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My life, it's a beautiful dirt

von

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Prolog

Ob es wohl verschiedene Arten gibt Liebe, Schmerz, Trauer und alle die anderen, teilweise untertäglichen Gefühle, zu verarbeiten und mit ihnen umzugehen? Geht es jeder von uns anders an? Versteckt der eine es hinter einem fröhlichen Lächeln, mit welchem er seine Freunde Tag für Tag aufs neue belügt? Oder lässt ein Anderer es an seinem Körper aus? Verletzt sich immer wieder aufs Neue, in der Hoffnung so den inneren Schmerz zu verscheuchen, ihn einfach abzulegen? Gibt es da aber auch Menschen, die das Ganze durch lange Stunden der Arbeit verdrängen wollen. Sich somit abzulenken versuchen? Schüchternheit und Zurückhaltung. Vielleicht ebenfalls eine erfolgreiche Methode, seinen Mitmenschen nichts über sich und seine Gefühlswelt preisgeben zu müssen? Aber ganz zum Schluss, vielleicht die einzig wahre hilfreiche Einstellung: Mit all seinem Schicksal neutral umzugehen. Seinen Gefühlen und Gedanken freien Lauf lassen, es so zu verarbeiten mit seinem Leben im Einklang sein, trotz alledem. Sollte vielleicht dies das Ziel eines jeden sein? Gibt es Personen, die das überhaupt können? Wird es sie jemals geben?

Ich habe alle von diesen Arten kennen gelernt. Musste mit anschauen wie meine Freunde, die Menschen, die ich liebte, sich an ihren Problemen und deren Art mit diesen umzugehen, immer mehr hineinsteigerten Wie sie sich selber an diesen erhangen.

Doch genauer betrachtet, bin ich es vielleicht selber, der mit seinem Leben, seiner Freude und Trauer nicht ins Reine kommt? Bin ich es eventuell, der daran zerbrochen ist und es nur nicht wahrhaben wollte? Werde ich das jemals herausfinden können? Oder hier und jetzt einfach nur meine Geschichte erzählen, mit dem Gedanken, dass es das Letzte sein könnte, was ich in Erinnerung tragen werde bevor es zu spät ist. Zu spät irgendetwas rückgängig zu machen. Denn ein Leben, ein Menschenleben, ist nicht zurückzuholen.

The Day

Wie lässt sich ein normaler Tag in meinem Leben am besten beschreiben?

Es war ein Tag wie jeder andere auch, glaubte zumindest ich zu diesem Zeitpunkt noch.

Hat man allerdings erst einmal die Wahl auf Vergangenes zurückzuschauen, sieht man es mit ganz anderen Augen. Man beginnt sich zu wünschen, es anders angegangen zu sein. Semerkt man aber doch recht schnell, dass manche Wünsche nie in Erfüllung gehen werden. Aus diesem Grund versuche ich erst gar nicht eine Beschreibung für diesen Tag zu finden, denn Jeder von uns hat ihn anders erlebt und aufgenommen. Wird ihn in den unterschiedlichsten Formen verarbeiten oder sogar verdrängen.

Doch darüber erlaube ich mir, auch heute, gar kein Urteil zu bilden.

~*~..::::..~*~
 

Schwarze, leichte Haarsträhnen hingen mir vor den Augen. Sie halfen mir dabei, mich voll und ganz auf mein Instrument und die damit verbundene Arbeit zu konzentrieren. Ich war in meinen Gedanken versunken, versuchte dem ebenso schwarzen Bass neue, interessante Töne zu entlocken. Irgendjemand musste immerhin einen neuen Song kreieren. Da hatte ich mich einfach dazu entschlossen derjenige diesmal zu sein. Mein letzter komponierter Song, war immerhin schon eine Ewigkeit her. Hatte auch schon ganz vergessen wie viel Spaß mir diese Tätigkeit bereitete und somit saß ich nun alleine auf der Couch unseres kleinen Studios und gab mein Bestes. Sehr zufrieden war ich bisher noch nicht, aber ein wenig mehr Zeit wollte ich mir dann doch geben. Von Nichts kam Nichts, das war mein Motto und es bestätigte sich öfters.

Nicht ganz zusammen passende Töne entlockte ich den Saiten meines Basses, doch versuchte ich es gleich wieder aufs Neue. Eigentlich fing ich immer erst mit der Gitarre an, aber diesmal war mir nicht danach. Ich konnte mich mit diesem mehrseitigen Instrument nicht ganz anfreunden. Warum auch immer. Andere konnten es eben besser. Wenn ich Kaoru und Daisuke dabei zusah wie viel Leidenschaft sie in ihr Spiel legten, wurde mir ganz anders ums Herz, auch wenn ich meinen Bass über alles liebte. Sie verliehen mir in diesen Momenten unbewusst immer mehr Mut meine Technik weiter auszuarbeiten und Tag für Tag besser in dem eigenen Spiel zu werden. Mit Sicherheit war ich schon der beste Bassspieler in der Band. Es konnte immerhin auch nicht anderes ein, sonst hätten sie mich damals nicht aufgenommen. Trotzdem fühlte ich mich nicht als Dieser. Was auch immer das bedeuten sollte.

Hier und dort fand ich Fehler, hörte bei den Aufzeichnungen der Live Auftritte wie ich mich des öfteren verspielte. Meinen Bandkollegen fiel es wohl nicht so auf, aber ich konnte das gar nicht überhören. Na ja, es störte mich nicht allzu sehr, ich wollte mich nur verbessern, aber dieser Prozess gehörte unweigerlich dazu. Unter anderem aus diesem Grund saß ich nun hier und gab Alles daran einen neuen Song das Licht der Welt erblicken zu lassen. Wie lange ich daran schon saß, konnte ich nicht mehr sagen, aber ein schmaler Finger, welcher mir zwei Strähnen aus dem Gesicht strich, ließ mich in diese Welt zurück kehren und mein Instrument verstummen.

Aufblickend schaute ich in ein strahlendes Gesicht, mit feinen Zügen.

"Shin, hey. Was machst du denn hier?" Heute standen eigentlich keine Proben auf dem Tagesplan und so überraschte es mich schon unseren Schlagzeuger hier vorzufinden. Er zuckte als Antwort nur mit seinen schmalen Schultern und nahm neben mir auf dem, wie konnte es auch anders sein, schwarzem Ledersofa Platz. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Das wurde mir sofort mit dieser Geste klar. Für Feinheiten hatte ich schon seit geraumer Zeit ein ausgeprägtes Feingefühl entwickelt. Nicht zu knapp half es mir in Lebenssituationen.

"Alles okay?" Einfach mal nachhaken, mehr konnte auch ich nicht tun. Dieses Mal kam aber gar keine Reaktion von meinem Gegenüber und so legte ich meinen Kopf, als kleinen Nachdruck auf die Frage, etwas schief. Erst jetzt schien er mich und meine ernstgemeinte Frage überhaupt wahr genommen zu haben.

"Mhm, es ist nichts. Alles klar." Eine Lüge? Wahrscheinlich.

Doch Shinya konnte man nichts entlocken, wenn er nicht selber darüber reden wollte. Das wusste ich mehr als genau, immerhin kannten wir uns Beide schon etliche Jahre. Vielleicht nicht ganz so lange wie er mit Kyo, Daisuke oder Kaoru befreundet war, aber für mich lange genug um eine innige Freundschaft mit ihm aufgebaut zu haben. Diesmal nur ein Nicken von meiner Seite aus.

"Was tust du da?" vernahm ich dann die interessierte Stimme.

"Ich?" Blöde Frage, sah man das nicht? "Einen neuen Song kreieren. Mehr nicht." Hatte ich ihm grade eine recht unfreundliche Antwort gegeben? War ich etwa gereizt? Mit etwas freundlicherem Ton fügte ich aus diesem Grund noch schnell hinzu: "Mit irgendetwas muss ich mich meine Zeit totschlagen. Hatte ziemliche Langeweile, da war dies die beste Möglichkeit."

"Ach so. Ähnlich ging's mir auch. Darum bin ich wahrscheinlich hier." Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht. Aber ich hatte nachgefragt und nahm mir vor es heute nicht ein weiteres mal zu tun. Es mag anderen sicherlich seinem Freund gegenüber sehr abweisend und nicht angebracht vorkommen. Aber wie schon erwähnt, ich kannte ihn sehr genau und sah daher keinen größeren Sinn, mein Wissen immer und immer auf die Probe zu stellen.

Sekunden später war der Platz neben mir wieder leer und Shinya ging in den Aufnahmeraum und ließ sich hinter seinen Drums nieder. Wie er es schaffte bei dem großen Drumset den Überblick zu behalten, ist mir bis heute ein ungeklärtes Rätsel. Auch ich beherrsche ein wenig die Kunst, diesem Instrument ein paar hörbare Töne zu entlocken, die wohl auch gebrauchbar gewesen wären, doch nicht Ansatzweise so gut wie der Blonde mir nun gegenüber. Kaum später fing er mit all seiner Power an zu spielen. Ein weiteres Rätsel was ich in unserer Freundschaft noch nicht gelöst habe. So eine schmale, zierliche Person, die so eine enorme Kraft an den Tag legen kann. Unglaublich. Schon wieder kam ich mir mit meinem Können sehr klein vor, schaute auf meinen Bass und stellte ihn erst einmal beiseite. Vielleicht würde mich Shinya jetzt auf ein paar neue Ideen bringen.

Shinya spielte immer wieder einige Songs von uns an, beendete aber keinen vollständig. Auch das war heute sehr ungewöhnlich an ihm. Normalerweise fing er eine Melodie an und spielte sie vollkommen durch. Was das anging, war er einfach ein kleiner Perfektionist. Hatte es sich wohl vom Leader-sama abgeschaut. Trotzdem unterbrach ich ihn nicht in seinem Tun und schaute weiter stillschweigend zu. Allerdings brachte es mir nicht den erhofften Erfolg. Morgen wäre auch noch ein Tag um den Song fortzusetzen. Nur welchen Song? Noch nichts hatte sich auf meinem Blatt geändert. Noch keine einzige Note war dort verzeichnet. In Gedanken musste ich selbst über mich lachen. War wohl nicht einer meiner Tage.

Der Blonde powerte sich regelrecht an seinen Drums aus und das in seinen freien Stunden? Gute 30 Minuten später brauchte selbst dieses Energie geladene Bündel eine Pause und kam wieder zu mir in den Raum zurück. Sehr verschwitzt trat er mir gegenüber, nahm erneut Platz und griff sich eine Wasserflasche, welche neben der Couch stand.

"Shin du bist super. Das war unglaublich. Ich liebe es dir beim Spielen zuzuhören." Warum sollte ich nicht ehrlich sein? Liebte es halt bei jedem von uns Fünfen seinem Können zu lauschen.

"Danke." Nuschelte er nur und nahm einen weiteren großen Schluck. Skeptisch schaute ich ihn von der Seite an. Würde ich mir selber untreu werden und doch noch ein weiteres Mal nachfragen? Weitere Situationen würden es entscheiden. Ich lehnte mich zurück und machte es mir etwas bequemer.

"Und was hast du heute nun noch vor?" Ein kleines Gespräch sollte so in Gang gesetzt werden, konnten uns hier nicht permanent anschweigen. Wieder nur ein Schulterzucken. "Shin sag mal," ja ich würde mir untreu werden. "Irgendwas stimmt doch nicht mit dir. Hör auf es abzustreiten."

"Ich streite doch gar nicht. Toshiya es ist einfach nichts."

Seufzend konnte ich einfach nicht nachgeben, wollte zu einem neuen Satz ansetzen, als die Tür schlagartig aufgerissen wurde. Wir Beide schauten überrascht auf Diese und sahen einen weiteren Blondschopf den Raum betreten. War hier doch irgendeine Versammlung geplant, die ich vergessen hatte?

Leisen Schrittes betrat Kyo den Raum, verharrte aber sofort, als sein Blick anscheinend auf Shinya fiel. Auch dieser konnte seine Augen nicht von ihm losreißen. Okay, ich hatte die Antwort auf die Frage was mit Shin los war in dieser Minute gefunden, doch konnte ich mir weiter nichts zusammen reimen. So blieb ich einfach nur der Beobachter und lies alles weitere auf mich zukommen. Shinya schaffte es irgendwie den Blick von Kyo loszureißen und sprang regelrecht von dem Sofa auf. Als sei er auf einer Flucht, verließ er dann mit großen Schritten und wie ich es erkennen konnte, hochrotem Kopf, den Raum. Fragend schaute ich ihm nach und dann genauso zu dem kleinen Blonden. Dieser sah noch immer auf den Platz wo zuvor noch jemand gesessen hatte.

"Kyo, alles klar?" Nochmals die gleiche Frage wie schon vor geraumer Zeit bei Shinya.

"Was?" Hatte er mich also gar nicht bemerkt. "Hi Toshiya. Wie alles klar? Sollte nicht?" Ein verwirrter Blick traf nun mich.

"Doch schon." Noch immer schaute ich dem längst verschwundenen Freund hinterher.

"Was wollte er denn hier?" Kyo sprach von Shin, ganz klar.

"Seine Langeweile vertreiben."

"Langeweile? Ach so nennt er das jetzt." Wieder eine und genaue und dazu noch genuschelte Antwort, nur von einer anderen Person.

War ich im falschen Film gelandet?

Ich wollte doch nur ein bisschen Üben und geriet nun in etwas hinein. Das war kaum zu übersehen. Nur die Ausmaße waren bisher niemanden bewusst gewesen.

My Friend

Einig Stunden hatte ich mich noch mit Kyo an diesem Tag unterhalten. Bis in die späten Abendstunden hinein. Während die Sonne am Horizont schon ziemlich tief stand und ein wunderschönes Farbspiel am Himmel hinterließ, machte ich mich auf den Heimweg und ließ mir das Gespräch mit meinem Bandkollegen und Freund noch einmal durch den Kopf gehen. Ich war nicht schlauer wie vor ein paar Stunden, wusste noch immer nicht was zwischen ihm und unserem Drummer vorgefallen war. Kyo war und blieb vor allem auch ein ziemlicher Sturkopf, der nie etwas Wichtiges aus seinem Privatleben preis geben würde. Nicht mal seinen besten Freunden und zu Denen zählte ich mich einfach.

Trotzdem ließ ich unsere Worte noch mal passe laufen. Sogar ein wenig gelacht hatten wir, Späße über Andere und uns selber gemacht. Als wenn kurz vorher rein gar nichts geschehen war. Also hatte ich es bei dieser Stimmung belassen, wollte den kleinen Blondschopf nicht zum Reden zwingen, wie zuvor auch Shinya nicht.

