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Alles wird sich ändern

denn die Zeit bleibt nicht stehen
von

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Die Elbin

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 1 von ?

Warning: bislang keins
 

Die Story entsteht in Zusammenarbeit mit Bina-chan86.
 

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Der Wind blies unaufhörlich und gnadenlos, brachte dabei eisige Kälte mit.

Fahnen wehten wild umher, Fahnen, die nicht länger Fahnen waren, denn ihre Fetzen wiesen nur noch schwach auf das hin, was sie einst waren.

Überall lagen Splitter und Trümmer von den Mauern, die einst die prächtige Burg umgaben und bildeten, kleine Feuer brannten hier und da und deuteten darauf hin, wie sehr sie gewütet hatten.

Leblose Körper türmten sich auf, Blut befleckte den Boden.

Schwerter, Speere und Pfeile hatten ihre Ziele gefunden und steckten zum Teil noch dort, zum Teil lagen sie kreuz und quer verteilt.

Es war ein schauriges Bild, das sich jedem Beobachter bot.

Es war eine Burg der Elben, die den Kampf gegen ihre Angreifer verloren hatte und nun ein Schlachtfeld war.

Und es war ein kleines Elbenmädchen, das den Blick nicht abwenden konnte von dem grausigen Ort und um die weinte, die ihr Leben gelassen hatten.

„Ich werde euch rächen, eines Tages....“, schwor sie dem Wind leise und rannte davon, so schnell sie konnte, damit sie den Angreifern nicht in die Hände fiel....
 

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„Hast du etwas Interessantes gesehen, Dana?“

Zack sah sie durchdringend an und versuchte, jegliche Gedanken in ihrem Gesicht ablesen zu können.

„Nein. Das ‚Gesicht’ kommt nicht, wann immer man es wünscht. Es sucht sich die Zeitpunkte aus, an denen es mir etwas zeigen will“, seufzte Dana.

Sie war es ein wenig Leid, dass Zack sie, obwohl er ebenjenes wusste, immer wieder darum bat, etwas zu ‚sehen’.

Andererseits konnte sie es auch verstehen – denn schon oft hatte sie etwas voraussagen können mit dieser Gabe und sie alle damit vor kleinen Missgeschicken bewahrt. Dennoch kam das Gesicht immer wieder unaufgefordert zu ihr, wenn sie es nicht verhindern konnte – und sobald sie es willentlich herbeirufen wollte, zeigte es sich nicht.

„Ich weiß“, murmelte Zack enttäuscht und er wandte den Blick ab.

„Ich wünschte, ich hätte meine magische Ausbildung weiter ausdehnen können“, jammerte Dana, „aber niemand hier hat die Fähigkeit dazu.“

„Wundert dich das immer noch? Du weißt doch, dass wir Menschen nicht halb so viel magisches Talent haben als ihr Elben“, warf Zack genervt ein.

Wie oft hatte sie sich inzwischen darüber beklagt? Er konnte es inzwischen nicht mal mehr zählen.

Dana war eine elbische Prinzessin und als solche waren ihre magischen Fähigkeiten noch weitaus höher, als bei anderen. Aber was nutzte ihr das Talent, wenn sie niemanden hatte, der sie ausbilden konnte?

Unter normalen Umständen wäre sie sicher eine mächtige und vor allem schöne Elbenkönigin geworden.

Aber Danas Umstände waren alles andere, als normal.

Eine hässliche Narbe zog sich über ihre linke Wange und nahm ihrem Gesicht die Unschuld, die das Gesicht einer Prinzessin eigentlich haben sollte.

Sie verdankte es Zack’s Familie, dass sie keinen Hungertod sterben musste, als sie vor ungefähr neun Wintern alles verloren hatte und aus ihrer Heimat geflohen war, um nicht auch noch ihr Leben zu verlieren.

Zack’s Mutter Sania hatte das damals zehnjährige Mädchen aufgenommen, als wäre sie ihre eigene Tochter und so waren Dana und Zack fast wie Geschwister aufgewachsen.

Inzwischen hatte Dana mit einer Prinzessin nicht mehr wirklich viel gemeinsam und war es gewohnt, normalen Tätigkeiten nachzugehen.

Sie war geschickt im Umgang mit dem Schwert, was ihre Unfähigkeit als Schützin ein wenig ausglich.

Zack hingegen war ein geschickter Bogenschütze und er zog die Elbin gerne auf, wenn ihr Pfeil das Ziel wieder meilenweit verfehlte. Meistens bedachte Dana ihn dann mit einem Blick, der tödlich enden würde, wäre sie dazu in der Lage gewesen, mit Blicken zu töten.

Es war unschicklich für eine junge Frau, mit Waffen um sich zu schlagen, anstatt einen Kochlöffel in die Hand zu nehmen und Dana wusste genau, dass Sania ihr Verhalten nicht guthieß.

Aber die Elbin scherte sich nicht groß darum. Sie wollte Rache. Rache für den Tod ihres Vaters und aller anderen, die die Zerstörung der Elbenburg nicht überlebt hatten.

Migal, Zacks Vater, und auch Zack selbst waren im Grunde auch froh darum, dass Dana nicht kochte, denn sie war nicht gut darin und das meiste, was sie zubereitete, war nahezu ungenießbar.

„Aber hier in Rawena gibt es nicht einen einzigen Menschen, der mir wenigstens ein bisschen etwas beibringen könnte“, maulte die Elbin und fing sich damit einen gelangweilten Blick ihres Ziehbruders ein.

„Rawena ist auch nur eine kleine Stadt, was erwartest du?“

Zack stand von seinem Stuhl auf und trat zum Fenster, welches einen guten Blick auf die besagte kleine Stadt zuließ. Dana und Zack teilten schon immer ein Zimmer, welches im ersten Stock des kleinen Hauses lag, dass die Familie bewohnte.

„Du hast ja Recht“, seufzte Dana unzufrieden und blieb auf ihrem Bett sitzen.

„Ich wünschte nur, ich könnte mit meiner Magie auch etwas anfangen!“

„Das verstehe ich ja“, sagte Zack sanft, „Aber ich fürchte, du wirst dafür in die Hauptstadt gehen müssen, dort gibt es sicher jemanden, der dich die Magie lehren könnte.“

Es war nicht so, dass die Elbin nie etwas in der Richtung gelernt hatte. Aber ihre Fähigkeiten beschränkten sich darauf, die Magie nicht unkontrolliert auszusenden und kleinere Zauber anzuwenden, die sie als Kind gelernt hatte.

„Du weißt genau, das Sania mich nicht gehen lässt“, beschwerte sie sich verärgert.

„Sie macht sich eben Sorgen um dich, Dana!“, erklärte Zack.

„Das weiß ich auch, aber sie braucht sich keine zu machen. Ich kann gut auf mich selbst aufpassen und mich verteidigen. Ich bin doch kein kleines Kind mehr!“

„Aber du bist auch noch nicht mündig“, bemerkte Zack trocken.

„Noch!“, knurrte die Elbin. „Nächsten Sommer werde ich Zwanzig sein und dann hat Sania nicht mehr das Recht, mich festzuhalten.“

Sie beneidete den Menschen darum, dass er sein zwanzigstes Lebensjahr bereits erreicht hatte und damit laut Gesetz mündig war.

Aber es war schon Spätherbst und der nächste Sommer würde nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen.

„Du bist undankbar gegenüber meiner Mutter“, fand ebenjener Mensch.

„Bin ich nicht. Ich verstehe nur nicht, warum ich nicht in die Hauptstadt gehen darf“, sagte sie beleidigt.

Das Thema drehte sich im Kreis und der Grund, warum die Elbin in die Zukunft hatte sehen sollen, war vergessen.

„Abendessen ist fertig!“, rief auch schon Sania und unterbrach jeglichen Streit.
 

End of Part 1

Die Geschichtenerzählerin

Alles wird sich ändern

Author: Bina-chan86

Part 2 von ?
 

Dies ist eine Gemeinschaftsstory von Bina-chan86 und elbin-luna-chan.
 

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„Dana will in die Hauptstadt?“, wunderte sich Jules. Er richtete sich auf und wischte sich dabei mit dem Handrücken über die Stirn.

Zack nickte seufzend. „Ja, aber da sie weiß, dass meine Mutter sie nicht ziehen lassen wird, ist sie schlecht gelaunt.“

Jules lächelte. Er hatte ein freundliches, offenes Gesicht, weswegen er schnell das Vertrauen der Leute gewann. Diese klagten ihm auch des Öfteren ihr Leid. Bei Zack, war er allerdings schon daran gewöhnt, da er diesen seit der Kindheit kannte.

„Und du weißt nun nicht, was du tun sollst“, mutmaßte Jules.

„So in etwa.“ Ein wenig betreten kratzte sich Zack am Hinterkopf. „Vermutlich sollte ich mich einfach aus der ganzen Angelegenheit heraushalten, aber…“

„Aber Dana hat dich fest im Griff“, vollendete Jules den Satz. Bevor sein Freund aus Verlegenheit protestieren konnte, drückte ihm Jules mit den Worten „halt mal“ eine Kiste in die Hand. Wenn Zack schon seinen Rat wollte, dann konnte er ihm auch dafür bei seiner Arbeit und somit beim Tragen helfen.

Jules hatte früh seine Eltern verloren und hielt sich nun recht wacker mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Derzeit half er einem der Händler bei den Auslieferungen.

„Wenn ich das richtig verstanden habe, dann sucht Dana also jemanden mit starken magischen Fähigkeiten?“, hakte Jules nach.

„Stimmt“, bestätigte Zack.

„Hm“, machte Jules. „Wenn so jemand gesucht wird, sollten wir vielleicht Lydia mal fragen.“

Zack blinzelte überrascht. „Wen?“

„Lydia.“ Leicht missbilligend verzog Jules die Mundwinkel. „Hörst du mir eigentlich zu, wenn ich dir mal etwas erzähle?“

Zack besaß zumindest den Anstand, beschämt dreinzublicken. „Tut mir leid.“

„Du hast sie sogar schon mal gesehen“, fuhr Jules fort. „Lydia ist die Kleine, die mich neulich besucht hat.“

Zack dachte nach und langsam keimte Erinnerung in ihm auf. „Die Geschichtenerzählerin?“, fragte er vorsichtig.

„Eben jene“, erwiderte Jules grinsend.

Zack konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass sich Jules hauptsächlich die Namen von hübschen jungen Frauen merkte.

„Und du glaubst wirklich, dass sie uns weiterhelfen kann?“, zweifelte Zack.

Jules zuckte unverbindlich mit den Schultern. „Fragen kostet nichts“, erwiderte er - optimistisch wie immer.
 

Jules hatte bereitwillig angeboten Zack zu begleiten, nachdem er seine Arbeit beendet hatte.

Zack beschloss seinerseits, Dana vorerst nichts von diesem Ausflug zu erzählen, falls er letztendlich doch keine Ergebnisse vorweisen konnte. Und von dem Erfolg dieses Besuches war er noch lange nicht überzeugt.

Sein Freund Jules hatte im Gegensatz dazu geradezu ekelhaft gute Laune. Er bog von der Hauptstraße, die quer durch Rawena führte, in eine Gasse ab. Der Ort war zwar nicht sonderlich groß, verfügte aber über viele verschlungene, verwinkelte Wege. Deswegen merkte Zack es auch nicht gleich, als Jules eine schmale Treppe hinaufstieg.

„Trödel nicht so lange“, rief Jules amüsiert.

Zack musste ein paar Schritte laufen, ehe er wieder aufgeholt hatte. „Ist es noch weit?“, fragte er und klang dabei ein bisschen wie ein nörgelndes Kind, das ungeduldig wurde.

Jules schmunzelte und deutete dann auf die oberste Stufe. „Wir sind gleich da. Keine Sorge.“

Oben angekommen, staunte Zack nicht schlecht. Einen solchen Ort hätte er hier gar nicht erwartet. Der lang gezogene Weg wurde dort von einer Pergola überdacht und führte schließlich zu einer Tür mit Rundbogen.

„Im Sommer ist es hier noch schöner“, wusste Jules zu berichten. „Dann ist der ganze Unterstand mit veilchenblauen Blüten übersät.“

Belustigt zog Zack einen Mundwinkel nach oben. „Manchmal klingst du richtig sentimental.“

„Findest du?“, entgegnete Jules und versuchte dabei betont arglos auszusehen. Schließlich lenkte er das Thema in eine andere Richtung. „Hier wohnt der mürrische alte Mann, der auf dem Markt immer Körbe verkauft. Die Zimmer in seinem Haus vermietet er an Reisende.“

„Das Geschäft mit den Körben läuft wohl nicht so gut“, bemerkte Zack trocken.
 

Lydia war anders, als Zack sie in Erinnerung gehabt hatte. Vermutlich weil er sie nie richtig angesehen hatte. Erst jetzt fiel ihm auf, wie schwer man ihr Alter einschätzen konnte.

Vom Aussehen her mochte Lydia vielleicht siebzehn oder achtzehn sein, doch in ihren Augen lag etwas, das weit jenseits dieses Alters war. Mit anderen Worten: Die perfekte Ausstrahlung für eine Geschichtenerzählerin.

„Erinnerst du dich noch an meinen Freund?“, fragte Jules zur Begrüßung.

Lydia zog grübelnd die Augenbrauen zusammen und plötzlich hellte sich ihr Gesicht wieder auf. „Zack, der Junge mit der hübschen Freundin, nicht wahr?“

„Sie ist nicht meine Freundin!“, schnaubte Zack.

Jules grinste vor sich hin, ehe er sich schließlich wieder an Lydia wandte. „Und trotzdem sind wir wegen Dana hier. Deswegen würden wir dich auch gern etwas fragen, Lydia.“

Lydia nickte einladend. „Nur zu.“

Widerstrebend klärte Zack Lydia über die Situation auf, ließ dabei aber bewusst ein paar Dinge aus, die sie - aus seiner Sicht - nichts angingen. Somit beschränkte sich die Geschichte hauptsächlich darauf, dass jemand mit magischen Fähigkeiten gesucht wurde.

„Fällt dir da jemand ein?“, warf Jules ein.

„Hm…“ Nachdenklich legte Lydia einen Finger an die Lippen. „Ich wüsste da schon jemanden. Ihr müsstet nicht mal in die Hauptstadt.“ Sie ließ die Hand sinken und blickte zwischen Zack und Jules hin und her. „Etwas weiter im Norden, dort wo man die Berge schon sehen kann, gibt es eine Stadt namens Cardun. Vor vielen Jahren hat sich dorthin ein Magier zurückgezogen. Man sagt, dass er verschroben und nicht sonderlich umgänglich ist, aber seine magischen Fähigkeiten sind beachtlich für die eines Menschen.“ Lydia legte eine bedeutungsvolle Pause ein und wickelte dabei eine Strähne ihres weichen, platinblonden Haares um den Finger. „Das heißt natürlich, falls er ein Mensch ist…“

„Alles dummes Zeug“, brummte Zack. „Außerdem habe ich noch nie von dieser Stadt gehört.“

„Was natürlich zwangsläufig bedeutet, dass es sie nicht gibt“, meinte Lydia ironisch.

Zack warf ihr einen ärgerlichen Blick zu. „Ich meine ja nur, dass es keine Beweise für die Richtigkeit deiner Informationen gibt.“

Darüber konnte Lydia bloß lachen. „Das Leben wäre doch schrecklich langweilig, wenn es für alles Beweise gäbe.“

Beschwichtigend klopfte Jules seinem Freund auf die Schulter. „Ein Versuch schadet doch nichts“, fand er.

Zack seufzte. „Wenn meine Mutter Dana nicht in die Hauptstadt lässt, dann gilt dasselbe auch für Cardun.“

„Nun, aber das wäre doch wirklich nur ein harmloser Ausflug in die Berge“, sagte Jules verschwörerisch.

Zack kam sich zwar wie ein Verräter gegenüber seiner Mutter vor, aber was Jules da sagte, war gar nicht so dumm.

Zögerlich schaute Zack zu Lydia. „Wie finden wir diesen Ort?“

„Beschreiben kann ich euch den Weg nicht, aber ich kann ihn euch zeigen“, bot Lydia an.

Auch das noch, dachte Zack.

Als er Lydias selbstsicheres Lächeln sah, wusste er, dass er schon verloren hatte.
 

„Ich weiß gar nicht, was du hast, Zack“, verkündete Jules auf dem Rückweg. „Ich finde sie nett.“

„Und ich denke, dass man ihr nicht einfach so vertrauen sollte. Wir kennen sie doch kaum“, beharrte Zack. „Darüber hinaus kommt es mir merkwürdig vor, dass sie allein umherzieht. Sie ist bestimmt noch nicht zwanzig.“

„Sieh nicht immer alles so schwarz“, tadelte Jules. „Überleg dir lieber, was du Dana erzählen willst.“

Diese Bemerkung hatte den gewünschten Erfolg und so schwieg Zack nachdenklich.
 

End of Part 2

Der "Ausflugsplan"

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 3 von ?

Warning: bislang keins
 


 

Als Zack nach Hause kam, waren seine Eltern nicht da, was durchaus ab und zu vorkam, da Migal und Sania viele Freunde in der Stadt hatten.

So zog er sich seine Jacke aus, hängte sie wie gewohnt an den Haken neben der Eingangstür und stieg dann die Treppen hinauf in sein und Danas Zimmer.

In dem Zimmer brannte Licht, deswegen wusste er, dass Dana daheim war. Er brannte darauf, ihr die Neuigkeiten mitzuteilen und betrat den Raum, ohne anzuklopfen, wie er es eigentlich gewohnt war.

Die junge Elbin erschrak zutiefst, als die Tür aufging, brüllte ihm ein „Raus!“ entgegen und bewarf ihn sogleich mit ihrem Kopfkissen.

„Aber...?“, stammelte er verwirrt und bemerkte erst dann, dass Dana scheinbar gerade dabei gewesen war, sich umzuziehen.

„Du weißt doch, dass du anklopfen sollst, verdammt!“, ärgerte sie sich und bedeckte ihren Körper hastig mit dem Kleid, dass sie in der Hand hielt – den Kopf rot wie eine überreife Tomate.

Sofort hatte sich Zack umgedreht, nicht minder rot angelaufen und versuchte, sich passend zu entschuldigen.

„Sorry, Dana...“, begann er, aber sie unterbrach ihn.

„Schon gut, guck halt einfach weg!“

Früher war es unter ihnen nie ein Problem gewesen, sich nackt zu zeigen, zumal sie oft gemeinsam gebadet hatten – aber das war gewesen, bevor sie beide begannen, erwachsen zu werden.

Zack konnte hören, wie Stoff raschelte und kurz darauf durfte er sich wieder umdrehen.

„Na, was sagst du?“, fragte sie ihn, sich in dem Kleid präsentierend.

Ihm blieb die Luft weg – Dana sah umwerfend aus. Einzig die Narbe auf ihrer Wange wollte nicht so recht zum Rest der Aufmachung passen.

„Wow. Wozu hast du dich denn so schick gemacht?“

Dana sah ihn an, als hätte sie einen Geist gesehen.

„Sag jetzt nicht, du hast die Feier vergessen?“, fragte sie entgeistert.

„Feier?“, wiederholte er, bis es ihm siedend heiß wieder einfiel. „Die Geburtstagsfeier von Tante Marta!“

„Genau die. Sag jetzt nicht, du hast sie tatsächlich vergessen?“

„Doch, leider!“, gab er zu und schon wühlte er in seinem Kleiderschrank, um etwas Anständiges herauszusuchen, was man bei einer solchen Feier tragen konnte.

Dana schüttelte den Kopf und konnte es nicht fassen.

„Sania hat dich doch erst heute morgen daran erinnert“, rief sie ihm ins Gedächtnis.

„Ja, ich weiß, ich war einfach zu beschäftigt mit Jules und Lydia“, erklärte er.

„Lydia? Ist das nicht die Geschichtenerzählerin, bei der wir vor einiger Zeit mal waren? Die, die diese schöne Geschichte über die Zauberin und den herzlosen König erzählt hatte?“

Diese Geschichte war Dana lebhaft in Erinnerung geblieben, was wohl daran lag, dass Lydia ein wirkliches Talent hatte, einer Geschichte Leben einzuhauchen.

„Äh, ja, das wird sie wohl sein“, murmelte Zack, der sich hastig umzog.

„Was habt ihr bei ihr gemacht?“, fragte Dana neugierig, doch Zack wimmelte sie erst einmal ab.

„Das erzähle ich dir, wenn wir da sind. Ich denke, wir sollten lieber erst mal aufbrechen!“

Da hatte er nicht Unrecht, denn sie waren für Punkt 18.00 Uhr eingeladen und bis dahin war es nur noch eine halbe Stunde.

„Wo sind denn Ma und Pa?“, fragte er die Elbin.

„Sie sind schon mal vorgegangen, Sania sagte etwas davon, dass sie Tante Marta ein bisschen zur Hand gehen wollte.“

„Ah“, machte Zack und begann dann, sich schnell um seine kurzen, dunkelblonden Haare zu kümmern.

Tante Marta war die betagte ältere Schwester von Sania und damit eine der wenigen Verwandten, die Zacks Familie direkt in Rawena hatte. Bei ihr war es schon immer üblich gewesen, dass sie ihre Gäste zum Abendessen einlud, wenn sie etwas zu feiern hatte und so war es auch diesmal. Sie war eine herzliche alte Dame, die jedoch auf gutes Benehmen Wert legte. Marta schätzte es überhaupt nicht, wenn jemand zu spät kam, was erklärte, warum Zack es nun so eilig hatte.

„Kann ich mich so sehen lassen?“, fragte er Dana, die zögerlich nickte.
 


 

Dana und Zack waren gerade eben rechtzeitig zur Feier aufgetaucht und Marta war außer sich vor Freude gewesen, als die beiden ihr gratuliert hatten.

Zacks Tante war glücklich darüber, mit Dana eine ‚Nichte‘ bekommen zu haben, denn Sania hatte nie eine Tochter zur Welt gebracht und es gab doch so viel, was eine Tante einer Nichte beibringen konnte.

Zu Danas Leidwesen war sie somit immer wieder gezwungen gewesen, sich Nähen, Sticken, Stricken und allerlei anderen häuslichen Tätigkeiten zu widmen, die sie selbst nicht allzu sehr schätzte. Dennoch mochte die Elbin ‚ihre‘ Tante und konnte ihr keinen Wunsch abschlagen.

Als nun der Nachtisch abgeräumt wurde und die lockeren Gespräche begannen, in denen man sich die brisantesten Neuigkeiten erzählte, konnte auch Zack endlich von seiner Begegnung mit Jules und Lydia sprechen.

„Also“, begann er flüsternd, „Lydia hat den Vorschlag gemacht, in die Berge zu reisen, in die Stadt Cardun. Dort kennt sie wohl auch jemanden mit magischen Fähigkeiten.“

Die Elbin lauschte gebannt und ihre Augen weiteten sich erfreut, als sie dies hörte.

„Und damit meine Mutter uns auch gehen lässt, könnten wir so tun, als wollten wir einfach nur einen Ausflug in die Berge machen, meinte Jules“, fuhr Zack fort.

„Die Idee ist fabelhaft!“, fand Dana.

„Was tuschelt ihr da?“, fragte Tante Marta plötzlich.

Ertappt fuhren die Köpfe der beiden hoch und sie blickten die Tante fast schon beschämt an.

„Nun?“ Tante Marta sah die beiden belustigt an. „Mich interessiert auch, was ihr zu erzählen habt.“

Zack blickte erst von Tante Marta auf Dana, dann fiel sein Blick auf seine Mutter.

Eine Idee ließ ihn schließlich sprechen.

„Verzeih, Tante Marta. Ich habe Dana eben erzählt, dass ein Freund von mir einen Ausflug in die Berge machen möchte, und er hat mich gefragt, ob wir mitkommen wollen“, berichtete er.

„Oh, ein Ausflug, wie schön!“, rief Marta aus, die hellauf begeistert war.

Ein zufriedenes Lächeln breitete sich auf Zacks Zügen aus. Er hatte gewusst, dass Tante Marta diesen Vorschlag toll finden würde. Sie betonte immer wieder, wie wichtig es sei, dass junge Leute an die frische Luft kamen und die Natur erkundeten.

Sania schien von dieser Idee weniger begeistert zu sein, denn sie wusste, dass die Berge nicht gerade zur Nachbarschaft gehörten.

„Wie habt ihr euch das vorgestellt?“, fragte sie ihren Sohn zweifelnd.

„Nun ja, Jules hat eine Bekannte, die sich gut in den Bergen auskennt und uns führen würde“, berichtete Zack, was zwar nicht ganz der Wahrheit entsprach, aber immerhin dafür sorgen würde, dass sich seine Mutter nicht allzu viele Gedanken machte.

„In dieser Jahreszeit ist es wohl sehr schön dort oben auf den Bergen und die Aussicht soll atemberaubend sein“, fuhr er fort.

Sania schüttelte den Kopf. „Ich halte das für keine gute Idee.“

„Aber warum nicht, Sania?“, mischte sich nun Tante Marta ein. „Wenn sie sogar eine Führerin haben, dann kann daran ja nicht viel Gefährliches sein. Und den Kindern tut es bestimmt gut, wenn sie mal an die frische Luft kommen.“

„Die beiden haben doch keinerlei Erfahrung!“, erwiderte Sania.

„Dann können sie endlich welche sammeln. Lass sie ruhig ihren Ausflug machen, Sania!“
 

Das Gespräch wurde noch eine ganze Weile fortgeführt, bis Tante Marta schließlich die Oberhand gewann und Sania die Argumente ausgingen.

Somit hatte die Tante dafür gesorgt, dass Zack und Dana ihren Ausflug antreten durften und darüber hinaus schob sie den beiden sogar noch zwanzig Nan zu, als Taschengeld sozusagen.

„Gebt aber nicht alles auf einmal aus“, hatte sie zu ihnen gesagt und damit war das Thema erledigt gewesen.
 


 

Zack hatte mit Jules und Lydia ein Treffen vereinbart und zu ebenjenem waren er und Dana am nächsten Morgen unterwegs.

„Toll, wie du das mit dem Ausflug eingefädelt hast“, lobte die Elbin ihren Ziehbruder.

„Ach, das war doch nicht der Rede wert“, fand er. „Ich weiß halt, wie Marta tickt“, fügte er hinzu.

„Genau deshalb ja. Tante Marta hat für uns gekämpft wie eine Löwin“, kicherte Dana.

„Das hat sie!“, gab Zack lachend zu.

„Ihr habt ja gute Laune“, freute sich nun Jules, der zu den beiden aufschloss.

„Oh, guten Morgen Jules“, begrüßte Dana ihn.

„Hi, ihr beiden. Und, habt ihr Sania überreden können?“, fragte er direkt, konnte sich die Antwort allerdings schon denken, so, wie die beiden strahlten.

„WIR nicht, aber unsere Tante hat das prima hinbekommen. Sie hat uns sogar zwanzig Nan gegeben!“, erzählte Zack breit grinsend.

„Was? So viel? Für das Geld arbeite ich zwei Wochen!“, jammerte Jules gespielt und klopfte den beiden auf die Rücken.

Die Drei bogen schließlich in die Gasse ab und gingen auf die schmale Treppe zu, die zu Lydia führte.
 

End of Part 3

Aufbruch

Alles wird sich ändern

Author: Bina-chan86

Part 4 von ?
 

Dies ist eine Gemeinschaftsgeschichte von Bina-chan86 und elbin-luna-chan
 


 

Lydia erwartete die drei bereits. Trotz der nicht gerade atemberaubenden Temperaturen saß sie im Garten unter einer Laube und winkte ihnen zu. „Guten Morgen!“

Jules, ein Morgenmensch sondergleichen, erwiderte den Gruß ebenso überschwänglich, während sich Zack mit einem knappen Nicken begnügte. Dana folgte den beiden Männern zögerlich und gespannt zugleich.

Die Elbin bedachte Lydia mit einem abschätzenden Blick - ein typisch weibliches Phänomen, wenn es darum ging, jemanden besser charakterisieren zu können.

Lydia tat ihrerseits dasselbe, schmunzelte dann aber schließlich und hielt Dana die Hand hin. „Beim letzten Mal habe ich versäumt mich persönlich vorzustellen. Ich bin Lydia.“

Erleichtert ergriff Dana die dargebotene Hand. „Dana“, nannte sie der Geschichtenerzählerin ihren Namen.

„Zacks hübsche Freundin“, erinnerte sich Lydia fröhlich.

„Hörst du wohl endlich auf damit!“, zischte Zack.

Beschwichtigend hob Lydia die Hände. „Ich bin ja schon still.“

Jules wandte den Kopf ab, weil er sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. Leider verbarg er seine Belustigung nicht sehr gut, denn Zack sah es trotzdem und versetzte seinem Freund einen beleidigten Rippenstoß.

Lydia unterband die Zankerei, indem sie die anderen zu sich an den Tisch winkte, um ihnen eine Karte zu zeigen. „Ich habe mich bemüht, einen möglichst aktuellen Plan zu finden, damit wir uns nicht doch in den Bergen verlaufen”, erklärte sie frei heraus, denn sie ahnte schon, dass die Antwort von Dana und Zack positiv ausfiel. „Ich war zwar lange nicht mehr in Cardun, aber viel scheint sich nicht verändert zu haben. Es ist eben doch nur ein verschlafenes kleines Nest und keine Metropole. Dort laufen die Uhren ein bisschen anders.“

Lydia klatschte in die Hände und blickte auf. „Der perfekte Anfang für eine Geschichte!“
 

Bereits zwei Tage später konnten sie aufbrechen. Lydia hatte ausdrücklich betont, dass es besser wäre zu reisen, bevor das Wetter umschlagen würde und der Winter langsam ins Land käme.

Dana hatte diesen Vorschlag begrüßt, weil sie es kaum erwarten konnte, einem anderen Magier zu begegnen und vielleicht sogar etwas von ihm lernen zu können. Endlich hatte sie einen Anhaltspunkt gefunden, der sie ihrem Ziel näher bringen würde.

Selbst Jules hatte sich für ein paar Tage frei genommen. Einerseits weil er neugierig war und andererseits, weil Sania sicherlich misstrauisch gewesen wäre, wenn sie ihn in der Stadt gesehen hätte, nachdem Zack doch ausdrücklich betont hatte, dass es seine Idee war.
 

Lydia griff in die Tasche ihres lindgrünen Mantels und zog die Landkarte hervor. „Mit ein wenig Glück können wir morgen Abend schon in Cardun sein.“

„So schnell?“ Dana trat näher an sie heran und linste über ihre Schulter, um einen Blick auf die Karte zu erhaschen.

Lydia nickte bestätigend. „Wir werden später in Hallet Rast einlegen. Von dort aus ist es nicht mehr so weit“, sagte sie und fuhr dann mit dem Finger bedächtig über das Papier. „Hallet liegt dort, wo die Flüsse Inh und Sabel ineinander münden. Es ist eine recht lebhafte kleine Handelsstadt. Der Ort ist besonders für sein Kunsthandwerk bekannt. Die Leute stellen wunderschöne Arbeiten aus Glas her. Viele Fenster von Tempeln werden extra in Hallet angefertigt.“

Zack staunte nicht schlecht - Lydia war tatsächlich ein nie versiegender Informationsquell. Im Gegensatz dazu kam er sich ziemlich unwissend vor, was aber nicht verwunderlich war, denn er war nie sonderlich häufig aus Rawena herausgekommen.

„Das wird bestimmt interessant“, warf Jules gut gelaunt ein.

„He, das ist hier keine Vergnügungstour“, ermahnte Zack ihn.

Jules zuckte unverbindlich mit den Schultern. „Es spricht aber trotzdem nichts dagegen, ein wenig Spaß zu haben, oder?“ Dabei blickte er sich zu Dana um, die nachdrücklich nickte.

Rawena war idyllisch, aber das Leben dort konnte sehr eintönig sein. Deswegen freute sich die Elbin darauf, nach langer Zeit mal wieder eine neue Stadt zu sehen.
 

Alsbald stieg der Weg, auf dem sie gingen, an und führte durch ein Kiefernwäldchen. Der Marsch wurde damit beschwerlicher als auf ebener Fläche, doch der Ausblick entschädigte für alles.

„Schaut mal!“, sagte Dana und lief zum Rand eines Felsvorsprungs.

Zwischen den Bäumen hindurch bot sich der Blick hinab auf den Inh, der sich an dieser Stelle mindestens hundert Meter breit durch das Tal schlängelte. In der Ferne, halb unter einer Wolkenschicht vorborgen, konnte man schon Hallet erkennen.

„Wir müssen noch ein Stück in südwestliche Richtung und dann können wir mit der Fähre über den Fluss setzen“, bemerkte Lydia.

Jules folgte dem Flusslauf mit seinem Blick und schaute sich dann grinsend zu Dana um. „Das Wasser hat fast so eine schöne Farbe wie deine Augen.“

Dana wurde leicht rot und verzichtete darauf, seine Worte zu kommentieren.

Jules lachte amüsiert. Bei jedem anderen hätten diese Silben vielleicht wie eine leere Phrase geklungen, jedoch wusste man bei Jules, dass er nicht dazu neigte, abgedroschene Sprüche von sich zu geben.

„Der spannt dir deine Freundin aus“, raunte Lydia Zack erheitert zu.

Zack funkelte sie ärgerlich an. „Du solltest doch damit aufhören“, brummte er. „Suchst du Streit mit mir?“

„Ich werde mich vor dir fürchten, wenn es so weit kommt“, winkte Lydia leichtfertig ab und betrachtete Zack dann aus den Augenwinkeln. „Warum schleppst du überhaupt einen Bogen mit dir herum?“

„Zum Schutz. Man weiß ja nie, was auf so einer Reise alles passieren kann“, entgegnete Zack, ein wenig besänftigt durch das unverfänglichere Thema.

„Mit so einer Einstellung zieht man das Unglück an“, fand Lydia.

„Ich bin lieber vorbereitet. Außerdem wird Dana…“ Zack unterbrach sich selbst und schüttelte den Kopf.

„Wird Dana was?“, hakte Lydia interessiert nach.

„Ach, gar nichts“, sagte Zack schnell.
 

Jules wandte sich um. „Trödelt da nicht so rum!“, rief er Zack und Lydia zu, die ein wenig zurückgeblieben waren.

„Wir sind ja gleich da“, antwortete Zack brummend.

Lachend setzte Jules seinen Weg fort. „Lydia hat ihn bestimmt wieder aufgezogen.“

Dana schaute ihn überrascht an. „Ihn geärgert?“ Sie hielt inne und dachte nach.

„Sieht es wirklich so aus, als wäre ich Zacks Freundin?“, fragte sie schließlich.

„Nun, für Lydia womöglich schon“, meinte Jules. „Für mich wirkt es anders, weil ich euch schon von klein auf kenne.“
 

Hallet war, wie Lydia es beschrieben hatte - lebhaft, aber mit ländlichem Charme. Und trotz der späten Stunde boten noch immer Händler ihre Waren an beleuchteten Straßenecken an.

Neugierig blieb Dana stehen. Voller Faszination betrachtete sie, wie sich das Licht der Laternen in den vielfarbigen Glaswaren brach. „Wie ein Regenbogen…“, murmelte sie.

„Die Leute hier verstehen etwas von ihrem Handwerk“, bestätigte auch Zack.

Beide mussten ihre Blicke schließlich losreißen, als Jules einen Pfiff ausstieß. „Kommt, wir haben ein Gasthaus gefunden, in dem wir heute Nacht bleiben können.“

Zack streckte sich. „Das trifft sich gut. Ich bin müde und außerdem habe ich einen Bärenhunger.“

„Du hast immer einen Bärenhunger“, neckte Dana ihn.
 

Der Gasthof war ein halb mit rotbraunem Holz verkleidetes, zweistöckiges Gebäude. Von drinnen fiel warmer Kerzenschein auf die Straße und man hörte laute, gesellige Stimmen.

„Damit wäre der erste Teil des Weges überstanden“, verkündete Lydia lächelnd, ehe sie über die Türschwelle trat.
 

End of Part 4

Garim Eisenfaust

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 5 von ?

Warning: bislang keins
 

Widmung: Für ikari_01, der brav für mich lektoriert.
 


 

Die Truppe hatte sich ein Vierbettzimmer gemietet, das recht günstig war und ihnen genug Raum gab, um sich auszutauschen.

Sie hatten in dem Gasthaus zu Abend gegessen und lagen nun gesättigt und zufrieden in ihren Betten, während Lydia eine Geschichte erzählte.

„… und der Drache schlug wild mit seinen Flügeln, um seinen Angreifern entkommen zu können und schüttelte sie ab. Er und seine Begleiterin konnten fliehen und kehrten nach Hause zurück.“

Mit diesen Worten endete die Geschichte und Lydia reckte sich genüsslich.

Dana hatte die ganze Zeit sehr gespannt zugehört und war froh über das glückliche Ende von Lydias Geschichte.

„Das war toll. Du hast wirklich prima Geschichten im Kopf!“, lobte sie die junge Frau und ihre Augen leuchteten noch immer.

„Nun ja“, kicherte Lydia, die sich dann doch ein wenig geschmeichelt fühlte, „ich reise viel und da kann man sich so einiges ausdenken. Manches fällt einem geradezu in die Arme, anderes dichtet man einfach dazu. Es ist sehr einfach.“

Auch Jules und Zack fanden die Geschichte toll und hatten in den Applaus von Dana mit eingestimmt.

„Es macht Spaß, dir zuzuhören“, sagte Jules, der anschließend gähnte. Es war bereits spät und sie waren wohl alle sehr müde.

„Danke. Aber nun lasst uns schlafen!“, meinte Lydia daraufhin und als die anderen drei nickten, kuschelte sie sich tiefer in ihre Decken.

„Morgen Abend sind wir bestimmt schon in Cardun“, sagte sie.

„Ich freue mich schon darauf, die Stadt zu sehen und den Magier zu treffen!“

Diese Worte kamen zweifellos von Dana und Zack konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Seine Ziehschwester war manchmal sehr leicht zu durchschauen.

Jules löschte das Licht und sie alle wünschten sich eine gute Nacht.

Kurze Zeit später war das leise Schnarchen von Zack zu vernehmen und es dauerte nicht lange, bis auch Lydia und Jules einen Weg in ihre Träume fanden.

Nur Dana lag noch etwas wach und malte sich das Treffen mit dem Magier in den schönsten Farben aus. Sie fragte sich, was sie alles von ihm lernen können würde und wie er wohl aussehen mochte. Vielleicht war er ja ein hübscher, junger Mann?

Mit diesen Gedanken im Hinterkopf schlief sie schließlich ebenfalls ein.
 


 

Als die Elbin am nächsten Morgen geweckt wurde, war sie noch viel zu müde und schläfrig.

Dana gehörte nun wirklich nicht zu den Leuten, die morgens gut aufstehen konnten.

Jules dagegen war schon richtig munter und wuselte zwischen ihnen umher, um seine Sachen zu packen, die er am Abend gebraucht hatte.

Zack saß grinsend auf Danas Bett und ließ sie nicht in Ruhe, bis sie sich endlich aufsetze und ihn aus schläfrigen Augen ansah.

„Muss ich wirklich schon aufstehen?“, jammerte sie und als sie ein Nicken von Zack bekam, seufzte sie. „Na schön, wenn’s denn sein muss…“

„Also wirklich“, kam es von Lydia, „wie kann man nur so ein Langschläfer sein?“

„Das ist ganz einfach!“, erwiderten Zack und Dana gleichzeitig und sahen sich daraufhin fast schon ungläubig an, bevor sie in lautes Lachen ausbrachen.

Jules und Lydia stimmten ebenfalls mit ein und so begann der Tag für die Vier recht erheiternd.

Hastig wusch sich Dana und zog sich in Windeseile an, während die anderen ihre Sachen packten und gemeinsam gingen sie in den unteren Wirtsteil des Hauses, wo sie schnell frühstückten.
 

Der Morgen war frisch und kalt, als sie endlich aufbrachen, und nicht nur Dana wünschte sich kurz die Wärme ihres Bettes zurück.

Aber Lydia kannte keine Gnade und trieb sie wie eine Schafherde an.

Die ersten Ausläufer der Berge hatten längst begonnen und der Aufstieg wurde stetig schwieriger. Sie alle kamen recht bald ins Schwitzen und brauchten zwischendurch immer wieder kleine Päuschen.

„Ich hätte nicht gedacht, dass es so anstrengend ist, in die Berge zu wandern“, murrte Zack, dem bereits die Füße wehtaten.

„Papperlapapp, das war noch gar nichts!“, sagte Lydia daraufhin und trank einen Schluck Wasser. „Du bist nur nichts gewohnt, das ist alles!“

Das hörte der junge Mann gar nicht gerne und tat beleidigt, woraufhin er sich einen Piekser seiner Ziehschwester einfing.

„Wir sind doch bald da!“, munterte Dana ihn auf und lächelte.

Zack wurde leicht rot bei diesem Lächeln und trank eilig einige Schlucke.

Jedoch war es Lydia nicht entgangen, was da bei Zack geschah und sie schmunzelte in sich hinein.

Bald darauf gingen sie wie gewohnt weiter und schafften bis zum späten Nachmittag ein gutes Stück des Weges.

Am Nachmittag trafen sie auf eine Handelsstraße und folgten ihr weiter.
 

Ein lautes Rumpeln war zu hören, wiehern und kurz darauf ein dumpfer Schrei, dazu Beschimpfungen, die alles andere, aber nicht jugendfrei waren.

Die jungen Wanderer sahen sich einer nach dem anderen an, liefen los und mussten kurz darauf vor einem wild gewordenen Pferd ausweichen, das ihnen entgegengaloppiert kam.

„Oh je!“, rief Jules aus und sie rannten im Eiltempo weiter, bis sie auf eine Person trafen.

„Himmel noch mal!“, schimpfte diese Person und sah sehr wütend aus.

„Ein Zwerg!“, stellte Zack erstaunt fest und konnte den Blick kaum abwenden – er hatte noch nie zuvor einen Zwerg gesehen.

Der Zwerg saß auf seinem Allerwertesten und schien sich den Fuß verletzt zu haben, denn er hielt ihn mit beiden Händen fest.

„Was ist passiert? Wie können wir helfen?“, fragte Dana sofort und trat auf den Zwerg zu.

Dieser besah sie aus mürrischen Augen und knurrte undeutlich etwas davon, dass sie sich zum Teufel scheren sollte.

„Wir wollen nur helfen, also beschimpf uns nicht!“, ärgerte sich die Elbin daraufhin und funkelte ihn an.

„Dieses vermaledeite Vieh…“, knurrte der Zwerg, ohne auf Dana einzugehen, und seine Gesichtszüge spiegelten Schmerz wider.

„Zeig her!“, verlangte nun Lydia und kniete nieder, um sich die Verletzung anzusehen.

„Fass mich nicht an, Mensch!“, kam es von dem Verletzten.

Offenbar hatte dieser Zwerg keine guten Erfahrungen mit Menschen gemacht, denn er spie dieses Wort aus, als wäre es ein Schimpfwort.

„Nun sei doch nicht so störrisch, du Narr, wir wollen wirklich nur helfen!“, bellte Lydia ihn an und hielt seinem griesgrämigen Blick stand.

Auch Dana kniete nun nieder und hielt dabei ihr Verbandspäckchen in der Hand, das sie vorsorglich mitgenommen hatte.

Als der Zwerg sie nun näher ansah, hielt er kurz die Luft an und starrte auf Danas Ohren.

„Eine Elbe!“, rief er aus und wirkte zutiefst erstaunt.

„Hm?“, machte die Elbin daraufhin verwundert. „Ja, und?“

„Ich habe seit drei Jahrzehnten keine Elbe mehr gesehen. Ich dachte schon, es gibt euch nicht mehr!“, erklärte der Zwerg knapp und ließ Lydia endlich an seinen verletzten Fuß.

Die Verletzung war nicht weiter schlimm und so reichte ein einfacher Verband aus.

„Was ist passiert?“, fragte nun Zack, der immer noch erstaunt darüber war, den ersten Zwerg seines Lebens zu sehen.

„Dieses dumme Tier ist durchgeknallt!“, ärgerte sich der Zwerg daraufhin und versuchte dabei, aufzustehen, was ihm mit Mühe und Not auch gelang.

„Aber warum?“, fragte Jules und blickte in die Richtung, in die das Pferd verschwunden war.

„Was fragst du mich das? Frag das Pferd!“, brummte der Verletzte, der den Blick immer noch häufig zu Dana schwenken ließ.

Diese bemerkte das, war aber taktvoll genug, um es zu ignorieren.

„Wie heißt du?“, fragte sie stattdessen. „Ich bin Dana.“

Erst wollte er seinen Namen nicht preisgeben, aber nachdem sich auch Jules, Zack und Lydia knapp vorgestellt haben, verriet er den seinen auch.

„Ich bin Garim aus dem stolzen Geschlecht Eisenfaust!“

Dass er stolz war, daran hegte niemand einen Zweifel.

„Wir wollen nach Cardun, wie steht es bei dir?“, fragte Dana weiter. Sie hatte längst erkannt, dass sie von ihnen allen am Schnellsten das Vertrauen Garims erlangen konnte.

Dieser nickte und brummte, dass auch er dorthin unterwegs sei.

„Dann begleite uns doch bitte!“, bat die Elbin.

„Und was mache ich mit dem Pferd?“, fragte Garim aufgebracht.

„Nun“, begann Jules, „mit etwas Glück ist es nicht weit gelaufen und wir können es einfangen.“
 

Es dauerte eine ganze Weile, bis sie den Spuren gefolgt waren und das ausgerissene Pferd eingefangen hatten, aber immerhin war es ihnen gelungen.

Lydia war nur wenig begeistert über diese Verzögerung ihrer Reise und wusste, dass sie Cardun nicht mehr vor Einbruch der Dunkelheit erreichen würden.

„Wie gut, dass wir unsere ‚Dackelgarage‘ mitgenommen haben!“, freute sich Zack, der das kleine Zelt aufstellte, nachdem sie eine geeignete Lagerstelle entdeckt hatten.

Auch Garim hatte ein Zelt dabei, das die Flucht des Pferdes glücklicherweise unbeschadet überstanden hatte und anschließend ebenfalls von Zack in Form gebracht wurde.

Jules und Dana hatten reichlich Feuerholz gesucht, während Lydia sich bereits um ein karges Abendessen bemüht hatte. Zack und Jules waren sichtlich froh darüber gewesen, dass nicht Dana das Essen kochte, das später in halbwegs gemütlicher Runde verspeist wurde.

Viele Fragen drängten sich der Truppe auf, die sie allesamt dem Zwerg stellten, doch dieser gab sich reserviert, antwortete auf die meisten Fragen gar nicht und auf manche äußerst knapp, bevor er sich in sein Zelt zurückzog.

Schon bald war sein lautes Schnarchen zu hören.

„Uff, was für ein anstrengender Kerl!“, murrte Lydia.

„Nun ja, wir wissen nicht, warum er so ist. Wir sollten ihn nicht verurteilen!“, fand Dana, die ein wenig Partei für Garim ergriff.

„Aber er müsste nicht so unfreundlich sein. Immerhin haben wir ihm geholfen!“, stimmte Jules eher Lydias Meinung zu.

„Das ist richtig. Aber wer weiß, vielleicht taut er uns gegenüber ja noch auf!“

Nach diesen Worten verfielen die vier in ein langes Schweigen, das Lydia nach einer Weile brach.

„Sag mal, Dana“, begann sie ihre Frage, die sich schon länger in ihren Gedanken befand, „Woher stammt eigentlich die Narbe auf deiner Wange?“

Zack erschrak bei dieser Frage, denn er wusste, dass Dana nicht gern daran erinnert wurde und oft seltsam reagierte.

Und Zack sollte mit seiner Befürchtung Recht behalten, denn Danas Blick wurde trübsinnig und sie antwortete sehr schroff.

„Das geht dich nichts an!“

Die Elbin stand auf und verkroch sich in das kleine Zelt.

„Hab ich was Falsches gesagt?“, frage Lydia völlig irritiert.

„Oh ja, Lydia, das hast du…“, murmelte Zack, der mit sich haderte, ob er es ihr erzählen sollte oder nicht.
 

End of Part 5

Söldner

Alles wird sich ändern

Author: Bina-chan86

Part 6 von ?
 

(Gemeinschaftsstory mit elbin-luna-chan)
 

„Schon gut!“ Lydia hob abwehrend eine Hand. „Jeder hat Dinge, über die er nicht reden will. Da ist Dana nicht die Ausnahme. Belassen wir es also dabei.“ Mit diesen Worten erhob sich Lydia und entfernte sich ein paar Schritte von den Zelten.

Jules blickte überrascht auf. „Wo willst du denn hin?“

„Mir ein bisschen die Beine vertreten“, erwiderte Lydia.

Jules stutzte. „Jetzt?“, brach es aus ihm heraus, doch sie hörte ihn schon nicht mehr.

Zack seufzte und fuhr sich mit beiden Händen durch seine Haare. „Und schon ist die Stimmung im Eimer!“

„Dafür kann doch niemand etwas“, fand Jules. „Lydia kann keine Gedanken lesen und Dana redet halt nicht gern über das Thema… auch wenn ich denke, dass man das anders zeigen kann.“ Er hatte selbst nie nach Danas Narbe gefragt, obgleich er sie schon ewig kannte. Für Jules waren solche Dinge eher nebensächlich. Seine Gedanken kreisten um das Hier und Jetzt und nicht um die Vergangenheit, denn diese hielt auch für ihn keine sonderlich angenehmen Erinnerungen bereit.

„Hätte Lydia nicht wenigstens etwas feinfühliger fragen können?“, fragte Zack zögerlich.

„Ich sehe das so…“, entgegnete Jules, ohne Zacks Frage dabei direkt zu beantworten. „Jeder von uns hat so seine kleinen Geheimnisse. Dana genauso wie Lydia. Man muss aber bedenken, dass jeder anders damit umgeht. Das ist ganz normal.“

„Du hast ja recht“, musste Zack zugeben. „Wieder mal…“

Jules hatte tatsächlich das Talent, Situationen mit seiner ruhigen, unkomplizierten Art zu entschärfen. Einfach, weil er keinen Streit mochte.

„So, und nun sei so gut und such nach Lydia. Sag ihr, dass sie sich keine Gedanken machen muss und das Thema vermeiden soll. Dana hat sich bestimmt wieder bis morgen früh wieder beruhigt.“

„Warum ich?“, murrte Zack.

„Weil du ihr besser vermitteln kannst, was Dana fühlt“, antwortete Jules schlicht.

Zack gab sich geschlagen. „In Ordnung. Du hast gewonnen.“
 

Zack fand Lydia schließlich an dem Bach, der nicht weit von ihrem Lager entlang floss.

Im ersten Moment erschrak Zack ein wenig, denn Lydias platinblonde Haare sahen im fahlen Mondlicht aus, als hätten sie die Farbe von Silber.

Lydia blickte sich über ihre Schulter hinweg zu ihm um. „Stimmt was nicht?“, erkundigte sie sich ruhig.

Zack räusperte sich. „Du solltest hier draußen nicht allein herumrennen“, begann er zaudernd.

„Können wir einfach gleich zu dem kommen, was du wirklich willst“, sagte Lydia, wider Willen amüsiert über Zacks Verhalten.

Ertappt schaute Zack sie an. „Nun ja… ich wollte bloß mit dir reden. Über Dana.“

„Mir ist schon bewusst, dass sie nicht darüber sprechen will“, warf Lydia ein. „Aber verstanden hätte ich es nur, wenn sie es mir so gesagt hätte. Mich anzubluffen war vollkommen unnötig.“

„Aber begreifst du denn nicht, dass du sie mit einer solchen Frage in die Ecke drängst?“, versuchte Zack vorsichtig einzulenken.

„Und woher sollte ich deiner Meinung nach ahnen, dass ich mich mit meinen Worten auf dünnes Eis wage?“

„Ähm…“ Darauf fiel Zack kein passendes Argument ein.

„Du nimmst sie in Schutz, was wirklich ehrenhaft von dir ist, aber im Gegensatz zu uns anderen kennst du ihre Gefühle auch“, fuhr Lydia fort.

Betreten wich Zack ihrem Blick aus. „Da irrst du dich.“

Lydia musterte ihn abschätzend. Es dauerte einen Moment lang, bis sie schließlich begriff. „Du weißt nicht, wie ihre Gefühle für dich aussehen.“

„Unsinn“, brummte Zack. „Das bildest du dir bloß ein.“

Lydia lächelte unverbindlich. „Mag sein.“
 

Am darauf folgenden Tag war Dana ungewöhnlich schweigsam. Doch zumindest schien ihre Wut verraucht zu sein.

Dana, die zielstrebige Elbenprinzessin und Lydia, die Geschichtenerzählerin mit der melodischen Stimme – es war kein Wunder, dass es zwischen zwei so grundverschiedenen Frauen hin und wieder Meinungsverschiedenheiten gab.

Garim Eisenfaust demonstrierte den anderen derweil eindrucksvoll, wie wenig er sie schätzte. Seine Ausstrahlung signalisierte folgendes: Wir müssen nur rein zufällig in dieselbe Richtung!

Manchmal schaute er zwar zu Dana, doch ansonsten schwieg er. Er war so reglos, dass Lydia unwillkürlich die Geschichte in den Sinn kam über einen Zwerg, der sich in Stein verwandelte.

Schnell schüttelte Lydia diesen albernen Gedanken ab.

„Trotz der Verzögerung sollten wir Cardun bald erreichen“, verkündete sie stattdessen.
 

Wenig später erreichte die kleine Gruppe ein Flussbett, das es zu durchqueren galt.

Jules entledigte sich seiner Schuhe und krempelte die Hose hoch, um in das Wasser zu steigen, das ihm gerade mal bis zu den Waden reichte.

„Brr, eisig!“, befand er.

Lydia lachte. „Ist doch kein Wunder. Der geschmolzene Schnee aus den Bergen fließt genau in diesen Bach, außerdem haben wir ja keinen Sommer mehr.“

Jules nickte und schaute dann zum Himmel hinauf. „Wie lange der Winter wohl noch auf sich warten lässt?“

„Das weiß allein der Wintergeist“, gab Lydia belustigt zurück.

Jules grinste und winkte Zack, Dana und Garim dann zu. „Der Strom lässt sich mühelos durchqueren. Kommt!“

„Aber lasst den Zwerg auf seinem Pferd, sonst ersäuft er noch in dieser Pfütze“, fügte Lydia neckisch hinzu.

„Lästerliches Weib! Jemand sollte dir dein vorlautes Mundwerk stopfen!“, brummte Garim.

„Oh, er kann ja doch sprechen“, bemerkte die Geschichtenerzählerin, ohne sich dabei von Garims Flüchen beeindrucken zu lassen.

Eins muss man ihm lassen: Kreativ ist er ja bei seinen Beschimpfungen, dachte sie.

Zack verzog die Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen. „So viel zu unserem friedlichen Ausflug in die Berge.“

Dana sah ihn von der Seite an. „Jetzt sind wir nun mal hier. Machen wir das Beste daraus.“

Zack nickte, erleichtert darüber, dass Dana ihre Zuversicht scheinbar wieder gefunden hatte.
 

Doch auch der Rest der Reise versprach nicht gerade beschaulich zu werden.

Als sie schließlich Rast machten, trat Garim an einen Brunnen, dessen Becken aus Holz gefertigt war und in den schon zahlreiche Reisende ihre Namen geschnitzt hatten.

Garim schüttelte den Kopf, hielt aber plötzlich mitten in seiner Bewegung inne, als er unter seinen Füßen ein leises Knirschen hörte. Er lauschte. Dort war ganz eindeutig ein Geräusch gewesen. Bevor er diesem jedoch nachgehen konnte, gab der Boden unter ihm schon nach.

„Vorsicht!“ Dana, die ihm am nächsten stand, griff nach seinem Umhang, um den Zwerg festzuhalten, verlor aber das Gleichgewicht.

Lydia versuchte noch ihren Arm zu umklammern. Doch es war zwecklos und hatte nur zur Folge, dass nun alle drei in dem Loch landeten.
 

Dana spürte wie die Dunkelheit sie umfing und das nächste, an das sie sich erinnern konnte, war ein dumpfer Aufprall.

„Autsch“, keuchte die Elbin.

Lydia kniff die Augen zusammen und versuchte etwas zu erkennen. „Wo sind wir?“

„Auf meinem Rücken“, knurrte Garim ungehalten.

„Entschuldigung“, murmelten Dana und Lydia im Chor, ehe sie sich erhoben und unentschlossen ihre Umgebung in Augenschein nahmen.

„Was ist uns denn da ins Netz gegangen?“, ließ sich plötzlich eine fremde, weibliche Stimme vernehmen.

Erschrocken drehte sich Dana um.

Vor ihr stand eine junge Frau mit grünen Augen, karamellfarbenem Haar und leicht sonnengebräunter Haut. Jedenfalls glaubte Dana diese Merkmale bei den schlechten Lichtverhältnissen sehen zu können.

„Wer bist du?“, fragte sie misstrauisch.

Allerdings überhörte die Frau Danas Frage einfach und starrte stattdessen Garim an. „Ein Gnom?“, flüsterte sie irritiert.

„Ein Zwerg!“, verbesserte Garim sie fauchend.

Enttäuscht ließ die Frau den Kopf hängen. „Ihr seid die Falschen“, seufzte sie.

„In der Tat!“ Aus der Finsternis trat ein Mann hervor, der sich zu ihr gesellte.
 

Es stellte sich heraus, dass es sich bei den beiden Fallenstellern um einen Söldner namens Neilyr und eine junge Frau mit Namen Flore handelte.

Neilyr konnte man auf den ersten Blick ansehen, dass er wortkarg war. Unter dem rechten Auge hatte er eine Narbe und auch seine Hände wiesen feine, weiße Linien auf, woraus man schließen konnte, dass es sich beim Rest seines Körpers ähnlich verhielt.

Im Gegensatz zu ihrem Begleiter war Flore äußerst aufgeweckt und alles andere als feindselig. Inzwischen hatte sie sich wohl zum zehnten Mal bei Dana, Lydia und Garim entschuldigt.

„Alles halb so wild. Es wurde ja keiner verletzt“, winkte Lydia schließlich ab, was auch stimmte, wenn man mal von Garims angeknackstem Stolz absah.

„Mich würde allerdings brennend interessieren“, fuhr die Geschichtenerzählerin fort, „was euch dazu veranlasst hat, ausgerechnet hier ein Loch zu graben.“

Flore grinste ein bisschen verlegen. „Wir wollten jemanden fangen… allerdings nicht euch“, gestand sie.
 


 

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End of Part 6

Das "zweite Gesicht"

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 7 von ?

Warning: bislang keins
 

Dankeschön an ikari_01 fürs lektorieren.
 


 

Flore und Neilyr ließen die drei selbstverständlich wieder frei, was Jules und Zack einige Steine vom Herzen fallen ließ.

Die beiden erzählten ihnen von einer Gruppe von Menschen und Gnomen, die in der Gegend ihr Unwesen trieb und auf die ein Kopfgeld ausgesetzt worden war. So hatten die beiden Söldner natürlich versucht, die Bande zu fangen.

„Ihr solltet euch auf eurem Weg nach Cardun vorsehen“, sagte Neilyr und Flore stimmte ihm zu. „Diese Leute gehen sehr brutal vor und rauben Reisende gnadenlos aus.“

„Begleitet ihr uns nicht nach Cardun?“, fragte Dana, doch die Söldner schüttelten ihre Köpfe.

„Nein. Wir versuchen weiterhin unser Glück beim Fangen dieser Unholde. Aber vielleicht begegnen wir euch ja später noch dort!“, antwortete Flore. „Wir bleiben nie sehr lange draußen. Auf Dauer ist das Schlafen auf Waldboden sehr unbequem“, kicherte sie.
 

Die Gruppe aus Rawena machte sich schon bald daran, ihren Weg fortzusetzen. Von Flore hatten sie erfahren, dass sie nur noch zwei, drei Stunden von ihrem Ziel entfernt waren, was sie nun ein wenig mehr antrieb.

Garim ging mit ihnen, was sollte er auch anderes tun? Der Zwerg verhielt sich jedoch weiterhin sehr kühl und distanziert.

Sie waren gerade eine Stunde weiter marschiert, als Dana völlig unerwartet stehen blieb und Jules beinahe in sie hineinlief.

„Was ist los?“, fragte er verwirrt.

Auch die anderen drehten sich verwundert zu der Elbin um, die total in sich gekehrt war, obwohl ihre Augen weit aufgerissen waren. Sie bemerkte nichts um sich herum und wirkte gänzlich apathisch.

„Was ist mit dir?“, fragte Lydia besorgt, doch Zack zischte ihr schnell ein „Still“ zu.

Er kannte dies von Dana schon und wusste, dass sie gegen diesen Zustand total machtlos war.

„Sie ‚sieht‘ etwas“, flüsterte er den anderen zu und Garim sah ihn daraufhin verständnislos an.

„Sie sieht eher so aus, als würde sie gar nichts sehen“, murmelte er.

Lydia hingegen starrte erst Zack, dann Dana und dann wieder Zack an.

„Sie hat das ‚zweite Gesicht‘?“, fragte sie leise nach und als Zack nickte, hielt sie erstaunt die Luft an. Noch nie hatte sie jemanden getroffen, der diese Fähigkeit besaß.

„Häh?“, machte Garim jedoch, „was hat sie?“ Doch niemand machte sich die Mühe, ihm zu erklären, dass es sich dabei um eine seltene Gabe handelte.

Auch Jules kannte diesen Zustand Danas nur aus Erzählungen seines Freundes Zack und hatte ihn noch nie selbst erlebt.

Es dauerte nicht lange, bis Dana wieder zu sich kam und sofort nahm ihr Ziehbruder sie bei den Händen.

„Sag, was hast du ‚gesehen‘?“, fragte er sofort, doch Dana schüttelte den Kopf.

„Es war so wirr, es machte gar keinen Sinn“, wisperte sie, dennoch drang Zack sie, es zu erzählen.

„Da war ein Haus mit einer großen, hölzernen Tür. Über dieser Tür war ein Balken mit einer Aufschrift, die ich nicht lesen konnte. Ich konnte mich nicht bewegen, aber ich wollte in den Raum hinter der Tür hinein. Dann kam von rechts ein großer, dunkelhäutiger Mann, der sein Schwert zog, doch ich war nicht in der Lage zu erkennen, was er damit vorhatte.“ Damit endete ihre Vision und sie wusste ganz und gar nicht, was sie davon halten sollte.

Ihr ‚zweites Gesicht‘ hatte Dana bisher nur sehr selten etwas nützliches gezeigt, ohne dabei verwirrend zu sein und diese Vision war noch wirrer als alle, die sie jemals zuvor hatte.

„Wir sollten uns wohl vorsehen vor einem dunkelhäutigen Mann“, schloss sie daraus.

Garim, der noch immer völlig unaufgeklärt war, raunte sie nun mürrisch an.

„Was hat das mit diesem ‚Gesicht‘ auf sich?“

Lydia war nun diejenige, die versuchte, das Ganze in passende Worte zu packen.

„Einige wenige Menschen und Elben besitzen eine Gabe, die so genannt wird und ihnen in einer Vision die Zukunft zeigt. Die wenigsten sind jedoch in der Lage, diese Gabe richtig zu kontrollieren und die Visionen auch richtig zu deuten, wie wohl in Danas Fall.“

„Hm“, machte der Zwerg verstehend.

Jules sah die Geschichtenerzählerin anerkennend an. Sie wusste wirklich sehr viele nützliche Dinge.

„Nun, ich weiß nicht, ob diese Gabe wirklich nur auf Menschen und Elben beschränkt ist“, sagte Dana, „ich weiß nur, dass es für mich eher ein Fluch denn eine Gabe ist!“

„Also ich hätte schon gerne ein ‚Gesicht‘“, erwähnte Zack.

„Gut, da wir das nun geklärt haben – können wir dann weitergehen?“, fragte Garim ungeduldig.
 


 

Es war ungefähr eine Stunde vor Sonnenuntergang, als sie endlich in Cardun ankamen.

Der Zwerg murmelte schließlich einen sehr undeutlich gesprochenen Dank und verschwand in der Menge der Leute, die noch auf den Straßen unterwegs waren.

„Endlich sind wir den los, diesen Griesgram!“, freute sich Jules und ein Blick in die Runde sagte ihm, dass auch die anderen so dachten.

„Lasst uns ein Gasthaus suchen, in dem wir zu Abend essen und schlafen können. Und morgen machen wir uns dann frisch auf die Suche nach dem Magier!“, schlug Lydia vor.

Dieser Vorschlag wurde begeistert aufgenommen und nach kurzer Suche kamen sie im „Hüpfenden Hasen“ unter.

„Kennst du diesen Magier eigentlich näher?“, fragte Dana die Geschichtenerzählerin, während sie alle mit ihrem Mahl beschäftigt waren.

Lydia schluckte den Bissen, den sie im Mund hatte, herunter und antwortete dann:

„Nein, leider nicht. Ich weiß nur, dass er ein wenig seltsam und verschroben ist. Und wenn ich mich recht erinnere, wohnt er in der Nähe der Stadtkirche. Es ist ein Jammer, dass mir sein Name einfach nicht einfallen will…“

„Du hast seinen Namen vergessen?“, fragte Jules beinahe ungläubig.

„Ehehe… ja“, gab Lydia zu, „wenn man sich so viele Geschichten ausdenkt, kommt man mit Namen schon mal durcheinander.“

„Ich fass es nicht!“ Jules schüttelte den Kopf nach diesem Geständnis.

Als Zack schließlich gähnte, wurde deutlich, wie müde sie alle vier waren und nachdem sie aufgegessen hatten, gingen sie auch recht bald auf ihr Zimmer.

Als die jungen Frauen sich umzogen, während die Männer draußen warten mussten, trat Dana unsicher auf Lydia zu, senkte beschämt den Blick und holte tief Luft.

„Es tut mir Leid, wegen gestern Abend“, sagte sie kurz angebunden.

Die Geschichtenerzählerin schätzte diese Geste und freute sich sogar ein wenig, dass Dana von sich aus auf sie zukam.

„Schon gut, ich verzeihe dir“, sagte sie sanft und beließ es dann dabei.
 

Keine halbe Stunde später lagen sie alle in ihren Federn und waren postwendend eingeschlafen.
 


 

End of Part 7

Alvar

Alles wird sich ändern

(Gemeinschaftsstory mit elbin-luna-chan)
 

Author: Bina-chan86
 


 

Dana wurde am darauf folgenden Tag früher wach, als üblich. Die nahende Begegnung mit dem Magier löste ein ungewohntes Kribbeln in ihr aus. Als sie sich jedoch umblickte, stellte sie fest, dass sie nicht als erste erwacht war.

Zack und Jules schnarchten noch seelenruhig, aber Lydia war verschwunden.

Gähnend krabbelte Dana aus dem Bett. Sie erschauderte, als sie die wärmende Bettdecke zurücklassen musste und die Füße auf den kalten Steinboden setzte. Der Winter kam mit unaufhaltsamen Schritten näher.

Die Elbin fand Lydia schließlich draußen an einer Quelle, wo diese sich wusch.

Lydia benetzte ihr Gesicht mit Wasser und grinste Dana dann entgegen.

„Guten Morgen!“

Dana erwiderte den Gruß, worüber Lydia ein wenig überrascht schien, denn normalerweise bekam man von Dana um diese Uhrzeit nur ein gebrummtes „hm“ zu hören.

„Aufgeregt?“, hakte Lydia schmunzelnd nach.

„Ein bisschen“, gestand Dana. „Ich frage mich, wie dieser Magier wohl ist und woher er seine Macht nimmt.“

Lydia trocknete sich das Gesicht ab. „Nun, darüber kann man nur Vermutungen anstellen, aber was Letzteres, also die Quelle seines Wissen anbelangt, hege ich da schon so eine Vermutung.“

„Und welche?“, fragte Dana verblüfft.

„Kennst du die Schwarzen Bücher?“, fragte Lydia zurück.

Verneinend schüttelte Dana den Kopf, was nicht weiter verwunderlich war, denn dies war ein Name, den eigentlich nur die Menschen verwendeten.

„Das sind Sammlungen von magischen Ritualen und Sprüchen aus allen Völkern. Eines der bekanntesten ist das Mondbuch, welches sich mit der Anrufung von Göttern beschäftigt“, erzählte Lydia. „Viele von den anderen Büchern taugen allerdings meiner Meinung nach herzlich wenig. Doch in diesem speziellen Fall ist die Situation anders, denn immerhin ist unser Magier für seine große Macht bekannt. Ich weiß zwar nicht, welches Buch er besitzt, aber darin lassen sich sicherlich ein paar interessante Zauber finden.“

Langsam breitete sich Verständnis auf Danas Gesichtszügen aus. „Ich glaube, bei uns nannte man sie… libri nigri“, überlegte sie.

„Gut möglich. Es gibt viele Namen“, stimmte Lydia zu. „Ah, schau mal! Da kommen ja auch unsere Schlafmützen endlich.“

Zack gähnte demonstrativ und winkte den beiden Frauen dann zu.

Jules folgte ihm, machte aber einen etwas frischeren Eindruck.

Lydia ließ sich ihre langen Haare über die Schulter fallen und flocht sie zu einem platinblonden Zopf. „Heute wird bestimmt ein spannender Tag!“, freute sie sich.
 

Kurz nach dem Frühstück brach die Gruppe zum vorerst letzten Teil ihrer Reise auf. Allerdings schien die Suche nicht so einfach zu werden, wie sie anfänglich geglaubt hatten.

Die kleine Dorfkirche war schlicht, aber auf eigentümliche Weise schön. Gebaut wurde sie aus grauem Stein, doch inzwischen hatten sich kleine violette Blüten an der Fassade verwurzelt.

Was sich dagegen nicht im näheren Umkreis des Gebäudes finden ließ, war ein Magier.

Dana war enttäuscht über diesen ersten Fehlschlag, versuchte aber sich nichts anmerken zu lassen.

„Hm…“ Nachdenklich schaute Lydia sich um. „Scheint so, als würde er nicht mehr hier wohnen.“

Eine alte Frau riet ihnen schließlich, es bei einem Landhaus etwas außerhalb der Stadt zu versuchen. Sie war sich zwar nicht sicher, aber ihrer Aussage nach machte der Besitzer „merkwürdige Dinge“.

Mit einer Wegbeschreibung und neu gewonnener Zuversicht setzten die vier Gefährten ihren Weg fort. Bald hatten sie das besagte Haus gefunden.

Schon von weitem sah man die weiße Farbe der Wände im Licht der spätherbstlichen Sonne erstrahlen. Bei näherem Hinsehen konnte man sehen, dass eine Hälfte des Domizils mit einer Ranke zugewuchert war, deren Blätter einen eigenartigen Duft verströmten.

Langsam wurde Dana mulmig zumute. Was sollte sie denn überhaupt sagen?

Zack stupste sie sanft an und zwang sie so zum Weitergehen.

Lydia ging einmal um den Bau herum und blieb dann an der Eingangspforte stehen. Ohne zu zögern klopfte sie.
 

Lydia musste sich zusammenreißen um denjenigen, der ihr öffnete, nicht mit offenem Mund anzustarren.

In ihrer Geschichte war der Magier ein verschrobener alter Mann gewesen und nun stand ausgerechnet ein Elb vor ihr.

Der Elb neigte den Kopf leicht zur Seite und zog dabei seine perfekt geformten Augenbrauen irritiert zusammen. Seine Haut war blass, ja fast durchscheinend weiß. Dieser Eindruck wurde durch seine dunklen Haare noch verstärkt. Seine Augen waren von einem so intensiven Blau, dass man kaum den Blick von ihnen wenden konnte.

Lydia zwang sich praktisch dazu, ihn nicht weiter anzustarren. Als sie zur Seite sah, stellte sie fest, dass es Dana da nicht anders ging.

Dana war schockiert und fasziniert zugleich, hier jemandem aus ihrem Volk zu begegnen.

Lydia wusste nicht warum, aber in diesem Moment kam ihr der Name des Magiers wieder in den Sinn – Alvar!

„Wer seid ihr?“, brach Alvar schließlich das Schweigen und in seiner Stimme klang dabei echtes Interesse mit.
 


 

End of Part 8

Gespräch unter Elben

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 9 von ?

Warning: bislang keins
 

Dies ist eine Story, die gemeinsam von Bina-chan86 und elbin-luna-chan geschrieben wird.
 


 

Dana fand als Erstes ihre Sprache wieder. „Guten Tag, mein Name ist Dana!“, stellte sie sich vor.

Dies schien die unangenehme Situation ein wenig aufzulockern und die anderen drei sagten dem Elben ebenfalls ihre Namen.

„Aha“, machte Alvar und musterte Dana abschätzig. „Und was wollt ihr hier?“

„Ich…“, stammelte die Elbin, „ich bin auf der Suche nach jemandem, der mich Magie lehren kann…“

Alvar schien von dieser Antwort nicht gerade überrascht zu sein. Allerdings machte er immer noch keinerlei Anstalten, die Vier in sein Haus zu bitten und sah sie nur schweigend an.

Lydia empfand diesen Mann als unangenehm, dabei konnte sie jedoch noch nicht genau ausmachen, woran das lag. Zack und Jules schien es auf jeden Fall ähnlich zu gehen, denn sie sahen unsicher von einem zum anderen und mieden den Blick des Magiers.

Dana hatte das Gefühl, dass sie noch etwas sagen müsse, doch sie wusste nicht, was und so blieb ihr Blick an den Augen des Fremden hängen.

Endlich brach dieser sein Schweigen.

„Wer hätte gedacht, dass die Elbenprinzessin persönlich einmal vor meiner Tür stehen würde?“

„Woher weißt du, wer sie ist?“, fragte Zack nun völlig überrascht und auch Dana, Lydia und Jules schienen nicht weniger verblüfft darüber zu sein.

„Es gibt nicht viele Elbinnen mit dem Namen ‚Dana‘“, antwortete Alvar. „Und noch weniger, die blaugrüne Augen und braunrote Haare haben“, fügte er hinzu.

Endlich machte er einen Schritt zur Seite, öffnete die Haustür und bedeutete mit einer Geste, dass sie eintreten durften.

Das Haus war spärlich möbliert und wenig einladend, aber es war weitestgehend aufgeräumt und sauber.

Es gab ein oberes Stockwerk, das mit einer großen Treppe mit dem Erdgeschoss verbunden war. Nachdem sie eingetreten waren, befanden sich die Vier in einer geräumigen Diele, von der aus es zu anderen Räumen ging, deren Türen jedoch geschlossen waren.

Alvar führte die Truppe in einen Raum, in dem ein großer rechteckiger Tisch stand und bedeutete ihnen, sich zu setzen.

Der Raum war relativ schmucklos bis auf die vielen Pflanzen, die überall standen und blühten.

Ihr Gastgeber bot ihnen etwas zu trinken an, bevor er sich selbst mit an den Tisch setzte.

„Nun“, begann er, „was genau möchtest du wissen, Dana?“

Die Elbin nahm einen Schluck vom angebotenen Wasser, um die Trockenheit in ihrem Mund zu lindern und sah ihn dann verlegen an.

„Na ja, ich wüsste gern mehr über die Magie, wie man sie beherrschen kann und würde gern weitere Zauber erlernen“, sagte sie.

„Und du glaubst, du kannst das alles bei mir erfahren und lernen?“, hakte Alvar nach, woraufhin Dana nickte.

„Beherrschst du noch die Sprache der Elben?“, fragte der Ältere weiter.

Zacks Ziehschwester errötete bei dieser Frage ein wenig, denn sie war ihr unangenehm.

„Ich habe vieles vergessen“, gestand sie und senkte den Blick.

„Du hast vieles verdrängt!“, berichtigte der Elb sie jedoch, woraufhin sie beide wieder ins Schweigen verfielen, das sich wie ein Fluch über den Raum legte.

Lydia, Zack und Jules hatten sich bisher still verhalten, denn sie wussten nicht so recht, was sie auch hätten sagen sollen. Sie waren immerhin nur wegen Dana hier. So blieb ihnen nicht viel anderes übrig, als der Unterhaltung zuzuhören und ihren eigenen Gedanken nachzuhängen.

Die Geschichtenerzählerin fragte sich schon die ganze Zeit, wie sie auf den Gedanken gekommen war, dass der Magier ein Mensch wäre, wo er es doch so offensichtlich nicht war. Sie kam jedoch zu keinem wirklichen Schluss.

Jules und Zack hingegen wussten nicht wirklich, was dieser fremde Elb damit meinte, dass Dana etwas verdrängte, und wollten gerne mehr erfahren, brachen das drückende Stillschweigen jedoch nicht.

„Ich… ich weiß es nicht…“, murmelte die Elbin schließlich und konnte den anderen nicht ansehen.

„Du weißt es sehr wohl“, sagte dieser sachlich, „du willst es nur nicht sagen. Aber ich werde dich dazu auch nicht drängen, das steht mir nicht zu. Lye muina dartha lin.“

Der letzte Satz war elbisch und damit nicht für die Ohren der anderen bestimmt. Dana verstand diesen Satz, der versprach, dass ihre Geheimnisse auch ihre bleiben würden.

Zack hatte noch nie elbische Worte vernommen und er empfand diese Sprache als wohlklingend schön, auch wenn er kein Wort verstanden hatte. Lydia und Jules ging es da ähnlich.

„Magie zu erlernen ist nicht sehr einfach. Du hast sicher die eine oder andere Aufgabe darin schon gemeistert. Aber hast du dich in den Jahren deines Exils intensiv um sie gekümmert?“, fragte der Elb.

Dana konnte diese Frage nur verneinen. Magie war eben sehr schwierig und sie war damit immer allein gewesen, nachdem sie in Zacks Familie aufgenommen worden war.

„Meine Fähigkeiten beschränken sich wirklich darauf, die Magie nicht unkontrolliert auszustoßen“, gab sie zu.

„Und dir ist klar, dass du das nicht in wenigen Tagen alles erlernen kannst?“

Nein, das war Dana vorher auch nicht so klar gewesen.

Die Truppe war aufgebrochen, um den Magier zu finden und damit einen Lehrer für die Elbin.

Jedoch hatte niemand von ihnen bedacht, dass sie auch einige Zeit brauchen würde, bis sie etwas wirklich gelernt hatte.

Diese Tatsache ließ Zack und Dana nun ein wenig Mut verlieren. Mehr als eine Woche konnten sie unmöglich von zu Hause wegbleiben, ohne dass Sania sich Sorgen machte, die sie fast umbrachten.

Dies war Alvar in der Regung der jungen Leute selbstverständlich nicht entgangen.

„Wie habt ihr euch das bloß alles vorgestellt?“, fragte er kopfschüttelnd.

„Ehrlich gesagt haben wir uns darum keine großen Gedanken gemacht“, gestand Jules.

„Das merke ich“, brummte der Elb.

„Es tut mir Leid, dich belästigt zu haben“, murmelte Dana, die nun nicht mehr daran glaubte, das Alvar sie unterrichten würde.

Sie war so dumm gewesen in dem Glauben, sie müsse nur erst mal einen Magier gefunden haben und ihre Probleme würden sich dann völlig von selbst auflösen.

Natürlich brauchte sie Zeit, um zu lernen und sie konnte nicht von Sania verlangen, sich ewig Sorgen zu machen, indem sie einfach fortblieb. Und wer sagte, dass Alvar sie völlig kostenlos unterrichten würde, selbst wenn sie bleiben konnte?

Sie stand nun vor völlig neuen Problemen und hatte keine Ahnung, wie sie diese bewältigen sollte.
 

End of Part 9

Schnee

Alles wird sich ändern (Gemeinschaftsstory mit elbin-luna-chan)

Author: Bina-chan86
 

Völlig unerwartet breitete sich ein Grinsen um Lydias Mundwinkel aus. Sie erhob sich gelassen, öffnete beiläufig ihren Zopf und wickelte eine Haarsträhne kokett um den Finger, als sie neben Alvar trat.

„Wenn Dana nicht hier bleiben kann, warum begleitest du uns dann nicht einfach?“, fragte sie.

Alvars Mundwinkel verzogen sich zu einem schmalen Strich. „Und aus welchem Grund sollte ich das tun?“

Lydia beugte sich zu seinem Ohr und flüsterte etwas, das die anderen nicht verstehen konnten.

Zack glaubte erst, dass Lydia versuchte den Elb zu bezirzen. Er verwarf diese Vermutung jedoch gleich wieder, als er bemerkte, wie sich Alvars Gesichtsausdruck veränderte.

Alvar starrte Lydia wütend und zugleich betreten an.

„Also?“, hakte Lydia beinah schon fröhlich nach.

Schließlich stieß Alvar einen resignierten Laut aus. „Ich werde euch begleiten. Darauf habt ihr mein Wort.“

„Wundervoll!“, triumphierte Lydia.
 

„Wie hast du das gemacht?“, platzte es aufgeregt aus Dana heraus, als die Gefährten vor dem Haus auf den Magier warteten.

Lydia lachte. „Nun, ich muss gestehen, dass ich zu unfairen Mitteln greifen musste. Ich habe ihm quasi ein Angebot gemacht, das er nicht ablehnen konnte.“

„Mit anderen Worten: Du hast ihn erpresst“, schlussfolgerte Zack daraus.

„Erpressen ist so ein hässliches Wort“, schmollte Lydia gespielt. „Aber, ja – so könnte man es auch ausdrücken.g

„Und wie?“, wunderte sich Jules.

Demonstrativ legte Lydia einen Finger an die Lippen. „Solange er sein Versprechen uns gegenüber hält, darf ich das leider nicht sagen. Nur so viel – es gibt etwas, von dem er nicht möchte, dass andere davon erfahren.g

Jetzt erinnerte sich Lydia auch wieder daran, warum sie Alvar für einen Menschen gehalten hatte. Es gab eine Geschichte vom mächtigen Magier Alvar, die sie immer für sehr langweilig gehalten hatte, doch nun gewann diese eine unerwartete Komik:

Es begab sich zu einer Zeit, als der Frühling gerade den Winter besiegte. Der Magier Alvar war guter Dinge und machte in einer kleinen Stadt Rast, wo er einem Zwerg begegnete. Interessiert lauschte er den Worten des kleinen Mannes. Doch schon bald merkte Alvar, wie er immer schläfriger wurde und die Bilder vor seinen Augen verschwammen.

Erst am darauf folgenden Morgen erwachte er wieder – mit einem ordentlichen Kater. Der Zwerg hatte sich einen Scherz mit ihm erlaubt und ihn betrunken gemacht.

Lydia ahnte, dass es sich bei dem vermeintlichen Scherz wohl um einen Test handeln musste. Sie hatte immer geglaubt, einen Elb könne man gar nicht betrunken machen. Entweder hatte sie sich geirrt oder aber Alvars Blut war nicht so rein, wie er die anderen glauben ließ.

Trotzdem – Lydia hätte zu gern gewusst, wie der Zwerg das angestellt hatte.
 

Auf dem Weg zurück nach Rawena machte Alvar zunächst einen recht widerwilligen, mürrischen Eindruck. Doch nach und nach übte die Vorstellung, eine Schülerin zu haben – und noch dazu eine so bedeutende – einen gewissen Reiz auf ihn aus.

Alvar beantwortete Danas Fragen von nun an bereitwilliger und ging hin und wieder sogar näher auf einzelne Zauber ein.

Dana konnte ihr Glück noch gar nicht richtig fassen – alles war so schnell gegangen. Auch ihre anfängliche Befangenheit legte sich langsam.

Zack betrachtete die Szene mit deutlichem Misstrauen und ließ seine Ziehschwester nicht eine Sekunde lang aus den Augen.

„Unser Magier ist ganz schön seltsam, nicht wahr?“, versuchte Lydia ihn in ein Gespräch zu verwickeln.

„Hm“, machte Zack bloß.

Versuch kläglich gescheitert – aber so leicht gab Lydia nicht auf.

„Freust du dich gar nicht für Dana?“, fragte sie zaghaft. „Endlich gibt es jemanden, der sie in die Geheimnisse ihres Volkes einweihen kann.“

„Ich bin glücklich, wenn sie glücklich ist, aber das heißt nicht, dass ich diesem Kerl trauen muss“, erwiderte Zack. „Dana ist momentan noch so aufgeregt, dass sie gar nicht über seine Motive nachdenkt.“

„Keine Sorge. Der Wolf wird das arme Rotkäppchen schon nicht fressen“, warf Lydia schmunzelnd ein.

Überrascht wandte Zack seinen Blick von Dana und Alvar ab, allerdings nur um Lydia voller Verwirrung anzustarren.

„Auch nur so eine von meinen Geschichten“, winkte Lydia lachend ab.

Zack schnaubte. „Das war jetzt nicht gerade hilfreich.“

„Deine Eifersucht ist aber auch nicht hilfreich“, gab Lydia leise zurück.

„Ich bin nicht eifersüchtig“, knurrte Zack. „Behaupte nicht immer solchen Unsinn!“
 

Diesmal rasteten sie nicht auf halbem Wege in Hallet, sondern verbrachten die Nacht in einer Jagdhütte, die Jules durch Zufall entdeckt hatte.

Den Vorschlag, doch ein Gasthaus zu suchen, wehrte er mit den Worten „unsereins muss sparen“ ab. Dabei bedachte er Zack und Dana mit einem spöttischen Grinsen.

Zack empfand Erleichterung, als sich Lydia erbot, an Danas Stelle zu kochen. Bis zum nächsten Tag musste also keiner mit einer Vergiftung rechnen.
 

Während Zack, Lydia und Jules schon bald die Augen zufielen, wurde Dana des Fragens an diesem Abend nicht müde.

Alvar brachte sie letztendlich mit einer Handgeste zum Schweigen. Er griff nach einem Stock und malte damit Zeichen in die erkaltete Asche neben der Feuerstelle.

Dana erkannte darin elbische Buchstaben. „Naur“, las sie zögerlich. „Feuer.“

Alvar nickte bestätigend. „Neben dem Bildzauber gibt es auch den Schriftzauber. Diese Art der Magie ist nicht sonderlich schwer, verlangt aber nach Konzentration.“

Dana wartete gespannt, bis schließlich Flammen aus dem aufgestapelten Holz vor ihren Füßen aufstiegen.

„Materiell, aber äußerst nützlich“, beurteilte Alvar den Spruch.

Angeber, dachte Zack und verdrehte dabei die Augen.

„Gute Nacht“, brummte er schließlich und rollte sich auf die Seite.
 

Das Erste, was Jules am nächsten Tag bewusst wahrnahm, war, dass er erbärmlich fror. Unschlüssig blinzelte er, musste seine Augen aber sogleich gegen die Helligkeit abschirmen. Als er langsam wieder etwas erkennen konnte, schweifte sein Blick zum Fenster. Sofort war er hellwach.

„Schnee!“

Lydia erwachte brummend. „Was machst du hier für einen Krach?“

Wortlos deutete Jules nach draußen.

„Das hat uns gerade noch zu unserem Glück gefehlt“, seufzte Lydia und verfluchte in Gedanken den Wintergeist und sein schlechtes Timing.
 

„Warum regt ihr euch wegen dem bisschen Schnee auf?“, fragte Alvar nüchtern.

„Bisschen?“, äffte Zack ihn nach, während er sich gegen die Tür stemmte, die von draußen von einer Schneeverwehung blockiert wurde.

Alvar murmelte etwas Unverständliches vor sich hin und im nächsten Moment gab die Pforte so abrupt nach, dass Zack im Schnee landete.

„Mistkerl“, grummelte Zack vor sich hin.
 


 

End of Part 10

Eledhrim-Ardh

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan86 und wir übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 11 von ?

Warning: bislang keins
 


 

Der Rückweg im Schnee war erheblich anstrengender, als sie gedacht hatten, und Zack fürchtete, dass sie mindestens drei Tage zurück nach Rawena benötigen würden.

Alvar schien das egal zu sein und Dana war ohnehin selig, seitdem sie ihren Lehrer gefunden hatte. Jedoch teilten Jules und Lydia Zacks Leid und so stapften sie durch die kalte, weiße Masse und froren jämmerlich, denn ihre Schuhe waren längst durchnässt und eisig kalt. Sie beschlossen, doch noch einmal nach Hallet zurückzugehen, um sich besser für den plötzlichen Wintereinbruch zu wapnen.

Als sie einige Stunden später dort ankamen, waren sie alle bis auf den Elben ziemlich nass und fröstelten ziemlich, weshalb sie um so erfreuter waren, als sie endlich die Gaststätte erreichten, in der sie schon zuvor genächtigt hatten.

„Ich freue mich wirklich auf ein heißes Bad!“, sagte Lydia, als sie eintraten.

„Nicht nur du!“, nickte Jules, der seine Zehen nicht mal mehr spüren konnte.

„Und ich freue mich auf ein gutes, warmes Essen!“, ließ Zack verlauten, dessen Magen passend dazu knurrte.

Auch Dana konnte es kaum erwarten, sich aufzuwärmen und eine Mahlzeit zu sich zu nehmen.

Sie sah Alvar fragend an. „Gibt es nicht einen Zauber, der verhindert, dass man so friert?“

Der Elb schien keinesfalls überrascht zu sein, diese Frage gestellt zu bekommen.

„Es gibt einen, aber er ist nicht so einfach.“

„Ich möchte es trotzdem versuchen!“, beharrte die Elbenprinzessin und sah ihn bittend an.

„Na schön, ich werde ihn dir zeigen. Aber erst später.“

Damit verschwand Alvar und ließ die Vier allein.

„Widerlicher Kerl!“, knurrte Zack, der Alvar einfach nicht mögen konnte.

„Zack!“, schimpfte seine Ziehschwester daraufhin. „Wir können froh sein, dass er mit uns kommt. Sei nicht so unhöflich!“
 


 

Sie hatten gut zu Abend gegessen und ein wärmendes Bad genommen, als die Truppe schließlich auf ihrem Zimmer war und sich von den Strapazen des Tages erholte.

„Warum musste ausgerechnet JETZT Schnee fallen?“, zeterte Zack, dem die Kälte so gar nicht gefiel.

Jules war genauso wenig begeistert von dem Schnee, wie auch Zack und stimmte ihm zu.

„Aber vielleicht haben wir Glück und der Schnee verschwindet, je weiter wir von den Bergen weg kommen“, hoffte Lydia.

Dana sah das Ganze ein wenig gelassener – sie mochte Schnee eigentlich sehr gerne.

Dennoch war auch sie froh, sich aufwärmen zu können.

„Wo steckt eigentlich dieser Elb?“, fragte Jules in die Runde, doch Dana schüttelte unwissend den Kopf.

„Ich habe keine Ahnung. Er wollte nicht bei uns übernachten und hat sich wohl etwas anderes gesucht. Aber vielleicht kommt er wieder, er wollte mir noch etwas zeigen…“, erklärte die Elbin.

„Also von mir aus kann er gerne weg bleiben!“, schnaufte Zack.

„Also wirklich!“, schimpfte nun Lydia, „Nun gönn es Dana doch endlich, dass sie jemanden gefunden hat, der sie unterrichtet und moser nicht die ganze Zeit rum!“

„Aber ich kann ihn nicht leiden!“, protestierte Zack beleidigt.

„Was hat er dir denn getan?“, fragte die Geschichtenerzählerin.

„Er ist so arrogant und guckt Dana immer so komisch an…“, wollte er erklären, da fiel Lydia ihm ins Wort: „Du bist doch nur eifersüchtig!“

„Bin ich nicht! Verdammt, hör auf, so einen Blödsinn zu reden!“

Jules und Lydia warfen sich vielsagende Blicke zu, während Dana eher ahnungslos dreinschaute.

„Worauf sollte er denn eifersüchtig sein?“, fragte sie. „Alvar ist mindestens 100 Jahre alt. Da gibt es doch nichts, auf das man so eifersüchtig sein könnte.“

„Eben. Ich bin nicht eifersüchtig!“, bekräftigte Zack.
 

In dem Moment klopfte es an die Zimmertür und nachdem Jules sie geöffnet hatte, trat Alvar ein.

„Hier!“, sagte er schlicht und warf jedem von ihnen Umhänge zu.

„Die sollten euch ein wenig warm halten morgen.“

„Danke!“, rief Dana begeistert und probierte ihren Umhang gleich an. Er hatte eine sattgrüne Farbe und stand ihr recht gut.

Zack unterdrückte jedoch ein Knurren. Er mochte es nicht, wie Alvar sich bei seiner Ziehschwester einschleimte und mochte den Umhang nicht annehmen.

„Wie haben wir das denn verdient?“, fragte Lydia eher argwöhnisch.

„Es wird in den nächsten Stunden noch kälter werden. Und ihr habt nicht mal annährend passende Kleidung dabei, wie ich sehe.“

„Woher willst du das wissen?“, fragte Zack genervt.

Alvar ging auf Zacks bissigen Unterton in der Stimme nicht ein und antwortete knapp:

„Ich habe es ‚gesehen‘.“

Als Dana das hörte, staunte sie ein wenig. „Du hast das ‚Gesicht‘ auch?“

Der Elb nickte. „Viele Elben haben es. Nur wenige können es kontrollieren.“

Sein Blick traf den Danas. „Du hast es auch, nicht wahr?“

Die Prinzessin nickte. „Aber auch ich bin nicht in der Lage, es zu kontrollieren. Es kommt zu mir, wann immer es Lust dazu hat und zeigt mir verwirrende Dinge, die keinen Sinn ergeben.“

„Vielleicht kann ich dir beibringen, es zu steuern“, sagte Alvar beinahe tröstend.

„Das wäre schön“, nickte Dana.

Es gab aber noch mehr, was sie seit einiger Zeit beschäftigte. Sie traute sich kaum zu fragen, aber sie tat es dennoch.

„Sag, Alvar… kannst du uns etwas über den Untergang des Eledhrim-Ardh erzählen?“

Jules, Zack und Lydia sahen einander verwirrt an. Was wollte Dana wissen?

Lydia ahnte bereits, was das Eledhrim-Ardh sein könnte, doch Zack und Jules waren völlig ahnungslos.

„Ah… ich ahnte bereits, dass du mich das fragen würdest. Das Elben-Reich deines Vaters…“, sagte Alvar recht leise. „Woher wusstest du, dass ich es kenne?“, fragte er fast schon überrascht.

„Deine Art zu sprechen“, antwortete Dana. „Die Elben sprachen alle so.“

Sie bezog sich dabei nicht auf die menschliche Sprache, sondern auf die elbische, weshalb Jules, Lydia und Zack es auch nicht auffallen konnte.

„Ah“, machte Alvar verstehend und lächelte dann sanft. „Willst du es wirklich hören?“

Die Elbin nickte. „Ja.“

„Es war einst ein blühendes Reich, das Eledhrim-Ardh. Dein Vater war ein mächtiger Mann und deine Mutter die schönste Königin, die wir Elben je hatten. Das Volk war glücklich und zufrieden, kein Krieg war seit vielen Jahren gewesen, als du geboren wurdest, Prinzessin. Die Burg, in dem das Königspaar lebte, war weit im Süden, in Ghartiselidh, wo heute nur noch Wüste ist, seitdem wir Elben von dort vertrieben wurden. Das richtige Klima für diese Biester, die nach unserem Reichtum gierten und schließlich einen erbarmungslosen Krieg führten.“

Er holte tief Luft und versuchte ruhig zu bleiben. Die Erinnerung an den Krieg der Elben, der fast zu ihrer Vernichtung führte, war sehr lebendig in seinen Gedanken.

Dana wusste nicht mehr sehr viel aus ihrer Kindheit, vieles hatte sie einfach verdrängt.

Nun sah sie Alvar beinahe ehrfürchtig an und wartete darauf, dass er weitersprach.
 

End of Part 11

Mellryn

Alles wird sich ändern (Gemeinschaftsstory mit elbin-luna-chan)

Author: Bina-chan86

Part: 12/?
 

Alvar focht einen inneren Kampf gegen sich, zauderte und starrte dabei gedankenverloren auf seine langgliedrigen, eleganten Hände. Als er schließlich wieder aufsah, lag tiefe Unsicherheit in seinem Blick.

Dana zuckte leicht zusammen, denn es war, als würde der Elb sie mit seinen Augen um Verzeihung bitten.

„Unsere Angreifer, die Azi Dahaka, benannten sich selbst passender Weise nach einem Sturmdämon“, begann Alvar schließlich zu erzählen, wobei seine sonst so weiche Stimme brüchig klang.

Skepsis legte sich über Lydias Gesichtszüge. Die Azi Dahaka waren ihr ein Begriff und als ihr einfiel, warum dies so war, sog sie erschrocken die Luft ein.

Alvar ließ sich durch ihre Reaktion nicht beirren und fuhr stattdessen fort. „Die Azi Dahaka sind Wesen ohne jegliche Moral und lassen sich nur von ihren eigenen Begierden leiten, doch…“ Er hielt für einen Moment lang inne und dann sprach tiefe Verzweiflung aus seinen Worten. „Doch sie sind auch Spiegel unserer eigenen Sünden.“ Endlich brachte er es fertig, Dana in direkt in die Augen zu sehen. „Die Azi Dahaka sind gwarth – Verräter, aber ursprünglich waren sie Flüchtlinge aus dem Ardh.g

Zack und Jules sahen überrascht zu Alvar hinüber, während Lydia betreten die Augenlider niederschlug.

Dana lachte – nervös und beinahe hysterisch. „Das ist doch bestimmt auch nur so eine Geschichte, nicht wahr?" Flehend wandte sie sich Alvar zu. „Sag mir bitte, dass es nur eine Geschichte ist!"

Betrübt schüttelte Alvar den Kopf. „Nein. Ich wünschte, es wäre so, aber mein Vater war dabei, als die Azi Dahaka vertrieben wurden. Damals vor fast 200 Jahren.“ Die Schwere der Erinnerung legte sich über Alvar wie ein schwarzes Tuch. „Einige Elben wandten sich zu der Zeit gegen deinen Vater, aber es waren zu wenige, um von einem Krieg zu sprechen. Ein kleiner Trupp reichte aus, um sie zur Aufgabe zu bewegen. Also zogen sie sich in die undurchdringlichen nördlichen Wälder zurück und schworen Rache.“

„Warum haben sie überhaupt rebelliert?“, warf Jules ein.

„Danas Vater hatte ein Bündnis mit den Menschen geschlossen, deren Reich südlich an das Eledhrim-Ardh grenzte: Wenn sie jemals angegriffen würden, so sollten die Elben ihnen zu Hilfe eilen. Das gleiche galt auch für den umgekehrten Fall. Die, die wir heute als Azi Dahaka kennen, missbilligten diesen Pakt zutiefst, denn sie hassten die Menschen. Stimmen wurden laut und forderten einen neuen König. Die Mehrzahl der Elben hielt jedoch treu zu Danas Vater“, erklärte Alvar.

„Aber die Azi Dahaka wurden stärker, bis letztendlich der Tag ihrer Rache kam…“, schlussfolgerte Dana traurig.

Besorgt legte Zack ihr eine Hand auf die Schulter. „Alles in Ordnung?“, fragte er zaghaft.

Dana zog unwirsch ihren Arm weg. „Natürlich!“

Zack wusste, dass sie log, doch er wagte es nicht, sie weiter zu bedrängen.

Dana schwieg lange. Tränen brannten dabei unter ihren Lidern. „Niemand“, brachte sie dann schluchzend hervor. „Niemand aus meiner Familie hat überlebt. Ich bin ganz allein, weil irgendwelche Leute die Entscheidungen meines Vaters nicht mochten.“

Nun war es an Alvar, verwirrt dreinzublicken. „Alle, aber…“

„Was ist?“, zischte Dana ihn aufgebracht an.

Alvar hob beschwichtigend die Hände. „Was ist mit deinem Bruder?“

Dana zog die Augenbrauen zusammen und ihr Blick wanderte flüchtig zu Zack.

Doch Alvar schüttelte den Kopf. „Ich spreche nicht von ihm, sondern von deinem richtigen Bruder.“

Dana wurde blass. Sie saß da wie erstarrt und versuchte verzweifelt sich zu erinnern. Die Gesichter ihrer Eltern konnte sie sich mit Leichtigkeit ins Gedächtnis zurückrufen, aber an einen anderen Verwandten konnte sie sich nicht entsinnen.

„Nun ja“, räumte Alvar ein, „vielleicht warst du noch zu jung, als er fort ging. Sein Name ist Mellryn. Er besaß die Klugheit deines Vaters und das schöne Gesicht deiner Mutter.“

„Was ist aus ihm geworden?“, wollte Dana wissen.

„Das weiß ich leider nicht“, bedauerte Alvar. „Er verschwand eines Tages und kehrte nie wieder nach Eledhrim-Ardh zurück.“

Lydia musterte den Elb aufmerksam. „Er verschwand… ebenso wie du?“

Alvar lächelte wehmütig. „Ich bin fort gegangen, weil ich es nicht länger mit ansehen konnte, wie immer mehr von uns in Schweigen verfielen. All das Schlechte, was uns in der Vergangenheit widerfahren ist, ebenso wie das Gute – niemand sprach mehr darüber. Selbst ich empfand die Azi Dahaka bald lediglich als bösen Traum. Da entschied ich mich zu gehen. Ich wollte meine Freunde in Gedanken am Leben erhalten und sie nicht vergessen."

„Geschichten geben denen, derer wir gedenken sollten, einen Platz in unseren Herzen“, pflichtete Lydia ihm sanft bei.
 

Den Rest des Abends verfiel Dana in nachdenkliches Schweigen und so starrte sie still zum Fenster hinaus.

Sie beobachtete die Schneeflocken so lange, bis sie vor ihren Augen verschwammen.

Einen Bruder, ich habe einen Bruder, dachte sie mit einem leichten Gefühl von Befremden.

„Mellryn“, flüsterte sie, als könne der Name ihn erscheinen lassen, gleich einem Zauber.

Wie er wohl sein mochte? Er besaß die Klugheit deines Vaters und das schöne Gesicht deiner Mutter, hatte Alvar gesagt. Jedoch konnte sich Dana beim besten Willen kein Bild von ihm machen.

Vielleicht war es auf diese Weise ja das Beste. Ja, möglicherweise wollte Mellryn gar nicht, dass man sich an ihn erinnerte. Warum hätte er sonst fortgehen sollen?

Die vielen Fragen, die in Danas Kopf herumschwirrten, verursachten ihr irgendwann Kopfschmerzen und sie rang sich dazu durch, endlich schlafen zu gehen.
 

Mitten in der Nacht – es war inzwischen weit nach Mitternacht – schlich Zack aus seinem Bett zu Dana. Er zögerte einen Moment lang, ehe er sie vorsichtig anstupste.

Dana erwachte brummend und bedachte Zack mit einem halb verschlafenen, halb irritierten Blick. „Zack… was ist denn?“

„Ich wollte dich nur etwas fragen“, begann ihr Ziehbruder unsicher. „Wenn du…“ Er unterbrach sich selbst und setzte neu an. „Wenn du deinen richtigen Bruder finden würdest, würdest du denn bei ihm bleiben wollen? Für immer, meine ich.“
 

End of Part 12

Zauber

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 13 von ?
 

Eine Gemeinschaftsstory von Bina-chan86 und elbin-luna-chan.
 


 

Auf einmal war Dana hellwach.

„Wie bitte?“, fragte sie Zack und konnte kaum glauben, dass er sie so etwas fragte.

„Naja, würdest du weg gehen…“

Dana unterbrach ihn.

„Nein. Das würde ich nicht. Zumindest nicht dauerhaft. Weißt du, er hat sich ja nie um mich gekümmert, nie nach mir gesucht, und bis vorhin wusste ich nicht mal mehr etwas von seiner Existenz. Wie könnte ich da bei ihm bleiben wollen?“ Dies war ihr sehr klar.

„Nun ja, es hätte ja sein können, dass du den Wunsch danach hast…“, murmelte Zack, dem das Ganze nun ein wenig unangenehm war.

„Ich möchte ihn finden und mit ihm sprechen“, antwortete Dana daraufhin.

„Und was ist, wenn du ihn dann magst?“

Die Elbin starrte Zack ungläubig an.

„Er ist mein Bruder, kein möglicher Liebhaber! Ich darf doch einen Bruder mögen, oder nicht?“

Zack war rot angelaufen. Darauf hatte er zwar nicht wirklich hinaus gewollt, aber er konnte es auch nicht länger verbergen – Dana war furchtbar attraktiv und irgendwie wollte er nicht, dass jemand anderes sie bekam. Niemand außer ihm selbst. Aber noch konnte er sich diese seltsamen Gefühle nicht richtig eingestehen und verfiel ins Schweigen.

Die Elbin ahnte inzwischen, was in ihrem Ziehbruder vorging, aber für sie war völlig klar, dass er nie mehr als ein Bruder würde sein können. Dennoch brachte sie es in diesem Moment nicht über sich, ihm das zu sagen.

„Geh wieder schlafen und mach dir keine Sorgen“, sagte sie stattdessen und legte sich selbst wieder nieder.

Nickend verschwand Zack wieder, doch Schlaf fand er diese Nacht nicht mehr.
 


 

„Du musst dich darauf konzentrieren, dass du die Kälte vertreiben willst. Und dann sagst du ‚Niqe ego!‘ Vermutlich gelingt dir das die ersten Male noch nicht richtig, aber mit ein bisschen Übung wirst du diesen Zauber meistern und nicht mehr frieren.“

Alvar brachte Dana den gewünschten Zauber bei, der verhinderte, dass man fror.

Er hatte Recht, der Zauber war nicht leicht und er misslang ihr die ersten Male kläglich.

Aber sie nahm sich vor, es auf dem Weg weiter zu versuchen.

„Es ist unfair, dass ihr zaubern könnt und wir nicht!“, fand Jules, dem zwar Dank des Mantels, den er von Alvar bekam, nicht mehr so kalt war wie den Tag zuvor, dennoch waren seine Füße durchgefroren, nachdem sie nun schon einige Stunden durch den Schnee marschiert waren.

„Jeder kann zaubern“, antwortete Alvar daraufhin und erntete unverständliche Blicke von den vier jungen Leuten.

„Ich dachte, diese Gabe erhalten nur sehr wenige?“, fragte Zack, doch Alvar schüttelte den Kopf.

„Jeder kann es erlernen, doch nicht jeder verfügt über die gleiche Stärke. Die einen schaffen nur einfachste Zauber und die anderen können mit ihrer Magie viel ausrichten.“

Auch Lydia war von dieser Information überrascht, denn sie hätte nie gedacht, dass vielleicht selbst sie ein wenig Magie ausüben könnte.

„Aber es wird doch gesagt, dass die Menschen nicht halb so viel Magie beherrschen wie ihr Elben!“, erwiderte Zack dagegen.

„Nun, das ist wahr. Das liegt aber mehr daran, dass das Volk der Elben sehr viel älter ist und vor allem sehr viel länger lebt. Wir haben einfach mehr Zeit als ihr Menschen, uns das alles anzueignen. Und vieles geht auch von Blut zu Blut über. Wäre Dana richtig ausgebildet, so glaube ich, wäre sie sogar weit mächtiger, als ihr Vater es je war…“

Dana war überrascht, als sie diese Worte hörte.

„Mächtiger als mein Vater?“, fragte sie fast ehrfürchtig.

„Oh ja. Du hast mehr Talent und verfügst über die stärkeren Blutlinien deiner Mutter… hast du noch nicht bemerkt, dass du den Wärme-Zauber inzwischen beherrschst?“

„Oh!“, machte die Elbin und erkannte, dass Alvar Recht hatte – ohne es zu merken, hatte sie den Zauber aufrecht erhalten und sie fror nun kein bisschen mehr.

„Siehst du?“, sagte ihr Lehrer und lächelte leicht.

„Und mein… mein Bruder? Ist er auch mächtig?“, fragte Dana unsicher.

„Das weiß ich nicht. Ich kannte ihn nicht wirklich“, erklärte der Elb.

„Schade…“

„Du denkst immer noch die ganze Zeit daran, nicht wahr?“, fragte Zack seine Ziehschwester und diese nickte.

„Sicher. Ich habe nie gewusst, dass ich einen Bruder habe. Oder ich habe ihn schlichtweg vergessen. Aber ich möchte ihn gern treffen. Nur wie?“

„In lhû na mú toliëlle. Ná he toluwa“, sagte Alvar ihr auf elbisch.

„Aber ich will nicht warten, bis meine Zeit gekommen ist!“, widersprach Dana.

„Du wirst warten müssen“, gab ihr der Ältere jedoch nur zurück und verfiel dann in Schweigen.

Zack mochte es nicht sonderlich, wenn der Elb in seine eigene Sprache überging, denn er verstand dann nicht, welch ungehobelte Worte er von sich gab.

Deshalb stieß er Dana sachte mit dem Ellenbogen an und fragte: „Was hat er dir gesagt?“

Sie wusste, dass Zack sie solange nerven würde, bis sie es ihm sagte, deshalb entschied sie sich dafür, ihn nicht allzu lange zappeln zu lassen.

„Dass die Zeit noch nicht gekommen ist, sie aber kommen wird!“, antwortete sie also seufzend.
 

Es vergingen noch einige Stunden, bis es anfing zu dämmern und sie sich eine Bleibe für die Nacht suchen mussten.

Rawena war noch immer nicht in Sicht, durch den Schnee kamen sie noch immer nur langsam voran. Glücklicherweise konnten sie in der Ferne einige Rauchfahnen ausmachen und folgten der Richtung dorthin, bis sie in ein abgelegenes, kleines Dorf kamen, welches eigentlich nur aus drei Häusern und ein paar Scheunen bestand und darum die Bezeichnung „Dorf“ nicht wirklich verdiente.

Lydia übernahm die Aufgabe, an einem der Häuser zu klopfen und als sich die Tür öffnete, stand ihr ein hochgewachsener, jedoch schon deutlich älterer Herr gegenüber.

„Guten Abend, mein Herr“, sagte Lydia höflich. „Würdet Ihr uns Unterschlupf für eine Nacht gewähren? Wir sind weit gereist und müde.“

Der Mann blickte missbilligend in die Runde. „Elben!“, schnaubte er.

„Verzeiht, wir sind nicht in der Absicht gekommen, Euch Ärger zu bereiten!“, schritt Dana schnell ein. „Wir suchen wirklich nur eine Unterkunft für diese Nacht.“

An der Seite des Mannes erschien eine Frau, die offenbar im gleichen Alter war und seine Ehefrau sein musste.

„Ihr könnt in der Scheune schlafen“, sagte sie etwas freundlicher als ihr Mann und deutete auf das fast schon schäbige Gebäude neben dem Wohnhaus.

„Vielen Dank, Mylady!“, antwortete Dana und Lydia stimmte dem Dank zu, in dem sie höflich nickte.

„Ich bringe euch etwas zu Essen, wenn ihr wollt!“, sagte die Frau, die sich von dem Titel ‚Mylady‘ etwas geschmeichelt fühlte.
 

„Wie kommt es, dass ihr Elben oft ungern gesehen seid?“, fragte Jules, der die Reaktion des Mannes nicht verstanden hatte.

„Das ist eine schwierige Frage“, sagte Alvar. „Sie trauen uns nicht, das hat verschiedene Gründe. Aber ich möchte diesen Abend nicht wieder so etwas Unerfreuliches berichten. Lydia, erzähl uns doch eine nette Geschichte!“, forderte er die Geschichtenerzählerin auf, die diesem Wunsch nur zu gern nachging.

Sie hüllte sich tiefer in ihre Decke, ignorierte den Gestank der Tiere, die in der Scheune untergebracht waren und begann zu erzählen.
 

End of Part 13

Eine Geschichte

Alles wird sich ändern
 

Author: Bina-chan86

Part 14/?
 

Gemeinschaftsstory mit elbin-luna-chan
 


 

„Eine Geschichte… nun, mal sehen.“ Lydia nahm im Schneidersitz platz und strich ihre Haare zurück. „Habt ihr schon mal die Legende vom Wintergeist gehört?“, fragte sie dann in die Runde.

Dana schüttelte den Kopf, wobei sie Lydia neugierig ansah.

Die Geschichtenerzählerin lächelte. „Vor langer Zeit, als weder Menschen noch Elben Ansprüche auf das Land erhoben, lebte der Wintergeist unter uns. Und obwohl er alles mit ansehen konnte, war er sehr einsam. Sein Herz war kalt – kalt wie der Winter – doch er hegte einen Wunsch. Nur ein einziges Mal wollte er die Sommerfrau sehen, die alle für ihre Freundlichkeit und Schönheit priesen. Doch der Wintergeist konnte nur während der frostigen Jahreszeit auf Erden wandeln, danach musste er den Platz räumen. Alsbald wurde seine Sehnsucht aber so groß, dass er die Frühlingsfee bat, ihn bleiben zu lassen. Sie willigte ein, schickte ihn jedoch in die Berge, wo er auf den Sommer warten sollte. Die Tage und Wochen verstrichen langsam und schließlich, im Monat Juni, war es so weit.g

Lydia beschrieb den Sommer mit all seinen Einzelheiten – den Düften, den Geräuschen und seiner Wärme. Mit ihren Worten malte sie regelrecht Bilder vor den Augen der anderen.

Nicht einmal Jules maulte über seine kalten Füße. Stattdessen überkam ihn eine wohlige Wärme, während er zuhörte.

„Der Wintergeist war geblendet von der Sommerfrau und merkte dabei gar nicht, dass die Sonne ihm die Haut verbrannte. Die Sommerfrau lachte, als sie ihn erblickte, und sprach: Holder Geist, willst du mir eine Bitte erfüllen? – Alles, versicherte der Wintergeist, alles würde ich für dich tun. Und als die Sommerfrau sah, wie die gerade erst erblühten Knospen erfroren, fuhr sie wehmütig fort: So nimm dann deinen Platz wieder ein und hülle die Welt in Stille, während deiner Monate, aber behalte mich gut in Erinnerung. Der Wintergeist gab ihr dieses Versprechen. Allerdings ließ er es sich nicht nehmen, die Sommerfrau im darauf folgenden Jahr aus der Ferne zu betrachten. Er wollte nicht mehr ohne sie sein, denn selbst sein Herz hatte sie mit Wärme erfüllt. So versteckte er sich Jahr um Jahr in den Gebirgen, nur um einen Blick auf die Sommerfrau zu erhaschen." Schmunzelnd hielt Lydia inne. „Und das ist auch der Grund, warum der Schnee auf den Bergspitzen niemals schmilzt."

Mühsam unterdrückte Lydia ein Lachen, als sie sich umblickte. Dana, Zack und Jules waren seelenruhig eingeschlafen.

„Das hätten wir geschafft“, flüsterte sie amüsiert. „Die brauchen ihren Schlaf.“

„Das ist deine Gabe: Du weckst Gefühle in den Herzen, genau wie die Sommerfrau“, sagte Alvar und strich ihr dann lächelnd über den Kopf. „Gut gemacht.“

Als Lydia zum Protest ansetzte, drehte sich der Elb auf die Seite, um ebenfalls zu schlafen.

Behandelt der mich wie ein Kind, dachte Lydia schnaubend.
 

Der nächste Tag war klirrend kalt, doch der Schneefall hatte endlich aufgehört.

Jules zog seinen Mantel enger um sich und stapfte ein paar Schritte durch den Schnee. Vor der kleinen Gruppe erstreckte sich ein weitläufiger See.

„Wenn wir über das Eis laufen, sind wir vielleicht schneller zurück in Rawena“, überlegte Jules.

„Gut möglich“, stimmte Lydia ihm zu und setzte einen Fuß auf das Eis. „Fragt sich nur, ob die Schicht uns schon trägt.“

„Oh, dich trägt sie bestimmt, aber bei den anderen bin ich mir da nicht so sicher.“ Grinsend drehte sich Jules zu Zack um.

„Das muss ich mir doch von einem Riesen wie dir nicht sagen lassen“, brummte Zack beleidigt.

„Männer“, seufzten Dana und Lydia im Chor und tauschten dabei vielsagende Blicke miteinander aus.

Jules zuckte entschuldigend mit den Schultern. Zack hingegen lief rot an und wich dabei ein wenig zu auffällig Danas Blick aus.

Lydia stimmte dieses Verhalten misstrauisch, allerdings verzichtete sie darauf, Zack weiter danach zu befragen.

„Ihr könnt weitergehen. Es droht keine Gefahr, wenn wir den See überqueren“, warf Alvar ein, ignorierte die Zankereien dabei bewusst.

Neidvoll schielte Dana zu ihm hinüber. Sie wünschte sich so sehr, das Gesicht auch endlich kontrollieren zu können.
 

Alvar ging voraus und setzte dabei bedächtig einen Fuß vor den anderen.

Lydia hielt Jules derweil am Arm fest, wodurch sie ein Stück hinter den anderen zurück blieben.

„Zack benimmt sich merkwürdig“, flüsterte Lydia. „Ich denke, dass etwas zwischen ihm und Dana vorgefallen ist. Könntest du mir einen Gefallen tun und mit ihm reden?“

Jules zog überrascht die Augenbrauen hoch. „Wieso ich?“

„Weil du sein Freund bist“, zischte Lydia ihn an.

Beschwichtigend winkte Jules ab. „Nein, ich meine, warum fragst du ihn nicht selbst danach?“

Lydia ließ seufzend die Schultern hängen. „Weil er mich bestimmt für schrecklich neugierig hält.“

„Na ja, damit hätte er ja gar nicht mal so unrecht.“ Jules grinste sie an. „Aber ich rede mit ihm. Versprochen.“

Erleichtert atmete Lydia auf. „Danke! Dann werde ich mir in der Zwischenzeit Dana vorknöpfen.“

Wider Willen kichernd blickte sie Jules nach, während dieser zu Zack schlidderte.

Mit Jules zu sprechen war erfrischend einfach, denn man musste ihm nicht alles zehnmal erklären.
 

Dana wirkte schon ein wenig irritiert, als sich Lydia plötzlich bei ihr einhakte und sie um ein Gespräch bat.

„Was gibt es denn?“, wollte die Elbin wissen.

„Eigentlich wollte ich mit dir über Zack sprechen“, begann Lydia. Sie hielt nicht viel davon, lange um den heißen Brei herumzureden, weswegen sie das Thema lieber gleich anschnitt.

Einen Moment lang blickte Dana verwirrt drein, bis sie schließlich begriff. „Oh!“

„Das heißt also, du weißt, was mit ihm los ist?“, deutete Lydia ihre Reaktion.

Zögerlich nickte Dana. „Ja, ich denke schon.“

„Was denkst du über ihn?“, fragte Lydia direkt

Dana drehte den Kopf weg und beschleunigte ihre Schritte. „Was geht dich das an? Das ist eine Sache zwischen ihm und mir. Für mich ist er nur ein Bruder und wird es immer sein. Bist du nun zufrieden? Das wolltest du doch wissen, nicht wahr?“ Sie war selbst überrascht von ihrer heftigen Reaktion. Dabei war es nur verständlich, denn die letzten Tage waren wirklich nervenaufreibend gewesen.

Lydia hingegen blieb ganz ruhig. „Ich bin nicht diejenige, die Antworten von dir braucht. Aber wenn Zack letztendlich bewusst wird, was er fühlt, dann wird er diese Antworten brauchen.“

Lydia lächelte schließlich und ging weiter. „Denk einfach mal darüber nach. Ihm zuliebe.“
 

Zack ahnte bereits, dass ihm ein anstrengendes Gespräch blühte, als Jules ihm grinsend auf die Schulter klopfte. Dieses Grinsen verhieß nichts Gutes.
 

End of Part 14

Wieder daheim

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 15 von ?

Warning: bislang keins
 

Danke an ikari_01, der mir die Kapitel wunderbar lektoriert.
 


 

„Zack, sag mal, wie geht es dir eigentlich?“, fragte Jules auch schon munter drauflos und hakte sich kurzerhand bei dem Kleineren ein.

„Warum willst du das wissen?“, fragte dieser eher misstrauisch und beäugte Jules fast schon genervt.

„Na ja, weißt du, ich mache mir halt Sorgen um dich“, gab der Braunhaarige wie beiläufig zu und musterte den anderen.

„Lydia hat dich geschickt, nicht wahr?“, fragte Zack. Er hatte mitbekommen, dass Jules und Lydia ein Wort gewechselt hatten, und kurz darauf hatte Dana Lydia angefahren, was man erkannte, auch ohne ein Wort verstanden zu haben. Es war so klar gewesen, dass Jules ihn für Lydia aushorchen sollte.

„Ertappt…g, flüsterte Jules und machte ein entschuldigendes Gesicht.

„Du kannst Lydia sagen, dass es sie nichts angeht und sie sich lieber um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern soll“, grummelte Zack und stieß Jules unsanft von sich.
 

Jules wollte sich nicht die Freundschaft zu Zack verderben und so ließ er diesen lieber in Ruhe.

Lydia schien nicht viel erfolgreicher gewesen zu sein und so ging er wieder auf sie zu, nachdem sie Dana in Frieden ließ.

„Bei dir lief es wohl genauso erfolglos, hm?“, hakte Jules nach und Lydia nickte.

„Nun ja, erfolglos kann man nicht sagen, aber ich glaube, sie ist jetzt etwas sauer auf mich“, erklärte sie. „Aber ich habe ihr zumindest sagen können, dass sie es Zack sagen soll.“

„Zack wollte gar nicht erst was erzählen. Er hat schon gewusst, dass du mich geschickt hast!“, erwähnte Jules.

Die beiden seufzten gleichzeitig, was deutlich machte, dass sie sich inzwischen sehr gut verstanden.

„Die beiden machen das schon in Ruhe unter sich aus“, sagte Jules schließlich nach einer Weile des Schweigens und Lydia nickte zustimmend. „Ich hoffe es.“
 

Die Fünf wanderten kaum noch als Gruppe umher, vielmehr liefen Dana, Zack und Alvar einzeln auf dem zugefrorenen See. Und sie alle hingen dabei ihren eigenen Gedanken nach.

Es dämmerte bereits, als sie schließlich nach einigen Stunden des Schweigens die Lichter von Rawena ausmachen konnten.

„Ah, endlich wieder zu Hause!“, freute sich Zack schon. Er hatte sein Elternhaus ein wenig vermisst in den letzten Tagen. Vor allem die Behaglichkeit des heimischen Kamins war es wohl, die ihm ein wenig Heimweh beschert hatte.

Dana freute sich ähnlich auf das Ankommen in der Stadt. Allerdings hatte sie vor allem ihr eigenes Bett vermisst. Jules und Lydia schien es ein wenig egal zu sein, wo sie sich gerade aufhielten, sie konnten überall gut auskommen.

Was Alvar darüber dachte, in einer fremden Stadt zu hausen, konnte niemand auch nur erahnen. Sein Gesicht zeigte keinerlei Regung darüber.
 

Sania war heilfroh, als ihre beiden Kinder gesund und munter wieder daheim waren. Durch den Schneefall hatte sie sich Sorgen gemacht, dass sie auch ja heile wieder ankamen und umarmte beide so fest, als ob sie sie zerquetschen wollte.

„Ist euch auch nichts passiert?“, fragte sie sicher zum hundertsten Mal und Dana beruhigte sie sofort. „Nein, alles in Ordnung, Sania.“ Jules und die Geschichtenerzählerin wurden ebenfalls zu freundlichen Umarmungen gezwungen und sogar Alvar musste es sich gefallen lassen, kurz gedrückt zu werden.

Sania war zwar immer sehr besorgt – aber auch wahnsinnig herzlich.

„Nun, wer seid Ihr eigentlich?“, fragte sie nun Alvar und lud die Gäste zum Abendessen ein, das sie kurz danach auftischte. Dana kam dem Elben bei der Antwort zuvor. „Das ist Alvar. Wir haben ihn in den Bergen getroffen und er war auf der Reise hierher, deswegen sind wir zusammen nach Rawena gekommen und haben uns angefreundet!“

Alvar blieb nichts anderes übrig, als zustimmend zu nicken und Sania schien mit dieser Antwort zufrieden.

„Was führt Euch ausgerechnet nach Rawena, Herr Alvar?“, fragte sie beim Essen.

„Nun ja, ich bin auf der Suche nach bestimmten Heilmitteln, die nur hier in der Gegend wachsen…g Er war offenbar gut darin, gute Ausreden zu finden und Dana sah erleichtert aus, als sie diese Worte hörte.

„Oh, ein Heiler, wie schön!“, freute sich Sania, die nun Zack tadelnd ansah. „Schling nicht so, es gibt genug für uns alle!“

Zack liebte das Essen seiner Mutter und sein Hunger war enorm, was ihn dazu antrieb, mehr zu essen, als er eigentlich brauchte. Er fand immer noch, dass es ein Jammer war, das Dana nicht wirklich kochen konnte. Die Elbin schaffte es sogar, Wasser anbrennen zu lassen.

„Das Essen ist wirklich gut!“, lobte nun Lydia Sanias Kochkünste, wodurch sie sich geschmeichelt fühlte.

„Aber nicht doch, das ist nichts besonderes!“

Jules langte jedoch ebenso gut zu, war das Essen doch umsonst und sehr schmack- und nahrhaft.

„Wo ist eigentlich Migal?“, fragte Dana plötzlich, als ihr das Fehlen ihres Ziehvaters auffiel.

„Der ist noch bei Tante Marta. Sie hatte ihn gebeten, Feuerholz zu besorgen. Er müsste jeden Moment hier sein“, antwortete Zacks Mutter.

„Feuerholz? Hatte Marta nicht genug?“, fragte Zack verwundert.

„‘Tante‘ Marta!“, verbesserte Sania sofort. „Nein, sie hatte nicht mehr genug, nachdem Unbekannte ihren Vorrat entwendet hatten“, fügte sie dann hinzu.

„Es wurde geklaut?“, riefen Zack und Dana wie aus einem Mund.

„Ja. Aber nicht nur bei Tante Marta. Auch bei anderen Familien fehlt auf einmal einiges an Feuerholz. Wir können uns das alle gar nicht erklären. Schon gar nicht jetzt, wo es kalt wird und wir das Holz so dringend brauchen!“

„Aber wer klaut denn Feuerholz?“, wunderte sich Jules und Lydia machte sich auch bereits ihre Gedanken um diesen Fall.

„Wir haben keine Ahnung. Migal hat unser Feuerholz schon in unserem Vorratsraum mit untergebracht. Der quillt dadurch natürlich nun so gut wie über“, seufzte Sania.

„Das ist alles sehr merkwürdig“, fand Dana. „Hat denn niemand etwas von den Dieben gesehen? Oder gehört?“

Ihre Ziehmutter schüttelte den Kopf. „Niemand. Es ist uns allen ein Rätsel!“

„Könnte es durch Magie gestohlen worden sein?“, fragte Lydia, wobei sie Alvar ansah.

„Das ist durchaus möglich“, nickte der Elb, der zu dem Thema bisher geschwiegen hatte.

„Nun, machen wir uns darum später Gedanken. Jetzt ist erst mal wichtig, dass ihr wieder da seid!“, schob Sania die trüben Neuigkeiten beiseite und begann, den Tisch abzuräumen.

„Ich sollte mich nach einem Gasthaus hier umsehen“, sagte Alvar, der sich erhob, um sich zu verabschieden.

„Aber nein!“, rief Zacks Mutter. „Bitte, es wäre uns eine Ehre, wenn Ihr hier übernachten würdet. Wir haben ein kleines Gästezimmer.“

Zack dachte mit Schaudern an den kleinen Raum, den seine Mutter Alvar gerade anbot. Dort hatte sein Großvater gewohnt, bevor er gestorben war und Zack erinnerte sich nicht gern an diesen grantigen, voreingenommenen Mann, der viele Einwände gegen die Aufnahme von Dana gehabt hatte. Nachdem der Großvater gestorben war, hätte eins von den Kindern diesen Raum beziehen können, doch beide mochten ihn nicht, weil noch immer die finstere Aura des Verstorbenen darin herrschte. Zack und Dana hatten es vorgezogen, sich einen Raum zu teilen. Sania war darüber nicht sehr glücklich gewesen, da sie fand, es ziemte sich nicht für eine junge Frau, mit einem jungen Mann in einem Zimmer zu hausen, aber sie hatte sich damit abfinden müssen. So hatten sie aus dem Schlafzimmer des Großvaters ein Gästezimmer gemacht.

Der Elb jedoch nahm das Angebot Sanias gerne an und dankte ihr herzlich.
 


 

End of Part 15

Irrlichte

Alles wird sich ändern
 

Author: Bina-chan86

Part 16/?
 


 

„Man kann heutzutage wirklich niemandem mehr trauen. In was für einer Welt leben wir denn, dass man schon Feuerholz stehlen muss? Wer tut so etwas nur?“, beschwerte sich Tante Marta, als Zack und Dana ihr am nächsten Tag einen Besuch abstatteten.

Zack zog eine Grimasse. „Vielleicht jemand, dem kalt ist?“

Dana stieß ihren Ziehbruder mit dem Ellenbogen in die Seite. „Das ist nicht komisch“, raunte sie ihm ärgerlich zu. Dann wandte sie sich ihrer Tante zu. „Hast du denn wirklich gar nichts bemerkt – nicht mal ein Geräusch?g

Bedauernd schüttelte Marta den Kopf. „Nein, nichts. Das ist ja das Seltsame an der ganzen Angelegenheit. Von den anderen Familien hat ebenfalls niemand auch nur den geringsten Hinweis gefunden.“

„Hm“, machte Dana. „Das ist in der Tat mehr als eigenartig. Müsste nicht selbst ein geschickter Dieb irgendwelche Spuren hinterlassen? Ich meine, es sieht alles so aus, als wäre das Holz niemals da gewesen.“

„Da fällt mir ein…“, bemerkte Marta plötzlich. „Die Tochter unserer Nachbarn will ein Licht gesehen haben, in der Nacht, bevor die Vorräte gestohlen wurden.“

„Ein Licht?“, wunderte sich Zack.

