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Elfish Tales

'Cause it's a little bit... magic
von

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Prolog

Lessien Telrúnya ist mein DSA (Das schwarze Auge) Charakter und mir schwirrte schon seit der Entstehung dieser Figur eine ganze Geschichte in meinem Kopf. Nun will ich sie zu Papier bringen und ich hoffe viele von euch lesen sie. Nun ja eigentlich bin ich nicht der Typ Mensch, der irgendwelche Romantik-Geschichten schreibt. Aber das hier ist was anderes. Also freut euch auf die Lebensgeschichte Lessiens!
 

Schatten.

Schatten erfüllte die Nacht.

Warum war es so dunkel?

Und dann wurde es hell.

ES wurde erschaffen.

Stärker als alle Waffen.

ES kann zerstören Gebirge und Wälder,

Gestein und Eis,

Ton und Lehm,

selbst das Leben kann ES nehmen.

Nur die wahre Liebe vermag ES nicht zu lähmen,

denn SIE ist die Wahrheit,

die ES sucht.
 

So steht es geschrieben und so wird es sein. Bis die Welt zu Grunde geht und ES nicht mehr überleben kann.

Kapitel I

Es war ein herrlicher Abend.

Die Sonne stand tief über dem Horizont und neigte sich dem Verschwinden. Einige Sterne funkelten schon über dem Wald an ihrem immer dunkler werdenden Himmelstuch. Der Mond stand, in ein schwaches Rosa getaucht, über den Wipfeln der höchsten Bäume und Berge.

Das Wasser des Meeres brach sich an den Klippen und schäumte an ihnen empor. Es hatte die Farbe der Sonne angenommen und glitzerte in einem rötlichen Schleier. Kleine silberne Fische sprangen in die offene See hinaus, während ihre Schuppen sich in eine art Rubin verwandelten.

Genau an diesem Abend sollte es geschehen. Ein Mädchen, ungefähr im Alter von siebzehn Jahren stand an der Klippe und schaute verdrießlich den Wellen hinterher, die sich unter ihr an dem glatten Gestein aufschäumten. Ihre Haare wehten in ihrer Unregelmäßigkeit im Wind hin und her. Die rechte Hälfte war kurz während die andere lang geschnitten war. Eine Träne rann der jungen Frau über die Wange, als sie sich aus ihrer Trance heraus riss und sich umsah. Ihre spitzen Ohren hatten ein Geräusch wahrgenommen. Ein leises Rascheln von Blättern, was sie als einen leichten Windhauch abtat. Sie wandte sich wieder der Strömung zu. Ihr Gesicht hatte ebenfalls den Glanz der Sonne angenommen. Über ihrem linken Auge lag eine Art Verband, doch was dieser zu bedeuten hatte war ihr Geheimnis und dieses sollte erst später gelüftet werden.

Nun geschahen mehrere Dinge auf einmal- Lessien, so war der Name der Halbelfe, hörte wieder dieses Geräusch und als sie sich umdrehte lies sich ein Junge aus ihrem Dorf von dem Ast hinter ihr hängen und sie erschrak.

“Miko! Was soll das?”, schrie sie ihn vor Wut und Schrecken an.

Der Halbelfenjunge aber, schwang sich wie eine Feder, getragen vom Wind von seinem Ast auf den Boden gleiten. In der Hinsicht der Akrobatik waren diese Halbelfen Asse, sie verdienten oft ihr Geld, indem sie in Dörfern oder Städten, in denen es erlaubt war, ihre Künste vorspielten und Menschen oder andere Kreaturen zum Staunen und Zahlen brachten.

“Na, ich wollte mich verabschieden. Das darf man doch, oder?”, sagte der junge Mann, der sich im Alter zwischen 21 und 22 Jahren befand und strich dem Mädchen die Träne von der Wange. Sie nahm seine Hand von ihrem Gesicht und schaute ihn mit einer Mischung aus Trauer, Freude und Schüchternheit an.

Sie liebte Miko, das war klar. Doch basierte diese Liebe nicht auf der Ebene, die man sich zwischen Mann und Frau normalerweise vorstellte, denn sie liebte ihn wie einen Bruder, wie einen Menschen, oder Halbelfen, dem man alles erzählen konnte und sich immer Trost und Geborgenheit besorgen konnte. Lessien wusste, dass diese Gefühle nur einseitig waren, denn Miko liebte sie wirklich und nicht nur als Schwester, der man beistand, wenn die Eltern stritten oder das Mädchen sich

wehgetan hatte.

In Lessiens Heimat und in dieser Zeit war es normal, dass Mädchen schon bei ihrer Geburt einem Jungen versprochen wurden, manche Klans hatten dies wie die Menschen schon abgeschafft, aber andere nun einmal nicht. Leider gehörte Lessien deswegen auch zu den Mädchen, die im Alter von sechzehn Jahren schon ihre Verlobung gefeiert hatten und sie hasste es. Sie hasste es, nicht selbst zu wählen wen sie liebte und nicht frei ihre Meinung äußern durfte. Der Ring an ihrer Hand erinnerte sie immer wieder an diesen grausamen Schwur den sie sich vor einem knappen Jahr hatte auferlegen lassen.

Es war schrecklich von ihren Eltern ihr nicht zuzuhören, wenn sie sich darüber äußern wollte, denn für sie war dies als sollte sie ein Familienmitglied heiraten müssen. Miko war doch für sie ihr Bruder, und Nichts und Niemand würde diese Gefühle ändern können.

Das Problem war nur, wenn sie hier bleiben würde müsste sie, solange hatte sie es noch herauszögern können, in zwei Tagen heiraten. Mit siebzehn.

Die Wut verlieh ihr daher die Kraft zu gehen und dieses Dorf, dieses Land, diese Insel ein für allemal zu verlassen. Doch nun kam auch die Trauer, die alles erschwerte. Sie würde ihre Eltern womöglich nie wiedersehen und ihre Freunde verlassen müssen.

Ach, wie ihr das Herz schmerzte. Doch sie konnte nicht anders.

Und nun stand dieser Junge vor ihr und erschwerte das Gehen noch mehr. Sie schaute ihm in die Augen und umarmte ihn zum Abschied, dann ging sie ohne ein Wort zu sagen an ihm vorbei in Richtung Hafen, von dort aus würde sie ein Boot nehmen um dann Kurs auf die Hauptstadt Aventuriens zu nehmen, Gareth.

Ein Knacken.

Lessien erschrak und blieb wie angewurzelt stehen.

“Es tut mir Leid, aber...”, hörte sie Miko sagen und drehte sich ruckartig um.

Und dann sah sie es. Sie hatte es noch nie gesehen, und dennoch wusste sie, dies musste schwarze Magie sein. Eine schwarze Masse, undurchdringlich wie schwarz nur sein kann, strömte entgegen alles physikalischen Gesetzen in den Himmel hinauf. Raben wurden aufgescheucht und Lessien musste sie Arme vor die Augen schlagen, damit die Vögel ihr in all ihrer Panik nicht das Gesicht zerkratzten.

“Es tut mir Leid, aber...”, wiederholte Miko, der nun von der schwarzen Masse umringt zu sein schien. Sein Blick war leer und Ausdruckslos.

“Aber was?”, schrie Lessien ihm in all ihrer Verzweiflung entgegen.

“Es tut mir Leid, aber du darfst nicht gehen.”

Und nun wurde dem Mädchen schlagartig alles klar.

Ein dunkler Dämon hatte besitz von Miko genommen. In all der Verzweiflung, Lessien würde gehen hatte sich sein Herz so verwirren lassen, dass es nun sogar diese dunkle Seele mit aufgenommen hatte, nur um den eigenen Willen zu bekommen, und dieser hieß: Lessien bei sich zu behalten.

Die schwarze Masse regte sich und schlug einen hässlichen Tentakel aus Schatten um Lessiens Arm. Sie riss sich los und schon stürmte eine noch größere Welle der schwarzen Masse auf sie zu.

“Miko hör auf du bist besessen. Du musst zu dir kommen dann wird der schwarze Geist deine Seele wieder frei lassen!”

Doch Miko lies sich nicht umstimmen er befahl dem Schatten sich das Mädchen zu schnappen und sie festzuhalten. Zum Glück verstand Lessien ein wenig von Magie und so breitete sie ihre Arme aus und begann einen Zauberspruch zu intonieren:

“Oh Mächte des Feuers und des Lichts steht mir bei in diesem Kampf. Flimm Flamm Funkel, nun bringe Licht ins Dunkel!”

Der Zauber verfehlte sein Ziel nicht.

Miko schrie auf, als er von dem grellen, weißen Licht geblendet wurde. Vor den

Händen seiner Gegnerin aber begann die helle Kugel zu dampfen und Lessien

wussten, dass sie gleich explodieren würde, weil sie den Zauber scheinbar doch nicht richtig angewandt hatte. Das Mädchen tat einen Satz nach hinten und rannte so schnell sie konnte vom Ort des Geschehens davon. Miko lies sie zurück.
 

Der Weg durch den Wald war steinig und wurde immer dunkler, doch Lessien rannte immer weiter. Irgendwo auf diesem Weg mussten ihre Freunde schon auf sie warten um ihr bei der Abfahrt zu helfen.

“Marya! Vincent!”

Die zwei Gestalten die auf dem abschüssigen Weg warteten drehten sich zu Lessien und sahen sie auf sich zustürzen. Vincent lies Maryas Hand los und lief auf seine Freundin zu. Das Mädchen kam nach Luft ringend auf ihn zugestürmt. Vincent stützte sie und fragte was denn los sei, ob Bewohner des Dorfes ihr Verschwinden bemerkt hätten oder warum sie so schnell renne.

Lessien erklärte den beiden:

“Miko hat mich verfolgt. Er meinte er wolle sich nur verabschieden und dann hat er mich angegriffen.”

“Na warte Brüderchen!”, Marya war außer sich vor Wut, wie konnte er so etwas tun?

“Warte Marya, dein Bruder kann nichts dafür, er ist von einem schwarzen Dämon besessen. Er weiß nicht mehr was er...”, Lessien hielt mitten im Satz inne. Hinter ihr wölbte sich wieder die schwarze Masse, die von dem Dämon ausging, gegen den Himmel.

“Nein. Er kommt wieder! Vincent tu doch was!”, schrie Lessien ängstlich. Die Angst hatte sie noch nie in ihrem Leben jemals so übermannt wie nun und sie konnte nichts dagegen tun. Vincent richtete sich zu seiner vollen Größe auf.

“Ich werde versuchen ihn aufzuhalten. Ihr müsst gehen, Lessien hat nicht mehr genug Zeit, das Dorf wird schnell von diesen Vorgängen informiert sein. Also geht! Ich halte ihn auf.”, befahl er.

Marya griff nach Lessiens Arm und zerrte sie in Richtung Bucht.

Vincent erhob seine Hände und intonierte einige Zaubersprüche, die ihn schützen sollten. Er wusste auf was er sich einlassen würde und er hoffte nichts mehr als dass er diesen Kampf überleben und zu seiner Marya zurückkehren könne. Doch er durfte sich nun nicht von Gefühlen ablenken lassen. Das war der erste Punkt, den jeder junge angehende Magier lernen musste, sonst würde sich die Magie spalten und es würde zu einem Unfall kommen, so wie es bei Lessien geschehen war. Doch Vincent wusste, dass diese Unfälle oft keine kleinen Nichtigkeiten, wie eine Explosion sein konnten. Nein, sie konnten die Realität spalten.

Er sah die schwarze Masse auf sich zusteuern.

Und dann erhob er sich:

Darken, Dämon der Dunkelheit, des Schmerzes, des Verlangens.

Schwarze Masse, die gen Himmel streckte, anders konnte man ihn nicht beschreiben und in seiner Mitte, Miko, der Wirt des Ungeheuers. Vincent fuhr ein Schauder über den Rücken. Noch nie hatte er ihn so gesehen. Seinen besten Freund, den Bruder seiner Verlobten.

Er streckte seine Arme aus und blickte nach oben.

„Du kommst hier nicht vorbei, Wesen der Dunkelheit, die du Miko gefangen in deiner Gewalt. Lass deinen Wirt gehen oder ich werde dich töten.“, schrie er der Kreatur entgegen.

Miko lachte.

„Was du nicht meinst. Wenn du mich tötest, tötest du auch diesen Menschen, der dir am Herzen liegt. Du kannst mich nicht besiegen Kreatur der schmutzigen Vereinigung eines Menschen und einer Elfe. Geh mir aus dem Weg, meine Geliebte wartet auf mich.“

Vincent knirschte mit den Zähnen, nun hatte die Wut ihn erreicht und er entgegnete:

„Du selbst bist eine abscheuliche Verbindung- Ein Mensch, Elf und Dämon- stelle dich, du Wesen der Unterwelt, dem Kampf oder du hast ihn schon verloren.“

„Gut wenn du unbedingt kämpfen möchtest. Siehe deinem Ende entgegen, Halbelf!“

Mit diesen Worten jagte Miko seine schwarzen Arme nach seinem Gegner, der diese nicht zu abwehren wusste und gegen einen Baum prallte. Er konnte sich nicht mehr bewegen.

Soviel Magie auf einmal hatte Vincent noch nie zuvor gespürt.

Soviel schwarze Magie.
 

Lessien und Marya rannten, so schnell sie konnten. Die Angst vor Miko verlieh ihnen Kraft. Vor ihnen lichtete sich der Wald und das nun fast schon erloschene Abendrot glühte ihnen entgegen.

„Wir sind gleich da.“, japste Marya. Lessien antwortete nichts. Sie blickte nur zu Boden.

Vor ihnen hörte der Wald nun endgültig auf und die beiden Mädchen standen an einem kleinen Stück Strand. Ein Boot lag angekettet in Wasser und trieb auf den Wellen.

