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Fear.

Byo x Jin
von

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Prolog

Langsam tragen mich meine Füße die Treppe hinunter und auf die schwere Holztür zu, unter deren Rand ein schmaler Lichtstreifen hervordringt.

Von oben höre ich Yuuto rufen. „Was ist denn jetzt los? Können wir endlich weitermachen?“

Ich beachte ihn nicht.

Nun, da ich direkt vor der Tür stehe, dringen die Geräusche von innen ungehindert in mein Bewusstsein.

Ein Wimmern. Und eine leise Stimme. Wahrscheinlich Kazuki. Aber dann muss die andere Person...

„Jin.“

Leise flüstere ich deinen Namen. Warum weinst du? Du bist doch sonst nicht so.

Unentschlossen lege ich eine Hand auf die Türklinke.

„Ganz ruhig. Wir können ja für heute mit dem Proben aufhören, wenn du willst.“, murmelt Kazuki.

Du antwortest nicht.

Ich atme tief ein und öffne die Tür. Kazuki sitzt, einen Arm um dich gelegt, neben dir auf dem kleinen Sofa. Er sieht zur Tür, als ich eintrete. Doch ich realisiere seine Anwesenheit nicht.

Viel wichtiger ist, dass du mit tränenüberströmten Gesicht vor dich hinstarrst.

„Jin.“, sage ich wieder. Ich trete vorsichtig näher. Du scheinst mich nicht wahrzunehmen. „Was ist los? Wir wollten doch weiterproben.“

Kazuki steht ruckartig auf und steht nun direkt vor mir. „Proben?“ Seine Stimme klingt gereizt.

„Du denkst ernsthaft ans Proben?“ Er betont das letzte Wort überdeutlich und sieht mich an, als hätte er mich nie zuvor gesehen. „Siehst du denn nicht, was mit ihm ist? Ist dir etwa egal, wie es ihm geht?“

Kazukis Stimme wird lauter. „Wie kannst du nur so egoistisch sein? Was ist mit dir los?“

Ich starre ihn nur an. War meine Frage so unangebracht?

Bevor ich antworten kann, öffnet sich die Tür erneut und Manabu und Yuuto blicken verwirrt zwischen Kazuki und mir hin und her.

„Was ist’n los?“, fragt Manabu verwirrt.

„Nichts.“ Kazuki wirft mir noch einen abschätzenden Blick zu und lässt sich wieder neben dir nieder.

„Dann...gehen wir schonmal?“, fragt Yuuto langsam und sein Blick ruht nun auf dir, der du immer noch leise schluchzt.

„Was ist los mit ihm?“, fragt Manabu und stellt damit die Frage, die uns allen ins Gesicht geschrieben steht.

Kazuki zuckt nur mit den Achseln. „Es geht ihm in letzter Zeit nicht so gut.“

„Aha.“, murmelt Manabu zweifelnd und greift nach seiner Jacke, die er neben Kazuki auf dem Sofa deponiert hat.

„Du kümmerst dich um ihn?“, fragt Yuuto an Kazuki gewandt und dreht sich in der Tür noch einmal um.

Kazuki nickt und stärker als je zuvor kommt das Gefühl in mir auf, ungerecht behandelt zu werden. Von dir. Seit du dich von einem Tag auf den anderen von mir abgewandt hast und seither nur noch bei Kazuki anzutreffen bist.

Was habe ich dir getan, dass du mich derart ignorierst? Nach all den Jahren, in denen wir befreundet waren, in denen du mir alles erzählt hast, in denen du mit allem und jederzeit zu mir kommen konntest.

„Was ist denn nun?“, reißt mich Kazuki aus meinem Anfall von Selbstmitleid. Er ist anscheinend zu dem Entschluss gekommen,wieder normal mit mir zu reden. „Bleibst du noch oder gehst du?“

Ich sehe verzweifelt auf dich hinunter und nicke dann. „Ja ja, ich gehe. Bis demnächst. Und hoffentlich geht es ihm bald besser.“ Ich deute mit einer ruckartigen Kopfbewegung in deine Richtung.

Kazuki nickt und sieht mich traurig an. „Ich fürchte, du hast nicht die geringste Ahnung, wie schlecht es ihm geht.“

Ich schlucke. Es tut weh, diese Worte von ihm zu hören, auch wenn ich zugeben muss, dasselbe gedacht zu haben. Ich habe wirklich keine Ahnung.

Dennoch kommt es mir vor, als würde dieser eine Satz ein Loch in mich reißen. Zum ersten Mal wird mir wirklich bewusst, wie sehr du mir fehlst.

Wortlos drehe ich mich um und verschwinde mit schnellen Schritten aus dem Gebäude.

