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Elaine & Ivory

accursed sisterhood
von

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Die Feste und der Angriff

Die Feste Schwarzfelsgrotte
 


 

„Die Feste gilt als uneinnehmbar!“, sagte ich.

„Ivy, Schatz. Ich weiß ich verlange viel zu oft, viel zu viel von dir. Wir haben ohnehin eine fantastische Geheimwaffe.“

Mein Vater ist Aviar Tothbringer.

Der gefürchtete Freiheitskämpfer in diesem Land.

Er und seine brutale Heerschar an Gefolgsleuten nenne ich meine Familie.

Aviar ist nicht nur mein Vater, er ist mein Lehrmeister. Von ihm weiß ich alles über die Schwertkunst und das Überleben in dieser rauen Gegend.

Jedoch, das Vorhaben, welches er sich schon seit Jahren in den Kopf gesetzt hat, kann ich einfach nicht nachvollziehen.

Er ist kurz davor die Schwarzfelsgrotte zu stürmen.

Diese vermeidliche Grotte ist in Wahrheit der Sitz des mächtigsten Königs dieses Landes. Eric Schwarzfels.

Seine Feste ist in schwarzen Fels geschlagen, so dunkel wie die schäumende See bei Sturmwetter. Und der Sage nach, befindet sich unter dem Fels ein See, welcher das letzte magische Geschöpf dieser mir bekannten Welt beherbergt.

Eine Meerjungfrau.

Ihr Blut lässt den König ewiglich leben. Als Ausgleich für ihr Blut, gewährt ihr der König Schutz vor den Magiefressern. Wesen, die aus reiner Magie bestehen und sich von der Lebenskraft anderer magischer Wesen ernähren. Sie fressen alles, was auch nur einen Funken Zauberei in sich trägt.

So auch meine Mutter.

Mein Vater erzählt nicht viel von ihr, denn er sei der Ansicht, dadurch würden die Magiefresser angezogen werden. Ihr Name allein sei eine starke Zauberformel.

Menschen haben nichts zu befürchten.

Nun haben sie aber etwas zu befürchten. Und zwar meinen Vater, mich und 5.000 Männer an seiner Seite, welche die verrückte Herrschaft des Königs Schwarzfels nicht mehr ertragen. Sein ewig währendes Leben macht ihn sinnfrei und handlungsunfähig und stürzt die Leute ständig in neue Kriege.

Dabei sind die Menschen in diesem Land ausgebrannt. Felder liegen brach und Flüsse quellen über von Leichen und Leichen fressenden Dämonen.

Dies ist kein lebenswertes Land.

„Ach was!“

Ich hob meinen Krug und leerte den warmen Met in einem zug. Unser Heer hatte sich im nahegelegenen Buschwald niedergelassen. Wir ruhten in Zelten für die bevorstehende Schlacht, aber zur Ruhe kam nicht wirklich ein einziger Mann.

Die Angespanntheit war im gesamten Lager zu spüren.

„Gut, hör mir zu. Ich habe nämlich einen speziellen Auftrag für dich.“

„Ich bin ganz Ohr, Alter.“, sagte ich nur.

Neben meinem Vater saßen noch Morgul, der einem barbarischen Riesen glich; und Lethor, der Kräutermeister. Sie waren etwas wie seine Berater.

Kräutermeister waren rar geworden. Adelsleute scharten sie haufenweise um sich, da sie als einzige Heiler galten, die keine Magie benutzen.

„Du wirst von zwei Dutzend Männern bewacht werden, wenn du in die Grotte gehst um dort nach der Meerjungfrau zu suchen.“

„Was?“, sah ich ihn geschockt an. „Es galt den König zu stürzen, nicht dieses Monster aufzusuchen. Kann es denn nicht einfach dort unten verrecken?“

Lethors Blick wanderte besorgt zu meinem Vater und dieser seufzte nur langgezogen.

„Was ist mit diesem Magiewesen? Würden wir Gold für sie bekommen?“, fragte ich weiter.

„Ja, einen Schatz würden wir bekommen.“, sagte nun Lethor ruhig.

„Aber wir wissen auch, dass die Magiefresser sie erwarten, sobald sie an der Oberfläche ist.“, merkte Morgul an.

„Ich weiß, ich weiß. Aber Meerjungfrauen haben nicht immer einen Fischschweif. Sie können genauso auch ohne unser Wissen zwischen uns wandeln, als Menschen. Das Einzige was sie verrät, sind ihre schwarzen Augen.“

Mein Vater wirkte traurig, so traurig wie noch nie. Sein Gesicht war gerötet und das bestimmt nicht vom Met, denn darin war er gefestigt.

„Was hat es mit dieser Nixe auf sich?“

„Das erzähle ich dir, wenn es soweit ist, Ivory.“, meinte mein Vater.

„Wichtig ist nur, dass wir sie so schnell wie möglich dort rausbekommen. Ob der König nun gestürzt wird, ist zweitrangig. Und diese Botschaft, geht nicht über die Zeltplane hinaus. Ich weiß, ich kann mich auf euch verlassen, aber bitte. Bitte findet die Meerjungfrau!“

Ich wirkte als einzige Verständnislos für dieses Verhalten, aber ich vertraute dem Urteil meines Vaters genauso wie er meinem Können vertraute.

Ich schnürte mein Brustharnisch enger und sagte nur: „Sag mir, wo die Grotte ist und ich hole dir dort selbst die Hadesschlange heraus!“

Morgul lachte kehlig: „Das ist das Wort Aviars Tochter!“

Die meisten Männer meines Vaters achteten mich nicht sonderlich, da ich als Frau eine geringe Rolle spiele. Aber sie achten Morgul und Lethor, welche unausgesprochen unter meiner Obhut stehen. Bis jetzt ist mir noch kein Fehler unterlaufen und so soll es auch bleiben.

„Ich würde mir meine Männer gerne selber aussuchen. Welche, die ich für geeignet halte mir den Weg frei zu räumen, während ich dieses Wesen suche.“

„Wie ich dich kenne, hast du da bereits einige in Aussicht.“, sagte Aviar mit stolzerfülltem Blick.

„Nur zwei, Vater. Nur zwei.“

„Zwei Männer bloß? Wer mögen die sein, dass sie es mit der bewachten Anlage des größten Königsschatzes aufnehmen könnten?“, meinte Lethor erstaunt.

Morgul und mein Vater tranken noch jeder einen Schluck und lachten sich wissend und brüderlich an.

„Ich habe eine Ahnung.“

„Die habe ich auch!“, sprach mein Vater. „Und dennoch, es ist die stärkstbewachte Festung. Du bekommst mehr Männer als Schutz. Die Beiden, ich schätze es handelt sich um Graia und Merion, werden für deinen persönlichen Schutz zu deiner Seite stehen.“

„Habe ich gehofft. Ich verabschiede mich, Morgul, Lethor, Vater. Wir sehen uns zu Tagesanbruch, wenn uns die Schlacht bevorsteht.“

„Ruh dich nur aus, meine stolze Kriegerin.“

Ich verließ das Männerzelt und ging in mein eigenes nicht unweit von dem meines Vaters.

Graia und Merion sind Paladine des Königs Sylven. Er regiert im benachbarten Königreich und ist des Kämpfens ebenfalls müde geworden.

In meinem Zelt warteten nur mein Schwert und meine Rüstung. Beide brachte ich auf Hochglanz, bevor ich einschlief.
 


 

Angriff auf den König
 


 

Der Morgen brach chaotisch an. Ich hörte nur Männergeschrei und dann einen dumpfen Aufschlag von etwas, das sehr, sehr schwer sein musste. Noch im Halbschlaf wusste ich, um was es sich handelte.

Eilig rannte ich in voller Montur aus dem Zelt und was ich sah, war mir bis dato noch nie untergekommen.

Ein gewaltiger grauer Drache stand inmitten der Männer und blies heiße Rauchwolken ins Geäst des Waldes.

„Der wird für Wirbel sorgen, das könnt ihr mir glauben.“, sprachen die Männer in der Runde.

„Wir haben den Sieg praktisch in der Hand!“, hörte ich sie sagen.

Der Drache war die Geheimwaffe unserer Angriffstruppe.

Er war von der Drachengilde zu uns geschickt worden. Ein Ritter saß auf dem edlen Tier um es Graia zu übergeben. Der einzige Paladin des Königreichs Sylven, welcher die Ausbildung der Drachengilde absolvieren konnte.

Womöglich war die Meerjungfrau als Dank gedacht, für die Hilfe der Drachengilde?

Die Drachenritter und deren Gemeinschaft galten nicht als Krieger oder Kriegführende, sie waren eine Gilde des Friedens und schützten nur ihr eigenes Land und die Drachen selber. Wie mein Vater das geschafft hat, musste ich ihn nach dem Spektakel fragen.

Nach und nach rüsteten sich die Männer und es dauerte nicht lange, standen alle in Formation und angriffsbereit hinter dem Ross meines Vaters.

Aviar hob sein Schwert, der Drache erhob sich in die Lüfte und der Krieg begann.

Ich ritt zwischen meinem Vater und Morgul als dieser mich ansprach: „Hast du keine Furcht vor dem Krieg, vor dem sterben?“

Die Frage kam so plötzlich, dass ich zuerst nicht wusste, was ich darauf antworten sollte. Es war mir fremd etwas anderes zu denken.

„Morgul, ich bin in diesem Krieg groß geworden. Ich weiß nicht, wie es ohne sein kann. Aber ich möchte, um jeden Preis, dass es so wird, wie ihr es in Erinnerung habt.“

„Welch edle Worte.“, sprach Morgul betrübt

„Aber Edelmut macht die Welt nicht zwangsweise besser.“, sprach er noch und ritt mit erhobenen Schwert drauf los.

Der Drache flog vor uns und als die erste Salve Pfeile aus den Zinnen der Schwarzfelsgrotte auf uns zu flog, wusste ich, wofür das Feuer eines Drachen noch gut sein kann. Über Morgul machte ich mir gerade keine Gedanken mehr.

Die Pfeile verbrannten lichterloh im Morgengrauen und tauchten den lichten Nebel in eine blutrote Farbe.

Es hätte fast schon bezaubernd gewirkt, wäre da nicht die Angriffsfront von König Schwarzfels auf uns zugestürmt. Ich sprang vom Pferd und riss mein Schwert aus dem Halfter um dem ersten Angreifer den Kopf abzuschlagen.

Um mich herum kreischten und keuchten die Männer. Blut war in Lachen zu meinen Fußen angestaut und dennoch, es gab ein klares Ziel. Ich sah zu Graia und dem Drachen, welche gerade dabei waren das Tor in die Feste zu öffnen und dann zu Merion, der schon neben mir stand, Rücken an Rücken und mit weiteren dutzend Männern in die Feste vordrangen.

Als wir endlich darin ankamen, folgte Aviar noch um ein „Ich suche den König“ zu rufen.

Die Karte zur Grotte, welche ich mir schon Wochen davor eingeprägt hatte, schien unter all dem Getümmel und Wirrwarr an Geschrei jedoch in meinem Gedächtnis verschollen zu sein. Bis Merion mir den Weg wies.

Immer wieder kämpfte ich mit aller Kraft gegen die Angreifer des Königs, bis ich schließlich vor einem gewaltig verzierten Tor halt machte. Merion und die Männer hielten die feindlichen Soldaten gut auf Abstand, aber es schien brenzlig zu werden.

„Ivory, beeile dich!“, rief Morgul zu mir herüber, der angerannt kam und mit einem mächtigen Hieb seiner Doppelaxt auf das Tor einschlug.

Sofort barst das Holz und ich konnte hindurch. Es war dunkel und stickig und je tiefer ich diese steinerne Treppe zur Grotte hinab stieg, je leiser wurde das Kampfgetöse in der Feste. Die Männer boten sich einen harten Kampf und ich muss sagen, es sah so aus, als hätten wir den längeren Atem.

Nach ein paar Metern begann die Dunkelheit zu weichen und wurde von Fackeln an der steinernen Wand verdrängt.

Die Temperatur fiel und mit der Wärme wurde auch mein Mut für einen kurzen Moment geschwächt.

Ich verfiel dem Glauben, ich sei in die falsche Richtung gegangen. Vielleicht hatte ich in diesem endlos scheinendem Gängegewirr eine Abzweigung übersehen?

Aber das konnte nicht sein, denn es gab keine Wegkreuzungen.

Ich bin an keiner vorbeigekommen, es ging nur stetig abwärts in den Berg hinein in dem sich jeden Moment ein See vor mir erschließen musste.

So hatte es mir mein Vater erzählt, so hatte ich die Karten studiert.

Dann endete der Gang so schnell, dass ich fast überrumpelt wurde.

Vor mir endete der Gang und gab nur eine morsche Holztür preis. Mit ein paar Hieben hatte ich diese entzwei geschlagen und nur einen Lidschlag später sprangen mir zwei bewaffnete Männer entgegen.

„Graia?“, gaffte ich ihn an.

„Oh, süße Kriegerstochter. Da hab ich dich ganz schön an der Nase herumgeführt, nicht wahr? Sylvens König, du Kleinkind, ist nur hinter der Nixe her. Genau wie dein Vater. Aber wir werden sie vor euch bekommen.

Nur unser König verdient die Unsterblichkeit!“, sagte der Mann, dem ich mein Leben anvertraut hatte.

Graia hob sein Schwert und schlug ohne zu zögern auf mich ein. Ich konnte es parieren, noch, aber dann kam der zweite, mir unbekannte Krieger auf mich zu und bedrängte mich massiv. Mir bot sich kein Fluchtweg außer diese lange Treppe wieder nach oben zu laufen und dort vermutlich Merion in die Hände zu fallen. Wenn Graia, dann auch Merion.

„Ihr seid ein Verräter, ich habe an euch geglaubt.“

„Es war so leicht dich zu verführen, Ivory.“, lachte er hämisch.

Er traf mich am Arm und ich strauchelte. Der andere bohrte das Schwert in meine Seite und so fiel ich wie ein Stein zu Boden.

„War es das etwa schon?“, sagte der Fremde.

Im selben Moment, als ich anfing das Bewusstsein zu verlieren, fielen die Beiden ebenfalls wie leblose Sandsäcke zu Boden.

Aus ihren Augen und Ohren floss Blut in Strömen.

Etwas war hier und hat sie umgebracht, aber was mochte so eine Kraft haben?

Natürlich konnte so etwas nur ein magisches Wesen vollbringen.

Ob das die Kraft der Meerjungfrau war?

Der Schatz und die Rache

Der Fund des Schatzes
 


 

Ich hob mich mühsam auf meine Beine und presste meine Hand gegen die Wunde. Es schmerzte wie tausend Peitschenhiebe, während mein Blut warm an mir hinab lief und ich mich dennoch in den Raum vor mir hetzte.

Als ich eintrat, erhellte eine seltsame Ansammlung von Pflanzen den Raum.

Es leuchtete in einem hellen Blau, ein Licht, welches ich noch nie zuvor gesehen hatte oder vergleichen konnte.

Die Behausung glich einem Zimmer, welches für den niedrigsten Diener noch zu schäbig gewesen wäre. Es war ein Holztisch, zwei Stühle und ein paar vergammelte Essensreste in der Mitte des Raumes.

Zwei weitere morsche Holztüren und eine mit einem Vorhang verdeckte Nische in den Fels eingearbeitet.

Als ich darauf zuging konnte ich nur ein leises Stöhnen ausmachen.

„Wer da?“, sprach ich strauchelnd.

„Du bist nicht gekommen um mich zu töten, oder?“, sagte eine junge Frauenstimme.

„Nein, das bin ich nicht.“, antwortete ich ruhig und stützte mich mittlerweile mit dem Schwert beim gehen.

Dann wurde der Vorhang zur Seite geschoben und ein hageres Mädchen stand vor mir und trat mir entgegen.

„Wer bist du?“, sagte sie.

Im blauen Licht der magischen Pflanzen sah sie aus wie ein Engel, aber sie war keiner, denn ihre Augen waren schwarz wie die Nacht und verschluckten jegliches Licht. Der in Lumpen gehüllte Körper zitterte, vermutlich vor Angst.

„Ich bin Ivory, die Tochter des Aviar Tothbringer. Und ich bin hier um dich hier herauszuholen.“

Als sie das hörte lief sie auf eine der beiden Türen zu.

„Komm mit.“, sagte sie geheimnisvoll.

„Nein, du kommst mit mir, nicht ich mit dir.“, herrschte ich sie an.

Ihr Gesichtsausdruck wurde trübe, nein, meine Augen wurden trübe und als ich den vollen Schmerz der letzten Attacke zu spüren begann, fiel ich vorwärts auf den Fels.

Die Nixe in Menschengestalt kam zu mir herangeeilt, hielt eine der blauen Pflanzen in ihren Händen und träufelte mir dessen Blättersaft auf die Lippen.

„Trink das, dann geht es dir besser. Es heilt die Menschen.“

Ich wischte das blaue Zeug von meinen Lippen und fuhr mit der Hand an die Kehle der jungen Frau.

„Glaubst du denn, ich traue einem Wesen wie dir? Wer sagt mir denn, dass du mich nicht vergiften willst?“

Ihr Röcheln wurde immer lauter und die matten, schwarzen Augen begannen wehleidig zu glänzen.

