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Bittersweet Symphony

Ich habe dich gefunden – Mein Glück - -Die letzten zwei Kapitel sind da
von

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Niemals endende Albträume

So, nach langem hin und her grübeln, hab ich mich dazu entschieden, die Fanfic hier hochzuladen.

Also, viel Spaß. ^^
 

Niemals endende Albträume
 

Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, bläht sich nicht auf.

Sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das ihre. Sie lässt sich nicht erbitten, sie rechnet das Böse nicht zu. Die Liebe erfreut sich nicht an anderer Menschen Sünde. Sie erfreut sich an der Wahrheit.
 

Sie ist wie der Wind,

zu ertragen, zu vertrauen, zu hoffen und zu erdulden,

gleich was kommen mag.
 

Doch des Öfteren besteht genau darin die Schwierigkeit.
 

****
 

Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen legte ich meinen Kopf in den Nacken, streckte genüsslich mein Gesicht den umherwirbelnden Schneeflocken entgegen, die näher betrachtet wie kleine Wattebausche aussahen. Seufzend schloss ich meine Augen, spürte das kurze Kribbeln, was das kühle Etwas auf meiner warmen Haut für Sekundenbruchteile auslöste, bevor dieses wieder ins Nichts verschwand. Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, mochte ich normalerweise dieses weiße Fusselzeug nicht.

Genauso wie den kalten Wind, der als Begleiterscheinung hierzu meist auftrat, in die Wange und Nase schnitt. Sobald diese kleinen wolligen kalten Dinger in mein Blickfeld gerieten, war mein Tag so gut wie gelaufen.

Ja, ich hatte normalerweise eine selbst mir unerklärliche Abneigung gegen diese merkwürdigen Gebilde, die aussahen wie die Enden von Wattestäbchen. Definitiv konnte ich mit diesen überhaupt nichts anfangen.

Noch weniger als mit dem Regen, den es hier in Forks mehr als zu genüge gab. Forks war nicht umsonst eine der regenreichsten Städte in den gesamten USA.

Schnee bedeutete für mich, dass es für Regen zu kalt war. Reine Logik.

Und dennoch lag die Betonung für den heutigen Tag auf „normalerweise“. Denn heute war nichts normal.

Warum das so war, konnte ich mir selbst nicht genau erklären.

Ich wusste nicht, ob es an meiner sehr guten Laune lag, dass der Schnee dieser nichts anhaben konnte. Oder einfach nur an dem leichten Kribbeln, was mir immer wieder in regelmäßigen Intervallen eine Gänsehaut nach der anderen über meinen Rücken jagte. Oder ob es an dem tiefen Gefühl der Geborgenheit lag, dass sich bis in den entlegendsten Winkel meines Körpers ausgebreitete hatte und einfach nicht mehr weichen wollte.

Wohlig seufzte ich auf, bevor ich meinen Weg leicht springend fortsetzte und zugleich für diese Geste ein unverständliches Grummeln begleitet von einem besorgten Zischen geschenkt bekam.

Ich konnte mir ein leises und kurzes Auflachen nicht verkneifen, während ich mit einer leichten Drehung, meinen Körper in die Richtung aus der die Geräusche kamen, umwandte, was ihn aufkeuchen lies. Er, der der Grund für all meine Empfindungen war. Er, der mich immer in ein Gefühlschaos stürzte, sobald ich nur seine Anwesenheit wahrnahm.

Skepsis lag in seinem Blick, als er seine wunderschöne Stimme erhob. „Bella.“

Ich erschauderte bei dem Klang meines Namens aus seinem Mund, spürte zugleich, wie er mich mit seinen unendlich tiefgrünen Augen weiter fixierte. Auch die unterschwellige Mahnung, die darin lag, war mir nicht entgangen, was mein Grinsen jedoch nur verbreiterte.

Isa, würdest du bitte so nett sein und solch halsbrecherische Aktionen unterlassen, solange der Boden unter deinen Füßen nicht annährend seine normale Beschaffenheit angenommen hat?“
 

Ich schnaubte bei seinen Worten. Isa schoss es mir verächtlich durch den Kopf. Gleichzeitig senkten sich meine Mundwinkel ab, um ihm deutlich mein Missfallen aufzudeuten. Er wusste nur zu genau, wie ich über diese Verstümmelung meines Namens dachte. Nur er traute sich mich so zu nennen, wusste er doch zu genau, wie diese Abkürzung mich anstachelte. Genauso wusste er, dass er damit ungeschoren davon kam.

Ich verschränkte meine Arme vor meiner Brust, was ihm ein Lächeln auf seine Lippen zauberte.

Für Sekunden stockte mir der Atem, nahm ich nur noch meinen flatternden Herzschlag wahr, bevor ich mich wieder fasste.

Schnell räusperte ich mich, versuchte dadurch die Festigkeit meiner Stimme wieder zurück zu holen, um meine Wut zum Ausdruck bringen zu können.

„Was willst du mir damit sagen Eddie?“, presste ich hervor. Zugleich hatte ich drohend eine Augenbraue nach oben gezogen, belegte ihn mit einem warnenden Blick.

Doch der gewünschte Effekt aufgrund des von ihm genauso verhassten Spitznamens, den ich seinerseits erhofft hatte, blieb aus. Seine Mundwinkel erhoben sich stattdessen weiter zu einem verschmitzen, schiefen Lächeln, dass mich jedes Mal aufs neue aus der Fassung brachte.

Scharf sog ich die Luft um mich herum ein, um bei klarem Verstand zu bleiben. Mein Blick verfinsterte sich, als ich sah, dass er dies ebenfalls wahrnahm.

Dafür hasste ich ihn, oder versuchte zumindest ihn zu hassen. Er wusste, dass er dieses Lächeln als Waffe gegen mich einsetzen konnte. Wusste, wie dieses auf mich wirkte, ich diesem nichts, aber rein gar nichts entgegen zu setzen hatte. Und er nutzte diese Tatsache schamlos zu seinem Vorteil aus.

Das Lächeln war immer noch nicht aus seinem Gesicht gewichen, als er einen Schritt näher an mich heran trat.

„Hast du mir gerade ernsthaft diese Frage gestellt Isabella Marie Swan?“

Ich antwortete nicht, zog stattdessen einfach meine Augenbrauen zusammen, was Edward mit einem leisen Lachanfall quittierte, während er noch einen weiteren Schritt auf mich zukam. Diese Sache hier schien ihn mehr als zu amüsieren. Ich dagegen hatte im Moment mehr das Problem meine Konzentration aufrecht zu erhalten, nicht in seinen grünen Augen zu versinken, die immer noch auf mir lagen.

Zugleich kämpfte ich gegen den inneren Drang, der mir leise zuflüsterte, genau das zu tun, alles andere um mich herum zu vergessen.

Sein Glucksen lies mich zusammen zucken. „Ich glaube wir beide wissen nur zu gut, dass du schon Probleme hast auf einer ebenen Fläche ohne jegliche Gefahrenquelle, nicht zu stolpern. Ich will mir gar nicht ausmalen, was du alles auf diesem für dich äußerst gefährlichen - für andere Menschen – normalen Bürgersteig, auf dem wir uns gerade befinden, anstellen kannst.“ Der blanke Schalk lag ins einen Augen. Ebenfalls entging mir nicht die Anspielung, die in seinen Worten lag.

„Pha!“ War hierauf mein einziger Kommentar.

Zu mehr war ich überhaupt nicht mehr fähig, auch wenn ich gewollt hätte.

Eingeschnappt setzte ich meinen Weg fort, na ja, das versuchte ich zumindest. Schon im nächsten Moment, kam, was kommen musste. Ich rutschte auf dem Eis aus, drehte mich auf einem Bein mit wedelnden Armen um die eigene Achse. Edward packte mich gerade noch rechtszeitig am Arm, sonst hätte ich bestimmt noch nähere Bekanntschaft mit dem Bordstein gemacht. Noch mehr solcher Bekanntschaften mussten wirklich nicht sein. Um ehrlich zu sein, hatte ich schon mehr als genug davon. Meine letzte Begegnung mit der Straßenlaterne oder dem Abflussschacht war völlig ausreichend gewesen. Der Winter war für Menschen mit angeborener Tollpatschigkeit, wie ich einer war, einfach nicht gemacht.

Erleichtert atmete ich auf, bevor ich mein Gesicht anhob.

Erst jetzt bemerkte ich, dass mir Edward gefährlich nahe gekommen war. Mein Puls beschleunigte sich hierauf drastisch, mein Herz schlug Purzelbäume, schien bereits am absoluten Limit meiner Herzfrequenz angelangt zu sein. Ich spürte, wie das Blut aus meinen Körper begann in meine Wangen zu schießen, um diese in ein dunkles Rot zu tauchen.

„Das war pure Absicht!“, nuschelte ich um das gerade Geschehene zu überspielen. Ein eher aussichtloses Unterfangen. Edward grinste mich einfach weiterhin mit meinem allerliebsten schiefen Lächeln an.

Verzweifelt versuchte ich noch meine Wangen daran zu hindern einen noch intensiveren Rotton anzunehmen, meine Gedankengänge in eine andere Richtung zu lenken.

Stell dir vor, wie du Mike Newton küsst Bella!, schrie ich mir selbst zu.

Doch die von mir so dringend herbei ersehnte Wirkung blieb aus. Der Gedanken verebbte so schnell wie er aufgekommen war. Verschwand im Nichts. Edward hatte mich mal wieder mit seinen Augen gefangen genommen und ich war hilflos. Konnte mich nicht dagegen wehren, wollte es auch gar nicht.

Wahrscheinlich starrte ich ihn mal wieder total idiotisch an. Ein Grund mehr, weshalb sich meine ohnehin schon geröteten Wangen noch dunkler färbten. Gegenwärtig dürfte ich einer Tomate ernsthaft Konkurrenz machen.

Besaß ich im Moment überhaupt noch einen Tropfen Blut in den anderen Regionen meines Körpers? Wenn ich nach der Wärme ging, die mein Gesicht ausstrahlte, so musste ich mir diese selbst gestellte Frage zweifelsfrei mit Nein beantworten.

Edward stand einfach nur da, sah mir tief in die Augen.
 

Gott, wenn er wüsste, was er mit mir anstellte!
 

Genau in diesen magischen Momenten – wie ich sie bezeichnete - ,die sich in letzter Zeit zwischen uns immer mehr häuften, wurde mir immer wieder aufs Neue bewusst, wie viel mir Edward bedeutete.

Er war mein bester Freund. Meine zweite Hälfte. Er war derjenige, dem mein Herz gehörte. Mit jeder Faser meines Körpers liebte ich ihn. Niemals würde ich ohne ihn sein können. Er war mein Lebenselixier. Auch wenn er selbst davon nichts ahnte.

Und ich war mir sicher, dass er dieses Gefühl, was ich für ihn empfand, nicht in der gleichen Art erwiderte. Er war schließlich Edward Cullen. Der perfekte Edward Cullen!

Ich war seine beste Freundin und war dankbar dafür. Mehr konnte ich einfach nicht verlangen.

Während ich meinen Gedanken nachhing, glitten meine schokoladenbraunen Augen über seine markelosen Gesichtszüge, bevor ich meine volle Aufmerksamkeit seinem verstrubbelten bronzefarbenen Haar schenkte, in dem sich glitzernde Schneeflocken verfangen hatten. Einige nassen Strähnen fielen ihn mittlerweile in die Stirn, unterstrichen dadurch den Kontrast zwischen seiner blassen Haut und den rotbraunen Haaren.

Ich unterdrückte den Wunsch meine Hand auszustrecken, seine Haut zu berühren, die Strähnen zwischen meinen Fingern zu spüren.

Ich war so gefangen in diesem fesselnden Augenblick, dass ich das merkwürdige Geräusch, das langsam aber penetrant zu mir durchdrang nur unterschwellig bemerkte. Ich wollte mich widersetzen genauer zu lauschen. Diesem störendem Lärm keinerlei Bedeutung schenken, doch der Klang wurde höher, kreischender, begann in meinen Ohren zu schmerzen.

Ich riss meine Hände nach oben, wollte diese auf meine Ohren legen, den Lärm damit ausschalten, als ich mitten in der Bewegung inne hielt.
 

Mein Körper versteifte sich, eine Gänsehaut schoss über meinen Körper, schmerzte schon fast bei der Geschwindigkeit, die diese zurücklegte. Edward starrte mir mit einem entsetzten Gesichtausdruck entgegen, bevor er über mich hinweg schaute. Ich folgte seinem Blick, wandte mich in die Richtung um und meine Augen weiteten sich schlagartig.
 

Ab diesem Moment lief für mich alles in Zeitlupe ab.
 

Ich sah Tylers dunkelblauen Van unkontrolliert auf uns zuschlingern. Ich sah Tyler, in dessen Augen sich bereits der Schock spiegelte, den der Zusammenstoß mit uns bei ihm auslösen würde. Sah sein verzehrtes Gesicht, seine Arme, die wild am Lenkgrad zehrten, um das Unabwendbare doch noch zu verhindern.

Ich stand einfach nur da, regungslos, sah die Motorhaube des Vans immer näher kommen. Ich war gebannt, genauso wie es vor wenigen Sekunden noch bei Edwards Augen der Fall war. Nicht fähig mich zu bewegen. Meine Glieder waren steif.
 

EDWARD!
 

Meine Starre löste sich. Tränen schossen blitzartig in meine Augen. Er würde sterben, genauso wie ich es tun würde. Bei diesem Gedanken krampfte sich mein Herz schmerzhaft zusammen. Das durfte einfach nicht geschehen.
 

„BELLA!“
 

Ruckartig riss ich meinen Kopf zu ihm herum, prallte gegen ihn, spürte zugleich seine Arme, die sich fest um mich schlangen, mich gegen ihn pressten. Ich vergrub mein Gesicht an seiner Brust, sog tief den Duft ein, der ihn immer umspielte, den ich so liebte.

Ich fühlte seinen Lippen, die mir sanft und zugleich liebevoll einen Kuss auf die Stirn hauchten. Tylers Van war vergessen. Die Wärme, die er mir schenkte war das Einzige was noch zählte. Er war bei mir. Damit war ich zu allem bereit. Ich schmiegte mich noch enger an seinen Körper.
 

Doch es kommt immer anders, als man selbst denkt!
 

Grob wurde ich beiseite gestoßen, die Wärme verschwand ruckartig, machte der eisigen Kälte platz, die sich nun wie tausende von Nadelstiche in meine Haut bohrte. Hart schlug ich auf dem gefrorenen Boden auf, spürte ein Brennen, das sich von meinen Handflächen ausgehend, ausbreitete. Zum Nachsehen fehlte mir die Zeit.

Ohne es wirklich selbst zu realisieren, drückte ich meinen Oberkörper nach oben, suchten hektisch nach Edward.

Er war nicht neben mir!

Wo war er?!

Ein Knirschen, was sich mit dem immer noch herrschenden kreischenden Geräusch verband, lies mich blitzartig auf die Stelle blicken, an der ich noch wenige Sekunden zuvor gestanden hatte.

Da war er!

Mein Mund riss auf. Doch kein Ton drang hervor. Meine Unterlippe bebte verräterisch. Weitere Tränen traten in meine Augen, versuchten mir die Sicht zu nehmen. Doch ich kämpfte dagegen an.

Mechanisch schüttelte ich den Kopf, mein Blick immer noch auf ihn gerichtet. Noch einmal sah er zu mir herüber, seine grünen Augen, drangen tief in die meinen ein. Es fühlte sich an, als würde die Zeit stehen bleiben.
 

Doch dieser Wunsch wurde mir nicht gewährt.
 

Und dann geschah es.
 

Eine endlose Sekunde lang, herrschte völlige Stille, bevor unser Blickkontakt endgültig beendet wurde, sich alle Geräusche miteinander vermischten.

Ein dumpfer Schlag, als Tylers Motorhaube auf Edwards Körper traf, schepperndes Blech, Tylers entsetzter Schrei, der von meinem eigenen übertönt wurde.
 

„EDWARD!“
 

~
 

Schreiend fuhr ich aus meinen Schlaf hoch, sah mich verwirrt um.

Die verschwommenen Umrisse meines in Dunkelheit liegenden Zimmers wurden nur ganz langsam wieder klarer. Erst jetzt bemerkte ich meine viel zu schnelle Atmung und mein rasendes Herz, das hart gegen meinen Brustkorb prallte.

Schweißperlen kämpften sich meine Schläfe hinab.

Die Verwirrung lag wie schwerer Nebeldunst über meinen Gedanken. Sachte hob ich meine zittrigen Hände an, holte einmal tief Luft, bevor ich mit meinen Fingerkuppen meine Wangen streifte.

Tränen!

Hektisch, fast panisch schloss ich meine Lider, strich über diese, presste sodann meine Handballen auf meine geschlossen Augen um den Tränen Einhalt zu gebieten.

Ein Fehler!

Denn jetzt sah ich ihn. Sein Gesicht, nahm seinen süßlichen Geruch wahr.

Augenblicklich begann mein Köper unkontrolliert zu zucken, meine Lippen zu beben.

Nein! Bitte nicht!, flehte ich noch in Gedanken.

Doch die Welle der Erinnerungen rollte erbarmungslos über mich, begrub mich unter ihr.
 

Das Letzte was ich noch am Rande wahrnahm, war mein eigenes tieftrauriges Schluchzen, bevor ich endgültig in die in mir herrschende und wohl bekannte Traurigkeit eintauchte, mit dem Wissen, dass ich den Kampf wieder verloren hatte. Dass es, wie die Nächte zuvor, keine Rettung gab.
 

Würde das jemals Enden?
 

Nein! Denn ich hatte das Wichtigste in meinem Leben verloren!
 

***
 

Meinungen?! Ich bin gespannt.
 

Liebe Grüße

Pei-Pei

Warum?

Hi.

Ich präsentiere das 2. Kapitel.
 

Vielen Dank für eure Kommis. ^^
 

****
 

Warum?
 

Unruhig wälzte ich mich auf die andere Seite meines Bettes, versuchte krampfhaft meine Lider geschlossen zu halten und mich gleichzeitig an dem winzigen Hauch Müdigkeit, der noch in mir existierte, festzukrallen.

Doch es half nicht.

Desto verzweifelte ich mir den Schlaf herbeisehnte, desto mehr verflog die Müdigkeit. Es war zum aus der Haut fahren.
 

Ein gequältes Stöhnen drang über meinen Lippen, bevor ich die Decke, die ich mir über den Kopf gezogen hatte, beiseite schlug, meine Augen sich in dem immer noch dunklen Zimmer umschauten, um dann an der blau leuchtenden Anzeige meiner Digitaluhr haften zu bleiben, die auf meinem Nachttisch stand.

Erneut stöhnte ich auf, als ich dadurch feststellen musste, dass es noch ganze vier Stunden dauern würde, bis der von mir herbei gewünschte Tag anbrach.

Vier Stunden, in denen ich mich noch weiter dieser Tortur aussetzen musste. Schwerfällig hob sich mein Brustkorb an, als ich einen tiefen Atemzug nahm. Meine Kehle kratze, war völlig ausgetrocknet.

Ohne nachzusehen tastete sich meine rechte Hand am Rand meines Bettes entlang, bis diese die Wasserflasche fand, nach der meine Kehle förmlich schrie.

Mit einer fahrigen Bewegung setzte ich die Flasche an meine Lippen, nahm einige Schlucke, musste abbrechen, als mir unvorbereitet ein erneutes Schluchzen entrang.

Wütend über meinen erneuten Ausbruch, schraubte ich den Verschluss auf die Flasche, wenige Sekunden später flog besagter Gegenstand quer durch den Raum, krachte mit einem lauten Schlag an die gegenüberliegende Wand.

Ich hatte zugleich meinen Kopf in die entgegengesetzte Richtung gerissen, starrte aus dem Fenster. Was ich jedoch dort sah, lies mich erstarren.

Mit Unglauben in meinen Augen verfolgte ich die kleinen weißen Flocken, die gegen das Glas des Fensters flogen, sich geräuschlos auf meiner Fensterbank nieder ließen.
 

Schnee!
 

Eilig riss ich die Decke von meinem Körper, sprang auf und rannte aus meinem Zimmer hinaus.

Der laute Knall der zufliegenden Tür echote noch eine ganze Weile in meinen Ohren, während ich versuchte meinen schnellen Herzschlag zu beruhigen, einfach an nichts zu denken.

Unruhig strich ich durch meine völlig zerwühlten Haare, beseitigte einige Strähnen, die durch die vielen Tränen auf meiner Haut klebten, sich in meinen Wimpern verfangen hatten.

Wie lange ich bereits in dieser Finsternis stand, konnte ich nicht abschätzen. Um ehrlich zu sein, war es mir auch völlig egal. Ich war geradezu froh darüber.

Ich wollte im Moment einfach alles ausblenden, an nichts denken.

Erst als mich ein Schauer durchlief, begann ich mich wieder auf meine Umgebung zu konzentrieren, nahm wahr, dass mein Schlafanzug, den ich am Körper trug, förmlich durchnässt war.

Nach der Ursache brauchte ich nicht zu fragen, ich wusste es bereits. Wie immer wenn mich dieser Traum heimsuchte, war ich danach schweißgebadet.

Somit nichts Neues!

Mit schweren Schritten schlug ich daher den Weg ins Badezimmer ein. Ich wusste, dass ich heute Nacht sowieso kein Auge mehr zubekommen würde.

Während ich aufmerksam einen Fuß vor den anderen setzte, starrte ich stur auf den Boden, achtete akribisch darauf, keinem Fenster zu nahe zu kommen.

Ich wollte nicht schon wieder einen Grund haben, in Tränen auszubrechen. Ich wusste selbst, dass ich im Moment einfach zu labil war, die Wunde, die ich bereits seit Jahren in mir trug, sich wieder vertieft hatten.

Warum konnte diese verfluchte Jahreszeit nicht schon vorbei sein?!

Früher einst, hatte ich den Winter einfach nicht gemocht. Hatte diesem keine große Bedeutung geschenkt.

Dann gab es eine Zeit, in der ich sogar dem Schneetreiben etwas abgewinnen konnte. Eine Zeit, in die ich niemals wieder zurück kehren konnte, egal wie sehr ich mich danach sehnte.

Heute hasste ich diese Jahreszeit mehr als jemals zuvor. Ich hasste sie aus tiefsten Herzen.

Die Jahreszeit, die die meisten Menschen liebten, die mit Vorfreude erwartet wurde, hatte mir entrissen, was in meinem Leben das Wichtigste gewesen war. Mein Licht in der Dunkelheit.

Ein Stich durchzuckte zugleich mein Herz, der mich zum Taumeln brachte. Meine Hand schnellte Richtung Wand, um mich zu stützen.
 

Einst war die Welt für mich vollkommen gewesen. Ich war glücklich. Nichts und niemand hätte dies trüben können. Und so naiv wie ich damals war, war ich natürlich im Glauben, dass sich diese Tatsache niemals ändern würde.
 

Wie falsch ich doch lag.
 

Ein bitterer Geschmack breitete sich in meinen Mund aus. Meine Augen verdunkelten sich. Ich blinzelte mehrmals, als ich von neuem die Tränen spürte, die sich in meinen Augenwinkel ansammelten.

Verwirrt sah ich mich um. Ohne es bemerkt zu haben, hatten sich allen Anschein nach meine Beine ohne mein Zutun selbstständig gemacht. Ich stand nun im Wohnzimmer unsere Wohnung, vor einem niedrigen Schrank, den ich gewöhnlich mied.

Alice bewahrte in diesem diverse Kleinigkeiten auf.

Alice. Sie war meine beste Freundin, dennoch war ich dankbar dafür, dass sie heute Nacht nicht hier war. Sie hätte sofort gewusst, von was mein Traum wieder gehandelt hatte.

Ich liebte sie, wie eine Schwester, doch in diesen Momenten konnte ich ihren mitleidigen Blick nicht ertragen. Wollte ihn nicht sehen.
 

Ich selbst hasste die Augenblicken, in denen ich schreiend aus meinem Schlaf auffuhr, sah man mir genau dann meine Verletzlichkeit am meisten an. Es reichte bereits, wenn ich mich damit quälte. Ich wollte nicht noch Alice ständig an dieses Ereignis, dass bereits so lange zurück lag, und mich einfach nicht losließ, erinnern.

Schließlich waren Alice und Emmett damals genauso davon betroffen, wie ich selbst es war.

Seit mehreren Minuten stand ich unschlüssig da, meine Augen starr auf eine ganz bestimmte Schubblade fixiert.

Und ohne dass ich es großartig führen konnte, begann ein innerer Drang von mir Besitz zu ergreifen, auch wenn ich wusste, dass ich mir dadurch selbst noch mehr Schmerz zufügte, konnte ich nicht anders.

Meine Finger umschlossen schnell den Knauf der Schubblade, so dass mir keine Möglichkeit mehr blieb, mich um zu entscheiden. Mit einem leichten Ruck gab diese ihren Inhalt preis.

Ich presse meinte Lippen zusammen, als ich nach einem ganz bestimmten Fotoalbum griff, das sich darin befand.

Mit einer etwas unbeholfenen Bewegung lies ich mich in den Sessel fallen, der in unmittelbarer Nähe stand.

Meine Hände bebten, als ich eine Seite, ziemlich in der Mitte aufschlug. Ein trauriges Lächeln begann sich auf meinen Gesicht abzuzeichnen, während meine Fingerspitzen sanft über das Foto strichen.

Es zeigte Alice, Emmett, Edward und mich.

Es kam mir so vor, als wäre es erst gestern gewesen.

Es war einer der wenig warmen Tage in Forks gewesen. Alice hatte so lange gebettelt – und darin war sie unschlagbar -, bis wir nachgegeben hatten und zum Strand gefahren waren. Das Wasser war eisig gewesen, dennoch hatte uns nichts und niemand davon abgehalten, schwimmen zu gehen. Zumindest Emmett und Edward nicht. Ich verlor mich, sah nur noch Edwards strahlend grüne Augen, seinen Arm, den er fast beschützerisch um mich gelegt hatte, während ich in die Kamera grinste.
 

Vergnügtes Lachen drang an meine Ohren, gleichwohl ich wusste, dass es nicht real war, ließ ich mich darauf ein, versank weiter in der Erinnerung.
 

~
 

„Iik“, quiekte Alice auf, als das kalte Wasser ihre Knöchel berührte.

Emmett hatte sich ungeachtet dessen bereits in die Fluten gestürzte. Tauchte gerade wieder auf, um seine braunen Locken zu schütteln.

Ich stand am Strand, in sicherer Entfernung, beobachtete das Schauspiel, das sich mir gerade bot.

Emmett schnappte sich gerade seinen elfenhafte Schwester und beförderte diese mit einem gekonnten Wurf in die Fluten.

Prusten erschien Alice wieder an der Wasseroberfläche, ihre kurzen schwarzen Haare, die normalerweise wirr in alle Richtungen abstanden, lagen nun schwer um ihr zartes Gesicht. Ich konnte mir ein schadenfrohes Lachen nicht verkneifen.

Böse funkelte sie zunächst ihren bärenhaften großen Bruder, dann mich an.

„Bella hör auf so blöde zu grinsen und kommt schon!“, schrie sie mir entgegen.

Ich dachte aber gar nicht daran. Ich hatte ihr versprochen mit an den Strand zu kommen, mich in die kalten Fluten zu werfen, war ein völlig anderes Thema.

„Vergiss es! Keine zehn Pferde bringen mich da rein.“, murmelte ich, während ich bereits den Weg in Richtung unserer Handtücher wieder einschlug, als sich zwei Arme um meine Beine schlangen, ich spürte, wie sich etwas Warmes gegen meinen Bauch drückte. Erschrocken schrie ich auf, verlor meinen Halt und fiel vornüber.

Augenblicke später befand ich mich in der Waagrechten. Mein Gesicht schnellte zur Seite um in das schönste Paar Augen zu blicken, denen ich je begegnet bin.

Ich brauchte nicht zu fragen, was er mit mir anzustellen gedachte.

„Edward.“, zischte ich verzweifelt, versuchte mich zugleich aus seinem Griff zu winden. Ergebnislos.

Sein Grinsen, das er auf den Lippen trug, wurde immer bereiter, desto mehr wir uns dem Wasser näherten.

Wenige Schritte davor versuchte ich in meiner aussichtslosen Situation noch einen allerletzten Versuch.

Meine Lippen glitten zu seinem Ohr.

Ich wusste, dass ich mit Schreien nichts erreichen würde, also. „Bitte, setzt mich ab.“, hauchte ich meinem besten Freund entgegen.

Und tatsächlich, Edward geriet ins straucheln.

Einen kurzen Moment lang, konnte ich die Unentschlossenheit in seinen Augen aufflackern sehen, gemischt mit noch etwas anderem, was ich nicht deuten konnte. Was jedoch ein wohliges Gefühl in mir auslöste.

Doch der Schalk kehrte umgehend zurück und ich ging keine Minute später sprichwörtlich mit Edward baden.

~
 

Acht Monate später passierte es dann.

Meine bis dahin heile Welt bekam tiefe Risse, die sich unbemerkt weiter ausbreiteten.

Alles begann mit diesem einen schicksalhaften Tag.

Danach war nichts mehr, wie es einst war. Kurz darauf zerbrach sie endgültig.

Ich unfähig irgendetwas dagegen zu tun.
 

Ich weiß noch, als wäre es gestern gewesen, wie es sich angehörte hatte. Dieses klirrende Geräusch, das aus meinen Inneren kam.

Zunächst war da nur ein leichtes unheilvolles Ziehen gewesen, das sich schnell in ein Brennen verwandelte, schmerzhafter wurde.

Immer schneller und schneller hatte sich mein Brustkorb angehoben, während sich das Brennen unaufhaltsam ausgebreitete hatte, um dann in Taubheit und eisige Kälte über zu gehen. Genau in diesem Moment konnte ich hören, wie etwas zersprang. Es klang, als wäre eine Vase direkt neben mir auf dem Boden zerschellt.

Doch das war nicht der Grund.

Mein Herz war in diesem Moment in tausend Stücke gerissen worden.
 

Ich schreckte aus meinen Gedanken auf, als ich ein leises plopendes Geräusch wahrnahm.

Mein Blick senkte sich, erkannte den kleinen Wassertropfen, der mir von der Oberfläche des Bildes entgegen schimmerte.

Ich schnaubte missbilligend.

„Jetzt reis dich verdammt noch mal zusammen. Es war nicht deine Schuld.“, schalte ich mich selbst, verzog bei dem letzten Satz angewidert mein Gesicht.

Wie oft hatte ich in den vergangen Jahren diesen Satz aus anderer Leute Mund gehört.

Und jedes Mal hätte ich schreiend davonlaufen können.

Wut flackerte in mir auf.

Ich presste meine Lippen zusammen, um dieser nicht freien Lauf zu lassen. Um mich abzulenken sah ich wieder hinab, beschäftigte mich wieder mit dem Foto.

Ich war wirklich masochistisch veranlagt.
 

Leise seufzte ich auf, während meine Finger über Edwards Gesicht fuhren. Tiefe Sehnsucht überkam mich. Sehnsucht, die niemand ausfüllen konnte.

Ich hatte es versucht, doch war gescheitert.

Edward hatte eine tiefe Leere in meinem Inneren hinterlassen. Eine Leere mit der ich versuchte umzugehen, auch wenn es nicht einfach war.

Und auch wenn ich inzwischen einigermaßen gelernt hatte wieder zu leben, habe ich nie wieder zu meinen alten Ich zurück gefunden. Es war mir einfach nicht möglich.

Es gelang mir einfach nicht. Egal wie sehr ich es auch versuchte. Es war, als würde mir hierzu irgendetwas fehlen. Ein ganz bestimmtes Teil, ohne das dieses Vorhaben nicht möglich war. Dieses Teil jedoch würde mir immer fehlen. Es war frustrierend.

Erst jetzt bemerkte ich, wohin meine Gedanken mich zwischenzeitlich getragen hatten. Ich sackte immer weiter ab, tauchte tiefer und tiefer in meine dunklen Gedanken. Die Schmerzen dröhnten bereits durch meinen Körper.

Schnell zog ich das Album zu mir, drückt das Foto an meine Brust, schloss meine Augen und sah ihn wieder vor mir. Er wirkte so real.

Edward trug sein süßestes schiefes Lächeln auf den Lippen, seine smaragdgrünen Augen funkelten mich freudig an.
 

Und es kam, was kommen musste.
 

Ich sprach die Worte aus, die ich bereits so oft ausgesprochen hatte, und jedes Mal vornahm, sie nie wieder in den Mund zu nehmen.

„Ich hätte dir damals sagen sollen, was ich für dich empfinde. Das ich dich lie…….“, ich brach ab, zu keinem weiteren Wort mehr fähig.

Die Tränen schossen in meine Augen und liefen in Strömen meine Wange hinab. Die Schmerzen in meiner Brust jagten wie Stromschläge durch meinen gesamten Körper, erschwerten mir das Atmen.

Mit verzehrter Miene beugte ich mich nach vorne, packte an meine Brust, spürte mein wild pochendes Herz.

Die Kälte drohte mich nun endgültig wieder zu verschlingen.

Das durfte nicht passieren.

Warum um Himmels willen, hatte ich es wieder so weit kommen lassen?

Wieso hatte ich mich diesen Gefühlen, die so lange tief unter der Oberfläche geschlafen hatten, wieder hingegeben?

Verdammt, warum tat ich mir das nur an?

So lange hatte ich darum gekämpft aus dieser, zum Schluss unerträglichen Taubheit wieder aufzutauchen.

Ich dachte an Alice und Emmett. Nur sie wusste, wie es damals in mir aussah. Weder meinen Eltern, noch Esme oder Carlisle hatte ich gezeigt, wie es wirklich in mir drin aussah. Nur sie alleine hatten es gewusst. Und genau das wollte ich ihnen nicht schon wieder antun. Ich wollte sie nicht noch einmal so hilflos sehen.

Ich wollte mich aufbäumen, mich dagegen zur wehr setzten, aber mir fehlte die Kraft.

Ich war schwach!

Weitere Tränen lösten sich hierauf.
 

In diesem Augenblick geschah es.
 

Wärme umschlang mich, wie es einst seine Arme getan hatten, wenn er mich in seine Umarmung gezogen hatte, um mir Trost zu spenden.

Ich konnte ihn spüren.

Und darüber war ich froh.

Er behütete mich vor dem Abgrund, dem ich wieder bedrohlich nah gekommen war. Er beschützte mich immer noch, genau wie damals.
 

- Bella -
 

Ein seliges Lächeln legte sich auf meine Lippen. Ich lehnte mich wieder zurück, wollte mich in seine Umarmung fallen lassen, als ich etwas Kaltes in meinen Rücken spüren konnte.

Ruckartig riss ich meine Augen auf, blickte nach hinten in die Leere und sprach fragend seinen Namen aus.
 

„Edward?“
 

Kaum, dass ich realisierte, was ich gerade gesagt hatte, spürte ich, wie ein Brennen meine Speiseröhre empor schoss.

Eilig sprang ich auf, stolperte fast. Das Album rutschte von meinen Schoss, knallte auf den Boden.

Ich spürte immer noch den Fluss der Tränen, der ungehindert über meine Wangen rann, nicht zu stoppen war, während ich mit schnellen Schritten in Richtung Badezimmer eilte. Gerade noch rechtzeitig erreichte ich die Toilette und beugte mich über diese.
 

Als endlich das Würgen nachließ, lehnte ich matt an die Wand. Zu mehr war ich nicht mehr fähig.

Ich hatte mich zu sehr hinein gesteigert. Meinen Gefühlen zu viel Raum gegeben.

Ich drückte mit meinen Fingerspitzen gegen meine pulsierende Schläfe. Mein Kopf schien sich darauf vorzubereiten zu explodieren. So kam es mir zumindest vor. Ich ballte meine Faust, schlug gegen die geflieste Wand.

Ich nahm wahr, wie mein Atem flacher wurde. Langsam senkten sich meine Lider über meinen Augen.

Die Müdigkeit kehrte zu mir zurück, während ich nur noch meinen Gedanken lauschte.
 

Warum konnte ich nicht dahin zurück kehren? In diese unbeschwerte Zeit!

Warum hatte das geschehen müssen?

„Warum?“, wisperte ich in die herrschende Stille.

Ich konnte es einfach nicht verstehen.

Was hatten wir bloß getan, dass wir derart bestraft wurden?

Ich wusste selbst, dass diese Frage völlig idiotisch war!

Und nichts desto trotz stellte ich mir immer und immer wieder diese Frage.

Egal wie lächerlich es sich selbst in meinen Ohren anhörte.

Ich konnte einfach nichts dagegen tun.
 

„Warum nur musstest du mich verlassen?“
 

***
 

Meinungen?
 

Liebe Grüße

Pei-Pei

Unerwartet

Hi zusammen.
 

Vielen lieben Dank für eure Kommis. Hab mich sehr darüber gefreut und hier präsentiere ich das 3. Kapitel.
 

Unerwartet
 

Irgendetwas Helles, was ich nicht definieren konnte, blendete mich.

Murrend hob ich meine Hand, schirmte meine schmerzenden Augen vor diesem Etwas ab. Zugleich stellte ich fest, dass jeder Muskel, von dessen Existenz ich wusste, schmerzte.

Wie konnte das sein?

Sachte schoben sich meine Lider Millimeter für Millimeter nach oben, um dann letztendlich ruckartig aufzuschlagen.

„Oh!“, entwich es mir, als ich meinen Kopf anhob, dann nach unten schaute, wo mich ein weißer Toilettendeckel begrüßte. Ich war neben der Toilette eingeschlafen.

Sofort machte sich wieder der bittere Geschmack in meinen Mund breit.

Mit einer fahrigen Bewegung strich ich durch meine verklebten Haare, richtete mich ächzend auf, um in Richtung Waschbecken zu wanken.

Mit meinen Händen stützte ich mich auf dessen Rand ab, während ich langsam mein Gesicht in Richtung Spiegel anhob.

Ich sah erbärmlich aus, schoss es mir durch den Kopf, als mir mein Spiegelbild entgegen blickte.

Meine Augen wurde durch ein sattes Rot betont, was ich den Tränen der letzten Nacht zu verdanken hatte. Tiefe dunkle Ringe zeichneten sich unterhalb ab, standen in einem krassen Kontrast zu meiner ohnehin sehr blassen Haut. Von meinen Haaren wollte ich erst gar nicht sprechen.

Ich stand einem lebenden Toten in Punkto Aussehen nichts nach. Fehlte nur noch der niemals endende Blutdurst.

Jeder Horrorfilm-Regisseur hätte mich mit Handkuss genommen.

Alice hingegen hätte höchstwahrscheinlich einen tiefen Schock gefolgt von einem Schreikrampf erlitten. Eine Kombination, die ich am frühen Morgen nicht ertragen hätte. Vor allem nicht in diesem Zustand.

Ich konnte mir bildlich vorstellen, wie meine beste Freundin eilig durch unser Bad gewirbelt wäre und mit unzähligen Duftwässerchen und Cremes eine “Rettungsaktion“ gestartet hätte.

Für den Amoklauf, den ich danach garantiert gelaufen wäre, hätte ich auf jeden Fall mildernde Umstände bekommen. Zumindest nachdem der Richter Alice dazu vernommen hätte. Denn sie hätte garantiert überlebt.

Erneut dankte ich dafür, dass meine quirlige beste Freundin erst heute zurückkommen würde. In einigen Tagen würden die Semesterferien zu Ende gehen.

Ich freute mich immer darauf. Denn zugleich bedeutete dies, dass der Frühling nicht mehr weit war. Sobald der Frühling kam, hatte ich das Schlimmste hinter mir. Die Träume waren zwar da, verloren aber an Intensität.
 

Während ich vor mich hin grummelte, entledigte ich mich meines Schlafanzuges. Freute mich zugleich auf das warme Wasser, was in wenigen Minuten über meine Haut fließen würde.

Mein Blick schweifte nochmals zum Spiegel. Akribisch musterte ich mich.

Was war letzte Nacht bloß los gewesen?

Warum in Gottes Namen war ich so ausgetickt?

Erklären konnte ich es mir gerade selbst überhaupt nicht. Das war schon sehr lange nicht mehr passiert.

Ich hatte schon seit geraumer Zeit die Sache im Griff. Ziemlich gut sogar. Und um ehrlich zu sein, wollte ich nicht, dass ich noch einmal in diesen dämmrigen Zustand verfiel. Ich wusste, ich würde es wahrscheinlich nicht noch einmal da heraus schaffen. Nicht aus alleiniger Kraft.

Ich schüttelte meinen Kopf.

Ich durfte die Dinge einfach nicht mehr so nah an mich heran kommen lassen. Es war alles zugleich auf mich eingestürzt und ich hatte es nicht mehr kontrollieren können.

Der Schnee, der Traum und zum krönenden Abschluss war gestern auch noch der Tag gewesen, an dem vor sieben Jahren diese ganze Tragödie begonnen hatte. Der so genannte „Jahrestag“, wie ich ihn selbst immer in meinen eigenen Gedanken bezeichnete.

Und wie ich jetzt am eigenen Leib erfahren hatte, konnte dieser Mix für mich tödlich sein.

„Sieben Jahre…!, nuschelte ich leise vor mich hin, bevor meine Augen zu Schlitzen wurden.

„Reis dich zusammen Isabella!“, tadelte ich mich selbst mit erhobenen Zeigefinger. „Du hast es doch bisher auch gut auf die Reihe bekommen.“

Diesem Argument konnte ich nicht widersprechen.

Meine Gesichtszüge entspannten sich, zufrieden nickte ich.
 

Ich musste diese Gedanken hinter mir lassen und was würde besser helfen als eine wohltuende Dusche.

Ich begann zu lächeln, als ich endlich in die Dusche trat, das warme Wasser spürte, was von meiner Haut perlte, meine verspannten Muskeln sich langsam unter der angenehmen Wärme lösten.

Zufrieden seufzte ich auf, schloss meine Augen, streckte mein Gesicht den Wassermassen entgegen. Alles um mich herum verlor für diesen kurzen Moment an Bedeutung.

Ich hörte nur noch das Rauschen des Wassers, lauschte. Ich wusste, dass ich immer mit diesen Träumen leben würde. Diese Tatsache musste ich akzeptieren. Eine innere Ruhe ergriff mich und das letzte Nacht Erlebt rückte in weite Ferne. Die dunklen Gedanken trieben mit dem Wasser davon.

Zufrieden über diesen Umstand, sprang ich bereits besser gelaunt aus der Dusche, wickelte mich in die zuvor zu Recht gelegten Handtücher ein und lief eilig in mein Zimmer zurück.

Inzwischen war es bereits neun Uhr.

Bald würde Alice wieder hier auftauchen. Und wahrscheinlich würde sie nicht alleine auf der Matte stehen.

Ich rechnete mit der gesamten Familie Cullen. Meine zweite Familie.

Ein freudiges Lächeln bereite sich auf meinen Gesicht aus. Ganz besonders freute ich mich auf Carlisle und Esme. Es waren bereits einige Monate vergangen, seit dem ich die Zwei das letzte Mal gesehen hatte. Die Telefonate, die ich in diesem Zeitraum mit Esme geführt hatte, waren da nur ein schwacher Trost gewesen. Die Cullens waren ein fester Bestandteil meines Lebens, daraus nicht mehr wegzudenken.

Ich war dankbar, dass sie neben Charlie damals ebenfalls für mich da waren. Emmett und Alice gaben mir immer noch Halt, wenn ich ihn brauchte. Ich wusste gar nicht, womit ich solch eine liebe Familie verdient hatte.

Zehn Tage lang, hatte ich Alice jetzt nicht gesehen. Wobei es mir aber so vorkam, als wäre der kleine Wirbelwind überhaupt nicht weg gewesen. Jeden Tag hatte ich mindestens zwei Anrufe bekommen, Massen von Sms, Mms und zwischen drin auch einige E-Mails in denen sie bis ins kleinste Detail schilderte, wo sie sich den Tag über herum getrieben hatte, was sie so eingekauft hatte und natürlich ihre persönliche Meinung dazu. Und selbstverständlich hatte Alice auch daran gedacht alles mit ihrer Digitalkamera festzuhalten. In dieser Beziehung scheute sie keine Mühe.

Es fühlte sich an, als wäre ich dabei gewesen, was eigentlich auch der Fall gewesen wäre. Aber leider hatte mich kurz vor der Abreise eine ziemlich schwere Grippe niedergestreckt. Damit fiel unser alljährlicher erster gemeinsamer Urlaub im neuen Jahr ins Wasser, was mich anfangs auch ziemlich geärgert hatte.

Ich liebe den Urlaub mit dem Cullen-Clan.

Ich grinste vor mich hin als mir einige lustige Erinnerungen dazu wieder einfielen, während ich vor meinen Schrank stand und überlegte, wie ich mich am besten bei diesem Wetter ausrüsten würde.

Kurz huschten meine Augen aus dem Fenster. Immer noch fielen Schneeflocken vom Himmel, an dem nächtlichen Bild hatte sich somit nichts geändert. Und mein Gefühl sagte mir, dass es heute wahrscheinlich auch nicht mehr aufhören würde.

Kurz schüttelte es mich, wenn ich daran dachte, dass ich in der nächsten halben Stunde das Haus verlassen würde, um mich dieser weißen Hölle zu stellen.

Ein Königreich für einen Bäcker mit Lieferservice.

Aber so etwas gab es hier leider nicht. Zumindest nicht in unserer Wohngegend.

Also musste ich diese Übel wohl über mich ergehen lassen.

Ich wollte mir erst gar nicht einen ausgehungerten Emmett Cullen in unserer Wohnung vorstellen.

Sein knurrender Magen konnte dem Brüllen eines wütenden Grizzlys durchaus Konkurrenz machen. Also war ein hungernder Emmett tunlichst zu vermeiden.

Was tat man nicht alles, um seinen persönlichen Teddybären bei Laune zu halten.

Ich konnte ein leises Lachen nicht unterdrücken.

Schnell zog ich die dickste Kleidung aus meinem Schrank, die ich finden konnte und tapste wieder zurück ins Bad.

Hastig trocknete ich meine Haare, schlupfte in meine Kleidung und trat mit leicht grimmigem Gesichtsausdruck auf den Hausflur hinaus.

Auf Außenstehende musste meine gesamte Körperhaltung wirken, als würde ich höchstpersönlich in den Krieg ziehen, während ich die Treppenstufen hinunter lief. Was mehr oder weniger auch stimmte.

Wie jeden Tag stellte ich mich meinem Kampf mit der Schwerkraft, die der viele Schnee verbunden mit der Glätte nicht gerade vereinfachte.

Tief amtete ich noch einmal durch, als ich nach der Klinke der Eingangstür griff und mich mit entschlossener Miene dem draußen herrschenden Schneegestöber stellte.
 

Ganze zwanzig Minuten später, leicht nassen Haaren und einer leicht verkühlten Nase, aber unfallfrei, stand ich wieder in unserer Wohnung, was mich so ziemlich freute. Schnell entledigte ich mich meiner Jacken und den Schuhen und machte mich auf den Weg in Richtung Küche.

Ich war mir ziemlich sicher, dass Emmett erst einmal nach was zu Essen fragen würde, sobald er mich begrüßt hatte.

Also macht mich schon mal daran die Kaffeemaschine anzuschalten und den Wasserkocher aufzufüllen, stellte Tassen und Teller bereit.

Meine Augen huschten gerade zum zigsten Mal zur Uhr als ich das Klicken der Haustür hörte.

„Bella!“, kreischte Alice, schon stand sie in der Küche und fiel mir um den Hals.

„Oh, ich hab dich so vermisst.“, quasselte sie weiter, ohne sich von mir zu lösten. Ich konnte nicht anders, lachte los. In diesem Moment freute ich mich einfach nur.

Nach einer gefühlten Ewigkeit löste sie sich endlich von mir, hielt meine Hände aber immer noch in den ihren und sprang auf und ab. „Wart nur ab, was ich alles mitgebracht hab. Natürlich hab ich auch an dich Gedacht. Es gibt Geschenkte!“, frohlockte sie förmlich. „Und außerdem…..“

„Woah. Alice langsam.“ Ich musste sie erst mal unterbrechen, was sie dazu brachte, mich gespielt verärgert anzusehen.

„Ich gebe Bella da vollkommen Recht. Mach mal halblang Schwesterchen. Es sind auch noch Andere da, die Bella begrüßen wollen.“, erklang hinter uns eine tiefe Stimme.

„Emmett!“, stieß ich hervor und eilte auf ihn zu.

Bereitwillig streckte er seine Arme aus, um mich in eine feste Umarmung zu ziehen.

„Na Kleines!“, brummte er.

„Na Großer!“, erwiderte ich genauso tief und brachte ihn zum Auflachen.

„Hallo Bella Liebes.“

Breite konnte mein Lächeln definitiv nicht mehr werden, während Esme ihre Arme um mich schlang.

„Du wirst von Mal zu Mal hübscher.“, begrüßte Carlisle mich strahlend, zog mich in seine Arme, um mir dann über die Wange zu streichen.

Inzwischen saßen wir gemeinsam beim Frühstück, nachdem das große Begrüßungsszenario wie von mir erwartet von Emmetts knurrenden Magen unterbrochen wurde.

Alice hörte überhaupt nicht mehr auf zu Plappern und Emmett stopfte sich ein Brötchen nach dem Anderen in den Mund. Er nutzte eindeutig Rosalies Abwesenheit aus. Die kühle Blonde mit traumhaften Modelmaßen hätte ihm schon längst Einhalt gewähr. Doch ohne ihre vielsagenden Blicke konnte er sich vollständig seinem liebsten Hobby widmen. Es war immer wieder aufs Neue faszinierend zu sehen, was ein einzelner Mensch, insbesondere Emmett, vertilgen konnte.

„Oh Bella, ich bin so gespannt darauf, was du sagen wirst, wenn du deine Geschenke siehst.“ Dabei begannen Alice Augen an zu strahlen.

„Alice, du weist doch ganz genau, dass du mir nichts schenkten sollst.“

Sie quittierte meine Aussage nur mit einem unberührten Schulerzucken, bevor sie unbeirrt fortfuhr.

„Gott sei dank, bin ich alt genug um selbst entscheiden zu können, ob ich dir etwas schenk oder nicht.“ Damit war für sie die Sache erledigt.

Ich rollte mit meinen Augen, weshalb mich Esme kurz mitfühlend anlächelte.

„Alice hat in New York doch bestimmt die Konjunktur um ein vielfaches nach oben getrieben?“, frage ich Carlisle, dessen Blick kurz zu seiner Tochter huschte, die aber so tat, als würde sie davon überhaupt nichts mitbekommen, was Carlisle zum Schmunzeln brachte.

„Davon kannst du dich selbst überzeugen, wenn wir alles hier raufgeholt haben.“

„Ja und vor allem die Achsen meines Jeeps werden dankbar sein, wenn das ganze Zeug endlich hier oben steht.“, fügte Emmett noch hinzu.

„So viel.“, fragte ich wirklich geschockt.

Emmett und Carlisle nickten knapp.

Esme kicherte nur und ich sah Alice ungläubig an, was jene veranlasste mich unschuldig anzulächeln. „Es war schwer manchmal ziemlich schwer sich zwischen zwei Dingen zu entscheiden.“, erklärte sie sich.

„Also hat du gleich beide mitgenommen.“, stellte ich trocken fest.

„Genau!“, grinste sie frech zurück.

Was sollte ich dazu noch sagen. Typisch Alice. Warum überraschte mich das überhaupt noch.

„Also, dann mal ran an die Arbeit.“ Eröffnete Carlisle und erhob sich schwungvoll von seinem Stuhl.
 

Warum hatte ich blöde Kuh nur gesagt, dass ich helfen würde Alice Errungenschaften aus dem Wagen zu tragen. Ich hatte doch gewusst, dass diese selbst die Kapazität von Emmetts Jeep voll und ganz auslasteten.

Ich musste in diesem Moment nicht bei klarem Verstand gewesen sein. Anders war mein Handeln einfach nicht zu erklären. Oder es lag schlichtweg an der Tatsache, dass ich fast aus der Wohnung geflüchtet war, als Alice verwundert nach dem Fotoalbum gegriffen hatte, dass nach meiner nächtlichen Träumerei immer noch an Ort und Stelle lag. Wieso hatte ich es auch vergessen wegzuräumen? Dafür könnte ich mir selbst in den Hintern treten.

Aber hätte ich mir nichts anderes einfallen lassen können, als Kistenschleppen?!

Es waren schließlich zwei Männer in unserer Wohnung. Zwei starke Männer wohl bemerkt. Und ein Dritter würde – in Gestalt von Jasper - gleich noch auftauchen.

Aber nein, Isabella Swan hatte ja mal wieder nicht ihre Klappe halten können.

Und natürlich hatte ich mir mal wieder den Karton ausgesucht, der nach meiner eigenen Schätzung eine Tonne wiegen musste. Aber abstellen und mir einen anderen Karton greifen, wollte ich jetzt auch nicht. Also musste ich da durch.

Ich neigte meinen Oberkörper etwas nach hinten, um somit das Gewicht auszubalancieren, als ich mit meinen Waden gegen etwas Hartes hinter mir stieß.

„Autsch. Verdammter Mist.“, presste ich hervor.

Dieser blöde Volvo-Fahrer.

Hatte dieser Kerl schon mal was von einem gewissen Abstand zwischen zwei parkenden Autos gehört? Dem Anschein nach nicht.

Klasse, das würde garantiert einen blauen Fleck geben. Ich unterdrückte den Drang gegen das Nummernschild zu treten, da ich dann höchst wahrscheinlich mit einem gebrochenen Zeh nach oben humpeln könnte.

Knurrend machte ich mich an den Aufstieg in den vierten Stock.
 

Stöhnend nahm ich eine Stufe nach der anderen, akribisch darauf bedacht, nicht ins Wanken zu geraten. Denn dies würde für mich höchstwahrscheinlich übel ausgehen. Dafür kannte ich meine Tollpatschigkeit nur all zu gut.

Im dritten Stock, musste ich dann doch absetzten, einmal tief durchatmen. Meine Hoffnung, dass mir Emmett entgegen kommen würde und mich von dieser Last befreite, hatte sich bis jetzt noch nicht erfüllt.

Und ich wollte hier nicht stehen bleiben und darauf warten, dass mich irgendwann irgendwer vermissen würde.

Alice würde meine Abwesenheit aller Wahrscheinlichkeit erst dann bemerken, wenn sie ihre Kisten nachzählen würde und bemerkte, dass eine fehlte.

Tief sog ich noch mal die Luft ein. Zuversicht war das Zauberwort. Es war nur noch ein Stockwerk. Das würde ich auch noch schaffen.

Nur noch ein Stockwerk, wiederholte ich immer und immer wieder, fast wie ein Mantra, während ich den Karton wieder hoch hievte.

Wo war nur der besagte Retter in der Not, wenn man diesen mal brauchte?!

Vor mich hingrummelnd war ich gerade mal ganze drei Schritte vorangekommen, als neben mir eine Wohnungstür aufgerissen wurde.

Neugierig sah ich zur Seite, wusste ich doch, dass diese Wohnung leer stand, oder besser leer gestanden hatte und erstarrte in meiner Bewegung.

Ich sah bronzefarbenes Haar.

Mein Herzschlag setzte aus.

Die schönsten grünen Augen, die ich je getroffen hatte, begegneten den meinen.

Ich spürte, wie mein Puls sich beschleunigen, mein Blut durch meine Adern rasen wollte.

Ich schnappte hörbar nach Luft und bereute im nächsten Moment, dass ich das getan hatte.

Schnell biss ich mir auf die Lippen, bevor ich „Was machst du hier?“, zischte.

Meine Stimme riss Edward aus seiner Starre, in die er verfallen war. Nach seinem perplexen Gesichtsausdruck zu urteilen hatte er gerade mit mir überhaupt nicht gerechnet.

Aber seine Verwirrtheit, die ihm noch wenige Sekunden zuvor ins Gesicht geschrieben war, schwand umgehend. Stattdessen begann er zu lächeln.

„Hallo Bella. Ich wohne hier!“

Das war ein schlechter Scherz. Ein verdammt schlechter wohlgemerkt!

Er trat einen Schritt auf mich zu, ich immer noch unfähig mich zu rühren.

Meine Augenbrauen zogen sich zusammen, mit verengten Augen funkelte ich ihn an.

„Ist…… ist das eine von meinen Kisten?“

Ich hörte die leichte Nervosität in seiner Stimme, nahm seine Unsicherheit wahr.

Gut so! Mein Blick schien ihm wenigsten etwas einzuschüchtern, was ich mit Genugtuung quittierte.

Ich setzte gerade dazu an ihn stehen zu lassen, als ich Schritte wahrnahm. Sie kamen von hinten und sofort erhob sich eine mir bekannte Stimme.

„Hey Bell……Edward, was machst du denn schon hier? Ich dachte du würdest erst in zwei Tagen kommen?“

Erneut schnappte ich lauter als gewollt nach Luft.

„Hey Jasper. Eine kleine Planänderung.“, hörte ich Edward sagen, während er mich immer noch vorsichtig in Augenschein nahm.

Ich wirbelte herum, funkelte nun Japser an, der stocksteif wurde, unter meinen Blick sogar etwas zu schrumpfen.

„Ihr wusstet davon?“, stieß ich zwischen zusammen gepressten Zähnen hervor.

„Ähm…..nun…….ja. Hat dir Alice nichts……..“

Weiteres Fußgetrappel unterbrach Japser, worüber er mehr als glücklich war. Natürlich hatte unser angehender Psychologe umgehend die angespannte Situation erkannt. Aber das würde jetzt niemanden mehr retten. Ihm blieb keine Möglichkeit SIE zu warnen.

Ich wandte meinen Kopf in die andere Richtung, meine Hände hatten sich zwischenzeitlich fest in den Karton gekrallt.

Ich musste ihn unbedingt in den Händen behalten, sonst würde ich hier gleich einen Mord nach dem anderen begehen. Wie war das am heutigen Morgen noch gleich im Zusammenhang mit meinem Amoklauf gewesen. So wie es aussah, würde ich diesen Gedanken gleich in die Tat umsetzen und würde dieses Vorhaben im Nachhinein nicht gerade bedauern. Ich sah schon die Schlagzeile der morgigen Zeitungen vor mir:

Grausiger Fund! Drei zerstückelte Leichen in einer Umzugskiste in einer Studentenwohnung entdeckt. Tathergang noch unbekannt.

Ich bebte vor Zorn. Meine Augen sprühten höchst wahrscheinlich Funken, was mir ganz recht war.

Sie sollte der drohenden Gefahr ins Gesicht sehen, vor Angst zittern. Wenn sie wüsste, dass sie ihren geliebten Schatz nicht mal mehr begrüßen konnte.

„Siehst du Emmett, ich hab dir doch gesagt, dass ich Jaspers Stimme……“, schrie Alice nach oben, brach mitten im Satz ab.

„Oh!“, stieß sie sichtlich überrascht hervor. Ihre Augen weiteten sich leicht.

„Oh!“, äffte ich sie nach. „Ist das alles, was dir dazu einfällt?“, knurrte ich weiter.

Schnell huschten Alice Augen zwischen mir, Edward und Jasper hin und her, wobei sie Edward und mich am längsten in Augenschein nahm.

„Oh!“, drang nochmals aus ihrem Mund, was meine Wut noch weiter anfachte. Ein Wunder das ich noch nicht vor Wut schäumte.

Mehr geschah nicht. Absolutes Schweigen legte sich über uns.

Meine beste Freundin stand einfach nur da, rührte sich nicht, genauso wie die anderen Zwei.

Derzeit keine schnellen Bewegungen in Bellas Gegenwart, so kam es mir zumindest vor.

Mein gesamter Körper war angespannt. Ich starrte stur auf einen Punkt hinter Alice.

Los beweg dich endlich!, schrie ich mir selbst zu.

Doch aus einem mir unerfindlichen Grund konnte ich es einfach nicht. Ich hatte gerade vergessen, wie mein Hirn den Befehl an meine Beine weitergeben konnte.

Die Stille wurde langsam unerträglich, lag benahe erdrückend über uns.

Ich wollte hier weg.

Weg von ihm.

Ein Räuspern ließ mich zur Seite schauen. Ich sah in Edwards Gesicht. So wie es aussah, führte er einen Kampf mit sich selbst. Seine fest aufeinander gepressten Lippen formten eine schmale Linie, während er mit für ihn sehr ungelenkten Bewegungen fast verkrampft näher an mich heran trat.

„Bella, lass mich die Kiste nehmen.“

Verdutzt sah ich ihn an. Was sollte das jetzt?

Erst jetzt bemerkte ich, dass meine Arme aufgrund der Last bereits begonnen hatten zu zittern. Lange würde ich das Gewicht nicht mehr tragen können.

„Du willst sie haben?“, fragte ich schlicht.

Er nickte, streckte seine Arme aus.

„Hier!“ Ich hob die Kiste ein kleines Stücken in seine Richtung und zog sofort meine Hände zurück.

Mit einem lauten Poltern knalle die Kiste auf den Boden und begrub dabei Edward Füße unter dem Karton.

Der darauf folgende Aufschrei klang wie Musik in meinen Ohren.

„Ups!“

Teilnahmslos und ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen wandte ich mich ab, schritt erhobenen Hauptes an Alice vorbei.

„Haha. Alice ich glaube, gerade eben kannst du dich dank Bella von einem Teil deiner neu erworbenen Deko verabschieden.“, dröhnte es zu uns herunter. Und wäre die Situation nicht so beschissen, wäre ich in Emmetts Lachen mit eingestimmt.

„Ich hab dir gleich gesagt, dass es keine Gute Idee ist, wenn Bella……..Oh!“

Emmett blieb wie Alice, stocksteif auf der Treppe stehen, wirkte geradezu eingeschüchtert, als er auf meinen Blick traf, der unverschleiert meine blanke Wut widerspiegelte.

„Ja oh!“, fauchte ich, stampfte an ihm vorbei, weiter die Treppe zu unserer Wohnung hinauf.
 

***
 

Überrascht?!
 

Liebe Grüße

Pei-Pei

Erinnerungen

Hallo zusammen.
 

Hiermit präsentiere ich euch das 4. Kapitel zu meiner Fanfic.

In diesem Kapitel wird es einige Rückblicke geben, die ich mit **** gekennzeichnet hab. Ich hoffe, dass es nicht all zu verwirrend ist und ihr den Durchblick nicht verliert. Falls doch etwas unklar sein sollte, einfach fragen. ^^
 

An der Stelle noch ein ganz liebes Dankeschön für eure Reviews.
 

~~~~~
 

Erinnerungen
 

Wie ferngesteuert trat ich in die Wohnung ein, ein erzwungenes Lächeln auf den Lippen und mit dem Flehen, dass weder Esme noch Carlisle meinen Gefühlsumschwung bemerkten.

„Bella Liebes, alles in Ordnung?“, erklang Esmes Stimme, leicht besorgt.

Oh Gott nein. Ich wusste, dass ich eine miserable Schauspielerin war, aber ich gab mir gerade wirklich Mühe. War ich denn so leicht zu durchschauen?

„Wieso?“, war das Einzige, was ich über meine Lippen brachte.

„Ich hab ein lautes Poltern gehört? Hast du dir auch nicht weh getan?“

Erleichtert atmete ich auf.

Ach darum ging es.

Schnell schüttelte ich meinen Kopf. „Alles in Ordnung. Es ist nur eine Kiste gefallen. Ich denke Emmett wird sie gleich mit hoch bringen.“

Esme begann zu lächeln, zufrieden über die Antwort.

Ich wollte sie nicht anlügen. Aber im Moment blieb mir keine Wahl.

Ersten, weil Edward ihr Sohn war. Wobei sie meine Attacke auf ihn bestimmt nachvollziehen konnte, zumindest mehr oder weniger. Da war ich mir nicht all zu sicher.

Und Zweitens, sie davon ausging, dass Alice mich über diesen Umstand aufgeklärt hatte. Anders konnte ich mir ihr Verhalten sonst nicht erklären. Was sie wohl sagen würde, wenn sie wüsste, dass Alice kein Sterbens Wörtchen gesagt hatte?

Eine Alternative. Aber nein, ich würde nichts sagen. Ich gestand niemand anderem zu Alice Cullen zu Vierteilen und den Kopf abzureisen. Das stand ganz alleine mir zu. Nur mir.

Bei Emmett musste ich mir noch etwas überlegen, da hier das Kräfteverhältnis doch ziemlich unausgeglichen war. Aber darüber machte ich mir jetzt keine Gedanken. Erst würde ich mich mit Alice Cullen beschäftigen. Emmett würde dann folgen.

Ich würde sie quälen, sie leiden lassen.

Das würde sie mir büßen.

Alice würde den heutigen Tag definitiv nicht überleben.

Meine Augen verzogen sich zu schmalen Schlitzen.

Sie hatte mich eiskalt ins Messer laufen lassen.

Ich schnaubte, bemerkte dann Esmes Blick, weshalb ich schnell wieder ein Lächeln auf mein Gesicht pflasterte.
 

Ich sah nicht auf, als ich die Tür hörte, beschäftigte mich lieber mit den Kisten, die bei uns im Wohnzimmer standen. Was den Vorteil hatte, dass ich jedem den Rücken zudrehen, mein Lächeln wegwischen konnte.

„Das ist die Letzte.“, hörte ich Emmetts Stimme. Sie wirkte gedrückt.

Gewissensbisse waren erst der Anfang und nichts gegen das, was die Geschwister noch vor sich hatten.

„Gut, dann helfe ich euch noch beim Auspacken.“ Esmes Stimme.

„Nein, nein Mum. Dass brauchst du nicht.“, warf Alice hastig ein. „Das mach ich später. Ich muss mir erst noch überlegen, wo ich einige Dinge hinräume. Und außerdem sollten wir jetzt lieber Edward zur Hand gehen. Gerade ist der Umzugswagen gekommen. Schließlich hat er einen ganzen Hausstand einzuräumen.“

Also war es tatsächlich wahr.

Die endgültige Bestätigung!

Edward zog in die Wohnung unter uns.

„Wenn du meinst.“, hörte ich wieder Esme, bevor sie sich an mich wandte. „Bella.“

Oh Gott, nein, lass sie mich bitte nicht fragen, ob ich helfen würde.

Ich wandte mich langsam – ganz langsam – zu ihr um. Zu langsam, selbst für meinen Geschmack.

Toll, blöder konnte man sich ja nicht anstellen.

Mit dem Verhalten, was ich an den Tag legte, war es doch offensichtlich, dass irgendetwas nicht stimmte.

Und ich erkannte, dass Esme dieser Umstand ebenfalls aufgefallen war. Doch zum meinem eigenen Erstaunen, sagte sie nichts, kam stattdessen auf mich zu, umarmte mich.

„Wir werden später noch mal nach oben kommen, sobald wir fertig sind.“, flüsterte sie in mein Ohr, löste sich dann.

„Bis später dann Bella.“

Ich sah in Alice Richtung, die mich mit einem flehenden und zugleich entschuldigenden Blick ansah.

„Ja bis später.“, antwortete ich mit neutraler Stimme, was ihr auszureichen schien.

Sie nickte, folgte dann den restlichen Cullens, die bereits im Flur waren.
 

Alice wusste, dass ich nur Esme und Carlisle zu Liebe die wenigen Minuten gute Miene zum bösen Spiel gemacht hatte. Wenigstens war sie klug genug und bugsierte ihre Eltern aus der Gefahrenzone.

Ich wusste nicht, wie lange ich noch Ruhe bewahren würde. Es fiel mir schwer mich in diesem Augenblick zusammen zu reißen.

Als die Tür endlich ins Schloss fiel, atmete ich zittrig aus, bevor ich mir ein Kissen schnappte und es quer durch den ganzen Raum beförderte. Am liebsten hätte ich nach etwas gegriffen, was laut zerbrach. Aber das würde eindeutig zu viel Krach machen.

Also musste ich mich damit begnügen.

Ein Knurren entwich mir, was sich nach wenigen Sekunden in einen Schwall von Schimpfwörtern gewandelt hatte.

Wild gestikulierend rannte ich im Wohnzimmer auf und ab, stampfte ein paar Mal mit dem Fuß auf dem Boden auf. Sollten die unter mir doch denken, was sie wollten.

Auf alles konnte und wollte ich jetzt keine Rücksicht nehmen.

Wieso verdammt war er hier?

Er sollte definitiv nicht hier sein!

Durfte nicht hier sein!

So war unsere Abmachung damals gewesen.

Ich steigerte mich weiter in meine Wut hinein, war froh, dass diese derzeit keinen Platz für andere, meines Betrachtens, unnötige Gefühle zuließ.

Meine neu gewonnen Zuversicht vom Morgen begann zu bröckeln.

Gott, meine Albträume wurden zur Realität.

All die Jahre waren wir uns aus dem Weg gegangen.

Es war die beste Lösung.

Ist es immer noch!, korrigierte ich mich schnell.

Fuchsteufelswild stampfte ich aus dem Wohnzimmer hinaus, visierte mein Zimmer an. Der Ort, an dem ich am besten nachdenken konnte, ohne irgendwelche Ablenkung.
 

Jetzt stand ich hier.

Seit dem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, hatte ich mich keinen einzigen Zentimeter mehr von der Stelle gerührt.

Ich versuchte zu atmen, doch um so mehr ich es versuchte, desto mehr kam es mir so vor, als würde ich keinerlei Sauerstoff in meine Lungen pumpen können.

Mein Zorn war verpufft. Einfach so meinen Fingern entglitten. Nicht mehr vorhanden.

Da war nur noch Leere.

Nein, ich wollte nicht!

Schmerzhaft zog sich mein Brustkorb zusammen.

Ich lehnte mich zurück, spürte das Holz der Tür an meinen Rücken. Meine Beine würden mich nicht mehr all zu lange tragen.

Aufhören!

Fest umschlang ich meinen zitternden Körper mit meinen Armen, versuchte mir damit selbst Trost zu spenden. All meine guten Vorsätze waren dahin. Die Stärke, die ich mir vor wenigen Stunden wieder aufgebaut hatte, völlig in sich zusammen gebrochen.

Mit getrübten Augen glitt ich langsam zu Boden, zog meine Knie an meinen Körper, bettet meinen Kopf darauf.

Es waren nur wenige Minuten, in denen er vor mir gestanden hatte. Nur wenige Minuten, sprach ich innerlich zu mir selbst.

Doch es half nichts. Mein Flehen wurde nicht erhört.

Mit einer unbändigen Gewalt brachen die Gefühle, die so lange in mir im Verborgenen überlebt hatten endgültig aus mir heraus, verbündeten sich zu einer einzigen tosenden Welle, einer Tsunami gleich.

Ich fühlte den Sog, spürte den Schwindel, den er mit sich brachte. Ich stieß einen zittrigen Laut, fast einem Winseln gleich aus, bevor ich unter der erdrückenden Masse der Erinnerungen verschüttet wurde.
 

****
 

Eine endlose Sekunde lang herrschte völlige Stille, bevor unser Blickkontakt endgültig beendet wurde, sich alle Geräusche miteinander vermischten.

Ein dumpfer Schlag, als Tylers Motorhaube auf Edwards Körper traf, schepperndes Blech, Tylers entsetzter Schrei, der von meinem eigenen übertönt wurde.
 

„EDWARD!“
 

Meine Augen folgten seinem Körper. Dieser befand sich nur wenigen Sekunden in der Luft, was mir jedoch wie eine kleine Ewigkeit vorkam, bis er mit einem unbeschreiblichen Geräusch auf dem Boden aufkam, regungslos liegen blieb.

Ich keuchte auf, schrie von neuen seinen Namen, während ich taumelnd auf die Beine kam, zu ihm rannte.

In dem Moment, in dem ich mich neben Edward fallen ließ, fühlte ich rein gar nichts. Mein Körper war taub.

Ich war anwesend, bei klarem Verstand und doch kam es mir so vor als würde ich diese Situation nicht miterleben, als wäre mein Geist von meinem Körper getrennt.

Als würde ein anderer meine Bewegungen steuern.

Meine Hand umschlang die von Edward. Meine Augen huschten über seinen Körper, der merkwürdig verdreht war. Ich sah das Blut, das über seine Stirn lief, langsam den weißen Schnee verfärbte.

Doch seinen Geruch nahm ich nicht wahr und was ich höchst wahrscheinlich dem Adrenalin zu verdanken hatte, dass derzeit durch meine Adern gepumpt wurde.

Ich realisierte ein letztes lautes Geräusch nur am Rande, bevor es still wurde.

Nur langsam sickerte zu mir durch, dass das Tylers Van sein musste. Ich musste auch nach ihm sehen, sehen wie es ihm ging.

Aber ich konnte nicht. Ich war nicht in der Lage Edwards Hand loszulassen. Ich wollte es nicht.

Also tat ich, was ich für das Beste hielt.

Mit meiner freien Hand, die ich zunächst durch das Zittern nicht kontrollieren konnte, griff ich unbeholfen nach meinem Handy, was sich in meiner Jackentasche befand.

Meine steifen Finger schmerzten, als ich grob die Tasten drückte.

Es tutete, dann noch mal.

Warum dauerte das denn so lange?

„Krankenhaus Forks. Notru….“

„Es gab einen Unfall.“, unterbrach ich sie. „Edisonstreet. Ein Junge ist von einem Auto erfasst worden. Er ist bewusstlos. Wie es dem Autofahrer geht, weiß ich nicht.“, meine Stimme klang hysterisch, unnatürlich hoch.

„Beruhigen sie….“

„Verstehen sie nicht. Es ist Carlisle….. Dr. Cullens Sohn.“

„Isabella?“

„Ja!“, stieß ich weinerlich in den Hörer. Hörte dann, wie die Schwester sich kurz vom Hörer abwandte, irgendjemand etwas zurief, bevor sie sich schnell wieder an mich wandte.

„Bleib ruhig. Der Krankenwagen ist unterwegs. Sie werden gleich bei euch sein.“

„Gut.“, flüsterte ich, nicht wissend, ob mich die Schwester überhaupt verstanden hatte. Ich wusste, dass ich sie kannte, doch im Moment war es mir egal.

Ich war wie betäubt.

„Isabella! Isabella!“

Ich zuckte zusammen.

„Mh….ja.“

„Kannst du mir sagen, was mit dem Fahrer des Autos ist?“

Ich hob meinen Kopf. „Nein…….. Ich kann ihn nicht sehen.“ Ich wollte nicht sagen, dass ich nicht aufstehen wollte, nicht von seiner Seite weichen wollte.

„Kannst du ihn rufen?“

Ich nickte, um dann zu merken, dass sie mich nicht sehen konnte.

Aber statt zu antworten, erhob ich stattdessen meine brüchige Stimme.

„Tyler…….Tyler, hörst du mich?“

Im Hintergrund konnte ich hören, wie die Stimme der Schwester erklang. „Informiert sofort Tyler Crowleys Eltern. Sagt Tyler hatte einen Unfall, sie sollen umgehend ins Krankenhaus kommen.“

„Jane!“,

Tylers Ruf hörte ich nicht mehr, jetzt galt meine ganze Aufmerksamkeit wieder der Schwester am Handy. Ich kannte diese wohlklingende Stimme, die gerade den Namen der Schwester genannte hatte. „Ist sie dran?“

„Ja!“

Es knisterte kurz und als ich die vertraute Stimme klarer hörte, schien es für mich wie eine kleine Erlösung.

„Bella Liebes? Alles in Ordnung?“

„Carlisle!“, schniefte ich, zu mehr nicht fähig.

„Er bewegt sich nicht. Edward bewegt sich einfach nicht. TU DOCH ETWAS?“

„Bella ganz ruhig. Scht…..ruhig bleiben. Es wird gleich Hilfe da sein.“

Ich wimmerte nur noch in den Hörer, die Flut der Tränen brach nicht ab, rann unaufhaltsam über meine Wange.

Ich hörte Carlisle weiter beruhigend auf mich einreden, aber der Sinn seine Worte drang nicht bis zu mir vor. Den nervösen Unterton registrierte ich nur am Rande. Es hörte sich so an, als hätte ich Watte in den Ohren.

Ich fühlte nicht die Kälte des Schnees, die immer weiter meine Beine hinauf kroch, nicht meine bereits blau angelaufenen Lippen, meine Zähne die klappernd aufeinander schlugen.

Ich nahm nicht einmal mehr die immer näher kommenden Sirenen wahr.

Mein letzter Blick galt Edward als mich die Ohnmacht, gegen die ich bereits die ganze Zeit angekämpft hatte, endgültig überwältigte.
 

Meine Augenlider fühlten sich so schwer an.

Ich stöhnte auf, versuchte gleichzeitig meine Augen aufzuschlagen. Doch es gelang mir nicht. Meine Lider wollten sich einfach nicht rühren.

Wo war ich bloß?

Ich hörte von irgendwoher Schritte, mehrere. Geräusche, die ich nicht zuordnen konnte.

Eine Hand, die mir behutsam über die Stirn strich, als ich meinen Kopf zur Seite rollte.

„Bells?“

Diese Stimme.

Noch einmal stöhnte ich, blinzelte. Grelles Licht stach mir in die Augen, weshalb ich diese gleich wieder schloss. Mein Kopf schmerzte höllisch.

War ich hingefallen?

Ich konnte mich auf jeden Fall nicht daran erinnern.

Ich wollte endlich wissen, wo ich war.

Ganz langsam öffnete ich meine Augen, erkannte zunächst nur verschwommene Umrisse, eine Gestalt, die sich über mich beugte.

„Bells!“, erklang es erfreut.

„Dad?“, krächzte ich.

„Ja mein Schatz. Wie geht es dir?“ Ich konnte deutlich die Erleichterung heraus hören.

„Ich fühle mich, als hätte mich ein Laster überfahren!“ Schwerfällig waren die Worte über meine spröden Lippen gedrungen, während ich mich langsam aufrichtete, ich meine Hand anhob, um mir über meine Schläfe zu fahren.

Dadurch bemerkte ich zunächst nicht, wie sich mein Vater neben mir versteifte.

„Bin ich das?“

„Was?“

„Wurde ich von einem Laster überfahren?“

Charlie räusperte sich, schüttelte kurz seinen Kopf, als müsste er seine Gedanken wieder zusammen nehmen. „Äh, nein. Du nicht.“

Irgendetwas an seiner Aussage missfiel mir. Er klang nervös?! Prüfend sah ich meine Vater an. Ich wusste bereits, dass ich im Krankenhaus lag.

Ich hatte auch bereits die Infusionsnadel bemerkt, die in meinem Handrücken steckte. Geflissentlich achtete ich darauf, nicht dort hin zu sehen. Ich hasste Nadeln! Und ein aufkommendes Schwindelgefühl war jetzt das Letzte, was ich gebrauchen konnte. Ich musste erst mal wieder vollkommen klar werden.

Ich durchforstete mein Gehirn, versuchte herauszufinden, was geschehen war. Doch der trübe Schleier, der über meinen Gedanken hing, ließ sich einfach nicht durchstoßen.

„Was…….“, ich musste schlucken. „Was ist dann passiert?“

Sorgenfalten legten sich auf Charlies Stirn. Ein ungutes Zeichen.

Unruhig rückte ich näher zu meine Vater ran, griff nach seiner Hand.

„Dad?“

Er seufzte auf, bevor er mit ernsten Augen in die meinen sah.

Mein Herzschlag beschleunigte sich auf unerfreuliche Weise. Mein Körper spannte sich an, bereitete sich auf etwas vor, von dem ich noch nichts wusste.

Ängstlich hielt ich die Luft an, fixierte Charlie, der seine freie Hand anhob, sanft über meine Wange strich.

„Bells du wurdest nach dem Unfall ohnmächtig.“

Unfall? Was für ein Unfall? Ich dachte, ich wäre nicht angefahren worden?

Er musste meine Verwirrtheit aus meinem Gesicht abgelesen haben. Sein mitfühlender Blick schnürte mir die Kehle zu. Ebenfalls kannte ich diese Stimmlage. Es musste etwas Schlimmes passiert sein.

Aber was?

Panisch kramte ich weiter in meinem Gehirn nach irgendeinem Anhaltspunkt, der mir weiter helfen könnte.

Mit meiner Hand packte ich an meine Stirn, kniff meine Augen zusammen, hoffte mich dadurch mehr konzentrieren zu können. Charlie schwieg, beobachtete mich einfach.

Mein umherschwirrender Blick blieb auf meinem aufgeschürften Handgelenk haften.

Schlagartig weiteten sich meine Augen, ich japste nach Luft.

Ruckartig riss ich meinen Kopf in Charlies Richtung, sah ihm flehend entgegen. Betete, dass das was ich mir gerade in meinen Gedanken zusammen gesponnen hatte, nicht der Wahrheit entsprach. Das diese Bilder nur das Produkt eines bösen Albtraumes gewesen waren.

Charlies Nicken ließ mich erzittern.

Meine Augen füllten sich mit Tränen, die sofort ins Freie traten.

Schnell packten mich Charlies Hände, zogen mich in eine feste Umarmung, während ich aufschluchzte.

„Edward!“

„Es wird wieder alles gut mein Schatz. Das verspreche ich dir.“
 

***
 

- Woher hätte Charlie auch wissen können, dass er dieses Versprechen nicht halten konnte. -
 

***
 

Zögerlich trat ich immer näher an das Krankenbett heran.

Ich biss mir auf die Lippen, versuchte schneller voranzukommen, doch es gelang mir einfach nicht. Meine gesamte Körperhaltung zeugte von meiner Unsicherheit. Ich wusste einfach nicht, wie ich mich verhalten sollte. Diese Situation überforderte mich völlig. Auf der einen Seite wünschte ich mir nichts sehnlicher, als auf Edward zu zulaufen, meine Arme um seine Hals zu werfen, mich an ihn zu schmiegen. Auf der anderen hätte ich mich am liebsten umgedreht, wäre davon gelaufen. Aber ich wusste, dass Weglaufen keine Lösung war. Weglaufen würde nichts daran ändern.

Ich fürchtete mich. Fürchtete mich davor, etwas unerwartete vorzufinden. Aber was sollte das sein?

Edwards derzeitiger Zustand hatte das Schlimmste, was ich mir je vorstellen konnte, bei weitem übertroffen.

Ich sah Alice, die mir trotz ihrer traurigen Augen, versuchte Mut zuzusprechen.

Er sah mir aufmerksam entgegen.

Und auch wenn es seine Augen waren, waren sie mir fremd.

Genauso fremd, wie ich für Edward eine Fremde war.

Die Worte des Arztes kamen mir wieder in den Sinn, als er mir Edwards Zustand erklärt hatte.
 

~~~
 

„Miss Swan, Carlisle hat mich darum gebeten, dass ich sie ebenfalls aufkläre. Mr. Cullen hat zwei gebrochene Rippen, einige Risse im Schädel, dazu Prellungen und Blutergüsse, die in Verbindung mit dem Zusammenstoß mit dem Unfallfahrzeug entstanden sind. Diese Verletzungen werden innerhalb weniger Wochen verheilt sein. In dieser Beziehung hat er sehr viel Glück gehabt. Was uns eher Sorgen macht, ist, dass Mr. Cullen durch den harten Aufprall ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten hat.“
 

„Was heißt das?“
 

„Miss Swan, Mr. Cullen leidet unter einer retrograden Amnesie. Eine retrograde Amnesie (lat.: retro = rückwärts; engl.: retrograde amnesia) liegt vor, wenn Personen nicht mehr in der Lage sind, sich an Geschehnisse vor einem bestimmten, meist traumatischen, Ereignis zu erinnern. Der Gedächtnisverlust bezieht sich auf einen - zumeist kurzen - Zeitraum vor dem bestimmten Ereignis, was bei Mr. Cullen jedoch nicht der Fall ist.“
 

Was sollte dass nun wieder heißen? Warum konnten Ärzte nie in klare verständliche Worte fassen, wie es dem Patienten ging?!
 

„Miss Swan, Mr. Cullen erinnert sich an rein gar nichts mehr, was vor dem Zusammenprall mit dem Auto geschehen ist. Ihm fehlen jegliche Erinnerungen an sein bisheriges Leben.“
 

Meine Brust schnürte sich schmerzhaft zusammen. Dennoch versuchte ich mich zusammen zu reißen. Ich wollte nicht schon wieder in Tränen ausbrechen. Das würde niemandem weiterhelfen. Am wenigsten Edward.
 

„Wird……..wird er seine Erinnerungen wieder zurück bekommen?“
 

„In dem meisten Fällen kehren die Erinnerungen innerhalb weniger Tage oder Wochen zurück. Einige Patienten können sich schlagartig wieder an alles erinnern, bei anderen kehren die Erinnerungen Stück für Stück zurück. Manchmal bedarf es auch einer bestimmten Situation, die Auslöser sein kann, dass die Erinnerungen wiederkehren. Das ist ganz unterschiedlich. Ich denke aber, dass er innerhalb der nächsten Wochen vollkommen im Besitz seiner Erinnerungen sein wird. Sie brauchen also nichts zu befürchten.“
 

***
 

- Ja, zu diesem Zeitpunkt waren wir alle noch mit Zuversicht erfüllt. Eine Zuversicht, die sich in mancher Hinsicht nie erfüllen würde. -
 

***
 

„Swan.“

„Bella, stell dir vor, er kann sich wieder an uns erinnern.“, quietschte Alice hocherfreut in den Hörer.

„Wirklich?!“, erwiderte ich in der gleichen Tonlage. Mein Herz schlug drei Takte schneller. Na endlich. Endlich würde es wieder so sein wie früher.

Ich sprang auf und ab, presste das Telefon an mein Ohr, um auch jedes Wort, was Alice sprach, in mir aufzusaugen.

„Wann ist es passiert?“, wollte ich sofort wissen.

„Vor einer halben Stunde. Er hat ein leichtes Ziehen im Kopf gespürt und dann waren sie wieder da.“ Meine beste Freundin war in den letzten vier Wochen, seit dem der Unfall passiert war, das erste Mal wieder in ihrer gewohnten Hochstimmung. Annähernd zumindest. Aber irgendwie beschlich mich das Gefühl, dass Alice irgendwas weiterhin bedrückte.

Doch wollte ich jetzt nicht danach fragen.

Ich wollte den Moment des Glücks, den ich gerade verspürte, in vollen Zügen auskosten.

Edward hatte seine Erinnerungen wieder. Besser hätte dieser Tag nicht beginnen können.

„Ich werde gleich vorbei kommen.“, plapperte ich freudig in den Hörer.

Ich musste ihn sehen.

Ich wollte schon den Hörer auflegen, als „Bella warte!“

Da war es wieder.

Dieses schlechte Gefühl.

Zunächst hörte ich nur das Knistern in der Leitung und Alice leise Atmung.

Es fühlte sich so an, wie damals, als ich im Krankhaus aufgewacht war und Charlie an meinem Bett gesessen hatte.

„Bella…….Edward………er……kann sich nur an uns………….an Esme, Carlisle, Emmett und mich erinnern und noch an paar andere …eher…unrelevante..Dinge.“

Ich wusste, dass Alice absichtlich die Namen der Familie aufgezählt hatte, anstatt einfach nur Familie zu sagen. Für sie gehörte ich, genauso wie für den Rest des Cullens-Clans zur Familie. Also fehlte somit ein Mitglied, an das sich Edward nicht erinnern konnte.

Für mich war es ein herber Schlag, doch ich freute mich für Alice.

Edward und sie hatten als Zwillingen schon immer eine innige Beziehung gehabt. Sie hatte unter Edwards Gedächtnisverlust sehr gelitten.

Ich freute mich, dass Edward sich an die wichtigsten Personen in seinem Leben wieder erinnern konnte.

Das war die Hauptsache und ein Fortschritt.

„Das ist schön.“ Und so meinte ich es auch.

„Bella, er wird sich auch bald an dich erinnern.“

„Ja.“

Aber ich war mir da nicht mehr so sicher, auch wenn seit dem Unfall erst vier Wochen vergangen waren.
 

***
 

- In diesem Moment wusste ich auch noch nicht, wie oft ich genau diesen Satz immer wieder hören würde, die Leute um mich herum, versuchten, meine Hoffnung, die immer mehr schwand weiterhin zu erhalten.
 

Die Zeit verging, so wie sie es vor dem Unfall auch getan hatte.
 

Ein halbes Jahr war bereits vergangen und so einiges hatte sich geändert. -
 

***
 

Frustriert warf sich Alice auf den freien Platz neben mir, den ich ihr freigehalten hatte. Lustlos lies sie ihre Tablett fallen, was ihr Glas gefährlich zum Wanken brachte.

Ich sah sie fragend an.

Sie schnaubte zunächst nur, begann missmutig zu kauen.

Also tat ich das Gleiche.

Ich wusste, dass es in diesem Moment besser war, Alice zunächst etwas Zeit zu geben. Sie würde gleich von selbst anfangen zu reden.

Und ich behielt recht.

„Ich weiß nicht, was ich noch machen soll Bella?“ Meine elfenhafte Freundin hörte sich deutlich geknickt an.

Dadurch wusste ich, dass sich das Gespräch um Edward drehen würde.

Ein Thema, dass ich eigentlich versuchte, tunlichst zu vermeiden.

Aber ich war die Einzige mit der Alice in dieser Beziehung sprach, von Emmett mal abgesehen.

Mein Blick war auf das nicht gerade schmackhaft aussehende Cafeteriaessen gerichtet um meine Emotionen, die sich gerade in meinen Augen spiegelten zu verbergen.

„Hast du gesehen, mit wem er sich nur noch herum treibt?“, dabei glitt ihr Blick durch den großen Raum, stoppte an einer ganz bestimmten Stelle.

Ich brauchte nicht aufzusehen, um zu wissen, wohin sie sah, wen sie sah.

Edward hatte sich, seit dem er in die Schule zurückgekehrt war, neue Gesellschaft gesucht.

Er war nicht mehr der eher zurückhaltenden und beherrschte Edward, den ich früher kannte. Er war anders geworden.

Seit längerem war er fast überhaupt nicht mehr zu Hause anzutreffen, trieb sich mit seinen neuen Freunden irgendwo rum.

Bis jetzt waren immer noch nicht alle Erinnerungen zurückgekehrt. Einige waren noch sehr schemenhaft, aber an mich besaß er keine einzige, noch so kleine Erinnerung. Als wäre ich vollständig aus seinem Gedächtnis getilgt worden.

„Das ist überhaupt nicht gut!“, murmelte Edwards Zwillingsschwester vor sich hin, wandte sich dann wieder an mich.

„Ich hab versucht mit ihm zu sprechen, ihm in sein Hirn einzutrichtern, dass er sich von diesen Kerlen fern halten soll. Miese Schlägertypen!“, fügte sie noch zischend hinzu.

Ich schwieg immer noch.

„Weißt du, was er gesagt hat?“ Sie zog ihre perfekten Augenbrauen nach oben. „Ich soll mich um meinen eigenen Kram kümmern.“ Sie schlug mit ihrer kleinen zur Faust geballten Hand auf den Tisch. Alice und Edward lagen sich in letzter Zeit fast nur noch in den Haaren. Eigentlich stritt Edward nur noch mit seiner Familie. Er wurde immer gereizter. „Pah! So langsam glaube ich, dass durch den Unfall dort oben, irgendeine Gehrindwindung einen leichten Wackelkontakt erlitten hat. Anderes kann ich mir das nicht erklären.“, knurrte die kleine Schwarzhaarige weiter.

Ich hingegen wurde stocksteif, was von Alice sofort bemerkt wurde.

„Oh Bella, es tut mir leid.“

Doch ich schüttelte nur mit meinem Kopf. Sie sollte mich nicht wie ein rohes Ei behandeln.

„Schon gut. Wirklich.“

Ich hob meinen Kopf, lächelte sie an, wobei meine Augen selbständig in die Ecke wanderten, in die Alice wenige Minuten zuvor geschaut hatte.

Sein bronzefarbenes Haar stach förmlich aus den schwarzen Haarschöpfen, die ihm umgaben, heraus.

Das Bild wirkte so unecht, wie gestellt.

Edward mit seiner blassen Haut und seinen leuchtend grünen Augen inmitten der Quileuten mit ihrer dunklen Haut und pechschwarzen Haar.

Es passte einfach nicht.

Und dennoch schien er sich dort wohl zu fühlen, was ich an seinem Lächeln sehen konnte.

Er sah auf, begegnete meinem Blick und schenkte mir eins seiner schiefen Lächeln, bevor er sich wieder dem Gespräch zuwandte.

Das Einzige, was sich nicht geändert hatte und bei mir immer noch den gleichen Effekt erzeugte.

Einen erhöhten Pulsschlag, ein laut pochendes Herz, rötlich gefärbte Wangen.

In diesen kleinen Momenten fühlte ich mich geborgen und glücklich. Auch wenn es nur für eine kleinen Augenblick war.

„Rede du mit ihm.“ Alice Stimme holte mich wieder zurück.

„Was?“ Ich war etwas durcheinander.

Was meinte sie?

„Versuch du ihn zur Vernunft zu bringen.“

Meine Antwort erfolgte schnell. „Nein.“

Alice funkelte mich wütend an, was mich nicht im Mindesten beeindruckte. „Du weist, was meine Meinung dazu ist.“

„Ja, ich weiß es. Und ich finde die Gründe bescheuert. Vor allem von deiner Seite müsste er mal anständig den Kopf gewaschen bekommen. Aber nein, du bist die Einzige, die sich damit zurück hält, ihm sogar noch in Schutz nimmt!“ Ich ignorierte den anklagenden Ton in ihrer Stimme. Ich konnte auch nicht widersprechen.

„Ich kann und will das einfach nicht.“, sprach ich einem Ton, der keine Widerworte duldete. Aber ich hatte es nicht mit irgendwem zutun, sonder mit Alice Cullen. Und diese war davon nicht gerade sonderlich eingeschüchtert.

Sie rollte mit ihren Augen.

„Es war nicht deine Schuld Bella.“

„Das sagt auch keiner.“

Alice belegte mich mit einem durchdringenden Blick, weshalb ich mich sofort unwohl in meiner Haut fühlte.

„Nein, aber das denkst du.“, gleichzeitig griff sie nach meiner Hand, drückte diese leicht.

Wieder Mal hatte sie ins Schwarze getroffen. Dafür hasste ich sie.

Wie konnte ein Mensch mit seinen Vermutungen nur immer so zielgenau sein.

Sache löste ich meine Hand aus ihrem Griff. „Ich werde mich da nicht einmischen Alice. Es ist ganz allein seine Sache. Ende der Diskussion.“ Um meinen Worten Nachdruck zu verleihen, warf ich ihr noch einen scharfen Blick zu, bevor ich mich erhob.
 

***
 

Unbarmherzig nahm das Schicksal seinen Lauf.
 

Der Tag, an dem sich endgültig alles veränderte, kam.
 

***
 

Leise klopfte ich an seine Tür.

„Herein.“

Tief atmete ich noch mal durch, sammelte mich für das, was ich jetzt vor hatte und trat dann langsam ein.

Er sah nicht auf, bis ich direkt vor ihm stand. Erst dann legte er die Zeitschrift, in der er bis jetzt gelesen hatte, beiseite.

„Kann ich mir dir reden?“ Ich versuchte meine Stimme so zwanglos wie möglich klingen zu lassen.

„Klar.“ Was nach Edwards Stimmlage zu urteilen, auch funktioniert.

Ich sank neben ihn auf die Couch, begann sofort damit nervös meine Finger zu kneten, was ihm natürlich nicht entging.

Prüfend glitten Edwards atemberaubend schöne Augen über mich, während er locker seinen Arm auf die Lehne bettete.

Ich zuckte leicht zusammen, als er mich mit seiner Samtstimme ansprach. „Aber bevor du das tust. Sag mir Bella, hat dich Alice geschickt?“

Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, was er umgehend erwiderte.

Mein Blick schweifte über seine blassen Züge: das markante Kinn, seine weichen Lippen, die gerade schmale Nase, die ausgeprägten Wangenknochen. Ich konnte sein Gesicht im Schlaf zeichnen, konnte einfach nicht genug davon bekommen.

Letztendlich begegnete ich seinen Augen.

Diese unendlich tiefen Augen, die eine hypnotisierende Wirkung auf mich hatten.

Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als ich darin eintauchte.

Seine Augen.

Etwas fehlte dort drin.

Ich konnte nicht sagen, was es war.

Sie sahen mich immer noch mit der gleichen Intensität an, wie zuvor. Immer noch hatte ich Mühe, dann nicht meinen Verstand zu verlieren oder zu atmen. Und doch war etwas anders.

Man konnte es mit einem Musikstück vergleichen, das zwar schön war, aber zu dessen Vollendung noch eine bestimmte Note fehlte, um einen endgültig zu verzaubern.

Sehnsucht stieg in mir auf, sowie den Wunsch ihn zu berühren.

Seit dem Unfall war Edward völlig distanziert.

Die größte Distanz bewahrte er zu mir, auch wenn er es verbarg.

Aber dafür kannte ich ihn, seine Körperhaltung, einfach zu gut.

Und genau das schmerzte noch mehr. Die Wunde in mir wurde dadurch noch tiefer, als sie jetzt schon war.

Es kam mir bereits wie eine kleine Ewigkeit vor, seit dem ich ihn das letzte Mal berührt hatte, wenn auch nur freundschaftlich.

Inzwischen hatte ich an manchen Tagen Symptome ähnlich von Entzugserscheinungen. Am schlimmsten war es, wenn ich Edward überhaupt nicht sah, was sich immer mehr häufte, es früher nie gegeben hatte.

Als wollte er sich mir entziehen, sein Leben von dem meinem entfernen.

Ich hatte Angst.

Angst, dass die Schlucht die mittlerweile zwischen uns entstanden war, so groß wurde, dass wir diese nicht mehr überwinden konnten, uns völlig verlieren würden. Etwas was ich nicht wollte. Das würde ich niemals überleben.

Verdammt ich wollte doch nur bei ihm sein.

Ich liebte ihn, mehr als alles andere auf dieser Welt.

Warum wurde es jetzt noch schwerer als es zuvor schon war?

Ich verstand einfach den Sinn nicht.

Tränen bildeten sich in meinen Augenwinkeln, die ich so schnell wegblinzelte, wie sie gekommen waren.

Ein Räuspern meinerseits erklang und zugleich hoffte ich, dass nur wenigen Sekunden vergangen waren, seit dem er mir die Frage gestellt hatte. Wie immer verlor ich in seiner Gegenwart jegliches Zeitgefühl.

„Ja und Nein.“ Das Gespräch mit Alice in der Cafeteria lag mindestens schon drei Wochen zurück.

„Ich wusste es!“, gab er erheitert zurück. „Also, dann schieß mal los.“

Es kam mir so vor, als würde er warten, dass jetzt ein lustiger Spielfilm kommen würde und kein ernstes Gespräche, was ich vor hatte zu führen.

Mal sehen, wie lange er dieser Meinung war.

„Ich hab gehört, was in der Schule passiert ist.“

Ein leichtes Schulterzucken, sonst keine Regung.

„Edward, Tyler hat dir ein blaues Auge zu verdanken.“, warf ich ihm entgegen. Von den anderen Plessuren, die Tyler gekonnt versteckte, fing ich gar nicht erst an.

„Und?“ Es schwang keinerlei Reue mit.

Mir klappte der Mund auf.

„Wie und?“

„Ja und? Was ist daran so schwer zu verstehen?“ Sein leichter Tonfall hatte bereits an Schärfe zugelegt.

„Er hat es verdient!“

Ich hatte geahnt, dass genau dieses Argument kommen würde. Und ich musste zugeben, dass ich es nachvollziehen konnte. Seit dem Unfall war Tyler eine Nervensäge der Spitzenklasse.

Zuvor dachte ich, diesen Platz würde Alice nichts und niemand streitig machen. Doch ich hatte mich geirrt. Tyler stellte Alice sogar noch in den Schatten. Er führte sich auf wie ein Stalker, versuchte penetrant Wiedergutmachung zu leisten. Und nichts, was man auch sagte, hielt ihn davon ab.

Wenn ich ehrlich war, hätte ich ihm am liebsten selbst ein blaues Auge verpasst.

Edwards breites Grinsen verriet mir, dass er genau wusste, über was ich gerade nachdachte. Ich schnaubte, funkelte ihn drohend an.

Er verschränkte nur seine Arme hinter seinem Kopf, betrachtete mich amüsiert.

„Und außerdem hat er angefangen.“, fuhr er locker fort.

„Das tut doch jetzt nichts zur Sache.“

„Doch tut es. Du hast es doch gesehen.“

Ich nickte stumm. Man könnte sagen, ich war direkt dabei gewesen. Ich stand nur wenige Schritte von Edward, Jacob und Tyler entfernt. Ich wusste nicht warum, aber plötzlich war Tyler laut geworden, während Jacob nur gegrinst hatte. Doch als Tyler seine Faust nach oben gerissen hatte, war Edward dazwischen gegangen und die Prügelei war wenige Sekunden später im vollen Gange gewesen und würde wahrscheinlich in die Geschichte eingehen. Denn Edward Cullen hatte sich geprügelt. Etwas, was niemand jemals erwartet oder nur gedacht hätte.

„Trotzdem! Das ist sonst nicht deine Art.“, setzte ich dagegen. „Genauso wie die Typen, mit denen du in letzter Zeit nur noch rumhängst.“

Schweigen.

„Leute mit einem solchem Ruf!“ Ich sah ihn hierbei eindringlich an.

Edward setzte sich auf. „Ach, was haben denn Jake und die Anderen für einen Ruf?“

Ich hörte ganz deutlich die Herausforderung aus seiner Stimme heraus. Und da war noch etwas anderes. Eine unterschwellige Drohung?

„Das weist du ganz genau. Also frag nicht so blöd!“, blaffte ich ihn an. „Früher hättest du dich niemals mit ihnen eingelassen.“

Die Wut in meinem Bauch gewann langsam die Überhand.

„Genau das ist der Punkt Bella. Die Betonung liegt auf früher.“

Ich musste schlucken.

Edward Stimme wirkte jetzt gepresst und ziemlich gereizt. Aus dunklen Augen heraus funkelte er mich an, was mich dazu veranlasste, meinen Blick zu senken.

„Ich bin aber nicht mehr wie früher“, warf er mir schroff entgegen. „Kapiert das endlich! Nichts ist mehr wie früher. -

Rein gar nichts mehr.“ Seine Stimme jetzt nur noch ein Flüstern.

Ich versuchte mich so geräuschlos wie möglich zu räuspern, den Klos in meine Hals zu vertreiben. Aber es gelang mir nicht. Jeder einzelne Muskel in meine Körper war zum Zerreisen angespannt.

Nur ganz langsam traute ich mich, wieder zu ihm aufzusehen. Mörderische Wut spiegelte sich in seinem Ausdruck, die mich aufschrecken lies.

„Ich…..will dir doch nur helfen.“, wisperte ich, wollte ihn damit beruhigen.

Aber genau diese Worte schienen ihn noch mehr anzustacheln.

Wie von einer Tarantel gestochen sprang er auf.

„Ausgerechnet du willst mir helfen?“ Die Worte waren extrem lang gezogen. Die Abfälligkeit und Empörung in seiner Stimme war wie ein Peitschenhieb auf meinen bereits geschundenen Körper.

Er schnaubte verächtlich. „Ich fass es einfach nicht!“ Edward lachte trocken auf.

Dieses Lachen brachte den Wendepunkt in meinem Inneren.

Aufgebracht sprang ich jetzt ebenfalls auf meine Füße, stemmte meine Hände in die Hüfte.

„Was soll das? Warum tust du das jetzt?“, gab ich in der gleichen Tonlage zurück.

„Weil du endlich kapieren sollst, dass ich deine Hilfe nicht will.“, zischte er.

„Aber………warum?“, stotterte ich. Ich war völlig verwirrt.

Sein Mundwinkel hob sich zu einem schiefen Lächeln an. Aber es lag keinerlei Wärme darin. Seine Augen waren völlig kalt. „Das fragst du noch?“ Blanker Sarkasmus schwappte mir entgegen.

„Wer ist denn Schuld an all dem hier?“

Ich hielt die Luft an.

„Nur du alleine!“

Mein Herzschlag setzte aus.

