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Siebzehn

von

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Erster Tag - Zurückgelassen

"Für Itachi… warst du mehr wert als das gesamte Dorf."
 

Es fühlt sich alles so furchtbar surreal an.

Mir ist schwindlig, ich kriege kaum Luft. Und das Stechen in meiner Brust wird stärker.

Ich lehne an der feuchtkalten Wand, versuche Madara zuzuhören. Obwohl ich das nicht wirklich will. Das Seil, mit dem er mich gefesselt hat, kratzt ein wenig und je heftiger ich mich bewege und versuche, es ein bisschen zu lockern, desto mehr Haut schürfe ich mir damit ab. Es brennt. Aber lockerer wird es trotzdem nicht.
 

"Begreifst du es? Er musste gegen dich kämpfen und vor deinen Augen sterben. Für Konohas Frieden und noch mehr als alles andere… für dich, Uchiha Sasuke, wollte er als Verbrecher sterben, als Verräter."
 

Die Luft wird von Sekunde zu Sekunde schlechter, mein Atem flacher. Ich habe das Gefühl zu ersticken. Verschwommen sehe ich, wie Madara auf mich zukommt, mit einem Kunai in der Hand. Mein Blick geht an ihm vorbei ins Leere. Und trotzdem schafft seine Stimme es immer wieder, mich zu erreichen. Ich höre, was er sagt, aber die Worte ergeben keinen Sinn. Nichts ergibt einen Sinn, alles ist so falsch.
 

"Er tauschte seinen Ruhm gegen Schande… und deine Liebe gegen Hass. Auch dann noch ist Itachi mit einem Lächeln gestorben."
 

Das Bild von meinem Bruder, wie er mit seinen blutigen Händen und einem Lächeln im Gesicht nach meinem Auge greift, flackert auf einmal in mir auf. Ich will das nicht sehen. Madara soll aufhören, mir das zu erzählen. Bei solchen Dingen ist es doch besser, wenn ich sie nicht weiß.
 

"Diese unvergleichliche Liebe… er überließ dir den Namen Uchiha. Und täuschte dich bis ganz zum Schluss."
 

Er hebt seine Hand mit dem Kunai und schneidet die Fesseln durch. Endlich ist das juckende Seil ab und ich reibe mir auch sofort die roten Schlieren an meinen Armen. Es tut weh, aber ich kann wieder normal atmen.

Und will so schnell wie möglich gehen.
 

"Wo sind meine Sachen?"
 

"Warte, ich bring sie dir gleich."
 

Die ganzen Gedanken und Fragen in meinem Kopf schiebe ich erst einmal zur Seite und während Madara in einem der Tunnel verschwindet, raffe ich mich mühsam auf. Oder versuche das zumindest. Meine Arme geben sofort nach, wenn Gewicht auf ihnen lastet und die Muskeln schmerzen beim Anspannen, sodass ich mit jedem Versuch wieder zu Boden sinke. Bin ich so geschwächt? Oder habe ich mich einfach zu lange nicht mehr bewegt?

Vielleicht beides.

Jedenfalls komme ich langsam hoch, wenn ich mich beim Aufstehen gegen die Wand drücke.
 

Gerade rechtzeitig, als auch Madara wieder zurückkehrt. Er hält mein Kusanagi und ein paar dunkle Stofffetzen, wahrscheinlich das, was von meiner Kleidung übrig geblieben ist.

Ich lehne immer noch an dem kalten Stein und wage nicht, mich auch nur einen Schritt davon zu entfernen, denn ohne Stütze würde ich wieder zusammensacken, das weiß ich. Und Madara merkt es vermutlich auch, nach kurzem Zögern kommt er auf mich zu und reicht mir meine Sachen.
 

Selbst das Zugreifen fällt mir schwer, doch es reicht, damit ich zuerst mein Hemd und dann das Hüftteil anziehen kann, das ich mit dem Gürtel so gut es geht festschnüre.

Alles hängt lose an mir herunter. Das Hemd, das ohnehin aus sehr wenig Stoff besteht, ist völlig zerrissen und der Rest rutscht mit jedem Atemzug ein Stückchen tiefer, weil ich den Gürtel nicht eng genug ziehen kann. Wahrscheinlich muss ich ganz langsam gehen und die Hose mit einer Hand oben halten, aber mehr als langsam gehen ist in meiner momentanen Verfassung sowieso nicht drin.
 

Ich nehme ihm auch noch das Katana ab und teste dann, mit wieviel Gewicht ich meine Beine belasten darf, ohne dass sie wegknicken.

Es geht eigentlich. Dann kann ich ja auch weg.
 

"Wie komme ich hier raus?"
 

Er deutet auf einen der vielen Gänge, die von dem Raum wegführen und ich drücke mich an der Wand entlang auf den Tunnel zu.

Madara folgt mir.
 

"Wo sind wir hier eigentlich?"
 

"Am Rande des Feuerreichs. Im Westen liegt Konoha-gakure."
 

Dort hinten kann ich auch schon den Ausgang erkennen. Es ist gar nicht mehr weit. Zum Glück.

Ich habe es eilig, ich will hier weg. Weg von dieser feuchtkalten Luft, weg von Madara. Und vor allem: Weg von meinem Kampf mit Itachi.
 

"Aber, Sasuke…"
 

"Hm?"
 

"Wohin willst du denn jetzt noch gehen?"
 

Ich erstarre mitten in der Bewegung.

Ja, wohin will ich gehen? In dem Bedrängen, hier möglichst schnell herauszukommen, habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht, wo ich überhaupt als nächstes hinwill.

Mein Ziel ist erreicht, Freunde oder eine Heimat habe ich nicht mehr. Was soll ich also tun?
 

"Wahrscheinlich wird es dir nicht gefallen…"
 

Ich horche auf. Mir hat an sich noch überhaupt nichts gefallen, was Madara mir erzählt hat. Wieviel schlimmer kann das denn dann schon sein? Mein komplettes Weltbild hat er auf den Kopf gestellt, es gibt gar nichts mehr, was mich jetzt noch erschrecken kann.
 

"…aber Itachi hatte noch einen besonderen Wunsch."
 

Er hat recht gehabt, es gefällt mir wirklich nicht. Aber das habe ich ja auch nicht erwartet. Erschreckt, verwirrt oder sonst was bin ich nicht. Einen Wunsch also. Natürlich hat er noch einen Wunsch für mich gehabt. Ich weiß nur noch nicht, ob ich ihn hören will. Letzte Wünsche muss man erfüllen. Das ist einfach so. Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob bei uns so etwas überhaupt noch zählt. Itachis Wunsch wird mir ohnehin nicht gefallen, es gibt schließlich keinen Sinn, wenn er sich etwas wünschen würde, was ich freiwillig tue.

Und obwohl ich das alles ganz genau weiß, schalte ich nicht ab, halte mir die Ohren zu oder renne weg. Ich tue nichts, um der Bitte zu entgehen und lasse ihn einfach reden. Ein Fehler.
 

"Du sollst nach Konoha gehen. Er wollte immer, dass du dorthin zurückkehrst, wenn alles vorbei ist."
 

Es tut weh. Meine Hände, in die ich meine Fingernägel hineinbohre. Mehr als körperliche Schmerzen kann ich gerade sowieso nicht spüren. Das ist meine Reaktion auf Situationen, die mich verletzen können, es passiert vollkommen automatisch und bewahrt mich vor den größten Schmerzen. Ich verlasse mich darauf, bisher hat es immer funktioniert. Sonst würde es jetzt noch viel, viel mehr weh tun.
 

"Nach Konoha, so? Sein Wunsch… ich soll zurückkehren… du lügst doch. Ich will nicht."
 

"Sasuke. Natürlich willst du nicht nach Konoha, nun, da du die Wahrheit kennst. Niemand zwingt dich."
 

"Es ist sein Wunsch. Sein letzter Wunsch…"
 

Es tut so weh. Ich drücke und drücke meine Nägel immer tiefer in mein Fleisch hinein und lasse einfach nicht locker. Mein ganzer Körper zittert.

Madara sagt noch etwas zu mir, aber ich höre ihn nicht mehr. Dann laufe ich hinaus in die Nacht und lasse mich von der Dunkelheit verschlingen.
 


 

~~~

Joa, das erste Kapitel bzw der Prolog meiner neuen FF hier. Wie ihr seht, habe ich eine kleine Änderung im Manga vorgenommen, um SasuxSaku logisch und möglich zu machen ^^ Ich hoffe, euch hat der Auftakt gefallen und ihr verfolgt die FF weiter =]

Zweiter Tag - Nostalgie

"Wir sollten umkehren."
 

"Nein", der Blonde unter der Gruppe Ninja schüttelte den Kopf, "er muss hier irgendwo sein!"
 

"Naruto…", ein blauhaariges Mädchen tat einen Schritt auf ihn zu. "Kiba hat die Fährte verloren, es ist sinnlos."
 

"Ja, weder ich noch Akamaru können seinen Geruch irgendwo aufnehmen. Wir haben ihn verloren."
 

"Nein!", Naruto wirbelte herum und schenkte jedem einzelnen seiner Kameraden einen wütenden Blick, "ich gebe jetzt nicht auf, wir sind doch so weit gekommen! Sonst war wieder alles umsonst! Das ist doch schon so oft passiert, aber jetzt haben wir wirklich eine Chance!"
 

Er sprang auf den Ast über ihm und wartete darauf, dass die anderen ihm folgten. Aber niemand rührte sich.
 

"Hör zu, Naruto. Wir finden ihn hier nicht, es ist zu spät. Sieh das doch ein. Wir werden morgen noch einmal aufbrechen, vielleicht haben wir dann mehr Glück."
 

"Aber wir sind so nah dran, Kakashi-sensei!"
 

"Sei doch vernünftig, Naruto!", mischte sich nun auch noch eine rosahaarige Kunoichi ein. "Es hat keinen Sinn, weiter zu suchen. Ich möchte ihn doch auch finden, aber… momentan können wir das nicht. Es wird ihm bestimmt nichts passieren und außerdem…", sie sprang zu ihm hinauf und legte eine Hand auf seine Schulter, "vielleicht kommt er ja jetzt von ganz alleine zurück."
 

"Sakura..."
 

"Nun, da er sein Ziel doch erreicht hat. Orochimaru ist ja tot, er hat außer Konoha keine Heimat mehr. Dann… müssten wir ihn auch nicht zwingen, er würde es freiwillig tun."
 

"Meinst du?"
 

Sie lachte.
 

"Ehrlich gesagt hab ich keine Ahnung. Aber es wäre schön."
 

"Ja…"
 

"Also, wie sieht’s aus? Kommst du?"
 

Es war schon Nachmittag, als sie schließlich durch die große Pforte Konohas schritten. Allen voran Naruto, mit einem resignierten Ausdruck auf dem Gesicht. Sein Kopf ruckte erst hoch, als jemand seinen Namen rief.
 

"Endlich seid ihr wieder da", einer der Wachposten kam auf ihn zugelaufen und der Rest von Team Kakashi sowie Team 8 sammelten sich um den Sprechenden herum, "ihr werdet es nicht glauben, aber gerade eben erst ist Sasuke hier vorbeigekommen!"
 

Narutos Augen weiteten sich und Sakura öffnete ein paar Mal den Mund, schien aber doch nicht die richtigen Worte zu finden. Im Allgemeinen schien niemandem etwas darauf einzufallen, bis Naruto als Erster die Sprache wiederfand.
 

"E-echt jetzt?!"
 

Der Wächter nickte.
 

"Ja, er ist erstmal zur Hokage gegangen. Euch will sie auch sprechen, Naruto, Sakura."
 

Die offene Kinnlade wandelte sich zu einem breiten Grinsen und seine Augen fingen an zu leuchten.
 

"Komm, Sakura-chan, Sasuke ist wieder da!"
 

Er zog sie am Arm und beide rannte los, quer über die Häuserdächer. Es dauerte auch gar nicht lange, da standen sie schon vor dem riesigen Gebäude und rannten die Treppen hinauf. Naruto war schneller, Sakura hatte mit seinem Tempo nicht mithalten können, und er riss im Laufen die Tür auf, stolperte in den Flur hinein, Sakura gleich hinterher.

Dann blieben beide auf einen Schlag stehen.
 

Vor ihnen taumelte Sasuke und presste sich eine Hand gegen die Schläfe, die andere schwang mit dem Arm ungleichmäßig vor und zurück, um den wackligen Gang auszubalancieren. Er sah ziemlich mitgenommen aus; die Haare verwuschelt, die Haut an den meisten Stellen abgeschürft und seine Kleidung hing in Fetzen von dem ausgemergelten Körper herab. Geschockt starrten Naruto und Sakura ihren ehemaligen Teamkameraden an, der so ganz anders aussah, als sie ihn in Erinnerung hatten. Bei ihrer letzten Begegnung hatte er erhaben über ihnen gethront und ihnen den Kräfteunterschied demonstriert, jetzt wirkte er gebrochen. Allein der Gang verriet es.
 

Beide wagten nicht, irgendetwas zu sagen. Er sah so kaputt aus. Im Vorbeigehen warf er ihnen durch seine schwarzen Haarsträhnen einen apathischen Blick zu, aus toten Augen. Dann wandte er den Kopf und strauchelte weiter. Es machte beide auf eine seltsame Art traurig, ihn so zu erleben.
 

Sie sahen ihm noch eine Weile hinterher, bis er um die Ecke verschwand, und betraten dann schließlich selbst Tsunades Büro.
 

"Da seid ihr ja endlich", die Hokage sah mit ernstem Blick von ihrem Schreibtisch auf, "glaubt mir, ich bin genauso überrascht wie ihr. Ich habe nicht mehr damit gerechnet und es ist mir immer noch unklar, wieso Sasuke freiwillig herkommt."
 

"Hat er gesagt, warum er wieder da ist?", platzte es aus Naruto heraus. Tsunade schenkte ihm einen genervten Blick.
 

"Natürlich nicht. Das wär ja noch schöner. Und er wird es mir auch nicht sagen, wie es aussieht."
 

Jetzt schaltete sich Sakura ein.
 

"Haben Sie ihn denn dann… überhaupt wieder hier wohnen lassen?", fragte sie unsicher.
 

Aber Tsunade winkte nur ab und ihre Bedenken verschwanden.
 

"Darum braucht ihr euch keine Sorgen zu machen, er wohnt wieder wie früher im Uchiha-Viertel. Nur ist er für die nächste Zeit eben kein legitimer Konoha-nin. Und er steht unter Beobachtung."
 

"Was?! Wieso das denn?", perplex und ein bisschen verärgert starrte Naruto die Hokage an, "Sasuke hat doch nichts verbrochen!"
 

"Er hat das Dorf verraten. Das reicht als Grund und Sasuke sieht das auch ein. Deswegen habe ich euch hergeholt. Ich möchte, dass ihr diese Beobachtung übernehmt."
 

Sakura sah mehr konfus aus, aber Naruto plapperte weiter drauf los.
 

"Wir sollen stalken?!"
 

"Nein, ihr seid tagsüber einfach die ganze Zeit bei ihm. Abends könnt ihr gehen. Und eigentlich würde ich ja auch jemand anderen schicken, um ihn wirklich rund um die Uhr zu bewachen, aber Sasuke sah so fertig aus… ich glaube kaum, dass er irgendetwas plant. Zumindest wäre er nicht fähig, diesen Plan so bald in die Tat umzusetzen."
 

Narutos Gefrage schien sie offensichtlich zu nerven. Sakura erkannte das und hielt sich zurück. Nur der blonde Shinobi selbst hatte das noch nicht ganz begriffen.
 

"Wir sollen also nur mal ab und zu nach ihm sehen?"
 

Abwesend fing Tsunade an, irgendwelche Zettel zu beschriften.
 

"Ja, genau. Ihr müsst nicht ständig bei ihm sein, das würde ihm sowieso nicht passen. Eure Aufgabe ist es, euch einfach um ihn zu kümmern, physisch und psychisch. Ihr habt ihn ja gesehen… Und, soweit es möglich ist, möchte ich Informationen."
 

"Was für Informationen denn?"
 

Gestresst atmete sie aus und wandte sich weiter ihren Akten zu, die überall auf dem Schreibtisch verteilt lagen.
 

"Na, dass Itachi tot ist, weiß ich ja schon. Aber vielleicht ist da sonst noch etwas passiert, das Sasuke so fertig macht. Fragt einfach mal ein bisschen."
 

"Hai, Tsunade-sama!"
 

---
 

Ich schleppe mich um die nächste Ecke, dann lasse ich mich an der Wand hinunter gleiten. Meine Augen brennen und ich weiß nicht, wieso. Es hat gerade eben erst angefangen, nachdem ich an Naruto und Sakura vorbei war. Schmerzende Augen sind ein verdammt schlechtes Zeichen. Ich habe Angst, dass ich blind werde. Obwohl bis dahin noch viel Zeit bleiben dürfte.
 

Es geht sogar schon wieder. Ich habe meine Handflächen so lange gegen meine Augen gedrückt, bis die Schmerzen aufgehört haben. Dafür sehe ich jetzt nur noch verschwommen. Aber ich komme auch so zurecht, zumindest schaffe ich es, aufzustehen und aus dem Gebäude zu finden.
 

Schon komisch, nach alldem hier zu leben und die beiden jetzt wieder zu sehen. Obwohl das letzte Mal gar nicht so lange zurückliegt. Aber da habe ich ja nichtmal die Gelegenheit gehabt, mir ihre Gesichter einzuprägen. Bis gestern hatte ich die beiden noch so im Kopf, wie vor drei Jahren. Und mir ist nicht richtig aufgefallen, dass sie sich verändert haben. Naruto ist jetzt sogar größer als Sakura, glaube ich. Und er sieht weniger dumm aus. Vernünftiger, irgendwie. Sein Charakter hat sich wahrscheinlich gar nicht geändert, das würde mich auch wundern. Und Sakura sieht überhaupt nicht anders aus. Vielleicht etwas erwachsener.
 

Auch Konoha hat sich gar nicht verändert. Die Menschen, die Straßen und Geschäfte—alles noch dasselbe. Aber ich habe auch nichts anderes erwartet. Nur dieser friedliche blaue Himmel macht mich jetzt krank. Und die grelle Sonne. Davon gehen meine Augen noch kaputt.
 

Und am Ende bin ich also doch wieder hier gelandet, wo ich schon am Anfang war, als alles begann. Und irgendetwas zieht mich zurück, vielleicht soll es hier ja auch enden.
 

Eigentlich habe ich mir mein Leben nach Itachis Tod immer ganz anders vorgestellt. Einfacher irgendwie. Aber richtig überzeugt war ich nie.

Dass ich nach Konoha zurückwollte, hat für mich schon lange festgestanden, seit damals, als ich sie verlassen musste. Richtig weg von diesem Ort bin ich sowieso nie gewesen und ich habe auch niemanden verraten wollen. Aber momentan wäre es mir herzlich egal, wenn jemand käme und das Dorf einfach niedermetzelte. Ich würde es sogar begrüßen.
 

Vorgehabt habe ich immer, zurückzukehren, die ganze Zeit. So könnte ich mir eine Frau suchen, den Clan wiederaufbauen und einfach ganz von vorne beginnen.

Aber alles ist so verdammt schief gelaufen.

Nachdem ich Madara angehört habe, und auch das bereue ich inzwischen, sind ganz neue Fragen in mir aufgekommen, die ich mir vorher nie gestellt habe und auch nie stellen musste. Alles, was ich zu wissen geglaubt habe, hat sich als eine große, durchkalkulierte Lüge entpuppt.
 

Ich kann weder vergessen, was Itachi letztendlich getan hat, noch die Tatsache verdrängen, dass Konoha einen riesigen, wenn nicht den größten, Teil der Mitschuld trägt. Es ist das erste Mal, dass ich für meinen verhassten Bruder Mitleid empfunden habe. Und seitdem will ich nicht mehr zurück nach Konoha, das wäre ein Verrat gewesen an allem, was mir wichtig ist. Ich habe Konoha für einen kurzen Moment mehr gehasst, als ich das jemals bei Itachi getan habe. Und ich bin mir sicher gewesen, dass ich nicht zurückkehren würde. Niemals. Oder zumindest solange nicht, bis alle Beteiligten an dem Komplott selber gestorben wären.
 

Auch das hat sich geändert, mit einem einzigen Satz.

Itachi wollte mich hier haben. Ich weiß nicht genau, wieso ihm das so wichtig war, aber er hat es geplant, alles mit einberechnet, um sicher zu stellen, dass ich auf jeden Fall zurückkommen würde. Das ist mir auf dem Weg hierher klar geworden. Wenn ich Madara nie begegnet wäre oder Itachis Versuch, ihn zum Schweigen zu bringen, funktioniert hätte, dann wäre ich zurückgekehrt, ohne die Wahrheit zu kennen und würde weiterhin in der kleinen Traumwelt leben, die Itachi für mich geschaffen hat.
 

Aber es ist anders gekommen, Madara lebt noch und ich weiß, was damals passiert ist, von Konohas unverzeihlichem Verrat. Natürlich will ich nicht hier sein. Das hat Itachi befürchtet und deshalb einen letzten Wunsch vor Madara ausgesprochen, um mich doch noch an Konoha zu ketten, auch wenn es gegen meinen Willen geschieht. Oder um das Dorf zu beschützen. Denn andernfalls wäre es wohl darauf hinausgelaufen, dass ich mich in die nächste Rache gestürzt und Konoha irgendwann zerstört hätte.
 

Es wäre natürlich schöner gewesen, wenn der erst Fall eingetreten wäre. Manchmal erfährt man Dinge, die man überhaupt nicht wissen will. Ich hätte weiterleben können, vielleicht in einer perfekten Welt. Wie leicht ein paar Worte alles zerstören.
 

Eigentlich hätte ich ja anders handeln sollen. Niemand hat mich dazu gezwungen. Aber ich habe es trotzdem getan. Vielleicht, weil ich mich irgendwie schuldig fühle. Obwohl ich ihn immer noch hasse. Wieso auch nicht? Er hat mir keine Gelegenheit gegeben, ihm zu verzeihen. Und das macht es gerade nur noch schlimmer. Ich fühle mich so vor den Kopf gestoßen, dass alles, was ich zu wissen glaubte, mein einziger Lebensinhalt, nur eine Illusion war. Aber wenn ich so darüber nachdenke, wäre es auch nicht besser gewesen, wenn Itachi mir schon früher alles erzählt hätte.
 

Nein, Madara ist Schuld. Oder Konoha. Oder der erste Hokage. … Es ist sinnlos, nach Schuldigen zu suchen. Das hört doch nie auf. Ich habe einfach nur Pech gehabt und darf diesen alten Konflikt ausbaden, mit dem ich eigentlich gar nichts zu tun habe. Es ist unfair, aber ich bin daran gewöhnt. Wieviel schlimmer kann das jetzt schon sein? Irgendwie werde ich da durchkommen.
 

Die Straße findet ein abruptes Ende und ich stehe vor einem großen, alten Tor mit den rot-weißen Fächern, die hier überall zu sehen sind.

Das Uchiha-Viertel wieder zu betreten, ist irgendwie komisch. So ist es zwar auch schon damals gewesen, als würde man in einer Geisterstadt wohnen, aber jetzt, da ich der letzte dieses Clans bin, Madara zähle ich prinzipiell nicht mit, wirkt es hier noch lebloser. Und ich frage mich, ob meine Eltern das eigentlich so gewollt haben, dass ich hier ganz alleine ende, als einziger noch übrig, und meinen eigenen Bruder getötet habe, ihren Mörder. Wahrscheinlich nicht. Wer würde schon wollen, dass sein eigener Sohn den anderen umbringt, auch wenn es der Rache dient? Diese Vorstellung würde selbst mir nicht gefallen.

Sie haben sich wohl eine ganz andere Zukunft für mich ausgemalt. Inmitten von Freunden, glücklich und mit einer Familie, die ich über alles liebe. Habe ich mir auch gewünscht. Schade, dass es nicht mehr funktioniert. Aber es lohnt sich nicht, darum zu trauern und in Was-wäre-wenn-Gedanken zu versinken. Ich kann es ja doch nicht ändern.
 

Endlich stehe ich vor meinem Haus. Es ist groß und düster, so wie immer. Aber ich glaube, früher hat es mal fröhlicher ausgesehen.
 

Eigentlich ist hier alles mir, sowie ein halbes Vermögen. Ich bin der einzige Überlebende und Itachi hat als Nuke-nin ja nichts abbekommen. So habe ich ganz alleine das Hab und Gut des gesamten Clans geerbt. Aber Geld ist mir nicht wirklich wichtig. Vielleicht auch gerade deswegen. Das ist so makaber.
 

Ich schlüpfe aus meinen Schuhen, was gar nicht so einfach ist, weil die Gamaschen ja darum gespannt sind. Aber wenn ich meine Hände zu Hilfe nehme, geht es.
 

Die Luft ist furchtbar stickig und als ich einatme, muss ich husten, weil so viel Staub rumliegt. Aber ich habe gar keine Lust, jetzt zu putzen. Vielleicht reicht es ja, wenn ich einfach nur die Fenster aufmache und das Bett neu beziehe. Morgen kommt Sakura. Die macht das vielleicht für mich.
 

Zum Glück vergeht die Zeit so schnell. Es ist schon früher Abend. Ich bin ja auch erst nachmittags in Konoha angekommen, die Nacht habe ich im Freien verbracht, weil ich so müde war. Aber inzwischen bin ich sogar wieder ganz fit. Trotzdem habe ich keine Lust, noch irgendetwas zu tun. Je mehr ich schlafe, desto besser. Ist gut für meine Genesung. Appetit habe ich keinen, es gibt hier sowieso nichts Essbares mehr. Darum kann ich mich morgen kümmern.
 

Das Licht ist aus, aber den Rollladen habe ich vergessen, runterzulassen. Ist jetzt auch egal. Ich werde nicht mehr aufstehen, es ist so schön bequem. Das erste Mal seit langem, dass ich wieder in einem richtigen, weichen Bett schlafe. Nur die Gedanken an Itachi stören, die ich jedes Mal verdrängen muss.
 

Es ist dunkel.

Und immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ich an meine Stirn fasse.

Dritter Tag - Ziellos

Es ist hell, die Sonne blendet mich. Auch durch meine geschlossenen Lider. Vielleicht hätte ich die Rollläden gestern doch runterlassen sollen…

Müde drehe ich mich auf den Bauch und vergrabe mein Gesicht im Kissen. Schön dunkel. Aber ich kriege keine Luft. Dann muss ich also doch aufstehen. Sakura ist vielleicht sogar schon da. Am Stand der Sonne kann ich sehen, dass es fast Mittag sein müsste. So auszuschlafen bin ich gar nicht mehr gewohnt. Kann ich ab jetzt öfter machen.
 

Dass Sakura wirklich schon da ist, bestätigt sich, als ich den Flur betrete. Es liegt gar kein Staub mehr da. Wahrscheinlich hat sie sauber gemacht. Und es riecht hier überall gut, nach Miso. Dann war sie sicher auch einkaufen. Glückliche Fügung, dass ausgerechnet Sakura mit der Überwachung beginnt. Sie erspart mir eine Menge Arbeit und Naruto hätte keinen Finger gerührt.

Der Duft wird intensiver, je näher ich der Küche komme. Und da steht sie auch, am Spülbecken, und erinnert mich irgendwie an meine Mutter früher. Als sie mich nach ein paar Sekunden bemerkt, zuckt sie kurz zusammen, nimmt ihre Hände aus dem Wasser und schüttelt es kurz ab, bevor sie sich zu mir umdreht.
 

"Oh… Guten Morgen, Sasuke-kun!"
 

Ich nicke ihr zur Begrüßung knapp zu.
 

"Ich… ich hab dir Frühstück gemacht! Du hattest nicht mal Reis da, deshalb hab ich auch noch eingekauft. Ist doch okay, dass ich deine Küche benutzt habe?"
 

Wieder nicke ich. Kann sie ruhig machen, ich koche sowieso fast nie. Aber das Frühstück, das sie da gemacht hat, sieht ganz gut aus. Sollte ich essen, auch wenn ich keinen richtigen Hunger habe.

Etwas ungelenk knie ich mich an den Tisch. Meine Bewegungen sind immer noch nicht ganz geschmeidig, obwohl der Kampf jetzt schon zwei Tage zurückliegt. Aber ansonsten geht es mir besser. Wobei das überhaupt nichts zu heißen hat.
 

Das ganze Essen dampft noch. Sie hat es wahrscheinlich gerade erst gemacht und ich wundere mich, wie gut sie mich abgepasst hat. Glücklicher Zufall—kalte Suppe schmeckt nicht. Aber die hier ist okay.

Es ist ewig her, seit ich das letzte Mal ein richtiges japanisches Frühstück bekommen habe. Mir selbst haben immer ein paar Onigiri gereicht, nicht noch extra Suppe und eingelegtes Gemüse. Außerdem kann ich nicht kochen. Aber meine Mutter hat sowas früher oft zubereitet. Das hat dann noch besser geschmeckt, als Sakuras hier.
 

"Ist es in Ordnung?"
 

Ich habe mich schon gewundert, dass sie gar nichts sagt und wollte ihr das eigentlich hoch anrechnen. Aber sie hat sich anscheinend doch nicht verändert. Und auf solche Fragen antworte ich nicht, das müsste sie wirklich wissen, auch wenn wir uns lange nicht gesehen haben. Immerhin esse ich das Zeug, da wird es wohl auch nicht so schlimm sein.

Trotzdem scheint sie auf eine Antwort zu hoffen. Egal. Damals hat sie sowas auch nicht gestört.
 

"Ich habe hier alles mal ein bisschen abgestaubt, du hattest gestern wahrscheinlich gar nicht die Zeit dazu. Außerdem geht es dir ja nicht so gut, da wollte ich dir einen Gefallen tun. Nur in deinem Zimmer bin ich nicht gewesen. Du hattest doch nichts dagegen?"
 

Diesmal schüttle ich den Kopf.
 

"Mach, was du willst."
 

Und füge nach einer Weile noch ein genuscheltes "Danke" hinzu.
 

Ihre Mimik wechselt von entmutigt zu überrascht. Mit einer mündlichen Antwort hat sie wohl nicht gerechnet. Es ist immer wieder faszinierend, wie leicht man in ihrem Gesicht lesen kann. Das hat sich seit damals nicht verändert. Eigentlich bräuchte sie gar nicht zu reden, man sieht auch so, was sie sagen will. Viel zu offen. Das bin ich gar nicht mehr gewohnt.
 

Nachdem ich endlich den letzten Rest Suppe ausgetrunken habe, stehe ich wieder auf und verlasse die Küche. Ich bin nicht der Typ für Smalltalk. Sowas nervt mich. Aber in Sakuras Gegenwart ist man unweigerlich daran gebunden, darum gehe ich lieber. Außerdem wird das Stechen in meinem Kopf, das schon seit dem Aufstehen da ist, immer stärker und da bin ich lieber alleine. Bin ich sonst zwar auch, aber jetzt ganz besonders.
 

Doch offensichtlich versteht Sakura das nicht, denn schon ein paar Minuten, nachdem ich mich in meinem Zimmer auf den Sessel vorm Fenster gesetzt habe, um ein bisschen Ruhe zu haben und nachzudenken, klopft es an der Tür. Und weil ich ihr nicht antworte, kommt sie einfach rein.
 

"Störe ich dich?"
 

Ich belasse es bei meinem Schweigen, aber auch das legt sie zu ihrem Vorteil aus. Aufgeben würde sie ohnehin nicht.
 

"Mir ist so langweilig ganz allein. Auch, wenn du eh nicht viel redest, würde ich gerne hierbleiben. Okay?"
 

"Hn."
 

Damit sie endlich aufhört nachzuhaken. Und das tut sie auch, vielleicht hat sie sich sogar daran erinnert, dass ich ihr eigentlich erlaubt habe, sich in dem Haus hier frei zu bewegen. Besser, als sie fragt jedes Mal nach.

Ablenkung tut mir eh ganz gut, glaube ich. Selbst wenn ich gar nicht mitrede und nur zuhöre. So muss ich wenigstens nicht an all die anderen Dinge denken, die ich am liebsten vergessen würde. Und die Kopfschmerzen rücken auch in immer weitere Ferne.
 

"Weißt du, Sasuke… es ist schön, dass du endlich wieder hier bist, bei uns. Wir haben uns schon Sorgen gemacht. Aber irgendwie ist ja dann doch alles gut gegangen."
 

Für diese Aussage hasse ich sie und hätte ihr auch am liebsten eine schnippische Antwort gegeben, lasse es aber dann doch. Sie kann es ja nicht wissen. Und dennoch: Gar nichts ist gut gegangen. Alles ist nur noch viel, viel schlimmer geworden, als es vorher sowieso schon war. Das sollte selbst sie gemerkt haben.
 

"Wir können auch endlich wieder Team 7 werden, wenn das ganze hier vorbei ist. Ohne dich ist es einfach nicht vollständig. Sai ist zwar ganz okay, aber er kann dich nicht ersetzen. Das kann niemand."
 

Sie setzt sich auf einen Stuhl mir gegenüber und ich bin überrascht, dass sie dafür gar nicht extra gefragt hat. Währenddessen lächelt sie glücklich, strahlt sogar richtig. Den Grund dafür kann ich nicht erkennen. Wahrscheinlich hängt das irgendwie mit ihrem gefühlsseligen Monolog zusammen. Beides kann sie sich sparen. Wir beide wissen, dass es mit dem Team 7 von früher nichts mehr wird. Funktioniert einfach nicht. Ich werde so schnell wie möglich wieder einen Faden in mein Leben einspinnen, an dem ich dann festhalten kann, und er wird ganz sicher nichts mit Naruto oder Sakura zu tun haben. Danach werde ich sterben, mehr vom Leben erwarte ich mir nicht. Aber wenn sie lieber in eine Illusion vertraut, soll sie das ruhig tun. Die sind immer schöner, das habe ich inzwischen auch gemerkt.
 

"Hm. Du warst jetzt schon über drei Jahre nicht mehr in Konoha… Du hast viel verpasst."
 

Ich zucke mit den Schultern. Dann ist eben irgendein entfernter Bekannter einen Rang höher. Interessiert mich nicht. Oder vielleicht hat Naruto auch ein neues Jutsu erlernt. Soll er doch.
 

"Alle in unserer Altersklasse sind jetzt Chunin oder sogar Jonin. Außer Naruto. Und du."
 

Stimmt, ich bin offiziell ja erst Genin. Da hat mir mein Status als Nuke-nin besser gefallen. Aber dass Naruto auch nicht weiter ist, überrascht mich. Was hat der denn die ganze Zeit gemacht? Wenn sogar Sakura die Prüfung geschafft hat…
 

"Naruto war zweieinhalb Jahre lang trainieren und ist wirklich stark geworden. Kakashi meinte sogar, er hätte ihn übertroffen. Es ist echt beeindruckend."
 

Ts. Kakashi zu übertreffen, ist nicht allzu schwer. Und dass Naruto stärker geworden ist, kann ich mir auch so denken. Wäre ja komisch, wenn er sich nicht verbessert hätte. Ich kann ihre Bewunderung für Naruto nicht ganz begreifen. Ist Konoha so eingerostet? Dann war es wohl doch die richtige Entscheidung, bei Orochimaru zu trainieren. Sonst wäre ich wahrscheinlich immer noch meiner Rache hinterher gerannt.
 

"Und Akatsuki ist hinter Naruto her. Du… du hast es doch auch schon gesehen, dieses Monster, das in ihm versiegelt ist. Aber wir konnten bisher alle töten. Von Akatsuki dürfte nicht mehr so viel übrig sein."
 

Das glaube ich auch. Keine Ahnung, wieviele ansonsten tot sind, aber allein ich habe ja schon zwei erledigt. Und wenn die sich jetzt auf das Kyuubi konzentrieren, hat Naruto ein Problem. Ich kenne kaum Mitglieder, aber Madara leitet das ganze und gegen den hat Naruto keine Chance, egal, wie viel stärker er geworden ist. Selbst Itachi konnte ihn nie besiegen, ich dann sowieso nicht und ansonsten wahrscheinlich auch keiner. Pech für ihn.
 

"…Aber die meiste Zeit haben wir damit verbracht, nach dir zu suchen. Oder Recherchen angestellt. Weißt du…"
 

Den Rest des Satzes kriege ich schon gar nicht mehr mit. Meine Gedanken schweifen ab, obwohl sie das eigentlich nicht sollen. Zu Itachi.

Mir ist aufgefallen, dass er eigentlich nie wirklich gejagt wurde. Anderen Nuke-nin wurden die Anbu-Einheiten hinterher gehetzt, aber bei ihm nie. Das passt jetzt alles zusammen, Dinge, die vorher unerklärlich waren, geben endlich einen Sinn. So auch jene Nacht, die Tränen und seine Worte. Eigentlich bin ich ja nie wirklich schwächer gewesen als er, obwohl das immer so ausgesehen hat. Den Clan hat er nicht alleine ausgerottet, Madara hat ihm wohl ziemlich geholfen. Und meine Sharingan habe ich auch mit acht Jahren bekommen, genau wie er. Nur, dass es außer uns niemand weiß. Wie alles andere auch. Madara wird irgendwann sterben, die Dorfältesten sowieso und es hängt an mir, die ganze Wahrheit weiterzugeben. Aber das habe ich gar nicht vor. Auch um den Uchiha-Clan ist es schlecht bestellt. Ich habe das Interesse daran verloren, ihn aufzubauen. Dazu wird es wohl eh nie kommen. Wenn es so weitergeht, sterbe ich noch, bevor sich überhaupt irgendwas verändert hat. Optimismus habe ich noch nie leiden können.
 

"Sasuke… Sasuke?"
 

Ich erschrecke kurz, als sie mich aus meinen Gedanken reißt. So schnell trete ich also schon weg, ich habe ganz vergessen, dass außer mir überhaupt noch jemand da ist… irgendwie beunruhigend.
 

"Geht es dir gut?"
 

Nein. Das wäre die richtige Antwort gewesen, mir ist es schon seit einiger Zeit nicht mehr gut gegangen. Ich hätte auch „Ja“ sagen können. Aber ich tue weder das eine noch das andere. Einfach so. Mir ist momentan nicht so nach reden. Die Kopfschmerzen sind stärker geworden, viel, viel stärker. Und draußen hat es angefangen zu regnen.
 

"Warum antwortest du mir nicht?"
 

Sie hat schon wieder etwas gefragt. Glaube ich. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht, ich höre ihr ja kaum mehr zu.

Es ist lästig. Unerträglich. Ständig jemanden um sich zu haben, der redet. Mein Kopf tut doch so schon genug weh.
 

"Sasuke-kun? Verstehst du mich?"
 

Das Pochen wird heftiger, fast im Einklang mit den Tropfen, die gegen die Fensterscheibe prasseln. Ich kauere mich enger zusammen und stütze dabei meine Stirn auf die Knie ab. Besser wird es trotzdem nicht.
 

"Was machst du da?"
 

Ich halte inne, die Kopfschmerzen sind für einen kurzen schönen Moment nur noch zweitrangig, und schiele auf meine Hand herab. Die habe ich bis gerade eben mit aller Kraft gegen mein Auge gepresst und der Druck wird mir erst bewusst, als ich locker lasse. Sofort ziehe ich den Arm zurück, schlinge ihn um meine Beine und vergrabe nun das ganze Gesicht in ihnen.
 

"Ist was mit deinen Augen?"
 

Sie brennen mal wieder. Das geht dann meistens mit den Kopfschmerzen einher und meine Sicht wird ganz verschwommen. Aber Sakura sollte eigentlich nicht mitkriegen, dass mit meinen Augen etwas nicht stimmt. Die Mangekyou Sharingan sind zu verräterisch. Sie könnte falsche Schlüsse ziehen. Oder die richtigen, beides ist schlecht.

Was ist überhaupt mit meinen Augen los? Fürs Erblinden ist es doch noch viel zu früh. Aber sicher bin ich mir dabei nicht mehr.
 

"S-Sasuke-kun…! Ich weiß, dass du mich hören kannst! Wieso redest du nicht mit mir?"
 

Grummelnd igele ich mich weiter ein. Die Kopfschmerzen gehen wieder von vorne los. Es pocht, hämmert, brummt und will überhaupt nicht besser werden. Und jedes Mal, wenn sie etwas sagt, dröhnt mein Kopf, als stände ich in einer riesigen Glocken, die gerade angeschlagen wird. Verdammt, es tut so weh und sie redet und redet und will einfach nicht aufhören.
 

"Was ist mit dir los, Sasuke-kun? Du willst mich nicht hier haben, aber da kann ich nunmal nichts machen. Ich muss das tun, bis du dich wieder eingekriegt hast und glaub mir, mir macht es auch keinen Spaß, den ganzen Tag gegen eine Wand zu reden! Sprech doch wenigstens ein bisschen. Die Zeit geht nicht schneller rum, wenn du mich ignorierst."
 

Wieso versteht sie nicht? Mein Kopf explodiert fast, ich kann gerade nicht reden. Ist sie nicht Medic-nin? Müsste sie sowas nicht eigentlich erkennen?

Mir ist es fast egal, ob sie nun da ist oder Naruto oder auch gar keiner, es macht sowieso keinen Unterschied. Sie kann gerne hier sein, so lange sie will, es ist eine Mission, ich verstehe das. Auch wenn es keine Mission wäre, könnte sie kommen, es ist mir egal. Ich fühle mich bloß nicht so danach, mit irgendjemand zu sprechen oder sonst etwas zu tun. Ich will einfach nur hier sitzen und Ruhe haben. Aber das versteht sie nicht.
 

"Sasuke, ich mache mir wirklich Sorgen um dich! Was ist los?"
 

Der Regen lässt nach. Es fallen immer weniger Tropfen und der Himmel klart langsam auf, damit die Sonne herauskommen kann.

Meine Augen brennen, als ich direkt in diese grelle Lichterflut starre, und mein Kopf tut davon nur noch mehr weh. Ich hasse Sonnenlicht. Bevor es unerträglich wird, stehe ich auf und taumle zum Bett hin, beide Hände gegen meinen Kopf gepresst. Mir ist schwindlig. Aus den Augenwinkeln sehe ich Sakuras verwirrten Blick, dann lasse ich mich auf die Matratze fallen und rolle mich zusammen. So ist es schön dunkel. Und die Schmerzen werden tatsächlich weniger.
 

"Sa-Sasuke? Geht es dir nicht gut?"
 

Ich höre sie kaum noch, ich will sie gar nicht mehr hören. Ich will am liebsten schlafen. Aber ich weiß auch, dass das nicht funktionieren würde.
 

"Sasuke?"
 

Schritte hinter mir, sie kommt auf mich zu. Dann setzt sie sich auf die Bettkante. Was macht sie hier bei mir?
 

"Hast du Schmerzen?"
 

Irgendwie nicke ich. Ich will das eigentlich gar nicht. Aber trotzdem tue ich es und ich wundere mich, ob sie dieses Nicken überhaupt erkennen kann, so zusammengekauert und mit den Armen im Weg.
 

"Ich kann dir was geben, wenn du willst. Warte mal kurz."
 

Die Matratze hebt sich etwas, als sie aufsteht. Ich höre sie irgendwo kramen und den Wasserhahn laufen. Dann kehrt sie wieder zurück.
 

"So, ich hab hier eine Tablette gegen Kopfschmerzen. Du musst dich aber aufsetzen."
 

Ich raffe mich also hoch, damit ich wenigstens halb aufrecht sitze und schiebe gleich die Tablette in den Mund. Meine Hand zittert, fällt mir auf, als ich ihr auch das Glas Wasser abnehme. Eilig trinke ich aus und gebe es ihr zurück, damit ich die Hand wieder frei habe, um sie gegen meinen Kopf zu pressen.
 

"Sie wirkt in etwa 10 Minuten, dann geht es dir bald besser. Ich kann dir ein paar davon dalassen, wenn du willst."
 


 

Und wirklich—10 Minuten später, nachdem ich einfach nur regungslos dagesessen habe, lassen die Schmerzen allmählich nach. Fit bin ich zwar trotzdem nicht, aber es fängt nicht mehr bei jedem Geräusch wieder dieses Pochen an. Ich senke meine Arme und lasse mich am Kissen ein wenig hinunterrutschen.

Es geht mir schon viel besser.
 

"Ist es jetzt wieder okay?", schneidet ihre Stimme in die Stille ein, nachdem sie eine Weile lang tatsächlich gar nichts gesagt hat. Und sie kommt mir auch nicht mehr so verhasst vor. Ich sollte antworten.
 

"Ja, geht schon."
 

"Das ist schön. Und du redest sogar mit mir!"
 

Sie klingt wirklich erfreut. Weil es mir besser geht? Oder weil ich mit ihr spreche? Es ist lächerlich, wie leicht man sie glücklich machen kann.
 

"Sag mal…", ich spüre ihren Blick auf mir, sie mustert mich von oben bis unten und zögert kurz, bevor sie weiterspricht, "die Klamotten sind noch vom Kampf, oder?"
 

Nun starre ich ebenfalls an mir herunter. Tatsächlich—ich laufe immer noch mit diesen Fetzen herum. Blutig, zerschlissen und einfach nur kaputt.
 

"So kannst du nicht bleiben. Du brauchst unbedingt neue Kleidung!"
 

Da hat sie Recht. Ich will dieses Zeug ja selbst nicht anbehalten; das Blut ist Itachis und die ganze Kleidung riecht nach Tod. Und ich hasse diesen Geruch.

Was kann ich also tun? Hinausgehen und etwas Neues kaufen. Sakura würde diesmal bestimmt nichts dagegen haben.
 

"Nein, nein, du bleibst hier!"
 

Kaum habe ich meinen Oberkörper erhoben, drückt sie mich auch schon wieder ins Kissen hinein. Was soll das?

Und ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich so viel Körperkontakt überhaupt zulassen will.
 

"Ich werde gehen."
 

Stopp.

Sakura will allen Ernstes für mich Kleider kaufen? Soll das ein Scherz sein? Sie müsste doch wissen, dass ich Scherze prinzipiell nicht verstehe.
 

"Du willst mir etwas kaufen, das ich anziehen soll…?"
 

Eigentlich habe ich gedacht, die Kopfschmerzen wären weg, aber so langsam glaube ich eher, sie fangen gerade wieder von vorne an.
 

"Ja. Ein Trainingsoutfit werde ich dir natürlich nicht holen, nur etwas ganz Einfaches, das du solange tragen kannst, bis du selbst was kaufen gehst. Aber ich brauche deine Kleidergröße."
 

Meine Kleidergröße? Woher soll ich denn wissen, was meine Kleidergröße ist? Ich weiß doch noch nicht einmal, wie die alle heißen. Bei Orochimaru haben sie mich immer vermessen und dann speziell etwas angefertigt.
 

"Was ist, kennst du sie nicht?", fragt Sakura dann irgendwann, nachdem ich schon eine längere Weile nichts mehr gesagt habe.

Ich schüttle den Kopf.
 

"Hm… weißt du denn wenigstens, wie groß du bist?"
 

"Nicht genau. Vielleicht 1,70 m."
 

"Okay…" Sie zieht den Laut übertrieben in die Länge, als hätte sie einfach vergessen, den Mund wieder zu schließen.
 

An sich kann ich ja schon verstehen, dass ihr meine Angaben ein bisschen zu ungenau sind. Warum weiß ich denn auch so wenig über mich? Immerhin habe ich noch im Kopf, wie ich aussehe. Aber auch das nicht mehr richtig.
 

"Naja, ich werde einfach mal gucken, ob ich da was finde."
 

Endlich erhebt sie sich von der Bettkante und geht in Richtung Tür. Meine Augen folgen ihr und ich beobachte, wie sie sich ihre Stiefel anzieht. Mich interessiert das herzlich wenig, aber etwas anderes zu tun habe ich auch nicht.

Kurz verabschiedet sie sich und ich verpasse ganz, ihr auch „Tschüss“ zu sagen. Als ich den Mund aufmachen will, fällt die Tür schon mit einem Klacken ins Schloss.

Seit wann lassen denn meine Reaktionen so nach? Vielleicht liegt es aber bloß daran, dass ich überhaupt nicht aufgepasst habe.
 

Jetzt ist sie also weg. Und ich ganz alleine. Zumindest für eine Weile. Aber anders fühlt es sich auch nicht an.

Eigentlich ist es ja ganz praktisch, dass Sakura gegangen ist. Wer weiß schon, wann diese Tabletten den Geist aufgeben? Außerdem ist es schlimm genug, dass mich überhaupt jemand in diesem Zustand gesehen hat. Das letzte bisschen Ehre will ich meinem Clan noch wahren. Aber mal wieder nach draußen gegangen wäre ich schon gerne.
 

Was soll ich tun?

Mir ist langweilig. Richtig langweilig. Es ist doch etwas anderes, ob Sakura nun da ist oder nicht. Sonst könnte ich ja wenigstens reden oder, falls mir nicht danach ist, ihr zugucken bei was auch immer sie tut. Momentan habe ich noch nicht einmal Kopfschmerzen, die mich beschäftigen können.
 

Eine Viertelstunde ist es nun schon her, seit sie gegangen ist. Die ganze Zeit habe ich auf die Uhr über der Türe gesehen, halb interessiert beobachtet, wie sich die Zeiger nach und nach vorschieben. Aber dadurch wird es auch nicht schneller.

Seufzend rutsche ich jetzt ganz am Kissen hinunter, bis mein Kopf auf der Matratze liegt. Meine Haare werden wahrscheinlich gerade plattgedrückt. Aber das ist auch schon egal. So kann ich immerhin nicht mehr auf die Uhr starren. Dafür an die kahle Decke. Auch nicht besser.
 

Wie lange braucht sie denn noch?! Sakura ist jetzt schon über eine halbe Stunde fort.

Den Blick auf die Uhr habe ich wieder. Mir ist es absolut nicht gelungen, über irgendetwas Sinnvolles nachzudenken und habe dann vor lauter Langeweile angefangen, mich auf dem Bett herumzuwälzen. So liege ich jetzt quer, mit der Bettkante im Rücken, und spüre, wie mir allmählich das Blut in den Kopf läuft. Es ist furchtbar unbequem, aber ich kann von hier aus das Ziffernblatt erkennen.

Wenn ich gewusst hätte, wie lange sie braucht, wäre ich selbst gegangen. Vielleicht kommt sie ja gleich.
 

In dem Moment höre ich auf einmal das Schloss knacken und sehe – kopfüber – wie sich die Tür öffnet und Sakura vollbeladen hereinkommt, bevor ich überhaupt die Chance habe, mich richtig hinzusetzen. Scheinbar hat sie nicht nur für mich eingekauft.

Mit großen Augen starrt sie mich an, dreht sich aber dann doch um und schließt die Türe. Währenddessen habe ich mich auch schon wieder aufgerichtet und sitze nun wieder gegen das Kissen gelehnt, damit ich überhaupt sehen kann, was sie mir denn gekauft hat.

Geduldig warte ich, bis sie zu mir kommt und in den Tüten kramt. Es interessiert mich zwar nicht wirklich, aber immerhin habe ich jetzt etwas, worauf ich mich konzentrieren kann.

Nach einer Weile ist sie dann auch endlich fertig und hält mir ein schwarzes T-Shirt vor die Nase.
 

"Ich wusste nicht genau, was dir gefällt. Oder welche Farben du magst. Deshalb hab ich etwas ganz Einfaches genommen. Ich hab’s auch noch in anderen Farben, warte…"
 

Sie kramt ein zweites Mal und bringt noch ein graues und zwei blaue Shirts zum Vorschein.
 

"Ist das okay? Eine Hose konnte ich dir leider nicht kaufen. Sonst hätte sie dir wahrscheinlich nicht gepasst. Aber deine alte ist ja noch ganz."
 

"Hm… ja, danke."
 

Es geht eigentlich, was sie mir da gekauft hat. Ist nicht besonders aufregend, aber das muss es auch gar nicht sein. Hauptsache, es passt halbwegs und fällt nicht besonders auf. Aber etwas zu groß wird es wohl sein. Meine T-Shirts haben mir noch nie ganz gepasst. Früher bei den Schultern, jetzt vor allem in der Breite.
 

"Gib mal."
 

Als hätte sie nur darauf gewartet, streckt sie mir sofort das nächstbeste der drei T-Shirts hin. Es ist das dunkelblaue. Sieht ein bisschen weit aus, aber wenn es trotzdem passt, ist mir das egal.

Ich lege es kurz neben mich, um aus meinem alten, kaputten Hemd zu schlüpfen. Dass es vorne offen ist, ist fürs An- und Ausziehen ganz praktisch. Dann nehme ich wieder das Neue und versuche dabei, Sakuras perplexen Blick so gut es geht zu ignorieren, während ich es anziehe. Der Kragen ist fast größer als mein Kopf. Das irritiert mich ein wenig.

Als ich wieder nach vorne schaue, zu Sakura, stutze ich kurz und hebe die Augenbrauen. Sie sitzt ganz verkrampft da, sieht beschämt zur Seite und errötet. Man kann ihr ganz gut ansehen, dass ihr die Situation unangenehm ist, sogar ich erkenne das.

Aber wo liegt ihr Problem? Hat sie noch nie einen nackten Männeroberkörper gesehen?

Meine Shirts sind in letzter Zeit immer etwas freizügig ausgefallen und speziell als das letzte zerfetzt wurde, ist da ja mehr Haut als Stoff gewesen.

Nur, dass vorher wenigstens ein paar Schrammen verdeckt waren. Und ansehnlich ist mein Körper sowieso nicht. Neben all den Kratzern, Narben und Verbrennungen kann man meine Rippen zählen und auch die Schulterblätter stechen spitzer hervor, als das eigentlich sein soll. Hässlich vielleicht noch nicht, aber schön auf keinen Fall. Das ist mir auch ziemlich egal. Ich muss nicht gut aussehen, sowas habe ich nie gebraucht. Mein Wunsch ist immer nur die Stärke gewesen. Und bei all dem harten Training ist dann eben das dabei rausgekommen. Aber stärker werden muss ich nicht mehr. Jetzt ist mir einfach alles egal.
 

"Ein bisschen zu groß…", gibt sie dann zu, nach einem verstohlenen Seitenblick, und zupft an meinem Shirt herum, um es zurrecht zu rücken, "ich wusste ja nicht, dass du so dünn bist. Von der Länge her passt es ungefähr…"
 

Teilnahmslos lasse ich geschehen, wie sie da an mir rumfummelt, bis ihr das Ergebnis endlich gefällt und sie von mir ablässt.
 

"So, jetzt kannst du auch wieder unter Menschen. Aber du solltest dich mal von einem Arzt untersuchen lassen."
 

"Wieso?"
 

Was ist falsch? Ich habe Kopfschmerzen, aber das ist ja wohl kein Grund, gleich ins Krankenhaus zu gehen. Und ansonsten geht es mir ganz gut. Okay, ich fühle mich ausgelaugt. Das ist aber kein Wunder, nach dem, was mir in letzter Zeit passiert ist.
 

"Nur so. Du wirkst angeschlagen. Und einige Wunden brauchen eine Behandlung, sonst hinterlassen sie Narben."
 

Ach, darauf will sie also hinaus. Die paar Kratzer. Sowas spüre ich gar nicht mehr. Genau wie die angesengte Haut. Und wenn da mal Narben sein werden, stört mich das auch nicht.
 

"Bitte. Ich weiß, dass dir das ziemlich egal ist. Aber findest du nicht, dass dir momentan ein bisschen zu viel egal ist?"
 

"Doch, schon."
 

Klar finde ich das. Ändern will ich es trotzdem nicht. Keine Lust, keine Zeit. Obwohl ich jedenfalls von letzterem mehr als genug habe.
 

"Was ist dann dein Problem?"
 

Ich zucke mit den Schultern. Das gleiche könnte ich sie doch auch fragen. Es ist schließlich mein Leben, das so furchtbar daneben geht.
 

"Ich kann dich auch behandeln, wenn du lieber hier bleiben willst."
 

"Ach, du bist Medic-nin?"
 

Sie nickt stolz.

Endlich ist sie mal zu etwas zu gebrauchen. Beinahe wäre mir das auch rausgerutscht. Aber so viel Taktgefühl besitze ich dann doch noch. Vielleicht hat sie sogar Talent. Wenn ihr der aktive Kampf nicht so gelegen hat, ist das ja eventuell das Richtige für sie.
 

"Dann kümmere dich ruhig um die Schrammen, wenn es dir so wichtig ist."
 

Schon wieder wird sie rot. Hat sie damit etwa nicht mehr gerechnet, oder wie? Jedenfalls ziehe ich schon mal das T-Shirt aus, damit sie irgendwann auch mal anfängt.

Ganz sanft spüre ich ihre Fingerspitzen auf meinem Rücken. Seit wann ist sie denn so zaghaft? Ich bin doch nicht aus Porzellan und gehe bei jeder Berührung kaputt. Auch wenn mein Körper total malträtiert ist und das vielleicht so aussieht. Die Verletzungen stammen schließlich von einem harten Kampf, den sie in diesem Kaliber sicher nicht mal erleben wird.
 

"Tut das weh?"
 

Sie drückt ein bisschen fester. Und ich weiß nicht, wie ich antworten soll. An sich tut mir alles weh. Auch, wenn sie mich gar nicht berührt. Aber ich nehme die Schmerzen nur noch ganz abgeschwächt wahr. Also beides, irgendwie.
 

"Dann ist schon mal nichts gebrochen."
 

Das hätte ich ja auch gemerkt. Trotzdem nett von ihr, dass sie mein Schweigen als 'Nein' gedeutet hat.
 

Jetzt fängt sie endlich mit dem Heilen an, ich spüre ihr warmes Chakra an meinem Rücken. Es tut gut, fühlt sich ein bisschen ungewohnt an. Wenn Kabuto mich geheilt hat, ist das immer furchtbar kalt und unangenehm gewesen. Aber so wünsche ich fast, dass sie gar nicht aufhören soll. Und wenn ich sie frage, würde sie bestimmt weitermachen, bis ihr Chakra erschöpft ist. Trotzdem sage ich kein Wort. Das ist nicht meine Art. So verschwindet das schöne Gefühl allmählich und hört schließlich ganz auf.
 

"Das war’s fürs erste. Richtig gefährliche Wunden waren gar nicht dabei, nur eben furchtbar viele kleinere. Sind die alle vom Kampf gegen Itachi?"
 

"Hn."
 

Sowas geht sie gar nichts an, finde ich. Vielleicht sind auch noch ein paar von Deidaras Explosion. Ich zähle doch nicht meine Kratzer.

Wahrscheinlich hat ihr Tsunade aufgetragen, etwas über Itachi herauszufinden. Ich bin zwar nicht ganz fit, aber doch nicht blöd. Das merke ich.
 

"Sollst du mich ausfragen?"
 

Augenblicklich wird sie rot, schon wieder, und ich frage mich, ob das auf Dauer so gesund ist. Hm. Ertappt.
 

"Du… wie kommst du darauf, Sasuke-kun?"
 

Die Mühe, alles abzustreiten, braucht sie sich jetzt wirklich nicht mehr zu machen. Es ist doch so offensichtlich; man kann in ihr lesen, wie in einem offenen Buch. Das wird sich nie ändern.
 

"Du bist rot."
 

"Oh."
 

Kurz sucht sie nach den richtigen Worten, ihre Augen weichen solange von meinem Gesicht ab und durchstreifen unruhig den Raum, dann kehrt ihr Blick zu mir zurück.
 

"Tsunade hat es mir so befohlen, mein Auftrag."
 

War ja klar. Der Hokage hat die Information, Itachi sei tot, nicht gelangt und will Genaueres wissen. Was denn auch sonst?
 

"Es ist, weil du dich so anders verhältst, als wir alle dachten. Das weißt du sicher selber am besten. Und darum glauben wir, dass du etwas Wichtiges verheimlichst. Du kannst doch nicht auf ewig alle im Dunkeln lassen. Das Geheimnis ist vielleicht wichtig für das Dorf."
 

"Kann sein. Ich werde dir trotzdem nichts sagen."
 

Irgendwie fängt sie meinen Blick auf, den ich eigentlich gerade abwenden wollte. Sie lächelt. Komisch.
 

"Ich hab nichts anderes erwartet. Du bist also immer noch Sasuke-kun!"
 

'Wer sollte ich sonst sein?', will ich ihr antworten, aber ich verstehe ja, wie sie das gemeint hat. Um ehrlich zu sein, weiß ich manchmal selbst nicht, was mit mir los ist. Itachi ist daran schuld. Das zu sagen ist einfacher, als nach den Gründen zu suchen und irgendwie wird es schon stimmen.
 

"Trotzdem, Sasuke, du musst ja nicht viel sagen. Es würde schon reichen, wenn du nur kurz den Kampf schilderst. Und was danach passiert ist. Dieser maskierte Mann hat dich mitgenommen, oder? Wir waren kurz nach ihm dort, aber leider zu spät. Vielleicht hast du wichtige Informationen über Akatsuki."
 

Wenn sie also nur ein paar Sekunden früher gekommen wären, hätte ich Madara nie getroffen. Und mein Leben würde völlig anders aussehen. Aber helfen tut mir das auch nicht. Nur noch ein paar Leute mehr, die ich für alles verantwortlich machen kann. Davon gibt es auch so schon genug.
 

"Du hast Konoha sehr geholfen, indem du Itachi getötet hast. Ich meine, niemand konnte ihn besiegen und alle haben immer gehofft, wenigstens du würdest es schaffen, weil man ohne Sharingan erst recht nicht gegen ihn ankommt. Es war sicher ein harter Kampf, nach deinen Verletzungen zu urteilen. Aber jetzt ist es geschafft, du kannst ein Leben ohne Rache führen. Freust du dich denn gar nicht?"
 

"Hn."
 

Kann sie nicht ihre Klappe halten, wenn sie über wirklich nichts Bescheid weiß? Was sie redet, ist so falsch und so naiv. Wie damals, genau dieselbe Oberflächlichkeit und der Glaube, einfach alles zu wissen. Das macht mich krank.
 

"Okay, okay. Du redest wirklich nicht. Ich geb’s auf. Hm… wechseln wir das Thema."
 

Nette Idee. Aber irgendwie glaube ich ihr nicht, dass sie wirklich aufgeben will. Das wäre untypisch. Solche Lügen sind einfach lächerlich und inzwischen verabscheue ich sie. Weil ich Lügen und Unwahrheiten in letzter Zeit einfach viel zu oft begegnet bin.
 

"Ach, Sasuke, es ist noch etwas passiert, das du besser wissen solltest. Wir haben nämlich erst gestern erfahren, dass Jiraiya gestorben ist, im Kampf gegen einen Akatsuki. Bitte, sprich Naruto nicht darauf an. Jiraiya war wie ein Vater für ihn und… er… hat es sehr schwer momentan."
 

"Ts."
 

Schön zu wissen, dass nicht nur ich taktlos sein kann.

Und das hat sie jetzt wohl auch gemerkt. Ihre Augen weiten sich und sie sieht so aus, als ob sie mit mir fühlen würde. Ein Zucken fährt durch ihr Bein und ich bin mir sicher, dass sie um ein Haar aufgestanden wäre, um mich in den Arm zu nehmen.
 

"Oh, das… das tut mir Leid, Sasuke! Ich hab ganz vergessen, dass… ich hab nicht gewusst, dass du…"
 

Ich winke ab, damit sie nicht weiter nach den richtigen Worten suchen muss. Was sie mir eigentlich sagen will, verstehe ich auch so: Du bist wegen Itachi so drauf? Ich hätte niemals darüber geredet und dich ausgefragt, wenn ich gewusst hätte, wie schwer du es hast.

Hmpf. Mitleid will ich eigentlich nicht. Eine kurze Erkenntnis und anschließendes Totschweigen hätten es auch getan. Aber das ist ja nicht Sakuras Art.

Zumindest muss ich bei ihr absofort nicht mehr mit diesen Fragen rechnen. Das war es allemal wert. Auch, wenn ich ihnen tatsächlich nicht ewig aus dem Weg gehen kann.
 

"Aber, Sasuke…"
 

Kurz hält sie inne, ihr Blick wandert von mir zum dunklen Himmel draußen und dann zu den rot blinkenden Ziffern auf der Anzeige meines Fernsehers.
 

"So spät schon? Hm… Ich muss nach Hause. Du bist doch eh froh, wenn du mich los bist."
 

Lächelnd steht sie von ihrem Stuhl auf und verabschiedet sich von mir, bevor sie aus meinem Zimmer geht. Ein paar Sekunden später höre ich die Haustür ins Schloss fallen. Durch das Fenster beobachte ich noch, wie sie den Weg entlangläuft, bis die Dunkelheit sie allmählich verschluckt.
 

Müde lasse ich mich am Kissen herabsinken, es ist plötzlich so still geworden. Und ich habe noch immer kein Ziel vor Augen, an das ich mich klammern kann. Aber das wird schon irgendwann kommen, genau wie alles andere. Ich habe ja jetzt viel Zeit. Ein bisschen zu viel. Aber wer kann denn schon wissen, wann es zu Ende ist? Vielleicht bereits morgen oder in zwei Wochen. Und wenn, das würde mich auch nicht mehr stören, so wenig, wie ich noch zu verlieren habe. Es fühlt sich irgendwie komisch an, als hätte ich mein ganzes Leben schon hinter mir, dabei bin ich doch erst sechzehn. Noch ein halbes Kind. Aber niemand hat mir die Zeit gelassen, Kind zu sein, darum hat sich alles so verschoben und das ist eben dabei herausgekommen. Nicht meine Schuld.
 


 