Dass sie so schwach sein wird, dachte ich nicht. Unter einer Meerjungfrau stellte ich mir ein wahnsinnig, kräftiges Monster vor. Immerhin berichten die Legenden von solchen Menschen fressenden Geschöpften.

„Du kannst hier verbluten, oder es wagen mir zu trauen.“, sprach sie unter gewaltiger Atemnot.

So ließ ich ihre Kehle los und trank den blauen Saft der Pflanze. Sofort spürte ich, wie sich die Hitze an der verwundeten Stelle ausbreitete.

Ich dachte schon, sie hätte mich belogen, was ich für ein solches Magiewesen als natürlichen Charakterzug betrachtete, aber die Hitze schien die Schmerzen zu verbrennen.

Schon bald fühlte ich mich, als sei nie etwas geschehen. Ich stand auf und blickte an mir hinab.

Der lederne Harnisch war zerstört und durchbohrt, aber die Haut darunter war geheilt.

Dann hörte ich Geschrei und Gepolter über die Treppe von der ich gekommen war. Die Meerjungrau griff nach meinem Arm, aber ich zuckte nur zurück.
 

„Bitte, komm mit mir, ich helfe dir vor den Menschen zu entkommen.“, sagte sie.

Ob sie wusste, dass Feinde auf uns zustürmten?

Ich ließ mich von ihr geleiten, riss sie aber jedes Mal, wenn sie Anstalten machte mich zu berühren, unliebsam herum.

„Fass mich ja nicht an du Monster, oder ich schlachte dich ab!“
 

Sie ging mit mir auf die Tür zu und öffnete sie.

Vor mir erschloss sich eine Rutsche ins Dunkle.

„Du erwartest nicht, dass ich da…“, aber zum aussprechen kam ich nicht mehr, denn sie stieß mich von hinten durch die Tür.

„Du Monster! Du verdammtes, verlogenes Monster!“, schrie ich voll Zorn die Rutsche hinauf, als ich merkte, dass sie ebenfalls die Rutsche hinabsegelte.

„Bitte verzeih mir und hole tief Luft.“, sprach sie so ruhig, als wäre keine Emotion in ihrer Seele.
 

Am Ende meiner Rutschfahrt verstand ich, was sie mit Luft holen meinte, denn ich segelte geradewegs durch die Luft und in die Seegrotte unter mir.

Mit einem tölpischen Plumpsen landete ich im schwarzen Wasser. Die Nixe kam nur kurz nach mir unter die Wasseroberfläche geeilt und verwandelte sich vor meinen Augen in das Wesen, welches sie eigentlich war.

Kurzzeitig glühte auch ihr Innerstes in diesem blauen Leuchten und strahlte eine gewaltige Kälte aus.

Da krümmte sich ihr Rückgrad und anstelle ihrer Beine wuchs eine kräftige Flosse. Ihr Rücken wölbte sich weiter und eine Rückenflosse formte sich. Dann verschwamm das Antlitz des Wesens, denn ich trieb immer weiter ins Dunkle hinab. Schwimmen war etwas, was ich nie gelernt hatte, denn Seen und Flüsse waren in dieser Welt nicht mehr.

Die wenigen Brunnen die trinkbares Wasser zu Tage förderten, waren wie ein Goldschatz zu behandeln und sehr teuer.

Ich sah nichts mehr, spürte nur noch, wie etwas oder jemand nach mir griff.

Ob es die Meerjungfrau war?

Ich konnte es so lange nicht einschätzen ob wir überhaupt nach unten oder nach oben schwammen, bis ich das Licht der blauen Pflanzen durch die Wasseroberfläche sah.

Gerade als ich begann das Bewusstsein zu verlieren, zerrte sie mich an die Luft.

Ich japste und spuckte so heftig beim Luftholen, dass ich schon vergas, wer mich überhaupt gerettet hatte.

„Geht es dir gut?“, sagte sie und blickte mich aus ihren dunklen Augen an.

Ihre Haare waren lang und schwarz, so wie die der dunklen Hexen aus dem Dörrwald.

„Ja, ja.“, keuchte ich.

„Du kannst nicht schwimmen?“, stellte sie fragend fest.

„Sieht wohl so aus.“

„Es tut mir leid, dass ich dich doch anfassen musste. Tochter von Aviar Tothbringer.“

Ich blickte sie kurz stillschweigend an und zwischen uns schien eine merkwürdige Verbindung zu entstehen.

Sie lachte nicht, sie weinte nicht. Sie zeigte überhaupt keine Regung, dennoch fühlte ich eine wahnsinnige Angst von ihr ausgehen.

Dann schwamm sie mit mir an das steinerne Ufer eines kleinen Landstriches und setzte mich darauf ab.

„Hier bist du sicher.“, sagte sie und schwamm weg.

„Warte! Ich bin nicht hier um sicher zu sein.“, schrie ich ihr nach.

„Sondern um dich von hier weg zu bringen.“, sagte ich mehr mir selber.

Was hatte dieses Geschöpf bloß vor? Sie war überhaupt nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte.

Und noch dazu saß ich hier in dieser Grotte fest, während mein Vater und die Männer da oben ihre Schlacht auszukämpfen hatten.

Ich wollte ihnen helfen!

„Fisch! Hey Fisch! Bring mich wieder zurück.“, rief ich ins blanke Nichts einer dunklen Grotte.

Der Wasserspiegel war ruhig, als dann ein Büschel Haare vor mir auftauchte und kurz darauf der Kopf der Nixe.

„Mein Name ist Elaine.“, sagte sie ruhig.

„So? Du bist für mich nicht mit einem Menschen gleich zu setzen. Und darum bleibst du für einfach nur ein Fisch. Nicht mehr und nicht weniger.“

Wieder schwappte eine Welle Angst über mich.

Aber es war nicht meine.

„Die Menschen sind hier, die mit dir kamen.“, ignorierte sie meine Aussage.

„Dann bring mich zu ihnen!“

„Gehe den Landstrich entlang, bis du an die Tür ankommst.“, verschwand sie anschließend wieder unter Wasser.

Also kletterte ich über die Felsen und rutschigen Steine des schmalen Landganges bis ich an eine steinerne Platte ankam die zu einer Tür führte. Dort stand ein Mann, den ich zuerst noch nicht erkannte.
 


 

Die Entstehung der Rache
 


 

„Lethor!“, lief ich auf ihn zu.

„Wir haben also gewonnen, du bist hier um mir mit der Festnahme der Nixe zu helfen?“

Aber sein Blick war starr.

„Nein, Ivory. Wir haben nicht gewonnen. Ich bin hier, weil ich dir im Namen deines Vaters etwas sagen muss. Und das, bevor sie selbst diese verbotene Höhle stürmen.“

„Was? Was meinst du? Was ist mit Aviar?“

Ich spürte noch, wie sich die Tränen in meinen Augen stauten.

„Der König hatte eine Armee von Menschenfressern auf uns gehetzt. Die Ghoule überrollten uns gerade nachdem du in diesen Gang geflüchtet bist. Aber eines, eines musst du noch wissen, bevor selbst ich Opfer werde.“

Verstört blickte ich ihn an, als ich bemerkte, dass eine riesige Speerspitze durch seinen Bauch ragte.

„Nein!! Nein Lethor, nein!“, flossen meine Tränen nun.

Er fiel auf die Knie und rutschte an den Rand der Steinplatte, bis er das Wasser berührte.

„Das…“, sagte er schwach. „…ist deine Schwester.“

Elaine tauchte vor uns im Wasser auf und blickte abwechselnd kühl, wie schon die ganze Zeit über, zu ihm und mir.

„Eure Mutter war eine Nixe, die Magiefresser haben sie getötet, nachdem sie den König um Schutz bat. Aber er hat sie nur ausgebeutet. Ihr gesagt, sie würde Schutz erhalten und währenddessen immer mehr Magiefresser auf seine Feste und in das Land geholt um sie dort gefangen zu halten.“

„Nein, Lethor! Das kann nicht sein. Sieh sie dir doch an. Sie ist ein Magiewesen. Sie ist irgendein Monster! Wie können wir dieselbe Mutter haben?“

Ich blickte streng zu der Nixe und diese aber weiterhin auf Lethor.

Dann sagte sie: „Mutter hat nach Aviar gesucht.“

„Ja.“, sagte Lethor bloß wortkarg.

„Aber sie kam nie wieder zurück.“

„Sie ist tot, getötet von den Gefolgsleuten des König’s Schwarzfels. Den Magiefressern.“

Der Kräutermeister hustete heftig und sackte nun völlig in sich zusammen.

Sein ehrenwertes Gewand war blutgetränkt und zerschunden.

„Lethor…“

„Geht ins Königreich Lebaya. Dort lebt ein Kräutermeister an der Küste des Eismeeres, mein Bruder.“

Er holte tief Luft und sprach seine letzten Worte: „Er fügt euch in das Schicksal…“

Dann wurde sein Blick leer.

Mich überkam eine gewaltige Welle Zorn, so groß, dass ich mich hingerissen fühlte, der Meerjungfrau den Kopf abzuschlagen, nach draußen zugehen und zu jubeln, dass ich dem König seinen größten Schatz genommen hatte.

Aber dann verstand ich, was die Männer gestern sprachen.

Was Lethor gestern Nacht meinte, als er sagte, wir würden einen Schatz bekommen, wenn wir die Nixe befreiten.

Ich wollte es nicht wahrhaben, aber es schien, als sei dieses Geschöpf tatsächlich meine Schwester. Als seinen größten Schatz bezeichnete Aviar immer… mich.
 

Ich hörte weitere Schritte durch die offene Holztür dringen, als ich gedankenverloren vor dem toten Kräutermeister saß.

Meinen Waffenbruder.

Einen Freund seit meiner Kindheit.

„Verdammt!“, schlug ich auf den Fels ein.

„Ivory. Ich kenne einen Weg aus der Grotte. Wir sollten jetzt…“

„WIR sollten gar nichts! ICH werde gegen diese Horde von Menschenfressern alleine fertig und diesen verdammten König zur Strecke bringen! Und was DU tust, soll in den Abgründen der Sturmschlucht verschwinden!“, schrie ich sie barsch an.

„Du wirst sterben.“, antwortete sie einsilbig.

„Dann wäre das ein Tod, der mir gerecht wird.“

„Nein. Dein Tod wäre niemandes Hilfe. Du könntest unseren Vater nicht…“

„MEIN Vater! Hörst du! MEIN Vater!“
 

Meine Tränen verhinderten, dass ich die Angreifer rechtzeitig sah. Denn als ich sie mir aus den Augen wischte, fielen bereits drei tot um.

Genauso, wie es Graia tat.

Aus ihren Augen quoll literweise Blut und sofort begriff ich, dass nur die Meerjungfrau dahinter stecken konnte.

Ich schlug auf die ein, die noch lebendig zur Tür stürmten, als ich mich für einen Moment zu der Meerjungfrau umdrehte, sah ich, dass sie mit jedem Angriff an Stärke verlor. Sie lehnte ausgezehrt am Ufer und vollführte Handbewegungen aus denen immer wieder bläuliche Blitze traten und die Gegner einfach umwarfen.

Dann kam die größte Salve Feinde zur Tür herein.

So viele ich nie hätte alleine besiegen können.

Die Ghoule kletterten die Wände hoch, spuckten und zischten mit ihren abnormen Mäulern auf mich herab, da blieb mir nichts anderes übrig als umzudrehen und einen Hechtsprung in die dunkle Grotte zu wagen.
 


 

Die Nixe kam sofort herangeeilt und zog mich tiefer ins Wasser. Ich weiß nicht wie, denn sie sagte nichts, aber ich spürte, dass es gut war tiefer zu schwimmen. Irgendwann sah ich ein schwaches weißes Glimmen am Ende der Dunkelheit. Und als wir dem Licht immer näher kamen, verstand ich, dass es sich um die Wasseroberfläche handeln musste.

Sie stieß mit mir ins Freie und sagte nur: „Es tut mir leid, dass ich dich wieder berühren musste. Tochter von…“

„Halte einfach nur dein Maul.“, schnitt ich ihr das Wort ab.
 

Dann überrollte mich wieder diese Angst und es war mir, als würde sie innerlich weinen vor Schmerz.

Ich ignorierte es und sah mich erst einmal um. Wir waren weit geschwommen und in einem großen Teich hinter der Schwarzfelsgrotte wieder rausgekommen.

Als ich ans Ufer ankam, blieb ich erst einmal für einen Moment sitzen. Das Wasser zehrte ganz schön an meinen Kraftreserven.

Die Nixe sah mich bloß stillschweigend an, als sie sich schließlich auch an Land robbte um dort, etwas weiter entfernt von mir, liegen zu bleiben.

Das patschen ihres Fischschweifes löste in mir nur noch mehr Ekel aus.

Wie konnte mein Vater nur…

Wie konnte er es mir verschweigen?
 

Meine Mutter war wie dieses Monster neben mir.

Ein verstoßenes und gejagtes Magiewesen. Ihre abartige Form ließ mich nur schnell aufstehen und die Reise nach Lebaya zu Lethors Bruder aufzunehmen.

„Bitte, warte!“, rief sie mir nach.

„Warum sollte ich?“, sagte ich nur, als ich mich vom Teich entfernte.

„Ich war noch nie außerhalb der Grotte.“

„Und was soll ich jetzt tun? Deine Amme spielen? Schwimm halt wieder zurück.“, drehte ich mich schließlich um und bemerkte, wie sie sich abmühte sich in menschliche Gestalt zu formen.

„Beim Propheten, das ist ja widerlich.“, gaffte ich sie nur an.

Ihre Mimik verriet wieder einmal keine Gefühlsregung, doch als ich mir vor Augen hielt, dass sie meine Schwester ist, dieses körperlich unterentwickelte Etwas, wurde mir flau im Magen.

Vielleicht sollte ich ihr eine Chance geben.

Aviar sage immer, jedes Wesen hätte es verdient in Frieden und ohne Angst zu leben. Also drehte ich mich um und meinte nur: „Wenn du damit fertig bist, gehen wir.“

Kurz darauf stand sie in ihrem Fetzenkleid neben mir und flüsterte mir ein „Danke“ entgegen.

Die Magiefresser und das Leugnen

Die Magiefresser des Buschwaldes
 


 

Wir durchquerten einen Teil des Buschwaldes und stießen zum Glück auf keine Gefolgsleute des Gegners.

Die Nixe folgte mir auf Schritt und tritt, blieb jedoch immer wieder stehen um sich die Natur anzusehen.

„Los, geh weiter oder ich lasse dich hier zurück!“
 

Fasziniert von ihrer Umgebung bemerkte sie nicht, als ich mich kampfbereit machte.

„Sei leise Fisch!“, packte ich sie grob am Arm und zog mein Schwert.

„Ich kann hier meine Magie nicht anwenden.“, sagte sie nur ruhig.

„Hier ist nicht ausreichend Wasser.“, vervollständigte sie, als sie meinen zweifelnden Gesichtsausdruck sah.

Dann sah ich das, was ich zuvor im Geäst gehört hatte.

Es waren Magiefresser auf Rundgang.

Drei von ihnen stakten in ihren abnormen Gestalten auf spindeldürren Beinen durch den Waldboden.

Selbst ihre Arme reichten bis an den Boden und ihre Finger schliffen wie knorrige Äste hinter ihnen her. Ihre Augenhöhlen erinnerten an die eines Totenkopfes und ihr Leib an die Rinde eines Baumes. Sie waren verknöcherte Missbildungen die rochen wie gärendes Obst.

„Wenn du keine Magie einsetzt, wird es besser für uns sein.“, sagte ich zu dem Fisch.

„Sind das Magiefresser?“

„Ja beim Propheten, hast du noch nie welche gesehen?“

„Nein. Ich…“

Ihre Stimme überschlug sich als ihre Augen wieder wässrig glänzten.

Dann sagte sie: „Solche haben Mutter getötet?“

Ich atmete tief durch, während die Wesen immer näher kamen. Sicher waren sie zwei Mal so groß wie ich, aber sie nahmen uns nicht wahr.

Zumindest solange keiner von uns zauberte.

„Bitte, Fisch. Reiß dich zusammen und unterlasse alles was magisch ist.“

Sie kam näher und hielt sich an meinem zerrissenen Ärmel fest.

Wieder schwappte eine gigantische Welle Angst über mich.

Sie zitterte.

Im selbem Moment drehte sich einer der Magiefresser zu uns herüber und beugte sich auf Augenhöhe.

Die Meerjungfrau begann zu wimmern und sagte dann leise: „Ich habe Angst, Ivory. Ich…“

Dann drehte sich der Magiefresser wieder um und folgte seinen Kumpanen.

Ich hingegen stand immer noch stocksteif da.
 

„Du sollst mich… nicht anfassen!“, murrte ich finster.

Die Nixe zitterte unentwegt, blickte völlig verstört in die Richtung der Magiefresser und bemerkte meinen Groll erst, als ich ihr meine Schwertspitze an die Kehle hielt.

Ich glaube auch zum ersten Mal blickte ich sie richtig an. Nicht nur flüchtig, sondern musternd.

Ihre Haut war übersäht von Narben. An ihren Armen wurden diese zu dicken Striemen und einige waren noch stark gerötet. Ja selbst in ihrem Gesicht waren sie. Warum war mir das zuvor nicht aufgefallen?