Marta nickte. „Sie dachte anfangs, es wäre nur ein Bewohner aus dem Dorf mit einer Öllampe, aber jetzt ist sie sich da nicht mehr so sicher.“

„Möglicherweise steigert sie sich da aber auch nur in etwas hinein, das gar keine Bedeutung hat.“ Zack war immer noch skeptisch.

„Hör mal, das ist immerhin besser als gar kein Anhaltspunkt“, fand Dana.

Zack rollte mit den Augen, blieb aber still. In letzter Zeit regte er sich schon darüber auf, wenn Dana nur nicht seiner Meinung war. Diese Veränderung seines Charakters mochte er zwar selbst nicht, doch er konnte sich nicht dagegen wehren. Bei jedem Wort fürchtete er, Dana würde ihn zurücklassen.

Dana ahnte davon nichts. Schließlich ergriff sie Martas Hände. „Keine Sorge, Tante, ich bin sicher, Zack findet den Übeltäter.“

„Ich?“ Zack entgleisten für einen Moment seine Gesichtszüge.

Marta hingegen war Feuer und Flamme. „Wirklich? Oh, das wäre wundervoll!“

Dana grinste zufrieden. Eigentlich hatte sie „wir“ sagen wollen, allerdings wusste sie, dass dies keine gute Idee gewesen wäre. Obgleich Marta toleranter war als Sania, so war sie trotzdem der Meinung, dass Dana sich endlich mehr wie eine junge Dame verhalten sollte.
 

„Pantoffelheld“, lachte Jules, als er am Abend von dem Plan erfuhr und davon, wie Zack überrumpelt wurde.

Selbst der sonst so ernsthafte Alvar konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Reife Leistung!“

Zack lief rot an. „Hört endlich auf! Ich hätte es sowieso aus freien Stücken angeboten“, brummte er.

„Ja, sicher“, erwiderte Jules ironisch.

„Wie willst du denn überhaupt vorgehen?“, fragte Alvar – diesmal betont höflich.

„Um ehrlich zu sein, habe ich nicht die geringste Ahnung“, seufzte Zack.

„Wo ist dein Kampfgeist geblieben?“, tadelte Dana, als sie sich zu den anderen gesellte. „Der Dieb muss einfach auf frischer Tat gestellt werden. So schwer kann das nicht sein.“

„Dann wünsche ich viel Glück.“ Alvar stützte den Kopf mit einer Hand ab und lächelte dabei unverbindlich.

Dana schaute sich suchend um. „Hat Lydia dich heute gar nicht begleitet, Jules?“

„Nein“, bedauerte Jules. „Ich habe sie zwar gesucht, konnte sie aber nirgends finden. Wer weiß schon, was dieses verrückte Mädchen jetzt wieder ausheckt.“

Zack war das ganz recht. So hatte er zumindest Ruhe vor ihren Fragen und ihrem wissenden Blick, der scheinbar jede seiner Verlegenheiten durchschaute.
 

Klappernd schlugen Zacks Zähne aufeinander. Die Sonne war bereits vor Stunden untergegangen und er hatte das Gefühl, dass es immer kälter wurde. Er rieb seine Hände aneinander, um zumindest nicht komplett einzufrieren.

Bisher hatte er keine Anzeichen für einen Dieb gefunden, obwohl er bereits lange durch Rawena lief.

Das bringt alles nichts, dachte er verdrossen.

Doch dann hörte er unvermittelt eine Art Scharren. Leise folgte er dem Geräusch und fand sich schließlich in einer Gasse wieder, die zu einem Hinterhof führte. Angestrengt versuchte er etwas in der Dunkelheit zu erkennen. Als er schließlich eine Bewegung hinter ein paar aufgestapelten Kisten wahrnahm, spannte sich sein Körper automatisch an. Er hatte fast vergessen zu atmen, während er näher schlich.

Danach ging alles ganz schnell: Etwas rammte ihn, aber er konnte sich gerade noch fangen und bekam ein Handgelenk zu fassen.

Zack blickte nach unten. Dummerweise ruckte die Person, die er dort gefangen hatte im selben Moment mit dem Kopf hoch, sodass die beiden zusammenstießen.

Zack fluchte leise und schaute dann zu seinem Gegenüber.

Vor ihm auf dem Boden saß eine Frau mit kinnlangem, karmesinrotem Haar, die ihn wütend anstarrte. „Hast du ‘n Rad ab? Was sollte das?“, fauchte sie ihn an.

Zack schwieg verdutzt. Er hatte ja vieles erwartet, aber nicht unbedingt so etwas.

„Hat es dir die Sprache verschlagen?“, fuhr die Frau wütend fort. „Geht man so vielleicht mit einer Priesterin um, du Vollpfosten?!“

„Priesterin?“, stieß Zack aus.
 

„Das war wirklich sehr leichtsinnig von dir“, sagte Alvar streng, als er sich um die Schramme an Lydias Wange kümmerte.

Die Geschichtenerzählerin lächelte beschwichtigend. „Tut mir leid, aber ich wusste ja, dass du kommen würdest.“

Alvar fuhr sich mit den Fingern durch die schwarzen Haare und schüttelte den Kopf. „Du solltest dich lieber nicht zu sehr auf meine Fähigkeiten verlassen. Das zweite Gesicht ist auch nicht immer verlässlich.“

„Trotzdem habe ich gemerkt, dass du mich beobachtet hast“, beharrte Lydia.

„Weil ich mir schon gedacht habe, dass du einen irrwitzigen Plan in die Tat umsetzen willst“, brummte Alvar.

„Jetzt reicht es aber!“ Dana schlug mit den Handflächen auf den Tisch. „Könnte mir vielleicht mal jemand verraten, was hier eigentlich los ist? Ihr sprecht in Rätseln.“

Jules hatte der Unterhaltung zwischen Lydia und Alvar ebenso verwirrt gelauscht wie Dana.

„Entschuldige bitte“, lenkte Alvar ein. „Es lag nicht in meiner Absicht, etwas zu verheimlichen.“

Lydia hatte ebenfalls nach dem vermeintlichen Dieb gesucht, allerdings mit einem ganz anderen Ausgangspunkt. Danas Erwähnung eines Lichts hatte sie misstrauisch gestimmt und so war sie dieser Spur nachgegangen. Doch statt auf eine Diebesbande war sie auf Kobolde und Irrlichte gestoßen.

Alvar war verärgert, denn er wusste ganz genau, wie gefährlich es war, sich Irrlichtern zu nähern. Im letzten Moment hatte er verhindern können, dass Lydia ihnen in die Falle ging. Eine Tatsache, auf die sich Lydia zu allem Überfluss noch verlassen hatte.
 

„Irrlichte?“ Jules blinzelte überrascht. „Ich dachte eigentlich, dass diese Wesen nur auf Friedhöfe und in Mooren ihr Unwesen treiben.“

„Ja und nein“, entgegnete Lydia. „Unter bestimmten Umständen können sie auch von starken magischen Fähigkeiten angezogen werden.“

Dana schaute unwillkürlich zu Alvar, doch dieser schüttelte den Kopf.

„Ich bin nicht der, auf den sie reagieren, denn ich verwende weiße Magie“, erklärte der Elb. „Solche Kreaturen werden meist von schwarzem Zauber angezogen. Oder aber von einem…“

„…Dämonenpakt“, vollendete Dana den Satz. „Warum gerade hier? Ich glaube nicht, dass jemand aus Rawena die Fähigkeiten dazu hat.“

„Dann handelt es sich vielleicht um einen Fremden“, warf Jules ein.

Dana seufzte. „Das wird ja immer besser: Kobolde, die den Menschen Holz aus reiner Boshaftigkeit stehlen und ein Teufelsbeschwörer. Dabei habe ich Rawena immer für eine langweilige Stadt gehalten.“
 

„Könntest du deine Fäuste vielleicht mal bei dir behalten? Ich halte auch Sicherheitsabstand“, knurrte Zack und rieb sich die schmerzende Wange.

Die Priesterin war nur schwer davon zu überzeugen, dass es sich bei Zack nicht etwa um einen Triebtäter, sondern um einen harmlosen Dorfbewohner handelte.

Die Frau verschränkte die Arme demonstrativ vor der Brust. „Wieso sollte ich jemandem glauben, der hilflose Frauen angreift?“

„Du hast mich geschlagen“, entfuhr es Zack empört. „Außerdem bist du alles andere als hilflos, wie mir scheint.“

In der Tat gab es einiges, das Zack an ihr verwirrte: Trotz der bitteren Kälte war sie nur leicht bekleidet. Für eine angebliche Priesterin war Kleidung, bei der man nicht einmal sonderlich seine Fantasie anstrengen musste, um gewisse Rundungen zu erkennen, doch mehr als ungewöhnlich. Darüber hinaus schien sie gar nicht zu frieren. Im Gegenteil – die Temperatur schien sie sogar als angenehm zu empfinden.

„Sprücheklopfer! Du hast dich doch überhaupt nicht gewehrt“, meinte die Priesterin spöttisch. „Ein Kind hätte dich abwehren können.“

Verärgert sah Zack sie an. „Wer bist du eigentlich, dass du glaubst, so mit mir reden zu können?“

„Estela.“ Sie grinste. „Ich bin einfach nur Estela.“

Zack machte einen Schritt auf sie zu. „So, dann will ich dir auch mal was sagen. Ich schätze es nämlich gar nicht, wenn man mich wie einen Verbrecher behandelt. Ich bin Zack, also merk dir lieber meinen Namen, anstatt mich ständig zu beleidigen“, sagte er kühl. „Im Gegensatz zu dir lebe ich in dieser Stadt. Somit bist du die Fremde – die Verdächtige."

Estela zog die Augenbrauen nach oben. „Ich bin verdächtig, weil ich etwas aufgehoben habe.“ Sie zog einen Kompass aus ihrer Tasche und hielt ihn ins Licht. „Es wird ja wohl noch gestattet sein, so etwas bei sich zu tragen, oder etwa nicht?“

„Und was wolltest du dann in dieser abgelegenen Gasse?“, fragte Zack, der nicht so leicht klein beigeben wollte.

Estela zuckte mit den Schultern. „Wie du bereits scharfsinnig erkannt hast, bin ich fremd hier. Ich wusste nicht, wohin der Weg führt.“

Sie verstummte abrupt und starrte dann in die Dunkelheit – zu ein paar Tannen hinüber, wobei sich ihre Augen zu Schlitzen verengten.

Irritiert folgte Zack ihrem Blick und erkannte schließlich Lichter, die in der Luft zu schweben schienen.

„Nicht direkt hinsehen, du geistiger Vegetarier“, zischte Estela ihn an. „Hat man dir denn wirklich gar nichts über Irrlichte beigebracht?“ Sie drehte sich wieder zu den Wesen um und stieß ein freudloses Lachen aus. „Miese kleine Biester! Aber wartet nur, das mit dem Licht kann ich auch. Allerdings ist meins gefährlicher…“ In ihrer Hand ließ sie eine blaue Flamme erscheinen, die sie in Richtung der Irrlichte schleuderte und welche sie verbrannte.

„Mögen ihre Seelen nun in Frieden ruhen.“ Estela sprach diese Worte beinah so andächtig wie ein Gebet.

Zack betrachtete diese Szene mit Befremden. „Was treibt eine Priesterin, die flucht wie ein Fischweib, ausgerechnet in eine so abgelegene Stadt wie Rawena?“, wollte er wissen.

Estela setzte eine Unschuldsmiene auf. „Ich wollte mich mit jemandem in Rawena treffen, aber anscheinend bin ich ein wenig zu früh.“

Zack musterte sie nachdenklich. „Waren diese Dinger hinter dir her?“

„Hinter mir?“ Estela winkte lachend ab. „Was sollten Irrlichte denn von mir wollen?“

„War nur so ein Gedanke“, murmelte Zack undeutlich und wechselte dann schnell das Thema. „Auf wen wartest du überhaupt?“

„Auf meine Gefährten“, antwortete Estela. „Vielleicht hast du die beiden ja schon mal hier in der Gegend gesehen. Es handelt sich um Söldner. Eine junge Frau mit karamellfarbenem Haar und ein Bursche mit einer Narbe unter dem rechten Auge.“

Zack stutzte. Diese Beschreibung passte doch auf… „Flore und Neilyr?“

Nun war Estela ihrerseits erstaunt. „Du kennst die zwei also tatsächlich.“
 

End of Part 16

Fragen über Fragen

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 17 von ?

Warning: bislang keins
 


 

Dana bekam den Gedanken nicht mehr aus dem Kopf, dass vielleicht irgendwer in Rawena herumlief, der einen Dämonenpakt geschlossen hatte. Dieser Gedanke war einfach beunruhigend, denn mit Dämonen sollte man sich keinesfalls einlassen.

Die Elbin kannte die Götter ihres Volkes, sie war jedoch überzeugt davon, dass diese tot waren, nach allem, was ihr geschehen war während der Vernichtung Eledhrim-Ardhs. Nun huldigte sie keinem Gott und sie glaubte auch an keinen. Die Menschen hatten verschiedene Götter, deren Namen sie sich nicht merkte und die sie für unsinnig hielt. Sania und ihr Mann waren auch nicht besonders stark gläubig, was es ihr leichter machte, einfach an nichts göttliches mehr zu glauben.

Dämonen jedoch waren eine ganz andere Sache. Dämonen waren real. Und verdammt gefährlich.

Als sie über die Möglichkeiten des Dämonenpakts nachdachte, fiel ihr ihre Vision wieder ein und sie bemerkte kaum, wie sie erneut in den Strudel ihres ‚Gesichts‘ gezogen wurde.
 

Ein großes Haus mit hölzerner Tür, ein Balken mit Inschrift in unbekannten Worten. Bewegungslosigkeit und der Drang, durch die Tür zu gelangen. Ein Mann, groß und dunkelhäutig, ein barbarisches Gesicht. Ein Schwert.
 

Die Elbin schnappte wie eine Ertrinkende nach Luft, als die Vision wieder verebbte und sich ihre Sinne wieder normalisierten.

Was geschah hier nur? Was wollte ihr das ‚Gesicht‘ sagen?

Dana wusste es nicht. Aber sie wusste, dass sich alles verändern würde. Die Zeit blieb niemals stehen und sie ahnte, dass die Welt eine Veränderung erleben würde.
 


 

Flore und Neilyr hatten ihren letzten Auftrag erfolgreich beendet und waren nun auf dem Weg nach Rawena. Sie hatten sich dort mit einer Priesterin verabredet, von der sie sich einige neue Erkenntnisse erhofften. Die junge Frau mit karmesinrotem Haar war ihnen schon vor einiger Zeit begegnet und sie gingen gemeinsam einigen seltsamen Vorkommnissen nach, die in dieser Gegend geschehen waren.

„Ich frage mich, ob Estela schon in der Stadt ist“, sagte Flore.

Neilyr zuckte mit den Achseln. „Mag sein. Die Frau ist immer zackig drauf.“

Die Söldnerin kicherte. „Ja, damit hast du recht.“

Sie erinnerte sich sehr lebhaft an die ewig fluchende Priesterin, die schnell die Geduld verlor und damit fast einen ihrer letzten Aufträge vermasselt hätte.

„Was schätzt du, wann wir Rawena erreicht haben?“, fragte Flore ihren Partner.

„Hm“, brummte dieser. „Mit etwas Glück heute Abend.“
 


 

„Wie sollte ich das auch bloß alleine herausfinden?“, grummelte Zack, der wie ein Schluck Wasser auf dem einzigen Stuhl hockte, den Jules besaß.

„Du meinst, wer das Feuerholz geklaut hat?“, fragte Jules.

„Ja. Ich meine – warum klauen so komische Irrlichte Feuerholz? Was wollen die damit?“, maulte Danas Ziehbruder.

„Ohne diese Priesterin hätte ich das nie geschafft.“

Jules hatte sich schon gedacht, dass Zacks Recherchen nicht allzu gut verlaufen sein konnten, als dieser völlig entnervt vor seiner Tür gestanden hatte.

„Priesterin?“, fragte er jedoch nun überrascht. In seiner ganzen Schimpftirade hatte Zack bisher nichts von einer Priesterin gesagt.

„Ja. Eine rothaarige Priesterin, die hier auf Flore und Neilyr wartet“, antwortete Zack.

„Oh, du meinst diese Söldner, die wir in den Bergen getroffen haben? Was wollen die hier?“

„Das hat sie nicht gesagt. Hm, ehrlich gesagt weiß ich nicht mal mehr ihren Namen. Hab ich mir irgendwie nicht gemerkt…"

Jules erinnerte sich wieder an das Gespräch, dass er mit Alvar, Lydia und Dana geführt hatte – dass jemand in der Stadt war, der Irrlichte anzog. Möglicherweise jemand, der einen Pakt mit einem Dämon eingegangen war. Konnte es sich dabei um diese Priesterin handeln? Oder steckten die Feuerholzdiebe dahinter?

„Jules?“, erklang plötzlich wieder Zacks Stimme, diesmal noch etwas ungeduldiger.

„Hm? Hast du was gesagt?“, fragte der Braunhaarige und schaute Zack ganz unschuldig an.

„Du hörst mir überhaupt nicht zu!“, grummelte Zack daraufhin und schnaubte ungläubig. „Und ich dachte immer, auf dich wäre Verlass!“

„Entschuldige, Zack“, beschwichtigte Jules ihn. „Ich frage mich nur, was hier eigentlich vorgeht. Feuerholz, das gestohlen wird und dann das Auftauchen einer Priesterin und der zwei Söldner… hängt das alles zusammen?“

Das war eine gute Frage, das sah auch Zack ein.

„Wir sollten vielleicht einfach abwarten, was passiert“, schlug er vor.
 


 

„Versuch es noch einmal!“

„Es gelingt mir nicht!“

„Es wird. Du kannst nicht erwarten, dass alles sofort gelingt!“

Dana seufzte. Sie übte nun schon seit zwei Stunden einen Zauber, der wie ein Schild wirkte und sie beschützen würde, wenn unmittelbare Gefahr drohte oder sie kämpfen musste.

Doch der Zauber war kompliziert und alles andere als leicht.

Die Elbin fragte sich, ob sie überhaupt in der Lage war, diesen Zauber zu beherrschen, jedoch ließ Alvar ihr nicht gerade viel Zeit für solche Gedanken.

„Trödel nicht herum. Hier ist vielleicht jemand, der einen Dämonenpakt geschlossen hat – du musst den Schild können! Dir bleibt nicht viel Zeit!"

Alvar war der festen Meinung, dass für Dana ein Schicksal bereitstand, dessen sie sich noch längst nicht bewusst war und auf das er sie vorbereiten musste. Der Elb hatte überhaupt keine Ahnung, um was es sich handeln könnte, aber er ‚sah‘ Dinge, die geschehen würden und manche von diesen Dingen gefielen ihm überhaupt nicht.

„Lîn lhû na mú toliëlle“, flüsterte er und winkte ab, als Dana ihn fragend ansah.

Deine Zeit wird kommen, Dana!, dachte er. Und ihre Zukunft würde ungewiss sein.

Er wusste nicht, welche von seinen Visionen ihm die Wahrzeit zeigten und welche nur Möglichkeiten enthielten. Doch in allen spielte Dana eine bedeutende Rolle.

Würde die junge, aus ihrem Reich vertriebene Prinzessin es schaffen, ihr Volk zusammenzuführen und ihre Rolle als Königin einnehmen? Oder würde sie einen anderen Weg einschlagen, auf dem sie scheiterte? Vielleicht gab es noch andere Möglichkeiten, aber Alvar schob seine Sorgen um Dana schnell beiseite. Er musste sie ausbilden, ihr ihre wahren Kräfte zeigen und ihr beibringen, wie sie sie beherrschen sollte.
 


 

Neugierig, wie Lydia war, hatte sie Jules ausgequetscht wie eine Zitrone, um die neuesten Gerüchte zu erfahren, die es über das verschwundene Feuerholz gab.

„Eine Priesterin also, ja?“, sagte sie nun, eine Augenbraue in die Höhe gehoben.

„Ja. Das hat Zack jedenfalls gesagt“.

„Ich habe diese rothaarige Frau bereits gesehen, aber ich war mir nicht sicher, was sie mit diesen seltsamen Gewändern darstellen will. Sie wirkt nicht wirklich wie eine Priesterin. Und ich frage mich, welchem Gott sie überhaupt dient.“

„Vielleicht dient sie ja auch einem Dämon?“, wog Jules ab.

„Auszuschließen ist das nicht. So, wie die flucht, kann ich mir das durchaus vorstellen.“

Die Geschichtenerzählerin war Estela auf dem Markt begegnet, wo sie einige frische Lebensmittel besorgen wollte. Die Fremde war ihr durch die rote Haarfarbe sofort aufgefallen – und ihr Rumgefluche war ohnehin nicht zu überhören gewesen. Lydia hatte es jedoch vorgezogen, diese seltsame Frau nicht auf sich aufmerksam zu machen und sie nur flüchtig zu beobachten.

Als sie gesehen hatte, wie Zack Jules Zimmer verlassen hatte, hatte sie natürlich sofort die Gelegenheit ergriffen, den Braunhaarigen zu befragen.

„Aber vielleicht ist es auch zu offensichtlich. Kaum kommen Irrlichte hierher, taucht auch eine Person auf, die sie anlocken könnte. Das passt doch schon fast zu gut zusammen, oder? Außerdem scheint diese Priesterin Flore und Neilyr zu kennen. Zack meinte, sie wolle sich hier mit den beiden treffen!“, überlegte Jules.

„Nun ja… es scheint jedenfalls interessant zu werden in Rawena!", meinte Lydia.
 


 

End of Part 17

Eine Falle?

Alles wird sich ändern

Author: Bina-chan86

Part 18/?
 

Widmung: Für CaptainCalvinCat als Dankeschön für den lieben Kommentar.
 


 

„Eine Falle! Das ist unter Garantie eine Falle“, zischte Alvar. Wütend blickte er auf ein Blatt Pergament hinab, das eigentlich an Dana adressiert war.

„Du hast vermutlich recht, aber dennoch sollte Dana davon erfahren“, wandte Lydia vorsichtig ein.

Mit verschränkten Armen lehnte sich Alvar in seinem Stuhl zurück. „Welchen Sinn sollte das haben? Sie wird herausfinden wollen, was das alles zu bedeuten hat und sich selbst einmischen.“

„Trotzdem kannst du nicht vor ihr verheimlichen, dass jemand in ihr die Prinzessin der Elben erkannt hat und ein Treffen wünscht“, empörte sich Lydia.

Alvar wollte daraufhin etwas erwidern, doch er besann sich, als er sich Lydias ernsten Blicks bewusst wurde.

„Außerdem geht es ja nicht nur um sie“, fuhr die Geschichtenerzählerin fort. „In diesem Brief steht immerhin auch etwas von ihrem Bruder. Vielleicht gibt es ja doch noch eine Chance, ihn zu finden. Das kannst du Dana doch nicht verwehren wollen, oder doch?“

Alvar musterte sie zögerlich. „Natürlich will ich das nicht“, erwiderte er schließlich. „Ich will nur verhindern, dass sie sich zu unüberlegten Handlungen hinreißen lässt. Momentan besitzt sie noch nicht die Kraft, sich gegen ernsthafte Angreifer zur Wehr zu setzen.“

„Ernsthafte Angreifer…“, wiederholte Lydia leise. „Zum Beispiel jemanden, der einen Dämonenpakt geschlossen hat?“

Alvar nickte. „Es bereitet mir ziemlich Sorgen, dass sich derzeit so viele Fremde nach Rawena verirren. Das ist verdächtig.“

„Ich bin auch nicht aus dieser Gegend. Bin ich deswegen auch gleich verdächtig?“, erkundigte sich Lydia gelassen und zog dabei einen Mundwinkel nach oben.

Alvar winkte schnell ab. „So war das nicht gemeint. Ich sprach eigentlich eher von Söldnern und dergleichen.“

„Ich finde, wir sollten uns lieber auf diejenigen konzentrieren, die nicht von vorne herein mit Verdacht behaftet sind“, meinte Lydia nachdenklich.

„Also befassen wir uns lieber mit Leuten, die nicht ins Bild passen?“, schlussfolgerte Alvar, nachdem er begriffen hatte, worauf Lydia hinaus wollte.

„Aber vorher…“, begann Lydia.

Alvar stutzte. „Aber vorher?“

Lydia betrachtete ihn streng. „Vorher wirst du Dana beichten, dass du ihre Briefe liest!“

„Ich habe es geahnt“, seufzte der Elb.
 

„Was? Sag das noch mal!“

Anstatt zu antworten, reichte Alvar der jungen Elbin die Nachricht, die er erst geheim gehalten hatte.

„Wie kann das sein?“, murmelte Dana, während sie unsicher die Zeilen auf dem Papier betrachtete.

„Was steht denn da?“, wollte Zack wissen.

Dana atmete einmal tief durch. „Der Schreiber grüßt Dana, Prinzessin aus dem Eledhrim-Ardh“, erklärte sie mühsam beherrscht. „Jemand will mich treffen und mit mir über den Verbleib meines Bruders sprechen.“

Mellryn! Schon wieder! Zack konnte es langsam nicht mehr hören. Missmutig schwieg er zu diesem Thema.

„Das ist doch eine gute Nachricht, oder täusche ich mich da?“ Jules warf einen fragenden Blick in die Runde.

„Nicht unbedingt. Es könnte ebenso gut eine Falle sein“, erklärte Alvar.

„Aber vielleicht auch nicht!“, rief Dana aufgeregt. „Wenn dieser ominöse Fremde wirklich weiß, wo sich Mellryn befindet, dann muss ich das wissen. Das bin ich meiner Familie schuldig.“

„Ich glaube, dass es sich bei unserem Fremden um eine Frau handelt“, warf Lydia ein.

Alle Augen richteten sich verwundert auf die Geschichtenerzählerin.

„Eine Frau?“, hakte Dana nach.

„Genau“, bestätigte Lydia. „Ich kann nicht genau erklären, was mich zu dieser Vermutung bringt, aber wahrscheinlich liegt es an der Wortwahl. Es ist die Ausdrucksweise einer Frau – einer Frau, die sich ihrer Sache ziemlich sicher ist.g

„Hm“, machte Jules. „Das klingt recht einleuchtend.“

„Das ist doch jetzt vollkommen egal“, mischte sich Zack wieder ein. „Mich würde viel eher interessieren, wo sich der- oder diejenige überhaupt mit Dana treffen will.“

„Die alte Mühle“, entgegnete Dana. „Hier steht, dass ich dorthin kommen soll.“

„Die Mühle?“, wunderte sich Zack. „Die ist doch seit Jahren verlassen.“

„Eben deswegen ist es ja auch so ein guter Treffpunkt“, fand Alvar.

Jules behagte dieser Gedanke gar nicht. „Wenn dort draußen etwas passiert, merkt es hier in der Stadt so schnell niemand.“

Alvar schaute Dana eindringlich an. „Wollt Ihr gehen, Prinzessin?“

Dana wunderte sich zwar ein wenig über die respektvolle Anrede, doch dann nickte sie voller Entschlossenheit. „Ja, denn selbst wenn es eine Falle wäre… Ich würde es doch immer bereuen, diese Chance versäumt zu haben.“

Alvar verbeugte sich leicht. „Wenn das dein Entschluss ist, dann werde ich dir helfen.“

Lydia und Jules tauschten einen Blick miteinander aus und grinsten dann beide. „Wir sind auch mit von der Partie!“

Zack rollte mit den Augen. „Na, das kann ja heiter werden!“

„Danke“, flüsterte Dana verlegen. „Ich danke euch allen!“
 

Dana erwachte am darauf folgenden Tag mit einem mulmigen Gefühl im Magen. Heute sollte es also so weit sein!

Ein Blick zur Seite verriet ihr, dass ihr Ziehbruder bereits aufgestanden war.

Merkwürdig, das ist doch sonst nicht seine Art, dachte die Elbin gähnend.
 

Dana fand Zack schließlich vor dem Haus sitzend, wo er gerade Bogen und Pfeile näher in Augenschein nahm.

„Was hast du denn damit vor?“, fragte Dana neugierig.

„Ich will nur vorbereitet sein“, erwiderte Zack kurz angebunden.

Beschwichtigend hob Dana die Hände. „Das ist doch nicht nötig. Es geht bestimmt alles gut und wenn dennoch etwas passieren sollte, wird uns Alvar mit seiner Magie schützen können. Er ist ziemlich stark.“

Zack biss sich auf die Unterlippe. „Und was bin ich? Ein Schwächling?“, knurrte er – lauter als beabsichtigt.

Dana zuckte erstaunt zusammen. „Das wollte ich damit gar nicht sagen“, meinte sie kleinlaut.

Ärgerlich erhob sich Zack. „Aber genau danach hat es geklungen. Alvar, Alvar! Ständig höre ich diesen Namen. Es mag ja sein, dass er dich besser beschützen kann, aber deswegen musst du mir das nicht ständig unter die Nase reiben.“

„Zack, ich…“

„Schon gut. Vergiss es“, unterbrach er sie und griff nach seiner Tasche. „Wir müssen los.“
 

„Haben die beiden sich wieder gestritten?“, raunte Lydia Alvar zu, nachdem sich die kleine Gruppe bereits auf den Weg zur Mühle gemacht hatte.

„Ich weiß es nicht.“ Alvar zuckte mit den Schultern. „Allerdings deuten alle Anzeichen darauf hin.“

Lydia seufzte entnervt. „Ausgerechnet heute.“

„Es wäre wirklich gesünder für beide, wenn sie sich endlich mal aussprechen würden“, stimmte Alvar zu.

„Was habt ihr zwei da eigentlich die ganze Zeit über zu tuscheln?“, rief Jules ihnen von weiter vorn zu.

„Ach, nichts Wichtiges“, log Lydia schnell.

Jules machte ein ungläubiges Gesicht, ging dann aber weiter, ohne Fragen zu stellen. „Die entwickeln sich wirklich zu richtigen Verschwörern“, sagte er stattdessen an Zack gewandt.

„Hm“, machte dieser bloß geistesabwesend.

Wie sind die denn heute alle drauf?, fragte sich Jules im Stillen.

Ihm war bereits aufgefallen, dass es auch um Danas Laune nicht zum Besten stand. Die Elbin ging ein Stückweit abseits der Gruppe und schien ihren eigenen Gedanken nachzuhängen.
 

„Wir sind fast da“, verkündete Jules nur wenig später und deutete dabei auf eine Baumgruppe, hinter der man bereits das Dach der Mühle erkennen konnte. Bei näherer Betrachtung konnte man sehen, dass eben jenes Gemäuer fast vollständig von einer Efeuranke zugewuchert war.

„Ganz verlassen scheint das Gebäude wohl doch nicht zu sein“, bemerkte Zack, als er ein paar abgeknickte Äste entdeckte.
 

Dana ging unsicher weiter, bis sie schließlich ein Rauschen hörte. Dabei überkam sie ein merkwürdiges Gefühl.

Mein Gott, was geschieht hier, fragte sie sich erschrocken.

Sie legte die Hände über die Ohren und kauerte sich auf den Boden. Die Augen öffnete sie erst wieder, als die Geräusche langsam verklungen. Sie befand sich noch immer auf der Wiese vor der Mühle, doch die anderen waren spurlos verschwunden.

„Zack? Alvar?“ Ihre Rufe blieben unbeantwortet.

Zittrig kam sie auf die Beine und schaute sich suchend um. „Was ist denn passiert…“, murmelte sie.
 

„Verdammt! Was war das?“, murrte Zack. Er rieb sich die schmerzende Nase, denn er war genau mit dem Kopf gegen eine unsichtbare Barriere geprallt.

„Wir sind nicht willkommen“, sagte Alvar.

Wütend sah sich Zack zu dem Elb um. „Könntest du dich vielleicht mal verständlicher ausdrücken?!“

„Ich wollte damit nur andeuten, dass, wer auch immer dort auf Dana wartet, nur sie sehen will und nicht uns. Aus diesem Grunde werden wir auch durch Magie am Weitergehen gehindert“, fügte Alvar erklärend hinzu.

Lydia legte eine Hand auf besagte Mauer. Die Umgebung dahinter wirkte, als wäre sie von Nebel umgeben, jedoch konnte man noch etwas erkennen. „Das bedeutet also, dass Dana dahinter ist und wir sie nur nicht sehen können?“

„Stimmt“, bestätigte Alvar.

„Aber wer wäre zu so etwas überhaupt in der Lage?“, wunderte sich Jules.

Der Elb schüttelte leicht den Kopf. „Diese Frage kann ich leider nicht beantworten. Ich weiß nicht, wer für all dies verantwortlich ist.“

„Kannst du wenigstens den Bann brechen?“, fragte Zack hoffnungsvoll.

„Ich kann es schon“, überlegte Alvar. „Allerdings könnte das eine Weile dauern. Dieser Zauber wurde von einem äußerst starken Magier gewirkt.“

Es kostete Zack zwar einiges an Überwindung, diese Worte auszusprechen, aber er wusste, dass es um Danas Wohl ging. „Bitte… bitte hilf ihr! Löse die Barriere.“

„Ich werde mein Möglichstes versuchen“, antwortete Alvar schlicht.
 

Weil Dana nicht zurück konnte, blieb ihr nur die Flucht nach vorn. Wenn die anderen nicht mehr da waren, dann musste sie die Mühle eben allein betreten.

Die Stufen knarrten verräterisch laut unter ihren Füßen, als sie die Stufen hinauf stieg. In dem Moment, in dem ihr Blick auf die Tür fiel, hielt sie jedoch inne.

Ein großes Haus mit hölzerner Tür, ein Balken mit Inschrift in unbekannten Worten.

Meine Vision – in meiner Vision habe ich das alles schon mal gesehen, dachte sie voller Schrecken.

Sie versuchte sich zu beruhigen und schloss konzentriert die Augen. Langsam kehrten die Bilder in ihr Gedächtnis zurück und diesmal klarer als je zuvor.

Dieser glücklichen Fügung verdankte sie es auch, dass sie dem Schwert ihres Angreifers rechtzeitig ausweichen konnte.

Ein Mann, groß und dunkelhäutig, ein barbarisches Gesicht. Ein Schwert.

„Wen haben wir denn hier? Eine kleine Schnüfflerin?“ Die Stimme des Mannes klang höhnisch und unangenehm rau. „Du hättest nicht herkommen sollen, Mädchen. Jetzt musst du für deine Neugier büßen.“

Dieser Mann konnte unmöglich der Verfasser des Briefes sein, aber eine Gefahr war er dennoch.

Ruhig bleiben, ermahnte sich Dana selbst.

Der Kerl mochte über große körperliche Kraft verfügen, doch wenn sie es klug anstellte, war sie ihm mit ihrer Magie überlegen.
 

End of Part 18

Angriff

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 19 von ?

Warning: bislang keins
 


 

Zack wurde ungeduldig. Die vier standen nun schon bald eine Viertelstunde vor dieser Barriere und noch hatte der Elb es nicht geschafft, sie zu lösen, denn die Magie war stark.

Die Sorge um Dana wuchs und Alvar war sich nun um so sicherer, dass es sich bei dieser Angelegenheit um eine Falle gehandelt hatte.

„Hoffentlich geht es ihr gut“, überlegte Jules laut und Zack fuhr zu ihm herum.

„Natürlich geht es ihr gut, sie ist meine Schwester!“

Er wollte daran glauben, dass die Elbin stark genug war, sich gegen jeden Angreifer zu wehren und ertrug den Gedanken nicht, dass er sie vielleicht nicht wiedersehen würde.

Lydia war es, die zwischen Jules und Zack ging, damit die Situation nicht problematischer wurde.

„Sie weiß sich zu wehren. Sie beherrscht ein bisschen Magie und außerdem…“, bei diesen Worten grinste sie diabolisch, „…hat sie eine Waffe bei sich.“
 

Wie froh war sie doch, vor Kurzem gelernt zu haben, wie man sich mit Magie verteidigen konnte!

Dana hatte ihren magischen Schild heraufbeschworen und war damit etwas besser gegen Angriffe geschützt.

„Ich habe nicht vor, hier zu sterben!“, rief sie dem Fremden entgegen, der sie höhnisch angrinste und anschließend auf den Boden spuckte.

„Das hättest du dir früher überlegen sollen!“, antwortete dieser und schwang erneut sein Schwert.

Die Elbin wich geschickt aus und überlegte im Stillen ihren nächsten Schritt, als ihr Blick auf die Ohren des Fremden fielen.

„Aber…“, rief sie erschrocken aus und wäre beinahe erwischt worden.

Das konnte doch nicht sein! Dieser Kerl war ein Elb! Ein Elb mit dunkler Hautfarbe!

Dana war kaum in der Lage, diese Information zu erfassen, denn sie hatte noch nie einen Elben mit solch einer Hautfarbe gesehen.

„Was ist, Mädchen? Hast du eingesehen, dass du keine Chance hast?“, feixte die raue Stimme, während das Schwert weiter geschwungen wurde.

„Wieso greifst du mich an, Elb?“, fragte sie jedoch nur und wich den Hieben weiter aus.

„Du bist hier eingedrungen, du warst zu neugierig!“, antwortete der fremde Elb.

„Aber siehst du nicht, dass auch ich dem Geschlecht der Elben angehöre?“

„Das interessiert mich nicht. Ich werde dich ohnehin töten!“

Was soll ich nur tun?, fragte Dana sich selbst fieberhaft.

Immer wieder musste sie den Schwerthieben ausweichen und wusste nicht so recht, was sie ihm entgegen setzen sollte. Sie konnte ihn doch nicht einfach töten, oder? War sie dazu in der Lage? Aber sie musste sich doch irgendwie wehren?

Dana hatte noch nie getötet und obwohl sie sich nach Rache für ihr Volk sehnte, schreckte sie nun davor zurück, jemandem das Leben zu nehmen; selbst wenn dieser jemand sie ohne mit der Wimper zu zucken umbringen würde.

„Dann warst du nicht derjenige, der mich hierher bestellt hat?“, fragte sie nun endlich und brach damit ihr kurzes Schweigen.

„Oh nein, ich habe niemanden bestellt!“

„Aber es wollte sich jemand mit mir hier treffen. War noch jemand hier?“

„Laber nicht so viel, Mädchen!“, kicherte der Elb.

Noch immer verstand Dana nicht, warum sie hierher kommen sollte und wieso sie nun nicht die richtige Person antraf. War das alles wirklich eine Falle gewesen? Oder war das eine Art Prüfung?

Sie hatte es satt, ständig einem scharfen Schwert auszuweichen und sammelte mehr Magie in ihrem Körper an, um einen Feuerball zu erschaffen.

Da ihr Schild unsichtbar war, wich der Fremde erst jetzt zurück.

„Du bist Magierin?“

Er wirkte überrascht. Als hätte er nicht damit gerechnet, dass sie Magie beherrschen könnte. Sein Angriff verebbte.
 

„Dieses Rawena ist echt nicht groß“, fand Flore, die mit Neilyr über den Markt ging.

„Nicht so groß wie Falina“, nickte der Mann, der damit eine große Stadt im Osten meinte, in der sie vor etwaiger Zeit einen Auftrag erledigt hatten.

„Aber auch noch ein wenig kleiner als Cardun“, bemerkte Flore.

„Kann sein“, sagte Neilyr kurz angebunden.

Die beiden Söldner waren am Abend zuvor in der Stadt angekommen und hatten sich in einem kleinen Gasthaus in der Nähe des Stadttores einquartiert. Nun waren sie auf dem Weg zum Brunnen, um dort die ständig fluchende Priesterin mit dem karmesinroten Haar zu treffen.

Sie hatten diesen Treffpunkt mit Estela abgesprochen, wo sie jeden Tag zu einem bestimmten Zeitpunkt auf die Söldner warten würde.

Durch ihre roten Haare und die seltsamen Roben fiel die Priesterin auch sofort auf.

„Estela!“, rief Flore und winkte strahlend.

„Das wurde aber auch Zeit!“, schimpfte diese sofort.

Davon ließ sich Flore jedoch nicht abschrecken und sie kam im Laufschritt auf Estela zu.

„Ich warte seit drei Tagen auf euch!“, fluchte die Priesterin.

„Sorry. Wir wurden etwas aufgehalten!“, erklärte Neilyr knapp.

„Ah? Das müsst ihr mir noch näher erläutern!“

„Später. Erst einmal möchte ich wissen, ob du sie gefunden hast“, fragte Neilyr.

Die Rothaarige nickte. „Ja. Und ich fürchte, sie steckt in Schwierigkeiten…“, war die Antwort.
 


 

„Diese Magie ist stärker, als ich gedacht hab!“, fluchte Alvar, der eine Beschwörungsformel nach der nächsten herunterratterte, um die Barriere brechen zu können.

„Willst du damit sagen, du kommst nicht durch?“, fragte Zack fast ungläubig.

Inzwischen war eine halbe Stunde vergangen und er war fast wahnsinnig vor Sorge. Irgendwas mussten sie doch tun können!

„Ich werde zumindest nicht aufgeben!“, meinte der Elb knapp und sprach weiter seine Formeln.

„Wie konnten wir nur so dumm sein?“, verfluchte Zack sich selbst.

Sie hatten doch schon gewusst, dass es eine Falle war. Warum waren sie dennoch auf die Forderungen im Brief eingegangen? Dana konnte bereits tot sein und er war Schuld, weil er sie nicht abgehalten hatte!
 


 

End of Part 19

Eravelle

Alles wird sich ändern

Author: Bina-chan86

Part 20/?
 


 

„Wie jemand zu solch geistiger Inkontinenz fähig ist, kann ich euch leider auch nicht beantworten“, kommentierte eine spöttisch-fröhliche Stimme Zacks Gefühlsausbruch. „Ihr seid wie blutige Anfänger in diese mehr als offensichtliche Falle getappt. Geschieht euch ganz recht, dass ihr nun in Schwierigkeiten steckt.“

Zack wandte sich wütend um und ohne auch nur darüber nachzudenken, wer dort vor ihm stehen könnte, stürzte er sich auf den Neuankömmling. Niemand hatte das Recht, so mit ihnen zu sprechen.

Estela fing seinen Schlag mühelos mit einer Hand ab. „Das war wirklich erbärmlich.“

Zack war so überrascht, dass er seine Wut für einen Moment lang vergaß. Wie konnte diese Frau, die doch um ein vielfaches kleiner und schmächtiger war als er selbst, diesen Angriff so gelassen abwehren, als handele es sich lediglich um einen Windhauch?

„Überrascht, Bürschchen?“, fragte die Priesterin höhnisch. „Seinen Gegner nach seinem Aussehen zu beurteilen ist genauso wenig ratsam wie sich ohne nachzudenken auf jemanden zu stürzen.“

„Was geht dich das überhaupt an?“, knurrte Zack sie an, während die anderen die Szene mit leichter Befremdung verfolgten.

„Warum sollten mich solche Vorkommnisse nichts angehen?“, konterte Estela.

Zack schnaubte verächtlich. „Wahrscheinlich bist du sogar für all dies verantwortlich. Man kann niemandem trauen, der…“

Ein Fausthieb brachte Zack zum Verstummen. „Wie kannst du es wagen, du Wicht!“, schimpfte Estela und schickte ihn dann mit einer schallenden Ohrfeige zu Boden. „Du hast nicht die geringste Ahnung und glaubst trotzdem, dass du ständig dein Maul aufreißen kannst.“

Jules sah aus, als wäre er gerade Zeuge einer Naturkatastrophe geworden, während Alvar und Lydia ebenso verwirrte wie wissende Blicke miteinander austauschten.

Zack saß derweil wie ein Häufchen Elend auf dem Boden und rieb sich das Kinn.

„Ich bin hergekommen, um euch zu helfen“, eröffnete Estela ihnen und stieß dabei einen ungeduldigen Laut aus.

„Wer seid Ihr überhaupt?“, wollte Alvar misstrauisch wissen.

Estela zog einen Mundwinkel nach oben und deutete eine höhnische Verbeugung an, wodurch man Einblick in ihren großzügigen Ausschnitt erhielt. „Ich bin Estela, die Priesterin.“

„Du siehst aber nicht unbedingt wie eine Priesterin aus“, bemerkte Lydia gelassen. „Zumindest nicht in diesem Aufzug.“

Estela lachte. „Nun, das würde stimmen, wenn ich einem Gott als Priesterin dienen würde.“

Wie auf Stichwort rappelte Zack sich auf, Alvar setzte zu einem Zauber an und Lydia zog ein langes Messer. Jules begnügte sich damit, große Augen zu machen.

Beschwichtigend hob Estela die Hände. „Also wirklich, ich habe doch gesagt, dass ich euch helfen will“, erklärte sie. „Außerdem… was unterscheidet die Götter schon von den Dämonen? Mal abgesehen von ihrem Namen. Die Welt in Gut und Böse einteilen zu wollen ist eine sehr naive und ungesunde Einstellung. Es trübt euren Blick und macht euch anfällig für Intrigen. Ich für meinen Teil stelle mich über eine solche strikte Einteilung und biete euch meine Dienste an.“

„Was könntest du schon tun, wozu Alvar nicht in der Lage wäre?“, fragte Zack skeptisch. Er konnte selbst nicht fassen, dass er diese Worte überhaupt aussprach. Immerhin bestand kein Zweifel mehr daran, dass vor ihnen die Frau stand, die den Dämonenpakt eingegangen war. Ihr zu vertrauen wäre Irrsinn. Und doch… vielleicht war es auch eine Chance.

Estela blinzelte zwischen den Strähnen ihres karmesinroten Haares schmunzelnd hervor. „Weil ich im Gegensatz zu eurem Freund diese Barriere durchbrechen kann. Aber…“

„Aber was?“, hakte Zack nach.

„Ihr müsst mir vorher eine Frage beantworten“, fuhr Estela selbstsicher fort. „Wer ist gefährlicher als jemand, der alles verloren hat?“
 

Dana erlag für eine kurze Zeit der Hoffnung, dass sie nun gerettet wäre, nachdem der Elb erkennen musste, dass sie magische Kräfte besaß. Jedoch hielt das Schicksal bereits neue Schrecknisse für sie bereit, die – sobald man sie vollständig begriffen hatte – ein Leben grundlegend verändern konnten.

Entsetzt schrie Dana auf, als jemand ein Schwert durch den Körper ihres Angreifers stieß. Sie spürte warmes Blut auf ihrem Gesicht und stolperte zurück.

„Du hättest nicht meinen Weg kreuzen sollen“, sagte die Frau, die sich nun über die Schulter des Dunkelelben beugte.

Nein, korrigierte sich Dana in Gedanken selbst. Das war keine gewöhnliche Frau, sondern ebenfalls eine Elbin!

„Wa… warum tust du das?“, war alles, was ihr Opfer hervorbringen konnte. Seine Stimme war mehr ein Röcheln.

Die fremde Elbin lachte, allerdings klang dies mehr nach zersplitterndem Eis. Sie strich sich eine Locke ihres vollen, rabenschwarzen Haares hinter die Ohren und trieb die Klinge noch tiefer in den Körper den Mannes. „Du warst mir im Weg“, flüsterte sie. „Aber keine Sorge, die Wunde ist nicht tödlich, wenn sie gleich behandelt wird. Zu Schade, dass kein Heiler in der Nähe ist. Wenn ich es recht bedenke, solltest du dich vielleicht doch sorgen.“

„Hör auf damit!“, schrie Dana unvermittelt. Sie wusste selbst nicht genau warum, aber sie wollte nicht, dass der Elb starb. Sein Tod hätte keinen Sinn gehabt.

Als das Schwert aus dem Körper des Mannes gezogen wurde, sackte er auf dem Boden zusammen.

Die dunkelhaarige Elbin kniete daneben nieder und legte ihre Hand über die Wunde. „Ihr habt vollkommen Recht. Er war nur Mittel zum Zweck“, erwiderte sie gelassen, wobei die Verletzung langsam zu verschwinden begann. „Es ist nicht sein Tod, den ich will, sondern Eurer!“

Dana war zutiefst erschrocken, war aber geistesgegenwärtig genug, um sich auf einen Angriff vorzubereiten. Vorerst geschah allerdings nichts dergleichen.

Stattdessen verbeugte sich Danas Gegenüber. „Eravelle aus dem Calen-Eryn grüßt Dana, Prinzessin aus dem Eledhrim-Ardh.„

„Du hast mir diesen Brief geschrieben?“, entfuhr es Dana erstaunt.

„Ganz recht“, erwiderte Eravelle. „Ich habe Euch herbestellt und zwar aus gutem Grund.“

Dana schüttelte leicht den Kopf. „Was willst du damit sagen?“, fragte sie. „Was willst du von mir? Und woher weißt du überhaupt von meinem Bruder?“

Eravelles ungewöhnliche türkisfarbene Augen verengten sich zu Schlitzen. „Ich will, dass Ihr endlich Euren Teil der Verantwortung übernehmt. Tretet Euer Erbe an und flieht nicht länger vor Eurem Schicksal. Ich habe eigens dafür einen Bannkreis erstellt. Niemand soll uns stören und Ihr sollt keine Gelegenheit haben, Euch hinter jemandem zu verstecken.“

Dana schluckte. „Ich verstehe nicht, wovon du redest. Was soll das für eine Verantwortung sein?“

„Wenn Ihr das nicht wisst, dann habt Ihr kein Recht zu leben.“

Dana konnte nicht so schnell reagieren, wie Eravelle ein Messer gezogen hatte und sie auf den Boden drückte.

Nein, bitte! Ich will noch nicht sterben, dachte sie voller Panik.

Als sie etwas warmes, flüssiges auf ihrer Wange spürte, vermutete sie zunächst, dass es sich wieder um Blut handelte – ihr Blut. Doch sie irrte, denn es waren Tränen.

Eravelle weinte. „Das ist nicht fair“, schluchzte sie. „Warum könnt Ihr ein unbehelligtes Leben führen, während sich Mellryn für alle opfern musste? Wie könnt Ihr das zulassen?“

Und in dem Moment erkannte Dana, dass sie niemandem mit einem bösen Herzen vor sich hatte. „Du liebst meinen Bruder“, stellte sie mit erstaunlich gefasster Stimme fest.

Eravelle ließ sie endlich los und trat einen Schritt zurück. Den Blick hatte sie abgewandt, aber sie nickte.

„Mellryn bedeutet mir mehr als mein eigenes Leben“, sagte sie, als sie Dana wieder ansah. „Wenn ich nicht an seiner Seite sein könnte, dann hätte das Leben keinen Sinn mehr für mich.“

Diese aus tiefstem Herzen empfundenen Worte ließen Dana vergessen, dass Eravelle noch vor einer Minute vorgehabt hatte, sie zu töten. Sie zögerte kurz, bevor sie sich schließlich traute zu fragen: „Was ist mit meinem Bruder passiert?“

Eravelle schaute sie unverwandt an. „Als das Eledhrim-Ardh seinerzeit von den Azi Dahaka, den selbsternannten Dämonen, vernichtet wurde, hat sich Mellryn für Euch geopfert.“

Eravelle berichtete von dem Kampf und letztendlich auch von Mellryns Entschluss. Er war einer der mächtigsten Magier unter den Elben und es gelang ihm das Leben seiner jüngeren Schwester freizukaufen. Er wusste, dass es zu einem hohen Preis geschah, doch er wollte nicht mit ansehen müssen, wie man seine gesamte Familie auslöschte. Alle hatten geglaubt, er hätte das Eledhrim-Ardh für immer verlassen, aber er kehrte zurück – nahezu unbemerkt.

Eravelle hielt für einen kurzen Augenblick inne, ehe sie weiter sprach. „Damals verlor er sein rechtes Auge“, erklärte sie betrübt.
 

„Gefährlicher als…“ Zack betrachtete Estela voller Ungeduld, „Was soll dieser Unsinn bedeuten? Willst du uns auf den Arm nehmen?“

„Die Frage ist gar nicht so dumm“, fand Alvar.

„Nicht dumm, aber leicht zu beantworten“, fügte Lydia hinzu.

Zack rollte mit den Augen und wandte sich um. „Hättet ihr zwei dann die Güte, uns an euren Erkenntnissen teilhaben zu lassen?“, brummte er sarkastisch.

„Gefährlicher als der, der alles verloren hast, ist derjenige, der alles verlieren kann“, antwortete Alvar ruhig.

Estela grinste und klatschte dabei in die Hände. „Richtige Antwort!“

„Wirst du uns nun helfen?“, hakte Jules nach.

Estela nickte. „Ja, aber ich denke, dass der Spuk sowieso fast vorbei ist.“
 

End of Part 20

Die Narbe

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 21 von ?

Warning: bislang keins
 

Danke an Billie_phoebe, CaptainCalvinCat und Kaleidoskop fürs abonnieren. :)
 


 

Garim seufzte, als er sich in seinem Sessel zurücklehnte und nachdachte.

Sein Fuß war inzwischen ganz gut verheilt und er konnte wieder normal laufen, ohne sich bei jedem Schritt einen Fluch verkneifen zu müssen.

Jedoch wollten ihm die Worte seines Schwagers Gremar nicht mehr aus dem Kopf gehen, der ihn dazu aufgefordert hatte, sich anständig bei der Elbe zu bedanken, die ihm geholfen hatte.

Seine Verletzung war bei seiner Familie nicht unbemerkt geblieben und so war er gezwungen gewesen zu erzählen, was passiert war.

Garims Schwester Griselda hatte ihn einen „Sturkopf“ genannt und den Kopf mit den roten Locken beinahe ungläubig geschüttelt, während ihr Mann auf Garim eingeredet hatte.

Die Zwerge, die in den Bergen wohnten und ihre Höhlen in der Nähe der Stadt Cardun hatten, waren einst Freunde der Elben des Eledhrim-Ardh gewesen und es hatte sie bekümmert, als sie erfahren hatten, dass das Reich der Elben unterging, ohne, dass sie helfen konnten.

Die Folge war gewesen, dass die meisten Zwerge, die in diesen Bergen hausten, seit Jahrzehnten keine Elben mehr gesehen hatten.

Nun war er einer Elbe begegnet, die ihm geholfen hatte und er hatte sie unfreundlich abgewiesen und sich nicht anständig bei ihr bedankt, wie es normalerweise seine Pflicht gewesen wäre. Natürlich waren Schwester und Schwager davon so gar nicht entzückt gewesen.

„Garim“, hatte Gremar gesagt, „Du musst ihr folgen und dich anständig bedanken und ihr deine Freundschaft anbieten, wie es unsere Vorfahren uns gelehrt haben! Du kannst sie nicht einfach davonziehen lassen und dich so undankbar zeigen!“

Der Zwerg war wenig begeistert von der Idee, Dana nachlaufen zu müssen, aber er wusste genau, dass seine Familie von ihm erwartete, dass er dieser alten Pflicht der Zwerge nachkam.

„Ich werde wohl wieder auf Reisen gehen!“, war schließlich der Entschluss, den er traf, nachdem er seinen Gedanken genug nachgegangen war.

Garim Eisenfaust reiste nicht gerne. Er war kein Freund der Pferde und konnte nicht wirklich gut mit ihnen umgehen. Der beste Beweis war der „Unfall“, den er mit seiner Stute kurz vor Cardun gehabt hatte. Die nun bevorstehende Reise bereitete ihm allein schon deswegen einiges an Unbehagen. Aber ein Pferd musste er schon mitnehmen, denn allein konnte er kaum sein ganzes Gepäck und den Reiseproviant – der bei Zwergen für gewöhnlich recht groß ausfiel – mit sich herumschleppen. Außerdem war er zu Pferd wesentlich schneller, als wenn er zu Fuß ging, hatten Zwerge doch nicht so lange Beine, wie sie sie für Reisen schon so manches Mal gut gebraucht hätten.

„Vielleicht sollte ich jemanden mitnehmen?“, überlegte er laut, und er suchte in seinem Geist nach einer geeigneten Person dafür.
 


 

Estela war eine wirklich geschickte Magierin, das musste Alvar ihr anerkennend zugestehen.

Sie hatte die Barriere mühelos überlisten und so ausschalten können. Der Weg hinein in das alte Gebäude war damit frei.

„Wir sollten leise und vorsichtig sein. Der Feind wird nicht damit rechnen, dass wir nun durchkommen!“, schlug Lydia vor, doch Estela kicherte ungehalten.

„Wie dumm du doch bist!“, beschimpfte sie die Geschichtenerzählerin, die ihrerseits die Priesterin mit einem beleidigten Blick bedachte.

„Derjenige, der diese Barriere erschaffen hat, wird sofort gespürt haben, dass man sie durchbrochen hat. Der Feind ist in jedem Falle gewarnt!“, erklärte die Frau mit dem karmesinroten Haar.

„So ein Mist“, fand Jules, was recht gut auf ihre Situation zutraf.

Zack brachte derweil seine ganze Selbstbeherrschung auf, um nicht sofort loszustürmen. Seine Sorge um Dana war ins Unermessliche angewachsen und er hoffte inständig, dass ihr nichts passiert war.
 


 

Die Information, dass ihr Bruder ein Auge verloren hatte, schockierte Dana ein wenig. Es musste schrecklich sein, ein Auge zu verlieren. Sie konnte sich das selbst nicht wirklich vorstellen, wie es sein musste.

„E…es tut mir Leid…“, sagte sie, fast schon unbewusst.

Eravelle richtete ihren Blick wieder auf die Elbenprinzessin und schnaubte.

„Was verstehst du schon davon? Du hattest doch bisher ein schönes Leben!“

Nun war es an Dana, zu schnauben.

„Denkst du das?“

„Du siehst nicht so aus, als hättest du in deinem Leben je so viel leiden müssen, wie es Mellryn musste!“

Dana dachte an die Zeit zurück, die für sie die schrecklichste in ihrem ganzen Leben war: Ihre Flucht aus dem Eledhrim-Ardh und die Zeit danach, bis sie bei Sania ein neues Zuhause gefunden hatte.

„Ach nein? Hasst du mich aus dem Grund, weil du glaubst, ich hätte keine schwere Zeit gehabt?“ Danas Augen funkelten ein wenig vor Zorn. „Siehst du die Narbe auf meiner Wange? Möchtest du wissen, woher ich sie habe? Ich sag es dir gerne!“

Die junge Frau mit den braun-roten Haaren kam gerade so richtig in Fahrt und bemerkte deshalb die Geräusche nicht, die von ihrer „Rettungstruppe“ ausging, die sich inzwischen einen Weg die Treppen hoch bahnte.

„Ein widerlicher Kerl, vermutlich einer der Azi Dahaka, hat sie mir verpasst, während er meinen Leib geschändet hat!”

Danas Stimme war hoch und furchtbar schrill und die Worte waren mehr geschrien denn gesagt.

So viele Jahre hatte sie dieses Geheimnis für sich behalten, hatte nicht mal Sania oder Zack etwas davon gesagt und es verdrängt, bis sie es beinahe selbst vergessen hatte.

Aber nun erinnerte sie sich an das ekelhafte Gefühl, einen fremden Körper so dicht an ihrem zu spüren, den sie dort nicht wollte und an den schmerzhaften Druck, der ihren Unterleib kurz danach ausgefüllt hatte. An den Schmerz auf ihrer Wange, als ein Messer ihr die Haut aufschlitzte, während sie versuchte, sich zu befreien. An die Wucht ihrer zügellosen Magie, die sie völlig unkontrolliert losgelassen hatte und dafür gesorgt hatte, dass sie ihren Peiniger auf unangenehme Weise los wurde.

Tränen rannen Danas Wange hinab und sie vermochte sie nicht mehr aufzuhalten.
 


 

Zack war so bald wie möglich ins Gebäude gestürzt, gefolgt von Alvar und Estela, denen wiederum Jules und Lydia folgten.

Zuerst war Danas Ziehbruder etwas orientierungslos gewesen, doch es dauerte nicht einmal zwei Sekunden, um zu begreifen, dass die Elbin und ihr vermutlicher Angreifer über ihm sein mussten, denn von dort kamen Stimmen.

Etwas vorsichtiger hatte er die Treppe erklommen und wurde so unfreiwillig Zeuge einer wirklich seltsamen und ein wenig verstörenden Szene.

Auch die anderen standen auf der Treppe und niemand von ihnen verpasste die verhängnisvollen Worte der jungen Elbin, die ein Geheimnis preisgab, das sie sehr lange gehütet haben musste.

Lydia begriff auf Anhieb, warum Dana ihr zuvor so böse gewesen war, nachdem sie nach der Narbe auf ihrer Wange gefragt hatte. Sie verstand, dass Dana nicht daran erinnert werden wollte, vergewaltigt worden zu sein. Und in der Hinsicht war es wirklich schlimm genug, beim täglichen Blick in den Spiegel daran erinnert zu werden.

Jules verstand anfangs nicht so recht, was die Elbin da sagte, aber es dämmerte ihm, als er die betroffenen Blicke der anderen sah.

Jedoch war Zack am meisten geschockt. Er hatte gewusst, dass Dana sich die Narbe bei ihrer Flucht zugezogen hatte, aber wie genau es dazu gekommen war, hatte sie stets verschwiegen.

Wenn er nun daran dachte, dass das Mädchen keine zehn Jahre alt gewesen sein dürfte, wurde ihm schlecht.

Für Alvar hingegen wurde nun langsam klar, wieso die Prinzessin so vieles verdrängt hatte – wieso sie ihre Magie nicht richtig beherrschte und sich weigerte, sich an bestimmte Begebenheiten zu erinnern.

Im ganzen Raum breitete sich betretenes Schweigen aus und niemand rührte sich, nicht einmal die fremde Elbin, die selbstverständlich nicht unbemerkt geblieben war.

Es dauerte einen Moment, bis Eravelle schließlich das Wort ergriff:

„Verstehe.“

Das war das einzige, was sie sagte.
 


 

End of Part 21

Nachdenken

Alles wird sich ändern

Author: Bina-chan86

Part 22/?
 


 

Estela wollte gerade etwas sagen, doch Alvar schnitt ihr das Wort ab. Dabei bedachte er die Priesterin mit einem Blick, der keinen Widerspruch duldete und der alles andere als freundlich war. Der gelassene Elb verlor nicht oft die Geduld, aber wenn es so war, dann tat man gut daran ihn nicht weiter zu reizen.

„Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du die Güte hättest, deinen Mund zu halten“, meinte er betont kühl.

Dana starrte mit unbewegter Miene auf den Boden. Keine Regung in ihrem Gesicht ließ den Kampf erahnen, den sie in ihrem Inneren ausfocht. Dennoch wagte es niemand, in diesem Augenblick das Wort an sie zu richten – alle waren wie gelähmt vor Schreck.

Alvar war der Erste, der einen Schritt auf Dana zuging. „Gehen wir nach Hause“, sagte er leise.

„Was?“, fuhr Eravelle auf. „Wie könnt ihr…“

Alvar hob die Hand und brachte sie damit zum Schweigen. „Wir gehen jetzt nach Hause“, wiederholte er. „Es reicht vollkommen, wenn sie dir morgen ihre Entscheidung mitteilt. Ich finde, dass du für heute genug angerichtet hast.“

Eravelles Körper straffte sich und sie warf dem Elb einen äußerst empörten Blick zu. Allerdings zog sie es nun vor, den Mund zu halten.

„Und wo wir gerade bei anrichten sind…“, fuhr Alvar fort, nachdem er den Fremden entdeckt hatte, welcher zuvor Eravelles Angriff erdulden musste, und der jetzt bewusstlos am Boden lag. „Wer ist das? Und was ist mit ihm geschehen?“

„Ich kenne ihn nicht.“ Eravelle zuckte gleichgültig mit den Schultern, ehe sie mit knappen Worten schilderte, was vorgefallen war.

Lydia überlief ein Schauer, während Eravelle scheinbar kaltblütig schilderte, wie sie den Angreifer fast umgebracht hatte. Bei genauerer Beobachtung besann sie sich jedoch und verwarf ihre erste Vermutung, denn etwas an Eravelle war seltsam. Sie wirkte nicht wie jemand, der blutrünstig war. Das Äußere konnte täuschen, aber die Augen der Elbin waren voller Leben und Gefühl – und voll Mitleid. Viel eher wirkte sie wie ein Kind, das nicht wusste, auf wen es seine Wut konzentrieren sollte.

Zack hörte derweil gar nicht zu. Er schaute zu Dana hinüber, konnte sich dabei nicht erinnern, wann er sich das letzte mal so schrecklich hilflos gefühlt hatte.
 

Letztendlich musste sich Eravelle geschlagen geben, aber nicht ohne Alvar das Versprechen abzuringen, dass er Dana am nächsten Tag wieder zur alten Mühle brachte. Sie hatte ein klares Ziel vor Augen, von welchem sie sich durchs nichts abbringen ließ. Mellryn zu helfen war das einzige, das noch für sie zählte.

Sie zog sich in den Wald zurück und mied dabei die Nähe zu den Menschen. Frieden fand sie nur umgeben von Bäumen und dem leisen Rauschen der Blätter. Das war es, was sie an ihrer Heimat so geliebt hatte. Doch diese Tage waren lange vorbei. Zwar existierte ihr Zuhause noch, allerdings hielt sie es für ausgeschlossen, je dorthin zurückzukehren. Ihr Herz hing nun nicht mehr an den allzu vertrauten Wäldern mit dem grünen Laub, sondern an einer Person.
 

Dana hatte sich in ihrem Zimmer eingeschlossen und weder Zack noch sonst ein Mitglied ihrer Ziehfamilie fand Gehör bei ihr. Auf Klopfen und besorgte Zurufe reagierte sie gar nicht. Viel zu sehr war sie in ihre Erinnerungen und Gedanken versunken. Eravelle hatte nicht nur eine alte Wunde wieder aufgerissen, sondern sie auch vor ein neues Problem gestellt: Sollte sie ihrem Bruder zu Hilfe eilen? Konnte sie es überhaupt?

Eravelles Schilderungen waren verwirrend und besorgniserregend gewesen. Nach allem, was sie wusste, erachtete sie es als durchaus möglich, wenn die Azi Dahaka ihren Bruder für ihre Zwecke missbrauchten. Was sie jedoch verstörte, war die Tatsache, dass Mellryn scheinbar dabei war, seinen Willen und seinen Verstand zu verlieren.
 

Zack hatte sich allein in den Garten zurückgezogen, um nachzudenken. Doch nun, da er tatsächlich ohne Gesellschaft seinen Grübeleien nachhing, erschien ihm die Last auf seinen Schultern unerträglich schwer.

Als er eine Bewegung hinter sich wahrnahm, schreckte er auf – dabei war es nur Lydia, die ihm gefolgt war.

Sie setzte sich neben ihn und nahm schweigend seine Hand.

Eine ganze Weile sagte keiner von beiden etwas.

„Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll“, gestand Zack schließlich niedergeschlagen. „Wieder einmal bin ich Dana keine Hilfe.“

„Das stimmt doch nicht.“ Lydia schüttelte den Kopf, wobei ihr die platinblonden Haare locker über die Schultern fielen. „Du warst bisher immer an ihrer Seite. Zählt das etwas nichts? Sie verdankt dir vielleicht mehr als du ahnst.“

Zack sah sie unsicher und fragend an.

„Tu einfach das, was du immer tust: Lass sie nicht allein“, ergänzte Lydia sanft. „Einen anderen Rat kann ich dir nicht geben und ich glaube auch nicht, dass ein anderer von Nöten ist.“ Aufmunternd lächelte sie ihm zu. „Dana braucht dich jetzt mehr denn je. Gib ihr einfach ein bisschen Zeit. Der heutige Tag war wohl ein bisschen zu viel für sie. Aber sie ist stark, deswegen bin ich mir sicher, dass sie ihren Weg finden wird.“

Sie verdient es, glücklich zu sein, fügte Lydia in Gedanken hinzu. Anfangs hatte sie der Elbin eher skeptisch gegenüber gestanden, inzwischen empfand sie jedoch eine freundschaftliche Zuneigung für diese.

„Du hast recht“, erwiderte Zack leise. „Es bleibt uns gar nichts anderes übrig als in die Zukunft zu blicken.“
 

End of Part 22
 

Wer sich dafür interessiert - Bina und ich sprechen die Namen der Charaktere folgendermaßen aus:
 

Dana = Daana

Zack = Seck

Jules = Dschules

Estela = Esteela

Eravelle = Erawell

Mellryn = Mellrin

Alvar = Alwar

Neilyr = Näilir
 

Den Rest eigentlich so, wie man's auch schreibt.
 

Kritik ist im übrigen ausdrücklich erwünscht. ;)

"Hör auf dein Herz"

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 23 von ?

Warning: bislang keins
 

Danke an Chiru_Fusuka für's Abonnieren. ^-^
 

Sania machte sich Sorgen um ihre Ziehtochter und verstand eigentlich gar nicht, warum diese sich in ihrem Zimmer einschloss und nicht einmal zum Essen herauskam.

Niemand aus der Truppe, die zur Mühle gegangen war, hatte es fertig gebracht, der überfürsorglichen Mutter zu sagen, was geschehen war.

Nicht einmal Alvar, den sie mit Fragen nur so gelöchert hatte, hatte sie ein Sterbenswörtchen entlocken können.

Das Ganze machte sie wahnsinnig, denn sie spürte, dass Dana litt und eigentlich Trost brauchte, aber sie anscheinend nicht die richtige Person war, die sie zu trösten vermochte.

Und nachdem sich sogar Zack eingeschlossen hatte, blieb ihr nichts mehr über als abzuwarten und ihren eigenen Gedanken nachzuhängen.

Sie gab es auf, an die Tür zu klopfen und die beiden herauslocken zu wollen. Sie würden schon von allein kommen, wenn sie sich aussprechen wollten.
 


 

Die fluchende Priesterin war zu den beiden Söldnern zurückgekehrt und hatte ihnen berichtet, was geschehen war.

Natürlich ließ sie den Teil nicht aus, den Dana von sich preisgegeben hatte.

„Das ist ja schrecklich!“, fand Flore und empörte sich, dass so etwas immer wieder geschah.

Sie hatte schon einige Frauen getroffen, denen ähnliches passiert war wie der Elbenprinzessin.

Und jedes Mal wieder war sie froh, dass sie selbst bisher keine solchen Erfahrungen machen musste – obwohl sie sich auch zu wehren wüsste, sollte es jemals einer versuchen.

Estela stimmte der Söldnerin insgeheim zu, sagte dazu selbst jedoch nichts.

„Ich bin gespannt, wozu sie sich entscheiden wird. Von ihrer Entscheidung hängt eine Menge ab“, meinte sie.

Neilyr nickte. „Der Welt steht eine Änderung bevor und es liegt an ihr, in welche Richtung diese Änderung gehen wird, soviel ist sicher.“

„Ihr Schicksal wird sich so oder so erfüllen“, sagte die Priesterin. „Egal, wie sie sich entscheidet.“

„Ich hoffe nur“, ergänzte Flore, „dass sie nicht allzu viel leiden muss.“
 


 

Nachdem Lydia mit Zack gesprochen hatte, ließ sie ihn wieder allein, denn er wollte noch ein bisschen darüber nachdenken, wie er am besten mit seiner Ziehschwester sprechen sollte. Sie verstand das und zog sich zurück.

Es war bereits spät in der Nacht und sie fröstelte, als sie zurück zu ihrer Unterkunft ging.

„Da bist du ja endlich!“

Die vertraute Stimme ließ sie zusammenzucken und sie spähte in die Dunkelheit, um ihren Besitzer besser sehen zu können.

„Ich hätte mir ja denken können, dass du hier bist, Jules!“, seufzte sie.

„Nun ja…“

„Du möchtest reden, hm?“, erkannte sie und konnte gerade so erkennen, wie ihr Freund nickte.

„Komm erst einmal herein, hier draußen ist es mir zu kalt.“

Sie schloss die Tür auf und sorgte drinnen erst einmal für Licht.

„Sie tut mir so Leid!“, platzte es aus Jules heraus, der anscheinend die ganze Zeit nur über dieses eine Thema nachgedacht hatte.

„Mir auch“, stimmte sie ihm zu, „aber was geschehen ist, ist geschehen.“

Der Braunhaarige warf sich auf einen der Sessel und seufzte.

„Ich kenne sie schon so lange und nie habe ich davon auch nur etwas geahnt. Es muss so schwer für sie gewesen sein.“

Die Geschichtenerzählerin nickte.

„Das war es sicher auch. Im Übrigen macht sich Zack gerade die gleichen Vorwürfe wie du. Ihr denkt wohl beide, dass es euch hätte auffallen müssen, hm?“

„Nein… ja… ich weiß auch nicht. Sie hat es sich halt wirklich nie anmerken lassen. Dana wirkte immer so stolz und erhaben und voller Zuversicht. Das alles passt gar nicht zu dem, was ihr geschehen ist!“

„Sie hat es vermutlich einfach verdrängt. Nimm es ihr nicht übel.“

„Das tue ich nicht. Ich wünschte nur, wir hätten ihr vorhin besser helfen können.“

Jules war innerlich fast genauso aufgewühlt, wie es Zack war. Warum nur hatte Dana nie etwas gesagt? Warum hatte sie das alles so weit in sich selbst vergraben?

Eine lange Pause entstand und es wurde still in dem Raum. Jules schloss seine Augen und ging erneut seinen Gedanken nach, bis Lydia ihm eine Tasse Tee reichte und sich dann ebenfalls setzte.

„Mach dir keine Vorwürfe. Sie wollte es anscheinend so. Aber die Vergangenheit spielt jetzt auch keine große Rolle mehr, was geschehen ist, ist geschehen. Zack hat es selbst schon erkannt – die Zukunft ist es, in die wir blicken müssen. Dana wird irgendwie bewältigen, was ihr geschehen ist und ich denke, sie ist stark genug, um ihren Weg zu gehen. Und wir unterstützen sie darin ja auch.“

Der Tee war wunderbar belebend und wärmte von innen heraus und Lydias Worte schafften es zusätzlich, Jules etwas zuversichtlicher aussehen zu lassen.

„Hoffen wir, dass du Recht hast.“
 


 

„Hmmm…“

Zack erwachte gerade, als die Sonne aufging und blinzelte verwirrt.

Er lag auf dem Bett in dem Gästezimmer, in das er sich zurückgezogen hatte – noch vollständig angezogen und ohne zugedeckt zu sein.

„Mist, ich bin wohl eingeschlafen…“

Müde rieb er sich die Augen und streckte sich, um den letzten Rest Schlaf aus seinen Gliedern zu vertreiben.

Der Blonde hatte noch lange darüber nachgedacht, wie er mit seiner Ziehschwester sprechen sollte und welche Worte sie wohl am besten zu trösten vermochten, und anscheinend war er über diese Überlegungen hinweg eingenickt.

Nachdem er aufgestanden war, wusch er sich das Gesicht und ging dann die Treppe hoch, um in das Zimmer zu gelangen, das er sich mit Dana teilte.

Die Tür war jedoch noch immer verschlossen.

„Dana?“, fragte er und erhielt keine Antwort.

„Hey, Schwester, lass mich herein. Ich… möchte bei dir sein!“

Er konnte Geräusche hören, dann Schritte, die näher kamen und das Klicken, als sich der Schlüssel herumdrehte und die Tür aufging.

„Komm rein“, flüsterte die Elbin mit brüchiger Stimme und ging anschließend zurück zu ihrem Bett, auf dem sie lange gesessen hatte.

Offensichtlich hatte sie nicht geschlafen, denn auch sie trug noch die Kleidung vom Vortag und das Bett sah – bis auf ein paar Falten, wo sie gesessen hatte – völlig unbenutzt aus.

Ihre hübschen blaugrünen Augen waren verquollen und gerötet und daran erkannte Zack sofort, dass sie viel geweint haben musste. Die braunroten Haare waren unordentlich und wirkten stumpf.

Selten hatte Zack die Elbin so dermaßen erschöpft und verzweifelt gesehen.

Wortlos ging er auf sie zu, nachdem er die Tür wieder geschlossen hatte und setzte sich neben sie. Tröstend legte er einen Arm um ihre Schulter und drückte sie einfach nur sanft an sich.

Er konnte nicht sagen, wie lange sie dort einfach nur so saßen.

Es dauerte auf jeden Fall eine ganze Weile, bis sich ihr steifer Körper endlich etwas entspannte und sie sich noch mehr an ihn schmiegte.

„Ich weiß nicht, was ich tun soll“, gestand sie und ihre Stimme klang noch immer furchtbar brüchig.

Ihr Ziehbruder war nicht sicher, ob sie sich nur Gedanken wegen ihrer Vergangenheit und der Vergewaltigung machte, oder ob ihr noch andere Sachen im Kopf umherschwirrten.

„Hör auf dein Herz“, war das einzige, was er dazu sagte.
 

End of Part 23

Entscheidung

Alles wird sich ändern

Author: Bina-chan86

Part 24/?
 

Auf mein Herz hören… das sagt sich so einfach, dachte Dana seufzend.

Zack war bereits voraus gegangen und wartete nun vor dem Haus ihre Entscheidung ab. Doch wofür sollte sie sich entscheiden? Welches war der richtige Weg?

Dana wusste nicht mehr, was richtig und was falsch war. Sie vergrub das Gesicht in den Händen und saß auf diese Weise einen Moment lang still da – so lange, bis sie nur noch das Schlagen ihres eigenen Herzens vernahm.

Eravelles Worte kehrten in ihr Gedächtnis zurück. Konnte sie es fertig bringen, ihren Bruder im Stich zu lassen, nun wo er sie wirklich brauchte?

So merkwürdig und undurchsichtig sich Eravelle auch verhielt, so beneidete Dana sie doch um eine Sache: Die fremde Elbin hatte ihre Entscheidung längst getroffen. Sie war bereit, ihr Leben für das eines anderen aufzugeben. Dafür war sie bereit zu kämpfen.

„Und ich sitze hier noch immer herum“, brummte Dana, ehe sie sich schließlich erhob.

Sie zögerte einen Augenblick und schob dann die Tür auf.
 

Zack war längst nicht mehr allein. Lydia und Jules saßen zusammen auf einer Bank, während Alvar an der Hauswand lehnte.

Keiner von ihnen sprach ein Wort – das war auch nicht nötig.

Die Szene bekam allerdings eine surreale Wendung, als Dana plötzlich aus der Tür trat. Zack stolperte fast über seine eigenen Füße und Jules sprang von der Bank auf, wodurch Lydia, die auf dem kürzeren Ende gesessen hatte, im Gebüsch landete. Lediglich Alvar bewahrte Haltung.

Zunächst schenkte Dana keinem Beachtung, sie ging an ihnen vorbei – hin zu dem kleinen Brunnen neben der Hütte. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, steckte sie den Kopf in das eiskalte Wasser, nur um dann sofort wieder prustend aufzutauchen.

Ein jeder starrte sie fassungslos an.

„Was in denn in dich gefahren?“, entfuhr es Zack, der seine Sprache als erster wiederfand.

„Jetzt geht es mir besser!“, verkündete Dana. „Das hat mir dabei geholfen, meinen Kopf freizubekommen.“

Ein wenig irritiert kratzte sich Zack am Hinterkopf. „Das freut mich ja, aber hast du eine Ahnung, wie kalt es ist?“

„Ziemlich kalt“, stellte Dana bibbernd fest. „Aber ich weiß jetzt endlich, was ich tun will…“ Sie strich sich die nassen Haare aus dem Gesicht und schaute zu den anderen hinüber. „Ich will es versuchen – ich will versuchen, meinem Bruder zu helfen.g

Alvar und Lydia tauschen einen wissenden Blick miteinander aus und auch die Gesichter von Zack und Jules erhellten sich.

„Ihr seht nicht gerade erstaunt aus“, stellte Dana fest.

Alvar lächelte und reichte Dana dann seinen Mantel, welchen sie dankbar annahm.

„Nun, überrascht bin ich wirklich nicht“, entgegnete der Elb. „Du hast ein gutes Herz. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du jemanden seinem Schicksal überlässt.“

Dana errötete verlegen. „Das hättest du auch früher sagen können“, nuschelte sie.

Alvar schüttelte leicht den Kopf und flüsterte ihr ein paar Worte in elbischer Sprache zu.

Zack hasste es normalerweise, wenn er das tat. Dieses mal wurde er jedoch beschwichtigt, denn Dana lächelte flüchtig, als sie den Rat vernahm.

Zack hätte dies niemals öffentlich zugegeben, aber er hatte Danas Lächeln vermisst.
 

Eravelle erwartete die Gefährten bereits an der alten Mühle.

Allerdings war die Elbin kaum wieder zu erkennen. Anstatt einer Hose und bequemer Reisekleidung trug sie diesmal ein fliederfarbenes Kleid und darüber einen langen Mantel. Sie stand dort so still und stolz wie eine Königin aus den alten Legenden.

Jules widerstand dem Reflex, niederzuknien. Dennoch musste er gestehen, dass ihre Schönheit und Anmut atemberaubend war.

Nicht menschlich, kam es ihm dabei unwillkürlich in den Sinn.

Mit entschlossener Miene trat Dana ihr gegenüber.

„Mir scheint, dass du eine Entscheidung getroffen hast“, bemerkte Eravelle.

„Das habe ich“, antwortete Dana nickend. „Ich will meinen Bruder befreien!“

Eravelle musterte sie kühl. „Und was bist du dafür bereit zu riskieren?“

„So viel wie notwendig“, schnaubte Dana, die Eravelles Provokationen gehörig satt hatte.

Um so überraschter war sie, als Eravelle ihr versöhnlich die Hand hinhielt. „Also gut, retten wir Mellryn!“

Dana schlug ein. „Einverstanden.“

„Ungünstig, sich für eine Rettungsaktion ausgerechnet den Winter auszusuchen, aber uns bleibt wohl nichts anderes übrig“, ließ Alvar vernehmen.

„Das bedeutet doch nur, dass wir wärmere Reisekleidung brauchen“, mischte sich nun auch Zack ein.

Lydia warf ihm daraufhin einen spöttischen Blick zu. „Du bist doch sonst der erste, der jammert.“

„Dieses mal nicht“, sagte Zack nachdrücklich.

„Das werden wir ja noch erleben“, neckte Jules seinen Freund. „Ich werde dich daran erinnern, wenn es so weit ist.“

Erstaunt blickte sich Dana zu ihren Freunden um. „Wir?“, fragte sie mit unsicherer Stimme.

„Natürlich, oder hast du geglaubt, dass wir dich allein gehen lassen?“ Zack grinste sie herausfordernd an. „Willst du uns etwa nicht dabei haben?“

Dana schüttelte den Kopf und schluckte. „Doch“, flüsterte sie, wobei sich eine Träne in ihren Augenwinkel schlich.
 

Als Mellryn erwachte, spürte er den kalten Steinboden unter den Fingern. Suchend tastete er umher, denn in seinem engen Gefängnis gab es kein Licht.

Hierher brachte man ihn immer dann, wenn seine Kraft für andere gefährlich wurde und es so aussah, als würde er endgültig den Verstand verlieren.

Schließlich fand er die Tür und richtete sich auf. Wütend schlug er auf das Holz.

„Öffnet die Tür!“ Seine Stimme, die einst sehr schön gewesen sein musste, klang nun brüchig. „Bringt mich zu Eravelle!“

Die Elbin mit den rabenschwarzen Locken war die einzige, die noch zu ihm durchdringen konnte und die ihn somit unter Kontrolle halten konnte.

Für die Azi Dahaka war er zwar eine Geisel, aber gleichzeitig aufgrund seiner magischen Fähigkeiten auch ein Trumpf. Ihn in ihre Pläne einzubinden, war durch seine Unberechenbarkeit riskant, dennoch konnten sie nicht auf ihn verzichten.
 

End of Part 24

Erneuter Aufbruch

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir

übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 25 von ?

Warning: bislang keins
 


 

Sania war mit den Plänen ihrer Kinder natürlich überhaupt nicht einverstanden.

„Auf gar keinen Fall“, sagte sie in strengem Ton, als Dana und Zack der Schneiderin ihr beim Essen von den Plänen berichteten.

„Aber… es geht um meinen Bruder“, verteidigte sich die Elbin.

„Du könntest gefangen genommen werden, Dana!“, warf Sania ein. „Oder schlimmer –getötet! Ich kann dich doch nicht einfach gehen lassen. Und Zack ebenso wenig!“

„Alvar wird uns begleiten. Er ist mein Lehrer und er wird auf uns aufpassen.“

Dana war fest entschlossen, ihren Bruder zu retten. Und sie würde sich von ihrer Ziehmutter auch nicht von diesem Entschluss abbringen lassen.

Sie würde gehen, so oder so. Aber ihr war es lieber, mit Sanias Segen zu gehen und ihr damit etwas weniger Kummer zu bereiten. Die Elbin wusste, wie sehr Zacks Mutter sie liebte.

„Wir können auf uns aufpassen“, meinte Zack und richtete seinen Blick nun auch auf seinen Vater, der nur einen resignierenden Seufzer von sich gab.

„Wir können sie nicht aufhalten, Sania“, sagte er zu seiner Frau.

„Ich weiß“, seufzte sie. „Aber ich kann es auch nicht einfach gutheißen. Ihr seid meine Kinder, ich kann euch doch nicht in euer Unglück rennen lassen!“

„Ich werde eher unglücklich, wenn ich hier tatenlos herumsitze und meinen Bruder seinem Schicksal überlasse“, erwiderte Dana.

„Na schön“, seufzte Sania. „Aber bitte schreibt uns, so oft ihr könnt.“

Zack und Dana nickten. Dieses Versprechen gaben sie gerne.
 


 

Eravelle hatte der Elbenprinzessin noch einen Tag zur Erholung und Reisevorbereitung gegönnt, denn ihr war nicht entgangen, wie erschöpft Dana ausgesehen hatte, wo sie doch die ganze Nacht davor nicht geschlafen hatte.

Außerdem wollte Alvar sich noch um die Vorbereitungen wie Proviant und warme Kleidung kümmern.

Sie hatten sich darauf geeinigt, sich am nächsten Morgen kurz nach Sonnenaufgang an der Mühle zu treffen.

Und schließlich hatte die dunkelhaarige Elbin auch selbst noch Sachen zu erledigen, bevor sie aufbrechen konnte.
 


 

Alvar hatte Pferde besorgt, um die Reise einfacher und vor allem schneller zu gestalten.

Der Elb war zwar nicht übermäßig reich, aber zu den Armen gehörte er auch nicht und so hatte er einem hiesigen Händler sämtliche Tiere abgekauft.

Er war schon oft für längere Zeit unterwegs gewesen und erfahren darin, eine gute Planung zu erstellen und nichts zu vergessen, was man sicher brauchen würde.

Gerade war er dabei, den Reiseproviant einzukaufen, als ihm Estela auffiel, die ihn scheinbar beobachtete.

Natürlich ließ er sich nichts anmerken und bestellte bei der Dame hinter der Theke ein paar Gewürze, die ihre Mahlzeiten schmackhafter machen würden.

Als er gezahlt hatte und mit schwer beladenen Taschen den Laden verließ, ging er gezielt an der Priesterin vorbei.

„Was führt dich hierher?“, fragte er und warf ihr einen kritisierenden Blick zu.

Estela war nicht überrascht, dass er sie bemerkt hatte.

„Och, so dies und jenes“, wich sie der Frage aus und folgte ihm dann nach draußen.

„Ich weiß schon, dass du uns begleiten wirst. Du bist ja nicht ohne Grund hier, nicht wahr?“, bemerkte der Elb, während er die Taschen auf den Pferden ablud.

„Du ahnst es doch sicher auch“, gab Estela zurück und sah ihn dabei verschwörerisch an.

„Deine kleine Schülerin ist der Schlüssel zum Schicksal der bisherigen Welt. Und ich bin auch gespannt, welche Rolle Mellryn spielen wird.“

Alvar zeigte sich unbeeindruckt.

„Du hast uns nicht aus reiner Freundlichkeit geholfen, nicht wahr? Du verfolgst ein ganz eigenes Ziel!“, fragte er sie.

„Selbstverständlich. Aber jetzt alles zu verraten würde die Sache ja langweilig machen.“

Obwohl die Dämonenpriesterin ihnen geholfen hatte, traute Alvar ihr nicht über den Weg.

„Du kannst mitkommen, Priesterin“, sagte er mit scharfem Unterton, „aber solltest du auch nur einen falschen Schritt machen, wirst du es bereuen!“
 


 

Garim Eisenfaust schnaufte, als er endlich in Rawena ankam.

Der Trip in diese kleine Stadt war anstrengend gewesen, war er doch wirklich kein guter Reiter.

„Keine Sorge, Onkel Garim“, sagte der junge Zwerg, der hinter ihm auf dem Pferd saß.

„Jetzt können wir uns ausruhen.“

„Ach, Ganta, was hätte ich nur ohne dich gemacht“, brummte der Ältere, als er nun endlich den Rücken dieses hohen Tieres verlassen konnte und wieder festen Boden unter den Füßen spürte.

„Vermutlich wieder einen Unfall gehabt“, kicherte Ganta.

Ganta Eisenfaust war Garims Neffe und mit seinem noch recht jungen Alter wesentlich besser geeignet, einen längeren Ausflug zu unternehmen.

„Wir finden die Elbin hoffentlich bald. Ich will endlich wieder nach Hause“, seufzte Garim.

Sie waren gar nicht so lange unterwegs gewesen, aber selbst die kurze Strecke hatte ihm schon gereicht.

Er hasste den Winter. Und noch mehr hasste er es, unterwegs sein zu müssen, besonders in dieser ekelhaft kalten Jahreszeit.

„Nun moser nicht rum, Onkelchen“, lachte sein bereits erwachsener Neffe.

„Wir werden sie schon noch finden.“
 


 

Der Rucksack war bereits fertig gepackt und Lydia stopfte nun ihre Wechselkleidung in ihre anderen Taschen.

Ihr baldiger Aufbruch ließ sie ein wenig nervös werden, auch wenn sie sich äußerlich völlig ruhig zeigte.

Dennoch – sie würden bald in Situationen geraten, die nicht immer schön sein würden und ein wenig fürchtete sie sich dann doch davor. Jules war selbst mit Packen beschäftigt, und sie wusste, dass Dana und Zack noch so einige Diskussionen mit Sania zu führen hatten, und so hatte sie gerade niemanden zum Reden.

Sicher sah sie ihre Chancen als Geschichtenerzählerin in diesem Abenteuer, aber sie hätte sich gern mit Jules oder Zack oder auch Dana darüber unterhalten, um ihre Nerven ein wenig zu beruhigen.

Einen Rückzieher würde sie sicher nicht machen, aber so ungern sie es auch zugab, sie hatte Angst.

Nicht nur davor, was alles schief gehen konnte. Ihre Sorgen gingen noch viel weiter. Was, wenn jemand sein Leben verlor?

Bisher hatte sie sich immer sehr tapfer gegeben, aber sie fragte sich, ob das auch im Ernstfall noch so sein würde.
 


 

Der nächste Morgen graute und Dana fröstelte ein wenig, als sie vor die Tür ging.

„Brr. Der Winter ist wirklich keine schöne Jahreszeit für solche Unternehmungen“, murmelte sie und zog ihren Mantel enger um sich.

Am Abend davor waren Zack und sie früh schlafen gegangen, um so ausgeruht wie möglich zu sein.

Aber wirklich vorbereitet fühlte sich die Elbin nicht.

„Alles okay?“, fragte Zack, der nun ebenfalls das Haus verließ.

„Ja, sicher“, antwortete Dana, doch ihr Blick strafte ihre Worte Lügen.

In dem Moment kamen auch schon Jules und Lydia zu ihnen.

„Oh, ihr seid ja schon fertig. Gut!“, rief Jules den Geschwistern zu und winkte.

„Na klar“, rief Zack zurück. „Meinetwegen kann es losgehen.“
 


 

End of Part 25

Schneegestöber

Alles wird sich ändern

Author: Bina-chan86 (in Zusammenarbeit mit elbin-luna-chan)

Part 26/?
 


 

Eravelle hatte sich auf den Weg zur Mühle gemacht und durchquerte dabei das verschneite Dorf. Auf dem Boden hinterließ sie selbst kaum Spuren, da sie in bereits vorhandene Schritte trat. Rein optisch sah es so aus, als wäre sie niemals hier gewesen, doch das Leben einiger Personen hatte sie bereits mit wenigen Worten verändert.

Ihr einziger Wunsch war es Mellryn zu helfen, und dafür war ihr jedes Mittel recht.

In Gedanken versunken, wie Eravelle war, bemerkte sie kaum, was vor ihr geschah, bis die hoch gewachsene Elbin schließlich gegen etwas stieß, das erheblich kleiner war. Mit hochgezogenen Augenbrauen trat sie einen Schritt zurück und sogleich verfinsterte sich ihr Blick.

„Hast du nicht gesagt, dass die Elbin, die dir geholfen hat, rotbraunes Haar hatte, Onkelchen?“, wunderte sich Ganta arglos.

Als er antwortete, begegnete Garim Eravelles hasserfülltem Blick. „Das ist sie auch nicht“, sagte er bloß.

Ganta verzog das Gesicht und kratzte sich dabei nachdenklich am Hinterkopf. „Gibt es hier ein ganzes Nest?!“, rief er aus.

„Sieht ganz so aus“, brummte Garim.

„Zwerge“, zischte Eravelle, als würde sie von einer ansteckenden Krankheit sprechen. Dann schob sie sich einfach zwischen den beiden hindurch – mit hoch erhobenem Haupt.

Kopfschüttelnd schaute Ganta ihr nach. „Was war das denn für eine?“

Garim zuckte bloß mit den massigen Schultern und blieb ihm die Antwort schuldig.
 

Eravelle gab sich Mühe, schnell einen möglichst großen Abstand zwischen sich und die beiden Zwerge zu bringen. Über einen zu langen Zeitraum war sie den Vorurteilen gegenüber dieser Rasse ausgesetzt gewesen, als dass sie nun etwas daran hätte ändern können.

Zwar war ihr bewusst, von wem sie gesprochen hatten – denn es konnte sich nur um Dana handeln – dennoch hatte sie sich nicht das Geringste anmerken lassen. Was auch immer die zwei von der Elbenprinzessin wollten, sie kamen zu spät.
 

„Erst bestellt sie uns hierher und dann lässt sie uns warten“, beschwerte sich Zack. Er hatte die Arme um den Körper geschlungen, da er trotz der warmen Kleidung fror.

Alvar sah sich in der Nähe der alten Mühle um. „Daran lässt sich nichts ändern“, bemerkte er gelassen. „Wir müssen auf Eravelle warten. Sie kennt als einzige den Weg.“

„Ich weiß“, brummte Zack, „aber es ist lästig.“

Dana saß schweigsam auf einen Stapel Baumstämme und ließ gedankenverloren die Beine baumeln, bis schließlich Lydia neben ihr Platz nahm.

„Ich bin gespannt auf deinen Bruder“, meinte die Geschichtenerzählerin.

Dana schaute sie abschätzend an, erwiderte jedoch nichts.

„Wie auch immer er sein wird“, fuhr Lydia fort, „ich bin sicher, dass er dich trotz allem wieder erkennt.“

„Ich hoffe, du hast recht.“ Dana biss sich leicht auf die Unterlippe. Lydia hatte eine Befürchtung ausgesprochen, welche die Elbin insgeheim hegte: Würde ihr Bruder sie überhaupt erkennen? Und wenn ja, würde er sich darüber freuen sie zu sehen?“

„Ich bin sicher, dass alles gut wird“, sagte Lydia mit einer Zuversichtlichkeit, die sie nicht empfand.

Jules blickte plötzlich auf. „Seht mal.“

Eravelle kam gemessenen Schrittes aus die kleine Gruppe zu. Die Kleidung, die sie trug war zwar reisetauglich, aber eigentlich viel zu kalt für diese Jahreszeit. Daran schien sich Eravelle jedoch nicht im Geringsten zu stören.

„Wie ich sehe, seid ihr vollzählig.“

„Nicht ganz“, warf Alvar ein. „Die Priesterin wird uns ebenfalls begleiten.“

Alle Augen richteten sich auf den Elben.

„Estela?“, rief Zack erstaunt. „Bist du von allen guten Geistern verlassen? Jemandem wie ihr kann man nicht trauen.“

Alvar blieb ruhig. „Das mag sein, aber mir ist es lieber, wenn sie in unserer Nähe bleibt, als wenn sie uns heimlich verfolgt – und das würde sie mit Sicherheit tun."

Zack wollte protestieren, doch Dana legte ihm eine Hand auf den Unterarm. „Er hat recht“, sagte sie. „Außerdem ist sie stark. Vielleicht kann sie uns eine Hilfe sein.“

„Ich wünschte, ich könnte so optimistisch sein wie du“, seufzte Zack.

Optimistisch fühlte sich Dana nicht unbedingt, aber sie nickte.

„Mir ist egal, wer uns begleitet, solange derjenige sich beeilt“, warf Eravelle mit hörbarer Ungeduld in der Stimme ein.

„Habe ich euch warten lassen?“, fragte unvermittelt eine heitere Stimme hinter ihnen. Ungeniert grinste Estela ihnen zu. Ihre Kleidung war nicht nur zu kalt, sondern auch mehr oder weniger reiseuntauglich.

Und mal wieder viel zu tief ausgeschnitten, wie Zack errötend bemerkte.

„Dann können wir ja endlich aufbrechen. Wir haben schon zu viel Zeit verschwendet“, sagte Eravelle ungehalten, wobei sie Estela einen giftigen Blick zuwarf.

„Kommt es jetzt wirklich auf ein paar Minuten an?“, erkundigte sich Jules unüberlegt.

Eravelle hatte sich wieder gefangen und trotzdem wandte sie sich nur langsam zu Jules um. „Ein paar Minuten können bei Mellryns derzeitigem geistigen Zustand entscheidend sein.“
 

Allein schon die Reise schien sich schwieriger zu gestalten, als die Gefährten es vermutet hatten, denn der kürzeste Weg führte erneut durch die Berge, die sich ihnen tief verschneit und unbarmherzig zeigten.

Trotz allem ließ sich Eravelle nicht von dem direkten Weg abbringen, zu groß war ihre Sorge um Mellryn.

Nach einer Weile des Schweigens versuchte Dana Eravelle in ein Gespräch zu verwickeln.

„Wie hast du meinen Bruder überhaupt kennen gelernt?“, fragte die Elbenprinzessin neugierig.

„Das ist privat“, schmetterte die Angesprochene die Frage knapp ab.

Empört schnappte Dana nach Luft – sie hatte nur höflich sein wollen. Und noch ein zweites Gefühl gesellte sich dazu. Eines, das sie lieber nicht verspürt hätte: Eifersucht. Sie war eifersüchtig, weil Eravelle ihren Bruder so viel besser kannte als sie selbst.

Lydia, die etwas weiter hinten ging, blickte nach vorn. „Sieht nicht so aus, als ob die beiden sich in naher Zukunft anfreunden“, seufzte sie.

„Vielleicht erleben wir ja alle noch ein Wunder“, meinte Alvar, auch wenn er daran eigentlich nicht glaubte.

Lydia zog einen Mundwinkel nach oben. „Träum weiter. Die zwei…“ Erschrocken brach sie ab, als sie tief in den Schnee einsank.

Alvar blieb stehen und half ihr dann mit besorgtem Blick auf. „Du musst aufpassen“, flüsterte er.

„Ich weiß“, entgegnete Lydia sichtlich verlegen.

Alvar nickte langsam und legte dann einen Arm um sie. „Besser du bleibst in meiner Nähe. Ich habe weniger Probleme mit dem Schnee.“

Lydia errötete und war ausnahmsweise einmal sprachlos.

Jules, der die Szene mit angesehen hatte, staunte nicht schlecht. „Wer hätte das gedacht“, murmelte er vor sich hin.

„Hm?“ Zack, der sein Gebrabbel nicht richtig verstanden hatte, blickte ihn fragend von der Seite an.

Schnell winkte Jules ab. „Ach, nichts weiter. Ich habe bloß laut gedacht.“
 

Nach einer ganzen Weile blieb Eravelle stehen – völlig unvermittelt, wie es im ersten Augenblick erschien. „Es schneit!"

Zack rollte mit den Augen. „Was du nicht sagst?! Das ist uns auch schon aufgefallen.“

Eravelle überhörte den Sarkasmus in seiner Stimme. „Wir sollten besser irgendwo Schutz suchen, denn nicht mal ich vermag zu sagen, ob wir noch auf dem richtigen Weg sind bei diesem Schneegestöber.“

Und tatsächlich nahm der Schneefall rasend schnell zu, bis man kaum noch die Hand vor Augen erkennen konnte. Das Vorankommen wurde noch zudem erschwert, da man auf den frisch gefallenen Flocken nur schwerlich Halt fand.

Dana wäre gern weiter gegangen, aber wenn selbst die ungeduldige Eravelle es für besser hielt, eine Rast einzulegen, musste sie sich geschlagen geben.

„Da vorn scheint eine Höhle zu sein“, bemerkte Dana.

Jules kniff die Augen zusammen. „Faszinierend.“ Er blinzelte. „Im Gegensatz zu dir sehe ich nicht mal, wo da vorne ist.“

„Sie hat recht“, bestätigte auch Alvar und deutete mit der Hand in die entsprechende Richtung. „Dort können wir für eine Weile Schutz suchen.“
 

In besagter Höhle lag zwar etwas Holz herum, aber dieses war dummerweise viel zu feucht, um damit ein Feuer entfachen zu können. So blieb der Gruppe nichts anderes übrig, als ein wenig enger zusammen zu rücken.

Wenigstens gelang es Eravelle, den Höhleneingang mit Hilfe ihrer Magie zu verschließen.

„Es wird schon Abend“, sagte sie. „Besser, wir bleiben bis zum Tagesanbruch hier.“

Dana ließ sich an der Seite ihres Ziehbruders nieder und sagte eine ganze Weile nichts.

Zack war es schließlich, der das Schweigen brach. „Hast du Angst?“, fragte er.

Dana lächelte humorlos. „Ich wäre verrückt, wenn ich keine Angst hätte bei dem, was wir vorhaben“, antwortete sie.

Verlegen rieb Zack sein Kinn an der Schulter. „Ja, vermutlich hast du recht. Trotzdem, ich würde dich gern bald mal wieder lächeln sehen… richtig lächeln, meine ich.“

Dana blinzelte überrascht. „Tut mir leid“, seufzte sie. „Ich hoffe ja auch, dass es bald wieder einen Anlass zur Freude gibt.“

Zack nickte. „Den gibt es ganz bestimmt.“

Dana fragte sich, ob er das nur so sagte oder ob er es wirklich so meinte. Sie sprach diesen Gedanken jedoch nicht laut aus, da sie sich vor der Antwort fürchtete. Um sich abzulenken, schaute sie sich unter den Anwesenden um.

Jules und Estela dösten bereits vor sich hin, während Eravelle am Eingang einsam Wache hielt. Was sie am meisten erstaunte, war allerdings, wie gut sich Lydia und Alvar in letzter Zeit zu verstehen schienen.

Seit wann sind die beiden so dicke Freunde, fragte sie sich im Stillen.

Die Elbenprinzessin grübelte noch eine Weile darüber nach, bis ihr letztendlich die Augen zufielen und sie an Zacks Schulter einschlief. Die Reise war doch anstrengender, als sie sich hatte eingestehen wollen.
 

Eravelle war es, welche die anderen am nächsten Tag schon bei Sonnenaufgang weckte. Sie drängte zur Eile und auch das Frühstück sah aufgrund von Feuermangel eher karg aus.

Zacks Magen knurrte, doch er beschwerte sich nicht weiter.

„Ich bin schon angenehmer gereist“, murrte Estela an seiner Stelle.

Die Priesterin streckte sich ausgiebig und trat dann an den Eingang, um hinaus zu blicken. „Damit hätten unsere Probleme noch zugenommen.“

Jules linste an ihr vorbei. „Wieso?“, wunderte er sich. „Es sieht doch alles ganz friedlich aus.“

In der Tat schien am diesen Tag wieder die Sonne. Die Strahlen funkelten regelrecht auf dem frisch gefallenen Schnee.

Estela bedachte den jungen Mann mit einem beinah nachsichtigem Blick. „Nun, du wirst es schon noch sehen.“

Dass sie mit ihren Worten recht behalten sollte, ahnte zu diesem Zeitpunkt noch niemand…
 

Die Gefährten waren noch gar nicht weit gekommen, als erneut ein eisiger Wind auffrischte.

Zack zog seinen Mantel enger um sich. „Es wäre ja auch zu schön gewesen“, brummte er.

Dana blickte gedankenverloren zum Bergwipfel hinauf, der nun wieder hinter einer Wolkenschicht verborgen war. „Es ist fast so, als wolle der Berg uns aufhalten.“

Eravelle schüttelte nachdrücklich den Kopf. „Nein, der Berg ganz bestimmt nicht“, meinte sie vieldeutig, doch blieb sie den anderen die Erklärung schuldig.

Sie kam ohnehin nicht dazu, weiterzusprechen.

Ein Grollen ließ die Gruppe innehalten.

Verwirrt sah sich Dana in alle Richtungen um. „Wo kam das her?“

„Verdammt“, fluchte Estela leise, die als eine der ersten die Situation begriff. „Jetzt wird es ungemütlich.“

Plötzlich wurde das Grollen nahezu ohrenbetäubend und der ganze Berg schien zu erzittern.

Eravelle packte Jules am Arm, da dieser ihr am nächsten stand, und zog ihn zurück. „Alle an die Felswand“, befahl sie.

Zack erbleichte sichtlich. „Eine Lawine?!“

Und dann ging alles ganz schnell…
 

Jules schlug die Augen auf, doch diese mussten sich erstmal wieder an die Helligkeit gewöhnen. Stöhnend setzte er sich auf. Als er wieder etwas sehen konnte, waren nur noch Estela und Eravelle bei ihm.

Durch ihre Magie hatten die beiden kaum einem Kratzer abbekommen.

Jules sah sich um – vergeblich. „Wo sind die anderen?g, fragte er mit brüchiger Stimme.

Eravelle merkte erst jetzt, dass er bei Bewusstsein war und wandte sich mit ernstem Blick zu ihm um. „Nicht hier, aber hoffentlich noch am Leben“, sagte sie bloß.
 

End of Part 26
 

Eine Frage an die werten Leser:

Wird eine Benachrichtungs-ENS bei jedem neuen Kapitel gewünscht?

Wenn ja, bitte einfach melden. ;)

Folgen der Lawine

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 27 von ?

Warning: bislang keins
 


 


 

Garim und Ganta waren nach Eravelles Auftritt davon überzeugt, dass es wohl auch einfach unfreundliche Elben geben musste.

Diese Tatsache überraschte Ganta ein wenig, denn ihm wurde das schöne Volk stets als sanftmütig und freundlich beschrieben. Jedoch hatte er selbst bisher auch noch nie Bekanntschaft mit dieser Rasse gemacht und so kam er einfach zu dem Schluss, dass sich die älteren Zwerge geirrt haben mussten.

Allerdings musste der „junge“ Zwerg zugeben, dass Elbenfrauen durchaus sehr schön waren.

„Also, die Elbin, die ich suche, war deutlich netter“, brummte Garim, während sie weitergingen.

Noch hatten sie Dana nicht gefunden, und natürlich hatten die beiden Zwerge auch keine Ahnung, dass sie der unfreundlichen Eravelle einfach nur hätten folgen brauchen.

Stattdessen schlenderten sie durch Rawena und fragten schließlich einen jungen Mann, der gerade auf sie zukam, ob er die Elbin kennen würde.

Sie bekamen die Auskunft, wo Dana wohnte und die beiden Zwerge machten sich auf zu dem Haus von Sania und Migal.

Und natürlich war die Freude der beiden nicht gerade groß, als sie anschließend erfuhren, dass sie Dana nur knapp verpasst hatten.

Und so blieb ihnen nichts anderes übrig, als der Elbenprinzessin in die Berge zu folgen.
 


 

Die überraschende Lawine hatte Alvar und Lydia ein weites Stück den Abhang wieder hinunterrutschen lassen.

Zum Glück war der Elb geistesgegenwärtig genug gewesen, sofort einen Schutzschild um sich und Lydia zu legen, so dass ihnen nichts weiter geschah und sie sich nur etwas mühselig aus dem Schnee buddeln mussten.

„Verdammt“, grummelte die Geschichtenerzählerin ein wenig verärgert, als sie sich endlich befreit hatten.

„Ich hätte nicht gedacht, dass schon der Anfang unserer Reise solche Gefahren für uns bereit hält.“

„Das hätten wir wohl alle nicht“, stimmte ihr Alvar zu.

Er sah sich bereits nach den anderen um, konnte jedoch niemanden entdecken. Und sein Spürsinn sagte ihm, dass auch niemand in der Nähe war.

„Ich hoffe, den anderen geht es gut“, sagte Lydia, die sich natürlich Sorgen um den Rest der Gruppe machte.

„Nun, das kann ich nicht sagen. Ich spüre niemanden von ihnen in der Nähe. Aber wir sollten uns nun überlegen, wie wir sie finden.“

Zu seinem Bedauern war eins der Pferde, die er gekauft hatte, bei der Lawine ums Leben gekommen und das andere, das bei ihnen war, verletzt. So hatten sie also schon mindestens eins der sechs Tiere verloren und Alvar war nicht sicher, ob er das andere retten konnte.

Er fragte sich, wo die anderen vier Pferde geblieben waren, denn sie waren augenscheinlich nicht in ihrer Reichweite.

Zum Glück hatte er sein Verbandszeug dabei, womit er das verletzte Tier erst einmal versorgen konnte. Der Elb war froh, dass zumindest die Beine nicht gebrochen waren.

„Ein Jammer“, fand Lydia, „dass der Wallach tot ist.“

„Ja. Aber das können wir nicht ändern. Hoffen wir, dass die anderen Pferde noch leben und nicht allzu sehr verletzt sind.“

Die Geschichtenerzählerin nickte nur und begann, ihr bisschen Gepäck von dem toten Reittier zu lösen und sich selbst auf den Rücken zu schnallen.

Sie war froh, dass sie stets mit leichtem Gepäck zu reisen pflegte. Sonst wäre sie gar nicht in der Lage gewesen, sich noch zu bewegen.

„Hm“, brummte Alvar schließlich. „Das Tier wird’s überstehen, aber reiten können wir im Moment nicht auf ihm.“

Lydia unterdrückte einen Seufzer. Reiten konnten sie in dem hohen Schnee bisher meistens eh vergessen, aber sie hatte gehofft, andere Teile der Strecke etwas schneller zurücklegen zu können.

„Kopf hoch“, meinte der Elb, als er Lydias zerknirschtes Gesicht sah. „Wir werden schon irgendwie voran kommen.“

Er lächelte aufmunternd und strich ihr über die Wange, was das Gesicht der Geschichtenerzählerin ein wenig erröten ließ.

Sie wusste nicht, warum, aber ihre Zuneigung zu dem Elben wuchs immer mehr. Sie mochte ihn einfach.
 


 

Dana brummte der Schädel, als hätte sie die Nächte davor literweise Alkohol in sich hineingeschüttet, nachdem sie sich endlich aus dem Schnee befreit hatte und verschnaufen konnte.

„So ein Mist“, ärgerte sie sich und hielt Ausschau nach ihren Gefährten.

Doch wie es der Zufall wollte, sah sie niemanden. Sie war völlig allein.

„Das darf nicht wahr sein!“, rief sie halb verzweifelt, halb verärgert aus und es fiel ihr schwer, Ruhe zu bewahren.

Sie fror entsetzlich, denn der Schnee war in jede erdenkliche Ritze ihrer Kleidung geraten und ließ nun alles nass werden. Obwohl sie sich sofort abklopfte, konnte sie nicht verhindern, dass sie völlig durchweicht war.

Soweit das Auge reichte, war nur weiße Masse zu erkennen, und nach der Entfernung des Berggipfels zu urteilen schien sie eine weite Strecke des langen Weges wieder hinuntergerutscht zu sein.

„Was soll ich denn jetzt machen?“, fragte sie sich und heiße Tränen sammelten sich in ihren Augen.

Die Lawine hatte sie alle völlig überrascht und sie war sicher, dass es niemand geschafft haben würde, ihr zu entkommen.

„Zack?“, rief sie probehalber, so laut sie konnte, doch sie bekam keine Antwort.

„Lydia?“, versuchte sie es weiter, doch sie konnte rufen, so viel sie wollte, sie bekam keine Rückmeldung.

„Verdammt…“

Was war, wenn sie als einzige überlebt hatte? Und sie die anderen nun niemals wiedersehen konnte?

Dieser Gedanke machte ihr Angst und sie zwang sich zu hoffen, dass sie die anderen bald finden würde.

Sie vermutete, dass die anderen versuchen würden, den letzten gemeinsamen Standpunkt zu erreichen. Ihr war bereits aufgefallen, dass das Pferd, das ihre Sachen getragen hatte, nicht bei ihr war, aber als sie ein ganzes Stück wieder hinauf gestapft war, konnte sie drei Pferdehufe aus dem Schneehaufen herausragen sehen.

„Oh nein!“

Sofort begann sie damit, das Tier nur mit ihren zum Glück behandschuhten Händen auszubuddeln, was mühselig war und lange dauerte, denn der Schnee war schon zum Großteil zusammengefroren.

Ihre Befürchtung bewahrheitete sich dann, als sie es geschafft hatte, den Kopf des Pferdes freizuräumen – es war tot.

Ihre Gedanken wanderten sogleich zu Zack, Lydia, Jules und den anderen Gefährten. Sie hoffte, dass niemand unter dem Pferd begraben war und unterdrückte nur mühsam die aufkeimende Panik.

Sie buddelte weiter, so viel sie konnte, fand ihren kleinen Rucksack und den abgerissenen Sattel und war heilfroh, dass sie sonst nichts weiter fand. Offenbar war niemand sonst hier gestorben.
 


 

„Dana! Lydia! Jules!“

Zack brüllte sich bereits seit einiger Zeit die Seele aus dem Leib, doch er hatte niemanden sonst gefunden. Auch er war völlig allein.

Jedoch hatte Danas Ziehbruder Glück im Unglück gehabt, denn drei Pferde waren bei ihm gewesen, die seine Befreiung aus dem Schnee einfacher gemacht hatten.

Und zu seinem großen Glück waren auch alle drei putzmunter, wenn man von den Schürfwunden absah, die sie sich zugezogen hatten.

Der junge Mann selbst hatte sich das Handgelenk verstaucht, ansonsten war auch ihm nichts weiter passiert.

Natürlich machte er sich Sorgen um das Wohl der kleinen Reisetruppe und hoffte, dass er die anderen wohlbehalten finden würde.

Die grässliche Lawine hatte ihn am weitesten mit nach unten gerissen und so würde er es auch am Schwierigsten haben, wieder nach oben zu kommen, dorthin, wo sie überrascht worden waren von dieser Naturgewalt.

„Hoffentlich ist alles okay“, murmelte er und machte sich dann auf den beschwerlichen Weg.
 


 

Auch wenn er wenigstens Gesellschaft hatte, so hatte Jules doch wohl das schlimmste Los von allen gezogen.

Estela und Eravelle konnten einander nicht ausstehen und so stritten sie sich darum, was sie als nächstes tun sollten und welcher Schritt wohl am Sinnvollsten war.

Jules hielt es für klüger, sich aus den Streitereien herauszuhalten und wünschte sich einfach nur, seine Freunde mochten bald wieder zu ihnen stoßen.

Die Sorgen, die er sich um den Verbleib seiner Gefährten machte, konnte er nicht verbergen, aber was sollte er schon alleine tun? Es war sicherer, bei den beiden Streithähnen zu bleiben und mit ihnen gemeinsam nach den anderen zu suchen.

Die Pferde waren alle sechs verschwunden und damit auch das Meiste des Gepäcks, was ihn am Meisten betrübte, denn er hatte extra eine Schaufel eingesteckt, die ihnen im Falle des Falles hätte helfen können, einen der anderen aus dem Schnee zu holen.

So stand er mit leeren Händen da und kam sich nutzlos vor, während die beiden Frauen sich kabbelten.

„Wir sollten hier auf die anderen warten, sie kommen sicher wieder hoch!“, war Eravelles Meinung, während Estela vorschlug, dass sie nach dem Rest der Gruppe suchen sollten.

„Wir wissen nicht, ob ihnen was ernsteres zugestoßen ist. Vielleicht sind sie nicht in der Lage, wieder hier heraufzukommen, verdammt!“, meinte die Priesterin.

„Aber wir können hier nicht weg! Wenn sie hochkommen und wir sind nicht mehr da, dann laufen wir nur aneinander vorbei!“

Beide Seiten hatten gute Argumente und eine Einigung war noch lange nicht in Sicht.
 


 

End of Part 27

Feind in Sicht

Alles wird sich ändern

Author: Bina-chan86

Part 28/?
 


 

Aufgrund der unvereinbaren Persönlichkeiten von Eravelle und Estela stritten die beiden noch eine gute Stunde weiter ohne zu einer Lösung zu gelangen.

Jules kam das alles wie Stunden vor, doch er wagte es nicht, sich den Frauen in den Weg zu stellen. Denn die zwei waren – jede auf ihre Art – gefährlich.

„Jetzt reicht es mir aber!“, stieß Eravelle plötzlich hervor. Sie wandte sich dabei so abrupt um, dass ihre rabenschwarzen Locken im Wind tanzten. Die Hände waren zu Fäusten geballt und die Schultern angezogen. Auf diese Weise wirkte die Elbin viel jünger als sonst.

„Hm?“, machte Estela und zog die Augenbrauen zusammen.

Diesen kurzen Moment der Unachtsamkeit nutzte Eravelle zu ihren Gunsten aus und verpasste Estela einen Tritt.

Für eine Sekunde überrascht, dann fluchend, rutschte die Dämonenpriesterin ein Stück weit den Abhang hinunter.

„Wenn du die anderen unbedingt suchen willst, dann such sie ALLEIN“, fauchte Eravelle hinterher.

Jules zog erschrocken die Luft ein. „Bist du übergeschnappt?!“ Dicht am Abhang kniete er sich in den Schnee und spähte in die Tiefe. Zu seiner großen Verwunderung war Estela nur wenige Meter unter ihnen in einer Schneewehe gelandet – mehr oder weniger sanft. Mit großen Augen blickte sich der junge Mann zu Eravelle um.

„W… wie konntest du das wissen?“, stammelte er. „Du hast nicht mal hingesehen.“

Eravelle zuckte mit den Schultern. Rein äußerlich wirkte sie nun wieder vollkommen gelassen. „Man muss nicht unbedingt etwas sehen, wenn man etwas erkennen will. Früher oder später wirst du das auch noch verstehen, Mensch.“ Sie wollte noch weiter sprechen, jedoch hielt sie inne, als ein Schatten auf sie fiel.

Diesmal handelte es sich unglücklicherweise nicht um Wolken. Estela hatte offensichtlich mit Hilfe ihrer Zauberkraft eine Wand aus Schnee entstehen lassen, die sie nun ohne Vorwarnung auf Eravelle hinabsausen ließ.

Die Elbin wurde augenblicklich begraben. Allerdings kam sie recht schnell wieder zum Vorschein. „Was erdreistest du dich…?“, brachte sie empört hervor.

Estela setzte derweil ihre beste Unschuldsmine auf. „Eigentlich hast du recht“, wechselte sie das Thema, „ich sollte die anderen wirklich allein suchen gehen. Ihr wärt mir ja doch nur ein Klotz am Bein.“

Jules schlich sich leise aus der Schussbahn.

Die sind beide gruselig, dachte er unbehaglich.
 

Etwa zur selben Zeit stapfte Zack durch den Schnee. Missmutig, denn er war bereits ein paarmal bis zur Hüfte im Schnee versunken. Das Gelände war unwegsam und er kam nur langsam voran. Auch sein Handgelenk schmerzte inzwischen stärker, als ihm lieb war. Auf diese Weise konnte er seine linke Hand kaum gebrauchen.

„Mist“, brummte Zack, als er beim nächsten Schritt bis zu den Knien versackte. Mühsam kämpfte er sich wieder hervor, und während er sich anschließend den Schnee von der Kleidung klopfte, entdeckte er etwas, das seine Aufmerksamkeit erregte. Er musste näher herangehen, um Genaueres erkennen zu können. Es waren Spuren im Schnee – Fußabdrücke. Dass sie noch vorhanden waren, konnte nur bedeuten, jemand war nach der Lawine hier vorbeigekommen.

Skeptisch zog Zack die Augenbrauen hoch. Irgendetwas war merkwürdig an den Abdrücken.

Dann ging ihm ein Licht auf: Diejenigen, die an dieser Stelle gewesen sein mussten, waren – ganz im Gegensatz zu ihm selbst – kaum eingesunken.

So etwas vermochte eigentlich nur ein Elb. Dabei konnte es sich allerdings nicht um Dana, Alvar oder gar um Eravelle handeln, denn dazu waren es einfach zu viele Spuren.

Zack beschlich ein furchtbarer Verdacht.

Die Azi Dahaka, dachte er bestürzt.

Es war ihnen also tatsächlich bereits jemand auf die Schliche gekommen.
 

Von dem neuen Problem ahnte Dana nichts.

Momentan konzentrierte sie sich nur aufs Vorankommen, was ihr jedoch leichter fiel, als sie es anfangs vermutet hatte. Ihre angeborenen elbischen Fähigkeiten ließen sie diesmal nicht im Stich.

Wird ja auch Zeit, dass ich wenigstens ein einziges Mal bei etwas Glück habe, dachte sie grimmig.

Gleichzeitig fragte sie sich aber, wie es ihren Gefährten ergangen war. Je mehr Zeit verging, desto besorgter wurde sie.

Aus Fremden waren mittlerweile Vertraute geworden und Dana wollte sie nicht verlieren.

„Also weiter“, spornte sich die Elbenprinzessin selber an und setzte entschlossen einen Schritt vor den anderen.
 

„Und du bist sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind?“

Alvar musste wider Willen schmunzeln. „Erstmal nach oben, dann sehen wir weiter“, erklärte er.

Inzwischen hatte der Elb ein Stück entdeckt, wo der Schnee gefestigter war und man sich somit leichter fortbewegen konnte. Prüfend strich er mit den Fingern über die ungleichmäßigen Formen. „Hier müsste es gehen“, befand er und zog das Pferd hinter sich her.

Auffordernd hielt er Lydia die andere Hand hin. „Wir schaffen das schon“, sagte er zuversichtlich. „Immerhin sind wir ja zusammen.“

Das Wort ‘zusammen’ ließ Lydia für einen Moment lang die Luft anhalten. Sie zögerte und ließ sich dann von ihm helfen. „Ich wünschte, ich hätte deine Zuversicht.“

Alvar blickte sich zu ihr um. „Vertrau mir einfach.“

Vertrauen? Das sollte Lydia leichter fallen, als sie glaubte.
 

Auf diese Weise schafften es Alvar und Lydia tatsächlich ein ganzes Stück weiter den Berg hinauf. Doch wo man auch hinsah – nur weiß. Es wirkte, als hätte man alles mit einem Bettlaken eingehüllt.

Die Welt liegt im Schlaf versunken, kam es Lydia in den Sinn.

Aber man gewöhnte sich daran – an den Wind, an die Kälte und an das beständige Knacken des Untergrundes.

Lydia biss sich leicht auf die Unterlippe und schüttelte den Kopf. Sie wusste, dass gerade dieses ‘Gewöhnen’ gefährlich war.

Völlig unvermittelt blieb Alvar stehen. Er lauschte vollkommen reglos und schloss konzentriert die Augen.

Was ist los?, fragte sich Lydia alarmiert.

Sie wagte es jedoch nicht, laut danach zu fragen.

Alvar machte einen schnellen Schritt zur Seite und zog sie dabei mit sich.

Knapp an ihnen sauste ein Pfeil vorbei und blieb im gefrorenen Boden stecken.

Dem Pferd wurde das zu viel und es nahm Reißaus.

„In Deckung“, stieß Alvar geistesgegenwärtig hervor. Er schob Lydia hinter eine Schneewehe und schaute sich dann in alle Richtungen um. Zunächst konnte er niemanden erkennen, er konnte lediglich jemanden spüren.

Sein Blick fiel in die Richtung, aus welcher das Geschoss gekommen sein musste.

Dann endlich sah er sie. Die Azi Dahaka und sie waren zu fünft.

Es gab keinen Weg, um zu entkommen, also blieb Alvar nur eine Wahl.

„Bleib hier“, raunte er Lydia zu.

„Was hast du denn vor?“, fragte diese erschrocken.

„Vertrau mir einfach“, wiederholte Alvar seine Worte von zuvor. Gemessenen Schrittes trat er hervor und stellte sich den Angreifern.

Niemand sagte etwas, aber das war auch nicht nötig, denn es lag auch so eine Drohung in der Luft.

Sie haben uns also gefunden, dachte Alvar.

Er vermutete, dass sie Eravelle heimlich gefolgt sein mussten. Und während er darüber nachsann, betrachtete er die kleine Gruppe eingehend.

Es waren hoch gewachsene Elben mit langen Haaren und unbewegten Mienen. Ein jeder von ihnen trug entweder einen Bogen oder ein langes, elegantes Schwert bei sich.

Ohne Magie würde Alvar nicht gewinnen können. Er ging zum Angriff über, ehe es einer von ihnen tun konnte. Auf diese Weise brachte er zwei Feinde zu Fall, musste dann aber selbst einem Pfeil ausweichen.

Sie schossen mit einer unglaublichen Präzision, aber das wunderte ihn nicht weiter.

„Gwarth“, schleuderte Alvar ihnen wütend entgegen. Verräter.

Der Elb hatte seine Magie über viele Jahre erprobt und er hatte nicht vor, sich nun, wo es darauf ankam, so einfach überrumpeln zu lassen. Außerdem war er ja nicht allein…

Aber es blieb ihm nicht viel Zeit, seine Zauber zu wirken, denn die Angreifer waren schnell.

Und dann geschah es… Einer der Azi Dahaka verstand sich ebenfalls auf Magie und brachte Alvar zu Fall.

Jetzt habe ich mich doch überrumpeln lassen, dachte der Elb mit zusammengebissenen Zähnen.

Einer der Abtrünnigen kam auf ihn zu und setzte ihm die Schwertspitze an die Kehle. „Dein Widerstand wird dich teuer zu stehen kommen“, sagte er.

Das war das erste – und vielleicht das letzte – was Alvar von seinen Feinden zu hören bekam.

Lydia hatte die Szene aus ihrem Versteck aus entsetzt mit angesehen. Sie ballte die Hände zu Fäusten, um zu verbergen, wie sehr diese zitterten. Und plötzlich wusste sie, ob sie es im entscheidenden Moment schaffen würde, ihren Mut wieder zu finden.

Ihre Finger gruben sich tief in das Eis neben ihren Füßen. Ohne darüber nachzudenken schleuderte sie den Schneeball direkt in das Gesicht desjenigen, der Alvar bedrohte.

„Nimm deine Finger von ihm!“

Der Azi Dahaka stolperte fluchend einen Schritt zurück und wischte sich dabei übers Gesicht.

Alvar nutzte diese Unaufmerksamkeit und wandte einen Zauber auf den Dolch an, den er stets bei sich trug. Diesen stieß er tief in den Körper seines Gegners.

Die Verwirrung griff auf dessen Gefährten über und so gelang es Alvar, auch diese zu attackieren. Sie leisteten erbittert Widerstand, doch ohne ihren Magier waren sie verunsichert und Alvar gewann nach und nach die Oberhand.

Einer der Azi Dahaka konnte sich dennoch retten und seine Wut konzentrierte sich nun auf Lydia.

Die Geschichtenerzählerin hatte nicht die Kraft sich zu wehren, als er sie bei der Kehle packte.

„Dafür stirbst du“, zischte er.

Lydia wurde von ihm in eine Spalte zwischen den Schneemassen gestoßen, ehe Alvar ihr zu Hilfe eilen konnte.

Und dann wurde alles schwarz…
 

Das erste, was Lydia spürte, als sie wieder zu sich kam, war der eisig kalte Wind. Doch da war auch Wärme.

Blinzelnd schlug sie die Augen auf. Sie wurde auf jemandes Rücken getragen.

„Alvar?“, brachte sie mit brüchiger Stimme hervor.

„Keine Sorge“, flüsterte der Elb, „ich bringe dich in Sicherheit.“

Lydia schaute sich um. Wie in aller Welt hatte Alvar sie wieder so weit den Berg hinauf bringen können, wo er doch zusätzlich ihre Last trug?

„Du solltest dich nicht zu viel bewegen“, fuhr Alvar fort. „Mindestens zwei Rippen sind gebrochen.“

Lydia spürte keinen Schmerz – nur das entfernte Echo eines Schmerzes. Sie war noch viel zu benommen.

Alvar deutete mit den Kinn nach vorn. „Ich habe eine Hütte gefunden. Dort kannst du dich ausruhen.“

„Hm…“ Lydia wollte seinem Blick folgen, aber ihren Augen fielen bereits wieder zu.

Unvorhersehbares Treffen

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir

übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 29 von ?

Warning: bislang keins
 


 

Estela stapfte fluchend den Berg hinab und hoffte, dass wenigstens einer der anderen ihr entgegenkommen würde. Aber leider hatte sie bislang Pech gehabt.

„Vielleicht sind sie ja auch abgekratzt, während diese doofe Elbin nichts getan hat“, überlegte sie und verwünschte Eravelle in Gedanken noch viel mehr, als sie es schon verbal getan hatte.

So langsam aber sicher begann es zu dämmern und die Priesterin bezweifelte, dass sie eine Chance haben würde, ihre Reisegefährten im Dunkeln zu finden, weshalb sie sich erst mal auf die Suche nach einem Unterschlupf begab. Zu ihrem Glück fand sie nach kurzer Suche eine Hütte.

Wie der Zufall es wollte, hatte sie damit auch Alvar und Lydia gefunden.
 

