmeln. Aus dem Zimmer kam ein leises Piepen, was gleich wieder verstummte.

“Schlaf jetzt, ich komm nachher noch mal.” mit einem Fieberthermometer kam er wieder, doch gerade wollte er zu ihm kommen, das klingelte das Telefon. Fasziniert beobachtete Kellan, was Alex tat.

“Larson” Kurz sah er auf das Thermometer. “Shit… Hey, Michael, hör zu, ruf nicht wieder an, klar. Ich komme, wenn ich Zeit habe. … Ich weiß mit wem ich rede, ich habe trotzdem keine Zeit.” eine kleine Pause entstand. “Weil ich keine Lust habe zu springen, nur weil ihr ruft. Ihr seid zu viert, also lasst euch was einfallen, ich hab andere Dinge zu tun.” Ohne auf eine Antwort zu warten legte er auf und kam zum Sofa.
 

“Wird das jetzt zur Gewohnheit, dass du hier auftauchst?” Ihm war im Moment nicht danach irgendwelchen Besuch nett zu behandeln oder wegen irgendeinem Mist ins Himmelreich zu gehen.

“Ich bring nur wieder die Hausaufgaben und Termine.” auch Kellan schien nicht gerade erfreut zu sein, schon wieder bei ihm sein zu müssen.

“Schon gut, ich hole nur kurz Zettel und Stift.” brummte er und stand auf.

“Warum bist du nicht wieder in der Schule, dir scheint es besser zu gehen.”

“Elisa ist krank, sie hat sich bei mir angesteckt.” meinte er als er wieder kam. Kellan verstand es nicht, das konnte er spüren. Er verstand nicht, warum er wegen ihr zuhause blieb.

“Sie ist noch klein und hat hohes Fieber, ich werde sie nicht allein hier lassen.” sagte er und zeigte so, dass ihm nicht alles entging.

“Meinetwegen” Kellan holte sein Buch raus und begann ihm zu zeigen, was sie erledigen sollten und bis wann. Hin und wieder hörte er Elisa husten, doch der Andere offensichtlich nicht. Das hatte Alex davon, dass seine Ohren so gut waren.

“Ach ja, Herr Machaschek will, dass du eine Entschuldigung abgibst, sonst zählen die Tage als unentschuldigt.” erklärte der andere, nachdem sie mit allem fertig waren und er sich die Termine für die Tests aufgeschrieben hatte.

“Ja, ja, ich besorg mir eine. Kannst du dann bescheid sagen, dass ich mich noch auskuriere während ich mich um meine kranke Mitbewohnerin kümmere?” fragte er, den anderen schien es zu wundern, dass er auch mal nicht schlecht gelaunt sein konnte.

“Kann ich machen.” verwirrt sah er zu seiner linken und Alex folgte seinem Blick. Neben ihm stand Elisa mit übermüdeten Blick, sie würde bald wieder einschlafen. Der Stoff ihres Nachthemdes raschelte leise, als sie sich neben ihn setzte. Vorsichtig legte er einen Arm um sie und spürte Kellans verwunderten Blick, aber als er dann wieder hinsah schaute er völlig neutral drein.

Sie besprachen noch kurz was der Andere für ihn in der Schule ausrichten sollte und dann ging Kellan seine Jacke anziehen. Behutsam legte er Elisa auf das Sofa und stand auf um den anderen zur Tür zu bringen.

“Danke übrigens, auch für neulich.” meinte er etwas widerwillig. Kellan nickte nur und verschwand im Treppenhaus. Kopfschüttelnd schloss er die Tür und setzte sich zu dem Mädchen. Mit ihr im Arm arbeitete er dann seine Papiere durch und kümmerte sich um die Hausaufgaben.

6

Kichernd standen sie in einer Ecke und begutachteten einen Jungen, er stank nach Reinheit und war nicht das erste Mal im Club. Verdrossen starrte er immer in sein Glas und schien auf irgendwas zu warten.

“Also, wie werden wir ihn los?”

“Ganz einfach, wir kippen ihm etwas in den Drink. Der Junge ist selbst Schuld, wenn er diesen Club besucht. Seine Sorte macht sich hier eh nur Feinde.” er grinste fies und malte sich schon aus, wie sie ihn auseinander nahmen. Zwar stanken sie, aber gerade deren Fleisch war das Beste. Genüsslich leckte er sich die Lippen.
 

An der Tür klingelte es und seine Mutter ging aufmachen. Er selbst lag schon im Bett und schaute noch ein wenig fern.

“Guten Abend, ist Kellan vielleicht noch wach?” fragte eine Mädchenstimme, sie klang besorgt und aufgebracht. Seine Mutter bat sie einen Moment zu warten und kam zu ihm.

“Da ist ein Mädchen für dich.” sagte sie, wahrscheinlich dachte sie, er hätte was mit dem Mädchen. Er stand auf und zog sich Sachen über, als er an der Tür war überraschte ihn Elisas Anblick. Sie war den Tränen nahe und wirkte gehetzt. Kellan kam nicht um die Frage herum, ob Alex ihr etwas angetan hatte. Er hatte sie seit einigen Wochen nicht gesehen und bei Alex’ Launen konnte alles passieren.

“Kellan” schluchzte sie und schlang die Arme um ihn. “Du musst mir helfen, ich kann Alex nirgends finden.”

“Was ist denn mit ihm?” Er war immer der Meinung gewesen Alex könne auf sich selbst auf passen, doch nun stand seine Mitbewohnerin völlig aufgelöst vor ihm und weinte.

“Ich weiß es nicht, das ist es ja. Normalerweise kommt er nicht nach elf nach Hause und wenn es länger werden kann, dann sagt er immer bescheid. Jetzt ist es schon dreiviertel zwölf und er ist immer noch nicht da.”

“Vielleicht ist es heute doch länger geworden und er sitzt schon zu Hause und macht sich Sorgen um dich.” murmelte er.

“Bitte hilf mir, ich mache mir solche Sorgen, dass ihm was passiert ist.” mit verweinten Augen sah sie ihn an.

Er seufzte. “Mama, ich geh noch mal raus.” Schnell war er in seinen Schuhen und hatte die Jacke an.

“Wo willst du denn jetzt noch hin?” fragte seine Mutter als sie um die Ecke sah, vermutlich hatte sie die ganze Zeit dort gestanden.

“Das ist die Cousine von einem meiner Klassenkameraden, sie macht sich Sorgen, weil er noch nicht zu Hause ist.”

“Und ihre oder seine Eltern?” fragte sie besorgt.

“Seine Eltern sind zurzeit nicht zu Hause, Kellan war der Erste, der mir eingefallen ist, den ich fragen konnte.” meinte Elisa, die erkannt hatte, dass es besser wäre mit zu spielen.

Mahnend wurde er an gesehen. “Passt auf euch auf und ruf an, wenn etwas passiert.”

“Klar” lächelnd verschwand er mit Elisa. “Okay, wo willst du als erstes suchen?”

“Es gibt da einen Club, in den er in letzter Zeit öfter geht. Den direkten Weg bin ich schon abgegangen, aber vielleicht hat er einen anderen genommen.” Er zuckte mit den Schultern und sie liefen zu dem Club. Es wunderte ihn inzwischen nicht mehr, dass Alex in Clubs ging. Der Junge war ein Buch mit wesentlich mehr als sieben Siegel.

Der Club war zwielichtig und schmutzig, aber schien gut besucht zu sein. Sie fragten eine junge Frau, ob sie nachsehen konnte, ob Alex vielleicht noch drin war, doch sie schüttelte den Kopf und meinte, dass dort kein Junge mit Mütze war. Aber sie hätte nach gefragt und erfahren, dass ein Junge dort gewesen war, der auf die Beschreibung passte. Jedoch war der schon lange wieder gegangen. Das hieß für sie, sie müssten jeden möglichen Weg abgehen, der zur Wohnung führte.

Sie waren noch nicht lange unterwegs, da blieb Elisa stehen und sah sich um. “Was hast du denn?”

“Ich weiß nicht, hier liegt irgendwas in der Luft.” Auch Kellan sah sich um und sie hatte recht, irgendwas machte die Luft schwer. Die Atmosphäre hatte sich deutlich geändert. Das Mädchen rannte auf eine Gasse zu, kaum das er sich versah, eilig lief er ihr nach. Keuchend bleib sie vor der Gasse stehen und sah hinein.

Ihre Augen weiteten sich, als sie etwas zu entdecken schien. “O nein…” hauchte sie und lief langsam los, ihr Schritt wurde immer schneller und sie ließ sich weit hinten auf die Erde nieder.

“Kellan!” rief sie und er sprintete zu ihr. Sie beugte über jemanden und als sie weinend zu ihm hoch sah erkannte er Alex. Erschrocken hielt Kellan die Luft an. Alex hatte an der Stirn drei Platzwunden und einige Kratzer, sein Körper war mit Schnittwunden übersät. Aus einer tiefen Wunde die nach einem Schuss aussah rann noch immer Blut.

“Alex… komm schon wach auf!” sie schlug ihm sanft ins Gesicht, jedoch ohne Erfolg, der Junge blieb bewusstlos. Elisa runzelte die Stirn, nahm etwas Blut mit dem Finger auf und leckte kurz daran, nur um das Bisschen in ihrem Mund wieder aus zu spucken.

“Er muss sofort nach Hause. Kannst du ihn tragen?” verzweifelt sah sie ihn an.

“Er muss ins Krankenhaus und nicht nach Hause.” erwiderte er und betrachtete die kleinen Blutlachen die sich gebildet hatten.

“Nein, er muss nach Hause.”

Kellan verleierte die Augen, wieso musste die Kleine sich auch durchsetzen können. “Na schön.” Er nahm Alex auf den Rücken und trug ihn aus der Gasse heraus. Elisa lief hinter ihm her und er sah nicht wie sie die Hände zum Gebet gefaltet hatte und zum Himmel schaute.

Als sie bei ihnen zu Hause ankamen legte er den Anderen ins Bett, er kam gerade aus dem Zimmer, da stürzte eine ältere Dame in die Wohnung, begleitet wurde sie von einer jungen Frau.

“Elisa! Wo ist er?” fuhr die Ältere das Mädchen an. Sie deutete nur auf die Zimmertür und die beiden Frauen liefen eilig hinein. Kellan sah an sich herunter, überall klebte Alex’ Blut.

“Mist” murmelte er.

Elisa sah auf. “Warte, ich hole dir was aus Alex’ Schrank.” Sie ging und kam gleich darauf wieder um ihm ein T-Shirt von Alex zu reichen. “Tut mir Leid, etwas anderes konnte ich so schnell nicht aus dem Schrank ziehen, da hat man mich schon wieder raus gescheucht.” In diesem Moment wirkte sie so viel älter und reifer, als sie eigentlich war.

Die junge Frau kam aus dem Zimmer und setzte sich ihr gegenüber. “Er braucht jetzt Ruhe, sorg dafür, dass er morgen im Bett bleibt, dann geht es ihm bald wieder besser.”

“Was ist denn mit ihm, Larissa?”

“Er wurde vergiftet, wir haben aber keine Anzeichen darauf gefunden von wem. Das Gift hat ihn geschwächt, wärt ihr nur eine Stunde später auf ihn gestoßen, dann hätte Jessica ihm nicht helfen können. Sein Herz hätte ausgesetzt, egal was wir unternommen hätten.”

“Danke, Larissa. Warum bist du eigentlich nicht mehr im Garten?”

“Man hat mir diese Aufgabe gegeben.” Die junge Frau sah noch immer die Sorge im Gesicht des Mädchens. “Keine Sorge, er wird es überstehen, du kennst ihn doch.”

“Ja…” Die ältere Frau kam aus dem Zimmer und auch sie kam zu dem Mädchen.

“Er schläft jetzt, ich denke Larissa hat dir schon gesagt, was du tun sollst.” Elisa nickte. “Das hier gibst du ihm jede volle Stunde, es neutralisiert das Gift.” die alte Frau gab ihr ein kleines Fläschchen. Sie verließ mit der Jüngeren die Wohnung.

“Du kannst hier bleiben, Alex hat sicher nichts dagegen.”

“Ich glaube, ich sollte trotzdem lieber gehen.” Kellan wusste, dass Alex mit ziemlicher Sicherheit etwas dagegen hatte, wenn er dort schlafen würde.

“Um diese Uhrzeit solltest du nicht mehr raus gehen. Ruf deine Mutter an und sag ihr, dass es uns gut geht und du hier schläfst.” Die Kleine konnte richtig herrisch werden, fand er, aber sie hatte recht, jetzt konnte er nicht mehr nach Hause gehen. Mit dem Handy rief er seine Mutter an und erklärte ihr, dass sie ihn gefunden hatten und es ihnen allen gut ging. Sie musste nicht wissen, dass sich Alex abends in Clubs aufhielt.

“Dann gehe ich aber, bevor er aufwacht und mich hier vorfindet. Ich bin mir nämlich nicht so sicher, ob er nichts dagegen hat, dass ich hier penne.” Sie nickte und sah auf die Uhr, es war genau um eins und sie lief in Alex’ Zimmer. Als sie wieder raus kam schloss sie die Tür und ging zu ihrem Zimmer.

“Gute Nacht, Kellan.”

“Nacht” sie verschwand und er blieb allein. Erschöpft machte er es sich auf dem Sofa bequem. Die Gedanken zogen in seinem Kopf Kreise, Alex war vergiftet wurden, zumindest laut der zwei Frauen. Er fragte sich, wie die überhaupt so schnell da sein konnten. Inzwischen war es ihm aber auch schon egal, gähnend schlief er ein.
 

Als er aufwachte hatte er einen sauren Geschmack im Mund und die Magensaure stieg in seiner Kehle auf. Eilig stand er auf, zuckte unter dem unangenehmen Ziehen in seinem ganzen Körper kurz zusammen und lief dann eilig ins Bad.

Nachdem er sich übergeben hatte wusch er sich, doch es half nichts, weder der Schlaf noch die Übelkeit wollte vergehen. Als er durch die Stube zurück zu seinem Zimmer gehen wollte schreckte gerade jemand aus dem Schlaf hoch und er machte das Licht an. Kellan sah ihn an und reib sich die Augen.

“Keine Sorge, ich bin gleich verschwunden.”

“Bleib liegen, ich glaube, ich schulde dir etwas.” murmelte er und löschte das Licht wieder. Nun war es auch schon egal, wenn er die restlichen Stunden hier verbrachte oder nicht. Außerdem wurde er das Gefühl nicht los, dass der Andere ihm geholfen hatte.

“Hey, Alex.”

“Ja…?” er war schon wieder dabei einzuschlafen, bevor er überhaupt im Zimmer war.

Kellan seufzte. “Freunde?” fragte er einfach, aber Alex kam mit seinen Gedanken noch nicht mit und er hörte bereits seinen Körper nach Ruhe schreien.

“Komm darauf zurück, wenn ich wieder klar denken kann.” langsam und ein wenig schwankend tapste er wieder in sein Zimmer und legte sich ins Bett.

7

Alex saß da und starrte auf die Tafel, das Grün und die Sonne im Gesicht wirkten irgendwie beruhigend. Beunruhigend waren jedoch die Schritte die auf ihn zu kamen. Mit verschränkten Armen stand der Lehrer vor ihm und verdeckte die Sonne.

“Gehen Sie mir bitte aus der Sonne.” murrte er, noch immer war er nicht in der Lage wieder seine übliche schlechte Laune und Unfreundlichkeit an den Tag zu legen. Deshalb mimte er zumindest Gleichgültigkeit.

“Wo warst du gestern?”

“Krank”

“Ach, und wo ist deine Entschuldigung?” streng wurde er gemustert.

“Hab keine, ich hatte keine Zeit zum Arzt zu gehen.”

“Und was hattest du dann? Wenn man krank ist hat man viel Zeit.”

“Irgendein Magen-Darm-Infekt, ist schon wieder weg. Sein Sie froh, dass ich heute da bin.” murmelte er und döste fast ein. Der Lehrer schlug mit der flachen Hand auf den Tisch und er fuhr hoch.

“Was soll das, Mann? Ich hab doch gesagt, dass ich keine Entschuldigung habe und ich werde auch ganz sicher keine bekommen!” fuhr er den Mann an. Nun war er aufgebracht und sein Magen zog sich zusammen, als er auf gestanden war.

Alex hielt sich den Bauch und sah den Lehrer von unten her an. “Shit!” Genau in dem Augenblick wurde die Tür aufgerissen und eine stämmige ältere Frau trat ein.

“Alex!” rief sie und er zuckte merklich zusammen. “Ich habe dir gesagt, dass du frühestens übermorgen wieder zur Schule gehen kannst. Dass du nie hörst, wenn man dir etwas sagt.”

“Jessica, lass mich, mir geht es gut.” brummte Alex.

“Ich sehe, wie es dir geht, du hast dich nicht einmal annährend von der Vergiftung erholt.” ein allgemeines Murmeln und Keuchen ging durch die Klasse. Jessica packte seine Sachen und ihn am Oberarm.

“Au!” schnell zog er seinen Arm aus ihrem Griff, sie hatte direkt die Schusswunde erwischt.

“Was denn bitte für eine Vergiftung?” verwirrt sah der Mann Jessica an.

“Roter Fingerhut. Er wird die nächsten Tage nicht zur Schule kommen und ich entschuldige ihn für gestern.” erklärte Jessica und sah ihn wütend an. Er fügte sich ihr und ging langsam zur Tür.

“Sie sind wer?”

“Seine Ärztin. Was glauben Sie denn sonst? Seh’ ich aus wie die Päpstin?”

“Du hättest beim Militär bleiben sollen, Jessica.” feixte Alex mit Bauchschmerzen.

“Damit ich unter dir diene, vergiss es. Und jetzt los nach Hause!”

“Schon gut, ich geh ja schon.” sagte er kleinlaut und verschwand, hinter ihm lief Jessica.
 

In der Schule hatte er nachgeschlagen, was Roter Fingerhut war und herausgefunden, dass er in jeden Falle tödlich giftig war. Sein Weg führte an der Grundschule vorbei und sah gerade wie Elisa aus dem Schulhaus kam. Sie verabschiedete sich lächelnd von anderen Kindern und lief nun in seine Richtung. Als sie ihn sah strahlte sie ihn an und ging schneller.

“Hallo, was machst du denn hier?” fragte sie ihn. Gemeinsam liefen sie weiter.

“Ich war grad in der Nähe.” Ohne es zu merken lief er mit ihr zu ihrer Wohnung, vermutlich lag Alex wieder im Bett, also wäre es nicht so schlimm, wenn er mit ging.

Und er hatte Recht, als sie dort ankamen war Alex nirgends zu sehen. Sie zogen die Schuhe aus und Elisa bot ihm etwas zu Trinken an. Sie saßen nur wenige Minuten da und tranken Cola, da ging Alex’ Zimmertür auf und er kam heraus.

“Hey, Elisa, warum hast du mich nicht geweckt?” wollte er wissen und ließ sich neben ihr aufs Sofa fallen.

“Weil du eigentlich gar nicht aufstehen darfst.”

“Na und, ich mach es trotzdem. Jessica hat mir was gegen die Schmerzen gegeben.” Elisa sah ihn nur strafend an.

“Ignorierst du mich jetzt?” fragte Kellan eingeschnappt, Alex tat fast so, als sei er gar nicht da.

“Warum sollte ich? Wär es dir lieber ich würde dich rausschmeißen?”

Elisa wandte sich von Alex ab und grinste ihn an. “Das soll so viel heißen, dass du ruhig bleiben kannst.”

Nach einiger Zeit Schweigen setzte er wieder an. “Hey, Alex, wegen letzter Nacht…” Er wusste nicht, wie er sein Freundschaftsangebot wiederholen sollte.

“Elisa hat mir erzählt, dass du ihr bei der Suche nach mir geholfen und mich dann auch noch her geschleppt hast. Dafür möchte ich mich bei dir bedanken.”

“Das war zwar nicht das, was ich gemeint habe, aber bitte. Was ich eigentlich fragen wollte… Die Frau hat gesagt, dass du vergiftet wurdest. Ich habe nachgeschlagen: Roter Fingerhut ist tödlich giftig.”

“Und jetzt willst du wissen, wieso ich nicht daran gestorben bin.” Alex seufzte, als hätte er es bereits geahnt. “Kannst du ein verdammt großes Geheimnis für dich behalten?”

“Kommandant!” Elisa starrte ihn geschockt an.

“Elisa, es ist meine Entscheidung, wem ich es sage.” Ernst wurde Kellan von den braunen Augen angesehen. “Kannst du oder kannst du nicht?”

Er überlegte lange, bis er zu einem Schluss kam. “Ich weiß es nicht, ich werde es versuchen.”

“Ich brauche das Versprechen, dass du es niemandem sagst. Nicht einmal deinem Tagebuch, solltest du eins besitzen.” Es war Alex offensichtlich sehr ernst und wichtig, dass er nichts verriet.

“Ich verspreche es dir.”

Kurz schwieg der Andere, als müsse er abwiegen, wie sicher er gehen konnte. “Also schön, ich bin nicht daran gestorben, weil ich bereits tot bin. Ich kann nicht so sterben, wie du es kennst.”

“W-Was soll das heißen?” verwirrt schaute Kellan ihn an. Zögernd griff Alex nach seiner Mütze und zog sie vom Kopf. Was zum Vorschein kam erschreckte ihn so sehr, dass er von dem Hocker rutschte auf dem er saß. Bestürzt starrte Kellan ihn an.

8

Sein Blick lag nun schon fast ganze drei Minuten auf Alex und er konnte sich einfach nicht von dem Schock erholen. Der andere Junge hatte Hundeohren und auch diese waren mit Ohrringen verziert. An dem rechten Ohr hing eine Kugel und eine blutrote Feder aus Metall, an dem Linken ein einfaches Kreuz.

Kellan hoffte sehr, dass es ein Scherz von ihm war, denn er kannte keinen normalen Menschen mit einem Paar Hundeohren zusätzlich zu seinen normalen Ohren.

“Hör zu, ich bin kein Mensch, auch wenn du das gerne glauben würdest. Ich bin ein Engel.”

“Das ist ein Scherz, oder?”

“Nein, ist es nicht. Alex ist nicht nur irgendein Engel, er ein Seraphim, der beste den es gibt.”

“Übertreib mal nicht.” brummte Alex.

“Du weißt davon, Elisa?”

“Natürlich, weiß sie davon, sie ist schließlich in meiner Truppe.” Wieder seufzte er. “Ich bin Kommandant der ersten Seraphimkorps, zwar sehen das nicht viele gern, aber ist so.”

Elisa schüttelte den Kopf. “Außerdem ist er auch Vizekommandant der gesamten Militärabteilung des Herrn. Den Titel der ihm am meisten einbringt unterschlägt er ganz gerne mal.” bewundernd schaute sie zu Alex auf.

“Kellan, mir ist egal, ob du dein Freundschaftsangebot von heute Morgen noch immer ernst meinst oder, ob du es dir inzwischen anders überlegt hast, aber ich bitte dich inständig, behalt das mit meinen Ohren für dich.”

“Die sind wirklich echt?”

“Ja, sind sie.”

“Mit denen hört er sogar besser, als mit den menschlichen.” kicherte das Mädchen hinter der vorgehaltenen Hand.

“Nicht sehr schwer, da ich auf den menschlichen nahezu taub bin. Die sind halt nur Tarnung, damit ich hier nicht so auffalle.” Alex sah sie an und sie hörte sofort auf zu kichern.

“Okay, ihr seid beide Engel, aber nur du hast solche Ohren. Du bist irgendjemand wichtiges im Militär und sie ist deine Untergebene.” er überlegte kurz, ob er etwas vergessen hatte. Es war ihm alles zu viel, auch wenn es einiges erklärte, so warf diese Offenbarung mehr Fragen als Antworten auf.

“Sag mal, wie ist es eigentlich dazu gekommen, dass du jetzt ein Engel bist?” fragte Kellan, nach einiger Zeit. Alex merkte auf und sah ihn an, sein Blick verfinsterte sich. Wortlos stand er auf und verschwand aus dem Raum auf den Balkon, auf dem Weg dorthin setzte er die Mütze wieder auf.

“Alex… spricht nicht sehr gern über seine Vergangenheit. Engel dürften ihre eigene Vergangenheit, ihr Leben als Mensch, eigentlich gar nicht kennen. Ihre Erinnerung kommen erst im Laufe vieler Jahrhunderte zurück, Jahrhunderte in denen sie lernen die Menschen für ihre Taten nicht zu verurteilen und zu hassen. Aber er hatte seine Erinnerungen von Anfang an.” Elisa richtete ihren Blick traurig auf ihre Hände, die wie zu einem Gebet verschränkt waren. “Bevor Alex vor sechs Jahren in das Himmelreich kam, wurde seine Schwester vor seinen Augen brutal umgebracht, das ist jetzt ungefähr dreizehn oder vierzehn Jahre her. Ihr Tod hat ihn schwer getroffen. Nur ein paar Jahre später wurden seine Eltern umgebracht, das hat gereicht um ihn für drei Jahre in psychiatrische Behandlung zu bringen. Er war neunzehn, als er wieder entlassen werden sollte. Zu der Zeit war er wieder ein fröhlicher Junge und hatte den Tod seiner Eltern und seiner Schwester verkraftet.” Elisa schwieg und wollte anscheinend nicht weiter sprechen.

“Du hast gesagt, er sollte entlassen werden. Wurde er denn nicht entlassen?”

“Nein, dazu hatte man keine Chance mehr. Einen Tag bevor Alex entlassen werden sollte, ging er auf das Dach der Klinik um den Ausblick von dort zu genießen, es war ein Hochhaus, also war das nicht so schwer.

Alex wurde von einem fremden Mann vom Dach des Hochhauses fallen gelassen, der Fremde war stark genug um ihm an der Kehle gepackt hochzuheben und ihn über die Kante zu halten. Sekunden später ließ er los und Alex fiel in seinen Tod.” Sie seufzte traurig. “Alex und seine gesamte Familie wurden umgebracht, als hätte man sie los werden wollen.” Kellan sah zum Balkon auf dem Alex stand und mit gleichgültigem Blick auf die Straße runter sah.

“Ist er nie auf die Idee gekommen, sich für diese Morde an den Leuten zu rächen, die sie zu verantworten haben?”

“Rache ist eine Schwäche der Menschen. Er wollte nie Rache, aber ich glaube er hat nach seiner Schwester gesucht.”

“Lass mich raten, er hat sie nicht gefunden.”

Das Mädchen lachte kurz auf. “Nicht alle Menschen kommen ins Himmelreich, viele vergehen im Wind. Aber du hast recht, er hat weder seine Eltern noch seine Schwester gefunden.” Sie schwieg und sah ebenfalls zu Alex. “Sprich ihn am besten nicht mehr auf seine Vergangenheit an.” Er nickte nur. Alex’ Leben war kein schönes gewesen und das versuchte er zu verstecken.

Teil 3

Dreifach ist der Schritt der Zeit:

zögernd kommt die Zukunft,

pfeilschnell ist das Jetzt entflogen,

ewig still steht die Vergangenheit.

[Friedrich Schiller]
 

1
 

Kellan saß bei Alex auf dem Sofa und unterhielt sich mit Elisa, die ständig auf die Uhr sah. Im Gegensatz zu sonst hatte sie das Abendbrot zeitiger gemacht und er hatte sie gerade dabei gestört, als er kam. Vor einigen Minuten hatte sich Alex in sein Zimmer verdrückt.

Ihre Unterhaltung über das, was die beiden waren, lag inzwischen schon einige Wochen zurück und er hatte sich für die Freundschaft entschieden. Alex selbst schien ihm noch nicht ganz zu vertrauen, doch er hatte ihm einiges erklärt, was er auf der Erde tat und was sein Job war. Elisa hatte gesagt, dass sie im Grunde für sein Wohl zuständig war und einige Aufgaben des Vizekommandanten des Korps übernommen hatte, da er keinen Vize bestimmt hatte.

Hinter ihm ging die Tür auf und Alex kam heraus, er hatte eine schwarze Hose und ein schwarzes T-Shirt an, seine Hände steckten wie immer in den schwarzen Lederhandschuhen. Auf dem Rücken hatte er ein Schwert, dessen Scheide mit einem Gürtel befestigt war, seine zwei Waffen steckten in einem Beinhalfter und einem Schulterhalfter und am Gürtel hing eine Tasche.

“Willst du irgendwo hin?” fragte er verwirrt.

“Ja. Du kannst hier schlafen, heute solltest du nicht mehr auf die Straße gehen.” meinte er und ging sich die Schuhe anziehen. “Lass es dir von Elisa erklären, ich hab keine Zeit mehr.” An der Tür klingelte es und er machte eilig auf. Ein Mann kam die Treppe rauf, er wirkte gehetzt. Er und Alex sprachen kurz miteinander und dann drehte sich Alex zu ihnen um.

“Elisa, schließ die Tür ab, wenn ich raus bin.”

“Ja” besorgt sah sie zu, wie er aus der Tür ging und sie hinter sich schloss. Zögernd stand sie auf und lief hin, um abzuschließen.

“Wollt ihr jetzt sicher gehen, dass ich hier bleibe?”

“Nein, wir wollen sicher gehen, dass nichts hier rein kommt. Weißt du, seit Alex hier auf der Erde ist gibt es jedes Jahr eine oder mehrere Nächte in denen der gesamte Korps auf Jagd geht. Sie scheuchen die Dämonen auf und löschen sie aus. Zu dieser Zeit sollte man nicht auf der Straße sein, erst Recht nicht, wenn man es besser weiß.”

“Sie gehen auf die Jagd? Meinst du nicht, dass das etwas grob ausgedrückt ist?”

“Nein, ist es nicht, es ist eine Jagd. Weißt du welchen Namen man dem ersten Korps gegeben hat, sowohl oben als auch in der Unterwelt?” Kellan schüttelte den Kopf. “Sie werden ›Die Bluthunde Gottes‹ genannt. Du kennst Alex launisch und in den letzten Wochen als Freund, aber du hast ihn noch nie auf der Jagd und in einem ernsten Kampf gesehen. Er ist ein Soldat, sogar mehr als das, das darfst du nicht außer Acht lassen.” Kellan musste ihr zustimmen, er hatte Alex noch nie gesehen, wie er gekämpft hatte und erst recht wollte er ihn nicht bei einer Jagd erleben. Elisa hatte ihm einmal erklärt, dass Alex etwas von einem Wolf hatte, also etwas von einem Raubtier.

“Warum gehst du nicht mit, du bist schließlich Teil dieser Truppe.”

“Ich bin nicht für den Kampf gemacht, das weiß Alex, trotzdem hat er mich bei den Seraphim aufgenommen. Damals hat er mir diese Kette geschenkt.” Sie holte eine Kette unter dem Shirt hervor, daran war eine kleine blutrote Metallfeder befestigt. Dieselbe Feder hing an einem kleinen Kettchen an Alex’ Ohrring.

Elisa gähnte. “Du solltest auch schlafen gehen. Alex kommt vor dem Morgengrauen nicht zurück. Ach ja, egal was du diese Nacht hörst, ignorier es einfach.” winkend und lächelnd lief Elisa in ihr Zimmer. Er selbst machte es sich auf dem Sofa bequem und löschte das Licht.

Noch bevor es hell wurde wachte er auf und sah sich um. Vor der Tür waren Schritte zu hören und leise Stimmen. Leise schloss man die Tür auf.

“Sch… wir dürfen Elisa nicht aufwecken.” flüsterte ein junger Mann. Zwei Männer hatten einen dritten zwischen sich genommen, er war kleiner und Kellan glaubte Alex zu erkennen.

“Kommt, Kommandant Larson. Mach die Tür zu.” der eine, er war älter, schloss die Tür wieder und sie brachten Alex in sein Zimmer.

“Ihr solltet schlafen, die Nacht war ziemlich hart.” die Stimmen verstummten kurz, während sie Alex in sein Bett brachten. Als sie wieder aus dem Zimmer kamen und die Tür zu machten, unterhielten sie sich leise weiter.

“Man merkt ihm an, dass seine Fähigkeiten noch nicht vollständig ausgereift sind.”

“Trotzdem hält er locker mit uns mit, dich hat er diese Nacht sogar abgehängt.”

“Das meine ich auch nicht, klar das er mit uns mithalten kann. Aber er muss nach so einer Nacht jedes mal schlafen.”

“Als Engel ist er eben noch ein Kind, in vier Jahren sieht das schon ganz anders aus.” sie verschwanden und Kellan hörte wie eine Tür hinter ihm auf ging. Vorsichtig setzte er sich auf, Elisa kam aus ihrem Zimmer und schlich zu Alex’ Tür. Lautlos stand er auf und lief ebenfalls hin. Sie war schon im Zimmer und stand am Bett, Alex murrte als sie das Licht anmachte.

“Komm, zieh wenigstens die Schuhe aus.” flüsterte sie und er tat was sie wollte. Als er das getan hatte zog Elisa die Decke über ihn und legte sich dazu. Er fragte sich was das sollte, Alex würde sie ja doch nur wieder wegschicken. Doch er tat es nicht, stattdessen legte er seinen Arm um sie und schlief wieder ein. Kopfschüttelnd ging Kellan wieder zum Sofa und legte sich hin. Wenn Alex es sich gefallen ließ, dass Elisa sich zu ihm legte, konnte das nur heißen, dass er wirklich müde war.
 

Es war schon hell als sie die Augen öffnete. Alex hatte seinen Arm immer noch um sie gelegt, obwohl er inzwischen auf dem Rücken lag. Er würde vermutlich den gesamten Tag durchschlafen, wenn er die Chance dazu hatte. Deshalb nahm sie seinen Arm und löste sich daraus.

Als sie gerade aufgestanden war hielt er sie an der Hand fest. Seine braunen Augen sahen erschöpft zu ihr auf. Jede Spur von gelb war daraus verschwunden. Sofort wusste sie, dass es wieder einer dieser Tage war, wo sie den ganzen Tag bei ihm verbringen würde.

“Ich komme gleich wieder.” hauchte sie und er ließ sie los. Schnell lief sie zu Kellan nach draußen und weckte ihn.

“Was ist denn?” murmelte er.

“Du musst gehen.” langsam erhob er sich und rieb sich die Augen.

“Warum?”

“Weil es so ist.” meinte Elisa bestimmt und stemmte die Hände in die Hüften. “Auf der Straße ist es jetzt wieder sicher und Alex braucht seine Ruhe.”

“Ich geh ja schon.” brummte er. Sie beobachtet ihn dabei, wie er sich fertig machte und die Schuhe anzog.

Mitleidig sah sie ihm hinter her. “Kellan!” rief sie ihm nach, er war schon auf dem Weg nach unten.

“Was?”

“Tut mir leid, dich so rausschmeißen zu müssen.” er hob die Augenbraue und ging. Traurig sah sie ihm weiter nach, doch nach wenigen Minuten lief sie zurück zu Alex. Er hatte in der Zeit, die sie in der Stube verbracht hatte, sein T-Shirt ausgezogen und nur noch ein Ripphemd an, die schwarze Hose hatte er durch seine Schlafhose ersetzt. Sie lächelte kurz und legte sich wieder zu ihm, für ein paar Stunden konnte sie noch schlafen.

2

Alex und sie saßen zusammen auf dem Sofa, sie las während er ein wenig döste. Die Nacht war anstrengend gewesen, dennoch war er mit ihr aufgestanden und hatte es sich auf dem kleinen Sofa bequem gemacht. Während sie ein bisschen sauber gemacht hatte, hörte sie ihn hin und wieder schniefen.

Nach einiger Zeit hatte sie ihr Buch genommen und sich zu ihm gesetzt. Sie lehnte an seiner Schulter und hörte ihn leise murmeln, wahrscheinlich war es nichts angenehmes, was er träumte. Es war schon öfter vorgekommen, dass Alex einem ganz plötzlich vorkam wie ein traumatisiertes Kind. Dann war er zu nichts im Stande und es glich einer Depression. Aber das Ganze hielt nur einen einzigen Tag an, morgens stand er schon so auf, wenn er denn aufstand, und abends ging er so ins Bett. Am nächsten Morgen war er wieder der Alte und hatte wie immer schlechte Laune.

Elisa erinnerte sich gut daran, als sie es das erste Mal bemerkt hatte. Er war kaum ein Jahr im Himmelreich und sie keine drei Monate, aber schon in seiner Truppe. Eines Morgens kam sie in sein Zimmer um ihm irgendeine Nachricht zu bringen, da lag er noch im Bett und wollte nicht aufstehen. Damals war Alex noch kleiner als sie gewesen und sie hatte sich zu ihm auf das Bett gesetzt. Elisa hatte ihm den Kopf gestreichelt während er stumm und mit traurigem Blick an die Wand gestarrt hatte. Irgendwann hatte er leise angefangen ihr zu erzählen, was in seinem Leben passiert war. Dabei waren ihm vereinzelt Tränen über die Wangen gekrochen. Sie hatte ihm zu gehört und jeden weggeschickt, der etwas von ihm wollte. Den ganzen Tag hatte sie bei ihm verbracht und als er eingeschlafen war, war sie gegangen.

Ein Klopfen riss Elisa aus ihren Gedanken und sie legte das Buch zur Seite. Das Klopfen wiederholte sich.

“Wer ist da?” rief sie und Alex öffnete murrend die Augen.

“Zwei Seraphim.” Nach schnellem Überlegen stand sie auf und beförderte als erstes Alex in sein Zimmer und in sein Bett, er war noch zu müde um überhaupt etwas dagegen sagen zu können. Danach ging sie zur Tür und öffnete.

“Was gibt es denn?” fragte sie genervt und versuchte ihren Kommandanten nach zu eifern.

“Wir wollen fragen, ob Kommandant Larson diese Nacht wieder mit auf die Straßen geht. Wir setzen die letzte Nacht fort und wollen noch mehr vertreiben.” erwiderte der Eine.

“Rechnet nicht mit ihm, er hat einiges an Schlaf nachzuholen.” meinte Elisa bestimmt. Alex würde in diesem Zustand auf keine Straße gehen und kämpfen.

“In Ordnung, Vizekommandantin.”

“Ich bin nicht die Vizekommandantin.”

“Natürlich seid Ihr das, Elisa. Es steht nirgendwo geschrieben, dass sich ein Vizekommandant am Kampf beteiligen muss.” lächelnd verabschiedeten sich die Seraphim und gingen bevor sie noch etwas sagen konnte. Doch lange währte ihr Ärger nicht. Sie lauschte noch ob die Seraphim wieder kommen würden, doch das taten sie nicht. Schnell lief sie zu Alex zurück ins Zimmer, er lag noch immer im Bett und würde wahrscheinlich nicht mehr aufstehen, also legte sie sich einfach zu ihm. Kaum spürte Elisa seine Wärme im Rücken legte er auch schon den Arm um sie.

“Kommandant, ist es wegen letzte Nacht?” wollte sie wissen, obwohl sie wusste, dass dem nicht so war. Sie hatte ihn auch absichtlich ›Kommandant‹ genannt, um zumindest etwas Respekt zu zeigen.

“Du kennst doch meine Vergangenheit.” sie nickte nur, doch er schien es zu bemerken. “Heute… ist der Todestag meiner Familie. Meine Schwester starb heute vor vierzehn Jahren und meine Eltern vor zehn Jahren. Es ist alles am gleichen Tag passiert. Sonst ignoriere ich diese Tatsache, aber wenn dann dieser eine verdammte Tag kommt, knockt es mich völlig aus.” Kurz seufzte Alex. “Ich möchte, dass du heute bei mir bleibst, nur diesen einen Tag.” Er drückte sie an sich.

“Natürlich, Kommandant, das war doch bisher immer so. Aber wieso soll ausgerechnet ich bei Euch bleiben?”

