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Herbstgefühle

ShikaTema
von

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Prolog

Es heißt die meisten Beziehungen beginnen im Frühjahr, aber wer will schon so sein wie der Durchschnitt?

Herbst; kalt, regnerisch und ungemütlich. Ein Vorgeschmack auf den Winter.

Viele bleiben lieber zu Hause. Eine denkbar schlechte Zeit um sich zu verlieben.
 

In Suna merkte man noch nichts vom nahenden Herbst.

Die Luft über der Stadt in der Wüste flimmerte hitzegeladen, als ich Kankuro aus dem angenehm kühlem Haus nach draußen folgte. Sorgfältig verschloss ich die Tür und trat aus dem Schatten des Vordachs hervor. Die Hitze traf mich wie ein Faustschlag. Geblendet kniff ich die Augen zusammen.

„Temari! He, jetzt komm schon. Wir sind spät dran“, drängelte Kankuro. Seine Silhouette hob sich schwarz von den sandfarbenen Wänden der Häuser ab. Obwohl auch ihm die stechende Hitze, welche schon seit sieben Tagen ununterbrochen in Suna-gakure herrschte, zu schaffen machte, trug er seine schwarze Kleidung, die seinen ganzen Körper bedeckte; selbst die Schminke hatte er aufgetragen. Ich selbst trug nur einen kurzen Rock und ein luftiges Shirt, in dem ich trotzdem schwitzte.

Natürlich wusste ich, dass wir spät dran waren und dass es höchste Zeit war, wenn wir uns nicht den Zorn des Kaze-kages einhandeln wollten. Gaara hatte sich schnell in sein Amt eingelebt.
 

Im Ratssaal wirbelte ein großer Ventilator unter der Decke. Sein elektrisches Surren wurde von Stimmengemurmel überdeckt. Der Raum war voller Menschen. Der gesamte Rat hatte sich versammelt, wie ich mit einem Blick in die Runde feststellte. Die steinernen Gesichter der Kaze-kages blickten auf die Menschenmenge hinab. Irgendwo dort, bei den Steinbildnissen vermutete ich Gaara.

Ich schob mich zwischen den Menschen hindurch bis ich an der rückwärtigen Wand angelangt war und meinen jüngeren Bruder auf dem Stuhl des Kaze-kages entdeckte.

Wie immer verzichtete er auf die traditionelle Kleidung der Ninja-Oberhäupter. Seine roten Haare standen wild von seinem Kopf ab. Sein Gesicht war missmutig. Er verabscheute die Ratsversammlungen, weil einige der älteren ihn wegen seines jugendlichen Alters nicht als entscheidungsfähig ansahen.

Kankuro tauchte neben mir auf und begrüßte Gaara. Die beiden wechselten einige leise Worte und Gaara warf mir einen kurzen Blick zu.

Ich hätte sofort misstrauisch werden sollen.
 

„Wieso muss ausgerechnet ich ihn begleiten und an dem beknackten Treffen teilnehmen?“

Ich hatte mich mit verschränkten Armen vor Gaara und Kankuro aufgebaut.

Die Ratsversammlung war so eben beendet worden und vor wenigen Augenblicken erst hatten die letzten den Saal verlassen. Nur wir waren zurückgeblieben und die beiden waren mir eine Antwort schuldig!

Gaara kniff die Augen zusammen und wandte den Blick zur Decke.

„Du kennst ihn. Er ist einer meiner größten Gegner im gesamten Rat“, begann er.

„Und dummerweise ist er auch für die außenpolitischen Sachen zuständig und geht deshalb zur Tagung der Ninjadörfer. Du begleitest ihn, um ihn davon abzuhalten gegen den Willen des Kaze-kages zu handeln“, fuhr Kankuro fort und konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, als er mein unwilliges Gesicht sah.

Na toll!

„Und warum gehst du nicht Kankuro?“, entgegnete ich ungehalten.

„Ich brauche ihn hier in Suna“, Gaara hatte sich erhoben und wandte sich zum Gehen. Kankuro streckte mir die Zunge heraus.

Es reichte!

Ich drehte mich herum und stapfte an Gaara vorbei auf die Tür zu.
 

„Temari! Es ist doch nur für zwei Wochen und die meiste Zeit sind keine Sitzungen, bitte!“

Die Hand schon am Türgriff hielt ich inne.

Wenn Gaara so mit mir sprach konnte ich nicht anders. Dann war er für mich nur mein kleiner Bruder, der Hilfe brauchte.

Ach, verdammt!

Ich war so leicht weich zu bekommen.

„Zwei Wochen? Na wenigstens ist es nicht in Iwa, oder?“

Ich spürte wie Gaara und Kankuro erleichterte Blicke tauschten.

„Nein, nicht in Iwa. Der Kongress findet in Konoha statt.“
 

Aha. Konoha also. Da wusste ich ja wenigstens was mich erwartete.

Einen leiser Seufzer konnte ich nicht unterdrücken als ich die Tür öffnete und den Ratssaal verließ.

Ein Regentropfen fiel vom Rand meiner Kapuze und traf meine Nasenspitze.

Trotz des Regenmantels aus dickem Stoff war ich durchnässt bis auf die Haut.

Meine Kleidung klebte unangenehm an meinem Körper und das Gepäck, das ich in einem Rucksack auf meinem Rücken trug, drückte unangenehm auf Schulter und Rücken. Mein Fächer rutschte immer wieder aus seiner Halteschlaufe und jedes Mal, wenn ich ihn erneut schulterte, wurde er schwerer. Meine nassen Haare klebten mir im Gesicht und ich zitterte vor Kälte.

Wenigstens ging es meinem Begleiter nicht besser. Er hatte seine Kapuze tief ins Gesicht gezogen und verdeckte so sein strenges, vernarbtes Gesicht. Wortlos eilte er vor mir her durch die herbstlichen Wälder des Feuerreichs.
 

Wenige Stunden nachdem wir die Grenze zum Hi-no-Kuni überschritten hatten, hatte der Himmel beschlossen meine Laune auf einen neuen Tiefpunkt sinken zu lassen und öffnete seine Schleusen.
 