Alvar stand sofort alarmiert am Eingang der Hütte, als er Schritte hörte und war mehr als nur erleichtert, dass es kein wirklicher Feind war, als er die Priesterin erkannte.

Estela war zwar nicht wirklich diejenige, auf die er gehofft hatte, aber immerhin war sie nicht gänzlich fehl am Platz.

„Lebt ja doch noch wer“, begrüßte sie ihn und betrat dann die Hütte.

„Bist du allein?“, fragte er ohne Umschweife.

„Ja. Diese Elbenziege und der braunhaarige Bursche sind weiter oben, wo der Rest ist, weiß ich nicht.“

Der Elb hob fragend eine Augenbraue bei dem Wort ‚Elbenziege‘, aber eine eindeutige Grimasse Estelas machte deutlich, welche der beiden Elbinnen sie meinte.

Lydia lag derweil auf Alvars Mantel und ruhte sich ein wenig aus.

Die Einschätzung Alvars schien ganz richtig gewesen zu sein, was ihre Verletzungen betraf, und es machte ihr zu schaffen, nur unter Schmerzen Luft holen zu können.

Dennoch war sie froh zu hören, dass zumindest Jules am Leben war und es ihm offenbar gut ging. Trotzdem war ihr die Sorge um Zack und Dana anzusehen.

Natürlich entging der Priesterin nicht, dass die Geschichtenerzählerin verwundet war und sie war froh, ein wenig Verbandsmaterial in ihrem Rucksack zu haben.

„Die Lawine hat dich ja ganz schön erwischt“, murmelte sie, als sie auf Lydia zuging.

„Das war nicht die Lawine!“, gab diese zurück.

Estela sah sie überrascht an. „Was ist passiert?“

Alvar übernahm der Verletzten die Berichterstattung ab.

„Die Azi Dahaka haben uns angegriffen. Fünf Elben, bis an die Zähne bewaffnet.“

„Wie entzückend“, war Estelas Kommentar, während sie den Kopf schüttelte. „Das hat uns gerade noch gefehlt.“
 


 

„Woah, da muss ganz schön was runtergekommen sein!“

Garim staunte nicht schlecht, als er die Schneemassen sah, die am Fuße des Berges zum Stehen gekommen waren.

„Ob die Elbin verschüttet wurde?“, überlegte Ganta und sah seinen Onkel fragend an.

„Kann durchaus sein. Aber es hilft nichts, wenn wir das herausfinden wollen, müssen wir da wohl rauf.“

„Ich habs befürchtet“, seufzte der jüngere Zwerg ergeben.

Also machten sich die zwei auf den Weg.
 

An den Spuren las Zack, dass es ungefähr fünf Leute sein mussten, die ihnen folgten und er hoffte, dass er die anderen vor den Azi Dahaka erreichte.

Jedoch musste er einsehen, dass es keinen Sinn hatte, im Dunkeln herumzustapfen und ein Blick in den Himmel verriet ihm, dass er nicht mehr viel Zeit hatte.

Seine verletzte Hand verfluchend suchte er also nun ebenfalls erst mal nach einem Unterschlupf für die Nacht, als er auf einmal Rufe hinter sich hörte.

Er war mehr als überrascht, als er zwei kleine Gestalten und ein Pferd auf sich zustapfen sah.

Zack schloss aus, dass es sich bei diesen Leuten um Elben handeln könnte und war umso erstaunter, als er die beiden als Zwerge identifizierte.

„Garim Eisenfaust!“, rief er, als er endlich den älteren der beiden erkannte.

„Was machst du denn hier?“
 


 

Dana kam gut vorwärts und beschloss, trotz der Dämmerung und der bald hereinbrechenden Nacht weiterzugehen.

Was kann mir schon groß passieren, wenn ich vorsichtig einen Fuß vor den anderen setze?, fragte sie sich und vertraute dabei auch stark ihrem Instinkt, der sie nur selten betrog.

Um so überraschter war sie, als sie ein ihr bekanntes Gefühl übermannte.

„Eine Vision!“, brachte sie noch hervor, bevor sie auch schon in ihren sehenden Zustand fiel.
 

Dunkelheit. Ein enger, kalter Raum. Langes, dunkelbraunes Haar. Ein einzelnes, nachtblaues Auge, das sie hilfesuchend anstarrte. Worte, die so leise waren, dass sie sie nicht verstand, soviel sie sich auch darum bemühte – bis auf dieses eine, das sich stetig wiederholte.

„Schwester…“
 

Die Vision ebbte ab und Dana brauchte einige Momente, bis sie wieder ganz Herrin ihrer Sinne war.

„Was sollte mir das nun wieder sagen?“, fragte sie sich und noch immer klang ihr das eine Wort im Ohr, das sie verstanden hatte.

Und nun, da sie wieder im Vollbesitz ihres Geistes war, wurde ihr auch die Bedeutung dieses Wortes klar.

„Schwester? Dann war das eine Vision von meinem Bruder?“

Dieser Gedanke war vorherrschend in ihrem Kopf, und ohne es wirklich zu registrieren, stapfte sie weiter durch den Schnee.

Leider bemerkte sie die kleine Hütte nicht, als sie an ihr vorbeiging. Und so ahnte sie auch nicht, dass drei ihrer Reisegefährten ganz in ihrer Nähe waren.
 


 

Jules zog es vor, die dunkelhaarige Elbin nicht anzusprechen und auf keinen Fall ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Wer wusste schon, zu was diese Frau fähig war?

Eravelle schien ein wenig zu schmollen, weil sie Estela verbal unterlegen gewesen war und hing ihren eigenen Gedanken nach.

Der ‚braunhaarige Bursche‘ fragte sich, ob sie wohl an Danas Bruder dachte, dessen Rettung ja eigentliches Ziel dieser Unternehmung war.

Als beim Einbruch der Dunkelheit sein Magen anfing zu knurren, ärgerte er sich ein wenig über den Verlust sämtlicher Pferde, die den Großteil des Proviants getragen hatten.

In seinem eigenen Rucksack war nur ein Wasserschlauch und ein Stück Brot zu finden, das er liebend gern mit etwas Schmackhafterem getauscht hätte.

Ein grummelndes, ihm wohlbekanntes Geräusch neben ihm ließ ihn dann doch wieder zu Eravelle aufschauen und ohne es zu wollen, musste er ein wenig grinsen.

Offenbar konnte diese seltsame Frau auch Hunger haben.

Jules teilte das Brot in zwei Hälften und gab die eine an die Elbin weiter, die ihn daraufhin ein wenig verblüfft ansah.

„Danke“, murmelte sie und dann kramte sie schließlich in ihren eigenen Sachen, bis sie das Beutelchen gefunden hatte, in dem sie Trockenfrüchte aufbewahrt hatte.

Wie selbstverständlich gab sie ihm einen Teil davon ab und so genossen sie schweigend ihr karges Mahl, jeder seinen eigenen Gedanken nachhängend.

Und während Eravelle tatsächlich hauptsächlich an ihren Mellryn dachte, hingen Jules Gedanken bei seinen Freunden, von denen er hoffte, dass Estela sie heil mitbringen würde, sobald sie sie gefunden hatte.
 

„Au!“, beschwerte sich Lydia, als sich Estela um ihre Verletzungen kümmerte.

„Hör auf zu jammern!“, befahl diese und wickelte den Verband weiter.

Aufgrund der verletzten Rippen war Lydia dazu gezwungen gewesen, ihren Oberkörper zu entblößen und so hatten die beiden Frauen den männlichen Elben kurzerhand aus der Hütte geworfen.

„Du hast Glück, dass sie sauber gebrochen sind“, meinte die Priesterin, von der wohl niemand erwartet hatte, dass sie medizinische Kenntnisse besaß. „Die Heilung wird nicht allzu lange dauern.“

„Hoffen wir’s“, seufzte die Geschichtenerzählerin. „Diese Verletzung wird mich schon lange genug bei der Reise behindern.“

Endlich war die Rothaarige fertig mit Verarzten und Lydia konnte sich wieder anziehen. Diese Kälte war fast unerträglich.

„Das auf jeden Fall“, meinte Estela. „Vielleicht solltest du überlegen, wieder zurückzugehen.“

Diese Worte trafen die Blonde beinahe wie ein Schlag.

„Zurückgehen? Niemals! Ich mag vielleicht verletzt sein, aber aufgeben werde ich nicht!“

Estela schüttelte den Kopf. „Ich habe diese Worte schon erwartet“, sagte sie nur, bevor sie aufstand und den Elben wieder hereinrief.
 

End of Part 29

wieder vereint

Alles wird sich ändern

Author: Bina-chan86

Part 30/?
 

Diesmal war es Alvar, der Estela aus der Hütte scheuchte. Und das, obwohl er sich nicht sicher war, was er zu Lydia sagen sollte. Zögerlich trat er über die Schwelle und blickte sie unsicher mit seinen azurblauen Augen an, ehe er auf einem Möbelstück neben Lydias Lager platz nahm, das vermutlich mal ein Stuhl gewesen war.

„Alles in Ordnung?“, fragte Lydia, nachdem er eine Weile still dagesessen hatte.

Alvar musste über ihre Besorgnis lächeln – doch es war ein trauriges Lächeln. Dann schüttelte er den Kopf und flüsterte: „Solange es dir nicht wieder besser geht, ist gar nichts in Ordnung.g

Er nahm ihre kalten Finger in seine Hände, wobei er den Blick senkte, damit sie ihm nicht ins Gesicht sehen konnte.

„Ich habe gedacht, dass ich dich nur noch… tot bergen könnte“, fuhr er mit belegter Stimme fort. „Wie kannst du mir so einen Schrecken einjagen?“

Zu Alvars Überraschung schnaubte Lydia empört. Verwirrt schaute er sie an.

„Dasselbe gilt ja wohl für dich.“ Die Geschichtenerzählerin wollte die Arme verschränken, doch aufgrund ihrer Verletzung besann sie sich. „Ich bin gewiss nicht mit auf diese Reise gekommen, um mir anzusehen, wie du im Kampf verletzt wirst oder Schlimmeres. Ich bin ganz bestimmt keine Kämpferin, aber wenn ich etwas beitragen kann, werde ich nicht zögern, es zu tun. Besonders was dich betrifft…“

Das Letzte hatte sich gar nicht laut aussprechen wollen und so wandte sie zutiefst verlegen den Kopf ab.

„Lydia, ich…“, begann Alvar, doch die Angesprochene schnitt ihm das Wort ab.

„Estela!“, rief sie unüberhörbar. „Wir wollen jetzt gehen!“

Estela steckte neugierig den Kopf zur Tür herein. „Schon?“, wunderte sie sich. Was sie zu sehen bekam, verwirrte sie allerdings noch mehr.

Alvar versuchte mit Engelszungen Lydia zur Vorsicht zu ermahnen, aber diese nahm nicht mal seine Hilfe an, als sie sich von ihrem Lager aufrappelte. Sie musste zwar die Zähne zusammenbeißen, aber irgendwie würde es schon gehen.

Wie konnte ich so was nur sagen?, fragte sich Lydia mit klopfendem Herzen, als sie sich an der Dämonenpriesterin vorbei schob.

Estela zog die Augenbrauen zusammen und schaute dann zu Alvar hinüber, der wie ein begossener Pudel dreinblickte.

„Also jetzt verstehe ich gar nichts mehr“, seufzte sie.
 

Zack schaffte es als erstes zu Eravelle und Jules zurück.

Jules sprang sofort auf, als er seinen Freund erblickte. „Da ist Zack“, rief er überflüssigerweise. „Und zwei Pferde hat er auch retten können.“

Eravelle gab zur Abwechslung mal keinen schnippischen Kommentar ab, sondern blickte lediglich auf.

Freudestrahlend lief Zack ihnen entgegen. „Ein Glück! Ihr seid noch am Leben!“ Als er sich umblickte, wurde seine Freude jedoch getrübt. „Seid ihr allein?“

„Estela war noch bei uns“, erklärte Jules. „Aber sie ist inzwischen aufgebrochen, um die anderen zu suchen. Sie wird sie sicher bald finden.“

Zack ließ den Kopf hängen. „Falls sie noch leben.“

Eravelle erhob sich und war mit zwei schnellen Schritten vor Zack, der sie überrascht anstarrte.

„Sie sind noch am Leben“, verkündete sie unbeirrt. „Wären sie tot, hätte ich das längst gespürt und würde hier nicht länger meine Zeit vertrödeln.“

Zack zog eine Grimasse. „Wie nett!“

Langsam streckte Eravelle die Hand nach ihm aus. „Zeig mir dein Handgelenk“, sagte sie.

Überrascht blinzelte Zack. „Warum?“, wollte er wissen.

„Weil du verletzt bist“, lautete Eravelles pragmatische Antwort.

Widerwillig ließ Zack sie gewähren, fragte sich aber gleichzeitig, woher die Elbin davon wissen konnte. Er hatte seine Verletzung mit keinem Wort erwähnt. Allerdings durfte er sich bei ihr wohl über nichts mehr wundern. In seinen Augen war sie genauso merkwürdig wie Estela – wenn auch aus anderen Gründen.

Als Eravelle mit ihren Fingerspitzen seine Haut berührte, fühlte es sich für einen Moment so an, als würde das Blut in seinen Adern gefrieren. Erschrocken zog er seine Hand zurück.

„Wenn du das Gelenk noch ein wenig schonst, werden die Schmerzen schnell ganz verschwinden“, erklärte sie ungerührt.

Zack sah auf besagte Stelle hinab. Verwundert musste er feststellen, dass die Schmerzen tatsächlich nachließen. Misstrauisch betrachtete er Eravelle. „Ich habe dich immer so eingeschätzt, dass du vornehmlich Angriffszauber verwenden kannst.“

Eravelle schüttelte ganz leicht den Kopf. „Wenn man jemanden beschützen will, dann kann man es sich nicht leisten, nur Angriffe zu beherrschen.“

Zack brauchte nicht nachzufragen. Er wusste auch so, dass sie von Mellryn sprach – Danas Bruder.
 

Unterdessen hätte es Estela fast geschafft, Dana unter eine erneuten Lawine zu begraben.

Alvar und Lydia schafften es jedoch noch rechtzeitig, die voreilige Priesterin zurückzuhalten. Auch, wenn diese durch ihre Dämonenkräfte stark genug war, um Alvar an einem Arm hochzuheben.

„Es ist doch bloß Dana“, lenkte Lydia ein.

Estela gab sich unbeeindruckt und zuckte mit den Schultern. „Ich dachte, man würde uns angreifen“, rechtfertigte sie sich.

Dana warf ihr einen bitterbösen Blick zu, besann sich dann aber und konzentrierte sich lieber auf Alvar und Lydia. „Ich bin ja so froh, dass euch nichts passiert ist.“

„Nun ja, ‚nichts‘ wäre übertrieben“, wandte Lydia ein, ehe Dana ihr vor Freude um den Hals fallen konnte.

Die Elbin hielt inne und betrachtete ihre Freundin. „Du bist verletzt!“, stellte sie entsetzt fest. „Wie ist das geschehen?“

„Die Azi Dahaka uns gefunden“, erklärte Alvar ernst. „Ich war nicht schnell genug, deswegen…“ Er ließ den Satz unvollendet.

Dana wurde blass. „Wie konnten sie uns bloß so schnell finden?“ Sie hätte sich sehnlich gewünscht, dass ihre Stimme dabei fester klingen würde, aber das tat sie nicht.

Alvar begegnete ihrem Blick. „Das wissen wir leider auch nicht. Wir vermuten jedoch, dass sie Eravelle gefolgt sind“, erwiderte er. „Absichtlich hat sie diese Kerle sicherlich nicht zu uns geführt. Auch für sie hängt viel zu viel vom Gelingen unseres Vorhabens ab.“

„Sie würde uns nicht verraten“, stimmte Lydia ihm zu.

Dana atmete hörbar aus. „Aber ihr wisst, was das bedeutet?!“

Lydia nickte.

„Das würde bedeuten, dass die Azi Dahaka stärker sind, als wir vermutet hatten“, fügte Alvar hinzu.

Danas Finger schlossen sich enger um ihre Tasche, das einzige, was sie nach der Lawine hatte retten können. Entschlossen blickte sie in die Runde. „Dann sollten wir keine Zeit mehr verlieren und zu den anderen zurückkehren!“

Estela sagte nichts zu alledem. Sie musterte Dana lediglich verstohlen aus den Augenwinkeln.

War sie vorher schon so stark, oder warum habe ich ihre Kraft eben nicht wieder erkannt?, wunderte sie sich im Stillen.
 

Zack hatte festgestellt, dass Eravelle und Jules inzwischen regelrecht friedlich miteinander umgingen. Offensichtlich bot der umgängliche junge Mann keine Angriffsfläche für die Elbin.

Anders konnte Zack sich jedenfalls nicht erklären, warum die beiden auf einmal ganz harmlos miteinander plauderten.

Unwillkürlich schweifte sein Blick in die Ferne. Er kniff die Augen zusammen. „Halluziniere ich etwa schon…“, murmelte er vor sich hin und stand auf, um besser sehen zu können.

Jules hob den Kopf und beeilte sich dann, Zack das Fernglas zu geben, das er in seiner Tasche mit sich herumschleppte.

Dankbar ergriff Zack das Hilfsmittel und spähte hindurch. „Doch!“, entfuhr es ihm. „Das sind die anderen. Sie sind noch am Leben.“

In der schneebedeckten Umgebung wirkten Estelas karmesinrote Haare natürlich wie ein Leuchtfeuer.

„Das habe ich doch gesagt“, kommentierte Eravelle Zacks Bemerkung gelassen. „Damit wären wir wieder vereint.“
 

End of Part 30

Streit

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir

übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 31 von ?

Warning: bislang keins
 


 


 

Zack war heilfroh, seine Schwester unbeschadet in die Arme schließen zu können.

„Ich bin froh, dass wir wieder zusammen sind“, sagte er, als er sie an sich drückte.

„Und ich erst“, gab die Elbin zurück und umarmte nach Zack Jules, der genauso erleichtert aussah.

Zwar waren einige von ihnen verletzt und sie hatten zum Teil ihre Pferde verloren, aber sie hatten sich wiedergefunden.

Die Nacht war bereits hereingebrochen und machte ein Weiterkommen vorerst unmöglich, weshalb sie ein kleines Lager aufschlugen.

Dana war ganz froh über diese Ruhepause, denn der Aufstieg war anstrengend gewesen.
 

Die Zwerge, die Zack haben vorausgehen lassen, kamen nun auch endlich an und waren froh, dass sie eine vollständige Gruppe antrafen.

Lydia staunte nicht schlecht, als sie Garim erkannte.

„Was machst du denn hier?“, fragte sie den sonst so grimmigen Zwerg.

„Öhm“, machte dieser und überlegte, ob er nun schon seine Dankbarkeit Dana gegenüber aussprechen sollte, oder ob er dies lieber mit der Elbin unter vier Augen machte.

Ganta nahm ihm die Entscheidung ab.

„Mein Onkel muss sich bei der Elbenprinzessin noch für ihre großzügige Hilfe bedanken.“

Dana hob daraufhin fragend eine Augenbraue.

„Huch? Seid ihr mir nur deshalb gefolgt?“

Als Garim mit rotem Kopf nickte, wunderte sie sich nur noch mehr.

„Aber wieso denn das? Es ist ja nicht so, als ob du mir was schuldig wärst…?“

„Nun“, räusperte sich Garim, „ich habe mich nicht sonderlich dankbar gezeigt und ähm, das wollte ich wieder gut machen.“

Daraufhin war Dana ein wenig platt. Die Zwerge hatten eine so lange Reise auf sich genommen, nur, um ihr zu danken? Dieses Volk war wirklich seltsam!

„Nun“, sagte sie, „dann danke ich dir für deine Mühen und sage dir gern, dass du damit deine Pflicht getan hast.“

Ganta grinste, als sein Onkel nun verlegen nickte. Der alte Knabe war so was einfach nicht gewohnt.

Er wurde ‚gerettet‘, als nun zwei ziemlich hysterische weibliche Stimmen unerhört und vor allem laut herumfluchten und sich offenbar gegenseitig beschimpften, was die Aufmerksamkeit aller anderen auf sich zog.

„Wieso hast du nicht mal ein bisschen früher gesagt, dass du heilen kannst?“, keifte Estela die dunkelhaarige Elbin an, die sich an Lydia gewandt hatte.

„Wieso sollte ich?“, gab Eravelle zurück. „Du sagst über dich doch auch nichts?!“

„Was bildest du dir eigentlich ein, du Schnepfe?“, grummelte Estela, deren Augen wütend funkelten.

„Schnepfe? Oh, das bin ich also in deinen Augen, ja, du alte Dämonenschlampe?“, giftete die Elbin zurück.

„Ja! Eine hässliche, alte Schnepfe, die nicht in der Lage ist, Freunden zu helfen!“, knurrte Estela.

„Pah! Als ob du besser wärst als ich!“, murrte Eravelle, die sich nicht geschlagen geben wollte, obwohl die Priesterin eigentlich ins Schwarze getroffen hatte.

Da platze Dana der Kragen.

„RUHE! Alle beide! So, wie ihr hier rumbrüllt, löst ihr ja gleich die nächste Lawine aus! Und hört euch mal an! So viele niveaulose Worte habe ich noch nie auf einem Haufen gehört. Kriegt euch mal wieder ein, wir haben noch einen langen Weg vor uns – gemeinsam!“

Nicht nur Eravelle und Estela, auch der Rest der Gruppe starrte Dana nach ihrem Machtwort nun an, als wären sie im falschen Film.

War das wirklich die unsichere Elbenprinzessin, die da eben zwei Streithennen zum verstummen gebracht hatte?

„Was?“, knurrte Dana und Alvar beeilte sich, die Situation zu entschärfen.

„Wir… öhm… haben sicher alle Hunger, wir sollten vielleicht mal was essen!“, schlug er hastig vor.

„Keine schlechte Idee“, meinte Jules, der auf diese Rettung sogleich einging.

„Das Problem ist nur, dass mehr als die Hälfte des Proviants mit den Pferden auf und davon ist!“

„Nun ja“, meinte nun Zack, „ich habe hier in den Satteltaschen der beiden noch was gefunden. Es ist nicht viel, aber es reicht erst mal.“ Er kramte dabei in den Taschen herum, die die beiden Pferde getragen hatten.

„Keine Sorge“, mischte sich nun Garim ein, „wir haben auch noch was zu Essen dabei. Das können wir mit euch teilen.“
 

Estela und Eravelle gingen sich nun aus dem Weg, während die Gruppe nun bis zum nächsten Morgen ausharrte.

Jules, der recht ausgeruht war, hatte Wache gehalten und wurde später von Alvar abgelöst, der dann doch sehr erleichtert war, den Sonnenaufgang zu sehen, ohne dass etwas passiert war.
 

Nach einem schnellen Frühstück brachen sie wieder auf und kamen diesmal sogar gut voran.

Der Tag war klar und hell und keine einzige Schneeflocke fiel.

Sie rasteten nun ein wenig öfter aus Rücksichtnahme auf Lydia, die trotz einer Behandlung von Eravelle immer noch mit Schmerzen zu kämpfen hatte.

„Übernimm dich nicht“, warnte Alvar sie, doch sie wies seine Sorge sofort zurück.

„Es geht mir gut, wirklich. Ich muss mich nur ab und zu kurz ausruhen.“

„Bist du sicher, dass es dir gut geht?“, hakte er unsicher nach. Irgendwas sagte ihm, dass sie tapferer tat, als eigentlich gut für sie war.

„So gut, wie es mir halt gehen kann“, sagte die Geschichtenerzählerin und damit musste sich der Elb zufrieden geben.

Lydia hingegen war gerührt, wie sehr er sich um sie sorgte. So langsam dämmerte ihr bereits, dass sie den Elben inzwischen mehr als nur mochte.

Das war auch Dana nicht entgangen. Sie beobachtete die beiden ein wenig, bis sie irgendwann sicher war, dass zumindest Alvar in die Blonde verliebt war, obwohl sie vermutete, dass das auf Gegenseitigkeit beruhte.

Sie stieß Zack kurz an.

„Was meinst du, würden Alvar und Lydia gut zusammenpassen?“

Zack hob daraufhin fragend eine Augenbraue.

„Lydia und der Elb? Ich weiß nicht. Ich kann mir die beiden so gar nicht zusammen vorstellen.“

„Dann sieh sie dir mal genauer an“, riet seine Ziehschwester ihm und schwieg dann wieder.

Von ihrer Vision sagte sie vorerst niemandem etwas.
 

Zum Glück bemerkte niemand, wie Jules immer wieder verstohlen zu Eravelle schaute.

Seitdem sie friedlich miteinander gespeist hatten, hatte sich seine Meinung über sie ein wenig geändert. Klar, sie verfolgte nur ihr Ziel, Mellryn zu retten, aber er glaubte, dass unter ihrer harten Schale noch ein ziemlich weicher Kern steckte. Sie gab sich nur so unnahbar, aber in Wirklichkeit wollte sie gern ihre Sorgen und Ängste mit jemandem teilen.

Der Braunhaarige ahnte, dass ihre Unfreundlichkeit nur eine Fassade war und dahinter noch etwas ganz anderes steckte. Er hatte mitbekommen, wie sehr Estelas Bemerkung am Vorabend die Elbin getroffen hatte. Sie hatte Mellryn im Stich lassen müssen, obwohl sie es nicht gewollt hatte und sie hatte auch die anderen im Stich gelassen, um ihren Schein zu wahren.

Nur leider bemerkte Jules nicht, wie er langsam Zuneigung zu Eravelle entwickelte.
 

Gegen Abend hatten sie den Berg schon fast hinter sich gelassen und entdeckten nun ein kleines Dorf am Rande der Ausläufer.

„Wenn wir es bis zum Einbruch der Dunkelheit bis dahin schaffen, haben wir den anstrengendsten Teil der Reise schon geschafft“, sagte Eravelle.

„Tatsächlich?“, fragte Jules, der sich das gar nicht vorstellen konnte.

„Ja. Allerdings sind wir noch lange nicht am Ziel. Aber jetzt folgt nur noch Flachland.“

Zack war begeistert, das zu hören. „Dann kommen wir sicher gut voran!“

„Das hoffe ich“, meinte Eravelle jedoch nur.

Es machte ihr ein wenig zu schaffen, dass nun klar war, dass sie verfolgt wurden.

Die Azi Dahaka würden sicher nicht so leicht aufgeben.
 

Leider schien Eravelle mit dieser Annahme Recht zu behalten.

Die fünf Elben, die ihnen bereits begegnet waren, waren nicht ihre einzigen Verfolger.

Nur schienen die Azi Dahaka, die sie nun verfolgten, weitaus gerissener und vorsichtiger zu sein. Sie würden nicht den gleichen Fehler begehen wie die anderen Fünf.
 

End of Part 31

Weitergehen und nicht zurückblicken

Author: Bina-chan86

Part 32/?
 


 

Das Dorf lag unter einer dichten Schneedecke verborgen und fügte sich somit perfekt in die Umgebung ein. Leider war es recht klein und es gab auch keinen Gasthof, doch einer der Bauern bot den Gefährten an, dass sie in seiner Scheune übernachten konnten.

„Eine Scheune ist besser als nichts“, fand Jules. „Dort ist es zumindest trocken.“

„Im Vergleich zu den letzten Tagen ist das ein Traum“, stimmte Zack ihm zu. Er streckte sich einmal ausgiebig und lud dann das verbleibende Gepäck von den Pferden. Prüfend belastete er dabei sein linkes Handgelenk. Eravelle hatte tatsächlich recht behalten: Er verspürte keine Schmerzen mehr. Eigentlich hätte er sich bedanken müssen, aber er wusste nicht, wie – er war sich nicht einmal sicher, ob die Elbin davon überhaupt etwas hören wollte.

Estela, die durch den Dämonenpakt mit Abstand über die größten körperlichen Kräfte verfügte, half Zack sogar ausnahmsweise ohne zu murren beim Tragen.
 

Dana war erstaunt darüber, wie friedlich dieser Abend verlief.

Alvar kümmerte sich geradezu rührend um Lydia, was ihr allerdings ein wenig peinlich zu sein schien. Amüsiert schüttelte Dana den Kopf.

Jules zeigte Eravelle vor der Scheune derweil, dass man auch ohne Magie ein Feuer entfachen konnte. Staunend beobachtete die Schwarzhaarige, wie die Feuersteine in Jules’ Händen Funken sprühten.

Nun, vielleicht war Eravelle aber auch nur so friedlich, weil sich Estela bereits zurückgezogen hatte. Im Stroh hatte sie ihr Lager bezogen.

Dana selbst saß zusammen mit ihrem Ziehbruder, sowie Garim und Ganta in einer Ecke der Scheune.

Ganta stellte unablässig neugierige Fragen zu ihrer Reise. Hin und wieder ermahnte sein Onkel ihn, sich zurückhaltender zu verhalten. Ansonsten hörte Garim schweigend zu und dachte sich seinen Teil. Was er erfuhr, klang in seinen Ohren jedoch besorgniserregend.

„Und ihr wollt wirklich gegen diese Leute kämpfen?“, fragte Ganta gerade.

Dana nickte. „Wir haben keine andere Wahl.“

„Vielleicht finden wir ja noch einen etwas ungefährlicheren Weg“, wandte Zack ein.

„Weißt du“, begann Dana – sie sprach dabei jedes Wort ganz deutlich aus, „ich habe mich dazu entschlossen, es genau so zu machen wie Eravelle.g

Als sie bemerkte, wie bestürzt Zack sie ansah, musste sie wider Willen lachen.

„Ich meinte doch bloß, dass ich meinem Herzen folgen werde“, beruhigte sie ihn grinsend.
 

„Wie fühlst du dich?“, erkundigte sich Alvar.

Lydia stieß hörbar die Luft aus. „Das fragst du mich jetzt zum zweiten Mal innerhalb von zehn Minuten.“

Unsicher schaute Alvar sie an. „Tut mir leid“, murmelte er.

Da er nicht wusste, was er weiter sagen sollte, nahm er ihre Hand in seine.

Wie wenig er doch im Grunde genommen über sie wusste. Lydia konnte zwar viele Geschichten erzählen, nur über sich selbst verriet sie kaum etwas. Alvar hatte das Gefühl, ein Puzzle zusammensetzen zu müssen, bei dem die meisten Teile fehlten.

Für gewöhnlich drückte sie sich sehr gewählt aus, was auf eine gute Bildung schließen ließ. Und ihre Hände waren so sanft, als hätten sie niemals körperliche Arbeit verrichten müssen.

Alvar seufzte.

„Manchmal bringst du mich ganz schön durcheinander“, brach er das Schweigen.

Lydia wirkte verblüfft. „Inwiefern das?“

Alvar zuckte ein wenig hilflos mit den Schultern. „In so vielen Dingen gibst du mir Rätsel auf“, fuhr er fort. „Wenn das alles vorbei ist, dann gibt es mindestens eine Million Fragen, die ich dir gerne stellen möchte.“

Alvar lächelte. „Vorausgesetzt, du erlaubst es?“

„Ähm ja, natürlich.“ Lydias Wangen glühten vor Verlegenheit.

Langsam beugte sich Alvar zu ihr vor, und obwohl seine Lippen ihre Schläfe nur für einen kurzen Moment berührten, bekam sie Herzrasen.

„Danke“, flüsterte der dunkelhaarige Elb.
 

Dana schlief schlecht in dieser Nacht, und das, obgleich ihre derzeitige Behausung vergleichsmäßig komfortabel war.

Nein, es lag an etwas anderem…

Bilder verfolgten sie im Schlaf – Bilder von ihrem Bruder. Er war gefangen und er brauchte Hilfe.

Unruhig warf sich Dana im Stroh hin und her.

Stumm formte Mellryn die Worte: Hilf mir!

Dann erwachte Dana. Schweißgebadet schrak sie hoch. Zack saß direkt neben ihr und schaute sie besorgt an. Seine Hand ruhte fürsorglich auf ihrer Schulter.

„Du hattest anscheinend einen Alptraum“, sagte er. „Wie fühlst du dich?“

Die Elbin atmete tief durch. Zack hatte recht, es war nur ein Traum gewesen. Keine Vision.

„Es geht schon wieder“, beteuerte Dana und wischte sich dabei beiläufig über die Stirn.

Zack nickte, blieb aber skeptisch. Er vermutete wohl, dass dies nur der erste von vielen Alpträumen sein würde.

Und Schreckensbilder würden sie demnächst vermutlich auch in wachem Zustand überkommen, wenn sie erst bei den Azi Dahaka waren.
 

Am darauf folgenden Morgen drängte Eravelle bereits früh zum Aufbruch.

Sie wollte keine Zeit mehr verlieren. Doch da hatte sie ihre Rechnung ohne Zacks Einwände gemacht.

„Sollten wir nicht lieber einen Umweg in Kauf nehmen?“, bemerkte der junge Mann.

Stirnrunzelnd blickte Jules ihn an. „Einen Umweg?“

Zack nickte. „Ab jetzt durchqueren wir nur noch eine Ebene, nicht wahr? Dort können uns die Azi Dahaka aber noch viel schneller finden. Nichts könnte uns Schutz bieten.“

„Ohne Deckung sind wir ziemlich im Nachteil“, gab Dana langsam zu.

„Nein, wartet!“ Eravelle hatte nach Danas Mantel gegriffen, den sie nun mit leicht zitternden Händen festhielt.

„Das könnt ihr nicht machen. Mellryn braucht Hilfe“, fuhr sie fort.

Zack schnaubte. „Tot können wir ihm nicht mehr helfen.“

Eravelle ignorierte ihn jedoch und sah stattdessen Dana flehend an.

„Jede Sekunde, die wir verlieren, entfernt Mellryn sich mehr aus dieser Welt“, versuchte sie beinah schon verzweifelt zu erklären. „Er entglitt schon meinem Einfluss, bevor ich kam, um euch zu suchen. Ich will ihn nicht ganz verlieren.“

Die letzten Worte flüsterte Eravelle nur noch. Tränen rannen ihre Wangen hinab.

Überrascht erkannte Dana die verletzliche junge Frau hinter der pflichtbewussten Magierin. Und diese war genauso unsicher wie die Elbenprinzessin selbst.

Eravelle wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. Entschlossenheit und Trauer schienen ihn ihrem Inneren einen Kampf auszufechten.

„Wir können Mellryn auf direktem Wege erreichen. Die Azi Dahaka werden uns nicht aufhalten können“, meinte sie ernst, aber ihre Stimme zitterte noch immer.

Dana schloss die Lider, als würde sie angestrengt über diese Worte nachdenken.

„Sagst du das nur, um meinem Bruder so schnell wie möglich zu helfen oder glaubst du wirklich daran, dass wir es schaffen können?“, fragte sie dann.

„Ich glaube daran“, entgegnete Eravelle entschieden und ohne zu zögern. „Wenn es anders wäre, hätte ich euch gar nicht erst hergebracht.“

„Dann gehen wir auf direktem Wege weiter“, entschied Dana.

„Aber…“, versuchte Zack einzuwenden.

Dana brachte ihn jedoch mit einer abwehrenden Handgeste zum Schweigen und schaute in die Runde. „Ich kann verstehen, wenn jemand von euch einen anderen Weg wählen würde, aber ich gehe weiter.“

„Weitergehen und nicht zurückblicken. “ Lydia lächelte leicht, als sie diese Textzeile eines alten Heldenliedes zitierte.

Alvar legte eine Hand auf ihre Schulter und wechselte einen Blick mit ihr.

Estela zuckte bloß mit den Schultern, während Garim und Ganta auch nicht so recht zu wissen schienen, wie sie sich nun verhalten sollten.

„Wenn wir unsere Entscheidungen immer wieder in Frage stellen, dann kommen wir niemals weiter“, sagte Jules unvermittelt. „Folgen wir unserem Weg also auch weiterhin.“

Zack seufzte ergeben und wuschelte Dana schließlich mit einer Hand durch die rotbraunen Haare. „Als ob man dich allein lassen könnte. Ich werde nicht von deiner Seite weichen.“
 

End of Part 32

Tawha

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir

übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 33 von ?

Warning: bislang keins
 

Widmung: Für ikari_01, der mir alles so brav lektoriert und sich immer über neue Teile freut.
 

Die Truppe ging ihren Weg schweigend weiter. Obwohl sie so viele Leute waren, fiel doch niemandem etwas Sinnvolles ein, was er hätte sagen können. Und so stapften sie durch den Schnee und waren froh, dass die Sonne ihnen Licht und etwas Wärme spendete.

Dana dachte die ganze Zeit an ihren Traum, in dem Mellryn sie um Hilfe bat.

Sie fragte sich, ob ihr Bruder überhaupt wusste, dass sie unterwegs waren.

Und obwohl sie sich ein wenig darauf freute, ihm zu begegnen, hatte sie vor genau dieser Begegnung auch Angst.

Würde Mellryn sie erkennen? Würde er sich freuen?

Aber natürlich mussten sie ihn erst mal befreien und die Elbin hoffte sehr, dass sie das schaffen würden, ohne großen Schaden zu nehmen.

Immer wieder schielte sie verstohlen zu Eravelle hinüber, die ihrerseits stumm neben Dana ging und selbst ihren eigenen Gedanken nachhing.

Ihre Liebe zu Mellryn muss grenzenlos sein, dachte die Elbenprinzessin.

„Ist irgendwas?“, fragte Eravelle auf einmal ganz unverhofft und Dana fühlte sich schrecklich ertappt.

„Nein, nein, ich hab nur nachgedacht“, winkte sie schnell ab und die dunkelhaarige Frau neben ihr hakte auch nicht weiter nach.
 

Alvar konnte seine Augen von Lydia inzwischen so gar nicht mehr abwenden.

Er beobachtete jeden ihrer Schritte, jede noch so kleine Geste und bemerkte dabei nicht mehr, wie sein Herz kleine Sprünge machte, wenn sie ihn anlächelte.

Der Elb fühlte sich mehr denn je zu der Geschichtenerzählerin hingezogen.

Natürlich entging Lydia das nicht und sie wurde immer ein wenig rot, wenn sie bemerkte, dass er sie wieder angesehen hatte.

Sie fühlte sich geschmeichelt, dass er anscheinend Gefallen an ihr gefunden hatte.

Aber sie brachte nicht den Mut auf, ihm als erstes zu sagen, dass sie ihn sehr mochte.
 

Sie gingen den ganzen Tag, bis es schließlich zu dunkel wurde und sie sich einen geeigneten Platz für ihr kleines Lager suchen mussten.

„Sind hier keine weiteren Dörfer?“, fragte Garim, dem die ganze Wanderei allmählich zu viel wurde. Immerhin wollte er sich nur bei Dana bedanken – und nun war er ihretwegen in ein neues Abenteuer geschlittert.

„Das nächste ist noch ein bisschen weiter weg“, erwiderte Eravelle knapp.

Zack fand schließlich eine gute Stelle, um ihre verbliebenen Zelte aufzuschlagen und baute diese auch gleich mit Jules‘ und Alvars Hilfe auf.

Estela machte ein Lagerfeuer und sie waren sich alle einig, dass Dana nicht diejenige sein sollte, die das Abendessen zubereitete. Diese Aufgabe übernahm jedoch Lydia mit Freuden.

„Wie lange werden wir noch brauchen, bis wir zu Mellryn gelangen?“, fragte Zack, als sie alle beieinander saßen und ihren Eintopf genossen.

Eravelle richtete ihren Blick auf ihn und schien ein wenig zu überlegen.

„Wenn wir gut voran kommen, dann sind wir in etwa zwei Wochen da.“

„Zwei Wochen?“, seufzte Garim. „So lange wollte ich doch gar nicht weg sein…“

„Aber wir können deine Hilfe wirklich gut gebrauchen, lieber Garim“, sagte Dana schnell und ihr Lächeln band dem Zwerg die Hände. Er würde ihr helfen, auch, wenn er eigentlich keine Lust dazu hatte. Das war immerhin eine gute Möglichkeit, seine Schuld zu begleichen.

„Weißt du denn auch genau, wohin wir müssen?“, fragte Jules vorsichtig bei Eravelle nach.

„Natürlich! Sonst hätte das ja alles keinen Sinn“, gab sie daraufhin barsch zurück.

Wie konnte man ihr nur so eine dumme Frage stellen?

„Nun sei nicht so biestig, er hat dich nur gefragt!“, fauchte Estela die Elbin an und fing sich dafür einen sehr finsteren Blick ein.

Lydia befürchtete schon, dass nun wieder ein Schimpfwörterkonzert folgen würde, aber überraschenderweise blieb dieses aus, denn Eravelle stand auf und entfernte sich vom Lagerfeuer.

Jules tat es inzwischen sehr Leid, überhaupt gefragt zu haben. Er hatte gehofft, sich ein wenig mehr mit der reservierten Elbin anfreunden zu können. Doch ganz offensichtlich lag der jungen Frau nichts daran.

Dana wollte Eravelle schon folgen, doch Zack hielt sie zurück.

„Sie möchte sicher mal einen Moment für sich allein sein.“

„Aber…“

„Lass sie. Sie kommt schon von allein zurück.“

Dana seufzte. „Wie du meinst.“

Estela jedoch schnaubte verächtlich, auch wenn sie nichts sagte. Dennoch wusste jeder in der Gruppe, dass sie Eravelle nicht ausstehen konnte. Es war nicht zu übersehen.
 

Die dunkelhaarige Elbin wusste, dass sie verfolgt wurden. Sie hatte die drei Dunkelelben bemerkt, wie sie ihnen vom Dorf aus nachgeschlichen waren, sie hatte sich allerdings nichts anmerken lassen.

Als sie jetzt das Lager verließ, hielt sie im Stillen ein wenig Ausschau.

Ihr war klar, dass sie völlig ungeschützt waren in dieser Ebene und sie ahnte bereits, dass der nächste Angriff nicht lange auf sich warten lassen würde.

Verzweifelt dachte sie an die Wichtigkeit ihrer Mission und daran, dass sie nicht scheitern durfte, wollte sie Mellryn retten.

Ihr war klar, wie wichtig es war, dass Dana das Reich der Elben erneut zusammenführte, um den Frieden wiederherzustellen. Auch wenn sie der Prinzessin nicht viel Sympathie entgegenbrachte, so war sie doch die Einzige, die die Macht dazu hatte, die Alte Welt wiederherzustellen. Und es ärgerte sie, dass Dana sich ihres Schicksals offenbar immer noch nicht wirklich bewusst war.

Voll Unbehagen dachte sie an die Prophezeiung, die sie einst gehört hatte.
 

Das Geschlecht der Elben wird sterben oder auferstehen

Ein Mädchen wird es sein

Eine Entscheidung wird fallen, die jene Zukunft aller bestimmt
 

Das war nur der Anfang dieser Prophezeiung, aber Eravelle hatte den Rest längst verdrängt.

Dennoch wusste sie, dass nur Dana das Mädchen sein konnte, dessen Entscheidung über alles entscheiden würde.
 

Aus den Augenwinkeln heraus nahm die Elbin auf einmal eine Bewegung wahr.

Schnell machte sie sich für einen Angriffszauber bereit und drehte sich um, als ihr der Atem stockte.

„DU?“, fragte sie ungläubig.

„Ja. Überrascht?“

Ein schmieriges Grinsen folgte den Worten.

„Was willst du hier?“

„Was wohl? Dumme Frage. Du weißt genau, warum wir hier sind.“

Eravelle schnaubte.

„Ihr habt uns verraten! Ich habe keinen Grund mehr, zu euch zurückzukehren.“

„Wir hatten gute Gründe, uns von den Dúath abzuwenden! Aber du willst Mellryn noch immer retten, hm? Das ist aussichtslos!“

„Glaubst du! Ich weiß, dass wir es schaffen können!“

„Nicht, wenn ich dich aufhalte.“

„Das wirst du nicht wagen!“, knurrte die Elbin.

Ihr Gegenüber war ein Dunkelelb, den sie sehr gut kannte. Es war ihr eigener Cousin Tawha.

„Du liebst ihn wohl immer noch, was, Eravelle?!“, fragte Tawha, aber es war nicht wirklich eine Frage, eher eine Feststellung.

Sie erwiderte nichts, aber ihre Augen loderten wie Feuer.

„Ich werde es nie verstehen“, seufzte ihr Cousin. „Wir beide hätten eine schöne Zukunft haben können.“

„Welche Zukunft denn? Ich wollte nie was von dir, das weißt du.“

Die Dunkelhaarige war zu weit vom Lager weggegangen, als dass jemand ihr hätte helfen können. Sie war auf sich allein gestellt. Aber sie würde schon mit ihm fertig werden, sagte sie sich.

„Ein Jammer. Dabei waren wir verlobt!“, säuselte Tawha.

„Pah! Eine Verlobung, die unsere Eltern arrangiert haben, ohne uns zu fragen! Ich werde dich nie heiraten!“

„Aber Mellryn wirst du auch nicht haben können! Gib ihn auf, Eravelle! Wenn du jetzt noch zu uns kommst, dann wird dir alles vergeben! Du brauchst dich keiner Gefahr aussetzen!“

„Niemals!“ Sie konnte kaum glauben, dass dieser Kerl es wagte, ihr so einen Vorschlag überhaupt zu unterbreiten.

„Nun gut“, meinte der Dunkelelb nun und zog sein Schwert.

„Dann werde ich dich hier und jetzt töten!“
 

End of Part 33

Kampf Eravelle gegen Tawha

Author: Bina-chan86

Part 34/?
 

Mit unbewegtem Blick betrachtete Eravelle das Schwert in Tawhas Händen. Es war lang und schmal - und es war noch immer so glänzend, wie am ersten Tag, doch sie wusste, wie viel Blut bereits an dieser Schneide klebte.

Die Spannung in der Luft war fast greifbar und die magischen Energien vibrierten. Tawha stieß keine leeren Drohungen aus und so war Eravelle auch nicht überrascht, als er sie behände packte. Dennoch war sie nicht ausgewichen.

Tawhas eine Hand lag an ihrer Kehle, während er mit der anderen seine Waffe fest umschlossen hielt.

“Wie einfältig es doch von dir war, dich von uns abzuwenden”, flüsterte er Nahe an Eravelles Ohr. “Du lebst in der Vergangenheit und auch, wenn du es nicht zugegeben willst, so glaubst du an die alten Prophezeiungen.” Er drückte fester zu. “Die alten Zeiten sind vorbei und kehren niemals zurück.”

Ohne Vorwarnung küsste er sie direkt auf die Lippen.

Wütend stieß Eravelle ihn von sich. “Was bildest du dir ein?”, zischte sie - ihre Stimme klang eisig. “Ich bin nicht mehr das naive, junge Mädchen von früher. Weder von deinen Worten noch von deinen Taten lasse ich mich einwickeln.” Verächtlich zog sie einen Mundwinkel nach oben. “Du willst mich töten? Dann versuch’s doch!”

Erschrocken spürte Eravelle, wie sie urplötzlich starke Hände von hinten festhielten.

Wie konnte ich das nicht bemerken?, fragte sie sich im Stillen. Die Elbin erbleichte.

Tawha lachte. “Warum sollte ich mich auf einen offenen Kampf mit dir einlassen, wenn es auf diese Weise viel schneller geht? Du stellst für mich keine Herausforderung dar.”

Der Dunkelelb hinter Eravelle sprach kein Wort.

Tawha legte seine Schwertspitze an die Stelle, wo Eravelles Herz lag, doch dann schien er sich zu besinnen. “Nein, das würde zu schnell gehen. Für deinen feigen Verrat wirst du büßen… und zwar ganz langsam.” Sein Grinsen nahm sadistische Züge an und er ließ die Schneide nun auf ihrer rechten Schulter ruhen. “Wir beginnen hier und bis deine neuen Freunde dich finden, bist du schon längst verblutet.”

Eravelles Herz raste und dennoch schaffte sie es irgendwie sich zu beruhigen. Sie durfte jetzt nur an Mellryn denken. In dieser Sekunde fasste sie einen folgenschweren Entschluss.

Mit der Hand griff sie nach Tawhas Schert und ihr Oberkörper ruckte nach vorn. Sie fühlte deutlich, wie die Klinge durch ihr Fleisch fuhr und ihr Blut floss.

Der namenlose Dunkelelb, der sie festgehalten hatte, ging keuchend zu Boden, denn das Schwert hatte auch ihn getroffen. Schlimmer als sie selbst, denn sie hatte sich so gedreht, dass seine Lunge verletzt wurde.

“Du verfluchte…”, fauchte Tawha aufgebracht.

Weiter sollte er nicht kommen, denn Eravelle gab ihm nicht die Möglichkeit dazu und setzte zu einem Zauber an.
 

Dana zuckte zusammen und ihr Gesicht erbleichte.

Das zweite Gesicht überkam sie so abrupt, wie schon lange nicht mehr. Die Bilder überschlugen sich in ihrem Kopf. Hinter den Augen spürte sie eine heftigen Schmerz, der sie in die Knie zwang. Als dieser nachließ, blieb nur eine gedankliche Abbildung zurück - Blut .

Beinah schon geschockt kniete Zack neben ihr nieder und hielt sie fest. “Dana! Dana, was ist denn passiert? Du bist ganz blass.”

“Blut”, schluchzte Dana. “So viel Blut.” Sie schüttelte den Kopf, während ihr die Tränen haltlos über die Wangen liefen.

Alarmiert war Alvar aufgesprungen. “Ich spüre ungewöhnliche starke magische Energien.”

“Eravelle?”, fragte Jules nervös.

Alvar nickte. “Das wäre zu vermuten.”

Jules Blick wanderte von dem Elb zu Dana. “Glaubst du…” Er brach ab und biss sich leicht auf die Unterlippe. “War es ihr Blut, dass du in deiner Vision gesehen hast?”

Danas Stimme bebte. “Das weiß ich nicht.”

“Wenn es so wäre, dann müssen wir ihr unbedingt helfen”, meinte Lydia, die versuchte so ruhig zu bleiben, wie es in dieser Situation möglich war.

Garim und Ganta tauschten einen ernsten Blick miteinander aus.

“Auch, wenn wir nicht verstehen, was hier vor sich geht”, begann der ältere der beiden Zwerge, “wir werden euch dennoch helfen.”

Überraschenderweise kam nicht ein einziges gehässiges Wort über Estelas Lippen. “Verlieren wir lieber keine Zeit”, trieb sie die anderen zur Eile an.
 

Mühsam konnte sich Eravelle auf den Beinen halten, doch sie hatte viel Blut verloren. Die verletzte Hand ballte sie zu einer Faust.

Naur - mögest du den treffen, der von meinem Blute ist”, wirkte sie ihren Feuerzauber, der Tawha zu Boden warf.

Er mochte genug eigene Magie in sich tragen, um einen Schutzschild aufzubauen, aber ganz abwehren konnte er seine Cousine nicht.

Für einen kurzen Moment lang wurde Eravelle schwarz vor Augen.

Tawha nutzte seine Chance sofort und packte das Schwert, das noch immer in Eravelles Schulter steckte.

Einen Aufschrei konnte die dunkelhaarige Elbin nicht unterdrücken.

“Du dachtest wohl, du könntest mich überrumpeln”, stieß Tawha wutentbrannt hervor. Doch da war noch mehr. In seinen Augen lag ein Schmerz, als wäre er wirklich verletzt, weil sich Eravelle von ihm abgewandt hatte.

“Eravelle!” Dana erreichte den Ort des Kampfes als Erste. Entsetzt schlug sie die Hände vor den Mund. Eine Kurzschlussentscheidung hätte sie fast dazu verleitet kopflos anzugreifen.

„Das Geschlecht der Elben wird sterben oder auferstehen

Ein Mädchen wird es sein

Eine Entscheidung wird fallen, die jene Zukunft aller bestimmt“, schrie Eravelle ihr entgegen. „Beweise mir, dass ich mich nicht in dir geirrt habe. Du bist unsere letzte Hoffnung. Nimm keine Rücksicht auf mich und kämpfe!“

Dana kam es so vor, als wäre sie gerade erst aus einem langen Schlaf erwacht. Sie kannte die Prophezeiung nicht, aber dennoch berührten Eravelles Worte etwas in ihrem Inneren. Mit einem mal erinnerte sie sich klar an alles, was Alvar ihr beigebracht hatte - ein jeden Zauber.

Alagos orchal “, brachte Dana klar und deutlich hervor. Jede Silbe war pure Magie.

Darauf schien Eravelle gewartet zu haben. Sie riss sich von dem Schwer los und legte sich flach auf den Boden.

Unsaft wurde Tawha gegen einen Felsen geschleudert. Er hatte Dana nicht viel entgegen zu setzen, aber er blieb bei Bewusstsein.

“Das Zeitalter der Elben ist vorbei. Daran wirst auch du nichts ändern können”, schleuderte er ihr keuchend entgegen.

Auch die restlichen Gefährten hatten sich mittlerweile eingefunden. Fassungslos beobachteten sie das erschreckende Schauspiel, das sich ihnen dort bot.

Entschlossen blickte Dana ihren Feind an. “ Gwathra .”

Diesmal konnte Tawha nicht mehr reagieren. Die Dunkelheit umfing ihn wie ein Schleier und er ging fast geräuschlos zu Boden.

Das Blut rauschte in Danas Ohren. Sie kannte nur einen Gedanken: Rache - Rache für ihre verwundete Weggefährtin.

Doch ausgerechnet Eravelle brauchte die Elbenprinzessin wieder zur Räson. “Warte… bitte!” Ihre Stimme war nicht mehr als ein Röcheln. “Töte ihn bitte nicht. Er ist mein… Cousin.”

Dana blinzelte und kehrte binnen weniger Augenblicke zu ihrem eigenen Ich zurück.
 

Es bedurfte der vereinten magischen Kräfte von Alvar und Estela um Eravelles Blutungen zu stillen.

Erschöpft ließ sich Alvar nieder, als es vollbracht war. “Nur das Adrenalin ihn ihrem Körper muss sie auf den Beinen gehalten haben. Ansonsten wäre sie schon viel früher zusammengebrochen. Es ist ein Wunder, dass sie überhaupt noch am Leben ist.”

Mit tief betrübter Miene hockte Jules neben ihm. Er hob erst den Kopf, als er Alvars Blick auf sich spürte.

“Sie wird es überstehen”, sagte Alvar schlicht, aber voller Mitgefühl.

“Die ist viel zu stur zum Sterben”, fügte Estela hinzu. “Ein so starker Wille ist bewundernswert.” Das war wohl das erste Lob, dass die Dämonenpriesterin für Eravelle übrig hatte.

Alvar zog Lydia zu sich und streichelte ihr über die Haare. “Mach nicht so ein trauriges Gesicht.” Er wirkte müde, lächelte sie aber an.

Lydia vergrub ihr Gesicht an Alvars Schulter. “Wird jetzt jeder Tag so aussehen?”, fragte sie flüsternd.

“Nein, ganz bestimmt nicht”, versicherte Alvar ihr. “Dafür werden wir schon sorgen.”

Derweil kehrte Zack zu den anderen zurück - ohne Dana. Diese hatte sich zurückgezogen und sprach mit keinem ein Wort.

Tawha, der noch immer bewusstlos war von Danas Angriff, lag gefesselt ein paar Meter von ihnen entfernt.
 

Allerdings wachte Dana die ganze Nacht über an Eravelles Seite.

Eravelle schlug bei Sonnenaufgang flatternd die Augenlider auf. Sie sah erschöpft aus, jedoch war das Leben in ihre funkelnden, türkisfarbenen Augen zurückgekehrt. Sie lächelte sogar leicht, als sie Dana erkannte.

“Du bist wahrhaft die Prinzessin unsere Volkes.”

Dana schüttelte den Kopf und brachte noch immer keinen Ton heraus.

“Ich danke dir, dass du das Leben meines Cousins geschont hast”, fuhr Eravelle fort. “Mehr als eine Erklärung bin ich dir nun wohl schuldig.”

“Das ist momentan vollkommen unwichtig”, erwiderte Dana impulsiv.

Eravelle ließ sich nicht beirren. “Dachtest du ich sterbe? Ich kann nicht sterben, ehe ich Mellryn nicht befreit habe. Ich schwöre, dass ich dich zu deinem Bruder führen werde.

Dana spürte, wie ihr erneut die Tränen in die Augen stiegen. Vorsichtig nahm sie Eravelles verletzte Hand in ihre. “Ich habe dich nicht gerettet, damit du mich zu meinem Bruder führst, sondern um deiner selbst willen.”
 

End of Part 34

Die Prophezeiung

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir

übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 35 von ?

Warning: bislang keins
 


 

Die dunkelhaarige Elbin schien überrascht über Danas Worte zu sein.

Sie hätte nicht gedacht, dass sie ihrer Prinzessin mehr bedeutete. Sie war immer davon ausgegangen, nur die Führerin zu sein.

Dana entging der überraschte Blick der Verletzten nicht und sie brachte ein Lächeln zustande.

„Du magst distanziert sein, aber ich glaube, ganz tief in deinem Innern schlummert ein sehr schüchternes, liebes Mädchen.“

Eravelle konnte nicht anders, als das Lächeln der anderen Elbin zu erwidern.

Beiden war klar, dass sich zwischen ihnen eine leichte Freundschaft entwickelt hatte und Dana war sehr zuversichtlich, dass diese Freundschaft noch mehr anwachsen würde.
 

Es dauerte lange, bis der verwundete Tawha wieder zur Besinnung kam und natürlich war er überhaupt nicht glücklich darüber, gefesselt zu sein.

Man hatte seine Wunden notdürftig versorgt, wie er feststellte, als er sich bewegte.

Ein Blick über die Umgebung sagte ihm, das Eravelle ebenfalls noch lebte, sein Kumpan jedoch hatte bei dem Kampf den Tod gefunden.

Dennoch schlich sich ein Grinsen auf sein Gesicht – er wusste genau, dass noch ein Dunkelelb in der Nähe war und dieser ihm garantiert helfen würde.
 

Estela war es, die ihm nach ein paar Stunden etwas Wasser brachte.

„Eigentlich hast du es ja nicht verdient, aber es gibt da jemanden, der nicht will, dass du verreckst“, begrüßte sie ihn.

„Tatsächlich? Wie herzensgut von ihr“, sagte er verächtlich.

„Sie hätte mich töten sollen, als sie die Gelegenheit dazu hatte!“

„Das sehe ich auch so, aber ich werde mich in dieser Angelegenheit nicht einmischen!“, meinte Estela nur kühl und gab dem Dunkelelben zu Trinken.

Sie war nicht so dumm, ihn dafür loszubinden.

„Wieso ist eine Dämonenpriesterin wie du hier?“, fragte Tawha, als er getrunken hatte.

Estela schnaubte. „Als ob dich das etwas anginge.“

„Nun ja, es ist nicht sehr gewöhnlich, dass jemand wie du mit so einer schwächlichen Truppe reist. Die einzige, die an magischen Kräften mithalten kann, ist wohl die kleine Rothaarige.“

Nun fühlte sich Estela in ihrer Ehre gepackt – Dana und mithalten können?

Sie, Estela, dürfte sehr viel mächtigere Magie beherrschen, dank ihres Dämonenpakts!

Natürlich entging dem Dunkelelben nicht, dass er den wunden Punkt der Frau entdeckt hatte.

„Ich frage mich, wer die Kleine ist, dass sie so mächtig sein kann!“, meinte er, um Estela zu ärgern.

Doch als sie diese Worte hörte, sah sie ihn mit einem Stirnrunzeln an.

„Du hast keine Ahnung, wer sie ist?“

„Eine kleine Elbenschlampe?“, riet Tawha.

Die Priesterin fing schallend an zu lachen.

Der Elb da vor ihr hatte keine Ahnung, dass Dana die Elbenprinzessin höchstpersönlich war!

„Du weißt es wirklich nicht, hm? Ich werde so gemein sein, es dir nicht zu verraten“, kicherte sie und ließ den Dunkelelben grübelnd allein zurück.
 

„Was ist so komisch?“, fragte Zack, als Estela immer noch lachend zurück zum Lager kam.

„Nun“, antwortete sie grinsend, „unsere Verfolger haben anscheinend überhaupt keine Ahnung, wer Dana wirklich ist. Wirklich komisch, nicht wahr?“

Als Eravelle dies hörte, richtete sie sich so weit auf, wie sie konnte, ohne Schmerzen zu haben.

„Sie wissen nicht, wer sie ist? Aber…“

„Nein, er schien keine Ahnung zu haben“, bestätigte Estela noch einmal.

Dana blickte verwirrt zwischen den beiden Frauen hin und her.

Doch Eravelle nickte nun nur verstehend, als sie darüber nachdachte.

„Natürlich wissen sie es nicht. Für sie ist Mellryn der einzige Überlebende der Königsfamilie. Dass du noch lebst, Dana, haben wir erst viel später herausgefunden…“

Diese Worte verwirrten die Prinzessin jedoch nur noch mehr. „Wie?“

„Nun“, antwortete die Verletzte, „Mellryn wusste es. Er hatte Visionen von dir. Ich glaube, wir sind auch die einzigen, die wissen, dass du am Leben bist…“

„Und was waren das dann für Worte, die du mir gestern gesagt hast? Das mit dem Sterben oder Auferstehen?“ Dana hatte in so kurzer Zeit nicht alle Worte behalten können.

„Das ist eine Prophezeiung. Ich bekomme sie nicht mehr vollständig zusammen, aber der wichtigste Teil davon bezieht sich auf dich.“

„Also bin ich diejenige, die darüber entscheidet, was mit uns Elben geschieht?“, fragte Dana eher ungläubig.

„Mellryn glaubt das“, nickte Eravelle. „Obwohl in der Prophezeiung kein Name und keine nähere Beschreibung auftaucht.“

„Demnach könnte es auch jedes andere Mädchen sein?“

„Theoretisch ja. Aber wir glauben daran, dass DU es bist, die diese Prophezeiung erfüllen wird.“

„Kennen noch andere Elben diese Prophezeiung?“, fragte nun Estela.

„Sicher. Aber wenn außer uns wirklich niemand weiß, dass Dana lebt, wird man nicht daran denken, dass es die Prinzessin sein wird, die sie erfüllt.“

„Was glaubt dann wohl dieser dunkle Elb da?“, überlegte die Priesterin und sah zurück zu Tawha.

„Ich habe keine Ahnung!“, war Eravelles Antwort.
 

Alvar hatte den drei Frauen still zugehört und dachte sich nun seinen Teil.

Er kannte die Prophezeiung ebenfalls, doch dass diese sich auf Dana beziehen könnte, das bemerkte er tatsächlich erst jetzt. Und nun wurde ihm auch erst bewusst, wie wichtig es war, dass er der Elbin beibrachte, ihre Magie zu steuern.

Die Zeilen der unheilvollen Prophezeiung gingen ihm durch den Kopf, doch er wagte es nicht, sie laut auszusprechen.
 

Das Geschlecht der Elben wird sterben oder auferstehen

Ein Mädchen wird es sein

Eine Entscheidung wird fallen, die jene Zukunft aller bestimmt.

Das Mädchen, mehr Magie als je ein Elb zuvor, wird kommen in Zeiten der Unruhe um zu richten.

Zerstörung – sie wird sterben.

Frieden – sie wird leben.

Eins von beiden wird es sein.

Doch sie selbst kann nicht wissen, ihre Unschuld bleibt rein.
 

Natürlich, deshalb hatte er nicht an Dana gedacht! Durch ihr Erlebnis bei ihrer Flucht war sie in gewissem Maße nicht mehr unschuldig.

Doch erst jetzt fiel Alvar auf, wie wenig diese Worte doch wirklich über die Situation aussagten. „Ihre Unschuld bleibt rein“ könnte sich schließlich auf alles Mögliche beziehen!

Wenn er ehrlich war, so hatte er bisher immer gedacht, diese Vorhersehung könne sich auf Eravelle beziehen, denn auch sie war ein Mädchen mit sehr viel magischer Macht und bisher wagte er es nicht, darüber nachzudenken, wie es um ihre Unschuld stand.

Diesen stillen Gedanken hegte er nun schon, seit sie der dunkelhaarigen Elbin begegnet waren. Aber wenn Eravelle selbst dachte, dass diese verheißungsvollen Worte sich auf Dana bezogen, dann war das etwas anderes.

Inzwischen brannte der Elb darauf, diese Sache mit Mellryn zu diskutieren, denn dieser war wohl auch ein Teil des Schlüssels zur Lösung dieses Rätsels.

Warum sonst sollte er Eravelle ausgesandt haben, seine Schwester zu finden?
 

„Was ist mit dir?“

Alvar schreckte auf, als Lydia ihn ansprach und ihn besorgt musterte.

„Oh, entschuldige. Es ist nichts, ich habe nur nachgedacht.“

„Das hab ich gesehen“, kicherte Lydia, die es irgendwie putzig fand, wie der Elb nun rote Ohren bekam.

„Wolltest du mir etwas sagen?“, fragte er nun aufmerksam. Verlegen sah er sie direkt an und fragte sich, ob er irgendwas verpasst hatte.

„Nein, schon gut. Ich habe mich nur gefragt, was in dir vorgeht, dass du nichts mehr um dich herum wahrnimmst.“

„Och, so dies und das. Nichts wichtiges“, log er und spürte, wie dabei sein Gesicht heiß wurde.

Warum nur schaffte diese Geschichtenerzählerin es, ihn so durcheinander zu bringen und Dinge zu empfinden, von denen er nie gedacht hatte, dass er in der Lage wäre, sie zu haben?
 

Die Gruppe war zu dem Entschluss gekommen, eine weitere Nacht zu warten, bis sie weiterreisen würden, um Eravelle und auch Lydia die Chance zu geben, sich von den Verletzungen zu erholen.

Glücklicherweise war Estela eine gute Heilerin und die Wunden würden sich weder entzünden noch andere Schwierigkeiten beim Heilen machen.

Zack hatte den Vorschlag gemacht, dass sie sich von nun an nicht mehr allein vom Lager entfernen sollten und niemand sprach dagegen – es war nur vernünftig.

Inzwischen wussten sie alle, dass noch ein Dunkelelb unterwegs war, der ihnen auflauern konnte und Alvar schätzte die Möglichkeit sehr hoch ein, dass dieser versuchen würde, Tawha zu befreien.

Eravelles Cousin sorgte ohnehin schon für Diskussionsstoff, weil sie sich nicht einig werden konnten, was sie mit ihm machen sollten.

Während Eravelle und Dana dafür waren, ihn einfach mitzunehmen, fanden Estela, Alvar und auch Zack es sicherer, ihn gefesselt zurückzulassen und sich schnellstmöglich von ihm zu entfernen.

Jules ging sogar so weit, dass er den Dunkelelben gerne tot sehen würde, doch das kam sonst für niemanden in Frage.

„Am Besten stellen wir dem dritten Dunkelelben eine Falle“, schlug Estela vor.

„Wie willst du das anstellen?“, fragte Zack.

„Ich weiß noch nicht so recht. Aber irgendwas wird mir schon einfallen.“

„Ich fände es gut, wenn dein Einfall nicht unbedingt was mit Töten zu tun hat“, wand Dana schnell ein.

„Och menno“, war die Antwort der Priesterin, die einen Schmollmund zog.
 


 

End of Part 35

Estela amüsiert sich

Author: Bina-chan86

Part 36/?
 

„Nicht weit von hier entfernt befindet sich eine Brücke“, wusste Eravelle zu berichten. Widerwillig hatte die dunkelhaarige Elbin zugelassen, dass Jules ihr Gepäck trug. Der junge Mann hatte es partout nicht zulassen wollen, dass sie sich mit ihrer Verletzung überanstrengte.

„An dieser Stelle ist der Elu-Duin fast neunzig Meter breit“, fuhr Eravelle fort.

Dana blinzelte überrascht. „Der Fluss trägt einen elbischen Namen?“

Lydia tippte sich nachdenklich mit dem Zeigefinger gegen das Kinn. „Vor langer Zeit gehörte dieser Bereich noch zum Königreich der Elben.“

Daraufhin fing sich die Geschichtenerzählerin erstaunte Blicke ein.

„Was denn?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Das habe ich aus einem Buch.“

Zack schüttelte den Kopf. „Du bist wirklich ein wandelndes Lexikon.“

„Vielleicht ist mein Gedächtnis auch einfach nur besser als deines“, konterte Lydia.

Alvar konnte sein Grinsen nicht ganz verbergen. Ohne sich dessen bewusst zu sein, nahm er ihre Hand und zog sie sanft hinter sich her.

„Wenn man also versuchen würde uns anzugreifen, dann wird das unter Garantie an der Brücke geschehen“, griff Estela das ursprüngliche Thema wieder auf.

Tawha, der hinter ihr herstolperte, stieß einen verächtlichen Laut aus.

Die Dämonenpriesterin tat so, als hätte sie es nicht vernommen, aber dennoch zog sie etwas fester als nötig an seinen Handfesseln, sodass der Dunkelelb beinah auf die Nase fiel.

„Miststück!“, grummelte er leise vor sich hin.

„Das Viadukt könnte in der Tat ein großes Problem darstellen“, fand auch Lydia. „Wir können dort nicht kämpfen, ohne dabei zu riskieren, dass die Überführung einstürzt.“

„Was sollten wir sonst tun?“, fragte Zack ratlos.

„Einen anderen Weg wählen“, sagte Lydia schlicht.

Eravelle seufzte. „Es gibt keinen anderen Weg.“

Lydia blickte auf und zog leicht einen Mundwinkel nach oben. „Doch, den gibt es.“ Sie blieb stehen, um etwas aus ihrer Tasche zu holen.

„Was ist das?“, wunderte sich Dana, als Lydia ihr ein altes Blatt Pergament überreichte.

„Eine Karte.“

Was Dana dort jedoch entfaltete, sah eher aus wie ein kleines Kunstwerk als wie ein gewöhnlicher Plan. Fein geschwungene, dünne Linien verbanden sich darauf zu einer Landschaft.

Dana kniff die Augen zusammen und es dauerte einen Moment, ehe sie begriff, was dort zu erkennen war. „Es gibt hier Höhlen?“, rief sie erstaunt aus.

Zack linste ihr neugierig über die Schulter. „Das sieht mir nach einem ganzen Tunnelsystem aus“, stellte er fest.

Dana schaute zu Lydia hinüber. „Wie konntest du das ahnen?“

Die Angesprochene winkte ab. „Gar nicht“, entgegnete sie. „Ich habe die Karte auf Gutdünken mitgenommen, weil ich ungefähr wusste, in welche Richtung wir gehen würden. Es war also mehr ein vager Verdacht als eine wirkliche Ahnung.“

„Was auch immer es war – auf diese Weise könnten wir uns einen Vorteil sicherng, meinte Alvar nickend.

Insgeheim fragte er sich jedoch, woher Lydia all diese Dinge wusste. Er wurde das Gefühl nicht los, dass es etwas mit ihrer Herkunft zu tun hatte. Er wollte sie nicht danach fragen, denn aus irgendeinem – ihm noch unbekannten – Grund war er sich sicher, dass sie es ihm von allein sagen würde, wenn die Zeit gekommen war.

Estela knackte mit den Fingerknöcheln. „Nun, während ihr einen kleinen Spaziergang macht, werde ich mich etwas amüsieren.“

Dana war sich nicht sicher, ob sie das wirklich fragen sollte, aber… „Was willst du damit schon wieder sagen?“

„Mir gefällt der Gedanke nicht, dass wir noch immer verfolgt werden, also werde ich etwas dagegen unternehmen.“ Vorsorglich hob Estela die Hand. „Und bevor du mir jetzt ins Wort fällst, Dana: Ich werde versuchen, unseren Feind nicht zu töten.“

Skeptisch zog Dana die Augenbrauen hoch. Offensichtlich glaubte sie Estela kein einziges Wort.

„Och, komm schon.“ Estela verzog das Gesicht. „Ich werde schon nicht gleich die ganze Brücke pulverisieren.“

„Lassen wir sie doch“, seufzte Jules entnervt. „Es ist gar keine schlechte Idee, wenn sie unseren Verfolger ablenkt oder ihn sogar besiegen kann. Es sind schon genug von uns verletzt worden.“

„Ihr werdet sowieso verlieren“, mischte sich nun Tawha ein. Das hätte er besser nicht tun sollen.

Garim, der bisher geschwiegen hatte, hob seine Axt an und stieß deren Griff in Tawhas Magengegend. „Dich hat keiner gefragt“, brummte der Zwerg.

Tawha krümmte sich und fluchte leise.

„Damit wäre das also entschieden“, triumphierte Estela.
 

Estela hatte ihren Willen durchgesetzt – aber wer würde es schon wagen, einer verrückten Priesterin zu widersprechen?

Sie stand nun allein vor der Brücke und spähte ins Wasser hinunter. Tosend stürzten die Wassermassen weit unten entlang. Die Farbe des Stroms war ein beinahe unnatürlich klares Blau.

Sieht ziemlich kalt aus, dachte Estela unwillkürlich.

„Na schön, fangen wir an!“, rief sie dann laut aus. Ohne erkennbare Eile blickte sie über ihre Schulter hinweg hinter sich.

Dornengestrüpp versperrte die Sicht, doch sie konnte spüren, dass dort jemand war. Obgleich dieser Jemand versuchte, es zu verbergen.

Es dauerte noch einige Sekunden, bis ihr Feind endlich vortrat. Der dritte Dunkelelb im Bunde.

Estela fand, dass er erstaunlich jung aussah. Seine Haare waren fast ebenso hell wie die von Lydia, aber seine Augen waren so dunkel, dass sie fast schwarz wirkten.

„Hoffentlich hast du mehr drauf als deine erbärmlichen Gefährten.“ Estela verbeugte sich spöttisch. „Wenn ich mich dann vorstellen dürfte: Ich bin Estela.“

„Du bist diejenige, die mit den Dämonen im Bunde ist.“ Er funkelte sie hasserfüllt an. „Eravelle hat sich mit höchst zwielichtigen Gestalten angefreundet.“

Estela machte eine wegwerfende Handgeste. „Angefreundet wäre zu viel gesagt.“

„Schweig!“, stieß der Dunkelelb hervor und schon im nächsten Moment verwandelte sich der Felsen hinter Estela in eine Staubwolke.

Die Priesterin hatte im letzten Moment ausweichen können. Anerkennend pfiff sie. „Oh, ein Magier! Dann wird das Ganze zumindest nicht allzu langweilig.“

Sie löste die Spange, die ihren Umhang festhielt und ließ diesen auf den Boden gleiten, um mehr Bewegungsfreiheit zu haben. „Es ist fast schon bedauerlich, dass ich so wenig Zeit habe, mich mit dir zu befassen. Ein unbedeutendes Licht wie du wird niemals verhindern, dass die Prophezeiung sich erfüllt.“

Der Dunkelelb wirkte verwirrt. „Welche Prophezeiung?“

Estela grinste und dennoch umgab sie plötzlich eine beinahe eisige Aura. „Ich vergaß, ihr wisst ja gar nicht, in was ihr da hineingeraten seid.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Sei doch so gut und verrate mir deinen Namen, ehe ich dich ins Jenseits befördere.“ Das Versprechen an Dana schien vergessen zu sein.

„Faer nennt man mich“, schnaubte der Elb, „aber du wirst bestimmt nicht in der Lage sein, mich zu besiegen.“

Er wollte Estela gerade angreifen, als sich ihr Schatten in ein Meer aus Flammen verwandelte. Vor Schreck stolperte er zwei Schritte zurück.

Estelas Lippen verzogen sich erneut zu einem dünnen Lächeln. „Leb wohl, Faer.“
 

Derweil hatte der Rest der kleinen Truppe die Höhlen erreicht.

Garim, der sich dort unten am wohlsten fühlte, wurde kurzerhand – und einstimmig – zu ihrem Führer ernannt. Sein Neffe Ganta bildete die Nachhut und hatte ein Auge auf Tawha.

Trotz der improvisierten Fackel, die sie bei sich trugen, war es recht dunkel und so übernahmen die Elben für die Menschen größtenteils das Sehen: Dana führte Zack, Alvar Lydia und Eravelle Jules.

Letzterer blickte neugierig nach oben. „Kaum zu glauben, dass wir uns tatsächlich unter dem Fluss befinden.“

„Glaub es ruhig“, meinte Zack mit einem schiefen Grinsen. „Ist nämlich ziemlich nass hier.“

Die Luft roch eigenartig und die Steine fühlten sich feucht und klamm an. Dennoch war diese Alternative besser, als einem Feind in die Arme zu rennen.

„Ob mit Estela alles in Ordnung ist?“, überlegte Dana laut.

Lydia hob eine Augenbraue. „Ich würde mir eher um ihren Gegner Gedanken machen.“

An den Gesichtsabdrücken der anderen konnte man deutlich ablesen, dass sie ähnlich dachten.

Alvar blieb ohne Vorwarnung stehen, so dass er mit Lydia zusammenstieß.

Diese zufällige Nähe ließ Lydia erröten. Obwohl es Winter war, roch Alvar irgendwie nach Frühling und frischem Gras, fand sie.

„Was ist?“

„Glaubst du, dass ich einen Fehler gemacht habe, als ich Estela gestattet habe, uns zu begleiten?“, fragte Alvar so leise, dass nur sie ihn hören konnte.

Lydia schüttelte mit ernster Miene den Kopf. „Sie wäre uns ohnehin gefolgt. Und du hattest damals recht – es ist besser, sie im Auge zu behalten.g

„Ja“, stimmte Alvar ihr langsam zu. „Ich glaube, dass sie mehr weiß, als sie zugibt.“

„Schaut mal“, riss Danas Stimme ihn aus seinen Gedanken.

Ehrfürchtig legte die Elbenprinzessin eine Hand auf die Wand. „Es sieht aus, als würde alles leuchten.“

Und tatsächlich funkelte das Gestein regelrecht, als hätte jemand dort winzige Diamanten eingesetzt.

Amüsiert über diese Unwissenheit schüttelte Garim den Kopf. „Ihr habt so was wohl noch nie gesehen, hm?“

„Nicht wirklich“, gab Zack ihm recht.

„Das Glitzern ist eine besondere Eigenart dieses Erzes. Das Metall, welches das Mineral wie Adern durchzieht, spiegelt den Schein unserer Fackel wider“, erklärte der Zwerg.
 

Faer war bleich um die Nasenspitze herum geworden. Unsicher taumelte er rückwärts.

Estelas Schatten hatte sich zunächst in gleißendes Feuer verwandelt und nahm nun Formen an, die Tieren ähnelten.

Erst glaubte Faer eine Art Wildkatze erkennen zu können, doch dann sah er einen mächtigen Hirsch.

„Du hast selbst so treffend erkannt, dass ich mit den Dämonen im Bunde bin“, sagte Estela ungerührt. „Genau das wird dir zum Verhängnis werden.“

Es war klüger zu fliehen, das wurde Faer schlagartig klar. Einen Menschen konnte er bekämpfen, aber mit einem Dämon wollte er sich nicht anlegen.

Nur Sekundenbruchteile zu spät wandte er sich ab. Der Dunkelelb spürte die glühend heißen Krallen des Untiers auf seinem Rücken. Mit einem gequälten Aufschrei ging er zu Boden.

„Leb wohl“, formte Estela noch einmal stumm mit den Lippen.
 

End of Part 36

Umwege

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir

übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 37 von ?

Warning: bislang keins
 


 

Estela brauchte nicht lange, um zu den anderen aufzuschließen. Sie traf die Truppe kurz bevor sie die Höhlen auf der anderen Seite des Flusses verließen.

„Oh, du bist schon zurück?“, fragte Dana erstaunt und musterte die Priesterin, die nicht einen Kratzer aufwies.

„Ja. Und ich bin sicher, wir werden nun erst mal nicht mehr verfolgt“, grinste Estela.

Sie erwähnte lieber nicht, dass sie den Dunkelelben getötet hatte und machte mit einer Handbewegung gleich deutlich, dass sie dazu auch keine Frage beantworten würde.

Jedoch dachte sich jeder seinen Teil dazu.
 

Tawha war nicht gerade begeistert darüber, zu erfahren, dass seine einzige Hoffnung auf Befreiung anscheinend tot war.

Er überlegte fieberhaft, was er tun könnte, doch das Letzte, was ihm einfiel, war ziemlich riskant. Seine magischen Fähigkeiten waren längst nicht so stark ausgeprägt wie die seiner Cousine, aber ein bisschen was konnte er schon tun. Dennoch war ihm klar, dass er auf einen günstigen Augenblick warten musste.
 


 

„Lasst mich hier raus!“

Seine Stimme hallte in der engen Zelle wieder, doch sonst war nichts zu hören und schon gar nichts zu sehen. Er gab es auf. Das Schreien und Rufen brachte ja doch nichts.

Es war sehr dunkel und Mellryn konnte nicht sagen, welche Tages- oder Nachtzeit es war.

Schier endlose Stunden saß er nun schon fest, aufgrund seiner Fesseln nicht in der Lage, seine Magie einzusetzen.

Im Moment war er recht klar im Kopf, hatte für ein paar Minuten mal keine wirren Gedanken.

Der junge Elb ahnte, dass er langsam, aber sicher wahnsinnig wurde, doch er hatte keine Ahnung, woran das lag.

Vielleicht an der Finsternis? Oder diesen Fesseln, die seine Magie fraßen wie hungrige Wölfe ihre Beute?

„Eravelle“, flüsterte er den Namen seiner einstigen Begleiterin.

Er war froh, dass sie entkommen war und nicht ebenfalls in einer Zelle hocken musste.

Ob sie den Azi Dahaka entkommen war? Er hatte nichts gegenteiliges gehört und so hoffte er einfach, dass sie es geschafft hatte. Und mit ein bisschen Glück hatte sie sogar seine Schwester gefunden und war dabei, einen Plan zu entwerfen, wie sie ihn befreien konnten.

Grinsend dachte er an die Prophezeiung.

Das Mädchen, mehr Magie als je ein Elb zuvor, wird kommen in Zeiten der Unruhe, um zu richten.

Es konnte nur Dana gemeint sein. Er wusste, welch mächtige Magie sie in sich trug. Er wusste es, seit sie geboren worden war.

Hätte er jedoch gewusst, dass seine Schwester ihre Magie jahrelang unterdrückt und nie gelernt hatte, sie zu beherrschen, wäre ihm das Grinsen ganz schnell vergangen.
 


 

Langsam, aber sicher machte sich Vorn Gedanken.

Seit zwei Tagen hatte er nichts mehr von den fünf Elben gehört, die dieser dunkelhaarigen Schlampe folgen sollten.

Was war mit ihnen geschehen?

Bisher hatte er jeden Tag seine Berichte bekommen und dann ganz plötzlich kamen keine mehr.

„Hoffentlich sind sie nicht tot. Haryon würde außer sich sein vor Zorn, wenn er davon erführe.“

Ein Seufzer entfuhr dem Elb, der schon etliche Jahre auf dem Buckel hatte und langsam zu alt wurde, um sich noch solche Sorgen zu machen.

Nun, da die meisten Mitglieder der Dúath, den einstigen Feinden der Azi Dahaka zu ihnen übergelaufen waren, hatten sie nicht mehr viel zu befürchten.

Vor zehn Jahren hatte der große Anführer der Azi Dahaka, Haryon, den Elbenkönig Cenedhril und seine Gemahlin Nyelle grausam ermordet.

Ihr Sohn Mellryn war zu diesem Zeitpunkt bereits Mitglied der Dúath gewesen, die erfolglos versucht hatten, jenen Überfall auf das Eledhrim-Ardh zu verhindern.

Was mit der Tochter Cenedhrils geschah, wusste man nicht sicher, aber man ging davon aus, dass sie bei der Schlacht um die Elbenburg getötet worden war.

Seitdem herrschten noch immer Unruhen im Land Ghartiselidh, denn das Volk, das übrig geblieben war und nicht zu den Azi Dahaka gehörte, wollte Haryon nicht als neuen König anerkennen und kämpfte noch immer gegen die Besetzer.

Aus dem einst blühenden Land war rasch eine Wüste geworden, als ob es gleichsam mit dem Elbenkönig gestorben wäre.

Natürlich gefiel Haryon dieser Umstand nicht. Er hatte sich nicht vom Eledhrim-Ardh abgewandt und es angegriffen, um dann in einem fruchtlosen Land zu sitzen.

Mellryn war der letzte Hauptmann der Dúath gewesen, die letzte Gruppe, die noch immer gegen diesen unechten neuen König gekämpft hatte. Doch seit seiner Gefangennahme hatte sich viel verändert.

Die Gefangennahme Mellryns war noch nicht lange her und nun war es umso wichtiger, dass sie seine Gefährtin mit den dunklen Locken fanden, die geflohen war.

Sie allein war es, die den Prinzen dazu bringen könnte, das zu tun, was Haryon wollte…
 


 

Garim führte die Gruppe sicher aus den Höhlen heraus und alle bis auf die Zwerge waren froh, sie zu verlassen.

Die Wände waren zwar schön anzusehen gewesen, aber auf Dauer hatten diese beengten Räume etwas Unheimliches gehabt.

Zudem hatten sie oft klettern müssen, denn natürlich waren diese Wege nicht überall gerade gewesen.

Jules war besonders froh, den Höhlen entkommen zu sein. Die ganze Zeit über hatte er Angst gehabt, dass die Decke über ihnen einstürzen könnte. Doch zum Glück war dies nicht passiert und nun waren sie alle wohlbehalten wieder an der frischen Luft.

„Wie geht es nun weiter“?, fragte Lydia, die nun die Karte wieder zusammenrollte und verstaute.

„Ich habe keine Ahnung, wo wir sind“, meinte Zack, nachdem er sich umgesehen hatte.

Von der Brücke, die sie so untertunneln wollten, war weit und breit nichts mehr zu sehen.

Dana wollte schon Estela ausfragen, aber das war nicht nötig.

„Wir sind ein wenig vom Weg abgekommen“, meinte Eravelle gerade, als Dana den Mund aufmachen wollte.

„Die Höhlen haben uns zu weit nach Osten geführt. Aber in einem Tag sind wir wieder da, wo wir hätten sein sollen“, sagte sie knapp.

Lydia begann, sich wegen der Zeitverzögerung ein wenig schuldig zu fühlen, doch Eravelle machte keine Anstalten, sich über die Tatsache, dass sie einen Umweg genommen hatten, zu ärgern.

Immerhin waren sie alle sicher über den Fluss gekommen.

Laut Sonnenstand war es später Nachmittag und sie beschlossen, erst einmal ein wenig zu ruhen und etwas zu essen, bevor sie bis zum Einbruch der Nacht weitergehen würden.

Die dunkelhaarige Elbin war irgendwie froh über diese Pause. Der Weg durch die Höhlen hatte sie dank ihrer Verletzung sehr erschöpft und so konnte sie noch einmal neue Kraft tanken, bevor es wieder weiterging.

Sie bemerkte gar nicht, dass sie unentwegt von Jules beobachtet wurde.

Der Braunhaarige war in den letzten Tagen sehr still geworden, denn er war viel zu sehr damit beschäftigt, vor sich hinzugrübeln.

Er fragte sich, ob Eravelle wohl fest mit Danas Bruder zusammen oder einfach nur verliebt in ihn war.

Natürlich wusste er, dass er gegen den Elben keine Chance hatte, aber genau das jagte ihm jedes Mal, wenn er daran dachte, einen Stich durchs Herz.

Jules mochte die Elbin mit den dunklen Locken, seit sie ihr Essen geteilt hatten und je mehr er sie ansah, desto mehr begriff er, dass er dabei war, sein Herz an sie zu verlieren.
 

End of Part 37

Erklärungen

Author: Bina-chan86

Part 38/?
 

Die kleine Gruppe hatte inzwischen die Ebenen von Ûr-Talath erreicht. Diese erstreckten sich im Osten bis fast ans Meer und durch sie führte auch der Weg zu den Azi Dahaka.

Hier wehte ein starker Wind, der die Kälte noch unerträglicher machte.

Dana fror und ihre Zähne klapperten aufeinander, während sie ihre Arme um den Körper schlang, um wenigstens ein bisschen Wärme zu speichern. Sie hatte zwar ihre Magie, um sich zu wärmen, aber da sie diese schon so lange benutzt hatte, war ihre Energie inzwischen zu sehr ausgelaugt. „Da waren mir ja die Berge noch lieber“, murrte sie leise.

„Aber dafür kommen wir unserem Ziel näher.“ Eravelle blickte unverwandt zu ihr hinüber. Ihre Locken hatte die schwarzhaarige Elbin unter einem lindgrünen Tuch verborgen. Wenn man ihre spitz zulaufenden Ohren nicht sah, wirkte sie beinah menschlich. Trotz allem, was vorgefallen war, strahlten ihre Augen mehr denn je.

Schweigend beobachtete Tawha seine Cousine. Er konnte sich nicht daran erinnern, sie außerhalb von Mellryns Gegenwart jemals so unbefangen erlebt zu haben. Er quittierte diese Überlegung mit einem ungläubigen Kopfschütteln, das jedoch keiner bemerkte, weil keiner Notiz von ihm nahm.

Keiner – mit Ausnahme von Garim, der den Elben unablässig mit misstrauischen Blicken traktierte.

Unbarmherzig pfiff der Wind ihnen um die Ohren.

Estela schien dies als einziger egal zu sein. Sie trug auch weiterhin nur ihren dünnen Mantel. Hätten die anderen jedoch geahnt, welch ein Feuer in ihr loderte, wären sie vermutlich nicht überrascht gewesen.

Zack trauerte noch immer den beiden Pferden nach, die sie zurücklassen mussten, als sie die Höhlen betreten hatten.

Den Vorwand der Kälte nutzend hatte Alvar seinen Arm leicht um Lydias Schultern gelegt. Um sie zu wärmen und – was man auch nicht außer Acht lassen sollte – um ihr näher sein zu können. Immer, wenn sie ihm in die Augen blickte, fühlte er sich angezogen wie von einem Magneten. Gern hätte er gewusst, ob sie ebenso empfand, doch er war viel zu unsicher, als dass er es wagen würde, danach zu fragen.

Just in diesem Moment wandte Lydia den Kopf zu ihm um. Der Elb spürte, dass seine Wangen sogleich anfingen zu glühen, aber Lydia lächelte bloß.

„Wenn wir diese Ebene durchquert haben, dann stehen wir Auge in Auge mit dem Feind“, durchbrach Eravelle unvermittelt die Stille. Ihre Stimme klang seltsam bedeutungsschwer dabei.

„Dann können wir endlich Danas Bruder befreien.“ Jules versuchte heiter zu klingen, was ihm kläglich misslang. Er ahnte selbst, wie unehrlich das klingen musste.

Eravelle bemerkte es nicht mal – eine Tatsache, die Jules wohl mit am meisten ärgerte. Sie dachte nur an Mellryn.
 

Mellryn rieb sich mit den Fingerspitzen über die Schläfen. Hämmernde Kopfschmerzen erschwerten ihm das Denken. Es war nicht sonderlich leicht, in so einer Situation klar zu bleiben.

Seufzend ließ er seine Gedanken schweifen.

Wie mochte seine Schwester heute wohl sein? Er hatte sie nur als kleines, aufgewecktes Mädchen in Erinnerung – doch selbst das nur vage. Er wusste nicht mehr, was Realität und was Traum war. Nur ihren rotbraunen Haare sah er noch ganz deutlich vor sich.

Momentan war es ein anderes Mädchen, das ihm viel vertrauter war.

Eravelle – er hatte sie fortgeschickt damit sie Dana suchte und weil sie nicht zusammen mit ihm zusammen in diesem Loch versauern sollte. Dennoch wünschte er sich seine Gefährtin in diesem Augenblick mehr denn je zurück.

Er war es leid, einsam zu sein.

„Eravelle… beeil dich“, flüsterte er in die Dunkelheit hinein.
 

Von den ersten Sonnenstrahlen geweckt schlug Eravelle die Augen auf. Doch da war noch etwas. Es kam ihr so vor, als hätte jemand ihren Namen gerufen.

Als sie sich allerdings umblickte, erkannte sie, dass alle anderen noch schliefen. Alle, bis auf Tawha.

Eravelle seufzte innerlich, während sie ihre Haare mit den Fingern ordnete.

Tawha zog die Augenbrauen zusammen. „Dir muss doch klar sein, dass ihr mit eurem Plan niemals durchkommen werdet. Du kannst Mellryn nicht befreien. Haryon hat noch viel mit ihm vor, weswegen die Bewachung auch so streng ist.“

Eravelle rollte mit den Augen. „Wie wäre es erstmal mit ‚Guten Morgen‘?“

„Tss“, machte Tawha ungeduldig. „Hör auf mir hier etwas vorzuspielen!“ Seine dunkelbraunen Augen funkelte nun wütend. „Was bildest du dir ein? Du hast dich von deiner Familie und von deinen Freunden abgewandt und wozu? Um Mellryns Hure zu sein?“

Abrupt sprang Eravelle auf und als sie mit dem Arm ausholte, fürchtete Tawha für eine Sekunde, dass sie Magie anwenden würde.

Womit er jedoch nicht gerechnet hatte, war, dass sie ihm mit voller Wucht ins Gesicht schlagen würde.

Tawha landete unsanft auf dem Boden und rieb sich verdutzt die schmerzende Wange mit den verbundenen Händen.

„Oh, halt doch endlich deinen Mund!“, fauchte Eravelle ihn an. „Niemanden interessiert, was du zu sagen hast.“

Aufgeweckt vom dem Lärm regten sie auch die übrigen Gefährten.

Dana rieb sich verwundert die Augen. Träumte sie noch oder schrie Eravelle gerade wirklich ihren verdatterten Cousin an?

„Siehst du, was ich sehe?“, fragte Zack neben ihr schläfrig.

Die Elbin nickte langsam. „Ich fürchte ja.“

Jules gähnte herzhaft, als er sich aufsetzte, war dann aber schlagartig wach, als er zu Eravelle schaute. Mit zwei großen Schritten war er an ihrer Seite und hielt sie fest.

„Ist ja gut, Eravelle“, versuchte er sie zu beruhigen. „Ich mag ihn ja auch nicht, aber so tust du dir nur selber weh.“

„ Er hat mich als Hure bezeichnet“, zischte Eravelle aufgebracht.

Nun sah Jules selber aus, als würde er Tawha am liebsten schlagen.

„Das…“, begann Tawha.

Mittlerweile war Garim jedoch sehr geübt darin, den vorlauten Elben zum Schweigen zu bringen. Gelassen stieß er mit seinem Axtgriff gegen Tawhas Hinterkopf, wodurch dieser mit dem Gesicht im Dreck landete.

Eravelle atmete tief durch und schnaubte dann einmal. „Danke.“

Garim zuckte mit seinen massiven Schultern. „Keine Ursache. Mir ging er ja auch auf die Nerven.“

Ganta lachte erheitert über die Reaktion seines Onkels. „Dem hast du’s aber gezeigt“, meinte der jüngere Zwerg anerkennend.

„Nicht gerade beschaulich, dieser Morgen.“ Alvar schüttelte den Kopf.

Danas Mundwinkel verzogen sich zu einem Grinsen, als sie zu ihm hinüberblickte. „Nun, für dich vielleicht schon.“

Anscheinend hatte Alvar während der Nacht unbewusst den Arm um Lydia gelegt.

Als Dana ihn ertappte, rückte er mit hochrotem Kopf von der Geschichtenerzählerin ab.
 

„Ich sollte euch ein paar Dinge erklären, solange wir noch die Zeit dafür haben“, eröffnete Eravelle den anderen beim Frühstück unvermittelt.

Neugierige Augenpaare richteten sich auf sie.

Eravelle starrte einen Moment lang in das Feuer, welches Estela entfacht hatte, ehe sie anfing zu reden. Sie faltete ihre Hände.

„Ich traf zum ersten Mal bei den Dúath auf Mellryn. Die Dúath sind ein Clan von Dunkelelben, zu denen auch mein Cousin gehörte.“ Sie warf dabei einen undeutbaren Blick in Tawhas Richtung. „Einst waren sie die erklärten Feinde der Azi Dahaka – bis zu dem Tag, an dem die meisten zu eben jenen Feinden überliefen. Ich habe nie verstanden, warum sie ihre Prinzipien derartig verraten konnten. Und auch Mellryn konnte das nicht akzeptieren. Dieser Umstand sollte ihm jedoch schon bald zum Verhängnis werden, denn Haryon, Anführer der Azi Dahaka und ihr selbsternannter König, hatte offenbar mehr mit ihm vor."

„Hat er…“ Danas Mund fühlte sich trocken an, aber sie sprach tapfer weiter. „Hat dieser Haryon meine Eltern getötet?“

Eravelle nickte bestätigend. „Ja, denn seine Machtgier kannte keine Grenzen.“

Dana spürte Zorn in sich aufwallen, der sich nur mühsam unterdrücken ließ. Haryon war also für all dies verantwortlich.

„Ich muss gestehen, dass ich nicht weiß, was er mit Mellryn vorhat“, fuhr Eravelle ernst fort. „Allerdings scheint Haryon zu glauben, dass ich Mellryn dazu bringen könnte, seinen Wünschen zu entsprechen.“ Ganz leicht schüttelte sie den Kopf. „Ich habe mich geweigert und… nun ja, den Rest der Geschichte kennt ihr ja bereits.“

Ganz bewusst hatte Eravelle nicht über ihre persönlichen Erinnerungen und Gefühle für Mellryn gesprochen. Jedes dieser Worte wollte sie hüten, bis sie ihn endlich wieder in die Arme schließen konnte.
 

End of Part 38

Dúath

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

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Part 39 von ?

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Die Truppe um Dana brauchte noch rund acht Tage, bis sie langsam aber sicher in feindliches Gebiet vordrang.

Inzwischen hatte Eravelle sie gewarnt, jederzeit Augen und Ohren offen zu halten für den Fall, dass sie unliebsame Gesellschaft bekamen.

Zum Glück hatten sie bislang keine weiteren unangenehmen Überraschungen erlebt, wenn man davon absah, dass Tawha sie alle beleidigte, wo er nur konnte.

Zwischenzeitlich hatte Estela ihm sogar schon einen Fluch auf den Hals gehetzt, der ihm für einige Stunden die Stimme raubte.

Seitdem war sich besonders Zack sicher, dass er diese Frau niemals, wirklich niemals verärgern wollte. Wer wusste schon, was Estela sonst noch so alles anstellen konnte?
 

Es war am Abend eines wirklich kalten und anstrengenden Wintertages, als Eravelle das Gefühl hatte, wieder beobachtet zu werden.

Noch konnte sie jedoch nicht ausmachen, woher genau dieses Gefühl kam und ob sie tatsächlich beobachtet wurden, und so ließ sie sich erst mal nichts anmerken.

„Ein Königreich für ein warmes, weiches Bett“, schnatterte Jules, der so langsam aber sicher die Schnauze voll davon hatte, immer im Schnee herumzustapfen und auf hartem Boden zu schlafen.

Von allen anderen kamen sofort zustimmende Seufzer. Niemand hätte was dagegen gehabt, sich mal wieder baden zu können und in einem weichen Bett zu schlafen.

Seit einiger Zeit waren sie keiner einzigen Menschenseele mehr begegnet und die wenigen Dörfer, die sie gesehen hatten, waren völlig zerstört.

Ghartiselidh war seit dem Krieg der Elben kein sehr dicht besiedeltes Land mehr und viele Dörfer waren aufgegeben worden.

Es betrübte Dana, zu sehen, wie das Land, das ihr Vater einst regiert hatte, so sehr verkommen war. Sie erinnerte sich noch dunkel daran, wie schön es gewesen war mit seinen vielen Bäumen und Wiesen und wie zufrieden die Elben, die hier gelebt hatten immer gewesen waren. Doch von alldem war nichts mehr übrig.

Zack umarmte seine Ziehschwester vorsichtig und sie wusste das sehr zu schätzen. Er spendete ihr Trost und sie brauchten keine Worte, um zu wissen, wie es dem anderen ging.

„Da vorn könnten wir unser Nachtlager aufschlagen“, meinte Alvar, der einen windgeschützten Platz neben einem kleinen Hügel vermutete.

Allgemeine Zustimmung folgte und so bauten Jules und Zack die kleinen Zelte auf, während Lydia und Alvar ein bisschen Feuerholz suchten und Estela dabei war, Schnee in einem Topf zu schmelzen.

„Kannst du dich auch irgendwie nützlich machen, Elbe?“, herrschte die Priesterin nach einiger Zeit Eravelle an, die einfach nur da stand und nichts tat, während sich diesmal die Zwerge ums Abendessen kümmerten.

Diese warf Estela einen vernichtenden Blick zu.

„Geht es dich irgendwas an, was ich mache?“

„Nun, du könntest wenigstens etwas machen, das mehr nützt, als rumzustehen und Löcher in die Luft zu starren“, fand Estela.

„Ach? Denkst du etwa, ich tue gar nichts?“, fauchte die dunkelhaarige Elbin.

„Oh ja, das denke ich!“

„Falsch gedacht, du falsche Schlange!“

„Du wagst es…?“

Estela ließ sich nicht gern beschimpfen, auch wenn sie selbst so viel fluchte, dass selbst ihr angebeteter Dämon blass werden würde, würde er sie so manches Mal hören.

„RUHE!“, rief da endlich Dana, was die beiden Streithähne erst mal stumm werden ließ.

„Könnt ihr beide nicht endlich mal vernünftig miteinander umgehen? Es nützt uns überhaupt nichts, wenn ihr nur streitet“, meinte die Elbenprinzessin.

Natürlich wussten sowohl Eravelle als auch Estela, dass Dana Recht hatte.

Sie waren dabei, gemeinsam gegen einen Feind zu ziehen und da war es alles andere als ratsam, sich gegenseitig zu bekriegen. Kein Wunder, dass nun beide Frauen schuldbewusst dreinblickten.

„Wir müssen zusammenhalten, wenn wir meinen Bruder befreien wollen. Ihr müsst euch ja nicht gerade gern haben, aber bitte, bleibt wenigstens friedlich!“

Eravelle musste zugeben, dass Dana sich langsam wirklich zu einer Prinzessin mauserte. Sie schaffte es schon fast mühelos, einen Streit zu schlichten und sich durchzusetzen und das allein durch ihr autoritäres Auftreten.

Estela schnaubte nur einmal kurz, bevor sie sich wieder ihrer Tätigkeit widmete, die sie kurz zuvor eingestellt hatte.

Tawha hatte diese Situation mit sehr viel Interesse beobachtet. Vielleicht, so dachte er, könnte er einmal davon profitieren, dass sich seine Cousine und diese Priesterin so sehr hassten.
 

Eravelle hatte sich ein wenig vom Lager abgewandt, nachdem ihr Streit mit der Priesterin so schnell von Dana unterbrochen worden war.

Sie hatte tatsächlich etwas getan – sie hatte mit ihrer Magie versucht, herauszufinden, ob sie erneut verfolgt wurden. Leider hatte Estela sie davon abgehalten, zu einem Ergebnis zu kommen.

Es hatte sie ein wenig überrascht, dass die Frau mit den karmesinroten Haaren überhaupt nichts von ihrer Magie bemerkt hatte. Woran lag das?

Die Elbin erschrak, als sie plötzlich eine Hand auf ihrer Schulter spürte und war sehr erleichtert, dass es nur Dana war, die nun neben ihr stand.

Sie hatte überhaupt nicht bemerkt, wie die Prinzessin zu ihr gekommen war, so tief versunken war sie in ihren Gedanken gewesen.

„Alles in Ordnung?“, fragte Dana.

Eravelle nickte. „Ja. Ich habe nur das Gefühl, dass ich beobachtet werde. Dass wir beobachtet werden.“

Sie sprach gleich frei heraus, denn sie hielt es für wichtig, dass außer ihr jemand Bescheid wusste – für den Fall der Fälle.

„Wir werden erneut verfolgt?“

„Möglich. Ich hatte noch nicht die Gelegenheit, das herauszufinden“, seufzte die Dunkelhaarige und Dana begriff allmählich, warum die Elbin vorhin so still gewesen war. Sie hatte zuvor nicht verstanden, warum Eravelle so viel Magie um sich herum angesammelt hatte.

„Sei wachsam“, bemerkte Eravelle nun, bevor sie zurück zum Lager ging, wo inzwischen ein schönes Feuer für wohlige Wärme sorgte.
 


 

Ein Geräusch ließ Lydia aufhorchen. Da war doch etwas?

Sie lauschte angestrengt, aber das Geräusch kehrte nicht wieder zurück.

Ob es nur ein Tier gewesen war?

Sie runzelte die Stirn und legte sich wieder hin, kuschelte sich schon fast heimlich an Alvar, der dicht neben ihr lag.

Beinahe war sie wieder eingeschlafen, als sie erneut ein seltsames Geräusch vernahm.

Doch, da war etwas.

Diesmal setzte sie sich auf und versuchte, in der Dunkelheit irgendetwas auszumachen. In ihrem Zelt war jedoch nichts. Es schien außerhalb zu sein.

Vorsichtig stand sie auf und tapste leise zum Eingang des Zeltes.

Da. Schritte.

Ob jemand von den anderen sich erleichtern war?

Auf einmal hörte sie sehr leise geflüsterte Stimmen.

Sie konnte kein Wort verstehen, es war leider alles viel zu gedämpft.

Gerade trat sie bedächtig aus dem Zelt, als sich ihr auch schon eine Hand auf den Mund legte und zu Boden drückte.

„Sei still und wehr dich nicht, dann tun wir dir auch nicht weh!“, hörte sie eine raue Stimme an ihrem Ohr flüstern.

Unmöglich festzustellen, ob diese Stimme männlich oder weiblich war.

Lydia nickte sacht, um ihrem Angreifer zu verstehen zu geben, dass sie nichts tun würde und spürte dann, wie sich der Griff um ihren Körper lockerte.

Als sie ihren Kopf ein wenig hob, sah sie, dass noch zwei weitere Personen im Lager umherstreiften und sich sogar in die Zelte begaben.

„Was wollt ihr?“, fragte sie leise, aber sie bekam keine Antwort.

Stattdessen spürte sie, wie ihr die Hände gebunden wurden.
 

Eine halbe Stunde später saßen auch Dana, Zack, Jules und die Zwerge gefesselt vor ihren Zelten und blickten allesamt panisch umher.

Bisher war niemand von ihnen verletzt worden und sie hofften sehr, dass dies auch so bleiben würde.

Als schließlich auch Eravelle aus ihrem Zelt gezerrt wurde, schien einer ihrer Angreifer stutzig zu werden.

„Warte, Calina! Das ist doch… ja! Eravelle!“

Lydia glaubte, sich verhört zu haben.

Die Leute, die sie hier gerade angriffen, kannten die dunkelhaarige Elbin?

Als Eravelle die Stimme hörte, weiteten sich ihre Augen.

„Oranor?“

„Ja. Um Himmels Willen, Eravelle, was tust du hier?“

„Dasselbe könnte ich euch fragen?!“

„Nun, glaubst du wirklich, wir lassen jemanden ungeschoren durch unser Land ziehen?“

Die Stimme Oranors klang amüsiert.

Während Eravelles Begleiter so überhaupt nicht verstanden, was eigentlich vor sich ging, war Eravelle selbst anscheinend sehr erleichtert.

Nicht nur, dass sie die Angreifer kannte.

Nein.

Sie freute sich, die drei Elben, die hier standen und ihre Freunde gefesselt hatten, zu sehen.

„Na, du bist mir ja eine!“, konnte man plötzlich Estelas eisige Stimme vernehmen, die den Angreifern bisher noch nicht zum Opfer gefallen war.

„Sollen wir etwa als Sklaven für euch Elben enden?“

Doch Eravelle ärgerte sich nicht. Sie lachte. Kein ironisches Lachen, wie man vielleicht erwarten könnte. Nein, ein amüsiertes Lachen war das.

„Du irrst, Estela!“, kicherte sie.

„Calina, Oranor und Falmarin sind Freunde von mir. Sie sind wenige verbliebene Mitglieder der Dúath.“
 

End of Part 39

Morn Gondram

Author: Bina-chan86

Part 40/?
 


 

Eravelle klärte ihre Freunde – die Letzten der Dúath – darüber auf, was auf ihrer bisherigen Reise vorgefallen war. Bewusst ließ sie dabei brisante Aspekte aus, wie beispielsweise Danas Herkunft. Sie traute Calina, Oranor und Falmarin zwar, sah aber keine Möglichkeit sie aufzuklären, ohne dass auch Tawha davon erfuhr, mit wem sie hier reisten. Die Information, dass Dana die Elbenprinzessin war, erschien ihr einfach zu kostbar.

Die drei Neuankömmlinge straften Tawha, den Verräter, derweil wahlweise mit Nichtachtung oder bösen Blicken. An letztere hatte sich der Dunkelelb mittlerweile fast gewöhnt, denn eben jene warf ihm Garim ohne Unterlass zu.

Mürrisches, kleines Volk, dachte Tawha verdrießlich.

Unterdessen beobachtete Dana eine neuerliche Veränderung an Eravelle. Die Dunkelhaarige gestikulierte beim Sprechen mit ihren Händen – machte weit ausholende Gesten – und wirkte auch sonst lebhafter. Ob sie so gewesen sein mochte, bevor das Land in Dunkelheit versunken war? Dana konnte sich noch keinen Reim darauf machen. Nur eines war klar: Es war schwer, sein eigenes Ich zu bewahren, wenn man in den Krieg hineingezogen wurde. Kaum einer wusste das so gut wie sie selbst.

„Euer Vorhaben ist riskant“, wandte Oranor bedächtig ein, nachdem Eravelle ihre Ausführungen beendet hatte. „Aber der Widerstand ist das einzige, was uns noch bleibt.“

Falmarin lächelte wehmütig und ergriff dann Eravelles Hände. „Ich finde es wundervoll, wie zielstrebig du für deinen Liebsten kämpfst. Euch verbindet ein starkes Band.“

Eravelle lief rot an und wich Falmarins Blick aus. Ihr Weg war längst nicht so romantisch gewesen, wie Falmarin ihn sich ausmalte.

Calina überging Eravelles Verlegenheit höflich. „Du hast Glück, so tapfere Gefährten gefunden zu haben, die dich begleiten. Es ist sehr selbstlos, für einen Fremden zu kämpfen. Vielleicht besteht ja auf diese Weise tatsächlich eine Chance.“

Es wäre leicht gewesen, auf Dana zu deuten und zu sagen: Sie ist ja nicht fremd, sondern seine Schwester. Die Prinzessin.

Doch diese Worte kamen Eravelle nicht über die Lippen. Problematisch daran war nur, dass zumindest Oranor und Falmarin bald Verdacht schöpfen könnten. Beide hatten zu viel erlebt, um sich an der Nase herumführen zu lassen. Lediglich Calina war etwas zu gutgläubig, aber dafür mochte sie Eravelle umso mehr.

Jules hatte Mühe damit, sich abzulenken. Eravelle und Falmarin – Hand in Hand – erinnerten ihn an die Bilder von Kirchenwänden, die er als Kind ehrfürchtig betrachtet hatte. Gestalten von makelloser Schönheit hatte er gesehen und es erschien ihm in diesem Moment so, als wären diese Gemälde zum Leben erwacht. Insgeheim fragte er sich, ob Elben wohl grundsätzlich solche Reaktionen bei ihrer Umwelt hervorriefen oder ob er besonders anfällig dafür war.

„Was erwartet uns als nächstes?“, warf Zack unvermittelt ein. Fragend musterte er dabei die Dúath.

„Grenzposten“, entgegnete Oranor knapp.

Eravelle nickte zustimmend. „Hier wird es noch einmal heikel. Für einen allein ist es leichter vorbeizukommen, aber mit einer ganzen Gruppe müssen wir uns geschickt anstellen… oder kämpfen. Letzteres wäre allerdings keine kluge Idee, denn es könnte jemand Alarm schlagen. Somit wüssten die Azi Dahaka, wie nah wir schon sind“, erklärte sie. „Es sollte jedoch unser Vorteil sein, dass das Land an dieser Stelle so zerklüftet ist. Es gibt genug Möglichkeiten, um in Deckung zu gehen.“

Für Zack war das eine nette Beschreibung dafür, dass sich Ghartiselidh hier nicht unbedingt von seiner besten Seite zeigen würde.

„Dann sollten wir vielleicht bei Nacht weiterziehen“, schlug Alvar vor. „Wir sollten kein unnötiges Risiko eingehen.“

„Ich kenne das Gelände gut genug. Selbst im Dunkeln könnte ich euch problemlos hindurch führen“, fügte Eravelle hinzu.

Nicht nur Alvar war erstaunt darüber, wie selbstbewusst die Antwort der Elbin ausgefallen war. Die Aussicht, Mellryn bald wieder zu sehen, beflügelte sie offenbar.

Oranor wechselte einen Blick mit Calina und Falmarin. „Wir werden euch begleiten“, sagte er dann. „Mellryn ist unser Freund und es wäre unehrenhaft, ihn im Stich zu lassen.“

Eravelle nickte ihm dankbar zu. Sie wusste, dass die drei Dúath mehr an Mellryns Fähigkeiten glaubten als an die alte Prophezeiung. Sie hatte ähnlich gedacht – bis sie Dana kennen gelernt hatte.
 

Durch den unverhofften Zuwachs gestärkt reiste die Gruppe weiter.

Am zweiten Tag rasteten sie bereits zur Mittagsstunde, um am Abend Alvars Vorschlag in die Tat umzusetzen.

Die meisten Mitglieder der kleinen Gruppe schienen nervös und Estela war wohl die Einzige, die sowohl äußerlich als auch innerlich ruhig blieb. Es war beinah so, als würde ihre Großspurigkeit keinerlei Zweifel zulassen.

Und dennoch fragte sich Dana, ob da nicht doch mehr war. Seit Estela allein gegen den Azi Dahaka gekämpft hatte, beschlich die Elbin zunehmend ein ungutes Gefühl.

Sie verscheuchte den Gedanken vorerst und schaute stattdessen zu Lydia und Alvar hinüber.

Nachdem Dana Alvar in gewisser Weise ertappt hatte, war der Elb ein wenig von Lydia abgerückt. Nur hielt dieser Umstand nicht lange vor. Besonders, als die Geschichtenerzählerin ihrerseits die Distanz überbrückt hatte, indem sie seine Hand bei der Wanderung ergriffen hatte.

Die zarten Bande zwischen den beiden wurden nur langsam geknüpft, schienen dafür aber umso stärker zu sein.

Dana war schon zuvor aufgefallen, dass Alvar Lydia kaum noch aus den Augen ließ und sie wünschte ihnen von Herzen Glück.
 

Eravelle war schon zur Abenddämmerung hin abreisebereit. Den Blick hielt sie fest auf den Horizont gerichtet – auf ihr Ziel.

Die Sonne war nur noch als schmaler Streifen zu sehen und kurz bevor sie endgültig verschwand, konnte man in der Ferne die Umrisse von Türmen erkennen. Eravelles Augen verengten sich zu Schlitzen. Sie würde den Anblick der abscheulichen Festung, die Haryon hatte errichten lassen, niemals vergessen.

„Gehen wir“, sagte sie ernst, ehe die Erinnerungen sie überwältigen konnten.
 

Der Grenzposten wurde nicht so scharf bewacht, wie sie anfangs befürchtet hatten.

Oranor war zur Erkundung vorgegangen und berichtete nur von lediglich fünf der Azi Dahaka, die dort ihren Dienst verrichteten.

Das wirkte zwar auf den ersten Blick ungewöhnlich, aber die Dúath wussten, dass ihre Feinde die Festung von Morn Gondram für uneinnehmbar hielten.

Diese Eitelkeit war eine Chance, die sie nutzen mussten, wenn sie an ihr Ziel gelangen wollten. Dabei gingen sie auf inzwischen gewohnte Weise vor – Elben führten Menschen, während die Zwerge die Nachhut übernahmen.

Estela hatte mit Freuden ihren Fluch ein zweites Mal angewandt und Tawha damit zum Schweigen verdammt. Dieser war zwar wütend, konnte sich aber nicht beschweren.

Sie schlichen einer nach dem anderen langsam und dabei bedächtig leise am Wachturm vorbei.

Jules wagte kaum zu atmen, während er fürchtete, über seine eigenen Füße zu fallen. Seine Anspannung sank erst, als Eravelle ihn über die Felsen lotste, die ihr so vertraut und ihm so fremd waren.

Angespannt hatte Zack die Finger um seinen Jagdbogen geschlossen. Er wusste, dass der Moment, in dem er diesen für den Kampf benutzen würde, kurz bevorstand. Er war kein wirklicher Krieger, aber er hoffte, dass er es für Dana lernen würde.

„Hîth“, flüsterte Alvar in die Stille hinein. Es war nur ein kleiner Zauber, der ihren Gegnern die Sicht erschweren würde, aber es konnte nicht schaden und er war in der Lage, hierbei alle magischen Energien zu verbergen.

Inzwischen ging es für ihn um so viel mehr. Dana ihrem Schicksal zuzuführen war eine Sache, aber es gab nun eine Person, die er mehr als andere schützen wollte – aus eigenen, vielleicht egoistischen Gründen.

Leicht drückte der Elb Lydias Hand, auch wenn er nicht wusste, ob er nun sie oder sich selbst damit beruhigen wollte.

Dana blickte an den hohen und wenig einladenden Steinwänden empor, um die sich nun Nebelschwaden rankten. Sie spürte die Gänsehaut auf ihrem Arm – sie waren dem Feind inzwischen erschreckend nahe.
 

Der Elbenprinzessin erschien es schon fast wie ein Wunder, als sie den Posten unbeschadet hinter sich ließen. Bisher hatte niemand die kleine Gruppe entdeckt. Allerdings machte sie sich keine Illusionen über den Ernst der Lage. Die Azi Dahaka hatten fähige Magier, die sie sicherlich bald aufspüren würden.

Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als sie sich bewusst wurde, dass das, was sie für einen Berg gehalten hatte, eine riesige Wehranlage war.

Natürlich, Eravelle hatte gesagt, dass es hier kein Gebirge mehr gäbe. Dana schluckte.

Sie kam sich selbst so klein vor im Vergleich zu der in Fels gehauenen Burg. Wenn Haryon seine Feinde einschüchtern wollte, so hatte er dafür mit Sicherheit nicht den schlechtesten Weg gewählt.

„Ziemlich hässlicher Kasten“, murrte Zack geringschätzig.

Dana lächelte ihn dankbar an. Er hatte das nur gesagt, um ihre Nervosität zu zerstreuen.

„Morn Gondram“, sagte Eravelle. „Nun sind wir also endlich am Ziel.“

Halte durch, Mellryn. Wir sind bald bei dir, sandte sie in Gedanken und betete inständig darum, dass er die Hoffnung noch nicht verloren hatte.
 

End of Part 40

Der Angriff

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir

übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 41 von ?

Warning: bislang keins
 


 

Da.

Ganz nah.

Er wusste es, ganz sicher.

Mellryn lächelte in die Dunkelheit hinein, als seine Vision verebbte.

Die Vision, die ihm gezeigt hatte, dass Eravelle und Dana mit ein paar anderen Freunden vor der Festung standen und ihn befreien würden.

Endlich!

Bald würde er aus seiner Zelle herauskommen können, diese Magiefressenden Fesseln ablegen und wieder frei sein.

Hoffentlich, so dachte er, lassen sich Eravelle und meine Schwester nicht zu viel Zeit…
 

„Wie sollen wir da ungesehen hereinkommen?“, fragte Lydia unsicher, als sie die Mauern empor blickte.

Es erschien ihr aussichtslos, da irgendwie reinzukommen.

„Gute Frage. Und woher wissen wir, wo Mellryn gefangen ist?“, fragte Jules, der ähnliche Zweifel wie Lydia hegte.

„Soweit wir wissen, gibt es einen Dienereingang auf der anderen Seite. Dort könnten wir uns vielleicht irgendwie hereinschleichen“, erklärte Oranor.

„Stimmt. Wir sollten möglichst heimlich hinein und genauso heimlich wieder heraus. Kämpfe vermeiden, wo wir können“, nickte Eravelle.

„Kriegen wir das hin?“, fragte sich Zack.

„Bestimmt. Wir müssen nur dafür sorgen, dass dieser Idiot hier still bleibt“, meinte Estela, die daraufhin Tawha ein wenig schubste. Sie würde schon Mittel und Wege haben, den Dunkelelben ruhig zu halten, da waren sie sich alle sicher.

Sie hatten ihr Gepäck und alles, was sie beim Kämpfen und Schleichen nur behindern würde, schon vor einiger Zeit abgelegt und versteckt und so konnten sie nun ein wenig schneller und bequemer vorankommen.

Dank Alvars Zauber gelangten sie unbehelligt zu dem Eingang, durch den nur die Dienerschaft aus und ein ging, der aber dennoch bewacht wurde von zwei grimmig dreinschauenden Elben.

„Wie sollen wir an denen vorbeikommen?“, fragte Dana, fast schon verzweifelt.

Seit sie ihr Ziel erreicht hatten, war sie von Minute zu Minute nervöser geworden und hoffte, dass sie das alles unbeschadet überstehen würden.

„Wir müssen sie irgendwie ausschalten und hoffen, dass es keiner mitbekommt“, überlegte Zack, den Bogen fest im Griff.

Alvar nickte.

„Gute Treffer und sie sind schnell erledigt“, sagte der Elb, der seinerseits seine Armbrust bereithielt und einen Bolzen einlegte.

Zack und Alvar nickten sich gegenseitig zu und schossen.

Zur Erleichterung der ganzen Gruppe fielen die beiden getroffenen Elben wie nasse Säcke um und gaben keinen Laut von sich.

„Das hätten wir geschafft“, seufzte Zack.

Er hatte noch nie zuvor jemanden umgebracht und das zehrte jetzt doch ein wenig an seinen Nerven.

Bloß nicht daran denken, sagte er sich, dennoch war es nicht leicht, die aufkeimende Übelkeit zu unterdrücken, die ihn bei dem Gedanken überfiel.

Alvar schien damit weniger Probleme zu haben. Hatte er schon mal getötet?

Zack würde das zu diesem Zeitpunkt nicht herausfinden, denn die Zeit drängte. Sie mussten so schnell wie möglich hinein und hoffen, dass sie dabei nicht entdeckt wurden.
 

Diesmal waren es Eravelle und Estela, die Schutzzauber um sie woben, damit sie schwieriger aufzuspüren waren.

Es war seltsam, wie gut die beiden Frauen, die sich gegenseitig so sehr hassten, miteinander arbeiten konnten. Scheinbar waren sie sich darüber einig geworden, dass sie jetzt erst einmal zusammenhalten mussten, wenn sie Erfolg haben wollten.

Nacheinander schlichen sie sich also nun in die Festung und hatten dabei abermals Glück – es war niemand dort, der sie hätte sehen können, als sie alle eingetreten waren.

„Wo wird er gefangen gehalten, weißt du das?“, fragte Zack Eravelle.

„Nicht direkt. Ich denke, er wird unten im Kerker sein. Wo würde man sonst Gefangene unterbringen?“

„Jetzt müssen wir nur noch wissen, wie wir in die Kerker kommen“, stellte Jules trocken fest.

„Das ‚zweite Gesicht‘ wäre jetzt sehr nützlich“, überlegte Lydia, die daraufhin Dana musterte.

„Ja…“, gab die Elbin zu, „aber ich beherrsche es noch nicht. Ich bekomme die Visionen nicht, weil ich sie bekommen will…“

„Ich beherrsche es. Aber es ist fraglich, ob ich es schaffe, damit den Weg zu finden. Ich habe keine weitere Verbindung zu Mellryn“, sagte Alvar.

Er blickte Eravelle an. Sie war eine sehr gute Magierin und vielleicht in der Lage, Mellryn ausfindig zu machen.

„Bedauere“, sagte sie jedoch kopfschüttelnd, „aber ich habe ‚das Gesicht‘ noch nie besessen.“

„Dann hilft alles nichts“, mischte sich Estela ein. „Suchen wir uns jemanden, der uns sagen kann, wo sie sind. Oder weiß unser junger Freund hier vielleicht sogar, wie wir weiterkommen?“ Sie blickte Tawha an, den sie weiter mitschleppten.

Tawha grinste und machte auch ohne seine Stimme gut genug deutlich, dass er ihnen nicht helfen würde.

„Hmpf. Ich frage mich, was Haryon dir geboten hat, dass du uns alle verraten hast und übergelaufen bist…“, knurrte Eravelle. Es war ihr noch immer unbegreiflich, wie ihr Cousin so was tun konnte.

Doch eine Antwort darauf erwartete sie gar nicht erst.
 

Die Gruppe schlich weiter und wurde beinahe entdeckt, als zwei Diener ihres Weges kamen.

Nur die Geistesgegenwart Lydias war es, die sie alle davor rettete, dass sie geschnappt wurden – sie hatte rechtzeitig eine offene Tür entdeckt, durch die sie hindurchschlüpfen konnten.

„Wir bräuchten einen einzelnen Diener, den wir überrumpeln können“, sagte Estela.

„Seht, da vorne läuft einer“, flüsterte auf einmal Falmarin, als sie jemanden entdeckte.

„Prima. Genau das richtige für mich“, grinste die Priesterin, die sich daraufhin dem Diener an die Fersen heftete und ihn in einem günstigen Moment niederschlug, bevor er sie bemerken konnte.

„Nein, ich möchte sie wirklich niemals als Feindin haben“, bemerkte Zack trocken, als die Frau mit den karmesinroten Haaren den jungen Diener zu ihrem kleinen Unterschlupf zurücktrug.

Es dauerte nicht lange, bis der junge Mann wieder zu sich kam und mehr als nur erschrocken reagierte, von so vielen fremden Leuten umgeben zu sein, die nicht gerade freundlich zu ihm herabblickten. Zum Glück verhinderte Estelas Zauber, dass er um Hilfe schreien konnte, auch wenn er es versuchte und beinahe in Panik geriet, als er bemerkte, dass seine Stimme weg war.

„Erklär uns, wo die Kerker liegen und wir lassen dich leben“, drohte die unheimliche Priesterin mit einem diabolischen Grinsen auf den Lippen, während sie den Zauber wieder löste.

Zum Glück war der Diener klug genug, nicht zu schreien, kooperierte und gab eine genaue Wegbeschreibung ab.

„Weißt du, in welcher Zelle Mellryn sitzt?“, fragte Dana beinahe ungeduldig.

„Wer?“, fragte er Diener und damit war klar, dass er es nicht wusste.

Sie würden ihn also suchen müssen.

Nachdem Estela ihr Opfer wieder bewusstlos geschlagen hatte, gingen sie leise und vorsichtig den beschriebenen Weg entlang.

Sie mussten noch so einige Male ausweichen, als ihnen Dunkelelben und Diener entgegenkamen, hatten jedoch stets Glück, nicht entdeckt zu werden.

Dana fragte sich, wie lange das wohl noch gut gehen würde. So viel Glück war ja schon beinahe unnatürlich.

Jedoch trat nun ihr nächstes Problem auf – die Treppe, die hinunter in die Kerker führte, war bewacht.

Zwei Dunkelelben hielten dort Wache und es sah nicht so aus, als könnten sie die beiden so leicht ausschalten wie die Wachen am Dienereingang.

Calina, die den Weg für die anderen immer vorweg auskundschaftete, seit sie wussten, wie sie in die Kerker kamen, schlich zu ihren Begleitern zurück.

„Ich habe keine Ahnung, wie wir an diesen Wachhunden vorbeikommen sollen“, sagte sie bedauernd.

„Jemand müsste sie weglocken“, schlug Jules vor.

Alvar schüttelte jedoch den Kopf. „Nein, die würden eher Alarm schlagen, als sich weglocken zu lassen, da bin ich mir sicher.“

„Aber einen Versuch ist es dennoch wert“, fand Falmarin. „Wenn sie Alarm schlagen, müssen wir eben auf Plan B zurückgreifen.“

Niemand widersprach, da sonst keiner einen besseren Plan hatte.

„Gut. Ich werde den Lockvogel spielen“, sagte die junge Elbin, die ihre Kleider ein wenig ‚zurechtrückte‘ und anschließend zu singen anfing.

Falmarin trug nicht umsonst das elbische Wort für „Nymphe“ als Namen – sie hatte eine sehr betörende, weiche Stimme. Und mit ihrer Magie und ihrer Stimme wob sie einen Zauber, der den Verstand der beiden Wachen benebeln würde.
 

„Huch? Was ist das?“

„Was?“

„Na, diese Musik. Heute soll doch gar kein Fest sein, oder?“

Der stämmigere der beiden Wachmänner kratzte sich am Hinterkopf, als er seinen Kollegen fragend ansah.

„Nein, nicht dass ich wüsste. Aber hey, das klingt gar nicht schlecht.“

„Oh, sieh mal!“

Die beiden Wachen staunten nicht schlecht, als sie nun die Besitzerin dieser wunderschönen Stimme auf sich zukommen sahen.

Es war eine sehr hübsche, junge Elbin – sehr anzüglich bekleidet – die sie da anlächelte und mit ihrer Stimme den beiden Jungs den Kopf verdrehte.

Längst war keiner der beiden mehr in der Lage, den Blick von diesem anmutigen Wesen vor ihnen abzuwenden und als sie nun wieder zurückging und ihnen bedeutete, ihr doch zu folgen, taten sie es blind und taub, denn ihr Verstand war von dem Zauber völlig vernebelt.
 

Falmarin lockte die beiden schon beinahe sabbernden Wachen in die falsche Richtung, so dass ihre Freunde nun freie Bahn in die Kerker hatten.

Sie würde mit den beiden Wachen schon spielend fertig werden.

„Seid ihr Elben eigentlich alle so gruselig?“, fragte Garim, der verblüfft war, wie gut die Elbin ihre Aufgabe gemeistert hatte.

Eravelle kicherte jedoch bloß leise und folgte den Treppen weiter nach unten.

In den Kerkern roch es sehr unangenehm nach Unrat und Fäulnis und gerade die Elben hofften, hier schnell wieder verschwinden zu können.