“Ich möchte, dass du bei mir bist, weil ich dir vertraue, Elisa.” sie atmete bewusst ein. Ihr wurde klar, dass er sonst niemandem davon erzählt hatte. Ihr Kommandant hatte so viel Vertrauen in sie, um ihr das zu erzählen, was sonst niemand von ihm hören würde. Niemand außer ihr würde ihn je so sehen, wie sie ihn an diesen einen Tag im Jahr sah. Kraftlos, traurig und verletzlich, alles Eigenschaften, die auf Alex eigentlich nicht zu trafen.

Vorsichtig drehte sie sich zu ihm um und sah ihm in die Augen, sie waren glasig und vollkommen Braun. Sie legte ihm beide Hände auf die Brust und konnte die Muskeln und seinen gleichmäßigen Atem unter dem Ripphemd spüren. Auch wenn sie die Größe eines Kindes hatte, so war sie dennoch keines. Mit geschlossenen Augen küsste sie ihn und er erwiderte den Kuss nur schwach. Still lösten sich ihre Lippen von einander.

“Elisa…” murmelte er, sie konnte ihn nicht ansehen und starrte auf ihre Hände.

“Ich mag Euch schon seit Ihr mich bei den Seraphim aufgenommen habt und es ist mit jedem Tag und jedem Jahr mehr geworden.” Elisa hatte ihren gesamten Mut zusammen gerafft um es ihm endlich zu sagen und er schwieg nur. Sie hatte Angst er würde sie von sich stoßen und begann zu zittern.

Plötzlich suchte seine zweite Hand sich einen Weg zwischen Matratze und ihrer Taille hindurch, beide Arme umarmten sie nun und eine Hand drückte ihren Kopf an seine Schulter. Noch immer schwieg ihr Kommandant, doch sie wusste, dass er sie nicht rausschmeißen würde.

“Es tut mir Leid, Elisa, aber ich kann diese Gefühle nicht erwidern. Ich kann dir nur Freundschaft entgegenbringen.” flüsterte er. Sie schlang die Arme um ihn und ihre Finger vergruben sich in seinem Hemd. Damit hatte sie nicht gerechnet, er hatte sich aufrichtig bei ihr entschuldigt, dass er nicht in sie verliebt war.

“Schon gut, Hauptsache ich kann bei dir sein.” schluchzte sie. Sie konnte deutlich spüren, dass ihr Geständnis sie trotzdem näher zueinander gebracht hatte.

3

Kellan saß Alex und Elisa gegenüber, sie saß auf seinem Schoss und er fragte sich nicht zum ersten mal, was da zwischen ihnen vorgefallen war. Seit fast einem Jahr beobachtete er, dass die beiden sich noch besser verstanden und sich auch näher gekommen waren. Seufzend stand Alex auf und scheuchte das Mädchen so von seinem Schoß.

“Elisa, schließ ab sobald wir raus sind und wehe du gehst heute Nacht auf die Straße.”

“Ich weiß.” Alex tätschelte ihren Kopf und lächelte sie liebevoll an, etwas das man sehr selten bei ihm sah. Sie zogen sich die Schuhe und die Jacken an. Es war wieder einmal Zeit für die Jagd auf Dämonen. Alex hatte angeboten ihn vorher nach Hause zu bringen, damit seine Mutter sich nicht unnötig Sorgen machte oder aufregte.

Als sie draußen waren hörten sie, dass Elisa abschloss. Zusammen liefen sie die Straße entlang.

“Hey, Alex, läuft da was zwischen dir und Elisa?”

“Nein, wieso?”

“Weil ich daran denken muss, wie alt sie ist.”

Mit hochgezogenen Augenbrauen sah Alex ihn an. “Wie kommst du auf ihr Alter?”

“Hast du sie dir schon mal angesehen? Sie ist elf.”

“Du solltest nicht nach ihrem Äußeren gehen. Elisa war achtzehn, als sie gestorben ist. Es ist nur ihr Körper, der aussieht wie der einer Elfjährigen.”

“Du weißt wie alt sie war, als sie gestorben ist?” unsicher sah Kellan ihn an.

“Ich war damals in unmittelbarer Nähe. Sie lief über die Straße als ein Auto sie erfasste und sie gegen die nächste Laterne fuhr. Aber sie trifft keine Schuld, sie ist bei grün gelaufen und hat sich vorher umgesehen, der Autofahrer hat die rote Ampel übersehen. Sie ist noch am Unfallort gestorben.”

“Hast du sie deshalb in den Korps aufgenommen?”

“Nein, dass ich gesehen habe wie sie zu Tode gekommen ist, habe ich erst nach ihrer Aufnahme festgestellt. Du musst mir versprechen, dass du es ihr nie erzählen wirst. Ich weiß nicht, ob sie es verkraften würde, wenn sie es jetzt erfährt.”

“Ich sage es ihr nicht, versprochen.” Den restlichen Weg schwiegen sie und verabschiedeten sich leise, da es bereits nach elf war, als sie ankamen. Die ersten Kampfschreie waren schon zu hören und Alex zog sein Schwert aus der Scheide auf seinem Rücken. Als er noch mal zurück sah um sicher zu gehen, dass Kellan nach drinnen ging und abschloss, glaubte Kellan zu sehen, wie seine Augen begannen gelb zu leuchten.

Er hatte nur wenige Stunden geschlafen als der Lärm auf der Straße ihn aufweckte. Irritiert setzte er sich auf und sah aus dem Fenster. Im Schatten sah er einige Bewegungen, ansonsten war es still. Von der Hauptstraße her waren schnelle Schritte zu hören und ein Mädchen kam auf den kleinen Hof, auf den man von seinem Fenster aus sehen konnte. Es fiel nur wenig Licht auf das Mädchen, doch er erkannte Elisa auf den ersten Blick. Verwundert fragte Kellan sich, warum das Mädchen auf der Straße war obwohl sie geschworen hatte zu Hause zu bleiben.

Aus der anderen Richtung kamen ebenfalls eilige Schritte und ein Junge mit Mütze tauchte auf.

“ELISA, HINTER DIR!!” keuchte Alex, erschrocken fuhr sie herum und wurde von einem Schwert durchbohrt. Ungläubig starrte sie auf die Klinge, die noch in ihrem Bauch steckte und sackte dann zusammen.
 

“NEIN!” brüllte er, als sie auf dem Boden ankam und der Dämon das Schwert aus ihr heraus zog. Gierig grinste der Mann ihn an und leckte das Blut von der Klinge. Alex sah nur noch rot und ging auf ihn los. Der Dämon wusste nicht wie ihm geschah und konnte nur wenige Schwerthiebe parieren, dann wurde er von Alex Schwert zerteilt. Betroffen ging er auf die Knie und nahm das Mädchen in den Arm.

“Elisa…” flüsterte er.

“Alex, tut mir leid, ich bin doch nach draußen gegangen.” ein kleines Rinnsal Blut floss aus ihrem Mundwinkel.

“Scht, du darfst jetzt nicht sprechen.” die ersten Tränen krochen über seine Wangen.

“Werde ich wiedergeboren?”

“Ja, das verspreche ich dir, du wirst wiedergeboren.”

Sie lächelte ihn an. “Dann will ich, dass ich wieder bei dir sein kann.”

“Bitte, du darfst jetzt nicht gehen, ich brauche dich doch.” zitternd hob sie die Hand, doch sie kam nicht dazu seine Wange zu erreichen. Schlaff fiel sie auf ihren Bauch und blieb dort liegen.

“Nein…” keuchte Alex. “Nein!” Sie hatte aufgehört zu atmen und ihre Augen waren geschlossen. Weinend drückte er sie an sich, er würde alles tun, damit sie wiedergeboren würde.
 

Kellan sah wie er um sie weinte, hörte sein leises Schluchzen und auch er konnte die Tränen nicht unterdrücken. Elisa würde nicht wieder aufwachen, das stand fest. Sie musste ihm wirklich wichtig gewesen sein, denn er hatte nie einen solchen Gefühlsausbruch bei Alex gesehen.

Er richtete sich auf und sah zum Himmel. Kellan sah schemenhaft eine ältere Ausgabe von Alex, ohne Mütze und in einer Art Uniform, auf seinen Rücken befanden sich sechs reinweiße Flügel. Er hatte ihn noch nie in seiner Gestalt als Engel gesehen, doch er glaubte nun zu wissen, wie Alex als Engel aussah.

Er hatte gedacht, dass sein Freund schreien würde oder den Himmel oder die Hölle verfluchen würde. Doch er tat es nicht, stattdessen sah er sich kurz mit wütenden Blick um und dann zu Boden. Ein leises Heulen erklang und er meinte sich zu verhören, da es offensichtlich von Alex kam. Es wurde lauter und er hob den Kopf wieder in Richtung Himmel. Es war tatsächlich Alex, der das Heulen ausstieß und es klang wie das eines Wolfes. Ein rufendes und sogleich trauriges Heulen.
 

Er sah von dem zu Asche verbrennenden Dämon auf und dann zu seinem Kollegen.

“Hörst du das?” fragte er und lauschte auf das Heulen.

“Das ist der Kommandant.” sofort liefen sie los und ließen die Dämonen allein sterben.

“Meinst du, wir sollen wirklich zu ihm kommen? Es klang eher traurig.”

“Er hat gesagt, dass wir zu ihm kommen sollen, egal wann er das Wolfsheulen benutzt.” Stumm rannten sie weiter, als sie ankamen sahen sie schon einige andere und wie sie einen leblosen Körper beschützten. Zum genauen hinsehen blieb ihnen keine Zeit und sie wurden schon in den Kampf verwickelt.

Dennoch warfen sie einen kurzen Blick auf die Person und mussten feststellen, dass es Elisa war. Sie hatte eine schwere Wunde am Bauch und atmete nicht mehr. Sie alle verteidigten ihren toten Körper und sie schlossen sich an. Selbst wenn der Kampf die ganze Nacht dauern würde, so würden die Dämonen für den Tod des Mädchens trotzdem zahlen.
 

Er hatte den Herrn geradezu angefleht, dass Elisa wiedergeboren werden durfte, doch er hatte nicht zugestimmt. Enttäuscht und wütend auf sich selbst war er wieder auf die Erde gegangen. Zwei Tage hatte er gebraucht um endlich den letzten Schritt zu machen und ihr die Erlösung zu geben, die sie verdient hatte.

Alex lief auf den Rand der Klippe zu, in seinem Armen hatte er Elisa deren Körper in ein Leinentuch eingewickelt war. Er unterdrückte die Tränen, die ihm in die Augen schossen. Als er am Rand ankam und in die Ferne schaute, fragte er sich wieso es immer die traf, die mit ihm zu tun hatten und im Grunde nichts dafür konnten. Ihm war klar, dass sich die Truppe weiter unten versammelt hatte und sich nun versteckte. Sie wollten dem Mädchen die letzte Ehre erweisen.

Er zog sich mit einer Hand die Mütze vom Kopf und er entfernte vorsichtig das Tuch von Elisas Gesicht. Sie sah so friedlich aus, als würde sie nur schlafen, doch sie würde nie wieder ihre mandelfarbenen Augen öffnen und ihn anstrahlen.

“Es tut mir leid, Elisa, ich kann mein Versprechen nicht halten, du wirst nicht wiedergeboren.” flüsterte er traurig. Behutsam streckte er die Arme aus und ihre blonden Haare rutschten von seinem Arm. Die ersten Tränen krochen über seine Wangen.

“Im Namen des Herrn, hiermit spreche ich dich frei. Deine ewige Ruhe sollst du auf den Wogen des Windes finden.” schluchzte er. Elisas Körper löste sich langsam in Rosenblätter auf und Wind kam auf um sie davon zu tragen. Weinend ging er auf die Knie und schlug mit der geballten Faust auf den Boden, in der Hand hielt er die Kette, die er ihr geschenkt hatte. Mehr war ihm von ihr nicht geblieben.

4

Er lief die Treppe nach unten und hörte hinter sich eilige Schritte. Kurz darauf erschien Alex neben ihm.

“Hast du heute Abend schon was vor?” wurde er gefragt.

Verwirrt sah Kellan seinen Freund an. “Nein, bis jetzt nicht. Wieso?”

“Ich wollte fragen, ob du heute Abend mit in einen Club kommst.”

“Warum? Du gehst doch nur in Clubs um zu arbeiten.”

“Heute nicht, wenn du mitkommst gehe ich feiern, ansonsten bleib ich zu Hause.” Er grinste ihn an. “Weißt du, heute ist mein achtzehnter, zum zweiten Mal, und das wollte ich feiern. Da wir Freunde sind wollte ich einfach nur wissen, ob du mit feiern kommst.”

“Wärst du nicht so stur, hättest du mehr Leute die du einladen könntest.” meinte er und sah Alex an.

“Dann wüssten noch mehr Leute, was ich bin und das ist nicht so gut.” murrte Alex, Kellan hatte ihn wahrscheinlich auf dem falschen Fuß erwischt.

“Du musst es ja nicht jedem sagen, der sich mit dir unterhält.”

“Aber wenn ich mehr Freunde hätte, würde ich auch vor denen meine Mütze abnehmen und das wirft dann Fragen auf. Außerdem treffen Freunde sich nachmittags im normal Fall, du weißt, dass ich nachmittags andere Pflichten habe, aber stell dir vor du wüsstest es nicht. Du wärst keine zehn Tage mit mir befreundet, weil ich dich jedes Mal versetzte oder sitzen lasse.” Kellan schnaufte nur, er gab ihm recht, in beiden Sachen. Seit sie befreundet waren, hatte Alex hin und wieder seine Mütze abgenommen, wenn sie allein waren. Alex lief vor und ließ ihn stehen.

“Hey, Alex, ich komm mit.” rief er ihm nach und der Andere hob nur die Hand als Zeichen, dass er verstanden hatte und um ihm die Uhrzeit zu zeigen. Sie würden sich gegen zehn am gewohnten Ort treffen. Jemand legte ihm die Hand auf die Schulter und er drehte sich um.

“Mann ey, Kellan, warum gibst du dich überhaupt mit dem ab?” fragte einer der Jungen aus seiner Klasse, ein Zweiter nickte nur zustimmend. Beide waren mit ihm befreundet, doch seit sie wussten, dass er auch mit Alex befreundet war hielten sie sich größtenteils von ihm fern.

“Freundschaft würde ich das nicht nennen, er bestellt dich einfach wohin und du springst.”

“Das ist ja wohl meine Sorge, oder? Außerdem bestellt er mich nirgendwo hin.”

“Ach, und was war das eben? Er fragt nach, ob du mitkommst und du sagst einfach ja.” der größere der beiden Jungen schüttelte den Kopf.

“Er hat mich zu seinem Geburtstag eingeladen, wenn ihr das wissen wolltet.” Unsicher sahen sie sich an, das hatten sie anscheinend nicht gedacht. “Wir sehen uns.” ohne weitere Worte ging er zum nächsten Raum. Alex tauchte erst zwei Stunden später auf und Kellan musste ihn auf einen Blutfleck auf der Wange aufmerksam machen als er eintrat. Es lag nahe, dass ein weiterer Dämon den kürzeren gezogen hatte.

Ungeduldig stand er an der Ecke und sah auf seine Uhr.

“Alex, mach hin, es ist nach zehn.” schnelle Schritte waren in der Gasse neben ihm zu hören und er sah nach. Sein Kumpel kam ihm gehetzt entgegen.

“Sorry, ich wurde aufgehalten.” keuchte er außer Atem.

“Die Ablenkung kann ich mir denken.”

Entschuldigend warf Alex ihm einen Blick zu. “Ein anderer, würde das nicht verstehen. Lass uns gehen, bevor die besten Platze weg sind.” Sie machten sich auf den Weg und kamen schon bald bei einem schmuddlig aussehenden Club an.

“‘n Abend, Bud.” sagte Alex zu dem Türsteher.

“Heute mal wieder hier? Dich hab ich seit Wochen nicht mehr gesehen.”

“Hatte andere Dinge zu tun. Dürfen wir rein?”

Kurz sah sich der Mann um. “Der da gehört zu dir?” brummte er und deutete mit einem Fingerzeig auf Kellan.

“Natürlich”

“Du kennst die Regeln, vor Zwei bist du wieder weg.” Alex nickte nur und mit einem Schritt machte Bud den Weg frei und ließ sie ein.

“Mit einem Ausweis könntest du hier locker rein.” Es war laut und Technomusik dröhnte ihnen in den Ohren, als sie in den Hauptraum kamen.

“Ich kann mir keinen Ausweis anschaffen, schließlich existiere ich hier unten eigentlich nicht mehr. Dafür kenne ich jeden Türsteher der umliegenden Clubs und Bars und habe eine Abmachung mit ihnen.”

“Die Türsteher wissen aber nicht wie alt du bist, oder?”

“Nein, sie glauben, ich wäre ein Minderjähriger der ganz gerne mal in einen Club geht und älter aussieht. Bud ist der Einzige dem es so langsam dämmert, dass ich einfach nur keinen Ausweis habe. Darum hat er nur selten etwas dagegen, dass ich rein gehe.”

“Was ist, wenn er dich nicht rein lässt?”

“Dann haben sich die Bullen angekündigt.” Alex setzte sich an die Bar und die Barkeeperin kam sofort zu ihnen.
 

“Alex! Dich habe ich ja ewig nicht gesehen.” meinte sie und strahlte ihn an.

“Hallo, Melissa. Wie läuft das Geschäft?”

“Träge. Stellst du mir deinen Freund vor?”

Alex lächelte sie an. “Das ist Kellan. Kellan, das ist Melissa, sie studiert eigentlich jobbt aber nebenbei hier in der Bar. Sie ist die einzig normale Person hier.” erklärte er und Kellan verstand sofort, dass er meinte, sie wäre ein Mensch und kein Dämon.

“Danke, sehr freundlich.”

“Bringst du uns zwei kleine Noncoke? Geht auf mich.”

“Klar, was immer du haben willst, Kleiner.” sie zwinkerte ihn an und verschwand kurz. So sah sie nicht, dass er sich über das Kleiner ärgerte .

“Warum nennt sie dich ›Kleiner‹?”

“Sie hat mich kennen gelernt als ich aussah wie zwölf. Sie hat angefangen mich damit aufzuziehen, als sie bemerkt hat, dass es mir nicht gefällt, wenn sie mich so nennt.”

“Ah” machte Kellan nur und sah sich ein wenig um. “Und hier arbeitest du sonst?”

“Na ja, ich horche hier die Dämonen aus, ist schließlich ein Dämonenclub. Davon gibt es aber noch mehr, so dass ich in der Clubauswahl hin und wieder etwas Abwechslung habe.” Die Barkeeperin kam zurück und stellte zwei Gläser vor sie.

“Bitte, deine Noncoke.” Sein Kumpel sah ihn an.

“Keine Sorge, das ist einfache Cola. Hier muss man aufpassen, was man bestellt.”

“Stimmt, bestellt man hier eine Cola, dann bekommt man Cola mit Rum, wahlweise auch mit Wodka.” Melissa ging wieder und kümmerte sich um andere Kunden. Alex spürte wie sich jemand hinter sie stellte, achtete aber nicht so sehr darauf.

“Sieh einer an, wer sich hier her traut. Wir haben uns lange nicht mehr gesehen, Alex.” bemerkte eine gehässige Stimme. Er fluchte kurz, jetzt konnte er den Fremden nicht mehr ignorieren. Verstimmt drehte er sich um und betrachtete den Mann. Er sah nur wenige Jahre älter als er aus, hatte ins Gesicht hängende blonde bis weiße Haare und rote Augen, zudem stank er als wäre er eben erst aus der Hölle gestiegen.

“Muss ich dich kennen?” murrte er.

“Ist das nicht der Junge, bei dem das Mädchen immer war, das wir umbringen sollten?” wollte einer der Männer wissen, der hinter dem anderen stand.

“Ja, das ist er. Alex, ist es schon zu lange her oder erkennst du mich nicht?” kurz lachte der Blonde auf. “Dafür kann ich mich an dich erinnern. Seit wir uns begegnet sind bekomme ich deinen Gestank nicht mehr aus dem Gedächtnis.”

“Keine Ahnung, welche Begegnung du meinst. Aber du stinkst so sehr, dass die Hölle selbst dich ausspucken würde, wärst du nicht in ihren tiefen Abgründen geboren wurden.” entgegnete Alex und rümpfte die Nase.

“Wie kann jemand wie du, der eine Sünde nach der anderen begeht, so rein stinken, dass selbst das Licht neben dieser Reinheit verblasst?” fragte er und kam näher. “Ich hatte gedacht, dass der Tod des Mädchens vor drei Jahren dich wenigstens so sehr erschüttert hat, dass du nicht mehr weißt wohin.”

“Was?!” Sofort musste er an Elisa denken. Dieser Mann, dieser Dämon hatte ihren Tod zu verantworten.

“Dafür wirst du bezahlen.” knurrte er leise.
 

“Ach, warum muss er ausgerechnet heute weggehen?” wollte er wissen doch sprach niemand bestimmtes an.

“Keine Ahnung. Hier gibt es so viele Clubs, das dauert ewig bis wir ihn gefunden haben.” meinte sein Kollege und sah sich um. “Da drüben ist der erste.” gemeinsam gingen sie hin und fragten den Türsteher, ob sie einen Junge mit Mütze rein gelassen hätten. Das taten sie auch bei den nächsten vier Clubs, erst der fünfte schien viel versprechend zu sein.

“Guten Abend, haben Sie vielleicht einen Jungen mit Mütze rein gelassen? Er heißt Alex.” Es war ungewohnt für sie ihn beim Vornamen zu nennen, schließlich war er ihr Kommandant und musste mit Respekt behandelt werden.

“Alex? Nein, der ist heute im ›Beat‹ drei Straßen weiter, zumindest hat er mir das vorgestern so gesagt.”

“Danke” eilig liefen sie weiter. Es wunderte sie nicht als sie vor dem Club standen und dieser eher schmuddlig aussah. Das hatten Dämonenclubs an sich, auf Menschen wirkten sie abstoßend und auf Dämonen einladend.

“Hi, wir suchen einen Jungen namens Alex. Ist der vielleicht hier?” fragte er den Türsteher. Der nickte nur und ließ sie rein. Eilig suchten sie sich einen Weg hinein und hielten dann nach ihrem Kommandanten Ausschau.

Er stand einen Dämonen gegenüber, was nicht sehr günstig war, da ein solches Treffen meist in einem Kampf endete. Und zu ihrem Leidwesen sah es schwer danach aus.

5

“Alex, reis dich zusammen!” rief Kellan und hielt seinen Freund am Arm fest. Das dieser Mann an dem Tod von Elisa schuld ist, hatte auch ihn geschockt, aber er ist nicht gleich auf hundertachtzig und will dem Mann am liebsten umbringen.

Zwei Männer aus Alex’ Truppe kamen dazu und hielten ihn ebenfalls fest. “Beruhigt Euch, Kommandant.” zischte einer der Seraphim. Mit Mühe zerrten sie ihn einige Schritte von dem fremden Mann weg und er hing in ihren Armen fest. Unheilvoll und voller Mordgier sah er den Mann mit seinen leuchtend gelben Augen an und grinste finster dabei.

“Das wirst du noch büssen, du wirst dir noch wünschen, dass du damals nicht zur Hölle gefahren sondern gleich Asche geblieben wärst. Merk dir eins: Man sieht sich immer mehrmals im Leben, Judas.” Der Mann verengte die Augen und zog mit seinen Männern scheinbar unbeeindruckt ab. Alex wehrte sich gegen ihren Griff.

“Ihr könnt mich los lassen.” knurrte er ungehalten, sie ließen ihn los und er setzte sich wieder auf einen Barhocker. “Ich hätte zu Hause bleiben sollen.” murmelte Alex und trank seine Cola. Kellan setzte sich zu ihm und die anderen Beiden auch.

“Was wollt ihr eigentlich hier?” wollte er wissen und sah seine Untergebenen an. Diese wechselten einen kurzen Blick und der älter Aussehende nickte kurz.

“Man will Euch sehen, der Herr verlangt nach Euch.”

“Worum geht es?”

“Wissen wir nicht, er hat nur gesagt, dass wir Euch bescheid sagen sollen.”

Alex seufzte. “Sagt ihm, dass ich morgen kommen werde. Heute habe ich was anderes vor.”

Bestürzt schauten sie zu ihm rüber. “Aber Ihr könnt doch nicht den Herrn vertrösten, nur weil Ihr in einen Club gehen wollt.”

“Ich werde mich morgen bei ihm entschuldigen. Wie gesagt, ich hab heute was anderes vor.” Die zwei Seraphim gaben sich geschlagen und gingen, aber bevor sie endgültig den Raum verließen sahen sie sich nach dem Mann um, der Alex provoziert hatte. Er war nirgends zu sehen, weshalb sie schließlich verschwanden.

Kellan sah ihn von der Seite an. “Sicher, dass es klug ist, gerade ihn zu vertrösten?”

“Er wird mich sowieso bestrafen, da ist es nicht so schlimm, dass ich den Abend mit dir verbringe.”

“Weswegen sollte er dich bestrafen? Wegen dem hier?”

“Das wird nur ein kleiner Grund sein. Es ist vermutlich wegen dir, du weiß zu viel.”

“Offensichtlich nicht nur das.”

“Lass uns aufhören, darüber zu reden. Hey, Melissa, zwei Colas mit Wodka.” Alex sah ihn fragend an und Kellan nickte nur. Wodka war ihm lieber als Rum.
 

Mit den Händen in den Taschen lief er den weißen Gang entlang. Während er anklopfte nahm er die Mütze ab, eine kräftige Stimme rief ihn herein.

Vor dem Herrn ging er auf die Knie und sah zu Boden. “Es tut mir Leid, dass ich Eurem Ruf erst heute nachkomme, Herr.”

“Steh auf, Alex.” Alex tat was man von ihm verlangte und stand auf, seinen Blick richtete er dennoch auf den Boden.

“Warum sollte ich zu Euch kommen? Eigentlich müsste ich jetzt in der Schule sitzen.”

“Du solltest wissen, warum du hier bist.” er fluchte innerlich, er hatte es geahnt und trotzdem nichts unternommen.

“Es ist wegen Kellan, nicht wahr?” verdrossen sah er auf, man sah ihn strafend für seinen gedachten Fluch an.

“Ja, es ist wegen dem Jungen. Du hast ihm nicht nur alles über dich und uns erzählt, du unterrichtest ihn seit eineinhalb Jahren auch im Schwert- und Nahkampf. Ist dir eigentlich klar, was passiert, wenn er sich nur einmal verspricht?”

“Er wird nichts ausplaudern, er ist mein Freund und ich bringe ihm nur bei, wie er sich verteidigen kann.”

“Du zeigst ihm Dinge, die in der heutigen Zeit nicht mehr gebraucht werden. Zudem sind es Dinge, die vor allem gegen Dämonen wirksam sind.” er klang verärgert, doch auch Alex war nicht sehr gut drauf.

“Sie werden irgendwann auf ihn aufmerksam, es ist besser, wenn er sich selbst verteidigen kann anstatt immer auf mich hoffen zu müssen. Ich kann nicht immer in seiner Nähe sein und ich werde ganz sicher keinen meiner Männer an seine Seite stellen.” meinte er aufgebracht. “Er braucht keinen Babysitter. Ich vertraue Kellan, keiner wird etwas von ihm über uns erfahren.”

“Warum ist dieser Junge dir so wichtig? Was hat er an sich, dass gerade du dich für ihn verbürgst?”

Alex sah traurig auf den Boden. “Freunde sind sowohl im Leben als auch danach wichtig, dass habt Ihr selbst einmal zu mir gesagt. Außerdem ist er anders als andere Menschen, es ist fast so als stände er wie ich zwischen den Fronten.” Entschlossen sah er wieder auf. “Bitte, Herr, lasst mich ihm weiterhin beibringen, wie man mit dem Schwert umgeht.”

“Du bildest ihn zu einem Soldaten des Himmels aus. Ist dir das bewusst?”

“Ja, dessen bin ich mir bewusst. Er hat mich gebeten es zu tun und ich habe zugestimmt unter Bedingung, dass er sich nur damit verteidigt.”

“In Ordnung, Alex, du bürgst für ihn und ziehst alle Verantwortungen auf dich, wenn etwas schief geht. Und du wirst für dein eigensinniges Handeln bestraft.”

“Danke, Herr, ich werde Euch nicht enttäuschen.” erleichtert atmete er auf, er würde nur eine geringfügige Strafe erhalten und alles wäre beim Alten. Fast alles.

Teil 4

Licht oder Schatten?

Die Qual der Wahl
 

1
 

Sie saßen wieder einmal in einer Bar, Kellan kam inzwischen öfter mit. Sein Blick fiel auf einen kleinen Zettel der neben den Gläsern hinter der Bar lag. Vorsichtig sah er sich um und nahm ihn sich dann.

“Was ist das?” wollte sein Kumpel von ihm mit hochgezogenen Augenbrauen wissen.

“Eine Notiz, warte.” Alex las kurz was darauf vermerkt war und suchte mit verwirrtem Blick den Barkeeper. “Morgen ist hier eine geschlossene Gesellschaft. Mal sehen um welche es sich dabei handelt.” freundlich lächelnd lotste er Roger zu sich.

“Was ist denn, ich hab euch doch gerade erst was gebracht.” meinte dieser gehetzt, an diesem Abend war in der Bar ziemlich viel los.

“Bist du morgen auch da?”

“Nein, morgen bedient der Chef persönlich. Hier darf morgen eigentlich niemand her, du brauchst also gar nicht erst kommen.”

“Danke für die Info.” Roger verließ sie wieder und kümmerte sich um die Gäste sie auf dem Trockenen saßen. “Und wie ich morgen her komme.” murmelte er vor sich hin.

“Erzählst du mir auch, was sich in deinem Kopf abspielt, damit ich deine Sätze auch verstehe?” irritiert sah er Kellan an, er war schon wieder dabei zu planen was am nächsten Abend sein würde.

“Lass uns gehen, hier redet es sich blöd.” Gemeinsam verließen sie die Bar nachdem sie gezahlt hatten und liefen zu ihm. “Morgen Abend trifft sich um elf ein ganzer Haufen Dämonen in der Bar. Die Barkeeper und Bedienungen dort sind alle Menschen, aber der große Boss und einige höher stehende Angestellte sind alles Dämonen. Selbst die Security ist dort größtenteils unterirdisch als alles andere. Deswegen bedient der Chef morgen selbst, es ist kein Personal da, das die Getränke verteilt.

Um es kurz zu machen, ich lass den Laden morgen hoch gehen. Dort wird kein Dämon wieder raus kommen.” Er musste wieder ein wölfisches Lächeln gezeigt haben, denn Kellan schüttelte den Kopf, lächelte aber ebenfalls dabei. Seit seinem wiederholten achtzehnten Geburtstag hatte er immer wieder festgestellt, dass er hin und wieder wie ein Raubtier dachte oder auch handelte, je nach Situation.

“Du kannst mitkommen, aber nur als Beobachter.”

“Wieso nur als Beobachter?”

“Du hast mir etwas versprochen, das hast du doch nicht etwa schon vergessen. Ich bringe dir den Schwertkampf bei, weil du mir versprochen hast, das Wissen nur zu deiner eigenen Verteidigung zu nutzen.”

“Was nützt mir das Wissen, wenn ich kein Schwert habe?” Kellan sah ihn verstimmt an, es passte ihm nicht, dass Alex ihn bevormundete.

“Ich habe dir kein Schwert gegeben, damit du nicht unnötig angegriffen wirst. Vor einem Dämon zu stehen und ein Schwert dabei zu haben, bedeutet für sie, dass du einen Gegner darstellst. Klingen in dieser Form zeichnen Soldaten des Himmels, nur sie benutzen heute noch Schwerter.” Er machte eine kurze Pause und seufzte. “Glaub mir, du willst kein Soldat des Herrn sein. Die Kämpfe die wir für ihn austragen, steht kein Mensch durch.”

“Klingt fast so, als wolltest du selbst kein Soldat sein.”

“Kriege sind grausam, Kellan. Ich kenne niemanden, dem es Spaß macht Soldat zu sein, aber es ist nötig, dass es die Seraphim gibt. Du siehst doch, was die Dämonen trotz der Anwesenheit der Seraphim hier unten treiben.”

“Du würdest lieber einer andere Aufgabe haben.” Sein Freund sah zu Boden und Alex zum Himmel.

“Manchmal ja.” Ohne es zu merken waren sie schon bei ihm angekommen und er schloss auf. “Krieg sollte man nicht um des Krieges Willen führen.”

“Du sprichst die ganze Zeit von Krieg, das was du und die anderen hier unten macht, das ist kein Krieg, ihr wischt den Dämonen immer nur eins aus.”

Alex sah ihn ernst an. “Der große Krieg wird kommen, daran setzt die gesamte Unterwelt alles.” Als sie oben in der Wohnung waren, setzten sie sich und schwiegen sich an. Kellan schien allmählich verstanden zu haben, dass es um weit mehr ging, als nur ein paar Kämpfe. Alex kam eine Idee, eilig nahm er den Piercing aus seinem linken Ohr und legte ihn auf den Tisch. Ein leises Ziehen sagte ihm, dass sich das Loch sofort schloss. Er bemerkte, wie Kellan den Piercing betrachtete. In das Metall des breiten Rings war ein schwarzes Kreuz eingearbeitet, der Querbalken wurde unten und oben von je einer schwarzen Linie parallel begleitet. Dort wo die Linien auf den Längsbalken trafen führten sie silbern weiter.

“Was ist damit?” wurde er gefragt.

“Wenn du willst, schenke ich ihn dir.” meinte er lächelnd.

Kellan schaute ihn zweifelnd an. “Aber doch nicht ohne Hintergedanken. Außerdem, ich habe nicht einmal einen Piercing.”

“Ich sagte ja auch, wenn du ihn willst. Man kann sich übrigens das Loch dafür stechen lassen.” belustigt lehnte er sich zurück, Kellan hatte ihn schnell durchschaut. “Aber ja, ich hatte dabei auch so meine Gedanken. Das Metall ist inzwischen auf mich geprägt, du weißt ja, dass ich ihn von Anfang an getragen habe, zudem ist das Kreuz darauf das Zeichen meines Korps. Wenn du Hilfe brauchst oder Dämonen sich in deiner Nähe befinden, dann merke ich es.” Alex atmete tief durch. “Ich will dir nicht verschweigen, was es mit dem Piercing auf sich hat. Eigentlich ist es ein Erkennungszeichen für andere gewesen, damit sie wissen wer ich bin. Gebe ich ihn nun an dich weiter, heißt das so viel, dass du zu meiner Truppe gehörst, aber da das zum einen unmöglich ist und zum anderen mir strengstens untersagt ist, wird es für andere nur ein Zeichen sein. Ein Zeichen dafür, dass du unter dem Schutz meines Korps stehst.”

“Das klingt danach, dass da noch was kommt. Aber bevor du damit anfängst: Warum ist es unmöglich, dass ich zu deiner Truppe gehöre?”

Traurig sah Alex auf das Kreuz. “Weil du ein Mensch bist. Nur Engeln ist es erlaubt, in die heiligen Heerscharen aufgenommen zu werden.”

“Du darfst mich außerdem nicht in deine Truppe aufnehmen, oder?”

“Nein, darf ich nicht. Ich habe mich beim Herr für dich verbürgt, dass du keinen Kampf austrägst, außer es ginge um dein Leben, und dass du nichts von dem, was ich dir erzählt habe, ausplauderst. Kurz gesagt, habe ich die Verantwortung für dich vor dem Herrn auf mich genommen. Tust du also etwas gegen dein Versprechen, wirst nicht du sondern ich bestraft.” erklärte er und sah dabei weiter auf das Kreuz.

“Wie kann ich mich für das alles, was du für mich getan hast, revanchieren?” erstaunt wandte Alex seinen Blick zu Kellan, der ihn fragend ansah.

“Halt dich an dein Versprechen.” meinte er schelmisch lächelnd. Ihm war bewusst, dass irgendwann der Zeitpunkt kommen würde, wo das Versprechen nichtig wurde.

“Wenn dir noch was anderes einfällt, sag bescheid. Also los, da war noch was mit dem Piercing.” brummte der andere.

Er wusste nicht, ob er seinem Freund wirklich sagen sollte, was es noch zu dem Ohrschmuck zu sagen gab. “Das Metall ist auf mich geprägt, das habe ich dir ja schon gesagt, es überträgt größtenteils Gefühle von dir auf mich, vor allem starke Gefühle.”

“Warte, du würdest dann wissen, was ich fühle!?” empört sah Kellan ihn an.

“Ich bin ein Empath und kann deswegen so schon Gefühle anderer wahrnehmen, also auch deine. Diese Fähigkeit benutze ich aber selten und bei dir erst recht nicht.”

“Wie genau übermittelt der dir die Gefühle?” misstrauisch deutete er auf den Piercing, der noch immer auf dem Tisch lag.

“Er ist nicht so fein, wie mein Gespür. Jede Emotion überträgt er nicht, ich sagte doch schon, vor allem starke Gefühle. So was wie panische Angst, das höchste Glücksgefühl das es gibt und so was.”

“Sicher?” Alex nickte nur. “Gut, ich nehm ihn. Morgen lass ich mir das Loch stechen.”

“Aber ohne mich, ich muss morgen nach oben.”

“Das heißt du wirst morgen nicht zur Schule kommen?”

“Nein, ich werde die Nacht vermutlich nicht einmal hier verbringen.”

“Dann werde ich mich mal auf den Weg nach Hause machen.” Kellan stand auf und steckte den Piercing ein, kaum hatte er ihn in der Hand, da spürte Alex etwas am Rande seines Bewusstseins.

“Eins will ich noch wissen.”

Verwundert sah er seinen Kumpel an. “Was denn?”

“Warum hast du angeboten, dass ich morgen mitkommen kann?”

“Damit du siehst, wie so ein echter Einsatz von statten geht. Ich glaube nämlich, du machst es dir zu einfach.” Kellan ging mit einem Gesicht als hätte er etwas falsches gesagt. Wahrscheinlich hatte er das auch, zumindest aus der Sicht des Anderen, doch es war die Wahrheit. Eilig lief er zum Balkon.

“Hey, Kellan, kommst du morgen nun mit oder nicht?”

“Ja, schick mir ne Nachricht, wann ich wo zu sein habe.”

“Wie du willst.” Er beobachtete noch wie, Kellan mit den Händen in den Taschen davon ging und machte sich dann bereit um nach oben zu gehen.

2

Es war spät als er am gewohnten Ort auf Alex wartete. Kellan glaubte, man hätte ihn vergessen als sein Kumpel auch nach einer halben Stunde noch nicht da war. Verärgert lehnte er sich an die Wand, es ärgerte ihn nicht nur, dass Alex noch nicht da war sondern auch wegen dem, was er am Vortag gesagt hatte.

“Mann, hoffentlich kommt er bald, sonst gehe ich.” murmelte er und verschränkte die Arme. Ihm passte es nicht so lange zu warten, normalerweise war Alex relativ pünktlich, egal ob ihm etwas aufhielt oder nicht. In der Seitengasse hörte er Schritte, beließ es aber dabei, da es mindestens zwei Leute waren.

Neben ihm blieben sie stehen und er sah sie an, sie hatten blaue Uniformen an. An der Hüfte von jedem hing ein Schwert und am Oberschenkel eine Handfeuerwaffe.

“Kellan Roth?” Mit hochgezogenen Augenbrauen ließ er die Arme sinken.

“Ja?”

“Der Kommandant schickt uns. Wir sollen dich mit zur Bar nehmen.” Kellan stieß sich von der Wand ab und lief ihnen nach.

