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Kimba Staffel 3

Vom Paradis in die Hölle
von

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(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - pilot v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Einführungsgeschichte zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@Tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

" Vom Paradis in die Hölle "

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"Wenn du dir sicher bist, soll es geschehen!"
 

Der Zentralcomputer antwortete wie er es erwartet hatte. Was hätte er auch gegen seinen Vorschlag vorbringen können? Die Operation war halt im Laufe der Zeit immer dringender geworden und nun ließ sie sich einfach nicht länger aufschieben. Sie flogen also los.
 

Währenddessen schaute er sich die Daten nochmals an. Von der Struktur her waren sie mit Sicherheit richtig, doch was war mit der Strategie seines Planes? Diese zu überprüfen fiel dem Zentralcomputer trotz all seiner gewaltigen Rechenkraft zu schwer. Das konnte nur der biologische Supercomputer eines Lebewesens - zumindest Ansatzweise. Sein Verstand arbeitete sorgfältigst. Er wußte, diese Mission durfte auf gar keinen Fall schiefgehen. Er würde sie zwar vielleicht wiederholen können, doch der gescheiterte erste Versuch würde einen dunklen, schmerzenden Fleck in seinem Herzen zurücklassen.
 

Schon bald darauf waren sie bei der Erde angekommen. Der Subco sah auf den großen Bildschirm, worauf der blaue Planet mit all seinen Daten zu sehen war und war gar nicht erfreut darüber, was er sehen mußte. "Die Erde hat sich nicht gerade zu ihrem Vorteil entwickelt. Vielleicht hätte ich bleiben und aufpassen sollen? Andererseits..."
 

Er sann kurz über die Gründe nach, die ihn seinerzeit zu diesem Schritt, nämlich von der Erde Abstand zu nehmen, veranlaßt hatten.
 

"Andererseits hätte das ganze Projekt daran scheitern können, hier hätte ich nie die Ruhe und die Zeit gehabt, das alles aufzubauen. Die Feinde des Imperiums hätten die Menschheit als Geisel benutzen können. Und die Menschen selbst in ihrer grenzenlosen Gier wären bestimmt zu einer Geißel für mich geworden..."

Er liebte diese Wortspiele.

"Aber der Preis war hoch gewesen."

Zu hoch, wie er im Laufe der letzten Jahrzehnte hatte feststellen müssen.
 

"Alle Einheiten sind bereit für den Start der Operation Genesis!"

Die Stimme des Schiffscomputers holte ihn aus den Gedanken der Vergangenheit wieder in die Gegenwart zurück.
 

"Ich will gar nicht daran denken... , denn wenn mein Plan nicht klappt..."

Diesen Gedanken verwarf er immer sofort, denn er konnte das Ergebnis augenblicklich erahnen und es war alles andere als erfreulich. Das Schicksal der Galaxie, vielleicht sogar des Universums, könnte auf Dauer von dem Gelingen dieser Mission abhängig sein.
 

Also machte sich der Subco auf den Weg, die ersten Schritte seines Planes auszuführen. Bald würde er wieder auf der Erde stehen, wenn auch nur für kurze Zeit.
 

Die Sonne stand hoch am azurblauen Himmel. Der riesige Mondberg leuchtete durch seine weiße Spitze unter der heißen afrikanischen Sonne. Der Fluß, der an seinem Fuße entsprang, schlängelte sich durch das satte dunkle Grün des Dschungels, der sich von den Hängen des Mondberges ab mittlerer Höhe abwärts ins Tal erstreckte und schließlich in eine Savanne überging. Diese stellte zugleich eine hellgrüne, etwas eingestaubte Barriere zwischen dem lebendigen, saftigen Grün des Dschungels und der totenbleichen, gelblichen Farbe des Zerfalls dar, den die nahe Wüste mit sich brachte.
 

Dort, an der Grenze zwischen Dschungel und Savanne, waren die meisten der Großtiere zu finden. So grasten beispielsweise riesige Herden Zebras und Antilopen nahe des Flusses, dessen einer Arm auch durch die Savanne lief, an einem mächtigen Felsen vorbei, der das Aussehen eines Pilzes hatte, um dann schließlich in der Wüste zu versanden, während der andere Arm in eine etwas tiefer gelegene Region des Dschungels lief und dort einen größeren Sumpf nährte.
 

Aber auch einige kleinere Tiere hatten sich dort versammelt: Die Jungtiere. Denn es war noch Vormittag und die Schule noch nicht vorbei. So saßen sie also alle am großen Schulbaum und hörten mehr oder weniger den Worten ihres... naja... "Hilfslehrers" zu.
 

"... und die '9' schreibt man so: Erst oben ein kleiner Kreis, und dann ein Haken daran. Sehr ihr? Genau so."

Buckey war sehr in seine Arbeit als Lehrer vertieft. Etwas zu sehr, er bemerkte nämlich schon seit einiger Zeit nicht, daß die Jungtiere gerade an ganz anderen Dingen interessiert waren.
 

Lukas : "He, pssst, Piwi. Schau mal!"

