Zum Inhalt der Seite

It’s so easy to love You

but it’s hard to admit it
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Prologue

It’s so easy to love You

but it’s hard to admit it

________________________________________
 

Serie: Final Fantasy VIII

Genre: Shonen Ai, Drama

Pairing: Squall x Rinoa / Squall x Seifer

Disclaimer: Alles Eigentum von Square Soft, lediglich die Idee der Story ist meinem Kopf entsprungen.
 

________________________________________
 

Prologue
 

Seufzend klappte er seinen Laptop zu und lehnte sich mit geschlossenen Augen in die weichen Polster seines Bürostuhls zurück. Wenigstens hatte dieser karge Raum, in dem er zu seinem Bedauern viel zu viel Zeit verbrachte, einen Komfort zu bieten, den der Brünette auch voll und ganz auskostete. Das Ticken der Wanduhr veranlasste den jungen Mann dazu, die Augen zu öffnen und das Zifferblatt zu kontrollieren. 19:23h. Es wurde Zeit, dass er hier raus kam und den Rest des Abends entspannen konnte.

Seine Schultern schmerzten ein wenig, als er die Tür des Büros abschloss und den langen Flur entlang ging. Unwillkürlich entwich ihm ein leises Stöhnen und der Braunhaarige rieb sich mit einer Hand über den Nacken, um auch die dortigen Verspannungen ein wenig zu lockern. Vielleicht sollte er mit Cid darüber reden und einen Antrag stellen, dass seine Stunden im Büro gekürzt werden sollten.

Kaum verhallten seine Schritte auf dem nahezu menschenleeren Gang, der die Quartiere beherbergte, als der junge Mann stehen blieb, um seinen Code in das Zahlenschloss einzutippen, da vernahm er eine bekannte Stimme neben sich und hob seinen Blick.

„Squall. Da bist du ja endlich.“

Der Angesprochene brachte ein müdes Lächeln zustande und öffnete die Tür seiner kleinen Wohnung per Zahlenschloss, ehe er seiner Freundin den Eintritt gewährte.

„Es gab viel zu tun.“ entschuldigte er sich und streifte seine Jacke ab, die er achtlos an einen Haken hing. Sein Blick blieb an der Schwarzhaarigen hängen, die sich ihm mit einem lasziven Lächeln näherte und schließlich ihre Arme um seinen Nacken schlang. Squall spürte ein leicht vertrautes Kribbeln im Bauch und er strich Rinoa ein paar Strähnen aus der Stirn.

„Dachte ich mir schon. Aber jetzt solltest du dich erst einmal ausruhen. Du wirkst so angespannt, Liebster.“ bemerkte die junge Frau mit einem leicht besorgten Unterton in der Stimme.

„Ein Bad wäre nicht schlecht. Danach habe ich Zeit.“

Rinoas Gesichtsausdruck kündete von Trotz und Ehrgeiz zugleich. Sie hatte ihn den ganzen Tag kaum gesehen, da wollte sie ihn zumindest den Abend für sich haben.

„Eine Massage bewirkt auch Wunder“, entgegnete sie mit einem wissenden Grinsen und strich über den Nacken ihres Freundes. Squall erschauderte und zog Rinoa sanft an der Hüfte näher an sich.

„Man könnte auch durchaus beides kombinieren“, schlug er letztendlich vor und konnte sich selber eines diebischen Lächelns nicht erwehren. Rinoa schien sofort zu verstehen, denn das schelmische Funkeln in ihren rehbraunen Augen verriet mehr als es Worte vermocht hätten.

Wortlos beugte Squall sich vor und stahl sich ungeniert einen zärtlichen Kuss von seiner Freundin, die sich dem Braunhaarigen kompromisslos hingab, während ihr stummes Einverständnis getroffen wurde.
 

„Du musst verstehen, dass ich das nicht so einfach erlauben kann! Bei den letzten Malen habe ich mir nicht so viele Gedanken um die Konsequenzen gemacht, doch nun liegen die Dinge anders. Die Folgen könnten sowohl für mich, als auch für dich fatal sein!“

„Ich weiß. Aber geben Sie mir diese eine letzte Chance. Ich werde Sie nicht enttäuschen, nicht ein weiteres Mal!“

Der Direktor seufzte schwer und rückte sich mit einer Hand die Brille zurecht. Er betrachtete den blonden, jungen Mann mit einem ratlosen Blick. Der ältere Mann steckte in einem inneren Konflikt fest, der es ihm unmöglich machte, jetzt und sofort eine Entscheidung zu fällen, die sie beide verantwortlichen konnten.

„Seifer, mich interessiert nicht sonderlich, was in den letzten Monaten geschehen ist. Deine Fehler sind nicht entscheidend für diese Sache, damit du das weißt.“, erklärte Cid mit ruhiger Stimme und faltete die Hände auf dem Tisch. Seine Augen musterten den jungen Mann unschlüssig, welcher ihm gegenüber am Schreibtisch stand und die Hände darauf abstützte.

„Sondern?“, hakte Seifer nun nach und hob misstrauisch eine Augenbraue.

„Sondern die Konsequenzen für dich und mich, falls du erneut versagen solltest. Was glaubst du, wird man von mir sagen, wenn ich dir wieder eine Chance gebe und du sie wieder in den Sand setzt? Man wird mich für einen naiven Schwachkopf halten, der nichts aus den letzten Jahren gelernt hat! Und dir bringt es auch keinen Fortschritt.“, rechtfertigte der Direktor sich und er konnte sehen, wie der Blonde zähneknirschend den Blick senkte.

„Ich möchte mich in dir nicht täuschen. Ich würde zu gerne sehen, wie du uns allen beweist, dass du einer der Besten bist, doch woher weiß ich, dass du diesmal diesen Beweis liefern wirst?“

„Geben Sie mir diese letzte Chance und ich werde Ihnen den Beweis liefern! Denn wie soll ich es Ihnen beweisen, wenn ich nicht einmal die Gelegenheit dazu habe?“, argumentierte der Blonde und sah den Direktor entschlossen an. Cid erkannte eine unbändige Leidenschaft und eine lichterloh brennende Entschlossenheit, begleitet von einem Hauch Sehnsucht in den grünen Augen des jungen Mannes. Vielleicht hatte Seifer diese letzte Chance wirklich verdient.

Es dauerte einige Minuten, in denen Seifer vor Ungeduld beinahe Amok gelaufen wäre, bevor der Direktor seine Stimme erhob.

„Ich vertraue darauf, dir am Ende der Ausbildung als SeeD gegenüber zu treten, Seifer Almasy. Du bekommst deine letzte Chance, allerdings nur unter einer Bedingung.“

Rebirthing

Chapter One - „Rebirthing“
 

„Wie bitte?“

Entsetzen spiegelte sich in den Augen des Schülersprechers wieder, nachdem er Seifers Worte vernommen hatte. Sofort wanderte eine Augenbraue in Irritation nach oben.

Vor wenigen Minuten war der ehemalige blonde Hexenritter in sein Büro hereingeschneit und hatte ihn allein mit seiner Präsenz kurzzeitig aus der Bahn geworfen. Squall hatte wider aller Hoffnungen erwartet, den Troublemaker so schnell nicht mehr wieder zu sehen, vor allem nicht im Garden. Es war gleichzeitig ein Schock als auch ein Hoffnungsschimmer gewesen, als seine Augen die unverkennbaren grünen Iriden des Älteren erblickt hatten. Egal was auch in den letzten Jahren vorgefallen war, Squall konnte und wollte auch jetzt nicht die Tatsache abstreiten, dass Seifer trotz allen Widrigkeiten doch noch eine Art Bruder für ihn war. Und eigentümlicherweise freute es ihn nun, seinen kurzzeitig vermissten Bruder vor sich zu sehen, der bereit war, seine letzte Chance zu nutzen und ein neues Leben zu beginnen.

Womöglich hatte er doch am Ende auf den rechten Weg zurückgefunden.

„Das ist nicht dein Ernst, Almasy.“, weigerte Squall sich weiterhin gegen die Bedingung, die der Direktor angeblich gestellt haben sollte. Nahezu trotzig verschränkte der Jüngere die Arme vor der Brust, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und bedachte den Blonden mit einem Blick, der jeden Lügner dazu gebracht hätte, spätestens in diesem Augenblick mit der Wahrheit herauszurücken.

Ein genervtes Seufzen erklang und Squall beobachtete, wie Seifer den Blickkontakt löste, als müsse er erst nach Worten suchen, bevor er ihm wieder in die Augen sah.

„So wahr ich hier stehe, Squall! Ich habe doch selber nicht mit einer solchen Bedingung gerechnet und mir ist durchaus bewusst, was du von mir hältst.“, konterte der Blonde mit einem verbissenen Unterton in der Stimme, während er harsch gestikulierte. Unwillkürlich verengte der Braunhaarige seine Augen. Lüge. Seifer hatte keine Ahnung, was er von ihm hielt oder wie er über ihn dachte.

Squall senkte den Blick ein wenig und ließ seine Augen über seine geordneten Schreibutensilien auf der Tischplatte wandern. Eine einzige kleine Bedingung, die so einfach zu akzeptieren erschien. Eine Bedingung, die Seifer eine Zukunft bringen konnte. Trotz dieser Aussichten konnte Squall nicht einfach zustimmen. Cid war doch tatsächlich auf die glorreiche Idee gekommen, den Schülersprecher zu Seifers Ausbilder zu machen. Er sollte ihn unterrichten und ihm in den Allerwertesten treten, wenn der Blonde seinen Ehrgeiz verlor. Es waren nicht die Probleme, die durch Seifers Auftreten in seiner Klasse entstehen würden, die ihn von einer Zustimmung abhielten. Es waren seine persönlichen Bindungen zu Seifer. Sie waren gemeinsam aufgewachsen, hatten gegeneinander gekämpft; im Grunde genommen verband sie ein ganzes Leben, in dem sie trotz aller Schwierigkeiten immer so etwas wie Brüder gewesen waren.

Und es vielleicht gar auch noch waren…

Unbeeindruckt sah Squall auf, als Seifer mit den Handflächen auf die Tischplatte schlug.

„Es ist meine letzte Chance und ich will sie diesmal nutzen. Ich habe verdammt vieles falsch gemacht, ja, aber ich habe mich auch verändert. Ich will mein Können beweisen, ich will zeigen, dass ich nicht mehr der bin, der ich einst war.“, rechtfertigte Seifer sich mit beherrscht ruhiger Stimme und blickte unentwegt in die stahlblauen Augen seines Gegenübers.

„Bitte, Squall. Gib mir diese letzte Chance.“

Der Angesprochene konnte spüren, wie schwer es dem Älteren fiel, diese Worte über die Lippen zu bringen. Verzweifelt und zähneknirschend, doch entschlossen wie selten stand der stolze Hexenritter vor seinem Schreibtisch und fixierte den Jüngeren, als könne er ihn auf diese Weise beeinflussen.

Endlose Sekunden schienen zu Minuten zu werden, welche wiederum wie Stunden erschienen, bevor der Schülersprecher resigniert seufzte und sich vorlehnte, um die Arme auf den Schreibtisch zu legen.

„Ich erwarte Sie morgen früh in meinem Unterricht, Mister Almasy.“

Squall blickte mit einem ernsten Ausdruck in den Augen zu dem Blonden auf.

„Und ich erwarte, dass Sie Ihre letzte Chance zu nutzen wissen.“
 

Freude und Zweifel keimten in dem jungen Mann nach und nach auf.

Hatte er eine Fehlentscheidung getroffen? Hatte er sich etwas vorgenommen, was er womöglich zu bewältigen nicht imstande war? Es war ein leichtes für ihn, Anwärter durch die Prüfung zu bringen, doch Seifer Almasy war kein normaler Anwärter. Er war etwas Besonderes, und das in jeder Hinsicht.

Einerseits wollte er Seifer in SeeD-Uniform sehen und ihm endlich das Zeugnis übergeben, welches er sich schon so lange wünschte. Andererseits wusste er, dass es nicht leicht werden würde, Seifer als seinen Schüler zu sehen. Sie beide hatten viele Gesichter: Brüder, Rivalen, Held und Versager, das Gute und das Böse, das Licht der Hoffnung und die Dunkelheit des Verderbens; doch ganz sicher nicht Mentor und Schüler.
 

„Glaubst du, es war die richtige Entscheidung, Seifer erneut an diesem Garden anzunehmen?“

Ruckartig sah der Brünette auf und bemerkte erst jetzt, wie sehr er in Gedanken versunken gewesen war. Leicht runzelte er die Stirn und betrachtete für einen Augenblick die Hand seiner Freundin, die sein Knie streichelte.

„Nun, daran zweifle ich keineswegs. Doch ich bin nicht recht davon überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war, mich zu seinem Lehrer zu machen.“, entgegnete er und blickte auf, direkt in die rehbraunen Augen Rinoas. Ihr folgendes Lächeln beruhigte ihn ein wenig.

„Du kennst ihn besser als jeder andere hier, Squall. Cid weiß das und er weiß auch um deine Loyalität Seifer gegenüber.“

Ein Nicken des Brünetten diente als Antwort, ehe er die Lippen der jungen Frau auf seiner Wange spürte. Sofort drehte er den Kopf zu Rinoa und sah sie an, bevor er ihr mit einer Hand über die Wange streichelte.

„Vermutlich weiß Cid gar mehr als ich.“ Rinoa kicherte leise auf seine Worte hin.

„Vielleicht. Aber mach dir darum nun keine großen Sorgen. Es wird schon alles seine rechte Ordnung haben, mein Schatz.“

Erneut küsste sie ihn, doch diesmal auf den Mund. Entschlossen, nicht weiter darüber nachzudenken, ließ sich der Braunhaarige nach hinten sinken, sodass er mit Rinoa auf dem Bett lag, und strich mit den Händen über ihren Rücken. Sie war manchmal wirklich Balsam für seine Seele.
 

Ein letztes Mal richtete Squall den Knoten seiner Krawatte, bevor er um die letzte Ecke bog, um den Gang zu beschreiten, auf dem sein Klassenraum lag. Seine Anwärter standen wie immer vor der Tür und verstummten, als sie ihn erblickten. Er mochte jung sein, doch seine Erfahrungen und seine Kompetenz hatten ihm schon sehr früh Respekt und Achtung bei seinen Anwärtern verliehen.

Trotz seines äußerlich sicheren Auftretens, verspürte der junge Mann eine leichte Nervosität, die nur ein wenig abklang, als seine Augen einen blonden Haarschopf erfassten, der ein wenig abseits der Gruppe stand. Squall ging ohne zu zögern auf den Klassenraum zu und öffnete die Tür mit einer Karte, mit der er das Schloss entriegeln konnte. Kurz warf er Seifer einen Blick zu und nickte kaum merklich, bevor er eintrat.

Contrasts

Chapter Two - „Contrasts“
 

„Ja, Mister Almasy?“

Squall hielt in seiner Bewegung inne und betrachtete den Blonden auffordernd, welcher die Hand erhoben hatte.

„Entschuldigen Sie, aber ich habe ein paar Verständnisprobleme. Könnten Sie den letzten Abschnitt noch einmal erläutern?“, kam es leise über die Lippen des Blonden, woraufhin zwei Jungen leise tuschelten. Squall warf ihnen einen tadelnden Blick zu, der sie zum Schweigen brachte, bevor er ein Blatt zur Hand nahm und einen Blick auf den letzten Abschnitt warf. In einfachen Worten fasste er ihn noch einmal zusammen und schmückte seine Erläuterungen mit verständlichen Beispielen, während Seifer sich Notizen machte.

Es war sowohl für ihn als auch für den Blonden eine ungewohnte Situation. Diese höfliche Umgangsform schien sie beide zu irritieren und es fiel dem Braunhaarigen schwer, förmlich mit Seifer zu reden, anstatt ihren üblichen Wortwechsel auszuüben. Er konnte nicht ahnen, inwiefern es für den Blonden schwer war, nun akzeptieren zu müssen, unter dem Braunhaarigen zu stehen und sich ihm fügen zu müssen. Augenscheinlich schien er kaum Probleme damit zu haben, doch Squall wusste es besser. Er kannte den anderen schon lange genug, um zu wissen, dass es noch lange nicht so einfach für ihn war, auch wenn er nun ambitioniert arbeitete und sein Ziel zu verfolgen schien.
 

Der Gong läutete das Ende der Stunde ein und noch während Squall die letzten Blätter verteilte, packten die meisten ihre Sachen, um möglichst schnell zur Mensa zu kommen, bevor sie ihre Freizeit genießen würden. Der Schülersprecher verstaute seinen Kugelschreiber in der Brusttasche seines schwarzen Hemdes, bevor er seine Akten zusammenlegte und den Blick durch den Raum schweifen ließ, in der Hoffnung, Seifer zu erblicken. Zu seinem Bedauern war dieser schon gegangen.

Sein Weg vom Klassenraum aus führte ihn nicht wie üblich zu seinem Zimmer, wo er zunächst immer eine kleine Pause einlegte, bevor er sich an seine restliche Arbeit zu schaffen machte, sondern geradewegs in sein Büro. Mit raschen Handgriffen suchte er bestimmte Blätter aus seinen Unterlagen heraus und nickte dann zufrieden, als er die Gesuchten in den Händen zu halten schien.
 

Ein letzter Blick wurde auf die Unterlagen geworfen, ehe Squall die Hand erhob und an die Tür von Seifers Zimmer klopfte. Gedanklich hatte er in der letzten halben Stunde immer wieder die folgende Szene durchgespielt und sich vorgestellt, wie es ablaufen könnte, doch trotz allem hatte er das Gefühl, einem völlig Fremden gegenüber zu treten.

Die Tür wurde kurz darauf geöffnet und zwei grüne Iriden blickten ihn blinzelnd an, während sich die blonden Augenbrauen in die Höhe hoben.

„Stör ich?“, fragte Squall frei heraus und sah den anderen abwartend an, der noch immer über seinen Besuch überrascht zu sein schien.

„Nein, komm rein.“ Seifer trat einen Schritt beiseite und ließ den anderen eintreten, bevor er die Tür schloss. Der Brünette sah sich in dem Zimmer um. Ein paar Kartons standen noch in einer Ecke, während das Zimmer sonst recht schmucklos wirkte. Die weißen Wände ließen den Raum steril wirken und Squall bekam eine leichte Gänsehaut. Es erinnerte ihn zu sehr an die Krankenstation.

„Nun? Aus welchem Grunde erhalte ich die unglaubliche Ehre Ihre Gesellschaft genießen zu dürfen, Mister Leonhart?“, hörte er plötzlich den Blonden fragen. Squalls Augen verengten sich leicht. Er hasste es, wenn Seifer diese sarkastischen, ja beinahe schon zynischen Anmerkungen machte.

„Sag nur ein Wort, Seifer, und ich gehe.“, bot er dem Älteren mit einem giftigen Unterton in der Stimme an. Er konnte nicht sagen, warum er ausgerechnet bei Seifer immer so zickig war. Normalerweise war er die Ruhe und die Selbstbeherrschung in Person, doch in Seifers Gegenwart fielen all seine Prinzipien in sich zusammen, wie ein Kartenhaus im Sturm. Es war merkwürdigerweise schon immer so gewesen, selbst als Kind hatte allein Seifer es geschafft, ihn aus der Reserve zu locken.

Seifers Schweigen war in diesem Augenblick Antwort genug und Squall raschelte kurz mit den Blättern in seiner Hand.

„Das hier sind wichtige Grundlagen für den aktuellen Stoff. Ich habe dir die wichtigsten Dinge kopiert, damit du sie nacharbeiten kannst, um nicht den Überblick zu verlieren. Wenn du dich daran setzt und die Ausführungen aufmerksam durchliest, dürftest du recht schnell auf dem momentanen Niveau des Kurses sein. Ich denke, das dürfte kein Problem für dich darstellen.“, erklärte der Braunhaarige ruhig und legte die Blätter dann auf den Schreibtisch, der im Raum stand. In diesem Augenblick spürte der Jüngere zum ersten Mal diese angespannte Atmosphäre, die zwischen Seifer und ihm stand. Es war nicht dieselbe Atmosphäre wie früher, in der sie einander provoziert hatten, in der sie auf jeglichen Angriff gewartet hatten, egal ob körperlich oder lediglich verbal. Diesmal war es anders, denn keiner schien wirklich darauf aus zu sein, einen Streit zu entfachen.

Unwillkürlich drückte der Braunhaarige die Schultern durch und schritt dann wortlos zur Tür. Er legte seine Hand auf die Klinke, drückte sie jedoch nicht hinunter. Ein letztes Mal sah er Seifer in die Augen.

„Im Unterricht bin ich dazu gezwungen, dich als meinen Schüler zu sehen, doch danach will ich dich als eine Art Bruder sehen, der du noch immer für mich bist. Lass uns deshalb normal miteinander reden.“, forderte Squall ernst und ließ kaum eine Regung in seiner Mimik zu. Er war gerade im Begriff zu gehen, als er ein Räuspern vernahm. Neugierig blickte er zurück zu dem Blonden und hob abwartend eine Augenbraue.

„Warum kümmert es dich so sehr, dass ich den Stoff nachhole und die Prüfung bestehe? Im Grunde genommen könnte ich dir mehr als egal sein.“, entgegnete der Blonde skeptisch und betrachtete den Brünetten mit einem herausfordernden Blick.

„Du bist einer meiner Schüler und ich bin dafür verantwortlich, dass ihr ausreichend für die Prüfung vorbereitet seid.“, konterte der Jüngere ohne zu zögern und sah Seifer an, der verächtlich schnaubte.

„Ist das alles? Weil ich dein Schüler bin?“

„Persönliche Beziehungen und Angelegenheiten haben in einem solchen Beruf nichts zu suchen, vor allem nicht wenn es um einen Schüler geht!“, wies Squall den anderen harsch zurecht und unterstrich seine Worte mit einer herrischen Geste.

„Waren es denn eben nicht DEINE Worte, die sagten, dass du mich nach dem Unterricht nicht mehr als deinen ‚Schüler’ ansiehst?“, hakte der Blonde gerissen nach.

Squall zögerte dieses Mal einen Augenblick, bevor er beherrscht weiter sprach.

„Seifer, ich,…“

„Schon gut! Lassen wir das, ich will keinen Streit.“, fügte Seifer schnell hinzu und hob abwehrend die Hände. Squall überraschte diese Geste, doch es war ihm nur recht, dass sie dieses Thema erst einmal beiseite schoben.

Hin und her gerissen, ob er nun einfach gehen sollte, stand der Brünetten unentschlossen an der Tür, die Hand immer noch auf der Klinke liegend.

„Du bist mit Rinoa zusammen, nicht wahr?“, fragte der Ältere dann nach einer kurzen Zeit des Schweigens und Squall sah blinzelnd auf. War das etwa so offensichtlich?

„Ja. Seit gut einem Monat.“

Nahezu andächtig nickte Seifer, während er zum Fenster ging und sich mit der Hüfte an das Fensterbrett lehnte.

“Ist sie immer noch so dominant?“

Die Frage überraschte den Jüngeren und er hob beide Augenbrauen in Irritation.

„Also,…“

„Vergiss es. Es sind wahrscheinlich bloß alte Erinnerungen von mir, nichts weiter.“

Erst in diesem Moment wurde Squall bewusst, dass auch Seifer einmal für kurze Zeit der Freund von Rinoa gewesen war. Die Schwarzhaarige hatte ihm einmal anvertraut, dass ihre damalige Beziehung mit Seifer recht kurz und oberflächlich gewesen war.

„Du hast sicherlich Besseres zu tun, als dich lange mit mir abzugeben. Ich will deine Zeit nicht verschwenden.“, erklärte Seifer beinahe schon feierlich, woraufhin Squall nur verständnislos den Kopf schütteln konnte. Als wenn er seine Zeit verschwenden würde, wenn er mit Seifer seit langer Zeit einmal über Dinge sprach, die vielleicht schon lange hätten ausgesprochen werden müssen. Dass Seifer ihm aber dann den Rücken zuwandte, fasste der Brünette als Aufforderung auf, zu gehen.

Wortlos drückte er die Klinke runter, öffnete die Tür und verließ schweigend das Zimmer, ohne auch nur einmal zurückzublicken.

Lingering Habits

Chapter Three - „Lingering Habits“
 

Sanft spiegelte sich das grelle Licht der Deckenlampen in der bernsteinfarbenen Flüssigkeit wieder, die in seinem Glas leicht hin und her schwappte. Beinahe fasziniert beobachtete der Brünette das Lichtspiel, ehe er das Glas an seine Lippen führte und einen Schluck des Whiskeys trank. Mit Befriedigung begrüßte der Braunhaarige das Brennen in seiner Kehle, welches der Alkohol verursachte. Seine Augen richteten sich dann auf eine braunhaarige, junge Frau, die gerade lautstark ihre Pläne für das nächste Fest verkündete.

„Natürlich werden wir den ganzen Saal hübsch schmücken. Mit ganz vielen buuuuuuuunten Girlanden, oder was meinst du, Rin?“

„Eine hervorragende Idee, Selphie! Ich bin mir sicher, dass das die passende Atmosphäre für die Party schaffen wird.“, pflichtete ihr Squall’s Freundin bei und schmiegte sich sogleich an seine Schulter. Der Brünette warf einen kurzen Blick zu ihr und wurde mit einem Lächeln belohnt. Die feingliedrigen Finger, die über seinen Handrücken und seinen Unterarm streichelten, gaben ihm die Möglichkeit, sich vollkommen zu entspannen.

„Denkst du nicht, es wäre eleganter, Farben zu wählen, die zusammenpassen, anstatt kunterbunt irgendwas zu nehmen? Wir sind doch kein Zirkus.“, meldete sich Quistis zu Wort und nippte an ihrem Sherry.

„Ach Unsinn! Eine farbenfrohe Dekoration hebt gleich die Stimmung. Meinst du nicht auch, Schatz?“, verteidigte Selphie sich und blickte verliebt zu Irvine auf, der einen Arm um sie legte und ihr versicherte, dass sie natürlich Recht hätte.

„Also ich bin ja dafür, dass es einen Hot Dog Stand geben wird.“, mischte sich plötzlich ein blonder Punk ein und stellte sein Glas Cola ab. Ein allgemeines Stöhnen folgte zur Antwort.

“Was denn?“, rief Xell empört und streckte die Arme aus. „Irgendwas muss man ja auch zwischendurch essen, oder nicht?“

Weitere Meinungen und Vorschläge wurden Kund getan, während Squall sich seiner Lieblingsbeschäftigung widmete: sich im Hintergrund aufhalten und lauschen. Letzteres schien jedoch in diesem Augenblick auch ein wenig vernachlässigt zu werden, denn der braunhaarige Schülersprecher war zu sehr in seinen Gedanken versunken, um wirklich zu erfassen, was die anderen von sich gaben.

Die Tatsache, dass Seifer wieder im Garden war und seine letzte Chance nutzen wollte, nach all dem, was geschehen ist, beschäftigte den Brünetten mehr, als er es vermutet hätte. Er konnte spüren, dass der Blonde sich verändert hatte. Inwiefern konnte er jedoch nicht sagen. Sicherlich, Seifer konnte immer noch so angriffslustig wie damals sein, schließlich wäre es bei ihrem Gespräch heute Nachmittag beinahe wieder zu einer Auseinandersetzung gekommen. Überraschenderweise hatte der ehemalige Hexenritter in letzter Sekunde immer wieder das Segel gewendet und eine mögliche Eskalation der Situation ausgeschlossen. Dennoch… irgendetwas war diesmal anders.

„Habt ihr schon mitbekommen? Seifer ist wieder im Garden!“

Dieser Satz ließ den Braunhaarigen ruckartig aufsehen und sein Blick richtete sich auf Xell, der diese Worte ausgesprochen hatte. Mit einem Mal galt seine Aufmerksamkeit vollkommen dem Gespräch der Anwesenden.

„Wirklich? Seit wann das denn?“, kam es überrascht von dem braunhaarigen Cowboy, der in Irritation seine Augenbrauen hob. Auch Selphie, die sich an Irvine schmiegte, sah den blonden Punk mit großen Augen an.

„Er ist seit zwei Tagen hier.“, antwortete der Angesprochene und wurde gleich von Quistis abgelöst.

„Er nimmt wieder am Unterricht teil. Wahrscheinlich will er noch immer SeeD werden.“

Squall stellte angewidert fest, dass in ihrer Stimme Sarkasmus und Überheblichkeit lag. Allem Anschein nach, machte sie sich über Seifer mehr als nur lustig.

„Ist er nicht sogar jetzt in seinem Kurs, Squall?“, richtete die Blondine sich nun an ihn und der Brünette musste sich beherrschen, ihr keinen spitzen Kommentar an den Kopf zu werfen. Anstelle dessen nickte er einfach nur zur Bestätigung und nahm einen weiteren, diesmal jedoch tieferen Schluck seines Whiskeys.

„Das ist doch nicht sein Ernst, oder? Ich meine, er hat all die Jahre versagt und nun glaubt er, nach dem, was vorgefallen ist, könnte er es schaffen?“, staunte Selphie und legte den Kopf leicht schief.

„Reine Selbstüberschätzung und Hochmut.“, spottete Quistis, während sie das Glas in ihrer Hand drehte.

„Geben wir ihm doch einfach noch diese Chance. Vielleicht weiß er sie diesmal wirklich zu nutzen.“, verteidigte Rinoa nun den ehemaligen Hexenritter und erntete dafür nicht nur einen erstaunten Blick ihres Freundes. Squall war dankbar dafür, dass nicht auch sie sich gegen den Blonden verschworen hatte, wie die anderen es scheinbar getan hatten.

Leicht senkte er den Blick und versuchte seine eigenen Gefühle zu ordnen. Er wusste nicht, wie er den Blonden mittlerweile einschätzen sollte, doch dass die anderen derart abfällig über ihn sprachen, machte ihn eigentümlicherweise wütend. In zwei tiefen Zügen trank er den Rest seines Whiskeys aus und erhob sich an, sodass Rinoa ihn loslassen musste. Er entschuldigte sich mit der Ausrede, dass er müde sei und gab seiner Freundin dann einen letzten Kuss auf die Lippen, ehe er den Raum verließ.

Sie hatten es sich in Xells Räumen bequem gemacht, um einen gemütlichen Abend zu verbringen, so wie sie es einmal im Monat zu tun pflegten.

Squall strich sich fahrig durch die Haare und sprach innerlich ein Dankgebet, dass Rinoa ihm nicht folgte und ihn fragte, was los sei. Er wusste es selber nicht, doch ihm war ein Gefühl des Unwohlseins überkommen, als das Thema ‚Seifer’ aufgegriffen worden war.

Sie irren, sie haben Unrecht, sind so blind, dachte er bei sich und wunderte sich im nächsten Augenblick selber über seine Gedanken, die ganz und gar nicht zu ihm passten.
 

„Sie sollten sich diese Fakten sehr gut einprägen, meine Damen und Herren. Morgen werden wir von der Theorie zur Praxis übergehen und dann hoffe ich, dass Sie keinem unserer Haustiere der Trainingshalle als Frühstück dienen werden.“, ließ Squall am Ende der Stunde verlauten und wurde mit verhaltenem Kichern und Lachen der Anwärter belohnt, während er seine Unterlagen ordnete. Ja, noch konnten sie alle lachen, doch morgen früh würde es schon ganz anders aussehen, wenn sie ihrem Gegner gegenüberstanden und um ihr Leben kämpfen mussten.

Murmelnd verließen die Anwärter den Klassenraum und Squall verstaute seine Utensilien in seiner Umhängetasche. Er vernahm mit einem Mal Schritte und als er eine Regung in seinem Augenwinkel wahrnahm, blickte er auf. Bestechend grüne Augen betrachteten seine Stahlblauen und Squall blinzelte kurz, um sicher zu gehen, dass es auch wirklich Seifer war, der vor ihm stand, und nicht irgendeine Einbildung, ein Streich seiner Fantasie.