“Warum ist er nicht selbst gekommen?”

Die beiden sahen sich an und der jüngere wandte sich an ihn. “Er steht noch in diesem Moment vor dem Herrn und verteidigt deine Anwesenheit bei diesem Einsatz. Seit Stunden versucht er durchzudrücken, dass du als Beobachter anwesend sein darfst. Dadurch hat sich der ganze Einsatz verschoben, aber er meinte, er würde einfach gehen, wenn es zu spät würde. Weil wir wissen, dass ihm die Regeln im Grunde egal sind, haben wir dich jetzt abgeholt. Immerhin stehst du unter unserem Schutz.” wurde er angegrinst, doch der Engel wurde bald wieder ernst.

Im Augenwinkel betrachtete Kellan die Uniform genauer, sie hatten einen anliegendem Stehkraken, auf den Schultern war das Rosensiegel auf die Schulterklappen genäht, an der Seite war das Zeichen des ersten Korps. Alles in allem war es eine recht schlichte Uniform in der man sich frei bewegen konnte. Er hatte sie sich anders vorgestellt und gedacht, dass der weiße Umhang, der er einmal an Alex gesehen hatte, dazu gehörte.

Etwas abseits von der Bar trafen sie auf weitere Engel. Sie alle hatten die Uniform an, im Gegensatz zu den Nächten in denen sie Jagd auf die Dämonen machten. Einige hatten die Ärmel hochgekrempelt damit sie sich noch freier Bewegen konnten. Das Einzige, was bei ihnen nicht gleich war, waren die Schwerter und Pistolen beziehungsweise Revolver. Die Stimmung war angespannt und alle warteten nur noch auf Alex.

“Hey, Kellan, wenn der Kommandant da ist muss alles schnell gehen, du solltest lieber ohne zu fragen das tun, was er sagt. Seine Laune war heute Mittag schon im Keller.” meinte einer der Beiden, die ihn abgeholt hatten.

“Und damit ist richtig tief im Keller gemeint.” ergänzte ein anderer. Während sie warteten wurde Kellen der gesamte Korps vorgestellt oder besser gesagt, er wurde dem Korps vorgestellt.

Auf einmal ziepte das Loch in dem der Piercing von Alex war unangenehm und es wurde zu einem leichtem stechenden Schmerz. Doch dann war er weg, einfach so.

“Los, Leute, macht euch bereit, ihr wisst wie es abläuft.” Alex war direkt neben ihn getreten und Kellan hatte ihn nicht bemerkt. Irritiert über sein plötzliches Auftauchen sah er zu seinem Freund. Er machte ein ernstes Gesicht, doch auch jetzt noch setzte er seine Mütze nicht ab. Wie seine Truppe trug er die Uniform, nur war an seinem Kragen zu beiden Seiten des Reisverschlusses ein Stern und er hatte sein Schwert auf dem Rücken. Alex hatte die Jacke ein wenig offen, darunter hatte er ein einfaches Hemd an.

“Kellan, dort oben ist ein Balkon, ich will dass du dort hoch gehst und nichts anderes tust als zu zuschauen. Kein Mucks und keine unnötige Bewegung, am besten machst du dich so klein wie möglich ohne das du dich verletzt.” er deutete auf den Balkon in der dritten Etage der direkt zur Bar zeigte. Kellan nickte, die Engel hatten recht, seine Laune war schlimmer als sonst.

“Timothy, sind alle drin?”

“Ja, sind sie.”

Alex überlegte kurz. “Mach dich schon mal hoch, es geht eh gleich los. Ich lasse zwei Leute hier draußen, damit auch keiner von Dämonen die Chance bekommt dich anzugreifen. Aber wenn es doch dazu kommt, dann tu was man dir sagt.” Er machte sich auf den Weg und kletterte die Feuerleiter rauf. Für ihn zog Alex extra zwei Leute ab, die eigentlich mit rein gehen sollten, er musste sich wirklich Sorgen machen.

Als er auf dem Balkon war kniete er sich so hin, dass er eine Weile dort bleiben konnte und unauffällig die Bar beobachten konnte. Unter sich konnte Kellan sehen wie sich sein Freund mit zwei seiner Truppe unterhielt, beide schienen zuzustimmen und gingen. Auf ein Zeichen hin nahmen alle ihre Schusswaffen zur Hand und positionierten sich um die Tür herum. Erst jetzt bemerkte er, dass alle Waffen mit einem Schalldämpfer ausgestattet waren.

Alex stellte sich mit grimmigem Gesicht vor die Tür und warf noch einmal einen Blick zu ihm hoch. Seine Augen waren gelb und er konnte dieselbe Überlegenheit spüren, wie schon in der Grundschule. Kellan schluckte und sein Kumpel drehte sich wieder um.

3

Angewidert rümpfte er die Nase, der Gestank der Dämonen überlagerte alles andere und verhinderte ein ungestörtes Luftholen. Er seufzte, es wurde Zeit den Club hoch gehen zu lassen. Kurz wanderten seine Gedanken zu Kellan, der auf dem Balkon saß und zusehen würde. Alex konnte nur hoffen, dass seinem Freund nun endlich klar wurde, dass das was sie hier taten kein Spiel war. Dass mehr als nur ein paar Dämonen und Engel auf dem Spiel standen.

“Malcom, die Tür.” flüsterte er, der Angesprochene nickte und überprüfte die Tür, doch er schüttelte den Kopf. Sie war abgeschlossen. So kamen sie zumindest nicht lautlos nach drinnen, aber das war auch schon egal. Er trat auf die Tür zu und setzte drei gut gezielte Tritte auf das Schloss, knackend sprang sie etwas auf. Mit einem weiteren Tritt holte er sie gleich aus den Angeln und sie flog ein oder zwei Meter. Alex legte den Kopf schief, so viel hatte er nicht von seiner Kraft einsetzen wollen.

Drinnen wurden Rufe laut und jemand sollte nachsehen gehen, was los war. Seine Truppe hielt sich im Schatten und er lächelte dem Dämon mit gehobener Waffe unheilvoll entgegen.

“Hi, darf ich ein bisschen mit machen?” Seine Augen weiteten sich und Alex schoss ihm gnadenlos in den Kopf. Schreiend verbrannte der Dämon zu Asche und er lief mit dem Korps einfach an ihm vorbei.

“Vergesst nicht, die Kämpfe dürfen nicht direkt nach draußen gehen, dort ist Kellan.” Alle nickten. Zusammen stürmten sie den Schankraum.
 

Aus dem Club kamen Schreie und er schluckte. Vielleicht hatte Alex doch recht gehabt als er gesagt hatte, dass er es sich zu leicht machte und falsch vorstellte. Denn die Schreie kamen nicht nur von den Dämonen.

Immer wieder flogen Stühle, Flaschen und einiges mehr aus den Fenstern und landeten auf dem schmutzigen Boden der Gasse. Im Fenster konnte er sehen, wie fast alle Unterweltler ihre wahre Gestalt annahmen und es so den Engel noch schwerer machten.

Vorsichtig drückte er sich weiter in die Ecke, einige von den Dingern sahen ständig aus dem Fenster, bevor sie wieder abgelenkt wurden. Erschrocken musste er mit ansehen, wie zwei dieser halbverwesten Dinger die komplette Wand einrissen und die Kämpfe nach draußen verlagerten.

Kellan sah wie Alex einem der Dämonen mit dem Schwert den Kopf abschlug und dabei Befehle brüllte. Er konnte seinen Freund nur bewundern, dass er in so einer Situation noch an andere dachte und ihnen so gut wie möglich half.

Einer der Engel reagierte zu spät und verlor seinen Arm an das Maul eines Dämons, entsetzt konnte Kellan nur nach unten sehen. Sein Freund aber der es bemerkt hatte tötete den einzigen Dämon der noch eine menschliche Gestalt hatte und ging zu seinem Kameraden. Kurzerhand wurde der Ärmel der Uniform abgerissen und der Arm abgebunden. Sie sprachen kurz und der verletzte Engel und Alex beteiligten sich wieder am Kampfgeschehen.

Nicht zu spät, denn einer der Dämonen wollte ihre Unaufmerksamkeit ausnutzen und sie angreifen.

Der Kampf dauerte nicht lange, aber das was geschah reichte ihm aus um zu erkennen, wie recht Alex mit seinen Worten hatte. In Zukunft würde er das alles nicht mehr einfach so hinnehmen.

Trotz des Kampfes und der Schreie blieb er wo er war und sah zu. Er machte keinen Mucks und keine Bewegung, so wie es Alex ihm gesagt hatte. Doch irgendwie musste man ihn doch bemerkt haben, ein Dämon mit der Gestalt einer Marionette sprang plötzlich nach oben und landete vor ihm.

“Na was haben wir denn hier? Einen kleinen Menschen.” Panisch sah er ihm entgegen, im Augenwinkel sah er wie Alex’ Blick zu ihm hoch zuckte. “Wenn ein Dämon vor dir steht und du weißt, dass es einer ist, dann darfst du ihm keine Angst zeigen. Davon werden sie nur noch stärker.” Das hatte sein Kumpel ihm einmal gesagt.

Entschlossen ihn nicht noch mehr zu stärken, vergaß er seine Angst und sah ihm trotzig entgegen. “Fahr zurück zur Hölle, Mistvieh.” Der Dämon fing an zu Lachen und wollte ihn mit seiner klauenbewährten Hand angreifen, doch zwei Schwerter hielten sie auf.

“Los, verzieh dich, Kellan!” brummte der junge Engel, er hatte ein Breitschwert und hielt den Dämon davon ab, die Klaue schließen zu können. Kellan nickte und stand auf, er wollte die Feuerleiter rauf und über die Dächer Abstand zum Kampf gewinnen. Er war fast oben, da schloss sich die zweite Hand um sein Bein und riss es auf. Fluchend unterdrückte er einen Schmerzensschrei und sah nach unten. Die zwei Seraphim waren noch mit der anderen Klaue und dem Maul beschäftigt.

Mit ganzer Kraft trat er auf die Klaue, aber sie löste sich nur ein wenig. “Kleiner dreckiger Mensch, was fällt dir ein?” Der Dämon hatte sich mit dem Gesicht ihm zugewandt und musterte ihn grimmig.

“Lass mich los, Mistvieh.” Auch wenn es weh tat, so zog er sein Bein aus der Klaue und trat nach einmal zu. Am Rand bemerkte er, dass jemand von oben angeflogen kam.

“Überlasst ihn mir, ein Fürst ist noch nichts für euch.” Die Seraphim lenkten den Dämon noch ab, Alex schwang sein Schwert und schlug die Klaue mit einem einzigen Hieb ab. Ohne das noch etwas gesagt werden musste, kletterte er die Leiter weiter hoch und entfernte sich etwas.

Keuchend sah Kellan zurück. Alex beschäftigte sich wirklich allein mit dem Dämon und steckte einige Schläge ein, aus vielen Wunden lief Blut. Die an seiner Stirn störte wahrscheinlich am meisten, denn das Blut lief ihm ins Auge und er musste es geschlossen halten. Auf einmal zerriss Alex Jacke von der Uniform komplett und fiel von ihm ab, sechs rein weiße Flügel tauchten auf und hoben ihn in die Luft. Der Dämon folgte ihm und sie führten ihren Kampf in der Luft weiter.
 

Knurrend sah er dem Dämonenfürsten entgegen. Dass sich überhaupt einer von denen auf die Erde traute zeigte nur wie wenig sie die Dämonen unter Kontrolle hatten und wie weit sie schon mit ihren Vorbereitungen für den Krieg waren.

“Judas wird es freuen, dass es nicht nur das Mädchen gab, für das du dein eigenes Leben aufs Spiel setzt. Und dass es dann auch noch ein solcher Mensch ist.” kicherte der Dämon.

“Ich setze für niemanden mein Leben aufs Spiel.” murrte er, er musste unbedingt von Kellan ablenken.

“Was denn, tust du immer noch so unnahbar, Kommandant?”

“Wieso sollte ich so tun, wenn es so ist?”

“Du hast einen einzigen Freund unter den Menschen und der darf auch noch hier sein, das muss dir aber eine außerordentlich wichtige Freundschaft sein.”

“Du wirst Judas nichts über ihn sagen können, denn ich werde dich nicht zur Hölle fahren lassen.” Er hörte auf zu kichern und zu lachen, in seiner Hand tauchte ein Knochenschwert auf und er attackierte ihn. Nun wurde der Fürst wirklich ernst und würde sich nicht so leicht unterkriegen lassen.

Doch Alex war entschlossen das alles schnell zu beenden. Er schwang sein Schwert und zielte auf den Hals, doch der Dämon blockte ab. Ein heftiger Schlagabtausch begann und er schaffte es mit Mühe dem Schwert seines Gegners auszuweichen oder es zu parieren.

Dann sah er seine Chance, nahm seine ganze Kraft zusammen und schwang die Klinge mit tödlicher Präzision. Die Augen des Fürsten weiteten sich und er wusste nicht wie ihm geschah als Alex ihm den Kopf von den Schultern schlug. Schreiend und kreischend verbrannte er und seine Asche verging im Wind, mit seinen letzten Worten schrie er nach seinem Herrn den Teufel.

4

Schwer atmend hockte er sich vor seinen Kumpel und sah ihn an. Sein Bein blutete stark, der Dämon hatte fester zugegriffen als es im ersten Moment ausgesehen hatte.

“Tut es sehr weh?” Kellan sah ihn fragend an und er deutete mit einem Nicken auf das Bein.

“Überraschenderweise nicht.”

“Du stehst noch unter Schock. Die Schmerzen einer solchen Verletzung sind vor allem für Menschen kaum auszuhalten.” Alex schnitt mit einem Messer die Jeans auf und ließ ein wenig heilende Energie ins Bein fließen. So würde die Wunde zumindest nicht so schlimm sein und auch weniger gefährlich aussehen.

“Timothy, wie sieht’s aus?”

“Wir haben niemanden verloren, die Verletzungen halten sich im annehmbaren Bereich.”

“Was ist mit Cole?”

“Sieht schlecht aus, seinen Arm wird er wohl nicht wiederbekommen. Wahrscheinlich wird er den Korps verlassen müssen.”

“Das werden wir noch sehen. Was seinen Arm angeht, ich glaube der Dämon hat ihn dort hinten in einer Ecke fallen lassen.” Timothy kniete sich zu ihm.

“Wie sieht es mit seinem Bein aus?”

“Er wird es behalten können.” lächelte er.

“Ich meinte, ob Ihr Hilfe braucht.”

“Nein, es geht schon. Gib mir das Verbandszeug.” Ihm wurden die Verbände gereicht und er begann das Bein zu bandagieren. Der Seraphim ging und sah nach, ob Coles Arm wirklich noch in der Ecke lag.

“Alex…” Er sah auf und Kellan wandte den Blick betreten ab. “Tut mir Leid.”

“Dir braucht nichts Leid zu tun. Ich wusste nicht, dass dort auch ein Dämonenfürst sein würde. Im Gegensatz zu ihrem Gefolge, können sie Menschen auf hundert und mehr Metern riechen. Es hätte schon an ein Wunder gereicht, wenn er dich nicht bemerkt hätte.”

“Trotzdem, für mich hast du Leute abgezogen die im Club gebraucht wurden.”

“Du weißt, warum ich dich überhaupt mitgenommen habe.”

“Ja, und ich sehe ein, dass du recht hast.” Sichtlich geknickt von der Tatsache sah sein Freund ihn an.

“Schön, dass das Ganze, auch diesen Sinn erfüllt hat.” Als Alex fertig war half er ihm auf und stützte ihn beim Gehen. “Zumindest hast du alles richtig gemacht als er dann vor dir stand. Auch wenn es nicht gerade ratsam ist, einen Dämon unbewaffnet zu beleidigen.” Kellan brummte nur und sah dann nach unten, unsicher sah er ihn an.

“Wie willst du jetzt mit mir da runter kommen?”

“Halt dich gut fest.” riet er ihm und ließ seine Flügel erscheinen. Staunend sah der Andere sie an.

“Halten die mich auch aus?”

“Keine Angst, sie sind stark genug um zehn von dir zu tragen.” amüsiert trat er über die Kante und flog langsam bis zum Boden. Unten angekommen, ließ er Kellan sich setzen. Dann trat er auf die Anderen zu, vor Cole blieb er stehen.

“Wie geht es dir?”

“Ich werde es überleben. Timothy hat dank Euch auch meinen Arm gefunden.”

“Sieh zu, dass man mir keinen Grund gibt einen neuen Seraphim zu suchen. Du weißt doch, dass mir so was nun wirklich keinen Spaß macht.”

“Ja, danke, Kommandant.” Cole lächelte angeschlagen.

“Los, Leute, geht und lasst euch von Jessica behandeln.”

“Was ist mit Euch?” Malcom sah ihn fragend an.

“Ich werde Kellan nach Hause bringen und dann selbst nach Hause gehen.”

“Was ist mit Euren Verletzungen? Ihr könnt sie nicht unbehandelt lassen.” Sie wollten wirklich, dass er kein Risiko ein ging.

“Wenn ich zu Hause bin, kann ich mich selbst behandeln. Bis jetzt hat das doch auch immer geklappt. Und nun macht euch vom Acker, bevor man Coles Arm nicht mehr annähen kann.” Widerwillig ging seine Truppe und er konnte nur den Kopf schütteln. Zwar galt für alle Seraphim des Himmelreiches, dass jeder für sich selbst verantwortlich ist, aber kaum einer hielt sich daran. Jeder sorgte sich um seinen Kameraden.

Alex ging wieder zu Kellan und hockte sich vor ihn, den Schmerz im Oberschenkel ignorierte er einfach. “Ich bringe dich jetzt nach Hause, aber lass dir was wegen deinem Bein einfallen. Komplett heilen kann ich es nicht.”

“Nicht so schlimm.” Er half ihm auf und sie liefen zusammen los. Da sie beide verletzt waren dauerte es eine ganze Weile bevor sie bei Kellan ankamen. Doch letztendlich standen sie vor dem Wohnblock und sahen zu der Wohnung hoch.

“Und schon eine Idee was du deinen Eltern sagst?”

“Ich bin blöd gestürzt. Das haben sie mir bis jetzt immer abgekauft.”

“Diesmal musst du aber wirklich verdammt blöd gestürzt sein. Und die nächsten Fragen werden aufkommen, wenn sie mich sehen.”

“Dich sollten sie lieber nicht sehen, meine Mum hat so schon keine hohe Meinung von dir. Nicht seit sie rausbekommen hat, dass du dich nachts auf den Straßen rum treibst und mich mit in Clubs nimmst.”

“Kann ja nicht lange gedauert haben bis sie das raus gefunden hatte.”

“Hat es auch nicht. In ihren Augen bin ich halt immer noch fünfzehn.”

“Dabei müsste ich dich gar nicht mitnehmen, da du auch allein in Clubs kommst. Im Gegensatz zu mir hast du nämlich einen Ausweis” Er seufzte. “Machen wir es so, du bist blöd gestürzt als uns ein paar Typen angepöbelt haben und ich mich allein mit ihnen geprügelt habe.”

“Ist gut, aber leg die Waffen ab.” Alex merkte auf und löste den Gürtel der Schwertscheide und den des Beinhalfters. Beides legte er in den Hausflur und sie stiegen die Treppen rauf. Vorsichtig schloss Kellan auf, in der Wohnung war es ruhig und dunkel, vermutlich schliefen seine Eltern schon.

Leise schlichen sie in sein Zimmer und er setzte seinen Freund auf das Bett. “Lass mich das Bein noch mal sehen.” flüsterte er und hockte sich runter. Der Verband war etwas blutig geworden aber nicht so sehr, dass man glauben musste die Wunde wäre schlimm.

“Morgen früh solltest du die Wunde gründlich auswaschen und dann den Verband wechseln.”

“Stören dich die Verletzungen überhaupt nicht?”

“Ich hab dir schon mal gesagt, dass Seraphim nicht so schmerzempfindlich sind.” Sein Kumpel musste nicht wissen, dass die Verletzungen ihn sehr wohl störten. “Ich hole dich morgen ab und bringe dir was gegen die Schmerzen mit, bis dahin musst du es aushalten.”

“Bis jetzt geht es.”

“Bis jetzt.” Bestimmt sah er Kellan an und stand auf. “Ich hoffe, dass die Aktion dir jetzt nicht den Schlaf raubt.”

“Mal schauen.” Als er sich umdrehte stand dort Kellans Mutter und sie sah alles andere als erfreut aus.

“Guten Abend, Frau Roth.” Eilig wollte er sich verdrücken, doch er wurde an der Schulter festgehalten, unwillkürlich zuckte er zusammen.

“Ich will nicht, dass du diese Wohnung noch einmal betrittst. Und Kellan wird auch nicht mehr nachts mit dir irgendwo hingehen, du bringst ihn nur in Schwierigkeiten.” murmelte sie verheißungsvoll. Er wollte gehen, aber sie hielt ihn eisern fest.

“Hast du mich verstanden, Alex?”

“Ja, Frau Roth.”
 

Alex verließ sein Zimmer und er starrte seine Mutter an. Sie konnte einem echt unheimlich sein.

“Ich hoffe, du hast mich auch verstanden.”

“Ja, Mum…” Auf dem Absatz drehte sie sich um und ging wieder ins Schlafzimmer. Spätestens am nächsten Morgen konnte er sich etwas anhören. Kellan schluckte und sah aus dem Fenster um zu sehen, ob Alex wirklich ging. Unten auf dem Hof sah er nur einen großen Hund, der sich vorsichtig umsah und dann rasch los lief. An der Ecke sah er zu ihm hoch, die gelben Augen verrieten Alex sofort.

Darüber musste der definitiv mit seinem Freund reden. Seit wann konnte er ein Hund werden?

5

Kellan saß auf der Bank und sah den Anderen zu, wie sie ihre Leistungskontrolle beim Sportlehrer ablegten. Auch Alex machte mit, obwohl man die Verbände, die er trug, ganz deutlich sehen konnte. Hin und wieder konnte man sehen, wie er das Gesicht verzog. So schmerzunempfindlich schien er nicht zu sein oder die Schmerzen waren größer als er zugeben wollte.

“Hey, Kellan.” Er sah zu seiner Linken und musste feststellen, dass sich ein Mädchen zu ihm geschlichen hatte.

“Was?”

“Du bist doch mit Alex befreundet. Weißt du warum er sich keine Sportbefreiung schreiben lässt?”

“Alex ist nicht der Typ, der sich wegen ein paar Kratzern krankschreiben lässt.”

“Aber das sind doch nicht nur ein paar Kratzer.”

“Für ihn offenbar schon. Ich hab ihm auch schon gesagt, dass er so unmöglich Sport mitmachen kann.”

“Wenn er selbst auf dich nicht hört…” mit nachdenklichen Blick auf Alex ging sie wieder zu den Anderen, die sie sofort umringten und ausfragten. Mädchen waren mit ihrem Getratsche schlimm, aber wenn es um Alex ging waren die Jungen nicht besser.

Nach der Stunde gingen sie aus der Halle und in die Umkleide. Vor der Tür stand die junge Frau, die bei der Ärztin gewesen war als Alex mit der Vergiftung in einer Gasse gelegen hatte.

Sie lächelte ihnen sanft entgegen und machte Alex auf sich aufmerksam, der bemerkte sie und blieb abrupt stehen. Kellan sah zurück, die Augen seines Freundes hatten sich ungläubig geweitet.

“Hallo, Jessica schickt mich, ich soll nach dir sehen.” Still trat er auf sie zu und blieb vor ihr stehen. Einige der Jungen waren stehen geblieben, offensichtlich verwundert, dass Alex etwas aus der Bahn werfen konnte.

“Larissa…”

“Darf ich mir deine Wunden ansehen?”

“Nein, ich komme schon klar.” Alex drehte sich um und verschwand in der Umkleide. Sie sah ihn an.

“Tut mir Leid, ich weiß auch nicht, was er plötzlich hat.”

“Hast du ihm gesagt, wie ich heiße?”

“Nein. Hat er nicht bemerkt, dass du und Jessica ihn zusammen behandelt habt?”

“Damals war er bewusstlos. Auch wenn ich ihn schon oft gesehen habe, hat er mich noch nie gesehen.”

“Ich werd sehen, ob ich ihn nicht doch überreden kann, dass er sich behandeln lässt.”

“Lass, er wird schon seine Gründe haben.” Kellan nickte nur und ging selbst in den Raum. Alex war nirgends zu sehen.

“Wo ist Alex?” Stumm wurde auf die Dusche gezeigt, er ging hin und klingte kurz. Abgeschlossen.

Entschlossen klopfte er an. “Alex, mach die Tür auf.”

“Lass mich einfach in Ruhe.” Er schnaufte und holte eine Klammer aus der Tasche, schob den Schlüssel nach drinnen und versuchte das Schloss zu knacken. Mit einem leisen Geräusch sprang der Riegel zurück. Als er eintrat, sah er dass Alex seine Mütze abgenommen hatte, eilig schloss er die Tür hinter sich und schloss wieder ab.

“Du hast dir einen ziemlich ungünstigen Zeitpunkt ausgesucht um die Fassung zu verlieren und die Mütze abzunehmen.” bemerkte er nebenbei. Der Andere hatte sich bis auf die Boxershorts entkleidet, saß am Boden und ließ kaltes Wasser auf sich rieseln.

“Bitte, Kellan, lass mich für eine Weile allein.”

“Damit du irgendwas anstellst? Vergiss es.”

“Ist sie weg?”

“Würde ich zumindest meinen, nachdem du sie so abblitzen lassen hast.”

“Hauptsache sie ist weg.”

“Was hast du gegen sie? Als du die Vergiftung hattest, hat sie dich auch zusammen mit Jessica behandelt.”

“Sie hat mich mit den Verletzungen gesehen?”

“Ja” Alex fuhr sich über das Gesicht und durch die Haare. Was war nur los mit ihm?

“Verdammt! Warum!?” schrie er und schlug auf den gefliesten Boden. Die Fliese gab nach und zerbrach. Erschrocken sah er ihn an, einen solchen Gefühlsausbruch hatte er bisher nur bei Elisas Tod gezeigt.

“Wenn du Larissa wieder begegnest sag ihr, dass ich nicht will, dass sie mich behandelt oder dabei ist, wenn es Jessica tut.”

“Wieso?”

“Weil ich nicht will, dass sie mich so sieht.”

“Dann sag es ihr selbst.”

“Nein, ich würde mich nur verplappern. Sag du es ihr bitte.” Alex stand auf, setzte die Mütze wieder auf und verließ die Dusche. Außer ihnen war niemand mehr da und sein Kumpel konnte sich ohne weiteres die Haare richtig trocknen. Kellan setzte sich und sah ihn an.

“Und du willst mir nicht sagen, warum du das nicht willst?”

“Irgendwann vielleicht, aber nicht jetzt.” Er wechselte seine Verbände und ihm tat sich die Frage auf, wie er mit den Verletzungen die Leistungskontrolle mit Bestnote hatte bestehen können. Sie waren schlimmer als er gedacht hatte und doch tat Alex sie als Nichtigkeit ab.

“Kannst du morgen blau machen und zu mir kommen?”

“Ich soll mir noch mehr Ärger mit Mum einhandeln?” entgegnete Kellan und musste an die Standpauke am Morgen denken.

“Es ist wichtig. Ich will, dass du die anderen Kommandanten kennen lernst. Eigentlich müsste ich dich noch dem Herrn vorstellen, aber das geht nicht.” Verwundert sah er ihn an, das konnte unmöglich sein Ernst sein. Er sollte die anderen Kommandanten der Seraphimkorps kennen lernen?

“Meinst du das echt ernst?”

“Ja. Meinetwegen kannst du gehen, sobald du alle kennen gelernt hast. Aber sie liegen mir schon ständig in den Ohren, dass sie wissen wollen für welchen Menschen ich mich verbürge und gegen den Befehl des Herrn handle.”

“Ich lasse mir eine Entschuldigung geben, aber ich mache nicht blau.”

“Von mir aus. Kommst du nun oder nicht?”

“Ja, wenn es wirklich so wichtig ist.”

“Danke” Sie gingen bis ins Schulgebäude da trennte sich Alex von ihm. Als er ihn fragend ansah, meinte er nur, dass er sich im Krankenzimmer melden würde. Seufzend hatte er es hingenommen und lief zum Unterricht.

6

Es war fast halb Acht als es an seiner Tür klingelte. Er machte auf und lehnte die Tür an. Zweifelnd besah er sich den großen Tisch, den er in die Mitte des Wohn- und Essbereiches gestellt hatte. Allmählich fragte er sich was ihn dazu veranlasst hatte eine Versammlung einzuberufen und das Ganze auch noch bei sich in der Wohnung zu veranstalten.

Kellan kam rein und betrachtete den Tisch mit den elf Stühlen und dann ihn. Er hatte seine weiße Robe an, lange weiße Hose und ein längeres weißes Oberteil das eine Schnüre als Gürtel hatte.

“Frag lieber nicht.”

“Die Mütze passt nicht dazu.” Vergnügt schloss sein Kumpel die Tür und kam zu ihm.

“Das ist mir egal, ich behalt sie jedenfalls auf. Schlimm genug, dass ich diese Klamotten tragen muss.”

“Willst du hier ein Dinner oder so abhalten?”

“Wir sind insgesamt zehn Kommandanten, irgendwo müssen sie ja sitzen und ihre Notizen machen.” Alex verleierte die Augen. “Als ob die es für nötig hielten sich Notizen zu machen, das dürfen die Armen machen, die als Vize ausgewählt wurden.”

“Wenn die ganzen Vize noch kommen, dann fehlen hier ein paar Stühle.”

“Die Vize stehen prinzipiell, sie müssen den Raum schnell verlassen können. Bietet man ihnen auch nur einen Platz an, wird man entgeistert angesehen.”

“Die Armen.” Er musterte Kellan genauer, er hatte seine Schulsachen nicht dabei, also würde er bleiben. An der Tür klopfte es und er ging wieder hin. Davor stand Cole, der trat einfach ein und reichte ihm einen Stapel Papiere.

“Wie geht es deinem Arm?” wollte er wissen.

“Ist schon wieder fast vollständig einsatzfähig. Jessica hat sich selbst übertroffen.” Er bemerkte Kellan. “Hallo, Kellan.”

“Hi”

“Ihr wollt ihn also endlich den Anderen vorstellen?”

“Ja. Die Fragerein werden allmählich nur noch lästig.” Kellan schien sich zu wundern, warum er und seine Truppe miteinander umgingen, als wäre er kein Kommandant, doch er sagte nichts dazu. Und noch etwas anderes beschäftigte ihn seit dem Vortag, er sagte aber nichts. Wahrscheinlich wartete er darauf, dass sie wirklich allein waren.

Alex sah auf. “Sie kommen.” murmelte er, nur einen Augenblick später erschienen die übrigen Kommandanten mit ihren Vizekommandanten. Nur eine Person vermisste er, die einzige Frau in ihren Reihen.

“So etwas ist ja noch nie vorgekommen, dass du freiwillig eine Versammlung einberufst.” meinte gleich der Erste.

“Ja, ja, was hat mich nur geritten. Die Frage stelle ich mir schon seit gestern früh, als ich euch her gebeten habe. Wenn ihr euch setzen wollt.” Er deutete auf die Stühle. Alle setzten sich auf ihre Plätze und rechts hinter ihnen nahmen die Vize ihre Aufstellung. Auch Cole, der kein Vizekommandant war, stellte sich rechts hinter seinen Stuhl. Alex klopfte Kellan auf die Schulter und führte ihn an die Frontseite des Tisches.

“Meine Herren, ich möchte euch Kellan Roth vorstellen.”

“Ich wusste nicht, dass du ein Frauenfeind bist, Alex.” Rosalie trat an den Tisch und blieb stehen.

“Bin ich auch nicht, du warst nur noch nicht da.”

“Tut mir Leid, ich wurde aufgehalten.” lächelte sie. “Das ist also, der Mensch für den du dich verbürgt hast.”

“Ja, Rosalie, das ist er.” Sie kam zu ihnen und schaute sich Kellan genau an.

“Für ihn bist du also bereit, dein Leben aufs Spiel zu setzen. Interessant.”

“Rosalie…”

Sie hielt seinem Freund die Hand hin. “Mein Name ist Rosalie, ich bin die Kommandantin des fünften Korps. Zusammen mit Alex bilde ich den zweiten Rang der Himmelsherscharren.” Fragend wurde er von Kellan angesehen.

“Was sie damit sagen will ist, dass sie auch Vizekommandantin der Militärabteilung ist.”

“Ah, du hast ihm also nicht alles erzählt.”

“Doch, aber mit anderen Worten.” Rosalie ging wieder zu ihrem Stuhl und setzte sich diesmal.

Der Nächste erhob sich, blieb aber an seinem Platz. “James, Kommandant des zweiten Korps.” Er setzte sich wieder und alle anderen taten es ihm nacheinander gleich.

“Kamael, Kommandant des dritten Korps.”

“Damian, Kommandant des vierten Korps. Freut mich.” Kellan nickte ihm nur zu.

“Casimir, Kommandant des sechsen Korps.”

“Seraph, Kommandant des siebten Korps.” wurde gebrummt und er ließ sich wieder auf seinen Stuhl sinken. Seraph passte es nicht, dass sie dieses Treffen auf der Erde abhielten. Er war es auch gewesen, der Alex Kritik daran, das sie nie auf die Erde gingen am persönlichsten genommen hatte.

“Georg, Kommandant des achten Korps.” meinte sein ehemaliger Mentor.

“Philipp, Kommandant des neunten Korps. Sag einfach Phil.” lächelte er. Phil und Rosalie waren die einzigen Kommandanten mit denen er aus kam, doch auch mit ihnen stritt er sich oft.

“Sean Valentine, Kommandant des zehnten Korps, Vermittler zwischen den zehn Kommandanten und dem Kommandant der Himmelsherscharren.” Sean stand gerade und salutierte zum Schluss auch noch, man merkte ihm an, dass er schon zu Lebzeiten beim Militär gedient hatte.

“Jetzt kennst du sie alle. Willst du gehen oder willst du hier bleiben?”

“Darf ich bleiben?”

“Klar, von mir aus. Aber verhalt dich ruhig, egal was du hörst.”

“Das ist nicht dein Ernst, Alex! Er soll hier bleiben?” Georg sah ihn strafend an.

“Es ist mein Ernst.”

“Wir besprechen hier Militärstrategien, die sollte er nun wirklich nicht hören, Alex. Georg hat recht.” Rosalie sah ihn entschuldigend an, normalerweise war sie nicht auf Georgs Seite.

“Ich habe nicht vor hier über irgendwelche Strategien zu sprechen. Ich habe euch her kommen lassen um euch etwas mitzuteilen und euch Kellan vorzustellen.”

“DAFÜR LÄSST DU UNS HIER RUNTER KOMMEN!?” brüllte Seraph.

“Ich weiß, dass es dir nicht gefällt deinen ach so heiligen Arsch auf die bemitleidenswerte Erde zu verfrachten. Aber ich wollte, dass ihr mit eigenen Augen seht was ihr da im Stich lasst, wenn ihr nicht endlich mal hinseht.” zischte er und stützte sich auf den Tisch.

“Zügle deine Zunge, Alex.”

“Oh nein, jedes Mal höre ich mir eure gequirlte Scheiße an. Jetzt hört ihr mir mal zu!” Alle sahen ihn böse an, er nahm sich in Abwesenheit des Herrn definitiv zu viel heraus, jedoch war ihm das völlig egal. “Ich habe euch schon vor Jahren gesagt, dass Luzifer seine Truppen sammelt und mit Menschen stärkt. Und wisst ihr was ich vorgestern Abend hier auf der Erde angetroffen habe? Einen Dämonenfürsten.”

“Du hast einen Fürsten angetroffen und erledigt?”

“Ja, und es sind nicht nur Fürsten, die sich hier aufhalten. Nach und nach holen sie ihr gesamtes Gefolge hier hoch.”

“Fürsten und ihr Gefolge sind zwar schwerer zu besiegen, aber dennoch nichts ungewöhnliches.” Kamael sah ihn ruhig und bestimmt an.

“Habt ihr schon vergessen, dass ihr das Tor, das stabil genug ist Fürsten auf die Erde zu lassen, zerstört habt bevor ich ins Himmelreich gekommen bin?” Sie sahen sich alle an und schwiegen, offensichtlich hatten sie es nicht vergessen. “Es sollte euch erschrecken, dass sich wieder Fürsten auf der Erde herumtreiben.”

“Alex-”

“Ihr seid abgestumpft und euch ist die Erde und die Menschheit egal.”

“So etwas darfst du nicht glauben. Die Menschheit ist uns nicht egal und wir sind auch nicht abgestumpft.” Rosalie sah ihn verständnisvoll an.

“Ich kann und will diesen Krieg nicht allein führen.” Alex löste die Schnüre und zog das Oberteil aus, so konnten sie alle seine Verbände sehen. “Seit zwei Tagen kann ich mich grade so bewegen, die Wunden des Fürsten heilen trotz meiner Kraft nur langsam.”

“Kommandant, warum meldet Ihr euch dann nicht bei Jessica?” Cole sah ihn an.

“Jessica könnte auch nicht mehr machen.”

“Und warum bleibst du dann nicht wenigstens zu Hause?” Kellan musterte ihn und seine Verbände.

“Wer passt denn dann auf dich auf?”

“Tu nicht so als sei ich von deiner Anwesenheit abhängig, die paar Tage halte ich auch ohne dich aus.”

“Alex…?” Phil sah ihn fragend an, er schüttelte nur den Kopf.

“Besitzt du die Freundlichkeit dich wieder richtig anzuziehen?” James deutete mit einer Geste auf sein Oberteil.

“Damit ihr nicht mehr sehen müsst, was ihr für einen verdammt blöden Fehler macht, wenn ihr weiterhin wegseht? Nein, so freundlich bin ich nicht.”

“Zieht Euch Euer Oberteil wieder an, Kommandant Larson.” Überrascht sah er nach hinten, Alex hatte nicht bemerkt wie er gekommen war und auch die Anderen nicht. Eilig standen alle auf und verbeugten sich.

“Kommandant…” Er besann sich wieder, zog das Shirt wieder an und verneigte sich ebenfalls, Kellan zog er mit in die Verbeugung. Schnell nahm er noch die Mütze ab.

“Steht bequem oder setzt Euch wieder.” die anderen Kommandanten setzten sich wieder, nur er blieb stehen.

“Kann ich Euch einen Stuhl anbieten, Kommandant?”

“Das wäre sehr zuvorkommend.” Rasch nahm er den Stuhl, den er eigentlich für Kellan hingestellt hatte und stellte ihn an die Frontseite. Seinen Freund lotste er zu dem übrigen Stuhl und brachte ihn dazu sich hin zu setzen.

“Kommandant Larson, würdet Ihr bitte.”

“Natürlich. Kommandant, das ist Kellan Roth. Er ist mein Freund und weiß über so ziemlich alles bescheid.” Der Mann nickte. “Kellan, das ist Kommandant Brutus Pelatus, er ist der Kommandant der gesamten Militärabteilung des Himmelreiches. Über ihm steht nur der Herr selbst.” erklärte er respektvoll.

“Nun, Kommandant Larson, wenn ich mich nicht irre, wart Ihr noch nicht fertig mit Euren Ausführungen.”

“Ähm… Tut mir Leid, Kommandant, ich kann Euch nicht ganz folgen.”

“Bevor Ihr auf den Unwillen der anderen Kommandanten abgeschweift seid. Es sind nicht nur die Fürsten die inzwischen wieder auf Erden wandeln.”