Piwi schaute etwas vewundert auf das bemalte Blatt, das ihm Lukas gerade unter die Nase hielt.

Gira reckte ihren Hals: "Was ist das?"

Lukas : "Na, das ist Kimba, das sieht man doch!"

Gira grinste zu Lukas: "Das mußt Du aber erst noch dazu schreiben!"

Kimba : "Hm? Redet ihr über mich?"

Lukas : "Unverschämtheit! Das kann man ja wohl ganz klar erkennen, wer das ist!"

Piwi : "Ich würde es trotzdem lieber dazu schreiben, hi, hi!"

Lukas Gesichtsfarbe änderte sich mehr und mehr ins Rote.

Lukas : "Glaubst du, das dir das helfen würde? Du kannst doch sowieso nicht richtig lesen!"
 

Buckey drehte sich um.
 

Kimba : "Na, bei deinem Geschmiere ist das ja auch kein Wunder. Was soll das da eigentlich heißen?"

Er zeigte auf Lukas Zeichnung.

Lukas : "Das ist kein Geschreibe, daß ist ein Gemälde!"

Gira, Piwi und Dodi: "Bah, ha, ha, ha!"
 

Buckey : "Ähm, hört mal..."

Wirkten reichlich hilflos, seine Versuche...
 

Kimba (war schon leicht belustigt): "Und was soll das dann darstellen? Das sieht ja richtig doof aus!"
 

Buckey : "Leute, ich..."
 

Lukas : "Kein Wunder: Ich hab' ja auch DICH gemalt!"

Buckey : "Ich..."

Kimba : "Häh?! Was soll denn das jetzt heißen?"

Lukas : "Das soll heißen, dieses doofe Männchen da bist du! Deswegen sieht es ja auch doooooof aus!"

Kimba : "Hmpf, Unverschämtheit!"
 

Buckey explodierte quasi: "RUUUHEEE!!"
 

Alle : "Tschuldigung, Herr Lehrer."

Buckey : "Also bitte, wenn ich hier schon 'was erkläre, dann bitte ich mir auch eine gewisse Disziplin aus!"

Piwi : "Wo waren wir denn stehengeblieben, Herr Lehrer?"

Buckey : "Ja, das ist eine gute Frage. Also, bevor ihr andere Dinge für wichtiger erachtet habt, war ich gerade dabei, euch die Schreibweise der Zahlen beizubringen, wie die Menschen sie verwenden."
 

Lukas flüsterte zu Piwi: "Der soll bloß nicht so schlau tun, das hat der doch auch nur gerade erst von Daniel oder Pauley beigebracht bekommen..."

Buckey : "Lukas! Habe ich mich da verhört oder willst du die Tafel mal richtig sauber machen?"

Lukas versuchte zu protestieren : "Äh, aber ich hab' doch gar nichts gesagt!"

Buckey : "Los jetzt, keine Widerrede!"

Lukas : "Wie 'jetzt' ?"

Buckey : "Genau! Jetzt!"

Lukas : "Ich soll JETZT die Tafel putzen??"

Buckey : "Genau! Keine Widerrede!"

Lukas drehte sich zu Piwi, zwinkerte ihm zu, dann zu Kimba, der auch schon verstanden hatte. Dann machte er sich mit erstaunlichem Elan daran, die Tafel zu wischen.

Buckey : "Oh, sehr schön! Wie ich sehe, kannst du ja richtig brav sein. Du machst dich."

Lukas war kurz darauf fertig mit Tafelputzen.
 

Buckey : "So, dann wollen wir mal..."

Er versuchte mit Kreide etwas an die Tafel zu malen. Doch die blieb so, wie sie war.

Buckey : "Häääh? Was ist denn jetzt los?"

Kimba : "Aber Herr Lehrer, das weißt du doch, wenn die Tafel naß ist, kann man darauf nichts schreiben."

Buckey : "Oh nein. Und bei der Luftfeuchtigkeit heute dauert das noch Stunden, bis die wieder trocken ist - Da kann ich den Unterricht für heute quasi schon beenden."

Lukas : "Schule ist aus!"

Dodi : "Tschüß!"

Kimba : "Hey, gehen wir doch zum Abenteuerberg!"

Piwi : "Auja!"
 

Alles rennt weg.
 

Buckey : "Haaaaalllt!"

Aber zu spät, keiner war mehr da.

Buckey : "So ein Mist. So habe ich das doch gar nicht gemeint."
 

Lukas, Wildcat, Kimba und Piwi standen auf der Kuppe des Abenteuerberges, der bei fast allen Jungtieren des Dschungels recht beliebt ist, weil er zahlreiche Möglichkeiten zum Toben und Spielen bietet.

Lukas : "Es geht ganz einfach: Zweie können da drin sitzen und ein oder zwei andere schieben an, bis der Stamm von selbst weiterrutscht."
 