„Prima, das hätten wir geschafft. Jetzt müssen wir nur noch meinen Bruder finden!“, freute sich Dana.

Ihr ungutes Gefühl war zwar noch nicht verschwunden, aber jetzt, da sie so kurz vorm Ziel waren, wurde sie ein wenig zuversichtlicher.

Eravelle jedoch wurde immer aufgeregter. Konnte sie ihren Geliebten gleich in ihren Armen halten? Das wäre fast zu schön, um wahr zu sein.

„Wenn wir ihn bei diesen vielen Zellen finden“, seufzte Zack, als er sich nun im Kerker näher umsah.

„Hoffentlich sind hier keine weiteren Wachen“, flüsterte Jules.

„Wenn hier noch welche sind, mache ich sie zu Hackfleisch!“, knurrte Garim, der seine Axt tätschelte. Ganta kicherte bei dem Gedanken, wie sein Onkel eine Wache niederprügelte, die mindestens doppelt so groß war wie er.

„Wir sollten uns aufteilen und jede einzelne Zelle absuchen. Irgendwo muss Mellryn ja sein“, schlug Estela vor und mit diesem Plan waren sie alle einverstanden.
 

Vorn seufzte.

Es war kein guter Tag für ihn gewesen, denn er hatte seinem Herrn berichten müssen, dass die fünf Elben, die die Begleiterin Mellryns verfolgt hatten, definitiv tot waren.

Man hatte ihre Leichen gefunden. In den Bergen.

Und zu allem Überfluss hatte man noch zwei weitere Leichen entdeckt – die eines jungen Dunkelelben, der mit einem gewissen Tawha unterwegs gewesen war und eine, die sie noch nicht hatten identifizieren könnte, da sie bis zur Unkenntlichkeit verkohlt gewesen war.

Man vermutete nur, dass es sich um Tawha oder Faer handelte, denn das war der zweite Trupp gewesen, der Eravelle verfolgen sollte, nachdem man von den anderen fünf nichts mehr gehört hatte.

Haryon war außer sich gewesen vor Zorn, als er von den Toten hörte.

Und nach dem Bericht, dem Vorn ihm übermittelt hatte, war es wahrscheinlich, dass diese dunkelhaarige Elbin zurückkam. Ob sie in Begleitung war, ließ sich nicht sicher sagen, aber es war wahrscheinlich.

Natürlich würde sie Mellryn befreien wollen, das war ihnen allen klar gewesen.

Die Frage war nur, wann sie mit einem Angriff zu rechnen hatten.

Und genau zu dieser Frage hatte Vorn keine Antwort finden können.
 

Lydia untersuchte nun schon die dritte Zelle durch den Sichtschlitz, aber auch hier konnte sie niemanden entdecken. Allerdings fiel ihr nun erst recht auf, dass Alvar immer noch in ihrer Nähe war. Er ließ sie überhaupt nicht mehr aus den Augen.

Nicht, dass es ihr unangenehm gewesen wäre, ganz im Gegenteil. Aber sie hatte keine Ahnung, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte. Inzwischen war mehr als offensichtlich, dass sie sich mochten.

Gern hätte sie ihm längst gestanden, dass sie sich in ihn verliebt hatte, denn genau das wusste sie selbst bereits seit dem Vorfall mit der Lawine.

Dennoch hätte sie es als unfair Eravelle gegenüber empfunden, wenn sie sich ihrer Liebe einfach so hingegeben hätte, wo sie selbst doch ihren Liebsten nicht um sich haben konnte.

„Nach diesem Akt hier“, sagte sie leise zu sich selbst, „hiernach werde ich es ihm sagen.“
 

Dana hatte schon einige Zellen begutachtet, doch sie waren alle sehr dunkel gewesen und es war schwer, zu sehen, ob jemand darin war.

Jedes Mal flüsterte sie den Namen ihres Bruders, doch bisher hatte sie ihn nicht entdeckt.

Dafür hatte sie bereits zwei halbverweste Körper gesehen, die es ihr schwer machten, ihren Mageninhalt bei sich zu behalten. Es waren mehr als widerliche Anblicke gewesen und sie hoffte sehr, dass ihr Bruder noch nicht so enden musste.

Als sie in die nächste Zelle blickte, konnte sie nichts weiter als Dunkelheit ausmachen.

Seltsam. In dieser Zelle war es viel dunkler als in denen davor.

„Mellryn?“, flüsterte sie leise und erschrak, als sie diesmal eine Antwort erhielt.
 

Da waren Schritte, doch es war nicht auszumachen, ob es wieder nur die Wachen waren oder jemand anderes.

Sein Gehör hatte sehr gelitten in dieser Gefangenschaft, von seiner Sehkraft auf dem verbliebenen Auge mal ganz abgesehen.

Doch als die Schritte nun vor seiner Zelle verklangen und der Riegel vorbeigeschoben wurde, wusste er irgendwie, wer da stand.

Und als er diese liebliche, weibliche Stimme vernahm, machte sein Herz einen freudigen Sprung.

„Ich bin hier, Schwester“, antwortete er auf die leise Frage Danas.
 

Dana hatte überhaupt keine Ahnung, was sie nun machen sollte, jetzt, da sie Mellryn gefunden hatte.

Beinahe hätte sie laut aufgeschrieen, doch im letzten Moment konnte sie sich zurückhalten.

Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, so aufgeregt war sie.

Ihre Empfindungen reichten von totaler Panik bis übergrößter Freude gleichzeitig.

Ohne es zu wollen, weinte sie.

Tausend Fragen schossen ihr in den Kopf.

Wie würde ihr Bruder aussehen?

Wie würde er sie behandeln? Würde er sich freuen, sie zu sehen?

Er hatte sie bereits als seine Schwester erkannt, aber wie war es eigentlich, ihn als Bruder zu haben?

Sie hatte keinerlei Erinnerungen mehr an ihn und sie wusste überhaupt nicht, auf was sie sich vorbereiten sollte.

„Schwester, bitte, hol mich hier raus.“

Diese kratzige, schwache Stimme holte sie in die Realität zurück und sie atmete tief durch.

„Wie kriege ich diese verdammte Tür auf?“, fragte sie sich, als sie die Zellentür nun näher besah.

Sie sah ein Schloss, doch sie hatte doch gar keinen Schlüssel!

Endlich hatten auch Estela und Garim bemerkt, dass die Elbenprinzessin am Ziel angekommen war und kamen ihr zu Hilfe.

„Lass mich das machen“, sagte Estela grinsend, als sie einen Dietrich hervorzauberte und sich an dem Schloss zu schaffen machte.

Dana war für diese Hilfe sehr dankbar, denn sie hätte keine Ahnung gehabt, was zu tun gewesen wäre.

Garim gab inzwischen den anderen Bescheid, die kurz darauf alle vor der Zelle standen.

Die Nervosität war greifbar, als die Zellentür endlich aufsprang und ein wenig Licht in die Zelle des gefangenen Elben viel.

Genau in dem Moment drang ein gellender Schrei durch den Kerker, der sie alle bis ins Mark erschrecken ließ.

„Verdammt!“, fluchte Estela, die als erstes realisierte, was geschehen war.

Der Fluch, der Tawhas Stimme versiegelt hatte, hatte sich schlussendlich aufgelöst und das hatte der Dunkelelb sofort genutzt, um nach den Wachen zu rufen.

„Wir hätten ihn doch umbringen sollen, diesen verfluchten Scheißkerl!“, knurrte die Priesterin, die es sich nun nicht nehmen ließ, ihn zu verprügeln.

„Dafür ist keine Zeit“, kreische Eravelle hysterisch, die nun in die Zelle Mellryns stürmte.

„Wir müssen hier raus, schnell!“, sagte Alvar, der den Ernst der Lage erkannte.

Keiner wusste, wie lange die nächsten Wachen brauchen würden, um nach dem Rechten zu sehen, nun, da sie dort diesen Schrei gehört hatten.

Es würde doch schon auffallen, dass die Wachen vor der Treppe spurlos verschwunden waren!

Eravelle machte sich an den Fesseln Mellryns zu schaffen, doch sie konnte ihre Magie dafür nicht einsetzen und schaffte es nicht, die eisernen Ringe zu öffnen.

Ihrem Gesicht war ihre Panik anzusehen und sie konnte an nichts anderes mehr denken, als mit Mellryn zu flüchten.

Dieser freute sich unendlich, seine Freundin zu sehen, erkannte aber ebenso wie alle anderen den Ernst der Lage.

Dana stand völlig unbewegt in der Tür.

Ihre Gefühle hatten sie bereits komplett überwältigt und dieser Schrei nach den Wachen hatte die Prinzessin total betäubt. Sie wusste gar nicht mehr, wo ihr der Kopf stand.

„Ich kriege diese verdammten Fesseln nicht auf!“, jammerte Eravelle verzweifelt.

Hilfe bekam sie von Garim, der einfach seine Axt sprechen ließ.

Endlich, nach endlos langen Sekunden war Mellryn befreit und auch, wenn die Ketten ihm noch immer um die Handgelenke hingen, so konnte er sich nun doch fortbewegen.

Inzwischen hörten sie die Schreie und das Getrampel der Wachen, die in Windeseile in die Kerker stürzten.

„Schnell, schnell!“, rief Jules völlig kopflos.

„Ich… ich kann nicht laufen…“, stellte Mellryn überrascht fest, als er es endlich geschafft hatte, aus der Zelle zu treten, aber Alvar fast sofort in die Arme fiel.

Seine Beine waren wie Wackelpudding, so weich und unbrauchbar durch die mangelnde Bewegung.

Überhaupt bot der junge Elb keinen guten Anblick. Er sah sehr ausgezehrt aus. Dreckig und abgemagert.

Alvar überlegte nicht lange, er nahm den Prinzen huckepack, gerade in dem Moment, in dem die Wachen die Kerker stürmten.

„Verdammt“, fluchte Eravelle, die nun keine Ahnung hatte, wie sie hier herauskommen sollten. So wie niemand von ihnen.

Als Dana sich endlich bewusst wurde, was da eigentlich geschah, kam sie wieder halbwegs zu Sinnen.

Der Anblick ihres Bruders machte sie wütend.

„So schrecklich…“, flüsterte sie. „Mein armer Bruder sieht so schrecklich aus… was habt ihr nur mit ihm gemacht?“
 

Es ging alles ganz schnell, als die Wachen auf sie zugerannt kamen, ihre Schwerter gezückt und blutrünstig schreiend.

Zack, Jules, Oranor, Garim und Ganta, die ganz vorn standen, hielten die erste Angriffswelle der Wachen ab, doch es war klar, dass sie nicht lange standhalten würden.

Eravelle zückte ihr langes Messer und stürzte sich ebenfalls in den Kampf und Estela ließ sich auch nicht zweimal bitten.

Sie alle stellten sich schützend vor die Prinzessin und Alvar, der den kraftlosen Mellryn trug, als ein grässlicher Aufschrei in den Kerkern widerhallte und Ganta, der junge Zwerg, tödlich verwundet zu Boden glitt.

In Dana bröckelte in ihrem Inneren auf einmal etwas. Eine Barriere löste sich und sie spürte, wie ihr Körper immer heißer wurde.

Sie hörte keine Geräusche und nahm alles sehr langsam wahr, ihr Blick verschleierte sich ein wenig, als sie den toten Ganta anstarrte und dieses viele Blut den Boden benetzte.

„Nein“, flüsterte sie fast unhörbar und vor ihrem geistigen Auge schwirrten Bilder umher, die sie zehn Jahre lang unterdrückt hatte.
 

Ihr Vater, der vor ihren Augen enthauptet wurde.
 

Ihre Mutter, die auf ebenso grässliche Weise ihr Leben verlor.
 

Lilian, die Zofe ihrer Mutter, die ebenso wenig verschont wurde wie der freundliche alte Tolka, der ihr immer so schöne Geschichten erzählt hatte.
 

Irgendetwas in Danas Kopf explodierte förmlich und sie spürte, wie pure, heiße Kraft in ihr aufwallte.

„NEIN!“

Jeder im Raum, der die gewaltige magische Welle wahrnehmen konnte, drehte sich um und starrte die Prinzessin ungläubig an und alle anderen taten es ihnen gleich.

Dana hob ihren Arm, richtete ihre Magie gegen die Angreifer und sagte: „Faíre!“

Niemand konnte sehen, was genau geschah, denn der Raum wurde plötzlich strahlend hell und ein gleißendes Licht blendete sie alle.

Als dieses Licht wieder verschwand, lagen die angreifenden Wachen regungslos am Boden.

Estela bemerkte sofort, dass sie alle tot waren. Ihre Achtung vor Dana wuchs in diesem Augenblick um einiges, denn ihr war schlagartig klar, dass die Elbenprinzessin ihr tatsächlich überlegen war.

Alle Augen waren auf Dana gerichtet, die überhaupt nicht sie selbst zu sein schien.

Ihre Gestalt war in ein pulsierendes Leuchten gehüllt und als Zack ihr in die Augen blickte, bemerkte er sofort, dass sie seltsam ausdruckslos aussahen.

Die Prinzessin schien sich überhaupt nicht bewusst zu sein, was sie tat, als sich ihre Hand nun gegen die Wand richtete.

„Edro!“

Dies war der nächste Zauberspruch, der dafür sorgte, dass ihre Magie ein gewaltiges Loch in die Wand sprengte.
 

Natürlich blieb der Tumult in den Kerkern auch von Haryon nicht unbemerkt.

Sämtliche Wachen stürmten nach unten und auch Vorn und Haryon selbst hatten sich auf den Weg gemacht.

Vorn hätte nie zu träumen gewagt, dass Eravelle bereits im Gebäude sein könnte und um so überraschter war er, als immer wieder starke magische Wellen die Festung erzittern ließen.

Als sie endlich in den Kerkern angekommen waren, trauten beide ihren Augen kaum.

Sämtliche Wachen lagen tot am Boden und die überwältigende Magie ging tatsächlich von einem jungen, rothaarigen Mädchen aus, das dabei war, die nächste Zerstörungswelle gegen sie loszulassen.

Nur Haryons eigener Magie war es zu verdanken, dass er und Vorn diese Attacke überstanden.
 

„Dana!“, rief Zack seiner Ziehschwester zu.

„Wach auf! Dana!“

Doch die Elbin schien ihn überhaupt nicht wahrzunehmen.

Tränen rannen Zack über die Wangen, als er seine Waffe fallen ließ und auf Dana zuging.

„Komm zu dir, Dana“, sagte er sanft, doch noch immer reagierte sie überhaupt nicht auf ihn.

Niemand schien in der Lage zu sein, sich zu bewegen oder den Blick abzuwenden, als Zack nun seine Arme um die Prinzessin legte und sie an sich drückte.

„Komm zurück!“, flüstere Zack.

Nun endlich schien Dana wieder Herrin ihrer Sinne zu werden, denn das Leuchten um sie herum verschwand.

Dann sank sie besinnungslos zusammen.
 

Es war Eravelle, die nun nicht einen Augenblick lang zögerte.

„Lauft!“, schrie sie und rannte ihrerseits durch das Loch, das Dana in der Wand hinterlassen hatte und ihnen nun eine ideale Fluchtmöglichkeit bot.

Sofort folgte ihr der Rest der Truppe.

Zack trug Dana, während Garim seinen toten Neffen nicht zurücklassen konnte und den leblosen Körper so gut es ging mit sich nahm.

Estela schleuderte ihrerseits Haryon und Vorn einen mächtigen Zauber entgegen, um ihre Flucht zu gewährleisten.

Und diese Flucht sollte ihnen auch gelingen.
 

End of Part 41

Flucht

Author: Bina-chan86

Part 42/?
 

Trotz der widrigen Umstände gelang es der Gruppe, einigen Abstand zwischen sich und die Azi Dahaka zu bringen. Aber würde dies zur Flucht ausreichen?

Eravelle bezweifelte es. Immerhin mussten sie sowohl Mellryn und Dana als auch den toten Ganta mit sich tragen. Ihre Feinde hingegen waren schnell und in der Überzahl.

So geht das nicht, dachte Eravelle angespannt.

Unvermittelt blieb die dunkelhaarige Elbin stehen und obwohl Mellryn so sehr geschwächt war, bemerkte er es als erster.

„Eravelle“, brachte er mit kratziger Stimme hervor.

Die Angesprochene wandte sich zu ihm um und lächelte flüchtig. „Keine Sorge. Ich begehe keine kopflose Dummheit mehr“, versicherte sie ihm.

Dann heftete sich ihr Blick auf Estela. „Aber ich brauche deine Hilfe.“

Skeptisch zog diese die Augenbrauen zusammen. „Ausgerechnet meine Hilfe?“, wunderte sie sich.

„Ja“, bestätigte Eravelle. „Ich glaube zwar selbst kaum, dass ich das einmal sagen würde, doch in diesem speziellen Fall ist Schwarze Magie von Nöten.“

Estelas Interesse schien geweckt zu sein. „Aha, und wie hast du dir das vorgestellt?“

„Ganz einfach.“ Eravelle atmete tief durch. „Wenn wir deine Schwarze und meine Weiße Magie bündeln, werden sie sich abstoßen. Das ist jedoch genau der Effekt, den ich bezwecke.“

Ein Grinsen breitete sich auf Estelas Gesicht aus, als sie endlich verstand. „Die Spannungen, die dadurch entstehen, werden gewaltig genug sein, um unsere Feinde lange genug aufzuhalten. Keiner würde es wagen, durch einen magischen Sturm zu laufen.“ Sie nickte. „Gut, machen wir es so!“

„Aber…“ Erneut war es Mellryn, der die Stimme erhob. Jedes Wort schien ihn Kraft zu kosten. „Du kannst nicht…“ Beinah verzweifelt streckte er die immer noch gefesselten Hände nach seiner Vertrauten aus.

„Keine Sorge“, wiederholte Eravelle – aus tiefster Überzeugung. „Ich kehre immer zu dir zurück.g Sie berührte ihn kurz und nickte Alvar dann zu.

„Geht vor!“, sagte sie. „Nur so haben wir eine Chance.“

„Also gut“, gab Alvar nach. Er wusste, dass sie Recht hatte. „Wir erwarten eure Rückkehr.“

Eravelle und Estela tauschten einen Blick miteinander aus.

„Legen wir los“, meinte Letztere.
 

Dana hatte sich noch immer nicht gerührt, und langsam machte sich Zack große Sorgen um seine Ziehschwester.

Noch nie hatte er sie so erlebt. Das war nicht die Dana, die er kannte. Doch wer war es dann?

Diese Frage konnte er sich selbst beantworten: die Elbenprinzessin.

Verstohlen schielte er zu Mellryn hinüber – Danas wahrem Bruder. Der Elb war auch ganz und gar nicht so gewesen, wie Zack ihn sich vorgestellt hatte. Er schien nur noch ein Schatten seiner selbst zu sein.

Alvar lief plötzlich ein kalter Schauer über den Rücken. Er spürte Energien, die er nicht einzuordnen vermochte.

„Auf den Boden!“, schrie er – einer Eingebung folgend.

Diese Warnung kam keine Sekunde zu früh. Nur wenige Herzschläge später raste eine gewaltige Druckwelle über ihre Köpfe hinweg, die Staub von dem trockenen Boden aufwirbelte.

„Was war das?“, fragte Lydia erschrocken, als man schließlich wieder etwas erkennen konnte.

Alvar seufzte. „Das geschieht, wenn man versucht, zwei gegenteilige Zauber miteinander zu verbinden. Es ist so, als würde man versuchen, die zwei Seiten einer Münze zur selben Zeit nach oben zu drehen. Eigentlich unmöglich, aber die Magie unterwirft sich solchen Regeln nicht.“

„Ob Eravelle etwas passiert ist?“, fragte Jules, während er nervös auf seiner Unterlippe herumkaute. Aus den Augenwinkel nahm er wahr, wie Mellryn dabei zusammenzuckte.

„Das kann ich mir nicht vorstellen“, warf Oranor ein.

„In der Tat“, pflichtete Falmarin ihm bei. „Eravelle wird ihr Versprechen ganz sicher halten.“

„Die ist viel zu dickköpfig, als dass sie sich jetzt umbringen lassen würde“, brummte Tawha. Durch Estelas Schläge sah er ziemlich ramponiert aus, was seine Laune nicht unbedingt gebessert hatte.

Aufgebracht trat Calina ihm auf den Fuß. „Halt den Mund, Verräter!“

Zum ersten Mal nahm Garim keine Notiz von Tawhas unangebrachtem Verhalten. Stattdessen trauerte er stumm um seinen Neffen, was ihm keiner verübeln konnte.
 

Nachdem sie ein gutes Stück Weg hinter sich gebracht hatten, gestatteten es sich die Gefährten, ein wenig zu rasten, so dass Eravelle und Estela wieder zu ihnen aufschließen konnten – wenn sie es wirklich geschafft hatten.

Und tatsächlich tauchten die beiden Frauen wenig später auf. Zerzaust, erschöpft, aber glücklicherweise unverletzt.

„So ein Glück“, entfuhr es Jules erleichtert.

„Ganz schön heftig, hm?“, bemerkte Estela selbstzufrieden.

Eravelle tadelte sie ausnahmsweise nicht für diese arrogante Bemerkung, sondern kniete neben Mellryn nieder, den Alvar auf dem Boden abgesetzt hatte.

Flatternd schlug Mellryn die Augenlider auf.

Für eine Schreckenssekunde lang fürchtete Eravelle, er würde sie nicht wieder erkennen. Es fühlte sich an, als würde eine kalte Hand nach ihrem Herzen greifen.

Doch dann lächelte er schwach – eine erlösende Geste.

Eravelles Herz machte einen Hüpfer. Sie legte ihre Finger um die Fesseln an seinen Handgelenken. Diesmal war sie sich sicher, diese lösen zu können, denn der magische Sturm hatte alle Energien in der Luft durcheinander gebracht. Somit war auch der Bann geschwächt.

Obwohl Mellryn so schmutzig war, strich sie ihm zwanglos übers Gesicht und küsste seine Stirn. Tränen liefen ihr inzwischen über die Wangen. „Ich bin so froh, dass du noch lebst“, schluchzte sie. „Ich hatte solche Angst um dich.“

Der Elb bettete seinen Kopf auf Eravelles Schoß, schloss friedlich die Augen und schlief sogleich ein.
 

Zack fiel ein Stein vom Herzen, als Dana die Augen öffnete. Nein, Stein war noch untertrieben. Vielmehr ein Geröllhaufen.

„Dana“, flüsterte er.

Orientierungssuchend schaute diese ihn an. „Was ist geschehen?“, wollte sie wissen, während sie gleichzeitig versuchte, gegen die Schläfrigkeit anzukämpfen.

„Du hast die Besinnung verloren, nachdem du die Azi Dahaka mit deinem Zauber niedergestreckt hast“, erklärte Zack. „Du hast uns damit einen ganz schönen Schrecken eingejagt.“

Nachdenklich legte Dana die Stirn in Falten. Sie konnte sich nur noch an Bruchteile erinnern. Hatte sie sich wirklich allein ihren Feinden gestellt?

„Ganta…“, begann sie, doch als ihr Blick auf Garim fiel, erkannte sie, dass sie den Tod von dessen Neffen nicht geträumt hatte. Betrübt ließ sie den Kopf hängen.

Mellryn war frei, aber zu welchem Preis?
 

Bereits als Garim zum ersten Mal wieder mit den anderen sprach, hatte er ihnen mitgeteilt, dass er Ganta in der geweihten Erde seines Volkes beerdigen wollte und so schnell wie möglich dorthin zurückkehren wolle.

Dana setzte sich neben ihn. Verzweifelt rang sie um die richtigen Worte. „Tut mir leid“, sagte sie schließlich. „Wenn ich nicht gewesen wäre, könnte Ganta noch am Leben sein.“

Müde schüttelte Garim den Kopf. „Er hat sich ebenso wie ich aus freien Stücken dazu entschlossen, dich zu begleiten.“

Dana nickte langsam. „Er ist ehrenhaft gestorben und ich bin ihm dankbar für seine Hilfe.“

„Wer sollte sich daran erinnern? Kein Mensch, kein Elb interessiert sich dafür, wenn ein Zwerg stirbt.“

„Das ist nicht wahr.“ Lydia trat zu den beiden. Ihre sanfte Stimme ließ Garim aufblicken.

„Wir werden uns daran erinnern“, fuhr die Geschichtenerzählerin fort. „Solange wir ihn in unseren Herzen tragen, wird er nie ganz vergessen sein. Eines Tages wird man sich mit Sicherheit die Geschichte von Ganta, dem Helden erzählen.“

„Mag sein, dass du Recht behältst“, entgegnete Garim zögerlich.
 

Der Verlust Gantas lastete auf der ganzen Truppe.

Hinzu kam, dass Dana keine Ahnung hatte, wie sie weiter vorgehen sollten. Sie wusste ja nicht mal, wie Mellryn wohl auf sie reagieren würde, wenn er wieder aufwachte.

Alle schienen eine Entscheidung von ihr zu erwarten und damit fühlte sie sich in diesem Moment schlichtweg überfordert.

Eravelles Vermutung erwies sich als richtig. Oranor, Calina und Falmarin ahnten offensichtlich wirklich, wer Dana war. Aber aufgrund der Situation hielten sie sich taktvoll zurück.
 

Überraschenderweise war es Estela, die einen ebenso pragmatischen wie einfachen Vorschlag äußerte.

„Also, ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich würde gerne mal wieder unter einem Dach schlafen. Was wir wegen den Azi Dahaka unternehmen, können wir uns danach immer noch überlegen.“
 

End of Part 42

Gedanken

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir

übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 43 von ?

Warning: bislang keins
 


 

Estelas Vorschlag fand von allen Anwesenden Zuspruch und Oranor konnte sogar sagen, wo sie gut übernachten konnten.

Sie würden zwar noch mal zwei Tage marschieren müssen, doch das nahm die Gruppe gern in Kauf. Jeder von ihnen freute sich auf ein Bad, ein Bett und ein bisschen Zeit, das Erlebte zu verdauen.

Alvar erklärte sich bereit, auch weiterhin für Mellryn die Beine zu ersetzen und Oranor nahm es dem armen Garim ab, seinen Neffen zu transportieren.

Dana hatte sich weitestgehend von dem hohen Energieverlust, der ihr von dem starken Gebrauch ihrer Magie entstanden war, erholt.

Ihr Problem bestand derzeit eher darin, dass sie keine Ahnung hatte, wie sie ihrem Bruder gegenübertreten sollte.

Tausend Dinge gingen in ihrem Kopf herum, was sie zum ihm sagen wollte, was sie ihn fragen könnte und doch brachte sie den Mut nicht auf, ihn anzusprechen.

Eravelle dagegen wich Mellryn nicht mehr von der Seite.

Der Elb erholte sich allerdings zusehends, was sicher auch an Eravelles Heilkünsten lag, aber zum großen Teil an der wiederkehrenden Magie, die nun, da die Fesseln weg waren, ungehindert fließen konnte.
 

Zum großen Glück der Truppe wurden sie tatsächlich nicht verfolgt. Anscheinend war der Schaden, den die Elbin in der Festung angerichtet hatte, groß genug gewesen, um die Azi Dahaka erst einmal außer Gefecht zu setzen.

Trotz Gantas Tod war Mellryns Befreiung also ein großer Erfolg gewesen, der auch für die Dúath wichtig war. Die restlichen Mitglieder dieser Widerstandsbewegung hatten so nun die Gelegenheit, ihren Kampf gegen Haryon weiter voranzubringen.

Selbstredend konnten sie die Unterstützung Danas als Elbenprinzessin durchaus gebrauchen, aber weder Calina noch Falmarin oder Oranor sprachen sie darauf an. Das würden sie erst später tun, wenn sie sich alle gebührend ausgeruht hatten.
 

Sie hatten unterwegs ihre zuvor abgelegten Sachen wieder eingesammelt und konnten somit auch wie gewohnt ihr Lager aufbauen, als es dämmerte und sie nicht weitergehen konnten.

Noch immer war die Stimmung unter der Gruppe sehr betrübt, denn niemand hatte damit gerechnet, dass die Befreiungsaktion tatsächlich ein Todesopfer fordern würde.

Und ohne Tawhas Aufschrei wäre Ganta vielleicht sogar noch am Leben.

Jules verstand gar nicht, warum sie diesen Dunkelelben überhaupt noch mit sich schleppten. Warum hatten sie ihn nicht einfach da gelassen, bei den ganzen anderen Verrätern und Feinden?

Selbstredend wurde der Dunkelelb nun noch schlechter behandelt als zuvor, doch das schien ihn nicht mal zu stören.

„Wir sollten ihn umbringen!“, fand Jules, der keinen einzigen Bissen ihres letzten Proviants runterkriegen konnte.

„Was würde das bringen?“, fragte Dana jedoch zurück.

„Er hat es verdient! Er ist Schuld am Tod des kleinen Zwergs!“

Garim stimmte Jules zu. „Ohne ihn wäre mein Neffe sicher noch da.“

Estela hatte da viel gemeinere Gedanken.

„Der Tod ist für ihn doch noch viel zu gut. Leiden sollte er, sein ganzes Leben lang!“

Alle Augen hafteten auf ihr, als sie das sagte und niemand traute sich zu fragen, was genau sie mit Tawha tun würde, wenn sie denn könnte.

Zack fragte sich jedoch, seit wann Estela sich der Gruppe so dermaßen verbunden fühlte. Sie hatte nie erwähnt, warum sie überhaupt mitgekommen war und er fragte sich, was genau sie eigentlich beabsichtigte. Er hatte sich fest vorgenommen, ihr nie gänzlich zu vertrauen.
 

Lydia war es, die die trüben Gedanken der ganzen Gruppe mit einer Geschichte aufheiterte.

Gerade Dana war es, die ihr dafür sehr dankbar war, denn für wenigstens ein paar Minuten waren die Konsequenzen der Befreiungsaktion vergessen und sie konnten endlich mal wieder ein bisschen lachen.

Alvar war sehr stolz auf die Geschichtenerzählerin, die stets genau wusste, was sie tun musste, um die Stimmung zu retten. Obwohl er es nie zugeben würde, so war er doch sehr froh darum, dass sie bis auf den Verlust Gantas keine weiteren Opfer oder Verletzungen hatten hinnehmen müssen.

Jedoch machte er sich auch Sorgen um seine Schülerin.

Sie hatte ein magisches Talent zutage gefördert, das sehr mächtig war und auch sehr gefährlich, solange sie nicht in der Lage war, es zu kontrollieren.

Inzwischen war er sich absolut sicher, dass die Prophezeiung Dana meinte, dennoch hätte er nie zu träumen gewagt, dass ihr solch eine Macht innewohnte.

Er wagte nicht, sich auszudenken, was passiert wäre, wenn Zack sie nicht hätte beruhigen können.

Zwar hatte sie nur Feinde angegriffen, doch Alvar war sich alles andere als sicher, ob Dana auch später noch Freund von Feind hätte unterscheiden können.

Immer wieder wurde ihm bewusst, wie wichtig seine Aufgabe war – er musste ihr zeigen, wie sie diese gewaltige Magie beherrschen konnte, bevor sie damit größeren Schaden anrichten konnte.

Im Stillen hoffte er dabei auf Unterstützung von Mellryn, der ähnlich starke Kräfte besaß und sicher den einen oder anderen Trick wusste.

Die Befreiung Mellryns war ein wichtiger Schritt gewesen, doch Alvar wusste, dass Dana erst lernen musste, mit ihrer Magie richtig umzugehen, bevor sie weiter gegen die Azi Dahaka und Haryon vorgehen konnten. Sie durften nichts überstürzen, selbst wenn das bedeutete, dass sie noch Jahre auf den Feldzug gegen den falschen König warten mussten.

Jedoch könnte genau das gerade richtig sein. Sie brauchten sicher gewisse Zeit, um weitere Verbündete zu bekommen, mit denen sie gegen Haryon in den Krieg ziehen konnten.
 

Alvar wurde in seinem Gedankenfluss unterbrochen, als Lydia sich zu ihm gesellte und ihm eine Tasse Tee in die Hand drückte.

Inzwischen hatten sich die meisten ihrer Begleiter zur Bettruhe begeben.

„Woran denkst du?“, fragte sie den Elben nun.

„Oh“, machte er ein wenig überrascht und konnte nicht verhindern, rot zu werden.

„An so manches. Nichts wichtiges“, winkte er schnell ab.

Er wollte die Geschichtenerzählerin nicht beunruhigen.

Dennoch konnte er nicht verhindern, dass Lydia seine kleine Notlüge bemerkte.

Taktvollerweise sagte sie jedoch nichts dazu und kuschelte sich stattdessen ein wenig an ihn, was mehr sagte als tausend Worte, was ihre Zuneigung zu dem Elben betraf…
 

Dana war schrecklich müde, doch sie konnte beim besten Willen nicht schlafen.

Der Gedanke, dass Mellryn nun ganz in ihrer Nähe war und sie mit ihm reden konnte, ließ sie keine Ruhe finden.

Sie empfand es als schrecklich, dass sie sich an ihren richtigen Bruder so ziemlich gar nicht erinnern konnte und ihre Gedanken kreisten die ganze Zeit um die Fragen, die sie ihm stellen wollte und darüber, was er wohl über sie denken mochte.

Umso mehr erschrak sie, als ihr Bruder plötzlich vor ihr stand.

Es hatte ihn anscheinend viel Mühe gekostet, zu ihrem Nachtlager zu kommen, aber er hatte das auf sich genommen, weil ihm nicht entgangen war, was in Dana vorzugehen schien.

Eine große Haarsträhne verdeckte die Stelle des verlorenen Auges und er setzte sich mühsam neben seine Schwester.

Diese war fast völlig erstarrt und konnte nicht anders, als ihn anzustarren.

Doch ein Lächeln ihres Bruders entschärfte die Situation sofort.

„Meine liebe Schwester“, sagte er leise, aber sehr sanft und beinahe zärtlich und strich ihr eine Locke des rotbraunen Haars aus dem Gesicht.

„Ich glaube, es wird Zeit, dass wir miteinander reden…“
 

End of Part 43

Im Dorf angekommen

Author: Bina-chan86

Part 44/?
 


 

Dana versuchte mühsam, ihre rotbraunen Locken zu bändigen, als würde ihre Frisur in dieser Situation eine Rolle spielen. Schließlich besann sie sich und faltete ihre Hände nervös in ihrem Schoß – so als wüsste sie nicht, wohin sie sonst damit sollte.

Mellryn entlockte ihre Reaktion ein Lächeln. Einen Moment lang schien er mit seinen Gedanken Welten von ihr entfernt zu sein.

Dana hielt die Luft an. Langsam begann sie zu ahnen, woher Eravelles große Sorge rührte.

Endlich neigte Mellryn den Kopf leicht zur Seite und sah sie an. „Diese schüchterne Handgeste… das hast du früher schon getan, als du noch ein kleines Mädchen warst.“

Erleichtert atmete Dana auf, aber was ihr Bruder gesagt hatte, stimmte sie auch nachdenklich. „Ich erinnere mich nicht mehr daran“, gestand sie zögerlich.

Mellryn schüttelte den Kopf. „Du warst auch noch zu jung, um…“

„Nein, das ist es nicht“, unterbrach Dana ihn. „Ich meine, dass ich mich an kaum noch etwas erinnern kann aus der Zeit, als ich bei den Elben gelebt habe.“

Unschlüssig zog Mellryn die Augenbrauen zusammen, dann nickte er verstehend. „Dann hast du also auch an mich keine Erinnerung mehr“, sagte er ernst. „So etwas in der Art hatte ich schon befürchtet.“

Es kostete Dana einiges an Überwindung, aufzublicken. Aus Angst vor dem, was sie in Mellryns nachtblauen Augen sehen könnte.

Doch überraschenderweise machte Mellryn nur ein grüblerisches Gesicht. „Vielleicht“, begann er, „hast du einen besseren Weg gewählt. Ich selbst bin an der Bürde der Ereignisse fast verzweifelt.“ Ein bitterer Ausdruck lag nun in seinen Mundwinkeln.

„Ich wäre in der Tiefe meiner Trauer versunken“, korrigierte er sich dann selbst. „Wenn sie nicht gewesen wäre.“ Er nickte in Eravelles Richtung, die seelenruhig schlief. Der zärtliche Ausdruck kehrte in Mellryns Blick zurück.

„Ich verstehe, was du damit sagen willst“, entgegnete Dana. „Auch ich wäre ohne meine Freunde wahrscheinlich verloren gewesen.“

Neugierig richtete sich Mellryn auf. „Erzähl mir von ihnen“, bat er.

„Mae.“ Dana nickte und benutzte dabei unbewusst eine Zustimmung in elbischer Sprache. Die Gegenwart ihres Bruders rührte an ihrem verschütteten Erinnerungsvermögen und ließ sie die Gebräuche ihres Volkes erneut verwenden.

„Jules ist im Grunde genommen ein herzensguter und freundlicher Mensch und ich glaube, dass er die harten Worte, die er in den letzten Tagen geäußert hat, nicht wirklich so meint“, erzählte Dana. „Lydia vermag es mit Worten Wunder zu vollbringen. Ihr liebendes Wesen lässt sie nicht den Mut verlieren. Alvar, er ist mein Lehrmeister. Mit seiner engelsgleichen Geduld hilft er mir meine Magie besser zu begreifen. Und Zack…“ Einen Augenblick lang hielt sie inne. „Seine Familie hat mich damals aufgenommen, und er stand mir immer zur Seite.“ Über Garim sprach sie bewusst nicht. Es gab so vieles, über das sie – ihn bezüglich – nachdenken musste. Ebenso konnte sie nicht über Estela berichten. Es gab nichts, dessen sie sich sicher sein konnte, was die Priesterin betraf, denn diese war so undurchsichtig wie Nebel.

Ganz leicht schüttelte Dana den Kopf und wandte sich wieder dem Gespräch zu. „Im Gegenzug könntest du mir etwas von den Duáth berichten. Mir scheint, dass sie durch nichts ihre Hoffnung verlieren könnten.“

„Es ist nicht ganz so“, gab Mellryn zu bedenken. „Sie haben ebenfalls Zweifel, aber das ist nur verständlich, wenn man bedenkt, welche Verluste sie erlitten haben. Jedoch gab es selbst in den schwersten Zeiten immer etwas, an das sie glauben und für das sie kämpfen konnten. Das ist auch der Grund dafür, dass ich mich ihnen angeschlossen habe. Zunächst war ich ein wenig skeptisch. Oranor und in besonderen Maße Eravelle konnten mich nach und nach überzeugen. Ich sah einen Weg, doch noch alles zum Guten zu wenden oder zumindest Zeit zu gewinnen. Zeit für dich.“

Dana blinzelte überrascht. „Für mich?“

„Ja“, bestätigte Mellryn. „Du weißt von der Prophezeiung?“

„Man hat mir davon erzählt.“

„Inzwischen weiß ich, dass wir bisher nur Fragmente eben jener Prophezeiung aufgetan haben“, fuhr Mellryn fort und zitierte dann mit geschlossenen Augen, wie der Text weiterging:

„Ein reines Herz – die Macht der Zeitalter

Die Auserwählte wird zusammenführen

Was ewig getrennt,

Und das Schicksal aller bestimmen,

Die in Zweifel ausharren.“

Dana runzelte die Stirn. „Was bedeutet das?“

Mellryn lächelte bloß sein unverbindliches, vielsagendes Lächeln. „Schlaf jetzt. Ein langer Tag liegt vor uns.“
 

Als die Sonne aufging, färbte sich die Ebene rot. Sogar der Schnee sah aus wie gefrorene Sonnenstrahlen.

„Der Himmel ist klar. Es wird kalt werden, doch unser Ziel ist nah“, sagte Oranor.

„Aber wir müssen euch warnen“, fügte Falmarin hinzu. „Einst vor vielen Jahren war dies eine Handelsroute, doch heute wird sie nur noch von den wenigsten benutzt – von denen, die nichts mehr zu verlieren haben. Man wird uns nicht aus dem Dorf fortschicken, aber man wird uns mit Misstrauen begegnen.g

„Das sind ja schöne Aussichten“, seufzte Zack.

„Schnell wirst du das vergessen haben, wenn du erst einmal in einem warmen Bett liegst“, vermutete Jules. Zum ersten Mal seit Langem breitete sich dabei ein Grinsen auf seinem Gesicht aus.

Spielerisch boxte Zack ihm in die Rippen. „Schon klar.“

Oranor übernahm die Führung, ohne dass man ihn darum bitten musste. Besonnen und erfahren wählte der wortkarge Elb seine Schritte. Er war sowohl als Krieger als auch als Führer jemand, auf den sich die Gruppe verlassen konnte.

Dana gab sich derweil ganz ihren Grübeleien hin. Wann würden sich ihre Wege wohl trennen? Und würden sie einander wieder begegnen? Die Zukunft war ungewiss und doch war am Horizont ein Schimmer Hoffnung aufgetaucht.
 

„Seht nur!“, rief Jules aufgeregt. „Man kann das Dorf schon erkennen.“

Estela streckte sich ausgiebig und wandte ihren Blick dann ebenfalls in die Ferne. „Nicht gerade der Ort, an dem ich mich niederlassen würde, aber immer noch besser als diese ungastliche Ebene.“

Zack sah sie überrascht an. „Von hier aus kannst du bereits etwas erkennen?“ Dass die Elben mehr sehen konnten, daran war er bereits gewöhnt, aber auch bei der Priesterin hörte er langsam aber sicher auf, sich über etwas zu wundern. Zack wartete keine Antwort ab, sondern ging weiter. Die Aussicht auf ein Dach über dem Kopf beschleunigte seine Schritte erheblich.
 

Das Dorf zeigte sich der Gruppe grau im Licht des späten Nachmittags. Trostlose Gesichter blickten sie hin und wieder an, ohne wirklich Notiz von ihnen zu nehmen. Früher mochte dies ein lebhaftes Fleckchen Erde gewesen sein, auf dem sich Händler tummelten, doch heute hatte der Schwermut Einzug gehalten.

„Ich habe einen Bärenhunger“, verkündete Zack.

Spöttisch zog Estela einen Mundwinkel nach oben. „Warum wundert mich das jetzt nicht?“

Zack schnitt ihr eine Grimasse und sparte sich einen Kommentar.

Oranor war vorangegangen und schlug den Weg zu einem der letzten verbleibenden Gasthäuser ein.

Das Gebäude war dreistöckig und machte mit seiner steinernen Fassade einen soliden Eindruck. Lediglich das Dach schien auf den ersten Blick das ein oder andere Loch aufzuweisen.

„Hoffentlich schlafen wir nicht unter dem Dach“, murmelte Dana.

„Ich werde mich darum kümmern.“ Dana hatte das zwar nur dahin gesagt, aber Oranor nahm ihre Worte offenbar sehr ernst.

„Äh, danke“, entgegnete Dana unsicher.

Sanft umfing sie die Wärme eines Kamins, als sie über die Schwelle traten. Zwar war es nicht heiß, aber angenehm im Vergleich zu der klirrenden Kälte vor der Tür.

Der Wirt war einen Moment lang so erstaunt, dass er sich nicht rührte. Anscheinend hatte er schon lange nicht mehr so viele Gäste in seinem Haus beherbergt. Nur vereinzelt saßen finster dreinblickende Männer an Tischen herum. Von denen straften die meisten sie mit Nichtachtung. Nur zwei vorwitzige Gesellen wandten sich Falmarin und Lydia zu, die ihnen am nächsten standen.

„Was verschlägt so hübsche Mädels wie euch in diese verlassene Gegend?“, fragte einer von beiden. Seine schäbigen Kleider und die ungewaschenen Haare verliehen ihm ein ärmliches Aussehen, aber er war von beträchtlicher Größe.

Angewidert verzog Falmarin das Gesicht. Eine Antwort war ganz offenbar unter ihrer Würde.

Der andere Mann, der Kleinere von beiden, griff nach Lydias Handgelenk und grinste anzüglich. „Seid doch nicht so schüchtern.“

Nur einen Herzschlag später stand Alvar an Lydias Seite. Und dann tat er etwas, was ihm wohl kaum einer zugetraut hatte: Mit einem gezielten Schlag beförderte er den unverschämten Kerl auf den Boden.

„Rühr sie nie wieder an!“, herrschte Alvar ihn wütend an.

Jules zuckte unwillkürlich zusammen. Er fürchtete, dass sie sich nun Ärger eingehandelt hatten. Überraschenderweise geschah nichts dergleichen. Die anderen Anwesenden sahen kurz auf, kümmerten sich aber nicht weiter um sie.

Die zwei Unruhestifter suchten derweil schnell das Weite.

„Alvar?“, sprach Lydia ihren Beschützer an.

Alvar atmete tief durch und nahm dann ihre Hand in seine. „Schon gut“, sagte er undeutlich.

Unterdessen trat Oranor zu dem Wirt, um ihm seine Anliegen vorzutragen.

„Wir brauchen Zimmer“, erklärte der Elb. „Für dreizehn Personen.“

„Sicher“, entgegnete der Wirt, der sich ihnen daraufhin als Tostig vorstellte. „Ihr sollt meine besten Zimmer haben.“

Oranor fürchtete zwar, dass die besten Zimmer auch nicht besser waren als alle anderen, aber er nickte höflich. „Das ist sehr freundlich von Euch.“

„Wie teilen wir die Zimmer auf?“, warf Calina in die Runde.

„Lydia schläft bei mir.“ Alvar trat auf Tostig zu und ließ sich von diesem einen Schlüssel übergeben.

Der Rest der Gruppe schaute Alvar nach, der Lydia hinter sich herzog.

„Was war das denn gerade?“, wunderte sich Jules, der als Erster die Sprache wieder fand.

Dana grinste in sich hinein. „Alvar mag es wohl nicht, wenn jemand anderes Lydia anrührt.“

Zack nickte fassungslos. „Sieht ganz danach aus“, musste er zugeben. „Ich hätte nicht gedacht, dass er mal derart die Nerven verlieren würde.“

„Die Liebe geht manchmal seltsame Wege“, ließ sich Falmarins melodiöse Stimme vernehmen.
 

Lydia schwieg, weil sie keine Ahnung hatte, was sie sagen sollte, um Alvar zu beruhigen. Es kam nur selten vor, dass ihr komplett die Worte fehlten.

Alvar war es schließlich, der das Schweigen brach, als er die Zimmertür hinter sich geschlossen hatte.

„Tut mir leid“, seufzte er. „Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Damit wollte ich dich nicht erschrecken.“

Er setzte sich aufs Bett und schaute sich in dem Raum um. Dieser war klein, hatte aber zwei voneinander getrennte Betten und war relativ sauber.

Will er sich jetzt ablenken?, fragte sich Lydia im Stillen.

Plötzlich hob Alvar den Kopf. „Ich habe dich nicht einmal gefragt“, begann er – beinah schüchtern. „Aber ich wollte dich hier nicht allein lassen.g

Lydia rang mit sich und ließ sich dann neben ihm nieder. „Ich weiß. Und ich nehme es dir nicht übel.“

Es war nicht weiter verwunderlich, dass Lydia an das erinnert wurde, was sie sich bei den Azi Dahaka selbst geschworen hatte. Sie waren allein und doch fand sie nicht die richtigen Worte und den günstigsten Moment.

Alvar strich ihr leicht über die Wange. „Es tut mir wirklich leid. Wir könnten immer noch die Zimmer tauschen?“ Er sah ihr direkt in die Augen und hoffte inständig, dass die Antwort darauf ‘Nein’ lauten würde.

„Ich muss dir etwas sagen.“ Lydia erwiderte seinen Blick und in der Sekunde wurde ihr klar, dass es nicht die richtigen Worte oder den günstigsten Moment gab – es gab nur die Worte und das Jetzt.

„Ich liebe dich!“
 

End of Part 44

Garims Abschied

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan86.

Part 45 von ?

Warning: bislang keins
 

Die Story entsteht in Zusammenarbeit mit Bina-chan86.
 


 

Garim zog es vor, gleich weiterzuziehen und nicht erst im Gasthaus auszuruhen.

Er wollte eigentlich nur eine warme Mahlzeit und danach irgendwo ein Pferd erstehen, um seinen verstorbenen Neffen gebührend in den Bergen beisetzen zu können.

Es gab zu diesen Zeiten nicht mehr viele Zwerge und so war jeder Verlust noch viel schwerwiegender, als es ohnehin schon war.

Oranor konnte das sehr gut verstehen. Auch er hatte viele Tote beerdigen dürfen in den letzten Jahren und auch die Zahl der Elben nahm stark ab. Es waren die Menschen, die sich immer mehr ausbreiteten.
 

Garim verzichtete also auf sein Zimmer und verabschiedete sich nur still von Dana.

Wortkarg war er geworden seit Gantas Tod, aber es nahm ihm niemand übel.

„Mach es gut, mein lieber Zwergenfreund!“, sagte Dana und bemühte sich um ein Lächeln, als sie Garim auf Wiedersehen sagte.

„Wir sehen uns wieder, Elbenfreundin“, antwortete er und erwiderte das Lächeln, das zwar nur sehr leicht, dafür aber herzlich war.

Sie hatten alles richtig gemacht und Ganta würde auch nicht wollen, dass sie sich seinetwegen stritten. Er hatte gewusst, auf welche Gefahren er sich einließ und war in der Gefahr gestorben. Aber Garim machte niemandem Vorwürfe außer sich selbst.

Hätte er den Jungen nicht mitgenommen, würde er noch leben.

Der Zwerg hatte Angst vor der Reaktion seiner Schwester, die den Tod ihres Sohnes garantiert nur schwer verkraften würde.

Dennoch hatte Garim keine andere Wahl – er musste ihr wenigstens den Leichnam bringen und ihn gebührend ehren.

Eine Stunde später war Garim also allein unterwegs zurück zu seiner Familie.
 

Dana fiel der Abschied von dem Zwerg nicht leicht, aber sie hoffte, dass er wenigstens heil in den Bergen ankam.

Ihre Sorgen waren aber für einen Moment vergessen, als sie endlich ein heißes Bad nehmen konnte und den ganzen Schmutz der letzten Wochen abzuwaschen vermochte.

Ihr war gar nicht aufgefallen, wie dreckig sie gewesen war, aber nun, wo sie im heißen Wasser saß, fühlte sie sich doch bedeutend wohler.

Sie erschrak beinahe, als Eravelle den Raum betrat und anscheinend die gleiche Absicht hatte wie sie.

„Oh, Eravelle“, wunderte sich die Prinzessin.

„Ich hoffe, ich störe nicht?“, fragte Eravelle.

Seltsam, dachte Dana, die dunkelhaarige Elbin wirkte viel ruhiger und ausgeglichener, seit sie Mellryn erfolgreich befreit hatten.

„Nein, natürlich nicht“, erwiderte sie.

„Gut. Wenn du magst, wasche ich dir gern den Rücken und helfe dir bei deinen Haaren.“

„Eh?“

Das verblüffte Dana nun aber doch – Eravelle wollte ihr den Rücken waschen? Warum denn das?

„Soll ich nicht?“, fragte Eravelle fast schon ein wenig enttäuscht.

„Doch, gerne, wenn du möchtest…“

Lächelnd nahm sich die Dunkelhaarige also den Badeschwamm und wusch ihrer Prinzessin damit den Rücken. Sie würde jedoch niemals verraten, dass es Mellryn war, der ihr gesagt hatte, sie solle lieb zu seiner Schwester sein.

Anfangs hatte sie die kleine, naive ‚Göre‘ gehasst dafür, dass sie es doch so leicht gehabt zu haben schien.

Nun, da sie Dana besser kannte, wusste sie, wie falsch sie gelegen hatte und ja, sie mochte die Prinzessin sogar gern.

Ganz unbewusst sang sie ein elbisches Kinderlied, das sie in ihrer Kindheit oft gehört hatte, während sie mit dem Schwamm gleichmäßig über die samtene Haut der Jüngeren glitt.

„Das klingt schön“, sagte Dana, als sie dem Lied eine Weile gelauscht hatte.

Eravelle erschrak ein wenig, bemerkte sie doch erst jetzt, dass sie sang und beendete das Lied abrupt.

„Oh, ähm…“

„Was war das für ein Lied?“

Die Dunkelhaarige schien sich ein wenig unwohl zu fühlen.

„Nur ein Lied, das meine Mutter oft gesungen hat, als ich noch klein war“, murmelte sie.

„Es ist bezaubernd“, fand Dana. „Bringst du es mir mal bei Gelegenheit bei?“

Erst haderte Eravelle ein bisschen mit sich, bevor sie nickte.
 

Zack und Jules hatten sich gar nicht erst mit Waschen aufgehalten.

Die beiden waren nach einem üppigen Mahl dermaßen müde und erschöpft gewesen, dass sie einfach nur auf ihr Zimmer gegangen waren und dort beinahe an Ort und Stelle in ihre Betten fielen und einschliefen.

Estela, die mit den beiden ein Zimmer teilen sollte, schüttelte darüber nur amüsiert den Kopf, während sie sich ebenfalls in die Bäder begab.
 

Falmarin, Calina und Oranor erkundschafteten derweil erst einmal das Dorf näher.

„Irgendwas stimmt hier nicht“, fand Falmarin.

Sie fühlte sich schrecklich unwohl, seit sie in diesem Dorf waren und sie verstand nicht ganz, was es war.

„Du bildest dir das ganz sicher nicht ein?“, hakte Calina nun sicher das fünfte Mal nach.

„Nein. Ich fühle hier eine böse Energie. Eine verdammt böse.“

„Von wo kommt das Gefühl?“, fragte der kräftig gebaute Oranor.

„Ich weiß es nicht“, war die traurige Antwort.
 

Aber auch Mellryn konnte spüren, das irgendwas in diesem Dorf so ganz und gar nicht stimmte. Er lag in seinem Bett und konnte die ganze Zeit nicht schlafen.

„Wir sollten hier möglichst bald verschwinden…“
 

Alvar war ziemlich baff nach diesem Geständnis Lydias.

Er brauchte einige Sekunden, bis er wirklich realisiert hatte, was seine Ohren da eben vernommen hatten.

Und dann machte sein Herz einen dermaßen großen Freudensprung, dass er aufsprang und die Geschichtenerzählerin beinahe stürmisch umarmte.

Lydia, die so eine Reaktion nun so gar nicht erwartet hatte, musste lachen, nachdem sie sich in seinen Armen wiederfand.

„Ich liebe dich doch auch!“, flüsterte er immer wieder in ihr Ohr und drückte sie ganz fest an sich.

Nun, da es endlich raus war, fiel ihnen beiden ein ganzer Berg von den Herzen.

Die Blonde fühlte sich unendlich wohl in den starken Armen des Elbs und sie beide waren unheimlich glücklich.

„Ich hatte Angst, du könntest mich nicht mögen“, gestand Alvar später zögerlich, als sie endlich den Mut aufbrachten, ehrlich mit einander zu sprechen.

„Du auch? Davor hatte ich auch Angst. Ich wusste gar nicht, wie ich es dir sagen sollte…“

„Ich auch nicht. Was bin ich froh, dass du in der Hinsicht mutiger bist als ich!“

Sie mussten lachen über ihre eigene Verlegenheit, die sie bisher an den Tag gelegt hatten.

Das Eis war nun endgültig gebrochen und es entstand ein Vertrauensband zwischen den beiden.

Und dann, als sie sich wieder in die Augen sahen, geschah alles ganz von allein.

Ohne jegliche Furcht und mit all ihrer Liebe berührten sich ihre Lippen, sie streichelten sich gegenseitig und verbrachten dann wohl die schönste Nacht ihres Lebens miteinander.
 


 

End of Part 45

blaues Feuer

Author: Bina-chan86

Part 46/?
 


 

Eravelle schlug langsam die Augenlider auf. Zum ersten Mal seit Tagen, die ihr wie eine Ewigkeit vorkamen, hatte sie seelenruhig und friedlich geschlafen.

Aber sie schrak zusammen, als plötzlich ein Schatten auf ihr Gesicht fiel.

Mellryn legte den Zeigefinger an die Lippen und bedeutete seiner Gefährtin damit still zu sein.

Verwirrt strich sich Eravelle die rabenschwarzen Haare aus dem Gesicht und setzte sich dann auf. „Du solltest doch im Bett liegen…“ Ihre Worte hätten wie ein leiser Vorwurf klingen sollen, doch hörten sie sich mehr nach einer Frage an.

Mellryn ließ sich auf der Bettkante nieder. Es fiel ihm noch immer schwer, sich zu bewegen und er tat es nur, wenn es unbedingt notwendig war. Wenn er seine Kräfte schonen wollte, so war dies unumgänglich.

Umso erstaunter war Eravelle, als er auf ihre Frage hin, ob etwas geschehen sei nur den Kopf schüttelte.

Mellryn schwieg, bis er ihr schließlich direkt in die Augen sah. „Glaubst du, dass wir es schaffen werden?“ Seine Stimme war noch immer rau und sehr schwach, doch mittlerweile konnte man wieder erahnen, wie schön sie einmal gewesen sein mochte.

Eravelle bemühte sich um ein aufmunterndes Gesicht. „Das passt gar nicht zu dir“, sagte sie. „Bisher hast du immer daran geglaubt und ich habe gezweifelt.“

„War das naiv von mir?“, hakte Mellryn nach.

Eravelle dachte darüber nach und verneinte dann entschieden. „Es gibt keinen Grund, deinem Gefühl zu misstrauen“, erwiderte sie. „Ich war vielleicht eine ewige Pessimistin, aber an dir habe ich niemals gezweifelt. Auch in Zukunft werde ich das nicht tun.“

Mellryns Mundwinkel verzogen sich zu einem zaghaften Lächeln. Er rückte näher zu Eravelle und umarmte sie dann so, dass er ihren Herzschlag hören konnte. Bereits in der Vergangenheit hatte ihn das immer wieder beruhigt.

„Danke“, formte er mit den Lippen tonlos.
 

Ausgerechnet Estela erbarmte sich bei Sonnenaufgang und brachte Tawha, den sie in einer Scheune untergebracht hatten, etwas zu essen. Doch vermutlich nahm sie diesen Weg nur auf sich, um sich an dem erbärmlichen Anblick zu erfreuen, den er inzwischen bot. Lediglich der hochmütige Ausdruck in seinen Augen war unverändert geblieben.

„Ich hoffe, du hast angenehm geruht“, begrüßte Estela den Gefangenen mit einem spöttischen Grinsen.

Tawha gab keine Antwort und so ließ die Priesterin ihren Blick durch den Raum schweifen. „Gemütlich hast du’s hier“, murmelte sie beiläufig vor sich hin und fügte dann bedeutungsvoller hinzu: „Aber vermutlich wird es hier demnächst ungemütlicher.“

Tawha zog die Augenbrauen zusammen und schaute skeptisch zu ihr auf.

Diesmal blieb Estela ihm eine Antwort schuldig. Stattdessen zog sie ein Messer aus ihrem Stiefel.

Unwillkürlich zuckte Tawha zusammen. „Heh, ganz ruhig!“ Er wand sich unbehaglich. „Mach keine Dummheiten.“

Estela machte einen Schritt auf ihn zu, schwenkte das Messer dabei leicht hin und her und schnitt dann mit einer schnellen Bewegung seine Fesseln durch. „An deiner Stelle würde ich lieber verschwinden“, sagte sie.

Bevor Tawha dumme Fragen stellen konnte, packte die Priesterin ihn am Kragen und schleuderte ihn durch das geöffnete Tor in den Schnee.

Grummelnd kam Tawha auf die Beine und wollte Estela alle möglichen Verwünschungen an den Kopf werfen. Doch exakt in diesem Moment ging das Gebäude in Flammen auf – blaue Flammen.

Was ist das jetzt wieder für ein Teufelswerk, fragte er sich im Stillen, während er zurück stolperte. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Estela ihn retten wollte. Aber was hatte sie dann getan?
 

Alvar erwachte, als er eine magische Welle spürte. Diese verschwand jedoch so schnell wieder, dass er sich im Dämmerzustand nichts weiter dabei dachte.

Der Elb brauchte einige Sekunden, um zu realisieren, dass er nicht allein war. Deutlich fühlte er Lydias Wärme, die in seinen Armen lag und noch immer friedlich schlief. Die Erinnerungen an die Nacht kehrten zurück und er lächelte glücklich, wenn auch etwas verlegen. Mit vielem hatte er gerechnet, nur nicht damit.

Den Moment, in dem er sich in Lydia verliebt hatte, konnte er nicht genau benennen. Hundert Kleinigkeiten hatten seine Gefühle genährt: ihre Fähigkeit mit Worten zu verzaubern, die Art wie sie ihr Haar hinters Ohr strich und ihre Neigung dazu, den Kopf ganz leicht zur Seite zu neigen, wenn sie ihm zuhörte.

Alvar beugte sich zu Lydia vor. „Es wird Zeit zum Aufstehen“, flüsterte er in ihr Ohr.

Lydias Augenlider zuckten und dann schlug sie ganz langsam die Augen auf.

Alvar schmunzelte. „Guten Morgen.“

„Guten Morgen“, erwiderte Lydia und verbarg ihr Gesicht halb schüchtern, halb amüsiert ein Stück weit hinter der Decke.

„Ist das so lustig?“, erkundigte sich Alvar.

„Ich dachte nur gerade daran… nun ja, nach allem, was passiert ist zwischen uns…g Lydia wusste nicht, wie sie es ausdrücken sollte. In Alvars Gegenwart geschah das in letzter Zeit öfter. Sie hatte das Gefühl nur Unsinn zu reden. „Es ist so viel passiert und ich habe dir nicht viel mehr von mir verraten als meinen Vornamen. Ist das nicht merkwürdig?g

Alvar schüttelte den Kopf. „Nein, ist es nicht“, antwortete er. „Außerdem stimmt das so nicht ganz. Du hast viel mehr von dir preisgegeben, als du vielleicht denkst.“

Ihre Gesichter waren einander dabei so nahe, dass sich ihre Lippen beinah berührten.

„Du hast mir dein Herz geöffnet“, fuhr Alvar fort. „Und das bedeutet mir so viel mehr als alles andere.“

Lydia musterte ihn fragend, als versuchte sie herauszufinden, wie ernst es ihm damit war.

Alvars Mundwinkel hoben sich zu einem ehrlichen Lächeln. „Ich liebe dich wirklich.“ Er legte seine Gefühle in jedes dieser Worte. „Aber du darfst mir natürlich trotzdem gern etwas von dir erzählen.“

Ohne es zu wollen, musste Lydia kichern – setzte dann aber eine fast feierliche Miene auf. „Mein Name ist Lydia Chiron. Ich bin neunzehn Jahre alt. Ich liebe es, regnerische Nachmittage auf einer Fensterbank zu verbringen und nach draußen zu schauen, hasse es, wenn man mir nicht zuhört und wäre lieber in einer anderen Stadt geboren worden.“

Alvar zog sie näher an sich heran. „Für den Anfang war das nicht schlecht“, sagte er, ehe er sie küsste.
 

Zack und Jules saßen – was nicht weiter ungewöhnlich war – als Erste beim Frühstück.

Die Gaststätte war eher von schlichtem Charakter, aber die beiden lobten sie, als wäre sie ein Palast. Endlich einmal wieder in einem Bett schlafen zu können, hatte sie wohl milde gestimmt.

Wobei Jules sowieso versuchte, sich mit allen erdenklichen Mitteln abzulenken. Er wollte gar nicht wissen, was Eravelle und Mellryn in diesem Augenblick taten. Obwohl Jules wusste, dass es nicht fair war, konnte er sich nicht dagegen wehren, Mellryn nicht zu mögen.

„War ja klar, wo man euch zwei findet“, bemerkte Dana, als sie wenig später die Stube betrat. Sie verzog die Lippen zu einem Grinsen. „Na ja, es sei euch gegönnt.“

„Sehr großzügig“, entgegnete Zack mit vollem Mund.

Dana zuckte mit den Schultern.

„Calina, Falmarin und Oranor wollten sich noch einmal im Dorf umsehen“, begann Zack zu erzählen. „Mellryn und Eravelle habe ich heute noch nicht gesehen. Estela kümmert sich um Tawha und Lydia und Alvar sind gerade ins Bad gegangen.“

Dana blinzelte überrascht. „Zusammen?“

Nun war es an Zack erstaunt auszusehen. „Ich weiß nicht“, erwiderte er langsam. „Warum sollten sie?“

„Na, weil…g Dana hielt inne. Ahnte ihr Ziehbruder wirklich nichts? Dana selbst hatte eine ungefähre Vorstellung von dem, was geschehen sein könnte.

Doch sollte sie nicht dazu kommen diesen Gedanken zu Ende zu führen…

Oranor stürzte in das Zimmer und sah sich eilig um. „Wo sind die anderen?“ Im gleichen Atemzug fügte er hinzu: „Wir müssen hier weg.“

Dana war aufgesprungen. „Was ist los?“

Oranor schüttelte den Kopf. „Könnt Ihr es spüren? Die Magie, die immer stärker wird? Die Kraft, die außer Kontrolle gerät?“

Die Elbenprinzessin horchte tief in sich hinein. „Ich spüre nur etwas ganz Schwaches“, gestand sie.

Abermals Kopfschütteln. „Ich werde Euch zeigen, was augenscheinlich so schwach ist, aber nun rasch!“

Ihre Aufregung ließ Dana gar nicht bemerken, wie förmlich Oranor plötzlich mit ihr sprach.

Er wusste es.
 

Kurz darauf standen alle – bis auf Estela – vor dem Gasthaus. Selbst Tawha hatte man aufgegriffen, denn er war mehr oder weniger kopflos geflohen und Falmarin direkt in die Arme gelaufen.

Dana erkannte alsbald, wie weit entfernt ihre Überlegung von der Realität war: Das Dorf brannte lichterloh. Immer mehr Feuer leuchteten in den Häusern auf, wie Kerzen, die man nacheinander anzündete.

Nur langsam, aber dafür mit aller Härte wurden die Ausmaße klar. Menschen rannten vor Angst und ließen all das zurück, was ihnen einmal lieb und teuer gewesen war. Kinder weinten. Das Schlimmste waren jedoch die Verletzungen, die nicht wenige der Bewohner davon getragen hatten. Vielen fehlten Gliedmaßen oder sie hatten tiefe Schnittwunden.

Dana musste sich abwenden und gegen den Brechreiz ankämpfen, als sie am Boden einen Mann entdeckte, dem man die Eingeweide herausgerissen hatte.

„Wer tut so etwas nur?“, flüsterte Lydia mit zitternder Stimme.

Es war Eravelle, die antwortete. Auf ihrem Gesicht lagen dunkle Schatten. „Kein Mensch, kein Zwerg und auch kein Elb wäre imstande so etwas Abscheuliches zu vollbringen. Das ist das Werk einer Bestie.“

„Weißt du etwas darüber?“, fuhr Calina Tawha an.

„Damit habe ich nichts zu tun und ich weiß auch nichts darüber.“ Selbst der Dunkelelb klang angewidert.

„Vorsicht!“, rief Jules unvermittelt und bedeutete den anderen, in Deckung zu gehen.

Gerade noch rechtzeitig. Schon wenige Herzschläge später krachte neben ihnen ein Gebäude zusammen – vollständig.

Staub und Rauch verdunkelten den Himmel.

„Das ist kein normales Feuer“, keuchte Alvar.

„Gut erkannt“, meldete sich Estela zu Wort, die endlich zu ihnen trat. Sie hatte nicht einen einzigen Kratzer und das, obwohl Tawha sie schon verschüttet glaubte.

„Wo warst du?“, fragte Eravelle voller Misstrauen.

„Ich habe nach der Ursache geforscht“, sagte sie schlicht. „Ich habe es kommen sehen.“

„Wie kann man so etwas kommen sehen?“, verlangte Dana zu wissen.

Estela zuckte mit den Schultern. „Ganz einfach: Derjenige, der das getan hat, ist wie ich… nur sehr viel dilettantischer.g

Dana zog die Augenbrauen zusammen. „Willst du damit sagen, dass hier noch jemand herumläuft, der einen Dämonenpakt eingegangen ist?“

Estela bejahte. „Nur mit einem Unterschied.“

Zack verursachte es Unbehagen, dass Estela indirekt angedeutete hatte, sie sei zu ähnlichem fähig. „Und der wäre?“, hakte er dennoch nach.

„Der Dämon hat hier die Kontrolle übernommen“, klärte Estela die anderen auf. „Unsere Verfolger haben ganz offenbar eine Person ausgesandt, ohne zu wissen, wie wenig diese ihre Kräfte kontrollieren kann.“

Dana hustete. „Was können wir tun?“

„Nichts.“

Alle Blicke wandten sich Mellryn zu, der gesprochen hatte.

„Dieses Dorf ist verloren“, fuhr dieser fort.

Dana hob verzweifelt die Hände. „Aber wir können doch nicht nur zusehen!“, protestierte sie.

Mellryn sah sie aus seinem verbleibenden Auge traurig an. „Man kann nicht jeden Kampf gewinnen.“

„Dieses Dorf ist wie eine schwere Wunde“, meinte Estela. „Wir können lediglich das tun, was man mit einer Wunde macht: Wir brennen sie aus!“
 

Zack musste Dana förmlich hinter sich herschleifen. Die Elbenprinzessin wehrte sich nach Leibeskräften, als er versuchte, sie aus dem Ort fortzubringen.

Der junge Mann hatte noch immer den feurigen Schatten vor Augen, der langsam hinter Estela aufgetaucht war.

Zack musste Mellryn schweren Herzens zustimmen. Sie standen hier auf verlorenem Posten, denn dies war nun ein Kampf zwischen Dämonen.

Der Gedanke an die getöteten Menschen und an das Dorf schmerzte. Er war sich so gut wie sicher, dass kein Stein auf dem anderen bleiben würde.

Derart grübelnd, fiel ihm zu spät auf, dass er und Dana von den anderen getrennt worden waren.

„Zack, wir müssen zurück!“, schnaufte Dana. Ihr Herz flatterte wie ein junger Vogel. Nachdem sie Estelas wahres Gesicht gesehen hatte, war sie noch verwirrter als zuvor. „Wir…"

Aus den Augenwinkeln heraus erkannte Dana einen Schatten, der dem von Estela glich – ein blaues Feuer.

Dämonen

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan.

Part 47 von ?

Warning: bislang keins
 


 

Die Situation war wirklich heikel.

Zack konnte verstehen, wie gern Dana den Überlebenden helfen wollte, wusste aber genau, dass der Kampf aussichtslos sein würde.

Wo Dämonen im Spiel waren, konnte kein Mensch und auch kein Elb mehr etwas tun.

Dennoch konnte Dana nicht einfach nur zusehen.

Sie hatte schon einmal einen Tod nicht verhindern können, aber hier konnte sie vielleicht doch das eine oder andere Leben retten.

Zack ahnte, inwieweit es seine Schwester schmerzen musste, Ganta verloren zu haben und dass sie sich deshalb immer noch Vorwürfe machte.

Obwohl er sie fest im Griff hielt, wandte sich Dana wie eine Schlange, um sich zu befreien.

„Dana, wir können nichts mehr tun!“, versuchte er sie zu überreden.

„Aber ich kann nicht einfach nichts tun!“, schnaubte sie, inzwischen schon fast wütend, dass er sie einfach nicht loslassen wollte.

Sie ärgerte sich darüber, ihre Magie noch immer nicht zu beherrschen, mit der sie vielleicht etwas ausrichten konnte. Immerhin hatte sie ja auch in der Festung irgendwas angestellt, auch wenn sie nicht verstanden hatte, was genau eigentlich passiert war.

„Vergiss es, Dana, es ist zu spät!“

„Es ist niemals zu spät!“, fauchte die Elbin nun richtig wütend, bevor sie sich endlich losreißen konnte und zurück in das lichterloh brennende Dorf rannte.

Wie erstarrt blieb Zack stehen und starrte ihr nach.

Er wollte ihr folgen, aber seine Beine würden ihn nicht tragen.

Die Angst, getötet zu werden bei dem Versuch, war einfach zu groß und lähmte ihn.
 

Eravelle stützte Mellryn ab, so gut sie konnte.

Der junge Mann war noch immer nicht in der Lage, sie so zu bewegen, wie er gern wollte.

Sie waren aus der Gefahrenzone geflohen und hatten Estela das Feld überlassen. Vermutlich war die Dämonenpriesterin die einzige, die hier noch irgendetwas tun konnte.

„Wir haben Dana und Zack verloren“, fiel Eravelle auf, als sie sich umblickte und die beiden nicht entdecken konnte.

Jules, Tawha, Lydia und Alvar waren nur wenige Schritte entfernt und soweit wohlauf, wenn man davon absah, dass Tawha ein wenig ramponiert aussah.

Oranor, Falmarin und Calina konnte sie auch ausmachen, aber von Zack und Dana fehlte jede Spur.

„Oh nein!“, rief Jules etwas ahnend.

„Dana wird doch nicht etwa…?“
 

Estela hatte inzwischen die Quelle der Probleme gefunden.

Die Gestalt war nicht mehr wirklich zu erkennen, es war unmöglich, auszumachen, was für ein Wesen es mal gewesen sein mochte.

Der Dämon hatte seinen Wirt völlig übernommen und ließ von dessen Äußerem nicht mehr viel übrig.

Inzwischen bestand der Feind nur noch aus glühendem, blauem Feuer und einem undeutlichen Schemen.

Die rothaarige Priesterin seufzte.

Sie wusste, wenn jemand nicht stark genug für den Dämon war, würde er zerfressen werden und genau das war hier wohl geschehen.

„Du genießt es wohl, frei zu sein, hm?“, sprach sie den Dämon an.

Als Antwort bekam sie nur ein hämisches Kichern, nichts weiter.

„Ich ahnte es“, murmelte Estela.

Bei dieser Kreatur handelte es sich auch noch um einen sehr niederträchtigen Dämon – viel Kraft, aber wenig Verstand. Die Elben hatten ein Wort dafür: Ulunn – Ungeheuer.

Es gab nicht viele Dämonen dieser Klasse, und normalerweise ging auch niemand, der sich mit der Dämonenkunde beschäftigte, solch einen Pakt ein.

Es hatte also ganz den Anschein, als hätte hier jemand völlig ungeübtes eine Macht freigesetzt, die besser in Ruhe hätte gelassen werden sollen.

Eine blaue Aura umgab Estela und schützte sie vor Verletzungen und Verbrennungen, die sie in dem brennenden Dorf leicht hätte bekommen können.

Nun rezitierte sie ihre Beschwörungsformeln, mit denen sie ihre eigenen Dämonen dazu aufforderte, für sie zu kämpfen.

Damit setzte sie eine Macht frei, für die sie jahrelang hatte lernen müssen und die zu kontrollieren nur ein wahrer Meister beherrschte.
 

Von ihrer Position aus konnten Alvar und Lydia nicht wirklich erkennen, was eigentlich geschah, aber auch ohne viel magische Begabung konnte Lydia spüren, wie sich im brennenden Dorf eine starke magische Aura aufbaute.

„Ist das Estela?“, fragte sie sich und Alvar nickte.

„Danas Magie fühlt sich anders an. Das muss Estela sein. Ich hoffe, sie kann diesen Dämon wieder dahin zurückschicken, wo er hergekommen ist.“

Gerade als er diese Worte ausgesprochen hatte, wurde es blendend hell in dem brennenden Dorf und sie alle bedeckten ihre Augen, um der Helligkeit zu entgehen.
 

Bisher hatte Dana keinen lebenden Dorfbewohner mehr gesehen. Alle Leute, die sie gesehen hatte, waren bereits tot gewesen. Manche grauenhaft verstümmelt, andere bereits halb verkohlt.

Ihr Magen hatte sich bereits mehrfach umgedreht, als sie die Anblicke nicht mehr ertragen konnte.

Der Gestank verbrannter Haut biss furchtbar in der Nase und das Atmen fiel der Elbin schrecklich schwer.

Dann horchte sie aber auf einmal auf.

War da nicht ein Wimmern gewesen?

Sie lauschte weiter, hoffte, dass sie doch noch jemanden fand, der lebte und ja, da war wieder ein leises Wimmern.

Langsam, um das Geräusch nicht zu übertönen, ging sie auf ein Haus zu, das nur noch zur Hälfte stand und sehr einsturzgefährdet aussah.

Ja, von hier kam es, dieses wimmernde Geräusch.

Die Angst, von dem Gebäude erschlagen zu werden, schob sie beiseite und betrat das Haus.

Sie blickte sich um und erkannte in einer Ecke etwas, das wohl mal ein Bett gewesen sein musste.

Und von dort kam das Wimmern.

Sie ging weiter, bückte sich und sah unter das Bett.

Vor Angst weit geöffnete Augen starrten ihr entgegen.

Die Augen eines Kindes.

„Keine Angst“, sagte Dana, „ich helfe dir hier raus!“

Sie streckte dem Kind die Hand entgegen und versuchte, so gut es ging, zu lächeln, um dem armen Ding keine Angst zu machen.

Zögerlich streckte sich der Prinzessin eine kleine Hand entgegen und sie ergriff sie sofort.

Die Hand war eiskalt und furchtbar schmutzig.

Langsam kam das Kind unter dem Bett hervor und als Dana es nun genauer sehen konnte, erkannte sie, dass es ein kleines Mädchen war, sicher nicht älter als sieben Jahre.

„Bist du allein hier gewesen?“, fragte Dana und als Antwort bekam sie ein leichtes Nicken.

Die Balken ächzten und die beiden zuckten zusammen – sie mussten hier schleunigst weg, bevor der Rest des Hauses einstürzte.

„Komm, schnell“, sagte Dana und zusammen rannten sie aus dem Haus, das nur wenig später tatsächlich zusammenbrach.

Das Mädchen weinte bitterlich, als es den Blick über das völlig zerstörte Dorf und die brennenden Gebäude warf.

Dana hegte nicht viel Hoffnung, noch weitere Überlebende zu finden und entschied, dass es sicherer war, von hier zu verschwinden, jetzt wo sie die Verantwortung für dieses Kind hatte.

Und so rannte sie mit dem Mädchen an der Hand zu der Stelle zurück, wo sie Zack hatte stehen lassen, als es hinter ihr strahlend hell wurde.
 

Als die Helligkeit verschwand und man langsam wieder etwas erkennen konnte, war sämtliches Feuer verschwunden, doch die Zerstörung war geblieben.

Dana und das Mädchen hatten sich auf den Boden geworfen, was der Elbin am Sichersten erschienen war.

Die Aura, die zuvor deutlich zu spüren gewesen war, war verschwunden und mit ihr auch dieses seltsame Gefühl der Gefahr, das Dana die ganze Zeit nicht richtig einzuordnen vermocht hatte.

„Ist dir was passiert?“, fragte sie das Mädchen, doch dieses schüttelte verneinend den Kopf.

Die beiden rappelten sich wieder auf und fanden anschließend auch Zack wieder, der noch immer dort stand, wo Dana ihn verlassen hatte.

„Dana! Zum Glück! Ist dir was passiert?“, bestürmte er sie gleich, als er seine Ziehschwester erkannte.

Als er dann erkannte, dass sie tatsächlich ein Leben hatte retten können, musste er still eingestehen, dass Dana genau das Richtige getan hatte.

Er beugte sich runter zu dem fremden Mädchen und lächelte.

„Wie gut, dass du es noch heil geschafft hast. Wie heißt du?“

Zuerst reagierte das Mädchen verschüchtert, doch Zack sah nicht wirklich aus, als wäre er böse, und so antwortete sie leise.

„Silivren.“
 

End of Part 47

Leithia Sûl

Author: Bina-chan86

Part 48/?
 

Es erwies sich als nicht gerade einfach für Eravelle, Mellryn zu stützen und gleichzeitig zu fliehen – und das auch noch möglichst schnell.

Über ihre Schulter hinweg schaute sich die dunkelhaarige Elbin um. „Estela sprach zwar nur von einem Dämon, aber ich fürchte, das entspricht nicht ganz der Wahrheit.“

Beinah panisch ließ Jules seinen Blick schweifen. „Was meinst du damit?“

„Ich meine damit, dass wir verfolgt werden“, erwiderte Eravelle.

„Sie hat recht“, pflichtete Mellryn ihr bei. „Ich fühle es auch. Estela kämpft und dort ist eine starke Macht. Jedoch scheint das, was uns verfolgt, eine schwächere Kopie davon zu sein.“

Eravelle blieb stehen und winkte Alvar zu sich, der ihr Mellryn abnahm.

„Kümmere dich um ihn“, bat sie.

„Nein, warte“, versuchte Mellryn sie aufzuhalten. „Einem Dämon kannst du dich nicht allein entgegenstellen.“

„Aber, dass weglaufen nichts bringt, haben wir ja nun gesehen.“

„Wir brauchen einen Plan“, beharrte Mellryn.

Oranor schrie ihnen plötzlich eine Warnung entgegen. „Auseinander!“

Die anderen gehorchten ohne zu wissen, wie ihnen geschah. Eravelle wäre fast auf dem Boden gelandet, als etwas flink an ihr vorbeihuschte.

Oranor wusste, er durfte nicht zögern. Er zog sein Schwert, welches bald so groß war wie er selbst, mit einer schnell ausgeführten Bewegung. Das Wesen glich den bläulichen Flammen, die überall loderten und doch spürte Oranor, wie sein Schwert durch einen Körper glitt und ihn in zwei Teile spaltete. Der Schnee unter seinen Füßen knirschte, als er sich umdrehte.

„Was zur Hölle ist das?“, entfuhr es Calina. Erschrocken sah sie die Überreste an, deren Glimmen nun schwächer wurde.

Oranor zog die Augenbrauen zusammen. „Vermutlich diente es dem Dämon.“ Er steckte sein Schwert in die Scheide zurück und machte einen Schritt nach vorn.

„Nein“, ließ sich Mellryns brüchige Stimme vernehmen. „Noch ist Leben in dieser Kreatur. Wir sind noch nicht außer Gefahr.“

Alvar stellte sich reflexartig vor Lydia. „Wie kann das sein?“

Unvermittelt flammte das blaue Feuer wieder auf – stärker als zuvor.

Eravelles Augen weiteten sich, als sie begriff, was dort geschah. „Jetzt sind es zwei.“
 

Dana kniete neben dem Mädchen nieder. „Ein Glück, dass du nicht verletzt bist“, sagte sie mit sanfter Stimme und versuchte dabei so ruhig wie möglich zu klingen. Doch sie traute sich nicht, Silivren danach zu fragen, was mit ihren Eltern geschehen war. Nach allem, was sie im Dorf gesehen hatte, konnte sie es sich bereits denken.

„Du bist eine Elbin?“, erkundigte sie sich stattdessen, als sie die spitz zulaufenden Ohren bemerkte. Allerdings waren diese etwas kleiner als bei anderen Elben.

Schüchtern nickte Silivren, schüttelte aber im nächsten Moment den Kopf. „Halbelbe“, lautete ihre knappe Antwort.

Zack berührte Dana leicht an der Schulter. „Wir müssen schleunigst von hier fort. Estela hat zwar gesagt, dass sie kämpfen wird, aber das bedeutet nicht unbedingt, dass die Situation dadurch besser wird“, meinte er. „Wir können ihr nicht länger trauen. Dazu ist sie einfach zu gefährlich.“

Widerwillig musste Dana zugeben, dass seine Worte einleuchtend klangen. Vermutlich war Estela ein größeres Problem, als sie anfangs geglaubt hatten.

„Wir müssen zu den anderen zurück“, sagte Dana.

„Ja, aber wie sollen wir sie in diesem Durcheinander finden?“, zweifelte Zack und blickte dann zu Silivren hinunter. „Außerdem müssen wir nun auf sie acht geben.“
 

„Von einem solchen Wesen habe ich noch nie gehört“, rief Falmarin, die neben Oranor herlief.

„Ich auch nicht“, gab dieser zurück.

Bei ihnen befanden sich noch Calina und Alvar.

Seit sie der Dämon auseinander getrieben hatte, war letzterer in schrecklicher Sorge um Lydia.

Bitte, lass es ihr gut gehen!, flehte er stumm.

Aber es gab noch mehr Probleme. Wie sollten sie einem Ungeheuer beikommen, das sie nur teilen konnten? Alvar zog die Möglichkeit in Betracht, dass es sich jedes mal vervielfältigen würde, wenn sie es angriffen. Welcher Zauber war in der Lage, dagegen anzukommen?

Er kannte die Antwort: Leithia Sûl – der erlösende Wind. Doch ebenso gut war ihm klar, dass es ihm nie vergönnt gewesen war, diesen Zauber zu lernen. Nur die höchsten Priester und die Mitglieder der Königsfamilie konnten diese Magie anwenden. Dana war nicht so weit und Mellryn war noch zu schwach dafür.
 

Eravelle war zusammen mit Mellryn geflohen und auch Tawha folgte ihnen. Dieser war zwar nicht mehr gefesselt und hätte verschwinden können, aber er hielt es anscheinend für klüger, in ihrer Nähe zu bleiben.

Der Rauch und der Gestank von verbranntem Fleisch verursachten Eravelle Übelkeit. Wenn ihre Beine jetzt nachgaben, dann schwebte Mellryn zusammen mit ihr in höchster Gefahr. Das wollte sie auf keinen Fall riskieren und auf Tawhas Hilfe hoffte sie gar nicht erst.

Jedoch kam alles anders…

„Era, halt bitte an“, bat Mellryn leise.

Eravelle ahnte, was er vorhatte und fing sogleich an zu protestieren. „Du darfst deine Magie nicht einsetzen! Dafür bist du viel zu geschwächt.“

Eindringlich schaute Mellryn sie an und ließ sich von ihr auf einem Stein absetzen, was sie nur zögerlich tat.

„Versteh doch… ich bin der einzige, der diese Art der Zauberei noch beherrscht“, versuchte er sie zu überzeugen.

Eravelle schüttelte den Kopf und machte einen Schritt zurück. Dabei konnte sie nur mühsam ihre Tränen unterdrücken. „Du könntest sterben, wenn du das tust.“

„Und wir werden alle sterben, wenn ich es nicht tue“, entgegnete Mellryn.

„Es muss einen anderen Weg geben!“, rief Eravelle verzweifelt.

Im nächsten Moment wurde sie zu Boden gerissen. Sie spürte den kalten Schnee an ihrer Wange, der im Gegensatz zu dem feurigen Schatten stand, der an ihrem Kopf vorbeihuschte. Und dann war da noch etwas Warmes. Der metallische Geruch von Blut stieg ihr in die Nase.

Sie schlug die Augen auf und erkannte, dass es ihr Cousin Tawha gewesen war, der sie zu Boden geworfen und somit beschützt hatte.

Warum?, war der einzig klare Gedanke, der sich in ihrem Kopf formte.

Stöhnend setzte sich Tawha auf. Scharfe Krallen hatten eine tiefe Fleischwunde in seinen Rücken gerissen.

„Eine solche Existenz ist unwürdig“, sagte er, ohne dass Eravelle ihn danach fragen musste. „Ich überlasse dich niemals einer solchen Bestie, auch wenn das bedeutet, dass du von hier fliehen kannst.“ Er lächelte grimmig und unter Schmerzen. „Du gehörst noch immer mir.“
 

Lydia und Jules taten das, was sie in letzter Zeit am besten konnten – rennen.

„Haben wir es abgehängt?“, fragte Jules.

„Keine Ahnung“, erwiderte Lydia atemlos. „Und ich werde bestimmt nicht stehen bleiben, um es herauszufinden.“

Durch die Hitze war die Erde aufgeweicht und schwammig, was ihr Vorankommen erschwerte. Doch eine glückliche Fügung kam ihnen zu Hilfe.

„Da sind Dana und Zack“, stieß Jules hervor. „Sie haben ein Kind bei sich und…“ Ihm versagte die Stimme, als er erkannte, dass dort noch etwas war.

Vielleicht war es in Wirklichkeit keine allzu glückliche Fügung!

Zack hatte sich schützend vor das kleine Mädchen gestellt, während Dana Auge in Auge mit dem Dämonenableger stand. Bisher hatte keiner ihrer Zauber auch nur ansatzweise gewirkt. Wie viel hätte sie jetzt für den Rat Alvars oder den ihres Bruder gegeben.

Abrupt blieb Lydia stehen und verschaffte sich eilig einen Überblick über die Lage. Dann wandte sie sich mit einem Ruck um – in die Richtung, aus der sie gekommen waren.

Für eine Sekunde glaubte Jules, sie würde zurücklaufen.

„Warte hier, Jules“, sagte sie stattdessen. „Ich habe eine Idee.“ Und dann rannte sie los, ehe Jules ihr ein Frage stellen konnte. Was war in sie gefahren?

Ihm blieb keine Zeit, weiter darüber nachzudenken. Er haderte mit sich und kam dann schließlich Dana und Zack zu Hilfe.

Mittlerweile war Dana in arge Bedrängnis geraten. „Lint Pilin“, schleuderte Dana der Kreatur in ihrer Verzweiflung entgegen.

„NICHT!“ Jules Warnung kam zu spät und so zerteile Danas Pfeil das Wesen, was wiederum zur Folge hatte, dass es einen weiteren Gegner gab.

Dieser stieß die vollkommen überrumpelte Dana gegen eine Wand. War das nun das Ende?

Zack und Jules tauschten einen Blick miteinander aus.

Danas Ziehbruder beugte sich zu Silivren hinab und bedeutete ihr mit den Händen, dass sie zurücktreten sollte.
 

Lydia lief in aller Eile eine Treppe hinauf. Aufgrund der rutschigen Stufen geriet sie einige Male ins Stolpern, fing sich jedoch wieder.

Und dann stand sie vor dem Gebäude, zu dem sie zu gelangen gesuchte.

Es war ein kleiner Tempel, den sie schon zuvor flüchtig bemerkt und an den sie sich nun wieder erinnert hatte. Als einziges Gebäude in diesem Dorf war es unversehrt geblieben.

Lydia hoffte, dass ihre Vermutung und all das, was sie über Tempel wusste, auch stimmte. Es gab nur einen Weg, das herauszufinden, und so legte sie ihre Hände auf die Tür und stieß diese auf.

Die wenigen Dorfbewohner, die sich tatsächlich hatten retten könne, waren hierher geflüchtet und starrten Lydia nun mit vor Angst weit aufgerissenen Augen an.

Lydia fehlte es an Zeit und so schenkte sie ihnen keine Beachtung. Stattdessen ging sie zielstrebig auf den Altar zu. Dort fand sie, wonach sie gesucht hatte.
 

Zack und Jules hatten sich unterdessen infolge einer fatalen Kurzschlussreaktion mit bloßen Händen auf die Dämonenableger gestürzt. Allerdings verdankte Dana wohl allein diesem Umstand ihr Leben.

„Nein…“ Ihre Stimme kippte. Tränen versperrte ihre Sicht.

Warum kann ich wieder nichts tun? Sie werden sterben, dachte sie. Ihr Inneres fühlte sich nahezu taub dabei an.

Zacks Hände hatten schwere Verbrennungen davon getragen, trotzdem ließ er nicht los. Jules drohte jedoch in die Knie zu gehen.

In dem Augenblick, als alles aussichtslos schien, kehrte Lydia zurück. In ihren Händen trug die Geschichtenerzählerin einen Krug, dessen Inhalt sie über einem der Wesen verschüttete.

Sofort wich die Kreatur zurück. Ein Zischen erklang und sie schrumpfte ein Stück. Lydia wirbelte herum und tat bei dem anderen Ableger dasselbe.

Mit großen Augen starrten die anderen sie an.

„Geweihtes Wasser“, keuchte Lydia. „Der Weg, um Dämonen zu verletzen, ist häufig simpler als man glaubt.“

Die Gefahr war damit nicht gebannt, aber im ersten Moment gelindert.

Am oberen Ende des Weges tauchten Mellryn, Eravelle und Tawha auf. Die Wunde des Dunkelelbs war inzwischen versorgt worden. Nur notdürftig, dennoch konnte er sich auf den Beinen halten. Dahinter erschien nach und nach der Rest der Truppe.

Mit Eravelles Hilfe gelangte Mellryn zu Dana.

Die Elbenprinzessin rappelte sich auf und kam ihnen entgegen.

Mellryn streckte seine Hände nach ihr aus. „Schwester, es gibt etwas, das du für mich tun musst“, begann er ohne Umschweife. „Etwas, das nur du vollbringen kannst.“

Dana nickte unter Tränen, brachte aber keinen Ton hervor.

Für einen Augenblick lang umfasste Mellryn ihre Hände und trat schließlich hinter sie. „Hör mir zu und tu genau das, was ich dir sage“, wies er sie an. „Eravelle verschafft uns genügend Zeit.“

„Niss.“ Eravelles Stimme war für Dana nur noch entfernt zu hören. Sie bemerkte aber, dass die dunkelhaarige Elbin es schaffte, Zeit zu schinden.

Dana atmete tief durch und konzentrierte sich auf das, was Mellryn in ihr Ohr flüsterte. Er sprach von Licht, von Wärme und Erlösung. Sie konnte die Worte nicht nur hören, sondern auch fühlen.

Als Mellryn sie darum bat, öffnete sie ihre Augen.

„Leithia Sûl.“ Der erlösende Wind entsprang Danas Magie und löschte die beiden Ungeheuer aus. Mehr noch – ein Licht breitete sich im gesamten Dorf aus. Selbst die Dämonenfeuer erloschen langsam aber sicher.

Erschöpft sank Dana auf die Knie. Trotz der Müdigkeit spürte sie ein Glücksgefühl in sich: Sie hatte es geschafft – sie hatte ihre Freunde beschützt. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Alvar auf Lydia zulief und sie in seine Arme schloss. Oranor, Calina und Falmarin traten erleichtert und beinah schon ehrfürchtig näher. Tawha ließ sich auf dem Boden nieder, während er ungläubig den Kopf schüttelte. Zack half Jules derweil auf die Beine und Eravelle bot sich an, ihre Verbrennungen zu heilen.

Mellryn legte seine Hände auf die Schultern seiner Schwester und lächelte. „Du hast uns alle gerettet. Ich wusste, dass du es kannst. Diese Magie ist dein Erbe“, sagte er stolz. „Endlich bist du auf dem richtigen Weg, um eine wunderbare Königin zu werden.“

Dana hatte gar nicht bemerkt, dass auch Silivren sich aus ihrem Versteck gewagt hatte. Erst als diese an ihrem Umhang zupfte, blickte sie zu ihr hinab.

„Bist du ein Engel?“, fragte das Mädchen.

Dana musste wider Willen lachen. „Nein, nein“, flüsterte sie. „Das bin ich wirklich nicht.“
 

Zuletzt erschien auch Estela bei ihnen. Über ihrer Schulter trug sie einen Elb, der erschreckend jung aussah und den sie nun auf der Erde ablegte. Offenbar war er derjenige, der sich mit dem Dämon verbündet hatte.

Er atmete noch.

Estela grinste Dana unverhohlen an. „Diesmal hast du mir tatsächlich die Tour vermasselt“, erklärte sie im Plauderton. „Ich hätte den Kerl ja zu gern in die Hölle geschickt, wo er hingehört, doch dein Zauber – ich nehme an, dass es deiner war – hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Zu schade!“ Sie hielt inne und schaute zu dem bewusstlosen Elb hinunter. „Es ist nur fraglich, ob er jemals wieder der Alte werden kann. Ich bezweifle es, wenn ich ehrlich bin.“

„Warten wir es ab“, entgegnete Dana schlicht.
 

End of Part 48

Nach dem Chaos

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan86.

Part 49 von ?

Warning: bislang keins
 

Vielen lieben Dank für die Favos an: CaptainCalvinCat, Chiru_Fusuka, Dark_Shaya, Kaleidoskop und Sora_no_Shoni. ^-^
 


 

Äußerlich hatte der junge Elb keinerlei Verletzungen, aber seine Seele schien einiges an Schaden genommen zu haben.

Zumindest das konnte Eravelle herausfinden, nachdem sie ihn ein wenig untersucht hatte.

„Was sollen wir mit ihm machen?“, fragte sie in die Runde, doch niemand wusste eine passende Antwort.

„Wir sollten warten, bis er wieder bei Bewusstsein ist“, meinte Alvar.

„Dann können wir immer noch überlegen, was wir tun.“

„Gute Idee“, nickte Dana.

„Im Tempel sind übrigens noch weitere Überlebende!“, erzählte Lydia.

„Dann lasst uns dorthin gehen!“, schlug Zack vor.
 

Es stellte sich heraus, dass nur fünf weitere Dorfbewohner überlebt hatten.

Ein alter Mann war vor Angst in dem Tempel gestorben und ein weiterer, jüngerer Mann war seinen Verletzungen erlegen.

Zu den Überlebenden zählten drei Frauen, ein kleiner Junge und ein junger Mann, der offensichtlich der Ehemann einer der Frauen war.

Sie alle sahen elend aus und ihnen stand die Frage, was sie nun tun sollten, sehr deutlich ins Gesicht geschrieben.

„Wie weit ist das nächste Dorf von hier entfernt?“, fragte Dana, die das Schicksal dieser Menschen sehr berührte.

„Drei Tagesreisen“, antwortete der junge Mann mit leiser Stimme.

Oranor ahnte, worauf die Prinzessin hinaus wollte und übernahm nun das Sprechen.

„Es wäre das beste für euch, wenn ihr dorthin ziehen würdet.“

Der Mann und auch zwei der Frauen nickten. Es blieb ihnen nichts anderes übrig.

Nun fiel Danas Blick auf Silivren, die sich inzwischen nicht mehr weit von ihr entfernte.

„Was machen wir mit ihr?“, fragte Dana offen.

Sie war sich nicht sicher, was mit dem Kind geschehen sollte.

Die Menschen hier waren arm und konnten es sich nicht unbedingt leisten, noch jemanden mehr durchzufüttern – schon gar nicht, nachdem sie nun wirklich alles verloren hatten.

Dennoch blickte Dana fast schon hilflos fragend die anderen Überlebenden an, bis die Dritte der Frauen ihre Tränen nicht länger zurückhalten konnte.

„Wieso musste mein Kind sterben?“, schluchzte sie und für Dana war es mehr als offensichtlich, dass sie nicht in der Lage sein würde, für Silivren zu sorgen.

Silivren, die inzwischen schon wusste, was vor sich ging, klammerte sich an die Elbenprinzessin und sah nicht so aus, als wolle sie sich jemals wieder von ihr lösen.

„Ich will nicht von dir weg, Engel!“

Dana strich dem Kind über den Kopf und seufzte lautlos.

Zack ahnte bereits, was seiner Ziehschwester durch den Kopf ging, und auch wenn es ihm nicht gefiel, so legte er ihr nun doch ermutigend die Hand auf die Schulter.

„Nimm sie mit. Sania wird sie sicher mit Freuden aufnehmen.“

Dana sah ihn an und nickte anschließend.

Sie selbst war für Zacks Mutter auch einmal ein Findelkind gewesen, warum sollte es für dieses kleine Halbelben-Mädchen nicht auch so sein?

Zumindest würde für das Kind gesorgt sein, denn Dana glaubte nicht, dass Sania das Mädchen wieder fortschicken würde.

Sie beugte sich zu Silivren herunter und drückte sie ein wenig an sich.

„Du musst auch nicht von mir weg“, sagte sie sanft.

„Allerdings sollten wir noch ein paar warme Kleider für dich finden, Kleine!“, bemerkte nun Lydia.

Die Geschichtenerzählerin hatte damit nicht unrecht – Silivren war alles andere als winterfest gekleidet.

„Und wo sollen wir jetzt Kleidung herbekommen?“, überlegte Jules.

„Ich hab hier noch eine Jacke, die kann sie anziehen. Sie wird ihr zwar zu groß sein, aber besser als nichts ist es allemal“, sagte Calina, die sofort in ihrem Rucksack kramte.

„Bis zum nächsten Dorf sollte das gehen“, nickte Lydia.

„Nun brauchen wir nur noch eine Lösung für den hier“, warf Estela ein, die sich den elbischen Jungen wieder über die Schulter geworfen hatte.

„Ist er denn jetzt von seinem Dämonenpakt befreit?“, fragte Alvar.

„Ja. Immerhin ist der Dämon ja vernichtet.“

Man konnte der Priesterin ansehen, dass sie den Burschen nicht wirklich gern am Leben gelassen hatte.

Es war noch nicht abzusehen, wie schwer seine Seele geschädigt war, aber Dana würde das Leben dieses jungen Elben so oder so nicht zum Abschuss freigeben.

Sie selbst war sich dessen noch nicht bewusst, aber inzwischen war sie zur Führerin der Gruppe geworden. Niemand würde gegen ihr Wort handeln, denn jeder erkannte sie als Prinzessin an.
 

Die Gruppe suchte in den Trümmern des Dorfes nach brauchbaren Sachen, die für die letzten Überlebenden und sie selbst hilfreich sein würden und konnten tatsächlich sogar einen kleinen Pferdewagen ausfindig machen, der noch heil war.

Außerdem begruben Oranor, Falmarin, Calina und Alvar die Toten, die sie finden konnten und beteten dafür, dass ihre Seelen heil im Jenseits ankamen.

Leider fanden sie nichts mehr zu essen.

Die einzigen Lebensmittel, die sie hatten, waren die Reste, die die Gruppe bei sich hatte.

Das hieß für sie alle, dass sie in den nächsten Tagen ein wenig hungern mussten.

Oranor bot an, zu jagen, doch die Aussicht auf Erfolg war jetzt im Winter sehr gering.
 

Am Abend schlugen sie ihr Lager ein wenig abseits des zerstörten Dorfes auf.

Sie würden ihre Kraft brauchen, wenn sie am nächsten Tag so weit wie möglich in Richtung des anderen Dorfes gehen wollten.

Oranor hatte es tatsächlich geschafft, ein Kaninchen zu erlegen und hatte es sogleich ausgenommen und briet es nun über dem Feuer.

Lydia gab noch etwas von ihren Gewürzen dazu und schon bald breitete sich ein recht angenehmer, appetitlicher Duft aus.

Zwar bekam jeder nur einen kleinen Bissen von dem Kaninchenfleisch, doch es war besser, als gar nichts zu essen.
 

Es wurde nicht viel gesprochen. Alle waren noch ein wenig bedrückt von den letzten Vorkommnissen und die richtigen Worte zu finden erschien beinahe unmöglich.

Selbst Lydia, die sonst immer eine Geschichte parat hatte, zog es nun vor, sich an ihren Alvar zu kuscheln und zu schweigen.

Silivren wich Dana nicht mehr von der Seite, war jedoch mit dem Kopf auf ihren Schoß gebettet eingeschlafen.

Zwischen dem kleinen Mädchen und der Elbin waren viele Gemeinsamkeiten, das war Dana schon recht früh aufgefallen. Beide hatten sie ihre Eltern bei einer Welle der Zerstörung verloren und waren dabei noch sehr jung.

Und doch war Dana froh, wenigstens ihre Freunde, das kleine Mädchen und die anderen fünf Überlebenden gerettet zu haben.

Es war ein unglaubliches Gefühl gewesen, wie sie einen dermaßen mächtigen Zauber gezielt angewandt hatte. Zu so etwas war sie zuvor nie bewusst fähig gewesen.

Sie erinnerte sich an die Worte, die Mellryn ihr gesagt hatte – „Diese Magie ist dein Erbe. Endlich bist du auf dem richtigen Weg, um eine wunderbare Königin zu werden.“

Erst jetzt fiel ihr der zweite Satz genauer auf.

„Um eine wunderbare Königin zu werden.“

Moment mal?

Bedeutete das etwa, dass sie einmal die Königin über die Elben, über das Eledhrim-Ardh werden sollte?

Aber Mellryn war doch älter als sie?

Sollte nicht viel lieber er König werden?

Aber bevor es überhaupt so weit war – würden sie Haryon besiegen und das Volk der Elben wieder zusammenführen können?

Dana blickte unsicher zu ihrem Bruder hinüber, der sich an Eravelle geschmiegt hatte und ein wenig döste.

Was würde ihre Zukunft bringen?

Die Elbin wusste es nicht.

Aber eines wusste sie ganz sicher – es würde sich alles verändern.
 

End of Part 49

getrennte Wege

Author: Bina-chan86

Part 50/?
 


 

Ein Schrei weckte Dana mitten in der Nacht. Zunächst orientierungslos schaute sie sich zu allen Richtungen um, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Ihr Blick blieb schließlich an Mellryn hängen. Erschrocken kam sie auf die Beine.

„Was ist mit ihm?“

Eravelle antwortete nicht gleich, sondern sah tieftraurig zu Dana auf.

Mellryn wälzte sich im Schlaf hin und her. Er wimmerte, wie von schlimmen Alpträumen geplagt, während er sich an seine Gefährtin klammerte.

„Fast jede Nacht ist es so“, sagte Eravelle endlich, dabei schwang in ihrer Stimme eine merkwürdige Müdigkeit mit.

Dana rieb sich mit dem Handrücken über die Augen und nahm lediglich am Rande wahr, dass sie nicht als einzige von dem Krach aufgewacht war.

„Wie kann das sein?“, fragte sie an Eravelle gewandt weiter. „Bisher habe ich nicht das geringste davon bemerkt. Wir hätten etwas hören müssen.“

Eravelle schüttelte den Kopf. „Nein“, entgegnete sie. „Das hängt mit der Bitte zusammen, die Mellryn mir gestellt hat. Er wollte nicht, dass du davon erfährst und darum sollte ich mittels eines Zaubers seine Stimme dämpfen. Heute allerdings ist meine Magie dafür zu ausgelaugt gewesen.“

Dana wurde blass, als ihr dämmerte, was hinter diesen Worten steckte. „Er hat sich gequält. Nacht für Nacht. Tag für Tag. Und ich hatte nicht die geringste Ahnung davon.“

Eravelle ergriff Danas Hand, ohne dabei von Mellryns Seite abzurücken. „Ich weiß, was du fühlst, aber mach dir nicht auch noch Vorwürfe“, bat sie leise. „Mir hat das jedenfalls nichts gebracht und auch Mellryn hilft es nichts. Die Azi Dahaka haben ihn nicht mehr in ihrer Gewalt, deswegen bin ich fest davon überzeugt, dass es mit der Zeit besser wird.“ Jedoch beinhaltete diese Aussage gleichzeitig, dass Mellryn nie wieder der Alte werden würde.

Eravelle strich Mellryn die Haare aus dem schweißnassen Gesicht. Dadurch konnte Dana zum ersten mal die Narbe erkennen – an der Stelle, an der einmal sein rechtes Auge gewesen war. Offensichtlich war die Wunde nur schwer verheilt und entstellte nun das sonst so hübsche Antlitz.

Eravelle war daran gewöhnt und zeigte keinerlei Scheu mehr, doch Dana lief ein kalter Schauer über den Rücken. Nach und nach zeichnete sich ein Bild vom Leid ihres Bruders vor ihrem inneren Auge.

„Wie schrecklich“, murmelte sie kaum hörbar vor sich hin.

Mellryns Kopf ruhte nun auf Eravelles Schoß und langsam entspannten sich seine Gesichtszüge wieder. Die dunkelhaarige Elbin strich ihm mit den Fingerspitzen über die Schläfen und flüsterte ihm sanfte Worte ins Ohr. Mellryns Bitte um einen Zauber hatte ihr in der letzten Zeit schwer zu schaffen gemacht, denn seine stumme Pein war fast noch schwerer zu ertragen gewesen.

Einer der Gründe dafür, dass sie Magie erlernt hatte, war, dass sie sich nicht mehr hilflos fühlen wollte. Aber selbst die Zauberkunst fand ihre Grenzen, wenn es um die Abgründe einer Seele ging.

Dana schluckte. „Deshalb hat der das gesagt.“

„Was gesagt?“ Eravelle blinzelte irritiert.

„Er sagte, dass ich Königin werden würde“, entgegnete Dana. „Erst verstand ich nicht, warum. Immerhin steht er dem Thron näher als ich. Langsam begreife ich jedoch, worauf er hinaus wollte.“ Sie blickte fest in die Augen ihres Gegenüber. „Mellryn will gar nicht König werden.“

Eravelle zögerte, nickte dann aber. „Er hatte niemals die Absicht das zu werden“, gestand sie. „Er konnte nicht mit ansehen, wie das Elbengeschlecht einfach so untergeht, aber herrschen wollte er zu keinem Zeitpunkt über sie. Heute weniger denn je.“

„Vorausgesetzt also, wir schaffen es – wir gewinnen… Was gedenkt ihr beide zu tun?“

„Wir ziehen uns zurück“, erwiderte Eravelle ohne Umschweife. „Mellryn wünscht sich ein zurückgezogenes Leben und ich werde ihm folgen.“

Dana lächelte, obgleich die Vorstellung, dass Mellryn und Eravelle sie früher oder später verlassen könnten, sie auch ein wenig traurig stimmte. „Mein Bruder hat wirklich Glück.“

„Inwiefern?“

„Er hat dich getroffen.“

Eravelle lief knallrot an. „Hör auf so peinliche Sachen zu sagen!“, brummte sie und fuchtelte dabei mit den Händen umher.

„Aber es stimmt doch“, beharrte Dana.

„Ja, ja. Schon gut!“, stieß Eravelle mit einem Laut der Resignation hervor.
 

Keiner sprach am nächsten Tag davon, was geschehen war.

Nichtsdestotrotz bemerkte Dana, wie blass und abgespannt ihr Bruder aussah. Die Haare hatte er sich wieder wie einen Vorhang ins Gesicht gestrichen, als wolle er sich dahinter verbergen.

Unglücklicherweise war das nicht das einzige Problem, das Dana im Kopf herum geisterte. Zwar waren sie und ihre Freunde den Azi Dahaka vorerst entkommen, doch wie sollte es nun weiter gehen? Gern wäre sie nach Rawena zurückgekehrt, um Sania und Migal – ihre Zieheltern – wieder zu sehen, doch sie wusste, dass sie diese damit nur in Gefahr gebracht hätte. Noch immer wurde ihr übel, wenn sie an das verwüstete Dorf dachte.

Silivren zupfte an ihrem Umhang und riss die Elbenprinzessin damit aus ihren Gedanken. „Hast du nicht gut geschlafen, Engel?“

Dana schüttelte den Kopf. „Nein, alles in Ordnung.“ Ja, richtig. Sie hatte ja beschlossen Silivren zu Sania zu bringen, aber wie sollte sie das anstellen?

Seufzend raufte sich Dana die Haare, bis ihr jemand auf die Schulter tippte.

„Iss erstmal was, dann geht es dir gleich besser“, sagte Lydia und überreichte ihr dabei einen der wenigen Teller, die sie hatten retten können.

„Danke“, murmelte Dana zögerlich.

„Kopf hoch“, fuhr Lydia fort. „Sobald wir einen Plan haben, sieht die Welt schon ganz anders aus.“

Mellryn schaute nachdenklich zu ihnen hinüber und ergriff dann schließlich das Wort. „Zu dem Punkt hätte ich einen Vorschlag zu machen.“

Aller Blicke richteten sich auf den Elben, der dadurch ein wenig unsicher wirkte. „Es ist an der Zeit, ein paar Entscheidungen zu treffen“, sprach er dennoch weiter. „Und ein jeder von euch muss seine Wahl selbst treffen.“

„Was für eine Wahl?“, wunderte sich Zack

„Welchen Weg ihr einschlagen wollt.“

„Ist doch ganz klar“, entgegnete Zack beinah empört. „Bei Dana bleiben, natürlich.“

Mellryn nickte langsam. „Das ist deine Entscheidung, aber wie sieht es bei den anderen aus?“

Die Mitglieder der Gruppe tauschten untereinander unsichere Blicke aus.

Oranor wagte es als erster zu sprechen. „Falmarin, Calina und ich werden zu den übrig gebliebenen Duáth zurückkehren und diese um ihre Hilfe ersuchen“, erklärte er. „Jetzt da es wieder Hoffnung gibt, werden sie sich erheben. Dies ist der Moment, auf den wir so lange gewartet haben.“

Dana spürte, wie ihre Wangen heiß wurden, als er sie dabei unverblümt ansah.

„Tawha nehmen wir mit uns“, fügte Oranor hinzu. „Über ihn und seinen Verrat muss noch gerichtet werden.“

Tawha sackte bei diesen Worten sichtlich zusammen. Offenbar behagte ihm die Vorstellung nicht, sich seinen ehemaligen Gefährten zu stellen und ihr Urteil anzuhören. Ihm blieb momentan nichts anderes übrig, als sich in sein Schicksal zu fügen.

Dass Eravelle Oranor bereits darum gebeten hatte, ein gutes Wort für ihren Cousin einzulegen, ahnte dieser nicht.

„Dann sollten wir vielleicht dafür sorgen, dass es Dana gelingt, ihre Magie vollständig unter ihre Kontrolle zu bringen“, warf Alvar ein.

„Ein ähnlicher Gedanken kam auch mir“, stimmte Mellryn ihm zu. „Die Zaubersprüche, die bisher nur innerhalb der Königsfamilie weitergegeben wurden, könnten uns einen Vorteil verschaffen. Bist du bereit dafür, diese zu erlernen, Schwester?“

Dana nickte entschlossen. „Das bin ich.“

Estela grinste vor sich hin. „Den Anblick möchte ich mir um keinen Preis entgehen lassen.“

Alvar legte seine Hand auf Lydias Unterarm und flüsterte ihr unbemerkt etwas ins Ohr. „Ich weiß, es ist gefährlich. Wenn du möchtest, kann ich dich an einen sicheren Ort bringen?“

Lydia schnaubte. „Du machst wohl Witze!? Ich bleibe bei dir.“

Einen Moment lang wirkte Alvar überrascht, dann lächelte er und küsste sie zum ersten mal ganz offen vor aller Augen.

Estela stieß einen Pfiff aus. „Spart euch das lieber für später auf“, meinte sie und wies anschließend mit einem Nicken auf den fremden Elben, der noch immer nicht das Bewusstsein wieder erlangt hatte. „Was machen wir mit ihm?“

„Ihn mitnehmen“, entschied Dana, ehe die Dämonenpriesterin irgendeine Niedertracht äußern konnte.

„Damit wäre es also entschieden“, sagte Zack. „Oranor, Calina und Falmarin bitten die Duáth um Hilfe, während wir Dana begleiten.“

„Vorher müssen wir Silivren in Sicherheit bringen“, gab Dana zu bedenken. „Sie ist doch noch ein Kind.“

„Ich bringe sie nach Rawena.“

„Würdest du das wirklich tun, Jules?“, hakte Zack nach. „Das wäre toll.“

Zack hatte zweifellos den endgültigen Ton in Jules Stimme überhört und so schüttete dieser den Kopf. „Ich bringe sie nach Rawena, aber ich kehre nicht zurück.“

Zack traute seinen Ohren nicht. „Warum das?“

Jules antwortete nicht gleich, sondern blickte einen Moment lang auf seine Hände hinab. Dank Eravelle waren seine Wunden, die der Dämon verursacht hatte, verschwunden, aber Narben hatte er trotz allem behalten.

„Ich kann das nicht mehr“, brachte er endlich hervor. „Dieser Kampf ist zu groß für mich.“
 

End of Part 50

Lebensspanne

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan.

Part 51 von ?

Warning: bislang keins
 

Vielen Dank für die Kommentare an Richter und Sora_no_Shoni. Wir haben uns sehr gefreut und hoffen, in euch treue Leser gefunden zu haben. ;)
 


 

Dana verstand die Entscheidung ihres Freundes, und doch konnte sie nicht verhindern, dass seine Antwort sie ein wenig enttäuschte. Jedoch schob sie diese Gefühlsregung beiseite und lächelte leicht, ohne zu merken, wie gezwungen es aussah.

„Ja, vielleicht ist das besser so.“

Es war seine eigene, freie Entscheidung und sie hatte nicht das Recht, ihn zum Weitermachen zu bewegen. Ein Leben war bisher schon verloschen in diesem Kampf. Und es würde sicher nicht das Einzige bleiben. Es war normal, dass jemand, der kein Kämpfer war und dem sein Leben etwas bedeutete, nun einen Rückzieher machen würde.

Die Prinzessin schaute sich alle ihre Freunde an, aber bis auf Jules schien keiner aufgeben zu wollen.

Die Stimmung, die ohnehin schon nicht gerade berauschend gewesen war, erreichte nun einen neuen Tiefpunkt. Niemand sagte etwas und schließlich brachen sie schweigend ihr Lager ab und marschierten weiter.
 

Zwei Tage später erreichten sie endlich das vorläufige Ziel – das Dorf, das dem Zerstörten am Nächsten lag und das nun die neue Heimat der Überlebenden werden würde.

Auch dieser Ort schien trostlos zu sein.

Das Land war für Landwirtschaft kaum bis gar nicht mehr geeignet und die Menschen und Elben, die hier lebten, waren unfreundlich und abweisend. Am meisten fiel jedoch auf, dass nur wenig Kinder zu sehen waren.

Der Krieg hatte alles verändert.

Dana fragte sich jedoch, warum der Krieg solch verheerende Ausmaße selbst auf den Boden hatte. Wie konnte er schlecht geworden sein, wenn er vorher überaus fruchtbar gewesen sein musste? Sie konnte sich keinen Reim darauf machen.
 

Die Dorfbewohner, die sie bis hierhin begleitet hatten, verabschiedeten sich von ihnen und gingen nun ihrer Wege. Dana wünschte ihnen viel Glück. Sie hoffte wirklich, dass diese Leute niemals mehr so etwas Schreckliches erleben mussten wie das, was Tage zuvor geschehen war.

„Wir sollten erst mal etwas essen und uns ausruhen“, schlug Eravelle vor. Natürlich machte sie sich bei diesem Vorschlag am meisten um Mellryn Sorgen. Der Marsch hierher war für ihn bereits eine große Anstrengung gewesen.

„Ja, das sollten wir machen“, stimmte auch Dana zu und der Rest der Truppe nickte ebenfalls.

Zack hatte sogar bereits eine kleine Gaststube ausfindig gemacht, wo sie sich ohne zu zögern niederließen. Glücklicherweise hatten sie alle ein wenig Geld bei sich, so dass sie bisher noch nie in Zahlungsschwierigkeiten geraten waren. Aber nun wurde das Geld auch langsam knapp.

Dana und Zack hatten von Sania bisher nie sehr viel Geld als Taschengeld bekommen; auch Eravelle schien nicht gerade reich zu sein und Oranor, Falmarin und Calina sahen auch nicht so aus, als hätten sie viel Geld übrig, ganz zu schweigen von Jules, Lydia und Mellryn.

Einzig Alvar und Estela schienen in der Hinsicht immer flüssig zu sein.

Jules fragte sich schon lange, wo der Elb und die Priesterin so viel Geld herhatten, doch er würde niemals so leichtsinnig sein, die Frau mit den karmesinroten Haaren zu fragen und Alvar gegenüber erschien es ihm zu unhöflich.

Aber zumindest der Elb schien zu wissen, wie es um die finanziellen Belange der anderen stand und lächelte nun ein wenig.

„Bestellt euch, was ihr mögt, ich zahle.“

„Aber das geht doch nicht!“, protestierte Zack, der sich so eine Einladung niemals leisten könnte.

„Doch, doch. Wir sitzen alle im selben Boot, macht euch keine Sorgen!“, meinte Alvar ernst und lächelte aufmunternd.

Lydia musterte ihren Freund von der Seite und stellte fest, dass sie über ihn auch noch nicht so viel wusste. Sie nahm sich aber vor, alles über ihn herauszufinden, was es herauszufinden gab.

„Oh je!“, lachte Dana auf einmal. „Euch beide hat es ja wirklich schwer erwischt.“

Die Prinzessin freute sich für die beiden. Sie fand, dass sie gut zusammen passten.

Sie erntete verlegenes Lächeln der beiden Betroffenen und schallendes Gelächter der anderen.

Doch dann fiel ihr plötzlich etwas ein, worüber sie sich bisher nie Gedanken gemacht hatte.

„Sagt mal“, fragte sie Eravelle leise, damit Alvar und Lydia es nicht hörten, „wir Elben haben doch eine wesentlich längere Lebensspanne als Menschen, nicht wahr?“

Ein Nicken Eravelles ließ Dana Schlimmes befürchten.
 

Selbst als Dana sich die Haare wusch und die Wärme eines Bades genoss, gingen ihr die Gedanken, die sie bereits beim Essen gehabt hatte, nicht mehr aus dem Kopf.

Im Moment mochte es für die beiden Verliebten noch keine Rolle spielen, aber irgendwann würde der Zeitpunkt kommen, wo Alvar noch immer jung aussah, aber Lydia bereits eine alte Frau war.

Die Elbin fand diesen Gedanken ein wenig abschreckend. Sie selbst würde ihren Liebsten, wenn sie denn erst mal einen hatte, nicht als alten Mann verlieren wollen und danach noch eine ganze Weile leben, als wäre nichts geschehen. Natürlich lebten auch Elben nicht ewig, doch waren sie sehr viel langlebiger als normale Menschen.

Sie war so vollends in ihre Gedanken versunken, dass sie nicht einmal bemerkte, wie Lydia hinzukam.

„Woran denkst du?“, fragte die Geschichtenerzählerin und Dana wäre beinahe komplett in der Wanne versunken vor Schreck.

„Oh, äh“, stammelte die Prinzessin, als sie sich wieder gesammelt hatte. „Nichts Wichtiges“, log sie schließlich.

Doch Lydia war eine gute Menschenkennerin. Sie wusste, dass die Elbin etwas bedrückte.

„Du kannst mir alles sagen, Dana“, meinte sie herzlich.

„Aber… es betrifft dich…“, murmelte die Elbin.

„Oh? Dann bin ich jetzt erst recht neugierig!“, grinste Lydia. Erst jetzt fiel Dana auf, dass sie das Falsche gesagt hatte und seufzte. Ihr blieb wohl gar nichts anderes übrig.

„Na schön“, seufzte sie und fühlte sich gar nicht wohl bei der Sache.

Inzwischen hatte sich Lydia zu ihr in die hölzerne Wanne gesetzt und war ganz Ohr.

„Mir ist aufgefallen, dass wir Elben viel länger leben als Menschen“, begann Dana zögerlich und wie erwartet begriff Lydia noch gar nicht, worauf Dana eigentlich hinaus wollte.

„Und?“, fragte die Geschichtenerzählerin und sah Dana mit einem verwirrten Blick an.

„Das bedeutet, dass du viel früher alt werden und sterben wirst als Alvar!“, platzte es nun aus der Prinzessin heraus.

Doch zu ihrer Überraschung lächelte Lydia nur.

„Denkst du, darüber hätte ich mir noch keine Gedanken gemacht?“, fragte sie sanft.

Nun war es an Dana, verwirrt dreinzuschauen und Lydia kicherte.

„Natürlich werde ich eher sterben als Alvar, aber damit muss ich nun mal leben. Deswegen würde ich aber niemals meine Liebe zu ihm aufgeben. Ich möchte immerhin ein langes, erfülltes Leben haben und ich glaube, Alvar sieht das genauso.“

„Aber bedrückt dich dieser Gedanke gar nicht?“, fragte die Elbin.

„Doch, ein bisschen schon, klar. Dennoch ist mir die Zeit mit ihm viel zu kostbar, um sie mit solchen Gedanken zu verschwenden. Liebe kann man nicht steuern. Und noch weniger kann man bestimmen, in wen man sich verliebt. Man kann es nur hinnehmen und genießen, solange es geht.“

Dana staunte, als sie Lydia so reden hörte.

Sie ist sehr weise für ihr Alter, fand sie.
 

Zack und Jules hatten sich derweil mit Silivren beschäftigt, denn immerhin wollte Jules das Mädchen ja nach Rawena bringen und fand, dass er dafür ein bisschen Freundschaft mit ihr schließen sollte.

Sie hatten ein bisschen mit ihr Karten gespielt, bis sie schließlich todmüde eingeschlafen war.

Zack hatte sie in ihr Bett gelegt und sich dann wieder zu Jules gesetzt.

Man konnte ihm richtig ansehen, wie schwer es ihm fiel, von seinem Freund bald Abschied nehmen zu müssen. Immerhin wusste er nicht, ob er ihn jemals wiedersehen würde.

„Dein Entschluss ist unumstößlich?“, fragte er leise und schaffte es nicht mal, Jules dabei anzusehen.

„Ja. Tut mir Leid“, sagte Jules fast ebenso leise und holte dann so tief Luft, als wäre Atmen das Schwerste der Welt.

„Ich kann ohnehin nicht viel ausrichten. Ich bin kein Krieger oder Zauberer und auch sonst stehe ich euch mehr im Weg, als nützlich zu sein.“

Doch er konnte Zack mit diesen Worten nicht täuschen. Der Dunkelblonde hatte schon lange bemerkt, was wirklich in Jules vor sich ging.

„Es ist Eravelle, oder?“, fragte er ohne Umschweife und brachte Jules dazu, sich furchtbar ertappt zu fühlen.

Als Jules nichts dazu sagte, sprach Zack einfach weiter.

„Glaubst du, ich hätte nicht bemerkt, wie du sie ansiehst? Und wie schmerzlich du das Gesicht verziehst, wenn sie sich wieder um Mellryn kümmert? Wenn du immer wieder mit ansehen musst, dass sie nur Augen für ihn hat?“

Zack hatte absolut ins Schwarze getroffen. Das merkte er sofort, als Jules neben ihm nach Luft schnappte und Schwierigkeiten hatte, seine Traurigkeit weiter zu unterdrücken.

Richtige Krokodilstränen rannen bereits über seine Wangen.

„Ich liebe sie, verdammt!“, sagte er, verschluckte dabei die Buchstaben fast. Zum ersten Mal sprach er aus, was er fühlte. Und es tat weh. Sehr weh.

Er war eifersüchtig auf Mellryn, der die ganze Zeit von Eravelle betüdelt wurde und wusste, dass es unfair dem Elben gegenüber war.

Aber Gefühle ließen sich nicht unterdrücken.

Jules gab es nicht gern zu, aber er war das erste Mal richtig verliebt. Und er fand es grausam, die schönste Frau der Welt vor seinen Augen zu haben und sie niemals haben zu können. Ihr niemals sagen zu können, was er für sie empfand. Und gleichzeitig zu sehen, wie sie all ihre Liebe und Zuneigung einem anderen schenkte.

Zack verstand voll und ganz, wie sein Freund sich fühlte.

Er selbst hatte lange gebraucht, um zu bemerken, dass er sich immer mehr zu seiner Ziehschwester hingezogen fühlte. Und er wusste genau, dass er für Dana nie mehr sein würde als ein Bruder.

Und so saßen die beiden jungen Männer nebeneinander, der eine den Tränen nahe, der andere bereits weinend und teilten stumm ihr Leid.
 


 

End of Part 51

Lanion

Author: Bina-chan86

Part 52/?
 


 

„Hast du dir mal überlegt, wie wir die anderen wiederfinden sollen, wenn wir dafür eine Karte benutzen, die keiner mehr lesen kann, Oranor?“

Zack gähnte, als er die Treppe hinunter kam. Das erste, was er in der Gaststube zu sehen bekam, war, wie Calina sich lautstark bei Oranor beschwerte.

„Was ist denn da los?“, erkundigte sich Zack bei Alvar, der ein wenig abseits stand.

„Nun, wie mir scheint, ist den dreien nicht ganz klar, wie sie zu ihren Verbündeten zurückkehren können“, entgegnete der Elb im Flüsterton. „Die einzige Karte, die ihnen den Weg weisen könnte, ist in einer alten Sprache verfasst.“

„Ziemlich ungünstig“, murmelte Zack undeutlich vor sich hin.

Alvar hob eine Augenbraue. „Du scheinst nicht gut geschlafen zu haben.“

Zack winkte ab. „Halb so wild. Ich musste nur über etwas nachdenken.“

„Übernimm dich aber nicht“, entgegnete Alvar mit einem verständnisvollen Nicken.

Zack fiel darauf keine Erwiderung ein und so schaute er sich zur Ablenkung in dem Raum um. Dana saß bereits mit ihrem Bruder in einer Ecke. Beide schienen in ein Gespräch verstrickt. Tawha hatte offenbar wieder das zweifelhafte Vergnügen, von Estela geweckt zu werden. Jedenfalls war die Priesterin nirgendwo zu sehen.

„Keine Sorge“, meinte Alvar, als hätte er Zacks Gedanken erraten. „Eravelle ist bei Estela, damit sie nichts anstellt.“

Eravelle war wohl die letzte Person, über die Zack sprechen wollte nach allem, was er am vorherigen Abend von Jules gehört hatte. Er zögerte einen Augenblick und wechselte dann das Thema. „Und Lydia?“, hakte er nach.

„Die weckt gerade das kleine Mädchen.“

Zack beobachtete fasziniert, wie sich Alvars Lippen zu einem Lächeln verzogen, wenn die Sprache auf Lydia kam.

Beneidenswert, dachte er.

Nur einen Sekundenbruchteil später flog die Tür auf.

„Er ist aufgewacht“, rief Eravelle aufgeregt.

Auch ohne Erklärung war klar, dass sie mit er den fremden Elben meinte.
 

Bei genauerem Hinsehen entpuppte sich der Elb als schlaksiger Junge, der so gar nichts Bedrohliches an sich zu haben schien.

Zu Tode verängstigt hatte er sich in einer Ecke des Zimmers zusammen gekauert. Die Arme hatte er um seine Knie geschlungen und seine eisblauen Augen waren weit aufgerissen.

Kein einziges Wort war über seine Lippen gekommen, seit er erwacht war. Und auch sonst gab es keinen Hinweis darauf, ob noch Teile seiner Persönlichkeit vorhanden waren.

„Ob sich daran noch was ändert?“, seufzte Eravelle, als sie zurückkehrte.

Sie hatte nur Dana und Alvar im Schlepptau, damit sich der Elb nicht noch mehr erschreckte.

Estela hatte Tawha unterdessen in einen anderen Raum verfrachtet – und sich selbst gleich mit.