Jetzt regnete es schon seit zwei Tagen unablässig. Allmählich ging mir das ewige Tropfen und kalte Platschen gehörig auf die Nerven. Wir wateten seit mehreren Stunden durch knöcheltiefen Schlamm, weil die Straße von Fuhrwerken aufgerissen und durchwühlt war. Immerhin zeigte uns dies, dass Konoha-gakure nicht mehr weit sein konnte.

Menschen waren uns bisher keine begegnet, was bei diesem Sauwetter nicht weiter verwunderlich war.

Gelbe Blätter säumten den Wegesrand und klatschten nass in mein Gesicht, wenn der Wind die Bäume durchfuhr.

Mit einem schmatzenden Geräusch zog ich meinen Stiefel aus dem Morast, nur um beim nächsten Schritt wieder ebenso tief einzusinken.

Tatsuko, mein Begleiter, machte keinerlei Anstalten mir zu helfen.

Überhaupt war er sehr schweigsam und betrachtete mich meist mit kritisch zusammengezogenen Augenbrauen.
 

Der Regen fiel noch immer gleichmäßig als es dunkel wurde.

In den Wäldern wurde es früh dunkel; wahrscheinlich war es gerade erst 17 Uhr.

Erschöpft wischte ich mir meine Haare aus dem Gesicht.

Tatsuko blieb stehen und wartete bis ich zu ihm aufgeschlossen hatte.

„Konoha-gakure ist nicht mehr weit. Wir sollten keine Rast mehr einlegen“, sagte er, wartete nur mein knappes Nicken ab und ging weiter.

Normalerweise dauerte die Reise von Suna bis nach Konoha drei Tage. Durch den Regen hatten wir bereits einen gesamten verloren. Wir mussten das Dorf in wenigen Stunden erreichen.

Der Gedanke an ein warmes und trockenes Bett gefiel mir, machte das Tropfen um mich herum, aber nicht erträglicher.
 

„Eure Einreisebescheinigung?“, der groß gewachsene Ninja nahm unsere Pässe entgegen und unterzog Tatsukos Einladung zum Kongress einer flüchtigen Untersuchung.

Der Raum war klein. Ein breiter Schreibtisch und ein paar Stühle waren das einzige Mobiliar.

Die Tür war nur angelehnt und von draußen war das Rauschen des Regens zu hören. Wir befanden uns in einem Häuschen, das sich an das große Tor Konoha-gakures lehnte und nur aus einem einzigen Raum bestand. Eine Neonröhre unter der niedrigen Decke verbreitete ihr kaltes Licht und verlieh dem Konoha-Ninja eine ungesunde Hautfarbe.

Nach dieser kurzen Überprüfung wurden wir zu unserer Unterkunft geführt.

Es war eine pechschwarze Nacht. Weder Mond noch Sterne waren durch die Wolkenschicht zu sehen.

Tatsuko erinnerte mich an die Eröffnungssitzung am folgenden Morgen und dann war ich endlich allein.

Ich verteilte meine nasse Kleidung im Badezimmer und badete ausgiebig bevor ich mich in das warme Bett kuschelte.
 

Ein entferntes Läuten löste Unruhe im Saal aus.

„Wir machen nach der Pause weiter“, der alte Mann, der die Sitzung leitete, unterbrach damit den Monolog des Abgeordneten aus Amegakure und ließ mich aus meinen Tagträumen aufschrecken. Stühle rückten und Stimmengemurmel hob an. Ich beeilte mich meinen Regenmantel überzuwerfen und folgte Tatsuko und den anderen Abgeordneten hinaus.

Schon seit zwei Tagen verbrachte ich jede Minute des Tages in dem großen Versammlungssaal mit dem runden Tisch. Zu Beginn des Kongresses war ich neugierig gemustert worden; ich war mit Abstand die jüngste, wenn auch nicht die einzige Frau. Die Themen waren langweilig. Wäre ich nicht Gaara zuliebe hier gewesen, hätte ich mir nach der ersten Sitzung ein Kopfkissen mitgenommen, aber so harrte ich aus und lauschte den Diskussionen über Handelsabkommen und der Unterzeichnung von Anträgen für irgendwas. Wenigstens spürten wir nichts von den Herbststürmen, die noch immer über Konoha-gakure tobten. Nur wenn wir in die Pausen gingen, so wie jetzt, fiel der Regen über uns her.

Ich verließ das Gebäude als letzte und trat hinaus auf die Brücke, die den Ratsaal, welcher im ersten Stock eines großen runden Hauses lag, mit den restlichen Verwaltungsgebäuden im Herzen Konohas verband. Die Brücke war nicht überdacht und so zerrte der Wind an mir und trieb mir den Regen ins Gesicht.

Ich hasste dieses Wetter.

Am Ende der Brücke hatte ich die Gruppe eingeholt und trat neben Tatsuko, der mich missachtete.

Was für ein eingebildeter alter Sack!

Der Weg nach unten, wo sich im Hauptgebäude ein Café befand, führte über einen Arkadengang, der sich außen am Gebäude ohne Stufen nach unten schraubte. Hier war die Witterung nicht besser zu ertragen; der Gang war auf der äußeren Seite geöffnet.

„Welches Thema behandeln wir heute Nachmittag Tatsuko?“, erkundigte ich mich um wenigstens einen Funken von Interesse zu zeigen.

„Es geht um die Verlängerung des Bündnisses mit Takigakure, und für Euch bin ich noch immer eine Respektperson, also bleibt bei Tatsuko-sama.“ Ich unterdrückte das Bedürfnis ihn zu schlagen und grub meine Fingernägel in meine Haut. In meinem Kopf tauchte das breite Grinsen von Kankuro auf.

Wieso musste ich mich immer mit den unerträglichen Typen herumschlagen?

Wütend wandte ich mich von Tatsuko ab und atmete zischend aus. Ich machte einen zornigen Schritt nach vorne, prallte gegen Jemanden und verlor das Gleichgewicht. Reflexartig krallte ich mich an meinem Gegenüber fest und riss ihn mit zu Boden.
 

Ein pochender Schmerz in meinem Hinterkopf und kalte Regentropfen auf meinem Gesicht brachten mich nach wenigen Augenblicken Bewusstlosigkeit in die Wirklichkeit zurück.