Vom eigentlichen Baumstamm war nicht mehr so schrecklich viel übrig, außer der Rinde und einer dünnen Schicht Holz darunter. Die Mitte des Stammes war nicht mehr vorhanden, genauso wie die eine Hälfte des Stammes, so daß dieser halb offen war. So erinnerte dieser Stamm recht deutlich an einen Einbaum.
 

Piwi : "Ich weiß nicht. Ist das denn nicht gefährlich in dem Ding den Berg herunterzurutschen?"

Lukas : "Ach was, außerdem ist das kein Berg. Das kann man allenfalls Hügel nennen."

Piwi trotzig : "Und wieso sagen wir dann Abenteuer - BERG und nicht -HÜGEL?"

Kimba : "Ach was. Wenn Lukas es vormacht, können wir auch - oder?

Piwi : "Ok. Lukas geht rein und wir schieben."

Wildcat: "Ich will auch schieben, ich will auch schieben!"

Kimba : "Gut, dann schiebt ihr beide eben."

Lukas : "Und keiner traut sich, mit mir mitzukommen... typisch!"
 

Lukas sprang in den halben Stamm hinein und Piwi und Wildcat machten sich daran, diesen zum Abhang zu schieben. Der Stamm ragte schon halb über den Abhang hervor, als er schließlich nach vorne kippte und sich immer schneller in Bewegung setzte.
 

Lukas : "Juhuu! Ich kann fliegen!"
 

Der Stamm wurde noch schneller und Lukas wurde stiller...

Doch da geriet der Stamm immer mehr ins Schwanken.
 

"Wie hält man das eigentlich an... ? Ich will aussteigen!" rief Lukas zu sich selbst und merkte, daß ihm bei der ganzen Sache doch nicht mehr so wohl war.
 

Schließlich schlug der Stamm an einen etwas vorstehenden Stein, kippte auf die Seite und rollte und seitlich den Rest des Hanges herunter. Wenige Sekunden später war er unten angekommen und auf der Wiese am Hang ausgerollt.
 

Kimba : "Auweia. Das sah aber gar nicht gut aus!"

Piwi : "Kommt, vielleicht braucht er Hilfe!"

Wildcat : "Also ob der DAS überlebt hat...?"

Piwi total entrüstet: "SELBSTVERSTÄNDLICH HAT ER! JETZT KOMM UND HILF!"

"Schon gut. Nur nicht aufregen," beschwichtigte Wildcat ihn.
 

Sie rannten zum Baumstamm, die offene Seite lag unten. Nachdem sie den Stamm mit Mühe gedreht hatten, sahen sie drinnen einen leicht lädierten Lukas liegen, dessen Gesichtsausdruck alles andere als Wohlbefinden ausdrückte.
 

Kimba : "Ist dir etwas passiert? Bist du verletzt?"

Lukas schaute mit großen, flehenden Augen zu Kimba hoch.

Lukas : "Bitte sprecht nicht! Schaut mich nicht an! Mir ist schon soooo schlecht. Alles dreht sich..."

Piwi : "Der sieht ja ziemlich mitgenommen aus."

Wildcat : "Also ich weiß nicht. Ob mir das Spaß machen würde...?"
 

Lukas grabbelte etwas desorientiert aus seinem Vehikel.

Lukas : "Natürlich macht das Spaß. Hab' ich doch gesagt. Und es hat Spaß gemacht. Wirklich."

Auf halben Wege des Aussteigens verlor er das Gleichgewicht und klatschte auf den Boden. Die drei anderen sahen sich fragend an.
 

Kimba : "Also weißt du, ich glaube nicht... "

Doch er konnte nicht aussprechen, da Cheetah, "die Dschungelpost" , gerade mit großem Lärm ankam.
 

Cheetah : "Kimba! Kimbaaaaa! Schneeeelll!

Nur durch eine massive Vollbremsung kam er noch kurz vor ihm zum stehen.
 

Cheetah : "Kimba, im Nordosten greift eine Horde Hyänen die Zebras an. Du mußt ihnen helfen! Schnell! Sonst ist es für viele zu spät!"

Kimba : "Hyänen? Seit wann greifen die denn Zebras an? - Da haben doch bestimmt Klaue oder Cassius ihre Finger im Spiel."

Cheetah: "Ja, das kann gut sein, ich habe nämlich Tom und Tap bei den Hyänen gesehen. Ich glaube, sie leiten den Angriff."
 

Kimba rennt los, quer durch den Dschungel. "Ich frage mich, was diese Attacke soll. Das sollte doch selbst Klaue schon bemerkt haben, daß das nichts bringt. Dank der Dschungelpost kann ich ja rechtzeitig dort sein."
 

Die Zebras standen dicht beisammen. Nervös reckten sie ihre Hälse, schauten hektisch um sich, während sie die Jüngeren in ihrer Mitte zu schützen versuchten. Doch ihnen allen war klar, das dieser Schutz eigentlich keiner war, denn wenn die Hyänen angriffen, würden sie ihnen nicht viel entgegenzusetzen haben. Etwa zwei Dutzend von diesen häßlichen, sabbernden Raubtieren umkreisten die kleine Gruppe von etwa

ebensovielen Zebras.
 