~~~

Hm... ja, hat ein bisschen gedauert. Aber dafür ist das Kapitel auch länger. :D Und die Story kommt nur langsam ins Rollen, es ist ja auch erst der Anfang.

Vierter Tag - Schwarz

Ich knie am Esstisch, nippe ab und zu an meinem Tee und warte. Darauf, dass Naruto endlich kommt. Es ist schon Mittag, ich bin gerade erst aufgestanden und Naruto sollte eigentlich längst da sein. Zwar kann mir das eigentlich herzlich egal sein, ist es an sich auch, aber die Zeit vergeht nunmal so furchtbar langsam, wenn man alleine ist und nichts zu tun hat.
 

Schon komisch, die letzten drei Jahre habe ich mich immer bemüht, ein Aufeinandertreffen zu vermeiden, wegen diesem Wunsch hat Orochimaru mit mir auch immer so oft die Geheimbasis gewechselt. Dann hätte ich Naruto sogar einmal fast getötet. Zum Glück ist was dazwischen gekommen. Und ansonsten wäre er mir einfach nur im Weg herumgestanden. Das hätte ich nicht gebrauchen können, wirklich nicht. Darum ist es so gekommen. Und auch jetzt würde ich lieber Abstand nehmen, wenn ich denn die Wahl hätte. Nicht, weil ich ihn hasse oder so, aber er macht es mir nur schwerer. Allein Sakura gestern wieder gegenüber zu stehen, war irgendwie befremdlich und die hab ich noch nicht einmal versucht umzubringen. Deshalb ist das bei Naruto auch so problematisch. Er wird wohl versuchen, einfach dort weiterzumachen, wo wir aufgehört haben. Aber das funktioniert nicht und ich kann es auch gar nicht mehr. Ob ich es will, spielt dabei keine Rolle. Noch nichts ist bisher so gekommen, wie ich es wollte und deshalb habe ich gelernt, die Dinge so hinzunehmen, wie sie sind. Hm… eigentlich ist das ja auch nicht der richtige Weg und zudem das komplette Gegenteil von Narutos Philosophie. Stört mich aber nicht weiter.
 

Mit einem letzten Schluck leere ich die Tasse und stehe wankend auf. Ein stechender Schmerz durchfährt dabei meinen Kopf, verebbt aber genauso schnell wieder, wie er gekommen ist. Dafür wird mir ganz flau. Ein paar Schritte taumle ich noch vorwärts, dann bleibe ich stehen. Mir ist so komisch…

Ich höre das Klacken eines Schlosses und drehe meinen Kopf in die Richtung, aus der das Geräusch kommt. Das flaue Gefühl breitet sich weiter aus und mir wird schwindlig. Ich löse den Blick von der Tür und starre stattdessen auf den Boden. Alles flimmert vor meinen Augen, im Hintergrund höre ich eine Stimme und dann Schritte. Um mich herum dreht sich alles, ich kann kaum mehr was erkennen. Taumelnd gehe ich geradeaus, oder auch schräg, das weiß ich nicht mehr wirklich. Irgendwann wird dann alles zu viel, das Flimmern nimmt zu, ich kann mein Gleichgewicht nicht mehr halten. Ein Schrei ist das letzte, was ich noch wahrnehme, dann wird alles schwarz.
 

Es fühlt sich an, als hätte ich einfach ganz fest geschlafen. Nur, dass ich mich nicht daran erinnern kann, ins Bett gegangen zu sein. Ich hänge irgendwo in der Luft, ganz unbequem, mein Kopf liegt schwer auf meiner Brust, wie abgeknickt, und als ich ihn in den Nacken werfe, blicke ich geradewegs in zwei große blaue Augen, die mich erschrocken anstarren. Dann falle ich. Und bevor ich überhaupt reagieren kann, spüre ich auch schon, wie mein Hinterkopf hart auf dem Fußboden aufschlägt. Ich bin noch immer nicht ganz bei mir. Aber, verdammt, tut das jetzt weh.
 

"Oh, oh, Entschuldigung, Sasuke! D-das wollte ich nicht! Du… hast mich erschreckt! Tut mir leid!"
 

…Naruto? Hat er mich festgehalten? Aber warum? …Hä?!
 

"W-warte, ich helfe dir!"
 

Jetzt hat er meine vergeblichen Versuche aufzustehen mitbekommen und zieht mich unter den Armen in die Höhe, bis ich wieder sitze. Kaum hat er das geschafft, schlage ich seine Hände weg und halte mir meine an den dröhnenden Kopf.
 

"Lass das." Soviel Stolz besitze ich auch noch. Obwohl ich gerade wirklich nicht alleine aufstehen konnte. "Was… ist passiert?"
 

"Das weißt du nicht mehr? Echt jetzt?!", entgeistert sieht er mich an, "du bist umgekippt! Einfach so, mitten im Zimmer! Zum Glück konnte ich dich noch rechtzeitig auffangen!"
 

"Oh." Mehr fällt mir dazu nicht ein. Ich blinzle verstört. "Wie lange… war ich weg?"
 

"Ach, du bist ziemlich bald wieder aufgewacht. Vielleicht 30 Sekunden."
 

Das geht ja.
 


 

"Da. Iss."
 

Mit gehobenen Augenbrauen starre ich zuerst auf die dampfende Schale Reis, die mir Naruto gerade eben vor die Nase gestellt hat, und dann hoch zu ihm. Sein Gesichtsausdruck ist ungewohnt hart und das irritiert mich ein bisschen. Ernster, als ich ihn in Erinnerung hatte. Aber dann erinnere ich mich auch daran, was Sakura gestern extra noch erwähnt hat, wegen Jiraiyas Tod. Kein Wunder also.
 

"Du hast heute noch nichts gegessen, oder?"
 

Stumm erwidere ich seinen Blick. Es will mir nicht ganz passen, wie er da so über mir steht und meint, sich um mich kümmern zu müssen. Ich bin eigentlich der, der auf ihn herabsehen sollte. Das alte Machtspiel. Aber die Situation erlaubt es mir gerade nicht.

Ich glaube, es ist Sorge, was ich da aus seinem Gesicht herauslesen kann.
 

"Hast du keinen Hunger?"
 

"Nein."
 

Er besieht mich prüfend von oben bis unten. Kurz bleibt er an der Stelle zwischen meiner linken Schulter und meinem Hals hängen, sein Gesicht nimmt für ein paar Sekunden einen erstaunten Ausdruck an, dann schweift sein Blick ab, über mein viel zu großes T-Shirt, bis er endlich wieder in mein Gesicht schaut.
 

"Du bist zu dünn", meint er dann schließlich, "Wieviel wiegst du?"
 

"Ich weiß nicht."
 

Ich weiß es wirklich nicht. Das letzte Mal, als ich mich gewogen habe, ist jetzt auch schon drei Jahre her und da sind es 42 kg gewesen. Ich war nicht besonders groß und da hat das Gewicht wohl auch gestimmt. Aber seitdem bin ich viel gewachsen und habe mehr trainiert, als ich essen konnte. Ein richtiges Hungergefühl besitze ich sowieso schon lange nicht mehr.
 

"Du bist zu dünn…", wiederholt er seine Feststellung.
 

Langsam nervt es. Nicht jeder kann am laufenden Band Ramen in sich hineinstopfen. Aber vielleicht beruhigt es ihn ja ein bisschen, wenn ich wenigstens meinen Reis esse.

Nachdem ich einen ersten Bissen in meinen Mund geschoben habe, setzt er sich auch endlich zu mir herab, überkreuzt die Beine und stützt sein Kinn auf die Handflächen. Eine ganze Weile lang beobachtet er mich einfach nur, wie ich dasitze und esse und das alles irritiert mich nur noch mehr. Wenn ich aus den Augenwinkeln zu ihm herüberschiele, merke ich, dass sein Blick viel weicher geworden ist, obwohl ich eigentlich vorhatte, ihn zu ignorieren. Ich glaube, er lächelt sogar.
 

"Willkommen zu Hause, Sasuke."
 

Ohne es wirklich zu merken, verenge ich meine Augen und zögere kurz, bevor ich weiter esse. Das 'zu Hause' stört mich. Aber verbessern will ich es ihm lieber nicht. Sollen sie ruhig alle glauben, ich wäre aus meinem eigenen freien Willen zurückgekehrt. Besser, als es erfährt jemand die Wahrheit.
 

"Du bist schweigsamer als sonst… hm, aber trotzdem schön, dass du wieder hier bist, bei uns. Ich hab immer gewusst, dass du zurückkommen würdest!"
 

Hat er nicht. Sonst wäre er mir ja nicht ständig hinterher gelaufen. Er hat immer gedacht, ich würde mich von Orochimaru nur benutzen lassen und in mein Verderben rennen. Mit Letzterem hatte er ja dann auch Recht, irgendwie.

Hm… eigentlich ist es genau so, wie ich erwartet habe. Naruto versucht, die Freundschaftsbande einfach wieder weiter zu knüpfen, die ich vor ein paar Jahren mehr schlecht als recht durchtrennt habe. Außerdem ist es fast schon lächerlich, wie leicht er mir verzeiht. Immerhin habe ich ihn bereits zweimal fast getötet. Selbst mich scheint das mehr zu beschäftigen als ihn.

Aber irgendwie sieht er trotzdem so aus, als würde er unbedingt noch etwas sagen wollen, auf das er schon die ganze Zeit wartet. Ich sehe deutlich die ungestellten und unbeantworteten Fragen über sein Gesicht huschen, die ihn so beschäftigen und er dennoch nicht stellt. Es gibt noch viel Erklärungsbedarf, das ist mir klar. Diese ganzen vollendeten Tatsachen oder halbverheimlichten Wahrheiten, vor die ich ihn gestellt habe. Wenn ich mal wieder der Meinung war, mehr bräuchte er nicht zu wissen. Und dieser Meinung bin ich immer noch.
 

"Ich verstehe dich nicht, Sasuke."
 

Gelassen lege ich die Stäbchen beiseite, nachdem ich endlich aufgegessen habe, wage aber am Ende doch nicht, mich zu ihm herumzudrehen. Nur unscharf kann ich aus den Augenwinkeln erkennen, wie er dasitzt und mich weiter anstarrt, als wäre ich ganz kostbar und selten.
 

"Vor einem halben Jahr, als du gesagt hast, dass unser Band längst durchtrennt wäre und du mich nur aus einer Laune heraus nicht getötet hättest, erinnerst du dich? Das alles macht keinen Sinn mehr. Du bist wieder in Konoha, obwohl du gemeint hast, dass wir doch längst hinter dir liegen würden."
 

"Hn. Dann bin ich eben wieder hier, und?"
 

Naruto ist gar nicht so dumm, wie ich dachte. Er hat einen Fehler an dem Ganzen gefunden und meine Glaubwürdigkeit fließt wohl gerade dahin. Wenn er mir überhaupt je wirklich geglaubt hat, bei den ganzen Widersprüchen, die ich im Laufe der Zeit um mich geschart habe. Ich würde mir ja nicht mal selber glauben. Und übel nehmen kann ich es ihm schon gar nicht.
 

"Was ist jetzt richtig und was falsch? Und wenn es ernst gemeint war, warum bringst du mich dann nicht einfach um? Du hast doch längst genug Macht, um das ganze Dorf in die Luft zu jagen! Warum tötest du uns nicht einfach alle?! Oder liegt dir doch noch etwas an uns, an dem Dorf, hm, Sasuke?"
 

Das ist genau das, worüber ich gerade nicht mit ihm reden oder bloß nachdenken will. Diese Frage hab ich mir nämlich auch schon vor einer Weile gestellt, bin aber zu keinem Ergebnis gekommen und habe es dabei belassen. Natürlich könnte ich das Dorf vernichten, wenn ich wollte, aber ich glaube kaum, dass ich das wirklich will. Und er hat wieder Recht, ich könnte ihn ebenso gut jetzt sofort umbringen und das beenden, was ich ein halbes Jahr zuvor nicht mehr geschafft habe. Aber ihn zu töten würde gar nichts besser machen. Im Gegenteil. Schon als ich es nur versucht habe, damals im Tal des Endes, hab ich mich schuldig und irgendwie leer gefühlt. Das hat sich inzwischen zwar geändert, ich bin jetzt abgehärtet, aber es wäre einfach falsch. Unschuldige Menschen zu töten. Aus dem Grund habe ich Orochimaru und Itachi auch so verachtet.
 

"Naruto. Ich will dich nicht töten."
 

"Oh."
 

Ob er so erstaunt ist, weil ich ihm antworte oder weil ich ihn einfach nicht töten will, kann ich nicht wirklich sagen. Beides ist ein bisschen seltsam.
 

"Dann… ist ja alles okay!"
 

Naruto strahlt mich an, mit einem Grinsen, bei dem einem normalen Menschen die Mundwinkel reißen würden. Und es weicht auch nach Minuten nicht von seinem Gesicht. Weil ich nichts Besseres zu tun weiß, schenke ich mir noch eine Tasse Tee ein und linse dabei immer wieder zu ihm herüber. Naruto ist komisch.
 

"Weißt du, Sasuke… ich glaube du hast dich ganz schön verändert! Du bist gar nicht mehr so abweisend. Ein bisschen schon noch. Aber es ist besser geworden."
 