Draußen lehne ich mich schwer atmend gegen die Wand.

Wen interessiert schon, was Kazuki sagt?, höre ich eine Stimme in meinem Kopf.

Aber er hat recht., murmelt eine andere.

Ich zwinge mich zur Ruhe und lege meinen Kopf gegen die Wand. Die Stimmen verschwinden noch immer nicht. Was ist mit mir los? Hat Kazuki recht, und ich bin in letzter Zeit wirklich seltsam geworden? Bin ich verrückt?

Verwirrt löse ich mich von der Wand. Wenn du nicht mit mir reden willst, kann ich auch nichts daran ändern.

Doch, kannst du.
 

-----
 

Es tut mir leid, dass mein Schreibstil im Moment so hinüber ist, aber so ist das, wenn man krank ist >.< *auch noch extreme Kopfschmerzen hat*

Vielleicht hätte ichs aus dem Grund auch erstmal ganz lassen sollen, aber irgendwie...weiß ich sonst momentan nichts mit mir anzufangen Öö

Also die anderen Kapitel werden natürlich länger *hust* Aber das hier ist ja auch nur der Prolog...

UND ich schreib dann nicht mehr in der Ich-Form-.-

Okay, ich hätte irgendwie was Sinnvolleres schreiben können, weil irgendwie...is das hier komisch ôo *nich mag*

-1-

Missmutig zog Byo den Reißverschluss seiner Jacke hoch.

Es war alles andere als eine gelungene Probe gewesen. Und das lag nicht zuletzt an ihm.

Er zuckte zusammen, als ihm Yuuto aufmunternd auf die Schulter schlug.

„Musst du mich so erschrecken?“, fragte er schlecht gelaunt.

„Was bist du denn schon wieder so schlecht drauf?“ Kazuki hob eine Augenbraue und grinste.

Byo zuckte die Achseln. Tatsächlich war er sich nicht vollkommen sicher, woran es diesmal lag. Die Tatsache, dass Jin ihm aus dem Weg ging? Kazuki?

„Jin? Kann ich vielleicht kurz mit dir reden?“, presste er hervor.

Schlagartig wandten sich alle Jin zu, der mit versteinertem Gesichtsausdruck Byos Blick auszuweichen versuchte.

„Tut mir leid, Byo. Morgen vielleicht, ich muss schnell weg.“

Byo seufzte innerlich, während Jin mit schnellen Schritten den Raum verließ.

Wie oft hatte er diese oder ähnliche Antworten schon zu hören bekommen. Und noch immer hatte er nicht die geringste Ahnung, wodurch Jins abgeneigte Haltung ihm gegenüber entstanden war. Unkontrollierte Wut stieg in ihm auf.

„Bis morgen.“, sagte er abwesend zu den anderen und folgte Jin nach draußen. Von ihm war natürlich nichts mehr zu sehen.
 

Als Byo an seiner Wohnung angekommen war, hatte er sich wieder einigermaßen beruhigt. Dennoch führte er sich immer wieder den Zeitpunkt vor etwa einem Monat vor Augen, an dem irgendetwas passiert sein musste, das Jin dazu bewogen hatte, ihn als Freund aufzugeben. Ihm fiel beim besten Willen keine plausible Erklärung ein.

Aber schließlich hatte er die ganze Sache ja auch schon etliche Male durchgekaut. Und ohne ein Gespräch mit Jin würde er sowieso zu keinem Schluss kommen.

Kein Wunder, dass er nicht mehr mit dir reden will. Wer braucht dich schon?, ertönte eine Stimme in seinem Kopf.

Schwer atmend griff Byo nach einem Wasserglas und leerte es in einem Zug.

Und seit wann hörte er eigentlich diese Stimmen?
 

Am nächsten Tag fand die vorläufig letzte Probe statt. Sie hatten es alle für besser gehalten, danach eine zweiwöchige Pause einzulegen.

Jin war froh darüber. Dann hätte er wenigstens zwei Wochen, in denen er Byo nicht gegenübertreten musste. Aber war es wirklich das, was er wollte? Hatte er nicht vor nicht allzu langer Zeit noch so viel für den Sänger empfunden?

Da war er allerdings auch noch nicht so seltsam gewesen.

„Ich würde sagen, wir spielen jetzt noch einmal den ganzen Song, und dann machen wir Schluss für heute.“, riss ihn Yuutos Stimme aus seinen Gedanken.

Die anderen murmelten zustimmend.

Die Erinnerung an den letzten Tag stieg in Jin hoch. Hatte er Byo nicht gesagt, dass er heute mit ihm reden würde?

Er warf einen unauffälligen Blick zu dem Sänger, während er die ersten Takte des Songs anstimmte.