„Ach, was weiß ich denn schon.“, murmelte ich vor mich hin. Nur noch Heim, auf die Couch und Ruhe.

Bei meinem kurzen Spaziergang von unserem Proberaum bis zu meiner Wohnung setzte die ersehnte innerliche Ruhe auch schon etwas ein und ich bemerkte nun eine stark aufkommende Müdigkeit. Wo die nur herkam? Hatte ich doch den ganzen Tag nicht viel getan. Aber was machte es schon mal einen Abend sich früher in sein Bett fallen zu lassen, als erst um 2.oo Uhr in der Nacht? So nahm ich es mir dann zumindest vor und als ich schon von weitem das Mehrfamilienhaus sah, in dem meine winzige und daher nicht zu teure Ein-Zimmer-Wohnung lag, stach mir sofort etwas Rotes ins Auge, was in dieser herrlichen Abendsonne schön glänzte. Ich musste mehrmals hinschauen, bis es mir in den Sinn kam, dass er schon des Öfteren aus Langeweile vor meiner Haustür auf mich wartete.

Daisuke, dachte ich mir fröhlich, vergaß meine Müdigkeit auf der Stelle und legte noch einen Schritt zu.

Daisuke sah des öfteren auf seine Uhr, schaute sich dann suchend um, wohl um nach mir Ausschau zu halten und bei diesen Bewegungen reflektierte sich das Abendlicht in seinem roten Haar. Bei einem erneuten Aufblicken entdecke er mich endlich, sprang sofort auf und kam mir mit einem breiten Lächeln im Gesicht entgegen.

„Na Kleiner.“, kam frech vom ihm. Okay, Daisuke, von uns Allen hatte er den Spitzenamen ‚Dai’ bekommen, war ein ganzes Jahr älter wie ich und aus diesem Grund nannte der Rotschopf mich immer bei der Begrüßung so. Es war schon eher eine Marotte und hätte er Diese weggelassen, wäre mein erster Gedanke, dass etwas nicht in Ordnung sei. Doch dieses mal schien es das. Darauf musste ich nun aus genannten Gründen nichts erwidern. Dai erwartete es auch nicht und so begann ich gleich ein Gespräch.

„Wie geht es dir? Schon wieder Langeweile?“ Eher rethorische Fragen, trotzdem nützlich um ein Thema vorzugeben.

„Wäre ich sonst hier?“ Wieder dieser freche Unterton in seiner Stimme, aber ich wusste ganz genau wie er es wirklich meinte und schenkte ihm darauf schnell ein zustimmendes Grinsen.

„Dann komm erst mal mit rein. Vielleicht Lust auf ein Bier? Hab noch welche kalt gestellt.“ Warum eigentlich diese Frage? Mein älterer Freund kam zwar aus Langeweile zu mir und weil wir uns jedes Mal über jeden Mist, der uns bedrückte oder passiert war, unterhielten, aber auch gerade, weil er bei mir umsonst ein kühles Bier bekam. Manchmal fragte ich mich ernsthaft ob das nicht der einzigste Grund wäre, aber das würde ich ihm nicht zutrauen. Zusammen schlenderten wir dann das letzte Stück zu meiner Wohnung und ich schloss auf. Die Haustür, welche in mein bescheidenes Zimmer führte, lag leider im 5. Stock des Hauses. Doch was heißt leider? Es gab zwar keinen Fahrstuhl, allerdings hatte ich so zumindest meinen täglichen Sport.

Wenige Minuten später befanden wir uns in meinem ‚Flur’ oder wie man auch immer diesen kleinen, quadratischen Platz nennen sollte, zogen unsere Schuhe brav aus und Dai lief sofort auf das rote Sofa zu. Als er sich auf Dieses fallen ließ, vernahm ich ein wohliges Aufseufzen.

„Bequem.“, säuselte er zufrieden. „Deine Treppe unten vor der Tür ist nicht zum stundenlangen Warten zu empfehlen.“

„Das habe ich auch nie behauptet.“, entgegnete ich darauf nur und kam schon mit den beiden kalten Bieren zu ihm und nahm ebenfalls Platz. Dai schnappte mir eine Flasche aus der Hand, öffnete sie flink und trank wie ausgedurstet fast Alles auf ex aus.

„Ich hoffe du hast gleich noch ein paar mehr im Kühlschrank gelagert?!“ Natürlich hatte ich dies, wusste doch schon lange, dass es an Abenden mit Daisuke nicht bei Einem bleiben würde. Auch das ich, wie eigentlich vorgenommen, früher ins Bett komme, hatte ich schon seid ich ihn gesehen hatte, abgeschrieben.

„Und? Was gibt es Neues?“ ich musste meinem stets gut gelaunten Freund keine Antwort auf seine zuvor gestellte Frage geben. Er würde halt rausfinden müssen wie viele Biere tatsächlich in meinem Kühlfach schlummerten und so stellte ich diese Frage.

„Prächtig Kleiner.“ Ein strahlendes Gesicht präsentierte sich mir. So wie immer. Habe ich Daisuke eigentlich schon einmal weinen gesehen? Die Überlegung kam mir zum ersten Mal in diesem Moment, als ich meinen Freund etwas fragend und nachdenkend zugleich ansah.

„Habe ich etwas im Gesicht?“ Mein Blick schien ihm aufgefallen zu sein. Dai entging nichts, war immer vollkommen Aufmerksam und steht’s für Andere und deren Probleme da. Immer zur Stelle, wenn seine Hilfe von Nöten war.

Kurzes Blinzeln, dann ein Kopfschütteln.

„Nein. Natürlich nicht.“ Ausgerechnet jetzt sollte ich so viel grübeln. Ich hatte immerhin Besuch.

„Warum...“ Mein Gegenüber wollte gerade eine neue Frage beginnen, die sich wohl auf meinen Gesichtsausdruck bezogen hätte, doch schnitt ich ihm kurzerhand mit einer Geste das Wort ab.

„Weißt du eigentlich was mit Kyo und Shinya los ist? Unsere beiden Kleinen haben sich heute sehr auffällig verhalten.“ Dieses ‚klein’ bezog sich nun auf Kyos Größe und Shinyas Alter. Ersterer besaß nur eine Körpergröße von knappen 1,60 m und war somit der Kleinste in unserer Band. Zweiter war nun einmal unser Jüngster mit 20 Jahren und trug daher den Spitznamen ‚Chibi’. Da bemerkte ich dann auch, dass mir schon wieder diese Situation durch den Kopf ging. Wann sie mich wohl loslassen würde? Doch selbst darüber konnte ich in diesem Moment nicht mehr nachdenken, denn ich schaute in Dai’s Gesicht und sah kein Lächeln mehr. Es war verschwunden. Von der Einen auf die andere Sekunde. Also wusste er etwas. Das hatte er mir so mehr als deutlich klar gemacht.

„Daisuke?“, fragte ich vorsichtig und mit leiser Stimme nach, hatte noch immer keine Antwort von ihm erhalten. Was ging gerade in seinem Kopf vor? Worüber dachte er nach? Über Kyo und Shinya? Gott verdammt, was war dort passiert, was ich nicht wusste?

„Ich denke...“, begann er zu sprechen. „..das sollten sie dir wenn schon selber erzählen. So etwas erfährt man lieber nicht über Dritte.“

So etwas? Was war denn bitte so etwas? Ein total fragender Blick traf Dai von mir, ich verstand nicht wirklich was er mir sagen wollte und spürte gleichzeitig große Sorge in mir aufsteigen.

„Magst du mir das bitte genauer erklären? Was ist passiert? Es geht ihnen doch soweit gut? Ist es was Schlimmes?“ Es hätte Alles sein können, wirklich Alles und ich malte mir schon jetzt das Furchtbarste aus. Doch kehrte jetzt das fröhliche Lächeln in das Gesicht des Rotschopfes zurück. Hallo? Was ging hier vor? Er lächelte? Nachdem was er mir grade so gesagt hatte und ich mir diese Gedanken machte? Er erhob sich, stellte sein Bier weg und ging auf meinen kleinen Flur.

„Frag sie das bitte selber. Ich werde nichts sagen.“ Ich sah nur noch, wie er sich seine Turnschuhe anzog und sich die Wohnungstür hinter ihm schloss. Wie versteinert saß ich auf meinem Sofa und starrte fassungslos und mich allein gelassen fühlend auf die geschlossene Tür. Die graue Haustür, aus der eben mein Freund verschwunden war und mich mit wirren Gedanken und einem großen Fragezeichen über dem Kopf allein gelassen hatte.
 

~*~..::::..~*~

Was bedeutet Freundschaft? Wie definiert man dieses Wort? Ist es wie mit der Liebe? Für Jeden bedeutet es etwas anderes? Manch Einer steigert sich so sehr in Eine hinein, steckt alles mögliche in Diese, nur um immer für seinen Freund da zu sein, ihm zu zeigen, dass er niemals allein ist. Ein Anderer sieht sie als Hilfe, eine Hilfe um im Leben zurecht zu kommen, Sein engster Verbündeter, mit dem man über Gefühle, Erfahrungen, Geschehnisse reden kann, vor dem es keine Geheimnisse gibt. Aber gibt es auch Menschen, denen Freundschaft gar nicht so wichtig ist, sie nur laufen lassen, nicht weiter auf seinen angeblichen Freund eingehen, ihn irgendwann alleine lassen und somit bitter enttäuschen.

Nach diesem langen und ereignisreichen Tag, fragte ich mich Dies mehrmals. Es war viel zu viel geschehen ohne das ich es verstand. Sorgen kamen und gingen und wenn ich heute überlege, dass, wenn ich damals mehr über diese ganzen Situationen gewusst hätte, ich es hätte ändern können. Ich hätte etwas tun können.

Doch es ist zu spät.

One Time

Vollkommen allein gelassen werden. Bedeutet es immer Schmerz? Mit seinen Gefühlen und Gedanken ganz für sich selbst, obwohl man Diese teilen möchte? Woran man früher oder später langsam zu zerbrechen droht? Oder bedeutet es doch eher Erleichterung, die Probleme der Anderen nicht mehr mit anhören müssen. Sie einfach lächelnd gehen zu lassen? Für mich bedeutete es damals Unverständnis, Trauer und Ungewissheit. Etwas mit dem ich zu dem Zeitpunkt nicht umgehen konnte und wollte.

~*~..::::..~*~
 

Die kommende Nacht war ohne Schlaf. Von wegen früher ins warme, weiche Bett um ein einziges Mal, auch während der Woche, ausgeschlafen zu sein. Selbst ich erschrak leicht, als mein Blick am Morgen in den Spiegel fiel. Augenringe, zerzauste Haare, ein gequältes Lächeln. Der Versuch, den Grund für das Alles zu verdrängen, scheiterte. Ich gab es auf, fuhr mir mit der rechten Hand durchs schwarze Haar, versuchte es etwas zu richten. Was hatte ich mir nicht alles ausgemalt. Von schlimmen bis zu harmlosen, lächerlichen Sachen, die geschehen sein konnten. Was auch immer Kyo und Shinya zugestoßen sein könnte. Eine Krankheit? Vielleicht ein Ausstieg aus der Band? Geldnöte? Oder nur ein unwichtiger Streit. Es gab jede Möglichkeit von A bis Z und da soll jemand wie ich, der seine Freunde, sein zeitweise einziger Lebensinhalt, so sehr liebt, ruhig schlafen können?

Zwei Stunden noch. Zwei Stunden, auf die Minute genau, dann würde ich es hoffentlich klären können. Wie jeden Wochentag trafen wir uns in unserem Studio mit dem Proberaum wo Gestern all dies begonnen hatte. Nun würde es dort auch ein Ende nehmen. Ich wusch nur schnell mein Gesicht, putze mir die Zähne und im Schlafzimmer suchte ich mir dann ein paar gemütliche Kleidungsstücke, die mich den heutigen Tag begleiten müssten. Ständig schweifte mein Blick zur Uhr. Die Minuten vergingen nicht. Keine zwanzig waren vergangen, seit dem ich das letzte mal auf sie geschaut hatte. Ein Frühstück musste mir dann dabei helfen, die Zeit schneller vergehen zu lassen. Doch ich bekam wie erwartet nur ein paar kleine Bissen runter. Das ungute Gefühl ihn mir, dass doch etwas schlimmeres mit den Beiden geschehen war, stieg unaufhörlich. Auch wenn es lächerlich klingen mag, denn ich hatte keinen blassen Schimmer was passiert sein konnte. Andere hätten es einfach auf sich zukommen lassen, oder es hätte sie gar nicht interessiert. Sie hätten den Gedanken gehabt, dass ihre Freunde es ihnen schon erzählen würden, wenn es wichtig und an der Zeit gewesen wäre. Eigentlich waren so etwas auch meine Gedanken. Ich wollte mich bei niemandem aufzwingen oder mich in etwas einmischen, was mich unter keinen Umständen was anging. Nur wie soll ich es in Worte fassen. Es ging mir nicht aus dem Kopf. Normalerweise hätte mich so ein Geschehen zwar nicht kalt gelassen, mich aber nicht so intensiv beschäftigt wie dieses Mal. Es ließ mir keinen Frieden, keine ruhige Minute. Von Anfang an nicht und erst recht nicht, als Daisuke dann auch noch so reagiert hatte. Das war überhaupt das Schlimmste am Ganzen gewesen. Erst das verschwundene Lächeln, dann diese Sätze und der Abgang. Ohne ein ‚Bai’ oder ‚Auf Wiedersehen’. Wortlos war er gegangen, ohne mir auch nur noch einen einzigen Blick zuzuwerfen.

„Ach verdammt!“ Ich konnte diese Anspannung keine Sekunde länger ertragen. Sie würde mich noch in den Wahnsinn treiben. Das Frühstück einfach stehen lassend wie es war, machte ich mich jetzt schon auf den Weg zur Arbeit. Was sollte es schon machen. Wäre ich halt eine Stunde früher dort. Zumindest konnte ich mich so an meinem Bass etwas abreagieren, so hoffte ich es.

Wieder ging ich das kleine Stück zu Fuß dorthin. Hatte ich mir damals bewusst eine Wohnung in der Nähe das Studios gesucht, so war ich mir für diesen Einfall immer noch dankbar. Hätte ich nun jeden Morgen noch mit Bahn gemusst, wäre ich wohl immer zu spät gekommen. Auch jetzt kam es schon viel zu oft vor. Jedenfalls meinte das unser Leader-sama. Aber der war eh zu pingelig und kretisierte alles, was unsere Arbeit auch nur für eine Minute verzögerte. So war er nun einmal und es war mir bewusst, dass dies nur gut gemeint war, uns niemals verletzen oder angreifen sollte. Daher kam meist auch nur ein Schmunzeln, wenn er wieder versuchte uns aufs Neue zu belehren.

