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Liebe zwischen Schnee und Eis

von

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In den letzten Wochen war es selbst für diese Jahreszeit viel zu kalt geworden. Der Wind wehte bitterkalt in starken Böen und schien den fortgeschrittenen November schnell fortwehen zu wollen um endlich den kalten Dezember willkommen zu heißen.

In dieser nebelverhangenen, frostigen Nacht hielten die Jellicle-Katzen ihren jährlichen Ball ab. Das hieß, sie tanzten tatsächlich so wild und schnell, dass sie gerade noch warme Pfoten behielten. Dieser Zeitpunkt war für die Austragung der wichtigsten Festlichkeit schon mehr als ungewöhnlich, doch wegen einer Meute von Straßenhunden, die das Treffen im lauen September plötzlich störte, musste eine andere Zeit gefunden werden um den Ball für dieses Jahr endgültig werden zu lassen. So sah man die beiden Zwillinge Tantomile und Coricopat, die die Kälte aufgrund ihres Straßenlebens ohnehin gewöhnt waren, einen flotten Tango tanzen während Munkustrap mit der um einiges jüngeren Cassandra einen etwas merkwürdig aussehenden Gig probierte. Schließlich tantzte das Kätzchen allein weiter und bekam gerade in dem Moment als Munkustrap von ihr ließ, zahlreiche Angebote von anderen Katern. Ein junger Tom mit schwarzem Fell und der Andeutung einer Mähne, der dabei weit mehr auf sich hielt als es für ihn gesund war, fiel bei der hübschen Exotin grandios auf die Nase und auch die anderen hatten nicht viel mehr Erfolg.

Alonzo hatte sich, zum Schutz vor dem eisigen Wind, in den geöffneten Herd am Rand der Tanzfläche zurückgezogen und beobachtete das Treiben da draußen skeptisch. Bei der Ewigen Katze, warum konnte er nicht einfach nach Hause gehen, anstatt sich hier den Schwanz abfrieren zu müssen? Gewiss mochte er die jährlichen Tänze sehr, doch bei dieser Kälte war selbst der Jellicle-Ball kein großes Vergnügen! Außerdem war er, im Gegensatz zu fast allen anderen noch nicht erwachsen und hatte es daher erheblich schwerer, eine Partnerin zu finden. Der junge Kater seufzte; er hatte es so satt, ständig mit Schmetterlingen im Bauch die Kätzchen, die sich dabei fürchterlich zierten, zum Tanz auffzufordern - und schließlich mit einem Kichern doch nur wieder abgewiesen zu werden ...

"Hey, Kumpel!", kam es plötzlich von hinten. Alonzo zuckte heftig zusammen und fing an zu fauchen.

"Was soll das, Jerrie? Soll ich ne Herzattacke kriegen, oder was?" Gereizt machte der schwarz-weiß gefleckte Kater seinem Ärger luft. Der buntgetigerte Tom neben ihm, mit vollem Namen Mungojerrie, machte ein erstauntes Gesicht.

"Reg dich doch nicht gleich so auf und entspann dich stattdessen mal zur Abwechslung!" Ratlos schaute Jerrie seinen Freund von der Seite her an. "Was ist eigentlich los mit dir in letzter Zeit? Und heute überhaupt? Du solltest es so machen wie Teazer und ich und dich bei einem Tänzchen amüsieren, statt hier zu hocken und zu schmollen."

Dieser gut gemeinte Ratschlag brachte Alonzo erneut zum Brodeln: "Und mit wem, bitteschön? Alle Kätzchen haben schon einen Partner und ich habe wirklich keine Lust, dazwischenzugehen!" Säuerlich warf er einen zweiten Blick auf die Fläche und blieb schließlich an der jungen Sphinx hängen. Stolz trug sie die Nase hoch und wies abermals alle Werbungen ab. Die glaubte wohl, dass sie etwas Besonderes war. Schnaubend wandte sich Alonzo an Jerrie und deutete auf das Kätzchen.

"Die ist wohl auf ne Sonderbehandlung aus, was?", fragte er grinsend, doch Mungojerrie zuckte nur mit den Schultern: "Keine Ahnung. Die Kleine ist verdammt verschlossen, sogar Munkustrap hat sie angeblich nichts weiter als ihren Namen verraten." Nachdenklich sah nun auch Jerrie zu ihr, bis die helle Stimme seiner Freundin ertönte.