Auf und Ab.

„Du musst mir versprechen, dass du nicht wieder zurückkommst. Es wäre furchtbar… du weißt was passiert wenn ein Mädchen sich weigert ihren Verlobten zu heiraten. Das weißt du ganz genau.“

„Ja, Marya. Das weiß ich. Und du versprich mir mich irgendwann mal mit Vincent zu besuchen. Aber pass auf, dass euch niemand folgt. Ich hab dich lieb.“

Mit diesen Worten umarmten sich die beiden und Lessien stieg in das Boot.

„Na kleiner ging wohl auch nicht.“, sagte sie spaßeshalber um die Stimmung etwas zu lockern.

Das Schiff schaukelte, als eine Druckwelle aus dem Wald herausschoss und die Luft zum beben brachte. Marya und Lessien starrten zu den Baumwipfeln.

„Ich dachte Vincent würde ihn aufhalten.“, schrie Lessien.

„Warum tut er nur so etwas?“

„Beruhig dich Lessien. Warte ich schiebe dich vom Ufer.“

Maria gab dem kleinen Boot einen schubs und Lessien begann zu rudern. Die schon bekannte schwarze Masse wölbte sich über die Bäume. Dann erschien Miko in all seiner Abscheulichkeit, die er seit seiner Verwandlung erlitten hatte. Sein halbes Gesicht war nun von dem schwarzen Schatten befallen.

„Vincent!“, schrie Maria. Ihre Stimme zitterte. Dann schaute sie in die Augen ihres Bruders und schrie ihm entgegen. Dieser Lachte nur.

„Dein kleiner Freund hatte doch keine Chance gegen mich. Du auch nicht, Schwesterchen.“

Dann wandte er sich an Lessien:

„Na Lessien. Was hast du denn vor? Willst du weg von mir? War ich nicht all die Jahre ein guter Freund? Komm zu mir zurück. Wir können gemeinsam Leben und eine Familie gründen.“

„Niemals! Ja, du warst mir immer ein guter Freund und ich habe dich geliebt, aber nicht als Geliebten, du willst es ja nicht verstehen, du denkst du kannst mich besitzen. Da hast du falsch gedacht. Ich werde mein neues Leben genießen, ein Leben ohne dich!“

Lessien erschrak. In Mikos Gesicht zeigte sich eine tiefe Traurigkeit und es fuhr ihr ein Schauer über den Rücken. Hatte sie ihn verletzt? Mit ihren Worten?

Etwas Kaltes, Nasses tropfte Lessien auf die Nase. Sie blickte in den Himmel. Schwarze Wolken sammelten sich über ihr und Miko.

Regen.

Miko schaute ebenfalls nach oben. Dann begann er zu schreien. Die Tropfen brannten auf seiner Haut und ätzten die Dunkelheit von seinem Körper. Alles wusch sich weg. In lautem Schreien viel er zu Boden, der nun von der schwarzen Masse getränkt war.

Lessien blickte in Richtung Wald und lächelte. Vincent stand dort. Er war zwar in Mitleidenschaft gezogen worden und blutete an manchen Stellen seines Gesichts, aber er stand aufrecht und beschwor den Regen, wie er es so oft getan hatte.

Lessiens Kleidung war wassergetränkt und ihre Haare klebten ihr am nassen Gesicht.

Marya hatte sich auf ihren Bruder gestürzt, der versuchte in die Fluten zu springen, obwohl sein Körper keine Kraft mehr hatte. Lessien rann eine Träne an ihrem Gesicht herunter.

Sie achtete nicht mehr darauf wo sie hinfuhr und prompt fuhr sie gegen einen Felsen, der das Boot so heftig erschüttern lies, dass sie nach hinten viel und sich den Kopf an einer Truhe stieß. Das letzte was ihre Ohren vernahmen waren die Wellen und Mikos klagen.

„Lass mich nicht allein! Ich lieb dich doch.“

Und dann wurde sie ohnmächtig.
 

Kapitel I -Ende

Kapitel II

Lessien stand in einer Gasse und sah sich, als sie noch ganz klein gewesen war. Das kleine Mädchen schluchzte in ihr Kleid. Lessien tat ein paar Schritte heran.

Sie träumte.

Dies war ein Traum von ihrer Vergangenheit.

Lessien betrachtete sich und versuchte zu sprechen, aber es kamen keine Laute aus ihrer Kehle. Sie fühlte sich einsam, so wie ihr kleines Ich. Lessien drehte sich und starrte die Häuser an den Straßenseiten an. Es waren noch dieselben wie in ihrer Zeit und sie wusste, dass dies ihre Heimat war. Aus einer Seitengasse kam Miko angelaufen. Er rannte, als er Lessien weinen sah.

„Lessi! Was hast du denn?“

Das Mädchen schaute ihn böse an und weinte noch bitterlicher.

„Oh, tut mir Leid ich soll dich ja nicht so nennen. Hey komm her, alles wird wieder gut.“

Miko nahm Lessien in die Arme und strich ihr über die Haare. Lessien schluchzte in sein Hemd und klammerte sich um Mikos Hals.

„Was haben die denn diesmal wieder angestellt, wie viele waren es? Und wer war es?“

„Es… waren wieder die Jungen aus dem Nachbardorf. Sie kamen mit einem Messer und wollten meine Haare schneiden. Ich habe mich gewehrt. Und dann habe sie mir meine Haare abgeschnitten. Schau jetzt sind sie ganz unregelmäßig.“

Lessien ließ Miko los und drehte ihm den Rücken zu, damit er ihre Haare sehen konnte.

Dann bückte sich das Mädchen und hob die Haare auf die, die Jungen ihr abgeschnitten hatten. Ihre Haare sollten für lange Zeit so bleiben, doch das wusste das kleine Kind nicht.

Wut funkelte nun in ihrem roten Auge.

„Ich werde mich rächen.“

„Nein Lessien, Rache und Gewalt sollte man immer vermeiden. Lass sie. Sie werden sich sicherlich entschuldigen. Komm ich bring dich nach Hause.“

Miko nahm Lessiens Hand, dann ging er mit ihr.

Lessien hatte alles beobachtet und strich geistesabwesend durch ihre Haare. Ja, die Jungen hatten sich entschuldigt und alle Kinder im Dorf hatten ihre Haare so schöner gefunden.

Also hatte Lessien sie nie richten lassen.

Sie dachte einen Moment lang nach und dann, ganz plötzlich, wechselte die Szene. Sie stand in ihrem Zimmer. Vor sich sah sie ein nur ein Jahr jüngeres Ich. Lessien schaute sich in ihrem Zimmer um, dann starrte sie zur Tür. Jemand kam. Das jüngere Ich tat das gleiche und ging einen Schritt zurück, als die Tür aufgeschoben wurde. Ihre Mutter trat ein.

„Lessien. Morgen wird die Verlobungsfeier mit Miko stattfinden. Du sollst dich darauf vorbereiten.“

„Ich werde Miko niemals heiraten! So wahr ich hier stehe.“

Lessien stand vor ihrer Mutter und starrte ihr hasserfüllt in die Augen.

„Du wirst tun was wir für gut finden. Es ist nur für dein Glück.“

„Mein Glück ist meine Sache und ihr werdet mein Leben nicht zerstören! Nein!“

Lessien schritt zurück und hielt sich die Hand auf die schmerzende Wange. Ihre Mutter hatte ausgeholt und ihr eine Ohrfeige verpasst.

„Ich habe deinen Vater auch heiraten müssen, und wie du siehst sind wir glücklich. Du wirst dich vorbereiten. Dein Kleid liegt auf deinem Bett.“

Lessiens Mutter verschwand durch die Tür. Das Mädchen brach weinend zusammen. Lessien trat an ihr Ich heran kniete sich nieder und hielt sie in den Armen, während das Mädchen schrie und weinte.

„Miko ist doch so gut wie mein Bruder.“

Szenenwechsel.

Lessien fand sich in einer Hütte wider. Sie sah sich um. Irgendwie war ihr unheimlich zumute, wenn jetzt kam von dem sie dachte was kommen würde… Leider musste natürlich DAS passieren, von dem sie erhofft hatte es würde nicht kommen.

Augen zu und durch, dachte sich die Halbelfe und beobachtete wie sie in die Hütte kam.

Dies war noch vor einer Nacht geschehen. Lessien erinnerte sich genau. Hier hatte sie den Plan gefasst zu fliehen. Miko kam ebenfalls in den Raum.

„Hey Lessien, da bist du ja.“

„Ja. Leider. Miko, wie kannst du dem nur einwilligen? Siehst du nicht, dass das nichts werden kann aus uns beiden. Du wirst eine ewig trauernde Ehefrau an deiner Seite haben. Willst du das wirklich?“ Lessien hoffte mit ihren Worten auch nur ein Fünkchen Mitleid in Mikos Gemüht zu regen.

Er kam näher auf sie zu und nahm ihre Hände.

„Lessien“, sagte er sanft und schaute ihr tief in die Augen. „Du weißt wie sehr ich dich liebe. Seit ich dich das erste Mal gesehen habe, seit ich dich richtig wahrgenommen habe. Bitte verlass mich nicht.“

„Was soll ich denn noch alles machen, um dich umzukehren? Was soll das Miko? Du weißt, dass wir niemals glücklich werden können. Du warst immer bei mir und ich habe dich geliebt. Ja, und ich liebe dich noch immer. Aber es ist eine andere Liebe. Eine Liebe, die man nie zwischen Ehepartnern finden würde. Ich sage es dir noch einmal, du bist für mich wie ein Bruder, würdest du deine eigene Schwester heiraten?“ Miko küsste Lessiens Hand und sagte schmeichelnd:

„Wenn sie so schön wäre wie du.“

„Ach du verstehst überhaupt nichts. Ich hätte es wissen müssen.“, entkam es Lessien voller Empörung. Sie zog ihre Hand weg.

„Was fällt dir überhaupt ein mich hier festzuhalten. Lass mich los.“

„Nein, weil du mir dann entflattern würdest mein kleiner Vogel.“

Lessien fühlte einen kalten Schauer über ihren Rücken laufen. Wenn sie jetzt nichts unternahm würde Miko…

„Marya! Vincent!“

„Was machst du?“

„Mich wehren, jetzt lass mich endlich los!“

„Nein.“

„Und ob du sie loslässt!“, Vincent kam in die Hütte gestürmt. Er und Marya hatten vor der Tür gewartet, weil sie sich so etwas schon gedacht hatten. Er kam auf Miko zu, dieser wich keinen Zentimeter von Lessien, also schlug Vincent zu-direkt in Mikos Gesicht, sodass dieser zurückfiel und sich die blutende Nase hielt.

Marya brachte Lessien nach Draußen.

Plötzlich wurde alles schwarz.

Sonne schien durch Lessiens Lider.

Sie öffnete die Augen.

Endlich war sie aus diesem Traum erwacht und nun war sie auf offener See und der Wind schob ihr Boot über die tragenden Wellen, die es zum schaukeln brachten. Als sie sich aufrichtete, sah sie am Horizont Land.

Land.

Dort musste das Festland beginnen. Ein neues Leben wartete auf Lessien.

Sie lächelte.

Kapitel III

In einem Korb an Bord fand Lessien ein Brot und eine Flasche Wasser. Sie biss in das Brot und trank. Es würde noch eine Weile dauern, bis sie das Land erreichte. Ab und zu ruderte sie um nicht vom Kurs abzukommen.

Nach über zwei Stunden berührte das Boot den Boden. Das Wasser war nicht mehr hoch genug um das Boot zu tragen. Lessien zog ihre Stiefel aus, nahm ihren Rucksack, oder Reisetasche, oder wie man es nennen möchte und watete durch den Sand. Die Wellen brachen sich an ihren Beinen, als das Mädchen in Richtung Wald lief. Starker Wind wehte hier an der Küste und Lessien bekam ein wenig Sand in die Augen. Als sie Schutz unter dem Blätterdach des Waldes gefunden hatte setzte sie sich und zog ihre Schuhe wieder an. Dann öffnete sie ihren Rucksack und sah nach wie viel Geld sie dabei hatte. Sie schüttelte einige Münzen auf den Boden.

2Heller und 8 Silberstücke.

Damit kam sie auf keinen Fall weit. Sie musste eine nächstgelegene Ortschaft zu Fuß aufsuchen und dort einige Dinge verkaufen. Vielleicht gab es dort auch einen Marktplatz, auf dem sie einige Kunststücke vorführen konnte. Gaukeln war ihre Leidenschaft und diese machte sie oft auch zu ihrem Beruf, wenn sie Geld brauchte oder es ihr langweilig war.

Nach einigen Minuten hatte Lessien einen Weg gefunden, dem sie folgen konnte.

Kurze Zeit später lief sie auch schon durch die Straßen einer Stadt. Sie hatte herausgefunden, dass der Name der Stadt Kuglik lautete. Doch bald schon bemerkte die junge Halbelfe, dass es nicht einfach war sich Respekt zu verschaffen, vor allem nicht als Mischling. Menschen trugen gemeine Vorurteile mit sich herum und Lessien wurde immer wieder schräg angesehen.

Endlich fand sie, wonach sie gesucht hatte. Ein kleiner Laden der Dinge für gutes Geld kaufte und diese für noch mehr Geld wieder verkaufte. Lessien schob die Ladentür auf und blickte in einen kleinen Geschäftsraum, vollgestellt mit allerhand Krimskrams. An einer Wand hingen verschiedene Uhren und Tierfelle, an der nächsten stand ein Regal mit vielen Büchern, die teilweise schon zerfressen waren. Auch Kleidung wurde hier verkauft. Lessien sah sich nach einem Verkäufer um.