„Zeigt er auf irgendetwas eine Reaktion?“, erkundigte sich Dana vorsichtig.

Eravelle schüttelte den Kopf. „Bisher nicht.“

„Es ist ein Wunder, dass er überhaupt aufgewacht ist“, bemerkte Alvar. „Von so einem Fall habe ich noch nie gehört.“ Allerdings hatte er auch zuvor noch nie von einem Fall wie Estela gehört, die den Dämon in ihrem Inneren anscheinend mühelos kontrollieren konnte. Möglich war alles.

Plötzlich schaute der Junge mit einem Ruck auf. Sein Blick war in die Leere gerichtet. Stumm bewegten sich seine Lippen.

Überrascht blinzelte Dana. „Was sagt er?“

„Keine Ahnung.“ Ratlos hob Eravelle mit den Schultern.

Selbst Alvar konnte keinen Sinn dahinter erkennen.

Dana stieß ihn schließlich von der Seite an. „Du könntest herausfinden, was mit ihm passiert ist“, sagte sie eindringlich.

Alvar wirkte einen Moment lang verständnislos, bis er schließlich begriff. „Das Zweite Gesicht?“

„Genau das“, bestätigte Dana.

„Aber du könntest genauso…“

„Nein“, wehrte Dana ab. „Das kann ich nicht, Alvar, und das weißt du. Das ist nicht der richtige Augenblick für Experimente.“

Misstrauisch wandte sich Eravelle zu ihnen um. „Was gibt es da nun wieder zu tuscheln?“

„Nun ja, es gäbe da eine Möglichkeit, um mehr über diesen Jungen herauszufinden“, entgegnete Dana zögerlich.

Eravelle blickte die beiden abwechselnd an. „Meinetwegen, dann tut es. Das ist besser, als hier nur herum zu sitzen und Löcher in die Luft zu starren.“
 

Es dauerte noch eine ganze Weile, bis sie bereit waren.

Alvar hielt das für eine gute Demonstration für Dana, doch diese war viel zu ungeduldig und wollte nur wissen, zu welchem Ergebnis Alvar kam.

Derweil hatte Eravelle die höchst fragwürdige Aufgabe erhalten, den jungen Elben abzulenken. Aber womit ablenken? Er zeigte auf nichts eine Reaktion, sondern wiegte sich nur vollkommen verstört hin und her.

Irgendwann richtete sie sich mit einem resignierten Seufzer auf. „Seid ihr so weit?“

Alvar nickte ihr zu. „Ja.“

„Gut, dann gehe ich zu den anderen und lasse euch allein“, erwiderte Eravelle. „Hier kann ich sowieso nichts ausrichten.“ Sie wollte zurück zu Mellryn – so viel war schon mal sicher. Das Schicksal des Jungen ließ sie keineswegs kalt, aber ihre Sorge um jemand anderen war dabei größer.
 

Eravelle hatte keine Ahnung davon, wie viele Gedanken sich Jules in diesem Moment um sie machte.

Er ging in seinem Zimmer auf und ab – unschlüssig, ob er nun zu den anderen gehen sollte oder sich lieber weiter verkroch. Verkriechen schien er in diesem Moment tatsächlich vorzuziehen. Wie sollte er Eravelle auf diese Weise gegenübertreten?

Er wünschte sich wenigstens einen halbwegs normalen Abschied. Allerdings hatte er keine Ahnung, wie er das bewältigen sollte, wo es doch so viel gab, was er ihr gern sagen wollte. Er vermochte es jedoch nicht, auch nur ein einziges dieser Wörter über die Lippen zu bringen.

„Verdammt!“

Jules setzte sich zurück aufs Bett und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. Innerhalb kürzester Zeit war sein Leben komplizierter, aber auch aufregender geworden, als er es je für möglich gehalten hatte.
 

Erschöpft sank Alvar zurück.

Verfolgung. Ein ungewolltes Schicksal. Ein Experiment in der Fremde.

Schatten. Und Flammen. Flammen ohne Hitze, die doch verbrennen konnten.

Gesichter. Einige freundlich, andere nicht. Angst. Freude.

Widersprüchliche Emotionen.

„Ich bin fast noch verwirrter als zuvor“, gab Alvar seufzend zu.

Dana beugte sich neugierig zu ihm hinunter. „Hast du zumindest irgendetwas herausfinden können?“

„Lanion.“

Verständnislos zog Dana die Augenbrauen hoch.

„Das ist sein Name“, erklärte Alvar. „Nach allem, was ich gesehen habe, würde ich sagen, dass er nicht älter als 16 oder 17 sein kann. Wirklich schrecklich.“ Angestrengt kniff er die Augen zusammen. „Man hat ihn mit falschen Versprechungen in die Falle gelockt. Der Dämonenbund war nichts weiter als ein Experiment.“

Besorgnis überschattete Danas Gesichtszüge. „Und es ist offenbar fehlgeschlagen.“ Sie wusste, dass ihre Gegner gefährlich waren, aber niemals hätte sie vermutet, die Azi Dahaka würden einen ihrer eigenen Leute auf solch abscheuliche Weise missbrauchen.

Sie schaute zu dem Jungen hinüber, der fast noch ein Kind war. Inzwischen war er vor Erschöpfung wieder eingeschlafen.

Ist vielleicht besser so, dachte Dana traurig.

Ein solches Erlebnis konnte eine Seele leicht zerstören. Und möglicherweise war es in diesem Fall schon geschehen.

„Dana?“ Alvar holte sie in die Wirklichkeit zurück mit seiner Stimme. „Er… Lanion braucht mehr Hilfe, als wir ihm geben können. Die Chance ist sehr gering und es wäre sicherlich langwierig, um nicht zu sagen…“

Dana unterbrach ihn mit einem Kopfschütteln. „Worauf willst du hinaus?“

Alvar atmete tief durch, als wolle er sich selbst überzeugen. „Wir sollten ihn nicht so einfach aufgeben“, fuhr er fort. „Bringen wir ihn dorthin, wo Hoffnung auf Heilung besteht.“ Heilung war nicht ganz das richtige Wort, aber das erste, was ihm in den Sinn kam.
 

Dana war erstaunt darüber, ihre Gefährten in der Gaststube verhältnismäßig lebhaft vorzufinden.

Falmarin flocht Silivren Zöpfe, während das Mädchen versuchte, dem zu folgen, was Lydia Oranor erklärte.

Die Geschichtenerzählerin tippte auf die Karte. „Diese Worte entstammen einer alten Sprache, die heutzutage niemand mehr spricht. Aber dieser Teil hier…“, sie ließ ihren Finger über das Papier wandern, „… ist eine Chiffre.“

Oranor rieb sich das Kinn an seiner Schulter, wie er es manchmal tat, wenn er nachdachte. „Und kannst du das entschlüsseln?“

„Ich denke schon.“ Grübelnd zog Lydia die Augenbrauen zusammen. „Vorausgesetzt ich finde den Schlüssel.“

Alvar war hinter sie getreten und küsste sie lächelnd aufs Haar. „Darf ich mal fragen, was du da versuchst?“

Beinah schon verlegen, wandte Lydia ihren Blick in seine Richtung. „Wir suchen in gewisser Weise nach dem Sinn dieser Karte.“

„Und wie?“

„Einiges kann ich übersetzen, anderes kann durch Hinweise aufgedeckt werden.“ Lydia biss sich leicht auf die Unterlippe. Es war wohl an der Zeit für eine Erklärung, die sie den anderen und insbesondere Alvar schuldig war.

„Ich habe meinen Lebtag kaum etwas anderes getan, als meine Nase in alte Bücher und Schriften zu stecken. Meine Familie war in der Stadt Ithal, aus der ich stamme, für die Bibliothek zuständig.“

Aufmerksam hörte Alvar ihr zu. Kleine Puzzleteile fügten sich langsam aber sicher zu einem Gesamtbild zusammen. Der Name des Ortes war ihm sogar geläufig und die Bibliothek galt als eine der renommiertesten des Landes. Zweifellos passte eine derartige Herkunft zu ihr. Es war sogar naheliegend gewesen, wenn man bedachte, wie viel Lydia über die Geschichte zu berichten wusste. Nur ein Aspekt passte nicht ganz in die Überlegung hinein: Warum war Lydia von dort fortgegangen?

Er nahm sich vor, sie zu einem geeigneten Zeitpunkt danach zu fragen.

Während sich Lydia also daran machte, auf Oranors Drängen hin die Karte zu entschlüsseln, wanderte die allgemeine Aufmerksamkeit zu dem jungen Elben, der in seiner Kammer schlummerte.

„Was konntet ihr in Erfahrung bringen?“, erkundigte sich Mellryn mit ernstem Blick.

„Nicht viel“, bedauerte Alvar und gab so ausführlich wie möglich das wieder, was er gesehen hatte.

Ungewöhnlich still lauschte die Gruppe diesen Ausführungen.

„Was soll nun mit ihm geschehen?“, fragte Zack schließlich. „Eine Gefahr stellt er ja kaum noch dar.“

Dana schielte aus den Augenwinkeln zu Alvar hinüber, behielt aber dessen Vorschlag vorerst für sich. „Für ihn fällt uns bestimmt noch was ein“, winkte sie ab.
 

Oranor erhob sich und griff nach seinem moosgrünen Umhang, der neben ihm auf der Bank lag.

„Wir brechen auf!“

„Jetzt schon?“, entfuhr es Dana überrascht.

„Wir sollten nicht allzu viel Zeit verstreichen lassen“, bemerkte Falmarin. „Die Zeit ist sowohl unser Verbündeter als auch unser Feind.“

Calina nickte beipflichtend. „Je eher wir zu den Dúath zurückkehren, desto eher sind wir auch bereit zu handeln.“

„Wisst ihr denn nun, wohin ihr müsst?“, hakte Dana nach.

Oranor bejahte. „Es erwies sich als einfacher als gedacht“, lautete seine diplomatische Antwort.

Lydia schmunzelte, ersparte sich aber einen verbalen Kommentar.

Ein Gefühl von Wehmut überkam die Elbenprinzessin, wenn sie daran dachte, wie viele Abschiede ihr noch bevorstehen mochten.
 

Jules‘ Abschied zählte ebenso dazu.

Fatalerweise hatte niemand in dem Durcheinander bemerkt, dass ausgerechnet Eravelle sich aufgemacht hatte, um den jungen Mann zu holen.

Jules stand am Fenster, blickte hinaus, ohne dabei wirklich etwas zu sehen. Seine Gedanken schienen meilenweit entfernt und waren doch so nah. Zunächst hörte er das Klopfen an der Tür gar nicht, bis er letztendlich doch aus seinen Grübeleien hochschreckte.

„Wer ist da?“

„Ich bin es. Eravelle“, kam prompt die Antwort. „Oranor und die anderen wollen sich verabschieden.“

Plötzlich hatte Jules das Gefühl, als würde ihm langsam jemand die Kehle zusammendrücken. Nicht so sehr wegen dem, was Eravelle gesagt hatte, sondern weil sie es war, die vor seiner Tür stand. Diese Situation kam völlig unerwartet und er war überfordert damit.

„Jules?“ Man hörte deutlich die Skepsis in Eravelles Stimme. „Alles in Ordnung da drinnen?“

„Ja, s… sicher.“ Innerlich verfluchte sich Jules selbst dafür, wie unsicher er nun klingen musste.

„Machst du nun die Tür auf oder nicht?“

Nein, hätte die ehrliche Erwiderung lauten müssen, aber Jules nickte, bis ihm einfiel, dass sie dies ja gar nicht sehen konnte. Seine Hände zitterten, als er widerwillig ihrer Bitte nachkam.

„Na, end…“ Eravelle brach ab. Sie war klug genug, um zu erkennen, dass etwas nicht stimmte. „Geht es dir wirklich gut?“

Er sieht aus, als hätte er nicht ein Auge zugetan in der Nacht, dachte sie unwillkürlich.

Jules fasste einen Entschluss, von dem er noch im selben Moment überzeugt war, dass er ihn bereuen würde. „Komm doch kurz rein.“

Eravelle zuckte mit den Schultern und trat dann über die Schwelle. Eher aus Gewohnheit ließ sie ihren Blick schweifen. Das Bett sah nicht unberührt aus, sondern eher so, als hätte sich dort jemand hin und her gewälzt.

Die Elbin wandte sich um und wollte zu einer Frage ansetzen, kam jedoch nicht weit.

Stattdessen spürte sie, wie Jules ihre Schultern berührte und seine Lippen auf die ihren legte.

Noch am Abend zuvor hatte Jules sich geschworen, seine Gefühle nicht preis zu geben, und nun hatte er all seine Vorsätze vergessen, war unfähig, länger zu schweigen.

Vermutlich wäre Eravelle sofort zurückgewichen, aber etwas hielt sie davon ab. Mit Erstaunen spürte sie, wie Jules‘ Tränen ihre Wangen benetzten.

Und endlich begriff sie. Gleichsam erkannte sie in Jules Emotionen das schlimmste Gefühl, das sie sich vorstellen konnte – unerwiderte Liebe.

Jules löste sich von ihr und machte einen Schritt nach hinten. „Es tut mir leid… verzeih mir, bitte.“ Er brachte es nicht fertig, sie dabei anzusehen. Er wollte nicht das sehen, was ihre Augen möglicherweise verrieten. Sie liebte Mellryn, natürlich. Also warum sollte Jules‘ unbedachte Handlung etwas anderes in ihr hervorrufen als Abscheu?

„Es gibt nichts, was ich dir verzeihen müsste“, meinte Eravelle bedächtig. „Zwei Dinge gibt es, die ich dir sagen muss.“

Als Jules spürte, wie sehr sie mit sich haderte, schaute er trotz allem auf.

„Erstens hoffe ich, dass du mir verzeihst und zweitens…“ Eravelle sah ihm in die Augen, soweit er es zuließ. „Danke für deine Zuneigung.“

Sicherlich gab es in so einem Augenblick nicht unbedingt die richtigen, allgemeingültigen Worte und so konnte sie nur ihren Gedanken freien Lauf lassen. Jules zu verletzen hatte zu keinem Zeitpunkt in ihrer Absicht gelegen und doch hatte ihre Fixierung auf Mellryn sie für alles andere blind gemacht. Genau darin lag ihre Schuld und der Grund dafür, dass sie Jules nicht böse sein konnte.

„Du bist gar nicht wütend?“, fragte dieser verwirrt.

„Nein, wie könnte ich denn.“

„Aber ich habe…“

Eravelle hob die Hand. „Was du getan hast, ist mir sehr wohl bewusst, doch dich einfach so zurück zu stoßen, wäre genauso grausam wie Heuchelei. Außerdem mag ich dich sehr, nur…“

„Nicht auf diese Weise“, führte Jules ihren Satz zuende. „Ich weiß – ich wusste es die ganze Zeit über.“

Eravelle hatte so ganz anders reagiert, als er es vermutet hatte und er wusste nicht, ob er nun lachen oder weinen sollte.
 


 

End of Part 52

Seelenwanderung

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 53 von ?

Warning: bislang keins
 


 


 

„Seltsam, wo sind die beiden nur?“, fragte sich Zack, als aufgefallen war, dass Eravelle und Jules weg waren.

Oranor und die beiden Elbinnen wollten nicht länger warten und hatten sich bereits von allen anderen bis auf die beiden Fehlenden verabschiedet.

„Richtet den beiden schöne Grüße aus, ja?“, sagte Falmarin, der es sichtlich schwer fiel, sich zu verabschieden.

Sie alle hatten untereinander tiefe Freundschaften geschlossen und so war es nur verständlich, dass keiner ein fröhliches Gesicht machte.

„Ich wünsche euch viel Glück“, antwortete Dana.

„Wir Euch auch, Prinzessin!“, sagte Calina, die Dana somit als erste von den drei Elben mit diesem Titel anredete. Aber Dana war nicht überrascht, dass die drei wussten, dass sie die Prinzessin war.

Sie winkten noch einmal zum Abschied, dann traten die drei Mitglieder der Dúath mit Tawha im Schlepptau ihren Weg an.
 

Eravelle hatte den Grund, warum sie Jules holen wollte, beinahe vergessen.

Das Gespräch, das die beiden führten, war einfach wichtiger.

„Mir war nie bewusst gewesen, dass du mich magst“, gestand die dunkelhaarige Elbin. „Deine Gefühle ehren mich sehr, Jules. Es tut mir aufrichtig Leid, dass ich sie nicht erwidern kann.“

Jules glaubte ihr.

Er fühlte sich irgendwie erleichtert, jetzt, wo er ihr seine Gefühle gestanden hatte und mit ihr darüber sprach. Und noch mehr war er erleichtert darüber, dass sie nicht böse war, nachdem er sie einfach so geküsst hatte.

Irgendwie wusste er, dass er jetzt mit diesem Thema abschließen konnte.

„Danke, Eravelle“, flüsterte er, während er sich seine Tränen aus dem Gesicht wischte.

„Ich werde schon irgendwie drüber hinwegkommen.“

„Ganz bestimmt“, nickte Eravelle.

„Und ich bin überzeugt davon, dass du irgendwann ein Mädchen treffen wirst, das deine Liebe erwidert.“

Die Elbin sah Jules aufmunternd lächelnd an, während dieser nur ein leichtes Nicken zustande brachte.

Er musste daran denken, wie er Eravelle kennen gelernt hatte und wie er immer mehr bemerkt hatte, dass sie gar nicht so kühl und distanziert, sondern eigentlich sehr liebevoll und freundlich war.

„Danke, dass du es mir gestanden hast“, sagte sie jetzt leise.

Sie war überzeugt davon, dass auf diese Weise eine ganz andere Art der Freundschaft entstehen konnte.

Jules wusste nicht, was er darauf erwidern sollte und schwieg daher.

„Oh!“, fiel es ihr dann siedend heiß ein, „die anderen wollten doch los!“
 

Als Jules und Eravelle schließlich in die Gaststube kamen, mussten sie feststellen, dass die drei Elben bereits gegangen waren.

„Wir sollen euch schöne Grüße ausrichten“, sagte Zack, als er die beiden bemerkte.

Im ersten Moment wusste Danas Ziehbruder gar nicht so recht, was an Jules anders war, bis ihm auffiel, dass er ja mit Eravelle zusammengewesen sein musste.

Ob sie sich ausgesprochen haben?, fragte er sich, verzichtete jedoch darauf, zu fragen.

Er würde es schon noch früher oder später erfahren.
 

Dana hatte sich derweil wieder zu Lanion begeben. Der Junge hatte seit Tagen weder getrunken noch gegessen und sie wusste, wie wichtig es war, dass er das nachholte.

Sie setzte sich zu ihm und wartete, bis er erwachte.

Im ersten Moment reagierte er genauso, wie schon zuvor – ängstlich und verstört. Doch Dana setzte ihr freundlichstes Lächeln auf und sprach mit sanfter Stimme.

„Keine Angst, Lanion. Ich tue dir nichts.“

Sie hielt ihm den Becher mit Wasser entgegen, den sie mitgebracht hatte, doch der Junge machte keine Anstalten, ihn zu nehmen.

„Du musst etwas trinken. Bitte,“ bat sie, doch Lanion reagierte überhaupt nicht auf sie.

Was kann ich nur tun?, fragte sie sich schon fast verzweifelt, nachdem auch weitere Versuche, ihn zum Trinken aufzufordern, scheiterten.

„Verstehst du mich eigentlich?“, fragte sie ihn, doch wieder bekam sie keine Antwort, keine Reaktion.

„Inye na Dana!“, sagte sie nun auf elbisch, in der Hoffnung, dass er diese Sprache verstand. Doch wieder rührte sich Lanion gar nicht.

„Wie weit mag deine Seele beschädigt sein, hm?“, fragte sie sich eher selbst, als ihr einfiel, worüber sie mit Mellryn zuvor gesprochen hatte. Er hatte gesagt, dass die höhere Magie, die nur der Königsfamilie und höchsten Priestern gelehrt wurde, zwar sehr schwierig auszuführen sei, aber er überzeugt davon ist, dass sie sie recht schnell würde meistern können.

Und vor allem hatte er gesagt, dass ihre Magie vermutlich so mächtig war, dass ein einzelner magischer Wunsch schon reichen könnte, Berge zu versetzen. Natürlich hatte er das nur sinnbildlich gemeint, aber Dana vermutete, dass es bei ihr nicht auf den Spruch ankam, den sie sagen musste, sondern der Wunsch, etwas Bestimmtes zu schaffen, schon reichen könnte, um ihrer Magie den richtigen Anstoß zu geben.

Die Prinzessin blickte wieder auf zu dem Jungen und hatte ihren Entschluss gefasst.

Sie wusste, dass es riskant sein könnte, und doch wollte sie dieses Risiko eingehen, um die Seele dieses Kindes zu retten.

Selbstverständlich hatte sie Zweifel.

Würde ihr ‚Gesicht‘ das tun, was sie von ihm wollte? Und würden ihre magischen Fähigkeiten überhaupt für ein solches Unterfangen reichen?

Dana atmete schwer ein und aus, bevor sie diese Zweifel energisch zur Seite drängte und einfach das tat, von dem sie glaubte, es könnte funktionieren.

Ich werde es schaffen!, sagte sie sich selbst, als sie – Lanion anlächelnd – einfach seine Hände nahm.

Die Hände waren eiskalt und verkrampft, aber die Elbin würde sich davon von ihrem Vorhaben nicht abbringen lassen.

Zu ihrem Glück ließ Lanion es auch geschehen, ohne sich zu wehren.

Sie schloss ihre Augen, konzentrierte sich auf ihre Magie und versuchte, diese mit ihrem ‚zweiten Gesicht‘ zu verbinden.

Mit den elbischen Worten „Tadui Thîr“ rief sie es zu sich und die Verbindung gelang ihr.

Ohne es zu merken holte sie tief Luft, denn die Verbindung war nur schwer herzustellen und noch schwieriger beizubehalten.

Mühsam legte sie ihre Stirn an die des Jungen und machte sich dazu bereit, ihren Geist in seine Seele zu schicken.

„Inye nallo le faer i Lanion!“, sagte Dana mit fester Stimme.

Und auf einmal war alles schwarz.
 

Sowohl Alvar als auch Eravelle, Mellryn und Estela zuckten zusammen, als sie eine fremde und doch vertraute magische Präsenz spürten.

Alvar hatte sich gerade mit Lydia unterhalten, Estela war gerade beim Baden gewesen, während Eravelle sich um Mellryns Wunden gekümmert hatte, die langsam heilten.

„Was ist das?“, fragte sich Eravelle ein wenig erschrocken.

Mellryn wusste es bereits. „Das ist die Magie meiner Schwester!“

Die beiden tauschten einen vielsagenden Blick und standen zeitgleich auf, um nach Dana zu sehen.

Unterwegs trafen sie schließlich auch auf Alvar und Estela.

„Ihr habt es also auch gespürt?“, fragte Eravelle.

„Ja. Ich frage mich, was zum Teufel Dana da für eine Magie heraufbeschworen hat!“, entgegnete Alvar, der ein wenig entsetzt aussah.

„Das frage ich mich auch“, stimmte Estela zu. „Diese Magie fühlt sich ganz anders an als zuvor in Morn Gondram.“

Niemand fragte, wo Dana sein mochte. Sie wussten es.

Als Alvar die Tür zu dem Zimmer öffnete, wo sie den jungen Elben gelassen hatten, wurde die magische Energie Danas noch deutlich spürbarer.

„Oh nein!“, rief Mellryn, als er schließlich erkannte, was seine Schwester da tat. „Sie wird doch nicht…?“

Eravelle sah ihn fragend an, doch er achtete nicht auf sie, sondern ging auf seine Schwester zu, die noch immer mit ihrer Stirn die des Jungen berührte und die Augen geschlossen hatte.

Der Elb wusste sofort, dass sie nicht ansprechbar war. Ihr ganzer Körper wirkte seltsam verlassen.

„Was ist mit ihr?“, fragte nun Alvar, der den Zauber nicht erkannte.

Mellryn drehte sich um und sein Blick war sehr ernst.

„Sie hat ihren Geist mit seinem verbunden. Und ich habe keine Ahnung, ob sie weiß, wie sie da wieder rauskommt.“
 


 

End of Part 53

Eifersucht

Author: Bina-chan86

Part 54
 


 

Dana fühlte sich, als wäre sie in tiefem Wasser versunken – nur mit dem Unterschied, dass sie atmen konnte. Furcht und Hoffnung füllten ihr Herz und schließlich gelang es ihr, etwas wahrzunehmen. Es dauerte einen Moment, bis sie erkannte, wo sie war.

Sicher, es war immer noch Lanions Seele, aber was sie hier vorfand, war augenscheinlich eine Grabstätte. An eben jenem Ort sah sie den jungen Elben stehen.

Das muss eine seiner Erinnerungen sein, kam es Dana in den Sinn.

Lanion wirkte noch wesentlich jünger und Tränen rannen über seine blassen Wangen, während er den Blick gesenkt hielt.

Dana musste blinzeln. Sie erkannte alles nur, als wäre es hinter milchig weißem Glas verborgen.

Dann erschien eine weitere Person. Man konnte zunächst nur die Umrisse der großen Gestalt erkennen. Langes, schneeweißes Haar wehte im Wind. Und dann wandte die Gestalt ihr Gesicht endlich dem schwachen Lichtschein zu.

Obwohl Dana ihn noch nie gesehen hatte, wusste sie aus irgendeinem Grund, wen sie vor sich hatte: Haryon, den Mörder ihrer Eltern.

Die Elbenprinzessin ballte ihre Hände zu Fäusten und wollte einen Schritt nach vorn machen, doch eine schwarze Wand, die aus dem Nichts vor ihr auftauchte, machte ihr einen Strich durch die Rechnung.

Sie atmete tief durch. Widerwillig musste sie einsehen, dass dies nur eine Vision war und man die Vergangenheit nicht ändern konnte. Es blieb ihr nichts anderes übrig als zuzusehen, was wohl als nächstes geschah.

Der Vorhang verschwand. Dieses Mal befand sich Dana im Inneren eines Gebäudes – einer Festung, wie es schien. Sie vermutete, dass es sich dabei um Morn Gondram handelte. Das unheilverkündende Gemäuer kam ihr bekannt vor.

Allerdings war der Raum, in dem sie stand größer als alles, was sie bisher auf der Burg gesehen hatte. Die beträchtliche Größe des Zimmers mündete zu ihrer Rechten in drei Gänge, die nahezu im Dunkeln lagen. Im Saal selbst hingen Fackeln an den Wänden, die jedoch zu schwach waren, um alles zu erhellen.

Dana fröstelte, bis ihr aus einem verborgenen Winkel des Raumes Hitze entgegenschlug. Von ihrer Neugier gelenkt lief sie weiter.

Wieder war es Haryon, den sie sah. An seiner Seite stand ein alter, leicht gebeugter Elb, dessen Gestalt etwas stämmiger war als üblich. Hinter den beiden standen weitere Angehörige ihrer Rasse, deren Gesichter nahezu unbewegt waren.

Aller Blicke gingen in die selbe Richtung.

Dana folgte diesem Beispiel, wünschte sich aber schnell, es nicht getan zu haben.

Die Quelle der Hitze war ein Dämon. Ein Wesen mit grotesken Formen, dessen Augen – oder zumindest das, was Dana dafür hielt – bedrohlich loderten.

Sie schluckte. Wie konnten die Azi Dahaka nur glauben, sie wären in der Lage, ein solches Geschöpf unter ihre Kontrolle zu bringen?

Zwei weitere Elben führten Lanion hinein, der sich nach Leibeskräften wehrte und um Erbarmen flehte. Verzweifelt brach das Gebilde des Schicksals über ihm zusammen.

Hilflos musste Dana mit ansehen, wie sich der Dämon auf den Jungen stürzte.

„NEIN!“

Danas Stimme verhallte ungehört in der Finsternis.

Für einen Augenblick lang setzte ihre Wahrnehmung aus, aber dann konnte sie Lanion sehen. Um sie herum befand sich nur das buchstäbliche Nichts.

Zum ersten mal – wenn auch nur im Traum – blickte der Junge sie direkt an.

„Es ist zu spät“, sagte er monoton.

Verbissen schüttelte Dana den Kopf. „Es ist niemals zu spät.“

„Doch“, widersprach Lanion. „Du wirst es erleben.“

„Ich kann es schaffen“, stieß Dana in ihrer Verzweiflung hervor und breitete dabei impulsiv die Arme aus. „Ich weiß, ich bin nicht perfekt und ich habe viele Schwächen, aber ich kann es schaffen! Bitte, lass mich dir helfen. Ich finde einen Weg, denn ich bin nicht allein. Vertrau mir!“

Lange sah der junge Elb sie wortlos an. Letztendlich wandte er sich ab. „Ich vertraue dir!“

Dann umfing die Dunkelheit Dana erneut.
 

„Wach endlich auf, du verdammte Närrin!“

Von ganz weit weg hörte Dana eine bekannte Stimme und urplötzlich war alles hell. Sie blinzelte überrascht.

Eravelle hockte vor ihr und kniff ihr mit beiden Händen in die Wangen. „Du dusselige Kuh!“, schimpfte die Dunkelhaarige. „Wie kannst du es wagen, uns so einen Schrecken einzujagen? Tu das ja nie – niemals – wieder!“

Noch immer ein wenig orientierungslos schaute Dana sich um. Nacheinander erkannte sie auch Alvar, Mellryn und Estela um sich herum.

„Was ist mit mir passiert?“

„Seelenwanderung“, erklärte Mellryn. Er war zwar nicht halb so emotional wie Eravelle, wirkte aber trotzdem ebenso erleichtert.

Alvar atmete ebenfalls auf. „Was du getan hast, war ziemlich gefährlich.“

„Die Seelenwanderung gehört zu dem schwersten Zaubern. Nur den Mächtigsten unter uns ist diese Magie vorbehalten“, fuhr Mellryn fort. „Du bist in die Seele dieses Jungen eingedrungen.“

Estela zupfte an dem Handtuch herum, das gerade mal das Nötigste ihres Körpers bedeckte. Dabei machte sie eine ungeduldige Handbewegung. „Wenn man dabei nicht vorsichtig ist, dann kann die Seele durch das gewaltsame Eindringen zerstört werden.“

Danas Herz zog sich schmerzvoll zusammen, als sie das hörte. „Der Junge! Ist er…?“

Mellryn schenkte ihr ein beruhigendes Lächeln. „Nein, keine Angst. Ihm ist nichts geschehen. Er ist sogar wach.“ Demonstrativ deutete er mit dem Kinn auf Lanion.

Dieser saß schweigend auf dem Bett und sah zu ihnen hinüber – mit einem Blick, der unmöglich zu deuten war.

Erleichterung umhüllte Dana wie warmes Sonnenlicht im Frühling. „Erkennst du mich wieder?“

Lanion zögerte, nickte dann aber tatsächlich.

„Ich bin Dana.“

Erneut folgte nur ein Nicken zum Zeichen, dass er sich auch daran erinnerte.

„Wie fühlst du dich?“, fragte Dana weiter nach.

Lanion öffnete den Mund, schloss ihn aber gleich wieder und schüttelte kaum merklich den Kopf.

Dana begriff nicht sofort und so berührte Mellryn sie leicht an der Schulter. „Es scheint als wäre er stumm.“

„Das ist…“ Dana brach ab. Sie wusste, dass der Junge nicht immer so gewesen war. Sie hatte es mit eigenen Ohren gehört. Traurig fragte sie sich, ob dies wohl der Preis war, den er zu zahlen hatte.
 

Der Rest des Tages verlief vergleichsmäßig ruhig, wenn man mal davon absah, dass sich Zack furchtbar aufregte, als er endlich erfuhr, was geschehen war und dass man es vor ihm geheim gehalten hatte, bis alles vorüber war.

Nur mit Mühe – unter Aufbringen all ihrer diplomatischen Fähigkeiten – gelang es Dana, ihren Ziehbruder zu beruhigen.

Lydia und Jules tauschten Blicke miteinander aus, blieben aber wesentlich gelassener und waren froh, dass die Sache glimpflich ausgegangen war.

Silivren verstand nichts von dem, was gesagt wurde und sie stellte auch keine Fragen.
 

Am darauf folgenden Morgen war es dann so weit. Die endgültige Trennung stand bevor.

Jules würde wie abgemacht mit der kleinen Halbelbin nach Rawena zurückkehren. Das Herz war ihm schwer dabei, aber er wusste, dass es die richtige Entscheidung war. Als einfacher Bauernsohn war er seinen Freunden im Kampf keine große Hilfe und die Distanz zu Eravelle würde ihm guttun.

Dennoch fiel es ihm besonders schwer, sich von eben jener zu verabschieden. Mühsam konnte er die Tränen unterdrücken, die erneut drohten, ihm in die Augen zu steigen.

Nacheinander verabschiedete Jules sich von seinen Gefährten und als schließlich Eravelle an die Reihe kam, wusste er nicht so recht, wohin er mit seinen Händen sollte.

Die Elbin nahm ihm die Entscheidung ab und umarmte ihn herzlich.

Prompt lief Jules rot an.

„Ich hoffe, dass wir uns irgendwann wiedersehen!“, beteuerte Eravelle. Das Letzte, was sie sagte, war nur für ihn bestimmt. „Mellon“, flüsterte sie ihm ins Ohr – das elbische Wort für Freund.

Silivren schien ihrerseits kaum von Dana ablassen zu wollen. Dicke Tränen kullerten ihr dabei über die Wangen. „Ich will nicht von dir weg, Engel“, schluchzte sie.

Dana beugte sich zu ihr hinab und lächelte nachsichtig. „Aber du magst doch Jules, nicht wahr?“

Silivren schniefte und nickte dann langsam.

„Na, siehst du“, erwiderte Dana sanft. „Es gibt keinen Grund, traurig zu sein. Wir sehen uns bestimmt schneller wieder, als du glaubst. Bald werden wir wieder zusammen sein.“

„Versprochen?“ Silivren hielt ihr den kleinen Finger hin.

Dana hakte ein und schmunzelte. „Ja, versprochen!“
 

Keine halbe Stunde später machte sich auch der Rest der Gruppe für den Aufbruch bereit.

„Die aufregenden Tage wollen offenbar kein Ende nehmen“, bemerkte Lydia, während sie ein Hemd zusammenlegte und dies in ihrer Tasche verstaute.

„Damit hast du nicht ganz unrecht“, pflichtete Alvar ihr bei. „Dennoch glaube ich, dass irgendwann auch wieder ruhigere Zeiten folgen. Bis dahin müssen wir geduldig sein.“

Dass die beiden sich das Zimmer teilten, wurde mittlerweile zu einer lieb gewonnenen Gewohnheit.

Alvar war hinter die Geschichtenerzählerin getreten und hatte ihr seinem Arm um die Hüfte gelegt – eine Geste der Vertrautheit.

„Darf ich dich mal was fragen?“

„Nur zu“, gab Lydia zur Antwort.

„Du hast mal gesagt, du wärst lieber in einer anderen Stadt geboren“, begann Alvar. „Findest du Ithal so schrecklich?“

„Nein, so habe ich es nicht gemeint“, entgegnete Lydia. „Es ist nur so…“ Sie hielt kurz inne und suchte nach den richtigen Worten. „Alles ist so riesig. Der Einzelne geht unter in der Masse. Mein Leben ist an mir vorüber gezogen, als hätte ich gar keinen Einfluss darauf. Ein Tag glich dem anderen und ich habe immer nur versucht den Ansprüchen meiner Familie zu genügen.“

Verwundert fuhr sich Alvar mit den Fingern durch die Haare. „Ihnen zu genügen?“

Lydia antwortete nun äußerst bedacht. „Alle Mitglieder meiner Familie hatten ihren festen Platz. Du weißt vielleicht, dass Chiron kein Name, sondern vielmehr ein Titel ist. Chiron, in Ithal bezeichnet es diejenigen, denen die Verantwortung über die Bibliothek und somit über das geheime Wissen unseres Landes und unserer Kultur obliegt. Seit nun gut 300 Jahren ist dieser Titel fest mit meinen Ahnen verwoben. Er geht von Vater zu Sohn oder von Vater zu Schwiegersohn über.“ Die Kleidung, die vor ihr gestapelt war, strich sie nun zum inzwischen dritten Mal glatt. „Ich habe zwei ältere Brüder. Es ist vorausbestimmt, dass der Ältere von beiden Vaters Nachfolge antritt. Ich habe dieselbe Ausbildung genossen wie sie und doch habe ich niemals die Chance, ihnen ebenbürtig zu sein. Ich konnte mich noch so sehr anstrengen, aber zu keinem Zeitpunkt war jemand stolz auf mich. Andere, fremde Leute haben mich mit Respekt behandelt, aber auch das nur, weil ich diesen Namen trage.“

Alvar hörte ihr zu, ohne sie zu unterbrechen. Er ahnte bereits, was sie dazu veranlasst hatte, ihre Heimat so mutterseelenallein zu verlassen.

„Ich frage mich, ob jemals so etwas wie Wärme zwischen mir und meiner Familie geherrscht hat“, meinte Lydia mühsam beherrscht. „Gewiss gab es selten Streit zwischen uns, dafür hat meine Mutter schon gesorgt, doch möglicherweise wäre Zank nicht einmal das Schlechteste gewesen.“ Gedankenverloren schaute sie auf ihre Hände hinab. „Alle fügten sich in ihre Bestimmung, aber mir war niemals eine Rolle zugedacht gewesen, die ich akzeptieren konnte. Vom Leben habe ich mir mehr erhofft, denn als Zierde für die Meinigen herzuhalten. Das kann einfach nicht alles gewesen sein.“

Alvar schloss sie in seine Arme und küsste ihre Stirn. „Ich hege den größten Respekt für das, was du bist und was du getan hast“, flüsterte er. „Es ist noch nicht zu spät, auch deiner Verwandtschaft die Augen für das Großartige zu öffnen, das du geleistet hast. Ich liebe dich mit all den Eigenschaften, die zur dir gehören.“

Lydia atmete tief durch. Alvar roch noch immer so, wie zu dem Zeitpunkt, als sie ihn kennen gelernt hatte – nach Frühling. Bei ihm hatte sie die Wärme gefunden, nach der sie immer gesucht hatte.
 

Eravelle fiel erst auf, dass Mellryn sich ihr gegenüber äußerst schweigsam und distanziert verhielt, als sie die Treppe zu ihrer gemeinsamen Kammer hinaufstiegen.

„Stimmt etwas nicht?“, erkundigte sie sich.

Mellryn gab einen abwehrenden Laut von sich und öffnete die Tür.

Für eine Sekunde lang hielt Eravelle verwirrt in ihrer Bewegung inne, ehe sie ihm hinein folgte. Ein solches Verhalten passte gar nicht zu ihm.

Mellryn sammelte geschäftig irgendwelche Gegestände zusammen, obgleich er sich eigentlich hätte schonen müssen.

Eravelle seufzte. „Würdest du mir bitte verraten, was in dich gefahren ist?“

„Es ist nichts“, knurrte Mellryn kurz angebunden.

Eravelle traute ihren Ohren kaum. Mellryn war immer sanft und freundlich zu ihr gewesen. Derart zickig hatte er sich ihr gegenüber hingegen noch nie verhalten. Bevor sie weitere Fragen stellen konnte, brachte Mellryn den Grund selbst zur Sprache.

„Du scheinst dich mit diesem Menschen ja außerordentlich gut zu verstehen.“

„Äh… mit Jules?“

„Ja.“

Eravelle zuckte leicht mit den Schultern. „Ich mag ihn. Wir sind Freunde geworden auf der Reise.“

Mellryn drehte sich so abrupt zu ihr um, dass sie zurück stolperte bis sie die Wand in ihrem Rücken spürte.

„Ich bin doch nicht blind, Era“, sagte Mellryn aufgebracht. „Was ist geschehen, als ihr allein wart? Lüge mich nicht an! Ich habe sehr wohl bemerkt, wie er dich die ganze Zeit über angesehen hat.“

Aus lauter Verwirrung fiel Eravelle darauf keine passende Erwiderung ein. Ihre Gedanken überschlugen sich beinahe. War er etwa eifersüchtig?

Ärgerlich winkte Mellryn ab und schließlich holte Eravelle tief Luft.

„Du machst mir Vorwürfe?“, brachte sie hervor. „Du willst also die Wahrheit wissen? Na schön, er hat mich geküsst. Ich erwidere seine Gefühle nicht, aber es wird ja wohl kaum verboten sein, dass wir uns aussprechen. Wenigstens das war ich ihm schuldig.“

„Schuldig?“ Mellryn schnappte empört nach Luft. „Er küsst dich und du glaubst, du wärst ihm etwas schuldig?“

„Meine Unachtsamkeit hat ihm Trauer verursacht. Mein Herz müsste aus Stein sein, wenn mich das kalt lassen würde.“ Mit dem Handrücken wischte sie sich die Tränen weg, die sie auf ihren Wangen spürte. „Im Übrigen verstehe ich nicht, warum du sauer auf mich bist. Ich habe dir nie Anlass dazu gegeben, mir zu misstrauen. Ich war dir immer treu, aber was tust du? Seit wir uns wiedergefunden haben, hast du mich nicht ein einziges Mal geküsst. Ich liebe dich! Ich liebe dich von ganzem Herzen, aber manchmal fürchte ich, das alles wäre dir zuwider.“
 

End of Part 54

Ein Schatten seiner selbst

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan86.

Part 55 von ?

Warning: bislang keins
 


 

Für einen Moment war Stille.

Eravelle starrte Mellryn an und wartete schon bald auf eine Antwort seinerseits.

Der Elb hatte seinen Blick auf den Boden gerichtet und schien noch immer wütend zu sein, doch die ärgste Wut war bereits verraucht. Natürlich hatte er gewusst, dass Eravelle ihn liebte und er erwiderte diese Liebe auch.

Aber inzwischen kam er sich vor, als wäre er für sie nicht mehr gut genug. Er war nur noch ein Schatten seiner selbst, nicht mehr der, der er einmal war. Sein verlorenes Auge und die auch sonst schlechte körperliche Verfassung erinnerte ihn jeden Tag aufs Neue daran. So war er doch kein guter Mann für diese hübsche Frau!

Doch traute er sich nicht, ihr genau das zu sagen.

Und als er sie nun mit Jules gesehen hatte, hatte er schon befürchtet, Eravelle zu verlieren. Es war unerträglich gewesen, zu sehen, wie sie sich von ihm verabschiedet hatte.

Seufzend setzte Mellryn sich aufs Bett und schwieg noch immer. Was sollte er auch schon zu ihr sagen?

Eravelle dagegen konnte ihre Tränen nicht länger zurückhalten. Sie liebte Mellryn so sehr und nun war er nicht einmal in der Lage, ihr zu sagen, ob er noch immer genauso fühlte.

Einst waren sie beide ein Liebespaar gewesen und sie wollte ihre Liebe zu ihm niemals aufgeben. Aber warum sagte er ihr nicht, dass er sie auch liebte? Warum küsste er sie nicht? Mochte er sie inzwischen nicht mehr? Oder liebte er jemand anderen?

Die Stille war sehr angespannt, die Luft in dem Raum sehr dick.

„Warum sagst du nichts?“, fragte Eravelle schließlich leise, von den Tränen beinahe erstickt.

„Era…“, begann Mellryn, mindestens ebenso leise.

Sie horchte auf und blickte ihn wartend an.

„Natürlich liebe ich dich“, fuhr er fort, „aber ich kann dir doch gar nichts mehr bieten.“

Eravelle glaubte fast, sie hätte sich verhört. „Darauf kommt es doch gar nicht an!“, rief sie, bevor sie auf ihn zuging und vor ihm in die Hocke ging, um ihn besser ansehen zu können. Doch Mellryn wich ihrem Blick aus.

„Sieh mich doch an! Ich bin nur noch ein Krüppel!“

„Und aus dem Grund soll ich dich nicht mehr lieben?“

Eravelle konnte nicht fassen, was sie da hörte. Glaubte Mellryn wirklich, er müsste ihr ein perfekter Mann sein? Sie konnte nicht anders – sie holte einmal aus und ohrfeigte ihn. Völlig erschrocken rieb sich Mellryn die schmerzende Wange und starrte sie an.

„Du Narr!“, fauchte Eravelle, halb wütend, halb verzweifelt. „Nur, weil du nicht mehr der Alte bist, liebe ich dich doch nicht weniger als zuvor! Du bist immer noch MEIN Mellryn. Und verdammt noch mal, ich will dich und keinen anderen Mann!“

Der Elbenprinz konnte nicht anders – er lächelte. Die Zweifel, die er gehegt hatte, schob er einfach beiseite und tat nun das, worauf seine Eravelle schon so lange hatte warten müssen – er küsste sie.
 

Eine Stunde später standen sie alle abmarschbereit vor dem Gasthaus.

„Sagt mal“, fiel nun Zack ein, „wohin marschieren wir überhaupt?“

Seine Fragte sorgte dafür, dass sie sich alle erst einmal ratlos ansahen. Keiner von ihnen schien überhaupt ein bestimmtes Ziel gehabt zu haben. Ihr Ziel war immer nur gewesen, Mellryn zu befreien. Und nun wollten sie aus diesem düsteren Land, das einmal ein mächtiges Königreich gewesen war, einfach nur noch heraus.

„Wie wär’s, wenn wir zurück nach Cardun gehen würden? Mein Haus ist groß genug für uns alle“, schlug Alvar schließlich vor.

„Eine gute Idee“, fand auch Dana. Sie wollte ja ohnehin bei Alvar lernen. Warum dann nicht in sein Haus ziehen?

Auch sonst schien niemand Einwände zu haben – wer würde auch schon der Prinzessin widersprechen? Selbst Estela, die schon sehr mächtig war, hatte ihren Respekt vor Dana.

„Wie lange brauchen wir wohl von hier nach Cardun?“, überlegte Lydia.

„Gute Frage. Ich schätze, ungefähr zwei Wochen?“, antwortete Alvar.

„Aber was machen wir mit Lanion?“, fragte nun Eravelle, die sich Sorgen um den Jungen machte. Zwar hatte Dana seine Seele vorerst gesichert und ihn zurück ins aktive Leben geholt, doch war er noch nicht ganz über den Damm.

„Soweit ich weiß, gibt es in der Nachbarstadt eine gute Heilerin“, überlegte nun Mellryn.

„Ja“, stimmte Alvar zu. „in Sarna gibt es ein Sanatorium.“

„Gut, dann sollten wir dorthin gehen“, meinte Eravelle.

„Warum eigentlich gehen?“, fragte nun Lydia, die des Marschierens langsam überdrüssig wurde.

„Wir könnten uns auch einen Wagen nehmen, wenn wir Geld hätten“, seufzte Dana.

Nun hüstelte Alvar.

„Kein Problem, ich besorg da was.“

Und mit diesen Worten war er auch schon verschwunden.
 

Als er eine halbe Stunde später wiederkam, hatte er tatsächlich einen Heuwagen und dazu zwei Pferde sowie etwas Hafer erstanden.

„Wo nimmst du nur all das Geld her?“, fragte Dana beinahe zweifelnd. Doch der Elb winkte nur ab und gab damit zu erkennen, dass er das nicht verraten würde. Noch nicht.

„Kannst du das Ding überhaupt lenken?“, fragte Estela zweifelnd.

„Naja, nicht gut. Aber das ist nichts, was ich nicht lernen könnte“, gab Alvar zu.

Aber nun grinste Zack. „Lass mich das machen.“

Zack hatte oft genug einen Wagen lenken dürfen. Und er freute sich schon darauf, nun mal ein bisschen was von seinen Fähigkeiten unter Beweis stellen zu können.

„Wie wollen wir denn damit überhaupt bis nach Cardun kommen?“, fragte sich stattdessen Lydia. „Cardun liegt doch in den Bergen.“

„Keine Sorge“, beschwichtigte Alvar sie. „Es gibt nicht nur einen Weg dorthin. Wir müssen so zwar einen kleinen Umweg machen, aber mit dem Wagen sind wir ja auch viel schneller als zu Fuß.“

„Auch durch Schnee?“, zweifelte Lydia weiter.

„Im Flachland schon. Und wenn mich mein Gefühl nicht täuscht, dürfte es bald den ersten Frühlingsschwung geben.“

„Woher willst du das wissen?“, fragte die Geschichtenerzählerin skeptisch, doch ein Blick Alvars reichte aus, um sie grinsen zu lassen. „Dein ‚Gesicht‘, hm?“

Sie erntete ein Nicken.
 

Die übriggebliebene Truppe kam dank des Pferdewagens tatsächlich ziemlich gut voran.

„Wenn wir in dem Tempo weiter vorwärts kommen, brauchen wir keine zwei Wochen bis Cardun“, überlegte Alvar gut gelaunt.

Bisher hatten sie gutes Wetter gehabt und der Schnee begann langsam zu schmelzen.

„Der Frühling ist wirklich nicht mehr fern“, freute sich Eravelle. Sie hasste diese Kälte eigentlich. Sie war ein Kind des Sommers und hätte durchaus nichts dagegen, wenn es keinen Winter geben würde.

Ruhig streichelte sie über den Kopf Lanions, der zwischen ihr und Dana saß. Mellryn wollte zwar auch gerne etwas von den Streicheleinheiten abhaben, hielt es aber für besser, das nicht zu sagen, wo der letzte Streit doch gar nicht lang her war.

Statt dessen zuckte er auf einmal kurz zusammen.

„Was ist?“, fragte Eravelle, der das nicht entgangen war.

Der Elb seufzte, als er die Antwort gab. „Wir werden verfolgt.“

„Immer noch?“, fragte Dana beinahe entsetzt.

„Ja. Offensichtlich lässt Haryon uns doch nicht einfach so davonkommen. Während unserer Pausen konnten die Azi Dahaka sicher gut aufholen.“

Sein Blick fiel auf Lanion, der ja auch schon von dem falschen König ausgesandt worden war.

„Eine Gruppe unserer Größe dürfte nicht gerade schwer verfolgbar sein“, überlegte Estela.

„Richtig“, nickte Mellryn. „Hoffen wir, dass Garim, Jules und Silivren und die drei Dúaths verschont bleiben.“
 


 

End of Part 55

Nanden

Author: Bina-chan86

Part 56
 


 

„Etwas macht mir Sorgen“, murmelte Mellryn. Für einen Moment lang strich er sich gedankenverloren mit den Fingerspitzen übers Kinn, ehe er schließlich aufblickte. „Wer auch immer uns dort verfolgt, es ist nur einer.“

Überrascht zog Zack die Augenbrauen hoch. „Aber das ist doch gut, oder nicht? Das bedeutet, wir sind in der Überzahl.“

„Das schon“, räumte Mellryn ein. „Doch diese merkwürdige Energie, die in der Luft liegt…“ Er brauchten einen Moment lang, um sich zu sammeln. „Dieser Verfolger ist stärker als alle bisherigen.“

„Dann wird es also schon wieder gefährlich“, meinte Eravelle sorgenvoll. Einen Herzschlag später erst erfasste sie das ganze Ausmaß von Mellryns Worten. Mit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an. „Du sagtest, stärker als alle unsere bisherigen Gegner? Das würde bedeuten, dass…“ Sie scheute sich davor, den Satz zu Ende zu führen, tat es aber dennoch. „Dieser jemand ist stärker als der Dämon?“ Sie war leichenblass geworden und das Herz schlug ihr bis zum Hals.

Auch die Blicke aller anderen waren ausnahmslos auf Mellryn gerichtet.

Dieser nickte nun langsam. „Genau das bedeutet es.“

Dana konnte nur fassungslos den Kopf schütteln. „Das kann doch gar nicht möglich sein.“

„Es ist, wie ich gesagt habe“, beteuerte Mellryn.

Alvar wandte sich ab, als wolle er sich auf den Weg konzentrieren, der sich vor ihnen durchs Land schlängelte. „Dann hat – in der derzeitigen Verfassung – keiner von uns eine Chance gegen diesen Gegner.“ Unterbewusst trieb er die Pferde zu mehr Eile an.

„Fällt dir denn gar kein Zauber ein, der uns helfen könnte?“, hakte Dana nach, die noch nicht bereit war aufzugeben.

Alvar schwieg, was Antwort genug war.

Dana biss sich auf die Unterlippe und drehte sich zu Mellryn um.

„Augenblicklich bin ich machtlos gegen einen Feind dieser Stärke“, entgegnete der Elbenprinz mühsam beherrscht.

Lanion, der alles mit angehört hatte, zuckte zusammen. Mit verkrampften Fingern klammerte er sich an Eravelles Umhang fest, die ihrerseits versuchte, den Jungen zu beruhigen – ohne Erfolg, wie es schien.

Estela streckte sich und reckte dabei die Arme in die Luft. „Dann bleibt mir wohl keine andere Wahl“, warf sie ein. „Chance hin oder her! Wir können uns nicht tatenlos verfolgen lassen. Zu viel hängt davon ab. Ich werde kämpfen!“

Dana wäre fast aufgesprungen, erinnerte sich aber rechtzeitig daran, dass sie sich in einem Pferdewagen befanden. „Du kannst dich nicht allein einem Feind entgegenstellen, von dem mein Bruder berichtet, er wäre übermächtig stark.“

„Von übermächtig war nie die Rede“, winkte Estela ab. „Indes bin ich die einzige, die gehen kann. Dein Leben ist zu kostbar, Dana. Alle verlassen sich auf dich, da darfst du nicht Kopf und Kragen in jedem Kampf riskieren.“ Die Dämonenpriesterin sprach ungewöhnlich ernst. „Alvar kennt am besten den Weg und muss als Führer fungieren. Lydia und Zack können sich keinem Magier entgegenstellen. Und auch Mellryns Karten stehen in dieser Auseinandersetzung denkbar schlecht.“

„Was ist mit mir?“, unterbrach Eravelle sie.

Estela runzelte die Stirn. „Mit dir?“

„Ich bin weder unverzichtbar noch zu schwach zum Kämpfen“, fuhr die dunkelhaarige Elbin mit fester Stimme fort.

Erschrocken griff Mellryn nach ihrem Handgelenk. „Bist du wahnsinnig geworden? Ich lasse nicht zu, dass du dich einer solchen Gefahr aussetzt!“, rief er aufgebracht.

Sanft befreite Eravelle ihre Hand. „Wir können es uns nicht leisten, zimperlich zu sein“, erwiderte sie. „Zusammen haben Estela und ich vielleicht eine Möglichkeit zu gewinnen.“

Mellryn sah sie flehend an, fand allerdings nicht die richtigen Worte, um sie zum Bleiben zu bewegen. „Era…“

Desgleichen wollte Dana diese Entscheidung nicht akzeptieren. „Ihr dürft nicht sterben. Es muss einen anderen Weg geben.“

Eravelle lächelte bloß. „Ich glaube, in diesem Fall kann ich ausnahmsweise für Estela mitsprechen. Keiner von uns beabsichtigt zu sterben.“

„Gut erkannt“, stimmte Estela ihr zu. „Ich bin viel zu egoistisch, um mich zu opfern.“

Keinem war wohl bei dieser Sache zumute, dessen ungeachtet blieb ihnen nichts anderes übrig, als den beiden ungleichen Frauen das Feld zu überlassen.

Leichtfüßig sprang Estela vom Wagen. Für Gefühlsduselei hatte sie nicht viel übrig.

Bevor Eravelle es ihr gleichtun konnte, hielt Mellryn sie erneut auf. „Du bist immer zu mir zurückgekehrt. Fang heute nicht mit dem Gegenteil an“, bat er. „Tu mir das nicht an!“

Eravelle beugte sich zu ihm vor und hauchte ihrem Liebsten einen Kuss auf die Lippen. „Ich verspreche es!“ Dann folgte sie Estela.
 

Während des gesamten Weges, den sie bereits zurückgelegt hatten, war von Tawha kaum ein Wort zu hören gewesen. Der Dunkelelb machte sich doch mehr Sorgen um seine eigene Zukunft, als er eingestehen wollte. Was würden seine ehemaligen Kameraden mit ihm anstellen? Wie würden sie ihn für seinen Verrat bestrafen?

Calina und Falmarin schwatzten, ohne Notiz davon zu nehmen.

„Glaubst du, dass die Prinzessin dazu in der Lage ist, das Reich der Elben wieder auferstehen zu lassen?“, fragte Letztere.

Ein wenig unschlüssig zuckte Calina mit den Achseln. „Wer weiß“, entgegnete sie. „Sie ist unsere einzige Hoffnung, deswegen sollten wir Vertrauen in sie haben.“

„Aber warum lehnt Mellryn diese Aufgabe ab?“, überlegte Falmarin weiter. „Er hat früher doch auch an unserer Seite gekämpft.“

„Das ist etwas anderes“, mischte sich nun Oranor ein. „Mellryn hat getan, was er konnte und dafür zolle ich ihm Bewunderung. Nach allem, was die Azi Dahaka ihm angetan haben, kann ich verstehen, warum er nicht König werden will. Gönnen wir ihm seinen Frieden, wenn es soweit ist.“

Calina und Falmarin tauschten einen Blick untereinander aus und lächelten dann beide.

„Ja, du hast recht“, sagte Falmarin.

Calina zog einen Mundwinkel nach oben. „Er und Eravelle haben sicherlich einiges nachzuholen, wenn alles vorüber ist.“

Empört blies Falmarin die Wangen auf. „Sei nicht so indiskret!“, tadelte sie.

Tawha biss die Zähne fest zusammen.

Warum er? Warum immer nur er? Alle reden nur von Mellryn. Das haben sie immer getan, dachte er.
 

„Bist du müde?“, erkundigte sich Jules. „Sollen wir eine Rast einlegen?“

Silivren sann darüber nach, schüttelte dann jedoch den Kopf. „Nein, ich bin noch nicht erschöpft. Ein bisschen kann ich noch laufen.“

Unwillkürlich musste Jules schmunzeln. „Tapferes Mädchen!“

Unsicher zögerte Silivren. Dann zupfte sie Jules am Ärmel.

„Du?“, fragte sie. „Bist du auch traurig, dass wir weggehen?“

Erstaunt hielt Jules an. „Nun, ja… das bin ich wohl“, musste er letztendlich eingestehen. „Ich glaube, das ist ganz normal, wenn sich Wege trennen. Immerhin sind sie meine Freunde und ich möchte keinen von ihnen missen.“

„Darf ich den Engel wiedersehen?“

„Du meinst Dana?“, hakte Jules nach. „Ganz bestimmt. Es ist nur so, dass sie eine Aufgabe zu erfüllen hat.“

Ein kindliches Lächeln erhellte plötzlich Silivrens Gesichtszüge. „Ihre Freund helfen ihr, nicht wahr? Das ist gut“, meinte sie. „Einer unter ihnen ist sogar wie ich.“

Jules stutzte. „Wie bitte?“
 

„Da haben wir uns ja ganz schön was eingebrockt.“

„Hör auf dich zu beschweren“, schnaubte Eravelle. „Du wolltest es doch so.“

Estela trat von einem Bein aufs andere. „Kann schon sein. Gleichwohl hätte ich niemals für möglich gehalten, dass ich hier mit dir zusammen stehen würde.“

„Tss“, machte Eravelle. „Glaubst du ich?“

„Nein, vermutlich nicht.“

„Machen wir das Beste daraus.“

„Selbst das Beste könnte in diesem Fall unseren Tod bedeuten“, sagte Estela ernst und strich sich dabei eine Strähne ihres karmesinroten Haares aus dem Gesicht.

Eravelle zog eine Augenbraue hoch. „Hast du etwa gelogen? Du hast doch behauptet, du wärst zu egoistisch, um dich zu opfern.“

Darauf gab Estela keine Antwort. „Und du?“, hakte sie stattdessen nach. „Hast du Mellryn eine Lüge aufgetischt?“

„Nein!“ Eravelle sah ihr direkt in die Augen. „Ich habe ihn nicht belogen. Ganz gleich, was geschieht: Ich werde zu ihm zurückkehren!“

Estela schnitt ihr eine Grimasse. „Weißt du was? Das glaube ich dir sogar.“

Für einen Augenblick erwiderte Eravelle ihr Grinsen sogar, dann schaute sie wieder nach vorn. „Machen wir uns bereit!“

„Auf in den Kampf!“, pflichtete Estela ihr bei.

Die magische Welle, die ihnen entgegenstieß, war noch wesentlich stärker, als sie vermutet hatten und zwang beide fast in die Knie.

Was ist das bloß?, fragte sich Eravelle im Stillen.

Sie hatte Mühe damit ihr aufgeregt schlagendes Herz zu beruhigen. Selbst Estela hatte ihr cooles Pokerface aufgegeben. Höchste Konzentration stand ihr stattdessen ins Gesicht geschrieben.

Der Feind, der ihnen entgegentrat, war ein hoch gewachsener, muskulöser Elb. Seine Haare waren stahlgrau und in seinen Augen loderte eine geradezu animalische Kraft. Abwartend stellte er sich ihnen entgegen. Zu guter Letzt entblößte er seine Zähne und stimme ein Gelächter an. „Das ist alles?“

Estela hob die Hand und setzte zu einem Zauber an, aber ehe sie sich versah, war der fremde Elb schon hinter ihr.

Wie hat er das gemacht?, fragte sie sich entsetzt.

„Ob das alles ist, habe ich gefragt“, fuhr er fort. „Zwei offensichtlich mittelmäßige Magierinnen sollen sich mir ernsthaft in den Weg stellen? So viel Naivität grenzt schon an Dummheit.“

Das was Eravelle zunächst für Hochmut gehalten hatte, entlarvte sie nun: Dieser Mann war sich seiner eigenen Stärke so sicher, dass er nicht zweifelte. Zweifel – so schien es – hatte keinen Platz in seiner Wahrnehmung.

„Mein Name ist Nanden“, erklärte er. „Bedauerlicherweise werde ich jedoch die letzte Person sein, die ihr auf dieser Welt kennen lernt. Ich hoffe, ihr habt euch von euren Freunden gebührend verabschiedet.“

Nanden setzte nicht einmal einen Zauber ein. Auch so gelang es ihm – mit purer Körperkraft – Estela gegen einen Felsen zu schleudern.

Keuchend ging die Dämonenpriesterin zu Boden, dessen ungeachtet rappelte sie sich gleich wieder auf.

„Langweilig“, murmelte Nanden.

„Ruin Pilin!“ Eravelle ging zum Angriff über, verfehlte jedoch ihr Ziel. Sie selbst entging nur knapp einem Schlag Nandens. Sie sprang zur Seite und rollte dann ab, wobei der Schnee unter ihren Stiefeln knirschte.

„Dunkles Feuer!“ Estela erschuf ein Pentagramm, das alsbald den Boden unter Nanden bedeckte. „Mach dich nicht über uns lustig, sonst wirst du es bereuen, Mistkerl!“

Normalerweise sorgte dieser Zauber dafür, dass alles, was sich innerhalb des Pentagramms befand zu Staub zerfiel.

Nanden machte eine ausladende Bewegung, die das Pentagramm von der Erde tilgte.

Estela wich einen Schritt zurück. „Das ist doch nicht möglich.“

„Anscheinend war das doch alles“, sinnierte der Elb vor sich hin.

Estela machte einen Satz zur Seite, bis sie direkt neben Eravelle stand. „Lenk ihn ab! Es wird Zeit, um dämonische Hilfe zu bitten.“

Eravelle tat, wie ihr geheißen, obgleich sie sich vor diesem Schritt fürchtete. Sie zog das Schwert, das sie bei sich trug und hielt eine Handfläche über die Klinge. „Nórui Crist!“ Die Schneide leuchtete für einen Moment lang feuerrot auf. Vorerst schob Eravelle ihre Zweifel beiseite und attackierte Nanden. Kurz bevor sie ihn erreichte, bremste sie jedoch ab. „Gilgalad!“

Der Lichtzauber blendete Nanden und so konnte Eravelle ihren Schlag ungehindert ausführen. Diesmal konnte sie ihrem Gegner sogar eine Wunde zufügen, die sich einmal quer über seine Brust zog.

„Miststück!“ Nandens Augen funkelten voller Hass. Er packte sie am Kragen, als er wieder sehen konnte und hob sie mühelos hoch. „Es wird dir schlecht ergehen, wenn du Spielchen mit mir treibst.“

Eravelle hatte eine Hand auf seinen Arm gelegt, um sich abzustützen. Unter Anstrengung hob sie die Mundwinkel zu einem geringschätzigen Grinsen an. „Achte du lieber auf deinen Rücken, Narr!“

Geübt – wie sie mittlerweile darin war – entfesselte Estela den Dämon in ihrem Inneren. Ihr erster Angriff traf Nanden mit ganzer Wucht, so dass dieser von Eravelle abließ, die wiederum schnell aus der Schusslinie verschwand.

Die Gegenwehr hatte zur Folge, dass Nandens Blick noch finsterer wurde.

Eravelle hatte Estelas dämonische Form nie zuvor gesehen und so staunte sie nicht schlecht, als die Gestalt der Priesterin sich in Feuer hüllte. Dieser Anblick ließ ihr einen Schauer über den Rücken laufen. Langsam bekam sie eine Vorstellungen davon, warum Lanions Seele derart geschädigt war. Kein normaler Mensch oder Elb konnte das ertragen.

Nanden zeigte sich – zumindest rein äußerlich – unbeeindruckt von der Veränderung an Estela.

Estelas Angriffe wurden nun von Instinkt und weniger von Überlegungen geleitet. Sie gestand dem Dämon mehr Freiheiten zu als sonst, in der Hoffnung, ihrem Feind auf diese Weise beizukommen. Zunächst sah es auch so aus, als würde ihr das gelingen. Nanden wich Schritt um Schritt zurück, um dem Feuer zu entgehen.

Urplötzlich blieb er dann jedoch stehen und erschuf einen Schild um sich herum, der Estelas Magie einfach abprallen ließ. „Nun bin ich an der Reihe“, lachte er. Magische Energie sammelte sich in seiner rechten Hand, die er nun vorschnellen ließ. Er durchstieß damit sowohl das Feuer als auch Estelas Körper.

Der Dämon zog sich zurück und Estela stand allein da. Sie ging in die Knie und spuckte Blut.

„ESTELA!“, entfuhr es Eravelle angstvoll. Sie zögerte nicht lang. Notfalls war sie bereit, Estela zu Hilfe zu eilen. „Hîth!“

Augenblicklich verschwand der Schauplatz des Kampfes im Nebel, was Eravelle die Gelegenheit bot, ihre Position zu wechseln und aus einer anderen Richtung eine erneute Offensive zu starten. „Lint Pilin!“

Der Nebel lichtete sich letztendlich. Nanden stand noch immer.

Die Verzweiflung stand Eravelle sprichwörtlich ins Gesicht geschrieben. Erst beim Gedanken an Mellryn, der ihre Rückkehr erwartete, fing sie sich wieder.

Nanden verschränkte die Arme vor der Brust. „Alagos Orchal!“, konterte er gelassen.

Gute zehn Meter weit wurde Eravelle geschleudert, bis ein Busch ihren Sturz abfederte.

„Ihr seid zu schwach, um mich zu unterhalten, aber Potenzial ist vorhanden, das muss ich gestehen“, begann Nanden, der seine Rolle sichtlich genoss. „Drei Monate gebe ich euch Zeit. Drei Monate, um euch auf den Kampf vorzubereiten. Entrichtet ebenso eurer Prinzessin meine Nachricht. Sie soll sich auf den Krieg vorbereiten, damit wir uns nicht allzu sehr langweilen.“

Nanden verschwand so schnell und so unvermittelt, wie er erschienen war.

Mühsam kam Eravelle auf die Beine und schleppte sich zu Estela hinüber.

Um die Dämonenpriesterin herum hatte sich eine Blutlache gebildet. Der Blutverlust war so groß, dass Eravelle schon glaubte, sie wäre tot.

„So schnell sterbe ich nicht“, brachte Estela erstaunlicherweise hervor.

Eravelle kämpfte mit den Tränen. „Wie kannst du so etwas überleben?“ Ihre eigenen Schürfwunden kamen ihr nichtig im Gegensatz dazu vor.

Estela kniff die Augen zusammen. „Mein Körper ist schon lange nicht mehr menschlich. Der Dämon in meinem Inneren lässt mich nicht sterben, bis ich meinen Preis gezahlt habe.“ Jede Silbe bereitete ihr Mühe, aber sie sprach weiter. „Ich bin sein Opfer und er ist das meine!“
 

End of Part 56

Heilung

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan.

Part 57 von ?
 


 

Silivren blickte hoch zu Jules und kicherte.

„Na, einer der anderen ist auch nur ein Halbelb“, meinte sie dann erklärend.

Jules dachte, sich verhört zu haben.

„Wer denn?“, fragte er.

Der junge Mann konnte sich kaum vorstellen, dass irgendwer von seinen elbischen Freunden gar kein reiner Elb war.

Mellryn und Dana konnten ganz gewiss keine Halbelben sein.

Blieben noch Eravelle und Alvar. Aber Eravelle konnte doch ganz gewiss auch nur eine reine Elbin sein.

„Na“, antwortete das Mädchen endlich. „Der Dunkelhaarige natürlich.“

Damit war klar, dass sie Alvar meinte. Jules war verwirrt von dieser Neuigkeit.
 

„Die magische Präsenz… sie ist weg!“ Mit dieser Nachricht löste Mellryn eine ganze Welle von Fragen aus.

„Was?“

„Wie, sie ist weg?“

„Was ist mit Eravelle und Estela?“ Dana hatte ihre beiden Freundinnen nicht gern zurückgelassen, aber zumindest waren sie so ihrem Verfolger entkommen.

Dennoch war ihre Sorge um die beiden ungleichen Frauen groß.

„Die Energien von den beiden werden immer schwächer“, sagte Mellryn jedoch nur. „Also leben sie noch?“, fragte Dana nach.

„Ja.“

„Und der Feind ist einfach verschwunden?“

„Es scheint zumindest so“, nickte Mellryn.

„Alvar!“, richtete die Prinzessin nun ihr Wort an den schwarzhaarigen Elben, „dreh um! Sofort!“
 

Eravelle war zu schwach, um noch weitere Magie anzuwenden. Ihre magische Energie war völlig verbraucht und sie war nicht in der Lage, die Wunden der Dämonenpriesterin zu heilen. Die Worte Estelas hatten sie ein wenig durcheinandergebracht, aber das ließ sie dennoch nicht vergessen, wie schwer die andere Frau verwundet war.

Die Elbin riss schweigend ihre Tunika in große Streifen und verband damit die schlimmsten Verletzungen, um die Blutungen zu stoppen.

Ihre eigenen Verletzungen beachtete sie dabei nicht einmal. Sie würde überleben, auch wenn ihr der ganze Körper nur noch weh tat. Dennoch war ihre Erleichterung sehr groß, als sie den Pferdewagen erkannte, der zu ihnen zurückkam.

„Sieh mal, sie kommen zurück“, rief sie, doch zu diesem Zeitpunkt war Estela bereits bewusstlos. Der Blutverlust war dann doch zu groß gewesen, selbst für eine Dämonenpriesterin.

Als Alvar den Wagen schließlich anhielt, sprangen Zack, Dana und Lydia auch sofort herunter, um zu schauen, wo sie helfen konnten.

„Was ist passiert?“, fragte Dana gleich als erstes, die Panik in ihrer Stimme beim Anblick der bewusstlosen Estela war kaum zu überhören.

„Der Feind hat uns vorerst gehen lassen“, brachte Eravelle mühsam hervor.

„Er hat euch gehen lassen?“, fragte Zack beinahe ungläubig.

„Spart euch diese Fragen für später auf. Erst einmal brauchen die beiden Hilfe!“, meinte Alvar jedoch, bevor Eravelle antworten konnte. Er kniete sich zu der bewusstlosen Estela und versuchte, ihren Zustand abzuschätzen. Aber Alvar war kein Heiler und so hatte er seine liebe Mühe damit.

„Sie hat viel Blut verloren“, meinte Eravelle. „Aber ich kann im Moment keine Heilzauber anwenden.“

„Wie weit ist das nächste Dorf von hier entfernt?“, fragte Alvar.

„Ich weiß es nicht“, war Eravelles erschöpfte Antwort.

„Kann noch jemand von uns einen Heilzauber anwenden?“, fragte Dana mit einem hoffenden Blick in die Runde, doch niemand sah aus, als könnte er ihr eine positive Antwort geben.

Dann sah sie zu ihrem Bruder.

„Meinst du, ich könnte es?“, fragte sie Mellryn.

Es fiel dem Elbenprinzen sichtbar schwer, den Blick von Eravelle zu lösen.

Er schien zu überlegen, bevor er antwortete. „Mag sein. Aber ich weiß nicht, ob deine Kenntnisse dazu ausreichen und du die Fähigkeiten hast.“

„Ich will es versuchen. Was soll ich tun?“, fragte sie weiter, doch diesmal war es Eravelle, die antwortete.

„Der Zauberspruch heißt ‚Lhagr Nestad‘. Und deine Aufgabe besteht darin, dich auf die Wunden zu konzentrieren und sie schließen zu wollen. Aber der Zauber ist nicht leicht, ich glaube kaum, dass du ihn jetzt schon anwenden kannst.“

„Was passiert, wenn es mir misslingt?“, hakte Dana zweifelnd nach.

„Nun“, sagte Eravelle, der es inzwischen immer schlechter ging, „im schlimmsten Fall könntest du uns töten. Aber Estela wird das perfekte Übungsobjekt für dich sein.“

Als die Elbin das sagte, dachte sie wieder an die Worte der Priesterin: „Mein Körper ist schon lange nicht mehr menschlich. Der Dämon in meinem Inneren lässt mich nicht sterben, bis ich meinen Preis gezahlt habe.“

Dana sah etwas verwirrt aus, da sie Eravelles Worte nicht richtig zuordnen konnte.

Dennoch wandte sie sich jetzt der bewusstlosen Frau zu.

„Muss ich noch etwas beachten dabei?“, fragte sie unsicher und blickte zurück zu Eravelle, die sich inzwischen gegen Mellryn gelehnt hatte.

„Sei einfach nur vorsichtig“, riet ihr die Dunkelhaarige.

Die Prinzessin nickte und legte dann ihre Hände auf Estela.

„Lhagr Nestad“, flüsterte sie und konzentrierte sich darauf, dass sie Gutes bewirken wollte, dass sie die Wunden heilen wollte.

Ihre Hände leuchteten ein wenig, so, wie sie es bei einem Heilspruch auch tun sollten und es schien auch so, als ob ihr Zauber gelingen würde.

Estelas Gesicht nahm wieder eine etwas gesündere Hautfarbe an und die Wunden begannen, sich zu schließen.

„Es klappt!“, freute sich Dana – und verlor prompt ihre Konzentration dabei.

Der Zauber brach ab, zog Danas Energie ins Nichts und ließ eine erschöpfte Prinzessin zurück.

„Verdammt“, ärgerte sie sich, „wie konnte das passieren?“

„Du warst zu unkonzentriert“, meinte Alvar gelassen. „Aber ganz vergebens war deine Mühe nicht.“

Immerhin ein bisschen hatte Dana heilen können.
 

Als Estela wieder zu sich kam, lag sie in einem dunklen Raum.

„Wo bin ich…?“, fragte sie sich und wollte sich aufrichten, als ein stechender Schmerz in ihrer Brust sie daran hinderte.

„Autsch!“, entfuhr es ihr und sie fragte sich, was geschehen war und warum sie solche Schmerzen hatte. Es dauerte einen Moment, bis ihr einfiel, dass sie einen schweren Kampf hinter sich hatte. „Ich lebe noch“, stellte sie nun umso erstaunter fest. Vorsichtig wagte sie einen Blick durch den Raum. Sie konnte kaum etwas erkennen, so dunkel war es, aber immerhin konnte sie feststellen, dass sie allein war.

Die Priesterin lag auf einem Bett und war bis ans Kinn zugedeckt. Neben sich konnte sie einen Nachttisch ausmachen, auf dem eine Karaffe gefüllt mit Wasser und ein Glas stand. Erst jetzt, nachdem sie das Wasser sah, bemerkte sie, wie trocken sich ihr Hals anfühlte und wie sehr sie durstete.

Vorsichtig setzte sie sich auf und goss etwas von dem kühlen Getränk in das Glas, welches sie schließlich beinahe gierig leerte. „Was ist wohl passiert…?“

Gerade, als sie sich das fragte, öffnete sich die Tür und Dana trat ein, in ihrer Hand eine Petroleumlampe. „Oh, Estela!“, freute sie sich sofort. „Du bist endlich wieder wach!“

„Endlich?“, fragte die Priesterin ein wenig verwirrt. „Wie lange war ich denn weg?“

„Vier Tage“, lautete die Antwort der Elbin.

„WAS?“, entfuhr es Estela, die ihre Gefühlsregung sofort bereute, als der stechende Schmerz sie erneut durchfuhr.

„Du hast viel Blut verloren bei eurem Kampf“, erklärte Dana.

Estela jedoch schwieg. Sie konnte kaum glauben, dass sie so lange ohne Bewusstsein gewesen war. Normalerweise heilten ihre Wunden doch auch schneller? Wieso dauerte es also dieses Mal so lang?

„Wie fühlst du dich?“, fragte die Elbin nun, die inzwischen an das Bett getreten war.

„Als hätte mich eine ganze Kuhherde umgerannt“, gestand die Dämonenpriesterin seufzend.

„Oh je. Ich hatte gehofft, es wäre nicht ganz so schlimm.“ Man konnte die Sorge in Danas Stimme deutlich hören.

„Halb so wild. Unkraut vergeht nicht“, winkte Estela jedoch ab und blickte die Prinzessin dann ernst an. „Besorg mir lieber was zu essen. Ich verhungere! Und dann will ich wissen, was überhaupt passiert ist!“

Dana kicherte. „Ok, ich komme gleich wieder!“ Dann stellte sie die Lampe auf dem Tisch ab und verließ den Raum. Estela jedoch nutzte diesen Moment, um ihren Dämon zu beschwören. Sie wollte wissen, warum ihre Heilung diesmal so lange dauerte.

Aber das Häufchen Elend, das sie beschwor, lieferte schon die Antwort, bevor sie fragen konnte – ihr Dämon war ebenfalls verwundet.

„Na, wie entzückend“, knurrte die Priesterin.

In diesem Moment wuchs ihre Achtung vor dem neuen Gegner. Er hatte es nicht nur geschafft, sie schwer zu verwunden – nein – er hatte es sogar geschafft, ihren Dämon zu schwächen. „Gegen diesen Typen haben wir keine Chance“, murmelte sie, beinahe verzweifelt, als sie auch schon Danas Schritte hörte und die Beschwörung löste.
 


 

End of Part 57

Eravelles Versprechen

Author: Bina-chan86

Part 58/?
 


 

„Sieht nicht so aus, als wärst du sonderlich erfolgreich gewesen.“

Nanden zuckte nicht einmal mit der Wimper bei dieser spitzen Bemerkung. Er blickte auch nicht auf, denn er wusste bereits, wem die spöttische Stimme gehörte. „Was willst du, Wyn?“, fragte er kühl.

Ein Elb mit pechschwarzem, leicht lockigem Haar trat neben ihn. In Nandens Gegenwart wirkte dieser beinah feenhaft zierlich.

„Nun“, begann Barilowyn – so sein vollständiger Name, „du bist zurückgekehrt, ohne Bericht zu erstatten, aber die Prinzessin ist noch immer am Leben.“ Er legte eine Kunstpause ein und drehte sich einmal um die eigene Achse. „Da fragt man sich schon, was eigentlich geschehen ist. Wurdest du überrumpelt und sind sie dir entwischt?“

„Weder noch“, winkte Nanden kurz angebunden ab.

„Also?“, hakte Wyn neugierig nach.

Nanden stieß einen resignierten Seufzer aus und rollte dabei mit den Augen. „Die Prinzessin habe ich ziehen lassen. Sie ist noch zu schwach, als dass sie Meister Haryon gefährlich werden könnte. Ich würde mich lediglich langweilen, wenn ich gegen sie kämpfen würde.“

Wyn zog leicht die Augenbrauen zusammen. Seine fein geschnittenen Gesichtszüge nahmen einen skeptischen Ausdruck an. „Du hast dich also mit ihr gemessen?“

Nanden schüttelte den Kopf.

Nun wirkte Wyn erst recht irritiert. „Woher willst du dann mit Sicherheit sagen können, sie wäre zu schwach?“

Nanden hatte zwar keine Lust auf dieses Frage-Antwort-Spielchen, wusste aber, dass es zwecklos war, Barilowyn abwimmeln zu wollen. „Ich habe es gespürt“, lautete seine schlichte Erwiderung. „Ihre Gefährten waren es, die sich mir entgegen gestellt haben.“

„Waren sie stark?“

Nanden zuckte mit seinen breiten Schultern. „Wie man es nimmt“, meinte er grüblerisch. „Die beiden Frauen waren auf jeden Fall interessant.“

„Frauen?“ Wyn machte kein Geheimnis aus seiner Verwunderung.

Er erntete ein Nicken von Nanden. „Von einer der beiden hast du sicherlich schon gehört. Es war Eravelle, die Freundin unseres entflohenen Prinzen.“

Wyn tippte sich mit dem Zeigefinger aufs Kinn. „Ich erinnere mich“, sagte er. „Obgleich ich sie nur ein einziges mal flüchtig gesehen habe.“ Er grinste plötzlich. „War die andere auch so hübsch? Wenn ja, dann hast du ziemliches Glück gehabt.“

Darauf wusste Nanden nichts zu entgegnen. „Mach dir bei passender Gelegenheit selbst ein Bild davon“, wich er aus.

Wyns Grinsen wurde noch breiter. „Vielleicht tue ich das sogar.“

„An deiner Stelle wäre ich vorsichtig“, deutete Nanden ganz beiläufig ab, aber Wyn hörte ihm schon nicht mehr zu.
 

Dana stellte schnell – und zu ihrem Leidwesen – fest, dass Estela im verletzten Zustand noch schwerer zu ertragen war als sonst. Die Elbenprinzessin konnte ja nicht ahnen, dass sie sich um den Dämon in ihrem Inneren sorgte, der sie am Leben erhielt und der Quell ihrer Kraft war.

Estela murrte immer noch vor sich hin, hatte aber schon wieder einen gesegneten Appetit.

Wo lässt sie das bloß alles?, fragte sich Dana im Stillen, während sie die Dämonenpriesterin fasziniert beobachtete.

Estelas Körper war ohnehin ein Rätsel. Sie maß nicht mal 1,70 Meter, strotzte aber vor Kraft, was nicht zuletzt an dem Dämon lag. Trotz dieses Wissens war es immer wieder erstaunlich, wenn man zusah, wie dieses schmächtige Persönchen massive Eichentische mit einer Hand hochstemmte.

„Ist was?“, schnaubte Estela, als sie bemerkte, dass Danas Blick auf ihr ruhte.

Dana hielt es für klüger, ein anderes Thema anzuschneiden, obgleich sie wusste, dass dieses in gewisser Weise heikel war. „Was war das für ein Gegner?“

Estela blinzelte. Für eine Sekunde lang schienen ihre sonst grünen Augen rot zu sein. „Wir sollten diesen Feind in jedem Fall ernst nehmen“, antwortete sie schließlich. „Er ist fähiger als alle bisherigen, wie Mellryn gesagt hat. Außerdem gibt es noch ein Problem, was ihn betrifft.

Dana horchte auf. „Und das wäre?“

„Er kämpft um des Kampfes Willen“, berichtete Estela. „Diese Intention macht ihn gefährlich.“ Sie selbst ging zwar auch keiner Auseinandersetzung aus dem Weg, weil sie Freude daran hatte, aber im Gegensatz zu Nanden verfolgte sie dabei immer ein klares – oftmals egoistisches – Ziel.

Dana wirkte zutiefst besorgt. „Haben wir überhaupt eine Chance gegen ihn? Ich weiß nicht, ob meine Magie stark genug sein wird, um ihn zu besiegen.“

„Was redest du da für einen Unsinn?!“ Estela schnitt ihr eine Grimasse. „Dieser Gegner gehört Eravelle und mir.“

„Aber…“, wollte Dana protestieren.

Estela machte eine ungeduldige Geste. „Es wird nicht dein Gefecht sein, wenn wir ihm wieder begegnen. Benimm dich wie eine Königin und lass uns das machen.“

Eines war sicher: Sie wollte Rache!
 

Eravelles Kräfte kehrten langsam aber sicher zurück. Jedoch mussten ihre Wunden weitestgehend auf herkömmliche Weise heilen. Mellryn war ihr seit dem Vorfall kaum noch von der Seite gewichen.

Eravelle war von seiner Fürsorge zwar gerührt, fand aber inzwischen, dass er es ein wenig übertrieb. Daran ließ sich momentan allerdings nichts ändern, denn Mellryn schien darauf zu bestehen.

„Wenn du schon da bist, kannst du mir zumindest ein wenig zur Hand gehen“, seufzte Eravelle, als sie wieder einmal allein waren.

„Hm?“ Mellryn hob den Kopf und lief prompt rot an, als er sah, wie sich Eravelle das Oberteil über den Kopf zog. „Äh… was?“

Sie warf ihm eine kleine Dose zu, in der sich eine heilende Salbe befand. „Am Rücken komme ich nicht an“, erklärte sie nüchtern.

Mellryn errötete doch tatsächlich wie ein Jüngling, der noch nie eine unbekleidete Frau gesehen hatte, dennoch tat er, worum sie ihn gebeten hatte. Verstohlen betrachtete er dabei ihre blasse, ebenmäßige Haut. Er konnte nicht verhindern, dass ihm dabei noch andere Dinge durch den Kopf gingen.

Eine Weile herrschte Stille, während sich Mellryn um die Verletzungen kümmerte. Freilich konnte man ihm anmerken, dass ihm etwas auf der Seele lag.

„Es fällt mir nicht schwer, dir zu vertrauen“, sagte er unvermittelt. „Aber es fällt mir schwer, mich nicht um dich zu sorgen.“

Über ihre Schulter hinweg blickte Eravelle ihn fragend an.

„Solange meine Kräfte nicht vollständig wiederhergestellt sind, gibt es Wege, auf denen ich dir nicht so ohne weiteres folgen kann“, fuhr er mit belegter Stimme fort. „Früher war das nicht so. Wenn ich in deiner Nähe sein konnte, dann war ich beruhigt.“

„Egal, wohin der Weg führt – zu dir würde ich immer zurückkehren“, erwiderte Eravelle.

„Ich weiß“, murmelte Mellryn. Er schlang die Arme um sie und ließ seine Hände schließlich auf ihrem nackten Bauch ruhen. „Warten fiel mir demungeachtet schon immer schwer.“

Eine leichte Gänsehaut überzog Eravelles Haut. „Es tut mir leid. Ich wollte nicht, dass du dir meinetwegen zu viele Sorgen machst.“ Sie spürte, wie ein leichtes Zucken von ihm ausging und da wusste sie, dass er weinte.

„Ich gehe niemals von dir fort“, beteuerte sie zum wiederholten Male. „Mein Herz ist einsam ohne dich.“

Zärtlich fuhr Mellryn mit seinen Lippen über ihren Hals. „Ich liebe dich.“

Die Aufgaben einer Königin

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan86.

Part 59 von ?

Warning: bislang keins
 


 


 

Eine Weile herrschte Stille zwischen Estela und Dana, bis der Priesterin etwas auffiel.

„Sag mal“, fragte sie, „wo sind wir hier eigentlich?“

Sie war bisher noch nicht außerhalb ihres Zimmers gewesen und fragte sich so zurecht, wo sie sich eigentlich befand.

„Wir sind in einem Gasthaus. Nachdem wir euch gefunden haben, sind wir so schnell wie möglich ins nächste Dorf gefahren.“

Estela nickte verstehend. Aber sie fragte sich, ob sie hier auch sicher waren. Sicherlich wurden sie weiterhin verfolgt und nur, weil dieser seltsame Kraftprotz eines Elben sie für die nächsten drei Monate verschonen wollte, hieß das ja nicht, dass das alle ihrer Verfolger so tun würden.
 

Als Dana Estela verlassen hatte, konnte sie nicht anders, als über die Worte nachzudenken, die ihr die Dämonenpriesterin gesagt hatte. „Benimm dich wie eine Königin und lass uns das machen.“

War das etwas, das eine Königin tun musste? Still halten und andere für sich machen lassen? Die Elbin war so vertieft in diesen Gedanken, dass sie gar nicht bemerkte, wie sie Zack beinahe umrannte.

„Hey, Dana, alles okay?“, fragte er besorgt.

„Oh, Zack, entschuldige, ich hab gar nicht aufgepasst. Ja, es ist alles in Ordnung.“

„So siehst du aber gar nicht aus, Schwesterchen!“, meinte Zack mit hochgezogenen Augenbrauen.

„Nun ja“, druckste sie herum und Zack war spätestens jetzt klar, dass sie sich über irgendetwas Gedanken machte. Er kannte sie einfach zu gut. Sie sah ihn an und stieß einen leisen Seufzer aus. „Können wir reden?“

„Klar“, nickte Zack, „lass uns dazu am besten auf unser Zimmer gehen.“

In diesem Gasthaus teilten sich Zack und Dana ein Zimmer – ganz so, wie sie es auch daheim in Rawena taten. Die beiden betraten den dunklen Raum und Zack entzündete eine Lampe.

„Also, was ist los?“, fragte Zack.

Dana setzte sich auf ihr Bett und strich sich eine Strähne ihres braunroten Haars zurück.

„Nun“, begann sie, „ich habe eben mit Estela gesprochen. Wir haben darüber gesprochen, wie gefährlich der neue Gegner ist und sie meinte, ich solle mich nicht in den Kampf mit einmischen, weil es ihr Gegner wäre. Und dann sagte sie, ich solle mich wie eine Königin benehmen und das euch machen lassen.“

„Und das gefällt dir nicht?“, erkundigte sich Zack.

„Nein, natürlich nicht! Der Kerl scheint mächtig und stark zu sein. Du hast ja gesehen, wie er sie und Eravelle zugerichtet hat! Ich kann ihr das nicht einfach allein überlassen, das wäre Irrsinn! Aber was mich dabei am meisten beunruhigt, war dieser Satz, dass ich mich als Königin benehmen sollte. Ich bin ja noch nicht einmal Königin und werde es vielleicht auch nie. Es steht ja noch nicht fest, dass wir Haryon einmal schlagen können und ich den Thron besteige.“

Zack hörte seiner Ziehschwester erst einmal aufmerksam zu. Soweit er wusste, war Dana die Person auf der Welt, die am meisten Magie besaß und nur noch lernen musste, sie einzusetzen. Zumindest, wenn diese seltsame Prophezeiung stimmte, über die in letzter Zeit öfter geredet wurde. Es fiel ihm schwer zu glauben, dass Dana es vielleicht nicht schaffen könnte. Er hatte gesehen, zu was sie fähig war.

„Lässt eine Königin ihre Untertanen alles allein machen? Hilft sie nirgends mit? Wäre meine Aufgabe als Königin, nur hübsch auszusehen und rumzusitzen und alles andere Diener machen zu lassen? Das glaube ich nicht. Und das will ich auch nicht!“, fuhr Dana fort. Anscheinend machte sie sich wirklich Gedanken darüber, wie ihr Leben als Königin der Elben aussehen könnte.

„Dana, bleib immer du selbst. Dann kann gar nichts schief gehen!“, versuchte sie Zack zu beruhigen. „Ich bin sicher, du gibst eine wunderbare Königin ab.“

Doch augenblicklich bezweifelte die Elbin das. Sie hatte Angst vor der Verantwortung und vor allem davor, etwas falsch zu machen.

Zacks lächelndes Gesicht konnte sie dennoch ein wenig beruhigen und sie schob, wie so oft in letzter Zeit, ihre Sorgen einfach beiseite. Noch, so sagte sie sich, bin ich ja gar keine Königin!
 

Diesmal waren es Alvar und Lydia, die sich um Lanion kümmerten.

Dem Jungen ging es zusehends besser, dennoch war Alvar davon überzeugt, dass er im Sanatorium besser aufgehoben wäre, um die beschädigte Seele wieder zu heilen.

Natürlich würde sie sich nie wieder vollständig wiederherstellen lassen, aber vielleicht gab es ja doch ein wenig Linderung?

Zumindest nahm der Junge wieder an Gewicht zu, seitdem er aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht war und regelmäßig gut zu essen bekam.

Auch jetzt waren die drei gerade beim Essen.

„Lanion“, tadelte Lydia, die sich ein Kichern nur schwer verkneifen konnte, „du kannst die Zwiebeln ruhig mitessen, sie schaden dir ganz sicher nicht.“

Der junge Elb sah sie schuldbewusst an, pickte aus seinem Essen aber dennoch weiter die unliebsamen Zwiebeln heraus. Alvar konnte sich ebenfalls ein Grinsen nicht verkneifen. Es gab halt doch für jeden eine Speise, die er nicht mochte. Er selbst konnte Meerrettich auf den Tod nicht ausstehen.

„Isst du immer alles auf, was du vorgesetzt bekommst?“, fragte er seine Freundin.

„Eigentlich schon. Ich mag zwar auch nicht alles, aber es gibt einfach genug Leute, die hungern müssen. Allein deshalb esse ich immer alles auf.“

Sie hatte ihre Portion des Abendessens bereits verputzt und legte klappernd die Gabel beiseite. „Hm, jetzt könnte ich auf einen schönen Honigkuchen!“

„Honigkuchen? Jetzt?“ Alvar sah sie beinahe ungläubig an.

„Warum nicht? Das ist doch lecker!“

„Nun ja, wenn du meinst“, sagte Alvar achselzuckend.

Aber ein wenig freute er sich schon darüber, dass sie für einen Moment die Gefahr, in der sie schwebten, vergessen konnten.

Jetzt, wo Estela wieder erwacht und Eravelle sich langsam erholt hatte, würden sie endlich weiterziehen können und bereits am nächsten Morgen wollten sie sich aufmachen.

Durch den Angriff Nandens hatten sie bereits viel zu viel Zeit verloren und hätten noch viel mehr verlieren können, wenn dieser Elb sie nicht aus diesem seltsamen Grund verschont hätte.
 

Als die Zeit des Aufbruchs erreicht war, ging es Estela bereits wesentlich besser, dennoch sah sie noch immer mitgenommen aus.

„Bist du sicher, dass wir nicht doch noch einen Tag warten sollten?“, fragte Dana besorgt, doch Estela winkte ab. „Willst du noch mehr Zeit verlieren, Prinzessin? Mir geht es gut genug.“

Der Priesterin war es sehr recht, weiterzuziehen. Sie wollte den Ort ihrer Schmach lieber schnell hinter sich lassen.

„Wie du meinst“, murmelte Dana nur.

So saßen sie alle wieder auf den Pferdewagen auf, ausgeruht und bestückt mit frischen Lebensmitteln.

Zack übernahm die Zügel und es ging weiter in Richtung Cardun.
 

End of Part 59

Die Weiße Stadt

Author: Bina-chan86

Part 60/?
 


 

Der Weg nach Cardun verlief gemessen an ihren bisherigen Reiseerlebnissen geradezu langweilig und ereignislos. Keine Angriffe erfolgten, aber gerade das stimmte die Gruppe nervös. Allen kam es so vor, als wäre dies die Ruhe vor dem großen Sturm.

Allerdings war ein Verschnaufpause nicht unbedingt das Schlechteste, was ihnen passieren konnte.

Estela erholte sich von Tag zu Tag. An Energie hatte es ihr darüber hinaus nie gemangelt. Auch dem Dämon in ihrem Inneren ging es besser. Wenn Estela sich konzentrierte, konnte sie spüren, dass seine Verletzungen heilten. Dennoch – sie heilten langsamer, als sie gehofft hatte und das stimmte sie nachdenklich.

Nanden war ein verdammt starker Gegner, so viel stand fest.

Und genau das macht die ganze Sache spannend, dachte Estela. Beinah schon vergnügt summte sie vor sich hin.

Zack warf ihr einen skeptischen Seitenblick zu. „Jetzt dreht sie vollkommen durch“, raunte er Dana zu.

Dana zog einen Mundwinkel nach oben, gab aber keinen Kommentar dazu ab. Stattdessen beugte sie sich leicht vor und hielt die Nase in den Wind.

Die Landschaft zog an ihnen vorbei und bot nun wieder einen abwechslungsreicheren Anblick als zuvor in den Ebenen, die man – selbst wenn man höflich sein wollte – als öde bezeichnen musste. In weiter Ferne konnte man bereits die Berge erkennen, die hoch emporragten, als wollten sie den Freunden den Weg weisen.

Der Schnee begann zu schmelzen, was sie zügig voranbrachte. Doch umso näher sie Cardun kamen, desto nervöser schien Alvar zu werden.

„Fühlst du dich nicht wohl?“, erkundigte sich Lydia, der sein Verhalten nicht entgangen war.

Alvar versuchte es mit einem Lächeln, was ihm beinah misslang. Dann atmete er einmal tief durch. Ihm war bewusst, dass es nichts brachte Lydia etwas vormachen zu wollen. Mal ganz abgesehen davon wollte er sie tatsächlich nicht belügen. Sie gab ihm Rückhalt und dafür war er ihr aus tiefstem Herzen dankbar.

„Ich bin nicht sicher, ob ich wirklich darauf brenne unser derzeitiges Ziel zu erreichen“, antwortete er zögerlich.

„Cardun?“ Lydia hielt inne und überdachte diesen Gedanken. Nein, Cardun konnte es nicht sein. Es fiel ihr kein plausibler Grund ein, warum er bei dieser Stadt ein schlechtes Gefühl haben sollte. Immerhin hatte er eine Zeit lang recht friedlich dort gelebt. „Du redest von Sarna.“ Das klang mehr nach einer Feststellung, als nach einer Frage.

Alvar nickte.

„Warum?“, hakte Lydia nach.

„Den Grund dafür möchte ich dir lieber unter vier Augen erklären“, erwiderte der dunkelhaarige Elb.

Lydia war zwar neugierig, respektierte aber seinen Wunsch. „Einverstanden.“
 

Sarna bot in der Tat einen interessanten Anblick.

Die Stadt war nicht viel größer als Cardun, leuchtete aber bereits aus der Ferne und hob sich sogar leicht von dem Schnee ab, der langsam begann zu schmelzen.

„Man nennt Sarna auch die Weiße Stadt, wenn ich mich recht entsinne“, murmelte Lydia.

Dana und Zack, die in ihrem Leben bisher nicht viele Orte zu sehen bekommen hatten, staunten nicht schlecht.

Im Gegensatz zu anderen Ortschaften schien Sarna ganz ohne Zäune und Mauern auszukommen, was vornehmlich daran lag, dass sich die Bürger neutral verhielten und für niemanden eine Bedrohung darstellten. Bekannt wurde die Gegend durch außergewöhnlich gute Heiler, die sich dort niedergelassen hatten. Hier in den Bergen, in aller Abgeschiedenheit gingen sie ihren Forschungen nach.

„Nett haben die Leute es hier“, gähnte Estela desinteressiert.

Eravelle hingegen blickte sich eingehend um. „Sieht alles mehr nach einem Kurort aus“, bemerkte sie.

„So war es auch ursprünglich gedacht gewesen“, wusste Alvar zu berichten. „Früher wurde dieser Ort vornehmlich von Adeligen frequentiert, die sich erholen wollten. Im Laufe der Jahre geriet Sarna aber fast in Vergessenheit. Nun scheint es jedoch so, als würde die Stadt etwas von ihrem alten Glanz zurückgewinnen.“

Dass der schwarzhaarige Elb immer nervöser geworden war, desto näher sie Sarna kamen, war mittlerweile nicht nur Lydia aufgefallen.

Prüfend zog Dana eine Augenbraue nach oben. „Stimmt was nicht? Du bist so unruhig wie ein Sack Flöhe.“

Alvar machte eine abwehrende Handbewegung, während Lydia diskret zur Seite schaute – immerhin kannte sie jetzt den Grund für Alvars Verhalten.
 

Dana verweilte einen Moment lang reglos auf dem Weg, den Alvar ihnen wies, und ließ sich die Sonnenstrahlen aufs Gesicht fallen. Noch besaß die Sonne nicht viel Kraft, aber Dana genoss es trotzdem. Es kam ihr vor wie hundert Jahre seit sie zuletzt so etwas gefühlt hatte.

„Trödel da nicht herum, Dana!“, rief Zack ihr von weiter vorn aus ungeduldig zu.

„Ja doch“, brummte Dana und zog dabei einen Schmollmund, wie ein kleines Kind.

Lanion hatte seine Hand in die von Lydia geschoben. Die Schultern hatte er hochgezogen, als wollte er sich verstecken.

Als sie vor einem hohem Gebäude schließlich stehen bleiben, atmete Alvar einmal ganz tief durch.

„Da wären wir“, verkündete er.

Das Gebäude war dreistöckig, zum Garten hin war der Anbau nur zweistöckig und weiß gestrichen, so wie die meisten anderen Häuser auch. Die architektonische Besonderheit war allerdings die verwinkelte Bauweise – an allen Ecken und Enden stachen Erker und Balkone hervor.

„Sieht ein bisschen, wie ein Kloster aus“, fand Zack.

Dana nickte zustimmend. „War es mal eins?“, erkundigte sie sich bei Alvar.

Dieser zuckte mit den Schultern. „Da bin ich leider überfragt“, gab er zu.

Estela, der von Natur aus nur wenig Zurückhaltung gegeben war, ging als erste näher heran. Sie ließ ihren Blick schweifen, doch weit und breit war niemand zu sehen. Ungeduldig schnaubte sie.

„Wohnt hier wirklich jemand?“, fragte sie.

Alvar setzte gerade zu einer Antwort an, als plötzlich das Eingangstor aufschwang. Unwillkürlich zuckte der Elb zusammen.

Hinaus trat eine Frau von vielleicht 60 Jahren mit langem schwarzen Haar, das erstaunlicherweise noch nicht ergraut war. Sie ging aufrecht und lächelte den Ankömmlingen unverwandt zu.

Alvar sackte merklich in sich zusammen. Jedoch räusperte er sich, ehe ihn ganz der Mut verließ. „Guten Tag, Mutter.“

Den anderen entgleisten fast augenblicklich die Gesichtszüge.

„Deine Mutter?“, brachte Dana erstaunt hervor. „Aber sie ist ein...“

„Mensch“, führte Mellryn ihren Satz zuende. Irritiert zog er die Augenbrauen zusammen.

Dana schüttelte den Kopf und schaute zu Lydia hinüber. „Hast du das gewusst?“, wollte sie wissen.

Lydia lächelte ein wenig verlegen. „Ja, habe ich.“ Mit Blick auf Alvar fügte sie hinzu. „Allerdings noch nicht allzu lange.“

Alvars Mutter wartete ab bis sich die Aufregung gelegt hatte und stellte sich erst anschließend vor. „Mein Name ist Adeline. Willkommen im Sanatorium von Sarna.“

Dana hatte das Gefühl etwas sagen zu müssen, wirkte dabei aber unsicher. „Vielen... Dank. Wir sind zu Euch gekommen, weil...“

Adeline hob eine Hand und Dana verstummte sogleich.

„Ich kann mir schon denken, weswegen Ihr gekommen seid“, wandte die Ältere ein. Zielsicher schwenkte ihr Blick von Eravelle über Estela bis hin zu Lanion. „Allerdings...“ Sie ließ ihre Hand vorschnellen und packte Alvar am spitzen Elbenohr. „Du wirst mir erklären, was hier vor sich geht“, bestimmte sie. Ihr Lächeln blieb dabei unverändert zuckersüß.

Alvar verzog das Gesicht. „Jawohl, Mutter.“

Lydia hatte bisher geglaubt, Alvar hätte bei seine Ausführungen über seine Mutter übertrieben, aber jetzt war sie sich da nicht mehr so sicher.

„Kommt doch herein“, bat Adeline die Gefährten, wobei sie allerdings nicht von Alvars Ohr abließ.
 

Das Fenster von Adelines Arbeitszimmer lag zur Südseite hinaus und dementsprechend hell war es auch. Der Raum war relativ groß und bot für die Gruppe genügend Platz.

Dennoch setzte sich Adeline nicht, sondern ging langsam auf und ab, bis sie schließlich vor Estela stehen blieb.

Die Dämonenpriesterin zog leicht den Kopf zurück und verschränkte abwartend die Arme vor der Brust.

„Was auch immer Ihr getan habt“, meinte Adeline nachdenklich, „äußerlich sind die Wunden nahezu verheilt, aber innerlich noch nicht.“

Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch diese Frau einen gewissen Grad an Magie beherrscht, dachte Estela.

Anschließend wandte Adeline ihren Blick Eravelle zu. „Ihr habt weitaus weniger abbekommen und die Verletzungen sind gut verheilt. Das einzige, was mir zu tun bleibt, wäre dann wohl zu verhindern, dass Narben bleiben.“

Eravelle blinzelte überrascht, sagte aber nichts weiter dazu.

Adeline schien von ihrem Wesen her äußerst irritierend zu sein. Außerdem beobachtete sie mit stoischer Gelassenheit.

Zur guter Letzt blieb die Heilerin vor Lanion stehen. Dieser versteckte sich sogleich hinter Dana und schlug ängstlich die Augenlider nieder. Zu ihm sagte sie gar nichts, sondern richtete ihre Worte erneut an ihren Sohn.

„So und nun möchte ich von dir hören, was geschehen ist“, entschied sie. „In allen Einzelheiten.“

„Ganz wie du möchtest, Mutter.“ Alvar seufzte resigniert. Gegen sie hatte er keine Chance.

Und Alvar berichtete tatsächlich sehr ausführlich, als würde er es nicht wagen etwas Wichtiges auszulassen. Das Gesicht seiner Mutter blieb während der ganzen Zeit über ausdruckslos und sie faltete die Hände.

„Verstehe“, war ihr einziger Kommentar, als Alvar geendet hatte.

Unter den neugierigen Blicken der Gefährten ging die Ärztin zum Fenster hinüber. „Wartet bitte einen Moment“, sagte sie und streckte dann den Kopf nach draußen. „Hättet ihr die Güte da raus zu kommen?“

Im Baum, der vorm Fenster wuchs, raschelten die Blätter. Kurz darauf landete auf dem Boden daneben leichtfüßig ein Junge, der vermutlich in Lanions Alter war. Trotzig zog er die Augenbrauen zusammen. Das besondere an seiner Erscheinung war die Tatsache, dass er nur einen Arm hatte. Der Linke fehlte ihm, aber dafür war er sehr geschickt geklettert.

Adeline zog eine Augenbraue nach oben. „Du auch, Mili.“

Es dauerte keine zwei Sekunden, bis ein elbisches Mädchen neben dem Jungen stand.

Lächelnd wandte sie sich ihren Gästen zu. „Darf ich vorstellen? Jala und Miliende, meine neugierigen Dauergäste.“

„Wir wollten nur wissen, wer die Fremden sind“, rechtfertigte sich Jala.

„Dann macht euch doch nützlich und führt unsere Gäste in den Speisesaal“, schlug Adeline vor. „Sie haben sicherlich Hunger nach ihrer langen Reise.“
 

„Ich glaube, das muss ich erst mal alles verarbeiten“, murmelte Dana, als Mili und Jala sie in den Saal führten.

Interessiert betrachtete die Elbenprinzessin Alvar aus den Augenwinkeln. „Wie alt bist du nun wirklich?“, fragte sie.

„Etwas älter, als ich aussehe.“ Alvar wirkte verlegen. „35.“

„Als Halbelb alterst du langsamer, aber nicht so, wie wir“, bemerkte Mellryn. Selbst ihm waren bisher nicht allzu viele Halbelben untergekommen.

„Das ist richtig“, bestätigte Alvar nickend.

Schwungvoll drehte sich Miliende zu ihnen um. Sie war ein wenig größer als Jala und ungewöhnlich schlank, was von einem entbehrungsreichem Leben herrührte. Über ihre Wangen zog sich waagerecht eine Narbe. Auch sie musste in der Vergangenheit viel durchgemacht haben.

„Bist du wirklich eine Prinzessin?“, fragte sie an Dana gewandt.

Dana biss sich leicht auf die Unterlippe. „Ähm... ja.“

Mili grinste. „Und wir dachten, das wären nur Märchen, nicht wahr, Jala?“

Kurz schaute sich Junge um. „Stimmt genau.“ Misstrauen klang in seiner Stimme mit.

„Und was macht ihr hier?“, wechselte Dana das Thema. „Lebt ihr im Sanatorium?“

„Jupp“, machte Mili und verschränkte die Hände dabei hinterm Kopf. „Wir sind beide Waisen. Meisterin Adeline hat uns aufgenommen.“

„Das tut mir leid“, entgegnete Dana unbehaglich.

Doch Mili winkte ab. „Schon gut.“
 

Eravelle, Estela und Lanion waren bei Adeline zurückgeblieben, die sich um ihre Versorgung kümmerte. Mit dem jungen Elben hatte sie es am schwierigsten, da dieser kaum jemanden an sich heranließ. Estela murrte ständig vor sich hin. Lediglich Eravelle verhielt sich pflegeleicht.

„Mit Dämonen sollte man sich eben nicht anlegen“, seufzte Adeline kopfschüttelnd und blickte dabei zwischen Estela und Lanion hin und her.
 

End of Part 60

Überraschende Nachricht für Lydia

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir

übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 61 von ?
 


 

Der Speisesaal war groß und hell, wie alles in Sarna und an den langen Tischen waren beinahe sämtliche Plätze belegt. Offenbar aßen hier nicht nur Sanatoriumspatienten und Mitarbeiter. Auch Menschen, die ärmlich wirkten und solche, die verschiedene Behinderungen hatten, bekamen hier eine warme Mahlzeit.

„Wow, ich hätte nicht gedacht, dass es hier so viele Leute gibt“, staunte Zack.

Mili grinste. „Die gehören nicht alle zum Sanatorium, aber das Essen hier ist günstig, damit auch ältere und kranke Menschen nicht verhungern müssen.“

Jala organisierte inzwischen bereits genug Plätze an einem Tisch, damit sie sich nicht getrennt zum Essen begeben mussten.

„Das duftet wirklich köstlich!“, freute sich Dana. In letzter Zeit hatten sie nicht mehr allzu viele gute Mahlzeiten genießen dürfen und so füllte sich die Prinzessin mit Appetit ihren Teller mit den angebotenen Kartoffeln und Rotkohl.

„Das ist wahr, es riecht wirklich lecker!“, stimmte auch Zack zu und schon begannen die beiden Ziehgeschwister ihre leeren Mägen zu füllen, was bei der restlichen Gruppe für breites Grinsen sorgte.

Während des Essens ließ Lydia eine Frage nicht los.

Jala war ganz offensichtlich körperlich beeinträchtigt mit einem fehlenden Arm. Nun fragte sich die Geschichtenerzählerin, warum Miliende im Sanatorium wohnte, denn sie wirkte nicht krank und eine Behinderung hatte sie bisher auch nicht entdecken können.

Mili schien zu bemerken, was Lydia beschäftigte, heftete ihren Blick auf sie und antwortete, bevor Lydia fragen konnte. „Ich habe ein krankes Herz.“

Alle Augen wandten sich um zu dem elbischen Mädchen.

„Oh, das…“, stammelte Lydia, „das tut mir Leid.“

Doch Mili winkte wie auch schon zuvor bei Dana abermals ab. „Schon okay. Ich lebe damit, es ist nicht schlimm.“

Dennoch sank die Stimmung ein wenig und die Gespräche am Tisch wurden leiser.

„Nun“, begann Mellryn, in der Hoffnung, die Stimmung wieder zu heben, „deine Mutter ist Magierin, nicht wahr?“ Die Worte waren direkt an Alvar gerichtet. Dieser zuckte ein wenig zusammen.

„Ja, natürlich. Sonst wäre sie kaum so weit gekommen bisher, immerhin ist sie schon einundsechzig.“

„Alvar, man verrät das Alter einer Dame nicht!“, kicherte Dana, milde tadelnd. Sie fing sich daraufhin einen grimmigen Blick des Halbelben ein.

„Ob sie sich ihre Haare färbt?“, fragte sich Lydia.

„Sie hat sicher magische Tricks dafür“, mutmaßte Zack.

„Darauf wollte ich gar nicht hinaus“, seufzte dagegen Mellryn.

„Worauf dann?“, wollte Zack neugierig wissen.

„Nun ja, ich habe mich gefragt, wie gut ihre Heilkünste wirklich sind. Wenn sie Magierin ist, kann sie sicherlich jede Menge Heilzauber anwenden. Und ihr Wissen ist enorm. Sie hat sofort gewusst, was mit Estela und Eravelle los ist.“

Dana erkannte als erstes, worauf Mellryn hinaus wollte. „Du fragst dich, ob sie in der Lage ist, dir zu helfen, nicht wahr?“

Ein leichtes Nicken bestätigte den Verdacht der Prinzessin.

„Was hast du denn?“, fragte Jala neugierig und musterte den Elben beinahe aufdringlich, bis ihm das fehlende Auge auffiel, eine Tatsache, die lediglich hinter einer Haarsträhne versteckt war. Es erschreckte den Jungen allerdings nicht so sehr, wie Mellryn vermutet hätte. Vermutlich, weil Jala selbst ein Körperteil fehlte und er täglich Menschen mit Behinderungen sah.

„Du hast uns nie erzählt, wie du dein Auge verloren hast“, fiel da Zack ein.

Dieses Thema schien dem Prinzen unangenehm zu sein und er senkte den Blick, unschlüssig, was er sagen sollte.

In dem Moment war es jedoch Lydia, die Aufmerksamkeit auf sich zog.

„Ich… mir ist schlecht, ich geh mal eben…“, stammelte sie, kreidebleich im Gesicht.

„Oh, warte, ich zeige dir die Toilette“, bot Mili an und schon waren die beiden jungen Frauen verschwunden.

„Was war das denn jetzt?“, fragte Dana stellvertretend für alle, die am Tisch verblieben waren.
 

Adeline hatte den Schaden erkannt, den Lanions Seele erlitten hatte, doch selbst als erfahrene Heilerin wusste sie, wie schwer es für ihn werden würde, diesen Schaden zu beheben.

„Sich mit Dämonen einzulassen ist immer schädlich für die Seele und diese Schäden können nie vollständig geheilt werden“, erklärte sie.

Diese Nachricht erschreckte Eravelle ein wenig und mit einem Blick auf Estela überlegte sie, inwieweit die Seele dieser Priesterin bereits angegriffen sein mochte.

„Man kann zwar große Macht erhalten und wird viele Vorteile durch eine solche Verbindung haben, aber ist das den Verlust des eigenen Selbst wert?“

Estela schnaubte verächtlich bei diesen Worten. „Wenn man stark genug ist, dann kann der Dämon einen auch nicht so überrumpeln!“

„Aber wer ist schon stark genug? Ein Kind in diesem Alter jedenfalls nicht!“, war Adelines scharfe Antwort darauf. „Und man kann noch so stark sein – am Ende verliert man nicht nur seine Seele, sondern auch seinen Körper an den Dämon. Das wirst du sicher schon bemerkt haben, Priesterin!“

Diesmal verkniff sich Estela einen Kommentar, denn sie wusste, wie Recht die Heilerin mit ihren Worten hatte. Sie spürte es selbst bereits recht deutlich – je öfter sie ihre dämonischen Kräfte benutzte, desto mehr verschlang er sie.

„Der Kleine hat Glück, dass er recht schnell wieder von dem Dämon getrennt wurde. Seine Seele lässt sich zum Großteil wiederherstellen, aber es wird Jahre dauern. Und ob er dann seine Stimme zurückerhält ist fraglich“, erklärte die Heilerin.

„Jahre? Das ist viel“, sagte Eravelle leise.

„Das Beste wird sein, wenn Lanion bis zu seiner Genesung hier im Sanatorium bleibt. In Mili und Jala wird er bestimmt treue Freunde finden“, sagte Adeline sanft, hauptsächlich an Lanion selbst gerichtet.
 

Nach dem Essen zeigte Jala den Gefährten die Zimmer, in denen sie erst einmal übernachten konnten. Es handelte sich dabei um zwei Vierbettzimmer.

„Mehr Zimmer können wir euch leider nicht anbieten, das Sanatorium hat gerade im Winter immer viele Patienten“, entschuldigte sich Jala.

„Das macht doch nichts. Wir sind es gewohnt, beieinander zu sein“, versicherte Dana schnell.

„Fragt sich nur, wie wir uns diesmal einteilen“, überlegte Zack. „Eravelle und Estela in einem Zimmer – das könnte schief gehen.“

In dem Moment, wo er das sagte, kamen Estela, Eravelle und Lanion gerade auf den Rest der Truppe zu.

„Oh, habt ihr grad über uns gesprochen?“, fragte Estela mit künstlich hochgezogenen Augenbrauen.

„Äh, nichts weiter, wir haben nur grad über die Zimmeraufteilung gesprochen. Mellryn, Eravelle, Zack – ihr kommt mit mir hier rein“, beschloss Dana schnell und zog ihren Ziehbruder gleich in eines der beiden Zimmer.

„Wo ist Lydia?“, fragte Eravelle, nachdem sie die Geschichtenerzählerin nicht entdecken konnte.

„Das frage ich mich auch“, entgegnete Alvar besorgt.
 

„Ich verstehe das gar nicht“, seufzte Lydia, die sich den Schweiß von der Stirn wischte und sich furchtbar elend fühlte. „Mir ist sonst nie schlecht.“

„Am Essen lag es sicher nicht, sonst ginge es nicht nur dir schlecht“, überlegte Mili, die der Geschichtenerzählerin nicht von der Seite gewichen war.

„Nein, das glaub ich auch nicht“, sagte die Leidende, bevor sie sich erneut übergeben musste.

„Vielleicht kann Meisterin Adeline dir weiterhelfen?“, schlug Mili vor.

„Das hoffe ich!“, ächzte Lydia nur.

„Ich gehe sie holen!“
 

Es dauerte nicht lang, bis Mili in Begleitung Adelines zu Lydia zurückkam.

„Was habt Ihr?“, fragte die Heilerin besorgt und besah sich die junge Frau, die da vor ihr hockte.

„Ich weiß nicht. Mir ist irgendwie übel.“

Adeline nickte nur kurz. „Mili, hol einen Becher Wasser“, bat sie die Elbin, bevor sie sich wieder Lydia zuwandte.

Sie machte ein paar Abtastungen, sah sich Augen und Mundhöhle an und benutzte schließlich ihre Magie, um eine Diagnose stellen zu können.

„Oh“, machte Adeline überrascht, als sie schließlich ahnte, was los war.

Die Geschichtenerzählerin sah die Heilerin skeptisch an. „Oh?“

„Sagt, wann war Eure letzte Blutung?“

Das war der Moment, in dem es Lydia beinahe wie Schuppen von den Augen fiel.

„Das ist schon eine Weile her...“

Diese Worte bestätigten Adelines Verdacht.

„Dann ist alles in Ordnung. Ihr seid nicht krank. Ihr seid schwanger!“
 

End of Part 61

Zusammenhalt

Author: Bina-chan86

Part 62/?
 

Als Miliende wenig später zurückkehrte, fand sie eine völlig aufgelöste Lydia vor. Verwirrt warf sie einen Blick in die Richtung von Meisterin Adeline, ehe sie der Geschichtenerzählerin das Wasserglas in die zitternden Hände drückte.

„Alles in Ordnung?“, fragte sie besorgt.

Lydia konnte bloß nicken. Sie trank einen großen Schluck Wasser und biss dann wieder fest die Zähne zusammen – so sehr kochte sie innerlich.

Adeline lächelte gelassen. „Geh ruhig zu den anderen zurück, Mili, den Rest schaffe ich allein. Es ist alles in Ordnung.“

Mili wirkte zwar so, als würde sie davon kein Wort glauben, zuckte aber bloß mit den Schultern und trat dann den Rückzug an.

„Gehen wir lieber in mein Arbeitszimmer“, schlug Adeline an Lydia gewandt vor, da sie bereits ahnte, dass sich der Sturm noch nicht gelegt hatte.

Lydia nickte abermals und ließ sich dann widerstandslos durch den Gang schieben.

Adeline hatte kaum die Tür hinter sich geschlossen, als Lydia schon einen aufgebrachten Laut von sich gab.

„Ich kann es einfach nicht glauben. Ich meine, ich… Ich kann einfach nicht schwanger sein. Das ist unmöglich!“ Lydia lief im Zimmer auf und ab und strich sich dabei fahrig die Haare zurück. „Ich bin erst neunzehn Jahre alt.“ Ruckartig hob sie eine Hand hoch. „Und ja, ich weiß, dass es durchaus Frauen gibt, die in dem Alter schon verheiratet sind. Aber so eine bin ich nicht. Ich hatte noch so viel vor…“

Adeline legte ihr die Hand auf die Schulter. „Beruhige dich, sonst fängst du gleich an zu hyperventilieren.“ Sie wählte dabei bewusst die vertrautere Anrede. Immerhin hatte sie inzwischen Eins und Eins zusammengezählt und ahnte, wer der Vater war.

Lydia versuchte tief durchzuatmen, was aber nur wieder in kurzen unregelmäßigen Atemzügen endete.

Geduldig schaute Adeline sie an. Solche Reaktionen war sie bereits gewohnt. Genau genommen hatte sie von überschäumender Freude bis hin zu Verwünschungen schon so gut wie alles gesehen.

Endlich nahm Lydia auf einem Sessel Platz. Sie vergrub das Gesicht in den Händen. „Was soll ich denn jetzt tun? Ich kann keine Mutter sein. Niemand hat mir beigebracht, wie das geht.“

Zwar konnte Adeline ihr Gesicht nicht sehen, nichtsdestotrotz konnte sie am Klang ihrer Stimme erkennen, dass sie den Tränen nahe war. „Wie kannst du dir so sicher sein, dass du keine gute Mutter sein wirst?“, fragte die Ärztin sanft.

„Ich bin von meiner Familie fortgelaufen“, gestand Lydia. „Meine eigene Mutter war ständig mit anderen Dingen beschäftigt, sie hatte also kaum Zeit für mich. Ich will nicht ebenso werden.“ Sie schluckte. „Ich glaube nicht, dass ich das kann.“

Das arme Mädchen ist ja total durch den Wind, dachte Adeline mitfühlend, sprach diese Überlegung jedoch nicht laut aus.

„Aber du musst das nicht allein durchmachen“, sagte sie stattdessen.

Lydias Kopf ruckte hoch und sie lief knallrot an. „Ihr wisst es, oder?“

„Sagen wir es mal so, ich kann mir vorstellen, wer der Vater ist“, entgegnete Adeline unverbindlich. „Lieber wäre es mir allerdings, wenn du es mir sagst.“

„Alvar“, nuschelte Lydia undeutlich.

Adelines Lächeln wurde breiter, was Lydia ein wenig nervös machte. „Entschuldigst du mich für eine Sekunde? Nur für einen winzigen Moment?“

„Äh, sicher.“
 

Da man Lanion separat untergebracht hatte, war Alvar allein mit Estela in einem Zimmer.

Die Dämonenpriesterin hatte es sich auf einem der Betten bequem gemacht und lag auf dem Bauch. Sie seufzte. „Alvar, wenn du noch länger im Kreis läufst, dann sind bald Löcher im Teppich.“

Alvar blieb stehen und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Entschuldige“, murmelte er. „Ich frage mich nur, wo Lydia so lange bleibt.“

„Dann geh sie doch suchen“, meinte Estela pragmatisch.

Ehe Alvar antworten konnte, vernahm er schnelle Schritte auf dem Gang. Er dachte schon, es wäre Lydia, aber sehr bald wurde er vom Gegenteil überzeugt.

„ALVAR!“, rief Adeline – in einer beachtlichen Lautstärke. „Du trittst jetzt sofort hier an, andernfalls mögen dir die Götter Gnade gewähren!“

Alvar versuchte so eilig zur Tür zu gelangen, dass er beinah über seine eigenen Füße gestolpert wäre. Estela folgte ihm neugierig hinaus, gemessenen Schrittes allerdings.

Dana und ihre Zimmergefährten wurden durch den Aufruhr ebenfalls auf den Flur gelockt.

Adeline verschränkte die Arme, als ihr Sohn endlich vor ihr stand. „In mein Arbeitszimmer! Sofort!“ Ihr Tonfall duldete keinen Widerspruch.

Alvar schrumpfte merklich. „Jawohl, Mutter!“

Estela wusste zwar nicht, was da genau vor sich ging, dennoch konnte sie sich ein Grinsen nicht verkneifen. So folgsam hatte sie Alvar noch nie erlebt.

Dana starrte dem dunkelhaarigen Elben und seiner Mutter fassungslos nach. „Was war das gerade?“

Zack sah über ihre Schulter hinweg und gähnte dann herzhaft. „Das erfahren wir früh genug. Geh lieber wieder ins Bett.“

Dana nickte, wandte ihren Blick noch ein letztes mal den Gang hinunter und folgte dann Zacks Vorschlag.
 

Am darauf folgenden Morgen holte ein Klopfen Dana aus dem Reich der Träume. Sie blinzelte und versuchte dabei die Haarsträhnen zu bändigen, die ihr wild ins Gesicht fielen.

„Ja?“, sagte sie schließlich.

„Guten Morgen“, ließ sich Jalas Stimme von draußen vernehmen. „Ich wollte euch nur sagen, dass es in einer halben Stunde Frühstück gibt.“

„Vielen Dank“, entgegnete Dana. „Wir werden pünktlich sich.“ Sie streckte sich ausgiebig und rollte dann auf den Rücken.

Neben ihr regte sich Zack langsam. „Frühstück?“

Dana schmunzelte. „War ja klar, dass du das hörst.“

Eravelle war als erste auf den Beinen. Sie glättete das Gewand, das sie zum Schlafen trug notdürftig mit den Fingern und trat dann ans Fenster. Zögerlich öffnete sie den Vorhang einen Spalt und linste nach draußen.

Die Sonne schien, wie bereits am Tag zuvor. Es war beinah so, als hätte sich das Wetter dazu entschlossen, ihnen wenigstens für ein paar Tage eine Freude zu bereiten. Eravelle wusste, dass der Gedanke kindisch war, aber sie lächelte trotzdem.

Amüsiert schaute Mellryn zu ihr hinüber. „Schönes Wetter war dir schon immer am liebsten“, bemerkte er. Verstohlen beobachtete er dabei, wie sich das Sonnenlicht ihre Haare erstrahlen ließ – es sah aus wie eine Kopfbedeckung aus reinem Licht.

„Du siehst aus wie eine Heilige“, warf Zack neckend ein.

Eravelle schnitt ihm eine Grimasse. „Ich bin alles andere als eine Heilige.“

Dana konnte sich derweil noch nicht so recht von ihrem Bett trennen. So bequem und friedlich hatte sie lange nicht mehr geschlafen. Sie vergrub ihr Gesicht im Kissen, das herrlich nach frisch gewaschener Wäsche duftete. Dieser Duft erinnerte sie an ihr Zuhause und an Sania, die sie mittlerweile genauso wie ihren Ziehvater Migal schrecklich vermisste.
 

Miliende holte die Gruppe zum Frühstück ab. Offenbar hatte Adeline ihr eingebläut, besonders höflich zu ihren Gästen zu sein.

Überrascht stellte Eravelle fest, dass Estela aus dem anderen Zimmer allein erschien. „Wo sind Lydia und Alvar?“, wunderte sie sich.

Estela zuckte ratlos mit den Schultern. „Da bin ich überfragt.“

Aber Mili wusste die Antwort. „Meisterin Adeline hat ihnen ein anderes Zimmer zur Verfügung gestellt. Sie sagte, die beiden hätten einiges zu besprechen.“

„Besprechen“, wiederholte Dana. Irritiert zog sie die Augenbrauen zusammen. Das alles kam ihr doch mehr als merkwürdig vor.

„Zerbrich dir später darüber den Kopf. Du hast bestimmt noch Gelegenheit, Alvar und Lydia selbst danach zu fragen. Gehen wir jetzt lieber frühstücken“, mahnte Zack sie zur Eile. Wenn er nichts zu Essen bekam, wurde er schnell unleidlich.

„Ja, ja“, gab Dana zurück. Flüchtig erhaschte sie aus dem Augenwinkel einen Blick auf Mellryn. Bisher hatte ihr Bruder ihnen noch immer nicht berichtet, wie er sein Auge verloren hatte. Ob er noch immer nach den richtigen Worten suchte?
 

Als Lydia erwachte, fühlte sie sich bei weitem nicht so schlecht, wie sie befürchtet hatte.

„Guten Morgen!“

Lydia drehte sich um und stellte fest, dass Alvar wohl schon eine ganze Weile wach sein musste. „Schläfst du denn nie aus?“ Sie hatte versucht streng zu klingen und doch war ihr Tonfall eher amüsiert.

„Ich konnte nicht aufhören dich anzusehen“, gestand er ein wenig schüchtern. „Euch anzusehen.“

Lydia schnaubte. „Ah, richtig! Jetzt fällt es mir wieder ein. Du bist ja schuld an meiner Situation.“

Alvar grinste und kam sich dabei ein bisschen wie ein verliebter Trottel vor. Er entschuldigte sich mit keinem Wort. Auch am Vorabend hatte er das nicht getan. Er hatte lediglich gesagt: „Zusammen schaffen wir das.“ Zwar fühlte sich Lydia der Situation noch immer nicht gewachsen, aber Alvars Reaktion hatte sie erleichtert.

Sie dachte an den Abend zurück. Alvar hatte sich von seiner Mutter so einiges anhören müssen. Adeline neigte außerdem dazu wild zu gestikulieren, wenn sie sich über etwas oder jemanden aufregte. Das hatte ihrem Auftritt eine gewisse Dramatik verliehen. Sie hatte mit ihrem Sohn geredet, wie mit einem ungehorsamen Kind, hatte ihn gefragt, ob er ihr nie zugehört hatte, wenn sie über Verhütung sprach – immerhin war sie Ärztin. In der Tat war Alvar dieses Thema ein wenig peinlich.