Ich musste mich wieder ermahnen, dass sie eigentlich meine Schwester ist und als ich sie so zitternd dastehen sah, gepeinigt von der Blutlust des Königs, nahm ich meine Klinge runter und steckte sie weg.

Ohne ein weiteres Wort ging ich weiter.

Sie folgte mir.
 

Nachdem die Stille zwischen uns unerträglich geworden war, wollte ich etwas sagen, aber sie kam mir zuvor: „Warum hasst du mich?“

Ihr Kopf war gesenkt und ihr Gang unsicher.

„Ich hasse dich nicht.“, ging ich weiter voran.

„Aber ertragen kannst du mich auch nicht.“

„Das stimmt.“

Ich war gefasst auf die nächste Frage, aber sie sagte nichts mehr.

„Wir schaffen es heute noch aus dem Buschwald, aber das nächste Dorf in dem wir uns Proviant besorgen können, liegt noch einen Tagesmarsch entfernt. Ich schlage vor, der nächstbeste Lagerplatz wird in Anspruch genommen. Es wird eine halbe Ewigkeit dauern, bis wir Lebayna erreicht haben. Und im Grunde, laufen wir doch Ziellos durch die Gegend.“, kündigte ich resignierend an.

Sie erwiederte nichts und so bielb ich auch wieder stumm.
 

Ein paar Stunden später und die Sonne stand wieder tief am Himmel.

Die Nixe sprach kein Wort mehr seither, bis wir den Buschwald verließen und ich uns ein geeignetes Feldlager aufschlug. Ich machte ein Feuer und stellte Fallen für die Tiere in der Umgebung auf. Obwohl ich nicht hoffte überhaupt etwas zu fangen. Die Meerjungfrau hingegen ging einfach davon und als sie wieder kam, hatte sie zwei Feldhasen in den Händen.

Ohne ein Wort legte sie sie mir vor die Füße und setzte sich auf die andere Seite des Feuers.
 


 

Das Leugnen des eigenen Blutes
 


 

Nachdem wir gegessen hatten wollte ich sie noch etwas fragen: „Fisch. Wir haben einen gewaltigen Vorsprung, dennoch denke ich, dass wir immer noch verfolgt werden. Deshalb schlage ich vor, wir wechseln uns mit der Nachtwache ab.“

Sie nickte nur.

Als ich mit wachen dran war weckte sie mich, indem sie mich mit einem Stock in die Seite piekste.

Am Morgen wurde ich unsanft von etwas nervtötenderem als einem Stock geweckt.

Es war das patschen ihres Fischschwanzes.

Ich lugte auf die Glut des Lagerfeuers und dann auf die Nixe die immer noch davor lag und mich keines Blickes würdigte.
 

„Hey, was ist los mit dir?“, fragte ich sie.

Sie atmete schwer: „Ich war noch nie so lange ohne…“

„… Wasser?“, beendete ich ihren stockenden Satz.

„Aus diesem Grund wandelst du dich?“
 

„Ich weiß nicht, wie das passieren konnte.“, sagte sie leise.

„Beim Bart des Klerus, wenn du das öfter machst, werden wir in einem Monat noch nicht da sein. Verlange nicht von mir, dass ich dich trage!“

„Eher lässt du mich zurück, nicht wahr?“
 

Ich ballte meine Hände zu Fäusten bis die Knöchel weiß hervortraten.

Jetzt redete sie mir auch noch ein schlechtes Gewissen ein. Aber auf dieses Spiel wollte ich mich erst gar nicht einlassen.

„Natürlich. Kann ich was dafür, dass du unfähig bist?“

„Nein, nicht unfähig. Bloß tot, jeden Moment.“
 

„Tot?“, lachte ich erheitert bei der Vorstellung.

Sie setzte eine Pause ein, holte tief Luft und flüsterte: „Ich vertrockne.“

Im selben Moment überkam mich die Todesangst die die Nixe gerade auszufechten hatte.

Geschockt über diese gewaltige Angst ließ ich die Kinnlade weit offen stehen, als mir die Gänsehaut den Rücken entlang lief.

„Hör auf damit. Hör auf mich immer so mit dieser Angst zu konfrontieren!“, warf ich ihr an den Kopf.

Dann, zum ersten Mal seit ich sie in der Grotte gefunden habe, fing sie an zu weinen.

Sie bettete ihren Kopf in ihre Arme und schluchzte unaufhörlich in einem wimmernden Ächzen.
 

„Ich habe gestern alles verloren. Mein Obdach, meine Mutter, meinen Vater, ja selbst meine Schwester von der ich wusste, dass sie als einziges noch lebt. Ich habe die Kraft verloren schön für sie zu sein, denn sie erträgt mein Aussehen nicht. Der Halt wurde mir genommen, von dem Mutter sagte, dass ich ihn bei ihr finden würde. Sag mir, was würdest du fühlen?“

Ich schlug die Augen nieder, betrachtete mein Schwert und meinen kaputten Lederharnisch.

Sie hatte mir das Leben gerettet, wenn ich es mir nur eingestehen konnte.

Ich biss mir so fest auf die Lippen, dass ich zu bluten begann.

Ja, sie hatte mir das Leben gerettet, sie war meine Schwester und Vater wollte sie aus den Klauen des Königs befreien.

Aber ich tue nichts um sie in der Familie willkommen zu heißen.

Im Gegenteil, ich habe bis jetzt nur schreckliche Dinge zu ihr gesagt.

Was bin ich nur für eine Ausgeburt?
 

„Ich habe auch meine Familie verloren. Meine Freunde, meine Ziele. Aber ich habe eine Schwester gewonnen, von der ich nichts wusste. Sie ist ein fabelhafter Mensch… ich meine… ein fabelhafter Fisch. Aber sie hat sich etwas Besseres als mich zur Schwester verdient, denn ich bin nur ein grobes Weib mit der Vergangenheit eines Berserkers.“

Ihr Schluchzen versiegte und ebenso ihre Flosse.

Als sie wieder völlig menschlich vor mir saß und mich aus großen, tränennassen Augen ansah, entkam ihr ein schüchternes Lächeln.
 

Ich erwiderte es, bevor sie sagte: „Ich habe nur dich, bitte verstoße mich nicht.“

„Ich bin ein schwieriger Mensch, das sagte Aviar immer.“, lachte ich.

„Mutter sagte, sie sei sehr stolz auf dich gewesen.“

„Du hast sie gekannt?“, fragte ich erstaunt.

„Sicher. Ihr habt an der Grenze zu Lebayna gelebt an einem Fluss. Dort hat sie auch unseren Vater kennen gelernt und sich in ihn verliebt.“

„Was weißt du denn noch über Mutter?“, wurde ich nun neugierig.

„Nach deinem fünften Sommer bekam sie ein zweites Kind. Es war die Zeit in der König Schwarzfels die Magiefresser ausgesandt hatte.

Dieses Kind war ich.

Ich kam mehr nach unserer Mutter - wie du sicher bemerkt hast - und so musste sie heimlich mit mir fliehen. Unser Vater musste nicht lange raten um zu erfahren wo wir waren, denn König Schwarzfels Unsterblichkeit verbreitete sich in Windeseile. Sie hat mir viel und oft von dir erzählt, als wir in der Grotte eingeschlossen waren.“
 

Mir standen Tränen in den Augen.

Zum ersten Mal erzählte mir jemand etwas über meine Mutter. Aviar hatte es immer vermieden, weil er sich vor den Magiefressern fürchtete.

Sie sah mich neugierig an, als würde sie hoffen auch etwas über unseren Vater in Erfahrung zu bringen. Aber ich konnte im Moment nicht darüber sprechen.

Es schnürte mir die Kehle zu.
 

„Elaine?“
 

Geschockt darüber, dass ich ihren Namen aussprach, sah sie mich an.

„Von mir aus ist das Berührungsverbot aufgehoben.“

Mit starrer Mine stand sie auf, schritt auf wackeligen Beinen um die Reste des Lagerfeuers und ließ sich neben mich auf die Knie fallen.

Sie sah mich eindringlich von der Seite aus an, ich rührte mich aber nicht, hatte nur gerade gewaltige Mühe einen Heulkrampf zu unterdrücken.

Da fasste sie zögernd an mein Gesicht und strich langsam mit ihren Fingerspitzen an meinen Wangen entlang. Sie betastete mich wie ein Blinder, als wolle sie jeden Muskel meines Gesichts in sich einprägen.

Schließlich nahm ich ihre Hände und legte sie um meinen Nacken.

„Für gewöhnlich macht man das so.“, flüsterte ich stockend und umarmte sie.

Sie drückte sich an mich und jauchzte kurz erleichtert auf.
 

Wenn es nach ihr ginge, hätte diese Umarmung wohl noch sehr lang gedauert.

„Okay, das reicht jetzt. Für alles gibt es Grenzen.“, stellte ich schnell fest und drückte sie wieder von mich.

Sie rutschte ein Stück zur Seite, aber mit einem gewaltigen Lächeln im Gesicht.

Eines das hätte jeden Magiefresser umwerfen können.

„Machen wir uns wieder auf den Weg.“

Die Reise beginnt

Die außergewöhnliche Kraft des Wassers
 


 

Wir gingen den ganzen Tag über quer durchs karge Buschwerk der Kaladim-Steppe. Ein äußerst trockenes und brachliegendes Land.

Elaine hatte es sichtlich schwer hier, diese Hitze war ihr fremd. Aber selbst ich musste mir eingestehen, dass ich an akutem Wassermangel litt.

Seit Tagesanbruch hatte ich keinen Schluck mehr getan, aber ich kämpfte mich weiter.

„Ivory. Wir müssen uns östlich halten.“

„Nein, Kaladim liegt südlich von hier an der Grenze zum Köngreich Loga. Wir müssen weiter geradeaus gehen.“

Dann hörte ich nur einen dumpfen Aufschlag und als ich mich umdrehte lag Elaine vor mir im Staub. Ihre Lippen waren ausgetrocknet brüchig und ihr langes schwarzes Haar war grau vom Dreck.

„Hey!“, ließ ich mich neben Elaine nieder und rollte sie auf den Rücken.

Aber ihre dunklen Augen blieben geschlossen.

So hievte ich sie auf meine Schulter und marschierte in östliche Richtung.

Warum auch immer, es war vermutlich nur eine Ahnung.

Nachdem meine Schulter zu schmerzen begann, da ich so große Anstrengungen nicht gewohnt war, kippte selbst ich zur Seite. Keine Ahnung wie lange ich gewandert war, aber es kam mir wie Wochen vor.

Jedoch, ich traute meinen Augen nicht, als sich vor mir eine Oase auftat.

Ich sah es zuerst nur als ein schwaches Glimmen zwischen einer hungernden Anhäufung vertrockneter Bäume, aber es war sicher Wasser dort.

„Elaine!“, jauchzte ich vor Freude auf.

Ich eilte mit ihr so schnell es ging auf das Wasser zu und als ich dort ankam, stellte ich fest, dass wir nicht alleine waren.

Viele Tiere tummelten sich um diesen überschaubaren See und auch einige baufällige Hütten konnte ich ausmachen.

Aber darum konnte ich mich nicht kümmern und so stieg ich hastig ins Wasser bis ich bis zum Bauch darin versank und Elaine von meiner Schulter gleiten ließ.

Zuerst hielt ich sie noch aufrecht, aber sobald sie mit dem Wasser in Berührung kam, schlug sie die Augen auf und nahm einen tiefen Atemzug. Sie konnte nun aus eigener Kraft stehen, tauchte aber sofort ohne ein Wort unter, ehe sie wieder aus dem Wasser geschossen kam und mich mit einer gewaltigen Überschwänglichkeit umarmte.

Ihre Narben glitzerten gerade mehr denn je unter ihrer nassen Haut und so traute ich mich gar nicht, die Umarmung zu erwidern.
 

„War ich schwer?“

„Etwas, aber ich halte das aus. Bis Kaladim hätte ich es jedoch nicht ertragen.“, schmunzelte ich schüchtern und wand mich ab um ans Ufer zu waten.

Dort nahm ich einen kräftigen Schluck und blieb gebannt sitzen. Die Tiere beobachteten mich, liefen jedoch nicht weg.

Elaine folgte mir gleich und setzte sich neben mich. Ihr Kleid schien noch zerfetzter als zu der Zeit in der ich sie gefunden hatte.

„Willst du nicht noch etwas im Wasser bleiben, bevor wir weiter ziehen?“

„Magiefresser sind hier. Ich spüre sie.“, antwortete sie und starrte auf die glitzernde Wasseroberfläche hinaus.

„Nun gut, dann ist es wohl besser wir gehen weiter. In den Hütten dort im Ufer könnten wir vielleicht ein wenig Unterschlupf finden. Es sieht nicht so aus, als würde dort jemand leben, aber… wer weiß was wir finden. Ein Ledersack wäre praktisch um Wasser mitnehmen zu können.“
 

Elaine nickte nur und stand sogar noch vor mir auf um mir voranzugehen.

Als wir an der Hütte ankamen, blieb sie aber so abrupt stehen, dass ich in sie hineinlief.

„Was ist denn nun?“, herrschte ich sie finster an.

„Die Magiefresser sind dort. In diesem Haus.“

Sofort zückte ich mein Schwert und deutete Elaine für den Fall einer Flucht nahe am Wasser zu bleiben. Sie versteckte sich zwischen dem Schilfhain und ich schlich weiter an die Hütte heran, bis ich unter einem offenen Fenster halt machte. Dort hörte ich die Stimmen der verkrüppelten Magiefresser und die zweier Menschen.
 

„Sie können nicht so weit sein. In Kaladim hat man bereits jeden Zentimeter durchsucht und durch die Steppe können sie mit der Nixe nicht gegangen sein.“

„Wie viele waren überhaupt flüchtig?“

„Gesehen hat man nur ein Dutzend Männer. Verdammt, der König wird uns köpfen, wenn wir ihm dieses Vieh nicht ausliefern. Selbst diese dummen Magiefresser sind zu nichts gut, wenn sie in menschlicher Gestalt ist.“

„Ich werde mal rausgehen und frische Luft schnappen, hier drinnen riecht es nach faulem Obst.“, sagte einer und ich hörte noch, wie die Tür der Hütte aufgestoßen wurde.

Er rülpste einmal lautstark und ging dann ans Ufer, direkt auf Elaine zu.

Zwei Stimmen hörte ich, aber ich weiß nicht wie viele Magiefresser noch da drinnen waren. Konnte ich es wagen gegen sie zu kämpfen?

Wenn er noch näher an Elaine herankäme, würde mir nichts anderes übrig bleiben. So kauerte ich mich fester gegen die kühlen Steinwände des Hauses.

Einer der Dämonen kam ebenfalls aus dem Haus und mit ihm der zweite Soldat des Schwarzfelskönigs.
 

„Der Magiefresser hat etwas gespürt.“

Er zuckte mit den Schultern und griff an sein Schwert. Der Andere trug eine gewaltige Axt und der Magiefresser hatte seine todbringenden Klauen. Ich kam mir gerade wieder einmal hilfloser vor, als Elaine an Land.

Ich holte tief Luft und stieß mit Gebrüll voran, schlug dem Ersten aus heiterem Himmel den Arm ab. Der zweite sah noch verdutzt zu mir und meinte nur: „Ein Mädchen?“, ehe ich aber schon parierte und mein bestes tat um ihn zu verwunden.

Der Magiefresser machte sich auf den Weg zu dem Schilfhain in dem Elaine saß. Ich konnte nur hoffen, dass sie bereits ins Wasser geflüchtet war.
 

Es war ein leichtes diesen Tölpel von einem Krieger zu besiegen, er hatte so viel Erfahrung wie ein Kleinkind und lenkte seine Axt behäbig und ungeschickt.

So stieß ich mein Schwert nach vorne und durchbohrte seinen Wams.

Das warme Blut spritzte mir beim herausziehen ins Gesicht.

„Elaine!“, schrie ich nur noch, als ich sie in den schlaksigen Händen des Dämons erblickte.

Sie war ein Mensch, aber begann sich zu wandeln, während der Magiefresser begann ihre Lebenskraft aufzusaugen.

Erst als ich auf das Spektakel zulaufen wollte, bemerkte ich eine Wunde an meiner Schulter. Ich drehte mich um und da lag der, dessen Arm ich abgeschlagen hatte. Er warf mit kleinen Pfeilspitzen nach mir, ehe er sich wieder fallen ließ und elendig verblutete.

Aber um die Wunde konnte ich mich gerade nicht sorgen, ich eilte auf Elaine zu, hob mein Schwert und schlug auf den Dämon ein. Er rührte sich zuerst nicht, ich konnte ihm nicht einmal einen Kratzer zufügen, da fing Elaine an ihre Kräfte zu sammeln und die Energie des Wassers gegen den Magiefresser zu richten. Ihr Torso glühte blau und das bösartige Wesen schien daran zu ersticken, was sie ihm an Magie zukommen ließ.

Er begann zu straucheln und ich verstand.
 

Sie konnte ihn nicht töten, aber sie hatte es scheinbar geschafft ihn so zu schwächen, dass ich ihn in den unterweltlichen Fluss befördern konnte.

Also stach ich noch einmal auf die Bestie ein und sein knorriger Leib barst unter dem Druck des Schwertes und zersplitterte in viele Teile die sich sofort in einer schwarzen Wolke aus Gärgasen auflöste.