Als sie nach jemandem rief, kam ein alter Mann aus einem Hinterzimmer in den Verkaufsraum. Er hatte graue Haare und lief gekrümmt. Er betrachtete die junge Frau abschätzend. Dann hob er eine Augenbraue, schaute Lessien ins Gesicht und fragte:

„Was wünscht die junge Dame?“ Lessien antwortete:

„Ich wollte ihnen etwas verkaufen. Wissen sie, ich komme von der Insel Mylamas und dies ist mein erster Tag in einer richtigen Stadt.“

Der Mund des Mannes verzog sich zu einem Lächeln.

„Also erstens junge Dame, das hier ist keine Stadt, das ist nur ein kleines Dorf. Wenn du eine richtige Stadt sehen möchtest, dann solltest du nach Albenhus oder nach Gareth. Wobei Gareth am größten ist. So, und zweitens, was möchtest du mir denn verkaufen?“

Lessien kramte in ihrem Rucksack und zog einige Schmuckstücke hervor.

Der Händler betrachtete sie. „Hm. Das sieht mir nicht sehr wertvoll aus. Ich könnte die 5Heller für den Schmuck geben, wobei, wenn ich mir dein Gewand ansehe, dafür könnte ich dir 20Heller geben, natürlich auch neue Kleider aus meinem Laden. Ich habe da eine Kiste“, der Mann drehte sich um und holte eine kleine Holzkiste aus seinem Lager und stellte sie vor Lessien.

“Hier könntest du dir was raussuchen. Wenn du mir deine Sachen verkaufen möchtest.“

Lessien wühlte ein wenig in der Kiste und fand auch schon so einiges, was sie tragen konnte. Sie schaute an sich herab, dann schaute sie den Verkäufer an und entgegnete:

„30Heller für Schmuck und Kleider. Weniger nehme ich nicht an.“

„Oha, selber hierher kommen und dann noch feilschen wollen. Mädchen du bist klug und ich sage dann einfach, ok. Abgemacht. Du kannst dich im Lager umziehen.“ Lessien nahm einige Sachen aus der Kiste und lief in einen kleinen Raum, in dem noch mehr Sachen in Kisten aufbewahrt wurden. 30Heller waren vielleicht nicht viel, aber für den Anfang gar nicht mal so schlecht. Als sie sich umgezogen hatte, kam sie zurück in den Verkaufsraum. Ihre Kleidung war nun Bunt wie der Sommer und sie fühlte sich nun noch mehr wie eine Spielerin vom fahrenden Volk. Sie gab dem Händler ihre Kleider und ihren Schmuck. Als sie die Sachen überreichte glänzte der Verlobungsring im Sonnenlicht, das durch ein verstaubtes Fester drang.

„Den Ring willst du mir sicherlich nicht geben oder?“

Lessien schüttelte den Kopf:

„Nein tut mir Leid.“

„Gut da kann man nichts machen, hier hast du dein Geld. Schönen Tag dir noch.“

„Ihnen auch, ich bedanke mich rechtherzlich. Schönen Tag noch.“

Als Lessien aus dem Laden war grinste der Händler.

Was für ein naives Mädchen. Die Sachen sind wesentlich mehr wert. Ach du alter Kauz wirst auf deine alten Tage noch gewiefter.

Lessien streifte durch die Straßen und sah sich um. Der Gestank einer Stadt war nun wirklich unerträglich. Aber sie gewöhnte sich nach einer Weile daran. Sie bemerkte, dass sie nun nicht mehr so oft von der Seite angestarrt wurde. Ab und zu fragte sie wo sie denn den Marktplatz finden würde und bekam immer wieder eine abgehackte, nicht sehr ausführliche Wegbeschreibung. Schließlich fand sie den Markt auch ohne Hilfe. Überall standen Stände und es wurde Fisch, Obst, Gemüse und allerhand anderer Dinge zum leben angeboten. Lessien machte an einem Obststand halt, der direkt neben einem stinkenden Fischstand stand.

Sie suchte sich drei Bananen, zwei Orangen und fünf Äpfel aus. Dann nahm sie sich einen Apfel und biss hinein. Sie lief noch eine Weile umher und kaufte noch so allerhand, was sie brauchen würde. Dann suchte sie sich einen Platz auf dem nicht viele Menschen standen, oder liefen. Sie nahm eine kleine Decke und breitete sie auf dem Boden aus. Hier sollten die Leute ihr Geld hinwerfen. Dann stellte sie sich davor und begann mit einem Apfel und einer Banane zu jonglieren. Als sie die Interesse einiger Leute erhalten hatte, hielt sie inne und nahm noch zwei Äpfel hinzu. Die Menschen versammelten sich um das junge Mädchen und sahen erstaunt zu, wie sie es schaffte mit einer derartigen Menge an Obst klarzukommen.

Die Leute jubelten und klatschten. Geld rieselte, wenn auch nur kleines.

Lessien war abgelenkt, sie achtete nur auf ihre Arbeit.

So bemerkte sie nicht den jungen Mann, der an einem Fischstand lehnte und ihr zuschaute. Er wandte sich an den Verkäufer, der ebenfalls zu der Gauklerin herübersah.

„Hey Jonas, wer ist das? Kennst du sie?“

Der Verkäufer sah den jungen Elfen an und antwortete:

„Hm, sie ist neu in der Stadt, aber leider schon vergeben, Kumpel.“

„Haha. War nur ne Frage.“ Er ging auf Lessien zu und stellte sich vor sie. Sie beachtete ihn immer noch nicht. Erst als der junge Mann eine weitere Banane nahm und ihr zuwarf, bemerkte ihn Lessien. Sie fing die Banane und warf sie zwischen die anderen Fruchtstücke. Dann hörte sie auf. Sie fing das Obst eins nach dem anderen auf. Dann verbeugte sie sich. Es gab noch einmal einen Applaus und die Menschenmenge lichtete sich. Nur der Junge, der ihr die Banane zugeworfen hatte stand immer noch da und schaute ihr beim Packen zu.

Lessien sah auf und sah den Jungen skeptisch an.

Er war in ihrem Alter.

„Ähm…“, fragte das Mädchen vorsichtig.

„Ist was?“

„Was sollte denn sein?“, fragte der Junge und legte seinen Kopf schief.

„Ähm, du beobachtest mich, warum?“

„Weil’s Spaß macht.“

„Hast wohl nix besseres zu tun oder?“

„Scheinbar nicht. Wie heißt du?“

„Lessien Telrúnya und du?“

„Samuel Gamgee-Took of Wormshood.“

“Bitte was?”, Lessien schaute verwundert.

„Nenn mich einfach Sam. Du bist nicht von hier oder? Hier gibt es nicht so viele Halbelfen, meistens tauchen die hier auch nicht so oft auf.“, Sam musterte Lessien von Kopf bis Fuß, hielt dann inne und schaute ihr in die Augen.

„Ich bin auf dem Weg nach Gareth. Es kommt hier scheinbar auch nicht allzu oft vor, dass jemand freundlich zu einem Mischling ist, oder? Hast du keine Vorurteile? Nur raus damit.“

Sam legte seinen Kopf wieder schief und schaute ernst.

„Warum sollte ich Vorurteile haben? Jeder ist wie er ist. Sag mal was hast du mit deinem Auge gemacht?“

Lessien schwang sich den Rucksack auf den Rücken.

„Du hast doch sicherlich von ES gehört oder? Tja, ES hat mein Auge ergriffen. Keine Ahnung warum, aber es ist so. Naja, dein Auge sieht aber auch nicht gerade gesund aus.“

Sam fuhr sich mit einer Hand über sein linkes Auge.

„Ja. Aber es ist schon seit meiner Geburt kleiner als das andere. Macht mich irgendwie unattraktiv, aber was soll’s. Jeder ist wie er ist, nicht war? Nach Gareth also, hm.“ Sam versuchte das Thema zu wechseln und es gelang ihm.

„Gareth

mein wohlbehütetes Heim,

bei dir mag ich immer sein.“, begann er. Seine Stimme klang wie das Läuten himmlischer Glocken. Auch wenn er nicht sehr gut aussah, so hatte er die Stimme eines Elfen.

„Gareth

Hauptstadt über das Mittelreich,

hast von Anfang an mein Herz erweicht.“, erwiderte Lessien. Dieses Gedicht kannte sie. Sie und Sam liefen in Richtung Haupttor.

„Gareth

größer als Mylamas, Albenhus und Kuglik,

das sah ich auf den ersten Blick.“

„Gareth

drum tränen meine Augen nun,

wenn ich verlass dich, mein Heiligtum.“

„Gareth

werd dich immer lieben.“

„Gareth

mich immer nach dir sehnen.“, beendete Lessien.

Die beiden Jugendlichen sahen sich an und begannen zu lachen.

Lessien hielt inne. Sie standen vor dem Stadttor. Es war nicht sehr groß und es kamen viele Fuhrmänner und Weberinnen an Lessien und Sam vorbei. Sie schienen ziemlich beschäftigt.

„Also ich glaube hier trennen sich unsere Wege, Sam.“, sagte Lessien und schaute in die Ebene, die sich vor dem Tor erstreckte.

Jetzt bloß nicht loslassen, dachte Sam.

„Ähm, nun ja. Warum denn? Ich könnte dich nach Gareth begleiten, vorausgesetzt wenn du möchtest. Hab sowieso nichts Besseres vor und dann kann ich auch gleich meinen Freund mal wieder besuchen.“

Kapitel IV

Es war ein sonniger Tag. Der glühende Stern sandte seine warmen Strahlen über ganz Aventurien. Für Lessien und Sam war dies nun schon der vierte Tag nachdem sie aus Kuglik nun abgereist waren. Sie hatten sich viel zu erzählen und schon bald erreichten sie ein Dorf. Im Großen und Ganzen bestand Aventurien nur aus Dörfern und kleinen Städten. Es gab nur wenige große Städte. Sie betraten eine Schenke. Es war ein zwielichtiger Ort. Die einzige Lichtquelle waren einige Kerzen, die auf kleinen Schüsseln vor der Decke hingen. Die Schenke war zu dieser Tageszeit noch nicht sehr gut besucht und Lessien und Sam setzten sich an den Tresen.

Der Wirt war gerade mit einem Gast beschäftigt, der nicht mehr auf den Beinen stehen konnte, aber auch nicht gehen wollte. Der Wirt lies von dem älteren Mann ab und kam auf die neuen Kunden zu.

„Was darf’s denn sein?“, fragte er. Sein Gesicht schien dem eines Schweins zu gehören, und auch sein ganzer Körperbau war dick und rund. Auf der früher einmal weiß gewesenen Schürze waren Flecken von Tierblut, Suppe und allerhand anderem zu sehen.

„Ähm, wir hätten gerne zwei Bier und zwei Erbsensuppen.“, bestellte Lessien.

„Du trinkst Bier?“, fragte Sam.

„Ja klar, ist doch immer noch besser als das trübe Zeug, was man hierzulande Wasser nennt, zu trinken.“

„Ihr seid nicht von hier oder?“, fragte der Wirt, als er die Teller und Gläser auf den Tresen stellte. Sam nickte. Lessien nahm ihren Löffel und rieb mit einem Zipfel ihrer Jacke einige Dreckreste davon.

„Ja, hab euch noch nie hier gesehen, ist aber auch nix neues. Hier kommen so viele Wanderer und Reisende vorbei, das ist schon Alltag. Was verschlägt zwei so junge Menschen in dieses Kaff?“

Lessien blickte von ihrem Teller auf. „Wir wollen nach Gareth, wisst ihr vielleicht einen schnellen Weg dorthin?“

„Hm. Ja es gibt schon so einige Wege. Ich selbst bin noch nie dort gewesen, aber es heißt die Stadt solle sehr schön sein. Aber nein, tut mir Leid ich wüsste keinen schnellen Weg, den ich euch beschreiben könnte.“

„Gibt es ein Problem?“ Ein Mann mit Kutte war an den Tresen gekommen. Ein kurzer Bart baumelte von dem spitzen Kinn des Mannes herunter. Er hielt einen eigenartig geformten Stab in seiner rechten Hand.

„Hey, Ydasch. Lass die Leute doch in Ruhe.“ Eine Frau im Alter von ungefähr 23 Jahren kam ebenfalls in die Schenke gelaufen, geradewegs auf den Mann zu. Er drehte sich genervt um und sagte: “Darf man nicht mal mehr helfen, wenn Hilfe gebraucht wird? Jedenfalls…“, er drehte sich wieder zu Sam und Lessien: „Erst mal gestattet mir mich vorzustellen. Mein Name ist Ydasch Agadur, Absolvent der Akademie der vereinten Künste von Schwert und Zauberstab - Kaiserlich Garethisches Lehrinstitut der angewandten kombattiven Magie, vom Schwert und Stabe zu Gareth (vormals Beilunk), der Herrin Rondra und der Herrin Hesinde zum Wohlgefallen.“

Die Frau sah den verwirrten Gesichtsausdruck der Zuhörer und erklärte: “Was mein Freund damit nur sagen möchte, er ist Magier der Akademie Schwert und Zauberstab. Mein Name ist Firuna Plattfisch, ich selbst bin Söldnerin. Wir sind auf dem Weg ins Mittelreich nach Gareth.“

„Oh da wollen wir ebenfalls hin.“, antwortete Sam begeistert. „Könnt ihr uns hinführen?“

Firuna und Ydasch sahen sich kurz an.

„Ja gut. Unter einer Bedingung.“, sie schaute mit finsterer Miene und Lessien erstarrte. „Ihr müsst kochen.“

Die Anspannung löste sich und Ydasch begann zu lachen. Auch Firuna stimmte mit ein. Lessien, Sam und der Wirt, der über dem Tresen lehnte, sahen sich verwundert an.

Sam und Lessien bezahlten und gingen mit den beiden Neuankömmlingen nach draußen.