"Was ist denn nun, Jerrie? Ich frier mir hier fast die Pfoten ab während ich auf dich warte." Und dann fügte sie noch hinzu: "Lass ihn doch einfach in Ruhe wenn er nicht will." Daraufhin bedachte der junge Tom Alonzo mit einem entschuldigendem Grinsen und verschwand. Alonzo blieb allein zurück und konnte seine Augen nicht mehr von Cassandra lösen. Was wenn -

Gleichzeitig hielt eine Stimme in seinem Kopf dagegen: "Bei der hast du eh keine Chance, wenn sogar Plato bei ihr nicht landen konnte. Also schlag es dir schnell aus dem Kopf, bevor du noch deprimierter wirst als vorher sowieso schon!"

Doch Alonzo wurde von ihrer Erscheinung, ihrer ganzen Existenz fast magisch angezogen, so dass er sich nicht dagegen wehren konnte. Immer näher trugen seine Pfoten ihn zu dem Kätzchen, dass dem Kater nun in die Augen sah.

Du hast keine Chance!

Azurblaue Augen, die ihm beinahe die Besinnung raubten, den jungen Kater nahezu magisch fesselten ...

DU HAST KEINE CHANCE! ...

Plötzlich verstummte die kleine, nervige Stimme in seinem Hinterkopf und einen Moment später wusste Alonzo auch, warum: er hielt die schmale, zierliche Pfote des Sphinx-Kätzchens, die ihn mit einem neckischen, aber gleichzeitig auch vertrauensvollen Blick maß. Die volle Bedeutung dessen, welche Meistertat ihm gerade gelungen war, holte Alonzo erst ein als die erfreuten und beeindruckten Rufe seiner Freunde seine Ohren erreichten. Noch immer hatte er nur Augen für Cassandra, die ihn scheu und geheimnissvoll zugleich anlächelte.

Schlagartig vergaß der junge Kater den eisigen Wind; eine unbekannte Wärme wanderte von seinen Pfoten, in denen er die der Sphinx hielt, in seinen ganzen Körper, bis hinauf in seine Ohren und in seine Schwanzspitze zu Alonzos klammmen Hinterpfoten und ließen ihn geschmeidiger und anmutiger tanzen denn je.

Wie lange sie gemeinsam tanzten, wusste Alonzo nicht. Unter ihrem Blick schmolz die Zeit dahin, bis sich alle sammelten und die Wandlung von Demeter zur Queen vollzogen wurde. So plötzlich löste sich der Bann und der Zauber, der den Kater bis dahin gefangen gehalten hatte, doch Alonzo war dennoch mit Zufriedenheit erfüllt und beobachtete glücklich, wie Demeter sich unter Munkustraps Berührungen wohlig räkelte und schnurrte. Anschließend ließ der junge Kater sich am Rand der Fläche nieder und allmählich kroch die Kälte wieder seine Pfoten hinauf. So tippte er gut gelaunt mit der Pfotenspitze den Takt der Musik mit und begnügte sich damit, einige Glühwürmchen mit den Auge zu verfolgen, die beständig um seinen Kopf schwirrten und versuchte gelegentlich, sie zu fangen.

So schritt die Nacht vorwärts und langsam neigte sich der Ball seinem Ende zu. Kurz vor Sonnenaufgang versammelten sich alle Katzen um Alt-Deuteronimus, der nun die Wahl treffen musste, welche Jellicle in dieser Nacht wiedergeboren werden würde. Eine äusserst hübsche Katze mittleren Alters mit einem wunderschönen, glänzenden Mantel und außergewöhnlich flauschigen Ohren saß etwas abseits und beobachtete das Ganze fast ein wenig abschätzend. Alonzo hatte bereits gehört, dass sie London unbedingt verlassen wollte um die Welt kennen zu lernen. Daher mied sie die anderen, die von dieser Idee absolut nicht begeistert waren.

Zumindest die meisten ...