“Oh das, danke.” Entschlossen und durch das plötzliche Auftauchen des Kommandanten beruhigt sah er wieder auf. “Es sind nicht nur die Fürsten. Judas ist auch hier, er hat Elisas Tod veranlasst.” Bestürztes Keuchen und Murmeln ging durch den Raum.

“Warum sollte die rechte Hand des Teufels so etwas tun?” wollte Casimir kleinlaut wissen.

“Um mich zu provozieren. Ich weiß nicht, was er persönlich gegen mich hat, aber es sieht ganz danach aus, als würde er auch gegen mich als Person einen Krieg führen wollen.”

“Bildest du dir nicht zu viel auf deine Anwesenheit hier unten ein?” Seraph sah ihn herausfordernd an.

“Ich weiß nicht, ob du es Einbildung nennen willst, wenn Judas dir persönlich droht und voller Verachtung damit prallt, dass er jemanden umgebracht hat der dir nahe stand oder wenn dir ein Fürst sagt, dass sich die rechte Hand freuen wird, dass es noch jemanden gibt für den du dein Leben opfern würdest. Wenn du das als Einbildung quittierst, dann bitte, aber ich sehe das nicht so.”

“Alex, hat er wirklich Elisa umbringen lassen?”

Betreten sah er nach unten. “Ja…”

“Kommandant Larson, wie beurteilt Ihr die Lage?”

“Der Krieg wird nicht mehr lange auf sich warten lassen. Wir müssen anfangen alles vorzubereiten. Die Fürsten sind da und auch Judas. Er wird das Ganze noch beschleunigen.” Unheilvoll sah er in die betroffenen Gesichter und wusste, dass er sie nun wirklich an einem Punkt hatte, an dem sie sich Sorgen machten.

7

Seit der Versammlung, die er mit angehört hatte, waren inzwischen drei Wochen vergangen. Alex fehlte immer öfter und die Lehrer sprachen ihn schon darauf an, dass er sich mit ihm unterhalten sollte. Ständiges Fehlen auf die letzten paar Wochen bis zu den großen Ferien machte sich nicht gerade gut in der Schulakte. Er hatte es seinem Kumpel gesagt und nur ein Achselzucken geerntet. Zwar wusste er, dass Alex wichtigeres zu tun hatte als das Abi zu machen, aber auch er machte sich langsam Sorgen. Das nächste Schuljahr würde ihr letztes sein und er brauchte sein Abitur.

“Hey, Kellan…” fragend sah er zurück, Alex sah betreten zur Seite. “Kann ich heute Abend vielleicht bei dir pennen?”

“Du weißt doch, was meine Mum gesagt hat. Sie will nicht, dass du unsere Wohnung auch nur noch einmal betrittst.”

“Du musst ihr ja nicht sagen, dass ich es bin.”

“Du willst echt als Tier bei mir pennen?” überrascht musterte er ihn.

“Ich kann auch zu Hause bleiben, aber erwarte nicht, dass ich dir auf mache.” Alex drehte sich um und ging. Eilig lief Kellan ihm nach.

“Was soll das? Bist du deswegen jetzt sauer?”

“Nein, ich kann dich und deine Mum gut verstehen. Ich werde einfach nicht in der Lage sein aus meinem Bett zu kommen.”

“Und warum wolltest du bei mir schlafen?”

“Damit jemand sicher geht, dass ich keine Dummheiten mache.” Er stutzte, ihm war schon in den letzten Jahren aufgefallen, dass es einen Tag im Jahr gab an dem man nicht an Alex heran kam. Er kam nicht in die Schule, machte nicht auf und ging auch nicht ans Telefon. Und genau dieser Tag würde morgen sein.

“Ich werde meiner Mum sagen, dass ich einer Nachbarin versprochen habe auf ihren Wolfshund auf zu passen. Ich bin um sieben bei dir, soll ich irgendwas mit bringen?”

“Eine Leine wäre vielleicht nicht schlecht.” Er lächelte leicht und machte sich auf den Weg nach Hause.

Es war kurz vor sieben als er bei Alex klingelte, ihm wurde aufgemacht und er stieg die Treppen rauf. Die Tür war angelehnt und er ging einfach rein, Alex suchte seine Sachen zusammen.

Er sah auf. “Danke, dass ich bei dir schlafen kann.”

“Keine Ursache.”

“Wie gesagt, morgen solltest du nicht allzu viel von mir erwarten.” er nickte nur. Nach einiger Zeit hatte Alex alles zusammen gesucht und nahm eine Kette vom Tisch.

“In der Tasche sind ein paar von meinen Sachen und ein paar Hundespielzeuge, damit es auch echt aussieht. Das Halsband kannst du mir anlegen, wenn ich dann ein Wolf bin.”

“Hast du auch einen Maulkorb?”

“Ja…” Aus einen Schubfach nahm er den Maulkorb. Kellan fragte sich, wieso er so etwas hatte, so oft kam es schließlich nicht vor, dass er sich als Wolf durch die Öffentlichkeit bewegte.

“Lass uns gehen, bevor deine Mum sich noch aufregt.” Sein Freund wurde zu einem grau-schwarzen Wolf mit weißen Pfoten. Als Alex ihm diese Sache mit der Verwandlung erzählt hatte, hatte es ihn ziemlich erschrocken, aber inzwischen ging es wieder.

Er nahm das Halsband und hockte sich vor Alex, behutsam legte er ihm die Kette um. An seinem Hals hingen noch die ‘Hundemarken’ wie sie Militärs trugen. Als das getan war nahm er den Maulkorb in die Hand. Alex tat ihm Leid, weil er dieses Ding tragen musste, nur weil er als angeblicher Wolfhund durch die Straßen lief.

Zusammen verließen sie die Wohnung und er schloss ab. Bevor sie aus dem Haus traten nahm er seinen Freund an die Leine. Während sie zu ihm liefen sahen ihnen die Leute hinter her.

“Meine Güte, was ist das für ein Hund?” flüsterte eine ältere Frau.

“Scht” machte die Jüngere, wahrscheinlich ihre Tochter. Kellan verleierte die Augen, das die Leute immer tratschen mussten. Er passte gerade nicht auf und auch Alex war mit den Gedanken irgendwo anders, da prallte er gegen jemanden, der vor ihm stehen geblieben war.

“Mann, du musst echt besser auf passen, Kellan.” vor ihm stand ein alter Freund von ihm, der sich abgewandt hatte als seine Freundschaft mit Alex raus kam.

“Hallo, Jason.” Der andere bemerkte Alex und machte einen Schritt zurück.

“Ist das ein Hund?”

“Ein Wolfshund. Ich wurde gebeten auf ihn auf zu passen.” Jason hockte sich runter und hob die Hand um Alex zu streicheln, der aber knurrte.

“Das würde ich lieber lassen, er sucht sich die Leute selbst genau aus die ihn streicheln dürfen.”

“Netter Hund.” Alex schnaufte missbilligend und zog ihn weiter.

“Tut mir Leid, er will weiter.” Er seufzte als sie außer Hörweite waren und sah verstohlen zu seinem Freund, er trottete einfach weiter und tat so als bemerke er seinen Blick nicht. Um ihn herum tuschelten die Leute und sahen ihnen immer wieder hinter her.

“Das ist echt nervig, dieses Getuschel.”

“Wem sagst du das.” irritiert sah Kellan Alex an.

“Konntest du mir gerade antworten?”

“Ja…” Vorsichtig sah er sich um, wäre ziemlich blöd, wenn man sehen würde, wie er sich mit einem vermeintlichen Wolfshund unterhielt. “Nur du kannst mich verstehen.” Er nahm sein Handy zur Hand und schaltete es lautlos.

“Und wieso bitte?” fragte er in das Telefon.

“Ich weiß es nicht genau, ich kann nur vermuten.” Kurz sah Alex ihn an. “Es liegt wahrscheinlich daran, dass wir schon so lange und oft miteinander zu tun haben. Unbewusst habe ich dir vermutlich die Wolfssprache beigebracht.”

“Du hast was?”

“Ich sagte doch unbewusst. Mir ist es selbst nicht aufgefallen.”

“Hat das Nachteile?”

“Du verstehst mich egal in welcher Gestalt ich gerade bin.” Er verdrehte die Augen. “Ich weiß es nicht. Es ist eher eine passive Sache, ich sehe bis jetzt keine Nachteile. Allerdings ähnelt die Sprache der Hunde der der Wölfe, was damit ist kann ich dir nicht sagen.”

“Also, ich hab bis jetzt keine Hunde reden hören.”

“Dann sollte sich das ja erledigt haben, aber sag bescheid, wenn es doch so kommt.”

“Geht klar.” Er steckte das Handy wieder weg und sie liefen stumm weiter.

Nach wenigen Minuten standen sie dann vor seinem Haus. Kellan seufzte, wenn seine Mutter erfuhr, dass er Alex reingeschleust hatte würde er sich so einiges anhören dürfen. Sie stiegen die Treppen rauf und er schloss die Wohnungstür auf. Seinen Kumpel ließ er erstmal angeleint und mit Maulkorb im Flur, während er zu seiner Mum ins Wohnzimmer ging.

“Hi, Mum, ich hab den Hund dabei, von dem ich dir erzählt hatte.”

“Ist gut.”

“Ist Pa noch nicht zu Hause?”

“Nein, er macht länger, aber er wird auch bald kommen.” Sie hatte es gerade gesagt, da ging die Tür auf und ein Aufschrei erklang.

“Kellan, wir haben doch gesagt, dass du keinen Hund bekommst!” rief sein Vater wütend.

8

“Das ist nicht meiner, Ehrenwort.” Unschuldig sah er seinen Vater an.

“Und was macht er dann hier?”

“Ich wurde gebeten bis übermorgen Vormittag auf ihn aufzupassen.”

“Wieso fragst du denn nicht wenigstens bevor du zusagst.”

“Ich hab Mum gefragt und sie hatte nichts dagegen.” Alex machte auf lieben Hund, winselte und sah seinen Vater treu an. Der holte nur tief Luft und versuchte sich nicht erweichen zu lassen. Seine Mutter kam zu ihnen und besah sich Alex.

“Ach nein, warum trägst du denn einen Maulkorb?”

“Weil das gesetzlich vorgeschrieben ist.” Sie hockte sich runter und nahm ihm den Maulkorb ab, dankbar leckte sein Freund ihre Hand ein wenig.

“Was ist das eigentlich für ein Hund?” Noch immer skeptisch hockte sich auch sein Vater hin.

“Ein Wolfshund, aber bei ihm schlagen äußerlich die Wolfsgene mehr durch.” Alex sah ihn an und man konnte meinen, dass er die Augenbrauen hob.

“Wenn du dich um ihn kümmerst, darf er bleiben.”

“Danke. Aber was ist mit der Schule?”

“Dann nimmst du ihn halt mit.”

“Ich kann doch keinen Hund mit in die Schule nehmen, das ist verboten.”

“Du hast zugestimmt und du kümmerst dich um ihn.” Sein Vater ging in die Stube und er nahm Alex die Leine ab.

“Ich passe morgen auf ihn auf.” Seine Mum zwinkerte ihm zu und lief ebenfalls in die Stube. Froh, dass auch sein Vater zugestimmt hatte, lächelte er.

“Er heißt übrigens Jack.” Zusammen gingen sie in sein Zimmer und machten es sich bequem. Er wusste nicht, wie er sich am nächsten Tag Alex gegenüber verhalten sollte, da er sich normalerweise an diesen Tagen immer einschloss.

Träge wachte er auf und sah sich nach dem Anderen um. Er winselte und zuckte im Schlaf, vorsichtig ging er zu ihm und weckte ihn. Als er aufwachte schnappte er nach Luft und sah sich erschrocken um.

“Kellan…”

“Alles in Ordnung?” flüstere er und machte sich Sorgen, weil Alex ihn nicht ansah.

“Ja. Ich hoffe, ich hab dich nicht geweckt.”

“Geweckt hat mich mein Wecker.” Er legte sich wieder richtig hin, als er sich anziehen ging.

“Du solltest mich vielleicht nicht wecken, ich will dich nicht beißen.” Kellan machte sich ernsthafte Sorgen um ihn, so hatte er ihn noch nie gesehen. Dennoch machte er sich fertig und lief aus dem Zimmer, die Tür ließ er angelehnt, damit er raus konnte.
 

Es war schon Mittag als er wieder wach wurde, doch irgendwas hatte ihn geweckt. Benommen sah er sich um, Kellans Mutter stand in der Tür und betrachtete ihn.

“Ich hätte gedacht, dass du dich wenigstens bei mir entschuldigst, dass du dich trotz meiner Worte einschleichst.” Er ging nicht darauf ein. “Alex, was ist los, dass du dich nicht daran hältst? Ich weiß, dass du sonst immer dein Wort hältst.” Schnaufend wandte er sich ab und wollte weiter schlafen. Aber die Frau war schnell bei ihm und packte ihn am Kragen, er jaulte auf und wehrte sich nicht.

“Na los, werd wieder ein Mensch.” amüsiert stieß er kurz Luft aus. Ein Mensch war er schon seit Jahren nicht mehr. Jedoch tat er was sie sagte und nahm wieder seine menschliche Gestalt an. Ohne sie an zu sehen lehnte er sich an den Schrank.

“Woher wusste Sie, dass ich es bin?”

“Ich weiß genug, um dich in jeder Gestalt zu erkennen.” Sanft sah sie ihn an. “Was ist los? Mir ist klar, dass du öfter die Schule schwänzt, aber dass du dich jetzt bei Kellan versteckst ist mir neu.”

“Es ist nichts, Frau Roth. Darf ich bitte noch bis morgen früh bleiben?”

“Du bringst meinen Sohn in Schwierigkeiten, Alex. Und das sehe ich nicht gern.”

“Glauben Sie mir, ich will ihn nicht in Schwierigkeiten bringen. Nur leider bin ich so was wie ein Magnet für Schwierigkeiten.”

“Gerade du solltest doch auf dich aufpassen können.”

Alex seufzte. “Nicht einmal das klappt immer. Es ist nur heute, Frau Roth, allein zu Hause bekomme ich die Krise.”

“Du bist auch hier allein.”

“Ich weiß, dass Sie da sind, das bringt schon ziemlich viel.” Auf einmal lächelte die verstehend.

“Du hast Angst etwas Dummes zu tun, wenn du ganz allein bist.” Sie strich ihm über die Wange, erstaunt sah er sie an. “Du kannst bleiben. Aber sieh zu, dass du Kellan nicht in noch schlimmere Sachen ziehst.”

“Wenn das nur so einfach wäre. Nicht nur ich ziehe den Ärger an.”

“Ich weiß, Kellan handelt sich auch schon allein ziemlich viel ein, aber seit du dich so eingehend mit ihm beschäftigst wird es mehr.”

“Tut mir Leid.”

Kellans Mutter nahm ihn in den Arm. “Bitte sag mir, dass du auf ihn aufpasst.”

“Würde ich ihn lassen, könnte er es auch selbst.”

“Wie meinst du das, wenn du ihn lassen würdest?”

“Würde ich zulassen, dass er auf sich selbst aufpasst, würde er wahrscheinlich seine Menschlichkeit einbüßen. Und gerade das ist es was ihn so besonders macht.”

“Danke…” murmelte sie. Alex spürte, dass es sie glücklich machte, das aus seinem Mund zu hören. Doch es war die Wahrheit, die Menschlichkeit Kellans machte ihn besonders, aber es zog auch unerwünschte Aufmerksamkeit auf ihn. Sie ließ ihn wieder allein, er wurde wieder ein Wolf und schlief weiter. Hin und wieder sah sie nach ihm, er konnte ihren besorgten Blick auf sich spüren. So wie auch am Morgen den von seinem Freund.

Panisch wachte er auf und sah sich hektisch um, noch immer war er bei Kellan zu Hause. Alex sah an sich herunter, im Schlaf hatte er sich wieder in einen Menschen verwandelt.

“Verdammt…” er lehnte sich auf seine Knie und schniefte. Er konnte die Tränen kaum zurückhalten. Im Augenwinkel sah er, dass sich Kellan etwas aufrichtete und ihn ansah. Plötzlich ging die Tür auf und Frau Roth stand darin. Als sie ihn sah kam sie zu ihm und umarmte ihn.

“Was…?” Sie legte seinen Kopf an ihre Brust und seine Augen weiteten sich. Was war nur in sie gefahren?

“Alex, was ist denn nur los mit dir?”

Betrübt sah er weg und wollte sich aus ihren Armen lösen, doch es funktionierte nicht. “Bitte, es ist nichts.”

“Natürlich ist etwas. Ich habe dich den ganzen Tag im Auge behalten, dein heutiges Verhalten entspricht in keiner Weise dem Alex, von dem mir überall erzählt wurde.” Als er einfach aufstand ging sie mit, nichts schien ihre Umarmung lösen zu können.

“Lassen Sie mich gehen, dann werde ich Sie nicht weiter belästigen.”

“Du wirst hier bleiben, so wie du dich im Moment verhältst werde ich dich nicht auf die Straße lassen.” Mit etwas Kraft nahm er ihre Arme und sah sie bittend an.

“Bitte lassen Sie mich einfach gehen.” Traurig senkte sie den Blick.

“Kellan, geh mit ihm.”

“Äh, ja.” Eilig zog er sich an. Frau Roth blieb in der Tür stehen als sie schon die Treppen runter gingen. Jedoch rief sie ihn noch einmal.

“Alex” fragend schaute er zurück. “Normalerweise hättest du mir gleichgültig und frech geantwortet, ich sei nicht deine Mutter.” Er beließ es dabei und ging nach unten. Kellan lief stumm neben ihm her, während er einfach durch die Straßen lief. Ohne es wirklich zu bemerken oder zu wollen, führte ihn sein Weg zum Friedhof. Kaum trat er durch das Tor, erreichte seine Laune eine ganz neue Ebene der Trauer und Melancholie.

“Alex…?” unsicher sah Kellan ihn an als sie vor der ersten Reihe Gräber stehen blieben.

“Ist ne ganze Weile her, dass ich hier war.” Alex lief weiter und Kellan folgte ihm einfach. Bei zwei bestimmten Gräben blieb er stehen und sah auf sie herunter, seufzend setzte er sich dazwischen und lehnte sich an.

“Willst du darüber reden, was los ist?” Sein Kumpel setzte sich ihm gegenüber und sah ihn behutsam an.

9

Er konnte durch den Piercing deutlich spüren, dass sich sein Freund wirklich Sorgen machte. Lange rang er mit sich selbst, ob er das schon wieder jemanden anvertrauen konnte. Letztendlich musste er sich eingestehen, dass es nur fair wäre, wenn er es wüsste.

“Elisa hat dir doch bestimmt erzählt, was in meinem Leben als Mensch passiert ist.”

“Sie ist nicht ins Detail gegangen und blieb ziemlich wage.”

“Meine kleine Schwester ist vor meinen Augen brutal umgebracht wurden und ich konnte ihr nicht helfen. Damals haben mir meine Eltern Halt geben können, aber auch sie wurden vier Jahre später umgebracht und wieder war ich es der es mit ansehen musste und überlebt hat.

Der Schock und die Vorwürfe, die ich mir gemacht habe, haben ausgereicht um mich für drei Jahre wegen Suizidgefährdung in eine psychiatrische Klinik zu bringen.”

“Wegen Suizidgefährdung?” entsetzt sah Kellan ihn an.

“Ja” Alex hielt den Arm hoch und schob den Ärmel zurück, dadurch entblößte er eine Narbe auf dem Handgelenk. “Ich habe es einmal versucht, als ich nachts allein im Heim saß. Es hat nicht geklappt, ich habe nicht tief genug geschnitten. Als Warnung ist mir die Narbe selbst als Engel geblieben.

Als ich dann in der Klinik war hat sich ein Pater um mich gekümmert. Im Gegensatz zu den Ärzten die mich mit Medikamenten behandeln wollten hat er bemerkt, dass ich einfach nur etwas oder jemanden brachte das mir Halt gab. Er war es der mir nach und nach den Glauben an den Herrn näher gebracht hat. Letztendlich war es dieser Glaube, der mir zumindest so viel Sicherheit gegeben hat, dass ich mir sagen konnte alles wäre irgendwann vorbei.” Kurz schloss er die Augen um die Tränen zurückzudrängen. “Und dann war da dieser Typ auf dem Klinikdach, ich habe mich ein letztes Mal da hoch schleichen wollen um die Aussicht zu genießen bevor ich am nächsten Tag entlassen werden sollte. Er hat mich einfach runter fallen lassen und hat mir auch noch lachend beim Fallen zu gesehen.”

Er sah zu dem Grabstein an den er sich lehnte und dachte an sein Leben zurück. “Meine Familie war alles für mich, vor allem meine Schwester.” Auch Kellan sah nun auf den Grabstein und las die Namen.

“Mitch, Daphne und Larissa Larson…” murmelte er betreten. “Alex, es tut mir Leid…”

“Schon gut. Das ist unser Familiengrab, mich haben sie aber nicht mit hier drin begraben.” Als er nur angesehen wurde deutete er auf den Grabstein an den sich sein Freund lehnte. “Auf meinen Wunsch hin hat Pater Paul veranlasst, dass nur die Urne mit meiner Asche begraben wurde.” Kellan sah den Grabstein mit der Innschrift lange an. Es war sein Grabstein und Alex sah ihn nur traurig an.

“Das letzte Mal war ich kurz vor meiner Einweisung hier auf dem Friedhof.”

“Du hast hier gelebt?”

“Ja, ich wurde hier geboren, bin hier gestorben und ironischerweise bin wieder hier gelandet, als ich darum gebeten habe meine Fähigkeiten und Reife als Engel auf der Erde erlangen zu dürfen. Hast du dir schon mal die Daten angesehen?” Er senkte den Blick, er hatte absichtlich nicht darauf gesehen, wann sie alle gestorben waren. “Meine gesamte Familie und ich sind heute gestorben. In unterschiedlichen Jahren, aber der Tag ist immer derselbe. Jedes Jahr ist es dasselbe, am Todestag meiner Familie hänge ich komplett durch. Inzwischen geht es und ich kann zumindest kleinere Dinge machen, wie zum Beispiel hier her kommen. Aber einem Dämon würde ich lieber nicht über den Weg laufen wollen.”

“Alex…”

“Es ist auch der Einzige Tag im Jahr an dem ich wirklich träume, aber es sind immer Albträume und sie werden von Jahr zu Jahr schlimmer.”

“Warum erzählst du mir das? In den letzten Jahren hat es dich auch nicht gestört, dass ich es nicht wusste.”

“Ich fand es fairer. Bei dir bekommt man ziemlich viel mit, ich jedenfalls. Du weißt, dass ich mich hingegen immer nach außen hin abschotte, wenn es mir schlecht geht. Meine Vergangenheit erklärt vieles was ich tue und wie ich mich in manchen Situationen verhalte.”

“Du magst den Kampf und die Gewalt nicht, warum bist du dann zu den Seraphim gegangen?”

“Georg hat irgendwie rausbekommen, dass ich mich früher mit Kriegsstrategien und Kampfsport beschäftigt habe. Er hat mich prüfen lassen. Als ich dann angeboten bekommen hatte in die Himmelsherscharren aufgenommen zu werden, habe ich angenommen. Ich wollte anderen das ersparen, was ich durch machen musste.” Er schnaufte kurz auf. “Als ich die Ignoranz der Anderen gesehen habe, wollte ich wieder her, ich wollte nicht der Menschheit gegenüber abstumpfen.” Irgendwie kam sich Alex erleichtert vor, es hatte wirklich geholfen mit Kellan über seine Vergangenheit und seine Gründe zu sprechen. Noch dazu bei den Gräbern seiner Familie.

“Larissa…” flüsterte Kellan auf einmal und erinnerte ihn an seine Schwester. “Warum hast du sie so abblitzen lassen und warst dann so aus der Fassung?”

“Es hat ziemlich weh getan, dass sie sich nicht mehr an mich erinnern konnte und ich noch jeden einzelnen Augenblick, den wir früher zusammen verbracht haben, im Gedächtnis habe.” Er ging nicht darauf ein und doch wusste sein Kumpel, was er damit sagen wollte. Noch lange saßen sie schweigend dort und blieben bis zum Sonnenaufgang da.

10

Besorgt lief er Kellan hinter her und kam auf seine Höhe. Sein Kumpel sah ihn kurz an und ging weiter.

“Ist irgendwas passiert?” wollte er wissen.

“Nein, wieso?”

“Seit zwei Wochen verhältst du dich ziemlich komisch, allmählich mache ich mir echt Sorgen.” Alex betrachtete ihn genau, doch nicht einmal mit Empathie konnte er der Sache auf den Grund gehen.

“Na und, seit wann genießt nur du das Privileg dich seltsam verhalten zu dürfen?”

“Kellan, seit unserem Gespräch auf dem Friedhof veränderst du dich immer mehr. Und jetzt schieb nicht mir die Schuld für diese Veränderung zu.”

“Hatte ich auch nicht vor. Mensch verändern sich halt.”

“Was ist passiert?”

“Nichts”

“Grundlos trägst du doch nicht schwarz.”

“Ich wusste nicht, dass man kein schwarz mehr tragen darf.” Ihm wurde es zu bunt, er hielt seinen Freund auf und packte ihn an den Schultern. Dafür wurde ihm nur ein gleichgültiger Blick zugeworfen.

“Du hast noch nie irgendwas Schwarzes getragen, das einzig Schwarze an dir waren bisher immer nur deine Haare. Es muss also etwas passiert sein.”

“Meiner Familie geht es super, meinen Freunden geht es bestens, nur du machst dir wegen nichts Sorgen.” Kellan befreite sich aus seinem Griff und ging an ihm vorbei, noch mehr besorgt blieb Alex stehen und sah ihm hinter her. Nun trat das ein, was er schon immer befürchtet hatte, sein Freund verlor seine Menschlichkeit. Doch dafür musste es einen Grund geben.

Schweigend gingen sie neben einander her, noch immer war Kellan seltsam und er schien nicht vor zu haben, das zu ändern. Alex würde noch einen Versuch starten an ihn heran zu kommen.

“Hast du Bock heute Abend mit mir in einen Club zu gehen?”

“Nein, hab schon was vor.” Er runzelte die Stirn. Ihm war klar, dass nicht nur er Kellan für sich beanspruchen konnte und es auch nicht tat. Aber die Meisten hatten sich von dem Anderen abgewandt als ihre Freundschaft raus kam, sie wechselten nur noch oberflächliche Worte von der Marke ‘Wie geht es dir?’ - ‘Gut, danke. Bis bald.’

Knurrend hielt er Kellan fest. “Wenn du jetzt wieder auf dieser Ebene mit mir zu tun haben willst, dann musst du es nur sagen.” Sein Kumpel hob die Augenbrauen ein wenig. “Fein, von mir aus, das kannst du gerne haben.” Er ließ ihn stehen und ging zum nächsten Unterricht, dabei drängte er sich einfach an zwei Jungen aus seiner Klasse vorbei und rammte sie absichtlich an der Schulter. Sowohl verärgert als auch verwundert sahen sie ihm hinter her.

11

Müde saß er auf der Treppe und las die Papiere durch. Auf einmal legte sich ein Schatten auf das Papier und er sah auf.

“Geh mir aus der Sonne.” raunte er Kellan an. Seit einer geschlagenen Woche lag ihre Freundschaft auf Eis, er musste sich immer mehr um die Kriegsplanung kümmern und hatte keine Zeit sich um das Verhalten seines Freundes zu kümmern.

“Du wirst vom Schuldirektor gesucht.”

“Mir egal. Verpiss dich einfach.” Er blieb stehen wo er war und musterte ihn nur. Alex stand auf, packte zusammen und ging selbst. Aber er blieb stehen als er um die Ecke war und schielte zu seinem Freund. Der hatte ihm einfach nur hinterher gesehen. Auf einmal tauchte ein junger Mann mit platinblonden Haaren und roten Augen auf.

“Judas, die Kalkvisage, war ja klar, dass er was damit zu tun hat.” murmelte er.

“Die Freundschaft zu dir scheint ihm wohl doch nicht so wichtig gewesen zu sein.” meinte Judas gehässig. Er hielt Kellan ein kleines Fläschchen hin, er nahm es und trank daraus. Nur zögernd aber unter dem Blick des Dämons tat er es. Beunruhigt musste er zusehen wie Kellan zusammen mit Judas ging und mit ihm sprach als wären sie alte Bekannte.

Sein Blick lag auf Kellans leeren Platz vor ihm, er war seit zwei Wochen das erste Mal wieder in der Schule und fragte sich was mit seinem Kumpel los war. Vorn ging der Lehrer die Anwesenheit durch und auch ihm fiel auf, das Alex da war aber Kellan nicht.

“Hm, Kellan fehlt schon wieder.” verwirrt wandte sich Alex an einen Jungen am Nachbartisch.

“Hey, wie lange fehlt er jetzt schon?”

“Etwas mehr als eine Wochen, aber er lässt sich nicht krankschreiben.”

“Wahrscheinlich hat er sich die Schwänzerei von dir abgeguckt.” Der Lehrer stand vor ihm und sah auf ihn herunter.

“Ich schwänze wenigstens aus wichtigen Gründen. Und falls es Ihnen noch nicht aufgefallen ist, seit ich mit Kellan befreundet bin mache ich wesentlich mehr mit und bin öfter hier.”

“Das sieht man in den letzten Wochen wie du hier bist. Diese wichtigen Gründe für dein Schwänzen wüsste ich aber auch gern.” Er stand auf und packte seine Sachen.

“Um die zu begreifen müssten Sie das Hirn eines weltoffenen Genies haben, oh und das eines Generals.”

“Setz dich wieder hin.”

“Das hier ist einer der wichtigen Gründe wegen denen ich schwänze. Ich gehe Kellan suchen.”

“Setz dich, Alex!” schrie der Mann.

“Vergessen Sie es! Ich werde ihn suchen und wenn ich ihn gefunden habe, werde ich ihm, wenn nötig, wieder Vernunft einprügeln.” Zwei ehemalige Freunde von Kellan standen auf und sahen ihn böse an.

“Du wirst ihm nichts einprügeln. Er hat endlich eingesehen, dass die Freundschaft mit dir nichts bringt.”

“Na sicher doch, und deswegen kommt er einfach nicht zur Schule.” Sie kamen zu ihm und hielten ihn fest. “Lasst mich los, ich war euch schon in der Grundschule haushoch überlegen. Wollt ihr jetzt noch mal Prügel einstecken?”

“Glaub nicht, dass wir ewig mit ansehen, wie du hier weiter den Unnahbaren machst.” Den Einen warf Alex elegant über die Schulter und er kam keuchend auf, dem Anderen drehte er den Arm auf den Rücken und hielt ihn fest.

“Ihr seid mir ein paar tolle Freunde. Selbst mir ist aufgefallen, dass sich Kellan in den letzten Wochen verändert hat und ich war den Großteil davon nicht mal hier. Ich mache mir hier Sorgen um meinen Freund und ihr Idioten werft mir vor ich sei unsozial.”

“Alex Larson, das geht zu weit! Hier im Klassenzimmer wird sich nicht geprügelt!” brüllte sein Lehrer.

“Brüllen Sie nur so viel Sie wollen, sagen lasse ich mir nur etwas von meinen Vorgesetzten. Ich hab allmählich die Schnauze voll. Ich werde jetzt Kellan suchen gehen.” Er ließ Jason los und verließ wütend den Raum.

Es war schon spät und er stürmte einfach in den Club. Die Dämonen, Gäste und Angestellten sahen ihn fassungslos an.

“Wo ist Judas?!” fuhr er den nächst besten Dämon an.

“Nachdem du dich so oft ruhig verhalten hast, willst du jetzt Ärger machen?”

“Den Ärger werdet ihr definitiv haben, wenn ihr mir nicht sagt, wo Judas ist.”

Ein Anderer trat vor. “Als würden wir dir sagen, wo Judas ist. Für wen hältst du uns?” Ohne Skrupel schoss er dem Mann in den Kopf, schreiend verbrannte er und die menschlichen Gäste sprangen auf.

“Sagt mir einfach, wo euer beschissener General ist.”

“Er ist im Beat.” meinte ein Junge verängstigt. Es war ein neugeborener Dämon der sich noch schnell einschüchtern ließ. Alex ging und ließ eine Heiligen Bombe zurück. Das Licht der Bombe würde nur die Dämonen auslöschen und die Menschen für eine gewisse Zeit blenden, aber sonst würde ihnen nichts passieren. Als er das schrille Pfeifen und die darauf folgenden Schreie hörte wusste er, dass keiner von den Unterweltbewohnern wusste wie ihm geschah.

Nach ein paar Schritten begann er zu rennen, so kam er in weniger als einer viertel Stunde am Beat an. Der neue Türsteher sah ihn missbilligend an und stellte sich ihm in den Weg.

“Kein Eintritt für Minderjährige.”

“Ach, halt die Klappe!” Er wollte an dem Hünen von Mann vorbei gehen, doch er wurde festgehalten.

“Verzieh dich, Junge.” Kurzerhand rammte er den Mann einfach an die Wand und sah ihn böse an.

“Was dagegen, dass ich jemanden suche?” knurrte Alex und drückte ihm die Kehle zu. Eingeschüchtert schüttelte er den Kopf und er ließ ihn los. Mit ganzer Kraft trat er gegen die Tür und beförderte sie so an die gegenüberlegende Wand sechs Meter weiter. Alex musste sich gar nicht erst umsehen um Judas zu finden.

12

“Was ist denn los, dass du einem gleich die Tür eintrittst?” Judas lächelte ihn wissend an. Neben ihm saß Kellan und sah ihm eisig entgegen, in seinen blauen Augen war nun auch ein leichter Schimmer Rot. Wütend ging Alex auf Judas zu, packte ihn am Kragen und zog ihn hoch. Kellan wurde mit einer Geste seitens des Mannes zurückgehalten.

“Ich habe eine Stinkwut auf dich, das ist los.”

“Aber, aber, deswegen muss man doch nicht mit der Tür ins Haus fallen.” Rasch drehte er sich mit dem Dämon um und presste ihn auf den Tisch.

“Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie wütend ich bin. Und glaub mir, du willst es auch nicht herausfinden.” Im Augenwinkel sah er Kellan einen Revolver ziehen und auf ihn richten.

“Lass ihn los.” brummte er. Auch Alex zog eine seiner Colt Border Patrol MK3 und richtete sie auf die Stirn seines Freundes.

“Zwing mich nicht dir das Hirn wegzublasen.” knurrte er und starrte ihn finster an. Eine ganze Weile blieben die Revolver wo sie waren und richteten sich auf den jeweils anderen, aber dann erbarmte sich Judas und pfiff Kellan zurück.

“Es reicht, Kellan, nimm die Waffe runter.” Der Angesprochene tat was gesagt wurde und ließ die Waffe sinken. “Alex, lass uns das doch draußen klären. Nur du und ich.” Alex zog Judas am Kragen hoch und führte ihn auch so weiter aus dem Club.

“Du hältst dich raus, Kellan.”

“Aber-”

“Kein Aber, das ist eine Sache zwischen mir und diesem Bluthund.”

Kellan sah kurz zu ihm und der rote Schimmer war kurz verschwunden. “Lass dich nicht umbringen.” meinte er dann an Judas gewandt. Alex lächelte und ließ sein Schwert erscheinen. Er war also wirklich noch irgendwo.

Hämisch grinste sein Gegner und holte ein schwarzes Dämonenschwert aus dem Nichts. “Das du bereit bist dich mit mir anzulegen und das nur für einen Menschen, wer hätte das gedacht.”

“Du wirst ins Gras beißen, so wie alle anderen auch.” Judas verdrehte die Augen, ließ das Schwert in der Hand kreisen als sei es ein Spielzeug.

“Dann lass uns mal sehen, wie weit du für einen dreckigen Menschen gehen wirst.” Er nahm es richtig in die Hand und setzte zu seinem ersten Hieb an. Den blockte er mit Leichtigkeit ab und holte zum Gegenschlag aus.

Aus den Schwerthieben die man leicht parieren konnte wurden schnell ernsthafte und kräftige Hiebe. Nicht immer schaffte es Alex Judas Klinge auszuweichen oder sie mit seinem Schwert aufzuhalten. Der Dämon verpasste ihm einen langen Schnitt auf der Wange, knurrend holte er aus. Traf aber nur die Schulter des Anderen.

Immer wieder zuckte sein Blick zu Kellan, der gleichgültig daneben stand und zu sah. Es tat weh, dass ihm ihre Freundschaft durch die Beeinflussung der Dämonen egal war. Was musste geschehen um ihn wieder zur Besinnung zu rufen?

Lange kreuzten sich ihre Klingen und sprühten mit jedem Aufeinandertreffen Funken. Alex passte gerade nicht genug auf und er war so ziemlich am Ende seiner Kräfte, da kam ihm Judas schnell deutlich zu nahe.

“Du hättest mehr trainieren sollen um gegen mich an zu kommen, Hündchen.” Der Dämon griff nach seinem Schwert und riss es ihm brutal aus der Hand. Während er es wegwarf entfernte sich Alex von ihm.

Keuchend sah er zu seinem Schwert, es lag einige Meter weit weg. Er sah ein, dass er dem General, der rechten Hand des Teufels, noch nicht gewachsen war. Und doch musste er zumindest Kellan zeigen wie abgrundtief böse der Dämon war. Anders würde er ihn nicht aus seiner Teilnahmslosigkeit reisen konnten.

Er machte nicht einmal einen Schritt auf sein Schwert zu, da verschwand Judas und stieß ihm seine schwarze Klinge in die linke Seite.
 

Kellan sah, wie Alex mit geweiteten Augen auf die Knie ging und auf die Klinge in seiner Seite starrte, etwas in ihm regte sich. Judas zog das Schwert heraus und hob es zum Todesstoß. Das löste ihn jäh aus seiner Starre.

“ALEX!!” brüllte er, schnell rannte er zu dem Schwert seines Freundes und dann zu Alex. Er schwang das Schwert und blockte so den Todesstoß zu dem der Dämon angesetzt hatte.

“Du solltest dich raus halten.” Judas sah ihn böse an.

“Mir ist egal, was du willst. Du wirst genauso wie die anderen bald Geschichte sein.”

“Dann wirst du zusammen mit dem Himmelreich fallen.” prophezeite er und hieb erneut zu. Unter der Schlag der Klinge zitterte sein Arm, Alex hatte nie mit ganzer Kraft mit ihm geübt und Judas hatte ihm nie ein Schwert nur eine Waffe gegeben.

Er und der Dämon lieferten sich einen erbitterten Schlagabtausch. Zu seinem Glück wusste er ansatzweise, wo die Schwächen des Mannes lagen. Aus der Drehung heraus nutzte er den Schwung und führte das Schwert nahe an den Hals des Anderen, doch der wich aus und Kellan schnitt ihm nur ein paar Haare ab. Das hieß der Kampf mit Alex hatte ihn zumindest so weit geschwächt.

Auf einmal entfernte sich der Dämon und starrte sie einfach an.
 

Judas sah ihn finster und angeschlagen an. “Zur Sommersonnenwende werden wir ja sehen, wie lange eure Freundschaft hält.” knurrte er und verschwand einfach. Kellan kam eilig zu ihm und hockte sich hin.

“Alex…”

“Mach dir nichts draus.”

“Es tut mir leid, ich weiß nicht, was da passiert ist.” traurig betrachtete sein Freund ihn, vor allem die Wunde an seiner linken Seite.

“Wenn du wieder du selbst bist, dann hol mir Hilfe.”

“Wie soll ich das bitte anstellen?”

“Verdammt, Kellan, bete einfach. Entschuldige dich in aller Form und bitte um Hilfe.” keuchte er als die Schmerzen schlimmer wurden. “Er wird dir die Hilfe gewähren, wenn du wirklich wieder du selbst bist.” Verzweifelt faltete sein Kumpel die Hände zum Gebet und schloss die Augen.
 