„Mister Almasy?“ Der Brünette schallte sich selbst einen Narren für den freudigen Funken Erregung in seiner Stimme ob des unerwarteten Gespräches. Seit gut einer Woche unterrichtete er nun den Blonden und nach seinem Besuch hatten sie kaum ein Wort miteinander gewechselt. Selbst im Unterricht war Seifer ungewöhnlich schweigsam.

Ein rascher Blick des Blonden zur Tür zeigte Squall, dass es sich um etwas Ernstes handelte. Niemand sollte wohl etwas mitbekommen.

„Du hast mir einiges kopiert, falls du dich daran erinnerst. Ich habe die Unterlagen durchgeschaut, sie haben mir ganz gut geholfen. Dennoch…“, begann Seifer ernst und leicht unwillig. Er biss sich auf die Unterlippe und Squall spürte, dass der Blonde sich gerade überhaupt nicht wohl in seiner Haut zu fühlen schien. Erwartungsvoll hob sich eine Augenbraue des Schülersprechers, während er den Kopf leicht zur Seite neigte und auf eine Fortsetzung des angefangenen Satzes wartete.

„Dennoch gibt es da eine Sache, die ich bisher nie kapiert habe.“

Wäre die Situation nicht schon absurd genug, hätte Squall den Blonden wahrscheinlich am Kragen gepackt, ihn durchgeschüttelt und ihn gefragt, was er mit dem wahren Seifer Almasy gemacht hätte. Vermutlich hätte er dabei sogar die Todesstrafe in Betracht gezogen, um den Dämon zu verjagen. Doch dass Seifer zähneknirschend und mit ausweichendem Blick vor ihm stand zeigte Squall ganz eindeutig, dass es tatsächlich der ehemalige Hexenritter war, der ihn gerade indirekt um Hilfe gebeten hatte. Und das nicht zum ersten Mal seit seiner Rückkehr.

Squall konnte sich eines mühsam unterdrückten Schmunzelns nicht erwehren und er nickte verständnisvoll, ehe er sich mit den Händen auf der Tischplatte seines Pults abstützte.

Seifer hatte sich verändert. Ja, er war sogar nun bereit, einmal über seinen Schatten zu springen und seinen Stolz beiseite zu schieben.

„Nenn mir Tag und Zeit.“, forderte er Seifer auf und betrachtete ihn aus einer Mischung aus Anerkennung und Vorfreude.

„Tz… komm vorbei, wann immer du willst. Woher soll ich wissen, wann in deinem überfüllten Terminkalender eine Lücke ist?“

Erneut musste Squall schmunzeln. Verändert oder nicht, Seifer war und blieb ein provozierender Spinner, der krampfhaft versuchte, sich keine Blöße zu geben und sein Image durch vorgetäuschte Coolness zu wahren. In dieser Hinsicht würde er sich wohl niemals ändern. Sarkasmus gehörte einfach zu dem Blonden.

„Lässt sich einrichten.“, meinte der Braunhaarige und hing sich seine Tasche um, bevor er mit dem Älteren den Raum verließ und abschloss.

„Nun, wir sehen uns dann… Mister Almasy.“, ließ der Brünette vor der Tür verlauten und zwinkerte kurz, ehe er kurz grinste. Er konnte eine leichte Röte auf Seifers Wangen entdecken, war jedoch nicht in der Lage zu beurteilen, ob sie aufgrund Verlegenheit oder wildem Trotz vorhanden war. Squall drehte sich um und ging seines Weges, als er Seifers Stimme leise hinter sich wahrnahm.

„Bitch!“

„Idiot!“, antwortete Squall nur und musste in sich hinein grinsen.

Glücklicherweise gab es Dinge im Leben, die sich gar weigerten sich zu ändern, wie Squall in diesem Augenblick feststellte.

Honor and Pride

Chapter Four - „Honor and Pride“
 

Ein Klopfen an der Tür.

Squall blickte auf und kritzelte schnell noch seine Unterschrift unter das Dokument. Mit einem leicht genervten „Herein“ bat er den Besucher einzutreten und machte sich schon seelisch darauf gefasst, sich eine weitere nichtige Klage eines Anwärters anhören zu müssen. Statt jedoch mit einer solchen Strafe belegt zu werden, hellte sich seine Miene sichtlich auf, als er den Besucher erblickte.

„Rinoa.“

Die Angesprochene lächelte liebevoll und schloss die Tür hinter sich. Mit geschmeidigen Bewegungen kam sie auf ihn zu, schlenderte um den Schreibtisch herum und blieb hinter dem Stuhl stehen, auf dem der Brünette saß. Die junge Frau legte ihre Hände auf seine Schultern und schmiegte ihr Gesicht von hinten an die Wange ihres Liebsten.

„Ich dachte, es würde dich freuen, wenn ich dich abhole. Du hast doch jetzt erstmal Feierabend, nicht wahr?“, schnurrte sie in sein Ohr und Squall schloss reflexartig die Augen.

„Ja. Und den werd ich auskosten. Ich könnte mir sogar überlegen, dich auf mein Zimmer zu bitten und mir den Abend ein wenig mit deiner Gesellschaft zu versüßen.“

„Ich wäre gekränkt, wenn du mich stehen lässt. In meinen Augen warst du immer ein Gentleman, oder muss ich nun erkennen, dass es nur eine Sinnestäuschung aufgrund unerschöpflicher Liebe zu dir war?“

Squall senkte den Blick und sah, wie ein Finger von Rinoa anzüglich über seine Brust strich. Er konnte ihre Rundungen in seinem Rücken spüren und ein Lächeln legte sich auf seine Lippen.

„Ich glaube, eine Bewertung dieser Aussage liegt nicht in meinem Ermessen.“, entgegnete der Brünette schlicht und drehte den Kopf zur Seite, um Rinoa’s Wange zu küssen. Ein Kichern folgte als Reaktion, ehe sie um ihn herum ging, seine Hände nahm, ihn aufzog und zur Tür schleifte. Voller Vorfreude ließ Squall es geschehen, schaltete nur noch das Licht aus, ehe sie den Raum verließen und er ihn abschloss, bevor er sich mit seiner Freundin auf den Weg zu seinem Zimmer machte.
 

Das monotone Klingeln des Weckers am nächsten Morgen riss den Braunhaarigen aus seinem erholsamen Schlaf. Träge und unverständliche Flüche murmelnd drehte er sich auf die Seite und tastete mit der Hand nach dem nervigen Wecker, um ihn auszuschalten. Erleichtert seufzte er auf, als das schrille Geräusch verstummte und er schloss noch einmal für ein paar Minuten die Augen. Erst als sich neben ihm etwas regte, schlug er die Lider wieder auf und sah zu dem schwarzen Haarschopf neben sich, unter dem auch schon ein Gesicht hervorkam. Müde schmunzelte der Schülersprecher, strich Rinoa einmal durch die Haare und küsste sie dann auf die Wange, ehe er sich aufsetzte und nach seiner schwarzen Boxershorts griff, die auf dem Boden lag. Nach dem Duschen konnte er sich immer noch eine neue anziehen. Sein Blick fiel ein letztes Mal auf Rinoa, deren nackter Körper bedauerlicherweise unter der Decke verhüllt war.

„Bleib noch etwas…“, murmelte sie und streckte eine Hand nach ihm aus.

„Ich kann nicht. Der Unterricht fängt gleich an.“, entgegnete er leise, ergriff ihre Hand und hauchte einen Kuss auf den Handrücken, ehe er aufstand und mit neuer Kleidung im Bad verschwand. Das Wasser auf seiner Haut während einer erfrischenden Dusche verwischte alle Spuren der letzten Nacht und Squall genoss das Gefühl der Reinigung.

Er hatte Rinoa gestern noch erzählt, dass er sich mit Seifer treffen würde und zu seinem Erstaunen hatte sie diese Idee sogar noch unterstützt. „Ich finde es schön, wenn ihr beide euch nun endlich vertragt und nicht dauernd streitet.“, hatte sie mit einem freudigen Lächeln gesagt. Hoffentlich hatte sie Recht und sie würden einmal miteinander reden können, ohne gleich in Hahnenkämpfe zu verfallen.
 

„Jetzt alles soweit klar?“, fragte der Braunhaarige und blickte erwartungsvoll von den Unterlagen auf, um Seifer in die Augen sehen zu können. Er war nach dem Unterricht zu ihm gekommen um mit ihm das Verständnisproblem des einen Themengebietes zu klären. Trotz Seifers eher heißblütigem Temperament, gepaart mit dem oftmals rebellischen Gebaren war er an diesem Nachmittag Squall gegenüber ungewöhnlich ruhig und zurückhaltend. Es waren bisher keine provozierenden Worte über die Lippen des Blonden gekommen, was Squall eigentümlicherweise erfreute.

„Ja, ich hab’s gecheckt.“, entgegnete der Blonde mit einem knappen Nicken und ordnete seine Unterlagen, die verstreut auf dem Tisch lagen.

Zufrieden lehnte Squall sich zurück und nahm sein Glas mit Wasser in die Hände, welches Seifer ihm am Anfang seines Besuchs angeboten hatte. Er nippte daran und beobachtete den anderen aus den Augenwinkeln, als dieser seine Mappe auf den Schreibtisch legte.

„Deine Kampfkünste sind erstaunlich, Seifer.“, bemerkte der Jüngere und stellte sein Glas wieder ab, ehe er sein rechtes Bein über das Linke schlug. Er erinnerte sich noch gut an die praktischen Übungen seines Kurses vom heutigen Morgen, die er gestern noch angekündigt hatte.

„Du hast heute Morgen dein Können wirklich außerordentlich gut demonstriert. Aber ich bin mir sicher, dass das noch lange nicht alles war, was du kannst, habe ich Recht?“

„Man sollte nur die Kraft aufwenden, die man braucht um seinen Gegner zu besiegen. Alles andere wäre Verschwendung.“

„Weise Worte.“

Interessiert sah er zu dem jungen Mann, der sich nun auf dem Sessel niederließ, der Squall gegenüber stand, und zu seinem eigenen Glas Wasser griff. Squall ließ seinen Blick an Seifers Hals hinunter gleiten und blieb schließlich bei der silbernen Halskette hängen. Für einen Augenblick musterte er sie stillschweigend, wog innerlich ab, ob er es wagen sollte, Seifer eine Frage zu stellen, die ihn schon länger beschäftigte, oder nicht. Letztendlich war seine Neugier jedoch größer und er blickte dem Blonden wieder in die Augen.

„Was hat dich dazu bewegt, wieder hierher zu kommen? Ich meine, es freut mich, dass du wieder hier bist. Egal was geschehen ist, du bist und bleibst derjenige, mit dem ich meine Kindheit, meine gesamte Jugend verbracht habe.“, versuchte Squall sich zu erklären und merkte dabei selber, dass er sich beinahe um Kopf und Kragen redete. Konnte es denn so schwer sein, Seifer etwas zu fragen?

Im Grunde genommen schon, wenn man bedachte, dass Squall keineswegs beabsichtigte, den Blonden wegen Nichtigkeiten zu erzürnen. Seifer war leicht reizbar, das war er schon immer gewesen, und nach einem friedvollen neuen Anfang, den sie beide vor gut einer Woche begonnen hatte, wollte der Brünette alles andere als diesen neuen Beginn mit nur einem Wort im Keim zu ersticken.

Den nahezu vernichtenden Blick des Blonden bemerkend, schluckte Squall schwer und drückte unwillkürlich die Schultern durch, als wolle er sich vor einem möglichen Angriff schützen.

„Was glaubst du, warum ich hier bin?“, konterte Seifer nur strategisch geschickt und der Brünette schnalzte missbilligend mit der Zunge. Eigentlich war er derjenige, der dem anderen verbal und intellektuell überlegen war, doch diesmal schien der Ältere den Spieß umzudrehen.

„Ich glaube, du hast uns alle ganz doll vermisst und konntest nicht ohne uns leben.“, platzte es dann aus Squall hervor und er musste selber über diese Worte grinsen. Ironie war nicht unbedingt seine Stärke, doch manchmal konnte er diese Waffe auch ganz gut benutzen.

„Oh törichter Narr, welcher du bist. Deine Naivität ist nicht mehr auf einer Skala zu messen!“, schnaubte Seifer verächtlich und verschränkte die Arme vor der Brust. Die Worte und die Geste entlockten Squall ein leises Lachen und er schüttelte nur leicht den Kopf.

„Möglich.“, entgegnete der Jüngere nur leicht amüsant und beobachtete den anderen einen Augenblick, ehe er noch etwas hinzufügte:

„Ich glaube, du bist wieder hier, weil du ein Mann von Ehre bist und du etwas zu Ende bringen möchtest, was du einst hier begonnen hast.“

Diese Worte schienen Wirkung zu zeigen, denn der Blonde blickte seinen Gegenüber plötzlich mit einer Mischung aus Ernsthaftigkeit und Hoffnung an. Squall war noch nie in der Lage gewesen, aus Seifers Augen etwas zu lesen, doch nun schien es, als würde der Blonde ihm erste Eindrücke gewähren.

Es schienen Minuten zu vergehen, in denen sie sich nur schweigend betrachteten und auf eine Reaktion des jeweils anderen warteten. Squall erkannte seinen Triumph jedoch schon früh daran, dass Seifer keinen sarkastischen Kommentar abgab, sondern durch sein Schweigen bewies, dass der Brünette zumindest halbwegs ins Schwarze getroffen hatte, wenn nicht sogar Bull’s eye. Innerlich grinste der Jüngere über seinen Sieg, äußerlich ließ er sich seine Freude allerdings nicht anmerken.

Nach schier endloser Zeit des Schweigens lehnte Squall sich ein wenig vor und betrachtete den anderen füchsisch. Er hatte seine Antwort, auch wenn Seifer sie nie selber ausgesprochen hatte.

„Was hältst du davon, wenn wir morgen einen fairen Kampf in der Übungshalle bestreiten?“, wechselte er schließlich das Thema, um Seifer die Verlegenheit auf seine Behauptung zu antworten zu nehmen. Die Augenbrauen des Blonden wanderten in die Höhe und entlockten Squall ein diebisches Grinsen.

„Ein Übungskampf zwischen Freunden.“

Unruly Strength

Chapter Five - „Unruly Strength“
 

Die Uhr schlug 15:34h.

Eine Weile beobachtete der Brünette die Bewegungen des Sekundenzeigers, bevor er sich wieder seinen Unterlagen widmete. Nur noch zwei Anträge, dann wäre er für heute fertig und er würde ein wenig Freizeit haben, die er voll und ganz nutzen wollte. Seine Konzentration wurde jedoch bald harsch durch ein Klopfen gestört.

„Ja?“, kam es genervt über die Lippen des Schülersprechers und er verdrehte die Augen, während er den Stift niederlegte und sich in seinem Stuhl zurücklehnte. Nicht schon wieder ein Anwärter mit Problemen, welche in Wahrheit nicht mehr als Einbildungen waren.

Statt sich jedoch mit einem stotternden Anwärter oder einem verliebten Mädchen rumschlagen zu müssen, bekam er die Gelegenheit, seine Geduld zu erproben und sein Geschick zu beweisen, sich aus heiklen Situationen heraus zu schleichen.

„Yo, Squall! Was geht?“, fragte ein blonder Punk mit einem schiefen Grinsen und ließ sich auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch fallen. Demonstrativ gelassen lehnte Squall sich vor und warf seinem Gegenüber einen durchbohrenden Blick zu.

„Was willst du, Xell?“, kam es ruhig über seine Lippen.

Abwehrend hob der Angesprochene die Hände und bedachte Squall mit einem unschuldigen Blick.

„Was denn? Darf man nicht einmal mehr einen Freund besuchen und sich nach seinem Befinden erkundigen?“, ließ er überrascht und ein wenig provozierend verlauten. Ein Schnauben war die Antwort.

„Wie du vielleicht unschwer sehen kannst…“

„… hast du viel zu tun und möchtest deshalb nicht…“, fuhr Xell den Satz des Brünetten mit einem Augendrehen fort.

„… aus irrelevanten oder privaten Gründen gestört werden.“, ertönten mit einem Mal beide Stimmen synchron und Squall blinzelte kurz verdutzt. Xell grinste nur hämisch.

„Außer…“, betonte der Punk und hob einen Zeigefinger. Er beugte sich leicht zu Squall und hob eine Augenbraue. „… ein Irrer versucht mal wieder die Weltherrschaft an sich zu reißen.“

Erneut schnaubte der Brünette ärgerlich. Hatte er diese Worte etwa schon so oft laut ausgesprochen, dass Xell sie schon wortwörtlich formulieren konnte?

„Du bist nicht nur hier, weil du wissen willst, wie es mir geht, richtig Xell?“, fragte er dann gelassener als zuvor.

„Geschickt erkannt, College-Boy!“, Ein Zwinkern des Blonden.

Squall konnte nicht sagen, ob er diesen Spitznamen mögen oder hassen sollte. Wohl eher letzteres. Nur weil er über ein gutes Allgemeinwissen und eine überaus schnelle Auffassungsgabe verfügte, musste man ihn doch nicht gleich mit so einer Bezeichnung betiteln.

„Ich soll dir das hier vom Chef geben.“, Neugierig blickte der Brünette auf den Briefumschlag, den der Blonde bei seinen Worten aus seiner Westentasche hervorzog.

„Von Cid?“

„Treffer versenkt!“, meinte Xell fröhlich und zwinkerte erneut.

Der Schülersprecher nahm den Briefumschlag entgegen, betrachtete ihn einen Augenblick, ehe er ihn öffnete.

„Cid meinte, du könntest damit vielleicht etwas anfangen.“, fügte Xell achselzuckend hinzu und reckte leicht den Kopf, um ebenfalls den Inhalt des Briefes sehen zu können.

Squall hatte vieles erwartet, doch dass, was er in dem Umschlag sah, überraschte ihn mehr, als es andere Dinge jemals vermocht hätten. Fast schon ehrfürchtig zog er die Fotos langsam ein Stück hervor und blickte sofort in ein Paar strahlend grüner Augen.

Seifers Augen.

Und daneben waren seine eigenen Stahlblauen.

Es waren Kinderfotos aus dem Waisenhaus von Seifer und ihm. Auf manchen war sogar Edea oder eines der anderen Kinder zu sehen. Squalls Mundwinkel zuckten leicht, bevor er die Bilder hastig zurück in den Briefumschlag schob. Sein Blick fiel auf Xell, der ausnahmsweise einmal geschwiegen hatte. Kurz räusperte der Braunhaarige sich.

„Richte Cid meinen Dank aus, falls du ihn heute noch sehen solltest.“, bemerkte der Schülersprecher nur trocken, als handelte es sich bei dem Inhalt des Briefes lediglich um neue Anträge, die es zu bearbeiten galt.

„Wenn du mich nun entschuldigen würdest.“, Damit erhob Squall sich, legte die Akten beiseite, die er nun doch morgen erst vollenden würde und schnappte sich seinen Schlüssel, ehe er Xell auffordernd ansah.
 

Sicher landete der Brünette wieder auf seinen Füßen, nachdem der ehemalige Hexenritter seinen Schlag pariert und ihn von sich gestoßen hatte.

„Na komm schon! Das war doch wohl etwa nicht schon alles, oder?“, fragte Squall provozierend und konnte sich ein herausforderndes Grinsen nicht verkneifen. Sein Blick fixierte Seifer, der ihm gegenüberstand, seine GunBlade fest in der Hand. Letztendlich hatte er sich gestern doch zu einem Freundschaftskampf überreden lassen und war heute pünktlich um viertel nach vier in der Übungshalle erschienen. Eigentümlicherweise hatte Squall eine ungeahnte Freude bei Seifers Zusage empfunden.

„Ha! Du wirst dir noch wünschen, dass es alles wäre!“, konterte der Blonde und kniff seine Augen zusammen, ehe er zum Gegenschlag ansetzte. Seifer machte zwei geschickte Schritte nach vorne, bewegte geschmeidig seinen Oberkörper dabei und holte mit seiner Waffe aus. Squall festigte den Griff um das Heft seiner eigenen GunBlade, ehe er sie erhob und den Schlag mit einem erstickten Keuchen abfing. Funken schienen durch die Luft zu fliegen, als Metall auf Metall schlug und ein ohrenbetäubendes Klirren erklang.

Seifer war verdammt stark geworden. Stärker als vor dem Krieg.

Die Erkenntnis traf den Braunhaarigen beinahe so hart, wie der nächste Schlag des Blonden, den der Schülersprecher nur in der letzten Sekunde abfangen konnte. Mit beiden Händen musste er das Heft seiner Waffe umfassen, um nicht durch die Wucht weggeschleudert zu werden. Mit einem unterdrückten Laut der Überraschung wich Squall zurück, um sich aus seiner Misere zu befreien.

Sofort fielen seine Augen auf Seifer, der kurz seine GunBlade schwang, ehe er reglos verweilte. Ein Luftstoß ließ den langen, grauen Mantel aufflattern. Squall ließ diesen Anblick einen Augenblick auf sich wirken, bevor er aufsah und seine Augen sich auf sein Gegenpaar richteten. Diesmal erkannte er keinen Hass in den bestechendgrünen Augen des Blonden, keine Abneigung, keine Provokation. Da war nur Konzentration. Diese Feststellung erfreute den Brünetten. Sie bestätigte ihm, dass auch Seifer nicht zu beabsichtigen schien, vergangene Rivalitäten fortzusetzen.

„Zeig mir, was du kannst, Seifer.“, forderte er den Älteren mit einem freudigen Grinsen auf. Er wollte nun wissen, wie stark der Blonde wirklich war, auch wenn ihm klar war, dass er Seifer schon immer physisch unterlegen gewesen war.

„Wie du willst… Squall.“, entgegnete der Größere, seine GunBlade dabei fest umfassend. Sofort spannte der Brünette seine Muskeln an, bereit sich zu verteidigen.

Es dauerte nur wenige Sekunden, bis scharfe Klingen erneut aufeinander prallten und Funken von einem harten Kampf zeugten. Sand wirbelte bei ihren schnellen Bewegungen auf, stahl sich in ihre Lungen und brachte sie ab und zu zum Husten. Dies waren die besten Chancen für den Gegner, anzugreifen und zu punkten, doch jeder der beiden Kontrahenten war erfahren genug, um den Angriffen dennoch auszuweichen und zum Gegenschlag anzusetzen.

Squall rollte sich zur Seite ab, bevor die Klinge der gegnerischen GunBlade den Staub zerschnitt, welcher in der Luft hing. Ohne zu zögern sprang der Brünette auf, holte mit einem energievollen Kampfschrei aus und stürzte sich auf den Blonden, der im ersten Augenblick überrascht zu sein schien. Allerdings wich diese Überraschung schneller als gedacht einer unbändigen Entschlossenheit, die es Seifer möglich machte, den Schlag zu parieren, ehe sein Ellebogen vorschnellte und Squall an der Schulter traf. Mit einem dumpfen Keuchen taumelte Squall zurück und suchte sofort nach einem sicheren Stand. Sein Blick richtete sich auf den Blonden, der erneut auf ihn zukam. Aufmerksam studierte er die Fußarbeit des anderen und achtete auf jede kleinste Bewegung.

Er kannte Seifer, er kannte seinen Kampfstil. Selbst seine physische Unterlegenheit konnte ihn nicht davon abhalten, einen Sieg zu erringen. Psychisch war er dem Blonden überlegen und wenn er mit Köpfchen arbeiten würde, hatte er eine gute Chance.

Reglos verharrte der Braunhaarige, die GunBlade fest in den Händen und auf Seifer gerichtet. Er musste ihm nur nahe genug kommen und Squall musste nur den einen Moment abwarten, in der Seifer seinen Fuß anhob, um einen Schritt zu wagen. Dann hatte er die beste Chance, den Älteren zu überraschen und zu überwältigen.

Wenige Meter trennten sie nun nur noch. Wenige Meter, die mithilfe ihrer Waffen schnell überbrückt waren. Nur noch ein wenig näher. Noch zwei Schritte, dann könnte er einen Angriff wagen.

Schweißtropfen rannen über seine erhitzte Stirn und Squall war versucht, sie wegzuwischen. Mühsam unterdrückte er den Drang und fokussierte seine ganze Aufmerksamkeit auf die Bewegungen des Blonden.

Noch einen Schritt.

Nicht mehr lange, dann würde der Moment gekommen sein. Squall konnte seinen eigenen schweren Atem hören.

Jetzt!

Mit angehaltener Luft setzte Squall einen Fuß vor, holte von unten mit seiner GunBlade aus und duckte sich dabei selber ein wenig. Mit einem halbherzigen Grinsen bemerkte er, dass Seifer seinen Schlag im letzten Augenblick abfing. Das war seine Chance. Mit dem hinteren Fuß drückte er sich ab und rammte den Blonden seitlich, sodass dieser mit einem Ächzen zu Boden geworfen wurde. Im letzten Moment fand Squall sein Gleichgewicht wieder und konnte zu seinem Gegner rennen, der nach seiner Waffe griff, die ihm aus der Hand gefallen war. Kaum war Squall nahe genug um anzugreifen, kam ihm auch schon die scharfe Klinge Hyperions entgegen, die im Licht gefährlich aufblitzte. Er hatte nicht mit einer solchen Kraft gerechnet, die hinter diesem Schlag steckte, doch sie warf ihn zur Seite und gab Seifer die Möglichkeit, aufzustehen. Ruckartig wandte Squall sich wieder seinem Gegner zu, der zu seinem Entsetzen viel näher war, als er vermutet hatte.

Wie Seifer dann vorgegangen war, konnte er nicht sagen. In diesem Moment ging alles viel zu schnell. Squall spürte nur noch einen harten Schlag mit der Breitseite der gefährlichen, feindlichen Klinge auf der Schulter, der ihn zu Boden zwang. Benommen blieb er einige Sekunden liegen, ehe er seinen verschwommenen Blick durch mehrmaliges Blinzeln klären konnte.

Eine gefährliche Kälte legte sich an seinen Hals und Squall hielt in seiner Bewegung inne, als er sich aufrappeln wollte. Seine Augen richteten sich auf Seifers Gesicht, hefteten sich an die grünen Augen, in denen Entschlossenheit aufblitzte. Schwer schluckte der Braunhaarige und ließ dann ein doch recht unsicheres Grinsen auf seinem Gesicht erscheinen.

„Deine Kampftechnik und deine Kraft sind wirklich herausragend, Seifer. Ich bin beeindruckt.“, gab der Brünette zu, der erkennen musste, dass der Ältere einiges gelernt hatte und nun besser denn je war. Vermutlich auch besser als er selber.

Squall zuckte heftig zusammen, als der Druck sich an seinem Hals verstärkte. Er konnte die scharfe Spitze der Klinge deutlich an seiner Haut spüren. Mühsam unterdrückte er es zu schlucken, denn dann würde vermutlich Blut fließen. In seinem Blick flackerten Unsicherheit und Überraschung auf, die dem Blonden keineswegs entgingen.

Love? - What a lie!

Chapter Six - „Love? – What a lie!”
 

Langsam aber sicher machte sich eine unangenehme Angst in dem Brünetten breit. Hilflosigkeit ergriff ihn. Squall wagte kaum zu atmen, während seine Augen die des Älteren fixierten, als suchten sie nach etwas, dass Seifers derzeitiges Verhalten zu erklären vermochte.

Hatte er sich etwa so sehr in Seifer täuschen können? War er so blind gewesen?
 

War dies letztendlich nur der Beweis, dass Seifers Worte - die ihm jahrelang vorgeworfen hatten, oftmals zu naiv zu sein - sich bewahrheitet hatten?
 

Bitte nicht…


 

Der Ausdruck in Seifers Augen veränderte sich langsam. Er wurde weicher, sanfter.

Erleichtert atmete Squall auf, als die gefährliche Kühle sich von seiner Kehle entfernte. Für einen kurzen Moment schloss er die Augen, wohl wissend dass dies ihm in einem richtigen Kampf das Leben kosten könnte.

„Damals hätte ich diesen Anblick eines besiegten Rivalen wohl genossen.“, ließ der Blonde ungeniert verlauten ohne dabei auf Squalls lobende Worte einzugehen. Mit einer fließenden Handbewegung steckte er seine GunBlade mit der Spitze in den Boden. Der Jüngere lag noch immer am Boden und beobachtete den anderen aufmerksam, als wartete er auf den nächsten Angriff, der allerdings ausblieb. Seine Augenbrauen hoben sich in Irritation, als der Blonde ihm eine Hand entgegen streckte. Kurz blinzelte Squall. War das nun wirklich Seifers Ernst?

Ehe der Ältere es sich jedoch anders überlegen konnte, ergriff der Brünette die ihm dargebotene Hand und ließ sich aufhelfen.

„Heute tust du es also nicht mehr? Wie komme ich denn zu dieser Ehre?“, entgegnete Squall ironisch, während er sich den Staub von den Klamotten klopfte.

„Menschen verändern sich, Squall.“, antwortete Seifer trocken und dem Brünetten entging die Ernsthaftigkeit in der Stimme des Blonden nicht. Sofort hielt er in seinem Tun inne und sah zu dem anderen, der seinem Blick gekonnt auswich und sich stattdessen seiner GunBlade widmete. Anscheinend hatte Squall da gerade einen empfindlichen Punkt getroffen. Erste, ganz leichte Schuldgefühle kamen in ihm hoch. Er hatte den Älteren nicht angreifen oder gar verletzen wollen.

„Seifer… ich…“, begann Squall leise, auf der Suche nach den richtigen Worten um sich zu erklären, doch er wurde von Seifer unterbrochen.

„Hey! Keine sentimentalen Momente, in Ordnung?“, stellte er ernst klar und hob seine beiden Hände abwehrend, um seine Worte zu unterstreichen und Squall Einhalt zu gebieten. Es dauerte einen Augenblick, bis Squall das leichte Grinsen auf den Lippen des Älteren sah, doch dann verzogen sich auch seine Lippen zu einem diebischen Lächeln.

„In Ordnung.“, willigte er mit einem Nicken ein und bückte sich, um seine GunBlade aufzuheben. Erneut durchströmte Squall ein Gefühl der Erleichterung. Obgleich er überzeugt davon war, dass es langsam an der Zeit war, über vergangene Ereignisse zu reden, anstatt alleine damit fertig zu werden, wusste Squall, dass es für den Augenblick am einfachsten war, erst einmal miteinander auszukommen, ohne zu tief in die Privatsphäre des anderen einzudringen.

Mit einem ungewöhnlich leichten Seufzen fuhr der Brünette sich durch seine wirren Haare.

„Ich brauch unbedingt eine Dusche…“
 

Der Regen prasselte hart gegen die Fensterscheibe. Dichte Wolken hingen am Himmel und präsentierten stolz ihr Grau, während gelegentliches Donnergrollen über die Erde hinwegfegte.

Nur mit einer schwarzen Boxershorts und einem roten Shirt bekleidet, lag der Brünette auf seinem Bett, die Fotos in seinen Händen betrachtend. Zum ersten Mal an diesem Tag hatte er die Gelegenheit, sich den Bildern zu widmen, ohne dabei gestört zu werden. Es waren Fotos von Seifer und ihm aus ihrer Kindheit im Waisenhaus.

Das erste Bild zeigte ihn selber, in einem großen Sessel sitzend. In seinen Händen hielt er eine Tasse Kakao, während er mit trotzigem Augenausdruck in die Kamera blickte. Das Foto musste im Winter geschossen worden sein, denn er trug einen warmen Pullover, der ihm beinahe etwas zu groß war. Zu jener Zeit musste er sechs Jahre gewesen sein.

Das zweite Foto stellte Seifer und ihn dar. Squall war noch nie sehr fotogen gewesen, weshalb man entweder einen sehr guten Moment erwischen musste, um ihn auf ein Foto zu bekommen, oder aber man musste ihn wortwörtlich dazu zwingen. Letzteres traf bei diesem Foto zu. Es war auf dem Sommerfest im Garten des Waisenhauses gemacht worden und Seifer hielt Squall im Klammergriff mit einem breiten Grinsen im Gesicht bei sich. Er selber war über diese Umstände nicht gerade erfreut und warf dem Blonden hinter sich einen giftigen Blick zu.