„Wenn du nicht gewesen wärst, wäre all das hier nicht passiert!“

Seine ruhige und emotionslose Stimme gab mir den Rest. Panisch schüttelte ich den Kopf, um dem Schmerz zu entkommen, die aufkommenden Tränen zu vertreiben.

„Warum verschwindest du nicht einfach?“

Mir wurde schwindelig und ich konnte mich kaum noch konzentrieren.

„Ich verstehe sowieso nicht, warum ich mit einer Person wie dir befreundet war.“

Ein Faustschlag mitten ins Gesicht.

Ohne großartig darüber nachzudenken, schoss meine Hand nach oben.

Von weit her drang ein Klatschen an mein Ohr.

Ich sah, wie Edwards Gesicht zur Seite flog.

Kurze Fassungslosigkeit erschien dort, als er mich wieder ansah, bevor die Wut wieder ihren Platz einnahm.

Ich musste nicht besser aussehen.

„Wenn da so ist, werde ich deinem Wunsch nicht im Weg stehen.“

War ich das, die da sprach?

„Ich werde aus deinem Leben verschwinden.“, zischte die mir völlig fremde Stimme abschätzig.

„Und da du keinerlei Erinnerungen an mich hast, wird es so sein, als hätte es mich nie gegeben.“

Kaum hatte die Stimme diesen Satz beendet, hörte ich ein klirrendes Geräusch, was in meine Ohren widerhallte, meinen gesamten Körper durchzuckte.

„Fein.“ Seine sonst so freundliche Stimme war noch kälter geworden. Blanker Hass schlug mir aus seinen Augen entgegen. Zeriss mich.

„Fein.“, erwiderte ich tonlos.

Die Qual war unbeschreiblich, dröhnte in jeder einzelnen Faser, als ich mich von ihm abwandte und aus dem Zimmer rannte.

Er hielt mich nicht auf.
 

***
 

- Es war ein glatter Bruch.

Die Schlucht zu meinen Füßen hatte sich in einem unüberwindbaren Abgrund verwandelt, dessen dunkle Tiefe drohend zu mir herauf blickte.
 

Von da an mied ich seine Gegenwart, sprachen wir kein einziges Wort mehr miteinander, sahen uns nicht an.

Es war alles gesagt.

Edward und Bella, zusammen, gab es nicht mehr.

Würde es nie wieder geben.

Unsere gemeinsame Geschichte hatte ein jähes Ende genommen. -
 

~
 

Gedämpfte Stimmen drangen zu mir. Ich konnte aber nicht sagen, ob sie nur in meinen Träumen vorkamen oder real waren.

Und ich wollte auch nicht aus dem Schlaf erwachen, der mich derzeit umgab. Daher entschloss ich mich, einfach zu lauschen. Mir darüber sonst keine Gedanken zu machen.

„Warte. Nein lass es!“, zischte eine der Stimmen. War das Alice?

„Edward!“

Ich hörte Schritte, die sich beschleunigten, verfolgt wurden. Ein leichter Luftzug, strich über meinen Körper hinweg.

Ein seltsamer Traum.

„Bella!“, flüsterte eine andere Stimme, mir so vertraut und doch hatte ich sie schon so lange nicht mehr gehört.

„Edward hör…..“

„Pst Alice.“

„Sie sieht ziemlich fertig aus!“ Emmett?

„Ist das verwunderlich!?“, sprach die mir liebste Stimme. Sie schien wütend. „So hätte das nicht ablaufen dürfen. Ihr hättet es ihr sagen müssen.“

„Ich weiß!“, erklang es seufzend.

Plötzlich begann ich zu schweben oder spürte ich da zwei Arme, die sich unter meinen Körper gelegt hatten? Ich wusste es nicht.

Ich wurde an etwas Weiches gebettet, was sofort ein Kribbeln in mir auslöste. Mit einem wohligen Seufzen schmiegte ich mich an das mir unbekannte Etwas.

So schnell wie die Wärme gekommen war, verschwand sie auch schon wieder.

Ich wollte hierauf meine Augen öffnen, dieses Etwas festhalten, es nicht verlieren, doch diese wunderschöne Stimme sprach erneut zu mir.

„Schlaf Bella.“

Ich würde ihr jeden Wunsch erfüllen, lies mein Vorhaben daher fallen.

Sanft strich jetzt dieses Etwas von meiner Schläfe, über meine Wangenknochen bis zu meinem Kinn hinab. Ich genoss diese Berührung, die mir so viel Trost schenkte.

„Bleib bei mir!“ Ich wusste nicht, ob ich gesprochen oder diesen Satz nur gedacht hatte.

Ein bedrücktes Glucksen war die Antwort.

„Daran hat sich nichts geändert. Sie redet immer noch im Schlaf!“, kicherte die Stimme meines Emmetts im Traum.

„Ich werde dich nicht mehr alleine lassen, versprochen.“

Ich lächelte, spürte einen süßlichen Atem auf meiner Haut, bevor sich wieder etwas – dieses Mal unendlich Weiches - auf meine Stirn legte, dort eine kurze Zeit verweilte, dann wieder schwand und ich tiefer in den Schlaf sank.
 

***
 

Was sagt ihr dazu? Bin auf eure Meinungen gespannt.
 

Liebe Grüße

Pei-Pei

Verwirrung

Hallo zusammen, da bin ich wieder und präsentiere euch das nächste Kapitel, von dem ich hoffe, dass es euch gefällt.
 

Und natürlich auch ein großes Dankeschön für eure Reviews und Favoriteneinträge. Freu mich jedes mal riesig darüber. ^^
 

Verwirrung
 

Als ich an diesem Morgen erwachte, fühlte sich mich so erholt und ausgeruht wie lange nicht mehr. Trotz des Ereignisses des letzten Tages und den Erinnerungen, die mich unkontrolliert überkommen hatten, hatte ich die letzte Nacht traumlos geschlafen, was mich selbst sehr verwunderte.

So etwas kannte ich nicht.

Was also hatte das zu bedeuten?

Unschlüssig, noch halb grübelnd, sah ich mich um, bemerkte erst jetzt, dass ich in meinem Bett lag.

Wie war ich jetzt dahin gekommen?

Ich war definitiv an der Tür zusammen gesackt. Das war das Letzte, woran ich mich erinnern konnte. Und ich war mir ganz sicher, dass ich es nicht von selbst in mein Bett geschafft hatte.

Jemand musste mich ins Bett gebracht haben?

Genau in diesem Moment meldete sich mein Bauchgefühl, wollte mir etwas sagen. Aber was? Ich kniff meine Augen zusammen.

Mein Atem wurde flach, während meine Konzentration weiter zunahm, ich mehr und mehr alles um mich herum vergaß.

Ein seltsames Gefühl kam in mir auf. Meine Stirn begann plötzlich zu Kribbeln. Mit meiner Hand strich ich darüber, was das Kribbeln verstärkte.

Was war das?

Ich schloss meine Augen.

Langsam - ganz langsam - klärte sich das Bild. Ich wusste, ich war ganz nah dran, konnte fast danach greifen.

Gleich würde ich die Lösung haben, als mich ein dröhnendes Lachen zusammen zucken lies.

Ein wütendes Fauchen folgte sogleich.

Stöhnend sank ich wieder in mein Kissen, blickte hinauf an die Decke.

Eine süße kleine Zweizimmerwohnung. Warum in aller Welt hatte ich damals so etwas nicht einmal in Erwägung gezogen?

Ich wandte mich auf den Bauch, drückte mein Gesicht in den weichen Stoff.

Ich würde heute einfach nicht aufstehen, kein Lebenszeichen von mir geben.

Dann würde der Tag ganz schnell vergehen. Und ein Tag im Bett hörte sich doch gar nicht so schlecht an.

Das einzige Problem, was ich dabei sah, war das Essen.

Zu meinem Bedauern würde ich hier in meinen vier Wänden keinen einzigen Krümel finden.

Und ich würde ganz sicher nicht unbemerkt in die Küche und wieder zurück kommen. Alice würde mich abfangen, und wenn es nur wenige Zentimeter vor meinem rettenden Zimmer wäre. Wenn es nötig sein sollte, würde sie mich von den Füßen reisen. Und bei meinem Glück, wäre ich diejenige, die sich dabei noch irgendwie so verletzten würde, was ich noch wochenlang danach spüren würde.

Nein danke. Auf so etwas konnte ich genauso gut, wie auf eine Rangelei mit Alice verzichten.

Also blieb mir nichts anderes übrig, ich würde den zwei Cullen-Geschwistern gegenüber treten müssen.

Schwerfällig rappelte ich mich auf, strich mir meine wirren Haare zurück.

Ich streckte mich, gähnte, bevor meine Füße endlich den kalten Boden berührten.

Ich richtete mich gerade auf, als ich inne hielt.

Etwas Vergessenes vom gestrigen Tag kehrte wieder zu mir zurück.

Und das Zurückgekehrte gefiel mir ausgesprochen gut.

Ein fieses Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus, während ich mir genüsslich die Hände rieb.

Übertrieben lässig schlenderte ich in Richtung Zimmertür, packte nach der Klinke und riss die Tür schwungvoll auf.

Alle Geräusche aus Richtung Küche erstarben schlagartig.

Sie wussten also, was sogleich auf sie zukommen würde.

Hach, ein Morgen konnte doch so schön sein.

Nun betont langsam lief ich durch den Flur, darauf bedacht, dass meine tapsenden Schritte gut zu hören waren. Immer noch war es toten still.

Am Eingang zum Wohnzimmer, durch das ich in die Küche gelangte, hielt ich noch einmal kurz inne, lauschte. Nichts.

Hatten die einen Herzstillstand erlitten? Ich würde es gleich feststellen.

Also dann, Auftritt Bella.

Mit finsterer Miene trat ich ein und begegnete sofort Emmetts und Alice´ Blicken.

Ohne nur irgendetwas zu sagen, trat ich an den gedeckten Tisch heran, setzte mich.

Die beiden folgten jeder meiner Bewegungen.

Schnell griff ich nach einem Brötchen, schenkte mir eine Tasse Kaffee ein.

Aufmerksam glitt mein Blick über den Tisch, während ich mich nicht zwischen Marmelade und Nutella entscheiden konnte.

Minuten vergingen.

Immer noch nichts.

Waren die Beiden an Ort und Stelle festgefroren?

Ganz vorsichtig lugte ich durch meinen Haarteppich, den ich neben meiner linken Schulter errichtet hatte, in die Richtung der Geschwister.

Atmen taten sie zumindest noch. Gut, dann musste ich mir darüber keine Gedanken machen.

Damit widmete ich mich wieder meiner immer noch nicht getroffenen Entscheidung. Nutella oder Kirchmarmelade. Unschlüssig zuckten meine Augen noch einmal zwischen den beiden Gläsern hin und her, bevor ich nach dem schokoladigen Aufstrich griff.

Schokolade war schließlich gut für die Nerven. Und meine Nerven wurden bereits mehr als nur strapaziert.

Ich war gerade dabei genüsslich in mein Brötchen zu beißen, als wieder Leben in die Körper der beiden Cullens zurückkehrte.

Ich war selbst erstaunt, wie lange ihre Starre angehalten hatte. Die Beiden musste ein ziemlich schlechtes Gewissen plagen, was mir gleich sympathisch war.

Ja, ja, das liebe Gewissen.

Kurz sah ich zu ihnen hinüber, meine Mimik undurchschaubar, wandte dann wieder meinen Blick ab.

Die Zwei sahen aus, wie zwei Lämmer, die zur Schlachtbank geführt wurden. Obwohl man die Cullen-Geschwister nicht gerade als Unschuldlämmer bezeichnen konnte.
 

Meine elfenhafte Freundin, der ich gerade mehr als den Tod wünschte, biss sich auf die Lippen, als sie sich neben mich setzte. Ihre sonst so graziösen Bewegungen waren abgehackt. Fest hatte sie ihre kleinen Hände zu Fäusten geballt, die leicht zittrig auf ihren Knien lagen.

Ihre maigrünen Augen huschten immer wieder kurz zu mir herüber, bevor sie wieder auf die Tischplatte starrte.

Unruhig rutschte Alice auf ihrem Stuhl herum, wurde immer nervöser.

Emmett schien die ganze Angelegenheit doch um einiges leichter zu nehmen, oder er zeigte es nicht so.

Geschickt fischt er nach einem Crossaint

Nein, ich war mir ziemlich sicher, dass er die Sache viel leichter sah, als seine kleine Schwester. Während meine beste Freundin sich wahrscheinlich sie halbe Nacht Gedanken gemacht hatte, hatte er seelenruhig geschlafen. So war Emmett nun mal.

Schnell schielte ich wieder zu Alice. Ich wusste, dass sich die Schwarzhaarige gerade immens zusammen riss. Zu Schweigen war für Alice die schlimmste Strafe, die man ihr auferlegen konnte. Würde das so weiter gehen, würde sie platzen.

Nach meinem Geschmack ein viel zu schneller Tod für Alice, also würde ich zunächst Erbarmen zeigen.

Ich seufzte. „Was hast du zu eurer Verteidigung zu sagen?“

Sofort schoss ihr Gesicht in meine Richtung. „Oh Bella! Ich wollte es dir sagen!“

„Das sieht man ja!“, gab ich kauend zurück.

„Doch!“ Dabei nickte sie eifrig. „Du musst mir glauben!“

„Pfff!“, stieß ich hervor, was Alice Mundwinkel nach unten sacken ließ.

Notiz: Kurze Monologe meinerseits beibehalten. Ausgezeichnete Wirkung!

„Bella bitte!“ Sie klang doch schon leicht verzweifelt.

„Ich hatte vor, es dir während unsers Urlaubs zu sagen. Aber dann bist zu krank geworden und es war alles so hektisch.“

Wollte sie deshalb bei mir zu Hause bleiben, um mich auf das Schlimmste vom Schlimmen – aus meiner Sicht – vorzubereiten?

Stopp, nein kein Mitleid verspüren! Sie hat dir schließlich nichts verraten. Denk an Edward! – Und die Wut war wieder zu einhundert Prozent da.

„Ach und aufgrund des Stresses hast du alles andere vergessen?!“ Skeptisch zog ich meine Augenbrauen nach oben.

„Neeeiiiiinnnnn……“ Ich wusste gar nicht, dass man ein Wort so lang ziehen konnte. „Nun eigentlich hatte ich vor, es dir zu sagen, wenn wir im Flugzeug sitzen.“

Verdattert schaute ich sie an, konnte mir daraus überhaupt keinen Reim machen.

„Keine Fluchtmöglichkeiten!“, grinste sie darauf süffisant.

Emmett kicherte, verstummte sofort, als ich ihn mit einem alles sagendem Blick bedachte.

Nervös begann er mit seinem Brötchen in der Hand zu spielen, da ich meinen Blick einfach nicht abwandte. Er wollte Alice also die ganze Arbeit machen lassen. Das war ja mal wieder typisch.

Die Suppe würde ich ihm versalzen.

„Warum sagst du eigentlich nicht dazu? Du steckst schließlich auch mit drin.“

Entsetzt sah er zu Alice hinüber.

Hatte ich also richtig gedacht.

„Nun…..ich……“, stammelte er.

Es war kaum zu glauben. Mir gegenüber saß ein Bär von einem Kerl, der unter meinem Blick nicht mehr wusste, was er sagen sollte.

Ich kämpfte damit, nicht laut loszulachen. Das hätte die ganze Situation mit einem Schlag verdorben. Und so leicht wollte ich sie einfach nicht davon kommen lassen.

Also verschränkte ich meine Arme, ließ meine Augen noch etwas schmaler werden.

„Ich warte.“

„Herr Gott, was soll ich dazu sagen Bella?“ Er tat es mir gleich, überschlug seinen Arme, was um einiges bedrohlicher aussah, als meine Geste. „Es tut uns leid. Es ist nun mal verdammt bescheuert gelaufen. Alice und ich hatte alles genau geplant. Wir wollten euch im Urlaub langsam wieder an einander heran führen. Das….“

„Im Urlaub?“, unterbrach ich ihn.

Sollte das etwa heißen, wäre ich nicht krank geworden, wäre ich ihm bereits zehn Tage zuvor schon begegnet? Keine Fluchtmöglichkeit, schoss es mir wieder durch meine Gedanken. Das durfte doch alles nicht wahr sein!

„Wieso……….wieso wolltet ihr mir das antun?“ Meine Stimme klang irgendwie kratzig.

„Wir dachten, so wäre es das Beste!“, antworte Alice.

„Das Beste!“, stieß ich verächtlich hervor.

„IHR HÄTTEST ES MIR SAGEN MÜSSEN!“ Die Worte waren lauter als gewollt über meine Lippen gekommen.

„Ich weiß“, murmelte sie reumütig.

Diesen Satz kannte ich von Alice. Ich hatte ihn schon einmal genau in der gleichen Tonlage gehört. Aber wann und in welcher Situation? Was beschäftigte ich mich jetzt damit? Ich hatte gerade andere Dinge zu tun.

Emmett senkte nur seinen Kopf.

Ich setzte erneut an, wollte Alice noch etwas von meiner Wut spüren lassen, bevor diese wieder gänzlich verpufft war, als ich sah, dass ihr Blick in Richtung des Schrankes wanderten, vor dem meine nächtliche Wanderung nach meinem Traum gestoppt hatte.

Ich hielt augenblicklich inne, verkrampfte mich unweigerlich. Dagegen konnte ich rein gar nichts unternehmen. Es war eine Art antrainierte Reflex geworden.

Selbst Emmett hielt in seinem Vertilgungsmarathon inne, den er gerade wieder aufnehmen wollte, sah von mir zu Alice, zum Schrank und wieder zu mir.

Er hatte verstanden.

Genauso wie Alice und ich wusste er, was dort zu finden war.

Sofort ließ er sein Gebäckstückchen auf den Teller zurück fallen und griff behutsam nach meiner Hand, strich sanft über den Handrücken.

Eine schlagartige Wendung trat ein.

Die kleine Freude, die ich gerade noch verspürt hatte – mich von meinen eigentlichen Sorgen ablenkte – war verschwunden. Ich seufzte auf, vergrub mein Gesicht in meinen Händen, ohne die von Emmett loszulassen.

„So schlimm!“, hörte ich seine besorgte Stimme. Er spielte damit nicht auf die derzeitige Situation an.

Ich seufzte erneut, nickte dann schwach.

„Als hätte ich gespürt, dass er wieder zurück kommt.“, flüsterte ich.

Auf der einen Seite wollte ich, dass sie diesen Satz verstanden hatten, auf der anderen hoffte ich, dass mein Gemurmel für sie keinen Sinn ergab.

Gott, das war doch verrückt.

Die Wut war verflogen. Wie deprimierend. So wie die Wut auf die Beiden immer weiter abgenommen hatte, wusste ich auch, dass die Wut auf Edward vergehen würde. Schon völlig verraucht war.

Ein Umstand, den ich nicht wollte, aber mit nichts dagegen wirken konnte.

So war ich. So war es schon immer gewesen. Meine Handlung im Flur war eine Kurzschlussreaktion gewesen.

Ich wollte ihm nicht wieder begegnen, die Vergangenheit wieder aufleben lassen. Aber ich konnte ihn einfach nicht hassen. So gern ich es würde. Es gelang mir einfach nicht. Und genau aus diesem Grund musste ich die nächste Frage stellen.

„Warum ist er hier?“

Alice schwieg einen Moment, bevor sie mir mit ihren hellen grünen Augen wieder entgegen sah. Wir beide wussten, dass ab diesem Moment unser stilles Abkommen, was wir damals in Bezug auf Edward getroffen hatten, nicht mehr gültig war.

Er würde wieder ein Teil meines Lebens sein, zwar ungewollt, aber so war es. Nicht mehr änderbar. Und somit würde sie mir nun die Informationen geben, die sie all die Jahre mir gegenüber nicht erwähnt hatte.

Seit damals hatten wir kein einziges Mal mehr über ihn geredet. Zwischen Alice, Emmett und mir war es wirklich so gewesen, als hätte es Edward niemals gegeben.

Kaum, dass ich darüber nachdachte, verspürte ich Furcht. Tiefe eisige Furcht. Mein Herzschlag nahm zu, mein Puls stieg.

Ich spürte den Drang aufzuspringen, mir doch nichts anzuhören. Doch ich tat es nicht. Stattdessen machte ich mich schwer, drückte meinen Körper geradezu auf den Stuhl, auf den ich saß. Meine flach ausgestreckten Hände pressten sich gegen die Tischplatte.

Ich sammelte mich. Das war meine einzige Möglichkeit, die Sache einigermaßen unbeschadet zu überstehen.

Unbeschadet! Das ich nicht lache. Ich schnaubte in mich hinein.
 

„Bella?!“ Emmetts Stimme. Ich sah auf, sah in zwei liebevolle Gesichter.

Vor mir saßen die beiden Menschen, die mit mir ganz tief in meine persönliche Hölle gegangen, keinen Schritt von meiner Seite gewichen waren. Sie waren immer da gewesen, waren es immer noch und dafür war ich ihnen unendlich dankbar.

„Du packst das Bella! Du hast bis jetzt alles geschafft.“

Ich musste lächeln, blickte meinem ganz persönlichen Kuschelbären dankbar in die Augen. „Zäh und kampflustig?!“ Die zwei Wörter, die laut Emmett in dieser Hinsicht am besten auf mich zutrafen. Ich erfreut darüber, dass meine Stimme bereits wieder ihre Festigkeit zurück gewonnen hatte.

„Zäh und kampflustig!“ Emmett nickte ermutigend und erwiderte erleichtert mein Lächeln.

„Genau!“, bestätigte Alice entschlossen. „Wir sind bei dir.“

Ich nickte noch mal. Ja, das waren sie. Immer.

„Also?!“, damit wandte ich mich wieder an meine beste Freundin.

„Er hat uns alle vermisst.“, fing sie an. „Nun Edward ist nach unserem Abschluss auf die Universität in Olympia gegangen. Er wollte unbedingt in der Nähe seiner Freunde bleiben.“, Das Wort Freunde triefte vor purem Sarkasmus. Ebenfalls verzog Alice für wenige Sekunden missbilligend ihren Mund.

Und ich konnte ihr Missfallen durchaus nachvollziehen. Wusste ich doch, dass sie auf Sam, Jacob und den Rest der Gang anspielte. Die Gang, in der Edward war.

„Ein Jahr danach jedoch verließ er urplötzlich die Uni, wechselte auf die Universität von Alaska Anchorage. Niemand von uns hatte gewusst, dass er sich dort beworben hatte. Sein Umzug konnte man als eine Nacht und Nebelaktion bezeichnen. Er brach jeglichen Kontakt ab, wollte auch nicht, dass irgendjemand Außenstehender erfuhr, wo er war.“

Ich hob fragend meine Augenbrauen. Alaska? Was hatte ihn dazu bewogen? Ich wusste nur, dass dort Verwandtschaft von den Cullens wohnte. Ich war den Denalis auch eins, zweimal begegnet. Aber ich konnte nicht glauben, dass die Verwandtschaft der Grund hierfür gewesen war. Und so wie es Alice ausgedrückt hatte, hatte er auch jeglichen Kontakt zu seiner einstigen „Gang“ abgebrochen. Merkwürdig.

Alice zuckte sogleich mit ihren Schultern. Den Grund wusste sie also auch nicht.

Warum kümmerte ich mich überhaupt darum? Es hatte und sollte mich nicht interessieren. Nur weil er wieder da war, hieß es nicht, dass ich mein Versprechen ihm gegenüber zurück zog.

„Und vor ein paar Monaten hat er uns dann mitgeteilt, dass er sein Studium hier in Seattle beenden will!“ Noch während dieses Satzes belegte Alice mich mit einem Blick, den ich nicht definieren konnte und doch löste dieser ein merkwürdiges Gefühl in mir aus.

„Alice?“

„Sag mir Bella………….wie wirst du dich ihm gegenüber verhalten?“

Verwundert sah ich sie an. Was sollte das jetzt? Litt sie unter Gedächtnisverlust.

Anscheinend ja, sonst würde sie nach meiner Aktion in Hausflur nicht solch eine Frage stellen.

So wie ich Edward einschätzte, würde er mich jetzt nicht mehr eines Blickes würdigen. Was ok war. Es würde wieder so sein, wie auf der High School. Der dumpfe Schmerz in meiner Brust war bereits zu dieser Zeit mein ständiger Begleiter gewesen. Es wäre wieder alles wie damals nach unserem Streit. Ich musste nur die Zähne zusammen beißen. Dann würde das schön klappen.

Genau gesagt, hatte es mich sowieso verwundert, dass er mich so freundlich angesprochen hatte.

Ich tauchte aus meiner Gedankenwelt wieder auf.

„Es wird sich nichts ändern.“ Das war das Beste!

Alice stöhnte genervt auf. Gut diese Antwort, gefiel ihr nicht, was ich nicht ändern konnte.

Emmett war wieder mal zum stillen Beobachter mutiert. Er sollte darin Unterricht geben.

Ich hörte ein Geräusch, konnte jedoch nicht nachsehen, woher dieses kam, da die Kleinste der Cullens wieder das Wort an sich nahm.

„Ihr solltet diesen verfluchten Streit endlich beilegen. Schließlich seid ihr Freunde.“ Ihre Stimme war so sanft.

„Wir waren Freunde!“, korrigierte ich.
 

„Bella….bitte!“, sprach Alice weiter. „Ich weiß, dass es schwer ist. Aber denkst du nicht, dass es an der Zeit ist einmal darüber zu reden…..mit ihm?“ Ihre Stimme wurde nun eindringlicher. „Es liegt doch bereits so lange zurück.“

Ja, das stimmte. Es lag wirklich schon lange zurück. Aber es tat immer noch weh, wie am ersten Tag. Der Unfall, Edwards distanzierte Haltung und der Streit hatten mich geprägt. Ich musste damit leben. Auch wenn es manchmal schwer war, ich mir nichts sehnlichster wünschte als die Zeit zurück drehen zu können. Aber genau das konnte ich nicht.

Und warum sollte ich wieder darüber reden. Ich hatte doch mit ihr und Emmett darüber geredet. Aber die Sache war dadurch auch nicht gerade einfacher geworden.

Was also sollte das bringen?

„Versteht mich doch. Ich…..“

„Nein, ich will dich da nicht verstehen. Jetzt gerade nicht!“ Alice griff nach meiner Hand, sah mir mit einem mir unheimlichen Leuchten in die Augen. „Kapier es doch Bella, das ist die Chance für euch.“

Chance?

Mein Blick wurde intensiver, drang tief in den ihren ein und augenblicklich wurde mir ihr Herzenswunsch, den sie mir ihren Worten ausdrücken wollte, klar.

Ich konnte sehen, was sie sah.

Emmett, Edward sie und ich. Zusammen, wie früher.

Ihre Familie, wieder in ihrer vollständigen Besetzung.

Eine geraume Zeit lang, gab es nicht einmal mehr die Cullen-Geschwister gemeinsam. Alice und Edward hatte damals nach unserem Streit eine heftige Auseinandersetzung gehabt. Wochenlang hatten sich die Zwillinge keines Blickes gewürdigt. Selbst mir war das in meiner damaligen Verfassung aufgefallen. Erst nach hartnäckigen Drängen meinerseits, beichtete sie mir alles. Genau aus diesem Grund fiel mir ein Stein vom Herzen, als sich die Beiden langsam aber sicher wieder annäherten. Alice brauchte Edward genauso wie er sie brauchte.

Bei Emmett gestaltete sich die Angelegenheit doch weitaus schwieriger. Bei ihm und Edward war es nicht nur bei Worten geblieben. Wegen mir war Emmett damals auf Edward losgegangen, was nicht gerade im Positiven zu meinen Schuldgefühlen beigetragen hatte.

Denn das hatte ich nicht gewollt. Ich wollte nie einen Keil zwischen die Geschwister treiben. Mein bärenhafter großer Bruder wollte davon aber überhaupt nichts hören. Zu dieser Zeit galt für ihn in Bezug auf Edward das Motto: Wer nicht hören will muss fühlen. Und Emmett hielt diesen Kurs stur bei. Während Alice und Edward mich als Thema mieden, dem Frieden willen, worum ich Alice auch gebeten hatte, nahm Emmett kein Blatt vor dem Mund.

Selbst in der High School gerieten die beiden mehr als einmal aneinander. Gott sei Dank blieb es dabei bei verbalen Auseinander Setzungen. Lange dauerte es, bis endlich auch zwischen den beiden Ruhe eingekehrt war. Eine bleierne Schwere legte sich auf meine Schultern, während mein Mund trocken wurde.

Schnell wandte ich meine Augen ab, sah nur im Augenwinkel, dass Emmett sich vom Tisch abgewandt hatte. Doch dessen schenkte ich keine Aufmerksamkeit.

Denn gerade eben war ich im Begriff, einen der größten Wünsche – wenn nicht sogar den größten Wunsch - meiner allerliebsten Freundin, wie eine Seifenblase zum Platzen zu bringen.

Hart schluckte ich noch einmal. Meine Zunge fühlte sich an, als würde sie eine Tonne wiegen, als ich begann zu sprechen.

„Ich kann das nicht Alice. Ich wünschte es wäre möglich, aber es……….“ Meine Stimme brach. Ich konnte meine Gefühle nicht in Worte fassen. „Diese Freundschaft wäre einfach falsch. Ich kann das nicht.“, murmelte ich daher. Das aufkommende Schuldgefühl lastete schwer auf mir. Ich sah nicht auf, wollte nicht in ihre Gesichter sehen

„Wovor hast du Angst Bella?“

Ich zuckte unweigerlich zusammen. Ich wusste, dass sie wollte, dass ich mich ihr endgültig öffnete. Alice wollte mir damit sagen, dass es nun dafür an der Zeit war. Aber ich konnte und wollte nicht. Ich hatte mit ihr und Emmett über die dunkelste Zeit in meinem bisherigen Leben gesprochen so weit es mir möglich war. Aber einen kleinen Teil hatte ich für mich behalten. Den Teil, der über die Freundschaft zwischen mir und Edward hinausging. Der Teil, der ihn liebte, der Teil, der am meisten schmerzte in meinem inneren. Genau auf diesen spielte sie jetzt an. Aber ich war nicht bereits zu antworten, lenkte stattdessen ab.

„Woher......woher willst du überhaupt wissen, dass er das will? Ich meine wieder mit mir befreundet sein?“ Das war doch völlig absurd. Er hatte es damals selbst gesagt.

„Sie wissen es von mir.“

Nein.

Ich zuckte unweigerlich beim Klang dieser Stimme zusammen.

Die Stimme, die ich schon so lange nur in meinen Erinnerungen gehört hatte und jetzt so real war, wie ich selbst.

Abrupt riss ich meinen Kopf nach oben.

Edward, schoss es durch meine Gedanken, meine Augen weiteten sich unscheinbar, was ich innerlich zumindest hoffte.

Er stand da, in unserem Esszimmer.

Seine Augen schauten mir mit einem unergründlichen Blick entgegen.

Meine Hände umschlangen krampfhaft die Tischkante.

Wie lange war er schon da?

Wie war er hier rein gekommen?

Das durfte doch alles nicht wahr sein?

Ich wollte nicht, dass er mich so sah! Niemand außer Emmett und Alice durften mich so sehen.

So…..so schwach. Was ich selbst nicht sein wollte.

Zu meinem Entsetzten spürte ich, wie sich meine Wangen begannen leicht zu verfärben.

Ich war völlig verwirrt.

Alle Gefühle stürzten gerade gleichzeitig auf mich ein, so als wären sämtliche Dämme gebrochen.

Ich kannte dieses Gefühlchaos.

Als Teenager erlebte ich es fast tagtäglich.

Nein! Es war noch schlimmer als damals.

Das durfte nicht sein!

Er war nicht einmal vierundzwanzig Stunden in meiner unmittelbaren Nähe und hatte bereits wieder solche Auswirkungen auf mich.
 

„Wenn du nicht gewesen wärst, wäre all das hier nicht passiert!“
 

Dieser Satz hallte in mir wieder.

Es fühlte sich so an, als hätte ich einen Stein im Magen.
 

Meine Erkenntnis: Diese Freundschaft durfte einfach nicht mehr bestehen. Wer sagte mir, dass es wieder funktionieren würde?

Niemand!

Und dieses Risiko war ich nicht bereit einzugehen.

Langsam, aber sicher erhob ich mich, mein Blick auf den Boden gerichtet.

„Ihr entschuldigt mich.“ Meine Stimme war nur ein heiseres Flüstern, was mir aber egal war.

Ich musste jetzt erst einmal hier raus, weg von ihm.

Edward war für mich, meine Gefühlswelt gefährlich.

Das Gefährlichste überhaupt.

Erleichtert atmete ich auf, als ich an ihm vorbei war, meine rettende Zimmertür in mein Blickfeld kam.
 

***
 

So und jetzt seid ihr wieder an der Reihe. Ich freu mich schon auf eure Meinung hierzu.

Liebe Grüße

Pei-Pei

Ein katastrophaler Tag

Hallo zusammen. Da bin ich wieder mit einem neuem Kapitel. ^^

Wobei ich vorwarne und schon mal zugeben muss, dass dieser Teil mehr ein kleiner Lückenfüller ist, bevor die Story weiter voran geht. Ich hoffe, es gefällt trotzdem.
 

Und bevor ihr euch ins Lesevergnügen stürtzt, möchte ich mich bei euch noch einmal ganz doll für eure Kommis bedanken. Also vielen lieben Dank dafür. *knuddel*
 

***
 

Ein katastrophaler Tag
 

Ein Klopfend.

Ich wollte aber jetzt niemanden sehen.

„Ich will alleine sein!“, nuschelte ich daher, und hoffte, damit Alice abzuwimmeln.

Trotz meiner klaren Worte, wurde die Klinge herunter gedrückt und die Tür geöffnet. Ich würde das nächste Mal abschließen. Hier wurde auch rein gar nichts respektiert.

„Ich habe gesagt, ich will alleine sein!“, startete ich einen letzten Versuch, bemerkte dann dass sich Alice bereits neben mir auf dem Bett nieder gelassen hatte.

„Und wir beide wissen, dass du genau das nicht sein willst. Nicht jetzt.“

Ich erwiderte nichts, starrte einfach weiterhin an die Wand.

Es war nicht einmal eine Minute vergangen, als ich bemerkte, wie Alice näher rutschte, sie mit einem geschickten Griff meinen Kopf auf ihren Schoß zog. Ich schloss hierauf meine Augen.

Für eine Weile legte sich Schweigen über uns. Ein Schweigen, das ich als angenehm

empfand.

Stille, die ich dazu nutzen konnte, um meine wirren Gedanken zu ordnen. Alice strich mir sanft durchs Haar, während ich völlig in meinen Überlegungen versank.

Es kam mir so vor, als wäre ich in zwei Hälften gespalten worden. Die eine konnte derzeit himmelhoch jauchzen, die andere war zu Tode betrübt.

Und ich saß mittendrin, konnte mich einfach nicht entscheiden, welche Seite mir mehr zusagte.

Er hatte gesagt, dass er wieder mit mir befreundet sein wollte! Er wollte es von sich aus.

Das würde bedeuten, ich könnte wieder in seiner Nähe sein. Ich wusste, dass ich mich danach sehnte. Mehr als alles andere.

Für mich war es schon fast ein kleines Wunder, dass er wieder da war.

Aber genau das war der Haken.

An Wunder glaubte man nicht.

Denn Wunder geschehen nicht!

Wünsche gehen nie in Erfüllung.

Genau das hatte ich am eigenen Leib schmerzhaft erfahren müssen.

Und nun war ich wieder am springenden Punkt angelangt.

Schmerzen!

Ich wusste nicht, ob ich mich darauf einlassen konnte. Ich fürchtete mich davor, mich darauf einzulassen.

Freundschaft!

Was, wenn wir wieder scheitern würden, wieder im Streit auseinander gehen würde?

Ich spürte ein leichtes Ziehen. Atmete tief, versuchte mich dadurch zu entspannen, nicht weiter auf dieses Gefühl einzugehen.

Ich könnte es nicht noch einmal ertragen. Denn, auch wenn ich die Gefühle, die ich für ihn empfand tief in mir verbarg, waren sie nie erloschen.

Ich liebte ihn immer noch. Daran würde sich auch in Zukunft nichts ändern. Ich würde nie jemanden so sehr lieben können, wie ich Edward liebte. Das hatte ich nach all der Zeit, die vergangen war, verstanden, akzeptiert.

Aber trotz dessen, dass ich so empfand……könnte ich mich darauf einlassen?

Auf eine Freundschaft mit Edward?

Warum wollte er überhaupt mit mir wieder befreundet sein?

Er erinnerte sich doch überhaupt nicht an mich. Sollte dies der Fall sein, hätte sich Alice nicht zurück halten können. Sie hätte es mir umgehend erzählt. Das wusste ich. Alice war in dieser Beziehung ein Plappermaul. Ich hätte es ihr wahrscheinlich an der Nasenspitze angesehen, sie hätte nicht ein einziges Wort dazu sagen müssen.

Also warum?

Ich drehte leicht meinen Kopf, so dass ich zu meiner besten Freundin aufsehen konnte.

„Und?“

Ich wusste sofort, was sie wissen wollte.

„Mir schwirrt zwar immer noch der Kopf, aber es geht schon besser.“

„Gut.“ Ihre Stimme klang erleichtert.

Ich sah, wie sie kurz aus dem Fenster blickte, bevor sie mich wieder musterte. An ihren Augen konnte ich sehen, dass sie gerade abwog, ob sie mir die Frage, die ihr auf der Seele brannte, auch stellen konnte.

Ich richtete mich sachte auf, schnappte mir mein Kissen, das ich vor meinen Körper zog. Mein Rücken lehnte an der Wand, als ich Alice fixierte, die anscheinend immer noch nicht zu einem Ergebnis gekommen war.

„Na los. Frag mich.“

Verwundert hob sie ihre feinen Augenbrauen. „Wirklich?“, frage sie noch einmal eindringlich.

Ich nickte einfach.

„Also, um genau zu sein, ist es eigentlich keine Frage, die ich stellen will.“, sprach sie sehr bedacht – zumindest für Alice.

„Nicht?“ Was könnte sie dann wollen?

„Ich wollte noch einmal auf unser vorheriges Gespräch zurück kommen.“

Meine Gesichtszüge verhärteten sich. „Alice.“

„Du hast gesagt, ich soll es sagen.“, warf sie sogleich leicht beleidigt mir vor.

„Nein, ich hab gesagt, du sollst mich fragen.“ Ich hatte meinen Zeigefinger angehoben, um meine Worte noch zu unterstreiche.

Ein leichtes Schnauben ertönte, bevor ich tadelnd „Bella.“ hörte. Alice grüne Augen – die einzige äußerliche Gemeinsamkeit der Zwillinge - blitzen gefährlich und ich seufzte auf, was dem Zwerg, wie ich sie manchmal bezeichnete, ein triumphierendes Lächeln auf die Lippen zauberte. Sie nutzte gerade schamlos aus, dass ich nicht in der Verfassung für eine umfangreiche Diskussion war.

„Bella, überleg es dir noch einmal. Er meint es wirklich ernst.“

Ungläubig schaute ich sie an.

„Wirklich Bella.“ Alice Stimme klang so vollkommen sicher, ohne jeden Zweifel. Aber was gab ihr diese Sicherheit. Ich konnte es einfach nicht nachvollziehen.

Meine Vorsicht flüsterte mir jetzt schon zu, das Gespräch am besten gleich im Keim zu ersticken, nicht weiter darauf einzugehen. Und ich musste zugeben, dass es sich verlockend anhörte. Bis auf die Albträume war mein Leben doch wieder in geregelten Bahnen gelaufen. Warum sollte ich mir dass jetzt alles über den Haufen werfen lassen um später erneut heraus zu finden, dass alles noch viel schlimmer geworden war.

Aber dann war da noch etwas anderes. Ein kleiner Funke, der durch Edwards Auftreten entfacht worden war. Kaum zu spüren, aber doch existent.

Alice musste meine innere Zerrissenheit wahrgenommen haben, denn sie sprach leiser, aber umso eindringlicher weiter. „Bella, du erinnerst dich doch nur noch an Edward, wie er nach dem Unfall war.“ Ich froh darüber, dass sie den Streit so umschrieb. „Aber du weist, dass er auch früher ganz anders gewesen war.“

„Was willst du mir jetzt damit sagen?“

„Ganz einfach, dass seit dem wieder eine Menge Zeit vergangen ist.“

Skeptisch hob ich meine Augenbrauen. Hatte er sich tatsächlich wieder geändert?! Ich wollte es einfach nicht so recht glauben.

„Er erinnert sich nicht, nicht wahr Alice?“

Sie seufzte auf, was mir Recht gab. Ich bettete mein Kinn auf das Kissen, richtete meinen Blick ins Leere. „Aber warum dann? Warum Alice? Nach all der Zeit?“

„Da bin ich selbst überfragt!“, sprach sie leise. „Ich weiß es selbst nicht Bella.“
 

Ich seufzte auf, doch Alice ließ sich nicht beirren. „Aber ich versichere dir, mein Bruder ist wieder mehr Edward als du denkst!“, wobei sie begann zu schmunzeln.

Mein Herz begann laut zu schlagen.

Alice hatte genau die richtigen Worte gewählt, um dem kleine Funken in mir Nahrung zu geben. Das Glühen wurde heller, begann schon etwas die Dunkelheit, um ihn herum zu erhellen.

Meine Abwehrhaltung, die ich mir all die Jahre über aufgebaut hatte, geriet bedrohlich ins schwanken.

Das durfte doch nicht wahr sein.

Was ging hier nur vor?!

Es konnte doch nicht sein, dass ich all meine Vorsätze, die ich mit mir getroffen hatte, einfach über Bord werfen wollte, nur weil er wieder da war, und mir eventuell wieder Aufmerksamkeit schenken wollte.

Doch genau das war der Fall.

Ich biss mir auf die Lippen, hinderte mich so daran, einfach ein lautes JA heraus zu posaunen.

Das durfte nicht passieren.

Alice schien jedoch auch keine Antwort zu erwarten. Stattdessen beugte sie sich zu mir, umarmte mich herzlich. „Du weist, Emmett und ich würde nie etwas tun, was dich verletzten würde.“

„Ich weiß.“

Als sie sich von mir löste, sprang sie auf, lief zu Tür. Sie hatte schon die Klinke in der Hand, als sie sich noch einmal zu mir umwandte. „Eins noch Bella. Ich weiß, dass du meinen Worten nicht richtig glauben schenken kannst, daher: Finde es doch selbst heraus. Lern ihn wieder kennen. Lass ihm die Chance.“

Ich verdrehte die Augen. Sie wusste genau, wie sie mich locken konnte. „Ich hasse dich.“, grummelte ich als einfachste Antwort.

„Und ich liebe dich, wie eine Schwester.“, damit verließ sie beschwingt mein Zimmer.
 

Die letzten Tage der Semesterferien vergingen wie im Flug. Weder Emmett noch Alice sprachen mich noch einmal auf Edward an. Sie wussten, dass es im Moment das Beste war, mich diesbezüglich einfach in Ruhe zu lassen.

Ich selbst war noch zu keiner Entscheidung gekommen. Und es half ungemein, dass Edward während dieser Zeit kein einziges Mal in unserer Wohnung aufgetaucht war. Oder ich hatte es nicht mitbekommen.

Ich wusste nicht, wie ich reagieren würde, wenn er vor mir stand.

Jasper hatte ich seit meinem Angriff auf Edwards Füße ebenfalls nur einmal ganz kurz gesehen. Er schien ziemlich im Stress zu sein.

Alice hatte auf meine Nachfrage irgendetwas von einer Projektarbeit gebrabbelt, bei der es einige Probleme gab. Anscheinend gefiel ihr die ganze Sache auch nicht so, das sie Japser dadurch ebenfalls wenig zu Gesicht bekam, was leider nicht zu ändern war. Dafür müsste ich herhalten. Was mich nicht im Geringsten störte. Damit lenkte mich meine beste Freundin von meinen eigentlichen Problemen ab.
 

Rosalie hatte ich seit dem Urlaub ebenfalls nicht wieder zu Gesicht bekommen, was mich doch ziemlich verwundert hatte. Vor zwei Tagen dann, erfuhr ich, dass sie derzeit noch in New York war. Während des Urlaubs, bei dem die kühle Blonde natürlich auch dabei gewesen war, hatte sie erfahren, dass das Kind ihrer Cousine auf die Welt gekommen war. Da die beiden sich sehr nahe stehen, hatte Rosalie keinen Moment gewartet und war in den nächsten Flieger nach New York gestiegen. Emmett war bei seiner Familie geblieben.

Seine Begründung mir gegenüber hierzu: „Zu viel Tutsitutsitu. Das hält nicht einmal ein Mann mit meinen Nerven aus.“

Ich grinste, als ich wieder daran denken musste.

Und jetzt stand ich hier. Nur noch die schwere Eingangstür trennte mich von dem immer noch ziemlich verschneiten Seattle. Frau Holle hatte sich ganz eindeutig gegen mich verschworen.

Leicht verstimmt über diesen Umstand, verzog ich meine Mundwinkel. Aber was konnte ich daran schon ändern. Außer vielleicht dieser alten Frau einen mächtigen Muskelkater in ihren Armen wünschen, dass sie sich das nächste Mal drei Mal überlegte, ob sie Seattle mit Schnee gerade zu überhäuft, rein gar nichts. Leider!

Augen zu und durch war das Motto. Schnell schob ich mir meinen Schal noch bis zur Nasenspitze hoch und trat hinaus.

Eisiger Wind begrüßte mich.

Wie ich es doch hasste.
 

20 Minuten und ohne große Zwischenfälle später hatte ich es dann geschafft.

Ich stand in der Uni. Gerade war ich auf dem Weg zu meiner ersten Vorlesung, als ich schon Angela sah, die freudig winkend auf mich zugelaufen kam.

„Hi Bella. Wie ich sehe, bist du in einem Stück angekommen. Sehr gut.“ Fast so, als würde sie einen Hund loben, tätschelte sie mir den Kopf. Fehlte nur noch die Belohnung in Form eines Hundeplätzchens.

„Guten Morgen Angela.“, erwiderte ich hierauf nur knapp, setzte dann meinen Weg fort. Ich hatte geahnt, dass ein Tag, der mit Schnee begann, nichts Gutes verhieß. Das hatte er bis jetzt noch nie.

Angela kicherte hinter mir, schloss dann wieder zu mir auf, um umgehend über ihre Ferien zu berichten, die sie mir ihrem Freund Ben bei seiner Familie in Washington verbracht hat.

Ich kannte Angela seit meinen ersten Tag an der Universität. Wir beide studierten Journalistik und waren uns von Anfang an sympathisch gewesen. Seit dem saßen wir in jeder Vorlesung, die wir zusammen hatten, beisammen. Mit ihrem liebenswerten und normalerweise zurückhaltenden Wesen musste man sie einfach lieb haben. Bei mir war es jedenfalls der Fall gewesen.

Angela war das krasse Gegenstück zu Alice, die man eher mit einem quirligen Wirbelwind vergleichen konnte, dessen Energiereserven unendlich waren und dem egal war, welche Leute er um sich herum hatte. Tja, so war Alice. Angela hingegen blühte nur unter Menschen auf, die sie gut kannte und einschätzen konnte.
 

Durch das Wetter schon leicht genervt ließ ich mich gemeinsam mit meiner Studienkollegin in eine der hinteren Reihen nieder.

Da ich gerade damit beschäftigt war, mich aus meiner dicken Jacke zu schälen, schenkte ich dem andächtigen Murmeln, dass plötzlich durch die Reihen ging, keinerlei Beachtung.

Ich hätte es auch besser weiterhin hin getan.

Angelas leises Aufkeuchen weckte dann doch mein Interesse. Kurz sah ich zu ihr, um festzustellen, dass ihr Blick auf den Eingang ruhte. Also folgte ich diesem und konnte nicht glauben, was ich dort sah.

Edward.

Ein kurzer Kennerblick und ich wusste, was gerade vor sich ging.

Kaum das Edward den Raum betreten hatte, hatte er die ungeteilte Aufmerksamkeit der weiblichen Studenten inne. Nichts Neues für mich.

Aber Moment!

Edward!

Was machte er hier? In MEINER Vorlesung?
 

- „Und vor ein paar Monaten hat er uns dann mitgeteilt, dass er sein Studium hier in Seattle beenden will!“ -
 

- „Irgendwann werden wir einmal zusammen Journalistik studieren.“ -
 

Das war damals unser Plan gewesen! Gemeinsam studieren. Das war aber alles vor dem Unfall gewesen.
 

Oh Gott! Warum hatte ich dämliche Nuss nicht einmal nachgefragt, welche Studienfächer Edward belegt hatte?! Ach ja, ich vergaß! Besagte Person war im Raum aufgetaucht und ich hatte diesen hierauf fast fluchtartig verlassen.

Das durfte doch alles nicht wahr sein.

Wenn ich das gewusst hätte.

Was dann? fragte ich mich zugleich selbst? Hätte ich daran irgendetwas ändern können?

Nein, war definitiv die Antwort.

Aber ich hätte wetten können, dass jedes weibliche Wesen hier in diesem Saal so reagieren würde.

Ich hätte wetten sollen und hätte haushoch gewonnen, dachte ich sarkastisch für mich. Mein vorzeitiger Ruhestand wäre durch den Gewinn auf jeden Fall abgesichert gewesen.

Denn so war es immer schon gewesen. Ab der fünften Klasse, hatte sich das Schema nicht mehr geändert. Alle Mädchen, später noch einige weiblichen Lehrer – die sich Edwards Wirkung auf sie natürlich versuchten, nicht anmerken zu lassen - waren förmlich dahin geschmolzen, wenn Edward in der Nähe war. Seine reine Anwesenheit sorgte für akute Atemnot.

Ich war da keine Ausnahme. Auch wenn ich gerade vehement versuchte, nicht in seine Richtung zu sehen.

Es würde mich nicht wundern, wenn unsere Universität ab heute Nachmittag um einen Club reicher war. Der Edward Cullen Fanclub.

Ab Morgen würden dann seine Mitglieder mit Buttons mit der Aufschrift „Team Edward“ oder „WWED?“ (What Would Edward Do?) herum laufen. Einigen hier würde ich so etwas tatsächlich zutrauen. Das weibliche Hirn konnte in mancherlei Hinsicht sehr phantasievoll sein.

Ich spürte ein leichtes Prickeln, weshalb ich meinen Blick wieder zurück schweifen ließ und sofort auf seine hypnotischen Augen traf. Umgehend zierte ein breites Lächeln sein Gesicht.

Meine Mundwinkel zuckten bedrohlich.

Nein Bella, fang jetzt nicht an zurück zu lächeln. Du hast noch keine Entscheidung getroffen. Denk daran!

Ignorieren.

„Kennst du ihn Bella?“

Angela war das natürlich nicht entgangen.

„Nein.“

Gut gerettet.

Oh nein!

Edward winkte mir zu und unzählige Gesichter schossen zu mir herum.

Meine Wangen begannen augenblicklich zu glühen.

Ein theatralisches Aufseufzen war die Folge.

Warum ich? Womit hatte ich das nur verdient?

„Sicher?“, stocherte Angela sofort nach.

„Gut, vielleicht kenn ich ihn doch.“, grummelte ich kaum hörbar.

Angelas Augen wurden größer, schnell sah sie noch mal zu Edward, dann wieder zu mir. „Bella, dann schnapp ihn dir. Er sieht verdammt heiß aus!“

Danke, dass wusste ich auch. Edward sah so umwerfend aus, dass sich höchst wahrscheinlich 99 Prozent in diesem Raum wunderten, warum jemand wie er in einer Universität zu finden war, statt in einer Modelpose auf einem Werbeplakat für Unterwäsche. Mutter Natur hatte bei ihm mit ihren Reizen nicht gegeizt.

Ich schnaubte nur, überschlug demonstrativ meine Arme und sah zur Seite.

Ich würde nicht zurückwinken. Nie im Leben.

Das konnte Edward vergessen.

Nur weil wir – bei meinem Glück heute – wahrscheinlich alle Kurse gemeinsam hatten, hieß das noch lange nicht, dass ich nett zu ihm sein musste.

Ich hatte mich noch nicht entschieden. Bis dahin, würde ich so weiter verfahren, wie ich es an der High School auch getan hatte.

Dennoch konnte ich es nicht lassen und schielte wieder in seine Richtung und hielt zugleich den Atem an.

OH NEIN!

Edward kam auf mich zu. Ich sah nach links. Da saß Angela. Mein Kopf schnellte in die entgegen gesetzte Richtung. Der Platz war…..FREI!

Er wollte sich doch nicht etwa……?

Ich konnte den Gedanken nicht zu Ende denken.

So schnell es meine Reaktion zuließ, legte ich meinen tödlichsten Blick auf.

Oh…..er wurde langsamer.

Und langsamer.

Und noch langsamer.

Und steuerte einen Platz einige Reihen vor mir an.

Phu!

Erleichtert sackte ich leicht zusammen, was von Angela doch etwas skeptisch betrachtet wurde. Aber das war mir gerade so etwas von egal. Mehr als das.

Ich konnte mich derzeit nur daran erfreuen, einen gewissen Sicherheitsabstand zwischen mir und Edward zu wissen.

Jetzt bereits spürte ich meinen beschleunigten Herzschlag. Und leider würde sich dieser erst wieder beruhigen, wenn Edward zumindest außer Sichtweite war.

Am liebsten hätte ich frustriert geseufzt. Aber was hätte ich Angela erzählen sollen. Sie wusste nichts von dem Unfall, der sich vor sieben Jahren zugetragen hatte, von der Zeit danach. Ich hatte mir ihr darüber noch nie gesprochen. Und so sollte es auch bleiben. Es fiel mir schon schwer mit Alice oder Emmett über diese Sache zu reden. Vor Angela, egal wie gern ich sie hatte, würde ich kein Wort heraus bringen.
 

Erst einige Zeit später realisierte ich, dass die Vorlesung zwischenzeitlich begonnen hatte. Und so sehr ich versuchte, mich darauf zu konzentrieren, gelang es mir einfach nicht. Meine Gedanken driften immer wieder ab.

Der innere Kampf – ach was redete ich da – inzwischen tobte in mir ein Krieg zwischen meinem Verstand und meinem Herzen.

Auch wenn ich derzeit noch alles gut überspielen konnte, nichts nach außen dringen ließ, so war ich völlig aufgewühlt.

Ich strich mir einige Strähnen zurück, versuchte wieder den Worten des Professors zu folgen, die irgendwie überhaupt nicht bei mir angelangten. Ich kniff meine Augen zusammen, sah, dass dieser tatsächlich seinen Mund bewegte.

Aber nichts, rein gar nichts verstand ich von dem, was er von sich gab.

Ich schloss meine Augen, vergrub mein Gesicht in meinen Händen und wusste, dass dieser Tag noch lang werden würde.
 

Völlig entkräftet schleppte ich mich durch die weiße Schneelandschaft, unter der sich Straßen, Bürgersteige und Häuser verbargen in Richtung unserer Wohnung.

Ich war fertig, im wahrsten Sinne des Wortes.

Dieser erste Tag hatte alles von mir abverlangt.

Meine Befürchtungen hatten sich bewahrheitet. Ich durfte mir heute in jeder einzelnen Vorlesung Edwards bronzefarbenen Haarschopf von hinten betrachten. Und mein Gefühl sagte mir, dass sich dies in den nächsten Tagen, bis zum Ende meines Studiums nicht ändern würde.

Es wunderte mich, dass ich überhaupt noch aufrecht gehen konnte. Mein Körper hatte die ganze Zeit über total verrückt gespielt.

Jeder Arzt hätte mir Herzrasen attestiert. Immer wenn Edward gewollt oder ungewollt annähernd in meine Richtung gesehen hatte, hatten sich meine Wangen verfärbt.

Konnte es noch schlimmer werden?

Ich konnte nicht einmal mehr mit den Schultern zucken.

Ich seufzte leise auf, senkte meinen Blick, begutachtete die weiße Masse zu meinen Füßen.

Was sollte ich nur tun?

Was nur?

Ich wusste, niemand konnte mir diese Entscheidung abnehmen. Ich alleine musste entscheiden, was für mich das Beste war.

Darauf war ich nicht vorbereitet gewesen.

Eine kleine Vorwarnung. Wäre das zu viel gewesen?!

Nein. Aber so war es immer. Egal was es war. Es erwischte mich immer wie in Schwall eiskalten Wassers mitten ins Gesicht.

Wieso einfach, wenn es auch kompliziert ging.

Tief durchatmen.

Es half nichts, noch deprimierter zu werden.

Da war es mir ja lieber, wenn ich zickig wurde. Aber leider war von dem Gefühl, was ich heute Morgen verspürt hatte, nichts mehr übrig. Es war alles weg. Die Sehnsucht war das Einzige, was mir noch geblieben war.

Ja, ich sehnte mich nach ihm.

Gott, nach all dem was passiert war, konnte ich dennoch nicht anders für ihn empfinden. Auch wenn mich seine Worte damals so verletzt hatten, meine Welt endgültig in Trümmer gelegt hatten.

Wie konnte ein Mensch nur so selbst zerstörerisch sein?

Kopfschüttelnd setzte ich meinen Weg fort.

Es würde mich nicht weiter bringen, wenn ich mir hier draußen noch eine Lungenentzündung holen würde. Und die würde ich bei meinem derzeitigen Glück definitiv bekommen.
 

Ich klopfte gerade diese widerliche Pampe, die sich an meine Schuhe festgesetzt hatte ab, als aus Richtung Wohnzimmer Gelächter zu hören war.

Eins davon gehört Alice, das andere unverkennbar Rosalie. Sie war also wieder da und hatte den ersten Tag Blau gemacht.

Wenn ich gewusst hätte, was heute auf mich zukommen würde, hätte ich die ersten Vorlesungen auch besser sausen lassen.

Aber wer konnte schon in die Zukunft sehen?

Gemächlich schlappte ich durch den Flur, folgte dem immer noch nicht abgebrochenen Gekicher, was immer wieder von einem seltsam hohen Quieken unterbrochen wurde. Als ich ins Zimmer eintrat und mein Blick in Richtung Küche wandern ließ, entdeckte ich besagte Personen.

Alice hielt Fotos in der Hand und hatte einen gewissen Glanz in den Augen und ein leicht dümmliches Grinsen im Gesicht.

Das mussten Babyfotos sein, schlussfolgerte ich.

Emmetts Worte kamen mir wieder in den Sinn. Und ich konnte seinen Kommentar hierzu zu einhundert Prozent nachvollziehen.

Aber leider hatte ich nicht mehr die Möglichkeit zu verschwinden, da ich bereits bemerkt worden war.

„Bella, die Fotos musst du dir unbedingt ansehen.“, quasselte Alice sofort los, lief graziös wie immer auf mich zu und streckte mir ein Bild entgegen.

Ich warf ihr zu Liebe einen Blick drauf und konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Das Baby auf dem Foto war wirklich sehr niedlich.

„Hallo Bella. Du siehst fertig aus. War der erste Tag so anstrengend?“

Aufmerksam wurde ich von Rosalie, die locker an der Anrichte lehnte, gemustert. Wie immer sah die blonde Schönheit erstklassig aus.

Ich war froh, dass die Stimmung zwischen Rosalie und mir mittlerweile so locker war.

Am Anfang war dies ganz und gar nicht der Fall gewesen. Rosalie hatte mich nicht ausstehen können, hatte mir dies auch klar und deutlich gesagt und auch gezeigt. Rosalie hielt in dieser Beziehung nichts von höflicher Zurückhaltung.

Die enge Beziehung, die zwischen mir und Emmett bestand konnte eine lange Zeit von ihr nicht nachvollzogen werden.

Für sie war ich nur die beste Freundin der Schwester ihres Freundes, die etwas zu sehr in alles miteinbezogen wurde.

Aufgrund dessen hatte ich mich eine Weile immer mehr von Emmett zurück gezogen, worunter nicht nur ich, sondern auch Emmett und Alice gelitten hatten. Aber ich war fest entschlossen mich zurück zu halten. Ich wollte nicht mehr Streitpunkt zwischen Emmett und Rosalie sein.

Umso mehr war ich verwundert, als sie eines Abends alleine vor der Wohnungstür stand und mit mir reden wollte.

Was wir dann auch taten und das ziemlich lange. Danach waren die Fronten geklärt.

Und ich musste feststellen, dass auch ich ein falsches Bild von Rosalie hatte.

Ich sah sie immer als die kühle Schönheit. Aber die Unnahbare, die sie nach außen hin gab, hatte auch durchaus freundliche und liebenswerte Seiten.

Seiten, die ich mittlerweile auch kennen lernen durfte.

Denn diese Rosalie bekamen nur sehr wenige Menschen zu sehen.

Der auserwählte Kreis sozusagen.

Seit dem war es sehr angenehm mit ihr. Neben Alice war sie die zweite weibliche Person, der ich am meisten vertraute. Auch wenn wir anders miteinander umgingen, als ich und Alice miteinander.

Erschöpft lies ich mich auf einen der Hocker fallen. „Gut erkannt Rose!“

Alice setzte sich neben mich.

„Weist du, ich habe heute eine interessante Endeckung gemacht.“, fuhr ich mit leichter Stimme fort.

„Tatsächlich?“ Rosalies Neugierde war geweckt.

„Mh….mhm…“, gab ich nur von mir, pickte nach einem Stück Obst, das auf einem Teller angerichtet worden war.

„Ja!“, erwiderte ich kauend. „Wie es der Zufall so will, ist Edward ebenfalls auf meiner Universität.“

„Edward ist hier?“

Gut, daraus konnte ich schließen, dass Rosalie genauso wenig in Edwards Pläne nach Seattle zu ziehen eingeweiht worden war, wie ich. Sehr schön, damit war ich nicht die einzig Unwissende. Ein schwacher Trost. Aber immerhin ein Trost.

„Oh ja und zufälliger Weise ist er auch noch in all meinen Kursen eingeschrieben.“ Bis auf einen, wie ich über Umwege heraus bekam. Literatur, was ich als Nebenfach belegt hatte.

„Davon habt ihr mir gar nichts erzählt?“ Damit wandte sie sich an Alice, die mir kurz einen ihrer „Wir-reden-später-Blicke“ zuwarf.

Gekonnt ignorierte ich diesen. „Tja, da bist du nicht die Einzige.“

Was Rosalie ihre Augenbrauen anheben lies.

„Alice?“

„Ja…..nun…..weist du……..das muss irgendwie untergegangen sein.“

„Untergegangen?“ Oh, oh, ich kannte diesen gewissen Unterton in Rosalies Stimme. Und es war einfach wunderbar, genau diesen Unterton zu hören. Genüsslich streckte ich mich aus, griff nach einem Stück Apfel, bevor ich wieder kauend auf meine beiden Freundinnen schaute.

Es sah ganz so aus, als wäre Rosalie nicht gerade erfreut über diese Offenbarung. Immerhin war sie bereits eine ganze Weile mit Emmett zusammen, zählte schon genauso zu der Familie wie ich selbst. Sie überschlug ihre Arme, musterte Alice mit einem mehr als kritischen Blick.

„Also lebt er jetzt hier?“

„Ja.“, kam es vorsichtig von Alice.

„Und ihr habt es in den sieben Tagen in denen wir gemeinsam Urlaub gemacht haben, nicht geschafft mir einen Piep davon zu sagen?“ Rosalie stemmte ihre Hände in die Hüfte. Ihre hellblauen Augen funkelten leicht vor Zorn.

Ich war von der ganzen Situation mehr als amüsiert. Eine willkommene Abwechslung.

Und es war ein kleine Wink für Alice, das ich ihr immer noch nicht ganz verziehen hatte. Der Tag begann langsam doch besser zu werden.
 

Dachte ich.
 

Denn in diesem Moment hörte ich die Wohnungstür, die sich öffnete. Ich wandte meinen Blick, hob verwundert eine meiner Augenbrauen an. Wer könnte das sein? Emmett war der Einzige, der für unsere Wohnung noch einen Schlüssel besaß. Und ich wusste, dass er heute vor 17:00 Uhr hier nicht auftauchen würde. Das hatte er mir selbst gesagt.

Also, wer konnte das sein?

Ein leichtes Kribbeln verbreitete sich in meinem Bauch.

Meine Nackenhaare stellten sich leicht auf. Eine kurze Gänsehaut überzog meinen Körper.

Ich kannte diese Symptome.

Aber.das.konnte.nicht.sein?!

Sekunden später stand er im Türrahmen.

Ich war wie versteinert.

Was zum Teufel noch mal…….?

„Hallo zusammen!“

Seine unwiderstehliche Stimme, ließ mich zusammenzucken.

Ich sprang auf, fixierte mit einem teuflischen Blick Alice. Darin wurde ich besser und besser.

„Du hast ihm einen Schlüssel für unsere Wohnung gegeben?“, zischte ich fassungslos.

Auf eine Antwort wartete ich jedoch nicht, wandte mich wieder Edward zu, dem Objekt meiner ungebremsten Wut.

„Und du….wie kannst du….?“ Meine Augen wurden zu schmalen Schlitzen. Zittrig sog ich die Luft um mich herum ein. Ich liebe die Wut. Dieses Gefühl war der einzige Schutz vor Edwards immenser Ausstrahlung und deren Auswirkungen auf mich.

„Nein, Bella warte! Lass mich erklären.“, warf Edward schnell ein. Wedelte mit seinen Händen durch die Luft.

„Klappe!“ Ich setzte bereits wieder an. Die Worte lagen mir bereits auf der Zunge, als…..

Halt!“ Alice war aufgesprungen, tänzelte zwischen mich und ihren Bruder, erhob eine Hand. „Ich hab mir fast gedacht, dass es so kommen würde. Daher…..Keiner von euch wagt es nur ein weiteres Wort aus seinem Mund verlauten zu lassen.“ Ihre Augen huschten von mir zu Edward und wieder zurück.

„Ab jetzt könnt ihr unsere Wohnung als die Schweiz betrachten.“

Unverstanden hoben Edward und ich zugleich fragend eine Augenbraue, musterten Alice mit einem nicht definierbaren Blick.

Was faselte sie da für einen Blödsinn? Hatte der Cullen-Zwilling etwa seinen Verstand verloren?

Schnell tauschten Edward und ich uns aus. Die Wut war für diesen Augenblick vergessen. Er sah die Sache anscheinend genauso wie ich. Was also meinte der wandelnde Zwerg vor uns?

Und schon fuhr sie auch mit ihrer Erklärung fort. „Alles hier, außer Bellas Zimmer ist neutrales Gebiet.“ Dabei machte sie eine ausschweifende Handbewegung. „Also keine Zankerei, keine giftigen Blicke, keine drohenden Laute, keine Übergriffe auf irgend welche Körperteile. Nur pure Harmonie zwischen euch beiden!“

Um ihren Worten Nachdruck zu verleihen stand urplötzlich eine kleine Schweizer Fahne auf dem Küchentresen.

Wo zum Teufel hatte sie jetzt dieses Ding her?

„Verstanden Bella?“

Hey, was sah sie mich jetzt so durchdringend an?

Schließlich war es ihr Herr Bruder, der meine abwehrende Haltung einfach nicht akzeptieren konnte und mich mit seiner Sitzplatzwanderung schon am ersten Tag zum Wahnsinn trieb. Schließlich war sie diejenige, die ihm einen Schlüssel ausgehändigt hatte.

Ich wehrte mich bloß.

Ich erwiderte ihren Blick mit der gleichen brennenden Intensität und hätte schwören können, dass kleine Blitze durch die Luft zuckten. Was man sich alles einbilden konnte, wenn man sich nur stark genug konzentrierte.

„Bella!“

Alice leise, drohende Stimme, die letzte Stufe vor dem absoluten Supergau.

Sie meinte diesen Quatsch also tot ernst.

„Meinetwegen.“, nuschelte ich, verschränkte meine Arme vor meinem Bauch, sah stur zur Seite.

„Edward!“ Na ja, wenigstens sprach sie ihn jetzt auch an.

Unbemerkt schielte ich in seine Richtung, sah, dass er ernst nickte, ohne Alice anzuschauen. Sein Blick ruhte immer noch auf mir.

Sah ich da einen Hauch von Traurigkeit darin? Und wenn ja, wieso?

Wegen gerade eben?

Ich spürte, wie der Rest Wut sofort unter seinem Blick verpuffte. Das zumindest hatte er trotz der fehlenden Erinnerungen an mich, immer noch drauf.

Genauso, wie er mich mit einem Blick Schach matt setzen konnte.

Derzeit kostete es mich meine gesamte Kraft, ihm zu widerstehen, ihm nicht einfach zu verzeihen.

Was dachte ich da gerade?

Sollte das etwas bedeuten, dass mein Herz langsam die Überhand über meinen Verstand gewann?
 

Ohne dass es irgendjemand bemerkte, schüttelte ich meinen Kopf.

Die Verwirrtheit war wieder da. Und ich konnte wieder seine Stimme hören. Der Satz, der alles in mir zerbrochen hatte.

Tränen stiegen sofort wieder in meine Augen. Leere erfasste mich und ich spürte, wie ein Zittern über meinen Körper laufen wollte.

Nicht hier!

Nicht vor ihm!

Ich ballte meine Hände zu Fäusten, biss mir fest auf die Lippen.

Der aufkommende Schmerz lenkte mich kurz von der Traurigkeit ab, die mein Inneres befiehl.

„Ich bin dann mal in meine Zimmer.“, gab ich schnell von mir, lief an Edward vorbei, ohne aufzusehen und erreichte nach mehreren stolpernden Schritten das rettende Ufer: Mein Zimmer!
 

****

So, und jetzt seid ihr wieder dran, also ran an die Tastatur. Eure Meinung dazu ist immer gern gesehen. ^^
 

Liebe Grüße

eure Pei-Pei

Eine Chance

Hallo zusammen.
 

Ich melde mich wieder zurück und möchte mich ganz herzlich bei euch für eure Kommis bedanken. Ich freu mich immer wieder riesig zu lesen, dass euch die Story gefällt. ^^

Ich wünsch euch schon mal ein schönes Wochenende.
 

Eine Chance
 

Die darauf folgenden Tage waren noch schlimmer als die zuvor – zumindest aus meiner Sicht.

Ich versteckte mich bewusst vor Edward, wenn ich mich in der Universität befand. Unruhig schwirrten meine Augen immer durch die Masse der Studenten, immer darauf achtend den mir selbst auferlegten Sicherheitsabstand zu einem gewissen bronzefarbenen Haarschopf zu wahren.

Traf ich ihn trotzdem zufällig in unserer Wohnung oder auf dem Flur, senkte ich meinen Blick, flüsterte ein kurzes „Hallo.“ und huschte an ihm vorbei. Zu mehr konnte ich mich in meiner derzeitigen Verfassung einfach nicht durchringen. Schon allein dieses kleine Wort, kostete mich unendlich viel Kraft.

Das Kribbeln, wenn ich nur an ihn dachte, war nicht auszuhalten.

Wurde immer mehr zu meinem ständigen Begleiter.

Genauso wie die Angst, die immer mehr mit dem Kribbeln in mir anwuchs.

Ich war immer noch nicht zu einem Entschluss gekommen. Und dafür begann ich mich allmählich selbst zu hassen. Aber ich konnte mich einfach nicht dazu überwinden, mich einmal intensiv mit diesem Problem zu beschäftigen.

Ich war mir sicher, würde ich mich einmal damit geschäftigen, würde sich der Konflikt in mir danach sofort auflösen.

Nur eine ruhige Minute. Doch ich wollte nicht. Ich sträubte mich mit Händen und Füßen dagegen.

Denn das würde bedeuten, dass ich mich wieder mit all meinen Gefühle befassen musste, mit der Vergangenheit. Mein letzter Zusammenbruch als Edward zurückgekommen war, war mir noch lebhaft in Erinnerung. Und ich wusste, dass es genauso wieder enden würde. Wenn nicht noch schlimmer. Das wollte ich mir, um ehrlich zu sein nicht antun. Ich wäre gezwungen wieder tief in die Materie einzutauchen.

Aber kam ich drum herum?

Was sollte ich bloß tun?

Ich seufzte auf, stützte mein Kinn auf meine Hände, während meine Augen auf meinen Notizen ruhten.

Wie lange saß ich schon hier und sinnierte oberflächlich über mein derzeit größtes Problem?

Ich wusste es nicht.

Meine Digitaluhr verriet mir, dass ich bereits seit geschlagenen zwei Stunde versuchte vorwärts zu kommen.

Na das waren ja tolle Aussichten!

Frustriert über mich selbst, stieß ich die Luft aus, warf mich gegen die Stuhllehne.

Mein Blick schweifte von der Zimmerdecke zur Tür. Genau in diesem Moment packte mich eine innere Sehnsucht. Fest presste ich meine Lippen zusammen, wollte wegsehen, konnte aber nicht.

Zögerlich stand ich auf, trat an die Tür heran.

Schnell schloss ich meine Augen, bettete meine Stirn an das Holz.

„Hör auf Bella. Du tust dir nur selbst weh.“

Aber es war, als würde ich von einer mehr als nur betörenden Stimme gerufen werden. Und ich wusste genau, zu was mich diese verführen wollte.

Alice Fotoalbum.

Es war verlockend. Der Drang, es wieder in den Händen zu halten, steigerte sich.

All die Jahre hatte ich dieses Ding gemieden, wie das verbrannte Kind das Feuer scheut.

Wieso jetzt also?

War es nur, weil er wieder aufgetaucht war?

Wieder begann es in mir zu Kribbeln, mein Herz unkontrolliert zu holpern.

Ich hasste es normalerweise Schwach zu sein.

Aber hier, wenn ich alleine war, kam es mir nicht mehr all zu schlimm vor.

Niemand sah mich.

Ich wandte der Tür den Rücken zu, lehnte mich dagegen.

Ich spürte meinen stockenden Atem. Mein Körper zitterte wieder mal.

Dumpf schlug mein Hinterkopf gegen die Tür.

Ich kann das nicht!

Ich schüttelte wie benommen meinen Kopf, bemerkte die Tränen die meine Sicht verschwimmen ließen.

Nein, ich konnte das nicht wieder tun!

Ich musste endlich mal weiter gehen, nicht zurück blicken.

Es ging nicht.

Ich konnte nicht wieder Teil seiner Welt werden, nur weil er es jetzt so wollte.

Ich würde es beenden. Hier und jetzt.

Mein Herz schreckte auf, schlug hart, fast schmerzhaft gegen meinen Brustkorb, als wollte es mich dadurch wieder wachrütteln, vor einer Dummheit bewahren. Bewahren vor dem Entschluss, den ich so eben fasste und sich fest mit meinen Gedanken verstrickte.

Ich würde Edward nicht noch einmal in mein Leben lassen, ihn zu nahe an mich heran lassen.

Und ich würde ihm das jetzt gleich mitteilen.

Nicht mehr überlegen! Dafür hatte ich keinen Nerv mehr. Ich wollte nicht mehr, sonst würde ich noch den Verstand verlieren. Da war ich mir ganz sicher.
 

Schnell wirbelte ich herum.

Als ich am Wohnzimmer vorbei eilte, schoss Alice Kopf von einer Zeitschrift hoch. Jasper saß neben ihr, sah interessiert in den Fernseher, bevor er mich ansah.

„Wo willst du hin?“ Alice Stimme klang aufgeschreckt.

„Bin gleich wieder da!“, war das Einzige, was ich verlauten lies. Ich konnte noch Jaspers skeptischen Blick sehen, den er in Alice Richtung warf, bevor dieser aus meinem Sichtfeld verschwand.

Ich bemerkte nicht wie ich die Treppen hinunter eilte, kam erst wieder zu mir, als ich vor seiner Tür stand und die Klingel betätigt hatte. Meine Hand zitterte. Krampfhaft presste ich meinen Arm an meine Seite, um dies zu verbergen, als Edward die Tür öffnete.

„Bella!?“ Erstaunen lag in seiner Stimme. Erstaunen und ……Freude!?

Ich schluckte, da ich spürte, wie aufgrund dessen meine Kehle sich zuschnürte.

Ich wollte nicht mehr abrücken. Diese Sache hier war unumstößlich.

Es war das Beste!

Er begann zu lächeln, trat etwas zur Seite. „Komm rein.“

Ich wollte schon einen Schritt nach vorne gehen, seiner Bitte nachkommen, als ich inne hielt, kurz meinen Kopf schüttelte. „Nein danke. Ich hab dir nur etwas zu sagen.“, ich froh darüber, dass meine Stimme nicht zitterte.

Sein schönes Lächeln erstarb. Ernst musterte er mich nun.

Ahnte er bereits was kommen sollte?

Ich holte tief Luft, mit einem Mal fühlte sich meine Zunge schwer und taub an. Mein Herz dröhnte erbarmungslos laut in meinen Ohren, so dass ich das Gefühl hatte, dass alle Geräusche dumpf an mich heran traten. Das Rauschen meines Blutes kam mir unnatürlich laut vor.

„Edward, ich….“ Ich musste Schlucken, ein unerbittliches Kratzen hatte sich in meiner Kehle festgelegt. „Ich…….kann das nicht!“

Ich hatte es ausgesprochen.

Mein Herz blieb für einen Wimpernschlag stehen.

Edward war wie erstarrt, wirkte fast nicht lebendig.

Das Strahlen in seinen Augen war erloschen. Mattes Grün blickte auf mich hinab und doch schien er durch mich hin durch zu sehen, weshalb ich mich noch schlechter fühlte, als ich es jetzt schon tat.

„Es…..geht einfach nicht. Ich hoffe, du verstehst mich.“ Auch wenn meine Stimme nur noch ein Flüstern, war, sah ich, dass sie zu Edward durchgedrungen war. Sein angespannten Gesichtszüge verzog sich schmerzhaft.

Ein Stich ins Herz.

Ich unterdrückte ein Aufkeuchen. Warum setzte es mir so sehr zu?

Weil ich ihn liebte!

Und doch war es besser so.

Denn Edward hatte damals recht gehabt, wäre ich nicht gewesen, wäre dass alles nicht passiert.

Und ich wollte nicht, dass es wieder passierte. Sei es durch meine Tollpatschigkeit oder meine bloße Anwesenheit.

Und es war auch für mein Befinden besser. Er durfte nicht in meiner Nähe sein.

„Es tut mir leid!“, setzte ich noch wispernd hinzu, wandte mich dann so schnell wie möglich ab.

Ich konnte es nicht mehr ertragen ihn weiter anzusehen, zu spüren, wie sich mein Herz mit jeder Sekunden weiter schmerzhaft zusammen zog. Am liebsten wäre ich gerannt, doch ich unterdrückte diesen Drang krampfhaft.

Mit verschleiertem Blick stolperte ich wieder die Treppen zu unserer Wohnung hinauf. Alice kam mir entgegen geeilt. Entgeistert sah sie zu mir, bevor sich ihre Bewegung versteifte. Sie wusste also, wozu ich mich entschlossen hatte. Ich wollte weiter.

„Bella, warte.“ Ich sah, wie sie ihre Hand nach mir ausstrecken wollte. Ich wich zurück. Doch der Zwilling wollte einfach nicht locker lassen. Schnell trat sie wieder einen Schritt auf mich zu, als eine Hand sich auf Alice Schulter legte, diese leicht drückte.

„Nicht jetzt Alice.“

Es war Jaspers einfühlsame Stimme und ich war ihm unendlich dankbar, dass ich ohne weitere Verzögerung meinen Weg fortsetzen konnte.

Er nickte mir zu, was ich aber nicht erwidern konnte.

Mit jeder Stufe, die ich mich von Edward entfernte, wurde der Schmerz größer.

Es kam mir so vor, als wollte ich mich mit aller Kraft von etwas trennen, was jedoch nicht los lassen wollte.

Verzweifelt klammerte sich mein Herz daran, widersetzte sich mit all der Macht, die ihm zur Verfügung stand.

Dieses dämliche Organ.

Warum sah es nicht ein, dass es keine andere Möglichkeit gab?

Ich sackte auf meinem Bett zusammen, lehnte meine Stirn an das kühle Fensterglas.

Meine Augen starrten ziellos nach draußen.

Gerade schwirrte mir nur eine einzige Frage im Kopf herum.
 

Wenn es wirklich besser war, wieso tat es dann so weh?
 

Die nächsten Tage zogen nur so an mir vorbei. Hätte mich jemand danach gefragt, hätte ich nicht viel über meinen Tagesablauf sagen können. Es kam gut einem Trancezustand gleich. Alice ließ mich in Ruhe. Sie hatte mir nur kurz danach eine einzige Frage gestellt.
 

„Warum Bella? Wovor hast du solche Angst?“
 

Ich schwieg. Ich wusste, dass sie mich damit darum gebeten hatte mich ihr völlig zu öffnen. Ich hatte mir ihr über diese Sache gesprochen, ihr einiges offenbart, aber einen kleinen Teil bewahrte ich für mich. Tat es immer noch. Genau auf diesen Teil spielte meine beste Freundin mit dieser Frage an. Aber ich war nicht bereit gewesen zu antworten, hatte nur den Kopf geschüttelt.

Seit dem war nichts mehr erfolgt. Jasper musste ihr ins Gewissen geredet haben. Nu so konnte ich mir ihr Verhalten erklären. Selbst Angela sprach mich nicht auf meine Verfassung an.

Was mir mehr als Recht war.

Ich hatte derzeit mit anderen Dingen zu kämpfen, als mich mit einem kleinen trotzigen Zwerg zu beschäftigen, der wütend mit dem Fuß aufstapfte oder einer überaus sorgenden Freundin.

Da war zum einem der bittere Geschmack in meine Mund, der sich einfach nicht vertreiben ließ, egal wie oft ich mir am Tag die Zähne putzte.

Mein Herz, das sich einfach nicht beruhigen wollte. Nur noch durch Schmerzen in meiner Brust aufzeigte, dass es seinen Dienst noch nicht verwehr hatte.

Meine glasigen Sicht, die einfach nicht verging. Lebte ich seit neusten in einer Unterwasserwelt und hatte davon nichts mitbekommen?

Ich selbst musste aufgrund dieser idiotischen Überlegung kurz trocken auflachen.

Ich wusste am besten, dass es an dem Tränenschleier lag, der unentwegt über meinen Augen lag. Ich war machtlos irgendetwas dagegen zu unternehmen. Hatte auch gar nicht die Kraft dazu.

Den Blick in den Spiegel vermied ich so gut es ging.

Er zeigte mir nur, was ich schon längst wusste.

Auch wenn mich derzeit keine Träume heimsuchten – was ich mir selbst nicht so ganz erklären konnte, denn der Schneefall hatte bis jetzt nicht nachgelassen – so tat ich nachts trotzdem fast kein Auge zu.

Sobald sich meine Lider über meine Augen senken, sah ich ihn, seinen gequälten Gesichtsaudruck, seine dumpfen Augen. Den Schmerz der sich dort gespiegelt hatte, als ich unser Urteil gefällt hatte.

Genau das war es: Ein Urteil.

Mein Todesurteil.

So schlecht hatte ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Selbst nicht, wenn ich nach diesen plagenden Albträumen tränenverschmiert und schweißgebadet wach geworden war.

Mit gleich bleibender Intensität hallte der Schmerz durch meinen Körper, verwandelte sich langsam in Taubheit.

Aber es war mir egal! Alles war gleichgültig.

Kraftlos schüttelte ich meinen Kopf. So wollte und durfte ich nicht denken. Ich selbst war doch diejenige, die so entschieden hatte. Ich wollte weiter gehen.

„Zäh und kampflustig!“, murmelte ich, versuchte zugleich ein Lächeln zustande zu bringen, was mir aber völlig misslang.

Das Leben ging weiter.

Ja, natürlich, dachte ich sarkastisch für mich.
 

Das Leben geht weiter, weiter und immer weiter.
 

Inzwischen hatte ich mich wieder einigermaßen gefangen. Meine Treffen mit Edward beschränkte sich auf die, die wir nicht vermeiden konnten. Sprich während unserer Vorlesungen. Ansonsten herrschte völlige Funkstille. Es war fast wieder so, als gäbe es ihn nicht in meinem Leben. Fast!

Denn auch wenn er meine Worte sehr wohl vernommen hatte, rückte er von seiner Platz-Aufrück-Strategie nicht ab.

Mein Todesblick, den ich speziell für Edward ausgereift hatte, verlor von Tag zu Tag mehr seine Wirkung. Lag es vielleicht daran, dass ich es tunlichst vermied, ihm in die Augen zu sehen?

Es war zum Ausflippen.

Dachte er, ich wäre blöde? Ich würde nicht merken, dass er mit jeder Vorlesung, bei der wir den Raum wechselten, er mir näher und näher kam, sich Reihe für Reihe zu mir vor kämpfte? Das hatte ich schon am ersten Tag sehr wohl bemerkt.

Was zum Teufel noch mal kümmerte mich das überhaupt?

Hatte ich mir nicht geschworen, ihn aus meinem Leben endgültig zu streichen. Ihn zu ignorieren.

Ich hatte alle Gefühle, die nur die kleinste Verbindung mit Edward aufzeigten, in die hinterste Ecke meines Inneren verbannt, der zweite Teil meines Plans. So schwer es mir auch fiel. Doch es verringerte das Leid ungemein.

Bei meinem schlau durchdachten Plan gab es leider ein kleines Problem.

Edward Cullen!

Was bezweckte er damit?

Ich kniff meine Augen leicht zusammen und bemerkte nicht, dass ich immer noch vor mich hingrübelnd weiterhin seinen Rücken fixierte, der mittlerweile nur noch zwei Reihen von mir entfernt war.

Meine Grüblerei jedoch nahm ein jähes Ende, als Edward sich ohne Vorwarnung zu mir umdrehte.

Tiefes Braun traf auf strahlendes Grün.

Die Geräusche um mich herum verstummten umgehend.

Ich drohte zu versinken, verzweifelt versuchte ich mich noch wie ein Ertrinkender an der Oberfläche zu halten, doch es gelang mir nicht. Gegen diese Kraft kam ich nicht an, ich versank.

Ich war gefangen.

Meine Gedanken trieben davon.

Nur noch Edward zählte, nur er!

Ich war umgeben von einem Meer aus Emotionen. Ich konnte den gleichen Schmerz erkennen, den auch ich in meine Augen trug.

Nahm es ihn so sehr mit? Aber warum? Ich konnte ihm doch nicht so wichtig sein? Er hatte doch keinerlei Erinnerungen mehr an mich! Er hatte mich vergessen.

Ich spürte, wie sich sogleich mein schlechtes Gewissen in mir rührte.

War es vielleicht doch falsch?

Nein, darüber durfte ich nicht nachdenken.

Aber ich konnte mich auch nicht von seinen Augen lösen.

Ohne es selbst zu realisieren stützte ich mein Kinn auf meine Hand, legte mein Kopf schief und begann leicht schüchtern zu lächeln.

Der Schmerz, den ich erkannt hatte, schwand und ich sah, wie sich seine Mundwinkel sachte anhoben.

Mein Herz schwirrte, das Atmen hatte ich eingestellt.

Die Luft um uns herum begann zu knistern.

Ich kannte diese Augenblicke. Sie waren mir so vertraut.

In diesem Moment wurde ich in die Seite gestoßen. Ich schreckte auf, sah dann zu Angela, die nur eine kurze Kopfbewegung machte. Ziemlich viele Augenpaare waren auf uns gerichtet.

Peinlich berührt räusperte ich mich kurz, fixierte anschließend nur noch den Professor, lauschte dessen Worte.

Und zugleich hätte ich mich selbst Ohrfeigen können.
 

Erleichtert atmete ich tief ein, während ich neben Angela herlief. Für heute hatten wir alle Vorlesungen hinter uns gebracht. Und ich war dankbar dafür. Ernüchternd musste ich feststellen, dass ich heute nicht ein Wort, das an mein Ohr gedrungen war, wiedergeben konnte. Ich sah nur seine vor Schmerz verzehrten Augen vor mir, die sich während unseres mehrminütigen Blickkontakts geklärt hatten.

Ich diesem Moment hätte ich nichts liebe getan, als meine Arme um seinen Hals zu legen und ihm ein „Es tut mir leid!“ ins Ohr zu flüstern.

Es kam mir schlagartig so vor, dass ich die Böse war.

Was lächerlich war und dennoch fühlte ich mich so.

Ich verwendete das Geräusch, was sich in der letzten Zeit zu meiner liebsten Äußerung entwickelt hatte. Ich seufzte.

Aufgrund meiner geistigen Abwesenheit war mir völlig entgangen, wie mich Angela immer wieder mit verstohlenem Blick gemustert hatte, bevor ihr Räuspern zu mir durchdrang.

„Es tut mir leid Bella, wenn ich dass jetzt so direkt sage, aber dafür dass ihr euch oder besser du ihn nicht leiden kannst, führt ihr doch ziemlich intensiven Blickkontakt.“

Das hatte gesessen.

Angelas Worte waren zwar nicht gravierend aber dennoch ausreichend.

Mein schlechtes Gewissen hatte sich mit einem Schlag verdoppelt, wenn nicht sogar verdreifacht.

Und zugleich hatten sie mir die Sprache verschlagen. Was in Ordnung war. Ich hätte so wieso nicht gewusst, was ich ihr hätte antworten sollen. Sie wusste nicht, was zwischen mir und Edward vorgefallen war. Daher tat ich das Einzige, was mir in diesem Moment einfiel. Ich zuckte mit meinem Schultern. Eine Glanzleistung.

„Verstehe!“, war daraufhin Angelas einzige Bemerkung. Ein Punkt mehr, warum ich sie so gern hatte. Sie bohrte nicht nach, wie mach andere Leute. Und ich wusste, dass es von dieser Sorte genug gab.

Schweigend liefen wir nebeneinander her. Die Flure hatten sich zwischenzeitlich ziemlich geleert.

„Bella?“ Ich sah zur Seite und sah niemand.

Ein Kichern erklang, bevor Angela wieder meinen Namen nannte. „Du bist heute wirklich mit deinen Gedanken ganz wo anders.“, sprach sie immer noch lächelnd weiter.

Ich senkte beschämt meinen Blick, spürte, wie sich ein Hauch von Rot auf meine Wangen legte.

„Entschuldige!“, nuschelte ich schnell.
 

Angela lachte wieder leise auf, schüttelte dann ihren Kopf. Anhand ihres Gesichtes konnte ich erkennen, dass sie es nicht böse gemeint hatte.

„Ist schon in Ordnung. Ich wollte mich nur kurz verabschieden. Nicht dass du erst bemerkst, dass ich nicht mehr bei dir bin, wenn du auf der Straße stehst.“ Sie machte sich lustig über mich. Und ich hatte es verdient. Ich hatte ihr heute wirklich nicht all zu viel Beachtung geschenkt.

Sie zog mich in eine herzliche Umarmung, bevor sie auf dem Absatz kehrt machte und in entgegen gesetzter Richtung verschwand. Ich tat es ihr gleich, machte mich ebenfalls wieder auf den Weg.

Als ich durch die mächtigen Eingangtüren der Universität lief, fegte mir ein eisiger Wind entgegen, der mich erzittern ließ. Für Sekunden war meine Sicht von unzählig kleinen Schneeflocken versperrt.

Na super. Das Wetter hatte sich ebenfalls gegen mich verschworen. Der Schneefall war noch stärker geworden. Häuser, die sich auf dem Unigelände befanden, waren nur noch schemenhaft zu erkennen, andere nur noch zu erahnen.

Der Rückweg würde mir reine Freude bescheren.

Ich zog meine Schultern etwas höher, verschanzte mein Gesicht so gut es ging in meine Schal, zupfte meine Mütze noch tiefer.

Ein leises Räuspern, durchtränkt mit einem leisen Kichern, ließ meinen Blick zur Seite wandern, nahm die Umrisse einer Gestalt wahr.

Erst hielt ich es für eine Erscheinung. Eine wunderschöne Erscheinung. Die Schmerzen in meiner Brust endeten schlagartig.

Desto näher sie kam, desto klarer wurde die Gestalt.

„Bella!“

Sie war real, kannte meinen Namen.

„Bella?!“

Ich musste mehrmals blinzeln, bevor sich bemerkte, dass es Edward war, der vor mir stand. Unsicher sah er zu mir hinab. Ich war zu gebannt, um entsprechend – und wie er es vermutlich erwartete - zu reagieren.

„Edward?“, hauchte ich.

Einen kurzen Moment wirkte er verwirrt, bevor er sich wieder fasste und schnell weiter sprach. „Alice hat mich angerufen. Sie hat gemeint ich soll dich besser nach Hause begleiten. Sie macht sich Sorgen, dass du bei diesem Schneesturm nicht heil zu ihr zurückkommst.“

Ich schnaubte, verschränkte meine Arme. Was bildete sich dieser kleine Zwerg eigentlich ein? Hatte sie jetzt etwa die Mutterrolle für mich übernommen? Was stand als nächstes an, meine Adoption! Ich war sehr wohl im Stande den kurzen Fußweg zu unserer Wohnung alleine zurück zu legen. Ich hatte ganze zehn Tage ohne sie überlebt!

„Natürlich nur, wenn es für dich ok ist?“, fügte Edward schnell und doch sehr vorsichtig hinzu, als er meine abwehrende Haltung registriert hatte, sah dann wieder zu Boden. Ich konnte ihm ansehen, dass er sich ganz und gar nicht wohl fühlte.

Und schon wieder spürte ich mein schlechtes Gewissen. Schnell sah ich von ihm ab, beobachtete eine Schneeflocke, die zu Boden schwebte, bevor ich wieder zu Edward aufsah.

Was sollte ich bloß tun?

Ich biss mir auf die Lippen, blickte von unten heraus zu ihm auf, um unsicheren grünen Augen zu begegnen.

Schweigend standen wir uns gegenüber, sahen uns an, unsere Blicke ineinander verhackt.

Ich bemerkte nicht mehr den kalten Wind, der um uns herum strich. Nicht mehr die Schneeflocken, die meine gerötete Wange berührten.

Es war, als wäre ich in eine andere Welt eingetaucht in der die Zeit still stand.

Was geschah hier?

„Darf ich mal.“, ertönte es äußerst ruppig.

Edward und ich schraken gleichzeitig auf, rissen unseren Kopf zur Seite. Ein Mann mittleren Alters musterte uns kurz mit abschätzigem Blick, bevor er sich an uns vorbei zwängte.

Perplex starrte ich ihm hinterher, musste erst einmal wieder meine Gedanken ordnen. Es war schon wieder passiert. Die Vertrautheit dieses Moments umgab mich noch immer.

„Wollen wir dann?“

Ich musste einen kurzen Augenblick überlegen, was Edward damit meinte, bis ich mich an Alice Anruf erinnerte.

„Gut!“, stammelte ich mit einigermaßen fester Stimme, wandte mich dann zum gehen. Erst in diesem Moment registrierte mein Hirn, was ich gesagt hatte. Die Verwirrtheit brach wieder aus.

Edward war direkt neben mir, wenn er auch einen gewissen Abstand zu mir einhielt. Schweigend verließen wir das Unigelände, tasteten uns vorsichtig über den verschneiten Bürgersteig voran.

Ich hätte vor Kälte zittern müssen, aber genau das Gegenteil war der Fall. Ich hatte das Gefühl zu verglühen. Ich packte an meine Schal, lockerte den Stoff an meine Hals, um etwas kühle Luft abzubekommen. Am liebsten hätte ich meine Jacke ausgezogen, was aber wahrscheinlich keine gute Idee gewesen wäre.

Starr heftete ich meinen Blick auf den Boden, tat so, als würde ich mich voll und ganz auf meine Schritte konzentrieren. Was zum Teil auch wirklich so war.

Wie war ich wieder in diese Situation geraten?

Warum hatte ich nicht einfach nein sagen können?

Nein, war doch wirklich kein schweres Wort.

Ich hatte es einfach nicht über mich gebracht. Aber warum nur? Ich wusste doch, was ich mir damit antat. Ich hatte eine Entscheidung getroffen. Entscheidungen waren dazu da, dass man sie befolgte. Wieso also konnte ich mich nicht daran halten? Was war daran so schwer?

Nur durch das Knirschen des Schnees wusste ich, dass Edward immer noch neben mir her lief. Sonst kam von ihm kein Laut.

Dann, plötzlich und ohne damit gerechnet zu haben, erklang seine zögernde Stimme.

„Bella?“

Sofort blieb ich stehen, wandte mich in seine Richtung, hob meinen Kopf an.

„Bella…..ich…….“ er stoppte, sein Blick wurde intensiver.

Er sah so verdammt gut aus, schoss es mir durch den Kopf, was mir prompt die Röte ins Gesicht trieb.

Edward schluckte, suchte allen Anschein nach, nach den richtigen Worten. Aber Worte wofür?

Er war befangen, dass konnte ich an seiner Körperhaltung ablesen. Er rang mit sich selbst. Aber warum?

Sein Brustkorb hob sich an, als er tief einatmete und er wieder begann zu sprechen. „Bella……ich……..“ Edward trat einen Schritt näher.

Mein Herzschlag beschleunigte sich.

„Ich……es tut mir leid.“

Verwundert hob ich meine Augenbrauen an. Meine Frage stand mir ins Gesicht geschrieben. „Ich……es geht um damals. Ich…….ich war damals nicht fair zu dir gewesen.“

Mein Herzschlag der sich verdoppelt hatte, pulsierte bis in meine Fingerspitzen.

„Und….ich möchte dich bitten…..mir noch eine Chance zu geben.“

Ich begann zu zittern.

Hatte ich mich auch nicht verhört?

Edwards Augen ruhten immer noch auf mir, während er wenige Sekunden schwieg, um meine Reaktion abzuwarten. Ich konnte nicht reagieren. Was Edward anscheinend bemerkte. Nervös strich er sich durch sein bronzefarbenes nasses Haar, bevor er mich angespannt anlächelte.

„Bella…..ich weiß, dass ich mich damals nach dem Unfall ziemlich verändert habe. Nicht zum positiven.“ Sein Lächeln erstarb. Es schien ihn selbst zu quälen.

„Und nach einer gewissen Zeit verlor jeder die Geduld mit mir. Selbst mein Vater, der noch nie die Stimme mir gegenüber erhoben hatte. Einfach jeder.“

Ich konnte nur stumm nicken. Ich hatte es einige Zeit selbst miterlebt.

„Fast jeder, nur du nicht.“, seine Stimme nur ein leises Flüstern, bevor sie wieder lauter wurde. „Egal was ich tat, wie ich mich verhielt. Immer begegnetest du mir mit deinen großen verständnisvollen Augen. Mir wurde gesagt, dass du meine beste Freundin bist. Und ich wusste, dass da was zwischen uns war, aber ich konnte es einfach nicht greifen.“

Ich presste bei diesen Worten fest meine Lippen aufeinander, kämpfte jetzt schon gegen die Tränen an, die mir die Sicht verschleiern wollten, während Edward weiter sprach.

„Und doch fehlte mir jegliche Erinnerungen an dich. Ich wusste nicht, wie ich damit klar kommen sollte. Es war so frustrierend!“, stieß er hervor. „Ich begann immer mehr Mist zu bauen. Und dann…….dann kam der Tag, an dem du mit mir Klartext reden wolltest.“

Ich versteifte mich, hoffte, dass er es nicht bemerkte. Aber er tat es. Ich sah, wie er seine Hand anhob, bevor diese mitten in der Luft inne hielt, er sie dann zurückzog. Was hatte er vorgehabt?

Doch zu weiteren Überlegungen kam ich nicht. Edward sprach jetzt mit sanfter Stimme weiter. „Und ich muss sagen, in diesem Moment hab ich mich darüber gefreut.“ Er schmunzelte, als er meinen erstaunten Gesichtsaudruck wahrnahm. „Ich kann es auch nicht erklären, aber es war so. Doch dann……..“ Sein durchdringender Blick schweifte über mich, bereitete mir ein angenehmes Kribbeln. „….sagtest du diesen Satz.“

Was für einen Satz?

Kaum hatte ich mir diese Frage gestellt, wusste ich instinktiv, welchen er meinte. „Ich möchte dir doch helfen.“, flüsterte ich in die Stille.

Erneut seufzte er schwer auf. „In diesem Moment ist bei mir eine Sicherung durchgebrannt. Jeder wollte mir helfen, dabei konnte ich mir noch nicht einmal selbst helfen. Die Dinge, die ich danach zu dir..“, er stoppte, als er sah, dass ich zurück gezuckt war.

„Es tut mir leid!“, murmelte er mit belegter Stimme.

„Nein…“, ich schluckte, schüttelte leicht meinen Kopf. „Nein, es….es ist alles in Ordnung.“ Ich versuchte ein zaghaftes Lächeln zu Stande zu bringen, was zu funktionieren schien, denn Edward entspannte sich ein klein wenig. Auch wenn ich selbst wusste, dass meine gerade getroffene Aussage mehr als lächerlich war. Aber auch wenn ich litt, konnte ich es noch weniger ertragen, wenn er es tat.

„Ich hab so viel Mist in der Vergangenheit gebaut Bella. Ziemlich großen Mist. Und glaub mir ich bin nicht gerade stolz darauf.“ Missmutig verzog er seinen Mund.

Ich verstand nicht, was er damit meinte. Aber ich wollte ihn jetzt nicht unterbrechen in dem ich danach fragte.

„Ich hab es zu diesem Zeitpunkt nur nicht verstanden. Erst viel später hatte ich, wie Carlisle immer meint “meine Erleuchtung“.“ Er lächelte schwach.

Ich stand einfach nur da, lauschte gebannt seinen Worten. Wie lange wir hier jetzt schon standen wusste ich nicht. Es war mir auch egal.

Jedes einzelne Wort, was Edward von sich gab, war wie Balsam für meine Seele.

Ich konnte es nicht richtig beschreiben. Aber es tat mir gut, drängte die Angst zurück.

„Durch meine eigene Dummheit habe ich es geschafft einen der wichtigsten Menschen in meinem Leben mit Bravur zu vergraulen.“

Ich hielt den Atem an.

Meinte er etwa mich damit?

„Eine wahre Glanzleistung.“, fügte er verbittert hinzu.

Meine Augen weiteten sich leicht. Erneuter Schmerz spiegelte sich in den seinen, was mir fast das Herz zerriss. Seine Worte hingegen meine Herzschläge ins unermessliche steigerten.

War das noch die Realität? Inzwischen bezweifelte ich es schwer. Das musste alles nur ein Traum sein. Nichts anderes.

So hatte ich Edward noch nie gesehen, kannte ich ihn nicht.

Edward hob wieder seine Hand, vorsichtig näherte sich dieser der meinen. Selbst durch den dicken Stoff meiner Handschuhe spürte ich die Wärme, die er ausstrahlte, das Kribbeln, das meinen Handrücken hinauf schoss, als er meine Finger umschlang.

„Ich weiß, ich kann nichts von dem ungeschehen machen. Aber ich möchte wenigstens versuchen, es wieder gut zu machen. Daher bitte ich dich Bella. Gib mir eine Chance!“, flüsterte er. Ein Flehen lag in seiner Stimme, die mir den Rest gab.

So schnell ich konnte, senkte ich meinen Blick, kniff meine Augen zusammen.

Schwindel überkam mich. Ich nahm einen tiefen Atemzug, worauf hin sich meine Lungen schmerzhaft zusammen zogen.

Mein laut pochender Herzschlag musste bis zu ihm hörbar sein, übertönte die Stimme meines Verstandes, die mich immer noch zur Vernunft rufen wollte, mich an meine Entscheidung erinnerte.

„Bella?“

„Ich……!“ zu mehr war ich einfach nicht fähig.

„Bella, sieh mich bitte an!“

Seine Stimme klang so lieblich in meinen Ohren.

Und so gern ich seiner Bitte nachkommen wollte, ich konnte es nicht. Mein Körper reagierte nicht.

Ich bemerkte, wie er seine freie Hand anhob, während die andere immer noch die meine umschlungen hielt.

Was hatte er nun wieder vor?

Die Sekunden vergingen wie Minuten. Ich spürte, wie ich ungeduldig wurde. Meine Augen folgten jeder Bewegung.

Und völlig unbewusst hob ich jetzt doch etwas mein Gesicht an, kam seiner Hand damit entgegen. Ich verzehrte mich förmlich nach dieser Berührung, die ich erhoffte und so gleich fürchtete.