Elaine fiel unliebsam zu Boden und hustete heftig.

Ich stürmte geradewegs theatralisch auf sie zu.
 

„Bis du verletzt? Hat er dir irgendetwas angetan?“

In ihren dunklen Augen lag blankes entsetzen, die Äderchen in ihrem Gesicht waren hervorgetreten und ihre Hautfarbe war so blass wie weißer Wüstensand.

Sie sah aus, als hätte sie dem Herrn Gevatter Tod persönlich gegenüber gestanden.

„Beim Herrn, stirb mir jetzt ja nicht weg!“, packte ich sie grob unter den Armen und drückte sie an mich.

Zum ersten Mal bekam ich es tatsächlich mit der Angst zu tun, dass ich sie verlieren könnte.

Egal ob sie nun ein gejagtes Wesen war oder nicht, sie war meine Schwester.

Sie zu beschützen galt es jetzt, das einzige Ziel was mich davon abhielt einfach in die Feste zu stürmen um dem König persönlich den Kopf abzuschlagen.

Nichts lag mir ferner als das, aber ich würde Elaine’s Leben riskieren, würde ich sie hier zurück lassen.

Ich sah nicht zum ersten Mal wie ein Magiefresser ein magisches Wesen angriff und dessen Lebenskraft aufsog.

Trotzdem hatte ich so eine gewaltige Angst und diesmal war es meine eigene.
 

Der Schmerz in meiner linken Schulter wurde stärker und ich fing an zu zittern, da ich Elaine nicht mehr halten konnte, aber sie hatte sich bereits erholt, da sie die Kraft aus dem Wasser zu schöpfen schien.

„Ivory, Ivory…“, keuchte sie ausgemergelt.

„So etwas habe ich noch nie gespürt. Es war, als würde ich tausend Tode erleiden.“, sprach sie ängstlich und leise.

„Keine Angst, ich bin hier und werde dich beschützen. So wie es sich für eine große Schwester gehört.“, pflichtete ich beruhigend bei und strich ihr tröstend über die Rückenflosse.

Nach und nach begann sie sich zurück zu verwandeln.

Aber wo sollten wir nun entlang? Nach Kaladim konnten wir nicht mehr und würden wir durch das tote Land wandern, wären wir schon bei der Grenze dort hin gestorben.

Es wimmelt dort von Magiefressern.
 


 

Überraschungen im Stachelforst
 


 

Nachdem wir uns erholt hatten und den Proviant aus der Hütte stahlen, machten wir uns auf die gefährlichere Reise, nicht durch Kaladim, sondern suchten die Küste der Kristallbucht auf. Dazu mussten wir nur durch den Stachelforst.

Ich schnappte mir das Pferd von einem der Feinde und stieg auf.

„Elaine, so sind wir schneller an der Kristallbucht. Und wir müssen an den Hafen um ein Schiff nach Lebayna zu bekommen.“

„Das sind Pferde, nicht wahr?“, sagte sie und lugte neugierig auf das Tier.

Die Nüstern des Pferdes flatterten aufgebracht.

„Was sonst. Schnapp dir das andere und spring auf. Wir sollten los, bevor eine weitere Patrouille ankommt.“

Sie sah weiter gebannt auf das Pferd, welches durch Elaines starren Blick irgendwie unruhig wurde.

„Du kannst doch… Okay, du kannst nicht reiten. Wie auch, in einer Grotte lernt man so etwas wohl nicht.“

Ich reichte ihr meine Hand und meinte, sie solle am Steigbügel halt finden. Geschickt sprang sie hinter mich.

Zuerst fing sie an ängstlich zu zittern, aber nach kurzer Zeit fand sie halt, indem sie mich wie von Sinnen umklammerte.

Meine Schulter schmerzte wieder und mir war, als würde ich das Bewusstsein verlieren.
 

Mit einem Ruck riss Elaine das Stück Metall aus meinem Fleisch und sogleich tat sie etwas magisches, um mir den Schmerz zu nehmen.

„Geht es dir besser?“

„Ja.“, antwortete ich nur und trieb das Pferd weiter an.

Nach einer Zeit konnte ich den Stachelforst am Horizont ausmachen und ein kleines Fischerdorf, welches sich dort gefestigt hatte.

Wir sprachen den Ritt über kein Wort mehr miteinander, aber es war eine angenehme Ruhe.

Zu unserem Glück hatten die Feinde dieses Dorf noch nicht durchsucht und so konnten wir uns in Müßiggang üben. Der örtliche Wirt überließ uns sogar eines seiner Zimmer, als er vernahm wer ich war.

Über Elaines schwarze Augen hörte man jedoch im ganzen Dorf elendiges Getratsche und schon sehr bald war der Wirt der Überzeugung sie sei ein Dämon und würde die Magiefresser anziehen. Also schickte man uns mit Geschrei und Mordandrohungen aus dem Dorf.

Zumindest konnte ich unseren Proviant mit einem Haufen Dörrfleisch aufstocken.

Als wir die Küste erreichten musste ich feststellen, dass dieser Teil des Landes von hohen Klippen übersäht war. Wir mussten also die Küste entlang reiten und hoffen, einen kleineren Hafen zu finden.

Ich vermutete sehr stark, dass in den größeren Häfen bereits eine Horde Magiefresser auf uns wartete.

Die Nacht brach früh herein und so suchte ich einen geeigneten Lagerplatz zwischen Büschen versteckt hinter einem Felsvorsprung nahe den Klippen.
 

„Sag mal, wusstest du die ganze Zeit über, von mir und Vater?“, drängte es dann aus mir heraus.

„Ja.“, antwortete sie zurückhaltend wie meistens.

„Ich wusste nichts über dich und Mutter. Warum glaubst du, hat Vater es vor mir verheimlicht?“

„Vielleicht wollte er dich schützen?“

„Wovor denn bloß?“

„Vor den Magiefressern.“, sagte sie so selbstsicher, als könnte es gar keine andere Möglichkeit geben.

„Aber ich bin kein Magiewesen.“

Sie antwortete nicht weiter darauf. Wusste sie irgendetwas, von dem ich keine Ahnung hatte?

Als ich so gedankenverloren vor dem knisternden Lagerfeuer saß, fing ich an Elaine unbewusst anzustarren. Ich war so vertieft in meinen Gedankengängen, dass ich nicht merkte wie sie aufstand und sich neben mich setzte.

„Du solltest ein wenig schlafen, ich werde die erste Nachtschicht übernehmen.“

Als ich meine Augen schloss, überkamen mich gewaltige Zweifel.

„In Ordnung.“, sagte ich jedoch nur und lehnte mich an den Fels.
 

Als ich aufwachte, erhellte bereits das Morgengrauen die Wolkenfetzer über uns. Neben mir saß Elaine, hellwach wie am Tag zuvor und lugte mich lächelnd an.

„Hast du denn nichts geschlafen?“

Sie schüttelte den Kopf. „War nicht notwendig, wir werden heute schwimmen, so komme ich zu Kraft.“

„Werden wir das?“

Sie deutete stumm aufs Meer hinaus.

„Du erwartest nicht, dass ich ohne Schiff durch die See reise? Wie du vielleicht noch weißt, kann ich nämlich nicht schwimmen. Noch dazu, war ich noch nie am Meer. Ich wuchs im Landesinneren auf.“

„Weiter an der Küste entlang zu laufen, würde aber länger dauern, wenn du das Ufer abklapperst um ein Schiff zu finden.“
 

„Noch dazu ist es gefährlich, wenn du zum Monster wirst. Glaubst du das will ich aufs Spiel setzen?“, sagte ich nun aufgebracht.

So wollte ich den Morgen nicht beginnen.

Plötzlich schoss mir all mein Blut in den Kopf, als ich die Tatsache begriff, dass ich sie wieder Monster nannte.

Ich schnappte mir mein Schwert, stand hastig auf und ging in den Stachelforst um dem erst besten Baum die Äste abzuhacken.

„Verdammt! Beim Propheten!“, stockte mir der Atem.

Ich fuhr mir durchs kurze Haar und versuchte wieder klar zu denken. Elaine hatte nicht unrecht, im Wasser wären wir viel schneller als über den Landweg.

Wir könnten die Buchten alle mit einer Leichtigkeit durchqueren und müssten sie nicht umrunden. Noch dazu hätten die Magiefresser weniger Chancen an uns heran zu kommen. Dennoch hatte ich gehofft wir würden einen Hafen finden, indem wir ein Boot ankaufen konnten.
 

„Verdammt, verdammt!“, ballte ich wütend die Fäuste.

Das es mir so zuwidern werden konnte dachte ich nicht, aber ich hasste es tatsächlich. Das Meer und diese dunkle Tiefe.

Lieber kämpfte ich gegen eine Armee, bevor ich mich in diese aufschäumende Göttergewalt wagte.

Elaine tauchte hinter mir auf und griff zögernd an meine Schulter.

Ich wirbelte völlig verstört herum und war kurz davor ihr mein Schwert in den Leib zu rammen, als ich aber noch rechtzeitig begriff, dass kein Gegner mich so sacht berühren würde.
 

„Warum bist du so gereizt? Wir haben nichts zu befürchten.“, legte sie ihren Kopf seitlich und sah mich wissbegierig an.

Gerade als ich etwas sagen wollte, hörte ich ein leises Rascheln im Geäst über uns. Es klang nicht wie das eines Tieres.

Panisch stieß ich Elaine zur Seite, sie fiel auf den moosigen Waldboden und lugte mich nur verständnislos an.

„Etwas ist hier. Hast du es denn nicht gehört?“, fragte ich besorgt.

„Kein Grund mich in den Dreck zu werfen.“

„Bleib liegen.“, beschloss ich nur grob.
 

Im selben Moment hörte ich eine leise Stimme sagen: „Das sind keine Gegner, sie haben ein Magiewesen bei sich.“

„Wer da?!“, rief ich in die Baumkrone.

„Dow, der Goblin.“

„Zeige dich!“, rief ich wieder.

„Wieso sollte ich? Du erhebst dein Schwert gegen mich.“, kicherte er.

„Lass es sinken, Ivory.“, meinte Elaine nur. „Man löst nicht alles mit Gewalt.“
 

Dieser Satz verpasste mir eine verbale Ohrfeige. Ich drehte mich nicht zu ihr um, sondern steckte mein Schwert zurück. Sofort sprang ein kleines grünes Wesen vom Blätterwerk auf uns herab.

Es landete auf Elaines Bauch und kicherte Wirr.

„Oh wie schön, wie schön. So eine habe ich schon lange nicht mehr gesehen.“

Elaine lächelte es an und stand dann schließlich auf, den Goblin in ihren Händen haltend.

So ein Goblin ist nicht größer als eine Katze. Es hat lange spitze Ohren und eine lange ebenso spitze Nase. Seine Arme und Beine sind besonders kräftig und wie dafür geschaffen zwischen Bäumen umher zu springen.

Sie sind flink wie Eichhörnchen und gefährlich wie Wölfe.

Die zwei Reihen Nadelspitzer Zähne sollte man nicht unterschätzen. Hat sich ein Goblin erst einmal festgebissen, kann er jederzeit eine Salve Gift in deine offene Wunde spritzen.

Es ist ein Magiewesen, wie Elaine und lebt hauptsächlich in Waldgebieten. Elendiger Giftmischer.

Woher der Zorn kommt

Woher der Zorn kommt
 


 

„Wohin des Weges?“, sagte er wieder kichernd.

„Verschwinde einfach nur Goblin.“, schrie ich ihn an.
 

Elaine hielt ihn an sich gedrückt und es sah fast so aus, als hätte sie eine besondere Beziehung zu Magiewesen, denn ihre Augen funkelten vor Aufregung einem Gleichgesinnten zu begegnen.

„Wer spricht denn mit dir du minderer Mensch?“, spuckte er mir entgegen.

„Oh Bitte, hört doch auf mit diesem Gezänk.“, rollte Elaine dann entnervt mit den Augen und setzte den Goblin ab.

Zornig ging ich zurück zu der Lagerstelle, packte meine Sachen und ging die Küste entlang, so wie ich es vorgehabt hatte.
 

Elaine folgte mir und mit ihr der Goblin.

Ich lauschte ihren Gesprächen.

„Warum folgst du dem Menschen, Nixe?“, zeterte der Goblin eifrig.

„Sie ist meine Schwester.“

„Du Arme. Ich fühle viel Mitleid mit dir.“, antwortete er.

„Verstehe das nicht falsch, ich bin froh, dass ich sie habe.“

„Aber könntest du es dir aussuchen, würdest du nicht lieber eine geistesverwandte Schwester haben wollen?“, feixte er.
 

In mir stiegen der Zorn und der Groll wie das Ansehen eines guten Königs bei der Krönung.

Elaine antwortete zuerst lange nicht bis sie schließlich sagte: „Nein.“
 

„Du bist wohl schon zu lange unter Menschen. Früher gab es viele von dir, sie lebten alle an der Kristallbucht. Und im großen westlichen Fluss, da lebten sie auch. Wir lebten überall. Nixen, Goblins, Trolle, Riesen, und auch die Geflügelten.

Aber die Menschen haben sich verbreitet wie eine Krankheit und alles ausgerottet. Heute kann man uns an einer Hand abzählen.“
 

„Halte. Einfach. Nur. Dein. Verdammtes. Maul!“, stampfte ich immer wütender durch die Gegend.
 

Elaine kam herangeeilt und ging neben mir her, aber ich wich ihrem Blick aus.

„Ich denke nicht so über die Menschen, Ivory.“, meinte sie schüchtern.

„Das solltest du aber.“, kicherte der Goblin und da drehte ich mich um, zog mein Schwert und schlug auf ihn ein.

Aber das kleine grüne Ding war schneller und sprang mit einem Satz ins Geäst der umliegenden Bäume des Stachelforstes.
 

„Na na na? Gleich so handgreiflich werden. Sieht dir aber ganz ähnlich.“, spuckte er mich von oben an.

„Ivory, lass ihn. Wir gehen einfach weiter.“, packte sie mich sacht am Arm, ich schleuderte sie aber zur Seite.

„Bei Sylvens Zorn, ich hasse euch! Und nun verschwindet aus meinem Leben.

Ihr alle die ihr da draußen noch auf mich wartet. Stellt ihr euch mir in den Weg werde ich nicht zögern mein Schwert zu ziehen!“, schrie ich quer durch den Wald.

Ich drehte mich um, packte Elaine grob am Arm und zog sie mit mir um weiter voranzukommen.
 

Völlig überrumpelt stolperte sie mir nach und das solange bis ich es für richtig empfand stehen zu bleiben um dem Goblin weitgehend zu entkommen.

Im selben Moment als ich stehen blieb, sendete mir Elaine, vermutlich unbewusst, wieder diese unbändige Angst. Sie hatte Angst vor mir.
 

„Warum willst du überhaupt mit mir kommen?“, fragte ich resignierend.

„Du könntest jetzt einfach aufs Meer hinausschwimmen und dort nach deinesgleichen suchen, dann wärst du nicht mehr…“

„…einsam.“, vervollständigte sie.

„Du handelst edel, hättest du mich doch schon längst köpfen können um mir den Gar auszumachen. Aber Edelmut rettet nicht die Welt. Nicht deine und nicht meine, wenn du sie schon so dringend trennen willst. Fordere es von mir und ich verschwinde auf der Stelle aus deinem Leben. Danach kannst du den Schwarzfelskönig gleich vernichten.“
 

„Mein Handeln hat nichts mit Edelmut zu tun. Das hat Morgul auch nicht verstanden als wir… als wir diese halsbrecherische Mission zu deiner Rettung antraten. Er fragte mich, ob ich Angst vor dem Tod hätte, aber ich sagte nein und er hielt es für Edel. Was soll schon ehrenwert daran sein, seinem Leben keinen Sinn geben zu können?“, klagte ich unter einem gewaltigen Tränenstau.

„Und trotzdem hast du weiter gemacht. Mit dem Leben.“

„Natürlich, ich wollte doch Aviar nicht im Stich lassen. Ich war die Einzige die er noch hatte. Hättest du…“
 

Sie blickte mich starr an und schloss dann die Augen als wolle sie sagen, Warum lässt du mich dann im Stich?

„Ich vermisse ihn so sehr.“, fiel ich auf die Knie.

Die Tränen rollten über meine Wangen, als wäre ein Wasserfall aus mir ausgebrochen.

Zum ersten Mal weinte ich richtig über die gescheiterte Aufgabe unseres Heeres. Fünftausend Mann waren einfach so ausgelöscht worden, von Magiewesen wie Elaine eines war. Von verfluchten Menschen fressenden Ghoulen.

Sie stand einfach nur still vor mir ehe sie sagte: „Dein Hass zerfrisst dich, weil du mir die Schuld dafür gibst. Ich kann nicht behaupten, dass wir beide in einer glücklichen Welt aufgewachsen sind. Und genau deshalb bin ich der Ansicht, wir sollten uns noch mehr unterstützen und uns gegenseitig helfen. Ich hätte allen Grund Menschen zu meiden. Immerhin war es ein Mensch der die Magiefresser aussandte um Mutter zu töten. Menschen haben mir das angetan. Menschen haben mich eingeschlossen, wegen meines Blutes. Menschen haben dir deine Mutter genommen. Menschen haben Vater so handeln lassen. Menschen…“
 

„Hör auf!“

Erst jetzt kniete sie sich zu mir hinab und nahm mich in ihre Arme.