Lächelnd sah Squall sich das nächste Foto an. Es war wieder ein Bild von ihnen beiden. Dieses Mal saßen die beiden vor dem Kamin und blickten über ihre Schultern hinweg zur Kamera. Squall erinnerte sich an diesem Moment. Es war einer der ruhigsten zwischen ihnen gewesen, in der sie sich ausnahmsweise mal nicht wie Hund und Katz verhalten hatten. Sie waren – so weit Squall sich recht erinnerte – sieben und acht Jahre gewesen.

Das vierte und letzte Foto war ein Einzelbild von dem Blonden.

Squalls Lächeln wurde mit einem Mal melancholischer, als er das Foto eine Zeit lang betrachtete. Es zeigte Seifer schlafend in seinem Bett. Die Decke bedeckte lediglich seinen Unterkörper, bis zur Hüfte. Sein weißes Shirt war ein wenig verdreht, während er seitlich in den Kissen gekuschelt lag. Nahezu gefesselt von diesem Anblick, bemerkte der Brünette, dass Seifers Gesicht nicht wie sonst harte und unnachgiebige Züge besaß, sondern diese im Schlaf vielmehr sanft und verletzlich wirkten. Es war erstaunlich, wie friedlich Seifer wirkte, wenn er nicht gerade wach war.

Ohne es zu bemerken verschwand Squalls Lächeln ganz und er fragte sich insgeheim, ob Seifer in Wahrheit wirklich so verletzlich war, wie es sein Gesichtsausdruck auf dem Foto zeigte. Auch wenn er es sich nicht eingestehen wollte, so wusste er im Herzen doch schon lange die Antwort auf diese Frage.

„Squall! Bist du da?“

Der Brünette zuckte heftig zusammen, als er die Stimme seiner Freundin vernahm, die an der Tür klopfte. Schnell schob er die Fotos wieder in den Briefumschlag und ließ diesen in der Schublade seines Nachtischschränkchens verschwinden.

„Oh! Hab ich dich geweckt?“, fragte Rinoa vorsichtig, als Squall ihr die Tür geöffnet hatte. Kurz sah er an sich hinunter.

„Nein, ich war nur eben duschen und hab mich direkt umgezogen.“, erklärte er sein Aussehen und ließ die Schwarzhaarige eintreten.

„Verstehe. Alles klar bei dir?“ Mit großen Augen sah sie ihn an und lächelte liebevoll. Squall jedoch hob nur eine Augenbraue, überrascht über diese Frage.

„Sicher. Gibt es einen besonderen Grund, warum du hier bist?“

„Nein. Brauch ich etwa einen um meinen Freund zu besuchen?“ Sie schlang lächelnd die Arme um seinen Hals und sah ihn mit einem Glitzern in den Augen an. Aus einem unerklärlichen Grunde fühlte Squall sich gerade nicht ganz wohl in seiner Haut.

„Ich denke nicht.“, gab er mit einem leichten Lächeln zurück und drückte Rinoa einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. Dann löste er sich von ihr und ging zu seinem Schreibtisch. Mit einer Hand nahm er sein Glas und trank einen Schluck des kühlen Sprudelwassers.

„Ich habe heute gegen Seifer gekämpft.“, meinte er zwischen zwei Schlucken, um das Thema zu wechseln. Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie Rinoa beide Augenbrauen hob.

„Du hast gegen ihn gekämpft? Ich dachte…“

„Es war mein Vorschlag. Ein Freundschaftskampf, nichts weiter.“, erklärte er hastig und setzte das Glas wieder ab, bevor er mit einem Finger über dessen Rand strich.

„Du scheinst dich gut mit ihm zu verstehen, was?“, kam es leise von Rinoa und Squall meinte den Hauch von Eifersucht in ihrer Stimme zu vernehmen. Ausweichend zuckte er mit den Achseln.

„Ich bin mit ihm groß geworden.“

„Und habt euch jahrelang beinahe die Köpfe eingeschlagen.“, fügte die junge Frau mit einem Schmunzeln hinzu und verschränkte leicht die Arme vor der Brust. Andächtig nickte Squall.

„Das auch.“

Ein Lachen von Rinoa erfüllte den Raum und Squall sah auf. Erneut kam sie auf ihn zu und legte ihre Arme um seine Hüfte.

„Es ist schön zu hören, dass ihr beide euch nun endlich versteht und du ihm hilfst.“, merkte sie mit einem sanften Lächeln an. Unerklärlicherweise klangen diese Worte nicht gerade überzeugend in den Ohren des Brünetten, doch er schwieg in diesem Augenblick lieber, als sie darauf anzusprechen.
 

Die nächsten zwei Wochen vergingen ungewöhnlich schnell und ereignislos. Squall ging pflichtbewusst seiner Arbeit als Ausbilder und Schülersprecher nach, während er seine freie Zeit oftmals bei Seifer verbrachte, um mit ihm für die anstehenden Prüfungen zu lernen. Der Blonde war keineswegs dumm, doch sein Wissen musste aufgefrischt werden, damit er im Unterricht folgen konnte.

Seine Schritte hallten im verlassenen Gang laut wieder, während er sich mit der Hand durch seine wirren, haselnussbraunen Haare strich, die ihm teilweise in die Augen fielen. Er kam geradewegs von Almasys Zimmer, auf dem er mit dem Blonden den Abend über gelernt hatte. Sie hatten während ihrer letzten Treffen nicht nur über den Unterrichtsstoff gesprochen, sondern auch andere Gesprächsthemen gefunden. Es hatte Squall nicht milde überrascht, dass Seifer plötzlich Interesse an seinem Leben empfand und erfahren wollte, was er nach der Zeit des Krieges gemacht hatte. Trotz der Verwunderung, die der Brünette über diese Frage empfunden hatte, hatte er mit einem ehrlichen Lächeln erzählt, wie es ihm ergangen war und wie er dazu gekommen ist, nun Ausbilder zu sein.

Eine weibliche Stimme, die seinen Namen aussprach, ließ den Braunhaarigen aufsehen und er blickte geradewegs in die wachsamen Augen einer blonden Frau. Sofort drückte er ein wenig die Schultern durch, als würde er auf einen Angriff warten, ob nun verbal oder physisch.

„So spät noch immer bei der Arbeit?“, fragte sie mit einem herausfordernden Unterton in der Stimme, der Squall warnte, jetzt nichts Falsches zu sagen.

„Spionierst du mir etwa nach?“, mutmaßte er ungeniert und blieb wenige Meter vor der jungen Frau stehen, um eine Hand auf seine Hüfte zu stemmen. Wachen Auges beobachtete er jede Bewegung von Quistis, als sie sich an die Wand des Ganges lehnte und ihn betrachtete.

„Dazu habe ich keinen Grund.“, entgegnete sie trotzig.

„Aber du scheinst einen zu haben, um auf mich zu hier zu warten.“

Volltreffer. Quistis verengte leicht ihre Augen und schwieg einen Augenblick.

„Du scheinst dich mit Seifer sehr gut zu verstehen, was?“

Nun war es an Squall, einen Schlag einzustecken. Er fixierte die Blonde und suchte nach den richtigen Worten.

„Worauf willst du hinaus?“, Seine Stimme klang ungewöhnlich kalt und ernst.

„Auf gar nichts. Ich wundere mich nur, dass ihr beide euch auf einmal so oft trefft. Ist ja fast so, als hättet ihr euch vermisst.“

„Meine Angelegenheiten gehen DICH rein gar nichts an, verstanden?“, ließ der Brünette mit einem Mal mit lauter Stimme verlauten und machte eine herrische Geste mit der Hand. Er hasste es, wenn man sich in seine Angelegenheiten einmischte, vor allem wenn sie Seifer und ihn betrafen. Bisweilen waren sie immer nur die beiden Rivalen gewesen, jeder hatte in ihnen nur das gesehen, was er sehen wollte. Doch dass sie auch so etwas wie Brüder waren, das kam keinem in den Sinn.

Eine Weile herrschte vollkommene Stille auf dem Gang und Quistis nickte nur geistesabwesend.

„Du solltest dich in Acht nehmen, Squall.“, gab sich leise von sich.

„Wovor denn bitteschön? Etwa vor Seifer?“, brach es ironisch aus dem Schülersprecher heraus. Die junge Frau schenkte ihm nur einen leicht mitleidigen Blick, der Squall ein wenig irritierte.

„Ehrlich gesagt, bin ich noch nicht recht davon überzeugt, dass er sich wirklich verändert hat. Du kennst ihn, er hat…“

„Richtig! Ich kenne ihn! Und deshalb WEIß ich, dass er nicht mehr der Hexenritter von damals ist!“, fuhr Squall die Blondine an und er verspürte eine unerklärliche Wut in sich aufsteigen. Wie konnte Quistis nur so über Seifer reden?

Die Ausbilderin schien es nun aufzugeben, an Squalls Gewissen zu appellieren, denn sie seufzte nur schwer und drehte sich um.

„Ich gebe dir einen Tipp, Squall. Denk an deine und auch Seifers Position.“

Verwirrt runzelte der Braunhaarige die Stirn und wollte gerade nachfragen, was sie denn damit schon wieder meine, als es ihm wie Schuppen von den Augen fiel.

„Du meinst doch nicht etwa, dass Seifer und ich…?! Das ist absurd, Quistis, er ist ebenso ein Mann wie ich, falls dir das all die Jahre nicht aufgefallen ist.“, stellte er unvermittelt klar, verfluchte sich aber selber für das leichte Zittern in seiner Stimme.

Quistis, die auf den Absatz kehrt gemacht hatte, drehte sich nun noch einmal um.

„Er ist dein Schüler, Squall. Und als diesen solltest du ihn auch sehen. Zumindest solange er noch kein SeeD ist. Auch wenn du es nicht sehen willst, so ist dein Verhältnis zu Seifer momentan in den Augen der anderen nichts anderes, als eine Lehrer-Schüler-Beziehung. Und das ist gefährlich; das weißt du.“

Ungläubig blickte Squall der blonden Frau nach, als sie den Gang entlang schritt und um die nächste Ecke bog. Das war doch wohl nicht ihr Ernst…?!

Like a Rebel

Chapter Seven - „Like a Rebel“
 

Wütend warf er seine Unterlagen auf seinen Schreibtisch und schälte sich aus seiner Jacke. Noch immer hallten Quistis’ Worte in seinem Kopf herum, spukten in jeder Ecke seines Bewusstseins wie ein lästiges Gespenst. Mit einem unverständlichen Fluch ließ der junge Mann die Jacke achtlos auf sein Bett fallen und ließ sich dann neben dem Kleidungsstück nieder. Seufzend strich er sich mit der Hand über das Gesicht, als wolle er sich einen klaren Kopf verschaffen.

Warum zur Hölle machte sie ihn auf solche Tatsachen aufmerksam? Er kannte die Regeln, kannte die Konsequenzen besser, als jeder andere. Er brauchte Quistis nicht als seinen persönlichen Ratgeber, sie hatte doch keine Ahnung.

Seifer und er, eine Beziehung. Ha! Wovon träumte sie in der Nacht?

Er liebte Rinoa; sie war seine Freundin und seine bessere Hälfte. Sie war es, die ihn lieben gelernt hatte und nun an seiner Seite war, wenn er einen Halt brauchte. Sie war die Frau, die er liebte, die er beschützen wollte.

Seifer war ein Freund, ein Bruder. Nicht mehr.

War das denn nicht offensichtlich?

Ja, genauso offensichtlich wie deine Abneigung gegen Seifer, rief eine dunkle Stimme in seinem Hinterkopf, aus der pure Ironie sprach. Squall stöhnte leise genervt auf. Die anderen spekulierten doch nicht wirklich darum, ob Seifer und er eine engere Bindung hatten, als es den Anschein machte, oder etwa doch?

Nein. Nein, das war völliger Schwachsinn, sie würden es nicht einmal wagen, solche Behauptungen gegenüber ihm aufzustellen. Niemals!

Sein Blick fiel auf die Schublade des Nachtischschränkchens und Erinnerungen an Fotos kamen ihm in den Sinn. Er wusste nicht, warum Cid ihm diese Fotos hatte zukommen lassen, doch er hatte sich gefreut. In diesem Augenblick jedoch schien allein der Anblick der Bilder eine Qual für ihn zu sein.

Hastig stand er auf und schnappte sich seine Zimmerkarte, ehe er eiligen Schrittes sein Zimmer verließ.
 

Nach einem kurzen Klopfen wurde ihm auch schon die Tür geöffnet und ein Paar rehbrauner Augen blickte ihn fröhlich an.

„Squall! Was machst du denn noch so spät hier?“, fragte Rinoa vergnügt. Wenigstens war ihre Liebe zu ihm offensichtlich, kam es ihm etwas bitter in den Sinn und Squall unterdrückte eine neue Welle der Wut.

Wortlos betrat er das Zimmer, schloss die Tür hinter sich und zog Rinoa an sich. Der Schwarzhaarigen kam ein überraschter Laut über die Lippen, ehe sie zu ihrem Liebsten aufsah.

„Squall? Alles in Ordnung?“, fragte sie besorgt und ließ ihre Hände auf seiner Brust ruhen. Der Angesprochene sah seiner Freundin in die Augen und musste erneut an Quistis’ Worte denken. Er verdrängte seine Wut hastig und drückte Rinoa enger an sich. In seinen Augen war nicht wie sonst eine ungeahnte Zärtlichkeit, die seiner Freundin galt, stattdessen wirkten sie leicht resigniert.

„Sicher. Ich habe mich nur nach dir gesehnt.“, entgegnete er leise, aber ernst und beugte sich vor, um Rinoa sanft zu küssen. Die junge Frau schien zunächst perplex, doch schnell hatte Squall sie dank ein paar Streicheleinheiten und Küssen in seiner Hand. Es dauerte nicht lange, bis er sie zum Bett gedrängt hatte und sie beide darauf fielen.

Squall spürte die Wärme von Rinoas Körper, der nach wenigen Minuten völlig entblößt unter ihm lag. Er fühlte den heißen Atem auf seiner Haut, drückte sich den Händen entgegen, die seinen Rücken und seine Brust streichelten, ließ seine Lippen über die verschwitzte Haut seiner Freundin wandern und küsste sie mit wilder Leidenschaft. Sein eigener Körper glänzte vom Schweiß, als Rinoa auch ihm die letzten Kleidungsstücke entledigte und sie achtlos neben das Bett warf. Squall beugte sich über sie, küsste sie gierig und drängte sich ihrem Körper entgegen, während seine Hände geschickt bestimmte Körperpartien der jungen Frau berührten, die ihm musikalische Belohnungen einbrachten.

Die eigene Erregung überdeckte sein Gefühlschaos, das in ihm herrschte. Auch wenn er es nachher vielleicht bereuen könnte, Rinoa ausgenutzt zu haben, um seine eigene Wut zu unterdrücken, so tat der Sex in diesem Augenblick gut. Selbst wenn die Linderung seines aggressiven Empfindens nur von einer gewissen Dauer war.
 

Gedankenverloren strich Squall mit den Rückseiten seiner Finger über den entblößten Oberarm seiner Freundin. Seine Augen betrachteten emotionslos das schlafende Gesicht der jungen Frau, die auf der Seite liegend an ihn gekuschelt lag. Der Brünette war innerlich dankbar dafür, dass Rinoa nichts von seinem Gefühlschaos mitbekommen zu haben schien, denn dann hätte sie ihn zwischendurch vermutlich zur Rede gestellt.

Squall stützte sich die ganze Zeit mit einem Arm auf, während er Rinoa anblickte und sie streichelte. Schon lange war sie eingeschlafen. Der junge Mann neben ihr fragte sich in diesem Augenblick, ob es richtig gewesen war, mit ihr zu schlafen, nur weil er seine Gefühle für einen kurzen Zeitraum vergessen wollte.

Egal, es war eh zu spät. Er könnte es sowieso nicht mehr rückgängig machen.

Seine Gedanken kreisten erneut um Quistis’ Worte und Bilder von Seifer tauchten vor seinem inneren Auge auf. In letzter Zeit haben sie wirklich viel Zeit miteinander verbracht, trotz ihrer früheren Rivalitäten. Quistis mochte Recht haben; sie waren Lehrer und Schüler, doch das waren sie nur, aufgrund ihrer Ränge im Garden. Davon abgesehen, waren sie zwei junge Männer, die beide schon bittere Schicksalsschläge erlitten hatten. Und sie waren Brüder, die zusammen aufgewachsen waren. Sie teilten Erinnerungen und Erlebnisse, die keiner nachvollziehen konnte. Nicht einmal Rinoa.

Squall fühlte mit einem Mal eine ungeahnte Erschöpfung und er unterdrückte mühsam ein Gähnen. Zögerlich beugte er sich zu Rinoa’s Ohr vor und ließ seinen heißen Atem kurz darüber streichen.

„Verzeih mir…“ wisperte er beinahe tonlos und schloss für die Dauer eines Seufzens die Augen, bevor er sich gänzlich neben seiner Freundin niederließ und versuchte, die Ereignisse des Tages zu vergessen und einzuschlafen.
 

Der nächste Morgen kam seiner Meinung nach viel zu früh. Regen prasselte gegen die Fensterscheibe und weckte ihn nicht gerade sanft. Sein Blick fiel auf die Wanduhr und er stellte unzufrieden fest, dass es kurz vor sechs Uhr war. Mit einem leisen Seufzen vergrub er sein Gesicht noch einmal in die Kissen. Nur vage spürte er die Wärme von Rinoa, die neben ihm lag und noch friedlich im Reich der Träume verweilte.

Nach einiger ausgiebigen Dusche, die er sich aufgrund seines Überschusses an Zeit erlauben konnte, kam er zurück ins Zimmer, nur mit einem Handtuch um die Hüften bekleidet. Er nahm sich aus dem großen Schrank neue Sachen und verschwand damit noch einmal im Bad. Vor geraumer Zeit hatte er ein paar seiner Klamotten mit nach Rinoa gebracht, da es schon öfter vorgekommen war, dass er spontan bei seiner Freundin übernachtet hatte. So hatte er zumindest neue Kleidung hier und musste nicht morgens auf geheimer Mission auf sein Zimmer zurückkehren, um sich neu zu kleiden.

„Gehst du schon?“, fragte eine verschlafene Stimme, als Squall erneut den Wohnraum betrat und sein Blick fiel auf Rinoa, die sich in die Decken kuschelte und ihn mit einem Lächeln betrachtete.

„Ja, ich muss zum Unterricht. Wir sehen uns später.“, antwortete er mit sanfter Stimme und ging zum Bett. Er beugte sich hinab und gab Rinoa einen liebevollen, nahezu entschuldigenden Kuss. Dass dieser vielmehr auf letzte Nacht, als auf sein jetziges Verschwinden bezogen war, verschwieg er ihr.
 

Entgegen aller Warnungen und tadelnden Worte saß Squall gegen Abend wieder auf der Couch des blonden Mannes, der ihm Unterlagen vorlegte, auf denen Aufgaben standen, die Almasy gelöst hatte. Die anderen konnten von ihm aus sagen was sie wollten, er empfand diese Treffen mit dem Blonden nicht als falsch. Vielmehr war es so, als hätte es immer schon so sein müssen.

Xell, Selphie, Irvine, Quistis… Sie waren vielleicht Freunde für ihn, doch er hatte bisher nie das Gefühl gehabt, dass sie ihn wirklich verstehen würden. Rinoa, ja vielleicht, aber die anderen nicht. Doch bei Seifer wusste er, dass er verstanden wurde. Dass er sich nicht verstellen musste, um akzeptiert zu werden. Hier konnte er so sein, wie er wirklich war, ohne Fassade oder Maskerade.

„Ich bin positiv überrascht, Seifer. Nicht einen Fehler.“, grinste der Brünette und lehnte sich zurück, wobei er sein Glas nahm und etwas trank. Über den Rand hinweg sah er den Blonden an, der nur leicht schnaubte.

„Hast du was anderes erwartet?“, kam gleich die Retourkutsche und Squalls Grinsen verwandelte sich in ein Schmunzeln.

„Erwartet nicht, aber gehofft.“, neckte er den anderen sogleich wieder.

„Du kannst vieles Squall, aber nicht lügen.“, kam es als Antwort.

Beleidigt schnitt der Braunhaarige ihm eine Grimasse und widmete sich dann wieder seinem Wasser.

Einige Minuten herrschte Stille, bis Seifer sich erhob und den Papierkram beiseite schaffte. Heimlich beobachtete Squall ihn und fragte sich insgeheim, was daran so falsch war, mit Seifer befreundet zu sein. Er konnte keinen einzigen Grund finden - sich nicht einmal einen ausdenken, um seinem Verstand etwas einzureden.

„Hast du Zugang zu den Autos des Gardens?“

Seifers Stimme riss ihn aus seinen Gedanken und der Brünette blickte blinzelnd auf.

„Ähm… ja. Wieso?“ Misstrauisch hob Squall eine Augenbraue und blickte den anderen skeptisch an. Was ging da nur schon wieder in diesem Kopf des Blonden vor?

„Dann lass nach Balamb fahren. Ich brauch unbedingt etwas zu trinken. Das ganze Lernen macht einen ja fast krank. Wie hältst du das zum Teufel als Schülersprecher und Ausbilder aus? Du musst dich doch sicher mit einem ganzen Papierkrieg auseinander setzen, während ich gerade mal einen Papierputsch hier herumliegen habe.“, redete der Blonde daher und schritt durch sein Zimmer, auf der Suche nach Zimmerkarte, Portemonnaie und Jacke. Die Worte entlockten Squall ein Schmunzeln und er erhob sich.

„Mit der richtigen Strategie und den geeigneten Waffen kann man selbst einen Papierkrieg stressfrei gewinnen.“

Illusions

Chapter Eight - „Illusions“
 

Leise schnurrend sprang der Motor der Maschine an, als Squall den Schlüssel drehte. Gefühlvoll fuhr er an und lenkte den Wagen vom Parkplatz auf die Straße, die nach Balamb führte. Gekonnt wich er Seifers Blick aus, der ihm vom Beifahrersitz mit verschränkten Armen beobachtete, wie ein Fahrlehrer seinen Schüler. Allein die Vorstellung ließ Squalls Mundwinkel leicht zucken.

„Ich fahre!“ hatte Seifer prompt bestimmt, als sie den Parkplatz betreten hatten und er nach dem Schlüssel in Squalls Hand geschnappt hatte. Flink hatte der andere jedoch seine Hand weggezogen.

„Kommt nicht in Frage. Du willst etwas trinken, also fahre ich.“

„Noch bin ich nicht betrunken!“, war Seifers Stimme protestierend erklungen.

„Na und? Das tut nichts zur Sache, also gib endlich Ruhe.“

Dass Seifer danach nur noch ein verächtliches Schnauben als Antwort parat hatte, hatte den Brünetten nicht sonderlich überrascht, doch es hatte ihm eine innere Befriedigung beschert.
 

Der kalte Abendwind wehte ihm brausend durch die Haare und ließ einige seiner langen Haarsträhnen spielerisch in der Luft wirbeln, als Squall auf dem Hafenparkplatz aus dem Auto stieg. Die eisige Luft brannte in der Lunge und der Brünette zog den Kragen seiner Jacke etwas höher. Rasch schloss er die Autotür ab, ehe er dem Blonden folgte, der auf eine Gaststätte zuging.

Wortlos trat er mit dem Älteren ins Innere und hielt dort erstmal die Luft an. Bläulicher Rauch von Zigaretten erfüllte den Raum, während ein beißender Geruch nach Alkohol in der Luft hing. Squall musste blinzeln, um sich an die zunächst erdrückende Luft zu gewöhnen, ehe er Seifer zu einem Tisch führte, an dem sie Platz nahmen.

Von überall her vernahm man Stimmen, die lallend oder aber auch teilweise noch recht gut verständlich ihre Worte Kund taten. Das Klirren von Besteck und Gläser kündete davon, dass reichlich getrunken und gespeist wurde. Musik erschallte von einer kleinen Bühne, auf der eine Live-Band ihre kraftvollen Lieder zum Besten gab.

„Nimm was du willst, ich lad dich heute Abend ein.“, verkündete Seifer mit einem schelmischen Grinsen, das Messer hätte verbergen können.

„Zu gütig. Ich bin geehrt.“, erwiderte der Jüngere mit einem leicht verlegenen Grinsen.

Nachdem der Kellner letztendlich ihre gewünschten Getränke brachte, unterhielten sie sich über Kleinigkeiten. Sie sprachen über den Garden und manch derzeitige politische Probleme. Es waren keineswegs aufregende Dinge, doch Squall genoss dieses Gefühl der Normalität, die sich zwischen ihnen entwickelte. So lange hatte der Brünette sich gewünscht, einen ganz gewöhnlichen Alltag zu haben, wie jeder andere Mensch auf dieser Welt, doch spätestens seit seinem Entschluss, Ausbilder zu werden, war ihm bewusst geworden, dass er das niemals haben würde. Sein Ansehen war hoch und die meisten sahen in ihm lediglich den Helden, dem man Aufgaben zuteilen konnte, die angeblich nur er bewältigen könnte. Es war egal, wohin er ging – selbst wenn es nur zum Klassenraum war -, immer konnte er Blicke in seinem Rücken spüren, konnte das aufgeregte Tuscheln einiger Mädchen vernehmen, die für ein Lächeln von ihm vieles geben würden. Squall hasste es, ständig beobachtet zu werden; die Blicke auf sich zu spüren, die gierig darauf warteten, dass er einen Fehler beging.

Verdammt, er war doch auch nur ein Mensch, mit Fehler und Macken! Er war keine Maschine, und selbst die konnte abstürzen.

Squall nippte an seiner Cola, als Seifer und er in einem Augenblick stumm vereinbart hatten, für eine Weile zu schweigen. Die Stille zwischen ihnen war alles andere als unangenehm, sie war vielmehr ein Zeichen dafür, dass sie keiner Worte bedurften, um gemeinsam eine Entscheidung zu treffen. Squall musste unwillkürlich leicht in sich hinein lächeln. Die Zeit, die er mit Seifer verbrachte, war nicht unbedingt viel, wenn man sie mit der Zeit für seine Arbeit verglich, doch in diesem kurzen Zeitraum spürte Squall die Normalität, die er sich schon immer gewünscht hatte.

Sein Blick wanderte zu Seifer, der zur Tanzfläche sah. Mit zusammengezogenen Augenbrauen folgte Squall seinem Blick und erkannte ein junges Pärchen, das lachend über den Tanzboden fegte, während die Band den heißen Rhythmus angab. An einer Säule gelehnt, nicht weit von dem Paar entfernt, erblickte Squall ein braunhaariges Mädchen, dessen Locken ihr über die schlanken Schultern fielen. Kurz blinzelte er, ehe er zu Seifer zurücksah und leicht grinsen musste. Ungeniert beugte er sich etwas vor und lehnte die Arme auf den Tisch.

„Geh zu ihr hin und frag sie.“ meinte er mit einem füchsischen Augenzwinkern, wobei er Seifer nicht aus den Augen ließ. Der Angesprochene sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an und schnaubte dann nur leicht.

„Wieso sollte ich?“

„Habe ich da nicht gerade ein wenig Sehnsucht in deinen Augen aufblitzen sehen? Sieh mich an, Seifer.“, neckte Squall ihn dann ein wenig und bekam einen giftigen Blick zur Antwort.

„Tz, Sehnsucht! Welch Narr würde sich auch nur für eine Sekunde diesem trügerischem Gefühl hingeben?“, spottete Seifer und griff nach seinem Glas hellem Whiskey.

„Ich kenne das Mädchen nicht einmal!“

„Na und? Ich kannte Rinoa damals auch nicht.“, konterte Squall sofort und zuckte mit den Schultern.

„Das war was anderes.“, wich der Ältere aus und machte eine wegwerfende Handbewegung, ehe er einen Schluck trank.

„Inwiefern?“

„Es war der Abschlussball der bestandenen SeeD im Garden. Dort kannte man fast alle.“

Obgleich die Antwort Squall nicht wirklich überzeugte, beließ er es dabei, bevor sie noch wegen Kleinigkeiten zu diskutieren begannen. Außerdem: Der Klügere gibt nach.

Für einen Moment herrschte erneutes Schweigen zwischen ihnen, ehe Squall ein weiteres Mal das Wort ergriff.

„Sag mal, gibt es eigentlich jemanden in deinem Leben, den du gern hast?“, fragte er vorsichtig und hoffte inständig, dass Seifer ihn nun nicht einen Kopf kürzer machen würde. Noch kleiner wollte Squall ungern werden.

Obwohl Seifer ihm nicht in die Augen sah, konnte der Brünette erahnen, dass er ein Thema angerührt hatte, dass der Blonde versucht hatte zu vermeiden. Unsicher, wie der Ältere nun reagieren würde, straffte Squall reflexartig die Schultern und atmete einmal tief durch. Seifer war temperamentvoll und unberechenbar. Durchaus war ihm zuzutrauen, nun einfach aufzustehen und zu gehen. Die Vorstellung machte Squall eigentümlicherweise Angst. Er wollte nicht, dass der Blonde nun einfach ging und ihn hier allein ließ. Nervös beobachtete er den anderen und wäre beinahe zusammengezuckt, als Seifer doch noch einmal die Stimme erhob.

„Ja, den gibt es durchaus.“, antwortete der Blonde ungewöhnlich ernst und ruhig. Keine Spur von Provokation oder Überheblichkeit ließ sich nunmehr in seiner Stimme wieder finden. Der Braunhaarige war überrascht, doch gleichzeitig auch erleichtert, dass Seifer bereit schien, sich ihm zumindest ein wenig anzuvertrauen. Trotz dieser Erkenntnis, konnte Squall einen schmerzhaften Stich in seiner Brust nicht verleugnen.

„Und hast du es demjenigen schon einmal gesagt?“, hakte er vorsichtig nach, immer darauf bedacht, nichts Falsches zu sagen. Ein Lachen folgte und Squall blinzelte in Irritation.

„Verdammt, natürlich nicht. Wie könnte ich? Die Person würde mir glaub ich die Abfuhr meines Lebens verpassen und mich für den bescheuersten Menschen auf Erden halten!“ ließ Seifer mit einem Grinsen verlauten und schüttelte danach nur den Kopf.

Squall war sich nicht sicher, doch er meinte den Hauch von Verzweiflung in der Stimme des Blonden zu hören. Oder täuschte er sich da?

„Du glaubst es, aber du weißt es nicht, richtig?“, schlussfolgerte der Jüngere dann und betrachtete Seifer.

„Wie willst du es also jemals ‚wissen’, wenn du der Person niemals sagst, was du für sie empfindest?“

„Squall, ich habe Menschen umgebracht, ich habe beinahe geholfen, die Welt zu zerstören. Und nun sag mir: wer könnte, ja wäre fähig, mich, einen Mörder und Verräter zu lieben?“ Die schneidende Kälte in der Stimme des Blonden ließ Squall zusammenzucken. Die Frage warf ihn zusätzlich aus der Bahn und für einen Augenblick schwieg der Brünette.

„Mir ist durchaus bewusst, dass niemand mehr die Vergangenheit zu ändern vermag. Aber die Zukunft liegt in der Hand jedes einzelnen.“, begann Squall schließlich nach einiger Zeit.

„Du hast mir in letzter Zeit bewiesen, dass du dich verändert hast. Warum also solltest du es nicht auch schaffen, die anderen zu überzeugen?“

„Weil sie nicht überzeugt werden wollen, Squall.“, brach es aus Seifer heraus und er blickte den anderen mit ernstem Augenausdruck an.

„In ihren Augen bin ich noch immer der Tyrann, der ich einst war. Es ist das ewige Spiel von Gut und Böse. Das Schicksal hat mir in diesem Fall die Karte des Verlierers zugesteckt, während du die Karte des Helden bekommen hast. C’est la vie.“, erklärte Seifer achselzuckend und trank von seinem Whiskey. Diese Einstellung, diese Worte machten Squall wütend, aber auch gleichzeitig traurig. Nein, er wollte nicht mehr hören, dass er der strahlende Held und Seifer der ewige Versager war.