Ich spürte, wie sich seine schlanken Finger zärtlich um mein Kinn legten, er mich mit sanfter Gewalt dazu brachten, ihn wieder anzusehen.

Mein Atem stockte und mein Verstand verabschiedete sich endgültig, als ich in seine Augen sah, die mir warm entgegen leuchtenden.

In diesem Augenblick wusste ich, dass mein Herz den Kampf gewonnen hatte, endgültig.

Eine unbeschreibliche Wärme durchflutete schlagartig meinen Körper, bitzelte auf meiner Haut.

Ich blinzelte mehrmals, ohne meinen Blick von Edwards bildschönem Gesicht abzuwenden.

Ich spürte wie meine Knie weich wurden.

Ich wusste es wieder!

Ich kannte diese Augenblicke zwischen uns!

Sie waren wieder da!

Die magischen Momente!

Das Einzige, was ich noch tun konnte, war atemlos zu nicken.

Sein von mir so heiß geliebtes schiefes Lächeln strahlte mir hierauf entgegen.
 

***
 

So, jetzt bin ich wieder auf eure Meinung dazu gespannt. Ich warte gespannt. ^^
 

Liebe Grüße

Pei-Pei

Los lassen um dich neu kennen zu lernen

Hi zusammen!

Ohne Umschweife könnt ihr euch gleich an das neue Kapitel machen.

Vorher aber zuerst noch ein ganz liebes Dankeschön für eure Kommentare. Ich freu mich immer wieder aufs Neue riesig darüber. ^^
 

Los lassen, um dich neu kennen zu lernen.
 

Es war gerade mal vier Uhr morgens und ich konnte kein Auge mehr zumachen.

Mit angewinkelten Beinen saß ich auf meinem Bett. Die Fingerkuppen meiner rechten Hand ruhten auf dem kalten Glas meines Fensters, während meine Augen den Tanz der Schneeflocken verfolgten, der von der Straßenlaterne erhellt wurde.

Ich wunderte mich über mich selbst.

Vor kurzer Zeit hatte ich in Panik bei dem Anblick, der sich mir gerade wieder dort draußen bot, die Flucht ergriffen, jeglichen noch so kleinen Blick aus dem Fenster gemieden.

Und jetzt saß ich hier seelenruhig und schaute dem weißen Treiben, ohne jegliche negative Gedanken zu. Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, hatte dieses Bild etwas sehr friedliches an sich.

Ich konnte immer noch nicht glauben, was vor wenigen Stunden geschehen war.

Ich sah Edward und mich, wie wir uns dort im Schnee gegenüber gestanden hatten. Ich sah wieder seine Augen vor mir. Diesen wunderschönen tiefgrünen Augen.

So oft war ich in den vergangenen Tagen bereits darin versunken. Doch war ich nie auf die Idee gekommen in diesen unendlichen Tiefen nach meiner Antwort zu suchen.

Aber ich hatte sie gefunden. Dort, fast unscheinbar und doch für mich von bedeutender Wichtigkeit. Es war nicht das, was ich früher einst in seinen Augen gesehen hatte und doch zog mich dieses Leuchten genauso in seinen Bann, wie es einst der Fall war.
 

Sollte das wirklich alles nur wegen Edward sein? Weil er wieder hier war? Bei mir!?

Seine Worte kamen mir wieder in den Sinn.
 

- „Ich weiß, ich kann nichts von dem ungeschehen machen. Aber ich möchte wenigstens versuchen, es wieder gut zu machen. Daher bitte ich dich Bella. Gib mir eine Chance!“ -
 

Augenblicklich überzog eine Gänsehaut meinen Körper. Ich hatte mich tatsächlich gegen meinen Verstand entschieden auf mein Herz gehört.

Ich hatte Edward die Chance, um die er mich gebeten hatte, gewährt.

Ich fühlte mich erstaunlich leicht. Die Last, die sich seit meiner ersten Entscheidung, auf meine Schulter gelegt hatte, war verschwunden. Trotzdem wusste ich immer noch nicht, was ich von all dem halten sollte.

Mein Verstand hatte erst wieder seine Arbeit aufgenommen, als ich mich von Edward verabschiedet hatte. Zuvor dachte ich wirklich die ganze Zeit, dass ich mich in einem Traum befand, den ich mir zusammen gesponnen hatte. Aber so wie es aussah, war es real gewesen.

Ich seufzte auf, bettete meine Stirn ans Fenster, während ich meine Augen schloss.

Ich dachte wieder an den Moment in dem Edward vor mir stand, mir tief in die Augen sah –sofort war das Kribbeln wieder da. „Unsere magischen Momente!“, hauchte ich.
 

- „Bella, du erinnerst dich doch nur noch an Edward, wie er nach dem Unfall war. Aber du weist, dass er auch früher ganz anders gewesen ist. -
 

Das waren Alices Worte.

Und genau diese Worte waren das Problem. Der springende Punkt so zu sagen. Denn ich wusste, dass Alice Aussage nicht der Wahrheit entsprach. Ich sah nicht den neuen Edward in ihm. Ich sah den Edward in ihm, den ich gekannt hatte, meinen besten Freund. Den Edward, in den ich mich verliebt hatte, den ich immer noch liebte.

Und genau aus diesem Grund fragte ich mich jetzt: War es richtig gewesen, seiner Bitte nachzukommen?

Ich warf mir durch mein Spiegelbild im Glas selbst einen finsteren und zugleich skeptischen Blick zu.

Genau dieser Aspekt war auch einer der ausschlaggebenden Punkte.

Es war purer Egoismus.

Ich sehnte mich nach dem alten Edward.

Wie konnte ich nur so erbärmlich sein!

Es ging nicht nur um die Dinge, die er zu mir gesagt hatte, um seine Veränderung, um den Schmerz, den er mir dadurch bereite hatte.

Nein. Ich hatte auch erkannt, dass ich selbst nachdem ich wusste, dass er keine Erinnerungen an mich hatte, immer noch krampfhaft versuchte den alten Edward in ihn zu sehen. Ich hatte damals jede kleinste Bewegung von ihm analysiert, aus Angst ich könnte irgendetwas übersehen, dass ein Hinweis darauf sein könnte, dass er zu mir zurückgekommen war.

Aber war das eine Basis auf der man eine neue Freundschaft aufbauen konnte? Ich war mir überhaupt nicht sicher. Zweifelte ehrlich daran.

Es war einfach nicht fair, oder?! So war zumindest meine Meinung.

Für Edward war dies weniger problematisch, als für mich. Er wusste nichts mehr über mich, konnte meine Bewegungen und Gesichtszüge nicht so deuten, wie ich es bei ihm konnte. Denn auch wenn er sich verändert hatte, so war dies gleich geblieben.

Er konnte mich völlig neu kennen lernen.

Ich dagegen hatte bereits ein festes Bild von ihm im Kopf, das sich selbst nach all dieser Zeit nicht verändert hatte. Ich war sozusagen voreingenommen

Und jetzt sollte ich es löschen, um ein neues Bild entstehen zu lassen. Ich bemerkte selbst, wie ich mich bei diesem Gedanken versteifte.

Auch wenn ich ihn all die Jahre verbannt hatte, nicht von ihm sehen noch hören wollte, war es doch beruhigend zu wissen, dass er immer noch in meiner Vorstellung existierte. Mein Edward.
 

- „Gib mir eine Chance!“-
 

Ich hatte zugesagt.

Ich atmete zittrig aus.

Eine wirkliche Chance.

Ich fühlte, wie sich die Kühle langsam auf meiner Stirn ausbreitete.

Um ihm diese wirklich zu geben….

Ich zögerte, diesen Gedanken weiter auszuführen.
 

- „Daher bitte ich dich Bella“ -
 

Er hatte es wirklich ernst gemeint. Das wusste ich.

Aber um ihn diese Chance wirklich und aus tiefsten Herzen zu geben, müsste ich dafür meinen Edward, der in mir lebte, los lassen!

Nur so würde diese Freundschaft eine Chance bekommen.

Ich schluchzte auf, während ich die Tränen spürte, die sich hinter meinen geschlossenen Augen ansammelten.

All die Erinnerungen, die ich mit ihm erlebt hatte, ich wie ein Schatz hütete, wichen an meinem inneren Auge vorbei.

Meine Hände, die ich zwischenzeitlich ineinander verschlungen hatte, zitterten, als ich diese an meine Brust presste.

Die erste Träne löste sich, rollte meine Wange hinab.

Angst keimte wieder in mir auf. Was ist, wenn es falsch ist? Wenn ich wieder den gleichen Schmerz erlitt, vielleicht noch schlimmer?

Ich wusste, dass es eine reine Schutzreaktion war.

Es war nicht leicht, etwas zu entsagen, was einen bereits sein gesamtes Leben begleitete.

Dieses Bild von ihm war mir so viel wichtiger als alles andere!

Ich kniff meine Augen fester zusammen, woraufhin sich weitere Tränen lösten, auf mein Bett perlten.

Ich sah ihn. Seine vor Schalk blitzenden Augen, sein liebevolles schiefes Lächeln, seine feinen Gesichtszüge.

Mein wilder Herzschlag beruhigte sich etwas.

„Ich habe beschlossen endlich weiter zu gehen, nicht zurück zu blicken.“, flüsterte ich zu mir selbst. Auch wenn der Grund sich nun geändert hatte, mein Entschluss diesbezüglich war gleich geblieben.

Meine Lider waren immer noch geschlossen.

Ich sah immer noch ihn, seine Augen, die jetzt irgendwie erwartungsvoll wirkten.

„Kannst du das verstehen?!“

Gott, es war so was von idiotisch. Dieser Edward war nur in meiner eigenen Vorstellungskraft vorhanden. Und doch konnte ich einfach nicht anders. Ich sprach mit ihm, musste mich erklären.

„Und aus diesem Grund……….. gibt es keinen anderen Weg. Ich…… .muss loslassen…..“ Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen, dämpfte damit mein Schluchzen.

Meine Schultern bebten. Krampfhaft hielt ich meine Augen geschlossen. Ich musste das jetzt hinter mich bringen.

„Ich hab es dir versprochen. Und deshalb…….Ich will dich neu kennen lernen.“

Noch einmal strahlten mir seine wunderschönen grünen Augen mit ungeheurer Wärme entgegen. Eine Gänsehaut überkam mich. Ich bemerkte nicht, wie ich drohte mich dieser Halluzination hinzugeben, als das Bild langsam begann zu verschwimmen.

Ich versteifte mich noch mehr, meine Atemzüge wurden rasselnd.

Wollte ich das wirklich?

Die Angst packte jetzt gänzlich nach mir. Heidenangst.

Er war Teil meiner Vergangenheit.

Was würde ich empfinden, wenn er nicht mehr da war?

Abrupt wurde ich in meine Gedanken unterbrochen.

„Sei glücklich“, flüsterte seine Samtstimme mir zu.

Dann war das Bild verschwunden, davon getrieben, wie ein Blatt im Fluss.

Ich atmete tief aus, lauschte aus einem mir unerfindlichen Grund.

Mein Herzschlag war fast normal. Nur noch einzelne Tränen bahnten sich ihren Weg über meine bereits gerötete Wange.

Mein Blick schweifte über mein Spiegelbild wieder hinaus.

Nach all der Zeit hatte ich geschafft, wogegen ich mich – wenn auch unbewusst – immer gewehrt hatte.

Meine Erinnerungen waren noch dieselben, doch das Bild von ihm war verschwunden.

Ich hatte los gelassen.

Los gelassen, wegen ihm. Wegen Edward.

Ich senkte meinen Kopf auf meine verschränkten Arme, die auf der Fensterbank lagen.

Es war nicht mehr da und doch war ich vollkommen ruhig.
 

- „Ich weiß, ich kann nichts von dem ungeschehen machen. Aber ich möchte wenigstens versuchen, es wieder gut zu machen.“ -
 

Ich hoffe so sehr, dass er es schaffen würde. Das war mein letzter Gedanken, bevor ich doch wieder in den Schlaf glitt.
 

Aufgrund meines schmerzenden Nackens begann ich zu blinzeln, hob meinen Kopf an, um dann ein leichtes Seufzen von mir zu geben. Anscheinend fand ich langsam gefallen daran, in außergewöhnlichen Positionen zu schlafen. Vorsichtig legte ich meine Hand in den Nacken bewegte meinen Kopf langsam von links nach rechts. Eindeutig verspannt. Da würde erst eine warme Dusche Abhilfe schaffen. Ächzend richtete ich mich von meine Bett auf, schlappste noch leicht Schlaftrunken in Richtung Bad. In diesem Moment war ich ungemein froh darüber, dass meine Vorlesungen erst am Mittag beginnen würden.
 

Erst nachdem ich das Bad verlassen hatte, fiel mir auf, wie ruhig es in der Wohnung war.

Wo war Alice?

Normalerweise war sie immer die Erste, die hier froh gelaunt nach dem Motto “Der früher Vogel fängt den Wurm“ herum sprang. Ich war da eher der Verfechter des Mottos “Der früher Vogel kann mich mal“. Wachsam lugte ich ins Wohnzimmer, lies meinen Blick weiter zur Küche schweifen. Nichts. Kein gurgelndes Geräusch der Kaffeemaschine, keine vor sich hin pfeifende Alice.

Mhm……hatte ich irgendetwas nicht mitbekommen?

Ich musste ehrlich zugeben, dass ich die letzten Tage doch ziemlich abgelenkt gewesen war. Und Alice mich aus diesem Grund auch in Ruhe gelassen hatte. Aber wenn sie bei Jasper übernachtet hätte, hätte sie auf jeden Fall bescheid gegeben. Mir zumindest einen Zettel hingelegt, wenn nicht sogar noch die Nummer des Notrufs. Sie übertrieb meistens schamlos. Ich tat dies inzwischen mit einem Kopfschütteln ab. Aber ich wusste immer, wo meine beste Freundin war. Genauso war es umgekehrt.

Ich ließ meinen Blick noch mal über den Flur schweifen, bemerkte dann ein paar Schuhe, die sicher nicht Alice gehört und ganz sicher nicht mir.

Aber der Groschen fiel.

Jasper war hier. Jetzt bemerkte ich auch die Tasche, die ebenfalls dort stand.

Eindeutig Jasper.

Ok, damit war Alice Abwesenheit geklärt. Wenn Jasper bei ihr schlief, mutierte die Frühaufsteherin zu einer Langschläferin. Eine erstaunliche Wandlung. Jasper hatte hierfür auch ziemlich lange gebraucht, um Alice so weit zu bekommen.

Wie hatte er einmal zu mir gemeint. „Geduld ist der Schlüssel!“

Ich musste zugeben, dass ich ihn für diese Ausdauer wirklich bewunderte. wusste ich nur all zu gut, dass Alice zu einer kleiner Sadistin werden konnte, wenn man nicht zumindest bei Drei senkrecht im Bett saß. Ich hätte wahrscheinlich nach ein paar Wochen – ach was sag ich da – spätestens fünf Tagen die Flinte ins Korn geworfen, oder Alice einfach mit einem Kopfkissen erstickt.

Ich schnappte mir meine Tasse Tee, die ich mir zwischenzeitlich zubereitete hatte und mummelte mich mit einer Decke auf der Couch ein, genoss einfach die morgendliche Stille, die um mich herum herrschte.

Ich seufzte zufrieden auf, nippte an meinem Tee und schloss die Augen. Doch von Stille konnte eigentlich keine Rede sein, denn in diesem Moment nahm ich die Klavierklänge wahr, die leise und sanft an mein Ohr drangen. (http://de.youtube.com/watch?v=Yk2fnz0GJ7k)

Ich erkannte die Musik.

Claire de lune.

Eins meiner Lieblingsstücke.

Ich ließ mich weiter nach hinten sinken, kuschelte mit noch mehr in die flauschige Decke und begann völlig entspannt zu lauschen. Es war unmöglich, sich von der vertrauten, besänftigenden Melodie nicht gefangen nehmen zu lassen.

Ich wusste, dass es Edward war, der da spielte.

Ich konnte ihn förmlich vor mir sehen. Wie er dasaß, mit ebenfalls geschlossenen Augen, vollkommen versunken. Seine schlanken Finger glitten elegant über die Tasten, die diesen diese wunderschöne Melodie entlockten. Er besaß schon immer eine ungemeine musikalische Begabung, für die ich ihn wirklich beneidete.

Wenn ich so zurück dachte….wie oft hatte ich dieses Stück gehört, wenn er es in Forks auf dem Flügel gespielt hatte.

Ich hatte es immer geliebt, versank dann immer in eine andere Welt. Wenn ich dann noch neben ihm auf dem Hocker gesessen hatte, war alles perfekt gewesen. Und ich war dem nie überdrüssig geworden. Jedes Mal von neuen lauschte ich, als wäre es das erste Mal, dass ich ihn spielen hörte.

Dann kehrte Stille ein. Stille, in der ich mich nicht wohl fühlte. Doch zu meinem eigenen Erstaunen hielt die Stille nicht lange an. Fast nahtlos erklang eine neue, mir jedoch völlig fremde Melodie. (http://de.youtube.com/watch?v=9hleO9eT0K0)

Süßlich und zugleich schwermütig berührte jeder einzelne Ton meine Seele und mein Herz, weshalb dieses umgehend schneller schlug.

Ich ließ mich fallen, konzentrierte mich nur noch auf diese Melodie. Eine angenehme Wärme bereite sich in mir aus, vertrieb sogleich alle dunklen Gedanken. Alles um mich herum war vergessen. Ich war wie verzaubert. So etwas Wunderschönes hatte ich noch nie zuvor gehört. Es kam mir so vor, als würde es ausdrücken, was ich in meinem Inneren empfand. Als wäre es für mich geschrieben worden.

Was für ein absurder Gedanke. Immer noch leicht benommen, schüttelte ich den Kopf, als die letzte Note ausklang.

Ich wartete gespannt und zugleich sehnsüchtig. Doch dieses Mal blieb es still.

Enttäuscht seufzte ich auf, als ich hörte, wie sich die Haustür öffnete und ein mehr als schräges Pfeifen durch den Flur hallte.

Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Die musikalische Begabung lag eindeutig nicht in der Familie Cullen. Edward war der Einzige der mit diesem Talent gesegnet worden war.

Und ich hoffte, dass Emmett niemals auf die Idee kam, seinem kleinen Bruder in dieser Sache nacheifern zu wollen. Das arme Musikinstrument tat mir jetzt schon leid.

Dieser Gedanke brachte mich dazu, in mich hinein zu lachen. Nein, da brauchte ich mir bei Emmett keine großen Gedanken zu machen. Der Grizzly mied Musikinstrumente genauso sehr, wie seine kleine Schwester unauffällig Kleidung mied.

„Guten Morgen, Kleines.“, und sogleich kam besagte Person herein geschlendert. Breit grinsend hielt er eine Tüte hoch, die einen mehr als appetitlichen Geruch verströmte. „Hier ist ihr höchst persönlicher Brötchenlieferservice.“

„Guten Morgen. Dich hätte ich vor ein paar Tagen bitter nötig gehabt!“, nuschelte ich, schnupperte zugleich genüsslich.

Emmetts Blick sagte aus, dass er mit diesem Satz ganz und gar nichts anfangen konnte. Ich winkte ab, schlug die Decke zurück und lief auf meinen Großen zu.

Ich war gerade dabei an Emmett vorbei in Richtung Küchenzeile zu schlendern, als er mich stoppte. Seine Hände legten sich behutsam auf meine Schultern, so dass er mich zu sich drehen konnte.

„Schau mich bitte mal an Bella.“ Kaum, dass er seine Hände zurückzog, umrahmten seine mächtigen Pranken, wie ich sie ab und an betitelte, bereits mein Gesicht.

Verwirrt sah ich zu ihm auf.

Sein Gesichtsausdruck war ernst. Forschend ruhten seine Augen auf mir, fast so, als würde er in einem Buch versuchen, zwischen den Zeilen zu lesen.

„Emmett?“

Doch ich bekam zunächst keine Antwort. Mit einem zufriedenen Ausdruck und einem Nicken ließ er von mir ab, ging auf den Kühlschrank zu, legte zuvor noch die Tüte ab. „Und jetzt erzählst du mir, was zwischen euch vorgefallen ist!“

Jetzt völlig irritiert hob ich meine Augenbraue an. Spielte er auf Edward und mich an? Wusste er bereits davon?

„Deine Augen haben dich verraten!“, war seine Begründung.

Toll, jetzt war ich genauso schlau wie zuvor. Was bitten schön, war das denn für eine Aussage? Aber ich konzentrierte mich wieder auf das wesentliche, strich mir einige Strähnen zurück, bevor ich mich auf einen der Barhocker gleiten ließ.

„Edward und ich haben geredet!“, begann ich einfach. Nun ja, genau genommen hatte er geredet und ich letztendlich genickt. Aber das war ja jetzt eher nebensächlich.

„Er hat mir einige Dinge erklärt und mich….mich darum gebeten, ihm eine Chance zu geben.“ Ein leichtes Lächeln bildete sich wieder auf meinen Lippen. Ich stützte meinen Kopf in meine Hand.

„Und?“, wollte Emmett sofort wissen, obwohl mich mir sicher war, dass er die Antwort schon wusste.

„Ich habe zugestimmt.“ Umgehend färbten sich meinen Wangen leicht rosa.

Warum passierte dass denn jetzt? Ich wartete schon auf ein dummes Kommentar von Emmetts Seite, doch nichts der gleichen.

Er lehnte an der Küchenzeile, seine Arme waren verschränkt. „Das ist gut!“

Liebevoll lächelte er mir entgegen. „Wirklich gut.“

„Ich hoffe es!“, sprach ich bedacht.

„Er wird dir nicht wehtun, Bella. Das weiß ich. Und wenn doch, dann wird er wieder meine Faust zu spüren bekommen.“, sprudelte es ohne Umschweife aus ihm heraus.

„Danke Emmett. Ich weiß das wirklich zu schätzen!“

„Um ehrlich zu sein Bella, muss ich dir danken.“

Verdutzt betrachtete ich mein Gegenüber.

„Ich bin darüber mehr als erleichtert. Es freut mich für dich und für Edward. Er hat wieder einiges gut zu machen. Und das ist ihm besonders bei dir sehr wichtig.“

„Genau das hat er auch gesagt. Man merkt, dass ihr Brüder seid.“, schmunzelte ich, war ihm zugleich unendlich dankbar für diese Worte. Ebenfalls war meine Wangenfarbe um eine weitere Nuance dunkler geworden. Diese Worte klangen so unbeschreiblich wohltuend in meinen Ohren. Und Emmett gab mir nochmals weitere Sicherheit. Meine Hoffnung wurde größer. Ich begann mich mehr und mehr zu freuen.

„Wirklich?“, fragte er nach, riss mich somit wieder aus meiner Gedankenwelt.

Ich nickte bestätigend.

Er schien mehr als zufrieden über diese Antwort. Ein Hauch von Stolz funkelte in seinen Augen. Ich war darüber mehr als froh.

Ich konnte in Emmetts Blick sehen, mit dem er mich manchmal bedachte, dass er Edward niemals richtig verziehen hatte, was zwischen mir und ihm vorgefallen war. Bis jetzt.

Ich hoffte durch meine Entscheidung, ebenfalls dazu beitragen zu können, dass Emmett die Sache irgendwann völlig vergaß.

Auch wenn Emmett nicht danach aussah, er in erstem Moment durch seine unglaubliche Masse sehr furchteinflößend wirken konnte, so war er den Personen gegenüber, die er liebte äußerst fürsorglich. Und auch wenn er nicht mein leiblicher Bruder war, wusste ich, dass ich mir keinen anderen für diesen “Job“, wie er es immer bezeichnete, wünschen konnte.

„Es tut mir leid Bella, wir haben alles falsch angepackt. Wir wussten selbst nicht, wie wir an das alles heran gehen sollten.“

„Schon in Ordnung Emmett. Du musst nicht…..“

„Doch, Bella. Eigentlich war ich von Anfang an dagegen. Ich war mehr als skeptisch. Wollte das eigentlich überhaupt nicht. Aber du kennst ja die anderen Zwei. Nachdem Edward verkündet hat, dass er wieder nach Seattle ziehen und sich mit dir versöhnen will, da war Alice außer Rand und Band.“ Er sprach eindeutig von den Zwillingen. „Allein konnte ich noch nie gegen sie bestehen.“

„Alice hat also mal wieder gute Überzeugungsarbeit geleistet!“, schlussfolgerte ich.

Er seufzte theatralisch auf.

„Du hast mein vollstes Mitgefühl.“

„Noch.“, warf er mir grinsend entgegen.

„Was soll denn das jetzt bitte schön heißen?“

„Sobald du und Edward euch wieder angenähert habt“ – ich schluckte schwer bei diesen Worte, senke meinen Blick, um meine zunehmende Röte zu verbergen- „werdet ihr von da an wieder immer der gleichen Meinung sein.“

Ich schnaubte versucht empört auf. „Emmett, das stimmt doch….“

„Oh doch!“, fuhr er sofort dazwischen. „Nenn mir nur eine Situation aus der Vergangenheit in der du und Edward nicht einer Meinung wart.“

Ruckartig streckte ich meine Hand in seine Richtung aus, mein Zeigefinger erhoben, mein Mund war bereits geöffnet, damit ich los legen konnte, als ich in jeglicher Bewegung inne hielt.

Krampfhaft durchwühlte ich mein Hirn. Ich hatte doch gerade noch ein Beispiel. Oder?

Ich biss mir auf die Lippen, drehte meine Augen in Richtung Decke.

„Ich……“

Ich war mir ganz sicher, dass es da schon mal eine Situation gegeben hatte.

Emmett setzt schon mal ein triumphierendes Lächeln auf.

„Da war doch mal………“

Ja was?

„Ich meine einmal……..du weist schon!?“, gab ich von mir.

Emmett schüttelte immer noch breit grinsend seinen Kopf. „Nein, weis ich nicht. Hilf du mir doch bitte auf die Sprünge.“

Ich überschlug meine Arme, wich gekonnt seinem Blick aus, bemerkte die Brötchen.

„Womit haben wir das verdient?“, gleichzeitig deutete ich mit meinen Finger auf das Mitbringsel. Mit Essen konnte man Emmett eigentlich immer ablenken.

„Bella, ich warte noch auf meine Antwort.“

Mist. Dieses eigentlich klappte zu meinem eigenen Verdruss dieses Mal nicht. „Schön!“, nuschelte ich. Sprach dann den letzten Satz ziemlich kleinlaut. „Du hast Recht. Es gab keine einzige Situation.“

Emmett entglitt ein kurzes dunkles Lachen, dass fast einem Brummen glich.

„Also?“ Da das Thema nun beendet war.

Er zuckte kurz mit den Schultern. „Bedank dich bei Rosalie. Sie hatte die Idee bei euch vorbei zu kommen.“

„Und wo ist sie?“ Denn von der blonden Schönheit war weit und breit nichts zu sehen.

„Parkplatzsuche.“ Emmetts Grinsen wurde noch breiter als es ohnehin schon war. „Sie wollte ja unbedingt fahren. Bitte, dass hat sie nun davon."

„Mal wieder ganz der Gentleman!“, stichelte ich.

„Hey, sie ist eine emanzipierte Frau. Sie schafft das schon.“

Ich sagte gar nichts mehr, öffnete stattdessen eine Schranktür, holte mehrer Tassen heraus. Ich war mir sicher, dass Alice und Jasper bald zu den Lebenden zurückkehren würden. Spätestens, wenn Kaffeeduft durch die Wohnung strömen würde.

Ich war gerade dabei in die Knie zu gehen, um ein Tablett aus einem der unteren Schränke zu ziehen, als ich Schritte im Flur wahrnahm. Emmett musste die Tür für Rosalie wieder nur angelehnt haben.

Aber das waren nicht nur Rosalies Schritte. Langsam richtete ich mich etwas auf, lugte über die Theke hinweg. Emmetts Freundin erschien sofort in mein Blickfeld, umwerfend aussehend wie immer.

„Guten Morgen!“, trällerte die Blonde sofort los. „Seht mal, wen ich aufgegabelt habe!“

Ich konnte mir schon denken, wer sogleich hinter Rosalie auftauchen würde. Doch noch bevor ich ihn erblicken konnte, hörte ich trippelnde Schritte die schnell näher kamen.

„Rosalie, nicht!“ Alice Stimme.

Die Angesprochene wandte ihren Kopf in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war und legte einen mehr als zweifelnden Blick auf.

Ich trat an der Theke vorbei, lief auf Rosalie zu, erkannte eine wild gestikulierende Alice, die gerade all ihre Kraft einsetzte, um Edward in Richtung Tür zu schieben, was doch äußerst lustig aussah.

Ich konnte nicht anders, musste lächeln, während ich langsam immer näher schlenderte.

Edward hingegen hatte gerade schon ziemlich Mühe nicht in schallendes Gelächter auszubrechen, weshalb ihn Alice mit mehr als nur einem strafenden Blick belegte.

Dass ich immer näher kam, bemerkte sie dadurch immer noch nicht.

Aus Rosalies Gesicht konnte ich ablesen, dass sie gerade nicht wusste, was sie von diesem Schauspiel halten sollte und da Edward anscheinend nicht vorhatte, Alice aufzuklären, würde ich meine beste Freundin erlösen.

„Guten Morgen zusammen.“

Zischend sog Alice die Luft ein. Ihr Kopf schnellte zu mir, dann wieder zu Edward. Ihr Mund öffnete sich, aber so wie es aussah, fehlten ihr derzeit die Worte. Ein sehr denkwürdiger Moment also, denn so etwas kam äußerst selten bis gar nicht vor. Mein Lächeln wurde breiter als ich mit lockeren Schritten direkt auf ihren Bruder zusteuere.

„Isabella Marie Swan. Aber bitte nur Bella Es freut mich.“, und streckte ihm meine Hand entgegen.

Verdutzt musterte mich Edward, bevor er begann zu grinsen. Er hatte verstanden, was ich damit sagen wollte, ergriff die meine.

„Ich bin Edward Anthony Cullen. Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Bella.“ Er neigte seinen Kopf etwas, um eine leichte Verneigung anzudeuten.

Ich begann leise zu kichern.

Und dann ohne dass ich damit gerechnet hatte, beugte er sich zu mir hinab und ich spürte seine weichen Lippen auf meiner Wange.
 

***
 

Und? Was sagt ihr dazu? Ich bin sehr gespannt.
 

Liebe Grüße

eure Pei-Pei

Frage- und Antwortspiel

Es geht wieder weiter. ^^ Und wie immer hoffe ich doch, dass euch das Kapitel gefällt.
 

Frage- und Antwortspiel
 

Tragödien.

Sie passieren jedem von uns.

Es gab die kleinen Tragödien, die man selbst nur mit einem leichten Schulterzucken abtat, sofort wieder aus dem Gedächtnis strich, um zur Tagesordnung überzugehen. Denn diese waren nicht von großer Bedeutung.

Dann gab es die Tragödien, über die man sich tagelang den Kopf zerbrechen konnte, bis einem irgendwann die Lösung dafür einfiel oder man sich einfach mit dem Tatbestand abgefunden hatte, um danach wieder beruhigt schlafen zu können.

Und dann gab es die Tragödien, die einen bis auf die Grundfesten erschütterten, die man keinen Menschen auf dieser Welt wünschte, egal wie man für diesen empfand. Die Gedanken an solch düsteren Visionen wurden von einem selbst, so schnell wieder verdrängt, wie sie unbeabsichtigt gekommen waren.

Genau diese Tragödien trafen einen unvorbereitet mit voller Wucht, warfen einen aus der Bahn, konnten ganze Leben zerstören.

Sie raubten einem jegliche Kraft.

In diesem Moment war man der Trauer, die einem erbarmungslos in die Tiefe riss, hilflos ausgeliefert.

Der Körper drohte unter dem Druck zu bersten. Verzweifelt schnappte man nach Luft. Der eigene Verstand sagte einem, dass sich die Lungen mit dem lebenswichtigen Elixier füllten und doch war man kurz vor dem Ersticken. Die Welt um einen herum ist nicht mehr existent, nicht mehr von Bedeutung, denn die Welt, in der man lebte, in der ich lebte, war verfallen. Verschlungen von vollkommener Dunkelheit.

Die Dunkelheit ist allgegenwärtig und willkommen. Denn sie ist der Trost, der einem hilft, die düsteren und quälenden Gedanken zu verdrängen.

Nichts zu fühlen.

Man lebt und doch ist man leer.

Doch es ist besser als den brennenden Schmerz zu spüren, der in jeder Faser des Körpers wütet, es sich anfühlt, als würde man zerreisen.

In diesem Moment der unendlichen Qual ist man bereit alles zu geben, um Linderung zu erlangen.

Die Verlockung, in dieser Taubheit dahin zu leben ist übermächtig. Alles was man empfindet: Wut, Trauer, Hass, Verzweiflung, Schuld, all das bleibt fern, verschwunden im Nichts.

In diesen Momenten gibt es nur zwei Optionen.

Die Erste lautete stark sein, sein Leben wieder aufnehmen, sich all den Gefühlen, die einen leiden lassen entgegen zu stellen, sie zu bewältigen, sie zu akzeptieren und damit zu leben.

Die Zweite, sich seinem zu Schicksal ergeben, für immer in dieser abgestumpften Welt gefangen zu bleiben, die Dunkelheit zu seinem ständigen Begleiter werden zu lassen, dem Leben zu entsagen.

Auch ich stand einst an diesem Scheideweg, musste einen Entschluss treffen.

Und ich gebe zu, dass die Verlockung wirklich sehr groß war, nie wieder aufzutauchen, einfach für immer in diesem Dämmerzustand dahin zu treiben. Nie wieder irgendetwas empfinden zu müssen, zu wollen.

Der größte Schmerz auf dieser Erde………….eine geliebte Person verlieren, eine geschundene Seele, ein zersplittertes Herz.

Was bedeutete denn die Welt, wenn man verloren hatte, was einem selbst am wichtigsten war?!

Was mich letztendlich dazu bewogen hatte, nicht aufzugeben, kann ich bis heute nicht sagen.

Ich wusste nicht, ob es wegen Charlie war, denn ich nicht alleine lassen konnte. Das ich plötzlich so stark war, weil mir klar geworden war, dass er außer mir doch niemand hatte. Oder konnte ich dem Nichts entkommen, da ich mir bewusst wurde, dass es noch andere Menschen – Freunde – gab, die mich liebten und brauchten?! Oder die Gewissheit, dass ich ihn zwar verloren hatte, er aber immer noch am Leben war. Er sein Leben weiter führte – ihm völlig egal war, was ich tat.

Egal was dies bewirkte…… Die Kraft kehrte zu mir zurück und ich tauchte auf, um mich meinem Leben wieder zu stellen.
 

Stark sein heißt kämpfen!

Es ist schwer, es ist schmerzhaft und man darf nie nachlassen. Aber irgendwann und auch wenn es eine Ewigkeit dauert, wird man dafür belohnt.
 

Und so wie es aussah, erhielt ich nun meine Belohnung dafür.
 

„Guten Morgen Bella. Gut geschlafen?“ Kaum dass er mit seiner samtweichen Stimme gesprochen hatte, zog er mich auch schon in eine Umarmung, worauf hin mein gesamter Körper wieder begann zu prickeln.

Ich lachte glücklich auf, erwiderte die Umarmung nur all zu gerne. „Guten Morgen. Ja, hab ich. Und du?“

„Ich schlafe immer gut, wenn ich weiß, dass ich dich den nächsten Tag sehe.“ Dabei strich er mir kurz über den Kopf und ich errötete wieder leicht.

Warum sagte er nur so etwas zu mir? Ich konnte mir hierauf überhaupt keinen Reim machen. Wir wollten Freunde sein und doch verwirrte er mich immer wieder aufs Neue mit solchen Sätzen. Ich wusste überhaupt nicht, wie ich damit umgehend sollte. Mein Blut begann bei solchen Worten immer zu kochen, stieg in meine Wangen. Mein Herz beschleunigte sich um einige Takte.

Seine Hand wanderte zu meinem Rücken und er schob mich aus der Tür in Richtung Treppe.

Es war merkwürdig. Seit dem ich eingewilligt hatte, Edward eine Chance zu geben, verging die Zeit wie im Flug.

Vier Wochen waren seit diesem Tag vergangen und ich bereute seit dem keinen Einzigen davon. Ganz im Gegenteil. Ich genoss es seine Aufmerksamkeit geschenkt zu bekommen.

Es fühlte sich richtig an.

Die Schmerzen waren gänzlich verschwunden.

Die Träume fast vergessen. Nur noch sehr schemenhaft konnte ich mich an den Letzten erinnern.

Nur die Gefühle, die ich bei seinen Berührungen, seinem Blicken empfand, ignorierte ich konsequent. Zugleich ermahnte ich mich, versucht das aufkommende Gefühl, das mein Herz befallen wollte, zu unterdrücken, weil ich mir ganz sicher war, dass dies dem alten Edward galt. Und so gern ich auch dieses Gefühl gelöscht hätte, konnte ich es einfach nicht.

Ich wollte nicht zulassen, dass dieses meine Sicht der Dinge beeinflusste. Aber sein altes Ich hatte nie so etwas zu mir gesagt.

Ich wusste aber auch, dass Edward nur meine Freundschaft wollte und das war für mich mehr als genug.

Doch trotz dieses Wissens, war die Verwirrung wieder zu mir zurückgekehrt.
 

Die Scheu, die Edward noch eine kurze Zeit nach unserem Gespräch im Schnee an den Tag gelegt hatte, war inzwischen völlig verflogen. Ich konnte sagen, dass er diese schneller ablegte hatte, als ich gucken konnte. Und ich konnte mich einfach nicht widersetzten. Auch wenn ich anfangs versucht hatte noch eine gewisse Distanz zu wahren. Ich wollte es langsam angehen.

So hatte ich es zumindest für mich entschieden.

Doch gegen Edwards fesselnde Ausstrahlung und überwältigenden Charme konnte ich einfach nichts ausrichten. Obwohl ich zugeben musste, dass ich dieses Selbstbewusstsein von ihm nicht kannte.

Edward war offner, selbstsichere geworden, was sich anhand seiner Gestik und Mimik noch verdeutlichte. Früher als Teenager war er öfters schüchtern gewesen, was von Außenstehenden ab und an als Arroganz miss gedeutet wurde.

Absoluter Blödsinn!

Die Art, wie er auf die Menschen heute zuging, unterschied sich drastisch von der einstigen. Und trotz dessen, das er so war, wahrte er immer noch eine gewisse Distanz, die aber von seinem Gegenüber nicht wahrgenommen wurde. Und so leicht ich diese Dinge entschlüsseln konnte, so schwer fiel es mir in manch anderen Situationen.

Ebenfalls hatte er begonnen seine Wirkung auf seine Umwelt wahrzunehmen und zu nutzen.

Ich wünschte mir nur, dass er auf diese Tatsache bereits zu unserer Schulzeit aufmerksam geworden wäre. Dann wären so einige Standpauken, die wir wegen des ein oder anderen kleinen Streiches, den wir uns erlaubt hatten und bei denen wir ab und an leider erwischt worden waren, wahrscheinlich nicht all zu hart ausgefallen, vor allem wenn unsere Gegenüber eine weibliche Lehrkraft gewesen wäre. Ein gezielt eingesetzter Blick von Edward und sie wären wahrscheinlich wie Butter in der Sonne dahin geschmolzen. Aber daran konnte man leider jetzt nichts mehr ändern.

Es waren neue Facetten an ihm. Ich wahnsinnig froh darüber, dass ich sie kennen lernen durfte, ihn dadurch neu entdeckte.

Sorgfältig speicherte ich jede neu gewonnene Erkenntnis ab und wartete begierig darauf, die Nächste zu erfahren.

Gerade öffnete er mir galant die Beifahrertür, verbeugte sich, machte mit seiner Hand eine einladende Geste, während er den Schirm über mich hielt, damit mich kein einziger Wassertropfen streifte. Der Schnee war zwischenzeitlich komplett verschwunden.

Sehr zu meiner Freude.

Dafür regnete es jetzt schon seit zwei Tagen ununterbrochen. Aber so etwas konnte einen Menschen, der fast sein ganzes Leben lang in Forks verbracht hatte, nicht schrecken.

„Wenn ich bitten darf Miss Swan.“

„Ich danke dem Herrn.“ Ich kicherte über meine Bemerkung auf, machte einen Knicks, um dann auf den Sitz zu sinken.

Der Geruch von Leder vermischt mit dem süßlichen Geruch von Edward stieg mir sofort in die Nase. Ich liebte diese Kombination, war bereit süchtig danach.

Wohlig seufzte ich auf, in dem Wissen, dass Edward dies nicht mitbekam, denn erst jetzt öffnete sich die Beifahrertür.

Mit einem Grinsen glitt er hinter das Lenkrad.

„Edward denkst du nicht, dass es langsam in Ordnung wäre, wenn wir zu Fuß zur Uni gehen.“

„Nein!“, war seine knappe Antwort, während er den Wagen startete.

Ich dachte aber gar nicht daran, mein Vorhaben jetzt schon über Bord zu werfen.

„Es liegt aber überhaupt kein Schnee mehr.“ Um meine Aussage zu bestärken, blickte ich aus dem Fenster, deutete mit meinen Zeigefinger zugleich nach draußen. Denn zu meinem Bedauern hatte Edward darauf bestanden jeden Tag mit dem Auto zur Uni zu fahren, solange noch eine kleine Schneeflocke den Bürgersteig säumte. Er wollte kein unnötiges Risiko eingehen.

Für diesen Kommentar hatte ich ihm mit all meiner Kraft auf die Schulter geboxt, was ihm einen schönen blauen Fleck eingebracht hatte.

Ich war eigentlich strickt gegen Gewalt. Aber dafür hatte ich gerne eine Ausnahme gemacht. Verdient war verdient.

Und wäre Alice nicht so schnell hinter Jasper in Deckung gegangen, hätte sie auch noch ihr Fett weg bekommen. Schließlich war sie es gewesen, die Edward mehr als deutlich auf meine angeborene Schusseligkeit aufmerksam gemacht hatte.

Was meines Erachtens überhaupt nicht nötig gewesen wäre. Edward hätte dies früher oder später selbst noch von ganz alleine heraus gefunden. Meiner Tollpatschigkeit sei Dank. Denn ich wusste, die würde mich niemals im Stich lassen.

„Aber jetzt regnet es.“, war seine simple Antwort.

„Erst seit zwei Tagen.“

„Und dazwischen war es ziemlich kalt. Du hattest erst eine Erkältung, wenn ich dich daran erinnern darf.“

Pfff.

Ich verdrehte meine Augen. Gab es endgültig auf. Ich wusste, dass ich im Moment nicht weiter kommen würde. Die ausgeprägte Sturheit lag bei den Cullens eindeutig in der Familie. Und ich war heute Morgen definitiv noch zu träge, um mich auf ein Wortgefecht mit Edward einzulassen.
 

„Wo war ich gestern stehen geblieben?“

Damit holte mich Edward aus meinen Gedanken.

Er legte kurz seine Stirn in Falten, grübelte, bevor er seine wunderschöne Stimme vom Neuen erhob. „Ah ja.“

Ich stöhnte auf. „Edward, ist es nicht langsam genug!“ Ich wusste, dass sich das mehr als nörglerisch anhörte.

Volle Absicht meinerseits!

Mein bester Freund – wie ich ihn mittlerweile wieder in meinen Gedanken betitelte - jedoch begann erst einmal nur zu Kichern, was mich dazu veranlasste ein Schnute zu ziehen.

„Wie lange willst du das jetzt noch machen?“

„Bis ich denke, dass es genug ist.“

Grimmig verschränkte ich meine Arme vor dem Bauch, verdrehte genervt die Augen, um damit meinen Ärger zum Ausdruck zu bringen.

„Ach Bella, komm schon.“ Sein Ton war eine Mischung aus Bitte und Besänftigung.

Zugleich sah er zu mir herüber und entfesselte die gesamte Kraft seiner strahlend grünen Augen. Ich versuchte mich noch dieser Waffe zu entziehen, doch es war zu spät.

Das war es.

Alle meine Gedanken verschwanden ins Nichts.

Er beugte sich zu mir herüber. Sein Duft wurde dadurch noch um einiges intensiver, vernebelte meinen bereits mehr als abhanden gekommenen Verstand noch mehr. Und inzwischen hegte ich den Verdacht, dass er genau wusste, was er damit anrichtete. Leider fehlten mir hierfür die Beweise.

Die ich ihm von meiner Seite mehr als offensichtlich lieferte.

Mein Herzschlag durfte jetzt auch von ihm, mehr als deutlich zu vernehmen sein. Denn dieser dürfte inzwischen selbst eine Trommel spielend leicht übertönen. Sofort bemerkte ich, wie sich meine Wangen begannen leicht zu verfärben.

„Das ist nur fair.“ Sein Kopf war nach unten geneigt und durch seine langen Wimpern sah er mich von unten heraus an.

„Was ist daran fair? Ich darf dir keine einzige Frage stellen.“, warf ich ihm bereits leicht aufgebracht entgegen. Zumindest versuchte ich das. Meine Stimme klang mehr als zögerlich.

Ich hasste solche Gespräche am frühen Morgen. Mein Gehirn brauchte einfach eine gewisse Vorlaufzeit, bevor es seine volle Leistung entfalten konnte und vor allem wenn ich derart mit Edward Cullen konfrontiert wurde.

Der Blick, den Edward mir hierauf zuwarf, war unergründlich.

Hatte ich etwas Falsches gesagt? Ich gab zu, dass mir jetzt doch etwas mulmig wurde.

Edward seufzte auf, stellte den Motor wieder ab. Erst jetzt fiel mir auf, dass wir uns überhaupt noch nicht in Bewegung gesetzt hatten. Noch so etwas, wogegen ich nichts tun konnte. In Edwards Nähe nahm ich meine Umwelt fast gar nicht bis überhaupt nicht mehr wahr.

„Bitte Bella.“ Gleichzeitig strecke er seine Hand nach meinem Arm aus, den ich immer noch mit meinem anderen vor meinen Bauch verschränkte. Mit sanfter Gewalt löste er meine Umklammerung, griff nach meiner Hand.

Mein Herzschlag beschleunigte sich noch weiter.

„Schließlich weist du alles über mich.“, sprach er beschwichtigend, ohne einen Hauch von Vorwurf.

Ich schlug meine Augen nieder. Ein leichter Klos bildete sich in meinen Hals, als ich sprach „Das weiß ich doch gar nicht. Schließlich kann es doch sein, dass sich deine Vorlieben für manche Dinge geändert haben.“ Mein Magen verzog sich kurz schmerzhaft, doch ich sprach tapfer weiter. „Ich weiß auch nicht alles, Edward. Ich wusste es vielleicht einmal, aber……“

„Dann wollen wir doch mal sehen.“, unterbrach er mich schnell.

Ich wusste nicht, was er wollte.

„Mein Lieblingsfrühstück?“

„Pancake mit Sirup. Am liebsten Ahornsirup. Aber es muss dieses Sirup in dieser Flasche sein, die aussieht wie ein Bär – Mr. Beany Bear. “, antwortete ich ohne zu Überlegen. Und für Sekunden hoben sich meine Mundwinkel zu einem Lächeln.

„Klavierstück?“

„Claire de lune.“

„Lieblingsessen bei Da Caruso?“

Der einzige Italiener in Forks und meine innere Ruhe, da ich wusste, dass solange dieser in Forks existierte, Charlie niemals verhungern würde. Na ja, zumindest so lange der Lieferservice nicht eingestellt werden würde. Aber darüber machte ich mir jetzt keine all zu großen Gedanken.

„Die Nummer 147.“

Edward hob hierauf fragend seine perfekten Augenbrauen an, was mich zum Schmunzeln brachte. Er hatte sich noch nie die Nummer merken können, trotz, dass er sich immer das Gleiche bestellte. Aber ich erbarmte mich, klärte ihn auf.

„Pizza Celentano. Belag: Pilze, Bananen, Bolognese, Salami, Peperoni, Thunfisch, Kapern, Oliven, Artischocken.“ Angewidert verzog ich mein Gesicht.

Bäh! Ich habe noch nie verstanden, wie man so eine Kombination genüsslich kauen und schlucken konnte, ohne ein Würgereiz auszulösen. Doch Edward schmeckte es.

„Hast du sonst noch irgendwelche Zweifel?“, fragte er mehr als schelmisch, nachdem er sich von seinem Lachen, was mein Gesichtsausdruck auslöste, beruhigte.

Ich blähte meine Backen auf, verfluchte mich innerlich selbst, versuchte ihn mit einem strafenden Blick zu belegen, was ihn jedoch nur dazu brachte, breit zu grinsen.

„Was soll das denn aussagen Edward? Diese Fragen hätten dir Alice oder Emmett genauso gut beantworten können.“

Grüblerisch tippte sich Edward ans Kinn, schaute kurz nach oben, bevor er wieder mir direkt entgegen sah. „Gut, dann eine andere Frage.“

Ohne es selbst zu registrieren lehnte ich mich näher zu ihm heran, wartete gespannt darauf, seine Worte zu hören.

„Woher stammt die Narbe an meinem linken Knie?“

„Was?“

„Die Narbe.“ Er hob sein Knie leicht an, tippte mit seinem Zeigefinger wenige Zentimeter neben seine Kniescheibe. „Niemand konnte mir bis jetzt erklären, woher ich sie habe. Und ich weiß nur noch, dass ich irgendwo reingefallen bin und dass es ziemlich wehgetan hat.“

„Ach die!“, murmelte ich kurz.

„Du weist es also?!“

„Ja. Die hast du ganz alleine deiner dämlichen Idee zu verdanken.“, tadelte ich, was mir einen entgeisterten Blick von Edward einbrachte, weshalb ich auflachte.

„Edward Cullen, der große Geisterjäger!“, presste ich unter Tränen heraus. Wenn ich daran zurück dachte. Wenn ich an diesen Tag zurück dachte. Heute war es nur noch witzig. Aber damals wäre ich vor Angst beinahe gestorben. Mein Lachen steigerte sich.

„Na ich freu mich ja, dass dich das so amüsiert!“, gab er leicht angesäuert von sich. „Wärst du vielleicht so nett und würdest mich auch daran teilhaben lassen.“

Mir entging nicht das Drängen in seiner Stimme.

Ich atmete noch einmal tief durch, strich mir eine Träne aus dem Augenwinkel.

„Wir waren damals sechs Jahre alt……“
 

***
 

Ich zuckte zusammen, als der nächste Donnerschlag das Haus erschütterte. Neben mir konnte ich ein erheiterndes Kichern hören, was mich dazu veranlasste, meinen Füller fester zu umschließen und meine Zähen zusammen zu beißen. Ein Wunder, dass er nicht entzwei brach.

Starr blickte ich auf das Blatt vor mir, konzentrierte mich auf meine Hausaufgabe und versuchte das immer näher kommende Gewitter zu ignorieren. Bis das nächste Grollen mich wieder aufschrecken lies, das Kichern hierauf lauter wurde.

„Edward!“, fauchte ich aufgebracht. „Hör sofort auf damit!“ Gleichzeitig schleuderte ich meinen Füller auf den Tisch, der als Dank einen riesigen hässlichen Fleck auf dem Blatt hinterließ.

„Oh nein!“

Musste das jetzt sein?!

Edward brach zugleich in schallendes Gelächter aus.

Ich baute mich vor ihm auf, stemmte meine Hände in die Hüfte, wollte damit bedrohlicher wirken.

Aber so wie es aussah, scheiterte ich kläglich.

Kein Wunder. Wem konnte ich schon Angst einjagen, der Emmett Cullen seinen großen Bruder nannte. Dagegen musste ich einfach nur lächerlich wirken.

Ich schnaubte bei diesem Gedanken, überschlug meine Arme, und blickte eingeschnappt zur Seite. „Ich finde das…….“

Ein ohrenbetäubender Knall vermischt mit einem merkwürdigen Scheppern ließ mich verstummen, zugleich meine Arme um Edwards Hals schlingen, damit ich mein Gesicht an seiner Schulter vergraben konnte.

Ich hasste Gewitter! Vor allem die Sommergewitter. Die waren die Schlimmsten.

Mein bester Freund strich mir hierauf ganz in Retter-Manier beruhigend über den Rücken.

„Komm schon Bella. Dir kann hier nichts passieren.“, brachte er immer noch recht amüsiert mit kindlicher Stimme hervor.

Mein Mund verzog sich bei dem letzten Satz. Ich wusste, dass ich davor keine Angst haben musste. Diese Satz hörte ich auch immer von Charlie, wenn ein Gewitter aufzog und doch konnte ich einfach nichts dagegen tun.

Ich war gerade dabei den Mund zu öffnen, als ich mich in Edwards Armen versteifte.

Da war wieder dieses merkwürdige Scheppern.

Ich wusste, dass es nichts mit dem Gewitter zu tun hatte.

Es kam aus dem Haus!

„Edward?“, flüsterte ich mit ängstlicher Stimme, bemerkte dann wie er sich ebenfalls angespannt hatte.

Ich blinzelte, als das helle Licht eines Blitzes durch die Glasfront des Cullen-Hauses mich blendete, sah dann zu ihm auf.

Edwards Augen waren kurz zur geöffneten Küchentür gehuscht, die hinaus auf den Flur führte, bevor er diese an die Decke richtete.

Er hatte es also auch gehört.

Ich schluckte, erhob dann wieder meine Stimme. „Was war das?“

„Der Geist.“, flüsterte er genauso leise zurück.

„Was?“, quiekte ich.

„Emmett hat mir davon erzählt.“

Ich drückte mich etwas von ihm weg, um Edward genauer mustern zu können.

„Lass den Quatsch.“ Meine Stimme ein einziges Zischen.

„Das ist kein Quatsch.“ Sein Gesichtsaudruck war ernst – todernst.

Ich musste wieder schlucken, da meine Kehle sich völlig trocken anfühlte, drehte mich dann ruckartig um, um aus der Tür zu blicken. Da war es schon wieder, übertönte sogar den prasselnden Regen, der zwischenzeitlich eingesetzt hatte.

Edward erhob sich vom Stuhl, trat einige Schritte vor mich. Kurz herrschte Stille. Dann drehte er sich zu mir um und streckte mir seine Hand entgegen. „Komm Bella, lass uns nachsehen.“

Ich wich einen Schritt zurück, schüttelte energisch meinen Kopf.

Das konnte er vergessen. Ich wanderte doch nicht bei einem Gewitter durch ein Haus, in dem gerade ein Geist herum spazierte. Da wollte ich lieber wieder an meine Hausaufgaben zurückgehen.

„Na komm schon.“

Schnell überbrückte Edward den Abstand zwischen uns und umschloss meine Hand mit der seinen.

„Aber ich….“, doch er schnitt mir das Wort ab.

„Ich beschütze dich.“ Bei diesen Worten schwoll seine Brust an und ein schiefes Lächeln zierte sein Gesicht. Ich konnte nicht anders, erwiderte.

So leise wie möglich schlichen wir durch das Haus, befanden uns inzwischen im ersten Stock, dem Geräusch, dass immer wieder auftauchte, folgenden. Es kam definitiv von weiter oben.

Je lauter es wurde, desto schneller beschleunigte sich mein Herzschlag.

Am Ende des Ganges stoppte Edward, lauschte, bevor er seinen Kopf leicht in meine Richtung drehte. „Emmett hat Recht. Es wohnt tatsächlich auf dem Dachboden.“

Ich beugte mich leicht nach vorne um mehr in den dunklen Aufgang, der sich rechts neben uns befand, sehen zu können.

Dort war es stockfinster. Nur das kurze helle Licht der Blitze erhellte die Treppe.

Ich verharrte, konnte nichts andres tun, als dieser furchteinflößenden Schwärze entgegen zu starren. Ich spürte die Angst, die immer größer wurde. Schnell wich ich wieder etwas zurück.

„Edward, ich glaube, ich will da nicht rauf. Lassen wir es sein.“

Doch er schüttelte einfach nur den Kopf, zog mich mit. Als er mit seinem Fuß die erste Treppenstufe berührte, lehnte ich mich mit meiner ganzen Kraft gegen seinen Zug, versuchte seine Hand abzuschütteln.

Aber er hielt sie weiterhin eisern fest und ein Brummen erfüllte kurz die Luft um uns herum. Ich glaubte so etwas wie „Mädchen“ zu hören, was ich mit einem „Pffff!“, quittierte.

„Bitte Bella.“

„Nein.“, maulte ich, was Edward dazu veranlasste sich zu mir umzudrehen und mich mit seinen strahlenden grünen Augen zu fixieren.

„Bitte!“, er beugte sich etwas zu mir vor, unser Blickkontakt wurde intensiver und ich spürte bereits, wie sich meine Wangen leicht rosa färbten.

„Ich will aber nicht.“, nuschelte ich in der Hoffnung, er würde doch noch nachgeben.

Edward griff nach meiner zweiten Hand. „Bella, ich bin dein bester Freund. Würde ich jemals zulassen, dass dir etwas passiert?“

Von unten heraus sah ich zu ihm auf, sah, wie seine Augen erwartungsvoll auf mir ruhten.

Darauf gab es nur ein einziges Antwort. Ich seufzte. „Nein!“

Glücklich darüber begann er zu lächeln. „Siehst du. Deshalb gibt es keinen Grund Angst zu haben.“

Ich schnaubte.

„Wir wollen doch nur mal nachsehen. Und außerdem kannst du dann Emmett damit aufziehen. Er hat sich nämlich bis jetzt noch nicht getraut, auf den Dachboden zu gehen.“

Ich vermutete stark, dass der wahre Grund der war, dass Carlisle uns verboten hatten, dort hinauf zu gehen. Aber genau mit diesem Argument hatte Edward mich endgültig mehr als nur überzeugt. Ich war nun fest entschlossen und war schon auf Emmetts Gesicht gespannt, wenn ich damit vor ihm prahlen würde. Etwas, was er überhaupt nicht leiden konnte. Vor allem nicht, wenn ich diejenige war.

Mein Griff um Edwards Hand wurde fester und ich trat direkt neben ihn. „Ok. Dann los.“ Meine viel zu hohen Puls ignorierte ich gekonnt.

Er nickte und gemeinsam nahmen wir wachsam eine Stufe nach der anderen bis wir letztendlich vor der Tür standen, die zum Dachboden führte.

Gleichzeitig drehten wir unsere Gesichter einander zu, sahen uns einige Minuten schweigend an.

„Bereit?“, fragte Edward flüsternd, nachdem das erneute Grollen verklungen war.

Ich schluckte, atmete noch einmal tief durch, versuchte damit meinen rasenden Puls zu beruhigen. Doch erzielte genau das Gegenteil.

„Ja!“, formten meine Lippen tonlos, doch Edward verstand.

Mit Bedacht hob er seine Hand an, berührte den Knauf der Tür.

Ich hielt unweigerlich die Luft an, als sich diese mit einem leichten Knarren öffnete.

Hart schlug der Regen gegen die Hauswand, während der Wind Geräusche hervor rief, als würde ein jaulender Wolf im anliegenden Wald herum streunen.

Ganz langsam schlüpften wir durch die Tür, warteten einen Augenblick lang ab. Seit dem wir die Treppe betreten hatten, hatten wir keinerlei Geräusche mehr von hier oben gehört.

Sollte das bedeuten, dass das Gespenst nicht mehr hier war?

Aufmerksam sahen wir uns um. Durch die hohen Fenster, die sich links von uns befanden, fiel genug Licht, so dass wir ohne Probleme sehen konnten. Nur einige Ecken lagen in Dunkelheit, wurden jedoch von den Blitzen für wenige Sekunden erhellt.

Gruselig!

Und auch wenn ich bis jetzt nichts entdecken konnte, was mir im Entferntesten Angst einjagen würde, atmete ich zittrig ein und aus.

Ein schwaches Grollen dran ein unsere Ohren, als Edward mich weiter in den Raum hinein zog. Meine Beine fühlten sich so weich an, wie Wackelpudding.

Schnell huschten meine Augen von einer Seite zur anderen. Unter den weißen Laken, die hier über all zu entdecken waren, vermutete ich alte Möbelstücke, von denen sich Esme vermutlich nicht trennen konnte. Ich hoffte, dass sich dort zumindest nichts anders verbarg. Dazwischen konnte ich einige Truhen entdecken, Regale, gefüllt mit unzähligen von Büchern. Spinnweben.

Ein Knarren ließ mich leicht zusammen zucken und ich stoppte.

„Edward bitte, können wir jetzt nicht wieder gehen. Hier ist nichts.“, jammerte ich. Meine Tapferkeit schrumpfte von Sekunde zu Sekunde.

„Lass mich nur noch dahinten nachsehen.“, antwortete mir Edward hierauf.

Kaum, dass er gesprochen hatte, geschah es.

Der Wind nahm an Stärke zu.

Um uns herum heulte und fauchte es, als befände sich ein ausgehungertes Tier mit uns im Raum.

Meine Nackenhärchen stellten sich unweigerlich auf.

Ängstlich blickten wir uns in alle Richtungen um.

Ein ohrenbetäubender Donnerschlag erklang, ließ die Wände beben. Gefolgt von einem Blitz, der die Wolkendecke zerriss und alles in gleißendes Licht badete, als wir wieder das scheppernde Geräusch wahrnahmen.

Ein spitzer Schrei entfuhr mir, als ich etwas zersplittern hörte.

Etwas Glitzerndes fiel durch die Luft, kam klirrend auf dem Boden auf. Nässe schlug uns ins Gesicht, kalter Wind zerrte an unseren Kleidern. Die Laken, die uns umgaben begannen sich zu bewegen, einige durch die Luft zu flattern.

Ich riss meine Augen auf, schnappte unweigerlich nach Luft, als wir hinter uns ein merkwürdiges Kratzen vernehmen konnte. .

„BELLA LAUF!“

Das musste er mir nicht zweimal sagen. Ich rannte los, Edward vor mir. Ich wollte nur noch da raus. Das Kratzen wurde lauter, kam näher.

Wurden wir etwas verfolgt?

Nicht umdrehen!, schrie ich mir selbst in Gedanken zu.

Wieder ertönte ein Donnerschlag, als wir ein anders Geräusch vernahmen, das ich aber nicht definieren konnte. Aus dem Augenwinkel sah ich einen Schatten, der schnell näher kam.

Ich kniff meine Augen zusammen, wollte schneller rennen, als ich Edward hörte, der einen leisen undefinierbaren Laut ausstieß, als er rumpelnd zu Boden ging.

„Edward!“ Sofort war ich neben ihm, vermied es aber tunlichst nach hinten zu sehen.

„Au!“, brachte er hervor, blickte zu seinem Knie, das sich langsam rot verfärbte. Sofort atmete ich durch den Mund, griff nach seinem Arm, zog ihn nach oben.

So schnell es möglich war, schlugen wir die Tür hinter uns zu, eilten die Treppe hinunter und beruhigten uns erst wieder etwas, als wir uns in Edwards Zimmer verschanzt hatten.
 

***
 

„Tja, und als wir uns wieder völlig gefasst hatten, habe ich deine Wunde versorgt und wir haben uns darauf geeinigt, dass wir niemanden davon erzählen. Also haben wir auch deine Verwundung“ – ich schmunzelte kurz in mich hinein – „geheim gehalten und ich habe ein Woche lang immer kontrolliert, ob sie sich auch ja nicht entzündet. Der Schnitt war schon ziemlich groß, ein Wunder, dass da nur so eine kleine Narbe zurück geblieben ist.“

„Und was ist mit dem Gespenst?“, hakte Edward nach.

„Emmetts Gespenst hat sich später als ein defektes Fenster heraus gestellt. Und das, was und angegriffen hat, war ein Kerzenständer, der sich selbständig gemacht hat.“

„Also haben wir uns tatsächlich in höchste Gefahr begeben.“, scherzte er.

„Oh ja. Lebensgefahr!“, gab ich mit gespielten Ernst in der Stimme zurück. Meine Augen ruhten bei dieser Bemerkung auf seinem Bein, bevor ich wieder zu ihm aufsah.

Edward trug ein seliges Lächeln auf seinen Lippen. Es schien ihm gefallen zu haben, was er gerade gehört hatte. Ein zufriedener Ausdruck spiegelte sich in seinen Augen. Seine Gesichtszüge waren vollkommen entspannt.

Ich begann ebenfalls zu lächeln, während mein Blick immer noch auf ihm ruhte.

„Ich wusste es. Es gibt niemanden, der mich so gut kennt, wie du!“, sprach er, wobei ich mir nicht sicher war, ob diese Worte überhaupt für mich bestimmt waren, so leise, wie er diese ausgesprochen hatte.

Meine Atmung stoppte.

In jedem einzelnen Wort lag so viel Intensität, dass ich kurz völlig aus der Fassung geriet

„Was meinst du jetzt damit?“, fragte ich mit dünner Stimme.

Edward bedachte mich mit einem Blick, der auf mich wirkte, als hätte er gerade zu viel verraten. Aber der Ausdruck verschwand genauso schnell wieder, wie er aufgeflackert war. Er begann wieder zu grinsen.

„Bitte, Bella!“ Er griff wieder nach meiner Hand, zeichnete mit seinem Daumen Kreise auf meinen Handrücken, was mich erschaudern ließ.

Er lenkte ab, überging mit dieser Geste einfach meine Frage. Machte dort weiter, wo er vor einigen Minuten gestoppt hatte.

Er wollte mich überzeugen und zugleich ablenken.

„Ich……ich.“, stotterte ich vor mich hin, schüttelte dann meinen Kopf, um wieder etwas Klarheit zu bekommen. Doch es half nichts.

Edward hatte mich Schach matt gesetzt.

„Na gut!“, war das Einzige, was ich noch mit meiner immer noch dünnen Stimme hervor bringen konnte.

„Danke.“

Ich spürte seine Hand, die mir einige Strähnen hinter das Ohr schoben, bevor er sich wieder aufrichtete, endlich los fuhr und mir somit die Möglichkeit gab, mich wenigstens etwas wieder zu sammeln.

Mein Blick war fest auf die Straße gerichtet, als er begann zu sprechen. „Lieblingsfarbe?“

Ok, das Frage-Antwort-Spiel war in die nächst Runde gegangen und ich konnte durch meine Zusage nicht einmal protestieren. Ganz toll!

Vor zwei Tagen war er auf diese mehr als dämliche Idee gekommen und kein Bitten und Betteln meinerseits, ließ ihn davon abrücken, wie man jetzt wieder sehen konnte. Und da mir keine andere Möglichkeit blieb, antwortete ich brav.

„Je nach dem. Es kommt immer auf meine Stimmung an.“ Ich zuckte die Schultern.

„Gut, dann richten wir uns nach dem heutigen Tag.“

Ich sah an mir herunter. Unter meinem schwarzen dicken Parker, den ich heute an hatte, trug ich eine weiße Bluse und darüber einen blauen Pullover.

„Blau!“, antwortete ich daher.

Zufrieden nickte er, sah dann zu mir herüber.

Das war eine Eigenschaft an Edward, die ich mehr als bewunderte. Trotz, dass er mir immer wieder Blicke schenkte, bei deren Länge manch anderer bereits die Kontrolle über seinen Wagen verloren hätte, hielt er den Volvo selbst bei der überhöhten Geschwindigkeit, die er bevorzugte, gekonnt in der Spur.

„Dann hoffe ich, dass du in nächster Zeit diese Stimmung beibehältst.“

Fragend sah ich ihn an.

„Blau steht dir ausgezeichnet.“ Er schaute mich weiter an und lächelte auf die Art, die mir immer das Herz zerriss.

Ich versuchte schnell den Klos, der sich in meinem Hals gebildet hatte, zu beseitigen, denn ich wusste, die nächste Frage würde gleich kommen. Doch die wunderbare Wärme schwand nicht.

Während ich darauf wartete, dass er das Verhör fortsetzte, schweiften meine Gedanken wieder ab. Ich erinnerte mich an die vergangenen Wochen.

Edward und ich hatten ziemlich viel miteinander unternommen. Alleine oder auch in Kombination mit Emmett, Rosalie, Japser und Alice. Und ich musste sagen, dass ich mich jedes Mal umso mehr freute, dass ich mich doch zu dieser Entscheidung durchgerungen hatte – auch wenn es mir schwer gefallen war.

Ich bemerkte immer wieder Alice Blick, wenn sie Edward und mich verstohlen musterte, ihr Lächeln, dass sie dann trug. Ihr Wunsch war in Erfüllung gegangen. Die gesamte Familie war wieder zusammen, konnte ungetrübt wieder zusammen sein.

Es freute mich, dass ich ihr damit so viel Freude machte. Ich sah es als eine kleine Wiedergutmachung für Alice sowie auch Emmett, dass sie mit mir so viel durchmachen mussten. Was für sie nicht leicht gewesen war.

Ich war glücklich, dass ich ihnen dadurch etwas zurückgeben konnte.

Edward öffnete mir die Beifahrertür, was mir aufdeutete, dass wir bereits an der Universität angekommen waren und er seine Befragung nicht fortgeführt hatte, was mir recht war. Ich liebte die angenehme Stille zwischen uns. Ich konnte darin immer vollkommen entspannen.

Ich sah kurz auf meine Armbanduhr. Trotz unseres Gesprächs vor der der Haustür hatten wir noch genügend Zeit. Edwards Fahrstil hatte definitiv den Vorteil, dass wir niemals zu spät kommen würden.

Wie immer half er mir aus dem Auto, schloss die Tür, um sich dann sofort neben mich zu gesellen. Kaum, dass wir uns auf dem Campus befanden, bemerkte ich bereits die unzähligen Blicke, die auf uns lagen.

Aber ich schenkte diesen keine große Beachtung. Ich kannte das bereits, auch wenn es schon einige Zeit zurück lag. Doch es war wie Fahrrad fahren, auch wenn man dies eine Zeitlang nicht ausübte, verlernte man es nie.

Und Edward wich geschickt jedem Flirtversuch aus.

Was ich auf der einen Seite mit stiller Befriedigung registrierte, auf der anderen wiederum nicht verstand. Denn es waren schon einige sehr hübsche Studentinnen dabei gewesen, die ich selbst flüchtig kannte. Aber er ging auf keine der Nachfragen nach einem Treffen ein. Ich traute mich jedoch nicht, ihn darauf anzusprechen.

Ich hob meinen Kopf leicht an, als ich eine winkende Angela sah, die uns ein freudiges „Guten Morgen!“, entgegen rief.

Edward erwiderte den Gruß umgehend.

Ein Schmunzeln legte sich auf mein Gesicht, als ich an Angelas Reaktion zurück dachte, als ich einige Tage später, nachdem ich mich wieder mit Edward vertragen hatte, mit diesem gemeinsam auf dem Unigelände erschienen war.
 

***
 

„Angela, darf ich dir vorstellen, das ist Edward. Edward das ist Angela.“

Diese sah mehr als baff aus, als Edward ihr freundlich die Hand entgegenstreckte.

„Hi, Angela.“

„Äh hallo.“, mehr brachte sie vor lauter Verblüffung und mit einiger Verspätung nicht hervor, was Edward mehr als amüsiert zur Kenntnis nahm.

Auch ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, auch wenn ich Angelas Reaktion sehr gut nachvollziehen konnte, hatte sie doch das Schauspiel zwischen Edward und mir von Anfang an mitbekommen.

Somit war ihre Verwunderung durchaus nachvollziehbar.
 

„Ich dachte du magst ihn nicht?“, fragte sie mich unauffällig, so dass Edward nichts mitbekam in mitten der Vorlesung.

„So ist das nicht. Ich habe nie gesagt, dass ich ihn nicht mag. Wie du ja selbst siehst mag ich ihn“, antwortete ich.

Sie legte darauf ihre Stirn in Falten.

„Ich hab ihn nur nicht beachtet. Das sind zwei völlig unterschiedliche Verben.“, erklärte ich weiter.

Mein Blick schwenkte von unserem Professor zu Angela, die jetzt noch verwirrte aussah als in dem Moment, als ich ihr Edward vorgestellt hatte.

„Aha!“, kommentierte sie meine Aussage.

Und ich biss die Zähe zusammen, um nicht lauthals loszulachen.

Aber so wie Angela war, fragte sie nicht weiter nach, gab sich mit meiner Erklärung zufrieden.
 

***
 

„Und, ist der Fragekatalog jetzt schon etwas abgearbeitet?“, fragte ich, als wir zurück zum Auto liefen. Die Vorlesungen waren für den heutigen Tag beendet. Ein entspannter Nachmittag lag vor uns.

„Wie meinst du das?“

„Na, ob du mir eine kleine ungefähre Zeitangabe machen kannst, wie lange ich das noch über mich ergehen lassen muss?!“

„Mhm…… Ich weis nicht genau!“ Er setzte eine Unschuldsmine auf, die mich böses ahnen lies. „Um ehrlich zu sein, kann ich nicht genau abschätzen, wie lange es dauert noch ca. 1 Million Fragen abzuarbeiten?“ Der pure Schalk lag in seine Augen.

„Edward!“, schnappte ich.

Er gluckste los, was er ziemlich oft tat und seine Schwester jedes Mal zur Verzückung brachte, wenn sie in der Nähe war. Was ich nicht so ganz nachvollziehen konnte. Wenn ich sie danach fragte, winkte sie nur ab und wechselte das Thema, ich verdrehte darauf immer die Augen.

Ich hatte hierauf begonnen, Alice aufgrund von Beobachtung zu analysieren, aber war bisher leider kläglich gescheitert. Ich war in solchen Deutungen eine absolute Niete.

Vielleicht müsste ich mir zur gegebenen Zeit einmal Japser zur Seite nehmen und ihn einfach mal ausfragen.

Aber was ich sehen konnte, war, dass Alice um einiges entspannter wirkte, was sich jedoch völlig im Kontrast zu der Bedeutung des Wortes zeigte. Sie war immer quirlig, aber die letzten Wochen war sie total aufgedreht, strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Alice Form der Entspannung Manchmal befürchtete ich schon, dass sie vom vielen Grinsen einen Krampf im Gesicht erlitten hatte. Doch so war es nicht.

Sie war einfach nur ungemein glücklich.

Ich ließ sie. Alice war damals im Flur, als Edward sich zu mir hinunter gebeugt hatte, um mich auf die Wange zu küssen, vermutlich tausend Tode gestorben. Der erste Satz, den sie auf der Zungen trug, nachdem wir sie aufgeklärt hatten, war: „Ok, wer bist du und was hast du mit meiner Bella gemacht?!“

Eine wirklich berechtigte Frage.

Sie war auch noch einige Tage danach äußerst misstrauisch, traute dem Frieden nicht. Mittlerweile war sie jedoch mehr als überzeugt, nahezu euphorisch, was mir gerade wieder vor Augen gehalten wurde, als Edward und ich die Wohnung betraten und uns eine begeisterte Alice entgegen trippelte.

„Was habt ihr dieses Wochenende vor?“, überfiel sie uns augenblicklich. Ich bekam nicht mal die Chance meine Jacke auszuziehen.

„Wieso fragst du?“, wollte Edward wissen.

„Jetzt sagt schon!“, gab sie drängend von sich.

„Nichts.“

„Gut!“, der kleine Cullen-Zwilling klatschte entzückt in die Hände.

„Alice, was hast du vor?", fragte ihr Bruder skeptisch. Er kannte die Schnapsideen seiner Schwester genauso gut wie ich.

„Nichts Besonderes. Ich habe euch gerade nur in unsere Wochenendplanung mit aufgenommen.“

Ich war mir ganz sicher, dass wir von vorne herein einfach mit eingeplant worden waren – was mit Edward mit einem Blick bestätigte – aber Alice niemals zugeben würde. Jetzt lag es an uns, herauszufinden, was sie geplant hatte. Was nicht all zu schwierig werden würde, wenn ich mir Alice freudiges Gesicht betrachtete.

„Ach, und wie sieht diese aus, wenn ich mal so fragen darf?“, hackte ich nach. Bei Alice musste man da vorsichtig sein. Letzen Endes landete man an irgendeinem merkwürdigen Ort, den man ohne Alice vermutlich nie betreten hätte. Deshalb sollte man sachte mit seiner nachträglichen Zusage umgehen. Auch wenn sie diese meist wenig interessierte. Alice eben, man musste sie einfach lieben.

„Wir fahren nach Forks!“, quietschte sie erfreut auf.

„Was?“

„Warum?“

Edward und ich stellten gleichzeitig unsere beiden Fragen.

„Nun ja, ich dachte, jetzt da ihr euch wieder so gut versteht, muss das doch auch gebührend gefeiert werden. Und wo könnte man das besser, als in Forks!“, erläuterte sie. „Und außerdem hatte Bella gar nicht die Gelegenheit sich mit Mom und Dad länger zu unterhalten, als du hier eingezogen bist. Sie sind danach gleich gefahren, weil es einfach so spät war. Und Charlie dürfen wir auch nicht vergessen. Ich dachte du freust dich?!“ Mit den letzten Worten wandte sie sich wieder an mich.

Ich musste einfach lächeln. „Ja, natürlich tu ich das. Das ist wirklich eine tolle Idee.“

„Sehr schön.“ Ihre Augen begannen zu strahlen. Alice war in Hochstimmung.

Sie drehte uns elegant den Rücken zu, trippelte den Flur entlang, bevor sie stoppte, über ihre Schultern noch einmal zu uns zurück schaute. „Bevor ich es vergesse. Das soll ein Überraschungsbesuch sein. Also bitte absolute Geheimhaltung.“

„Geht klar Schwesterherz.“ Edward zwinkerte in ihre Richtung.

Ihr Lächeln wurde noch breiter, bevor sie in ihrem Zimmer verschwand.

„Forks also.“, murmelte er sogleich bedacht.

Irgendetwas in seiner Stimme und seinem Blick irritierte mich, was er auch wahrgenommen haben musste, denn umgehend verschwand dieser für mich rätselhafte Ausdruck aus seinen Augen.

Aber ich war mir sicher, dass ich dort einen Hauch von Besorgnis lesen konnte.

Aber aus welchem Grund?

Ich haderte gerade mit mir, ob ich ihn darauf ansprechen sollte, als ich seine Hand spürte, die sich um meine schlang und mich in Richtung Küche zog.

Überrascht sah ich auf.

Edward sah zu mir, begann schief zu grinsen. „Also ich hab jetzt Hunger! Wie sieht es bei dir aus?“

Sein liebevoller Blick, seine warme Hand, die ein unbeschreibliches Kribbeln in mir auslöste, was meinen Arm hinauf schoss, brachte mich von meinem Vorhaben ab.

„Mhm!“, war alles was ich heraus bekam.
 

***
 

Meinungen?? Ich freu mich darauf.
 

Liebe Grüße

eure Pei-Pei

Eine Hausarbeit und ihre Folgen

Hi zusammen, da bin ich wieder.
 

Wie ich lesen konnte, hat euch das letzte Kapitel gefallen. Na, dann bin ich mal gspannt, was ihr zu dem hier sagt. ^^
 

Eine Hausarbeit und ihre Folgen
 

Es war Donnerstag. Ein Tag bevor wir nach Forks fahren würden.

Eigentlich ein Grund zur Freude.

Eigentlich!

„Hausarbeit!“, japste ich einige Oktaven zu hoch, während meine Augen aufrissen, ich gleichzeitig zu Angela herum wirbelte.

Diese trat verschreckt einen Schritt zurück.

„Na ja…..die Hausarbeit, die heute fällig ist Bella.“, gab sie doch leicht irritiert von sich.

Ich bemerkte, wie mir jegliches Blut aus dem Gesicht wich. Wahrscheinlich war ich gerade eins mit der weißen Wand.

Ich kramte in meinem Gedächtnis!

Ich hatte noch nie – ich betone noch nie - einen Abgabetermin für eine Hausarbeit vergessen.

Ich war sogar immer einige Tage früher fertig, da ich es hasste unter Stress zu arbeiten. Für so etwas war ich kein Mensch.

Und ich dachte bis in diesem Moment fest daran, dass mir so etwas aus niemals passieren würde.

Aber für alles gab es immer das erste Mal!

Welches geistreiche Licht hatte überhaupt diesen mehr als dämlichen Satz erfunden?

Mein Herzschlag beschleunigte sich, und dieses Mal war ausnahmsweise nicht Edward der Grund, der sich neben mich gestellt hatte und mich besorgt musterte.

Schnell huschten meine Augen zu ihm, bevor ich wieder zu Angela sah. Ich war immer noch nicht auf die wichtige Information –die ich verzweifelt suchte - gestoßen.

Was war da los?

Ich wurde doch nicht vergesslich!?

Das konnte nicht sein. Ich hatte bis jetzt über ein ausgezeichnetes Gedächtnis verfügt. Zumindest, bis jemand bestimmtes wieder in mein Leben getreten war.

Irgendwann musste sich ja die immer wieder fehlende Sauerstoffzufuhr, die durch Edward ausgelöst wurde, auf mein Hirn Auswirkungen zeigen. Und wie ich feststellen musste, war genau dies der Zeitpunkt dafür.

Doch da, zunächst nur ganz wage, doch dann immer klarer trat diese nicht ganz unwichtige Notiz zu mir wieder hindurch, bis ich sie deutlich wieder erkennen konnte. „Die Hausarbeit für Medienforschung!“, nuschelte ich unverständlich.

Wie konnte das nur passieren? fragte ich mich nochmals im Stillen.

„Oh mein Gott!“, presste ich hervor, schlug zugleich meine Hände vor mein Gesicht.

Denn in diesem Moment war mir auch etwas anderes bewusst geworden. Eine weitere Notiz, die ich vergessen oder besser gesagt mir total entglitten war. Ich sollte Edward über diese Hausarbeit informieren. Und genau das stand mir jetzt bevor.

Nun ja, besser spät als nie.

Was für ein dämlicher Spruch war das denn jetzt schon wieder?

Ich spreizte leicht meine Finger und schielte durch die Lücke, die entstanden war zu ihm auf.

„Bella, alles in Ordnung?“ Immer noch musterte er mich mit diesem besorgten Gesichtsausdruck.

Ich fragte mich wie lange noch?

Wahrscheinlich würde er mich in ein paar Sekunden am liebsten massakrieren wollen. Aber ich hoffte auf Edwards perfekte Selbstbeherrschung und auf die Gefühle, die er als Freund für mich empfand.

Ich holte tief Luft, befreite mein Gesicht aus meinen Händen und sah mit festem Blick zu Edward auf.

„Nun.“, räusperte ich mich. „Man könnte so sagen, dass mir da etwas entfallen ist.“

„Die Hausarbeit.“, stellte Edward sachlich fest.

Ich nickte, begann mit dem Ärmel meiner Jacke zu nesteln.

Ich hörte ein leises Glucksen, bevor er seine melodische Stimme wieder erhob. „Kein Problem Bella, ich helfe dir dabei. Dann geht das ganz schnell.“

Ich verhinderte, dass sich mein Mund verzog, stattdessen versuchte ich ein Lächeln zustande zu bringen, was höchst wahrscheinlich ziemlich verkrampft aussah. Edward musterte mich hierauf skeptisch.

„Soll ich dir nicht helfen?“, hakte er jetzt doch leicht verunsichert nach.

„Das ist es nicht!“, presste ich zwischen meinen Zähnen hindurch.

Fragend hoben sich Edwards Augenbrauen an. Wahrscheinlich verstand er gerade überhaupt nichts.

Würde ich bei dem Stuss, den ich von mir gab auch nicht.

Verdammt Isabella Marie Swan, reis dich gefälligst zusammen. Er wird dir bestimmt nicht den Kopf abreisen. Das hoffte ich zumindest.

Ich räusperte mich noch einmal. „Ja, weist du Edward, diese Hausarbeit……… muss..... naja....... ist für Medienforschung.“

So, jetzt war es raus.

Edward zuckte mit den Schultern. „Ist doch kein Problem. Medienforschung also. Na dann würde ich sagen……….“ Er wurde immer langsamer bis er das Reden völlig eingestellt hatte. Gleichzeitig konnte ich förmlich sehen, wie es hinter seiner Stirn Klick machte.

„Moment mal, sagtest du Medienforschung?“

Ich schlug schnell meine Augen nieder, bevor ich ihm antwortete. „Ja.“

„Das……., das bedeutet, dass wir beide……“

„Das wir beide im selben Boot sitzen.“ Kaum hatte ich diesen Satz ausgesprochen, spürte ich, wie seine Hand nach meinem Handgelenk griff. Ich war so perplex, dass ich ihm einfach hinterher trottete, während Edward schnellen Schrittes in Richtung Ausgang lief und über seine Schultern noch ein „Bis Morgen Angela!“, rief.

„Wir haben noch Vorlesungen.“

„Für die haben wir jetzt keine Zeit mehr.“

Hörte ich da einen leicht säuerlichen Unterton? Ich war mir da nicht so sicher. Was ich jedoch sagen konnte, war, dass er mit der Situation ganz und gar nicht zufrieden war. Wer wäre das nicht? Wenn ich nur daran dachte, mir jetzt den ganzen Tag um die Ohren zu schlagen, damit wir diese dämliche Hausarbeit fertig bekommen würden.

Vorausgesetzt dass wir uns in dieser Angelegenheit überhaupt zusammensetzten – was ganz und gar von Edward abhing.

Mit schnellen Schritten, verließen wir die Uni. Nur Edward war es zu verdanken, dass ich bei diesem Tempo nicht stolperte.

„Bist du sauer?“, frage ich vorsichtig, als er langsamer wurde, da wir uns dem Parkplatz näherten.

Edward sah kurz zu mir zurück, bevor er seinen Blick wieder nach vorne richtete. „Würde das was an der Situation ändern?“

„Nein!“, gab ich seufzend und zugleich kleinlaut von mir.

„Also hätten wir das geklärt.“

Was sollte ich darauf noch sagen.
 

Kurze Zeit später saß ich im Schneidersitz auf der Couch. Meine langen Haare hatte ich zu einem Knoten im Nacken zusammen gebunden. Ich konnte mich einfach besser konzentrieren, wenn mir nicht immer wieder eine verirrte Haarsträhne ins Gesicht fiel.

Ich schenkte derzeit meine ganze Aufmerksamkeit dem Laptop vor mir. Meine Finger bewegten sich schnell über die Tastatur, um an die gewünschten Informationen zu gelangen, während ich einen Bleistift zwischen meine Lippen geklemmt hatte. Einige Bücher und unsere Aufzeichnungen säumten die Couch sowie den Fußboden.

Ich musste gestehen, dass Edward und ich bis jetzt gut vorangekommen waren.

Er saß auf dem Boden, sein Rücken an die Couch gelehnt. Ich ertappte mich dabei, wie ich aus dem Augenwinkel immer wieder auf seinen kupferfarbenen Haarschopf lugte. Zu meinem Leidwesen, verringerte diese Geste nicht gerade den Drang, mit meiner Hand durch sein Haar zu fahren. Ich schnaubte, als ich mich gerade wieder einmal dabei erwischt hatte, ermahnte mich zum wiederholten Mal, endlich damit aufzuhören, als besagte Person leicht verwundert zu mir aufsah.

„Blödes Internet!“, nuschelte ich schnell zur Erklärung und Edward glaubte mir, wandte sich wieder seinem Laptop zu, der auf dem niedrigen Wohnzimmertisch stand.

Puhh!

Gut gerettet Bella, lobte ich mich selbst.
 

Knapp sah ich auf die Uhr. Wir lagen gut in der Zeit. Es war nicht einmal 18 Uhr. Wir hatten also genügend Zeit bis zum Abgabeschluss – Mitternacht.

Ich musste mich unbedingt noch mal bei Angela bedanken. Ohne sie hätte ich, oder besser gesagt wir, die Hausarbeit völlig vergessen. Edward war eindeutig nicht gut für mein Studium.

Ich war gerade wieder dabei, mich in meine Arbeit zu vertiefen, als ich ein Seufzen vernahm.

Edward streckte seine Arme über seinen Kopf, lies diese dann wieder sinken, kreiste seine Schultern.

Augenblicklich spürte ich meine angespannten Muskeln, was nicht verwunderlich war. Seit vier Stunden befand ich mich nun schon in dieser Sitzposition und hatte mich fast keinen Zentimeter mehr bewegt. Der Griff zur Wasserflasche zählte eindeutig nicht.

Ich tat es Edward gleich, legte meinen Kopf in den Nacken, rollte ihn von der rechten zur linken Seite, um meine Muskeln wenigstens ein klein wenig zu entspannen.

Eine Massage, das wäre jetzt genau das Richtige. Aber leider nur ein Wunschtraum. Denn wer sollte mir schon diesen Gefallen tun? Obwohl ich wüsste schon…..

Bella du schweifst schon wieder ab!

Ich atmete einmal durch, legte meine Finger wieder auf die Tastatur, als ich angestoßen wurde, seitlich auf eins der großen Kissen fiel, die unsere Couch verschönerten. Strafend blickte ich zu Edward hinunter, der mich entschuldigend anlächelte. Sein Blick war entwaffnend. Weshalb mein Blick sofort in sich zusammen stürzte.

Das war ja so was von klar.

Ich wandte mich wieder meiner Hausarbeit zu, begann nochmals den Absatz, welchen ich zuletzt abgetippt hatte, zu lesen. Zumindest versuchte ich es.

Eine Gänsehaut überzog meinen Körper. Ich spürte ein leichtes Kribbeln.

Ich senkte meinen Kopf etwas tiefer. Sah stur auf den Monitor.

Ich wusste, dass er mich ansah. Ich kannte die Reaktion meines Köpers auf seine Blicke.

Nicht hin sehen, Bella. Denk an die Hausarbeit.

Das Kribbeln schwand, wurde ersetzt durch ein abgeschwächtes Prickeln.

Edward musste also seinen Blick wieder abgewandt haben.

Erleichtert atmete ich auf, um wenige Sekunden später wieder in all meinen Bewegungen inne zu halten.

Das Kribbeln war wieder da. Noch stärker als zuvor. Ich spürte, wie sich langsam meine Wangen begannen zu verfärben.

Was tat er da nur mit mir?

Er brachte mich total aus dem Konzept.

Ich seufzte auf, tat so, als wüsste ich gerade nicht, wie ich weiter machen sollte. Sprich, ich legte einen grüblerischen Ausdruck auf, strich mir mit der einen Hand durch mein Haar, löste so einige Strähnen, die dadurch seitlich in mein Gesicht fielen.

Perfekt.

Ich hatte mir einen kleinen Haarvorhang geschaffen, der mich etwas vor Edwards Blick schützen würde. So würde ich mich wieder auf meine Arbeit konzentrieren können.

So dachte ich zumindest.

Leider machten mir meine eigenen Augen einen gewaltigen Strich durch die Rechnung.
 

Kaum wollte ich wieder loslegen, wanderten diese in Richtung Edward. Ich wusste, dass er derzeit nicht sehen konnte, wohin sich meine Augen bewegten.

Und genau dieses Wissen wurde völlig ausgenutzt.

Mein Herz schlug bereits einige Takte höher.

Er sah wieder zu mir. Oder immer noch?!

Ein kleines Lächeln bildete sich auf meinem Gesicht, während ich ihn weiterhin beobachtete.

Seine Augen waren die wunderschönsten denen ich je begegnet bin. Ich wusste, dass keine jemals solch eine Auswirkung auf mich haben würden. Niemals.

Zu meinem erhöhten Herzschlag, gesellte sich mein Pulsschlag.

Etwas blitzte in Edwards Augen auf. Ein Zucken umspielte seine Mundwinkel. Schnell drehte er sich wieder weg, begann wieder an seiner Hausarbeit zu feilen.

Es war, als wäre nie etwas geschehen.

Ich saß wenigen Sekunden noch so da, rührte mich nicht.

Was sollte das denn jetzt gewesen sein?

Wieso zum Teufel noch mal, tat er das?

Und warum hatte ich das getan?

Verärgert über mich selbst, zog ich meine Brauen etwas tiefer. Meine Augen verschmälerten sich etwas, während ich jetzt mit aller Gewalt, die ich aufbringen konnte, diese wieder auf den Bildschirm heftete.

Schreiben Bella! Hausarbeit!, bellte ich mir selbst in Gedanken entgegen.

Zwei Sätze später, während den ich vor mich hingegrummelt hatte, drang ein unterdrücktes Glucksen an mich heran. Ohne, dass ich es verhindern konnte, schoss mein Kopf zur Seite und ich konnte gerade noch sehen, wie sich Edward wieder abwandte.

Er hatte wieder zu mir aufgesehen.

„Edward!“, zischte ich. „Hör auf damit!“

„Was meinst du Bella?“, fragte er mich verwirrt.

Meine Augen wurden schlagartig noch schmaler, während ich ihn fixierte.

„Du weist ganz genau, was ich meine!“, presste ich hervor.

„Ehrlich gesagt, nein.“ Seine Stimme klang zuckersüß.

Karies lässt grüßen, ging es mir durch den Kopf, während ich versuchte die Regelmäßigkeit meiner Atmung beizubehalten.

Edwards Gesichtsaudruck drückte seine Verwunderung aus. Doch in seinen Augen lag der pure Schalk.

„Vergiss es!“, blaffte ich, drehte mich wieder weg.

Mit Wucht trafen meine Fingerkuppen auf die Tastatur. Ein Wunder, dass mein Laptop noch keinen sichtlichen Schaden davon trug. Immer wieder merkte ich seine Blicke auf mir und ich versuchte gerade diese rigoros zu ignorieren. Für so Kindereien hatten wir jetzt keine Zeit. Wir hatten eine Hausarbeit bis Punkt Mitternacht abzugeben.

Diese Scherze konnte er sich ein andermal erlauben.

Aber nein. Das sah Edward Cullen anscheinend ganz anders. Immer wieder hörte ich ein leises Kichern von ihm.

Ja, amüsier dich nur, du Blödmann!

Meine Finger schmerzen bereits, so sehr verkrampften sich diese.

Ich nahm mir fest vor, ihm nicht zu helfen, sobald ich fertig war. Und ich war mir sich, dass ich noch vor ihm die Hausarbeit fertig hätte. Seit geraumer Zeit hörte ich kein Tippen der Tastatur mehr aus seiner Richtung. Selbst Schuld.

Eine geschlagene halbe Stunde später, hatte ich es geschafft, wenigstens vier weitere Sätze zu meiner Arbeit hinzuzufügen.

Großartig Bella, aber zuvor noch große Reden schwingen. Wie erbärmlich war dass denn?

Reiß dich verdammt noch mal zusammen! Hausarb……

Ein süßlicher Atem streifte meine Wange und mein Gehirn verabschiedete sich mit einem Schlag. Die absolute Leere herrschte in meinem Kopf. Für Sekunden war ich völlig erstarrt. Ich nahm nur noch seine Nähe war, die mir alle Nackenhärchen zu berge stehen ließ.

Ich wusste selbst nicht, wie ich es schaffte, doch meine Hand griff neben mich, packte nach einem Kissen, das dort lag.

„Edward Anthony Cullen!“, stieß ich versucht ärgerlich hervor. „Ich hab dich gewarnt!“

Und schon traf ich mitten ins Ziel. Edwards Gesicht.

Dessen Lachen erstarb. Damit hatte er anscheinend nicht gerechnet.

Mit Genugtuung sah ich auf ihn herab. Ein bereites Grinsen zierte mein Gesicht. „Du solltest dich nie mit mir anlegen. Merk dir das!“, warf ich ihn noch hochnäsig entgegen, tadelte ihn sogleich mit erhobenen Zeigefinger.

„Ach tatsächlich?“, fragte er herausfordernd.

Ich hatte keine Möglichkeit mehr, in irgendeiner Weise zu reagieren. Ich konnte seiner Bewegung kaum folgen, da war Edward schon auf seine Füße gesprungen, hatte das Kissen in seiner Hand und warf sich mit diesem auf mich.

Ich stieß einen Schrei aus, der vom Kissen erstickt wurde. Gleichzeitig verlor ich mein Gleichgewicht, fiel rücklings auf die Sitzfläche.

Edward machte sich bereits zum nächsten Angriff bereit. Ich nutzte die Lücke aus. Griff nach hinten, packte ebenfalls wieder nach einem der Kissen, warf und traf, zu meiner eigenen Verwunderung.

So schnell ich konnte, rollte ich mich zur Seite, stieß mich vom Sofa, bewaffnete mich zuvor noch mit zwei Kissen und brachte einen kleinen Abstand zwischen mich und Edward.

Mit einem Funkeln in den Augen sah er zu mir. Angriffslustig reckte ich ihm mein Kinn entgegen. Ich lies ihn nicht aus den Augen, die Kissen bereits erhoben, um den nächsten Angriff abwehren zu können.

Und dieser kam auch prompt.

Das erste Kissen flog perfekt gezielt auf mich zu. Ich holte aus, setzte mit einem meiner Kissen dagegen. Die beiden kollidierten noch in der Luft, landeten auf dem Tisch, rissen Alice Schweizer Fahne zu Boden. Dieses blöde Ding war sowieso überflüssig. Daher kümmerte ich mich nicht darum.

Ich sprang zurück, als Edward von der Couch sprang.

Er kicherte überheblich. „Lass es am besten gleich Bella. Ich hol dich auf jeden Fall ein.“

Kindisch, wie ich gerade war, streckte ich ihm die Zunge raus und betete zugleich, dass ich bei meinem Fluchtversuch nicht stolpern würde. Wenigstens dieses einmal Mal.

Edward trat einen schnellen Schritt auf mich zu. Ich blieb stehen. Meine Finger gruben sich tiefer in den weichen Stoff.

Er kam noch einen Schritt näher.

Und noch einen.

Noch ein kleiner Schritt.

Ich täuschte an, als wollte ich loslaufen, weshalb Edward ebenfalls zum Spurt anlegen wollte, stattdessen holte ich jedoch aus, warf das Kissen und nahm dann meine Beine in die Hand, eilte an Edward vorbei.

So war zumindest mein Plan.

Ich wollte schon jubeln, fühlte mich schon in Sicherheit, als ich zwei Arme spürte, die sich um meine Hüfte schlangen, mich mit Leichtigkeit stoppten.

Ich quiekte auf, was Edward laut auflachen ließ.

Ich versuchte mich von ihm zu lösen, was ihn dazu veranlasste die Umarmung noch zu verstärken. Ich spürte seinen Körper an meinem. Die Wärme, die von diesem ausging, sich auf meine Haut legte.

Meine Atmung beschleunigte sich weiter.

Sauerstoff, ich brauchte dringend Sauerstoff.

Sein lieblicher Atem kitzelte mich auf der Wange, als sein Gesicht neben dem meinen auftauchte, ich sein erheiterndes Lachen hörte.

„Ich hab doch gesagt, dass du es erst gar nicht versuchen sollt.“, erklang in neckender Tonlage.

Wärme schoss unaufhaltsam in mein Gesicht.

Ich sah zur Seite, berührte mit meiner Wange die seine. Seine Haut fühlte sich so unendlich weich an.

Ich musste etwas tun, sonst würde ich mich gleich vollkommen vergessen.

Die Sehnsucht seine Lippen zu spüren, wurde schlagartig fast unerträglich. Ich wusste aber, dass ich dieser nicht nachgeben durfte.

Also begann ich wieder zur Gegenwehr anzusetzen. Meine Hände umschlangen seine Arme, die immer noch um meine Hüften lagen. Mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte, versuchte ich mich aus seiner Umklammerung zu befreien. Zugleich beugte ich meinen Oberkörper etwas nach vorne, um so etwas Abstand zwischen uns zu bringen.

Mein Rücken schien in Flammen zu stehen.

Ich stieß mit meinem Fuß gegen etwas Seidiges. Mit einem raschen Blick nach unten registrierte ich das Kissen.

Ok, dann beginnen wir mal das ganze Spiel von vorne.

Ich streckte meinen Arm aus, schnappte nach meiner Waffe und schlug zu.

In diesem Moment geschah alles gleichzeitig.

Edward geriet ins Taumeln.

Ich hörte ein kurzes reißendes Geräusch, konnte dieses aber nicht zuordnen.

Ich spürte, wie ich mit nach unten gerissen wurde, neben Edward auf die Couch fiel.

Das Kissen, das ich gerade noch in der Hand gehalten hatte, verlor ich und Sekunden später ergoss sich ein Teppich aus schneeweißen Federn über uns.

Ich strich mir mit meiner Hand durchs Gesicht, um wieder irgendetwas sehen zu können und begegnete zugleich zwei smaragdgrünen Augen, nur wenige Zentimeter von den meinen entfernt.

Umgehend hielt ich die Luft an.

Ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen, was mich dazu veranlasste meine Hand zur Faust zu ballen. Nur so konnte ich verhindern, mit meinen Finger die Konturen seiner Lippen nachzufahren.

Edward Brustkorb hob und senkte sich schnell.

Ich war gebannt von seinem Anblick.

Einige Strähnen seines seidigen Haars fielen ihm wirr in die Stirn. Federn hatten sich dort verfangen. Seine perfekten Gesichtszüge waren völlige entspannt, während seine Augen von einem warmen Leuchten bewohnt wurde.

Ich konnte nicht anders, begann schüchtern zu lächeln, senkte etwas meinen Blick, um ihn durch meine Wimpern hindurch anzusehen.

Sein Lächeln wurde größer. Das Strahlen nahm zu.

Mein Atem stockte. Schwindel überfiel mich.

„Atmen Bella!“, kicherte er und ich befolgte seinen Rat.

Sofort wurde meine Sicht wieder klarer.

Das Brennen in meinen Lungen ebbte ab.

„War es immer so zwischen uns?“, fragte er nach einer Weile der Stille, leise mit sanfter Stimme.

„Ja!“, antwortete ich in der gleichen Tonlage.

Edward seufzte zufrieden auf. „Das ist schön.“

Diese Aussage verwunderte mich. Was meinte er jetzt damit?

„Edward?“

Er verstand, was ich damit sagen wollte, rückte zunächst noch ein Stückchen näher zu mir heran, griff nach meiner Hand.

Ich erwiderte den Druck.

In seiner Nähe fühlte ich mich geborgen, spürte ich eine Stärke, die ich glaubte, bereits vor langer Zeit verloren zu haben. Doch jetzt war er wieder da. An meiner Seite.

„Es freut mich einfach nur, dass wir uns wieder so gut verstehen. Dadurch fühlt sich so einiges wieder völlig normal an und ich weiß, dass es richtig ist. Eine ganze Weile war ich einfach nicht ich selbst.“, murmelte er.

„Bist du es denn jetzt?“, flüsterte ich mehr als neugierig.

„Ich komme dem immer näher!“

Mein Herzschlag verstummte. Das Brennen in meiner Lungen nahm wieder zu. Aber es war mir egal.

Edwards Hand strich sanft meinen Arm hinauf, während unsere Hände immer noch mit einander verschlungen waren. Ich verringerte den Abstand zwischen uns noch weiter. Er streifte mich mit seiner Nasenspitze, als er seine Stirn an die meine bettete.

Sein lieblicher Atem schlug mir ins Gesicht. Gierig sog ich diesen ein, war davon wie berauscht.

Seine Hand wanderte weiter hinauf zu meiner Schulter. Ich spürte, wie seine Fingerkuppen über mein Schlüsselbein glitt, was mich erschaudern ließ, weiter meinen Hals hinauf wanderte, um dann auf meiner Wange zu ruhen.

Als seine kühle Hand meine erhitzen Wange berührten, zuckte ich leicht zusammen.

„Bella!“, hauchte er mit seiner musikalischen Stimme. „Ich danke dir.“

„Nein……. es gibt nichts zu danken! Ich bin froh, dass du wieder da bist“, flüsterte ich noch leiser zurück, was seine Augen noch stärker strahlen lies, ich in ihren grünen Tiefen versank.

Ich dachte wirklich, dass die Wunden durch sein Gehen niemals wieder heilen würden.

Doch jetzt lag ich hier bei ihm und es fühlte sich unheimlich gut an. Mehr als das. Ich fühlte mich wieder mehr ich selbst, als in den letzten sieben Jahren. Als wäre ein fehlendes Stück von mir zurückgekehrt.

Ich fühlte mich wieder heil und geborgen.

Ich konzentrierte mich auf Edwards Daumen, der mir sanft über die Wange strich, bemerkte dadurch nicht, wie sich meine Lider immer weiter und weiter senkten, die Müdigkeit allmählich von mir Besitz ergriff, meine Gedanken langsam verklangen und ich mit einem wohligen Gefühl in meinen Bauch in den Schlaf glitt.
 