„Ihr müsst wissen, dass Firuna kein bisschen kochen kann. Man könnte sogar meinen sie habe es nie gelernt. Stimmt’s Firu?“

Firuna schaute düster.

„Ja, das stimmt. Leider.“

Firuna warf ihre roten Haare nach hinten und schritt voran. Ydasch unterhielt sich währenddessen mit Lessien und Sam. Nach einer Weile verließen sie zusammen das kleine Dorf. Die Bäume blühten und der Duft machte betrunken. Auf einem kleinen Pfand liefen die Gefährten in Richtung Fluss. Von dort aus wollten sie ihm immer weiter in die Mitte des Landes folgen, so war sichergestellt, dass sie auch nicht vom Weg abkamen.
 

~*+*~
 

Die Dämmerung setzte ein und die Gefährten suchten sich einen Platz zum schlafen. Firuna fachte ein Feuer an und Sam suchte nach mehr Brennholz. Lessien suchte einige Beeren und Ydasch kramte in seinem Rucksack nach einer Decke, auf der er sitzen konnte. Kurze Zeit später saßen sie alle zusammen um das Feuer und wärmten sich an der heißen Glut.

„Na und was wollt ihr in Gareth machen?“, fragte Firuna an Lessien gewandt.

„Nun ja. Bei mir ist das eine längere Geschichte und, nun ja, ich glaube ihr werdet sie ziemlich albern und theatralisch finden.“

„Na dann umso besser, raus damit!“ Lessien zog ihre Beine an sich und schaute von einem erwartungsvollen Gesicht zum nächsten. Sie atmete tief ein und seufzte.

„Nun ja. In meinem Dorf, da gibt es eine Tradition. Jedes Mädchen wird bei ihrer Geburt einem älteren Jungen versprochen. So kam es dann auch, dass ich Miko versprochen wurde. Ich wuchs auf und er war immer da. Immer wenn ich Probleme hatte, wenn die anderen Kinder mich geärgert hatten, er tröstete mich wenn ich mir weh getan hatte er war immer da. Wie ein Bruder. So fühle ich ihm auch gegenüber. Aber er will das nicht akzeptieren und meine Eltern beharren darauf dass es Tradition ist und sie ja auch glücklich geworden sind zusammen. Ja und weil mich das alles ziemlich genervt hat bin ich dann geflohen. Ich suche nach der ‚wahren Liebe’.“ Firuna starrte die Halbelfe an und eine Träne rann ihr über die Sommersprossen. „Ach herrje! Das hätte ich nie gedacht. Armes Mädchen.“

„Jetzt stellst du dich aber an Firuna.“, wies sie Ydasch zurecht.

„Ja du hast ja leicht reden, ihr Kerle bekommt und Frauen sozusagen geschenkt. Selber nix tun müssen, aber wir dürfen leiden.“ Sam sah etwas im Stich gelassen in die Runde und betrachtete das Zwiegespräch. Er lehnte sich zurück, um sich aus der Affäre zu ziehen. Seine Geschichte wollte sicherlich sowieso niemand hören und erzählen würde er sie auch nicht.

„Ja und? Ich sag doch nicht, dass ich diese Tradition gutheiße und uns ‚Kerlen’, wie du so schön sagtest, wird auch nicht immer alles geschenkt. Ich habe zum Beispiel haufenweise Schulden und ich muss immer noch für meine Akademie einige Aufgaben erledigen.“

Firuna legte sich motzend ins Gras. Und hörte ihm nicht mehr zu. Ydasch legte sich ebenfalls und Lessien starrte in die Flammen. Sollte sie es ihnen erzählen? Sie strich über ihre Augenbinde. Nein, sie würden sich nur unnütze Sorgen machen. Dann legte sie sich ebenfalls zum schlafen. Doch lange konnte sie nicht schlafen. Mitten in der Nacht schreckte sie auf. Ihre Ohren hatten ein Geräusch wahrgenommen und auch Sam schien davon wach geworden zu sein. „Was war das?“, fragte er flüsternd. „Ich habe keine Ahnung.“, antwortete Lessien im Flüsterton. Die beiden standen langsam auf. Lessiens Blick schweifte in den Wald, doch sie konnte nichts erkennen. Leise flüsterte sie: „Flimm Flamm Funkel, bringe Licht ins…“, doch Sam unterbrach sie indem er einen Arm vor sie hielt und sie scharf von der Seite ansah. Lessien senkte ihre Hände und nickte.

Langsam traten die beiden durch das Gestrüpp. Ein Wimmern war zu vernehmen und kurt darauf knackte es in Unterholz. Eine kleine Hand kam ins Blickfeld und Lessien erschrak. Sie hielt sich die Hände vor den Mund, weil sie fast geschrieen hätte.

Langsam folgte der Hand ein Körper. Ein Kind krabbelte aus den Sträuchern. Als es die Fremden sah, weiteten sich die Augen und Angst war ganz deutlich in ihnen zu erkennen.

„Keine Angst, wir tun dir nichts.“, Lessien streckte den Arm aus um das Kind zu sich zu holen, doch es zuckte zurück und kroch rückwärts. Dann hielt es inne, schaute nach hinten, dann wieder nach vorne. Es schien sich zu überlegen was schlimmer war, zurückzukriechen oder den Fremden zu vertrauen. Schließlich kroch doch nach vorne und viel Lessien in die Arme. Diese strich über die roten Haare des Mädchens und flüsterte beruhigend. Die kleine war im Alter von acht Jahren und sehr verängstigt. Sie schluchzte:

„Mein Bruder, er ist noch da hinten… vielleicht hat er es geschafft… böse Männer haben ihn… uns gefangen genommen. Hilfe…“ Der Sinn war zwar nur schwer zu verstehen, aber scheinbar gab es noch ein Kind, den Bruder des Mädchens. Lessien pfiff. Sie waren nicht weit von ihrem Nachtlager entfernt und Ydasch wurde wach. Lessien ahmte den Schrei einer Amsel nach und der Zauberer verstand. Er weckte Firuna und zusammen kamen sie leise in Richtung der Geräusche.

„Was ist los?“

„Dieses kleine Mädchen haben wir eben hier gefunden, scheinbar ist ihr Bruder in Gefahr.“ Lessien drückte Firuna das Kind in die Arme und kletterte Sam und Ydasch durchs Gestrüpp hinterher.Die Äste schlugen nach den beiden, als wollten sie keinen Durchgang gewähren, aber schon bald schaute Lessien neben Sam aus dem Gestrüpp. Sie blieben still und lauschten. Lessiens Ohren zuckten, als sie das knacken brechender Äste hörte.

„Da ist jemand.“, flüsterte sie.

„Ja, ich habe es auch gehört. Wir sollten ganz langsam und leise losgehen. Pass aber auf wohin du trittst.“

Lessien nickte. Sie zogen sich aus den Ästen und stellten sich auf. Das Moos sank unter dem Gewicht der Gefährten ein wenig ein. Hinter einigen Bäumen bemerkten sie zwei Männer. Sie liefen umher und suchten Etwas oder jemanden. Der eine der beiden hielt einen kleinen Jungen an den Armen und dieser weinte. Lessien wollte schon losstürmen, doch Sam hielt sie zurück. Lessien tat einige Schritte zurück und wiederholte ihren Vogelschrei. Die beiden Männer schauten auf, taten das Geräusch aber als richtigen Vogel ab. Als Lessien wieder nach vorne gehen wollte fiel sie über eine Wurzel und zertrat einige Äste. Der eine Mann zog eine Waffe, der andere zog sich mit dem Kind zurück.

„Wer ist da? Wenn du das bist Kleine, wir kriegen dich eh, also komm raus, dann müssen wir dir auch nicht weh tun.“

„Nein bleib weg, Lissi!“, rief der kleine Junge. Ihm wurde eine Hand auf den Mund gepresst.

„Halt deine kleine Klappe, junger Mann, oder wir gehen doch nicht so zimperlich mit deiner Schwester um.“

Lessien hielt es nicht aus. Der kleine Junge kämpfte gegen den Griff des Mannes. Sie stand auf. Sam starrte zu ihr hoch. Dann ohne Vorwarnung schnappte sich Sam einen Ast und stürmte los. Lessien bekam genug zeit um einen Blitz dich find zu beschwören. Ein heller Lichtblitz blendete die Männer und der eine lies den Jungen los. Ydasch und Firuna kamen aus dem Gebüsch gesprungen.

„Wo ist das Kind?“, rief Sam.

„Im Lager!“, rief Ydasch.

Sam hatte den Männern den Rücken zugedreht und bekam einen Schlag auf den Hinterkopf.

Er verlor das Gleichgewicht. Hörte Lessien nur noch seinen Namen rufen und fiel mit dem Gesicht ins Moos. Firuna stürmte mit einem lauten Kampfschrei nach vorne und schlug mit ihrem Schwert zu. Nach zwei Hieben und einem Flimm Flamm Funkel, der von Lessiens Seite kam, waren die Gegner besiegt. Der kleine Junge hockte zwischen den Ästen und starrte mit furchterfülltem Blick auf die toten Männer. Er begann zu weinen und Firuna tröstete ihn.

„Keine Angst, deiner Schwester geht es gut. Ja, komm wir bringen dich zu ihr.“

„Lessien komm her, wir müssen Sam mitnehmen. Den hat’s ganzschön erwischt. Aber er kommt schon durch.“ , wandte sich Ydasch an Lessien. Diese nickte und half dem Zauberer den schlaffen Körper zum Lager zu tragen

Kapitel V

Kapitel V
 

Alles war verschwommen, als Sam die Augen öffnete. Sein Schädel dröhnte und er wusste zuerst nicht wo er war. Dann erinnerte er sich.

„Ah…“ Er richtete sich auf und schaute sich um. Niemand da. Wo waren denn alle hingegangen? Er schaute in den Himmel. Der Mond leuchtete über die schwache Feuerstelle. Sam bemerkte plötzlich eine leichte Bewegung. Er drehte seinen Kopf und schaute links neben sich. Lessien lag mit ihrem Kopf dicht an ihn gekuschelt. Das Blut schoss ihm ins Gesicht und er lehnte sich schnell wieder zurück, damit sie nicht mit dem Kopf auf den Boden fiel. Nach einer Weile in den Himmel starren, schloss Sam wieder die Augen. Die kleinen Kinder lagen unter einem Baum und schliefen. Firuna und Ydasch hatte er nicht gesehen, geschweige denn gehört. Wahrscheinlich hielten sie irgendwo Wache.
 

~*+*~
 

Als die Sonne am nächsten Morgen aufging, waren die Gefährten schon alle hell wach. Tatsächlich hatten Ydasch und Firuna wache gehalten. Sie hatten aber auch genug Gelegenheit die Kinder nach ihrer Heimat zu fragen.

Die beiden waren nun nicht mehr allzu ängstlich und vertrauten den Rettern bis zu einem gewissen Maß.

„Sie sagen, sie wurden aus eurem Dorf entführt und auf einer Burg gebracht, auf der sie irgendwelche Experimente mit ihnen angestellt haben. Die beiden konnten fliehen, doch auf der Burg sind immer noch Kinder gefangen.“, fasste Ydasch für Lessien und Sam zusammen.

„Was sollen wir denn jetzt machen?“, fragte Firuna, die sich gerade ein Stück Apfel in den Mund schob.

„Am besten wir bringen die Kinder nach Hause. Wahrscheinlich bekommen wir dann noch eine hübsche Summe und danach geht es weiter nach Gareth.“, schlug Ydasch schmatzend vor. Lessien schaute kurz zu den spielenden Kindern, dann zu Sam, der Ausdruckslos dasaß und dann weiter zu Firuna, die schockiert in die Runde starrte.

„Aber wir können die anderen Kinder doch nicht im Stich lassen, jetzt da wir wissen, dass es noch mehr gibt! Sie sind doch keine Versuchskaninchen.“, sagte sie empört und lies den Rest des Apfels ins Gras fallen.

„Ja, toll. Wir sind zu viert und die sind sicherlich in großer Überzahl. Außerdem, soweit ich verstanden habe sind ‚die großen stinkenden Wesen mit Keulen’ wohl Trolle und gegen DIE haben wir nicht die geringste Chance. Warum sollten WIR uns die Finger schmutzig machen? Am Ende gehen wir dabei drauf.“, entgegnete der Magier schroff.

Lessien dachte nach. Es wäre besser noch mehr Verstärkung zu holen. Aber wenn sie zu spät kamen? Wenn die Kinderschänder durch das Fliehen zweier ihrer Versuchskaninchen sie eingeschüchtert und zum Umzug bewogen hatte. Sie schaute noch einmal zu Sam. Diesmal bemerkte er ihren Blick, wurde rot und schaute weg.

„Aber Ydasch.“, Lessien war eine Idee gekommen. „Was meinst du denn. Wenn wir nur die beiden Kinder zurückbringen, bekommen wir wahrscheinlich nur von einer Familie eine Belohnung, wenn wir aber alle Kinder zurückbringen, bekommen wir von vielen Familien eine Belohnung. Das klingt doch noch verlockender, oder? Was meinst du.“ Lessien wartete eine Reaktion ab. In Ydasch’s Augen funkelte es kurz. Das kratzte er sich am Kopf :

„Ja, da magst du recht haben. Ok, lasst uns die Kinder suchen und die Kohle abstauben. Aber sagt nicht ich hätte euch nicht gewarnt. Das wird sicherlich gefährlich.“

Als die Gefährten den Kindern mitteilten, sie sollten ihnen die Burg zeigen brach Panik aus. Sie wollten nicht noch einmal in die Hölle des Grauens. Verständlicherweise natürlich.