„Dennoch bin ich der Überzeugung, dass du dieser Person deine Gefühle gestehen solltest.“, sagte Squall trotzig und blickte dem anderen mit kindlichem Ehrgeiz in die Augen.

„Und ich bin ebenfalls fest davon überzeugt, dass du gerne jemanden an deiner Seite hättest. Habe ich nicht Recht?“

Das Erstaunen in Seifers Augen war nicht zu übersehen, doch der Brünette verspürte diesmal kaum eine Unsicherheit. Von ihm aus konnte Seifer nun aufspringen und ihn anfahren, er konnte toben und die Gaststätte verlassen, Squall würde jetzt auf eine Antwort bestehen. Es war an der Zeit über diese gewissen Dinge offen zu sprechen.

Nun wieder erdrückendes Schweigen legte sich wie ein dunkler Schleier über Squall und ließ einen Schauer über seinen Rücken jagen. Wieso zum Teufel sagte Seifer nichts?

Nach Minuten der Ewigkeit, erklang ein Glucksen und Squall sah den anderen nunmehr mit einem erwartungsvollen Ausdruck in den Augen an.

„Womöglich hast du Recht. Doch wie schon gesagt, welch Narr würde sich seiner Sehnsucht hingeben? Noch dazu einer Sehnsucht nach einem Ideal, einer Utopie?“ In der Stimme des Blonden erkannte Squall zu seinem Leidwesen wieder den tadelnden Unterton, der erneut Distanz zwischen ihnen brachte.

„Aber lass uns nicht von solch unwichtigen Dingen reden. Ich bin hier, um den Alltag zu vergessen. Meinst du nicht auch, wir sollten diese kostbaren Stunden genießen, anstatt sich um Sehnsüchte oder Wünsche Sorgen zu machen? Für gewöhnlich pflege ich nachts zu träumen.“, fügte Seifer dann noch mit einem aufmunternden Grinsen hinzu, als wollte er die bedrückende Atmosphäre vertreiben.

Mit einem leichten Lächeln nickte Squall zustimmend, schaffte es jedoch nicht, sich vollkommen zu entspannen. Trotz ihres guten Verhältnisses gab es immer wieder Themen, die sie beide bedrückten, wie der Braunhaarige unangenehm feststellen musste.
 

Es war kurz nach Mitternacht, als sie wieder im Garden ankamen. Squall parkte das Auto auf dem Parkplatz und durchschritt danach mit Seifer den Eingang des Gardens.

„Erinnerst du dich noch an Denim?“, fragte Seifer grinsend, als sie den Gang entlang gingen. Squall nickte zur Antwort und sah den anderen von der Seite an. Denim war ein Anwärter gewesen, der damals mit ihnen beiden die Prüfung gemacht hatte.

„Ich hab ihn einmal in der Übungshalle gesehen, als er trainiert hat. Er wollte einem anderen beweisen, wie gut er sei und hat sich dabei total überschätzt. Mit voller Wucht hat er mit seinem Schwert ausgeholt und die Klinge in den Stamm eines Baumes geschlagen. Du hättest sein Gesicht sehen sollen, als er sein Schwert nicht mehr rausbekommen hat!“, erzählte der Blonde leise lachend und schüttelte nur leicht den Kopf. Selbst Squall entlockte diese Geschichte ein Lachen. Mittlerweile war die bedrückende Stimmung von eben wieder verflogen und der Brünette genoss die Gelassenheit zwischen ihnen.

Er begleitete Seifer noch zu seinem Zimmer, da es auf dem Weg zu seinem eigenen lag. Der Blonde öffnete die Tür mit seiner Zimmerkarte und trat hinein. Squall zögerte einen Augenblick, ehe er sich an den Türrahmen lehnte.

„Seifer? Kann ich dich mal was fragen?“, kam es dann leise über seine Lippen und er betrachtete den Blonden aufmerksam, der sich seiner Jacke entledigte.

„Klar. Komm solang rein und schließ die Tür.“

Der Brünette gehorchte wortlos, blieb jedoch im Flur stehen.

„Sag mal, was ist eigentlich während des Krieges geschehen? Was hast du all die Zeit erlebt?“

Wayward Emotions

Chapter Nine - „Wayward Emotions“
 

„Das geht dich einen feuchten Dreck an!!“, fauchte Seifer ohne zu zögern und verengte die Augen. Squall zuckte heftig zusammen. Seifers Stimme klang wie ein Peitschenschlag in der Stille der Nacht. Schuldbewusst senkte der Braunhaarige den Blick und fühlte sich mit einem Mal nicht wohl in seiner Haut. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Seifer derart wütend reagieren würde. Zumindest nicht nach diesem Abend. Anscheinend war seine Frage mehr als fehl am Platz gewesen. Sein Magen schien sich umzudrehen.

„Es ist etwas Schlimmes geschehen, oder?“, fragte Squall leise und ein Gefühl der Übelkeit wollte ihn übermannen.

„Oh, der tapfere Ritter in strahlender Rüstung interessiert sich auf einmal für das Schicksal und Elend des in Dreck niedergetrampelten Versagers? Woher kommt dieses Interesse? Ist es eine Aufgabe deiner tausend Berufe mich hier auszuspionieren?“, spottete Seifer und unterstrich seine Worte mit herrischen Gesten. Sein Blick war hart, unbarmherzig. Squall konnte nur Hass, Abneigung und Wut in den grünen Augen erkennen. Obwohl… war da nicht auch ein Funken Schmerz?

„Das hat nichts mit meiner Arbeit zu tun!“, entgegnete der Brünette laut. Wieso musste Seifer ihn immer auf seine Arbeit reduzieren? Das war nicht fair!

„Ach, und womit dann? Komm mir jetzt nicht mit Nächstenliebe oder sozialem Engagement!“, donnerte Seifer in Rage und schnaubte verächtlich. „Ich will kein Mitleid, von DIR schon gar nicht!“

Die Worte schmerzten Squall und er musste schlucken, ehe er seine Hände zu Fäusten ballte.

„Bist du so blind und stur oder willst du es nicht sehen? Ich will dir helfen. Du bist mein Bruder und du bist mir wichtig! Ich möchte wissen, was geschehen ist, Seifer, denn ich sehe, dass es dich belastet. Wieso vertraust du mir nicht? Habe ich dich jemals enttäuscht?“ Squall blickte den anderen mit einer Mischung aus Trauer und Wut an. Er wollte nicht, dass Seifer all das Erlebte allein in sich hinein fraß und daran zugrunde ging. Was geschehen war, konnte Squall nicht sagen, doch er hatte schon lange bemerkt, dass es Seifer verändert hatte.

Dessen Gesichtszüge waren reifer, erwachsener. Es war ungewöhnlich für einen jungen Mann in Seifers Alter.

Squall spürte unzählige Emotionen in sich aufsteigen, während er auf eine Antwort von Almasy wartete, die jedoch ausblieb. Wut, Trauer, Enttäuschung, Resignation, Verzweiflung…

„Geh jetzt bitte, Squall.“, kam es nach einiger Zeit leise von Seifer, der seine Stimme mühsam unter Kontrolle zu halten schien. Der Brünette wollte protestieren, wollte eine Antwort auf seine Frage verlangen, doch Seifers emotionsloser Blick belehrte ihn eines Besseren. Er hatte den Mund schon aufgemacht, um etwas zu sagen, als Squall ihn wieder schloss und wortlos den Raum verließ. Unbeabsichtigt ließ er die Tür etwas lauter ins Schloss fallen, als er es eigentlich wollte.
 

Er wollte die Wände hochgehen, wollte die Gardinen abreißen, wollte sein Glas mit zitternden Händen gegen die Wand werfen. Squall war mehr als nur sauer auf Seifer. Sie würden nicht ewig die Vergangenheit ruhen lassen können, sie konnten nicht ewig schweigen. Wenn sie einen Neuanfang wagen wollten, mussten sie einander vertrauen und über das reden, was geschehen war. Es war notwendig, und Squall war der Meinung, dass Seifer die Ereignisse schon zu lange in seinem Herzen einschloss.

Fluchend warf Squall seine Jacke in eine Ecke des Zimmers und ging zum Fenster. Für einen Augenblick sah er zum Himmel hinauf und blickte die Sterne an, die zwischen ein paar Wolken zu sehen waren, nicht fähig, sich von ihrem Anblick beruhigen zu lassen. In all der Zeit, die Seifer nun wieder hier war, waren sie so etwas wie Freunde geworden und Squall hatte geglaubt, sie würden sich nicht mehr wegen Angelegenheiten in die Haare bekommen, für die es nicht wert war, sich zu streiten. Anscheinend hatte er geirrt.

Schnaufend wandte er sich um und holte missmutig seine Schlafkleidung aus dem Schrank hervor, mit der er im Bad verschwand. Nachdem er sich nachtfertig gemacht hatte, löschte er das Licht und warf sich auf sein Bett. Er ließ erneut einen unverständlichen Fluch hören, als er sich in seinem Übermut den Ellebogen an der Wand stieß, an der das Bett stand. Er rieb sich die schmerzende Stelle und legte sich dann seufzend hin, die Arme hinter dem Kopf verschränkt.

Sein Blick war starr an die dunkle Decke gerichtet, als wäre sie interessanter denn je. Gedanklich war er jedoch ganz wo anders. Wieder und wieder hallten die Worte des Blonden in seinen Ohren wieder. Erst war er so giftig wie nie gewesen und dann hatte er ihn plötzlich leise zum Gehen aufgefordert. Nein, vielmehr hatte er ihn gebeten zu gehen. Squall konnte nicht verstehen, warum Seifer nicht reden wollte. Was konnte so schlimmes geschehen sein, dass der Blonde es nicht einmal wagte, darüber zu reden? Es niemandem anzuvertrauen?

Squalls Augen wanderten unmerklich zum Nachtischschränkchen und nach einigem Zögern holte er den Briefumschlag aus der Schublade. Zaghaft öffnete er ihn und holte die Fotos heraus, um sie im fahlen Mondlicht, das durch das Fenster ins Zimmer schien, zu betrachten. Seine Aufmerksam wurde vom vierten Bild in Besitz genommen: Das Foto, auf dem Seifer als kleiner Junge schlief. Als er Seifer dieses Mal lange und intensiv betrachtete, wünschte er sich nichts sehnlicher, als den Blonden auch heute noch einmal so friedlich und unschuldig sehen zu können. Vermutlich hätte er wütend sein sollen, da dieser Wunsch aufgrund der Abneigung der anderen gegen Seifer niemals wahr werden könnte, doch statt Wut erfassten nun eine unsagbar tiefe Melancholie und Resignation Besitz von ihm. Squall konnte nicht sagen, warum oder wann seine Wut ob der Situation von eben abgeklungen war, doch just in diesem Augenblick tat es ihm Leid, den anderen derart in Bedrängnis gebracht zu haben. Er wusste nicht, was Seifer bei den Erinnerungen fühlte und es hatte ihn bis jetzt vermutlich auch nicht interessiert.

Die Frage über Seifers Vergangenheit war wohl zu früh gestellt worden.

Squall seufzte leise und er fragte sich, was Seifer nun von ihm denken mochte. Wahrscheinlich verfluchte er ihn, wie er es schon immer getan hatte…
 

Am nächsten Morgen wachte der Brünette mit Kopfschmerzen auf und er nahm zunächst einmal eine Tablette. Den Tag verbrachte er dann größtenteils in seinem Büro, um sich etwas abzulenken und das Gespräch der gestrigen Nacht zu vergessen. Trotz der vielen Unterlagen, die seine volle Aufmerksamkeit forderten, konnte er Seifers Worte nicht ganz verdrängen. Nicht mal Rinoa war am Abend in der Lage, ihn dazu zu bringen, sich völlig zu entspannen und ihre Zärtlichkeiten zu genießen. Ihre Küsse lenkten ihn nur kurzfristig ab und er musste letztendlich passen, als sie ihm der Kleidung entledigen wollte. Entschuldigend sah er sie an und verschwand dann im Bad, um sich dort kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen.
 

Erst zwei Tage später bekam er Seifer wieder im Unterricht zu Gesicht. Das Wochenende war vorüber und Squall hatte sich ein wenig vor dem Moment, in dem er Seifer wieder sehen würde, gefürchtet. Er hatte Angst davor, dass der Blonde nun nichts mehr von ihm wissen wollte, obgleich er noch immer sein Schüler war und deshalb zwangsweise mit ihm reden musste. Ein wenig angespannt leitete der Brünette den Unterricht und wich den Blicken des ehemaligen Hexenritters geschickt aus.

Sobald der Gong das Ende der Stunde einläutete, seufzte Squall erleichtert auf, verspannte sich aber gleich wieder ein wenig, als ihm bewusst wurde, was nun folgen würde. Er packte seine Unterlagen weg und wartete, bis Seifer an ihm vorbei ging.

„Mister Almasy? Ich würde Sie gerne noch einen Moment sprechen.“, verkündete er ernst. Wenige Anwärter, die noch im Raum waren, tauschten überraschte Blicke und verließen hastig den Raum. Seifers Augen richteten sich unverwandt auf den Brünetten und er blieb abrupt stehen, darauf wartend, dass sie endlich alleine waren. Der Jüngere schwieg einen Moment, als die Tür des Raumes vom letzten Schüler geschlossen wurde, ehe er sich mit den Händen auf dem Pult abstützte.

„Seifer, es tut mir Leid wegen Freitagabend. Ich wollte dich nicht…“

„Sagte ich nicht, ich will keine sentimentalen Momente?“, gebot Seifer ihm sofort Einhalt und hob eine Hand, um Squall zusätzlich daran zu hindern, weiterzureden. Der Braunhaarige blinzelte verwirrt, ehe sich ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen abzeichnete.

„Schon gut. Ich hab wohl auch etwas überreagiert. Vergessen wir das.“, fügte Seifer noch hinzu und machte eine wegwerfende Handbewegung. Diese Worte schienen eine gewaltige Last von Squalls Schultern zu nehmen und er dankte dem Blonden innerlich tausendmal.

„Also steht unser Treffen heute Nachmittag noch?“, fragte Squall schließlich und konnte sich nun eines Grinsens nicht erwehren.

„Ich erwarte dich um 17h.“, ließ Seifer nur verlauten und verschwand dann ohne weiteres aus dem Raum. Der Brünette war mehr als nur erleichtert. Er konnte nicht sagen, warum Seifer ihm alles so plötzlich verzieh, doch vielleicht lag ihm doch auch etwas an ihrer Freundschaft.

Wesentlich besser gelaunt als in den letzten Tagen, suchte der Schülersprecher sein Büro auf und machte sich dort an seine Arbeit.

Ein Blick auf seinen Kalender verriet dem Brünetten, dass die Prüfungen der Anwärter nicht mehr fern waren. Noch 3 Wochen. Dann würde Seifer hoffentlich ein SeeD sein.

Erneut drohte eine gewaltige Melancholie Squall zu übermannen, als ihm bewusst wurde, dass dann wohl auch die regelmäßigen Treffen zwischen Seifer und ihm enden würden, denn dann gab es kaum noch Vorwände, um sich zu treffen.

Dann würde wohl wieder alles so wie früher werden…

High-spirited Moments

Chapter Ten - „High-spirited Moments“
 

Mit gesenktem Kopf betrachtete der Brünette den glänzend geputzten Boden, während er nur vage den Worten des Direktors folgte. Stumm strich er seine gefalteten Blätter in seinen Händen glatt. Heute Morgen hatten die Anwärter ihre praktischen Prüfungen bewältigen müssen und Squall hatte anschließend mit anderen Ausbildern die Resultate ausgewertet. Nun war es an der Zeit, die Ergebnisse bekannt zu geben.

Die letzten zwei Monate waren wie im Flug vergangen. Die Anwärter hatten bereits ihre theoretischen Prüfungen absolviert und Squalls erster Blick hatte Seifers Arbeit gegolten. Erleichtert hatte er festgestellt, dass der Blonde nahezu perfekt bestanden hatte. Nach der Prüfung hatten sie sich oft noch in der Übungshalle getroffen, um sich wenigstens unter einem glaubhaften Vorwand treffen zu können. Nun allerdings war auch diese Option erloschen.

Squall wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen, als Applaus erklang. Er blickte auf und sah, wie der Direktor die Bühne verließ. Noch einmal atmete Squall tief durch, richtete sich ein letztes Mal die Krawatte und stand dann auf. Nun würde er sich noch einmal an die Anwärter als Schülersprecher, stellvertretender Direktor und Ausbilder wenden, bevor er die Namen der Anwärter vorlesen würde, die die praktische Prüfung bestanden hatten und sich nun stolz mit der Bezeichnung „SeeD“ betiteln konnten.

Leise räusperte der Brünette sich, als er hinter dem Rednerpult stand und in die erwartungsvollen und nervösen Gesichter der Anwesenden blickte. Kurz resümierte er den Verlauf des letzten Jahres, lobte die Anwärter für ihren Fleiß und verkündete, welch eine Ehre es für ihn sei, den neuen Anwärtern nun gratulieren zu dürfen. Allgemeines Gerede, was eigentlich niemanden interessierte. Es diente lediglich als eine Art „Dekoration“ der ganzen Zeremonie.

Letztendlich kam Squall allerdings zum Kern der ganzen Veranstaltung und er nahm die Liste der Anwärter, die bestanden hatten, zur Hand. Totenstille herrschte in der Aula, als er langsam und deutlich die Namen der jungen Männer und Frauen vorlas. Erleichtertes Seufzen durchdrang ab und zu das spannungsgeladene Schweigen, ehe der Brünette auch schon den nächsten Namen aufrief. Für einen Augenblick schloss er die Augen und hob dann den Blick.

„Seifer Almasy.“

Squall konnte nicht verhindern, dass seine Augen den Blonden suchten und als er ihn kurz erblickte, konnte er förmlich sehen, wie die Anspannung von dem ehemaligen Hexenritter abfiel, der nun seinerseits die Augen schloss und tief durchzuatmen schien.

Unauffällig zuckten Squalls Mundwinkel für einen winzigen Moment, ehe er den nächsten Namen vorlas.
 

Jubelrufe umgaben ihn, als er die Bühne verließ. Anwärter fielen sich in die Arme und lachten ausgelassen, während sie sich von ihren Sitzen erhoben und sich im Raum verteilten. Nun würde hier die Party stattfinden, die die Anwärter immer nach ihren Prüfungen bekamen, um ihren Erfolg zu feiern.

Unauffällig zog Squall sich zurück und hielt geradewegs auf den Ausgang zu, wo seine Freundin schon auf ihn wartete. Er konnte nicht verhindern, dass er noch einmal den Blick durch den Raum wandern ließ, auf der Suche nach einem gewissen Blondschopf, doch zu seiner Enttäuschung konnte er ihn nirgends entdecken.

„Du hast dich tapfer geschlagen, mein Ritter.“, begrüßte Rinoa ihren Liebsten mit einem Schmunzeln und schlang ihre Arme um seinen Nacken. Verführerisch lächelte sie ihn an.

„Danke.“, gab der Brünette nur von sich und legte eine Hand an die Hüfte der jungen Frau.

„Jetzt hast du sicher wieder etwas mehr Zeit, nicht wahr?“, fragte sie mit einem hoffnungsvollen Funkeln in den Augen.

„Schätze schon. Ich muss jetzt noch die letzten Dinge erledigen, dann geht’s hoffentlich was ruhiger zu.“ Die Schwarzhaarige nickte freudig und strich dem Brünetten über den Nacken und kraulte ihn dann dort ein wenig. Fast ein wenig entsetzt musste Squall feststellen, dass diese Berührung nicht wie sonst immer einen heißen Schauer über seinen Rücken jagte. Normalerweise war er im Nacken sehr empfindlich und reagierte mit einer Gänsehaut auf Berührungen von anderen dort, doch diesmal blieb es aus.

„Komm morgen Abend zu mir, in Ordnung?“, schlug er dann hastig vor, um sich nichts anmerken zu lassen.

„Alles klar. Ich freu mich schon.“, entgegnete sie und strich ihm durch die braunen Haare.

„Ich auch.“, kam es recht leise über die Lippen des jungen Mannes, der sich nun vorbeugte, um Rinoa zu küssen. Statt sie jedoch auf den Mund zu küssen, entschied er sich aus einem unerklärlichen Grunde dazu, sie lediglich auf die Wange zu küssen. Ohne sie noch einmal anzusehen – was auf die Gefahr hinaus gelaufen wäre, sein Verhalten erklären zu müssen – wand er sich sanft aus ihren Armen und verließ die Aula.
 

Draußen auf dem Flur packte er sich an den Kopf und fragte sich, was mit ihm los sei.

Reiß dich zusammen, sie ist deine Freundin. Du liebst sie, redete er sich in Gedanken ein und versuchte sich zu beruhigen. Er verstand nicht, warum er plötzlich lieber Abstand zwischen Rinoa und sich bringen wollte.

Seufzend schüttelte er den Kopf, wollte diesen Gedanken, diesen Drang loswerden.

Squall setzte seinen Weg nach wenigen Sekunden fort, wurde aber nach einigen Schritten am Handgelenk gepackt und umgedreht. Sein erster Impuls war es, dem Angreifer sein Knie in den Magen zu rammen, doch als er die Augen seines Gegenübers sah, erlosch jeglicher Widerstand.

„Komm, lass uns feiern gehen. In Balamb.“, erklang eine wohlbekannte Stimme und der Braunhaarige bekam eine leichte Gänsehaut. Seifer blickte ihn mit einem verwegenen Grinsen an, das zu ihm auf seltsame Weise zu passen schien. Zusammen mit der Narbe – die einfach zu ihm zu passte - wirkte der Blonde beinahe wie ein charmanter Rebell. Unbemerkt schlich sich ein Lächeln auf die Lippen des Brünetten und er verspürte eine ungeahnte Erleichterung, als er sich dem Sinn der Worte bewusst wurde. Der Griff um sein Handgelenk war sanft, aber bestimmt.

„Sofort?“, kam es nur über die Lippen des Brünetten und er vergaß in diesem Augenblick seine Vorsätze, erst die restliche Arbeit zu erledigen. Ein Nicken des Blonden beantwortete seine Frage und er ließ sich ein Stück von dem Blonden mitziehen, ehe dieser ihn losließ.

„Und diesmal fahre ich!“, ließ Seifer mit gehobenem Zeigefinger verlauten, wobei ein freches Grinsen seine Lippen umspielte. Squall wollte schon protestieren, besann sich dann aber eines Besseren. Gespielt genervt verdrehte er die Augen und seufzte ärgerlich auf.

„Nun gut. Ausnahmsweise.“, gab er resigniert nach und holte den Schlüssel aus seiner Hosentasche. Sofort schnappte der Blonde danach und ehe Squall reagieren konnte, klimperte Seifer schon triumphierend mit dem eroberten Schlüssel neben ihm.
 

„Cheers!“, prostete Seifer dem Braunhaarigen zu und hob sein Glas mit Cola.

„Auf deine bestandene Prüfung!“, ergänzte Squall grinsend und stieß mit dem anderen an, ehe er von seiner eigenen Cola trank. Er hatte den Blonden in den letzten Minuten eingehend beobachtet und dabei festgestellt, dass Seifer schon lange nicht mehr so entspannt und ausgelassen war, wie am heutigen Abend.

„Deine Leistung heute Morgen war umwerfend. Du bist wirklich ein außergewöhnlicher Kämpfer.“, merkte der Brünette an und setzte sein Glas ab, bevor er sich mit den Armen auf den Tisch lehnte.

„Was ist bitteschön in deiner Cola drin? Welche Drogen nimmst du?“, stellte Seifer grinsend die Gegenfrage und Squall hob nur fragend beide Augenbrauen. „Solche Komplimente aus deinem Mund, und das auch noch mir gegenüber! Wie komme ich zu dieser Ehre?“, fügte der Blonde erklärend hinzu, sah den anderen herausfordernd an und musste schließlich leise lachen. Der Laut brachte den Schülersprecher in Verlegenheit.

„Ich wollte nur einmal freundlich sein.“, versuchte er sich heraus zu reden.

„Habe ich dir nicht schon mal gesagt, dass du nicht lügen kannst?“, tadelte Seifer den Jüngeren, was diesem eine leichte Röte ins Gesicht trieb. Erneut ein Lachen des Blonden. Squall wollte etwas erwidern, doch ihm blieben die Worte im Hals stecken. Leicht schluckte er und trank von seinem Getränk, damit er nicht antworten musste.

Es war ungewöhnlich und seltsam, dass es diesmal Seifer war, der ihm psychisch überlegen war und ihn verbal übertrumpfte. Squall warf es ein wenig aus der Bahn, doch zu seiner Erleichterung lenkte Seifer ihn sofort wieder ab, indem er auf ein anderes Gesprächsthema lenkte.

Der Abend verging diesmal schneller als sonst. Zu schnell, Squalls Meinung nach. Er war erleichtert, dass Seifer keinen Alkohol trank und sich völlig gehen ließ, denn einen völlig betrunkenen neuen SeeD konnte er am wenigstens heute gebrauchen, auch wenn Seifer Almasy dieser SeeD war. Man konnte ja nie wissen, wie der Blonde tickte, wenn er nicht mehr klar im Kopf war.

Squall stellte sein mittlerweile viertes Glas Cola an diesem Abend ab. Sein Blick wanderte zu seiner Armbanduhr und er stellte überrascht fest, dass es beinahe schon halb eins in der Nacht war. Trotz dieser Erkenntnis ließ er sich nicht davon abhalten, mit Seifer noch ein wenig zu plaudern.

„Was wirst du nun machen, da du SeeD bist?“, fragte er frei heraus und beobachtete den anderen. So entspannt und ausgelassen hatte Squall sich schon lange nicht mehr gefühlt, wie an diesem Abend.

„Nun…“, begann der Angesprochene gedehnt und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, legte einen Arm halbwegs über die Rücklehne. „Zunächst werde ich wohl erstmal einige Missionen erledigen. Und danach…“ Er zuckte die Schultern. „Noch mehr Missionen ausführen.“, setzte er grinsend hinzu.

„Hast du noch nie daran gedacht, auch einmal Ausbilder zu werden? Du hättest das Potential dazu.“, merkte der Jüngere an und ungewollt schlich sich ein Funken Hoffnung in seine Augen. Ein leises Lachen zerstörte diesen jedoch schnell wieder.

„Meinst du, ich will mich mit diesen ganzen Anwärtern rumschlagen, die gerade mal aus den Windeln raus gewachsen sind?“

„Ich habe mich mit dir herum geschlagen.“, gab Squall trocken von sich und zuckte mit den Achseln, ehe er grinsen musste. Hatte Seifer etwa in seinem Eifer ganz vergessen, dass er bis zum heutigen Tage ebenfalls einer dieser Anwärter gewesen war? Der Gedanke amüsierte den Brünetten.

„Das ist was anderes.“, beharrte der Ältere nur und machte eine wegwerfende Handbewegung.

„Sicher.“, stimmte Squall ironisch hinzu und trank einen Schluck seiner Cola. Dass Seifer darauf nichts mehr erwiderte, wunderte ihn nicht sonderlich. Squall vernahm die Stimme des Sängers auf der Bühne, der nach einer instrumentalen Einlage der Band nun wieder die Gäste mit seiner Baritonstimme erfreute.

„Hat deine Freundin eigentlich nichts dagegen, dass du mit mir hier bist?“, fragte der Blonde unerwartet und Squall sah ihn im ersten Augenblick überrascht an.

„Rinoa?“ Er zuckte die Achseln und fuhr mit einem Finger den Rand seines Glases nach.

„Keine Ahnung. Ich glaube, sie weiß gar nicht, dass ich heute mit dir meine freie Zeit verbringe.“, entgegnete er und konnte ein leichtes Lächeln nicht unterdrücken.

„Ist sie nicht eifersüchtig? Ich meine, ich kenn sie ja…“

„Sie soll sich nicht aufregen. Ich darf ja wohl auch noch Freunde haben, mit denen ich mich treffe, oder nicht?“

„Gewiss. Nur ich könnte darum wetten, dass sie es nicht unbedingt gut heißt, dass du dich ausgerechnet mit mir triffst.“

Squall überlegte einen Augenblick. Rinoa hatte ihm einmal gesagt, dass sie es schön finde, dass er sich nun mit Seifer so gut verstehen würde. Andererseits konnte er in letzter Zeit aber auch merken, dass sie nicht gerade erfreut war, wenn er seine freie Zeit damit verbrachte, sich mit dem anderen zu treffen, anstatt mit ihr einen Abend zu verbringen.

Erneut zuckte Squall die Schultern.

„Was weiß ich? Frauen sind manchmal schwer zu verstehen.“

„Wahre Worte, mein Freund.“, stimmte Seifer ihm fast feierlich zu. Den Brünetten überraschte diese Bezeichnung, doch insgeheim freute er sich eigentümlicherweise, derart von Seifer betitelt zu werden.

„Lass uns lieber feiern. Das ist wenigstens nicht so kompliziert, wie zu verstehen, wie Frauen denken.“, meinte der Jüngere grinsend, hob sein Glas und trank einen Schluck, wobei er den Blick des Blonden auf sich ruhen spürte.
 

„Weißt du, worauf ich nun so richtig Lust hätte?“, fragte der Blonde vergnügt, als sie die Gaststätte verlassen hatten und nun auf dem Weg zu ihrem Auto waren. Bevor Squall allerdings auf die Frage reagieren konnte, spürte er einen starken Arm um seinen Hals, der ihn an einen warmen Körper drückte. Seifer hatte ihn in den Würgegriff genommen und lachte ganz leise. Der Brünette war im ersten Augenblick so überrascht, dass er nach Seifers Arm griff, um ihn von sich wegzudrücken. Im Rücken spürte er das leichte Vibrieren der männlichen Brust, als der Ältere leise lachte. Der Griff von Seifer war nicht fest, vielmehr spielerisch locker, jedoch bestimmt.

„Hey!“, rief Squall protestierend und versuchte sich zu befreien, als er der nicht unbedingt unangenehmen Wärme im Rücken gewahr wurde. Einerseits war es seltsam, Seifer derart nahe zu sein, ohne gleich die Absicht zu hegen, sich gegenseitig zu verletzen. Andererseits gefiel diese Nähe dem Brünetten, der schon lange ihrer Rivalitäten und der Kämpfe überdrüssig war.

„Jetzt noch? Es ist kurz nach eins in der Nacht!“, fügte er angestrengt hinzu, als er erneut versuchte, sich aus dem Griff zu wenden. „Außerdem verlierst du eh gegen mich!“

„Ha! Ich habe dich zuletzt erst noch geschlagen, erinnerst du dich etwa nicht mehr? Und falls es dir nicht auffällt, mein kleiner Schülersprecher: Bereits jetzt bist du mir unterlegen.“, sinnierte der Blonde siegessicher und grinste lauernd. Dann jedoch entließ er den Jüngeren in die Freiheit und steckte seine Hand in die Hosentasche, um den Autoschlüssel hervor zu holen. Squall nutzte diese Chance schamlos aus, indem er seinem Partner einen gehörigen Tritt in seinen Allerwertesten verpasste. Beinahe wäre Seifer gestolpert, doch er konnte sich im letzten Moment gerade noch so fangen.

„Was ist los mit dir? Du vernachlässigst deine Deckung.“, provozierte Squall den Älteren und konnte ein Grinsen nicht verhindern. Im nächsten Augenblick musste er allerdings schnell rennen.

„Warte nur, wenn ich dich erwische!“, rief Seifer und setzte ihm gnadenlos nach, während auch auf seinem Gesicht ein schelmisches Grinsen zu sehen war.

Squall konnte nicht sagen, warum er an diesem Abend seine Fassade fast gänzlich fallen gelassen hatte, jedoch war ihm mehr als nur bewusst, dass er Seifer zeigte, wie er wirklich war, was er empfand. Seifer hatte ihn schon immer akzeptiert, bei ihm brauchte er sich nicht zu verstellen, um etwas zu erreichen oder sein Ansehen zu wahren. Der Blonde nahm ihn so wie er war, mit allen Macken und Fehlern, die er besaß.