Vielleicht konnte er gleich einfach schnell verschwinden, bevor Byo ihn aufhalten konnte. Aber früher oder später musste er sowieso mit ihm reden.

//Aber nicht jetzt, nicht heute//

Er musste es versuchen.
 

Als sie den Song beendet hatten, lief Jin als erster die Treppe hinunter in den kleinen Raum, der eine Art Garderobe darstellte, und schnappte sich seine Jacke. Kazuki kam, gefolgt von Manabu, herein. Anscheinend unterhielt sich Byo noch mit Yuuto über irgendetwas, denn von oben waren leise Stimmen zu hören.

Wenn er nach draußen wollte, musste er an den beiden vorbei, und dann würde Byo ihn zweifellos aufhalten.

//Na toll. Dann kann ich die ganze Aktion schon vergessen//

Jin lehnte sich an die Wand und wartete, bis die lauter werdenden Stimmen auf der Treppe die Ankunft der beiden noch fehlenden Bandmitglieder ankündigten.

Er wartete, bis Byo und Yuuto den Raum betreten hatten, dann drehte er sich blitzartig zur Tür und lief auf den Ausgang des Gebäudes zu.

„Jin! Warte!“, hörte er Byos Stimme hinter sich, doch er beachtete ihn nicht.

Er hatte den großen Parkplatz vor dem Gebäude schon überquert, als er hinter sich schnelle Schritte hörte. Ohne sich umzudrehen ging Jin in eine Art Sprint über. Er wollte jetzt nicht mit Byo sprechen.

Und es war bestimmt Byo.

Jin seufzte laut auf, als ihn jemand von hinten an seiner Jacke festhielt.

„Ich will nicht mit dir reden.“, sagte er und drehte sich zu um.

„Ich aber mit dir.“

„Jetzt nicht.“ Er machte Anstalten weiterzugehen, doch Byo umfasste eines seiner Handgelenke und hielt ihn fest.

„Was soll das?“ Jin sah ihm zum ersten Mal seit einiger Zeit in die Augen.

Der fast aggressive Ausdruck im Gesicht seines Gegenübers überraschte ihn zutiefst. So kannte er seinen Bandkollegen definitiv nicht.

„Komm mit.“

„Wohin?“

„Komm einfach.“

„Nein.“

„Doch.“ Byo nahm nun auch sein anderes Handgelenk und schob ihn zu seinem Auto.

„Lass mich sofort los!“ Jin versuchte sich loszureißen, doch ohne Erfolg. Anscheinend hatte die Schwäche, die seit jenem Tag vor einem Monat Besitz von ihm ergriffen hatte, ihre Wirkung noch immer nicht verloren.

„Was ist mit dir los?“, japste er, als Byo ihn dazu brachte, ins Auto zu steigen.

„Das könnte ich dich auch fragen.“

Zum wiederholten Male fiel Jin die ungewohnte Härte in Byos Stimme auf.

„Wo fährst du hin?“

„Zu mir nach Hause.“

„Was soll ich da?“

Schweigen.

„Warum bist du so...so anders als sonst?“

Byo lachte freudlos, antwortete jedoch nicht.

Den Rest der Fahrt starrte Jin schweigend von der Rückbank nach vorne in den Rückspiegel, in dem er die Spiegelung von Byos Gesicht erkennen konnte.

Er hatte sich wirklich stark verändert. Nicht direkt äußerlich, aber in seiner gesamten Erscheinung, in seiner Art und seinem Umgang mit anderen Leuten.

Ob er irgendetwas versuchen sollte, um Byo dazu zu zwingen, anzuhalten?

//Wie stellst du dir das denn vor? Willst du ihn angreifen?//

Das würde er sicherlich nicht tun. Nicht, solange er keinen Grund dazu hatte.

//Aber wer weiß, was er mit dir vorhat//

„Komm raus.“, sagte Byo knapp und stellte das Auto ab. Jin bemerkte, dass er tatsächlich an seiner Wohnung geparkt hatte.

Kaum hatte er sich zögerlich auf den Bürgersteig begeben, griff Byo erneut nach seinem linken Handgelenk.

//Was hat er vor?//

„Was wird das?“, fragte Jin missmutig.

„Du bleibst erstmal hier.“

„Was? Nein.“ Panisch bemerkte Jin den fast schon irren Ausdruck, der in Byos Augen getreten war, als er Anstalten machte, sich mit ihm zum Hauseingang zu bewegen. Jin überraschte die Kraft, mit der er ihn hinter sich her zog. Blitzartig griff er nach dem äußeren Türgriff des Autos, aus dem er eben gestiegen war und klammerte sich daran fest.