„Ich bin wieder da!“

Ich murmelte nur etwas unverständliches, schmiegte mich dann enger wieder an die Wärmequelle, die sogleich so gut roch. Ein leises zufriedenes Brummen drang an meine Ohren, wessen ich jedoch keine große Beachtung schenkte. Ich wollte liegen bleiben, einfach nur weiter schlafen.

Doch mein Wunsch ging nicht in Erfüllung.

„OH MEIN GOTT!!“

Durch diesen Aufschrei wurde ich mit einem Schlag wach, wollte mich herum drehen, um nach dem Verursache zu suchen, als ich spürte, dass ich nichts mehr unter mir spürte.

Wieso war mein Bett plötzlich so schmal?

„Bella.“ Die Stimme klang mehr als verschlafen und doch aufgeschreckt. Dadurch wusste ich sofort wieder, wo ich - mit Edward zusammen - eingeschlafen war.

Die Couch!

Zischend sog ich die Luft ein, bereitete mich bereits auf den schmerzhaften Aufprall vor.

Ich bemerkte noch, wie Edward seine Arme nach mir ausstreckte, er nach mir greifen wollte. Reflexartig warf ich auch meine Arme nach oben, versuchte irgendwie ihn zu packen zu bekommen, um den Aufprall doch noch verhindern zu können, um so den blauen Flecken doch noch zu entgehen.

Doch die mit den Armen nach Edward greifen Idee war doch kein so gut Einfall. Denn damit hatte Edward allem Anschein nach nicht gerechnet.

Er geriet ins Straucheln, sein Oberkörper neigte sich gefährlich na zu meinem, während ich hilflos – von seinen Armen gehalten – in der Luft hing.

Er biss die Zähne zusammen, wollte mich wieder hoch ziehen, doch in diesem Moment verlor er endgültig sein Gleichgewicht und mit einem lauten RUMS landeten wir auf dem Boden.

Eine kleine Wolke aus Federn stob in die Luft, bedeckte uns von neuem.

„Au!“, mehr konnte ich in meiner derzeitigen Lage nicht hervor bringen, bevor meine Stimme versagte. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals, als mir bewusst wurde, dass Edward direkt auf mir lag.

Hitze breitete sich in meine gesamten Körper aus. Ich spürte ein angenehmes Brennen, dass sich über meine Haut zog.

Edwards Wange streifte die meine, was mich dazu brachte zittrig einzuatmen, als er langsam sein Gesicht, das in meinen Haaren vergraben war, anhob.

Wenige Zentimeter von dem meinen hielt er in seiner Bewegung inne, musterte mich mit Besorgnis.

„Alles in Ordnung Bella?“, fragte er sogleich mit seiner melodiösen Stimme nach.

Ich nickte schnell, dankbar dafür, dass ich diese Bewegung ohne großen Kraftaufwand durchführen konnte.

„Wirklich?“

„Ja!“, wisperte ich leise, sah ihm dabei noch tiefer in die Augen, in denen gerade ein wahrer Sturm der Gefühle tobte, der mich noch mehr aus der Fassung brachte.

Ich öffnete leicht meine Lippen, sog tief die Luft um mich herum ein.

Edward hatte sich bis jetzt keinen einzigen Zentimeter mehr bewegt. Immer noch über mich gebeugt verharrte er, seine Augen strichen die Konturen meines Gesichts nach.

Ich nicht wissend, was ich davon halten sollte!

Augenblicklich verspürte ich den Drang, meine Arme um seinen Nacken zu schlingen, ihn einfach zu mir hinunter zu ziehen, um meine Lippen auf die seinen zu legen.

Ich verzehrte mich nach seiner Berührung, wollte es mehr als alles andere auf dieser Welt, auch wenn ich wusste, dass dies alles wieder ändern würde.

Aber es war mir gerade egal.

So lange hatte ich darauf gewartet. Ich war bereit das Risiko einzugehen. Ich hoffe, flehte, dass er das gleich für mich empfand. Ich…

„Alles in Ordnung mit euch?“

Abrupt schossen wir beide gleichzeitig nach oben und mein vernebelter Verstand klärte sich wieder.

Alice!

Sie hatte ich vollkommen vergessen – oder besser ich realisierte erst jetzt richtig, dass sie hier war.

Meine beste Freundin stand seitlich neben Edward.

Ihre Augen huschten über mich und ihren Bruder, auf den Boden und wieder zu uns zurück.

Ich folgte ihrem Blick, bemerkte, wie nah Edward und ich uns immer noch saßen.

So schnell ich konnte rückte ich etwas ab, nahm einige tiefe Atemzüge.

Was war vor einer Minute nur in mich gefahren?!

Gott. Es fühlte sich an, als wären fast alle Sicherungen bei mir durchgebrannt. Das alleine durch Edwards Nähe.

Ich wollte ihn küssen!

Nicht auszudenken, wenn sich das gerade wirklich abgespielt hätte.

Ich musste mich einfach mehr zusammen reisen.

Dennoch konnte ich nicht verhindern, dass das Bild des Kusses kurz noch einmal vor meinen Augen aufflackerte.

Das restliche Blut aus meinem Körper schoss jetzt noch in meinen Kopf, während ich meine Oberkörper endgültig wieder aufrichtete, ich noch etwas mehr von Edward abrückte, meine Kleidung wieder gerade rückte.

Innerlich flehte ich, dass Alice nicht so viel dort hinein interpretieren würde.

„Alice ich….“

Doch sie überging mich einfach, meine Stimme ging in ihrem entsetzten Schrei unter. „Seid ihr des Wahnsinns?!“

War das ein Schniefen?

„Ich habe gestern ganze zwei Stunden gebraucht um hier alles sauber zu machen!“ Mit ein, zwei eleganten Schritten stand sie vor dem Kissen, oder zumindest vor dem, was nach meiner Attacke auf Edward davon übrig geblieben war, und hob es auf.

„Wie konntet ihr nur?“

Ok, sie schniefte tatsächlich, durchbohrte uns aber zugleich mit einem mörderischen Blick.

„Entschuldigung!“, nuschelten Edward und ich darauf hin unisono.

„Alice, ich werde das…...“, setzte ich an, wurde aber von Edward sofort unterbrochen.

„Mist! Alice, wie viel Uhr haben wir?“ Sein Blick war aus dem Fenster gerichtet. Es war dunkel.

DUNKEL!

Eine schlimme Vorahnung kroch in mir hoch.

„Ähm……genau 22:45Uhr. Wieso?“

„Die Hausarbeit!“, schrieen Edward und ich wie aus einem Mund.

Das Federchaos war vergessen.

So schnell wir nur konnten, stürzten wir an unsere Laptops.

„Wie viel hast du?“, wollte ich wissen.

„Über die Hälfte! Und du?“

„Mir fehlt nur noch der Schluss.“

„Gut, dann los!“

Während unseres Dialogs stand Alice einfach nur stillschweigend da, musterte uns mit einem Ausdruck, der verriet, dass sie nicht wusste, ob sie unser derzeitiges Verhalten hinterfragen oder uns schlichtweg für verrückt halten sollte.
 

Geschlagene 35 Minuten später bestätigte ich gleichzeitig mit Edward den Sende-Button in meinem E-Mail-Fach und atmete erleichtert auf. Wir hatten es noch geschafft.

Alice hatte sich murrend in ihr Zimmer verzogen, nachdem sie sich für ersteres entschieden hatte, aber weder Edward noch ich auf sie eingegangen waren.

Erschöpft lehnte ich mich zurück. Edward, der direkt neben mir saß, tat es mir gleich, neigte sein Gesicht in meine Richtung.

„Ich denke, du stimmst mir zu, dass wir uns das Wochenende redlich verdient haben.“

„Forks wir kommen!“, erwiderte ich hierauf.
 

****

Anregungen, Meinungen, Kritik, her damit. ^^ Ich bin gespannt.
 

Zur Info: Jeder, der mir ein Kommi da lässt, bekomtm eine Ens, wenn das nächste Kapitel da ist.
 

Liebe Grüße

Pei-Pei

Forks

Hi, ihr Lieben.

Da bin ich wieder und hab ich auch ein neues Kapitel mitgebracht. Von dem ich hoffe, dass es euch genauso gefällt, wie das Letzte. ^^
 

Forks
 

Mit strahlenden Augen saß ich auf dem Beifahrersitz von Edwards silbernen Volvo und mein Lächeln verbreitete sich automatisch, je vertrauter die Umgebung wurde, je näher wir uns dem kleinen verregneten Städtchen, in dem wir unsere Kindheit verbrachten, näherten.

Forks.

Allein schon, wenn ich dieses Wort in meine Gedanken dachte, hätte ich loskichern können.

Gott, wie idiotisch war dass denn?

Ich sollte mich wirklich mehr zusammen nehmen.

Ich benahm mich gerade nicht wie eine 23-jährige.

Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie Edward mich amüsiert beobachtete.

Ohne mein Lächeln zu verschmälern, wandte ich mich hierauf ihm zu.

„Was ist?“

„Gar nichts!“, grinste er zunächst. Seine Augen funkelten vor Amüsement. „Du sieht nur vollkommen glücklich und zufrieden aus.“

Ich stimmte ihm mit einem Nicken zu.

Er hatte Recht. Und wie Recht er hatte.

Ich hatte mich schon die ganze Woche über auf diesen Tag gefreut.

Die Freude war noch größer geworden, als wir mit gepackten Taschen vor den Autos standen. Einstimmig wurde beschlossen, dass wir all unsere Vorlesungen am Freitag sausen ließen, damit wir so früh wie möglich losfahren konnten. Das Wochenende war somit von uns gemeinsam eingeläutet worden.

Alice und Jasper beschlossen bei Emmett mitzufahren. Alice argumentierte, dass sie auf der Rückbank von Emmetts Jeeps wesentlich mehr Platz habe, um ihre Beine auszustrecken, als in Edwards kleinem Volvo – was von Edward mit einem Schauben, von Emmett mit einem schallendem Lachen quittiert wurde.

Ich konnte aufgrund dieses Satzes nur in mich hineinlachen. Als ob Alice mit ihrer Größe jemals Probleme bekommen würde. Sie würde noch die Notsitze in einem Zweisitzer für bequem empfinden. Aber ich verkniff mir mein Kommentar – schon allein aufgrund der Tatsache, dass es sechs Uhr morgens und ich mir sehr sicher war, dass es unseren Nachbarn ganz bestimmt nicht gefiel, wenn um diese Uhrzeit eine entrüstete Alice die Aufgabe des gestellten Weckes übernahm.

Inzwischen waren wir bereits zwei Stunden unterwegs. Seit dem wir in Edwards Auto saßen, fühlte ich mich wie ein kleines Kind, das wusste, dass es nicht mehr lange dauerte, bis es endlich Geschenke gab.

Das Strahlen in meinen Augen war nicht zu übersehen, Da war ich mir ganz sicher.

Ich wusste, dass auch zum großen Teil der Umstand, dass Edward neben mir saß, dazu beitrug. Wobei ich so gut es ging versuchte, mich genau mit diesem Gedanken nicht all zu sehr zu befassen.
 

Ich dachte lieber an Charlie, Esme und Carlisle und ihre Gesichter, vor allem wenn sie mich und Edward zusammen sehen würden.

Ich wusste, dass es damals alle sehr bedauert hatten, dass die Freundschaft zwischen mir und Edward so …..tja, wie konnte ich es am besten sagen. Abrupt war dafür noch das treffendste Wort – zumindest aus der Sicht eines Nichteingeweihten - wie mein Dad oder Esme oder Carlisle es waren.

Keiner außer uns Vier wusste, was damals vorgefallen war, gut Jasper und Rosalie muss ich auch noch dazuzählen, auch wenn die beiden nur die grobe Zusammenfassung kannten. Damit verfügten die Zwei jedoch über mehr Wissen als unsere Eltern, vor denen wir alles vertuscht hatten.

Nach dem Streit wollte ich so wenig wie möglich darüber reden, was dadurch auch einigermaßen gelang.

Nur einmal hatte Esme mich einige Zeit danach auf Edward und mich angesprochen, worauf hin ich meinte, dass wir uns einfach etwas auseinander gelebt hatten, was hin und wieder vorkommen konnte. Ich tat meine Erklärung gleichzeitig mit einem gespielt unberührten Schulterzucken ab.

Erkannte aber damals schon, dass Esme mit meiner Aussage äußerst unzufrieden war. Aber sie drängte mich nicht weiter und ich war ihr dankbar dafür.

Seitdem war das Thema niemals wieder angesprochen worden.

Es war so, als wären Edward und ich niemals eng befreundet gewesen.

Selbst im Cullenhaus vermieden wir es so gut es ging aufeinander zu treffen, was meistens nicht schwer gewesen war, da Edward – nachdem er neue Freunde gefunden hatte - fast nur noch unterwegs war, was zu einigen heftigen Auseinandersetzungen mit seinen Eltern führte, von denen ich einige ebenfalls mitbekam, wenn ich bei Alice war.

Ich kann mich noch sehr gut an die Zeit zurück erinnern.

Alice litt sehr darunter, zuckte jedes Mal leicht zusammen, wenn ein solcher Streit wieder ausbrach. Ich versuchte sie dann immer so gut es ging abzulenken. Manchmal packte sie umgehend ihre Sachen, übernachtete dann bei mir. Sie nannte es immer: Befreiender Tapetenwechsel. Typisch Alice. Sie mischte sich nicht mehr ein, da sie genau wie jeder andere nicht mehr an ihrem Bruder heran kam, kläglich gescheitert war. Ein Umstand, den es sonst nie gegeben hatte. Dies war für sie genauso fremd und neu, wie ein Leben ohne Edward für mich.

Ich würde sagen, dass uns diese Zeit noch fester zusammen geschweißt hatte, womit ich überhaupt nicht rechnete. Schließlich waren wir schon die besten Freundinnen, seit dem ich denken konnte – unzertrennlich.

Wir stützten uns gegenseitig, wobei sie mich mehr stützte, als ich sie, was mir heute ab und an noch ein schlechtes Gewissen bereitete. Und durch meinen Zusammenbruch machte Alice sich noch mehr Sorgen. Aber genau diese Zeit ließ das Band der Freundschaft zwischen uns noch stärker werden.

Ich konnte mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass nichts und niemand ein Keil zwischen mich, Alice und Emmett treiben könnte.

Und ich hoffte inständig, dass dies irgendwann auch wieder bei mir und Edward der Fall sein würde.

Dadurch, dass ich die ganze Zeit über in Gedanken schwelgte, achtete ich erst wieder auf die Umgebung, als mir auf einem Schild auf dem High Way das Wort Forks ins Auge stach.

Was wird Charlie bloß sagen, wenn ich unerwartet vor ihm stehe?

Vermutlich nichts. Er wird mich schlichtweg in seine Arme ziehen.

Mein Dad war noch nie ein Mann großer Worte gewesen. Eine Eigenschaft, die ich von ihm übernommen hatte.

Stundenlang saßen wir immer beieinander im Wohnzimmer, ich ein Buch in der Hand, während er irgendein Spiel im Fernsehen verfolgte, ohne ein einziges Wort zu sagen, und doch war die Atmosphäre immer sehr angenehm.

Mein Vater und ich verstanden uns auch ohne Worte. Zwischen uns bestand schon immer eine besondere Bindung. Das war auch einer der Gründe, warum ich in Forks geblieben war als sich meine Eltern trennten.

Ich war damals acht Jahre alt gewesen, als meine Eltern mir mitteilten, dass sie sich Scheiden lassen würden.

Natürlich war ich wütend und traurig darüber. Wütend, weil sie es einfach nicht noch einmal versuchten und traurig, weil ich wusste, dass nichts mehr so sein würde, wie es einmal war. Unsere kleine Familie bestand nicht mehr.

Aber ich hatte – auch, wenn ich damals noch ein Kind war – bereits bemerkt, dass irgendetwas nicht stimmte.

Ihr Verhalten gegenüber dem anderen hatte sich verändert. Sie waren nicht mehr so liebevoll wie früher miteinander umgegangen bis die Umarmungen und Küsse letztendlich völlig aus blieben.

Jedoch dachte ich einfach nur, dass es eine Phase wäre, die vergehen würde.

Doch es kam ganz anders.

Meine Eltern trennten sich im Guten und ließen mir die freie Wahl, bei wem ich bleiben wollte.

Ich entschied mich für meinen Dad.

Schon mit meinen acht Jahren wusste ich, dass er mich viel mehr brauche würde, als meine Mutter, und ich bereute es bis heute nicht.

Außerdem wollte ich nicht von meinen Freunden und vor allem nicht von Alice, Edward und Emmett getrennt werden.

Ich war in Forks glücklich.

Meine Mutter hingegen wollte so schnell wie möglich Forks verlassen. Renee hatte sich niemals richtig mit dem Wetter in Forks anfreunden können. Allein Charlie und ich waren der Grund, warum sie es so lange hier ausgehalten hatte.

Sie zog nach Phoenix, weil sie dort einen Job bekam und ich besuchte sie regelmäßig, telefonierte wöchentlich mit ihr. Zwischenzeitlich hatte meine Mutter auch wieder geheiratet.

Charlie sorgte dafür, dass es mir an rein gar nichts fehlte. Er war und ist heute noch der beste Dad, den man sich vorstellen kann.
 

Edward verließ den Highway und nach wenigen hundert Metern waren wir von dichtem Wald umgeben. Es würde nicht mehr all zu lange dauern, bis wir die ersten Häuser vor uns ausmachen würden können.

Kurz huschten meine Augen zum Rückspiegel. Emmett war direkt hinter uns. Auf seinen Jeep hatte ich die ganze Fahrt über überhaupt nicht geachtet. Edward holte mich aus meinen Gedanken.

„Wer hätte jemals daran gedacht, dass wir mal zusammen wieder nach Forks zurückkommen.“

„Ich glaube keiner.“, gab ich wahrheitsgemäß zurück. „Aus diesem Grund vermute ich, dass wir das Gesprächsthema Nummer Eins sein werden, wenn man uns zusammen auf der Straße sieht.“, antwortete ich. Meinen Missmut hierüber konnte ich nicht verbergen.

Edward nickte bestätigend. „Wahrscheinlich werden wir dann noch gleich als das neue Traumpaar gehandelt.“, griente er.

Mir trieb dieser Satz die Röte ins Gesicht. Verlegen wandte ich meinen Blick aus dem Seitenfenster, um mein verlegenes Lächeln zu verbergen und hoffte zugleich, dass er davon nichts mitbekommen würde.

„Edward!“ Eigentlich beabsichtige ich gleichgültig und zugleich etwas tadelnd zu klingen, doch es klang mehr nach einem schüchternen Quäken.

Ich biss mir sofort auf die Lippen.

Von ihm kam keine Antwort, stattdessen, fühlte ich, wie seine Hand die meine berührte, kurz zurück zuckte, als seine Fingerkuppen meinen Handrücken streifen, bevor er zögerlich seine Finger darum legte, so verharrte.

Mein Herzschlag geriet aus dem Takt.

Nur minimal drehte ich meinen Kopf, lugte durch meinen Haare, dir mir ins Gesicht fielen, zu ihm hinüber.

Edwards Blick war auf die Straße gerichtet. Um seine Mundwinkel zuckte es. Oder bildete ich mir das nur ein?

Ich wandte meinen Blick ab, sah auf unsere Hände hinab. Sein Daumen kreiste über meine Haut, bescherte mir damit einen Schauer nach dem anderen. Nur mit Mühe unterdrückte ich ein leises, wohliges Seufzen.

Mein Körper spielte verrückt. So wie er es immer tat, wenn er mich berührte.

Gott, was sollte ich nur tun?

Ich durfte nicht so reagieren.

Freunde! Wir sind Freunde! Er wollte mit mir befreundet sein. Nicht mehr und nicht weniger!

Aber warum ließ er dann nicht meine Hand los?

Warum macht er dann so etwas mit mir?

Ich verstand es einfach nicht.

Ich musste zugeben, dass ich wieder verwirrt war.

Ich hatte gehofft, dass dieser Zustand nicht mehr auftreten würde, nachdem ich mich für Edward und die Chance entschieden hatte. Doch genau dieser Zustand war wieder Tatbestand meiner derzeitigen Gefühlswelt.

Ich hatte versucht das Gefühl zu unterdrücken. Zu ignorieren. Was mir auch mit meinem Verstand gelang, aber die Wirrungen meines Körpers, meines Herzen konnte ich nicht einfach so abstellen.

Beides begann ein Eigenleben zu entwickeln.

Diese Gefühle waren nicht wegen ihm. Sie waren für sein altes Ich.

Oder?

Redete ich mir das nur ein?

Nein!

Ich durfte Edward damit nicht bedrängen, nicht darauf aufmerksam werden lassen.

Ich wollte dadurch nicht unsere Freundschaft gefährden.

Aber mein Herz und mein Körper scherten sich nicht darum. Im Gegenteil es wurde immer schlimmer.

Die Sehnsucht nach ihm immer größer.

Es wäre das Beste, wenn ich weiterhin dagegen ankämpfte.

Ich seufzte unbemerkt auf.

„Bella?“ – Oder auch nicht.

„Es ist nichts!“, antwortete ich hastig.

Er bedachte mich mit einem prüfenden Blick, was meine Wangen noch einen Tick dunkler färbte. Schnell sah ich wieder aus dem Fenster, schaute in den Seitenspiegel, bemerkte dadurch, dass Emmett gar nicht mehr hinter uns war.

Verwundert über diesen Umstand, sah ich mich in der Umgebung um, bemerkte, dass wir der Biegung der Straße folgten, die Bäume längst Häusern gewichen waren.

Ich war zu Hause.
 

In diesem Moment war meine derzeitige Verwirrung vergessen.

Ich sah meinen Dad, der gerade aus der Tür unseres kleinen Hauses trat. Sah wie er doch etwas erstaunt seine eine Augenbraue anhob, als der silberne Volvo direkt vor dem Grundstück hielt. Und ich sah ein mächtiges Fellbündel am Fuß der Treppe, das gerade auf seine Pfoten sprang.

Kaum war der Wagen zum Stehen gekommen, riss ich die Tür auf. Ein kurzes tiefes Kläffen begrüßte mich, bevor ich meine Arme ausbreitete und auf die Knie ging. „Truman.“

Das war unser neun Jahre alter Alaska Mamamute.

(http://www.dogfacts.org/Alaskan-Malamute-Picture.jpg)

Immer wieder drang ein aufgeregtes Jaulen an meine Ohren, während ich immer wieder Trumans Zunge spürte, die mir über die Wange fuhr, während ich ihn knuddelte.

„Schon gut. Ich hab dich auch vermisst.“, sprach ich beruhigend auf ihn ein, kraulte ihn inzwischen hinter den Ohren, was Truman dazu veranlasste, still zu halten. Ein leises Brummen war das einzige, was er jetzt noch von sich gab.

Ja, auf unser drittes Familienmitglied hatte ich mich ebenfalls riesig gefreut. Es war damals schwer gewesen, als ich nach Seattle zog, mit dem Wissen, dass ich Truman nicht mitnehmen konnte. Anfangs war es sogar recht ungewohnt, nicht von einer kalten Hundeschnauze geweckt zu werden.

Aber so war es einfach besser. Charlie war nicht ganz alleine. Und Truman ging es hier in Forks eindeutig besser als in einer Großstadt wie Seattle.

„Wird man vielleicht auch einmal begrüßt?!“, erklang es in einem gespielt verärgerten Ton.

„DAD!“, rief ich freudig aus, sprang gleichzeitig auf und spurtete die Treppen hoch, um meinen Vater in die Arme zu fallen.

Bei Charlie dauerte es keine Sekunden, bis er die Umarmung herzlich erwiderte.

Ich spürte, wie er mich nach einiger Zeit leicht von sich weg drückte. Automatisch hob ich meinen Kopf an, um meinem Vater entgegen blicken zu können.

Mit einem innigen Lächeln, was nur ein Vater seiner Tochter schenken konnte, sah er auf mich hinab. Seine Hand legte sich auf meine Wange, ein erfreuliches Funkeln lag in seinen Augen, während er mich eingehend betrachtete.

„Bells, was machst du denn hier?“

„Überraschungsbesuch!“

„Oh!“

Ich zog meine Augenbrauen etwas zusammen. Was meine er mit Oh?

„Dad?“

„Nun, weist du Bells, das ist ………“ Er griff sich mit einer Hand in den Nacken. „Versteh mich nicht falsch. Ich freu mich, dass du da bist….. Aber……nun ja……..du hast dir für deinen Überraschungsbesuch wirklich das ungünstigste Wochenende ausgesucht.“

„Warum?“

Dann bemerkte ich seine Kluft. Er trug seine Anglerkleidung. Seine Ausrüstung war ordentlich neben der Tür aufgestellt worden. Mein Blick glitt die Treppen hinunter. Ich konnte sehen, dass ein Teil in meinem alten Transporter, den ich hier in Forks zurück gelassen hatte, bereits eingeladen war. Und nach der Ausrüstung zu urteilen, würde Charlie heute Abend nicht wieder kommen. Erst jetzt fiel mir auch auf, dass er gar nicht zu Hause sein durfte. Er müsste eigentlich auf dem Revier sein. Ich verstand.

„Oh!“, um es mit den Worten meines Vaters auszudrücken. „Du machst einen Angelausflug.“

Charlie nickte beklommen.

„Das ganze Wochenende über, nach deinem Gepäck zu schließen.“, schlussfolgerte ich weiter.

Wieder ein Nicken. „Ich kann aber absagen. Ich ruf…..“

„Nicht doch Dad!“, fiel ich ihm schnell ins Wort. Ich wusste doch, wie gerne er angeln ging und ich erinnerte mich, dass er mir vor ein paar Monaten von einem Angelausflug erzählte, den er mit Billy, seinem besten Freund, schon seit geraumer Zeit plante. Es ging darum, dass sie an einen See, der etwas weiter entfernt von Forks gelegen war, angeln gehen wollten, weil es dort irgendeine besonders gut schmeckende Sorte von Fisch gab.

„Aber Bells, ich kann dich doch jetzt nicht das ganze Wochenende alleine lassen.“ Ihm gefiel dieser Gedanke ganz und gar nicht.

„Sie kann gerne mit zu uns kommen.“

Ich wandte mich schnell um.

Dort stand oder besser kniete mein bester Freund vor seinem Auto, Truman zu seinen Füßen, der sich genüsslich den Bauch streicheln ließ.

War ja klar. Schon damals, als mein Dad Truman eines abends mitgebracht hatte, war es Liebe auf den ersten Blick zwischen den Beiden gewesen.
 

„Edward?“ Verwunderung schwang in der Stimme meines Vaters mit.

„Hallo Charlie!“ War da jemand eventuell etwas nervös?

Ich drehte mich wieder zu meinem Vater, verkniff mir ein Auflachen. Ja, genauso hatte ich mir den perplexen Gesichtsaudruck von Dad vorgestellt, wenn er Edward sehen würde. Doch dass Edward leicht verschüchtert sein würde, damit rechnete ich nicht. Er überraschte einen doch immer wieder aufs Neue.

„Bells?“

Charlies Blick huschte schnell zu Edward, dann wieder zu mir. Damit brauchte er die Frage, die ihm auf der Zunge lag, nicht auszusprechen.

Ich räusperte mich kurz, warf einen scheuen Blick zu meinem besten Freund und begann dann leise zu sprechen, in der Hoffnung, Edward würde mich nicht hören, da Truman seine volle Aufmerksamkeit forderte.

„Er ist nach Seattle gezogen und nun ja,……. wir haben uns wieder angenähert.“, erläuterte ich schnell.

„Ihr seid wieder Freunde?!“

Was war das für ein Unterton, der in der Stimme von Charlie mitschwang? Ich konnte diesen nicht deuten, doch reichte es aus, um mich erröten zu lassen.

„Ja Dad, nur Freunde.“, nuschelte ich, wobei ich das Wort Freunde so überaus betonte, dass nichts anders draus zu schließen war.

„So, Freunde!“, wiederholte er murmelnd, während er mich mit einem wissenden Blick belegte, der mir mehr als peinlich war.

Nervös begann ich auf meiner Unterlippe zu kauen.

Das durfte doch alles gar nicht wahr sein!

War mein Vater jetzt unter die Hobbypsychologen gegangen, die dir nach einem Satz sagen konnten, wie es in dir drin aussah? Hatte ich irgendetwas nicht mitbekommen?!

„Na, wenn das so ist!“, sprach er äußerst belustigt weiter, trat dann an mir vorbei die Stufen hinunter.

Er steckte Edward seine Hand entgegen. „Wie geht es dir mein Junge.“

Edward erhob sich, schlug ein. „Danke gut, Charlie. Und selbst?“

„Ich kann mich nicht beklagen. Interessiert du dich immer noch für Baseball?“

„Ich versuch zumindest kein Spiel zu verpassen.“

„Gut, das freut mich zu hören.“

Sport! War ja klar, dass er gleich mit dem Thema anfangen musste. Neben Angeln eins von Charlies Lieblingsthemen. Und in Edward hatte er natürlich einen ausgezeichneten Gesprächspartner gefunden.

Zu unserer Zeit in Forks schauten Edward und Charlie ständig gemeinsam diverse Spiele im Fernsehen an. Und da ich Edward keine Bitte abschlagen konnte, hatte ich immer das Vergnügen ebenfalls diesen Spaß mitzuerleben. Ich war immer froh, wenn mich gleich nach Spielbeginn der Schlaf übermannte.

Denn es gab nichts Schöneres, als danach von meinem Engel geweckt zu werden.
 

Von neuem legte sich dieses wohlige Gefühl in meinen Bauch. Ich neigte meinen Kopf leicht zur Seite, während mein träumerischer Blick auf den beiden wichtigsten Männern in meinem Leben ruhte.

Edward lachte gerade über etwas, was Charlie ihm erzählte, und was ich nicht mitbekommen hatte – ohne Trumans immer noch andauernde Streicheleinheit zu unterbrechen. Ein Bild der vollkommenen Harmonie.

Ich war in meine eigene Welt eingetreten, sah jetzt nur noch ihn.

Durch die leichte Feuchtigkeit, die in der Luft lag, hafteten einige Strähnen an seiner Stirn. Seine perfekten Gesichtszüge wirkten völlig entspannt. Seine grünen Augen schienen einen Wettstreit mit dem Grün der Bäume zu führen, während er in Charlies Lachen erneut mit einfiel.

Ich liebte dieses Geräusch in meinen Ohren.

Auf eine unbeschreibliche Art beruhigte es mich, brachte meine flatterhaften Gedanken zum Schweigen, während es zugleich meinen Herzschlag zu Höchstleistungen antrieb.

Es war kaum zu glauben, innerhalb dieser kurzen Zeit seit seiner Rückkehr, war er wieder ein wichtiger Bestandteil meines Lebens geworden.

Genau in diesem Moment hob Edward – fast so als hätte er meine Gedanken vernommen – seinen Kopf an, lächelte mir liebevoll entgegen.

Ertappt und verlegen senkte ich meinen Blick, um diesen wenige Sekunden später wieder zaghaft anzuheben.

Wollte ich das jemals wieder missen?

Sehnsucht stieg in mir auf.

Genau in diesem Moment kehrte wieder der Wunsch zurück, mich in seine Arme zu werfen, meinen Kopf an seine Brust zu schmiegen.

Was dachte ich da? Ich durfte so nicht….

„Bells, ich will dich zwar nicht loswerden, aber ich müsste mich dann langsam mal auf den Weg machen.“

Damit tauchte ich aus meiner Versunkenheit wieder auf, nahm schnell einen tiefen Atemzug. Die kühle Luft löschte etwas die Hitze, die in meinem Körper und auf meinen Wangen herrschte.

„Ähm….ja…..“
 

Erstaunt stellte ich fest, dass meine Beine sich mehr als wacklig anfühlten, als ich die wenigen Stufen hinunter schritt.

Ganz langsam Bella. Du möchtest den Beiden doch keine erstklassige Vorlage für einen Lachanfall geben.

Eine Stufe nach der anderen.

Sehr gut!

Ich war erleichtert, als ich nicht fallend, sondern fest auf meinen Füßen stehend, die Strasse erreichte.

Ein kleiner Erfolg.

„Dann wünsch ich dir viel Spaß, Dad. Und ich hoffe, dass die Fische beißen.“

„Danke mein Schatz.“ Er zog mich in eine feste Umarmung, hauchte mir einen Kuss auf die Stirn, bevor er sich wieder löste, Edward fixierte.

„Und du passt das Wochenende gut auf mein Mädchen auf.“

„Selbstverständlich, Sir. Ich werde sie ohne einen einzigen blauen Fleck wieder mit zurück nach Seattle nehmen.“ Edward salutierte spaßeshalber. Doch der Ernst, der in jedem Wort mitschwang, ließ daran keinen Zweifel. Er meinte es so, wie er es sagte.

Charlie nickte zufrieden.

Ich hingegen schnaubte bei seinem letzten Satz entrüstet auf, wirbelte zu meinem Vater herum.

Ich würde ihm die ganze Fahrt bis zum Cullen-Anwesen die kalte Schulter zeigen.

Pah!

Ich und blaue Flecken.

Gut, dieser Gedanke war ein Hohn an sich, aber trotzdem musste ich das ja nicht einfach so hinnehmen.

Bevor ich mich jedoch weiter in mein Ärgernis steigern konnte, beschäftigte ich mich lieber mit Charlie, der immer noch da stand und mich nun wieder äußerst aufmerksam und zugleich belustigt betrachtete.

Ich überging diese Tatsache

„Grüß Billy von mir.“

„Mach ich, Bells.“

„Ich werde am Sonntag auf jeden Fall noch einmal vorbei schauen, bevor wir fahren.“

„Ich freu mich darauf.“

Ich öffnete die Tür, wollte mich in den Sitz fallen lassen, doch etwas anderes war schneller und belegte in Windeseile meinen Platz.

„Truman!“, stieß ich tadelnd hervor, griff nach dem Halsband, um ihm aus dem Auto zu ziehen, was ein herzzerreißendes Winseln zur Folge hatte.

„Ich glaub, da will sich jemand ungern von dir trennen!“ Edward hatte sein Arme auf das Wagendach gelegt, seinen Kopf darauf gebettet, während er sprach.

„Danke für den Hinweis!“, knurrte ich in seine Richtung, nahm dann wieder Truman in Augenschein. Ich konnte ihn doch nicht einfach so zu den Cullens mitnehmen. Ich wusste, dass weder Esme noch Carlisle etwas dagegen haben würde. Aber Alice würde aller Wahrscheinlichkeit nach einen Herzinfarkt erleiden. Sie hatte nichts gegen Hunde, aber Truman konnte es einfach nicht lassen, Alice zu necken. Immer wieder stupste er sie an, tänzelte um sie herum oder sprang sie mit so viel Schwung an, dass Alice daraufhin immer zu Boden ging. Nach diesem Wochenende würde meine beste Freundin ein nervliches Wrack sein. Das konnte ich ihr einfach nicht antun.

Es erklang wieder ein Winseln, noch herzerweichender als das zuvor. Um sein Flehen zu verstärkten legte Truman den Kopf schief und sah mich aus seinen dunklen Knopfaugen von unten heraus an.

Entweder wusste dieser Hund nur all zu genau, wie er mich weich bekam oder er war eindeutig zu lange mit Edward zusammen gewesen. Denn diese Masche war der von Edward erschreckend ähnlich.

Ich seufzte. Dachte wieder an Alice. Aber näher betrachtet könnte sie ja auch vor Truman in ihr Zimmer flüchten. Für was gab es denn Türen.

Mhm……
 

„Truman, los nach hinten.“

Ich beugte mich etwas nach unten, um durch den Innenraum hinüber zu Edward sehen zu können. Dieser machte meinem Fellbündel gerade mit einer Handbewegung klar, dass er auf den Rücksitz sollte, was dieses auch umgehend tat.

Und damit hatte er mir die Entscheidung abgenommen.

Ich zufrieden darüber, dass Alice jetzt mir nicht die Schuld dafür geben konnte, ließ ich mich nun in den Sitz sinken.

Mein Vater trat näher, packte die Autotür. „Dann wäre das geklärt. Und jetzt solltet ihr zusehen, dass ihr fahrt. So wie ich Alice kenne, sitzt sie schon auf glühenden Kohlen.“

Ein Grinsen stahl sich auf mein Gesicht. Ja, wahrscheinlich hatte sie gerade jetzt die größten Schwierigkeiten, unsere Ankunft vor ihre Eltern zu verbergen, falls sie es noch nicht vermasselt hatte.

„Grüßt sie lieb von mir und natürlich auch Emmett. Und Bella, viel Spaß mit [ideinem Freund!“

Mir gefiel nicht, wie er jetzt von seiner Seite aus das deinem Freundbetonte, was ich ihm mit einem mehr als bösen Blick verdeutlichte.

„Werd ich haben, Dad!“, zischte ich.

Doch mein Vater grinste nur noch breiter. Er zog mich doch tatsächlich auf. Er machte da weiter, wo Edward aufgehört hatte.

Ein Glucksen ertönte, weshalb mein Blick über das Armaturenbrett wanderte, sich auf die Person, die auf dem Fahrersitz saß, heftete. Meine Augen wurden schmäler, glichen jetzt wahrscheinlich eher Schlitzen, als den Augen eines Menschen.

Durch das Knallen der Autotür sah ich von Edward ab. Charlie trat einen kleinen Schritt zurück, hob seine Hand zum Abschied, bevor er sich umwandte, Edward los fuhr.
 

Während der Fahrt zum Cullen-Haus achtete ich beharrlich darauf, nicht in seine Richtung zusehen, befasste mich mit meiner Gedankenwelt, die derzeit hohe Wellen schlug. Meine Selbstbeherrschung bröckelte immer mehr. Die Mauer, die ich errichtet hatte oder besser gesagt, errichten wollte, war über und über mit Rissen versehen und Edward trug mit seinem Verhalten nicht gerade zu deren Erhalt bei.

Einsturzgefährdet!

Genau so konnte man dieses Gebilde bezeichnen.

Was sollte ich tun, wenn es zum Einsturz kommen sollte?

Meine Verwirrtheit nahm weiter zu, entwickelte sich langsam zu einem Sog, dem ich bald nicht mehr entkommen würde.

Ich schloss kurz meine Augen, streifte mit meinen Fingern meine Schläfe.

In meinen Kopf herrschte das völlige Chaos und nur recht schwerfällig konnte ich diesen anheben und sah Bäume, die die nicht fest angelegte Straße zu beiden Seiten säumten. Es war also nicht mehr weit.

Das Anwesen der Cullens lag etwas Außerhalb von Forks, mitten im Wald. Ein Unwissender würde das Haus niemals finden.

Ich liebte diesen abgelegenen Ort, verband viele Erinnerungen mit diesem. Geliebte wie auch schmerzliche. Ich schüttelte unmerklich den Kopf. Daran wollte ich jetzt nicht denken.

Ich wollte das Wochenende genießen und hoffte, auch etwas den Kopf frei zu bekommen.

Vielleicht würde Forks mir helfen, endlich wieder Klarheit in diese Konfusion in meinem Inneren zu bringen.

Ich hoffte es zumindest.

Kaum dass die Reifen knirschend zum Stehen gekommen waren, hatte Edward schon den Motor abgestellt und lief um das Auto herum.

Meine Augen folgten seinen anmutigen Bewegungen, bis er vor meiner Tür innehielt und diese öffnete.

Allein schon durch diese Geste verursachte er wieder, dass es in meinen Bauch begann zu kribbeln. Rief die Wärme hervor, die sich blitzartig in mir ausbreitete.

Seine grünen Tiefen lagen auf mir, schienen mir so viel sagen zu wollen, was ich bis jetzt aber noch nicht enträtseln konnte.

Oder ich interpretierte einfach zu viel dort hinein?!

Die Sekunden zerronnen.

Oder waren es schon Minuten?

Keiner von uns beiden hatte bis jetzt seine Position aufgegeben, immer noch gefangen in dem Blick des anderen.

Meine Finger zuckten kurz, als ich diese verkrampfte. Ich konnte mich gerade noch einmal zurückhalten, meinen Arm anzuheben, um Edward durch sein Haar zu streichen.

Ich verlor mehr und mehr meine Selbstbeherrschung.

Mein Puls raste, mein Blut schoss in Rekordgeschwindigkeit durch meine Adern.

Zugleich begann ich daran zu zweifeln, dass Forks mir helfen würde meine anwachsende Verwirrung zu entflechten.

Aber dieser Gedanken ging verloren, bevor ich ihn richtig erfassen konnte, wurde von einem anderen Gedanken ausgelöscht– von einem Namen.

Edward.

Er war in diesem Moment meine Welt. Eine für mich vollkommene Welt.

Immer weiter tauchte ich in seine Augen ein. In diese wunderschönen, tiefgrünen Augen, die sanft zu mir hinunter sahen.

Das Leuchten darin hielt mich gefangen, ich nicht in der Lage mich dagegen zu wehren.

Aber wollte ich das überhaupt?

Die Antwort schien so einfach und war doch so schwer.

Meine Sicht begann leicht zu verschwimmen.

Sauerstoff, drang durch meine vernebelten Gedankengänge.

Ich musste wieder das Atmen aufnehmen.

Hastig hob sich mein Brustkorb an, als ich meine Lungen mit dem überlebenswichtigen Elixier füllten.

Edward räusperte sich, zog sich zugleich etwas zurück.

„Ich……wir……ähm….. ich meine, ich hol ……Gepäck…….unser Gepäck aus dem Kofferraum! Ja…….“, brachte er stammelnd hervor, wandte sich dann ruckartig ab.

Ich konnte nur nicken. Anscheinend war ich nicht die Einzige, die durch diesen Blickkontakt durch den Wind war.

Die Reaktionen, die er bei seinen bloßen Berührungen bei mir auslöste, waren schon immer intensiv. Aber dies war damit nicht zu vergleichen.

Seit wir auf den Weg nach Forks waren, nahm diese eine neue Dimension an. Eine Dimension, die sich meiner völligen Kontrolle entzog.
 

Ich schrak auf, als ich eine kalte Nase bemerkte, die mich von der Seite anstupste. Schnell wandte ich meinen Blick nach links und seufzte leise auf.

Gerade ertappte ich mich schon wieder dabei, wie ich begann mir den Kopf zu zerbrechen.

Genießen! Ich wollt dieses Wochenende mit all seinen Facetten genießen.

Und die nächste Facette, die sich mir nun offenbaren würde, wären die Gesichter von Esme und Carlisle, wenn sie mich und Edward – zusammen – sehen würden.

Vorausgesetzt, Alice hatte sich an ihre eigene Verschwiegenheitspflicht gehalten.

Sachte erhob ich mich aus dem Sitz, trat neben Edward, der mit unseren Taschen auf mich wartete. Truman rannte bereits auf die Veranda zu, während wir uns nur langsam in Bewegung setzten.

Immer wieder huschten meine Augen zu diesem hinauf. Sein Blick war nach vorne auf sein Zuhause gerichtet, dennoch wirkte abwesend Edward.

Wie sehr wünschte ich mir manchmal, in seinen Kopf hinein sehen zu können, seine Gedanken lesen zu können.

Es würde mir so vieles erleichtern.
 

Das Klingelgeräusch lenkte meine Gedanken in andere Bahnen. Unweigerlich trat ein Lächeln auf meine Lippen, als ich Schritte vernehmen konnte und eine mir nur all zu bekannte Stimme. „Alice, erwartest du noch jemanden?“

Und schon wurde die Haustür von der Frau geöffnet, die ich genauso sehr liebte wie meine eigene Mutter.

Das sanfte Lächeln, was Esme immer trug, wich einem verwunderten Gesichtsausdruck. Sie stand einfach nur da, ihre Augen huschten zwischen mir und Edward hin und her, so als würde sie nicht glauben können, was sie sah.

Edward kicherte, stieß bebend seinen Atem aus, bevor er begann zu sprechen. „Hi Mom! Ich hoffe, du hast noch für Bella und mich ein Plätzchen frei?“

Das Erstaunen schwand. Schnell trat sie über die Schwelle, streckte ihre Arme aus, umarmte Edward und mich gleichzeitig. „Natürlich, für euch doch immer.“

Ich lehnte meinen Kopf gegen den ihren, genoss einfach die Umarmung.

Esme löste sich, strahlte uns glücklich entgegen, als sie ihre Arme anhob, Edwards Gesicht umrahmte. „Ihr wisst gar nicht, wie glücklich ihr mich damit macht.“

Diese Worte waren eindeutig an uns gerichtet, aber ihr mütterlicher liebevoller Blick, galt in diesem Moment ganz alleine Edward, der diesen genauso innig erwiderte.

Esme freute sich aufrichtig, was mir ihr Strahlen mehr als nur bezeugte.

Und ich war glücklich, ihr eine Freude bereiten zu können.

„Und jetzt rein mit euch, sonst erkältet ihr euch noch!“, damit packte sie nach unseren Handgelenkten, zog uns über die Schwelle.

In dem Moment, in dem ich in das Haus trat, fühlte es sich so an, als würde ich nach einer langen Reise endlich wieder nach Hause zurückkehren.

Eine Reise, deren Ziel für eine lange Zeit in der Dunkelheit lag, bis plötzlich ein Licht erschien.

Eine innere Ruhe überkam mich.

Meine Welt, die in tausende von Scherben zerfallen war, begann sich mehr und mehr wieder zusammen zu setzen.

Meine perfekte kleine Welt, in der ich einst gelebt hatte.

Vielleicht würde ich eines Tages endgültig dorthin zurückkehren können.

Ich wünschte es mir so sehr und hoffte einfach nur, auf dem richtigen Weg zu sein, auch wenn ich noch nicht so ganz wusste, wohin mich dieser führte.

„IKKKK! WAS MACHST DU DENN HIER?“ Ganz eindeutig Alice.

„BELLA!“

Ich seufzte und grinste gleichzeitig.

Ich hoffte zumindest, dass ich diesen Weg noch weiterhin beschreiten würde können, wenn Alice mich trotz meiner Untat am Leben lassen würde.
 

***
 

Das nächste kommt bald.
 

Liebe Grüße

Pei-Pei

Eindrücke eines Tages

Es tut mir so unendlich leid, dass ich euch so lange hab warten lassen. Gomen nasai. *verbeug* Leider hatte ich in letzer Zeit wahnsinnig viel zu tun, da ich umgezogen bin. Ich hoffe, ihr könnt mir verzeihen. Als Wiedergutmachung ist dieses Kapitel um einiges länger geworden. Ich hoffe, es gefällt euch. ^^
 

Liebe Grüße
 

eure Pei-Pei.
 

P.S. Vielen lieben Dank für eure Kommis zum letzten Kapitel *knuffz*
 


 

Eindrücke eines Tages
 

Ich spürte etwas Warmes auf meiner Nase, weshalb ich diese sofort kraus zog. Unbeeindruckt dessen nahm die Wärme weiter zu.

Ich wandte hierauf mein Gesicht in die andere Richtung, ohne meine geschlossen Lider anzuheben. Ich wollte noch nicht richtig aufwachen, wollte diesen Dämmerzustand noch beibehalten. Denn in dem Zustand zwischen Schlaf und Erwachen umhüllte mich sein süßlicher Geruch, der sich schmeichelnd um meine Nase schmiegte noch stärker, als er es sonst schon tat.

Ich drückte mein Gesicht tiefer in den weichen Stoff, sog tief die Luft ein, fühlte mich sogleich wie berauscht.

Die Wärme kehrte zurück, legte sich dieses Mal auf meinen Rücken.

Murrend öffnete ich jetzt doch meine Augen, schloss diese gleich wieder, da das Sonnenlicht, das durch den Vorhang fiel, blendete. Hob diese dann wenige Sekunden später wieder leicht an, beobachtete die Staubflocken, die im Licht tanzten.

Sonnenschein in Forks.

Kaum zu glauben, aber wahr.

Passte sich das Wetter derzeit an meine Gefühlslage an?

Wenn ja, so würde Forks einige sehr sonnige Tage bevor stehen. Eine kleine Abwechslung zu dem sonst tristen Grau, was einem vom Himmel her anlächelte.

Ich streckte mich, zog die Decke wieder enger um meinen Körper, bevor ich mich leicht drehte, meine Augen durch den Raum schweiften, bis sie fanden, was ich suchte.
 

Einige Meter von mir entfernt lag Edward eingekuschelt auf seiner Couch.

Er und ich mussten uns sein altes Zimmer hier in Forks teilen, da Esme gerade dabei war das Gästezimmer zu renovieren und dessen Bewohnung daher derzeit unmöglich war. Obwohl von müssen von meiner Seite aus nicht die Rede war. Ich liebte die Vorstellung jede einzelne Sekunde mit ihm im gleichen Raum zu verbringen.

Etwas was ich definitiv nicht so wahrnehmen durfte und doch tat ich es derzeit ohne eine Spur von Reue. Mein eigener Egoismus, diese Tage in vollen Zügen zu genießen war stärker als alles andere.

Es war gestern Abend noch vorgeschlagen worden, dass wir ein Mädchenzimmer und Jungenzimmer einrichten könnten.

Natürlich stammte dieser Vorschlag von niemand anderen als Alice. Und ich wusste gestern schon, was dabei in ihrem hübschen Köpfchen vorgegangen war.

Ich wäre jeden Tag mit einer anderen Frisur herum gelaufen. Alice hätte mich offiziell zu ihrem persönlichen Frisier-Kopf ernannt. Ein kleiner Racheakt dafür, dass ich Truman mitgebracht hatte. Denn wie nicht anders zu erwarten gewesen, wich der Alaskan Malamute gestern Abend fast keine einzige Sekunde mehr von Alice Seite wenn sie den Raum verließ, quetschte sich bei jeder Gelegenheit zwischen meine beste Freundin und ihren Freund. Zeigte Japser was er davon hielt, wenn er Alice in den Arm nahm und ließ der Kleinen der Zwillinge keine ruhige Minute – außer wenn er sich gerade mit einem anderen Familienmitglied beschäftigte.

Ich wusste, dass Alice Truman mochte. Das Einzige, was sie störte, war seine überschwängliche Art, die er bei ihr an den Tag legte. Ich empfand aber in diesem Punkt kein Mitleid mit ihr. So spürte sie einmal am eigenen Leib, was sie mir tagtäglich antat. Schließlich glich sich die Art meines Hundes mit der Art meiner besten Freundin in dieser Beziehung wie einem Ei dem anderen.

Emmett war dann derjenige gewesen, der meinte, dass er überhaupt keine Lust auf ein Jungezimmer hätte, dem Edward – zu meinem Erstaunen – sofort zustimmte. Ich könnte auch bei ihm schlafen, legte er sogleich noch nach, sah sofort zu mir hinüber, um nachträglich noch meine stumme Zustimmung einzuholen.

Und jetzt lag ich hier in seinem Bett.

Eigentlich hatte ich gestern darauf bestanden auf der Couch, die in seinem Zimmer stand, zu schlafen. Aber Edward war stur gewesen, hatte mich mit sanfter Gewalt auf sein Bett gedrückt.
 

Ich war nur noch in der Lage gewesen meinem schnellen Herzschlag zu lauschen, das Atmen einzustellen, damit ich nicht durch seinen Geruch völlig den Versand verlor, während ich von der Sehnsucht?!, die mir aus seine Augen entgegen strahlte – als er mich auf das Bett drückte – entwaffnet wurde. Jegliche Kraft war aus meinem Körper gewichen.

In diesem Moment war ich wie Wachs in seinen Händen gewesen. Er hätte mit mir tun können was er wollte, ich hätte es geschehen gelassen.

Und verdammt ich hatte mir flehentlich gewünscht, dass er tun würde, wonach mir der Sinn stand. Dass er sich einfach zu mir hinunter beugen würde und meine Lippen mit den seinen versiegeln würde. Dass ich ihn schmecken, spüren, fühlen konnte.

Ich verzehrte mich nach ihm.

Das war der Wunsch meines Herzens.

Ein Herzenswunsch, der jedoch ein Wunschtraum bleiben würde.

Ein Wunschtraum, der mir genau solche unwirklichen Momente, wie die, in denen Edward Sehnsucht empfinden würde, bescherte. Momente in denen ich Edwards Mimik einfach falsch deutete. Alles andere wäre einfach nur illusorisch. Eine Illusion durch die Mitwirkung meines Herzens hervor gerufen wurde.

Mein Verstand wusste um diesen Tatbestand. Die Gier danach linderte er dennoch nicht. Und ich spürte, wie mir die Fäden immer weiter und weiter aus meinen Händen glitten. Krampfhaft versuchte ich meine Finger darum zu schlingen, sie festzuhalten, bei mir. Doch dieser Teil, der dagegen ankämpfte, wurde immer kleiner und kleiner. Schrumpfte in sich zusammen.

Mein Verstand zischte mir zu, dass ich dass nicht zulassen durfte. Ich durfte nicht noch einmal zulassen, dass mein Herz die Überhand gewann, wie in dem Moment, in dem Edward mich um eine Chance gebeten hatte.

Aber war es nicht das Beste, was ich hatte tun können in diesem Moment?

Seit dem hatte sich mein Leben wieder so sehr zum Positiven gewendete, nur weil er wieder bei mir war.
 

Was wäre wenn ich auch jetzt wieder einfach auf die Stimme meines Herzen hören würde? Es einfach tun lassen würde, was es sich wünschte, was ich in meinen Träumen, meinen Fantasien sah?

Wenn genau dadurch – durch diesen Entschluss, den ich dadurch fassen würde, meine Welt endgültig von hellem warmen Licht überflutet werden würde.

Eine Welt ohne quälende schwarze Schatten.

Zweifel begannen an mir zu nagen, während meine Augen über Edwards Silhouette strich. Ich konnte nicht viel von seinem Gesicht erkennen, das tief im Kissen vergraben war und noch von einem Teil der Decke verdeckt wurde. Sein Brustkorb senkte sich gleichmäßig, was mich darauf schließen lies, dass er noch tief und fest schlief, woran bei mir nicht mehr zu denken war.

Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass wir gerade mal neun Uhr hatten. Aber da ich wusste, dass ich nicht mehr einschlafen würde und in Tagträumen versinken würde – die eindeutig nicht gut für mich wären – wenn ich hier weiterhin liegen bleiben würde, beschloss ich mich dazu aufzustehen.
 

So leise ich konnte, schlich ich mich aus dem Zimmer, wobei ich mich nicht daran hindern konnte, noch einmal aus der Nähe einen Blick auf Edward zu werfen, was meinen Herzschlag sofort wieder für einen Augenblick beschleunigte.

Als ich mich geräuschlos durch den Flur in Richtung Treppe bewegte, hörte ich bereits aus der Küche ein gedämpftes Lachen, was immer noch nicht so richtig abgebrochen war, als ich die besagten Raum betrat.

Sofort sahen Esme und Carlisle, die zusammen am Küchentisch saßen, auf.

„Guten Morgen!“

„Guten Morgen Liebes.“ Esme sprang auf, schloss mich kurz in ihre Arme. Ich liebte diese herzliche Art der Cullens. Um nichts auf der Welt wollte ich diese missen.

„Setz dich Bella.“ Carlisle, zog den Stuhl direkt neben ihm ein Stück zurück. Dankbar ließ ich mich darauf fallen.

„Gut geschlafen?“, fragte Esme, während sie mir eine Tasse Tee einschenkte.

„Ja, sehr gut sogar!“

Esme belegte mich hierauf mit einem wissenden Blick, der mir die Röte ins Gesicht trieb.

Gott, wie ich diese Eigenart von mir in bestimmten Situationen doch hasste.

Sie sagte jedoch nichts, außer „Sehr schön, dass freut mich.“, gefolgt von einem sanften Lächeln.

Die nächste halbe Stunde verbrachte ich damit, mich mit meinen quasi Zweiteltern über alles möglich zu unterhalten. Die ungezwungene Atmosphäre regte einen nahezu an, über Gott und die Welt zu plaudern.

Wir wurden erst in unserem nicht abbrechenden Redefluss unterbrochen, als Alice leicht entnervt in die Küche gerauscht kam dicht gefolgt von – wie sollte es auch anders sein – Truman.

Ich konnte mir diesbezüglich ein Schmunzeln einfach nicht verkneifen.

Um ihre Gefühlslage noch mehr zu unterstreichen, ließ sich die Jüngste der Familie Cullen mehr als nur theatralisch auf ihren Stuhl mir gegenüber sinken, was ihre Eltern dazu veranlasste mit einer Mischung aus Amüsement und Skepsis Alice zu betrachten.

Alice überging – wie immer – diese Tatsache und kam ohne zu fackeln gleich zum Punkt.

„Bella, mach was!“ Sie bat nicht, sondern forderte. Eigentlich hätte sie rein gar nichts sagen müssen. Allein ihr Blick sprach Bände.

„Dir auch einen guten Morgen.“, gab ich gleichgültig zurück, strich Truman über den Kopf, den er mir in den Schoss gelegt hatte.

„Bella! Ich schwöre dir, ich mach aus ihm einen Bettvorleger, wenn er mich weiterhin so nervt.“

Ich verdrehte die Augen. Es waren nicht mal vierundzwanzig Stunden vergangen, seit dem ich Truman mitgebracht hatte. Was sollte ich da sagen? Ich musste Alice tagtäglich ertragen. Und an manchen Tagen war dies eine ganz besondere Herausforderung, wenn man bedachte, dass meine beste Freundin meist eine Energie an den Tag legte, bei der man sich selbst fragte, ob sie die Nacht direkt neben einer Steckdose geschlafen hatte.

„Alice!“, begann ich. „Dann schenk ihm doch einfach etwas mehr Aufmerksamkeit. Er liebt dich nun mal.“, gab ich beschwichtigend von mir.

Sie hob eine ihrer Augenbrauen an, während ihre hellgrünen Augen mich argwöhnisch musterten. Ich hielt ihrem Blick stand.

„Wenn du meinst, dass das etwas hilft.“, gab sie nicht gerade überzeugt von sich, klatschte dann aber leicht mit ihrer Hand gegen ihren Schenkel. Sofort war Truman zur Stelle und Alice begann ihn zu graulen, was ihm sichtlich zu gefallen schien. „Guten Morgen, Mom, Dad.“

Esme lachte leise auf, während Carlisle sich kopfschüttelnd wieder seiner Zeitung zuwandte.

Allmählich erwachte auch der Rest des Hauses zum Leben und einige Zeit später schwirrten acht Stimmen durch die Küche.
 

Seit dem Frühstück war bereits eine Weile vergangen. Ich sprang gerade frisch geduscht und angezogen die Treppe hinunter und wurde sogleich von Alice bettelnder Stimme empfangen, die jedoch nicht an mich gerichtet war, mir aber sagte, dass sie irgendetwas durchsetzen wollte.

Ich lief ins Wohnzimmer, sah Emmett und Rosalie auf der Couch sitzen. Die Zwei beschäftigten sich dem Fernsehprogramm, den Zwillingen in keinster Weise Beachtung schenkend. Japsers saß in direkter Nähe zu Alice auf einem Sessel, schaute entspannt abwechselnd auf den Fernseher, dann wieder auf seine Freundin, die vor ihrem Bruder stand.

„Alice!“, ertönte Edwards bereits leicht genervte Stimme.

„Warum denn nicht?“, konterte sie.

Ok, die beiden befanden sich gerade inmitten einer Diskussion.

„Weil ihr von dem gleichen Einkaufszentrum redet wie ich, oder?“ Kritik schwang in seiner Stimme mit.

Ich verstand aufgrund dieses Satzes auf Anhieb. Sie sprachen eindeutig vom einzigen Kaufhaus in Port Angels. Und ich wusste auch sofort, auf was Edward mit seiner Aussage hindeuten wollte. Das Kaufhaus in Port Angels war im Vergleich zu den Zentren in Seattle lächerlich, weshalb er Alice Bitte und Begeisterung – die ich aus ihrem Gesicht entnehmen konnte – nicht so ganz nachvollziehen konnte.

Aber wenn ich Richtig vermutete, ging es Alice nicht um den bevorstehenden Einkauf, sondern um die Unternehmung selbst.

„Bitte Edward!“, zugleich schnappte sie sich den Arm ihres Bruders, schmiegte sich an diesen, hob ihr Gesicht an. Ihre Augen schimmerten leicht. Ein Flehen lag darin, während sie ihre Unterlippe nach vorne schob. Alice fuhr schwere Geschütze auf.

Hinter uns begann Emmett in ein amüsiertes Brummen zu verfallen, froh darüber, dass er nicht von seiner kleinen Schwester bearbeitet wurde. Denn er wäre bereits eingeknickt. Edward war da schon der härtere Brocken und das wusste Alice.

„Bitte!“

Esme, die alles aus dem Esszimmer heraus beobachtete, hielt sich dezent eine Hand vor den Mund, um ein Auflachen zu unterdrücken.

„Alice.“, erklang es von Edward erneut. Der Widerstand bröckelte.

Ich wusste, dass meine beste Freundin fast an ihrem Ziel angekommen war und Alice wusste es auch.

„Oh bitteeeeee!“

Ohne großartig darüber nachzudenken griff ich nach Edwards anderer Hand, drückte diese leicht.

Seine Augen huschten zu mir.

Tu ihr den Gefallen, formte ich mit meinen Lippen.

Ich konnte den kurzen Kampf in seinen Augen sehen. Unsicherheit und Sorge, die gleichermaßen aufblitzte, was mich dazu veranlasste meine Augenbrauen leicht zusammen zu ziehen.

Was hatte das nur zu bedeuten? Ein seltsames Gefühl flackerte kurz in mir auf.

Doch schnell klärten sich seine Augen wieder und er seufzte ergeben, was Alice dazu brachte begeistert in die Hände zu klatschen, mich ablenkte.

„Wunderbar. Mom, hast du das gehört? Wir sind alle dabei!“, rief sie, während sie trippelnd auf Esme zueilte.
 

Tja und jetzt stand ich hier in dem einzigen Buchladen, den das Einkaufszentrum in Port Angels zu bieten hatte.

Die Auswahl war nicht gerade riesig, auch wenn sich das Angebot immerhin über eineinhalb Stockwerke verteilte, was für Port Angels schon eine beeindruckende Menge war.

Aufmerksam lief ich durch die Reihen, meine Finger berührten die Buchrücken. Seit dem ich das letzte Mal hier gewesen war, war die Sortierung der Bücher geändert worden.

Ich musste zugeben, dass ich derzeit durch das neue System überhaupt nicht durchblickte.

Wieso konnte man nicht etwas so lassen, wie es war?

Immer diese dämlichen Veränderungen.

Obwohl im mancherlei Hinsicht eine Veränderung Wunder bewirken konnte.

Im Moment jedoch rief diese Veränderung bei mir eher Frustration hervor.

Ich setzte meine Suche fort.

„Bella? Bella Swan?“

Automatisch drehte ich mich in die Richtung, aus der die Stimme meinen Namen gerufen hatte und meine Augen begegneten einem grünen T-Shirt, was mir verdammt nah war, etwas zu nah für meinen Geschmack.

Perplex zog ich meinen Kopf etwas zurück, wollte aufschauen, als ich die Stimme von neuem vernahm, bevor ich überhaupt dazu kam, mir das Gesicht näher zu betrachten.

„Tatsächlich, du bist es.“

Im gleichen Moment schlangen sich bereits zwei Arme um mich, die mich an den mir immer noch fremden Körper pressten. Völlig überrumpelt erstarrte ich umgehend.

„Mensch, Bella. Damit hätte ich jetzt überhaupt nicht gerechnet. Es freut mich dich hier zu treffen.“, flötete die Männerstimme freudig weiter und in meinen Kopf macht es Klick.

Es gab nur eine einzige Person, die sich mir bisher immer so genähert hatte. Ich schloss kurz meine Augen, atmete tief durch.

„Hi, Tyler.“ Zeitgleich legte ich ihm meine Hände auf seine Brust, drückte mich so etwas von ihm weg, um etwas Abstand zu gewinnen und auch zu ihm hinauf blicken zu können.

Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen strahlte er mir entgegen, unterbrach seinen Redefluss jedoch nicht. „Stell dir mal vor, gerade vor zwei Tagen hatten wir noch die Rede von dir, und nun stehst du vor mir. Ist das nicht lustig?!“

„Ja, wahnsinnig lustig.“, gab ich von mir, obwohl ich gerade nur Bahnhof verstand, unterdrückte gleichzeitig den Drang meine Augen zu verdrehen.

Was meinte er mit “wir“? Und warum ließ er mich nicht endlich los?!

Ich hatte noch nie so groß auf dieses Begrüßungsszenario mit herzerweichender Umarmung gefolgt von Bussi links und Bussi rechts gestanden. Die Cullens waren bis jetzt die Einzigen gewesen, bei denen ich diese Sache ohne Gemurre über mich ergehen ließ, es sogar genoss.

Und ab und an Tyler, wenn er mich wie jetzt von hinten überfiel. Leider hatte ich noch keine Augen im Hinterkopf, die manchmal ziemlich praktisch sein würden, wie ich jetzt wieder feststellen musste.

„Ich bin gespannt, was er sagt, wenn er dich sieht?“, gluckste er, was mir doch etwas Angst machte.

„Wen….?“

Doch weiter kam ich nicht, denn Tyler drehte leicht seinen Oberkörper zur Seite, suchte anscheinend eine Person hinter sich und lockerte dabei seinen Griff.

Das war meine Chance.

Schnell schlüpfte ich aus seinem Griff, bracht eins, zwei Sicherheitsschritte zwischen ihn und mich, während er seine Stimme erhob.

„Hey Mike. Sieh mal, wen ich hier entdeckt habe!“

Bitte nicht!, ging es mir noch durch meinen Kopf, doch es war so spät.

Kaum dass sein Name gerufen wurde, erschien er: Der fleischgewordene Alptraum meiner letzten Schuljahre. Oder sollte ich eher sagen ab dem Zeitpunkt, ab dem Edward und ich geschiedene Leute gewesen waren. Es war so, als hätte Mike immer nur auf diesen Augenblick – auf die sogenannte Gunst der Stunde - gewartete. Auf den Tag, an dem ich meinen persönlichen Schutzschild verlor. Denn von da an, war ich keine einzige Minute mehr vor seinen Flirtversuchen sicher. Es war wie eine Klette gewesen.

Es war ja nicht so, dass ich Mike nicht leiden konnte. Ganz im Gegenteil. Ich mochte ihn sogar sehr als Freund. Und in manchen Sportstunden war ich ihm auch überaus dankbar gewesen, wenn er sich mal wieder ritterlich für mich eingesetzte, mich vor einem fliegenden Ball oder sogar vor der Bekanntschaft mit dem Hallenboden bewahrt hatte.

Aber zu meinem eigenen Bedauern hatte Mike Newton nie verstehen wollen, dass es niemals mehr als Freundschaft zwischen uns geben würde.

Und ich musste mir eingestehen, dass mir gerade in dem Moment, in dem er mich mit seinen blauen Augen entdeckte, wieder ziemlich mulmig wurde, was sich schlagartig verstärkte, als sich dieses unheilvolle Lächeln – was ich nur all zu gut kannte, sich förmlich in mein Hirn eingebrannt hatte - auf seinem Gesicht bildete, mit dem er mich immer bedacht hatte, wenn er mal wieder mit mir ausgehen wollte. Ich wusste schon gar nicht mehr, wie oft er mich schon in diese Richtung gefragt hatte. Solch mehr als unangenehme Situationen vergaß ich immer so schnell wie möglich wieder.
 

So schnell ich konnte sah ich mich nach einer Rettung um. Aber keiner meiner Freunde war nur Ansatzweise in der Nähe. War überhaupt noch jemand mit mir hier in diesem Laden?

Unaufmerksamkeit war in solchen Situationen absolut fehl am Platz, musste ich jetzt zu meinem eigenen Bedauern erkennen.

Mit schnellen Schritten kam Mike auf uns zu.
 

Oh Gott!
 

Instinktiv trat ich sofort noch einen Schritt zurück. Links und rechts von mir befanden sich jeweils Bücherregale, so dass ich mit dem Rücken zu einem kleinen Durchgang stand, der durch diese gebildet wurde. Somit hatte ich eine Fluchtmöglichkeit, wenn ich diese in Betracht ziehen musste, was ungemein beruhigend war.

„Hi, Bella.“, sprach er, hielt wenige Schritte vor mir inne, steckte sich lässig seine Hände in die Hosentasche und musterte mich ungeniert, was mir doch etwas unangenehm war. Wenigstens kam er nicht auf die Idee, mich umarmen zu wollen. „Na, dass nenn ich doch mal ein Zufall.“

Oh ja, und was für einer, dachte ich sarkastisch.

Das schlechte Gefühl in meiner Magengegend nahm zu und ich wusste, dass dies nichts Gutes voraussagte.

Warum konnte sich nicht genau jetzt zufällig zu meinen Füßen der Boden auftun und mich verschlucken? So was passierte doch ab und an mal.

Da ich jedoch auf ein derartiges Wunder nicht hoffen konnte, begann ich zu sprechen. „Hi, Mike!“ Dabei versuchte ich meine Stimme so neutral wie möglich klingen zu lassen. Nur nicht zu viel Gefühl darin mitschwingen lassen, was nicht falsch zu verstehen ist. Wie gesagt, ich mochte Mike. Er war lieb und nett…..

„Du siehst bezaubernd aus.“

- wenn er nicht gerade so etwas von sich gab.

Der Startschuss war gefallen und Mike legte ohne Umschweife los.

Ich hätte am liebsten laut aufgeseufzt. „Äh…..danke.“ Weiter dazu äußern, wollte ich mich eigentlich nicht, was Mike auch nicht all zu sehr zu stören schien. Stattdessen trat er noch einen kleinen Schritt näher. „Charlie hat mir gar nicht gesagt, dass du dieses Wochenende kommst.“

„Nun ja, es war auch mehr ein Überraschungsbesuch!“, antwortete ich wahrheitsgemäß, froh darüber, dass er mit leichtem Small-Talk begonnen hatte und dass ich meinem Vater von diesem Besuch wirklich nichts gesagt hatte.

„Oh, na dann hast du dir ja das ungünstigste Wochenende ausgesucht.“, schmunzelte Mike.

Ich hob fragend meine Augenbrauen. Woher wusste er das?

„Meine Eltern feiern dieses Wochenende ein großes Fest und hatten Charlie dazu eingeladen. Aber er hat abgesagt und mitgeteilt, dass er seit einigen Wochen bereits einen etwas größeren Angelausflug plant und vor zwei Tagen war er bei meinen Eltern in Laden, hat noch eins, zwei kleine Dinge dafür besorgt.“

„Aha.“, war das einzige, was ich darauf erwiderte, schließlich hatte ich meine Erklärung bekommen.

Tyler hatte sich dezent zurück gezogen, begutachtete gerade einige Bücher in einem Regal, während Mike kurz hüstelte, dann wieder seinen Mund öffnete. „Du hör mal, Bella. Ich meine, wenn du jetzt sowieso das Wochenende in Forks bist….. Und nun, da Charlie nicht zu Hause ist, hast du keine Lust auf das Fest zu kommen. Ich meine immerhin besser, als alleine zu Hause zu sitzen. Und wenn es uns dann nicht gefällt, dann können wir ja dann abends noch etwas…..“

Schnell unterbrach ich ihn. „Das ist sehr nett von dir, Mike, aber ich bin nicht alleine.“ Gott, warum hatte ich das jetzt gesagt? Warum hatte ich nicht gesagt: Es tut mir leid Mike. Aber ich habe kein Interesse.

Aber nein, ich war mal wieder zu sehr darauf bedacht, seine Gefühle nicht zu verletzen. Das wäre nicht der erste Korb gewesen, den Mike in seinem Leben erhalten hätte. Zumindest von mir war es zwischenzeitlich gewohnt. Und es hatte seinem Ego bis jetzt nichts antun können, was ich gerade aufs Neue feststellen konnte.

Verfluchte Diplomatie.

„Ach ja?“, frage Mike sofort neugierig nach.

War ja klar, dass das jetzt kommen musste.

„Hast du einen Freund?“, setzte Tyler hinzu.

Na dafür, dass er die ganze Zeit interessiert Bücher betrachtete hatte, hatte er aber doch sehr genau aufgepasst.

Sollte ich einfach ja sagen? Das wäre wirklich eine schöne Lösung. Sehr verlockend. Aber um ehrlich zu sein, hatte ich keine Lust darauf, zu einem Gesprächsthema in Forks zu werden, zu dem Charlie dazu noch ständig gelöchert werden würde. Und mein Dad würde sich bedanken, wenn er plötzlich über den frei erfundenen Freund seiner Tochter berichten müsste.

„Weist du, Mike, ich…….“

Doch weiter kam ich nicht, denn in diesem Moment näherte sich mit der wunderschönsten Stimme meine Rettung.

„Ich hab es, Bella. Aber ich weiß echt nicht, warum du dir diesen Schinken wieder kaufen willst. Nach deiner alten Ausgabe zu urteilen, musst du doch jede Seite schon in- und auswendig können. Ich……“ Edward verstummte sofort, als er die Gesellschaft bemerkte, in der ich mich befand.

Unglaube spiegelte sich sofort in Mikes sowie auch Tylers Blick, der von mir zu Edward und wieder zurück wanderte.
 

Eine Gänsehaut überzog meinen Körper. Brrr. Schlagartig war die Temperatur um zehn Grad gefallen.

Mikes Augen hatten sich leicht zusammengezogen, während Tylers Gesichtszüge sich verhärteten.

Nach der damaligen Prügelei waren die Fronten zwischen den beiden ziemlich verhärtet gewesen – ich korrigiere mich – sie waren es immer noch. Und da Tyler Mikes bester Freund war, nahm er diese Sache Edward ebenfalls äußerst übel. Obwohl man erwähnen muss, dass Edward und Mike sich nie richtig leiden konnten. Zwischen den beiden hatte schon immer eine gewisse Antisympathie bestanden, die je älter wir wurden, immer größer geworden war.

„Hallo, Mike. Tyler.“ Edward trat direkt neben mich, nickte den beiden zu. Er war darauf bedacht, seine Stimme freundlich zu halten.

Von ihrer Seite kam nichts.

Tyler verschränkte demonstrativ seine Arme vor der Brust, lies ein leises Schnaufen verlauten und funkelte böse in Edwards Richtung, was diesen überhaupt nicht zu stören schien.

Mike hingegen musterte noch einmal Edward, fast so, als würde er eine Erscheinung haben, bevor er wieder mich fixierte. „Du und Cullen?“ Argwohn lag in seiner Stimme.

„Hast du etwas dagegen?“, erklang die mir liebste Stimme.

Und auch wenn ich diese Facette der Stimme kannte, entging mir nicht die Drohung, die darin mitschwang. Dieser Unterton war mir völlig fremd, hatte ich noch nie gehört.

Verwundert sah ich auf, betrachtete mir seine Gesichtszüge genauer. Auf den ersten Blick wirkte er völlig entspannt. Doch wenn man genauer hinsah, bemerkte man die leichte Anspannung seines Kiefers, seine Augenbrauen hatten sich etwas nach unten geschoben, seine Augen waren wachsam und ein dunkles Funkeln verbarg sich darin.

Auch Mike schien dies nicht entgangen zu sein, denn ich bemerkte, wie seine Haltung sich wandelte. Er kurz unsicher wurde, dann seine Körperhaltung straffer wurde.
 

„Nein. Es hat mich nur verwundert, euch wieder zusammen zu sehen.“

Gut, das konnte ich sehr gut nachvollziehen. Nicht einmal ich hatte daran geglaubt, dass es diese Konstellation jemals wieder geben würde.

Allen Anschein nach war Mike doch ziemlich aus der Fassung geraten. Und nach seinem Blick zu urteilen, analysierte er gerade bis ins kleinste Detail unsere Bewegungen. Ich konnte ganz deutlich die Frage lesen, die ihm in Leuchtschrift auf der Stirn prangte: Ein Paar?

Jetzt würden wir eindeutig das nächste Stadtgespräch sein. Dafür würde Mike sorgen. Was diese Sachen anbelangte, war Mike genauso eine Tratschtante wie seine Mutter. Wie sagte man immer so schön: Der Apfel fällt nicht weit von Stamm.

Arme Esme. Wahrscheinlich würde sie bei ihrem nächsten Einkauf gerade zu überfallen und so lange genötigt werden, bis sie dazu Stellung beziehen würde. Die Mütter oder Frauen in Forks konnten so was von penetrant sein, wenn es um den neusten Klatsch ging. Man konnte sie dann mit ausgehungerten Tieren gleichsetzen. Aber wer konnte es ihnen verdenken. In einer kleinen Stadt wie Forks geschah nicht all zu viel.

An den Überfall, den Charlie bevor stand, wollte ich erst gar nicht denken, also wandte ich meine volle Aufmerksamkeit wieder den anwesenden Personen zu.

Bis jetzt war nichts weiter geschehen.

Es herrschte Stille.

Eisige Stille.

Selbst die Geräusche um uns herum schienen verklungen zu sein.

Mike hatte begonnen mit Edward ein Blickduell auszufechten, was Edward um einiges lockerer nahm, als Mike.
 

Ich fand es lächerlich, mehr als kindisch und doch traute ich mich genauso wenig wie Tyler, die beiden in ihrer stummen Konversation zu unterbrechen, bis Mike dies selbst tat, leicht seinen Kopf absenkte.

Der Kampf war somit aus, weshalb sich Mike leicht abwandte, dann jedoch noch einmal innen hielt. „Also, Bella, falls du es dir noch einmal anders überlegst.“ Er legte seine letzte Hoffnung in den Satz.

„Ähm danke, Mike. Aber…“, setzte ich an, versuchte milde Worte zu benutzen, als ich einen Arm bemerkte, der sich um meine Hüfte schlang, mich leicht zur Seite zog. Ich riss meinen Kopf nach oben, sah zu Edward auf.

Die Wärme, die von seinem Körper auf meinen überging, verursachte, dass mein Blut begann zu kochen. Ich hatte das Gefühl, dass meine Haut, dort wo er mich berührte, in Flammen aufging. Sein Daumen rieb leicht über meine Hüfte, was mich zum Japsen brachte. Mein Herz holperte unkontrolliert. Meine Konzentration war dahin. Ich wusste nicht einmal mehr, was Mike mich gerade gefragt hatte.

„Verstehe!“, erklang ein mehr als wütendes Zischen, was mich dazu veranlasste, meinen Blick von Edward abzuwenden.

Mikes dunkle Augen lagen auf Edward, seine gehegten Mordgedanken waren nur zu genau aus seinen Zügen zu lesen.

„Na dann!“, schnappte er noch, bevor er sich umwandte und zwischen den Regalen verschwand.

„Dann machs mal gut, Bella!“, kam von Tyler, bevor er seinem besten Freund folgte.

„Was war denn das für ein Abgang?“ Es sollte unwissend klingen, aber er konnte das Lachen doch nicht vollständig unterdrücken.

„Das fragst du noch?“

„Du kennst den Grund?“, fragte er umgehend nach, hob unschuldig seine Augenbrauen an.

Ich kämpfte derweil mit meiner Fassung, da sein Arm immer noch um mich lag, sein Daumen seine Streicheleinheit immer noch nicht eingestellt hatte. Der Sprache war ich nicht mehr mächtig. Edward würde als mit einer Antwort nicht rechnen können. Ich war froh, überhaupt noch zu stehen.

Oh Gott. Ich würde verglühen, wenn das nicht sofort aufhören würde.

Ich musste mich aus dieser Umarmung lösen.

Aber ich tat es einfach nicht. Mein Körper, ich, genoss es einfach zu sehr.

Es war zum Haare raufen. Er hatte es nur getan um Mike eins Auszuwischen. Eine von Edwards Spezialitäten, wenn es um Mike ging.

Ich durfte mir darauf – auf diese Geste – überhaupt nichts einbilden.

Leider sah das mein Herz ganz anders. Dessen Schlag wollte sich überhaupt nicht mehr normalisieren, pumpte noch mehr Blut in meine ohnehin schon hochroten Wangen.

Innerlich flehte ich inständig um Erlösung.

Um irgendeine.

Egal welche!
 

„Ich bin mir vollkommen sicher. Er ist es!“

Ich wusste nicht, warum ich aufgrund dieses unbedeuteten Satzes meinen Kopf abwandte, noch wusste ich noch nicht einmal, ob ich wirklich richtig gehört hatte und doch tat ich es und war dadurch abgelenkt.

Ich sah fragend zu Seite, suchte mit meinen Augen nach der Stimme, die gerade zischend diese zwei Sätze hervor gepresst hatte.

Doch das einzige, was ich noch sehen konnte, war eine Gestalt mit dunkler Haut, die ein Handy am Ohr hatte und die blitzschnell durch die gläserne Eingangstür schlüpfte, um mit der Menge der Passanten, die am Buchladen vorbeiströmten, zu verschmelzen.

Für einen kurzen Augenblick war es mir so vorgekommen, als hätte ich diese Statur schon einmal gesehen. Sie kam mir bekannt vor. Ich wusste nur nicht woher. Jemand aus dem Reservat? Wenn ich nach der Hautfarbe ging, konnte das gut möglich sein.

Ich kniff meine Augen zusammen, kramte nach der Erinnerung, als mich seine Stimme zurück rief.

„Bella?“

Ich folgte seiner Stimme, begann zu lächeln als ich in Edwards Gesicht sah, dass mich leicht besorgt, leicht fragend musterte, bevor sein jetzt wachsamer Blick dem meinem folgte.

„Alles in Ordnung. Ich dachte ich habe jemanden entdeckt, den ich kenne. Aber ich hab mich wohl getäuscht.“ Ich zuckte mit den Schultern, als augenblicklich Emmett durch die Tür trat, uns sofort begann zu sprechen, wodurch er die Aufmerksamkeit des halben Buchladen auf sich zog – was ihn überhaupt nicht störte.

„Hey ihr Zwei, wie sieht es aus? Können wir dann?“ Er schien ungeduldig.

„Irgendetwas vor, Emmett?“, stellte Edward sogleich meine unausgesprochene Frage.

Emmett grinste breit. „Ich sag nur ein Wort: Baseball.“ Seine Augen begannen dabei zu funkeln, während ich meine verdrehte.

Ich wusste, dass dies ein ziemlich nasses Vergnügen werden würde. Der sonnige Vormittag war zwischenzeitlich gewichen. Dicke dunkle Wolken waren aufgezogen und befreiten sich derzeit von ihrer schweren Last. Was nichts anderes bedeutete, als dass es schon seit geraumer Zeit wieder regnete. Nicht ungewöhnlich für Forks.

Und daher war auch absolut nichts Ungewöhnliches daran, in diesem Regen ein Baseballspiel stattfinden zu lassen.

„Ihr seid natürlich dabei!“ Was bedeutete, dass Widerworte nutzlos waren. Freudig rieb sich der Grizzly seine Tatzen, was jeden, der ihn nicht kannte und in seiner unmittelbaren Nähe stand, genau jetzt einen Schauer über den Rücken jagte.

Das einzige, was ich noch tun konnte war ergeben zu nicken, während Edward bereits wie sein großer Bruder Feuer und Flamme war, was er durch ein breites Grinsen, was dem von Emmett durchaus Konkurrenz machte, verdeutlichte.
 

Und wenn die Cullens Baseball spielen, dann bedeutete das mit allem drum und dran! Denn schließlich redeten wir hier von Baseball. Amerikas Nationalsport. Wenn Charlie das hören würde, vermutlich würden ihm genau jetzt Tränen in den Augen stehen.

In voller Montur standen wir auf der großen Wiese, die sich hinter dem Haus befand. Mittlerweile lag nur noch neblige Feuchtigkeit in der Luft.

Perfekt für ein Spiel.

Wir spielten eine vereinfachte Version, von Emmett erfunden.

Drei gegen Drei.

Carlisle stellte sich uns als Pitcher zur Verfügung. Esme war Schiedsrichterin und zugleich

Catcher für beide Teams.

Da wir ja jeweils nur zu Dritt spielten, gab es insgesamt nur drei Base-Felder, die es zu überqueren galt, die in einer Entfernung von ungefähr fünfzehn Meter zueinander in einem Dreieck angeordnet lagen.

Jeweils ein Spieler der gegnerischen Gruppe befand sich als Feldspieler auf der Wiese.

Das Mitglied, das in der Gruppe des Schlagmanns war, konnte durch sein Eingreifen verhindern, dass der Ball vom Gegner gefangen wurde und der Läufer damit out war. Wieder eine Regel von Emmett, die ihm immer ungemein Spaß machte, wenn er damit an der Reihe war, denn Emmett war erbarmungslos. Brutal, um es genauer zu definieren. Man konnte nur froh darüber sein, wenn man bei ihm in der Gruppe war. Dem Rest empfehle ich eine gute Schmerzsalbe nach dem Spiel aufzutragen und zwei Tage Bettruhe.

„Die Aufteilung?“, wollte Japser wissen, während er nach einem der Schläger griff.

„Rosalie und Bella sind in meinem Team.“, bestimmte Emmett sofort.

Gott, ich danke dir.

„Du nimmst freiwillig Bella?“, spottete Edward.

Ich wusste, dass er mich damit aufziehen wollte, was mich nicht daran hinderte ihm die Zunge heraus zu strecken.

„Na los, Kleines!“, war Emmetts einziges Kommentar hierauf, setzte mir sogleich ein Basecap auf „Dann zeigen wir es mal dem kleinen Angeber!“

Ich nickte bestätigend, grinste. Und wie wir es ihm zeigen würden.

„Abwarten.“, war Alice Antwort auf den letzten Satz.

„Du hast es erfasst, Alice!“, erklang nun Rosalies hochnäsige Stimme, die sie heraus kehrte, wenn es um Dinge ging, bei dem sie siegen konnte. Und Rosalie war ein Gewinnertyp.

„Los geht’s!“, warf Esme in die Runde der bereits leicht erhitzen Gemüter, klatschte in die Hände.

Carlisle bezog seine Position in einiger Entfernung zum Schlagmal, während Esme dahinter in die Hocke ging. Emmett trat mit einem Schläger in der Hand vor seine Mutter, während sich Rosalie und Jasper auf dem Spielfeld positionierten.

Edward und ich stand etwas Abseits, jedoch alles im Blick. Alice stand an der letzten Base, wartete auf ihren Einsatz – sprich sie war in dieser Runde dafür zuständig, den zurück geworfenen Ball entgegen zu nehmen.

„Bereit?“, wollte Carlisle wissen.

„Bereit.“

Das Oberhaupt der Cullens nickte, holte mit seinem Wurfarm Schwung und der Ball flog mit hoher Geschwindigkeit auf Emmett zu. Dessen Miene war hochkonzentriert. Seine Augen auf den Ball fixiert, der immer näher kam, sein gesamter Körper zum Schlag bereit.

Ein Knall ertönte, der darauf hindeutete, dass er den Ball getroffen hatte. Jasper sprintete los, Rosalie dicht hinter ihm.

„Mach schon, Rose!“, feuerte ich sie begeistert an.

„Du glaubst doch nicht allen ernsten, dass sie Jasper aufhalten kann!“, warf mir Edward entgegen.

Ich ignorierte ihn gekonnt, verfolgte stattdessen weiterhin Rosalie, die immer mehr an Jasper heran kam, während sich dieser immer weiter dem Ball näherte. Kurz huschte mein Blick zu Emmett, der unterdessen die erste Base passierte, dann wieder zu den anderen Zwei.

Jasper streckte seine Hand nach oben, setzte zum Sprung an. Er würde dadurch definitiv den Ball bekommen. Doch er hatte nicht damit gerechnet, dass Rosalie sich mir ihrem gesamten Gewicht gegen ihn warf. Seine Augen weiteten sich, wodurch er den durch die Luft fliegenden Ball verfehlte und wie dieser – jedoch eher unsanft - auf den Boden fiel oder eher gerissen wurde.

Rosalie war gerade dabei sich wieder aufzurichten, warf ihre langen Haare nach hinten und klopfte sich den Staub von ihren Hosen, als Esmes Stimme erklang. „Safe!“

„Super, Rosie!“

„Das war noch gar nichts!“ Rosalie begann ihrem Freund entgegen zu strahlen, half dann Jasper auf, der über diesen Verlauf doch etwas angesäuert wirkte.

„Noch Fragen?“ Ich darauf bedacht, meine Stimme herablassend klingen zu lassen.

„Das war erst der erste Punkt!“ Die pure Herausforderung strömte aus seiner Stimme.

„Du sagst es, der Erste und nicht der Letzte.“ Um meine Geste zu unterstreichen, schüttelte ich mein Haar auf, trat dann zu Emmett, der sofort seinen Arm um mich legte, sich etwas zu mir nach vorne beugte. „Hör mal, jetzt auf dem Spielfeld, ist es nicht so schlimm, wenn du denn Ball nicht bekommst. Viel wichtiger ist es, dass du alles in deinen Schlag setzt.“

Da stimmte ich ihm zu. Auf der Wiese war es viel wahrscheinlicher, dass ich eventuell fiel, wenn ich mich auf den Ball konzentrierte, als wenn ich nach meinem Schlag lossprinten musste. Denn dabei konnte ich auf den Boden sehen.

Ich begab mich auf das Feld. Alice neben mir.

Dieses Mal war es Edward, der sich zum Schlag aufstellte. Ein Grinsen legte sich auf sein Gesicht, als sein Blick mich streifte. Meine Augen hingegen verschmälerten sich.

Es bereitete ihm tierischen Spaß mich aufzuziehen.

Carlisle warf wieder und wie nicht anders zu erwarten, traf Edward und ich lief los.

Und wie ich mir selbst prophezeit hatte, hatte ich Probleme voran zu kommen. Alice war somit schneller, fing den Ball und garantierte Edwards problemlosen Durchlauf.

Gleichstand.
 

Wir stellten uns wieder auf, Rosalie war nun am Schlag, Emmett in Feld. Als nächstes würde ich dran sein. Und ich musste sagen, dass ich innerlich darauf brannte.

Mein Körper vibrierte vor Vorfreude, als ich auf das Schlagmal zulief.

Ich winkelte meine Beine minimal an, mein Oberkörper war etwas nach vorne geneigt. Ich lockerte meine Finger, bevor sich diese fest um den Griff des Schlägers schlangen, dessen Ende über meine rechte Schulter ragte.

Ich war bereit. Carlisle warf, meine Augen ließen den Ball keine einzige Sekunde aus den Augen. Der Ball gewann immer mehr an Geschwindigkeit, begann in der Luft leicht zu verschwimmen und doch ging es mir immer noch nicht schnell genug. Die Ungeduld wurde von Sekunde zu Sekunde größer.

Dann war es soweit. Mit all meiner Kraft, schwang ich den Schläger nach vorne, spürte den Druck des Balls, als er auf das Holz traf, in Wellen meine Arme hinauf schoss.

Sofort warf ich den Schläger zu Boden, rannte los.

„Woho! Genau so schlägt man einen Ball!“, grölte Emmetts Stimme in meinem Rücken. „Tja, da guckst du jetzt dumm aus der Wäsche, was, Bruderherz!?“

Damit hatte ich meine Bestätigung, dass ich den Ball gut getroffen hatte und Emmett amüsierte sich dadurch köstlich. Was wollte ich mehr?!

Ich eilte auf das zweite Base zu, weshalb ich mir einen Seitenblick gönnte. Ich sah Edward rennen, Rosalie weit abgeschlagen hinter ihm. Das dachte ich mir schon. Edward war schnell, zu schnell.

Ich beschleunigte weiter, achtete akribisch darauf nicht über meine eigenen Füße zu fallen.

„Safe!“
 

Ich hatte es geschafft. Eine breit grinsenden Rosalie kam langsam auf mich zugelaufen, ihre Augen deuteten für Bruchteile auf, was ich bereits ins Visier genommen hatte. Ein ziemlich ungläubig drein schauender Edward.

Wenn ich ihn jetzt so sah, tat er mich doch schon etwas leid. Denn woher hätte er wissen sollen, dass Emmett sich einen Sommer lang sich meiner mehr als nur miserablen Baseballfähigkeiten angenommen hatte und jeden Tag mit mir trainierte, bis ich endlich einen passablen Schlag – nach Emmetts Vorstellung natürlich – vorzeigen konnte. Das Ergebnis hatte ich soeben eindrucksvoll, was mir Edwards Gesichtsausdruck bestätigte, demonstriert.
 

Es hatte wieder begonnen zu regnen und da der Regen leider von Minute zu Minute stärker geworden war, hatten wir eine viertel Stunde später beschlossen, dass Spiel abzubrechen und ein andermal fortzusetzen.

Ich trat gerade in Edwards Zimmer ein, nachdem ich mit einer heißen Dusche die Kälte aus den Knochen erfolgreich vertrieben hatte.

Truman schoss an mir vorbei, lies sich neben der Couch auf den Boden nieder.

Ich bewegte mich eher ziellos durch den Raum, bevor ich mich spontan dazu entschied, näher an eins der Regal heran zu treten, wobei mir ein ganz bestimmter Buchrücken sofort ins Auge stach. Ohne großartig darüber nachzudenken, griff ich danach und zog das Buch, das mit blauem Stoff bezogen war, heraus.

Vorsichtig strich ich mit meiner Hand über den Einband, bevor ich mich auf die Couch fallen lies.

Ich zog meine Beine zu mir heran, lehnte mich bequem zurück und schlug das Jahrbuch unseres Abschlussjahres auf.

Sofort stahl sich ein Grinsen auf mein Gesicht, als ich mir die Bilder einiger Klassenkameraden betrachtete. Wenn man bedachte, wie manche von uns damals aussahen.

Meine Gedanken schweiften wieder zu der Begegnung mit Mike und Tyler im Einkaufscenter, heute Nachmittag, zurück, als ich Mikes Foto betrachtete.

Mike sah mit seiner jetzigen Kurzhaarfrisur eindeutig besser aus. Durch die etwas längeren Haare, die er zu unserer Schulzeit durch Gel stylisch nach oben gestellt hatte, hatte er wirklich eine verwechselnde Ähnlichkeit mit einem Golden Retriever gehabt. Bei diesem Vergleich musste ich kurz auflachen. Es war gemein so zu denken, aber nichts desto trotz unheimlich komisch.

Ich erinnerte mich daran, wie er sogar einen zeitlang versucht hatte, Edwards Wuschellook zu imitieren. Vermutlich, um meine Aufmerksamkeit zu erlangen, was ihm nie gelungen war. Bis heute sah ich ihn ihm nicht mehr, als einen guten Freund aus der Schulzeit. Wobei ich ihm seine Hartnäckigkeit durchaus anrechnen musste. Mike besaß schon ein sehr beeindruckendes Selbstvertrauen.

Ich blätterte weiter die Seiten durch. Fand Alice, die mir mit dem gleichen strahlenden Lachen entgegen sah, was sie heute noch trug. Über ihrem Foto prangte in feiner Schrift.
 

*Ein Bruder und eine Schwester, nichts Schöneres kennt die Welt. Kein Band im Leben hält fester, wenn einer zum anderen hält.
 

Ich hab dich lieb. Vergiss das nie.
 

Deine Schwester Alice*
 

Ich kam nicht drum herum, sanft zu lächeln. Jemand Fremdes würde der quirligen Alice solche Worte überhaupt nicht zutrauen. Aber Alice war um einiges tiefgründiger, als man ihr vielleicht auf den ersten Blick ansehen würde.

Meine Augen wichen zum nächsten Bild.
 

Edward.
 

Vorsichtig tupften meine Fingerkuppen über sein Foto, auf dem er sein berühmt berüchtigtes verschmitztes Grinsen trug.

Er hatte sich seit damals vom Äußeren her fast überhaupt nicht verändert. Die Gesichtszüge waren immer noch die Selben. Das gleiche verwuschelte Haar, was sich so weich anfühlte. Und diese tiefgrünen Augen, die mich selbst auf diesem Foto in ihren Bann zogen.

Ich sah mir die anderen Gesichter an, las über die Glück- und Zukunftswünsche, sah mir Seite für Seite an, bis ich an meinem Bild stoppte. Ich war bis jetzt die Einzige, bei deren Foto nichts dabei stand. Selbst Mike und Tyler hatten einen schlichten Abschiedsgruß hinterlassen.
 

Nur ich nicht.
 

Ich seufzte auf, strich über die leere Stelle über meinem Foto.

Die Erinnerungen an die Vergangenheit kamen wieder hoch. Auch wenn sie nicht mehr so schmerzten wie früher, spürte ich jedes Mal immer noch ein leichtes Ziehen in mir. Es war einfach nicht zu verhindern. Erinnerungen verblassten, was auch die meinen bereits taten, dennoch konnte man sie nie ganz vergessen. Der Unfall und auch Edwards distanzierte Haltung danach hatten mich geprägt. Sie waren ein Teil meines Lebens, waren immer da. Ständige Begleiter sozusagen.

Aber alles hatte sich wieder so sehr verändert.

Etwas, womit ich niemals im Leben rechnete. Und nie wäre ich im Glauben gewesen, dass es so einfach werden würde. Doch genau das Gegenteil wurde mir bewiesen, hatte Edward mir bewiesen.

Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, dass es wieder eine Zeit geben würde, in der wir uns wieder so annähern würden. Doch genau diese erlebte ich jetzt. Und ich genoss sie mit vollen Zügen.

Mein Blick wandelte sich umgehend, wurde fest entschlossen, als ich nach einem Stift griff und begann sicher die erste Buchstaben über mein Foto zu setzen.
 

**Zart ist der Faden der Freundschaft, doch unzertrennlich wie jede Kette, die Himmel und Meer und die Gestirne umschlingt, aber auch dehnbar wie Gold, er windet in lieblichen Knoten selbst um die Freunde sich leicht, welche das Schicksal getrennt.
 

In Liebe

Bella**
 

Worte des Frühromantikers Novalis. Sie brachten unsere Beziehung genau auf dem Punkt. Denn auch wenn wir uns aus den Augen verloren hatten, so waren wir doch nie wirklich getrennt gewesen, auch wenn es keiner von uns richtig wahrgenommen hatte.

Zufrieden nickte ich, ging weiter auf Entdeckungsreise in die Vergangenheit.

Auf einer weißen Seite prangte mir in silberfarbig geschwungener Schrift: Abschlussball entgegen.

Allein beim Gedanken daran schüttelte es mich.

Ich, der auserkorene Tanzmuffel hoch fünf, war von Alice in Schuhe mit Mörderabsätzen gesteckt worden, deren einziger Halt aus Satinbänder bestanden, die um meine Knöchel geschlungen wurden. Ich wusste noch, wie mir der kalte Schweiß ausgebrochen war, als ich diese Dinger allein schon im Schuhkarton betrachtet hatte.

Damals war ich mir sicher gewesen, dass ich diesen Abend nicht überleben würde. Ich würde am Tag des Abschlussballs durch einen selbst herbeigeführten Genickbruch sterben. Dieser Abgang wäre ganz sicher in die Geschichte der Forks Highschool eingegangen als Bella Swan, ihre Tollpatschigkeit und sechs Zentimeter Absätze waren ihr Verhängnis. Möge ihre Seele in Frieden ruhen.

Nun gut, heute wusste ich, dass ich ziemlich übertrieben hatte. Aber damals war der reine Gedanke an diese Veranstaltung der blanke Horror gewesen. Und wäre Alice damals nicht so penetrant gewesen, wäre ich dort auch nicht erschienen, trotz Anwesenheitspflicht.

Ich wäre einfach zu Hause die Treppe runter gefallen. Niemand hätte mir für diesen Vorfall böse Absicht unterstellt. Ich war immerhin die Tollpatschigkeit in Person. Bin es heute immer noch.

Aber nun ja, ich gab nach, tat Alice diesen Gefallen.

Ich war inzwischen dazu übergegangen mir die Bilder des Balls anzusehen. Das Kleid, das ich damals trug war wirklich sehr hübsch gewesen. Alice hatte es für mich entdeckt und ich hatte es auf Anhieb gemocht.

Ich musste zugeben, dass der Abend recht lustig geworden war, auch ohne Begleitung an meiner Seite.

Ich hatte jede Einladung konsequent abgelehnt.

„Du siehst wunderschön aus. Blau stand dir damals schon ausgezeichnet.“

Ich zuckte zusammen, hob ruckartig meinen Kopf an, um Edward zu erkennen, der sich lässig über die Sofalehne gebeugt hatte. Sein Blick war auf das Bild gerichtet. „Obwohl…. eigentlich siehst du immer wunderschön aus." Verschmitz grinste er mir hierauf entgegen.

Sofort wandte ich mich wieder ab, starrte krampfhaft auf das Buch, um meine Röte zu verbergen. „Hör auf mich zu ärgern, Edward.“, nuschelte ich noch schnell.

Ein Glucksen war die Antwort, bevor er sich neben mir auf der Couch nieder lies und ich unweigerlich wieder seine Nähe genoss.

Er beugte sich weiter zu mir. „Mit wem warst du damals eigentlich dort?“

„Warum willst du das wissen?“

Er zuckte zunächst nur die Schultern. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dich mit irgendjemand anderes als mit Emmett oder Leland tanzen gesehen zu haben.“

Oh ja, noch so eine Erinnerung, an die ich nicht gerne zurück dachte. Emmett und Leland – der Alice Begleiter gewesen war - sicher auch nicht oder sollte ich wohl sagen, eher Emmett, oder doch dessen Begleitung?! Denn Emmett war in Punkto tanzen damals genauso eine Niete, wie ich es gewesen war. Weshalb wir eher auf der Tanzfläche herum gestolpert waren. Aber was solls. Dafür hatten wir viel gelacht. Und ich glaube Emmetts Partnerin war ganz froh darüber, dass ihre Füße ab und an eine Verschnaufpause gegönnt wurden – nämlich dann wenn Emmett mit mir tanzte.

Ich entschloss mich zunächst für ein Ausweichweichmanöver. „Mit wem warst du denn dort?“ Wenn ich ihn in meinem Jahrbuch nicht auf einem Foto entdeckt hätte, hätte ich geglaubt, dass er gar nicht dort gewesen wäre.

„Mit Jacob.“

„Hör auf mich zu veralbern, Edward.“, warnte ich ihn, verkreuzte meine Arme.

„Ich meine das ganz ehrlich, Bella. Jacob und ich. Eigentlich hatte ich überhaupt keine Lust dort aufzukreuzen.“ Ja, das konnte ich sehr gut nachvollziehen.

„Nur leider bestand diese bescheuerte Anwesenheitspflicht, was mich jetzt nicht daran gehindert hätte, diesem Spektakel trotzdem fern zu bleiben. Aber nachdem Esme mich mehrmals darum gebeten hat, dass ich doch wenigstens eine Stunde dort hingehen sollte, da es doch der Abschlussball – mein Abschlussball wäre… Nun ja, ich tat ihr also den Gefallen. Und nachdem ich Jacob mein Vorhaben mitgeteilt hatte, haben wir spaßeshalber beschlossen, zusammen hinzugehen.“

Ich musterte ihn mit Verblüffung. Er sah mir entgegen ohne nur mit der Wimper zu zucken. Also sagte er doch tatsächlich die Wahrheit.

„Du kannst dir vorstellen, wie begeistert meine Mutter war, als sie gehört hat, dass ich keine weibliche Begleitung erwählt habe, sondern Jacob.“ Er grinste.

Ich schüttelte nur den Kopf, konnte nicht anders, kicherte über die Bemerkung kurz auf, bevor ich wieder ernst wurde. „Ich war ebenfalls mit niemanden dort.“, antwortete ich mit gedämpfte Stimme wahrheitsgemäß auf seine gestellte Frage.

Verwundert hob er seine Augenbrauen an, was mich sogleich wieder den Wunsch verspüren ließ, einfach meine Hand zu heben um diese Konturen nachzustreichen.

„Warum? Ich kann mir nicht vorstellen, dass dich niemand gefragt hat.“ Die Verblüffung in seiner Stimme war nicht zu überhören. Aber genau die gleiche Frage könnte ich ihm ebenfalls stellen. An Angeboten hatte es ihm damals bestimmt nicht gemangelt.

„Nein,……..das war es nicht.“ Das war Antwort genug.

Warum hatte ich auch nicht die Klappe halten können? Ich biss mir auf die Unterlippe, wandte meinen Blick in die andere Richtung.