Ich konnte ihr nicht ins Gesicht sehen und so vergrub ich mich weinend in ihre Schulter.

Was war ich doch nur für ein erbärmlicher Anblick. Eine sich in Grund und Boden heulende Kriegerin die schwächlich im Schoß ihrer kleinen Schwester Zuflucht sucht.

„Ich vermisse Mutter auch.“, flüsterte sie dann.

Ihre Mimik und ihr Verhalten waren die ganze Zeit über wieder so kühl und ruhig, fast schon gespenstisch.
 

Die Sonne stand hoch, als ich mich endlich beruhigt hatte.

Elaine sagte kein Wort mehr und auch ich brachte nichts über die Lippen, ohne in Geflenne auszubrechen. Mit verquollenen Augen schaffte ich es schlussendlich doch noch aufzustehen und mit ihr weiter zu wandern.

„Vielleicht hast du Recht. Wir sollten den Seeweg wählen. Die Bucht zu umrunden würde uns nur unnötig in Gefahr bringen.“, sagte ich ausgezehrt.

„Wir werden verfolgt.“, wisperte sie ruhig.

Gerade als ich mein Schwert ziehen wollte, hielt sie mich ab und griff streng an meinen Arm. Ihr Blick verriet nichts, bis sie sagte: „Dow, ich weiß, dass du hier bist.“

Im selben Moment sprang der kleine Grüne uns vor die Füße.

„Du bist gut. Zu gut.“, meinte er.

„Warum verfolgt er uns?“

„Oh, ich fand euer Gespräch sehr interessant und habe mich entschieden weiter mit euch zu reisen.“

„Das hast du also entschieden? Ganz alleine wie ich sehe.“, gaffte ich ihn unwirsch an.

„Vielleicht kann ich euch helfen.“, sagte er mit diesem frechen Grinsen im Gesicht.

Ich wollte es ihm austreiben.
 

„Wie gedenkst du uns helfen zu wollen?“, meinte nun Elaine ruhig.

„Ich kenne hier in der Nähe einen Hafen der Alten. Er wurde lange schon aufgelassen, vor eurer Zeit. Aber es tummeln sich noch einige magische Wesen dort die die Magiefresser nicht erreichen können. Wir könnten Hilfe von ihnen bekommen. Jedoch kann nur die Nixe dort hin um sie zu erreichen, denn es handelt sich um eine versteckte unterirdische Bucht. Dort warten alle auf eure Ankunft, ja besonders auf dich, Kriegerin.“, deutete der Goblin auf mich.
 


 

Neue einschlägige Pfade
 


 

„Auf mich?“, stierte ich ihn ungläubig an.

„Ja ja. Natürlich. Ihr seid Aviars Töchter, nicht wahr?“, grinste er und bleckte mir seine nadelspitzen Zähne entgegen.

„Ich habe euch nicht gleich erkannt, man muss vorsichtig sein in der heutigen Zeit. Ihr versteht?

Aber ich bin ein sehr guter Freund eurer Familie. Er hat euch bestimmt nach Lebayna geschickt. Zu Lethors Bruder, Redda.“

Geschockt sah ich ihn an.

„Wie kommt es, dass du ihre Namen kennst?“

„Das sagte ich doch, ich bin ein Freund der Familie. Es tut mir leid Nixe, ich lernte dich und deine Mutter nie kennen. Ich wusste nicht, dass sie bereits an der Herrschaft des Schwarzfelskönigs zugrunde ging. Erst durch euer Gespräch…“, meinte er wehmütig.
 

„Jetzt wo du das weißt, hörst du auf mit dem Piesacken? Zuvor hättest du mich noch die Klippen hinabgestürzt, weil ich ein Mensch bin.“

Er kratzte sich verlegen am Kopf und meinte nur: „Kommt. Folgt mir.“
 

Wir gingen ein Stück weit in östliche Richtung bis wir an einen Hang kamen der in tiefes Gewässer führte. Der Goblin wuselte wie ein Äffchen vor uns her.

„So. Wie heißt du, Nixe?“

„Elaine.“, antwortete sie wieder wortkarg.

„Und du, Mensch?“

„Ivory.“

„Gut. Elaine, du musst dort hinab springen. Am Grund dieser dunklen Bucht ist eine unterirdische Höhle die einen Weg in den Hafen freigibt. Nur von innen kann man den Fels durch magische Runensymbole öffnen. Man wird dich dort sicher sofort Willkommen heißen, als Meerjungfrau. Und wir, Ivory, wir warten hier.“

Elaine war schon dabei Anlauf zu nehmen um hinab zu springen, als ich sie an der Schulter festhielt und zu mir zog.
 

„Was wenn er lügt und dort unten ein Ungeheuer auf dich wartet? Vertraust du ihm wirklich?“

„Vertrauen schafft Vertrauen.“, antwortete sie nur und löste sich aus meinem Griff um sich fallen zu lassen. Ich schrie ihr noch hinterher: „Pass auf dich auf!“ Aber sie durfte mich wohl nicht mehr hören.

Ich schloss nur die Augen, als ich das Eintauchen ins Wasser hörte. Sie sank so geschickt ins dunkle Blau, als wäre sie damit verschmolzen. Schon bald war sie so tief, dass ich nicht einmal ihre Silhouette erkennen konnte. Sie war im Wasser verschwunden.

Der Goblin Dow stellte sich neben mir auf eine Felserhöhung auf und grinste mich wissend an.

„Du hast doch Angst sie zu verlieren, nicht wahr, nicht wahr?“

„Was geht’s dich an?“

Mein Brustkorb schmerzte als ich erkannte, dass Elaine ins Wasser verschwunden war und so entkam mir nur ein gewaltiger Seufzer.
 

„Wie viel hast du mit angehört, Goblin?“

„Ausreichend.“, antwortete er.

„Und wie lange dauert das wohl?“

„Abwarten.“, lächelte er alles wissend.

So ungenaue Aussagen zerrten an meinen Nerven.

„Weißt du, Ivory. Diese Scheu und dieses Misstrauen haben dich vermutlich so lange am Leben erhalten. Behalte dir diesen Wesenszug solange es möglich ist.“, sprach er dann ernst, als der Fels zu poltern begann und sich vor meinen Augen eine lange Treppe auftat. Sie führte an der Klippenwand direkt in eine Höhle hinein.

Wie kam er auf die Idee, dass ich mein Misstrauen irgendwann ablegen wollte?

„Bitte nach dir.“, sagte ich nur dem Goblin.

Er kicherte und sprang voran.
 

Als ich in die Höhle eintrat, roch es zuerst so modrig wie in der Grotte. Später jedoch musste dieser Geruch einem salzigen und blumigen weichen. Das dämmrige Licht wurde jäh verschluckt, als die Höhle sich hinter mir schloss.

„Komm!“, forderte Dow wieder auf und leitete mich durch den Fels.

Der Gang endete weitläufig und gab einen gewaltigen Unterirdischen Hafen preis.

Hier tummelten sich die unterschiedlichsten Wesen. Ja jedes Wesen, von dem ich dachte, es sei bereits durch die Magiefresser ausgerottet.
 

Als ich Dow folgend durch die Menge ging, musste ich viele von Abscheu geprägte Gesichter erblicken.

Hier hasste man mich wohl, genauso wie ich sie.

„Wo ist Elaine.“, war das Erste.

„Sie wird wohl noch im Wasser sein. Ich bringe dich zu ihr.“

Ich sah nach oben und im steinernen Gewölbe flogen etliche Geflügelte.

Greife in allen Farben kreischten aufgeregt umher.

Schließlich erspähte ich sie bereits auf einem Steg und wie ich erkennen musste, neben einer anderen Nixe.

Wieder schnürte mir mein Brustkorb mein Herz zusammen und ich fing an zu straucheln.

„Was ist los?“, fragte Dow grinsend.

Ja, was war bloß los? Wenn ich es doch nur selbst wüsste.

Ich stellte mich hinter die beiden Meerjungfrauen, in meiner dicken Ledermontur kam ich mir vor diesen fragilen und zerbrechlichen Wesen vor, wie ein grobschlächtiger Moloch.

Die eine neben Elaine schrie laut auf und rutschte sofort vom Steg ins Wasser hinab bis nur noch ihr Kopf über die Holzbretter hervor lugte.

Ich biss mir nur auf die Lippen und sagte nuschelnd: „Schön dich wieder zu sehen.“

„Ivory, warte! Setz dich doch.“

„Ich glaube, ich mache deinen neuen Freunden angst.“, antwortete ich und ging wieder in die Richtung, in der Dow stand und auf mich wartete.

Dieser sagte jedoch nichts sondern ging mir nur wieder voran.

Als wir an einem schmuck verzierten Gebäude ankamen, lächelte er mich an und deutete auf die Tür.

Ich nahm einen tiefen Atemzug, aber nichts schien die unsichtbaren Schnüre um mein Herz sprengen zu können.

Dann ging ich durch die Tür.

Das Wort eines Tothbringer

Das Wort eines Tothbringer
 


 

„Ivory Tothbringer!“, gellte eine schrille Stimme, als ich durch die Tür trat.

„Kenne ich sie?“, fragte ich die runzelige Alte die mit einer dicken Nickelbrille vor mir auftauchte.

„Nein. Natürlich nicht. Aber ich kenne dich. Ich hab auf dich gewartet. Mein Name ist Timea.“, sie sah mich musternd an. „Du warst noch nicht in Lebayna?“
 

„Nein.“, stand ich weiter stocksteif vor ihr.

„Das tut nichts zur Sache. Es ist gleich, ob du zuerst uns aufsuchst, oder Redda. Wir können dir beide von dem Vorhaben deines Vaters berichten. Setz dich doch mein Kind.“, lächelte sie mich herzlich an.
 

Sie hatte weißes krauses Haar und war in einen einfachen Kittel gekleidet. Alles in allem eine sehr unscheinbare, menschlich wirkende Frau.

„Du fragst dich sicher, was ich bin. Ich bin eine Hexe. Ein Mensch der die magische Energie in sich aufnehmen kann. Ähnlich wie bei den Magiefressern. Bloß dass ich diese Energie aus der Natur beziehe und niemandem damit schade. Verwechsle das also nie.“
 

Das herzlich Lächelnde Mütterchen war also eine Hexe.

War ja klar, dass es hier keine weiteren Menschen gab.

Sie stellte mir eine Tasse aus edlem Porzellan vor die Nase, als ich mich zu ihr an den Tisch setzte und mich bat zu trinken.

Aber ich tat keinen Schluck. Wer weiß, was das für eine Brühe sein mochte.

„Ivory mein Kind.“

„Ich bin nicht ihr Kind.“, sagte ich barsch.

Musternd stockte sie kurz.

„Ivory. Aviar wollte, dass du im Falle seines Ablebens für ihn etwas in die Hand nimmst. Da fällt mir ein, wo ist deine Schwester?“
 

„Baden.“, sagte ich nur und blickte sie weiter eindringlich an.

Ihr Blick wurde immer betrübter, wo sie doch zuerst noch so quietschfidel und freudig herumfuchtelte.

„Dann hat sie wohl die Meerjungfrauen getroffen?“, stellte sie fest und lächelte wieder, aber ihr Lächeln wurde immer unsicherer.
 

„Was wollte mein Vater mit Leuten wie ihnen zu schaffen haben?“, fragte ich total entnervt.

„Oh, Kindchen. Du bist so auseinandergerissen.“, sackte sie jetzt in sich zusammen.

„Sie haben wohl jemanden erwartet, der eure Gemeinde mit Überschwänglichkeit in die Arme läuft. Ob da jetzt Ambrosia oder ein Monster auf der anderen Seite wartet?“
 

Sie faltete ihre Hände nachdenklich und schloss die Augen.

Dann klopfte es an der Tür. „Komm herein, Elaine.“

Schüchtern betrat meine Schwester das Haus um sich links von mir zu setzen.

Sie sah meinen starren, finsteren Blick und griff sofort nach meiner Hand.

„Ivory…“, flüsterte sie nur.

„Beim Propheten, jetzt erzählen sie mir doch endlich, was los ist!“, forderte ich wirsch auf und schlug mit der Faust auf den Tisch.

Ihre Nickelbrille wäre vor Schreck fast von ihrer schmalen runden Nase gerutscht.
 

„Schon gut. Immer mit der Ruhe. Ich sagte doch, im Falle eines Ablebens.“

Ungeduldig riss ich mich von Elaines Griff los und ballte die Fäuste.

„Aber er lebt.“
 

„Sie lügen!“, sprang ich nun hoch.
 

„Oh nein Kindchen. Das liegt mir fern. Wozu sollte ich dich anlügen?“

„Wo ist er?“, wurde ich immer ungeduldiger.

„Irgendwo auf der Flucht im Reich der Magie. Bevor du überstürzt in dein Abenteuer aufbrichst, lass mich dir helfen. Du weißt, dass das Reich der Magie nun mehr Totes Land heißt. Und diesen Namen hat es nicht von irgendwo. Es ist besetzt von Magiefressern und verwüstet. Nur Dämonen tummeln sich dort. Dein Vater ist im Besitz einer Waffe die die schrecklichen Dämonen in die Hölle verbannen kann. Leider kam er in der Schwarzfelsgrotte nicht dazu sie einzusetzen.“

Elaine zog an meinem Arm und ich setzte mich wieder.

Was mir die Alte da erzählte, war so überwältigend, dass ich die Geschichte dazu schon überhörte. Alles was zählte war, dass mein Vater lebte.
 

„Die Waffe besteht aus zwei Teilen. Einem Amulett und einem Schwert. Das Amulett wird in Lebayna aufbewahrt, denn es wurde erst vor kurzem entdeckt. Das Schwert führt Aviar.

Der Träger des Schwertes besitzt ungeheure Kraft und ein Schlag reicht aus um einen Magiefresser in die Unterweltlichen Gräben zurück zu schicken. Das Amulett macht den Träger unangreifbar. Es wirkt wie ein Schutzschild. Aviar ist auf dem Weg nach Lebayna und ihr solltet dort ebenfalls…“
 

„Ich muss ins Tote Land.“

„Nein Ivory. Dort wirst du sterben. Es ist verseucht mit einer Magiefressenden Krankheit.“

„Aber zur Hölle. Ich bin ein Mensch, was hätte ich dort zu befürchten?“

„Vergiss nicht, dass deine Mutter ein magisches Wesen war. Du magst zwar erscheinen wie ein Mensch, trägst aber selber diese Energie in dir. Es will nicht viel sein, nein, vielleicht kaum nennbar, dennoch solltest du auf der Hut sein.“

„Was? Ich soll…“, gerade wollte ich wieder etwas abstoßendes sagen, riss mich aber derb am Riemen und ermahnte mich still selber.
 

„Wirst du dich auf den Weg nach Lebayna machen?“, fragte das Mütterchen ernst.

„Werden sie meinem Vater helfen?“

„Mit allem was in meiner Macht steht. Aber erst, wenn er die Grenze des Toten Landes passiert hat. Ich werde unsere Heere vorantreiben um euch zu einem finalen Schlag verhelfen.“

Ich streckte meine Hand nach ihr und sie griff fest zu: „Sie haben mein Wort.“

„Mein Versprechen gilt ebenfalls.“, antwortete Timea und trank anschließend aus ihrer Tasse mit einem alles wissendem Blick.
 


 

Stürmische See in stürmischen Zeiten
 


 

Elaine blieb die ganze Zeit über still, als würde sie spüren, wie es mich verletzte, als sie dort mit anderen ihrer Art saß.

Und genau in dem Moment als die Stille eine unfassbare Unerträglichkeit erreicht hatte, sagte sie: „Ich bin nicht wie sie. Wie die Meerjungfrauen, so wie Mutter eine war.“

„Was lässt dich das vermuten?“

„Ich bin in ihren Augen zu menschlich, denn ich besitze nicht dieselben Kräfte.“

Ich packte sie am Kopf und zog sie an mich um ihr einen sachten Kuss auf die Stirn zu geben.

„Es ist egal was du bist, solange du meine Schwester bleibst, denn ich bin furchtbar stolz auf dich.“
 

Ihr Gesicht lief ordentlich rot an und ich musste ob dessen anfangen zu Kichern.

„Verzeih, ich bin solche Worte selbst nicht gewohnt. Ich wollte dir nur sagen, dass…“

„Ist gut. Du musst nichts sagen, ich weiß es auch so.“

Wieder sandte sie mir ihre Gefühle zu in denen eine unglaubliche Wärme lag.

„Wie machst du das?“, fragte ich neugierig.

„Darin liegt auch ein Unterschied. Sie können es untereinander, aber ich kann es nur in meiner Blutlinie.“, antwortete sie ruhig Lächelnd.
 

Also spüren wir die Gefühle des anderen, weil wir Geschwister sind. Welch eine merkwürdige Gabe. Und gruselig zugleich.

Meine Wut lag die ganze Zeit vor ihr, wie ein offenes Buch. Vielleicht hatte sie die ganze Zeit über auf ein besonderes Gefühl von mir gewartet. Und als sie das nicht bekam, sehnte sie sich nach ihresgleichen.