Es folgte eine langer Vortrag von Adeline, in dem zu Lydias großer Erheiterung Worte wie „Bienchen“ und „Blümchen“ vorgekommen waren.

Der markanteste Unterschied in den Reaktionen von Lydia und Alvar bestand wohl darin, dass Alvar die Neuigkeit Vater zu werden äußerst erfreut aufnahm. Im ersten Moment hätte Lydia ihn dafür erwürgen mögen, aber bereits wenige Sekunden später war ihr klar, dass ihr Ablehnung seinerseits auf keinen Fall lieber gewesen wäre.

„Du bist mit deinen Gedanken ganz weit weg“, flüsterte Alvar in ihr Ohr und küsste sie dann sanft auf die Wange.

„Mir geht so vieles im Kopf herum“, antwortete Lydia ernst. „Ich weiß einfach nicht, ob ich dem gewachsen bin.“

Alvar ergriff lediglich ihre Hand – da er ahnte, dass zu viel Nähe derzeit eher kontraproduktiv gewesen wäre – und strich beruhigend über den Handrücken. „Zusammen schaffen wir das“, sagte er aus tiefster Überzeugung heraus. „Lydia, ich liebe dich und ich würde dich niemals im Stich lassen.“

„Das weiß ich“, entgegnete Lydia bedächtig. „Aber der ganze Umstand ist wie… ein Sprung ins kalte Wasser. Meine Mutter war nie eine richtige Mutter für mich, wenn man mal vom biologischen Aspekt absieht. Mir hat quasi nie jemand vorgemacht, wie es geht.“

„Finden wir es heraus.“ In Alvars azurblauen Augen lag ein fast schon flehender Ausdruck.

Lydia stieß ihn gegen die Schulter. „Wie könnte man dir etwas abschlagen?“

„Nein.“ Alvar schüttelte ganz langsam den Kopf. „Du sollst dieses Kind nicht bekommen, weil du dich mir gegenüber verpflichtet fühlst, sondern nur, wenn du es auch selber willst.“

Lange sah Lydia ihn an. „Jetzt habe ich vielleicht noch ein wenig Angst, aber ich könnte nie etwas ablehnen, was uns beide verbindet. Wahrscheinlich würde ich mich immer fragen, wie es gewesen wäre und den Gedanken könnte ich nicht ertragen. Ich liebe dich und auch unser Kind werde ich lieben.“

Alvar lächelte, als hätte sie ihm mit diesen Worten ein Geschenk gemacht. Womöglich, weil sie zum ersten mal „unser Kind“ gesagt hatte.

Er beugte sich über sie und küsste sie erst auf die Stirn und dann auf die Lippen. Anfangs zögerlich, später mit wachsender Leidenschaft erwiderte sie seine Zuwendung. Mit dem Ellenbogen stützte Alvar sich ab, während er mit der Hand des anderen Arms unter ihr Oberteil fuhr und die samtweiche Haut ihres Bauches berührte.

Lydia löste den Kuss und zog einen Mundwinkel nach oben. „Ich denke, jetzt ist es auch egal.“

„Wenn du das sagst“, erwiderte Alvar grinsend.
 

Man wollte Lanion ein wenig Ruhe gönnen und ihn nicht unbedingt dem Trubel des morgendlichen Speisesaals aussetzen.

Adeline hegte die Hoffnung, dass der junge Elb am ehesten auf jemanden reagieren könnte, der in seinem Alter war. Aus diesem Grunde hatte sie Mili und Jala, die so etwas wie ihre besonderen Schützlinge waren, mit dem Frühstück zu ihm geschickt.

Mili klopfte. „Dürfen wir hereinkommen?“, fragte sie, obgleich sie wusste, dass Lanion ihr nicht antworten konnte. Sie wartete einen Augenblick ab, ehe sie die Tür öffnete.

Lanions Zimmer war nicht besonders groß, aber dafür nicht ganz so karg eingerichtet wie die Krankenzimmer. In dem Raum gab es ein Bett, einen mit Schnitzereien verzierten Schrank sowie ein Sofa mit dazugehörigem Tisch. Das Fenster lag zur Ostseite hinaus, wodurch das Zimmer um diese Uhrzeit und dank der Sonne lichtdurchflutet war.

„Guten Morgen!“, sagte Jala, der Mili gefolgt war.

Die Elbin stellte das Tablett, das sie bei sich trug auf dem Tisch ab und lächelte Lanion dann freundlich zu.

Der Junge rutschte seinerseits auf den äußersten Rand der Couch und betrachtete die beiden misstrauisch aus seinen eisblauen Augen.

„Keine Sorge, wir wollen dich nicht lange stören“, plapperte Mili munter drauflos. „Wir müssen uns sowieso gleich in der Küche zum Putzen melden. Meisterin Adeline wird böse, wenn wir uns drücken.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Du hast Glück, zu dir ist sie bestimmt sehr nett. Wenn dich jemand wieder heilen kann, dann sie. Sie ist eine tolle Ärztin!“

Lanions Gesicht zeigte tatsächlich eine Regung – er wirkte überrascht. Die anderen sprachen nicht so offen zu ihm. Die meisten richteten ihre Worte nicht mal an ihn direkt.

„Jala und mich hat sich auch wieder hinbekommen“, fuhr Mili fort.

Demonstrativ tippte sich Jala auf die linke Schulter. „Inzwischen kann ich sogar mit nur einem Arm klettern“, sagte er stolz.

Unsicher neigte Lanion den Kopf zur Seite.

Mili und Jala tauschten einen Blick miteinander aus und grinsten dann beide.

„Na ja, wir hoffen jedenfalls, dass du dich hier gut einlebst“, meinte Jala dann.
 

„Wo wart ihr so lange?“ Estela hatte Lydia und Alvar als Erste bemerkte, als sie in den Speisesaal traten. „In der Zeit wäre Zack schon dreimal mit dem Essen fertig gewesen.“

Zack schnaubte. „Heh!“

Estela überging seinen Einwurf mit einem Schulterzucken.

„Ist irgendwas passiert?“, fragte Dana nun sachlicher.

„In gewisser Weise könnte man es so sagen… irgendwie“, gab Alvar zögerlich zurück. Er sah zu Lydia, die knapp nickte und unter dem Tisch seine Hand drückte als sie sich setzten.

„Also schön…“, begann Alvar, hielt dann aber doch noch einmal inne.

„Jetzt mach es doch nicht so spannend“, murrte Dana. „Was ist los?“

Alvar atmete tief durch. „Wir bekommen ein Kind.“

Sofort herrschte Totenstille am Tisch und um ein Haar hätte Zack seine Gabel fallen lassen.

Dadurch verunsichert, gestikulierte Alvar mit den Händen. „Also, vielmehr Lydia, aber ich…“

„Ich glaube, sie haben es auch so verstanden“, bremste Lydia ihn, bevor er etwas sagen konnte, was ihm später vielleicht peinlich sein würde.

„Wow!“, brachte Dana schließlich hervor. „Das ist ja toll. Meinen Glückwunsch!“

„Seit wann wisst ihr es?“, erkundigte sich Eravelle.

„Seit gestern Abend, um ehrlich zu sein“, gab Lydia zu.

Estela grinste unverhohlen. „Aha, deswegen habt ihr euch also aus dem Staub gemacht.“

Mellryn, der konventioneller eingestellt war, errötete leicht. Doch auch er erbot seine Glückwünsche.

Verlegen ließ sich Lydia die Haare ins Gesicht fallen. „Ich bin wirklich aus allen Wolken gefallen.“

„Wieso?“, warf Estela ein. „Hat man euch nichts über…“

„Sag es nicht!“, fielen ihr Alvar und Lydia gleichzeitig ins Wort.

Estela schürzte zwar die Lippen, hielt aber brav den Mund.

Adeline war es letztendlich, die ihren Sohn und Lydia davor bewahrte mit Fragen gelöchert zu werden. Freundlich lächelnd trat sie an ihren Tisch.

„Ich hoffe, ihr habt gut geschlafen?“

„Herrlich!“, lautete Danas begeisterte Antwort. „Die Betten in den Gaststätten, in denen wir bisher übernachtet haben, waren nicht halb so bequem.“

„Das freut mich“, erwiderte Adeline schmunzelnd. „Wenn ihr mit dem Frühstück fertig seid, würde ich euch gerne ein wenig das Gelände zeigen. Ihr werdet ja vermutlich noch eine Weile bei uns bleiben.“

Eifrig nickte Dana. „Das wäre sehr freundlich.“ Offenbar hatte das Sanatorium ihr Interesse geweckt.“

Adeline faltete die Hände. „Gut, was haltet ihr davon, wenn wir uns in zehn Minuten vor dem Eingang treffen?“

„Abgemacht.“
 

An das verwinkelte Wohngebäude des Sanatoriums schloss sich ein weitläufiger Garten an, in dem zu dieser Tageszeit einige Patienten spazieren gingen. Weiter hinten zeigte Adeline der kleinen Gruppe einen Obstgarten. Die Gewächse dort schüttelten langsam den Schleier des Winters von sich ab. Noch waren keine frischen Triebe zu erkennen – dazu war es dann doch noch zu früh – aber erahnen konnte man schon, wie es hier bald aussehen würde.

Dana hielt inne und beschwor für einen Moment den Frühling in Rawena vor ihrem inneren Auge hervor. Als sie sich wieder umblickte, stellte sie fest, dass die anderen wohl mit ähnlichen Gedanken beschäftigt waren. Selbst Estela wirkte sehr friedlich.

Da Adeline die anderen mit ihren Ausführungen über die Geschichte der Einrichtung fesselte, fiel es zunächst gar nicht auf, dass Mellryn sich zurückfallen ließ.

Lediglich Eravelle blickte über ihre Schulter hinweg. Mittlerweile hatte sie ein Gespür dafür entwickelt, wenn mit ihm etwas nicht stimmte.

„Du bist so still“, stellte sie fest, als sie sich zu ihm gesellte. „Noch stiller als sonst.“

„Jeder hat Dinge, an die er nicht gerne erinnert wird“, sagte Mellryn leise. Mit den Fingerspitzen fuhr er über die Stelle, an der einst sein rechtes Auge gesessen hatte. Er fühlte dabei die Narbe. „Den anderen zu sagen, wer mir mein Auge genommen hat, ist nicht das Problem. Aber mich an diesen Tag zu erinnern, ist möglicherweise mehr als ich ertragen kann.“

Eravelle biss sich auf die Unterlippe. Sie wusste genau, was er damit sagen wollte, denn an diesem schicksalhaften Tag war sie dabei gewesen. Nur zu gut konnte sie sich an ihr eigenes Entsetzen und ihre Hilflosigkeit erinnern. Und ihre Wut. Zu keinem anderen Zeitpunkt hatte sie mehr Wut empfunden. Das hatte sie sogar so weit getrieben, dass sie einen Gegner attackiert hatte, der ihr haushoch überlegen gewesen war. Wie durch ein Wunder war sie der Vergeltung entkommen. Gleichwohl hatte sie es nicht mit ansehen können, wie man versuchte Mellryn durch Folter zum Reden zu bringen. Strikt hatte sich der Elbenprinz geweigert die Geheimnisse seiner Familie sowie den Aufenthaltsort der Rebellen preis zu geben. Letztendlich hatte ihn das sein Auge gekostet.

Mellryn hatte seine verkrampften Hände zu Fäusten geballt. Er atmete schwer.

„Ruhig“, flüsterte Eravelle mit sanfter Stimme in sein Ohr. „Quäle dich nicht selbst deswegen.“ Geduldig löste sie die verkrampften Finger und streichelte ihm dabei über den Rücken.

„Haryon“, stieß Mellryn hervor. „Irgendwann wird er dafür büßen, dass er mir mein Auge genommen hat.“
 

End of Part 62

Gespräche

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan86.

Part 63 von ?
 


 

„Ich soll was?“

Sania fiel bald aus allen Wolken, als sie hörte, was genau ihre Ziehtochter ihr da für eine nette Aufgabe gebracht hatte.

Jules und Silivren waren heil in Rawena angekommen und hatten sogleich das Haus von Sania und Migal angesteuert.

„Nun....“ Jules fühlte sich nicht wirklich wohl in seiner Haut.

„Ich hatte gehofft, Zack und Dana würden endlich wieder nach Hause kommen. Und statt dessen sagst du mir, dass sie vorhaben, Dana auf den Thron zu bringen? Sind die beiden denn lebensmüde?“ Sania schnaubte – aber nicht vor Wut, sondern eher aus Angst.

„Beruhige dich, Liebling“, versuchte Migal sein Glück.

Die kleine Halbelbin blickte derweil mit ihren blaugrünen Augen unschlüssig zwischen den drei Erwachsenen hin und her und wusste nicht so Recht, was sie nun tun sollte.

Ihre Finger nestelten nervös an ihrer Tasse Tee herum, den sie bekommen hatte und die sie immer wieder zurück auf den Tisch stellte, weil ihr das Getränk noch zu heiß zum Trinken war.

Als ihr Blick wieder auf die rundliche Frau fiel, die Dana und Zack aufgezogen hatte, wurde ihr Blick beinahe unerwartet erwidert.

Sania seufzte. „Sie wusste es, nicht wahr? Sie wusste, dass ich diesen Augen sowieso nicht widerstehen könnte.“

„Sie hat es sicher nicht böse gemeint“, versuchte Jules die Elbenprinzessin zu verteidigen.

„Nein, natürlich hat sie das nicht. Sie ist ein liebes Mädchen.“

Jules sah die Schneiderin bittend an. „Kann Silivren denn hier bleiben?“

Diese Bitte brachte die rundliche Frau zum Lachen. „Natürlich, Dummchen. Wie könnte ich nicht? Ich kann meiner Tochter keine Bitte abschlagen. Schon gar nicht, wenn diese Bitte solch hübsche Augen hat..“
 

Garim war derweil ebenfalls daheim angekommen und wie er erwartet hatte, war seine Schwester Griselda nicht nur wahnsinnig bekümmert über den Verlust ihres Sohnes, sondern auch stinksauer auf ihren Bruder, weil er ihren Sohn nicht beschützt hatte.

Vor der gesamten Sippschaft hatte der Zwerg erzählt, was genau geschehen war und das Ganta als Held gestorben war. Zumindest das schien Griselda etwas milder zu stimmen.

Der junge Zwerg wurde ehrenvoll beigesetzt und es wurde mit zahlreichen Geschichten dafür gesorgt, dass er nicht in Vergessenheit geraten würde.

Darüber hinaus berichtete Garim, wie es um das Eledhrim-Ardh stand und dass sie, die Zwerge, der Prinzessin gegenüber die Pflicht hätten, ihr zu helfen, das Reich ihres Vaters zurückzuerobern.

„Keine Sorge, Garim Eisenfaust“, verkündete Grinwa, der Oberste aller Zwerge, „wir werden der Prinzessin beistehen! Das ist unsere Pflicht als alte Verbündete und unsere Pflicht dem jungen Ganta gegenüber!“
 

Die Prinzessin selbst dagegen wurde von Adeline zu deren Arbeitszimmer gebeten, als die anderen zum Abendessen gingen.

„Was wolltet Ihr mit mir besprechen, Meisterin Adeline?“, fragte Dana unsicher, als sie Platz genommen hatte und der Heilerin gegenüber saß.

„Nun, Prinzessin, ich möchte nicht zu hart zu Euch sein.“

Dana zog überrascht eine Augenbraue hoch, allein schon wegen dieser sehr förmlichen Anrede und dem ernsten Unterton in der Stimme Adelines.

„Ist Euch eigentlich bewusst, was Ihr da versucht zu tun?“, fragte Adeline frei heraus.

„Was meint Ihr?“, fragte Dana verwirrt.

„Ihr wollt den dunklen Fürsten von seinem Thron herunterholen! Glaubt Ihr, Haryon wird sich das gefallen lassen?“

„Sicher nicht. Aber ich kann meine Pflicht auch nicht einfach vergessen. Mein Vater hätte sicher nicht gewollt, dass ich mich zurückziehe und ein einfaches Leben führe, während das Elbenvolk unterdrückt wird von einem falschen König!“

„Ihr habt Großes vor, Prinzessin. Um es klarzustellen – ich missbillige Euer Vorhaben nicht. Ich möchte Euch nur sagen, dass Ihr mehr brauchen werdet als eine handvoll junger Leute, um diesen falschen König zu stürzen.“

„Oh“, machte Dana, als sie begriff, was Adeline eigentlich sagen wollte. „Ihr meint, ich brauche mehr Verbündete.“

„Exakt. Die Duáth alleine werden nicht reichen. Sie sind nicht allzu zahlreich, seitdem viele der Mitglieder zu den Azi Dahaka übergelaufen sind.“

„Ich verstehe nicht mal, warum sie ihre Überzeugungen überhaupt verraten haben“, sagte Dana leise.

„Ganz einfach – Haryon hat genügend von ihnen hinrichten lassen und Ihr wisst, wie er Euren Bruder zugerichtet hat. Das hat einige ehemalige Duáth dazu gebracht, sich zu ergeben und mit ein paar leeren Versprechen konnte Haryon noch weitere Elben dazu bringen, sich ihm anzuschließen.“

„Woher wisst Ihr das alles, Meisterin Adeline?“

„Mein Mann war Arzt am Hofe Eures Vaters, Prinzessin. Genau wie ich. Er hat den Untergang des Eledhrim-Ardhs mit wachsender Sorge beobachtet und war Mitglied der Duáth, als diese sich gegründet haben.“

„Dann kanntet Ihr meinen Vater?“, fragte die Elbin erstaunt.

„Nun, nicht besonders gut, um ehrlich zu sein. Ich hatte mehr mit anderen Adeligen des Hofes zu tun. Aber mein Mann hat sich um die männlichen Mitglieder der Königsfamilie gekümmert.“

„Wo ist Ihr Mann jetzt?“

Adelines Blick trübte sich ein wenig. „Er ist tot. Er wurde beim Angriff auf das Schloss getötet, während ich entkommen konnte.“

„Oh, das tut mir aufrichtig Leid“, beeilte Dana sich zu sagen.

„Das muss es nicht, Prinzessin. Euer Verlust war weitaus höher als meiner. Nun ja, was ich damit sagen wollte, war, dass ich noch immer Kontakt zu den Duáth habe, auch wenn ich nicht besonders häufig Nachrichten erhalte.“

„Und Ihr wollt mir sagen, dass ich allein es nicht schaffen kann, nicht wahr?“

„Ja, das ist richtig. Ihr habt gesehen, wie der Feind die beiden Frauen zugerichtet hat – und dieser Nanden hat offenbar nur mit ihnen gespielt. Wenn Haryon noch mehr solcher Leute hat, dann habt Ihr allein keine Chance gegen ihn. Euer Angriff und die Befreiung Mellryns war pures Glück, denn er wusste noch nichts von Euch. Jetzt wird er gewappnet sein.“, erklärte die Heilerin.

„So etwas dachte ich mir bereits“, nickte Dana verstehend. „Was ratet Ihr mir, zu tun?“

„Als erstes müsstet Ihr eigentlich lernen, mit Eurer Magie umzugehen. Allerdings werdet Ihr da vermutlich mehr Zeit brauchen. Zeit, die wir wahrscheinlich nicht mehr haben.“

„Ihr glaubt nicht, dass wir gegen diesen Nanden bestehen können?“, hakte die Elbin nach.

„Doch, gegen ihn vielleicht schon. Aber was wird nach ihm kommen? Haryon wird nicht warten, bis Ihr stark genug seid. Er wird versuchen, Euch so schnell wie möglich loszuwerden.“

Da ist wohl was dran, dachte Dana.

„Ich bin mir sicher, dass die Zwerge mich unterstützen werden“, sagte sie laut.

Adeline nickte. „Das werden sie bestimmt, wenn Ihr sie darum bittet. Aber Ihr werdet auch die Hilfe Eures eigenes Volkes brauchen. Ihr müsst versuchen, Eure Untertanen zu überzeugen. Und vielleicht könnten sich Euch auch ein paar Menschen anschließen.“
 

„Dana ist aber lange weg“, bemerkte Zack.

Das Abendessen war bereits beendet und die Gefährten waren zurück in ihre Zimmer gegangen.

„Ich frage mich, was Adeline von ihr will“, nickte Eravelle.

„Das frage ich mich auch. Vielleicht hätte ich mit ihr gehen sollen“, überlegte Mellryn.

„Da gibt es übrigens noch etwas, über das ich mit dir sprechen will, Mellryn...“, kam es nun von Zack. „Etwas, über das wir nur in Danas Abwesenheit sprechen können... und ohne dich, Eravelle...“

„Hm?“ Die Elbin zog zwar skeptisch die Augenbrauen hoch, ging dann aber dennoch zur Tür.

„Gebt mir Bescheid, wenn ihr mit eurem Gespräch fertig seid“, sagte sie noch, bevor sie den Raum verließ.

Als die Tür hinter ihr geschlossen war, sah Zack Mellryn ernst an.

„Mellryn, ich wüsste gern, wie du eigentlich zu Dana stehst...“, begann er schließlich.
 

Eravelle dagegen gesellte sich zu Estela. Auch, wenn es nicht so schien, als ob sich die beiden mögen würden, war die Priesterin doch die Einzige, die gerade ‚Zeit’ zu haben schien.

Also klopfte sie an die Tür und bekam ein mürrisches „Herein“ zu hören.

„Oh, Eravelle.“ Die Neugier konnte man deutlich in der Stimme der Priesterin hören.

„Ja. Zack wollte mit Mellryn allein sprechen, also bin ich gegangen...“, erklärte die Elbin.

„Ist Dana noch nicht wieder zurück?“

„Nein.“

„Ich frage mich, was die Alte von ihr will!“, grübelte Estela.

Eravelle grinste. „Das haben wir uns eben auch schon alle gefragt.“ Dann bemerkte sie, dass Estela allein in dem Zimmer war. „Haben Lydia und Alvar ihr Zimmer also behalten?“

„Sieht so aus, nicht wahr? Nun, mir soll das Recht sein.“

„Ich war ganz schön überrascht von dieser Neuigkeit“, meinte Eravelle, während sie sich auf eines der leeren Betten setzte.

„Du meinst Lydias Schwangerschaft?“

„Ja. Ich hätte nicht gedacht, dass sie und Alvar schon so weit sind...“

„Bist du etwa neidisch?“, foppte Estela die Elbin. Doch zu ihrer Überraschung schien Eravelle sich ein wenig ertappt zu fühlen.

„Die beiden sind sich so nahe. Ich wünschte, ich könnte Mellryn auch so nahe sein. Aber er ist so zurückhaltend geworden.“

„Wünschst du dir denn auch ein Kind von ihm?“

„Später einmal, sicher. Aber derzeit ist unsere Beziehung nicht so einfach. Er liebt mich, das weiß ich, aber irgendwie... irgendwie traut er sich nicht mehr so richtig....“

„Oh je...“, seufzte Estela. „Ich fürchte, für diese Art ‚Frauengespräch’ bin ich nicht gerade die beste Gesprächspartnerin.“
 


 

End of Part 63

Tossinde

Alles wird sich ändern

Author: Bina-chan86

Kapitel 64/?
 


 

Über Eravelles Gesichtszüge huschte ein unverhohlenes Grinsen. „Deswegen bin ich auch gar nicht hier“, gab sie zurück.

„Ach nein? Warum sonst?“, hakte Estela nach und zog dabei skeptisch eine Augenbraue nach oben. „Eigentlich hätte ich mir schon denken müssen, dass du nicht kommst um nett mit mir zu plaudern.“ Sie schnitt eine Grimasse und tat dabei so, als wäre sie zutiefst getroffen von diesem Umstand.

Eravelle schnaubte und pustete sich dabei eine ihrer rabenschwarzen Locken aus dem Gesicht. „Mach kein Theater daraus.“

Besänftigend hob Estela beide Hände in die Luft. „Schon gut. Ich höre dir ja zu.“

„Wir brauchen einen Plan“, erklärte Eravelle gerade heraus. „Und zwar einen besseren als beim letzten mal.“

Einen Moment lang blickte die Dämonenpriesterin verständnislos drein, bis sie schließlich begriff. „Ah, du redest von Nanden“, sagte sie.

Eravelle nickte zur Bestätigung.

Estela gab ein nachdenkliches Geräusch von sich und rollte dann auf den Bauch. „Was ich vor kurzem zu Dana gesagt habe... das gilt für mich noch immer. Was diesen Nanden betrifft soll sie sich heraushalten. Was ich angefangen habe, bringe ich auch zuende.“

„Ausnahmsweise sind wir einer Meinung“, entgegnete Eravelle ernst.

Grübelnd legte Estela einen Finger an die Lippen. „Bisher wissen wir nur etwas über seine Stärken, er beherrscht Magie und verfügt darüber hinaus über eine enorme Körperkraft. Über seine Schwächen haben wir dummerweise nicht die geringsten Informationen.“

„Dann müssen wir das eben herausfinden.“ Eravelles Stimme klang ein wenig verbohrt, aber fest entschlossen.

Estela streckte der Elbin unvermittelt ihre Hand entgegen. „Was hältst du von einem vorübergehenden Waffenstillstand? Wenn Nanden besiegt ist, können wir uns immer noch gegenseitig die Köpfe einschlagen.“

Eravelle zögerte eine Sekunde, schlug dann aber ein. „Abgemacht!“

„Treten wir diesem Kerl mal gewaltig in den Hintern!“, fügte Estela grimmig hinzu. „Dem wird noch Hören und Sehen vergehen.“
 

Mellryn blickte Zack eine ganze Weile nachdenklich an, ehe er etwas erwiderte. „Was meinst du damit?“, fragte er bedächtig.

„Ich meine...“ Zack fuhr sich unsicher mit den Fingern durch die Haare und ging ein paar Schritte auf und ab. Er rang nach Worten. „Wie stehst du zu ihr als Schwester?“, fuhr er endlich fort und setzte noch hinzu: „Und als zukünftige Königin.“

Mellryn faltete die Hände. „Ich fürchte darauf kann ich dir zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine befriedigende Antwort geben. Dana ist nicht mehr so, wie ich sie in Erinnerungen hatte. Es wird eine Weile dauern bis wir wieder normal als Bruder und Schwester miteinander umgehen können. Immerhin kennen wir uns viel zu wenig. Und als Königin?“ Für einen Augenblick schien es als würde er abdriften, aber dann fing er sich wieder. „Die Zukunft ist ungewiss, dennoch glaube ich, dass sie eine wundervolle Herrscherin wird.“ Er schaute zurück zu Zack und lächelte leicht. „Du musst dir keine Sorgen machen.“

Zack schluckte. „Sorgen worüber?“

„Ich gedenke nicht, dir deinen Platz streitig zu machen“, entgegnete Mellryn. „Du stehst ihr näher als jeder andere.“

„Darauf wollte ich doch gar nicht hinaus.“ Ertappt lief Zack rot an.

Mellryn unterdrückte ein Schmunzeln. „Doch, ich glaube, genau das meintest du.“
 

„Sie verlangt was?“ Tossinde grummelte und hob die Hände dabei in die Luft. „Was denkt sich Eravelle nur dabei, wenn sie uns um so etwas bittet?“

„Die Frage kann sie dir nur selbst beantworten“, erwiderte Oranor ruhig.

Tossinde seufzte resigniert. Für einen Elb war er verhältnismäßig klein. Seine Haare waren rot-blond und seine Augen von einem intensiven Grün. Wann immer er wütend wurde, blitzten diese angriffslustig auf.

„Na schön, bring ihn her“, entschied Tossinde schließlich. Zwar hatten die Dúath derzeit keinen Anführer, aber Tossinde traf vorübergehend die Entscheidungen – trotz seines hitzigen Gemüts hatte man ihn dafür ausgesucht.

„Wie du meinst“, gab Oranor zurück und ging dann nach draußen um Tawha zu holen.

Der Dunkelelb, der zuvor noch große Töne gespuckt hatte, schrumpfte nun merklich als er Tossinde vorgeführt wurde. Er war sich sicher, dass nun seine letzte Stunde geschlagen hatte. Doch er wurde eines besseren belehrt.

„Rede!“, befahlt Tossinde. „Warum will Eravelle, dass wir dich am Leben lassen?“

Tawha entgleisten beinahe die Gesichtszüge. „I... ich verstehe... nicht ganz“, stammelte er.

Tossinde verschränkte die Arme. „Eravelle hat dich in unsere Obhut übergeben, verlangt allerdings, dass wir dich schonen.“

Tawha schüttelte leicht den Kopf und sah zu Oranor hinüber, der bei der ganzen Angelegenheit keine Miene verzog. Konnte das stimmen?

„Entweder denkt sie, du könntest uns Informationen geben oder sie ist weich geworden“, fuhr Tossinde missmutig fort, dessen ungeachtet besann er sich schließlich und machte ein grübelndes Gesicht.

Tawha straffte sich. Er hatte keine Ahnung, was hier vor sich ging oder was Eravelle vorgehabt hatte, aber es bestand immer noch die Möglichkeit, dass sich Tossinde dagegen entschied und ihn ordnungsgemäß vor ein Gericht stellte. Damit wäre sein Schicksal besiegelt gewesen.

„Also gut“, winkte Tossinde ab. „Vorerst wird er eingesperrt.“ Zwar gab es in dem notdürftigen Unterschlupf der Dúath nicht viel Platz, aber Gefangene konnte man immer unterbringen – besonders Verräter wie Tawha. Keiner wollte ihn auf freiem Fuß sehen.
 

Falmarin und Calina sprangen beide auf, als Oranor in die Halle trat.

„Und?“, fragte Calina sogleich. „Was ist passiert?“

Oranor setzte sich neben sie. „Tossinde gibt Eravelles Bitte nach. Tawha wird eingesperrt“, erklärte er.

Calina verzog das Gesicht. „Ich muss gestehen, dass ich nicht damit gerechnet hätte. Wahrscheinlicher wäre es gewesen, dass Tossinde einen seiner Wutanfälle bekommt.“

„Psst“, machte Falmarin. „So solltest du nicht über ihn reden.“

„Warum nicht?“

„Streng genommen ist er unser Anführer.“

Calina rollte mit den Augen. „Vorübergehend jedenfalls.“

„Sein Temperament mal außer Acht gelassen, hat er bisher gute Entscheidungen getroffen“, mischte sich Oranor sachlich ein. „Und er ist stärker, als er aussieht.“

„Schon klar“, gab Calina nach.

„Was gedenkt Tossinde in Bezug auf die Azi Dahaka zu unternehmen – jetzt, wo Dana aufgetaucht ist?“, erkundigte sich Falmarin nun.

„Er sichert ihr die Unterstützung der Dúath zu, was mich allerdings nicht weiter verwundert“, sagte Oranor ernst. „Es war immer unser Ziel die Azi Dahaka zurück zu schlagen und endlich ergibt sich eine Chance dafür.“

„Aber wir sind noch immer zu wenige“, wandte Calina ein. Betrübt ließ sie den Kopf hängen.

„Das ist richtig.“ Oranor nickte. „Wir können lediglich darauf hoffen, dass Dana weitere Verbündete auftreibt, bevor unsere Zeit abläuft.“
 

„Was soll das werden, Estela?“, seufzte Dana und schlurfte hinter der Dämonenpriesterin her. Deren vieldeutiges Grinsen stimmte sie misstrauisch.

„Warte es ab!“, summte Estela vor sich hin.

Lydia und Eravelle folgten gemessenen Schrittes. Von Zeit zu Zeit wechselten sie Blicke miteinander. Auch sie wussten nicht, was Estela vorhatte, welche die anderen Kreuz und quer durch das Sanatorium führte ohne zu verraten, wohin die Reise ging.

Schließlich bog Estela nach links in einen Korridor ein und blieb vor einer hohen Tür stehen. „Da wären wir!“, verkündete sie.

Dana zog die Augenbrauen zusammen. „Und was ist das?“, fragte sie ohne echte Begeisterung.

„Nun, ich dachte mir, dass wir vielleicht alle ein bisschen Entspannung gebrauchen könnten“, antwortete Estela, während sie die Tür öffnete. „Meisterin Adeline hat mir verraten, dass es hier ein großes Bad gibt.“

Lydia schaute sich staunend um. „Groß trifft es ziemlich gut“, murmelte sie.

Das Badehaus war weitläufig und mit marmorierten Kacheln gefliest. In der Mitte des Raumes hatte man ein großes Becken eingelassen. Allerdings schien das Bad nicht oft genutzt zu werden, weil es so abgelegen lag.

„Immer noch nicht von meiner Idee überzeugt?“, fragte Estela grinsend.

Dana schüttelte den Kopf. „Doch, jetzt schon!“
 

End of Part 64

Die Freundschaft der Frauen

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan.

Part 65 von ?

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„Welche Verbündete könnte die Prinzessin noch gewinnen? Gegen Haryon anzukommen wird nicht leicht“, überlegte Calina.

Falmarin nickte. „Mit der kleinen Gruppe, die wir nur noch sind, wird sie es jedenfalls nicht schaffen.“

„Seid ihr sicher, dass sie sich nicht auch die Unterstützung der Zwerge sichern kann? Immerhin hat Garim sie unterstützt“, wand Oranor ein.

Die Lage im Land war wirklich heikel. Zwar lehnten viele der noch lebenden Elben den falschen König ab, aber nur wenige waren bereit, gegen ihn in den Krieg zu ziehen.

Seit dem Tod Cenedhrils hatte es keinen wirklichen Frieden mehr gegeben, die Leute sehnten sich nach Ruhe. Die Dörfer und Städte waren ausgemergelt, genau wie ihre Bewohner.

„Aber die Zwerge sind auch längst nicht mehr so zahlreich wie einst!“, sagte Falmarin.

„Das ist wahr“, nickten Calina und Oranor.

„Könnte Dana nicht noch mehr Menschen für sich gewinnen? Die Menschen sind zahlreich und können einiges erreichen“, schlug Calina vor.

Oranor brummte zustimmend. „Das ist eine gute Idee. Die Frage ist nur, ob die Menschen sich der Prinzessin tatsächlich anschließen würden.“

„Sie könnte sich doch an den Herrscher wenden, oder?“, meinte Calina.

„Die Menschen haben nicht nur einen Herrscher“, seufzte Falmarin. „Wer weiß, ob das nicht zu lange dauern würde, erst alle Könige zu fragen.“
 

Einige Bedienstete hatten das Becken des Bades mit angenehm warmem Wasser gefüllt und duftende Substanzen hinzugefügt.

Dana erkannte den Duft von wilden Rosen und ihre Freude auf ein entspannendes Bad wuchs.

„Das war eine wirklich gute Idee!“, freute sich auch Lydia, die nach dem Stress der letzten Tage ein wenig Abwechslung durchaus gebrauchen konnte.

Die vier Frauen zogen sich aus und bestiegen anschließend nacheinander das Becken.

„Erstaunlich, dass es hier so ein großes Bad gibt“, fand Eravelle.

„Erstaunlich ist eher, dass es so wenig genutzt wird“, meinte Estela.

Lydia lehnte sich zufrieden seufzend zurück und genoss das warme Wasser, dass ihr die Kälte aus den Gliedern vertrieb. „Mir ist es grad ganz Recht, dass wir hier allein sind.“

„Was wirst du jetzt tun, Lydia?“, fragte Eravelle die Geschichtenerzählerin.

„Was meinst du?“, fragte diese etwas irritiert.

„Nun ja, immerhin bist du schwanger!“

„Oh, das meinst du.“ Lydia seufzte erneut, diesmal jedoch nicht aus Zufriedenheit.

Dana sah ihre Freundin an und versuchte, in ihrem Gesicht zu lesen. Aber der Gesichtsausdruck der blonden Frau war nicht leicht zu deuten.

„Ehrlich gesagt haben wir darüber noch gar nicht gesprochen, Alvar und ich“, gab Lydia schließlich zu. „Ich meine, wir sind uns einig, dass wir uns gemeinsam um das Kind kümmern werden, aber was eigentlich aus uns werden soll, das weiß ich nicht.“

Estela verdrehte die Augen. Ihr lagen solche Themen nicht. Allerdings bekam sie dafür eine Kopfnuss von Eravelle, als Lydia nicht hinsah.

„Ihr solltet heiraten“, fand Dana.

Lydia sah sie leicht lächelnd an. „Das denke ich auch. Ein uneheliches Kind hat es nicht leicht. Es ist nur... ich fühle mich noch zu jung für das alles. Diese Verantwortung und so... ich weiß nicht, ob ich das kann.“

„Das wird sicher nicht leicht“, nickte Dana. „Aber wir werden alle hinter euch stehen und euch helfen. Das verspreche ich dir, Lydia!“

Der Geschichtenerzählerin standen erste Tränen in den Augen, die sie schnell wegwischte. „Danke, das ist lieb.“

Eravelle ahnte, dass der Grund für Lydias Tränen nicht die bevorstehende Verantwortung für das Kind zur Ursache hatten. Lydia wollte Kinder und sie wollte auch gern mit Alvar zusammen sein. Aber der Kampf gegen Haryon war ihr wichtig und ihre Schwangerschaft würde ihre Teilnahme daran unmöglich machen.

Die dunkelhaarige Elbin verstand genau, was die junge Geschichtenerzählerin empfand. Sie selbst würde auf den Kampf auch nicht verzichten wollen. Sie schwieg jedoch dazu.

„Dana, was wollte Adeline eigentlich von dir?“, fragte sie stattdessen, um vom Thema abzulenken.

„Oh“, machte die Prinzessin. „Nun ja, sie meinte, dass ich mit den Duáth alleine nicht in den Kampf gegen den falschen König ziehen kann. Ich brauche noch mehr Verbündete.“

Estela nickte. „Das ist wohl wahr. Selbst ich konnte gegen Nanden nicht ankommen und wer weiß, wie viele solcher Typen Haryon noch hat.“

Die Dämonenpriesterin gab es nicht gerne zu, dass sie keine Chance gegen Nanden gehabt hatte. Aber es entsprach der Wahrheit und sie hielt es für klüger, wenn ihnen allen bewusst war, welche reellen Chancen sie hatten.

„Ich habe ihr gesagt, dass ich mit der Unterstützung der Zwerge rechne. Garim hat mir zugesichert, dass er alles in seiner Macht stehende tun wird, um sie zu überzeugen. Aber Adeline meint, dass das nicht reicht“, erzählte Dana.

Eravelle nickte. „Deine Magie ist noch zu schwach, nicht wahr, Dana?“

„Zu schwach nicht. Aber zu wenig beherrschbar. Ich muss noch viel lernen. Adeline sagte aber, das wir die Zeit wohl nicht mehr haben werden. Und sie sagte, ich solle mir meine Untertanen zur Unterstützung holen. Ich weiß nur nicht, wie ich das anstellen soll.“

„Das ist eine gute Frage. Das sollten wir mit den anderen nachher mal diskutieren“, meinte Eravelle.

„Und nun Schluss mit diesen trübsinnigen Gedanken!“, warf Lydia ein. „Wir wollten doch zur Entspannung herkommen!“

Estela lachte. „Wohl wahr. Gut gesprochen!“

„Richtig. Reden können wir nachher noch darüber“, nickte auch Dana. Sie kämpfte mit ihrem welligen Haar, das sie nun waschen wollte. „Verdammt, diese Dinger sind so lang geworden. Ich sollte sie abschneiden!“

„Nein, das solltest du nicht!“, widersprach Eravelle.

„Hm?“, machte Dana überrascht und sie warf der anderen Elbin einen fragenden Blick zu.

„Als Königin wirst du deine langen Haare noch brauchen, glaub mir!“, zwinkerte Eravelle jedoch nur.

„Aber sie sind so unpraktisch“, seufzte Dana ergeben.

„Ich zeige dir nachher, wie du sie dir gut wegbinden kannst. Aber schneide sie nicht.“

Eravelle glitt mit ihren Fingern durch das rotbraune Haar der Prinzessin. „Deine Haare sind schön.“

„Deine auch“, gab Dana lächelnd zurück.
 


 

„Er hat WAS getan?“

Vorn klang alles andere als begeistert. „Dieser Kerl ist wahnsinnig! Haryon wird das auf gar keinen Fall gefallen!“

Barilowyn zuckte nur mit den Achseln.

„Was fällt Nanden eigentlich ein? Seine Aufgabe war es, die Prinzessin zu finden und sie hierher zu bringen. Und er lässt sie einfach gehen?“

„Nun, das hat er mir zumindest so gesagt.“

Vorns Augen glühten wütend hinter seinen dicken Brillengläsern. „Nanden ist wirklich zu nichts zu gebrauchen. Wenn er nicht so ein guter Kämpfer und Magier wäre, hätte Haryon ihn schon sicher längst rausgeschmissen oder gehängt!“

Wyn zuckte erneut mit den Achseln. Vorn hatte ihn in sein Arbeitszimmer zitiert, nachdem Nanden selbst nach Tagen und mehreren Befehlen keinen Bericht erstattet hatte. Offenbar wollte der selbstherrliche Elb sich nicht ins Handwerk pfuschen lassen.

Der dicke Elb mit der Brille sah Barilowyn ernst an. „Nimm du das in die Hand. Verfolge die Prinzessin und bring sie her, wenn du kannst! Aber krümm ihr kein Haar!“

„Wie Ihr wünscht, Meister Vorn!“, sagte Wyn mit einer Verbeugung. „Was soll mit ihren Gefährten geschehen?“, fragte er anschließend.

„Töte sie. Das heißt, alle, bis auf Eravelle und Mellryn. Die beiden will Haryon lebend.“

„Soll ich allein gehen?“

Vorn überlegte. „Nein. Nimm so viele Männer mit, wie du willst. Du wirst sie vermutlich brauchen – wir wissen nicht, wie mächtig die Prinzessin wirklich ist.“

Erneut verbeugte Barilowyn sich, dann kehrte er dem alten Elben den Rücken und verließ dessen Arbeitszimmer.

Als er gegangen war, öffnete sich eine Geheimtür im Raum und der falsche König Haryon persönlich trat hervor.

Seine rechte Hand schien nicht sonderlich überrascht davon, seinen Herren zu sehen.

„Euer Majestät!“, sagte er und verbeugte sich leicht.

„Ich wäre dir sehr verbunden, Vorn, wenn du mich immer so betiteln würdest“, sagte der König, der somit zu verstehen gab, dass er das Gespräch mit Barilowyn gehört hatte.

„Verzeiht, Euer Majestät. Nun, was führt Euch zu mir?“

„Ich möchte, dass du Nanden überwachen lässt. Möglichst so, dass er davon nichts mitbekommt. Ich möchte gern wissen, was dieser Kerl vorhat.“

„Ihr hättet Euch nicht auf ihn verlassen sollen“, meinte Vorn.

„Wohl wahr. Ich habe wohl vergessen, wie sehr er das Vergnügen im Kampf sucht. Nun ja, hoffen wir, dass Barilowyn erfolgreicher ist, als Nanden. Ich will die Prinzessin!“

„Verzeiht, Euer Majestät, wenn ich so dreist frage, aber was genau wollt ihr von der Prinzessin? Reicht sie Euch nicht tot?“

Haryon lachte. „Oh, Vorn, du bist so alt und so weise, aber auf die einfachsten Sachen kommst du manchmal nicht, nicht wahr? Was glaubst du, kann ich mit ihr erreichen? Immerhin ist sie die legitime Thronfolgerin.“

„Ihr meint doch nicht etwa....?“ Vorn konnte kaum glauben, dass Haryon das wirklich vorzuhaben schien.

„Doch, doch, ich sehe, du verstehst mich richtig. Ich will sie zu meiner Frau machen! Was sonst könnte mir die Loyalität des Volkes am besten sichern?“
 


 

End of Part 65

Vorbereitungen

Alles wird sich ändern

Author: Bina-chan86

Part 66/?
 


 

„Nun, hast du brav deine Befehle entgegen genommen, Wyn?“

Barilowyn zuckte unwillkürlich zusammen, als Nanden hinter einer hohen Säule hervortrat – ruhig und gelassen kam er auf Wyn zu.

„Hast du mich aber erschreckt“, seufzte Letzterer und verzog dabei leicht das Gesicht. „Es wird Meister Vorn nicht gefallen, wenn du hier herumspionierst.“

„Hah!“, machte Nanden. Seine kalten, blauen Augen funkelten angriffslustig. „Ich spioniere nicht. Das habe ich nicht nötig. Auch so kann ich mir denken, was man von dir wollte.“

Barilowyn schluckte. Ihm war bei der ganzen Sache äußerst unbehaglich zumute, ganz gleich welchen Anweisungen er zu folgen hatte.

Zu seiner Überraschung zuckte Nanden aber nur mit den Schultern. „Mir soll es recht sein“, sagte dieser. „Mach nur, was du für richtig hältst.“ Er grinste provozierend. „Denn ganz gleich, wie viele Männer du auch mit nimmst, am Ende wirst du verlieren.“

Wyn sah fast so als, als würde er schmollen. Hochmütig strich er sich die schwarzen Haare aus dem Gesicht. „Ich weiß schon, was ich tue“, behauptete er.

„Da bin ich mir sicher.“ Nanden zog einen Mundwinkel nach oben und ließ seinen Gefährten dann einfach allein dort auf dem Gang stehen.

Wütend starrte Barilowyn ihm hinterher. Jedoch musste er Nanden in einem Punkt sogar recht geben. Denn es war tatsächlich egal, wie viele Männer ihn begleiten würden. Vor nicht allzu langer Zeit, hatte er zwar Nanden gegenüber erwähnt, dass er sich selbst ein Bild von Sache machen wolle, aber das hieß nicht, dass er sich kopfüber in einen Kampf stürzen würde. Seine Vorgehensweise war eine andere.

Wyn war ein geschickter Spion und ein noch besserer Schauspieler. Vielleicht war dies eine geeignete Methode um der Elbenprinzessin einen herben Rückschlag zu verpassen.
 

Lanion hatte sich so gut eingelebt, wie es eben ging. Dennoch hielt er sich immer noch von größeren Gruppen fern. Statt zusammen mit den anderen im Speisesaal, aß er lieber auf seinem Zimmer oder in einer Ecke der Küche. Heute hatte er sich für die Küche entschieden. Obwohl man vielleicht eher sagen sollte, dass Jala und Miliende ihn mit Bitten und Beharrlichkeit dazu bewegt hatten.

Jala balancierte gerade einen Stapel Teller geschickt auf einer Hand in den Speiseraum.

„Lass bloß nichts fallen“, mahnte Mili ihn, die heute ebenfalls Küchendienst hatte.

Grinsend blickte Jala zu ihr zurück. „Das mache ich doch nie.“

Lanion beobachtete die beiden aufmerksam aus den Augenwinkeln. Er redete zwar nicht, aber mittlerweile reagierte er zumindest mit Nicken oder Kopfschütteln auf das, was seine selbst ernannten Freunde ihm sagten.

Nach einer Weile hatte Jala seine Aufgaben erledigt und ließ sich neben Lanion auf der Holzbank nieder. „Mili ist wirklich einen Sklaventreiberin“, seufzte der Junge.

Fragend schaute Lanion ihn von der Seite an.

„Sie kann schon fast so gut kommandieren, wie Meisterin Adeline“, lachte Jala.

Lanion dachte darüber nach und zog dann voller Skepsis die Augenbrauen zusammen.

„Du verstehst nicht so ganz, was ich damit meine, nicht wahr?“, folgerte Jala daraus. „Na ja, verständlich. Zu dir ist sie auch nett. Eigentlich kommandiert sie sogar nur mich herum.“ Er lächelte ungezwungen und zuckte dabei mit den Schultern. „Für mich ist sie so etwas, wie eine große Schwester, darum nehme ich es ihr auch nicht übel.“

Lanion schaute unsicher auf seine Hände hinab. Mit Worten wie Familie, Bruder oder Schwester konnte er nicht viel anfangen. Nicht mehr, denn sein Gedächtnis wies große Lücken auf, die auch durch Adelines Behandlung nicht so einfach verschwanden. Immerhin hatte er inzwischen begriffen, dass Familie und Freunde etwas sehr Schönes sein mussten.

„Mili! Bist du da bald fertig?“, rief Jala einmal quer durch den Raum. So laut, dass Lanion unwillkürlich zusammenzuckte.

Miliende wandte sich um und schnitt Jala ein Grimasse. „Ich bin gleich da.“

„Was meinst du, Lanion – hast du Lust uns zu begleiten?“, fragte Jala.

Lanion machte bloß ein überraschtes Gesicht.
 

„Autsch! Das hast du mit Absicht gemacht“, beschwerte sich Estela, die durch eine Parade Eravelles soeben höchst unsanft auf dem Boden gelandet war.

Eravelle setzte ihrerseits eine Unschuldsmiene auf. „Es war deine Idee mit mir zu trainieren, also meckere nicht herum.“

„Hmpf!“, machte Estela und rappelte sich auf. „Hätte ich geahnt, dass du so grob mit einer armen, kranken Frau umgehst, hätte ich diesen Vorschlag niemals geäußert.“

„Du brichst mir das Herz“, entgegnete Eravelle ironisch.

„Na warte“, knurrte Estela. „Lint Pilin!“

Sowohl Eravelle als auch Estela waren zu dem Schluss gelangt, dass sie Nanden nur dann besiegen konnten, wenn sie ihre Magie stärkten. Dass die beiden sich nicht sonderlich mochten, war für das Training sogar diesmal von Vorteil – so nahm zumindest keine von beiden unnötige Rücksicht. Am Anfang waren eine Menge blauer Flecken die Konsequenz gewesen, aber mittlerweile stellten sich die ersten Erfolge ein, zumal sich Estela von Tag zu Tag mehr von ihren Verletzungen erholte. Eravelle war schneller geworden, was auch daran lag, dass sie nicht von Estela geröstet werden wollte.

„Genug für heute“, entschied die Dämonenrpriesterin nach guten zwei Stunden – völlig außer Atem.

Bei Eravelle sah es nicht besser aus. „Einverstanden“, keuchte sie.

Estela streckte sich ausgiebig. „Jetzt brauche ich ein Bad und danach will ich nur noch schlafen.“
 

Wie so oft in den letzten Tagen saß Dana zusammen mit Meisterin Adeline in deren Arbeitszimmer. Für die Ausarbeitung von Strategien schien Alvars Mutter ein Händchen zu haben.

„Weißt du, wie viele Elben noch den Dúath angehören?“, erkundigte sich Adeline.

„Nicht genau“, musste Dana gestehen. „Um es genau zu wissen, müsste ich Eravelle fragen. Ich würde aber schätzen, dass es nicht viel mehr als 40 oder 50 sein können.“

Meisterin Adeline faltete besorgt die Hände. „Das sind nicht gerade viele im Vergleich zu einer Armee.“

Seufzend ließ Dana den Kopf hängen. „Ich weiß.“

„Also schön.“ Adelina griff nach ihrer Schreibfeder und notierte die Zahlen auf einem Blatt. „Hinzu kommt eure kleine Gruppe. Insgesamt sieben Leute, wobei man bedenken muss, dass Lydia euch nicht begleiten kann und auch dein Bruder ist nicht unbedingt in der Verfassung zu kämpfen.“ Einstweilen hatte sie auch Mellryn untersucht. Der Elbenprinz bereitete ihr allerdings Kopfzerbrechen. Seine körperlichen und seelischen Wunden waren tief gehender, als sie vermutet hatte.

Adeline schüttelte leicht den Kopf, notierte aber dennoch sieben Personen. Denn selbst wer nicht kämpfte, konnte immer noch eine Hilfe sein. „Kommen noch die Zwerge“, fuhr sie fort. „Nur wissen wir bei denen noch weniger, wie viele dich unterstützen würden.“

„Alles in allem sind wir noch immer viel zu wenige“, sagte Dana ernst. Und so war es nur eine Frage der Zeit bis sie auf den selben Gedanken kam, wie bereits Calina, Famarin und Oranor zuvor. „Was ist mit den Menschen?“

„Durchaus eine Möglichkeit“, räumte Adeline ein. „Es ist jedoch fraglich, ob sie ihre Hilfe anbieten, solange sie nicht selbst in Gefahr sind.“

Dana sank sichtlich in ihrem Stuhl zusammen. „Was würdet Ihr mir raten?“

„Wenn du wirklich etwas erreichen willst, dann brauchst du einen einflussreichen Fürsprecher“, antwortete Adeline.

„Und wo sollte ich so jemanden hernehmen?“

Adeline lächelte. „Lass das mal meine Sorge sein.“
 

Estela war indessen auf dem Rückweg vom Bad zu ihrem Zimmer – mal wieder lediglich mit einem Handtuch bekleidet. Mangels Schamgefühl verzichtete sie immer auf derlei Aufwand.

Heute herrschte ungewöhnlich viel Aufruhr auf den Gängen.

„Was ist hier los?“, fragte Estela eine vorbei laufende Heilerin.

Die Frau blieb stehen und schien beinah erleichtert darüber sie zu sehen. „Man hat vor dem Tor einen verletzten Elb gefunden“, erklärte sie aufgeregt. „Er behauptet vor den Azi Dahaka geflohen zu sein und möchte nun mit Fräulein Dana sprechen.“

Misstrauisch zog Estela eine Augenbraue nach oben. „Ach, ist das so?“
 

End of Part 66

Barilowyns Geschichte

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan und wir übernehmen keine Haftung für eventuelle Hirnschäden. ;)

Part 67 von ?

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Man hatte den verletzten Elben in ein Zimmer gebracht und seine Wunden behandelt.

Als Estela eintraf, waren Dana, Mellryn und Eravelle bereits anwesend.

Die Dämonenpriesterin musterte den Neuankömmling abschätzend. Lange, schwarze Haare umrahmten ein schmerzverzerrtes Gesicht und violette Augen blickten bittend zu Dana.

„Prinzessin, bitte, ihr müsst mich anhören“, bat die tiefe Stimme des Elben.

Diesen Worten nach zu urteilen waren die anderen drei auch soeben erst angekommen.

Estela hob eine Augenbraue, gespannt darauf, was dieser Elb zu sagen hatte.

Danas Gesichtsausdruck zufolge zweifelte sie an dem, was sie zu hören bekommen würde, noch bevor der Elb mit seiner Geschichte begonnen hatte.

„Mein Name ist Barilowyn“, begann er, „und ich bin zu Euch gekommen, um mich euch anzuschließen.“

„Aus welchem Grund solltet Ihr Euch mir anschließen wollen?“, fragte Dana zweifelnd.

„Um den falschen König Haryon zu stürzen, der meine Schwester ermordet hat!“, beantwortete Wyn ihre Frage spontan und mit viel Hass in seiner Stimme.

Es war diesmal nicht nur Estelas Augenbraue, die fragend in die Höhe schoss.

„Warum habt Ihr dann die Azi Dahaka erst jetzt verlassen?“

„Nun, ist es nicht offensichtlich? Ich habe jetzt erst von Eurer Existenz erfahren, Prinzessin.“

Mellryn schnaubte. „Ihr hättet Euch aber den Dúath schon vor einer Ewigkeit anschließen können, statt den Azi Dahaka zu dienen!“

„Ich hatte zu viel Angst“, war die bescheidene Antwort Barilowyns.

„Und Ihr erwartet, dass ich das glaube? Wie kann ich euch trauen?“, fragte Dana, noch immer misstrauisch.

Zwar konnte die Prinzessin jeden einzelnen Anhänger gebrauchen, doch sie wusste genau, dass dieser Elb auch eine fiese Falle sein könnte. Wer sagte ihr, dass er nicht ein Verräter war?

Barilowyn hätte nicht gedacht, dass es so schwer werden würde, der Prinzessin zu beweisen, dass er zu ihr überlaufen wollte.

Aber er würde auch nicht aufgeben. Sein Plan musste Erfolg haben, wenn er sich gegen Nanden behaupten und Haryons Vertrauen gewinnen wollte.

„Ich habe Informationen, Prinzessin“, sagte er. „Informationen, die Euch helfen können, Haryon zu besiegen.“

„Was für Informationen?“ Dana fragte sich, ob das, was Wyn zu sagen hatte, sich wirklich als nützlich erweisen würde.

„Bevor ich das verraten kann, muss ich wissen, ob ich Euch trauen kann“, winkte Wyn ab. „Wer sagt mir, dass ihr mich nicht tötet, sobald Ihr die Informationen habt?“

Eins zu null für dich, Barilowyn, dachte Estela. Sie hielt das für einen guten Punkt.

„Euch wird nichts geschehen“, versprach Dana, „solange auch uns nichts geschieht.“

Ihr Blick fuhr zu Mellryn und Eravelle, die beide nickten.

„Wir werden Euch jetzt in Ruhe lassen und etwas zu essen bringen lassen“, fuhr sie fort.

„In Ordnung“, war Wyns knappe Antwort.
 

„Was haltet ihr davon?“, fragte die Prinzessin später ihre Freunde, nachdem sie sich zum Abendessen versammelt hatten.

„Ich glaube, er ist ein Verräter“, meinte Estela ungehalten. „Kein Wort würde ich ihm glauben.“

Eravelle nickte. „Ich glaube ihm auch nicht. Es könnte eine Falle sein, um unser Vertrauen zu gewinnen und uns dann von innen heraus zu zerstören. Ich meine, wieso verlässt er die Azi Dahaka? Nur, weil angeblich seine Schwester ermordet wurde? Also ich weiß nicht, diese Geschichte erscheint mir zu schwammig. Außerdem habe ich kaum Gefühlsregungen wahrgenommen. Und vor allem – woher wusste er, wo er uns finden würde?“

„Genau deshalb zweifle auch ich an ihm“, meinte Dana. „Er war verletzt und hat uns dennoch zielstrebig gefunden. Das riecht geradezu nach einer Falle.“

Mellryn schien erleichtert zu sein, dass es allen anderen genauso ging wie ihm. Auch er traute dem Elben nicht so weit, wie er ihn werfen könnte. Er wusste nicht sicher warum, aber er hatte das Gefühl, diesen Barilowyn irgendwoher zu kennen und die Erinnerung schien, so schwach sie auch war, keine Gute zu sein.

Die Prinzessin seufzte, nachdem einen Moment Schweigen geherrscht hatte. „Nun gut, ich werde ihn vorerst in Ruhe lassen und ihm Zeit geben, sich von den Verletzungen zu erholen. Vielleicht ist er kein Verräter – bevor wir da näheres wissen, möchte ich ihn nicht verurteilen.“

Eravelle lächelte leicht bei diesen Worten – Dana fügte sich langsam in ihre Rolle als Prinzessin, die Entscheidungen zu treffen hatte und versuchte, diese so weise wie möglich zu treffen. Es gefiel der Dunkelhaarigen, wie sich die andere Elbin langsam entwickelte.
 


 

„Du musst den Teig ganz fest kneten, damit sich alles gut verbindet!“

Silivren nickte und ihre kleinen Hände kneteten, so fest sie nur konnte. Tatsächlich verbanden sich die Zutaten langsam zu einem schönen, geschmeidigen Teig.

Sania lächelte, als sie dem Mädchen dabei zusah, wie es eifrig ihre Anweisungen befolgte.

Glücklicherweise hatte die kleine Halbelbin deutlich mehr Talent für die Herstellung von Speisen als Dana. Man sah ihr deutlich an, dass sie Spaß daran hatte und Sania war sehr glücklich darüber, ihr beibringen zu können, wie man Brot machte und andere, leckere Sachen kochte. Sie hatte sich über Danas Tollpatschigkeit in der Küche immer ein wenig geärgert und es nie gutheißen können, wenn dieser rothaarige Wildfang sich draußen lieber mit den Jungs kabbelte, anstatt im Haushalt zu helfen.

Ein wenig tröstete dieses kleine Mädchen darüber hinweg, dass sie Dana nie zu einer guten Köchin hatte erziehen können – aber was noch viel wichtiger war, war die Tatsache, dass Silivren die Schneiderin davon ablenkte, sich zu viele Sorgen um ihre ältere Ziehtochter zu machen.

Natürlich konnte Sania nie ganz aufhören, an ihre Kinder zu denken und sich zu fragen, was sie wohl gerade trieben, ob sie gesund waren und auch genug zu essen bekamen. Sie hatte Angst um Zack und Dana, besonders, seit sie von dem gefährlichen Unterfangen wusste, dass die beiden vorhatten. Aber sie konnte ja doch nichts tun.

Ein wenig Gedankenverloren streute sie den Sesam auf den Teig, den Silivrens Hände noch immer noch emsig kneteten.

„Ist das jetzt gut so?“, fragte die dünne Stimme des Mädchens und holte Sania damit aus ihren Gedanken.

„Ja, das ist sehr gut so. Prima, Silivren!“, lobte sie die kleine Elbin. „Nun muss der Teig noch ein bisschen aufgehen.“

Sie formte den Brotteig zu einem Laib und deckte ihn anschließend mit einem feuchten Tuch ab. Dann half sie Silivren beim Händewaschen.

„Ich hoffe, dass aus dir mal eine gute Köchin wird“, sagte sie lächelnd und Silivren nickte. „Das werde ich ganz bestimmt. Ich mag backen und kochen so gerne!“, freute sie sich.

Da war es wieder. Dieses kindliche, freudige Strahlen, dass einer Mutter von ihren Kindern immerzu entgegengebracht wurde.

Sania war froh, dass sich Silivren schnell an sie gewöhnt hatte und so vergaß sie wieder ein wenig ihre Sorgen, als sie ein Lied anstimmte, dass sie dem Mädchen beibrachte.
 


 

Zack lief das Wasser im Mund zusammen, so köstlich roch es im Speisesaal des Sanatoriums, als er sich mit dem Rest der Gruppe an einen Tisch setzte.

„Das riecht ja vorzüglich!“, sagte er in freudiger Erwartung.

Miliende kicherte. „Es schmeckt sicher auch so. Hier ist das Essen immer lecker.“

„Das stimmt“, nickte Zack. „Auch wenn das Essen meiner Mutter noch ein wenig besser schmeckt.“

„Also wirklich, du denkst immer nur ans Essen“, schimpfte Dana gespielt. Aber ihr Ziehbruder hatte ja Recht. Sanias Essen war immer etwas besonderes gewesen. Dieser Gedanke schmerzte Dana ein wenig. Sie war schon viel zu lange von Rawena fort und sie vermisste ihre Ziehmutter sehr. Sie hoffte, dass die kleine Halbelbin Sania davon ablenken würde, vor Sorge um sie und Zack einzugehen wie eine Pflanze, die nicht gegossen wurde.

Die Prinzessin nahm sich fest vor, nach dem Kampf gegen Haryon nach Rawena zurückzukehren.

Aber im Moment, so sagte sie sich, gab es nun mal nichts wichtigeres, als ihr Land von dem falschen König zu befreien. Deshalb schob sie den Gedanken an ihr Zuhause fort - sie durfte sich nicht ablenken lassen von ihren Zielen, schon gar nicht von Heimweh.

„Essen ist ja auch wichtig!“, bemerkte Zack, der sich inzwischen den Teller gut gefüllt hatte und dann schwieg er, denn er war zu sehr mit Kauen beschäftigt.

„Was machen wir nun mit Barilowyn?“, fragte Estela, die damit das Gespräch zu einem unliebsamen Thema führte.

„Wenn ich das nur wüsste“, antwortete Dana. „Hat denn von euch niemand eine Idee?“
 


 

End of Part 67

Estelas Plan

Alles wird sich ändern

Author: Bina-chan86

Part 68/?
 


 

„Es mangelt euch wirklich an Fantasie.“ Seufzend lehnte Estela sich zurück. In der linken Hand schwenkte sie nachdenklich einen Löffel hin und her. Aller Augen richteten sich auf die Dämonenpriesterin, doch diese zuckte nur geringschätzig mit den Schultern. „Sollte Barilowyn uns eine Scharade vorspielen, dann schlagen wir ihn eben mit seinen eigenen Waffen.“

Alvar schüttelte ein wenig skeptisch den Kopf. „Übertreibt ihr es nicht ein wenig?“, fragte er in die Runde. „Ich bin ja auch dafür vorsichtig zu sein, aber ihr verurteilt gerade jemanden, ohne ihm einen fairen Prozess zuzugestehen.“

Trotzig verschränkte Estela die Arme vor der Brust, wie ein Kind, das man getadelt hatte. „Aber selbst du musst zugeben, dass sein Auftauchen hier recht ungewöhnlich ist. Ebenso, wie der Zeitpunkt, den er gewählt hat“, wandte sie ein.

„Sollte seine Geschichte stimmen, dann glaube ich kaum, dass er die Zeit hatte irgendetwas zu entscheiden“, konterte Alvar. Ihm behagte diese vorschnelle Art ganz und gar nicht. „Dana hat vollkommen Recht, wenn sie sagt, dass wir abwarten müssen, bevor wir uns ein endgültiges Urteil bilden.“

Estela rührte ärgerlich in ihrer Teetasse. „Schon gut! Schon gut! Aber ich behalte ihn trotzdem im Auge.“

Daraufhin schaute Eravelle sie schief von der Seite an. „Aber etwas feinfühliger als sonst, ja? Egal, ob Barilowyn nun ein Verräter ist oder nicht – er könnte in jedem Fall nützlich sein.“

„In Ordnung, ich werde ihn nicht grillen“, versprach Estela feierlich und zog dabei eine todernste Miene.

Na, ob das gut geht?, fragte sich Dana besorgt. Sie konnte nur hoffen, dass Estela ihr Versprechen hielt. Denn eines stand fest: Wenn sich die Dämonenpriesterin etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann ließ sie sich auch nicht so leicht davon abbringen.

„So, und nun...“ Estela grinste schon wieder. Beiläufig klopfte sie Eravelle auf den Rücken, allerdings so stark, dass dieser für einen Moment lang die Luft weg blieb.

„Was?“, knurrte die dunkelhaarige Elbin ungeduldig.

„Setzen wir unser Training fort“, sagte Estela. „Bewegung tut nach dem Essen gut.“ Sie warf einen Seitenblick in Zacks Richtung und fügte hinzu: „Das würde dir übrigens auch gut tun. In den letzten Tagen sehe ich dich nur noch Essen.“

„Das stimmt nicht.“ Die Tatsache, dass Zack mit vollem Mund sprach, schwächte seinen Protest nicht unerheblich ab.

„Kaum bist du mal etwas länger von Zuhause weg, schon vergisst du jegliche Tischmanieren“, tadelte Dana ihren Ziehbruder und rollte dabei mit den Augen.

Zack errötete, sagte er wohl wissentlich nichts weiter dazu.
 

Es dämmerte mittlerweile. Eravelle und Estela hatten ihre Übungen für den heutigen Tag beendet. Erstere hatte sich todmüde in ihre Kammer verzogen. Estela hingegen zog es vor, bei ihrem Plan zu bleiben und Barilowyn einen Besuch abzustatten.

Sie beendete ihr Bad wie üblich und sann darüber nach, wie man dem Neuankömmling am besten die Wahrheit entlocken könnte. Schließlich fasste sie einen Entschluss und griff nach einem – zugegebenermaßen knappen – dunkelgrünem Kleid, das sie sich über den Kopf zog.

„Dann wollen wir mal“, murmelte sie vor sich hin.
 

Barilowyn schien im ersten Moment überrascht von der Tatsache, dass ausgerechnet Estela ihn aufsuchte. Bisher hatte er von der Frau nicht viel mehr als feindselige Blicke und hämische Worte geerntet. Er riss sich zusammen und versuchte seine Rolle weiter zu spielen, so gut er es vermochte.

Estela gab keinerlei Begrüßungsfloskeln von sich, sondern ging ein paar Schritte vor dem Elben auf und ab und musterte ihn unverhohlen.

Wyn fragte sich ernsthaft, was sie von ihm wollte und beobachtete sie dabei seinerseits ebenso offensichtlich. Sie war eine hübsche Frau, das musste er zugeben, aber irgend etwas stimmte nicht mit ihr. Die Einwände, die sein Hirn ihm da gerade zuflüsterte, schob er allerdings vorerst beiseite und ließ seinen Blick stattdessen über ihre Rundungen gleiten. Fast hätte er dabei grinsen müssen.

„Also“, riss Estela ihn letztlich aus seinen Tagträumen, „verrätst du mir nun den wahren Grund dafür, warum du hergekommen bist?“

Wyn stellte sich dumm. „Den wahren Grund?“, wiederholte er verständnislos.

So schnell wie Estela über ihm war und ihn mit nur einer Hand ins Kissen drückte, konnte er gar nicht reagieren. „Ich mag keine Spielchen! Die sind mir zu anstrengend!“, knurrte sie.

Wyn keuchte. „Ich weiß wirklich nicht, wovon du sprichst.“ Es gab keine Chance sich zu befreien – keine Chance ohne sich dabei zu verraten.

Estela zog einen Mundwinkel nach oben, wodurch sie nicht gerade freundlicher aussah. „Keine Sorge, ich habe Zeit“, entgegnete sie. „Vielleicht darf ich dich nicht töten, aber ich denke, dass wir auch so unseren Spaß haben werden.“

Diese Frau meint es Ernst, dämmerte es Barilowyn.

Nur eines verstand er noch nicht: Die anderen waren ebenfalls misstrauisch, aber Estela wirkte so, als ob sie genau wüsste, dass etwas nicht stimmte.

Barilowyn versuchte es mit einem leicht dümmlichen Grinsen. „Wie kommst du nur auf solche Gedanken? Soll ich mir diese Wunden selbst zugefügt haben?“ Er lachte. „Da überschätzt du meinen Mut aber doch ein wenig.“

„Mit Mut hat das nichts zu tun.“ Estela ließ endlich von ihm ab und trat einen Schritt zurück. „Und was deine Frage betrifft, so kann ich nur sagen, dass ich nicht die einzige bin, die manchmal mehr von sich zeigt, als notwendig.“
 

„Sieh mal!“ Lydia zupfte Alvar am Ärmel und deutete dann über die Brüstung des Balkons hinweg in den Garten. „Kennen wir die beiden nicht?“

Alvar reckte den Hals. „Sind das nicht die zwei Söldner? Estelas Freunde?“

Lydia erhob sich. „Keine Ahnung, ob man in Estelas Fall von Freunden sprechen kann, aber wir sollten sie zumindest begrüßen.“

Alvar tat es ihr gleich. „Ich frage mich nur, wie sie uns wohl gefunden haben.“

„Finden wir es heraus“, meinte Lydia schulterzuckend.
 

Diese Frage konnte recht schnell beantwortet werden und zwar von Alvars Mutter, auf welche die beiden im Gang zuerst stießen. Offenbar hatte Adeline Besuch erwartet.

„Kannst du mir das genauer erklären?“, bat Alvar skeptisch.

Adeline nickte bedächtig. „Estela hat mit zwei fähige Söldner empfohlen und deswegen habe ich sie hierher rufen lassen.“

„Mir ist bewusst, dass wir alle Hilfe brauchen, die wir kriegen können, aber warum ausgerechnet Söldner?“ Lydia hatte eigentlich nichts gegen die beiden, aber Söldner standen allgemein in dem Ruf, demjenigen Treue zu schwören, der sie am besten bezahlte.

„Berechtigter Einwand“, gab Adeline zu. „Es ist so, dass ich eine Botschaft übermitteln möchte, die von großer Wichtigkeit ist. In schweren Zeiten wie diesen ist dafür aber jemand von Nöten, der sich auch zur Wehr setzen kann und kein ganz gewöhnlicher Bote.“

„Was für eine Botschaft?“, hakte Alvar nach.

„Wir brauchen Hilfe und das dringend. Also ist es nur logisch sich an den Befehlshaber der Truppen zu wenden.“ Meisterin Adeline sagte das so leichtfertig, als würde sie über das Wetter plaudern.

Lydia und Alvar warfen einander derweil verwunderte Blicke zu. Und Alvar fragte sich nicht zum ersten mal, über welche Kontakte seine Mutter wohl tatsächlich verfügte.
 

End of Part 68

Liebeszauber

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan.

Part 69 von ?

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„Weiß Dana davon, dass du in ihrem Namen Botschaften verschickst?“, fragte Alvar, der noch immer skeptisch war.

Nicht, das er etwas gegen Flore und Neilyr gehabt hätte, die nun beide auf ihre Befehle warteten, aber er wollte wenigstens sicher gehen, dass die Prinzessin von den Vorhaben seiner Mutter wusste.

„Natürlich“, erwiderte Adeline jedoch gelassen und fügte noch ein „Sie selbst hat die schriftlichen Botschaften verfasst“ hinzu.

Das hatte Dana also die letzten Tage getan, wenn sie bei Adeline im Arbeitszimmer gewesen war.

Alvar musste zugeben, das er damit nicht unbedingt gerechnet hatte. Die Prinzessin war jung und unerfahren und seine Mutter musste ihr viel geholfen haben, um diese Botschaften zu verfassen.
 

Barilowyn hatte es wahrlich nicht einfach unter Estelas Fuchtel.

Die Dämonenpriesterin wusste ganz genau, was sie tat und sie tat es auch noch ziemlich gut.

Sein fester Entschluss, sich dumm zu stellen und weiterhin so zu tun, als wäre er geflohen, geriet so langsam aber sicher doch ins Wanken angesichts der hübschen Frau, die Dinge mit ihm anstellte, die er nicht mal im Traum für möglich gehalten hätte.

Estela bewies damit, dass sie nicht nur Zerstörung verursachen konnte, sondern durchaus auch noch andere Talente hatte.

„Na, verrätst du mir, was du wirklich vorhast?“, sagte sie grinsend und sah ihn dabei kokett an. Dabei drohte sie mit der netten Behandlung aufzuhören, die sie ihm gerade verpasste.

Sein Hirn war längst benebelt von den ekstatischen Gefühlen, die sie bei ihm hervorrief und so blieb ihm nichts anderes übrig, als ihr ein „Mach weiter, bitte!“ entgegen zu keuchen.

„Gern. Aber erst sagst du mir, wer du wirklich bist...“ Estela konnte wirklich gemein sein.

„Das kann ich nicht.“

„Dann muss ich leider aufhören... zu schade, nicht wahr?“

„...“

„Nun, möchtest du es dir noch einmal überlegen?“, säuselte die Priesterin.

„Ok, ok, aber mach bitte erst weiter, ja, genau so.....“

Die Priesterin lächelte gewinnend. Sie bekam immer, was sie wollte. Nun ja, fast immer.
 

Als sie später mit den anderen in einem der Besprechungszimmer beisammen saß, um die aktuellen Pläne zu besprechen, konnte die Dämonenpriesterin viele neue und nützliche Informationen preisgeben.

„Barilowyn kam hierher, um sich einzuschleichen und unsere Pläne an die Azi Dahaka zu verraten“, erklärte sie den anderen.

„Also ist es doch nur eine Falle“, sagte Eravelle, die sich nun mehr als nur bestätigt fühlte.

„Ja. Und die Geschichte mit einer angeblichen Schwester ist natürlich auch gelogen. Er hat gar keine Geschwister. Im Übrigen ist er ein guter Bekannter von diesem Monsterelben, der uns neulich beinahe den Gar aus gemacht hätte“, erzählte Estela.

„Ich bin beeindruckt“, bemerkte Dana anerkennend. „Ich frage mich, wie du diese Informationen aus ihm heraus bekommen hast.“

„Nun, ich glaube nicht, dass ihr das wirklich wissen wollt“, sagte die Rothaarige, ohne dabei selbst rot zu werden.

„Du hast ihm doch hoffentlich nicht weh getan?“, wollte sich Dana vergewissern.

„Nein, natürlich nicht.“

„Und er hat dir alles einfach so freiwillig erzählt?“ Daran konnte Lydia ihrerseits nicht so wirklich dran glauben.

„Nun ja...“

„Okay“, seufzte Dana, „was hast du mit ihm gemacht? Raus mit der Sprache!“

„Och, ich hab ihm nur ein bisschen meine weiblichen Reize gezeigt....“, gab Estela schließlich zu.

„Du hast also einen Liebeszauber eingesetzt?!“, stellte nun Alvar fest.

Warum sonst sollte sich ein Feind von ihnen so leicht überrumpeln lassen? Die Reize einer Frau dürften allein kaum genügen. Nicht bei dem, was auf dem Spiel stand.

„Mehr oder weniger, ja.“ Auch das gab Estela zu.

„Das darf ja wohl nicht wahr sein“, schimpfte Alvar. „Liebeszauber gehören zu den verbotenen Zaubern! Sie einzusetzen kann immense Nachwirkungen haben!“

„Na und? Es ist ja nicht so, als wäre dieser Typ harmlos“, winkte die Priesterin ab.

„Es geht ums Prinzip, Estela!“

„Papperlapapp. Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt – so heißt es doch so schön.“

Dana traute ihren Ohren kaum – sie hieß es auf gar keinen Fall gut, dass Estela zu solchen Mitteln griff. Selbst sie wusste, das Liebeszauber strengstens verboten waren, weil sie die Seele eines Sterblichen irreparabel schädigen konnten. Und hatten sie nicht schon genug gesehen von einer zerstörten Seele? Ein Bild Lanions huschte ihr durch die Gedanken.

„Bring das in Ordnung, Estela!“, zischte die Elbin beinahe ungeduldig.

„Wäre es dir lieber gewesen, wenn ich ihn gegrillt hätte?“, fragte die Priesterin schmollend. Da hatte sie sich extra eine ‚sanfte’ Methode ausgesucht, um Wyn zum Reden zu bringen und sie wurde trotzdem angemeckert. Womit hatte sie das eigentlich verdient?

„Nein, wäre es nicht. Aber wir hätten ihn auch so noch zum Reden bekommen“, sagte Dana überzeugt.

„Da wäre ich nicht so sicher. Ich hab ganz schön viel Mühe gebraucht, um ihn so weit zu kriegen. Er ist gut.“

„Das mag ja sein, aber das rechtfertigt deine Methoden nicht!“, fand Dana.

„Na schön, na schön, ich nehme den Zauber zurück“, grummelte Estela.

Sie war zwar stark, aber den Zorn der Elbenprinzessin wollte sie dann doch nicht auf sich ziehen. Sie hatte gesehen, wozu Dana fähig war, wenn sie die Fassung gänzlich verlor.

„Gut. Dann können wir jetzt darüber sprechen, wie unsere nächsten Pläne aussehen“, sagte Alvar ungeduldig. Er war schon die ganze Zeit gespannt darauf, was sich seine Mutter so ausgedacht haben könnte.

„Erst einmal“, begann Dana, „möchte ich mich vergewissern, dass ihr mir alle weiterhin folgen möchtet. Unsere Unternehmungen sind sehr riskant und ich möchte niemanden in Gefahr bringen, der das vielleicht nicht möchte.“

Sie sah ihre Gefährten nacheinander an, die mit ihr an dem runden Tisch saßen.

Zack saß zu ihrer Linken und sah entschlossen genug aus. Er würde bei ihr bleiben. Mellryn und Eravelle ebenfalls. Ihr Blick glitt weiter zu Lydia und Alvar. Und als sie das zerknirschte Gesicht der Geschichtenerzählerin sah, wusste sie, wie schwer es für Lydia sein musste, das zu sagen, was sie nun sagte.

„Ich werde wohl oder übel hierbleiben müssen. Es gefällt mir nicht, aber das Wohl meines Kindes geht vor. Aber ich helfe von hier aus, so gut ich kann.“

Alvar drückte ihre Hand bei diesen Worten und wusste, dass sie das Richtige tat.

Dana nickte verständnisvoll. „Und du, Alvar?“

„Ich würde zwar gern bei Lydia bleiben, aber ich werde dir folgen, Prinzessin. Unsere Mission ist wichtig und ich möchte dabei helfen, dass hier wieder Frieden herrscht, allein schon unseres Kindes wegen.“

„Gut gesprochen“, nickte Mellryn anerkennend. Danas Bruder hatte eigentlich fest damit gerechnet, dass Alvar hier im Sanatorium bleiben würde, zusammen mit Lydia. Umso positiver war er überrascht darüber, dass Alvar weiterhin folgen wollte.

„Ich bleibe auch“, sagte Estela abschließend. Natürlich blieb sie. An ihrer Entscheidung hatte auch schon zuvor niemand Zweifel gehegt. Allerdings wusste niemand, welche Ziele sie wirklich verfolgte.

„Gut“, sagte Dana, als sie die Beschlüsse ihrer Freunde vernommen hatte.

„Wohin werden wir also als nächstes gehen?“, fragte Zack neugierig.

„Es ist klar, dass wir mehr Verbündete brauchen, um Haryon stürzen zu können. Also muss ich Kontakt zu anderen Herrschern aufnehmen und mit ihnen verhandeln“, erklärte Dana.

Das war genau das, worüber sie mit Adeline so lange gesprochen hatte. Sie brauchte dringend Unterstützung. Die Dúath allein würden nicht reichen, und die Elben aus Ghartiselidh,, die noch in den verbliebenen Dörfern und Städten hausten, waren inzwischen zu sehr geschwächt, um noch viel ausrichten zu können.

„Unterstützung werden wir doch ganz sicher von den Zwergen bekommen?“, überlegte Eravelle laut.

„In der Tat. Ich rechne fest mit ihnen, zumal mir Garim zugesagt hat, dass er sein Volk überzeugen wird. Deshalb sind auch Flore und Neilyr hier. Sie sollen eine Botschaft von mir an die Zwerge überreichen. Immerhin kann ich nicht überall gleichzeitig hingehen, um mir Hilfe zu holen und die Botschaft ist mir zu brisant, als dass ich sie einfach irgendeinem Boten überlassen wollen würde. Von unseren Plänen darf nichts nach draußen dringen, das ist unheimlich wichtig!“

Mellryn nickte. „Das ist wahr. Soweit ich weiß, ist Haryon bisher nur mit Hinwharan verbündet, und das auch nur, weil Ghartiselidh und Hinwharan direkt aneinander grenzen. Wenn er davon erfährt, auf welchem Weg wir weitere Unterstützung suchen, wird er versuchen, uns die Wege und Möglichkeiten abzuschneiden.“

„Ganz richtig. Wir müssen also alles möglichst geheim halten. Deshalb ist es gar nicht so schlecht, dass wir jetzt zumindest wissen, dass wir Barilowyn nicht trauen können“, ergänzte Alvar, auch wenn er Estelas Taten damit immer noch nicht guthieß.

„Das ist wahr. Auch wenn ich ein wenig gehofft habe, in ihm einen weiteren Verbündeten zu finden“, sagte Dana, nicht ohne Bitterkeit in ihrer Stimme.

Für einen Moment herrschte Schweigen, bis Dana ihre Ausführungen schließlich weiterführte.

„Ich habe vor, nach Arithea zu gehen und mir den dortigen König zum Verbündeten zu machen.“

„Arithea? Du meinst das reiche Land im Norden?“, fragte Eravelle.

„Genau dieses.“

„Aber der König ist schon sehr alt und soll nicht mehr bei bester Gesundheit sein“, warf Eravelle ein.

„Ja, das ist richtig“, nickte Dana. So viel hatte sie durch Adeline auch schon in Erfahrung gebracht. „Aber er hat einen Sohn – Prinz Lysander – der jetzt wohl die Staatsgeschäfte führt. Ich hoffe, dass ich mit ihm ein Bündnis eingehen kann.“

„Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert“, fand Zack. Er glaubte an seine Ziehschwester, die sich ganz offensichtlich die beste Mühe gab, um ihr Land zurückzuerobern und sich deshalb viele Gedanken machte.

„Okay“, sagte Mellryn. „Dann sollten wir bald aufbrechen und nicht noch mehr Zeit verlieren.“
 

End of Part 69

unerwarteter Besuch

Alles wird sich ändern

Author: Bina-chan86

Part 70/?
 

Als Dana das nächste mal Adelines Arbeitszimmer betrat, traf sie die Ärztin nicht alleine an. Lydia war ebenfalls anwesend. Vor ihr auf dem Tisch lagen mehrere Bücher ausgebreitet.

Dana musste bei diesem Anblick grinsen. „Du machst dein Versprechen schneller wahr, als ich gedacht hätte.“

„Man tut, was man kann“, gab Lydia lachend zurück. „Ich habe alles an Informationen zusammen getragen, was ich über Arithea finden konnte. In unserem Fall ist es sehr hilfreich gut informiert zu sein.

„Inwiefern das?“ Dana setzte sich neben sie.

Lydia schlug eines der Bücher auf. „Arithea ist ein reiches Land, wie Eravelle bereits richtig bemerkt hat. Aber dieser Reichtum kommt nicht von ungefähr. Die Bewohner stehen in dem Ruf besonders misstrauisch zu sein. Hinzu kommt, dass sie ihre Grenzen immer wieder verteidigen müssen.“ Sie zog vieldeutig einen Mundwinkel nach oben. „Und genau an diesem Punkt kommst du ins Spiel. Zwar bist du es, die nach Verbündeten sucht, aber sie können ebenso gut Unterstützung gebrauchen. Prinz Lysander mag engagiert sein, aber er ist noch recht jung.“ Einen Moment lang dachte sie nach. „28 Jahre, wenn ich mich recht erinnere. Er muss sich erst noch beweisen. Ein Bündnis würde zu seinem Ansehen beitragen.“

Dana hörte aufmerksam zu und nickte dann verstehend.

„Du musst Prinz Lysander seine Vorteile aufzeigen“, stimmte Meisterin Adeline zu.

„Wisst ihr, was der Prinz für ein Mensch ist?“, erkundigte sich Dana neugierig.

Lydia und Adeline tauschten einen Blick miteinander, doch beide schüttelten den Kopf. „Nein, was das betrifft, so sind die Informationen sehr vage. Es sind nur Gerüchte und sie widersprechen sich“, sagte Lydia. Bevor auch nur eines dieser Gerüchte über ihre Lippen kam, klopfte es an der Tür.

Adeline blickte auf. „Herein!“

Miliende streckte ihren Kopf zur Tür herein. „Verzeihung, Meisterin Adeline, aber dort draußen wartet ein Mann, der mit euch sprechen möchte.“

„Und wer ist es?“, fragte Adeline skeptisch. Sie erwartete heute niemanden mehr.

„Er behauptet als Vertreter der Stadt Ithal hierher gekommen zu sein.“

Danas Blick huschte zu Lydia, die bei diesen Worten blass geworden war. Ithal, ihre Heimatstadt – die Stadt, der sie entflohen war.
 

„Kann es sein, dass du auf den Typen stehst?“

Estela rutschte ihre Teetasse aus der Hand, die nun klirrend am Boden zerbrach. Fassungslos starrte sie Eravelle an.

Die dunkelhaarige Elbin zuckte mit den Schultern. „Ich meine ja nicht, dass du in ihn verliebt wärst, aber das Ganze scheint dir Spaß zu machen. Du magst den Liebeszauber auf Danas Wunsch hin aufgelöst haben, aber Barilowyns Zimmer suchst du trotz allem noch immer auf. Du musst zugeben, dass das merkwürdig ist.“

„Tss“, machte Estela ungeduldig und drehte den Kopf dabei zur Seite. „Das geht dich ja wohl kaum etwas an!“

„Und ob es mich etwas angeht. Wenn dein Plan - sagen wir mal - nach hinten losgeht, dann hängen wir da alle mit drin“, konterte Eravelle. „Vielleicht wirst du uns ja früher oder später doch noch verraten.“

Estela zog eine Augenbraue nach oben. „Hätte ich euch verraten wollen, dann wäre dies längst geschehen. Außerdem ist ein Mann ein ziemlich dämlicher Grund dafür, meinst du nicht auch?“

„Würde eigentlich auch nicht zu dir passen.“ Eravelle zuckte seufzend mit den Schultern. „Ich sage ja nur, dass du aufpassen sollst, sonst wird dein Plan am Ende noch gegen dich verwendet.“ Letztendlich zog die Elbin es vor lieber zu schweigen. Bei Estela stieß sie ganz offensichtlich auf taube Ohren, wie bei einem trotzigen Kind, das alles besser wusste.
 

Zack beobachtete aus den Augenwinkeln Alvar, der im Zimmer nervös auf und ab ging. „Wenn du mir etwas sagen willst, dann sag es, anstatt mich hier vom Packen abzuhalten“, seufzte er schließlich, während er einige Kleidungsstücke in seiner Tasche verstaute.

„Nein, es ist eigentlich nichts“, entgegnete Alvar ein wenig zerstreut.

„Dieses Nichts war aber bedeutend genug, um dich hierher zu führen, habe ich recht?“, warf Mellryn ein, der bisher die ganze Zeit über geschwiegen hatte.

Alvar kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Na ja, es ist nur so, dass es da etwas gibt, dass ich gerne tun würde, ehe wir von hier fortgehen.“

Zack blickte verwirrt drein, während Mellryn Alvar ganz ruhig ansah und schließlich lächelte. „Nun, warum gehst du dann nicht einfach zu der betreffenden Person, anstatt bei uns auf Rat zu hoffen. Ich glaube, dass du ganz genau weißt, was du zu tun hast. Unsere Hilfe brauchst du dabei nicht.“ Mellryn hatte verstanden, aber er war sich bewusst, dass er wohl kein geeigneter Kandidat dafür war um Alvar einen Ratschlag zu erteilen, ebenso wenig wie Zack, der keine Ahnung hatte, wovon überhaupt die Rede war.

„Vermutlich hast du recht...“ Alvar musste wider Willen lächeln. „Es tut mir leid.“

„Schon gut.“
 

Als Barilowyn erwachte, saß Estela neben seinem Bett und schaute aus dem Fenster. Nachdenklich betrachtete er ihr Profil. Er hatte zwar nur eine verschwommene Erinnerung an das, was in den letzten Tagen geschehen war, aber sie war dennoch vorhanden. Und er fand, dass es nicht unbedingt die schlechtesten Erinnerungen waren.

„Du hast mich ganz schön hereingelegt.“

Estela zuckte überrascht zusammen, was wiederum Wyn etwas erstaunte. Er hatte vermutet, dass sie längst bemerkt hatte, dass er wach war - wie sonst auch.

Estela fing sich schnell wieder. „Ich bin zutiefst betrübt darüber, dass du so schlecht von mir denkst“, lautete ihr gelangweilter Kommentar.

Wyn musste grinsen. „Ja, das sehe ich.“

„Also, was sollen wir nun mit dir machen?“, warf Estela in den Raum. „Laufen lassen können wir dich nicht. Außerdem können wir dich auch schlecht in Meisterin Adelines Obhut lassen, hier gibt es niemanden der dich bewachen kann. Und wenn wir dich mitnehmen, bist du ein nicht kalkulierbares Risiko.“

Barilowyn sah auf. „Willst du mich etwa töten?“

Estela winkte ab. „Das ist mir leider nicht erlaubt. Die Prinzessin will trotz allem, dass du lebst.“

„Dann hast du also ein Problem.“ Wyn konnte fast ebenso diabolisch grinsen, wie sie. Er griff nach ihrem Handgelenk und zog sie näher. „Also, was wirst du tun?“

„Dich rösten, wenn du mich nicht sofort loslässt!“, knurrte die Dämonenpriesterin.

Mahnend erhob Wyn den Zeigefinger. „Das ist dir nicht erlaubt, schon vergessen?“

„Ich könnte sagen, dass es Notwehr war.“

„Was dir allerdings kaum einer glauben dürfte“, entgegnete Barilowyn gelassen. „Einen Verletzten so schlecht zu behandeln...“

„Es geht dir schon wesentlich besser“, konterte Estela.

Wyn schnappte sich mit einer schnellen Bewegung auch ihr anderes Handgelenk und drückte sie auf das Bett. „Gut, dass du mich daran erinnerst.“

Estela rang das bloß ein geringschätziges Grinsen ab. „Wenn du glaubst, dass du mich so leicht überwältigen kannst, muss ich dich enttäuschen.“ Höchst unsanft stieß sie ihm ihr Knie in die Magengegend.

Wyn keuchte, aber er ließ sie nicht los. „Wer wird denn gleich so biestig sein? Ich bin jetzt dein Problem. Warum machen wir nicht das Beste aus der Zeit, die uns noch bleibt. Immerhin befinden wir uns im Krieg – in einer Woche könnten wir beide schon tot sein.“

„Schon möglich.“

„Ich bin jetzt dein Problem“, wiederholte Wyn noch einmal, ehe er eine Hand in ihren Nacken legte und sie küsste.
 

Alvar fand Lydia in dem kleinen Vorraum zu Adelines Arbeitszimmer.

„Lydia, ich muss mit dir reden“, setzte der Elb an, aber als sie aufblickte, hielt er inne. „Was ist passiert? Du bist ja ganz blass.“

„Er ist hier“, sagte Lydia leise.

Alvar setzte sich neben sie und nahm ihre Hand. „Wer ist hier?“

„Ein Vertreter der Stadt Ithal“, antwortete Lydia. „Und dieser jemand ist ausgerechnet Seithrun Chiron, mein älterer Bruder.“

Alvar Gehirn brauchte einen Moment lang, um diese Information zu verarbeiten und sich daran zu erinnern, was Lydia ihm einst über ihre Familie erzählt hatte. „Meinst du, dass er nach dir gesucht hat?“, hakte er schließlich nach.

Nachdenklich zog Lydia die Augenbrauen zusammen. „Ich glaube, dass er tatsächlich als Gesandter hier ist, aber mein Bruder ist kein Narr. Seine Existenz hängt davon ab, wie gut er informiert ist. Ich nehme also an, dass er genau gewusst hat, dass ich hier bin.“

Es wäre für Alvar leicht gewesen, Lydia in die Obhut ihres Bruders zu geben, während er Dana auf ihrer Mission begleitete und wahrscheinlich hätte es ihn sogar beruhigt. Aber die freiheitsliebende Lydia ihrer dominanten Familie zu überlassen, wäre ihm einfach nur grausam erschienen. Er wusste, dass sie ihre Familie im Grunde ihres Herzens liebte, aber er wusste auch, dass diese Lydias Weg nicht guthieß.

Alvar legte eine Hand auf Lydias Wange. „Mach nicht so ein Gesicht. Ich bin doch jetzt bei dir. Wir gehören zusammen. Lydia, ich...“ Er zögerte er, nahm dann aber all seinen Mut zusammen. „Wenn das hier alles vorbei ist, würdest du meine Frau werden?“
 

End of Part 70

Kopf hoch, Schwester!

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan.

Part 71 von ?

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Danke an Waterqueen fürs Favorieren!
 


 

Erst war Lydia überrascht. Mit dieser Frage hatte sie nun wirklich nicht gerechnet, schon gar nicht in dieser Situation.

Sie hatte sich so eine Verlobung immer viel romantischer vorgestellt. Mit vielen Kerzen, Rosen und einem Ring – und einem Mann, der vor ihr auf die Knie ging.

Dieser Heiratsantrag war alles andere als romantisch und auch einen Ring hatte Alvar nicht.

Aber er hatte ein Lächeln im Gesicht, das sie zum Schmelzen brachte und als sie in seine Augen blickte, wusste sie, wie sehr sie ihn liebte. Und immerhin würde er ja auch der Vater ihres Kindes sein. Ihre Antwort stand also ohnehin schon lange fest.

„Natürlich, ja!“, war ihre Antwort und Alvar strahlte über das ganze Gesicht, obwohl er mit dieser Zusage natürlich schon gerechnet hatte.

„Ich liebe dich“, beteuerte der dunkelhaarige Elb.

„Ich dich auch“, war die Antwort, die sofort von Lydia kam. Und dann grinste sie neckisch. „Aber einen Ring will ich schon noch....“

Alvar lachte. „Den bekommst du, versprochen.“
 

Nie hätte er das für möglich gehalten, doch als er nun die schlafende Estela betrachtete, wusste Wyn, dass er sich wirklich und wahrhaftig in sie verliebt hatte.

Es war eine Sache, ob man als Spion unterwegs war und er sich in Feindesgebiet befand – und Gefühle waren eine andere. Gefühle waren stark und unberechenbar.

Die einzige Kerze, die noch brannte, ließ Schatten auf Estelas Gesicht tanzen. Ein Gesicht, das gerade sehr ruhig und friedlich war und es fiel dem Elben schwer, den Blick abzuwenden.

„Was soll ich nur tun?“, fragte er sich seufzend und strich der Schlafenden bei diesen leisen Worten eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

Diese Frage war berechtigt, denn er stand vor einem Problem, von dem er nie gedacht hätte, dass es ihn mal treffen könnte.

Einerseits wollte er Haryon – seinen König – nicht verraten, andererseits wollte er aber auch Estela nicht aufgeben müssen.

Diese Gedanken hielten Barilowyn vom Schlafen ab und auch als die letzte Kerze erlosch und es in seinem Zimmer dunkel wurde, fand er keine wirkliche Ruhe.
 

„Was führt Euch zu mir, Herr Chiron?“

Adeline saß an ihrem Schreibtisch ihres Arbeitszimmers und der Abgesandte der Stadt Ithal saß ihr gegenüber, eine Tasse Kaffee in seiner Hand.

Der braunhaarige junge Mann setzte ein freundliches Lächeln auf, als er zu sprechen begann.

„Nun, ich weiß nicht, ob Ihr schon davon gehört habt, aber in unserer Stadt ist anscheinend eine Krankheit ausgebrochen, derer wir nicht Herr werden. Sie befällt vor allem Kinder und junge Frauen. Viele sind bereits gestorben, noch viel mehr sind krank. Wir erhoffen uns ein wenig Unterstützung von Euch, beziehungsweise Eurem Sanatorium.“

Adeline nickte verstehend. Sie hatte bereits von dem Ausbruch der Krankheit gehört, aber bisher war sie nicht sicher gewesen, ob das nur Gerüchte waren und wie viel davon tatsächlich stimmte.

Sie überlegte einen Moment, bevor sie antwortete. „Ich kann wohl auf einige meiner Schwestern und einige Ärzte für eine Weile verzichten und die schwersten Fälle könnte man nach Sarna bringen lassen, damit ich sie mir ansehen kann.“

„Das wäre sehr freundlich von Euch, Adeline“, nickte Seithrun.

„Ich nehme an, die Krankheit ist hochansteckend?“, fragte die Ärztin nun.

„Das glauben wir, ja. Bisher isolieren wir alle Kranken sofort, wenn die Krankheit ausbricht, aber sie bricht dennoch immer wieder an vielen Stellen der Stadt aus.“

Man sah Lydias Bruder an, das es ihn betroffen machte, seine Stadt so leiden zu sehen.

„Ich werde unverzüglich meine Leute losschicken. Ihr sagtet, junge Frauen und Kinder sind die meisten Betroffenen?“

„Ja.“

„Dann werde ich hauptsächlich Männer und ältere Frauen auswählen. Ich möchte keinen meiner Leute leichtfertig verlieren.“

„Nur verständlich“, stimmte Seithrun zu.

„Wie kann ich Euch sonst weiterhelfen?“, fragte Adeline. Sie spürte, dass der junge Mann vor ihr noch weitere Sorgen auf dem Herzen hatte. Und man sah es ihm auch an.

Dieser zögerte einen Moment, bevor er dann sagte: „Ich habe gehört, meine Schwester Lydia hält sich hier auf?“
 

„Ich fühle mich noch immer unvorbereitet!“, murrte Dana, die jetzt, wo es bald wieder losgehen sollte, doch ein wenig nervös wurde.

„Ich glaube, das ist normal“, beruhigte Mellryn sie.

„Meinst du?“

„Ja. Mach dir nicht so viele Sorgen. Du wirst es schon schaffen.“

„Deinen Optimismus hätte ich gerne“, seufzte die Elbin jedoch nur.

Die beiden waren in Danas Zimmer und dabei, die letzten Vorkehrungen für die bevorstehende Reise und die Audienz bei Prinz Lysander zu treffen.

„Kopf hoch, Schwester. Ich bin ja bei dir!“

Dana lächelte leicht. Sie war sehr froh darüber, dass Mellryn sie weiterhin begleitete und ihr mit Rat und Tat zur Seite stand. Und es freute sie, dass ihr Bruder durch Adelines Behandlung schon in deutlich besserer gesundheitlicher Verfassung war. Er würde die Reise gut überstehen, das wusste sie.

„Was täte ich nur ohne dich, Mellryn?“, fragte sie leise.

„Die Frage könnte ich dir auch stellen. Ohne dich wäre ich vermutlich noch immer in Gefangenschaft. Ich bin dir mehr als nur dankbar dafür, dass du mich befreit hast.“

„Oh, das war nicht allein mein Verdienst, das weißt du. Ohne die anderen hätte ich das nie geschafft. Allen voran Eravelle. Sie hat uns immer wieder angetrieben.“

Ja, das konnte sich Mellryn lebhaft vorstellen. Eravelle war schon immer eine treibende Kraft gewesen.

„Ihr seid gute Freundinnen geworden, du und Eravelle, nicht wahr?“

„Ja, sehr. Ich mag sie, auch wenn sie mich am Anfang bedroht hat. Mir war recht schnell klar, dass sie nicht böse ist und mit der Zeit haben wir uns immer besser kennen gelernt. Ich hoffe, dass mir das auch mit anderen Leuten gelingt. Ich meine, so eine Freundschaft aufzubauen.“

„Du meinst mit Lysander?“

Nun fühlte Dana sich beinahe ein wenig ertappt. „Ja, natürlich. Ich brauche ihn als Verbündeten. Aber ich habe nun mal keine Ahnung, was für ein Typ Mensch er ist.“

„Das weiß ich leider auch nicht“, sagte Mellryn bedauernd.

„Nun ja, ich werde es erfahren“, sagte die Prinzessin nun, mehr zu sich selbst.

„Mit Sicherheit. Und nun sollten wir weiter packen. Immerhin geht es übermorgen los.“
 


 

Von Sarna aus war der Weg nicht weit bis Cardun und von dort aus war es wiederum nicht weit bis zu den Höhlen der Zwerge.

Und bei den Zwergen herrschte derzeit eine Aufbruchsstimmung, wie es sie bei diesem Volk schon lange nicht mehr gegeben hatte.

Garim hatte es geschafft – er hatte sein Volk dazu gebracht, sich für einen Krieg zu rüsten, um die Elbin zu unterstützen, der rechtmäßig der Thron zustand.

Es wurden Schwerter und Rüstungen geschmiedet, für den Kampf trainiert und Zaubersprüche gelehrt – auch wenn die wenigsten Zwerge gut im Zaubern waren.

Und jeden Tag wartete man auf eine Nachricht von Dana, die ihnen sagen würde, was sie zu tun hatten.

Keiner hatte den Tod Gantas vergessen und ein ganzes Volk wartete darauf, für diesen Tod Rache üben zu können.

Niemand wollte, dass dieser elende, falsche König weiterhin ein Land ins Verderben stürzte, das einst mit den Zwergen verbündet war und als eines der Schönsten der Welt gegolten hatte.

Und noch weniger wollten die Zwerge, das noch mehr Unschuldige unter diesem König zu leiden hatten.

Ihre Hoffnungen lagen bei Dana.
 


 

End of Part 71

Abschied

Author: Bina-chan86

Part 72/?
 

„Schwester!“

Lydia erhob sich langsam und ohne ihren Bruder dabei anzusehen. „Wir haben uns lange nicht gesehen, Seithrun.“

Alvar schaute zwischen den Geschwistern hin und her. Seithrun Chiron war in der Tat so, wie Lydia ihn beschrieben hatte – jedenfalls soweit er das momentan beurteilen konnte.

Seithruns Miene war unbewegt und wirkte ein wenig zu ernst. Selbst Adeline war mittlerweile der festen Überzeugung, dass das Lächeln von zuvor nichts weiter als ein Ausrutscher gewesen war.

„Wie geht es Mutter und Vater?“, erkundigte sich Lydia. Sie sprach dabei so ruhig und gesittet, wie eine Tochter aus feinem Hause, die sie streng genommen auch war.

„Es geht ihnen gut“, antwortete Seithrun knapp.

„Und Jerome?“

Auch an diesen Namen konnte sich Alvar aus Lydias Berichten gut erinnern. Jerome war ebenfalls ihr Bruder, wenn auch von ganz anderem Gemüt als Seithrun.

„Du kennst ihn ja“, lautete Seithruns wenig aufschlussreiche Antwort, aber Lydia verstand und nickte.

Schließlich machte Seithrun einen Schritt auf seine Schwester zu. „Du weißt, dass Ithal...“

„Ja, ich weiß sehr gut, was vor sich geht“, schnitt Lydia ihm unwirsch das Wort ab.

Selbst Alvar zuckte ein wenig zusammen. So kannte er Lydia bisher nicht.

„Aufgrund der Sachlage nehme ich nicht an, dass du mich zurück nach Hause bringen willst“, fuhr Lydia fort. „Ich schlage also vor, du sagst, was du zu sagen hast und gehst dann wieder.“

„Niemand ist hier, um dich einzufangen, Lydia“, versuchte Seithrun einzulenken. „Aber du bist einfach so verschwunden und niemand wusste, wohin du gegangen warst. Wundert es dich da tatsächlich, wenn ich nach dir suche?“

Lydia wandte sich zu ihm um. „Wir beide wissen, dass du hier bist, weil Vater es so wünscht.“ Sie schüttelte den Kopf. „Wir beide haben uns nichts mehr zu sagen. Inzwischen ermüden mich die Floskeln.“

Fast unbemerkt war Alvar neben Lydia getreten und legte seine Hand beschwichtigend auf ihren Unterarm. „Gehen wir für einen Moment vor die Tür“, sagte er nur.
 

„Müsst ihr wirklich schon fort?“, fragte Miliende bedauernd. Sie hatte sich dazu bereit erklärt bei den Reisevorbereitungen zu helfen und half nun Dana und Zack dabei Proviant zu beschaffen.

„Ja, die Zeit drängt“, antwortete Dana.

„Schade“, seufzte Mili. „Mit euch war es viel lustiger hier als sonst.“

Dana musste über diese Aussage schmunzeln. „Ich fasse das mal als Kompliment auf.“ Dann dachte sie kurz nach. Es gab noch immer eine Sache, die vor ihrer Abreise geklärt werden musste. Die Hilfe von Mili und ihrem Freund Jala wäre dabei sicher von Vorteil.

„Würdest du mir einen Gefallen tun, Mili?“, bat Dana.

„Natürlich.“

„Könntest du dich zusammen mit Jala vielleicht um Lanion kümmern?“ Dana sorgte sich um den jungen Elben, dessen Seele so viel Schaden genommen hatte, aber sie wusste auch, dass er in Meisterin Adelines Sanatorium am besten aufgehoben war.

„Kein Problem.“ Miliende zuckte mit den Schultern. „Das hätten wir sowieso getan.“

Dana nickte lächelnd.

Kurz darauf gesellte sich Zack wieder zu ihnen. „Ich denke, wir haben jetzt fast alles. Ein Problem weniger.“

In dem Punkt musste Dana ihm recht geben, doch der Moment, der ihr am schwersten fallen würde, rückte unaufhaltsam näher. Der Abschied. Bei dem, was sie vorhatten, war es gut möglich, dass es für einige ein Abschied für immer war. Bei diesem Gedanken lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken.

„Gehen wir zurück. Es wird bald dunkel“, entschied sie.
 

Auch die Duáth trafen ihre Vorkehrungen. Allerdings machte die Tatsache, dass sie weniger waren, als erhofft, den Truppenführer Tossinde noch reizbarer als sonst.

„Ich bin froh, dass wir bald aufbrechen“, grummelte Calina, als sie mit Falmarin und Oranor alleine war. „Seine Übellaunigkeit ist nicht mehr zu ertragen.“

„Ich finde, du bist ungerecht zu ihm“, wandte Falmarin tadelnd ein. „Er tut sein bestes und ohne ihn wären die Truppen möglicherweise längst auseinander gebrochen. Wir sollten mehr Vertrauen haben.“

„Das sagst du doch bloß, weil er dir gefällt“, gab Calina trotzig zurück.

Prompt lief Falmarin rot an. „Das ist nicht war. Ich finde nur, dass er ein guter Anführer ist.“

„Ja, klar.“

„Das genügt jetzt“, mischte sich Oranor zum ersten mal ein. Er brauchte seine Stimme nicht mal zu erheben, damit die beiden Elbenfrauen ruhig waren.

Oranor hob den Kopf. „Geht schlafen. Wir brechen morgen bei Sonnenaufgang auf.“

„Und wann erfahren wir, wohin es gehen soll?“, erkundigte sich Calina.

„Kurz vor unserer Abreise“, erwiderte Oranor. „Es ist wichtig, dass wir kein Risiko eingehen. Die Azi Dahaka dürfen unter keinen Umständen erfahren, dass wir uns sammeln.“

„Mir kommt es so vor, als würden wir selbst unseren eigenen Leuten nicht mehr trauen“, meinte Falmarin ein wenig niedergeschlagen.

„Nicht ganz unberechtigt“, fand Oranor. „Sieh dir nur einmal Tawha an. Er ist das beste Beispiel dafür, dass wir wachsam sein sollten. Noch wachsamer als sonst.“

Falmarin nickte langsam. „Ich verstehe.“
 

Im Sanatorium von Sarna herrschte schon früh rege Betriebsamkeit. Nicht nur, dass Dana und ihre Gefährten am nächsten Tag aufbrechen wollten – Meisterin Adeline war damit beschäftigt eine Gruppe von Heilern zusammen zu stellen, die Seithrun Chiron zurück nach Ithal begleiten sollten.

Unterdessen sorgte Alvar dafür, dass dieser seiner Schwester nicht über den Weg lief. Ihm gefiel nicht, welche Auswirkungen Seithruns Anwesenheit auf Lydias Gemüt hatte. Außerdem wollte er vor der Abreise so viel Zeit wie möglich mit ihr verbringen. Das einzige, was ihn ein wenig zu beruhigen vermochte, war das Versprechen seiner Mutter, dass sie auf Lydia und ihr ungeborenes Kind acht geben würde.
 

„Du hast ja wohl ein Rad ab!“ Estelas wütende Stimme hallte über den ganzen Hof.

„Du hast selber gesagt, dass ich nicht hier bleiben kann“, konterte Wyn ruhig.

„Ich weiß, was ich gesagt habe“, fauchte Estela gereizt. „Aber deine Bitte ist einfach lächerlich. Dann könnten wir uns Haryon ja gleich auf einem Silbertablett präsentieren.“

Wyn verzog das Gesicht. „Du könntest ruhig ein wenig mehr Vertrauen zeigen.“

Dieser Vorschlag erwirkte bei Estela bloß ein Augenrollen.

„Ich meine es ernst“, versuchte sich Wyn zu rechtfertigen. „Wenn ich euch ausliefern wollte, wäre das glatter Selbstmord. Meine Chance habe ich schon lange verspielt.“

Eravelle stand etwas abseits und beobachtete die Szene mit ernster Miene. Es war genau das eingetreten, was sie befürchtet hatte.

Als sie Dana bemerkte, die hinter sie trat, wandte sie den Kopf um.

„Was geht da vor sich?“, wunderte sich Dana.

„Wir haben ein echtes Problem“, entgegnete Eravelle. „Offenbar will Barilowyn uns begleiten.“

Dana runzelte die Stirn. „Du meinst wohl, er will Estela begleiten?“

Eravelle nickte bestätigend. „Ganz genau.“

„Aber sie hat den Zauber doch gelöst“, wandte Dana ein.

„Ja, das hat sie.“

Erst zögerte Dana, doch dann traf sie ihre Entscheidung.

„Was hast du vor?“, fragte Eravelle verwundert, als Dana sich dazu anschickte zu Estela und Wyn hinüber zu gehen.

„Ich werde das beenden.“
 

Estela bemerkte Dana als Erste und wirkte beinah dankbar. „Ich bin echt froh dich zu sehen. Könntest du diesem Spinner vielleicht klarmachen, dass wir ihn unter keinen Umständen mitnehmen können?“

„Er kommt mit!“, sagte Dana mit fester Stimme.

Estela glaubte sich verhört zu haben. „Was? Machst du Witze?“

Dana schaute die Dämonenpriesterin an. „Ich scherze nicht. Er wird uns begleiten und du wirst dafür sorgen, dass er keinen Unsinn anstellt.“

Estela war viel zu perplex um zu Widersprechen.

Ob das eine gute Idee ist?, dachte Eravelle kopfschüttelnd.
 

End of Part 72

Lydias Gedanken

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan86.

Part 73 von ?

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Zack fiel beinahe aus allen Wolken, als er davon erfuhr, dass Barilowyn sie begleiten sollte, aber Dana schien sich ihrer Sache sicher zu sein.

„Wir können ihn nicht mitnehmen! Er könnte uns verraten!“, grummelte Zack, wohl wissend, dass sein Einwand wohl auf taube Ohren stoßen würde.

„Wird er nicht. Und vielleicht ist er uns sogar noch nützlich.“

„Was macht dich da so sicher?“, fragte ihr Ziehbruder zweifelnd, doch Dana winkte schnell ab.

„Ich habe meine Gründe, ihn dabei haben zu wollen. Vertrau mir einfach.“

Der junge Mann hatte keine Ahnung, wie er es seiner Schwester ausreden sollte, so ein Risiko einzugehen. Er wusste ganz genau, dass er nichts mehr tun konnte, wenn sie sich erst mal etwas in den Kopf gesetzt hatte.

„Ich hoffe, du machst keinen Fehler“, seufzte er ergeben.

Aber Dana wirkte nicht so, als würde sie sich darüber Sorgen machen.

„Du solltest lieber schlafen gehen“, sagte sie leise lächelnd, „immerhin geht es morgen los und wir werden sicher den ganzen Tag unterwegs sein.“
 

Mit diesen Worten sollte Dana Recht haben.

Schon früh brach die Truppe auf, um so weit wie möglich zu kommen.

Durch die Berge war es sicherer, zu Fuß zu gehen und so hatten sie nur zwei Esel mitgenommen, die ihnen die Lasten weitestgehend abnahmen.

Es war noch sehr frisch und klirrend kalt an diesem Morgen, aber der Himmel war klar und es versprach, ein schöner Tag zu werden.

Und doch wünschte sich Zack in sein warmes Bett zurück. Er seufzte ergeben, denn natürlich hatte er vorher gewusst, dass es kalt sein würde und sich nun darüber zu beschweren, wäre nicht richtig gewesen. Sein Seufzer blieb jedoch nicht unbemerkt.

„Es muss schon schlimm sein, wenn man sich nicht mit Magie warm halten kann“, stichelte Estela.

„Wie meinst du das?“, knurrte Zack, der sich gerechtfertigterweise angegriffen fühlte.

Ihm war schon länger bewusst, dass er in dieser Gruppe der einzige war, der nicht über magische Fähigkeiten verfügte. Es gab ihm ein bisschen das Gefühl, weniger wert zu sein und auf genau diesem wunden Punkt hackte Estela gerade rum.

„Leute“, unterbrach Dana die beiden, bevor sich auch nur ein Streit entwickeln konnte. „Seid friedlich. Wir haben noch eine Menge Weg vor uns – und nur, weil Zack keine Magie beherrscht, heißt das nicht, dass er überflüssig ist!“

Estela starrte Dana an – woher hatte sie gewusst, was sie, die Priesterin, die ganze Zeit gedacht hatte? Oder war das Zufall gewesen? Ihr Respekt vor der Prinzessin wuchs auf jeden Fall.

Zack war seiner Ziehschwester dankbar dafür, dass sie eingegriffen hatte, bevor die Situation hätte eskalieren können. Streit in der Gruppe konnten sie tatsächlich am allerwenigsten gebrauchen.

Alvar bemühte sich nun schnell um einen Themenwechsel. „Wie lange werden wir wohl brauchen bis Arithea?“

„Eine Woche, schätzungsweise. Wir werden bald auf den Sabel treffen und dort ein Flussschiff nehmen, das uns weiter bis an Aritheas Grenzen bringt. Mit dem Schiff sind wir jedenfalls deutlich schneller als zu Fuß, hoffe ich“, erklärte Dana.

„Ah, der Sabel“, nickte Alvar. Der Fluss war recht lang und reichte in der Tat genau bis an die Grenze, bevor er dann weiter westlich verlief und schließlich im Meer endete. Es war eine kluge Reiseroute und er wusste, dass seine Mutter sie erdacht haben musste.

„Wir müssten dann in Wunrin ankommen, das ist eine kleine Hafenstadt in Arithea. Und von dort ist es dann nur noch eine Tagesreise bis zur Hauptstadt Minkan“, erläuterte Mellryn.

Der Elb war bereits einmal in Minkan gewesen, allerdings hatte er damals den Palast nicht besucht. Er fragte sich bereits, wie sehr sich die Stadt verändert haben mochte.

„Ich bin froh, dass der Weg diesmal nicht ganz so anstrengend und lang ist“, sagte Eravelle. Sie war in den letzten Monaten nur unterwegs gewesen und so langsam verlor sie die Lust am Reisen.
 

Lydia begann sich bereits jetzt einsam zu fühlen, dabei waren ihre Freunde gerade einmal einen Tag unterwegs.

Sie saß in Adelines Bibliothek und hatte ein Buch über die Geschichte Carduns und Sarnas gelesen, aber sie hatte immer wieder den Faden verloren und musste viele Absätze ein zweites und drittes Mal lesen. Ihre Gedanken schweiften immer wieder ab und kehrten zu Alvar zurück.

Er hatte sie innig geküsst zum Abschied und ihr versichert, das er heil zurückkommen würde – es war ja auch immerhin kein gefährlicher Weg – und doch machte sie sich die ganze Zeit Sorgen, das etwas schief gehen könnte.

Die junge Frau blickte aus dem Fenster und beobachtete Mili und Jala, die mit Lanion im Garten spielten. Es war bereits später Nachmittag und die Sonne würde bald untergehen.

Ein Seufzen erfüllte die Stille des großen Raumes, in dem es langsam immer dunkler wurde und Lydia hing weiter ihren Gedanken nach, die sich diesmal um ihr eigenes Kind drehten.

Einerseits war sie wütend auf das Kind, denn nur, weil sie schwanger war, konnte sie die anderen nicht begleiten und war zum Zurückbleiben verdammt. Es ärgerte sie einfach, dass sie nicht aktiv dabei sein konnte und so sehr sie es auch versuchte, dieses bittere Gefühl blieb einfach.

Dann aber dachte sie auch daran, dass dieses Kind von ihrem lieben Alvar war und dann huschte ein glückliches Lächeln über ihr Gesicht. Immerhin konnte dieses kleine Wesen ja auch nichts dafür, dass es da war und es war falsch, ihm die Schuld zu geben. Sie selbst war es ja, die nicht aufgepasst hatte und nun musste sie eben die Konsequenzen tragen.

Und ein bisschen freute sie sich dann doch darauf, dass sie Mutter werden würde, denn es würde sie und Alvar noch mehr aneinander binden. Adeline hatte ihr bereits versprochen, dass sie ihr helfen würde, so gut sie konnte – immerhin wäre sie ja auch die Großmutter dieses Kindes – und zu wissen, das sie Hilfe bekam, beruhigte Lydia ein wenig.

Und erst die Hochzeit, die hoffentlich noch bald folgen würde!

Lydia wusste inzwischen ganz genau, wie sie ihre Hochzeit haben wollte. Möglichst wenig Kitsch, aber doch ein bisschen romantisch.

Aber als sie dann an die Hochzeit dachte, dachte sich auch zwangsläufig an ihre Eltern. Es ging die beiden sehr wohl etwas an, dass sie heiratete und sogar ein Kind bekam. Aber wie sollte sie es den beiden beibringen? Selbst ihrem Bruder Seithrun hatte sie noch nichts davon gesagt, obwohl er gewiss mitbekommen hatte, dass sie mit jemandem zusammen war.

Noch konnte man ihr die Schwangerschaft nicht ansehen und bis es soweit war, war ihr Bruder bestimmt bereits wieder in Ithal.

Die Tür zur Bibliothek wurde geöffnet, und ein schwacher Lichtschein erhellte den Raum, der nun fast gänzlich dunkel geworden war, während die Sonne am Horizont langsam verschwand. Die Kinder, die eben noch so schön gespielt hatten, waren verschwunden und erst jetzt bemerkte Lydia, wie tief sie in Gedanken versunken gewesen war.

Sie blickte auf zu der Tür und sah ihre Schwiegermutter in spe an, die sie wissend anlächelte und mit einer Öllampe in der Hand auf sie zukam.

„Du vermisst sie schon jetzt sehr, hm?“, sagte die Ältere und setzte sich gegenüber von Lydia auf einen Stuhl.

„Natürlich. Es wäre wohl seltsam, wenn es nicht so wäre.“

„In der Tat. Aber dir liegt auch noch viel anderes auf dem Herzen, nicht wahr?“

Es überraschte Lydia immer wieder, welch hohe Auffassungsgabe Adeline hatte.

„Ich weiß nicht, wie ich es meinen Eltern beibringen soll...“, gestand sie ohne Umschweife.

„Das ist in der Tat ein Problem. Sie werden nicht begeistert sein – erst hören sie so lange nichts von ihrem Kind, dass ohne ein Wort weggelaufen ist, und dann kommt so eine Nachricht.“

„Aber verschweigen kann ich es ihnen wohl nicht, hm?“

„Wohl kaum. Immerhin hat dein Bruder dich hier getroffen. Er wird diese Neuigkeit sicher nicht für sich behalten.“

„Seithrun...“, seufzte die Jüngere und ihr Herz wurde schwer.

Dass sie sich mit ihrem Bruder nicht gut verstand, war nicht zu übersehen gewesen. Und auch nicht, dass sie anscheinend irgendwie wütend auf ihn war.

„Du solltest mit ihm sprechen. Egal, was zwischen euch vorgefallen ist – es ist Vergangenheit. Sprich dich mit ihm aus und er wird dir bestimmt helfen.“

„Woher willst du das wissen, Adeline?“, fragte Lydia jämmerlich. Sie fühlte sich einfach schlecht und hätte das Thema lieber nicht angesprochen. Aber sie wusste, das es nötig war.

„Nun“, antwortete ihr die Heilerin, „dieser junge Mann sah ziemlich elend aus, als er nach dir gefragt hat.“
 

Flore und Neilyr hatten die Höhlen der Zwerge natürlich längst erreicht und die Botschaft sicher abgeliefert.

Derzeit genossen die beiden die Gastfreundschaft Garims, der es sich natürlich nicht hatte nehmen lassen, sie aufzunehmen – immerhin waren sie ja Freunde von Dana.

Allerdings war auf Danas Botschaft hin noch mehr Bewegung bei der Sippe der Zwerge aufgekommen und man machte sich langsam reisefertig.

Wie Garim vom Obersten wusste, hatte Dana eine Idee gehabt, die wirklich nicht schlecht klang – sie schlug nicht nur ein Bündnis mit dem Elbenreich vor, sobald es zurückerobert war, sondern dazu ein Bündnis mit einem Menschenreich, mit dem sie sich ebenfalls verbünden wollte und zu dem sie gerade unterwegs war.

In der Botschaft bat sie um ein oder mehrere Gesandte des Zwergenreiches, die sich ebenfalls in die Stadt Minkan begeben sollten, um mit dem Prinzen des Landes zu verhandeln.

Natürlich hatte Garim sich sofort bereit erklärt, als Gesandter zu fungieren, jedoch würde er nicht den Teil der Verhandlung übernehmen, der diplomatisches Geschick erforderte.

Grinwa hatte mehrere Zwerge auserwählt und bereits am nächsten Tag würden sie aufbrechen, um möglichst zeitnahe mit Dana in der Menschenstadt anzukommen.

Flore und Neilyr, die keinen weiteren Auftrag als Söldner erhalten hatten, boten sich ebenfalls als Eskorte an und Grinwa hatte diesem Vorschlag zugestimmt. Es konnte sicher nichts schaden, wenn sie die acht Zwerge, die den Weg auf sich nahmen, begleiten würden.
 

End of Part 73

Eravelles Initiative

Author: Bina-chan86

Part 74/?
 

Zack schirmte seine Augen mit der flachen Hand gegen die Helligkeit ab und spähte in die Ferne. „Ich glaube, ich halluziniere schon... ich sehe Schnee, der sich bewegt“, murmelte er skeptisch vor sich hin, während er angestrengt versuchte etwas Genaueres zu erkennen.

Eravelle ging grinsend an ihm vorbei. „Nun, da das Fehlen von Bergen mich zu der Annahme führt, dass es sich bei deinem Schnee, der sich bewegt, nicht um eine Lawine handelt, würde ich mal sagen, wir haben Segel vor uns.“

Zwar hatte die Elbin nicht herablassend gesprochen, aber Zack ärgerte sich dennoch darüber, dass sie und ihresgleichen so gute Augen hatten.

„Wir sind dem Sabel näher, als ich gedacht hatte.“ Mellryn blickte ebenfalls in die Ferne. Der Weg schlängelte sich dort einen Hügel hinauf und fiel dann steil ab. Eravelle behielt Recht mit ihrer Vermutung. Nicht weit vor ihnen erstreckte sich der mächtige Fluss Sabel, der als eine der beliebtesten Handelsrouten galt. Viele Städte waren regelrecht aufgeblüht. Allerdings gab es auch Schattenseiten. Reichtum zog auch immer zwielichtige Gestalten an und so war in mancher Hafenstadt Vorsicht geboten, wenn es darum ging, wem man vertraute und wem besser nicht. Mellryn stufte den Ort, dem sie sich näherten als mittelschweres Risiko ein. Andererseits fand sich hier immer jemand, der keine Fragen stellte, vorausgesetzt die Bezahlung stimmte. „Es sollte nicht sonderlich schwer sein ein Schiff zu finden.“

„Ja, und vielleicht werden wir ja nicht gleich am ersten Tag ausgeraubt“, brummte Estela. Der lange Marsch hatte sie unleidlich gemacht, wogegen auch Barilowyn mit seinen Aufheiterungsversuchen nichts ausrichten konnte. Dafür hatte er die ein oder andere spitze Bemerkung über sich ergehen lassen müssen.

Dana seufzte. „Ein bisschen mehr Zuversicht täte dir ganz gut.“

„Ich bin nur realistisch.“

„Und ich würde es niemandem raten uns an der Nase herumzuführen“, warf Eravelle ein. Aufsehen sollte vermieden werden, aber sie hatte Dana längst als Prinzessin anerkannt und fand, dass man diese auch so behandeln sollte. Dana war das Ganze eher peinlich, obgleich sie wusste, dass die Dunkelhaarige es nur gut mit ihr meinte.

„Es wird schon alles gut gehen“, meinte Alvar, der mittlerweile die Führung übernommen hatte, weil die anderen während ihren Diskussionen dazu neigten langsamer zu werden. Ein paar Minuten mehr oder weniger machten wirklich keinen Unterschied, dennoch hatte eine innere Unruhe Alvar gepackt und ließ ihn so schnell nicht wieder los. Am liebsten wäre er sofort umgekehrt – zurück zu Lydia und seinem ungeborenen Kind. Allein der Gedanke daran, den Krieg zu beenden hielt ihn davon ab. Dana war ihre erste realistische Chance dem Ganzen ein Ende zu setzen und das Eledhrim-Ardh wieder aufzubauen. Nein, umkehren war ausgeschlossen.
 

Als der Abend herein brach, hatte sich die kleine Gruppe bereits in einem Gasthaus eingefunden. Nun, vielleicht war Gasthaus ein wenig übertrieben, aber es kam dem recht nahe.

Estela setzte sich gerade wieder an ihren Tisch. „Ich habe jemanden gefunden, der bereit ist uns bis nach Wunrin mitzunehmen. Zwar glaube ich, dass der Kerl seine eigene Großmutter verkaufen würde, aber dies ist das einzige Schiff, das innerhalb der nächsten zwei Tage hier ablegt.“

Nach einigem hin und her hatte man sich zuvor darauf geeinigt, Estela das Reden zu überlassen. Sie hatte mit Abstand die wenigsten Skrupel, wenn es darum ging die Leute zu überzeugen und sich Stillschweigen zu erkaufen.

Gern hätte Dana Lydia dabei gehabt, welche sonst immer die Verhandlungen übernommen hatte – mit diplomatischem Geschick versteht sich – doch momentan stand eben nur die gerissene Dämonenpriesterin zur Verfügung. Zack hatte noch eingeworfen, dass Estela am besten in eine solche Spelunke hineinpassen würde und somit nicht auffiel, aber das hatte sie überhört.

„Morgen früh geht es los“, fuhr Estela fort und lehnte sich dabei zurück. Barilowyn machte Anstalten seinen Arm um ihre Schultern zu legen, aber sie schüttelte ihn mit einer ungeduldigen Bewegung ab. Sie war immer noch sauer.

Wyn seufzte bloß und faltete die Hände in seinem Schoß.

Zacks Laune hingegen besserte sich ein wenig. „Für heute haben wir Feierabend“, sagte er und winkte den Wirt an ihren Tisch.
 

Mittlerweile hatte Lydia einen guten Weg gefunden in Gedanken bei ihren Freunden zu sein und trotzdem kein Trübsal zu blasen. Doch beginnen wir von vorn...

Seithrun hatte schweren Herzens abreisen müssen. Die Geschehnisse in Ithal duldeten keinen Aufschub. Eine weitere Ausbreitung der Krankheit wollte er verhindern und dank Adelines Angebot zu helfen, war er auch zuversichtlich, dass ihm das gelingen würde. Allerdings war dies nicht der einzige Grund. Er bekleidete ein hohes Amt und so erwartete man von ihm, dass er da war. Früh hatte er erkannt, dass es viele Menschen beruhigte, wenn sie wussten, jemand hatte ein Auge auf alles.

Der Abschied zwischen ihm und seiner Schwester war distanziert verlaufen, aber immerhin gab es einen Abschied. Nach ihrem Wiedersehen hatte Seithrun nicht geglaubt, dass Lydia überhaupt noch mit ihm reden würde. Welche Rolle Adeline dabei spielte, nämlich die der Initiatorin, ahnte er nicht. Und so ging er vorerst seiner Wege, ohne sich im Klaren darüber zu sein, was er seiner Familie berichten sollte.