Hatte sich die ganze Welt gegen mich verschworen?

Jemand lag auf mir und machte keine Anstalten aufzustehen.

Verdammt was sollte das?

„Kannst du von mir runtergehen?“, vor Wut klang meine Stimme ganz schrill. Er richtete sich langsam auf, blieb aber auf meinen Beinen sitzen. Mit einer Hand hielt er sich genervt den Kopf und blickte auf mich hinab.

„Mensch bist du anstrengend! Du hast mich doch mitgerissen.“ Ich versuchte mich von ihm wegzurollen, doch er bewegte sich keinen Zentimeter. Erst als ich mit der geballten Faust nach ihm schlug verlagerte er sein Gewicht und fing den Schlag mühelos ab. Seufzend erhob er sich und streckte mir seine Hand entgegen.

„Komm schon, oder willst du dir aus Eitelkeit eine Erkältung holen?“, er klang genervt und als täte er dies nur weil es dem guten Ton entsprach. Beinahe wäre ich aus Trotz liegen geblieben, aber dann ergriff ich ohne ihn anzusehen seine Hand. Er zog mich auf die Beine und fragte knapp: „Alles okay?“

Ich nickte und versuchte meine Wut so weit in den Hintergrund zu drängen, dass ich mich entschuldigen konnte. Der Junge musterte mich. Plötzlich stutzte er.

„Du bist Temari, oder?“

Woher kannte er meinen Namen?

Verwirrt blickte ich auf.

Oh nein! Warum ausgerechnet dieser anstrengende Typ?

„Hallo Shikamaru“, ich seufzte leise.

Wir hatten uns nie besonders gut verstanden. Während der Chu-Nin-Prüfung hatte er mich besiegt und gab trotzdem auf. Dafür hasste ich hin. Kurze Zeit später musste ich ihm das Leben retten. Wir hatten uns ausschließlich gestritten. Er mochte keine Mädchen.

Ich wappnete mich für unfreundliche Bemerkungen. Doch stattdessen verschwand der genervte Ausdruck aus seinem Gesicht.

„Was machst du hier?“

„So’n blöder Kongress wegen außenpolitischen Beziehungen“, ich war etwas verwirrt.

„Wie lange?“

„Noch zwölf Tage.“

Was wurde das? Ein Verhör?

„Na dann; man sieht sich“, er versenkte seine Hände in den Hosentaschen und ging. Ich blieb stehen und starrte ihm verwundert hinterher.

Eine kalte Böe lies mich frösteln und ich machte mich langsam auf den Weg nach unten.
 

Es hatte tatsächlich aufgehört zu regnen als die Sitzung abends beendet wurde. Der Wind hatte jedoch nicht nachgelassen, eher legte er noch ein wenig an Geschwindigkeit zu.

Die Straßen Konohas waren wie leergefegt, obwohl es noch vor acht Uhr war. Doch die Menschen waren nicht zu Hause. Alle Kneipen, Restaurants und Clubs waren hell erleuchtet und aus ihrem Inneren drang gedämpftes Gelächter.

Die Abgeordneten waren ebenfalls geschlossen in eine Bar aufgebrochen.

Ich hatte mich gedrückt und wanderte nun allein durch die Stadt. Der Wind zerrte an meinen Haaren und fuhr mir durch die Kleidung. Ich schloss die Augen und genoss den Wind, der nach nassen Blättern roch.

Eine kleine Gruppe von Leuten, die etwa in meinem Alter sein mussten, bog in die leere Straße ein. Einzelne Gesprächsfetzen wehten zu mir herüber.

„Ach, komm schon! Du drückst dich doch sonst immer, da kannst du auch einmal mitgehen“, vernahm ich plötzlich die laute Stimme eines Mädchens. Die Gruppe kam auf mich zu und ich erkannte, dass das Mädchen und ein rundlicher Junge einen zweiten Jungen energisch mit sich zogen. Der Junge schien die Gegenwehr aufgegeben zu haben und spähte genervt zu mir herüber.

„Hey, Temari!“, im gleichen Moment als Shikamaru mich rief hatte ich ihn erkannt. Das Mädchen und der Junge warfen mir verwunderte Blicke zu, als Shikamaru sich aus ihrem Griff befreite und zu mir trat.

„Hast du frei?“, fragte er lässig.

„Natürlich. Die Abgeordneten sind alle älter als ich und müssen früh ins Bettchen“, antwortete ich zynisch und beobachtete wie Shikamaru mich einen Moment verwirrt anstarrte. Das blonde Mädchen lachte. Sie warf Shikamaru einen kurzen Blick zu, dann fragte sie:

„Willst du nicht mitkommen? Wir treffen uns mit den anderen in einer Bar.“ Ich wog die Möglichkeiten ab: allein im Hotelzimmer sitzen oder mit einer Gruppe junger Menschen sich einen lustigen Abend machen.

„Okay, danke für die Einladung!“

„Super! Dann beeilt euch mal! Wir sind bestimmt wieder die Letzten!“
 

Wir waren tatsächlich die Letzten, wie Ino vorhergesagt hatte. Kaum hatten wir die gefüllte Bar betreten wurden wir mit großem Hallo von den Mädchen und Jungen begrüßt. Die meisten kannte ich von der Chu-Nin-Prüfung, wie mir auffiel, als ich mich auf die bequeme Eckbank, die drei Seiten des Tisches umlief, setzte.

Keiner störte sich an meiner Anwesenheit. Ich wurde einfach in den Trubel der Gruppe miteinbezogen.

Als mir jemand ein Bier zuschob entdeckte ich, dass die Kneipe eine kleine Karaokebühne besaß und ich musste nicht lange warten bis die ersten Gäste der Kneipe dort ihren Gesang zum Besten gaben.

Choji, der rundliche Junge, stieß mit mir an. Das Bier war kühl und erfrischend.

Ich warf einen Blick in die Runde. Choji, der zu meiner rechten saß, stieß gerade mit einem dunkelhaarigen Mädchen an. Gegen Tenten hatte ich in der Vorrunde der Chu-Nin-Prüfung gekämpft. Sie war stark. In der Ecke saß der schweigsame Sasuke Uchiha. Ich war überrascht, als ich entdeckte, dass er seinen Arm um Sakuras Hüfte gelegt hatte. Die Rosahaarige lehnte an seiner Schulter und alberte mit Ino herum, die neben ihr saß.