Bitte, es tut mir schrecklich Leid, aber Alex braucht dringend Hilfe. Er ist schwer verletzt. Als er die Augen wieder öffnete und den Anderen ansah musste er feststellen, dass er bewusstlos war. Kellan hoffte, dass man ihm wirklich die Hilfe gewährte um die er gebeten hatte, denn er wusste nicht wie er Alex helfen konnte. Er schniefte, die ganze Sache hatte ihm gezeigt, wie wichtig Alex ihre Freundschaft war. Jedes mal, wenn jemand gesagt hatte, dass Alex sein Leben für ihn aufs Spiel setzen würde hatte er es als übertrieben empfunden. Aber nun hatte er den Beweis und wusste, dass auch er soweit gehen würde.

Von irgendwoher kamen Schritte und Jessica tauchte auf, sie hatte einen anderen Engel dabei und nicht Larissa. Alex Wunsch, dass das Mädchen ihn nicht verletzt sah, wurde anscheinend respektiert.

Teil 5

Es ist kein Krieg, von dem die Kronen wissen;

es ist ein Kreuzzug, ‘s ist ein heiliger Krieg.

[Theodor Körner]
 

1
 

Tief durchatmend schloss Kellan die Tür zu Alex‘ Wohnung auf und trat ein. Nachdem er sich die Schuhe ausgezogen hatte, sah er sich um. Auf dem Sofa saß ein Engel aus dem ersten Korps. Er betrachtete ihn mürrisch, doch schließlich beachtete er ihn nicht weiter. Er hatte sich denken können, dass der Korps im Moment nicht gut auf ihn zu sprechen war, dennoch durfte er seinen Freund zumindest für einige Stunden besuchen.

Still lief er an dem Mann vorbei. Betreten kam er in das Zimmer und sah Alex nicht an. Seit drei Tagen lag er nun schon im Bett, doch Kellan war nur einmal da gewesen um ihm zu erzählen, was passiert war. Jessica hatte ihm strenge Bettruhe verordnet und er nahm es ohne zu murren hin.

„Machst du dir immer noch Vorwürfe?“ Er hob den Blick und sah, wie sich sein Freund aufsetzte.

„Du liegst wegen mir hier.“ Mit einem Stuhl setzte er sich zu Alex ans Bett.

„Solange ich im Bett bleibe, ist es erträglich. Außerdem ist ja immer einer von der Truppe da und sorgt dafür, dass ich nicht verhungere und meine Medikamente nehme. Sie wechseln sich damit immer ab.“

„Tut mir Leid…“ Betroffen ließ er den Kopf hängen. „Du hast mir zwar verziehen, aber ich selbst und auch deine Truppe haben es nicht.“

„Hast du wirklich geglaubt ich lasse dich hängen?“

„Nein… Ich meine… Ich weiß, dass Judas mal gesagt hat-“

„dass mir unsere Freundschaft anscheinend doch nicht so wichtig ist. Ich weiß, ich hab es gehört.“ Überrascht sah Kellan ihn an, damit hatte er nicht gerechnet. Er hatte in seiner Trance gar nicht bemerkt, wie sehr sich Alex um ihn gekümmert hatte. Er hatte ihn sogar belauscht.

„Irgendwie musste ich doch raus bekommen, wer seine Finger im Spiel hat. Grundlos änderst du doch nicht dein komplettes Auftreten.“ Alex seufzte und sah an die Decke.

„Was ist los?“ Besorgt musterte er seinen Freund.

„Du wirst dich vor dem Herrn verantworten müssen.“

„W-Wie meinst du das?“

„Er will dich sehen. Da ich ans Bett gefesselt bin kann ich nicht dabei sein, Timothy wird aber bei dir sein. Er wird auch die ganze Zeit da sein und dir erklären, wie du dich vor dem Herrn verhalten musst. Menschen haben nicht dieselben Rechte wie Engel.“

„Sicher, dass er das einfach so tun wird?“ Alex warf ihm einen trägen Blick zu.

„Er hat seine Befehle.“ Kurz sah Kellan zur Seite und verkniff sich einen Kommentar. Befehl oder nicht, der Engel würde ihn spüren lassen, dass er enttäuscht war.

„Ich bin kein Engel, Alex, ich kann nicht mal eben ins Himmelreich gehen“, meinte er als ihm das Wesentlichste einfiel. Wie sollte da hoch kommen?

„Du musst gehen. Er will aus deinem Mund hören, was passiert ist.“ Unruhig betrachtete er seinen Kumpel. Nur Engel kamen ins Himmelreich, daraus schlussfolgerte er, dass er sterben musste, um diesem Wunsch nach zu kommen.

„Du hast dein Wort gebrochen, als du nur zum Schwert gegriffen hast. Man wird es dir vielleicht noch nachsehen, dass du den Dämonen ein paar Infos zu meiner Person gegeben hast, weil sie dich beeinflusst haben.“

„Ich weiß, dass ich versprochen habe nicht zum Schwert zu greifen. Aber hätte ich zulassen sollen, dass Judas dich einfach umbringt?“

„Mir war von Anfang an klar, dass du es irgendwann brechen musstest. Trotzdem ist es in den Augen des Herrn ein Vertrauensbruch. Ich habe für dich gebürgt und genau das wird man dir vorhalten.“

„Und wie soll ich da hoch kommen? Ich muss sterben um in den Himmel zu kommen.“

„Geh Morgen um acht in die Kapelle Sankt Augustine und frag nach einem Pater Paul. Er soll die Kapelle verlassen und hinter sich abschließen. Sag ihm einfach, dass dich ein Freund schickt.“

„Wo ist diese Kapelle?“

„Draußen auf dem Esstisch liegt ein Plan, der Weg von dir zur Kapelle ist schon eingezeichnet.“ Kellan betrachtete Alex, er hatte sich zum Fenster gewandt und starrte in den blauen Himmel. Noch immer sah er ziemlich angeschlagen aus und Kellan wollte nicht wissen, wie sich die Bauchwunde entwickelt hatte.

Eine ganze Weile schwiegen sie, sodass er fast schon glaubte, dass Alex weggetreten war. Um ihn nicht in seinen Gedanken zu stören und keinen Argwohn bei dem Engel im Wohnzimmer zu wecken, entschloss er sich zu gehen. Er wartete noch einen Moment, doch schließlich erhob er sich. Erst als er schon an der Tür war, rief sein Freund ihn noch einmal zurück.

„Wenn du vor dem Herrn stehst, dann sag einfach die Wahrheit. Lügen würden nur deine Glaubwürdigkeit in Frage stellen. Und überleg dir genau was du sagst, selbst die Wahrheit darfst du nicht leichtfertig sagen“, erklärte Alex und sah zu ihm.

„Ist gut. Wenn ich es schaffe, dann komme ich morgen wieder vorbei.“

„Egal was für eine Strafe ausgesprochen wird, nimm sie einfach hin.“ Kellan wollte schon etwas sagen, aber Alex schüttelte den Kopf und winkte ab. Nicht er musste die Strafe hinnehmen und ausbaden, sein Freund war es den die Strafe traf. Das gefiel ihm nicht.

Murmelnd verabschiedete er sich und ging. Der Engel sah ihn an, als er sich den Plan vom Tisch nahm. Auch von dem Engel verabschiedete er sich leise, doch er erhielt keine Antwort. So richtig achtete er allerdings nicht darauf, da er sich bereits gedanklich versuchte damit abzufinden, dass er vor jemanden trat, der als Gott bezeichnet wurde.
 

Seufzend stand er vor dem weißen Hochhaus. In den oberen Etagen waren die Fenster entweder vergittert oder mit Sicherheitsglas versehen. Der Anblick löste in ihm ein unangenehmes Gefühl aus. Von einem Schild an dem er vorbei gekommen war, wusste er, dass es sich um eine Klinik handelte.

Es war dreiviertel Acht, so langsam musste er in die Kapelle. Kellan trat ein und betrachtete einen Wegweiser. Träge lief er zum Fahrstuhl, die Kapelle, zu der er gehen sollte, war in einer der oberen Etagen. Die Leute am Empfang hatten ihn nur kurz angesehen, sich aber wieder ihrer Arbeit gewidmet, als er allein zu seinem Ziel gefunden hatte.

Unsicher trat er aus dem Fahrstuhl und sah sich um, zu seiner Linken war nur ein Gang und zu seiner Rechten ein Tresen hinter einer Glasscheibe. Er war bis in die psychiatrische Abteilung gelangt. Hier wollte er nicht unangemeldet herum laufen, daher ging er zu dem Tresen.

Eine Schwester kam aus dem Schwesternzimmer und sah ihn freundlich durch die Glasscheibe an. „Guten Morgen, wie kann ich Ihnen helfen?“ Kurz überlegte er, es musste einen Grund geben, weshalb Alex ihn ausgerechnet dorthin schickte. Letztendlich ahnte er warum er an diesem Ort war.

„Hi, ich habe zwei Fragen.“

„Dann schießen Sie mal los.“

„Hatten Sie mal einen Patienten namens Alex Larson hier?“, fragte er vorsichtig.

„Ach du meine Güte. Madeleine!“, rief sie nach hinten und eine ältere Frau kam nach vorn. Kellan fragte sich, ob er etwas Falsches gesagt hatte.

„Was ist denn?“, raunte die Ältere.

„Der junge Herr hier, fragt nach Alex Larson.“ Sie merkte auf und scheuchte die erste Schwester aus dem Raum.

„Nach Alex hat schon lange keiner mehr gefragt.“

„Er war also hier?“

„Ja… Der arme Junge, er hat den Tod seiner Familie nur schwer verkraftet. Eigentlich war er ein fröhlicher und freundlicher Junge, mit seiner Art hat er so ziemlich alle jungen Schwestern um den Finger gewickelt, selbst ein paar von uns älteren. Wären da nicht diese Phasen gewesen, entweder war er tief depressiv und traumatisiert oder er war still und beschäftigte sich mit seinen Aufzeichnungen.“

„Redet ihr gerade über Alex?“ Eine Schwester um die dreißig bis Mitte dreißig stellte sich in den Türrahmen. „Wenn er seine guten Tage hatte, hat er die ganze Station auf Trapp gehalten. Ich war damals nur Praktikantin und er hat es mir oft schwer gemacht“, traurig lächelte sie. „Leider ist dann dieser schreckliche Vorfall passiert.“ Es erstaunte und entsetzte ihn, wie sehr der Dienst in den Herrscharen ihn verändert hatte. Wie die Frauen ihn beschrieben, gab es keinen Vergleich mit dem ernsten Alex, den er kannte.

„Aber wenn Sie wirklich über Alex reden wollen, dann sollten Sie zu Pater Paul gehen.“

„Das wäre dann meine zweite Frage: Wo finde ich ihn?“

„Er ist oben in der Kapelle, zwei Etagen höher, dann müssen Sie nur den Markierungen folgen.“

„Danke.“ Zum Abschied lächelte er und hob die Hand, als er sich wieder dem Fahrstuhl zu wandte. Über die Treppen würde er wohl nicht hinauf kommen.

„Sie sollten den Stationseigenen Fahrstuhl nehmen, das geht schneller“, rief man ihm hinter her. Verwundert sah er zum Tresen, dann folgte er dem Deuten der Schwester zu einem Fahrstuhl auf der anderen Seite. Dankend ging er zu diesem.

Zwei Etagen höher, stand er wieder vor einem Wegweiser. Seufzend folgte er den Wegweisern. Die Kapelle war nicht weit vom Fahrstuhl entfernt und wurde nicht von einer Sicherheitstür abgeschirmt. Erleichtert, die Kapelle schnell gefunden zu haben, stand er in der Tür. Vorsichtig trat er ein.

„Pater Paul?“

„Ja?“ Ein Mann sah auf und kam von einer Leiter, er hatte gerade die Blumen gegossen. Sie liefen auf einander zu und er musste feststellen, dass er bei Alex vermutlich einen großväterlichen Platz eingenommen hatte, als er in der Klinik gewesen war.

„Guten Morgen, mein Name ist Kellan. Na ja, wie soll ich sagen…“ Kurz zögerte er und wusste nicht, wie er den Pater höflich der Kapelle verweisen sollte. „Ein Freund schickt mich, ich soll Sie bitten die Kapelle zu verlassen und sie zu schließen, solange ich hier bin.“

„Wie lange wirst du hier sein?“

„Ich weiß es nicht. Solange wie nötig.“

Der Mann sah ihn eindringlich an. „In Ordnung. Dort drüben ist ein Sprechfunk, wenn du gehen willst sag einfach Bescheid“, meinte er schließlich.

„Danke, Pater Paul.“ Der Pater ging und schloss von außen ab. Kellan ging bis nach vorn vor den Altar. Sein Kumpel hatte nur gesagt, dass er um acht dort sein sollte, aber nicht was er dort tun sollte. Allmählich wurde er wirklich nervös, es war kurz vor acht und nichts deutete darauf hin, dass etwas passieren würde.

„Hallo, Kellan.“ Erschrocken fuhr er herum und sah Timothy. Er sah ihn nicht an und wirkte ernst.

„Timothy…“, murmelte Kellan. Auch er hatte ihm noch lange nicht verziehen, dass er sich mit Dämonen abgegeben hatte. Kellan ließ die Schultern hängen. Wieso sollte der Korps das auch tun, wenn er selbst es nicht tat?

2

Der Seraph sah zur Seite. Kellan folgte seinem Blick, dort stand noch ein weiterer Engel. Er war ebenfalls aus Alex Korps, doch seinen Namen hatte er gerade nicht im Gedächtnis. Wie Timothy war auch dieser Engel ernst und distanziert.

„Hallo.“

„Maron, wird hier solange die Stellung halten bis du wieder runter kommst“, erklärte Timothy und seufzte. „Das, was wir jetzt tun werden, steht eigentlich nur einem Kommandanten zu, aber da Kommandant Larson nicht in der Lage ist selbst oben zu erscheinen muss ich dich mitnehmen.“

„Was genau wird jetzt passieren?“

„Wir werden kurzfristig deine Seele von deinem Körper trennen, für diese Zeit wird eine Ersatzseele in deinen Körper gehen. So umgehen wir den Umstand, dass du stirbst.“

„Ich muss also nicht sterben um vor den Herrn treten zu können?“, fragte er erleichtert.

„Ja, aber allzu oft sollte man das nicht tun. Die Seele ist schließlich ein fester Bestandteil eines Lebewesens, sie ist tief im Körper verankert.“ Timothy nickte dem Anderen zu und sie nahmen ihn zwischen sich. Für einen Moment schien der Engel zu zögern, setzte dann aber noch einmal zum Sprechen an.

„Ich weiß nicht, ob die Trennung Schmerzen verursacht, also halt dich für alles bereit.“ Kellan schluckte und nahm die Hände des Seraph, die ihm hin gehalten wurden. Als Timothy mit ganzer Kraft zwar an ihm aber nicht an seinem Körper zog, breitete sich überall in ihm unsäglicher Schmerz aus. Er wollte schreien, jedoch kam kein Ton über seine Lippen.

Dann war es plötzlich vorbei. Benommen öffnete er die Augen, noch immer hielt er die Hände des Engels. Vorsichtig sah er zurück, Maron setzte gerade eine Seele in seinen Körper und führte ihn zu einer Bank. Teilnahmslos nahm er Platz und starrte auf den Steinboden. Der Anblick von sich selbst war befremdlich.

„Halt dich fest.“ Ihm wurde ein Arm um die Taille gelegt und er breitete seine Flügel aus. Wie schon bei Alex faszinierten sie ihn, sie waren rein weiß, nur am Ansatz, wo sie aus dem Rücken kamen, waren sich leicht bläulich bis grünlich. Ohne eine weitere Vorwarnung hob Timothy mit ihm ab. Unter ihm wurde alles rasend schnell kleiner und sie ließen Mauern hinter sich.

Kellan schloss die Augen, da ihm von dem Rauschen der Bilder ein wenig schlecht wurde. Sanft setzten sie wieder auf. Unsicher öffnete er die Augen und ließ den Engel los. Alles um sie herum war hell, zudem standen sie vor einem riesigen Tor. Entschlossen trat Timothy auf das Tor zu und winkte ihn hinter sich her. Zwei Wesen, die Sphinxen nicht ganz unähnlich sahen und vier Flügel hatten, versperrten ihnen den Weg.

„Aus dem Weg“, knurrte Timothy.

„Du weißt es ist verboten lebende Seelen mit ins Himmelreich zu bringen“, raunte der Eine, er hatte eine tiefe, dröhnende Stimme.

„Lebende Seelen gehören auf die Erde, Timothy“, meinte die Andere. Es war offensichtlich eine Frau, denn er glaubte einen angedeuteten Busen zu sehen und auch die Stimmlage ließ darauf schließen.

„Der Herr selbst hat nach ihm verlangt. Kellan ist auf sein Geheiß hier.“

„Nenne deinen vollständigen Namen, Mensch“, der Mann betrachtete ihn abwertend.

„Kellan Roth“, antwortete er unsicher.

„Wollt ihr den Herrn noch länger warten lassen?“ Murrend und sichtlich unwillig machten sie den Weg frei und das Tor öffnete sich soweit, dass sie hinein gehen konnten. Stumm führte man ihn. Kellan sah sich unauffällig um. Er hatte gedacht, dass alles aus Wolken bestehen würde, doch alles schien aus festen Materialien gemacht zu sein.

Der Seraph sah mürrisch zu ihm. „Wenn du gleich vor dem Herrn stehst, darfst du ihn nicht ansehen, außer er erlaubt es dir. Sag die Wahrheit, aber überleg genau, wie du sie sagst. Lügen bringen dich hier nicht weiter.“

„Dass ich nicht lügen soll, hat Alex mir schon gesagt.“

„Dann halt dich daran. Ansonsten gibt es nichts weiter, was du beachten musst. Dass du respektvoll sein musst, ist selbstverständlich. Bleib ruhig und widersprich ihm nicht.“

„Ich hab’s verstanden.“ Während sie gesprochen hatten waren sie erstaunlich schnell bis zu der großen Tür gekommen. Entfernung hatte hier oben wohl keine Bedeutung. Ohne noch etwas zu sagen klopfte Timothy und öffnete, sofort senkte Kellan den Blick.

„Herr, ich bringe den Menschen nach dem Ihr verlangt habt.“

„Kommt herein.“ Still traten sie ein und blieben vor einem Thron stehen. Im Vergleich zu normalen Stühlen und Sesseln war er groß, doch es schien nur ein normalgroßer Mann darauf zu sitzen.

„Danke. Halt dich im Hintergrund, ganz gleich was gesagt wird.“

„Wie Ihr wünscht.“ Timothy machte einige Schritte rückwärts. Kellan kam sich vor diesem mächtigen Mann, von dem er nicht einmal wusste, wie er aussah, klein vor.

„Du bist also der junge Mann für den einer meiner besten Seraph sein Leben opfern würde.“

„Es tut schrecklich leid, dass ich Alex in diese Situation gebracht habe“, betroffen ließ er den Kopf hängen.

„Kellan, du hast dein Wort gebrochen. Du hast gegenüber den Dämonen Dinge gesagt, die nur unter dir und Alex bleiben sollten. Zu allem Überfluss hast du auch noch zum Schwert gegriffen.“

„Ich weiß.“

„Erzähle mir, wie es dazu gekommen ist.“ Er war schon geneigt auf zu sehen, doch er tat es nicht. Alex hatte ihn vorgewarnt, dass er sein Handeln erklären sollte.

„Es gab diesen einen Tag an dem Alex nicht in der Schule war. Ich weiß nicht, was passiert ist, aber ich lag nach der Hofpause im Krankenzimmer. Man hatte mir gesagt, dass ein paar Jungs aus meiner Klasse mich bewusstlos auf der Treppe gefunden hätten. Danach gab es immer wieder Tage an denen ich Blackouts hatte, es waren immer Tage gewesen an denen Alex hier oben war.

Nach dem siebten oder achten Blackout tauchte dann Judas bei mir auf und wollte, dass ich irgendwas aus kleinen Fläschchen trinke. Am Anfang musste er es mir immer einflössen aber irgendwann habe ich es einfach getrunken. Ich habe später herausgefunden, dass er für diese Filmrisse verantwortlich war, er hat mich betäubt und mir das Zeug so eingeflößt.“

„Diese Flüssigkeit nahm dir deinen Willen, Kellan. Ist dir das bewusst?“

„Zu Anfang nicht, später schon.“ Eingeschüchtert ließ er die Schultern hängen. Seine Fehler vor dem Herrn zu zugeben, fühlte sich so unglaublich schwer an.

„Ich habe Alex immer mehr auf Abstand gehalten und mich Judas immer mehr zugewandt. Letztendlich ging es so weit, dass ich nur noch bei diesem Dämon war und mich sogar für ihn eingesetzt habe. Er hat mir nicht nur täglich diese Flüssigkeit gegeben er hat mich auch noch damit beeinflussen können, Alex sei unsere Freundschaft nicht so wichtig.“

„Durch den Trank konnte er dich beeinflussen so viel er wollte“, sagte man sanft. „Bitte sprich weiter.“

„Vor vier Tagen tauchte Alex im Beat auf. Ich Idiot habe auch noch eine Waffe auf ihn gerichtet“, wütend und enttäuscht von sich selbst ging er auf die Knie. „Judas hat einen Kampf vorgeschlagen, den Alex angenommen hat. Der Kampf dauerte etwas, aber am Schluss konnte Alex nicht mehr und der Dämon hatte schon das Schwert für den Todesstoß erhoben. Das hat bei mir irgendwas gelöst. Ich habe mir Alex’ Schwert genommen und den Schlag pariert. Es tut mir leid, dass ich mein Wort gebrochen habe. Aber ich konnte nicht einfach mit ansehen, wie Judas meinen besten Freund umbrachte“, erzählte Kellan niedergeschlagen.

„Was ist aus Judas geworden?“

„Er hat sich irgendwann zurückgezogen. Mir und Alex gegenüber hat er die Kriegserklärung für die kommende Sommersonnenwende ausgesprochen.“ Lange schwieg der Herr und es raschelte leise Stoff. Auf einmal stand jemand vor ihm, dieser jemand hielt ihm die Hand hin.

„Steh auf und sie mich an.“ Ehrfürchtig nahm er die Hand entgegen und sah auf. Der Mann war gleichzeitig alt und jung, er hatte einen grauen Bartflaum und gütige braune Augen. Er half ihm auf, als wäre es das Normalste der Welt.

„Du hast zum Schwert gegriffen um deinen Freund vor dem Tode zu bewahren, das ist sehr edel von dir.“

„Alex würde sein Leben für mich geben und ich bin bereit das auch für ihn zu tun.“ Er wurde angelächelt. „Bitte, ich weiß, dass Alex für mich vor Euch gebürgt hat, aber bestraft nicht ihn für das, was ich getan habe.“

„Du wärst bereit die Strafe auf dich zu nehmen?“

„Ja. Ich habe den Mist gebaut und ich werde auch die Konsequenzen dafür tragen.“

„Was empfindest du dabei, wenn du daran denkst was Alex getan hat?“

„Ich mache mir Vorwürfe, weil er wegen mir verletzt wurde. Ich bin schuld daran, dass er sich nicht auf den Krieg vorbereiten kann. Aber ich bin ihm auch dankbar. Wer weiß, was noch passiert wäre, wenn er nicht gehandelt hätte.“

„Du verdankst Alex noch etwas.“ Verwundert sah er den Mann an. „Kellan, es ist deine Menschlichkeit, die die Aufmerksamkeit der Dämonen auf dich lenkt und nicht deine Freundschaft zu Alex. Du bist sogar dazu in der Lage einen Seraph zu verändern. Denk daran, wie er war als ihr euch das erste Mal gesehen habt und wie er geworden ist seit ihr befreundet seid.“

„Ich verstehe nicht ganz.“ Ehrlich verwirrt über die Worte des Herrn musterte er ihn.

„Lass dir später von Alex erklären, was es mit gewissen Menschen auf sich hat. Er wird dir sicher antworten.“ Das half Kellan noch weniger weiter, da Alex nicht bei ihnen war, doch der Herr schien es dabei belassen zu wollen. Er ging vor ihm langsam auf und ab.

„Hast du inzwischen eine Entscheidung getroffen für wen du kämpfen würdest, gäbe man dir die Möglichkeit?“

„Tut mir Leid, wenn ich jetzt egoistisch klinge, aber ich würde für die Erde und die Menschheit kämpfen.“

„Dann stehst du also auf unserer Seite, vor allem aber auf der von Alex.“ Nachdenklich wurde er angesehen. „Alex wird keine Strafe erhalten und auch du wirst nicht bestraft.“ Erfreut lächelte er, Alex wurde nicht wegen ihm bestraft. Der Mann kam zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schultern.

„Dir ist doch klar, dass nur Engel in die himmlischen Heerscharen aufgenommen werden.“

„Ja…“

„Seraphim müssen hohe Anforderungen erfüllen. Sie müssen fähig sein im Kampf zu bestehen und sie müssen festen Glaubens sein.“

„Herr, wollt Ihr das wirklich tun?“ Timothy sah ihn betreten an.

„Vielleicht, ich brauche noch etwas Bedenkzeit. Kellan, geh wieder auf die Erde. Ich werde wieder nach dir schicken lassen, aber diesmal bleibst du auf der Erde und musst mir nicht persönlich gegenüber treten.“

Kellan nickte. „Es war mir eine Ehre Euch kennen lernen zu dürfen.“ Ohne zu wissen was der Herr vor hatte, wandte er sich zum Gehen und Timothy begleitete ihn. Das Vorhaben des Herrn und die Frage nach den ‚gewissen‘ Menschen mussten warten. Als erstes wollte er mit Pater Paul über Alex reden. Die Schwestern hatten ihn völlig anders beschrieben, als er sich ihm gegenüber gab.

3

Ächzend richtete Kellan sich auf. Sein Körper fühlte sich schwer an. Erst jetzt bemerkte er, wie leicht er sich vorgekommen war, als er im Himmelreich gewesen war. Noch benommen davon wieder in seinem Körper zu sein und dem was eben passiert war, sah er sich um. Timothy stand vor ihm und Maron saß noch neben ihm. Auf dem Gesicht des Engels, der ihn begleitet hatte, zeigte sich ein leichtes Lächeln, außerdem klopfte er ihm auf die Schulter.

Die beiden Engel verabschiedeten sich nur mit Gesten und verschwanden. Einen Moment lang blieb er, wo er war. Doch schon bald stand er auf und lief zur Tür. Kellan wollte bereits die Türklinke betätigen, als ihm einfiel, dass abgeschlossen war. In der Hoffnung, dass Pater Paul ihn wirklich hörte, drückte er auf den Knopf des Sprechfunkes.

„Pater Paul?“

„Ja?“, kam es nach einem Augenblick zurück.

„Hier ist Kellan. Ich… ähm…“

„Möchtest du gehen?“

„Noch nicht, aber ich möchte gerne mit Ihnen reden.“

„Einen Moment, ich bin gleich bei dir.“ Träge trat er zurück und wartete darauf, dass er aus der Kapelle gelassen wurde. Er hoffte, dass Alex nichts dagegen hatte, wenn er mit dem Pater sprach. Allerdings musste es einen Grund geben, weshalb er ihn gerade in die Klinik schickte, in der er Patient gewesen war.

Völlig in Gedanken versunken stand er da. Kellan bemerkte gar nicht, wie der Pater gekommen und aufgeschlossen hatte. So erschrak er sich, als man ihn ansprach. Verwundert wurde er betrachtet.

„Alles in Ordnung?“

„Ja“, meinte er lächelnd.

„Besuchst du jemanden hier in der Klinik?“, wollte der Pater nach einem Zögern wissen.

„Nein. Ich wurde gestern gebeten in die Kapelle zu kommen, mehr nicht.“ Der Mann bedeutete ihm, dass sie sich auf eine der Gebetsbänke setzen konnten. Zusammen nahmen sie Platz.

„Du sagtest, dass ein Freund dich geschickt hat. Wer ist dieser Freund?“

„Tut mir Leid, das kann ich Ihnen leider nicht sagen.“

„Schade, deswegen hatte ich im Grunde zugestimmt“, der Pater seufzte. „Nun, du wolltest mit mir reden.“

„Ich habe vor einiger Zeit erfahren, dass Sie einen Alex Larson kannten.“

„Wie kommst du auf ihn?“ In den wenigen Sekunden in denen Alex’ Name gefallen war, war das Gesicht des Mannes unendlich traurig geworden.

„Würden Sie mir bitte von ihm erzählen?“

„Alex war drei Jahre hier in der Klinik. Er wurde eines Nachts von der Ambulanz her gebracht, er hatte versucht sich die Pulsadern aufzuschneiden. Noch als er hier ankam hatte er verweinte Augen. Zu seinem Glück hatte er nicht tief genug geschnitten.“ Der Pater wandte sich von ihm ab, stattdessen sah er zu dem Kreuz vorn hinter dem Altar. „Schon allein der Tod seiner jüngeren Schwester hatte ihn tief erschüttert, als dann auch noch seine Eltern, die ihm als einziges Halt geben konnten, starben, riss es ihn in ein bodenloses Loch. Nur mir gegenüber hat er erzählt, wie genau seine Familie gestorben war.“

„Sie wurden umgebracht…“

„Ja, allerdings auf eine sehr unschöne Weise. Alex hat sich immer Vorwürfe gemacht, dass er ihnen nicht helfen konnte und als einziges überlebt hat.“ Kellan hörte einfach zu, auch wenn er das schon von Alex selbst gehört hatte. „Ich habe mich seiner angenommen. Mit der Zeit war er wie ein Sohn für mich geworden. Wir haben viel Zeit miteinander verbracht, das setzte aber voraus, dass er auch jemanden an sich heran ließ. Es gab Wochen und Tage, da saß er in seinem Zimmer und schwieg nur. Oft schrieb er etwas auf oder las sich etwas durch.“

„Haben Sie diese Aufzeichnungen noch?“

„Sie wurden nicht gefunden, die Zettel, auf die Alex geschrieben hat, waren nicht bei seinen Sachen.“

„Waren sie nicht in seinem Zimmer?“, fragte Kellan vorsichtig. Der Tod von Alex traf ihn noch immer sehr schwer.

„Das weiß ich nicht. Bis jetzt blieb es abgeschlossen, es wurde kein weiteres Mal vergeben.“

„Dann ist es noch so wie er es verlassen hat?“

„Ja, ich kann es dir zeigen.“

„Wären Sie so freundlich?“, lächelte er bittend. Der Mann nickte und erhob sich. Eilig war auch Kellan auf den Beinen und folgte ihm.

„Jeder hier mochte Alex, er hatte eine Art, die es einem leicht machte sich mit ihm anzufreunden. Selbst unsere schwersten Fälle blühten bei ihm auf.“ Innerlich schüttelte er den Kopf. Von diesem Verhalten war seinem Freund nichts mehr anzumerken. Natürlich war er ein echter Freund und wenn er denn einmal richtig lachte, dann steckte er jeden damit an, aber viele sahen das nicht von ihm.

„Aber seine Depressionen waren schlimm, wenn er morgens nicht zum Essen kam, dann wusste man gleich, dass es wieder so weit war.“ Sie standen nun vor einer Tür und es wurde nach einigem Zögern aufgeschlossen. Eine Schwester war stehen geblieben und sah zu ihnen. Offenbar war das Zimmer seit Alex’ Tod wirklich nicht mehr aufgeschlossen wurde.

Stumm wurde die Tür geöffnet und er trat ein, der Pater blieb draußen. Überall war es staubig nur in der Mitte waren alte Fußabdrücke zu sehen, es waren die eines Kindes. Wahrscheinlich war Alex hier gewesen, als er wieder auf die Erde durfte. Um den Pater nicht darauf aufmerksam zu machen stellte er sich an dieselbe Stelle und drehte sich um sich selbst.

Kellan schluckte, er war nun in dem Zimmer in dem Alex seine letzten drei Jahre als Mensch verbracht hatte. Automatisch blieb er vor dem Schreibtisch stehen. Er ging hin und öffnete das erste Schubfach, es war leer, auch darunter war nichts. Erst beim letzten Schubfach fand er ein Foto von Alex und seiner Familie. Er betrachtete es, auf dem Gesicht seines Freundes zeigte sich ein noch nie gesehenes Lächeln während er seine Schwester umarmte und spielerisch neckte. Ihre Eltern standen hinter ihnen und sahen ihnen amüsiert zu. Das Foto zeigte einen ganz normalen Familientag im Sommer.

Er drehte den Rahmen um und nahm die Rückwand heraus, hinter dem Foto lag ein Zettel. Lächelnd schüttelte er den Kopf, schon damals hatte Alex die Angewohnheit Hinweise zu hinterlassen. Oder jemand sollte diesen Hinweis finden, jemand der ihn kannte. Verstohlen sah er zu dem Pater, er hatte den Hinweis finden sollen, aber er hatte das Zimmer nach dem Vorfall nicht mehr betreten.

Kurzerhand suchte er das ganze Zimmer ab, heimlich ließ er das Foto in der Tasche verschwinden. Letztendlich führte sein Weg zum Bett. Behutsam hob er die Matratze etwas an und suchte darunter alles mit der Hand ab. Fast ganz hinten traf er auf eine dicke Mappe, die er heraus holte.

„Woher wusstest du das?“

„Ich kenne jemanden, der hat dieselbe Angewohnheit. Aber er versteckt nichts unter der Matratze, nicht mehr jedenfalls.“ Er reichte dem Pater die Mappe. „Ich denke, die war für Sie bestimmt.“ Ohne etwas zu sagen schlug er den Deckel auf und sah auf das erste Blatt.

„Ich kann leider nichts damit anfangen.“ Irritiert ging Kellan zu ihm und sah sich das Blatt ebenfalls an.

„Alex konnte Hebräisch?“ Er wusste, dass sein Kumpel seine Berichte nur noch in Hebräisch verfasste, aber dass er es schon vor seinem Tod beherrscht hatte, war ihm neu.

„Du kannst das lesen?“

„Nein, aber ich erkenne es. Mein Opa hat es mal an der Uni gelernt und mir ein wenig beigebracht“, log er. In Wahrheit konnte er es sehr wohl lesen, Alex hatte ihm die Schrift und die Sprache beigebracht.

„So gern ich etwas von Alex hätte, nimm du die Aufzeichnungen.“ Ungläubig nahm er die Mappe wieder an sich. Er konnte nicht glauben, dass er sie haben konnte. Ahnte der Pater, dass an seinem Interesse an Alex mehr dran war? Konnte er sich denken, dass er Alex irgendwie kannte?

„Danke, Pater. Meinen Sie das wirklich ernst?“

„Du hast sie gefunden, also behalt sie auch.“ Er nickte nur. Das war freundlich von dem Mann, obwohl Alex ihm so viel bedeutete, gab er das letzte ab, das noch mit ihm zu tun hatte. Unschlüssig sah er sich noch einmal in dem Zimmer um. Es war immer noch schwer zu glauben, wie sein Freund vor seinem Tod gewesen sein sollte. Jedoch war noch schwerer zu verdauen, dass er sich selbst hatte töten wollen.

Pater Paul bat darum, dass sie gehen sollten, da noch Arbeit auf ihn wartete. Kellan wollte ihm nicht unnötig zu setzen und verließ das Zimmer. Auf dem Weg zum Fahrstuhl trennten sich ihre Wege. Er bedankte sich noch einmal ausgiebig bei dem Pfarrer, letztendlich verabschiedeten sie sich aber. Im Fahrstuhl wanderte sein Blick zu seiner Tasche. Er würde seinem Kumpel noch heute die Sachen bringen und ihm von dem Gespräch mit dem Herrn erzählen.

Es fühlte sich wie eine schiere Ewigkeit an, bis er an der Wohnung angekommen war. Seufzend schloss er auf und wurde wieder von einem Engel begrüßt. Der schmunzelte ein wenig, als er an ihm vorbei lief. Kellan fragte sich, ob sich so schnell herum gesprochen hatte, was Timothy mit angehört hatte. Zudem schien es den Trupp besänftigt zu haben.

Er ließ es sich darüber Gedanken zu machen und klopfte an die Tür von Alex‘ Schlafzimmer.

„Komm ruhig rein.“ Als er in das Zimmer kam und Alex im Bett sah, kamen sein schlechtes Gewissen und die Vorwürfe wieder.

„Wie ist es gelaufen?“

„Weder du noch ich werden bestraft. Es scheint ihn milder gestimmt zu haben, dass ich dein Schwert genommen habe um dich zu retten.“

„Sicher wird er noch andere Gründe haben.“

„Alex, ich weiß nicht was es ist, aber er scheint irgendwas vor zu haben.“

„Der Herr hat immer etwas vor.“ Sein Freund sah ihn an. „Wie geht es Pater Paul?“

„Recht gut, würde ich meinen. Schon als ich gesehen hatte, dass es eine Klinik ist, war mir klar, dass du nicht irgendeine Kapelle genommen hast. Ich hatte allerdings nicht gedacht, dass du so direkt damit zu tun hattest.“

„Du hast also mit ihm über mich gesprochen“, stellte sein Kumpel fest. Kellan setzte sich auf den Stuhl am Bett und betrachtete ihn. Genau das hatte er gewollt, dass er mit Pater Paul über ihn sprach. Manchmal war es ihm ein Rätsel, warum sein Freund ihm so etwas nicht einfach sagte.

„Er ist immer noch traurig und bestürzt.“ Leicht lächelnd griff er in die Tasche und holte den Bilderrahmen heraus. „Hier, ich dachte, du wolltest es wieder haben.“ Kellan gab ihm das Foto und er starrte gebannt darauf, bevor er den Blick nur schwer davon abwandte.

„Du hast nach meinen Sachen gefragt?“

„Nein, ich war in deinem Zimmer und hab es im Schreibtisch gefunden.“ Betreten sah sein Freund wieder auf das Foto. „Ich habe auch die Mappe gefunden. Eigentlich sollte Pater Paul sie behalten, aber er hat darauf bestanden, dass ich sie mitnehme.“

„Er hätte sowieso nichts damit anfangen können, ich glaube, ich habe alles darin auf Hebräisch geschrieben.“

„Du glaubst?“

„Ich weiß es nicht mehr genau, damals waren die Worte und das Wissen einfach da. Ich habe das nicht einmal Pater Paul erzählt und den Ärzten erstrecht nicht.“

„Willst du sie haben?“

„Ja, ich würde gerne wissen, was ich da aufgeschrieben habe.“ Er nahm seine Tasche wieder zur Hand, heraus fischte er die dicke Mappe, die er gefunden hatte. Still beobachtete er Alex und dachte an die Worte des Herrn zurück. Seit sie sich in der Grundschule kennen gelernt hatten, hatte er sich wirklich verändert, zumindest ihm gegenüber.

Er blieb bis zum Abend und erzählte, was im Himmelreich gesagt wurden war und was in der Klinik war. Nach und nach war sein Kumpel immer nachdenklicher geworden. Erst als er nach Hause zum Abendessen musste, verabschiedete er sich und ging. An diesem Tag war einiges gesagt wurden und er würde wohl noch lange darüber nachgrübeln.

Engel oder Bengel?

Hier ein kleines Bonuskapitel, das ich unbedingt schreiben wollte. ^^
 

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„ALEX!“, brüllte man hinter ihm und er sah grinsend zurück. Die Schwester sah ihm wütend nach und drohte ihm mit gehobener Hand. Er sah nicht hin, wo er lang lief und stieß mit jemanden zusammen, entschuldigend sah er auf. Es war Pater Paul in den er hinein gelaufen war.