Immer wieder stießen einige der Hunde hervor, versuchten Panik und Unruhe in die Formation der Zebras zu tragen, um vielleicht im Durcheinander einfach ein Jungtier schnappen zu können. Doch auch, wenn die Angreifer sich immer wieder zurückzogen, wurde der Kreis um die Zebras langsam immer enger.
 

Kimba sah die Horde Hyänen schon von weitem. "Ohje, so viele. Das wird nicht einfach, ich muß mir gleich ihren Anführer schnappen, sonst greifen mich vielleicht zu viele auf einmal an."
 

"Hurra! Da kommt Kimba!" rief eines der Zebras.
 

"Tom da kommt Kimba!" rief Tap seinem Kumpel zu.

"Na dann sofort weg hier!" befahl Tom. Noch mehrere hundert Meter bevor Kimba am Ort des Geschehens eintraf, liefen die Hyänen bereits in die Savanne hinaus.
 

"Hierher, Kimba!" rief ein Zebra, während ein anderes schon erfreut feststellte:

"Kimba hat uns wieder mal gerettet."
 

"Ist euch nichts weiter passiert? Hat es Verletzte gegeben?" wollte Kimba sogleich wissen. "Nein, keine Verletzten, alles in Ordnung." versicherte eine Zebramutter, an deren Flanke sich gerade ängstlich ein wohl erst wenige Monate altes Zebrajunge schmiegte. "Dann ist ja nochmal alles gutgegangen. Hoffentlich kommen die Mistkerle nicht wieder." meinte Kimba.
 

Im Orbit an Bord der ISS Thunderstar leuchten die Kontrollleuchten des Sprachinterfaces des Zentralcomputers auf. Er war von dieser Aktion wenig begeistert gewesen, obgleich es natürlich nicht korrekt ist, bei diesem emotionslosen strategischen Superrechners von Begeisterung zu sprechen. Die halbwegs natürliche aber doch irgendwie etwas metallerne Stimme hallte etwas im Kommandoraum wieder: "Seine strategische Auffassungsgabe ist schlecht."

"Achja, der Zentralcomputer... . Er sollte mehr Geduld haben. Normale Lebewesen brauchen eben ihre Zeit, um zu lernen. Das sollte das nächste Update beinhalten." dachte sich der Subco und rollte seine Augen Richtung Decke. Dort sah er außer der Standartbeleuchtung kein Licht herkommen, im Gegensatz zu den Wänden und Konsolen, wo es von kleinen und großen Monitoren und Kontrollleuchten nur so wimmelte.

"Er wird noch darauf kommen..." erwiderte er schließlich und schaute wieder auf den Monitor.
 

"Kimba, Kimba! Es eilet sehr!

Wildhunde fallen über unsere Freunde her!"

Pauley Cracker konnte immer reimen, auch zu Zeiten, wo er völlig außer Rand und Band war. Warum er reimte, war jedoch nie offenbart worden.
 

"Schwing' keine großen Reden Pauley, sag' wo!" drängelte Kimba.

"Weit hinter'm Hügelkamm,

da greifen sie an!"

"Oh nein! Das ist ja am anderen Ende des Dschungels!" Kimba rannte also wieder los, so schnell er nur konnte. Er rannte, bis er seine Beine kaum noch spüren konnte, bis er meinte, daß ihm leicht schwindelig wäre, da sein Herz so raste. Doch es half nichts. Als er endlich angekommen war, hatten die Wildhunde schon schlimmes angerichtet. Eine ganze Reihe der arglos grasenden Tiere war ihnen zum Opfer gefallen und die Hunde waren mit ihrer Beute schon längst auf und davon.
 

"Oh nein, wie schrecklich," dachte sich Kimba tief deprimiert,"So viele von ihnen wurden erwischt. Und ich war nicht schnell genug da, um ihnen zu helfen. Es ist alles meine Schuld."
 

Mit hängendem Kopf ging Kimba dann zurück in den Dschungel, bis zu Daniels Restaurant. Ja, auch das Restaurant war Kimbas Idee gewesen. Es war schwer gewesen, es durchzusetzen, aber es hatte sich gelohnt. Inzwischen war es nämlich von den meisten Tieren akzeptiert worden und es gab anstelle von Kämpfen wegen Futterneides einen schönen, geruhsamen Ort mehr im Dschungel, wo man sich sicher fühlen und eigentlich immer viel Gesellschaft haben konnte.
 

Kimba jedoch wurde weder vom Hunger, noch von dem Verlangen nach irgendwelcher Gesellschaft angetrieben, als er die Stufe hoch in den inneren Teil des Lokales ging. Er war nicht nur zu tode betrübt, sondern auch reichlich ratlos. Er wußte nicht, was er nun genau falsch gemacht haben könnte, wie er es hätte verhindern können. Also tat er das, was er in solchen Situationen schon immer getan hatte:

Er suchte Daniel auf, der ihm immer sowohl ein guter Freund, als auch Ersatzvater und Mentor gewesen war.
 