Shikamaru hielt sich aus dem Chaos heraus, dass seine Tischnachbarn verursachten. Kiba und Naruto hatten Hinata in ihre Mitte genommen und waren die Lautesten am Tisch. Das Gesicht des Hyuga-Mädchens lief den gesamten Abend im Sekundentakt rot an, wenn die beiden ihre Späße machten.

Irgendwann sprangen Sakura und Ino auf und stürmten die Karaokebühne. Die beiden konnten ganz gut singen und die Kneipenbesucher applaudierten.

Danach gab es am Tisch kein Halten mehr: Tenten sang eine Ballade, Kiba und Choji grölten mehr als sie sangen, Naruto zog Hinata zu einem Duett auf die Bühne und ich wartete auf den Moment, in dem diese in Ohnmacht vor Nervosität fallen würde. Dann wieder Sakura, Kiba zusammen mit Tenten, Naruto mit Sakura, Choji mit Ino.

So viel Spaß hatte ich selten mit einer Gruppe von Leuten gehabt.
 

Irgendwann versuchte Ino Shikamaru zu einem Duett zu überreden, doch der wehrte sich standhaft. Ino schien tatsächlich für einen Moment verletzt und während sie alleine auf der Bühne stand fragte ich mich in welchem Verhältnis sie zu ihm stand. Es kam mir so vor, als suche sie den Blickkontakt mit ihm.

„Und jetzt du, Temari!“, Ino stand vor mir und streckte mir das Mikro entgegen. Überrascht über den kühlen Ton in ihrer Stimme sah ich sie an. Doch einen Augenblick später strahlte sie wieder über das ganze Gesicht.

Auch die Anderen forderten jetzt, dass ich singen sollte und so gab ich nach. Ich wählte ein Lied, dass ich gut kannte und holte tief Luft.

Normalerweise hatte ich keine Probleme vor Leuten zu sprechen oder zu singen, aber aus irgendeinem Grund wollte ich mich nicht blamieren.

Ich versuchte zu vergessen, dass mich alle anstarrten und sang einfach.

Erst beim zweiten Refrain blickte ich hinunter zu den Lauschenden. Mein Blick traf Shikamarus und blieb dort. Er hatte schöne braune Augen.
 

Erst als der Applaus einsetzte realisierte ich, dass das Lied vorüber war und wandte meinen Blick ab. Beinahe fluchtartig verließ ich die Bühne. Verwirrt nahm ich zur Kenntnis, dass die Anderen mich umarmten und mich lobten. Irgendwer drückte mir ein neues Bier in die Hand. Wie in Trance setzte ich mich wieder.

Verstohlen sah ich zu Shiakamaru hinüber. Ino saß neben ihm und redete auf ihn ein.

Wenn er nur noch einmal zu mir herübersehen würde…

Was war los mit mir?

Ich nahm einen tiefen Schluck aus meinem Bierglas und war erleichtert, als die Kühle die Verneblung in meinem Gehirn für einen Augenblick aufhob.
 

Es war spät als beschlossen wurde zu gehen.

Ich fühlte mich leicht berauscht von dem Bier, doch als wir hinaus in die Kälte der Nacht traten war ich schlagartig wieder nüchtern.

Die gesamte Gruppe machte sich geschlossen auf den Heimweg.

Ich hielt mich so weit wie möglich weg von Shikamaru. Die Gefühle, die ich hatte, als ich ihm in die Augen geblickt hatte, verwirrten mich zutiefst. Außerdem hatte Ino sich bei ihm eingehakt und lief neben ihm her.
 

Ich war die erste, die einen anderen Weg nehmen musste. Die Anderen verabschiedeten mich überschwänglich. Naruto hätte mich im Rausch wohl geküsst wenn ich den Kopf nicht zu Seite gewandt hätte. Sakura bat mich sich der Gruppe doch anzuschließen wenn in wenigen Tagen das Herbstfest stattfand. Ich versprach es mir zu überlegen.

„Ich begleite sie“, Shikamaru hatte sich von Ino befreit und war neben mich getreten.

Bitte nicht!

„Es ist nicht weit“, wehrte ich ab.

„Genau, Shikamaru komm mit uns!“, mischte Ino sich energisch ein. Shikamaru schüttelte den Kopf.

„Na dann, bis Morgen“, die Anderen verabschiedeten sich. Nur Ino blieb stehen und ihr Blick wanderte von Shikamaru zu mir. Unbehaglich wandte ich mich ab um ihr die Möglichkeit zu geben sich zu verabschieden anstatt mich zu erwürgen. Tatsächlich folgte sie den Anderen nach wenigen Sekunden.
 

„Wo musst du lang?“, fragte Shikamaru in die Stille hinein. Ich ging los ohne ihn anzusehen, oder eine Antwort zu geben.

„Sie steht auf dich, oder?“, fragte ich plötzlich.

„Mmh.“

Was war das denn jetzt wieder für eine Antwort?

Ich beschloss nichts weiter zu sagen, sondern schlang meine Arme enger um den Körper und schob meine kalten Hände schützend unter meine Oberarme.

Schweigend erreichten wir das Hotel und ich drehte mich im Licht, das aus der schwach erleuchteten Empfangshalle durch die Glastür fiel, zu ihm um.

Er wirkte verloren, wie er außerhalb des Lichtkreises stand und mich ansah. Ich wich seinem Blick aus.

„Gute Nacht“, ich kam schon wieder aus dem Konzept. Das Beste würde sein wenn ich so schnell wie möglich von hier verschwand.

„Soll ich dich abholen wenn wir auf das Herbstfest gehen?“, er versuchte lässig zu klingen, doch ich hörte deutlich, dass er nervös war.

Aus irgendeinem Grund freute ich mich über sein Angebot.

„Gerne“, ich lächelte. Er grinste verlegen.

„Okay. Bis dann. Gute Nacht“, einen verrückten Augenblick hatte ich den Eindruck er würde mich umarmen, doch er vergrub seine Hände in den Hosentaschen und blickte zu Boden.