Schon sah ich das Hochhaus vor mir auftauchen und ich legte noch einen Schritt zu. Die Vorfreude sich gleich an meinem Instrument vergreifen zu können, stieg immer mehr an und ich wollte so keine unnütze Minute verstreichen lassen. Ablenkung, endlich war sie nahe. Die Erlösung für kurze Zeit.

Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, sprintete ich die Treppe hoch bis in den 3. Stock und suchte jetzt schon nach dem Schlüssel für die Studiotür in meiner Hosentasche. Als ich dann Diesen in das dafür entsprechende Schloss steckte und umdrehen wollte, schlich sich ein verwunderter Ausdruck auf mein Gesicht. Die Tür war schon aufgeschlossen. Jemand musste sich im Proberaum befinden, oder wurde etwa eingebrochen? Den letzten Gedanken verwarf ich sofort. Das war so gut wie unmöglich, hier würde niemals Jemand einbrechen um nur Geld klauen zu wollen. Zu unrealistisch und so konnte nur Ersteres in Frage kommen. Doch wer sollte schon eine Stunde vorher hierher kommen wollen? Das auch noch freiwillig? Eigentlich hätte mir sofort die Antwort einfallen sollen, doch öffnete ich langsam und mit etwas Anspannung die Tür und trat ein.

Jemand saß wirklich an unserem Mischpult und arbeitete. Dieser bemerkte nicht, wie ich nun mit einigem Abstand hinter ihm stand und schaute weiter auf den flimmernden Computerbildschirm. Das Licht war ausgeschaltet, die Jalousien vor den Fenstern heruntergelassen, der Raum wurde nur durch den laufenden PC erhellt, was aber nicht wirklich sehr viel Helligkeit spendete, allerdings für den Mann vor mir zu reichen schien. Ja, ich erkannte das es ein Mann war, wusste auch sofort wer dort vor mir saß. Schwarz - Pinke glatte, lange Haare, welche zu einem dünnen Zopf gebunden waren. Kaoru, der vorhin angesprochene Leader-sama. Mit einigen Schritten war ich komplett bei ihm, schaute nun auch auf den Monitor, doch dieser zeigte nur einen Bildschirmschoner an und nun bemerkte ich auch, dass Kaoru nicht auf den Bildschirm schaute, sondern den Kopf gesenkt hatte. Ich beugte mich etwas zu ihm runter, wollte ihn gerade ansprechen, konnte es aber noch zurückhalten. Er hatte die Augen geschlossen und schlief. Leicht verwundert darüber, ließ ich ihn aber erst mal in diesem Zustand und ging zu dem Sofa, welches nicht weit entfernt von dem Pult stand, bei welchem Kaoru noch immer saß und wohl wirklich zu schlafen schien. Warum bitte tat er dies hier? Hatte er denn heute Morgen nicht ausgeschlafen gehabt? Und wie lange war er schon hier? Die ganze Zeit über schaute ich zu ihm, ließ ihn nicht aus den Augen und war dabei heraus zufinden wieso, weshalb und warum er dort so saß. Das Einzigste was wirklich logisch gewesen wäre, war, dass er die ganze Nacht hier gesessen und gearbeitet haben musste. Aber die Nacht über? Stand vielleicht etwas Wichtiges an, wovon wir, außer ihm, nichts wussten, was aber dringend erledigt werden musste? Ich würde ihn spätestens dies in einer Stunde fragen können, wenn die Anderen auch auftauchten, denn ich hatte nun nicht vor Kaoru zu wecken und verhielt mich ganz still.

Trotzdem regte er sich schon nach einer viertel Stunde und gähnte leise. Dann richtete er sich auf und streckte sich eine Runde, war gerade dabei wieder so richtig wach zu werden. „Hm, wie spät es wohl ist?“ kam leise murmelnd von unserem ‚Chef’.

„11 Uhr.“ antwortete ich ihm, obwohl mir bewusst war, dass diese Frage unmöglich an mich gerichtet sein konnte. Zumindest hatte ich nun auf mich aufmerksam gemacht. „Huh?“ Überrascht drehte sich Kaoru zu mir um, blinzelte kurz. Der fragende Ausdruck in seinem Gesicht war hervorragends gut zu sehen und verschwand auch nicht so schnell wieder.

„Die Tür war offen, in einer Stunde beginnt die Arbeit, da bin ich einfach schon mal reingekommen. Ich war genauso überrascht dich hier zu sehen, wie andersrum.“ Mit diesen Worten hatte ich nun hoffentlich seine unausgesprochenen Fragen beantwortet.

„Ähm, okay. Also ist es echt schon 11 Uhr? Das glaube ich nicht. Dann muss ich ewig geschlafen haben, dabei wollte ich doch nur 5 Minuten.“

„Wie lange bist du denn schon hier? Etwa die ganze Nacht?“ Ein Nicken bestätigte es.

„Seit gestern Abend. So gegen 22 Uhr. Ich hatte halt noch ne Menge zu erledigen, das hätte ich heute nicht alles geschafft.“ Welche Arbeit würde bitte einen Menschen die ganze Nacht über beschäftigen? 12 Stunden lang?

„Kaoru? Alles okay?“ Da konnte etwas nicht stimmen. Solche Aktion hatte er noch nie gemacht, soweit ich es wusste.

„Na klar. Ist alles bestens. Nur weil ich mal ein bisschen mehr arbeiten muss? Kann immer mal vorkommen. Da musst du dir nichts bei denken.“ Das beruhigte mich nicht, daher fragte ich genauer nach.

„Was gab’s denn noch an Arbeit? Etwas für die Band? Steht da was an? Können die Anderen und ich dir dabei helfen? Du musst nicht alles alleine machen.“ Er konnte mir einfach nicht mehr ausweichen ohne mich direkt anlügen zu müssen.

„Toshiya, es ist schon okay. Keine Angst. So’n bisschen Arbeit mehr bringt mich nicht um. Lass gut sein.“ Es war etwas bei ihm nicht in Ordnung. Das hatte er mit dieser Antwort offen zugegeben. Anscheinend wollte er nur nicht darüber reden und ich musste es akzeptieren. Aber war es denn grade normal, dass Jeder hier ein Problem hatte und nur wieder ich von Alledem nichts wusste?

„Gut. Nur wenn du reden magst, ich biete mich da gerne an.“ Natürlich wusste mein noch immer müdes Gegenüber dies genau, nur wollte ich es noch mal erwähnen und somit zeigen, dass ich schon verstanden hatte, dass er jetzt nicht darüber reden mochte. Es verwirrte mich nur immer mehr. Kyo und Shinya, von dem Daisuke etwas zu wissen schien. Dann hatte Kaoru auch noch ein Problem, wo ich auch wieder nicht wusste was es war und wie schlimm. Vielleicht hing dies alles zusammen? War was Allgemeines passiert? Doch was mit der Band passiert? Gab es schlechte Nachrichten? Ich musste gleich mehr als dringend mit Allen ein Gespräch führen. Wir als Gruppe und sie würden mir Frage und Antwort stehen müssen. Es gab kein zurück mehr!

Never Again

Die weitere Zeit schwiegen wir uns an. Ich wollte Kaoru nicht auf seine Probleme ansprechen und er war mir mit Sicherheit sehr dankbar dafür, schwieg aber auch weiterhin. So begab ich mich einfach zu meinem Bass, der mich vorher schon ablenken sollte, es aber erst in diesem Moment tun würde. Unbewusst entlockte ich ihm die Töne, die ich mir gestern für unseren neuen Song ausgedacht hatte, aber nicht für wirklich gut hielt. Doch Kaoru schien das etwas anders zu sehen und horchte auf, sah mich gespannt an was wohl noch kommen würde. Doch leider hatte ich keine Noten auf meinem Blatt stehen gehabt und selbst an die, welche in meinem Kopf entstanden waren, konnte ich mich nicht mehr alle erinnern. Aus diesem Grund hörte sich die gespielte Melodie sehr holprig an, doch schien es meinem Zuhörer trotzdem zu gefallen, denn er notierte sich etwas, was sich für mich später als Noten heraus stellte.

„Das ist gut Toshiya. Wo hast du das her?“ kam nun fragend von ihm. Leicht verwundert darüber schaute ich ihn an und lächelte dann aber doch stolz.

„Na aus meinem Gehirn, wo so was Gutes nun mal herkommt.“ Kurzes Lachen ertönte im Raum.

„Ne schon klar.“ Erwiderte er daraufhin. „Aber jetzt ehrlich. Es ist wirklich gut. Daraus könnten wir was machen. Natürlich muss noch viel dran gearbeitet werden, aber dann...“ Kaoru schaute wieder auf das Blatt vor sich und ging in Gedanken schon mal eine Melodie durch, die zu den jetzigen Noten passen könnte und schrieb noch Einiges dazu. Neugierig wie ich manchmal bin, stellte ich den Bass zur Seite, ging schnellen Schrittes zu unserem Leader-sama und schaute ihm gespannt über die Schulter. Die Noten, welche dort standen, wurden in meinem Kopf zu Tönen, die sich nicht schlecht anhörten.

„Stimmt. Das passt sehr gut zusammen. Wenn wir das Ganze gleich noch Dai und Shinya vorspielen, haben sie vielleicht auch ein paar brauchbare Ideen dafür und Kyo könnte schon mal an einem weiteren Text arbeiten.“ Ein Nicken von Kaorus Seite als Zustimmung zu meinem Vorschlag. So ging es eigentlich bei uns immer voran. Jemand hatte ein paar Klänge im Kopf, schrieb sie auf, eventuell blieben sie sogar ein paar Tage oder Wochen einfach liegen, bis Jemand sie erneut aufgriff und sie als gut empfand, sich darüber Gedanken machte und noch Einiges dazuschrieb, was wir Alle gemeinsam dann als einen neuen Song kreierten. Später würde unser Sänger Kyo sich einen geeigneten Text dazu ausdenken, welchen wir bisher immer angenommen hatten. Irgendwie schien er dafür ein ganz schön großes Talent zu haben, doch waren wir darüber sehr froh, mussten uns damit nicht auch noch auseinander setzen.

Ein lautes Türknallen ließ mich und Kaoru abrupt hochschrecken, hatten wir doch nicht bemerkt, dass Jemand das Studio betreten hatte. Ein flüchtiger Blick zur Uhr verriet mir, dass es um einen unserer Bandmitglieder handeln musste, denn es war bereits 5 nach 12 Uhr. Alle, außer uns Beiden, war jeder zu spät. Unverständliches Grummeln erklang und dann vernahm ich wie unser Neuer sich auf die Couch fallen ließ.

„Ähm...“ erst jetzt drehte ich mich zu ihm herum und sah Kyo direkt in die Augen.

„Hi.“ kam es nur leise von mir und noch weniger kam von Kaoru, der dem Sänger nur ein Nicken schenkte, sich dann wieder über sein Blatt beugte und grübelte.

Schweigen von Kyos Seite aus. Zwar konnte ich mich in der letzten halben Stunde von meinen ganzen Sorgen über unsere Vier ablenken, so kam nun alles auf einen Schlag durch Kyos Verhalten zurück. Seufzend ging ich zu ihm, nahm ebenfalls Platz und setzte einen fragenden Blick auf.

„Schau mich nicht so an.“ Der Kleinere musste es bemerkt haben, obwohl Dieser mich nicht eines Blickes würdigte, was die Sorgen nur noch mehr antrieb.

„Entschuldigung. Aber ich habe wirklich das unangenehme Gefühl, dass mit euch allen etwas nicht zu stimmen scheint.“ Ich musste es immerhin endlich ansprechen, wollte es doch klären. Durch meinen Satz zog ich nun gleich zwei Blicke auf mich. Kyos und auch den von Kaoru, welcher sofort von seiner Arbeit abließ und aufhorchte aber weiterhin schwieg.

„Und was bitte soll das sein?“ fuhr mich mein Sitznachbar an. „Hast du dir schon wieder was in Kopf gesetzt um uns zu nerven? Damit mal wieder etwas Spannendes in deinem Leben passiert?“ Warum bitte griff er mich so an? Der fragende Gesichtsausdruck wechselte in einen überraschten und leicht erschrockenen über.

„Kyo, ich...“ Mir fielen glatt die Worte.

„Was du?“ fauchte er zurück. „Rede. Los! Was willst du uns unterstellen?“ Ich war total perplex, wusste nicht zu antworten, suchte nach Worten, wollte kontern. Doch nichts kam aus meinem Mund.

„Wenn du nichts zu sagen hast, halt einfach den Rand.“ Damit war für Kyo das Gespräch beendet und ich war weiterhin im Unwissenden. Aber das störte mich nun gar nicht so sehr daran. Ich konnte diesen kleinen Ausraster einfach nicht nachvollziehen und er ließ mich noch immer sprachlos bleiben. Nichts ging mir während dessen durch den Kopf, er war wie leer gefegt.

Eine weitere Person betrat nun den Raum. Etwas leiser und zurückhaltender wie Kyo gerade zuvor. Ich blinzelte kurz, wollte die Situation von eben vergessen oder besser gesagt verdrängen, denn darüber würde ich später weitergrübeln, dass war mir jetzt schon bewusst, doch wollte ich Shinya erst einmal begrüßen.

„Ich dreh gleich ab!“ Neben mir fuhr Jemand hoch und verschwand stampfend im Aufnahmeraum neben an. Nur durch die Scheibe konnten wir ihn nun noch sehen, aber nicht mehr hören, solange niemand auf den Aufnahme Knopf drücken würde. Shinya schaute Kyo traurig nach. Ja, er hatte wirklich einen traurigen Ausdruck im Gesicht. Mir kam es sogar so vor, als wenn seine Augen noch vom Weinen gerötet gewesen wären. Doch woher sollte ich schon wissen, ob er gerade geweint hatte.