„Bella.“ Ich spürte seinen Finger, die sich sanft um mein Kinn schlangen, mein Gesicht wieder in seine Richtung zogen. Dennoch waren meine Augen weiterhin nieder geschlagen. Ich wusste auch so, dass sein Blick auf meinem Gesicht ruhte und ich wusste, dass er meine Reaktion darauf schon wahrgenommen hatte.

„War es wegen mir?“, fragte er einfühlsam.

Ich schluckte, mein Mund fühlte sich so trocken an, gleichzeitig schlug mein Herz heftig in meiner Brust. Meine Wangen glühten bereits.

„Warum?“

Ich schüttelte einfach meinen Kopf, was ihn frustriert ausatmen lies.

„Bitte, Bella, sag es mir.“

Doch ich schwieg weiterhin beharrlich, was Edward dazu brachte, aufzuseufzen. Ich bemerkte, wie er sich langsam von der Couch erhob. Meine Finger krampften sich um das Buch, das immer noch auf meinem Schoß lag. Ich hatte ihn verärgert. Etwas, was ich eigentlich nicht beabsichtigt hatte.
 

Ich nahm seine Schritte wahr, die sich von mir entfernten. So schnell ich konnte, hob ich meinen Blick an.

„Edward, ich….“ Ich verstummte, als ich sah, dass er direkt vor mir stand.

„Lass uns tanzen.“

Erstaunen legte sich in meine Züge.

Doch Edward ging nicht darauf an, griff stattdessen nach meiner Hand, woraufhin ich sogleich wieder die elektrische Spannung spürte, die jedes Mal durch meinen Körper jagte, wenn er mich berührte. Durch dieses mehr als angenehme Gefühl völlig abgelenkt, zog er mich widerstandslos auf meine Beine, legte seine andere Hand sanft auf meine Taille. Ein wohliger Schauer war die Folge.

Erst jetzt bemerkte ich die leise Musik, die aus den Boxen zu uns heran drang. (http://de.youtube.com/watch?v=bor44-RK44U)

„Joe Cocker?“, stellte ich in einem neckenden Ton fest.

„Ich finde das Lied mehr als passend.“, murmelte er sanft, was mir den Atem verschlug.

Geschickt zog er mich noch näher an seinen Körper heran. Sein süßer Geruch liebkoste meine Nase, beschleunigte meinen ohnehin schon erhöhten Herzschlag weiter.

„Edward, ….ich kann nicht tanzen.“ Meine Stimme war nicht mehr als ein schwaches Wispern.

Er lachte leise in sich hinein. „Wie kommt es, dass ich dir das nicht so ganz abnehme?!“

Fragend legte ich meine Stirn in Falten, sah wieder zu ihm auf, während er mich in eine Drehung zog.

Mein Blick glitt hierauf irritiert zur Seite. Eigentlich hatte ich dort das Sofa erwartet, aber ich musste erkennen, dass wir uns in der Mitte des Raums befanden und uns nahezu elegant zum Takt der Musik bewegten.

Ich konnte mir diesen Umstand nicht direkt erklären. Mein Körper reagierte auf jede kleine Bewegung, jeden noch so kleinen Druck, den Edwards Hand auf meine Hüfte ausübte, passte sich geschmeidig seinen Bewegungen an, was ich jedoch bis jetzt nicht realisiert hatte.

Ich konnte nicht anders, begann glücklich zu lächeln, meinen Kopf an seine Brust zu betten, woraufhin Edward mich noch enger zu sich zog, sein Gesicht leicht hinab senke, damit er seine Wange auf mein Haar betten konnte.

Die Welt um mich herum begann mehr und mehr zu schwinden.

Ich wusste, niemals hätte der Abschlussball diese Gefühle in mir auslösen können, wenn ich mit jemand anders hingegangen wäre, wie ich sie gerade empfand. Völlig ungetrübt und rein. Dieses Gefühl war einzigartig und stark und ich empfand es nicht zum ersten Mal. Es war immer da gewesen, hatte bereits vor langer Zeit von meinem Körper, meiner Seele besitzt ergriffen.

Ich lauschte dem Liedtext. “Mehr als passend“, hatte er gesagt.

Glückselig schloss ich meine Augen, lauschte seinem Herzschlag, vergaß alles andere um mich herum endgültig.

Gerade in diesem Moment wünschte ich mir nichts sehnlichster, als dass die Zeit für immer anhielt, ich für immer mit ihm so verharren könnte.

Edward und ich.

Für immer.
 

****

Stimme des Herzens

Es tut mir wahnsinnig leid. *auf die Knie fall* Ich hatte nicht die Absicht, dass es bis zum nächsten Kapitel wieder so lange dauert. Aber meistens kommt es anders, als man denkt. Und in Bezug auf Freizeit, hatte ich in letzter Zeit fast keine. Bin froh, dass ich auf der Arbeit ab und an mal kurz in Internet hüpfen konnte, sonst wäre ich überhaupt nicht dazu gekommen.

Aber na ja. Beklagten bringt ja nichts. ^^
 

Daher präsentiere ich euch lieber, das nächste Kapitel und hoffe doch, dass es gefällt. ^^
 

Stimme des Herzens
 

Sachte öffnete ich meine Augen, blinzelte einige Male, bevor sich die verschwommenen Umrisse schärften.

Und ich sah ihn.

Edward.

Sein Arm lag locker über meiner Hüfte, seine Hand berührte meinen Rücken.

Umgehend beschleunigte sich wieder mein Herzschlag. Meine Haut begann zu brennen, sobald ich mir dieser Berührung bewusst wurde.

Sein wunderschönes Gesicht, welches vom schwachen Licht, das durch die Glasfront ins Zimmer hereinfiel, beschienen wurde, lag nur wenige Zentimeter von dem meinem entfernt.

Seine gleichmäßigen Atemzüge verrieten mir, dass er noch schlief.

Er wirkte völlig zufrieden.

Durch sein mehr als wild verwuscheltes Haar, was in alle Richtungen abstand, wirr in sein Gesicht fiel, wirkte er wieder, wie ein kleiner Junge. Erinnerungen wurden geweckt. Erinnerungen an unsere Kindheit. An eine gemeinsame Kindheit. Eine Kindheit, an die jedoch nur ich mich erinnern konnte. Er kannte diese nur von Fotos und Erzählungen. Dieser Umstand müsste mich betrüben. Tat es aber nicht. In diesem Moment war es bedeutungslos für mich.
 

Ein sanftes Lächeln legte sich auf meine Lippen, während ich ihn weiterhin beobachtete. Ich wusste, dass ich diesem niemals überdrüssig werden würde. Niemals.

Zu gerne, würde ich meine Hand ausstrecken, ihm durch sein Haar streichen. Aber ich fürchtete, dass er dadurch aufwachen würde.

Was ich nicht wollte.

Ich wollte hier liegen bleiben, ihn einfach weiter betrachten, seine Nähe spüren.

Ich seufzte leise auf.

„Was tust du nur mit mir?“, flüsterte ich leise in die Stille, die uns schützend umgab.

Ich konnte mich einfach nicht mehr ablenken. Alles drehte sich nur noch um ihn. Ich verlor mehr und mehr die Kontrolle, unfähig irgendwie dagegen zu wirken.

Warum nur? Warum war es für mich nicht mehr möglich, mich gegen diese Gefühle zu wehren?

So sehr ich es auch versuchte, es gelang mir einfach nicht. Es fühlte sich immer mehr so an, als würde ich versuchen mich gegen die stürmische See zu behaupten, die so viel mächtiger war, als ich es jemals sein konnte.

Edward wurde unhinderlich immer mehr der Mittelpunkt meiner kleinen Welt.

Ich bekam ihn einfach nicht mehr aus meinem Kopf. So lange war es her, dass dies der Fall war. Es fühlte sich so an, als hätte ich verlernt damit umzugehen.

Auf der einen Seite verzehrte ich mich nach seiner Nähe, wollte nicht mehr ohne ihn sein, was einfach nicht sein durfte! Und dann gab es einen Teil in mir, der sich von ihm zurückziehen wollte. Dadurch verhindern wollte, das ich Edward noch mehr verfiel, als ich es jetzt schon war. Und ja, ich wünschte mir, ich könnte diesem Teil Folge leisten. Aber es ging einfach nicht. Edwards Nähe war mir so vertraut und zugleich so fremd. Früher war es anders gewesen, ich war anders gewesen. Genauso wie er.
 

Wir waren nicht mehr die Teenager von damals, die dachten, dass nichts und niemand sie trennen könnte. Wir beide hatten schmerzlich erfahren müssen, dass es durchaus Dinge gab, die das für uns zur damaligen Zeit Undenkbare geschafft hatten. Edward und Bella – entzweit. Ein Albtraum, der wahr geworden war. Ich kniff meine Augen zusammen, schüttelte meinen Kopf, vertrieb damit diesen dunklen, mich belastenden Gedanken.

Und zugleich wollte ich ihn – Edward - aus meinem Kopf bekommen. Zumindest das Bild, was ich immer sah, wenn ich meine Augen schloss. Ein Edward der mir mit all seiner Liebe entgegen sah. Liebe, die er nur mir schenkte. Ich wollte nicht damit zerstören, was gerade erst wieder begonnen hatte – unsere Freundschaft.

Ich wollte dieses Bild lo werden. Ich hatte doch auch das Bild seines alten Ichs los lassen können. Warum gelang es mir nun nicht?

Verdammt, ich musste doch!

Oder?

Tränen stiegen mir in die Augen.

Ich fühlte mich so elend, wenn ich daran dachte. Es schien, als würde mein Herz plötzlich eine Tonne wiegen. Schwer auf meine Brust drücken.

Seine Berührungen, seine Gesten und Blicke!

Diese elektrische Spannung, die zwischen uns herrschte.

Was sollte ich nur davon halten?

Ich wusste inzwischen nicht mehr, wie ich mich verhalten sollte.

Was sollte ich bloß tun?

Die Gefühle begann langsam aber sicher mich aufzufressen. Es tat weh. Je mehr ich sie unterdrückte, desto schmerzhafter wurde es, gab meiner hoffnungslosen Sehnsucht immer weiter Nahrung.

Es war zum Verzweifeln.

Ich wusste derzeit einfach nicht mehr, wie es weitergehen sollte. Ich war hin und her gerissen. Ich fürchtete mich davor, den falschen Weg einzuschlagen.

Meine Vernunft riet mir alles so zu lassen, wie es war. Mit dem was ich zurückbekommen hatte, zufrieden zu sein. Ich täte nichts lieber.

Doch da war noch eine kleine leise Stimme, die mir zuflüsterte, dass ich doch genau das nicht wollte. Dass ich endlich das bekommen könnte, was ich mir schon immer gewünscht hatte.

Edward.

Meinen Engel.

Sollte ich schwach sein oder stark?

Derzeit fühlte ich mich wie eine Schiffbrüchige, die in den Weiten des Meeres trieb, ohne Land in Sicht.

Ich wünschte mir so sehr, nur einmal durch seine Augen sehen zu können, endlich verstehen zu können – ihn verstehen zu können!

Wenn er nur wüsste, was er in mir für ein Chaos anrichtete.
 

Edward und Bella – zusammen. Nicht als Freunde, sondern wir beide – in Liebe zueinander verbunden. Bei diesem Gedanken begann mein Herz freudig zu flimmern.

Was wäre so falsch daran? Wenn ich daran dachte, jeden Morgen meines Lebens so aufzuwachen, jeden Abend genau so einzuschlafen. In Edwards Armen.

Würde dieser Traum – mein Traum - jemals zu realisieren sein?

Würde er mein sein?

„Würde ich dein sein? Wäre das möglich?“, murmelte ich sanft.

Mein Herz sagte mit jeder Faser ja! Zog sich bei den schwermütigen Gedanken, die diese Worte begleiteten, schmerzhaft zusammen. Ebenfalls war da noch etwas anderes in mir, nicht mein Verstand, aber was mich ebenfalls zurückweichen lies. Etwas, was mir riet mich in Acht zu nehmen. Vorsichtig zu sein. Aber warum?

Das war alles so irreal und doch…….

Langsam, zögerlich hob ich meine Hand, legte diese behutsam auf seine Wange, was ein angenehmes Prickeln in mir auslöste. Ich genoss dieses Gefühl, was schon fast wie eine Droge für mich war. Ich, mein Körper, meine Seele, sehnte sich von Tag zu Tag mehr danach.

Meine Fingerkuppen strichen sanft unterhalb seiner geschlossenen Augen entlang, über seine Wangenknochen zu seinen Lippen.

Diese fühlten sich so unglaublich weich an. Ich biss mir unweigerlich auf die meinen.

Für einen kurzen Augenblick drohte ich in den Gefühlen, die gerade wieder wie eine Welle über mich schwappten, zu ertrinken. Ich atmete tief durch, bekam mich dadurch wieder etwas unter Kontrolle.

Ich fühlte die Wärme, die unbeeindruckt dessen in jeden kleinen Winkel meines Körpers vordrang.

Schlagartig wurde mir noch einmal bewusst, dass ich davor nicht weiter davon rennen konnte. Ich musste mich meiner Aufgewühltheit stellen, mich mit jeder kleinen Einzelheit auseinandersetzen.

Doch konnte ich mich dieser nicht alleine stellen. Ich musste mit jemanden darüber sprechen. Jemand, der mich verstand.

Am besten jetzt gleich.

Es war unaufschiebbar. Ich wusste, würde ich noch länger warten, würde ich später wieder alles vor mir herschieben.

Schweren Herzens löste ich meine Hand, löste mich vorsichtig aus Edwards Umarmung. Kaum, dass ich mich von ihm entfernt hatte, vermisste ich die Wärme, die mich bis dahin umgeben hatte. Der Wunsch, wieder zu ihm zurück zu kehren, war stark. Aber meine derzeitige Entschlossenheit war größer, worüber ich sehr froh war.

Mit leisen Schritten durchquerte ich das Zimmer, schlüpfte geräuschlos auf den Flur.

Ich musste nicht weit gehen bis ich mein Ziel erreicht hatte.

Nun stand ich doch etwas unschlüssig vor der verschlossenen Tür. Während meiner Überlegung hatte ich nicht darauf geachtet, wie weit der Morgen bereits voran geschritten war. Erst jetzt fiel mir das doch noch recht schwache Tageslicht wieder auf. Im Haus war es noch völlig still.

Ich kaute auf meiner Unterlippe herum, während ich abwog, was ich tun sollte. Ich musste zugeben, dass meine Entschlossenheit dadurch leicht angekratzt wurde.

Ich atmete noch einmal tief durch und tat, was ich tun musste.

Zaghaft klopfte ich an die Tür. Um ehrlich zu sein, war ich nicht einmal sicher, ob es überhaupt gehört wurde. Es war sogar für meine Ohren ziemlich schwer das Geräusch wahrzunehmen.

Doch zu meiner eigenen Verwunderung hörte ich umgehend ein leises jedoch klares „Herein.“

Was ich mir nicht zweimal sagen lies. Ich war einfach zu aufgewühlt, um jetzt zu zögern.

Ich musste mit Alice sprechen.

Also öffnete ich so schnell wie ich konnte die Tür, kam der Bitte nach.

Alice saß aufrecht in ihrem Bett. Jasper war unter den Decken und Kissen nur zu erahnen.

„Bella.“ Nicht der geringste Hauch von Müdigkeit schwang mir entgegen. Alice schien nicht mal annährend überrascht zu sein, dass ich so früh hier in ihrem Zimmer stand.

Zaghaft hielt ich nach einigen Schritten wieder inne und begann mit entschuldigender Stimme zu sprechen. „Ich wollte nicht so früh hereinplatzen. Aber Alice……. Ich muss………… Kann ich mit dir sprechen?“

Meine beste Freundin erwiderte nichts, drehte sich stattdessen zu ihrem Freund herum und rüttelte an diesem.

„Was ist?“, nuschelte Jasper – zumindest vermutete ich das. Die Masse von Stoff, unter der er begraben lag, ließen seine Worte doch mehr als undeutlich klingen.

„Japser!“ Alice Rütteln wurde stärker, weshalb Japser aufstöhnte, seinen Kopf anhob.

„Alice, es ist noch nicht einmal richtig hell.“, murmelte er schlaftrunken.

„Ich weiß, mein Schatz, aber…….“ Sie schwieg, blickte in meine Richtung. Jasper folgte mit seinen Augen.

Für einige Sekunden lagen diese auf mir, musterten mich ruhig. Ich bekam ein schlechtes Gewissen, als ich in sein müdes Gesicht sah, senkte meinen Blick in Richtung Boden. Ich sollte wieder kehrt machen. Ich war gerade dabei, mein Vorhaben in die Tat umzusetzen, als mich Jaspers Stimme stoppte.

„Ich lass euch dann mal alleine!“, kam es von ihm schnell, fast so, als hätte er mein Vorhaben voraus geahnt. Kaum dass er gesprochen hatte, rappelte er sich auch schon auf, schnappte sich ein Kissen und eine Decke, schenkte Alice noch einen liebevollen Blick und schlappste Richtung Tür.

Ich musste nicht fragen, woher er wusste, dass ich mit Alice alleine sprechen wollte – warum ich gekommen war.

Natürlich hatte er wieder mit einem Blick die Situation erfasst.

Mit einem aufmunternden Lächeln lief er auf mich zu.

„Danke.“, flüsterte ich, als er direkt neben mir war. Sogleich tat es mir noch mehr leid, wenn ich daran dachte, dass er es sich jetzt wahrscheinlich auf der Couch bequem machen musste.

„Es ist in Ordnung, Bella. Mach dir darüber keinen Kopf, ok?!“, gab er in der gleichen Tonlage zurück, legte mir kurz seine Hand auf die Schulter. Ich nickte zögerlich, bevor er aus dem Zimmer verschwand, was ich durch das Klicken der Tür deuten konnte.

Kaum war dies geschehen, erhob sich Alice ebenfalls, nur um sich einige Schritte weiter wieder fallen zu lassen.

Denn dort befand sich Alice so genannte Wohlfühlecke, die direkt an die riesige Glasfront angrenzte, die die gesamte Rückseite des Hauses zierte.

Unzählige große Kissen waren dort drapiert. Kleine Lampen in verschiedenen Farben hingen von der Zimmerdecke, brachten am Abend eine wunderschöne Atmosphäre.

Alles schrie gerade so nach Gemütlichkeit.

Und ich hätte nichts lieber getan, als mir eine heiße Tasse Schokolade zu schnappen und mich mit einer Decke in den Berg von Kissen zu schmeißen und den ganzen Tag mit Alice Blödsinn zu reden. Aber ich war wegen etwas anderem hier.

Alice klopfte einladend neben sich. Kurz huschten meine Augen nochmals zur Tür, dann wieder zu Alice. Ich war so froh darüber, solche Freunde zu haben. Alice und Jasper waren schon etwas ganz besonderes. Der quirlige Cullen-Zwilling und der ruhige Psychologie-Student ergänzten sich perfekt. Man konnte sagen, dass die Beiden füreinander geschaffen waren. Ich freute mich für meine beste Freundin, dass sie ihr Glück gefunden hatte. Und ich gönnte es ihr von ganzem Herzen, noch mehr, wenn ich an das damalige Drama zurückdachte.
 

Alice und ich waren gerade einmal vier Monate in Seattle. Unsere Wohnung konnte man zu diesem Zeitpunkt noch elegant als ein einzigartiges Tohuwabohu bezeichnen und Alice hatte nichts anderes zu tun, als ihren großen Bruder zu nötigen, sie über alle Partys zu informieren, die ihr vielleicht entgangen sein konnten. Es kam wie es kam. Fie wandelnden ein Meter fünfzig schleppte mich, Emmett und Rosalie auf eine Studentenparty, die Emmett erwähnt hatte. Und ja, ich sorgte dafür, dass Emmett keine Chance bekam, sich dem zu entziehen. Er hatte mir die Suppe eingebrockt, also war es das Mindeste, dass er mitkam. Denn ich hatte auf diese Party so gar keine Lust gehabt. Aber was tat man nicht alles, um das nervende Etwas ruhig zu stellen. Alles!
 

Also war ich Alice zuliebe mitgegangen. Kaum angekommen, war Alice in ihrem Element. Sie mischte sich unter die Studenten, quatschte, tanzte, amüsierte sich. Und dann bemerkte sie ihn, Jasper.

Der Blickwechsel der beiden dauerte unter Berücksichtigung einiger kleiner aber nicht nennenswerte Unterbrechungen, fast fünfundvierzig Minuten. In dieser Zeit näherte sich der eine dem anderen immer weiter, bis sie endlich in einer Gruppe, zu der sie sich praktischerweise zur gleich Zeit gesellt hatten, aufeinander trafen.

Bei Alice war es die berühmte Liebe auf den ersten Blick. Und Jasper ging es nach meinen damaligen Beobachtungen nicht anders.

Den ganzen Abend über redeten die beiden ununterbrochen miteinander, nahmen nichts mehr um sich herum wahr. Rosalie und ich waren ab diesem Moment damit beschäftigt die Zwei zu betrachten, zu analysieren und uns dämlich anzulächeln, wenn Alice errötete, schüchtern die Augen niederschlug. Denn diese Gesten hatten Seltenheitswert.

Während der Heimfahrt war noch alles in bester Ordnung. Doch dann betraten wir unsere Wohnung und Alice stellte bestürzte fest, dass sie gar nicht nach seiner Handy-Nummer gefragt hatte oder gar, auf welcher Universität er war. Sie kannte nicht einmal seinen Nachnamen. Sie war wirklich nicht bei der Sache gewesen. Ihre Hochstimmung war schlagartig verpufft. Tränen standen ihr in den Augen. Ich darum bemüht, beruhigend auf sie einzureden, dass wir ihn schon ausfindig machen würden. So schwer dürfte dass doch nicht sein. Aber wie weit ich mit meiner Vermutung daneben lag, stellte sich kurze Zeit später heraus.

Denn genau das stellte sich als schwieriger heraus, als ich geglaubt hatte. Viele hatten an diesem Abend Jasper ebenfalls das erste Mal getroffen. Derjenige - ich glaube, er hieß Dan – der Jasper mit auf die Party gebracht hatte, war für ein Jahr nach Deutschland gegangen, wodurch er derzeit ziemlich schlecht zu erreichen war. Alice wurde zunehmend betrübter, verlor mehr und mehr die Hoffnung.

Fünf Wochen waren seit der Party vergangen. Ich hatte mich mit meiner besten Freundin in einem Cafe verabredet, von dem ich gehört hatte, dass es ein beliebter Treffpunkt für Studenten war. Eigentlich hatte ich Alice damit einfach etwas ablenken wollen.

Doch dass diese Sache dann so ausging, damit hatte ich nicht gerechnet.

Alice und ich betraten das bereits gut gefüllte Cafe, sahen uns nach einem freien Tisch um. Ich seufzte auf, als ich bemerkte, dass dieses Unterfangen wahrscheinlich nicht durchführbar werden würde. Mit anderen Worten, das Cafe war proppenvoll. Alice war zum gleichen Ansicht gekommen. „Mach dir nichts draus, Bella. Wir kommen einander mal wieder.“

„Mhm….“ Was sollte ich dazu noch sagen.

Meine beste Freundin wandte sich bereits um, hielt dann mitten in ihrer Drehung inne und sah mit geweiteten Augen durch die Glasscheibe hinaus. Ich folgte ihrem Blick und sah Jasper, der genauso erstarrt auf der anderen Seite der Scheibe stand.

Minuten vergingen. Ich räusperte mich dezent. Alice löste sich dadurch aus ihrer Trance, sah zu mir. „Ich werde dann mal gehen.“, meinte ich lächelnd.

„Aber…..“

Ich überging ihren Einwurf, sah zu Jasper, winkte ihm kurz zu, bevor ich mich abwandte und verschwand. Tja und seitdem waren die beiden zusammen und ich kehrte ins Hier und Jetzt zurück.
 

Mit schnellen Schritten trat ich auf sie zu, setzte mich direkt neben sie. Kaum, dass ich das getan hatte, zückte sie eine Decke, breitete diese über uns aus, betätigte den kleinen Schalter neben ihr, woraufhin die unzähligen kleinen Lämpchen begannen in sanftem Licht zu erstrahlen.

Erwartungsvoll richtete sie danach wieder ihre Augen auf mich.

Tief atmete ich noch einmal durch.

Womit oder besser gesagt wie sollte ich anfangen?

Ich folgte dem ersten Impuls, begann zu reden. „Es ist wegen Edward. Ich… Also….wir…ich meine ich habe gestern Abend unser Jahrbuch angeschaut als Edward dazu kam und dann……..dann haben wir getanzt.“ Ich schielte kurz zu Alice, wartete auf eine Reaktion, doch sie schaute mich weiterhin nur abwartend an. „Ich weiß nicht, ich muss neben ihm eingeschlafen sein. Und als ich heute Morgen neben im aufgewacht bin,…..da……da….. Ich weiß einfach nicht……“ Seufzend brach ich ab.

Ich wusste einfach nicht, wie ich es ausdrücken sollte. Diese unbeschreiblichen Gefühle in mir, die von Tag zu Tag mächtiger wurden. Die mir das Gefühl gaben, endlich wieder vollständig zu sein und mich doch ängstigten. Ich war mir ihrer Bedeutung bewusst, dennoch fiel es mir unsagbar schwer darüber zu sprechen. Es auszusprechen.

„Alice!?“, schniefte ich leise, resignierend. Es war derzeit so wahnsinnig schwer für mich einen klaren Gedanken zu fassen. Edward machte dies einfach nicht möglich.

„Du liebst ihn, Bella.“ Es war keine Frage, sondern eine Feststellung, die genau ins Schwarze traf.

Ich nickte zunächst nur zögerlich, senkte meinen Blick.

Liebe! Ein Wort und doch aussagekräftiger als alle Sätze, die ich mir zu Recht legen konnte. Für diese Auffassungsgabe bewunderte ich Alice und war zugleich dankbar, dass sie mir dadurch einige Situationen - so wie diese jetzt - ungemein erleichterte. Sie sprach aus, was ich nicht konnte.

„Wie lange weist du es schon?“, fragte ich leise nach.

Alice kicherte kurz. „Schon eine ganze Weile, Bella. Was wäre ich für eine Freundin, wenn ich das nicht sehen würde.“ Ihre Stimme wurde kurz tadeln, bevor sie einfühlsam weiter sprach. „All eure Gesten, die Mimik, eure Blickkontakte. Es ist wie früher.“

Ich sah sie leicht erstaunt an.

„Eine ganze Weile vor dem Unfall schon, habt ihr euch genauso angesehen. Es ist ehrlich gesagt, sogar etwas unheimlich. Man fühlt sich in die Vergangenheit zurück versetzt. Aber ich bin auch sehr froh darüber. Kaum dass Edward wieder da ist, hast du begonnen dich zu wandeln. Edward hat in dir wieder eine Seite zum Vorschein gebracht, von der ich glaubte, sie nie wieder zu sehen. Und es ist nicht nur bei dir so.“

Um mein Erstaunen mehr zu verdeutlichen, hob ich eine Augenbraue an. Doch sie ging auf ihren letzten Satz nicht ein, sprach weiter.

„Dein Wesen,……auch wenn du unter seiner Rückkehr zunächst gelitten hast, deine Augen waren kurz danach wieder klarer, viel offener Ich habe aus ihnen wieder lesen können, wie du empfindest.“

Emmetts Handeln, an dem Morgen, nach dem Gespräch mit Edward kam mir wieder in den Sinn. Er hatte mein Gesicht in seine Hände genommen, mich eindringlich betrachtet.
 

- „Deine Augen haben dich verraten!“ -
 

Genau das hatte er gesagt und nun verstand ich es. Das hatte er damit gemeint. Ich lächelte, lauschte weiter meiner besten Freundin.

„Dein Lachen, es wirkt wieder so viel befreiter. So wie früher. Du bist wieder viel unbekümmerter. Und dann diese Vertrautheit, die dich und Edward vom ersten Moment an wieder umgab. Auch wenn sie anfangs nur ganz schwach präsent gewesen war. Sie war dennoch da und wurde merklich stärker und stärker.“

Diese Worte hörten sich so wohltuend an.

Auch wenn ich es bis jetzt selbst nicht realisiert hatte, wusste ich doch intuitiv, dass sie mit all ihren getroffenen Aussagen Recht hatte, weshalb ich ein bestätigendes Lächeln auf meine Lippen legte. Ich hatte bisher immer nur der Reaktion meines Körpers Beachtung geschenkt. Doch durch Alice klare Worte, wurde mir der Rest nun ebenfalls bewusst.

„Ich wusste, dass es die richtige Entscheidung war, als Edward zu mir meinte, dass er nach Seattle ziehen will. Ich freute mich riesig darüber. Aber ich habe ihn auch darauf hingewiesen, dass er mit Komplikationen rechnen könnte. Womit ich auch recht behielt!“, schmunzelte sie, und ich räusperte mich kurz. Sie spielte natürlich auf die Aktion mit dem Karton an. Ich hielt es für angebracht, dies einfach dezent zu übergehen. Was ich auch tat.

„Jedenfalls fand ich, dass diese Entscheidung längst überfällig war. Wenn ich ehrlich bin, hat Edward dafür viel zu lange gebraucht. Aber in manchen Beziehungen ist und bleibt er einfach ein Idiot.“

„Alice!“, kritisierte ich.

Sie zuckte jedoch nur belanglos mit den Schultern. „Hey, einer muss mal sagen, dass er ein Idiot ist. Und wer hat mehr das Recht dazu als seine eigene Zwillingsschwester?!“. Leichte Empörung schwang in ihrer Stimme mit.

Ich verdrehte meine Augen. Wenn das keine wahre Geschwisterliebe war.

Alice klare Augen verfinsterten sich für wenige Augenblicke, bevor dieser Ausdruck wieder verschwand, sie mit einer weitaus liebevolleren Stimme weiter sprach. „Aber ich wusste auch, dass man ihn zu nichts drängen durfte. Denn dann hätte er genau das Gegenteil von dem gemacht, was man eigentlich erreichen will. In dieser Beziehung seid ihr euch ziemlich ähnlich. Ihre seid beide sturer als jeder Maulesel auf dieser Welt. In dieser Hinsicht nehmt ihr euch wirklich nichts.“ Sie zwinkerte mir zu, während dich ertappt meinen Blick abwandte, sich ein leichter Rosé-Ton auf meine Wangen legte. „Wenn ich euch jetzt wieder zusammen sehe, tut es sogar manchmal noch mehr weh.“ Ihre Stimme wurde brüchig.

Alice?“ Meine Stimme erklang einige Oktaven höher durch die Besorgnis, die sich darin widerspiegelte.

Was war jetzt?
 

Entsetzt musste ich feststellen, dass meine beste Freundin den Tränen nahe war. Ich war völlig überrumpelt, konnte mich nicht regen.

Was war plötzlich los mit ihr?

Ebenfalls verstand ich ihre Worte nicht. Warum schmerzte es sie, uns jetzt so zu sehen? Sollte sie sich nicht freuen? Genau diesen Gedanken sprach ich auch aus.

Alice holte tief Luft, während ich gespannt in ihr Gesicht blickte.

„Weißt du, ich habe oft darüber nachgedacht, warum das alles passiert ist. Ich weiß, es ist lächerlich, sich diese Frage zu stellen, denn ich werde niemals eine Antwort bekommen. Niemand wird mir diese jemals geben können. Und trotzdem hab ich sie mir immer wieder gestellt. Und jetzt nachdem ihr euch wieder so gut versteht, ist es noch schwerer zu begreifen. Aber ich kann nicht anders, als darüber zu grübeln. Bescheuert, oder?“ Sie lächelte schwach, unterdrückte gleichzeitig die Tränen.

Ich erwiderte ihr Lächeln, schüttelte meinen Kopf. „Nein. Das ist ganz und gar nicht bescheuert.“ Wie oft hatte ich mir selbst genau diese Frage gestellt. Es gab Tage an denen ich an nichts anderes denken konnte. Ich glaube, jeder, der einen geliebten Menschen verliert, stellte sich diese Frage.

Warum?

Kurz schloss ich jetzt meine Augen, um meine eigenen Tränen zurückzuhalten. Ich wollte nicht, dass Alice und ich uns schluchzend in die Arme fielen. Es waren einfach schon zu viele Tränen deswegen vergossen worden. Es war an der Zeit endlich wieder nach vorne zu sehen.

„Bella?“ Und allein aufgrund der Tonlage wusste ich, dass wir uns nun wieder dem eigentlichen Grund des Gesprächs widmen würden.

„Was wirst du tun?“

Ich zuckte zunächst nur mit meinen Schulter, lies meinen Blick aus der verglasten Außenwand schweifen. Leise fielen winzige Regentropfen gegen das Glas. Da Alice wie Edward ein Südzimmer besaß, konnte ich von hier aus ebenfalls den Sol Duc River sehen, der sich durch den unberührten Wald von der Gipfelkette der Olympic Mountains hinunter schlängelte. Dieses Bild strahlte etwas Beruhigendes aus. Ich hatte diesen Ausblick schon immer geliebt. Der Wald hinter dem Cullen-Anwesen besaß etwas Mystisches. Es wirkte auf mich immer so, als würden dort tief im Verborgenen Wesen leben, wie man sie nur aus Legenden kannte. Wesen aus den alten Sagen der Quileute: Vampire und Werwölfe.

Ich war mir sicher, würde die Welt von diesen Wesen bevölkert werden, würde die Cullenfamilie allesamt Vampire sein. Kalte Wesen – so wie die Quileute diese ebenfalls noch bezeichneten – anmutig und schön. Und Edward wäre der schönste von ihnen.

Innerlich seufzte ich schwermütig auf, als ich bemerkte, dass ich wieder beim Thema angelangt war. Die Ablenkung hatte wie erwartet nicht all zu lange angehalten.

Alice Frage stand immer noch unbeantwortet im Raum.

Was sollte ich tun?

Ich wusste was ich für ihn empfand.

Reine Liebe!

Ich liebte ihn bedingungslos und unwiderruflich.

Ich zuckte bei diesem Gedanken kurz zusammen, konnte nichts dagegen machen. Ich wusste die Bedeutung dieses Wortes. Wusste, was diese Empfindung bei mir auslöste. Doch konnte ich es nicht aussprechen. Es war leicht, als Edward nur in meinem Albtraum existierte, aber genau das war nun nicht mehr der Fall. Edward war real. Genauso real wie ich es war.

Liebe?! Selbst in meinem Kopf klangen diese Worte wie pure Fantasie. Auch wenn ich wusste, dass es so war. Aber ich konnte es einfach nicht. Noch nicht. Ich wusste nicht, was die Zeit bringe würde, aber im Moment war ich dazu noch nicht in der Lage.

Die Liebe konnte wunderschön sein. Konnte einen in den Himmel heben, schweben lassen.

Aber die Liebe konnte auch quälend sein, einen wieder zum Absturz bringen.

Mein Herz setzte kurz aus, was mir durch einen stechenden Schmerz in der Brust aufgedeutet wurde und gab somit den anderen Gefühlen in mir die Gelegenheit sich bemerkbar zu machen.

Zweifel und Angst.

Ich zweifelte nicht an Edward, jedoch zweifelte ich daran, dass er mich lieben könnte. Wie sollte das nur möglich sein?

Er konnte sich an nichts - rein gar nichts erinnern.

Wir existierten in seiner Erinnerung vor dem Unfall nicht.

Er kannte uns nur von Fotos und Erzählungen, was immerhin etwas war. Aber es war nicht mit dem zu vergleichen, was ich wusste. Ich besaß noch all diese Erinnerungen. Daher konnte ich es einfach nicht nachvollziehen. Was bewog ihn nur dazu?

Noch größer als der Zweifel war jedoch die Angst, die in mir herrschte. Eine riesige für mich derzeit nicht zu definierende Angst. Dieses Gefühl hielt sich im Hintergrund und doch war sie allgegenwärtig. Ich spürte sie – was mich vor dem nächsten Schritt noch mehr zurückschrecken ließ, als ich es eh schon tat.

Doch gleichermaßen sehnte ich mich danach diesen Schritt endlich zu tun.

Aber wäre es auch das Richtige?

Mein Fuß hing in der Luft.

Was war das Richtige?

Welche Richtung?

„Was soll ich denn bloß tun, Alice?“ Ich wusste, dass es absurd war, ihr genau die gleiche Frage zu stellen, die sie mir schon gestellt hatte. Aber was anderes wollte sich mir einfach nicht in den Mund legen.

„Ich weiß doch noch nicht einmal, warum er wieder hier ist!“, fuhr ich verzweifelter fort.

„Das kann dir nur Edward selbst beantworten, Bella. Aber ich kann dir sagen, dass du Edward gut tust. Mehr als das.“ Mein Blick war auf Alice gerichtet. Ihrer hingegen schwirrte ziellos im Raum herum. „Weist du, Bella, als ich dir damals sagte, dass Edward wieder mehr er selbst ist, als du denkst, stimmte das nur zum Teil. Es war wirklich so, dass er in einigen Momenten wieder so war wie ich ihn kannte. Doch erst als er sich dazu entschied nach Seattle zu kommen, veränderte er sich mehr und mehr. Ich sah wieder Edward. Meinen Bruder Edward. Durch dich hab ich wieder meinen Bruder zurückbekommen.“ Alice lächelte mich an, während ich ihr ungeniert mit offenem Mund entgegen starrte. Ich musste mich gerade ziemlich verhört haben. Ich sollte das bei Edward bewirkt haben. Aber das……..

Das konnte einfach nicht sein?!

„Und was deine vorherige Frage betrifft – nur du alleine bist dazu in der Lage darüber zu entscheiden, was du tust.“ Ihre Stimme klang völlig ernst. Sie griff nach meiner Hand, während sie weiter sprach. Ich kämpfte derzeit immer noch mit meinem schockähnlichen Zustand, in den ich aufgrund ihrer Aussage gefallen war. „Aber was ich dir ganz sicher sagen kann ist, dass die Gefühle, die Edward für dich empfindet, weit über Freundschaft hinausgehen.“

„Das hat er dir gesagt?“, schoss es aus mir heraus, der Schock war vergessen.

Alice kicherte. „Natürlich nicht.“

Ok, jetzt war ich noch verwirrter. Warum um Himmels Willen sagte sie dann so etwas? Wollte sie mich unter die Erde bringen?!

„Edward redet nicht mit mir darüber. Aber ich bin schließlich seine Zwillingsschwester.“ Sie betonte diesen Satz, legte all ihre Überzeugung hinein. „Deshalb musst du mir glauben, Bella! Hörst du!“, fügte sich gleich noch hinzu.
 

Wie gerne ich das tun würde. Nichts auf der Welt täte ich lieber, als diesen Worten Glauben schenken. Aber ich konnte es nicht. Denn Alice war nicht Edward. Vermutlich würde ich es erst dann nicht mehr für einen Traum halten, wenn ich es aus seinem eigenen Mund hören würde.

Ein scheues Lächeln huschte über mein Gesicht. Ich schlug meine Augen nieder, räusperte mich zunächst nur.

Alice wartete geduldig.

„Aber warum sagt er dann nichts, Alice?“, warf ich meine nächste Frage in den Raum.
 

„Kannst du dir das nicht denken?“ Sie belegte mich mit einen mehr als skeptischen Blick, den ich mit ahnungslosem Ausdruck in den Augen erwiderte.

Alice seufzte kurz auf, murmelte etwas, was ich nicht verstand obwohl ich in ihrer direkten Nähe saß. Aber ich konnte mir denken, dass es nichts Positives war, weshalb ich gar nicht erst nachfragte.

„Bella,…….Edward war ganze fünf Jahre aus deinem Leben verschwunden. Zuvor hattet ihr einen ziemlich heftigen Streit, habt euch danach wie Luft behandelt. Als er dir dann zum ersten Mal wieder gegenüber gestanden hat, hast du ihm fast den Fuß gebrochen.“ Die Erinnerung daran schien sie zu amüsieren.

Ich stöhnte auf. Musste sie denn jetzt wieder damit anfangen. Aber meine beste Freundin fuhr unbeirrt fort. „Und Edward hat dich in diesem Moment nur angesprochen. Ich will nicht wissen was passiert wäre, wenn er etwas impulsiver auf dich zugegangen wäre. Vermutlich wäre er einen Tag später mit Ganzkörpergips im Krankenhaus wieder aufgewacht.“ Sie lachte kurz auf. Ich verzog mein Gesicht. „Edward hat sich dazu entschlossen sich ganz vorsichtig an dich heranzutasten, dir völlig die Führung überlassen. Er wollte sich nicht aufdrängen, wollte dass du entscheidest, was er dir auch so gesagt hat.“

Ich nickte bestätigend. Er hatte gesagt, dass er das Vergangene wieder gutmachen will. Als ich diesen Satz damals hörte, war ich glücklich. Mein Herz, meine Seele hatte gejubelt.

Aber was war, wenn er sich nur mit mir abgab, weil er ein schlechtes Gewissen hatte?

Meine Augen weiteten sich leicht.

Darüber hatte ich mir noch überhaupt keine Gedanken gemacht. Ein pulsierender Schmerz durchzuckte mich augenblicklich. Mein Körper verkrampfte sich, während mein Herz mit seinem schnellen Schlag gegen diese neue Nahrung für meinen Zweifel ankämpfte.

Was sollte ich nur von all dem halten?! Es verwirrt mich immer mehr. Ich wusste nicht, was ich noch denken, was fühlen sollte. Gott! Aufgewühlt fuhr ich mir durch meinen Haare.

Der Kampf Herz gegen Verstand war wieder ausgebrochen.

Frustriert stieß ich die Luft aus, als ich mir wieder die derzeit elemtarste Frage stellte.

Was sollte ich bloß tun?

Mein Gewissen sagte mit harter Stimme NEIN, bekam tatkräftige Unterstützung durch meine Ängste und Zweifel.

Mein Herz jedoch schrie laut JA! Übertönte damit, obwohl es alleine stand, fast alles Andere.

Es fühlte sich so warm an. Diese Wärme war so intensiv, vertrieb die Kälte, die aufgekommen war.

Hatte ich früher auch schon so stark empfunden?

In meine Erinnerungen konnte ich nichts dergleichen entdecken. Was sollte das nun wieder bedeuten? Es war mir bis jetzt nicht aufgefallen. Doch jetzt wo ich mich mit meinen Gefühlen, mit Edward zum ersten Mal richtig beschäftigte, spürte ich, dass diese anders waren als früher.

Aber warum?

Was war der Grund dafür?

Und wieso?

Wie prasselnder Regen stürzten alle Fragen gleichzeitig auf mich ein. Mir schwirrte der Kopf, was Alice bemerkt haben musste.

Sie packte mich an den Schultern, was mich dazu veranlasste, ihr entgegen zu sehen. Ihre Augen glühten förmlich. „Bella, ich kann verstehen, dass das alles nicht leicht ist. Es war für Edward und dich eine schwere Zeit. Und dass es für dich ziemlich verworren ist. Und leider kann dir niemand diese Unsicherheit nehmen. Das kannst nur du alleine. Aber niemand verlangt von dir, dass du dich sofort entscheidest. Warte doch einfach noch etwas ab. Lass es auf dich zukommen. Niemand zwingt dich die Sache zu überstürzen. Vertrau einfach auf die Stimme deines Herzens. Denn irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, indem du nur noch sie wahrnimmst, der Rest für dich nicht mehr von belang ist.“

Die Stimme meines Herzens – normalerweise würde ich diese Worte für total kitschig halten, doch jetzt – in dieser Situation – waren sie für mich eine Karte, ein Wegweiser, der mich aus dieser Verwirrtheit hinausholen konnte.

Ich vertraute diesen Worten blind!

Augenblicklich verebbten all die plagenden Gedanken. Ich war wieder in der Lage mich zu entspannen. Erleichterung machte sich in mir breit.

Dankbar lächelte ich meine beste Freundin an, hob dann einfach meine Arme an, zog sie in eine feste Umarmung, die sie sofort erwiderte.

Ich wusste, dass ich nichts sagen musste. Es bedurfte keiner Worte. Sie verstand auch so, was ich damit ausdrücken wollte. Wie sehr ich sie liebte.

Nach dem gerade gehörten tat sie mir noch mehr leid. Nicht nur, dass sie wegen der Sache, die zwischen mir und Edward vorgefallen war, gelitten hatte. Es musste ihr ebenfalls unendlich schwer gefallen sein, sich nicht einzumischen.

„Geht es jetzt wieder besser?“, wollte Alice wissen, als wir uns nach einer kleinen Ewigkeit wieder voneinander lösten.

„Ja, dank dir.“

„Immer wieder gerne.“, lächelte sie, was ich sofort erwiderte.
 

Ich fühlte mich eigenartig befreit, als ich die Treppen hinunter lief, inne hielt, als ich Esme erkannte, die am Türrahmen zur Küche lehnte. Ihren Kopf hatte sie zur Seite geneigt an das Holz gebettet. Ihre Augen waren geschlossen. Ein freudiges Lächeln umspielte ihre Mundwinkel.

Behutsam trat ich näher. „Esme?“

Ohne ihre Augen zu öffnen, legte sie ihren Finger an die Lippen.

Ich stellte mich neben sie, verschlang meine Hände hinter dem Rücken. Tat es Esme nach, schloss ebenfalls meine Augen.

(http://de.youtube.com/watch?v=ZOqUFqF_ZwM)

Die Klavierklänge, die mir bereits beim Verlassen von Alice Zimmer entgegen getragen worden waren, wurden sogleich nochmals um einiges intensiver. Diese wundeschöne Melodie lud einfach zum lauschen und träumen ein. Mit dem ersten Ton, der zu einem herandrang, blieb einem einfach keine andere Möglichkeit mehr, als dieser zu verfallen. Sie nahm einen mit allen Sinnen gefangen.

„Wunderschön, nicht?“, fragte Esme nach einer Weile, seufzte zufrieden.

„Ja. Es berührt mich jedes Mal aufs Neue.“

„Du kennst es?“

„Du nicht?“

Sie schüttelte umgehend ihren Kopf. Ein Hauch von Traurigkeit legte sich in ihre Gesichtzüge. „Es ist das erste Mal seit langer Zeit, dass ich Edward wieder spielen höre.“

Was meinte Esme damit? Ich musste zugeben, dass ich ziemlich perplex über diese Aussage war.

Und als hätte ich meine Frage ausgesprochen, fuhr Esme ohne große Umschweife fort. „Weist du“ – ihre sonst so lieblich klingende Stimme wirkte schwermütig und leicht schmerzerfüllt – „nach dem Unfall nahm Edward immer weniger Notiz von dem Flügel.“

Wenn ich so zurückdachte…. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich ihn wirklich nur noch sehr wenig spielen gehört hatte, wenn ich bei Alice zu Besuch gewesen war.

Merkwürdig. Warum war ich damals nicht schon darauf aufmerksam geworden?

Weil ich alles was mit Edward zu tun hatte, konsequent ausgeblendet habe, beantwortete ich mir selbst meine Frage, lauschte dann wieder Esmes Worten.

„Bis er letztendlich vollständig aufgehört hat zu spielen.“ Sie seufzte. „Das war kurz nachdem fest gestanden hat, dass Alice und du,……dass ihr beide nach Seattle studieren gehen würdet. Er hat ab diesem Zeitpunkt seinem Flügel keinen einzigen Blick mehr geschenkt, wollte sogar, dass ich ihn verkaufe.“ Sie schüttelte über die Absurdität dieses Gedanken den Kopf.

Meine Augen weiteten sich. Ich musste zugeben, dass diese Worte schon einen kleinen Schock in mir auslösten.

„Danach folgte die schlimmste Zeit. Zuvor war es mit ihm auch nicht gerade leicht gewesen, aber nachdem ihr weg war……. Ich dachte dass es irgendwann wieder besser werden würde, aber Edward bewies uns das genaue Gegenteil. Er wurde noch launischer als er ohnehin schon war, vollkommen unzugänglich. Ein normaler Wortwechsel war überhaupt nicht mehr möglich. Er zog sich immer mehr von uns zurück. Ich bekam ihn kaum noch zu Gesicht. Nachdem er ebenfalls studieren ging, dauerte es manchmal Wochen, bis er sich wieder einmal bei uns meldete. Auf unsere Anrufe reagierte er nicht im Geringsten.“ Sie hielt kurz inne, atmete tief durch.
 

Mitfühlend blickte ich zu ihr auf. Esme tat mir so unendlich leid. Sie war schon immer mit Leib und Seele Mutter gewesen, hatte eine besonders tiefe Bindung zu allen Drei. Das diese Verbindung zu einem ihrer Kinder so plötzlich riss, musste sie ziemlich mitgenommen haben. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie sie empfunden haben musste, als Edward sich immer mehr von seiner Familie abwandte.

Und nicht nur das. Sie hatte auch mit Edward gelitten, für ihn, während der Zeit im Krankenhaus, danach - was diese Empfindung noch um ein vielfaches verstärkt hatte.

Esme war jemand, dem man alles anvertrauen konnte. Sie besaß ein Feingefühl, was ich bis jetzt noch bei niemand anderes so ausgeprägt gesehen hatte. Manchmal hatte ich das Gefühl, das sie einen nur ansehen musste und sie wusste umgehen, was in einem vorging.

In diesem Moment war ich genau deshalb froh, dass ihr Blick auf der gegenüberliegenden Wand lag, hinter der sich Edward befand und spielte.

„Und dann, völlig unvorhersehbar, brach er alle Zelte ab, ging nach Alaska.“ Sie zog ihre Augenbrauen etwas zusammen. Ein Anzeichen dafür, dass ihr Edwards Verhalten genauso rätselhaft war, wie dem Rest der Familie. „Danach wurde es wieder etwas besser. Er öffnete sich wieder – zwar nur minimal, aber es war zumindest ein Anfang. Von Tanya erfuhr ich dann, dass er nach einiger Zeit wieder angefangen hat ab und an zu spielen. Ich selbst jedoch höre ihn heute das erste Mal.“ Pure Freude spiegelte sich in ihren Augen wieder. Und ich war Alice um ein vielfaches mehr dafür dankbar, dass sie diesen Einfall hatte.

Ob sie wusste, was sie dadurch alles bewirkte?

Ich hoffte es und nahm mir fest vor, sie hierauf auf jeden Fall anzusprechen. Sie würde sich ganz sicher über die Reaktion ihrer Mutter freuen.

„Es muss ihm sehr gut gehen, wenn er sogar wieder komponiert!“, stellte Esme weiterhin zufrieden fest.

„Das ist eine Eigenkomposition?“ Die Verblüffung war mir anzuhören.

Sie kicherte kurz, nickte. Übermäßiger Stolz lag in ihrem Gesicht „Da bin ich mir ganz sicher. Das ist ganz eindeutig Edwards Kreation.“, sprach sie, bevor ihre Züge weicher wurden, sie mich zugleich mit einem tiefgründigen Blick bedachte. „Aber so etwas gefühlvolles habe ich noch nie zuvor von ihm gehört. Daher hoffe ich inständig, dass mein Sohn klug genug ist und sich das – was immer diese Änderung wieder herbeigeführt haben mag - bewahrt.“

Esmes Worte standen im direkten Kontrast zu ihrer Stimme. Denn ihre Stimme, ihre Augen sagten mir, dass sie ganz genau wusste, was diese Änderung herbeigeführt hatte. Aber ich wusste, dass sie mir darauf keine Antwort geben würde.

Aus – für mich – unerklärlicher Weise, begann mein Herz schneller zu schlagen, was meine Wangen wieder mal rot färbte. Esme lächelte milde, neigte sich dann zu mir hinunter, um leise sprechen zu können. „Und jetzt solltest du zu ihm gehen. Er ist schon die ganze Zeit völlig ungeduldig um mich herumgeschlichen, bevor er sich an den Flügel gesetzt hat. Ihm hat euer Gespräch wohl viel zu lange gedauert.“

Ich hob hierauf eine meiner Augenbrauen an, doch Esme zwinkerte nur, wandte sich dann ab, um sich wieder mit dem Frühstück zu befassen.

Für einige Minuten verweilte ich noch an der Stelle zwischen Küche und Flur bevor ich mich endlich in Bewegung setzte. Meine Füße trugen mich, ohne mein eigenes Zutun in Richtung Wohnzimmer.

Leise lief ich auf Edward zu. Ein kurzer Blick auf die Couch sagte mir, dass ich mit meiner Vermutung Recht gehabt hatte. Jasper hatte dort tatsächlich sein Lager aufgeschlagen. Mittlerweile war er aber wieder verschwunden, nur noch die Decke und das Kissen waren Indizien für seinen Bettwechsel, der durch mich verursacht worden war.

Ich biss mir auf die Lippen. Mein schlechtes Gewissen meldete sich wieder. Ich musste mich später unbedingt noch einmal richtig bei ihm bedanken, schließlich hatte ich ihn aus seinem wohl verdienten Schlaf gerissen.

Doch kaum dass ich meinen Kopf wieder abwandte, leicht anhob, verschwand dieser Gedanke, als ich auf Edwards Augen traf.

Mit jedem Schritt den ich näher kam, wurden meine Knie weicher. Edwards Augen folgten mir bei jeder Bewegung, was mich scheu lächeln ließ. Die kurz besiegte Röte kehrte in meine Wangen zurück.

Er antwortete mir hierauf mit meinem allerliebsten schiefen Lächeln.

Tief atmete ich ein, versuchte es zumindest, weil ich gerade wieder dabei war zu vergessen, wie ich diese Funktion meines Körpers einsetzen konnte. Aber ich wollte jetzt nicht ihn Ohnmacht fallen.

Ich wollte zu ihm.

Seine Nähe spüren.

Schmerzhaft wurde mir wieder bewusst, wie sehr ich mich danach sehnte.

Das Kribbeln in meinem Bauch wurde mit jedem Schritt größer. Es fühlte sich so an, als würden ein ganzes Duzend Schmetterlinge in meinen Bauch einen Tanz vollführen, während mein Herzschlag immer wilder wurde, zwischendurch aussetzte, sich überschlug.

Die trüben Gedanken waren bis jetzt nicht mehr zurückgekehrt. Ich wollte es auch nicht.

Ich wollte nur dieses unbeschwerte Gefühl genießen, das mich überspülte, welches ich mit weit geöffneten Armen willkommen hieß.

Ohne zu zögern ließ ich mich neben ihm auf dem Hocker nieder. Meine Augen beobachteten seine Finger, die sich elegant über die Tastatur bewegen, bevor ich meinen Blick anhob, seinen wundeschönen Augen begegnete.

Esmes Worte drangen wieder in mein Bewusstsein vor.

Ich konnte einfach nicht glauben, dass Edward jahrelang nicht gespielt hatte. Wenn ich ihn jetzt so betrachtete erschien es mir einfach unmöglich, dass dies wirklich der Fall gewesen sein sollte. Es war einfach unvorstellbar für mich. Die Musik gehörte einfach zu Edward, war ein Teil von ihm, die ihn in seiner Einzigartigkeit noch verstärkte.

Und das war er. Einzigartig.

Ich lachte kurz leise auf, was Edward dazu veranlasste mich fragend anzusehen. Ich jedoch schüttelte nur meinen Kopf, sagte ihm damit, dass ich ihm garantiert nicht meine Überlegung mitteilen würde.

Viel zu peinlich, schoss es mir durch den Kopf.

Frustration legte sich in seinen Blick, womit ich rechnete. Ich es daher gekonnt ignorierte, ich stattdessen meinen Oberkörper in seine Richtung neigte, meinen Kopf an seine Schulter bettete.

Ihm entglitt hierauf ein zufriedenes Seufzen.

Ich ließ mich fallen, lauschte, fühlte, genoss. Tat dass, wonach mir derzeit der Sinn stand.

Alles schien plötzlich so weit weg, unbedeutend.

Für mich zählte nur der Moment.

Aber wie es immer ist, werden genau diese Moment immer zerstört.

Ein mehr als nur lautes Grummeln, das den Zweck hatte, dass wir darauf aufmerksam werden, erklang. Edward unterbrach sein Spiel, wandte sich um. Ich folgte dieser Bewegung, tat es ihm nach. Unser beider Augen erfassten Emmett, der total verschlafen einige Schritte von uns entfernt stand. Er trug eine Boxershorts und ein T-Shirt. Sein Gesicht wirkte noch leicht verknautscht. Seine Locken stellten ein derzeit völlig undurchdringliches Wirrwarr dar. In dieser Kombination wirkte er wie ein zu groß geratener Kuschelbär.

Aus seinen noch, aufgrund der Müdigkeit, kleinen Augen versuchte er uns mit einem strafenden Blick zu belegen. Krampfhaft versuchte ich das aufkommende Lachen zu unterdrücken, als er seine tiefe jedoch noch träge Stimme erhob. „Verdammte Scheiße, Edward. Kannst du nicht mal am Sonntagmorgen mit diesem menschenunwürdigen Krach aufhören.“

Ich hörte, wie Edward hierauf empört die Luft ausstieß, bereits zu einer Antwort ansetzte, doch Rosalie kam ihm zuvor.

„Emmett!“ Mehr brauchte es nicht, dass das Muskelpaket zusammenzuckte, bevor er auf seine bildhübsche Freundin hinunter sah.

„Es ist doch aber Sonntag, Rosie Schatz.“, brachte er zu seiner Verteidigung hervor. Gleichzeitig hob er eine seiner Hand, schob diese unter sein T-Shirt, begann seinen Bauch zu graulen.

Rosalie verdrehte hierauf nur ihre Augen.

Edward und ich brachen zeitgleich in schallendes Gelächter aus. Und nun achtete ich auf das, was Alice mir gegenüber bereits erwähnte. Auf mein Lachen. Und ich stellte fest, dass es wirklich leichter, freudiger wirkte. Tränen stahlen sich in meine Augen, mein Brustkorb vibrierte und ich schnappte nach Luft, was mich nicht daran hinderte noch lauter aufzulachen.

Eine Welle der puren Freude, der Nostalgie, überwältigte mich.

Denn so und nicht anders kannte ich es.

Tränen rollten über meine Wangen, die dunkelrot leuchteten, als ich mein Gesicht an Edwards Schultern vergrub.

Sein Arm legte sich um mich, zog mich näher zu sich heran. Er hatte sich genauso wenig beruhigt wie ich, als er sein Gesicht in meinem Haar vergrub.

In diesem Moment wusste ich, egal wohin mich dieser Weg führen würde, egal wofür ich mich entscheiden würde, ich wollte nie wieder einen Schritt zurückgehen, niemals wieder in mein früheres Leben zurückkehren.

Denn alles was ich brauchte, war hier.

Die Risse in meiner Welt schwanden mehr und mehr.

Ich spürte es bereits als ich durch diese Tür gekommen war, jetzt noch stärker.

Forks war wieder zu dem geworden, was es früher einmal für mich gewesen war – mein Zuhause.
 

***
 

So, das wars erstmal wieder. Das nächste Kapitel kommt schon bald. Versprochen. ^^
 

Liebe Grüße Pei-Pei

Schatten aus alter Zeit

Hallo.
 

Ich weiß, es ist schon eine Ewigkeit her, seit dem ich das letzte Kapitel hochgeladen hab. Daher hoffe ich, dass noch irgendjemand Interesse hat, diese Fanfic weiterzulesen.
 

Ich hoffe, das nächste Kapitel freut euch.
 

14. Kapitel: Schatten aus alter Zeit
 

Kaum, dass ich die Tür von unserem Haus aufgerissen hatte, erhob ich schon meine Stimme. „Hi, Dad!“

Auf Charlies Gesicht breitete sich das gleiche breite Grinsen aus, was ich ebenfalls trug. „Hi, Bells. Wie ich sehe, ist dein Wochenende schön gewesen!“

Es war zwar keine Frage, aber ich antwortete trotzdem darauf. „Ja, ich kann mich überhaupt nicht beklagen.“

„Na dann.“ Ich war froh, dass er es nicht wieder erwog, mich aufzuziehen.

Edward trat neben mich. „Hi, Charlie. Ka….“ Doch weiter kam er nicht, da er augenblicklich damit beschäftigt war, sich am Türrahmen festzuhalten, da er sonst mit aller Wahrscheinlichkeit mit dem Hintern auf den Boden geknallt wäre.

Dafür verantwortlich war ein Schweif aus heller Haut und schwarzen kurzen Haar, der gerade ohne Rücksicht auf Verluste zwischen Edward und mir durchgeschossen war.

„Hallo, Charlie!“ Und schon warf sich Alice meinem Vater an den Hals. Truman natürlich dicht hinter ihr.

Mein Dad lachte auf, schlang seine Arme um den zierlichen Körper meiner elfenhaften Freundin und hob sie in die Luft. „Wie geht’s meiner zweiten Tochter?“ Seine Stimme klang liebevoll.

„Die kann sich ebenfalls überhaupt nicht beklagen. Wie war dein Angelausflug? Haben die Fische angebissen?“ Alice stand wieder auf dem Boden, griff nach der Hand meines Vaters, zog ihn in Richtung Haustür. „Du musst mir unbedingt erzählen wie es war. Wie geht es Billy? Ich hab ihn schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen.“

„Langsam, langsam, Alice.“ Mein Vater konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Lass mich erst die Angelausrüstung aus dem Wagen holen.“

Doch er wurde zurückgehalten. „Ach quatsch. Wofür haben wir denn drei starke Jungs hier. Alle Drei haben das ganze Wochenende auf dem faulen Hintern gesessen. Die können sich auch mal nützlich machen. Ich muss dir unbedingt von unserem Baseballspiel erzählen.“ Damit zog sie Charlie ins Haus, schrie gleichzeitig nach Emmett und Jasper.

„Na dann mal los.“ Ich gab Edward einen Schubs „Und denk daran. Die Angelausrüstung ist meinem Dad heilig. Also würde ich dir raten vorsichtig damit umzugehen, wenn du nicht willst, dass er dich mit geladenem Revolver durch ganz Forks jagt.“

„Ich werde es berücksichtigen.“ Er grinste, setzte sich dann in Bewegung. Jasper und Emmett kamen mir mit leicht genervtem Ausdruck im Flur entgegen, aber sie taten, was Alice ihnen aufgetragen hatte. Keiner der Drei wollte sich mit Alice anlegen. Klein aber oho fiel mir dazu nur ein.

Wir blieben länger als eigentlich beabsichtigt. Aber irgendwie konnte sich niemand so richtig losreisen. Natürlich hatte Charlie wieder ausreichend Fisch mitgebracht. Unsere Fischvorräte würden nach grober Schätzung für die nächsten zehn Jahre ausreichen, aber das hielt ihn natürlich nicht davon ab, immer wieder neuen Vorrat mitzubringen. Man konnte nie genug Fisch im Haus haben, um es mit den Worten meine Dads wiederzugeben.

Tja, Charlie war Angler mit ganzer Leidenschaft. Und ich nahm mir vor, meinen Vater auf einen der zukünftigen Angelausflüge einmal wieder zu begleiten. Ich mochte die Stille, die einem bei diesem Unternehmen begleitete. Einfach dasitzen, abwarten und die Gedanken schweifen lassen.

Charlie würde sich auf jeden Fall freuen. Als Kind hatte ich ihn öfters begleitet, als ich älter wurde schlief ich dann doch lieber an meinen Wochenenden aus, und als ich nach Seattle ging, war es ganz damit vorbei.

Den ganzen Vormittag über, während des Mittagsessen und bis in den frühen Nachmittag hinein wurde geschwätzt, gelacht und herum gealbert.

Die Lachfältchen, die sich um die Augen meines Vaters gebildet hatten, wollten gar nicht mehr verschwinden. Sein Lachen dröhnte mit Emmetts um die Wette.

Alle fühlten sich wohl. Die ausgelassene Stimmung war behaglich, so behaglich, dass keiner von uns gehen wollte. Doch schweren Herzens mussten wir uns dann doch irgendwann auf den Weg machen, wenn wir nicht all zu spät wieder in Seattle ankommen wollten.

„Machs gut, Dad.“ Ich schlang meine Arme um seinen Hals, drückte mich fest an ihn.

„Es war wirklich schön, mein Schatz.“

Mehr wollte ich nicht hören. Das war eins der wichtigsten Dinge in meinem Leben. Das Glück meines Dads.

Ich drückte ihm noch einen liebevollen Kuss auf die Wange, bevor ich mich von ihm löste. „Sag mir bitte kurz bescheid, wenn ihr in Seattle angekommen seid.“

„Mach ich, Dad. Und ich werde dich Mitte der Woche auch noch mal anrufen.“

„Tu das, mein Schatz. Ich freu mich drauf.“

„Und du pass gut auf Dad auf, Truman.“ Schnell wuschelte ich diesem noch mal durch sein Fell, eilte dann die Treppe hinunter.

Bevor ich jedoch in Edwards Volvo einstieg, drehte ich mich noch einmal um, prägte mir das Bild noch einmal genau ein. Unser Haus, das direkt am Waldrand lag, meinen lächelnden Dad. Ich wusste auch nicht warum, aber ich hatte einfach das Bedürfnis danach.

„Bella?“ Edwards Stimme.

Ich löste mich, ließ mich neben ihn in den Sitz fallen.

„Alles in Ordnung?“

„Ja.“, sprach ich leise, mit weicher Stimme. „Es ist alles in Ordnung.“ Schenkte ihm sogleich ein Lächeln, was er sofort erwiderte, seine Augen zum Strahlen brachte.

„Na dann los.“
 

Und jetzt, keine 12 Stunden später, saß ich wieder hier, in der Universität und kaute gerade äußerst gelangweilt auf meinem Bleistift herum. Die einzige Ablenkung die sich mir im Moment bot. Die andere Option ließ ich liebe außer Acht. Es würde wahrscheinlich auffallen, wenn ich Minuten lang Edward offen anstarren würde. Was auch noch den peinlichen Nebeneffekt mit sich tragen würde, dass Edward dies ebenfalls bemerken würde. Und dann wäre da noch das Problem mit der Sauerstoffaufnahme.

Nein danke, da verzichtete ich lieber. Obwohl es mir ziemlich schwer fiel, nicht in seine Richtung zu sehen. Sein lieblicher Duft umschmeichelte meine Nase, verlockte mich mehr und mehr dazu. Doch bis jetzt blieb ich standhaft und betete, dass mein Durchhaltevermögen mir auch weiterhin treu gesinnt war.

Mein bester Freund hatte sich lässig zurückgelehnt. Sein linker Arm ruhte auf seiner sowie auf meiner Stuhllehne, was mir die ganze Sache noch weiter erschwerte. Ich spürte die leichten Berührungen mit jeder Faser meines Körpers.

Hatte ich schon einmal erwähnt, dass ich Montage hasste!?

Und ich glaube, dass ich mit dieser Meinung nicht ganz alleine da stand. Zumindest wenn ich in die Gesichter meiner Mitstudenten blickte.

Niemand der hier Anwesenden konnte sich so früh am Morgen für diese Vorlesung begeistern. Vollkommen nachvollziehbar. Der Professor konnte einem schon fast leid tun. Fast.

Als ich meinen Blick zum zigsten Mal an diesem Morgen über die Köpfe schweifen ließ, revidierte ich meine gerade getroffene Aussage. Anscheinend gab es doch einige die mit aufblitzender Begeisterung völlig von den Worten des Professors gebannt waren.

Was für eine verdrehte Welt. Waren das überhaupt normale Menschen?

Ich bezweifelte es.

Selbst Edward schien mit seinen Gedanken überall zu sein, nur nicht bei der derzeitigen Vorlesung.

Nun, bei mir war es ja nicht anders. Immer wieder schweifte ich ab, dachte an das Wochenende in Forks. Ich begann hierauf wieder unkontrolliert zu lächeln. Derzeit wollte ich keinem Spiegel begegnen. Ich musste absolut dämlich aussehen. Was eigentlich schon schlimm genug war. Eigentlich. Noch schlimmer war die Tatsache, dass es mir völlig schnuppe war. Ich konnte einfach nicht anders.

Erst durch das Rücken der Stühle, das Geschnatter, das ausbrach, nahm ich wahr, dass die Vorlesung wohl zu Ende war.

Dankbar atmete ich auf. Diese Stunde hatte sich nach meinem eigenen Gefühlsleben gezogen wie ein alter Kaugummi. Ich hoffte, dass die mir noch bevorstehenden Stunden ab jetzt doch etwas schneller vergingen.

Die Hoffnung stirbt bekanntlich ja zuletzt.

Edward und ich begaben uns gerade aus dem Raum hinaus, als Edward von jemand an der Schulter gepackt und herum gewirbelt wurde. Ich wandte mich ebenfalls um und sah in das Gesicht von Eric McGregory. Ein wütendes Funkeln lag in seinen Augen, seine Lippen presste er hart aufeinander. Wenn Blicke töten könnten, würde Edward nicht mehr unter den Lebenden verweilen.

„Du bist doch Cullen?!“ Ja, Eric war definitiv sauer. Nur aus welchem Grund? Und warum ausgerechnet auf Edward?

„Der bin ich. Kann ich dir bei irgendetwas behilflich sein?“ Edwards Stimme war, wie gewohnt, ruhig und samtweich. Doch hörte ich auch noch etwas anderes heraus. Edward war auf der Hut. Er hatte Erics angespannte Körperhaltung genauso gedeutet wie ich.

Eine falsche Bewegung und Eric wurde auf ihn los gehen. Neben seiner rasenden Eifersucht war Eric auch für seine Aggressivität bekannt. Seine Fäuste hatten bereits so einige hier auf dem Campus zu spüren bekommen. Da er aber zu einen der einflussreichsten Familien gehörte, die unsere Universität mit jährlichen überaus großzügigen Spenden unterstützte, war er bis jetzt immer mit einem blauen Augen davon gekommen, was man von seinen Opfer nicht gerade behaupten konnte.

Er war ein mieses Arschloch. Und das war noch gelinde ausgedrückt.

Daher verstand ich auch nicht so recht, was Jessica an diesem Idioten fand. Sie war recht hübsch und nicht auf den Kopf gefallen. Ich mochte sie.

Besagte Person stand dicht neben ihrem Freund, hatte ihren Kopf gesenkt, weshalb ihre wilden dunklen Locken den größten Teil ihres Gesichts verbargen. Die extreme Rötung entging mir trotzdem nicht. Ihr musste diese Situation mehr als peinlich sein. Die Arme tat mir leid. Aber was gab sie sich auch mit einem wie Eric ab? Es war einfach unbegreiflich. Die Liebe ging manchmal wirklich seltsame Wege.

„Ich sag dir, wobei du mir behilflich sein kannst.“, antwortete Eric mehr als überheblich. „Du kannst die Finger von meiner Freundin lassen.“ Seine Stimme war mit einer durchdringenden Kälte unterlegt.

Gleichzeitig hoben Edward und ich erstaunt unsere Augenbrauen an. Um uns hatte sich bereits ein kleiner Pulk von Neugierigen gebildet. War ja klar, dass bei so etwas die Schaulustigen nicht weit waren. Fehlte nur noch das einer rief: Licht aus, Spott an.

„Und was genau meinst du damit?“ Ok, Edward war also genauso unwissend wie ich.

Eric schnaubte laut, trat einen Schritt auf diesen zu. Sofort schob mich Edward hinter sich, ein Arm schützend vor mir ausgebreitet. Seine Köperhaltung straffte sich sichtbar.

„Wills du mich verarschen?“, konterte Eric gereizt, während seine Augen Edward noch weiter fokussierten. „Ich habe genau gesehen, was sie dir für Blicke zu wirft. Denkst du etwa euer kleines Techtelmechtel auf dem Flur ist unbemerkt geblieben?!“

Techtelmechtel? Ich schluckte schwer. Welches Techtelmechtel? Mein Kopf schoss zu Edward herum. Dieser legte seine Stirn zweifelnd in Falten. Dieser Ausdruck schwand umgehend, als Eric noch näher trat, dieser seine geballte Faust erhob. Edwards Augen wurden dunklen. „Keinen Schritt weiter.“ Seine Stimme war tonlos. Er verlagerte sein Gewicht ein bisschen, und ich spürte, dass er sich auf einen eventuellen Kampf vorbereitete.

„Hör bitte auf, Eric.“ Jessica.

Flehend packte diese ihren Freund am Arm, sah verzweifelt zu ihm auf. „Er hat mir geholfen meine Bücher aufzuheben, das war auch schon alles.“

„Und das soll ich dir glauben?“, schrie er.

Ich zuckte genauso wie Jessica und einige Umstehende zusammen.

„Ich weiß genau, wo du dich letztes Wochenende herum getrieben hast. Gib es endlich zu! Du warst doch bei ihm?“ Sein gesamter Körper bebte.

„Das ist doch absoluter Blödsinn, Eric?“, platzte es aufgrund dieser Worte sauer aus mir heraus. Alle Blicke ruhten sofort auf mir. Ich war nun Mittelpunkt dieses skurrilen Schauspiels. Und wie nicht anders zu erwarten, stieg mir die Wärme in die Wangen.

Ich hasste Montage!

„Ach ja? Wie kannst du dir da so sicher sein, Swan?“

Ich zog meine Augenbrauen leicht zusammen, spannte jetzt selbst meinen Körper etwas an. Eriks Art ging mir gewaltig gegen den Strich.

Ich funkelte ihn böse an, reckte trotzig mein Kinn nach vorne, während sich meine Stimme ganz automatisch wieder erhob. „ Erstens: Edward ist dafür ganz und gar nicht der Typ.“

Er schenkte mir dafür ein spöttisches Lächeln, was meine Wut weiter anfachte.

„Und Zweitens: Ich bin mir so sicher, weil ich das ganze Wochenende mit Edward verbrachte habe und zwar in Forks. Wir waren jede Minuten zusammen.“ Mit all meiner Leidenschaft waren diese Worte aus mir herausgebrochen. Meine Wangen färbten sich noch dunkler. „Also hör auf ihm so einen Schwachsinn zu unterstellen.“, fügte ich noch scharf hinzu.

Ein Raunen ging durch die gaffende Menge.

„Sonst noch irgend welche Fragen?“ Edwards Stimme war so kalt wie Eis. Ohne noch auf eine Reaktion abzuwarten, drehte er Eric den Rücken zu, zog mich mit sich herum, bahnte sich ein Weg durch die Studenten.

Als ich gegen den Ersten stieß, der zu spät Platz machte, meinen Lauf damit unterbrach, wurde mir mit einem Mal bewusst, was ich getan hatte.

Oh.Mein.Gott!

Warum hatte ich das getan?

- Wir waren jede Minute zusammen– Wieso zum Teufel noch mal hatte ich ausgerechnet diesen Satz gesagt?

Das war ein Eingeständnis. Jeder, der das gehört hatte, nahm nun an, dass wir ein Paar waren. Nicht nur Freunde, sondern ein Paar!

Wie sollte ich denn nun reagieren? Was würde Edward denken? Es war zu offensichtlich gewesen. Ich hatte mich bloßgestellt. Ich hatte mich verraten! Vor ihm!!!!
 

Ohne großartig darüber nachzudenken, beschleunigte ich meine Schritte bis ich rannte, lies Edward hinter mir. Ich konnte ihn im Moment nicht ansehen. Also hechtete ich durch die mächtige Eingangstür hinaus, über das Unigelände. Ich musste hier weg. Und zwar so schnell wie möglich.

Flucht war derzeit der einzige Gedanken, der mich vorrangig beherrschte.

Ich war mir sicher, dass das Auto noch in einiger Entfernung am gegenüberliegenden Straßenrand gestanden hatte, als ich auf die Straße trat. Ich konnte Edwards Stimme hinter mir hören.

Aber ich dachte nicht im Mindesten daran, ihm nur einen Funken Beachtung zu schenken. Nicht nach der Aktion, die ich mir eben geleistet hatte. Warum hatte ich ihn auch ausgerechnet in Schutz genommen? Er hätte sich selbst verteidigen können. Doch mein Mund war schneller gewesen als mein Verstand. Jetzt hatte ich den Salat.

Wieder Edwards Stimme.

Warum verstand er nicht, dass er mich gerade jetzt in Ruhe lassen sollte? War meine Reaktion nicht Aussage genug?

Wie hartnäckig konnte man denn sein?

Ziemlich hartnäckig, schließlich sprach ich hier von Edward Cullen. Natürlich hatte er diese Eigenschaft nicht vergessen können.

Aber ich würde mir jetzt nicht noch die Blöße geben und stehen bleiben, nur damit er mich mit seiner Fragen bombardieren konnte. Dem würde ich jetzt nicht standhalten können.

Ich schnaubte laut auf, beschleunigte meine Schritte weiter, während ich von neuem begann mich und den heutigen Montag in meinem Inneren lauthals zu verfluchen, als das Geräusch durchdrehender Reifen an meine Ohren drang.

Der Geruch von verkohltem Gummi stach in meine Nase. Angewidert rümpfte ich diese, verzog gleichzeitig meinen Mund. Setzte meinen Weg jedoch unbeirrt fort, ohne einmal nach rechts zu sehen.

Das aufheulende Motorengeräusch ließ mich aufhorchen, meinen Kopf dann doch ruckartig in die Richtung schnellen lassen.

Ich fühlte mich mit einem Schlag in die Vergangenheit zurück katapultiert.

Ich sah nur noch die im Sonnenlicht blitzende rote Motorhaube des monströsen Wagens.

Panikartig schnappte ich nach Luft.

Das durfte doch alles nicht wahr sein! Nicht schon wieder.

„BELLA!“

Zwei Arme schlangen sich grob von hinten um meine Hüfte, rissen mich zur Seite, als wäre ich federleicht.

Ich spürte den Wind, der schneidend scharf an meinem Körper entlang streifte. Wenige Augenblicke später bog der Wagen um die nächste Ecke und verschwand somit aus unserem Sichtfeld.

Ich blinzelte mehrmals. Mein Verstand schien die gesamte Situation erst sehr langsam zu realisieren.

„Bella!“

Edward stellte sich vor mich, packte nach meinen Schultern.

Ich stand immer noch völlig rührungslos da, damit kämpfend, keine Panikattacke zu bekommen. Tief einamten. Ein und aus. Ein. Aus.

Sanft schüttele er mich, während seine besorgte Stimme, weiter auf mich einsprach. „Ist alles in Ordnung?“

Die Stille, die immer noch von mir ausging, gefiel ihm ganz und gar nicht. Frustriert und zugleich nervös seufzte er auf.

Genau diesen Augenblick hatte ich gebraucht, um endlich reagieren zu können. Meine Augen formten sich zu Schlitzen. Adrenalin schoss ungebremst durch meine Adern, bezwang das Chaos, das in mir herrschte. Wütend stieß ich ihn von mir, riss meinen Kopf nach oben. „WAS HAST DU GETAN?“, brüllte ich ihm entgegen, alles andere vergessend.

Wie konnte er nur?

Ich sah die Verwirrtheit in seinen Augen. Für Sekunden schien er völlig perplex zu sein. Konnte sich meine Reaktion überhaupt nicht erklären. Aber es war mir gerade egal. Ich brauchte ein Ventil, um die sich gerade aufstauende Wut frei zu lassen. Meine Stimme war dafür perfekt.

Seine Gesichtszüge verhärteten sich urplötzlich und er erwiderte meinen Blick ebenso wütend.

„Kannst du mir erklären, was in dich gefahren ist?“, zische er mir sauer entgegen. Sein Kiefer war angespannt.

Ich fuchtelte wild mit meinen Armen durch die Luft, während ich etwas gedämpfter, aber immer noch aufgebracht weiter sprach. „Was in mich gefahren ist?“ Meine Augen weiteten sich, während ich seine Frage spitzfindig wiederholte. War das sein Ernst? Hatte er das Auto nicht gesehen?

Wie konnte er nur so eine dämliche Frage stellen? War ihm die Situation nicht bewusst? Er machte den Eindruck, als würde er gerade die Welt nicht mehr verstehen.

Eindringlich mustere ich ihn, sah in sein Gesicht, in seine Augen, die vor Zorn sprühten und mich wanken ließen.

„Du kannst doch nicht einfach…….das Auto……was………..“, stotterte ich aufgebracht vor mich hin, während meine Sicht durch den Tränenschleier, der sich schlagartig über meine Augen legte, immer mehr verschwamm.

Aber das war mir gleichgültig.

Ich musste meinen Gefühlen weiter freien Lauf lassen, sonst würde ich innerlich zerreisen.

Edward stand starr da, seine Augen geweitet.

Völlig verwirrt strich ich mit meiner Hand durch mein Gesicht, atmete tief. Doch es beruhigte mich nicht.

Ich konnte keine Reue in seinem Gesicht lesen. Er bedauerte nicht, was er getan hatte!

„Bella.“, drang seine melodiöse Stimme zu mir durch.

Ich zuckte zusammen, stolperte einen Schritt zurück.

Er bereute es einfach nicht, mich wieder mal gerettet zu haben.

Ich schüttelte irritiert meinen Kopf.

Es hätte wieder passieren können.

Noch einmal!

Aber wieder hat er nicht an sich gedacht.

Wieder einmal war er nur auf meine Sicherheit bedacht.

Es hätte wieder passieren können!!

Mein Herz verkrampfte sich, mein Hals war wie zugeschnürt.

Wie konnte er nur? Wie konnte ein Mensch nur so selbstlos sein? Und noch dazu so unglaublich dumm!!

Zornesröte schoss mir ins Gesicht.

Verärgert ballte ich meine zittrigen Hände zu Fäusten, schob mein Kinn nach vorne.

Edward sah mich gebannt an. Keine Gefühlsregung war zu erkennen.

„Du……..“, knurrte ich ihm regelrecht entgegen, was ihn dazu brachte, mich noch schärfer anzusehen. Die Verwirrtheit wich jedoch nicht aus seinem Gesicht.

Ich wollte meine gesamte Wut in diesen Satz legen, es ihm entgegen schreien. So schreien, wie ich noch nie zuvor in meinem Leben geschrieen hatte. Tief sog ich hierfür Luft ein.

Doch was ich dann tat, hatte ich nicht geplant.

„Wie kannst du das nur tun?“, schluchzte ich mit weinerlicher Stimme, während sich die ersten Tränen lösten. „Ich hätte dich dieses Mal endgültig verlieren können?“, presste ich mühsam zwischen meinen Schluchzern hervor, unter denen sich mein Körper schüttelte.

Kaum, dass ich gesprochen hatte, versagte meine Stimme endgültig. Hektisch rieb ich mit meinen Händen wieder über meine Augen.

Ich spürte, wie meine Beine nachgeben wollten.

Doch den Boden spürte ich nicht, stattdessen schlangen sich zwei Arme um meinen zitternden Körper. Mit einem leichten Ruck zog mich Edward zu sich. Schenkten mir damit den Halt, den ich jetzt so dringend benötigte.

Meine Finger krallten sich in den Stoff seines Pullovers, während ich hilflos mein Gesicht an seiner Brust vergrub, meinen Körper verzweifelt an den seinen schmiegte.

„Nicht, mein Schatz…. Schtt….“, flüsterte er, hauchte mir sanft einen Kuss auf meinen Kopf.

„Das wird nicht mehr passieren.“ Er verstärkte den Druck seiner Umarmung, vergrub sein Gesicht in meinem Haar.

„Ruhig, Bella.“, erklang seine honigsüße Stimme an meinem Ohr, während seine Hände beruhigend meinen Rücken rauf und runter streichelten, mir selbst in dieser Situation eine Gänsehaut bescherte. Dennoch dauerte es einige Minuten, bis ich wieder an Fassung gewann. Edward schien dies zu bemerken.

Er löste sich hierauf etwas von mir, was ich nur widerwillig zur Kenntnis nahm. Ich wollte aufsehen, als seine Hände behutsam mein Gesicht umrahmten, er sich zu mir hinunter beugte. Nur wenige Zentimeter trennten uns voneinander. Sein süßlicher Duft umschloss mich, löste meine Gedanke in Luft auf.

Liebevoll strich sein Daumen über meine gerötete und von Tränen benetzte Wange.

Ich war vollkommen gebannt. Was hatte er nur vor?

„Meine Bella,……..ich werde dich niemals wieder verlassen.“

Mir stockte der Atem.

Mein Herz begann wild zu schlagen, meine Wangen zu glühen.

Ich spürte das Lächeln, das sich auf meine Lippen legte, als ich meine Hand erhob, diese auf seine Wange legte. Die Weichheit in seine Augen ließ mich alles andere um uns herum vergessen.

Edwards Fingerspitzen glitten meine Wangenknochen hinauf, blieben auf meiner Wange liegen. Ich fühlte nur noch seinen warmen Atem auf meiner Haut, die unter seinen sanften Berührungen begann zu prickeln. Meine Wangen schienen zu verglühen. Das Atmen hatte ich immer noch eingestellt, mein Verstand nicht mehr existent.

Ich sah nur Edward. Alles was zählte war er.

Und plötzlich war alles gewesene vergessen. All das Leid, die Schuld, die ich empfunden hatte. Die Angst war gewichen, so als wäre sie niemals da gewesen. Ich schenkte seinen Worten Glauben. Er würde immer da sein, an meiner Seite.

Alle die vergangenen Jahre schienen nur ein Wimpernschlag gewesen zu sein. Nicht mehr von Bedeutung. Es war, als wäre ich endlich aus einem langen Albtraum erwacht.

Alles um mich herum war verstummt. Ich hörte nur noch die Stimme meines Herzens.

Er bettet seine Stirn an die meine und ein zufriednes Seufzen aus meiner Kehle erklang.

Ungetrübtes Glück durchströmte meinen gesamten Körper.

Genau in diesem Moment wusste ich endgültig, dass ich die Gefühle, die weit über Freundschaft hinaus gingen, nicht ignorieren konnte, nicht verdrängen. Ich konnte nicht nur mit ihm befreundet sein.

Edward war immer noch meine Welt, war es immer gewesen.

Meine Welt, die sich nun endgültig wieder zusammengesetzt hatte. Jeder winzige Riss war verschwunden. Ich spürte es, konnte es fühlen.

Die ganze Zeit über habe ich nur auf diese Worte gewartet.

Diese Worte, die all meine Zweifel und Ängste bezwingen würden, endgültig.

Ich wusste, was mich noch neben der Angst ebenfalls aufgeschreckt hatte. Diese kleine Etwas, was ebenfalls noch neben der Angst existierte. Es war die Vorsicht gewesen, auch wenn diese durch Edwards Anwesenheit doch extrem geschrumpft war, so war sie immer noch existent gewesen. Wollte mich darauf hinweisen, wie alles doch noch enden konnte. Dass Edward mich verlassen könnte, dass ich ihn wieder verlieren könnte. Ich wusste, dass ich daran endgültig zerbrochen wäre. Doch genau jetzt wirkte dass alles so lächerlich auf mich.

Ich warf die Vorsicht über Bord, genauso wie meine Zweifel und Ängste.

Er war zwar nicht der Edward aus meiner Vergangenheit. Aber dennoch berührte er mich, wie nur sein altes Ich es gekonnt hatte.

Er war mein Engel.

Nur er war es, der mich erlösen konnte. Er selbst war nur in der Lage gewesen mich von ihm zu erlösen. Und er hatte es getan.

Er war wieder zu mir zurückgekehrt.

Er hatte die Ketten, die sich durch seinen Verlust um mein Herz gelegt hatten, endlich gelöst. Er war das Licht in dem dunkeln Irrgarten, in dem ich bis jetzt orientierungslos herum geirrt war.

Ich wusste, um glücklich zu sein, musste ich ihn um mich haben – und das nicht als Freund.

Denn nur er war in der Lage die Angst des Verlustes von mir Fern zu halten. Denn erst durch ihn war diese in mir entstanden.

Ich liebte ihn.

Ich liebte Edward.

Und dieses Mal war dieses Gedanken ohne Zwiespalt. Keine Unsicherheit mehr, was ich tun sollte, wie ich mich verhalten sollte.

Ich wusste es nun.

Ich hatte es die ganze Zeit gewusst. Doch hatte ich mir selbst Steine in den Weg gelegt, mich dagegen gewehrt, aus Angst etwas falsch zu machen. Obwohl ich tief in mir bereits wusste, dass der Kampf von Anfang an aussichtslos war. Es hatte immer nur einen Weg für mich gegeben. Der Weg zurück zu ihm, in meine Welt – in die Welt in der ich lebte vor dem Unfall.

Denn diese Welt existierte wieder, strahlte hell auf mich hinab, seitdem er zurückgekommen war. Das Ziel war plötzlich so klar vor meinen Augen. Meine Suche beendet. Die Rastlosigkeit war schlagartig verflogen.

Für mich war Edward mein Paradies auf Erden. Ohne ihn war alles trostlos und kalt.
 

Immer noch standen wir eng beieinander. Erst jetzt registrierte ich, wie nah wir uns wirklich waren. Ich konnte seinen Körper spüren, der an meinen gepresst wurde. Ich hatte nur am Rande bemerkt, dass ich meine Arme um seine Mitte geschlungen hatte.

Ebenfalls hatten wir noch immer nicht unseren Augenkontakt unterbrochen. Ich wollte es auch nicht.

Von meiner Seite aus konnten wir bis in alle Ewigkeit so stehen bleiben. Ich für immer in Edwards Augen versinkend. Jetzt wo ich endlich die Erkenntnis hatte – ich meine Gefühle nicht mehr verstecken wollte.

Mehr brauchte ich nicht, solange ich wusste, dass er da war.

Edward sah mich unverwandt an. Seine Fingerspitzen wanderten wieder meine Wange hinab, strichen sanft über meine leicht geöffneten Lippen.

Diese winzige Berührung brachte mich um den Verstand.

Nervosität breitete sich in mir aus.

Und ihm ging es nicht anders. Ich konnte es fühlen, es deutlich in seinem Gesicht ablesen.

Was immer in der Vergangenheit zwischen uns geschehen war, es zählte nicht mehr- schon lange nicht mehr. Das hier war die Gegenwart. Eine Gegenwart, die ich mir niemals erträumt hätte.

Ich rührte mich nicht, wartete einfach.

Als er seinen Kopf senkte, senkten sich automatisch meine Lider. Ich wollte nichts sehen, nur noch spüren und genießen. Seine Lippen auf den meinen.

Endlich!

Ich spürte seinen süßlichen Atem auf meiner Haut, spürte, wie seine Nasenspitze, die meine streifte.

Meine Sehnsucht stieg ins Unermessliche.

Sanft, fast wie ein zarter Windhauch berührten seine Lippen, die meinen. Diese unglaubliche Weichheit. Mein Herz setzte aus, bevor es so kräftig wie nie zuvor gegen meine Brust trommelte. Unglaubliche Wärme durchströmte meinen Körper. Ich genoss diesen Augenblick mit vollen Zügen.

Ich wollte mehr.

Meine Hände schossen in die Höhe, legten sich in seinen Nacken, wollten ihn zu mir ziehen, diesen Kuss endlich vertiefen, als wir von einem lauten Klingeln unerbrochen wurden, wir beide gleichzeitig aufschreckten.

Ich seufzte schwer, während Edward mich entschuldigend ansah, bevor er auf sein Handy sah.

Von der einen auf die andere Sekunde veränderte sich sein Blick. Die Wärme verschwand schlagartig, selbst das Grün aus seinen Augen schien zu schwinden, als er sein silbernes Handy aufklappte.

„Was willst du?“, sagte er schroff.

Ich erschauderte beim Klang seiner Stimme. Die Kälte, die darin mitschwang war nahezu greifbar.

Während er lauschte, zogen sich seine Augenbrauen zusammen. Zorn trat wieder auf sein Gesicht, der für mich nicht zu erklären war. Ich sah, wie seine Hand, die das Handy hielt, begann zu zittern. Ein Zischen entwich ihm.

Ein merkwürdiges Gefühl breitete sich in meiner Magengegend aus.

Was hatte das zu bedeuten?

„Ich warne dich.“ Er knurrte förmlich. „Solltest du ihr nur ein Haar krümmen, wirst du mich richtig kennenlernen.“, keifte Edward in den Hörer, bevor er das Handy mit einer schnellen Bewegung zuschnappen ließ.

„Verdammt!“, stieß mein sonst so ruhiger Engel zwischen seinen zusammengepressten Lippen hervor. Ein Zittern durchfuhr seinen Körper, er darum bemüht die Kontrolle zu behalten.

Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Wer war das am Telefon, das Edward so in Rage geriet?

„Edward?“, fragte ich schüchtern, leise.

Als er meine Stimme wahrnahm, hielt er inne. Schnell wandte er sich zu mir, zog mich wieder in seine Arme, vergrub sein Gesicht wieder in meinen Haaren. Ich schlang meine Arme um seine Nacken.

Ich hörte wie er tief einatmete, sein vor Wut bebender Körper langsam wieder zur Ruhe kam.

Minuten vergingen, bevor er sich wieder etwas von mir löste, mir in die Augen sah.

„Bella, ich muss mit dir reden."
 

***
 

Ich würde mich über Meinungen freuen.
 

Liebe Grüße

eure Elmo

Edwards Vergangenheit oder Weil es dich gibt!

Hallo zusammen.
 

Da ich euch nicht all zu lange mit dem nächsten Kapitel warten lassen wollte, hab ich mich hingesetzt und das nächste schon mal hochgeladen. Hier wird jetzt auch die glaub ich wichtigste aller Fragen geklärt, die ihr in euren Kommentaren gestellt habt: War das Jacob ab Telefon?

Ich sag nur, lesen, dann findet ihr es ganz schnell heraus. ^^
 

Ich hoffe, das nächste Kapitel gefällt euch und ich freu mich jetzt schon über eure Meinung.
 

Liebe Grüße

Pei-Pei
 

****
 

15. Kapitel: Edwards Vergangenheit oder Weil es dich gibt!
 

Es gibt Millionen Menschen auf dieser Welt und dann gibt doch nur den Einen!
 

Seit geschlagenen zehn Minuten saß ich hier jetzt schon in Edwards Wohnung. Das Schweigen, das sich bereits seit unserem Rückweg hierher über uns ausgebreitet hatte und nur durch ein von Edward kurz angebundenes Telefonat unterbrochen worden war, hielt weiterhin an.

Ich war unruhig, knetete bereits seit geraumer Zeit meiner Hände. Immer wieder huschten meine Augen zu Edward, der mir den Rücken zugewandt hatte und aus dem Fenster sah. Auf mich wirkte es als hätte er sich seit einer kleinen Ewigkeit nicht mehr geregt. Die Anspannung wurde langsam erdrückend.

Am liebsten hätte ich die Fragen, die mir wirr im Kopf herum schwirrten laut ausgesprochen, doch ich traute mich nicht. Ich fand nicht den Mut, die herrschende Stille, die mich zugleich ängstigte, zu durchbrechen. Ebenfalls konnte ich nicht sagen, ob ich überhaupt dazu in der Lage war, meine Stimme zu erheben. Der Klos, der sich in meine Hals bildete, wurde von Sekunde zu Sekunde größer, so dass es mir so vorkam, als würde ein unermesslicher Druck auf meinen Stimmbändern lasten.
 

Ich wusste auch nicht, mit welcher Frage ich beginnen sollte. Es waren im Moment einfach zu viele. Ich war völlig durcheinander. Von der einen auf die andere Minute war die Stimmung vollkommen gekippt.

Was hatte es bloß mit diesem Telefonat auf sich?

Es musste etwas sein, das Edward mehr als beunruhigte. Aber was? Und warum musste er mit mir reden?

Ich wusste derzeit überhaupt nicht, wie ich mich verhalten sollte. Ich wusste nur, dass ich mir wünschte, dass er mich wieder in seine Arme nahm. Ich wieder seinem Herzschlag lauschen wollte, seinen Atemzügen, die mich beruhigten.

Ruhe, das war es, wonach ich mich gerade sehnte. Ruhe, die nur er mir schenken konnte.

Ich wollte die Aufgewühltheit, die derzeit wieder durch meinen Körper tobte ersticken, nicht mehr spüren. Zu lange war ich vom Chaos besessen gewesen. Es sollte nicht noch einmal von neuem beginnen. Nicht jetzt!

Warum sagte er nichts?

Wollte er nicht mit mir reden?

Das war doch Schwachsinn. Was hatte er für einen Grund dazu? Ich schüttelte leicht meinen Kopf, um diesen etwas klarer zu bekommen. Aber es half nichts.

Weitere Minuten vergingen. Minuten, die sich für mich wie Stunden anfühlten. Meine Nerven spannten sich immer weiter an. Ich wusste nicht, wie lange ich diese grausame Stille noch aushalten konnte. Also tat ich den ersten Schritt, auch wenn mir dieser ungemein schwer fiel.

Ich räusperte mich so leise wie ich konnte, öffnete meinen Mund.

Schloss diesen dann wieder, um zu schlucken. Meine Kehle war vollkommen trocken, brannte.

So fest ich konnte, presse ich meine Hände zusammen, startete einen neuen Versuch. „Edward?“ Meine Stimme klang heißer, zeigte aber den Effekt, den ich mir gewünscht hatte.
 

Edward zuckte zusammen, wandte sich dann zu mir um. Er war völlig in Gedanken versunken gewesen, schien immer noch nicht richtig da zu sein.

Seine tiefgrünen Augen glühten im halbdunkeln der Wohnung, während er mich fixierte und mir damit wieder die Röte ins Gesicht trieb. Schnell wollte ich mich von ihm abwenden.

Ich wollte nicht, dass er gerade jetzt meine erröteten Wangen sah. In diesem Moment war es mir unangenehm. Sehr sogar. Doch er ließ es nicht zu.

Ohne dass ich es bemerkt hatte, war er an mich heran getreten, hatte seine Hand unter mein Kinn gelegt und hinderte mich damit an meinen Vorhaben. Ich sah scheu zu ihm auf.

„Nicht, Bella.“, flüsterte er liebevoll. „Dreh dich bitte nicht von mir weg!“ Ein undefinierbares Flehen lag in seiner Stimme, was meinen Puls beschleunigte.

„Ich sehe es so gern, wenn das passiert.“ Sanft strich er mir über meine Wange.

Alles drehte sich.

Ich wusste nicht mehr, was ich tun, wie reagieren, geschweige denn atmen sollte. Ein leichtes Prickeln von meinem Kinn und meiner Wange ausgehend schoss durch meinen gesamten Körper, das sich umgehend in eine wohlige Wärme - die ich bereits während unsers Kusses gespürt hatte - verwandelte, mein laut pochendes Herz erneut befiel.

Ich folgte seiner Bitte, streckte mich ihm entgegen.

Dadurch sah ich in seinen Augen Etwas aufflackern. Etwas, was meinen Puls noch mehr zum Rasen brachte. Ein Leuchten. War es Liebe? Sehnsucht? Ich wurde noch mehr aus der Bahn geworfen, als ich es ohnehin schon war.

Spielte mir da meine Einbildung auch keinen Streich?! – Gott! Was tat er nur mit mir? War er sich darüber bewusst, was er in mir anrichtete?

Ich hörte Edward aufseufzen, während er sich widerstrebend von mir löste, wieder einige Schritte auf Abstand ging.

„Ich wollte dir etwas erklären.“ Er wirkte angespannt.
 

Ich nickte. Eine Angewohnheit, die ich in seiner Anwesenheit ziemlich oft in letzter Zeit tat, da ich einfach nicht meiner Stimme mächtig war.

Kurz schloss er seine Augen, schien seine Gedanken zu sortieren, bevor er mich wieder in Augenschein nahm. Die kurze Anspannung, die mich wieder überfallen hatte, fiel sofort wieder von mir ab. Ich spürte wie sich meine Muskeln wieder entkrampften. Was bei Edward jedoch nicht der Fall war. Seine Bewegungen wurden von Sekunde zu Sekunde steifer.

Ein tiefer Atemzug folgte, dann begann er. „Du weist, dass ich mich damals nach dem Unfall Sams Clique angeschlossen hatte. Nein,…..warte. Ich….. Ich fang anders an. Nach dem Unfall….“ Er hielt inne, musterte mich. Ich zeigte keine Regung, auch wenn sich in mir erneut alles verkrampfte. Mein Instinkt verriet mir, was jetzt folgen würde. Edward würde mir erzählen, was damals nach dem Unfall, unserem Bruch passiert war. Mein Herzschlag beschleunigte sich. Dieses Mal jedoch auf unangenehme Weise.

Wir, das heißt Alice, Emmett und ich hatten die letzten sieben Jahre nur ansatzweise über dieses Thema gesprochen, es so gut es ging gemieden. Keiner von uns Drei war erpicht darauf diese Zeit durch Worte und Erinnerungen wieder aufleben zu lassen. Meine Träume konnte ich in dieser Hinsicht leider nicht kontrollieren. Ich selbst hatte mich bis jetzt nie getraut, Edward darauf anzusprechen. Alice hatte bereits einmal die Andeutung fallen lassen, dass Edward niemals darüber sprach und ich wollte ihn durch diese Frage nicht überrumpeln. Daher war ich mehr als Erstaunt, dass er damit begann.

Aber ich behielt diese Verwunderung für mich, nickte nur. Jedoch konnte ich nicht verhindern, dass in mir die Frage aufblitzte, was das mit dem Anruf zu tun hatte. Aber ich war mir sicher, dass ich früher oder später noch die Lösung zu hören bekam.
 

Edward lächelte kurz, fuhr fort. „Damals, als …..als ich im Krankenhaus aufgewacht bin, keinerlei Erinnerungen hatte, nicht mal meinen Namen wusste…… Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie das war. All die fremden. Menschen um einen herum, die man eigentlich kennen müsste aber in deinem Kopf ist nichts. Nichts als Schwärze. Du kennst dich nicht mal selbst. Ich konnte nicht ich selbst sein, weil ich nicht wusste, wer ich war, wie ich einst war. Ich kannte mich nur aus Erzählungen – aber woher hätte ich wissen sollen, ob ich auch wirklich so war? Die Menschen sehen einen oftmals anders, als man sich selbst fühl.“ Ein trauriges Schimmern huschte über seine Augen. „Ich hasste es in den Spiegel zu sehen, ein fremdes Gesicht anzustarren. Es hat mich regelrecht verrückt gemacht und zugleich auch geängstigt. Ich glaube der Ausdruck verloren in der Hoffnungslosigkeit trifft es am ehesten. Es war einfach nur schrecklich.“ Ein Seufzen erklang aus seinem Mund.

„Es gab Momente, in denen ich am liebsten davon gelaufen wäre. Einfach weg.“, sprach er verbittert.
 

Dieses Gefühl konnte ich durchaus nachvollziehen. Ich hatte zu dieser Zeit genau das Gleiche gefühlt, schwieg aber weiterhin. Ich erkannte, dass es ihm schwer fiel, darüber zu reden, aus diesem Grund wollte ich ihn nicht unterbrechen – es ihm dadurch nicht noch schwerer machen, als es ohnehin schon für ihn war.

„Einige Wochen später kehrten einige Erinnerungen zurück.“

Das Telefonat mit Alice kam mir sofort in den Sinn. Ich konnte mich noch an jedes einzelne Wort erinnern.

„In diesem Moment war ich so erleichtert, fast euphorisch. Und ich gewann wieder an Zuversicht. Ich dachte, es würde wieder alles gut werden.“ Seine Stimme klang jetzt schwermütig. Kein Hauch von Freude schwang darin mit, auch wenn seine Worte genau diese ausdrücken sollte.

„Aber das wurde es nicht.“ Er bedachte mich mit einem Blick, der bei mir eine Gänsehaut auslöste. Zugleich verstand ich diese Worte nicht, konnte sie nicht nachvollziehen.

Was meinte er damit? Worauf wollte er hinaus?

„Immer mehr Erinnerungen kehrten zurück, füllten wieder die Leere aus, aber nicht gänzlich. Der mir wahrscheinlich wichtigste Teil blieb immer noch im Verborgenem.“

Ich biss mir auf die Lippen. Meinte er die Erinnerung an mich? Bezog er seine vorherige Aussage darauf?

Für einen – für mich – unerklärlichen Grund, nahm die Wärme in meinen Körper zu. In meinem Bauch begann es zu Kribbeln, als würden mehrere Schmetterlinge gleichzeitig darauf drängen, in die Freiheit entlassen werden. Schnell schlang ich meine Arme um meine Mitte, versuchte dadurch das Gefühl etwas einzudämmen. Ich musste mich weiter unter Kontrolle behalten. All zu intensive Ausschweifungen waren tödlich für meine Konzentration.
 