Nachdenklich ruhte sein Blick noch einen Moment auf Grizabella und wollte eben zu Alt-Deuteronimus zurückkehren als er etwas ganz anderes einfing; eine schmale Gestalt mit sehr hellem Fell, die das Ganze ebenfalls zu beobachten schien. Obwohl sie versuchte, sich in der sicheren Dunkelheit zu verbergen, konnte Alonzo sie gut erkennen. Er war sich sicher, dass sie ihm fremd war und nicht zu den Jellicle-Katzen gehörte, denn niemand im Klan trug eine solche Fellfarbe, die selbst auf diese Distanz reinweiß wie Schnee wirkte. Noch nie hatte der junge Kater so etwas gesehen ...

In diesem Moment, so als hätte sie seinen Blick bemerkt, zog sich die fremde Katze plötzlich zurück und Alonzo war dermaßen vertieft, dass er das erst gar nicht bemerkte. Was war geschehen? Warum verschwand sie jetzt? Aber was noch viel wichtiger war: Wer war sie und wo kam sie her?

Unruhig und nervös drehten sich Alonzos Ohren nach allen Seiten während er einen Blick nach vorne warf. Noch immer hatte sich ihr Oberhaupt nicht entschieden und alle außer ihm saßen dicht vor dem alten Kater gedrängt und achteten nur auf ihn.

Bevor Alonzo auch nur daran denken konnte, meldete sich wieder diese fürchterliche Stimme in seinem Hinterkopf: "Du bist doch wahnsinnig, wenn du den Ball jetzt einfach so verlässt. Erstmal ist das taktlos und du bist schließlich kein kleines Kätzchen mehr und zweitens hast du doch keine Ahnung, wem du eigentlich hinterher willst. Womöglich ist das ein Spion von Macavity und außerdem kriegst du nur Ärger, wenn du abhaust und dich nachher alle suchen müssen!"

Doch der junge Kater sah nur den schlanken, außergewöhnlich gefärbten Körper vor sich und missachtete die Stimme ein weiteres Mal. Geduckt schlich Alonzo eng am Rand der Tanzfläche, die nun leer war, entlang, bis er eine gewisse Entfernung zwischen sich und alle anderen gebracht hatte, erklomm dann ein knallrotes, mattglänzendes Autowrack und anderen Sperrmüll und verließ schließlich in weiten Sätzen den Schrottplatz. Sofort nahm seine Nase eine feine Fährte auf, die unmöglich Macavity gehören konnte und schlagartig machte er sich auch keine Gedanken mehr um die Unsichtbare Pfote und seine gefährliche Bande, die hier in der Gegend ihr Unwesen trieb. So folgte Alonzo der Spur, die ihn immer weiter vom Schrottplatz fortbrachte, durch weit verzweigte Gassen in ein vom Menschen gößtenteils verlassenes Viertel. Sicherhaltshalber zog Alonzo seine Krallen; er war zwar in den Gassen der Stadt groß geworden, doch gerade deshalb wusste der junge Kater nur zu gut, wie wichtig es war, nicht blindlings durch dunkle, enge Straßen zu wandern.

Hinter der nächsten Abzweigung fand er eine Sackgasse vor. Davon gab es viele und unerfahrene junge Kätzchen mussten acht geben, sich nicht zu verlaufen. Meist waren diese Mauern auch entmutingend hoch, doch für Alonzo stellten sie kein Problem dar. Nicht, wenn er hinter irgendetwas her war ...

Geschwind kletterte der schwarzweiß gefleckte, junge Jellicle mithilfe eines überdimensional großen Containers auf den Rand der Mauer und sah sich um. Verwundert stutzte der Kater als er noch einmal in die Luft schnupperte; die Spur, der er die ganze Zeit gefolgt war, verlor sich hier. In alle Richtungen wandte Alonzo den Kopf, doch abgesehen von einer Hundespur, die ihm beinahe die Nase verdarb, konnte er nichts mehr wahrnehmen.

"So ein Mist!", dachte der junge Kater verärgert und sprang mit einem kleinen Satz die Gassenmauer herunter. Er würde wieder zurückkehren, mit der Hoffnung, dass Alt-Deuteronimus mit dem Auswählen so lange gebraucht hatte, dass niemandem sein Verschwinden bis jetzt aufgefallen war.

"Gibst du schon auf? Ach, komm schon, ich wollts dir nicht so einfach machen!"