„Stell dich nicht so an.“

„Lass mich los!“ Jin merkte wie seine Kraft nachließ. Lange würde er sich nicht mehr am Auto festhalten können. Die Straße lag verlassen da. Es war niemand in Sicht, der ihm in dieser bizarren Situation zur Hilfe kommen könnte.

„Hilfe!“, rief Jin laut und hoffte, dass ihn in den Nachbarhäusern jemand hörte. Im gleichen Moment rutschte seine Hand von der Türklinke ab und er stolperte in Byos Richtung. Dieser nutzte den kurzen Moment der fehlenden Kontrolle aus, um ihn ruckartig zur Haustür zu ziehen.

„Hilfe!“, rief Jin erneut.

Byo versuchte ihm den Mund zuzuhalten, wozu er einen Arm Jins loslassen musste.

Während sein Gegenüber hastig die Haustür aufschloss, versuchte Jin mit der freien Hand seinen anderen Arm loszubekommen. Gleichzeitig trat er gegen Byos Schienbein, was allerdings keine Wirkung auf ihn hatte.

Gerade in dem Moment, in dem Jin seinen Arm aus Byos Griff befreit hatte, öffnete sich die Tür und Byo stieß ihn in die Wohnung.

Jin wollte zurück zur Tür stürzen, doch Byo war schneller, drehte den Schlüssel im Schloss und schob ihn in seine Hosentasche.

„Was soll das? Lass mich hier raus!“ Hektisch sah sich Jin nach einem Fluchtweg um. Rechts von ihm lag die Küche, offenbar mit dem Bad daneben. Am Ende des Flurs hinter ihm befand sich das Wohnzimmer, welches, wie Jin wusste, eine zweite Tür zum Schlafzimmer hatte.

Aber einen anderen Eingang hatte er nicht in Erinnerung.

Die offensichtliche Unberechenbarkeit Byos machte ihm Angst, weshalb er es lieber nicht auf eine gewaltsame Auseinandersetung ankommen lassen wollte, indem er eine wahrscheinlich sowieso nicht mögliche Flucht wagte.

„Du bleibst erstmal hier.“, murmelte Byo wieder, ohne auch nur die geringste Erklärung für sein Verhalten zu geben und schob Jin in das relativ geräumige Wohnzimmer.

Byo schloss die Tür und ein Kratzen an der Tür bestätigte Jins Vermutung, dass die Tür nun verschlossen war.

Aber was war mit Byo los? Waren sie nicht mal die besten Freunde gewesen? Vor nicht weniger als einem Monat?

Überhaupt hatte er sich schon länger etwas unerklärlich verhalten, weshalb Jin immer mehr dazu übergegangen war, ihm aus dem Weg zu gehen. Dennoch hätte er sich nie träumen lassen, dass es jemals so weit kommen würde.

Noch immer schoss ihm eine einzige Frage durch den Kopf.

Was hatte Byo mit ihm vor?
 

-----
 

Nur für den Fall, dass jetzt jemand auf die Idee kommt: Nein, ich hab überhaupt nichts gegen Byo >_<

_2_

Jin blickte sich in dem mittelgroßen Raum um. Es gab kein Sofa, nur einen zerknautschten Sessel, der so an der Wand stand, dass man von ihm aus einen guten Blick auf den Fernseher hatte, der neben dem verstaubten Bücherregal an der gegenüberliegenden Wand stand.

Jin ließ sich in den Sessel fallen. Er hatte die letzte halbe Stunde damit verbracht, planlos in der Mitte des Raumes zu stehen und nachzudenken. Aber es half nichts, er konnte nur noch abwarten.

Das Fenster hinter dem Sessel wäre zwar notfalls groß genug für ihn gewesen, zumal Byos Wohnung im Erdgeschoss lag, jedoch war das Fenster verschlossen und der weiße Fenstergriff mit einem eingebauten Schloss gesichert. Den Schlüssel konnte Jin nirgendwo entdecken.

Trotzdem erhob er sich wieder und bückte sich unter das Fenster, um den Boden darunter abzusuchen. Ohne Erfolg. Es war zwar auch hier eine zentimeterdicke Staubschicht anzutreffen, doch von einem Schlüssel war nichts zu sehen. Jin nieste und verzog angeekelt das Gesicht, als er direkt vor seinem linken Fuß eine tote Spinne entdeckte.

Schnell wandte er sich ab und trat stattdessen zu dem kleinen Regal an der anderen Seite des Zimmers. Im obersten Fach lag ein Dutzend schwerer Bücher, die allerdings nicht den Eindruck machten, als hätte ihr Besitzer sie jemals aus dem Regal genommen.