Edward stieß hörbar die Luft aus seinen Lungen. „Es nervte mich. Egal wie sehr ich versuchte mich zu erinnern, es gelang mir einfach nicht. Meine Laune wurde von Tag zu Tag schlechter. Ich begann diese verdammte Machtlosigkeit, der ich ausgeliefert war, abgrundtief zu hassen und suchte krampfhaft nach etwas, was mich davon ablenken würde. Ich wollte und konnte so nicht weiterleben. Tja und dann eines Tages hatte ich meine Ablenkung gefunden.“ Er lächelte erneut schwach, was seine Augen nicht erreichte.

„Ich beobachtete Jacob und die Anderen rein zufällig beim Klippenspringen.“, führte er aus. „Es faszinierte mich. Die Höhe, der unkontrollierbare Sprung, die tosenden Wellen, die mit unbändiger Wucht gegen die Felsen schlugen.

Ich wollte wissen, wie es sich anfühlt dort runter zu springen. Also tat ich es.“

Ich schnappte nach Luft, was ihn zum Schmunzeln brachte.

„Ich rannte los, an Jacob und dem Rest vorbei und sprang. Es war berauschend. Während ich durch die Luft sauste, verschwand jeder noch so kleine quälende Gedanken. Es war so, als würden diese mit dem Wind, der sich widersetzte, an mir zerrte, davon getragen werden. Es war einfach ein unbeschreibliches Hochgefühl, als ich die eisige Wasseroberfläche durchschnitt. Zugleich durchfuhr mich ein zuvor noch nie gekannter Stolz.“

Die Begeisterung hierüber war ihm anzusehen. Seine Augen leuchteten auf und sein Lächeln war entspannter, als das, was ich zuvor gesehen hatte.

Ich konnte nicht anders, musste ebenfalls lächeln.

„Keine Vorwürfe?“, stelle er belustigt die Frage.

„Du hast überlebt!“, gab ich knapp von mir.

Dieses Mal nickte er.

„Und außerdem ist es längst verjährt.“, gab ich mit einem Schulterzucken von mir, was ihn auflachen ließ.

Ich war selbst darüber erstaunt, wie ruhig ich war.

„Das ist wahr.“ Er ließ sich in den Sessel fallen, der der Couch, auf der ich saß gegenüber stand. „Von da an war ich aufgenommen. Und ich muss sagen, dass ich mich ziemlich wohl fühlte. Durch die Mutproben, zu denen wir uns anstachelten, konnte ich verdrängen.“

„Mutproben?“, hackte ich umgehend nach.

Kurze Stille trat wieder ein. Edward schien abzuwägen, ob er sagen könnte, wonach ich gefragt hatte.

„Nun ja, …….wie soll………..ich sagen.“, fing er stockend an auf meine Frage zu antworten. „Ich….. bin in einige Rangeleien geraten. Wir sind gegeneinander auf Motorrädern, die irgendwann gegen Autos ausgetauscht wurden, auf die Klippen zugerast. Die Regel: Wer zuletzt bremst, hatte gewonnen und haben andere Sachen gemacht, die man so in seiner Sturm und Drangzeit ausprobieren will.“

Ich sah in jetzt doch recht ungläubig an. Um ehrlich zu sein, konnte ich mir unter den anderen Sachen – wie Edward es ausgedrückt hatte - überhaupt nichts vorstellen. Das überschritt eindeutig meine Fantasie. Und wenn ich ehrlich war, verspürte ich derzeit nicht den Drang danach noch mehr darüber zu erfahren.

Was man so ausprobieren will?, hallte in meinen Kopf wieder. Ich konnte mich nicht daran entsinnen, dass ich einmal Todessehnsucht verspürt hatte. Denn die musste man zweifelsohne haben, wenn man so etwas wie auf Klippen zurasen tat. Mir drehte sich schon allein bei dem Gedanken daran der Magen um.

Aber ich blieb stumm, was Edward dazu veranlasste, weiter zu sprechen. „Irgendwann war uns das nicht mehr genug und wir suchten uns eine andere Sportart.“ Amüsement lag in seiner Stimme, was vielleicht an meinem verdatterten Gesichtsausdruck lag.

So, als Sportart bezeichnete man so etwas. Nun ja, man lernt im Leben niemals aus.

Für Leute wie mich war es schon ein Erfolg, die Schulsportstunde unverletzt überlebt zu haben.

Je mehr ich hörte, desto baffer wurde ich. Niemals im ganzen Leben, was dachte ich, selbst in meinen kühnsten Träumen hätte ich so etwas nie von ihm – Edward Anthony Cullen - erwartet. Aber warum zum Teufel war ich immer noch so ruhig? Selbst mein Herzschlag war vollkommen normal – na ja, so normal wie er in Edwards Anwesenheit sein konnte. Und was hatte das alles mit dem Anruf zu tun? Aber zunächst einmal, eins nach dem anderen, sagte ich zu mir selbst, was ich auch gleich befolgte. Es musste einen Grund dafür geben, warum Edward mir das erzählte. Und im Geheimen war ich glücklich darüber, dass er mir gerade den Teil seiner Vergangenheit offenbarte, den niemand außer ihm selbst bisher kannte.

„Und welcher Sportart habt ihr euch dann zugewandt?“ Meine Stimme war vollkommen normal, fast einem Plauderton gleich, was mich noch mehr erstaunte.

„Illegale Autorennen.“ Kurz und knapp.

Geräuschvoll sog ich die Luft ein. „Autorennen?“, wiederholte ich tonlos.

Ok, das war jetzt doch etwas zu viel für mich. Die Ruhe, die ich gerade noch verspürt hatte, war mit einem Schlag verflogen. „So….. So..richtig?“, fügte ich stotternd hinzu. „Ich….. Ich meine so…..The Fast and The Furious-mäßig.“

Jetzt schallte Edwards Lachen durch den gesamten Raum. Er brauchte einige Minuten, bis er sich bezüglich meines Vergleichs wieder beruhigt hatte. Mit seinen Finger strich er sich die Tränen aus den Augen, bestätigte dann meine Frage mit einem „Ja, so in etwa“. Ein Schmunzeln folgte.

„Ich war sogar ziemlich gut. Die Geschwindigkeit ließ mich alles um mich herum vergessen. Es war besser als alles andere, was ich zuvor ausprobiert hatte. Diese Kicks waren damals alles was ich brauchte. Ich liebte dieses Gefühl, liebe es heute noch. Du scheinst überrascht.“ Er musterte mich aufmerksam
 

Ich schluckte, zu nichts anderem im Stande.

Überrascht?!

Überrascht war überhaupt kein Ausdruck.

Dieses Geständnis war so, als würde Alice schwören, nie wieder in ihrem ganzem Leben shoppen zu gehen. Was nie passieren würde. Da war es wahrscheinlicher, dass irgendwann die Welt untergeht. Es war so als hätte mir Edward gerade offenbart, dass er ein Vampir mit vegetarischen Vorlieben sei. Meine Verblüffung hätte nicht größer sein können.

Ich strich mir bedacht eine Strähne aus der Stirn, sortierte zunächst das, was ich gerade gehört hatte, speicherte es sorgfältig ab. Diese Seite, die Edward mir offenbarte, kannte ich nicht. Und augenblicklich fiel mir wieder etwas ein. Etwas aus der Vergangenheit. Aus der Zeit, in der ich noch in Forks gelebt hatte.

„Ihr wart das gewesen.“, murmelte ich zunächst, wiederholte es dann lauter, da er mich anscheinend nicht verstanden hatte.

Edward wusste zunächst nicht, was er mit dieser Aussage anfangen sollte. Fragend hob er seine Augenbrauen an.

Ich begann zu erklären. „Es war ca. ein halbes Jahr vor unserem Abschluss. Charlie hatte zu dieser Zeit ziemlichen Ärger mit, wie nannte er es immer? Hmmm….. Ein paar Halbstarken, die meinten, ihre Autos austesten zu müssen.“ Jetzt war ich diejenige, die ihn forschend entgegen sah. Das kleine “Detail“ Autodiebstahl ließ ich erst mal unter den Tisch fallen.

„Dazu verweigere ich die Aussage. Schließlich bist du die Tochter des Polizeichiefs von Forks.“, grinste er mich an.

Gut, mehr braucht er auch nicht zu sagen. Das war eindeutig ein Zugeständnis gewesen. Ich schüttelte meinen Kopf, versuchte ihn mit meinem Blick zu tadeln, was aber völlig daneben ging. Der nervöse Blick, den er mir umgehend zuwarf, wunderte mich. „Was?“, wollte ich daher wissen.

„Nichts.“, nuschelte er.

„Edward!“

Er seufzte. „Ich warte die ganze Zeit darauf, dass du aufspringst und das Weite suchst.“

„Warum?“ Ich legte meine Stirn in Falten. Damit hatte er nicht gerechnet, fand allem Anschein nach keine Worte aber ich. „Edward, ganz egal was du mir jetzt noch weiter mitteilen wirst, ich werde nicht gehen. Niemals.“ Eine all zu lange Trennung von ihm würde ich nicht mehr überleben, fügte ich in meinen Gedanken hinzu, hütete mich, dies aber laut auszusprechen. Aber so wie es aussah, war dies auch nicht nötig. Ich hatte ihn überzeugt.
 

Das Lächeln, das ich ihm geschenkt hatte und er erwiderte, schwand, als sich mir die nächste Frage auf meine Zunge legte. Unsicherheit legte sich in meinen Blick und ich sah auf meine mittlerweile gefalteten Hände.

„Die ganzen Sachen, die du mir erzähl hast…..Die haben etwas mit diesem Anruf zu tun, oder?“ Ich sprach sehr leise. Wusste aber, dass jetzt der richtige Moment war, diese Frage zu stellen.

Sofort verflog die aufgelockerte Stimmung. Edwards Gesichtszüge wurden wieder ernst. Seine Lippen bildeten eine harte Linie.

„Es war Sam, Bella.“. Seine Stimme klang todernst und jagte mir Angst ein.

Zugleich hob ich verwundert meine Augenbrauen an. Damit konnte ich überhaupt nichts anfangen.

Unruhig begann er auf und ab zu laufen, ließ mich dabei nicht aus den Augen. „Es ist meine Schuld. Ich……. Als wir begannen Rennen zu fahren, ging es anfangs nur um den Spaß, bis Sam meinte es gäbe da noch eine Möglichkeit, wie wir das Vergnügen mit dem Nützlichen verbinden könnten. Er nannte es damals eine lukrative Geschäftsidee. Und so dumm wie ich damals war, stimmte ich zu, ohne mir über die Konsequenzen Gedanken zu machen. Also begannen wir richtige Rennen zu fahren. Rennen bei denen es um Geld ging. Viel Geld. Wir …… Ich meine Jacob und ich verdienten sogar richtig gut, hatten uns innerhalb kürzester Zeit einen Namen in der Szene gemacht.“

Meine Augen folgten ihm egal wohin er sich bewegte.

„Sam begann sich in dieser Zeit zu verändern. Von mal zu mal versorgte er uns mit besseren, schnelleren Autos. Ich muss gestehen, dass es mir egal war, wo er die Wagen her hatte. Ich machte mir auch über die Kurierfahrten, die ich für ihn ab und zu ausführte, keinerlei Gedanken. Für mich zählte einzig und allein meine Autos, die Geschwindigkeit und der Rausch, der mich dann immer befiehl wenn ich fuhr. Es war wie eine Sucht. Meine Droge, die mich von allem anderen in meinem Leben ablenkte. Die Siege…… Es stieg mir zu Kopf und eine zeitlang war ich ein richtiges Arschloch. Doch dann……. Irgendwann begann selbst ich Dinge zu sehen, die mir überhaupt nicht gefielen. Dinge, die mich stutzig machten. Man könnte sagen, ich begann wieder zu denken. Die Gestalten, mit denen Sam plötzlich immer mehr zusammen stand, gefielen mir nicht. Ich traute ihnen nur so weit, wie ich sie sehen konnte. Und auch Sams Verhalten…… Er veränderte sich, und das nicht zum Positiven. Er wurde zunehmend korrupter, skrupelloser. Immer mehr gerieten wir aneinander. Dann eines Tages war es so weit. Sam rief an, meinte ich müsste morgen bei einem Treffen anwesend sein. Er redete irgendetwas von Anwesenheitspflicht. Es wäre eine große Sache, die ich auf keinen Fall verpassen dürfte. Es war keine Bitte gewesen, sondern ein Befehl. Das schlechte Gefühl in mir, was immer stärker geworden war, wurde dadurch übermächtig. Schlagartig wusste ich, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte.“

Edward sprach gerade in Rätseln für mich.

„Noch an diesem Abend verließ ich meine Uni, meine Familie und ging nach Alaska. Und ich muss sagen, dass ich diese Entscheidung bis heute nicht bereue. Wenn ich es nicht getan hätte, würde ich heute höchst wahrscheinlich nicht hier sitzen.“

Er musste seine Andeutung nicht weiter ausführen.

„Ich bin froh, dass du dich so entschieden hast.“ Diese Worte trafen es nicht mal im Entferntesten. Unendlich Dankbar traf es da schon eher.

Liebevoll lächelte er mir entgegen, kam auf mich zu, um sich neben mir fallen zu lassen. Durch meine Wimpern hindurch sah ich zu ihm auf. Mein Herzschlag war inzwischen zu einem unregelmäßigen Rhythmus übergegangen. Ich konnte froh sein, dass mein Körper noch mit genügend Blut versorgt wurde. Das hoffte ich zumindest.

Doch das liebevolle Lächeln verschwand genauso schnell wieder, wie es aufgetaucht war. Sorge lag nun in seinem Blick. Er griff nach meiner Hand, drückte diese.

„Aber genau diese Entscheidung hat auch einen Haken, Bella.“

Ein ungutes Gefühl durchzuckte mich.

„Ich hab alles hinter mir gelassen, bin einfach so verschwunden. Ich wusste, dass das die einzige Möglichkeit war, da raus zu kommen. Aber Sam…..“, er seufzte dunkel.

„Er sieht es anders, nicht wahr?“, beendete ich. Alice Worte kamen mir wieder in den Sinn.
 

- Sein Umzug konnte man als eine Nacht- und Nebelaktion bezeichnen. Er brach jeglichen Kontakt ab, wollte auch nicht, dass irgend ein Außenstehender erfuhr, wo er war .–
 

„Er glaubt, dass du ihn verraten hast.“

Nun war Edward an der Reihe zu nicken. „Ich habe ihn verraten. Daran gibt es nichts zu rütteln. Und genau aus diesem Grund will er sich an mir rächen. Und ich kann ihn gut genug einschätzen um zu wissen, dass er unberechenbar ist. Und er wird sich auch davon nicht abbringen lassen.“ Ein ausgeprägter Ausdruck von Frustration huschte über sein schönes Gesicht.

Es schüttelte mich bei diesem Worten. Mein Mund wurde trocken. Und ich musste mir eingestehen, dass ich mich vor den nächsten Worten fürchtete, die unaufhaltsam kamen.

„Und genau da kommst du ins Spiel.“ Er betrachtete mich eindringlich, während ich stocksteif da saß. „Sam hat uns zusammen gesehen! Du bist nun ebenfalls in sein Visier geraten. Etwas was nicht hätte passieren dürfen.“ Sein Gesichtsausdruck wirkte verkniffen, fast so als würden ihm diese Sätze Höllenqualen breiten.

„Ich?, quiekte ich in einer hohen Tonlage. Schmerzhaft pochte mein Herz gegen meinen Brustkorb. Die Luft schien gerade gar keinen Sauerstoff mehr zu enthalten. Meine Atemzüge wurden schneller.

Edward rückte näher, legte mir beruhigend eine Hand auf meine Wange. „Das werde ich nicht zu lassen, Bella. Hörst du?! Niemand wird dir etwas tun. Dafür werde ich sorgen. Das verspreche ich dir.“

Ich schenkte seinen Worten, seiner einfühlsamen Stimme Glauben. Die Angst legte sich leicht.

„Was…… Was hat er vor?“

„Ich weiß es nicht.“ Ich konnte die Unzufriedenheit über diese Aussage aus seinem Gesicht ablesen. „Aber ich werde es bald wissen.“ Edward ließ keinen Platz für Zweifel.

„Wie…… Ich meine……..?“ Ich schluckte. „Wie erfahren….?“, stammelte ich unbeholfen weiter. Ich war total überfordert. Ich konnte froh sein, dass ich aufgrund meiner völlig konfusen Gedanken unserem Gespräch überhaupt noch folgen konnte.

Schließlich bekam ich nicht jeden Tag die Hiobsbotschaft überbracht, dass ich eventuell das Hauptziel einer geplanten Racheaktion war.

„Den Anruf, den ich getätigt habe. Auch ich habe meine Kontakte.“ Mehr sagte er nicht. Und ich wusste, dass ich erst mehr erfahren würde, wenn er den Rückruf, auf den Edward offensichtlich wartete, erhielt.

„Vielleicht spinn ich mir auch nur etwas zusammen. Du wirst aber hoffentlich verstehen, wenn ich dich, bis die Sache geklärt ist, nicht aus den Augen lassen werde.“ Unter anderen Umständen, würde mir diese Aussage ein mehr als nur wohliges Gefühl vermitteln.

Ich sah Edward einfach nur an. Ich war nicht mal zu einem Nicken mehr fähig. Ein beklemmendes Gefühl lähmte mich.

„Du zitterst ja!“, wisperte er mit samtweicher Stimme, zog mich in seine Arme.

„Mir……“ Ich hielt kurz inne, um meine Stimme fester klingen zu lassen. „Mir geht es gut.“ Es war keine Lüge. In seiner Nähe ging es mir immer gut.

Seine Hände strichen sanft meine Wirbelsäule hinab. Ich schmiegte mein Gesicht in den Stoff seines T-Shirts, sog tief den lieblichen Geruch, welchen ihn immer umgab ein.

Und auch wenn sich alles in mir sträubte diesen wundervollen Moment – den ich mir bereits die ganze Zeit wieder herbei gesehnt hatte - nicht zu unterbrechen, konnte ich doch nicht anders.

„Warum?….. Ich meine, woher kam plötzlich dieser Sinneswandel?“ Diese Frage war weitaus wichtiger als alles andere, was ich bis jetzt erfahren hatte. Wichtiger als die drohende Gefahr. Es war ein innerer Drang, der unbedingt befriedigt werden musste. Kaum, dass ich diese Frage gestellt hatte, beschleunigte sich mein ohnehin schon erhöhter Herzschlag weiter, glich jetzt dem Flügelschlag eines Kolibris.

Ich spürte, wie Edward sein Gesicht in mein Haar drückte, tief einatmete. Sein Atem kitzelte mein Ohr. Er zog mich noch enger zu sich heran, was mich wohlig aufseufzen ließ, als er sanft begann zu sprechen. „Du hast mich zur Besinnung gebracht.“

Meine Augen weiteten sich.

„I…… Ich?“ Meine Stimme war nicht mehr als ein Stammeln. Ich hob meinen Kopf an, um ihm entgeistert anschauen zu können.

Er nickte. Liebevoll sahen seine Augen zu mir hinab, während seine Finger die Konturen meines Gesichts folgten. „Deine Ohrfeige und das du gegangen bist, mich zurückgelassen hast, war das Beste, was du tun konntest.“

Jetzt hatte er es geschafft. Ich begriff nichts mehr. Es fühlte sich für mich inzwischen so an, dass ich ihn im Stich gelassen hatte, weil ich kraftlos war, nicht fähig dazu, ihm zu helfen und er war froh darüber?! All das ergab für mich keinerlei Sinn.

„Edward, …..ich……“ Ich spürte seinen Finger auf meinen Lippen, womit er mich umgehend zum Verstummen brachte.

„Bella, bitte, hör einfach nur zu.“

Ich folgte seiner Bitte, löste mich schweren Herzens etwas von ihm. Aber nur so konnte ich gewährleisten seinen Worten auch wirklich zu folgen, ohne abgelenkt zu werden.

„Nachdem ich alles hinter mir gelassen hatte, kam ich in Alaska zur Ruhe, beschäftigte mich endlich mit den Gefühlen, die ich all die Jahre über verdrängt…“, er korrigierte sich selbst „ignoriert hatte, weil ich sie einfach nicht zuordnen, nicht ertragen konnte. Es war schlimm für mich. Sehr schlimm sogar. Alles stürzte von neuem auf mich ein. Ich dachte ich würde ersticken. Am Schlimmsten war es, wenn ich an dich dachte.“

Ich horchte auf.

„Schon damals in unsere Schulzeit nach dem Unfall……. Die Gefühle, die du in mir ausgelöst hast, sobald du nur mein Blickfeld gestreift hast, stellten alles was ich empfand in den Schatten. Es überwältigte mich jedes Mal aufs Neue, traf mich immer wieder vollkommen unvorbereitet. Doch da war nichts außer deinem Gesicht, was ich sah. Sonst nichts. Keine Einzige noch so kleine Erinnerungen. Darüber war ich mehr als nur unzufrieden. Das war einer der ausschlaggebenden Gründe, warum die Wut in mir immer weiter anwuchs. Und sie drohte mich in Alaska wieder zu überrennen. Ich stand kurz vorm verzweifeln.“ Er presste seinen Daumen und Zeigefinger auf seine Nase, atmete einmal tief aus. „Es war grauenhaft. Diese merkwürdige Leere, die sich trotz der zurückgekehrten Erinnerungen nicht füllen ließ. Es schmerzte mich, wenn ich in deiner Nähe war. Nach dem Streit wurde es noch katastrophaler. Jeder Blickkontakt, der zufällig zustande kam, war für mich wie ein Stich mitten ins Herz. Und dennoch brauchte ich dich zugleich wie die Luft zum Atmen. Ich wusste überhaupt nicht, wie ich damit umgehen sollte. Es war an manchen Tagen unerträglich für mich.

Gott, Bella, du musst mir glauben, ich bereute damals schon unseren Streit, kaum dass du aus dem Raum gerannt warst. Aber ich war einfach zu dumm und zu eitel, um es mir selbst einzugestehen. Ich wollte mich von dir fern halten. Ich wusste, dass ich dir wehgetan hatte, wahrscheinlich mehr als jemals ein anderer Mensch zuvor. Ich wusste, es, auch wenn ich mich nicht an dich erinnern konnte, immer noch nicht kann. Ich konnte es damals in deinen Augen sehen, sehe es jetzt noch. Es tut mir so leid.“ Er brach ab, nahm mein Gesicht in seine Hände. „So unendlich Leid.“
 

Ich versuchte zu schlucken, irgendeine Regung zu zeigen, doch ich konnte nicht. Wieder einmal hatte er mich mit seiner Stimme, seiner Berührung vollkommen außer Gefecht gesetzt.

Das Einzige, was ich tun konnte, war dar zu sitzen und ihm entgegen zu schauen, den Blickkontakt nicht zu unterbrechen.

„Und trotz meinem Gefühlschaos war ich froh darüber, dass du dennoch da warst, für mich erreichbar. Nur deshalb war es noch zu ertragen, denn ich konnte dich zumindest sehen, wenn ich es wollte. Und wann immer sich diese Gelegenheit dazu ergab, gab ich diesem Verlangen auch nach.“

„Wenn du mich sehen wolltest?“, wiederholte ich perplex. Es dauerte einen Moment, bis ich die Worte richtig realisierte. „Du hast mich beobachtet?“

Beschämt nickte er. Seine Hand strich über seinen Nacken, bevor ein schüchternes Lächeln seine Lippen zierte, das mir mal wieder die Sprache verschlug.

Schnell senkte ich meinen Blick. Gleichzeitig wusste ich, dass die Röte auf meinem Wangen heute nicht mehr weichen würde.

Mein Herz stockte, holperte, überschlug sich. Ich müsste verärgert sein, aber dieses Gefühl wollte sich nicht einstellen.

„Es befriedigte die Sehnsucht, die ich verspürte zumindest teilweise. Aber um dich zusehen und sei es nur aus der Ferne, das war mir die Qual, die all das mit sich brachte, wert. Ziemlich masochistisch, was?“ Einer seiner Mundwinkel zog sich nach oben. Das fragte er allen ernstes jemanden, der genau zu der gleichen Anwandlung neigte? Ich hüllte mich wieder in schweigen.

„Alles andere lief aus dem Ruder. Die ständigen Auseinandersetzungen mit meinen Eltern, die ich provozierte, wo ich nur konnte, vor allem mit meinen Vater. Alice, die mir immer wieder wegen dir Vorwürfe machte.“

„Wirkl…..“ Ich brach mittendrin ab, biss mir auf die Lippen.

„Ich dachte mir schon, dass sie dir davon nichts erzählt hat. Aber ja, hat sie und nicht nur einmal. Doch ich schaltete auf stur, beharrte darauf, dass ich im Recht war. Zu dieser Zeit sah ich Alice das erste Mal weinen und das nicht nur einmal.“ Sein Gesicht war schmerzerfüllt. Alice war eine taffe Persönlichkeit. Tränen passten einfach nicht zu ihr.

„Dann die Prügelei mit Emmett. Ich wollte die Menschen, die mir nahe standen verletzen. Ich sagte mir, warum sollten sie nicht genauso leiden wie ich es tat?! Das war nur fair. Ich verabscheute das Glück der anderen um mich herum. Ich war damals so dumm und egoistisch. Ich habe meine Familie nicht mehr ertragen. Sie wurden für mich völlig bedeutungslos. Kannst du dir das vorstellen.“, spie er hervor. Ein verabscheuungswürdiger Ausdruck trat in seine Augen, das ihm selbst galt, zugleich verzog er seinen Mund. „Nur meine damaligen Freunde zählten für mich. Nur dort fühlte ich mich wohl. Das bildete ich mir zumindest ein.“ Sein Blick wanderte aus dem Fenster. „Je näher der Abschluss rückte, desto mehr Furcht bekam ich. Denn der Abschluss bedeutete auch dass ich dich nicht mehr sehen konnte. Ich wusste von Alice und deinen Plänen. Natürlich gestand ich es mir zu diesem Zeitpunkt nicht ein. Aber so war es. Ich verstand es erst im Nachhinein. Und dann plötzlich warst du nicht mehr da, warst mit Alice nach Seattle gegangen. Ich wusste nicht woher das plötzliche Gefühl kam, aber…. ich fühlte mich verraten, von dir im Stich gelassen. Völlig absurd, aber zu dieser Zeit waren diese Empfindungen für mich ausschlaggebend.“

Ich wusste, dass er jetzt gerade über die Zeit sprach, in der er aufgehört hatte, Klavier zu spielen.

„Aus reinem Trotz ging ich nach Olympia auf die Universität. Nur nicht so weit weg von Sam und den Anderen. Das war d schlimmste Zeit, die meine Eltern mit mir aushalten mussten.“ Er senkte seinen Kopf.
 

Das Gespräch mit Esme kam mir sofort wieder in Erinnerung. Er verwendet die gleichen Worte wie seine Mutter. Mitfühlend sah ich ihn an, wie er so da saß in dieser zusammengekauerten Haltung. Es tat ihm unendlich leid, belastete ihn. Ich wollte ihn nicht so sehen! „Du weist, dass deine Eltern dir nichts nachtragen.“ Ich versuchte so einfühlsam wie möglich zu sprechen.

Traurig blickte er mir entgegen.

„Niemand tut das. Sie sind alle nur froh und glücklich darüber, dass du wieder da bist.“ Ich dachte an Esmes freudiges Lächeln, Alice Tränen. „Damit machst du ihnen das schönste Geschenk.“, fügte ich eindringlich hinzu, als ich den Unglauben in seinen Augen las. „Das kannst du mir glauben.“ Fest drückte ich seine Hand, die ich umschlungen hatte. Ein dankbares Lächeln bildete sich auf seinen Lippen, ich erwiderte.

So schön dieser Moment, in dem wir uns wieder nur in die Augen sahen auch war, so bemerkte ich aber auch Edwards Unruhe. Er war noch nicht fertig, daher „Erzähl weiter.“
 

Er räusperte sich kurz, nahm den Faden wieder auf. „Ich ging nach Olympia. All das kann man als einen schleichenden Prozess bezeichnen. Es war noch einigermaßen erträglich, solange ich dich sehen konnte. Doch dann warst du weg! Ich hab es wirklich versucht, hab mir selbst eingeredet, dass mein merkwürdiges Gefühl nichts mit dir zu tun hat. Es war grotesk. Einfach lächerlich. Doch je mehr die Zeit verging, desto schlimmer wurde es. Es ging mir einfach nicht in den Kopf. Egal wie lange ich darüber nachgrübelte.

Ich verstand es nicht. Wie konnte jemand, an den ich keinerlei Erinnerungen mehr hatte, dem ich die Schuld an all dem gab“ – ich zuckte unweigerlich zusammen – „solche Auswirkungen auf mein neues Leben haben, auf mich. Das war einfach lächerlich, aber genauso war es.

Es klingt vielleicht sonderbar, aber je verwirrter ich wurde, desto mehr kam mein Verstand wieder zu mir zurück. Auf einmal fühlte sich alles, was ich tat, so falsch an. Es war so, als hätte ich die ganze Zeit in eine Art Seifenblase gelebt. In einer völlig surrealen Welt. Alles war auf einmal so unwirklich. Ich kam wieder zur Besinnung, gerade noch rechtzeitig.“, fügte Edward nachdenklich hinzu. „Die ersten paar Monate in Alaska hab ich mich sozusagen erst einmal verschanzt, wollte die Sache einfach aussitzen, aber dadurch verschlimmerte es sich noch weiter. Je länger ich abwartete, desto quälender wurde wieder alles. So konnte es nicht weiter gehen! Während der restlichen Zeit in Alaska habe ich dann endgültig versucht dich zu vergessen, Bella.“

Seine Worte trafen mich tief. Ich spürte die Tränen, die aufstiegen und begann dagegen anzukämpfen. Krampfhaft konzentrierte ich mich weiter auf seine Samtstimme, ignorierte das Brennen meiner Augen.

„Ich wollte nicht mehr an all das denken. Ich hatte genug von dem. Ich wollte nicht mehr fühlen, was ich nicht zuordnen konnte. Ich wollte einfach nur noch ein ganz normales Leben führen. Aber es gelang mir einfach nicht. Ich konnte dich einfach nicht verbannen. So sehr ich es auch wollte, es gelang mir einfach nicht. Zumindest nicht langfristig. An einigen Tagen war es erträglich, doch dann kamen wieder die Tage, an denen ich meine Augen nur zu schließen brauchte, um in dein Gesicht zu sehen, ich mich umsah und nur noch auf deine tiefen braunen Augen traf. Es war wie eine undurchdringliche Wand, die mich von meiner Umwelt abschottete. Ein Teufelskreis, aus dem es für mich kein Entkommen gab.“, presste er mühsam hervor.
 

Egal wie weh mir gerade diese Aussage getan hatte, am liebsten hätte ich meine Arme um seinen Nacken geschlungen, in zu mir gezogen, ihm damit Trost gespendet: Doch ich wusste, dass diese Geste nicht ausreichen würde.

Ich senkte meinen Blick weiter ab, presste fest meine Lippen aufeinander. Ich fühlte mich schlecht. Ich hätte ihn nicht alleine lassen dürfen. Ich hätte wissen oder zumindest ahnen müssen, dass er es nicht so gemeint hatte, dass es ihm nicht gut ging. Er war damals genauso überfordert gewesen wie ich selbst.

Was redete ich da.

Bei Edward war es noch weit mehr gewesen. Seine Welt war bereits nach dem er nach dem Unfall erwach war – ohne Erinnerungen – zerschellt. Meine erst später. Ich hätte über all das von ihm gesagte hinweg sehen müssen. Hätte wissen müssen, dass es dafür einen Grund gab, dass er es nicht so meinte. Dass seine ganze Veränderung etwas mit dem Leid zu tun hatte, was er empfunden hatte, jetzt noch empfand.

Wie hatte ich bloß so blind sein können!?

Ich hatte nur daran gedacht, was für einen seelischen Schmerz er mir zugefügt, wie tief er mich mit seinen Worten getroffen hatte. Ich hatte aber nicht hinter diese Fassade geschaut, die er aufgebaut hatte. Er war derjenige, der am meisten gelitten hatte und ich hatte ihn einfach im Stich gelassen. Ich war an all dem Schuld. Nur ich….

„Bella! Hör auf damit!“

Ich schreckte auf, sah ihn fragend an.

Edward seufzte bekümmert, nahm mich skeptisch in Augenschein. „Du sollst aufhören, dir jetzt Vorwürfe zu machen. Denn du kannst am allerwenigsten für diese Situation.“

Meine Augen weiteten sich. Woher wusste er, worüber ich mir gerade Gedanken gemacht hatte?

Ein unscheinbares Lächeln huschte über sein Gesicht, bevor er mir auf diese unausgesprochene Frage antwortete. „Auch wenn ich keine Erinnerungen an dich haben, kann ich immer noch deine Gesichtszüge hervorragend deuten.“

Was?!

Er zuckte mit den Schultern. „Intuitiv. Es ist einfach so.“

Das durfte doch nicht wahr sein.

„Aber…“, stotterte ich.

„Es war nicht deine Aufgabe mich zu retten, Bella. Das konnte nur ich selbst.“, unterbrach er mich scharf. Er würde keine weiteren Widerworte dulden. Sekunden später wurde sein Ausdruck wieder weicher. ([link href="http://de.youtube.com/watch?v=Bip3wWSg9g0"]http://de.youtube.com/watch?v=Bip3wWSg9g0[/link]) (Fall into you)

„Und doch hast du es getan!“, seine liebevolle Stimme ging mir durch Mark und Bein, ließ meinen Körper erzittern.

„Ich……..“ Ich brach ab, kämpfte gegen einen erneuten Aussetzer meiner Atmung an. Wenn ich noch weniger Sauerstoff bekam, würde ich ihn Ohnmacht fallen. „Ich…..“

Edward griff nach meinen Händen, die schlaff in meinem Schoß lagen, löste dadurch ein unbeschreibliches Kribbeln in mir aus. Das Funkeln in seinen Augen nahm mich gefangen.

Meine Gedanken verebbten.

Ich konnte nichts anderes tun, als seinen Blick mit genau der gleichen Intensität zu erwidern.

Minuten des Schweigens folgten, in denen keiner von uns den Blickkontakt unterbrach.

Oder war es nur eine Minute? Ich wusste es nicht.

Erst als ich nach Luft japste, kehrte ich wieder ins Hier und Jetzt zurück. Edward seufzte. „Was soll ich bloß mit dir anstellen?“ Er stupste mir gegen meine Nasenspitze. Ich ging auf diese Äußerung nicht ein. Irgendwann würde ich in Edwards Nähe aufgrund von Sauerstoffmangel sterben. Da würde kein Weg drum herum führen.

Wo blieb mein Überlebensinstinkt?

Der verabschiedete sich wahrscheinlich immer gleichzeitig mit meinem Verstand.

Edwards Glucksen ließ mich wieder aufsehen. Zwei saphirgrüne Augen erschienen direkt vor mir. Ich hatte nicht bemerkt, dass er noch näher heran gerückt war.

Ich sah, wie er zunächst zögerlich seine Hand hob, kurz inne hielt, gespannt meine Gesichtszüge beobachtete.

Warum zögerte er jetzt auf einmal?

Ich sah ihn weiterhin einfach an. Zu einer Rührung nicht fähig. Derzeit nicht wissend, wie ich meinen Körper bewegen konnte.

Zentimeter um Zentimeter näherte er sich weiter, bis seine Hand auf meiner Wange ruhte, ich mich sofort dagegen schmiegte. Dort wo er meine Haut berührte, begann sich ein Feuer auszubreiten, meine Wangen standen in Flammen.

Ich wollte erneut aufseufzen, schaffte es aber noch nicht einmal dieses Geräusch von mir zu geben.

„Du alleine hast mich gerettet! Und dafür bin ich dir unendlich dankbar.“, hauchte er sanft.

Das war eindeutig zu viel für mich. Ich schniefte, schloss kurz meine Augen und die ersten Tränen lösten sich, perlten meine Wange hinab.

Sekunden später spürte ich seine weichen Lippen auf meiner Haut, die sanft der Spur meiner Tränen folgte.

„Du hast mich geführt, hast mich beeinflusst. Du warst mein Halt. Bei jedem Schritt warst du bei mir. Ich brauche dich, Bella.“, flüsterte Edward, während er mich weiterhin mit hauchenden Küssen liebkoste. „Mehr als alles andere.“

Ich riss meine Augen auf. Alles stürzte gleichzeitig auf mich ein. Freude, Liebe, Erleichterung, Trauer. Ich war völlig überfordert. Alice hatte Recht. Sie hatte tatsächlich recht gehabt.

Meine Lippen bewegten sich wie von selbst. „Aber…..wie……..du ………keine Erinnerung?“ Ich nahm meine Stimme erst wahr, als sie bereits wieder verstummt war.
 

Edward zog sich zurück, und doch waren unsere Gesichter nur wenige Zentimeter von einander entfernt. Sein Atem traf auf meine Haut, betäubte mich. Er nahm mein Gesicht in seine Hände, bettete seine Stirn an die meine, schaute mir voller Leidenschaft entgegen. „Nein, habe ich nicht. Aber nachdem ich mich dazu entschieden hatte, mich meinen Gefühlen zu stellen und auf dem Grund zu gehen, kam es mir so vor, als würde eine Last von meinen Schultern genommen werden. Je näher ich Seattle kam, desto nervöser wurde ich. Und als du dann im Flur vor mir standest…………“ Er machte eine kurze Pause, was meine Anspannung weiter steigerte.

„Es mag für dich jetzt noch verrückter klingen als alles, was ich davor zu dir gesagt habe, Bella, aber genau in diesem Moment wusste ich es wieder. Ich wusste, was dieses Gefühl bedeutet. Ich habe vielleicht all meine Erinnerungen an dich verloren, aber das Herz vergisst nie. Und mein Herz gehört ganz alleine dir. Du bist mein Herz, Bella.“
 

Augenblicklich drängte die Liebe, die ich für ihn spürte alle anderen Gefühle beiseite, befiel mein wild pochendes Herz, durchstürmte meinen Körper wie ein Tornado. Ich schluchzte laut auf, schlang meine Arme um seinen Hals und vergrub mein Gesicht an seiner Schulter, ließ meinen Gefühlen freien Lauf.
 

Ich habe dich nicht kommen sehen.

Ich dachte, ich könnte dir widerstehen.

Ich dachte, ich wäre stark genug.

Ich hatte Angst dich hinein zu lassen.

Doch ich muss mir eingestehen, dass ich mich gegen dich nicht zur wehr setzen konnte. Du stahlst mir mein Herz, hast es schon immer besessen.

Die Mauern sind vollständig eingestürzt.

Ich falle in dich.

Dieser Traum wird wahr.

Und es fühlt sich so gut an, in dich zu fallen.

Ich falle wie ein Blatt, wie ein Stern.

Ich finde vertrauen, falle dort hin, wo du bist.

Fang mich auf, lass mich nicht zu Boden sinken.

Liebe mich, höre niemals auf!!
 

Ein Schauer überfiel mich, was mir zugleich ein Hauch von Furcht einjagte.

Ja, manchmal fürchtete ich mich. Vor ihm, vor den Gefühlen, die noch stärker geworden sind, die er in mir auslöste. Die nicht mehr zurück wichen, in jeder Faser meines Körpers dröhnten.

Aber ich war bereit.

Ich liebte ihn so sehr, wie ich sein früheres Ich geliebt hatte, sogar noch mehr.

Und dieses Mal würde ich alles daran setzen, ihn nicht wieder zu verlieren.

Ich würde an seiner Seite bleiben, egal was passieren würde.

Das erste Mal seit einer langen Zeit vergoss ich Tränen des Glücks und ich wünschte mir, dass dieser Moment niemals enden würde.
 

***
 

Fortsetzung folgt bald. ^^

Jacob

Es tut mir so wahnsinngi leid, dass es wieder so lange gedauert hat. Daher quatsch ich nicht lange, lest mal los. ^^
 

Jakob
 

Ich spürte etwas Weiches, das meine Stirn berührte.

Dieses Gefühl.

Ich kannte es.

Diese Situation.

Sie kam mir so bekannt vor.

So bekannt………

Aber woher?

Ich war mir sicher, ich hatte sie schon einmal erlebt und doch war sie dieses Mal anders.

Aber was war anders? Und woher kannte ich diese nur?

Eine sanfte Brise, süßlich duftend, streifte über mein Gesicht. Meine Gedanken, lösten sich augenblicklich in Wohlgefallen auf. Ich vergaß, worüber ich gerade noch nachgedacht hatte.

War es wichtig gewesen?

Ich seufzte zufrieden, gab mich dieser wunderschönen Empfindung vollkommen hin, konzentrierte mich nur auf dieses Etwas, das meine Stirn weiter liebkoste, in mir ein unbeschreibliches Kribbeln auslöste.

Es sollte niemals aufhören.

Niemals.

Es fühlte sich an als würde ich schweben und zugleich in seichtem Wasser dahin treiben. Und doch war es mit nichts zu vergleichen, unbeschreiblich.

Und dann, zunächst ganz schwach, kehrte sie zurück.

Eine Erinnerung.

Die Erinnerung an einen Traum.

Ich wusste wieder, woher ich diese Situation kannte. Es war genauso wie in dem Traum, den ich an dem Tag von Edwards Rückkehr hatte.

Also musste ich gerade wieder träumen.

War ich wieder zu diesem Traum zurückgekehrt?

Es fehlten nur noch die Stimmen und Alice und Emmett. Ich lauschte in die Stille, konnte jedoch nichts hören. Anscheinend war für die Beiden dieses Mal keine Rolle vorgesehen, was mich nicht sonderlich störte. Die Zwei wären jetzt vollkommen fehl am Platz.
 

Ein angenehmer Schauer durchlief meinen Körper. Ich seufzte erneut genießerisch, spürte, wie sich ein Lächeln auf meine Lippen legte.

Ein leises Glucksen erfolgte hierauf, das definitiv nicht von mir kam. Es musste somit von diesem sanften Etwas kommen!

Ich war mir ganz sicher, dass ich dieses Geräusch kannte, doch war es mir derzeit nicht möglich, dieses zuzuordnen.
 

Zart wurde meine Wange berührt, gestreichelt, lenkte mich erneut von meiner Überlegung ab. Und auch wenn es nicht das Etwas war, das meine Stirn berührt hatte, empfand ich diese Liebkosung ebenfalls als wunderschön. Ich fühlte Wärme, die sich von meinen Wangen aus ausbreitete. Ich beschloss definitiv niemals wieder die Augen aufzuschlagen, während ich mich weiter dieser gefühlvollen Berührung hingab, ihrem Weg folgte, der von meinen Wangen über mein Kinn zu meinem Lippen führte, dort endete und doch nicht verschwand.

Ich wusste zwar nicht, was es war, doch konnte ich mich gegen den Drang, der mich umgehend überfiel nicht wehren, also gab ich diesem Verlangen nach.

Ich öffnete leicht meine Lippen, küsste das weiche Etwas, was immer noch auf meinen Lippen ruhte.

Ein Seufzen folgte. Dieses stammte genau wie das leise Glucksen nicht von mir.

„Bella!“

Diese liebliche Stimme.

Mein Herzschlag beschleunigte sich, als sich ein Bild in meinen Gedanken formte.

„Hey, Schlafmütze.“

Und ich sah ihn.

„Aufwachen.“

Ohne dass ich die Worte richtig realisiert hatte, folgten meine Lider bereits der Bitte. Ich schlug meine Augen auf und sah in das Gesicht der Person, die mir mehr bedeutete als alles andere auf dieser Welt.

„Edward.“, nuschelte ich mit schwacher Stimme, was ihm sofort ein sanftes Lächeln auf sein Gesicht zauberte.

„Guten Morgen.“, kam es leise, liebvoll von dem Mann, dem mein Herz gehörte und bestätigte mir damit, dass er tatsächlich bei mir war. Ich spürte seine Nähe. Die daraus resultierenden Auswirkungen. Ein beschleunigter Herzschlag, Sauerstoffmangel, sinnflutartige Wärme, die sich durch meinen gesamten Körper zog.

Sein Atem streifte meine Nasenspitze, seine weichen grünen Augen ruhten auf mir.

Wie sehr ich doch diese Momente liebte!

Sekunden vergingen, in denen ich Edward einfach nur anstarrte, seinen Anblick in vollen Zügen genoss. Erst nach einer Weile bemerkte ich, wie nah sein Gesicht dem meinem war. Sein Finger berührte ganz leicht meinen Lippen, strich kaum spürbar darüber. Blut schoss mir ungehindert in die Wangen. Die Hitze wallte noch mehr auf.

„Gu…. Guten Morgen.“

Schüchtern wandte ich meine Augen zur Seite, hob gleichzeitig meine Hand an, griff nach seiner Hand, die immer noch über meinem Gesicht schwebte, verschränkte unsere Finger ineinander.

Eingehend betrachtete ich diese, während Edward weiterhin schwieg.

All das, was gestern vorgefallen war. - All das war gar kein Traum gewesen?!

Das war alles wirklich passiert?!

Edward hatte mir tatsächlich am gestrigen Tag seine Vergangenheit offenbart. Seine Gefühle. Er hatte sich mir gegenüber geöffnet, hatte mir Dinge mitgeteilt, die selbst seine Familie nicht wusste.

Immer wieder hatte ich mich nach dem Unfall gefragt, was in ihm vorging. Hatte mich das Gleiche immer wieder nach seiner Rückkehr nach Seattle gefragt, mich aber nie getraut, ihn darauf anzusprechen. Ich wollte ihm Zeit geben bis er von selbst mit mir darüber sprach. Und ich hätte gewartet. Und wenn diese Entscheidung bedeutet hätte, Jahre zu warten. Es wäre mir egal gewesen, da ich wusste, dass der Zeitpunkt irgendwann gekommen wäre. Und der Moment war früher gekommen, als ich selbst gedacht habe.
 

Nun kannte ich seine Vergangenheit. Der Teil seines Lebens, den er, nachdem wir uns gegenseitig den Rücken zugekehrt hatten, gelebt hatte. Jetzt wusste ich wie quälend alles für ihn gewesen war. Er hatte mir die Dinge aus seiner Sicht gezeigt. Edward hatte mich die Vergangenheit mit seinen Augen sehen lassen und darüber war ich unendlich dankbar und zugleich froh. Die Lücke, die durch unsere Trennung entstanden war, war nun wieder geschlossen. Endgültig.

Ein kleines Lächeln stahl sich auf meinen Lippen. Ich hatte meinen Blick noch immer nicht von unseren ineinander verschränkten Fingern abgewandt, war von diesem Anblick wie gebannt.
 

Für einander bestimmt.

Diese drei Worte legten sich in meine Gedankenwelt, ließen für nichts anders Platz, während meine Augen weiterhin fasziniert das Bild unserer verschlungenen Hände betrachteten.

Ich zuckte leicht zusammen, als Edward mit seiner anderen Hand sachte eine Strähne hinter mein Ohr schob, dabei zärtlich meine Haut berührte. Ich hielt in meiner Atmung inne, als er sich zu mir hinunter beugte, strahlendes Grün mir jetzt noch intensiver begegnete.

Ich schluckte einmal, zweimal, während Edward in seiner Position verharrte.

Mein Herz hämmerte gegen den Brustkorb und ich versank immer tiefer in seinen Augen, die mir mit so viel Liebe entgegen sahen. Mein sich überschlagendes Herz wurde von diesem Gefühl überflutet, mein gesamter Körper davon befallen.

Ich wusste nicht warum, aber genau in diesem Moment dachte ich wieder an unsere erste Begegnung nach all den Jahren im Flur zurück. Die Angst, die mich zu diesem Zeitpunkt fest im Griff hatte. Damals fürchtete ich mich davor ihm wieder zu vertrauen, mich ihm zu öffnen.

Und nun war all das verschwunden. Ich vertraute Edward aus der tiefe meiner Seele heraus. Ich spürte keinerlei Angst, auch wenn ich mir der Bedrohung durchaus bewusst war.

Ich wusste, dass er niemals zulassen würde, dass mir etwas zustoßen würde. Edward hätte es nicht aussprechen müssen, ich hätte es auch so gewusst.

Ich strich mit meinem Daumen über seinen Handrücken, was in zufrieden aufseufzen ließ. Langsam hob Edward seinen Kopf an, seine samtweichen Lippen strichen über meine Stirn. Ich rührte mich nicht, war völlig erstarrt, gefangen in diesem, mich überwältigenden Moment.

Sein Kopf wanderte etwas weiter hinab, seine Lippen streiften meine Nasenspitze „Mhmm.“, brummte er zufrieden bevor er sich zurückzog, sich neben mich legte, mir sein Gesicht zudrehte.
 

Einen winzigen Augenblick lang schwirrten meine Augen ziellos im Raum umher. Ich konzentrierte mich vollkommen auf meine Atmung, flehte zugleich inständig, dass mein stotterndes Herz mir nicht jetzt – in diesem Moment – den Dienst versagte.

Es dauerte noch einige weitere Sekunden, bis ich mich soweit wieder gefasst hatte, dass ich meinen Kopf ihm ebenfalls zudrehen konnte. Mein Blick wanderte über seine entspannten Gesichtszüge, sein seliges Lächeln. Kurz schob sich sein schmerzverzehrtes Gesicht vor meine Augen. Ich sah den Selbsthass in den seinigen. So schnell ich konnte verscheuchte ich dieses Bild wieder.

Niemals wieder würde ich zulassen, dass er diese Qualen noch einmal durchleben müsste. Das schwor ich mir hier und jetzt. Ich würde bei ihm sein. So lange er mich brauchte, würde ich an seiner Seite sein. Und ich hoffte so sehr, dass es für immer sein würde.

Wenn meine Wangen nicht bereits das höchste Stadium an Röte erreicht hätten, würden sie sicher noch – allein bei diesem Gedanken - eine weitere Nuance an dunkleren Rot annehmen. Doch deren Kapazität war bereits völlig ausgeschöpft. Ich war mir nicht mal sicher, ob mein Gesicht nicht bereits in Flammen stand. Während ich darüber sinnierte, dass das nicht der Fall sein konnte, da ich keinerlei Schmerz empfand und Edward dann wahrscheinlich nicht so seelenruhig neben mir liegen würde, kam mir noch etwas anderes in den Sinn. Sachte strich ich mir über die Stirn, nahm wieder das leichte Kribbeln wahr.

„Dann war es kein Traum, nicht wahr?“

Edward hob hierauf nicht wissend worauf ich damit anspielte, seine perfekten Augenbrauen.

„Damals, nachdem ich dich im Flur getroffen habe. Du warst es, der mich ins Bett gebracht hat?“

Die Verwunderung in seinem Gesicht nahm zu. Gleichzeitig konnte ich jedoch die Erkenntnis in seinen Augen aufblitzen sehen. Seine Züge verhärtete sich leicht, gleichzeitig legte sich ein Hauch von Traurigkeit hinein, was mich dazu veranlasste meinen Oberkörper etwas aufzurichten. Edward erhob sich ebenfalls, doch der geringe Abstand zwischen uns, vergrößerte sich dadurch nicht.

„Woher…?“

„Du……… Du hast mich auf die Stirn geküsst, genauso wie an diesem Tag oder…..besser……in dieser Nacht…“ Ich wurde mit jedem Wort leiser, sah jetzt durch meine Wimpern zu Edward hinauf. Dieser kratzte sich verlegen am Kinn. Ein Moment des Schweigens legte sich über uns, bevor er sich räusperte. „Bist…… Bist du sauer?“

„Bitte? Warum sollte ich?“

„Weil ich dir nichts davon gesagt habe. Ich……… Ich war einfach nicht sicher, wie du darauf reagieren würdest, denn in dieser Nacht…. Alice wollte mich nicht zu dir lassen. Aber ich wollte mit dir reden. Daher hab ich sie einfach zur Seite geschoben und………“ Er atmete tief durch. „Als ich die Tür zu deinem Zimmer öffnete,…..mir blieb für einen Moment das Herz stehen, Bella. Du lagst zusammengekauert auf dem Boden. Dein Gesicht Tränen verschmiert. Du warst so blass. Es schmerzte mich mehr als alles andere, dich so zu sehen. Ich wusste, dass ich dich verletzt hatte, Bella. Aber es war was völlig anderes, es auch zu sehen – dich so zu sehen. In dieser Nacht sah ich zum ersten Mal, was ich dir angetan habe. Als mein Wissen und dieses Bild aufeinander trafen da….. Ich…..hab nicht lange nachgedacht, bin zu dir und hab dich auf meine Arme genommen.

Und als du dann noch zu mir meintest, dass ich bei dir bleiben soll…… Gott, Bella, du weist gar nicht, wie gern ich das in diesem Moment einfach getan hätte. Ich hätte dich am liebsten nie wieder losgelassen. Alles in mir schrie danach, mich neben dich zu legen, einfach zu wartet bis du wieder aufwachst und sofort diese verfluchte Sache mit dir zu klären. Aber ich wusste, dass das das Dümmste wäre, was ich hätte tun können. Ich wusste, dass ich am Leben bleiben müsste, damit ich alles wieder hinbiegen konnte.“ Er schmunzelte kurz über seine eigenen Worte. „Und so schwer es mir an diesem Abend gefallen ist, bin ich gegangen. Was ich im Nachhinein nicht bereue, denn du bist jetzt hier.“ Er schenkte mir zugleich wieder ein Lächeln zum dahin schmelzen.

Ich sagte zunächst nichts. Konnte nichts sagen. Der Klos, der sich in meinem Hals gebildet hatte, wollte einfach nicht verschwinden. Ich spürte wieder Tränen, die sich in meine Augen bildeten. Schnell blinzelte ich. Ich wollte nicht schon wieder weinen, auch wenn das, was er mir gerade gesagt hatte, mich wieder zutiefst berührte.

Ich nahm einen tiefen Atemzug, fixierte mich wieder auf mein wild schlagendes Herz, versuchte mich so von den Tränen abzulenken.

Und Edward hatte anscheinend vor, mich bei diesem Vorhaben zu unterstützen. Ich spürte seine Hände, die mein Gesicht umrahmten, meinen Blick, den ich zuvor verlegen gesenkt hatte, damit wieder anhob, so dass von neuem in seine wunderschönen grünen Augen sehen musste.

„Und ich hoffe du weist, wie unendlich froh ich darüber bin, dass du hier bist.“, flüsterte er mit seiner honigsüßen Stimme, die mir eine Gänsehaut bescherte. Kaum, dass er gesprochen hatte, bettete er seine Stirn gegen die meine, schloss seine Augen. Seine Hand ruhte in meinen Nacken. Sein Daumen strich sanft über meine Haut. Ich saß einfach nur da, besah mir sein atemberaubendes Antlitz während mein Herz vor Liebe und Glück zu zerreisen drohte. Nicht mehr im Stande war, noch mehr in sich aufzunehmen. Die Tränen kehrten zurück, legten sich in meine Augenwinkel.

„Dadurch ist mir auch Gott sei dank nicht die letzte Nacht entgangen, die äußerst interessant war.“, gab er verschmitzt von sich.

Verdattert sah ich ihn an. Auf was wollte er anspielen?

„Ich spreche von deiner Konversation, die du letzte Nacht geführt hast.“ In seinen Augen blitzte es verräterisch auf, während ich nach Luft schnappte. Die Wärme in meinen Wangen nahm tatsächlich noch zu, was ich selbst nicht für möglich gehalten hätte. So wie es aussah würde ich heute vermutlich noch meinen eigenen Rekord in Erröten brechen.

Kurz versuchte ich mir selbst noch einzureden, dass das, was ich letzte Nacht von mir gegeben hatte vielleicht gar nicht so schlimm war, belangloses Zeug. Doch das würde Edwards Erheiterung hierüber nicht erklären. Und zu meinem eigenen Beschämen konnte ich mir auch schon denken, aus welchem Wort oder besser gesagt welchem Namen mein nächtliches Gespräch hauptsächlich bestanden hatte.

Peinlich!, schrillte durch meine Gedanken. Was es nicht mal im Entferntesten traf.

Wieso musste ich auch im Schlaf reden?! Blieb mir denn gar nichts erspart?

Sofort schüttelte ich diesen Gedanken wieder ab. Was brachte es mir, mich jetzt darüber zu ärgern?

Nichts! Rein gar nichts! Es half mir nicht im Geringsten aus dieser Situation heraus. Ich räusperte mich. „Wie……….“, ich schluckte „Wie oft?“

„Wie oft was? Was meinst du?“

Ich sah ihn scharf an. Mit Unschuldmiene sah er mir entgegen. Und ich musste zugeben, dass er diese perfekt beherrschte. Fast perfekt, wäre da nicht das verräterische Zucken, das seine Mundwinkel umspielte.

Dieser…….

Ich holte von neuem Luft. „Wie oft….habe ich…………..deinen………..“ Ich wartete auf einen Unterbrechung, hoffte, dass Alice jede Sekunde in den Raum gestürzt kommen würde. Doch nichts der Gleichen geschah, was bedeutete, dass ich dazu verdammt war, diesen Satz zu beenden. Mist! Wo zum Teufel war meine beste Freundin, wenn ich sie brauchte?

Ich seufzte resignierend. „ Wie oft habe ich deinen Namen gesagt?“

„Wie oft ist “oft“?

OH.MEIN.GOTT!!!!!!!

Das war das Einzige, was mir durch den Kopf schoss als ich auch schon mein Gesicht in meinen Händen vergrub. Das durfte doch alles nicht wahr sein! Sollte das vielleicht doch noch ein Traum sein?

Bitte, bitte, lass es ein Traum sein!!, flehte ich inständig. Ein Traum!!!!

Ich spürte wie Edward seine Arme um mich schlang, mich zärtlich an seine Brust zog.

„Nein, geh weg.“, wimmerte ich verzweifelt, versuchte mich gleichzeitig zu widersetzen, Abstand zu gewinnen. Doch er ließ es nicht zu, lachte leise.

„Das muss dir nicht peinlich sein, mein Herz!“, flüsterte er mir schmunzelnd ins Ohr.

Mein Herz.

Das hatte er gestern auch schon zu mir gesagt.

Du bist mein Herz.

Mein Herz begann wiederum zu rasen.

Edward stellte meine Welt auf den Kopf, brachte mich aus dem Gleichgewicht. Ich taumelte, selbst wenn ich – wie jetzt – saß. Und ich liebte dieses Gefühl. Dieses Kribbeln und Prickeln. Das Bitzeln, das seine Worte, seine Berührungen auslösten. Die Sprachlosigkeit und Atemlosigkeit, der ich immer gegenüberstand, wenn er bei mir war. Nie wieder wollte ich all das verlieren.

Nie wieder missen. Es sollte mich nie wieder verlassen, immer in mir sein.

Es klang verrückt. Völlig verrückt. Und würde er nicht vor mir sitzen, mich in seinen Armen halten, würde ich es nicht wahrhaben wollen. Doch so war es. So und nicht anders.

Wir liebten uns.

Liebe.

Dieses Wort war frei von Zweifel und Angst. Völlig klar schwebte es durch meine Gedanken. Es müsste nur noch ausgesprochen werden. War das der richtige Moment? Gab es diesen überhaupt? Ich musste mich nur dazu entscheiden. Am gestrigen Abend hatte Edward mir so viel gegeben. Jetzt war ich an der Reihe. Wenn ich mich dazu entschließen würde.
 

Das Klingeln des Handys ließ mich aufhorchen, Edwards Umarmung lösen. Ich verzog missmutig meinen Mund. Ärgerte mich über die Unterbrechung. Langsam begann ich dieses Ding zu hassen.

Schnell wandte er sich um, griff nach seinem Handy.

„Cullen.“ Seine sonst so freundlich klingende Stimme wirkte unterkühlt, dunkel. Mein schneller Herzschlag verlangsamte sich sofort. Alles andere rückte in den Hintergrund. Gebannt sah ich in Edwards Gesicht, um jede noch so kleinste Regung wahrzunehmen. Doch seine ernsten Züge wandelten sich kaum. Seine Haltung versteifte sich so, dass es fast wirkte, als wäre er aus Stein gemeißelt. Atmete er überhaupt noch?

„Und du bist dir sicher, dass er auch in der Stadt ist?"

Er lauschte wieder den Worten des Anrufers.

„Wo kann ich ihn finden?“

…..

„Und er ist auch sicher alleine dort?“ Seine Augenbrauen zogen sich zusammen.

„Ok. Danke.“ Damit klappte er das Handy zu.

Ich hatte während des Gesprächs nach seiner linken Hand gegriffen, strich über seinen Handrücken, wodurch er sich wieder etwas entspannte.

Edward nahm einen tiefen Atemzug, bevor er sein Gesicht mir wieder zuwandte, schnell nach meiner anderen Hand griff.

„Das war einer ……meiner alten Kontakte von früher.“ Er hatte kurz überlegt, wie er es am besten ausdrücken sollte. Ich folgerte daraus, dass er keinen Namen nennen wollte. Seine Stimme war wieder etwas weicher geworden, doch schwang immer noch ein Hauch von Schärfe darin mit. Ich konnte ebenfalls heraushören, dass er beunruhigt war. Also war Sam in der Stadt.

„Er hat mir bestätigt, dass sie in der Stadt sind.“ Die Bestätigung meiner Vermutung.

„Er hat mir ebenfalls mitgeteilt, dass heute Abend ein Rennen in einem der Außenbezirke von Seattle stattfindet. Ich werde heute also noch einen kleinen Ausflug machen müssen.“

„Wir.“

„Bitte?“

„Wir werden heute noch einen kleinen Ausflug machen.“, korrigierte ich.

„Vergiss es, Bella. Ich werde dich nicht mitnehmen. Ich……“

„Ich werde mitkommen, Edward.“ Und ich drückte es so aus, dass er verstand, dass ich darüber nicht diskutieren würde. Ich würde nicht von seiner Seite weichen. Mich betraf die Angelegenheit genauso sehr wie ihn. Seine Angelegenheit wurde zu meiner.

Edward atmete von neuem tief ein. Drückte Daumen und Zeigefinger auf seinen Nasenrücken und schloss kurz seine Augen. Ich selbst wandte meinen Augen nicht ab, veränderte auch nicht meinen unmissverständlichen Blick. Ich war entschlossen, nicht klein bei zu geben. Er würde mich schon fesseln und knebeln müssen, um mich von diesem Vorhaben abzubringen. Innerlich hoffte ich, dass er nicht gleichfalls auf diesen Gedanken kam. In Sachen Kräfteverhältnis wäre ich auf jeden Fall die Unterlegene.

„Gut.“, gab er grimmig von sich, schlug seine Augen auf. „Aber du bleibst bei mir, hörst du! Es wird alles so gemacht, wie ich es sage. Haben wir uns da verstanden?“ Seine Stimme war eindringlich.

„Einverstanden.“ Ich schluckte.

Wir schwiegen für einige Sekunden, sahen uns einfach nur an, bis ich die Stille unterbrach. „Wen…..? Wen werden wir heute Abend treffen?“

Er zögerte kurz, bevor er mir antwortete. „Einen alten Freund.“ Ich schob aufgrund dieser Antwort meine Augenbrauen zusammen, was ihm zum Weitersprechen bewegte. „Jacob Black.“

„Jacob?“ Die Überraschung über diesen Namen war nicht nur aus meiner Stimme zu hören, sie war mir auch anzusehen.

„Er ist der Einzige, dem ich vertrauen kann.“

Ich glaubte seinen Worten, dennoch konnte ich es nicht verhindern, dass sich meine Augenbrauen nun skeptisch anhoben.

„Willst du doch lieber….“

„Nein.“, warf ich schnell ein. Edward sah mir prüfend entgegen. „Ich werde mich nicht umstimmen lassen, Edward. Also hör auf mit diesem Blick.“ Ich erhob mich unbeirrt.
 

Ich war gerade mal zwei Schritte weit gekommen, als ich bemerkte, dass es doch recht kühl an meinen Beinen war. Verwirrt stoppte ich, sah an mir hinunter und nahm wahr, wie mein Mund aufklappte. Meine Beine waren nackt. Ich hob einen meiner Arme, sah, dass ich ein Hemd trug. Ein Hemd?

Was?

Kaum, dass ich mir diese Frage gestellt hatte, sickerte die dazugehörige Erinnerung auch schon wieder zu mir durch.

Edward und ich auf der Couch. Von den vielen Tränen war ich so erschöpft gewesen, dass er meinte, es wäre besser, wenn er mich nach oben bringt. Ich wollte aber nicht. Ich wollte bei ihm bleiben. Da ich jedoch nichts trug, was sich zum Schlafen eignete, sollte ich mir etwas aus Edwards Kleiderschrank holen, solange er im Bad war. Was ich auch tat und zwar dieses Hemd. Ich wusste auch nicht warum, aber in diesem Moment stellte ich es mir einfach schön vor, darin am nächsten Morgen aufzuwachen. Was sicherlich auch sehr schön gewesen wäre, wenn ich daran noch nach dem Aufwachen gedacht hätte. Doch leider war ich wieder zu sehr abgelenkt gewesen. Oder besser war abgelenkt worden von einem gewissen Jemand.

Edward!

Mein Kopf schoss nach hinten. Besagte Person saß regungslos auf dem Bett. Seine Augen wanderten gerade meinen Körper wieder hinauf, so dass er bemerkte, dass ich mein Gesicht ihm wieder zugewandt hatte. Doch blieb die Ertapptheit, die ich erwartete zusehen, aus. Stattdessen entdeckte ich ein Begehren, Sehnsucht, Liebe darin, die mich vollkommen fesselte. Ich war gefangen, versank willenlos in diesen Gefühlen, während sich in meiner Bauchgegend ein angenehmes und zuvor nie gekanntes Kribbeln erhob. Die Wärme meiner Wangen nahm ich schon gar nicht mehr wahr. Ich sah nur noch Edward. Wie er auf dem Bett saß. Wie seine Augen immer wieder über mich schweiften, mir eine Gänsehaut bescherten, mich zugleich angenehm erschauern ließ.

In diesem Moment fiel mir auf, wie einladend das Bett aussah. Ich schluckte unbemerkt mehrmals hintereinander, während ich meinen Blick etwas senkte. Meine Augen wanderten über Edwards Oberkörper, über die leichten Konturen seiner Muskeln, die durch den dünnen Stoff zu erkennen waren. Weiter zu dem Bund seiner Boxershorts. Was tat ich da? Ich schnappte nach Luft. Schnell huschte mein Blick wieder nach oben in sein wundeschönes Gesicht. Seine atemberaubenden Augen wurden jetzt von seinen verwuschelten Haaren fast vollkommen verdeckt und doch entging mir nicht das Feuer, das in diesem außergewöhnlichen Grün loderte. Edward senkte leicht seinen Kopf, sah mich durch seine Wimpern heraus an, was mich vollkommen aus der Fassung brachte.

Die plötzliche Begierde, die mich überfiel verwirrte mich und ließ mich zugleich klar sehen. So etwas hatte ich noch nie verspürt. Noch nicht einmal im Ansatz. Ich sehnte mich nach Edward. Ich stand gerade einmal zwei Schritte von ihm entfernt. Und dennoch sehnte ich mich bereits so sehr nach ihm, dass es schmerzte. Ich wollte nichts anderes mehr, als diesen kleinen Abstand zwischen uns zu überbrücken. Ich wollte ihn fühlen. Seine Lippen spüren. Seine Hände auf meiner Haut. Ich…..

Woran dachte ich da bloß?

Doch ich konnte diesen Gedanken nicht entkommen. Unsicher wandte ich meinen Oberkörper ihm wieder leicht zu, verhakte meine Finger ineinander, während ich den Blickkontakt immer noch nicht unterbrochen hatte. Ich bemerkte, dass mein Atem bereits schwerer ging, unregelmäßig. Das Kribbeln strömte aus, kämpfte sich unaufhaltsam in alle Richtungen voran. Meine Augen ruhten weiter auf Edward. Wie konnte jemand nur so unbeschreiblich gut aussehen?

Ich biss mir auf die Lippen, während mein Verlangen nach seiner Nähe immer größer und größer wurde.

Er sah mir weiterhin unverwandt entgegen. Ich noch immer in seinem Blick gefangen, als er seinen Mund öffnete. „Bella, ich……..“, er räusperte sich, wandte seinen Blick verlegen ab, was mich aus meiner Starre erweckte.

Ich …ähm……Bad, ja.“, murmelte ich kaum hörbar und eilte los. Ich war so dankbar darüber, dass ich mich in dieser Wohnung auskannte.

Als sich die Badtür hinter mir schloss, atmete ich zunächst tief durch. Frischer, reiner Sauerstoff strömte in meine Lungen. Mein Verstand schärfte sich wieder.

Wenn Edward seinen Blick nicht von mir abgewandt hätte, dann…..

Ich atmete noch einmal tief durch.

Nicht daran denken, ermahnte ich mich selbst, als ich von neuem spürte, wie sich meine Wangen wieder verfärben wollten.

Langsam trat ich an den Spiegel heran, lugte vorsichtig hinein und sah in mein völlig verschlafenes Gesicht.

Ich schnaubte. Was zum Teufel hatte ich erwartet zu sehen. Ich verhielt mich total lächerlich.

Ich blinzelte, beschäftigte mich wieder mit meinem Spiegelbild. Meine Haare waren eine reine Katastrophe, einem Heuhaufen gleich. Normalität.

Missbilligend musste ich feststellen, dass ich mit meiner Mission „Nicht gerötete Wangen“ gescheitert war. Leuchtend rot strahlten mir diese entgegen. Vorsichtig, so als könnte ich mich daran verbrennen, strich ich mit meinen Fingerkuppen darüber. Ob diese jemals wieder ihre ursprüngliche Farbe annehmen würden?

Ich bezweifelte es, solange Edward bei mir war.

Kaum, dass sein Namen wieder in meinen Gedanken existierte, stahl sich ein glückliches Lächeln auf meine Lippen. Mein Herz machte einen Hüpfer.

Während ich in meinen Gedanken vertieft war, schweiften meine Augen umher, blieben an der Uhr, die rechts von mir an der Wand hing, hängen.

12:30 Uhr.

Ich riss meine Augen auf. Es war jedoch nicht die Uhrzeit, die mich zu dieser Reaktion gebracht hatte, sonder eher die Tatsache, dass ich noch nichts von meiner besten Freundin gehört hatte.

Warum hatte Alice noch nicht Alarm geschlagen?

Schließlich war ich schon fast 24 Stunden wie vom Erdbogen verschluckt - zumindest für Alice. Aber bis jetzt hatte ich noch niemand panisch an die Tür trommeln hören.

Oder hatte ich es einfach überhört?

Unmöglich. Alice konnte man nicht überhören. Und Edward wäre garantiert die erste Anlaufstelle – nach dem Bemerken meiner Abwesenheit – gewesen.

Und ich wusste, dass meine beste Freundin definitiv nicht darüber informiert war, dass ich heute Nacht im Bett ihres Bruders gelegen hatte. Wenn dass der Fall wäre, hätte sie mich aus meinem friedlichen Schlaf gerissen, mich ein Stockwerk höher geschleift, um mich dann mit Fragen zu bombardieren.

Alice hatte zwar bisher nahezu meisterlich bewiesen, dass sie sich in Bezug auf mich und ihren Bruder in Zurückhaltung üben konnten, aber das wäre selbst für ihre Beherrschung zu viel gewesen.

Außer vielleicht Jasper…..

Nein. Nicht einmal Jasper hätte sie dann noch zurückhalten können.

Genau in diesem Moment ging mir ein Licht auf. Jasper war das Zauberwort. Natürlich. Sie hatte bei Jasper übernachten.

Was für ein Glück. Dadurch war ich einem morgendlichen Verhör entgangen. Zumindest vorerst.

Na wenn das keine Fügung des Schicksals ist.

Froh darüber, diese Frage beantwortet zu haben, öffnete ich den Wasserhahn, warf mir einen Schwall kaltes Wasser ins Gesicht, was auch die letzten Lebensgeister in mir weckte.

Ich griff nach einem Handtuch, rieb mein Gesicht trocken. Als ich dieses langsam sinken ließ, wieder in den Spiegel sah, waren meine Gedankengänge wieder mit etwas oder besser gesagt, jemand anderem beschäftigt.

„Jacob Black.“, murmelte ich leise, verzog dabei meinen Mund.

Oder auch Jake. Billys ältester Sohn.

Ich stieß einen undefinierbaren Laut aus. Ich gab offen und ehrlich zu, dass ich auf Jacob nicht gerade gut zu sprechen war. Früher, als wir noch Kinder waren, hatten wir des Öfteren miteinander gespielt und uns zu diesem Zeitpunkt auch noch gut verstanden. Das ging jedoch nur so lange gut, bis Jacob in die so genannte pubertäre Phase kam. Nur weil ihm ein Haar auf Brust gewachsen war, bildete er sich von da ab ein, ein Mann zu sein.

Pah, dass ich nicht lache.

Das war so typisch.

Jake wurde unausstehlich. Immer wenn wir aufeinander trafen – was später hin immer seltener wurde – gerieten wir uns in die Haare. Keiner von uns wollte klein bei geben. Er ärgerte mich, wo er nur konnte und ich zahlte es ihm mit gleicher Münze heim. Edward war in all die Geschehnisse natürlich eingeweiht, hatte von mir aber strikt die Anweisung erhalten, sich aus meinem persönlichen Kleinkrieg mit Jake herauszuhalten. Was ihm zwar schwer gefallen war, aber er hatte es getan.
 

Ich erinnere mich noch gut an einen Vorfall ca. ein halbes Jahr vor dem Unfall. Ich hatte meinen Dad mal wieder auf einen der monatlichen Angelausflüge, die er mit Billy immer unternahm, begleitet. Während Billy und Charlie auf den See hinaus gefahren waren, war ich am Ufer eingenickt. Und Jacob hatte nichts anders zu tun, als die Gelegenheit beim Schopf zu packen und mir die Hälfte meines Pferdeschwanzes abzuschneiden. Sein schallendes und zugleich triumphierendes Lachen, was durch den Wald geschallt war, als er meine Haare wie eine Trophäe in seiner Hand herumwirbelte, werde ich niemals vergessen. Genauso wenig, wie den Schock, als ich bemerkte, dass meine Haare mir gerade noch bis kurz über die Schulter fielen. Tränen hatten mir in den Augen gestanden, während mir die Zornesröte ins Gesicht schoss. Meine Hände waren zu Fäusten geballt gewesen. Eindringlich hatte ich auf mich selbst eingeredet, dass mir ein Mord an Jacob auch meine Haare nicht mehr zurückbringen würden. Aber als er dann noch meinte ich sollte doch froh darüber sein, denn dadurch hätte er mir den nächsten Besuch beim Friseur erspart, brannte bei mir die letzte Sicherung durch, die mich davon abhalten sollte, ihn umzubringen.

Um meiner unendlichen Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen, hatte ich ihm Truman auf den Hals gehetzt. Das Jacob Black sich vor Hunden fürchtete, war natürlich reiner Zufalle gewesen.
 

Ein breites Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus als ich daran dachte, wie Jacob auf einen der Bäume geklettert war, um Truman zu entkommen. Zu schade, dass der Ast, auf den er sich gerettet hatte, seinem Gewicht nicht stand hielt und er zusammen mit dem armen Ast in den See gestürzt war.

Von da an durften nur noch Jacob oder ich mit auf einen Angelausflug. Unsere Väter schworen sich, uns niemals wieder zusammen auf einen Ausflug mitzunehmen. Von da an, sah ich Jacob immer weniger. Selbst in der High School begegneten wir uns kaum. Ich strich ihn völlig aus meinen Gedanken, bis er Edwards bester Freund nach dem Unfall wurde.

Ich seufzte leise auf, während ich in Richtung Dusche lief.

Würde Jacob uns weiterhelfen können und konnten wir ihm wirklich vertrauen?

Edward jedenfalls schien keine Zweifel zu haben.

Ich hoffte nur, dass er damit Recht hatte.

Ich drehte das Wasser auf und nahm mir vor, zumindest während des Duschens nicht daran zu denken.
 

„Wo fahren wir hin?“, wollte ich jetzt doch wissen. Seit einer knappen halben Stunde waren wir schon unterwegs. Die ganze Zeit hatte ich mich noch zurückhalten können, doch die Neugier überwog mehr und mehr. Hatte Edward nicht irgendein Gelände außerhalb der Stadt erwähnt? Doch derzeit sah es nicht danach aus, als würden wir Seattle bald verlassen.

„Wir müssen vorher noch einen Austausch vornehmen.“

„Häh?“ Sehr geistreich, das wusste ich selbst, aber etwas anderes konnte ich auf diese Art von Antwort einfach nicht erwidern.

Edward lachte kurz auf, bedachte mich mit einem mysteriösen Blick. „Wart es ab. Du wirst es innerhalb der nächsten zehn Minuten wissen.“ Damit wandte er sich wieder der Straße zu und ich grummelte leise vor mich hin. Na toll! Damit konnte ich jetzt wirklich etwas anfangen. Wie ich es hasste, wenn er so war.

Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, dass es ihm durchaus Spaß machte.

Pure Absicht.

Ein Spaß auf meine Kosten.

Schön für ihn, dass er in so einer Situation noch lustig sein konnte. Jemand hatte es vielleicht auf mich abgesehen und Herr Cullen amüsierte sich über mich. Haha. Ich lachte mich gerade so was von tot.

Dämlicher Kerl.

Leicht angesäuert verschränkte ich meine Arme vor der Brust, sah aus dem Fenster.
 

Nach mehreren Minuten des Schweigens verließ Edward die Hauptstraße, auf der wir uns schon seit einiger Zeit befanden, bog in eine kleine Nebenstraße ein, um dann in eine Einfahrt eines eher unscheinbaren Parkhauses zu fahren. Merkwürdig, ich hatte gar kein Schild bemerkt, das auf dieses hingewiesen hatte. Ebenfalls fiel mir auf, dass dieses Parkhaus über gar keine Automaten verfügte, an dem man ein Ticket ziehen konnte.

Der Volvo hielt vor dem eisernen Tor, das derzeit noch unsere Weiterfahrt verhinderte.

Noch, denn kaum, dass Edward gestoppt und das Fenster heruntergelassen hatte, tippte er auch schon eine Nummer in den kleinen Kasten, der sich auf Augenhöhe befand, ein. Wenige Sekunden nachdem dies geschehen war, öffnete sich auch schon das Tor und wir konnten unsere Fahrt wieder aufnehmen.

Neugierig sah ich mich um. Vor uns eröffnete sich eine große Halle – anders konnte ich es nicht bezeichnen. Einige Autos standen darin verstreut. Außer uns war keine Menschenseele zu sehen.

Was wollten wir hier?

Und was war das für einen Garage?

Doch bevor ich mich weiter mit diesen Fragen beschäftigen konnte, parkte Edward den Volvo auf einem leer stehenden Parkplatz, stieg kommentarlos aus. Ich rührte mich nicht. Ich wusste überhaupt nicht, was ich davon halten sollte. Meine Skepsis musste sich wohl auch in meinem Blick spiegeln, da Edward um den Volvo herum lief, mir die Tür öffnete, dann nach meiner Hand griff, mich hinaus ziehen wollte. Ich widersetzte mich jedoch, machte mich absichtlich schwer, schüttelte ihn ab.

„Bella.“, knurrte er hierauf.

Ich schob trotzig meine Unterlippe nach vorne. „Ich steige erst aus, wenn du mir erklärst, was wir hier machen.“

„Ich habe dir doch gesagt, dass wir erst noch einen Austausch vornehmen.“

Immer noch sichtlich verwirrt hob ich meine Augenbrauen an. „Indem du den Satz von neuem wiederholst, werde ich daraus auch nicht schlauer werden, Edward.“

Er seufzte auf, griff von neuem nach meiner Hand. „Bella, Schatz. Gedulde dich bitte nur noch ein paar Minuten. Oder vertraust du mir nicht?“ Zugleich entlud er die ganze Kraft seiner tiefgrünen Augen.

Mir verschlug es den Atem. „Natürlich vertraue ich dir.“, hauchte ich.

Er lächelte hierauf das von mir geliebte schiefe Lächeln. Ohne Umschweife durchschoss Wärme meinen gesamten Körper, ich holte tief Luft und Edward nutzte genau diesen Moment aus, zog mich aus dem Auto.

Das hatte er mit voller Absicht gemacht. Er hatte mich gezielt Schachmatt gesetzt.

Dieser gemeine…..

„Gehen wir.“

Edward hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, da lag auch schon sein Arm um meine Hüfte und wir setzten uns gleichzeitig in Bewegung. Meinen dunklen Gesichtsausdruck überging er geflissentlich. Nach wenigen Schritten gelangten wir zu einem Aufzug. Es dauerte nicht einmal eine Minute, als sich die Türen bereits mit einem Pling öffneten und Edward mich hinein zog. Leise Musik erfüllte den kleinen Raum, als sich die Türen wieder schlossen und Edward das dritte Stockwerk drückte. Zu meiner eigenen Verwunderung fuhren wir jedoch nicht nach oben. Der Aufzug bewegte sich in die entgegengesetzte Richtung. Ich musste zugeben, dass meine Neugierde stetig größer wurde, da ich immer noch nicht nachvollziehen konnte, was wir hier tun wollten.
 

Ich vernahm erneut das Pling und schon traten wir aus dem Aufzug heraus. Edwards Arm lag immer noch um meine Hüfte. Ich derzeit darauf bedacht, dieser Berührung nicht all zu viel Beachtung zu schenken. Ich durfte mich nicht darin verlieren. Würde ich mich erst einmal darauf konzentrieren, war es mit meiner Aufmerksamkeit dahin. Außerdem war ich immer noch sauer.

Ich erzitterte, als er seinen Daumen über meine Seite streifen ließ. Zumindest.noch.ein.klein.wenig.

Mein Brustkorb hob sich aufgrund meines tiefen Atemzugs.

Konzentration!, ermahnte ich mich selbst. Ich beschloss meine Augen, die auf seiner Hand geruht hatten, anzuheben. Diese weiteten sich, sobald ich erkannte, was sich vor uns befand.

Nein, dieses Parkhaus konnte man wirklich nicht als gewöhnlich bezeichnen, schoss es mir augenblicklich durch den Kopf. Ich hatte zwar keine all zu große Ahnung von Autos, dennoch konnte ich die Marken, die hier standen schon noch mit Namen betiteln.

Porsche, Ferrari, Bugatti, Lotus, Lamborghini, um nur Einige zu benennen. Mir stand vor Erstaunen der Mund offen, während mich Edward zielsicher durch das Parkdeck führte.

Und ich stellte mir erneut die Frage: Was zum Teufel wollten wir hier?

Und vor allem, warum hatte Edward für solch eine Garage einen Code?

Ich war so mit meinen Fragen beschäftigt, dass ich gar nicht bemerkte, wie Edward inne hielt, einen Schritt nach hinten trat und nun hinter mir stand. Ich spürte, wie er näher an mich heran trat, seine Arme um meinen Bauch schlang.

„Edward, ……was?“, stieß ich mühevoll hervor.

Seine Lippen befanden sich direkt an meinem Ohr. Ich erzitterte, als ich seinen Atem spürte, der mein Ohrläppchen streifte, was ihm natürlich nicht entging.

„Kann es sein, dass du in meiner Anwesenheit manchmal ziemlich unaufmerksam bist?“, gluckste er erheitert.

Ich grummelte etwas Unverständliches vor mich hin, was er ausnutzte, mich noch näher zu sich heran zog. „Wo bleibt deine Kombinationsgabe.“, flüsterte er.

Für eine lange Sekunde war ich völlig überrumpelt, konnte damit überhaupt nichts anfangen. Es dauerte noch einige weitere Sekunden, bis der Sinn seiner Frage zu mir durchgedrungen war, woraufhin ich begann mich genauer umzusehen. Auf dieser Etage der Garage standen Autos. Teure Autos. Wahnsinnig teure Autos wohlgemerkt.

Edward hatte in einiger Entfernung zu drei Autos gestoppt, deren Abgrenzung alle in der gleichen Farbe – ein tiefdunkles Grün – gehalten war. Sonst kein anderer Parkplatz oder andere Parkplätze war mit der gleichen Farbe auf den Boden eingezeichnet worden.

Sollte das etwa bedeuten……“Das sind deine Autos?“ Ungläubig wandte ich den Kopf in seine Richtung, begegnete einem bestätigenden Nicken.

Ich blickte wieder zu den Autos hinüber.

Warum überraschte mich das überhaupt noch?

Nachdem was er mir am gestrigen Tag eröffnet hatte, durfte mich doch eigentlich rein gar nichts mehr im Bezug auf Edward Cullen überraschen.

Jetzt verstand ich auch, was er mit “austauschen“ meinte. „Will ich wissen, wo du die Wagen her hast?“, fragte ich zögerlich, während er mich bereits wieder mit sich zog. Er schaute über seine Schulter zurück, schenkte mir ein verschmitztes Grinsen. „Keine Angst, die habe ich alle ehrlich erworben. Ich hab dir doch gesagt, dass ich ziemlich gut war, was das Rennen fahren anbelangt. Und nun ja, das habe ich mir von meinen Siegen gegönnt.“ Er besah sich wieder die Wagen.

„Aha.“

Er kicherte hierauf nur.

Direkt vor den drei Wagen hielten wir erneut inne. Ich war derzeit nur in der Lage einen zu identifizieren. Gut, ich konnte den Hersteller bestimmen. Dann endete mein Wissen bereits.

Mein Blick blieb auf dem besagten Wagen haften. Ein schwarzes Auto. Der Lack glänzte im Licht der Garage. Es war eindeutig ein Sportwagen und irgendwoher kannte ich dieses Modell auch.

„Ist das das James Bond Auto?“, fragte ich frei heraus.

„Ganz genau. Die korrekte Bezeichnung lautet: Aston Martin V12 Vaniqush S.“ Edward sprach diesen Namen mit so viel Ehrfurcht aus, dass man glauben konnte, dass dieses Auto ein Heiligtum war. Ein kurzer Seitenblick in sein Gesicht verriet mir, dass es genau das war. Sein Heiligtum.

Männer und ihr Spielzeug, ging es mir durch den Kopf.

„Der in der Mitte ist ein Dodge Challenger SRT8 Concept.“

(http://www.snuffledopple.com/blog/wp-content/uploads/2008/10/2008_dodge_challenger.jpg)

Das Auto war knall rot. Zwei breite dicht beieinander liegende schwarze Streifen zierten die Motorhaube, die sich in Richtung Frontscheibe nach links und rechts bogen.

„Und zu guter letzt hätten wir da noch den 1967er Chevrolet Impala.“

(http://www.supernatural-serie.de/uploads/pics/chevrolet_impala_01.jpg)

Liebevoll strich er dabei über die Motorhaube des ebenfalls schwarzen Wagens.

„Du weißt schon, sollte Rosalie jemals diese Autos sehen, wird sie vor lauter Glückseeligkeit einen Herzinfarkt erleiden.“ Ich grinste breit, was er sofort erwiderte. „Aber zuvor würde sie dich höchstwahrscheinlich umbringen, weil du ihr das hier“ – ich machte zugleich eine ausschweifende Handbewegung – „verschwiegen hast.“ Das wäre ganz sicher der Fall. Jeder von uns wusste nur zu genau, wie autoverrückt Rosalie war. Der frische Geruch von Ledersitzen in einem Auto war ihr unendlich wichtiger als alle Parfums auf dieser Welt. Kaum zu glauben, wenn man die Blonde sah, aber es entsprach der Wahrheit.

„Deshalb ist es auch ungemein wichtig, dass dieses kleine Geheimnis unter uns bleibt. Ich werde niemals zulassen, dass Rosalie an einem meiner Autos herumschraubt. Egal wie sehr sie sich mit Autos auskennt. Sie soll ihre Finger bei ihren Autos behalten.“ Es schüttelte ihn allein schon bei der Vorstellung, dass Rosalie sich über einen Motor eins seiner Autos hermachen würde.

Ich schmunzelte.

„Und welches deiner Lieblinge werden wir jetzt aus dieser Garage entführen?“

„Den Chevrolet.“

Er lief um mich herum in Richtung Beifahrertür, öffnete diese, wartete, dass ich näher kam, was ich auch umgehend tat. Ich war gerade dabei meine Hand auf das Autodach zu legen, wollte mich in den Sitz gleiten lassen, als seine Stimme mich inne halten ließ.

„Und Bella, es sind Autos. Nicht meine Lieblinge. Ich will nicht sagen, dass sie mir nicht wichtig sind. Aber es gibt Dinge, die mir bei weitem noch Wichtiger sind, als diese Autos, als alles andere.“

Die Intensität mit der er sprach sorgte dafür, dass meine Knie wieder weich wurden. Sofort packte ich nach dem Autodach, um nicht ins schwanken zu geraten. Er hatte mir gestern Abend offenbart, dass ich sein Herz war, das ich wichtig war, doch hatten wir uns direkt über unsere Gefühle noch nicht unterhalten. Das Wort Liebe war noch nicht gefallen. Und auch wenn er mich immer wieder berührte, schien es fast so, als würden wir uns erst ganz langsam herantasten. Wir hatten gestern einen neuen Weg eingeschlagen. Einen Weg, den wir zusammen gehen würden, Seite an Seite. Ich hatte mich für ihn entschieden, für mein Herz, gegen meinen Verstand.

Ich nahm einen tiefen Atemzug, als ich seine Hand spürte, die sich auf meine Wange legte. Die Rötung meiner Wangen nahm hierauf weiter zu, was mich beschämte. An diese Reaktion meines Körpers müsste ich doch inzwischen gewöhnt sein, genauso wie an seine Berührungen. Doch etwas in mir sagte mir, dass ich mich daran niemals gewöhnen würde. Dass Edward bei mir war, erschien mir immer noch wie ein Traum, auch wenn ich wusste, dass das die Realität war.

„Wir sollten fahren.“ Edwards Stimme nur ein Flüstern. Ich nickte, sank in den Sitz, atmete noch einmal tief durch.
 

Als Edward auf der anderen Seite einstieg, hatte ich mich wieder gefasst. Kaum das er den Motor gestartet und den Gang eingelegt hatte, griff er nach meiner Hand, verschlang unsere Finger miteinander und das Auto setzte sich in Bewegung.

Für eine Weile fuhren wir schweigen durch Seattle. Die Hochhäuser und Straßenblöcke schwanden zunehmend, die Häuser wurden kleiner, familiärer. Die Sonne war inzwischen völlig verschwunden. Sterne funkelten vom dunklen Nachthimmel auf uns hinab. Die Umgebung hatte sich zwischenzeitlich noch weiter verändert. Um uns herum befanden sich nur noch sehr wenige Gebäude. Ich vermutete, dass es sich um leerstehende Firmengebäude handelte. Die Gegend wirkte verlassen, schon ziemlich heruntergekommen. Ich musste zugeben, dass ich nicht mehr wusste, wo wir uns befanden. Es musste noch zu Seattle gehören, aber wie sich dieser Außenbezirk nannte, wusste ich beim besten Willen nicht.

Zwei kleine Lichtpunkte, die sich bewegten und ein erleuchtetes Gebäude in unmittelbarer Nähe, erregte meine Aufmerksamkeit. Je näher wir kamen, desto mehr stieg meine Nervosität, die ich vor Edward zu verbergen versuchte, weiter an. Edward verringerte das Tempo, der Druck seiner Hand, die immer noch mit meiner verschlungen war, wurde etwas stärker, was mich dazu veranlasste, zu ihm hinüber zu sehen. Ich begegnete seinem Blick. „Wenn wir jetzt da drin sind, Bella, wirst du nicht von meiner Seite weichen, hast du mich verstanden? Keinen Schritt.“

Er wiederholte sich. Doch wusste ich, dass er das nur tat, weil er sich um mich sorgte. Daher nickte ich, was ihn wieder etwas entspannen ließ.

Mit Schrittgeschwindigkeit rollten wir in den Hangar - wie ich jetzt erkannte – ein.

Wo das Auge hinsah erkannte ich getunte Autos, grelle Scheinwerfer, bunte Lichter. Männer und Frauen.

Frauen mit langen Beinen, in knappen Miniröcken. Miniröcken, die glatt als Gürtel durchgehen konnten. Und Gürtel…… Die waren gar nicht mehr existent.

Hallo Minderwertigkeitskomplexe.

Hier schrie alles gerade zu nach Sex.

Kaum, dass ich begann über diesen Satz zu senieren, schreckte mich ein leises Lachen auf. Mein Kopf schnelle in Edwards Richtung. Krampfhaft presste er seine Lippen aufeinander, sein Blick war stur gerade ausgerichtet.

Meine Augen wurden schmäler, während ich Edwards Profil genau unter die Lupe nahm.

Es traf mich wie ein Donnerschlag. Schnell wandte ich mich ab, unterdrückte den Aufschrei, der meine Kehle hinauf kroch mit all mir zur Verfügung stehenden Mitteln.

Ich hatte diesen Satz doch tatsächlich ausgesprochen. Nicht nur gedacht, sondern ausgesprochen!

Womit hatte ich das jetzt verdient? War es nicht schlimm genug, dass ich im Schlaf keinerlei Kontrolle über meinen Sprachfluss hatte. Musste das jetzt auch noch im Wachzustand der Fall sein?

Verlor ich vielleicht die Kontrolle über mich? Wurde ich unzurechnungsfähig und das waren die ersten Anzeichen?

Ich sagte doch, irgendwann würde sich der Sauerstoffmangel unter dem ich in Edwards Anwesenheit litt, bemerkbar machen.

Erst als die Beifahrertür geöffnet wurde, traute ich mich, wieder aufzusehen. Edward streckte mir seine Hand entgegen. Ich ignorierte diese jedoch, stieg immer noch peinlich berührt aus dem Auto.

Edward seufzte auf, sagte jedoch nichts, griff nach meiner Hand um mich sicher durch die Menge zu bugsieren, die wir gerade erreichten.

Sofort umgab mich ein Gemisch von aufheulenden Motoren, Gejubel und Grölen der Menge.

Selbstsicher schob sich Edward weiter voran, bis wir letztendlich freie Sicht hatten. Die Rückseite des Hangars war offen, so dass man auf eine alte Rollbahn hinaus blicken konnte. Zwei Wagen passierten gerade mit hoher Geschwindigkeit und einigen Abstand zueinander den Eingang.

Wenige Meter vor uns kamen sie zum Stehen. Die Stimmen um uns herum wurden lauter, die Menge wurde unruhig. Der erste Schubser folgte, der mich jedoch nicht von den Füßen riss. Edward sei Dank, der direkt neben mir stand. Sein Blick war auf eins der Autos gerichtet. Das Siegerauto.
 

Ich wandte meinen Blick ebenfalls wieder nach vorne, konnte noch sehen, wie die Fahrertür des Autos aufging, als ich unsanft beiseite geschoben wurde, dadurch Edwards Hand verlor. Schnell sah ich mich um, versuchte ihn in der Menge, die mich immer weiter voran schob, auszumachen. Widersetzen war vollkommen unmöglich. In dieser Hinsicht hätte ich auch gegen eine Betonwand drücken können.

„Edward!“, rief ich laut aus.

Zwecklos.

Er würde mich nicht hören. Ich wollte mich umdrehen, in die Richtung sehen, aus der wir gekommen waren, als ich einen Stoß in den Rücken bekam, mein Gleichgewicht verlor und gegen irgendetwas Hartes prallte.

„Au.“, stieß ich hervor, rieb mir meine Nase, als eine Stimme an meine Ohren drang, die mir durchaus bekannt war.

„Hey, langsam Süße. Keine Panik, du bekommst auch noch einen Kuss.“

Sofort hob ich meinen Kopf an, blickte in zwei dunkle Augen.

„Bella?“ Verblüffung schwang in Jacobs Stimme mit.

„Hallo, Jake.“ Ich nickte trocken, wollte mich wieder meiner schmerzenden Nase zuwenden, als ich das verstohlene, bereite Grinsen bemerkte, das sich auf Jacobs Gesicht ausbreitete, was mir ganz und gar nicht gefiel. So schnell ich konnte sprang ich einen kleinen Schritt zurück. „Stell es dir nicht mal in deinen Gedanken vor, Jacob Black.“, drohte ich ihm, ballte zum Nachdruck meine Hand zur Faust.

Belustigung blitzte in seinen Augen. Sein Grinsen wurde doch tatsächlich noch breiter, als er den kleinen Abstand, den ich zwischen uns gebracht hatte, wieder überbrückte. Ich erhob hierauf meine Faust. „Ach komm schon, Bella, du willst mich doch nicht ernsthaft schlagen?!“, gab er überheblich zurück.

„Lassen wir es auf einen Versuch ankommen.“ Durch meine Selbstsicherheit geriet er ins Straucheln. Seine dunklen Augen musterten mich abwägend, ob ich wirklich so weit gehen würde. Und das würde ich. Ich würde ihn bei dem Versuch mich zu küssen, den Kiefer brechen, selbst wen das hieße, dass ich mir selbst dabei die Hand breche. Aber das wäre mir die Sache wert. Die Musterung dauerte noch einige Sekunden, bis Jacob einen anerkennenden Pfiff ausstieß.

Ich war über diese Reaktion so verdattert, dass ich nichts tat, als er seinen einen Arm um mich legte und mich an sich drückte. „Mensch, Bella, ich wusste gar nicht, dass du so schlagfertig geworden bist.“ Er verstärkte seine Umarmung, ich froh darüber, dass ich durch Emmetts solch knochenbrecherische Umarmungen gewöhnt war. „Was machst du denn hier? Bist du in Charlies Fußstapfen getreten und unter die Spitzel bei der Polizei gegangen?“ Jake schien diesen Gedanken sehr lustig zu finden, was das Lachen, was diese Aussage begleitete, nochmals unterstrich.

„Und wenn es so wäre?!“ Ich konnte einfach nichts dagegen tun, als ihm in dem gleichen Singsang-Ton zu antworten. Das war das schlimme an Jake. Auch wenn wir uns in der Vergangenheit bekriegten hatten, sobald er einen Raum betrat, war seine gute Laune ansteckend. Nichts und niemand konnte sich dagegen wehren. „Hmmm. Ich weiß nicht genau warum, aber irgendwie nehm ich dir das nicht so ab.“ Er kicherte, sein Brustkorb begann zu vibrieren.

Ich fiel mit ein. Gut ich musste mir eingestehen, dass Jake auch eindeutig positive Vorzüge hatte. Mit im fiel Lachen immer leicht. Es war ansteckend. Man konnte sich dem einfach nicht entziehen.

„Erstaunlich. Um ehrlich zu sein, hatte ich mich darauf eingestellt, dass ihr zwei euch gegenseitig die Köpfe einschlagen würdet.“ In einem Bruchteil von einer Sekunde wandte sich Jacob mit mir im Arm zu der Stimme um, von der mein Herz bereits wieder schneller schlug.

„Edward?“

„Hi, Jake. Gut gefahren. Wie ich sehe, hast du nichts verlernt.“

Von Jacob kam nichts. Mehrmals blinzelte er mit leicht geöffnetem Mund in Richtung Edward, als wäre dieser eine Erscheinung. Ein leises Murmeln neben mir erklang. „Es stimmt also wirklich.“

Ich hob meine Augenbrauen an, sah zu Jake auf, bevor ich bemerkte, wie er seinen Griff um mich lockerte, bis dieser gänzlich verschwand. Mit einer schnellen Bewegung stand er direkt vor Edward, packte diesen am Kragen. „Bist du des Wahnsinns? Was machst du hier?“, zischte er. „Und dann bringst du auch noch Bella mit.“, warf er ihm vor. Wut und Sorge sprach aus seiner Stimme. Sein Griff wurde fester.

Schnell trat ich neben die beiden. Durch den Tumult um uns herum, war das, was sich gerade zwischen den Beiden abspielte, noch nicht bemerkt worden.

„Jake. Es ist meine Schuld. Ich wollte mitkommen.“, redete ich beschwichtigend auf ihn ein. Doch er reagierte nicht, sah weiterhin sauer in Edwards Gesicht. Dessen Miene war wie versteinert. „Genau deshalb bin ich hier, Jake.“ Jacobs Augen wurden weiter. Sein Kopf wandte sich zu mir, dann wieder zu Edward. Ich konnte förmlich hören, wie es in seinem Kopf Klick macht. Augenblicklich ließ er von Edward ab, strich sich durch sein pechschwarzes Haar. „Ich denke, wir sollten uns etwas die Beine vertreten.“ Damit wandte er sich nach rechts, steuerte auf eine Tür zu, die uns nach draußen bringen würde.
 

Sofort war Edward wieder an meine Seite, legte seinen Arm um meine Schulter. „Ich hab einen ganz schönen Schrecken bekommen, als ich dich verloren hab.“, flüsterte er leise, gab mir einen Kuss aufs Haar. Ich schloss kurz meine Augen, lehnte mich an ihn, genoss die Wärme, die mich sofort wieder umschloss.

Zügig folgten wir Jake hinaus. Die kühle Nachtluft spürte ich durch Edwards Nähe fast gar nicht. Was er nicht wusste, mich noch enger zu sich zog.

Jacob entging diese Geste natürlich nicht. Ein kurzes Zucken umspielte seinen Mundwinkel, was von ihm jedoch unterdrückt wurde, als er sich zu uns umwandte, seine Arme verschränkte. Im schwachen Licht, das uns hier umgab, wirkte Jacob noch riesiger als er es sonst schon war. Wenn ich mich nicht täuschte, überragte er sogar Emmett noch um einige Zentimeter.

„Jake, Sam hat sich bei mir gemeldet.“, begann Edward ohne Umschweife. Jacobs Muskeln spannten sich sichtbar an. „Er meinte zu mir, dass ich gut auf Bella Acht geben soll.“ Eine kurze Pause erfolgte, bevor „Ich muss wissen, was er vorhat.“

Mich schüttelte es bei diesen Worten. Eine Reaktion, die ich nicht unterbinden konnte. Sofort strich mir Edward mit seiner Hand beruhigend über meinen Arm, wandte seinen Blick dabei nicht von Jacob ab. Dieser stieß deutlich hörbar die angestaute Luft aus seinen Lungen. „Verdammt!“, war zunächst das Einzige, was wir von ihm vernehmen konnten. Während meine Anspannung anstieg, ich am liebsten Jacob entgegen geworfen hätte, dass er endlich den Mund aufmachen sollte, wartete Edward geduldig. Seine Mine war ausdruckslos, sein Atem flach. Er bereitete sich auf Jakes Worte vor. Dieser begann zu sprechen. „Um ehrlich zu sein, hielt ich deine Rückkehr für ein Gerücht. Daher hab ich mir darüber nicht all zu große Gedanken gemacht. Ich hab gehört, dass du gesehen wurdest in Port Angeles.“

Edwards Augenbrauen zogen sich zusammen. Meine erhoben sich.

„Im Buchladen.“, nuschelte ich vor mich hin.

Edward sah zu mir hinab. Jacob betrachtete mich ebenfalls eingehend. Ich wandte meinen Blick zu Edward. „Mike und Tyler waren gerade gegangen als ich eine Stimme hörte. Sie meinte: “Ich bin mir vollkommen sicher. Er ist es!““, wiederholte ich wortwörtlich. „Ich war mir sicher, dass ich die Person kannte, die den Buchladen verlassen hat. Aber ich hab mir nichts weiter dabei gedacht.“, gestand ich kleinlaut. Es fühlte sich gerade so an, als hätte ich Edward eine wichtige Information vorenthalten. Edwards Widerwillen in Bezug auf den Ausflug nach Port Angeles kam mir wieder in den Sinn, seine Reaktion, als er hörte, dass wir nach Forks fahren. Jetzt fügte sich alles zusammen. Edward hatte befürchtet, dass so etwas passieren könnte. Daher sein Unbehagen. Wieso war ich nur so blind gewesen? Schnell wandte ich meine Augen von ihm ab, sah zu Jacob hinüber, der seine Stirn leicht in Falten gelegt hatte. „Nachdem du sang- und klanglos verschwunden bist, ist Sam ausgerastet. An dem Tag, an dem er um die Anwesenheitspflicht gebeten hat,“ -Jacob verzog den Mund bei dieser Äußerung- „ist einiges schief gelaufen. Er wollte einen Deal über die Bühne bringen. Doch die Polizei hat von der Sache Wind bekommen, sie haben Paul geschnappt. Sam ist gerade so noch entwicht. Er gibt dir an all dem die Schuld.“

„Ich dachte mir schon, dass er nicht gut auf mich zu sprechen ist.“

„Das trifft es nicht mal im Ansatz, man.“, gab Edwards bester Freund mit einem trockenen Lächeln von sich. Edward erwiderte das Grinsen.
 