Starke Arme umklammerten ihn von hinten und hinderten ihn daran, sich hinter dem Auto zu verstecken, bei dem sie mittlerweile angekommen waren. Der Brünette wurde ruckartig an die Brust des Blonden gezogen und Squall konnte ein ehrliches, befreiendes Lachen nicht verhindern. In diesem Augenblick fühlte er sich frei. Vogelfrei. Frei von all den Schatten dieser Welt, von denen er in den letzten Jahren weiß Gott mehr als genug gesehen hatte.

Game of Love

Chapter Eleven - „Game of Love“
 

In Gedanken war Squall noch immer bei der Feier mit Seifer am gestrigen Abend, während sein Körper sich in seinem Büro befand. Heute war kaum mehr etwas von der Entspannung und der Ausgelassenheit zu spüren, die er gestern empfunden hatte, als sie gemütlich in einer Gaststätte in Balamb gesessen, geredet und gescherzt hatten. All die Feierlichkeiten lagen hinter ihm, ebenso wie die Treffen mit dem Blonden. Der Alltag war wieder eingekehrt und der Schülersprecher würde die nächsten Wochen in seinem Büro beschäftigt sein, bis das neue Jahr begann und er neue Anwärter bekam, dessen er sich als Ausbilder annehmen würde dürfen.

Mühsam zwang sich der Brünette, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, statt den Freuden der letzten Wochen nachzutrauern. Nur mit viel Selbstbeherrschung – die ihm aufzubringen in diesem Augenblick weitaus schwieriger erschien als sonst – gelang es ihm, die Akten durchzuarbeiten und pünktlich um 18h sein Büro zu verlassen. Seufzend schritt er den Gang entlang und ihm fiel plötzlich ein, dass er noch mit Rinoa verabredet war. Seltsamerweise hatte er nun kaum Interesse daran, die Schwarzhaarige zu sehen. Woher dieses Gefühl kam, konnte er nicht sagen, doch es war beinahe wie eine böse Vorahnung…

Abrupt wurde er aus seinen Gedanken geholt, als jemand nach ihm rief. Squall blieb sofort seufzend stehen, innerlich dafür betend, dass die Person, die hinter seinen Rücken auf ihn zukam, nicht die Absicht besaß, ihn lange mit Nichtigkeiten aufzuhalten. Seine stahlblauen Augen richteten sich auf Quistis, nachdem er sich umgedreht hatte. Aus einem unerklärlichen Grund verengte er sie noch ein wenig, während er die junge Frau skeptisch beobachtete.

„Was willst du? Ich hab nicht viel Zeit.“, merkte Squall harsch an und ging gleich in die Offensive.

„Wieder ein Treffen mit Seifer Almasy?“, konterte Quistis nur mit einem wissenden Lächeln, welches Squall ihr am liebsten aus dem Gesicht geschlagen hätte. Das Wort ‚unverschämt’ kam wohl in ihrem Vokabular nicht vor, wie er soeben feststellen musste. Gerade wollte er zu einem spitzen Kommentar ansetzen, der ihm auf der Zunge lag, doch die Blondine kam ihm zuvor.

„Er hat also beide Prüfungen mit Bravour bestanden. Nicht schlecht. Anscheinend hast du doch einen Weg gefunden, ihm ein Halsband umzulegen, und ihn gelehrt, zu gehorchen.“

Abschätzig schnalzte Squall mit der Zunge und stemmte eine Hand in die Hüfte.

„Quistis, ich…“

„Liebst du Rinoa?“ Die Frage warf den jungen Mann nun völlig aus der Bahn und verblüfft hoben sich beide Augenbrauen, bevor er in Irritation blinzelte.

„Was? Natürlich liebe ich sie.“, entgegnete er nur entsetzt, hätte sich aber selber im nächsten Moment für die leichte Unsicherheit in seiner Stimme ohrfeigen können. Mit einem Mal fühlte Squall sich hilflos und… ausgeliefert. Er konnte beinahe die kalten Klauen unsichtbarer Dämonen auf seiner Haut spüren, die gierig nach ihm griffen.

Anerkennend, doch auch ein wenig mitleidig nickte Quistis.

„Moment.“, schnappte Squall mit einem Mal und Wut keimte in ihm auf. „Du denkst doch jetzt nicht wirklich, dass Seifer und ich… Tz! Ich glaub’s nicht!“

„Ich habe das nie behauptet, Squall, und das weißt du!“, brauste nun auch Quistis auf, doch sie wurde im nächsten Moment auch schon wieder ruhiger. „Aber du solltest einmal überlegen, wie Rinoa sich fühlt, wenn du plötzlich nahezu deine komplette freie Zeit – die nun wirklich knapp bemessen ist – für Seifer opferst, obwohl er es war, der dich verraten hat und der uns beinahe alle in den Tod geführt hätte. Wie würdest du dich fühlen, wenn Rinoa sich mit einem Mal von dir abwendet, nur weil vielleicht eine alte Freundin zurückkehrt und sie Hilfe braucht? Freundschaften sind wichtig, das ist wahr, und man muss einiges dafür tun, um sie aufrecht zu erhalten, doch glaubst du, die Liebe bleibt einfach ohne weiteres bestehen? Nein, Squall. Du hast mittlerweile einiges gelernt, was zwischenmenschliche Beziehungen angeht, dennoch hast du noch eine Menge vor dir. Mach deine Augen auf, Squall. Du bist doch sonst nicht so blind. Oder bist du nun blind vor Liebe? Uneingestandener Liebe?“

Die Worte trafen den Brünetten hart, beinahe so hart, wie ein Schlag in den Magen, der ihm bittere Galle in den Mund trieb. Squall wollte etwas auf diese Predigt erwidern, wollte protestieren und wollte schreien, dass sie sich um ihren eigenen Dreck kümmern solle, doch kein Worte kam über seine Lippen. Sein Hals war wie zugeschnürt, seine Kehle staubtrocken. Vor Wut und Verzweiflung begann sein Körper leicht zu zittern und der Brünette starrte noch immer unentwegt auf die Stelle, an der Quistis gestanden hatte. Die Blondine war mittlerweile gegangen, hatte ihn völlig allein auf dem Gang gelassen.

Squall konnte nicht sagen, wie lange er dort gestanden hatte, wie oft er kurz davor gewesen war, die Wände hochzugehen, nur um dem Gefühlschaos in seinem Inneren zu entkommen. Hatte sie Recht, mit dem was sie sagte? War er mittlerweile erblindet und sah nur noch das, was er sehen wollte? Was er sich vielleicht gar versuchte einzureden? War da auch noch Liebe mit ihm Spiel?

Unfähig, Antworten auf seine unausgesprochenen Fragen zu finden, atmete er tief durch, schloss für einen Moment die Augen und wurde erst wieder in die Realität zurückgeholt, als er Gesprächsfetzen von zwei Anwärtern vernahm, die im nächsten Augenblick auch schon um die Ecke bogen und auf ihn zukamen. Hastig wahrte Squall seine Haltung und ging mit gesenktem Blick seines Weges.
 

Er hatte sich fest vorgenommen, die Angelegenheit für diesen Abend zu vergessen. Schon länger hatte er kaum mehr als eine halbe Stunde mit seiner Freundin verbracht und heute würde er zum ersten Mal wieder mehr Zeit für sie haben. Squall wollte allein aus diesem Grunde den Abend nicht aufgrund seiner Laune und dem Gespräch mit Quistis von vorhin zerstören. Rinoas engelsgleiches Lächeln, das sie ihm geschenkt hatte, als sie eingetreten war, erleichterte ihm sein Vorhaben um einiges. Ihre Küsse taten ihm gut und er seufzte lautlos in sie hinein, während feingliedrige Finger seinen Rücken, seine Schultern und seinen Nacken streichelten.

„Ich schätze, du möchtest auch etwas trinken.“, meinte er nachdem sie voneinander abgelassen hatten und Rinoa sich auf sein Bett niederließ. Kurz blickte er zu ihr hinüber, sah das zustimmende Nicken und holte dann zwei Gläser aus einem Schrank. Er stellte sie auf den Tisch ab und schüttete ihnen etwas Wasser ein.

„Endlich sind die Prüfungen vorbei.“, seufzte Rinoa mit einem Lächeln und stützte sich mit den Händen hinter sich ab. Sie beobachtete ihren Freund und fügte dann leise hinzu: „Jetzt wirst du doch sicherlich wieder etwas mehr Zeit haben, nicht wahr?“

Der Angesprochene verschloss die Flasche und stellte sie an die Seite, ehe er einen Blick auf seine Freundin warf. Irgendwie behagte ihm diese Frage nicht, zumal sie ihn das jetzt schon zum zweiten Mal fragte.

„Schätze schon. Obgleich ich im Büro auch einiges zu tun haben werde.“, entgegnete Squall trocken und nahm die beiden Gläser, von denen er eins Rinoa gab.

„Dann können wir uns doch bestimmt öfter treffen. Oder musst du weiterhin so oft bei Seifer sein?“ Squall erkannte die Vorsicht und die Unsicherheit in der Stimme seiner Freundin, doch sie interessierten ihn nicht. Jetzt fing sie auch noch damit an, genauso wie Quistis.

„Was soll das? Ist es nun ein Verbrechen, sich mit einem Freund zu treffen? Warst du nicht noch so unglaublich froh, dass Seifer und ich uns nun gut verstehen, anstatt uns die Köpfe einzuschlagen?“ Die Worte klangen giftiger, als Squall es beabsichtigt hatte und er stellte vorsichtshalber sein Glas aus den Händen, ehe er es noch vor lauter Wut gegen die Wand warf. Er merkte, wie Rinoa leicht zusammenzuckte, ob des schneidenden Tons ihres Freundes.

„So meinte ich das doch nicht, Squall.“, versuchte sie ihn gleich zu beschwichtigen. „Es ist nur so, dass du meistens bei ihm warst. Gestern warst du doch auch bei ihm, richtig?“

Für einen Augenblick hielt der Brünette die Luft an, ehe er leicht schnaubte.

“Ich habe dir doch gesagt, ich müsse noch etwas erledigen. Wie kommst du also darauf, dass ich bei Seifer war, he?“

„Du warst nicht im Büro, ebenso wenig wie auf deinem Zimmer.“

„Jetzt spionierst du mir auch noch nach, oder wie?“ Squall konnte es kaum fassen. Stellten sich nun alle gegen ihn?

„Das ist nicht wahr! Cid hat mich gebeten, dir auszurichten, dass er dich gerne in den nächsten Tagen im Büro sehen wolle. Ich dachte mir, ich sage dir direkt Bescheid, weil ich dich eh noch etwas fragen wollte, doch als ich dich im Büro aufsuchen wollte, fand ich dich nicht. Also bin ich zu deinem Zimmer gegangen, doch hier warst du auch nicht. Wo solltest du also sonst sein? Lüg mich nicht an, Squall, du warst bei ihm, oder?“

„Ja. Ich war mit ihm in Balamb.“, gestand er trocken und dachte über die Worte seiner Freundin nach. Wenn er eins über Rinoa wusste, dann, dass sie nicht log. Zähneknirschend und voller Wut ob der Skepsis und dem Misstrauen der anderen, ließ er sich neben Rinoa auf die Bettkante nieder.

„Warum hast du mich belogen?“, fragte sie nach einiger Zeit der Stille leise. Squall konnte die Enttäuschung in ihrer Stimme hören.

„Ich habe dich nicht belogen. Meine Absicht war es, ins Büro zu gehen und zu arbeiten, doch Seifer hat mich abgefangen und irgendwie hat er mich überzeugt, mit ihm nach Balamb zu fahren.“, rechtfertigte er sich nun mit beherrschter Stimme und er zwang sich, seine Gefühle für einen Augenblick zu verdrängen. Sie spielten ihm zurzeit übel mit und der Brünette wurde bald verrückt. Er war noch nie gut im Umgang mit Gefühlen gewesen. Seufzend fuhr er sich mit einer Hand durch seine braunen Haare. Er wollte nicht länger darüber nachdenken.

„Tut mir Leid, Rinoa. Es lag nie in meiner Absicht, dich zu verletzen.“, sprach der Brünette leise und Quistis’ Worte kamen ihm wieder in den Sinn. Leicht schloss er die Augen; versuchte einen Ausweg aus dieser prekären Situation zu finden.

„Ich war nur so verdammt froh, dass Seifer zurückgekehrt ist. Er ist so etwas wie ein Bruder für mich. Wir sind gemeinsam groß geworden.“

„Sch, ist schon gut. Ich versteh schon.“, flüsterte die Schwarzhaarige neben ihm und Squall unterdrückte ein sarkastisches Lachen. Nein, sie verstand überhaupt nichts. Niemand verstand, was Seifer und ihn verband.

Trotz dieser dunklen Gedanken und dem inneren süßen Drang, seiner Wut dieses Mal ungehalten freien Lauf zu lassen, ließ er sich zu der jungen Frau ziehen, die ihre Stirn an seine lehnte und ihn im Nacken kraulte. Erstaunlicherweise rief diese Berührung einen Schauer hervor, der seinen Rücken hinabjagte.

Allerdings war dies ein eiskalter Schauer.
 

In den nächsten zwei Wochen hatte sich die Situation zwischen Rinoa und ihm wieder einigermaßen entspannt und sie hatten eine Art zweiten Start ihrer Beziehung gewagt. Seifer hatte er so gut wie gar nicht mehr gesehen. Lediglich Gesprächsfetzen über den Blonden, die er von Unterhaltungen einiger Anwärter auffing, taten Kunde von seiner Präsenz hier im Garden. Die Tage vergingen ereignislos und Squall hatte das dumpfe Gefühl, als wäre alles wieder so eintönig wie vor Seifers Rückkehr. Einerseits hieß der Braunhaarige diese Ruhe willkommen, denn so hatte er mehr Zeit für seine Freundin, die damit mehr als zufrieden zu sein schien. Andererseits wünschte er sich oftmals insgeheim, noch einmal mit dem Blonden rumzuhängen und sich gelassen mit ihm zu unterhalten. Er konnte nicht sagen, wie oft es der Ältere geschafft hatte, ihm in dieser Zeit ein Lachen zu entlocken, doch Squall vermisste dieses Gefühl. Es hatte gut getan; es war befreiend gewesen.

Gedankenverloren blickte der junge Mann auf die Akte vor sich, die er noch zu bearbeiten beabsichtigte. Das leise Ticken der Uhr im Hintergrund schien ihn ermahnen zu wollen, doch Squall interessierte es heute nicht, ob er etwas später aus dem Büro ging oder nicht. Jäh wurde er dann jedoch in die Realität zurückgeholt, als jemand an seine Tür klopfte. Innerlich rechnete er schon damit, Rinoa zu sehen, die ihn wieder einmal besuchen kam.

„Herein.“, ließ er genervter verlauten, als er es beabsichtigt hatte. Leicht tippte er mit dem Stift auf den Schreibtisch, als er in der Bewegung plötzlich innehielt. Seine Augenbrauen schossen in die Höhe, als er den Besucher erblickte.

„Stör ich?“, fragte der blonde Mann und hob ebenfalls eine Augenbraue. Squall erwachte aus seiner Starre und rückte sich im Stuhl zurecht.

„Nein, ganz und gar nicht. Wie geht’s dir?“, kam es hastig über seine Lippen und er versuchte die Freude in seiner Stimme größtenteils zu verbergen.

„Wie immer.“, wich Seifer nur aus und grinste leicht. „Und selber?“

„Den Umständen entsprechend.“, entgegnete der Jüngere nur achselzuckend und schlug ein Bein über das andere. „Gibt es einen besonderen Anlass für deinen Besuch?“

Ein schelmisches Grinsen erschien auf dem Gesicht des Älteren und er tat einen Schritt nach vorne, um sich dann mit den Händen auf den Schreibtisch abzustützen. Für einen Augenblick sah er Squall nur mit einem herausfordernden Funkeln in den Augen an, ehe er die Stimme erhob.

„Lust, morgen Abend nach Balamb zu fahren?“

Der Brünette war im ersten Augenblick etwas perplex, dann jedoch lehnte er sich vor, stützte sich mit den Armen ebenfalls auf dem Schreibtisch ab und seine Lippen verzogen sich zu einem diebischen Grinsen.

Awakening

Chapter Twelve - „Awakening“
 

Der brünette Schülersprecher war am nächsten Abend weniger begeistert, seine Freundin zu sehen, die vor seinem Zimmer auf ihn wartete, als er aus dem Büro kam. Soweit er sich erinnern konnte, hatte er sich heute nicht mit ihr verabredet, da er schon Seifer eingewilligt hatte, mit ihm nach Balamb zu fahren. Allerdings hatte er es ganz verplant, Rinoa davon in Kenntnis zu setzen. Das erklärte natürlich einiges.

„Hi, mein Schatz.“, begrüßte sie ihn lächelnd und drückte ihm auch sogleich einen Kuss auf die Lippen. Squall hingegen ließ nur ein leises „Hey“ zur Begrüßung verlauten und schloss dann die Tür seines Zimmers auf. Nun würde er erstmal Rinoa schonend beibringen müssen, dass er heute Abend schon anderweitig verabredet war.

„Was führt dich zu mir?“, fragte er harmlos, um nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen. Er legte ein paar Dinge, die er aus dem Büro mitgenommen hatte, auf den Schreibtisch und lehnte sich dann leicht mit der Hüfte an diesen.

„Muss ich einen besonderen Grund haben, um meinen Freund zu besuchen?“, konterte sie nur schmunzelnd und ging auf ihn zu. Als sie ihn umarmen wollte, hielt der Braunhaarige sachte ihre Handgelenke fest und blickte sie an.

„Tut mir Leid, Rinoa. Heute Abend hab ich keine Zeit.“, gab er leise von sich und betete innerlich dafür, dass seine Freundin es einfach akzeptieren würde, ohne groß darüber diskutieren zu wollen.

„Welche Verpflichtungen hast du denn jetzt noch?“, seufzte sie leise und ließ ihre Hände sinken. Squall konnte die Enttäuschung sowohl in ihrer Stimme als auch in ihren Augen wahrnehmen.

„Keine Verpflichtungen. Seifer und ich wollen nach Balamb.“, sagte er dann frei heraus, ohne lange um den heißen Brei herum zu reden. Sofort wurde er jedoch mit einem überrascht, vielleicht auch ein wenig entsetzten Blick seitens seiner Freundin bedacht.

„Mit Seifer?“, hakte sie nach, als hätte sie es nicht richtig verstanden.

„Ja. Und ich muss mich jetzt ein wenig beeilen, sonst komm ich zu spät.“, log er, da er keine Lust auf irgendeine lange Diskussion hatte. Er schob sich an Rinoa vorbei und schritt zu seinem Schrank, aus dem er eine schwarze Jacke hervorholte. Seine SeeD-Jacke, die er für gewöhnlich im Garden trug, wurde ausgezogen und auf einen Bügel in den Schrank gehangen.

„So ist das also. Na dann… dann gehe ich wohl besser, was?“, sprach Rinoa leise hinter ihm und Squall seufzte genervt ob des verletzten Untertons in der Stimme seiner Freundin. Musste sie denn gleich immer übertreiben und so tun, als würde er sie schon zum x-ten Mal abweisen?

„Was ist daran so schlimm, dass ich mich heute noch einmal mit ihm treffe? Nach zwei Wochen… werde ich mich doch wohl noch einmal mit ihm verabreden dürfen, oder?“, platzte es aus Squall heraus. Beinahe wäre ihm ‚zwei Wochen der Enthaltsamkeit’ herausgerutscht, doch er hatte sich noch rechtzeitig auf die Zunge gebissen, um sich das zu verkneifen.

„Ja, es ist nur…“ Rinoa senkte den Blick und brach den Satz ab. Dass sie darauf anspielte, dass Squall seltsamerweise immer lebendiger und entspannter wirkte, wenn er sich mit Seifer traf, ahnte der Braunhaarige nicht einmal.

„Du bist eifersüchtig, oder?“, erkannte Squall und schnaubte leise.

„Nein, ich bin nicht eifersüchtig!“, widersprach seine Freundin, doch Squall brachte sie mit einer herrischen Geste zum Schweigen.

„Vergiss es. Ich versteh euch Frauen nicht. Ich weiß nicht, warum ihr es beinahe als Verbrechen anseht, wenn ich mich einmal mit ihm treffe. Er hat sich verändert, ist das so schwer zu verstehen?“

„Nicht nur er hat sich verändert, Squall.“, bemerkte Rinoa leise und der Braunhaarige war überrascht wegen des traurigen Untertons in der Stimme. Ohne ein weiteres Wort verließ die Schwarzhaarige dann das Zimmer und ließ den Schülersprecher allein zurück.

Erst wusste Squall nicht, wie ihm geschah, doch dann schnaubte er verächtlich. Nein, er würde ganz sicher nicht seine neu errungene und hart erkämpfte Freundschaft mit Seifer aufs Spiel setzen, nur weil Rinoa eifersüchtig war. Es gab keinen Grund zur Eifersucht.

Dennoch irritierte ihn der letzte Satz der Schwarzhaarigen. Unbeholfen schob er ihn jedoch schnell zur Seite und versuchte den Ärger zu verdrängen.
 

Der Abend mit Seifer war genauso entspannend und erholsam, wie jeder andere vor den Prüfungen mit dem Blonden. Obwohl sie sich schon länger nicht mehr gesehen hatten, gingen sie so vertraut miteinander um, als wären sie schon ewig gute Freunde. Squall genoss diese Atmosphäre zwischen ihnen und gewährte sich sogar, wieder einmal befreit zu lachen und sich nicht zu verstellen, wie er es oft im Garden tat. Seine Fassade diente einzig und allein dazu, den Respekt der anderen ihm gegenüber zu wahren und sich nicht zu sehr zu offenbaren, damit niemand ihn so schnell verletzen konnte. Jeder kannte ihn als introvertierten, jedoch gewissenhaften jungen Mann, der sich in keine Angelegenheiten anderer einmischte, im Gegenzug jedoch auch verlangte, dass niemand in seine persönlichen Probleme seine Nase steckte.

Bei Seifer standen die Dinge anders. Der Blonde respektierte ihn, so wie er war, und er kannte seine Schwächen und Fehler. Squall war dankbar für diese schlichte Akzeptanz, die Seifer ihm gewährte.
 

Als sie kurz nach Mitternacht wieder im Garden waren, erzählte Seifer ihm eine Story über einen ehemaligen Anwärter, über die er selber leise lachen musste. Squall schüttelte nur grinsend den Kopf. Der Blonde schien wirklich so einiges mitbekommen zu haben.

„Ach verdammt. Ich hab etwas im Büro vergessen.“, meinte Squall dann nur seufzend, als ihm wieder einfiel, dass er eine Akte morgen früh zu Cid bringen sollte, die allerdings noch in seinem Büro lag.

„Ich hol’s noch eben. Wir sehen uns dann demnächst.“, fügte er mit einem leicht resignierten Lächeln hinzu.

„Ich begleite dich noch. Sonst bin ich nachher dafür verantwortlich, wenn du in der Nacht hier verschwindest.“, merkte Seifer scherzhaft an und schritt neben dem Jüngeren her. Widerstandslos nahm Squall diese Entscheidung hin und war sogar ein wenig erfreut darüber.

Im Büro angekommen, ging der Brünette zum Schreibtisch und nahm kurz darauf ein Blatt in die Hand. Kurz musterte er es, ehe er einen Ordner aus dem Regal holte.

„Dauert nicht lange…“, murmelte er leise vor sich hin und blätterte im Ordner rum, ehe er aus einer Klarsichtfolie ein weiteres Dokument nahm. Squall nickte geistesabwesend, legte dieses zu dem anderen Blatt auf dem Schreibtisch und stellte den Ordner wieder zurück ins Regal.

„Squall?“, hörte er leise die Stimme des Blonden hinter sich, der sich bisher merkwürdig ruhig verhalten hatte.

„Hm?“, machte Squall nur und drehte sich dann zu dem anderen um.

Erschrocken weiteten sich seine Augen und er hielt zitternd die Luft an, als er die Lippen des Blonden auf seinen eigenen spürte. Squall konnte sich in diesem Augenblick nicht bewegen, er war wie gelähmt. Das Gefühl der warmen, weichen Lippen Seifers auf seinen war unbeschreiblich und der Braunhaarige fühlte, wie seine Beine nachzugeben drohten. Ein Kribbeln breitete sich in seinem Magen aus, während sein Blut zu kochen begann.

Erst nach einigen Sekunden war der Brünette in der Lage, sich zu bewegen, doch als er den Kuss erwidern wollte, löste sich Seifer auch schon wieder von ihm. Noch immer ziemlich perplex, sah Squall in die bestechend grünen Augen des Blonden, der den Blick für einen Augenblick erwiderte, ehe er seinen leicht beschämt senkte. Squall glaubte noch immer die Lippen des anderen auf seinen spüren zu können. Sie hatten ein unglaubliches Prickeln hinterlassen, das eine Gänsehaut über Squalls Rücken schickte.

Er war in diesem Moment vollkommen sprachlos. Seine Augen wanderten über die Gesichtszüge des Blonden, suchten nach einer Erklärung für diesen Kuss.

„Wieso…“, brachte Squall mit heiserer Stimme über die Lippen und schluckte schwer. „Wieso hast du mir damals nichts gesagt?“ Er erinnerte sich noch gut an ihr Gespräch in Balamb, als Seifer ihm gestanden hatte, dass es jemanden in seinem Leben gab, den er sehr gern hatte. Der Braunhaarige blickte den Blonden durchdringend an und vernahm ein Schnauben, während Seifer seinem Blick gekonnt auswich.

„Wieso? Ich hatte Angst, dass du mich abweist.“, antwortete er schließlich ein wenig genervt auf diese rhetorische Frage des Brünetten. „Und dass unsere Freundschaft dadurch zerstört wird.“, fügte er dann leiser hinzu.

In diesem Augenblick fühlte Squall sich so stark zu dem Blonden hingezogen, dass er glaubte, er würde vergessen zu atmen. Er musste erst einmal den Sinn der Worte verarbeiten, doch als er diesen erfasst hatte, übermannte ihn eine Woge ungeahnter Liebe, die ihn dazu brachte, die Hände in Seifers Nacken zu legen und ihn ohne Umschweife zu sich herunter zu ziehen, um ihn sehnsüchtig zu küssen. Nun war es an dem Älteren, sich erst einmal zu fassen und zu verarbeiten was gerade geschah, doch dies geschah weitaus schneller, als Squall vermutet hatte. Erleichtert seufzte er leise in den Kuss, als Seifer ihn erwiderte und seine Hände sich langsam an die Seiten des Schülersprechers legten. Deutlich spürte der Braunhaarige, wie sie sich langsam in seinen Rücken stahlen, seine Wirbelsäule nachfuhren und sich in sein Rückgrad legten, um ihn näher an Seifer zu drücken. Wie um auf diese Geste zu antworten, ließ Squall eine Hand durch das weiche, kurze Haar des Blonden fahren, krallte sich leicht darin fest und ließ Seifer keine Möglichkeit, sich zu entfernen. Squall schloss die Augen, konzentrierte sich voll und ganz auf diesen sinnlichen Kuss, der mit jeder Sekunde zärtlicher wurde. Hilflos hielt er sich an Almasy fest, fürchtend, seine Beine könnten nun nachgeben. Warmer und feuchter Atem streifte seine Wange, schickte einen heißen Schauer nach dem anderen über seinen Rücken, während er den herben und gleichzeitig süßlichen Geschmack von Seifer kostete. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte Squall Angst, dies könnte nur ein Traum sein, doch die vorwitzige Zunge, die über seine Lippen leckte, belehrte ihn eines Besseren. Seufzend ließ er sich auf dieses Spiel ein, ordnete sich dem Blonden unter und erwiderte jede noch so kleine Zärtlichkeit.

Kaum hatten sie sich gelöst, um Luft zu schnappen, spürte Squall zwei starke Hände an der Hüfte, die ihn zurückdrängten und schließlich ein wenig hochhoben, um ihn auf den Schreibtisch zu setzen. Er konnte ein überraschtes Keuchen nicht unterdrücken und als er Seifer in die Augen sah, konnte er nur Sehnsucht und Zuneigung in ihnen erkennen. Diesmal zögerte keiner der beiden, sondern sie ergriffen beide die Initiative, sodass ihre Lippen wieder zueinander fanden. Dem Braunhaarigen wurde heiß und kalt und er spreizte die Beine, sodass Seifer sich dazwischen stellen konnte. Eng zog er ihn an sich, seufzte in den Kuss, als sich Arme um ihn schlossen und schlang seine eigenen Arme um den Hals des Blonden. Verspielt zupfte er in dessen Nacken an einigen Haarsträhnen, während Squall das Gefühl von Seifers Lippen auf seinen genoss. Leicht reckte er den Kopf, als Seifer von seinen Lippen abließ und sich stattdessen seinem Hals widmete. Squalls Atemzüge gingen tiefer, als sonst und er krallte sich in Seifers Hemd, während dieser mit der Zunge eine feuchte Spur auf seiner makellosen Haut hinterließ. Der Brünette konnte ein leises Wimmern nicht unterdrücken und er hauchte den Namen des Blonden, als Seifer vorsichtig in seinen Hals biss und seine Lippen dann wieder mit denen des Jüngeren vereinte. Squall strich dem anderen zärtlich durch das Haar und drängte sich an ihn. Sein Körper schien auf jede noch so kleine Berührung des Blonden zu reagieren.

Hände legten sich auf seine Schultern und Squall seufzte erneut leise, ehe Seifer ihn auf Armeslänge von sich drückte. Verständnislos und überrascht schlug Squall die Augen auf und blickte den anderen fragend an. Sehnsüchtig sah er den Älteren an, der den Kopf gesenkt hielt, während einige Haarsträhnen seine Augen verdeckten.

„Seifer,…?“, brachte Squall mit leicht zitternder Stimme hervor.

„Vergiss alles, was gerade geschehen ist. Ich bringe dich in Verlegenheit. Du bist mit Rinoa zusammen.“, erklärte Seifer leise sein Verhalten und ließ Squall los. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und schritt zur Tür. Squall glaubte, der Boden würde unter seinen Füßen verschwinden und er fühlte einen Stich in seinem Herzen.

„Warte!“ Hastig sprang er auf und hielt Seifer am Handgelenk fest. Kaum drehte Seifer sich zu ihm um, war sein Kopf wie leergefegt und ihm fehlten die Worte. Einen kurzen Augenblick schwieg er, bevor er leise zu sprechen ansetzte.

„Das mag sein, aber…. Ich…“ Er wusste nicht, wie und vor allem was er es sagen sollte. Er wusste nur, dass er nicht wollte, dass Seifer nun ging und ihn allein zurück ließ. Nicht nach all dem, was gerade geschehen war.

„Spiel nicht mit mir, Squall.“, entgegnete Seifer nur, der zu bemerken schien, wie schwer es dem anderen fiel, sich im Moment zu artikulieren. Der Brünette hob den Kopf und sah Seifer fest in die Augen.

„Traust du mir das zu? Ich bin nicht ehrlos, Seifer.“ Herausforderung, aber auch etwas Flehendes war in seiner Stimme. Hoffnungsvoll und trotzig zugleich blickte er dem Älteren in die Augen. Sein Herz schlug hart gegen seine Brust und die Sekunden, in denen Seifer nichts erwiderte, schienen zu Minuten zu werden. Erst nach einer halben Ewigkeit regte sich der Blonde und zog Squall wieder in seine Arme, um ihn zu küssen. Erleichtert ließ Squall dies zu und packte Seifer diesmal etwas gröber an den Haaren, damit dieser es ja nicht wagte, sich noch einmal ungefragt zu entfernen.

In diesem Moment verschwendete der Brünette keinen einzigen Gedanken an die Folgen und die Konsequenzen seiner Handlungen. Er wollte nicht daran denken, was Rinoa davon halten würde, wollte nicht überlegen, wie das alles überhaupt hierzu kommen konnte oder wie es nun weitergehen würde.

In diesem Moment der Zärtlichkeit wollte Squall nur fühlen.