In dem Fach darunter fand Jin einen alten Pappkarton. Neugierig zog er ihn heraus.

Im Inneren waren etliche Familienfotos zu Bündeln zusammengefasst gestapelt.

Jin musste unwillkürlich grinsen, als er das oberste Foto des ersten Bündels näher betrachtete. Der damals noch kleine Byo saß mit einem Fruchteis in der Hand auf einem kleinkindgerechten Stuhl an einem Tisch.

In der einen Hand hielt er den Eisstiel, in der anderen den leicht zermatschten Überrest des Eises, welches er offenbar vom Stiel gezogen hatte.

Erst jetzt fiel Jin das gänzliche Fehlen von Fotos an den Wänden auf. Es gab keine Aufnahmen von Hochzeiten, Geburtstagen, Besuchen im Zoo oder Weihnachtsfeiern mit der Familie, wie sie in dem meisten Wohnungen anzutreffen waren. Gerade so, als hätte Byo keine Vergangenheit, keine Erinnerungen.

Jin nahm ein etwas neuer wirkendes Bündel in die Hand. Ganz oben lag ein Foto, dessen Aufnahmedatum nicht viel länger als ein Jahr zurückliegen konnte. Und er selbst war mit abgebildet. Er erinnerte sich noch gut an den Tag. Er stand neben Byo und seiner Mutter im Wohnzimmer der neuen Wohnung von Byos Eltern, welche ihn und Byo eingeladen hatten, ihre Wohnung anzusehen. Offenbar hatte jemand kurz vor der Aufnahme einen Witz gemacht, denn Jin deutete lachend auf einen Punkt hinter dem Fotografen.

Jin seufzte tief. Damals waren sie noch gute Freunde gewesen. Und heute saß er eingesperrt in Byos Wohnzimmer.

Schritte auf dem Flur unterbrachen seine wehmütigen Gedanken.

Er legte den Fotostapel wieder in die Schachtel und richtete sich auf. Im gleichen Moment nahm er ein Knarzen hinter sich wahr, welches nur Byos Rückkehr bedeuten konnte.

Langsam drehte er sich um. Byo betrat den Raum und warf einen Blick auf Jin.

„Was...ist jetzt?“, fragte Jin unsicher.

„Nichts ist jetzt.“

„Wie lange muss ich hierbleiben?“

„Mal sehen.“

„Was heißt das?“

„Mal sehen.“, fuhr Byo auf.

„Und was soll ich hier?“, startete Jin einen neuerlichen Versuch.

„Weiß ich noch nicht.“

„Wie? Irgendwas musst du dir doch gedacht haben!“ Unter normalen Umständen hätte Jin spätestens an dieser Stelle laut aufgelacht, aber an der aktuellen Situation war ganz und gar nichts Komisches.

„Fick mich.“, ertönte Byos Stimme, völlig aus dem Zusammenhang gerissen.

„Was?“, fragte Jin ungläubig. „Nein!“

Byo kam auf ihn zu.

Hastig trat Jin ein Stück zur Seite und sorgte so dafür, dass der graue Ledersessel genau zwischen ihm und Byo stand.

„Was wird das hier eigentlich? Und außerdem muss ich aufs Klo!“, redete Jin drauflos, obwohl er selbst nicht daran glaubte, Byo auf diese Weise ablenken zu können.

Seltsamerweise jedoch ging er auf seine Ablenkung ein.

„Hm...okay, meinetwegen kannst du auch in der ganzen Wohnung rumlaufen, Fluchtwege gibt’s sowieso keine und ich werde gleich dafür sorgen, dass du das Telefon nicht benutzen kannst.“

//Gleich?//

Ohne zu überlegen stürzte Jin an Byo vorbei aus dem Zimmer. Er wusste, dass sich das Telefon in der Küche befinden musste. So schnell er konnte rannte er hinein, warf die Tür hinter sich zu und griff nach einem der Stühle am Esstisch, um ihn unter die Türklinke zu klemmen.

Er wusste, dass sein Vorhaben aussichtslos war. Der Stuhl passte nicht richtig unter die Klinke und würde schon bei leichtem Rütteln wegrutschen. Und dann hätte er sich den einzigen gerade erreichten Vorteil, die ganze Wohnung betreten zu dürfen, mit Sicherheit verspielt.

Aber jetzt war es zu spät. Der Stuhl wackelte bedrohlich. Er hatte keine Zeit zu verlieren.

Besser, er rief sofort die Polizei. Jin griff nach dem schnurlosen Apparat, den Byo auf der Arbeitsplatte abgelegt hatte, und warf einen nervösen Blick zur schweren Holztür.