„Aber könnt ihr uns denn nicht einfach erklären, wie man zu der Burg kommt? Ich meine, ihr seid davon geflohen, vielleicht erinnert ihr euch an Einzelheiten auf eurem Weg?“

„Ja, wie du schon sagtest, wir sind geflohen… aber… ich erinnere mich an, an einen umgeworfenen Baumstamm und einen Wasserfall. Aber mehr kann ich auch nicht sagen.“, das Mädchen schluchzte. „Ich will nach Hause zu meiner Mama!“, rief sie in einem Fluss Tränen, der so herzzerreißend war, das sich die Gefährten schnell etwas überlegten.

Wie sollten sie zusammen die Kinderschänder finden, aber gleichzeitig noch die beiden Kinder nach Hause bringen?

Zusammen überlegten sie. Losten aus und überlegten weiter.
 

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Ok das ist jetzt aber sogar für meine Verhältnisse ein seeeehr kurzes Kap... dafür gehts auch schon mit dem nächsten weiter ;)

Kapitel VI

Kapitel VI
 

Sachte wehte der Wind auch an diesem Abend. Es schien als wolle er alle Sorgen davon tragen. Weit über das blaue Meer hinaus. Aber alle Sorgen vermag auch der Wind nicht zu verjagen. Schwere, harte Sorgen liegen wie Steine im Herzen eines jeden Wesens und sie lassen sich nicht einfach so aus der Welt schaffen.

Miko stand an einer Klippe. Er stand dort. Es war für ihn nicht nur irgendeine Klippe. Hier hatte er Lessien das letzte Mal gesehen. Nun war es schon zwei Wochen her, dass seine Liebste geflohen war und die Schmerzen lagen schwer auf seinem Herzen. Der Wind wehte seine langen Haare nach hinten und die Wellen brachen sie wie jeden Tag an den Klippen. Sie schäumten empor, als sein nie etwas geschehen, als sei alles wie immer.

Warum musste sie mich verlassen?, Miko lies seine Gedanken kreisen und diese Frage stellte er sich nun schon jeden Tag. Jeden verdammten Tag stand er hier und schaute in die Weite. Die Hoffnung bewahrend es würde ein Schiff am Horizont erscheinen und Lessien würde zurückkommen. Mit strahlenden Augen, ihn umarmen und …

Ein Stich rief Miko wieder in die Realität. Er sackte zu Boden und krümmte sich vor Schmerzen. Nach einigen Sekunden war er wieder weg. Miko stand langsam auf. Seine Beine zitterten. Seit dem Tag an dem ihn Lessien verlassen hatte verspürte er diese Schmerzen. Jeden Tag. Wieder etwas was jeden Tag wiederkam. Jeder Tag glich dem Anderen. Miko griff sich an die Brust. Sein Herz schlug heftig. Es fühlte sich an als würde es mit einer winzigen Nadel verwundet und einzelne Stückchen heraus gestochen werden.

Niemand wusste von seinen Schmerzen.

Von den Schmerzen, die ihm langsam die Kraft nahmen.

Niemand.
 

~+~*~+~
 

„Seid doch mal ein wenig leiser!“, zischte Lessien als sie sanft durchs Unterholz glitt.

„Aber er hat angefangen.“, motzte Sam wie ein kleines Kind.

„Was soll das Elf? Nur weil du zu feige bist musste Firuna mit den Kleinen gehen.“

„Hört auf zu streiten. Es wurde fair gelost. Keiner trägt Schuld daran, dass wir jetzt hier durch die Nacht kriechen. Langsam sollten wir rast machen.“

Schon seit einiger Zeit hatten sie einen dunklen Wald erreicht. Den Wasserfall hatten sie gerade erst passiert. Nun war die Nacht über den Wald hereingebrochen und die Dunkelheit verschlang alles um sie herum. In einem Baum heulte eine Eule und nur leise waren die Schritte der Freunde zu hören. Durch den Streit hörten sie auch nicht die Geräusche, die hinter ihnen zu hören waren.

„Schaut mal da vorne.“ Lessien zeigte in irgendeine Richtung, die Freunde konnten ihre Hand nicht sehen, doch sahen sie ein paar hundert Meter vor sich ein mattes Leuchten.

„Das scheint der Waldrand zu sein.“, flüsterte Ydasch und trat vor. Sam lauschte. Hatte er eben etwas gehört?

„Was ist los Sam?“

„Hm? Ich dachte ich hätte etwas gehört.“ Lessien legte den Kopf schief, dann lief sie zu Ydasch, der aufgeregt vor sich hinzischte.

„Hier her. Seht euch das mal an!“

Lessien und Sam schlichen an den Rand des Waldes und sahen zu einer riesigen Grasfläche, in deren Mitte ein Koloss von Burg stand. Der Mond schien leicht und lies die Umrisse des Gebäudes erahnen. Das Gras wogte langsam in Wind. Es ging Lessien bis zu den Knien. Leicht zu schleichen, vorausgesetzt, der Mond schien nicht direkt auf die schleichende Gestallt.

„Das dürfte kein allzu großes Problem sein, hier durch zu kommen.“, sagte Sam. Er schaute sich noch einmal um. Da war schon wieder dieses Geräusch. Wurden sie verfolgt? Er strengte seine Augen an. Konnte aber nichts Deutliches erkennen. Sogar für seine Augen war diese Dunkelheit zu schwarz und ein Schauder lief ihm über den Rücken.

Als er sich seinen Gefährten wieder zudrehte, standen diese leise da.

Sie horchten.

„Habt ihr es auch ge…“, Lessien unterbrach Sam mit einem Tippen auf die Schulter. Zum glück war es dunkel, so konnte sie auch nicht die Röte in seinem Gesicht sehen, nachdem sie ihn berührt hatte. Ein weiteres Rascheln war zu hören. Die Freunde nahmen Kampfstellung ein. In einem Baum knisterte es und alle schauten nach oben, als ein Schatten aus dem Blätterdach fiel. Mit einem keuchenden Laut fiel das Etwas zu Boden und rollte sich zusammen. Ydasch trat vor und stupste die auf dem Boden kauernde Gestalt mit dem Fuß an.

Diese rührte sich nicht.

„Heller Wind, bringe Licht geschwind!“, intonierte der Magier. Lessien wollte zuerst einen FlimmFlamm benutzen um die Umgebung zu erhellen, doch sie lies es, da sie in letzter Zeit zuviel Magie verwendet hatte und nun die Gefahr drohte der Wald würde in Flammen aufgehen.

Ydasch hielt nun eine leuchtende Kugel in der Hand. Nur die Luft um ihn herum schien den Glanz der Kugel zu reflektieren. Nach einer Weile gewöhnten sich alle Beteiligten an das grelle Licht im nächtlichen Wald.

Sam trat vor und schaute zu Boden. Zwei Augen starrten unter den Armen des Wesens hervor. Plötzlich sprang es auf. Es war eine Frau. Sie bewegte sich flink wie eine Katze. Ihre kurzen roten Haare waren zu einem kleinen Zopf gebunden. Lessien sprang zurück, als die Fremde blitzschnell ihr Schwert zog und damit in ihre Richtung sprang. Die Halbelfe sprang in die Luft und kletterte einen Baum hoch, um von oben im Sturzflug auf die verwirrte Kämpferin zu fallen.

„Arg!“, stöhnte diese, als Lessien ihr den Ellenbogen in den Rücken rammte.

Ydasch und Sam wanden sich aus ihrer Verwirrung und kamen Lessien zu Hilfe, die Probleme hatte die widerspenstige Gestalt am Boden zu halten.

„Ich tu euch nichts, aber lasst mich los!“, schrie die am Boden liegende Frau. Lessien stand auf und klopfte sich den Staub von den Klamotten, während ihre Freunde die Gefangene, die sich vom Boden aufrappelte und es Lessien gleich tat, im Auge behielten.

„Was sollte das denn?“, kam es von Ydasch, kalt und sachlich.

„Ich dachte ihr wärt Orks oder Trolle. Die lungern hier im ganzen Wald herum.“, bekam er als Antwort.

„Bevor ihr fragt, mein Name ist Merenwen Elensar, Söldnerin von Beruf. Ich wandele durch die Wälder auf der suche nach Abenteuern und der Wahrheit.“, mit diesen Worten verbeugte sich die Fremde. Ihre Haut leuchtete im Licht von Ydaschs Zauber.

Nach kurzer Gesprächsrunde saßen die Gefährten mit dem Neuankömmling zusammen und sprachen über das weitere Vorgehen.

„Also wollt ihr in diese Burg eindringen und die Kinder befreien? Das könnte aber schwierig werden, wir können ja kaum etwas sehen.“

„Ja, aber sie können uns auch nicht sehen, Merenwen. Das ist auch ein wichtiger Punkt.“, erläuterte Lessien.

„Hm. Wenn wir im Schutz der Dunkelheit und des Grases hinüber schleichen. Aber nicht alle. Wir sollten zwei auswählen, die vorschleichen und nachsehen, wo und wie wir in die Burg kommen könnten und dann…“begann Sam, wurde jedoch von Ydasch unterbrochen:

„Das halte ich für eine schlechte Idee. Was ist denn wenn dort jemand gesehen wird, dann können die anderen nicht schnell genug hinüber um zu helfen. Wir sollten alle gehen.“

„Ja, aber wenn wir nicht wissen wo wir reinkönnen und was der tote Winkel der Burg ist, ist die Gefahr geschnappt zu werden größer.“, erwiderte Sam barsch.

„Denk doch mal nach …“

Lessien und Merenwen schauten sich an und redeten kurt miteinander, dann verfolgten sie eine Weile das Streitgespräch, bis sich Lessien wieder zu Wort meldete.

„Aber Ydasch…“, begann sie sanft. Sie wusste was sie sagen musste, listig kam sie den Worten Ydaschs also entgegen:

„Ydasch. Denk doch einmal nach. Das Schleichen, das geht nie ganz sauber von statten, der ganze Dreck auf dem Boden, die Grasflecken, die nie wieder aus der Kleidung rauskommen. Das ganze Ungeziefer auf dem Bo…“

„Jaja, ist ja schon gut. Ich glaube Sam hat Recht. Wir sollten erst zwei vorschicken, womit ich mich außer betracht ziehe, da ich kein Nahkämpfer bin, und wenn die Lage sicher erscheint können wir anderen nachkommen.“

Wie erwartet. Lessien grinste. Der Zauberer war so leicht zu durchschauen. Seine Eitelkeit und seine Goldgier machten ihn verwundbar, auch wenn er ein äußerst guter Kämpfer war. Das Los viel auf Lessien und Merenwen, also blieben die beiden Männer zurück. Lessien schlich gewand wie eine Katze über die weite Wiesenfläche, während Merenwen sich am Rand hielt und an einer Art Flusslauf entlang eilte.

Lessien strich das Gras am Gesicht entlang. In letzter Zeit fühlte sie sich irgendwie eigenartig. Lag es daran, dass sie nun schon so lange von Zuhause weg war? Hatte sie Heimweh?

Nein, so fühlte es sich nicht an.

Nein, das Gefühl war nicht etwa bedrängend, es war eher befreiend. Lessien hatte zum ersten Mal den Eindruck frei zu sein. Frei, entbunden aller bedrückenden Verpflichtungen. Sie konnte nun tun was sie wollte. Mit ihren neuen Freunden durch die Welt schreiten und Abenteuer erleben. Sie hätte sich nie gedacht, dass die Freiheit so schön sein könnte. Und dennoch war da noch ein Gefühl. Noch wusste sie es nicht zuzuordnen, aber ein bisschen glaubte sie zu wissen was es war. Ein weiteres Gefühl, was sie noch nie erlebt hatte. Als sie so darüber nachdachte, trat sie versehentlich auf einen Stock. Er knackte und die Halbelfe blieb wie angewurzelt stehen. Ihre Augen schauten in die Ferne. Der Mond erhellte einen Teil der Burg. Niemand schien sie bemerkt zu haben. Sie war fast angekommen. Mit einem leisen Sprint hechtete sie zur Mauer und drückte sich mit dem Rücken dagegen. Langsam lief sie entlang des steinernen Schutzwalls. Plötzlich verwandelte sich das Gestein in Holz. Lessien schaute nach oben. Hier war das Haupttor. Es war knapp fünf Schritt hoch. Die Halbelfe dachte nach. Vielleicht konnte sie mit einem leichten Spinnenlauf nach oben klettern.
 

Auf der anderen Seite des Walls schlich Merenwen. Sie sah nach oben. Weit in den Himmel erstreckte sich ein hoher Turm. Schon seit einer Weile hörte sie jemanden singen. Es war ein trauriges Lied. Schmerz und Leid wurden darin besungen und es erinnerte die Söldnerin mit Schmerzen an ihre Vergangenheit. Sie dachte an ihre Gefährten. Sie waren gestorben um ihr Leben zu schützen. Sie riss sich zusammen und lief weiter. In dem Turm brannte Licht. Auch hier veränderte sich das Gestein in Holz. Ein Hintereingang! Nicht höher als drei Fuß. Das dürfte zu schaffen sein, dachte sie sich und kletterte behänd an den Holzlatten empor. Oben angekommen schaute sie in den Vorhof. Niemand schien anwesend.

Sie sprang auf die andere Seite und schlich an kleinen Hütten vorbei. Hier wohnte scheinbar jemand, denn aus einigen der Holzschuppen kam ein gemächliches Schnarchen, während andere verlassen schienen. Sie machte sich auf den Weg zum Haupttor, sie sah es in der Ferne, da der Mond es beschien. Eine Gestallt blickte über den Rand des Eingangs. Lessien!

Merenwen wurde schneller. Als sie das Tor erreicht hatte kletterte sie auf eine Kiste und reichte Lessien die Hände um der Halbelfe herunter zu helfen. Mit einem leisen Stöhnen kam Lessien auf dem Boden auf. Fünf Meter waren doch etwas höher als gedacht.