Ich hingegen bekam es mit der Angst zu tun. Langsam, wie ein Tier, das sich allmählich an seine Beute heranschleicht, breitete sie sich in mir aus. Ohne groß darüber nachzudenken hob ich meine Hand, legte diese auf Edwards, die immer noch auf meinem Arm ruhte. Die Frucht, die mich befiel, kümmerte sich nicht um mich, sie galt einzig und alleine Edward.

„Schon gut, Bella!“, flüsterte mir seine Samtstimme ins Ohr. Seine Lippen streiften kurz meine Schläfe.

Jacob indessen fuhr fort. „Jetzt versteh ich auch, warum er hier nach Seattle gekommen ist. Er wollte die Sache überprüfen. Er will sich an dir rächen. Er hat diesen Gedanken niemals verworfen.“ Es war genauso wie Edward es gesagt hatte. „Und nun hat er das perfekte Ziel.“ Jacobs Augen ruhten dabei auf mir. Ich wollte zurückzucken, was durch Edwards Umarmung verhindert wurde. Meine Atmung beschleunigte sich. Es war wie in dem Moment als Edward mir offenbarte, dass ich vermutlich ebenfalls in Sams Visier geraten war. Sogar noch schlimmer. Mein Herzschlag dröhnte in meinen Ohren, wurde von dem Rauschen des Blutes, was in Rekordgeschwindigkeit durch meine Venen schoss übertönt. Ich begann unkontrolliert zu zittern, kämpfte dagegen an, doch gelang es mir nicht.

Edward versteifte sich neben mir, seine Umarmung wurde noch fester, schmerzte fast. Doch das war mir gerade egal. Je näher ich ihm war, desto besser. Was anders wollte ich gerade nicht. „Was….?“ Ich schluckte. „Was….hat er mit mir vor?“

„Das kann ich dir leider nicht sagen, Bella. Ich gehöre nicht mehr zu seinen engen Vertrauten.“ Er schien genau diesen Aspekt gerade zu bereuen. „Aber ich rate euch, auf der Hut zu sein. Lass sie keine Minute aus den Augen.“ Diese Worte waren jetzt direkt an Edward gerichtet.

Dieser nickte angespannt. Seine Augen waren dunkel geworden.

Jacobs Gesicht hob sich an, seine Augen schweiften über uns hinweg, seine Aufmerksamkeit war in die Ferne gerichtet. „Ich glaube es ist jetzt besser, wenn ihr geht.“

Edward wandte sich ebenfalls leicht um. Ich tat es ihm gleich. Konnte nur einige Schatten in der Dunkelheit ausmachen, die sich uns nicht näherten. Aber dennoch wirkte Jacob beunruhigt. Schnell lief er auf uns zu, hielt neben uns inne. „Sobald ich etwas weiß, werde ich mich bei dir melden.“

„Danke, Jakob.“ Edward sah seinen besten Freund an, schenkte diesem ein dankerfülltes Lächeln, was Jake sofort erwiderte. „Lass stecken. Ich bin froh, dass du wieder da bist.“ Seine Augen huschten schnell zu mir, dann wieder zu Edward. Dieser nickte, als hätte Jake ihm eine Frage gestellt, die ich jedoch nicht mitbekommen hatte. Jacobs Lächeln wurde hierauf breiter. „Und außerdem kann ich dich doch nicht abkratzen lassen, schließlich schuldest du mir noch ein Rennen.“

„Wann kapierst du endlich, dass du mich nicht besiegen wirst, Jake.“, gab Edward überheblich zurück, was Jacob zum Schnauben brachte. „Abwarten, alter Mann.“

„Du bist gerade mal ein halbes Jahr jünger als ich.“

„Sag ich doch, alter Mann.“ Er zwinkerte, wuschelte durch mein Haar und trat den Rückweg zur Halle an, ohne sich noch einmal umzudrehen.
 

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Hat´s euch gefallen? Ich bin gespannt.
 

Liebe Grüße

Pei-Pei

Verfolgt

Dieses Mal keine lange Wartezeit. ^^ Ich hoffe es gefällt und freu mich natürlich wie immer riesig über eure Kommis.
 

Liebe Grüße
 

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Verfolgt
 

Wir saßen mittlerweile wieder in Edwards Volvo.

Der Hangar, den ich noch einige Zeit lang durch den Rückspiegel betrachtete hatte, um mich von dem merkwürdigen Gefühl abzulenken - das mich, seitdem wir Jake verlassen hatte, befallen hatte - lag bereits weit hinter uns, war von der uns umgebenden Dunkelheit verschluckt worden.

Die Straßenzüge, die an uns vorüber zogen, wurden immer vertrauter. Und doch nahm ich diese Tatsache nur nebensächlich wahr, während ich meinen Gedanken nachhing, um weiterhin diesem beklemmenden Gefühl, welches sich mehr und mehr in meine Magengegend grub, zu entkommen.

Ich spürte, wie es lauerte, darauf wartete, dass ich meinen Gefühlen freien Lauf gab. Schnell gab ich mir einen Ruck, lenkte mich in eine andere Richtung, rief mir noch einmal die Begegnung mit Jake in Erinnerung.
 

Niemals hatte ich mir unser Wiedersehen so herzlich ausgemalt. Zu meinem eigenen Erstaunen hatte ich – trotz der Situation, trotz der vielen schlechten Erinnerungen – pure Freude empfunden, als er vor mir stand. Vielleicht war es so gewesen, weil wir beide älter geworden waren, reifer. Ansichten hatten sich geändert. Viel Zeit war vergangen, so dass man einiges mit anderen Augen sah. Als Jacob vor mir stand, mich angrinste, sah ich wieder den kleinen Jungen, mit dem ich früher gespielt hatte vor mir. Den Jacob, den ich wie ein Bruder liebte. Meine Sonne, die mich zum Lachen brachte, wenn Edward mal nicht da gewesen war. Ich hatte meinen Jacob gesehen, der er war, bevor unser Kleinkrieg ausgebrochen war. Dieses Treffen nach all den Jahren, hatte mich an die guten Seiten von Jacob erinnert. Die anderen Gefühle, die ich einst empfunden hatte, waren seltsamerweise gewichen. Wenn ich so zurückdachte, so musste ich mir eingestehen, dass es trotz dessen, dass ich mich jedes Mal tierisch über Jake geärgert hatte, wenn er mir mal wieder einen Streich gespielt oder gestichelt hatte, doch spaßig war. Erst später, nachdem er zu Edwards bestem Freund wurde, entwickelte ich ihm gegenüber eine regelrechte Feindseligkeit.

Damals fühlte ich mich von Jake verraten, und am liebsten hätte ich ihm die Augen ausgekratzt. Doch nun, rückblickend, wusste ich, dass es damals die Eifersucht war, die an mir genagt hatte. Jacob hatte damals das, was ich mir im Geheimen am meisten gewünscht hatte, ohne jegliches Zutun bekommen – Edwards Aufmerksamkeit, seine Freundschaft. Er hatte bekommen, was ich verloren hatte.

Vielleicht war ich deshalb heute Morgen mehr als skeptisch, als ich erfuhr, dass wir ausgerechnet Jacob aufsuchen würden.

Ich seufzte leise auf, wünschte mir diese Sonne gerade an meine Seite als ich vorsichtig durch meinen geschaffenen Haarvorhang zu Edward hinüberlinste. Dessen Haltung hatte sich, seitdem Jake uns verlassen hatte, nicht mehr verändert. Auch, wenn er seine Umarmung auf dem Rückweg zum Wagen nicht gelöst hatte, kam es mir so vor, als würde er sich mit jedem Schritt mehr und mehr von mir distanzieren. Als er seinen Arm zurückzog, mir die Autotür öffnete, wollte ich mich an ihm festkrallen, nicht loslassen.

Und jetzt, hier im Auto, konnte ich dieses Gefühl immer noch nicht richtig abschütteln. Ganz im Gegenteil. Die Angst, die ich verspürte, hatte sich inzwischen verwandelt, nahm ungeahnte Ausmaße an. Tobte immer stärker. Je öfter ich unbemerkt zu ihm schaute, umso mächtiger wurde sie, verpflanzte sich in jede einzelne, noch so winzige Faser meines Körpers.
 

Edward blickte stur gerade aus. Seine dunklen Augen waren nicht um eine einzige Nuance heller geworden. Seine Lippen waren fest aufeinander gepresst. Seine weichen Gesichtszüge waren gewichen, so als wären sie nie existent gewesen. Seine Atmung ging flach und seine Körperhaltung war vollkommen verkrampft. Unter der hellen Haut seiner Hand traten die Knöchel weiß hervor, so stark umschlang er das Lenkrad.

Ich versteifte mich, ballte meine Hände zu Fäusten, als ich aufgrund meiner Beobachtung das Schlimmste in Erwägung zog.

Er würde doch nicht auf irgendeine Dummheit kommen?

Und falls ja, wie würde diese Dummheit aussehen?

Ich spürte, wie sich mein Herzschlag beschleunigen wollte. Tränen schossen mir in die Augen. Schnell blinzelte ich diese weg. Versuchte die Panik, die jetzt ebenfalls in mir aufwallte; zu ignorieren und meine Atmung ruhig zu halten.

Kontrolle! Bewahre die Kontrolle!

Tief atmen.
 

Meine Augen zuckten zu Edward hinüber, zu meinen geballten Händen und wieder zurück. Er schien davon nichts zu bemerken, völlig in seinen Gedanken versunken zu sein. Ich wanderte erneut über die Konturen seines Gesichtes, die völlig ausdruckslos waren, einer undurchschaubaren Maske gleich, die mir derzeit nichts, rein gar nichts über seine Gefühlswelt verrieten.

Es war zum Verrückt werden!

Frustrierend!

Selbst seine Augen enthielten keinerlei Emotionen. Da war nur tiefste Dunkelheit.

Ein Schauer rann mir über meinen Rücken.

Meine Fingernägel bohrten sich schmerzhaft in meine Haut, als ich meine Faust noch stärker zusammendrückte.

Kontrolle, wiederholte ich gedanklich, presste meine Lippen fest aufeinander. Ich durfte das Schluchzen in meine Kehle nicht nach außen dringen lassen.

Vielleicht interpretierte ich auch zu viel in sein Verhalten hinein?

Vielleicht brauchte Edward nur etwas Zeit um das, was wir von Jake erfahren hatte, richtig zu verdauen?!

Vielleicht befasste er sich bereits mit dem weiteren Vorgehen, legte diverse Möglichkeiten fest?!

Das musst es sein. Was anderes fiel mir beim besten Willen nicht ein.

Ich bemerkte, wie seine Hand sich vom Lenkrad entfernte, sich in Richtung Schaltknüppel bewegte. Ohne zu überlegen streckte ich meine Hand ebenfalls aus, berührte seine Hand, wollte unsere Finger miteinander verschlingen. Doch er zuckte zurück, kaum dass ich seine Haut mit meinen Fingerspitzen berührt hatte. Zum ersten Mal lagen seine Augen kurz auf mir, sein Mund verzog sich ein klein bisschen, was die Andeutung eines Lächelns darstellen sollte.

Ich starrte ihm einfach nur entgegen. Meine Hand schwebte immer noch in der Luft. Seine lag bereits wieder auf dem Lenkrad.

Als er seinen Blick abwandte, fühlte es sich an, als hätte ich genau in diese Moment einen Peitschenhieb abbekommen. So schnell ich konnte riss ich meinen Kopf in Richtung Fenster herum, rückte so nah es ging an die Tür heran. Krampfhaft versuchte ich noch normal weiter zu atmen, doch die erste Träne rollte bereits über meine Wange.

Ich hatte die Kontrolle verloren.

Mir wurde schwindelig. Alles begann sich zu drehen. Die diversen Überlegungen, die ich mir gerade noch zu Recht gelegt hatte, waren in sich zusammengebrochen. Die Angst dröhnte bis in den kleinsten Winkel meines Körpers. Höhnisch lachte sie mir ins Gesicht. Erbarmungslos und schmerzhaft warf sich mein Herz gegen meinen Brustkorb, intensivierte dadurch noch die Verwirrtheit und die Furcht. Lautlos perlten die Tränen von meinem Kinn, versanken im Stoff meiner Jacke. Ich spürte einen Sog, einem Strudel gleich. Spürte, wie ich versuchte, mich diesem mit all der mir zur Verfügung stehenden Kraft zu widersetzen. Doch nichts was ich tat, zeigte irgendeine Wirkung. Die verhängnisvolle Tiefe kam unabwendbar näher.
 

Die nächsten Tränen lösten sich.
 

Innerlich schallte ich mich selbst, schrie mich an.

Ich wollte nicht weinen.

Doch konnte ich mich nicht dagegen wehren.

Ich bemerkte erst, dass wir vor unseren Wohnungen angekommen waren, als Edward davor zum Stehen gekommen war. Das Geräusch der öffnenden Tür ließ mich alarmierend meine Hände nach oben reißen. So schnell ich konnte wischte ich über mein Gesicht, wischte die verräterischen Spuren davon, senkte dann wieder meinen Kopf und wartete. Wartete darauf, seine gedämpften Schritte auf dem Asphalt zu hören, das Öffnen der Tür. Wartete darauf, in ein lächelndes Gesicht zu sehen, das all meine törichten Gehirngespinste vertrieb.

Doch er kam nicht.

Ich schluckte hart.

Ein starkes Zittern befiel meine Hand, als ich diese anhob, um die Tür nahezu kraftlos zu öffnen, auszusteigen. Ein kurzer scheuer Blick meinerseits verriet mir, dass Edward ungeduldig auf dem Bürgersteig stand, seine Hände tief in den Hosentaschen vergraben. Kurz verharrte ich in meiner Position – meine Hand stützend auf dem Autodach -, betrachtete, das verzerrte Bild, das sich ergab.
 

Mit zwei, drei stolpernden Schritten kam ich bei ihm an, weshalb er sich umgehend in Bewegung setzte.

Stumm liefen wir Seite an Seite die Treppenstufen hinauf. Zu meiner Verwunderung hielt er mich, durch Zug an meiner Jacke, an seiner Wohnung zurück, schloss auf und zog mich in einer fließenden Bewegung hinein.

Ich folgte ihm mit gesenktem Kopf ins Wohnzimmer, blieb dann unschlüssig an der Tür stehen.

Wie ein aufgeschrecktes Reh huschten meine Augen unruhig im Raum umher. Mein Hals fühlte sich staubtrocken an. Den gerade in mir aufkommenden Fluchtinstinkt versuchte ich mit aller Macht zu unterdrücken. Mein Körper fühlte sich merkwürdig an. Ich spürte, wie irgendetwas an mir zu zerren begann, so als wollte es, dass ich mich von meinem Körper löste, mich dadurch beschützen.

Aber vor was sollte ich dadurch bewahrt werden?

Die Angst wandelte sich zu einem tosenden Meer, welches in meinem Inneren tobte. Trieb mein wirres Herz weiter an. Ich spürte dessen Schlag ganz deutlich, doch zugleich fühlte es sich so an, als würde mein Herzschlag immer undeutlicher werden, in der Ferne verklingen.
 

„Es tut mir Leid, Bella!“

Ich zuckte zusammen. Mein Herz setzte einen Schlag lang aus.

„So unendlich Leid.“

Langsam, ganz langsam, wandte sich Edward zu mir herum. Seine – von mir so überaus geliebten – Augen bannten mich jedoch nicht auf die mir sonst so vertraute Weise. Ich wankte einen kleinen Schritt zurück.

Diese Situation gefiel mir nicht. Sie fühlte sich völlig falsch an. Mein Körper wog schwer, schien mich nach unten ziehen zu wollen. Das Zerren nahm zu. Der Sog wurde stärker.

Was wollte er mir mit diesen Worten sagen?

„Ich hätte niemals zurückkommen dürfen. Ich hab es geahnt.“, sprach er bedacht, eher zu sich, als zu mir.

„Was redest du da?“ Ich war entsetzt über diese Worte, die so endgültig klangen, mich wie ein Faustschlag mitten in die Magengrube trafen. In unregelmäßigen Takt hob und senkte sich mein Brustkorb.

„Bella, kapierst du es nicht?! Hast du Jake nicht zugehört? Ich bin eine Gefahr. Ich bringe dich in Gefahr!“

„Und?“ warf ich ihm trotzig, immer noch fassungslos über seine Worte, entgegen, was ihn für Sekunden perplex dreinschauen ließ, bevor Zorn in seinen Augen aufloderte.

„Und?“, knurrte er.

„Und?“, dieses Mal um einiges lauter. „Bist du von Sinnen?“ Er musterte mich eindringlich.

Ich erwiderte seinen Blick ebenso scharf.

„Verdammt, Bella, versteh doch: Das hier ist kein Spiel. Sam hat es nur auf dich abgesehen, weil du mit mir zusammen warst, weil er unsere gemeinsame Vergangenheit kennt. Weil er weiß, was du mir bedeutest. Du bist mein wunder Punkt. Nur deswegen. Nur wegen mir ist er jetzt hinter dir her! Weil ich Mist gebaut habe“, warf er mir aufgebracht entgegen. „Ich bringe dich durch meine Fehler in Gefahr. Das darf nicht sein. Ich hätte es besser wissen müssen. Nur weil ich so egoistisch war, mich nicht von dir fernhalten konnte…..“ Er schüttelte kurz seinen Kopf, fast so, als wäre er nur so fähig, die nächsten Worte zum Ausdruck zu bringen. „Ich hätte es belassen sollen. Meinem unguten Gefühl trauen sollen. Ich hätte es wissen müssen.“, wiederholte er. Und auch, wenn die letzten Worte, der abstoßende Ton darin, ihm selbst galt, taten mir diese Worte genauso weh. Er durfte so etwas nicht sagen. Nicht einmal denken. Nicht er. Er durfte sich dafür nicht die Schuld geben.
 

Leicht benommen blinzelte ich, setzte zu Widerworten an, doch Edward sprach unbeirrt weiter, überging mein Vorhaben.

„Es war ein Fehler, Bella.“, beharrte er. In seiner Stimme lag ein Ton, der mir unmissverständlich sagen sollte, dass er darüber nicht diskutieren würde. Was mich jedoch mehr schreckte, als die Worte selbst, war die Aussage, die mir dadurch zugetragen wurde. Es klang endgültig.

„Es war genauso ein Fehler, wie nach Forks zu gehen. Huh! Ausgerechnet Forks!“ Seine Stimme triefte vor blanken Selbsthass und purem Vorwurf. Tief schnitt sie mir ins Herz, erweckte jedoch zugleich die Wut in mir.

„Was redest du da?“, unterbrach ich ihn wirsch. „Ich war es, die dich wieder in mein Leben gelassen hat. Ich war es, die dich dazu gebrach hat, nach Forks und Port Angeles zu gehen. Wenn du einen Schuldigen suchst, dann nehm mich.“, appellierte ich. Hoffte, ihn dadurch von seinen vollkommen unsinnigen Gedanken abzulenken.

Ein Schnauben war die Antwort. „Ich war derjenige, der dir meine Vergangenheit verschwiegen hat. „

„Und?“, gab ich zum wiederholten Male von mir.

Seine Augen weiteten sich.

„Denkst du tatsächlich, dass das irgendetwas geändert hätte?“ Ich hob meine Augenbrauen an, fixierte ihn. „Egal ob ich diesen Umstand früher oder später erfahren hätte, es hätte nichts an meinem Verhalten geändert. Du bist immer noch du.“ Diese Worte waren die reine Wahrheit. Auch wenn Edward, seinem derzeitigen Gesichtsaudruck nach, mir keinerlei Glauben schenkte. Aber genau so war es. Es war mir egal.

Das Einzige, was für mich zählte war, das er bei mir war. Wenn Edward da war, fühlte ich, wie mich unsagbare Kraft durchströmte. Er war es, der mir die Zuversicht zurückgab, gab mir den nötigen Halt. Wenn Edward bei mir war, hatte ich das Gefühl, ich müsste nur meinen Arm anheben, um die Sterne berühren zu können.

Es war einzigartig.

Unbeschreiblich.

Und dann sagte er so etwas!

Machte sich Selbstvorwürfe wegen einer Sache, die er nicht beeinflussen konnte. Die ich ihm niemals vorwerfen würde, weil diese Entscheidung, für die er nun bestraft werden sollte, ihn wieder zu mir zurückgebracht hatte.

Wie hätte ich da etwas sagen können?

Durch seine Rückkehr war meine Welt wieder erhellt worden.
 

Edward sog scharf die Luft ein, doch ich sprach unbeirrt weiter. „Du hast gesagt, dass du mich brauchst. Mir geht es nicht anders, Edward. Ich brauche dich.“

„Ah“, stöhnte er leise.

„Es ist zu spät, Edward. Ich kann nicht ohne dich leben.“

„HÖR AUF!“

Ich stoppte aufgrund der schneidenden Schärfe in seiner Stimme. Genau das, was er damit bezwecken wollte. Der Zorn in seinen Augen wurde zunehmend stärker. Sein Unterkiefer bebte, als er begann mit einer gedämpfteren, dennoch eindringlicheren Stimme, weiterzureden. „So etwas darfst du nicht sagen, nicht mal denken.“ Zugleich versuchte er sich unter Kontrolle zu behalten, seine Wut zu zügeln, was ich daran erkennen konnte, dass er seine Hände - die zu Fäusten geballt waren - an seine Seite presste.

„Aber wenn es doch so ist.“, entgegnete ich aufgebraucht, konnte einfach nicht glauben, was ich gerade hörte.

„Begreif doch endlich! Ich kannte das Risiko und bin trotzdem zu dir zurückgekommen, weil ich nicht stark genug sein konnte. Obwohl ich es hätte sein müssen, um genau das hier zu verhindern! Ich hätte dich schützen müssen. Stattdessen lass ich es zu, dass du direkt in die Gefahr hineinrennst. Weil ich so dumm war und geglaubt habe, dass ich all das schon hinbekommen würde. Ich dachte wirklich, dass ich mit meiner Vergangenheit abschließen könnte. Dass ich mit dir…..“ Edward brach ab.

Ich nahm den Faden auf. „Willst du dich jetzt dafür schuldig fühlen, weil du deinen Gefühlen nachgeben hast?“ Ich war vollkommen aufgewühlt. „Das war das Beste, was du tun konntest.“

„Das Beste.“, wiederholte er abwertend. Seine Augen blitzten warnend auf. „Es ist eine Sache, wenn ich mich ins Unglück stürze. In Gefahr bringe. Es ist aber etwas völlig anderes, wenn ich dich da hineinziehe. Es war ein Fehler! Es hätte niemals so weit zwischen uns kommen dürfen.“, antwortete er barsch, weiterhin standhaft. „Dabei hatte ich mir fest vorgenommen, nicht mehr egoistisch zu sein.“, murmelte er. Mehr zu sich selbst, aber ich hörte es. Diese Worte waren so deutlich, als hätte er sie mir entgegen gerufen.

„Nein.“, schrie ich schrill. Ich wollte nicht, dass er noch ein weiteres Wort sagte. „Sei ruhig. Ich will nichts mehr hören. Nicht so etwas Dämliches hören.“ Denn genau diese Worte zerrissen mir mein Herz. „Du hast zu mir gesagt, ich soll aufhören mir selbst Vorwürfe zu machen. Dann halt du dich erstrecht daran!“, warf ich im entrüstet vor.

„Huh!“, stieß er hervor. „Das ist was völlig anderes.“, wandte er gereizt ein.

„Ach ja?!“, kam es von mir schnippisch. „Natürlich. Bei dir ist es immer etwas anderes. Bei Edward Cullen ist es immer etwas anderes! Gott. Alice hatte ja so was von Recht. Du bist ein Idiot. Und was für einer. Aber ich sag dir jetzt etwas und wage mich nicht, ein einziges Mal zu unterbrechen.“, drohte ich ihm mit erhobenen Finger. Ich holte Luft „Zurückzukommen war das Beste, was du für mich, für deine Familie tun konntest.“ Dabei tippte ich ihm so fest gegen die Brust, wie ich konnte. Mein Gesicht glühte vor Zorn. Die Aufregung über seine Engstirnigkeit tobte in mir, klärte meinen Verstand.

Genau in diesem Moment sickerte zu mir durch, was er damit bezwecken wollte, was er vor hatte. „Du… willst gehen.“, hauchte ich.

Alles ergab einen Sinn. Seine abweisende Art, seine eindringlichen Worte. Er zog sich zurück, verabschiedete sich. Er tat genau das Gegenteil von dem, was er mir versprochen hatte!

War es seine Absicht einen Streit heraufzubeschwören?

Dachte er, dadurch würde es leichter werden?
 

In dem Augenblick, als ich die Worte, die Erkenntnis aussprach, fühlte es sich so an, als würde pure Säure durch meine Adern gepumpt werden. Mit geweiteten Augen, unfähig gerade sonst irgendeine andere Reaktion zu zeigen, sah ich zu ihm auf. Jegliche Farbe war aus meinem Gesicht gewichen. Mein Körper wurde von einer unerbittlichen Kälte befallen. Tief drang diese in mich ein, umklammerte mein wild pochendes Herz.

Er wollte mich alleine lassen.
 

Gehen!
 

Er wollte mich wieder alleine zurücklassen, hallte es in mir wieder.
 

Der Sog wurde noch mächtiger. Der Boden unter meinen Füßen wurde brüchig. Ich blinzelte kurz, warf einen schnellen Blick nach unten und erkannte einen Rand. Den Rand einer Schlucht. Ich erzitterte. Sah schnell wieder hinauf.
 

Edwards Lippen bildeten eine schmale Linie. Ertappt war er versucht seinen Kopf zu senken, entschloss sich jedoch dagegen, hielt meinem Blick stand. Qual durchzuckte das Grün seiner Augen, als ich meine nicht von ihm abwandte. Die Kuppe meines Zeigefingers ruhte immer noch auf seiner Brust, unter der ich seinen Herzschlag verspürte, der genauso hilflos und verzweifelt pulsierte, wie mein eigener. Das kurze Zucken seiner Hand, als er die Faust löste, seinen Arm anhob, diesen dann wieder zurückriss, um ihn wieder an seine Seite zu pressen, erlöste mich.

Ich nahm einen tiefen Atemzug, der sich anfühlte, als würden meine Lungen von tausend winzigen Nadeln gleichzeitig durchstochen werden.

„Aber du hast versprochen, dass du…….“ Dieser Satz, nicht mehr als ein leiser Hauch. Ich war nicht dazu fähig, ihn zu beenden. „Niemals!“, presste ich hervor. Das konnte er gleich wieder vergessen. Ich hob meinen Kopf weiter an. Das Meer aus tosender Angst und Verzweiflung hatte sich von der einen auf die andere Sekunde in schäumende Wut verwandelte, die sich fauchend gegen die Felsen warf. „Denkst du wirklich, du kannst hier auftauchen, einfach wieder in mein Leben treten und dann wieder verschwinden, wie es dir gerade in den Kram passt?“, knurrte ich ihm aufgebracht entgegen. „Denkst du wirklich, ich würde mich von so etwas abschrecken lassen, Edward? Jetzt, nachdem ich dich endlich wieder habe. Denkst du das wirklich?“ Tränen rannen bereits wieder über meine geröteten Wangen. „Ich bin kein kleines Lamm, das man vor der ganzen Welt beschützen muss.“

„Wir sprechen hier nicht von einer kleinen Lappalie.“ Seine Stimme erklang in dem gleichen Ton, den ich derzeit an den Tag legte. „Sei doch nicht so unvernünftig, Bella. Bitte.“, flüsterte er eindringlich.
 

Ich hob meine Augenbrauen an, strauchelte innerlich, überging jedoch seinen Einwurf. „Und du? Nicht mal dein Gedächtnisverlust konnte dich von mir fernhalten.“ Genau das hatte er gesagt. Ich bekämpfte sein dummes Verhalten mit seinen eigenen Worten, was ihm nicht zu gefallen schien. Aber das war mir egal. „Wenn du jetzt gehst, denkst du wirklich, dass ich glücklich werde – ohne dich?!“, stellte ich die Frage, wartete aber nicht auf seine Antwort. „Ich habe sieben verdammte Jahre ohne dich gelebt, Edward. Sieben verdammte Jahre.“, wiederholte ich. „Sieben Jahre, in denen mich Albträume quälten – die ich, zu deiner Information, nicht mehr habe, seitdem DU wieder zurück bist.“ Ich machte eine kurze Pause, um Luft zu holen. „Ich habe versucht weiterzuleben

Ich habe gekämpft, Edward. Genauso wie du, habe ich versucht, ein normales Leben zu führen. Und in manchen Momenten habe ich tatsächlich gedacht, ich hätte es geschafft. Aber so war es nicht. Ich habe es niemals geschafft. Ich habe versagt, genauso versagt, wie du versagt hast. Wir beide haben versagt. Ich kann niemals richtig glücklich werden, wenn du nicht bei mir bist. Ich habe mich seit damals nie wieder so gefühlt, wie jetzt. Ich fühle mich wieder ganz. Und du alleine bist der Grund dafür.“ Ich war so in Rage, dass ich nur am Rande bemerkte, wie sich seine wütenden Gesichtszüge wandelten, sich quälend verzogen. „Aus diesem Grund ist es mir egal, was passieren kann. Ich kann nicht mehr ohne dich, Edward. Ich will nie wieder weinen, weil du nicht bei mir bist. Nie wieder diesen unmenschlichen Schmerz verspüren, weil ich dich verloren habe. Nicht noch einmal. Ich besitze dazu nicht mehr die Kraft, Edward. Wenn du gehst…. Ich steh das nicht noch einmal durch.“

Ich setzte ab. Meine Stimme war gerade dabei zu versagen. Durch einen weiteren tiefen Atemzug, gewann ich wieder etwas Fassung zurück, sprach mit festerer Stimme weiter. „Du hast zu mir gesagt, dass ich dein Herz bin. Und jetzt stehst du hier vor mir und meinst allen ernstes, dass ich nicht ebenfalls so sprechen darf? Das kann ich nicht, Edward. Denn ich empfinde genau das Gleiche für dich. Ich habe schon immer so empfunden und werde auch immer so empfinden und selbst du wirst daran rein gar nichts ändern können. Niemand wird jemals ändern können, dass ich dich liebe.“, flüsterte ich letztendlich nur noch leise in den Raum, schluchzte. „Ich liebe dich, so sehr. Verstehst du jetzt, warum es zu spät ist!“, beendete ich mit weinerlicher Stimme.
 

Edward stand einfach nur da, sah mir entgegen. Seine Augen folgten der Spur meiner Tränen. Für Sekunden verweilten sie dort, wo sich meine Tränen von meiner Haut lösten, um durch die Luft zu gleiten, bevor er seinen Blick wieder anhob.

Ich konnte mich nicht regen, stand einfach nur da, schaute zu ihm auf. Meine Gedanken waren völlig konfus. Ich war mir nicht einmal mehr sicher, ob das hier alles real war.

War ich überhaupt wach?

Unverwandt lag Edwards Blick immer noch auf mir.

Meine geröteten Augen weiteten sich abermals, als er langsam begann seinen Kopf zu schütteln. Sein Gesicht war schmerzverzehrt. „Bella!“, stieß er hervor.

Ich schnappte nach Luft.

Die Tonlage, in der er dieses eine Wort – meinen Namen - ausgesprochen hatte, war niederschmetternd und zugleich schuldbewusst.

Wieso?

Diese Frage hallte in meinem Inneren wieder. Dröhnte in meinen Ohren.

Tränen stiegen von neuem in mir auf.

Wieso nahm er mich nicht einfach in den Arm? Sagte mir, dass er mich ebenfalls liebte, und dass wir schon eine Lösung finden würden?

Mit unbändiger Kraft warf sich das salzige Nass gegen meine Lider, mit denen ich versuchte, dieses zurückzudrängen.

Wieso stand er einfach nur da?

Nimm mich in den Arm, schrie ich innerlich.

Aber er verharrte in seiner Position.

Es schmerzte. Schmerzte mehr als alles andere.

Sollte das wirklich das Ende bedeuten?

Meine Zunge wurde taub, ein merkwürdiger Geschmack breitete sich in meinem Mund aus.

Bitterkeit.

Es war unumstößlich.

Die Schlucht zu meinen Füßen wurde breiter.

Edward hatte seine Entscheidung getroffen und genau mit dieser Geste brachte er sie zum Ausdruck.
 

Es war endgültig.
 

Ich musste hier raus.

So schnell ich konnte stürzte ich aus dem Raum, aus der Wohnung.

Ich stürzte die Stufen hinauf, - obwohl ich ahnte, dass er mir nicht folgen würde, mich nicht aufhalten würde.

Dieser Gedanken war ein weiterer Stich mitten ins Herz.

Ich stolperte, geriet ins Straucheln, rappelte mich wieder auf, stapfte die letzte Erhebung hinauf. Jeder Schritt schmerzte in meinen Fußgelenken. Was gut war! Ich brauchte derzeit ein Ventil und wenn es dadurch geschah, dass ich mir dabei gerade selbst weh tat.

Ich riss die Wohnungstür auf und ließ sie mit einem lauten Knall ins Schloss fallen. Sofort schoss Emmetts Kopf um die Ecke. „Bella!“ Er stockte kurz, bevor „Was ist los?“

„Dein Bruder ist los!“, motzte ich im vorbeigehen.

„Warte mal.“ Seine Hand schoss nach vorne, packte mich am Handgelenk. Die andere lag bereits auf meiner Wange, bevor ich nur einmal blinzeln konnte Sein Daumen rieb über die Stelle, die tränengetränkt war.

„Bella. Was hat er getan?“, knurrte er. Seine Gesichtszüge wurden ernst. Sofort war ich alarmiert. Ich hatte nicht daran gedacht, was mein aufgequollenes und tränenüberströmtes Gesicht bei Emmett und Alice auslösten würde. Zweite stand bereits dicht hinter ihrem Bruder, beäugte mich eingehend.

So schnell ich konnte, griff ich nach Emmetts Hand, die auf meiner Wange ruhte, umschlang diese mit meinen Fingern. „Er…… Sei nicht sauer auf ihn, Emmett.“, gab ich beschwichtigend von mir, drückte zugleich seine Hand. „Wir haben uns in die Haare bekommen und ich hab mich da zu sehr hinein gesteigert. Das ist alles.“ Ich brachte ein leichtes Lächeln zustande und war dafür unendlich dankbar.
 

Der Älteste der Cullen-Geschwister entspannte sich wieder etwas. Sein Misstrauen verflog aber nicht gänzlich. „Bist du dir sicher?“, hackte er daher noch einmal nach.

Ich schloss meine Augen. Das Lächeln wich nicht, als ich ihn wieder ansah. „Ja. Aber trotzdem Danke.“ Ich hauchte ihm einen Kuss auf die Wange.

„Schon gut.“, brummte er hierauf, strich mir eine Strähne hinter mein Ohr. „Soll ich trotzdem mit ihm..?“

„Nein!“, unterbrach ich ihn sofort, vielleicht etwas zu schnell, zu harsch. Ich räusperte mich kurz, ermahnte mich selbst. „Nein. Ich denke, es ist besser, wenn ihr ihn etwas in Ruhe lasst. Ich werde später noch einmal mit ihm reden.“ Ich verkniff mir ein trauriges Seufzen, die Resignation, die sich in meine Stimme schleichen wollte.

Alice nickte, was mich beruhigte. Sie würde dafür sorgen, dass niemand Edward belästigen würde. „Und jetzt würde ich gerne auf mein Zimmer gehen.“

„Bella, willst du nicht….?“

„Emmett!“ Der Angesprochene sah über seine Schulter zurück. Jasper. Dieser schüttelte seinen Kopf, was dem Grizzly gar nicht gefiel. Er wandte sich daher wieder zu mir, öffnete von neuem seinen Mund, als „Komm, Emmett.“ Das war Rosalie. Sie stand plötzlich hinter ihrem Freund, griff sanft aber bestimmt nach seiner Hand. „Aber….“ In Emmetts Gesicht brach ein Konflikt aus.

„Du kannst Bella Glauben, Emmett.“ Alice trat jetzt vor ihren großen Bruder, sah diesen mit einem vielsagenden Blick an. Emmetts Blick ruhte noch einmal auf mir. Anscheinend schien er zu kontrollieren, was meine beste Freundin ihm sagen wollte. Wenn ich ehrlich war, wurde es mir von Minute zu Minute unangenehmer, hier zu stehen, von jedem betrachtet zu werden. Auch wenn sie meine Freunde waren, meine Familie, so wäre es mir lieber gewesen, unbemerkt in mein Zimmer zu gelangen als jetzt noch eine umfassende Prüfung über mich ergehen lassen zu müssen. „Gut.“, war sein abschließender Kommentar. Widerstandslos ließ er sich von Rosalie mitziehen, während ich endlich mein Zimmer ansteuern konnte.
 

Ich konnte mich gerade so beherrschen, die Tür zu meinem Zimmer nicht zuzuwerfen. Ich wollte nicht schon wieder Emmett auf den Plan rufen. Trotz der kleinen Unterbrechung war meine Wut auf Edward keinesfalls verraucht. Unerbittlich tobte sie in mir weiter, fauchte wie ein wildes Tier. Wütend kickte ich mir meine Schuhe von den Füßen. Schnappte mir mein Kissen vom Bett, stieß einen leisen, gepressten Schrei aus, als ich dieses quer durchs Zimmer beförderte. Warf mich dann auf mein Bett.

Das durfte doch alles nicht wahr sein.
 

~„Bella!“~
 

Ich presste meine Hände auf meine Ohren. Seine Stimme sollte aus meinem Kopf verschwinden. Ich spürte das Erzittern meines Körpers. Meine flache Atmung, die üblich war, wenn ich außer mir war – was selten vorkam. Doch er hatte es mal wieder geschafft!

ER war immer derjenige, der es schaffte!

Ein Hoch auf Edward Anthony Cullen, dachte ich sarkastisch.

Gratulation.

Vielleicht hätte ich Emmett doch nicht aufhalten sollen. Ich hätte ihn nach unten schicken sollen. Vielleicht hätte ein gezielter Schlag auf die Nase, Edwards Denkweise wieder gerade gerückt.

Was war schon eine gebrochene Nase?!

Die würde einige Frauen wenigstens eine zeitlang davon abhalten, Edward unverhohlen anzustarren.

Ich seufzte auf.

Was dachte ich da bloß? Selbst mit gebrochener Nase würde Edward noch atemberaubend aussehen.
 

Ich strich mir mit meiner Hand durchs Haar, über mein Gesicht. Beseitigte sogleich meine Tränen, die immer noch nicht aus meinen Augenwinkel verschwunden waren.

„Du verdammter Idiot.“, nuschelte ich, schmiegte mein Gesicht in den Stoff meiner Bettdecke, kniff meine Augen so fest zusammen, wie nur irgendwie möglich.

Dachte er denn wirklich, dass mich so etwas abschrecken würde?

Ich ihn wegen so etwas tatsächlich verlassen könnte und würde? Nach all dem was zwischen uns passiert war?!

Das war nicht möglich.

Ich gehörte ihm – mit Leib und Seele.

Gott, das klang, als hätte ich diese Worte direkt aus einem Schnulzenroman entnommen. Und wäre die Situation nicht so ernst, hätte ich jetzt wahrscheinlich laut aufgelacht. Doch das Lachen blieb aus. Stattdessen seufzte ich erneut, tiefer als zuvor.

Die Gefahr, in der ich mich befand, kam mir absolut surreal vor. Wie eine Erinnerung an einen bösen Traum.

Alles wirkte so weit weg, wenn ich daran dachte in Edwards Nähe zu sein, in seinen Armen zu liegen, mit dem Bewusstsein, dass er mich liebte. Dafür war ich bereit alles auf mich zu nehmen. Egal was es auch war. Selbst wenn es bedeuten würde durch die tiefste Hölle spazieren zu müssen. Ich würde es auf mich nehmen. Wenn er nur bei mir war.

Er durfte mich nicht verlassen. Niemand von uns beiden sollte jemals wieder leiden.

Niemals wieder.

Und wir beide wussten, dass wir ohne den Anderen nicht leben konnten. Existieren ja, aber nicht leben. Wir waren eins.

Aber wie konnte ich ihm das nur begreiflich machen? Ihn von seinem Vorhaben abbringen?

Kaum, dass ich daran dachte, befiel mich Panik.

Was, wen er gerade schon dabei war, seine Sachen zu packen und zu verschwinden?
 

Ohne, dass ich es selbst bemerkte, drückte ich mich bereits von meinem Bett hoch, peilte die Zimmertür an, als ich inne hielt.

Nein, das würde er nicht machen. Edward würde nicht überstürzt verschwinden. Er wusste nur zu genau, dass er dadurch Fehler machen könnte. Hinweise für Sam hinterlassen.

Ich beschloss daher, ihn heute nicht mehr aufzusuchen, ihm eine Nacht Ruhe zu geben. Vielleicht würde morgen auch alles schon wieder anders aussehen. Die berühmte Nacht darüber schlafen. Außerdem würde er sich zuvor versichern, dass ich in Sicherheit war.

Sicherheit!

Unwillkürlich setzte sich dieses Wort vorrangig in meinen Gedanken fest.

Mir wurde bewusst, dass ich das Wichtigste überhaupt außer Acht gelassen hatte. Es war mir völlig entfallen.

Was war mit Edwards Sicherheit?

Ich war förmlich von dem Gedanken besessen gewesen, dass er mich wieder verlassen könnte, ich hatte solche Furcht vor der Angst selbst, wieder all das noch einmal durchleiden zu müssen, mich endgültig zu verlieren, dass ich daran überhaupt nicht gedacht hatte. Ich sah wieder Edwards schmerzerfülltes Gesicht vor mir. Nahm wahr, wie sich der Schmerz mit jedem Satz von mir, tiefer grub. Ich hatte ihn durch mein Geständnis noch mehr Qual bereitet.

Was war ich nur für eine schreckliche Person!

Ich schniefte. Hysterie wallte in mir auf. Ich drückte mir meine Handballen auf die Augen, versuchte dadurch die Tränen zurückzuhalten.

Hatte ich mir nicht geschworen, dass er nie wieder leiden würde. Und was tat ich? Ich selbst bereitete ihm das größte Leid. Weil ich so stur war. Augenblicklich ekelte ich mich vor mir selbst.

Wäre es vielleicht nicht doch das Beste, wenn ich loslassen würde? Wenn ich ihn ziehen lassen würde?

Ich wusste, würde ich mich zu diesem Schritt entscheiden, würde ich ihn niemals wieder sehen. Mein Herz verkrampfte sich.

Aber Edward wäre in Sicherheit!

Er könnte ein neues Leben beginnen. Fernab von der Bedrohung, der ewigen Sorge. Dieses Wissen war lindern.

Vielleicht wäre Edward stark genug, tapfer genug, um ohne mich zu leben, da er es für das Beste hielt. Vielleicht hatte ich mich in meiner Überlegung geirrt und er könnte glücklich werden. Leichte Hoffnung, der Wunsch, dass dies der Fall sein könnte, keimte in mir auf.

Ein unüberhörbarer Teil in mir jedoch schrie zugleich auf. Blaffte mich an, was ich mir da für ein Schwachsinn zusammenreimte. Dass ich dieses Opfer nicht bringen könnte. Dass ich mit ihm zusammen sein musste, um leben zu können. Ich zuckte zusammen. Ich wusste, dass die Stimme Recht hatte.

Ich schnaubte angewidert. Und da nannte er sich egoistisch.

Ich war diejenige, die die ganze Zeit über nur an sich selbst dachte. Es in diesem Augenblick wieder tat. Nur an mein Seelenheil dachte.

Ich schlug meine Hände vors Gesicht.

Ich war überfordert. Wusste nicht, wie ich mit dieser Situation umgehen sollte. Wie war es nur möglich gewesen, dass ich die letzten Stunden einen nahezu klaren Kopf behalten hatte?

Meine Gedanken wirbelten wild durcheinander. Alle Grenzen schienen eingerissen.

Ein pochender Schmerz durchzuckte meinen Kopf. Stöhnend fasste ich mir an die Schläfe, kniff meine Augen fest zusammen.

Diese Verwirrtheit!

Warum konnte sie nicht endlich fern bleiben?

Tränen perlten erneut von meinem Kinn. Meine Welt, die sich gerade wieder zusammengesetzt hatte, war von neuem in Gefahr. Und genau wie damals stand ich dieser Gefahr machtlos gegenüber.
 

Reines ungetrübtes Glück!

Genau das, wollte ich mit Edward gemeinsam empfinden.

Doch je näher wir uns kamen, desto mehr schien sich alles zu verkomplizieren.

War es doch nicht unser Schicksal zusammen zu sein?

Nicht füreinander bestimmt?

Schlagartig fiel meine Körpertemperatur. So kam es mir zumindest vor. Meine Tränenflut hatte gestoppt.

Nein! rauschte durch meine Sinne.

Von neuem erschien Edwards Gesicht vor mir. Es wirkte so unwirklich.
 

~„Du bist mein wunder Punkt.“~
 

Ja, genau das war ich. Mit diesem Satz hatte er den Nagel auf den Kopf getroffen. Meine Wut flaute mehr und mehr ab. Ich versuchte diese festzuhalten, nicht weiter über meine jetzigen Gedanken zu sinnieren, doch misslang mir dies. Ich versank völlig darin. Die Wut verschwand gänzlich, wurde bereits von anderen Gefühlen überlagert. Ich musste mir in diesem Moment eingestehen, dass ich Edward verstand. Ich verstand seine Beweggründe, konnte sie gleichermaßen nachvollziehen.

Langsam setzte ich mich auf, verschlang meine Hände ineinander, presste meine Lippen fest aufeinander. Mein Blick wanderte aus dem Fenster, hinein in die Dunkelheit.

Resignation.

„Du würdest das Gleiche tun.“ Kaum, dass ich diese Worte leise vor mich hin geflüstert hatte, war die Entscheidung gefallen.

Es gab keine Hoffnung.

Ich würde Edwards Entscheidung nicht im Wege stehen. Ich würde ihn ziehen lassen.

Würde das nicht jeder tun, um jene zu schützen, die er liebte?

Wäre man nicht bereit dafür alles zu geben, sogar alles zu opfern?

Die Antwort hierauf – auch wenn sie mir nicht gefiel- war ein eindeutiges und klares Ja. Egal welches Leid diese Trennung mir bereiten würde. Seine Sicherheit war mir das Wert.
 

Ruhig und ungetrübt waren meine Augen immer noch nach draußen gerichtet. Mein Herzschlag war stetig, bei genauerem Lauschen, sogar etwas zu langsam. Ich war selbst erstaunt. Kein flatterhafter Rhythmus, kein stechender Schmerz, kein unregelmäßiger Atem.

Was war los?

Stand ich aufgrund meiner Entscheidung etwas unter Schock?

Hatte ich noch nicht richtig realisiert, was das nach sich ziehen würde?

Hatte ich das Ausmaß noch nicht erfasst?

Meine Stirn legte sich in Falten.

Ich konnte mir auf meine Frage keine Antwort geben. Mir wurde kalt. Ich fühlte, wie eine bleierne Schwere meinen Körper befiel, meine Gedanken abdrifteten. Ich verspürte den Wunsch, einfach meine Augen zu schließen und zu schlafen. Einfach nur zu schlafen und niemals wieder zu erwachen. Dahinzutreiben in einem Dämmerzustand. Die Dunkelheit legte sich unaufhaltsam über mich und ich hieß sie willkommen. Ich sah wieder die Schlucht zu meinen Füßen. Pechschwarze Leere starrte zu mir hinauf. Ich war wieder an den Ort, an den ich niemals wieder zurückkehren wollte. Nur noch dumpf drang mein Herzschlag zu mir heran. Alle anderen Geräusche um mich herum waren bereits verklungen. Meine Sicht verschwamm. Die Farben verblassten, wandelten sich in Grau. Gleich würde es so weit sein. Ich würde vollständig in die Schwärze hinab gleiten. Ich wartete bereits ungeduldig darauf, gierte danach, als in mir noch einmal der Widerstand aufflammte, mir zuwisperte, was mich so sicher machte, dass Edward nur einfach verschwand? Er trotz, dass er mich verlassen hätte, Sam nicht doch aufsuchen könnte, um meine Sicherheit zu garantieren. Ich wusste augenblicklich, dass dieser Einwurf der Wahrheit entsprach. So war Edward. Das war seine Art. Seine Denkweise.

Ich lauschte nun intensiver dieser leisen Stimme, die mir zuflüsterte, dass ich jemand ins Vertrauen ziehen sollte. Edward helfen sollte.

Aber wen?

Wenn sollte ich ins Vertrauen ziehen?

Seine Familie und diese dadurch ebenfalls in Gefahr bringen? Unmöglich.

Sollte ich meine Dad anrufen, mit ihm über all das sprechen? Aber was würde das für Edward nach sich ziehen?

Das war doch zum Ausrasten. Schlagartig war ich wieder völlig bei Sinnen. Fahrig strich ich mir durch die Haare.

„Das darf doch nicht wahr sein!“

Konnte nicht einmal etwas ganz normal verlaufen?! War das denn so schwer? War das denn dermaßen unmöglich?

Mein Blick schweifte durch mein Zimmer, blieb auf der Anzeige meiner Digitaluhr hängen.

Es war bereits nach Mitternacht. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie schnell die Zeit vergangen war.

Plötzlich hatte ich das Gefühl, dass mir die Zimmerdecke jeden Augenblick auf den Kopf fiel. Meine Augen huschten kurz nach oben, was diese Empfindung jedoch keinesfalls vertrieb.

Ich musste hier raus. Ich musste unbedingt an die frische Luft, konnte keinen weitere Sekunde hier verweilen. Also folgte ich diesem Impuls. Schnappte mir meine Schuhe, meine Jacke und meinen Schlüssel und verließ leise mein Zimmer, um über den dunklen Flur aus der Wohnung zu huschen
 

Auch wenn es bereits Frühling war, waren die Nächte doch noch etwas kühl, weshalb ich den Kragen meiner Jacke nach oben schlug und mich ohne Ziel vor Augen nach rechts wandte. Die reine Luft, die mir entgegenschlug war nahezu berauschend. Ich war in diesem Augenblick sogar dazu im Stande, ein kurzes Lächeln auf meinen Lippen erscheinen zu lassen. In diesem Moment war ich mir ganz sicher, dass dieser nächtliche Spaziergang eine gute Entscheidung war.
 

Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, seitdem ich ziellos durch die Straßen gestreift war, als ich die Schritte bemerkte, die mir bereits seit einiger Zeit leise folgten – von mir aber jetzt erst bewusst wahrgenommen wurden. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in mir aus. Von der einen auf die andere Sekunde fühlte ich mich unwohl, erschauderte, was jedoch nicht an der Temperatur lag.

Unauffällig und vorsichtig drehte ich meinen Kopf leicht zur Seite, blickte zurück, wodurch meine Befürchtung bestätigt wurde. Automatisch beschleunigten sich meine eigenen Schritte.

Die Gestalt hinter mir versuchte einen anderen Anschein zu erwecken. Doch hatte ich sehr wohl bemerkt, wie er kurz inne gehalten hatte, als er meine Bewegung registrierte, nun seine Schritte ebenfalls beschleunigte. Seine Zigarette glimmte unheilvoll in der Dunkelheit auf. Ich versuchte dadurch einen Blick auf sein Gesicht zu erhaschen. Doch es war einfach zu dunkeln. Er hielt sich geschickt im Schatten, mied das schummrige Laternenlicht.

Und auch wenn das Licht mehr als schlecht war, war mir die dunkle Färbung seiner Haut nicht entgangen, die sich erahnen ließ.

Mein Herzschlag beschleunigte sich.

Er war einer der Quileute.

Er war von Sam geschickt worden!

Oh Gott. Nein.

Edward! hallte es augenblicklich in meinem Kopf wieder.

Die Angst schoss pulsierend durch meinen Körper. Kalter Schweiß bildete sich in meinem Nacken, während ich noch schneller wurde.

Ich war so eine blöde Kuh!

Warum auch hatte ich mich zu einem kleinen Nachtspaziergang entschlossen? Edward hatte mich ausdrücklich darum gebeten, nicht alleine vor die Tür zu gehen, bis er die Sache geregelt hatte. Selbst Jacob hatte ihn darum gebeten, mich nicht aus den Augen zu lassen.

Ich wusste doch ganz genau, dass sie es auf mich abgesehen hatten.

Aber um ehrlich zu sein - Niemals im Leben hätte ich mir vorstellen können, dass sie unsere Wohnung beschatten würden. Nicht mitten in der Nacht.

Das Wort Nacht stach grell leuchtend aus diesem einen Gedanken hervor.

Es war niemand hier. Niemand würde mir helfen können. Ich war ganz alleine auf dieser gottverlassenen Straße unterwegs.

Würde mir jemand zur Hilfe kommen, wenn ich anfangen würde zu schreien?

Würde ich überhaupt noch zum Schreien kommen?

Ich schluckte. Machte mich bereit. Musste dann zu meinem eigenen Entsetzen feststellen, dass ich im Moment nicht mehr wusste, wie ich meine Stimmbänder einsetzen konnte. Das Wissen war weg. Verschwunden in den unendlichen Tiefen meines Gedächtnisses.

Zu der Angst gesellte sich nun noch die blanke Panik. Gefühle, die mir bestens bekannt waren.

Mein Herz pumpte, klang wie ein Presslufthammer in meinen Ohren, übertönte fast die Schritte, auf die ich mich so stark zu konzentrieren versuchte, um nicht in meiner Panik zu versinken.

Mein Atem ging rasselnd. Gierig und zugleich hektisch sog ich die kalte Luft um mich herum ein, die bereits jetzt in meinen Lungen brannte.

Ich wollte mich zwingen, meinen Schritt wieder zu verlangsamen, meinen Verfolger in dem Glauben zu wiegen, dass ich nur überreagiert hatte, nicht meine eigenen Schlüsse aus seiner Verfolgung gezogen hatte – zu dem Entschluss gekommen war, dass er nicht gefährlich war. Frauen neigten doch in solchen Situationen oft zu einer Überreaktion.

Ganz ruhig, sprach ich zu mir selbst. Ich verfiel wieder in ein langsameres Tempo, doch seine Schritte nicht. Im Gegenteil. Sie wurden immer schneller, lauter und bedrohlicher zu mir herangetragen.

Sofort ließ ich mein Vorhaben fallen, rannte los.

Ich hörte ein gepresstes „Verdammt!“. Dann wieder nur seine Schritte, die mit den meinen verschmolzen.
 

Wie nah war er?

Hatte er viel aufgeholt?

Diese beiden Fragen wechselten sich ab. Ich traute mich aber nicht, mich umzudrehen, nachzusehen.

Ich wollte keinesfalls stolpern. Das durfte auf keinen Fall passieren. Ich musste auf den Beinen bleiben. Nur so hatte ich eine reelle Chance. Es war nicht mehr all zu weit.

„Drei Querstraßen.“, wiederholte ich murmelnd. Baute mich damit selbst auf.

Noch drei verfluchte Querstraßen. Das müsste doch zu schaffen sein.

Ich betete, flehte, dass ich es schaffen würde.

Das wollte ich Edward nicht antun.

Niemals, in meine ganzen Leben.

Verdammt noch mal. Wieso hatten wir uns nur gestritten? Wieso war ich auf die Straße gegangen? Wie zur Hölle konnte ich nur so leichtfertig sein? Die vorangegangenen Stunden kamen mir gerade so dermaßen sinnlos vor. Ich könnte mich selbst ohrfeigen.

Warum hatte ich nicht wenigstens mein beschissenes Handy mitgenommen?

Entsetzt sog ich die Luft ein, als ich Scheinwerfer sah, die aus der Seitenstraße gegenüber von mir, auf mich zugeschossen kamen, mich für Sekunden blendeten.

Ich stoppte aufgrund dessen, schaute aus Reflex zurück. Meine Haare versperrten mir die Sicht. Eilig schob ich diese beiseite. Der Typ war noch einige Schritte hinter mir. Schnell riss ich meinen Kopf wieder herum, fixierte wieder das Auto.

Ich würde niemals gegen ein Auto bestehen können.

Ich biss mir auf die Unterlippe.

Sie würden mich einholen.

Mein Herz war zu einem panikartigen Rhythmus übergegangen, den ich bis in meine Fingerspitzen spüren könnte.

Ganz ruhig, Bella! mahnte ich mich selbst. Eine Hysterie war jetzt das Letzte, was ich gebrauchen konnte.

Denk nach.

Ich würde nicht stehen bleiben und warten bis sie bei mir waren.

Wilde Entschlossenheit legte sich in meinen Blick.

Also rannte ich wieder los.

Meine Beine fühlten sich an wie Blei, als würde ich durch tiefen Morast warten, keinen Zentimeter voran kommen. Meine Lungen zogen sich unter jedem Atemzug schmerzhaft zusammen.

Ich spürte die Schweißperlen, die meine Schläfe hinab liefen. Meine Haare klebten in meinem Nacken. Ich wusste, dass jegliche Farbe aus meinem Gesicht gewichen war, während ich meine schmerzenden Beine weiter antrieb.

Ich geriet ins Straucheln, drohte vornüber zu fallen, konnte mich gerade noch abfangen.

Zwei wankende Schritte folgten, bevor ich mein Gleichgewicht wiedergefunden hatte. Ich riss meinen Kopf nach oben, stieß einen weinerlichen Laut aus.

Das erhoffte Ziel kam einfach nicht näher.

Verzweiflung legte sich um mein Herz, das dadurch noch unregelmäßiger, wilder schlug.

Die Angst gewann die völlige Kontrolle über mich. Pures Adrenalin schoss durch meine Venen, ließ mich den Schmerz vergessen. Eine Erleichterung für mich.

EDWARD! schrie ich in meinen Gedanken. Meine Stimme war nicht existent. Ich konnte sie einfach nicht einsetzen, was meine Angst weiter schürte. Tränen schossen mir in die Augen. Ich versuchte diese wegzublinzeln, was mir aber nicht gelang.

Die Scheinwerfer kamen näher.

NEIN!

Ein weiteres Schluchzen trat über meine Lippen ins Freie.

Der Drang zu schreien wurde übermächtig, doch kein Laut drang über meine Lippen. Meine Kehle war wie zugeschnürt.

Mein Blick schwirrte umher, blieb wieder auf dem Auto haften, das direkt auf mich zukam.

Silbern blitzte es durch das Licht der Straßenlaterne auf.

Es ist silbern.

Mein Herz machte einen freudigen Sprung.

Laut quietschend die Reifen auf, als sich der silberne Volvo um die eigene Achse drehte, und unmittelbar vor mir zum Stehen kam. Schwungvoll flog die Beifahrertür auf.

„Steig ein!“, kommandierte er.

Mit rasendem Puls, tat ich, wie mir geheißen, lies mich schnell auf den Sitz fallen, riss die Tür hinter mir ins Schloss.

Unendliche Erleichterung überkam mich. Freude, dass ich ihn wieder sah, dass er da war.

Kaum, dass ich mich im Wageninneren befand, trat Edward das Gaspedal durch. Der Wagen geriet kurz ins Schlingern, bevor er den Volvo wieder völlig unter Kontrolle hatte.

Ich konnte sehen, dass seine Hände bebten, weshalb er den Griff um das Lenkrad noch weiter verstärkte, so dass die Sehnen durch die Haut hervortraten.

Seine dunklen Augen blickten in den Rückspiegel, während er den Wagen immer mehr beschleunigte.

Edward schien nicht zu gefallen, was er sah. Fest presste er seine Lippen aufeinander, bevor er sich an mich wandte.

„Bella, schnall dich an.“

Sofort griff ich nach dem Gurt.

Er nickte, als er das Klicken vernahm. Erneut huschte sein Blick zum Rückspiegel, während er noch weiter beschleunigte.

Ein unverständliches, tiefes Brummen erfüllte den Innenraum.

Ich sah kurz zu ihm hinüber, blickte auf die Tachonadel, die inzwischen mehr als 90 Meilen pro Stunde anzeigte – innerorts wohlgemerkt -, bevor ich nach hinten blickte, um zugleich zwei grellen Scheinwerfen zu erkennen, deren Licht mir in die Augen stach. Ich riss meinen Kopf wieder zu Edward herum. „Ist das Sam?“

Es folgte keine Antwort: Stattdessen wankte die Tachonadel weiter auf die 130 Meilen pro Stunde zu. Und ich wusste, dass sie dort nicht stoppen würde.

„Verfolgt er uns?“

Edward riss das Lenkrad herum. Wir schossen um eine scharfe Kurve. Der Volvo rutschte auf der nassen Strasse, erneut konnte ich lautes Quietschen hören.

Die Scheinwerfer waren immer noch hinter uns.

„Edward!“, schrie ich.

„Es ist einer von ihnen.“, kam es knapp.

Ich sah wieder nach hinten, bemerkte, dass sie immer mehr aufholten.

Edward fluchte laut, bevor er einen Gang runter schaltete, das Gaspedal noch weiter durchtrat.

Die Häuser flogen förmlich an uns vorbei. Ich fand keinen Anhaltspunkt, an dem ich mich orientieren konnte. Ich wusste nicht, wo wir waren. Meine Orientierung war gleich Null. Mein Herzschlag hatte sich bisher kein Stück normalisiert. Aufgeregt flatterte das kleine Organ in meiner Brust. Mein Verstand wurde dadurch noch nicht beeinflusst. Zum Glück.
 

„Das ist doch vollkommener Irrsinn!“, sprach ich eher zu mir selbst.

Edward blickte für einen kurzen Augenblick zu mir hinüber. Tiefe Sorge lag in seinem Blick.

Jacob hatte uns gewarnt. Aber nie im ganzen Leben hatte ich damit gerechnet, dass sich die Lage innerhalb von wenigen Stunden so zuspitzen würde. Ich hatte all das zu sehr auf die leichte Schulter genommen.

Edward nicht.

Wenn er nicht aufgetaucht wäre, hätte mich Sam oder irgendjemand anderes aus seiner Gang in den Wagen gezerrt, der uns jetzt gerade verfolgte. Da war ich mir ganz sicher. Schnell schob ich diesen Gedanken beiseite. Ich wollte mir nicht ausmalen, was sie eventuell mit mir angestellt hätten.

Ich atmete tief durch. Ich musste die Nerven behalten. Ich durfte nicht zulassen, dass ich genau in diesem Moment neben Edward austickte. Das würde nicht gerade behilflich sein. Eins wollte ich jedoch noch wissen.

„Wie hast du mich gefunden?“

„Jacob!“ Damit konzentrierte er sich wieder völlig auf seine Fahrkünste.

Ich richtet meine Aufmerksamkeit ebenfalls wieder auf die Straße. Wir näherten uns immer schneller einer Kreuzung.
 

Das Licht der Lampen schimmerte auf dem nassen Asphalt, Dampf stieg aus den Gullideckeln auf. Die Straße war menschenleer. Kein Wunder, um diese Uhrzeit.

Scheinwerfer, die uns entgegen kamen, erregten meine Aufmerksamkeit.

Moment! Es waren insgesamt vier Scheinwerfer, wovon zwei davon uns auf unserer Straßenseite entgegen kamen! Ich blinzelte. Doch das Bild änderte sich nicht. Ich sah zu Edward hinüber, der dies ebenfalls bemerkt hatte. Seine Gesichtszüge spannten sich noch mehr an. Seine Augen wurden schmäler.

Was ging hier vor?

Edwards Blick huschte kurz zu seinem Seitenfenster. Ich beugte mich etwas nach vorne, um ebenfalls sehen zu können. Dort stand ein Wagen quer.

Ich schnappte nach Luft. Sie schnitten uns den Weg ab.

„Scheiße!“, entwich es Edward. Er trat hart auf die Bremse. Ich knallte in den Gurt, bevor mein Oberkörper sich nach links neigte.

Wir nutzten den einzigen Ausweg, den wir hatten.

Ich bemerkte, wie die Nervosität zunahm.

Was passierte hier nur?

Wir rasten um Kurven, schossen an Häusern vorbei. Egal was Edward unternahm, wir wurden sie einfach nicht los.

Sie klebten an uns.

Hastig strich ich einige Strähnen zurück.

Ohne genau zu registrieren, was ich tat, packte ich in nach Edwards Handy, das auf der Ablage lag.

Ich hörte das Tuten, als ich dieses förmlich an mein Ohr presste, wusste aber nicht, wen ich da gerade anrief. Ich hoffte nur, dass ich am anderen Ende eine Stimme melden würde.

„Edward, hast du mal auf die Uh……“, drang wenige Sekunden später verschlafen zu mir heran.

„ALICE!“, schrie ich entzückt.

Die hohe Tonlage schien sie schlagartig wachzurütteln.

„Bella? Alles in Ordnung?“

„Alice. Hör mir zu. Wir werden verfolgt.“

Gerade wandte ich wieder meinen Kopf nach hinten, wollte die Entfernung unserer Verfolger zu uns abschätzen, als der Wagen ohne Vorwarnung zum Stehen kam, ich Mühe hatte das Handy festzuhalten.

„Was…..?“, weiter kam ich nicht, als meine Augen die Mauer erfassten, die sich nur wenige Meter vor uns erhob.

Edward war bereits dabei an der Gangschaltung zu hantieren, warf eilig den Rückwärtsgang ein.

Doch es war zu spät.

Der Weg war versperrt.

Sie hatten uns getrieben. Wie der Jäger seine Beute und die Falle war zugeschnappt.

„BELLA!“ Das war Alice besorgte Stimme, die aus dem Handy dröhnte.

Doch zum Antworten kam ich nicht mehr.

Die Beifahrertür wurde aufgerissen. Zwei Hände packten grob nach mir. Ich schrie auf.

„Lass deine dreckigen Finger von ihr!“ Edwards Stimme.

Ein merkwürdiges Geräusch, gefolgt von einem Schmerzensschrei erfüllte kurz die Luft.

„Bella, raus da!“ Dieses Mal waren es Edwards Hände, die nach mir griffen. Hektisch öffnete ich den Verschluss des Gurtes, wurde Sekunden später von Edward aus dem Auto gezogen.

Das Handy, das mir in den Schoß gefallen war, kam dumpf im Innenraum des Volvos auf. Schwach drang noch einmal Alice panische Stimme an mein Ohr.

Bevor ich irgendetwas genau erkennen konnte, wurde ich herumgewirbelt, stand dann plötzlich hinter Edward, die Wand in unserem Rücken. Zögerlich lugte ich an einer Seite von ihm vorbei, konnte Quil erkennen, der bewusstlos am Boden lag. Blut quoll aus seiner Nase. Sofort wandte ich meine Augen wieder ab. Froh darüber, dass eine kleiner Abstand zwischen uns lag.

Jetzt wusste ich, was es mit dem merkwürdigen Geräusch auf sich hatte. Edward hatte ihm einen gezielten Schlag verpasst, als Quil mich aus dem Wagen zerren wollte.

Ich spürte, wie ich am gesamten Körper zitterte. Ich legte so schnell ich konnte meine Hände auf Edwards Rücken, als ich Schritte vernahm, die in der Gasse widerhallten, dann verstummten.

Augenblicklich wusste ich, dass es für uns kein Entkommen geben würde. Ich presste mein Gesicht zwischen Edwards Schulterblätter, atmete tief ein. „Es tut mir Leid.“ Meine Stimme trug nicht, war nur ein leises Wispern. Aber ich war mich sicher, dass er es gehört hatte, auch wenn er gerade keinerlei Reaktion zeigte. Edwards ganze Konzentration lag auf den drei Personen, die sich vor uns postierten und damit jeglichen Fluchtweg abschnitten.

„Hallo, Edward. Bella.“

Ich erschauderte. Nur noch sehr dunkle konnte ich mich an Sams Stimme erinnern. Und doch wusste ich intuitiv, dass er es war, der sprach. Seine Stimme klang bedrohlich, war mit nichts vergleichbar, was ich jemals zuvor gehört hatte.

„So trifft man sich wieder.“

Edward reagierte nicht.

Ein kurzes, kehliges Auflachen erklang. „Was ist los, Edward? Bist du nicht wenigstens ein klein wenig erfreut, deine alten Freunde wiederzusehen? Nach all der Zeit?“

„Nein, so leid es mir tut, dich enttäuschen zu müssen, Sam.“ Edwards Stimme klang beherrscht und zugleich unterkühlt. Ein Hauch von Spot lag darin.

„Huh. Überheblich wie eh und je. Du scheinst dich kein Stück verändert zu haben.“ Wieder kam keine Antwort und ich nahm dies zum Anlass, mich etwas vor zu trauen, wieder an Edward vorbei zu lugen.

Ich sah Sam, wie er breitschultrig mit verschränkten Armen und einem selbstgefälligen Grinsen dastand, von Jared und Embry flankiert wurde. Quil lag seitlich neben ihnen, sein Kopf an die Wand gelehnt. Der Blutfluss hatte gestoppt, dennoch war er nicht wieder zu Bewusstsein gekommen.

Edward Körperhaltung spannte sich weiter an als Sam einen Schritt nach vorne trat. Sein Oberkörper neigte sich leicht in Richtung der Drei. Ich wusste, was das zu bedeuten hatte. Ich löste daher meine Hände von seinem Rücken, trat einen Schritt zurück, gab Edward damit den nötigen Freiraum, den er brauchen würde, sollte Sam ihn wirklich angreifen wollen. Kaum, dass ich etwas zurückgewichen war, spürte ich Sams Blick auf mir ruhen. Ich senkte sofort meinen Blick. Seine stechend blauen Augen bereiteten mir Angst. Es schien fast so als wollten sie sich in die meinen einbrennen.

„Ich glaube, es ist Zeit für eine kleine Unterhaltung, Edward.“

„Ich wüsste nicht, was wir beide zu bereden haben.“

„Tatsächlich?“, erklang es gespielt erstaunt. „Hast du wieder einen Gedächtnisverlust erlitten?“

Ich sah, wie Edward kurz, kaum merklich, zusammenzuckte, was Sam zu gefallen schien. Er wusste nur zu genau, dass er damit einen Nerv getroffen hatte. „Aber ich helfe dir gern auf die Sprünge. Fangen wir doch damit an, dass du damals meinen Befehl missachtet hast und einfach abgehauen bist. Paul wegen dir jetzt im Gefängnis sitzt. - Oh ja, ganz genau. Alles nur wegen dir.“ Dieser Satz musste aufgrund einer Reaktion von Edward erfolgt sein. „Weil du feige den Schwanz eingezogen hast, dich still und heimlich aus dem Staub gemacht hast, war es möglich, dass sie uns beinahe alle geschnappt hätten. Du mieser Penner. Du warst ein Frack, als ich dich bei uns aufgenommen habe und wie dankst du es mir?“ Seine zunächst fast sanfte Stimme hatte sich in ein bedrohliches Brummen verwandelt. „In dem du mich verrätst!“, spie er hervor, entlud seine gesamte Wut, fachte damit die Spannung, die in der Luft lag, noch mehr an. Sams kompletter Körper zitterte, als würde er derzeit versuchen eine ungeheure Kraft in sich zu zügeln. Sein Gesichtsausdruck hatte etwas von einer reißenden Bestie.

„Und ich werde dafür auch die Konsequenzen tragen, nur lass Bella aus dem Spiel. Lass sie gehen.“

„Nein.“, platzte es augenblicklich, unkontrolliert, aus mir heraus, was mir sofort einen strengen Blick von Edward einbrachte. Ich schüttelte meinen Kopf, unterbrach diese Geste als ein erheiterndes Kichern an uns herangetragen wurde.

„Wie niedlich.“ Sam legte seinen Kopf schief, betrachtete mich belustigt. „ So wie es aussieht, habe nicht nur ich etwas dagegen.“
 

Ich weiß nicht, was den Umschwung heraufbeschwor. Für Sekundenbruchteile tauchten wir in eine vollkommene Stille ein. Es schien, als hätte jeder der Anwesenden selbst das Atmen eingestellt. Ein merkwürdiges Knistern war zu legte sich um uns. Mein Herzschlag erhöhte sich noch um einige Takte. Ich hatte das Gefühl, die Spannung greifen zu können.

Mein Blick zuckte über die Drei und ich konnte ihr Vorhaben eine Sekunde zuvor aus ihren Augen lesen, bevor sie losschlugen.

Sie waren blitzschnell. Ich sah Edwards Hand, die nach mir packte, mich weiter nach hinten drückte, bevor er einen Schritt auf die Drei zumachte.

Der erste Schlag, von Jared ausgeführt, folgte prompt. Edward wich jedoch aus, verpasste diesem einen Schlag in die Magengrube. Zischend entfuhr seinem Angreifer die Luft aus den Lungen. Doch Edward war alleine. Kaum, dass er seine Hand zurückzog, war auch schon Embry zur Stelle, begann mit Edward eine Rangelei. Jared erholte sich binnen eines Augenblicks, mischte ebenfalls wieder mit.
 

Ich war hin- und hergerissen. Ich wollte Edward helfen. Aber was konnte ich schon gegen die Zwei ausrichten. Tränen brannten in meinen Augen. Schuldgefühle schwappten von neuem in mir hoch, während ich weiterhin angespannt den Kampf verfolgte.

Moment!

Zwei?

Wo war Sam?

Kaum, dass ich mir über dessen Abwesenheit klar wurde, geschah alles gleichzeitig. Edward wurde von Embry hart in die Seite getroffen. Er keuchte auf. Jared nutze den Moment, schlug ebenfalls noch einmal zu. Ein undefinierbarer Laut entwich mir, als ich sah, wie Edward hierauf auf die Knie ging. Meine Füße wollten sich in Bewegung setzen, als ich eine Hand spürte, die mich an der Schulter berührte. Ich zuckte zusammen, riss meinen Kopf herum und sah Sam entgegen.

Intuitiv wollte ich das tun, was mir mein Verstand riet. Ich wollte weg von ihm. Mein Fuß setzte sich nach hinten und ich prallte mit meiner Verse gegen einen Widerstand. So schnell es ging schaute ich über meine Schulter zurück, erkannte die Wand hinter mir, bevor ich mich wieder nach vorne wandte. Ich hatte überhaupt nicht realisiert, dass ich dieser bereits so nah gekommen war. Ich fühlte, wie meine Hände begannen zu beben, weshalb ich diese zu Fäusten ballte.
 

„SAM! LASS DEINE FINGER VON IHR!“, brüllte Edward.

Sofort besaß er meine volle Aufmerksamkeit. Er stand wieder. Sein Gesicht war wutverzehrt. Er hatte einige Kratzer abbekommen, einige Stellen waren stark gerötet. Aber ansonsten schien es ihm einigermaßen gut zu gehen. Mein Herz wurde eine Spur leichter. Immer wieder huschten Edwards Augen zu mir, bevor er wieder Sam fixierte. Das Grün seiner Augen war völlig gewichen. Diese wirkten jetzt schwarz. Hart wie Eis. Er hatte den Widerstand gegen Jared und Embry, die ihn in einem eisernen Griff hielten, noch nicht aufgegeben und ich konnte den Beiden ansehen, dass Edward ihnen ziemliche Schwierigkeiten bereitete.

Unvorstellbar.

Niemals zuvor hatte ich Edward so gesehen. Sein Gesicht war eine Mischung aus Wut und Hass. Ich konnte mir augenblicklich vorstellen, was Edwards Gegner gefühlt hatten. Seine gesamte Ausstrahlung wirkte nun bedrohlich, einschüchternd. Potenziell tödlich. Seine sonst so sanften Gesichtszüge waren hart, sein Kiefer angespannt. Seine kalten Augen durchbohrten Sam förmlich. Er war in diesem Moment nicht mehr der ruhige und ausgeglichene Edward Cullen, den ich sonst immer kannte.

Zum ersten Mal sah ich eine andere Seite an Edward. Die Seite, die nach dem Unfall in ihm zum Vorschein gekommen war. Eine Seite, die mich hätte ängstigen müssen. Aber sie tat es nicht. Ganz im Gegenteil. Es beruhigte mich sogar etwas. Ich spürte es an meiner Atmung, die etwas abebbte. Sogar jetzt, mit diesem mörderischen Ausdruck in seinen Augen vertraute ich ihm blind. Dennoch hob sich mein Brustkorb immer noch sehr schnell, während ich mich krampfhaft an die Wand hinter mir drückte.

Ein starkes Zittern durchfuhr mich augenblicklich, als Sam näher an mich heran trat.

„Wag es nicht. Sie hat überhaupt nichts damit zu tun!“ Edward stemmte sich gegen die vier Arme, die ihn weiterhin zurückhielten. Seine Stimme war dunkel und tief. Die Sanftheit war vollkommen daraus gewichen.

„Dass sehe ich aber ganz anders, Edward. Außerdem wiederholst du dich.“, erklang Sams süffisante Stimme. Sein Mund verzog sich zu einem überlegenen Grinsen, was mir einen Schauer nach dem anderen über den Rücken jagte.

Ich presste mich noch dichter an die Wand, spürte bereits, wie die raue Steinmauer meine Handgelenke aufscheuerte. Ein leichtes Brennen breitete sich von dort aus.

Ich spürte es, nahm den Schmerz aber nicht wahr.

Meine geweiteten Augen waren auf Sam gerichtet. Ich traute mich nicht, ihn für eine Sekunde aus den Augen zu lassen, versuchte sogar das Blinzeln so weit wie möglich einzustellen.

Der wahnsinnige Ausdruck, der in seinen Iriden lag, ängstigte mich noch mehr. Das schräge Grinsen verzehrte sein Gesicht zu einer furchterregenden Maske.

„Ganz anders!“, murmelte er, überbrückte weitere kostbare Zentimeter, die uns voneinander trennten.

Oh Gott! Was hatte er vor?!

Ich stand da wie versteinert. Starrte Sam einfach nur entgegen. Schmerzhaft pochte mein Herz gegen meine Rippen, schien diese auseinandersprengen zu wollen.

Meine Augen huschten kurz zu Edward, der sich mit aller Kraft aufbäumte.

Aber er konnte sich einfach nicht befreien. Was immer Sam auch vorhatten, Edward würde mir nicht helfen können. Ich fühlte mich ausgeliefert. Mein Atem wurde schwerer.

Tränen schossen mir in die Augen, verwischten meine Sicht. Hektisch begann ich zu blinzeln, strich mir mit meinem Ärmel die Spur der Tränen davon.

Ein Fehler.

Kaum sah ich wieder auf, begegnete ich sofort Sams stechend blauen Augen, die nur noch wenigen Zentimeter von meinem Gesicht entfernt waren.

Ich erschrak, prallte mit meinen Hinterkopf gegen die Steinwand. Ein Pochen durchzog sofort die Stelle. Zittrig sog ich Luft in meine Lungen.

„Sie hat sogar sehr viel damit zu tun, nicht wahr?“

Ich schwieg. Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, dass Edward Sam mit seinen Blicken am liebsten erdolchen wollte. Und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als dass dies wirklich geschehen würde.

Sams Atem schlug mir entgegen. Ich verzog angewidert mein Gesicht. Sollte er ruhig meine Abscheu ihm gegenüber erkennen. Warum daraus einen Hehl machen? Wenigstens Etwas, was ich trotz meiner Angst noch zustande brachte.

Ich zuckte von neuem zurück, als ich seine Hand spürte, die grob nach meinem Kinn packte. Es blieb keine Chance seinem Griff auszuweichen.

„Ich muss sagen, Edward, ich war sehr beeindruckt. Oder besser gesagt, ich bin es immer noch!“, begann Sam nun im Plauderton, während er seine Augen nicht von mir abwandte. „Du hast keinerlei Spuren hinterlassen. Keinen einzigen Hinweis über deinen Verbleib. Du warst gut!“, sagte er fast wohlwollend. „Aber so war es schon immer, nicht wahr, Edward!“ Schnell sah er über seine Schulter zurück. Missgunst schwang in seiner Stimme mit. Sams Augen verformten sich zu schmalen Schlitzen. Blanker Hass spiegelte sich dort drin.

Edward knurrte dunkel.

„Aber ich habe auch nichts anderes erwartet. Schließlich sprechen wir hier von Edward Cullen. Dem Edward Cullen, der jede Frau haben könnte.“ Er drehte sein Gesicht wieder in meine Richtung.

Edward schnaubte verachtend. Ich hingegen konnte Sam – auch wenn wir uns in dieser misslichen Lage befanden - nur zustimmen.

„Aber eigentlich immer nur die Eine wollte!“, endete er. Diese Stimme jagte einem eine Gänsehaut ein. Meine Knie gaben immer weiter nach. Mit all meiner Kraft stemmte ich mich gegen die Wand – meine Nägel bohrten sich förmlich in das Mauerwerk -, versuchte dadurch stehenzubleiben.

„Die Tochter unseres Polizeichiefs aus Forks.“ Seine freie Hand erhob sich, kam meinem Gesicht immer näher. Ich versuchte mich ihm zu entziehen, doch er verhinderte dies, indem er den Druck auf mein Kinn verstärkte. Ich stöhnte leise, vor Schmerz auf, sah wie er eine Strähne meines braunen Haars zwischen zwei Finger nahm, daran roch, bevor er mir diese hinter mein Ohr strich. Ich unterdrückte den Ekel aufgrund dieser Berührung, verschärfte meinen Blick. Unbeeindruckt dessen wanderte seine Hand weiter von meiner Schläfe zu meiner Wange, um dort liegen zu bleiben.

Sein Gesicht kam noch näher, seine Nasenspitze berührte fast die meine. Nur noch wenige Millimeter fehlten.

„Die kleine süße Isabella Marie Swan.“, murmelte er. Und ich verstand. Das war die perfekte Begebenheit für Sam. Darauf hatte er gewartet. Darum hatte er sich nicht zuvor gerächt.

Das würde sein vollkommener Moment werden.

Starr vor Panik sah ich Sam an. Unzählige Möglichkeiten schossen mir durch meinen Kopf.

Was würde jetzt passieren?

Was dann jedoch folgte, hatte ich nicht erwartet.

Ich keuchte auf, als er seine harten, rauen Lippen mit roher Gewalt auf meinen Mund presste. Meine Augen rissen auf. Blankes Entsetzen machte sich in mir breit. Mir wurde übel. Verzweifelt versuchte ich, ihn von mir wegzudrücken. Aber ich hätte auch gegen eine Betonwand drücken können. Es wäre der gleiche Effekt.

Ich hörte Edward irgendetwas schreien, was aber nicht zu mir durchdrang. Tränen rollten über meine Wange, als ich wahrnahm, dass Sam seine Hand zurückgezogen hatte, diese jetzt meinen Hals hinunter wanderte.

Ab diesem Augenblick dachte ich nicht mehr nach, ich war wie betäubt.

Ich reagierte einfach.

Mein Mund öffnete sich leicht und kein Atemzug später vergrub ich meine Zähne in seinen Lippen.

Warmes Blut floss über meinen Mund. Ich hielt sofort die Luft an, stellte das Schlucken ein. Ein metallischer Geschmack verbreitete sich in meinen Mund. Schwindel überfiel mich. Meine Beine wollten nachgeben. Der erwartete Würgereiz folgte umgehend.

Sam schrie auf, wich zurück.

Mit einer schnellen, zittrigen Bewegung fuhr ich mit dem Handrücken über die Lippen, während ich mich stützend gegen die Mauer lehnte. Mit all meiner Kraft kämpfte ich gegen die drohende Ohnmacht an, als ich mich von der Wand abstieß, um auf Edward zu zutaumeln. Nach nichts mehr sehnte ich mich gerade. Ich wollte zu ihm.

„Du verdammtes Miststück!“

Ich riss meinen Kopf nach hinten. In diesem Moment traf mich Sams Hand auf meiner Wange. Ich schwankte. Das Klatschen hallten in meinen Ohren, während sich ein brennender Schmerz von meiner linken Gesichtshälfte aus, rasend schnell ausbreitete. Ich hatte nicht genügend Zeit um zu realisieren, was gerade passiert war, als Hände nach mir packten. Brutal schlangen sich Sams Arme um meine Hüften, rissen mich nach oben. Ein Schrei entfuhr mir. Gleichzeit begann ich zu strampeln und schlug wild um mich, in der Hoffnung, ihn in irgendeiner Weise zu verletzen. Der Schmerz wurde von dem Adrenalin, das immer stärker durch meine Venen gepumpt wurde, überdeckt.
 

„Lass sie los!“

Edward warf sich mit der Schulter gegen Jared, der abgelenkt war, sein Gleichgewicht verlor. Diesen Moment nutzte er aus, trat seinem Gegner die Beine weg. Hart prallte Jared auf den Boden und stöhnte auf. Edward wandte sich umgehend Embry zu.

Ich schöpfte neuen Mut, meine Gegenwehr nahm zu. Ich wand mich in Sams Armen, wollte mich zu ihm herumdrehen, ihm das Gesicht zerkratzen, als ich hinter Edward etwas aufblitzen sah.

Sofort schnellte meine Kopf in diese Richtung und meine Augen weiteten sich schlagartig.

Da stand Quil. Kurz lag mein Blick wie gebannt auf der Blutspur, die sein Gesicht zierte, sich auf seinem Shirt fortsetzte, bevor ich auf die Eisenstange sah, die Quil über seinen Kopf erhoben hatte.

Panikartig schüttelte ich den meinen. Ich wollte meine Gegenwehr verstärken, doch genau das Gegenteil geschah. Meine Muskeln erschlafften.

Nein!

Mein Blick glitt zu Edward. In Gedanken schrie ich seinen Namen. Schrie ich so laut ich konnte. Doch nichts davon trat nach draußen.

Und doch, als hätte er mich gehört, wandte er seinen Kopf zu mir. Seine grünen Augen drangen tief in die meine ein.

Ich kannte diesen Blick.

Die erste Träne löste sich.

Ich kannte diesen Moment.

Die Zeit stand still.

Ein hoher kreischender Klang legte sich in mein Ohr. Ich schnappte heftig nach Luft. Ich wusste, dass es nicht real war, dass die Situationen nicht unterschiedlicher hätten sein können und doch konnte ich nicht verhindern, dass genau in diesem Moment die Erinnerung wieder hochkam. Es fühlte sich so an, als würde sämtliche Luft aus meinen Lungen gepresst werden.

Für Sekunden sah ich Schneeflocken vor meinen Augen tanzen.

„Nein!“, war das Einzige, was ich noch weinerlich hervorpressen konnte.

Die Eisenstange sauste nieder.

Ein dumpfer Schlag folgte.

Edwards Augen rissen auf.
 

„EDWARD!“
 

Tränen strömten unaufhaltsam über mein Gesicht, bevor mein Schrei in dem Tuch, das auf mein Gesicht gedrückt wurde, erstickt wurde.

Ein merkwürdiger Geruch umspielte meine Nase und ich glitt in eine tiefe Bewusstlosigkeit.
 

****

Die Rettung!?

Hey, alle zusammen.
 

da jetzt alles wieder so lange gedauert hat, melde ich mich jetzt gleich mit den letzten zwei Kapitel zu Bittersweet Symphony zurück. Der große Showdown sozusagen. ^^
 

Daher bin ich ziemlich aufgeregt und schon wahnsinnig auf eure Meinungen gespannt. Darum plapper ich jetzt nicht weiter und sag nur noch: Vielen lieben Dank für eure Kommis zum letzten Kapitel. Hab mich wie immer riesig darüber gefreut und viel Spaß beim neuen Kapitel.
 

18. Kapitel: Die Rettung!?
 

Dunkelheit.

Allgegenwärtige Dunkelheit.

Ich wusste, dass ich nicht tot war. Mein Herzschlag wurde stetig und leise an mich herangetragen und dennoch spürte ich meinen Körper nicht.

Schwerelosigkeit umgab mich. Ein Gefühl von dahintreiben im tiefen Wasser, während ich immer weiter sank.

Tiefer und tiefer, in die unendliche Schwärze hinein.

Und auch, wenn vollkommene Dunkelheit mich umgab, spürte ich keine Angst.

Ich empfand Leichtigkeit und Frieden.
 

Doch dann, ohne jegliche Vorwarnung, änderte sich plötzlich alles.

Es fühlte sich so an, als würden unzählige Wassermassen auf mich einstürzen. Ich wurde umhergeworfen. Nach unten gedrückt, nach oben geschleudert. Ich öffnete meinen Mund und wollte schreien, doch ich vernahm nur ein leises, raues Ächzen.

Ich schluckte, was ich sofort bereute als ich den stechenden Schmerz in meiner Kehle wahrnahm. Ein übel riechender, chemischer Geruch stach in meine Nase. Ich würgte, wodurch ich bemerkte, dass meine Zunge an meinem Gaumen haftete. Meine Lider wollten sich erst gar nicht heben, wogen schwer. Meine verklebten Wimpern pappten auf der Haut.

Ich war wieder bei Bewusstsein.

Das Dröhnen, das meinen Kopf heimsuchte, überlagerte das Pochen in meiner Wange. Außer dem Schmerz, konnte ich keine klaren Gedanken fassen. Konnte mich an nichts erinnern.

Es herrschte völlige Leere.

Was war passiert?

Ich stöhnte auf. Mein Körper krümmte sich. Es kam mir so vor, als würde sich meine Schädeldecke jeden Moment spalten. Ich kniff meine Augen fester zusammen, spürte etwas Raues an meiner Wange sowie Kälte und Nässe.

Was war das?

Sachte tasteten sich meine Fingerkuppen voran. Sie bewegten sich über eine merkwürdige Oberfläche. Gleichzeitig versuchte ich zu lauschen, dadurch irgendeinen Hinweis zu erhalten. Doch nichts. Kein Laut.

Wo war ich?

Definitiv nicht zu Hause. Zumindest darin war ich mir zu einhundert Prozent sicher.

Lag ich auf dem Boden?

Wenn ja…. Wie war ich dorthin gekommen?

Ich zuckte zusammen, als ich versuchte mich zu bewegen. Jede Stelle meines Körpers tat weh.

Ich schluckte zögerlich, bemerkte dadurch den merkwürdigen Geschmack in meinem Mund. Irgendwie metallisch!?

Wie aufs Stichwort, überfiel mich Übelkeit. Mein Magen krampfte sich zusammen. Meine Hände umschlangen abrupt meinen Bauch. Von neuem überfiel mich ein Würgereiz. Das Brennen in meiner Kehle verschlimmerte sich. Unter zuckenden Bewegungen versuchte ich, meine Lider mehr schlecht als recht anzuheben.

Ich wollte endlich wissen, wo ich war.

Was passiert war.

Diese Unwissenheit machte mich wahnsinnig.

Nach mehrmaligen Versuchen gelang es mir endlich. Meine Augen öffneten sich. Es dauerte nochmals - für mich – eine kleine Unendlichkeit, bis sich diese an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten.

Durch das schwache Licht, das von irgendwo hinter mir, trübe herein fiel, erkannte ich einen tristen Raum. In einigen Metern Entfernung von mir, befand sich eine graue Tür, die bereits von meiner Position aus ziemlich massiv aussah. Der Boden, auf dem ich lag, war mit einer dünnen Schicht Sand bedeckt. Einige dieser Körnchen klebten an meiner Wange. Schwerfällig versuchte ich mich auf den Rücken zu drehen, als ich stockte. Mit einem Schlag klärte sich mein bisher im Dämmerzustand dahin gedriftetes Gedächtnis.

Bilder – in grellen Farben - schossen an mir vorbei. Mein Herzschlag beschleunigte sich.
 

Unser Streit.

Die Verfolgungsjagd.

Sam.

Der Kuss.

Edward.

Die Eisenstange!
 

Mit einer schnellen Bewegung rollte ich wieder in meine Ausgangsposition, stemmte mich auf meine Hände, die umgehend unter der Last nachgeben wollten. Meine Sicht verschwamm. Schwindel überfiel mich. Ich biss die Zähne zusammen, riss meinen Kopf zur Seite und sah, wonach ich suchte.
 

„Edward!“ Ich unterdrückte einen aufkommenden Hustenanfall.

Regungslos lag er auf dem Boden. Den Rücken mir zugewandt.

Auf allen Vieren krabbelte ich, so schnell wie nur möglich, zu ihm. Packte nach seiner Schulter, drehte ihn vorsichtig zu mir herum. Sein Anblick ließ mich kurz erstarren. Ich japste unkontrolliert nach Luft. Das Gefühl, das mich augenblicklich überkam, war beklemmend, nahezu lähmend.

Mit geweiteten Augen betrachtete ich das bereits angetrocknete Blut an seiner Schläfe und Wange. Durch die dunkle Flüssigkeit, die geröteten Stellen, die sich langsam schon bläulich-lila verfärbten, wirkte seine Hautfarbe noch blasser als sonst.

Strähnen hafteten auf seiner verschwitzten Stirn. Seine Gesichtszüge waren angespannt.

Fieberhaft blinzelte ich die Tränen weg, die sich schon wieder in meinen Augen sammeln wollten. Kämpfte zugleich gegen den Schwindel und die Panik an, die drohten mich zu befallen. Weitere Bilder wollten vor mein inneres Auge treten.

Bilder aus der Vergangenheit.

Mit all meiner mir zur Verfügung stehenden Kraft, drängte ich diese zurück. Schüttelte diese konsequent ab. Ich durfte mich jetzt nicht in Schreckensbildern aus der Vergangenheit verlieren.

Edward ging es gut. Ihm würde nichts fehlen.
 

Diese Sätze wiederholte ich wie ein Mantra. Sie waren der Strohhalm, an den ich mich klammerte, um nicht in Panik zu versinken.

Ich hob meine zittrigen Hände an, um Edwards Gesicht zu umfassen. Vorsichtig strich ich über seine Wangen. Sein Atem streifte meine kühle Haut, was mich etwas ruhiger werden ließ. Ich beugte mich weiter über ihn, drehte seinen Kopf leicht, um die Wunde begutachten zu können.

Die Blutung hatte bereits gestoppt. Sein bronzefarbenes Haar war an einigen Stellen verklebt. Die Wunde an sich, schien nicht tief zu sein. Aufgrund dessen atmete ich erleichtert auf. Ohne meine Hände zurückzuziehen, schweiften meine Augen über den Rest seines Körpers. Auf den ersten Blick waren keine weiteren Wunden zu sehen. Was nichts hieß und dennoch spürte ich, wie sich der eisige Griff, der sich um mich gelegt hatte, begann, sich zu lockern, mir wieder mehr Freiraum gab.

Jetzt musste Edward nur noch aufwachen.

„Edward.“, erklang meine leise, weinerliche Stimme.

Keine Reaktion.

Meine Finger krallten sich in sein Hemd, während ich mein Gesicht an seiner Brust vergrub, an ihm rüttelte. Er sollte seine Augen aufschlagen, mir sagen, dass es ihm gut ging.

Seine Stimme.

Der einzige Wunsch, den ich im Moment hatte.

Ich wollte meinen Namen aus seinem Mund hören. Seinen lieblichen Klang in meinen Ohren.

Tränen lösten sich aus meinen Augenwinkeln, rollte über meine Wange. Ich schmeckte salzige Flüssigkeit, die meine Lippen benetzte. Tief atmete ich seinen Geruch ein. Konzentrierte mich auf seinen leisen, ruhigen Herzschlag, gegen den mein eigener sich wie ein wildes Trommelspiel anhörte.

Ein leises Stöhnen ließ mich aufhorchen. Sachte, fast in Zeitlupe, hob ich meinen Kopf an, blickte gebannt auf sein Gesicht.

Edwards Augenlider flatterten.

„Edward?!“, flüsterte ich mit heißer Stimme, beugte mich erneut über ihn.

Mehrmaliges Blinzeln folgte. Gebannt wartete ich ab, wagte es nicht, mich zu rühren.

Und dann – endlich - konnte ich wieder in tiefgrüne Augen blicken.

„Edward!“, rief ich überschwänglich aus. Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen. Dieser Moment, indem er seine Augen aufschlug, mich ansah, war Balsam für meine Seele. Meine Hände umrahmten sein Gesicht. Sanft strich ich ihm mit meinem Daumen über seine Wange, als ich ohne weiter groß darüber nachzudenken, mich zu ihm hinunterbeugte und meinen Mund auf den seinen legte.

Sobald ich seine Lippen spürte, den Druck seiner Arme, die sich um meine Hüfte schlangen, mich noch enger zu ihm zogen, verflog die Angst, die mich vor Sekunden noch im Griff gehalten hatte, vollständig.

„Ich bin so froh.“, murmelte ich.

Sachte löste ich mich etwas von ihm, wich jedoch nicht all zu weit zurück. Sofort begegnete ich seinem liebvollen und zugleich erleichterten Blick. Seine Augen drangen tief in die meinen ein. Das Strahlen darin, schien jeden noch so unerreichbaren und im verborgenem liegenden Teil meiner Seele zu erleuchten. Ich spürte die Hitze in meinen Wangen, spürte, wie das Blut in Rekordgeschwindigkeit durch meine Adern raste. Vorsichtig strich ich einige Strähnen aus seiner Stirn, was Edward ein leises Seufzen entlockte.

Wie sehr ich dieses Geräusch liebte.
 

Weiterhin lösten sich Tränen, kullerten über mein Gesicht. Edward hob seinen Arm an, stieß dann aufgrund dieser Bewegung, zischend die Luft aus, weshalb ich mich aufrichtete. Edward versuchte ebenfalls seinen Oberkörper aufzurichten, zuckte zusammen. Ich griff nach seinem Arm. „Warte. Ich helfe dir.“

Sein Blick huschte zu mir. Ein dankbares Lächeln zierte seine Mundwinkel, was mich beschämt zu Boden blicken ließ. Dieses hatte ich ganz und gar nicht verdient. Schließlich war ich allein der Grund für seinen Zustand. Ich hatte uns in diese Situation manövriert. Ich biss mir auf die Lippen, was Edward jedoch nicht bemerkte.

Nach einigen Minuten saß er aufrecht neben mir, kniff seine Augen zusammen, nahm tiefe Atemzüge.

Für einen Moment, einem Wimpernschlag gleich, hockte ich einfach da, sah ihn an. Bevor ich meine Arme anhob und diese um seinen Nacken schlang. „Es tut mir so leid!“, schniefte ich, was Edward dazu veranlasste seinen Griff – seine Hände hatten sich automatisch um mich gelegt -, noch zu verstärken.

„Es ist alles in Ordnung, Bella.“ Er nahm mein Gesicht in seine Hände, betrachtete mich intensiv. „Was ist mir dir?“ Kaum spürbar glitten seine Fingerspitzen über meine leicht geschwollene Wange, deren Pochen ich jetzt erst wieder wahrnahm. Nachdem ich Edward gesehen hatte, war jeglicher Schmerz vergessen gewesen. Und im Vergleich zu seinen Schmerzen, mussten meine ziemlich gering sein. Selbst die Benommenheit, die mich befiel, war auf ein Minimum gesunken.

„Alles in Ordnung.“ Ich konnte nicht anders, schüttelte meinen Kopf, lächelte dann. Seine Frage war so abwegig. Er war derjenige, der niedergeschlagen wurde, aber er machte sich wieder nur Gedanken um mich. Was hätte ich auch anderes erwarten sollen?

So war er.

„Gut.“ Erleichterung durchdrang seine raue Stimme.

„Aber, was ist mit dir?“

Seine Hand packte an seinen Hinterkopf. Er zuckte erneut zusammen, als seine Finger seine Wunde berührten. „Kopfschmerzen.“ Sein Mund verzog sich.

Mitfühlend blickte ich ihn an. „Aber nichts, was mich umbringen würde. Ich hab schon weitaus schlimmer ausgesehen.“ Er lächelte sein schiefes Lächeln, schwach, aber dennoch ausreichen, um mir den Atem zu rauben.

„Also, hör auf zu weinen.“, fügte er bestimmt hinzu. Zugleich küsste er mir über meine geschlossenen Lider, bevor sein Mund über meine Nasenspitze zu meinen Lippen wanderte.

Ich versuchte seiner Bitte nachzukommen. Konzentrierte mich auf die Süße seines Kusses. Ich versuchte es wirklich. Ich selbst wollte nicht mehr weinen. Doch konnte ich den Tränen, die derzeit immer noch unablässig über meine Wangen flossen, einfach keinen Einhalt gebieten. Genauso wenig, wie dem Zittern, das meinen Körper heimsuchte. Es gelang mir einfach nicht. Es hatte den Anschein, als hätte mein Körper ein Eigenleben entwickelt. Ich schmiegte mich noch enger an Edward, senkte meinen Kopf, vergrub mein Gesicht an seinem Hals. „Ich hatte solche Angst um dich.“, stieß ich hervor. Ich fühlte mich schuldig. Nur meinetwegen war er verletzt worden. Weil ich so stur gewesen war. Weil ich nicht nachgedacht hatte.

„Schhhtttt.“, flüsterte seine sanfte Stimme in mein Ohr. Ich erschauderte. Seine Lippen streiften mein Ohrläppchen, spürte die zärtliche Berührung. „Mein Herz. Es tut mir…..“
 

„Nicht.“ Mein Zeigefinger verhinderte, dass er weitersprechen konnte. Leicht weiteten sich seine Augen vor Verwunderung, als ich zum Nachdruck noch meinen Kopf schüttelte. „Hör auf dich zu entschuldigen. Es ist nicht deine……. Ich ganz alleine bin…… Es……..“ Ich redete völlig wirr. Alles wollte gleichzeitig aus mir hinaus. „Ich……, ich…….. hätte nicht…..mitten in der Nacht….“ Meine Schultern begannen zu beben. „Ich……. Verlass mich nicht.“, schluchzte ich verzweifelt. „Bleib bei mir.“ Meine Hände gruben sich in den Stoff seines Hemdes, als ich mich noch enger an ihn drückte. Ich wusste nicht, was genau mich dazu bewogen hatte, genau jetzt – in diesem Augenblick– diese Worte zu sagen. Ich kannte nicht den Auslöser. War mir dessen nicht bewusst. Der Zusammenhang fehlte, und doch hatte ich nicht anders gekonnt. Mein Entschluss, den ich in der Nacht gefasst hatte, hatte sich in Luft aufgelöst. Ich konnte daran nicht mehr festhalten. Es ging einfach nicht. Ich war mir durchaus bewusst, dass es selbstsüchtig war, dieses Thema genau jetzt anzusprechen.

So dumm.

Absolut unpassend.

Und doch konnte ich mich nicht dagegen verwehren. Ich hatte darüber keine Kontrolle mehr. Mein Herz war inzwischen stärker als mein Verstand.

Edward durfte nicht gehen. Meine Welt durfte nicht noch einmal zerschellen. Mit jedem Schlag wurden diese Worte lauter.

Ich hörte Edward schuldbewusst aufseufzen, bevor er sein Gesicht in meinem Haar vergrub. Ich hätte mich zugleich ohrfeigen können. Warum konnte ich nicht einfach meinen Mund halten?

Während ich mir selbst noch diese Frage stellte, sprudelten die Worte weiter – ohne dass ich sie hätte stoppen können – aus mir heraus. „Verzeih mir…….. Ich……. Ich will nicht selbstsüchtig sein. Ich will es nicht! Aber…ich kann nicht anders. Ich kann einfach nicht……. Bleib bei mir. Bitte bleib.“ Ich klammerte mich förmlich an Edward, als hätte ich Angst, dass er sich jeden Moment in Luft auflösen könnte. „Verlass mich nicht. Bitte.“ Dann brach meine Stimme endgültig. Ich war zu keinem weiteren Wort mehr fähig. Ich spürte wie eine schwere Last von meinen Schultern fiel und zugleich plagte mich das schlechte Gewissen. Beide Seiten zerrten an mir.
 

„Bella.“, murmelte Edward. „Ich habe…. Ich dachte……..“ Schwer amtete er aus. „Ich hätte das niemals sagen dürfen. Nicht einmal in Betracht ziehen dürfen. Ich war so dumm, so dumm.“, murmelte er.