Meisterin Adeline hatte Lydia wenig später aus dem Haus gescheucht und mit den Kindern auf einen Spaziergang geschickt. Offenbar gehörte Alvars Mutter zu den Menschen, die glaubten, frische Luft könne wahre Wunder bewirken.

Erst war Lydia mehr oder weniger lustlos hinter Miliende, Jala und Lanion her gegangen, doch Mili lockte sie aus der Reserve und so blieb Lydia nichts anderes übrig als ein paar Geschichten zum Besten zu geben. Die Sage vom Wintergeist hatte sie gleich zweimal erzählen müssen.

Lanion hatte seine Fähigkeit zu sprechen noch immer nicht wiedererlangt, aber möglicherweise hatte er sich gerade deswegen zu Lydias aufmerksamsten Zuhörer entwickelt.
 

Am darauf folgenden Morgen hatte Lydia Papier, Feder und Tinte auf dem Tisch gefunden, an dem sie immer arbeitete. Sie war sich ziemlich sicher, dass dies Lanions Werk war. Und tatsächlich ließ sie die Feder über das Papier gleiten und es war, als würden die Buchstaben zum Leben erwachen. Ihre Geschichte begann mit den Worten „Vor gar nicht allzu langer Zeit lebte in unserem Reich ein Elbenmädchen...“
 

Eravelle konnte nicht schlafen. Sicherlich, sie würden am nächsten Tag schon früh ihre Reise fortsetzen und all ihre Kräfte brauchen, aber sie tat einfach kein Auge zu. Das Zimmer teilte sie sich diesmal mit Mellryn. Und vielleicht war gerade das ihr Problem.

Lydia hatte ihren Alvar und selbst Estela hatte in Barilowyn jemand gefunden, der sie abgöttisch liebte. Und Eravelle? Seit dem Kuss war zwischen ihr und Mellryn nichts mehr passiert. Rein gar nichts. Entweder traute er sich nicht oder er wusste nicht, wie er ihr näher kommen sollte. Eins stand für Eravelle jedoch fest, wenn sie auf eine Reaktion seinerseits warten würde, dann wäre sie am Ende alt und grau.

„Ist alles in Ordnung? Kannst du nicht schlafen?“, fragte Mellryn von der anderen Seite des Bettes her.

Also liegt es wieder an mir, dachte Eravelle. Es war gut möglich, dass einem von ihnen im Kampf etwas zustieß. Eravelle wollte nichts mehr bereuen. Statt zu antworten beugte sie sich über Mellryn und küsste ihn – erst sanft dann leidenschaftlicher. „Vertrau mir einfach“, flüsterte sie dann so nah an seinem Ohr, dass er eine Gänsehaut bekam. Sie setzte sich auf und knöpfte ihr Hemd auf, bis sie schließlich vollkommen nackt, nur umhüllt vom bleichen Licht des Mondes, vor ihm saß. „Vertrau mir einfach“, wiederholte sie und küsste ihn erneut.
 

„Habt ihr nicht gut geschlafen?“

Beim Aufgang der Sonne hatten sich die Gefährten im Hof versammelt, um von dort aus gemeinsam in Richtung Hafen weiter zu ziehen.

Dana schaute fragend zwischen ihrem Bruder und Eravelle hin und her. Derzeit war sie mit ihren Gedanken immer häufiger bei den bevorstehenden Ereignissen, sodass sie manchmal das vergaß, was genau vor ihren Augen war. Erst als sie Estelas süffisantes Grinsen aus den Augewinkeln wahrnahm, begann sie zu begreifen. „Oh... OH!“ Sie wurde ein bisschen rot und räusperte sich dann schnell. „Nun gut, vergessen wir das“, sagte sie mit so viel Autorität, wie sie in diesem Augenblick aufbringen konnte. „Brechen wir endlich auf. Das Schiff wird nicht auf uns warten.“

Eravelle und Mellryn schwiegen sich zu dem Thema aus, was Dana nun doch ein wenig neugierig machte. Aber dafür war nun wirklich nicht der rechte Zeitpunkt.
 

End of Part 74

Eine Seefahrt die ist lustig...

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan86.

Part 75 von ?

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Vielen lieben Dank an Taroru für die vielen Kommentare. ^-^
 

Danas Truppe erreichte den Hafen unbeschadet und fand auch das Schiff recht schnell, denn Estela hatte eine genaue Beschreibung bekommen.

Nun, als sie das Schiff erblickten, zweifelte nicht nur Zack an dem Vorhaben, damit nach Wunrin zu fahren – denn das Schiff hatte seine besten Tage eindeutig längst hinter sich.

„DAMIT sollen wir mehrere Tage unterwegs sein?“, fragte Alvar wenig begeistert.

„Nun ja“, meinte Estela, „es ist das einzige Schiff, das in die richtige Richtung will.“

„Sag mal“, fragte nun Eravelle die Priesterin, „was wollte der Kapitän eigentlich als Bezahlung?“

Es war kein großes Geheimnis, dass ihre finanziellen Mittel langsam erschöpft waren.

„Wollt ihr das wirklich wissen?“, war Estelas Antwort.

„Allerdings!“, knurrte Mellryn. Es gefiel ihm nicht, das die Dämonenpriesterin schon wieder keine klaren Antworten gab.

Aber gerade, als sie ihm antworten wollte, tauchte der Kapitän selbst auf.

Es handelte sich bei diesem Mann um einen normalen Menschen, der zu ihrer aller Überraschung blendend gut aussah und auch scheinbar gar nicht so alt war.

„Ah“, sagte der Kapitän, „da sind ja meine neuen Passagiere!“

„Estela? Was ist die Bezahlung?“, fragte nun auch Dana, und es war ihr egal, dass der fremde Mann sie hören konnte.

„Es muss nur einer von uns während der Reise für ihn arbeiten“, konnte Estela nun endlich Auskunft geben.

Seltsamerweise richteten sich nun alle Augen auf den armen Barilowyn.

„Wie schön, das wir für diese Rolle das perfekte Opfer dabeihaben!“, grinste Eravelle.
 

Natürlich war Barilowyn nicht sonderlich begeistert über seinen neuen Job, aber was blieb ihm anderes übrig, als ihn einfach zu machen?

Zumindest hatte er ein besseres Los gezogen als die Elbenprinzessin – denn diese hatte eine ungesunde grüne Gesichtsfarbe bekommen, nachdem das ganze Geschaukel der Flussfahrt losging und ihr Magen war auch nicht mehr sonderlich freundlich zu ihr.

„Ich wusste gar nicht, dass du seekrank werden kannst“, staunte Zack, dem die ganze Fahrt so ziemlich gar nichts ausmachte.

„Ich auch nicht!“, murrte Dana, die sich ein wenig darüber ärgerte, dass sie die einzige war, der die Schifffahrt nicht bekam.

Sie hatte sich in ihre Koje gelegt, nachdem sich ihr Magen nach einigen, miesen Minuten beruhigt hatte und versuchte, das Schaukeln einfach zu ignorieren.

Zack stand neben ihr an der Koje – der Raum war sehr klein und es gab nicht sonderlich viele Möglichkeiten, sich in ihm aufzuhalten.

„Hoffentlich wird das im Laufe der nächsten Tage besser.“

Dana nickte schwach. Sie hoffte das ebenso, denn sie hatte nicht vor, die ganze Zeit in diesem kleinen, engen Zimmer mit dem viel zu kleinen Bett zu verbringen.

„Gibt es gegen Seekrankheit gar keinen Heilzauber?“, überlegte der junge Mann.

„Doch, so was gibt es bestimmt, aber ich kenne leider keinen. Und die anderen bedauerlicherweise auch nicht. Adeline wüsste sicher einen, aber ich habe sie nicht danach gefragt, als wir die Reiseroute geplant hatten.“

„Und doch seid ihr Magier zu beneiden“, seufzte Zack

Diese Aussage entlockte Dana ein nachsichtiges Lächeln. Sie hatte schon immer gewusst, dass ihr Ziehbruder neidisch auf ihre magischen Fähigkeiten gewesen war und sie hatte auch das eine oder andere Mal mit den einfachsten Tricks, die sie als Kind beherrscht hatte, angegeben. Und gerade das „zweite Gesicht“, welches ihr eher als Fluch erschien, hatte Zack immer schon fasziniert, denn sie konnte damit manchmal Dinge vorhersagen, die erst in Zukunft geschehen würden.

Und doch erkannte Dana nicht viel an ihren Fähigkeiten, auf die er neidisch sein konnte. Sie hatte mit dieser Magie ja nicht nur Freude – sie hatte vor allem eine wahnsinnig hohe Verantwortung. Magie musste beherrscht werden, sie durfte niemals unkontrolliert angewandt werden, denn sonst könnte sich der Anwender selbst verletzen – im schlimmsten Fall gar töten. Und genau das war ja immer Danas Problem gewesen. Sie hatte keine richtige Kontrolle über die Magie, die in ihr war. Zwar hatte ihr Alvar bereits einiges beigebracht und auch von Eravelle und Adeline hatte sie schon den ein oder anderen Tipp erhalten, aber das reichte noch lange nicht, um diese ganze Macht auch benutzen zu können, ohne damit Schaden anzurichten.

„Wenn ich könnte“, gab Dana zu, „dann würde ich dir all meine Magie freiwillig schenken.“

Als er das hörte, schaute Zack sie ungläubig an. „Ehrlich? Ich dachte, du wärst stolz auf sie?!“

„Wenn ich ehrlich bin, habe ich eher Angst vor ihr.“

„Angst? Wieso denn Angst?“

„Zack, es ist nicht so, dass es einfach ist, Magierin zu sein. Ich muss mich immerzu beherrschen können, ich darf nie die Fassung verlieren.“

„Oh. Aus dem Blickwinkel habe ich das nie gesehen. Ich sehe immer nur, wie ihr euch damit das Leben leichter macht.“

„Sicher, ein paar nützliche Tricks können wir damit schon anstellen“, nickte Dana.

„Ich würd auch so gern nützliche Tricks können“, seufzte ihr Bruder sehnsüchtig.

„Hm. Hat Alvar nicht mal gesagt, jeder könnte Magie haben, man müsse nur lernen, sie anzuwenden?“

„Hat er das?“

„Ich bin mir sicher, dass er das mal gesagt hat. Vielleicht sollten wir das Thema mal vertiefen.“
 

„Ihr hattet Sex, nicht wahr?“

Eravelle wurde schlagartig knallrot, als sie diese Frage von Estela gestellt bekam.

„Aha“, triumphierte die Priesterin, als sie die Reaktion ihrer neuen Freundin sah.

„Du wusstest das doch eh schon!“, grummelte Eravelle, die sich einfach furchtbar ertappt fühlte.

Die beiden befanden sich am Bug des Schiffes und wollten eigentlich einem weiteren Training nachgehen, aber Estela hatte einfach nicht an sich halten können.

„Natürlich. Aber es macht mir Spaß, dich zu triezen.“

„Das sieht dir ähnlich.“

„Nicht wahr? Nun erzähl schon, wie war’s?“

Die Röte in Eravelles Gesicht wurde noch dunkler, als sie fauchte: „Das geht dich gar nichts an!“

„Also war es anscheinend recht gut. Das freut mich, ehrlich.“

Nun sah die dunkelhaarige Elbin eher verblüfft aus. „Wieso freut dich das?“

„Es macht keinen Spaß mit dir zu kämpfen, wenn du den ganzen Tag so todunglücklich deinem Mellryn hinterher guckst. Ich hoffe nur, dass du vorsichtiger warst als Lydia.“

Die Elbin biss sich auf die Lippen. Sie hatte nicht einen Gedanken daran verschwendet, dass sie genauso enden könnte wie die zurückgebliebene Geschichtenerzählerin. Aber sie war überzeugt davon, dass sie von dieser einen Nacht noch nicht schwanger war.

„Also nicht. Nun ja, hoffen wir, dass dein Körper es noch nicht so eilig hat mit dem Nachwuchs.“
 

Jules ging wie gewohnt seinen Arbeiten in Rawena nach. Nun ja, so gewohnt, wie es möglich war, ohne an seine Freunde zu denken.

Als er an diesem Morgen gerade zur Arbeit gehen wollte, kam Silivren auf ihn zugelaufen.

„Oh, was ist los, Kleine?“, begrüßte er sie, denn sie wedelte aufgeregt mit den Armen.

„Wir haben einen Brief erhalten. Er ist von Lydia. Und es war auch einer für dich dabei!“, sagte sie ihm keuchend, als sie endlich bei ihm angekommen war.

Das kleine Elbenmädchen hatte sich schon ganz gut bei Sania und Migal eingelebt und es ging ihr blendend. Ihre Freundschaft zu Jules entwickelte sich auch ganz gut, es verging kaum ein Tag, an dem sie sich nicht sahen.

Jules strich ihr nun über den Kopf und nahm den Brief, auf dem sein Name stand, von ihr entgegen.

„Es tut gut, mal von ihnen zu hören. Jetzt wissen wir endlich, dass sie noch wohlauf sind!“, freute er sich und riss ohne viel Aufhebens den Umschlag auf.

Der Brief war lang und die Schrift war eindeutig die kleine, saubere Handschrift einer Person aus gutem Hause.

Lydia beschrieb in dem Brief sämtliche Ereignisse, die Jules nicht mehr selbst miterlebt hatte und als sie ihm schließlich von ihrer Schwangerschaft berichtete, konnte er nicht glauben, was er da las. Seine Freundin, die Geschichtenerzählerin, erwartete ein Kind?

Einerseits freute er sich wahnsinnig für die blonde Frau, andererseits konnte er sich überhaupt nicht vorstellen, wie sie als Mutter wäre. Und schon gar nicht konnte er sich eine Mischung aus Alvar und Lydia bildlich vorstellen.

Aber die Zurückgebliebene erwähnte in dem Brief auch, wie einsam sie sich in Sarna fühlte, trotz der Bemühungen der Kinder, sie ständig zu beschäftigen. Sicher, sie hatte einiges zu tun, aber ihr fehlte einfach jemand, mit dem sie reden konnte und den sie schon länger kannte als eine handvoll Wochen.

Als Jules den Brief ein zweites Mal durchgelesen hatte, hatte er einen neuen Entschluss gefasst.

Er konnte vielleicht nicht aktiv im Krieg helfen, den Dana führen wollte, aber eines konnte er auf jeden Fall – im Hintergrund aktiv sein!

Und so beschloss er, nach Sarna zu reisen und Lydia beizustehen.
 

End of Part 75

Auf nach Minkan

Alles wird sich ändern

Autor: Bina-chan86

Part 76/?
 


 

Die ganze Nacht hindurch hatte es gestürmt, doch nun ging am Horizont die Sonne auf, die von weißen Schönwetterwolken begleitet wurde. Dana traute dem Frieden nicht so recht, nachdem sie ein paar mal durch ihre Koje gepurzelt war. Alles, was Zack an Überredungskünsten besaß, musste er darauf verwenden sie davon zu überzeugen mit den anderen an Deck zu gehen.

Mit beiden Händen umklammerte Dana eine Planke. Zu ihrer Überraschung musste sie jedoch feststellen, dass ihr die frische Luft tatsächlich gut tat. Außerdem schwankte sie auch nicht mehr ganz so arg, wie noch zu Anfang. „Ich kann nicht verstehen, was die Leute dazu bewegt ihr halbes Leben auf einem Schiff zu verbringen“, seufzte sie.

„Man muss wohl dafür geboren sein“, vermutete Estela, die als letztes zu dem morgendlichen Treffen stieß.

Eravelle blickte sich um. „Wo hast du gesteckt?“

„Ich habe mich mit dem Kapitän unterhalten.“

„Und dich nebenbei daran ergötzt, wie Barilowyn schuften muss“, führte Eravelle den Gedanken zuende.

Estela gab sich keine Mühe es zu leugnen. „Ich gebe zu, dass dies auch einer der Gründe war“, gab sie grinsend zur Antwort. „Allerdings war mein Hauptgrund ein anderer.“

Alvar und Mellryn tauschten einen Blick miteinander. Wer‘s glaubt.

„Jedenfalls hatte ich gehofft, er könnte mir etwas mehr über Prinz Lysander erzählen“, fuhr Estela ungerührt fort.

Dana horchte auf. „Und?“

Bedauernd schüttelte Estela den Kopf. „Das hilft uns genauso wenig weiter, wie die Informationen, die wir bereits besitzen. Es sind dieselben widersprüchlichen Aussagen. Der Kapitän meint, der Prinz wäre ein selbstverliebter Aufschneider. Der Steuermann hingegen sagt sogar, dass er ein schüchterner, nachdenklicher Junge gewesen wäre.“ Sie brummte entnervt. „Pure Zeitverschwendung weiter zu fragen.“

Zack zuckte gelassen mit den Schultern. „Dann finden wir die Wahrheit eben heraus.“

„Wir werden es recht bald herausfinden.“

Aller Augen richteten sich auf Alvar, der den Fluss hinab zum Horizont deutete. In der Ferne wurden Dächer sichtbar. Demnach würden sie Wunrin bald erreichen. Aus dieser Entferung wirkte sie Stadt nicht sonderlich beeindruckend. Das einzig herausstechende war ein hoher Turm an der Südseite. Im Sonnenlicht funkelte er wie Gold.
 

Jules kniff die Augen zusammen und blickte unschlüssig auf die Karte, die er in Händen hielt. Bevor er damals mit Dana, Zack und Lydia Rawena verlassen hatte, war er nur selten auf Reisen gewesen – und schon gar nicht auf so langen Reisen. Dementsprechend ungeübt war er, was die Orientierung anbelangte.

„Haben wir uns verlaufen?“, riss ihn eine kindliche Stimme aus seinen Grübeleien.

Schnell setzte Jules ein Lächeln auf. „Nein, das haben wir nicht.“

Silivren hatte so lange gebettelt, bis sich Jules schließlich dazu bereit erklärt hatte sie mitzunehmen. Zwar war auch Sania dagegen gewesen, aber nichts konnte die kleine Halbelbin davon abbringen. Sie wusste, dass Dana nicht an dem Ort war, an den sie zu gelangen versuchten, aber sie war der Überzeugung, dass sie dort am ehesten erfahren würde, wie es ihrem Engel ging.

Jules riss sich zusammen und konzentrierte sich wieder auf die Karte. Sarna konnte so schwer nicht zu finden sein, immerhin lag es ganz in der Nähe von Cardun, wo sie seinerzeit Alvar begegnet waren. Jules kam es so vor, als wäre das alles schon Jahre her – dabei waren es erst ein paar Monate.

Silivren schaute mit ihren großen grün-blauen Augen zu ihm auf. „In welche Richtung müssen wir?“

Jules deutete auf den Weg zu ihrer Linken. „Dort entlang“, entschied er.
 

Wunrin wurde interessanter, wenn man die Stadt erst einmal betreten hatte. Sie war im herkömmlichen Sinne zwar nicht schön, aber abwechslungsreich. In den Straßen und Gassen tummelten sich die Händler und priesen ihre Waren an.

„Was für ein heilloses Durcheinander“, staunte Zack.

„Das wirkt nur so, wenn man nicht daran gewöhnt ist“, meinte Alvar. „Ich habe einige ähnliche Orte in meinem Leben gesehen.“

Zack sah sich weiter um und bemerkte dabei, dass Dana nicht weniger beeindruckt war, als er selbst. Fasziniert betrachtete die Elbenprinzessin das bunte Warenangebot. Allerdings kam sie selbst zu dem Schluss, dass sie sich das schnellstens abgewöhnen sollte. Immerhin hatte sie nicht vor in Minkan, Aritheas Hauptstadt, einen weltfremden Eindruck erwecken. Zu viel hing davon ab.

„Suchen wir uns lieber eine Unterkunft für die Nacht, damit wir morgen früh zeitig aufbrechen können“, entschied Dana. „Wir haben es bald geschafft.“

Geschafft?, fragte sich Alvar im Stillen. Das Schwierigste stand ihnen noch bevor, aber er bewunderte Dana dafür, dass sie sich nichts dergleichen anmerken ließ.

Barilowyn versuchte gerade Estela davon zu überzeugen, wie gut ihr dunkelblaue Seide stehen würde. Seit ihrer Ankunft war der Elb wieder gesprächiger geworden. Sehr zu seinem Leidwesen war Estela eher genervt davon und so gab er schließlich auf.

Dana schaute zu den beiden und seufzte. „Kommt ihr?“

„Sind schon unterwegs“, entgegnete Estela und zog Wyn am Arm hinter sich her, was dieser hoffnungsvoll als nüchternes Zeichen ihrer Zuneigung wertete.
 

An einem Bach hatten Jules und Silivren eine Pause eingelegt. Großzügig überließ Jules dem Mädchen einen größeren Anteil ihres Proviants. Denn obgleich Sania Silivren liebevoll aufgepäppelt hatte, wirkte diese immer noch recht dünn.

„Verzeiht bitte!“

Jules schreckt hoch und war innerhalb von Sekunden auf den Beinen. Als er sich umschaute, stand dort ein etwas verdutzter, junger Mann.

„Entschuldigung“, setzte dieser schuldbewusst an. „Es lag nicht in meiner Absicht euch zu erschrecken. Ich wollte nur nach dem Weg fragen.“

Jules entspannte sich ein wenig. Dennoch – die Ereignisse der letzten Monate hatte ihn misstrauisch und schreckhaft gemacht. Aber dieser Fremde wirkte nicht sonderlich bedrohlich. Er war ein Stück kleiner als Jules und hatte ein freundliches, weltgewandtes Lächeln. Lediglich seine haselnussbraunen Augen funkelte ein klein wenig zu übermütig. Jules kamen diese Augen merkwürdig bekannt vor.

Der Mann wartete Jules‘ Musterung geduldig ab. „Und?“, fragte er schließlich mit einem Schmunzeln. „Könnt ihr mir helfen, was den Weg anbelangt?“

„Wir wissen selbst nicht, wo wir lang müssen“, mischte sich Silivren in das Gespräch ein und lugte dabei an Jules vorbei.

„Silivren!“ Jules wirkte zutiefst verlegen. Er räusperte sich. „Wir wissen, wo wir sind. Zufälligerweise haben wir eine Karte dabei.“

Die Miene des Fremden hellte sich auf. „Dann ist heute mein Glückstag“, lachte er. „Meine Karte ist mir nämlich abhanden gekommen.“

„Hast du dich verlaufen?“, wollte Silvren wissen.

Der Mann beugte sich zu ihr hinab und nickte zerknirscht. „Ja, leider“, gab er zu. „Aber du wirst mich doch hoffentlich nicht meinem Schicksal überlassen, junge Dame.“

Silivren kicherte. „Wo willst du denn hin?“

„Nach Sarna.“

„Oh! Da wollen wir auch hin“, sagte Silivren, ehe Jules sie daran hindern konnte.

„Dann ist heute in der Tat mein Glückstag“, freute sich der Mann.

„Und wer garantiert uns, dass du uns nicht im Schlaf ausraubst?“, gab Jules zu bedenken.

Der Blick des Fremden war eine Mischung aus Kränkung und ehrlicher Verlegenheit, sodass Jules seine Worte auf der Stelle leid taten.

„Nein, dass könnte ihr natürlich nicht wissen“, sagte der Mann – nun nicht mehr so großspurig. „Ich hätte nachdenken sollen. Tut mir leid. Ihr habt ganz recht dieser Tage misstrauisch zu sein. Kann ich irgendetwas tun, um euch zwei von meiner Ehrlichkeit zu überzeugen?“

„Du könntest uns für den Anfang deinen Namen nennen“, schlug Jules etwas wohlgesonnener vor.

„Natürlich.“ Der Mann richtete sich auf und lächelte. „Meine Name ist Jerome. Jerome Chiron.“
 

„Nun komm schon und zeig dich!“, drängte Eravelle lachend.

„Ich weiß nicht so recht...“, murmelte Dana unschlüssig hinter ihrer geschlossenen Zimmertür.

Eravelle stemmte die Hände in die Hüfte. „Alle warten nur auf dich. Und ich habe mir solche Mühe gegeben.“

Ein resigniertes Seufzen war zu hören und dann öffnete sich die Tür.

Zack schnappte für einen Moment nach Luft. „Du siehst...“

Dana wurde rot. „... albern aus“, führte sie den Satz zuende. „Ich weiß.“

„... wunderschön aus“, korrigierte ihr Ziehbruder sie.

Dana sah in der Tat bezaubernd aus. Eravelle hatte ihr am Abend zuvor die Haarspitzen geschnitten und ihr ein Gewand zurechtgelegt, das sie zu dem Treffen mit Prinz Lysander tragen sollte. Die Kleider ähnelten ein wenig denen von Eravelle und entsprachen ganz der Mode der Elben aus vergangenen Zeiten. Dana trug hohe, hellbraune Stiefel mit silbernen Schnallen, eine reisetaugliche Hose und einen taubenblauen, kunstvoll bestickten Umhang, der ihr bis auf die Oberschenkel fiel. Ihre Haare wurden von filigranem Schmuck zurückgehalten.

Erstaunt stellte Mellryn fest, dass die Sachen der früheren Reisekleidung der Königsfamilie nicht unähnlich waren. Auch, wenn Dana das peinlich war – sie sah aus, wie eine Herrscherin, fand ihr Bruder.

Eravelle wirkte äußerst zufrieden mit sich selbst.

Dana fuhr mit den Fingern vorsichtig über den kostbaren Stoff. „Wo hast du die Gewänder eigentlich her?“

„Erinnerungsstücke, könnte man so sagen.“ Eravelle zuckte grinsend mit den Schultern. „Den Umhang musste ich allerdings selbst nähen.“

Mellryn konnte sich daran erinnern, dass Eravelle sich in Sarna des nachts öfter mal davongeschlichen hatte. Immer dann, wenn sie dachte, Mellryn würde es nicht bemerken.

„Minkan wird dir zu Füßen liegen“, lachte Eravelle.

„Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.“ Dana scharrte verlegen mit dem Fuß über den Boden. „Außer... danke.“

Eravelle schloss ihre Freundin in die Arme. „Gern geschehen.“

Estela rollte ungeduldig mit den Augen. „Das ist ja alles sehr rührend, aber könnten wir jetzt endlich aufbrechen?“

Dana nickte entschlossen. „Auf nach Minkan!“
 

End of Part 76

Prinz Lysander

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan86.

Part 77 von ?
 

Nochmals Dank an Taroru, dass Du Dir die Mühe machst, wirklich jedes einzelne Kapitel zu kommentieren. Wir freuen uns sehr darüber. ^-^
 


 

„Chiron?“ Jules blieb erst mal die Spucke weg, denn den Namen kannte er natürlich und nun wusste er auch, warum ihm diese Augen so bekannt vorgekommen waren. „Du musst Lydias Bruder sein!“

Nun war es an Jerome, verdutzt dreinzublicken. „Ihr kennt meine Schwester?“

„In der Tat. Wir sind gerade auf dem Weg zu ihr, sie befindet sich im Sanatorium von Sarna.“

„Das weiß ich“, nickte Jerome. „Zu ihr bin ich ja auch unterwegs. Seithrun hat mir erzählt, wo sie ist.“

Jules wusste bereits aus dem Brief, dass Seithrun in Sarna gewesen war, deswegen war diese Information nichts Neues für ihn.

Silivren hüpfte aufgeregt und schien sich sehr zu freuen. „Dann können wir ja wirklich zusammen reisen!“

„Das wäre in der Tat recht nahe liegend“, fand Jerome und Jules schien seine Befangenheit nun auch abgelegt zu haben.

Der Bruder Lydias wusste glücklicherweise auch besser mit einer Landkarte umzugehen als Jules und so brauchten sie nur noch wenige Stunden bis nach Sarna.

Nebenbei erzählten sie sich natürlich allerhand Anekdoten und Geschichten über Lydia, die sie ihr vermutlich nie berichten würden – zumindest nicht, wenn sie am Leben bleiben wollten.
 

Lydia wusste natürlich überhaupt nichts davon, dass sowohl Jules als auch Jerome zu ihr nach Sarna kamen und so saß sie wie jeden Abend in der Bücherei des Sanatoriums und wälzte ein paar Bücher. Ein paar Petroleumlampen erhellten den Raum und spendeten Licht, lange nachdem die Sonne bereits untergegangen war.

Vor ihr lag ausnahmsweise einmal kein Geschichtsbuch. Nein, diesmal lag auf dem Tisch, an dem sie saß, ein Buch, das die verschiedenen Stadien der Schwangerschaft beschrieb.

Es war ein Buch, um das sie Adeline gebeten hatte, denn immerhin stand ihr bald eine Geburt bevor und sie wollte sich ein wenig darauf vorbereiten, was es hieß, ein Kind zu gebären.

Sie blickte auf, als es an der Tür der Bibliothek klopfte und sie erkannte ihre künftige Schwiegermutter, die den Raum betrat und lächelte. „Lydia, du hast Besuch.“

Ein überraschter Ausdruck huschte auf das Gesicht der Geschichtenerzählerin.

„Besuch? Hier? Und um diese Zeit?“

„Ja. Und ich denke, du wirst dich sehr freuen, die drei zu sehen.“
 

„Nun bleib doch endlich mal stehen, Lysander!“

„Ich kann nicht.“

„Aber du läufst bald noch Löcher in den Teppich!“

„Dann gibt es eben einen Neuen.“

„Lysander! Schluss damit!“

Der Prinz blickte auf und sah ins Gesicht seines Vaters.

Der König Aritheas lag in seinem Bett, eingehüllt in warme Decken. Das Gesicht des Mannes war eingefallen, die Haut gräulich und man sah ihm seine Krankheit an.

Dennoch lag in seinen Augen ein Hauch Amüsiertheit.

„Aber sie kommt schon morgen!“, jammerte sein Sohn und brachte den König damit beinahe zum Lachen.

„Du bist albern, Lysander. Warum sollte ihre Audienz anders sein als andere?“

„Sie ist immerhin eine Prinzessin!“

„Und? Sie ist nicht die erste Prinzessin, die hier ins Schloss kommt.“

„Aber sie ist die erste, die ein solch ernstes Thema mit mir besprechen will.“

Seit die Botschaft ihn erreicht hatte, dass die Prinzessin der Elben bereits am nächsten Morgen um eine Audienz bei ihm bat, war der junge Prinz nervös. Er hatte einfach nicht erwartet, dass sie schon so bald in Minkan sein würde.

Ihre Nachricht, dass sie in sein Land kommen würde, um mit ihm über die Rückeroberung ihres Reiches zu sprechen, hatte ihn erst vor sechs Tagen erreicht. Und nun war sie bereits in der Stadt! Er hatte kaum Zeit gehabt, sich auf ihren Besuch vorzubereiten.

Und die Tatsache, dass es kaum Informationen über diese Elbenprinzessin gab, machte ihn zusätzlich nervös.

„Bleib ganz ruhig. Du kannst sie und ihre Geschichte ja erst einmal anhören und dann werden wir beide entscheiden, was zu tun ist. Sie wird sicher wichtige Gründe haben, wenn sie sich an uns wendet.“

Lysander nickte. Sein Vater mochte die Staatsgeschäfte nicht mehr führen können, seit er erkrankt war, aber seinen Rat konnte er noch immer geben und vor allem hatte er noch nicht abgedankt. Er hatte lediglich die Regierung des Landes vorerst seinem Sohn überlassen.

Darüber war der Prinz eigentlich ganz froh, denn obwohl er schon seit einiger Zeit das Geschick des Landes steuerte, so mochte er noch gar nicht daran denken, irgendwann König zu sein. Schon gar nicht, weil das hieß, er müsste sich bald eine Königin suchen.

Der Prinz seufzte, nachdem er eine Weile still nachgedacht hatte, sah abermals seinen Vater an und fasste dann einen Entschluss.
 

Die Reise nach Minkan war erfreulich einfach gewesen. Sie hatten wie geplant nur einen Tag gebraucht und auch sofort eine passable Unterkunft in der geschäftigen Stadt gefunden.

Mellryn hatte es für besser gefunden, sich erst einmal in der Stadt umzusehen, bevor sie schlussendlich den Prinzen trafen.

Dennoch hatte Alvar bereits eine Botschaft zum Palast gebracht, die den Prinzen von der Ankunft Danas unterrichtete und für den nächsten Morgen eine Audienz erbat. Allerdings hatten sie darauf noch keine Antwort erhalten.

Es war nun später Nachmittag und die Truppe zog durch die belebten Straßen der Stadt.

Minkan war, wie es sich für eine Hauptstadt gehörte, unheimlich groß und man sah ihr den Wohlstand noch deutlicher an als Wunrin.

Die meisten Häuser waren sehr großzügig gestaltet und sahen prächtig aus mit ihren weiß getünchten Mauern und kunstvoll gestalteten Fassaden.

Aber natürlich war der Palast am Prächtigsten. Das Gebäude war hoch und hatte viele kleine Türmchen, deren Dächer golden glänzten. Die Zinnen waren verziert mit Figuren und alles wirkte sehr kostbar.

„Ich frage mich, wie es ist, in so einem Palast zu wohnen!“, fragte sich Zack, der das Gebäude nur ungläubig anstarren konnte. Es war so ganz anders als Morn Gondram.

Mellryn lächelte wissend, sagte aber nichts. Er wollte nicht, dass Danas Ziehbruder noch neidisch wurde. Außerdem erfüllte ihn der Anblick dieses Palastes auch mit ein wenig Trauer, denn es erinnerte ihn daran, dass das Schloss seines Vaters nicht mehr existierte.

„Ich möchte darin nicht putzen müssen“, sagte Estela abschätzig. Das entlockte Eravelle ein Kichern. „Wenn du in so einem Palast wohnst, hast du Diener, die für dich putzen!“

„Diener...“., murmelte Dana. Sie hatte noch nie daran gedacht, dass sie als Königin – wenn sie denn je eine wurde – auch Diener haben würde. Einerseits war dieser Gedanke ganz reizvoll, andererseits konnte sie sich dieses Leben so gar nicht vorstellen. Sie lebte einfach schon zu lange als „einfache Frau“.

Zack hatte sich inzwischen vom Anblick des prachtvollen Gebäudes losgelöst und schaute fragend in die Runde: „Können wir nun endlich was essen gehen? Ich hab Hunger.“

„Hunger hab ich auch“, nickte Alvar und allgemeine Zustimmung kam auf.

„Prima. Da vorne ist ein Gasthaus!“, freute sich Zack. Natürlich hatte er zuerst auf mögliche Mampf-Gelegenheiten geachtet.
 

Ich hoffe, ich sehe nicht albern aus, dachte Prinz Lysander, als er in einfach gehaltener Kleidung und mit einem dunklen Umhang verdeckt durch die Straßen seiner Stadt ging.

Er hielt es einfach nicht mehr aus – er wollte wissen, was das für eine Frau war, die ihm morgen früh gegenübertreten würde.

Also hatte er sich kurzerhand ein paar Kleidungsstücke von Dienern geben lassen und war aus dem Palast mehr oder weniger ausgebüchst.

Es war nicht allzu schwierig, herauszufinden, wo sie sein konnte, denn immerhin hatte er durch ihre Nachricht bereits gewusst, wo sie übernachten würde. Vom Besitzer dieser Unterkunft hatte er dann auch erfahren, was das für eine Gruppe war, mit der sie gereist war und anschließend brauchte er nur noch Passanten zu fragen, ob sie mehrere Elben gesehen hätten.

Elben waren in dieser Stadt relativ selten zu sehen und die Information, dass die Prinzessin in Begleitung mehrerer anderer Elben war, war für ihn beinahe Gold wert - im nu hatte er das Gasthaus gefunden, in das sie zum essen eingekehrt waren.

Anfangs zögerte der Prinz, bevor er sich schließlich dazu durchrang, die Tür zu öffnen und das Gasthaus zu betreten.

Natürlich hielt er sofort Ausschau nach der Reisegruppe der Elbenprinzessin und er brauchte nicht wirklich lange, um sie zu erkennen. Die spitzen Ohren der Elben verrieten sie sofort.

Rote Haare erregten seine Aufmerksamkeit, aber als er in das Gesicht der Frau blickte, der sie gehörten, wusste er sofort, dass dies nicht die Prinzessin sein konnte. Das Gesicht war nicht elbisch und spitze Ohren hatte sie auch nicht. Stattdessen wirkte sie ziemlich aufreizend und dominant und ihre Kleidung verriet, dass sie eine Art Priesterin sein musste.

Lysander war beinahe enttäuscht, als er unter den Tischnachbarn dieser Rothaarigen nur noch eine Frau sah, die dunkle Haare hatte. Dies war eindeutig eine Elbin, aber auch sie konnte nicht die Prinzessin sein, wenn er die Berichte bedachte, nach denen die Prinzessin rothaarig war. Hatte er sich geirrt? War dies nicht die Reisegruppe der Elbenprinzessin? Oder war sie doch nicht rothaarig? Spielte ihm jemand einen Streich?

Seufzend ging er zu einem der wenigen leeren Tische und setzte sich, bestellte bei dem Schankmädchen ein Bier und beobachtete die fremden Leute.

Viele Fragen und andere Gedanken gingen ihm durch den Kopf, immer wieder blickte er in die Gesichter dieser Leute und doch konnte er kaum glauben, dass diese Dunkelhaarige eine Prinzessin sein sollte – auch, wenn sie hübsch war. Aber nein, irgendetwas sagte ihm, dass das nicht die Frau war, die er suchte.
 

„Wieso passiert so was immer mir?“, grummelte Dana.

Sie wischte ihren Rock sauber und ärgerte sich, dass sie dabei nur mäßigen Erfolg hatte.

In ihrem Kopf spielte sich die Szene, wie er verschmutzt wurde, immer wieder von vorn ab.

Dana hatte mit den anderen das Gasthaus betreten und war gerade an einem passenden Tisch angekommen, als ein betrunkener Mann auf sie zugetorkelt war und sein Getränk über ihr vergossen hatte. Dieser hatte sich zwar tausendfach entschuldigt, aber das konnte nichts an der Tatsache ändern, dass ihre neuen, feinen Sachen sofort schmutzig geworden waren und einer Wäsche bedurften.

Natürlich hatte sich Eravelle erboten, ihr beim Reinigen zu helfen, aber der knurrende Magen der Dunkelhaarigen hatte Dana davon abgehalten, ihr Angebot anzunehmen. Also hatte sie Eravelle zurück zu den anderen geschickt und war allein im Waschraum des Gasthauses verschwunden, wo sie sich nun abmühte.

„Nun ja, besser wird es wohl nicht“, seufzte sie und befand, dass es nun reichte. Man sah den nassen Fleck zwar deutlich, aber es würde schon trocknen. Hoffentlich sah man den Fleck im trockenen Zustand nicht mehr!

Sie war so mit sich und ihrem Problem beschäftigt, dass sie die Wucht des „Gesichtes“ vollkommen unvorbereitet traf.

Aber diesmal wollte das „Gesicht“ sie anscheinend nicht strafen oder ärgern. Diesmal zeigte es ihr tatsächlich einmal etwas Sinnvolles.

Als ihre Vision endlich abebbte, lächelte sie leicht.

„Soso, da ist also jemand neugierig auf mich“, flüsterte sie und verließ anschließend den Waschraum.
 

Der Prinz nippte immer wieder an dem Bier, doch das Zeug wollte ihm einfach nicht schmecken. Er war noch nie ein großer Freund von Alkohol gewesen, aber er hätte nicht gewusst, was er sonst hätte bestellen sollen.

Als er nun den Becher ein weiteres Mal abstellte und sich beinahe ein wenig schüttelte, verschluckte er sich und musste laut aufhusten.

Sie stand vor ihm. Die Frau, die er schon die ganze Zeit suchte, stand einfach vor ihm und schaute ihn mit einem wissenden Blick an. Dieser Blick war fast schon unheimlich. Noch mehr unheimlich war aber, wie sehr ihn dieser Anblick traf.

Lysander erkannte die Prinzessin sofort, auch wenn er nicht sagen konnte, wie und woher er sie erkannte. Sein Herz machte einen merklichen Hüpfer und es blieb fast stehen, als er ihre Stimme hörte.

„Ich glaube, Ihr wollt mich sprechen, mein Herr. Wir sollten kurz vor die Tür gehen und frische Luft schnappen.“

Der Prinz konnte nicht anders. Er nickte nur, stand auf und legte noch schnell eine Münze auf den Tisch, bevor er der Frau nach draußen folgte.

„Wie...?“, begann er zu fragen, als er wieder ins relativ helle Tageslicht trat und es war offensichtlich, was er damit meinte.

„Nun, meine Magie ist manchmal vielleicht nützlicher, als ich dachte“, erwiderte sie und ging ein Stück des Wegs, damit sie nicht zu sehr beobachtet werden konnten.

Als sie eine Sackgasse erreichte, die ihr unbeobachtet genug erschien, schenkte sie ihm ein strahlendes Lächeln.

„Ich bin Dana, Prinzessin der Elben. Ich freue mich, Eure Bekanntschaft zu machen, Prinz Lysander.“

Er wusste nicht, wie das hatte geschehen können in diesen paar Sekunden. Aber Lysander wusste bereits jetzt, dass diese Frau – nein, eher dieses Mädchen, wie er nun erkannte – ihn völlig bezaubert hatte.
 

„Ich frage mich, was sie jetzt schon wieder vorhat!“ Zack sah Dana und diesem fremden Mann nach, der ihr nach draußen folgte.

„Ich habe keine Ahnung, aber ihr Zeichen war unmissverständlich. Sie wird wohl ihre Gründe haben“, meinte Mellryn.

„Das denke ich auch. Vielleicht hatte sie eine passende Vision“, überlegte Alvar.

Dana hatte ihren Gefährten zu verstehen gegeben, dass sie kurz verschwinden würde und sie ihr nicht folgen sollten, weil es wichtig wäre, allein mit diesem Fremden zu sprechen.

Aber Estela war die Einzige, die bereits ahnte, mit WEM sie da gerade gegangen war. Sie lächelte wissend und behielt diese brisante Information für sich.
 


 

End of Part 77

Lanions Stimme

Autor: Bina-chan86

Part 78/?
 

Dieses Kapitel widmen wir Taroru, die bisher zu jedem einzelnen Kapitel einen Kommentar hinterlassen hat. Vielen Dank. *verbeug*
 


 

„Jules! Silivren!“, rief Lydia erfreut aus. Die Bücher hatte sie vorsorglich wieder im Regal verstaut. Man konnte ja nie wissen, wer genau zu Besuch kam. Doch nun war Lydia im höchsten Maße erfreut über die Überraschung. Es tat gut bekannte Gesichter zu sehen. Sie trat auf die beiden zu und nahm sie nacheinander in den Arm. „Bin ich froh, euch zu sehen!“ So recht schien sie nicht zu wissen, ob sie weinen oder lachen sollte vor Glück.

Jules fuhr sich verlegen mit den Fingern durch die Haare. „Gut siehst du aus.“

Ja, aber bald werde ich aussehen wie eine Seekuh, dachte Lydia. Aber das sagte sie nicht.

Schließlich räusperte sich Jules und machte einen Schritt zur Seite. „Wir sind nicht allein gekommen“, offenbarte er seiner Freundin.

Lydia blinzelte überrascht, ehe sie den Mann erkannte, der dort hinter Jules stand. „Ich glaube es einfach nicht...“, murmelte sie. Sie schüttelte den Kopf und fiel ihrem Bruder dann lachend in die Arme.

Jerome hob sie hoch, als würde sie nicht mehr wiegen als eine Feder. „Glaub es ruhig“, meinte er grinsend. „Ich bin es wirklich.“

Meisterin Adeline staunte nicht schlecht, während sie die Szene beobachtete. Diese Begrüßung verlief so ganz anders, als die zwischen Lydia und Seithrun. Adeline wusste nur nicht, warum das so war.

„Ich hätte mir ja denken könne, dass du hier auftauchst“, sagte Lydia mit gespielter Strenge.

Jerome hob die Schultern und lächelte entwaffnend. „Du weißt doch, ich war nie sonderlich geduldig.“

„Nein, das warst du in der Tat nicht.“ Lydia bedeute ihren Gästen mit einem Handwink, dass sie sich setzen konnten und nahm dann ihren Platz selbst wieder ein. Adeline verließ derweil unbemerkt den Raum und trug einem ihrer Diener auf, der Gesellschaft etwas Tee und für die Reisenden einen kleinen Imbiss zu bringen.

Jerome blieb an der Seite seiner Schwester und bombardierte sie mit etlichen Fragen. Seine Besorgnis rührte Lydia ein wenig. Isst du auch genug?

Nach einer Weile gebot Lydia ihrem Bruder schließlich Einhalt und wandte sich Jules und Silivren zu. „Was Jerome dazu bewegt hat herzukommen, kann ich mir lebhaft vorstellen, aber warum seid ihr hier?“

Jules schmunzelte. „Nun ja, wir dachten, dass du unter Umständen gerne etwas Gesellschaft hättest.“

Dankbar drückte Lydia seine Hand. „Danke, das weiß ich sehr zu schätzen.“ Sie hielt einen Moment lang inne – so, als wäre ihr gerade wieder etwas eingefallen. Sie zog einen Mundwinkel nach oben und sah ihren Bruder direkt an. „Damit du es nicht aus anderer Quelle erfährst, sage ich es dir lieber gleich“, begann sie. „Du wirst bald Onkel.“

Jerome blickte verwundert drein. Er brauchte einen Augenblick, um diese Information zu verarbeiten. Aber dann sprang er auf und drückte Lydia erneut an sich – so fest, dass diese nach Luft schnappen musste.
 

Lysander wusste nicht, wohin mit seinem Blick, der wie hypnotisiert immer wieder zu Dana zurückkehrte. Er wusste, als Repräsentant seines Landes hätte er einen respektableren ersten Eindruck erwecken sollen, stattdessen benahm er sich wie ein schüchterner Jüngling. Er konnte einfach nicht anders.

Dana betrachtete den Prinzen ihrerseits wesentlich gefasster. Nun, das war nicht, was sie erwartet hatte. Unwillkürlich musste sie an Estelas Worte zurückdenken: 'Der Steuermann hingegen sagt sogar, dass er ein schüchterner, nachdenklicher Junge gewesen wäre.' Ja, das passte.

„Wollt Ihr mir verraten, warum Ihr mich hier aufsucht?”, fragte Dana alsdann. „Unsere Audienz war, wenn ich mich recht erinnere, für morgen angesetzt. War es nicht so?”

Dass Dana beinah ein wenig spöttisch klang, war Lysander anscheinend entgangen. „Ich musste Euch sehen”, lautete seine ehrliche Antwort. Das Lügen lag ihm offensichtlich nicht. Unter normalen Umständen eine schöne Eigenschaft, aber für einen Herrscher nicht unbedingt immer von Vorteil.

„Verkleidet Ihr Euch öfter?”, hakte Dana weiter nach.

„Äh, nein.” Lysander schüttelte den Kopf und wirkte verlegen. „Eigentlich nie.” Er wusste nicht, was er sich von diesem Treffen erhofft hatte. Eigentlich hatte er die Elbenprinzessin lediglich sehen wollen. Weiter nichts. Und nun stand er ihr leibhaftig gegenüber und hatte keine Ahnung, was er sagen sollte.

Zuletzt erlöste Dana ihn aus seiner Verlegenheit, indem sie ihm ihr Anliegen vortrug. „Ich bin hier um Euch um Hilfe zu bitten, Prinz Lysander.” Dana beobachtete die Reaktion ihres Gegenübers ganz genau. Lysander schaute sie aus seinen goldbraunen Augen aufmerksam, ja beinah arglos, an. Trotz seiner nicht unbeachtlichen Größe – er musste etwa 1,90 m groß sein – wirkte er eher unscheinbar.

Kein Krieger, schoss es Dana durch den Kopf. Und obgleich sie nicht wusste, wie es um seine Courage bestellt war, so ahnte sie doch, dass er ihr ihre Bitte nicht abschlagen würde.

„Aber hier ist nicht der richtige Ort für eine solche Unterredung”, fuhr sie fort. “Wir sollten die Angelegenheit auf morgen vertagen, findet Ihr nicht auch?”

„Wie Ihr meint, Prinzessin”, erwiderte Lysander. Seine Mund fühlte sich trocken an.

Um der Wahrheit genüge zu tun, Dana hätte nichts lieber getan, als den Prinzen sofort um eine Antwort zu bitten, aber sie wusste, dass Eravelle sie dafür tadeln würde. Ja, sie konnte sich lebhaft vorstellen, was diese sagen würde: Staatsgeschäfte entscheidet man nicht in einem Hinterhof. Dana gestattete sich ein kleines Lächeln. „Wir sehen uns morgen, Prinz Lysander.”
 

„Gib doch endlich auf”, seufzte Estela.

Nach drei Bechern Wein hatte Zack offensichtlich geglaubt, dass es eine gute Idee wäre Estela zum Armdrücken herauszufordern.

Als Dana die Gastwirtschaft wieder betrat, drückte Estela seinen Arm ohne große Anstrengung auf den Tisch und blickte auf. „Und? Was sagt unser Prinz?”

Die anderen schauten sie mit einer Mischung und Verwunderung und Skepsis an.

Dana setzte sich neben die Dämonenpriesterin. „Alles zu seiner Zeit.” Sie schien nicht im geringsten überrascht davon, dass Estela wusste, wer der Mann war.

„Moment mal”, mischte sich Zack ein. „Nochmal zum Mitschreiben. Das war Prinz Lysander?”

Dana bestätigte seine Frage mit einem Nicken.

Eravelle staunte nicht schlecht. „Ich muss gestehen, damit habe ich nicht gerechnet.”

Auch Mellryn, Alvar und Barilowyn hatten keine Ahnung gehabt. Immerhin rannte ein Prinz ja nicht alle Tage in Zivilkleidung durch die Gassen seiner Stadt.

„Wie ist er denn so?”, erkundigte sich Estela grinsend.

„Der Steuermann hatte recht”, sagte Dana bloß.

Versonnen schüttelte Alvar den Kopf, ehe er das Wort an Dana richtete. „Was wollte er denn von dir?”

„Mich sehen.” Man sah Dana deutlich an, dass sie nicht wusste, was sie davon halten sollte. Sie wirkte fast ein wenig verstimmt.

„Dich sehen?”

„Ja, so hat er es ausgedrückt.” Nachdenklich fuhr Dana mit den Fingerspitzen über die Maserung der Tischplatte. „Hm, das ist nicht ganz richtig. Er sagte sogar, dass er mich sehen musste.”

„Komischer Vogel”, fand Estela.
 

Lydia hatte lange mit ihrem Bruder und Jules gesprochen. Silivren war irgendwann vor Erschöpfung eingeschlafen und döste nun auf Jules’ Schoß friedlich vor sich hin.

Das, was Jerome über Ithal berichtete, machte Lydia neuen Mut. Offenbar war es durch Adelines Hilfe gelungen die weitere Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Lydia wusste, dass dieser glimpfliche Ausgang zu Seithruns Ansehen in der Stadt beigetragen hatte, auch ohne, dass Jerome dies explizit erwähnte.

Ihr Blick fiel wieder auf die kleine Silivren. „Bringen wir sie lieber ins Bett. Es war ein langer Tag.“ In der Tat war die Sonne schon vor Stunden untergegangen.

Als sie jedoch hinaus auf den Gang traten, bemerkte Lydia sogleich, dass alles noch hell erleuchtet war. Sehr ungewöhnlich für diese späte Stunde. Sie hielt eine der Heilerinnen auf, deren Schritte über die Marmorfliesen hallten. „Was ist hier los?“

„Das wisst Ihr nicht?“ Die Frau blieb stehen. „Miliende, Jala und Lanion sind noch nicht zurück. Alle suchen bereits nach ihnen.“ Lydia sah die tiefe Besorgnis in ihrem Gesicht.

„Habt dank“, sagte sie und ließ die Frau damit ihre Suche fortsetzen.

Jerome war hinter seine Schwester getreten und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Kann ich irgendwie helfen?“
 

Noch ahnte keiner im Sanatorium, was wenige Stunden zuvor geschehen war.

Die drei Freunde waren gegen Mittag zu einem ihrer zahlreichen Ausflüge aufgebrochen. Nachdem sich Lanion an die anderen gewöhnt hatte, war er immer mit dabei. Jeder von ihnen war einzeln nicht ganz vollständig – Jala fehlte der linke Arm, Miliende hatte ein schwaches Herz und Lanion konnte immer noch nicht wieder sprechen – doch zusammen waren sie ein gutes Team.

„Wie weit ist es noch?“, fragte Mili und schob einen Ast beiseite.

Jala hatte einige Tage zuvor eine Höhle entdeckt und diese wollte er seinen Freunden nun zeigen. „Nicht mehr weit“, antwortete er. „Wir sind fast da.“

Lanion folgte den beiden schweigend auf einem gewundenen Pfad. Ein paar mal blickte er sich nervös um, aber außer ein paar Waldtieren gab es dort nichts zu sehen. Schreckhaft war der Junge immer noch.

Jala blieb so abrupt stehen, dass Mili fast in ihn hinein gerannt wäre. „Was ist jetzt wieder?“

Grinsend deutete Jala geradeaus. „Wir sind da.“

Mili und Lanion schauten an ihm vorbei.

Vor ihnen erhob sich ein mächtiger Felsen aus der Erde. Adeline hatte ihn einmal den Alten Mann genannt. Und tatsächlich sah das Gebilde so aus, wie ein gebückt sitzender Mensch – nur eben viel größer.

Skeptisch zog Mili eine Augenbraue hoch. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es da einen Eingang geben soll“, meinte sie. „Von hier aus sieht alles ziemlich glatt aus, wenn ihr mich fragt.“

Jala winkte sie hinter sich her. „Das dachte ich auch zuerst, aber von der anderen Seite sieht der Felsen ganz anders aus. Zerklüftet und voller Einkerbungen.“ Nachdem er sie herumgeführt hatte, war ziemlich schnell klar, warum das Felsgestein hier so anders aussah. Das Flusswasser sorgte stetig für die teilweise recht skurrilen Gebilde.

Jala ging weiter voran. Der Eingang zur Höhle lag tiefer und war ziemlich dunkel.

„Willst du da wirklich rein?“

Jala grinste. „Hast du etwa Angst?“

Mili schnaubte erbost. „Ich habe keine Angst.“

Als erstes kletterte Jala durch die schmale Öffnung. Da er die Höhle entdeckt hatte, sah er dies als sein Vorrecht an. Dahinter kam Miliende und schließlich Lanion.

Der Boden war nass und ziemlich rutschig. Doch bald stieg der Weg an und der Untergrund wurde sandig. Darüber hinaus fiel hier durch Löcher in der Decke mehr Licht hinein.

Lanion war bei der Sache etwas mulmig zumute. Einige der Wege sahen seiner Meinung nach nicht aus, als wären sie auf natürliche Weise entstanden. Aber das konnte er seinen Freunden ja nicht sagen.

„So weit war ich vorher auch noch nie“, gab Jala nach einer Weile zu, während er sich neugierig umschaute.

Irgendwann erreichten die drei einen Raum der größer war, als alle anderen zuvor.

Mili ließ ihren Blick zur Decke schweifen oder besser gesagt dorthin, wo sie die Decke vermutete, denn es war nun wieder so schummrig, dann man selbige nicht sehen konnte. „Wow“, murmelte sie beeindruckt.

Lanion zupfte sie am Ärmel, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen und wies anschließend mit seiner Hand auf eine der Wände.

„Ähm, Jala....“ Mili schluckte. „Ich glaube das hier ist keine normale Höhle.“

„Was sollte es denn sonst sein?“, fragte Jala.

„Ein Grabmal.“

Sobald sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte man unzählige, aufwendig verzierte Grabkammern erkennen, die sich bis zu 10 Metern in die Höhe erstreckten. In den meisten dieser Kammern standen Tonstatuen, in anderen waren steinerne Särge.

„Das gibst doch gar nicht“, stieß Jala verblüfft hervor und trat näher.

Mili rührte sich nicht von der Stelle, sondern drückte leicht Lanions Hand, weil sie das Ganze gruselig fand. Besonders begeistert schien auch der junge Elb von seiner Entdeckung nicht zu sein.

Jala blickte sich über seine Schulter hinweg um. „Was meint ihr, ob da Leute drin liegen?“

Lanion verzog das Gesicht.

„Das will ich gar nicht wissen“, sagte Mili schaudernd.

„Stellt euch nicht so an. Was soll schon passieren?“ Jala fegte mit seiner Hand den Staub von der Oberfläche. Im Gegensatz zu den anderen Objekte, waren auf diesem Sarg weder Schriftzeichen noch irgendwelche Verzierungen zu erkennen. Probeweise versuchte Jala den Deckel beiseite zu schieben.

„Lass das sein, Jala!“ Trotz ihrer Furcht war Mili näher gekommen. „So etwas nennt man Grabschändung.“

„Ich habe nicht vor hier irgendetwas zu schänden und außerdem wissen wir ja nicht einmal, ob da jemand drin liegt“, konterte Jala.

Lanion und Mili tauschten einen Blick miteinander. Keiner der beiden fand diese Argumente besonders stichhaltig.

Doch Jala ließ sich von seiner fixen Idee nicht so leicht abbringen. Da ihm nur ein Arm zur Verfügung stand, stemmte er sich stattdessen mit seinem ganzen Gewicht gegen den Steindeckel, ehe seine Freunde protestieren konnten. Erst passierte gar nichts, aber dann löste sich der Verschluss und der Deckel ging mit einem ohrenbetäubenden Knall zu Boden. Jala wich hustend zurück. Der aufgewirbelte Staub versperrte ihm für einen Moment lang die Sicht. Keiner von den Dreien hätte wohl ernsthaft damit gerechnet, dass eine Leiche in dem Sarg wäre oder zumindest hätte keiner geglaubt, es wäre noch viel davon übrig. Tatsächlich war das, was sie hier vorfanden ein erstaunlich gut erhaltenes Exemplar einer mumifizierten Leiche.

Erschrocken machte Mili einen Sprung nach hinten. Jala folgte ihr, aber langsamer. Keiner von beiden hörte das leise Knacken.

„Mili! Jala! Vorsicht!“

Zu spät. Der Boden gab unter ihren Füßen nach und beide stürzten. Lanion versuchte noch nach Milis Hand zu greifen – mit dem Ergebnis, dass er ebenfalls durch das Loch fiel.

Der Fall und dann Stille – gespenstische Stille.
 

Jala war der Erste, der sich wieder rührte. Er war sich ziemlich sicher, dass er für einige Momente bewusstlos gewesen war. Er setzte sich auf und befühlte seine Rippen. Sie taten weh, aber es schien nichts gebrochen zu sein. „Seid ihr in Ordnung?“ Langsam gewöhnte er sich an die Dunkelheit und er konnte wieder etwas sehen.

„Ja.“ Das war Mili.

„Ja.“ Diese Stimme kannte er nicht. Sie klang brüchig und irgendwie ungelenk. Dann fiel es ihm wieder ein.

„Lanion?“, fragte Jala zaghaft.

„Ja.“

„Ich kann es nicht fassen“, flüsterte Mili mit Tränen in den Augen. „Du sprichst!“ Sie fiel Lanion um den Hals und drückte ihn an sich. „Ich kann es nicht fassen“, wiederholte sie noch einmal.

Jala schniefte und wischte sich verstohlen mit dem Ärmel über die Augen. Er war mindestens ebenso gerührt, wie Mili.

Lanion war die Freude der beiden fast ein wenig peinlich. Er selbst war ziemlich erschrocken darüber seine eigene Stimme zu hören. Er hatte die Hoffnung schon beinah aufgegeben je wieder sprechen zu können.
 

Estela setzte sich im Bett auf und streckte sich. Die ersten Sonnenstrahlen warfen Schatten auf ihre nackte Haut. Sie musste Barilowyns Arm beiseite schieben um aufstehen zu können.

„Müssen wir schon aufstehen?“, gähnte dieser verschlafen und rieb sich die Augen.

„Wir wollen doch das große Ereignis nicht verpassen.“ Estela kämmte sich die Haare und begutachtete dann ihre überschaubare Kleiderauswahl. Dana hatte ihr tatsächlich das Versprechen abringen können etwas Konservativeres zu der Audienz zu tragen.

Wyn verschränkte die Hände hinter dem Kopf. „Was machen wir eigentlich, wenn all dies vorbei ist?“

Estela wandte sich zu ihm um. „Wenn die Audienz vorbei ist?“

Wyn schüttelte den Kopf. „Nein, wenn der Krieg vorbei ist. Was machen wir dann?“

„Hast du ein Rad ab?“ Estelas Gesichtsfarbe konnte mit der ihrer Haare durchaus mithalten. „Es gibt kein wir, nur damit das klar ist!“

Barilowyn betrachtete sie ganz ruhig. „Es gibt ein wir. Das weißt du genauso gut wie ich.“

„Tss!“, machte Estela. „Träum ruhig weiter.“

Wyn grinste bloß. Ja, das würde er nicht nicht nehmen lassen – das Träumen.
 

„Dana, also wirklich!“, schimpfte Eravelle. „Deine Haare sehen aus, wie ein Vogelnest.“

Klaglos ließ Dana das Frisieren über sich ergehen. Eravelle meinte es ja nur gut mit ihr. Außerdem musste sie wie eine Königin aussehen, wenn sie als solche wahrgenommen werden wollte.

Eravelle selbst trug ein pfirsichfarbenes Kleid, das an eine Uniform erinnerte.

„Eravelle, was ist das?“, meldete sich Mellryn zu Wort.

Die Angesprochene schenkte ihm ein unverbindliches Lächeln. „Oh, hast du die Sachen schon vergessen?“

„Nein, das meinte ich nicht.“

Eravelle hatte doch wirklich seine königlichen Gewänder aufbewahrt.

„Irgendwer wird Dana zur Seite stehen müssen“, fuhr Eravelle fort. „Und weil du ihr Bruder bist, fällt dir diese Aufgabe zu. Und glaub ja nicht, dass du dich davor drücken kannst. Du bist immer noch ein Prinz, also benimm dich auch so.“

Aufgrund seines Zustandes hatte man Mellryn so lange mit Samthandschuhen angefasst. Eravelle hingegen verpasste ihm – metaphorisch gesprochen – einen Tritt. Ihre Strenge entlockte ihm ein Lächeln. „Jawohl, Madame!“

Wider Willen musste Dana lachen. „Also gut“, sagte sie schließlich. „Brechen wir auf.“
 

End of Part 78

Des Königs Idee

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan86.

Part 79 von ?

Warning: bislang keins
 


 

„Ich habe mich benommen wie ein Idiot!“, jammerte Lysander und sein Vater grinste erheitert, denn wie schon zuvor schien der junge Mann einen neuen Teppich haben zu wollen.

Natürlich hatte der Prinz dem König von diesem kleinen Ausflug erzählen müssen, immerhin hatte sein Vater sich gewundert, wo er die ganze Zeit gewesen war. Und so hatte Lysander erzählt, dass er bereits einmal mit der Elbenprinzessin gesprochen hatte.

„Das geschieht dir ganz recht, mein Sohn. Du warst zu neugierig“, fand der König, aber in seiner Stimme schwang ein durchaus amüsierter Ton mit.

„Sie muss denken, ich wäre nicht ganz klar im Kopf!“, kam es jedoch von Lysander.

Ihr hübsches Gesicht wollte gar nicht mehr aus seinem Kopf verschwinden und ihre klare Stimme hallte immer noch in seinen Ohren wider. ‚Verkleidet ihr euch öfter?’ hatte sie gefragt und er kam sich dabei so albern vor.

„Nun warte erst einmal ab, wie die Audienz verläuft. Ein erster Eindruck mag zwar wichtig sein, aber man hat auch noch eine Chance, wenn dieser nicht so toll war.“

Der Prinz war dankbar für diese aufbauenden Worte seines Vaters und blieb für einen Augenblick stehen. „Ich hoffe, du hast Recht, Vater.“

„War sie hübsch?“, fragte dieser nun interessiert und er konnte sich einen erheiternden Lacher nicht verkneifen, als sein Sohn tomatenrot anlief. „Sie muss sogar sehr hübsch sein. Na, dann werde ich der Audienz wohl ebenfalls beiwohnen“, beschloss der König.
 

„Wow!“

Mehr brachte Dana nicht hervor, als sie endlich den Thronsaal des Palastes betrat, in dem die Audienz nun stattfinden würde.

Der Raum war riesengroß und wenn man eintrat, stachen einem sofort der riesige Thron und die vielen vergoldeten Stuck-Ornamente, die die Wände und Decken schmückten, auf.

Der Mosaik-Boden glänzte so sehr, dass Dana beinahe Angst hatte, auf ihm auszurutschen.

In der Mitte des Raumes war ein massiver Tisch aufgebaut worden und drei hohe Stühle standen an ihm, die deutlich machten, wo der König, sein Sohn und die Prinzessin sitzen würden. Für Danas Begleiter standen auch Stühle bereit, aber diese waren weder so hoch, noch so prachtvoll wie die anderen.

Zu ihrer aller Überraschung begrüßte sie in diesem prächtigen Saal aber nicht nur der Prinz, sondern auch der König des Landes Arithea.

„Willkommen in meinem Palast, Prinzessin Dana“, sagte der König formal freundlich und nickte ihr zu.

„Ich freue mich, Euer Gast sein zu dürfen, Euer Majestät“, erwiderte sie, nachdem sie einen Knicks gemacht hatte. Dana hasste es, aber Eravelle hatte darauf bestanden, dass sie einen Knicks zu machen hatte.

„Willkommen, Prinzessin“, schloss sich nun auch Prinz Lysander merklich nervös der Begrüßung an.

Als die Förmlichkeiten und Vorstellungen endlich erledigt waren, und sie sich setzen konnten, wich ein wenig die Anspannung aus der Gruppe. Diese Prozedur war Zack vorgekommen wie eine Ewigkeit.

Man brachte den Gästen des Königs Getränke und kam schließlich auf den Grund der Audienz zu sprechen.

„Ich hörte, Ihr wollt meine Unterstützung, Prinzessin“, begann Lysander. „Was genau kann ich für Euch tun?“

Man merkte dem Prinzen deutlich an, dass er nervös und hibbelig war, obwohl er sich viel Mühe gab, es zu verbergen. Sein Vater dagegen war äußerst ruhig und überließ seinem Sohn einfach das Reden.

„Ihr wisst sicher, dass mein Volk unter der Herrschaft des falschen Königs Haryon leidet. Dieser Mann hat meine Eltern ermordet und die Macht an sich gerissen und dabei ein blühendes Land zugrunde gerichtet.“

Der Prinz nickte verstehend, und Dana fuhr fort: „Ich bin die rechtmäßige Erbin des Throns Ghartiselidhs und ich möchte mein Land wieder zu dem blühenden Königreich machen, das es einst war.“

Ein Husten war zu vernehmen und dieses Husten kam vom König.

„Ihr habt euch da viel vorgenommen, Prinzessin. Haryon ist kein Schwächling. Und überhaupt, hattet Ihr nicht noch einen älteren Bruder? Was ist mit ihm? Wäre es nicht an ihm, König dieses Landes zu werden?“

Nun war es an Mellryn, sich zu Wort zu melden.

„In der Tat, Euer Majestät, bin ich Danas Bruder. Wie Ihr richtig bemerkt habt, wäre es eigentlich meine Aufgabe, den Thron zu besteigen. Aber wie Ihr sehen könnt, bin ich nicht bei bester Gesundheit und verzichte deshalb zu Gunsten meiner Schwester darauf, König zu werden.“

Der König nickte verstehend. Er hatte sich schon gedacht, dass es sich bei diesem edel gekleideten Elben um Danas Bruder handeln musste.

„Welche Art der Unterstützung habt Ihr Euch denn vorgestellt, Prinzessin?“, fragte nun Lysander, nachdem eine kurze Pause entstanden war.

„Nun, um den falschen König zu stürzen und seine Leute, die Azi Dahaka, zu Fall zu bringen, brauche ich vor allem eins – eine Armee. Mein Volk ist inzwischen zu schwach und nicht mehr allzu zahlreich. Allein mit den Elben ist mein Vorhaben zum Scheitern verurteilt.“

„Wenn ich Euch eine Armee gebe – könnt ihr dann gewinnen? Wie ich hörte, ist Haryon ein starker Magier, wird gegen ihn mein Heer ausreichen?“, fragte der König.

Es waren alles wichtige Punkte, die angesprochen wurden, aber dennoch kam es Estela vor, als zöge sich das alles viel zu lange hin. Es kostete sie beinahe ihre komplette Selbstbeherrschung, nicht zu gähnen.

„Euer Majestät, kennt Ihr die Prophezeiung?“, fragte nun Mellryn.

Lysander horchte auf, als er das Wort „Prophezeiung“ hörte. Natürlich kannten sie die. Aber sollte das heißen...?

„Wollt Ihr behaupten, es handelt sich bei der Prophezeiung um Prinzessin Dana?“, sprach der König Lysanders Gedanken laut aus,

„Genau dies. Dana besitzt mehr Magie als jeder andere Elb, den ich je gesehen hab. Sie kann es schaffen – mit Euer Unterstützung, Euer Majestät.“

Der König schien zu überlegen. „Was sagst du dazu, mein Sohn?“, fragte er schließlich.

Prinz Lysander wurde erneut rot, ohne, dass er auch nur eine Chance gehabt hätte, es zu verhindern. „Ich bin gern zu helfen bereit. Aber ich wüsste gern noch“, setzte er an, dann suchte er nach den richtigen Worten. „Ich wüsste gern, was Ihr uns für unsere Hilfe anbietet, Prinzessin.“

Dana schenkte ihm ein gewinnendes Lächeln. „Wie ich weiß, habt Ihr immer wieder Probleme damit, Eure Dörfer an der Küste zu schützen. Wenn Ihr Euch mit mir verbündet, würde ich Euch dabei helfen, dieses Problem in den Griff zu bekommen.“

„Ich habe da noch eine Idee“, schaltete sich der König ein. „Eine, die unseren beiden Ländern im Falle Eures Sieges zugute kommen wird und eine dauerhafte Verbindung schafft.“

In diesem Moment hob sich nicht nur Danas Augenbraue fragend.

Der König setzte sein schönstes, freundlichstes Lächeln auf: „Ich werde Euch helfen, Euer Land zurückzuerobern, wenn Ihr im Gegenzug dafür meinen Sohn heiratet.“

Während Prinz Lysander in diesem Augenblick noch mehr errötete, als er schon war, wurde Dana leichenblass.
 


 

Lydia wusste überhaupt nicht, was sie tun sollte.

Ihre Sorge um die drei vermissten Kinder wuchs von Minute zu Minute.

Mit Fackeln bewaffnet waren sie nach draußen gegangen, um nach ihnen zu suchen, und obwohl sie bereits mehrere Stunden nach den Kindern riefen, hatten sie sie noch nicht entdeckt.

„Wo können sie nur sein?“, fragte sie immer wieder und ihr Gesicht war inzwischen völlig nass von den vielen Tränen, die sie aus Angst vergoss.

„Sie müssen hier irgendwo sein, aber wo?“, fragte sich auch Jules.

„Haben sie wirklich nicht gesagt, wo sie hinwollten?“, erkundigte sich Jerome, aber Adeline und eine der Schwestern des Sanatoriums schüttelten den Kopf.

„Jala wollte ihnen etwas zeigen, das er entdeckt hatte, dabei war die Rede von einem Mann, den sie besuchen wollten“, erwähnte die Schwester.

„Der Alte Mann!“, rief Adeline plötzlich aus.

Die anderen sahen sie erschrocken und neugierig zu gleich an.

„Ich habe Jala vor Kurzem einen Felsen gezeigt, der der Alte Mann genannt wird. Vielleicht sind sie dort!“

Sofort machten sie sich auf zu diesem Felsen. Er war nicht gerade in der Nähe und als sie dort ankamen, begann es bereits zu dämmern.

„Jala! Mili!“, rief Lydia immer wieder, aber keine Antwort folgte.

Niemand von ihnen bemerkte diese kleine Höhle, die ziemlich tief lag.

Niemand, bis auf Silivren.

Das kleine Mädchen legte den Kopf schief, als sie die Öffnung entdeckte, die gerade groß genug war, dass sie bequem hindurchschlüpfen konnte.

Obwohl sie ein bisschen Angst hatte, war sie neugierig genug, sie zu betreten.
 

Mili konnte nicht aufhören zu weinen.

„Hier kommen wir nie wieder raus, wir müssen elendig sterben!“

Die drei Kinder hatten vergeblich nach einem Ausgang aus der Höhle gesucht, aber keinen gefunden. Sie waren offenbar ein Stockwerk tiefer gefallen, in einen Hohlraum, der offenbar natürlichen Ursprungs war.

Aber es gab nirgends einen Weg nach draußen und sie konnten nicht wieder nach oben klettern, dafür waren die Wände viel zu glitschig und hoch.

„Man sucht bestimmt schon nach uns“, sagte Jala, auch wenn er die Zweifel in seiner Stimme nicht fernhalten konnte.

Allen dreien knurrte der Magen und sie hatten keine Ahnung, wie lang sie schon in dieser Höhle waren. Es kam ihnen jedoch vor wie eine Ewigkeit.

Gerade, als ihre letzten Hoffnungen erstarben, hörten sie ein leises „Hallo“ von oben.

„Ist da jemand?“, rief Jala und prompt folgte eine Antwort.

„Ja. Seid ihr da unten?“ Die Stimme gehörte einem Mädchen, soviel konnte Jala erkennen.

„Hilf uns hier raus, bitte!“, rief Mili, die langsam aber sicher ihre Panik nicht mehr bremsen konnte.
 

End of Part 79

verschiedene Reaktionen

Author: Bina-chan86

Part 80/?
 

„Der Alte hat ja wohl komplett den Verstand verloren!“

„Psst!“, zischte Eravelle. „Nicht so laut, sonst hört er dich noch.“

Estela machte nicht den Eindruck, als würde diese Möglichkeit sie sonderlich kümmern. Sie rollte mit den Augen. „Ich habe doch recht“, gab sie zurück – diesmal leiser. „Das ist eine Schnapsidee, wenn du mich fragst.“

Eravelle seufzte. „Ich frage dich aber nicht.“ Dann ließ sie ihren Blick zurück zu der Szene schweifen, die sich dort vor ihren Augen abspielte. Dana saß noch immer unbewegt da. Blass und angespannt sah sie dabei aus, dennoch wurde sie von Selbstbeherrschung umhüllt. Bei Mellryn und Zack sah das allerdings ganz anders aus. Während Zack verdattert aussah, war der Ausdruck in Mellryns Augen kalt und stechend wie Eis geworden.

Letzterer war es auch, der als erster die Sprache wiederfand. „Euer Majestät, bei allem Respekt frage ich mich doch, was Ihr damit bezweckt“, erklärte er deutlich unterkühlt.

Der König faltete die Hände. „Liegt das nicht auf der Hand? Ich strebe eine Vereinigung unserer beiden Reiche an, die über einen Pakt hinausgeht. Der Frieden ist zu brüchig, als dass man ihn auf wackeligen Grund bauen sollte.“ Seine Worte waren weise gewählt und sachlich vorgetragen, doch gerade das sorgte dafür, dass Estela der Kragen platzte.

„Diesen Schwachsinn höre ich mir nicht länger an!“, knurrte die Dämonenpriesterin und sprang vom Tisch auf. Sie warf dem verlegenen Prinzen einen derart wutentbrannten Blick zu, sodass dieser unwillkürlich zusammenzuckte. Dann stürmte sie hinaus – dicht gefolgt von Barilowyn, der anscheinend die Absicht hatte sie zu beschwichtigen.

Betretenes Schweigen trat ein. Selbst der König, der in seinem Leben sicherlich schon einiges erlebt hatte, war verwirrt von der Unverfrorenheit. Alle waren abgelenkt. Nur Alvar schaute zurück zu Prinz Lysander. Der junge Mann sah derart geknickt und beschämt aus, dass Alvar aus tiefstem Herzen Mitleid mit ihm bekam. Immerhin konnte Lysander ja nichts für den Vorschlag seines Vaters. Auf so großen Widerwillen zu stoßen war sicherlich sehr kränkend für den ohnehin schon nervösen Herrscher. Alvar schüttelte kaum merklich den Kopf. Natürlich hatten seine Freunde zuerst an Dana gedacht. Dabei hatten sie vergessen, dass auch der Prinz ein Wesen mit Gefühlen war. In dem Moment wünschte sich Alvar nichts sehnlicher, als dass Lydia bei ihm wäre. Sie hätte sicherlich Rat gewusst. Er sann auf die richtigen Worte und als er bemerkte, wie Prinz Lysander fast schon traurig zu Boden blickte, fielen Sie ihm endlich ein.

„Euer Majestät“, wandte sich Alvar höflich an den König. „Verzeiht dieses ungebührliche Verhalten. Es lag gewiss nicht in unserer Absicht Euch oder Euren Sohn zu kränken. Estela ist lediglich besorgt um Prinzessin Danas Wohlergehen. Dabei kann es vorkommen, dass sie sich vergisst.“ Er schenkte Lysander ein aufmunterndes und vollkommen unvoreingenommenes Lächeln, ehe er fortfuhr. „Sie meint es nicht böse.“ Dann zögerte er kurz. Nicht aus Unsicherheit – er wollte seine Worte lediglich mit Bedacht aussprechen. „Mit ist bewusst, dass mir dergleichen eigentlich nicht zusteht, aber dennoch würde ich gerne eine Bitte an Euer Majestät richten.“

Der alte König nickte zum Zeichen, dass Alvar weitersprechen durfte.

Dana hing derweil wie gebannt an Alvars Lippen. Sie hatte das Gefühl, als würde Lydia sprechen – als würde sie durch Alvar sprechen. Dana hatte die ganze Zeit über gedacht, wie nützlich Lydias diplomatisches Sprachgeschick ihnen auf dieser Reise gewesen wäre. Nun erkannte sie, dass ihre Sorgen unbegründet waren. Sie lächelte Alvar dankbar an. Sie konnte ihm nicht mal böse sein, weil er das Wort an ihrer statt ergriffen hatte.

„Gebt der Prinzessin eine Nacht Bedenkzeit“, trug Alvar nun seine Bitte mit ruhiger Stimme vor. „Allen dürfte klar sein, wie vorteilhaft eine solche Verbindung wäre, aber es ist nur fair einer jungen Dame einen ungestörten Moment zum Nachdenken zu gewähren. Und...“ Er schielte zu Mellryn und Zack. „Und um ihre fürsorglichen Beschützer zu beruhigen.“

Der König zog einen Mundwinkel nach oben, denn offensichtlich hatte Alvar den rechten Ton getroffen. „Entspricht das auch Euren Wünschen, Prinzessin Dana?“, erkundigte er sich.

Dana hatte zwar immer noch das Gefühl in der Patsche zu stecken, aber die Aussicht das Eledhrim Ardh zu retten und Alvars Unterstützung ließ sie leicht wieder in ihre Rolle schlüpfen. „Ja, das wünsche ich“, gab sie zur Antwort. „Euer großzügiges Angebot ehrt mich, aber es handelt sich um eine Entscheidung, die unser aller Schicksal bestimmen könnte, deswegen will alles sorgsam durchdacht sein.“

Der König nickte wohlwollend. „Ich bin einverstanden.“

Danas Verhalten imponierte ihm. Sie stimmte der Bedingung nicht einfach zu ohne zu bedenken für wie viele dies Konsequenzen haben würde. Eine ehrlich Antwort war besser, als eine halbherzige Zustimmung, befand er.
 

„Was ist denn nur in dich gefahren?“

„Was in mich gefahren ist?“ Estela funkelte den armen Barilowyn wütend an. „Fragst du mich das allen Ernstes, nachdem, was da gerade passiert ? Diese dämlichen Aristokraten glauben sie könnten sich alles erlauben. Dana soll diesen unscheinbaren Burschen, der kaum die Zähne auseinander bekommt, heiraten? Dass ich nicht lache!“

Wyn fand zwar, dass der Prinz seine Sache gar nicht so schlecht gemacht hatte, aber er hütete sich davor ihr das zu sagen. Stattdessen grübelte er darüber nach, warum diese Wendung der Geschehnisse ausgerechnet Estela so sehr störte. Das Ergebnis, zu dem er kam war ebenso überraschend, wie rührend. „Du machst dir Sorgen... weil du Dana magst.“

Estelas Schweigen zeigte ihm, dass er recht hatte.
 

Lydia war überglücklich die drei Kinder wohlbehalten in die Arme schließen zu können. „Ich habe mir solche Sorgen um euch gemacht“, flüsterte sie erleichtert. „Alle haben das.“

„En... Entschuldigung...“

Lydia machte große Augen und war damit nicht die einzige. Sie musterte Lanion prüfend, als könnte sie nicht glauben, was sie gerade gehört hatte. „Sag das nochmal“, bat sie zerstreut.

Lanion wurde ein wenig rot. „Entschuldigung“, wiederholte er. „Wir werden... in Zukunft besser aufpassen.“ Das Reden fiel ihm noch immer schwer, aber er gab sein Bestes, weil er dann in den Blicken von Mili und Jala, seiner Freunde, lesen konnte, wie stolz sie auf ihn waren. „Darf ich... trotzdem noch ab und zu kommen und dir.... beim Schreiben zusehen?“, fragte er stockend und schüchtern.

Lydia wirkte irritiert, bis ihr schließlich bewusst wurde, dass Lanion anscheinend glaubte, sie hätte ihn nur geduldet, weil er so ein ruhiger Zeitgenosse gewesen war. Sie musste lächeln und drückte den Jungen dann leicht an sich. „Natürlich darfst du das.“ Sie liebte diese Kinder so sehr. Hier fühlte sie die Verbundenheit, die sie in Ithal nur zu Jerome hatte.

Vielleicht habe ich ja endlich einen Ort gefunden, an den ich hingehöre, dachte Lydia im Stillen. Durch Alvar hatte sich ihr Leben verändert und dafür liebte sie ihn umso mehr.
 

Seufzend ließ sich Dana aufs Bett fallen und sank sogleich ein paar Zentimeter in die weiche Matratze ein. Das Zimmer, welches man ihr zur Verfügung gestellt hatte, verfügte wirklich über allen erdenklichen Komfort – ein weiches Bett mit riesigen Kopfkissen, eine Klingel für die Dienstboten und vor allem viel Platz. Es gab sogar einen kleineren Raum, der an diesen angeschlossen war und, der nur zum Waschen und Ankleiden gedacht war.

„Ich dachte, mir bleibt das Herz stehen, als der König sagte, ich solle seinen Sohn heiraten.“ Zwar beinhaltete Alvars Bitte einen ungestörten Moment zum Nachdenken, aber Dana war eher zum Reden zumute. Deswegen hatten sich nun alle in ihren Gemächern versammelt – alle, bis auf Estela und Barilowyn.

„Ich hätte ihm am liebsten den Hals umgedreht. König hin oder her“, warf Mellryn ungewohnt heftig ein.

Zack brummte zustimmend. „Nicht nur du.“

„Wir können es uns aber nicht leisten die Leute hier zu verärgern“, gab Dana ganz sachlich zu bedenken. „Sie sind vielleicht unsere einzige Chance.“

„Ja, aber willst du den Prinzen deswegen gleich heiraten?“, fragte Zack unglücklich.

„Er hat nicht unrecht“, fand Eravelle. Dana in ihrer Zwickmühle tat ihr leid. Sie selbst konnte und wollte sich gar nicht vorstellen, wie es wäre jemanden aus politischen Gründen zu heiraten.

„Der Prinz ist kein schlechter Mensch, glaube ich“, begann Dana langsam. Aber eine leise, verräterische Stimme in ihrem Kopf fragte sie – noch während sie diese Worte sprach – ob das auch genügte.

Alvar räusperte sich. „Ich denke, dass er dich aufrichtig gern hat.“

Dana schaute auf. „Ich kenne ihn kaum und er weiß auch nichts von mir.“

„Manchmal ist das auch gar nicht nötig“, erwiderte Alvar. „Dieser junge Mann würde alles für dich tun.“

Dana errötete wider Willen, doch Alvar sprach schon weiter, ehe sie etwas sagen konnte.

„Er respektiert dich und vermutlich liege ich nicht ganz falsch damit, wenn ich sage, dass er sogar versuchen würde seinen Vater umzustimmen, wenn du ihn darum bittest. Selbst, wenn er dadurch das Nachsehen hätte.“

Alle schauten ihn verwundert an.

Nur Dana blieb äußerlich ganz ruhig. War das ein Kompromiss, der einer Königin würdig war?

Stimmen vor der Tür lenkten sie einen Moment lang von diesem Gedanken ab. Sekunden später kamen Estela und Barilowyn ins Zimmer. Wyn hatte anscheinend eine Ohrfeige bekommen, dennoch war er äußerst zufrieden.

„Sie hat dir etwas zu sagen“, wandte er sich an Dana.

Estela nuschelte irgendwas.

Wyn wusste, dass er sich – was Estelas Toleranz betraf – auf sehr dünnem Eis bewegte. „Etwas lauter bitte, damit sie es auch hört.“

Neugierig zog Dana die Augenbrauen nach oben.

„Schon gut!“, brummte Estela augenrollend. „Es tut mir leid. Okay? Was vorhin passiert ist meine ich.“ Endlich blickte sie Dana in die Augen. „Trotzdem... Wenn du den Kerl nicht heiraten willst, dann lasse ich mir etwas einfallen, wie wir hier unbehelligt herauskommen. Und wenn du ihn heiratest...“ Sie zuckte mit den Schultern. „Na ja, sollte er dich schlecht behandeln, dann sorge ich dafür, dass er es bitter bereut.“

Sie hatte den Kopf zur Seite gedreht, doch Dana wusste auch so, dass die sonst so harte Estela rot geworden war.

Dana lachte – fast schon befreit.

„Das ist ganz und gar nicht komisch“, beschwerte sich Estela und dann – um abzulenken – fragte sie: „Zu welchem Ergebnis seid ihr überhaupt gekommen?“
 

End of Part 80

Danas Entscheidung

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan86.

Part 81 von ?

Warning: bislang keins
 


 

Dana zögerte, ehe sie auf Estelas Frage antwortete. Sie wusste nämlich selbst noch keine gescheite Antwort.

„Ich möchte erst einmal noch in Ruhe darüber nachdenken. Ich bin sicherlich nicht die einzige Prinzessin, die aus politischen Gründen heiraten würde. Aber ich möchte das tatsächlich alles noch mal gut überdenken.“

Die anderen nickten verstehend. Denn einerseits traf sie damit vielleicht die Entscheidung, die ihnen den Sieg über den falschen König bescheren würde, andererseits wäre sie vielleicht auch in einer Ehe gefangen, die sie nicht wollte und würde damit ihr eigenes Leben quasi aufgeben.

Eravelle kannte Dana inzwischen auch gut genug, um zu wissen, dass die Prinzessin nicht wirklich viel Wert auf Reichtum und andere schöne Dinge legte und die Aussicht darauf, einmal Königin Aritheas zu werden definitiv nicht Grund genug für eine Heirat wäre, wobei es sicherlich genug Frauen gab, denen das schon ausreichen würde.

Als es schließlich an der Tür klopfte und eine Dienerin eintrat, wurde Eravelle aus ihren Gedanken gerissen.

„Das Essen ist aufgetragen, bitte begebt Euch zum Speisesaal“, sagte die Dienerin höflich und wartete schließlich darauf, Dana und ihr „Gefolge“ führen zu dürfen.

Die Aussicht auf ein gutes, königliches Mahl reichte Zack vorerst aus, um ihn wieder in eine bessere Laune zu versetzen. „Ich habe einen Bärenhunger, lasst uns gehen!“

Allgemeines Gelächter sorgte für eine heiterere Stimmung, als sie eben noch geherrscht hatte und so konnte die Dienerin recht bald ihrer Aufgabe gerecht werden und die Gäste zum Speisesaal führen.
 

Noch bevor Dana dort ankam, wurde sie jedoch von Prinz Lysander abgefangen.

„Prinzessin, dürfte ich noch ein Wort mit Euch wechseln?“, fragte er höflich und Dana seufzte kurz, ehe sie nickte und die anderen vorgehen ließ.

„Was gibt es, mein Prinz?“, fragte sie und war gespannt, was er ihr wohl sagen würde.

„Ich möchte mich in aller Form für meinen Vater entschuldigen. Es war nicht richtig, Euch mit dieser Idee zu bedrängen. Ich bitte jedoch um Verständnis, denn mein Vater meint es nur gut und zum Wohle unserer Länder. Dennoch... wenn Ihr seine Bedingung nicht akzeptieren könnt, dann habe ich vollstes Verständnis dafür und werde Euch auch nicht weiter belästigen.“

Dana war erstaunt von diesen Worten des Prinzen. Sie hätte nie gedacht, dass er so denken könnte. ER belästigte sie ja immerhin keineswegs. Sie selbst war es ja gewesen, die eine Audienz bei ihm gewünscht hatte und damit ihn belästigte.

„Nun“, begann Dana, unsicher, was sie eigentlich sagen sollte, „vielen Dank für Euer Verständnis, Prinz.“

„Egal, wie Ihr Euch entscheiden werdet, ich werde Euch unterstützen. Aber Ihr solltet wissen, dass mein Vater noch immer die wichtigsten Entscheidungen trifft. Er wird es sein, der bestimmt, wie weit die Unterstützung gehen wird.“

Die Prinzessin nickte verstehend. Ihr wurde bewusst, dass der Prinz zwar über das Land regierte, er aber eigentlich gar keine wirkliche Macht hatte, solange sein Vater noch nicht abgedankt hatte.

„Mein Vater ist aber kein schlechter Mensch“, fügte er hinzu, denn er wollte nicht, dass Dana schlecht von ihm dachte. „Er möchte nur das beste für sein Land und vor allem für mich. Und ich glaube, dass er Euch mag, Prinzessin.“

Diese Worte gaben der Elbin zu denken, denn ihr Eindruck, dass der Prinz eigentlich ganz nett war, wurde mit diesem Gespräch noch deutlicher.
 

Am nächsten Morgen hatte die Prinzessin ihre Entscheidung getroffen.

Die Audienz wurde fortgesetzt und der König war sehr gespannt auf ihre Antwort, ebenso wie ihre Gefährten, denn noch hatte Dana niemandem etwas verraten.

„Wie lautet Eure Antwort, Prinzessin?“, fragte der König sichtbar neugierig, nachdem sie sich im Thronsaal eingefunden und Platz genommen hatten.

„Nun“, begann sie, „Ihr habt ein großzügiges Angebot gemacht, Euer Majestät, denn Ihr bietet mir mit dieser Verbindung ja nicht nur die Unterstützung für mein Volk, sondern auch den Thron Aritheas an, den ich zusammen mit Eurem Sohn eines Tages besteigen würde. Zusätzlich würde es den Frieden unserer Länder sichern und für eine gute Verbindung sorgen. Mein Volk musste in den letzten Jahren sehr leiden und als Prinzessin und vielleicht zukünftige Königin kann ich es mir nicht erlauben, mich nur um mein eigenes Wohl zu kümmern. Ich habe eine Verantwortung und dieser Verantwortung will ich gerecht werden.

Ich nehme Euer Angebot an.“

Der König nickte anerkennend. Dana hatte weise Worte gewählt und ihm damit erneut sehr imponiert.

Mellryn mochte die Entscheidung, den Prinzen zu heiraten, nicht unbedingt gut heißen, aber er erkannte, wie viele Gedanken sich seine Schwester darum gemacht hatte und nun war er stolz auf sie. Sie hatte genau richtig erkannt, dass ihr Volk wichtiger sein musste, als ihr eigenes Wohlergehen. Es tat ihm zwar Leid, dass sie so quasi zwangsverheiratet wurde, aber damit würde Dana wohl schon irgendwie klar kommen.

Die Dämonenpriesterin dagegen rümpfte die Nase. Sie hatte gehofft, Dana würde das Angebot ablehnen.

Auch Zack schien weniger glücklich über diese Entscheidung zu sein, denn er hatte scharf Luft eingesogen und sah sehr geknickt aus.

Prinz Lysander hingegen betrachtete die Prinzessin voller Zuneigung und vor allem Zuversicht. Er mochte sie sehr und auch er war schwer beeindruckt davon, dass es ihr bei ihre Vorhaben weniger um sich selbst ging, als um die Elben. Gleichzeitig freute er sich ein wenig, denn nun war klar, dass er sie heiraten würde und ihm gefiel diese Wahl.

Die Elbin lächelte, bevor sie weitersprach: „Ich habe allerdings eine kleine Bedingung, bevor es zu der Hochzeit kommt.“

Nun wurde sie von allen Seiten überrascht angesehen und der König runzelte fragend die Stirn. „Was für eine Bedingung, Prinzessin?“

„Ich möchte, dass wir erst mein Land zurückerobern. Erst, wenn wir mein Volk gerettet haben, möchte ich Prinz Lysander ehelichen.“

Der König starrte sie eine Sekunde beinahe perplex an, bevor er lachte.

„Diese Bedingung erfülle ich gerne.“
 

Zack fühlte sich einsam, verlassen und völlig hilflos. Er konnte seine Gefühle nicht länger zurückhalten und dicke Tränen liefen seine Wangen hinab. Er hatte sich in sein Zimmer zurückgezogen und erschien nicht einmal zum Essen.

Als Alvar nach ihm sah, konnte er sich darauf überhaupt keinen Reim machen und fragte nach, was denn los war.

„Sie wird heiraten!“, entfuhr es Zack. „Die Frau, die ich liebe, heiratet einen anderen. Und das nur, weil sie sich ihrem Volk verpflichtet fühlt, sie liebt ihn nicht!“

Nun erst begriff der Elb, was mit Zack los war. Danas Ziehbruder war eifersüchtig und enttäuscht und er musste wohl gleichzeitig Angst davor haben, dass er Dana verlor.

„Hast du mit ihr je über deine Gefühle gesprochen?“, fragte der Elb.

„Nein. Sie würde mir antworten, dass ich für sie nur ihr Bruder bin. Das weiß ich, ich kenne sie gut genug. Aber es tut trotzdem weh.“

„Dennoch solltest du es tun. Es wird dir wehtun und ihr vermutlich auch, aber es wird auch das Vertrauen stärken, dass ihr beide ineinander haben solltet.“

„Ich finde es furchtbar, dass sie diesen schmierigen Prinzen heiraten will. Wenn es jemand wäre, den sie wirklich lieben würde, dann könnte ich damit leben. Aber es geht ihr nur um das Land“, jammerte Zack.

„Ich bin auch nicht begeistert, aber ich denke, sie trifft die richtige Wahl. Es geht hier nicht nur um sie, es geht um sehr viel mehr. Sie hat das erkannt und bringt damit ein kleines Opfer. Zack, sie wird damit gleichzeitig Königin Ghartiselidhs und Aritheas. Das ist ein gewisser Vorteil. Und Prinz Lysander scheint zumindest weder ein Idiot, noch ein Tyrann zu sein. Es hätte schlimmer kommen können.“

„Das verstehe ich ja. Aber... sie ist für mich eben inzwischen nicht mehr nur eine Schwester...“
 

End of Part 81

Nandens Angriff

Alles wird sich ändern

Author: Bina-chan86

Part 82/?
 

Alvar hatte wenig Schlaf in dieser Nacht gefunden. Zwar glaubte er, dass Dana eine weise Entscheidung zugunsten ihres Volkes getroffen hatte. Gleichwohl wusste er, wie sehr sie einige Menschen damit verletzt hatte. Insbesondere ihren Ziehbruder Zack. Alvar hatte sich nach Kräften bemüht diesen aufzuheitern, allerdings vergeblich. Zack war in trübsinniger Stimmung zurück geblieben und hatte sich seit dem auch nicht mehr blicken lassen.

Es war noch früh am Morgen und das Schloss erwachte erst langsam zum Leben. Die Sonne war noch nicht aufgegangen und schon jetzt deuteten Wolken darauf hin, dass sie am heutigen Tage nicht lange zu sehen sein würde. Trotzdem hatte sich Alvar zu einem kleinen Spaziergang entschieden. Es konnte nicht schaden seine Gedanken zu ordnen.

Mit diesem Vorhaben war er jedoch nicht der einzige. Er war noch weit über das Schlossgelände gegangen, als er Prinz Lysander im Hof entdeckte.

„Was tut Ihr hier zu so früher Stunde?“

Der junge Herrscher zuckte zusammen, denn er hatte Alvar zuvor nicht bemerkt. Als er den Elben erkannte, entspannte er sich aber gleich wieder. „Ich musste ein wenig nachdenken.“

Ohne dabei von den Mauern dieses Schlosses eingeengt zu werden, fügte er in Gedanken hinzu.

Alvar nickte verstehend. „Das kann man Euch nicht verübeln. Immerhin befindet Ihr Euch in keiner leichten Situation.“

Der Prinz wirkte verwundert, dann winkte er ab – nicht hochmütig, sondern bescheiden. „Eure Herrin ist in einer viel komplizierteren Lage.“ Er wollte sie gerne zur Frau nehmen. Er wollte sie sogar mehr als alles andere. Aber andererseits widerstrebte ihm der Gedanken sie unglücklich zu machen.

Einen Moment lang überlegte Alvar, ob er den Prinzen korrigieren sollte und entschied sich letztendlich dafür – obgleich es ihm ein wenig unverschämt erschien. „Dana ist nicht meine Herrin, sondern meine Freundin. Wir folgen ihr alle freiwillig, weil sie uns am Herzen liegt.“

„Eure Freundschaft scheint stark zu sein, wenn ihr es so weit geschafft habt.“ Lysander lächelte. „Ich beneide euch darum.“

Alvar hielt dem Prinzen vollkommen ungezwungen die Hand entgegen. „Nun, was mich betrifft, so würde ich Euch gerne meinen Freund und nicht bloß meinen Verbündeten nennen“, sagte er freundlich.

Lysander schüttelte verlegen seine Hand. Ein solches Angebot war wohl das Letzte, mit dem er gerechnet hätte. Bisher war seine Stellung ein immer währendes Hindernis zwischen ihm und seinen Mitmenschen gewesen. „Es würde mich freuen“, erwiderte er, wandte dann aber doch ein: „Ich glaubte, Ihr und Eure Freunde würdet mich hassen für die Lage, in der sich Prinzessin Dana befindet.“

„Ihr habt nichts Unrechtes getan“, meinte Alvar. „Wir müssen uns entschuldigen. Ihr hättet es verdient, dass wir es Euch ein klein wenig leichter machen.“
 

Als man Dana und ihre Gefährten nach dem Frühstück bat sich in den Thronsaal zu begeben, ahnten sie noch nicht, dass ein weiterer Verbündeter eingetroffen war.

Dort in der Halle stand neben dem König und Prinz Lysander ein Elb, den Dana noch nie zuvor gesehen hatte. Er war nicht übermäßig groß, wirkte dabei aber doch respekteinflößend. In seinen grünen Augen lag eine unvergleichliche Entschlossenheit, die Dana für einen Moment lang fesselte. Fast hätte sie dabei den Mann übersehen, der ihn begleitete. Eravelle erkannte ihn jedoch sofort.

„Tawha?!“ Eravelle blieb wie angewurzelt stehen, weil sie nicht wusste, was sie davon halten sollte. Auch der andere Elb war ihr vertraut. Er war ferner der Grund, weswegen sich sich gleich wieder entspannte. Lächelnd nickte sie ihm zu und er erwiderte den Blick.

Dann trat der Elb näher und kniete vor Dana nieder. „Wir haben so lange auf Euch gewartet, Euer Hoheit“, bekundete er und sah dann auf. „Ich bin Tossinde, der derzeitige Anführer der Dúath.“ Mit einer geschmeidigen Bewegung erhob er sich. Mellryn begrüßte er – ebenso wie Eravelle – mit einem Lächeln. Sie kannten sich und Mellryn hatte ihm darüber hinaus verboten sich vor ihm zu verbeugen.

Das ist also der Anführer der Dúath, dachte Dana.

„Es freut mich sehr Euch kennen zu lernen, Tossinde“, sagte sie ehrlich erfreut. Sie kannte ihn zwar nur aus den Erzählungen von Mellryn und Eravelle, aber das genügte, um zu wissen, dass sie es hier mit einem verlässlichen Verbündeten zu tun hatte. Doch gleichzeitig fragte sie sich, was Tawha hier verloren hatte. Sie erkundigte sich nicht danach, weil sie fürchtete, dass ein überführter Verräter Misstrauen beim König hervorrufen würde.

Tawha stand derweil ganz still schräg hinter Tossinde und versuchte dabei dem bohrenden Blick seiner Cousine Eravelle standzuhalten.

„Ich bin gekommen um Euch meine Treue zu bekunden, Prinzessin Dana“, fuhr Tossinde fort. „Und, um Euch mitzuteilen, dass die Dúath bereit für den Kampf sind, wenn ihr das wünscht.“

Der König verfolgte das Ganze schweigend, wirkte aber zufrieden. Lediglich Prinz Lysander sah mal wieder nervös aus.

Dana schöpfte Zuversicht aus den Worten Tossindes. „Ich danke Euch für Eure Hilfe.“

Tossinde schüttelte den Kopf. „Ihr schuldet mir keinen Dank, denn wir haben dasselbe Ziel und je eher der falsche König fällt, desto besser ist es für uns alle.“
 

Eben jener falsche König tobte dieser Tage vor Wut – schon beim geringsten Anlass. Nicht nur, dass seine Leute die Spur der Prinzessin und ihrer Gefährten verloren hatten, jetzt hatten sich auch die Dúath seinem Blick entziehen können. Haryon wusste, dass etwas vor sich ging, er wusste nur nicht, was es war und das machte ihn über die Maßen reizbar. Allein sein Berater Vorn wagte sich noch freiwillig in seine Nähe. Und diesmal tat er es leichten Herzens, denn es gab endlich Neuigkeiten – Neuigkeiten auf die Haryon schon beharrlich wartete.

Vorn fand seinen Herrn im kargen Thronsaal von Morn Gondram. Der alte Elb räusperte sich. „Nanden ist zurückgekehrt, Majestät“, berichtete er.

Haryon blickte sofort auf und seine dunkelbraunen Augen brannten vor Ungeduld. „Ich hoffe, er bringt mir Informationen.“

Bisher war es Barilowyns Aufgabe gewesen Aufklärungsarbeit zu leisen, aber der war seit geraumer Zeit wie vom Erdboden verschluckt. Seine Aufgaben waren zwangsläufig Nanden zugefallen, der diese weniger geschickt, aber dafür mit mehr Gewalt ausführte.

„Das tut er“, bestätigte Vorn nun. Eine senkrechte Falte auf seiner Stirn, deutete auf den Ernst der Lage hin.

„Dann ruf ihn endlich hinein“, befahl Haryon barsch.

„Sehr wohl!“ Vorn nickte und folgte der Anweisung.

Als Nanden vor Haryon stand, verfluchte Letzterer für einen Augenblick seine Ungeduld, denn Nanden war von oben bis unten mit Blut besudelt, das anscheinend nicht seines war. Offensichtlich hatte er nicht genug Zeit gehabt sich zu säubern. Haryon beschloss dieses mal darüber hinweg zu sehen. „Was für Neuigkeiten bringst du mir?“

„Die Freunde der Prinzessin waren nachlässig“, antwortete Nanden. In seiner Stimme schwang dabei nicht der üblich unterdrückte Zorn mit, sondern eher so etwas wie vorübergehend befriedigter Blutdurst. „Prinzessin Dana befindet sich zum jetzigen Zeitpunkt in Minkan, Aritheas Hauptstadt, um dort ein Bündnis mit den Menschen zu schließen.“

Haryon schnellte aus seinem Sitz empor. „Ist das sicher.“

„Ja, Euer Majestät“, erwiderte Nanden. „Einer ihrer Gefährten hat dies im Angesicht des Todes preisgegeben.“

„Wenn Cenedhrils Tochter glaubt, uns damit schlagen zu können, irrt sie sich.“ Ein kaltes Grinsen breitete sich auf Haryons Gesicht aus. „Wir werden ihr zuvorkommen und ihrer aussichtslosen Rebellion ein Ende bereiten. So gesehen tun wir ihr damit sogar einen Gefallen.“

„Majestät“, begann Nanden. „Lasst mich nach Minkan gehen und haltet die Truppen noch ein wenig zurück.“

Haryon zog eine Augenbraue nach oben. Ihm missfiel Nandens Bitte, die mit zu wenig Demut vorgetragen wurde, wie er fand. „Aus welchem Grund sollte ich das tun?“

„Weil sich unter den Gefährten der Prinzessin jemand befindet, um den ich mich persönlich kümmern will“, erklärte Nanden. Und als er sah, dass sein König ihn nicht verstand, fügte er hinzu: „Barilowyn ist wieder aufgetaucht, Euer Majestät!“
 

Dana stand am offenen Fenster in ihrem Zimmer und atmete die regennasse Luft ein. Tossindes Auftauchen hatte sie sowohl mit Zuversicht, als auch mit Unruhe erfüllt. Langsam wurde es ernst und geschmiedete Pläne würden bald in die Tat umgesetzt werden. Inständig hoffte sie dem allen gewachsen zu sein. Ihr selbst war gar nicht bewusst, wie sehr sie sich in den vergangen Monaten verändert hatte.

Von Tossinde hatte sie außerdem erfahren, dass Oranor in seiner Abwesenheit die Truppen führte und die Dúath bereithielt. Auch Calina und Falmarin waren soweit wohlauf. Tawhas Erscheinen in Minkan erklärte sich damit, dass Tossinde ihm nach wie vor nicht traute und ihn lieber in seiner Nähe wusste, wo er ein Auge auf den Verräter haben konnte. Bisher hatte sich Tawha friedlich verhalten, aber Leichtsinn war etwas, dass sie sich momentan nicht leisten konnten. Dana hatte während des Gesprächs bemerkt, dass Eravelle sogar erleichtert darüber war ihren Cousin bei bester Gesundheit zu wissen. Dana konnte es ihr nicht verdenken. Zwar war Tawha ein Feind, aber er gehörte immer noch zu Eravelles Familie.

Dana blieb keine Zeit sich über die weitere Vorgehensweise Gedanken zu machen, denn das zweite Gesicht traf sie erneut und die Heftigkeit der Vision zwang sie in die Knie. Als die verwirrenden Bilder endlich abebbten, hockte Dana noch immer am Boden und zitterte. Etwas war anders dieses mal. Es war, als hätte etwas ihren Fokus gestört. Jedoch war ihr die Bedeutung klar: Gefahr.
 

Meisterin Adeline hatte die kleinen Schrammen von Mili, Jala und Lanion selbst versorgt. Und nun lagen die drei in ihren Betten, ebenso wie Silivren, was auch höchste Zeit wurde, denn bald würde es schon dämmern.

Lydia saß neben Adeline in deren Arbeitszimmer. Zum Schlafen war sie noch viel zu aufgedreht. Auch Jules und Jerome waren noch hellwach und leisteten ihnen Gesellschaft.

„Was für ein Abenteuer“, seufzte Jules. „Ich bin froh, dass es so glimpflich ausgegangen ist.“

Lydia nickte zustimmend. „Was für ein Glück, dass Silivren dich begleitet hat. Ohne sie hätten wir die Kinder sicher nicht so leicht wiedergefunden.“ Sie hielt für einen Augenblick inne und faltete versonnen ihre Hände. „Ist das nicht merkwürdig? Ich nenne sie immer noch Kinder, dabei bin ich selbst kaum älter als sie.“

Adeline lächelte nachsichtig. „So merkwürdig finde ich das gar nicht. Miliende, Jala und ganz besonders Lanion haben in ihrem jungen Leben bereits viel durchleiden müssen. Was der Krieg ihnen von ihrer Kindheit gestohlen hat, holen sie sich hier zurück.“

„Eure Arbeit hier kann wirklich viel bewirken“, bemerkte Jerome ehrlich beeindruckt.

„Ich fühle mich eben verantwortlich für sie“, entgegnete Adeline bescheiden.
 

Am darauf folgenden Morgen schwatzten die drei Abenteurer schon wieder so, als wäre nie etwas gewesen – obgleich der nächtliche Ausflug natürlich das Thema Nr. 1 war.

Nun, der Wahrheit halber sollte dies eingeschränkt werden: Mili und Jala schwatzten, während sich Lanion nach und nach erst wieder ans Sprechen gewöhnen musste. Seine Freunde schirmten ihn gegen neugierige Fragen der anderen Bewohner des Sanatoriums ab, damit er nicht in Verlegenheit geriet. Er sprach noch immer stockend und stotterte ein wenig, wenn er nervös wurde.

Als Silivren zusammen mit Jules den sonnendurchfluteten Saal betrat, sprang Mili sofort auf und lief auf die Kleine zu. „Da ist ja unsere Heldin!“ Mili blieb grinsend vor Silivren stehen. „Vielen, vielen Dank! Du hast uns wirklich vor einer unangenehmen Nacht bewahrt.“

Silivren schaute einen Moment lang unsicher zu Jules hoch, ehe sie auf sein Nicken hin Milis Lächeln zögerlich erwiderte.

Die Gesellschaft wird auch Silivren gut tun, dachte Jules, während er beobachtete wie die Halbelbin Mili an den Tisch folgte.
 

Dana hatte lange gebraucht, um sich zu einem Entschluss durchzuringen. Nun stand sie ganz allein auf dem Hof des Schlosses und wartete. Inzwischen hatte sich der Platzregen in Nieselregen verwandelt. Danas Haare lockten sich dadurch wild, aber momentan kümmerte sie ihr Aussehen recht wenig. Ihr war, als hätte eine eiskalte Hand nach ihrem Herz gegriffen.

Als sie von weitem die kleine Gruppe am Tor bemerkte und unter ihnen Garim erkannte, atmete sie kurz auf. Wenigstens ihm war nichts passiert. Aber die angespannten Gesichter aller riefen ihr den Ernst der Lage ins Gedächtnis zurück. Sie stärkte sich innerlich.

Garim erreichte sie als Erster. „Dana....“ Er wusste nicht so recht, wo er anfangen sollte. „Endlich sehen wir uns wieder“, sagte er schließlich. „Ich wünschte nur, ich könnte dir bessere Nachrichten überbringen.“ Ein Schatten hinter Garim ließ diesen überrascht zusammenfahren.

Dana wusste, was jetzt kam – das zweite Gesicht hatte es ihr gezeigt. Neilyr, der junge Söldner, der sich den Zwergen angeschlossen hatte, ließ sein Schwert auf sie niedersausen. Dana konnte seinen Arm abfangen, aber rein gar nichts hätte sie auf die Wucht seines Schlages vorbereiten können. Sie glaubte, ihre Schulter würde gleich auskugeln.

Garim sah zu Tode erschrocken aus. „Was... was tust du da?“

„Sie ist tot! Ihretwegen ist sie tot!“ Neilyrs Stimme bebte vor Zorn. Er zog sein Schwert zurück und holte dann erneut aus. Weiter kam er glücklicherweise nicht, denn Garim und zwei andere Zwerge hatten sich endlich von dem Schrecken erholt und hielten Neilyr nun fest. Der Mann fluchte, wehrte sich aber nicht weiter. Schließlich sank er schluchzend zu Boden. „Wenn sie nicht wäre, dann würde Flore jetzt noch leben.“

Dana blickte ihn voller Mitleid an. „Flore ist...“

Neilyrs Kopf ruckte hoch. Tränen standen ihm in den Augen. „Sprich nie wieder ihren Namen aus, hörst du? Nie wieder.“

Garim führte Dana von dem wütenden Söldner weg. „Unglücksbringerin!“, rief dieser ihr noch hinterher.

„Er meint es nicht so“, begann Garim vorsichtig, als sie außer Reichweite waren.

„Doch. Ich fürchte, er meint es genau so.“

Garim seufzte. „Anscheinend war die kleine Söldnerin alles, was ihm auf dieser Welt noch etwas bedeutet hat. Sie sterben zu sehen, hat wohl irgendetwas in ihm zerbrochen. Auf dem ganzen Weg hierher hat er nicht ein einziges Wort gesagt. Und nun das... Es tut mir leid! Wenn ich das gewusst hätte...“

Dana unterbrach ihn. „Es ist nicht deine Schuld. Du konntest nicht wissen, dass er das tun würde.“ Sie hütete sich davor es einen Tötungsversuch zu nennen, als würde das Unglück bringen.

„Aber du wusstest es, nicht wahr?“, hakte Garim nach.

„Ja, ich wusste es“, bestätigte Dana. „Das zweite Gesicht hat es mir gezeigt.“ Sie sammelte sich. „Aber erzähl mir bitte, was genau geschehen ist. Ich habe nicht alles sehen können.“
 

„Was geht denn da vor?“

Zack trat neben Eravelle und spähte an ihr vorbei. „Das ist ja Garim“, rief er erfreut aus. Er wollte schon über die Treppe hinunter in den Hof gehen, aber Mellryn hielt ihm am Arm zurück.

„Warte einen Moment“, bat der Elb. „Irgendwas muss passiert sein.“

Zack schaute ihn überrascht an.

Keiner von ihnen hatte gesehen, dass Neilyr in seiner Trauer versucht hatte Dana umzubringen.
 

Der Leibarzt des Königs hatte Neilyr mit Arzneimitteln ruhig gestellt, obwohl dieser sich nicht mehr gewehrt hatte. Nun schlief er in einem bewachten Zimmer. Niemand wollte das Risiko eingehen, dass er noch einmal die Nerven verlor.

Lysander war zutiefst bestürzt gewesen, als er davon erfuhr. Er erkundigte sich nach Danas Wohlbefinden und behandelte sich ausgenommen rücksichtsvoll. Er stellte ihr keine Fragen, die sie nicht beantworten wollte. Seine Besorgnis rührte Dana sogar ein wenig.

Eigentlich hätte sie froh sein müssen, dass sich ihre Verbündeten hier eingefunden hatte – es würde ein Bündnis zwischen Elben, Menschen und Zwergen geben – aber ein Gefühl der Erleichterung wollte sich bei ihr einfach nicht einstellen. Zu sehr hatten die Ereignisse des Tages sie geschockt. Von Garim hatte sie bereits erfahren, dass Nanden derjenige war, der Flore getötet hatte. Er war wieder da! Dana schauderte, als sie an die Verletzungen zurückdachte, die er Eravelle und Estela beigebracht hatte.
 

Eine bedrückende Stille hatte sich über das Schloss gelegt, als die Nacht hereinbrach.

Barilowyn, der sich mit Estela ein Zimmer teilte, wagte es nur sich flüsternd mit dieser zu unterhalten. „Was glaubst du, was die Prinzessin jetzt tun wird?“

„Ihren Plan weiterverfolgen, auch wenn es schwer fällt“, antwortete Estela. Sie schmiegte sich ein wenig enger an Wyn, was sie sonst nur sehr selten tat.

Wyn streichelte über ihren Arm und ihren Bauch. „Sie hat Verbündete gefunden. Ich bin sicher, dass alles gut wird.“
 

Als Wyn wenige Stunden später hart auf dem Boden aufschlug, glaubte er für einen Moment Estela hätte ihn im Schlaf versehentlich aus dem Bett geschubst. Er erkannte jedoch recht schnell, dass sie wach und auf den Beinen war. Darüber hinaus steckte ein Schwert im Bett – genau an der Stelle, an der er zuvor gelegen hatte.

„Grundgütiger!“ Wyn rappelte sich in Windeseile auf.

„Wie ich sehe, hast du dich gut eingelebt“, drang eine vertraute Stimme an sein Ohr, die ihm kalte Schauer über den Rücken jagte.

„Nan... Nanden“, stammelte Barilowyn. „Es ist nicht so, wie du denkst.“ Er wusste, dass er bei einem Kräftemessen nie eine Chance gegen Nanden hatte.

Er wird mich umbringen, dachte er.

„Zurück!“, befahl Estela, die sich bereits ihren Mantel angezogen hatte.

Verdutzt schaute Wyn sie an. „Was?“

„Geh zurück“, sagte Estela nun noch eindringlicher. „Bevor der Kerl mit dir abrechnen kann, habe ich noch eine Rechnung mit ihm offen.“

„Aber du kannst nicht...“, versuchte Wyn zu protestieren.

Estela schüttelte ruhig den Kopf und sah ihm dabei in die Augen. Bitte formte sie dabei lautlos mit den Lippen. Sie wusste nicht, wann sie damit aufgehört hatte nur für sich allein zu kämpfen, aber sie musste sich eingestehen, dass dies nun der Fall war.

„Mir ist es gleich, wen ich zuerst umbringe“, erklärte Nanden unbeeindruckt. „Feind oder Verräter macht für mich keinen Unterschied. Alle verdienen den Tod.“

„Das werden wir ja noch sehen!“ Eravelles Zauberspruch schleuderte Nanden zurück. Keiner wusste, wie die Elbin so schnell und vor allem unbemerkt ins Zimmer gekommen war, aber nun stand sie an Estelas Seite.

Nach Garims Bericht hatte Eravelle gewusst, dass Nanden kommen würde.

Estela nickte ihr zu, ehe sie gemeinsam angriffen. Mit vereinten Kräften gelang es ihnen Nanden ins Freie zu befördern, denn im Schloss konnten sie nicht kämpfen ohne die Bewohner dabei in Lebensgefahr zu bringen. Selbst im Hof würde es schwer werden.

Eravelle und Estela folgten ihrem Gegner.

Wyn stürzte ans Fenster. „Estela!“ Seine Entscheidung war gefallen. Lieber war er ein Verräter, als dass er sie aufgeben würde.
 

Nanden war schon wieder auf den Beinen. Verletzt war er nicht, lediglich seine Kleidung war schmutzig geworden.

„Hîth!“ Eravelles Zauber hüllte den Hof in dichten Nebel und verschaffte Estela damit die Chance zum Angriff.

„Ruin Pilin!“

Nanden machte sich nicht mal die Mühe den Zauber abzuwehren, sondern ging gleich zum Angriff über. Dass er dabei eine große Brandwunde am Arm davontrug, störte ihn gar nicht.

Er bekam Estela am Arm zu fassen und schleuderte sie gegen eine Mauer. Keuchend ging sie zu Boden. Blut lief ihr über das Gesicht und versperrte ihr für wenige Sekunden die Sicht. Hätte sich Eravelle nicht schützend vor sie gestellt, wäre sie wohl nicht in der Lage gewesen etwas auszurichten.

Eravelle hielt mit aller Macht dagegen und zum ersten mal bröckelte Nandens unbeteiligte Fassade. Dass Eravelle seinen Zauber abwehren konnte ohne dabei in die Knie zu gehen, schien ihn zu überraschen. Er machte einen Satz nach hinten, um gleich darauf wieder anzugreifen. Diesmal war es Estela, die seine Magie wie eine lästige Fliege abschmetterte.

In den vergangenen Wochen waren die beiden Magierinnen nicht untätig gewesen. Nach der vollkommenen Niederlage hatten sie beinah jeden Tag trainiert. Beide erinnerten sich an Nandens Bewegungen. Dieser hatte sich immer für unbesiegbar gehalten und nicht versucht sich weiter zu entwickeln. Diesen Fehler nutzen die zwei Frauen nun zu ihren Gunsten.

Doch noch war Nanden der Stärkere. Wie viel Einfallsreichtum dagegen bewirken konnte, stand zu diesem Zeitpunkt noch in den Sternen.

Estela attackierte ihren Gegner beharrlich, aber immer nur mit einer geringen Menge Magie. Einen Treffer hatte sie bereits einstecken müssen und nun blutete sie aus einer Wunde an der rechten Seite.

Für seine Größe war Nanden erstaunlich schnell. Er schlüpfte hinter Estela und richtete einen Zauber gegen Eravelle, die sich bisher zurückgehalten hatte. Gegen seinen Spruch kam sie an, allerdings hatte sie nicht mit einem rein körperlichen Angriff gerechnet. Sein Schlag traf sie in die Magengegend und sie sackte in sich zusammen. Sie hatte dabei gespürt wir ihre Rippen brachen.

Mittlerweile hatten sie durch den Lärm das ganze Schloss geweckt. Die Gefährten der beiden Kämpferinnen standen mit besorgten Blicken am Rand. Zack und Alvar mussten Mellryn gemeinsam festhalten, damit dieser nicht in sein Verderben rannte um Eravelle zu helfen.

Dana hätte ihre Freundinnen gern unterstützt, aber sie wusste, dass dies nicht ihr Kampf war.

„Lint Pilin!“ Diesmal saß Estelas Zauber und Nanden ließ von Eravelle ab.

Erst war der Unterschied kaum zu bemerken, doch Estela ahnte, dass Nandens Kräfte nachließen. Er verfolgte sie, doch seine Angriffe wurden ungenauer und waren nicht mehr ganz sauber durchgeführt. Einen Zauber musste er sogar abbrechen.

„Glaub ja nicht, dass du schon gewonnen hast“, zischte er zornig. Das Blut – sein eigenes – hatte sein Hemd getränkt. „Du...“ Mit einem Ruck hielt er an. Er riss die Augen auf und wurde aschfahl. Er hatte sich nur auf Estela konzentriert, weil er glaubte, Eravelle wäre für den Moment ausgeschaltet. Zu seinem Verhängnis hatte er sich geirrt. Eravelle hatte ihn in einem Bannkreis gefangen.

Taetha Echor, schoss es ihm durch den Kopf. Das war die einzige Beschwörung, welche stark genug dafür war. Er hatte geglaubt, dass nur die Mitglieder der elbischen Königsfamilie diesen Zauber beherrschen würden.

Sie ist Mellryns Gefährtin, flüsterte eine Stimme in seinem Kopf. Die Gefährtin des Prinzen!

„Nórui Crist!“ Estela stärkte die Klinge ihres Dolches und griff Nanden frontal an. Sie kniff die Augen zusammen, als sie spürte, wie das Messer in seinem Körper eindrang und warmes Blut über ihre Hände lief, weil sie wusste, dass dies den Dämon in ihrem Inneren entfesseln würde.

Schwärze umfing sie, bis zwei starke Arme sie auffingen.

Wyn, dachte sie erleichtert. Ja, dafür hatte es sich wirklich gelohnt.
 

„So, ich bin fertig.“ Alvar seufzte erschöpft. Die Behandlung von Eravelle und Estela hatte ihm einiges an Kräften abverlangt.

Eravelle saß nun auf einem Bett, zwischen Mellryns Beinen, während dieser ganz vorsichtig die Arme um sie gelegt hatte. Bedacht darauf ihre gebrochenen Rippen nicht zu berühren. Nachdem der Kampf vorüber war, war er sofort zu ihr gestürzt, hatte sie getadelt für ihren Leichtsinn und ihr dann gedroht sie nie wieder loszulassen. Das hatte er bisher auch nicht getan.

Eravelle entschuldigte sich brav – immer wieder – aber noch war Mellryn nicht besänftigt.

Die dunkelhaarige Elbin lächelte und schaute dann zu Estela hinüber, die neben ihr lag. Eravelles Lächeln wurde noch breiter als sie sah, wie liebevoll Wyn Estela die ganze Zeit über anschaute.

Dana stand schweigend an die Wand gelehnt und wusste nicht, was sie sagen sollte. Ein Kampf war vorüber, ein Gegner besiegt – endlich! Dieser kleine Erfolg gab ihr neuen Mut.

„Nun schau nicht so besorgt“, wandte sich Estela amüsiert an die Elbenprinzessin. „Wir haben doch gesagt, dass das unser Gegner ist.“

„Ja, das habt ihr gesagt.“

„Und wir haben gewonnen.“

„Ja, das habt ihr.“ Jetzt lachte auch Dana endlich.
 

End of Part 82

Zacks Wut

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan86.

Part 83 von ?

Warning: bislang keins
 

Danke an Taroru für die vielen lieben Kommentare.
 


 

„Ich denke, dieser Kampf war nur ein kleiner Vorgeschmack dessen, was uns noch erwartet“, seufzte Eravelle, der jeder Knochen in ihrem Körper weh tat.

„Das denke ich auch,“ nickte Estela.

Sie hatten sich in einem kleinen Besprechungszimmer des Palastes eingefunden, um ihr weiteres Vorgehen zu besprechen.

Dana schien zu grübeln. „Ich wüsste gern, woher dieser Kerl gewusst hat, wo er uns finden würde. Wir waren doch so vorsichtig und haben immer darauf geachtet, dass keiner uns folgt.“

„Das ist eine berechtigte Frage“, bestätigte Mellryn, der seine elbische Freundin noch immer nicht loszulassen vermochte.

„Haryon weiß genau, wo wir sind. Soviel steht fest. Und ich glaube, seine Armee ist bereits auf dem Weg hierher!“, mutmaßte Alvar.

Damit hatte er Recht, das wusste die Elbenprinzessin. Sie mussten nun handeln und das möglichst schnell. Ein Jammer, dass weder Eravelle, noch Estela die Zeit haben würden, sich von ihren Verletzungen zu erholen.

„Wir müssen Haryon entgegen kommen – ihn vielleicht in einen Hinterhalt locken. Wir dürfen auf gar keinen Fall riskieren, dass er in diese Stadt kommt und sie vernichten kann“, meinte Dana.

„Das denke ich auch. Aber für den Fall der Fälle sollte Prinz Lysander diese Stadt vielleicht doch evakuieren lassen“, schlug Tossinde vor.

Genau in dem Moment trat besagter Prinz ein. „Verzeiht meine Verspätung, Prinzessin. Die Gesundheit meines Vaters steht nicht zum Besten und er brauchte einen Moment meine Unterstützung.“

„Kein Problem“, winkte Dana ab. „Und nennt mich bitte nicht immer Prinzessin. Ich heiße Dana.“ Sie fand es schrecklich, dass ihr ‚Verlobter’ sie noch immer mit ihrem Titel ansprach. Bei dem Gedanken daran, dass sie verlobt war, erschauderte sie sogar für einen kurzen Augenblick. Aber dann fasste sie sich wieder.

„Wir waren gerade dabei, dass wir die Stadt vorsichtshalber evakuieren lassen sollten,“ erklärte Mellryn, damit der Prinz im Bilde war, was ihre Pläne anging.

Lysander nickte. „Das ist durchaus vernünftig. Ich habe im Übrigen eine Karte mitgebracht“, sagte der Prinz und rollte schließlich die Karte auf dem Tisch aus.

„Oh, da ist ein wunderbarer Platz für einen Hinterhalt!“, freute sich Tossinde sogleich, als er sich die Karte näher besah. „Ich werde mir dazu gleich Gedanken machen.“

„Wie weit ist Aritheas Armee?“, fragte Alvar den Prinzen.

„Ihr könnt sofort über sie verfügen. Mein Vater hat bereits alle Soldaten informiert und die meisten kampffähigen jungen Männer einziehen lassen, als der Angriff dieses Elben kam.“

Alvar nickte verstehend. „Das ist gut. Wir sollten so bald wie möglich aufbrechen und der Armee des falschen Königs entgegentreten.“

„Da ist noch etwas“, meinte dann Estela. Alle Augen waren nun auf sie gerichtet.

„Was denn?“, fragte Mellryn.

„Nandens Kopf. Ich lege keinen großen Wert auf ihn, aber vielleicht sollten wir ihn diesem Söldner geben. Nanden war es, der Flore getötet hat.“
 

Und Zack war es, der nun bewaffnet vor Neilyr stand und durchaus bereit wäre, den Söldner umzubringen.

Als Neilyr endlich aus seinem von Medikamenten hervorgerufen Schlaf erwachte, erschrak er sogleich, als er die Armbrust sah, die auf ihn gerichtet darauf wartete, abgeschossen zu werden. „Was zum...?“

„Du hast meine Schwester angegriffen und wolltest sie töten. Dafür müsste ich dich eigentlich erledigen. Dein Glück ist es, dass sie schwer etwas dagegen hätte, wenn ich dich umlegen würde!“, knurrte Zack.

Es war offensichtlich, dass er mehr als nur stocksauer war.

Als er Wind davon bekommen hatte, was bei der Ankunft Neilyrs geschehen war, war er außer sich vor Zorn gewesen.

„SIE hat Flore auf dem Gewissen!“, blaffte der Söldner zurück und wirkte nicht minder wütend. Nur die Restwirkung der Medikamente verhinderte, dass er komplett ausrasten konnte.

„Nein, Nanden hat sie getötet, nicht Dana. Verdammt, ihr seid Söldner, ihr müsst doch damit rechnen, dass mal etwas schief gehen kann! Das ist euer Job!“

„Aber nur wegen dieser Schlampe musste Flore sterben! Wäre ihr Auftrag nicht gewesen, dann wäre Flore noch am Leben.“

„Du hast ja wohl einen Knall!“, brüllte Zack. „Dana würde ihr Leben dafür geben, wenn das Flore wieder lebendig machen würde! Aber sie kann es nicht! Verdammt, es ist Krieg! So traurig es ist, aber Opfer wird es im Krieg immer geben. Meine Schwester hat im Krieg alles verloren – ihre Eltern, ihr Zuhause, ihren Rang – alles. Und nun versucht sie, anderen zu helfen, indem sie sich selbst opfert und diesen falschen König stürzen will. Sie wird einen Menschen heiraten, den sie nicht liebt, nur, um ihr Volk zu retten und zu schützen.“

„Wieso tut sie das? Sie ist doch wahnsinnig, das zu versuchen!“

„Und doch habt ihr sie unterstützt, Flore und du. Flore würde nicht wollen, dass du sie rächst. Sie wäre umsonst gestorben, wenn du Dana tatsächlich getötet hättest.“

Zacks Worte gaben Neilyr zu denken und er sah ein, dass der junge Mann Recht hatte.

Tränen der Trauer liefen ihm die Wangen hinab und er konnte sie nicht stoppen.
 

Ein Seufzer zeriss die Stille und ließ die Leere und Traurigkeit sichtbar werden, die Sania empfand. Seit Jules mit Silivren nach Sarna aufgebrochen war, war es in ihrem Haus wieder viel zu still geworden. Sie vermisste Silivren sehr, war ihr dieses kleine Elbenmädchen doch innerhalb dieser kurzen Zeit ans Herz gewachsen. Aber noch mehr vermisste sie ihren Sohn und ihre Ziehtochter, von denen sie schon viel zu lange nichts mehr gehört hatte.