Findet er? Ich nicht. Itachis Tod hat mir bloß die Augen geöffnet, jetzt bin ich nur noch halbblind. Und besser geworden ist gar nichts. Ich frage mich wirklich, warum alle meinen, bei mir wäre irgendetwas besser geworden. Habe ich ihnen auch nur einen einzigen Grund gegeben, das zu denken? Glaube nicht. Es ist wohl das Beste, wenn ich Naruto das mal ganz direkt frage. Vielleicht sehe ja auch nur ich mich in einem so düsteren Licht. Es kann nicht ganz normal sein, immer nur das Schlechte zu sehen. Ich elender Pessimist. Es gibt Gut und Böse, da ist es völlig natürlich, dass auch mir mal etwas Positives passieren kann. Das Schicksal muss nicht immer den dunkelsten Pfad wählen. Ich sollte aufhören, ständig alles pechschwarz auszumalen. Aber dann denke ich auch wieder daran, wie ich zu diesem Pessimismus gekommen bin. Meine tote Familie. Ich als Objekt der Begierde eines Schlangenfetischisten. Verrat an meinen Freunden. Brudermord. Und jedes Mal, wenn etwas so gelaufen ist, wie ich wollte, wurde ich dann doch sofort wieder von der brutalen Wirklichkeit eingeholt. Keine Wunder also. Den Pessimismus werde ich jedenfalls nicht mehr los.
 

"Naruto? Denkst du wirklich, es ist besser geworden?"
 

"Hm? Ist es das nicht?"
 

Er schaut mich ganz fragend und verstört an, als hätte ich gerade ein Naturgesetz widerlegt oder ihm seine Illusionen genommen. Man kann ziemlich deutlich sehen, wie es in seinem Kopf jetzt arbeitet. Dann verengt er seine Augen, mustert mich mit einem düsteren Blick, entspannt seine Züge aber gleich wieder.
 

"Sag mal, Sasuke…", ich recke den Kopf in seine Richtung. Er schaut mich gar nicht an und starrt stattdessen traurig auf den Fußboden, "du hast doch jetzt gar keine Ziele mehr, oder? Ist das nicht schlimm, keinen Lebenssinn mehr zu haben?"
 

Oh. Darüber habe ich so noch gar nicht nachgedacht. Vielleicht ist das ja der Grund, warum es mir so schlecht geht.

Aber ich will da jetzt gar keinen Gedanken dran verschwenden, nicht hier vor Naruto. Das kann ich machen, wenn ich heute Abend alleine bin. Er soll sich keine Sorgen machen, erst recht nicht um mich. Deshalb versuche ich auch, ihn zu beruhigen und erzähle ihm, dass das alles gar nicht so schlimm ist. Es ist eine lächerliche Lüge, die ich ihm da auftische, aber er nimmt sie dankend an. Wahrscheinlich möchte er einfach nur glauben, dass alles okay ist und noch ein bisschen weiter hoffen. Ob er wohl tief in sich schon längst angefangen hat zu begreifen? Ich weiß es nicht.

 

 

 

Fünfter Tag - Langeweile

Die Nacht ist furchtbar gewesen. Ich dachte eigentlich, die Alpträume hätte ich inzwischen hinter mir gelassen, es ist nun schon so lange her. Aber da habe ich mich wohl geirrt.

Sakura sitzt schon seit einer Weile unten und wartet sicher darauf, dass ich endlich herunterkomme, zu ihr. Aber ich habe kein Interesse. Wenigstens ist sie bisher noch nicht auf die Idee gekommen, hochzugehen und mir Gesellschaft zu leisten.
 

Stunden vergehen, in denen ich nichts mache, außer aus dem Fenster zu sehen, manchmal auch an die Decke, und das momentane Fehlen jeglicher Gedanken zu genießen. Langweilig ist es schon. Schrecklich langweilig. Das ist es wohl auch, was mich letztendlich dazu bewegt, doch herunterzugehen und Sakuras Gesellschaft zu suchen. So schlimm kann es ja nicht sein. Sie hat mich bis jetzt nicht gestört, was mich wirklich wundert. Vielleicht ist sie heute weniger redselig als sonst.
 

Als ich aufstehe, muss ich das Schwindelgefühl wegblinzeln, aber danach fühle ich mich eigentlich ganz fit. Ich gehe also die Treppe hinunter und bleibe im Türrahmen stehen. Sakura hat sich längst zu mir umgedreht und sieht so aus, als hätte sie sich schon den ganzen Tag darauf gefreut, mich zu sehen. Hat sie wahrscheinlich auch. Sie strahlt richtig und ich kann gar nicht begreifen, wie etwas so einfaches sie so erfreuen kann und noch weniger, dass ich die Ursache davon sein soll. Doch der glückliche Gesichtsausdruck weicht schlagartig einem schockierten. Ich überlege einen Moment, ob mir ihr fassungsloser Blick etwas sagen soll, aber ich komme auf nichts.
 

"S-Sasuke-kun… du… du blutest!"
 

Oh.

Ich reiße meine Augen auf und schaue wahrscheinlich noch geschockter als sie, dann wische ich mir ganz schnell mit dem Handrücken über meine Wange. Da ist wirklich Blut, und nicht mal wenig. Meine Hand ist jetzt ganz rot.

Sakura schaut mir zu und ihr Blick wechselt dabei von fragend zu prüfend. Dann schüttelt sie den Kopf.
 

"Das ist noch mehr. Jetzt ist alles verschmiert."
 

Sie nimmt ein Taschentuch und bevor ich sie daran hindern kann, ist sie ganz nah an mich herangekommen und wischt mir das Blut aus dem Gesicht. Ich überlege kurz, ob ich sie wegstoßen soll, lasse es aber dann doch geschehen.
 

"Komisch… da ist gar keine Verletzung. Es sieht fast so aus, als ob das Blut aus deinen Augen gekommen wäre."
 

Jetzt stoße ich sie doch weg, wenn auch eher sanft, und drehe meinen Kopf so, dass sie mein linkes Auge nicht mehr sehen kann. "Augen bluten nicht."
 

Sie blinzelt kurz.

 

"Ja… das hätte mich auch sehr gewundert. Aber wie ist das Blut denn da hingekommen?"
 

"Das braucht dich nicht zu interessieren."
 

Spätestens jetzt müsste sie eigentlich misstrauisch werden und ich bereue es auch sofort, dass ich ihr so eine Antwort gegeben habe. Doch ich weiß beim besten Willen nicht, wie ich ihr das erklären soll, ohne dass es noch viel, viel mehr Fragen mit sich zieht. So einfach komme ich bei Sakura da nicht raus. Sie macht schon wieder dieses besorgte Gesicht.
 

"Aber wenn du irgendwie verletzt bist-!"
 

"Ich bin nicht verletzt. Und jetzt kümmer dich nicht weiter darum."
 

Und tatsächlich, sie fragt nicht weiter nach. Ich bin überrascht. Ein paar Minuten lang schweigt sie sogar wirklich. Aber es hält nicht lange an; sie mustert mich eindringlich, dann seufzt sie.
 

"Oh, Sasuke, ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal sagen würde, aber du siehst furchtbar aus! Hast du schlecht geschlafen?"
 

Ich habe gestern Nacht kein Auge zutun können und bin schrecklich müde deshalb.
 

"Du bist so blass, Sasuke…"
 

Jetzt seufze ich auch. Diese besorgte Art an ihr kann ich gar nicht leiden.
 

"Das war ich schon immer."
 

"Nein, so meine ich das nicht. Ich hab ja auch sehr helle Haut, aber… bei dir sieht das irgendwie kränklich aus. Hast du mal in den Spiegel geschaut?!"
 

"Nein."
 

Habe ich wirklich nicht. Es gibt ja auch keinen einzigen in meinem Haus, außer den im Bad, aber da vermeide ich immer hinzusehen, wenn ich mich morgens wasche.
 

"Oh. Ernsthaft?"
 

Ich will gar nicht wissen, wie ich aussehe, es ist mir auch ziemlich egal. Wahrscheinlich habe ich irgendsowas schon geahnt. Aber am meisten fürchte ich mich vor meinem Blick.
 

"Seit ich Orochimaru getötet habe jedenfalls nicht mehr."
 

"Seit zwei Monaten also?"
 

…Zwei Monate? Aber sie hat Recht, es ist wirklich erst zwei Monate her seit ich Orochimaru verraten und umgebracht habe. Ich kann es kaum glauben, es scheint mir schon fast eine Ewigkeit her zu sein. Nun, das ist nicht weiter überraschend, es ist ja auch viel passiert in dieser Zeit. Ich überlege kurz.
 

"Vielleicht auch noch länger. Keine Ahnung."
 

Sakura sieht aus, als würde sie überlegen, aber nicht lange, dann scheint ihr etwas eingefallen zu sein.
 

"Warte eine Sekunde!"
 

Sie läuft um mich herum, aus dem Zimmer heraus. Ich höre sie kurz rumoren und dann ist sie auch schon wieder zurück, mit irgendetwas in der Hand. Was es ist, erkenne ich erst, als sie direkt vor mir steht und mich ermutigend anlächelt. Sie klappt den Handspiegel auf und hält ihn mir vors Gesicht.

Es ist ziemlich mühsam, auf der kleinen Fläche etwas sehen zu können, aber ich erkenne genug. Die dunklen Schatten unter meinen Augen fallen mir als erstes auf, dann der leblose Blick.

Sakura hat Recht gehabt. Ich sehe wirklich nicht gut aus.

Und bevor ich weiter darüber nachdenken kann, klappt sie den Spiegel zu.
 

"Und?", fragt sie dann, ein Funke Erwartung schwingt in ihrer Stimme mit. Wonach sie genau fragt und was sie jetzt von mir hören will, weiß ich nicht. Deshalb zucke ich einfach mit den Schultern, drehe mich um und gehe wortlos zurück in mein Zimmer. Ich fühle mich sowieso nicht ganz wohl, vielleicht liegt es noch an meinen Augen.
 

Oben angekommen lasse ich mich auf mein Bett fallen und starre an die Decke. Mein Blick wandert von der Lampe, die über mir hängt, zum Fenster und verharrt schließlich bei den kümmerlichen Überresten einer Topfpflanze. Eigentlich könnte ich sie wegwerfen, da wird eh nichts mehr draus. Heute Morgen hat sie noch geblüht, bis ich auf dumme Ideen gekommen bin. Ich verfluche mich innerlich dafür, wie wenig ich über die Konsequenzen nachgedacht habe. Jetzt habe ich schmerzende Augen und eine übersensibilisierte Sakura. Mir war so langweilig und ich habe meine Gedanken wandern lassen. Irgendwie bin ich auf meine Mangekyou Sharingan gekommen und dann auf Amaterasu. Amaterasu… es ist das Schönste, was ich je gesehen habe. Ich bin ein Uchiha, ich bin mit dem Feuer aufgewachsen und hatte nie Angst davor. Im Gegenteil, es hat mich immer fasziniert, weil es so erbarmungslos und zerstörerisch ist, ich es aber trotzdem kontrollieren konnte. Aber Amaterasu ist kein einfaches Feuer. Es ist das schwärzeste, schattenlose Schwarz, das unaufhaltsam verschlingt, was sich ihm in den Weg stellt. Und einzig meinem Willen gehorcht.

Denn Madara hat erwähnt, dass die Mangekyou Sharingan die unauslöschlichen Flammen sehr wohl löschen können. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihm glauben kann, und habe in meiner Langeweile beschlossen, es einfach auszuprobieren. An dem nächstbesten, was mir in den Sinn gekommen ist—der Topfpflanze. Was wäre schon passiert? Das Haus könnte niederbrennen, ich würde mich und Sakura in den Flammen einschließen, andere Häuser könnten Feuer fangen, Konoha würde zerstört. Aber so weit wäre es eh nicht gekommen. Außerdem habe ich Vertrauen in meine Fähigkeiten. Darum habe ich also die Pflanze in Brand gesetzt, die schwarzen Flammen bewundert, die nicht einmal Asche übrig lassen, und das ganze dann unter riesiger Anstrengung wieder gelöscht.

Es hat nicht viel gebracht, stelle ich jetzt im Nachhinein fest. Diese Technik verbraucht unglaublich viel Chakra, mehr als Amaterasu selbst, und meine Augen tun immer noch weh. Wofür ich es gebrauchen soll, weiß ich auch nicht. So oft wird es schon nicht vorkommen, dass ich versehentlich etwas anzünde.
 

Mir ist immer noch langweilig und ich spüre, wie ich wieder empfänglich werde für dumme Gedanken. Aber soweit lasse ich es nicht kommen, denn ich spüre ebenso sehr Müdigkeit in mir aufsteigen. Ist ja auch kein Wunder, so wenig, wie ich heute Nacht geschlafen habe. Deshalb wehre ich mich auch gar nicht dagegen und schließe die Augen, bevor ich langsam mein Bewusstsein verliere.
 

Als ich wieder aufwache, sind gerade mal ein paar Stunden vergangen. Ich bin die ersten paar Sekunden orientierungslos, aber das hält nicht lange an. Und dann, ohne dass ich weiß, wieso, oder überhaupt einen richtig klaren Gedanken fassen kann, geht mir ganz plötzlich durch den Kopf, was Naruto gestern gesagt hat.

"Du hast doch jetzt gar keine Ziele mehr, oder? Ist das nicht schlimm, keinen Lebenssinn mehr zu haben?"

Irgendwie hat er Recht. Für mich hat wirklich alles seinen Sinn verloren. Und er wird auch nicht wiederkehren, weil ich meine Fehler nicht mehr ausbessern kann. Es vergeht ein Tag nach dem anderen, ohne dass sich etwas ändert. Ich existiere doch gar nicht mehr richtig, mir ist inzwischen alles so verdammt egal geworden. Immer das gleiche.

Diese Erkenntnis überrollt mich ganz plötzlich, wie eine Flutwelle, und lädt ihre gesamte Tragweite auf mir ab. Mein Leben erscheint mir auf einmal so furchtbar wertlos.

Ich schaue auf meine Hände, es klebt immer noch Blut daran. Dann werfe ich den Kopf in den Nacken und schließe die Augen.

Was gäbe ich darum, Leben in mir spüren zu können. Egal, auf welche Weise. Dumme Gedanken beschleichen mich, die meisten schaffe ich, zu verdrängen, aber an einem bleibe ich hängen.
 

Ich atme aus und spüre, wie das elektrische Chakra meinen Körper durchströmt. Noch tut es nicht mehr weh als ein normales Chidori Nagashi, es sticht lediglich ein bisschen.

Langsam erhöhe ich die Dosis und bin noch gar nicht sicher, ob ich wirklich bis zum Ende gehen möchte oder nur ausprobieren will, wieviel ich aushalte und wie es sich anfühlt, ohne mir dabei einen tödlichen Schlag zu verpassen. Adrenalin rauscht durch meine Venen, mitsamt dem Chakra.

Inzwischen wird es unangenehm und wenn ich nur etwas weitermache, kriege ich ungefähr die gleiche Ladung ab, wie ein Gegner in einem Kampf. Jede Muskelfaser schmerzt, ich muss mir auf die Unterlippe beißen, um nicht loszuschreien. Erst, als ich Blut schmecke, merke ich, dass ich wohl ziemlich fest zugebissen habe, denn andere Schmerzen als die des Chidoris kriege ich schon gar nicht mehr mit. Überhaupt wird es schwer, sich auf etwas anderes zu konzentrieren oder klar zu denken. Es tut einfach nur weh. Ein ohrenbetäubendes Zwitschern setzt ein und wenn ich an mir herunterschaue, sehe ich blaues Chakra blitzen. Ist die Dosis zu hoch, um sie ganz im Körper zu behalten? Oder bin ich zu unkonzentriert?

Egal, es ist jetzt nicht wichtig. Aber neben dem Zwitschern höre ich einen Aufschrei. Bin ich das? Ich kann es nicht einmal sagen. Vor meinen Augen verschwimmt alles und verschwindet letztlich ganz.
 

Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit, bis ich wieder etwas um mich herum wahrnehmen kann. Im Hintergrund höre ich jemanden meinen Namen schreien und laute Schritte auf der Treppe. Ein paar Sekunden später und die Schmerzen werden weniger, meine Sicht klarer. Dann bemerke ich Sakura, die sich an mich geklammert hat und verzweifelt nach mir ruft. Es dauert eine Weile, bis es mir plötzlich klar wird. Sakura bekommt die Hälfte von meinem Chidori ab, deshalb lässt die Wirkung auf mich selbst nach. Daran habe ich gar nicht gedacht. Und genug Chakra, um uns beide zu töten, hab ich nicht. Es hat keinen Sinn mehr, ich höre auf. Das Blitzen verschwindet und es wird wieder still. Ich weiß gar nicht, ob ich sie überhaupt ansehen möchte, mache es letztendlich aber doch. Ihre Augen sind weit aufgerissen, sie krümmt sich vor Schmerzen. Trotzdem hält sie mich fest.
 

"Nimm deine Hand weg."
 

Sie beißt sich auf die Lippe, ihre Augen werden glasig, und schüttelt dann den Kopf. Ich seufze.

 

"Du wirst wahrscheinlich bald Muskelkrämpfe bekommen. Setz dich hin, das macht es erträglicher."
 

Dieses Mal hört sie sogar auf mich und setzt sich zu mir auf die Bettkante. Ohne meinen Arm loszulassen.

Die Nachwirkungen von Chidori Nagashi sind fast noch heftiger als der Angriff selbst. Für das Opfer sowieso, aber auch für den ungeübten Anwender. Mein Körper hat sich inzwischen daran gewöhnt, ich erinnere mich aber noch an Nächte, in denen ich vor Schmerzen kein Auge zutun konnte und am liebsten laut aufgeschrien hätte. Pech für sie, dass es so gelaufen ist. Warum musste sie mich auch unbedingt aufhalten? Jetzt sieht sie ja, was sie davon hat.
 

Die Schmerzen beginnen scheinbar; ich spüre, wie ihr Körper sich immer für ein paar Sekunden verkrampft und dann wieder entspannt. Es tut wohl sehr weh, so, wie sie sich unter den Schmerzen windet. Die Erinnerungen daran sind in meinem Kopf nur noch verblasst, ganz genau weiß ich gar nicht mehr, wie furchtbar das gewesen ist.

Mitleid habe ich für sie trotzdem nicht übrig. Tränen treten schon in ihre Augen, sie zittert und der Griff hat sich gelockert. Dann ist es auf einmal vorbei. Ihre Muskeln entspannen sich wieder und der schmerzverzerrte Ausdruck weicht aus ihrem Gesicht.
 

"Geht’s?", frage ich. Sakura nickt. "Du kannst mich loslassen. Ich hab nicht mehr so viel Chakra, dass ich mich umbringen könnte."
 

Kurz überlegt sie, nimmt ihre Hand aber dann doch weg. "Wieso… Sasuke-kun? Wieso wolltest du das tun?"

 

Ich weiche ihrem Blick aus.
 

"Geht es dir so schlecht?"
 

Ja, schon irgendwie. Ist naheliegend. Wobei das wirklich Schlimme die Sinnlosigkeit ist. Mein Leben hat keinen Sinn mehr, alles ist kaputt.
 

"Weißt du, Sasuke-kun, manchmal hilft es, darüber zu sprechen."
 

"Ach, wirklich?"

 

Das Spöttische in meiner Stimme nimmt der Situation irgendwie ihre Ernsthaftigkeit. In einer klischeehaft kitschigen Romanze würde ich jetzt weich werden und mein halbes Leben ausplaudern. Zum Glück ist das hier keine.

 

"Glaubst du, es hilft, wenn ich mit dir über meine Probleme rede? Es reicht, wenn einer sie kennt."
 

"Du musst nicht, wenn du nicht magst. Ich will dir nur helfen."
 

"Hn."
 

Ich wende den Blick ab, damit sie weiß, dass das Gespräch beendet ist. Sie ist ja sonst ein bisschen schwer von Begriff.

Noch eine Weile lang bleibt sie bei mir sitzen, dann seufzt sie und steht auf.

 

"Es ist schon spät, ich geh nach Hause, ja? Du kommst doch auch so klar. Bis bald!"
 

Die Tür fällt zu und ich wundere mich. So spät ist es noch gar nicht. Und überhaupt, "du kommst auch so klar"? Natürlich tue ich das, aber ich hab gerade versucht, mich umzubringen. Dass sie mich nach meinem gescheiterten Suizidversuch einfach so alleine lässt, will überhaupt nicht zu ihr passen. Aber eigentlich ist es ja auch egal. Nicht mein Problem.
 


 

~~~

Omg. Es tut mir so leid! Schon über ein Jahr her, dass ich diese FF geupdatet hab D:

Aber… es fiel mir einfach so schwer, etwas zu schreiben. Ich habe mich auch eine Zeit lang ziemlich von Naruto abgewandt, kp, warum, aber das ist zum Glück vorbei. Die letzten Chapter haben mich wieder völlig zum Fandom und Sasuke-Verehren zurückgebracht :D

Das Kapitel hier gehört leider nicht zu dem Besten, was ich vorzuweisen habe, aber es ist annehmbar, denke ich. Und wichtig! Und, weil ich mit so was echt schon schlechte Erfahrungen hab, stelle ich das lieber gleich klar: ich wollte keinesfalls Suizid glorifizieren. Für alle Kontroversen, die evtl aufkommen sollten, wartet bitte ab. Es war keine Laune meinerseits, dass ich Sasuke Suizid-Gedanken aufhetze. Das hat schon seinen Sinn. Und es sind ja nicht mal richtige Suizid-Gedanken. Er hat nicht gedacht „So, jetzt werde ich mich umbringen“, sonst hätte er das auf andere Weisen erledigt. Das war mehr ein Produkt aus Langeweile, innerlicher Leere und plötzlicher Erkenntnis der Ziellosigkeit seines Lebens. Er wollte nichtmal ernsthaft sterben, sondern einfach seine Grenzen testen, spüren, dass er am Leben ist und dadurch iwie einen Adrenalin-Kick kriegen, mit dem Tod als bewusste, mögliche Konsequenz. So, das wäre jetzt geklärt, denke ich. Genug der Psycho-Analyse xD

Sechster Tag - Rache

Das erste, was mir auffällt als ich aufwache, sind die hochgezogenen Rollläden. Also ist Naruto schon da. Viel zu früh eigentlich.

Ich bin müde. Aber einschlafen kann ich jetzt auch nicht mehr. Ein paar Minuten bleibe ich noch liegen, dann stehe ich langsam auf. Vor meinem Bett liegt ein Kunai. Was macht ein Kunai da? Fast wäre ich reingetreten. Aber abgesehen von dem einen Messerchen ist mein Zimmer ungewöhnlich leer: Die Waffen fehlen. Auch mein Kusanagi ist fort. Komisch. Vielleicht bilde ich mir das alles auch nur ein oder Naruto spielt damit. Es ist definitiv zu früh, um sich darüber Gedanken zu machen.
 

"Ohayo, Sasuke!"
 

Da ist er auch schon. Gut gelaunt, orange und wach.
 

"Wie geht’s dir?"
 

"Schlecht."
 

Entweder hat er das nicht gehört oder ist einfach umgänglicher als Sakura. Statt darauf einzugehen, hüpft er nämlich um das Bett herum und hebt den Kunai zu meinen Füßen auf.

 

"Was willst du damit?"
 

Schulterzuckend sieht er mich an.
 

"Tsunade-obaa-chan hat gemeint, ich soll dir alle Waffen abnehmen."
 

"Ah."
 

Es sollte mich eigentlich ziemlich stören. Aber, um ehrlich zu sein, ist es mir fast schon egal. Ich brauche sie ja eh nicht. Solange ich sie wieder zurückbekomme, ist das okay. Obwohl ich zumindest mein Kusanagi eigentlich lieber bei mir hätte. Und wenn, ändern kann ich es ohnehin nicht.

Müde gehe ich weiter in die Küche, Naruto dackelt mir hinterher. Auch die sieht irgendwie leer aus.
 

"Die Küchenmesser sollte ich dir auch abnehmen", antwortet er mir auf meine ungestellte Frage.
 

Auch das ist an sich nicht schlimm, wobei ich langsam wirklich anfange, genervt zu werden. Dann ernähre ich mich eben von Reis und Tomaten. Kochen kann ich eh nicht. Aber als die Gläser fehlen, fühle ich mich irgendwie verarscht.
 

"Und alles, woran man sich verletzen kann", ergänzt Naruto fröhlich.
 

"Was soll das?!"
 

"Weiß ich nicht, da musst du schon Tsunade fragen!"
 

Ich wundere mich, was sie zu diesen Paranoia getrieben hat. Wobei ich mir eigentlich ziemlich sicher bin, worum es geht. Kein Wunder, dass Sakura so schnell gegangen ist gestern, sie hat wahrscheinlich alles sofort Tsunade berichtet. Und die übertreibt jetzt. Dass es Konsequenzen haben wird, war mir klar, aber ich muss trotzdem versuchen, die ganze Sache soweit wie möglich abzumildern.

Darum habe ich auch sofort darauf bestanden, dass Naruto mich zur Hokage bringt, denn ohne Begleitung darf ich das Haus ja immer noch nicht verlassen. Zuerst hat er sich geweigert zu gehen, bevor ich nicht etwas gefrühstückt habe, aber ein drohender Blick hat gereicht, um meinen Willen durchzusetzen. Ich bin wirklich nicht gut gelaunt. Und die starrenden Passanten auf dem Weg zum Hokage-Gebäude haben meine Stimmung auch nicht gehoben. Ebenso wenig Naruto, der die ganze Zeit an meinem T-Shirt gehangen ist, um mich ja nicht zu verlieren, und unentwegt Dinge erzählt hat, die ich gar nicht wissen wollte. Jetzt stehe ich mit ihm vor Tsunades Büro und warte auf Einlass.
 

"Kommt herein."
 

Naruto drückt die Tür auf und lässt mich als erstes in den Raum. Vor mir sitzt Tsunade, für ihre Verhältnisse sehr konzentriert, und daneben stehen die beiden Ältesten und Danzo. Meine Augen verengen sich reflexartig.
 

"Oi, Tsunade-obaa-chan! Warum musste ich Sasuke denn herbringen?"
 

Hinter mir höre ich Naruto, der jetzt langsam näher kommt und sich zu mir stellt. Ich muss unbedingt aufpassen, dass ich mich nicht verrate.
 

"Wir müssen etwas klären. Du weißt sicher, worauf ich hinaus will, oder, Sasuke?"
 

Genervt nicke ich.
 

"Stört es dich, wenn Naruto hierbleibt?"
 

"Nein."
 

Er darf ruhig alles erfahren. Rauskriegen wird er’s sowieso.
 

"In Ordnung. Also, Sakura hat mir von gestern berichtet. Ich denke, du verstehst, wieso sie das musste. Deshalb habe ich Naruto beauftragt, dir alle Waffen abzunehmen. Wir können dich nicht sterben lassen."
 

"Es wäre aber einfacher, wenn er tot ist."
 

Mein Kopf ruckt zu Danzo herüber. Tsunade und Naruto gucken ganz erschrocken, die Ältesten werfen ihm einen warnenden Blick zu. Hah, sie müssen mir doch gar nichts mehr verheimlichen. Ich weiß eh, dass mich alle drei am liebsten tot sehen würden.
 

"Ich weiß nicht, worauf du hinaus willst, Danzo, aber Sasuke ist eine wichtige Informationsquelle. Es wäre fatal, wenn er seine Geheimnisse mit ins Grab nähme."
 

Schön, dass wenigstens die Hokage mit offenen Karten spielt. Wo ich doch ohnehin über all ihre Pläne Bescheid weiß. Wäre ja auch lächerlich, wenn nicht. Und ich frage mich nebenbei, wie lange es wohl noch dauern wird, bis ihre Geduld am Ende ist und sie mich ernsthaft verhören lässt.
 

"Ts. Er wird dir nichts sagen, Tsunade-hime. Der Junge ist da genau wie sein verdammter Bruder."
 

Die beiden unterhalten sich, als wäre ich gar nicht da. Irgendwie komisch und ich kann auch gar nichts einwerfen. Was soll ich denn schon sagen? Ja, ich habe wichtige Informationen und werde sie ganz bestimmt niemandem verraten? Hn.
 

"Okay, Sasuke. Ich kann dich nicht sterben lassen und ich will kein Risiko eingehen, dass du es nicht doch versuchst. Deshalb bekommst du ein Siegel, mit dem man dein Chakra einschränken kann. Shizune ist gleich da und wird das erledigen. Oder möchtest du vielleicht doch etwas sagen?"
 

Ich schnaube abfällig. Ein Siegel, großartig. Jetzt habe ich das erste endlich los und schon gibt’s ein neues. Sollen sie doch machen, wenn sie es für nötig halten. Die Sache mit der Selbsttötung habe ich sowieso aufgegeben. In einen Kampf werde ich wohl erstmal auch nicht verwickelt werden, sonst könnte das böse enden. Aber begeistert von dieser Idee bin ich nicht.
 

Die Ältesten tun sich schwer, ihren triumphierenden Gesichtsausdruck zu verstecken, und Danzo sieht in Ansätzen zufrieden aus. Und allein das ist genug, um mich wütend zu machen. Aber ich kann momentan ja doch nichts ändern.
 

"Wir werden schauen, wie es danach weitergeht mit dir. Wenn es keine Zwischenfälle mehr gibt, darfst du in einer Woche unbeaufsichtigt das Haus verlassen."
 

Oh. Ich bin überrascht. Nie hätte ich gedacht, dass das so schnell geht. Und da bin ich wohl nicht der einzige, denn die Missbilligung auf Danzos Gesicht ist wirklich schwer zu übersehen.
 

"Lass dem Jungen nicht so viele Freiheiten."
 

Die Älteste, Koharu heißt sie, glaube ich, mischt sich jetzt auch noch ein.
 

"Du darfst kein Risiko eingehen, Tsunade-hime. Bisher haben alle Uchihas doch nur Schande über unser Dorf gebracht, das der Erste Hokage so mühevoll aufgebaut hat."
 

Tsunade öffnet den Mund, um etwas zu entgegnen, überlegt es sich aber noch mal anders und wendet sich stattdessen mir zu.
 

"Möchtest du mit Naruto nicht schon mal vorgehen?"
 

Sie formuliert es zwar wie eine Frage, aber ich bin mir sicher, dass sie keinen Widerspruch dulden wird. Das ist auch nicht schlimm, ich will den Ältesten sowieso nicht dabei zuhören, wie sie schlecht über meine Familie sprechen, und nicke deshalb. Ich weiß nur nicht, wo diese Versiegelung stattfinden soll, und ein Blick genügt mir, um festzustellen, dass Naruto da auch nicht schlauer ist als ich. Er will zum Protest ansetzen, kommt aber erst gar nicht dazu, den Mund aufzumachen, weil er vorher von Tsunade drohend angefunkelt wird und es wohl für weiser hält, das Zimmer zu verlassen. Ich folge ihm einfach.

Kaum hat er die Tür geschlossen, dreht er sich sofort zu mir um und schaut mich nachdenklich an.
 

"Warum hassen die dich so?"
 

Gleichgültig zucke ich mit den Schultern, einfach, weil ich nicht weiß, wie ich ihm das erklären soll. Er beäugt mich misstrauisch, sagt aber nichts.

Das Schweigen wird nach einer Weile wirklich erdrückend und deshalb bin ich auch fast erleichtert, als ich Schritte auf dem Gang höre und kurz darauf Shizune sehe. Sie lächelt, aber es wirkt gezwungen, weil sie im Allgemeinen überhaupt nicht glücklich aussieht. Es ist dieses Schein-Lächeln, das auch Krankenschwestern manchmal haben, und ich hasse es. Naruto ist ganz anders, sein Lächeln ist immer echt.
 

"Sasuke?"
 

Ich drehe meinen Kopf zu ihr und nicke ihr zur Begrüßung einmal kurz zu. Ihr Lächeln verändert sich, aber es bleibt aufgesetzt.
 

"Wir können gleich mit der Versiegelung anfangen. Komm bitte mit."
 

--
 

"Und? Geht es dir gut?"
 

Ich nicke stumm. Die Versiegelung ist sehr schnell gegangen und ich habe auch überhaupt nichts gespürt. Ganz anders als beim letzten Mal. Shizune hat dann noch erklärt, dass mir nur fünfzig Prozent meines Chakras nicht mehr zur Verfügung stehen. Einen Kampf würde ich also trotzdem überleben, wenn ich nicht vorher schon geschwächt bin. Und trainieren kann ich auch, wenn ich erstmal wieder nach draußen darf.

Naruto mustert mich angestrengt, als würde er nach etwas suchen. Sein Blick fällt dabei auf meine linke Schulter. Er hebt erstaunt die Augenbrauen, fragt aber nicht nach. Dafür fällt ihm etwas anderes ein, worüber er mit mir reden kann. Denn schweigend nach Hause zu gehen, ist wohl wirklich zu viel verlangt.
 

"Wie sieht es denn aus?"
 

Ich zucke mit den Schultern; ich weiß selbst nicht, wie das Juin aussieht. Es ist auf meinem Hals, direkt unter dem Haaransatz. Man kann es normalerweise also gar nicht sehen. Darum drehe ich mich mit dem Rücken zu ihm und halte die Haare in meinem Nacken zur Seite, um es ihm zu zeigen.
 

"Ah. Eine Spirale."
 

Wir sind gerade auf dem Weg nach draußen, als ich ein paar Stimmen höre, die leise über etwas diskutieren, und ich halte inne. Naruto läuft fast gegen mich und will schon dazu ansetzen, irgendwas zu sagen, aber ich signalisiere ihm noch rechtzeitig, die Klappe zu halten, damit er uns nicht verrät; und er schaut mich daraufhin nur verwirrt an. Ich habe Danzos Stimme erkannt und das macht mich neugierig. Dann fällt mein Name. Aber ich kann nicht genau verstehen, worum es geht. Vielleicht wäre es besser, einfach umzukehren, allein wegen Naruto, doch ich kann nicht. Ich muss wissen, worüber sie sprechen. Wenn sie uns bemerken, haben wir ein Problem, ganz besonders ich. Das Risiko nehme ich allerdings in Kauf und schleiche mich ein bisschen näher heran. So kann ich sie jetzt auch besser verstehen. Die Stimme, die gerade spricht, kenne ich nicht. Wahrscheinlich ist es dieser Älteste, der hat bisher noch nicht gesprochen.
 

"Zumindest haben wir einen weniger. Das Dorf kann aufatmen."
 

"Ts, da bin ich mir nicht so sicher. Ich traue dem Jungen nicht. Er weiß zu viel. Ich wäre nicht überrascht, wenn ihm dieser Bastard im Sterben alles erzählt hat."
 

Wut kocht in mir hoch. Ich habe das Gefühl, Itachis Ehre verteidigen zu müssen, aber darf mich dann doch nicht verplappern. Und trotzdem kann ich es nicht einfach ertragen, wie Konoha meinen Bruder entwürdigt und ihn im Tod noch verurteilt, obwohl er ihr ganzes verdammtes Dorf gerettet hat. An die gemischten Gefühle für Itachi habe ich mich inzwischen gewöhnt. Auch, wenn ich ihm nicht vergeben kann, ist es nicht okay, was Konoha macht. Diese nach außen hin so vorbildliche Stadt mit ihren ganzen Lügen und Geheimnissen, die sich überall verstecken, macht mich krank. Meinen Entschluss habe ich längst gefasst. Es wundert mich fast, dass das so lange gedauert hat.
 

Dass ich nicht alles haben kann, ist mir von Anfang an klar gewesen. Entweder die Rache oder ein friedliches Leben. Und das Rächen ist ein Kreis. Hat man sich einmal darin verfangen, seine Existenz nur vom Hass genährt, kann man nicht mehr davon ablassen. Ich komme anders nicht zurrecht. Mein Leben lang habe ich mich auf den Hass verlassen, dass er mich aufrecht hält, und jetzt ist er fort. Und ohne Hass falle ich in diesen erbärmlichen Zustand. Die Ältesten müssen weg, ich brauche wieder Rache. Versuchen, davon loszukommen mit anderen Gefühlen, will ich gar nicht. So ist es doch viel einfacher.
 

Und sie machen mich wütend. Wirklich, wirklich wütend. Wenn ich noch mein ganzes Chakra hätte und nicht in unmittelbarer Nähe von Naruto, Tsunade und unzähligen anderen Ninjas wäre, würde ich mich auch sofort auf sie stürzen. Aber ich habe Kontrolle über mich. Ich balle zwar meine Fäuste und beiße mir auf die Lippe, dass es fast weh tut, bewege mich aber keinen Zentimeter, obwohl der Gedanke, sie jetzt zu töten, verdammt verlockend ist.
 

"Es war ein Fehler, ihn am Leben zu lassen. Itachi hätte ihn damals einfach umbringen sollen, wie alle anderen. Dann hätten wir jetzt keinen Ärger. Er war es sowieso nicht wert."
 

Danzo. Ich will ihn töten, töten, töten. Auf ihn einstechen, bis ich selbst zusammenbreche. Er soll bereuen, was er getan hat und dass er meinen Clan je unterschätzt hat. Ich will Bestätigung, Befriedigung. Beruhigung.
 

"Sasuke?"
 

Narutos Flüstern reißt mich aus meinen Gedanken, erschreckt mich beinahe. Er hat die Hand auf meine Schulter gelegt und dreht mich zu ihm herum.
 

"Du siehst wütend aus. Was ist los?"
 

Ich antworte ihm nicht, sondern schlage bloß seine Hand weg und gehe an ihm vorbei, in Richtung Ausgang. Es dauert keine Sekunde und ich höre ihn hinter mir herjoggen, bis er auf meiner Höhe ist und sein Schritttempo anpasst. Er schaut mich die ganze Zeit an, aber ich fixiere meinen Blick starr auf den Boden und schiebe die Hände in meine Hosentaschen. Den Rest des Weges gehen wir schweigend nebeneinander her.
 


 

~~~

Yay! Nur drei Wochen zwischen den Updates!

Und mit der FF sollte es jetzt eig WIRKLICH vorwärts gehen. Ich weiß, das hab schon einmal gesagt… aber ich hab alle Probleme, die ich mit dieser FF hatte, jetzt eig gelöst. Bisher hatte ich nämlich nur den Anfang, das Ende und verschiedene Situationen, die auf das Ende hinarbeiten. Aber der restliche Inhalt hat mir völlig gefehlt! :O

Und ich konnte es auch nicht kürzen, weil der Zeitrahmen stimmen muss. Naja, jetzt hab ich noch den ein oder anderen Twist eingebaut und zu jedem Kapitel bisher so 400-1200 Wörter geschrieben :D

Siebter Tag - Fest

Heute ist das Gründungsfest Konohas, das habe ich ganz vergessen. Schon damals mochte ich es nicht, aber dieses Mal gibt es mir wirklich den Rest. Überall laufen fröhliche Leute herum, preisen den Ersten Hokage und ich habe große Lust, alle miteinander einfach abzuschlachten.

Sakura ist begeistert und freut sich schon den ganzen Tag auf das Fest, Naruto sowieso. Ich bin wohl der einzige, der keinen Grund zum Feiern sieht. Trotzdem muss ich mit. Warum ich ein Problem damit habe, kann ich ja schlecht sagen. Aber das ist nur halb so schlimm. Ich bin nicht gefühlsbetont oder überhaupt empfindsam, sonst würde ich mir wahrscheinlich ziemlich gedemütigt vorkommen. Stattdessen finde ich es einfach nur unglaublich zynisch.
 

„Bist du fertig, Sasuke-kun~? Wir wollen los!“, ruft Sakura auch schon von unten und ich schlüpfe noch schnell in meinen Yukata, ehe ich den beiden hinunter folge.