Und zwar Seifer…

Guilty Conscience

Chapter Thirteen - „Guilty Conscience“
 

Stille umhüllte den Braunhaarigen. Der weiche Stoff seiner Bettdecke gab noch lange nicht so viel Wärme ab, wie Squall es sich gewünscht hätte. Seine Gedanken kreisten noch immer um den Blonden, der bis vor wenigen Minuten noch mit ihm im Büro gewesen und ihn geküsst hatte. Ein heißer Schauer überkam den Schülersprecher, als er sich das Gefühl von Seifers Lippen auf seinen ins Gedächtnis rief. Für einen Moment schloss er die Augen und biss sich leicht auf die Lippe.

Er konnte nicht sagen, wie lange sie im Büro gewesen waren und Zärtlichkeiten ausgetauscht hatten. Worte waren fehl am Platz gewesen und so hatten sie die Nähe des anderen schweigend genossen, wobei ihre Körper für sie gesprochen hatten. Erst kurz vor ein Uhr hatte Seifer dem Ganzen ein Ende gesetzt und darauf bestanden, dass sie nun erstmal schlafen sollten. Squall hatte ihn gebeten, ihm ein wenig Zeit zu geben und zu seiner Erleichterung hatte der Blonde ohne zu zögern dem zugestimmt. Trotz ihres stummen Übereinkommens, erst einmal eine Nacht darüber zu schlafen, vermisste Squall ihn bereits jetzt in der Dunkelheit seines Zimmers schon wieder.

Der Brünette schnappte sich rasch seine Decke und kuschelte sich in sie, als könne sie die Wärme des anderen so zumindest ansatzweise ersetzen. Leise seufzte der Braunhaarige und schloss die Augen. Tief horchte er in diesem Moment in sich hinein, versuchte die Stimme seines Herzens zu hören. Liebte er Seifer? Ja, das tat er. Er liebte ihn, er würde alles für ihn tun. Er wollte in seiner Nähe sein, wollte ihn lieben, ihn küssen, einfach nur in seinen Armen liegen. Noch nie hatte er sich so stark zu einem anderen Menschen hingezogen gefühlt, noch nie hatte er allein bei dem Gedanken an einen Menschen gezittert.

Squall atmete tief durch, ehe er sich eine weitere wichtige Frage stellte. Liebte er Rinoa? Nein, besser: Hatte er sie jemals geliebt? Vermutlich, denn sonst wäre er nicht mit ihr zusammen. Vielleicht aber hatte er anfängliche Zuneigung mit wahrer Liebe verwechselt und all die Zeit nur geglaubt, es wäre Liebe, die er für Rinoa empfand. War er wirklich so naiv gewesen? So blind? Ja, durchaus wie es schien. Doch was war jetzt? Was empfand er nun für sie? Er mochte sie noch immer, sie war diejenige, die ihn lieben gelernt, die ihn menschlicher gemacht hatte. Sie war ihm wichtig, aber… sie war ihm noch lange nicht so wichtig wie Seifer.

Mit einem Mal kamen ihm die Worte Quistis’ in den Sinn. „Liebst du Rinoa?“ hatte sie gefragt und er hatte ohne zu zögern die Frage bejaht. Schamesröte überzog nun seine Wangen und Squall wusste nun, worauf die Blondine hinaus gewollt hatte. Nein, er liebte Rinoa schon länger nicht mehr, wenn er es denn überhaupt je getan hatte. Quistis schien schon lange zu ahnen, was in dem Braunhaarigen vorging, während dieser es nicht einmal geahnt hatte. Er hatte es sich niemals eingestehen wollen, dass er mehr als nur Freundschaft für den Blonden empfand. Die Gesellschaft hätte es doch nie akzeptiert.

Die wohl wichtigste Frage jedoch war: Wie sollte es nun weitergehen? Was würde er nun machen? Theoretisch blieben ihm nur zwei Möglichkeiten. Entweder beendete er die Beziehung mit Rinoa oder aber er unterdrückte seine Gefühle für Seifer und wandte sich von ihm ab. Squall schluckte schwer. Beide Möglichkeiten forderten einen Preis von ihm, den er bezahlen musste.

Noch lange lag er in seinem Bett, dachte angestrengt nach, um eine Lösung zu finden, mit der er leben konnte, während seine Augenlider mit der Zeit immer schwerer wurden. Im Grunde genommen brauchte er nicht lange überlegen, denn im Herzen wusste er schon lange, wie er sich entscheiden würde.
 

Am nächsten Tag saß Squall wieder in seinem Büro und versuchte konzentriert seiner Arbeit nachzugehen. Trotz einiger Tassen Kaffee und ein paar Massagen seiner Schläfen wanderten seine Gedanken immer wieder zu Seifer und auch zu Rinoa. Er hatte sich gestern mit ihr gestritten und sie waren im Streit auseinander gegangen. Es tat ihm Leid und er wollte sich zumindest bei ihr entschuldigen. Sie hatte Recht mit ihrem Misstrauen gehabt und er hatte sie deshalb angefaucht, weil er es nicht wahrhaben wollte. Er fühlte sich wirklich schäbig.
 

Zu seiner Erleichterung erschien seine Freundin am Nachmittag in seinem Büro. Sie klopfte vorsichtig an und trat leise ein, den Blick dem des Braunhaarigen ausweichend.

„Rinoa.“, kam es leise über seine Lippen und er stand von seinem Stuhl auf, um auf die junge Frau zu zugehen.

„Hey.“ Leicht lächelte Rinoa und blieb im Raum stehen.

„Rinoa, hör zu. Was gestern passiert ist…“ Squall brach abrupt ab und seufzte leise. „Es tut mir Leid, ich,… ich hab wirklich überreagiert.“

„Schon gut.“, winkte die Schwarzhaarige ab und lächelte traurig. „Es war auch nicht ganz fair von mir. Ich meine, du bist mein Freund. Und ich sollte dir wohl als solcher auch vertrauen. Wenn du mir sagst, dass es keinen Grund zur Eifersucht gibt, dann sollte ich dem auch Glauben schenken. Es tut mir Leid, dass ich dir bisher nicht das Vertrauen entgegen gebracht habe, das dir zusteht. Ich weiß doch, dass du ein ehrenvoller junger Mann bist.“

Squall konnte spüren, wie ihm bei diesen Worten das Herz in die Hose rutschte. Er fühlte sich mit einem Mal so mies und kam sich wie ein Verräter vor. Rinoa war hier, nach allem, was Squall ihr vorgeworfen und wie er mit ihr gesprochen hatte, und nahm die Schuld sogar noch auf sich. Dem Brünetten wurde mit einem Mal richtig übel und er unterdrückte mühsam ein Würgen. Er hatte Rinoa nicht verdient. Nicht nach all dem, was er sich geleistet hatte.

Sein Magen schien sich zusammen zu ziehen, während eine unsichtbare Kette seine Kehle zuschnürte. Er schämte sich für sein Verhalten.

„Rinoa…“, begann er leise und wollte sein Gebaren der letzten Wochen erklären, wobei seine Stimme belegt klang. Nun war wohl der beste Augenblick, ihr zu sagen, was wirklich zwischen Seifer und ihm war.

„Cid hat mich eben zu sich gerufen.“, unterbrach Rinoa ihn jedoch und lenkte auf ein anderes Thema. Schuldbewusst und gleichzeitig überrascht sah Squall auf. „Edea hat sich bei ihm gemeldet und er soll mich von ihr bitten, ins Waisenhaus zu kommen. Sie hat sich eine Grippe eingefangen und braucht etwas Unterstützung mit den Kindern. Ich werde für einige Tage zu ihr fahren, um ihr unter die Arme zu greifen. Ich denke, ein paar Tage Abstand werden uns auch ganz gut tun. In letzter Zeit sind wir wohl beide etwas gereizt.“

Das nicht ganz gelungene Lächeln, das bei den Worten auf ihren Lippen lag, machte es dem Braunhaarigen noch schwieriger, etwas zu sagen. Er fühlte sich so elendig und schäbig, dass er glaubte, seine Eingeweide würden zerreißen.

„Ja, wahrscheinlich hast du Recht.“, stimmte er ihr leise zu und ließ seine Schultern hängen.

„Meine Sachen habe ich schon gepackt und ich fahre jetzt gleich los. Ich wollte mich nur noch von dir verabschieden. In ein paar Tagen bin ich wieder hier.“

Geistesabwesend nickte der Braunhaarige und zuckte leicht zusammen, als sie eine Hand auf seinen Arm legte. Kurz strich sie darüber, ehe sie sich umdrehte um zu gehen.

„Rinoa!“, rief er hastig und blickte die Schwarzhaarige an, die sich noch einmal zu ihm umgedreht hatte. Squalls Absicht, ihr von Seifer und ihm zu erzählen und ihre Beziehung zu beenden, scheiterte in dem Augenblick, als er in ihre unschuldigen, rehbraunen Augen blickte. Für einen Moment schwieg der Braunhaarige und seufzte dann lautlos. Er brachte es in diesem Moment nichts übers Herz, ihr die Wahrheit zu sagen. Stattdessen zwang er sich zu einem kleinen Lächeln.

„Pass auf dich auf, ja?“, sagte er sanft und atmete tief durch, als Rinoa lächelte und dann nickte. Sein Blick war noch länger auf die Tür gerichtet, durch die die Schwarzhaarige den Raum verlassen hatte, während er die letzten Minuten noch einmal Revue passieren ließ. Er hatte so jemanden wie Rinoa wirklich nicht verdient.
 

Noch lange hatte er über die Worte der Schwarzhaarigen nachgedacht. Schuldgefühle plagten ihn und er wünschte sich, er hätte Rinoa die Wahrheit zuvor einfach sagen können. Es hätte so vieles nun vereinfacht, doch er hatte es einfach nicht über sich gebracht, sie innerhalb von zwei Tagen ein zweites Mal so hart zu verletzen, obgleich sie seine Launen ertragen und sich noch dazu bei ihm entschuldigt hatte. Squall hatte ständig das Gefühl, als müsse er sich übergeben, weshalb er an diesem Abend auch nicht in die Mensa ging, um etwas zu essen. Vermutlich hätte er dieses keine zwei Stunden später wieder gesehen.

Umso erleichterter war er, als Seifer ihm die Tür öffnete, als er an diese klopfte. Wortlos machte der Blonde ihm Platz und Squall trat mit einem Nicken ein. Ohne Umschweife ließ er sich auf der Couch nieder und strich sich seufzend durch die Haare. Kurz huschte sein Blick zu dem Älteren, der aus einem Schrank ein Glas holte. Dankbar nahm Squall dieses entgegen, nachdem Seifer ihm etwas Wasser eingeschenkt hatte und danach zu seinem eigenen Glas griff, das auf dem Tisch stand. Der Brünette nahm einen tiefen Schluck und hielt das Glas dann in beiden Händen fest. Sein Blick war gen Boden gerichtet. Eigentümlicherweise wagte er es in diesem Augenblick nicht, dem Blonden in die Augen zu sehen. Wahrscheinlich hätten ihn diese grünen Iriden zu sehr aus der Bahn geworfen.

„Rinoa war heute im Büro.“, begann er leise und lehnte sich an die Rückenlehne der Couch. „Sie hat sich bei mir entschuldigt, weil sie mir angeblich zu wenig Vertrauen entgegenbringt, obgleich ich derjenige war, der all die Schuld trägt. Ich habe sie unnötig angefaucht und sie ausgenutzt, wenn meine Laune außer Kontrolle geriet.“ Für einen Moment schloss Squall die Augen und schluckte schwer. Erinnerungen an eine bestimmte Nacht kamen in ihm hoch. Nachdem Quistis ihn aufgrund seiner Treffen mit Seifer getadelt und behauptet hatte, es könne sich dabei um mehr als nur Freundschaft handeln, hatte er mit Rinoa geschlafen, nur um seine Wut zu unterdrücken und sich selber zu beweisen, dass er die Schwarzhaarige liebte. Reue und Wut gegen sich selber stiegen nun in ihm auf, als er daran dachte.

„Ich habe es in diesem Moment nicht übers Herz gebracht, unsere Beziehung zu beenden. Ich wollte sie nicht noch mehr verletzen, als ich es gestern und die letzten Wochen schon getan habe, obgleich mir bewusst ist, dass ich es ihr sagen muss.“

Vorsichtig sah Squall nun auf und bemerkte, dass Seifer ihn beobachtete. Die ganze Zeit hatte der Blonde nichts gesagt, nur zugehört, doch allein das hatte dem Brünetten schon geholfen. Seifer schien ihn zu verstehen, auch ohne dass er selber Worte benutzte. Allerdings hätte Squall sich nun, nachdem er ihm erzählt hatte, was vorgefallen war, eine Erwiderung gewünscht. Er wollte wissen, wie Seifer darüber dachte, ob er seine Gefühle nachvollziehen konnte, doch kein Wort kam über die Lippen des Blonden. Minuten vergingen, in denen der Brünette geduldig wartete und seine Kehle immer trockener wurde.

„Warum sagst du nichts, Seifer?“, fragte er schließlich ein wenig flehentlich. Es schmerzte, dass der Blonde nun wieder so kühl wie damals war. Hatte Seifer das alles in der letzten Nacht doch nicht ernst gemeint?

„Ich bin mir nicht mehr sicher, ob es unbedingt eine so gute Idee ist, sie wegen mir aufzugeben.“, erklang schließlich leise die Stimme des Blonden und die Worte waren gleich Messerstiche in Squalls Herz.

Precious Closeness

Chapter Fourteen - „Precious closeness“
 

„Ich bin mir nicht mehr sicher, ob es unbedingt eine so gute Idee ist, sie wegen mir aufzugeben.“

Der Brünette erstarrte bei den Worten und er glaubte jegliche Farben aus seinem Gesicht weichen zu spüren. Unentwegt starrten seine Augen den Älteren an, der ihn mit einer Mischung aus Unsicherheit und Trauer anblickte.

„Was? Das ist nicht dein Ernst, oder?“ Squalls Stimme zitterte leicht und er stellte hastig das Glas auf den Tisch, bevor er versucht war, es dem Blonden an den Kopf zu werfen.

„Überleg doch mal, Squall.“, begann Seifer mit ruhiger Stimme seine Erklärungen. „Du bist Schülersprecher, Ausbilder, ja sogar stellvertretender Direktor des Gardens. Dein Ansehen hier ist größer als die chinesische Mauer, würde man sie senkrecht aufstellen. Jeder kennt dich, jeder hat Respekt vor dir und so einige sehen dich als Idol an. Du bist der Held, der strahlende Ritter in weißer Rüstung. Allein deine Beziehung mit Rinoa hat für Aufsehen und einigen Gerüchten gesorgt, wie ich in letzter Zeit mitbekommen habe. Was würde denn erst passieren, wenn sie erfahren, dass du mit mir zusammen bist? Einem Mann? Noch dazu Seifer Almasy, der Versager und dein ewiger Rivale? Denkst du nicht, die Gerüchteküche würde schon nach zwei Tagen überkochen?“ Er machte eine Pause, in der er den Brünetten mit einem Blick ansah, der darum bat, Verständnis seitens des Jüngeren zu erhalten. Squall ließ sich die Worte durch den Kopf gehen und seine Gedanken schienen sich beinahe zu überschlagen. Die Worte waren durchaus logisch und vermutlich – so ungern Squall es auch zugeben wollte – entsprachen sie sogar der Wahrheit. Es würde sicherlich großes Aufsehen erregen, wenn die Anwärter und auch die Angestellten des Garden erfahren würden, dass er mit Seifer eine Beziehung führte.

„Ich will nicht, dass all deine hart erarbeiteten Positionen gefährdet werden und du womöglich noch aus einem Amt entlassen wirst. Das liegt und lag niemals in meiner Absicht.“, fügte Seifer schließlich noch hinzu. Der Brünette senkte für einen Moment den Blick und er spürte mit einem Mal Enttäuschung und Wut in sich aufsteigen. Ehe er sich versah, sprang er auf und ging auf den Blonden zu, der im Sessel saß. Nicht gerade sanft packte er den ehemaligen Hexenritter am Kragen und sah ihm dann ernst in die Augen.

„Ach, und deshalb hast du ganz einfach einmal allein entschieden, dass es besser ist, wenn ich weiterhin mit Rinoa zusammen lebe, meine Gefühle hinten anstelle und mein Leben lang vortäuschen werden, welch überaus starken Gefühle ich für diese Frau hege, während du an mir vorbeigehst, als wäre nie etwas gewesen? Dass es besser ist, sich den Normen der Gesellschaft unterzuordnen und wie ein braver Schoßhund das tun, was man von uns verlangt?“, verlangte der Braunhaarige mit schneidendscharfer Stimme zu wissen. Sein Griff im Kragen des Hemdes verstärkte sich noch und er zwang Almasy so, ihm in die Augen zu sehen.

„Das ist egoistisch, Seifer! Denkst du wirklich, es wäre alles so einfach? Bist du davon überzeugt, dass ich mich nun deiner Entscheidung beuge und alles ohne Nachfrage hinnehmen werde? Wer ist es nun, der naiv ist? Du oder ich? Spiel nicht mit mir, Seifer. Tu mir nicht das an, was du selber nicht ertragen kannst.“ Als er bemerkte, wie Seifer seinem Blick auszuweichen versuchte, klang Squalls Wut ein wenig ab und hinterließ eine altbekannte Melancholie. Seine Gesichtszüge wurden weicher und er blickte den Blonden nun mehr bittend, als anklagend an. Erneut vergingen qualvolle Sekunden, bis der Ältere sich zu seinen Anschuldigungen äußerte.

„Würdest du all das, was du bisher erreicht hast, wirklich riskieren, nur um mit mir zusammen zu sein?“ Hoffnung lag in der ruhigen Stimme des Blonden. Squall verspürte selber einen Hoffnungsschimmer in sich, Seifer überzeugt zu haben. Unverzüglich nickte der Braunhaarige zur Antwort.

„Ja. Wenn ich eins in der ganzen Zeit mit Rinoa gelernt habe, dann dass man oftmals einen hohen Preis einsetzen muss, um zu gewinnen.“ Langsam lockerte sich sein Griff und seine rechte Hand legte sich an den Hals des Älteren.

„Ich kann meine Gefühle für dich nicht einfach unterdrücken und ich will es auch gar nicht. Also hör auf, so einen Mist zu reden. Auf solche bescheuerten Ideen kann…“ Ruckartig wurde Squall unterbrochen, indem Seifer ihn zu sich runter zog und ihn ohne Vorwarnung küsste. Im ersten Augenblick blinzelte der Brünette, ehe er sich seufzend dem Kuss hingab. Zärtlich erwiderte er diese Geste der Liebe und streichelte mit der Hand über den Hals des Blonden bis hin zu dessen Nacken, wo er ihn leicht kraulte. Starke Hände stahlen sich über seine Seiten zu seinem Rücken, streichelten sich in sein Rückgrad hinein und zogen ihn dann unerwartet an Seifer heran, sodass Squall nun breitbeinig auf dessen Schoß saß. Bei dieser Aktion konnte der Braunhaarige ein überraschtes Keuchen nicht unterdrücken und er krallte sich an Seifer, um Halt zu haben.

„Sei still…wir haben genug geredet …“, befahl der Blonde leise in den Kuss und der Brünette musste leicht lächeln. Seifer war noch nie ein großer Redner gewesen. Im stummen Einverständnis küssten sie sich erneut und Squall schlang nun seine Arme gänzlich um den Hals des Blonden. Zärtlich fuhr er durch dessen Haare, zupfte verspielt an einigen Haarsträhnen und genoss die Wärme, die von dem Älteren ausging. Er fühlte sich geborgen und sicher, besonders wenn ihn, wie in diesem Moment, die starken Arme des anderen umfingen und ihn in einer schützenden Umarmung bargen. Unzählige Schauer überkamen den Brünetten dabei und ein Prickeln in seinem Magen stieg bis ins Unermessliche. Ohne sein Zutun schlossen sich seine Augen und sein Körper kam den Berührungen des anderen entgegen. Eine Gänsehaut jagte seinen ganzen Körper hinab, als Seifer nach dem Kuss eine Hand an seine Wange legte und Squall sich zutraulich in diese Berührung schmiegte. Sanft lächelnd beugte er sich wieder vor, um den Blonden ein weiteres Mal zu küssen und sich dem Gefühl von erregender Zärtlichkeit hinzugeben.
 

Mithilfe zungenfertiger Argumente und überzeugenden Fingertechniken hatte Squall es letztendlich doch noch geschafft, dass der Blonde seiner Bitte nachkam und ihn diese Nacht bei sich schlafen ließ. Der Brünette hegte dabei keine Hintergedanken, so wie Seifer es wahrscheinlich vermutete. Er wollte lediglich in der Nähe des Älteren sein, um die ganzen Strapazen und Schwierigkeiten mit Rinoa für wenige Stunden vergessen zu können und sich stattdessen der wohltuenden Wärme seines Liebhabers hingeben konnte.

Zufrieden schnurrte er leise, als er sich später an die Schulter des Blonden schmiegte und die Decke enger um sie zog. Sofort schloss er die Augen, legte einen Arm um die Körpermitte Seifers und barg das Gesicht schließlich in dessen Halsbeuge. Tief atmete er den maskulinen, jedoch auch teilweise süßlichen Geruch des anderen ein. Beinahe machte es ihn schwindelig und Squall war dankbar für die Tatsache, dass er auf einem Bett lag und nicht auf seinen Beinen stand, die unter Garantie nachgegeben hätten. Zufrieden drängte er sich an den Älteren, der seine Arme um ihn schloss und ihn schützend festhielt. Dankend gab Squall ihm einen Kuss in die Halsbeuge und streichelte geistesabwesend über den Bauch des Blonden. Der heiße, regelmäßige Atem, der seine Wange streifte und die warmen Hände auf seinem Rücken, beruhigten ihn schnell und der Brünette konnte wenigstens in diesen wenigen Stunden, die er neben Seifer verbringen würde, seine Probleme und Ängste verdrängen, mit denen er die letzte Nacht zu kämpfen hatte.

Erschöpfung packte den jungen Mann schon nach kurzer Zeit und kaum hatte Seifer ihm einmal über den Kopf gestrichen, war Squall auch schon eingeschlafen.
 

Die nächsten Tage vergingen ruhig und ereignislos, während Squall mit wenig Motivation, jedoch hohem Pflichtbewusstsein seiner Arbeit im Büro nachging. Die Abende verbrachte er meist dem Blonden, genauso wie die Nächte, in denen er es vollkommen auskostete, an der Seite seines Liebhabers einzuschlafen. Seifer vermittelte ihm eine außergewöhnliche Ruhe und eine schützende Geborgenheit, die der Braunhaarige nie derart intensiv bei Rinoa gespürt hatte. Nicht einmal ansatzweise hatte sie es in all der Zeit geschafft, ihn so zu bändigen, wie der Blonde es in nur ein paar Tagen vermochte.

Heute war der dritte Tag nach Rinoas Abreise und Squall verließ mit einem leisen Seufzen das Büro. Sicherlich würde die Schwarzhaarige bald wiederkehren und dann würde für ihn die Stunde der Wahrheit schlagen. Insgeheim fürchtete er sich davor und sein Herz krampfte sich bei dem Gedanken, Rinoa erneut verletzen zu müssen, schmerzhaft zusammen.

Eine bekannte Stimme riss ihn plötzlich aus seinen düsteren Gedanken und Squall blieb abrupt stehen. Neugierig ging er in die Richtung, aus der die Stimme kam und öffnete schließlich die Tür, die zur Krankenstation führte. Die Szene, die sich ihm bot, ließ ihn leicht grinsen. Xell saß fluchend auf einem der Betten, während Kadowaki versuchte, dem widerspenstigen Punk einen Verband um sein rechtes Bein zu wickeln. Wie immer brachte Xell unzählige Argumente – ob sinnvoll oder überaus schwachsinnig – hervor, um den Klauen der Ärztin zu entkommen, die ihm herrisch befahl, endlich ruhig zu halten.

Amüsiert lehnte Squall sich an den Türrahmen und sah dem Ganzen einen Moment zu, ehe der Blonde ihn entdeckte.

„Yo Squall! Alles klar? Hey! Das tut… au!“, jaulte Xell plötzlich und bedachte die Ärztin mit einem giftigen Blick.

„Was ist geschehen?“, wollte der Brünette wissen und nickte in Richtung von Xell’s Bein, dass nun von einem weißen Verband verziert wurde.

„Ach.“, seufzte Xell nur und winkte ab. „Übermütige Anwärter waren in der Trainingshalle, die ihren Hochmut beinahe mit dem Leben bezahlt hätten. Zum Glück war ich da, doch die hatten das Vieh ganz schon in Rage versetzt. Hab aber nur den Kratzer abbekommen.“

„Kratzer, ja?“, spöttelte Kadowaki mit einem Grinsen als sie an ihm vorbeiging. „Du hast Bettruhe! Die nächsten Tage wirst du weder kämpfen noch dich groß anstrengen.“

„Unsinn! Das ist halb so wild!“, widersprach der Punk und stand auf. Nun packte ihn der Hochmut, als er einen Schritt nach vorne tat, der festen Überzeugung, das verletzte Bein würde ihn halten. Sofort strauchelte er und Squall reagierte ohne nachzudenken. Binnen Sekunden war er bei Xell und fing ihn gerade noch rechtzeitig auf, bevor er zu Boden stürzte. Umsichtig stützte der Brünette ihn und sah leicht besorgt in das schmerzverzerrte Gesicht des Punks.

„Naja… vielleicht sollte ich mich doch ein bisschen ausruhen.“, gab er kleinlaut mit einem schiefen Grinsen bei und nahm die Krücken widerstandslos von Kadowaki an, die diese ihm nun reichte. Squall hielt ihn noch kurz fest, bis er sicheren Halt mit den Krücken hatte.

„Mister Leonhart. Sorgen Sie bitte dafür, dass er ohne zu stolpern in sein Zimmer gebracht wird.“, wies die Ärztin Squall an, welcher nur nickte.

Gemeinsam mit dem Punk verließ er die Krankenstation und ging langsam neben ihm her. Xell war einer der wenigen Menschen hier im Garden, der für nahezu alles offen war und kaum Vorurteile besaß. So wild und ungestüm er auch sein mochte; Squall mochte ihn, auch wenn er dies nicht so gut zeigen konnte.

„Seifer hat die Prüfungen bestanden, nicht wahr?“, erkundigte Xell nach einiger Zeit und sah den anderen kurz von der Seite an. Obgleich Squall mit einer solchen Fragen fast gerechnet hatte, überraschte sie ihn nun doch ein wenig.

„Ja. Und das mit einer unglaublichen Leistung.“, antwortete Squall und nickte.

„Besser als du damals?“, neckte der andere ihn und der Brünette konnte das schelmische Grinsen sehen. Leicht verdrehte er die Augen, was Xell nur ein Kichern entlockte. Er wollte und würde auf diese Frage nicht antworten, was der Blonde auch anscheinend nicht erwartete, denn sofort fuhr er fort. „Hat er sich sehr verändert?“

Für einen Augenblick blinzelte Squall, nicht wissend, wie er auf diese Frage am besten antworten sollte. Dann allerdings nickte er leicht zögerlich.

„Ja, das hat er. Aber im positiven Sinne. Er ist reifer, erwachsener.“

„Hm, dann bin ich ja mal gespannt, ob er mich bei unserem nächsten Treffen noch immer ‚Hasenfuß’ nennt.“, lachte der Blonde und Squall musste leicht grinsen.

„Weißt du, Xell, es gibt Dinge im Leben, die sich nie verändern werden. Und oftmals ist das auch gut so.“

Revelations

Chapter Fifteen - „Revelations“
 

„Glaubt der wirklich, so leicht würde ich mir diese kleine Freude nehmen lassen?“, ließ Seifer amüsiert verlauten, nachdem Squall ihm von seiner Unterhaltung mit Xell erzählt hatte. Unschuldig zuckte der Brünette mit den Schultern und musste selber leicht schmunzeln, ehe er dies kaschierte, indem er einen Schluck Wasser trank.

„Ich könnte mich durchaus dazu bewegen lassen, ihn anderweitig nicht mehr zu ärgern, aber seinen Titel als ‚Hasenfuß’ wird er wohl kaum loswerden.“, stellte der Blonde klar, als wolle er seine Position dem Brünetten verständlich machen.

„Sag das ihm, nicht mir.“, merkte Squall nur an und musterte das Glas, in welchem das Wasser das Licht der Lampe spielerisch reflektierte. Er vernahm nur ein leises Schnauben, ehe er aus den Augenwinkeln bemerkte, wie der Blonde aufstand. Im nächsten Augenblick wurde ihm das Glas abgenommen und auf den Tisch gestellte. Ein wenig irritiert blickte er dem Glas nach, ehe seine Augen sich auf die grünen Iriden des Älteren richteten, der nun beide Hände neben seinem Kopf auf der Rückenlehne abstützte, sodass Squall zwischen seinen Armen gefangen war.

„Er ist nicht hier, also kann ich es nur dir sagen, oder?“, konterte der Blonde und Squall bemerkte den durchdringenden Blick, der ihm einen Schauer über den Rücken jagte. Es war beinahe so, als wäre er ein offenes Buch für Seifer. Seine Augen schienen geradewegs auf den Grund seiner Seele blicken zu können und der Braunhaarige konnte nichts dagegen machen. Wie gebannt sah Squall den Älteren an, der ihm mit einem Mal so nahe war. Anzüglich leckte er sich hastig über die trockenen Lippen und räusperte sich dann leise.

„Deine Schlussfolgerungen sind erstaunlich.“, neckte er Seifer mit einem leichten Grinsen, das ihm aufgrund seines schnellen Pulses nicht so recht gelang. „Aber bist du auch in anderen Bereichen so flink und unübertrefflich?“ Ein leicht provozierender Unterton war in seiner Stimme zu vernehmen, doch enttäuscht musste er feststellen, dass Seifer darauf keine Reaktion zeigte.

„Wie meinst du das?“, fragte dieser nur, als könne ihn kein Wässerchen trüben. Squall konnte dessen heißen Atem auf seinem Gesicht spüren, so nahe war Seifer ihm.

„Stell dich nicht dumm, Seifer. Das bist du keineswegs.“, brummte der Braunhaarige und schnappte nach den Lippen des Blonden. Unzufrieden murrte er, als Seifer dabei mit dem Kopf zurückwich und ihn aus adlerscharfen Augen betrachtete. Seifer mochte sich geändert haben, doch einen gewissen Grad an Hochmut hatte er behalten. Zumindest in ihrer Beziehung hatte der Blonde ihm schon oft auf eine liebevolle, jedoch bestimmende Art klar gemacht, dass er sich ihm nicht so einfach unterordnen würde, wie er es im Unterricht getan hatte.

Squall ließ eine Hand in den Nacken des anderen fahren und strich sachte über die empfindliche Haut, ehe er sich erneut vorbeugte. Doch auch diesmal wich Seifer trotz des leichten Drucks in seinem Nacken zurück, was den Braunhaarigen erneut aufmurren ließ. Im nächsten Augenblick jedoch spürte Squall die Lippen des Älteren klar und deutlich auf seinen. Aber natürlich, Seifer wollte in diesem Moment derjenige sein, der den anderen küsste, und nicht derjenige, der geküsst wurde. Kommentarlos nahm Squall diesen Umstand hin und konzentrierte sich lieber auf den verzehrenden Kuss. Seine Arme schlangen sich gierig um den Hals des Blonden, zogen ihn enger zu sich und hielten ihn bei sich. Zärtlich strichen seine Hände durch das strohblonde Haar seines Freundes, verwuschelten es und zupften neckisch an einigen Haarsträhnen. Ein leises Seufzen entkam Squall, als die Spitze einer fremden Zunge über seine Lippen strich und um Einlass bat, welcher er Seifer nur zu gerne gewährte. Es kam einem Stromschlag gleich, als sich ihre Zungen berührten und der Schülersprecher zuckte unwillkürlich zusammen, ehe er seine Augen schloss und sich fester an Seifer festhielt, der sich noch immer über ihn beugte.