"Kimba! Ach herrje, wie siehst du denn aus? Hat es irgendwelchen Ärger gegeben?" Daniel konnte es Kimba vom Gesicht ablesen, daß ihn irgendetwas schwer bedrückte. Aber so, wie Kimba in dem Moment aussah, war Daniel da bei weitem nicht der einzige, der dazu fähig war.
 

Kimba schaute Daniel aus seinen großen, tiefblauen und heute unendlich traurigen Augen an, seufzte kurz auf und erzählte ihm dann die ganze Geschichte.
 

"Ach Kimba. Ich weiß, wie du dich jetzt fühlen mußt,"tröstete Daniel,"aber du kannst eben nicht überall sein. Es war halt ein dummer Zufall, ein Unglück, nichts, für das du dir Vorwürfe machen solltest."
 

"Aber Daniel," wandte Kimba ein, "die Tiere verlassen sich auf mich. Ich habe ihnen ja auch gesagt, daß sie hier im Dschungel sicher sind, daß ich sie beschützen werde."
 

"Du hast sie ja beschützt - zumindest die, die zuerst in Gefahr waren. Und wenn die anderen eben zufällig näher zu dir gegrast hätten, hättest du auch sie noch beschützen können," wollte Daniel ihm verständlich machen.
 

"Hab' ich aber nicht!" Kimba ließ nicht locker. "Viele sind auf der Flucht verletzt worden, einige wurden sogar von den Wildhunden getötet. Wie soll ich das je wieder gutmachen?"
 

Daniel stöhnte auf. "Wie kann man nur derart selbstkritisch sein," dachte er sich. Doch bevor er sich erneut bemühen mußte, Kimba die Schuldgefühle auszureden, kam wie gerufen Cheetah angerannt:

"Alarm! Kimba! Die Wildhunde greifen die Jungtiere am Abendteuerberg an!" rief er außer Atem. "Du mußt dich beeilen, sie waren schon so gut wie eingekreist!" fügte er noch hinzu, doch Kimba war schon losgerannt. Denn wenn seinen besten Freunden etwas passieren würde, würde er sich das nie verzeihen.
 

"Hoffentlich schafft er es," meinte Cheetah zu Daniel.

"Keine Sorge, Kimba ist schnell und der Abenteuerberg liegt nicht sehr weit von hier."
 

Tatsächlich waren die Jungtiere inzwischen völlig eingekeist. Piwi zitterte am ganzen Körper.

"Lukas, ich hab' Angst!"

"Du brauchst keine Angst zu haben, ich beschütze dich vor den Wildhunden."

"Schaffst du das denn?" Piwi versteckte sich hinter Lukas vor den Wildhunden.

"Natürlich schaffe ich das! Paß mal auf, ich erschrecke sie jetzt!"

Lukas versuchte furchterregend zu brüllen oder zu fauchen, egal was es mal werden sollte, es klang eher nicht so furchterregend und hatte die Wirkung, daß die Wildhunde zwar kurz ihren Angriff abbrachen, aber auch nur, um zu lachen.
 

"Ich glaub' das hat nicht ganz geklappt... ," meinte Wildcat.

"Dann versuch's doch selber! Du kannst doch eh nur miauen!" gab' Lukas verärgert zurück.
 

"Chef, sieh, da kommt er!" einer der Wildhunde deutete mit der Vorderpfote auf den herbeirennenden Kimba. "Los! Rückzug!" befahl der Anführer sofort. In sekundenschnelle verschwanden die Wildhunde im nahen Dickicht.
 

"Hurra! Kimba hat uns gerettet!" rief Wildcat übermütig.

"Ist jemand verletzt?" fragte Kimba besorgt. "Nein, uns gehts gut, dank dir." antwortete Lukas. "Da bin ich aber erleichtert. - Ihr müßt euch ja schrecklich gefürchtet haben." "Ich habe nie Angst," log Lukas. "Na, das sah aber eben noch ganz anders aus." konterte Wildcat. "Hmpf. Was soll das heißen, Wildcat? Dich hätten die Hunde ja sowieso nicht töten können, du wärst ja vorher schon vor Angst gestorben!" schimpfte Lukas.
 

"Piwi, was schaust du so nachdenklich?" fragte Kimba. "Hm. Ich frage mich, warum sie diesmal nicht mit dir gekämpft haben. Es waren doch so viele." antwortete Piwi.

"Hm. Da hast du eigentlich recht. Ich frage mich... - oh nein! Mir schwant da schreckliches."

"Was denn Kimba?" wollte Piwi wissen.

"Nunja, als ich vorhin... "
 

"Kimba! Kimba! Schnell!" Buckey kam angerannt. "Die Hyänenbande greift unsere Farm an."

"Verdammt! Ich hab's doch geahnt. Wenn ich die erwische..." und wieder rannte Kimba los. Er rannte so schnell er konnte, doch es half nichts. Die Farm war viel zu weit weg vom Abenteuerberg. Die Hyänen hatten den Angriff bereits abgebrochen, nachdem sie zuvor alles verwüstet und einige der Tiere verschleppt hatten.
 