Kaum hatte er die Nummer eingegeben, gab der Stuhl wie erwartet nach und Byo stieß die Tür so heftig auf, dass sie mit einem lauten Knall an die Wand stieß und die Klinke einen länglichen Abdruck an dieser hinterließ.

Jin versuchte das Telefon von ihm wegzuhalten, was aufgrund seiner Größe zwangsläufig misslingen musste.

„Willst du mich verarschen?“ Byo riss ihm das Telefon aus der Hand und warf es mit voller Wucht auf den Boden, wo es in tausende kleiner Teilchen zersprang.

Jin keuchte auf. War Byo jetzt schon so weit, dass er seine eigene Einrichtung zerstörte?

„Was muss ich tun, damit du endlich kapierst, dass du hier vorläufig nicht rauskommst?“

„Das werde ich schon noch.“ Jin funkelte Byo mit zusammengezogenen Augenbrauen an.

„Ach ja?“

„Kazuki wird nach mir suchen, wenn ich nicht zu Hause bin. Und dann wird er früher oder später hier aufkreuzen, weil dein Telefon nicht mehr funktioniert.“

Jin hatte seinen Satz erst halb zu Ende gesprochen, als er bemerkte, dass es absolut nicht klug war, Byo auf diese Weise zu drohen. Seine Augen verengten sich. „Wird er das? Und was macht dein Kazuki, wenn ich ihm ganz einfach nicht öffne?“ Byo versetzte Jin einen überraschenden Stoß, der dafür sorgte, dass Jins Kopf schmerzhaft gegen die Wand prallte. Byo trat hinzu und presste ihn an beiden Schultern gegen die Wand.

„Keine Ahnung. Lass mich los!“

Seit wann war Byo derart gewaltbereit?

„Damit du vermutlich ins Wohnzimmer rennst und mit dem Fernseher das Fenster einschlägst oder sowas?“, höhnte Byo.

„Mach ich ja nicht.“ Jin schloss die Augen, um das verschwommene Bild seines Gegenübers nicht mehr vor Augen haben zu müssen.

Im nächsten Moment spürte er, wie Byos Griff nachließ.
 

-----

Das Kapitel ist totaler Müll, und die ganze FF eigentlich auch >___<

Ich hab noch nie was Unrealistischeres geschrieben T_T

Und nein, ich hab auch immer noch nichts gegen Byo XD

*3*

Jin atmete tief durch und legte seinen Kopf auf die kühle gläserne Tischplatte vor sich. Minutenlang verharrte er in dieser Position. Er wusste nicht, ob er darauf wartete, dass Byo zurückkommen würde, wusste auch nicht, ob er ihn sehen wollte oder nicht, ob er den Grund für sein unnormales Verhalten erfahren wollte. Das einzige, was er sicher wusste, war, dass er nach Hause wollte. Er hatte seit zehn Stunden nichts mehr gegessen und Byo nach etwas zu fragen, traute er sich nicht. Hinzu kam, dass er mittlerweile tatsächlich auf die Toilette musste.

Jin hob den Kopf und lauschte. Er konnte leise Schritte hören, anscheinend ging Byo im Flur auf und ab. Doch erneute Wutausbrüche schien es nicht gegeben zu haben, seit der Sänger ihn vor einer Stunde erneut ins Wohnzimmer gebracht hatte. Warum eigentlich? Hatte Byo ihm nicht noch kurz zuvor zu verstehen gegeben, dass er ihn nicht mehr in dieses lassen würde, da die Fluchtgefahr zu groß war? Überhaupt wurde die ganze Angelegenheit immer merkwürdiger. Als er ihn ins Wohnzimmer geführt hatte, hatte Byo weitaus normaler gewirkt, fast wieder wie früher. Er hatte Jin auch nicht festgehalten oder ins Zimmer gestoßen, geschweige denn ihn angeschrien. Also was war los mit ihm?

„Byo?“, rief Jin entschlossen in die Stille. Die Schritte verstummten kurz und kamen dann näher.
 

Byo hatte Jin ins Wohnzimmer gebracht und sich dann ein Glas mit Wasser gefüllt, mit dem er nun fortwährend durch die Wohnung schritt und abwesend die leichten Wellen beobachtete, die sich durch seine Bewegungen auf der Wasseroberfläche bildete, während er die leisen Stimmen in seinem Kopf zu überhören versuchte.

Die Überreste des Telefons knirschten unter seinen Füßen. Wie war es dorthin gekommen? Hatte Jin es auf den Boden geworfen? Und überhaupt, wie war Jin hierher gekommen? Er konnte sich beim besten Willen nicht erinnern. Tatsache war, dass der Drummer offensichtlich Angst vor ihm hatte, was äußerst ungewöhnlich für ihn war.