„Hallo Shinya.“ endlich die Begrüßung. Auch ein murmelndes ‚Hi’ von unserem Ältesten, Kaoru. Der Begrüßte blieb stumm, stand wie angewurzelt noch immer auf dem gleichen Fleck. Mittlerweile konnte ich aus den Augenwinkeln sehen, dass Kyo zu singen begonnen hatte. Natürlich wusste ich nicht welchen Song er sang, aber es sah mir nach einem sehr leidvollen aus, denn er schrie regelrecht, was man an seiner Mimik gut erkennen konnte. Ich widmete mich und meine Gedanken wieder vollends Shinya. In meinen Augen sah er überhaupt nicht gut aus und langsam wurde ich mir wirklich sicher, dass er zuvor geweint haben musste. Eine kurze, und von ihm mit Sicherheit unbewusste, Geste bestätigte es mir sogar. Er wischte sich mit der linken Hand schnell über die Augen. Ein eindeutiges Zeichen. Ich musste mit ihm reden. In diesem Moment wurde mir das zu 100% bewusst und aus diesem Grunde stand ich auf, ging zu ihm, öffnete die Tür und schob ihn an den Schultern sanft aus Dieser auf den kühlen Hausflur hinaus. Ohne einen Ton von sich zu geben oder sich gar zu wehren, ließ er es mit sich tun. Das Kaoru sich aus dem Ganzen bisher ziemlich gut rausgehalten hatte, war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar geworden. Meine Gedanken waren nur noch bei meinem Gegenüber, von dem ich nur einen unsichern Blick bekam.

„Was ist los? Was geht bei dir und Kyo vor?“ Ich sprach das Thema gleich an, hatte es doch eh keinen Sinn weiter um alles rumzureden. Gut, bei Kyo hatte es mir seine Wut eingebracht, aber wusste ich auch, dass Shinya das Gegenteil von ihm war und erhoffte mir so eine aufschlussreiche Unterhaltung. Er fuhr mich zwar nicht sofort an, schwieg aber, was irgendwie für mich den gleichen Effekt hatte. Es brachte mich in meinem Wissen nicht weiter.

„Okay, Shinya, hör zu.“ Ich versuchte es auf Neue. „Ich weiß seit gestern, dass etwas zwischen euch Beiden vorgefallen ist, nur nicht genau was es ist. Aus irgendeinem Grund lässt mich das Ganze überhaupt nicht kalt, auch wenn es mich nichts angehen sollte. Aber ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen, habe kein Auge zubekommen, weil ich mir Sorgen um euch mache. Ich weiß auch nicht wieso das Gefühl so stark ist und mich nicht los lässt. Aber aus diesem Grund würde ich gerne die Bestätigung bekommen, dass meine Sorgen umsonst waren und nichts Schlimmes passiert ist, wovon ich nichts weiß. Wenn du mir nicht genau sagen möchtest was passiert ist, dann bestätige zumindest, dass all die Sorgen umsonst waren!“ Ich hatte das starke Gefühl, dass er mir etwas sagen, es einfach nur loswerden wollte. Doch nichts kam aus seinem Mund und auch der Blick wandte sich von mir ab. Wieso redete keiner mit mir? Was hatte ich verbrochen, dass man mich so von allen Geschehnissen ausschloss? Langsam schlug die ganze Sorge in Wut um. Wollte man mich vielleicht verarschen? Reinlegen? Shinya schien das irgendwie zu bemerken und nun kam ihm doch ein sehr leises ‚Gomen ne.’ über die Lippen.

„Ja schon okay.“ Ich wollte ihm schließlich nicht böse sein und so gab ich nach. Nur hatte er dies wohl gar nicht mehr mitbekommen, denn schon war er wieder bei der Tür und schloss sie hinter sich, war im Studio verschwunden und hatte somit unser Gespräch beendet. Die Wut in mir stieg und stieg und wurde nicht mal eine Minute später zum überlaufen gebracht. Ich vernahm Schritte hinter mir, welche die Treppen hochkamen und ich drehte mich um, um zu schauen wer dies wohl sein konnte. Rote Haare fielen mir ins Auge. Natürlich, er hatte immerhin zu dem ganzen Szenario nur noch gefehlt. Was mir auch nicht entging, war sein stetiges breites und fröhliches Lächeln im Gesicht. Ich konnte es nicht mehr ertragen. Übelkeit gesellte sich zur Wut und sie stiegen an.

„Morgen Kleiner.“ Ich konnte nicht mehr. Es war verwirrend, beängstigend und absurd zugleich. Zu viele Gefühle prasselten auf mich ein, brachten alles in mir durcheinander. Raus. Ich musste aus diesem Haus. Sofort!

Daisuke, der schon fast oben angekommen war, stieß ich nur noch zur Seite und war mit wenigen Sätzen die vielen kleinen Stufen hinabgelaufen. Das überraschte ‚Hey.’ von ihm konnte ich nicht mehr hören, war schon draußen auf der Straße, mitten auf dem Gehweg, der um diese Uhrzeit von vielen Menschen benutzt wurde, denen ich nun im Weg stand. Ständig wurde ich angerempelt, nahm es aber kaum wahr. Ich war in Gedanken. In absurden, wilden Gedanken, die mich zu erdrücken schienen. Ich wollte schreien, die ganze Verwirrtheit rauslassen, sie loswerden. Es ging nicht. Ich konnte nichts, außer nur da stehen und vor mich hinstarren. Wie lange ich dort stand, weiß ich nicht mehr. Wohl eine ganze Weile.

Irgendwann bemerkte ich nur noch, dass ich einem Café saß und ein Bier vor mir hatte.
 

~*~..::::..~*~

Wisst ihr eigentlich was es bedeutet? Was Gefühle für einen bedeuten? Vor allem welche, die unangenehm sind, einem Schmerzen bereiten? Keine körperlichen, sondern seelische? Die wahrscheinlich schlimmere Variante der Schmerzen. Es schmerzt. Es scheint einen von innen her zu zerreißen. Man möchte nur noch aus seinem Körper fliehen, sie loswerden um alles auf der Welt. Doch es ist unmöglich. Man muss sie auf die logische Art beseitigen. Den Auslöser für diese bewältigen, das Problem lösen. Doch wie macht man dies, wenn die Probleme nicht bei einem Selber liegen? Wenn sie Andere haben, einem verursachen? Vielleicht werde ich darauf irgendwann eine hilfreiche Antwort finden.

Denn geben kann sie mir niemand mehr.

No limit

Man hat sein ganzes Leben Zeit. Was man heute nicht schafft, erledigt man Morgen, lernt man vielleicht ein Jahr später. Wir sind noch jung, bekommen dies immer wieder zu hören, auch ich habe diesen Satz zu genüge gesagt bekommen. Doch woher sollen andere Menschen wissen, wie viel Zeit mir noch in meinem Leben bleibt? Wie viele Jahre, Monate oder Tage ich noch lebe? Na gut, mir ist diese Frage unwichtig geworden. Hätte ich es schon früher so gesehen, mir durch viele unnötige Gedanken nicht den Kopf zerbrochen, ob ich dann anders gehandelt und so mit mir manches erspart hätte?

~*~..::::..~*~
 

Der Mittag verstrich ohne weitere Vorfälle. Ich bekam weder einen Anruf auf meinem Handy, von wegen wo ich zur Arbeit bleiben würde, noch warum ich so einfach abgehauen war.

Auch kamen mir keine weiteren, erdrückende Gedanken auf, worüber ich sehr froh war. Nach einem Bier waren meine Sorgen schon wieder vergessen. Es überraschte mich selber sehr, denn ich wollte mich eigentlich betrinken. Doch kam mir in den Sinn, dass ich am Morgen nichts gefrühstückt hatte und so das schnelle Einsetzen der Alkoholwirkung zu erklären war.

Erleichtert hatte es mich auch, dass mich niemand von ihnen zu vermissen schien. Ich hatte nur sehr wenig Bedürfnis mich zu rechtfertigen, in ein strahlendes Gesicht zu schauen oder mich wieder anmaulen zu lassen. Und Shinya schwieg sowieso nur.

Ja, Shinya...

Ich spazierte unkoordiniert und verloren durch einen Park. Jeder Mensch einzeln nur für sich alleine. Jetzt kamen die Gedanken doch langsam zurück. Zu aller erst kreisten sie nun aber um unseren Drummer, mit einer der wichtigsten Personen in meinem Leben. Ich glaubte nicht, dass er wusste, was ich für ihn empfand. Natürlich waren dies nur freundschaftliche Gefühle, aber sehr tiefgehende. Vom ersten Augenblick an, wo ich ihn gesehen hatte, kam in mir das Bedürfnis auf, Shinya von nun an beschützen zu müssen.

Verschwiegenheit war eine neutrale Eigenschaft von ihm. Sie konnte sowohl positiv als auch negativ gewertet werden. Es kam auf die Situation an. Dieses Mal viel es mir schwer zu deuten, ich kannte die jetzige Situation nicht. Shin schien mit Kyo aus irgendeinem Grund verstritten zu sein. Daisuke wusste haargenau was zwischen den Beiden vorging und Kaoru hatte ebenfalls Probleme oder steckte in der ganzen Sache mit drinnen. Was war aber davor geschehen? Was hatte es ins Rollen gebracht? Genau darüber schwieg der Jüngste. Warum durfte ich es nicht erfahren, aber dir drei Anderen? Hatte es sogar vielleicht etwas mit mir zu tun? War mir unbewusst ein Fehler unterlaufen, der zu dieser Situation geführt hatte, sie es mir nur nicht erzählen wollten?

„Nein! Nun ist Schluss! Ich werde aus bestimmten Gründen nicht mit eingeweiht, also muss ich es akzeptieren!“ Leise sprach ich dies im Gehen zu mir selber. Musste irgendwie wieder zur Ruhe kommen. Da kam mir der kleine See in dieser Umgebung gerade Recht. Kirschblüten und ein beruhigender See. Was konnte einen mehr zur Entspannung bringen?

So nahm ich auch gleich auf dem grünen Rasen an einer sonnigen Stelle Platz und schaute gerade aus. An nichts denken, eventuell auch nichts fühlen, einfach nur in der Gedankenlosigkeit dahin treiben. Trotz meiner Zweifel, in nächster Zeit überhaupt Ruhe zu finden, gelang es mir relativ schnell. Wie lange ich dort so saß, kann ich schlecht beurteilen, doch rief mich eine sachte Berührung in die nicht mal halb so schöne Realität zurück. Verwundert öffnete ich die Augen, blinzelte kurz um sie an das helle Licht zu gewöhnen und sah am Boden einen dunklen Schatten vor mir. Also hatte ich mir die Berührung nicht eingebildet gehabt und Jemand stand hinter mir.

„Hast du geschlafen?“ Ich vernahm eine sanfte Stimme, welche ich auch sofort zuordnen konnte.

„Hm... nein.“ Und schon konnte ich in das Gesicht von Shinya sehen, der neben mir Platz genommen hatte.

„Hast dir einen schönen Ort ausgesucht um abzuschalten.“, meinte er immer noch mit dieser angenehmen Stimme und lächelte. Ein zustimmendes Nicken von meiner Seite aus. Aber konnte er Gedanken lesen? Woher wusste Shin, dass ich hier war um Alles zu vergessen?

Diese Frage konnte er anscheinend von meinem Gesicht ablesen und meinte nur leise lachend: „ Toshiya, hey. Wie lange kennen wir uns jetzt schon? Du würdest nie freiwillig und ohne Grund dich in einen Park begeben. Und was solltest du denn anderes hier schon wollen?“ Er hatte Recht. Wie so oft. Der Natur hatte ich noch nie wirklich Interesse geschenkt, warum sollte sich das plötzlich geändert haben? Ich fand einfach nichts an ihr, konnte mir nichts abgewinnen stundenlang in einem, Wald spazieren zu gehen und Tiere oder Pflanzen zu beobachten. Doch heute hatte mich mein Gefühl zu diesem grünen Fleck in einer grauen Stadt getrieben und ich bereute es auf keinen Fall. Eventuell würde ich diesen Platz hier von nun an öfters besuchen. Ich spürte das weiche Gras unter meinem Rücken, hatte mich zurückgelegt und schloss erneut die Augen um nicht von der grellen Sonne geblendet zu werden.

„Shin, du bist großartig.“

„Ich weiß.“ Kurzes Lachen ertönte von uns Beiden und ich nahm wahr, wie sich mein Gesprächspartner neben mich legte.

Wie geht’s dir?“ Die Frage war an mich gerichtet und ich überlegte welche Antwort ich geben sollte. Die Wahrheit? Das ich total durch den Wind war? Oder einen guten Freund anlügen und so tun, als wenn Alles schon vergessen wäre? Anscheinend hatte ich etwas zu lange überlegt. Denn der Blonde sprach schon weiter und wechselte somit das Thema. „Kaoru war nicht darüber erfreut, dass du von der Arbeit ferngeblieben bist. Aber wir haben ihn so lange bearbeitet bis er besänftigt wurde. Musst also keine Angst vor einer Standpauke von ihm haben.“ Es war lieb von ihm gemeint, er wollte dass es mir besser ging und es verfehlte nicht seine Wirkung. Ein Lächeln zeichnete sich auf meine Lippen.

„Danke.“

„Dafür nicht. Denn ich sollte eher dir danken.“ Verstand ich das gerade richtig? Shinya wollte mir danken? Mir? Wieso? Wofür? Ich schaute ihn sofort an. Verstand nicht was er meinte. Auch dieses Mal wusste er ohne Worte was ich dachte.

„Möchtest du wissen wieso ich Danke sage?“

„Sehr gerne.“, kam hoffend von mir.

„Dann sage ich es dir auch. Ich danke dir dafür, dass du mich nicht drängst. Dass du mich nicht zwingst mit dir über die Probleme zu sprechen, es zwar nicht gut heißt, aber akzeptierst. So ist nicht Jeder. Aber du bist auch nicht Jeder für mich.“ Dann verstummte er wieder und ich ließ seine Worte still auf mich wirken. Gerne hätte ich mich nun wieder bedankt, schwieg aber weiterhin. Seine Worte taten mir unglaublich gut, beruhigten mich innerlich. Wohlig, durch dieses neue angenehme Gefühl, seufzte ich auf, ließ den Moment weiter verstreichen und genoss ihn. Shinya durchbrach die Stille.

„Ich werde es dir irgendwann erzählen können. Wenn wir Alle soweit sind. Denk nicht so viel darüber nach. Ich bemerke doch, dass es dir dadurch nicht sonderlich gut geht. Ich möchte nicht unter anderem der Grund dafür sein.“ Er hatte wieder mal Recht und das wusste er ganz genau. Ein kleines, genuscheltes ‚Okay’ kam über meine Lippen. Immerhin musste ich langsam mit der Situation zurecht kommen, die Anderen schafften es anscheinend auch und dies war ein geeigneter Moment, wie ich fand. Schon wieder ein ehrliches ‚Danke’ von meinem Freund. Ich setzte mich auf, streckte den Oberkörper kurz durch und sah ihn an.