Nachdem Seifer den Kuss schwer atmend gelöst hatte, widmete dieser sich Squalls Hals und der Brünette reckte diesen sofort bereitwillig. Eine Hand des Blonden strich dabei erst über den Hals, ehe sie Squall dazu drängte, den Kopf ganz in den Nacken zu legen. Widerstandslos befolgte dieser den stummen Befehl und er lehnte den Hinterkopf an die Rückenlehne der Couch. Erneut schlossen sich seine Augen, die er zuvor einen Spalt breit geöffnet hatte, während weiche, warme Lippen eine feuchte Spur auf seinem Hals hinterließen. Squalls Hände umklammerten die Schultern des Blonden, welcher mit der Zunge genüsslich über die ihm dargebotene Kehle leckte. Ein Schauer jagte dabei den Rücken des Brünetten hinunter, der sich zwang, ruhig zu atmen. Er biss sich auf die Unterlippe, unterdrückte ein Keuchen. Als Seifer spielerisch, allerdings mit größter Vorsicht in seinen Adamsapfel biss, schoss Squalls rechte Hand hoch und krallte sich in das Haar des Blonden. Ein ersticktes Geräusch war alles, was der Brünette von sich gab, ehe Seifer von ihm abließ, zu ihm hochsah und ihn wieder auf den Mund küsste. Squall konnte das Verlangen und die Sehnsucht spüren, die von dem Blonden ausgingen. Er selber spürte Blitze der Erregung durch seinen Körper schießen, die sich in seinen Lenden zu sammeln schienen.

Abwartend sah er Seifer in die Augen, als dieser sich gelöst hatte. Squall war überrascht, nicht nur Erregung in ihnen zu sehen, sondern auch Schmerz. Ehe er sich erkundigen konnte, was los war, lehnte Seifer seufzend seine Stirn an seine Schulter und ließ sich leicht auf Squalls Schoß nieder. Blinzelnd verharrte der Jüngere einen Augenblick reglos in seiner Position, bevor er die Hände auf Seifer’s Rücken legte.

„Seifer…?“, wisperte er, in der Hoffnung, der Blonde würde ihm erklären, was ihn bedrückte.

„Es waren Frauen und wehrlose Kinder, die ich damals gnadenlos und ohne mit der Wimper zu zucken umgebracht habe, Squall. So viele… und alle unschuldig.“. flüsterte der Blonde leise, als handelte es sich bei seinen Worten um eine mysteriöse Beschwörungsformel. Squall war im ersten Augenblick perplex, doch dann verstand er. Seifer sprach von seiner Vergangenheit. Sofort festigte der Brünette den Griff um den jungen Mann in seinen Armen.

„Ich wollte sie nicht töten. Artemisia hat mich dazu gezwungen. Immer und immer wieder. Und wenn sie bemerkte, dass ich den Blick versuchte abzuwenden, ließ sie ihre Soldaten die Arbeit erledigen, während ich zum Zuschauen verurteilt wurde. Diese unbarmherzigen Kreaturen haben sie nicht einfach nur umgebracht, sie haben sie gefoltert. Erst Extremitäten wurden geschunden, bevor der Todesschlag kam. Manche von ihnen wurden gar vorher noch vergewaltigt. Das war die Hölle, Squall, die Hölle auf Erden.“, fuhr Seifer leise fort und ein großer Kloß bildete sich bei den Worten in dem Hals des Brünetten. Er konnte sich nicht wirklich vorstellen, dass so etwas geschehen war, konnte nicht im Geringsten auch nur erahnen, wie Seifer sich fühlen musste. Squall fand keine Worte, die dem Blonden geholfen hätten. Ihm war bewusst, dass Seifer kein Mitleid wollte, denn er hatte ihm vermutlich alles erzählt, weil er wusste, dass Squall es hören wollte. Damals hatte er ihn forsch abgewiesen und ihn sogar beinahe angeschrieen, doch jetzt erzählte er es ihm aus freien Stücken. Der Brünette war dankbar dafür, denn es zeigte ihm, dass Seifer ihm nun endlich vertraute.

Anstatt sinnlose Worte verlauten zu lassen, die sowieso fehl am Platz waren, drückte Squall Seifer nur fest an sich und schmiegte den Kopf an dessen Schulter. Seifers Hände, die sich in seinem haselnussbraunen Haar vergruben, veranlassten Squall dazu, die Augen zu schließen.

„Ich konnte nichts tun. Es gibt so vieles, was ich bereue. Und wenn ich die Chance hätte, es rückgängig zu machen, dann würde ich mein Leben dafür geben.“, murmelte Seifer in den Stoff seines Hemdes und Squall spürte einen Stich in seinem Herzen.

„Und mich hier allein lassen?“, hakte er leicht traurig nach. Stille folgte, in der er die Spannung zwischen ihnen beinahe knistern hören konnte. Seifer regte sich im nächsten Moment und er sah Squall in die Augen. Auch wenn Squall es nicht wirklich erwartet hatte, so war er doch ein wenig überrascht, dass er keine Tränenspuren auf den Wangen des Blonden erkennen konnte. Seifers Blick war durchdringend, doch der Brünette merkte, dass der Blonde über seine Frage nachdachte. Sie beide wussten, dass es keine Antwort auf sie geben würde, denn von Seifer zu verlangen, mit seiner Last weiterzuleben, wenn er die Chance bekam, seine Fehler zu korrigieren, was schlichtweg unmöglich. Squall wüsste selber nicht, wie er sich entscheiden würde.

Um dem Blonden eine Antwort zu ersparen, küsste Squall ihn nur sanft und schloss die Augen. Seine Arme legten sich wieder um den Nacken seines Liebhabers und kraulten ihn dort beruhigend. Er war erleichtert, dass Seifer den Kuss erwiderte und scheinbar da weitermachte, wo er eben aufgehört hatte. Seifers Verlangen nach Nähe war zu deutlich, um es nicht zu bemerken. Es war beinahe so, als wolle der Ältere nach all der Zeit des Mordens, der Gewalt und des Krieges endlich einmal das spüren, wonach er sich schon lange sehnte: Liebe. Kompromisslos war Squall bereit, ihm diese zu geben.

Erneut reckte er seufzend den Hals, schaffte Seifer mehr Spielraum. Die Küsse ließen seine Haut in Flammen aufgehen und Squall sehnte sich nach mehr. Unmerklich hatte der Blonde sich dann etwas entfernt, nahm die Hand des Brünetten und küsste kurz dessen Handrücken. Blinzelnd sah Squall hinab und erkannte die Geste der Verehrung. Er brachte ein leichtes Lächeln zustande und ehe er anderweitig reagieren konnte, stand Seifer auf und zog ihn mit sich. Kurz streiften die Lippen des Blonden seine, ehe er wortlos zum Bett des anderen geführt wurde, auf dass sie sich fallen ließen…

Unconditional Passion

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Whispered Promise

Chapter Seventeen - „Whispered Promise“
 

Die ersten Sonnenstrahlen der aufgehenden Sonne fielen durch das Fenster und schienen erbarmungslos auf das Gesicht des Braunhaarigen. Langsam kehrte Squalls Bewusstsein zurück und er nahm eine wohltuende Wärme um sich herum wahr. Instinktiv kuschelte er sich näher an den warmen Körper neben sich und seufzte lautlos. Vage vernahm er ruhige Atemzüge, die nicht von ihm stammten. Blinzelnd schlug er die Augen auf, musste sie allerdings wieder schließen, da das Licht zu hell war. Leise murrte er auf und drängte sein Gesicht an die fremde Schulter. Sogleich regte sich die Person neben ihm und Squall musste kurz den Kopf anheben, als die Schulter verschwand. Als er ihn wieder sinken ließ, ruhte sein Kopf auf einem Unterarm und der Brünette schmiegte sein Gesicht an den angewinkelten Oberarm. Zärtlich strich eine Hand durch seine Haare und veranlasste ihn dazu, erneut die Augen langsam zu öffnen. Aufgrund eines warmen Körper, der neben ihm lag und sich auf dem Unterarm abstützte, lag Squall nun im Schatten und es fiel ihm etwas leichter, seine Umgebung wahrzunehmen.

„Alles in Ordnung?“ hörte er die tiefe, samtene Stimme Seifers, während eine Hand über seinen Rücken strich. Noch recht schlaftrunken blinzelte der Angesprochene zu dem anderen hinauf.

„Seifer…?“, kam es leise von ihm und Squall seufzte leise. Er fühlte sich noch etwas erschöpft und seine Glieder fühlten sich schlapp an. „Ja… ich denke schon.“

Erst in der nächsten Sekunde fiel ihm wieder ein, was geschehen war. Erinnerungen an die letzte Nacht durchfluteten ihn und Squall konnte nicht verhindern, dass er für einen Moment die Luft anhielt. Er erinnerte sich an all die Emotionen, die er empfunden hatte und die er nie zuvor auch nur ansatzweise gekannt hatte. Seifers lustverklärter Blick, der gierig auf ihm geruht hatte. Squall’s Herz blieb für einen Augenblick stehen, als ihm noch etwas in den Sinn kam. Das Stöhnen, das Keuchen, das Schreien, ja sogar das Wimmern; war er dies alles gewesen? Hatte er all diese Geräusche von sich gegeben? Schamesröte legte sich auf seine Wangen und er wandte rasch seinen Blick von Seifer ab. Der Blonde schien sein Unbehagen zu bemerken, denn er streichelte ihm erneut durch die Haare.

„Du bist gestern Abend einfach ohnmächtig geworden.“, bemerkte der Blonde leise und zu Squalls Verwunderung konnte er keinen Hohn oder Spott in seiner Stimme vernehmen. Die Röte auf seinen Wangen intensivierte sich noch ein Stück und Squall wünschte sich, im Boden versinken zu können. Gott, war das peinlich!

„Anscheinend war ich nicht schlecht, oder?“, grinste Seifer dann und der Brünette verdrehte genervt die Augen. War ja klar, dass der andere sich einen solchen spitzen Kommentar nicht verkneifen konnte.

„Halt die Klappe!“, fauchte Squall ärgerlich. Musste Seifer ihn noch mehr demütigen?

Sanft strich der Ältere im dann ein paar Haarsträhnen aus der Stirn und beugte sich dann zu ihm herab, um seine Kieferlinie entlang zu küssen.

„Ich hab mir Sorgen gemacht.“, gestand dieser dann leise und mit ernster Stimme.

Eigentümlicherweise überkam Squall bei diesen Worten eine Gänsehaut und er legte eine Hand an die Seite des Blonden, um ihn dort zu streicheln. Dankbar dafür, dass Seifer ihn nicht noch weiter in Bedrängnis brachte, schloss der Brünette die Augen und schmiegte sich enger an den anderen, während er die zärtlichen Küsse des Älteren genoss. Leise wisperte er den Namen des Blonden und strich ihm liebevoll über den Kopf.

Die Geborgenheit gebende Atmosphäre um sie herum zerplatzte wie eine Seifenblase, als plötzlich Seifers Handy klingelte. Seufzend löste dieser sich von Squall und murrte leise, während er nach dem kleinen Gerät auf dem Nachtischschränkchen angelte. Der Braunhaarige schlang einen Arm um die Körpermitte des Älteren, als dieser sich aufsetzte. Nur vage lauschte er den Worten des Blonden, vielmehr konzentrierte er sich darauf, die Röte aus seinen Wangen zu vertreiben.

„Ich muss zum Direktor.“, seufzte Seifer als er das Gespräch beendet hatte und das Handy beiseite legte. Sein Blick fiel auf Squall, welcher zu ihm hinaufsah.

„Weshalb?“

„Ich weiß nicht. Er will mich sehen.“ Der Blonde zuckte mit den Achseln und sah den anderen entschuldigend an. Der Brünette nickte nur leicht und wollte sich ebenfalls aufsetzen. Bei dem Versuch durchzuckte ihn ein beißender Schmerz in seinem Unterleib und er hielt keuchend in der Bewegung inne.

„Nicht so hastig.“, grinste der Ältere, der ihn festhielt und ihn mit sanfter Gewalt dazu zwang, sich wieder hinzulegen. Squall brummte etwas Unverständliches und folgte dem stummen Befehl widerstandslos. Richtig, es war sein erstes Mal in dieser Position gewesen. Vermutlich würde er wohl den heutigen Tag noch genug Spaß mit leichten Schmerzen haben.

„Bleib besser liegen. Ich komm später wieder.“ Mit diesen Worten wollte Seifer aufstehen, doch Squall ihn am Handgelenk zurück. Ruckartig zog er ihn zu sich und legte die Hand an seinen Hinterkopf. Zärtlich presste er seine Stirn an die des Blonden und schloss die Augen. Er konnte den heißen Atem des Älteren auf seinem Gesicht spüren, der sanft über seine Wangen streichelte. Vorsichtig legte er nach einiger Zeit die Lippen auf die Seifers und küsste ihn sanft, ehe er ihn losließ. Noch einmal sah er in die strahlenden grünen Iriden des anderen, ehe dieser im Bad verschwand.
 

Wider jeglichen Anweisungen Seifers war der Brünette später doch noch ins Büro gegangen. Zwar schmerzte sein Unterleib noch immer etwas, doch mit der Zeit schwand der Schmerz langsam. Seitdem Seifer heute Morgen schon früh gegangen war, um den Direktor aufzusuchen, hatte der Brünette ihn nicht mehr gesehen.

Kaum gönnte der Schülersprecher sich am Mittag eine kurze Pause, da vernahm er ein Klopfen an der Tür. Bevor er denjenigen hereinbitten konnte, wurde die Tür geöffnet und ein blonder, junger Mann betrat den Raum. Überrascht hob Squall beide Augenbrauen und wartete, bis Seifer die Tür hinter sich wieder geschlossen hatte. Mit geschmeidigen Bewegungen schritt der Blonde auf seinen Schreibtisch zu und stützte sich mit den Armen darauf ab.

„Habe ich dir nicht gesagt, du sollst liegen bleiben?“, tadelte er den Brünetten.

„Weißt du, ich bin genauso ein Sturkopf wie du.“, konterte dieser nur unberührt und lehnte sich mit den Armen auf die Tischkante, wobei er Seifer nicht aus den Augen ließ.

„Manchmal bin ich der Überzeugung, dass du noch dickköpfiger bist, als ich.“, entgegnete Seifer grinsend und musterte den Jüngeren einen Augenblick. Zur Antwort schnaubte Squall nur und lehnte sich nun wieder in seinem Stuhl zurück.

„Und? Was wollte Cid von dir?“, wechselte er rasch das Thema und legte den Kopf leicht schief. Seifer schien auf diese Frage gewartet zu haben, denn er seufzte nur leise.

„Es geht um eine Mission.“, begann er ruhig.

„Eine Mission?“, wiederholte Squall und hob eine Augenbraue.

„Ja. In Galbadia gibt es Aufruhen und sie brauchen SeeDs, die dort für Ordnung sorgen. Cid will mich mit ein paar anderen als Delegation dorthin schicken.“

Eigentlich hätte Squall sich wohl freuen sollen, dass der Direktor seinem Freund eine so wichtige Aufgabe zuteilte und ihm somit das nötige Vertrauen entgegen brachte, dass Seifer sich schon immer gewünscht hatte, doch eigentümlicherweise empfand Squall in diesem Moment nichts weiter als leichte Bedrückung. Er wollte den Blonden jetzt noch nicht gehen lassen und hier allein zurückbleiben, während ihm noch immer ein Gespräch mit Rinoa bevorstand.

Seifer, der ein wenig unsicher ob des Schweigens des Jüngeren schien, räusperte sich leicht und stellte sich nun aufrecht hin. Der Brünette erwachte aus seiner Starre und er sah zu dem anderen auf, zwang sich zu einem kleinen Lächeln.

„Ich bin mir sicher, du bist dafür sehr gut geeignet. Das ist doch eine Kleinigkeit für dich, oder?“ Krampfhaft versuchte der Braunhaarige zu kaschieren, dass er sich zu diesen Worten vielmehr durchrang, als dass sie ehrlich von Herzen kamen. Er traute Seifer diesen Job durchaus zu, doch Squall konnte in diesem Moment nicht leugnen, dass es ihm missfiel, Seifer ausgerechnet jetzt gehen zu lassen.

„In ein paar Tagen werde ich wieder zurück sein.“, wich der Blonde seiner eher rhetorischen Frage aus und atmete einmal tief durch.

„Wann musst du gehen?“, fragte Squall in der Hoffnung, den heutigen Abend noch in Seifers Gesellschaft verbringen zu dürfen.

„Ich habe meine Sachen bereits gepackt. In einer halben Stunde brechen wir auf.“

Leicht nickte der Brünette und er spürte, wie sich ein Kloß in seinem Hals zu bilden drohte.

„Also… man sieht sich, Kleiner.“, sagte Seifer nach einigen Sekunden des Schweigens und wandte sich um. Sofort hob Squall den Blick.

„Seifer, warte!“, Ruckartig sprang er auf und um ein Haar wäre sein Stuhl umgefallen. Hastig ging er um den Schreibtisch herum und dann auf den Blonden zu. Verwirrt hielt er inne, als der Ältere sich plötzlich zu ihm umdrehte und ihn am Handgelenk packte. Mit einem Ruck wurde er zu Seifer gezogen und er spürte keine zwei Sekunden später die warme Stirn des anderen an seiner. Leise seufzend schloss Squall die Augen und krallte eine Hand in den Stoff des Hemdes an Seifers Oberarm. Zärtlich streichelte eine Hand durch seine haselnussbraunen Haare, ehe Seifer sich nach knapp einer Minute wieder löste.

„Unkraut vergeht nicht, vergiss das nie.“, ließ Seifer mit einem beinahe arroganten Grinsen flüsternd verlauten und verließ dann ohne ein weiteres Wort den Raum. Der Brünette sah ihm nach und blickte dann zum Fenster hinaus. Wie gerne hätte er Seifer’s Worten Glauben geschenkt? Sich eingeredet, dass der Blonde zweifellos zurückkehren würde? Oh, die Versuchung war süß, doch sein rationaler Verstand verbot es ihm, sich solchen Illusionen, Tagträumereien hinzugeben.
 

Es war der dritte Abend, den Squall ohne Seifer verbrachte. Bisher hatte er keine Neuigkeiten aus Galbadia erfahren und er fragte sich, ob alles dort in Ordnung war. Er hegte keine Zweifel an Seifers Können, doch gewisse Sorgen machte er sich schon.

Mit den Unterlagen unter dem Arm verließ er gegen 19h sein Büro und schlenderte in Gedanken versunken den Gang entlang. Er konnte nicht sagen, wie viel Zeit er in den letzten Tagen damit verbracht hatte, Worte zu finden, mit denen er Rinoa bei ihrer Rückkehr die Wahrheit erklären konnte, ohne sie dabei zu sehr zu verletzen.

Beinahe wäre der Schülersprecher mit jemandem zusammen gestoßen, hätte eine Stimme ihn nicht aus den Gedanken gerissen. Als er blinzelte, erkannte er Irvine und Selphie vor sich, die ihn beide angrinsten.

„Hey Tagträumer! Du solltest deine Augen aufmachen, wenn du durch die Gänge wanderst.“, lachte der Cowboy und Squall kam sich seltsam getadelt vor. Er brummte nur etwas Unverständliches, ehe Selphie das Wort ergriff.

„Ich nehme an, du bist auf dem Weg zu Rinoa, richtig? Würdest du ihr ausrichten, dass sie morgen um 11h zu mir kommen soll? Das mit dem Shopping geht klar, Irvine hat sich bereit erklärt, mit uns zu fahren.“ Ungeniert kicherte sie und drückte ihrem Liebsten einen Kuss auf die Wange. Mit einer Mischung aus Sehnsucht und Scham beobachtete Squall die Szene. Dann wurde ihm allerdings erst der Sinn von Selphies Worten bewusst. Also war Rinoa zurück!? Squall schluckte sein Unbehagen hinunter und nickte hastig.

„Ich werd’s ihr sagen. Entschuldigt mich nun bitte.“ Er drängte sich an ihnen vorbei und schritt weiter den Gang entlang, während er hinter sich nur ein lang gezogenes ‚Danke’ von Selphie vernahm.

Ohne Umwege suchte er das Zimmer der Schwarzhaarigen auf und blieb vor der Tür stehen. Tief atmete er durch und schloss für einen Moment die Augen. Jetzt hatte also die Stunde der Wahrheit für ihn geschlagen.

Zögerlich hob er die Hand und klopfte an die Tür.

Bittersweet Truth

Chapter Eighteen - „Bittersweet Truth“
 

Qualvolle Sekunden vergingen, bis die Tür endlich geöffnet wurde und Squall konnte nicht verhindern, dass er reflexartig die Luft anhielt, als er in zwei rehbraune Augen sah. Sein Mund öffnete sich einen Spalt, doch seine Stimme versagte ihm den Dienst.

„Hi.“, kam es leise von der schwarzhaarigen Frau, die selber nur ein unsicheres Lächeln zustande brachte. Squall schluckte den Kloß in seinem Hals hinunter und räusperte sich leise.

„Hallo Rinoa.“, begann er und atmete holpernd weiter. Deutlich konnte er die Anspannung zwischen ihnen merken, die ihn zerreißen wollte.

„Woher weißt du, dass ich wieder hier bin? Vor erst einer Stunde bin ich angekommen und wollte dir eigentlich gleich Bescheid sagen.“ Ohne eine Aufforderung trat sie beiseite und gewährte dem Brünetten Einlass, der diesen mit einem Nicken annahm. Das Klicken, als die Tür ins Schloss fiel, klang für Squall viel zu laut und symbolisierte das endgültige Abschließen der Vergangenheit. Nun musste er mit der Sprache rausrücken und Rinoa alles offenbaren.

„Nun… Selphie und Irvine sind mir über den Weg gelaufen. Ich soll dir von ihr ausrichten, dass du sie morgen um 11h treffen sollst.“, erklärte er und beobachtete die junge Frau, die aus einer Reisetasche Klamotten nahm und diese aussortierte.

„Ach so. Danke.“ Sie sah ihn an und lächelte dankbar. Squall senkte verlegen den Blick. Musste sie ihn anlächeln? Das erschwerte einiges für ihn und machte ihn fertig.

„Rinoa, ich…“

„Ich habe während der Zeit bei Edea nachgedacht, Squall.“, unterbrach sie ihn mit ernster Stimme und ließ sich auf das Bett nieder, auf dem auch die Reisetasche stand. Squall vernahm ein leises Seufzen, was ihn dazu veranlasste, den Blick wieder zu heben und ihn auf Rinoa zu richten.

„Es war wirklich kindisch, wie wir uns verhalten haben, nicht wahr?“, meinte sie mit einem leicht melancholischen Lächeln und Squall spürte einen Stich in seinem Herzen. Sie war wirklich so liebenswert, dass der Brünette sich beinahe wünschte, er könnte seine Gefühle kontrollieren, nur um Rinoa als Dank für alles zu lieben. Mühsam riss er sich jedoch zusammen und versuchte einen klaren Kopf zu behalten.

Rinoa wollte gerade fortfahren, als Squall ihr zuvorkam.

„Hör zu, Rinoa. Ich will nicht lange um den heißen Brei reden. Nicht nur du hast nachgedacht. Glaub mir, ich habe wirklich lange gebraucht, um zu einer Entscheidung zu kommen.“ Nervosität überkam den Braunhaarigen und er fühlte ein unangenehmes Ziehen in seinem Magen. Er konnte nicht im Geringsten sagen, wie Rinoa auf seine nächsten Worte reagieren würde. War er doch sonst immer ein Meister darin, das Verhalten anderer Menschen vorauszusagen, so war er in diesem Fall so ratlos wie noch nie. Tief atmete er durch und sah Rinoa dann fest in die Augen.

„Rinoa, ich… ich möchte unsere Beziehung beenden.“

Sekunden des Unwissens vergingen, in denen keiner der beiden auch nur ein Wort sagte. Squall biss sich auf die Unterlippe und verkrampfte sich unter der drückenden Anspannung, die in der Luft zwischen ihnen hing. Verzweifelt suchte er in den Augen der Schwarzhaarigen nach einer Reaktion auf seine Worte, doch lange Strähnen ihres Haares verdeckten sie. Squalls Kehle wurde ganz trocken und er musste schwer schlucken. Er hatte ihr nie wehtun wollen und doch hatte er dies in letzter Zeit viel zu oft getan.

„Es tut mir Leid, Rinoa.“, flüsterte er mit leicht erstickter Stimme. Er hätte nie gedacht, dass es ihm so schwer fallen würde, ihr das zu sagen. Es wäre wohl halb so schlimm gewesen, wenn Rinoa einfach wütend geworden wäre, wenn sie getobt und ihm eine schallende Ohrfeige verpasst hätte, wenn sie nicht die Schuld ihres Streites auf sich genommen hätte, obgleich sie nicht mal den Funken von Schuld daran getragen hatte. Squall wäre es lieber gewesen, wenn Rinoa ihn angeschrieen hätte. Dann hätte er zumindest seine Strafe für sein ungerechtes Verhalten erhalten, doch dass Rinoa die Entscheidung wortlos hinnahm, sie sogar einfach ohne Weiteres zu akzeptieren schien, zeigte ihm nur umso deutlicher, welch Charakterstärke sie besaß.

„Wieso Squall?“, hörte er sie dann leise fragen und er wäre beinahe zusammengezuckt. „Ist es wegen unserer Differenzen in der letzten Zeit?“

Überrascht blickte der Braunhaarige auf und schüttelte leicht den Kopf.

„Nein, wegen solcher… Kleinigkeiten würde ich unsere Beziehung nicht beenden.“, entgegnete Squall leise. „Es gibt da einen anderen Menschen in meinem Leben, den ich liebe. Den ich wirklich von Herzen liebe.“ Er hielt inne und schloss für einen kurzen Moment die Augen. „Es ist nicht so, dass ich nie etwas für dich empfunden habe, Himmel nein. Ich liebe dich, Rinoa. Aber ich liebe dich wie eine Schwester. Ich war ein Narr, diese Art von Liebe mit der… - wie soll ich sagen? – mit der wahren Liebe zu verwechseln. Ich wollte dir nie wehtun, das lag nie in meiner Absicht. Bitte glaub mir das, Rinoa.“

Wieder herrschte einige Sekunden betretenes Schweigen, in denen Squall die junge Frau entschuldigend betrachtete.

„Es ist Seifer, nicht wahr?“ Die Augenbrauen des Brünetten schossen in die Höhe und er blickte Rinoa entsetzt an. Er brauchte wenige Sekunden, bis er einen Ton über seine Lippen bekam.

„Aber…“

„Überrascht dich diese Vermutung? Ach Squall, es war offensichtlich.“ Das traurige Lächeln auf ihren Lippen brach ihm beinahe das Herz. Schuldbewusst senkte er den Blick.

„Ich wollte es nicht wahr haben. Mein Benehmen dir gegenüber war wirklich nicht fair.“

„Es ist schon Okay. Es muss schwer gewesen sein, zu akzeptieren, dass du Seifer liebst.“, meinte sie leise und stand auf. „Mit uns wäre es vermutlich eh nicht ewig gut gegangen.“ Der traurige Unterton in der ihrer Stimme strafte ihrem vorgetäuschten Grinsen Lüge.

„Rinoa…“

„Werde mit ihm glücklich.“, ließ sie leise verlauten und fasste dabei ganz sanft die Hände des Brünetten. Squall sah hinab, betrachtete für einen Augenblick ihre Hände und sah ihr dann wieder in die Augen. Instinktiv löste er eine Hand und wollte der Schwarzhaarigen sanft über die Wange streichen, doch die junge Frau zuckte zurück und schob seine Hand zur Seite, bevor er sie berühren konnte.

„Geh jetzt bitte, Squall.“, bat Rinoa ihn mit belegter Stimme und wandte sich schnell von ihm ab. Trotzdem entgingen Squall nicht die Tränen in ihren Augenwinkeln. Taktvoll kam er der Bitte nach und verließ schweigend das Zimmer.
 

Noch lange lag der Braunhaarige auf dem Bett seines eigenen Zimmers und dachte über das Gespräch mit seiner Ex-Freundin nach. Immer wieder sah er sie mit Tränen in den Augen vor sich und er seufzte leise auf. Einerseits war er erleichtert, endlich mit ihr gesprochen zu haben, doch gleichzeitig kam er sich wie ein Verräter vor. Dennoch war ihm eins klar: Er bereute es nicht, mit ihr Schluss gemacht zu haben, denn ihm war bewusst, dass er diesmal auf sein Herz gehört hatte, anstatt auf seinen Verstand. Sein Herz gehörte dem Blonden. Er wollte und würde Rinoa nichts vorspielen, denn das wollte er weder sich, noch Rinoa antun. Es wäre nicht fair ihr gegenüber. Da war er lieber erbarmungslos ehrlich, als sie zu belügen.

Squall schloss die Augen und versuchte die trüben Gedanken fürs Erste beiseite zu schieben. Stattdessen dachte er an Seifer und fragte sich, wie es ihm gerade erging…
 

Es war erstaunlich, dass der ganze Garden nach nicht einmal vollen zwei Tagen über ihre Trennung Bescheid wusste. Überall wo Squall hinging wurden ihm Blicke zugeworfen und leises Getuschel war zu vernehmen. Nicht selten vernahm er dabei Rinoas oder seinen Namen. Es nervte ihn, dass sie alle über ihn Gerüchte verbreiteten und über ihn sprachen, obgleich er gedacht hatte, nach all den Jahren hätte er sich an diesen Umstand gewöhnt. Schlimmer als diese Tatsache war jedoch der Ansturm von jungen Mädchen – manchmal sogar auch Jungs – die ihre Chance sahen, sein Herz zu erobern. Ungeniert lächelten sie ihn an, gingen unnötig dicht an ihm vorbei und versuchten stotternd ein Gespräch anzufangen, welches er jedoch schnell beendete, indem er sie nicht immer freundlich abwies.

Jedes Mal wurde ihm übel, wenn er jemanden sah, der ihn gar auffällig beobachtete und ihn schüchtern anlächelte, sobald er denjenigen ertappte. Konnten sie nicht verstehen, dass er nach einer Trennung erstmal seine Ruhe haben wollte? Dass er andere Probleme hatte, als sich gleich wieder Hals über Kopf in eine Beziehung zu stürzen? Mal ganz davon abgesehen, dass er bereits jemandem sein Herz geschenkt hatte!

Rinoa hatte er in den letzten Tagen kaum gesehen. Lediglich auf dem Gang waren sie sich über den Weg gelaufen und selbst dann hatten sie kaum miteinander gesprochen. Squall wusste innerlich, dass sie bittere Tränen vergossen hatte, nachdem er vorgestern gegangen war. Dennoch gab sie sich stark und beherrscht, als hätte sie die Trennung schon lange geahnt.

Squall strich sich fahrig durch das wirre Haar, nachdem er den vorletzten Stapel Akten für heute erledigt hatte. Seine Hand griff zu seiner Tasse mit Kaffee und er trank einen Schluck. Die schwarze Flüssigkeit war leicht bitter, doch sie spiegelte in gewisser Weise die Realität wieder, mit der Squall sich zurzeit deutlicher denn je auseinandersetzen musste. Gedankenverloren blickte er einige Zeit in die Tasse, beobachtete, wie der Kaffee das Licht der Deckenlampe in einem wilden Spiel reflektierte, als ein Klingeln ihn hochschrecken ließ. Blinzelnd sah er zu seinem Handy, stellte die Tasse beiseite und nahm den Anruf anschließend entgegen.

„Squall, komm bitte auf die Krankenstation.“, meldete sich ein aufgeregter Cid am anderen Ende der Leitung. Irritiert zog Squall die Augenbrauen zusammen.

„Was ist denn los?“, erkundigte er sich und ein ungutes Gefühl beschlich ihn.

„Es geht um Seifer. Er ist zurück, allerdings ist er schwer verwundet.“

Die Worte luden Squall eine beinahe unerträgliche Last auf die Schultern auf und sein Herz schien stehen zu bleiben. Eine Eiseskälte ergriff ihn und er fühlte, wie eine ungeahnt heftige Angst jedes andere Gefühl verdrängte…

______________________________________________________________________
 

An dieser Stelle möchte ich mich einmal ganz herzlich für die lieben Kommis bedanken, die ihr mir bisher hinterlassen habt. ^^ Sie freuen mich wirklich sehr, also VIELEN DANK!