Als diese jedoch trotzdem viel zu anders waren, ja viel zu perfekt…
 

Sie muss am Boden zerstört sein!
 

„Elaine, geht es dir auch wirklich gut?“, fragte ich besorgt, nachdem meine Gedankengänge mich im Zick zack laufen ließen.

Sie nickte und grinste mich freudig an: „Ich konnte mit den Anderen dennoch einen Pakt schließen. Sie helfen uns über die See zu kommen, denn sie besitzen die Gabe aufgewühlte Gewässer zu beruhigen. Jedoch…“

„Jedoch?“

„Sie fürchten sich vor dir. Als du so heroisch am Steg standest…“

„Ich kam mir auch ganz schön unpassend vor zwischen euch Grazien.“

„Du bist eben eine Kriegerin. Deine Stärke ist bewundernswert.“
 

Ich konnte nichts darauf erwidern, denn ich fand mein kräftiges auftreten alles andere als passend. Frauen in meinem Alter heirateten unter Klerus Schutz und zeugten Kinder die für weitere – männliche – Krieger sorgten.

So entkam mir nur ein Seufzen.
 

Vor uns flogen ein paar Pixies her die alle in den unterschiedlichsten Farben leuchteten. Sie streckten mir kindisch die Zungen raus, ehe sie davon wirbelten.

Ganz so, als wäre das eine Mutprobe gewesen.
 

Ich bestieg das kleine Boot, welches man Elaine und mir zur Verfügung gestellt hatte. Im Wasser tummelten sich schon einige Nixen die die Wellen vorantrieben während Kelpies an dicken Tauen das Boot zogen.

Die massive Steinwand vor mir öffnete sich und das Meer wurde preisgegeben. Genau an der Stelle, an der Elaine eingetaucht war.

Sie saß neben mir im Boot spielte gedankenverloren mit ihren Fingern.
 

„Willst du nicht mit den anderen schwimmen, wenn du die schon die Möglichkeit dazu bekommst?“, schliff ich unterdessen mein Schwert.

Im selben Moment als sie antworten wollte, kroch der Goblin aus der Kajüte und setzte sich an den Bootsrand.

„Und was ist mit dem? Der kommt doch nicht etwa mit?“

„Oh doch, würdet ihr denn alleine nach Lebayna kommen und Redda finden?“, kicherte er.

„Haben wir es bis in den Stachelforst geschafft?“, sagte ich nur ermattet.

„Glück ist eine andere Sache und hat man nicht immer.“, grinste er wieder keck.

„Weiter, weiter ihr faulen Kelpies!“, schrie er und riss an den Seilen.
 

Ich ging zu Elaine, welche am Bootsrand lehnte und die Meerjungfrauen unter der Wasseroberfläche beobachtete.

„Jetzt haben wir diesen verrückten Spinner am Hals.“, seufzte ich.

Ich sah nur ihren glänzenden Blick und konnte nicht anders als mich an sie zu lehnen. Sie drehte sich sofort herum und so bettete ich meinen Kopf in ihren Schoß. Zögernd strich sie mir die Haare aus dem Gesicht, da fing ich an eine Melodie zu summen, die mir Vater immer vorsang.

„Das Lied des edlen Ritters!“, sagte Elaine überrascht.

„Du kennst es?“

„Mutter hat es oft gesungen, wenn sie von dir und Vater sprach.“

„Lass es uns zusammen singen!“

Sie nickte nur. Und so begannen wir das Lied zu singen, welches uns verband.
 

Ohne Schwert und ohne Schilde - Ohne Magie und ohne Gilde

Nur mit Edelmut und Glück - Schlug er die Dunkelheit zurück

Oh~ du guter Mann, zeig uns den Weg - Oh~ Den Weg des edlen Ritters
 

Wir lachten aufgemuntert.

Dow kam herangeeilt: „Die Kelpies und die Nixen bringen uns nur bis hier her. Weiter trauen sie sich nicht.“

„Dann lasst uns das Segel setzen!“, schlug ich vor, erhob mich aus Elaine’s Schoß und tat meine Arbeit.

Ich spannte die Seile ehe ich aufs Wasser hinausschrie: „Vielen Dank euch Meervölkern!“
 

Es dauerte eine Weile, bis ich das Seemannszeug wirklich beherrschte. Aber Dow erklärte mir alles wie ein erfahrener Lehrmeister. Wir hatten einige Tage Zeit, ehe wir so weit auf der See waren, dass uns kein Magiefresser hätte aufspüren können.

Die ersten zwei Tage vergingen wie im Flug. Elaine fing uns Fische um Dörrfleisch zu sparen und Dow saß am Mast um Ausschau zu halten.

Dann am dritten Tag schoben sich schwarze Wolken über den Horizont und kündeten ein gewaltiges Gewitter an.

Dieses ließ auch nicht lange auf sich warten. Innerhalb kürzester Zeit schlugen hohe Wellen gegen unseren Kahn und die aufschäumende See rüttelte auch an unseren Nerven.

„Dow! Lauf in die Kajüte, du kannst hier draußen nichts ausrichten!“

Er wartete nicht lange und stolperte und polterte mehr ins innere des Bootes, während Elaine und ich versuchten diese Göttergewalt zu bändigen und das Schiff seetauglich zu erhalten.

Wassermassen überschlugen sich über unseren Köpfen, alles schien drunter und drüber zu gehen.
 

„Ich springe!“, sagte Elaine nur noch und verschwand in einer Welle.

Was war los mit ihr? Wollte sie mich ganz alleine in diesem Sturm zurück lassen?

„Elaine!“, schrie ich panisch in die See hinaus.

Als wollte mich das Element in sich aufnehmen zogen die Sturmwinde an meinem Körper. Etwas schlug gegen meinen Kopf und ich verlor das Bewusstsein.

Aber schon kurz darauf erlangte ich es wieder und blickte mich verstört um.

Die See war ruhiger, der Wind fast stumm. Nur ein laues Lüftchen deutete auf etwas hin, was eben noch hier war und den Kahn fast zerriss.
 

Dow kam ebenfalls aus der Kajüte und blickte sich fragend um.

„Wer kontrolliert die Winde?“, stellte er verblüfft fest.

„Elaine wohl kaum.“, merkte ich nur an und lehnte mich über die Rehling.

Sie lugte aus dem Wasser zu mir empor und zog sich an einem Seil nach oben.

Ich griff nach ihr und wir beide plumpsten an Deck.

Im selben Moment donnerte es hinter mir und ein gellender Schrei übertönte jegliches Geräusch.
 

„Ein Greif!“, schrie Dow.
 

Mein Schwert lehnte in der Kajüte.

Verdammt!

Der Greif tänzelte vor uns her, kam immer näher bis er schließlich stehen blieb und sich bückte. Zeitgleich sprang ein hagerer blonder Junge von dem Rücken des Magiewesens.
 

„Seid Gegrüßt! Mein Name ist Dario Wirbelwind. Ich bin Händler aus dem Königreich der Magie.“

Auf den Winden des Vertrauens

Auf den Winden segeln
 


 

„Es tut mir leid dich enttäuschen zu müssen. Das Königreich der Magie existiert nicht mehr.“

„Was redet ihr da, junge Amazone? Das kann nicht sein!“

„Junge was? Elaine, spring wieder ins Wasser und schwimm weg. Ich weiß nicht ob man diesem Bajazzo trauen kann?“

„Aber…“, gerade war sie mit ihrer Wandlung in den menschlichen Körper fertig geworden.

Dow sprang auf den Kopf des Greif und graulte ihn hinter den Ohren.

„Seid ihr denn Keine? Oh! Es tut mir leid. Ich habe euch vermutlich verkannt.

Ihr seid ein Mensch. Eine Kriegerin, nicht wahr?“
 

Ich antwortete nicht.
 

„Nun, ich biete unterschiedlichste Ware an. Aus allen bekannten Königreichen dieser Welt und der Jenseitigen. Vielleicht ist etwas für euch dabei.“

„Der Jenseitigen?“

Meine geballten Fäuste verloren an Spannkraft und ich stand lockerer vor ihm.

Was sollte mir dieser Jüngling auch anhaben können, solange er seinen Greif nicht zum Angriff auffordert?

„Die jenseitigen Welt liegt eine Jahresreise von hier entfernt! Nur wenige die sie aufsuchen, kommen wieder heil zurück.“, sagte Dow ruhig.

„Das stimmt. Aber mit meinem Freund hier, schaffe ich es in kürzerer Zeit und bin auch vor den heimtückischen Winden geschützt.“, versicherte uns Dario und tätschelte seinen Greif.

„Denkt übrigens nicht, er sei ein harmloses Reittier. Er beherrscht zwar unsere Sprache nicht, aber er ist sehr klug.“

„Oh glaub mir, Menschlein. Ich weiß das. Sein Name ist Frostbite, hat er mir erzählt.“, meinte Dow mit einem wissenden Leuchten in den Augen.

„Jetzt wird’s mir zu bunt. Ein sprechender Greif und ein Jüngling aus der jenseitigen Welt? Als nächstes taucht der Klerus persönlich hier auf!“

Sie sahen mich alle an, ehe Elaine zu kichern begann und bereits dabei war die Ware am Gurt des Greif zu erkunden.
 

„Wir haben nichts, Händler. Wir können dir nichts anbieten.“

„Oh doch. Ihr habt einen Kahn! Lasst mich eine Weile mit euch reisen. Mein Freund ist müde vom Fliegen und braucht eine Pause. Wir schenken euch Schutz vor den Sturmwinden. Wie eben! Setzt uns einfach am Ende eurer Reise aus!“

Dow nickte eifrig und der Greif rollte sich bereits wie ein junges Kätzchen zusammen um sich Schlaf zu gönnen. Elaine sah mich mit leuchtenden Augen an und hielt mir allerhand Gegenstände vors Gesicht, die sie dem Händler wohl abkaufen wollte.

„So viele Dinge die ich nicht kenne!“, zeigte sie mir einen Kompass und reichlich anderes Zeug.

Ich versuchte Elaine zu erklären, dass wir diesen Plunder nicht brauchten und unterhielt mich anschließend mit Dario, der offensichtlich nicht wusste, dass Magiefresser seinen Greifen in Windeseile auffressen würden.

Er war gar nicht so jung wie es den Anschein machte und nur ein paar Sommer älter als ich. Damals, bevor der König Schwarzfels zur Macht kam, reiste er mit seiner Familie auf Frostbite davon um handelswürdige Königreiche ausfindig zu machen. Seine Familie starb und nun ist er auf der Suche nach seinen Wurzeln.

Seinem Ursprung und seinem Heimatland.

Das Königreich der Magie.
 

„Man nennt es nun Totes Land, da die Magiefresser dort eingefallen sind.“

„Das heißt ja, ich kann mit Frostbite gar nicht zurückkehren?“

„Allerdings.“, sagte Dow nun, der neben uns saß und den jungen Händler wissbegierig beäugte.

„Ich kann aber auch nicht umkehren! Die Strecke wäre zu weit.“

Kurz warf ich einen Blick zu Elaine rüber, die sich schmachtend an den überdimensionalen Greif anschmiegte und in seinem Pelz verweilte.

Dow und ich musterten uns.

„Du könntest natürlich auch hier bleiben.“

„Ihr seit auf der Suche nach diesem Amulett, nicht wahr? Nun, ich war schon oft auf der Suche nach verborgenen und geheimen Gegenständen. So schaffe ich es zu überleben, ein Händler braucht außergewöhnliche Ware! Aber ihr seid irgendwelche Freiheitskämpfer und ihr seit nur zu dritt!“, merkte er ernüchternd an.
 

„Das sind wir jetzt noch. Aber weitere Männer erwarten uns an der Grenze zum Toten Land. Und somit auch mehr Kampfkraft!“, stellte ich schnell fest.

Dow hingegen sagte nur: „Natürlich hat Frostbite einen besonderen Stellenwert als Magiewesen und es gibt einen Ort, an den ihr flüchten könnt. Ein geheimer Hafen an den Klippen zum Stachelwald in dem sich meiner einer versammelt.“

„Von den Klippen habe ich gehört, aber noch nie von einem geheimen Hafen?“

„Sonst wäre er ja nicht geheim.“, rollte ich genervt mit den Augen. „Mach was du willst Händler, aber wir segeln weiter bis an die Klippen des Düstersteingebirges!“

Er seufzte langgezogen und durchwühlte seine weißblonde Mähne.

„Ich werde das mit Frostbite besprechen.“
 

„Also Dow. Was hältst du davon, wenn er tatsächlich mitkommen würde?“, fragte ich den kleinen Grünen, als Dario bereits bei Elaine und Frostbite war.

„Du fragst mich, Mensch? Mich?“, stellte er verwundert fest.

„Ja, wen den sonst? Glaubst du der alte Kahn kann mir das sagen? Elaine ist… sie kann so etwas nicht.“

Er beäugte mich wieder wissend und bleckte seine Zähne zu einem schauderhaften Grinsen.

Nun gut, ich hatte ja auch eben insgeheim gestanden, dass ich ihn hier akzeptierte.
 

„Gut so. Ich kann dir sagen, der Greif wäre uns auf jeden Fall eine Hilfe. Frostbite ist nicht nur ein magisches Wesen, er kann auch Magie bewirken. Dass ist leider bei wenigen Greifen der Fall. Sozusagen, der Erste den ich sehe.“

„Dann bist du also für weiteren Weggefährten.“, ich biss die Zähne zusammen und schloss die Augen.

„Es kann doch nicht schaden, noch mehr Verbündete zu haben. Noch dazu, ist er ein Mensch. Dann fühlst du dich nicht mehr so… Wie auch immer?“, sagte er nur keck und sprang in ein paar Sätzen auf Elaine’s Schulter.
 

Ich beobachtete die Vier, wie sie zufrieden lächelnd beieinander standen. Machte nur ich mir Gedanken darum, was aus Aviar geworden war? Frisst nur mich diese Wut gegen den König Schwarzfels auf? Wie konnten sie nur immer so Lächeln?

Elaine sah zu mir herüber, vermutlich spürte sie, was ich fühlte.

Ich stand bloß auf und verschwand unter Deck, aber sie ließ nicht lange auf sich warten. Sie nannte nur meinen Namen und es schien mir besser zu gehen.
 

Dennoch: „Elaine, geh wieder nach oben und versuch herauszufinden, was dieser Dario für ein Mensch ist. Ich traue ihm einfach nicht. Er kam immerhin aus heiterem Himmel auf unser Schiff.“

Elaine blieb noch kurz reglos an der Treppe stehen und drehte sich dann ohne ein weiteres Wort um.

Was war nur schon wieder mit mir los? Ich legte mich auf eines der Feldbetten und versuchte zu schlafen. Nachdem mir das nicht gelang, schnappte ich mir mein Schwert und begann es an Deck zu schleifen und zu säubern.

Es verging einige Zeit, da kam Dario zu mir. Er kaute an einem Stück Dörrfleisch herum und meinte: „Ich bin dabei. Meiner Heimat wegen!“

„Gut. Siehst du dieses Schwert?“

Er nickte.

„Wenn du irgendein krummes Ding drehst, siehst du es aus deiner Brust ragen.“

Eingeschüchtert machte der Junge, der eigentlich viel älter war als ich, kehrt und stolperte überrumpelt zu Frostbite, der sich an Deck rekelte.
 

Die nächsten Tage verbrachten wir eher stumm. Elaine fing uns wieder ab und an Fische. Dow schrubbte das Deck. Ich steuerte und Dario zügelte zusammen mit Frostbite die Winde und trieb sie zu unseren Gunsten an.

Dann: „Land in Sicht!“, schrie Dario aufgeregt.

Elaine, die gerade noch im Wasser war und voraus schwamm, berichtete ebenfalls von den Klippen.

Ich studierte mit Dow noch einmal die Karten und dann waren wir uns sicher.

Dort vor uns lag der Hafen ins Königreich Loga.
 


 

Vom Misstrauen und Vertrauen
 


 

Loga war von Hünen bewohnt. Riesenhafte Männer und riesenhafte Frauen die nahe des Düsterstein Gebirges wohnten. Auch Morgul war aus Loga.

Ob er noch lebte?

Elaine merkte es als erstes. Als wir durch die Straßen der Hafenstadt wanderten, wurden wir verfolgt.

Die Seitengassen schienen Augen und Ohren zu haben.

Nun ja, wir waren ja nicht besonders groß als Menschen unter diesen riesigen Leuten und fielen gleich auf. Vor allem aber fiel Dow auf, der munter auf unseren Schultern herum sprang und natürlich der Greif, Frostbite, der die Hünen als einziges von der Größe her übertraf.
 

„Bleibt stehen.“, sagte Elaine dann.

„Na so was?“, sagte Dow und zeigte auf den Hünen neben uns.

„Ihr da! Woher seid ihr?“, sprach der Fremde.

„Wer will das wissen?“, sagte ich nur barsch und legte meine Hand bereits auf den Schwertknauf.

„Lass deine Waffe stecken.“, sagte Dario und trat vor. „Wir kommen hier her um an die Grenze des Toten Landes zu gelangen. Wir sind Reisende aus Kaladim.“
 

„Wohl eher Flüchtige?“, sagte der Große.

Er erinnerte mich vom Gehabe an Morgul. Ja selbst diese wulstige Stirn und sein grobes Auftreten erinnerten mich an meinen Freund.