„Bedank dich nicht dauernd. Für dich tue ich das gerne. Das ist mir halt wichtig.“ Diese Gespräche mit ihm mochte ich sehr. Sie gaben mir das Gefühl etwas Schönes getan zu haben. Vielleicht ein Stück der Vollkommenheit. Dieser Tag konnte doch angenehmer werden, wie heute Morgen angenommen.

„Wollen wir noch was Essen gehen? Ich glaub nämlich nicht, dass du heute schon etwas hattest.“ Fragte mich Shinya und ein verlegenes Lächeln kam von mir und war für ihn somit auch zugleich Bestätigung genug.

„Aber nur wenn du mich einlädst.“ Verdutzt schaute er zu mir hoch. Hatte nicht damit gerechnet, dass die Stimmung noch mal so schnell umschlagen würde. Doch mir war danach uns es fühlte sich unglaublich gut an.

„Na los. Wer zuerst beim Eiswagen dort drüben ist.“, und schon sprintete ich los, nahm noch ein empörtes ‚Fies’ wahr und Sekunden später waren wir Beide nur noch am Lachen.

'Late Night'

Shinya und ich hatten noch sehr viel Spaß gehabt, waren ständig nur am Lachen und kicherten sogar ein wenig wie unschuldige Schulmädchen. Es tat aber gut und daher war es uns ziemlich egal, was für Blicke wir von unseren Mitmenschen ernteten. Er hatte es nun auch geschafft, dass zwar die Sorgen immer mal wieder hoch kamen, ich sie allerdings nicht mehr als sehr schlimm empfand. Ich konnte mich mit der Situation anfreunden es nicht zu wissen und konnte aus diesem Grund gut damit umgehen. Es ging mir dadurch auch wesentlich besser, was wir Beide bemerkten. Es war ein schönes Gefühl. Die Nacht über würde ich meinen wohlverdienten Schlaf bekommen, den ich nun an diesem Abend mit sehr frühem ins Bett gehen nachgeholt hatte.

Am nächsten Morgen kitzelte die Sonne mich in der Nase. Ich hatte doch glatt vergessen Gestern die Jalousien vor den Fenstern runter zuziehen, was ich nun bitter bereute. Es konnte noch nicht später wie gerade 10 Uhr sein. Heute war dazu auch noch Samstag, was so viel wie freier Tag bedeutete, der einzigste freie Tag in der ganzen Woche. Selbst Sonntags mussten wir raus. Meist hatten wir kleinre Gigs in Clubs. Ebenfalls auch Morgen, etwas außerhalb. Natürlich freute ich mich darauf, die Musik war mein Leben und Gigs und Auftritte allgemein, waren das Schönste was ich in meinem Beruf machen konnte, allerdings hätte ich gerne auch mal wieder zwei freie Tage hintereinander gehabt. Das waren die Nachteile, die, wie ich fand, aber nicht überwiegten. Zumindest noch nicht. Was alles kommen würde, wen wir berühmter wurden, was zweifellos grade in Gange war, wusste ich noch nicht. Es würde auf mich zukommen müssen und diese Ungewissheit ließ Freude in mir aufsteigen.

Trotzdem war ich nun wach, grummelte leise vor mich hin und zog die Bettdecke über meinen Kopf, wollte diese Helligkeit vergraulen. Es half nichts. Die Sonne schien sogar durch den lichtdurchlässigen Stoff der Decke und des Bettbezuges zu dringen. Sie wollte mich ärgern, quälen, keine Frage. Aber ich würde es ihr zeigen, mich nicht unterkriegen lassen und versuchte wirklich zwanghaft wieder in einen ruhigen Schlaf zu verfallen.

Fünf Minuten.

Zehn.

Ein resignierendes Seufzen, was so viel bedeutete wie ‚Ich gebe auf. Hast gewonnen’. Ob sie das wohl mitbekam? Wie sie es geschafft hatte meine Unlust zu besiegen? Ich musste selber über diesen kindlichen Gedanken schmunzeln, hob dieser aber doch zugleich meine Laune um einiges.

Zugleich fasste ich den Mut, den ersten Fuß aus dem Bett zu heben. Er lugte unter der Bettdecke hervor, stellte fest, dass es nicht zu kalt im Raum war und berührte dann zaghaft den Boden. Der Zweite folgte sogleich und schon saß ich aufrecht im Bett. Die Decke rutschte von meinem Gesicht und der nackten Brust. Es war wirklich warm im Zimmer, trotzdem bildete sich eine unscheinbare Gänsehaut. Langsam bekamen auch meine Augen Lust, sich in den alltäglichen Betrieb zu setzen und öffneten sich. Strahlend blauer Himmel und eine lachende Sonne. Das Erste was ich nach dem öffnen der Lider sah.

Herrlich.

Mehr oder weniger ironisch gemeint. Für einen freien Samstag gab es kein besseres Wetter. Für ein zu frühes Aufstehen hätte mir allerdings ein verregneter Morgen besser gefallen. Was sich nicht ändern ließ, ließ sich nicht ändern und so begab ich mich nun ganz aus meinem warmen, weichen Bett, in dem man sich so schön ausruhen konnte. Ich musste dieser verlockenden Versuchung, wieder sofort in dieses zurück zusteigen, entgehen. Eine eiskalte Dusche. Wenn das den Kreislauf nicht in Schwung bringen würde, wusste ich auch nicht weiter. Kurze Zeit später hörte man aus meinem Badezimmer einen erschrockenen Schrei. Ein Außenstehender hätte glatt gedacht, dass jemand, wie in dem Film ‚Psycho’, im Bad ermordet wird. So kalt hätte ich mir dieses Leitungswasser nicht vorgestellt, doch drehte ich es auch nicht wärmer, wollte immerhin für den Tag fit werden und musste aus diesem Grund ‚leiden’.

Es tat unglaublich gut. Ich kam zwar mit einer stärkeren Gänsehaut als davor wieder raus, doch kam es mir so vor, als wenn ich jetzt Bäume hätte ausreißen können. Ich war hellwach und fühlte mich unglaublich erfrischt und gestärkt. Wie sahen eigentlich die Pläne für den Tag aus? Musste mir wohl so langsam mal etwas einfallen lassen. Shoppen? Aber alleine? Na gut. Shoppen! Dann abends in eine Diskothek. Auch alleine, doch waren so die Chancen größer eine nette Dame aufzureißen, etwas mit ihr zu trinken und dann eventuell in einem Lovehotel zu verschwinden. Ein Grinsen bildete sich auf meinen Lippen. Solche Vorstellungen schon am Morgen? Warum auch nicht! Hatte ich wegen der Band und dem damit verbundenen Stress in letzter Zeit gar keinen weiblichen Kontakt mehr. Den musste ich heute Abend dringend nachholen.

Da ich mir vornahm gleich nach dem Einkaufen in die Bar zu gehen, richtete ich mich jetzt schon dementsprechend her. Ein weißes Hemd, bei welchem ich zwei Knöpfe oben aufließ und eine schwarze Lederhose folgte. Sie saß sehr eng, doch war ich schon ein wenig stolz auf meinen Körper und konnte ihn so gut präsentieren. Es war zwar ein einfaches Outfit, wozu ich noch etwas Make-up auflegte, doch war es auch einer der erfolgreichsten, wie ich des öfteren feststellte. Frühstücken würde ich unterwegs und so fand ich mich unten auf der Straße wieder, auf den Weg in die City. Dafür musste ich den Shinkansen nutzen, ca. 20 Minuten Fahrt, aber die ließ sich gut mit etwas Dösen verbringen. So tat ich es auch und stieg in Tokyo City wieder aus. Ich war schon lange nicht mehr hier gewesen, da ich in einem Vorort von Tokyo wohnte und nicht oft in die Stadt fuhr. Die Überlegung was ich mir kaufen wollte, verschob ich gleich wieder. Wenn ich was interessantes fand, kaufte ich es mir einfach. Auf Zwang fand man nie die richtigen Sachen.

Also ging ich ziellos durch die Tokyoter Innenstadt und schaute in jedes Schaufenster an dem ich vorbeiging. Am Anfang lief mir nicht unbedingt was über den Weg, aber das enttäuschte mich nicht. Wenn ich nichts fand, fand ich eben nichts. Doch als ich mich grade dazu entschloss, mit leeren Taschen aber vollem Portmonee, in eine angesagte Szene Bar zu gehen, welche nicht weit entfernt war, stolperte ich doch noch über ein sehr außergewöhnliches Stück. Ein wahnsinnig teures Designerhemd. Es zog mich gleich so in seinen Bann, ich musste es haben.

Mit wenigen Schritten betrat ich die Boutique und fragte gleich nach diesem Hemd. Ich bekam es mit zur Umkleide, wo ich auf dem Weg zu Dieser in Jemanden reinrannte.

„Oh, entschuldigen Sie bitte.“, kam es ernstgemeint von mir.

„Können Sie nicht...“ wollte der Andere gerade erwiedern, als er mir schon um den Hals viel.

„Was...?“ Total überrascht sah ich ihn das erste Mal an.

„Ach Dai. Mensch...“, und schon legte ich ebenfalls die Arme freundschaftlich um ihn.

„Kleiner, wer dachte das ich dich heute und vor allem hier treffe?“

„Na ich zumindest nicht.“, erwiderte ich frech und löste die Umarmung. Daisuke sah auf das Hemd, welches ich anprobieren wollte.

„Schick, schick. Ich wusste schon immer, dass du Geschmack hast. Passt es?“

„Ich weiß noch nicht. War grade auf dem Weg darein.“ Ich nickte zu den Kabinen. „Und selbst?“ Ein Kopfschütteln verriet mir, dass er es wohl nichts gefunden hatte.

„Hab heute kein Glück. Ich finde nix Gescheites, aber das schont auch meinen Geldbeutel. Ich habe diesen Monat etwas über meine Finanzen gelebt.“ Beantwortete er meine Frage und legte ein schiefes Grinsen auf. „Was hast du nach dem Shoppen noch vor?“ fragte er weiter. Sollte ich ihm nun erzählen, dass ich noch Frauen aufreißen wollte? Er würde dann sicherlich mitkommen wollen und ob das so in meinem Interesse war? Na ja, warum aber nicht.

„Ich dachte ich geh gleich noch ins ‚Late Night’. So’n bisschen... du weißt schon.“, meinte ich grinsend und zwinkerte ihm zu. Daisuke verstand sofort und schien kurz zu überlegen.

„Wäre es möglich das du mich dahin mitnimmst? Oder würde ich nur stören?“ Da ich mich nun eh schon mit dem Gedanken ihn mitzunehmen gewöhnt hatte, nickte ich zustimmend. „Klar. Aber schnapp mir Keine weg.“ Mit den Worten verschwand ich dann auch endlich in der Kabine und probierte das Hemd an. Von draußen hörte ich Dai antworten.

„Keine Sorge. Das werde ich nicht tun, versprochen.“

„Na dann.“ Schon kam ich zu ihm zurück und drehte mich einmal um die eigenen Achse.

„Nicht schlecht Kleiner. Wenn du das anbehältst wirst du heute Abend 10 Zimmer in einem Lovehotel buchen müssen.“ Wir lachten Beide auf, aber die Idee mit dem Anbehalten fand ich gar nicht schlecht. Das Hemd war schwarz mit feinen roten Streifen und ließ meine Haut leicht durchschimmern. Perfekt fürs Ausgehen.

„Ich behalte es an und dann schmeißen wir uns ins Vergnügen!“ Minuten später bezahlte ich das Hemd, durfte es sogar gleich anbehalten. Bei dem Preis hatte ich diesen Service auch erwartet. Das Alte wurde mir in eine Tüte gepackt und ich verließ mit meinem Freund den Laden.

„Toshiya?“ Warum sprach er mich mit meinem Namen an?

„Ja?“ Ich schaute zu ihm zurück, er ging ein paar Schritte hinter mir.

„Warum bist du gestern einfach abgehauen? Was war passiert?“ Ach so, darauf wollte er wieder ansprechen. Doch war er es nicht selber gewesen, der mich mit diesen Fragen vorgestern noch alleine gelassen hatte?

„Ich habe mit Shin schon darüber gesprochen. Es ist okay. Lass uns bitte nicht noch mal damit anfangen. Lass uns den Abend genießen okay?“ So ging er auch nicht weiter darauf ein. Daisuke verstand es, wenn ich über etwas nicht sprechen wollte, genauso wie ich es bei Shinya verstand. Ein wahrer Freund eben.

Schon kamen wir im ‚Last Night’ an. Ich hatte zumindest absichtlich nicht unsere eigentliche Stammbar gewählt, denn ich wollte niemanden von den Anderen treffen. Daisuke war nun eine Ausnahme.

Meiner Meinung nach, waren wir Beide erst ein einziges Mal in dieser Bar gewesen und das auch noch zusammen. Doch hatte es mir zumindest sehr gut gefallen und so hatte ich mich heute Morgen eben dazu entschlossen, hier wieder mal aufzutauchen. Die Bedienungen waren nett, die Drinks lecker und nicht allzu teuer, die Gäste, vor allem die Weiblichen, perfekt. Weiche, rote Ledersofas gab es in jeder Ecke und so steuerte ich auf ein Freies zu. Jede Ecke hatte ein anderes Farbthema. In Dieser bestrahlte rotes Licht das Sofa. In den Anderen war es Grün, Gelb und Lila. Ich fühlte mich in dem roten Licht sofort wohl, nahm dann Platz und Dai neben mir.

„Ich frage mich immer wieder, warum wir die hier nicht zu unserer Stammbar machen. Die ist viel stylischer als die Jetzige.“ Ich stimmte dem Rothaarigen direkt zu. Diese Bar hatte wirklich mehr Stil, nur kannten war sie nicht früher und ich hatte wenig Lust meine jetzige Stammdiskothek zu wechseln. Man kannte doch die Angestellten dort und vor allem die Gäste die kamen. Es war irgendwie immer wieder wie eine große Familie, wenn ich dort hinkam.

„Mach sie doch zu deiner. Ich bleib bei der Alten.“, war nur meine Antwort. Dann spürte ich Dai’s Ellenbogen in der Seite.

„Spinner.“, kam lachend von ihm.

„Was denn?“ Ich grinste breit und sah schon die Bedienung auf uns zukommen. Sie war Ausländerin, eine wirkliche Schönheit wie ich fand. Woher sie kam? Ich war mir nicht sicher. Europa? Amerika? Wahrscheinlich eines von den Beiden. Ihr Japanisch war aber trotzdem perfekt. Wir bestellten uns Beide erst einmal einen Cocktail. So zum Eingewöhnen für weitere Runden.