Was hatte er mit Jin gemacht? Warum konnte er sich nicht erinnern? Das war doch nicht normal. Überhaupt schien seit einiger Zeit überhaupt nichts mehr normal an ihm zu sein. Es war nicht das erste Mal, dass längere Zeiträume förmlich aus seinem Gedächtnis gestrichen worden waren.

Byo hatte es auf zu viel Stress und Überarbeitung geschoben, doch jetzt, wo er darüber nachdachte, war es doch äußerst ungewöhnlich.

„Byo?“, hörte er Jins gedämpfte Stimme aus dem Wohnraum.

Er nahm einen großen Schluck Wasser, stellte das Glas im Regal neben ihm ab und trat in den Flur.

„Die Tür ist offen.“, antwortete er und bemerkte, dass seine Stimme zitterte. Seit wann war das so?

Byo sah, wie die Klinke langsam heruntergedrückt wurde und ihm einen Moment später ein fragend dreinblickender Jin entgegensah.

„Komm raus.“, sagte er verwirrt, als der Kleinere an der Tür verharrte und ihn nur unsicher anblickte.

Jin ging einen Schritt in den Flur und starrte Byo an.

„Was ist?“, fragte der, wobei er sich einerseits auf Jins Ruf, andererseits auf die komplette Situation bezog.

„Ich wollte mit dir reden.“, sagte Jin, der nun, da sein Gegenüber ihn nicht sofort wieder anschrie, etwas selbstbewusster klang.

„Okay.“, murmelte Byo und bedeutete dem Drummer mit einer Armbewegung, wieder ins Wohnzimmer zu gehen. Er realisierte erst jetzt, dass seine Hand zitterte.

Auch Jin schien es bemerkt zu haben, denn er sah ihn noch einen Moment verwirrt an, bevor er sich umdrehte und sich wenig später in den zerknautschten Sessel am Fenster fallen ließ.

„Also?“

Jin wartete, bis Byo sich ebenfalls gesetzt hatte, dann sagte er leise: „Was ist los mit dir?“

„Was soll sein?“, fragte Byo. Ihm war klar, dass seine Antwort nicht besonders intelligent war, doch musste er erst einmal herausfinden, was überhaupt passiert war.

Jin seufzte. „Du bist in letzter Zeit so komisch. Und vorhin...Du warst so aggressiv.“

„Vorhin?“

„Ja, vorhin. In der Küche.“

Byo sah ihn ausdruckslos an. „Was...äh...Was war da?“

„Was soll das heißen? Du warst dabei.“

„Sag mir einfach, was los war.“

Jin hob beide Augenbrauen, antwortete jedoch: „Ich bin an dir vorbei in die Küche gerannt und wollte telefonieren, dann hast du mir das Telefon aus der Hand gerissen und hast mich angeschrien.“

Byo schwieg.

„Dann...hab ich das Telefon auf den Boden geworfen?“

„Du willst mir doch nicht ernsthaft erzählen, dass du dich an nichts erinnerst? Ehrlich, Byo, willst du mich vielleicht für dumm verkaufen?“

Eine Weile sagte keiner der beiden ein Wort, bis Jin entnervt aufsprang. „Mir reichts. Ich will jetzt einfach nur noch hier weg.“ Halb rechnete er damit, dass Byo erneut durchdrehen würde, doch nichts dergleichen geschah.

„Okay.“

„Okay?“

„Natürlich.“ Byo sah auf. Jin konnte Verwirrung in seinen Augen erkennen, ebenso wie Angst. Wovor?

„Ähm...Gibst du mir dann den Schlüssel?“

„Ja...der Schlüssel.“, murmelte Byo zerstreut, sah einen Moment suchend im Raum umher, als erwartete er, ihn irgendwo in der Luft baumeln zu sehen, griff dann planlos in seine Hosentaschen.

Einen Moment starrte er das kleine Metallstück zerstreut an, bevor er es Jin in die Hand drückte.

„Du zitterst.“, sagte der leise und starrte erneut auf seine Hand.

„Äh...Ja, mir geht’s gerade nicht so gut.“, erwiderte Byo und schob seine Hände unter die Oberschenkel, um das Zittern zu unterdrücken.

„Hm...Und du lässt mich ernsthaft gehen?“, fragte Jin nach einiger Zeit, in der er reglos in der Mitte des Zimmers verharrt und Byo mit zur Seite geneigtem Kopf angesehen hatte.

Dieser nickte nun erneut.

„Na...dann.“ Jin durchquerte das Zimmer mit wenigen Schritten. An der Tür drehte er sich noch einmal um.