„Guten Morgen, Alex. Was hast du nun wieder angestellt?“

„Morgen“, lächelte er. „Ich habe gar nichts gemacht. Miriam hat Schwester Madeleine mit ihrem Brei beworfen“, feixte er und wusste irgendwie, dass es auch den Pater amüsierte.

„Du hast sie doch nicht dazu angestiftet.“ Mahnend wurde er angesehen, aber das Lächeln auf dem Gesicht des Mannes machte es ihm schwer es auch ernst zu nehmen.

„Nein, ich doch nicht.“ Noch immer erheitert lief er weiter. Kopfschüttelnd wurde ihm von Pater Paul hinter her gesehen. Alex mochte ihn, er nahm so etwas nicht so ernst und lachte selbst darüber, wenn auch nur im Stillen. Außerdem war er der Einzige, der nicht versuchte ihn mit Medikamenten voll zu pumpen und damit ruhig zu stellen.

Irgendwo klirrte etwas und Glas zerbrach. Schnell lief er um die Ecke und sah dort eine fluchende Andrea hocken. Sie war Praktikantin. Er hatte schnell bemerkt, dass man sie leicht hochnehmen konnte. Lächelnd lief er zu ihr.

„Warte, ich helfe dir“, murmelte er und hockte sich zu ihr.

„O nein, bitte, Alex, du hast mir gerade noch gefehlt. Geh bitte jemand anderes ärgern.“ Flehend sah sie ihn an.

„Keine Sorge, ich will dir nur helfen“, meinte er ein wenig pikiert. Sie tat so, als wolle er andere immer nur ärgern. Murrend gab sie nach und ließ sich helfen. Andrea hatte das Tablett mit den Glasgefäßen für die Medikamente fallen lassen und die Scherben lagen nun über die ganze Breite des Ganges verstreut. Vorsichtig schob er das Glas zusammen und legte es auf das Tablett. Auf sich konnte er hin und wieder ihren Blick spüren.

Plötzlich schnitt er sich in den Finger. „Au! So ein Mist!“ Rasch nahm er den Finger in den Mund und leckte das Blut ab.

„Zeig mal her.“ Sie sah ihn fordernd an und hielt die Hand hin.

„Es geht schon.“

„Alex.“ Seufzend hielt er die Hand hin und sie besah sich den Schnitt, aus der Kitteltasche holte sie eine Pflasterpackung. Er beobachtete sie, wie sie ein Pflaster nahm und es sanft auf die kleine Wunde klebte.

„Du solltest besser aufpassen.“

„Dann sieh du mich nicht so an, als hätte ich irgendwas im Gesicht“, lächelte er und schob weiter die Scherben zusammen. Etwas rot machte auch sie weiter, so waren sie bald fertig und erhoben sich wieder.

„Danke.“

„Keine Ursache.“ Alex steckte die Hände in die Hosentasche und lief neben ihr her. „Wie kommt es, dass du heute so hektisch wirkst?“

„Ich hab heute verschlafen und bin zu spät gekommen. Die Oberschwester hat mich schon den ganzen Tag auf dem Kicker“, betreten ließ Andrea den Kopf hängen.

Er lächelte sie an und blieb mit ihr auf der Gangkreuzung stehen. „Ich werd mit ihr reden“, versprach er.

„Nein, Alex, ich bin dir dankbar, dass du mir mit den Gläsern geholfen hast, aber das geht wirklich nicht.“

„Zu spät“, lachte er und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Ihre Augen weiteten sich, er achtete nicht darauf und rannte los.

„Alex!“, schrie sie ihm noch hinter her, doch er war schon weg. Es war ihm ein Rätsel, wieso sich alle immer so leicht aufregten. Selbst bei Kleinigkeiten.
 

~ ~ ~
 

Erleichtert sah er, wie Alex bei Ines saß und sich mit ihr unterhielt. Das Mädchen war eigentlich tief depressiv und sprach sonst mit niemandem, weil ihre Eltern erst nichts von ihr wissen wollten und sie dann geschlagen hatten. Aber wenn Alex sie besuchte, lächelte sie sogar.

„Nein, wirklich du hättest sie sehen sollen. Der Brei ist ihr mitten ins Gesicht geflogen“, erzählte er begeistert und Ines lachte laut los. Auch er musste Schmunzeln, Madeleine hingen noch Stunden später ein paar Breireste im Haar und sie beschwerte sich über den Jungen. Doch das war ihnen allen lieber, als ihn allein im Zimmer sitzen und auf irgendwelche Zettel etwas schreiben zu sehen oder sein leises Schluchzen und Schniefen zu hören, wenn ihn das Geschehene einholte.

„Ich hab gehört, du hast Schwester Andrea geküsst“, grinste die Kleine Alex an.

„Nur auf die Wange um sie zu ärgern.“

„Du bist gemein, Alex.“

„Aber dann hättest du doch nichts zu lachen.“ Paul schüttelte den Kopf. Andrea konnte einem nur leidtun, der Junge suchte immer sie für seine kleinen Streiche aus. Und doch konnte keiner ihm lange böse sein, dazu war er einfach zu herzensgut.

Er trat in den kleinen Gruppenraum und lächelte. „Alex, kommst du bitte?“

„Was? Ist es schon so spät?“

„Du hast die Zeit schon wieder vertrödelt.“

„Tut mir Leid, Pater Paul.“ Er stand auf und tätschelte Ines auf dem Kopf. „Wir sehen uns später, Ines.“

„Ja, bis später.“ Traurig sah sie ihm hinter her, als er zu ihm kam und sie dann gemeinsam zur Kapelle gingen.

„Wie geht es dir heute?“

„Bestens, das sollten Sie doch schon bemerkt haben.“ Paul nickte, ja, ihm ging es an diesem Tag besser, aber das war keine Garantie. In seinem Inneren konnte es ganz anders aussehen, oft genug hatte er feststellen müssen, dass der Junge so etwas gut verstecken konnte.

4

Langsam lief er auf die große Tür zu. Andere Engel sahen ihn, doch er beachtete sie nicht. Er war immer noch nicht wieder vollständig auf dem Posten und eigentlich musste er noch immer im Bett liegen, doch er ließ es sich nicht nehmen zum Herrn zu gehen. Als er vor der Tür stand, zog er träge die Mütze von Kopf und klopfte an. Ohne eine Antwort abzuwarten öffnete er und trat ein.

Vor dem Herrn verbeugte er sich. „Ich hoffe, ich störe nicht.“ Zwar richtete er sich auf, hielt aber den Blick gesenkt.

„Du hast noch nie gestört. Was liegt dir auf dem Herzen?“

„Ich wollte Euch danken, dass Ihr mir und Kellan keine Strafe gegeben habt. Obwohl wir beide es verdient hätten.“

„Er hat sein Versprechen gebrochen um dich zu retten. Es spielt nicht nur eine Rolle, dass er es getan hat, sondern auch weshalb“, erklärte der Herr verständnisvoll.

„Aber ich hätte bestraft werden müssen. Ich wusste, dass er anders als andere Menschen ist und doch habe ich ihn allein auf der Erde gelassen. Ich habe es zu verantworten, dass Judas ihm überhaupt so nahe kommen konnte.“ Stoff raschelte und der Herr stand vor ihm.

„Alex, du musst dich auf einen schweren Krieg vorbereiten und das weiß Kellan zu akzeptieren.“ Er legte ihm eine Hand auf die Schulter und Alex sah betreten zu ihm auf. „Er ist durchaus in der Lage zu begreifen wie wichtig das alles ist.“

„Kellan ist nicht dumm, dessen bin ich mir bewusst. Und die Tatsache, dass er mich als Engel akzeptiert, zeigt wie rein sein Herz im Grunde ist.“

„Du hast ihn zu einem Soldaten des Himmels ausgebildet unter dem Vorwand, dass er sich verteidigen kann. Aber du hast ihm das Versprechen abgenommen dieses Wissen nie einzusetzen. Dir war klar, dass er es nie halten konnte.“

„Es tut mir Leid, Herr.“ Ihm kam ein Gedanke. Doch sollte er diesen wirklich aussprechen?

„Ich… Kellan sagte, dass Ihr Euch Gedanken über ihn machen würdet.“

„Du hast Recht, er ist wahrlich nicht dumm.“ Er seufzte lächelnd. „Ja, ich denke darüber nach, was aus ihm wird. Er weiß zu viel, als dass wir ihn einfach seinem Schicksal überlassen können.“

„Nein“, knurrte er.

„Wie bitte?“

„Das lasse ich nicht zu.“

„Wir überlassen ihn nicht seinem Schicksal, du kannst beruhigt sein.“

„Das ist es nicht was ich meine. Selbst wenn Ihr mir befehlen würdet die Freundschaft aufzugeben würde ich es nicht tun. Seit mir Kellan davon erzählt hatte, konnte ich mir Gedanken machen, was Ihr vor haben könntet.“

„Und zu welchen Schluss bist du gekommen?“, er war nicht gerade erfreut, dass sich Alex so viel heraus nahm.

„Ihr wollt es ausnutzen, dass ich Kellan das alles beigebracht habe. Ihr habt ihm gesagt, dass Seraphim bestimmte Forderungen erfüllen müssen und festen Glaubens sein müssen. Und dass nur Engel in die Heerscharen aufgenommen werden. Ihr wollt bei ihm eine Ausnahme machen, aber das lasse ich nicht zu.“

„Alex, das ist nicht deine Entscheidung“, mahnte man ihn. Alex verschränkte die Arme und senkte seine Lautstärke. Dennoch wollte er keinen Zweifel daran lassen, dass er ihn nicht ohne Proteste machen ließ. Kellan war ein Mensch und genau das sollte er auch bleiben.

„Auch wenn Kellan mein Freund ist: Wieso sollte er eine Ausnahme sein? Ihr habt es bis vor kurzen nicht einmal toleriert, dass er etwas vom Himmelreich wusste.“

Der Herr seufzte und sah ihn gütig an. „Ich weiß, dass du ihn nicht in Gefahr bringen willst, aber die gesamte Erde schwebt in Gefahr. Zur Sommersonnenwende wird dir nichts anderes übrig bleiben als immer in seiner Nähe zu sein.“

„Lieber habe ich ihn immer in meiner Nähe als Gefahr zu laufen, dass die Dämonen ihn aus noch mehr Gründen umbringen“, raunte er.

„Noch habe ich mich nicht entschieden. Vielleicht bringen wir ihn auch einfach nur hier unter, damit du dich auf den Kampf konzentrieren kannst.“

„Lebende Seelen haben nichts im Himmelreich zu suchen. Er wird auf der Erde bleiben.“ Alex drehte sich um und verließ den Herrn, auch wenn ihm klar war, dass er ihn damit erboste. Er konnte immer noch nicht glauben, dass Kellan wirklich eine Ausnahme in den himmlischen Heerscharen sein sollte. Er musste sich etwas einfallen lassen.

Pater Paul

Und noch ein Boni ^^
 

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Betrübt lief er noch leicht humpelnd durch das schwarze Stahltor und den Weg entlang. Er wusste nicht, was er tun sollte. Der Herr hatte etwas mit Kellan vor, dazu stand er offen. Ihm musste etwas einfallen, bevor die Entscheidung endgültig fiel.

Vor den zwei Gräbern blieb er stehen und betrachtete nur das Familiengrab. Zwar war er mit Kellan schon hier gewesen, doch es war einfach zu lange her. In all den Jahren, die er wieder auf der Erde war, hatte er nie den Mut aufgebracht zum Friedhof zu gehen.

„Ach Mann, was soll ich denn machen?“, fragte er und starrte dabei den Namen seines Vaters an. Ein leises Seufzend verließ seine Lippen und er hockte sich hin um die Blumen auf das Grab zu legen. Rosen und Lilien, die Lieblingsblumen seiner Mutter und Larissa. Tränen liefen ihm über die Wangen, als er an die Vergangenheit zurückdachte. Wie hatte er es nur soweit kommen lassen können?

Nun gab es Krieg und er hatte seinen persönlichen Erzfeind in der rechten Hand des Teufels gefunden. Schlimmer konnte es kaum noch kommen. Schritte kamen auf ihn zu, doch er beachtete sie nicht.

„Ich wusste nicht, dass die Familie Larson so junge Bekannte hatte“, meinte jemand und er sah auf. Die Stimme kam ihm nur allzu bekannt vor.

„Na ja, wie man es nimmt“, brummte er und sah zur Seite. Pater Paul ging an ihm vorbei und legte Blumen auf sein Grab.

„Kannten Sie die Familie gut?“

Traurig lächelte Alex. „Wie meine eigene.“

„Mein Beileid.“ Der Pater seufzte und sah zum Himmel hoch. „Ich kannte nur Alex, wir haben uns erst nach den schrecklichen Geschehnissen um seine Familie kennen gelernt. Leider war es mir nicht möglich so oft her zu kommen, aber ein junger Mann hat mich wieder sehr an ihn erinnert.“ Unweigerlich musste er leicht lächeln. Kellan.

„Ja, er ist besonders.“

„Sie kennen ihn?“

„Ich doch nicht.“ Er drehte sich um und wollte gehen, doch der Pater hielt ihn an der Schulter fest. Bei der festen Berührung verzog er das Gesicht, eigentlich sollte er noch im Bett liegen.

„Diesen Ausspruch habe ich schon lange nicht mehr gehört.“

„Den sagen heutzutage viele.“

„Deine Stimme, deine Haltung und deine Art zu Sprechen. Alex, willst du mir nicht sagen, was hier los ist?“

„Ich bin nicht Alex.“ Er riss sich los und lief weiter. Pater Paul holte ihn ein und blieb vor ihm stehen, mit gesenktem Kopf sah Alex ihn nicht an.

„Du kannst mir nichts vormachen. Was ist hier los?“ Er schluckte und sah dann hoch, seine Augen waren fest auf die dunkelgrünen des Paters.

„Alex ist tot, Pater.“ Ohne etwas zu sagen und dass er es erwartet hätte, wurde er in den Arm genommen und sein Gesicht an die Schulter des Mannes gedrückt.

„Ich weiß und doch stehst du hier vor mir, Alex.“ Als der Pater ihn von sich weg hielt, hatte er Tränen in den Augen. Ihm konnte er wirklich nichts vormachen, erstrecht nicht, wenn er so aussah wie an dem Tag als er von der Klinik gestürzt war. Nach einem kurzen Zögern wurde ihm die Mütze vom Kopf gezogen und Pater Paul sah ihn entsetzt an. Mit geweiteten Augen konnte er sich nicht bewegen. Er war so sehr beschäftigt gewesen mit den Gedanken, dass er erkannt worden war, dass er die Handbewegung nicht wahrgenommen hatte.

„Alex, was sind das für Ohren?“ Alex besann sich, nahm die Mütze und setzte sie wieder auf. Wachsam sah er sich um, niemand sollte seine Ohren sehen. Kellan war der Einzige, der es durfte.

„Verdammt, was ziehen Sie mir einfach die Mütze weg?!“, fragte er aufgebracht. „Ich trage die doch nicht grundlos. Noch dazu bei der Wärme.“

„Was ist hier los? Erklär mir das.“

„Alex Larson ist tot. So leid es mir für Sie tut, ich bin nicht der für den Sie mich halten.“ Eilig stürmte er an ihm vorbei und auf das Tor zu.

„Alex“, die mahnende Stimme hallte über den Friedhof, er blieb stehen und wandte sich betreten um. Mit großen Schritten war der Pater wieder bei ihm.

„Verstehen Sie das doch. Ich bin tot, Sie dürften mich eigentlich gar nicht hier sehen.“

„Was ist passiert?“

„Als ich damals vom Dach geworfen wurde, ging ich ins Himmelreich über. Ich bin nicht mehr der Alex, den Sie kennengelernt haben.“

„Du bist nicht gesprungen oder gestürzt?“ Entgeistert wurde er gemustert.

„Nein, man hat mich runter fallen lassen. Pater Paul, Sie müssen unbedingt für sich behalten, dass Sie mich hier gesehen haben und auch das mit meinen Ohren.“

„Du hast diesen Jungen zu mir in die Kapelle geschickt“, stellte er fest. Alex machte sich Sorgen. Der Mann nahm einfach so hin, dass er sich im Moment mit einem Toten unterhielt.

„Ja… Kellan ist mein bester Freund. Pater, haben Sie verstanden, worum ich Sie gebeten habe?“

„Das habe ich, Alex, und ich werde dich nicht verraten. Aber was tust du hier?“

„Die Gräber meiner Familie besuchen und nachdenken.“

„Nicht hier auf dem Friedhof.“

Wissend lächelte er. „Die Menschheit beschützen. Aber zurzeit muss ich eigentlich das Bett hüten.“ Abwesend rieb er sich die Seite, wo noch die Wunde von Judas’ Schwert war. Sie schloss sich nur langsam.

„Seraph“, murmelte Pater Paul und sah ihn traurig an. Er nickte und sah zur Seite.

„Kommandant des ersten Seraphimkorps.“ Gemeinsam mit dem Pater ging er vom Friedhof und durch die Straßen. Er kam sich vor wie an den Tagen in der Klink, als sie einfach nur durch die Gänge gelaufen waren und sich unterhalten hatten.

„Worüber musst du nachdenken?“

„Darüber was ich tun soll. Ich kann Ihnen nicht viel sagen, das müssen Sie mir bitte verzeihen. Kellan erregt die Aufmerksamkeit von einigen Leuten und alle haben Pläne mit ihm und den Menschen, die wie er sind. Es wird bald schwere Zeiten geben und er wird darunter leiden müssen, ich will es ihm ersparen, aber ich weiß nicht wie“, gab er zu. Es war irgendwie schön wieder mit dem Mann, der ihm immer Kraft und Halt und den Glauben gegeben hatte, reden zu können.

„Du solltest vielleicht mit ihm reden und herausfinden, was er will. Ich habe ihn als einen Menschen kennengelernt, der weiß, was er will. Auch wenn er mich angelogen hat um dich zu schützen.“

„Das ist Kellan“, lächelte er. „Vielleicht haben Sie recht. Danke, Pater Paul.“ Alex beschleunigte sein Tempo, obwohl es seinem Bein nicht so gut tat.

„Alex“, rief man ihn zurück.

„Hm?“

„Gibt es den Herrn?“

Verstehend grinste er und zuckte die Schultern. „Das überlasse ich ganz Ihnen und Ihrem Herzen“, meinte er und ging.

5

Träge grüßte er den Seraphim, der auf dem Sofa saß und einige Papiere durchging. Alex wurde offenbar immer noch behütet und zur Bettruhe gezwungen. Dennoch schien man ihm den Papierkram zu lassen, den er als Kommandant erledigen musste. Er ließ den Engel in Ruhe und lief ins Schlafzimmer. Kopfschüttelnd ging er zu dem Stuhl am Bett. Kellan setze sich und beobachtete Alex, der las immer noch in seinen Aufzeichnungen aus seinen Leben.

„Und konntest du schon was raus finden?“, fragte er vorsichtig.

„Na ja, anscheinend ist mir schon damals irgendwie klar gewesen, dass etwas passieren würde. Alles deutet darauf hin, aber nichts Konkretes. Viel über die Hierarchie der Engel und die Menschheit. Allerdings kann ich mir nicht erklären, warum ich Hebräisch benutzt habe.“

„Tja, das kann ich dir auch nicht beantworten.“

„Ich weiß“, seufzte Alex und las weiter. Er kannte das, doch er war eigentlich nicht gekommen, um Alex stumm Gesellschaft zu leisten. Ein wenig unsicher, ob er ihn direkt darauf ansprechen sollte, sah er erst zum Fenster, dann zu seinem Freund.

„Ist irgendwas?“ Fragend wurde er angesehen. War es so offensichtlich oder hatte er in seinen Gefühlen gestöbert? Murrend ließ er die Schultern hängen, hätte er nachgeforscht, hätte Kellan das bemerkt.

„Alex, wer sind diese gewissen Menschen von denen der Herr gesprochen hat?“

„Wieso fragst du?“ Er legte die Aufzeichnungen zur Seite und widmete sich ganz ihm. Damit hatte er nun die Aufmerksamkeit seines Freundes und er würde nicht mehr locker lassen.

„Der Herr hat gemeint, ich solle dich danach fragen.“ Kurz sah Alex weg und stand dann auf. Kellan wollte schon etwas sagen, doch er unterband jeden Widerspruch. Langsam und etwas humpelnd ging sein Kumpel zum Fenster.

„Es gibt Menschen auf der Erde, die ziehen die Aufmerksamkeit von Engeln und Dämonen auf sich. Mehr als alle anderen.“

„Wie meinst du das?“ Ehrlich verwirrt legte er den Kopf schief. Erregten nicht alle Menschen das Interesse von Dämonen und Engeln?

„Gewisse Menschen sind interessanter für Dämonen, die Engel versuchen sie vor den Bewohnern der Unterwelt zu schützen. Es sind Menschen mit einem sehr reinen Herzen, ihre Menschlichkeit ist ihre größte Schwachstelle, aber auch ihre mächtigste Waffe. Wir reden auch davon, dass sie zwischen den Fronten stehen, da sie völlig neutral den Seiten gegenüber geboren werden. Erst im Laufe ihres Lebens entscheiden sie sich für eine der Seiten, manche tun es auch gar nicht.“ Verwundert sah er Alex an. Davon hatte auch der Herr schon gesprochen, jedoch im Zusammenhang mit ihm.

„Wenn ein Dämon mit einem solchen Menschen in Kontakt kommt, versucht er ihn natürlich auf seine Seite zu ziehen. Das aber lassen die Engel nicht einfach geschehen, sondern mischen sich auch ein. Im Grunde sind sie Opfer zwischen den zwei Fronten.“

„Und warum hast du mir noch nie etwas davon erzählt? Hast du geglaubt, dass es mich nicht interessieren würde?“

„Nein, das hatte einen anderen Grund. Weißt du noch der Tag an dem ich dir die Kommandanten vorgestellt habe? Phil hat doch eine Frage an mich angefangen und nicht beendet.“ Er nickte und wusste, was der Andere meinte. „Er wollte wissen, ob ich es dir gesagt habe.“

„Was gesagt hast?“

„Du bist einer dieser Menschen.“ Entsetzt sah Kellan ihn an. Es war normal, dass Alex Geheimnisse über sich und seine Arbeit hatte, doch er hatte gehofft, dass er nicht zu diesen Geheimnissen zählte.

„Ich wusste es vom ersten Tag an, als ich dich gesehen habe. Und trotzdem habe ich dich in Ruhe gelassen, nicht mal im Auge behalten habe ich dich, obwohl alle anderen es mir angeraten haben.“

„Wieso, Alex?“ Er wollte wissen, weshalb Alex ihm das verschwiegen hatte und wieso er nichts unternommen hatte.

„Weil ich weiß, wie es ist als Ziel für Dämonen zu fungieren.“ Betreten sah er zu ihm. Seine Augen waren völlig Braun, nichts von dem Engel, der er war, war zu sehen.

„Wenn ich immer in deiner Nähe gewesen wäre, hätten sie dich noch eher bemerkt. Damals war ich noch nicht so weit mich mit irgendwelchen ranghohen Dämonen messen zu können. Ich hatte oft Probleme sie von mir fern zu halten. Als wir Freunde wurden barg das eine große Gefahr für dich. Das hätte es für jeden. Ich errege bei den Dämonen mehr Aufmerksamkeit als jemand wie du“, erklärte Alex matt.

„Du hast gesagt, du weißt wie es ist ein Ziel zu sein. Was…?“

„Was das heißen soll?“ Ein trauriges Lächeln zeigte sich kurz. „Vor meinem Tod war ich auch so ein Mensch. So wie meine Eltern und auch Larissa. Es waren Dämonen die uns umgebracht haben. Larissa haben sie zuerst aufgespürt, ich war dabei, aber sie waren zu sehr beschäftigt. Dann kamen meine Eltern, sie waren überzeugte Christen, aber kaum zu erreichen. Letztendlich haben sie die erst beste Gelegenheit genutzt um mich auch noch los zu werden. Wir alle hatten uns schon für die Seite des Herrn entschieden, deswegen mussten wir sterben.“

Bekümmert lehnte er sich etwas zu seinem Kumpel. „Tut mir Leid, Alex, ich wollte dich nicht schon wieder daran erinnern.“

„Ist schon gut, du solltest es wissen. Menschen wie du zeichnet nicht nur ihr reines Herz aus, sondern auch Fähigkeiten“, meinte Alex.

„Ich habe nichts von irgendwelchen Fähigkeiten bemerkt.“

„Sie können auch passiv sein und nur kaum wahrnehmbar. Vielleicht ist es auch etwas, das dir völlig normal erscheint. Bei mir war es die Empathie, ich konnte schon vor meinem Tod die Gefühle anderer ein wenig wahrnehmen und mich darauf einstellen.“ Eine Pause entstand, sodass Kellan annahm, dass das Thema beendet war. Darüber, dass er zu diesen gewissen Menschen gehörte, musste er sich Gedanken machen. Doch er verstand, warum sein Freund ihm so lange nichts davon erzählt hatte. Er hatte ihn schützen wollen. Nach der Sache mit Judas war er auch ein wenig dankbar dafür. Der Dämon hatte das sicher ausgenutzt, obwohl er es wohl dennoch gewusst hatte.

Nach einer Weile sah sein Freund ihn an. „Kellan, kann ich dir eine Frage stellen?“

„Klar, warum nicht?“ Es war ungewohnt, dass Alex ihn erst um Erlaubnis bat. Normalerweise fragte er einfach gerade heraus.

„Wenn du die Möglichkeit hättest, für wen würdest du in den Kampf ziehen?“

Er schluckte, diese Frage hatte ihm auch schon der Herr gestellt. „Für die Erde und die Menschheit.“

„Möchtest du dafür kämpfen oder willst du den Kampf uns überlassen?“

„Ich möchte sie beschützen und nicht dabei zusehen“, sagte Kellan entschlossen.

„Dann kann man wohl nichts machen.“ Er seufzte leise und sah aus dem Fenster. „Ich habe dir nicht alles gesagt, als du mich auf dem Friedhof gefragt hast, warum ich Seraph geworden bin.“ Er schwieg nur und wartete bis Alex weiter sprach. Es schien ihm nicht leicht zu fallen darüber zu reden.

Auf einmal schlug sein Freund mit der Faust gegen den Fensterrahmen. „Ich konnte in meinem Leben nicht beschützen, was mir alles bedeutete. Ich will es wenigstens als Engel tun können.“ Er knurrte, doch Kellan glaubte ein leises Schniefen zu hören. „Ich will stärker werden, damit ich die Erde und die Menschheit beschützen kann. Ist das denn wirklich zu viel verlangt?! Die Menschheit bedeutet mir alles, nur um sie zu beschützen bin ich Seraph geworden. Nur für die Erde kämpfe ich.“ Dieser Ausbruch von Alex hätte ihn fast vom Stuhl gehauen. Damit hatte er nicht gerechnet.

„Es gibt für mich nichts Wichtiges als unsere Freundschaft und die Menschheit. Aber es geht einfach nicht.“ Verzweifelt legte er die Stirn an den Fensterrahmen. „Ich habe noch nicht meine volle Reife als Engel erreicht und damit auch nicht die Stärke um unsere Freundschaft und die Menschen zu beschützen.“ Leicht lächelnd stand Kellan auf und ging zu seinem Freund. Er klopfte ihm auf die Schulter, wodurch Alex ihn ansah.

„Du hast unsere Freundschaft schon einmal gerettet. Und du bist auch nicht allein. Zusammen bekommen wir mehr auf die Reihe als einzeln, auf mich kannst du dich verlassen.“ Er hielt seinem Freund die Hand hin. Ein Lächeln stahl sich auf das Gesicht seines Freundes. Alex schlug ein und zog ihn in den Arm. Erst war er überrascht, doch dann klopfte er ihm vorsichtig auf den Rücken.

„Danke, Kellan, so einen Freund wie dich hatte ich noch nie.“

„Bevor wir Judas und der Höhle den Kampf ansagen, wirst du dich erholen.“ Ohne zu murren ließ sich der Andere zum Bett dirigieren und legte sich hinein. Kellan sah aus dem Fenster, es hatte den ganzen Tag über geregnet, doch nun verzogen sich die Wolken.

6

Stolpernd lief Kellan durch die Straßen und folgte Alex. Er hatte darum gebeten, dass er am Abend zu ihm kommen sollte. Doch lange war er nicht geblieben, da sein Kumpel bereits fertig war die Wohnung zu verlassen. Ihn hatte er einfach mit sich genommen.

„Jetzt komm schon. Wir sind schon spät dran“, knurrte Alex. Verwundert wurde er etwas langsamer, doch sein Freund packte seine Hand und zog ihn mit sich. Nach ihrem Gespräch über die Menschen, die zwischen den Fronten standen, war er immer gereizter geworden und Kellan wusste nicht warum. Er hatte sich denken können, dass die andauernde Bettruhe ihm auf das Gemüt schlug. Doch seine Laune hatte sich nicht verbessert, als er wieder hatte aufstehen dürfen.

Betreten sah Kellan sich um. Sie liefen durch dunkle Straßen und in jeder Ecke konnte sonst etwas laueren, das schien seinen Freund aber nicht von seinem Vorhaben oder seinem Weg abzuhalten. Ergeben folgte er ihm einfach eilig. Bald kamen sie bei einer kleinen Kirche an. Staunend betrachtete er das Gebäude. Sie war alt und reich geschmückt.

„Wo sind wir hier?“

„In dieser Kirche haben meine Eltern Schutz gefunden. Sie ist ein Stützpunkt. Als ich auf die Erde kam, wurde ich auch hier abgesetzt.“

„Also ein direkter Draht nach oben?“, fragte er vorsichtig. Alex sah ihn erst irritiert an, dann nickte er aber. Aus einer Tasche holte sein Freund einen Schlüssel und schloss auf. Nachdem sie eingetreten waren, verriegelte er die Tür wieder.

Kellan fragte sich, ob dieser direkte Draht ausreichen würde, damit er vor den Herrn treten konnte. Noch einmal wollte er keine Trennung von seinem Körper spüren. Gemeinsam liefen sie nach vorn. Vor dem Altar blieben sie stehen, Alex drehte sich zu ihm um und reichte ihm die Hand.

„Es war gesagt wurden, dass das diesmal nicht nötig ist“, meinte er erschrocken, als er erkannte, auf was das hinauslief.

„Es ist nötig, vertrau mir.“ Kellan wich etwas zurück. Natürlich vertraute er seinem Freund, aber er war nicht erpicht darauf, erneut auf diese Weise nach oben zu gelangen. Schluckend sah er nach oben in das Deckengewölbe. Es musste einen Grund geben, weshalb Alex es als nötig erachtete. Unsicher trat er wieder auf seinen Freund zu. Nur zögernd nahm er die Hand entgegen. Verdutzt musterte er die Tür, die sich schemenhaft zwischen ihnen auftat. Etwas war anders als das letzte Mal.

„Wenn du diesen Schritt gemacht hast, wird es kein Zurück mehr geben. Also überleg dir noch einmal gut, ob du wirklich kämpfen willst.“ Entschlossen nickte Kellan. Egal was kommen würde, er war bereit alles zu tun, um die Erde und die Menschheit zu retten und Alex zu unterstützen.

Sein Freund zog ihn mit ganzer Kraft durch die Tür. Ein stechender Schmerz begann in seiner Brust und er glaubte in ihm ziehe sich alles zusammen. Er schrie auf, doch im nächsten Moment war er auf der anderen Seite. Keuchend und benommen sackte er zusammen, als er durch war. Der Schmerz und das Gefühl waren verschwunden. Alex hockte sich vor ihn.

„Alles in Ordnung?“

„Ja…“

„Die Last des Lebens trägt sich nicht so leicht, wenn man noch lebt. Als Toter ist das was anderes.“

„Wie meinst du das?“

„Ich habe nicht deine Seele von deinem Körper getrennt, ich habe sie zu einem Ganzen gemacht. Du bist jetzt sowohl Mensch als auch eine wandernde Seele.“ Erschrocken sah er Alex an, das konnte doch unmöglich sein ernst sein. Er wusste nicht, was eine wandernde Seele war, allerdings klang das nicht danach, dass es das geben sollte. Sein Kumpel half ihm auf und legte sich seinen Arm um die Schulter. Kellan kam sich so unendlich träge und schwer vor, die Flügel seines Freundes trugen ihn dennoch nach oben ins Himmelreich.

„Alex, was hat das zu bedeuten Mensch und wandernde Seele?“, wollte er nach einer Weile wissen.

„Eine wandernde Seele ist die Seele eines Menschen, die vom Körper getrennt wurde, egal ob vor oder nach dem Tod. Es ist die Vorstufe zu den Engeln.“

„Ich werde zu einem Engel?“ Alex schwieg darauf und blieb ihm als Stütze, als sie ankamen. Dieses Mal wurden sie nicht von den Cherubim abgefangen. Sein Ohr kribbelte kurz von der Stelle aus, wo der Piercing war und er wusste, dass Alex etwas gesucht hatte.

„Die Schwere, die du spürst, kommt davon, dass du auch ein Mensch bist. Für Tote gibt es diese Last nicht, da sie ihr Leben bereits hinter sich haben.“

„Wird das irgendwann verschwinden?“

„Wenn du stirbst. Aber du wirst lernen damit um zu gehen und sie irgendwann nicht mehr bemerken. Das ist jetzt nur, weil es neu für dich ist.“

„Du hast mir nicht auf meine Frage geantwortet, ob ich jetzt ein Engel werde.“ Wieder schwieg Alex und schien es dabei belassen zu wollen, denn er ließ keine weiteren Fragen zu. Die Tür zu dem Saal in dem der Herr sich befand war weit geöffnet und er konnte alle Kommandanten und einige aus dem ersten Korps sehen. Kellan fragte sich, was sie alle wollten. Als sie eintraten sahen alle auf und die Augen der Meisten weiteten sich. Mit ihm hatten sie wohl nicht gerechnet.

„Alex, du hast ihn wieder hier hoch gebracht?“, empörte sich Kommandant Georg und sah sie strafend an.

„Ja, na und?“ Trotzig sah Alex dem Anderen entgegen.

„Du kannst seine Seele nicht so oft und so kurz hinter einander von seinem Körper trennen.“ Sein Kumpel ging nicht darauf ein und sah zum Herrn, auch Kellan sah zu ihm.

Lächelnd kam er auf sie zu. „Du hast dich also entschieden?“

„Was wäre ich für ein Freund, den Wunsch des Anderen nicht zu respektieren?“ Er sah ihn an. Wann war er im Himmelreich gewesen um mit dem Herrn zu reden? Wie hatte er den Engel, der für die Einhaltung der Bettruhe verantwortlich war, umgangen? Aber er hatte keine Zeit sich damit zu beschäftigen, alles andere um ich herum verlangte nach seiner Aufmerksamkeit.

„Kellan, du bist hier, weil ich eine Entscheidung getroffen habe. Eine die dich betrifft.“ Der Herr sah ihn ernst und eindringlich an. „Ich habe dir bereits gesagt, wer Seraph werden kann und zu welchen Bedingungen.“

„Ja, aber die erfülle ich nicht. Ich bin kein Engel und bitte verzeiht, ich glaube auch nicht.“

„Alex hat dich zu einem Wesen gemacht, das die Vorstufe der Engel zusammen mit dem Menschen in sich vereint. So ist es mir ein Leichtes dich zu einem Halbengel zu machen.“

„Ein Halbengel?“

„Ein Wesen, das Mensch und Engel zugleich ist. Oft sind es auch die Kinder von Engeln und Menschen. Was deinen Glauben angeht, du glaubst bereits.“

„Aber ich weiß, dass es Euch und die Engel gibt. Wissen und Glaube sind in meinen Augen zwei unterschiedliche Dinge.“ Verwirrt kratzte er sich am Kopf. Er war definitiv nicht zu einem Glauben konvertiert.

„Da hast du ja auch recht. Aber indem du mich als Engel akzeptiert hast, hast du begonnen zu glauben. Für dich war es nicht unmöglich, dass es so etwas wie Engel gibt und du hast auch nicht irgendeine Abnormität in mir gesehen.“ Alex sah ihn leicht lächelnd an. „Du hast mir geglaubt, was ich bin und das ist der Anfang zum festen Glauben.“

„Das Wort ‚Glaube‘ definiert sich für jeden Menschen anders“, erklärte der Herr.

„Du erfüllst alle Anforderungen um ein Seraph zu werden, Kellan. Jetzt liegt es an dir, ob du das auch sein willst.“ Unentschlossen und irritiert sah er zwischen Alex und dem Herrn hin und her. Sie wollten ihn tatsächlich zu einem Engel machen.

„Nur als Seraph hast du die Möglichkeit für die Menschheit und die Erde zu kämpfen.“ Rosalie trat auf ihn zu und sah ihn freundlich an. „Aber als Seraph bist du ein Soldat und hast den Befehlen deines Kommandanten zu folgen.“ Er sah sie alle an, einer von ihnen wäre dann sein Kommandant. Kellan konnte nur hoffen, dass es Alex sein würde und ihre Freundschaft nicht darunter litt.

„Ich möchte bei den Seraph aufgenommen werden.“

„Nun denn, dann lasst uns beginnen.“ Der Herr klatschte in die Hände und alle reihten sich auf. Sein Freund ließ ihn beim Herrn stehen und nahm selbst seine Position ein.

„Timothy, geh die Sachen holen“, meinte Alex und der andere Seraph ging. Die zehn Kommandanten bildeten einen Kreis und schlossen ihn und den Herrn ein.

„Dreh dich um, Kellan, und zieh dein T-Shirt aus.“ Zögernd tat er, was von ihm verlangt wurde, und zog das T-Shirt aus. Der Herr legte ihm beide Hände auf den Rücken, direkt zwischen die Schulterblätter.
 

~ ~ ~
 

Er konnte sehen, dass Kellan unsicher war. Nicht bei seiner Entscheidung, aber dabei, was nun passieren würde. Alex atmete noch einmal tief durch und konzentrierte sich dann auf seine Kraft, er würde alles, was er in den letzten Tagen gesammelt hatte, verbrauchen. Doch für Kellan würde er es gern tun, er wollte wie er, das beschützen was er liebte.

Der Herr nickte ihnen zu und sie hoben die Arme, durch ihre Handflächen ließen sie ihre Kräfte zur Mitte hin fließen. Erst nahm der Herr sie auf und leitete sie dann an seinen Freund weiter. Kellan verzog das Gesicht, hob langsam die Hände und grub die Finger krampfhaft in die Haare. Es war nicht zu übersehen, dass die Umwandlung von Mischwesen zu Halbengel schmerzhaft war. Stöhnend ging er auf die Knie und sie folgten ihm mit ihren Händen und auch der Herr kniete sich nieder.

Als die zwei vereinfachten linearen Flügelsymbole langsam auf seinen Schulterblättern erschienen, schlucke Alex. Nun gab es kein Zurück mehr, für keinen von ihnen.

Ihm wurde schwindlig und er schüttelte den Kopf. Cole, der es gesehen hatte, trat hinter ihn, er würde ihn auffangen, wenn er nicht mehr konnte. Nach einer gefühlten Ewigkeit nahm der Herr seine Hände von Kellans Rücken und sie ließen den Strom aus Energie und Kraft enden. Noch bevor sein Freund in ihrer Mitte bewusstlos auf den Boden sank, wurde ihm schwarz vor Augen.
 

Müde saß er auf einem Stuhl an Kellans Bett, so wie der es noch vor einigen Tagen bei ihm getan hatte. Alex war zu ihm gegangen, als er selbst aufgewacht war. Er wollte da sein um ihm alles zu erklären. Dafür ignorierte er auch, dass er noch nicht ganz auf der Höhe war.