„Du fährst ja total auf sie ab.“ Dai fing laut an zu lachen.

„Bitte was?“

„Na wie du ihr zugelächelt und eben auf ihren Hintern gestarrt hast. Das ist selbst der aufgefallen.“ Ich hatte bitte was? Es war mir so gar nicht aufgefallen und ich musste wirklich überlegen ob Dai jetzt nicht nur scherzte. Nur warum sollte er? Ich blinzelte noch mal kurz zu der Kellnerin. Sie war hübsch. Sehr hübsch. Aber wirklich mein Geschmack? Vielleicht. Ich sollte sie angestarrt haben? Unbewusst geflirtet? Wenn er es meinte, würde ich darauf achten es nicht noch mal zu tun. Meine Lust, Jemanden für die Nacht zu finden, war ziemlich in den Keller gesunken. Ich wusste nicht mal warum. Es störte mich nicht, es war eben so.

Dann bemerkte ich den verdutzten Gesichtsaudruck auf Dai’s Gesicht.

„Tust du’s etwa nicht? Mensch sie hat deinen Flirtversuch erwidert. Die Frau ist heiß auf dich. Schmeiß dich ran da, dann gehst du heute nicht alleine nach Hause!“ Sie hatte es erwidert? Ich verstand immer weniger. Was war denn in den letzten paar Minuten mit mir losgewesen, dass ich sie jetzt schon wieder vergessen hatte? Kopfschüttelnd sah ich weiter zu meinem Freund.

„Na gut. Wenn du dir so sicher bist, versuche ich sie mal an Land zu ziehen.“ Obwohl ich es gar nicht wollte, sagte ich dies. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich die Stimmung runterziehen würde, wenn ich sie nicht weiter anbaggerte. Ich musste das ja nicht gleich extrem angehen und vielleicht ergab sich doch noch ein nettes Gespräch, was ich später nicht bereuen würde. Mein Blick wanderte wieder zu ihr, doch stoppte er dann abrupt. Ein kleinerer Blondschopf schob sich unbewusst in mein Blickfeld und zog meine Aufmerksamkeit voll und ganz auf sich. Das konnte er nicht sein. Nein, nicht hier. Aber warum nicht? Die Bar kannten ja nicht nur Dai und ich.

„Kyo.“ murmelte ich sehr leise und war überrascht als Daisuke darauf reagierte. Ich hätte nicht gedacht, dass er es verstanden hatte.

„Kyo? Wo das denn?“ Er schien ihn nicht zu finden und ich schaute weiter diese Person an, die ich für ihn hielt. Ich irrte mich doch nicht, oder doch? Kurz kniff ich die Augen zusammen, schaute dann wieder dorthin. Nein, keinen Zweifel. Kyo unterhielt sich mit dem Barkeeper und lächelte ab und zu.

„Na da. An der Theke. Siehst du ihn?“ Er schien ihn immer noch nicht zu sehen.

„Ich geh mal zu ihm und frag ob er mit her kommt okay?“ Eine Hand an meiner Schulter hielt mich grade so noch davon ab mich zu erheben.

„Nein. Ich sehe ihn doch gar nicht, du hast dich bestimmt verguckt.“

„Daisuke! Ich bin mir zu 100% sicher, dass dort hinten Kyo steht und sich unterhält. Dann kann ich ihn auch zu uns bitten, wenn er durch Zufall auch hier ist, oder hast du was dagegen?“ Lieses Seufzen ertönte.

„Nein. Geh schon.“ Er hatte etwas dagegen, ich bemerkte es sofort, doch verstand ich natürlich nicht warum. Hatten sich Dai und Kyo jetzt auch noch gestritten? Ich wünschte mir zu tiefst, dass es nicht der Fall war. Das Alles musste nun nicht unbedingt noch mal von vorne beginnen und so stand ich nun ohne weitere Worte auf und ging in Richtung unseres Sängers. Er war es wirklich.

„Hi Kyo. Was machst du denn hier?“, begrüßte ich ihn, als ich neben ihm angekommen war. Verwundert schaute er sich zu mir um, setzte dann einen etwas verwunderten Blick auf.

„Toshiya? Was...was machst du denn hier?“

„Was trinken? Spaß haben? Dai ist mit mir hier.“ Seine Gesichtszüge entglitten immer mehr. Doch Streit?

„Ähm...okay....also...dann viel Spaß euch Beiden.“ Er schien völlig aus der Fassung zu sein.

„Aber Kyo.“ Ich ließ mir nicht anmerken, dass ich es bemerkt hatte. „Komm doch mit rüber. Wir sitzen dort hinten.“ Kyo sah kurz in Dai’s Richtung.

„Es geht nicht. Tut mir Leid. Ich bin schon verabredet. Sie kommt gleich.“ Ein sehr kleines Lächeln bekam ich geschenkt.

„Du hast eine Verabredung?“ Sollte ich nun weiter darauf eingehen? Wie es ein Freund nun tun würde? Oder wäre es besser, ihn alleine zu lassen? Zurück zu Dai zu gehen? Ich war mir dieses Mal rein gar nicht sicher.

„Ich glaub er wartet schon.“, kam nun von dem Blonden. Er wollte anscheinend nicht auf meine Frage eingehen und so nahm er mir auch gleichzeitig die Entscheidung ab. Ich würde ihn besser in Ruhe lassen.

„Wahrscheinlich hast du Recht. Wir sehen uns dann Morgen beim Soundcheck, ne. Bai.“ Ich setzte nun auch noch ein freundliches Lächeln auf, legte ihm noch mal zum Abschied die Hand auf die Schulter und ging dann zurück zu meinem Platz.

„Und? War er es nun?“ Ein Nicken von meiner Seite aus.

„Ja. Aber er hat eine Verabredung.“

„So?“ Dai grinste über das ganze Gesicht. „Ist sie sexy?“ Er konnte auch nur an das Eine denken.

„Unglaublich heiß.“, log ich, doch mein Grinsen verriet mich. „Sie ist noch nicht da.“ Ich versuchte erst gar nicht weiter darüber nachzudenken, was eben passiert war. Würde mir nicht den Abend verderben wollen.

„Hm, aber der soll Morgen nicht unseren Gig verpennen. Ich kenn ihn doch.“, murmelte mein Gegenüber. Dai nahm seinen Job sehr genau, genauso wie Kaoru auch. Kyo und ich waren da etwas anders, kamen gerne mal eine Stunde zu spät oder meldeten uns krank um einen freien Tag genießen zu können.

„Wird er nicht. Ich hab ihn noch mal dran erinnert. Aber nun hör auf an die Arbeit zu denken. Das ist ja schon nicht mehr normal.“

„Ja, ja...“ bekam ich grummelnd zur Antwort und schon kamen unsere Getränke, sodass wir auch nicht das Gespräch weiterführten. Dieses mal achtete ich intensiver auf die Bedienung, welche die Gleiche wie vorhin war. Sexy, ein süßes Lächeln, volle Brüste. Sie hatte alles, was eine Frau haben musste. Vor allem eine wahnsinns Ausstrahlung, aber mit ihr flirten? Na gut, warum nicht. Ich musste ja nicht gleich mit ihr ins Bett steigen und so lächelte ich freundlich und sie erwiderte es, zwinkerte mir kurz zu.

„Bist du also der Freund von Dai-chan hier, hm?“ Bitte? Hatte ich mich verhört? Sie schien Dai zu kennen.

„Na von dem da.“ Sie nickte zu dem Rotschopf rüber, dieser sah mich nur verlegen an.

„Ja, das bin ich.“ Ich fasste mich nur sehr langsam wieder.

„Sei doch nicht so überrascht darüber, dass ich ihn kenne.“ Sie bemerkte meine Unwissenheit. „Er kommt doch öfters hier her, um...“ Dann wurde sie unterbrochen.

„Blue, komm. Da hinten warten noch andere Kunden, die bedient werden wollen. Quatsch dich nicht fest.“ Daisuke wollte sie los werden, man merkte es ihm regelrecht an. Ich würde ihn gleich zur Rede stellen müssen.

„Schon gut, schon gut. Wenn ihr noch was wollt, ruft einfach nach mir, ne.“ und schon ging sie wieder ihrer Arbeit nach.

„Blue...?“ kam stammelnd von mir.

“Ja, sie heißt Blue. Ist ihr Spitzname. Ich weiß gar nicht wie sie wirklich heißt.“ Man konnte ihm keine Unsicherheit anmerken.

„Moment. Ganz langsam. Du bist hier öfters? Und ich weiß nichts davon?“

„Muss ich dir jetzt sagen wann ich in welche Bars gehen um mich zu amüsieren?“ Nein, natürlich musste er das nicht, dass war mir auch bewusst.

„Schon gut. Ich war nur etwas... überrascht.“ Es war doch nichts Außergewöhnliches passiert. Warum stellte ich mich grade wieder so an?

„Passt schon Kleiner. Kam jetzt auch etwas plötzlich.“ Na und wie. Noch leicht durch den Wind, nippte ich an meinem Cocktail. Das brauchte ich nun dringend.

„Na gut, lass uns nun Spaß haben, deswegen sind wir doch hier.“ Ich musste die Stimmung wieder auflockern.

„Klar, machen wir. Haste jetzt gesehen, wie sie dich angeschaut hat?“ Ich nickte.

„Hab ich. Mal sehn was sich da noch so ergeben kann.“

„Ne ganze Menge. Vertrau da dem Älteren!“ Da schien er sich aber sehr sicher zu sein.

„Na gut. Tue ich das mal. Tue ich auch viel zu selten.“ Ein kleiner Scherz. Wir beide lachten. Es tat unglaublich gut und es erleichterte.
 

~*~..::::..~*~

Was erwartet man in seinem Leben? Dass es sich ständig ändert? Etwas Aufregendes passiert? Man immer Freude in diesem hat? Oder möchte man nur, dass es sich ruhig verhällt? Keine besonderen Ereignisse, bloß keine Aufregung, es nur genießen. Hätte man mich damals gefragt, was wäre meine Antwort gewesen? Vielleicht, dass ich es auf erstere Weise hätte erleben wollen. Immer Abwechslung, viele Freunde, immer etwas Neues. Doch habe ich nicht bedacht, dass Neues nicht nur positiv ist. Was ist, wenn auch mal Unerwartetes auf einen zukommt? Was einen total aus der Bahn reißt? Die Zukunftsträume in Gefahr bringt?

One song

Die nächsten 30 Minuten verliefen wunderbar. Wir hatten unseren gemeinsamen Spaß, lachten und vor allem tranken viel und ich hatte mehrmals die Gelegenheit Augenkontakt mit der sogenannten Blue aufzunehmen. Mit jedem Schluck, den ich nahm, gefiel sie mir besser. Nicht das man sie sich hätte schön trinken müssen, doch kam das Bedürfnis mit Jemandem die weitere Nacht zu verbringen, stark in mir auf. Daisuke konnte das gar nicht übersehen und die ganze Zeit hatte er ein breites Grinsen im Gesicht. Anscheinend würde er es mir wirklich gönnen, wenn ich sie so weit brachte.

Ich hatte stark das Gefühl, dass ich es schaffen würde. Immer wieder fing ich Blicke von ihr auf, die eindeutig waren. Sie hatte Interesse, genauso wie ich und wir ließen es uns gegenseitig spüren. Morgen bei unserem Gig, würde ich wohl sehr müde erscheinen. Aber das wäre es mir eindeutig wert.

Nun legte sich ebenfalls ein Grinsen auf meine Lippen. Erneut leerten wir unsere Gläser und ich hob die Hand, um Blue zu zeigen, dass wir Nachschub benötigten. Vorher musste sie noch zwei andere Kunden bedienen, setzte sich dann aber auch sofort in Bewegung und kam zu uns.

„Das Gleiche noch mal.“, meinte ich. Sie nickte kurz, setzte sich dann aber neben mich auf das Sofa.

„Kommt sofort.“ Sprach sie mit weicher, angenehmer Stimme.

„Wird das hier jetzt ne kleine Pause?“ ,neckte Daisuke sie.

„Habe ich mir die nicht auch mal verdient? Immer nur notgeile Männer zu bedienen ist sehr anstrengend. Versuchs doch auch mal.“ Der Angesprochene winkte ab.

„Ich denk nicht mal dran. Da hab ich nen besseren Job.“ Gespielt beleidigt zog Blue eine Schnute, die sie richtig süß erscheinen ließ. Ich musste mich schwer zurückhalten um ihr nicht einen Kuss aufzudrücken. Kamen da wirklich Gefühle für sie in mir hoch? Nicht nur auf sexueller Basis? Kaum zu glauben. So schnell ging es bei mir sonst nicht, zumindest hatte ich das noch nie erlebt gehabt. Wahrscheinlich war ich nur schon leicht angetrunken. Oder auch sehr stark Das musste es sein.

„Toshiya, du bist so schweigsam.“ Wir hatten uns im Laufe der letzten 30 Minuten schon vorgestellt bekommen. Dai hatte sich das nicht nehmen lassen. Ich nickte auf ihren Satz kurz.

„Sorry. Aber was soll ich sagen? Ihr Beiden diskutiert doch grade so schön.“ Sie sah mir direkt in die Augen, wand den Blick nicht mehr ab. Unsicherheit kam in mir auf. Seit wann machte mich der Blick einer hübschen Frau nervös?

„Ausreden.“, hauchte sie eher, erhob sich und schaute nun doch wieder zu meinem Sitznachbarn. „Dein Freund tritt gleich wieder auf. Es war spontan. Unsere eigentliche Band für den Abend ist kurzfristig abgesprungen und wir riefen ihn an. Es klappte sofort. Auf ihn ist eben verlass.“ Mit diesen Worten verschwand sie dann auch schon wieder um dem Barkeeper unsere Bestellung zu nennen. Ich hatte ihre letzten Worte nicht wirklich verstanden. Dai’s Freund? Auftritt? Heute Abend? Natürlich war mir bewusst, dass die kleine Bühne in der Bar auch genutzt werden würde und an einem Samstag Abend war das sogar sehr logisch. Die Diskothek war prall gefüllt, die Stimmung bestens. Eine Liveband würde das Ganze noch abrunden.

„Ähm...von welchem Freund spricht sie Dai? Ich wusste gar nicht, dass du noch andere Leute kennst, die Musik machen und schon in der Öffentlichkeit auftreten.“ Ich sah zu ihm rüber und erschrak kurz. Das Entsetzen war ihm ins Gesicht geschrieben.