„Ok, was machen wir jetzt?“, fragte Merenwen aufgeregt. „Wir sollten den anderen ein Zeichen geben. Und vielleicht das Tor aufstemmen.“, schlug Lessien vor. Dann wurde sie still. Merenwen schaute verdattert. Lessien zuckte mit den Ohren, schnappte die verwunderte Söldnerin am Arm und riss sie hinter einen Schuppen. Auf dem Wall kam ein Licht in Sicht. Eine Wache hatte Geräusche gehört und kam gemächlich mit schweren Schritten in Richtung Tor. Die beiden Frauen drückten sich dicht an den Schuppen um nicht gesehen zu werden. Die Wache schien schnell Interesse an den Geräuschen verloren zu haben, denn schon nach wenigen Metern machte sie kehrt und schritt in die andere Richtung zurück.

Lessien atmete tief aus.

„Das war knapp, meinst du wir können es wagen das Tor zu öffnen?“, flüsterte die Söldnerin. „Die Wache ist weg. Wir können es versuchen. Ich hoffe nur wir haben genug Kraft. Aber versuchen können wir es.“

Zusammen griffen die beiden, nach gründlicher Suche nach einer weiteren Wache, an die Seile, die an der Tür befestigt waren um diese zu öffnen. Zusammen rissen und zogen sie, bis sich Lessien hindurch zwängen konnte. Sie legte die Hände an die Lippen und mimte den Schrei einer Eule.
 

Sam stand auf. Er hatte Lessien gehört.

„Los komm Ydasch wir sollen kommen.“

Langsam setzte sich der Zauberer in Bewegung. Seine Knochen waren müde und am liebsten hätte er jetzt in einem weichen Daunenbett gelegen und geschlafen. Er bewunderte den jungen Elf, der noch voller Elan und Kraft war. Die beiden liefen leise über das Kniehohe Gras und Ydasch beklagte einige Male leise, seinen armen Umhang, der ganz dreckig am Saum und feucht von Tau, der an den Grashalmen haftete geworden war. Sam ignorierte ich freundlicherweise.
 

„Da kommen sie.“, stellte Merenwen fest und Lessien nickte. Sam schlüpfte durch den Türspalt und Ydasch musste mit aller Mühe hindurch gezogen werden.

„Am besten wir gehen über den Hintereingang, den ich gefunden habe und ihr beiden geht über den Haupteingang. Ich schätze das schwierigste wird wohl das Schlösser knacken werden, aber Lessien versicherte mir sie könne so etwas.“ Lessien sammelte verwunderte Blicke, dann wurde das weitere Vorgehen besprochen.

Kapitel VII

Kapitel VII
 

„Na super, das ist festes Metall und ich kann keinen Zauber, der die Tür aufbrechen könnte. Was machst du da Sam?“, Ydasch schaute interessiert zu wie sich Sam am Schloss zu schaffen machte. Verschmitzt lächelte er den Zauberer an und sagte:

„Ich versuch das Schloss zu knacken. So etwas lernt man wenn man lange auf Reisen ist.“

Vorsichtig stocherte der Elf mit einem kleinen Holzstück im Schloss herum, bis die Verriegelung aufsprang. Die Tür quietschte leise und hinter ihr erstreckte sich ein langer Gang, der in andere Gänge und Zimmer abzweigte. Für ein wenig Licht sorgten die Öllampen an den Wänden. Ihr blasses Licht schenkte dem Weg eine gruselige, fast mystische Atmosphäre. Sam trat ein. Am Ende des Ganges war eine Treppe zu sehen. Leise stiefelten die beiden den Gang entlang auf die Treppe zu. Sie suchten einen Keller und über eine Treppe konnte man bekanntlich nach oben und nach unten gehen.

Der Gang erschien etwas länger als gedacht.

„Ob das so gut war Lessien alleine mit der Fremden in diesem Gemäuer zu lassen?“, fragte Sam leise. Ydasch blieb stehen, sein Gefährte tat es ihm gleich und sah in das grinsende Gesicht des Magiers.

„Was ist?“

„Du hast ein Auge auf die kleine Halbelfe geworfen, nicht? Ach komm ich seh’s doch.“

In Flammenschein wurde Sam rot und hoffte Ydasch würde es nicht bemerken.

„Du bildest dir nur was ein Ydasch. Glaub mir.“

Sam drehte den Zauberer den Rücken zu und lief weiter. Ydasch blieb stehen und Sam tat es ihm nach einigen Schritten gleich.

„Was ist? Komm schon“

„Was ist? Komm schon“, sagte er etwas mürrisch.

„Mein Instinkt in diesen Dingen hat mich noch nie getäuscht, Grünschnabel. Ich hab mehr Erfahrung mit Frauen und der Liebe als du. Glaub mir.“

Sam zog eine Augenbraue nach oben. Spöttisch starrte er den Zauberer an.

„Lass uns weitergehen, vielleicht wecken wir noch jemanden wenn wir hier so weiterreden.“

Die beiden setzten sich wieder in Bewegung und kamen der Treppe immer näher.

Die Stufen waren kalt und feucht. Die Schritte hallten nur leicht in dem Gemäuer wider.
 

Lessien und Merenwen schlichen ebenfalls durch einen Gang. Er war etwas enger als der, durch den die Männer liefen. Lessien starrte in die Dunkelheit. Es gab keine Fackeln oder ähnliches. Scheinbar war dies der Trakt für die Köche und Hausmädchen.

Sie bogen um eine Ecke und da sahen sie in scheinbarweiter Ferne ein Licht. Endlich würde es hell werden. Merenwen schmerzten schon die Augen. Ihre Nachtblindheit machte ihr sehr zu schaffen.

„Was meinst du, was uns erwartet?“, fragte sie in einem Ton, der eine Spur von Unsicherheit und Trauer trug. Lessien bemerkte die Gefühle der jungen Frau.

„Keine Ahnung. Sag mal, hast du irgendwas?“ Die Söldnerin schaute betrübt zu Boden.

„Weißt du. Damals als ich noch mit meinen Freunden durch die Lande gezogen bin, da, da waren wir auch in einer Burg. Wir standen vor einer Überzahl von Gegnern und ich, ich war abgelenkt. Die Schönheit des Rotaugenflatterers hatte meine Gedanken gelähmt und mich in seinen Bann gezogen. Aus Neugierde hatte ich das Tuch von seinem Käfig gezogen und sah den Schmetterling in all seiner Pracht. Als ich wieder zu mir kam, fand ich mich auf dem Boden gefesselt wieder. Meine Freunde. Sie lagen auf dem Boden. Tod.“, die Söldnerin schluchzte und Lessien legte einen Arm um sie.

„Verstehst du? Ich werde es mir nie verzeihen. Ich hätte ihnen helfen sollen. Ich hätte ihnen helfen können.“ Sie schluchzte noch einmal, diesmal etwas lauter. Der Schall drang durch den Gang und Lessien sprang an die Wand. Sie lehnte sich so fest sie konnte dagegen. Merenwen starrte verängstigt und mit beiden Händen auf den Mund gepresst in den hellen Schein des Gangendes.

Hinter ihnen trat eine Gestalt aus der Dunkelheit und begann ihnen zu folgen.
 

Sam und Ydasch hatten derweilen einen Eingang zum Kellergewölbe gefunden und traten eine Tür auf.

„Ah, dieser verdammte Staub aber auch immer.“, motzte der Zauberer. Sam verdrehte nur die Augen. Sie traten in einen Raum voller Gerümpel. Überall lagen Blätter und Papiere auf den Tischen und Stühlen. Eine Funzel von Lampe erhellte den Raum und lies unheimliche Schatten an den Wänden umherirren. An der Decke hing ein kleiner Käfig über den ein seidenes Tuch gelegt worden war. Sam wollte danach greifen, doch Ydasch hielt ihn zurück.

„Lass es mein Freund. Vielleicht ist etwas darunter was uns große Schwierigkeiten bereiten kann. Lass uns weiter gehen. Da vorne ist noch eine Tür.“ Der Magier kämpfte sich einen Weg durch die Papierberge.
 

Lessien und Merenwen hatten eine Treppe gefunden und waren ihr nach unten in ein Kellergewölbe gefolgt. Als sie unten angekommen waren hörten sie Stimmen. Lessien spitze die Ohren. Es waren Sam und Ydasch. Sie versuchten scheinbar etwas Schweres zu öffnen, womöglich eine Tür.

Die beiden Frauen traten in den überfüllten Raum und die beiden Männer sahen sich erschrocken um. Sie waren erleichtert, als sie bemerkten, dass es nur ihre Gefährtinnen waren und versuchten weiter die Tür zu öffnen. Lessien und Merenwen halfen und nach großen Anstrengungen war es den Helden gelungen die Kellertür zu öffnen. Sie traten in einen zwielichtigen Raum. Der Boden war mit Staub bedeckt und dort, in einer Ecke des Raumes, dort saßen sie, aneinandergekauert und trostlos. Ängstlich schauten die Kinder zu den Fremden. Lessien trat vor und eines der Kinder stand auf.

„Seid ihr gekommen um uns zu holen? Seid ihr der Engel, der uns endlich aus den tiefen dieser Hölle holt um uns in den Himmel, das helle Reich zu geleiten?“

Lessien kamen die Tränen. Wie konnte man Kindern nur so etwas Grausames antun? Die Kleinen waren abgemagert und teilweise hatten sie Verletzungen. Langsam standen alle Kinder auf. Einige kamen nicht alleine auf die Beine und andere halfen ihnen dabei.

Lessien sah sich um. Es waren ungefähr zwanzig kleine Geschöpfe mit tiefer Trauer in den Augen.

„Nein. Ich bin kein Engel und ich werde euch auch nicht in den Himmel geleiten, aber ich und meine Freunde werden euch wieder nach Hause bringen.“ Ein tuscheln ging durch die Kinder. Dann setzten sie sich in Bewegung und folgten den Gefährten aus ihrem Gefängnis. Sam nahm eines der Kinder auf seinen Rücken, es war nicht älter als sechs Jahre und er spürte kaum ein Gewicht auf seinem Rücken. Langsam aber sicher begannen die Gefährten die steile Treppe zu erklimmen. Nach unter war es um einiges leichter gefallen, aber nun mussten sie langsam nach oben und aufpassen, dass keines der Kinder hinfiel oder wegen seiner Schwäche zusammenbrach. Oben angekommen war alles ruhig. Ydasch sah sich um. Niemand war zu sehen. Er lief voraus. Plötzlich hörten die Freunde einen lauten Schrei. Eines der Hausmädchen hatte die Eindringlinge bemerkt und rief nach dem Herren des Hauses. „Los rennt!“, schrie der Magier, zog seinen Mantel hoch und rannte los. Dicht gefolgt von seinen Gefährten. Die dunklen Gänge schienen kein Ende zu nehmen. Leise hörte der Magier die Schritte der Kinder. Sie gaben sich alle Mühe so schnell wie möglich zu rennen. Lessien und Merenwen hatte schon jeweils zwei Kinder auf den Schultern und wurde etwas langsamer, aber sie gaben sich alle Mühe schneller als die Feinde zu sein, die sich ihnen anschlossen und hinter ihnen her rannten. So schnell sie konnten versuchten die Helden einen Ausgang zu finden, denn sehr lange würden die Kinder das Tempo nicht halten können.

Kapitel VIII

Kapitel VIII
 

Als die Helden einen Ausgang gefunden hatten stürzten sie quer über den Vorhof, die Verfolger dicht auf den Fersen. Die Kinder konnten langsam nicht mehr, doch in Anbetracht der Rettung vor dem grauenhaften Gemäuer nahmen sie alle ihre Kräfte zusammen.

Ydasch sah über seine Schulter. Die Verfolger waren verschwunden.

Was war hier bitte los?

Vor dem Haupttor blieben die Flüchtlinge verwirrt stehen.

Es stand offen!

Sam und Lessien warfen sich verwunderte Blicke zu. Ydasch dachte nach. Scheinbar war dies ein Vorwand. Die Burgbewohner wollten sie auf offener Ebene angreifen, weil sie ihr Dorf nicht beschädigen wollten oder weil sie dort bessere Möglichkeiten hatten anzugreifen.

Was auch immer, dachte sich der Magier und rannte auf die offene Wiese hinaus. Seine Gefährten taten es ihm gleich. Sie rannten und schlitterten durch das taufeuchte Gras.

Kaum waren die Helden in der Nähe des Waldes, wurden sie auch schon umzingelt. Aus den dunklen Teilen des Waldes traten riesige Trolle und standen zu sechst um die Gefährten herum. Die Kinder rannten an den Wesen vorbei, die nicht die geringste Absicht hegten, die kleinen Flüchtlinge auszuhalten.

Sie begannen mit ihren Keulen und Morgensternen auf die Helden einzuschlagen, nur waren diese schneller und geschicklicher. Lessien zückte zwei Messer und warf sie einem der Trolle an die Kehle. Mit einem Ächzen fiel dieser zu Boden und regte sich nicht mehr. Kaum hatte die Halbelfe ihren Angriff ausgeführt musste sie auch schon wieder parieren. Sie sprang umher und warf ihre Messer, während Ydasch das Ablenkungsmanöver nutzte um einen Zauberspruch vorzubereiten.

Merenwen stürzte sich mit einem lauten Kampfschrei auf einen der Gegner und schlug mit ihrem Schwert zu. Schnell zog sie die blutige Klinge zurück und widmete ihre Aufmerksamkeit einem anderen Troll.

Sam sprang auf einen Stein, dann hielt er sich an einem herunterhängenden Ast fest und schwang sich ins Geäst eines starken Baumes. Dort legte er die Hände an den Stamm und begann in einer anderen Sprache zu sprechen. Nach kurzem Zögern zog der Baum seine Wurzeln aus dem Boden und bewegte sich Richtung Burg, aus der nun die restlichen Angreifer herbeistürmten.