„Ja, bis dann“, ich flüchtete durch die Tür in das Hotel und warf nur einen flüchtigen Blick zurück.

Shikamaru stand einen Moment unschlüssig. Dann trat er nach einem Stein und ging.

Ich lief die Treppe zu meinem Zimmer hinauf und lehnte mich von innen gegen die geschlossene Tür.

Was war nur los mit mir? Das war doch nicht ich, die sich so verhielt!

Das schrille Klingeln des Weckers riss mich aus einem unruhigen Schlaf.

Ich brauchte einen Augenblick um Traum und Wirklichkeit auseinander halten zu können. Seufzend rollte ich mich auf den Rücken und rieb mir die Augen.

Nach einer Weile schaffte ich es ins Badezimmer zu schlurfen und meinen schmerzenden Kopf unter kühles Wasser zu halten.

Dadurch wurde ich ein wenig wacher und etwa eine halbe Stunde später traf ich mich mit Tatsuko im Foyer des Hotels.

Ich schlürfte eine Tasse kochendheißen Kaffees, das restliche Frühstück hatte ich ausfallengelassen. Tatsuko bedachte mich mit einem herablassenden Blick; kein Wunder bei den riesigen, dunklen Ringen, die, trotz des Make-Ups, meine Augen zierten.

Ich musste aussehen wie ein Zombie.

„Guten Morgen! Gut geschlafen?“, fragte er spöttisch, als wir nach Draußen traten.

Blödmann! Nur wegen ihm musste ich so früh aufstehen! Wegen ihm war ich überhaupt hier!

Betont freundlich strahlte ich ihn an und antwortete:

„Natürlich Tatsuko-sama! Und Sie?“

Er nuschelte eine unverständliche Antwort und eilte mir voraus. Als ich seinen geraden Rücken vor mir sah und die arrogante Körperhaltung, konnte ich mich nicht beherrschen und streckte ihm die Zunge heraus.
 

Die Sitzungen waren unerträglich.

Den ganzen Morgen kämpfte ich gegen den Drang an meinen Kopf einfach auf den Tisch vor mir zu legen und zu schlafen. Nur das Versprechen, das ich Gaara gegeben hatte, hielt mich davon ab.

Die Mittagspause nutzte ich zum Dösen auf einer der Bänke, die auf der Brücke zum Hauptgebäude standen. Der Wind war zwar unerträglich kalt, doch es regnete nicht mehr und ab und zu entdeckte ich einen Fetzen blauen Himmel zwischen den Wolken, was ich als enorme Steigerung für das Wetter in Konoha verbuchte.

Der Wind sang in meinen Ohren und ich erinnerte mich an den gestrigen Abend. Ein Paar rehbrauner Augen, die mich ernst, aber nicht ablehnend beobachteten.
 

Eine Gänsehaut überzog meine Arme und ich setzte mich fröstelnd auf.

In Suna war es mit Sicherheit wärmer.

Gedankenverloren starrte ich vor mich hin und schreckte erst auf, als die ersten Abgeordneten zurück in den Ratssaal unterwegs waren.

Unwillig begab ich mich ebenfalls wieder in den stickigen Raum und verbot mir selbst über Tagträumen meine Pflicht zu vergessen.
 

Ich verbrachte die nächsten beiden Tage bis weit nach Mitternacht eingepfercht mit den anderen Ratsmitgliedern. Mein Kopf schmerzte unablässig und ich schlief schlecht, weil ich mir, völlig unbegründete, Sorgen um die bevorstehenden Sitzungen zu machen begann.

Zu meinem Leidwesen wurde das Wetter immer besser. Die Sonne schien, der Sturm war verschwunden und das Thermometer kletterte in zweistellige Bereiche.

Erleichtert nahm ich am siebten Tag nach Kongressbeginn zur Kenntnis, dass die folgenden drei Tage sitzungsfrei waren.
 

Ich schlief lange und tat alles mit einer mir angemessen erscheinenden Langsamkeit.

Am Nachmittag entschloss ich mich dazu eine Nachricht an meine Brüder zu schreiben und ihnen vom bisherigen Verlauf des Kongresses und Tatsukos herablassendem Benehmen mir gegenüber zu berichten.

Auf dem Weg zum Postamt begegnete ich Hinata, die sich erkundigte, ob ich am folgenden Tag zum Herbstfest ginge.

Verdammt! Das Herbstfest hatte ich vollkommen vergessen!

Ich erinnerte mich, dass Shikamaru versprochen hatte mich abzuholen.

Wo war ich in den letzten Tagen nur mit meinen Gedanken gewesen?
 

Als ich wieder in meinem Hotelzimmer angekommen war hatte ich den Entschluss gefasst nicht hinzugehen.

Natürlich hatte ich mich über die Einladung gefreut, noch mehr über Shikamarus Angebot, doch irgendetwas hielt mich zurück.

Du musst daran denken warum die wirklich hier bist! Du hast es versprochen!

Ich wiederholte diese Sätze so lange bis ich daran glauben konnte auch wenn ich genau wusste, dass das nicht stimmte.

Ich hatte Angst vor mir selbst, Angst vor meinen Gefühlen, die ich mir nicht erklären konnte und die mich verwirrten. Ich konnte es mir nicht eingestehen.
 

Am Abend fühlte ich mich alleingelassen. Unruhig wanderte ich durchs Zimmer; versuchte mich auf ein Buch zu konzentrieren, doch ich schaffte es nicht.

Schließlich beschwor ich mit der Kuchiyose-no-Jutsu mein Kama-Itachi. Mit einem leisen Knall erschien er und sah mich erwartungsvoll an.

„Was ist los, Temari? Es riecht nirgends nach Kampf“, seine Stimme war warm und ich fühlte mich gleich besser.

„Es ist nichts. Ich hab mich einsam gefühlt“, ich lächelte leicht. Kama, der mich um Haupteslänge überragte, lies sich auf seine vier Pfoten fallen. Ich glaubte ein Schmunzeln in seinem Gesicht zu erkennen.