Immer wieder fragte sich die Schneiderin, ob es den beiden wohl gut ging und inwieweit ihr Plan Erfolg haben mochte. Von Jules wusste sie ja, dass Dana es geschafft hatte, ihren leiblichen Bruder aus der Gefangenschaft zu retten. Aber als sie dann hörte, dass die Elbin es tatsächlich versuchen wollte, ihr ganzes Volk zu retten und ihren rechtmäßigen Platz auf dem Thron einzunehmen gedachte, ergriff sie eine tiefe Furcht und Sorge.

Sania konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Danas Vorhaben Erfolg haben konnte. Und doch hoffte sie mit jeder Faser ihres Herzens, dass ihre Ziehtochter es schaffen würde und sie sie lebend wiedersehen würde.

Immer wieder sah sie die zitternde, kleine Elbin vor sich, die am Rand dieser Stadt gestanden und völlig verängstigt gewirkt hatte. Sania war auf das Mädchen zugegangen, hatte ihr gut zugeredet und war entsetzt gewesen, als sie den schlimmen Zustand bemerkte, in dem sich die Elbin befunden hatte. Ihre Kleidung war zerschlissen gewesen, sie wirkte völlig ausgehungert und auf ihrer Wange hatte sie eine tiefe Schnittwunde, die später zu dieser markanten Narbe wurde.

Die Schneiderin wusste noch jede Einzelheit dieser ersten Begegnung, die sie mit Dana hatte und sie war so froh, dass dieses Mädchen nicht weggelaufen, sondern auf sie zugekommen war. Schnell hatte sie sich von ihren schlimmen Erlebnissen erholt und mit Zack hatte sie zum Glück auch gleich jemanden in ihrem Alter gehabt, zu dem sie positiven Kontakt aufbauen konnte.

Wenn Sania daran dachte, dass aus diesem kleinen, verängstigen Elbenmädchen eine starke, tapfere junge Frau geworden war, die mit etwas Glück vielleicht sogar Königin wurde, dann erfüllte es sie ein wenig mit Stolz, dieses Kind großgezogen zu haben.

„Ich drücke dir die Daumen, Dana. Bitte hab Erfolg und werde zu der Königin, die du immer hast werden sollen“, flüsterte Sania, den Blick gen Himmel gerichtet.
 


 

Silivren war die Jüngste in diesem neuen Freundeskreis, der sich gebildet hatte, aber das merkte man ihr kaum an.

Eben jener Freundeskreis stellte gerade die Küche des Sanatoriums auf den Kopf.

Mili hatte sich vorgenommen, sozusagen zur Feier des Tages, einen Kuchen zu backen und natürlich hatte Jala ihr helfen wollen, ebenso wie Silivren. Lanion war mehr oder weniger aus Gewohnheit gefolgt, aber selbst ihm machte es irgendwie Spaß, in der Küche herum zu wirtschaften. In dem Raum sah es bereits wüst aus, aber Mili gab bereits zufrieden grinsend den Kuchenteig in die Form, die Lanion festhielt.

„Das wird der leckerste Kuchen aller Zeiten!“, behauptete sie und Silivren nickte eifrig zustimmend. Weder Mili, noch Jala kannten sich sonderlich gut mit Backen aus, aber die kleine Elbin hatte damit auftrumpfen können, dass sie ein paar Rezepte wusste, die sie von Sania gelernt hatte. Sie durfte den Teig glatt streichen und Lanion stellte die gefüllte Form anschließend in den heißen Backofen.

Als Lydia zu den Vieren in die Küche kam, traf sie fast der Schlag. Es sah schlimmer aus, als sie es sich in den kühnsten Träumen hätte denken können, aber die Gesichter der Kinder, die sie überglücklich anstrahlten, erfüllte sie mit dem Gefühl der Zuneigung und die Schimpftirade, die sie gerade loslassen wollte, erübrigte sich einfach.

„Ihr seht aus, als wärt ihr erfolgreich gewesen!“, bemerkte sie stattdessen und erntete sogleich zufriedenes Grinsen, wo sie nur hinschaute.

Irgendwie war Lydia jetzt erst Recht gespannt auf das Ergebnis.

„Allerdings solltet ihr die Küche jetzt wieder in Ordnung bringen, bevor Adeline hier einen Blick reinwirft“, sagte sie anschließend und das Grinsen aus den Gesichtern wich sofort.

Die junge Geschichtenerzählerin konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.

„Keine Sorge, ich helfe euch dabei!“

„Da haben wir aber Glück gehabt!“, seufzte Jala und machte sich daran, den anderen beim Aufräumen zu helfen.
 

End of Part 83

Lysanders Mut

Alles wird sich ändern

Autor: Bina-chan86

Part 84/?
 


 

„Autsch!“ Eravelle verzog schmerzvoll das Gesicht. Zwar hatte sie weniger Schnittwunden als Estela davongetragen, doch das Wechseln der Verbände war trotzdem keine angenehme Angelegenheit.

„Entschuldige“, murmelte Mellryn. Seit sie sich auf ihr Zimmer zurückgezogen hatten, war Mellryn ungewöhnlich schweigsam. Auch vermied er es seiner Freundin direkt in die Augen zu sehen. Er strich mit seinen Fingerkuppen über ihre Haut, ohne auch nur ein Wort zu verlieren.

Irgendwann hielt Eravelle die gespannte Stille nicht mehr aus. Sie ersparte es ihnen beiden, ihn einfach zu fragen, was los war. Das war eine ebenso überflüssige, wie unsensible Frage. Seufzend lehnte sie ihre Stirn gegen seine Schulter. „Ich wollte dir keine Sorgen bereiten. Ich weiß, dass dieser Kampf in deinen Augen sinnlos war. Gern würde ich dir sagen, wie sicher ich war, wir würden gewinnen... aber das wäre eine Lüge. Ich war nicht sicher. Vielleicht dachte ich nur, ich hätte keine andere Wahl. Estela konnte ich ja schlecht im Stich lassen.“

Endlich blickte Mellryn auf. „Das nächste mal lässt du mich kämpfen, verstanden?“ Dieser bevormundende Ton war ganz und gar nicht seine Art, aber daran erkannte man, wir ernst es ihm damit war.

Eravelle wollte widersprechen, schloss den Mund dann allerdings wieder.

„Mit diesen Verletzungen will ich dich nicht in den vorderen Reihen sehen, wenn es zu einem Kampf kommt“, fuhr Mellryn eindringlich fort. „Dieser Krieg wird Opfer fordern. Ich will nicht, dass du dich darunter befindest.“

„Ich...“

Just in diesem Moment klopfte es an der Tür.

Mellryn gefiel die Unterbrechung nicht und so brachte er nur ein mürrisches „Herein“ zustande.

Alvar streckte den Kopf ins Zimmer hinein. „Ich wollte nicht stören.“

„Schon in Ordnung“, winkte Mellryn halbherzig ab.

Alvar trat ein, blieb aber direkt neben dem Eingang stehen und warf noch einen letzten Blick zurück. „Ich wollte mit euch über Zack sprechen“, begann er schließlich.

Eravelle horchte auf. „Was ist passiert?“

„Anscheinend hat er versucht Neilyr auf radikale Weise die Augen zu öffnen, nachdem er erfahren hatte, dass dieser Dana angegriffen hat“, berichtete Alvar. „Er hat ihn mit einer Armbrust bedroht.“

„Dann sollten wir ihm besser nicht sagen, dass es Neilyr war, der uns an Haryon verraten hat“, wandte Eravelle ein.

Alvar zog einen Mundwinkel nach oben, wirkte dennoch nicht glücklich dabei. „Ich habe schon vermutet, dass ihr zu demselben Schluss gelangt seid.“

Mellryn nickte. „Er kommt am ehesten in Frage.“

„Ich bin mir nicht sicher, ob Dana es weiß“, überlegte Alvar und legte eine Hand ans Kinn. „Ich tippe darauf, dass sie nur unwissend tut.“

„Zack hingegen ist zu wütend, um etwas zu bemerken.“ Eravelle machte eine wegwerfende Handbewegung. „Die Richtung, in die sich das Ganze entwickelt, gefällt mir nicht. Wir sollten nicht aufeinander losgehen. Eigentlich sollte durch das Auftauchen von Tossinde und Garim alles leichter werden und nun so was.“

„Die Lage ist ernst“, bestätigte Alvar.

„Und was sollen wir deiner Meinung nach dagegen unternehmen?“, fragte Mellryn.

„Wenn ich das nur wüsste...“
 


 


 

„Eine Schlucht?“ Dana beugte sich aufmerksam über den Kartenabschnitt, auf den Tossinde deutete.

Dieser neigte den Kopf leicht zur Seite. „Ja. Das Gelände mag riskant sein, bietet uns aber auch Deckung. Zahlenmäßig dürften wir den Azi Dahaka gar nicht allzu sehr unterlegen sein.“

Das wiederum überraschte Dana. Haryons Streitkräfte hatte sie immer als gewaltig empfunden. Doch vielleicht lag das nur daran, weil sie mit ansehen musste, wie das Eledhrim-Ardh unterging.

Tossinde lächelte begütigend. „Nun schaut mich nicht so an, Prinzessin. Haryon hat abtrünnige Elben um sich geschart, aber Ihr habt Menschen und Zwerge auf Eurer Seite. Außerdem konnten wir schon in der Vergangenheit erkennen, dass, wer einmal die Seiten gewechselt hat dies wieder tun kann. Haryons Rückhalt ist vielleicht brüchiger, als wir denken.“

„Woher wisst Ihr das alles?“, erkundigte sich Prinz Lysander, der bisher nur ruhig zugehört hatte. Ihm war es offenbar nicht geheuer, zunehmend die Aufgaben seines Vaters zu übernehmen.

„Wir haben Spione entsandt“, erzählte Tossinde und kniff dabei angestrengt seine Augen zusammen. „Zwei gute Leute haben wir dadurch verloren und es seitdem auch nicht mehr versucht. Immerhin konnten wir vorher einige Dinge in Erfahrung bringen.“

Dana erkannte, dass Tossinde sich dafür verantwortlich machte. Was sollte sie dazu sagen? Genau genommen befand sie sich in einer ähnlichen Situation. Die Verantwortung lag auf ihren Schultern, obwohl ihre Gefährten sie tatkräftig unterstützten. Möglicherweise lag es genau daran. Sie wusste nicht, ob die anderen ihr aus Überzeugung halfen oder weil sie Freunde waren.

„Fühlt Ihr Euch nicht wohl, Dana?“ Lysander wurde immer rot, wenn er ihren Namen aussprach.

Jetzt hat er mein Grübeln wieder missverstanden, dachte Dana und seufzte dabei innerlich. Er war viel zu schnell besorgt.

„Nein, mir geht es gut“, antwortete sie. Flüchtig nahm sie war, dass Zack gerade zurückkehrte und sich in eine Ecke setzte. Er sah mitgenommen aus, aber dies war ein schlechter Augenblick um sich danach zu erkundigen.

Tossinde begann nun in aller Ausführlichkeit den Anwesenden seine vorläufige Strategie zu erklären. Er redete mit leidenschaftlicher Stimme und benutzte oft die Hände damit er Dinge veranschaulichen konnte. Die Schlucht war der beste Plan, den sie zur Zeit hatten. So konnten sie verhindern, von den Azi Dahaka eingekesselt zu werden.

„Die Größe einer Armee ist nicht der entscheidende Punkt.“ Tossinde gestattete sich ein Grinsen. „Ich kann Gegner aufs Kreuz legen, die doppelt so schwer sind wie ich, also wieso sollte das nicht auch für eine ganze Truppe gelten?“

Dana nickte vorsichtig.

„Ich habe bereits einen verlässlichen Boten zu Oranor und den anderen Dúath geschickt“, fuhr Tossinde fort. „Wir werden bald bereit sein.“

Dana hoffte inbrünstig, dass bald noch nicht zu spät war.
 

Als sie gemeinsam das Konferenzzimmer verließen, wartete Neilyr im Gang bereits auf sie. Er sah übermüdet aus und war leichenblass, dennoch hielt er sich auf den Beinen.

Zacks Blick wurde feindselig und verschlossen. Er stellte sich halb vor Dana.

„Ich habe euch etwas zu sagen.“ Neilyrs Stimme klang überraschend klar.

Dana straffte sich. „Um was geht es?“

Unverwandt schaute Neilyr ihr in die Augen. „Um Haryon“, antwortete er. „Derjenige, der uns überfallen hat, war ein Elb namens Nanden. Er hat... Flore erstochen.“ Nun brach seine Stimme. „Er sagte, er würde sie verschonen, wenn...“ Er brach ab und versuchte es erneut. „Die Azi Dahaka wissen genau, wo ihr seid. Ich habe es ihnen gesagt.“

Zack brauste auf. „Du verdammter Mistkerl!“ Er holte zum Schlag aus, doch seine Faust traf nicht Neilyr, sondern Lysander.

Stille legte sich über den Flur – geschocktes Schweigen. Keiner schien so richtig zu verstehen, was gerade geschehen war. Lysander hatte sich vor Neilyr gestellt und wirkte mit einem mal sehr entschlossen.

„Wa... was soll das?“, brachte Zack stammelnd hervor.

„Ihr habt nicht verstanden, was er gerade gesagt hat“, behauptete Lysander.

„Doch, klar und deutlich“, hielt Zack trotzig dagegen.

Traurig schüttelte Lysander den Kopf. „Ich heiße es nicht gut, dass er euch an Haryon verraten hat, aber ich kann verstehen, warum er es getan hat. Er dachte, er könne damit jemanden retten, der ihm viel bedeutet. Es ist zwar edelmütig zuerst an das Wohl aller zu denken, doch manchmal ist man dafür nicht stark genug. Besonders, wenn es dabei um eine geliebte Person geht. Ich kann das sehr gut nachvollziehen. Deswegen lasse ich nicht zu, dass diesem Mann etwas geschieht, solange er sich in unserem Reich befindet.“

Dana hatte Mühe ihre Verwunderung zu verbergen. Zum ersten mal empfand sie so etwas wie Achtung Lysander gegenüber. Ihm lag offenbar viel daran sich für diejenigen einzusetzen, an die keiner mehr glaubte.

Sie war nicht als einzige in Erstaunen versetzt worden. Neilyr blickte ungläubig auf Prinz Lysander, dann senkte er beschämt den Blick. „Es tut mir leid...“

Lysander lächelte tapfer. „Ihr solltet Euch ausruhen“, sagte er. „Wir werden es trotzdem schaffen. Die Azi Dahaka hätten uns früher oder später sowieso gefunden.“

Ja, das hätten sie. Allerdings wäre ein wenig mehr Zeit schön gewesen, dachte Dana. Jedoch erkannte sie, dass Lysander recht hatte. Neilyr hatte geglaubt das richtige für den Menschen zu tun, den er liebte. Er hatte versucht Dana zu töten, dennoch brachte diese es nicht übers Herz ihm deswegen Vorwürfe zu machen.
 

„Ich kann nicht glauben, dass der Prinz so etwas getan haben soll.“

Eravelle zuckte mit den Schultern. „So hat Dana es mir jedenfalls berichtet.“

Estela rollte mit den Augen und ließ sich in ihr Kissen zurücksinken. „Er ist viel zu sanftmütig.“

„Ja, vielleicht“, gab Eravelle zu, doch dann lächelte sie versonnen. „Aber in einem Krieg, der von Selbstsucht getrieben wird, finde ich ein wenig Sanftmut ganz beruhigend.“
 

End of Part 84

Botschaften

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan86.

Part 85 von ?

Warning: bislang keins
 

"Alles wird sich ändern" ist nun zwei Jahre alt. Danke an alle treuen Leser. ;)
 


 

Lysander hielt sich die schmerzende Wange und fluchte leise.

Es war vielleicht sehr sanftmütig von ihm gewesen, den Schlag Zacks zugunsten von Neilyr abzufangen, aber leider war der blaue Fleck nicht zu übersehen, den die Faust hinterlassen hatte.

Eine der Dienerinnen hatte ihm ein Stück Fleisch gebracht, dass er zum Kühlen auf die Wange legen konnte, damit sie zumindest nicht zu sehr anschwoll.

„Wenigstens hat er nur die Wange erwischt und nicht die Nase oder ein Auge“, seufzte er.

„Du hast Mut und Menschlichkeit bewiesen, Lysander. Das ist mehr wert als alles, was du sonst hättest tun können“, lobte dagegen sein Vater, der natürlich in Kenntnis gesetzt worden war.

„Du meinst, um das Herz der Prinzessin zu gewinnen?“, fragte der Prinz.

Der König nickte.

Die beiden waren in den letzten Tagen häufiger auf die Frage zu sprechen gekommen, wie sie es der Elbenprinzessin so leicht wie möglich machen konnten. Lysander quälte einfach der Gedanke, dass sie nur ihrem Volk zuliebe eine Verbindung mit ihm einging und dabei völlig unglücklich werden würde. Deshalb wollte er so gut zu ihr sein, wie er nur konnte und hoffte dabei natürlich ein wenig – wenn auch sehr naiv – dass sie vielleicht irgendwann seine Gefühle erwidern würde.

„Darum ging es mir in dem Moment gar nicht, Vater“, gab Lysander jedoch zu. Er hatte tatsächlich einfach nur verstehen können, wie der Söldner empfunden haben musste und konnte nachvollziehen, warum er so gehandelt hatte. Und genau so sagte er es nun auch seinem Vater.

„Du wirst einmal ein großartiger Herrscher, Lysander“, sagte der König Aritheas jedoch nur anerkennend, woraufhin sein Sohn wie gewohnt errötete.
 


 

„Sehr lecker, wirklich!“, fand Lydia, die gerade von dem Kuchen abgebissen hatte und glaubte, noch nie so guten Kuchen gegessen zu haben.

Ihre Worte sorgten natürlich dafür, dass die Kinderaugen allesamt strahlten.

Besonders Silivren freute sich über dieses Lob, wo doch das Rezept von ihr stammte, aber auch Mili und Jala wirkten sehr stolz. Selbst Lanion konnte sich ein freudiges Lächeln nicht verkneifen.

Die Küche des Sanatorium war inzwischen wieder auf Hochglanz poliert und rein gar nichts war mehr zu sehen von dem vorherigen Chaos. Als Adeline die Küche betreten hatte, konnte sie wirklich nicht meckern und nun saßen sie gemütlich beieinander und verputzten den frischen Kuchen.

„In der Tat köstlich!“, nickte die Ärztin und auch sie erntete zufriedene Mienen der Kinder.

Sie hatte ihr Stück beinahe fertig gegessen, als eine der Schwestern eintrat.

„Entschuldigt, Meisterin, aber ich habe eine Botschaft für euch“, sagte sie, übergab das Schriftstück und verschwand dann wieder.

Lydia sah Adeline ernst an. Sie hatte das Siegel auf dem Brief erkannt – es war das Siegel des Königshauses von Arithea.

Adeline öffnete den Brief hastig und überflog ihn dann. Ihrer Miene war nicht anzusehen, ob die Nachricht eine Positive oder eine Negative war. Nach dem Überfliegen las sie ihn noch einmal gründlich durch, dann seufzte sie und reichte den Brief an die junge Geschichtenerzählerin weiter.
 

„Urg!“

Das war ein passendes Geräusch für das, was Vorn empfand, als er das Paket, dass er soeben erhalten hatte, öffnete.

Der Anblick war widerlich und er zeigte sogleich, warum sich Nanden bisher nicht gemeldet hatte.

„Was ist los, Vorn?“, fragte auch sogleich Haryon, der gerade den Raum betrat.

„Ich habe herausgefunden, warum wir keine Nachricht von Nanden erhalten haben.“

Haryons Augenbraue schoss in die Höhe, dann zeigte ihm Vorn den Inhalt des Pakets.

„Urg!“, kam es nun diesmal auch von dem „König“.

„Sag ich ja“, nickte Vorn, dem der Appetit auf sein Mittagessen gehörig vergangen war.

„Ich hätte nie gedacht, dass die Prinzessin zu so etwas fähig ist“, murmelte Haryon. Er war überrascht von so viel Kühnheit.

„Was soll ich nun damit machen?“, fragte Vorn mit angewidertem Gesichtsausdruck.

„Verbrennen, was sonst? Und mach das schnell, bevor sich der Gestank noch mehr verbreitet!“

„Ja, Euer Majestät!“, nickte Vorn schnell, schloss das Paket und winkte dann einen Diener heran. „Verbrennen lassen, sofort!“

Der Diener flitzte mit dem Paket davon – der Ekel war dem jungen Mann anzusehen – und der Gestank verflüchtigte sich ein wenig.

„Sie fordert mich heraus, diese kleine Schlampe!“, schimpfte Haryon und fasste nun seinen endgültigen Entschluss.

„Vorn, mach unsere Truppen marschbereit. Morgen ziehen wir in den Krieg!“

Erneutes Nicken von Haryons Untergebenem folgte, dann verließ er den Raum, um den Befehl auszuführen. Mit Grauen dachte er dabei an den Inhalt des Pakets und schaffte es nur mit Mühe, den Gedanken wieder beiseite zu schieben.

Einige Minuten später ging er beinahe zufällig am Hof vorbei, wo der abgetrennte Kopf Nandens mitsamt des Pakets, in dem er sich befunden hatte, verbrannt wurde. Der Gestank verbrannten Fleisches wehte zu dem dicken Elben herüber, der sich daraufhin geräuschvoll übergab.
 

„Wir haben schon viel geschafft, Prinzessin!“, sagte Tossinde, der müde und abgespannt wirkte.

„In der Tat. Ich bin stolz auf Euch und die Duáth!“, nickte Dana anerkennend.

Tossinde hatte mit seinen Untergebenen die Schlucht zu einer guten Falle ausgebaut, in die die Armee des falschen Königs hoffentlich tappen würde. Magie mochte ein Aspekt des Krieges sein, aber List und Tücke war definitiv ein anderer.

Die Männer und Frauen der Duáth hatten tagelang hart dafür gearbeitet, dass diese Falle schnell fertig wurde und nun war sie das endlich.

Insgesamt hatte Dana den Eindruck, dass sie für einen Kampf nun bereit sein würden und dieser Eindruck beruhigte sie ein wenig.

Nachdem Neilyr den Kopf von Flores Mörder ausgehändigt bekommen hatte, hatte der Söldner beschlossen, eben jenen Kopf an Haryon zu senden, sozusagen als eindeutige Botschaft.

Und niemand zweifelte nun mehr daran, dass sich die große Schlacht noch lange hinziehen würde.

Das Ganze war viel schneller gegangen, als der Elbin lieb war, denn immerhin hatte sie noch immer nur wenig Verbündete und sie hatte nicht einmal ihr Volk mit einbeziehen können, wenn man von den Duáth absah, aber sie war trotzdem froh, dass ihr Kampf bald vorbei sein würde. Zumindest hoffte sie, dass er dann ein Ende finden würde.

Wenn sie daran zurückdachte, was bisher geschehen war, dann war dies ein geradezu langweiliger Krieg gewesen bisher – denn bis auf die Befreiung Mellryns und ein paar Verfolgungen war nicht viel geschehen. Aber sie war froh, wenn sie daran dachte, wie viele Leben so ein Krieg kosten konnte.

„Schade, dass ich meine Magie noch immer nicht wirklich beherrsche!“, sagte Dana leise, doch Mellryn konnte sie hören.

„Ja, das ist wirklich schade. Aber zumindest ein bisschen wirst du mit ihr ausrichten können. Und deine magischen Energiereserven sind groß, vielleicht hast du damit den entscheidenden Vorteil“, sagte er.

Alvar nickte zustimmend und sein Blick durch die Runde bestätigte ihm, dass auch Eravelle und Estela so dachten.

„Ich hoffe es“, sagte Dana jedoch nur seufzend.

Gerade, als Eravelle einige tröstliche Worte sagen wollte, ging ein merkwürdiger Ruck durch die Prinzessin und ihr abwesender Blick sowie die sich spürbar zusammenziehende Magie in ihrem Innern ließen Mellryn und Alvar sofort erkennen, dass sie von ihrem „zweiten Gesicht“ heimgesucht wurde, das sich in letzter Zeit immer öfter zeigte.

Prinz Lysander, der diese Entrücktheit Danas zum ersten Mal beobachtete, bekam einen riesigen Schrecken. „Was ist mit ihr?“, fragte er entsetzt und er sprang sofort auf.

„Sie ‚sieht’etwas, nicht berühren! Jede Berührung kann eine Auswirkung darauf haben, wie gut sie ‚sehen’ kann!“, rief Alvar warnend.

Lysander, der mit dem Ausdruck des ‚Sehens’ nicht viel anfangen konnte, machte eher unfreiwillig eine komische Bemerkung. „Auf mich wirkt sie, als könnte sie gar nichts mehr sehen!“

„Idiot! Sie hat eine Vision!“, knurrte Zack, der noch immer schlecht gelaunt war und noch immer nicht viel für den Prinzen übrig hatte.

„Oh“, kam es nun von Lysander. Der Prinz hatte von Magie nicht den blassesten Schimmer und so hatte er gar nicht damit gerechnet, dass Dana so eine Art von Magie innehaben konnte.

Dementsprechend peinlich war ihm seine Bemerkung nun und er lief erneut rot an, während er sich wieder setzte und genauso wie alle anderen gespannt darauf wartete, dass Dana aus ihrer Trance erwachte.
 


 

End of Part 85

Kampfbereit

Author: Bina-chan86

Part 86/?
 


 

Als Dana ihre Augen wieder aufschlug, zitterte sie am ganzen Leib. Sie schlang die Arme um den Oberkörper und atmete tief ein und aus.

Mellryn legte ihr vorsichtig eine Hand auf die Schulter. „Was hast du gesehen?“ Ihm war nicht entgangen, dass die Visionen seiner Schwester immer stärker zu werden schienen und dieser Umstand besorgte ihn.

„Wenn wir...“ Dana schüttelte schaudernd den Kopf. „Wenn wir die Azi Dahaka in die Schlucht locken, dann wird diese Falle unser eigenes Verhängnis.“ Vor ihrem inneren Auge hatte sich mit brutaler Eindringlichkeit der Untergang der Truppen abgespielt.

Alle schwiegen betroffen. Barilowyn war es, der sich als Erster zu Wort meldete.

„Und wenn wir sie nicht in die Schlucht, sondern darüber locken?“, schlug er vor. Die ungläubigen Blicke der anderen machten ihm klar, dass diese Äußerung einer Erklärung bedurfte. Dafür ließ er sich von Tossinde die Karte des Reiches geben. „Der ursprüngliche Plan sah vor, dass wir sie auf diesem Wege in die Schlucht locken, um sie von beiden Seiten aus angreifen zu können.“ Mit dem Zeigefinger fuhr er über die betreffende Stelle. „Wenn wir ihnen aber den Weg abschneiden – beispielsweise versperren – müssen sie zwangsläufig diesen Pfad wählen, der sie geradewegs über die Schlucht führt.“

Dana schaute ihn aufmerksam an. Langsam hatte sich ihr Herzschlag wieder normalisiert. „Mal angenommen, wir locken sie dort hinauf – wie stellen wir ihnen dann eine Falle? Man müsste...“ Nachdenklich lehnte sie sich zurück. „Vielleicht gibt es eine Möglichkeit den Felsspalt abzudecken. Ich meine nicht auf die Weise, wie man Jagdfallen abdeckt – mit Laub – sondern möglicherweise mit Magie. Die Azi Dahaka sollen nur glauben, sie würden auf festem Boden wandeln.“

„Das klingt verrückt“, murmelte Tossinde mit großen Augen. „So verrückt, dass es vielleicht funktionieren könnte.“

„Aber würden unsere Feinde einen Zauber nicht durchschauen?“, wandte Prinz Lysander skeptisch ein. „Immerhin haben auch sie Magier unter sich.“

„Nicht unbedingt“, gab Barilowyn zur Antwort. „Ich war einer von ihnen. Ich weiß, wie man sie täuschen kann.“

Aus den Augenwinkeln musterte Estela ihn. Warum tat er das? Hatte er sich wirklich dazu entschieden sich von seinen Kameraden und dem falschen König abzuwenden? Sie kannte den wahren Grund und dieser ließ sie sogar ein wenig lächeln.

Wyn tat es ihretwegen.

„An was hast du gedacht?“, fragte Dana nun an Wyn gewandt.

„Es darf kein allzu komplizierter Zauber sein, denn ein solcher fällt im Allgemeinen eher auf“, erwiderte Wyn.

Dana nickte bedächtig. „Ich glaube, ich habe da schon so eine Idee...“
 

Dana tauchte mit dem Kopf einmal kurz unter Wasser. Mit gespreizten Fingern strich sie sich die Haare aus dem Gesicht. „Vielleicht ist dies der letzte entspannte Moment für eine lange Zeit“, seufzte sie.

„Ja, vielleicht“, gab Eravelle, die neben der Elbenprinzessin in dem großen Bad saß, zu. Ihre gebrochenen Rippen waren dank Alvars Heilkräften verheilt, doch die Nachwirkungen spürte sie noch immer.

„Wenn das hier alles vorbei ist, dann setze ich mich zur Ruhe“, meinte Estela unvermittelt.

Sowohl Dana, als auch Eravelle schauten sie verdutzt an.

„Habe ich richtig verstanden?“, hakte Dana vorsichtshalber nach. „Du denkst daran dir einen ruhigeren Zeitvertreib zu suchen?“ Es fiel ihr schwer sich Estela bei ganz alltäglichen Dingen vorzustellen.

„Warum nicht?“, gab Estela schulterzuckend zurück. „Sich immer und immer wieder dem Unbekannten zu stellen verliert auch irgendwann seinen Reiz.“

Dana zögerte, ob sie die Frage stellen sollte, die ihr schon länger auf der Seele brannte. Letztendlich entschied sie sich dafür. „Der Dämon, den du in dir trägst“, begann Dana, „wirst du den Pakt lösen, wenn wir diesen Kampf gewinnen?“

„Nein.“ Seelenruhig neigte Estela den Kopf zur Seite.

„Warum nicht?“

„In einem Punkt magst du Recht haben. Zum Kampf brauche ich den Dämon nicht mehr, sollten wir Erfolg haben.“

Dana verzog die Mundwinkel. Estela ließ sich wirklich alles aus der Nase ziehen. „Wofür solltest du ihn sonst brauchen?“

„Weil ich sonst nicht mit Wyn zusammen bleiben kann“, entgegnete Estela. „Jedenfalls nicht so, wie ich möchte.“

Überraschter hätte Dana wohl kaum sein können. Eravelle blinzelte ihrerseits voller Verwunderung.

„Nun schaut nicht so schockiert.“ Estela rollte genervt mit den Augen. „Selbst ich habe kein Herz aus Stein. Habt ihr geglaubt, ich würde nur aus Willkür mit ihm ins Bett gehen?“

Dana wurde rot, sagte aber nichts weiter dazu.

„Ich mag ihn. Er ist kein schlechter Kerl“, fuhr Estela fort. „In gewisser Weise ergänzen wir uns ganz gut.“ Dann seufzte sie und wickelte sich in Handtuch um die Schultern. „Aber er ist ein Elb und seine Lebensspanne ist länger als die eines Menschen. Unter normalen Umständen würde er dabei zusehen müssen, wie ich altere und sterbe. Wenn möglich würde ich das gerne verzögern. Der Dämon verlangsamt nämlich auch meinen Alterungsprozess.“

Eravelles Miene verriet fast so etwas, wie Triumph. Sie hatte ja gewusst, dass Estela Barilowyn nicht so egal war, wie sie gerne tat.

Dana fand es eigenartig, die Priesterin so reden zu hören und auch auf das, was folgte, war sie nicht vorbereitet.

„Ich finde darüber hinaus, dass genau in diesem Punkt der Denkfehler des Königs liegt“, sagte Estela.

Verständnislos sah Dana sie an, bis sie schließlich begriff: Eines Tages würde sie Prinz Lysander zu Grabe tragen. Der Gedanke erschreckte sie.

„Hör auf so eine schlechte Stimmung zu verbreiten“, tadelte Eravelle und verpasste Estela dabei einen Schwall Wasser.

Estela prustete. „Geht‘s noch?“

Eravelle setzte ihre beste Unschuldsmiene auf. „Hast du etwa Angst vor so ein bisschen Wasser?“

Prompt rächte sich Estela, doch dabei bekam dummerweise auch Dana etwas ab.

Die Elbenprinzessin brummte. „Warum immer ich?“
 

Am nächsten Morgen fiel leichter Nieselregen. Die Wolken schienen seit Tagen kaum noch aufreißen zu wollen.

Dana stand allein am Tor des Schlosses und blickte in die Ferne. Dort würde die Schlacht beginnen. Sie bereute es, die Azi Dahaka so nah in die Stadt der Menschen heran geführt zu haben. Doch nun lag es nicht mehr in ihrer Macht dies zu ändern. Alles, was sie tun konnte, war diesen Ort zu beschützen. Ihr Plan würde aufgehen – er musste einfach. Sie alle hatte so hart daran gearbeitet diese Falle zu stellen. Wyns Rat war gut gewesen, fand Dana. Ein kleiner Zauber würde nicht weiter auffallen, bei all der Magie, die durch die Luft schwirren würde. Dennoch würde die Wirkung eine Verheerende sein. Bei diesem Gedanken erschauderte Dana.

„Bist du bereit?“

Dana drehte sich um. Hinter ihr stand Garim Eisenfaust. Er trug seinen Helm, seine Rüstung und seine Axt – kampfbereit.

„Brechen wir auf“, entschied Dana schweren Herzens.
 

Lydia las den Brief aus dem Königshaus sorgsam, nahm dabei auch die Worte wahr, die nicht dort geschrieben standen. Ihr Blick fiel auf das Datum. Sie überschlug die Zeit im Kopf. Der Brief musste schon kurz nach der Ankunft von Dana und den anderen in Minkan abgeschickt worden sein. Gerade deswegen verwunderte die Nachricht sie. Ihr kam das alles recht überstürzt vor.

„Dana soll den Kronprinzen von Arithea heiraten“, berichtete sie dann, damit alle es hören konnten.

Jules verschluckte sich an seinem Tee. Keuchend schaute er auf. „Sie soll WAS tun? Warum?“

„Anscheinend will man damit die Verbindung beider Reiche symbolisieren“, erklärte Lydia sachlich.

„Von wem ist die Nachricht?“, fragte Jules voller Neugier.

„Vom Prinzen.“ Lydia begutachtete die klare, leicht nach links geneigte Handschrift und die im höchsten Maße rücksichtsvolle Wortwahl. Es klang, als würde er um Vergebung bitten.

„Warum schreibt ausgerechnet er uns?“ Jules hatte eher einen Brief von Dana erwartet.

Lydia warf einen Seitenblick zu Meisterin Adeline. Diese nickte kaum merklich.

„Prinz Lysander informiert uns nicht nur. Er bittet mich auch um etwas.“ Adeline faltete die Hände. „Man geht davon aus, dass der Kampf bald beginnt. Der Prinz bittet um Ärzte, um die Verwundeten zu behandeln.“

Jerome hatte dem Ganzen bisher schweigend zugehört, denn keine dieser Personen betraf ihn direkt. Nun jedoch zeichnete sich Verwunderung auf seinem Gesicht ab. Er wusste, dass sein Bruder Seithrun dasselbe getan hatte – um medizinische Hilfe gebeten. Der Ruf des Sanatoriums von Sarna eilte diesem offenbar weit voraus.

„Willst du etwa selber gehen?“, platzte es aus Mili heraus.

Lächelnd schüttelte Adeline den Kopf. „Nein, für derartige Abenteuer bin ich zu alt. Aber ich werde dem Prinzen unsere Hilfe nicht verweigern.“

Lydia vergrub ihre Finger im Stoff ihres Kleides.

Nun beginnt wahrlich der Krieg, dachte sie.
 

End of Part 86

Krieg

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan86.

Part 87 von ?

Warning: bislang keins
 


 

Die Armee Aritheas war längst aufgebrochen, um sich der gegnerischen Armee zu stellen, die sicherlich nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen würde.

Durch die Nähe zur Stadt brauchten sie keine langen Versorgungstrupps, was ihnen einen gewissen Vorteil verschaffte. Dennoch hatte Dana Angst, dass Minkan etwas abbekommen könnte.

Aus Sicherheitsgründen hatte man den kranken König sowie alle anderen Stadtbewohner evakuiert, die ganze Stadt war jetzt mehr oder weniger leer. Nicht einmal Bettler hielten sich noch in ihr auf.

Leider hatte die Evakuierung auch zur Folge, das einige wagemutige Leute die verlassenen Häuser plünderten und raubten, was nicht niet- und nagelfest war. Aber um dieses Problem konnte sich jetzt niemand kümmern. Es gab eine Schlacht zu gewinnen.
 

Dana hatte sich am Morgen nach langer Zeit mal wieder ihrer Schwertkampftechnik gewidmet. Sie hatte ewig lang nicht trainiert und sie spürte das auch ganz deutlich, denn ihre Bewegungen waren nicht mehr so geschmeidig wie zuvor. Aber sie hoffte, es würde ausreichen.

Zack und sie hatten immerzu miteinander trainiert, einfach, weil es ihnen Spaß gemacht hatte. Weder Sania, noch Migal waren besonders begeistert davon gewesen, aber sie hatten dieses Hobby irgendwann akzeptiert.

Als Kind hatte Zack in Rawena einen Soldaten gekannt, der ihm ein großes Vorbild gewesen war und dem er nachzueifern versucht hatte. Dieser Soldat hatte ihm auch einiges beigebracht – und später natürlich auch Dana – bevor er irgendwann gestorben war. Das war bereits sehr lange her, aber keiner von den beiden hatte ihren Lehrer je vergessen.
 

Es war später Nachmittag, als ihre Späher die gegnerische Armee ausgemacht hatten und die Nachricht verbreitete sich wie eine Lauffeuer in dem Lager des Aritheaischen Heeres.

„Ich bin bereit“, sagte Dana zuversichtlich und sie beschaute sich die ersten Mienen der Leute um sie herum. „Jagen wir diesen falschen König zum Teufel!“

Allgemeines Nicken und Jubeln erfolgte und diese Stimmung versetzte alle ein wenig mehr in Zuversicht, als man es kurz vor einer Schlacht erwarten würde.

Seit ihrer Ansprache am Vorabend, als Dana ihre Beweggründe und ihre Hoffnung den Männern der Armee offen gelegt hatte, waren eben jene Männer mehr als nur bereit, ihr zu helfen, was nicht zuletzt vielleicht auch an dem betörenden Zauber lag, den Estela heimlich verbreitet hatte. Natürlich war dieser Zauber nicht gänzlich unbemerkt geblieben, aber es hatte sich niemand beschwert, denn man wollte die Moral der Truppe ja nicht schwächen.
 

Prinz Lysander trug seine königliche Rüstung und sah darin auch gar nicht so übel aus, auch wenn er es selbst höchst albern fand und er sich nicht ganz so gut darin bewegen konnte.

Er trat auf Dana zu und lächelte schüchtern.

„Prinzessin... Dana... ich wünsche Euch alles Glück der Welt und ich hoffe, wir gewinnen diese Schlacht“, sagte er ihr.

Die Prinzessin gab ein ehrliches Lächeln zurück. Inzwischen hatte sie sehr viel Achtung für den Prinzen und bedauerte es nicht mehr ganz so sehr, ihn heiraten zu müssen, wenn sie erfolgreich waren. „Danke, Lysander. Ich weiß das sehr zu schätzen.“

Sie selbst trug eine feine Rüstung, die sie sicher vor dem ein oder anderen Schlag schützen würde. Die Rüstung hatte eine ähnlich goldene Farbe wie die des Prinzen und die Armschiene quietschte, als sie ihren Arm hob, um Lysander die Hand auf die Schultern zu legen.

„Wir werden siegen, ganz bestimmt!“, sagte sie zuversichtlich, in ihrem Gesicht war nicht der geringste Zweifel zu sehen. Ihre Zweifel und vor allem Angst hatte sie bereits tief in sich begraben.

„Bevor es losgeht... ich habe noch ein Geschenk für Euch“, stammelte Prinz Lysander nun, mit hochrotem Kopf.

„Eh?“, kam es von Dana, die mehr als überrascht war, dass er ihr zu so einem Zeitpunkt ein Geschenk machen wollte.

„Wir sind bisher noch nicht dazu gekommen und das fand ich mehr als schade. Immerhin sind wir verlobt....“, murmelte er so leise, dass sie beinahe Mühe hatte, ihn zu verstehen, besonders bei dem Lärm um sie herum.

Schließlich hob er eine kleine Schatulle hoch und öffnete sie.

Es verschlug Dana quasi den Atem, als sie den Inhalt sah.

„Was zum...?“

„Ich weiß, es ist ein schlechter Zeitpunkt dafür, aber ich möchte nicht bereuen müssen, es nicht getan zu haben, wenn doch irgendetwas schief gehen sollte....“, sagte er, dann ging er auf die Knie vor ihr. „Prinzessin, ich möchte hiermit offiziell um Eure Hand anhalten!“

„Du Hornochse, du kennst doch meine Antwort bereits!“, rief sie völlig verlegen und nickte nur. „Wenn wir diese Schlacht gewinnen, werde ich deine Frau, das verspreche ich.“

Sie konnte den Blick kaum abwenden von dem hübschen Ring, der in der Schatulle steckte und darauf wartete, an ihren Finger zu gelangen. Er war genau nach ihrem Geschmack und sie fragte sich, wie Lysander das gewusst haben konnte. Der Ring war schlicht, aber der Diamant glitzerte in vielen verschiedenen Farben, obwohl gar nicht allzu viel Licht auf ihn fiel.

Der Prinz erhob sich wieder, nahm das Schmuckstück in die Hand und schob es seiner Verlobten auf den Finger.

„Ich weiß, dass du mich nicht liebst“, flüsterte er, „aber ich liebe dich. Und ich wollte dir das gern als Zeichen meiner Anerkennung geben, bevor wir kämpfen.“

Beide waren knatschrot im Gesicht und wurden sogar noch roter, als ein anerkennendes Pfeifen von der Seite kam. „Ich hab schon gedacht, du kriegst nie einen!“

Als Dana den Blick auf die Sprecherin richtete, sah sie ein sehr zufriedenes Grinsen in Eravelles Gesicht.

Ihre Freunde schienen sich wohl einfach schon an den Gedanken gewöhnt zu haben, dass sie diesen Prinzen heiraten würde, auch wenn es nur eine rein politische Angelegenheit war.
 

Ungefähr eine Stunde später standen sich die beiden je mit rund zehntausend Mann bestückten Armeen gegenüber.

Einige Magier der Duáth hielten die magische Barriere über der Schlucht aufrecht, die nicht mehr zu sehen war und die derzeit als unsichtbare Trennlinie der beiden Armeen galt.

Dana war tierisch aufgeregt. Ihr Herz schlug wild in ihrer Brust und sie konnte ihre Angst auch nur noch schwer verbergen.

Da war also der Moment, den sie beinahe herbeigesehnt hatte – aber genauso gefürchtet.

Sie saß, wie es ihr als Anführerin zustand, auf einem Pferd, neben ihr der ebenfalls berittene Lysander. Die beiden standen an der Spitze ihres Heeres und König Haryon stand ihnen an der Spitze seiner eigenen Armee gegenüber.

Die Prinzessin war froh, das Lysander bei ihr war. Allein wäre sie wohl schon längst vor Nervosität gestorben. Dass der Prinz genauso empfand wie sie, konnte sie sich denken, als sie ihn kurz ansah. Die Angst in seinen Augen war nicht zu übersehen.

Ich habe ihn da mit hineingezogen, dachte Dana. Ich kann es mir nicht erlauben, zu verlieren.

Als der Prinz ein Zeichen gab, ritt sie mit ihm voran, bis etwa zur Mitte der unsichtbaren Trennlinie.

König Haryon tat es ihnen gleich und so trafen sie sich, konnten einander in die Augen sehen und miteinander reden, wie es die ungeschriebenen Gesetze einer Schlacht vorschrieben.

„Ich, Prinzessin Dana, Tochter Cenedhrils und rechtmäßige Erbin des Throns Ghartiselidhs, fordere Euch, Haryon, auf, Euch zu ergeben und mir den Thron meines Landes zu überlassen!“, rief sie laut und deutlich, so dass ihre Stimme auch noch zu den vorderen Rängen der Armeen durchdringen konnte.

„Ich lehne diese Aufforderung ab!“, entgegnete Haryon ebenso laut. „Wenn du den Thron haben willst, wirst du ihn dir holen müssen, Prinzessin!“

Dana nickte verstehend. „So sei es! Prinz Lysander von Arithea und ich erklären Euch damit den Krieg und wir werden keine Gnade walten lassen!“ Nach diesen Worten ritten die Anführer der jeweiligen Armee wieder zurück, um schließlich kurze Zeit später das Signal für den Angriff zu geben.

Die Armee des falschen Königs, die hauptsächlich aus Mitgliedern der Azi Dahaka bestand, preschte hervor und damit genau auf die Schlucht zu, über der Lysander, Dana und Haryon eben noch auf der magischen Barriere gestanden hatten.

Zur Überraschung Haryons lief die Armee der Prinzessin nur ein kurzes Stück vorwärts, anders, als er es erwartet hätte, und blieb ganz plötzlich stehen.

„Oh nein!“, rief er, als er die Falle erkannte, die ihm gestellt worden war, aber es war bereits zu spät, um seine Männer zurückzurufen.

„JETZT!“, konnte man Danas Schrei hören und die magische Barriere der Duáth wurde aufgehoben

Fürchterliche Schreie wurden laut, als mindestens zweitausend Männer der feindlichen Armee in die Schlucht hinabfielen und die meisten dabei auf die Holzpfähle aufgespießt wurden, die die Duáth aufgebaut hatten.

Das war ein herber Schlag für Haryon und er wusste, dass seine Chancen auf einen Sieg damit deutlich geschmälert worden waren. Er war nur froh, dass sich unter diesen Männern noch keine Magier befunden hatten, die er klugerweise weiter hinten in seiner Streitmacht führte.

Für die Armee Aritheas war dies jedoch ein guter Grund, siegesgewiss und mit voller Macht an die Flanken der feindlichen Streitmacht zu gelangen und sie somit in die Zange zu nehmen.
 

Eravelle befand sich am hinteren Ende des Schlachtfeldes, von wo aus sie mit ihrer Magie Barrieren gegen die magischen Schläge des Feindes errichtet hatte und ihre liebe Mühe hatte, diese aufrecht zu erhalten.

Gleichzeitig machte sie sich große Sorgen um ihre Freunde. Sie konnte von ihrer Position aus nur Estela sehen, die ganz in ihrer Nähe der gleichen Aufgabe nachging wie sie, aber von keinem anderen bekam sie etwas mit.

Besonders besorgt war die dunkelhaarige Elbin um ihren Mellryn, der es sich nicht hatte nehmen lassen, an vorderster Front zu kämpfen. Aber sie hatte gar nicht die Zeit, ausgiebig nach ihm zu suchen mit ihrem Blick – ihre Aufmerksamkeit wurde an anderer Stelle gebraucht.

Immer wieder schossen Pfeile über sie hinweg, denen sie durch ihr eigenes magisches Schild glücklicherweise nicht ausgeliefert war. Aber immer wieder trafen sie ihr Ziel in einem der Männer, die neben ihr standen und ihrerseits Pfeile aussandten. Sie fand es grässlich, wie viel Tod und Elend der Verwundeten sie mit ansehen musste, aber ihr war bewusst, wie wichtig diese Schlacht für ihre Ziele waren.
 

Seine Axt hatte ihm bereits viele gute Dienste erwiesen, und das tat sie auch heute.

Garim hatte bereits unzählige Gegner niedergemäht und er hatte dank seiner Körpergröße meistens sogar einen Vorteil, denn die Gegner hatten keine Erfahrung darin, gegen kleinere Leute zu kämpfen.

Es brachte ihm Genugtuung, der Prinzessin auf diese Weise eine Hilfe sein zu können und sich gleichzeitig für den Tod seines Neffen rächen zu können.

Die anderen Zwerge kämpften genauso emsig wie er und sie hielten ihre Stellung sehr gut, teilweise gewannen sie sogar Boden.

Die leichten Verwundungen, die er von manchen Feinden bisher einstecken musste, störten den Zwerg überhaupt nicht. Sie stachelten ihn nur noch mehr an, so viele feindliche Elben niederzustrecken, wie möglich.
 

Zack hielt sich bei den Bogenschützen auf und schoss seinerseits immer wieder Pfeile ab, die zwar nicht immer trafen, wo sie treffen sollten, aber doch einigen Schaden anrichten konnten.

Aus den Augenwinkeln konnte er Estela sehen, deren Dämon ihren Körper schützte und die ihrerseits eine magische Barriere aufrecht erhielt.

Er konnte ihr ansehen, dass ihr dieser Posten nicht gefiel, aber aufgrund ihrer noch nicht gänzlich verheilten Verletzungen war es die einzige mögliche Position, die sie hatte einnehmen können, um ihre Magie nicht zu verschwenden für unnötige Zweikämpfe.

Aber immer wieder, wenn es die Situation zuließ, schmetterte sie mit hämischem Grinsen auf den Lippen einen mächtigen Zauber gegen einen der feindlichen Magier.

Womit keiner rechnen konnte, war, dass ein relativ guter Magier der feindlichen Armee einen ebenso starken Zauber direkt auf sie zurückschleudern würde, den sie nicht aufhalten konnte.

Völlig entsetzt konnte Zack dabei sehen, wie Barilowyn gerade rechtzeitig in die Flugbahn des Zaubers stürzte und ihn dabei mit seinem Körper davon abhielt, die Rothaarige zu treffen.

„WYN!“, schallte Estelas Stimme erschrocken, ging jedoch im Kampflärm unter.

Ihre magische Barriere brach zusammen und sie stürzte auf ihren Geliebten zu.

„Wyn, du Dummkopf“, wimmerte sie und dicke Tränen rannen ihre Wangen herab, als sie erkannte, wie schwer der Elb verwundet war.

Zack ekelte sich ein wenig bei dem Anblick des verletzten Elben, und zwang sich, sich auf den Kampf zu konzentrieren. Doch etwas brachte ihn dann doch zum würgen – beinahe direkt neben ihm lag der abgerissene, rechte Arm Barilowyns.
 

Prinz Lysander und Dana kämpften Seite an Seite und waren damit sogar ziemlich erfolgreich.

Die feindliche Armee hatte keine Chance gegen sie und das erkannte die Prinzessin recht bald. Der Schock, gleich zu Anfang der Schlacht so viele Leute zu verlieren, saß den Gegnern tief in den Knochen und machte es Aritheas Armee sehr leicht.

Obwohl Dana das Gefühl hatte, ein wenig eingerostet zu sein, machte sie sich mit dem Schwert gar nicht so schlecht und ihr magischer Schutzschild hielt sämtliche Zauber von ihr fern, die ihr schaden wollten.

Es war reine Taktik, dass Lysander neben ihr kämpfte, denn so konnte sie auch ihn mit ihrem Schild schützen. Zu mehr Zaubern wäre sie effektiv eh nicht in der Lage gewesen, das war ihr bewusst. Dafür hatte sie ihre Macht einfach immer noch nicht genug unter Kontrolle.

Er macht sich gut, dachte sie flüchtig, als sie den Prinzen für einen Moment beobachtete.

Sie hätte nie gedacht, dass er ein guter Kämpfer sein könnte, aber anscheinend hatte er eine gute Ausbildung genossen.

Umso erschrockener war sie, als plötzlich ein Armbrustbolzen auf den Prinzen zuschoss, der magisch verstärkt gewesen sein musste, um ihren Schild durchbrechen zu können.

Ohne etwas tun zu können, durchbohrte der Bolzen die Schulter Lysanders, der von der Wucht des Schlags nach hinten gerissen wurde und mit einem Schmerzensschrei zu Boden ging.

Mit wildem Zorn suchte sie nach dem Verursacher, dem Schützen mit der Armbrust, und erkannte schließlich, dass es Haryon selbst gewesen war, der auf Lysander gezielt hatte.

Da der Prinz sich noch rührte, wenn auch unter großen Schmerzen, wagte Dana es, ihn allein zu lassen. Immerhin kümmerten sich auch gleich mehrere Soldaten sofort um ihn und zogen ihn vom Schlachtfeld.

„Du Mistkerl!“, rief sie Haryon entgegen, der sie bei dem Kampflärm sicherlich gar nicht hören konnte.

Sein Grinsen war jedoch weithin sichtbar und brachte Dana dazu, die Fassung endgültig zu verlieren.

Sie hatte sich so fest vorgenommen, ihre Magie unter Kontrolle zu halten und sie so wenig wie möglich einzusetzen, aber es half alles nichts.

Ganz von allein brach die Macht aus ihr heraus und hüllte ihren Körper in pures, pulsierendes Licht, genau so, wie es zuvor geschehen war, als Ganta starb.

Aber diesmal behielt Dana die Kontrolle über ihren Körper. Sie war nicht abwesend, sie wusste genau, was sie tat. Sie hatte keine Ahnung, ob ihre Magie ihr gehorchen würde, aber es war ihr gleichzeitig auch egal.

Sie wollte nur noch eins – dass Haryon endlich verschwand und sie endlich aufhören konnte zu kämpfen.

Als Haryon sie so sah, bekam er tatsächlich einen Schrecken und das Grinsen wich aus seinem Gesicht. Er erinnerte sich noch gut daran, wie sie in seinen Kerkern in Morn Gondram gewütet hatte und sie sah im Moment genauso aus, wie zu diesem Zeitpunkt damals. Nur noch viel, viel wütender.

Genauso erschrocken sahen die Kämpfer um sie herum aus, sowohl die feindlichen, als auch die eigenen. Noch nie hatte jemand von ihnen etwas Vergleichbares gesehen.

Die Prinzessin fühlte sich ganz heiß, ihr ganzer Körper schien zu brennen und es tat sogar ein wenig weh.

Zu ihrem Nachteil fiel ihr nicht einmal ein Zauberspruch ein, den sie hätte schleudern können. Ihr Kopf schien wie leergefegt zu sein. Nein, nicht ganz leer. Es herrschte ein Gefühl in ihr – blanke Wut. Sie wusste nur nicht, wie sie diese Wut einsetzen sollte.

Sie blickte sich um und sah überall erschrockene Gesichter. Sah, wie Prinz Lysander fortgetragen wurde, dessen Gesicht noch immer nur Schmerz widerspiegelte.

Sah, wie weit hinter ihr eine weinende Estela sich über den verletzten Wyn gebeugt hatte und ihn an sich drückte, neben ihr Eravelle, die dem Elben zu helfen versuchte.

Mehr bekannte Gesichter konnte sie derzeit nicht ausmachen, aber sie hoffte, dass ihre Freunde noch alle am Leben waren.

Sie nahm wahr, wie viele Tote es bereits gab und wie viele Verletzte sich bereits vom Schlachtfeld zurückzogen und sie hatte genug. Sie wollte kein Leid mehr sehen, wollte niemals wieder einen Freund sterben sehen und vor allem wollte sie niemals wieder jemanden in den Krieg schicken müssen.

Ihr Blick glitt wieder zu Haryon, den sie hasserfüllt anstarrte und in ihm das Übel erkannte, der all das verursacht hatte.

Sie schritt auf ihn zu und wurde dabei von niemandem aufgehalten. Das wagte einfach keiner, nicht bei der pulsierenden Magie, die sie umgab.

Der falsche König sammelte seinerseits seine Magie in sich, um gegen die Prinzessin kämpfen zu können.

Es war sehr still um sie herum. Niemand rührte sich mehr, kein Schwert wurde mehr geschwungen, kein Pfeil abgeschossen. Alle starrten nur auf die Elbenprinzessin und den König und irgendwie war allen bewusst, das nun ein wirklich harter Kampf folgen würde.
 

End of Part 87

Fall

Author: Bina-chan86

Part 88/?
 


 

Danas Haare knisterten vor Energie. Langsam legte sie ihre Finger um den Griff ihres Schwertes. Ihre Kraft musste irgendwohin geleitet werden, sonst würde sie explodieren. Die Elbenprinzessin fürchtete, sie könne dann zwischen Freund und Feind nicht mehr unterscheiden. Das war ihr einziger rationaler Gedanke. Alles andere in ihr schrie, sie möge den falschen König endlich vernichten. Eine Bitte, der sie nur zu gerne nachkam. Haryon sollte für all das büßen, was er ihr, ihrer Familie und ihren Freunden angetan hatte. All diese Jahre in Ungewissheit – Haryon hatte sie zu verantworten.

Haryon bekam es gerade noch fertig sein Schwert zu ziehen, ehe Dana ihn attackierte. Die mit Magie verstärkten Klingen knallten scheppernd aufeinander. Für einen kurzen Moment erfüllte ein schriller Laut die Luft und ließ hier und da einige der Kämpfer zusammenzucken.

Dana bemerkte nichts dergleichen. Sie bewegte sich wie in Trance und das, obgleich Haryon der erfahrenere Krieger war. Sie duckte sich unter seinen kraftvollen Hieben einfach hindurch. Dabei legte sie einen halben Spagat hin und stieß dann mit der Spitze ihrer Klinge blitzschnell nach oben. Haryon konnte noch zurückweichen, aber er trug dennoch eine tiefe Fleischwunde im Gesicht davon.

„Auf diese Weise wird Euer selbstgefälliges Grinsen auf ewig dazu verdammt sein eine verzerrte, abartige Maske zu sein“, zischte Dana ihm hasserfüllt entgegen und holte erneut aus. Sie merkte recht bald, dass Haryon es anscheinend gewöhnt war mit größeren Gegnern zu kämpfen. Jedenfalls war seine Deckung nach unten hin ziemlich dürftig. Diesen Vorteil nutzte Dana zu ihren Gunsten aus.

Erst sah es tatsächlich so aus, als würde Dana ihn in die Enge treiben, jedoch verfügte der Anführer der Azi Dahaka über erstaunliche Kraftreserven. Ihm reichte ein kurzer Augenblick der Unachtsamkeit um einen Zauber gegen Dana zu richten.

Erschrocken riss die Elbenprinzessin ihren rechten Arm nach oben. Die Magie zerschmetterte ihr Schwert und sie ging zu Boden. Sofort war Haryon über ihr. Sie wollte noch ausweichen, aber ihr ganzer Körper schmerzte und rührte sich keinen Zentimeter.

Jetzt bin ich geliefert, dachte Dana.

Haryon grinste höhnisch. „Genau dort wollte ich dich haben!“, knurrte er und stieß seine Schwerspitze durch ihre Hand.

Dana stieß einen spitzen Schrei aus. Vor Schmerzen kniff sie die Augen zusammen. Entfernt drang Zacks Stimme an ihr Ohr. Zack. Sie hatte ihm nie richtig dafür gedankt, dass er sie auf diesem Weg begleitet hatte. Nein, so durfte es einfach nicht enden.

Danas Kopf ruckte hoch. „Gwelwen Rinc!“ Dies war ein starker Zauber, den Mellryn ihr beigebracht hatte. Normalerweise sollte dieser enormen Druck erzeugen und den Gegner betäuben.

„Euer Majestät!“, rief Vorn. Die von ihm gewirkte Magie kollidierte mit Danas Spruch, sodass die Erde erbebte. Risse breiteten sich wie ein Spinnennetz über den Boden aus. Dana hörte die Schreie einiger Soldaten und sah sie fallen, dann wurde alles schwarz vor ihren Augen.
 

„Dana!“

Alvar hielt Zack am Arm zurück. „Du darfst nicht näher heran“, sagte der Elb eindringlich. „Die Magie würde auch dich mit in die Tiefe reißen.“ Er erschauderte innerlich. Viele ihrer Verbündeten waren – im wahrsten Sinne des Wortes – gefallen. Er konnte nur hoffen, dass Dana noch lebte. Von dieser war, ebenso wie von Haryon, keine Spur zu finden.

„Soll ich etwa nichts tun?“, knurrte Zack. Er war aufgebracht und sein Atem ging stoßweise.

„Im Moment kannst du rein gar nichts für sie tun“, erwiderte Alvar. Als Zack daraufhin schwieg, blickte Alvar sich gründlich um. Er suchte nach bekannten Gesichtern. Rechts von ihm behandelte Eravelle Wyns Verletzung, währen Estela daneben stand und auf den Bewusstlosen einredete. Mellryn war nicht weit von ihnen entfernt. Er hatte immer ein Auge auf Eravelle. Tossinde war nirgends zu sehen, aber Alvar war froh, dass er wenigstens Garim unter den Überlebenden erkennen konnte.

Alvar seufzte und dachte dann angestrengt nach. „Es ist besser, wenn wir uns erstmal zurückziehen“, meinte er nach einer Weile.

Zack blickte ihn an, als hätte er den Verstand verloren.

„Ich rede mit Prinz Lysander“, fuhr Alvar fort, weil er sich auf keine Diskussion einlassen wollte. Dazu mangelte es ihnen an Zeit. Mit eiligen Schritten überquerte er das Schlachtfeld oder das, was noch davon übrig geblieben war. Er fand den jungen Prinzen schließlich umringt von drei Soldaten und einem Wundarzt. Er war schwer verletzt, schaute aber auf, als er Alvar hörte. „Wo ist Dana?“, fragte Lysander sogleich.

Alvar schüttelte ganz leicht den Kopf. „Das weiß ich leider nicht. Sie ist zusammen mit Haryon verschwunden.“

Lysander wurde noch bleicher, als ohnehin schon und biss sich auf die Unterlippe. Die Gedanken rasten in seinem Kopf.

„Prinz Lysander“, begann Alvar vorsichtig, „wir sollten uns erst einmal zurückziehen. Die Magie hat diesen Ort instabil gemacht. Es ist gut möglich, dass sich mehr Schluchten auftun. Wir dürfen nicht riskieren noch mehr Leute zu verlieren.“

Man sah Lysander deutlich an, dass er am liebsten protestiert hätte, aber er wusste, was zu tun war um seine Gefolgschaft zu schützen. Er nickte einem der Soldaten zu. „Veranlasst alles“, befahl er. „Wir ziehen uns vorerst zurück.“

Trotz der schrecklichen Situation huschte ein anerkennendes Lächeln über Alvars Züge. Er kniete neben dem Prinzen nieder und betrachtete die Wunde. „Das sieht schlimmer aus, als es ist. Ihr werdet es überleben. Und...“ Alvar sah ihm in die Augen. „Ihr werdet dieses Leben mit Dana verbringen können.“

Lysander riss die Augen auf. „Wie könnt Ihr das wissen?“

„Ich besitze, genau wie Dana, das zweite Gesicht. Ihren Tod habe ich nicht vorhergesehen“, entgegnete Alvar. „Keine Sorge. Es ist noch nicht vorbei!“
 

Dana legte eine Hand an den Kopf. Blitze zuckten vor ihren Augen. „Mein Kopf...“, murmelte sie. Der Geruch ihres eigenen Blutes bereitete ihr Übelkeit. Prüfend sah sie an sich hinunter: ein paar Schürfwunden und ihre Hand blutete stark an der Stelle, an der Haryon sie verletzt hatte. Knochen schienen keine gebrochen zu sein, aber sie spürte eine Platzwunde an ihrer Schläfe. Mühsam setzte sie sich gerade hin und zog ein Taschentuch hervor, das sie um ihre Hand wickelte.

Wo bin ich hier bloß?, fragte sie sich im Stillen. Um sie herum waren nur Felsen. Ein Blick nach oben bestätigte ihr, dass sie nicht tief gefallen war. Natürlich, sonst hätte sie mit Sicherheit keinen einzigen heilen Knochen mehr im Leibe. Unter großem Kraftaufwand kam sie auf die Beine. Sie musste zurück zu ihren Gefährten. Dieser Kampf war noch nicht vorbei. Allerdings fragte sie sich, was wohl aus Haryon geworden war. So dicht, wie er bei ihr gestanden hatte, musste auch er gestürzt sein. Sie bekam eine Gänsehaut, wenn sie daran dachte, wie nah er vielleicht war. Doch noch war sie allein – mutterseelenallein.

Probeweise versuchte sie nach oben zu klettern, stellte jedoch recht schnell fest, dass dies an jener Stelle unmöglich war. Die Felswand war hier einfach zu steil. Also musste sie ihren Weg fortsetzen.
 

Lydia saß auf einem großen Lehnstuhl und starrte nervös ins Kaminfeuer. Als ihr Bruder sie an der Schulter berührte, zuckte sie augenblicklich zusammen.

„Ach, du bist es nur“, seufzte sie mit klopfendem Herzen. „Tut mir leid, ich war in Gedanken.“

„Ja, das habe ich gesehen“, gab Jerome zurück.

„Ich habe ein ungutes Gefühl“, gestand Lydia. „Irgendwas ist bei den anderen nicht in Ordnung, das weiß ich genau.“ Vier Tage war es jetzt her seit Meisterin Adeline einen Hilfstrupp bestehend aus Ärzten und Krankenschwestern nach Minkan geschickt hatte. Bereits jetzt waren ihnen Meldungen zu Ohren gekommen, dass in Arithea ein Krieg tobte.

„Machst du dir Sorgen um deinen Verlobten?“, erkundigte sich Jerome ohne Umschweife. Er war schon immer ein sehr direkter Mensch gewesen, im Gegensatz zu Seithrun.

Lydia errötete ein wenig, nickte aber. „Ja, das tue ich, auch wenn ich weiß, dass er vorsichtig sein wird. Alvar ist nicht der Typ, der sich unüberlegt einer gefährlichen Situation aussetzt. Er bewahrt die Ruhe... meistens jedenfalls.“

Jerome wusste noch nicht, was er von Alvar halten sollte. Immerhin kannte er ihn nicht. Doch Lydia liebte den Elben, also konnte er kein allzu schlechter Kerl sein.

„Ich würde dir gerne ein paar tröstliche Worte sagen, aber ich fürchte du würdest sofort durchschauen, wie leer sie klingen“, meinte Jerome und probierte es ansatzweise mit einem Lächeln. „Wir können derzeit nur warten.“

Lydia stützte ihren Kopf mit der Hand ab. „Ja, das ist es, was unsere Familie bereits seit vielen Generationen tut – warten, zusehen und darüber berichten. Langsam sollte ich daran gewöhnt sein.“
 

Tossinde war unter den Opfern, die sie zu beklagen hatten. Sein Anblick war wahrlich ein schauerlicher. Er war in einen Felsspalt gestürzt und ein Gesteinsbrocken hatte seinen Schädel fast vollständig zertrümmert. Nur der markante, rotblonde Haarschopf erinnerte noch daran, wer dies einmal gewesen war.

Falmarin weinte bitterlich an Calinas Schulter. Ihr Schluchzen durchbrach die Stille, wie eine Warnung. Die Dúath hatten Oranor zu ihrem neuen Anführer gewählt. Rein äußerlich wirkte dieser gefasst, aber in seinem Inneren brodelte es.

„Ihn hätte es erwischen sollen“, zischte Falmarin, als ihr Blick auf Tawha fiel. „Um ihn wäre es nicht schade gewesen.“

Tawha zuckte zusammen, als hätte er eine Ohrfeige erhalten. Er wusste, dass sein Leben den anderen nichts bedeutete, es jedoch so deutlich zu hören, war in der Tat unangenehm.

Insgesamt gesehen waren die Verluste nicht so zahlreich gewesen, wie anhand des gewaltigen Erdrutsches vermutet. Es gab Verwundete, Tote und solche, die noch verschollen waren – aber die Armee stand noch.

Estela wäre am liebsten im Alleingang auf ihre Feinde losgegangen, doch Alvar hatte es schließlich irgendwie geschafft sie zu beruhigen. Nun saß die Dämonenpriesterin still neben Wyn, dessen Blutung sie mittlerweile gestoppt hatten. Als der Elb endlich seine Augen aufschlug, ergriff Estela seine linke Hand – die einzige, die er noch hatte – und legte ihre zitternden Finger darum.

Wyn brachte ein Grinsen zustande. „Du siehst mich an, als wäre ich ein Geist“, sagte er mit schwacher Stimme.

Estela unterdrückte die Tränen. „Das wäre auch fast aus dir geworden. Was hast du dir dabei gedacht?“

„Ich habe nur an dich gedacht“, antwortete Wyn wahrheitsgemäß.

„Es wäre besser, du hättest es nicht getan.“ Nun weinte Estela doch, was Wyn ein bisschen verwirrte.

„Was ist schon mein rechter Arm im Vergleich zu deinem Leben.“ Seine Augenlider flackerten vor Anstrengung, dennoch redete er weiter. „Auch wenn ich fürchte, dass ich jetzt ziemlich abstoßend auf dich wirken dürfte. Schade, ich dachte meine Chancen würden gar nicht so schlecht stehen.“ Unter normalen Umständen hätte er jetzt verschämt grinsend mit den Schultern gezuckt.

„Ich sollte mich wirklich zur Ruhe setzen“, flüsterte Estela. „Das hier ist nichts für uns.“

Barilowyn blinzelte. Uns? Hatte er sich verhört? Er konnte den Gedanken nicht zuende führen, denn da schlief er vor Erschöpfung auch schon wieder ein.
 

Nach langem Suchen hatte Dana eine Stelle gefunden, an der man den Aufstieg wagen konnte. Erleichtert schaute sie nach oben. Bald würde sie wieder bei ihren Freunden sein. Sie würde angesichts von Zacks Besorgnis lächeln und sagen, dass Unkraut nicht vergeht. Sie würde ihren Bruder und Eravelle in die Arme schließen, sich von Alvar auf die Schulter klopfen lassen und anschließend Estela für ihren Leichtsinn tadeln.

Dana spürte plötzlich, wie sie etwas am Knöchel packte. Hart schlug sie auf den Boden auf. Sie keuchte und drehte sich danach um. Es war, als wäre sie wieder am Anfang angelangt – Auge in Auge mit Haryon.

Dessen Schnittwunde im Gesicht ließ den falschen König wahrhaft furchterregend aussehen. „So schnell sieht man sich wieder, du kleines Miststück!“, knurrte er. Seine Stimme klang rachelüstern. „Wo waren wir stehen geblieben?“

Kalter Schweiß brach bei Dana aus. Sie hatte immer noch eine Chance ihn zu besiegen. Nur würde es nicht leichter werden – ganz im Gegenteil.
 


 

End of Part 88

Danas Kampf

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan86.

Part 89 von ?

Warning: bislang keins
 


 

Dana wusste erst einmal nur eins, das sie tun konnte – den falschen König mit ihrer Magie von ihr wegstoßen, damit er ihr nicht mehr zu Nahe war.

Doch Haryon hatte mit einer ähnlichen Aktion schon gerechnet und blockte ihre Magie einfach ab.

„Bin ich dir etwa zu nahe?“

Ihr wütendes, angeekeltes Gesicht sagte genug und Haryon stieß bei ihrem Anblick ein widerliches Lachen aus.

Immer weiter sandte Dana ihre Magie, aber es gelang ihr einfach nicht, ihn auf Distanz zu bringen.

Er hatte im Gegensatz zu ihr noch sein Schwert bei sich, dass er jetzt hob.

„Wer hätte gedacht, dass ich eine so gute Gelegenheit bekommen würde, dich zu töten?“

Die Prinzessin empfand pure Angst, ihr war klar, dass ihr letztes Stündlein geschlagen hatte. Wie könnte sie sich auch jetzt noch befreien?

„Warum?“, flüsterte sie nur.

„Warum WAS?“, fragte er, beinahe verwirrt.

„Warum mussten meine Eltern sterben? Was haben sie jemals getan?“

Haryon schnaubte. „Weißt du das wirklich nicht, Prinzessin?“

Sie schüttelte den Kopf mit den braunroten Locken verständnislos.

„Cenedhril hatte wohl etwas gegen Dunkelelben. Er hat uns alle verbannt und niemanden zurück in sein Reich kommen lassen. Es war ihm egal, dass dabei ganze Familien auseinandergerissen wurden. Und alles nur für einen Pakt, den er mit den Menschen schließen wollte! Die Menschen wollten keine Dunkelelben als Verbündete haben und wir waren plötzlich Ausgestoßene!“

„Aber“, unterbrach Dana ihn, „du bist doch gar kein Dunkelelb!“

In der Tat wirkte der falsche König mit seiner hellen Haut und den schneeweißen Haaren keineswegs wie ein Dunkelelb. Die Prinzessin dachte flüchtig an Calina, die beinahe tiefschwarze Haut hatte und sich damit deutlich von anderen Elben unterschied.

„Meine Mutter war Dunkelelbin“, meinte Haryon jedoch nur. „Das war Grund genug, dass auch ich nicht mehr erwünscht war.“

„Und dafür hast du dich irgendwann gerächt...“, schloss Dana.

Haryon nickte. „Du hast es erfasst.“

Irgendetwas an dieser Geschichte störte Dana. Sie war sicher, dass die Version des falschen Königs so nicht ganz richtig sein konnte, aber sie konnte sich nicht richtig an die Verhältnisse von damals erinnern.

Haryon ließ ihr jedoch keine Zeit, noch näher darüber nachzudenken, was ihr an der Geschichte so falsch vorkam.

„Ich stelle dich jetzt vor eine Wahl, Prinzessin!“, sagte er süffisant. „Entweder, ich töte dich hier auf der Stelle, oder du willigst ein, mich zu heiraten und ich verschone dich!“

„Niemals! Niemals würde ich dich heiraten!“, schrie sie ihn an.

Schon allein die Vorstellung, diesen widerlichen Kerl heiraten zu müssen, fand sie mehr als nur abstoßend und sie würde lieber sterben.

Für einen flüchtigen Moment dachte sie an Prinz Lysander und wusste sofort, dass ihr diese Heirat deutlich lieber war.

„Na dann“, winkte er ab und schwang sein Schwert.

Dana konnte sich noch im richtigen Moment ducken, verlor dabei aber eine ganze Reihe ihrer rotbraunen Haare, die nun sanft zu Boden glitten.

Verdammt, was soll ich tun?, dachte sie voller Angst.

Sein nächster Hieb traf schon besser als der Erste und so musste sie eine tiefe Schnittwunde am Arm hinnehmen.

Ich brauche ein Schwert und zwar schnell! Ihre Gedanken wurden immer verzweifelter. Wo hätte sie denn ein Schwert hernehmen sollen? Die Dinger lagen ja nicht einfach so herum.

Sein nächster Schlag traf sie beinahe am Kopf, aber sie konnte sich gerade noch rechtzeitig zur Seite drehen.

Die Prinzessin hatte noch jede Menge Magie in sich, aber keine Ahnung, wie sie sie sinnvoll einsetzen konnte, schon gar nicht, wo sie gerade angegriffen wurde.

Als ihr endlich etwas einfiel, hatte sie schon einige Schnitte kassieren müssen, doch dann rief sie „Thia gial!“ und blendete Haryon damit.

Der falsche König torkelte ein wenig zurück, bunte Flecken tanzten ihm vor den Augen.

Das war die Chance für Dana – sie entriss ihm geschickt sein Schwert und richtete es auf ihren Gegner.
 

Lysander schien erleichtert zu sein, dass Dana wohl überleben würde. Diese Gewissheit beruhigte ihn. Auf seinen Befehl hin hatten sich die Truppen zurückgezogen, etwas Näher an die Stadt heran und auch ihre Feinde hatten sich vorerst verzogen, wohl oder übel auch, weil ihr Befehlshaber – Haryon – verschwunden war und sie nicht sicher waren, was sie tun sollten.

Niemand wusste, wie es um Dana und den König stand, aber Oranor hatte entschieden, einen Suchtrupp loszuschicken, um ihr zu Hilfe zu eilen. Jedoch war dabei größte Vorsicht geboten, denn der Feind würde das nicht so ohne weiteres zulassen. Der Prinz jedoch hatte diese Aktion abgesegnet – er hoffte, dass sie die Prinzessin schnell finden würden und vor allem hoffte er, dass sie unversehrt war.

Seine eigenen Wunden machten Lysander zu schaffen, aber glücklicherweise waren bereits die Heiler aus Sarna angekommen, die sich nun um die Verwundeten kümmerten.

Auch Zack gehörte zu den Verwundeten. Als die Magie die Erde verschlungen hatte, war er einfach viel zu dicht dabei gewesen und hatte schließlich einen Pfeil von den Feinden abbekommen. Er würde wohl die nächste Zeit nicht laufen können, denn er war im Bein getroffen worden, wo der Pfeil eine Sehne durchtrennt hatte.

Glücklicherweise waren weder Estela, noch Eravelle, Mellryn oder Alvar verletzt worden.

Inzwischen wurde es bereits dunkel und viele Diener und andere Leute wuselten herum, entfachten Kochfeuer und stellten Zelte auf, während sich Mellryn und Alvar dem Suchtrupp Oranors anschlossen.

„Ich möchte auch mit, Mellryn!“, bat Eravelle, doch der Elbenprinz schüttelte den Kopf.

„Du musst hier bleiben. Du bist noch zu sehr verletzt und außerdem werden deine Heilkünste noch gebraucht. Barilowyn ist nicht der einzige Verwundete hier!“

„Ich weiß. Aber Dana könnte mich brauchen!“

„Falls sie verletzt ist, wird Alvar ihr helfen. Du bleibst hier und das ist mein letztes Wort!“, sagte Mellryn streng.

Eravelle passte das ganz und gar nicht, aber sie konnte sich auch nicht gegen ihn stellen. Also seufzte sie nur ergeben und blieb schließlich im Lager zurück, wo sie wieder in das Lazarett und schließlich an die Seite Estelas trat, die ihrerseits nicht mehr von Barilowyn wegzukriegen war.

„Es ist schade, dass wir für seinen Arm nichts mehr tun konnten“, sagte sie leise und Estela nickte. „Ja, das ist es. Aber ich nehme ihn auch einarmig, diesen elenden Banditen!“
 

Im anderen Lager machte sich Vorn bereits Sorgen um Haryon.

Er fragte sich, ob der König bereits tot sein mochte und obwohl er stellvertretender Befehlshaber war, wusste er nicht so Recht, was er der Truppe befehlen sollte.

Vorerst hatte er sich nur für einen kleinen Rückzug entschieden und schließlich ein Lager aufstellen lassen.

Als er seufzend durch die Reihen blickte, war ihm bewusst, wie viele Verluste die Armee schon hatte hinnehmen müssen.

Die Falle, die die gegnerische Armee über der Schlucht arrangiert hatte, war einfach brillant gewesen, das musste Vorn ihnen zugestehen. Damit hatten sie bisher die meisten Verluste erlitten und es stand nicht gut für sie. Eigentlich war Vorn schon recht sicher, dass sie diesen Krieg verlieren würden und er hätte gern den kompletten Rückzug angeordnet, aber das konnte er nicht machen, solange er nicht wusste, ob Haryon lebte oder tot war.

Er würde wohl eine Gruppe zusammenstellen müssen, die nach dem König suchte.
 

End of Part 89

Danas Rückkehr

Autor: Bina-chan86

Part 90/?
 

Dana! Dana! Dana! Eine Stimme schrie im Kopf der Elbenprinzessin. Im allerletzten Moment bremste sie den Schlag des Schwertes ab. Dana! Sie legte erschrocken eine Hand an den Kopf. Was war das?

Haryon bewegte sich nicht. Offerbar glaubte er seine Gegnerin habe soeben komplett den Verstand verloren. Er war zu verwirrt um einer höheren Existenz dafür zu danken, dass sein Leben verschont wurde.

Dana atmete einmal tief durch. Dann erkannte sie endlich die Stimme. Das war Mellryn. Sie erinnerte sich daran, dass ihr Bruder ihr schon einmal seine Gedanken gesandt hatte. Damals hatte er sich in Gefangenschaft befunden. Aber warum sprach er jetzt zu ihr? Fast wäre Haryon besiegt gewesen, also warum gerade jetzt? Mellryn konnte nicht wissen, was sie gerade tat. Dana! „Verdammt, sei still!“ Sie hielt sich die Ohren zu, wohlwissend, dass dies nichts änderte, und taumelte zurück. So kurz davor – sie war so kurz davor zu gewinnen.

„Ich wusste doch, dass du nicht den Mumm dazu hast.“ Höhnisch blickte Haryon zu ihr auf.

„Halt den Mund!“, fuhr Dana ihn an. Sie holte erneut mit dem Schwert aus und ließ es niedersausen. Die Klinge blieb zwei Zentimeter neben Haryon im Boden stecken. „Süße Träume!“, knurrte sie grimmig und verpasste dem falschen König stattdessen einen Kinnhaken, der ihn außer Gefecht setzte.

„Verdammt!“, schrie sie in den Himmel. Dann hörte sie wieder jemanden ihren Namen rufen, aber diesmal war die Stimme real und existierte nicht nur in ihrem Kopf.
 

Oranor stieg als Erster zu Dana in die Schlucht hinab. Der große Elb bewegte sich erstaunlich flink auf den Felsen. Falls er erstaunt war über den Anblick des bewusstlosen Haryon, so ließ er sich davon nichts anmerken. „Wie geht es Euch, Prinzessin?“, erkundigte er sich pflichtschuldig.

„Ich werde es überleben“, entgegnete Dana. Sie fühlte sich nur schrecklich müde.

„Dana!“ Mellryn drängte sich an Oranor vorbei und schloss seine Schwester in die Arme.

Dana gestattete sich für einen Moment lang die Augen zu schließen. „Ich habe die ganze Zeit über deine Stimme gehört“, flüsterte sie.

Überrascht ließ Mellryn sie los. „Du hast mich gehört?“ Ihm war nicht bewusst gewesen, inwieweit seine Gedanken sich verselbstständigt hatten. Er schüttelte leicht den Kopf. „Ich war wohl zu aufgeregt. Vergib mir.“

„Da gibt es nichts zu vergeben. Es hat mich davon abgehalten einen schlimmen Fehler zu begehen.“ In dem Augenblick, in dem sie es aussprach, wusste Dana, dass dies die Wahrheit war.

„Inwiefern das?“, wunderte sich Mellryn.

„Wenn ich Haryon umgebracht hätte, dann wäre ich vermutlich auch nicht besser als er“, antwortete Dana. „Besessen von Rache – blind. Außerdem hat er meine Fragen noch nicht beantwortet. Gefangen nützt er uns mehr, als tot.“

„Nur ist er auf diese Weise auch unleugbar gefährlicher“, wandte Oranor ein, der den verwundeten Feind gerade fesselte und anschließend auf seine Schulter lud.

Dana dachte an die vergangenen Ereignisse zurück und nickte. „Das werde ich nicht vergessen.“ Solange er am Leben war, konnte sie die sein, die sie war. Wenn der falsche König hingegen tot wäre, dann gäbe es auch für sie keinen Weg zurück mehr. Alles würde sich ändern. So kurz vor dem Ziel begann sie sich zu fürchten.
 

„Nicht so grob“, beschwerte sich Tawha zähneknirschend. Selbst er hatte Verletzungen davon getragen. Dabei hätte er wohl nichts lieber getan, als sich aus dem Staub zu machen. Es war kein Geheimnis, dass er nicht hinter Danas Sache stand.

„Hör auf zu meckern und lass mich meine Arbeit machen. Verstanden?“ Seit Mellryn fort war, hatte Eravelles Geduld arg gelitten. Nicht bei ihrem Geliebte sein zu können und nicht zu wissen, was aus Dana geworden war, machte die dunkelhaarige Elbin reizbar. Nachdem sie eine Weile leise vor sich hin gegrummelt hatte, beruhigte sie sich langsam wieder. „Was glaubst du, wie der Kampf ausgehen wird?“

Erstaunt blinzelte Tawha. Die Frage kam unerwartet. „Warum fragst du ausgerechnet mich das?“

Eravelle schaute zu Boden. „Vielleicht ist deine Meinung realistischer, als die unserer Verbündeten. Ich weiß nämlich nicht mehr, woran ich noch glauben soll“, gab sie zu und Tränen traten ihr in die Augen.

Dieser Umstand verwirrte Tawha noch mehr. Zuletzt hatte Eravelle als Kind vor ihm geweint. Es kam ihm vor, als wäre das Ewigkeiten her und er erwischte sich dabei, wie er einen Augenblick lang wehmütig wurde.

„Ich kannte Tossinde schon so lange. Er war den Dúath ein guter Anführer“, fuhr Eravelle fort. „Es fällt mir schwer zu akzeptieren, dass er in Zukunft nicht mehr da sein wird.“ Anklagend sah sie ihren Cousin an. „Er war vor langer Zeit auch dein Freund. Empfindest du rein gar nichts dabei?“

Tawha zog es vor zu diesem Thema lieber zu schweigen. „Um mich hättest du nicht trauern müssen.“

Eravelle blickte ihm unverwandt in die Augen – lange und eindringlich. „Doch. Ich glaube, ich hätte getrauert“, sagte sie zögerlich. „Ganz egal, was in der Vergangenheit vorgefallen ist, wir bleiben doch durch Familienbande verbunden.“

Verächtlich schnaubte Tawha. „Als ob das einen Unterschied macht.“

Eravelle wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und stand auf. „Für mich macht es einen Unterschied.“
 

„Hoheit!“ Einer der Soldaten kniete vor dem Prinzen nieder. „Es ist gerade ein Bote für Euch eingetroffen.“

Trotz seiner Schulterverletzung richtete sich Lysander sofort auf. „Ein Bote?“

„Ja, er sagt es sei sehr wichtig.“ Der Krieger hielt den Kopf gesenkt. Er war noch sehr jung.

Prinz Lysander nickte. „Gut. Bring den Mann zu mir. Ich werde mir anhören, was er zu sagen hat.“ Zu viel mehr war er momentan sowieso nicht in der Lage. Ein Umstand, der ihn beschämte.
 

Dana hatte ein wenig Bammel davor den Truppen gegenüber zu treten. Doch Mellryn vermochte es genau die richtigen Worte zu finden.

„Was du getan hast, war richtig“, sagte der Elb. „Ich bin sehr stolz auf dich. Wir verdanken es dir, dass Haryon nun unser Gefangener ist. Bald ist es überstanden.“

Dana drückte leicht die Hand ihres Bruders. Sie wusste, dass viele Haryon lieber tot sähen und vor Stunden hatte sie noch geglaubt, sie würde ebenfalls dazu gehören. Doch was sie nun wollte waren Antworten.

„Er hat Recht“, meldete sich Alvar zu Wort. Er lächelte sogar leicht. „Wir sind so weit gekommen. Von hier aus ist es nur noch ein kleines Stück.“

Dana wandte sich amüsiert zu ihm um. „Du willst doch nur so schnell wie möglich zu Lydia zurück.“

Und nun lachten alle, während Alvar rot wurde.
 

Etwa zur selben Zeit erhielt Vorn die Nachricht, dass man ihren Anführer gefangen hatte. Der alte Magier fluchte. Er wusste, dass die Truppen auseinander brechen würden, sobald diese Botschaft die Runde machte.

„Erzählt niemandem davon“, wies Vorn seine Späher an. „Wir brauchen zuerst einen Plan.“ Er klang zuversichtlicher, als er sich fühlte. Wenn sie Haryon nicht innerhalb der nächsten Stunden befreiten, dann war dieser Krieg für die Azi Dahaka verloren.
 

„Da kommen sie!“, rief Calina aus. Sie hatte als Erste den Suchtrupp erspäht, der sich einen nun näherte. Dana ging vorneweg, wobei sie von ihrem Bruder gestützt wurde.

Falmarin stand neben ihr. „Und sie haben Haryon bei sich.“ Ihre Lippen verzogen sich zu einem schmalen Strich. Glücklich schien sie über diesen Anblick nicht zu sein, aber gefesselt war ihr der falsche König allemal lieber, als frei herumlaufend.

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Kunde von Danas Rückkehr. Diejenigen unter ihren Freunden, die noch auf ihren eigenen Beinen laufen konnte, kamen ihr entgegen.

Lysander war überglücklich seine Verlobte lebend wieder zu sehen. Ihm fiel ein Stein vom Herzen. „Du hast es geschafft“, sagte er schlicht.

Dana schüttelte mit einem leichten Lächeln den Kopf. „Es ist noch nicht vorbei, aber zumindest bin ich nicht diejenige, die verschnürt wiederkehrt.“ Ihr Blick fiel auf den Mann, der hinter Lysander stand. Sie musste einen Moment lang nachdenken, dann erkannte sie ihn wieder. Es war Lydias Bruder.

Seithrun kniete nicht nieder, er neigte lediglich den Kopf, ehe er ihr einen eckigen Gegenstand entgegen hielt, der in ein Leinentuch eingewickelt war. „Dana aus dem Eledhrim-Ardh, ich glaube dies gehört euch.“

Neugierig schlug Dana den Stoff zur Seite. Es kam ein altes Buch zum Vorschein. Der grüne Grund war über und über mit elbischen Schriftzeichen bedeckt. Überrascht sah sie Seithrun an. „Woher habt Ihr das?“

„Es wurde in die Obhut von Ithal übergeben, kurz bevor das Eledhrim-Ardh unterging. Es ist die Geschichte Eures Volkes, also solltet Ihr sie zuende führen. Gebt diesem Kapitel ein gutes Ende.“

Es war Alvar, der sie Prophezeiung aussprach, die vielen von ihnen im Kopf herumschwirrte:
 

„Das Geschlecht der Elben wird sterben oder auferstehen

Ein Mädchen wird es sein

Eine Entscheidung wird fallen, die jene Zukunft aller bestimmt.

Das Mädchen, mehr Magie als je ein Elb zuvor, wird kommen in Zeiten der Unruhe um zu richten.

Zerstörung – sie wird sterben.

Frieden – sie wird leben.

Eins von beiden wird es sein.

Doch sie selbst kann nicht wissen, ihre Unschuld bleibt rein.
 

Ein reines Herz - die Macht der Zeitalter

Die Auserwählte wird zusammenführen

Was ewig getrennt,

Und das Schicksal aller bestimmen,

Die in Zweifel ausharren."
 

Dana nickte entschlossen. „Finden wir endlich heraus, was es damit auf sich hat.“
 

End of Part 90

Zacks Geständnis

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan86.

Part 91 von ?

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Eravelle war heilfroh, ihren Mellryn sicher und gesund wieder bei sich zu haben.

Und sie war stolz auf Mellryns Schwester, die es tatsächlich geschafft hatte, ihren Feind auszuschalten – und das völlig allein.

Als Dana nun vor ihr saß und sich sowohl den verletzten Arm, als auch die Hand, mit der sie Haryon den Kinnhaken verpasst hatte und die noch immer die tiefe Schnittwunde seines Schwertes trug, verarzten ließ, konnte die dunkelhaarige Elbin nicht anders, als einfach glücklich zu sein.

Der Krieg war fast vorbei, da war sie sicher.

„Au!“, entfuhr es der Prinzessin, aber Eravelle fuhr unbeirrt fort mit ihrer Arbeit.

„Da musst du leider durch, Dana“, sagte sie.

„Ja doch“, grummelte die andere Elbin jedoch nur.

Als Eravelle die Prinzessin entdeckt hatte, zusammen mit ihrem Suchtrupp, waren ihr die Verletzungen an Danas Körper natürlich sofort aufgefallen und obwohl diese viel lieber erst einmal in dem Buch gestöbert hätte, das Seithrun ihr gegeben hatte, wurde sie von Eravelle ins Lazarett geschleift und behandelt.

Das Buch hielt Dana dennoch in ihrer Hand und sie starrte unentwegt die elbischen Lettern darauf an.

„Ich frage mich, was dieses Buch alles an Geheimnissen offenbaren wird“, sagte Dana leise.

Sie hatte bereits bemerkt, dass es komplett in elbisch verfasst war und sie war sich sicher, dass sie Alvars und vielleicht auch Lydias Hilfe brauchen würde, um zu verstehen, was dort geschrieben stand. Ihr schriftliches elbisch war nämlich gelinde gesagt einfach grauenvoll, das wusste Dana.

„Da bin ich auch gespannt“, entgegnete Eravelle, „auch wenn diese Geheimnisse sicherlich nur für die Ohren der Königsfamilie bestimmt sind.“

Die Andeutung, die Eravelle damit eigentlich machte, fiel Dana nicht mal auf.

„Die letzten Kapitel stammen von meinen Eltern“, sagte sie, beinahe noch leiser als zuvor und irgendwie taten diese Worte weh. Sie hatte ein unheimlich wertvolles Vermächtnis in ihren Händen und der Gedanke daran, dass ihre Eltern Teil dieses Vermächtnisses waren, ließ Dana erneut um die beiden trauern.

In diesem Krieg war so viel geschehen und so viele Menschen und Elben – ebenso wie Zwerge – hatten ihr Leben verloren. Das dies nun alles bald vorbei war, war irgendwie tröstlich für die Prinzessin.

„Ein Jammer, dass wir deine Haare werden schneiden müssen“, lenkte Eravelle das Gespräch nun auf einmal in eine andere Richtung.

„Hm?“, machte Dana verwirrt und blinzelte die Dunkelhaarige an.

„Noch nicht bemerkt? Du hast wohl im Kampf eine ganze Reihe an Haaren eingebüßt.“

Ihre Hand glitt durch den Haarschopf der Prinzessin und sie betrachtete das angerichtete Übel skeptisch.

„Keine Sorge“, sagte Dana jedoch. „Ich bin sicher, dass du meine Haare wundervoll richten wirst.“
 


 

Nachdem Dana von Eravelle versorgt worden war, besuchte sie als erstes ihren Bruder Zack, von dessen Verletzung sie bereits gehört hatte.

„Hey“, begrüßte sie ihn, „Wie geht es dir?“

Zack war gerade von einem Dämmerschlaf aufgewacht und fühlte sich noch immer müde und matt, was sicher auch von den Schmerzmitteln herrührte, die er bekommen hatte.

„Es ging mir schon besser“, erwiderte der Dunkelblonde und Dana nickte verstehend.

„Du hast den Kampf gewonnen!“, stellte Zack schließlich erstaunt fest. Erst jetzt fiel ihm auf, dass Danas Anwesenheit bei ihm genau das bedeuten musste.

„Ja. Ich habe Haryon geschlagen und ihn gefangen nehmen können!“, nickte die Prinzessin.

„Du bist eine Wucht, wirklich!“, strahlte ihr Ziehbruder, dem es beinahe augenblicklich etwas besser ging.

Er musterte die Elbin von oben bis unten und natürlich entgingen ihm die Verbände an Arm und Hand nicht. „Du bist verletzt?“

„Geringfügig“, winkte Dana ab. „Deine Verletzung ist viel schlimmer. Wie ich gehört hab, wirst du erst mal nicht laufen können?“

„Halb so wild“, meinte Zack. Sein Blick war auf den Ring an Danas unverletzter Hand gefallen.

Obwohl er von der offiziellen Verlobung gehört hatte, musste er bei diesem Anblick leicht schlucken, was Dana natürlich nicht verborgen blieb.

„Tja“, murmelte ihr Ziehbruder, „Nun wirst du ihn wirklich heiraten müssen.“

Dana nickte. „Ja. Das werde ich. Aber ich glaube inzwischen, dass Lysander gar kein schlechter Ehemann sein wird, auch wenn ich ihn nicht aus Liebe heirate. Und wer weiß, vielleicht liebe ich ihn ja doch irgendwann.“

„Das ist so falsch!“, fand jedoch Zack.

„Was meinst du?“

„Na ja, dass du jemanden heiraten musst, den du weder liebst, noch gut kennst.“

„Das ist nun mal mein Los als Prinzessin. Ich muss mich immer für das Wohl meines Volkes entscheiden und darf nicht nur mein persönliches Glück in den Vordergrund stellen.“

Das wusste Zack bereits, denn diese Begründung war ihm nur allzu bekannt.

„Aber du hättest etwas besseres verdient!“

„Findest du es etwa schlimm, dass ich mit dieser Heirat Königin von Arithea werde?“

„Nein. Aber das ist keine wirkliche Entschädigung dafür, dass du nicht denjenigen heiraten kannst, den du liebst. Du wirst dein Leben lang an Lysander festhängen!“

Erst jetzt fiel Dana auf, was so offensichtlich war.

„Du bist eifersüchtig!“, stellte sie verblüfft fest.

Zacks Gesicht nahm augenblicklich die Farbe überreifer Tomaten an und er sah beschämt zu Boden.

„Du bist eifersüchtig auf Lysander – ich kann es kaum glauben“, flüsterte Dana und sie wurde sich erst ganz langsam der Tatsache bewusst, die das bedeutete.

Zack dachte daran, wie Jules gelitten hatte, als ihm klar geworden war, dass er Eravelle nicht haben konnte und nun war es einfach amtlich – auch er würde nie die Frau haben, die er begehrte. Aber er riss sich zusammen. Er konnte es ohnehin nicht länger verbergen und so beschloss er wenigstens, seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen.

Es kostete ihn jede Menge Kraft, seine Ziehschwester nun anzusehen – direkt in ihre blaugrünen Augen zu blicken und die richtigen Worte zu finden.

„Dana, ich liebe dich. Schon so lange. Dass ich dich nicht haben kann, das tut weh.“

Obwohl er es nicht wollte, wurden seine Augen ganz feucht.

Die Prinzessin selbst war total sprachlos, auch wenn die Tränen auf ihren Wangen mehr sagten als tausend Worte.

„Ich weiß, dass du mich nur als Bruder siehst. Das ist mir klar geworden, spätestens, als wir Mellryn befreit haben. Aber ich kann nichts gegen meine Gefühle machen – und jetzt zu sehen, wie du einen anderen heiraten wirst, wo ich doch so gern derjenige wäre....“

Zack brach ab, denn er wollte nicht, dass das Schluchzen, das er versuchte zu unterdrücken, doch noch hervorkam.

„Es tut mir so Leid, Zack“, flüsterte Dana, die nun endlich verstand, was ihm so viel Kummer bereitet haben musste. Sie drückte ihren „älteren Bruder“ an sich und konnte für den Moment nur noch weinen.

Es dauerte eine ganze Weile, bis sich beide wieder beruhigt hatten und sich wieder voneinander lösten.

„Zack“, sagte Dana schließlich so gefasst wie möglich, „du wirst immer einen besonderen Platz in meinem Herzen einnehmen und du wirst immer mein großer Bruder sein. Es tut mir wirklich Leid, dass ich deine Gefühle nicht erwidern kann.“
 


 

End of Part 91

"Kannst du damit leben?"

Autor: Bina-chan86

Part 92/?
 


 

Eravelle seufzte leise. Trotz des Lagerfeuers, das Schatten auf ihr blasses Gesicht warf, fror sie. Erst als Mellryn sich neben sie setzte und seinen Arm um sie legte, entspannte sie sich ein wenig. Sie lehnte den Kopf an seine Schulter und starrte in die Flammen. „Es ist noch nicht alles vorüber“, sagte sie nach einer Zeit des Schweigens, die ihr wie eine Ewigkeit vorkam.

„Nein, vermutlich nicht“, gab Mellryn zu. „Aber es fehlt nicht mehr viel um dieses Kapitel endlich abzuschließen.“ Er versuchte zuversichtlich zu klingen, aber er wirkte nur erschöpft, obwohl er gewiss erleichtert war.

Eravelle glaubte nicht daran, dass jemals einer von ihnen vollständig vergessen konnte, was geschehen war. Die Wunden würden aufhören zu schmerzen, die Narben würden verblassen – doch man konnte nicht vergessen.

„Diese Nacht und den morgigen Tag müssen wir überstehen. Die Azi Dahaka dürfen sich nicht ein weiteres mal erheben“, fuhr Mellryn fort.

„Und wie sollen wir das bewerkstelligen?“, fragte Eravelle.

„Ich bin mir sicher, dass Haryons Berater versuchen werden, seine Niederlage nicht publik zu machen. Sollten wir es jedoch schaffen Haryon vor seinen Krieger in die Knie zu zwingen, so wird deren Kampfgeist brechen und wir haben gewonnen.“

Eravelle nickte langsam. In den nächsten Stunden würde sich entscheiden, ob sich all die harte Arbeit gelohnt hatte und ob das Blut ihrer Freunde nicht sinnlos vergossen wurde.
 

Estela weilte unterdessen an Barilowyns Seite in einem eher notdürftig errichteten Zelt. In ihrem Inneren stritten die widersprüchlichsten Empfindungen miteinander und nur eiserne Selbstbeherrschung hielt sie davon ab nervös hin und her zu laufen. Nachdenklich fiel ihr Blick auf Wyns Gesicht.

Der Elb schlief durch die Wirkung der Schmerzmittel, welche man ihm verabreicht hatte. Jedenfalls war es das, was Estela glaubte. Deswegen zuckte sie auch zusammen als dieser plötzlich das Wort an sie richtete. „Bereust du es?“

Estela zog eine Augenbraue nach oben. „Ob ich was bereue?“

„Dass du gesagt hast, du würdest bei mir bleiben.“

„Ach ja? Wann soll ich das denn gesagt haben?“ Die Dämonenpriesterin musste den Kopf abwenden, damit Wyn ihr Grinsen nicht bemerkte.

Dieser gab ein Schnauben von sich. Er klang noch immer geschwächt, aber erste Anzeichen seiner früheren Aufmüpfigkeit waren schon wieder deutlich zu bemerken. „Hat man dir nie beigebracht, dass man sich mit Verletzten keine Scherze erlaubt?“

Estela schenkte ihm daraufhin ein unverbindliches Lächeln. „Wenn du glaubst, ich würde dich zukünftig wie ein rohes Ei behandeln, dann hast du dich getäuscht, mein Lieber. Wie du sicherlich noch in Erinnerung hast, gehört Feinfühligkeit nicht unbedingt zu meinen Stärken.“

Wyn musste lachen, was er jedoch gleich wieder unterließ, da sich seine Verletzungen meldeten. „Ja, das weiß ich noch.“ Er sah ihr in die Augen. „Trotzdem... du hast meine Frage noch nicht beantwortet.“

„Deine Frage kann ich leicht mit Nein beantworten, allerdings ist es von Nöten einige Einschränkungen zu machen.“

„Einschränkungen?“ Barilowyn wirkte verdutzt, weil er nicht wusste, was er davon zu halten hatte. Machte sie sich über ihn lustig oder wollte sie tatsächlich einen Rückzieher machen?

„Zur Ruhe setzten bedeutet bei mir nicht sesshaft werden“, entgegnete Estela. „Ich halte es nie lange an ein und demselben Ort aus. Aus mir wird bestimmt keine Hausfrau – ich kann ja nicht einmal kochen. Das liegt mir nicht im Blut. Außerdem werde ich dich bestimmt mehr als einmal am Tag halb oder ganz in den Wahnsinn treiben. Ganz zu schweigen von dem Dämon, den es quasi gratis dazu gibt.“ Sie zählte diese Punkte mit erstaunlich sachlicher Miene auf und warf Wyn abschließend einen fragenden Blick zu. „Denkst du, du kannst damit leben?“

„Wenn das der Preis ist.“ Wyn schmunzelte trotz der ernsten Lage. Er schaute auf die Stelle, an der sich einst sein rechter Arm befunden hatte. „Aber kannst du damit leben?“

Estela rutschte ein Stück näher und strafte ihn mit einem bösen Blick. „Wieso? Willst du etwa behaupten ich sei oberflächlich?“

„Nicht?“

Estela kniff ihm in die Wange. „Pass bloß auf, was du sagst, Freundchen!“

„Schon gut, schon gut“, winkte Wyn schnell ab, wobei er leise murmelnd hinzufügte: „Ich dachte ja nur.“

„Auch nicht gerade deine Stärke.“ Estela fuhr fort, ehe er protestieren konnte: „Manchmal solltest du einfach den Mund halten und auf das vertrauen, was ich sage.“ Ein flüchtiges Lächeln huschte über ihre Gesichtszüge, ehe sie seinen Mund mit einem Kuss verschloss.
 

„Schon so früh auf den Beinen?“

Lydia drehte sich einmal um die eigene Achse und erblickte dabei Meisterin Adeline, woraufhin sie ein bisschen verschämt lächelte. „Ich konnte einfach nicht mehr schlafen.“

Adeline trat neben die junge Frau und blickte aus dem Fenster.

Derweil betrachtete Lydia schmunzelnd ihr Spiegelbild in der Scheibe. „Bis die anderen zurück sind, werde ich vermutlich aussehen, wie eine plumpe Seekuh“, meinte sie.

„So hat es die Natur nun einmal eingerichtet“, bemerkte Adeline amüsiert.

Lydia schüttelte leicht den Kopf. „Ich will mich auch gar nicht beschweren.“ Gedankenverloren richtete sie ihren Blick in die Ferne. Trotz der Regenwand, welche die Umgebung in einen trist grauen Schleier hüllte, spürte Lydia Zuversicht. Allerdings auch so etwas wie Nervosität. Seit dem Brief von Prinz Lysander hatten sie keine neuen Nachrichten aus Arithea mehr erhalten. Bestenfalls erreichten sie hier Gerüchte.

Meisterin Adeline legte der Jüngeren eine Hand auf die Schulter. „Sie werden schon bald zurückkehren.“

Lydia nickte, obwohl sie selbst nicht wusste, ob sie wirklich fest daran glauben konnte oder das nur wollte.

„Morgen“, meldete sich eine verschlafene Stimme hinter ihnen zu Wort.

„Guten Morgen, Jules.“

Jules war niemals ein Morgenmensch gewesen, dementsprechend zerzaust wirkte er noch immer. Gemeinsam mit ihm erwachte auch das Sanatorium langsam aber sicher zum Leben. Hier und dort waren Schritte und Stimmen zu hören.
 

Im Frühstückssaal wurden sie bereits von Jala und Lanion erwartet. Von Mili fehlte allerdings jede Spur. Lydia schaute sich um, aber auch ihr Bruder Jerome war noch nirgends zu sehen. Dann ließ sie ihren Blick weiter schweifen. Trotz des Krieges ging hier alles seinen gewohnten Gang. Einige Heiler waren fort um Arithea zu unterstützen, aber das war auch schon alles. Eigentlich fühlte sich Lydia diesem Ort verbunden, doch in solch friedlichen Momenten kam es ihr manchmal so vor, als würde sie einem Spiel vom Seitenrand aus zusehen. Denn in Gedanken war sie bei ihren Freunden – allen voran natürlich bei Alvar.

Sie bekam gar nicht richtig mit, worüber die anderen sprachen. Erst als Jules sie am Arm berührte, hob sie den Kopf.

Jules wies mit dem Kinn in Richtung Tür. „Schau mal, wer da kommt.“

Mili lief gerade auf ihren Tisch zu. Den entspannt lächelnden Jerome hatte das Mädchen im Schlepptau.

Stolz präsentierte Miliende einen auf den ersten Blick eher unscheinbar wirkenden Zettel. „Einer der ausgesandten Heiler hat uns eine Nachricht per Brieftaube zukommen lassen“, berichtete sie.

Adeline nahm ihr die kurze Notiz ab. Nachdenklich faltete sie das Papier auseinander und schien sich nicht ganz sicher, ob sie nun erleichtert oder beunruhigt sein sollte. Sie konnte nur hoffen, dass sich darin, die so sehnsüchtig erwarteten Zeilen der Entwarnung befanden und keine neuen Schreckensnachrichten.

Jerome nahm den Platz neben seiner Schwester ein und drückte beruhigend deren Hand. „Schau nicht so erschrocken. Alles wird gut“, meinte er sanft.
 

Dana war auf den Beinen noch ehe die Sonne aufging.

Wenn sie dieses Zelt verließ, würde man eine Entscheidung von ihr erwarten. Sie war sich nur nicht so sicher, ob sie auch ein Urteil fällen konnte, dass all ihren Verbündeten gefiel. Um genau zu sein, bezweifelte sie dies sogar stark. Das war das Problem bei hoher Staatspolitik – man konnte es nie jedem recht machen.

Grübelnd starrte Dana auf die Wand, als würde dort die Lösung stehen. Sie wusste am Ende nicht mehr, wie lange sie dort gesessen hatte, als Eravelle kam um sie abzuholen.

„Dana.“ Eravelle schob die Zeltplane beiseite und warf einen Blick ins Innere. „Bist du soweit?“, erkundigte sie sich.

„Ja.“ Dana erhob sich. „Lass uns gehen.“
 

End of Part 92

Das Ende des Kriegs?

Alles wird sich ändern

Author: Luna

Genre: Fantasy

Disclaimer: Alle Figuren sowie der Plot gehören mir und Bina-chan86.

Part 93 von ?

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Vorn steckte in einer äußerst schwierigen Situation.

Sein König war vom Gegner gefangen genommen worden und diese Tatsache verbreitete sich bereits als Gerücht in seinem Lager. Natürlich konnte er vor seinen Truppen nicht offiziell bestätigen, dass der König dem Feind in die Hände gefallen war, aber dementieren konnte er es auch nicht wirklich.

Der dicke Elb war Befehlshaber, solange der König nicht bei ihnen war – aber so gern er auch einfach den Rückzug angetreten hätte, es ging nicht, so lange das Schicksal Haryons ungewiss war.

Ein Bote der elbischen Prinzessin hatte ihn aufgesucht und ihm berichtet, dass von der gegnerischen Seite erst einmal ein Waffenstillstand vorgeschlagen wurde, ebenso wie ein Gespräch.

Die ganze Nacht hatte Vorn nachgedacht, was er tun konnte und nun, wo der neue Morgen graute, war es Zeit für eine Entscheidung.

„Ich bin viel zu alt für derlei Unternehmungen“, seufzte er in seinen Bart, als er schließlich aus seinem Zelt trat.
 

Als Dana sich im Lager umschaute, bemerkte sie, dass ihre Truppen in der Nacht nicht untätig gewesen waren.

Man hatte die Toten vom Schlachtfeld geborgen und in Reihen geordnet abgelegt.

Es schmerzte die Prinzessin, zu sehen, wie viele Tote es zu beklagen gab.

„Ein abscheulicher Anblick“, murmelte sie und Mellryn, der neben ihr stand, konnte dem nur zustimmen.

„Jeder Krieg fordert gewisse Opfer. Und wir können froh sein, dass wir bedeutend weniger Verluste hinnehmen mussten als Haryon.“

„Das ist richtig. Durch unsere List mit der Schlucht haben wir die gestrige Schlacht gewonnen“, nickte Eravelle.

„Jetzt können wir nur noch hoffen, dass es die einzige Schlacht bleiben wird. Es wäre schön, wenn die gegnerische Seite sich überzeugen ließe, diesen Krieg zu beenden“, erwiderte Dana.
 

Prinz Lysander hatte selbstverständlich das prunkvollste Zelt im ganzen Lager und Dana staunte nicht schlecht, als sie es betrat. Sie hätte nie gedacht, dass man selbst so etwas einfaches wie ein Zelt so pompös herrichten konnte.

Der Boden war mit Teppich ausgelegt worden und neben einem riesigen Himmelbett befanden sich noch edel aussehende Stühle, ein Esstisch und ein Schreibtisch darin, auf dem sich eine Karte des Gebiets befand. Lysanders golden schimmernde Rüstung war ordentlich aufgestellt worden und auf einem anderen, kleinen Tischchen stand eine mit Wasser gefüllte Schale und ein gläserner Krug, was zeigte, das sich der Prinz erst vor kurzem gewaschen haben musste.

Der Prinz erwartete Dana bereits und bald würden auch die Abgesandten der Zwerge und der Dúath eintreffen.

Seit der Schlacht hatten sich die beiden Verlobten nicht mehr gesehen und Dana wirkte erleichtert, als sie erkannte, dass es Lysander den Umständen entsprechend gut zu gehen schien.

„Prinzes... äh... Dana! Ich bin froh, dich gesund und munter wieder zu sehen“, begrüßte er sie sofort und nickte auch Eravelle und Mellryn höflich zu.

Er saß an dem Schreibtisch, aber es schien nicht so, als hätte er gerade an irgendwas gearbeitet.

Sein Arm steckte in einer Schlinge und das zeigte deutlich genug, dass Lysander derzeit nicht in der Lage war, zu schreiben oder etwas anderes mit seinem Arm zu unternehmen. Die Schulterwunde musste tiefe Auswirkungen auf ihn haben.

„Ich wäre froh, wenn auch du gesund und munter wärst“, tadelte Dana mit einem sanften Lächeln. Sie wusste, dass er Schmerzen haben musste, aber er ertrug das alles sehr tapfer für jemanden, der Kämpfe eigentlich verabscheute.

Die Prinzessin selbst hatte zwar auch Verwundungen hinnehmen müssen, aber dank Eravelles Pflege waren sie nicht mehr allzu schlimm. Ihre Hand würde ein wenig länger zum Heilen brauchen, aber das war derzeit ihre geringste Sorge.

„Es wird verheilen und dann bin ich wieder ganz der Alte“, sagte Lysander. Er wollte keine zu große Sache daraus machen.

„Es tut mir aufrichtig Leid, dass ich noch nicht früher zu dir gekommen bin, Prinz“, begann Dana nun, aber Lysander unterbrach sie.

„Das macht nichts. Du warst bestimmt erschöpft und müde. Man hat mir bereits berichtet, was geschehen ist und ich bin sehr stolz auf dich. Haryons Gefangenschaft bedeutet einen immensen Vorteil für uns. Wir können jetzt viel Druck ausüben und den Krieg damit vielleicht beenden.“

Das Gesicht der jungen Elbin hatte bei Lysanders Worten einen dunkelroten Ton angenommen. Sie hatte gar kein Lob von ihm erwartet.

„Setzt euch doch bitte“, bot der Prinz seinen Besuchern nun endlich einen Platz an und nach einem kurzen Wink brachte ein Diener, den Dana bisher nicht einmal bemerkt hatte, Tee.

„Es wäre sehr wünschenswert, den Krieg tatsächlich zu beenden. Hoffen wir, dass sich Haryons Armee darauf einlässt“, sagte Mellryn, nachdem er einen Schluck des heißen Getränks genossen hatte.

„Bisher haben sie bedeutend mehr Verluste hinnehmen müssen als wir. Sie könnten uns vermutlich noch einmal angreifen, aber sie würden diesen Kampf höchstwahrscheinlich verlieren. Zumal die Moral der Truppen doch stark nachgelassen haben dürfte, nachdem wir die Nachricht der Gefangenschaft Haryons verbreitet haben“, erklärte Lysander.

Gerade, als Dana etwas dazu sagen wollte, betraten die Zwerge und weitere Elben das Zelt.

„Ich grüße Euch, Prinz Lysander, Prinzessin Dana, Prinz Mellryn“, erklang die Stimme Garim Eisenfausts.

„Es ist mir eine Freude, Euch begrüßen zu dürfen, Garim Eisenfaust und Oranor von den Dúath“, erwiderte Lysander höflich und dann fiel auch schon die Spannung von ihnen allen ein wenig ab, als sich die Neuankömmlinge ihre Plätze suchten.

Oranor war nach Tossindes Tod vorübergehend neuer Anführer der Dúath, aber das wusste Dana noch gar nicht, weshalb sie nun ein wenig verwirrt durch die Reihe der Elben blickte.

„Wo ist Tossinde?“, fragte sie Eravelle leise, auch wenn sie die Antwort schon beinahe ahnte.

„Du weißt das noch nicht?“, fragte Eravelle erstaunt zurück, senkte dann sofort ihre Stimme und flüsterte Dana die Wahrheit zu. „Er hat die Schlacht gestern leider nicht überlebt.“

Es war nicht zu übersehen, wie betrübt Eravelle über diesen Verlust war und Dana ging es da ähnlich. Sie hatte Tossinde nicht lange gekannt, aber der strategische Anführer der Elben war ihr sofort sehr sympathisch gewesen.

Aber nun war nicht die Zeit, über die Toten zu trauern. Diese Zeit würde noch folgen.

Nun war es notwendig, zu entscheiden, was jetzt geschehen sollte. Da waren Tränen fehl am Platz.
 

Die Gespräche dauerten länger, als der Prinzessin lieb war.

Das Ganze drehte sich immerzu im Kreis und sie schienen kein Stück weiterzukommen.

Sie war regelrecht erleichtert, als ein Bote erschien und die Ankunft Vorns ankündigte.

Soweit Dana verstand, war der Elb Vorn derjenige, der in Abwesenheit des falschen Königs die feindlichen Truppen befehligte.

Nun trat der dicke Elb mit den längst ergrauten Haaren - begleitet von ein paar Leibwächtern - in das Zelt von Prinz Lysander.

„Ich grüße Euch, Vorn“, begann Lysander sogleich, aber Vorn winkte ab.

„Es überrascht mich, hier eine Versammlung vorzufinden, der mein König nicht einmal als Gefangener beiwohnen darf“, sagte der ältere Elb mit seiner tiefen, rauen Stimme.

„Nun“, richtete Mellryn das Wort an den Neuankömmling, „er würde dieser Versammlung vermutlich beiwohnen, wenn er nicht noch immer bewusstlos wäre.“

Vorn machte ein noch finstereres Gesicht und man sah ihm die unausgesprochene Frage, wieso der König noch bewusstlos war, deutlich an.

Dana war überrascht. Sie hatte gar nicht gewusst, dass Haryon noch nicht wieder zu Bewusstsein gekommen war, aber sie hatte sich auch schlichtweg nicht nach ihm erkundigt. Nach dem gestrigen Tag hatte sie ihn nicht mehr sehen wollen, aus Angst, dass sie ihre Meinung vielleicht doch noch ändern würde.

„Also gut. Dann lasst uns verhandeln“, lenkte Vorn nun ein und setzte sich, nachdem ihm ein Platz zugewiesen worden war.

„Viel zu verhandeln gibt es nicht.“ Dana übernahm nun das Reden, denn immerhin war es ihr Krieg und sie musste schlussendlich entscheiden, was passieren sollte. Sie wusste, welche Meinungen ihre Verbündeten vertraten und dass sie vielleicht auch die Unterstützung verlieren konnte, wenn sie zu sehr eigenmächtig handelte. Aber es war ihr Land, das sie befreien wollte. Ihr Eledhrim-Ardh.

Der dicke Elb heftete seinen Blick auf die junge Prinzessin und schien sie mit den wachen, blassblauen Augen geradezu zu durchbohren.

„Ich möchte gar nicht lange um den heißen Brei herumreden. Ich will den Krieg beenden. Diese eine Schlacht hat genügt, um zu zeigen, wer der Stärkere ist. Es muss nicht noch mehr Blut unnötig vergossen werden!“ Danas Stimme klang fest und überzeugend. Sie stand voll und ganz hinter dem, was sie sagte.

Vorn nickte. Eigentlich war es genau das, was auch er dachte. Die Schlacht war für die Truppe Haryons schon verloren gewesen, als sich die Falle mit der Schlucht offenbart hatte.

Aritheas Armee konnte die des falschen Königs mühelos vernichten, dessen war sich der Berater vollkommen im Klaren. Aber welche Entscheidung konnte er ohne seinen König treffen? Was würde mit seinem König geschehen?
 


 

„Ich frage mich, wie es Dana und Zack ergehen mag!“

Sania zuckte zusammen, als Tante Marta diese Worte sagte. Jeder Gedanke an ihre beiden Kinder schmerzte sie ein wenig. Sie hatte Angst um die beiden und vor allem vermisste sie sie sehr.

„Bisher habe ich nur erfahren, dass sie den Bruder von Dana erfolgreich befreit haben und in einem Sanatorium in den Bergen untergekommen sind“, erwiderte sie, bevor sie mit zitternden Händen ihre Teetasse in die Hand nahm und einen Schluck trank.

Nachdem Silivren mit Jules gegangen war, fiel der Schneiderin im eigenen Haus wieder die Decke auf den Kopf und sie beschäftigte sich mit ihrer Schneiderei und dem Backen mehr, als ihr eigentlich lieb war.

So war sie auch zu Tante Marta gekommen – Sania hatte dermaßen viel Kuchen übrig gehabt, dass sie ihrer älteren Schwester welchen gebracht hatte. Migal aß zwar gern Kuchen, aber so langsam hatte er ihn einfach über gehabt.

„Es ist ein waghalsiges Unterfangen, dass sie ihr Land befreien will. Ich hoffe, sie schafft es.“

Tante Marta war von Sania und Migal immer wieder darüber informiert worden, was ihr Neffe und ihre adoptierte Nichte so trieben und natürlich machte sie sich auch ihre Gedanken darüber.

„Das hoffen wir alle, Schwester“, nickte Sania. „Sie ist sich der Gefahren offenbar bewusst, die auf sie lauern, aber ich hätte es doch nie verhindern können, so gern ich sie auch lieber hier hätte, als zu wissen, dass sie einen Krieg auslösen wird.“

„Du hast lange keine Nachrichten mehr erhalten, hm?“, erkannte Marta. Ihre kleine Schwester war schon immer etwas zu sehr besorgt um ihre Kinder gewesen, aber nun, da Dana ihre Bestimmung gefunden hatte, war Sania völlig krank vor Sorge. Das merkte man allein schon daran, dass sie trotz des vielen Kuchens an Gewicht zu verlieren schien.

Die Tatsache, dass Dana und Zack viel zu selten von sich hören ließen, tat da ihr übriges.

„Die letzte Nachricht kam aus dem Sanatorium. Und die war nicht mal von Dana selbst, sondern von ihrer Freundin Lydia. Offenbar wollten sie nach Arithea gehen, um dort Unterstützung zu suchen, aber ob das geklappt hat, weiß ich nicht.“

Marta nickte verständnisvoll. Auch sie machte sich Sorgen. Ihr Blick lag besorgt auf ihrer Schwester, während sie Dana ein wenig dafür verfluchte, dass sie sich nicht mehr meldete.
 


 

End of Part 93
 

ACHTUNG: "Alles wird sich ändern" wird nun ein kleines bisschen pausieren!



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Von:  Taroru
2011-01-15T15:51:33+00:00 15.01.2011 16:51
also erstmal....
gott, wie schaft ihr es das alle charas immer noch irgendwie da sind und nicht unter dem tisch fallen XD
und dann ist das alles noch so sinnvoll gehalten, und irgendwie so gar nicht verwirrend, trotz szenen wechsel *lach*
ich bin echt beeindruckt, wie ihr den überblick behaltet *lach*

aber eins muss ich jetzt noch unbedingt wissen >.<
wie lang wird die pause? T.T
ich bin doch noch immer so verdammt ungeduldig XD
Von:  Taroru
2010-10-03T17:39:51+00:00 03.10.2010 19:39
eins gleich vorweg... warum sind das nur vier seiten -.-° das hatte ich ja in null komma nix durch *lach* es ist aber auch verammt gut geschrieben XD so das ich wahrscheinlich auch bei hundert seiten so schnell gewesen wäre ;p

mir ist ein fehler aufgefallen ^^

'Estela rutschte ein Stück näher und strafte ihn mit einem bösen Blick. „Wieso? Willst du etwa behaupten ich sie oberflächlich?“'

'sie' sollte bestimmt 'sei' heißen ;p

mir gefällt estela immer mehr *lach* ich lieben ihren charakter XD
gut die anderen mag ich auch sehr ^^ sie sind halt alle sehr eigen und speziel ^^ aber gerade das, finde ich, macht die story gerade erst so lebendig ^^
ich bin gespannt wie das ganze enden soll, also lasst mich nicht so lange warten ;p
(und danke für das bescheid geben ^^ ich freu mich immer rießig wenn es weiter geht ^^)
Von:  Taroru
2010-08-02T23:16:05+00:00 03.08.2010 01:16
nach 16 stunden arbeiten... hat es sich wirklich gelohnt nach hause zu kommen *strahl* endlich konnte ich weiter lesen XD

an sich finde ich das wieder viel zu kurz -.-
aber es ist so verdammt gut geschrieben XD vor allem ihre erläuchtung gegen über zack war genial XD endlich hat sie es begriffen *lach* wirklich supie geschrieben ^^b

was in den buch so alles drinn steht, das würde mich ja auch interessieren XD
wann geht es weiter? ^^ wann kriege ich wieder was zum lesen? ;p
Von:  Taroru
2010-07-01T21:18:47+00:00 01.07.2010 23:18
^^
*strahl* ein supie kappi ^^
ich hatte wieder ne menge zu lachen XD und ich frage mich immer wieder wie man es schaffen kann... das soooo viele charas unter einem hut bekommt XD ich habe jedenfalls nicht das gefühl das jemand zu kurz gekommen ist oder so.... macht wirklich spaß es zu lesen ^^ nur eins finde ich sehr schade... warum ist das kappi so kurz >.< ich war viel zu schnell fertig mit dem lesen XD *lach*

ich freu mich aber schon auf das nächste kappi ;P und hoffe das man da erfährt was es nu damit auf sich hat ^^
Von:  Taroru
2010-04-27T12:58:31+00:00 27.04.2010 14:58
ui o.O da scheint sich ja noch einiges anzubahnen XD
aber das finde ich gut ^^ ich bin gespannt was da noch kommen wird ^^

an sich finde ich es sehr schade das das kappi diesmal sehr kurz ist, das wirkt ein wenig gedrungen und zusammen gepresst... das kann aber auch täuschen, weil ich einfach nicht genug lesen kann *lach* XD

von dem könig hat man jetzt ein ganz anderes bild o.O das hat mich irgendwie echt verblüfft, das gibt der geschichte wieder eine ganz andere wende XD man wird wirklich immer wieder überrascht XD

Von:  Taroru
2010-03-25T10:42:04+00:00 25.03.2010 11:42
waaaahhhh o.O
das ist richtig gut geschrieben.... und warum hört es jetzt plötzlich auf? das ist viel zur kurz >.< wie soll ich mich denn jetzt noch auf den unterricht konzentrieren, wenn ich mich jetzt frage was mit ihr ist? wie der kampf aus gehen wird? >.< ich bin doch so verdammt neugierig ^^°

die spannung kommt klasse rüber ^^ auch die kampf szene war gut geschrieben, ich konnte mir alles sehr gut vorstellen, es war nicht zu lang geschrieben, aber auch nicht zu kurz...
die einzelnen charas reagieren auch sehr gut auf die situation, es sind sinnvoll und nachvollziehbar gehalten, zu mal es ja auch auf die einzelnen charas passt XD ihr habt sie wirklich gut aufgebaut, sie wirken immer mehr lebendig ^^

ein satz ist mir beim lesen aufgefallen XD

'Immerhin kannte er ihn nicht. Doch Lydia liebte den Elben, also konnte er keine allzu schlechter Kerl sein.'

eigentlich müsste es heißen 'kein allzu schlechter kerl sein' oder? ^^ also bei 'keine' das 'e' weg ^^
aber man kann das auch gut überlesen XD *lach*
ich bin gespannt wie es weiter geht ^^b lasst euch also bitte nicht allzu viel zeit XD
Von:  Taroru
2010-03-03T14:13:33+00:00 03.03.2010 15:13
'Die Rüstung hatte eine ähnlich goldene Farbe wie die es Prinzen und die Armschiene quietschte, als sie ihren Arm hob, um Lysander die Hand auf die Schultern zu legen.'
'des Prinzen' müsste es heißen oder? o.O
ist mir nur so am rande aufgefallen XD
nicht weiter drauf achten ^^°

viel wichtiger finde ich ja.... verammt noch mal wie geht es denn jetzt weiter? was passiert jetzt? wie wird das ganze ende?
das ist echt fieß, bei so einer stelle auf zuhören ^^° jetzt platze ich doch noch mehr vor neugierde, als so schon XD

die charas sind wieder sehr gut getroffen ^^ sie sind alle einfach liebenswürdig ^^
hab mich auch gefreut, das es ein paar seiten mehr waren, als in den kappis davor XD *lach*
lasst mich jetzt bitte nicht so lange warten ja? ^^
Von:  Taroru
2010-02-17T21:17:22+00:00 17.02.2010 22:17
-.-° viel zu kurz... ich war viel zu schnell fertig mit lesen XD

estela *lach* ich mag sie auch immer mehr XD
sie überrascht einem immer wieder ^^ ich liebe sie einfach XD

danas vision dagegen gibt mir mächtig zu denken... ich bin wirklich gespannt wie das ganze ausgehen soll... so langsam wird es ja mehr oder weniger kritisch ^^°
waaaahh ich mag sofort weiter lesen ^^°
gott bin ich wieder ungeduldig, obwohl ihr mir schon zwei kappis gegeben habt.... (danke dafür ;p)

ich freu mich schon rießig auf die fortsetzung ^^
auch wenn ich warten muss ^^ kein streß ja? ^^
Von:  Taroru
2010-02-17T21:09:21+00:00 17.02.2010 22:09
^^
gut geschrieben, man merkt wie die lage sich so langsam zuspitz ^^
so langsam wird es wirklich ernst ^^

hier ist mir wieder aufgefallen wie ungezwungen die dialoge sind... das erstaunt mich immer wieder, es wirkt einfach frei ^^

der prinz gefällt mir auch immer mehr XD seine art und weiße ist einfach nur drollig XD *lach* auch die reaktion von zack *lach*

an sich fand ich das kappi viel zu kurz... gut das sind sie für mich ja eigentlich immer XD *lach*

*gleich weiter lesen geht*
Von:  Taroru
2010-02-05T20:57:23+00:00 05.02.2010 21:57
o.O
wow... das hätte ich dem prinzen gar nicht zugetraut XD in ihm steckt mehr als ich erwartet hätte XD
das macht in wieder interessanter ^^ gefällt mir ^^
ich bin auch immer wieder verblüfft wie ihr es schaft, so viel charas unter zubringen XD es kommt irgendwie niemand zu kurz bei ^^ und jeder hat seine eigenden charakterzüge, das gefällt mir von mal zu mal immer mehr XD

ich bin gespannt wie das ganze jetzt ausgeht... irgendwie mach ich mir da sorgen ^^° ihr habt mich in die story hineingezogen XD ich bin in dem bann gefangen XD *lach*

ich freu mich auf das nächste kappi ^^


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