Der Baum tat drei Schritte und blieb stehen.

Die Angreifer hielten inne.

Sam schaute sich um und hielt erneut die Hände an den Stamm.

Nichts geschah.

Sam schlug die Hände vors Gesicht. Es hatte nicht geklappt. Er sprang zurück auf die Erde. Lessien warf ihm ein Messer zu und der Elf zielte nach dem letzten der Trolle. Er stand direkt vor ihm und Sam traf ins Leere.

Merenwen streckt den Troll mit einem Schlag nieder. Doch das waren noch nicht alle Gegner. Die Helden waren am Ende ihrer Kräfte, nur Ydasch intonierte noch. Die schier unendliche Schar von knapp achtzig Angreifern, wo auch immer sie alle herkamen, lies die Helden erzittern.

Der Magier war endlich zum Ende gekommen. Sein Zauber ließ Blitze aus dem klaren Nachthimmel auf die Erde schmettern. Um die Helden hatte sich ein Schild aus Magie gelegt. Ydasch atmete schwer und starrte mit ungläubigem Blick auf die Ebene. Nichts. Die Angreifer hatten keinen Schaden genommen!

Und nun standen sie direkt vor den erschöpften Gefährten.

„Jetzt ist alles aus!“, jammerte Merenwen. Sie war auf dem Boden zu einem kleinen Häufchen Elend zusammengebrochen.

Sam wand sich an Lessien.

„Lessien ich muss dir was sagen…“, doch kaum, dass der Elf hätte weiter sprechen können, stürmte aus dem Wald eine Schar von Menschen.

Sie waren bewaffnet mit Fackeln, Sensen, Sicheln und Mistgabeln. Ihnen voraus eilte Firuna mit gezücktem Schwert.

Mit Kampfschreien, die die Nacht erschütterten kamen die Dorfleute auf die Angreifer zugerannt. Ein Ruf hallte durch die Gegner und so schnell sie konnten zogen sie sich zurück in die schützenden Gemäuer der Burg.

Die Helfer versammelten sich um die Helden und dankten ihnen für die Rettung ihrer Kinder.
 

~++~~+++~~++~
 

In Lessiens Heimatdorf erschallten die Glocken der großen Dorfkirche.

Miko saß in der ersten Reihe und sah der Trauung seiner kleinen Schwester zu. Marya war glücklich. Er selbst fühlte sich elend, wenn er daran dachte, dass er auch schon den Weg zwischen den Gästen mit seiner Liebsten hätte laufen können.

Er saß da.

Als der Pfarrer zu Ende gesprochen hatte küssten sich Marya und Vincent. Miko sackte noch etwas tiefer in seinen Stuhl. Neben ihm saß seine Mutter, die vor Freude in ihr Taschentuch schluchzte. Neben ihr saßen die Telrúnyas. Die Trauer und Angst um ihre Tochter stand ihnen tief ins Gesicht geschrieben.

Im Großen und Ganzen war das ganze Dorf anwesend.

Miko betrachtete den Ring an seinem Finger. Er war golden und leuchtete matt vor sich hin.

Die Schmerzen hatten in den letzten Tagen nachgelassen, aber sie hatten nicht aufgehört.

War das der Fluch, der mit diesem Ring verbunden war?

Diese elenden Schmerzen des Verlustes einer geliebten Person?

Aber. War es wirklich der Verlust, der schmerzte, oder war es etwas anderes?

Etwas das ihm sagen sollte, such nach dem was dir am liebsten ist oder du wirst es verlieren?

Miko schüttelte unmerklich den Kopf. Er wollte nicht an so etwas denken. Dieser Tag sollte glücklich sein und er wollte, dass es ein schöner Tag für seine Schwester würde, also riss er seine Gedanken zusammen und stand mit den anderen Gästen auf, als es nach Draußen ging. Vor der Kirche wurden die Glückwünsche an das junge Brautpaar und die Eltern weitergegeben. Vincent war stolz vor einigen Tagen hatte er seine Prüfung als Magier bestanden und nun hatte er geheiratet und geschworen Marya in guten wie in schlechten Zeiten beizustehen. Marya stand neben Vincent. Auch sie war glücklich und strahlte in die Runde. Sie trug ein weißes Kleid, das mit Stickereien verziert war.

Als sie ihren Bruder sah strahlte sie noch mehr und lief zu ihm hin um ihn feste zu umarmen. Miko strich ihr durch die roten Haare.

„Ach Brüderchen. Ich bin so glücklich.“ Miko sah zu Vincent herüber, der mit einem merkwürdigen Blick zu ihm herüberstarrte.

„Ich weiß. Aber denk immer dran, nicht nur Vincent wird dir bis an das Ende aller Tage auf deiner Seite stehen, ich werde auch immer für dich da sein. Bitte vergiss das nicht, kleine Schwester.“ Marya lächelte ihn an und Miko zwang sich zu einem Lächeln.

Marya wurde schnell von anderen Gästen abgelenkt und Miko ging zu Vincent.

„Denk dran. Wenn du ihr das Herz brichst, dann breche ich dir das Genick.“ Miko starrte Vincent kalt an.

„Was redest du für einen Schwachsinn, Miko. Zerfrisst dich die Trauer so sehr, dass du deinem besten Freund schon drohen musst. Wir alle vermissen Lessien, aber deshalb musst du nicht misstrauisch werden, oder deine Wut, deine Trauer oder was auch immer für Gefühle in die kochen, an anderen Menschen auslassen. Ich liebe Marya und das wird sich niemals ändern.“

Miko starrte dem Magier tief in die Augen. Dann schüttelte er den Kopf und sagte:

„Du weißt ganz und gar nicht wie es ist, wenn der Schmerz einem langsam aber sicher das Herz wegfrisst.“

„Du hättest keinen Packt mit einem Dämon schließen sollen. Die Narben sind dir geblieben. Schwarz wie die Seele, die dich besessen hatte. Sichtbar und unsichtbar, Miko. Du bist mein bester Freund.“

Zum ersten Mal in diesem Gespräch klang in Vincents Stimme etwas Trauriges, etwas Flehendes. Natürlich. Miko hatte sich in vielerlei Hinsicht verkehrt verhalten, aber er war immer noch sein Freund aus Jugendzeiten und sein Bester noch dazu.

Vincent schlug Miko leicht auf die Schulter.

„Pass auf dich auf.“

Mit diesen Worten widmete sich der Magier wieder seinen Gästen.

Miko zog sich zurück und ging nach Hause.
 


 

~+~+~+~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~+~+~+~

BLA

*hüstel* Das kleine Bla am Ende des Kapitels. Nun ja, als ich die Stelle schrieb in der Sam versucht den Baum zu bewegen kam mir sofort das Bild eines DSA Spielers in den Sinn.

Kürze Einführung… Also jeder Spieler muss bei seinen Taten würfeln. Auf seinem Charakterblatt steht drauf wie er zu würfeln hat, also welche Zahl er unterbieten muss. (20seitiger Würfel)

Das wäre dann ungefähr so gelaufen:

Meister(der der die Story erzählt):

Du hast noch nichts gemacht Sam. Was tust du?

Spieler(Sam) : Ich springe auf den nächsten Baum und versuche den… den ähm…*schaut sich verzweifelt um* Achja! Den Baumspruch. *freudig*

Meister: *schlägt sich die Hände vor den Kopf und lacht* Ok, dann Würfel mal.

Spieler(Sam) : Ah geschafft. Und der Zauber geht auch klar.

Meister: Gut dann will ich jetzt noch eine Probe auf ‚Beherrschung’.

Spieler(Sam) : *deprimiert* Hat nicht geklappt uu’.

Meister: Gut also, du hast den Baum fast soweit, er tut auch schon ein paar Schritte, doch dann versagt deine Konzentration und der Baum ignoriert dich.

Spieler(Sam) : Immer werde ich ignoriert.

Spieler(Lessien) : Hm was? Hast du was gesagt?

*Alle brechen in Gelächter aus*

Meister: Gut Lessien, was machst du? Ydasch du bist ja noch am zaubern.

Spieler(Lessien) : Ich gebe Sam ein Messer, damit er sich auch verteidigen kann.

Spieler(Sam) : Gut ich nehme an und ziele auf den Gegner. Ich würfel. Oh…

Meister: *neugierig* Was hast du den? Oh… *lol*

Spieler(Sam): *enttäuscht* Eine zwanzig uu’ *fühlt sich total verarscht*

Meister: Ok *xD* Na dann- du willst zielen und wirfst das Messer. Aber du verfehlst, obwohl der Troll direkt vor dir steht und das Biest ist richtig groß, aber du schaffst es nicht ihn zu treffen…

*Alle fangen an zu lachen nur Sam schmollt vor sich hin*

Achja, das Leben als Meister ist schon geil. Nja~ also das ist mir so beim schreiben gekommen, also das hatte keineswegs etwas mit einem meiner Spiele zu tun xD

Nun ja, dann will ich euch nicht länger auf die Folter spannen weiter geht’s ;)

Kapitel IX

Kapitel IX
 

Lessien, Ydasch, Merenwen und Sam saßen an einem Lagerfeuer und sprachen über die Kinder. Sie hatten die Dorfleute ziehen lassen und würden sich am nächsten Tag auf den Weg machen und Firuna abholen, doch jetzt waren sie alle erschöpft und wollten noch nicht den langen Marsch zum Dorf antreten. Erschöpft und müde sanken die Gefährten ins Gras und schlossen die Augen. Nur Sam saß da und starrte in die Flammen. Er dachte eine Weile nach.

Als alle schliefen stand der Elf auf. Er ging auf Lessien zu und bückte sich. Sie sah so friedlich aus, während sie schlief. Als er sie sachte berührte wurde sie wach. Sie schaute ihn aus müden Augen heraus an. Sam starrte zurück.

„Komm mit. Ich muss dir was sagen.“, flüsterte er und stand auf. Lessien richtete sich auf und rieb sich die Augen. Dann half ihr Sam auf die Beine. Etwas schlaftrunken taumelte die Halbelfe ihrem Gefährten hinterher, der sie am Arm in Richtung Lichtung zog.

„Was ist mit den anderen? Wir können sie nicht einfach alleine schlafen lassen, Sam.“

„Das ist kein Problem, die werden sich schon wehren können. Außerdem werden wir schnell bemerken wenn jemand kommt.“ Lessien schüttelte den Kopf und schloss die Augen. Ihre Beine bewegten sich auf dem Weg, auf dem sie gezogen wurden.

Nach einigen Minuten kamen die Gefährten an einen kleinen Teich. Daneben rauschte ein kleiner Wasserfall. Er war nicht etwa laut, nein, er war der Unterton der nächtlichen Gesänge. Die Bäume rauschten. Nachtvögel riefen und zusammen ergaben sie eine Mitternachtssymphonie die jeden Wandersmann zum lauschen angestiftet hätte. Lessien öffnete die Augen. Der Mond spiegelte sich im klaren Wasser und den kleinen Fischchen, die im Sprung aus dem Wasser wie kleine Kristalle leuchteten. Ihre Schuppen und das aufgespritzte Wasser ließen die Luft glitzern. Der Tau auf den Grasspitzen glitzerte in einem leichten Grün und Irrlichter flogen umher.

„Was für ein wunderschöner Ort.“ Lessien war voll und ganz in Trance, sie vergaß schnell ihre Müdigkeit und lief an den Rand des Flusses. Sie bückte sich und sah ihr eigenes Gesicht im Wasser. Sam trat näher und spiegelte sich ebenfalls. Plötzlich schreckte Lessien zurück und fiel rücklings ins Gras.

„Wa- was war das? Doch nicht etwa-?“

„Ja genau. Das waren Nixen. Sie sieht man nur selten in den heimischen Gewässern um Gareth herum. Es sind nur kleine, weil der See so klein ist. Aber er ist rein.“ Er ging näher an das Wasser und blickte in die Tiefe.

„Man darf sie nicht zulange betrachten, sonst nehmen sie einen mit in die Tiefen ihres Reiches, dabei ist ihnen egal, ob das Opfer Kiemen oder nicht hat.“, mit dieses Worten drehte sich der Elf wieder zu Lessien, die es sich auf dem Boden gemütlich gemacht hatte. Sie saß da mit verschränkten Beinen und starrte in den Himmel.

Als sie ihren Blick dem Himmel abwandte war Sam ihrem Gesicht ganz nahe. Ihr Herz schlug plötzlich viel schneller, aber Sam strich ihr nur kurz und sanft durchs silberne Haar. Dann setzte er sich ebenfalls und hielt ein Glühwürmchen auf dem Finger.

„Es hat sich auf deine Haare gesetzt und wollte sich welche klauen. Das machen sie immer, um ihre Nester zu bauen.“ Sam betrachtete das kleine Geschöpf und riss sich zwei Haare aus, die er dem Wesen gab und dieses glücklich davon schwirrte.

„Ähm“, sagte Lessien noch etwas verwirrt von dem Geschehen, doch dann fasste sie sich wieder. „Wolltest du mir nicht noch etwas sagen?“

Sam schaute sie an. Dann verschränkte er die Arme um seine Beine.

„Ja. Genau das hatte ich vor.“, nervös zupfte er an einem Grashalm.

„Nun. Ich habe dir nie die Wahrheit über meine Vergangenheit gesagt, nein besser noch:

Ich habe sie nie erwähnt. Das wollte ich nachholen, da ich glaube, dass ich dir alles sagen kann, was mir auf dem Herzen liegt.“ Lessien legte den Kopf schief und zupfte dann ebenfalls an einem Grashalm. Sam lies sich in Gras fallen und starrte in die Sterne, dann begann er.