„Schon okay. Ich leiste dir gerne Gesellschaft.“

Wenig später war ich an das weiche Fell des Wiesels gekuschelt eingeschlafen.
 

Ich erwachte als mir die Sonne durch das Fenster ins Gesicht schien. Um mich herum war das warme Fell des Riesenwiesels. Schlaftrunken setzte ich mich auf. Kama regte sich ebenfalls, aber nur um sich murmelnd auf die andere Seite zu drehen. Er war daran gewöhnt mein Bett zu teilen und machte mir keine Vorwürfe wenn ich ihn auch außerhalb eines Kampfes beschwor.

Es erschien vielleicht seltsam einen so mächtigen Geist wie ein Haustier zu behandeln doch so lange Kama es akzeptierte hatte ich ihn gerne in meiner Nähe.

Ich gähnte und reckte meine Arme zur Decke. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich den Vormittag verschlafen hatte.

In aller Ruhe zog ich meine Kleider an und begab mich, nach einer kurzen Katzenwäsche, nach unten um etwas zu essen.

Ich trödelte absichtlich herum und lies mir Zeit.

Zu entspannen war mein einziger Vorsatz für die wenigen freien Tage, die mir in Konoha-gakure blieben.

Nach dem Mittagessen machte ich einen Spaziergang bei dem ich darauf achtete die belebten Straßen zu meiden.

In einem kleinen Park raschelten meine Füße durch buntes Laub und ich genoss die Sonnenstrahlen, die durch die kahlen Äste der Bäume fielen. Schließlich setzte ich mich auf eine Bank und vergrub meine Hände tief in den Jackentaschen nachdem ich den Schal bis zur Nase hochgezogen hatte. Es war doch empfindlich kalt.

Blätter tanzten von den Bäumen und gesellten sich zu ihresgleichen.
 

Die Sonne färbte den Himmel rot und es wurde dunkler. Ich machte mich auf den Rückweg.

In den Straßen begegneten mir die ersten festlich gekleideten Menschen auf dem Weg zum Herbstfest. Die kleinen Mädchen trugen Yukata in den Farben des Herbstes und die Erwachsenen hatten ihre Arbeitskleidung abgelegt und kleideten sich ebenfalls vorwiegend in Rot, Gelb, Orange, Braun und Schwarz.

Von meinem Hotelzimmerfenster sah es aus als wären die toten Blätter zu neuem Leben erwacht und wanderten ohne das Zutun des Windes umher.

Kama war verschwunden und so war ich wieder allein während ich mich duschte, meine Haare trocknete und frische Kleider aus meinem Gepäck heraussuchte.

Erst als ich vor dem mannshohen Spiegel stand und mich in dem braunen Rock, dem roten Pulli und den schwarzen Stiefeln musterte wurde mir bewusst was ich eigentlich tat.

Warum hatte ich mich selbst nicht mehr unter Kontrolle?

Wütend auf mich selbst ließ ich mich rücklings auf das Bett fallen und presste meine Handballen so fest auf die Augen, dass helle Lichtblitze hinter meinen Lidern umherzuckten.

Verdammt! Verdammt!

So verharrte ich eine Zeitlang und horchte auf meine widersprüchlichen Gedanken und Gefühle.

Schließlich trat ich ans Fenster und starrte hinaus in die Dunkelheit. Die Straßenlaternen erleuchteten mit ihrem künstlich orangen Licht den Bereich vor dem Hotel, den ich jedoch nicht einsehen konnte, weil mein Zimmer sich zu weit oben befand.

Ob er schon wartete?

Ich warf einen flüchtigen Blick in den Spiegel und zog in Gedanken meine dunkle Jacke und einen hellen Schal an.

Die Uhr zeigte halb neun. Es wurde Zeit.

Ein warmes Kribbeln stieg in meinem Bauch auf, als ich daran dachte, dass Shikamaru nur auf mich wartete.

Wenn er noch wartete…

Hektisch suchte ich meine restlichen Kleidungsstücke zusammen und schminkte mich. Dann stürmte ich nach unten in die Hotelhalle, wobei ich beinahe einen Pagen zu Boden riss.
 

Ohne mein Tempo zu verringern hielt ich auf die Glastür zu und kam in der Kühle der Nacht zum Stehen. Ich versuchte meinen Atem zu beruhigen und sah mich um.

Er ist bestimmt schon wieder weg!

Da entdeckte ich ihn auf der anderen Straßenseite an die Wand eines Hauses gelehnt. Mein Puls beschleunigte sich und mir wurde unerträglich warm, als mir bewusst wurde, dass er gesehen haben musste wie ich aus dem Hotel stürzte. Ich wäre am liebsten im Boden versunken.

Er hob eine Hand und winkte mir zu. Dann kam er über die Straße zu mir herüber. Seine Hände hatte er wie immer in den Hosentaschen vergraben.

Ich konnte mich nicht rühren, weil ich befürchtete mich noch mehr zu blamieren.

Als er vor mir stand lächelte er und schien einen Augenblick nach Worten zu suchen. Seine Wangen waren leicht gerötet, was ich auf die Kälte schob. Wahrscheinlich hatte ich ihn schon ewig warten gelassen.

„Du siehst hübsch aus“, zögernd suchte er meinen Blick.

Ich spürte wie meine Wangen noch mehr zu glühen begannen, wich seinem Blick aus und murmelte ein leises Danke.
 

Schweigend liefen wir nebeneinander her. Verstohlen musterte ich ihn aus den Augenwinkeln. Er trug schwarze Kleidung, die für mich ungewohnt war, weil ich ihn bisher nur in seiner Ninja-Ausrüstung gesehen hatte.

Ich gestand mir ein, dass er gut aussah und vergrub gleichzeitig mein Gesicht bis zur Nase im Schal, damit er meine Gedanken nicht erraten konnte. Lautlos beschimpfte ich mich selbst, weil ich mich wie ein kleines Mädchen verhielt und nicht wie eine Neunzehnjährige.

Nach einer Weile begann ich seine Gegenwart zu genießen auch wenn ich weiterhin schwieg.
 

Der Trubel und die Menschen um uns herum nahm immer mehr zu je näher wir dem Festgelände kamen, das etwas außerhalb Konoha-gakures lag.