„Nein.“, erwiderte ich prompt. „Du… wolltest mich beschützen. Ich will nicht, dass du dir Vorwürfe machst.“

„Werde ich nicht. Das kannst du mir glauben.“, sprach er bedacht, während er meinen Kopf anhob, sogleich meine Lippen wieder mit kleinen, zarten Küssen bedeckte. Seine Hände wanderten über mein Gesicht, strichen über meinen Hals, umfassten meinen Hüfte. Mit einer sanften Bewegung zog er mich auf seinen Schoß. Sachte bettete ich eine meiner Hände auf sein Herz, sah zu ihm auf.

„Versprich mir, dass du so etwas nie wieder sagen wirst. Nicht einmal denkst. Nie wieder. Hörst du? Nie wieder.“, nuschelte ich zwischen seinen Berührungen, die nicht abrissen.

„Versprochen.“ Leicht berührte seine Stirn die meine. „Ich kann dich gar nicht verlassen. Wenn ich gehe, dann nur mit dir an meiner Seite.“, und das schiefe Lächeln, dass ich so sehr liebte, breitete sich auf seinem Gesicht aus. In Edwards wunderschöne und tiefgrüne Augen konnte ich die reine Wahrheit lesen. Die Wahrheit, die gerade über seine Lippen gedrungen war.

Mein Herz jubilierte. Feierte seinen Sieg. Schlug Purzelbäume.

„Ich liebe dich, Bella.“

Meine Augen weiteten sich. Mein Herzschlag verklang. Ich vergaß augenblicklich wie man atmete. Ungläubig starrte ich ihn wenigen Sekunden lang an, bevor ich die Worte tatsächlich realisierte.

Ein Schluchzen trat über meine Lippen.

Dieses Mal jedoch nicht aus Angst, Verzweiflung oder Schuld, sondern aufgrund der Welle des Glücks, die mich endgültig und ungebremst durchströmte, alles andere davon schwemmte, jeden Winkel meines Körpers einnahm.

„Ich liebe dich.“, erwiderte ich, bevor ich mich wieder zu ihm zog, seine Lippen versiegelte, in diesem Kuss völlig versank.
 

Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, als wir uns voneinander lösten. Schwer hob und senkte sich mein Brustkorb. Meine Wangen glühten. Meine Lungen brannten, was jedoch umgehend von dem klaren Sauerstoff gelindert wurde. Ich lächelte in mich hinein, als ich den gerade erlebten Kuss noch einmal Revue passieren ließ. Sofort wurde die Wärme in meinen Wangen noch einmal um einiges stärker, als ich durch ein leises Kichern aus meinen Gedanken gerissen wurde. Ich schlug meine Augen auf, blickte auf, um einem äußerst amüsiert dreinblickenden Edward zu begegnen.

„Was?“, wollte ich sofort wissen.

Edward lachte kurz auf, bevor er mir Antwort gab. „Allem Anschein nach, müssen wir uns immer in brenzligen Situationen befinden, damit wir uns einen Schritt näher kommen.“

Ich hob eine meiner Augenbrauen an, dachte kurz über den Sinn seiner Worte nach und begann ebenfalls leise zu lachen.

Wenn ich so zurück dachte, musste ich diesem zustimmen. Doch Edwards Worte holten mich auch unweigerlich in die Realität zurück, ließ die rosarote Brille, die ich kurze Zeit getragen hatte, verpuffen.

Wir waren entführt worden.

Wir wussten nicht, wohin sie uns gebracht hatten. Geschweige denn, was sie mir uns vorhatten.

Gefangene.

Mein Blick, der durch den Raum gehuscht war, endete wieder bei Edward. Dessen Gesichtsaudruck war ernst geworden, sein Lachen verstummt. Ihm ging derzeit wahrscheinlich das Gleiche durch den Kopf wie mir.

Sanft löste er seinen Griff von meiner Hüfte, schob mich von seinem Schoß, bevor er sich erhob. Unser inniger Moment war vorbei – endgültig.
 

Mit festem Blick sah er sich aufmerksam in dem kleinen Raum um, in dem wir uns befanden. Ich tat es ihm gleich.

Für was der Raum einst genutzt wurde, konnte man leider nicht ersehen. Die Wände waren hoch. Zwei Meter über uns befanden sich kleine, verschmutzte Fenster, durch die Tageslicht hereinfiel. Zum Entkommen waren sie viel zu eng. Einige alte, verdreckte Decken lagen in einer Ecke. Die Überreste eines Stuhls waren in der anderen zu erkennen. Ansonsten war der Raum leer. Achtsam lief Edward in Richtung Tür. Seine Hand packte nach der Klinke.

Abgeschlossen.

Was hatte ich auch sonst erwartet. Das Sam uns einfach so davon spazieren lassen würde, war wohl eher Wunschdenken.

Edwards Finger glitten prüfend am Rahmen entlang. Fast fachmännisch begutachtete er die Scharniere.

Ich trat hinter ihn. „Und?“

„Die krieg ich so nicht auf.“

„Kein Einbruchwerkzeug in der Hosentasche?“ Es war wirklich skurril, in welchen Situationen man doch scherzen konnte.

„Nein, das liegt leider noch in der Schublade in meinem Nachttischschrank.“, ging Edward darauf ein. Ich lachte kurz auf, was meine angespannten Muskeln, weiter lockerte. Ich blickte mich noch einmal um. Vorsichtshalber, um noch einmal zu überprüfen, ob wir auch nichts übersehen hatten. Doch mein erster Eindruck blieb bestehen. Hier befand sich nichts, was man eventuell gebrauchen konnte. Ich seufzte leise, sah wieder zu Edward, wobei mein Blick auf seiner Wunde am Hinterkopf haften blieb.

Sofort schossen mir wieder die Bilder der vergangenen Nacht in den Kopf.

Ich biss die Zähne zusammen.

Dieser verdammte Quil. In diesem Moment bedauerte ich es, dass Edward nicht noch fester zugeschlagen hatte.

Ich schnaubte, verschränkte meine Arme. Wut flammte in mir auf, als ich an den Kuss und die Ohrfeige dachte. Die ganze Zeit in Edwards Armen hatte ich nicht einmal daran gedacht. Aber jetzt, da wir uns wieder mit unserer derzeitigen Situation befassten und die Sorge um Edward abgeflaut war, war alles wieder da. Meine Hände formten sich zu Fäusten. Voller Ekel rieb ich mir mehrmals mit dem Handrücken über den Mund. „Arschloch!“, murrte ich.

„Bella?“

Das war mein Name. Doch ich konnte gerade nicht darauf reagieren. Ich war inzwischen zu sehr mit meinen eigenen Gedanken beschäftigt.

„Wie kann er nur……?“, knurrte ich vor mich hin, während ich begann auf und ab zu gehen und wild mit meinen Armen durch die Luft zu fuchteln. Das würde mir Sam Uley noch büßen. Was fiel ihm ein, mich zu küssen?

„Bella!“

So leicht würde er mir dafür nicht davon kommen. Ich bin immerhin die Tochter eines Polizeichiefs. Zu irgendetwas muss diese Tatsache doch gut sein.

„Dieser verdammte…..“, setzte ich bereits von neuem an, als ich abrupt unterbrochen wurde, indem mich Edward an den Schultern packte.

„Isa, bitte. Halt die Luft an. Ich kann dich verstehen, aber bitte, gib mir eine ruhige Minute zum Nachdenken.“

Scharf sog ich die Luft ein, während ich meine Augen innerhalb von einer Sekunde so weit aufriss, dass es schmerzte.

Edward bemerkte meinen schockähnlichen Zustand nicht. Er hatte die Augen geschlossen und presse seinen Daumen und Zeigefinger gegen seinen Nasenrücken.

Ich sollte ihn jetzt nicht stören, doch konnte ich nicht anders. Mein Herzschlag dröhnte in meinen Ohren, weshalb ich meine eigene Stimme nur gedämpft wahrnahm, und hoffte, dass das, was ich aussprach, auch einen Sinn ergab.

„Wie ….“ – ich schluckte, mehrmals – „Wie…… hast du mich…… gerade genannt?“ Meine Stimme war zittrig, brach an einigen Stellen.
 

Edward öffnete sofort seine Augen, sah mich mehr als fragwürdig an.

Ich trat einen kleinen Schritt auf ihn zu, sah ihm gebannt entgegen.

„Du……“, - ich schluckte – „Du…… hast mich…… Isa genannt. So……, so hast du mich nicht mehr genannt….seit …….“

„Seit dem Unfall!“, beendete er meinen Satz. Seine Augen weiteten sich ebenfalls, als er die Erkenntnis wahrnahm, die darin lag. Er öffnete seinen Mund, schloss ihn wieder und verharrte in seiner Position.

Eine Gänsehaut überzog meinen Körper. Ausdruckslos stand ich dar, sah einfach nur zu Edward auf, der aussah als hätte er gerade einen Schock erlitten.

Sollte es wirklich so sein?

Sollte ich mit meiner Vermutung richtig liegen?

Kaum, dass ich mir diese Fragen gestellt hatte, intensivierte ich mein Blick. Ich tauchte in Edwards Augen ein.

Tiefgrüne Augen blickten wissend und zugleich sanft auf mich hinab.

„Oh mein Gott!“, formte ich stumm mit meinen Lippen.

Ich hatte gefunden, was sich suchte. Was mir die Bestätigung gab.

Das gewisse Etwas, das ich seit dem Unfall darin vermisst hatte, war wieder da. Es war wieder zu ihm zurückgekehrt.

Ich keuchte wissend auf. „Du erinnerst dich wieder!“, stieß ich wispernd hervor. Ich hatte diesen Satz noch nicht beendet, als sich schon die erste Träne löste. Die Nächste folgte umgehend. Am liebsten hätte ich laut aufgelacht, ihn umarmt, doch ich hatte die Kontrolle über meinen Körper verloren. Ich konnte nur zu ihm aufsehen, ihn nicht aus den Augen lassen.

Jede einzelne Faser in mir reagierte bereits vollkommen und unwiderruflich auf meine eigene Aussage. War fest von dieser überzeugt. Mein Verstand hingegen mahnte mich zur Vorsicht. Konnte es irgendwie nicht glauben.

Sollte ich es mir wirklich auch nicht nur eingebildet haben?

Hatte sich meine Phantasie auch nicht mit der Realität vermischt?

Laut und wild pochte mein Herz gegen meine Brust, während ich meine Augen langsam immer wieder über Edward gleiten lies.

Seit meiner Aussage stand mein Engel regungslos da.

Nur langsam kehrte wieder das Leben in seinem Körper ein. Etwas benommen strich er sich durchs Haar. Er wirkte verwirrt, etwas überfordert. Sein Blick war auf den Boden gerichtet. Sein Atem ging flach.

Minuten vergingen. Minuten, in denen ich ihn weiterhin nur beobachtete. Bemerkte, wie seine Augen fast scheu zu mir aufsahen, um sich dann wieder zu senken. Er schien es selbst nicht glauben zu können.

Wer hätte auch gedacht, dass nach all der Zeit seine Erinnerungen zurückkehren würden.

Niemand!

Niemand hatte damit gerechnet.

Und so wie es aussah, er am allerwenigsten.

„Edward.“, leise sprach ich seinen Namen aus.

Sachte hob er seinen Kopf an. Ich streckte meine Hand nach der seinen aus. Verschlang meine Finger mit den seinen.

„Es….. es ist……………“ Er legte seine Stirn in Falten. Suchte nach dem richtigen Wort.

„Verwirrend?“, kam ich ihm zur Hilfe.

Ein Nicken erfolgte. Ich nickte ebenfalls.

Das konnte ich mir schon denken. Mit einem Schlag waren die Erinnerungen aus 16 Jahren seines Lebens wieder da. Nun besaß er zu all den Erzählungen wieder Empfindungen und Bilder.

Während die Erkenntnis immer weiter in sein Bewusstsein vordrang, nahm ich nicht meinen Blick von ihm. Ich begann zu lächeln. Liebevoll und aufmunternd. Ich wollte ihm zeigen, dass ich da war.

„So hast du mich schon früher immer angesehen.“, erklang seine Stimme flüsternd.

Fragen hob ich meine Augenbrauen an.

„Deine Augen. Das Funkeln darin. Es hat sich nicht geändert. So hast du mich früher angesehen und auch noch heute.“, erklärte er mir leise. „Nur dass ich es damals nicht verstanden haben.“, nuschelte er, mehr zu sich selbst und ich errötete. Verstand, was er mir damit sagen wollte. Was er dadurch sehen konnte. Meine Gefühle für ihn hatten sich nicht geändert. Niemals. Ich hatte es ihm zwar schon gesagt, aber das war was anderes.

Vorsichtig, fast unsicher hob Edward seine Hände. Seine Finger strichen über meine Wange, fast so, als wäre ich aus Glas, als könnte ich jeden Moment bei zu starkem Druck zerbrechen. Seine Augen folgten jeder seiner Bewegung. Ganz langsam fuhr er die Konturen meines Gesichts nach, so als wäre es das erste Mal, dass er mich betrachten würde, mich berührte.

Es war seltsam, vertraut und faszinierend zugleich. Ich seufzte auf, lies mich fallen. Gab mich seinen Berührungen vollkommen hin. Meine Gedanken versiegten.

„Ich liebe dich.“ Seine Stimme voller Leidenschaft und Glückstaumel erhob sich, völlig unerwartet in die Stille. Ich hatte mich so sehr auf den Klang seiner Stimme konzentriert, dass die Bedeutung seiner Worte erst langsam, bruchstückhaft zu mir durchdrang. Doch das allein reichte aus, um mich gefangen zu nehmen. Leuchtende Augen begegneten den meinen, trafen auf einen unbeschreiblichen Glanz und ich war erneut den Tränen nahe.

„Ich liebe dich so sehr.“, sprach Edward leise weiter. Jedes Mal, wenn er diese Worte aussprach umschlang mich von neuem, diese unbeschreibliche Wärme, umschloss mein Herz wie eine schützende Hülle.

„Ich habe es schon immer getan.“

Das war zu viel. Ich schloss meine Augen. Schluchzte auf. Schon wieder. Wieder lösten sich Tränen, benetzten meine Wange. Ich spürte die Kühle auf meiner erhitzen Haut. Würde das heute überhaupt noch einmal ein Ende nehmen?

Wollte ich überhaupt, dass dieser Moment endete?

Ein Ruck erfolgte, und ich lag in seinen Armen. Fest drückte er mich an sich. Ich erwiderte die Umarmung gleichermaßen, bettete meine Wange an seine Brust.

„Es fühlt sich so gut an, es zu wissen. Es nicht nur zu vermuten.“, flüsterte er mir zu.

„Ja.“, gab ich mit schwacher Stimme zurück.

„Ich kann mich wieder erinnern.“ Seine Stimme klang brüchig. Ich bemerkte, wie er anfing zu zittern. Ich wollte das Gesicht anheben, sehen was los war, doch Edwards Griff ließ diese Bewegung nicht zu.

„Endlich wieder an alles erinnern.“, wiederholte er leise.

Und ich spürte, wie etwas Nasses in dem Stoff auf meiner Schulter versank.

Edward weinte?!

Ein kleines Lächeln umspielte meine Lippen. Meine Hände strichen liebvoll über seinen Rücken. Ich reckte meinen Kopf etwas weiter nach oben, berührte mit meinen Lippen seine Halsbeuge, bevor ich mein Gesicht in dieser vergrub. Es bedurfte keinerlei Worte.

Alles um mich herum verschwamm, löste sich auf. Da waren nur noch Edward und ich.

Wir.

Dieses Wort, so klein und doch sagte es für mich das aus, was wir füreinander empfanden.

Liebe.

Es gab nicht mehr nur Bella oder nur Edward.

Es gab nur noch Bella und Edward.

Zusammen.

Das wurde mir in diesem Moment bewusst.
 

Eine Ewigkeit verging. Keiner von uns beiden rührte sich. Jeder genoss die Wärme des Anderen. Vollkommen versunken in der Zweisamkeit, die uns umgab, als ich plötzlich begann leise aufzulachen. Die Erheiterung wuchs an, zog meine Schultern in Mitleidenschaft. Fest presste ich meine Lippen aufeinander, versuchte das Lachen zu unterdrücken. Doch ich konnte nicht. Klar und hell brach es aus mir heraus. Ich spürte, wie Edward mich von sich schob. Der Tränenschleier, der dieser Lachanfall mit sich zog, verklärte mir die Sicht.

Aber ich konnte mir sein Gesicht durchaus vorstellen. Wie er verdattert dreinschauend vor mit stand. Seine eine Augenbraue vor leichter Verärgerung nach oben gezogen. In seinen Augen der Konflikt ob er mit lachen, oder sauer sein sollte.

„Bella?“

„Es tut mir leid.“, brachte ich gepresst hervor.

Ich schnappte nach Luft. Umschlang meinen Bauch. „Aber ich kann einfach nicht anders.“

Ich konzentriere mich darauf mein Lachen unter Kontrolle zu bekommen. Der Erfolg war schwach, aber ich konnte wieder reden. „Aber es schreit gerade zu nach Klischee.“

Ein Glucksen erklang, bevor er ebenfalls in mein Lachen mit einfiel. Er wusste, was ich mit diesen Worten ausdrücken wollte.

Ich hatte das Gefühl, dass dadurch endgültig alles Belastende aus der Vergangenheit, von uns abfiel. Die Zeit war schwer gewesen, aber dieses Lachen war wie eine Befreiung. Ein für allemal.

„Hätte ich das geahnt, hätte ich schon viel früher eine Eisenstange zur Hand genommen.“, witzelte ich.

„Dein Schlag wäre mir lieber gewesen. Die Kopfschmerzen wären erträglicher, als die jetzigen.“, gab Edward amüsiert zurück.

Ich funkelte ihn hierauf sauer an. „Pah.“

Er lachte auf. „Ich bin auf die Gesichter der Anderen gespannt. Jetzt, wo ich wieder alles weiß, muss ich mal ein Wörtchen mit Emmett sprechen. Er schuldet mir eine Menge Geld.“

Ich verstummte. Alice, schoss es mir durch den Kopf. Sie wusste, dass uns etwas passiert war. Sie würde gerade durchdrehen. Wenn sie nicht schon einen Herzinfarkt erlitten hatte. Das war wahrscheinlich auch der Grund, warum die Kavallerie noch nicht angerückt war, um uns zu befreien.

„Ja, aber dazu müssen wir erst einmal hier raus.“ Die Heiterkeit war verflogen. Edward stimmte mir zu.

„Ich werde uns……“, er brach mitten im Satz ab, riss seinen Kopf zur Tür herum.

Da waren Schritte, direkt davor. Kaum wahrgenommen, machte sich auch schon irgendjemand an der Tür zu schaffen.

Edward positionierte sich vor mir. Ich rückte dicht an ihn. Meine rechte Hand umschlang seinen Arm.

Die Geräusche verstummten. Ich hielt die Luft an. Ein leises Klacken durchbrach noch einmal die Stille und die Tür öffnete sich.

„Ihr habt ein Rettungskommando bestellt?“

„Jake!“, kreischte ich, rannte an Edward vorbei und umarmte ihn.

„Hey. Nicht so stürmisch, Bella.“, brummte er, legte seinen Arm um mich. Drückte mich kurz an sich.

Während ich mich von ihm löste, erhob sich Jakes Stimme von neuem. „Uh. Du siehst gar nicht gut aus.“ Ich wusste augenblicklich, dass er damit Edward meinte. Wen sonst.

Edward öffnete den Mund, wollte etwas erwidern, doch eine andere Stimme drang zu uns hindurch. „Nicht gut aussehen ist noch untertrieben. Er sieht grässlich aus.“ Ein Kichern unterlegte die letzten zwei Worte.

„Seth?“ Kam es ungläubig von Edward. Sein Blick huschte kurz über den Jungen, dann zu Jacob.

„Jetzt kennst du den Grund.“, gab dieser hierauf von sich. Ich blickte fragend zu Jake auf. Was meinte er damit?

Doch eine Antwort würde ich hier und jetzt, so wie es aussah, nicht bekommen. Edward kam auf uns zu. Klopfte Jake kurz auf die Schulter, bevor er wieder Seth in Augenschein nahm. „Wir zwei werden später reden.“ Seine Augen blitzen hierbei wütend auf. Seine Gesichtszüge waren angespannt. Ich kannte diesen Unterton und bedauerte Seth insgemein, obwohl ich nicht einmal wusste, um was es hier ging.

Doch dieser schien ganz und gar nicht beeindruckt, streckte ihm die Zunge raus. „Ja, es freut mich auch, dich wieder zu sehen.“

Edward schüttelte seinen Kopf. Jake verdrehte die Augen.

Ok, da ich sowieso keinen blassen Schimmer hatte, um was es hier gerade ging, tat ich das, was ich für das nächst Beste hielt. Ich löste mich von Jake und trat auf Seth zu und zog ihn ebenfalls in eine Umarmung. „Schön dich wieder zu sehen.“, sprach ich leise. „Auch, wenn mir andere Umstände lieber gewesen wären.“

Er lachte leise auf „Es freut mich ebenfalls, Bella.“.

Ich lockerte die Umarmung, betrachtete mir Seth genauer. Er war seit dem letzten Mal, als wir uns gesehen hatten, wieder ein gutes Stück gewachsen. Auch die kindlichen Züge in seinem Gesicht hatten sich bereits etwas zurückgezogen.

Die Zeit vergeht, ging es mir durch den Kopf, während ich im Hintergrund Edward und Jacob gedämpft miteinander reden hörte. Keine Minute später griff Edward nach meiner Hand. „Lass uns hier verschwinden.“

Ich stimmte ihm zuversichtlich zu. Jetzt musste einfach alles gut gehen. Es konnte nicht anders sein.

Edward setzte sich in Bewegung. Ich folgte ihm. Jacob übernahm die Führung. Seth lief auf der anderen Seite neben meinem Freund.

Bei diesen letzten zwei Worten konnte ich nicht verhindern, dass mein Mundwinkel kurz nach oben zuckte. Doch dieser kurze Glücksmoment schwand, als wir in die Dunkelheit vor uns eintauchten.

Nur unsere leisen Schritte erklangen in dem dunklen Flur, in dem wir uns gerade befanden. Meine Augen huschten nach vorne. Doch die herrschende Dunkelheit verhinderte, etwas in all zu weiter Ferne zu erkennen. Meinen leicht erhöhten Herzschlag überhörte ich. Niemand von uns sprach.

Eine fast greifbare Spannung lag in der Luft.

Jacob und Edward verständigten sich mit schnellen Blickkontakten, Kopfbewegungen. Sie wollten verhindern, dass wir entdeckt werden würden. Mein Blick schweifte kurz über Seth und Jacob. Unendliche Dankbarkeit. Das empfand ich ihnen gegenüber. Ich hatte selbst gesehen, zu was Sam und der Rest von Edwards so genannten früheren Freunden fähig waren. Seth und Jacob gehörten selbst dazu. Und doch stellten sie sich gegen ihre eigenen Leute, um uns zu helfen. Denn auch wenn es Unrecht war, was Sam tat, so konnte es doch schwer sein, sich gegen diejenigen zu stellen, die man schon sein ganzes Leben lang kannte. Die man seine Freunde nannte.

Die Dunkelheit zog sich etwas zurück. Jake hielt inne, lehnte sich zur Seite. Sein Körper berührte die Wand zu seiner Linken. Achtsam schaute er sich in dem Raum um, der sich vor uns auftat. Was es genau war, konnte ich von meiner Position aus, nicht erkennen. Ich reckte mein Hals etwas, um besser sehen zu können. Doch Edward, der jetzt zwei Schritte vorgetreten war, versperrte mir umgehend die Sicht.

„Ich würde sagen, die Luft ist rein.“, nuschelte Jacob. Seine Augen zuckten hin und her. Er schien von seiner eigenen Aussage nicht ganz überzeugt zu sein. Seine Haltung war angespannt.

„Wo halten sie sich auf?“ Edward stand direkt neben ihm, wurde jedoch genau wie Jake von dem Schatten, der in den Gang fiel, verdeckt. Ein in der Halle Stehender, würde sie nicht entdecken.

Mit einer Kopfbewegung deutete Jake die Richtung an. Ich sah nach rechts oben. Über eine Treppe gelangte man in die obere Etage, die über mehrere Zimmer verfügte.

„Wer es ist, kann dich dir aber nicht sagen. Ich bin froh, dass ich überhaupt herausgefunden hab, wo sie euch hingebracht haben.“ Jakes Augen verdunkelten sich bei dieser Aussage. Zugleich hörte ich die Anspielung heraus, dass er und Sam nicht mehr die besten Freunde waren. Vielleicht niemals waren.

„Was schlägst du vor?“ Die Frage war an Edward gerichtet.

Dieser überschlug seine Arme. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, als er seine Augen schloss. Anhand dieser Geste wusste ich, dass er mehrere Varianten in Erwägung zog, diese gegeneinander abwog.

Gebannt und zugleich neugierig, machte ich einen kleinen Schritt auf ihn zu, was von Jake sofort registriert wurde. Ein kurzer Blickkontakt und er wusste, dass ich nicht vorhatte, noch einen Schritt näher zu kommen. Ich wollte nicht riskieren, dass wir durch mich entdeckt wurden.

Seth stand hinter mir locker an die Wand gelehnt. Seine Hände lässig in die Hosentaschen vergraben. Ich fragte mich, woher er diese Gelassenheit nahm. Ich kämpfte dagegen an, mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen. Meine Nerven waren fast am zerreisen. Ich musste mich konzentrieren, damit mein dröhnendes Herz nicht alle andere Geräusche übertönte.

Edward gab mir Sicherheit, und dennoch schoss unaufhaltsam Adrenalin durch meine Adern. Höchstwahrscheinlich der Grund, warum ich noch aufrecht laufen konnte, meine Knie noch nicht weich wurden. Denn, auch wenn wir durch Jake und Seth Verstärkung bekommen hatten, war die Gefahr immer noch da. Sie saß uns im Nacken. Ich wusste, dass ich erst wieder beruhigt aufatmen konnte, wenn wir in Sicherheit waren.

„Wir nehmen den direkten Weg.“ Ich konnte keine Gedanken lesen, verstand jedoch, was Edward damit meinte.

Jake brummte zustimmend. Also hatte er sich ebenfalls für diese Variante entschieden, wollte durch seine Fragen wissen, ob Edward sich ihm ebenfalls anschloss. Was er mit seiner Aussage tat.

Seth begann einfach nur wieder zu grinsen.

Bei mir hingegen beschleunigte sich der Puls noch weiter. Auch wenn ich nicht den genauen Fluchtweg kannte, diesen nur erahnte, konnte ich mir denken, dass dieser nicht der ungefährlichste, aber wahrscheinlich der schnellste sein würde. Das Wort Schnell gefiel mir. Es gefiel mir sogar sehr gut. Schnell bedeutete, dass wir bald hier raus waren. Die daraus resultierende Gefahr schob ich gekonnt beiseite. Wir würden jetzt unbemerkt das Weite suchen. Wenn wir in Sicherheit waren, könnten wir in aller Ruhe die Polizei rufen.

Ein guter Plan.

Mein linker Mundwinkel zuckte kurz nach oben.

Die Aufregung, die meine Glieder bewohnte, klang eine Spur ab.

„Bella!“

Ich folgte der Stimme, sah auf. Edward trat auf mich zu, legte seine Hand auf meine Wange. „Wir müssen von hier aus einmal quer durch die Halle, um auf die andere Seite zu gelangen. Von dort aus werden wir uns zu der Tür, die du dort hinten sehen kannst, vorarbeiten.“ Er deutete kurz mit seinem Finger darauf. „Du wirst die ganze Zeit über nicht meine Hand loslassen. Hast du verstanden?“ Ich bestätigte stumm. Betete zugleich, dass meine Tollpatschigkeit mir einmal nicht im Weg stehen würde.

„Dann los.“, kommandierte Jake. Und keine Sekunde später, setzen wir uns alle gemeinsam wieder in Bewegung.

Jake bildete wieder die Vorhut. Dann kamen Edward und ich. Hinter uns Seth. Ich blickte nach oben, konnte von dort jedoch keine Bewegung ausmachen, was mich nicht im Geringsten beruhigte.

Die gegenüberliegende Wand kam immer näher und näher. Es fehlten nur noch wenige Schritte. Jacob musste nur seinen Arm ausstrecken. dann könnte er das Mauerwerk bereits berühren. Für uns war es ebenfalls nicht mehr weit. Und bis jetzt war ich noch nicht über meine eigenen Füße gestolpert. Damit dies auch nicht auf die letzten Meter geschehen würde, konzentrierte ich mich wieder auf meinen Lauf. So sehr, dass mir die beiden Schatten, die auf uns zugestützt kamen, zu spät auffielen.

Edward hielt abrupt inne. Ich kam nicht dazu, stehen zu bleiben, als ich bereits einen starken Ruck an meiner Hand spürte, dann die Verbindung zu Edward verlor.

Ich riss meinen Kopf zur Seite, hörte wie Edward, fast einem Zischen gleich, die Luft ausstieß. Er taumelte einige Schritte nach hinten. Sein Gesicht war nach unten geneigt. Ich ließ meine Blick sinken und atmete zittrig ein.

Sam, schoss es mir durch den Kopf.

Er hatte seinen Oberkörper tief nach vorne geneigt. Seine Schulter grub sich in Edwards Bauch. Mein Freund kämpfte damit, sein Gleichgewicht zu halten. Meine Augen zuckten kurz nach links. Eine andere Bewegung war mir aufgefallen.

Jacob!

Er wich gerade durch einen kleinen Sprung vor einer Faust zurück.

Da war noch jemand!

Keiner der Quileute. Ich kannte dieses Gesicht nicht. Ich war diesem nie in unserer High School oder in Forks begegnet. Er wirkte im Vergleich mit Jake schmächtig. Aber ich bemerkte umgehend, dass er ihm Probleme bereitete.

Die Bewegungen des Unbekannten waren geschmeidig, schnell, fast wie die einer Raubkatze.

Meine Augen zuckten nervös zwischen Jacob und Edward hin und her. Meine hastigen Bewegungen überforderten meine Sehkraft. Ich konnte gar nicht so schnell realisieren, was sich gerade vor mir abspielte.
 

Seth hatte sich in Verteidigungsposition vor mir aufgebaut. Konzentriert sah er sich um, prüfte, ob sonst noch jemand aus dem Nichts auftauchen würde. Aber so wie es aussah, waren sie nur zu zweit. Jacob rang mit James – wie ich durch einen mehr als wütenden Ausruf von Jake erfahren hatte.

Keiner der beiden hatte derzeit die Oberhand. Der Kampf wirkte vollkommen ausgeglichen. Genau das war es, was mich beunruhigte.
 

Mein Blick huschte wieder zu Edward, der gerade seine Faust zurückzog. Der Schlag ließ Sam taumeln. Mit einer groben Bewegung wischte er sich mit dem Handrücken über seine aufgeplatzte Lippe. Sein rechtes Auge war bereits zugeschwollen. Edward hielt sich nicht zurück, was ich durchaus nachvollziehen konnte. Und auch wenn sich ein Teil in mir danach sehnte, dass Edward Sam noch eine verpassen würde, wünschte sich der größere Teil in mir, dass all das hier endlich ein Ende hatte. Ich wollte alle Drei in Sicherheit wissen, endlich nach Hause gehen. All das hier hinter mir lassen.

Ein Aufstöhnen aus Jakes Richtung lies mich meinen Kopf herumreisen.

James stand hinter Jacob. Sein Arm hatte sich fest um Jakes Hals geschlungen. Dieser erhöhte den Druck, riss Jakes Kopf noch weiter nach hinten, was ihm erneut laut aufkeuchen lies. Meine Augen rissen auf, ich öffnete meinen Mund, wollte seinen Namen rufen, doch Seth kam mir zuvor.

Er wollte loslaufen, doch ich packte mit meiner Hand nach seinem Arm und zog ihn mit all meiner Kraft zurück.

„Bella, was….? Lass mich los!“, fuhr er mich barsch an, wollte meine Hand abschütteln.

Ich schnitt ihm das Wort ab. „Misch dich nicht ein.“ Ich war über die Autorität, die ich in meine Stimme legte, selbst überrascht. Seth schien ebenso perplex darüber. Seine Gegenwehr war vollkommen zum Erliegen gekommen. Daher achtete ich nicht weiter auf ihn, hob meine Kopf wieder in Jacobs Richtung an. Für eine Sekunde trafen sich unsere Blicke und ich wusste, dass ich in seinem Sinne gehandelt hatte. Ich verstärkte den Griff um Seths Hand, um sicher zu gehen, dass er auch bei mir blieb.

Jake wandte sich in James Griff, versuchte aus der Umklammerung auszubrechen, als ein ohrenbetäubendes Geräusch die Halle erfüllte und mich zusammenzucken lies.

Die Bedeutung musste ich nicht erraten.

Ich kannte sie.

Das Blut gefror mir in den Adern.

Mein Herz stand still, als ich begann, mich in die Richtung zu drehen, aus der das Geräusch gekommen war.

Bitte, lass meine Befürchtung nicht wahr sein.

Meine Lider senkten sich kurz über meine Augen. Angst, wie ich sie noch nie zuvor erlebt hatte, schoss in all meine Glieder.

Jeder schien den Atem anzuhalten.

Selbst Jacob und James hatten in ihrem Kampf inne gehalten. Alle Augen fixierten sich auf den einen Punkt, den ich bis jetzt noch nicht erreicht hatte.

Ein metallischer Geruch schnitt mir in die Nase.

Panik befiel mich, als ich sah, realisierte, was geschehen war.

„EDWARD!“

Er lag auf dem Boden. Sein Gesicht schmerzverzehrt. Seine linke Hand presste er auf seine rechte Schulter. Rote Flüssigkeit floss zwischen seinen Fingern hervor, verschwand in dem Stoff seines Shirts.

Ich sah nicht Sam, der hämisch grinsend vor ihm stand.

Sah nicht den Gegenstand, den er in seiner Hand hielt und noch immer auf Edward gerichtet war.

Ich sah nur den Menschen, den ich über alles liebte, verletzt auf dem Boden liegen. Das reichte vollkommen aus.

Ich ließ Seths Hand fallen.

Meine Füße setzten sich in Bewegung.

Ich eilte an Seth vorbei, der meinen Namen schrie. Mich noch aufzuhalten versuchte.

Doch ich war schneller.

Mit hastigen Schritten hatte ich mein Ziel erreicht. Ließ mich auf die Knie fallen, atmete sogleich durch den Mund, als der Geruch von Blut noch intensiver wurde.

„Oh mein Gott!“, stammelte ich hysterisch zusammen, während meine zittrige Hand den Weg auf Edwards Hand, die seine Wunde abschirmte, fand.

Blut.

Da war überall Blut.

Ich spürte die warme Flüssigkeit, wie sie unaufhaltsam über meine Haut floss. Ich war nicht dazu im Stande, sie davon abzuhalten. Gebannt und geschockt zugleich fixierte ich seine Wunde.

Meinen anderen Arm legte ich schützend um ihn, bevor ich zu Sam hinauf blickte.

„HAST DU JETZT VÖLLIG DEN VERSTAND VERLOREN!“, schrie ich ihm entgegen. Die Tatsache, dass die Waffe jetzt ebenfalls auf mich gerichtet war, war mir vollkommen gleich. Ich war für die Gefahr völlig blind. Das Einzige, was in mir vorherrschte, war der Drang, Edward zu beschützen, so wie er es sonst immer tat.

Wütend blitzende Augen begegneten den meinen.

„Mistkerl!“, fauchte ich.

Edward sog zischend die Luft ein, was mich dazu veranlasste, wieder nach unten zu sehen. Seine Augen waren geschlossen. Seine freie Hand packte nach meinem Arm, drückte diesen mit all seiner Kraft. „Bella.“, presste er hervor. Ich wusste, was er mir damit sagen wollte. Ich sollte wieder dahin gehen, wo ich gewesen war. Hinter Seth in Deckung. Aber das konnte ich nicht tun. Ich konnte nicht gehen. Das stand nicht zur Debatte. „Nein.“, gab ich leise aber bestimmt von mir.

Er schnaubte, verstärkte noch einmal den Druck auf meinen Arm, hob seine Lider leicht an. Sein Blick war wachsam, vorsichtig, was mich dazu veranlasste, wieder den Kopf anzuheben.

Sam stand vor uns.

Regungslos. Wirkte vollkommen apathisch.

Seine Augen sahen verschleiert auf mich und Edward herab. Es hatte den Anschein, als würde er durch uns hindurchsehen. Doch nahm er jede noch so kleine Bewegung von uns wahr.

Ich spürte die Gänsehaut, die schmerzend über meine Arme raste.

Ich war wie gebannt. Konnte nicht anders, als zu ihm hinaufzustarren. Als sich seine Mundwinkel regten, zuckte ich leicht zusammen. Seine Lippen verzogen sich zu einem irren Grinsen. Seine Augen verformten sich zu schmalen Schlitzen. Ich zog Edward weiter zu mir, beugte mich noch etwas mehr über ihn.
 

Edwards Druck auf meinen Arm verstärkte sich noch weiter. Seine Muskeln spannten sich an. Ich konnte hören, wie er aufstöhnte, etwas sagen wollte, es jedoch nicht schaffte.

„Sieh sie dir noch einmal gut an, Edward.“, erklang Sams völlig überdrehte Stimme. Diese triefte vor Überheblichkeit und Wahnsinn. „Denn das wird die letzte Erinnerung an deine geliebte Bella sein.“

Das leise Klicken, das an unsere Ohren drang, deutete darauf hin, was gleich folgen würde.

Sein Arm mit der Waffe in der Hand, hob sich minimal an. Ich konnte nichts anderes tun, als entsetzt in den dunklen Lauf zu schauen.

In diesem Moment zogen die Bilder jener noch einmal vorbei, die ich liebte und nie wieder sehen würde.

Mein Dad. Ich sah sein lächelndes Gesicht. Seine Grübchen, die sich dabei bildeten.

Meine verrückte Mum.

Alice, Emmett, Rosalie und Jasper.

Esme und Carlisle.

Ihnen alle würde ich nicht mehr sagen können, wie viel sie mir bedeuteten.

Wir würden sterben. Beide.
 

Sams Finger zuckte am Abzug. Ich schloss die Augen, beugte mich noch weiter zu Edward hinunter. Sog noch einmal tief seine Duft ein, in der Hoffnung, dass ich diesen selbst im Tod nicht vergessen würde. „Ich liebe dich!“, trat leise über meine Lippen.
 

Der Schuss löste sich und Sam schrie auf. Meine Augen flogen auf. Sahen, wie Sam durch die Luft glitt. Seth stürmte an uns vorbei, trat gegen die Waffe, die über den Boden schlitterte, bevor er sich auf Sam stürzte.
 

Was war geschehen?
 

Verwirrt betrachtete ich das Bild vor mir. Seth, der auf Sam hockte und wild auf ihn einprügelte. Dann fiel mir Edwards Bein auf, das wenige Millimeter über dem Boden schwebte. Ich verstand. Edward musste mit seinem Fuß mit voller Wucht gegen Sams Bein getreten haben. Dadurch hatte Sam sein Gleichgewicht verloren und der Schuss hatte sein Ziel verfehlt.

Auch Jacob hatte diesen Moment genutzt, sich aus James Griff befreit, schien jetzt mehr und mehr den Vorteil auf seiner Seite zu haben. Ich riss mich los, sah wieder zu Edwards hinab. Sein Atem ging schwer. Die Blutung hatte etwas nachgelassen. Sein Gesicht war kalkweiß. Dicke Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Sein gesamter Körper war hart wie Stein, zitterte. Er brauchte dringend medizinische Versorgung.

Mehr und mehr kam mir all das wie ein böser Traum vor, aus dem ich nicht erwachte. Die Kämpfe um uns herum wurden immer brutaler. Jeder hatte schon schlimme Blessuren und Platzwunden davongetragen. Und ich saß hier inmitten dieses Chaos und versuchte die Blutung von Edward zu stoppen.
 

Ein lautes Scheppern schmerzte in meinen Ohren. Seth war gegen die Stahlfässer zu unserer Linken geschleudert worden. Hart prallte er auf den Boden, schüttelte benommen seinen Kopf.

„Pass auf!“ Doch mein Aufruf kam zu spät.

Seine Augen weiteten sich. Mit einem gepressten Laut entwisch ihm die Luft aus seinen Lungen, als Sam ihm mit voller Wucht in den Magen trat. Vor Schmerzen krümmte er sich, umschlang seinen Bauch mit seinen Händen. Ich hoffte inständig, dass diese Geste Sam dazu veranlassen würde, von Seth abzulassen.

Doch ich irrte mich.

Er trat noch einmal zu, bevor er grob nach Seths Haar packte. Ihn daran in die Höhe zog. Seth schrie auf. Ich bemerkte, wie sich Edward aufrichten wollte. Ich drückte ihn zurück. Er konnte in diesem Zustand nichts tun. Er durfte sich nicht bewegen.

„Sam! Lass ihn in Ruhe!“, brüllte Jake. Aber er würde ebenfalls nicht helfen können. James ließ ihm keinen Raum.

Panisch sah ich mich um und entdeckte, was mir helfen könnte. Ich löste meinen Arm, lehnte mich zur Seite und fühlte das kühle Metall zwischen meinen Fingern. Fest umschloss ich den Schaft und zog meine Hand mit einer schnellen Bewegung wieder zu mir heran, bevor ich diese über meinen Kopf hielt.

Mit meinem Daumen tastete ich nach dem Span, vernahm das leise Klicken, das ich Minuten zuvor schon einmal gehört hatte und drückte ab.

Erneut hallte der Schuss in der Halle wieder.

Der von mir gewünschte Effekt trat ein.

Die Kämpfe waren erneut zum Stillstand gekommen.

Belustigt wurde ich von Sam gemustert, als ich den Lauf der Waffe direkt auf ihn richtete. „Geh weg von ihm.“

„Und was, wenn ich es nicht tue?“

Ich entsicherte die Waffe erneut. Mein Zeigefinger tippte leicht gegen den Auslöser. „Geh weg von ihm. Ich sage es nicht noch einmal.“

Sams Grinsen schwand, als er den bedrohlichen Unterton in meiner Stimme wahrnahm. Und ich meinte es verdammt ernst.

Früher hatte ich nie verstanden, warum mein Dad darauf bestanden hatte, dass ich wusste, wie man eine Waffe bediente. Heute war ich dafür dankbar. Als hätte Charlie geahnt, dass ich irgendwann in solch eine Situation geraten würde.

Schnell sah ich mich nach Jacob um. James lag bewusstlos am Boden. Ein Problem weniger.

Ich fixierte wieder Sam, der einen Schritt auf Edward und mich zumachte. Keine Furcht lag in seinem Blick, dass sich zu eine merkwürdigen Fratze verzehrt hatte. Ich wollte meinen Oberkörper etwas zurückziehen, kämpfte aber dagegen an.

Sam öffnete den Mund, setzte zum Sprechen an, aber kein Laut war zu hören. Stattdessen vernahm ich ein Stöhnen. Er verdrehte seine Augen zur Decke, sackte in sich zusammen und blieb regungslos an Ort und Stelle liegen. Da erkannte ich Jacob. Er war hinter Sam getreten und hatte diesen, genauso wie Quil Edward, mit einer Eisenstande in die Bewusstlosigkeit geschickt.

Er bedachte Sam noch einmal mit einem wütenden und zugleich genugtuerischen Ausdruck, bevor er sich abwandte und auf Seth zulief. Dieser versuchte sich aufzurichten. Seine Linke Hand packte nach dem Rand der Fässer, damit er sich an diesen hochziehen konnte. Doch immer wieder musste er inne halten.

Ein geschickter Griff und Seth wurde von Jake gestützt. So schnell, wie Seth es zuließ, kam Jacob näher heran.

„Wie geht es ihm?“

„Ich weiß es nicht genau.“

„Mir geht es gut.“, kam es mit belegter Stimme von Edward.

Jacob betrachtete ihn skeptisch.

„Wer ist denn derjenige, mit einem Vater als Arzt.“, schnappte mein Freund aufgrund dieser Geste.

„Genau das ist der springende Punkt. Dein Vater ist Arzt, nicht du.“, gab Jake locker zurück.

„Ich habe einen Durchschuss erlitten. Und so wie es sich anfühlt, ist kein Knochen getroffen worden, was bedeutet, dass keine Zersplitterung stattgefunden hat. Die Blutung ist ebenfalls schon weniger geworden.“, schnorrte Edward schwerfällig. Eine Spur Überheblichkeit schwang darin mit.

„Jetzt glaub ich es dir sogar.“ Ein Grinsen erschien auf dem Gesicht von Edwards besten Freund. Selbst Seth konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Ich konnte hierüber nur meinen Kopf schütteln, bevor von außen hereindringender Lärm unser aller Aufmerksamkeit gewann.

Waren das „Sirenen?“.

„Auf deine Schwester ist verlass.“

Ein fragender Ausdruck legte sich auf mein Gesicht.

„Ich habe ihr bescheid gegeben, bevor Seth und ich euch da raus geholt haben. Ich muss für sie eine Offenbarung gewesen sein.“, gluckste er. Wenn Jake wüsste. Alice würde ihm wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit dankbar sein. Nicht nur sie.

„Verschwindet.“, erklang es umgehend von Edward.

Ungläubig hob der Quileute eine Augenbraue. „Vergiss es.“, knurrte er regelrecht.

„Jake!“, und auch wenn Edwards Stimme schwach war, hörte ich deutlich die Eindinglichkeit sowie die Bitte heraus.

„Er hat Recht.“, kam ich ihm zur Hilfe. „Geht.“

Seine dunklen Augen huschten zu mir. „Ihr habt genug für uns getan. Ich will genauso wenig wie Edward, dass ihr deswegen Probleme bekommt.“ Und die würden sie bekommen. Jacob war sicher kein unbeschriebenes Blatt.

Die Sirenen wurden lauter.

„Los, geht.“

Jacobs Blick ruhte noch einmal kurz auf Edward, dann auf mir. Ich konnte die Unsicherheit in seine Augen lesen.

„Verdammt. Jetzt verschwindet endlich.“, zischte ich. Genau dieser Ausruf schien Jake aufzurütteln. Er zog Seth, den er immer noch stützte, näher zu sich heran, nickte, wandte sich dann um.

Die Zwei hatten sich schon ein gutes Stück von uns entfernt, als ich noch einmal meine Stimme erhob.

„Jake?“

Er sah über seine Schulter zurück.

„Ich danke euch.“ Legte ein Lächeln auf meine Lippen, was von ihm erwidert wurde.

„Gern geschehen, Bells.“ Er zwinkerte. „Wir sehen uns.“

„Ich hoffe bald.“, sprach ich, doch die Beiden hörten mich nicht mehr. Sie waren schon durch den Seiteneingang verschwunden. Daher wandte ich meine volle Aufmerksamkeit wieder auf Edward.

Sanft strich ich ihm über die Stirn, schob einige Strähnen zur Seite. Ich beugte meinen Kopf so weit zu ihm hinunter, bis meine Stirn die seine berührte.

„Es wird wieder alles gut.“, murmelte ich träge.

Die Erschöpfung befiel meinen Körper, durchdrang diesen bis auf die Knochen

„Alles gut.“, wisperte ich noch leiser. Behutsam strich ich durch Edwards bronzefarbene Haare, darauf bedacht, dass der Druck auf seine Wunde nicht nach lies, während ich der immer näher kommenden Rettung lauschte.
 

****
 

Ob Bella die Waffe richtig bedient hat, konnte ich jetzt nicht 100% herausfinden. Ich hab zwar im Internet gesucht, hab aber irgendwie nichts Brauchbares gefunden. Und da ich selbst noch nie so ein Ding in der Hand hatte, hab ich nach Gefühl geschrieben und nachdem, was man in Filmen so aufschnappt. Ich hoffe, dass es so in Ordnung war und ihr euch alles vorstellen konntet. ^^
 

So und jetzt seid ihr gefragt.
 

Liebe Grüße

Pei-Pei

Ich habe dich gefunden – Mein Glück

Hallo zusammen.
 

Es ist endlich da. Das letzte Kapitel zu Bittersweet Symphony. Und weil ihr so lange gewartet habt, fass ich mich jetzt kurz und wünsch euch viel Spaß beim Lesen. ^^
 

Ich habe dich gefunden – Mein Glück
 

Die Sirenen wurden lauter und greller. Der Lärm war ohrenbetäubend.

Und dann - verstummte er.

Ab da, kam mir alles wie in einem Traum vor.

Ich sah meine Umgebung durch einen milchigen Film. Nebeldunst gleich.

Polizisten und Rettungssanitäter erschienen wie aus dem Nichts.

Hände legten sich mit leichtem Druck auf meine Schultern, lösten mich sachte von Edward.

Ich hob mein Gesicht an. Irgendjemand hatte sich zu mir hinunter gekniet. Nur verschwommen nahm ich die Konturen meines Gegenübers wahr.

Mein Blick schweifte bereits wieder ab, zu Edward hin. Ich sah auf unsere ineinander verschlungenen Finger, die sich langsam, aber stetig voneinander lösten, bis ich die Wärme seiner Haut vollkommen verlor. Ich öffnete meinen Mund, wollte seinen Namen rufen, als „Miss Swan?!“

Ich zuckte zusammen.

„Miss Swan?!“

Vorsichtig und zugleich widerwillig, drehte ich meinen Kopf und konnte die Person als einen Sanitäter identifizieren. Seine Umrisse wirkten immer noch leicht verschwommen. Der Schleier hatte sich noch nicht vollständig gehoben. Mit leicht geweiteten Augen sah ich ihm entgegen. Warum er meinen Namen kannte, musste ich mich nicht fragen. Alice, war die Antwort.

„Miss Swan. Sagen Sie mir, haben Sie irgendwo Schmerzen?“ Seine Augen glitten prüfend über mich.

Ich schüttelte zunächst nur benommen meinen Kopf, schluckte „Was?“, krächzte ich.

„Haben Sie Schmerzen?“

„Ich….. Nein.“

„Was ist mit Ihrer Wange?“

Kaum hatte er diesen Satz ausgesprochen, hob sich meine blutverschmierte Hand, tupfte darüber. Ein heißer Schmerz schoss durch meine Wange, weshalb ich meine Augen zusammenkniff und dem Sanität Aussage genug war.
 

„Kommen Sie.“ Er griff mit beiden Händen nach meinem Arm, zog mich auf die Beine. „Wir schauen uns das im Krakenwagen an.“

Er wollte mich mit sich ziehen, doch ich stemmte mich dagegen.

„Nein…. Edward. Ich muss……. Ich will bei ihm bleiben.“ Schnell riss ich meinen Kopf herum. Mein Freund wurde gerade auf eine Bahre gehoben. Seine Augen waren zusammengekniffen. Seine Mund zu einer harten Linie verzogen.

„Sie werden ihn im Krankenhaus gleich wiedersehen. Doch jetzt müssen Sie die Ärzte ihre Arbeit machen lassen.“, antwortete er beschwichtigend. Sanft, aber bestimmt wollte er mich in die entgegengesetzte Richtung drücken, was ich jedoch nicht zuließ. Bestimmt packte ich nach seinem Arm und sah zu ihm auf. „Bitte.“

Fragwürdig hoben sich seine Augenbrauen.

„Bitte.“, flehte ich erneut, verstärkte den Griff um seinen Arm. „Ich bitte Sie. Lassen Sie mich bei ihm bleiben.“
 

Ich wollte nicht von Edward getrennt werden. Nicht noch einmal. Ich wusste, dass er in guten Händen war. Dass jetzt alles gut werden würde. Dass ich ihn gleich wieder sehen würde. Die Vergangenheit lag endgültig hinter uns. Es kam einen glatten Bruch gleich. Ich würde Edward niemals wieder verlieren. Das sagte mir mein Herz genauso wie mein Verstand. Aber genau aus diesem Grund wollte ich in seiner Nähe sein.

„Bitte.“, setzte ich nochmals leise, jedoch eindringlich hinzu.

Für Sekunden regte mein Gegenüber sich nicht, sah mich einfach nur an. Dann, endlich hörte ich ein resignierendes Durchatmen. „Na gut. Kommen Sie.

Ich begann zu lächeln. „Vielen Dank.“

Ein leichtes Kopfschütteln war seine Antwort darauf, bevor er mich zu dem Krankenwagen führte, in dem Edward lag.
 

~
 

Leise schloss ich die Tür des Krankenzimmers, hob dann mein Gesicht an, um meinem persönlichen Schutzengel zu erblicken. Erleichterung durchströmte mich augenblicklich.

„Hey!“ Meine Stimme klang schwach, rauchig.

„Hey!“, gab er lächelnd zurück, setzte sich vorsichtig auf.

Ich überbrückte den Abstand zwischen uns. Behutsam setzte ich mich auf die Kante des Bettes, griff dann nach seiner Hand. „Wie fühlst du dich?“ Meine Augen glitten dabei über seine rechte Schulter, die von leichtem Stoff bedeckt wurde. Nicht preisgab, was sich darunter befand. Doch ich wusste es. Ich presste meine Lippen aufeinander. „Bella.“

Und wie die vielen Male zuvor – wenn er meinen Namen aussprach - erhöhte sich mein Herzschlag um einige Takte. Zugleich spürte ich, wie Edward seine Hand auf meine Wange bettete. Mein Gesicht so dirigierte, dass ich ihn ansehen musste. Sanfte Augen begegneten den meinen. Ein leichtes Lächeln lag auf seinen Lippen. „Es ist alles in Ordnung. Ich bin hart im nehmen, wie du selbst sehen kannst. Und die Schmerzmittel erledigen den Rest.“, hauchte er. Sein kurzes Schmunzeln konnte er jedoch nicht unterdrücken. Seine Hand wanderte von meiner Wange in meinen Nacken. „Also hör auf, dir Sorgen zu machen.“, flüsterte Edward noch, bevor seine Lippen auf den meinen lagen.

Ich gab ein Seufzen von mir, rückte näher an ihn heran und schlang meine Arme um seinen Hals.

Sofort unterbrach Edward den Kuss. Zog zischend die Luft ein. Ich schreckte zurück.

„Es tut mir leid. Ich…… Ich hab gerade nicht mehr dran gedacht.“, entschuldigte ich mich, überschlug mich dabei fast.

„Das hab ich gemerkt.“ Seine Haltung lockerte sich wieder. „So wie ich das sehe, vergisst du so ziemlich alles um dich herum, wenn ich dich küsse.“ Herausfordernd sah er mich von unten heraus an.

Ich wurde puterrot. Edward hatte mit seiner Aussage voll ins Schwarze getroffen. War ich denn so leicht für ihn zu durchschauen?

Ich schnaubte.

Niemals.

Das würde ich nicht auf mir sitzen lassen.

„Wie soll ich das jetzt bitte schön verstehen?“, knurrte ich daher, wollte meine Arme verschränken, als seine Hand nach meinem rechten Handgelenk packte.

Irritiert sah ich ihm entgegen.

„Genau so, wie ich es meine.“, gab er noch belustigt von sich und ich konnte von neuem seine Lippen spüren. Seine Zähne, die vorsichtig an meiner Unterlippen knabberten.

Alles um mich herum löste sich erneut ins Nichts auf.

Da war nur noch Edward.

Ich konzentrierte mich nur noch auf ihn.

Mein Körper reagierte instinktiv.

Ich schmiegte mich wieder enger an ihn. Registrierte nur noch nebenbei, dass sich meine Arme wieder anhoben, diese dann mitten in der Bewegung gestoppt wurden.

„Siehst du.“, nuschelte Edward triumphierend, ohne den Kuss zu unterbrechen. „Halt deine Klappe.“, war das Einzige, was ich von mir gab. Mich dann vollkommen diesem Kuss hingab, bis uns ein Klopfen unterbrach. Edward hatte sich kaum von mir gelöst, als die Tür bereits aufgerissen wurde.

Ein Schniefen war zu hören und schon schoss Alice auf ihren Bruder zu, schlang ihre Arme um ihn, presste ihr Gesicht gegen seine Brust. Edwards Lächeln verschwand umgehen. Besorgt sah ich zu ihm. Ich hatte bereits meinen Mund geöffnet, um Alice darauf hinzuweisen, dass ihre Attacke nicht gerade sanft war, als ihre weinerliche Stimme erklang. „Ich hatte solche Angst um dich.“ Ein Schluchzen folgte. „Solche Angst.“

Umgehend legte sich Edwards Arm um den zitternden Körper seiner Schwester, zog sie noch dichter zu sich, wofür meine beste Freundin sichtlich dankbar war. Ich strich ihr beruhigend durch ihr schwarzes Haar. So sah also die Standpauke aus, die sie sich für Edward zu Recht gelegt hatte. Ich lächelte.
 

Alice Gesicht war das Erste, was ich gesehen hatte, als wir im Krankenhaus angekommen waren. Die Sanitäter bekamen noch nicht einmal genügend Zeit, die Türen des Krankenwagens vollständig zu öffnen, als mir bereits Alice verweintes und zugleich besorgtes Gesicht begegnet war. Nicht einmal Jasper, der direkt hinter ihr erschien, war in der Lage gewesen, sie wieder einigermaßen zu beruhigen. Edward wurde sogleich in den OP gebracht. Ich wurde zur gleichen Zeit von einem Arzt versorgt. Während der gesamten Zeit meiner Behandlung, musste ich Alice Schimpftriade über mich ergehen lassen, die immer wieder von Schluchzern unterbrochen wurde, gefolgt von einer Alice, die sich mir um den Hals warf. Mir ins Ohr brüllte, dass wir zwei ihr so etwas nie wieder antun dürften.

Ruhig ließ ich Alice Ausbruch über mich ergehen. Es war das Mindeste, was ich für sie tun konnte. Und – so musste ich mir selbst eingestehen – hatte ich es auch verdient. Jasper hatte sich auf einem Sitz niedergelassen, beobachtete das Treiben. Und auch wenn er in diesem Moment so gelassen wirkte, war ihm die Sorge der letzten Stunden noch deutlich anzusehen. Er jedoch verarbeitete diese ganz anders, als Alice. Meine beste Freundin trieb es sogar so weit, dass mein mich behandelter Arzt, sie für die noch restliche Dauer der Behandlung aus dem Raum schicken wollte. Diese Worte ließen Alice für einen kurzen Moment entsetzt inne halten. In ihren Augen hatte es bedrohlich geblitzt, als sie zu dem Arzt herumwirbelte und ihre Hände in die Hüfte stemmte. Bevor jedoch nur ein Wort über ihre Lippen kommen konnte, hatte ich bereits eingegriffen. Dem Arzt beteuert, dass es in Ordnung wäre und sie mich nicht im Geringsten störe. Daher, wenn es ihm nichts ausmachen würde, er doch bitte mit der Behandlung fortfahren und nicht auf Alice achten solle. Diese Antwort entlockte ihm ein Schmunzeln und er macht da weiter, wo er vor einigen Minuten unterbrochen hatte.
 

Danach begann die Warterei. Rosalie und Emmett waren zwischenzeitlich ebenfalls eingetroffen und hatte vor dem Behandlungszimmer gewartet. Der Grizzly meinte, sie hätten nicht nach dem Weg fragen müssen. Sie waren einfach nur Alice Gebrüll gefolgt, was der kleinen Elfe ein kurzes Schnauben entlockte. Das Nächste, was folgte, war eine fast zehn Minuten andauernde Umarmung von Emmett. Ich bezweifelte schon, dass er mich überhaupt noch einmal loslassen würde. Zwischen Emmett und mir fielen keine Worte. Nun ja, fast keine. „Komm her, Kleines.“, brummte er leise, bevor er mich in seine Arme gezogen hatte. Erst als er sich von mir löste, meinte er. „Ich wusste, dass auf Edward verlass ist. Er hätte niemals zugelassen, dass dir was passiert.“ Ich nickte einfach nur bestätigend. Rosalie hauchte mir mit Tränen in den Augen einen Kuss auf die Stirn.

Und dann war es soweit. Edward kam aus dem OP und kurze Zeit darauf war er auch schon wieder wach.

Alice bestand darauf, dass ich die Erste bin, die zu ihm geht.
 

Und jetzt saßen wir hier. Alice, die immer noch ihr Gesicht in Edwards Brust vergrub, halb auf mir lag. Lächelnd blickte Edward zu mir, bevor er wieder auf seine Schwester hinab sah. Jasper stand hinter mir, hatte mir seine Hand auf die Schulter gelegt. Ich strich immer noch durch Alice Haar. Rosalie und Emmett stand auf der andere Seite des Bettes. In diesem Moment bedurfte es keinerlei Worte. Alle Anwesenden verstanden sich auch ohne. Wir waren einfach nur glücklich, dass alles einen guten Ausgang genommen hatte, wir wieder alle zusammen sein konnten.
 

Die Stille, die uns alle umschloss, wurde erst wieder vertrieben, als die Tür geöffnet wurde und Esme mit geröteten Augen und leicht zerzausten Haar ins Zimmer trat. Ruckartig hielt sie inne. Später sollte ich erfahren, dass sie diesen Moment einfach auf sich wirken lassen musste. Diese tiefe Friedlichkeit, die ihr entgegen strahlte.

Ein liebevolles Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab. Esme löste ihre zittrige Hand von der Klinke, die sie bis dahin immer noch umschlungen hielt und trat auf Edward und mich zu. Alice war zu mir herangerutscht. Schnell legte ich mein Arm um sie, zog sie dichter zu mir, während Esme vor ihrem Sohn zum stehen gekommen war.

„Mum. Ich……“ Doch weiter sollte er nicht kommen.

„Mein Liebling.“ Und schon hatte Esme ihre Arme um Edward geschlungen. Jedoch eindeutig behutsamer als Alice oder ich es getan hatten. „Ich bin so froh.“, erklang ihre brüchige Stimme, bevor sie sich wieder leicht erhob, Edward durchs Haar strich. Ihm einen sanften Kuss auf die Stirn gab, um Edward dann in die Augen zu sehen.
 

Ich saß einfach nur da, beobachtete diesen innigen Moment zwischen Mutter und Sohn. Fasziniert von diesem intensiven Gefühlsaustausch ohne jegliche Worte.

Nun ja, so lange es mir möglich war, die beiden zu beobachten. Denn von ein auf die andere Sekunde wurde ich auf die Füße gerissen. Zwei Arme umschlangen mich und ich konnte eine mir wohlbekannte tiefe Stimme meinen Namen sprechen hören. Meine kurze andauernde Starrte löste sich augenblicklich und ich vergrub meinen Kopf in dem Hemd meines Dads. Zeitgleich löste sich die erste Träne. Ich mal wieder unfähig, irgendetwas dagegen zu tun.

Aber ich wollte es auch nicht.

Es tat so gut meinen Dad hier zu haben. Ich war unendlich froh darüber, dass ich ihn – im Gegensatz zu Renee - nicht davon hatte abhalten können, zusammen mit Carlisle und Esme ins nächste Flugzeug zu steigen.

„Dad.“, schniefte ich erleichtert, sah dann zu ihm auf. Mit Tränen in den Augen erwiderte er meinen Blick und ich wusste, dass wir gerade genau die gleiche stumme Konversation führten, die Esme und Edward wenige Minuten vor uns geführt hatten. Charlie strich mir über die Wange, wischte zugleich die letzte Träne davon und lächelte mich glücklich an, was ich erwiderte.

Aus dem Augenwinkel sah ich Carlisle, der jetzt ebenfalls ins Zimmer kam, gefolgt von einem Arzt. Dieser hielt an der Tür inne. Gab Carlisle Zeit, sich selbst zu versichern, dass es Edward gut ging. Man konnte deutlich sehen, wie froh Carlisle war, als er mit eigenen Augen sehen konnte, dass uns beiden mehr oder minder nichts fehlte. Die Erleichterung und Freude, die in diesem Raum herrschten, waren fast zum Greifen.
 

Ein lautes Räuspern lies das leise Stimmenwirrwarr, das sich zwischenzeitlich erhoben hatte, umgehend verstummen. Alle Augen richteten sich auf die Tür. Neben dem Arzt konnten wir jetzt ebenfalls zwei Officers erkennen. Einer der beiden erhob umgehend seine Stimme. „Verzeihen Sie. Aber wenn es möglich wäre, würden wir noch die Aussage von Miss Isabella Marie Swan und Mr. Edward Anthony Cullen aufnehmen. Dr. Haper hier meinte, dass er bei beiden keinerlei Bedenken habe.“ Sein Blick huschte bei Erwähnung des Namens kurz zu dem Arzt, der neben ihm stand. Wir alle verstanden, dass er mit seiner letzten Aussage auf unseren Gesundheitszustand anspielte.
 

„Bells.“ Charlie sah zu mir hinunter. Ich wusste, nur ein Wort von mir, eine kleine Andeutung, dass ich gerade dazu nicht bereit war und er würde mit der Autorität eines Chiefs zu den beiden sprechen und es auch schaffen, dass sie die Befragung auf den nächsten Tag verschoben. Aber genau das wollte ich nicht. Ich wollte es hinter mich bringen. Und das hier war der allerletzte Schritt dazu. Hiermit würde das Kapitel endgültig geschlossen werden.

„Es ist in Ordnung, Dad.“ Ich drückte schnell seine Hand, bevor ich mich einen Schritt von ihm entfernte, mein Blick zu Edward wanderte. Er regte sich nicht. Sah mir einfach nur voller Vertrauen entgegen.

„Bis später.“, warf ich noch in die Runde und verließ gemeinsam mit dem Officers den Raum.
 

Und zum ersten Mal in meinem Leben, fiel es mir leicht, zu lügen.

Ich erzählte, was geschehen war. Gab der Polizei die Details, die sie wissen mussten, um Sam und den Rest dahin zu bringen, wo sie keinen Schaden mehr anrichten konnten. Der einzige Nachteil war, dass ich auch Edwards Vergangenheit damals in Forks erwähnen musste. Doch es stellte sich heraus, dass all seine Vergehen bereits verjährt waren. Er daher nicht mehr belangt werden konnte. Außerdem hatte er sich früh genug von Sam abgewandt. Erst nach Edwards damaligem Verschwinden, war Sam tief in die Kriminalität eingetaucht. Nur ein Geschehen oder besser gesagt zwei Personen ließen Edward und ich vollkommen aus dem Spiel. Jacob und Seth.

Mir war bewusst, dass ich mit meiner Aussage nicht die ganze Wahrheit wiedergab, Einzelheiten vorenthielt. Aber es bescherte mir kein schlechtes Gewissen. Denn es war nötig. Denn dadurch schütze ich Menschen, die ich liebte. Menschen, denen ich es zu verdanken hatte, dass ich jetzt hier saß.
 

Es stellte sich heraus, dass Edward und ich noch mehr Glück gehabt hatten, als es ohnehin schon der Fall gewesen war. Hätte Jacob uns nur eine halbe Stunde später aus unserem Gefängnis befreit, hätten wir es nicht nur mit Sam und James zu tun gehabt, sondern auch noch mit dem Rest. Wir wären dann niemals dort so – im Nachhinein gesehen – glimpflich, herausgekommen.

Doch es war anders gekommen und die Zukunft lag nun vor uns.
 

~
 

„Na los, tret ruhig noch etwas drauf.“

„Vergiss es!“, blaffte ich zurück, warf meinem Nebenmann einen warnenden Blick zu, der jedoch jegliche Wirkung verfehlte, wie ich umgehend feststellen musste.

„Och, komm schon, Bella. Sei keine Spaßbremse. Das wird lustig.“

Ja, ganz sicher, zischte meine innerliche Stimme zynisch. „Er wird dir den Kopf abreisen.“

„Lass das mal meine Sorge sein.“ Er winkte ab und es erfolgte ein erheiterndes Glucksen.

„Hör auf damit, Jake.“, tadelte ich ihn in einem scharfen Ton. Oh ja. Niemand anders als Jacob Black höchst persönlich, hatte neben mir Platz genommen. Jake, der inzwischen auf die gleiche Universität ging, wie Edward und ich. Der zu einem meiner engsten Vertrauten, meinem besten Freund geworden war.

„Komm schon.“ Er beugte sich zu mir herüber, fixierte mich mit seinen dunklen Augen.

„Es reicht jetzt. Verdammt noch mal, Jake.“ Gleichzeitig versuchte ich ihm einen meiner Todesblicke zu senden. Wieso verdammt noch mal mussten sich genau in diesem Moment auch meine Mundwinkel anheben?

Man konnte sich doch auf rein gar nichts mehr verlassen. Jacob war diese Geste natürlich nicht entgangen. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie sein Grinsen noch breiter wurde.

Klasse, ganz toll gemacht Bella. Ich hätte ihn auch gleich mit Wattebällchen bewerfen können. Das hätte den gleichen Effekt gehabt.

Ein selbstsicherer Ausdruck trat in seine Augen, was mir ein Schauer über den Rücken rinnen ließ.

„Bitte, Bella.“

Ich presste meine Lippen so fest es ging aufeinander, sah stur nach vorne.

„Bitte!“

Auf stur schalten. Einfach nicht hinhören, sprach ich zu mir selbst.

„Bitte.“

„Nein.“, knurrte ich.

„Bitte!“ Seine Stimme wurde quengelnder. „Bitte.“

Dieses verfluchte Wort.

Verfluchter Jacob Black.

Im Sekundentakt schoss er jetzt diese fünf Buchstaben auf mich ab. Es begann zu nerven. Ich bemerkte, wie meine Augen schmaler wurden, ich das Lenkrad mit all meiner Kraft umschlang. Mich förmlich in den Sitz presste, um Ruhe zu bewahren.

Reagier einfach nicht darauf. In der Ruhe liegt die Kraft.

Jacobs begeisterter Ausruf ließ mich irritiert zu ihm hinüberblinzeln.

Was war jetzt los?

Begeistert klopfte er sich aufs Bein. „Jetzt kann’s doch noch losgehen.“, rief er hocherfreut aus.

HÄH?!
 

Ich schielte nochmals zu ihm rüber, sah, dass seine Augen auf mir ruhten, bevor sie in Richtung Tachonadel wanderten. Ich folgte und zog zischend die Luft ein. Meine Augen weiteten sich, als ich erkannte, dass diese die 200 Milen/ Stunde hinter sich gelassen hatte.

Dieser….. Ich stieß ein undeutliches Grummeln aus. Und Jake brach in schallendes Gelächter aus. Dieses Bitten und Betteln hatte zu seinem Plan dazugehört. Er hatte mich damit provoziert und ohne, dass ich es selbst bemerkt hatte, hatte ich dadurch immer weiter das Gaspedal durchgetreten, die Nadel immer weiter angetrieben. Ich war ihm voll auf den Leim gegangen.

Meine Augenbrauen zogen sich zusammen, als ich ein „Idiot.“ abschoss.

Was er nur wieder mit einem Lachen quittierte. Es wunderte mich doch, dass dieser Kerl überhaupt zwei zusammenhängende Sätze hintereinander herausbringen konnte, ohne dazwischen zu lachen.

„Ach komm schon, Bella. Ich weiß, dass du mich trotzdem wahnsinnig gern hast.“ Kurz spürte ich seine Hand auf meiner Schulter, die mich liebevoll tätschelte. Ich sagte nichts. Was auch. Er hatte damit vollkommen Recht. Ich mochte Jake viel zu sehr, um ihm lange böse zu sein. Und zu meinem Leidwesen war ihm diese Tatsache voll und ganz bewusst.

„Na dann. Zeigen wir denen mal, was du so drauf hast.“

„Was!“, quiekte ich, riss meine Kopf zu ihm herum, wodurch der Wagen ins Trudeln geriet. Sofort war ich wieder bei der Sache.

„Langsam, Bells.“

„Du hast gut reden.“, keifte ich, nahm die nächste Kurve.

Nie im Traum hatte ich geglaubt, dass Jake seine Aussage ernst gemeint hatte, als wir in den Wagen gestiegen waren. Jetzt gerade bewies er mir das Gegenteil.

Aber warum zum Teufel hielt ich nicht einfach an?!

Ich konnte es mir nicht genau erklären. Vielleicht war es der Nervenkitzel des Unbekannten und, dass ich ihm vollends vertraute.

„Bist du bereit?!“

„Er wird dir den Kopf abreisen.“, wiederholte ich, jetzt mit einer Spur Furcht in der Stimme.

Jake ging überhaupt nicht auf meinen Einwand ein. Seine ganze Aufmerksamkeit richtete sich jetzt auf meine Fahrkünste. Ich sah, wie er seine bequeme Sitzposition verließ, sich im Sitz mit seinem Oberkörper aufrichtete. Seine Augen ruhten noch einmal auf der Tarroanzeige, bevor diese nach draußen huschten. Ich folgte diesen, sah für Sekunden eine Gruppe von Personen, die seitlich an der Strecke standen.

War das Edward, der gerade geschrien hatte?

„Bereit, Bells?“

„Nein.“, stieß ich hervor. Meine Hände wurden schwitzig. Ich hatte leichte Probleme, das Lenkrad richtig zu umgreifen.

Jake lachte kurz auf. „Tut mir leid. Aber das zählt jetzt nicht mehr.“

„Wie kommt es nur, dass ich genau mit so etwas gerechnet habe.“, antwortete ich trocken.

„Entspann dich, Bella und vertrau mir.“

Haha. Der hatte leicht Reden. Gott, ich sah das Szenario schon vor mir. Bei meinem Glück würde sich der Wagen überschlagen. Ich war drauf und dran Edwards Aston Martin zu Schrott zu fahren. Jacob würde ohne einen einzigen Kratzer aussteigen, während ich mir hingegen alle Knochen gebrochen hatte.

„Dann los.“ Ich schob die Todesvision beiseite und atmete tief ein.

„Behalte deine jetzige Geschwindigkeit bei.“ Jake beugte sich zu mir herüber, packte mit seinen Händen ebenfalls nach dem Lenkrad.

„Warte.“, sprach er, als er die kleine Bewegung meinerseits bemerkte. „Warte.“

Meinen Muskeln spannten sich an. Ich hörte auf zu atmen.

„Jetzt!“

Ich trat auf die Bremse, riss zugleich das Lenkrad herum, wobei Jake mithalf. Ich hörte das Quietschen der Reifen. Pures Adrenalin schoss durch meine Adern. Ich fühlte es, als ich in den Sitz gepresst wurde. Mein Oberkörper neigte sich zur Seite und mir entfuhr ein begeisterter Aufschrei, als der Aston Martin eine 180 Grad Drehung vollführte, dann zum Stehen kam.

Für eine Sekunde herrschte vollkommene Stille, bevor „YEAH! Ich wusste, dass du Benzin im Blut hast.“

Ich lachte laut auf. Strich mir eine Träne aus dem Auge, als ich den Schatten sah, der sich schnell in Richtung Beifahrertür bewegte. „Und ich sagte doch, dass er dir den Kopf abreist.“, gab ich süffisant von mir. Was Jake dazu veranlasste nicht verstehend seine Augenbrauen zu heben. Im gleichen Moment wurde die Beifahrertür des Aston Martin aufgerissen. Ein ohrenbetäubender Schrei, dem Brüllen eines Löwen gleich, ertönte und zwei Hände schlangen sich um Jakobs Hemdkragen. Das Lachen, in das ich verfallen war, wurde lauter.
 

~
 

Vorsichtig trat ich aus dem Haus hinaus, blinzelte kurz, bevor sich die Konturen wieder schärften. Stimmengewirr und Gelächter trat an mich heran, was mir ebenfalls umgehend ein Lächeln auf die Lippen zauberte.

„Warte, Liebes. Ich helfe dir.“ Kaum, dass ich ihre Stimme vernommen hatte, war Esme bereits neben mich getreten und nahm mir eine der Schüsseln ab, die ich trug.

„Danke, Esme.“

Sie schüttelte nur ihren Kopf, bedachte mich mit ihrem liebevollen Lachen, bevor sie mit mir gemeinsam die wenigen Stufen, die uns hinunter in unseren Garten führten, lief.

Ich seufzte genüsslich auf, als meine nackten Füße das warme Gras berührten. Seit einigen Tagen war der Sommer in Forks eingekehrt. Der Himmel war wolkenlos, so dass die Sonne strahlen auf uns hinab scheinen konnte. Die Luft war angenehm warm.

Es konnte nur an diesem Wetterphänomen liegen, welches meinen Heimatort heimsuchte, dass Charlie vorgeschlagen hatte, ein Barbecue zu veranstalten. Freiwillig! In unserem Garten!

Als mein Dad diesen Vorschlag laut ausgesprochen hatte, dachte ich zunächst, ich hätte mich verhört. Ich musste mich einfach verhört haben. Noch nie hatte ich nur ansatzweise einen gleichlautenden Satz aus dem Mund meines Vaters vernommen. Ich war mir fast sicher, dass er gemeint hatte, bei diesem Wetter fischen gehen zu wollen. Charlie musste den einen Satz noch ganze drei Mal wiederholen, bis ich ihm vollkommen Glauben schenkte. Und ich zweifelte weiterhin daran, bis wir wirklich alle Einkäufe und Gäste eingeladen hatten.

Und jetzt hielt sich fast ganz Forks hier in unserem Garten auf, einschließlich meiner Mom und Phil.

„Charlie scheint sich sehr zu amüsieren.“

Ich folgte Esmes Blick und entdeckte Charlie am Grill. Als Chief von Forks hatte er das Grillen zur Chefsache erklärt. Aber das war nicht der wirkliche Grund, warum er sich so zu amüsieren schien. Sue Clearwater stand neben ihm und kicherte hinter vorgehaltener Hand. Ihre Wangen waren leicht gerötet, während sie strahlend zu meinem Vater aufsah. Pures Glück lag in seinem Blick. Glück, was mich ebenfalls noch glücklicher machte, als ich es ohnehin schon war. Plötzlich war ich mir sicher, dass ich ihn bei meinen nächsten Besuchen nicht mehr alleine antreffen würde. Mein Lächeln wurde noch größer. Denn nichts wünschte ich meinem Dad mehr, als ein Neubeginn mit einer neuen Liebe.

„Sieh nach vorne, Bella!“ Seine Stimme holte mich aus meinen Gedanken zurück. Zugleich legte sich sein Arm um meine Hüfte, stoppte mich. Ich sah zur Seite, sah, wie Edward mit seinem schiefen Grinsen den Kopf schüttelte. „Wo bist du nur wieder mit deinen Gedanken?“

Ich hob fragend meine Augenbrauen, sah dann nach vorne und erkannte, was er damit meinte. Noch ein halber Schritt, und ich wäre direkt in einen Tisch hinein gerannt. Die Verlegenheit trieb mir mal wieder die Röte ins Gesicht, während Edward mir die Salatschüssel aus der Hand nahm, diese auf dem Tisch platzierte.
 

„Komm. Lass uns einen kleinen Spaziergang machen.“ Kaum, dass Edward gesprochen hatte, griff er nach meiner Hand, zog mich mit sich in den Wald hinein. Ich blickte über meine Schulter zurück, sah Alice, die mir kurz zuwinkte, sich dann abwandte, um sich wieder ihrem Gespräch zu widmen. Esme stand bereits wieder bei Carlisle. Der Rest der Anwesenden nahm überhaupt keine Notiz von uns, verschwanden nach ein paar weiteren Schritten aus meinem Blickfeld, weshalb ich mich wieder nach vorne umwandte.

Einige Minuten herrschte Schweigen. Ich hatte meinen Blick nach unten gerichtet, achtete akribisch auf jede noch so kleine Wurzel. Ebenfalls kam mir der Gedanke, dass es vielleicht doch besser gewesen wäre, meine Schuhe mitzunehmen. Aber aufgrund des warmen Tages hier in Forks, war es einfach zu verlockend gewesen, einmal barfuss über das Gras zu laufen. Ich hob meinen Blick leicht an.

Edward lief langsam vor mir her, schaute immer wieder kurz nach hinten, um sich zu versichern, dass ich mir noch nichts getan hatte. Ich konnte ihm diese Angewohnheit nicht verübeln. Wusste ich doch selbst, dass sich hier im Wald für mich alles zu einer tödlichen Stolperfalle entwickeln konnte.

Doch, – und ich musste mir selbst eingestehen, dass ich darüber sehr überrascht war – war ich bis jetzt noch kein einziges Mal gestolpert. Was höchst wahrscheinlich nicht an mir, sondern an meinem hervorragenden Führer lag. Ich lächelte kurz, was umgehend breiter wurde, als ich Edwards liebevollen Blick bemerkte, den er mir schenkte. Ich verstärkte noch etwas den Griff um seine Hand, bevor ich meinen Blick weiter anhob, jetzt zum aller ersten Mal auf die Umgebung achtete.
 

Wir waren bereits ziemlich tief in den Wald vorgedrungen. Ich spürte das weiche Moss unter meinen Füßen. Bemerkte die schwachen Sonnenstrahlen, die sich durch das dichte Blätterdach kämpften. Farne zierten links und rechts unseren Weg, während Edward mich einen kleinen schmalen Pfad entlang führte, der in dem Grün kaum auszumachen war. Wie ein kleiner Spaziergang kam mir das hier dennoch nicht vor, auch wenn wir kein schnelles Tempo an den Tag legten.

„Wo gehen wir denn hin?“, wollte ich daher wissen.

Er schaute erneut über seine Schulter zu mir, grinste nur und richtete seinen Blick wieder zielstrebig nach vorne.

Ich schnaubte, wollte dadurch auf mich aufmerksam machen, eine Antwort bekommen. Doch Edward zog mich kommentarlos weiter.

Ich blickte mich von neuem um. Versuchte die Umgebung zu erkennen. Einen kleinen Hinweis zu entdecken, der mich vielleicht selbst zu der Erkenntnis führen würde, die ich gerade suchte. Doch so sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte nichts, rein gar nichts, entdecken.

„Edward?!“ Ich schob meine Unterlippe nach vorne, pustete mir eine Strähne aus dem Gesicht, unterstrich damit meine Ungeduld.

Ein leises Seufzen drang an meine Ohren, bevor Edward meine Hand losließ, sich zu mir umdrehte. Er machte einen kleinen Schritt auf mich zu, der jedoch ausreichte, damit er dicht vor mir stand. Sofort beschleunigte sich wieder mein Herzschlag, erhöhte sich noch weiter, als seine strahlenden Augen, die meinen erfassten.

„Erkennst du es denn nicht?“, sprach er mit geheimnisvoller Stimme, ein Funkeln in den Augen.

Sofort richtete ich meinen Blick noch einmal nach allen Seiten, sah mir alles noch einmal genau an. Sogleich legte sich ein merkwürdiges Gefühl in meinen Bauch. Ein Gefühl, das mir etwas sagen wollte. Doch ich kam nicht darauf.

Hatte es überhaupt damit zu tun? Oder war es einfach die Tatsache, dass mein Freund so dicht vor mir stand? Jetzt noch näher kam, sein Bauch den meinen berührte. Ich hielt die Luft an, bevor ich zu Edward aufsah.

Dieser Ausdruck in seine Augen. Ich erzitterte, als ich wusste, was dieser zu bedeuten hatte. Er, kaum, dass ich diesen entziffert hatte, sich zu mir hinunter beugte. Eine Hand war zu meinem Kinn gewandert, umschloss es zärtlich.

Ich senkte meine Lider, öffnete leicht meine Lippen, stellte mich auf meine Zehnspitzen und wartete sehnlichst darauf, dass ich endlich seine Lippen spüren durfte.

Und Sekunden später geschah das, wonach ich mich verzehrte. Ich spürte ihn, spürte seine Hände, die sich um meine Hüfte legten, mich noch dichter an ihn zogen. Ich keuchte, vergrub meine Hände in seinem Haar. Lies seidige Strähnen durch meine Finger gleiten, während ich diesen Kuss mit all meinen Sinnen genoss, mich niemals wieder von ihm lösen wollte.

Ich hörte ihn leise Seufzen, als er sich nach einiger Zeit schwer atmend von mir löste. Tief sog ich die Luft, nach der meine Lungen schrien, in meinen sich schnell hebenden Brustkorb. Edwards Hände ruhten auf meinen Wangen. Seine Stirn an meine gebettet.

„Ich liebe dich.“, hauchte ich immer noch leicht atemlos, was ihm ein Funkeln in seine Augen zauberte.

„Ich dich auch.“, erwiderte er. „Aber ich werde dir trotzdem nicht verraten, wohin wir gehen.“ Der Schalk sprach aus seiner Stimme. Zugleich stupste er mit seinem Finger auf meine Nase, richtete sich wieder auf.
 

Erste einige Sekunden später, wurde mir der Sinn seiner Worte bewusst. Meine Konzentration kehrte nur sehr schleichend zu mir zurück. Ich blähte meine Backen auf, als mir klar wurde, dass das pure Absicht gewesen war. Wusste jedoch sogleich, dass ich nicht wütend auf ihn sein konnte, denn ich liebte diese Ablenkungsmanöver genauso sehr, wie ich ihn selbst liebte.

Edward streckte mir seine Hand entgegen, in die ich bereitwillig meine legte. Kaum war dies geschehen, wandte er sich wieder um und wir setzten unseren Weg, der für mich derzeit ins Unbekannte führte, weiter fort.

Angenehmes Schweigen hatte sich über uns ausgebreitet. Das Einzige, was uns derzeit begleitete, waren die vertrauten Geräusche des Waldes, der uns umgab. Ein unendliches Labyrinth uralter Bäume. Mystisch und zugleich unendlich vertraut. Hier fühlte ich mich wohl. Ich hätte ewig mit dem Mann, den ich liebte, in dieser trauten Zweisamkeit, durch den Wald laufen können. Das Wichtigste war, dass er bei mir war.

Mein Blick ruhte auf unseren ineinander verschlungenen Händen, als ich diesen aus einem Impuls heraus anhob, an Edward vorbei sah.

(http://www.youtube.com/watch?v=Je3KyWWW8pA – meine Inspiration ab hier. Hört es euch an, während ihr weiter lest)
 

Und was ich dort sah, ließ mich inne halten. Ich sah vor uns eine Lichtung inmitten der Bäume. Mein Griff um Edwards Finger lockerte sich, bis ich diesen gänzlich löste. Mein Blick war gebannt nach vorne gerichtet, als ich langsam an Edward vorbei schritt, immer näher auf das helle gelbe Leuchten hin. Ich hörte, wie Edward mir leise folgte.

Ich stoppte zwischen den Bäumen, bevor mich das strahlende Licht der Sonne berühren konnte. Vor mir breitete sich das schönste Fleckchen Erde aus, was meine Augen jemals erfasst hatten.

Inmitten des Waldes, in einem kleinen Kreis, offenbarte sich mir eine Wiese, die über und über mit Wildblumen bedeckt war. Das Plätschern des naheliegenden Baches drang zu mir heran. Mein Blick wanderte hinauf in den Himmel, dann wieder hinab. Die Sonne stand direkt über der Lichtung. Ihre goldenen Strahlen tanzten auf der Wiese umher. Dort, wo sie den Boden berührten, glitzerte es, sah es aus, als hätte man tausende von winzigen Diamanten auf der Wiese zerstreut. Ehrfürchtig trat ich einen Schritt nach vorne. Spürte das kühle Gras, die Regentropfen des kurzen Schauers, unter meinen nackten Füßen. Sanft wiegten sich die Blumen im Wind.

„Das……. Das ist unsere Lichtung!“, wisperte ich überrascht. Ich hatte den Weg hierher wirklich nicht erkannt, obwohl ich diesen so oft gegangen war. Immer und immer wieder mit Edward zusammen.

„Ja.“, erklang die mir liebste Stimme dicht neben meinem Ohr. Seine Hände umfassten mich von hinten, sein Kinn lag auf meiner Schulter. „Erinnerst du dich noch, wie wir sie gefunden haben?“

Bei der Erinnerung lachte ich leise auf, warf meinen Kopf nach hinten, spürte die wärmenden Sonnenstrahlen auf meiner Haut. „Wir sind vor Alice geflüchtet.“, antwortete ich, lauschte erst einmal dem Kichern, was von seiner Seite aus folgte. „Alice hatte sich mal wieder eine dieser Modezeitschriften gekauft. Die neusten Trends des Sommers.“, lachte ich. „Während sie ihre neuste Errungenschaft durchblätterte, kam ihr plötzlich die Schnapsidee, diese Trends gleich mal auszutestend. Wir“ – ich sah zu Edward – „ standen in der Küche, als sie ihren grandiosen Einfall Emmett und Lauren offenbarte.“ Ich spürte die Vibration von Edwards Brustkorb. Krampfhaft versuchte er seinen Lachanfall zu unterdrücken. „Oh mein Gott. Weist du noch, wie wir uns mit weit aufgerissenen Augen gegenseitig angesehen haben und dann panikartig gleichzeitig aus der Hintertür, über die Wiese, in den Wald hinein gestürzt sind?!“, redete ich erheitert weiter. „Aus Angst, sie könnte uns vielleicht doch erwischen, sind wir immer tiefer hinein gerannt. Ohne uns auch nur einmal umzusehen.“, ich brach ab, konnte mich gegen das Auflachen nicht mehr widersetzen.

„Nun, Alice ist verdammt schnell gewesen. Schon damals.“, warf Edward ein.

„Ja, aber nicht so schnell wie du. Sie hätte wahrscheinlich nur mich bekommen.“

„Vermutlich.“, schmunzelte er. „Hat sie aber nicht.“, fügte mein Freund noch schnell hinzu, als er meinen echauffierten Blick bemerkte, mir einen Kuss auf die Wange drückte.

Ich seufzte wohlig auf. „Ja, zum Glück.“

„Wegen unserer Flucht mussten Lauren und Emmett herhalten.“

Ich kicherte wieder. „Dafür haben sie uns eine ganze Woche vollkommen ignoriert.“

„Das war die Sache wert.“

Da konnte ich ihm nur beipflichten. Ich war gerade dabei meinen Blick erneut über die Lichtung wandern zu lassen, als Edward an mir vorbei trat. Ich folgte ihm.

„Hast du mitbekommen, dass Mike ein Auge auf Laurent geworfen hat?“, fragte er, als wir uns mit gemächlichen Schritten der Mitte der Lichtung näherten.

„Was? Nicht dein Ernst?!“

„Oh doch. Mikes Mutter war ganz erpicht darauf, mir davon zu berichten. Nachdem sie mir zig Mal gebeichtet hat, dass sie schon immer wusste, dass du und ich zusammen gehören und sie es daher damals so traurig fand, dass wir nicht mehr miteinander sprachen.“

„Tatsächlich?“, sprach ich lachend aus. „Mir war so, als hätte sie früher immer jeden erzählt, dass ihr Mike und ich ein schönes Paar abgeben würden.“

Edward fiel mit ein. „Es hat den Anschein, dass der liebe Mike, dich endlich aufgegeben hat.“

„Nach eurer stummen Bekriegung im Bücherladen, habe ich das auch ehrlich gesagt, gehofft.“

„Stets zu Diensten.“ Er deutete eine kleine Verneigung an.

„Was nicht heißt, dass ich euer mehr als kindisches Benehmen gut geheißen habe.“

Edward kniff mir für diesen Kommentar in die Seite, was ich ihm damit quittierte, dass ich die Zunge herausstreckte.

„Nun, wie dem auch sei. Ich würde es Lauren wünschen.“

„Ja. Sie hatte schon in der High School eine Schwäche für ihn.“

„Dann hoffen wir mal, dass sich Mike nicht all zu ungeschickt anstellt.“, gluckste Edward.

„Und wenn nicht, bist du bestimmt großherzig genug, ihm etwas Nachhilfe zu geben.“

„Bedauere. Mein Charme ist einzigartig.“

„Angeber.“, brummelte ich noch, bevor ich nach unten gezogen wurde.
 

Edward lag mit dem Rücken im Gras, seinen einen Arm weit von sich gestreckt. Der andere lag locker auf meinem Rücken. Seine Finger zeichneten kleine Kreise auf meine Schulter. Ich lag mit dem Kopf auf seiner Brust. Mit geschlossenen Augen genoss ich die Wärme, die uns umschloss und lauschte zugleich der leisen Melodie, die Edward summte. Es war die Melodie, die ich bereits so oft gehört hatte, aber nie wusste, welchen Namen sie trug. Nun wusste ich es.

Edward hatte mir erzählt, dass er bereits in Alaska begonnen hatte, das Lied zu komponieren. Er meinte, je näher er dem Tag der Rückkehr kam, desto leichter fiel es ihm, dieses Stück zu beenden. Als er dann abreiste, war es vollkommen. Nur ein Titel war ihm bis dahin nicht eingefallen. Und dann kam der Tag unserer ersten Begegnung seit fünf Jahren. Der Abend, an dem Edward mich ins Bett getragen hatte. Ich darum gebeten hatte, dass er mich nicht verlässt. Genau in diesem Moment wurde es ihm bewusst. Er hatte das Lied ganz alleine für mich geschrieben. Immer wenn ihm mein Gesicht in den Sinn gekommen war, in seinen Träumen erschienen war, glitten danach seinen Finger wie von selbst über die Tasten. Brachten diese wunderschöne Klänge zustande. Die Melodie, die mein Schlaflied war und nunmehr diesen Namen trug. Bellas Schlaflied.

Ich seufzte leise.

Gab es was Schöneres auf dieser Welt?

Ich musste verneinen.

Ich hatte all das, was ich mir jemals gewünscht hatte. Mein Leben war in seine alten Bahnen zurückgekehrt und dennoch war es so völlig anders. Denn Edward war nicht wieder als mein bester Freund in mein Leben getreten, sondern als die Person, die ich liebte. Und er erwiderte diese Liebe gleichermaßen. Manchmal konnte ich es nicht glauben, dass all das die Wirklichkeit war. Doch Edward bewies mir jeden Tag aufs Neue das Gegenteil. Jeden Morgen, wenn ich meine Augen aufschlug war er das Erste, was ich wahrnahm, Jede Nacht, das Letzte, was sich sah, bevor ich in den Schlaf glitt.

Ich spürt, wie Edwards Finger meinen Arm hinunter strichen, was auf meiner Haut eine Gänsehaut hervorrief. Ich schmiegte mich noch enger an ihn. Vorsichtig legte sich seine Hand unter meine, die die ganze Zeit auf seinem Bauch geruht hatte.

Seine Berührungen waren sanft, so leicht wie die einer Feder. Ich spürte nur noch ihn, wollte mich darin verlieren, als ich etwas Kaltes fühlte, was mir über den Finger gestreift wurde, ich aufgrund dessen aufsah.

„Was?“, entwich mir, als ich den Ring entdeckte, der golden, schmal und zierlich meinen linken Ringfinger zierte. Ich hob meine Hand etwas weiter an. Eingewoben in das fragile goldene Netz bildeten schräge Reihen kleiner runder Diamanten, die in der Sonne schimmerten, ein Oval. Der Ring war atemberaubend schön. Noch nie hatte ich etwas Vergleichbares gesehen.

Was mich wieder meine Frage stellen ließ. „Edward, was…?“ Ich verstummte unter seinem weichen liebevollen und dennoch glühenden Blick. Er erhob sich etwas, bettete meine Hand in die seine, ohne unseren Blickkontakt zu unterbrechen. Ich war gefangen in seinen Augen, die mir heller wie nie zuvor, entgegen strahlten.

„Seit Wochen warte ich jetzt schon auf diesen perfekten Moment. Meine Bella.“

Ich erschauderte.

„Einst sagte ich dir, dass du mein Herz bist. Du bist es, warst es und wirst es auch immer bleiben. Und wie du es selbst einmal ausgedrückt hast: Nicht einmal eine Amnesie hat mich von dir fernhalten können.“ Sein Mundwinkel hob sich, zauberte mein geliebtes schiefes Lächeln auf sein Gesicht. Mein Herz, das wild gegen meinen Brustkorb hämmerte, begann sich zu überschlagen.

„Du bist alles, was ich mir wünsche. Nur wenn du an meiner Seite bist, bin ich glücklich.“

Ich spürte, wie mir Tränen in die Augen traten. Wind kam auf, wehte mir einige Strähnen ins Gesicht. Hektisch schob ich diese beiseite, spürte dabei, dass meine Hand, mein Körper zitterte.

„Ich kann nicht leben ohne meine Seele. Ich kann nicht leben ohne mein Leben. Ich kann nicht Leben ohne meine Welt.“

Ich biss mir auf die Lippen, um ein Schluchzen zu unterdrücken.

„Du bist meine Welt. Deshalb……… Bella, willst du mich heiraten?“

Mein Herz blieb stehen.

Wärme, nein brennende Hitze, schoss durch meinen gesamten Körper. Mein Herz quoll über vor Liebe, drohte zu zerbersten. Ich spürte die Liebe, wie sie in mir erstrahlte - kraftvoll, farbenfroh und wunderschön.

Für Sekunden war ich zu keiner Reaktion fähig. Hatte ich mich auch nicht verhört? Träumte ich auch nicht?

Ich blinzelte erneut, sah auf den Ring hinab, der immer noch auf meinem Finger ruhte, im hellen Licht der Sonne mir entgegen blitzte. Hob meinen Blick wieder an, um Edwards zu begegnen.

„Bella?“, fragte er zögerlich.

In diesem Moment löste sich die Starre. Ich fühlte noch, wie sich die erste Träne löste, über meine Wange rollte, der ich jedoch keine Beachtung schenkte.

„Natürlich.“, sprach ich mit weinerlicher Stimme und zugleich euphorisch aus. Schlang meine Arme um seinen Hals.

Durch meinen Schwung, verlor Edward sein Gleichgewicht, fiel nach hinten über, zog mich mit.

„Natürlich will ich. Nichts lieber als das.“, hauchte ich weiter.

Kaum, dass ich diese Worte ausgesprochen hatte, verflüchtigte sich der Zweifel aus seinem Gesicht und er begann zu strahlen. Zu strahlen vor Freude und Triumph. Er bettete seine Hand auf meinen Hinterkopf, zog mich zu ihm hinunter, um meine Lippen mit den seinen zu versiegeln.

Ich spürte nichts anderes mehr, als die Süße seines Kusses und das reine Glück, das durch meine Adern floss, in jeder Faser meines Körpers dröhnte. Nie im Leben hätte ich geglaubt, dass ich noch mehr Glück empfinden könnte, wie ich es die vergangen Monate erleben durfte. Nie im Leben hatte ich gedacht, dass er mich noch tiefer berühren könnte, als er es schon getan hatte.

Doch wieder einmal hatte ich mich getäuscht. Wieder einmal hatte Edward mir das Gegenteil bewiesen. Gerade in diesem Moment, indem er mich zum glücklichsten Menschen auf dieser Welt machte. Ich taumelte vor Freude. Mein Herz tanzte, meine Seele jauchzte.

Als sich Edward von mir löste, waren meine Tränen immer noch nicht versiegt.

„Nicht weinen.“ Liebevoll strich er mit seinem Daumen über meine Wangen.

Ich konnte nur leicht meinen Kopf schütten, ihm damit sagen, dass ich es einfach nicht konnte. Mir fehlten die Worte. Das Einzige, was ich derzeit konnte, war meine Freude mit meinen Tränen zum Ausdruck zubringen, ihn anzusehen. Meinen geliebten Engel.

Sanft küsste er über die Spur der Tränen, während ich meine Hand, an der ich den Ring trug, auf seine Wange bettete.

Leise redete er auf mich ein. Seufzte wohlig, küsste mich. Ich lauschte seinen Worten. Dem samtenen Klang und dem melodischen Tonfall, die die schönste Stimme der Welt ausmachten.

„Ich liebe dich.“ Endlich, endlich hatte ich meine Stimme wieder gefunden. „Ich liebe dich so sehr.“, murmelte ich, vergrub mein Gesicht in seiner Halsbeuge.

„Du bist mein Herz.“, wisperte er mit einem Lächeln in seiner Stimme.
 

Es dämmerte bereits, als wir uns dem kleinem Haus, in dem ich aufgewachsen war, wieder näherten.
 

Von neuem und wie sooft zuvor an diesem Tag, trat ein seliges Lächeln auf meine Lippen, als ich den Gesichtern, der Menschen begegnete, die mir so viel bedeuteten.

Ich sah Alice, die freudestrahlend auf uns zugelaufen kam, Truman dicht auf den Fersen. Mein Verlobter zog mich näher zu sich heran, legte seine Lippen auf meine Schläfe, um dann seinen Arm von meiner Schulter zu lösen und zur Seite zu treten, um seiner kleinen Schwester, die bereits ihre Arme weit ausgebreitet hatte, Platz zu machen.
 

***
 

So viele Menschen es auf dieser Welt gibt, so unterschiedliche Wünsche und Sehnsüchte bewohnen jeden Einzelnen davon.
 

Doch bin ich mir sicher, dass alle Menschen auf dieser Welt, eine Gemeinsamkeit teilen.

Einen Wunsch.

Ein Gefühl.
 

Du bist meine Hoffnung.

Du bist mein Traum.

Du bist meine Wirklichkeit.
 

Ich habe dich gefunden.

Mein Glück.
 

***
 

Fertig?!

Ok, dann geb ich jetzt meinen Senf dazu. ^^
 

Das war´s.

Mit diesem Kapitel zu Bittersweet Symphony, verabschiede ich mich von euch. Zuerst muss ich sagen, dass es mir sehr viel Spaß mit euch gemacht hat. Ich hab mich immer wahnsinnig über eure Kommis gefreut. Daher bedanke ich mich noch einmal bei jedem einzelnen von euch, der mir jemals ein kleines Feedback dagelassen hat. Vielen herzlichen Dank. *knuddel*
 

Für das letzte Kapitel hab ich mir noch einmal richtig viel Mühe gegeben. Daher hab ich mir auch wahnsinnig schwer damit getan. Was wahrscheinlich auch der Grund ist, dass ich gerade doppelt so aufgeregt bin, wie sonst immer. Aber ich hoffe doch, dass ich euren Geschmack getroffen hab und ihr mit dem Ende zufrieden seid - das Wichtigste für mich!
 

So, dann seid ihr jetzt ein letztes Mal dran, euch zu Wort zu melden. Also haut fleißig in die Tasten.
 

Also dann, wir hören bestimmt wieder voneinander.

Bis dahin.
 

Viele liebe Grüße

Eure Pei-Pei ^^



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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  jennalynn
2011-07-23T14:22:42+00:00 23.07.2011 16:22
Ich kann nichts sagen. Deine Geschichte ist so unfassbar toll.
Ich bin so froh, auf deinen FF gestoßen zu sein.
Also du bekommst von mir ein ganz dickes Lob und zwei Daumen nach oben.

LG Alexandra
Von:  jennalynn
2011-07-23T13:38:50+00:00 23.07.2011 15:38
Klasse, das war pures Adrenalien für meine Augen.
Und das Edward sich wieder erinnert, ich wusste es *grins*
Wirklich super, zu schade das es gleich zuende ist.
Von:  jennalynn
2011-07-23T12:41:04+00:00 23.07.2011 14:41
OH MEIN GOTT, dass darf doch nicht sein.
Aber ich wette Edward hat durch den Schlag dann sein Gedächnis wieder *grins*
Von:  jennalynn
2011-07-23T11:38:56+00:00 23.07.2011 13:38
Super Kapitel, oh man bin ich gespannt was da noch kommen wird.
Übrigens klasse, dass du Jake und Edward als gute Freunde darstellst.
LG
Von:  jennalynn
2011-07-23T10:30:36+00:00 23.07.2011 12:30
*HEUL SCHNIEF* Man das ist doch alles so emotional.
Deine Geschichte ist so schön.
LG
Von:  jennalynn
2011-07-22T22:57:19+00:00 23.07.2011 00:57
Mehr Taschentücher brauch ich.
Man ich geh jetzt ins Bett, vom ganzen heulen tun mir schon die Augen weh.
Super schönes Kapitel LG
Von:  jennalynn
2011-07-22T22:32:30+00:00 23.07.2011 00:32
*ganz großes heul* Man warum muss ich denn immer heulen. Wie machst du das nur
LG
Von:  jennalynn
2011-07-22T21:47:16+00:00 22.07.2011 23:47
Also ich musste doch tatsächlich mit den Tränen kämpfen, als Edward sie fragte warum sie mit niemanden auf dem Ball war.
Schönes Kapitel LG
Von:  jennalynn
2011-07-22T20:58:38+00:00 22.07.2011 22:58
HA HA das mit dem Hund und Alice ist ja super.
LG
Von:  jennalynn
2011-07-22T18:43:22+00:00 22.07.2011 20:43
Man hab ich wieder gelacht.
Wie schon öfter erwähnt ist deine Schreibweise unschlagbar.
Großes Lob und Liebe Grüße


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