„Ja.“, sagte Dario geradeaus.

„Bist du verrückt!“, stieß ich ihn zur Seite.

Der Hüne lachte kehlig. „Eure Ehrlichkeit hat euch wohl zur Flucht getrieben.“

Er sah Elaine an und packte sie am Arm. „Der Fisch muss weg. Ihr dürft bleiben.“

„Kommt nicht in Frage!“, herrschte ich den Hünen an.
 

Er pfiff einmal und schon standen fünf weitere Männer um uns.

„Wehrt ihr euch, seid ihr des Todes! Nixen dürfen nicht nach Loga, so steht es geschrieben. Sie bringen den Untergang in unsere Stadt.“

„Was?“, gaffte Elaine nur zu dem großen Mann empor.

So zog ich mein Schwert: „Wenn ihr sie mir nicht zurück gebt, trenn ich eure Köpfe ab ohne, dass es ein Umstehender merkt!“

Selbst Dow begann wütend zu zischen.
 

„Nehmt sie nur.“, sagte dann Dario ohne mit der Wimper zu zucken.

Dow drehte sich stierend um und war kurz davor eine Salve Gift auf ihn zu schleudern.

„Sie ist kein Meermensch, sondern verflucht. Wir wollen sie zum allmächtigen Klerus bringen und suchen bei ihm Heilung.“

Der Hüne zögerte, schlussendlich ließ er Elaine los, welche sofort zu mir angestolpert kam.

„Verschwindet aus der Stadt, noch heute, oder ich sorge dafür, dass man euch nie wieder findet.“, spuckte er mir vor die Füße und ging mit seinen Kumpanen.
 

„Das war ja scheiße knapp.“, faltete ich meine Hände gedankenverloren.

„Magiewesen sind wohl tatsächlich nicht erwünscht.“, sagte dann Dario.

„Was du nicht sagst? Sie sind doch bloß auf Elaine losgegangen, weil sie sich nicht wehren kann!“, raffte ich mich wieder hoch und ging geistesabwesend voran.

Als wir aus der Stadt waren, verließen mich meine Ortskenntnisse.

Wir konnten uns nur an den Gipfel am Horizont halten, der den Weg ins Tote Land wies. Zwei Personen könnte Frostbite tragen, somit war es unmöglich, dass wir alle auf ihm an die Grenze ritten.

„Das Gebirge grenzt an vier Länder. Westlich Lebayna, Östlich Loga, Nordwestlich findet sich Sylven wieder und im Nordosten schließlich das Tote Land.

Wir müssten also nur die Richtung einbehalten und am Fuße des Gebirges durch die Wälder wandern.“, merkte ich leise an.

„Hier gibt es kein Wasser, oder?“, stellte Elaine plötzlich fest.

„Vermutlich nur in Brunnen, die für die Bauern am Wegesrand aufgestellt sind.“, sagte Dow mitfühlend.

„Ich finde es schon sehr spannend, dass du überhaupt gehen kannst, wisst ihr?“, meinte Dario neugierig.

„Wieso sollte ich das nicht können?“

„Meeresbewohner am Rande der jenseitigen Welt, sehen ganz anders aus. Sie haben keinen menschlichen Oberkörper wie es hier der Fall ist, sondern einen fischähnlichen und sind übersäht mit Schuppen und Stacheln. Ihre Haut ist giftig und sie können nicht an Land, dort würden sie ersticken.“

Gebannt ging Elaine neben ihm her und lauschte.

„Man nennt Goblins dort auch Gnome. Ein Hüne hat dort grüne Haut, Hauer und nennt sich Ork. Es ist… einfach anders.“
 

„Goblins sind dort nicht wie hier?“, fragte Dow nun vorwitzig.

„Nein, ganz und gar nicht. Die Magiewesen die dort leben, ähneln mehr wilden Tieren. Ein jenseitiger Hüne kann nicht sprechen und ein Goblin schon gar nicht. Orks sind Barbaren und Berserker. So einer hätte uns auf einem Scheiterhaufen verbrannt und unser Fleisch aufgegessen. Und Gnome hätten uns zerfleischt um ihre Jungen zu stillen.“

Jetzt lauschte selbst ich gebannt. Aus welch einer fremdartigen Welt kam er bloß?

„Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ihr Magiewesen seid.“, lachte er erheitert.

„Ihr ähnelt alle einfachen Menschen. Außer Ivory.“, zeigte er belustigt auf mich.

„Spinnst du? Mach die Augen auf!“, grollte ich.

„Ja eben, genau deswegen. Menschen sind bei uns friedliebende Geschöpfte.

Also eigentlich das Gegenteil von dir.“

Er sprang auf Frostbite auf und ritt neben uns her, während ich wütend dahingrummelte.

War ich denn tatsächlich so aufbrausend wie alle taten?

Für mich war es gerechtfertigt so zu sein. Immerhin war meine Wut begründet und auch meine Vorsicht und mein Misstrauen.

Wie auch immer. Darüber wollte ich mir im Moment keinen Kopf zerbrechen. Sollte er doch denken, was er wollte.
 

Wir wanderten bis in die Nacht hinein, als wir in den weiten Tälern ein Dorf entdeckten, in dem wir Unterschlupf fanden.

Dort stockten wir unsere Vorräte auf und schließlich wanderten wir am nächsten Tag weiter. Während die anderen alle munter plauderten, verfiel ich immer mehr in tranceähnliches Schweigen.

Es war, als würde mir ein großer Kampf bevorstehen.

Ich sammelte meine Kräfte und war hochkonzentriert. Die ganze Zeit über.

Elaine blickte mich immer merkwürdig an, als würde sie meine Angespanntheit spüren, aber selbst sie sagte nichts.

Dario ließ sie die meiste Zeit über auf Frostbite reiten, da ihr die Wanderschaft mehr zu schaffen machte, als ich zuerst annahm.

Die Landschaft war zwar reich an Wäldern und Wiesen, dennoch gab es selten Seen und Flüsse hier. Die Krötenteiche reichten kaum um Elaine die Bewegungsfreiheit zu gönnen, die sie nötig gehabt hätte.
 

Dow sprang munter von Baum zu Baum, als er dann plötzlich vor unsere Füße sprang und nur meinte: „Seid leise. Magiefresser!“

Elaine eilte hinter mich und ich zückte mein Schwert.

„Wo sind sie?“, fragte ich kühl.

„Ein paar Ellen gerade aus. Dort ist eine Lichtung. Es sind fünf von ihnen.“

„Verdammt. Dow und Frostbite sollten sich verstecken. Am besten Frostbite fliegt mit ihm…“

„Du hast’s gehört was die schweigsame Kriegerin gesagt hat, mein Freund.“, flüsterte Dario dem Greifen zu und schon sprang Dow auf.

Die Beiden erhoben sich über die Baumkronen in die Lüfte.
 

„Ich sehe Magiefresser wohl zum ersten Mal.“

Dario zitterte.

„Uns dürfte nichts geschehen. Elaine ist in menschlicher Gestalt und hält ihre Kräfte gebannt. Wir müssen nur die Lichtung umrunden um Frostbite und Dow später wieder zu uns rufen.“, antwortete ich nur.

„Fünf sind aber viele.“, merkte Elaine kurz an.

Ich nahm sie an der Hand und ging ohne ein weiteres Wort voran.

„Sehen sie denn deine Augen nicht? Die sind schwarz wie die Nacht“, merkte Dario an.

„Magiefresser sehen nicht unsere Körper, sondern den Anteil der Magie der in uns weilt. Hast du magische Gegenstände bei dir?“

„Nein.“, sagte er zögernd.

Dann kamen wir an der Lichtung an. Sie saßen nicht unweit eines knorrigen alten Baumes und lehnten an dessen Stamm.
 

„Sie sind abscheulich!“, haderte Dario mit seiner Stimme.

„Oh ja. Und sie stinken wie Ghoule.“, zitterte Elaine’s Stimme.

Nach dem Kontakt des Magiefressers in der Kaladim-Oase hatte sich ihre Abneigung und Angst gegen diese Dämonen um ein hundertfaches gesteigert.

Als wir die Lichtung schon fast umrundet hatten, stand plötzlich einer der Magiefresser auf und sah zu uns herüber.

„Sieht er uns?“, wimmerte Elaine.

„Das kann nicht sein.“

Im selben Moment grollte die Stimme eines dieser Dämonen hinter uns.

Ich fuhr in Windeseile herum und richtete mein Schwert auf die Kreatur.

Aber er sah nicht mich an und schon gar nicht Elaine, er stierte auf Dario hinab.

Seine langen knorrigen Finger und sein rauer Körper streckten sich nach dem Händler und fassten an seinen Hals.

„Was, was will es?“, schrie Dario ängstlich.

Sein zittern wandelte sich in ein unübersehbares Schlottern. Wenn die Menschen der Jenseitigen Welt alle so Taugenichts wie dieser Jüngling waren, waren wir dem Untergang sehr nahe.
 

Ich stieß mein Schwert vor und hackte dem Magiefresser den Arm ab, mit dem er Dario umfasste. Mit der anderen Pranke schlug er sogleich nach mir. Aber ich zeigte keine Scheu. Weiter drosch ich mit meinem Schwert gegen das Ungetüm ein, parierte und konterte jeden Angriff dieser langen Peitschenarme, bis Elaine mir zurief: „Die Anderen kommen!“

Von Dario sah ich nur noch eine Staubwolke, denn er lief was seine Beine hergaben.

Feigling!

„Und so etwas will ein Mann sein?“, spuckte ich schon Blut.
 

Ich rief Elaine zu, sie solle verschwinden, bevor die anderen hier waren, da sprang ich mit einem Satz auf den Rücken des einarmigen Dämons und schlug seinen Kopf entzwei.

Sofort fiel er tot um und löste sich in Staub auf.

Noch während ich total ausgezehrt und verbraucht auf die nächsten Angreifer wartete, stürmte ein großer gefiederter Greif von oben auf die bösartigen Kreaturen herab und schlug gleich zwei von ihnen tot.

Frostbite brüllte martialisch, da schleuderte einer der Magiefresser seine Arme nach dem Greif und fassten ihn um die Schwingen.

Er wurde durch die wurzelähnlichen Arme fast erstickt, als ich nur noch sah, dass Dow ihm eine Salve Gift entgegenspuckte.

Ich durfte nicht zögern und so sprang ich kriegslustig ins Getümmel um einen weiteren Magiefresser anzufallen.

Mit kräftigem Schwertschwung war es mir ein leichtes die durch Frostbite geschwächten Dämonen zu bekämpfen.

Der Kampf dauerte nicht mehr allzu lange, bis sich der Sieg auf unsere Seite stellte.

Auf ein Wiedersehen folgt die Trennung

Das lang ersehnte Wiedersehen
 


 

„Das war hervorragend!“, wischte ich mir mordlüstern das Blut aus dem Gesicht.

Ich humpelte auf Frostbite und Dow zu, die ebenfalls einige Schrammen aufwiesen, jedoch keine ernsthaften Verletzungen davongetragen haben.

Elaine eilte vom Unterholz am Rand der Lichtung auf uns zu und umarmte mich überschwänglich.

Wir erfreuten uns und verfielen in ein leises aber gut tuendes Lachen.
 

„Wo ist Dario?“, stellte nach einer Zeit Dow fragend fest.

„Der Feigling ist davon gelaufen. Wir sollten ihn suchen, bevor er über einen Wurzelstock stolpert und sich einen Knochen bricht.“, verdrehte ich die Augen.

„Schwesterherz, du warst so tapfer und so mutig. So viele Magiefresser zu bezwingen ist unglaublich!“

„Ach was, es bedeutet nur, dass wir dem toten Land immer näher kommen.“

„Da hat sie wohl recht, aber sie sind so weit von ihrem Herren entfernt, dass sie hier total geschwächt sind. Vermutlich kommen sie deshalb in größerer Anzahl vor.“, kicherte Dow erleichtert über den Sieg.
 

Frostbite murrte kurz und trabte dann voran in den Wald. Vermutlich um Dario ausfindig zu machen.

Wir folgten ihm, Dow blieb auf dem großen Greif sitzen und wuschelte vergnügt in seiner Federmähne.

Es sah so aus, als hätten sie einander gefunden.

Und irgendwie freute ich mich sogar.
 

„Beim Bart des Klerus!“, entkam es mir, als ich Dario vor mir liegen sah.

Frostbite trabte aufgebracht um den jungen Händler, als er ihn mit dem Schnabel zur Seite stupste. Ich lehnte mich über ihn und griff an seinen Hals um den Puls zu messen.

„Er lebt!“, meinte ich erleichtert.

Elaine kniete sich neben ihn und schlug die Hände zusammen. „Ich brauche Wasser, schnell!“

So reichte ich ihr meinen Trinkbeutel aus dem sie sofort Wasser in ihre Hände träufelte und dann einen ihrer blauen Heilzauber vollführte.

Mit geschlossenen Augen sagte sie noch: „Er ist gar nicht verletzt.“

„Dario!?“, sprach Dow nun den Händler an und sprang neben seinen Kopf.

Er schürzte die Lippen und betatschte das Gesicht des jungen Mannes wie eine Bäuerin den Brotteig.

„Ist es vorbei?“, flüsterte der Mann.

„Ja, es ist vorbei. Was hast du bloß getan?“, fragte Dow neugierig.

„Am besten ist doch, man stellt sich tot, wenn Gefahr droht!“, lachte Dario verschüchtert.

„Du willst ein Mann sein? Kannst du denn nicht kämpfen?“, sagte ich derb.

„Nein. Das kann ich nicht.“

Mit gesenktem Kopf ging er auf Frostbite zu und wühlte in seiner Federmähne.

„Und was gedenkst du zu tun, wenn wir auf Feinde treffen. In der Schlacht?“

Er kramte in dem Ledergurt von Frostbite herum und zog einen Langbogen.

„Ich bin gut im Bogenschießen. Aber ich habe noch nie gekämpft.“

Resignierend schlug ich die Augen nieder: „Du wirst von mir im Schwertkampf unterrichtet! Bis wir an der Grenze ins Tote Land ankommen, solltest du die einfachsten Kniffe beherrschen um dich zumindest vor einem Kind schützen zu können!“

„Das ist eine gute Idee!“, schlug Dow aufgewühlt vor.

Der kleine Grüne sprang auf Elaine’s Schultern und meinte dann noch: „Lasst uns einen ruhigen Platz für die Rast suchen.“
 

Dario sprach kein Wort mit mir. Er war völlig verstummt und blickte mich, wenn überhaupt, nur mit hochrotem Kopf an.

„Hat Ivory dich in deiner Männlichkeit gekränkt?“, fragte Elaine dann aus dem Nichts heraus.

Dario lief rot an wie eine Tomate und ich musste lachen ob der Jungenhaftigkeit dieses Mannes.

„Nein. Hat sie nicht.“, sagte er leise.

„Ich glaube schon.“, stellte Elaine wissbegierig fest.

„Elaine lass es einfach.“

Betretenes Schweigen entstand und diese Grabesstille wurde nur durch die wuchtigen Tritte Frostbites gestört.
 

Gegen Ende des Tages kamen wir an einer Höhle an die wir leer räumten und für uns beanspruchten.

Abwechselnd hielten wir die Nacht über die Augen offen um auf Angriffe der Magiefresser oder Räuber vorbereitet zu sein.

Als ich wach war und in die Finsternis starrte, bemerkte ich dumpfe Schritte im Unterholz.

Wenn das verdammte Korsaren waren, dann könnte ich es mit ihnen aufnehmen.

Es schien mir ohnehin so, als könnte ich das mit jedem, nachdem ich 5 Magiefresser getötet hatte.

„Psst. Psst!“, warf ich Steine in die schmale Höhle.

„Was denn?“, grummelte Dario schlaftrunken, als Dow ihm schon die Hände vor den Mund hielt.

Dieser Dummkopf würde Angreifer nicht bemerken, wenn sie schon vor ihm das Schwert an seine Kehle halten würden.

Das Mondlicht war nicht ausreichend um alles erkennen zu können und selbst die Schritte verstummten. Sie mussten uns bemerkt haben.

Dow kam an meine Seite geeilt und zupfte an meinem Ärmel.

Er hob zwei Finger und deutete mir, dass er rechts von mir zwei Menschen sah.

Gerade bewunderte ich dieses kleine Wesen für seine Gabe im Dunkeln sehen zu können.

Ich hob mein Schwert und nickte dem kleinen Grünen zu bevor er sich ebenfalls erhob und ich ihn nur noch auf einen Baum springen sah.

Ich blickte Elaine starr an und sie schien zu verstehen. Eilig zog sie Dario näher an sich heran und verschanzte sich in den hintersten Winkel der Höhle.
 

Sie hatte so wunderbar zerstörerische Kräfte, aber ohne Wassermassen war sie machtlos und eben wie ein Fisch an Land.

Dann robbte ich mich ins Unterholz vor und schon sah ich den Ersten dieser Räuber vor mir stehen. Zwar konnte ich keine Gesichtszüge erkennen, aber die Waffe die er in der Hand trug deutete nicht auf einen friedlichen Wandersmann hin. Er war sehr groß und hielt eine Doppelaxt in seinen Händen. In Loga lebten nun einmal hauptsächlich diese riesenhaften Hünen.

Dann hörte ich Elaine schreien.