Byo saß nach wie vor auf dem kleinen Sofa und raufte sich die Haare. Er wirkte nun ganz anders als noch vor wenigen Stunden. Hatte er wirklich keine Ahnung, was passiert war? Konnte er ihn in diesem Zustand einfach so alleine lassen?

Im gleichen Moment rief sich Jin zur Ordnung. Byo war ein erwachsener Mensch und kein kleines Kind, er konnte sehr gut für sich selbst sorgen. Außerdem hatte er ihn ohne nachvollziehbaren Grund in sein Wohnzimmer gesperrt und er, Jin, dachte ernsthaft daran, ob es richtig war, einfach zu gehen?

Kopfschüttelnd trat er in den Flur und schloss die Wohnungstür von innen auf. Er sollte endlich aufhören, sich über andererleuts Probleme Gedanken zu machen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (24)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  lunatic_Luka
2009-01-19T23:09:41+00:00 20.01.2009 00:09
;__; abgebrochen.. wie schade *snif*
Von:  Jillian
2008-05-21T03:01:11+00:00 21.05.2008 05:01
Aaaaah~
Das ist genial~
*rofl*
Das Kapp ist kurz aber tollig XD~
*durchdreh*

Kannst du mir vll dann bescheid sagen, wenn es weitergeht? Ich habs jetzt nur per Zufall rausgekriegt, aber ich verplan das sonst -.-'
Doof, ich weiß, aber es gibt so viel, was ich lese *drooop* Und ich ab zu viel Favos XD~
Von:  Sini_x3
2008-05-19T19:34:48+00:00 19.05.2008 21:34
hmm ich find das kapi trotzdem toll.. auch wennu sagst dass du nimmer schreiben kannst...
aber... jin muss da beliben... byou tut mir soo leid TT-TT
er kann jetzt nciht einfach so gehen... v.v
und was ist mit byou los??
der amre~ >.<

mach schnell weiter~
ich mag die story bis jetzt echt gerne leiden ^^
LG
Sini
Von:  Sini_x3
2008-05-19T19:32:34+00:00 19.05.2008 21:32
hmm ich find das kapi trotzdem toll.. auch wennu sagst dass du nimmer schreiben kannst...
aber... jin muss da beliben... byou tut mir soo leid TT-TT
er kann jetzt nciht einfach so gehen... v.v
und was ist mit byou los??
der amre~ >.<

mach schnell weiter~
ich mag die story bis jetzt echt gerne leiden ^^
LG
Sini
Von:  lunatic_Luka
2008-05-19T10:34:19+00:00 19.05.2008 12:34
es geht weitääär *froi*
Joar.. bisschen kurzes Kap.. aber wenigstens etwas.. und es macht die Sache auch wieder spannend.. wird Byo in die Klappste gesteckt? Wird Jin ihm auch dahin folgen? xDD
LOL

Gefällt mir, gefällt mir <33333
Von:  Tatsu-addict
2008-05-18T15:58:46+00:00 18.05.2008 17:58
ich bin auch leicht verwirrt...
aber byou tut mir so leid...
*schnief*
*ihn in den arm nehm und tröst*
was ist nur los mit ihm? und vorallem was wird jin jetzt machen?
es sind noch einige fragen ungklärt...
also warte ich sehnsüchtig auf das neue kapitel! ^^
Von:  Jillian
2008-05-13T15:52:49+00:00 13.05.2008 17:52
XD~
Ich find die FF klasse, schreib doch biiiitte weiter ;-;
Ist so lange her, das du ein Kappi raus gebracht hast
*schniiiief*
Ich freu mich drauf, falls du weiter schreibst ^^
Gibst du mir dann bescheid, wenn du was neues hast?
Büdde? <3~
Von:  Sini_x3
2008-04-18T13:00:35+00:00 18.04.2008 15:00
weiteeeeer~ >.<
ganz ganz schnell~!
also mir gefällt der byou ja *räusper*
maaaah~ des is so spannend >.< *quäl*
weiter machen ganz schnell, ja?
*auf favo liste setz*

LG
Von:  lunatic_Luka
2008-04-11T13:45:29+00:00 11.04.2008 15:45
*slobber*
GOSH, wie geil is das denn *___* [Byo is perfekt]
Mehr mehr.. bitte!! *bettel*

Wow, oke meine Fantasie hat die FF mit dem Satz am Ende dieses Kaps schon fast beendet *lol* aber ich bin sehr sehr gespannt wie du das weiter schreibst.. hoffe bald gehts weiter!!!
Von:  lunatic_Luka
2008-04-11T13:36:09+00:00 11.04.2008 15:36
Liebe~
WoW, wie könnte man Byo nicht mögen? Du hast ihn super beschrieben *__*
Ich bin so gespannt was da noch kommt.. *hibbel*


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