Dort stehen sie fertig hergerichtet; Naruto gelangweilt an die Wand gelehnt in einem gescheiterten Versuch, cool zu wirken, und Sakura direkt daneben, die sich vor Erstaunen gar nicht mehr einzukriegen scheint; worüber, kann ich nicht erkennen.
 

„Du siehst gut aus! Ich wusste, dass dir die Farben stehen würden!“
 

Fast automatisch schaue ich an mir herunter. Ein Stück freier Oberkörper und ganz viel lila und blau. Mich beeindruckt es nicht, aber ihr scheint es zu gefallen.

Sakura hat mir den Yukata heute Morgen mitgebracht. Ich hab selbst ja keinen mehr, der mir passt. Außer vielleicht Itachis, der in seinem alten Zimmer liegt; ich habe nie etwas weggeworfen und sein Zimmer sogar nicht einmal betreten seit dem Massaker; aber diese Option erscheint mir doch weniger einladend. Deshalb bin ich ihr insgeheim sogar ein bisschen dankbar oder, um es passender auszudrücken, ich erkenne ihre Mühe an. Denn ich wollte in erster Linie ja gar nicht zu dem blöden Fest. Und mich dazu hinreißen lassen, ihr zu danken, kommt sowieso nicht infrage. Aber als ich beim Anziehen entdeckt habe, dass sie mir sogar einen kleinen Uchiha-Fächer hinten auf den Rücken genäht hat, hätte ich fast gelächelt. Das noch nicht vorhandene Lächeln ist mir allerdings gleich vergangen, bei dem Gedanken daran, dass ich heute die Ältesten sehen werde und doch nichts tun kann, um meine Begierde nach Rache ein klein wenig zu stillen. Es tut fast weh, die Tatsache, dass ich ihnen ganz nahe bin, nur einen Schritt davon entfernt, sie zu vernichten, es aber trotzdem einfach nicht kann.
 

Wir laufen zu dritt durch Konoha und ich fühle mich von all der festlichen Dekoration ein bisschen erschlagen. Außerdem sind hier so viele Menschen, die allesamt in die gleiche Richtung strömen. Was mich aber wirklich stört, sind die Blicke. Egal, wo ich hingucke, überall wendet sich schnell jemand ab, wenn ich zufällig in seine Richtung gesehen habe. Ein paar machen sich die Mühe erst gar nicht und starren mich ganz direkt und offen an. Und es wird getuschelt, ich höre die gesenkten Stimmen von allen Seiten und spüre ständig einen verstohlenen Blick in meinem Nacken.

Es nervt. Dass ich nichtmal normal auf der Straße laufen kann, ohne pausenlos angestarrt zu werden. Aber andererseits, was habe ich denn schon erwartet? Natürlich erkennen mich die Leute. Nicht zuletzt wegen dem prominenten Fächer auf meinem Rücken. Und sind überrascht, mich hier zu sehen. Das bin ich selbst ja auch.

Die Menschenmassen werden langsam dichter, ich muss mich durchdrängeln, um von der Stelle zu kommen. Sakura hat mich währenddessen am Ärmel gepackt, damit ich sie nicht verliere. Naruto braucht das nicht, er ist eh zu auffällig, als dass man ihn verlieren könnte. Irgendwann hält sie an und mir fällt erst jetzt auf, dass wir uns vor dem Gebäude der Hokage befinden. Eine Weile lang stehen wir da auch einfach nur herum, bis es auf einmal leise wird und sich alle Blicke beinahe synchron nach oben richten. Ich schaue auch kurz hinauf, werde aber gleich von der Sonne geblendet und beschließe, es lieber bleiben zu lassen. Hören kann ich ja trotzdem, was da passiert. Außerdem ist es nichts Neues für mich, jedes Jahr dasselbe Spiel. Auch, wenn ich die letzten drei Jahre nicht da war und davor ebenfalls nur selten, weil ich Menschenansammlungen nicht leiden kann und meine Eltern mit mir nie hingegangen sind. Das hat mich immer gewundert, jetzt weiß ich, warum. Nur Itachi hat mich ein paar Mal mitgenommen. Dieser Gedanke löst etwas Eigenartiges in mir aus und ich versuche mich ganz schnell abzulenken, indem ich meine Aufmerksamkeit auf die Ansprache vorne richte.

Tsunade hält eine kurze Rede und man merkt ganz gut, dass sie dazu eigentlich keine Lust hat. Deshalb ist sie auch schnell vorbei und ziemlich lasch. Ich weiß gar nicht mehr, was sie da vor ein paar Minuten noch gesagt hat.

Den Ältesten hat ihre Rede wohl genauso wenig gefallen, denn die kommen jetzt auch noch mal nach vorne und fangen an zu erzählen. Dabei kommt mir der Gedanke, sie hier vor allen anderen brennen zu lassen. Angenehm, aber leider nicht machbar.

Madara wird mit keiner Silbe erwähnt, fällt mir auf. Es ist nicht so, dass ich ihn mag, er ist mir furchtbar unsympathisch, aber er ist in dem Fall Repräsentant der Uchihas. Und dass einfach ein so bedeutender Teil der Geschichte, meiner Geschichte, übergangen wird, passt mir gar nicht.

Die Ältesten verhalten sich, als würden sie meinen Hass auf sie sogar noch schüren wollen. Aber am Ende werden sie ja sehen, was sie davon haben. Dieser Gedanke entspannt mich ein wenig, oder setzt mich eher noch mehr unter Spannung, eine gute Art von Spannung, und so verbringe ich den Rest dieser verabscheuungswürdigen Rede damit, mir in allen blutigen Einzelheiten vorzustellen, wie ich sie niedermetzeln werde. Es ist eine schöne Vorstellung. Ich bin fast enttäuscht, als die Rede endet und Sakura und Naruto weitergehen möchten.
 

Wir laufen gemeinsam durch die Straßen, bis irgendwann beide stehen bleiben. Ich mache es ihnen nach. Mit zusammengezogenen Augenbrauen starre ich auf das Paar Füße vor mir, das ich nicht ganz zuordnen kann. Sakura redet die Person vor uns mit „Ino“ an und ich glaube, ich habe den Namen schon einmal gehört.
 

„Hey, Sakura, Naruto – schön, euch zu sehen! Und das ist…“

Sie verstummt ganz abrupt und als ich zu ihr aufsehe, begegne ich ihrem erschrockenen, fassungslosen Blick. Ihre Augen werden noch eine Spur weiter und ihr Unterkiefer bebt. Als wäre sie gezwungen, jetzt etwas zu sagen, könnte es aber einfach nicht. Und genau das ist auch der Fall, glaube ich.
 

„…Sasuke“, bringt Sakura Inos unvollständigen Satz zu Ende. Jetzt wendet sie sich auch endlich von mir ab und dafür Sakura zu.
 

„Ja… ich weiß.“
 

Es fällt mir wieder ein. Sie ist aus unserem Jahrgang und hat mich immer schrecklich genervt durch ihre aufdringliche Art. Aber jetzt distanziert sie sich von mir, sie wirkt sogar ein bisschen eingeschüchtert. Hm… Sakura behandelt mich auch anders als früher. Wenn es nach mir ginge, könnte sie sich ruhig noch mehr zurückhalten, und Naruto erst recht. Es ist nicht so, dass ich einen von ihnen bräuchte. Sie stehen mir bloß noch immer im Weg. Das könnte ihnen wirklich zum Verhängnis werden. Denn ich werde keine Rücksicht nehmen. Und wenn ich mich entscheiden muss zwischen ihnen und meiner Rache, wird die Wahl genauso aussehen, wie sie das schon immer getan hat. Nämlich nicht zu ihren Gunsten.
 

Sakura und Ino fangen an, sich zu unterhalten, über ziemlich belanglose Dinge, die mich auch gar nicht interessieren. Naruto scheint es ähnlich zu gehen. Weil er sich wohl langweilt, zieht er mich zum nächstbesten Essensstand, keine zwei Meter von den anderen beiden entfernt, und kauft sich Dangos. Mich fragt er auch, ob ich etwas möchte, aber ich mag Süßigkeiten nicht und lehne ab. Dann erzählt er mir plötzlich von irgendeiner Mission, ich kann mich jedoch nicht einmal dazu durchringen, ihm zuzuhören.

Naruto hört erst auf, zu reden, als sich Sakura wieder zu uns gesellt, weil Ino anscheinend gehen musste. Sie kauft sich auch etwas Süßes und dann gehen wir weiter, wobei ich eher hinter den beiden hertrotte. Den Blick habe ich starr auf den Boden gerichtet, vielleicht ist das auch der Grund, warum ich ständig in jemanden hineinlaufe. Aber darum kümmere ich mich nicht, denn die Leute sehen, wer ich bin, entschuldigen sich schnell und passen auf, dass sie genug Abstand zu mir halten.
 

Etwas Nasses tropft auf meinen Kopf. Zuerst gehe ich ganz normal weiter, aber als ich noch einen Tropfen abkriege, blicke ich gen Himmel, wo sich schon dunkle Wolken zusammengezogen haben, und schaue dann zurück auf die Straße unter meinen Füßen. Die ist gesprenkelt mit kleinen, dunklen Flecken. Es hat angefangen zu regnen.

Ein paar Sekunden später höre ich ein Seufzen und weiß, dass Sakura das jetzt auch mitgekriegt hat. Verzerrt lächelnd dreht sie sich zu mir und Naruto um und schlägt vor, nach Hause zu gehen, bevor es richtig schüttet. Das war genau das, worauf ich gewartet habe, und ich bin innerlich unglaublich erleichtert, nicke allerdings nur knapp. Naruto sieht unzufrieden aus, stimmt ihr aber auch zu. Meine Laune hebt sich gleich ein Stück. Endlich kann ich weg von diesen ganzen Menschen.
 

Wir haben es nicht ganz geschafft, dem Regen zu entkommen. Er hat eingesetzt, kurz bevor wir das Uchiha-Viertel erreichen konnten. Den Rest sind Sakura und Naruto gerannt; ich bin ihnen ganz normal hinterhergelaufen, mir macht Regen nichts aus. Das letzte Mal hat es geregnet bei meinem Kampf mit Itachi. Es ist fast lästig, wie mich alles irgendwie daran erinnert. Jedes Mal, wenn ich glaube, ich habe ihn aus meinen Gedanken verdrängt und seinen Tod, die Wahrheit und alles, was mich mein Leben hindurch erschüttert hat, akzeptiert, stelle ich erneut fest, dass es noch ein weiter Weg bis dahin ist. Ich habe nach acht Jahren kaum den Tod meiner Eltern verarbeitet, sondern mich bloß abgelenkt mit Rachegedanken. Wie kann ich da erwarten, dass mich Itachi einfach so in Ruhe lässt? Wo doch dieses Mal alles zusammen kommt; sein Tod, das Uchiha-Massaker, an dem plötzlich jemand ganz anderes Schuld ist, und ich in der Rolle des Mörders. Eigentlich zweifle ich sogar ganz daran, dass ich das alles irgendwann hinter mir lassen kann. Ich will es auch gar nicht, das wäre so falsch. Aber ich habe Hoffnung, dass es besser wird. Indem ich mich räche. Meine erste Vergeltung hat mir nicht das gegeben, was ich mir gewünscht habe, doch dieses Mal wird es funktionieren. Es muss funktionieren. Genau kann ich das nicht begründen, ich habe bloß so ein Gefühl, dass ich eine zweite Chance, mich aus dem Abgrund zu ziehen, nicht mehr bekommen werde. Die Zeit rinnt mir davon, während ich mich allmählich der Finsternis hingebe. Ich brauche sie, um meine Rache wirklich umsetzen zu können. Aber wenn ich dort zu lange verweile, wird es kein gutes Ende nehmen.

Ein Gedanke geht mir plötzlich durch den Kopf; ich muss vorbereitet sein, wenn ich die Ältesten töten will, aber ich habe keine Möglichkeit, meine neuen Sharingan im Kampf auszuprobieren. Im Moment weiß ich ja nicht einmal, was ich damit alles anfangen kann. Dafür hat mir Madara erzählt, dass auf der Steintafel im geheimen Treffpunkt der Uchiha andere Dinge stehen, wenn man sie mit Mangekyou Sharingan liest. Und irgendwie erscheint es mir plausibel, dass dort auch etwas über ihre Fähigkeiten aufgeschrieben ist. Einen Versuch ist es zumindest wert. Ich weiß auch noch, wo das Versteck ist. Wie könnte ich es vergessen, es war eines der Dinge, die Itachi zu mir in jener Nacht gesagt hat, und ich erinnere mich an jedes Wort davon. Naruto und Sakura werden es schon nicht bemerken, wenn ich eine Weile fehle.
 

Die Stufen zum Nakano-Schrein sind nass und glitschig, aber innendrin ist alles genauso, wie ich es in Erinnerung habe. Ich schiebe die siebte Tatami-Matte von rechts beiseite, öffne die Falltür und steige hinab in den finsteren Raum darunter. Es ist furchtbar kalt und ich rechne fest damit, die Kerzen anzünden zu müssen, damit ich was sehen kann, aber irgendwie sind die Kerzen schon an. Oder immer noch. Darüber wundere ich mich auch gar nicht, es erspart mir ein bisschen Arbeit. Mein Fokus liegt vielmehr auf der Steintafel vor mir, die den gesamten Raum dominiert. Ich trete also ein wenig näher heran, aktiviere meine Mangekyou Sharingan und fange an zu lesen. Und tatsächlich, da steht etwas anderes als damals, als ich nur die normalen Sharingan benutzen konnte.

Es ist interessant, wirklich interessant. Die Antworten auf fast alle meine Fragen sind hier aufgeschrieben. Darum lese ich auch völlig fasziniert weiter und werde mit jedem Wort erwartungsfreudiger. Das geht so lange, bis ich irgendwann Geräusche höre, die eigentlich nicht sein dürften, wenn ich alleine wäre. Jemand ist hier. Ich spüre ganz deutlich eine weitere Präsenz, das Chakra kommt mir wahnsinnig bekannt vor und…
 

„Naruto!“, rufe ich erschrocken, noch bevor ich mich ganz herumgedreht habe. Er kommt gerade die Treppe hinunter und ich stelle mich schützend vor die Steintafel. „Was tust du hier?! Verschwinde.“
 

„Ich bin dir gefolgt, Sasuke. Du sahst so aufgebracht aus und ich hab mir Sorgen gemacht. Wo sind wir hier?“ Dabei nickt er zu einem der vielen Uchiha-Embleme.
 

„Das geht dich nichts an.“ Erst jetzt fällt mir ein, dass er ohne Sharingan sowieso nichts lesen kann und entspanne mich etwas von meiner abblockenden Haltung. „Geh heim.“
 

„Nur, wenn du mitkommst.“
 

Ich seufze. Egal, was ich sage, er wird sich sowieso nicht abwimmeln lassen. Und eigentlich hab ich hier ja auch gefunden, wonach ich gesucht habe.

„Okay, lass uns gehen.“
 


 

Der Regen hatte kein bisschen nachgelassen und so standen wir dann auch triefend vor Sakura, der meine Abwesenheit gar nicht aufgefallen war. Sie hat uns beide ausgeschimpft, oder eigentlich nur mich, Naruto wurde ziemlich ignoriert.
 

Jetzt sitze ich in eine Decke gewickelt, die sie mir sofort gebracht hat, und Naruto steht nur so in der Gegend herum, weil er sich mit seinen nassen Kleidern nirgendwo hinsetzen möchte, glaube ich.

Mein Vorschlag war, einfach zu gehen, wenn er nicht weiß, wo er hinsoll, aber darauf hat er nur blöde gelacht und wohl nicht ganz begriffen, dass ich das ernst gemeint habe.

Sakura entschuldigt sich nach einer Weile von uns und geht in die Küche, Tee kochen. Kaum ist sie weg, setzt er sich doch neben mich und schaut mich erstmal einfach nur an. Das macht er in letzter Zeit oft, finde ich.
 

„Duhu, Sasuke…“
 

Ich spiele mit dem Gedanken, ihn einfach zu ignorieren, aber als er anfängt, mich in meinen Arm zu pieken, kann ich nicht anders, als mich genervt zu ihm umzudrehen und ihm dabei den hasserfülltesten Blick zuzuwerfen, den ich gerade zustande bringe.

Was?“
 

Es scheint ihn nicht sonderlich zu beeindrucken, dass ich wütend auf ihn bin; er hat nämlich nur kurz gezuckt und keinen Augenblick später sitzt sein Grinsen wieder genau so, wie vorher auch. Aber seine Fröhlichkeit ist nur von kurzer Dauer, das Funkeln in seinen Augen erlischt und ich merke, worüber er mit mir auch immer reden will, es ist ihm wichtig und ernst.
 

„Wegen gestern, Sasuke… du warst so wütend. Warum?“
 

Ich merke ganz deutlich, wie ich mich versteife und jeder Ansatz einer Emotion aus meinem Gesicht weicht. Es ist das falsche Thema, das er da anspricht. Etwas, worüber ich nicht mit ihm reden werde, nicht mit ihm reden kann, worüber er sich auf keinen Fall Gedanken machen darf. Meine Haltung wird absolut abweisend und ich kann es gar nicht vermeiden. Er wird kein Wort von mir zu hören bekommen.

Diesmal lasse ich mich noch nicht einmal zu einer Antwort herab, sondern drehe mich einfach nur weg und rücke ein Stück in die andere Richtung, den Blick die ganze Zeit starr geradeaus gerichtet. Das Schweigen wirkt erdrückend.

Ich werde das Gefühl nicht los, dass Naruto zu viel weiß. Und damit meine ich nicht die paar Wortfetzen, die er gestern beim Belauschen von Danzo aufgeschnappt hat. Denn auch wenn dieses Gespräch für keine weiteren Ohren bestimmt war, und besonders nicht für Narutos, sollte er eigentlich sowieso nicht verstehen können, worum es da ging. Aber es kommt mir wirklich so vor, als könnte er diese Informationen ohne Probleme einordnen. Vielleicht bilde ich mir das alles aber auch nur ein. Naruto kann nicht Bescheid wissen. Wirklich nicht. Ich brauche mir also keine Sorgen zu machen.
 

Sakura kommt gerade wieder, mit einem Tablett in den Händen, und ich glaube, ich war noch nie so froh, sie zu sehen. Sie schaut Naruto ganz entgeistert an und stellt den Tee ab, bevor sie zu ihm läuft und ihn zurechtweist, weil das Sofa jetzt dank ihm ganz nass ist.

Naruto lacht, Sakura schimpft mit ihm, muss irgendwann aber mitlachen, und ich sitze hier und schäume vor Hass und Wut auf alles Lebende. Ich bin keinen halben Meter von den beiden entfernt, aber es kommt mir vor wie eine unüberbrückbare Entfernung.

Wieder einmal wird mir bewusst, wieviel eigentlich passiert ist.

Achter Tag - Wut

Der Regen hat seit gestern nicht nachgelassen.

Sakuras Laune war im Keller, als sie angekommen ist, trotz Regenschirm völlig durchnässt, und sie hat geflucht und getrieft. Aber sie hat sich erstaunlich schnell wieder beruhigt, sogar gelächelt, als ich zu ihr aufgesehen habe. Das war der Grund für mich, wegzuschauen und an ihr vorbei zu gehen, dorthin, wo sie mir sicher nicht folgen würde; raus in den Regen.

Denn obwohl sie sich um mich bemüht, hindert mich etwas daran, zu lange mit ihr im selben Raum zu sein. Vielleicht ist es einfach nur, dass sie ja eigentlich für all das steht, was ich zutiefst verachte. Sie ist eine Kunoichi aus Konoha und liebt ihr Heimatdorf, sie hat eine intakte Familie und schätzt das nicht einmal, sie ist lästig, macht sich ständig Sorgen und, was mich vielleicht am meisten stört, sie ist immer so unpassend fröhlich. Anlass dazu hat sie ja auch, schließlich ist ihr Leben bisher relativ normal und schmerzfrei verlaufen. Kein Bruder, der ihre Familie abgeschlachtet hat. Keine Ältesten, die Schuld daran sind und ihr nach dem Leben trachten. Kein verdammter Fluch, der auf ihr lastet, weil irgendwann einmal ein Bruder neidisch auf den anderen war. Gar nichts. Sie ist all das, was ich nicht bin. Es ist so ungerecht.

Und macht mich furchtbar wütend. Nicht so, dass ich mich nur schwer kontrollieren könnte, um nicht auf sie loszugehen. Meine Wut liegt tiefer und brodelt vor sich hin. Vielleicht ist es beginnender Hass. Irgendwo weiß ich zwar, dass sie nichts dafür kann, aber das ist mir jetzt egal. Ich will wütend sein.
 

Der Regen tropft erbarmungslos auf mich nieder; kalt und nass rinnt er meine Schläfen herunter, meinen Rücken hinab. Es fühlt sich unangenehm an. Aber irgendwie betäubt er mich auch, bis zu einem Grad, an dem ich mich von allen intensiven Denkprozessen verabschiede. Stattdessen schaue ich einfach nur geradeaus. Der Himmel ist ganz düster, obwohl es erst Vormittag ist und die dichten Wolken scheinen sich nur noch mehr aufzutürmen, anstatt langsam aufzuklaren.

Mir ist schwindlig. Vielleicht, weil ich seit gestern Morgen nichts mehr gegessen habe. Ich sollte besser auf mich achten, aber es ist mir einfach nur noch gleichgültig.

Fast schon instinktiv wende ich mich zum Haus. Die Tür ist offen und an den Türrahmen gelehnt steht Sakura. Ich kann ihr Gesicht von hier nicht sehen, aber stelle mir vor, dass es besorgt und prüfend ist. Ihre ständige Präsenz macht mich nur noch aggressiver und ich bemerke am Rande, dass sich weiße Punkte vor meinen Augen ausbreiten. Ohne wirklich darüber nachzudenken, gehe ich zurück zum Haus und beschleunige meine Schritte stetig. Sakura weicht zur Seite, aus den Augenwinkeln sehe ich, dass sie mich ganz verwundert anschaut. Ich ignoriere ihre besorgten Rufe, während ich an ihr vorbeilaufe. Sie wagt es sogar, ihre Hand auf meine Schulter zu legen, und ich schüttle sie fast schon gewaltsam ab. Ihre Nähe ist gerade das letzte, was ich ertragen kann.

Mein Weg ins Bad ist verschwommen. Keuchend stütze ich mich am Waschbecken ab, starre die ganze Zeit geradeaus, aber ohne wirklich etwas zu fixieren. Mein Verstand ist wie ausgeschaltet.

Als das komische Gefühl langsam verebbt und ich glaube, mich gefangen zu haben, richte ich mich wieder auf und streife eine Hand durch mein Haar. Ich bin ganz zittrig. Und dann schaue ich auf, in den Spiegel. Tote Augen starren mich daraus an. Dieser Blick macht mich krank. Aber ich kann mich dennoch nicht davon losreißen. Es fasziniert mich und stößt mich ab zur gleichen Zeit. Irgendwann wird es mir jedoch zu viel; Wut baut sich wieder in mir auf, die ich nicht einmal zuordnen kann, und ich weiß nicht, worauf ich sie richten soll. Im Spiegel sehe ich, wie sich meine Augenbrauen zusammenziehen und meine Mundwinkel zucken. Dann schlage ich zu.

Es klirrt; verwirrt beobachte ich den Scherbenregen und schaue dann zu den tausend kleinen Splittern, in denen ich mich verzerrt reflektiere. Verständnislos sehe ich auf, es hängen bloß ein paar vereinzelte Bruchstücke im Rahmen. Erst jetzt begreife ich richtig, was ich gerade getan habe. Und als ich das nächste Mal hinunterblicke, ist das Waschbecken rot gesprenkelt. Panisch taumle ich zwei Schritte zurück und erschrecke mich, als nur noch mehr Blut auf die Fliesen tropft. Mein Kopf fühlt sich so leicht an. Ich merke kaum noch, wie ich auf die Knie falle und wenig später auch mein Kopf aufschlägt.
 


 

„Sasuke? Saaasuke?“
 

Ich höre eine Stimme am Rande meines Bewusstseins. Nur langsam realisiere ich, dass es Sakuras ist. Was ist denn los?
 

„Sasuke!“
 

Mein Körper schmerzt. Es tut richtig weh; mein Nacken ist verspannt, die Glieder kraftlos und mein Kopf pocht wie verrückt. Ich will aufstehen, aber es geht einfach nicht. Verdammt… schon wieder so ein Black-Out. Wo bin ich hier überhaupt?
 

„Bist du endlich wach?“
 

Das erste, was ich sehe, als ich meine Augen öffne, ist Sakura, die mir Luft zufächelt. Über ihr die kahle Decke und im Hintergrund ein Stück Waschtisch. Ah, Badezimmer.

Jetzt spüre ich auch die kalten Fliesen im Rücken und etwas Flüssiges, das an meinen Schläfen hinabrinnt. …Blut?!

Alarmiert reiße ich die Augen auf, aber sie bleibt ganz ruhig und lächelt mich an. In ihrem Blick kann ich sehen, dass alles in Ordnung ist. Dann werde ich ihr einfach mal vertrauen.
 

„Du warst ohnmächtig, Sasuke, als ich dich gefunden habe. Während ich hier draußen gesessen hab, hat es plötzlich einen Knall gegeben und du hast mir nicht mehr geantwortet, als ich dich gerufen habe. Deshalb habe ich nachgesehen, ob es dir gut geht. Du hast schon so gelegen. Und der Spiegel war kaputt.“
 

Sie nimmt etwas von meiner Stirn, ein Tuch, und drückt es über dem Waschbecken aus. Deshalb ist mein Gesicht also so nass.

Und, ja, ich erinnere mich. Mir ist furchtbar schlecht und schwindlig gewesen. Den Spiegel habe ich dann zerschlagen, weil ich das Bild darin nicht mehr ertragen konnte. Vielleicht ist das alles ein bisschen viel gewesen.

Mein zweiter Aussetzer in den letzten paar Tagen. Sogar der dritte, wenn man den bei Madara in der Höhle mit zählt. Aber das tue ich nicht. Zweimal ist noch okay, rede ich mir ein. Und sich selbst belügen eine schöne Sache.
 


 

„Sag mal, Sasuke… wieso hast du vorhin eigentlich den Spiegel zerschlagen?“
 

Wir sitzen beide wieder im Wohnzimmer, ich in die Decke gewickelt auf dem Sofa und sie auf einem Stuhl, den sie zu mir hingeschoben hat. Mir ist kalt. Vielleicht weil das Fenster offen steht. Ich bräuchte frische Luft, hat sie gemeint und sich auch nicht nehmen lassen, mir eine Tasse Tee zu kochen. Meine rechte Hand ist schon verbunden. Sie hat ein bisschen geblutet.

„Das ist nicht wichtig.“
 

„Doch, das ist sogar sehr wichtig!“ Sie ist von ihrem Stuhl aufgestanden und baut sich vor mir auf. Respekteinflößender sieht sie so auch nicht aus. „Du bist einfach umgekippt, nachdem du den Spiegel zerschlagen hast. Ich möchte wissen, was da passiert ist. Bist du irgendwie wütend oder… geht es dir einfach nicht gut?“
 

Das ist so ziemlich die sinnloseste Frage, die sie mir stellen kann. Sehe ich denn so aus, als würde es mir gut gehen? Als ich das letzte Mal nachgesehen habe zumindest ganz und gar nicht.

Sie seufzt leise und setzt sich langsam wieder hin.
 

„Erzählst du mir, warum es dir nicht gut geht? Und wieso du dann den armen Spiegel zerschlagen musstest?“
 

Ah, sie hat es begriffen. Das ist gut. So muss ich ihr ja gar nicht antworten. Auf den Rest kommt sie vielleicht auch noch von allein.
 

„Ach, Sasuke. Es ist so schwer mit dir. Rede doch einfach mal. So kommst du nicht weiter, siehst du das nicht?“
 

Natürlich sehe ich das. Aber ich habe gar keine Lust, mich in irgendeiner Weise fortzubewegen. Denn ich habe auch gesehen, dass je weiter ich gehe, ich sowieso nur auf Grund trete, den ich gar nicht kennen will.

Als sie sich sicher ist, dass sie keine Antwort mehr bekommen wird, steht sie wortlos auf und geht in die Küche. Es ist irgendwie final, als hätte sie genug von mir, weshalb ich mich ein bisschen wundere, dass sie sofort wiederkommt. Mit einem scheuen Lächeln setzt sie sich zu mir, mein Blick wandert auf ihre Hände und ich sehe ihr zu, wie sie mit einem Messer geschickt einen Apfel schält und ihn dann in Spalten schneidet. Die Situation wirkt gespannt und zäh, aber das hindert sie wohl nicht daran, mir beiläufig Fragen zu stellen.
 

„Was hast du vor, als nächstes zu tun?“
 

Sie legt die Apfelstücke auf einen Teller und hält ihn mir hin. Ich schüttele den Kopf.
 

„Iss. Du brauchst Vitamine. Bitte, tu es für mich.“
 

Seufzend nehme ich ihr den Teller ab. Eigentlich habe ich keinen Appetit, und schon gar nicht auf Obst, aber sie würde mich sowieso nur weiterdrängen und nicht locker lassen. Und wieder damit anfangen, dass ich zu dünn bin oder meine Haut zu blass.
 

„Also… was hast du so vor?“
 

Ich will gerade dazu ansetzen, ihr eine kryptische Antwort zu geben, halte aber kurz inne. Sakura ist nicht naiv, wie Naruto. Wenn ihr etwas komisch vorkommt, wird sie es sofort Tsunade melden. Und noch mehr Misstrauen kann ich mir nicht leisten.

„Weiß ich nicht.“
 

Wahrscheinlich reicht ihr das als Antwort nicht, so fordernd, wie sie mich ansieht.
 

„Komm schon, du musst dir doch was überlegt haben, als du nach Konoha gegangen bist!“
 

„Nein.“
 

Der Apfel ist sauer. Und es genügt ihr noch immer nicht.
 

„Aber… aus welchem Grund bist du dann überhaupt zurückgekehrt?“
 

„Das geht dich nichts an.“
 

Jetzt seufzt sie. Das ist wieder so ein Punkt. Ich verweigere jede vernünftige Konversation, gebe ihr keine Antworten und habe auch überhaupt keine Lust, mit ihr zu sprechen. Genau das fällt ihr jetzt auf.
 

„Du bist wirklich schwierig, Sasuke-kun. Aber gut, wenigstens isst du den Apfel.“
 

Ich werfe ihr einen finsteren Blick zu, weil es mich stört, wie sehr sie mich bevormundet. Sie soll sich aus meinem Leben heraushalten. Ich habe sie vor einer langen Zeit mal zu einem Teil davon gemacht, ja, aber das ist vergangen. Es ist auch das beste für sie, wenn sie endlich einsieht, dass sie keinen Platz mehr darin hat. Aber sie sieht gar nichts. Überhaupt nichts. Nein, sie schaut mich bloß mitleidig an.
 

„Ich möchte dir doch nur helfen.“
 

Es macht mich aggressiv, wenn sie das so sagt. Ist es das, was sie von mir denkt? Dass ich nichts weiter als ein kleiner, bemitleidenswerter Junge bin, der sein Leben nicht mehr richtig in den Griff kriegt? Aber ich weiß gar nicht, warum ich mich so aufrege. Mir war es doch immer egal, was die Leute von mir hielten. Und außerdem, habe ich jemals um Hilfe gerufen? Nein. Sie kann sagen, was sie will, sie wird mich sowieso nicht retten.

Mit Naruto ist es dasselbe. Er mag Menschen die Augen öffnen können, die in einen Abgrund gefallen sind, aber niemandem, der sich diesen Weg selbst ausgesucht hat. Meine Augen habe ich fest verschlossen, ich will gar kein Licht sehen. Es würde mich nur blenden und vom Wesentlichen ablenken. Von meiner Rache. Sie ist übergeordnet.
 

Wir verbringen eine Weile im Schweigen, was mir eigentlich nichts ausmacht. Ihr aber schon, wenn ich ihre angespannte Körperhaltung richtig deute. Und wie sollte es anders sein, irgendwie hält sie es nicht mehr aus und versucht schon wieder, ein Gespräch zu beginnen.
 

„Wie geht es dir jetzt, Sasuke-kun? Besser?“
 

Unfokussiert schiele ich zu ihr herüber und nicke dann langsam. Besser, ja, aber dafür fühle ich mich unendlich müde.
 

„Das ist schön. Ich hab mir schon Sorgen gemacht.“
 

Ich schnaube abfällig. Wieso sorgt sie sich denn ständig? Und muss mir das auch wirklich jedes Mal mitteilen? Es interessiert mich nicht, nervt mich sogar vielmehr.

Ihr Gesichtsausdruck bleibt eine Weile lang unverändert, aber dann sinken ihre Mundwinkel immer weiter herab bis sie auf einmal überhaupt nicht mehr lächelt. Auch versucht sie nicht mehr vergeblich, meinen Blick einzufangen, sondern schaut mir von sich aus nicht in die Augen. Etwas betreten fokussiert sie stattdessen den Fußboden.
 

„Es… es tut mir übrigens leid, dass ich zu Tsunade gegangen bin, als du…“
 

Sie spricht den Satz nicht zu Ende, aber das ist auch gar nicht nötig.

Ich weiß ja, warum sie es getan hat. Das ändert zwar nichts daran, wie ich darüber denke, aber ich kann ihr auch kein rationales Argument vorhalten. Es ist abgeschlossen, geschehen, und ihre kleine Entschuldigung nützt mir jetzt auch nichts mehr. Ich winke ab. Erleichtert atmet sie auf.
 

„Ich hatte schon Angst, du würdest mich deswegen jetzt hassen.“
 

Ihr Lächeln ist so furchtbar strahlend und offen. Aber sie bekommt schon noch, was sie verdient, sie muss sich nur noch ein bisschen gedulden.
 


 

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Es tut mir so leid. Aber ich hab eine Begründung: mein PC. Im Mai oder so hat er sich einen Trojaner eingefangen und dann hab ich bei einer Systemwiederherstellung versehentlich alle Dateien gelöscht. Inklusive bereits halbfertiger Kapitel. Danach war ich erstmal frustriert und konnte mich nicht dazu aufraffen, die unschöne Realität zu konfrontieren und alles neu zu schreiben. :(

Jetzt hab ich es aber geschafft, die FF ist bis auf zwei Kapitel fertig geschrieben und doppelt abgesichert, das heißt, ich werde absofort im zweiwöchentlichen Rhythmus posten und es wird vorerst keine Verzögerungen mehr geben. Definitiv. Und übrigens, die Hälfte ist jetzt quasi erreicht. Nicht ganz, aber fast. Freut euch (oder auch nicht) auf die zweite Hälfte, in der auch mehr Handlung vorkommt. Und es gibt jetzt auch ein Cover für die FF, falls es irgendjemandem aufgefallen ist. :DD

Neunter Tag - Heimat

Heute Nacht habe ich geträumt, wie ich Naruto mein Schwert durch die Brust stoße. Es hat sich richtig angefühlt. Und dann bin ich keuchend und schweißgebadet aufgewacht, und es hat mir gefallen, der Traum. Ich sehe seine toten, trüben Augen vor mir, wenn ich ihn jetzt anschaue, und etwas Finsteres, Altes kocht in mir hoch.

Und jedes Mal, wenn ich Sakura ansehe, stelle ich mir vor, wie sie auf ihren Knien aussieht mit stark kontrastierendem Rot auf ihrer Haut. Aber dann werde ich irgendwie abgelenkt und meine Gedanken verlieren sich. Vielleicht ist das besser so.

Narutos Gesicht taucht auf einmal direkt vor mir auf und ich verenge meine Augen, weiche zurück, weil er viel zu nah ist für meinen Geschmack. Erst jetzt merke ich, dass er mit seiner linken Hand auf meine fast noch unangetastete Schüssel Ramen deutet.
 

„Magst du überhaupt Ramen?“
 

Wir sitzen bei Ichiraku’s. Offiziell, weil Naruto meinte, dass ich auch mal rauskommen sollte, aber ich glaube, dass er in Wirklichkeit einfach nur hungrig war und nichts kochen wollte. Es ist fast ein Wunder, dass er mal den Kopf von der Schüssel hebt. Das ist jetzt schon seine dritte Portion und ich bin noch mit meiner ersten beschäftigt.
 

„Eigentlich nicht.“

Lustlos stochere ich in der Suppe herum und esse manchmal einen Bissen, dann beobachte ich weiter, was da so alles drin rumschwimmt. Ich versuche nach Kräften, den missbilligenden Blick des Besitzers zu ignorieren.

„Zu viel Zeug in einer Schüssel.“
 

„Oh. Das wusste ich nicht.“

Erstaunt lässt er die Stäbchen sinken und entfernt sich wieder ein Stück von mir.

„Du hast nie etwas gesagt. Sonst hätte ich dich woanders hingebracht.“
 

„Ist doch egal.“
 

Das ist es wirklich. Immerhin bekomme ich überhaupt etwas zu Essen und da er mich einlädt, ist das okay. Nur den Smalltalk nebenbei brauche ich nicht. Aber das Problem löst sich von alleine, weil er sich sofort wieder seiner Suppe zuwendet und konstantes Schlürfen eine Zeit lang das einzige ist, was ich von ihm höre.
 

Irgendwie wirkt alles so alltäglich, dass ich hier mit Naruto sitze und Ramen esse, in unserem Rücken die geschäftigen, bunten Straßen Konohas. Als wäre nie etwas passiert. Es kommt mir so normal vor. Und egal, wie gut und richtig es sich anfühlen würde, Naruto zu töten- wenn ich ihn so ansehe, habe ich eigentlich überhaupt nicht das Verlangen dazu. Vielleicht wird ja am Ende alles gut werden. Irgendwann werde ich Itachi verzeihen können. Jeder kommt einmal über einen schweren Verlust hinweg. Außerdem gibt es noch andere Menschen, die mich lieben. Dann kann ich vielleicht sogar Konoha vergeben und brauche keine Rache mehr, ich würde hier glücklich leben bis zu meinem Tod.

Hah. Wenn ich es noch könnte und die Lage nicht so furchtbar traurig wäre, würde ich jetzt lachen. Der Frieden hier ist nur ein Trugbild, das die Realität verschleiert. Und die besteht nicht aus lachenden Gesichtern und bunten Farben. Als mir auffällt, dass ich den Passanten hasserfüllte Blick zuwerfe, wende ich mich schnell wieder meinen Ramen zu. Sie sind inzwischen schon ganz kalt geworden. Ich winde eine Nudel um meine Stäbchen herum und frage mich währenddessen, wer wohl auf die Idee gekommen ist, seinen Sohn nach einer Suppeneinlage zu benennen.

Weil ich so auf das bunte Gewirr in der Schüssel vor mir fixiert bin, bemerke ich auch gar nicht sofort, wie ein Kunde hereinkommt und sich auf den freien Platz neben Naruto setzt. Erst als seine laute Stimme durch die chronischen Hintergrundgeräusche Konohas schneidet, werde ich hellhörig und drehe mich zu ihm um. Ein dunkles Auge schaut mich gelassen an.
 

„Oh. Hallo, Sasuke.“
 

Ich blinzle. Mehr hat Kakashi nicht zu sagen, nachdem wir uns seit drei Jahren nicht gesehen haben? Nicht, dass es mich stört, ich bin sogar froh, dass er keinen theatralischen Auftritt hinlegt. Aber das hätte auch nicht gepasst. Er sieht mich nämlich einfach nur prüfend an, als würde er nach etwas suchen. Ich halte seinem Blick stand. Ein Funke Misstrauen leuchtet in seinem einen sichtbaren Auge auf, dann lächelt er und wendet sich zu Naruto.
 