Alonzo bekam einen gehörigen Schreck, der sich allerdings, anders als vorhin mit Mungojerrie, darin äußerte, dass der junge Kater zu Eis gefror. Er wandte den Kopf in die Richtung, aus der er die helle Stimme eines Kätzchen gehört hatte und entdeckte aus den Augenwinkeln eine flinke Bewegung.

Da war sie! Hoch oben saß die junge Katze in einem leeren Fensterrahmen, ihr Fell schimmernd im Mondlicht, fast wie pures Silber, und bedachte Alonzo mit einem schelmischen Grinsen während sie zu ihm hinabstarrte. Sprachlos bei diesem Anblick starrte der junge Kater mit offenem Mund zurück und entlockte der Fremden ein leises Kichern.

"Danke für das Kompliment, allmählich gewöhn ich mich dran", erwiderte sie mit vor Schalk blitzenden Augen, "du siehst auch ziemlich cool aus!"

Langsam kam Alonzo wieder zu sich und legte ebenfalls grinsend den Kopf schräg; schon fand der junge Jellicle zu seiner sonstigen Unbefangenheit zurück.

"Welches Kompliment wofür? Ich kenn ja noch nicht mal deinen Namen!", antwortete er geradeheraus und lächelte verschmitzt. Natürlich rechnete er daraufhin nicht mit einer Antwort und war umso erstaunter als er sie doch bekam.

"Imaryana." Aus dem anfänglichen, frechen Grinsen war ein weiches Lächeln geworden. Als nächstes glitt das schneeweiße Kätzchen mit fließenden Bewegungen und einer Geschmeidigkeit, die dem jungen Kater, wie ihr Fell, ebenfalls noch nie begegnet war, aus dem Fensterrahmen und kletterte gewand die Fassade des verlassenen Hauses herunter. Schneller als geahnt stand sie vor Alonzo und musterte den Kater zum Ersten Mal genau. Alonzo wurde leicht nervös während ihr Blick an ihm herunterwanderte, doch er musste erstaunt feststellen, dass es diesmal nicht gar so schlimm war wie bei den anderen Jellicle-Kätzchen.

"Verrätst du mir auch deinen Namen?" Er konnte von dieser glockenhellen Stimme nicht genug bekommen ... und als sich ihrer beider Blicke trafen, hatte der schwarz-weiß gefleckte Kater erneut Mühe, den Mund aufzumachen.

"Ich - Alonzo!", antwortete er schließlich mit bemüht fester Stimme und versuchte zu verbergen, wie schwer es ihm fiel, dieses wunderschöne Geschöpf als wirklich real zu betrachten. So vergingen einige Augenblicke, in denen sie beide schwiegen.

Schließlich öffnete Imaryana ihren Mund um die Stille zu durchbrechen: "Na ja, vielleicht solltest du langsam zurückkehren, bevor die anderen ausschwärmen müssen und anfangen, dich zu suchen." Dabei liefen die beiden ganz langsam durch die Gassen.

Alonzo zögerte, dann schüttelte der junge Jellicle energisch den Kopf; wie um alles in der Welt könnte er jetzt daran denken, zum Schrottplatz zurücklaufen? -

"Ach, das ist nicht so schlimm." Das war schlichtweg gelogen, doch er hatte ein überzeugendes Argument parat: "Ich komme schließlich von der Straße, die anderen wissen, dass mir nichts passieren kann!" Im Brustton der Überzeugung stand Alonzo vor dem Kätzchen und hoffte, dass sie das bemerken würde. "Hast du uns eigentlich schon lange beobachtet?", fragte er neugierig und grinste dabei.

Auch die schneeweiße Streunerin konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen als sie antwortete.

"Na ja ... ich hab euch eine ganze Weile lang zugeschaut." Verlegen senkte Imaryana halb die Ohren und schmunzelte.

"Ich war so eifersüchtig auf dieses dunkelbraune, fellose Kätzchen als ihr zusammen getanzt habt." Als Alonzo sich daraufhin erstaunt zu ihr umwandte, begann ihr Gesicht in einem feinen Zartrosa zu leuchten.

"Du hast mir von allen jungen Katern und Toms am Besten gefallen."



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