Murrend wälzte er sich herum und ihm den Rücken zu. So konnte er die Flügel sehen. Sie waren einfach, aber klar zu sehen und in einem hellen braun. Was er erst in dem Moment sah war das Zeichen im Nacken seines Freundes, es war ein fünfzackiger Stern. Wie ein Pentagramm, nur dass sich die Linien nicht überschnitten, sondern die entsprechenden Flächen umrahmt waren. Alex sah es zum ersten Mal, doch er wusste, was es war. Das Zeichen der Menschheit.

Kellan rollte sich wieder herum, diesmal zu ihm. Träge machte er die Augen auf, nur langsam wanderte sein Blick zu ihm.

„Alex…“

Als er sich aufrichten wollte, hielt er ihn auf. „Bleib besser noch liegen.“ Aber er hörte nicht und setzte sich auf. Benommen schwankte er und hielt sich den Kopf, lächelnd schüttelte Alex den Kopf.

„Du hast ‘nen ziemlichen Brummschädel würde ich sagen. Schlimmer als nach einer durchzechten Nacht.“

„Das ist noch nett ausgedrückt.“ Er sah ihn an. „Du siehst auch nicht gerade so aus als würdest du gleich aufspringen.“

„Ich bin auch noch nicht wieder ganz da.“

„Geht es den Anderen auch so wie dir?“

„Nein, sie sind höchstens etwas aus der Puste geraten. Nachdem ich aufgewacht bin, bin ich gleich her gekommen“, meinte er und lehnte sich zurück.

„Jetzt wo du es sagst, du bist umgekippt, wenn ich mich nicht irre.“

„Du irrst dich nicht. Geht es wieder?“

„Ja, so einigermaßen.“ Mit einem Winken holte er ihn aus dem Bett und lotste ihn zu einem Spiegel.

„Wenn deine Mum nichts von alldem erfahren soll, dann solltest du das hier vor ihr verstecken.“ Fragend drehte sich sein Freund um und betrachtete seinen Rücken, stumm musterte er die Flügel. „Das ist das Zeichen dafür, dass du jetzt ein Halbengel bist. Als solcher bist du nicht unsterblich, aber du bist robuster und deine Schmerzgrenze entspricht nicht mehr der eines Menschen. Das hat Vor- und Nachteile, du kannst trotz leichten oder mittelschweren Verletzungen fast uneingeschränkt weiter machen, aber du bemerkst auch nicht so schnell, wenn eine Verletzung zu schwer ist.“

„Was ist mit dieser Schwere? Sie ist irgendwie weg.“

„Das kommt dir nur so vor, dein Körper hat sich daran gewöhnt und du besitzt auch himmlische Kräfte.“ Kellan runzelte die Stirn und fasste mit der Hand in den Nacken, seine Finger führen über das Pentagramm. Doch er fragte nicht nach, irgendwo in seinem Herzen wusste er, was es bedeutete. Alex ging zu einem Stuhl und starrte auf die Sachen herab.

„Von jetzt an ist das hier dein Zimmer, wenn du hier im Himmelreich bist. Du bist ein Teil vom Himmelreich, also musst hin und wieder hier her kommen.“ Seufzend nahm er die Uniform zur Hand und warf sie dann Kellan zu. „Das ist die Uniform von meinem Korps, du wurdest mir zugeteilt. Was du unter der Jacke trägst ist mir ziemlich egal, aber ab jetzt musst du die Uniform immer tragen, wenn wir bewusst zu Dämonen gehen.“

„Schon klar.“

„Was hier sonst noch liegt, ist nicht unbedingt Pflicht, aber anfangs solltest du es tragen, damit dich alle als Engel erkennen. Später bekommst du noch ein Schwert, vielleicht sogar Revolver oder Pistolen. Je nachdem, wie du damit klarkommst.“

„Kann es sein, dass du mir nicht dieselben Pflichten und Normen aufdrückst wie den Anderen in deinem Korps?“ Leicht lächelnd musterte Kellan ihn, verschlagen grinste er zurück.

„Du wirst noch früh genug sehen, wie hart es sein kann mit mir als Kommandant. Sobald es um ernstere Themen geht, kann ich dich nicht anders als die Anderen behandeln.“ Sein Kumpel kam zu ihm, nahm das weiße Oberteil und betrachtete es. Es war ein ähnliches wie das in dem Kellan ihn schon gesehen hatte.

„Das ist nicht dein Ernst.“

„Das ist die Himmelskleidung, du musst sie ja nicht ständig tragen.“ Er gab sich geschlagen und zog es an, den Gürtel schnürte er locker zu.

„Na los, du bist doch nicht nur hier um dich mit mir zu unterhalten“

„Die Hose“, erinnerte Alex ihn und wandte sich ab. „Ich warte draußen.“ Vor der Tür lehnte er sich an die Wand. Er musste nicht lange warten, da ging die Tür auf und Kellan sah nach draußen, als er ihn entdeckte kam er auf ihn zu.

„Sag mal, Alex, wie läuft das jetzt eigentlich mit der Schule?“

„Wir werden weiterhin hin gehen, aber du musst dich darauf gefasst machen, dass wir jeder Zeit verschwinden müssen. Ich werde dich mit in diese kleinen Kämpfe nehmen, in die ich immer kurzzeitig verschwunden bin. So kannst du das Kämpfen schneller lernen und dich an die Situation gewöhnen.“

„Bis zu den Ferien ist es nicht mehr lange hin. Die Sommersonnenwende fällt direkt auf den letzten Schultag.“

„Wenn es los geht, wirst du ein Horn hören, dann verkündet Gabriel den Beginn des Krieges.“ Traurig, dass es überhaupt zu einem Krieg kommen würde, richtete er den Blick nach vorn. Dennoch war er entschlossen diesen Krieg für die Menschheit und den Himmel zu gewinnen.

7

Scheinbar interessiert starrte er an die Tafel und schrieb einige der Sachen auf. Doch Kellan konnte sich nicht so recht konzentrieren. Er hatte sich inzwischen rein körperlich daran gewöhnt kein Mensch mehr zu sein. Allerdings hatte sein Verstand die Umstellung noch nicht ganz abgeschlossen. Immer wieder merkte er, wie er sich vormachte, dass andere etwas bemerkten, und er sich deswegen seltsam verhielt.

„Oh Mann, es sind nur noch zwei Wochen bis zu den Ferien und Alex hält es nicht für nötig in die Schule zu kommen. Dem ist sein Abitur anscheinend egal“, murmelte Miri und lehnte sich zu ihrer Freundin rüber. Als die nichts dazu sagte, drehte sich das Mädchen zu ihm.

„Kannst du nicht mit ihm reden?“

„Er hat gemeint, er würde heute kommen.“

„Heute? Und was ist mit den anderen Tagen?“ Skeptisch hob sie die Augenbrauen.

„Würde ich meinen auch.“ Schnaufend drehte sie sich um und achtete wieder auf den Lehrer. Auch er fragte sich, warum Alex noch nicht da war. Am vergangenen Tag hatte sein Kumpel ihm noch versichert, dass er da sein würde. Erst eine viertel Stunde später hörte Kellan in Treppenhaus Schritte und leise Stimmen.

„James, ich kann jetzt nicht. Ich komme so schon zu spät“, fauchte Alex leise.

„Alex, was ist dir wichtiger, das Himmelreich oder diese Menschenschule?“

„Wenn du mich so fragst, diese Schule.“ Die Stimmen waren nun direkt vor der Tür und hatten alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Leise ging die Tür auf.

„Das ist doch nicht dein Ernst?“, empörte sich James.

„Doch ist es und jetzt geh endlich, du hast mich lange genug aufgehalten.“ Alex kam rein und sah noch mal den anderen Kommandanten an, der vor der Tür stand. Ein wenig unsicher betrachtete Kellan die Uniform. Er machte wirklich ernst.

„Alex!“ Genervt schloss er einfach die Tür und verdrehte die Augen. Kurz wanderte sein Blick über die Klasse, als hätte er nicht erwartet, dass sich alle mehr für ihn als für den Unterricht interessieren. Das hielt allerdings nicht lang an. Mürrisch ging er zu seinem Platz und stellte den Rucksack ab. Aus einer Seitentasche nahm er einen Zettel mit der er zum Lehrer ging.

„Tut mir Leid, dass ich gefehlt habe, ich war krank, und dass ich zu spät komme, ich wurde aufgehalten“, meinte er möglichst wenig übelgelaunt.

„Schon gut, setz dich.“ Er kam wieder hinter und setzte sich.

„Was hat der denn für eine Jacke an? Sieht ja fast nach einer Uniformjacke aus“, flüsterte Anna und sah vorsichtig nach hinten.

„Stimmt…“, murmelte ihre Banknachbarin. „Aber hast du gesehen, dass Kellan und Alex heute die gleichen Hosen an haben und auch die gleichen Schuhe.“

„Die gehen heute in Partnerlook“, kicherte Anna und die Andere stimmte mit ein. Kellan betrachtete die Mädchen und schüttelte den Kopf.

Seufzend kippte Kellan nach hinten und drehte sich halb um. „Was wollte James?“

„Ach, nur wieder irgendwas wegen der Vorbereitung. Die brauchen tatsächlich länger als ich. Und ich hab den Rest aus dem Bett heraus gemacht“, murrte Alex. Kellan wusste nicht, was er davon halten sollte.

„Der erste Korps ist doch schon eine Weile hier, oder?“, fragte er flüsternd.

„Ja, wir sind im Grunde fertig. Vor allem weil wir grundlegend hier unten sind und damit immer mobilisiert“, entgegnete Alex ebenso leise

„Die brauchen echt lange um ihre Leute fertig zu machen.“

„Wenn ihr euch jetzt auf den Unterricht konzentrieren würdet“, raunte jemand ungehalten und sie zuckten zusammen. Keiner von ihnen hatte bemerkt, wie der Lehrer neben sie getreten war. Er sah streng auf sie herunter, sodass Kellan hoffte, dass er nichts von dem Thema gehört hatte.

„Wäre vielleicht nicht schlecht“, lächelte Alex gemein. Kellan lächelte ein wenig, sein Freund war wieder der Alte. Mit einmal Mal wurde sein Gesicht aber zu Stein. Er sog scharf Luft ein, da sich in ihm ein stechendes und mulmiges Gefühl breit machte.

„Oder auch nicht“, knurrte Alex todernst. Sie beide griffen in ihre Taschen und holten die Beinhalfter und Waffen raus. Rasch waren sie angelegt, danach nahm er noch die Jacke zur Hand. Ohne auf den Lehrer und seine Proteste zu achten rannten sie aus dem Raum. Auf dem Weg nach unten zog er noch seine Jacke an.

„Woran hast du es bemerkt?“ Alex sah ihn an.

„Ich hatte ein komisches Gefühl.“

„Deine Sinne dürften etwa einen Radius von eineinhalb Kilometer haben, das ist in etwa auch mein Sinnesradius. Meine Nase ist nicht so weit aber dafür genauer.“

„Du hast ja auch was von einem Wolf“, brummte er und konzentrierte sich auf sein Gefühl. Sie waren nicht mehr weit von dem Dämon entfernt. Alex führte sie direkt zu ihm und er konnte seine Sinne dadurch schärfen.
 

~ ~ ~
 

Sie alle waren aufgesprungen und zum Fenster gelaufen als Alex und Kellan auf dem Schulhof gesehen wurden. Staunend, wie gut Kellan mit dem Anderen mithalten konnte, sahen sie nach draußen. Miri konnte nicht glauben was sie da sah, Kellan trug dieselbe Jacke wie Alex. Anscheinend gingen sie wirklich im Partnerlook.

Doch etwas anderes überlagerte ihr Staunen. Sie hatte auch Angst bekommen als Kellan völlig selbstverständlich Waffen aus seiner Tasche gezogen hatte.

„Es ist Alex’ Schuld, dass Kellan so geworden ist“, murrte Jason. „Er macht nichts mehr ohne den Segen von Alex und tanzt nur nach seiner Pfeife.“

„Ich finde, Alex hat auch seine guten Seiten. Er verteidigt seine Freunde und kümmert sich um sie. Er war es der Kellan überhaupt wieder her geholt hat“, verteidigte sie ihren sonst so übellaunigen Klassenkameraden.

„Dafür bringt er ihn in Schwierigkeiten.“

„Alex ist auch nur ein Mensch mit Gefühlen!“

„Er ist gefühlskalt, der kennt so was gar nicht“, zischte Jason böse.

„Ich hab ihn neulich auf dem Friedhof gesehen. Er stand vor einem Grab, auf das er Blumen gelegt hatte. Ich glaube, er hat geweint“, meinte sie bestimmt. Sie konnte sich noch gut an diesen Anblick erinnern.

„Wirklich?“ Amanda sah sie an, als wüsste sie auch etwas. „Weißt du, eigentlich ist er gar nicht so schlimm. Wenn er mit Kellan zusammen ist, scheint er richtig aufzublühen. Er lacht und ist fröhlich.“

„Jetzt sag nicht, du hast dich in Alex verknallt“, raunte Bastian.

„Er ist zumindest reifer als ihr und hat was im Kopf.“

„Genau, er würde sein Abi schaffen selbst, wenn er immer nur in den letzten drei Wochen vor Notenschluss kommen würde.“

„Man könnte richtig meinen, Alex hätte hier einen richtigen Fanclub.“ Verächtlich sah Jason sie an.

„Vielleicht ist irgendwas in seiner Vergangenheit passiert, dass er niemanden an sich heran lässt. Er ist doch eigentlich nur einsam. Und nur Kellan hat es sich getraut auf ihn zu zugehen. Wollt ihr ihn jetzt für sein menschliches Verhalten büßen lassen?“

„Jetzt ist aber gut, ab auf eure Plätze. Das Thema könnt ihr in Ethik durchkauen.“ Der Lehrer sprach ein Machtwort und sie setzten sich widerstrebend. Das Thema war wirklich noch nicht zu Ende, zumindest nicht für sie.
 

Seit etwa einer Woche kamen Alex und Kellan immer zusammen zur Schule und verschwanden hin und wieder gemeinsam. Sie hatten seitdem auch immer die gleiche Kleidung an. Irgendwas verbargen die Beiden. An der Tür klopfte es und sie ging auf, ein junger Mann trat ein und sah sich um. Als er Alex bemerkte, ging er zu ihm. Kellan kippte mit seinem Stuhl nach hinten. Einmal hatte er sich zu Alex nach hinten gesetzt, doch alle Lehrer hatten ihm gesagt, dass er das unterlassen sollte, da die beiden sich gegenseitig ablenkten. Stattdessen wandte sich Kellan einfach um.

„Tut mir Leid, dass ich her kommen musste“, meinte der Mann flüsternd. Miri konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, er sah nicht schlecht aus und ihn umgab etwas Besonderes.

„Nicht so schlimm. Was ist los?“ Sie ließen sich nicht stören und unterhielten sich einfach. Ihr fiel auf, dass auch der Mann eine blaue Jacke wie Alex trug.

„Wir haben noch Einen gefunden.“

„Es war also nicht nur dieser eine…“ Alex machte ein nachdenkliches Gesicht.

„Was sollen wir jetzt machen? Sollen wir eingreifen oder wollt Ihr euch um ihn kümmern?“

„Nein, jetzt nicht. Macht erst mal weiter wie bisher. Verzeichnet jeden den ihr findet auf einer Karte und behaltet sie im Auge. Wie sieht es sonst aus? Es ist immerhin nur noch eine Woche.“

„Sie benehmen sich alle als wäre es schon los gegangen. Wenn das nächste Woche noch eine Steigerung bekommt, dann müssen die Anderen sich aber mächtig ins Zeug legen um mit unserem Korps mitzuhalten.“

„Das ist kein Wettbewerb, Timothy.“

„Entschuldigt, aber ich habe immer noch Kommandant Georgs Worte im Kopf, Ihr würdet in allem übertreiben und es sei gar nicht so schlimm.“

„Denk nicht mehr daran, sondern an deine Pflichten.“

„Wie Ihr wünscht.“ Der junge Mann wandte sich ab und verließ den Raum. Alex stützte sich auf den Tisch auf und rieb sich über das Gesicht.

„Verdammt, als wäre der eine nicht schon schwer genug gewesen.“ Kellan räusperte sich und deutete mit dem Kopf zu ihnen. „Tut mir Leid, das war wichtig.“
 

~ ~ ~
 

Nervös sah Alex sich um, spielte aber die Ruhe in Person um den üblichen Schein zu waren. Der Tag der Sonnenwende war gekommen und würde nun wirklich seine Fähigkeiten auf die Probe stellen. Um sich herum hörte er das Getuschel seiner Klasse. Er sagte nichts dazu, da es im Grunde egal war.

„Nicht einmal heute hat er andere Sachen angezogen“, murmelte Lars.

„Aber Kellan auch nicht“, erwiderte Jason. Die beiden Jungen waren einmal gute Freunde von seinem Kumpel gewesen. Er folgte ihren Blicken und entdeckte rechts von sich Kellan, der zu ihm kam. Im Schlepptau hatte er Georg.

„Hey, alles klar?“, wollte er wissen, da Kellan fahrig aussah.

„Na ja, es geht schon.“

„Nicht nur du bist nervös.“

„Sag bloß.“ Alex lächelte leicht und klopfte ihm auf die Schulter.

„Ignorierst du mich jetzt, Alex?“

„Ein Versuch war es wert. Was willst du, Georg?“ Die meisten seiner Mitschüler sahen sie an und hörten genau zu. Jetzt am letzten ‚kampffreien‘ Tag, war es auch schon egal, ob sie nun erfuhren, dass er im Militär diente oder nicht.

„Dir ist doch hoffentlich klar, dass heute die Sommersonnenwende ist.“

„Ja, das ist mir bewusst.“

„Was suchst du dann noch hier? Du wirst woanders viel dringender gebraucht.“

„Meine Leute werden in einer Stunde oben sein und bereit stehen. Sie sind keine kleinen Kinder sondern selbstständige Militärs. Sie brauchen mich nicht um zu wissen wann sie wo zu erscheinen haben.“

„Du hast in den letzten Monaten nichts getan. Du hast deine kleine Truppe nicht aufgestockt und sie auch nicht irgendwie eingewiesen. Stattdessen hast du dir hier unten einen unnötigen Kampf geliefert und krank gemacht“, sagte Georg laut und aufgebracht.

„Der Kampf war nicht unnötig, Georg. Ich weiß, du hast keine hohe Meinung von mir, aber lass mich meinen Korps so leiten wie ich es für richtig halte.“

„Dann erscheine wenigstens mit deinem Korps zusammen.“

„Sie kennen Ihre Aufgaben. Bis Gabriels Horn ertönt, werden sie denen auch nachkommen. Wenn ich es schaffe bin ich mit ihnen zusammen da, ansonsten nicht“, erklärte Alex ungehalten. Sein ehemaliger Mentor machte es ihm nicht leicht ruhig zu bleiben.

„Deine kleine, überschaubare Truppe wird untergehen, Alex.“

Er grinste gemein. „Überschaubar für mich, aber ob euch das genauso geht sehe ich noch nicht so. Meine Bluthunde sind für Außenstehende alles andere als überschaubar und klein.“ Wütend schnaufte sein ehemaliger Mentor und funkelte ihn böse an. Niemand außer der Truppe selbst kannte das gesamte Ausmaß eben dieser.

Georg wollte schon etwas sagen, aber da erklang ein dröhnender Ton. „Das mit dem Versammeln hat sich erledigt. Kellan!“

„Ja!“ Zusammen rannten sie aus dem Raum die Treppen runter, Georg folgte ihnen, da er wissen wollte, was sie nun tun würden. Sie kamen aus dem Schulhaus da standen genau einhundert neunundneunzig Mann in vier Reihen, nur ein Platz war frei und dort stellte sich Kellan hin. Der Kern des ersten Korps, der Rest ging bereits seinen Aufgaben nach. Er sah Georg an, der die Truppe nur mit geweiteten Augen ansah.

„Klein und überschaubar, hm? Und das ist nur ein Teil“, murmelte er, der Andere verschwand wieder im Schulhaus und würde ins Himmelreich gehen. Mit ernstem Gesicht sah er über die Gesichter seiner Leute.

„Los, Leute, es fängt an. Ihr wisst was ihr zu tun habt.“

„JA!“, kam es ihm entgegen und alle, bis auf drei Leute, verstreuten sich in allen Richtungen. Er, Kellan, Timothy und Malcom machten sich ebenfalls auf den Weg. Sie mussten sich einen Überblick verschaffen und die Fürsten nach und nach beseitigen. Bei der Planung hatte er extra darauf geachtet, dass sich auch die anderen Korps mit ihnen befassten und wenn es doch seine Truppe war, dass sie ihn mit Leichtigkeit besiegen konnten.

8

Gemeinsam liefen sie durch die Straßen. Kellan ließ den Blick über die Leute wandern. Nichts wirkte anders als sonst, außer dass ihre Gruppe beobachtet wurde. Die Leute tuschelten und musterten sie misstrauisch. Irritiert sah er zu Alex und den anderen Engeln. Auch sie waren verwundert und behielten alles im Auge.

„Irgendwie seltsam“, murmelte Malcom. „Ob sich Gabriel womöglich vertan hat?“

„Vielleicht fangen sie nicht überall gleichzeitig an“, antworte Alex darauf.

„Ja, die Dämonen wissen, dass diese Stadt mehr Engel beherbergt als andere.“ Timothy sah zu Malcom, der sich argwöhnisch umsah. Kellan seufzte innerlich auf. Obwohl er nun selbst zu den Heerscharen gehörte und Alex seit Jahren kannte, hatte er keine Ahnung von so etwas. Über Dämonen hatte bisher nur das gelernt, was er bislang gebraucht hatte. Zu mehr war keine Zeit geblieben.

„Wir fallen auf, Alex. Ist es wirklich so schlau öffentlich in voller Montur herumzulaufen?“, fragte er. Eine ältere Frau starrte sie finster an und er starrte ebenso finster zurück. Sie wandte sich eilig ab.

„Kellan hat Recht, Kommandant. Bald wird die Polizei vor uns stehen“, murmelte Malcom. „Die Heerscharren sind gewarnt, das müssen die Dämonen bemerkt haben. Dadurch sind sie vielleicht gehemmt.“ Alex sah sie an, nickte dann aber. Zusammen liefen sie weiter und bogen in eine leere Seitenstraße ein.

Die Seraphim zeigten ihm einige Schleichwege, die sie im Laufe der Jahre in der Stadt entdeckt hatten. So konnten sie sich unbemerkt bewegen. Sie waren einige Minuten an dem kleinen Platz geblieben, an dem sie zuvor beobachtet worden waren. Zwei Polizisten waren bald aufgetaucht und sprachen mit den Passanten, die sie nun suchten. Das war knapp gewesen.

Kellan beobachtete das Treiben auf der großen Straße. Die Menschen wirkten noch immer völlig normal. Offenbar gab es keine Nachrichten über die Dämonen oder Angriffe. Dennoch sah er hier und da einige Männer und Frauen umher eilen. Über Kontakte schienen sich die Angriffe allmählich herumzusprechen.

„Was hast du, Kellan?“, fragte Malcom und sah zu ihm rüber. Fragend sah er seinen Kollegen an.

„Du beobachtest schon die ganze Zeit ein und dieselbe Frau.“

„Wirklich?“ Malcom nickte nur. „Ich frage mich, warum die Nachrichten noch nichts über Angriffe gebracht haben. Irgendwo muss es welche geben, immerhin sind vereinzelte Leute in Panik.“ Er deutete auf einen Mann der mit einer Tasche über den Platz lief. Der Mann versuchte andere zu warnen, stieß aber nur auf taube Ohren. Rasch war er aus ihrem Sichtfeld.

„Die Schutzengel sind damit beauftragt sich um diese Menschen zu kümmern. Solange keine Panik herrscht ist das gut, da es keine Verletzten gibt. Allerdings haben es die Schutzengel umso schwerer Gehör zu finden“, erklärte Timothy leise. Kellan nickte träge. Bei der Vorbereitung hatte er bereits erfahren, dass sie sich nicht extra um die panischen Menschen kümmern mussten.

Er sah zu Alex, auch er beobachtete das Treiben auf der Straße. Es war ihm ein Rätsel, warum sein Kumpel seit ihrem Aufbruch kaum etwas gesagt hatte. Brummend wandte sich Kellan wieder der Straße zu. Als er wieder eine Frau sah, kam ihm ein Gedanke. Wer sagte, dass sie wirklich wegen der Dämonen floh?

„Ich gehe mal kurz runter“, meinte er und legte die offensichtlichen Waffen ab.

„Kellan“, meinte Alex. „Du kannst so etwas nicht einfach entscheiden. Frag wenigstens.“ Die anderen Beiden sagten nichts dazu. Kellan schallt sich selbst. Er hatte einfach nicht bedacht, dass er als Seraph unterwegs war.

„Tut mir leid. Darf ich jemanden ansprechen und fragen, warum sie so hecktisch sind?“ Alex sah zwischen den anderen beiden Seraphim hin und her.

Er seufzte geschlagen. „Ja, geh. Aber pass auf dich auf.“ Lächelnd bejahte er das und zog auch seine Jacke aus. Langsam lief er nach unten und trat über eine versteckte Tür in eine kleine Seitenstraße. Vorsichtig sah er sich um, doch er konnte niemanden entdecken, der ihn gesehen haben könnte. Oder gar gefährlich werden konnte.

Mit dem Gefühl von seinem Freund beobachtet zu werden, lief er über die Straße. Sein Blick wanderte unablässig über seine Umgebung. Ohne die Jacke war er nicht sofort als Soldat zu erkennen, dennoch kannten einige Dämonen sein Gesicht. Neben sich sah er eine Frau, die eindeutig einen Rucksack voller Utensilien zum Überleben auf dem Rücken hatte. Sie sah sich hektisch um und eilte weiter.

Er stellte sich ihr ein wenig in den Weg, sodass sie stehen blieb. Grimmig sah sie ihn an, aber er machte sich nichts daraus. Brummend versuchte sie sich an ihm vorbei zu drängen. Kellan hielt sie auf und betrachtete sie.

„Junge, was soll das? Es ist unhöflich andere aufzuhalten und dann nichts zu sagen.“

„Es tut mir leid, aber ich wollte Sie etwas fragen.“

„Geht es schnell?“

„Ja, versprochen.“ Sie sah sich um, doch schließlich murrte sie nur.

„Um was geht es?“, wollte sie wissen.

„Ich wollte Sie fragen, warum Sie es so eilig haben? Ich habe schon einige gesehen, die wie Sie bepackt waren und beinahe panisch herumliefen.“ Er lächelte entschuldigend und hoffte, dass sie ihm das abkaufte.

„Ich… Vor zwei Stunden erhielt ich einen Anruf. Ich solle meine Sachen packen und an einen sicheren Ort fliehen. In einer Großstadt nicht weit von hier gibt es Angriffe. Sie werden sich ausbreiten, in einer anderen Stadt hat es bereits angefangen“, erklärte die Frau ihm hektisch.

„Angriffe?“

„Ja! Monster greifen an! Und jetzt werde ich gehen, also-“ Sie schob ihn weg und drängte sich an ihm vorbei. Eilig hielt Kellan sie am Handgelenk fest. Bereits mit einem Fluch auf den Lippen, drehte sie sich um, doch sie brachte nichts heraus.

„Gehen Sie zur nächsten Kirche. Dort wird man Ihnen helfen und eine sichere Unterkunft geben. Nehmen Sie jeden mit, der wie Sie Schutz sucht“, erklärte er ihr. Sie musterte ihn nur, nickte dann aber. Seine himmlische Aura hatte sie wohl überzeugt. Er sah sich um. Aus einem Café heraus wurde er von jemandem beobachtet. Etwas Düsteres umgab diese Frau und sie war für einen Menschen viel zu freizügig gekleidet, dennoch erhob sie sich nicht. Mit einem grimmigen Blick wandte er sich ab, behielt sie aber mit seinem Gespür im Auge. Gemächlich machte er sich auf den Weg zurück zu den anderen.

Neben Timothy blieb er stehen und begann seine Waffen wieder anzulegen. „Die Frau, die ich gefragt habe, bekam vor zwei Stunden einen Anruf, in dem sie vor Angriffen durch Monster gewarnt wurde. Sie hat sofort alles gepackt und sich auf den Suche nach einem sicheren Ort gemacht. Ich habe sie zur nächsten Kirche geschickt.“

„Hat sie auch gesagt, von wo der Anruf kam?“, fragte Alex.

„Aus der nächsten Großstadt“, meinte Kellan und warf als letztes die Jacke über. „Außerdem breiten sich die Angriffe auch auf andere Städte aus.“

„Es ist also nur eine Frage der Zeit“, murmelte Malcom. Suchend schaute Kellan nach unten auf die Straße.

„In einem Café war eine Dämonin, inzwischen ist sie weg. Obwohl sie mich beobachtet hat und wahrscheinlich als Halbengel erkannt hat, hat sie sich nicht gerührt. Auch nicht als ich wieder her gekommen bin.“

„Das bedeutet nur, dass sie wie wir alles beobachten“, brummte Alex. „In Ordnung, etwas weiter ist ein Raum, dort können wir erst einmal Pause machen. Danach müssen wir weiter sehen. Solange Ruhe herrscht können wir nicht tagsüber gegen die Fürsten oder andere Dämonen vorgehen.“ Kellan folgte den anderen, nachdem er einen letzten Blick auf die Straße geworfen hatte. Er hoffte, dass die anderen Kommandanten wie Alex auf die Unversehrtheit der Menschen achteten.

Grübelnd saß er auf dem Stuhl und aß nur langsam einen Snack. Obwohl es plausibel war, dass die Dämonen wegen der aktiven Engel in dieser Stadt später angriffen, machte es für ihn keinen Sinn. Alles was er von Dämonen gehört hatte, ließ sie zwar durchaus durchdacht, aber sehr impulsiv erscheinen. Hatte Judas wirklich so viel Einfluss auf die unteren Reihen seiner Armee?

Ein Vibrieren ließ ihn auf sehen. Schnell hatte er aufgegessen und sah sich um. Auch die anderen schienen es bemerkt zu haben. Kellan spannte sich an und überprüfte automatisch, ob alle Waffen richtig saßen. Als nächstes bebte es leicht. Es begann undeutlich und verebbte nach einigen Momenten wieder wie es begonnen hatte. Er wollte bereits fragen, was das zu bedeuten hatte, doch plötzlich explodierte einige Straßen weiter etwas.

Alarmiert liefen sie los. Schnell waren sie aus dem Gebäude hinaus und rannten die Straße entlang. Ihnen kamen schreiende Menschen entgegen, so war ihr rasches Vorankommen bald erschwert. Je näher sie der Ursache kamen, desto mehr begegneten sie Leuten mit Staub und leichten Verletzungen. Mit einem Mal standen sie vor einem eingestürzten Gebäude in dessen Trümmern ein echsenartiger Dämon saß. Kellan wurde fast schlecht, als er die staubigen Gliedmaßen unter den Füßen des Dämons und zwischen den Trümmern sah. Er riss sich zusammen und zog seine Waffe.

„Kellan, Malcom, kümmert euch um die kleinen, die sich unter den Flüchtenden verbergen. Das wird den hier schwächen“, befahl Alex barsch. Malcom sah ihn an. Gemeinsam mit dem Seraph machte er sich daran durch die Menge zu laufen und die Dämonen zu finden.

Schluckend sah er sich um. Wie sollte er einen getarnten Dämon finden? Als erfahrener Seraph hatte Malcom mehr Chancen. Kellan zwang sich, nicht darüber nach zu denken. Sein Blick wanderte über die Gesichter, doch darauf konnte er sich nicht verlassen. Es gab Dämonen, die sich bestens darauf verstanden sich panisch zu verhalten ohne es zu sein.

Er atmete tief durch und sah sich die Leute genau an. Hier und da konnte er um einige ein Flimmern sehen. Langsam klärte sich sein Blick dafür und er konnte zwischen den Menschen auch menschenähnliche Wesen sehen, die wie Elfen aussahen. Mit einem Mal stachen ihm tief rote Augen entgegen.

„Malcom“, meinte er und deutete auf den Mann. Er hatte sie noch nicht bemerkt, sodass sie sich ihm leicht näheren konnten. Immer wieder schaute Kellan sich um, er konnte noch weitere entdecken. Eilig machte er den Seraph darauf aufmerksam, aber der bestand darauf, dass sie sich gemeinsam mit den Dämonen herumschlugen. Dafür war er dankbar, da er sich noch nie allein einem gestellt hatte.

Malcom umrundete den Dämon, er selbst blieb hinter ihm. Das panische Gesicht wurde schnell zu seinem Grinsen. Er war entsetzlich siegessicher. Mit einem Zeichen seitens des Seraph gingen sie auf ihn los. Kellan schwang sein Schwert und zielte auf den Hals. Da er schon mit Malcom bemerkt worden war, blockte der Dämon beide Schwerter mit den Armen. Diese wurden von steinharten schwarzen Schuppen bedeckt.

Eine Frau rannte fast in sie hinein, stoppte aber schreiend und drehte in eine andere Richtung ab. Ihr folgten noch andere. Schnell hatten sie eine Menge Platz für ihren Kampf.

„Na toll, jetzt wissen es alle“, murrte Malcom. „Kellan, wir teilen uns am besten doch auf, sonst sind sie alle weg.“ Unwillig zögerte er kurz, folgte dem Befehl aber schließlich. Schnell lief er wieder durch die Menge, den nächsten hatte er bereits im Blick.

Grinsend wurde er erwartet. Angespannt schwang er das Schwert erneut und visierte den Dämon an. Wieder wurde er geblockt, doch dieses Mal von langen, schwertähnlichen Klauen. Brummend wich er zurück um wieder auszuholen. Mit möglichst viel Geschick deutete er einen Angriff an, versuchte stattdessen aber hinter den Dämon zu kommen. Dank der Schnelligkeit, die er als Halbengel gewonnen hatte, schaffte er das und schlug dem Unterweltler den Kopf von den Schultern. Kreischend zerfiel er zu Asche. Für einen Moment musste er seinen Würgreflex unterdrücken, doch schließlich hatte er nicht einmal dafür Zeit.

Malcom hatte noch mit dem gut gepanzerten Dämon zu tun, sodass er sich schnell seinen nächsten Gegner suchte. Kellan eilte zu einer Frau, die einen Mann gepackt hatte. Gleichgültig ließ er das Schwert auf den Arm niedersausen. Sie wandte sich schreiend ab und der Mann floh panisch.

„Du kleine Missgeburt!“, schnauzte sie ihn an.

„Das sagt die Richtige“, knurrte er. Die Wunde an ihrem Arm schloss sich schnell, doch es wuchs kein neuer Arm. Ihre Selbstheilungsfähigkeiten hatten demnach nur schwer verkraftbare Grenzen aus seiner Sicht. Das gefiel ihm ganz und gar nicht.

„Du bildest dir aber ganz schön was ein, kleiner Halbling.“ Ungehalten überging Kellan was sie sagte und griff an. Lachend sprang sie zur Seite. Rasch drehte er sich und konnte noch sehen, wie sie geschwungene Hörner, einen dünnen Schweif und fledermausartige Flügel erscheinen ließ. Den sehr weiblichen menschlichen Körper behielt sie aber.

„Na, gefalle ich dir?“, fragte sie süßlich.

„Äh… Nein.“ Er hob das Schwert. „Mir kommt es mehr auf das Herz an. Etwas das du nicht besitzt.“ Die Dämonin verzog das Gesicht und ging auf ihn los. Offenbar hatte er ihren Stolz verletzt. Eilig wich er ihren Klauen aus. Er wiegte sich bereits in Sicherheit, als sich etwas um seinen Hals wickelte.

Jäh schlug er auf den Boden auf. Keuchend wehrte er sich nur mit einer Hand gegen den Schweif. Dass sie ihn so gut unter Kontrolle hatte und so viel Kraft darin besaß, hatte er nicht geahnt.

„Böser kleiner Halbling, einen Sukkubus zu beleidigen…“ Sie gab ein abschätziges Geräusch von sich. „Noch dazu einen der Kriegsklasse. Hast du wirklich geglaubt ich sei umsonst hier?“ Kellan rang nach Atem. Obwohl Alex ihm gesagt hatte, dass er nie sein Schwert aus der Hand legen sollte, wenn er in einem Kampf war, ersetzte er es durch einen Dolch.

„Ihr eingebildeten Drecksviecher glaubt, dass es nur ums Aussehen geht“, schnaufte er heiser. Mit einem finsteren Gesicht schnitt er ihr den Schweif ab. Während sie schrie, rollte er sich mit samt Schwert von ihr weg. Er richtete sich auf und betrachtete sie. Ihr Blick zuckte zu ihm und gleichdarauf war sie wieder bei ihm. Mit Mühe wehrte er ihre Klauen ab.

Zu seinem Glück hatte Malcom seine Probleme bemerkt und war schnell zur Stelle. Der Seraph entledigte sie ihrer Flügel, so hatte Kellan die Chance ihr das Schwert durch den Rücken zu bohren. Ein zweites durchstach den Rücken von der anderen Seite. Noch auf den Schwertern wurde sie zu Asche.

„Okay, Sukkuben und Inkuben sind noch nichts für dich allein. Wenn sie anfangen zu fliegen, kannst du ihnen nicht folgen“, meinte Malcom und ließ schon wieder den Blick schweifen.

„Der nächste ist dort drüben, auch was mit Flügeln“, sagte er noch heiser. Sie hatte ziemlich fest zugedrückt.

„Wir lassen also außer Acht, dass ich keine Ahnung habe, wie man die auslöscht?“, fragte er.

„Schmerz mögen sie überhaupt nicht, dann sind sie abgelenkt, also nutz die Zeit und starr sie nicht an.“ Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum nächsten. Er fragte sich, wie lange es dauerte, bis die Straße leer war.

„Habe ich sie wirklich angestarrt?“

„Ja, mehrmals.“

„Völlig immun bin ich also nicht gegen sie“, stellte er fest. Der Engel sah ihn nicht an, nickte aber ernst. Das mussten sie Alex sagen.

Erschöpft folgte er Malcom. Sie hatten einige Kämpfe hinter sich und es kamen immer wieder neue Dämonen in die Straße. Für jeden, den sie auslöschten, wartete bereits ein Ersatz. Doch zum Glück waren sie nicht mehr die einzigen Engel, die auf dem Platz kämpften. Der Seraph war der Erste bei ihrem nächsten Gegner, einem großen, muskulösen Dämon mit winzigen Flügeln, als er ein Geräusch hörte.

Kellan hatte gerade noch die Möglichkeit zu sehen, wie der Schutzbann um den riesigen Echsendämon brach und er sofort von drei Engeln gleichzeitig niedergemacht wurde. Plötzlich riss ihn eine Druckwelle von den Füßen. Schmerzhaft kam er mit dem Kopf gegen etwas Hartes. Angeschlagen und benommen lag er auf dem Boden und versuchte wieder einen klaren Blick zu bekommen. Neben ihm tauchte jemand auf. Nur undeutlich konnte er seinen Kollegen erkennen.

„Alles in Ordnung?“

„Etwas verschwommen… und ein paar Schmerzen an der Aufprallstelle.“

Erleichtert seufzte der Seraph und ließ sich nach hinten fallen. „Ich hätte nicht gedacht, dass der noch zu irgendeinem Abwehrzauber kommt.“ Ächzend setzte Kellan sich auf.