„Ach, deshalb hast du Fukasakus Angebot ausgeschlagen.“
 

Ich schaue irritiert zu Naruto herüber, weil ich mal wieder nicht weiß, worüber sie reden.
 

„Ich kann Sasuke hier doch nicht alleine lassen!“, lacht er und grinst dabei. Kakashi sieht auch amüsiert aus. Und ich fühle mich bevormundet, obwohl er es nicht ernst meint, glaube ich zumindest. Sein Lächeln verliert etwas an Fröhlichkeit.

„Außerdem ist es nicht dringend, oder? Akatsuki wird bestimmt nicht schon morgen oder so hier auftauchen.“
 

Ein zustimmendes Nicken seitens Kakashi.

„Wir wissen inzwischen, dass sie die Biju nach der Reihenfolge versiegeln müssen. Solange sie den Hachibi nicht haben, bist du nicht in Gefahr.“
 

So machen sie weiter, aber ich habe mich aus ihrer Konversation ausgeklinkt. Es ist nichts, was mich interessiert oder auch nur ansatzweise betrifft. Also höre ich ihnen auch nicht länger zu und esse ein bisschen weiter, zwar widerwillig, aber hungrig bin ich schon.
 

Ich werde erst dann wieder aufmerksam, als ich meinen Namen höre. Kakashi hat mich angesprochen. Vor Naruto stehen inzwischen zwei Schüsseln mehr, das ist mir gar nicht aufgefallen.
 

„Ich bin froh, dass du zurück nach Konoha gekehrt bist. Es war sicher die richtige Entscheidung.“
 

Das meint er vollkommen aufrichtig und denkt jetzt wahrscheinlich, ich hätte auf den richtigen Weg zurückgefunden, genau, wie er es mir immer geraten hat.
 

„Tsunade hat mir mitgeteilt, dass es wohl noch etwas dauern wird, bis du wieder den Status eines vollwertigen Konoha-Nins hast und Missionen deshalb erst einmal gestrichen sind. Aber ich denke, trainieren dürftest du bald wieder können.“
 

Ah. Das überrascht mich nicht. Und wahrscheinlich werde ich auch die ersten Missionen, an denen ich wieder teilnehmen darf, in einer größeren Gruppe durchführen, die mich notfalls überwältigen können, wenn ich auffällig werde. Nicht, dass es mich sonderlich stört. Aber das mit dem Training hört sich gut an.
 

Kakashi spricht ansonsten nicht mehr viel, jedenfalls nicht mit mir. Irgendwann muss er wieder weg und nachdem er sich verabschiedet hat, schlägt auch Naruto bald vor zu gehen. Er zahlt noch für das Essen, auch meins, wie er es versprochen hat, und dann befinden wir uns auf den Straßen Konohas. Der Wind weht leicht und angenehm, das Wetter ist warm. Die Sonne scheint aber nicht direkt auf uns, da einige Wolken sie verdecken.

Naruto sieht seltsam glücklich und zufrieden aus. Sein Blick schweift umher, über die ganzen Geschäfte und Menschen bis zum Hokage-Monument hinauf, wo er kurz verweilt. Ich kann seine tiefe Liebe zu dem Dorf fast spüren und es stößt mich ab. Ein Lächeln bildet sich auf seinen Zügen.
 

„Weißt du, Sasuke, ich hab eigentlich gar keine Angst vor Akatsuki. Sie sind alle irre stark, aber ich habe schon ein paar besiegt, und wenn sie meinen Biju wollen, können sie ruhig zu mir kommen und versuchen, sich ihn zu holen. Das schaffen sie eh nicht.“

Er lacht leise über seine unerschütterliche, übertriebene Zuversicht. Dann wird sein Gesicht ernst.

„Aber ich hab Angst, dass andere wegen mir verletzt werden. Wenn Akatsuki nach Konoha kommt, werden sie sicher jede Menge Menschen hier töten. Und das kann ich auf keinen Fall zulassen.“
 

Das habe ich mir gedacht. Naruto ist die Art Person, die sich sogar vor einen Verbrecher stellen und um Gnade für ihn flehen würde, solange er nur irgendwie davon überzeugt ist, dass er noch nicht ganz verloren ist und sich bessern kann. Aber es ist trotzdem schwer vorzustellen, wie man eine so tiefe Bindung zu einem simplen Dorf entwickeln kann, wie er es getan hat. Obwohl man ihn früher wie einen Aussätzigen behandelt hat und er leiden musste, einsam war, wegen eben jenen Menschen, die er jetzt bedingungslos beschützen würde.

Ich komme nicht umher, Vergleiche zu meiner eigenen Situation zu ziehen und mir kommt ein Gedanke. Etwas, das ich ihn gerne fragen würde, einfach nur um meiner Neugier willen.
 

„Würdest du es bis aufs Äußerste verteidigen?“
 

Blinzelnd dreht er sich zu mir um. Wahrscheinlich hat er nicht damit gerechnet, dass ich eine Konversation von mir aus initiiere.
 

„Ja, natürlich!“, ohne nachzudenken antwortet er, „ich würde mein Leben dafür geben!“
 

„Und was ist mit dem Leben eines anderen?“
 

Er stutzt. Darauf fällt ihm wohl keine Antwort ein.
 

„Könntest du das Leben der Person, die dir am wichtigsten ist, gegen das Dorf abwägen?“
 

Seine Augen leuchten kurz auf, er sieht mich ganz komisch an. Für einen Moment kommt es mir so vor, als könnte er in mich hineinblicken. Dann verlieren seine Augen den Glanz, er schüttelt den Kopf und fasst sich wieder.
 

„So was wird nie passieren! Ich würde dann beide retten– das Dorf und die Person. Das ist mein Weg des Ninja!“
 

Ich möchte lächeln, aber es klappt nicht. Naruto ist noch so ein Kind. Es ist natürlich gut, so optimistisch zu sein, aber seine Vorstellungen sind einfach nicht real. Man muss hin und wieder im Leben schmerzvolle Entscheidungen treffen. Itachi ja auch. Und irgendwie fühlt es sich auf eine bestimmte Art schön an, für jemanden wichtiger als das Dorf gewesen zu sein. Ich frage mich, was Naruto tun würde, wenn er die Wahl zwischen mir und Konoha hätte. Er hat einmal gesagt, ich wäre wie ein Bruder für ihn. Mein Bruder, Itachi, hätte sich für mich entschieden. Ob Naruto das auch machen würde? Irgendwie kann ich mir das nicht so ganz vorstellen.
 

„Was würdest du tun, Sasuke?“
 

Erschrocken zucke ich zusammen.

Ja, was würde ich tun? Die Antwort steht schon so deutlich fest und dürfte eigentlich gar nicht zählen. Konoha bedeutet mir nicht das Geringste.
 

„Ich würde die Person wählen.“
 

An sich würde ich alles über Konoha stellen. Nicht nur meine wichtigste Person, die ich momentan ja auch gar nicht richtig habe, sondern wirklich absolut alles.

Naruto sieht nachdenklich aus, aber dann nickt er verständnisvoll. Ich weiß nicht, es dürfte ihn eigentlich nicht allzu sehr wundern. Immerhin habe ich schon mehr als einmal klar gemacht, dass ich von Konoha nicht allzu viel halte und Loyalität nur zu meinem Clan wahre.

Seine Schritte werden langsamer und ich passe mich an, um wieder auf gleicher Höhe mit ihm zu sein. Es ist gar nicht so schlimm, mit ihm zu reden. Er ist zwar immer noch schrecklich durchschaubar und hat unrealistische Ambitionen, aber das ist okay.
 

„Glaubst du an Konoha?“, frage ich nach einer Weile, obwohl ich seine Antwort bereits kenne, und er sieht fast schon verärgert aus, weil es wohl so offensichtlich ist.
 

„Was soll die Frage?! Natürlich tue ich das! Konoha ist mir wichtig, es ist meine Heimat. Ich würde es immer unterstützen, das weißt du doch.“
 

Ich blicke auf. Natürlich weiß er von nichts. Das Dorf gibt allen Vertrauen, deswegen lieben es die Einwohner so. Aber es ist trotzdem ein Ninja-Dorf.

Und in dem Moment wird es mir klar. Es sind nicht nur die Ältesten, sondern das ganze Dorf, selbst die Unwissenden. Alle haben dazu beigetragen, sie sind allesamt Konohas Komplizen. Denn es ist um ihretwillen geschehen, damit sie den Frieden genießen können, der meine gesamte Familie auf dem Gewissen hat. Es ist doch nicht fair. Und keiner hat etwas dagegen getan, sie alle haben die Augen verschlossen und hinterfragen nicht einmal, welchen Preis es hatte, die Stabilität zu sichern, die ihr Leben so schön und bequem macht. Ich möchte ihnen zeigen, wie sich das ändern kann. Wie es sich anfühlt, wenn einem alles genommen wird für einen Grund, den man selbst gar nicht kennt.

Letztendlich war es doch immer Konohas Ziel, die Uchihas zu beseitigen. Und wenn ich genau das tue? Wenn ich meinen Clan aus ihrer Realität radiere, indem ich sie einfach töte? Auf diese Weise kann ich jede Verbindung zu Konoha kappen und den Namen der Uchiha von all dem Schmutz befreien, der ihn im Laufe der Jahre befleckt hat. Das ist Perfektion. Die vollkommene Läuterung. Ein schöner Gedanke.
 


 

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Haha, und wenn man jetzt in Betracht zieht, dass ich momentan eigentlich nur noch NaruSasu schreibe, wirken einige Szenen auf einmal ganz anders. xD

Aber keine Angst, an dem Pairing hier ändert sich nichts. :)

Btw, ich spiele mit dem Gedanken, in einem späteren Kapitel auch mal einen Einblick in Sakuras Gedankenwelt zu geben. Ich bin aber noch unentschlossen, auf welche Weise. Entweder aus einer objektiven Perspektive, so, wie auch schon im zweiten Kapitel. Oder ich schreibe ein ganzes Kapitel oder auch nur einen Teil in ihrer Ich-Perspektive. Normal mag ich es nicht so, wenn zwischen POVs geswitcht wird, aber andererseits wäre es cool, weil Sakura natürlich auf eine ganz andere Weise denkt, auch was ihre Ausdrucksweise betrifft, und da könnte man schön die Unterschiede zwischen den beiden herausarbeiten. Aber ich bin mir wirklich noch nicht sicher. Auch, wie das jetzt ankommen würde. Wäre sehr hilfreich, wenn ihr mir eure Meinung dazu mitteilen könntet. :D

Zehnter Tag - Regen

Ich sitze auf dem Dach von irgendeinem Haus und genieße meine Einsamkeit. Nur das dumpfe Geräusch vom Wasserspiel im Garten und ein paar Vögel stören die Stille. Es ist so friedlich. Ein bisschen wird sogar mein Hass gemildert, für diesen Moment. Aber es ändert nichts an dem Fakt, dass ich noch immer lieber brennende Dächer und schreiende Menschen sehen würde als diesen gekünstelten Frieden. Nur steht mir leider noch zu viel im Weg, als dass ich diese Vision so bald in die Tat umsetzen könnte.

Abwesend streiche ich mit meiner Hand am Nacken entlang.

Verfluchtes Juin. Sowas hatte ich schon mal und da ist es auch wirklich verflucht gewesen. Aber die größere Last von beiden ist trotzdem das jetzige. Ich habe keine Ahnung, wann sie es mir wieder lösen wollen und ob das überhaupt je passieren wird. Am schlimmsten sind die verschobenen Rachepläne. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich die Geduld verliere und Konoha trotz des eingeschränkten Chakras zerstöre. Danach wäre ich zwar ein leichtes Opfer und würde nicht weit kommen, aber ich weiß auch, wie einfach in einer langen Zeit des Wartens falsche Hoffnungen keimen, die letztlich über die Vernunft siegen. Und das wäre mein Untergang. Irgendwie muss ich meine Kraft zurückerlangen. Ich habe bloß noch keine Idee, wie ich das anstellen soll.

Seufzend stütze ich die Stirn auf meine Knie und schließe die Augen. Es fühlt sich alles so furchtbar zu viel an.
 

So bleibe ich eine Weile lang sitzen und lasse mir die warmen Sonnenstrahlen auf meinen Rücken scheinen. Und dann erschrecke ich mich fast, als ich fremdes, mächtiges Chakra neben mir spüre. Mein Kopf ruckt gerade noch rechtzeitig herum, um zu beobachten, wie sich Madara aus dem Nichts manifestiert. Beeindruckend. Ist er so auch Deidaras Explosion und dem implantierten Amaterasu entkommen? Aber das ist jetzt nicht wichtig. Vielmehr interessiert mich etwas anderes.

„Was willst du hier?“
 

Er dreht sich zu mir herum, und betrachtet mich lange und ausführlich. Ich verenge meine Augen.
 

„Ich wollte nur mal nach dir sehen.“
 

Ich schnaube. Das ist nicht seine wahre Absicht, ich weiß es und er weiß auch, dass ich es weiß. Aber es macht ihm scheinbar Spaß, sich kryptisch auszudrücken und Spielchen zu spielen. Die Freude will ich ihm nicht nehmen, auch wenn er mich wirklich nervt. Ich kann seine Art nicht leiden, gar nicht. Wahrscheinlich weiß er auch das. Madara scheint sowieso alles zu wissen und das ist bloß ein weiteres Detail, was ich an ihm nicht mag. Dass es ihm etwas ausmacht, glaube ich weniger.

Ohne auf eine Einladung zu warten, setzt er sich einfach neben mich. Ich rücke ein Stück weg.
 

„Hast du dich gut eingelebt?“
 

Dafür verdient er keine Antwort. Er weiß ganz genau, wie es um mich steht. Aber vielleicht amüsiert es ihn ja, mich leiden zu sehen. Verärgert verziehe ich mein Gesicht.

„Ich will Konoha zerstören.“
 

„So? Ich bin überrascht, dass du so lange dafür gebraucht hast.“

Er legt seinen Kopf schief und wirkt irgendwie belustigt. Dann fixiert er mich ernst mit seinem Blick.

„Allerdings hast du nicht unbegrenzt Zeit.“
 

Das macht mich stutzig.

„Was meinst du?“
 

„Akatsuki kann nicht warten, bis du deine Rache bekommen hast. Wir brauchen das Kyuubi.“
 

Oh. Das habe ich noch gar nicht in Betracht gezogen. Aber es macht Sinn, ja.
 

„Wenn ich mir also zu viel Zeit lasse, kommt jemand und zerstört das Dorf sowieso?“
 

Ein langgezogenes Nicken.

Ich denke eine Sekunde lang nach.
 

„Nein.“
 

Er antwortet darauf nicht und ich nehme einfach an, dass sein Schweigen hochgezogenen Augenbrauen und einem fragenden Blick entspricht. Mimik fällt wegen seiner Maske ja komplett weg.
 

„Es ist meine Rache. Ich lasse sie mir nicht nehmen. Danach ist das Kyuubi euch, es ist mir egal.“
 

Sein eines sichtbares Auge verengt sich, als würde er gerade grinsen. Vermutlich tut er das auch. Ich bekomme den flüchtigen Eindruck als hätte er nur darauf gewartet und wäre jetzt rundum zufrieden mit der Situation. Als wäre gerade sein Plan aufgegangen. Und ich nur eine Schachfigur. Aber den Gedanken verwerfe ich gleich wieder.
 

„Was steht dir dann noch im Wege?“, fragt er und hört sich sogar wirklich interessiert an.
 

„Ein Siegel.“
 

„Ein Siegel?“, wiederholt er, scheinbar ernsthaft verwundert. „Zeig es mir.“
 

Ich mache, was er sagt. In der Hoffnung, dass er ja vielleicht etwas damit anfangen oder es sogar lösen kann. Madaras Hände hinterlassen ein unangenehmes Gefühl auf meiner Haut. Es ist abstoßend, aber ich ignoriere jeden Drang, zurückzuweichen. Vielleicht kann er ja wirklich helfen. Für meine Rache ist es das wert.

Dann lässt er von mir ab und ich kann nicht anders, als mich erwartungsvoll zu ihm umzudrehen. Aber er schüttelt nur den Kopf und meine Hoffnungen verschwinden.
 

„Ich kenne es nicht, aber es sieht nicht allzu kompliziert aus. Einer der hiesigen Medic-nin sollte es lösen können.“

Dann wendet er seinen Blick kurz ab und schaut zum Himmel hinauf, der sich allmählich verdunkelt. Bald wird es anfangen zu regnen.

„Ich sollte besser gehen. Man sieht sich.“
 

Und bevor ich etwas sagen kann, löst er sich einfach in Luft auf.
 


 

Weil es tatsächlich angefangen hat zu regnen, bin ich zurück ins Haus gegangen. Das Wetter ist um diese Zeit in Konoha miserabel, es regnet manchmal ganze Wochen hindurch und wenn einmal die Sonne scheint, ist das nur von kurzer Dauer. Habe ich wohl schlecht abgepasst.

In meinem Zimmer sitzt Sakura. Ich habe sie heute noch gar nicht gesehen. Aber wahrscheinlich wusste sie, wo ich bin, sonst würde sie hier nicht so ruhig sitzen, sondern fieberhaft nach mir suchen. Ihr Blick begegnet meinem für einen kurzen Moment und sie lächelt mich an, doch es bleibt bei dieser stillen Begrüßung. Denn ich drehe mich weg und setze mich auf mein Bett, sie schaut aus dem Fenster.
 

Das sintflutartige Wetter senkt meine Stimmung. Früher hat Itachi oft mit mir gespielt, wenn es so stark geregnet hat und deshalb keiner von uns beiden trainieren konnte. Aber er ist nicht mehr da und diese Erkenntnis tut immer noch weh. Und jetzt weiß ich nicht, was ich tun soll, weil mir für das einzige, was sich richtig anfühlt, immer mehr Steine in den Weg gelegt werden. Eigentlich kann ich nur stolpern.

Doch habe ich meinen Untergang nicht selbst herbeigeführt? Am Ende bin immer noch ich derjenige, der Itachi getötet hat. Aber er hat es so gewollt, das ändert doch was. Nur glaube ich nicht, dass das wirklich sein Wunsch war, wie es gekommen ist, wenn ich mich so ansehe. Man hat mir gesagt, er hätte mich geliebt. Sehr sogar. Das glaube ich, ich möchte es glauben, aber richtig zu mir hindurchdringen kann diese Erkenntnis nicht. Wie auch? Einem geliebten Menschen wünscht man nicht so ein Schicksal. Und er hätte doch damit rechnen müssen, dass ich eines Tages die Wahrheit erfahre.

Nein, ich glaube, was das Wünschen angeht, sind wir uns sehr ähnlich. Das hier ist nicht sein Wunsch, es ist eine erbärmliche Alternative. Mein Wunsch spielt in der Vergangenheit. Dass es niemals diesen fürchterlichen Auftrag gegeben hätte, niemals einen Putsch-Versuch. Es tut weh, darüber nachzudenken. Weil ich weiß, so sehr ich es mir auch wünsche, es wird doch nicht wahr werden.

Und wer ist daran Schuld? Wer hat mir meine Familie genommen, meinen Bruder in den Tod getrieben, mich in dieser Hölle verbannt, die sich Leben schimpft?

Konoha. Woran ich auch denke, irgendwann stoßen meine Gedanken auf diese Stadt, denn egal, wie man es wendet, immer trägt Konoha die Schuld.

Ich weiß, ich sollte mich da nicht hineinsteigern, am besten gar nicht darüber nachdenken. Aber das ist so verdammt schwer, wenn ich mit jedem Atemzug daran erinnert werde, wieso mein Leben so verpfuscht ist. Ein kleiner Teil in mir will mich warnen; meine erste Rache hat alles viel schlimmer gemacht, es wäre selbstzerstörerisch, sich in eine zweite zu stürzen.

Doch mit Vernunft kann ich nicht mehr gerettet werden. Hass brodelt, je länger ich darüber nachdenke; er ist ständig da und frisst mich auf, treibt mich in den Wahnsinn, bis ich an nichts anderes mehr denken kann als an meine Rache. Wie es wohl sein wird, wenn ich sie alle vernichte? Wenn Menschen schreiend durch die Straßen rennen, auf ihren Untergang warten, und die Ältesten es fürchterlich bereuen werden, was sie mir, Itachi und meinem Clan angetan haben? Wenn ich mein Schwert durch ihre Rippen stoße oder sie brennen lasse, bis nichts mehr von ihnen übrig ist?

Der Gedanke erfüllt mich mit einer seltsamen Vorfreude und ich muss unwillkürlich grinsen. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Sakura mich anstarrt, zwinge mich aber, ihre Blicke zu ignorieren.
 

Sakura. Es ist fast ironisch. Für irgendwas scheint sie ja nun doch gut zu sein. Aber wie soll ich sie damit konfrontieren? Ich glaube kaum, dass sie sich einfach über Tsunades Befehle hinwegsetzen wird und mir das Juin löst. Das passt nicht zu ihr. Außerdem hätte ich nur sehr zweifelhafte Begründungen, die sie niemals überzeugen würden. Vielleicht sollte ich mir Zeit lassen. Wenn ich Glück habe, fällt mir irgendwann etwas ein.
 

Inzwischen hat der Regenschwall draußen immer weiter zugenommen. Ein angenehmes Prasseln wird zum Hintergrundgeräusch, weil es hier im Zimmer so ruhig ist.

Mein Blick sucht Sakura und verweilt auf ihrem Hinterkopf. Fast andächtig schaut sie aus dem Fenster heraus. Sie wirkt so nachdenklich und gedankenverloren. Es hat irgendwie etwas Beruhigendes an sich, sie einfach bloß anzusehen.

Und als hätte sie meinen Blick gespürt, vielleicht hat sie das auch, dreht sie sich zu mir um und schaut mir in die Augen. Verwundert, fragend, aber ohne ein Wort zu sagen. Dafür sehr, sehr intensiv. Mir kommt ein Gedanke.
 

„Ohne mich, hast du gesagt, wärst du ganz allein.“
 

Ich kann mir selbst nicht erklären, wieso ich ausgerechnet jetzt wieder darauf zurückgreife. Es ist lange her. Vielleicht sieht inzwischen alles ganz anders aus. Trotzdem ist es eine einfache Feststellung.

Sie nickt. Was soll sie auch anderes tun?
 

„Liebst du mich?“
 

Wassertropfen klatschen gegen die Fensterscheibe und ich beobachte halb interessiert, wie sie in langen Bahnen hinabrinnen. Sakura sitzt weiter drüben. Ich habe sie bei der Frage absichtlich nicht angesehen. Es fühlt sich auch so schon komisch genug an.
 

„W-was? Wieso fragst du das?“
 

Es ist wichtig. Sie soll einfach nur antworten. Vielleicht täusche ich mich in ihr. Meine Menschenkenntnisse sind nicht so gut. Hoffentlich sagt sie ‚ja’.
 

„Du… du weißt es doch.“
 

Nein, ich weiß gar nichts. Und ich werde meine Frage auch nicht wiederholen.

Sie zögert ziemlich lange.
 

„Ja.“
 

Das ist es doch. Mir fällt eine Last vom Herzen. Der erste Stein ist gelegt.
 

„Warum hast du gefragt?“
 

„Ich musste es wissen“, antworte ich ehrlich. „Nicht, weil ich dich auch liebe.“
 

„Oh. Achso.“
 

Sie bringt ein Lächeln zustande, vielleicht, um mir zu zeigen, dass es ihr nichts ausmacht, aber ich sehe die Enttäuschung darin. Deshalb wende ich mich komplett ab, bis ich schließlich aufstehe und aus dem Zimmer gehe. Wenn ich länger geblieben wäre, hätte ich vielleicht Mitleid mit ihr bekommen, und das will ich nicht.
 


 

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Dieses Kapitel ist leider etwas kürzer als die anderen, aber ich wusste wirklich nicht, was ich noch schreiben sollte. :/

Joa, es gibt sogar ein kleines bisschen SasuSaku, mal zur Abwechslung. Zwar noch nichts wirklich explizites, aber das wird ab jetzt zunehmen.

Und an der Stelle mal vielen Dank an all die wenigen, aber lieben Reviewer! You make my day! :D

Elfter Tag - Dämmerung

Mein Gesicht ist nass. Habe ich im Schlaf geweint? An meinen Traum kann ich mich gar nicht mehr erinnern.

Das ist mir schon lange nicht mehr passiert. Bloß die ersten paar Tage, nachdem meine Eltern gestorben waren. Manchmal habe ich mich damals sogar in den Schlaf geweint. Und jetzt trauere ich um ihren Mörder. Dabei habe ich gar nicht gewusst, dass ich das noch kann. Gut, dass Naruto erst später kommt. So kann ich mir mit meinem Ärmel die Tränen einfach wegwischen und er wird es nie erfahren.

Und in der Tat, er kommt erst so um Mittag rum. Und selbst dann schaut er nur einmal kurz vorbei und erklärt, dass Tsunade ihn hat rufen lassen, weil sie etwas Wichtiges mit ihm besprechen muss. Aber er verspricht, in spätestens einer Stunde wieder da zu sein. Mir ist das egal. Er kann ruhig länger wegbleiben.

Also mache ich mir erst einmal ein verspätetes Frühstück und überlege, was ich mit dem bisschen Zeit anfange bis Naruto wiederkommt.
 

Doch er kommt nicht. So lange kann dieses Gespräch mit der Hokage nicht gedauert haben, er ist jetzt schon seit Stunden fort. Eigentlich ist es mir egal, er kann gerne wegbleiben, und ich mache mir auch keine Sorgen oder so. Aber komisch ist es schon. Schließlich gehört es zu seiner Pflicht, auf mich aufzupassen, und Abstand genommen hat er eigentlich nie. Vielleicht hat er ja genug von mir. Wobei ich das nicht ernsthaft glaube. Wenn er drei Jahre lang nach mir gesucht hat, egal wie oft ich versucht habe, ihn zu töten, weiß ich eigentlich gar nicht mehr, was ich tun kann, damit er sich von mir abwendet. Ich denke, selbst wenn er von meiner Absicht wüsste, Konoha zu zerstören, würde er sich nicht richtig gegen mich stellen.

Warmes, orange-rotes Licht fällt durch mein Fenster ein. Ich schaue auf; es beginnt schon zu dämmern. Und dann landet mein Blick auf etwas.

Erstaunt hebe ich meine Augenbrauen. Ein Stück weiter hinten sitzt Naruto auf einem Baum. Und ich frage mich wirklich, was er da macht und noch vielmehr, was ihn daran hindert, wieder zurück ins Haus zu kommen. Oder eher, wieso er mir nicht gegenübertreten will. Denn das ist die logische Schlussfolgerung. Und auch, wenn ich mir versichere, dass es mich eigentlich überhaupt nicht interessiert, gehe ich doch hinaus und jogge zu ihm herüber.

Aus der Nähe erkenne ich auch seine niedergeschlagene Haltung. Und diesen besorgten Ausdruck in seinem Gesicht, der überhaupt nicht zu ihm passen will. Bin wirklich ich daran schuld?
 

„Hey, Naruto!“
 

Er scheint mich nicht einmal bemerkt zu haben, denn er zuckt kurz zusammen, als ich ihn rufe. Dabei war ich gar nicht mal so leise und er als Ninja sollte meine Anwesenheit sowieso längst gespürt haben. Auch, wenn er sich gerade nicht konzentriert, mein Chakra kennt er doch ziemlich gut und es ist zu auffällig, um es einfach übersehen zu können.
 

„Oh. Sasuke.“
 

Sogar seine Stimme klingt deprimiert. Wahrscheinlich geht es ihm einfach nicht gut. Aber vielleicht steckt auch etwas Ernstes dahinter.

Mit einem Satz springe ich zu ihm hinauf und setze mich neben ihn auf den Ast.
 

„Ist irgendwas?“
 

„Nein, nichts.“
 

Ah. Das glaube ich ihm zwar nicht, er war noch nie ein guter Lügner, aber weiter nachfragen werde ich auch nicht. Wenn er mir nichts sagen will, soll es eben so sein. Ich hasse dieses ewige Gefrage ja auch.

Und eigentlich interessiert mich auch überhaupt nicht, was er auf dem Herzen hat. Aber es ist ganz nett, einfach nur schweigend neben ihm zu sitzen. Wir ignorieren uns gegenseitig. Und gerade das ist schön, weil keiner mit dem anderen reden will und so auch nicht dieser Zwang herrscht, etwas sagen zu müssen. An sich bin ich sogar gerne mit Menschen zusammen, die ich akzeptiere, solange sie nur nicht mit mir sprechen. Und für diesen Moment bin ich Naruto auch ziemlich dankbar. Das ist so selten. Sonst redet er immer wie ein Wasserfall und wenn ich bei Sakura bin, geht es genauso, weil sie ständig etwas sagen muss, selbst, wenn es überhaupt nichts gibt.

Die Sonne geht gerade unter und taucht alles in ein rotes, warmes Licht. Es ist lange her, seit ich das letzte Mal einen Sonnenuntergang gesehen habe. Irgendwie nostalgisch, als hätte ich früher schon einmal mit Naruto die Dämmerung betrachtet. Aber ich kann mich gar nicht an sowas erinnern. Wahrscheinlich ist das auch nie passiert. Bei Sonnenuntergängen werde ich immer furchtbar komisch. Deshalb vermeide ich sie eigentlich. Heute tu ich mir das aber mal an. Ich habe keine Lust zu gehen und Naruto wird sowieso nicht mit mir reden.

Und wenn ich den blutroten Himmel so sehe, weiß ich auch wieder, wieso ich mir ihn so ungern ansehe. Der Himmel war Schuld, der blutige Himmel. Er erinnert mich an Tsukuyomi, an Itachi. Und an meine toten Eltern. Seit er mir unter dem roten Firmament gezeigt hat, wie er sie umbringt, mag ich die Dämmerung nicht mehr. Aber inzwischen geht es eigentlich. Der Himmel ist okay so. Vielleicht liegt es daran, dass ich nun selbst Mangekyou Sharingan besitze. Außerdem ist Itachi tot. Ich werde niemals wieder in diese Illusion fallen. Ein schöner Gedanke.
 

„Sasuke?“
 

Oh. Ich habe Naruto schon fast vergessen. Will er jetzt doch mit mir reden?

„Was ist?“
 

„Warum sitzt du noch hier?“
 

Ich zucke mit den Schultern. Obwohl er geradeaus guckt und das wohl kaum sehen wird.
 

„Darf ich dir etwas sagen? Es ist nichts Gutes und ich weiß nicht, ob du es hören möchtest.“
 

„Okay.“

Jetzt wird er mir also doch erzählen, was mit ihm los ist. Es ist wohl etwas Wichtiges. Und ich daran schuld.
 

„Tsunade hat mich ja vorhin hergeholt. Es waren auch die Ältesten da. Und Danzo. Er will dich töten, glaub ich.“
 

„Ich weiß.“
 

„Wie?! Woher-?“
 

Naruto muss nicht wissen, wie meine Familie gestorben ist. Er wird es sowieso nicht glauben. Habe ich ja zuerst auch nicht.
 

„Naja, das war aber nur sein Vorschlag. Da war ich wegen etwas anderem. Die wollen, dass ich dich beobachte, Sasuke.“
 

„Was?“

Wie haben sie es erfahren? Dass ich alles weiß? Außer mir und Madara gibt es niemanden mehr. Das kann nicht sein.

„Warum? Haben sie dir gesagt, warum du das tun sollst?“
 

„Du wärst eine Gefahr für Konoha oder so. Aber das stimmt doch nicht, du bist hier– bei uns. Itachi hat sich bestimmt geirrt-“
 

„Was?“
 

Es geht um Itachi, Itachi hat irgendetwas damit zu tun. Sein Name genügt schon und ich bin sofort verändert, genau wie früher. Aber wann ist Naruto denn Itachi begegnet? Wieso?
 

„Ich glaube, ich hab einen Fehler gemacht, Sasuke. Ich hätte die Klappe halten und denen nicht erzählen sollen…“
 

„Was hast du erzählt?“
 

Langsam werde ich ungeduldig. Von der Melancholie des Sonnenunterganges ist nichts mehr übrig. Es gibt jetzt wichtigeres, irgendwas mit meinem Bruder.
 

„Itachi ist mir begegnet. Ich weiß, ich hätte es dir früher sagen sollen. Aber du hattest schon genug Probleme… es war, bevor ihr gekämpft habt. Ich habe dich gerade verfolgt und auf einmal stand Itachi vor mir. Ich hab zuerst gedacht, er ist wegen dem Kyuubi da, aber er wollte nur reden. Und er hat ganz abstruse Dinge gesagt.“
 

Was hat er gesagt?!“
 

Meine Hände zittern schon vor lauter Anspannung.

Warum hat Itachi vor seinem Tod noch mal Naruto aufgesucht? Das gibt für mich keinen Sinn, Naruto war doch immer nur wichtig wegen dem Kyuubi.

Hoffentlich hindert mich das nicht an meinen Plänen.

Naruto schaut mich verwirrt an. Erst jetzt bemerke ich, dass ich vorhin wohl etwas zu aggressiv war. So drängend darf ich nicht wirken; auch wenn es mir schwer fällt, ich muss mich beruhigen. Einatmen, ausatmen. Beruhigen.
 

„Es war ganz komisch, er hat nur über dich geredet. Warum ich dich unbedingt zurückholen will und was wäre, wenn du nicht freiwillig mitkommen würdest. Er ist da sogar noch weiter gegangen und hat gefragt, was ich tun würde, wenn… du Konoha zerstören wolltest.“
 

Es fühlt sich an, als ob mein Herz für ein paar Sekunden ausgesetzt hätte und ich muss mich festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, als mich die erste Woge des Schocks überrollt. Meine Augen tränen schon, weil ich sie so aufgerissen habe und ohne Blinzeln ins Leere starre. Das darf nicht sein, Itachi kann doch nicht so weit gedacht haben! Es läuft überhaupt nicht wie geplant.
 

„Geht es dir gut, Sasuke?“
 

Narutos Stimme reißt mich aus meinen Gedanken zu ihm zurück. Was soll ich jetzt machen? Nachdenken. Und beruhigen. Atem regulieren.

Er darf auf keinen Fall an mir zweifeln. Die Ältesten sind schon überzeugt. Aber Naruto noch nicht, dafür ist er viel naiv. Das muss so bleiben. Sonst verliere ich meine letzte Möglichkeit.
 

„Ich… bin nur überrascht. Mehr nicht.“
 

„Er hat gesagt, du könntest leicht von irgendetwas beeinflusst werden. A-aber das macht keinen Sinn! Warum solltest du Konoha zerstören wollen? Ich glaube nicht daran, überhaupt nicht! Immerhin… bist du zurückgekehrt! Ja, genau! Das zeigt doch, dass Itachi Unrecht hatte.“
 

Ich nicke nur stumm. Mehr braucht es auch nicht, um Naruto Bestätigung zu geben. Zum Glück kann man so einfach mit ihm umgehen. Obwohl es sich irgendwie falsch anfühlt, ihn so zu belügen und auszunutzen. Weil er mir immer blind vertraut hat und das eigentlich mehr ist, als ich verdiene. Aber Schuldgefühle kann ich gerade gar nicht brauchen. Sowas ist lächerlich. Ich muss mich auf das Wichtige konzentrieren, nicht ertappt zu werden. Am besten verhalte ich mich ganz normal, so wie immer.
 

„Was hat Itachi noch gesagt?“
 

„Hm… nur, ob ich dein Leben gegen Konoha wiegen könnte. Aber das hast du mich auch schon mal gefragt, du kennst die Antwort ja. Dann hat er mir einen Teil seiner Kraft gegeben. Und gehofft, dass der Tag nie kommen würde, wenn ich sie benutzen muss. Danach ist er gegangen, weil er etwas Wichtigeres zu tun hatte. Den Kampf, schätze ich.“
 

Ich erinnere mich an diese Frage. Und an Narutos Antwort. Jetzt wird mir klar, wie sich Itachi abgesichert hat. Er hat sein Vertrauen in Naruto gesetzt, weil er so entschlossen ist, weil er seine Heimat liebt und sich gleichzeitig nie gegen mich stellen könnte. Weil er beides retten will und etwas an sich hat, dass man ihm gerne glaubt.

Aber Naruto hat keine Chance, mein Wille ist stärker als seiner und vielleicht ist seine Unentschlossenheit am Ende das, was mir zum Sieg verhilft. Denn letztendlich gibt es nur zwei Möglichkeiten; entweder tötet er mich und wird zum Helden Konohas oder ich töte ihn und bringe der Stadt ihren Untergang. Wenn er zögert, ist das sein Ende.

Das beruhigt mich etwas und ich wende mich wieder Naruto zu und signalisiere ihm, dass er weitersprechen soll. Er richtet seinen Blick nachdenklich gen Himmel.
 

„Das ist komisch, weil ich immer dachte, er müsste unbedingt mich, den Kyuubi, fangen. Aber ihm war es wichtiger, gegen dich zu kämpfen. Und das passt nicht. Er hat dich doch gehasst, er war ein grausamer Bruder! Warum war ihm das so wichtig? Wenn er dich töten wollte, hätte er das doch schon viel früher tun können. Verstehst du? Und was wollte er mir damit sagen? Warum ich…?“
 

„Sei still, Naruto.“

Jetzt geht er zu weit. Er darf nicht so über Itachi reden, nicht in meiner Anwesenheit. Es ist mir egal, ob ich bizarr wirke.

„Itachi war nicht grausam.“
 

Er starrt mich ganz entgeistert und verständnislos an.

„Aber du hast ihn doch immer gehasst! Er hat deine Familie umgebracht, ist Akatsuki beigetreten und hat dich gequält! Wovon redest du?!“
 

Wortlos rutsche ich am Ast hinunter und lande auf meinen Füßen, um ins Haus zurückzukehren. Ich spüre Narutos Blick in meinem Nacken, verbiete es mir aber, mich noch einmal zu ihm umzudrehen. Das Gespräch ist beendet, die Sonne inzwischen untergegangen und ich habe keine Lust mehr auf seine Naivität. Gut, dass ich einen Schlussstrich gezogen habe. Sonst hätte es sicher darin geendet, dass ich ihm zu viel verrate, weil er mich so wütend macht. Hoffentlich denkt er nicht zu viel darüber nach.
 