Der Weg war mit bunten Fahnen geschmückt, überall duftete es nach Essen.

„Was feiert ihr eigentlich?“, erkundigte ich mich bei Shikamaru. Meine Unruhe hatte sich gelegt und mein Gesicht endlich wieder eine normale Farbe angenommen.

„Wir bedanken uns für das vergangene Jahr, die guten Ernten, gelungene Aufträge, den Frieden“, antwortete er bereitwillig.

„In Suna gibt es das nicht“, stellte ich fest und betrachtete die Stände am Wegesrand.

Das Gedränge wurde immer dichter und die Stände immer zahlreicher. Irgendwo lief laute Musik.

Shikamaru berührte mich leicht an der Schulter.

„Lass uns etwas Warmes trinken“, er ergriff meine Hand als ich nickte und zog mich zu einem Stand mit Stehtischen hinüber, an dem er zwei Becher Tee besorgte.

„Danke“, verlegen lächelte ich ihn an, während ich meine Hände an der heißen Tasse wärmte.

Er erwiderte meinen Blick und sagte:

„Ich hoffe Tee ist in Ordnung. Die ältere Chu-Nin und die Jo-Nin schwören alle auf Sake, wenn dir kalt ist. Eigentlich schwören sie auf Sake in allen Lebenslagen.“

Ich lachte und antwortete, froh, dass wir uns nicht weiter anschwiegen.

„Sake ist ein Getränk für die Alten. Ein Tee ist schon in Ordnung.“ In seinen braunen Augen blitzte es belustigt.

Wir schwiegen, während wir an unserem Tee nippten, und erwiderten den Blick des Anderen.
 

Wir wollten gerade weitergehen und Shikamaru hatte schon nach meiner Hand gegriffen um mich im Gedränge nicht zu verlieren, als ihn plötzlich jemand von hinten umarmte.

„Hier seid ihr! Wir haben euch schon vermisst“, Ino machte keine Anstalten Shikamaru wieder loszulassen und so ließ er meine Hand los. Enttäuschung machte sich in mir breit und als er sich jetzt Ino zuwandte, die ihn sofort losließ nachdem er mich nicht mehr berührte, spürte ich einen feinen Stich in meiner Brust.

„Es ist alles in Ordnung Ino. Wir hätten euch gleich gesucht“, Shikamaru wandte mir den Rücken zu und in mir flammten wieder alle Aspekte auf, die mich dazu bewegt hatten eigentlich zu Hause bleiben zu wollen.

Ino ergriff Shikamarus Hand und zog ihn hinter sich her, hinein in das Gedränge. Ich blieb zurück und sah den Beiden traurig hinterher.

Warum tat er mir das an?

Ich konnte nicht mehr klar denken und die Hand, die er noch bis vor wenigen Sekunden gehalten hatte, fühlte sich leer an.

Um mich herum schoben sich die Menschen, stießen mich an, lachten und waren glücklich.

Meine Augen begannen zu brennen. Trotzig wischte ich mir über die Augen.

Weshalb war er erst so nett zu mir und ließ mich dann doch stehen?

Und wieso füllten sich meine Augen schon wieder mit Tränen?

Ich wandte mich ab und lief; einfach nur weg, weg von anderen Menschen, weg… so weit wie möglich!

Ich rempelte Leute an, mein Blick war mit Tränen verschleiert, vereinzelt wurden empörte Rufe laut. Einmal glaubte ich meinen Namen zu hören.

„Temari? Wo willst du hin? Ist dir nicht gut?“

Waren das nicht Sakura und Hinata?
 

Schließlich hatte ich die meisten Menschen hinter mir zurückgelassen. Ich verlangsamte mein Tempo und wischte mit dem Ärmel der Jacke über mein tränennasses Gesicht.

Ich hätte es wissen müssen.

Warum legte ich es darauf an verletzt zu werden?

Ich hockte mich auf eine einsame Bank; die Arme um meine angewinkelten Beine geschlungen. Keine Menschenseele war in meiner Nähe. Traurig starrte ich in die Dunkelheit.

Es war ein Fehler hierher zu kommen. Schon nach unsren ersten Zusammentreffen hätte ich…

Erneut liefen Tränen über meine Wangen und meine Nase begann zu laufen.

Wahrscheinlich war meine Schminke total verschmiert.

Fröstelnd zog ich die Jacke enger um meinen Körper.

Wie sollte ich nur die restlichen Tage bis zur Abreise nach Suna überstehen? Hoffentlich bekam Tatsuko keinen Wind von der Sache.

Ich schniefte leise und versuchte meine Fassung wiederzuerlangen. Den Kopf weit in den Nacken gelegt atmete ich tief durch. Trotzdem wich die Beklemmung in meiner Brust nicht.

Seine Hand hatte sich so gut angefühlt, so warm.
 

Plötzlich hörte ich eine leise, unsichere Stimme:

„Temari? Bist du hier irgendwo? Temari? Wir machen uns alle Sorgen!“

Ich schluckte und fuhr mir ein letztes Mal mit der Hand über die Augen bevor ich antwortete.

„Ich bin hier. Es ist alles in Ordnung.“

Zu meiner Erleichterung klang meine Stimme nicht zittrig. Schnell setzte ich meine Füße auf den Boden, als die Schritte näher kamen und ich schließlich Hinata erkannte. Ihr Gesicht war weiß und die Hände hielt sie schützend vor die Brust gepresst. Als sie mich erkannte lächelte sie schüchtern und blieb zwei Schritte von mir entfernt stehen.

„Stimmt etwas nicht?“, schaffte ich ruhig zu sagen. Hinatas Augen weiteten sich für einen Augenblick.

„Du warst auf einmal verschwunden, hat Shikamaru gesagt, und du sahst nicht gut aus, als du an mir und Sakura vorbeigelaufen bist.“

ICH war also plötzlich verschwunden?

Meine Fingernägel gruben sich in meine Hand.

„Wir haben uns Sorgen gemacht und suchen dich.“ In Hinatas Gesicht konnte ich deutlich ablesen, dass sie hoffte ich würde einfach aufstehen und mit ihr zu den anderen zurückgehen.