Ich hoffe, dass euch die FF weiterhin gefallen wird, auch wenn sie sich langsam aber sicher ihrem Ende zuneigt. ^____^
 

Liebe Grüße,

Nariko =^.^=

Like Comatose

Chapter Nineteen - „Like Comatose“
 

Ungeachtet der verständnislosen Blicke der Anwärter, die ihm hinterher blickten, rannte Squall hektisch und zitternd die Gänge entlang. Selbst als er mit einem jungen Mann zusammen prallte und er beinahe gestürzt wäre, entschuldigte er sich nur mit sich überschlagender Stimme, während seine Füße ihn schon weiter Richtung Krankenstation trugen. Sein Herz raste. Seine Atmung ging unkontrolliert hektisch. Seine Beine wollten aufgrund des Zitterns rebellieren.

Trotz allem rannte er weiter und blieb erst außer Atem vor der Tür seines Ziels stehen. Er genehmigte sich nicht einmal, Luft zu holen, bevor er den Knopf betätigte, der die automatischen Türen öffnete. Drei Paar Augen richteten sich sofort auf ihn, doch sein eigenes Paar heftete sich sogleich auf den jungen Mann, der auf dem Bett lag, und sein Herz schien sich zu verkrampfen.

Blut zeichnete die linke Seite von Seifers Bauch und begann, an den Seiten schon zu gerinnen. Die ganze Kleidung des Blonden war blutbesprenkelt und dreckig. Für Squalls Geschmack war dort viel zu viel der roten Lebensflüssigkeit.

Sein Blick wanderte hoch und er hielt die Luft an, als er das Gesicht des Blonden sah. Es war aschfahl und schmerzverzerrt. Eine Atemmaske war über seine Nase und seinem Mund angebracht, die verhinderte, dass Seifer keine Luft bekam.

Squalls Kehle war trocken und die Angst schnürte ihm den Hals zu. Kein Wort drang über seine Lippen, als er wie in Trance seinen Freund anstarrte. Erst eine Hand an seinem Oberarm riss ihn aus dieser und er blickte erschrocken auf. Seine angstvollen Augen richteten sich auf den Direktor, der auf ihn zugekommen war.

„Squall… setz dich.“, bat der ältere Mann, doch der Braunhaarige weigerte sich kopfschüttelnd.

„Nein…“, krächzte er mit brüchiger Stimme und wollte sich aus dem Griff des Direktors befreien, der ihn nun an beiden Armen festhielt. „Lass mich ihn sehen… lass mich zu ihm!“, verlangte er mit sich überschlagender Stimme, doch Cid packte ihn sanft, aber bestimmt im Nacken, und zwang ihn, den Blick von Seifer abzuwenden.

„Hör mir doch zu, mein Junge.“ Cid klang nun ernster und Squall sah dem Mann widerwillig in die Augen. Er spürte, wie die Hand kurz durch seine Haare streichelte und sich dann an die Seite seines Halses legte, um ihn dort leicht zu tätscheln. Der Braunhaarige wusste tief in seinem Inneren, dass Cid ihn nur beruhigen wollte, doch Squall würde im Moment keine Ruhe finden können.

„Kadowaki und ihr Assistent werden sich erstmal um die Verletzung kümmern und sie so gut es geht behandeln. Danach kannst du zu ihm. Beruhig dich doch, Squall.“ Die Stimme Cids klang in seinen Ohren zwar sanft, doch er wusste, dass der Direktor ebenso nervös war, wie er selber. Cid war immer wie ein Vater für Squall gewesen und in diesem Augenblick spürte Squall es mehr denn je.

Kurz blickte der Brünette auf, direkt zu Seifer. Die beiden anderen Augenpaare, die er eben bemerkt hatte, gehörten Kadowaki und ihrem Assistenten, die mit diversen Instrumenten an Seifers Wunde zu Gange waren. Kaum konnte Squall einen Blick auf das blasse Gesicht seines Freundes erhaschen, als Kadowaki einen Schritt zur Seite ging, da zwang Cids Griff ihn auch schon wieder, wegzusehen. Squall spürte, wie seine Lippen bebten und sein heißer Atem entwich unregelmäßig durch seinen leicht geöffneten Mund. Hastig leckte er sich über seine trockenen Lippen, ehe er zum Sprechen ansetzte.

„Wird er…?“ Seine Stimme brach und er wagte es nicht, diesen Satz zu Ende zu bringen. Angst war in seinen Augen zu sehen. Selbst das Streicheln an seinem Hals schien sie nicht mildern zu können.

„Ich weiß es nicht… Kadowaki sagt, dass die Wunde tief sei. Die Chancen stehen ihrer Meinung nach 50:50.“, erklärte Cid betroffen und senkte den Blick. Squall keuchte ob dieser Neuigkeit und eine neue, heftige Welle der Panik drohte ihn zu übermannen, die ihm halbwegs die Tränen in die Augen trieb. Sein Magen wollte rebellieren und seine Brust war wie zugeschnürt. Das Atmen fiel ihm schwer und sein Blick wirkte lethargisch. Erinnerungen an Seifer und ihre gemeinsamen Momente durchzuckten ihn und Squall schloss für einen Moment die Augen, wollte seine Tränen nicht in die Freiheit entlassen. Seine zu Fäusten geballten Hände zitterten unaufhörlich, während er sein Blut in den Ohren rauschen hören konnte. Das monotone Piepen der Geräte im Raum brachte ihn beinahe um den Verstand.

Nur vage hörte er die Stimme des Direktors, doch er verstand die Worte nicht. Kopfschüttelnd machte er einige Schritte zurück, wandte sich um und verließ hektisch die Krankenstation, während er einen völlig überforderten Direktor zurück ließ.
 

Kaum war er auf den Gang getreten, erblickte er eine junge Frau vor sich, die betroffen inne hielt, als sie ihn erblickte. Squall blieb ebenfalls stehen und er starrte mit einer Mischung aus Verzweiflung und Angst in die Augen der Person.

„Es tut mir Leid…“, murmelte Quistis, die nach einigen Sekunden als erste ihre Stimme wieder fand. Mitleidig senkte sie den Blick und wagte es nicht, Squall in die Augen zu sehen. Es war nicht die Geste und auch nicht ihre Anwesenheit, die eine unbändige Wut in ihm hervorriefen. Es waren ihre Worte. Zorn blitzte in seinen Augen auf.

„Noch ist er nicht tot!!“, herrschte er sie mit lauter Stimme an, in der das Zittern jedoch nicht zu überhören war. Ohne ein weiteres Wort rannte er an ihr vorbei, direkt zum Ausgang des Gardens.
 

Er wusste selber nicht, warum er das tat. Vielleicht war es die Verzweiflung und die stetig wachsende Furcht, Seifer zu verlieren, die ihn dazu trieb. Oder vielleicht war es die Hilflosigkeit. So sehr er es auch wollte, so sehr er es sich wünschte, konnte er doch rein gar nichts tun, um Seifer zu helfen. Er war unfähig, etwas zu unternehmen, dass dem anderen das Leben retten könnte. Wut brannte in ihm angesichts der Tatsachen auf. Wut auf sich selber, auf die eigene Unfähigkeit, einem geliebten Menschen zu helfen.

Hastig wischte er sich mit dem rechten Ärmel über das Gesicht, bevor sein rechter Fuß das Gaspedal weiter durch drückte. Erst als er in Balamb ankam, verringerte er die Geschwindigkeit, um nicht auch noch andere womöglich fahrlässig zu verletzen.

Sein Weg führte ihn zu einer Kirche, nachdem er das Auto geparkt hatte. Jeder wusste, dass er bekennender Atheist war, doch in diesem Augenblick der eigenen Hilflosigkeit überkam ihm eigentümlicherweise das Verlangen, eine höhere Instanz um Beistand zu bitten.

Squall konnte nicht sagen, was der wahre Grund war, warum er sich ausgerechnet nun mit übernatürlichen Dingen beschäftigte, die er jahrelang verurteilt hatte, weil sie rational einfach nicht zu erfassen und zu erklären waren. Die Immanenz war sein Fachgebiet, doch die Transzendenz überstieg sein Verständnis bei weitem.

Laut hallten seine Schritte von den Wänden wieder, als er das heilige Gebäude betrat und in Richtung Altar schritt. Seine Züge wirkten wütend und gleichzeitig verletzt, verzweifelnd und angstvoll. Er breitete die Arme aus und blickte zu dem großen Kreuz über dem Altar.

„Okay Gott, was verdammt willst Du von mir?“, verlangte er lautstark zu erfahren.

„Ist es Deine persönliche Strafe für mich, weil ich Dich immer verleugnet habe? Gibt es denn nicht genug andere Menschen, die Dich ebenfalls verurteilen?“, klagte er Gott an und er schlug mit einer Faust auf eine der Sitzbänke.

„Das ist nicht fair!“

Er stockte und das Bild von Seifer, wie er blutüberströmt auf dem Bett lag, erschien vor seinem inneren Auge.

„Verdammt… wieso? Wieso willst Du mir das nehmen, was mir am Wichtigsten ist?“ Squall verstand nicht, warum ausgerechnet er nun kurz davor stand, den für ihn wichtigsten Menschen auf der Welt zu verlieren, nach all dem, was er in den letzten Wochen durchgemacht hatte. Reichte das denn nicht?

„Du bist gar nicht so gnädig und barmherzig, wie sie alle predigen, nicht wahr? Nein, das bist Du nicht. Warum sonst würdest Du einen armen Narren wie mich so quälen? Macht es Dir Spaß? Gib es zu, wir sind nur die Schachfiguren in Deinem großen Spiel und wer für den Sieg geopfert werden muss, wird entsorgt, hab ich Recht?“, donnerte er weiter und hörte das Echo seiner Stimme im Raum. Wütend schritt er einige Schritte durch den Mittelgang des Hauptschiffes der Kirche.

„Ich habe nie an Dich geglaubt und ich denke, der Grund dürfte klar sein. Du trägst doch selber die Schuld daran, wenn Du so viel Leid geschehen lässt. Erfreut es Dich so sehr, Dich an unserem Leid und Elend zu ergötzen? Ist das Deine wahre Natur?“

Squall wollte erneut auf das Holz einer Sitzbank einschlagen, doch er hielt sich krampfhaft zurück. Stattdessen atmete er nur zitternd ein und schluckte schwer.

„Barmherzigkeit, Gnade, Liebe, Verständnis, Beistand, Wohlwollen; wo sind verdammt noch mal all diese Eigenschaften, die man DIR zuschreibt, he? Wo sind sie? Ich spüre rein gar nichts davon!“, warf er Gott vor und konnte dann ein leises Schluchzen nicht unterdrücken, während sich Tränen einen Weg über seine Wangen suchten. Seine Schultern bebten, als er versuchte es zu unterdrücken und Squall senkte den Blick, sodass lange, braune Haarsträhnen seine Augen verdeckten.

„Nimm mir Seifer nicht weg…“, bat er mit zittriger Stimme, die nun nicht mehr als ein Flüstern war.

„Wenn es Dich wirklich gibt, dann ist Hier und Jetzt Deine Chance, mich davon zu überzeugen. Beweise mir, dass Du Gnade mit einem Narren wie mir hast.“

Bad Weeds Grow Tall

Chapter Twenty - „Bad weeds grow tall“
 

Stumm betrachtete Squall das mittlerweile entspannte Gesicht des Blonden. Beinahe die ganze Nacht hatte er neben Seifer gewacht, nachdem er aus Balamb zurückgekehrt war und Kadowaki ihm die Erlaubnis erteilt hatte, sich dem Blonden zu nähern. Die Wunde war fachmännisch verarztet und genäht worden. Später würde wohl eine nicht unbedingt schöne Narbe an diese Verletzung erinnern, falls… ja, falls Seifer es überleben würde.

Geistesabwesend strich Squall mit dem Daumen über die Schulter des Blonden, auf die seine Hand ruhte. Zu seiner Erleichterung hatte Cid sich nicht danach erkundigt, wo er gewesen war. Verständnisvoll hatte dieser ihm kurz über den Rücken gestrichen, ehe er sich taktvoll zurückgezogen und Squall mit Seifer allein gelassen hatte. Außer Kadowaki, die von Zeit zu Zeit kam, um den Zustand des Blonden zu überprüfen, betrat niemand den Raum.

Dankbar hatte der Brünette am Morgen eine Tasse Tee von der Ärztin entgegen genommen, die ihm einen mitleidigen und gleichzeitig aufmunternden Blick zugeworfen hatte. Kurz hatten Squalls Mundwinkel gezuckt, ehe er an dem heißen Getränk genippt und sich wieder Seifer zugewendet hatte.

Die Wärme des Tees milderte seine Angst eigentümlicherweise ein wenig, was den Brünetten einmal tief durchatmen ließ. Mittlerweile kam es ihm beinahe schon lächerlich vor, dass er gestern in einer Kirche war und Gott angeklagt hatte und wären die Umstände nicht todernst, dann hätte er wohl laut darüber gelacht. Er war in jeder Hinsicht ein Narr.

„Wach auf, Seifer…“, wisperte er nach langer Zeit des Wartens in das Ohr des Blonden, als er wieder mit ihm allein war. Er konnte nicht sagen, ob er wirklich geglaubt hatte, Seifer würde ihn hören und die Augen aufschlagen, doch seltsamerweise überkam ihm eine ungeahnte Enttäuschung, als eben dies nicht geschah. Weiterhin lag der Blonde nur reglos auf dem Bett, die Atemmaske über Nase und Mund, während seine Atmung ruhig und gleichmäßig ging, als würde er nur schlafen.

Wie gerne hätte Squall sich dieser Vorstellung hingegeben und geglaubt, in wenigen Stunden würde Seifer einfach aufwachen, ausgiebig gähnen und sich über ihn lustig machen, dass er so naiv gewesen war zu glauben, der Blonde wäre dem Tode nah gewesen. Oh welch bittersüßer Versuch der Wahrheit zu entfliehen und sich in ein Honig überzogenes Happy End zu flüchten, dass einer Utopie angesichts der Umstände glich.
 

Leise erhob sich der Brünette nach langer Zeit und warf einen letzten Blick auf Seifer, ehe er den Raum verließ. Auch wenn er lieber bei dem Blonden geblieben wäre, so sehnte er sich doch nach einer Dusche, die den Schweiß und die verblassten Tränenspuren auf seinen Wangen endgültig fortspülen würde.

Auf dem Weg zu seinem Zimmer kam ihm Rinoa entgegen und abrupt hielt er inne, als er sie sah. Zum ersten Mal nach langer Zeit hatte er das Gefühl, dass sie sich nicht nur als Ex-Paar gegenüber standen, sondern auch als Freunde. Beschämt ob seines emotionalen Zustandes, senkte er den Blick und suchte nach Worten. Zu seiner Erleichterung kam die junge Frau ihm zuvor.

„Ich habe gehört, was geschehen ist.“ Squall konnte deutlich die Bedrückung in ihrer Stimme wahrnehmen. Er hörte Schritte und als er aufsah, stand sie mit traurigen Augen vor ihm. Unerwartet packte sie seine Hände.

„Hab Zuversicht, er ist stark. Stärker als wir es vielleicht ahnen.“, versuchte sie ihm gut zuzureden. Squall seufzte nur.

„Aber er ist auch nur ein Mensch, Rinoa.“, entgegnete er ein wenig zu resigniert, als hätte er sich längst damit abgefunden, dass Seifer sterben würde.

„Glaube an ihn. Er wird es schaffen.“, sagte sie nur und Squall meinte, kleine Tränen in ihren Augenwinkeln zu sehen. Er hatte ganz vergessen, dass Seifer und sie auch eine gemeinsame Vergangenheit hatten. Schwer schluckte er, bevor er nickte.

„Du bist wirklich ein Engel, Rinoa. Dich hat jemand ganz Besonderes verdient.“

„Du bist besonders, Squall.“, konterte sie mit einem leichten Lächeln und Squall fühlte sich mit einem Mal ziemlich verlegen. Nach all dem, was geschehen war, schien sie ihn noch immer zu lieben. Dabei hatte er sich wie der größte Idiot benommen.

„Es tut mir ehrlich Leid, was zwischen uns geschehen ist. Du hast es nicht verdient, so behandelt zu werden. Ich wünsche dir wirklich, dass du jemanden findest, der dich aufrichtig liebt und der besser zu dir ist, als ich es war.“ Ohne Vorwarnung hob er eine von Rinoas Händen und gab ihr einen Kuss auf den Handrücken. Danach sah er sie an und bemerkte die Röte auf ihren Wangen.

„Ich danke dir für alles.“, ließ er leise verlauten. „Und ich hoffe, wir können trotz allem so etwas wie Freundes bleiben.“

Das zustimmende Nicken der Schwarzhaarigen nahm eine weitere Last von seinen Schultern und er brachte ein zögerliches Lächeln zustande, ehe er an Rinoa vorbei ging.

„Squall!“

Ruckartig blieb er stehen und wandte sich noch einmal um.

„Falls du reden willst, über Seifer oder sonst was… also…“, stammelte sie und knetete ihre Finger ineinander, während sie es kaum wagte, ihn anzusehen. Der Brünette verstand jedoch und lächelte ein weiteres Mal leicht.

„Ich weiß das zu schätzen, Rinoa.“, erwiderte er sanft und ging dann endgültig zu seinem Zimmer.
 

Zärtlich strich er mit einer Hand durch das strohblonde Haar und genoss das Gefühl der weichen Haarsträhnen zwischen seinen Fingern. Er fragte sich insgeheim, ob er in einigen Tagen noch immer die Möglichkeit hatte, Seifer durch das Haar zu streicheln. Er vermisste Seifers schützende Umarmung und dessen heißer Atem, der über seine Wange streichelte, nachdem sie sich geküsst hatten und einander noch so nahe waren, um den Atem des anderen zu trinken.

Squall seufzte leise und er warf einen Blick auf die Wanduhr. 19:24h. Vor gut einer halben Stunde war Kadowaki zu ihm gekommen und hatte ihn versucht zu überreden, endlich ein bisschen zu essen, doch der Brünette hatte keinen Hunger gehabt. Nachdem er sich heute Mittag in seinem Zimmer frisch gemacht und geduscht hatte, war er wieder zur Krankenstation gekommen, um dort bei Seifer zu sein. Bisher war der Blonde nicht aufgewacht, doch zu Squalls Erleichterung hatte sich sein Zustand auch nicht verschlechtert.

Wieder kamen Erinnerungen an Seifer in ihm hoch. Er konnte sich noch gut an die Nachmittage erinnern, an denen sie gelernt hatten und an die Abende in Balamb. Squall glaubte Seifers seltenes Lachen noch in seinen Ohren widerhallen hören zu können. Eine trügerische Täuschung seiner Sinne…

Er war so in Gedanken und Erinnerungen versunken, dass er beinahe das verräterische Seufzen neben sich nicht wahrgenommen hätte. Blinzelnd richtete er den Blick auf Seifer und er hielt für einen Augenblick den Atem an. Hatten seine Sinne ihm etwa schon wieder einen Strich gespielt?

Nein, da war dieses Seufzen schon wieder.

Aufgeregt erhob Squall sich und beugte sich über den Blonden. Aufmerksam musterte er dessen Züge, die im nächsten Moment leicht zuckten.

„Seifer?“, wisperte er kaum hörbar und neue Hoffnung keimte in ihm auf. Ungeduldig huschten seine Augen über das Gesicht seines Freundes und erst als dieser mühsam die Augen aufschlug, regte sich Squalls ungläubige Miene. Ein erleichtertes Lächeln zierte seine Lippen und er spürte eine ungemeine Erleichterung in sich, die eine tonnenschwere Last von ihm zu nehmen schien.

„Seifer… oh verdammt, endlich! Endlich bist du wach!“, keuchte Squall und er wusste nicht, ob er nun glücklich oder wütend sein sollte, da Seifer auch ruhig schon früher hätte aufwachen können. Gerade wollte er ihm das an den Kopf werfen, als der Blonde zitternd die Hand hob und mit den Fingern kurz Squalls Hand streichelte, mit der er sich auf der Bettkante abstützte.

„Warte, ich hol Kadowaki! Bleib wo du bist, wehe du rührst dich! Du kriegst die Tracht Prügel deines Lebens, wenn du dich bewegst!“, warnte er und stolperte beinahe über den Stuhl, als er sich ruckartig umdrehte und zur Tür hinaus wollte.

Kaum hatte er Kadowaki geholt, musste er auch schon wieder den Rückzug antreten und Seifer der Ärztin überlassen. Squall bekam mit, dass sie die Wunde noch einmal untersuchte und dem Blonden endlich die Atemmaske abnahm. Erst als sie kurz von ihm abließ, um aus einem Schrank ein kleines Fläschchen und eine Spritze zu holen, stellte er sich wieder zu Seifer und blickte kurz auf ihn hinab. Die grünen Augen wirkten erschöpft und müde, doch der Brünette konnte die unbändige Entschlossenheit in ihnen sehen.

„Jetzt kommt er wieder auf die Beine, nicht wahr?“, hakte Squall leise bei der Ärztin nach, nur um sicher zu gehen, dass es mit Seifer nun bergauf ging. Ein Nicken seitens Kadowaki ließ ihn erleichtert ausatmen.

„Er hat das Schlimmste überstanden. Jetzt packt er den Rest auch noch. Dennoch werde ich ihm jetzt erstmal ein Schmerzmittel geben, damit er sich noch ein wenig ausruhen kann.“, erklärte sie, während sie die Spritze mit einer Flüssigkeit füllte. Umsichtig nahm sie den Arm des Blonden und setzte die Spritze. Der Brünette sah zu seinem Freund und strich ihm unauffällig durch die Haare.

„Du hattest wohl Recht, Unkraut vergeht nicht.“, murmelte er leise mit einem Lächeln und er bemerkte den verwunderten Blick der Ärztin auf sich ruhen.

Von Seifer erhielt er nur ein erschöpftes, aber dennoch füchsisches Grinsen zur Antwort.
 

Die Kühle des Gebäudes empfing ihn gnadenlos, als er durch die Flügeltüren trat und den Gang entlang schritt. Die Hände in den Hosentaschen verborgen blieb er in der Mitte des Hauptschiffes stehen. Es dauerte einige Sekunden, bis er aufblickte und das Kreuz über dem Altar eingehend betrachtete.

„Ich glaube ich bin Dir etwas schuldig… Gott.“

Epiloque

Epilogue
 

Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich an alle Leser bedanken! Auch danke ich herzlichst für die lieben Kommentare, über die ich mich wirklich sehr gefreut habe. VIELEN DANK! ^____^
 

___________________________________________________
 

Lachend fiel Squall mit Seifer in die weichen Kissen des Bettes, das unter ihrem gemeinsamen Gewicht leicht ächzend nachgab. Sofort spürte der Brünette weiche, warme Lippen an seiner Kieferlinie und er musste leise schnurren.

„Seifer… du hast doch wohl nicht etwa vor, mich heute noch zu verführen, oder?“

Es waren nun zwei Wochen vergangen, seitdem Seifer schwer verletzt in den Garden zurückgekehrt war. Nachdem er aufgewacht war, hatte er sich den Umständen entsprechend schnell erholt und war nun schon wieder ganz der Alte. Squall wollte gar nicht darüber nachdenken, ob es nun wirklich ein Geschenk Gottes war, das der Blonde noch lebte, oder ob es lediglich an dessen Überlebenswillen gelegen hatte. Darauf würde er nie eine Antwort finden und so wollte er sich wenigstens dieses eine Mal auf die Annahme stützen, dass es Gott gewesen war, der ihm seine Gnade demonstriert hatte, die Squall damals noch angezweifelt hatte.

„Würdest du dich denn wehren?“, stellte der Blonde die Gegenfrage und Squall musste sich murrend geschlagen geben. Seifer mochte noch immer etwas arrogant, hochnäsig und eingebildet sein, doch wenn er ihm solche Worte derart charmant ins Ohr flüsterte, sich dabei zutraulich an ihn schmiegte und ihn zärtlich küsste, dann erlosch jeder Widerstand in Squall und er musste sich wohl oder übel eingestehen, dass der Blonde seine Schwäche war. Und dieser schien es genau zu wissen und dieses wertvolle Wissen schamlos zu seinen Gunsten auszunutzen. Ärgerlich schnaubte der Brünette, ließ sich dann aber bereitwillig küssen und schlang die Arme um den Hals des Älteren.

Er hatte keine Ahnung, wie es weitergehen würde. Zwar hatte er sich mit Seifer darüber unterhalten und auch die Frage in den Raum gestellt, wann sie ihre Beziehung publik machen sollten, doch sie beide waren der Meinung, dass dies noch Zeit hatte. Allein seine Trennung von Rinoa hatte schon genug für Aufsehen gesorgt, da wollte Squall zurzeit nicht wissen, wie heiß die Gerüchteküche brodeln würde, wenn der Garden erfuhr, dass er plötzlich mit einem Mann, dazu noch Seifer Almasy zusammen war und dass die beiden ewigen Rivalen sich liebten.

Einstimmig hatten sie entschieden, dass sie erst noch eine Weile in Ruhe ihr Leben verbringen wollten, ehe sie in einigen Monaten ihre Beziehung bekannt geben würden. Rinoa war die Einzige, die von ihnen wusste, doch Squall war davon überzeugt, dass sie nichts preisgeben würde, solange sie es nicht selber taten. Zu seiner Erleichterung sprachen sie mittlerweile wieder wie alte Freunde miteinander und obgleich er manchmal noch den Hauch von Sehnsucht in ihrem Blick entdecken konnte, wenn sie ihn ansah, zeigte sie sich ausgesprochen stark. Squall hoffte wirklich sehr, dass sie bald einen Mann fand, der ihr all das geben würde, was er nicht konnte.

Squall kicherte leise, als Seifer über sein Ohrläppchen leckte und im Anschluss daran knabberte.

„Weißt du, worauf ich jetzt Lust hätte?“, raunte der Blonde schnurrend in das Ohr des Jüngeren und im nächsten Moment hob er den Blick, um Seifer in die Augen sehen zu können. Squall konnte nicht verhindern, dass sich ein erwartungsvolles Glitzern in seine Augen schlich. Das Grinsen auf Seifers Gesicht belehrte ihn jedoch eines Besseren, denn im nächsten Moment kitzelte der Ältere ihn auch schon. Lachend versuchte Squall sich zu wehren und den Händen seines Peinigers zu entkommen. Zu seinem Unmut war ihm Seifer physisch jedoch schon immer überlegen gewesen und so blieb ihm nur die Hoffnung, dass der Blonde bald inne hielt. Als dies geschah und Squall sich nicht länger unter dem anderen räkelte, schnappte er keuchend nach Luft, während seine Wangen eine gesunde Röte angenommen hatten.

„Weißt du, wonach ich mich sehne?“ Seifers Stimme war samtig weich und tief, was Squall einen Schauer über den Rücken laufen ließ. Nonchalant hob er eine Augenbraue und legte den Kopf leicht schief.

„Danach, dass du meinen Namen voller Lust und Verlangen stöhnst.“ Demonstrativ ließ Seifer eine Hand über Squalls Oberkörper streichen und hielt an dessen Schritt inne. Der Brünette wagte es nicht, sich zu bewegen, doch dann erschien ein anzügliches Grinsen auf seinem Gesicht.

„Idiot.“

„Bitch.“
 

__________________________________________________________

END



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (39)
[1] [2] [3] [4]
/ 4

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  ruehrbesen
2013-03-20T20:27:56+00:00 20.03.2013 21:27
Awwww~ von wegen Kamelle! >___< Das is total genial! *drücks*
Von: abgemeldet
2010-10-24T16:15:57+00:00 24.10.2010 18:15
*taschentuch zück und tränen wegwisch*
oh man das ende war ja mal drama pur

ich habe dagesessen und überlegt >> war es eine darkfic? bitte lass es keine sein. sie haben sich doch endlich gefunden!<<

jetzt bin ich glücklich wo ich das ende kenne

*hust*
also erstmal bedanke ich mich nochmal *zwinker* und nun zum eigendlichen kommentar Ôo

Anfangs war ich ziemlich unschlüssig ob ich die ff weiterlesen soll... ich hege eine kleine abneigung gegenüber rinoa (weiß der teufel warum)
hatte mich dann aber doch durchgerungen weiter zu lesen und bereue es kein bisschen.

deine art zu schreiben wurde immer besser und du verstehst es wunderbar die gefühle der personen in worte zu fassen. vorallem bei den liebesbekennungen habe ich immer gänsehaut bekommen. spannung fehlt es an deiner ff auch nicht. man wartet regelrecht darauf, das squall seine wahren gefühle verstet. dieser übergang von vermuten, verstehen und akzeptieren ist dir wirklich sehr gut gelungen! am ende wo sich alles nochmals zuspitzt (eine so fieße stelle >.<) ist perfekt gesetzt und löst meiner meinung nach eine menge emotionen bei den lesern aus.

mir haben aber nicht nur diese bitteren/süßen stellen gefallen, auch die lustigen parts waren sehr gelungen. ab und an konnte man sich ein schmunzeln nicht verkneifen xD vorallem bei den gesprächen zwischen seifer und squall

meiner meinung nach eine sehr lesenswerte fanfic mit einem guten maß an spannung, witz und drama. auf jedenfall nichts für all zu schwache nerven^^°

ich denke es wird nicht das letzte mal gewesen sein, das ich mir diese fanfic durchlese.
Von:  Lania
2010-08-03T09:23:41+00:00 03.08.2010 11:23
Hahh, jetzt ist es schon vorbei...
Schönes, fluffiges, kitschiges Ende! x3
Was kann ich noch dazu sagen? Eine wirklich tolle FF von Anfang bis Ende und ich werde sie bei Gelegenheit sicher auch noch ein paar mal komplett durchlesen.
Ich wünsch dir noch viel Spaß beim schreiben! :3
Von:  Lania
2010-05-10T20:35:02+00:00 10.05.2010 22:35
Oh gosh~ *Tränen unterdrück*
Lass ihn nich sterben, ja?
Bitte bitte bitte!
Du beschreibst das alles so toll. Die Emotionen kommen einfach immer rüber. *schnief*

Allerdings fand ich den teil mit der Kirche eher... unnötig. Weiß nicht. Es passt zwar, weil Squall so verzweifelt ist und jede Hilfe oder Erklärung annehmen würde, aber es ist nicht so wirklich passend eben weil es Squall ist XDD Macht das Sinn?

Jedenfalls freue ich mich schon auf nächste Kapitel! :3
Von: abgemeldet
2010-04-09T12:32:12+00:00 09.04.2010 14:32
Tolles Kapitel, echt super geschrieben!
Bisschen traurig... :( Aber klasse.
Freu mich auf die Fortsetzung.

lg
Von:  Lania
2010-04-09T05:57:35+00:00 09.04.2010 07:57
Dies mal etwas mehr Worte:
Das Kapitel ist dir wieder unglaublich gut gelungen. Ich konnte die Anspannung zwischen Rinoa und Squall richtig spüren. Und irgendwie muste ich lachen, als sie ihn sofort mit Seifer konfrontiert hatte.
Und das Ende...
Lass Seifer bitte nicht sterben!! Das würde Squall auch nicht überleben. Nicht jetzt, wwo er über seinen eigenen Schatten gesprungen ist und sogar mit Rinoa Schluss gemacht hat.

Ich freu mich aufs nächste Kapitel, mach weiter so! :D

Von:  Lania
2010-03-25T12:47:00+00:00 25.03.2010 13:47
Ohne Worte ♥
Von: abgemeldet
2010-03-25T11:45:31+00:00 25.03.2010 12:45
Aaah, supi ♥
Von: abgemeldet
2010-02-23T13:10:47+00:00 23.02.2010 14:10
Tolle FanFic, gefällt mir total <3
Hoffe es gibt bald eine Fortsetzung

Iris
Von:  masa
2010-02-16T07:54:39+00:00 16.02.2010 08:54
super


Zurück