 

~~~

Überraschung! :DD

Ein schnelles Upload, weil ich momentan ganz gut vorankomme und zuversichtlich bin, dass ich genug Puffer habe, um wöchentliche Kapitelabstände durchzuhalten. Und um mich ein bisschen unter Druck zu setzen, dass ich endlich mal fertig werde. :)

Zwölfter Tag - Anspannung

Sakura kommt ein bisschen spät, weil sie etwas Wichtiges besprechen musste. Näher geht sie darauf nicht ein und es macht mich ein bisschen stutzig, dass sie so vage bleibt, wo sie doch sonst immer jedes Gesprächsthema ergreift, das sich ihr anbietet. Ich komme nicht umhin, zu bemerken, dass Sakura heute anders ist als sonst. So schweigsam und unaufdringlich. Aber ich rede mir ein, dass es nichts zu heißen hat, und zwinge mich, die beunruhigenden Gedanken zu ignorieren und in die hinterste Ecke meines Verstandes zu verbannen. Das klappt ganz gut. Und es lässt mich entspannter werden. Denn das Gespräch mit Naruto gestern hat mich genug verunsichert, da brauche ich keine zusätzlichen Paranoia. An sich ist alles so viel momentan. Und ich kann nicht viel dagegen tun, ich kann nur abwarten und zuschauen, wie sich die Dinge entwickeln. Das macht mich fast ein bisschen nervös.

Ich merke, wie ich unbewusst damit anfange, auf meiner Unterlippe herumzukauen. Ungeduld. Eigentlich dachte ich, das hätte ich inzwischen hinter mir gelassen. Aber so viel von der Schlange, die in ihrem Versteck geduldig auf ihre Beute wartet und den besten Moment abpasst, um dann zuzuschnappen, ist in mir wohl nicht mehr übrig. Das Warten ist Tortur. Und ihre Gesichter zu sehen. Denn obwohl ich sie aus meinem tiefsten Inneren hasse, und aus diesem Hass der Wunsch, ihnen die Mitschuld an Itachis Tod mit barer Münze heimzuzahlen, entstanden ist, komme ich doch nicht umher, irgendwo zu denken, dass sie es nicht verdient haben. Aber diese Gedanken sind schwach und müssen sofort verdrängt werden.

Als könnte sie meinen Blick spüren, vielleicht kann sie das ja auch, dreht sich Sakura zu mir um und da ist etwas Undefinierbares in ihren Augen. Sie sieht nachdenklich aus, ein bisschen traurig, aber trotzdem finden sich Ansätze von einem Lächeln auf ihren Lippen.
 

„Du wirkst angespannt. Ist etwas?“
 

Ich antworte ihr nicht und beobachte stattdessen aufmerksam, wie sie langsam von ihrem Stuhl aufsteht und auf mich zu kommt. Die Stimmung hat sich irgendwie geändert. Eine eigenartige Atmosphäre hängt im Raum.
 

„Deine Wunden sind gut verheilt“, stellt sie fest mit ungewöhnlich platziertem Gewicht hinter ihren Worten. Ihre Augen ruhen dabei auf meinen Armen und wandern hoch zu meinem Hals. Im allgemeinen vermeidet sie es, mir ins Gesicht zu sehen, deshalb bleibt ihr Blick wohl auch kurz darunter hängen.

Die Situation ist irgendwie unangenehm und ich habe das Gefühl, dass sie mir zu nahe ist, obwohl uns eigentlich etwas mehr als eine Armlänge trennt. Ich glaube, ich lehne unbewusst ein bisschen zurück, um so mehr Distanz zu schaffen. Aber ich bin gerade nicht ganz fähig, mich wirklich wegzubewegen. Und das macht mir eigentlich gar nichts aus, wenn ich so darüber nachdenke, und auch als sie eine Hand nach mir ausstreckt, stört mich das erstaunlich wenig. Nur ihre Fingerspitzen sind etwas kalt, mit denen sie eine Stelle knapp über dem Saum meines T-Shirts berührt.
 

„Ich muss einen Schnitt übersehen haben beim Heilen“, sagt sie und zieht dabei ihre Augenbrauen zusammen, als wäre das gerade wichtig, was sie da redet. „Es wird wohl eine kleine Narbe zurückbleiben. Das… tut mir leid.“
 

Sie lächelt scheu und sieht mich dabei zum ersten Mal wirklich an. Aber auch nur kurz. Etwas betrübt sie. Und ich kann nur schwer glauben, dass es wirklich dieser Kratzer ist, der sich vernarben wird, weil sie ihn nicht behandelt hat. So etwas Triviales.

Mir wird erst bewusst, dass sie mich immer noch berührt, als sie ihre Hand ein Stück nach unten wandern lässt. Abwesend nestelt sie an meinem Kragen herum; ich spüre ihre kühlen, schlanken Finger an meinem Hals und kann mich nur schwer beherrschen, nicht instinktiv zurückzuweichen. Irgendetwas ist anders. Ich schaffe es nicht einmal, ihren Blick einzufangen, er geht einfach an mir vorbei ins Leere.
 

„Ich denke gerade, Sasuke-kun…“, beginnt sie dann plötzlich und ich widme ihr sofort meine ganze Aufmerksamkeit, „… was wäre, wenn du dich entscheiden müsstest, eines Tages. Zwischen uns und etwas anderem, meine ich, etwas, was dir sehr wichtig ist. Der Gedanke ist mir eben gekommen und erscheint mir so greifbar, als wäre alles hier so vergänglich. Das beunruhigt mich. Ich weiß nicht, wie du dich entscheiden würdest. Es wäre ganz furchtbar, wenn du uns schon wieder verlassen müsstest.“
 

Mit vielem habe ich gerechnet, gerätselt, was sie so nachdenklich macht, aber daran, dass sie bloß das Gefühl des baldigen Abschieds gespürt hat, das hier überall in der Luft liegt, habe ich nicht gedacht. Ihr Atem geht ganz ruhig und doch merke ich, wie angespannt sie ist. Es ist die Angst vor meiner Antwort. Beeindruckend, dass sie sich so ausliefert, in Kauf nimmt, dass ich ihre ganze Illusion vernichten kann. Sie gibt sich so eine Blöße, mit einem einzigen Wort könnte ich sie zerstören.

Aber ich tue es nicht. Stattdessen lege ich meine Hand auf ihre und entferne sie langsam von meinem T-Shirt, ehe ich antworte.
 

„Mach dir keine Sorgen. Ich will euch nicht verlassen.“
 

Das ist so gelogen, dass ich davon beinahe ein schlechtes Gewissen bekomme. Auch, wenn es sich nicht nach Lüge anfühlt. Natürlich werde ich sie verlassen, alle beide. Ob ich das will, habe ich mich dabei noch gar nicht gefragt. Das spielt auch keine Rolle. Ich will Rache. Und beides kann ich nicht haben.
 

„Wirklich? Das… macht mich glücklich, Sasuke.“
 

Ihre Augen funkeln vor Freude und für einen kurzen Moment lässt sie von mir ab, nur, um ihre Arme stattdessen um meinen Nacken zu schlingen. Das Gesicht vergräbt sie dabei in meine Schulter.

Erst jetzt bemerke ich, dass ich ihre eine Hand immer noch festhalte und lasse sie sofort los. Aber wegstoßen will ich sie trotzdem nicht, dafür fühle ich mich zu schlecht. Und weil ich nicht weiß, was ich tun soll, erwidere ich ihre Umarmung einfach und lege vorsichtig einen Arm um ihre Taille.

Mit den Gedanken bin ich allerdings ganz weit weg. Bei meiner Rache.
 


 

Sakura verhält sich wieder wie gewohnt. Sie wirkt gut gelaunt, was ich auf meine Lüge vorhin zurückführe. Ich hätte nicht gedacht, dass sie das so beeinflusst. Und trotzdem, irgendetwas ist nicht so, wie es sein soll, aber ich komme einfach nicht darauf. Vielleicht liegt es aber auch nur an mir und in Wirklichkeit ist da gar nichts, vielleicht möchte ich mir bloß diese glückliche Fügung verderben, weil ich so etwas gar nicht mehr gewohnt bin. Denn auch, wenn ich fast völlig abgeschnitten bin von der Außenwelt, ein bisschen was kriege ich schon mit, weil Sakura so viel und gerne redet. So weiß ich zum Beispiel, dass es Akatsuki inzwischen gelungen ist, einen weiteren Jinchuuriki zu fangen; den Hachibi. Es ist jetzt nur noch einer übrig, Naruto, und die ganze Ninja-Welt scheint wohl in Aufruhr zu sein. Und gerade habe ich erfahren, dass deswegen ein Treffen der fünf Kage einberufen wurde und Tsunade für die nächsten paar Tage nicht im Dorf ist.

Meine Gedanken überschlagen sich. Es ist die Chance schlechthin, soll ich sie ergreifen? Wird sich noch einmal eine so günstige Gelegenheit ergeben? Bin ich vorbereitet? Werde ich es schaffen? Ist die gesamte Vernichtung Konohas nicht eine Nummer zu groß? Werde ich letztendlich an meiner Überheblichkeit scheitern? Wie sehr schränkt mich das Juin wirklich ein? Wäre es vielleicht besser, zunächst nur die Ältesten umzubringen? Würde ich das in meinem Zustand schaffen? Wie stark sind sie? Und wird es am Ende nicht zu einem riesigen Chaos führen, dass ich es dann doch mit dem ganzen Dorf aufnehmen muss?

Ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll. Es könnte mein Untergang sein, nur, weil ich nicht abwarten wollte. Aber ohne das Juin würde es sicher klappen, da bin ich wirklich zuversichtlich. Wenn Sakura es lösen könnte, wären meine Probleme alle gelöst.

Abschätzend schaue ich zu ihr herüber. Ich hab es eine Weile vor mir hergeschoben, weil ich nicht wusste, wie ich es anstellen soll. Das weiß ich immer noch nicht. Aber ich habe keine Zeit mehr, um weiter zu warten.
 

„Sakura?“, frage ich langsam, ein wenig unsicher, weil ich nicht weiß, wie sie reagieren wird und doch so viel auf dem Spiel steht. „Kann ich dich um etwas bitten?“
 

Sie schaut überrascht auf, blinzelt ein paar Mal, als müsste sie sich einen Augenblick daran gewöhnen, bevor sie schließlich lächelnd näher tritt.
 

„Natürlich, Sasuke-kun. Was ist es denn?“
 

Ihre Augen studieren mich aufmerksam, fast neugierig, und ich fühle mich auf einmal unwohl unter ihrem Blick.
 

„Mein Juin“, antworte ich schließlich nach einer kurzen Pause, und fange sofort an, mir eine glaubwürdige Begründung auszudenken, als ich ihren Gesichtsausdruck sehe. „Es schränkt mich zu sehr ein. Ich weiß, dass es in Konoha genug Menschen gibt, die mich am liebsten tot sehen würden. Und ich kann mich nicht richtig verteidigen, wenn mir nur die Hälfte meines Chakras zur Verfügung steht.“
 

Das ist nicht einmal gelogen. Trotzdem glaube ich nicht ganz, dass sie das überzeugt hat. Ich weiß aber auch nicht, was ich ihr sonst erzählen soll. Sie sieht nicht so aus, als würde sie mich beim Wort nehmen, im Gegenteil, ihr Blick ist misstrauisch und dann ist da noch etwas anderes, das ich aber nicht deuten kann.
 

„Aber du hast so viel Chakra. Es sollte auf jeden Fall reichen, um es mit gewöhnlichen Shinobi aufzunehmen.“
 

Sie sitzt mir jetzt gegenüber, schaut mich fragend und irgendwie verzweifelt an, obwohl ich das nicht ganz einordnen kann. Irgendwo ist mir klar, dass ich nichts mehr erreichen werde, aber ich muss es trotzdem versuchen. Darum erwidere ich ihren Blick und hoffe einfach, dass sie merkt, wie wichtig es mir ist.
 

„Und wenn es keine gewöhnlichen Shinobi sind? Oder wenn ich vorher trainiert habe und schon geschwächt bin?“
 

Ihre Augenbrauen ziehen sich zusammen und ihre Lippen beben.

„Das ist so unwahrscheinlich.“
 

„Sakura.“

Ich bin ein Stück nach vorne gerutscht und halte ihre zitternden Hände fest.

„Es ist wichtig.“
 

Sie schließt bedächtig die Augen, atmet tief durch, und öffnet sie dann wieder. In ihrem Blick spiegelt sich Bedauern und Abweisung, aber auch Unentschlossenheit.
 

„Das geht nicht, Sasuke. Ich würde dir gerne helfen und ich wünschte ich könnte es, aber es geht einfach nicht.“
 

Diese Antwort akzeptiere ich nicht. Es geht sehr wohl, daran liegt es doch nicht. Solche offensichtlich schwachen Entschuldigungen machen mich wütend.
 

„Wo ist das Problem? Ich weiß, dass du das Siegel lösen kannst.“
 

Ihr Blick wandert seitwärts und sie fängt damit an, auf ihrer Unterlippe zu kauen.

„Tsunade wird es sicher bemerken.“
 

Das ist doch nicht ihr Ernst. Kann sie sich denn nichts glaubhafteres einfallen lassen? Sie muss doch selbst merken, dass sie sich in eine Ecke redet.
 

„Tsunade ist nicht einmal im Dorf. Wenn du dich geschickt anstellst, erfährt es niemand.“
 

Denn bis Tsunade wiederkommt, ist alles längst vorbei. Aber das kann ich ja schlecht als Argument vorbringen.

Sakura jedenfalls weicht meinem Blick noch immer aus und scheint auch nicht wirklich gewillt, mir eine zufriedenstellende Antwort zu geben. Deshalb übernehme ich das für sie.
 

„Du traust mir nicht.“
 

Es ist die Wahrheit, da braucht sie nichts zu leugnen. Und ihre Augen schauen auch wieder zu mir auf.
 

„Ja, du hast recht. Aber du hast mir ja auch keinen Grund gegeben, dir zu trauen. Ich weiß einfach nicht, was in dir vorgeht, Sasuke… wieso du hier bist und was du planst…“
 

„Das geht dich ja auch nichts an.“
 

Was erwartet sie? Dass ich ihr meine Intentionen offen darlege? Wenn ich das tun würde, würde sie sich wünschen, ich hätte nie etwas gesagt.

Das Gespräch ist jedenfalls beendet. Aber so einfach gebe ich mich nicht geschlagen. Dann habe ich eben nur die Hälfte meines Chakras. Ich kann es trotzdem schaffen. Die Ältesten stellen wohl kaum eine ernstzunehmende Bedrohung dar, ich muss einfach nur aufpassen, dass ich ansonsten in keinen Kampf verwickelt werde. Das kann ich schaffen. Ich bin nicht bereit, eine so perfekte Gelegenheit nur wegen diesem Juin aufzugeben.

Nach einer Weile des Schweigens seufzt Sakura, ich habe ganz vergessen, dass sie noch immer da ist.
 

„Siehst du?“

Sie steht langsam auf und wendet sich von mir ab.

„Ich kann dir jedenfalls nicht helfen.“
 


 

Für den Rest des Nachmittags wahrt Sakura ihre Distanz zu mir. Das ist mir sowieso lieber. Sie hat sich etwas zu lesen mitgenommen und sitzt so auch die ganze Zeit auf dem Sofa, aber als ihr das Tageslicht nicht mehr ausreicht, um die einzelnen Schriftzeichen zu entziffern, nimmt sie das als Anlass, um ihre Aufsicht für heute zu beenden. Ich könnte ihr nicht dankbarer sein.

Als sie sich im Flur ihre Stiefel anzieht, dreht sie sich noch einmal zu mir um.
 

„Gute Nacht, Sasuke. Ich muss jetzt gehen. Naruto wollte noch mal mit mir sprechen. Wir sehen uns dann… übermorgen, hoffe ich.“
 

Die Tür fällt laut klickend ins Schloss.
 


 

Es dauert so lange. So schrecklich, schrecklich lange. Die Stunden vergehen einfach nicht, das Warten zieht sich und meine Geduld, die von Anfang an sehr knapp war, wird überstrapaziert. Vorbereitungen sind schon alle getroffen; Waffen brauche ich ja keine dank den praktischen Siegeln an meinen Handgelenken und mein Kusanagi habe ich inzwischen wiederbekommen. Nachts werde ich außerdem von zwei Anbu beobachtet. Sie verstecken sich aber nicht wirklich gut und so bin ich schon vor knapp einer Woche auf sie aufmerksam geworden. Deshalb war es auch kein Problem, sie einfach auszuschalten.

Und auch, wenn das Warten endlos scheint, irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht. Es ist kurz vor Mitternacht, völlig dunkel draußen und die Straßen hoffentlich weitestgehend leer. Das würde es mir leichter machen. Denn je mehr Leute ich auf dem Weg umbringen muss, desto größer ist die Gefahr, Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen.
 

Aber meine Befürchtungen bleiben unbegründet. Es ist so still in den Straßen. Keine Wachen, gar nichts. Man sollte eigentlich meinen, nachdem ich vor drei Jahren ziemlich unbehelligt das Dorf verlassen konnte, hätten sie die Sicherheitsvorkehrungen inzwischen überdacht. Besonders, wenn das Dorf extra verwundbar ist, wie jetzt. Warum ist es so einfach? Aber vielleicht haben sie die Außenposten ja verstärkt und rechnen einfach nur nicht damit, dass die eigentliche Gefahr von innen droht. Es ist so lächerlich.

Da vorne kann ich schon die Akademie sehen und direkt daneben mein Ziel. Es ist zum Greifen nahe. Und immer noch keine Menschen. Nur eine Gruppe angetrunkener Zivilisten, die mir entgegenkommen, mich aber nicht weiter beachten.

Der abnehmende Mond verschwindet kurz hinter einer Wolke. Ich schaue hinauf zum finsteren, sternenlosen Himmel und atme tief durch, um mich zu sammeln. Mein Körper bebt vor Aufregung. Ein Windhauch schlägt mir kühle Nachtluft ins Gesicht. Es ist so still. Aber dann verändert sich etwas. Ich kann fast gar nicht schnell genug reagieren und springe erschrocken zurück, als sich ein Kunai in die Erde vor meinen Füßen bohrt.
 

„Sasuke.“
 

Eine dunkle Gestalt landet vor mir auf dem Boden und ich glaube, mein Herz setzt für eine Sekunde aus.
 


 

~~~

Wuhuu, SasuSaku! xD

Joa, und vllt schneller als einige erwartet haben, Sasuke startet seinen Rachfeldzug. Jetzt gibts Handlung! :D

Und es ist genau das eingetreten, was Sasuke ein paar Kapitel vorher prophezeit hatte, nämlich dass er irgendwann zu ungeduldig wird und einen Angriff trotz seines Juin startet. Dummer, dummer Sasuke. D:

Dreizehnter Tag - Verrat

„Sasuke.“
 

Eine dunkle Gestalt landet vor mir auf dem Boden und ich glaube, mein Herz setzt für eine Sekunde aus.
 

Nein!
 

Ein kaltes, zuschnürendes Gefühl krallt sich in meine Eingeweide, dass ich beinahe keine Luft mehr bekomme. Oder es liegt daran, dass ich für ein paar Sekunden einfach vergessen habe zu atmen. Er braucht gar nicht näher heranzutreten, damit ihn das Licht der Laterne umleuchten kann. Seine Stimme war genug, diese desillusionierte, schmerzhaft traurige Weise, wie er meinen Namen ausgesprochen hat, wie es vielleicht kein anderer kann. Ich muss nicht sehen, wie sich derselbe Schmerz in seiner Stimme auch in seinem Gesicht abzeichnet. Deshalb richte ich meinen Blick auf seine Füße, die Schritt für Schritt immer näher auf mich zukommen. Dann bleibt er stehen, eine sichere Distanz trennt uns. Und ich komme nicht umhin, auf eine furchtbar lächerliche Weise zu hoffen. Vielleicht ist es ja nur ein Zufall, dass er hier ist. Vielleicht ahnt er ja gar nichts. Bitte.
 

„Was tust du hier, Naruto?“, frage ich ihn mit einem leichten Beben in der Stimme, das mich selbst ein wenig erschreckt. „Es ist spät.“
 

Ich schaue zu ihm hoch und wünschte, ich hätte es nicht getan. Sein Gesicht ist so verzweifelt, sogar noch ein bisschen mehr als damals im Tal des Schicksals. Er geht einen Schritt auf mich zu.
 

„Was tust du hier?“
 

Irgendwie fühle ich mich nicht dazu in der Lage, ihm die Wahrheit zu sagen. Ich bin das ganze Szenario so oft in meinem Kopf durchgegangen und habe mir auch überlegt, wie es ablaufen würde, wenn sich Naruto oder Sakura in meinen Weg stellen. In der Theorie habe ich gelacht oder kalt auf sie herabgesehen und ihnen ganz deutlich erklärt, was ich vorhabe. Aber hier, in der Praxis… es klappt einfach nicht.
 

„Ich gehe spazieren“, lüge ich deshalb, auch, wenn ich ganz genau weiß, dass er mir nicht glaubt. Sein Gesichtsausdruck sinkt.
 

„Mit deinem Katana? Sasuke… ich wurde beauftragt, hier Wache zu halten, weil die Ältesten überzeugt waren, du würdest kommen und sie töten. Ich habe ihnen nicht geglaubt. Aber… jetzt… du bist doch nicht wirklich hier, um sie umzubringen, oder, Sasuke?“
 

Es hört sich fast an wie ein Flehen. Seine Augen suchen nach Hoffnung, aber ich kann sie ihm nicht geben. Die Situation ist unangenehm, ich weiß nicht, was ich ihm sagen soll. Würde er mir eine Lüge glauben?

Aber er hat mein Schweigen längst gedeutet.
 

„Warum? Warum tust du das, Sasuke?“
 

Ich seufze und schließe kurz meine Augen, um sie mit aktivierten Sharingan wieder zu öffnen. Vielleicht merkt er so, dass es mir ernst ist und er keine reelle Chance hat, mich aufzuhalten.
 

„Geh mir aus dem Weg, Naruto.“
 

Er schüttelt verzweifelt den Kopf, und irgendwas an ihm ist so dringend, so überwältigend wichtig, aber ich kann es nicht sehen.

„Nein! Ich werde nicht hier sitzen und warten, wie du alles kaputt machst! Begreifst du denn nicht, Sasuke, ich kann dich nicht einfach weiter lassen, wenn der Weg, den du gehst, so furchtbar, furchtbar falsch ist!“
 

„Es ist doch sowieso schon alles verloren.“

Seine Augen weiten sich, aber er sieht nicht weniger entschlossen aus. Ich glaube, dass nichts, was ich hier sage, ihn wirklich dazu bringen könnte aufzugeben. Ich glaube im allgemeinen nicht, dass ihn irgendwas aufgeben lassen würde. Es führt wohl kein Weg an einem Kampf vorbei.

„Du bist nicht der, den ich töten will. Geh zur Seite. Du kannst mich sowieso nicht aufhalten.“
 

Naruto will mir etwas entgegnen, aber dazu kommt er nicht mehr. Mein Chidori-Schwert steckt schon in seiner Brust. Es gibt einen Knall und der Schattendoppelgänger verpufft in einer Rauchwolke. Er hat also damit gerechnet, dass ich ihn angreife.

Ärgerlich verziehe ich das Gesicht und schaue mich nach ihm um. Jetzt hat er einen Vorteil, er könnte überall sein und ich weiß nicht, aus welcher Richtung er mich attackieren wird. Außerdem funktionieren Sharingan in der Dunkelheit nicht so gut.

Aber er macht es mir leicht. Denn anstatt mich aus dem Hinterhalt anzugreifen, hüpft er wieder vor mich auf die Straße, dort, wo sein Kagebunshin noch vor wenigen Sekunden gestanden hat.
 

„Du meinst es also wirklich ernst.“
 

Natürlich tue ich das. Aber ich antworte ihm nicht, sondern werfe ihm aus meinen leuchtend roten Augen einen Blick zu, der für seine Frage Antwort genug ist.
 

„Ich will nicht gegen dich kämpfen, Sasuke.“
 

Ich auch nicht, aber er lässt mir keine andere Wahl. Und wenn er nicht von Anfang an Ernst macht, gewinne ich auf jeden Fall. Sonst könnte es wirklich, wirklich knapp werden. Verfluchtes Juin.
 

„Denk doch noch einmal darüber nach, bitte!“
 

„Es ist zu spät, Naruto.“
 

Wieder greife ich ihn mit Chidori an, diesmal weicht er aus. Die Situation ist verdammt ungünstig. Eigentlich will ich ihn gar nicht töten, es würde reichen, ihn bewusstlos zu schlagen. Und er hält sich genauso sehr zurück wie ich, er will mir nicht wehtun. Aber was mich fast noch mehr überrascht; er macht keinen Lärm, sondern ist vielmehr darauf bedacht, sich leise zu verhalten. Denn das wäre doch eigentlich die einfachste Lösung für ihn, einen Aufruhr zu starten, dass ich gar keine Chance mehr habe, meinen Plan zu realisieren. Und er müsste sich mir dann auch nicht weiter entgegenstellen, sondern könnte sich heraushalten und es einfach anderen überlassen. Dann hätte er nicht diesen Gewissenskonflikt, mit dem er gerade kämpft. Aber er ergreift diese Möglichkeit nicht.

Vielleicht zögert er noch und ist sich nicht sicher, was er tun soll. Ich erinnere mich vage daran, wie er mir erklärt hat, dass er sich nicht zwischen mir und Konoha entscheiden müsste, es wahrscheinlich auch gar nicht könnte, wie ich gerade zwangsläufig feststelle, sondern einen Weg finden würde, beides zu retten. Aber diesen Weg hat er noch nicht gefunden und die Zeit wird langsam knapp für ihn. Umso besser für mich. Nur bin auch ich stark eingeschränkt. Die meisten Jutsu fallen sowieso raus, weil sie zu verheerend sind. Einen großen Kampf zu starten, wäre das Dümmste, was ich jetzt tun könnte. Mich wundert sowieso, dass noch niemand aufgetaucht ist. Außerdem muss ich mir ein bisschen Chakra für die Ältesten aufbewahren. Genjutsu sind fürs erste wohl am besten. Sie waren schon immer Narutos Schwäche.

Aber er hat seinen Blick von meinem Gesicht abgewandt. Ich weiß nicht, ob es Zufall ist oder er mir absichtlich nicht in die Augen schaut, um meine Genjutsu zu umgehen. Es ist letztendlich aber auch egal. Vorsichtig gehe ich einen Schritt auf ihn zu. Noch einen. Seine Haltung spannt sich an. Er geht in Kampfposition, als ich zu meinem Katana greife. Und seine Finger zucken, als ich es unter metallischen Schleifgeräuschen ziehe und vor mich halte.
 

„Naruto…“
 

Um es klirrend neben mir fallen zu lassen.
 

Und sein Kopf ruckt augenblicklich nach oben, er reagiert auf die Sänfte in meiner Stimme, seine Augen sind ganz groß und blau und hoffnungsvoll, und bohren sich direkt in meine eigenen hinein, genau wie ich es haben wollte. Dann kracht furchtbare Enttäuschung auf ihn herab und der Schmerz in seinen Augen ist für einen kurzen Moment so zerschmetternd, dass ich ganz verpasse, wie sein stummes nach Worte Ringen in einen gellenden Schrei übergeht. Er krümmt sich vor imaginären Schmerzen, fällt auf die Knie und krallt seine Fingernägel in seinen Bauch, zerrt daran, als würde er sich zerreißen wollen. Ich kann meinen Blick nicht von ihm abwenden. Wie er sich da vor mir in Agonie windet, sich selbst verletzt, und so entsetzlich schmerzvoll schreit. Es fasziniert mich. Langsam gehe ich in die Knie und hebe mein Schwert wieder auf, meine Augen die ganze Zeit auf Naruto gerichtet, weil ich nicht eine Sekunde von seinem vermeintlichen Todeskampf verpassen will. Es ist schön.

Ein altes Gefühl flackert wieder in mir auf, wenn ich ihn so deutlich unterlegen sehe, von dem ich gar nicht wusste, dass es überhaupt noch da ist. Dieses Verlangen, Bedürfnis nach dem, was nur er mir geben kann; absolute Bestätigung, Überlegenheit, Besänftigung meiner stillen, unterdrückten, aber immer noch ständig vor sich hinbrodelnden Eifersucht. Ich bin stärker als er. Und das ist ein ultimatives Hochgefühl. Es fühlt sich so, so gut an.
 

Und dann verändert sich plötzlich etwas. Ich merke erst zu spät, wie von der Seite auf einmal eine zweite Gestalt angehuscht kommt und bevor ich reagieren kann, hat sie Naruto gepackt und aus dem Genjutsu befreit.

Er keucht, atmet schwer, und rappelt sich, noch immer zitternd, langsam wieder auf. Da sind tiefrote Striemen in seinem Gesicht.
 

„Du bist spät, Sakura.“
 

Wie versteinert starre ich auf die beiden vor mir, und weiß zuerst gar nicht mehr, was ich machen soll. Ich kann nicht anders als fassungslos dabei zuzusehen, wie Sakura Naruto wieder auf die Beine hilft und stützt, bevor sie ihre Handflächen auf sein Gesicht legt und grün leuchtendes Chakra austritt. Aus der Entfernung kann ich erkennen, wie ihre Augenbrauen sich in Sorge, Missfallen oder was auch immer zusammengezogen haben, und ein dunkler Schatten über ihre sonst so hellen Gesichtszüge gleitet. Erst als das grüne Leuchten verebbt, wendet sie sich mir zu. Ihr Blick ist gequält, aber sie versucht trotzdem stark zu sein. Und ich kann es noch immer nicht ganz begreifen. Das kann doch nicht ihr Ernst sein! Aber ich weiß gar nicht, warum ich mich so aufrege. Sie hatten am Ende ja Recht. Und dennoch fühle ich mich verraten, betrogen. Auch wenn das rational vollkommen unsinnig ist, kann ich mir nicht helfen. Meine Kehle schnürt sich zusammen und ich fühle mich seltsam leer und kalt. Sie wussten es die ganze Zeit, haben sich abgesprochen und sind mir aufgelauert. Dabei habe ich nie wirklich damit gerechnet, von beiden konfrontiert zu werden. Und ich war doch so kurz davor.
 

„Was ist mit dir passiert?“, fragt Sakura langsam den Kopf schüttelnd und kann es wohl nicht ganz begreifen, dass ich nicht der bin, für den sie mich gehalten hat. Dabei, anders als Naruto, hat sie doch Verdacht geschöpft. Gestern Abend, es ist erst ein paar Stunden her; wenn sie nicht misstrauisch war, was dann?

Aber antworten kann ich ihr nicht. Mit mir ist etwas Furchtbares passiert, man hat mir unendliches Unrecht getan, mir, meinem Clan und Itachi, man hat mir die einzigen Personen genommen, die mir etwas bedeuten, für entsetzlich triviale Gründe. Doch es würde zu lange dauern, ihr all das zu erklären. Dafür habe ich keine Zeit und es interessiert mich nicht, ob sie meine Handlungen nachvollziehen kann.

Neben ihr regt sich etwas, Naruto windet sich aus dem Griff, mit dem sie ihn stützend festhält, während er ihr etwas zuflüstert. Alleine kann er kaum stehen.

Und zum ersten Mal seit er in das Genjutsu gefallen ist, richten sich Narutos Augen auf mich. Sein Gesicht verrät zwar nichts, ist sogar ziemlich ausdruckslos, aber ich kann es sehen. Sein Entsetzen, seine Angst, seinen Schmerz und seine Enttäuschung.
 

„Sasuke…“, flüstert er, seine Stimme ganz heiser von dem vielen Schreien. Und in der kurzen Sekunde, die er zögert, erkenne ich ganz klar, wie die grausamen Bilder meines Genjutsu ihn noch immer heimsuchen.

„Ist es wahr, was Itachi gesagt hat, willst du sogar ganz Konoha zerstören?“
 

Weil ich denke, dass sie zumindest jetzt die Wahrheit verdient haben, nicke ich. Ja, ich will Konoha zerstören. Was Itachi sagt, so seltsam es auch sein mag, ist immer war. Das ist fast ein Axiom. Naruto hätte ihm von Anfang an glauben und sich nicht von naivem Vertrauen blenden lassen sollen, dann hätte er sich vieles ersparen können.

Diesmal ist es Sakura, die spricht.
 

„Aber warum? Woher… war es Orochimaru, hast du seine Rachepläne übernommen?“
 

Ich schnaube abfällig.

„Orochimaru hat damit gar nichts zu tun.“
 

Doch sie lässt nicht locker, obwohl sie ja gar nichts weiß, nichts wissen kann, und probiert einfach weiter.

„Wieso dann? Oder… hat Itachi-“
 

„Du hast keine Ahnung von Itachi!“, platzt es aus mir heraus, weil es mich so wütend macht. „Ihr alle, ihr verurteilt ihn und denkt, ihr kennt ihn! Aber ihr wisst gar nichts über meinen Bruder!“
 

Ich weiß, ich hätte nichts sagen sollen. Aber ich konnte nicht anders. Und irgendwie kommt es mir so vor, als wäre jetzt sowieso schon alles egal.

Sakuras und Narutos Reaktionen sind einheitlich, überrascht, und sie starren mich fassungslos an. Ich rechne fest mit einer Antwort, einer Frage, weil es sie verwirrt haben muss, aber da kommt nichts mehr. Der Rest des Aufeinandertreffens wird schweigend ausgetragen.

Beide gehen in Kampfposition, ich hebe mein Katana und mache mich bereit für ihren Angriff. Die Situation ist so angespannt, zerrt an meinen Nerven, dass ich für einen Moment mit dem Gedanken spiele, ihnen wirklich ernsthaft etwas anzutun, nur um dieser Anspannung zu entgehen. Aber sobald dieser Gedanke gekommen ist, verschwindet er auch wieder und mir wird etwas ganz anderes klar. Ich kann nicht mit vollem Einsatz gegen die beiden kämpfen. Es ist aussichtslos, dieser Kampf, ich kann ihn nicht gewinnen, weil ich ihn auf eine merkwürdige, verdrehte Art und Weise nicht gewinnen will. Nicht um diesen Preis. Es klappt einfach nicht. Denn ihr könnte ich noch weniger ein Haar krümmen. Naruto wäre mir wenigstens ebenbürtig und ich weiß, dass ihm meine Angriffe nicht so hart zusetzen. Aber Sakura…

Ich lasse mein Schwert fallen und sinke auf die Knie.
 