"Tja, das muß wohl eine neue Strategie von Klaue und Cassius sein. Die Hyänenbande ist gut mit ihnen befreundet zumal Tom und Tap selber Hyänen sind und großen Einfluß auf die anderen haben. Den Wildhunden werden sie wohl irgendetwas versprochen haben," meinte Daniel während Kimba traurig und verärgert am Tisch saß und das Essen in sich hineinstopfte.
 

Im Standartorbit der Erde durchzuckte es den Subco. Er war gerade durch wichtige taktische Planungen von Geschehnissen auf der Erde abgelenkt gewesen und hatte nur noch die Ausführung des Eingriffes des Zentralcomputers mitbekommen.

"Der Tip war völlig unnötig, er wäre auch so darauf gekommen. Am Abenteuerberg war es ja schon fast soweit gewesen." tadelte der Subco. "Das ist korrekt, er war bereits auf dem Wege, es selbst herauszufinden. Der Tip diente allein zur Beschleunigung der Ereignisse," gab der Zentralcomputer zu Protokoll.

"Dennoch, wenn du Kimbas Freunde aus Fleisch und Blut zu oft kontrollierst und lenkst, ändert das auch ihr Verhalten. Es sollte alles so identisch wie möglich ablaufen."

"Die Prüfung mit dem Doppelangriff hatte damals aber so nie stattgefunden. Der Entwicklungsprozess der identischen Persönlichkeit mußte also zwangsläufig mit Ausführung der letzten Stufe der Entwicklungsphase abgebrochen werden," ergänzte das System. "Ja, das stimmt. Leider war es ja notwendig." gab der Subco nach.

"Sind die abschließenden Tests nach dem Terraforming auf der Erde positiv verlaufen?" wollte er noch vom Elektro-Hirn wissen.

"Positiv. Der Wechsel kann ab sofort jederzeit stattfinden."

Der Subco nickte zufrieden und schaute wieder auf den Monitor.
 

"Es mag ja möglich sein, daß das eine neue Strategie ist, aber vielleicht ist es auch einfach nur meine Schuld. Vielleicht bin ich einfach zu langsam," warf sich Kimba erneut vor.
 

"Ich denke, wir sollten es für heute erst einmal gut sein lassen und eine Nacht darüber schlafen. Vielleicht sehen wir morgen eine Möglichkeit, die wir heute übersehen haben." schlug Daniel vor.
 

"Wahrscheinlich hast du recht, " gab Kimba nach. Er war auch schon recht müde - kein Wunder, nachdem er etliche Male quer durch den ganzen Dschungel gerannt war. Auf dem Weg nach Hause traf Kimba auf Kellyfant. "Guten Abend, Kellyfant." "Guten Abend, Kimba." Da Kimba gerade an ihm vorbeigehen wollte, versperrte er ihm den Weg. "He, warte mal!" Verwundert blieb Kimba stehen. "Ich habe gehört was passiert ist. Ich wollte dir nur sagen, daß das nicht deine Schuld ist, das mit den Tieren und der Farm. Wobei - die ist ja sowieso nicht ein so großer Verlust." Kimba war sauer: "Kein großer Verlust! Na hör mal! Die Farm soll uns alle ernähren, eigentlich sogar dich, wenn du wolltest. Willst du dich etwa über mich lustig machen?" "Reg' dich ab, Kimba," sagte Kellyfant, der erstaunlicherweise völlig gelassen blieb, "ich wollte dir nur sagen, daß du dir keine Vorwürfe zu machen brauchst. Niemand kann an zwei Orten gleichzeitig sein, auch du nicht." "Aber ich müßte. Sonst kann das morgen nämlich genauso weitergehen." erwiderte Kimba. "Na, wenn du meinst. Vorwürfe mußt du dir jedenfalls nicht machen, wenn es nicht klappt. - Obwohl mir das natürlich nicht passieren könnte. Aber das liegt nicht daran, daß du so viel schlechter wärest, meine Leute sind halt größer und stärker. Die würden die Wildhunde oder die Hyänen nie angreifen und wenn doch, wird es ihnen nicht bekommen. Und unsere Jungtiere nehmen wir einfach in die Mitte, da sind sie sicher." fügte Kellyfant hinzu.
 

"Das ist die Lösung! Danke Kellyfant!" rief Kimba plötzlich aus.

"Ich hab' zwar keine Ahnung, was du meinst, aber mir soll es recht sein." brummte Kellyfant, während er sich langsam wieder Richtung Steppe bewegte.
 

"Ja, jetzt weiß' ich, wie ich die anderen beschützen kann. Ich muß nur die starken Tiere bitten, sich immer in der Nähe einiger schwacher Tiere aufzuhalten. Dann können die Wildhunde und die Hyänen kommen wann und wo sie wollen, aber sie werden immer auf starke Gegner treffen, die sie mindestens so lange hinhalten, bis ich auch da bin." dachte sich Kimba und legte sich zufrieden schlafen.
 