Ein kleiner Junge. Niemand beachtete ihn. Er war alleine. Nicht einmal seine Eltern konnten ihm helfen. Nein, sie wollten ihm nicht helfen. Eigentlich war es ein schöner Tag. Die Sonne strahlte und es war keine einzige Wolke am Himmel zu sehen. Sam wanderte über den Schulhof. Die Schule bestand aus einem alten Holzkasten, in dem nur zehn Kinder und ein Lehrer platz hatten. Hier lernten sie Rechnen, Schreiben und Lesen, auch Sachkunde stand öfters auf den Stundenplan. Eigentlich hatte man Privatlehrer, wenn man Lernen wollte, doch viele Eltern konnten sich so jemanden nicht leisten und schickten ihre Kinder in die kleine Dorfschule. Die Schule war gerade vorbei. Kinder von Außerhalb kamen um ihre Freunde zu treffen. Sam stand da. Er schaute sich um. Langsam füllte sich der Vorhof, hier wurde oft noch länger gespielt. Sam war der einzige Elf, der auf die Schule ging, was ihn schon zu einem Außenseiter machte. Ein Nichtmensch. Er war gerade einmal zehn Jahre alt und hatte schon viel Böses erleben müssen.

„Hey du Missgeburt, na wie geht’s deinem Auge heute?“

Sam war es schon gewohnt, er verdrehte die Augen und drehte sich der Stimme zu. Ein Junge der fünf Jahre älter war als Sam stand mit seiner Gruppe vor dem Elfen. Alle starrten ihn mit bösen und hämischen Blicken an.

„Was wollt ihr. Könnt ihr mich nicht einfach mal in Ruhe lassen?“ Sam wollte gehen, doch er wurde festgehalten.

„Nana. Noch nicht gehen Kleiner du brauchst doch noch deine Abreibung, die du jeden Tag bekommst, oder hast du die schon wieder vergessen? Jetzt schaut ihn euch an. Wie ein kleiner, räudiger Hund steht er da.“ Lachen kam aus den Reihen der Kinder. In diesem Alter konnten sie so grausam sein. Zwei Mädchen kamen auf Sam zu und hänselten ihn mit gemeinen Schimpfwörtern.

„Wann lernst du es endlich? Wir sind etwas Besseres als du.“

Niemand half. Nicht einmal als die Kinder handgreiflich wurden. Sam wehrte sich nicht. Er lies es über sich ergehen. Wenn er wieder nach Hause kam könnte er sich wieder in sein Zimmer setzen und lernen. Seine Eltern würden ihn in Ruhe lassen, sie schämten sich für das Aussehen ihres Sohnes. Als er alleine war strich sich Sam über sein linkes Auge. Blut klebte an seinen Händen und seinem Gesicht. Was konnte er dafür, dass er so geboren worden war?

Um sein Äußeres brauchte ihn niemand beneiden. Er lies sich auf den Boden sinken und schluchzte in seine Jacke.

Er fühlte sich alleine und verlassen.

Keine Freunde, die ihn trösteten.

Keine Eltern, die ihm beistanden.

Alleine. Ein zehnjähriges Kind verloren auf der weiten Welt. Allein in Aventurien.

Aber das jammern brachte ihm jetzt nichts. Er stand auf, sammelte seine Blätter und Kohlstifte ein und machte sich auf den Weg nach Hause.

Als er sein Heim fast erreicht hatte sah er eine Gruppe von Personen. Sie kamen auf ihn zu und fragten ihn wo die nächste Taverne sei. Es waren ein Mensch, eine Elfe und ein Achatz. Sam war verwundert über diese Konstellation, aber sie schienen sich zu verstehen.

Er zeigte den Gefährten den Weg, indem er einfach mitlief, er hatte sowieso keine Lust mehr nach Hause zu gehen. Ihm war egal ob diese Leute nur böses im Sinn hatten, ihm war es gleich ob sie ihm etwas antun wollten oder nett waren.

Nach längerem Schweigen meldete sich die Elfe zu Wort:

„Sag mal. Was hast du denn eigentlich gemacht. Dein Gesicht ist voller Blut.“

Sam wandte den Blick ab.

„Nichts, ist schon in Ordnung.“

Der Achatz musterte den kleinen Jungen, dann schaute er seinen Gefährten, den Menschen an. Er trug im Gegensatz zu der Halbechse einen langen Mantel und einen großen Hut. Auch er betrachtete den Jungen, dann blieben alle drei wie auf Kommando stehen.

Sam hielt nach einigen Schritten ebenfalls mitten auf dem Weg inne.

Der Mensch kniete sich vor das Kind und hielt seine Hand vor dessen Gesicht. Mit leisen Worten heilte er die Wunden und gab Sam ein eigenartiges Gefühl. Er wusste nun wie es sich anfühlte, akzeptiert zu werden. Er lächelte verlegen und bedankte sich.

Der Rest des Weges war lockerer und nicht mehr so angespannt wie vorher. Die Gefährten unterhielten sich mit Sam und erzählten ihm von ihren Abenteuern.

Noch in der Taverne horchte Sam neugierig den Geschichten und sog alles wie ein Schwamm auf. Plötzlich wünschte er sich, genau wie diese Helden durch die Welt zu reisen und Abenteuer zu erleben.

„Und die schönste Stadt ist immer noch Gareth, die muss man gesehen haben. Da gibt er richtige Häuser aus Stein und auf jedem Marktplatz spielen Gaukler. Aber man muss immer Acht auf sein Hab und Gut geben, sonnst wird es geklaut.“ Die Elfe trank einen Schluck und sah den kleinen Jungen an.

„Wie heißt du eigentlich, Knabe?“

„Samuel Gamgee-Took of Wormshood.“

Der Achatz stellte seinen Krug auf den Tresen und sagte:

„Gut. Ich bin Gutraz Ftresnu.“

Die Elfe warf ihre goldenen Haare nach hinten und stellte sich und den Magier vor:

„Das hier ist Erol Dwarbin und mein Name ist Sirella Moran. Du scheinst unsere Geschichten zu mögen, Sam? So darf ich dich doch nennen?“

Sam nickte aufgeregt. So etwas schönes hatte er in seinem ganzen leben noch nie gesehen. Die Augen der Elfe strahlten förmlich und ihr Haar glänzte wie flüssiges Gold.

„Darf, darf ich mit euch mitkommen?“

Die Helden warfen sich erstaunte Blicke zu. Mit dieser Bitte hatten sie niemals gerechnet. Kurz murmelten die Gefährten etwas in einer anderen Sprache, die Sam nicht verstand. Doch dann wandt dich der Magier an den kleinen jungen.

„Meinst du nicht deine Mama und dein Papa hätten was dagegen? Ich meine du kannst doch nicht einfach so mit Fremden mitgehen. Sie werden sich sicherlich nur Sorgen machen. Und…“

„Sie sind tot.“, kaum das Sam es bemerken konnte hatte er auch schon gelogen. Wie konnte er nur? Aber nein, jetzt durfte er sich kein schlechtes Gewissen einreden. Er wollte hier weg und außerdem… im Großen und Ganzen waren seine Eltern für ihn sowieso gestorben.

Der Magier wippte auf seinem Holzschemel hin und her, dabei verteilte er den Dreck auf der Theke mit seinem Ärmel.
 

„Sie haben mich mitgenommen. Mich als ‚Waisen’. Nun ja. Nach einer Weile, als die Jahre nur dahin geflossen waren habe ich mich selbst auf die Suche nach Gareth gemacht. Meine alten Gefährten hatten das Reisen aufgegeben und ich musste alleine durch die Wälder ziehen. Und dann lernte ich dich kennen. Ich musste nicht mehr alleine umherreisen. Das werde ich dir niemals vergessen. Lessien.“

Sam lächelte, doch dann änderte sich sein Gesichtsausdruck. Es war eine Art von Angst und Bedrückung zu sehen. Nicht die Art von Angst, die er auf der Burg gezeigt hatte, nein diese Angst mischte sich mit Nervosität, sie schien mehr wie Unsicherheit.

Sam nahm seinen ganzen Mut zusammen, schaute der Elfe tief in die Augen. Seine Stimme zitterte ein wenig.

„Ich- ich liebe dich.“

Lessien zog die Augenbrauen nach oben. Die Überraschung stand ihr tief ins Gesicht geschrieben. Sam war rot angelaufen und schaute zu Boden.

„Ist schon in Ordnung. Ich meine, wenn du mich nicht haben möchtest. Wegen meinem Aussehen und so. Nun ja ich musste das einfach loswerden. Tut mir leid.“

Lessien schaute noch verwirrter. Ihr Herz raste.

„Was soll das? Du machst dich gleich sofort nieder. Es kommt nicht auf das Äußere einer Person, sondern auf das Innere an, Sam.“

Sam lächelte. „Das sagst du doch bestimmt um mich zu trösten. Ist nicht schlimm.“

Lessien wurde wütend.

„Also manchmal nervst du echt mit deinen Minderwertigkeitskomplexen. Du hast mir ja noch nicht einmal zeit für eine Antwort gelassen.“ Lessien schnappte Sam am Kragen, zog ihn zu sich heran und küsste ihn.
 

Miko wippte auf seinen Füßen auf und ab. Er starrte in die Ferne. Der Mond stand hoch am Himmel und strahlte seine kalten Strahlen auf den Halbelfen herab. Ein leichter Windzug zog an Miko vorbei. Es fröstelte ihn und er begann zu zittern. Sein Herz schmetterte ihm gegen die Brust und er versuchte es zu beruhigen.

Schon wieder stand er hier. Was zog ihn nur immer in den Wald, an die Klippe. Er wusste es nicht. Seine Beine wurden auf einmal schwer. Er klappte zusammen und stützte sich mit den Händen vom Boden ab. Seine Haare hingen in Strähnen an seinem Gesicht herunter und fielen auf den trockenen Waldboden.

Tränen rannen dem Halbelfen übers Gesicht, als sein Herz für zwei Sekunden aussetzte, um danach von starken Schmerzen heimgesucht zu werden. Miko verließen die Kräfte und er schlug mit dem Kopf auf dem Boden auf.
 


 


 

**~~~***~~~**

Und schon wieder ein kleines BLA...

Japp... ich bin nicht sehr romantisch veranlagt xD Ich möchte mich somit bei meinen Lesern für die etwas überstürtzte Kuss-szene entschuldigen uu'

*gomen*

Bald gehts weiter ;)



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Kommentare zu dieser Fanfic (10)
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Von:  freddy
2016-11-19T22:23:26+00:00 19.11.2016 23:23
Still in love ...
<3
Von:  freddy
2008-11-16T21:07:27+00:00 16.11.2008 22:07
wieso denn überstüzt?? XDD
ich find die szene toll und kann mir eigentlich auch gut vorstellen dass genau dieses verhalten zu lessien passt x3
also wirklich, du brauchst dich doch nicht zu entschuldigen XDD~~
mach schön weiter so *g* ;)
Von:  Sternenhirte
2008-11-11T19:38:11+00:00 11.11.2008 20:38
lol'
Von:  freddy
2008-11-11T19:06:40+00:00 11.11.2008 20:06
oooooooooooooooooooooooooooooooooooooooohhhhhhhhhhhhh
*schnieeeeeeeeeeeeeef*
das ist sooo traurig und schööön und haaach
lessieeen ich mag deine geschichte sooooo sehr >______________<
jetzt sagt sie ihm dass sie ihn auch liebt und sie werden glücklich und leben zufrieden bis ans ende ihres lebens, nicht? XDD
nein das wäre irgendwie zu einfach *g*
hach ich mag sam x33 die beiden passen so toll zu einander *love*
Von:  freddy
2008-10-31T09:07:34+00:00 31.10.2008 10:07
*lach* also am besten find ich ja dein "bla" XDDDD
hammer XD da bekommt man richtig lust einfach mitzumachen *g*
aber zurück zur story: ich find es wie immer fazinierend dass du es schaffst mir bilder in den kopf zu setzten. es ist echt so als könnte ich einen manga (wenn es denn einen zu deiner geschichte gebe) vor meinen augen sehen..
darum mag ich deine geschichten so x333
Von:  freddy
2008-09-11T18:21:05+00:00 11.09.2008 20:21
*__*
kommt jetzt ein kampf? ja? ja? jaaa?
jaa ich finds toll wie du alles geschrieben hast XD lessien und merenwen verstehen sich bestimmt klasse *lach*
toll gemacht!
Von:  freddy
2008-09-09T18:39:32+00:00 09.09.2008 20:39
awww genauso "wild" hab ich sie mir vorgestellt XD
boah ich will sofort weiter lesen *___*
ich glaub jetzt bekommst du zu jedem neuem textstück einen kommi XDD
ich find das so toll wie du merenwen hier einbringst x33
<333
Von:  freddy
2008-09-09T16:07:22+00:00 09.09.2008 18:07
da da daaaaaa *___*
waaah XDDDDDDDDDDDDD
da ist sie X333333333

hach ich liebe dich XDD

wie geil ich bin sooooo gespannt x33
schreib ganz schnell weiter!! *-*
Von:  freddy
2008-08-30T09:33:46+00:00 30.08.2008 11:33
daaaaa XDD
*mit finger auf beschreibung zeig*
daaaaaaaaa *__*
da ist mein charakter *___*
uuh ich bin schon sooo gespannt wie du ihn in die geschichte einbaust *aufgeregt ist* ^___^

aah und du schreibst so schön
miko tut mir so leid..T__T er wird doch nich sterben oder? *schnief* neein er ist zwar irgendwie hmm verquär XD aber doch lieb...x3
die schmerzen müssen weg gehen

schreib schnell weiter XD
Von:  freddy
2008-07-13T20:38:43+00:00 13.07.2008 22:38
hach ich will auch so schreiben können
ich mach mich jetzt dann an dein bild ^^
für diese wunderbare geschichte x3


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