 

~~~

Ich glaube, 90% meiner Schreibflashs hatte ich an den Abenden vor irgendwelchen wichtigen Arbeiten, wenn ich genau gewusst hab, dass ich mir das ganze Zeug wenigstens einmal anschauen sollte, am Schluss aber trotzdem weitergetippt habe. xD

Okay, das hier ist nur eine Pseudovariante von Naruto vs Sasuke und es kommt auch nicht mehr, einfach, weil ich vor diesem Kampf den allergrößten Respekt habe und davon überzeugt bin, dass nur Kishimoto fähig ist, ihn meinen Erwartungen gerecht werden zu lassen.

Jo, und vielen Dank an alle, die so lieb sind und kommentieren! :DD

Vierzehnter Tag - Erkenntnis

Es sind Stimmen, die mich aus dem Schlaf reißen. Zuerst nehme ich sie kaum war, nur ein monotones Hintergrundgeräusch zu meinen noch immer ein bisschen umwölkten Denkprozessen. Aber mit der Zeit werden sie immer penetranter und deutlicher, und synchron dazu klärt sich auch mein Verstand. Erinnerungsfetzen, die irgendwie ganz weit entfernt wirken, von einem Kampf, dunkler Nacht und schmerzend enttäuschten Augen kehren an die Oberfläche zurück. Aber ich sträube mich ein wenig dagegen. Stattdessen richte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die Stimmen; es sind zwei, stelle ich fest, die mir sehr bekannt vorkommen. Naruto und Sakura? Ja, das macht Sinn. Sie sprechen sehr leise, absichtlich gedämpft, weshalb ich ihnen nicht wirklich folgen kann. Ich weiß nur, dass mein Name ein paar Mal fällt.

Meine Augen sind geschlossen und ich gebe vor, noch immer zu schlafen, weil mir mein Instinkt sagt, dass es so fürs Erste am besten ist. Und irgendetwas ist an diesem Erwachen heute komisch, obwohl ich wie gewohnt in meinem Bett liege, das merke ich ja. Wahrscheinlich ist es die Anwesenheit von Naruto und Sakura.

Auf einmal hebt sich meine Matratze etwas, es muss wohl einer der beiden darauf gesessen haben, ich höre ein Flüstern, Naruto, und kurz darauf Schritte, die sich aus meinem Zimmer bewegen, dem Klang nach. Dann ist es still. Ich achte darauf, meinen Atem ruhig und rhythmisch zu halten, damit Sakura nicht merkt, dass ich wach bin. Meine Sinne werden langsam klarer. Da ist ein dumpfes Dröhnen in meinem Kopf, ein leicht pochender Schmerz. Ich muss dem Instinkt widerstehen, eine Hand gegen meine Schläfe zu pressen. Aber es ist noch erträglich. Ich frage mich nur, woher es kommt.
 

Es vergeht ein bisschen Zeit, in der nichts passiert, und ich zweifle schon an Sakuras Präsenz in diesem Raum, als ich ganz leise Schritte höre, die durch die Tatami-Matten auf dem Fußboden gedämpft werden. Sie läuft nicht gezielt in eine bestimmte Richtung, sondern wandert mehr im Raum umher, bleibt manchmal stehen, geht dann wieder weiter. Gerade blättert sie, dem Geräusch nach zu urteilen, ein Buch durch, bevor sie es wieder ins Regal zurückstellt. Einen kurzen Moment lang bewegt sie sich gar nicht. Und dann steuert sie direkt auf mich zu. Ich kann sie atmen hören, weil es so still ist und sie so nahe. Meine Augenlider zucken, glaube ich, und ich hoffe einfach nur, dass ihr das nicht aufgefallen ist. Dann spüre ich ihre Fingerspitzen auf meiner Stirn, die mir vorsichtig eine Strähne aus dem Gesicht streichen. Sie verweilt dort einen Hauch zu lange, bis sie schließlich fast schon widerwillig von mir ablässt. Ich weiß auch warum; die Tür unten ist gerade aufgegangen, da sind laute Schritte auf der Treppe und keine zehn Sekunden später kommt auch schon Naruto in das Zimmer rein.
 

„Und?“, fragt Sakura erwartungsvoll, während sie sich ein Stück von mir entfernt. Ich bin ein bisschen verwirrt. Die beiden bemühen sich überhaupt nicht mehr, leise zu sein.
 

"Ich habe den Ältesten Bericht erstattet, wie wir ausgemacht haben. Sie schienen nicht ganz überzeugt, aber es bleibt ihnen ja nichts anderes übrig, als mir zu glauben."
 

Und da ist es. Erinnerungsfluten stürzen auf mich herab. Gestern- oder war es überhaupt gestern?- war der Tag meiner Rache, aber ich bin gescheitert. Ich habe Sakura und Naruto verraten, sie mich am Ende aber irgendwie auch. Ich dachte, ich wäre gegen jedes Hindernis gefeit gewesen, das sich mir in den Weg stellt, habe mich letztendlich aber selbst bitter enttäuscht. Und ich habe nicht geschlafen, sondern bin gerade aus meiner Bewusstlosigkeit erwacht, weil ich mich von Sakura hab ausknocken lassen. Darum tut auch mein Kopf weh.

Ich weiß nicht, wie ich jetzt weiter vorgehen soll. Vor allem weiß ich nicht, wie es gerade um mich steht. Ich wollte die Ältesten töten, das ist Hochverrat, darauf steht die Todesstrafe, und sie haben ja gewusst, dass ich angreifen würde. Aber dennoch liege ich in meinem Zimmer und nicht in irgendeiner ungemütlichen Zelle in Konohas Hochsicherheitstrakt. Das hat doch etwas zu heißen. Ich darf aber trotzdem nicht davon ausgehen, dass ich verschont werde. Nein, ich muss hier irgendwie weg. Weg von Konoha, weg von Sakura und Naruto.
 

"Denkst du, wir haben das Richtige getan?"

Sakuras Frage holt mich aus meinen Gedanken. Ich beschließe, ihnen erst einmal ein bisschen zuzuhören, vielleicht hilft mir das ja irgendwie weiter.
 

"Ich weiß nicht. Aber... ja, ich glaube schon."

Die Matratze sinkt etwas nach unten, Naruto hat sich wohl wieder hingesetzt. Dass er keine Angst hat, er könnte mich dadurch aufwecken, erstaunt mich ein wenig.
 

"Wir hatten keine Wahl."
 

"Sie hätten ihn sonst hingerichtet. Ich kann Sasuke nicht einfach so aufgeben."
 

Ich weiß. Das hat er mir nun mehr als einmal klar gemacht. Und ein Teil in mir erkennt seine unerschütterliche Loyalität, zu mir und dem Dorf, auch an.
 

"Aber er hat sich so verändert... gestern habe ich ihn kaum wiedererkannt. Und es fällt mir immer noch schwer zu begreifen, wozu er in der Lage ist. Er... hätte dich umgebracht, um an sein Ziel zu kommen."

Sakura klingt hin- und hergerissen. Ich kann es ihr nicht verübeln. Doch wenn sie mich nicht wiedererkannt hat, ist das ihre eigene Schuld. Dann wusste sie von vorneherein nie, wer ich bin, und darf sich auch nicht wundern, wenn sie mich unterschätzt hat.
 

"Aber dich hat er nicht angegriffen. Und mich auch nur sehr halbherzig."
 

"Er hat dich psychisch gefoltert“, antwortet sie mit anklagendem Nachdruck in der Stimme.
 

"Ja, aber ich lebe noch. Wenn er mich wirklich hätte töten wollen, dann hätte er das auch geschafft."

Es fühlt sich komisch an, zu hören, wie Naruto mich verteidigt, nach allem, was passiert ist. Und noch komischer ist das Lächeln, das in seiner Stimme deutlich mitschwingt.

"Außerdem... er hat aufgegeben. Sonst würde er jetzt nicht hier liegen."
 

"Hmm."
 

"Ich glaube... es ist noch nicht zu spät. Er hat noch eine Chance verdient, findest du nicht, Sakura?"
 

Wie können sie mir immer wieder Chancen geben? Immer wieder und wieder und wieder? Ich habe sie nicht verdient. Ich möchte sie doch gar nicht haben. Es ist zu viel.
 

"Doch. Und vielleicht hat er ja auch Gründe. Vielleicht hat er gar nicht so sehr Unrecht."
 

"Ich würde gerne wissen, was ihn so weit getrieben hat."
 

Ich will nicht, dass sie Verständnis haben. Das habe ich von Anfang an nicht eingeplant und jetzt macht es alles nur viel, viel schwerer.
 

"Glaubst du, es ist Itachi?"
 

"Er war in letzter Zeit immer so komisch, wenn ich über Itachi geredet habe."
 

Dann ist es Naruto also doch aufgefallen. Aber weit hergeholt ist der Gedanke ja auch für ihn nicht. Generell ist Veränderung in meinem Charakter jedes Mal irgendwie auf Itachi zurückzuführen, weil er meine wichtigste Person war, ist, immer sein wird. Und irgendwo stellt sich da für mich eine Frage. Meine ganze Rache, der ich den Rest meines Lebens verschrieben habe; für wen mache ich das? Meinen Bruder? Mich? Und liegt dort nicht ein entscheidender Fehler, den ich nicht ganz sehen will?

Aber ich komme nicht weiter, obwohl ich merke, dass ich auf dem Weg bin, etwas Wichtiges herauszufinden. Meine Gedanken verlieren sich, ich kann die Anknüpfstelle nicht mehr finden. Denn etwas hat mich auf meine Umwelt aufmerksam gemacht. Naruto wollte gerade ansetzen, weiter zu sprechen, hat aber nicht mehr als einen Laut von sich gegeben.
 

"Warte", befiehlt Sakura ihm mit sanfter Stimme. Dann seufzt sie leise. "Du kannst die Augen aufmachen, Sasuke."
 

Ich fühle mich ertappt. Wie lange wusste sie schon, dass ich wach bin? Und wieviel von dem Gespräch zwischen ihr und Naruto hat sie sogar gewollt, dass ich mitkriege?

Jedenfalls sehe ich keinen Grund, weiter so zu tun, als ob ich schlafen würde, und öffne meine Augen, blinzle ein bisschen gegen das grelle Licht. Meine Vermutung war richtig, Naruto sitzt auf dem unteren Ende meines Bettes. Er schaut mich ganz entgeistert an.
 

„Du warst wach?!“
 

Darauf nicke ich nur knapp und richte mich langsam auf. Sakura sitzt direkt neben mir auf einem Stuhl, den sie sich ans Bett geschoben hat. Sie lächelt, zwar nicht ganz so strahlend, aber immerhin.

Beide schweigen, ich sowieso. Es ist auch eine komische Situation. Ich habe ja nie eingeplant, dass ich sie nach gestern Nacht nochmal wiedersehen würde. Ihre Reaktionen wollte ich nicht miterleben. Zu dem Zeitpunkt sollte ich längst verschwunden oder tot sein. Und jetzt erwarten sie etwas; eine Erklärung, Rechtfertigung, irgendwas, das ihnen hilft zu verstehen. Aber ich möchte sie ihnen nicht geben.

Ein bisschen bin ich dankbar, als Sakura anfängt zu sprechen.
 

„Sasuke. Weil du es sicher wissen möchtest. Naruto und ich haben gestern lange überlegt, und beschlossen, niemandem etwas zu verraten. Es weiß also niemand Bescheid außer uns drei.“
 

Wieder nicke ich. Das hab ich ja schon bei ihrem Gespräch mitbekommen. Und ich weiß nicht, ob ich wirklich erleichtert sein soll. Ist das eine Alternative, mit der ich mich arrangieren kann? Und außerdem haben die beiden ja keine Sicherheit, dass ich es nicht wieder versuchen werde. Wieso lassen sie mich dann einfach so davonkommen? Das ergibt doch keinen Sinn.
 

„Warum, Sasuke?“
 

Ich schaue auf. Naruto fixiert mich mit ernstem Blick und obwohl ich genau weiß, was er meint, sehe ich ihn als Antwort fragend an. Es muss ihn wohl ziemlich erschüttert haben, was gestern vorgefallen ist.
 

„Du willst Konoha zerstören. Und ich will wissen, warum. Für mich macht das alles keinen Sinn, Sasuke. Ich, wir, würden dich zwar in keinem Fall ausliefern. Aber irgendwie haben wir ein Recht darauf zu erfahren, was genau mit dir passiert ist, findest du nicht?“
 

Eine Weile denke ich darüber nach, was er gesagt hat. Es stimmt schon. Und jetzt, da meine Intentionen sowieso offen daliegen, muss ich ja auch nichts mehr verheimlichen. Sie sollten schließlich wissen, dass Konoha nicht die Stadt ist, für die sie gehalten wird. In der Geschichte kommen weder ich noch Itachi schlecht weg, auf Konoha fällt die ganze Schuld. Es gibt keinen Grund, das weiter für mich zu behalten.

Und so fange ich einfach an zu reden. Ohne mir wirklich Gedanken darüber zu machen. Irgendwo haben sie es verdient, die Wahrheit zu erfahren, und verschlimmern kann ich meine Situation dadurch sicher auch nicht.

Ich fange ganz vorne an, bei Konohas Ursprüngen und wie den Uchiha damals so furchtbar Unrecht getan wurde. Ich erzähle von Itachis Zwiespalt, von der unmöglichen Entscheidung, die er treffen musste, und wie er letztendlich zum Märtyrer wurde, um Konoha den Frieden zu sichern, den es heute genießen darf. Dass er eigentlich ganz anders war, als er sich dargestellt hatte. Und ich spreche über unseren Kampf, über das unerwartete Ende, das er genommen hat, und in dem der Beweis liegt, wieviel ich Itachi bedeutet habe, was er alles geopfert hat, um mir ein Leben außerhalb des Fluchs des Uchiha-Clan zu ermöglichen. Dabei fällt es mir schwer, ihnen wirklich ins Gesicht zu sehen, und lasse deshalb meinen Blick im Zimmer umherschweifen während ich rede. Ich beschönige nichts, ich dichte nichts dazu, ich konfrontiere sie einfach mit der Wahrheit, die zu glauben schon schwer genug fällt. Manchmal wird mein Bericht geradezu nüchtern, an anderen Stellen ist er durchtränkt von heftigen Anschuldigungen. Aber generell verwende ich ziemlich wenige Worte, die die wirkliche Bedeutung von dem, was ich gerade erzähle, gar nicht richtig einfangen können. Darauf lege ich allerdings auch keinen Wert.

Die meiste Zeit über hören Sakura und Naruto aufmerksam zu, nur ab und zu stellen sie Fragen. Und am Ende schweigen sie eine ganze Weile. Sakura ist die erste, die etwas sagt.
 

"Aber warum hast du dann nicht auf Itachi gehört? Warum... willst du Konoha trotzdem zerstören?"
 

Muss ich ihr das wirklich erklären? Können sie ihr ganzes, angehäuftes Verständnis nicht auch hier zeigen? Sie hat überhaupt keine Ahnung von Rache; was sie mit einem macht, was sie in einem auslöst. Deshalb kann sie auch nicht nachvollziehen, wieso ich Konoha trotz Itachis Einsatzes zerstören möchte. Aber ich bin auch an keinem Punkt davon ausgegangen, dass sie mich verstehen könnte.

Naruto nickt zustimmend.
 

"Ist es dir egal, dass du Itachis Tod damit wertlos machst?", fragt er mich mit ernstem Ausdruck und zusammengezogenen Augenbrauen. "Konoha hat ihn vielleicht in eine Ecke getrieben. Aber am Ende hast immer noch du ihn getötet."
 

"Er wollte, dass ich ihn töte!"

Ich merke, wie ich wütend werde. Aber er hat auch kein Recht, mich irgendwie zu beschuldigen. Ich habe keine Schuld an Itachis Tod, ich bin nur derjenige, der das alles ausbaden darf.
 

"Ja, eben. Ich meine, er hätte dir ja auch die Wahrheit sagen können und du hättest die Chance gehabt, ihm zu vergeben. Vielleicht hättest du ihm nicht geglaubt, aber er hätte es versucht. Aber... ich weiß nicht, darauf ist es ihm ja überhaupt nicht angekommen. Er hat seinen Tod gewählt, Sasuke, er ist so gestorben, wie er es wollte."
 

"Er wollte sterben, um dir ein besseres Leben zu ermöglichen."
 

Ich… weiß das. Irgendwo. Alles, was sie da erzählen, ist nichts Neues für mich, es ist mir sogar sehr bewusst, aber irgendwie bin ich auf diese Seite nie so ganz eingegangen.

Ich wollte mich für meinen Bruder rächen. Und dabei habe ich das Wichtigste vergessen, nämlich meinen Bruder selbst. Sein Lebensinhalt war mir gewidmet.

Und irgendwie ist dieser Gedanke schön; es ist mir ganz gleich, wieviel Schmerz daran gebunden ist und mit der Erinnerung stets einhergeht. Das warme Gefühl, jemandem so wichtig gewesen zu sein, verbrennt die Schmerzen einfach und lässt sie als Asche zurück. Denn das ist der Beweis seiner Liebe, seiner unabdingbaren Liebe, die sogar die Grenzen des Menschs-seins sprengt, als er alles aufgegeben hat, nur für mich allein. Dieser einen Sehnsucht, der ich so lange blind nachgejagt bin und am Ende doch nie fangen konnte. Es erscheint mir auf einmal so klar, so unfassbar klar, und ich halte den Gedanken an ihn fest, klammere mich mit aller Kraft daran, weil es so wichtig ist.

Denn Itachi konnte sein Herz töten.

Aber nicht mich, seinen kleinen Bruder.
 

Und inmitten dieser Erkenntnis, umgeben von Sakura und Narutos taktvollem Schweigen, kommt mir zum ersten Mal in den Sinn, dass es noch etwas anderes gibt als Rache.
 


 

~~~

Joa. Ich glaube nicht, dass Sasuke im Manga so vergleichsweise einfach bekehrt werden kann, aber da ist er ja auch an einem viel extremeren Punkt angelangt. Da hat er einen ersten Geschmack der Rache bekommen, was sich laut seiner Aussage ziemlich gut angefühlt haben muss, und dementsprechend süchtig ist er jetzt nach weiteren Massakern. Da hat er sich schon viel zu weit reingeritten. Was zum Teil auch Madaras Verdienst war, der ihn ja sehr negativ beeinflusst hat. Und dieser Faktor fällt hier ja weg, er war stattdessen die ganze Zeit mit Naruto oder Sakura zusammen, was sich eben positiv auf seine Psyche ausgewirkt hat. Deshalb denke ich, dass es… okay ist, wie er jetzt bekehrt wurde. Ganz zufrieden bin ich nicht, aber mein Gott, ich hab auch keine Ahnung, wie Kishimoto das im Manga anstellen will. :S

Btw, Sasuke ist nicht plötzlich zum Gutmenschen mutiert. Er fängt nur an, über die Dinge ein bisschen anders nachzudenken. :D

Fünfzehnter Tag - Aufschwung

Es ist sonnig heute.

Zum ersten Mal seit Tagen. Kein trüber Himmel, keine plötzlichen Schauer. Es ist einfach nur schön und warm und positiv. Ich glaube, das sind die ersten Zeichen für einen Aufschwung. Jedenfalls kann ich dieses strahlend optimistische Gefühl nicht verdrängen, das sich immer weiter in mir ausbreitet und mich so schrecklich glücklich macht. Absofort kann es nur besser werden. Ich freue mich schon so, ihn zu sehen.
 

Es ist noch Vormittag, Wochenende, und die Straßen Konohas sind ungewohnt geschäftig. Kinder spielen Fangen und rennen dabei fast in mich hinein, aber es macht mir nichts aus, gar nichts, ich merke nur, wie sich unwillkürlich ein Lächeln auf meine Lippen schleicht. Ich liebe Konoha. Ich liebe den blauen Himmel, ich liebe die Sonne, die ganz warm auf meine Haut scheint. Sogar die Luft ist irgendwie anders heute. Es ist ein schöner Tag.
 

Den Weg zum Uchiha-Viertel finden meine Füße ganz von allein, ich war hier in den letzten beiden Wochen so oft. Aber jedes Mal, wenn ich durch das Tor gehe, überkommt mich aufs Neue ein beklemmendes Gefühl. Es fühlt sich an, als würde ich eine Totenstadt betreten. Hier ist kein Leben, gar nichts, die meisten Häuser sind halbzerfallen und zwischen den einzelnen Pflastersteinen wächst schon Unkraut. Die einzigen Geräusche kommen von Vögeln oder dem Wind, weil das Viertel so weit abseits vom Stadtkern liegt. Ich habe mich immer gewundert, wieso die Uchihas sich so isoliert haben; es sieht hier aus, wie in einem separaten Dorf, es gibt Geschäfte und Trainingsplätze und viele, viele Wohnhäuser. Eigentlich habe ich das immer als Arroganz gedeutet, aber inzwischen weiß ich es besser. Ihnen wurde Unrecht getan und das lässt mich ein kleines bisschen an Konoha zweifeln. Aber es ist anders jetzt, so etwas Schreckliches würde nie wieder geschehen. Ich habe Vertrauen in Tsunade, die Ältesten werden nicht mehr lange in ihrem Amt bleiben, und wenn Naruto eines Tages Hokage ist, daran glaube ich fest, wird er dafür sorgen, dass sich diese Ungerechtigkeit nie wiederholt. Und dann kann vielleicht auch Sasuke irgendwann wieder anfangen zu glauben. Dafür braucht es Zeit, sicher, aber ich möchte ihm dabei helfen, so gut ich kann.
 

Die Tür ist nicht abgeschlossen, wie immer, und ich bemühe mich, leise zu sein, um ihn nicht aufzuwecken, falls er noch schläft. Dann gehe ich in die Küche. Auf dem Weg zu ihm habe ich frische Tomaten gekauft und bin jetzt dabei, Onigiri zuzubereiten, weil ich weiß, dass er das so gerne isst. Ich glaube, er schläft noch, oder ist zumindest in seinem Zimmer und verhält sich sehr still.

Den Teller mit den fertigen Onigiri und Tomaten stelle ich auf den Tisch, bevor ich anfange, Wasser für den Tee zu kochen. Ich mache ihm jeden Morgen, wenn ich da bin, Frühstück. Weniger, um mich in ein Hausfrauen-Klischee hineindrängen zu lassen, als einfach um sicherzugehen, dass er wirklich etwas isst. Ich zweifle nämlich irgendwie daran, dass er sich selbst etwas kochen würde. Vielleicht liegt das aber auch bloß daran, dass ein kochender Sasuke nicht ganz in mein Weltbild hineinpasst.

Irgendwann höre ich das verräterische Knarren der Stufen und dann eigentlich kaum wahrnehmbare Schritte auf den Tatami-Matten. Er ist ein vollkommener Ninja, bewundernswert leise und sanft, wenn er sich bewegt. Naruto stampft dagegen immer sehr auf. Ich bin ein bisschen neidisch; ich glaube, ich bewege mich nicht annähernd so fließend wie Sasuke.

Mit einem Lächeln auf dem Gesicht drehe ich mich zu ihm herum. Er ist fertig und hat dunkle Schatten unter seinen Augen, die mit seiner blassen Haut kontrastieren. Müdigkeit, wahrscheinlich. Ich weiß nicht, wieviel er schläft, aber manchmal habe ich den Eindruck, dass ihn nachts zu viel wach hält und heimsucht, als dass er wirklich Ruhe finden könnte. Nur einmal hatte ich die Möglichkeit, ihn beim Schlafen zu beobachten, gestern, weil er sich sonst eine solche Blöße wahrscheinlich nie geben würde. Eine Weile lang war er bewusstlos, das ist aber nahtlos in Schlaf übergegangen, und er war so rastlos die ganze Zeit. Er hat sich im Bett gewälzt, sich in seiner Decke festgekrallt und ist zwei, drei Mal aufgeschreckt. Inzwischen wundert es mich nicht mehr, dass er solche Alpträume hat. Ich hoffe nur, dass es vielleicht besser wird, mit der Zeit. Bestimmt.

Und obwohl er so ermattet wirkt, ist er trotzdem noch schön. Das war er schon immer. Und ich lasse mich wieder und wieder in seinen Bann ziehen. Er ist sich dessen überhaupt nicht bewusst, glaube ich, dass man, wenn man ihn sieht, gar nicht anders kann, als zu starren. Seine Augen fixieren mich, ausdrucksstark und nichtssagend zur selben Zeit, intensiv und distanziert. Es ist aber nur ein kurzer Moment, nur im Vorbeigehen, denn er strebt den Teller mit seinem Frühstück an, nicht mich, und nimmt sich ein Reisbällchen weg. Ein dumpfes Stechen macht sich in meiner Magengegend breit, Enttäuschung, aber ich versuche, es so gut wie möglich einzudämmen, weil es einfach so lächerlich ist. Natürlich ist er nicht wegen mir gekommen.
 

"Guten Morgen, Sasuke-kun. Hast du gut geschlafen?"
 

Ich kenne die Antwort zwar und kann ihm ansehen, dass er sich heute Nacht kaum ausruhen konnte, frage aber trotzdem nach. Dafür bekomme ich nur ein Schulterzucken, aber damit habe ich ja gerechnet. Es macht mir nichts aus. Auch, wenn er dabei nicht einmal aufgeblickt hat, seine Prioritäten so gnadenlos deutlich macht, dass ein simples Reisbällchen in seinen Augen wichtiger ist als ich. Das ist okay. Er war nie anders, zumindest nicht, solange ich ihn kenne, und ich wusste ja, worauf ich mich einlasse. Früher hat mich sein offensichtliches Desinteresse an mir sehr verletzt und auch jetzt ist es ganz sicher kein schönes Gefühl, aber ich habe gelernt, damit umzugehen. Das muss man auch, wenn man die Distanz zu Sasuke abbauen will. Naruto kämpft damit ja auch, sogar noch viel mehr als ich, weil Sasuke bei ihm so viel radikaler ist, aber trotzdem haben die beiden etwas, worauf ich manchmal ein bisschen neidisch bin. Es ist unübersehbar, dass ich niemals Sasukes wichtigste Person werden kann, nicht mal die zweitwichtigste, aber wer vergleicht da schon? Solange ich ihm überhaupt wichtig bin, ist mir alles andere egal.
 

„Es ist schönes Wetter heute“, höre ich mich irgendwann sagen, weil die Stille so frustrierend ist. Er beachtet mich aber nicht weiter und ich zweifle sogar ein bisschen daran, dass er mich überhaupt gehört hat.
 

„Morgen soll es so sonnig bleiben“, fahre ich fort, „und deshalb… ich bin Kakashi vorhin begegnet und er hat vorgeschlagen, zusammen zu trainieren, weil wir irgendwann auch wieder gemeinsam auf Missionen gehen werden, wie früher.“
 

Jetzt schaut er auf, hebt seine Lippen von der Tomate, an der er eben noch geknabbert hat, während sich seine Augenbrauen in Missfallen zusammenziehen. Habe ich etwas Falsches gesagt? Aber so sieht er mich wenigstens an.
 

„Dann sag Kakashi, ich komme nicht mit.“
 

Er beschäftigt sich wieder mit seiner Tomate und ich bin ein bisschen ratlos. Ich dachte, es würde ihm gefallen; aus dem Haus zu kommen, zu kämpfen. Offiziell. Ohne Rachegedanken. Aber da habe ich mich wohl geirrt. Es ist so furchtbar schwer, ihn zu verstehen, weil er einfach keinen Sinn macht. Seine Handlungen widersprechen sich, was er sagt sowieso, und irgendwie habe ich den Code noch nicht gefunden, der da eine Logik hineinbringt.

Ich blicke auf und stelle fest, dass er bereits alles gegessen hat, was mich ein bisschen wundert, weil er immer noch hier sitzt; Hände in seinem Schoß, Blick auf nichts Konkretes gerichtet. Er sieht nachdenklich und unzugänglich aus. Aber etwas an ihm ist anders. Er spricht zwar noch immer kein Wort mehr als nötig, doch das ist nicht weiter schlimm. Seine Haltung ist anders, offener, genau wie sein sonst so düsterer Blick. Er wirkt fast entspannt. Ich bin so glücklich, zu sehen, dass es ihm besser geht. Auch, wenn es bisher nur ein kleiner Fortschritt ist. Immerhin weiß ich jetzt, woran es gelegen hat. Ich habe mir viele Gedanken gemacht über das, was er uns gestern erzählt hat, und muss feststellen, dass ich ihm nur sehr halbherzige Vorwürfe machen kann. Es ist nachvollziehbar, finde ich, dass er so weit gegangen ist. Ich könnte zwar nicht von mir behaupten, dass ich an seiner Stelle genau dasselbe getan hätte, aber ich bin ja auch nicht Sasuke. Und ich bin froh, dass man mich vorgewarnt hat vor dem, was er vielleicht planen könnte. Weil ich kann nicht mit völliger Gewissheit ausschließen, dass ich ansonsten nicht auf ihn hereingefallen wäre und das Juin gelöst hätte, einfach, weil er mich darum gebeten hat. Und vor zwei Tagen, als ich ihn umarmt habe und er mich nicht weggestoßen hat; wie soll ich das deuten? War es sein schlechtes Gewissen oder einfach nur Berechnung? Es ist so verwirrend.

Ich komme mir ein kleines bisschen überflüssig vor, nur hier herumzustehen und zu warten, und weiß nicht ganz, was ich mit mir anfangen soll. Darum gehe ich ein paar Schritte auf ihn zu und nehme den leeren Teller vor ihm weg, damit ich irgendetwas zu tun habe. Seine Augen verlieren dabei ihren abwesenden Glanz, kehren zurück in die Realität und ich merke, wie er mich mustert und mit seinem Blick verfolgt, wie ich den Teller in die Spüle stelle. Aber ich weiß nicht, was er denkt. Oder ob er gerade überhaupt irgendeinen Gedanken fasst. Man sagt ja, die Augen seien wie ein Fenster zur Seele eines Menschen, aber auf Sasuke trifft das gar nicht zu. Er macht das umgekehrt, er schließt aus. Es ist fast ein bisschen traurig. Aber andererseits wäre er ja auch nicht Sasuke, wenn er einfach zugänglich wäre, und er würde mir nicht so viel bedeuten. Denn das ist etwas, was Sasuke ausmacht, was kennzeichnend an ihm ist. Als ich kleiner war, hat mich genau dieses Detail, diese Distanz, furchtbar fasziniert, es hat ihn so besonders und geheimnisvoll gemacht. Inzwischen hat sich das ein wenig geändert und meine Gefühle reichen viel, viel tiefer, aber die Faszination an ihm ist immer noch da, auch wenn seine Art mich manchmal ein bisschen frustriert. Aber es steckt ja etwas dahinter, er ist nicht ohne Grund so, wie er ist, und das macht alles, was er tut, irgendwie wieder okay. Außerdem ist irgendwo in ihm auch ein anderer Sasuke, als der, der vor Hass und Schmerz nicht mehr klar sehen kann. Und dieser Schmerz ist doch auch nur entstanden, weil er seine Familie so sehr geliebt hat, deswegen kann er ihren Tod nicht einfach ruhen lassen, und das ist ja eigentlich etwas schönes. Er ist nicht einfach kalt und teilnahmslos, das ist er nur nach außen hin, wenn sich in Wirklichkeit die extremsten Emotionen in ihm aufwiegeln. Das habe ich so lange Zeit nicht erkannt.

Und trotzdem könnte er ein bisschen mehr davon auch an die Oberfläche lassen. Oder nicht ganz so abweisend sein. Manchmal wünschte ich mir, er würde mich ansehen; nicht so oberflächlich, wie er es immer macht, als wäre ich nur ein lästiges Hindernis für ihn, sondern richtig. Aber meistens schaut er lieber weg. Vielleicht hat er ja auch deshalb so lange gebraucht, das zu begreifen, was er jetzt, glaube ich zumindest, allmählich in sich aufnimmt. Dass er nicht alleine ist. Dass es Menschen gibt, die ihn unterstützen.
 

„Ihr hättet das nicht tun müssen.“
 

Überrascht drehe ich mich zu ihm um, ich bin fast jedes Mal überrascht, wenn ich seine Stimme höre, weil es meistens so unerwartet kommt. Wie jetzt. Seine Worte verwirren mich, ich weiß nicht wirklich, was er damit meint. Fragend schaue ich ihn an, sein Blick ist nur halb auf mich gerichtet.
 

„Was meinst du?“
 

Ein Schatten gleitet über sein Gesicht, ich glaube, er hat es nicht gern, wenn er sich erklären muss.
 

„Vorgestern. Ihr hättet mich einfach ausliefern sollen. Das war doch euer Auftrag, oder nicht?“
 

Aber er wirkt gar nicht so, als würde er wirklich wollen, dass wir ihn ausgeliefert hätten. Im Gegenteil. Er sagt es nicht offen, sein Tonfall verrät nichts, aber irgendwas ist da, das etwas anderes behauptet. Ich muss lächeln und sein Blick verdunkelt sich noch mehr als Konsequenz.
 

„Ich habe euch nie um Hilfe gebeten“, sagt er dann und es hört sich mehr nach einem Vorwand, nach einer halbherzigen Erinnerung an als nach einer wirklichen Überzeugung.
 

„Ich weiß. Du hast immer dankend abgelehnt. Aber du musst nicht um Hilfe bitten, du bekommst sie auch so, wenn du sie brauchst.“
 

Auch das hört er nicht gern, denke ich. Aber es ist die Wahrheit. Es ist eine unabänderliche Tatsache, dass sowohl ich als auch Naruto ihn niemals aufgeben werden. Das erkläre ich ihm auch. Ich weiß nicht, wie oft er das in seinem Leben schon gehört hat, aber es muss ziemlich oft gewesen sein. Nur reagiert er jetzt nicht mehr so abblockend darauf. Er lässt es zwar noch nicht ganz zu, nur ein bisschen hat er sich bisher geöffnet, aber es ist genug, um mich wirklich glücklich zu machen.
 

„Aber warum? Warum das alles?“
 

„Weil du so wichtig bist, Sasuke. Ich habe gar keine andere Wahl.“
 

Es stimmt, ich bin machtlos gegen ihn. Aber auf eine gute Art und Weise. Auch, wenn ich durch ihn meine schlimmsten Momente erlebt habe, an meinen schönsten ist er auch Schuld, und das macht alles wieder wett.

Zum ersten Mal heute schaut er mich richtig an. Seine Augenbrauen ziehen sich nachdenklich zusammen.
 

„Du bist so…“
 

Aber er bricht ab und schüttelt den Kopf. Ich bin mir nicht sicher, ob das, was ich gerade in seinem Gesicht gesehen habe, der Ansatz eines Lächelns war. Aber ich glaube, er fängt langsam an zu heilen.
 


 

~~~

Okay, das war das schon mal angesprochene Sakura-Kapitel. Wer war alles erst einmal verwirrt am Anfang? xD

Joa, positive Grundstimmung. Was allerdings an Sakuras Sicht liegt. Sasuke hätte das alles wesentlich pessimistischer rübergebracht. :D

Sechzehnter Tag - Veränderung

Am Ende bin ich doch mitgekommen.

Als Naruto mich heute morgen extra früh aufgeweckt hat, schrecklich laut und enthusiastisch, wegen dem angesetzten Training, hab ich mich nicht danach gefühlt, abweisend zu sein.

Insgesamt ist aber nicht viel passiert. Ein bisschen Training eben. Ich sollte gegen Kakashi nur mit Taijutsu und Sharingan kämpfen und irgendwann haben wir es aufgegeben, weil kein wirklicher Sieger in Sicht war. Aber es hat an meiner Kondition gezehrt, sogar sehr. Nebenwirkungen von meinem Chakrasiegel.

Und dann, was ich überhaupt nicht erwartet habe, obwohl es irgendwo vorhersehbar war, hat Naruto mich zu einem Übungskampf herausgefordert. Kakashi fand die Idee gut, Naruto war sowieso begeistert, nur Sakura hat ein bisschen beunruhigt ausgesehen. Und so einladend das Angebot auch war, ich musste es ablehnen. Es würde nur eskalieren, da bin ich mir ziemlich sicher. Denn für irgendwas sind Fehler aus der Vergangenheit ja da; und unsere bisherigen Kämpfe waren mir Lehren genug. Kämpfen mit Naruto ist so speziell, ich glaube, es würde nicht funktionieren, das ganze freundschaftlich aufzuziehen. Da ist zu viel zwischen uns. Jetzt ist es sowieso zu früh, die Erinnerungen an unseren letzten Kampf sind noch zu frisch, und eigentlich sollte er doch derjenige sein, der abgeschreckt ist. Er vertraut mir schon wieder voll und ganz, obwohl das nicht gut enden kann. Aber im allgemeinen bezweifle ich, dass wir jemals in der Lage sein werden, normal wie zwei Freunde zu kämpfen. Vielleicht sind wir dafür einfach nicht gemacht. Denn auch, wenn ich ihn nicht verletzen möchte, sehne ich mich danach. Es gibt zu viel Rivalität und zu viel Spannung.
 

„Meh, Sasuke, was ist denn mit dir los?“
 

„Hn.“
 

Ich gehe in die entgegensetzte Richtung, weil ich nicht mit ihm diskutieren will, aber komme nicht weit. Denn er hat mich schon an der Schulter gepackt und dreht mich zu ihm herum.
 

„Komm schon, nur ein kleines bisschen!“, seine Augen schielen kurz rüber zu Kakashi und Sakura, die ein paar Meter hinter uns stehen, dann kommt er mit seinem Gesicht näher und senkt die Stimme, „vergiss letztes Mal. Ich will nicht ernst kämpfen, sondern nur zur Übung. Freundschaftlich. Niemand wird verletzt.“
 

„Nein. Und komm nicht so nah.“
 

Damit stoße ich ihn von mir weg. Er stolpert ein paar Schritte nach hinten.
 

„Stell dich nicht so an“, sagt er dann, Unterlippe vorgeschoben, und murmelt etwas Unverständliches vor sich hin. Eine Sekunde später hellen sich seine Gesichtszüge auf, in seinen Augen funkelt etwas. „Oder… hast du Angst, dass du verlierst?“
 

Er grinst neckisch, lässt es aber wieder sein, als er merkt, dass ich nicht darauf reagiere.
 

„Schön, dann nicht!“
 

Dabei wirft er theatralisch die Arme in die Höhe und gibt sich so auch symbolisch geschlagen. Aber er lässt sich davon nicht hinunterziehen, sondern hat gleich wieder ein Lächeln im Gesicht.

Sakura und Kakashi kommen zu uns herüber und irgendwie ist es deutlich, dass das Training vorbei ist. Es ist deutlich wärmer geworden, früher Nachmittag, würde ich schätzen. Die Sonne scheint ziemlich grell und ich wünsche mir das schlechte Wetter von letzter Woche zurück.

Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Naruto Sakura gerade voller Enthusiasmus in ein Gespräch verwickelt. Kakashi stellt sich währenddessen neben mich und er wirkt irgendwie so, als würde er mich wegen etwas ansprechen wollen. Aber er sagt nicht sofort was, sondern schiebt seine Hände in die Hosentaschen und schaut zum Himmel. Ich wundere mich, dass ihn die Sonne nicht blendet, weil er fast direkt hineinsieht.

Irgendwie fühlt sich die Situation gerade seltsam surreal an, ich weiß aber nicht, warum. Es ist aber nichts Schlechtes. Nur eigenartig, hier einfach neben Kakashi zu stehen und Sakura und Naruto lachen zu sehen. Ich wende meinen Blick ab.
 

„Warum hast du Narutos Herausforderung abgelehnt? Das sieht dir gar nicht ähnlich.“
 

Er schaut noch immer geradeaus. Ich zucke mit den Schulter, obwohl er das wahrscheinlich nicht sehen kann.
 

„Woher willst du wissen, ob mir das ähnlich sieht? Du kennst mich nicht.“
 

Ich kann es nicht leiden, wenn Leute denken, sie wüssten alles über mich. Eine Weile lang schweigt er und beobachtet mich dabei aus dem Augenwinkel.
 

„Ist etwas vorgefallen?“
 

„Das geht dich nichts an.“
 

Ich weiß, dass er aus meiner defensiven Haltung ganz gut seine Schlüsse ziehen kann, aber es ist mir egal. Und bevor Kakashi etwas entgegnen kann, dreht sich Naruto zu uns herum.
 

„Das Training für heute ist beendet, oder?“, fragt er und freut sich, als Kakashi zur Antwort einmal kurz nickt. „Ich finde, wir sollten alle zusammen Mittagessen gehen!“
 


 

Wir sitzen zu dritt bei Ichiraku’s. Ganz wie in alten Zeiten. Und ich weiß nicht, ob ich das gut oder schlecht finden soll. Kakashi hat abgelehnt, er hatte wohl noch zu tun.

Naruto und Sakura reden über irgendetwas furchtbar Triviales, ich höre ihnen nur halb zu. Aber ich glaube, sie sprechen auch manchmal mit mir. Mich wundert, dass Naruto zwischen all dem Reden auch noch Zeit hat zu essen.

Ich erinnere mich an das letzte Mal, als ich hier mit Naruto Ramen gegessen habe. Es ist gar nicht lange her, eine Woche, aber es fühlt sich an wie eine Ewigkeit. Ich habe hier gesessen und wollte eigentlich nur weg; um wegen dem ganzen Hass nicht wahnsinnig zu werden, habe ich mich mit Fantasien beruhigt. Das brauche ich nicht mehr. Er hat mir damals erklärt, dass er sich nicht zwischen dem Dorf und seiner wichtigsten Person entscheiden könnte und das auch gar nicht notwendig wäre, weil er beide retten würde. Ich habe nicht wirklich daran geglaubt, aber er hat mir ja das Gegenteil bewiesen. Er hat mich beschützt und vertraut mir, auch wenn ich noch immer ein Risiko darstelle. Das ist so viel.
 

Wir stehen auf und bezahlen. Ich nicht, weil ich kein Geld dabei habe, dafür übernimmt Naruto meine Rechnung. Ich verzichte darauf, ihm zu danken, weil er viel zu viel für mich tut, als dass ich ihm dafür angemessen danken könnte.

Auf dem Weg zurück zu meinem Haus zieht er mich irgendwann beiseite, dass wir ein paar Meter hinter Sakura laufen. Er ist relativ nahe, sodass er seine Stimme senken kann und ich ihn trotzdem zwischen all den Hintergrundgeräuschen höre.
 

„Sasuke?“, fängt er an und lächelt dabei, schweigt kurz, bevor er fortfährt. „Es ist okay.“
 

Ich verstehe nicht, was er meint, und schaue ihn fragend an, warte darauf, dass er sich erklärt.
 

„Ich verzeihe dir, dass du mich verletzen wolltest“, sagt er dann, seine Stimme ist ungewöhnlich ruhig. „Ich verstehe dich jetzt. Ich weiß, wie es sich anfühlt, einen geliebten Menschen zu verlieren. Jiraiya-“
 

„Das ist nicht dasselbe. Das-“
 

„Es ist vielleicht nicht genau dasselbe, aber ein bisschen. Und auch… als ich erfahren hab, dass Jiraiya getötet wurde, von Akatsuki, da… war ich so wütend. Ich wollte mich rächen, ich wollte denjenigen töten, der mir meinen Lehrer genommen hat. Aber inzwischen… es ist der falsche Weg, das ist mir klar geworden. Rache ist nicht gut. Sie zerstört und verletzt und blendet. Ich möchte nicht in diesen… in diesen Kreislauf des Hasses hineingezogen werden.“
 

Er spricht es nicht aus, aber er sagt mir damit implizit, dass er nicht will, dass ich weiter meiner Rache hinterher jage. Er vergleicht seine Situation mit meiner, aber sie sind grundverschieden. Und trotzdem will ich ihm dieses eine Mal nicht widersprechen.
 

Naruto hat sich irgendwann von uns verabschiedet. Er muss noch seinen Vorrat an Instant-Ramen aufstocken, bevor die Geschäfte schließen, hat er dazu gesagt. Ich habe das nicht weiter hinterfragt und meinen Weg fortgesetzt.

Als wir angekommen sind, hat es schon angefangen zu dämmern. Orange-rotes Licht fällt durch die Fenster ein, von dem Sakura fasziniert scheint, aber ich ignoriere es einfach und gehe die Treppe hoch zu meinem Zimmer. Ich bin erschöpft und lasse mich auf das Bett fallen. Sakura ist mir mit einigem Abstand gefolgt und kommt jetzt auch ins Zimmer herein.
 

„Schau mal!“
 

Begeistert strahlt sie mich an und ist dabei ganz hibbelig, wie ein kleines Kind, das gleich ein Geschenk bekommt.
 

„Was für ein wunderschöner Sonnenuntergang!“
 

Bevor ich es verhindern kann, hat sie mich auch schon am Ärmel zum Fenster gezogen und ist gerade dabei, die großen Balkontüren zu öffnen.
 

„Ich liebe Sonnenuntergänge! Sie sind so schön rot und rosa und warm.“
 

Ich finde, der Himmel sieht blutig aus.
 

„Du sagst ja gar nichts, Sasuke-kun.“
 

Inzwischen hat sie mich mit nach draußen geschoben, auf den Balkon, und lehnt sich vorne gegen das Geländer auf der rechten Seite. Es ist kühler als erwartet, ich friere ein bisschen. Sie zittert auch.
 

„Magst du keine Sonnenuntergänge?“
 

„Nein.“
 

Ihre grünen Augen werden riesengroß, als könnte sie nicht glauben, dass ich von Sonnenuntergängen nichts halte. Dann wird sie ganz still.

Und über uns trieft der Himmel noch immer vor Kitsch, Blut und Romantik.
 

Nach einer Weile sind wir dann wieder reingegangen. Ich hab mich die ganze Zeit auf dem Balkon irgendwie deplatziert gefühlt. Aber die Sonne ist jetzt untergegangen, es ist dunkel draußen und ich sitze auf meinem Bett. Ich bin müde. Das Training heute hat mich angestrengt und ich wäre jetzt am liebsten allein. Aber ich will sie auch nicht rauswerfen, wenn sie anscheinend so gerne hier ist.
 

„Wie fühlst du dich, Sasuke-kun?“
 

Ich zucke mit den Schultern und schaue zu ihr herüber.

„Ganz gut.“

Es geht mir gerade wirklich ganz gut, ich kann es selbst kaum glauben. Überzeugt, irgendwo doch ein negatives Gefühl zu finden, horche ich in mich hinein. Aber da ist nichts, gar nichts. Es ist nicht so, dass ich glücklich bin. Nur zufrieden. Und selbst das ist schon mehr, als ich mir je erhofft habe.

Ich erinnere mich daran, was irgendein wichtiger Mensch mal gesagt hat. Wo es dir gut geht, wo du Menschen hast, die dir etwas bedeuten, dort ist deine Heimat.

Richtig gut wird es mir nirgendwo mehr gehen. Aber hier leben wenigstens meine Freunde, die mich lieben. Die ich lieben kann. Und letztendlich, ist das nicht alles, wonach ich immer gesucht habe?

Mir wird zum ersten Mal wirklich bewusst, dass ich kurz davor war, auch noch das letzte zu verlieren, was mir geblieben ist. Aber ich konnte noch rechtzeitig gestoppt werden. Es ist zwar nichts perfekt, aber es fängt langsam an, okay zu werden. Erträglich. Ich glaube, ich kann es doch schaffen, Itachis Wunsch zu beherzigen. Es kommt mir gar nicht mehr so schlimm vor, hier in Konoha zu bleiben.
 

Ich spüre, wie es mir immer schwerer fällt, meine Augen offen zu halten. Ich bin so müde. Sakura hat das auch gemerkt.
 

„Ist irgendwas mit dir?“
 

Sorge dominiert ihre Stimme, ihr Gesicht, ihre ganze Haltung. Warum kann sie nicht anders, als sich immer zu sorgen? Aber richtig stören kann ich mich an diesem Gedanken nicht mehr. Meine Lider fallen zu und nach einer Weile nickt mein Kopf nach vorne. Um ihn zu stabilisieren, lege ich eine Hand gegen meine Stirn.
 

„Sasuke? Hey, Sasuke!“
 

Sie ruft mich einmal. Zweimal. Ihre Stimme dringt kaum zu mir durch.

Meine Sinne entschwinden langsam und ich denke mir nichts dabei, als ich ein Stuhlrücken höre. Es dauert nicht lange, und dann spüre ich, wie sie mich in ihre Arme zieht und an sich drückt, und will mich gerade gar nicht dagegen wehren. Sie redet ununterbrochen weiter, aber ich kann ihre Worte nicht mehr erfassen, ihre Stimme wird einfach ausgeblendet. Ich nehme nur noch die Wärme wahr, die sich an mich abgibt, die sanfte Bewegung ihrer Finger in meinem Haar und den Rhythmus, wie sich ihr Brustkorb beim Atmen auf und abbewegt. Es dauert eine Weile, bis diese Erkenntnis zu mir hindurchdringt; dass ich in Sakuras Armen liege und mich das ungemein beruhigt. Und wenn ich jetzt noch die Kraft dazu hätte, würde ich sie sofort wegstoßen. Aber ich bin zu ausgelaugt, zu müde. Ich möchte schlafen…
 


 

Als ich die Augen öffne, erschrecke ich fast, weil ich Sakura so nahe bin. Ich fühle mich nicht wirklich erholt, obwohl ich geschlafen habe, sogar müder als zuvor. Ihre Hand liegt noch immer auf meinem Kopf, mit der anderen hält sie mich umklammert. Weil mir so viel Nähe irgendwie unangenehm ist und ich das normal nie zulassen würde, versuche ich mich aufzurichten und aus ihrer Umarmung zu befreien. Als sie merkt, dass ich wach bin, lässt sie mich auch sofort los. Und dann ist etwas komisch, ich schaue zu ihr hoch, sie lächelt. Ich befinde mich irgendwie auf halber Höhe, in einer komischen Position, und begreife nicht ganz, was passiert. Sie streckt eine Hand nach mir aus und streicht mir eine Haarsträhne von der Stirn, die mir in die Augen gefallen ist. Aber sie nimmt ihre Hand nicht weg, sondern legt sie auf meine Wange. Das verwirrt mich. Doch ich bewege mich auch nicht, obwohl ich eigentlich gerne zurückweichen würde. Ihre Mund öffnet sich ein bisschen, in ihren Augen ist etwas Komisches. Und dann kommt sie näher und ich begreife nicht ganz, was sie vorhat. Bis es schließlich passiert und sie ihre Lippen gegen meine drückt.

Es ist warm, eigenartig und zu viel.

Ich weiß zuerst gar nicht, wie ich reagieren soll. Sie hat ihre Augen geschlossen, meine sind weit aufgerissen. Es fühlt sich nicht richtig an und ich bin wie gelähmt. Aber dann fange ich mich wieder, stoße sie von mir weg.
 

"Was...?!"
 

"Es- es tut mir leid...!"
 

Sie streckt ihren Arm nach mir aus und berührt meine Hand, um mich zu beruhigen, und auch nur für eine Sekunde, aber es ist momentan mehr als ich ertragen kann. Diese kurze, leichte Berührung verbrennt mich fast und aus Reflex schlage ich ihre Hand weg.
 

"Fass mich nicht an!"
 

Erst als sich ihre Augen weiten und kleine Tränen darin glitzern, merke ich, was ich getan habe. Aber es ist ihre Schuld.

Es gibt einen lauten Knall, die Tür ist zugeflogen. Sakura weg. Und ich setze mich zurück auf mein Bett.

Vielleicht hätte ich ihr hinterherlaufen oder wenigstens versuchen sollen, sie vom Gehen abzuhalten. Aber ich habe es nicht getan. Und noch immer verspüre ich keinen Drang, ihr nachzurennen. Mich bei ihr entschuldigen, ihr sagen, dass es mir leid tut. Ich sehe nicht ein, ihr etwas vorzulügen, nur damit sie nicht mehr wütend auf mich ist.
 


 

Am Ende bin ich ihr doch nachgerannt. Wie soll es auch anders sein? Ich bin schwach. Ich habe etwas gefunden, was ich ergreifen kann und möchte es nun nicht mehr loslassen.

Dabei kann es nur in einer Tragödie enden. Denn trotz der Illusion des Glücks, von der ich mich langsam blenden lasse, sehe ich das Ende unfassbar klar. Ich laufe sehenden Auges in den Untergang. Ändern kann ich schon lange nichts mehr.

Erst als ich keuchend auf einer Seitenstraße stehe, wird mir bewusst, dass ich überhaupt nicht weiß, wie ich sie finden soll. Es ist schon spät und meine Sicht auch dementsprechend eingeschränkt. Nur die Straßenbeleuchtung spendet Licht, aber auch nicht viel, und ich könnte nicht einmal sagen, ob Sakura nun fünfzig Meter vor mir steht oder nicht. Außerdem hat sie einen Vorsprung. Ich weiß auch gar nicht, wo sie wohnt, das hat mich nie interessiert, aber jetzt würde mir das sehr helfen.

Weil ich nicht wirklich weiterweiß, laufe ich einfach die Straße entlang und biege immer mal wieder ab, wenn mir danach ist. Meine Lungen protestieren, ich bin noch nicht ganz fit, aber das ignoriere ich. Etwas anderes bleibt mir ja auch nicht übrig. Irgendwo sage ich mir zwar, dass ich besser umkehren sollte, weil Konoha so groß ist und Sakura potentiell überall sein könnte, aber dieses eine Mal verzichte ich auf Rationalität. Auch wenn meine Moral langsam schwindet.

Meine Schritte hallen auf dem Beton, weil es so still ist. Ein Mann kommt mir entgegen. Ein Ninja, das erkennt man am Gang und an der Haltung. Zuerst beachte ich ihn kaum, aber dann überlege ich, dass er sie ja vielleicht gesehen haben könnte. Einen Versuch ist es wert.
 

„Hey“, höre ich mich selbst sagen und warte ab, bis er sich verwundert zu mir gedreht hat. „Ist hier gerade ein rosahaariges Mädchen vorbeigekommen?“
 

Der Shinobi überlegt eine Weile, dann scheint er sich an etwas zu erinnern, nickt, und zeigt nach Süden.

„Sie ist in den Wald gelaufen.“
 

Ich danke ihm kurz und renne weiter.

Sturmwolken ziehen sich am Horizont zusammen.
 


 