Es war ein gellender Schrei voll Verzweiflung.

„Nein!“, kreischte sie und stürmte durchs Unterholz.

Wieso ließ sie uns auffliegen und lief den Räubern in die Hände?

„Ivory! Ivory! Das sind keine Feinde!“

Im selben Moment schlug die Doppelaxt vor mir in den Boden ein.

„Bei Sylvens Zorn!“, brüllte ich und erhob mein Schwert gegen den Angreifer.

„Ivory?“, grollte mein Gegenüber.

„Morgul!“
 


 

Die Gruppe trennt sich
 


 

Ich konnte es kaum fassen!

Morgul stand vor mir, also konnte Vater nicht weit sein.

„Morgul!“, fiel ich ihm um den Hals, und war so erleichtert, dass sie es durch das tote Land geschafft hatten, dass mir die Tränen kamen.

„Wo ist Aviar?“, erhellte sich meine Miene zusehends.

Dann erst, viel später bemerkte ich, dass Morgul verlegen zur Seite sah.

Er griff nach seiner Doppelaxt und lehnte sich darauf.

„Was ist los? Wo ist er denn? Wo ist Vater?“

„Er ist nicht hier Ivory. Zwar hat er die Flucht überlebt, aber er ist nach Sylven aufgebrochen.“

Im selben Moment kam Dow von den Bäumen herabgesprungen und landete auf Morguls breite Schultern.

„Verflucht noch einmal!“, sprang Morgul erschrocken zur Seite und packte den kleinen Grünen am Arm.

„Geht man so mit Freunden um?“, spottete Dow.

Auch Elaine und Dario kamen herangetreten und hinter Morgul die übriggebliebenen Krieger der einst so stolzen Freiheitsarmee.

Es waren gut hundert Mann und alle waren sie angeschlagen und müde von der Flucht.

„Wie ich sehe, hast du dir ja deine eigene Armee zusammengestellt.“, lachte Morgul erheitert auf.

Dann kniete er sich zu Elaine hinab und blickte sie gebannt an.

„Du bist so hübsch wie deine Mutter. Sag mir junges Fräulein, hat dich Ivory auch gut behandelt? Sie kann manchmal sehr grob sein!“

Gezielt verpasste ich Morgul einen Tritt in die Kniekehle.

Ich hörte Elaine kichern: „Sie ist die beste Schwester die man sich wünschen kann.“
 

Seufzend packte ich meinen Kram, dann schnellte Dow zu mir heran.

„Wollen wir nicht hier rasten, der Platz reicht für die Männer und auch bald müsste die Verstärkung von Timea eintreffen.“

„Ja klar, aber ab jetzt entscheidet das wohl Morgul.“

Der riesenhafte Hüne hatte Elaine auf seine Schultern gehoben, ganz so, wie er es mit mir früher immer tat.

Er trat an mich heran: „Elaine und ich glauben, dass du die bessere Führungskraft bist. Jetzt wo Aviar Tothbringer nicht hier ist, fallen diese Entscheidungen wohl auf dich ab.“

Wieder seufzte ich, fuhr mir schnell durchs kurze Haar und meinte dann: „Gut. Lasst uns hier ein Lager eröffnen bis morgen früh. Morgen reisen wir näher an das Gebirge und warten dort auf Timea’s Leute. Die steinigen Wände in unserem Rücken versperren uns nicht den Weg, sie weisen uns die Richtung, aus der der Feind kommt.“

Ich sah Morgul eindringlich an und dann erlosch das ernste Gesicht eines Kriegers und wich einem müden und traurigen.

Sie alle hatten sich durch das tote Land zu kämpfen und es überlebt. Wer weiß, wie viele Magiefresser sie attackierten und wie viele Männer tatsächlich umgekommen sind, die sich auf der Flucht schon sicher wussten.
 

„Lethor ist…“, flüsterte ich mit gesenktem Haupt.

„Ich weiß.“, sagte Morgul nur und drehte sich zu den Leuten. „Ihr habt’s gehört. Lasst uns die Nacht über hier ruhen.“
 

Ich lehnte an einem Baumstumpf und Elaine lag in meinem Schoß. Sie hielt Dow in ihren Armen wie eine Flickenpuppe, aber ihm schien es zu gefallen.

Morgul saß neben mir im Schneidersitz und schnarchte vor sich hin, als er dann aufwachte und mich ansah.

„Warum schläfst du nicht? Du solltest dich ausruhen.“

„Das könnte ich dich auch fragen.“, erwiderte ich nur.

Er grummelte, kramte in dem Lederbeutel den er um die Hüfte geschnallt hatte und holte ein Stück Dörrfleisch heraus.

Als er begann darauf herumzukauen, meinte er schmatzend: „Wie erging es dir? Dass du Timea bereits getroffen hast, heißt wohl, dass du mehr weißt als wir.“

Ich legte meine Hand auf Elaines Kopf, strich ein paar Mal über ihr Haar und blieb dann auf ihrem Ohr liegen.

„Die Reise war nicht die Einfachste. Mit Elaine durch einen Wald voller Magiefresesr zu flüchten war ein schlechter Plan, aber wir haben es überlebt. Wie du siehst, hab ich mich sogar daran gewöhnt mit diesen Wesen auszukommen.“

Eine Frage brannte mir auf den Lippen wie nie zuvor, aber ich wollte sie gewählt und in Ruhe fragen und nicht übereilt.

„Ich bin froh, dass ihr euch akzeptiert. Dass du Dow gefunden hast, spricht wohl für das Glück eines Tothbringer. Er ist der Henkersknecht Timea’s. Ein überaus begehrter Krieger in ihren Reihen. Unterschätz ihn nie, selbst wenn er so klein ist wie ein Wolfswelpe.“

„Ich hab sie gehasst, Morgul.“, brach es dann aus mir hervor.

„Das dachte ich mir schon. Du hast nie verstanden, weshalb wir diesen Krieg eigentlich führen und gabst die Schuld ihrer Existenz, obwohl du für ihre Seite gekämpft hast.“, sagte er und schloss die Augen kurz nachdenklich.

„Dann ist das wohl der Grund, warum ihr mir die Herkunft meiner Mutter verschwiegen habt.“

Nachdem ich es ausgesprochen hatte, füllte sich meine Brust mit einem Gefühl von Erleichterung.

„Es war Aviars Entscheidung. Er hatte Angst du könntest Elaine etwas antun.“
 

Und das hätte ich auch beinahe.
 

Ich strich ihr wieder beruhigend über den Kopf, obwohl es wohl eher mich beruhigen sollte.

„Warum wollte Vater nach Sylven?“, fragte ich dann mit gerunzelter Stirn.

„Er ist mit zehn Mann zum Sitz der Drachengilde gereist. Genaueres hatte er leider nicht einmal mir erzählt. Oh siehst du das?“, deutete er plötzlich in den Wald hinein. Ich griff schon nach meinem Schwert, aber er fasste nach meinem Arm und deutete mir noch einmal genauer hinzusehen.

„Leuchtkäfer!“, starrte ich vor mich und begann leise zu kichern.

Als Kind hab ich Lethor unendlich viele dieser Tiere gefangen, denn er benötigte sie für seine Tinkturen.

Ich wurde traurig, denn sie erinnerten mich an ihn.

„Ich wette, er sieht uns zu.“, sagte Morgul leise, was mit seiner tiefen Stimme immer noch laut und grollend klang.

„Viel eher verfolgt er uns, damit er sich in Klerusstätte als Geist ins Fäustchen lachen kann, wenn er uns so sieht.“

„Geben wir so einen erbärmlichen Anblick ab?“, riss Morgul dann die Augen auf.

Ich sah ihn an, zerfetzte Klamotten, nur noch die Stahlkette die seine Rüstung tragen sollte, hing an ihm hinab. Von der Rüstung jedoch keine Spur.

Er sah sich selbst an, vernarbt und geschunden von der langen Reise.

Dann sah er mich an. Die kurzen Haare verklebt und das Schwert stumpf.

Zeitgleich begannen wir laut loszulachen.

Elaine wollte nicht aufwachen, sie presste sich nur fester in meinen Schoß.
 

Die Nacht verging wie im Flug. Zu Schlaf kam ich kaum. Im Lager tummelten sich schon einige Leute und brachten Wild, dass sie an provisorischen Spießen und Lagerfeuern brieten. Vom Geruch wurde auch Dow und Elaine wach.
 

~
 

Elaine und Dario flogen auf Frostbite über unseren Köpfen hinweg, als wir uns auf den Weg ins Düstersteingebirge machten. Der Aufstieg der immer steiler werdenden Klippen beanspruchte meine Energiereserven aufs äußerste.

Morgul hingegen fühlte sich in diesem winterlichen Gebiet wie zu Hause.

Als wir in einem geschützten Tal östlich des hohen Grates ankamen, stellten wir die Reise ein und begannen zu warten. Nur einen Tag später kamen die ersten Greife und Harpien auf uns zu.

Sie landeten direkt vor Dow.

Frostbite gesellte sich zu den anderen Greifen, die alle um einen Kopf kleiner waren als er. Auch Elaine war neugierig geworden, blieb aber in meiner Nähe.

Die Spannung stieg.

Dow kam zu mir heran: „Sie sind die Vorhut. Timeas Leute kommen erst heute Abend hier an. Sie erwarten aber Anweisungen, da es in dieser ungeschützten Gegend für sie ziemlich gefährlich werden kann.“

Ich kniete mich zu Dow hinab: „Wir müssen das Amulett finden, nicht wahr? Das Amulett befindet sich in einer Höhle zur Grenze Lebaynas. Dort gibt es keine Magiefresser soweit ich weiß. Noch nicht!

Auch am hohen Grat in Klerus Nähe trauen sich die Dämonen nicht. Ich schlage vor, die Magiewesen warten im Gebirge, bis ich mit einem kleinen Trupp aus Lebayna zurück komme.“

„Das Vorhaben dauert mindestens eine Woche.“

„Ich hätte auch den Vorschlag unterbreiten können, nach Sylven zu gehen, um Aviar zu holen. Nach Sylven trauen sich die Magiefresser nämlich auch nicht, aber der Weg wäre umsonst.“, sagte ich finster.

Dow kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und griff dann an meine Schulter um sich hinaufzuziehen.

Er stellte sich auf und erklärte den Greifen und Harpien meinen Plan.

Ich bat Dario hier zu bleiben und bei Morgul unterricht im Schwertkampf zu nehmen. Es gab keine Widerrede, auch von Morguls Seite aus. Nur Dow begleitete mich nach Lebayna.

Elaine wollte nicht so recht verstehen, dass sie bei den anderen Magiewesen bleiben sollte.

„Ivory. Bitte nimm mich mit.“, sagte Elaine nur.

„Sei mir nicht böse, Schwester, aber ich würde dich nur in Gefahr bringen.

Du kannst mir auf diesem Weg ohnehin nicht helfen.“, antwortete ich kühl.

Im selben Moment zuckte ich erschrocken zusammen, als ich Elaines entgeistertes Gesicht sah.

„So meinte ich das nicht. Ich glaube nur…“

„Ist schon in Ordnung. Ich bin dir eine Last, was kann ich als Fisch auch schon an Land ausrichten?“, lächelte sie schüchtern.

Ein Gefühl der Schuld überkam mich und des Mitleides.

Gerade als sie gehen wollte, schnappte ich ihre Hand und hielt sie auf.

„Benutz ihn, wenn dir jemand zu nahe kommt und du es nicht möchtest!“, sagte ich nur und reichte ihr meinen Dolch.

Sobald sie ihn genommen hatte, machte ich kehrt, schnürte meinen Umhang enger und ging auf Dow zu, der mir bereits erwartungsvoll zuwinkte.
 

Warum fühlte ich mich so unwohl, jetzt wo ich Elaine hier lassen musste?

Meine Brust schmerzte.

Ich konnte mich nicht einmal umdrehen und mich verabschieden.

Etwas in mir schien zu brüllen und sich dagegen zu wehren sie zurück zu lassen.

Dow kletterte auf meine Schulter, versteckte sich in meiner Kapuze und wir marschierten los.

Gefühle durften jetzt keine Rolle spielen.

Das sollten sie nie!



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Kommentare zu dieser Fanfic (11)
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Von: abgemeldet
2011-09-04T20:16:24+00:00 04.09.2011 22:16
Voll die gute Geschichte!!!!!!!!!!!!!!!
Du schreibst sehr gut und die Handlung ist super!!!!!!!!!!!!!
Schreib weiter so!!!!!!!!!!!!!!
Von:  Sira
2009-09-19T06:56:34+00:00 19.09.2009 08:56
Oje, jetzt sind sie weg!
Dario ist ja echt der Hammer, stellt sich einfach tot XD
Und juhu, sie bekommen Verstärkung! Kannst du vielleicht mal eine Landkarte hochstellen?^^ Da kommen jetzt so viele verschiedene Ortsnamen vor, dass ich gar nicht mehr weiß was wo und wie weit weg voneinander ist ^^´Das wär toll!
Ja, auf jeden Fall wiedermal ein spannendes Kapitel!
Von:  Sira
2009-09-08T20:43:35+00:00 08.09.2009 22:43
Bei dem Gespräch am Anfang des Kapitels hatte ich ein bisschen Probleme mitzukommen wer gerade was sagt, vielleicht solltest du zwischendurch noch mal ein paar Sätze einbauen.
Ich hab schon gedacht dieser Riese nimmt Elaine jetzt mit *schock* aber is ja noch mal gut gegangen…
Und ich finds cool wie Dario Ivory aufzieht^^ Die können sich ruhig noch ein bisschen weiterstreiten, das is lustig^^
Aber schade, dass er son Feigling ist, sein Greif ist im Moment eindeutig der heldenhaftere^^ Hauptsache Dario kommt wieder!

Von:  Sira
2009-09-02T15:32:12+00:00 02.09.2009 17:32
Ach, Ivory ist so toll, wie sie immer so misstrauisch und unfreundlich ist^^ ´Elaine ist baden´ XD
Und Timea ist irgendwie süß^^
Ja, jetzt hat Ivory aber auch schlechte Karten, da hasst sie alle Magiewesen, dabei ist sie selbst ein bisschen eins^^
Den Sturm hast du gut beschrieben. Und juhu, ein neuer Chara! Und ein Greif, die sind toll! Hoffentlich bleibt der Junge länger, hab ich schon erwähnt, dass ich es liebe, wenn viele Charas mitspielen?^^

Von:  Sira
2009-08-26T20:20:10+00:00 26.08.2009 22:20
Ein neues Kapi, juhu^^ Ich finds cool, das Ivory endlich mal Gefühle zeigt, obwohl ich sie ja wenn sie böse ist lieber mag XD Und ich bin mal gespannt was als nächstes passiert und warum die da alle schon auf die Zwei gewartet haben! Immer diese abrupten Kapitelenden wenns grad spannend wird T.T
Von: abgemeldet
2009-08-24T14:05:07+00:00 24.08.2009 16:05
Also ich hab mir bis hierher alles durchgelesen und ich muss sagen, ich find es echt super^^
Bewundernswert, wie man so einfallsreich sein kann und noch dazu dein Schreibstil^^ Also wirklich super^^
Ich werd die Story weiter verfolgen und freue mich auf Fortsetzungen.

Bis zum nächsten Kappi

Estell
Von:  Sira
2009-08-24T12:27:25+00:00 24.08.2009 14:27
Das is so süß wie Elaine versucht Ivory auf was hinzuweisen, sie nicht reagiert und Elaine dann einfach umkippt, anstatt sich durchzusetzen^^
Aber jetzt scheinen sie sich ja zumindest schon besser zu verstehen, und Dow ist niedlich.
Ich könnte gar nicht so lange nur mit zwei Charakteren schreiben, irgendwie brauch ich immer einen Haufen Hauptcharas^^ liegt wahrscheinlich daran, dass ich mir so gerne neue Charas ausdenke!

Von:  Sira
2009-08-24T12:09:12+00:00 24.08.2009 14:09
Waah, wie süß^^ Elaine ist total niedlich, wie sie da sitzt und die ganze Zeit versucht das Richtige zu tun^^ Und Ivory schnallts ja auch langsam, echt gut!
Aber ich hoffe das wird noch aufgeklärt, ob König Schwarzfels nun wirklich unsterblich ist oder nicht, in der Charakterbeschreibung von Elaine steht ja, dass er es nicht ist, weil sie nur eine halbe Meerjungfrau ist, aber wenn er ja früher die Mutter hatte hat er sich von ihr ja sicher das ´reine´ Blut geholt^^
Aber wenn es in der Geschichte noch aufgeklärt wird erzähls mir nicht!
Von:  Sira
2009-08-23T15:04:04+00:00 23.08.2009 17:04
Achja, ich wollt noch sagen ich finde du hast dir sehr schöne Namen für deine Charaktere ausgedacht, gefallen mir alle sehr gut^^
Von:  Sira
2009-08-23T14:57:19+00:00 23.08.2009 16:57
Cool, das Kapi fand ich sogar noch besser als das erste^^ (obwohl das natürlilch auch nicht schlecht war!)! Ich finds genial wie Ivory Elaine behandelt, das is mal nicht sone Eierkuchengeschichte wo alle nett zueinander sind, find ich echt cool!
Schreib schnell weiter, möcht wissen wies weitergeht^^

Liebe Grüße, Sira


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