„Dai..?“ Keine Reaktion von seiner Seite aus. „Hallo?“ Was hatte er nun? Was war an dieser Nachricht so schockierend gewesen?

„Wir müssen hier weg.“ Auf meine Frage ging er nicht ein.

„Wieso?“ Ich verstand ihn immer weniger.

„Weil... wir müssen halt weg. Ich muss Heim und du willst doch bestimmt nicht alleine hier bleiben oder?“ Vernahm ich etwa Panik in seiner Stimme? Meine Hand legte sich um sein Handgelenk, wollte somit verhindern, dass er einfach aufstand und aus der Bar verschwand.

„Nein. Weder du musst nach Hause, noch kann ich nicht alleine hier bleiben. Daisuke Andou! Du wirst mir jetzt erklären, was in dich gefahren ist!“ Es war mein voller Ernst. Langsam wuchs in mir die Besorgtheit, wollte aber gerne die Bestätigung, dass Diese umsonst da war. Kurze Zeit schwieg er, seufzte dann schwer und senkte den Blick um danach die Augen zu schließen.

„Du wirst es gleich sehen.“ Es war kaum hörbar gesprochen, ich hatte Mühe ihn zu verstehen, seufzte ebenfalls.

„Was werde ich verstehen?“ Als wenn das Schicksal es so gewollt hätte, wie Daisuke es sagte, erschien auf der kleinen Bühne ein Angestellter des Clubs. Gespannt sah ich Diesen an. Ob ich nun meine Erklärung bekommen würde?

„Ladies and Gentlemen.“ Die allseits beliebte standard Begrüßung. „Leider hat kurzfristig unser heutiger Act absagen müssen. Die ‚Tornados’ werden den Auftritt aber nächsten Samstag nachholen, keine Angst, ihr werdet sie noch live erleben.“ Niemand schien über das Absagen sehr Traurig zu sein. Es waren weder Seufzer zu hören, noch wurde applaudiert, dass sie es nachholen würde. Ich kannte diese Band nicht, aber anscheinend waren sie nicht sehr beliebt. Er sprach weiter: „Doch zu unserem und vor allem euren Glück, konnten wir sehr schnell einen Ersatz finden. Aber es ist nicht nur ein Ersatz, es ist ein verdammt Guter.“ Konnte er langsam mal zum Punkt kommen? Ich wollte meine Erklärung und langsam bekam ich das Gefühl, dass er sie mir wirklich geben würde. Neben mir schwieg Dai immer noch. Ich bekam sogar mit, dass er nicht mal den Herrn auf der Bühne ansah.

„Sie traten schon öfters im ‚Last Night’ auf. Haben hier ein wenig an Ruhm dazu gewonnen. Natürlich stehen sie noch ziemlich am Anfang, aber bei den Qualitäten, vor allem des Sängers, wissen wir doch Alle, dass sie es weit schaffen werden. Aber lange Rede kurzer Sinn, hier sind ‚Deathstars’.“ Allgemeine Begeisterung verbreitete sich im Raum, es wurde gejubelt und Beifall geklatscht. Dieser Name der Band sagte mir nun genauso wenig, wie diese ‚Tornados’. Aber anscheinend kamen sie zumindest beim Publikum besser an. Der Angestellte verließ die Bühne, um der Band Diese für ihren Auftritt zu überlassen.

„Gleich kommt’s.“, murmelte Dai neben mir. Da war ich mal gespannt, war immer noch nicht schlauer wie vorher und wollte es nun endlich erfahren, was auch immer es sein mochte. In dem Moment ging mir auch rein gar nichts durch den Kopf. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, was mich gleich erwarten sollte. Dai’s Freund, der Auftritt einer Band, in der dieser spielen sollte. Doch was hatte ich mit seinen angeblichen Freunden zu tun? Der Drummer betrat die Bühne und nahm gleich hinter seinem Instrument Platz. Nichts Außergewöhnliches, ich erkannte diesen Mann nicht. Er war mir genauso fremd, wie der Bassist und die beiden Gitarristen, welche nach und nach nun aus dem, mit Sicherheit sehr kleinen, wie es in Clubs eben üblich war, Backstagebereich kamen. Es musste wohl der Sänger sein. Anders konnte ich es mir nicht erklären. Ich hatte diese Männer noch nie gesehen, ihren Bandnamen noch nie gehört. Vielleicht änderte es sich wenn...

Mir stockte der Atem, und dass der Drummer das erste Lied schon anspielte, die Anderen einsetzten, nahm ich gar nicht wirklich wahr. Ich starrte ihn nur an, vernahm kurz, dass Daisuke mir etwas zumurmelte, aber was es war, wusste ich nicht.

Es war...unglaublich, ich hätte es nicht in Worte zu fassen vermocht, was sich dort auf der Bühne abspielte. Er sang, ja er sang. Es war nichts Ungewöhnliches. Es war sein Job, sein Beruf, zu singen, mit dieser einzigartigen Stimme. Aber doch nicht hier. Hier in diesem Club und schon gar nicht mit dieser, dieser Band!

Er sang doch in unserer.

Wir, Dir en grey, waren ein Team, seit längerem. Ich versuchte es gerade zu realisieren.

Kyo. Der kleine, blonde und immer zu einem Scherz aufgelegte, Kyo, sang in dieser Band, an diesem Abend genau vor meinem Auge. Gut, soweit war ich auch schon. Ich blinzelte kurz, wollte, dass es alles nur ein dummer Gag war, nicht die Realität, denn was das bedeuten würde, für unsere Zukunft, mochte ich noch gar nicht denken. Es war nur ein Witz, das konnte anders nicht sein und aus diesem Grund drehte ich mich zu meinem Freund um, ich benötigte die Bestätigung dafür.

„Glaub mir. Er tut es wirklich.“, nuschelte Dieser. Ja das sah ich auch Gott verdammt! „Lass uns gehen okay, Toshiya?“ Ein Nicken von mir und schon war ich aufgestanden, warf Kyo, der richtig vertieft in sein Tun war und sichtlich Spaß daran hatte. noch einen ungläubigen Blick zu und verschwand aus der Bar. Dai musste Blue wohl das Geld für die Getränke auf den Tisch gelegt haben, was ich total vergessen hatte. Ich entfernte mich einige Schritte vom Eingang, blieb dann aber sichtbar für meinen Freund einige Meter entfernt stehen und zündete mir eine Zigarette an. Es würde mit Sicherheit nicht bei einer bleiben. Ein starkes Bedürfnis, mich mit dem blauen Dunst in meinen Lungen zu vergiften, stieg in mir auf. Es war totaler Schwachsinn, doch konnte ich nichts Anderes fühlen. Es war absurd. Was fiel diesem Menschen eigentlich ein? Langsam verspürte ich auch Wut. Wut auf Kyo, auf sein Tun und warum hatte Daisuke davon gewusst und ich nicht? Dieser kam mir nun endlich nach und stellte sich schweigend neben mich. Das Schweigen war unangenehm. Es tat mir verdammt weh. Warum sprach er nicht mit mir? Klärte die Situation auf?

„Es ist nur dieses eine Mal, richtig?“ Ich musste sie durchbrechen, konnte sie nicht länger ertragen, es hätte mich innerlich verrückt gemacht. „Es war nur diese eine Auftritt von Kyo, richtig?“ Es konnte doch nicht anders sein. Ich sah Dai durchdringend an.

Komm sag schon was. Rede mit mir. Bestätige meine Fragen, schoss es mir unweigerlich durch den Kopf. Zu Vieles ging mir in dem Moment an Gedanken durch den Kopf. Zu viel um es alles in Worte zu fassen. Ein kurzes Kopfschütteln. Keine Bestätigung.

„Wie lange?“

„Wochen....“ Er wollte nicht mehr sagen, ich merkte es schon. Doch dadurch wurde meine Wut nicht weniger.

„Warum weiß ich das nicht? Wann wollte er es uns sagen? Wann, Gott verdammt? Rede endlich!“ Der Rotschopf zuckte unter dem scharfen Ton von mir zusammen. Ich wusste, dass er meine Wut verstehen konnte, auch dass ich sie nun rausließ und trotzdem war es ihm unangenehm.

„Das willst du Alles nicht wissen.“ Oh doch und wie ich das wollte. Und zwar jetzt auf der Stelle! Nicht erst in Minuten oder gar Tagen, geschweige denn von Kyo selber es erfahren. Ich wollte sofort die Wahrheit wissen und zwar von ihm! Mein kurzes Schweigen fasste er als Bestätigung für seine Frage auf und schwieg weiter.

„Dai rede!“, fauchte ich wütend. „Sofort!“, meine Stimme erhob sich langsam. Wie lang würde ich es noch aushalten können, bis ich einfach davon gehen würde? Weg aus diesem Szenario.

„Verdammt noch mal! Was kann ich denn dafür, dass Kyo sich diese dumme Idee in den Kopf gesetzt hat eine neue Band zu gründen? Was kann ich dafür, dass es ihm so gut gefällt, dass er wahrscheinlich vorhat Dir en grey zu verlassen? Was bitte? Und das du ausgerechnet heute in der Bar bist, wo der Auftritt der Deathstars gar nicht geplant war und sie zufällig doch spielten. Dafür kann ich auch nichts!“ Das Gesicht von Daisuke war hochrot geworden. Er war genauso in Rage geraten wie ich und hatte dies deutlich zum Ausdruck gebracht. Doch was er gesagt hatte ging mir nicht aus dem Kopf. Kyo’s neue Band hatte ich schon kennen gelernt, aber das er vorhatte uns zu verlassen... dass... dass konnte nicht sein. Wir waren doch eine Band. Doch nicht nur das. Wir waren Freunde. Schon lange. Über Jahre. Schon seit der Schulzeit. Ich schaute mein Gegenüber fassungslos an. Das musste erst mal verarbeitet werden. Ich konnte es noch immer nicht glauben.

„Wiederhole das bitte.“ Ich musste es noch einmal hören.

„Er wird uns verlassen, Toshiya. „ Meine Antwort, die ich haben wollte. Er würde es tun. Er würde es anscheinend wirklich tun wollen und damit unser aller Traum zerstören.

Der Traum vom glücklich sein.
 

~*~..::::..~*~

Sprachlos. Entsetzt. Verwirrt. Gedankenlos. Enttäuscht.

Was ist, wenn einem diese Gefühle alle auf einmal überkommen? Sich in einem breit machen? Man nicht mehr weiß, was man denken soll? Welches Gefühl den Vortritt lassen? Wie soll man mit diesen umgehen? Sie verdrängen? Ihnen einfach den Körper überlassen? Aber werden sie sich nur mit dem Körper zufrieden geben? Werden sie mit der Zeit auch noch die Seele in Anspruch nehmen? Einen so weiter verletzen?

Doch, das würden sie. Ich war mir sicher. Ganz sicher.

Remember me

Die Musik im Inneren des Gebäudes wurde immer leiser, bis sie schließlich ganz verstummte. Allerdings wurde sie sogleich durch tosenden Beifall der Barbesucher ersetzt. Ich liebte Beifall, das Schreien der Fans, zu sehen wie sie wirklich begeistert waren, doch nun kotzte mich dies regelrecht an. Ja, ich stand immer noch mit Dai am Eingang. Wie lange? Knappe 45 Minuten. Zumindest war diese Zeit auf meiner Uhr vergangen. Wir hatten nicht miteinander gesprochen, ich hatte nicht mal versucht ein neues Gespräch zu beginnen. Es ging einfach nicht. Die Musik von der Band hatte sich in mein Hirn gebrannt. Ich bekam Textstellen so wie mehrere Melodien nicht mehr aus meinem Kopf. Technisch gesehen waren die Lieder nicht schlecht, das musste ich ihnen lassen. Auch Kyo’s Texte waren astrein. Aber doch nicht für diese Band. Für unsere. Für unseren gemeinsamen Erfolg, wie wir ihn immer haben wollten und so gut davor waren. Dafür waren sie perfekt.

Die Lieder der Band wurden nun durch weitere Songs, welche vom Tape kamen, ersetzt.

„Wollen wir nun...?“ Ich erschrak kurz, hätte nicht gedacht das mein Freund sich doch noch zu Wort meldet. Ein Nicken. Gerne. Sehr gerne. Aber ich musste unterwegs mit ihm reden. Ruhig und ausführlich. Zumindest so ruhig wie es gehen würde. Mit einem Ruck stützte ich mich von der Wand ab, nahm aus der Schachtel eine neue Zigarette und zündete sie an. Gleichzeitig bot ich auch Dai eine an, der sie dankend annahm.

Ein paar Schritte kamen wir nur, als hinter uns Jemand meinen Namen rief. Ich erkannte diese Stimme sofort, wollte mich am liebsten umdrehen, auf ihn zugehen und die flache Hand in sein Gesicht schnellen lassen. Meiner Wut wieder mal freien Lauf lassen. Ich drehte mich nur langsam um, unterdrückte Alles was wieder hochzukommen drohte und hörte Dai neben mir tief seufzen. Ihm schien das Auftauchen unseres Sängers gerade genauso wenig zu gefallen.

Kyo kam bis auf wenige Schritte auf uns zu, schaute uns mit ausdrucksloser Mimik an. Zuerst wurde von jedem von uns nur geschwiegen. Am liebsten hätte ich ihn gefragt, was er sich dabei denken würde. Warum ich davon nichts weiß und wie unsere Zukunft nun aussehen würde. Doch nichts kam aus mir raus, rein gar nichts, außer leises Atmen, wodurch ich mich immer wieder zu beruhigen versuchte.

„Warum bist du hier?“ Ich wartete das er weiter sprach. Er tat es nicht. War das denn alles was er zu sagen hatte? Warum ich meinen freien Samstag Abend in einer Bar verbrachte, die in ganz Tokyo sehr angesagt war? Ich würde darauf nicht antworten, nicht auf so eine belanglose Frage in so einer Situation. Dazu war ich nicht in der Lage.

„Toshiya verdammt, sag mir warum du heute Abend hier warst?“ Nun wurde er auch noch sauer. Dazu hatte er kein Recht. Ich durfte sauer sein und zwar auf Dai und vor allem auf Kyo. Dai, weil er es gewusst hatte, dass der Blonde unsere Band und somit die Zukunft zerstörte und Kyo, weil er der Grund für das Zerstören war, was ihn scheinbar rein gar nicht zu interessieren schien.

„Ich wollte sehen wie du es kaputt machst.“ Es war nicht die Wahrheit, aber das konnte mein Gegenüber nicht wissen.