„Hat es nur mich davon geweht?“

„Nein, allerdings hatte ich eine sanftere Landung in einem Blumenbeet. Der Kommandant und die anderen waren wahrscheinlich zu nahe dran, um weit geschleudert zu werden. So ein Zauber nimmt an Kraft zu je weiter er kommt.“

„Details brauche ich gerade nicht, Malcom.“ Der andere kicherte nur. „Was ist mit den anderen Dämonen?“

„Haben sich verzogen, als der Bann brach. Anscheinend wussten sie von dem Zauber.“ Schritte kamen näher und jemand hockte sich zu ihnen. Da sein Blick immer klarer wurde, konnte er schnell Alex ausmachen.

„Alles okay bei euch?“, fragte sein Freund besorgt.

„Na ja, wie man es nimmt. Timothy sollte sich Kellans Wunden mal ansehen, bei mir geht es.“

„Gut. Wenn du wirklich keine Probleme hast, dann fang schon mal mit der Suche nach Verletzten und Versteckten an. Ich komme gleich nach.“ Malcom nickte nur und erhob sich. Schnell war er aus seinem Sichtfeld.

„Geht es?“, wollte Alex wissen.

„Ich sehe fast wieder klar und außer den Kopfschmerzen merke ich gerade nicht viel. Ansonsten… erschöpft.“ Kellan lächelte betreten. „Aber dank deinem Training und den kleineren Kämpfen bin ich nicht tot.“

„Du hast gut gekämpft, Kellan.“ Timothy kam zu ihnen und begann direkt damit sich um seine Wunden zu kümmern. „Wir reden später. Sobald ihr hier fertig seid, helft ihr bei der Suche.“

„Alles klar“, sagten er und Timothy gleichzeitig. Still ließ er sich von dem Engel begutachten. Nachdem sich seine Sicht normalisiert hatte und ein oder zwei Klammerpflaster die Platzwunde an seiner Stirn zusammenhielten, machten sie sich daran ebenfalls nach Überlebenden dieses Überfalls zu suchen.

9

Langsam liefen sie weiter. Immer wieder flackerte das Licht und erschwerte ihnen das genaue Erkennen ihrer Umgebung. Besorgt betrachtete Alex die Leuchte an der Decke. Er hoffte, dass Judas oder irgendein anderer Dämon nicht wusste, wie wichtig diese Tunnel für sie waren. Er selbst war für die Instandhaltung gewesen, doch nun bereute er ein wenig, dass er keine Alternativen gefordert hatte.

Jeder Raum, an dem sie vorbei kamen, durchsuchten sie und versiegelten ihn schließlich. Kein Dämon sollte sich darin verschanzen können. Vorsichtig prüfte er, ob die Tür offen war. Als er feststellte, dass sie verschossen war, reichte ein Nicken zu Malcom und er machte sich an die Arbeit. Der Seraph war der beste im Schlösserknacken, den er kannte. So präzise, schnell und spurenlos war keine Magie der Welt.

Mit gezogener Waffe nahm sein Untergebener Abstand und trat schließlich die Tür abrupt auf. Aus dem Raum kamen ein Schrei und das Rascheln von Stoff und Plastik. Eilig drangen sie ein und sicherten alles. In einer Ecke konnte Alex eine Bewegung sehen. Behutsam lief sein Freund auf den vermeintlichen Haufen Plastiksäcke zu.

„Wir tun dir nichts“, meinte Kellan sanft zu dem zitternden Haufen. „Du kannst ruhig rauskommen.“ Für einen Moment geschah nichts, doch schließlich sah ein kleiner Junge hinter einer Tüte hervor.

„Ihr seid nicht böse?“

„Nein.“ Lächelnd reichte sein Kumpel dem Kind die Hand. Nur zögernd ließ sich der Junge aus dem Haufen ziehen.

„Mein Name ist Kellan. Das da sind Alex, Malcom und Timothy. Willst du uns sagen, wie du heißt?“ Mit großen Augen wurden sie von dem Jungen betrachtet. Mit ihnen oder jemandem, der ihm half, hatte er offenbar nicht gerechnet.

„I-Ich heiße Torsten“, murmelte der Kleine. Seufzend trat Alex näher und hockte sich vor ihn.

„Bist du ganz allein hier?“

„Mein Papa hat mich hier her gebracht und gesagt, ich soll die Tür abschließen und mich dann verstecken.“ Der Junge machte eine Pause. „Es war so gruslig und laut. Aber seit er weg ist, ist es still.“

„Aus welcher Richtung war es so laut?“ Unsicher sah sich Torsten um, deutete dann aber stumm in die Richtung, in die sie unterwegs waren. Er murrte ungehalten. Er wollte den Jungen nicht mit dorthin nehmen, wo sein Vater womöglich gestorben war und noch Dämonen lauern konnten. Grübelnd erhob er sich.

„Alex, was machen wir jetzt?“

„Malcom, Timothy, ihr geht und späht die Lage aus. Wenn bis zum nächsten passenden Aufgang alles frei ist, kommt ihr wieder. Wir bleiben solange hier.“ Alex wandte sich an Kellan. „Du kümmerst dich um Torsten. Ich sorge dafür, dass hier nichts unangemeldet rein kommt.“

„Okay“, meinte sein Freund und widmete sich dem Jungen. Alex ging mit den anderen zur Tür. Da sie noch immer allein waren, konnten sich seine Seraphim unbehelligt auf den Weg machen. Er selbst schloss die Tür so weit, dass er so viel wie möglich im Blick hatte.

Hin und wieder wanderte sein Blick zu Kellan und Torsten. Sein Freund beschäftigte den Jungen, indem sie sich gemeinsam irgendwelche Geschichten ausdachten. Manchmal fragte er sich, welche Qualitäten sein Freund noch zeigen würde. Er hatte es geschafft ihn zu ändern und wirkte auf die meisten sofort sympathisch.

Sie warteten bereits eine dreiviertel Stunde, als Schritte im Tunnel zu hören waren. Für einige Augenblicke lauschte er nur darauf und wappnete sich für alles. Doch der gleichmäßige Gang, der den Drill im Militär verriet, ließ ihn aufatmen. Allerdings nur kurz, denn die Person war allein unterwegs. Bald kam Malcom in Sicht und sah sich um.

Rasch war er im Raum und betrachtete nur kurz Kellan, der wieder die Aufmerksamkeit von Torsten auf sich lenkte. Schließlich atmete Malcom durch.

„Wo ist Timothy?“

„In einem Raum des nächsten Aufgangs. Auf dem Weg dorthin und auch beim Aufgang selbst war nichts. Das Mädchen muss die Dämonen bis zu uns gelockt haben. Vielleicht sogar mit Absicht weg von dem Aufgang. Wir haben einen schwerverletzten Mann gefunden. Timothy kümmert sich schon um ihn und hat ein Rettungsteam erbeten. Wir waren uns einig, dass wir den Mann nicht allein lassen bis zur Übergabe“, erklärte der Engel flüsternd.

„Besteht auch nur die Chance, dass es der Vater von Torsten ist?“ Malcom sah zu dem Jungen und nickte.

„Sie sehen sich ähnlich. Außerdem hat er Bild von einem Kind in der Hand gehabt. Das Bild ist aber zu schmutzig um das Kind genau erkennen zu können. Er hatte wohl schon mit dem Tod gerechnet.“

„Gut. Dann machen wir uns jetzt auf den Weg.“ Entschlossen ging er zu Kellan und dem Jungen. „Kellan, wir gehen los. Du bleibst bei Torsten. Malcom geht vor, er kennt den Weg, ich sorge dafür, dass wir nicht von hinten überrascht werden. Sollte irgendwas passieren, nimmst du Torsten und bringst ihn zum nächsten Aufgang. Dort ist Timothy, vielleicht auch schon ein Rettungstrupp. Verstanden?“

„Ja.“ Kellan lächelte den Jungen an und drehte ihm den Rücken zu. Erst verstand Torsten nicht, was das sollte, doch dann ließ er sich Huckepack nehmen. Alex nickte, so mussten sie sich nicht an die Geschwindigkeit des Kindes anpassen. Nacheinander verließen sie den Raum.

Der Weg, den Malcom ihnen zeigte, wies Spuren auf, die darauf hinwiesen, dass Dämonen dort gewesen waren. Alex betrachtete die Spuren genauer, doch nichts deutete darauf hin, dass der Tunnel mehr als ein spontaner Pausenplatz gewesen war. Sie liefen nur einige Minuten, da kam bereits Licht in Sicht. Der Aufgang der U-Bahn-Station war noch frei. Achtsam traten sie um die Ecke und entdeckten Timothy und einen anderen Engel, die vor einer Tür Wache hielten.

Als Kellan die kleine Treppe am Rand der Station hinaufstieg sah der Junge zu ihm hinter. Alex lächelte nur ein wenig. Torsten wandte sich wieder ab und klammerte sich an seinem Freund fest. Kurz sah Alex sich um, aber es war sonst nichts hinter ihnen. Er beachtete das nicht weiter und trat auf Timothy zu.

„Wie sieht es aus?“, fragte er unvermittelt.

„Die Ärzte sind noch beschäftigt, können aber versichern, dass er es überleben wird“, entgegnete ihm sein Seraph.

„Das können sie versichern?“

„Ja. Er hat weniger Blut verloren, als wir angenommen haben. Es sind unsägliche Schmerzen und der Schock sitzt tief, aber die Wunde ist bei einer ordentlichen Behandlung nicht tödlich.“

„Das freut mich.“

„Ich habe ihm ein Bild abnehmen können und es gesäubert. Es zeigt den Jungen“, murmelte Timothy.

„Gut, dann geht Torsten dorthin wohin sein Vater geht. Familien zu trennen liegt nicht in meiner Absicht.“

„Die Ärzte wollen ihn ins Landkrankenhaus bringen, sobald er transportiert werden kann. Ich werde ihnen sagen, dass sie einen kleinen Begleiter mehr haben werden.“ Alex nickte nur und lief zu Kellan und dem Jungen.

„Was passiert jetzt?“, wollte sein Freund unsicher wissen. De Jungen hatte er auf einem Sims abgesetzt und ihn wieder beschäftigt.

„Torsten geht mit den Ärzten mit.“

„Weißt du, wo mein Papa ist?“ Torsten sah ihn mit Tränen in den Augen an.

„Dein Papa hat sich schlimm weh getan, aber die Ärzte sind bei ihm. Sobald sie fertig sind, kannst du zu ihm“, erklärte Alex ihm.

„Wirklich?“

„Ja. Dann nehmen sie euch mit in ein Krankenhaus, da werdet ihr sicher sein.“

„Danke schön“, schniefte der Junge mit einem unsicheren Lächeln.

„Das machen wir gern.“ Alex drehte sich zu Kellan. „Kümmerst du dich noch so lange um ihn? Die Ärzte dürften nicht mehr lange brauchen.“

„Klar.“ Er war schon dabei sich wieder abzuwenden und die Eingänge zu kontrollieren, da wurde er noch einmal zurück gerufen. Verwundert sah er Kellan an.

„Warum ich?“

Grinsend deutete er auf das Herz seines Freundes. „Ich bin ein Griesgram und so kindisch die beiden auch sein können, die hatten seit einer halben Ewigkeit nichts mehr mit Kindern zu tun. Außerdem sind wir gedrillte Militärs.“ Kellan seufzte nur und beschäftigte sich wieder mit dem Jungen. Alex hingegen wollte sich mit den Engeln unterhalten, die als Begleitschutz für die Ärzte da waren.

„Hi. Wir waren eine Weile hier unten. Wie sieht es da oben aus?“

„Die Dämonen benehmen sich, als wären sie hier zu Hause. Überall stiften sie Chaos und zerstören was sie können. Noch sind sie keine echte Bedrohung für die Seraphim, aber das sind nur die Vorboten. Aber immerhin haben sie genug Respekt vor den Waffen des irdischen Militärs. Der Luftraum ist frei und wird es zumindest eine Weile bleiben.“

„Versuchen sie es gar nicht?“

„Ein paar haben es versucht, wurden aber direkt vom Himmel geholt.“

„Das klingt gut.“ Erfreut fuhr er sich durch die Haare. Damit hatten sie vorerst eine Sorge weniger. Er wollte noch etwas sagen, doch da ging die Tür auf und ein Mann trat heraus. An dem Abzeichen erkannte Alex ihn als Arzt.

„Der Patient ist transportfertig. Ich hörte, dass wir einen kleinen Gast mitnehmen sollen.“

„Ja. Es ist der Sohn des Mannes. So ist er wenigstens bei jemanden den er kennt und vertraut.“

„Ich verstehe. Familienbande sollte man nicht trennen.“ Der Arzt ließ sich zeigen, wo der Junge war. Zusammen gingen sie zu dem Raum, in dem der Mann behandelt wurde. Er konnte sehen, wie Torsten unsicher in das Zimmer sah, dann aber hinein lief. Seufzend setzte sich Alex auf eine Stufe der Treppe. Bis die Ärzte und ihr Begleitschutz fort waren, konnte er sich und seinem Team eine Pause gönnen.

Langsam liefen sie durch die Straßen und suchten nach Leuten. Sie waren bereits eine Weile unterwegs, daher zeigte sein Team erste Anzeichen von Erschöpfung. Seufzend sah er in den Himmel. Es war schon seit einer Stunde dunkel. Es würde wohl die letzte Gruppe sein, die sie in die Tunnel und damit in Sicherheit brachten.

Gemeinsam mit Kellan betrat er ein Wohngebäude. Inzwischen sollten sich viele für die Nacht zurückgezogen haben. Vorsichtig öffnete er die Tür zu einer kleinen Wohnung. In den wenigen Tagen hatte sich, während der Panik und des Überlebenskampfes, ein Hauch Gesetzlosigkeit eingeschlichen. Keine Tür war wirklich verschlossen geblieben, zudem war vor allem Nahrung verschwunden.

Der Lichtschein seiner Taschenlampe wanderte durch den kahlen Flur und offenbarte verschlossene Türen. Hinter der ersten Tür war ein leeres Badezimmer und hinter der zweiten ein Schlafzimmer.

„Die Wohnung scheint nicht vermietet zu sein“, flüsterte Kellan und sah sich um.

„Ja. Aber die Tür war aufgebrochen, zumindest gestern hat hier jemand übernachtet.“ Sein Freund nickte nur, um zu zeigen, dass er verstanden hatte. Sie traten auf die letzte Tür zu. Als sie sie öffneten sahen sie erst nichts, doch in einer Ecke fanden sie schließlich jemanden in eine Decke eingewickelt. Alex näherte sich behutsam und hockte sich neben die Person.

„Hallo?“ Nur langsam wachte die junge Frau auf. „Entschuldigen Sie, dass ich sie wecken muss, aber hier ist es nicht besonders sicher.“ Ruckartig saß die Frau aufrecht und wich zurück, als sie bemerkte, dass sie nicht mehr allein war. Alex seufzte darüber.

„Sie brauchen keine Angst haben. Wir wollen Ihnen einen Ort zeigen, an dem sie wirklich sicher sind.“

„W-Wer seid ihr?“

„Ein paar Todesmutige, die im Dunkeln Leute einsammeln um sie in Sicherheit zu bringen“, grinste Kellan und hockte sich neben ihn.

„Ihr…“

„Wir kommen schon mit den Viechern zurecht. Todesmutig sind wir aber nicht“, erklärte er. „Allerdings sollten Sie nicht hier schlafen.“

„Das weiß ich, aber wo soll ich sonst schlafen?“

„Wenn Sie uns begleiten, bringen wir Sie dorthin. Viele andere sind ebenfalls bereits dort. Draußen wartet eine kleine Gruppe, die wir in die sicheren Gebiete bringen wollen.“

„Gibt es solche Orte noch?“, fragte sie ehrlich hoffend.

„Ja. Sie müssen uns nur begleiten. Solange wir unterwegs sind, sollten sie tun was wir sagen, dann kommen wir auch alle sicher an.“

„I-In Ordnung.“ Die Frau sammelte ihre Sachen zusammen und erhob sich.

„Wissen Sie, ob noch jemand hier im Gebäude ist?“ wollte Kellan wissen, da er bereits nachsah, ob alles sicher war. Vor der Tür war nichts zu sehen.

„Ich weiß es nicht. Ich kam allein her.“ Kellan und die Frau standen hinter ihm und warteten darauf, dass er sein Okay gab. Alex betrachtete die beiden. Träge fuhr er sich mit der Hand durch die Haare.

„Wir bringen Sie zu den anderen, dann sehen wir uns das restliche Gebäude an.“ Gemeinsam verließen sie die Wohnung und machten sich auf den Weg zurück zu den anderen. Sobald die Frau bei ihnen in Sicherheit war, gingen sie zurück. In den oberen Etagen, von denen die oberste eingestürzt war, befand sich niemand mehr.

Schließlich standen er und Kellan wieder in dem blickgeschützten Unterstand und versuchten alle einzuweisen. Die Leute waren müde und die wenigen Kinder fingen an zu quengeln.

„Okay, Jungs, wir müssen jetzt noch einmal konzentriert bleiben. Nachdem wir die Leute im sicheren Gebiet haben, gehen wir zu unserer Unterkunft und ruhen uns aus.“

„Dann sollten wir uns auf den Weg machen.“ Timothy erhob sich und streckte die Arme aus. Auch Malcom lockerte seine Muskeln. Nach wenigen Minuten waren die Menschen bereit für den Aufbruch und ließen sich von ihnen eskortieren.

Mit den fünfzehn Menschen in ihrer Mitte liefen sie wachsam durch die leeren, spärlich beleuchteten Straßen. Die Dämonen hatten alles getan, damit sie nachts die größtmöglichen Chancen hatten. Bereits tagsüber waren keine Menschen auf den Straßen gewesen, sodass die Stadt wie ausgestorben gewirkt hatte. Die Zerstörung unterstrich diese Wirkung noch zusätzlich.

Ein Geräusch ließ ihn stehen bleiben. Irgendwo hatte etwas geknirscht. Missmutig, da sie nicht mehr weit von einem Tunneleingang waren, murrte er. Unter den Blicken der Leute und seiner Männer hielt er die Nase in die Luft. Der Geruch von Schwefel, abgestandenen Wasser und anderen unangenehmen Dingen drang nur undeutlich zu ihm.

„Timothy, was Kleines… dem Geruch nach aus der Kanalisation“, meinte Alex mürrisch.

„Könnte uns also folgen“, schlussfolgerte sein Seraph. „Ich kümmere mich darum. Diese Wasserbewohner sind meine Spezialität.“

Alex sah zu ihm hinter. „Hätte ich dich sonst angesprochen, Timothy?“

„Tut mir leid“, sagte er kleinlaut und zog sein Schwert. Da sich Timothy mit dem Dämon beschäftigen würde, konnten sie weitergehen. Sie waren fast am Zugang als ein Schatten von seinem Untergebenen bei einem Angriff behindert wurde und die Leute zum Schreien und schneller laufen bewegte. Eilig verschwanden sie in dem unscheinbaren Stromhäuschen. Malcom und Kellan sicherten die Tür, während er nach unten stieg. Erleichtert stellte er fest, dass der Gang leer und beleuchtet war. So wie es sein sollte.

10

Langsam liefen sie weiter. Immer wieder flackerte das Licht und erschwerte ihnen das genaue Erkennen ihrer Umgebung. Besorgt betrachtete Alex die Leuchte an der Decke. Er hoffte, dass Judas oder irgendein anderer Dämon nicht wusste, wie wichtig diese Tunnel für sie waren. Er selbst war für die Instandhaltung gewesen, doch nun bereute er ein wenig, dass er keine Alternativen gefordert hatte.

Jeder Raum, an dem sie vorbei kamen, durchsuchten sie und versiegelten ihn schließlich. Kein Dämon sollte sich darin verschanzen können. Vorsichtig prüfte er, ob die Tür offen war. Als er feststellte, dass sie verschossen war, reichte ein Nicken zu Malcom und er machte sich an die Arbeit. Der Seraph war der beste im Schlösserknacken, den er kannte. So präzise, schnell und spurenlos war keine Magie der Welt.

Mit gezogener Waffe nahm sein Untergebener Abstand und trat schließlich die Tür abrupt auf. Aus dem Raum kamen ein Schrei und das Rascheln von Stoff und Plastik. Eilig drangen sie ein und sicherten alles. In einer Ecke konnte Alex eine Bewegung sehen. Behutsam lief sein Freund auf den vermeintlichen Haufen Plastiksäcke zu.

„Wir tun dir nichts“, meinte Kellan sanft zu dem zitternden Haufen. „Du kannst ruhig rauskommen.“ Für einen Moment geschah nichts, doch schließlich sah ein kleiner Junge hinter einer Tüte hervor.

„Ihr seid nicht böse?“

„Nein.“ Lächelnd reichte sein Kumpel dem Kind die Hand. Nur zögernd ließ sich der Junge aus dem Haufen ziehen.

„Mein Name ist Kellan. Das da sind Alex, Malcom und Timothy. Willst du uns sagen, wie du heißt?“ Mit großen Augen wurden sie von dem Jungen betrachtet. Mit ihnen oder jemandem, der ihm half, hatte er offenbar nicht gerechnet.

„I-Ich heiße Torsten“, murmelte der Kleine. Seufzend trat Alex näher und hockte sich vor ihn.

„Bist du ganz allein hier?“

„Mein Papa hat mich hier her gebracht und gesagt, ich soll die Tür abschließen und mich dann verstecken.“ Der Junge machte eine Pause. „Es war so gruslig und laut. Aber seit er weg ist, ist es still.“

„Aus welcher Richtung war es so laut?“ Unsicher sah sich Torsten um, deutete dann aber stumm in die Richtung, in die sie unterwegs waren. Er murrte ungehalten. Er wollte den Jungen nicht mit dorthin nehmen, wo sein Vater womöglich gestorben war und noch Dämonen lauern konnten. Grübelnd erhob er sich.

„Alex, was machen wir jetzt?“

„Malcom, Timothy, ihr geht und späht die Lage aus. Wenn bis zum nächsten passenden Aufgang alles frei ist, kommt ihr wieder. Wir bleiben solange hier.“ Alex wandte sich an Kellan. „Du kümmerst dich um Torsten. Ich sorge dafür, dass hier nichts unangemeldet rein kommt.“

„Okay“, meinte sein Freund und widmete sich dem Jungen. Alex ging mit den anderen zur Tür. Da sie noch immer allein waren, konnten sich seine Seraphim unbehelligt auf den Weg machen. Er selbst schloss die Tür so weit, dass er so viel wie möglich im Blick hatte.

Hin und wieder wanderte sein Blick zu Kellan und Torsten. Sein Freund beschäftigte den Jungen, indem sie sich gemeinsam irgendwelche Geschichten ausdachten. Manchmal fragte er sich, welche Qualitäten sein Freund noch zeigen würde. Er hatte es geschafft ihn zu ändern und wirkte auf die meisten sofort sympathisch.

Sie warteten bereits eine dreiviertel Stunde, als Schritte im Tunnel zu hören waren. Für einige Augenblicke lauschte er nur darauf und wappnete sich für alles. Doch der gleichmäßige Gang, der den Drill im Militär verriet, ließ ihn aufatmen. Allerdings nur kurz, denn die Person war allein unterwegs. Bald kam Malcom in Sicht und sah sich um.

Rasch war er im Raum und betrachtete nur kurz Kellan, der wieder die Aufmerksamkeit von Torsten auf sich lenkte. Schließlich atmete Malcom durch.

„Wo ist Timothy?“

„In einem Raum des nächsten Aufgangs. Auf dem Weg dorthin und auch beim Aufgang selbst war nichts. Das Mädchen muss die Dämonen bis zu uns gelockt haben. Vielleicht sogar mit Absicht weg von dem Aufgang. Wir haben einen schwerverletzten Mann gefunden. Timothy kümmert sich schon um ihn und hat ein Rettungsteam erbeten. Wir waren uns einig, dass wir den Mann nicht allein lassen bis zur Übergabe“, erklärte der Engel flüsternd.

„Besteht auch nur die Chance, dass es der Vater von Torsten ist?“ Malcom sah zu dem Jungen und nickte.

„Sie sehen sich ähnlich. Außerdem hat er Bild von einem Kind in der Hand gehabt. Das Bild ist aber zu schmutzig um das Kind genau erkennen zu können. Er hatte wohl schon mit dem Tod gerechnet.“

„Gut. Dann machen wir uns jetzt auf den Weg.“ Entschlossen ging er zu Kellan und dem Jungen. „Kellan, wir gehen los. Du bleibst bei Torsten. Malcom geht vor, er kennt den Weg, ich sorge dafür, dass wir nicht von hinten überrascht werden. Sollte irgendwas passieren, nimmst du Torsten und bringst ihn zum nächsten Aufgang. Dort ist Timothy, vielleicht auch schon ein Rettungstrupp. Verstanden?“

„Ja.“ Kellan lächelte den Jungen an und drehte ihm den Rücken zu. Erst verstand Torsten nicht, was das sollte, doch dann ließ er sich Huckepack nehmen. Alex nickte, so mussten sie sich nicht an die Geschwindigkeit des Kindes anpassen. Nacheinander verließen sie den Raum.

Der Weg, den Malcom ihnen zeigte, wies Spuren auf, die darauf hinwiesen, dass Dämonen dort gewesen waren. Alex betrachtete die Spuren genauer, doch nichts deutete darauf hin, dass der Tunnel mehr als ein spontaner Pausenplatz gewesen war. Sie liefen nur einige Minuten, da kam bereits Licht in Sicht. Der Aufgang der U-Bahn-Station war noch frei. Achtsam traten sie um die Ecke und entdeckten Timothy und einen anderen Engel, die vor einer Tür Wache hielten.

Als Kellan die kleine Treppe am Rand der Station hinaufstieg sah der Junge zu ihm hinter. Alex lächelte nur ein wenig. Torsten wandte sich wieder ab und klammerte sich an seinem Freund fest. Kurz sah Alex sich um, aber es war sonst nichts hinter ihnen. Er beachtete das nicht weiter und trat auf Timothy zu.

„Wie sieht es aus?“, fragte er unvermittelt.

„Die Ärzte sind noch beschäftigt, können aber versichern, dass er es überleben wird“, entgegnete ihm sein Seraph.

„Das können sie versichern?“

„Ja. Er hat weniger Blut verloren, als wir angenommen haben. Es sind unsägliche Schmerzen und der Schock sitzt tief, aber die Wunde ist bei einer ordentlichen Behandlung nicht tödlich.“

„Das freut mich.“

„Ich habe ihm ein Bild abnehmen können und es gesäubert. Es zeigt den Jungen“, murmelte Timothy.

„Gut, dann geht Torsten dorthin wohin sein Vater geht. Familien zu trennen liegt nicht in meiner Absicht.“

„Die Ärzte wollen ihn ins Landkrankenhaus bringen, sobald er transportiert werden kann. Ich werde ihnen sagen, dass sie einen kleinen Begleiter mehr haben werden.“ Alex nickte nur und lief zu Kellan und dem Jungen.

„Was passiert jetzt?“, wollte sein Freund unsicher wissen. De Jungen hatte er auf einem Sims abgesetzt und ihn wieder beschäftigt.

„Torsten geht mit den Ärzten mit.“

„Weißt du, wo mein Papa ist?“ Torsten sah ihn mit Tränen in den Augen an.

„Dein Papa hat sich schlimm weh getan, aber die Ärzte sind bei ihm. Sobald sie fertig sind, kannst du zu ihm“, erklärte Alex ihm.

„Wirklich?“

„Ja. Dann nehmen sie euch mit in ein Krankenhaus, da werdet ihr sicher sein.“

„Danke schön“, schniefte der Junge mit einem unsicheren Lächeln.

„Das machen wir gern.“ Alex drehte sich zu Kellan. „Kümmerst du dich noch so lange um ihn? Die Ärzte dürften nicht mehr lange brauchen.“

„Klar.“ Er war schon dabei sich wieder abzuwenden und die Eingänge zu kontrollieren, da wurde er noch einmal zurück gerufen. Verwundert sah er Kellan an.

„Warum ich?“

Grinsend deutete er auf das Herz seines Freundes. „Ich bin ein Griesgram und so kindisch die beiden auch sein können, die hatten seit einer halben Ewigkeit nichts mehr mit Kindern zu tun. Außerdem sind wir gedrillte Militärs.“ Kellan seufzte nur und beschäftigte sich wieder mit dem Jungen. Alex hingegen wollte sich mit den Engeln unterhalten, die als Begleitschutz für die Ärzte da waren.

„Hi. Wir waren eine Weile hier unten. Wie sieht es da oben aus?“

„Die Dämonen benehmen sich, als wären sie hier zu Hause. Überall stiften sie Chaos und zerstören was sie können. Noch sind sie keine echte Bedrohung für die Seraphim, aber das sind nur die Vorboten. Aber immerhin haben sie genug Respekt vor den Waffen des irdischen Militärs. Der Luftraum ist frei und wird es zumindest eine Weile bleiben.“

„Versuchen sie es gar nicht?“

„Ein paar haben es versucht, wurden aber direkt vom Himmel geholt.“

„Das klingt gut.“ Erfreut fuhr er sich durch die Haare. Damit hatten sie vorerst eine Sorge weniger. Er wollte noch etwas sagen, doch da ging die Tür auf und ein Mann trat heraus. An dem Abzeichen erkannte Alex ihn als Arzt.

„Der Patient ist transportfertig. Ich hörte, dass wir einen kleinen Gast mitnehmen sollen.“

„Ja. Es ist der Sohn des Mannes. So ist er wenigstens bei jemanden den er kennt und vertraut.“

„Ich verstehe. Familienbande sollte man nicht trennen.“ Der Arzt ließ sich zeigen, wo der Junge war. Zusammen gingen sie zu dem Raum, in dem der Mann behandelt wurde. Er konnte sehen, wie Torsten unsicher in das Zimmer sah, dann aber hinein lief. Seufzend setzte sich Alex auf eine Stufe der Treppe. Bis die Ärzte und ihr Begleitschutz fort waren, konnte er sich und seinem Team eine Pause gönnen.

Langsam liefen sie durch die Straßen und suchten nach Leuten. Sie waren bereits eine Weile unterwegs, daher zeigte sein Team erste Anzeichen von Erschöpfung. Seufzend sah er in den Himmel. Es war schon seit einer Stunde dunkel. Es würde wohl die letzte Gruppe sein, die sie in die Tunnel und damit in Sicherheit brachten.

Gemeinsam mit Kellan betrat er ein Wohngebäude. Inzwischen sollten sich viele für die Nacht zurückgezogen haben. Vorsichtig öffnete er die Tür zu einer kleinen Wohnung. In den wenigen Tagen hatte sich, während der Panik und des Überlebenskampfes, ein Hauch Gesetzlosigkeit eingeschlichen. Keine Tür war wirklich verschlossen geblieben, zudem war vor allem Nahrung verschwunden.

 Der Lichtschein seiner Taschenlampe wanderte durch den kahlen Flur und offenbarte verschlossene Türen. Hinter der ersten Tür war ein leeres Badezimmer und hinter der zweiten ein Schlafzimmer.

„Die Wohnung scheint nicht vermietet zu sein“, flüsterte Kellan und sah sich um.

„Ja. Aber die Tür war aufgebrochen, zumindest gestern hat hier jemand übernachtet.“ Sein Freund nickte nur, um zu zeigen, dass er verstanden hatte. Sie traten auf die letzte Tür zu. Als sie sie öffneten sahen sie erst nichts, doch in einer Ecke fanden sie schließlich jemanden in eine Decke eingewickelt. Alex näherte sich behutsam und hockte sich neben die Person.

„Hallo?“ Nur langsam wachte die junge Frau auf. „Entschuldigen Sie, dass ich sie wecken muss, aber hier ist es nicht besonders sicher.“ Ruckartig saß die Frau aufrecht und wich zurück, als sie bemerkte, dass sie nicht mehr allein war. Alex seufzte darüber.

„Sie brauchen keine Angst haben. Wir wollen Ihnen einen Ort zeigen, an dem sie wirklich sicher sind.“

„W-Wer seid ihr?“

„Ein paar Todesmutige, die im Dunkeln Leute einsammeln um sie in Sicherheit zu bringen“, grinste Kellan und hockte sich neben ihn.

„Ihr…“

„Wir kommen schon mit den Viechern zurecht. Todesmutig sind wir aber nicht“, erklärte er. „Allerdings sollten Sie nicht hier schlafen.“

„Das weiß ich, aber wo soll ich sonst schlafen?“

„Wenn Sie uns begleiten, bringen wir Sie dorthin. Viele andere sind ebenfalls bereits dort. Draußen wartet eine kleine Gruppe, die wir in die sicheren Gebiete bringen wollen.“

„Gibt es solche Orte noch?“, fragte sie ehrlich hoffend.

„Ja. Sie müssen uns nur begleiten. Solange wir unterwegs sind, sollten sie tun was wir sagen, dann kommen wir auch alle sicher an.“

„I-In Ordnung.“ Die Frau sammelte ihre Sachen zusammen und erhob sich.

„Wissen Sie, ob noch jemand hier im Gebäude ist?“ wollte Kellan wissen, da er bereits nachsah, ob alles sicher war. Vor der Tür war nichts zu sehen.

„Ich weiß es nicht. Ich kam allein her.“ Kellan und die Frau standen hinter ihm und warteten darauf, dass er sein Okay gab. Alex betrachtete die beiden. Träge fuhr er sich mit der Hand durch die Haare.

„Wir bringen Sie zu den anderen, dann sehen wir uns das restliche Gebäude an.“ Gemeinsam verließen sie die Wohnung und machten sich auf den Weg zurück zu den anderen. Sobald die Frau bei ihnen in Sicherheit war, gingen sie zurück. In den oberen Etagen, von denen die oberste eingestürzt war, befand sich niemand mehr.

Schließlich standen er und Kellan wieder in dem blickgeschützten Unterstand und versuchten alle einzuweisen. Die Leute waren müde und die wenigen Kinder fingen an zu quengeln.

„Okay, Jungs, wir müssen jetzt noch einmal konzentriert bleiben. Nachdem wir die Leute im sicheren Gebiet haben, gehen wir zu unserer Unterkunft und ruhen uns aus.“

„Dann sollten wir uns auf den Weg machen.“ Timothy erhob sich und streckte die Arme aus. Auch Malcom lockerte seine Muskeln. Nach wenigen Minuten waren die Menschen bereit für den Aufbruch und ließen sich von ihnen eskortieren.

Mit den fünfzehn Menschen in ihrer Mitte liefen sie wachsam durch die leeren, spärlich beleuchteten Straßen. Die Dämonen hatten alles getan, damit sie nachts die größtmöglichen Chancen hatten. Bereits tagsüber waren keine Menschen auf den Straßen gewesen, sodass die Stadt wie ausgestorben gewirkt hatte. Die Zerstörung unterstrich diese Wirkung noch zusätzlich.

Ein Geräusch ließ ihn stehen bleiben. Irgendwo hatte etwas geknirscht. Missmutig, da sie nicht mehr weit von einem Tunneleingang waren, murrte er. Unter den Blicken der Leute und seiner Männer hielt er die Nase in die Luft. Der Geruch von Schwefel, abgestandenen Wasser und anderen unangenehmen Dingen drang nur undeutlich zu ihm.

„Timothy, was Kleines… dem Geruch nach aus der Kanalisation“, meinte Alex mürrisch.

„Könnte uns also folgen“, schlussfolgerte sein Seraph. „Ich kümmere mich darum. Diese Wasserbewohner sind meine Spezialität.“

Alex sah zu ihm hinter. „Hätte ich dich sonst angesprochen, Timothy?“

„Tut mir leid“, sagte er kleinlaut und zog sein Schwert. Da sich Timothy mit dem Dämon beschäftigen würde, konnten sie weitergehen. Sie waren fast am Zugang als ein Schatten von seinem Untergebenen bei einem Angriff behindert wurde und die Leute zum Schreien und schneller laufen bewegte. Eilig verschwanden sie in dem unscheinbaren Stromhäuschen. Malcom und Kellan sicherten die Tür, während er nach unten stieg. Erleichtert stellte er fest, dass der Gang leer und beleuchtet war. So wie es sein sollte.



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Kommentare zu dieser Fanfic (20)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  sunny12
2010-12-31T09:23:04+00:00 31.12.2010 10:23
Hey!
Interessantes Kapitel.
Es ist dir wirklich gut gelungen. Na mal sehen, wie gut sich Alex und seine Leute schlagen. Und mich würde ja interessieren, was die anderen Schüler sagen würden, wenn sie wüssten was Alex ist und auch zu was Kellan geworden ist und was sie machen.
Ich freu mich schon auf das nächste Kapitel
lg sunny12
Von:  sunny12
2010-12-20T13:52:41+00:00 20.12.2010 14:52
Hey!
Ein echt tolles Kapitel. Kellan zu einem Nephilim zu machen war eine interessante Lösung, damit er helfen kann. Gefällt mir gut.
Mich würde ja interessieren, wie seine Mutter darüber denkt.
Es ist auch verständlich, dass Alex Kellan so wie jeden anderen in seinem Korps behandeln muss. Aber ich finde es gut, dass er Alex’ Korps gekommen ist.
Ich bin schon darauf gespannt, wie es jetzt weitergeht.
lg sunny12
Von:  sunny12
2010-11-14T11:16:40+00:00 14.11.2010 12:16
Hey!
Das Kapitel hat mir wieder sehr gut gefallen.
Mich interessiert ja, was jetzt genau mit Kellan passiert.
Ich bin schon sehr gespannt, was als nächstes noch so passiert.
lg sunny12
Von:  sunny12
2010-11-01T15:01:00+00:00 01.11.2010 16:01
Hey!
Eine wirklich interessante FF. Sie gefällt mir echt gut.
Zum Glück ist bei Alex und Kellan alles gutgegangen. Aber ich frage mich ja, was Judas genau damit bezwecken wollte? War es nur wegen Kellans Menschlichkeit? Außerdem interessiert mich, warum Kellans Mutter wusste, dass Alex der Wolfshund ist und was in den alten Notizen steht.
Ich bin schon sehr auf das nächste Kapitel gespannt,
lg sunny12
Von: abgemeldet
2010-02-26T15:59:57+00:00 26.02.2010 16:59
oh cool, endlich wir kellan eingeweiht, aber ich bin suuuuper aufgeregt, was sich nun unter seinem Hut verbirgt aber ich habe schon eine Vorahnung^^
Dein Fan
Ps Schreib schnell weiter!
Von: abgemeldet
2010-02-19T19:56:05+00:00 19.02.2010 20:56
Mensch, nochmal gut ausgegangen aber was treibt sich Alex auch in solchen Clubs rum^^ Gut das Kellan und Elisa ihn gefunden haben
Dein Fan
Von: abgemeldet
2010-02-19T19:47:26+00:00 19.02.2010 20:47
alex kann ja wirklich nett sein^^ Toll wie er sich um Elisa kuemmert....Kellan ist in letzter Zeit immer wieder verwirrd und sprachlos xDD
Dein Fan
Von: abgemeldet
2010-02-19T19:40:37+00:00 19.02.2010 20:40
^^Schoen das Alex jemanden hat mit dem er offen und freundlich sein kann^^ aber ich kann Kellans Uebersschung sehr gut verstehen xD
Schock fuers Leben xD
Dein Fan
Von: abgemeldet
2010-02-19T19:35:51+00:00 19.02.2010 20:35
Das ist sooo unfair! Ich will auch so ein Siegel! *Schnute zieh*
^^ Echt klasse Kellan kommt Alex laaaangsam auf die Apur.. mal sehen woe es weitergeht^^
Dein Fan
Von: abgemeldet
2010-02-19T19:30:07+00:00 19.02.2010 20:30
^^ "nur ein Albtraum" *Faustschlag* XDD Echt cool! Alex regelt alles in wenigen Sekunden. Aber er hat wohl recht...viel reden kann jeder aber wirklich in den Kampf ziehen ist etwas anderes!
Dein Fan


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