Das Licht von den Monitoren in der Brücke tauchte das Gesicht des Subcos immer wieder in neue Farben und Farbkombinationen. Er überprüfte noch schnell die neuesten Daten, um bloß keinen Fehler zu machen. Er ging nochmal seine gesamte Strategie.

"Jetzt wechseln!" befahl er schließlich. Der Zentralcomputer hatte noch Einwände: "Er hat seine letzte Aufgabe noch nicht durchgeführt."

"Das macht nix," erwiderte der Subco, " er hatte die Idee, das reicht. Seinen Durchsetztungswillen hat er schon oft genug bewiesen und du hast vorhin selber eine beschleunigende Aktion durchgeführt. Du bist doch sonst so auf Effiziens aus. Wir haben eben keine Zeit mehr."

"Verstanden. Ich korrigiere die Strukturen."

"Gut. Sobald alles durchgeführt ist, setze ich mich mit dem Alpha-Transporter ab. Die Hellblinder und die Thunderstar sollen die 2. Flotte im äußeren Rim-Sektor treffen. Die Thunderstar wird wieder Kommandoschiff der Flotte und die Operation "Hyphen-Delete" wird ausgeführt, sobald wie es der Flotte möglich ist. Die Omega-Leitung zu meinem Transporter soll offen bleiben, ich wünsche, ständig über den Fortschritt der Mission informiert zu werden." befahl der Subco. "Verstanden." Die Antwort des Zentralcomputers war so knapp und ohne jeden Widerspruch, wie schon immer, wenn Krisenzeiten ins Haus standen.
 

Währenddessen schlief Kimba tief und fest, er träumte gerade von Rahja und wie er mit ihr über die großen Blumenwiesen des Mondberges tobte. Und immer, wenn sie ihn anlachte, spürte er, wie er glücklicher wurde, wie sein Herz stärker schlug, wie sich ein schönes Gefühl vom Magen aus quer durch seinen Körper ausbreitete. Er hätte am liebsten ewig diesen schönen Traum weitergeträumt, doch jemand anderes hatte da schon ganz bestimmte Pläne mit ihm.
 

So verschwand dann auch plötzlich sein schöner Traum und er stand auf einmal auf einer dunklen, grünen Wiese. Diese Wiese war nur etwa 10 mal 10 Meter groß und schien alleine in einem riesigen, vielleicht sogar unendlich großen, Raum zu schweben. Es gab keine Wände, keinen Himmel keinen Horizont. Da war nichts außer Dunkelheit und in großer Entfernung gigantische Energieblitze, die in Zeitlupe abzulaufen schienen und die Wiese durch ihr kaltes, weiß-blaues Licht erhellten.
 

"Wo bin ich?" wunderte sich Kimba. Dieser Ort gefiel ihm nicht, er ware so fremdartig und er konnte überhaupt nichts mit ihm anfangen.

"Hallo? Ist hier jemand?" Doch niemand antwortete und Kimba merkte, wie er langsam Angst bekam.
 

Er ging zum Rand der Wiese und schaute hinunter. Dabei wurde ihm sehr schwindelig, denn er sah keinen Boden, er sah nur das, was er meinte, als Himmel ausgemacht zu haben. Hier schien es kein "Oben" und kein "Unten" zu geben. Langsam spürte er eine leichte Panik in sich aufkommen. Als sich Kimba wieder umdrehte, sah er, wie die Luft direkt über der Wiese zu zittern begann und aus dem Nichts erschien eine Gestalt, aber so, als ob sie nur der Schatten einer realen Person wäre. Der Schatten sah menschlich aus, aber er wirkte dennoch so fremdartig. Er drehte sich etwas, so daß er Kimba frontal vor sich hatte und sprach:

"Die Welt wird sich verändern. Es ist ein großes Unglück geschehen und die Welt, wie sie bisher bekannt war, wird nicht mehr sein." Die Stimme klang menschlich, doch es war definitiv die Tiersprache, in der sie sprach. Das war seltsam und trug ebensowenig zu Kimbas Beruhigung bei, wie die ersten Aussagen. "Doch fürchte dich nicht," fuhr die Stimme fort, "sei frohen Mutes und gib in der neuen Welt nicht auf, auch wenn sie bei weitem weniger schön sein wird, als die, die du bisher gekannt hast. Wenn du mit Zuversicht die Aufgaben meisterst, die die neue Welt dir stellen wird, dann verspreche ich dir, wird sie dir nie wieder genommen werden."
 

Noch bevor Kimba irgendetwas sagen konnte, verschwamm die gesamte Traumwelt vor seinen Augen. Er fühlte sich ganz komisch. Sein ganzer Körper schien ein wenig zu kribbeln, aber es war anders als das, was man gewöhnlich als kribbeln bezeichnet. Er konnte es nicht beschreiben. Als der Traum ganz verschwunden war, war auch das Kribbeln verschwunden und er war aufgewacht. Es dämmerte schon, die Sonne würde bald hinter dem Horizont hervorkommen. Da er nicht mehr Müde war, beschloß Kimba aufzustehen.