„Woher wusstest du es denn? Du konntest es gar nicht wissen. Wir hatten heute eigentlich keinen Auftritt.“

„Dann frag mich nicht warum ich heute hier war, sondern warum du diesen Auftritt heute hattest!“ Meine Stimme wurde immer lauter.

„Wir hatten...“, er stoppte. „Verdammt Toshiya, du solltest es gar nicht wissen!“ Nur Schweigen. Dai hielt sich aus dem Gespräch komplett raus. Ich fühlte mich durch den letzten Satz wie vor den Kopf gestoßen. Wunderbar. Ich durfte es nicht wissen. Ausgerechnet ich, aber alle Anderen durften? Alle Anderen!

„Kyo, sag... wissen es die anderen Zwei?“ Schweigen. Kein einziges Wort. Doch es war Antwort genug. Langsam stiegen mir Tränen aus Wut und Enttäuschung in de Augen.

„Das war der Grund für all diese...“, ich suchte nach dem Richtigen Ausdruck. „...für die Streitigkeiten zwischen Shin und dir. Das Dai einfach gegangen war, als ich ihn darauf ansprach. Das Kaoru solange arbeitet und nicht will das wir ihm helfen.“ Natürlich. Das passte alles haargenau zusammen. Doch hatte ich es erst in diesem Moment verstanden.

Auch darauf kam von Kyo keine Reaktion. Mir reichte es. Definitiv. Ich konnte seinen Anblick nicht weiter ertragen, er kotze mich regelrecht an.

„Dai? Komm... wir gehen.“ Und schon drehte ich mich um, widmete dem Sänger keinen einzigen Blick mehr. Es sollte ihm noch mal zeigen, was ich von dem Ganzen hielt. Ob es seine Wirkung erzielte oder nicht, konnte ich nicht beurteilen, denn noch immer kam rein gar nichts von dem Kleineren. Nichts. Und so ging ich dann mit dem auch immer noch schweigenden Rotschopf. In meinem Kopf ging alles durcheinander. Die Gedanken überschlugen sich, dazu kamen wirre Gefühle. Womit sollte ich nun zuerst umgehen, bevor es gleich ausarten würde? Die Wut beseitigen? Auf die Fragen passende und erleichternde Antworten finden? Die Tränen bekämpfen? Oder vielleicht es erst mal rauslassen, stehen bleiben und schreien? Danach könnte sich einiges schon von selber erledigt haben, doch konnte ich mir diese Blöße nicht geben. Ich versuchte mir ein wenig Stolz zu bewahren und gab sehr viel dafür. Das Unterdrücken der Tränen wurde immer schwerer. Meine Augen füllten sich bereits mit der salzigen Flüssigkeit, was anscheinend Daisuke nicht entging, denn ich spürte eine sanfte Umarmung, seinen Arm um meine Schulter. Ich schaute von ihm Weg, auf die andere Straßenseite, welche noch immer viel genutzt wurde. Auch nachts lebte die Tokyoter Innenstadt. Sie schlief nie. Von den Menschen, welche wahrscheinlich erst jetzt von der Arbeit kamen oder sich zu Dieser aufmachten. Sie könnten sich nun Ablenken, von all dem Stress, den familiären Konflikten oder ihrer eigenen Unzufriedenheit. Doch womit könnte ich dies nun?

Leise Worte holten mich aus den Gedanken zurück. Ich verstand sie zuerst nicht, hatte sie kaum wahrgenommen. Er musste es wohl gemerkt haben, wiederholte sie.

„Wir durften es dir nicht sagen. Kyo wollte es so. Er meinte, dass du es am wenigsten verkraften würdest.“ Es war nur gut gemeint, es sollte mir Trost spenden, er hatte Recht damit. Dai würde nicht weiter darauf rumtrampeln und doch kam es mir so vor. Ich verstand diese Sätze vollkommen falsch, flüchtete aus seiner Trost spendenden Umarmung. Keine einzigen Laute kamen über meine Lippen. Dafür viele neue Gedanken in meinem Kopf. Viel zu viele. Sie wurden mehr und mehr. Sie durften es mir nicht sagen? War Dai nicht mein bester Freund und ich auch seiner? Aber er durfte nicht reden? Weil Kyo es sagte? Weil Dieser mich anscheinend besser kannte als der eigene beste Freund? Er hätte es mir sagen müssen! Alleine um die Ehre dieser Freundschaft zu bewahren. Nur um mich nun nicht dumm dastehen zu lassen. Bei Shinya und Kaoru verstand ich mehr oder weniger warum sie es nicht getan haben, auch wenn dies nun kein Verbesserung der Verwirrtheit in mir brachte. Doch Daisuke Andou? Es war zu viel. Zu viel auf einmal. Enttäuscht von der Band, vom, wie ich dachte, wahren Freund, dem eigenen Arbeitskollegen und ebenfalls Freund, dem Abend, sogar mir selber, wandte sich mein Blick abweisend zu dem Mann neben mir.

„Morgen. Morgen bei unserem Auftritt. Da wird wieder Alles so sein wie vor einer Woche. Wir werden Späße treiben, lachen, unseren Auftritt durchziehen und danach noch feiern. Eventuell kommst du danach noch mit zu mir, oder wir liegen Beide in einem Lovehotel und haben mächtig Spaß. Hast du das verstanden? Nichts ist passiert. Nicht ein Bisschen.“ Es war Schwachsinn, zusammengesponnener Unfug, den ich mir selbst einredete. Doch es half. Zwar nur wenig, doch tat es seine Wirkung. Ich konnte das Andere verdrängen. Für Minuten, vielleicht nur Sekunden, doch reichte es mir gerade.

„Bis Morgen.“, sagte der Angesprochene und senkte den Blick. Er würde nicht darauf eingehen, ließ mir diese Fantasie des Glückes. In meinem Inneren dankte ich ihm still dafür und machte mich nun auf den langen Heimweg.

Die Einkaufstüte, mit dem kurz getragenem Hemd von mir drinnen, wippte bei jedem meiner Schritte hin und her. Es nervte. Es brachte diese Unruhe zurück, dich ich so schön verdrängte. Meine Finger lösten sich aus dem Griff, der die Papiertüte festhielt und ein kurzes Rascheln bestätigte mir, dass sie aus Diesen gegleitet war. Bemerkt hatte ich es nicht. Nicht ein einziger Reiz war auf den Längen jedes einzelnen Fingers zu spüren gewesen.

Als ich am Bahnhof des Shinkansen ankam, sah ich nur noch seine roten Rücklichter in der Dunkelheit verschwinden. Konnte der ganze Abend eigentlich noch besser werden? In diesem Moment dachte ich, konnte es das ganz sicher nicht, doch wie man sich irren kann, wurde mir kurze Zeit später erst richtig bewusst. Der Fahrplan verriet mir nämlich, dass es die letzte Bahn für die Nacht gewesen war. Die Nächste würde erst in 5 Stunden hier eintreffen. Was anderes fuhr um diese Uhrzeit gar nicht mehr, der Shinkansen war schon mehr oder weniger der Nachtzug Tokyos. Ein Taxi müsste nun her, doch verlangten diese für Nachtfahrten einen teuren Zuschlag und diese Ausbeute wollte ich unter keinen Umständen unterstützen. Ich konnte mir noch mehr Aufregung wirklich nicht leisten und so saß ich mich seufzend auf die abgenutzte Bank, welche den Wartenden diente. Kein einziger Gedanke wurde daran verschwendet, ob hier in der Nähe jemand wohnte, zu dem ich hätte gehen können. Es ging nicht, ich wollte nicht. Es kam wieder zurück. Zeit genug dafür hatte ich nun und so würde ich mich mit dem ganzen Chaos auseinandersetzen. Es machte mich verrückt, wie sollte ich denn nun darauf reagieren? Hätte nicht Kaoru auf Kyo’s Vorhaben reagieren müssen? Er war der Leader-sama und es war seine Pflicht sich um solche Probleme zu kümmern. Doch hatte er anscheinend rein gar nichts dagegen unternommen, genauso wie die Anderen. Zu sehr weh tun, wer kam auf so eine Idee? Das es mir zu sehr geschmerzt hätte. Shinya, Dai und Kao etwa nicht? War unsere Band für sie nicht genauso der große Traum, wie für mich? Jeder liebte das was er tat. Es war unser Leben, welches wir zusammen aufgebaut hatten und es wurde durch einen kleinen Wunsch zerstört? Nur weil er in einer neuen Band singen wollte? Warum eigentlich? Was war an dieser so besonders? Besser wie an unserer? Arbeiteten wir denn umsonst drei Jahre lang daran uns groß rauszubringen, um dann abzuspringen? Von Anfang zu beginnen? Es erneut auf die wahrscheinlich gleiche, schwere Weise zu versuchen?

Wir hatten den Durchbruch fast geschafft. Kaoru hatte bald den Vertrag mit einer der größten Plattenlabels in Japan in der Tasche. Er legte so viel Arbeit darein, hatte immer wieder Absagen bekommen, Enttäuschungen erlebt, doch nun war er kurz davor, es zu verwirklichen. Unser aller Traum. Hatte Kyo daran schon mal gedacht? Nicht nur an sich, sondern auch daran was er damit Leuten antat, die ihm anscheinend nahe standen? Bevor jetzt noch der Gedanke dazu kommen konnte, dass die ganze Band Kyo egal zu sein schien und es vielleicht schon immer so gewesen sein konnte, Kyo sie nur ausgenutzt hatte um sich einen Namen zu schaffen, wurde ich von der Seite her angesprochen. Mein Name wurde genannt, also Jemand der zumindest mich kannte. Aber um diese Uhrzeit? Und es war eine Frauenstimme, die dort sprach. Ich kannte keine Frauen, die mit mir reden wollten, ich hatte allen von Ihnen das Herz gebrochen. Mehr als eine Woche hielt ich es nie mit der Gleichen aus. In der Beziehung war ich wohl gefühlskalt, aber mich störte es nicht.

„Was denn...?“ murmelte ich dann als Antwort und schaute zu ihr auf. Wunderschön, wie schon den ganzen Abend lächelte sie mich an.

„Du bist einfach gegangen ohne dich bei mir zu verabschieden. Wie unhöflich.“

„Blue....“ Das überraschte mich nun wirklich, mit ihr hätte ich am aller wenigsten gerechnet. „Musst du nicht arbeiten?“ Sie schüttelte verneinend den Kopf.

„Meine Schicht ist zu Ende und ich wurde abgelöst. Leider hab ich den letzten Shinkansen nicht mehr bekommen. Na ja muss ich halt bis Morgen früh hier warten. Ist ja nicht das erste Mal.“

„Warum nimmst du dir kein Taxi nach hause?“ Dass sie meinte, dass sie hier öfters die knappen 5 Stunden warten würde, verwunderte mich nicht. Das war hier üblich. Man bekam den letzten Zug nicht und konnte sich kein Taxi leisten. Da nahm man sich am besten ein Hotelzimmer für eine Nacht um am nächsten Tag pünktlich zur Arbeit zu kommen, oder wenn man sich dies ebenfalls nicht leisten konnte, wartete man eben an dem entsprechenden Bahnhof.

„Ich kann’s mir nicht leisten.“ Hatte ich es mir doch gedacht. „Du dir aber anscheinend auch nicht, oder hast du Spaß daran hier zu sitzen?“ Sehr witzig, ich hatte nichts anderes zu tun, natürlich.

„Nein, ich habe keine Lust mich von den Taxifahrern ausbeuten zu lassen, aber wenn wir uns eines teilen würden, wäre ich damit einverstanden. Dann musst du hier nicht warten. Sollte man als Frau eh nicht tun.“

„Weiß ich doch.“ Meinte sie und ein Seufzen folgte. Die Idee schien sie allerdings sehr angenehm zu finden, denn ein Lächeln umspielte nun auch schon wieder ihre vollen Lippen. Ich konnte mich von ihrem Anblick kaum losreißen.

„Aber wo wohnst du denn?“, fuhr sie fort. Ich nannte ihr den Ort und bekam ein zustimmendes Nicken. „Ich auch. Das passt super. Dann lass uns das tun. Es ist kühl.“ Da hatte sie Recht. Diese Nacht war trotz des Sommers ziemlich kalt und es kam in mir der Gentleman durch.

„Zieh dir mein Hemd über, du hast ja kaum was an.“ Sie trug nur einen schwarzen Blazer aus Netzartigem Stoff. Wärmen würde dieser sie kein Bisschen und so knöpfte ich mit flinken Fingern die Knöpfe des Hemdes auf, streifte es mir von meinen breiten Schultern und legte es um ihren Körper.

„Nettes Parfum.“, hauchte sie sogleich. „Danke.“, erwiderte ich genauso sanft und spürte die kalte Nachtluft auf meiner nackten, weißen Haut, wo sich sogleich eine Gänsehaut bildete. Aber ich beachtete dies nicht.

Ich fühlte mich wohl bei ihr. Sie einfach nur anzusehen, gab mir ein beruhigendes Gefühl. Es tat unglaublich gut in diesem Moment voller Verwirrtheit.

„Willst du noch mit zu mir?“, sie schien meinen Blick falsch zu deuten und doch nickte ich ihr zu. Diese Ruhe konnte ich noch weiter gebrauchen und ich wusste komischer Weise, dass sie so lange blieb, wie ich in ihrer Nähe war. Vielleicht würde ich auch endlich mit Jemandem darüber reden können.

Aber erst mal freute ich mich auf ihre Wohnung.
 

~*~..::::..~*~

Freundlichkeit und Zuwendung. Geborgenheit und wohlige Gefühle. Ein Lächeln kann so viel verändern, Jemanden von einen auf den anderen Moment aus der verzweifelsten Situation helfen.

Sie hatte es getan. Nicht nur mit ihrem freundlichen Lächeln, auch mit anderen Gesten. Doch ist so was nur von kurzer Dauer, der Schmerz kommt wieder, holt einen in die Realität zurück, man verzweifelt, zerbricht an Dieser.

Schritt für Schritt, bis zum Ende.



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2008-07-27T12:44:16+00:00 27.07.2008 14:44
wow...mal was anderes..ich bin fasziniert xD (böses kyo btw^^)
öhm...weiter xDDDDD

Von: abgemeldet
2008-07-22T14:12:06+00:00 22.07.2008 16:12
......weiter xD
ich bin doch so ungeduldig<3
du hast n paar rechtschreibfehler da drin btw
Von: abgemeldet
2008-07-21T04:39:47+00:00 21.07.2008 06:39
guten morgen^^
tolle FF und schreiben kannst du auch, ich weiss gar nicht was du hast Oo
und ich bin neugierig was da los ist....
sagst du mir bescheid wenns weitergeht?

*wink*


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