~~~

Ich glaube, das ist das Kapitel, das bei weitestem am meisten Dialog hatte. Vor allem mit verschiedenen Personen. xD

Wuhu, Cliffhanger. Was soll ich sagen? Der ein oder andere aufmerksame Leser wird wohl gemerkt haben, dass nur noch ein Kapitel folgt. Oder auch nicht. Naja, ich habs ja von Anfang an eigentlich nicht wirklich verheimlicht, siehe Titel und exakt berechnete Prozentzahl. Und wenn ihr den Titel jetzt noch ein bisschen weiterinterpretiert, wisst ihr auch, wie das ganze ausgeht. Oder ihr wartet einfach eine Woche und erfahrt es dann. :)

Es ist so schön zu wissen, dass die FF nach fast drei Jahren endlich fertig gestellt wird. :DD

Siebzehnter Tag - Ende

Ich renne weiter die Straße entlang, meine Augen auf die dunklen Baumkronen gerichtet, die sich vor mir auftun. Ich verstehe zwar nicht ganz, warum Sakura ausgerechnet in den Wald gelaufen sein soll, vor allem um diese Uhrzeit, aber ich verstehe im allgemeinen nicht, was in ihrem Kopf vorgeht. Vielleicht macht das in ihrer Realität ja Sinn, ich weiß es nicht. Ich hoffe nur, dass ich nicht allzu lange suchen muss.
 

Da sind Shinobi, ganz in der Nähe. Ich kann ihre Präsenz spüren. Und irgendwas daran stört mich, irgendwas ist nicht so, wie es sein soll. Meine Schritte verlangsamen sich, bis ich in ein gleichmäßiges Joggen verfalle. Sie kommen näher. Vielleicht sind sie einfach nur auf einer Mission, aber mich befällt so ein ungutes Gefühl. Es mag zwar paranoid sein, aber ich biege nach links ab, einfach nur, um zu sehen, ob sie mir folgen werden. Und das tun sie. Ich kann sie inzwischen sogar hören, obwohl sie sich natürlich sehr leise bewegen, und kann das gelegentliche Knacken, wenn einer von ihnen auf einen Ast tritt, ganz gut von den Geräuschen, die ich erzeuge, unterscheiden. Instinktiv greife ich zu der Stelle, an der sich normalerweise mein Kusanagi befindet, nur um ins Leere zu fassen.

Es hat keinen Sinn, weiter zu laufen, also bleibe ich stehen und drehe mich schonmal um, damit sie nicht den Eindruck kriegen, sie hätten mich überrascht.

Und da kommen sie auch schon, ihre Schritte werden vorsichtiger, als sie merken, dass ich nicht davonlaufe, bis ich schließlich die ersten Silhouetten der Shinobi zwischen den Bäumen erkenne. Es sind fünf Stück. Aber ein Blick nach oben zeigt mir, dass es wesentlich mehr sind, die sich jetzt einer nach dem anderen zu erkennen geben. Sie verteilen sich um mich herum, damit ich nicht weg kann, aber das habe ich ja sowieso nicht vor. Und auch, wenn ich nicht viel sehe, erkenne ich doch, dass es allesamt hochrangige Ninja sind, allerdings keine normalen Anbu, sondern von Danzous Sondereinheit. Es ist deutlich, dass sie wegen mir hier sind. Ich beginne, eins und eins zusammenzuzählen.
 

"Was wollt ihr?"
 

Einer der Shinobi tritt vor, wahrscheinlich der Gruppenführer oder irgendsowas.
 

"Wir haben Anweisungen von Danzou. Du hast einen Angriff auf die Ältesten geplant. Das ist Hochverrat. Und darauf steht die Todesstrafe."
 

Dann hat Danzou also von Anfang an nicht in Naruto und Sakura vertraut, wahrscheinlich hat er damit gerechnet, dass sie mich decken würden, und deshalb eigene Wachposten aufgestellt. Und jetzt, wenn Tsunade nicht da ist, versucht er, mich unauffällig auszuschalten. Aber das lasse ich nicht mit mir machen. Da hat er mich gewaltig unterschätzt, wenn er denkt, dass so ein paar Shinobi eine Gefahr für mich darstellen. Wie furchtbar, furchtbar lächerlich.
 

"Dann kommt doch."
 

Und sie kommen tatsächlich; alle auf einmal, gut koordiniert. Die ersten Schläge wehre ich ab, dann packt mich einer von hinten und ich muss mich losreißen, doch ich bin zu langsam, um einer Attacke ganz zu entgehen. Es ist aber nur ein oberflächlicher Schnitt am Arm und ich merke es kaum.

Ich hätte gerne mein Kusanagi, ist der Gedanke, der mir durch den Kopf geht, während ich mich vor Schwerthieben ducke und gelegentlich ein paar Tritte verteile. Noch einer versucht, mich festzuhalten, diesmal kontere ich mit Chidori Nagashi und er fällt krampfend zu Boden. Meine Sharingan habe ich längst aktiviert, deshalb ist es nicht schwer, den Angriffen auszuweichen oder zu erkennen, ob da ein Doppelgänger vor mir steht. Aber es sind trotzdem zu viele. Und ich kann Amaterasu nicht einsetzen, weil die Gefahr viel zu groß wäre, damit den Wald oder Konoha in Brand zu setzen.

Ich ducke mich gerade noch rechtzeitig, um einem Schlag zu entgehen, und nutze die momentane Blöße des Gegners, um ihn mit einem Tritt gegen das Schienbein aus dem Gleichgewicht zu bringen und dann ein Chidori durch seine Brust zu jagen. Er sackt Blut spuckend in sich zusammen. Um wenigstens irgendeine Waffe zu haben, hebe ich das Kurzschwert eines gefallenen Shinobi auf; es ist nicht mit meinem Katana zu vergleichen, aber Chakra lässt sich trotzdem damit leiten. Ich schaffe es so, ein paar Gegner auszuschalten, aber mir wird immer wieder bewusst, dass ich nicht auf meinem normalen Niveau kämpfe, meine Reaktionen sind gefährlich langsam, trotz den Sharingan. Zwar sehe ich rechtzeitig, das Ausweichen ist aber oft sehr knapp. Ich bin noch immer etwas müde von dem Training heute Morgen und dem unruhigen Schlaf der letzten Tage. Dazu kommt das Chakrasiegel, und so ein bisschen Chidori fordert mich mehr als es eigentlich sollte. Die Gegner sind noch immer in deutlicher Überzahl. Sie kommen von allen Seiten und es ist schwer bis impraktikabel, wirklich jedem Angriff auszuweichen, weil ich ja doch nur sehen kann, was sich vor mir befindet. Ein Schwert streift mich, schon wieder. Das Atmen fällt mir schwer. Zu spät sehe ich, wie ein Anbu Fingerzeichen schließt, und es reicht nicht mehr, um dem Suiton-Jutsu zu entgehen.

Eine Welle reißt mich von den Füßen, mitsamt ein paar anderen Shinobi, und ich werde gegen einen Baum geschleudert, einige Meter weiter hinten. Der Aufprall hat mir für ein paar Sekunden schwarz vor Augen werden lassen und ich muss nach Luft schnappen. Vor mir sehe ich Anbu, die auf mich zustürmen; ich weiß, dass ich nicht schnell genug entkommen kann. Es sollte sich final anfühlen. Aber das tut es nicht, ich will noch nicht sterben, sonst würde all das hier seinen Sinn verlieren.

Da ist eine dunkle, mächtige Kraft in mir. Und ich sehe gerade keine andere Option, als mich ihr hinzugeben und zu schauen, was sie mit mir anstellt. Ich lasse ihr freien Lauf, stelle ihr mein Chakra zur Verfügung und entfessle sie mit einem Schrei. Die Shinobi, die mich gerade angreifen wollen, werden zurückgeschleudert. Bösartiges, lila Chakra manifestiert sich um mich herum und Knochen, Rippen umgeben mich schützend.

Susanoo. Es sieht anders aus als Itachis. Vielleicht ist es noch nicht vollständig ausgebildet. Aber schützen tut es mich trotzdem. Die Angriffe der Ninja prallen einfach von mir ab, sie haben keine Chance, einen Treffer zu landen, und beobachten verwirrt die Situation. Ein Arm hat sich aus dem dunklen Chakra gebildet, das mich umgibt, und ich kann die Shinobi damit zerstampfen oder gegen Bäume schmettern. Es ist blutig. Die Gegner scheuen zurück, flüchten allerdings nicht, und ich fühle mich wieder überlegen. Sie haben keine Chance.

Aber Susanoo tut weh. Es lässt sich gar nicht richtig beschreiben; jede einzelne Zelle in meinem Körper schmerzt und ich werde immer müder, mit jeder Sekunde, in der ich es aufrecht erhalte. Und irgendwie fühlt es sich an, als würde es nicht nur mein Chakra fressen. Ich weiß, dass ich es nicht mehr lange ertragen kann, aber es sind auch nicht mehr viele Gegner. Noch bin ich unverwundbar. Darum nutze ich das aus und drehe mich mit dem Rücken zu ihnen, laufe in Richtung Waldrand. Ich will nicht fliehen, sie verfolgen mich sowieso, aber ich will mehr Bewegungsfreiheit haben und das ist zwischen den Bäumen nicht gegeben. Sie haben einen Vorteil, wenn sie sich überall verstecken können, und ich kann auf einem offenen Feld besser ausweichen und angreifen.
 

Es sind nur noch drei Stück, die mir gegenüber stehen, alle abwartend in Angriffsposition, weil sie ja doch nichts tun können. Eine Welle des Schmerzes überschwemmt mich, ich falle hustend auf die Knie und erschrecke mich, als ich Blut auf dem Gras vor mir sehe. Das lila Chakra um mich herum löst sich auf. Die Shinobi nutzen meinen Moment der Schwäche und stürmen auf mich los, aber ich bin vorbereitet, zumindest ein bisschen, und kann ihnen ausweichen. Sie involvieren mich absichtlich in einen Nahkampf, weil sie so durch ihre Zahl einen Vorteil haben, aber ich habe ja noch meine Sharingan und kann ganz gut mithalten. Das geht eine Weile so. Bis meine Augen anfangen zu brennen, so stark, dass ich sie kurz schließen muss, obwohl ich weiß, dass das ein furchtbarer Fehler ist. Einer der Anbu erwischt mich; ein Schmerz zieht sich durch meine Seite, der mich meine Augen für den Moment vergessen lässt. Ich schaue hinunter, da ist Blut und ich kann noch gar nicht wirklich sagen, wie kritisch die Verletzung ist oder ob lebenswichtige Organe getroffen wurden, aber ich glaube nicht. Dafür ist sie zu weit außen, nicht tief genug. Mein Kopf ruckt wieder nach oben; ich muss weitermachen, ich habe gar keine andere Wahl. Um die Wunde kann sich Sakura kümmern, wenn ich sie gefunden habe. Es tut zwar weh und ich bin furchtbar benachteiligt, aber das kann ich ausblenden. Irgendwie. Der Kampf geht weiter, ich versuche sie mit einem Katon-Jutsu zu erwischen, aber es geht daneben, womit ich eigentlich auch gerechnet habe. Das war eher eine Verzweiflungstat. Meine Möglichkeiten schränken sich immer weiter ein und ich habe nicht mehr so viel Chakra übrig. Ich bin unentschlossen. Ich habe Bedenken, dass es schief geht. Aber es hilft nichts. Ich sehe keinen anderen Weg, die übrigen Shinobi möglichst schnell zu töten, und schließe meine Augen, um Amaterasu vorzubereiten. Ich weiß, wo sie sind, alle drei. Es ist gleich vorbei.

Aber dann höre ich etwas und auf einmal zieht mich jemand nach hinten und ich stolpere, falle, und reiße aus Schreck und Reflex die Augen auf.
 

Das erste, was ich sehe, sind die kleinen, bunten Dächer von Konoha.
 

Einen Moment lang ist es still und ich glaube, mein Herz hat aufgehört zu schlagen. Erst als ich etwas Warmes, Dickflüssiges meine Wange herunterrinnen spüre und sich dort, wo ich hinsehe, ein schwarzer Fleck gebildet hat, der sich immer weiter ausbreitet, fange ich an zu schreien.
 

In einem Verzweiflungsakt drehe ich mich zu den verbliebenen Anbu um, die vor Schreck einfach stehen geblieben sind, um auch sie in schwarze Flammen zu hüllen. Unter lautem Knistern und gellenden Schreien verbrennen sie, bis nichts mehr von ihnen übrig ist.

Ich falle auf die Knie. Kraftlos, entsetzt, am Ende. Vor mir ist Schwarz, so viel Schwarz, das sich vom Nachthimmel eigentlich gar nicht abheben dürfte, aber das tut es, und es frisst ihn langsam auf. Ich spüre, wie sich das Blut auf meinen Wangen allmählich verkrustet. Es fühlt sich alles so furchtbar surreal an. Mir ist schwindlig, ich kriege kaum Luft. Und das Stechen in meiner Brust wird stärker.

Ich habe das Dorf zerstört, wie ich es immer wollte. Aber da ist keine Euphorie in mir. Da ist gar nichts.

Ich weiß, es ist vergebens, aber ich versuche, das Feuer zu löschen. Ich versuche es wirklich. Aber ich schaffe es einfach nicht mehr. Meine Augen sind überstrapaziert, es tut entsetzlich weh, als würden sie gerade zerquetscht werden. Warmes Blut strömt über mein Gesicht. Und trotzdem werden die Flammen nur kurz schwächer, dann lodern sie wieder auf.

Es geht gar nichts mehr, ich bin so müde. Meine Chakrareserven sind nahezu aufgebraucht. Ich kann nicht weitermachen, sonst sterbe ich hier vor Erschöpfung. Wobei ich ohnehin nicht glaube, dass mir noch viel Zeit bleibt. Die Wunde in meiner Seite fordert ihren Tribut und mein Körper ist zu geschwächt, um auf lange Sicht dagegen halten zu können. Und ich glaube nicht, dass in Konoha jetzt irgendjemand die Zeit hat, mich mit einem aufwendigen Heilungsverfahren zu retten.

Ich frage mich, was Naruto und Sakura jetzt wohl denken. Sie wissen, dass das Amaterasu ist und ich Schuld daran bin. Mich würde wirklich interessieren, ob mir Naruto auch in diesem Moment noch vertraut. Zum ersten Mal in all den Jahren habe ich Angst, dass ich ihn enttäuscht habe.
 

Mit schleppenden Schritten quäle ich mich in das Dorfinnere hinein.

Es ist das Szenario einer Apokalypse.

Die Hitze ist beinahe unerträglich und am Himmel häufen sich schon dichte Gewitterwolken an. Es wird nicht mehr lange dauern, bis sich Regenschwälle über Konoha ergießen und Blitze die Nacht erleuchten. Spätestens dann ist das Bild des Untergangs komplett. Ich kann nicht anders, als eine gewisse Schönheit in diesem Anblick zu finden.

Überall, wo ich hinsehe, sind panische Menschen. Ich höre Kinder, die verzweifelt nach ihren Eltern schreien. Ein paar Shinobi versuchen, die schwarzen Flammen mit Suiton zu löschen. Frust zeichnet sich auf ihren Gesichtern ab, weil es nichts nützt, weil das Feuer trotz ihrer Bemühungen immer mehr und mehr von der Stadt verschlingt. Unersättlich brennt es sich durch die Häuser und wer in Berührung mit ihm kommt, liegt bald schreiend am Boden, halb zerfressen von den Flammen.

Die meisten Menschen flüchten, rennen zu den Stadttoren, nur ich laufe gegen den Strom. Aber niemand scheint mich zu bemerken oder die klaffende Wunde in meiner Seite, auf die ich beide Hände presse. Das hilft nicht wirklich, und ich frage mich sowieso, woher ich noch die Kraft nehme, mich auf den Beinen zu halten. Ich hoffe nur, dass in dieser Hysterie keiner in mich hineinrennt, denn ich denke nicht, dass ich dann noch aufstehen könnte. Aber ich bin froh, dass anscheinend niemand die schwarzen Flammen mit mir in Verbindung bringt. Denn ich glaube kaum, dass mich die Leute laufen lassen würden, wenn sie wüssten, dass ich es war, der ihr Heimatdorf angezündet hat.
 

Es fängt an zu regnen. Ich höre irgendwo das laute Krachen des Donners. Die Menschen, die mir entgegenkommen, werden immer weniger. Meine Füße laufen wie von alleine, ich weiß gar nicht wirklich, wo ich bin. Oder was ich überhaupt wollte. Ich weiß gar nichts mehr. Ich bin einfach nur irgendwo hingegangen.

Mir wird manchmal schwarz vor den Augen und meine Sicht verschwimmt. Es ist kalt, aber nicht wegen dem Regen. Mein T-Shirt ist blutig und meine Hände auch. Alles ist so rot. Irgendwo, ganz in der Ferne, sind laute Rufe, und erst sehr spät bemerke ich, wie sich Fingernägel in meine Schultern krallen. Die Rufe werden lauter, verzweifelter, sind ganz nah, aber doch nicht greifbar. Jemand schüttelt mich und ich sehe verschwommenes Orange. Ich spüre Licht, Wärme, von innen. Da ist ein schmerzlicher Schrei, der sich ein bisschen nach meinem Namen anhört. Ich werde an einen Körper gedrückt und verstehe nicht ganz, wieso, aber es macht irgendwie Sinn. Die Wärme nimmt zu, jemand flüstert etwas Unverständliches in mein Ohr. Dann werde ich zu Boden gedrückt und ich bin irritiert für einen kurzen Moment, aber es ist sehr sanft. Regen fällt mir in die Augen; ich glaube, ich liege.

Und ein letztes Mal sehe ich in Narutos Gesicht. Aber ich höre ihn nicht mehr. Ich bin so müde… er geht weg. Warum geht er weg? Aber er kommt sofort wieder. Irgendwo im Hintergrund höre ich leise Stimmen.

Jemand anderes beugt sich nun über mich. Grüne Augen. Es ist Sakura. Also habe ich sie doch noch gefunden. Sie weint wohl. Immer noch.

Grünes Licht flackert, sie versucht wahrscheinlich, mich mit einem ihrer Heiljutsus zu retten. Aber dafür ist es doch zu spät. Das hat sie wohl auch eingesehen, denn das Licht verschwindet. Sie sieht gar nicht mehr wütend aus.
 

Ich werde immer müder, schwächer, lebloser. Kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Die Wunde hat sogar aufgehört, weh zu tun, aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein.

Meine Lider werden schwerer. Wenn ich jetzt nachgebe und sie schließe, ist alles vorbei, das weiß ich. Gerne wäre ich noch ein bisschen hier geblieben, bei meinen Freunden, den einzigen Menschen, die mir wichtig sind. Aber die Zeit ist abgelaufen. Es geht nicht mehr. Ich gebe mich meiner Müdigkeit hin, die Augen fallen mir zu.
 

Das letzte, was ich spüre, ist unendliche Reue.
 


 

~~~

Die FF ist fertig. Nach genau zwei Jahren und acht Monaten. Ich bin so glücklich. :D

Zur Bedeutung des Titels, aus Wikipedia zitiert: „Der Unglückscharakter der Siebzehn wird aus einem Anagramm der römischen Zahl Siebzehn (XVII) zu VIXI gedeutet, das im Lateinischen ‚ich habe gelebt’ (1. Person Perfekt), also ‚ich bin tot’ bedeutet. (…) Außerdem soll nach Genesis 7,11 im zweiten Monat, am siebzehnten Tage die Sintflut eingesetzt haben.“

Und genau das haben wir am Schluss- einen toten Sasuke und apokalyptische Zustände in Konoha.
 

Tut mir leid. Für alle, die mit tragischen Enden nicht so gut umgehen können. Das letzte Mal wurde ich geflamt und mir wurde gesagt, das Ende wäre total willkürlich und unpassend gewesen. Dieses Argument lasse ich mir bei „Siebzehn“ aber nicht vorbringen, weil es einfach von Anfang an offen dalag, wie die Geschichte ausgeht. Natürlich hat die teilweise expliziten Hinweise niemand gesehen, aber zum Beispiel im dritten Kapitel hab ich mich sehr deutlich gemacht: „Aber wer kann denn schon wissen, wann es zu Ende ist? Vielleicht bereits morgen oder in zwei Wochen.“

Joa, die „zwei Wochen“ waren keine zufällig gewählte Zahl, sondern Sasuke sagt in dem Monolog -unwissentlich, natürlich- seinen eigenen Tod voraus. 3+14=17.

Oder, zwar deutlich weniger auffällig, die Tatsache, dass sein Bett nach Norden ausgerichtet ist (hab ich im Zuge der Sonnenuntergangsszene aus dem letzten Kapitel impliziert). Es ist in Japan ein verbreiteter Aberglaube, dass man ein kurzes Leben haben wird, wenn man mit dem Kopf nach Norden schläft, weil die Toten auch so ausgerichtet werden. :D

Und auch ansonsten hat Sasuke immer wieder Vermutungen über sein Ende angestellt. Dass es nicht gut ausgehen wird, dass er in Konoha stirbt, et cetera. Im allgemeinen war er die ganze Zeit über ja mehr tot als lebendig.

Dazu kommt die Ironie, dass er Konoha nicht zerstören konnte, als er es wollte, aber als er seine Meinung geändert hat, zündet er es unfreiwillig an. Und hätte man sein Chakra nicht versiegelt, hätte er es auch löschen können. Letztendlich ist das alles also… dumm gelaufen. Epic fail.

Btw, vielen, vielen Dank an alle, die diese FF verfolgt haben und besonders an die, die ein Kommentar dagelassen haben. :D



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Von:  Kerstin-san
2015-08-26T17:45:30+00:00 26.08.2015 19:45
Hallo,

sooo, das wird ja mein letztes Kommi hier und heute.

Huh, hätte nicht gedacht, dass Sasuke einem Übungskampf mit Naruto abgeneigt ist, aber so wie du es schreibst, erscheint es ganz logisch.

Ahhh, ein heikles Thema, als Naruto den Hasskreislauf anspricht, in den er nicht hereingeraten will und in dem sich Sasuke seit so vielen Jahren schon befindet.

Meine absolute Lieblingspassage: „Ich liebe Sonnenuntergänge! Sie sind so schön rot und rosa und warm.“
Ich finde, der Himmel sieht blutig aus.

Es ist vermutlich wirklich nicht witzig gemeint, aber ich hab gerade heillos kichernd vor meinem Laptop gesessen. Das ist wieder so ein herrlicher Kontrast xD

Es ist so seltsam zu lesen, wie Sasuke scheinbar wirklich zur Ruhe kommt. Nach den ganzen hasserfüllten Kapiteln erwartet man sowas nicht.

Die Aufwachszene finde ich dann wieder sehr gut. Sasukes Überfordeurng und fast schon panische Reaktion passt hier sehr gut. Er lehnt die körperliche Nähe zu anderen immer so ab und jetzt so unerwartet von Sakura geküsst zu werden, muss ein unglaublicher Schock sein.

Ahhh, das Ende ist dann natürlich 1a. Ich hätte es Sasuke echt gegönnt, dass er zur Ruhe kommt, aber es ist ihm wohl irgendwie nicht vergönnt und wie ich zum allerletzten Kapitel schon schrieb: Im Grunde ist alles schrecklich ironisch und mit dem Ende der FF hast du mich wirklich überrascht.

Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2015-08-26T17:34:19+00:00 26.08.2015 19:34
Hallo,

ah, hieran erinnere ich mich noch gut.
Der erste Gedanke war so: Was zum Teufel ist denn mit Sasuke los?!, gefolgt von, oh, dass ist ja Sakura. xD
Sowas positives zu lesen, ist so ein krasser Unterschied zu allen anderen Kapiteln.

Sakuras liebevolle Fürsorge ist wirklich herzerwärmend, aber ich frage mich echt, wo sie diese unerschütterliche Geduld hernimmt. Sasuke wäre mir viel zu anstrengend und hätte mich schon längst demotiviert mit seiner abweisenden Art.
Aber schön zu sehen, dass auch Sakura sich viel mehr Gedanken macht, als man denkt und sie auch enttäuscht sein kann, weil sie Sasuke nicht wirklich versteht. Das verleiht ihr mehr Tiefe.
Gleichzeitig macht es einen froh zu lesen, dass sie glücklich ist und Verbesserungen in Sasukes Wesen und Gesundheit sieht.
Es wäre furchtbar interessant das gleiche Kapitel nochmal aus Sasukes Sicht zu sehen.
Ich wette, ich wäre ganz erstaunt, wie anders (und negativ) er wieder drauf wäre xD

Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2015-08-26T17:25:20+00:00 26.08.2015 19:25
Hallo,

hah, das hat Sakura gut gemacht. Für ihre harten Schläge war sie ja schon immer berüchtigt :)
Es wundert mich ja kein bisschen, dass die zwei Sasuke weiterhin decken.

Ich finde es sehr gut, dass er endlich mal versucht zu erklären, was ihn antreibt. Nicht dass ich erwarte, dass die beiden seine Rachepläne verstehen, aber damit sie vielleicht mal eine Vorstellung davon bekommen, weswegen Sasuke so ist, wie er sich in letzter Zeit verhalten hat.

Das Ende ist dann so hoffnugnsvoll - und doch weiß ich ja wie die FF endet. Das macht das ganze hier umso ironischer.

Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2015-08-26T17:19:16+00:00 26.08.2015 19:19
Hallo,

auf frischer Tat ertappt sagt man dazu wohl.
Keine Ausrede dieser Welt könnte irgendjemanden hier überzeugen, dass er nur einen harmlosen Abendspaziergang macht. xD

Hm, immerhin sollte Naruto jetzt langsam begriffen haben, wie ernst es Sasuke mit seiner Rache ist und das er ihn ohne zu zögern töten würde, aber nein, unser unverbesserlicher Optimist geht mal wieder voll in seinen Sasuke-Rettungsplänen auf.

Interessant, dass Sasuke doch gewisse Skrupel hat, wenn sie auch nur Sakura betreffen.

Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2015-08-26T17:12:44+00:00 26.08.2015 19:12
Hallo,

Sakura ist clever, das merkt man hier sehr deutlich. Sasuke sollte nicht den Fehler machen sie zu unterschätzen.

Wenn das nicht mal ein Fehler war, Sakura zu bitten, dass Juin zu lösen. Ahhh, ich weiß nicht, sicherlich ist sie eine gute Wahl, weil sie von allen Medic-Nins am ehesten diejenige wäre, die sich wegen ihrer ganzen emotionalen Verwicklung zu Sasuke dazu überreden liese.
Aber sie würde sich niemals gegen Tsunade stellen und wenn sie ihr das jetzt weitererzählt ist das nur Wasser auf Danzous Mühlen.
Das hätte sich Sasuke eigentlich denken können, deswegen wäre es cleverer gewesen vorher offener zu sein und mehr zu schauspielern, damit das gegenseitige Misstrauen abgebaut worden wäre.

Das er dann am Ende so urplötzlich seinen Rachefeldzug beginnen will, hat mich echt überrascht.
Das kam etwas unerwartet.

Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2015-08-26T17:03:51+00:00 26.08.2015 19:03
Hallo,

Narutos Schweigsamkeit ist wirklich sehr untypisch, da muss also was im Busch sein. Aber nett von Sasuke das er nicht nachbohrt, weil er das selbst nicht leiden kann.

Tja, sieht so aus, als wären Sasukes Pläne für Itachi mehr als leicht vorhersehbar gewesen. Ist jetzt nur die Frage, ob Naruto das alles glaubt oder nicht.

Sasukes Gefühle gegenüber Itachi können einen außenstehenden ja nur verwirren. Woher solll Naruto denn jetzt auch wissen, dass er ihn nicht mehr hasst?
Sieht so aus, als wäre alles was er sagt für Sasuke irgendwie falsch.

Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2015-08-26T16:57:28+00:00 26.08.2015 18:57
Hallo,

Madaras Auftritt wirkt irgendwie etwas deplaziert. Er kommt mal kurz mit einer Warnung vorbei, bemerkt, dass das Juin schon nichts besonderes sein kann und verschwindet wieder? Irgendwie ein seltsamer Auftritt.

Nebenbei bemerkt ist mir aufgefallen, dass du ziemlich oft Regen in deine Geschichte hier einbaust und immer wenn es regnet, muss Sasuke an Itachi denken. Ist das Zufall oder Absicht?

Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2015-08-26T16:52:14+00:00 26.08.2015 18:52
Hallo,

hmm, scheint wirklich so, als wäre das friedliche Leben in Konoha Sasukes schlimmster Albtraum. Schon traurig, dass er gar nicht mehr fähig ist dem Leben irgendwas positives abzugewinnen.

Und wieder einmal gefällt mir der Kontrast von Naruto und Sasuke sehr gut.
Naruto, der unverbesserliche Optimist, der alles für Konoha tun würde und auf der anderen Seite Sasuke, der immer so pessimistisch ist und Konoha am liebsten sofort dem Erdboden gleich machen würde.

Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2015-08-26T16:46:45+00:00 26.08.2015 18:46
Hallo,

huh, Sasukes "Aussetzer" nehmen doch zu. Ich frage mich, wann er selbst erkennt, dass er definitiv ein paar schwerwiegende Probleme mit sich herumträgt.

Von seiner ganzen Art her, erinnert er mich ungemein an ein störrisches Kind. Ich finde das wird langsam etwas zu rass. Intelligent wie er ist, sollte er eigentlich erkennen, dass er Naruto und Sakura besser eine glaubwürdige Geschichte auftischt, damit sie aufhören dauernd nachzuforschen, aber er verweigert einfach komplett alles und macht sie damit nur umso misstrauischer.

Wow, dieser Abschnitt hier hats mir richtig angetan: "Ihr Lächeln ist so furchtbar strahlend und offen. Aber sie bekommt schon noch, was sie verdient, sie muss sich nur noch ein bisschen gedulden."
Das wirkt richtig dämonisch.

Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2015-08-26T16:39:09+00:00 26.08.2015 18:39
Hallo,

oh ja, keine große Überraschung, dass Sasuke keinen Gefallen an dem Gründerfest findet.
Ich finde es aber auch eine tolle Geste, dass Sakura den Yukata mit einem Fächermuster aufgepeppt hat.

Sasukes Ablenkungsversuche während der Rede sind jedenfalls eine gute Andeutung, auf was man sich als Leser so einzustellen hat. Es gibt wohl kaum einen Zweifel, dass er nicht früher oder später versuchen wird seinen mörderischen Plan in die Tat umzusetzen.

Kleiner Kritikpunkt: Sakura wird wohl kaum so unafumerksam sein, dass sie nicht bemerkt, dass beide minutenlang verschwunden sind und sie völlig alleine im Regen herumsteht.

Ansonsten finde ich es bemerkenswert, wie schön du immer die Unterschiede von Naruto und Sakura im Vergleich zu Sasuke darstellst. Von ihrer ganzen Art her meine ich jetzt. Ihre gute Laune und ihre guten Vorsätze prallen an Sasukes Mauer, die er erichtet hat, einfach so ab.

Liebe Grüße
Kerstin


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