„Es ist alles in Ordnung. Mir war nur für einen Moment schlecht; muss an dem Tee gelegen haben. Danke, für die Einladung, aber ich glaube ich gehe lieber wieder ins Hotel.“

Hinata nickte vorsichtig.

„Bist du sicher, dass du okay bist? Soll ich mitkommen?“, fragte sie. Energisch schüttelte ich den Kopf.

Das war das Letzte was ich jetzt gebrauchen konnte!

„Na dann, bis demnächst“, Hinata musterte mich noch einen Moment, wandte sich dann ab und verschwand in der Dunkelheit.
 

Ein Gefühl von Bitterkeit stieg in mir auf, als ich mir ausmalte, wie Ino den ganzen restlichen Abend Shikamarus Hand hielt, in seine braunen Augen blicken durfte und ihn küsste.

Ich starrte in den Himmel. Kein einziger Stern war zu sehen. Eine heftige Böe rüttelte an den Bäumen und zahlreiche Blätter fielen um mich herum zu Boden.

Der Herbst war eine schrecklich trostlose Jahreszeit.

„So, der Tee war also schlecht?“, mein Herz schlug plötzlich hart gegen meine Rippen.

Warum musste er jetzt hier auftauchen?

Ich kämpfte die aufsteigenden Tränen nieder und antwortete trotzig:

„Mir wurde plötzlich schlecht. Ich weiß auch nicht warum.“

Seine hoch gewachsene Gestalt schälte sich aus der Dunkelheit als er näher trat, die Hände mal wieder in den Hosentaschen.

Ich erwiderte seinen Blick herausfordernd und versuchte mich nicht in seinen Augen zu verlieren.

„Du hättest bescheid sagen können. Dann hätte ich…“

„Hab ich aber nicht!“

Lass ihn bloß nicht zu Wort kommen! Bleib hart! Lass dich nicht schon wieder verletzen!

Sein Blick flackerte, er sah zu Boden. Seine Stimme wurde kalt und er schien genervt.

„Schön. Wenn das so ist!“

Ich wandte den Blick ab.

Bloß nicht die Fassung verlieren!

„Ja. Genau.“

„Ich weiß nicht warum ich dich heute Abend dabei haben wollte.“

„Und ich weiß nicht warum ich überhaupt zugesagt habe!“

Wir standen uns gegenüber. Zornig starrte ich ihn an, spürte den Schmerz den er mir zugefügt hatte.

„Also war alles gelogen?“

„Das könnte ich dich auch fragen!“

Ich durfte nicht weinen. Nicht vor ihm! Mühsam kämpfte ich dagegen an.

„Ich dachte du wärst anders.“

War er enttäuscht? Wohl eher genervt, dass er seine Zeit verschwendet hatte!

„Das dachte ich auch.“

Er schnaubte verächtlich und wandte sich zum Gehen.

Nein! Bitte nicht!

Ich konnte meine Tränen nicht mehr unterdrücken und schluchzte leise. Wütend wischte ich die Tränen ab und starrte ihm hinterher.

Verdammt!
 

„Bitte geh nicht! Ich habe mich so gefreut als du mich eingeladen hast“, ich hielt ihn von hinten fest umschlungen, das Gesicht gegen seinen Rücken gepresst.

„Ich habe nicht gelogen“, schluchzend krallte ich meine Hand in sein Hemd. Er schwieg und bewegte sich nicht. Meine Tränen durchnässten sein Hemd, während wir so dastanden.

„Wirklich?“, vorsichtig strich er über meine Hände. Seine Berührung war warm.

„Geh nicht weg“, ich schniefte leise und versuchte mich zu beruhigen. Seine Hand hielt inne.

„Wohin sollte ich denn gehen?“

„Zu Ino. Ich dachte…“

Er lachte leise und streichelte meine Hand wieder.

Was war daran lustig?

„Ihr Frauen seid doch alle gleich verrückt.“

Was?

Ich ließ ihn abrupt los. Überrascht drehte er sich um und sah in meine verheultes Gesicht.

„Wenn du nichts sagst! Ich dachte du magst sie und wolltest zu mir nur nett sein! Wie kannst du darüber lachen? Ihr Männer habt sie doch nicht mehr alle!“

Er zog eine Augenbraue hoch und schien einen Moment genervt.

„Willst du mich wieder anschreien?“

Wenn er so weiter machte, ja!

„Es geht hier nicht darum, ob ich dich anschreie! Es geht ums…“

Plötzlich beugte er sich näher zu mir herüber und nahm mein Gesicht in seine Hände. Kurz bevor seine Lippen meine berührten sagte er: „Ums Prinzip, ich weiß. Na und?“



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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von:  KleinerAlsSasori
2009-11-10T13:46:26+00:00 10.11.2009 14:46
*Herzchenaugen hab* Voll toll!!
Temari wirkt manchmal ein wenig OOC aber das liegt wohl an ihren Gefühlen! ^^
Shikamaru ist echt super getroffen!!! Hab selten eine FF gelesen in der er so wenig OOC ist!!!
Dein Schreibstyl ist auch super!!
lg shikas-girl
Von:  Inukami
2008-11-20T20:28:48+00:00 20.11.2008 21:28
Hey du!
das ist total schön geschrieben, ich mag das paaring toal, vorallem schikamaru wirkt so ... halt ganz wie er selbst ... und du hast es geschafft sasuke und sakura zu verkuppeln ??? XD

Von:  Hinarika
2008-11-06T21:16:00+00:00 06.11.2008 22:16
Das zweite Kappi ist genauso toll wie das Erste! ^^
Und vor allem war es ein toller Abschluss. Ich freu mich bald schon was neues von dir zu lesen.
lg
Hinarika
Von:  Hinarika
2008-11-06T21:14:02+00:00 06.11.2008 22:14
Wie Temari und Shikamaru zusammengestoßen sind, das war so - lol und so typisch. Ich kenne kaum jemanden der die Charaktere so gut trifft wie du. Und vor allem finde ich hast du einen klasse Schreibstil^^
Von:  Hinarika
2008-11-06T21:11:12+00:00 06.11.2008 22:11
Der Prolog ist toll^^
Ich finde du triffst die Sabakuno-Geschwister super!


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