Er war ein wenig verwundert darüber, daß es schon Morgen war. Gewöhnlich wachte er immer zwei oder drei Male in der Nacht kurz auf und schlief dann kurze Zeit später wieder ein. Doch diese Nacht war er nicht aufgewacht. Und er fühlte sich so ausgeschlafen wie schon lange nicht mehr. Kimba gähnte laut und streckte sich. Dabei bemerkte er einen eigenartigen Geruch in der Luft. Er war nicht besonders intensiv, aber es reichte allemal, um ihn wahrzunehmen.
 

Als Kimba aus seinem Unterschlupf hervorkam und sich umsah, bemerkte er sofort noch etwas komisches: Der Mondberg hatte plötzlich einen langen, schwarzen Strich bekommen. Er lief von etwa halber Höhe zwischen Bergfuß und Gipfel aus quer über die halbe Front des Berges bis er hinter den Bäumen des Dschungels verschwand. Es sah aus, als hätte da irgendetwas eine tiefe Furche hinterlassen.
 

"Das kann doch wohl nicht sein, träume ich etwa noch? Aber es wirkt alles so real. Am besten gehe ich zu Daniel. Der kann mir bestimmt sagen, ob ich träume oder nicht." beschloß Kimba.
 

Wenig später war er bei Daniel, der ihm versicherte, daß er bestimmt nicht träume. Buckey war auch bei Daniel, ebenso einige der anderen Tiere. "Sag mal, Daniel, warum sind die Tiere eigentlich alle hier bei dir? Gewöhnlich sind die meisten doch um diese Zeit im Restaurant," wollte Kimba wissen.

"Tja, Kimba, wenn das Restaurant noch da wäre, wären sie es vielleicht auch." antwortete Daniel.

"Was? Das Restaurant ist weg?" rief Kimba entsetzt aus.

"Ja und nicht nur das," fügte Buckey hinzu, "ich könnte schwören, daß gestern dort hinten noch ein Berg stand."
 

"Hm. Vielleicht hat das ja etwas mit meinem Traum zu tun." sagt Kimba halb zu sich selbst.

"Was hast du denn geträumt?" wollte Buckey wissen.

"Ich träumte, das ich auf einer kleinen Wiese in einer ganz komischen Welt stehe. Diese Welt hatte weder Himmel noch Erde, weder Links noch Rechts. Da ist dann nach kurzer Zeit ein Mensch oder so erschienen, aber eigentlich habe ich nur den Schatten gesehen. Und der sprach davon, daß sich die ganze Welt verändern würde und zwar nicht zu ihrem Vorteil. Und davon, daß ich Zuversicht haben solle und weitermachen solle und soetwas." erzählte Kimba.

"Ja, das stimmt!" rief Buckey, "ich hatte den Traum nämlich auch!"

"Das ist ja höchst erstaunlich, ich hatte genau diesen Traum ebenfalls." fügte Daniel hinzu. Auch die anderen Tiere in der näheren Umgebung stimmten zu, sie alle hatten diesen merkwürdigen Traum gehabt, wo sie alle jeweils alleine auf dieser grünen Wiese im Nichts standen und dann vor ihnen der Schatten erschienen ist, der ihnen etwas über die bevorstehende Veränderung der Welt prophezeit hatte.
 

"Also Zufall war das ganz bestimmt nicht, das wäre ja das erste Mal, das mir soetwas zu Ohren kommt." meinte Daniel schließlich.

"Ich habe schon von Geschwistern gehört, die den gleichen Traum hatten, oder Eltern und ihre Kinder. Aber daß das gleich bei allen Tieren einer Region vorkommt, das ist mir neu," ergänzte Buckey.

"Aber Buckey, du weißt doch gar nicht, ob sich dieser Traum nur auf die Tiere dieses Dschungels

beschränkt hat. Vielleicht ist ja die ganze Welt davon betroffen." meinte Kimba.

Daniel schien aufgrund dieser Gedanken etwas verwirrt: "Das stimmt. Aber wenn das so wäre... , ja..., das wäre ja ... ähm ... ein Weltwunder."

"Ich denke, wir sollten erstmal nachsehen, was sich alles verändert hat und herumfragen, wer diesen Traum noch alles hatte," entschied Kimba schließlich.
 

Sie wollten sich gerade auf den Weg machen, als Pauley angeflogen kam:

"Alarm! Das ist ein Riesenschreck:

Draußen sind alle Tiere weg!"

Kimba fragte ungläubig: "Alle?"

Pauley: "Alles weg, sogar die Giganten:

Zebras, Antilopen, sogar Elefanten."

Kimba: "Kellyfant auch? Der verschwindet doch nicht einfach so."

"Doch, alle großen Herden und alle Tiere, die gestern noch auf ihrer Reise bei uns Rast gemacht hatten sind wie vom Erdboden verschluckt. Außerdem hatte ich einen äußerst seltsamen Traum. Also, ihr werdet es zwar nicht glauben, was ich diese Nacht geträumt habe, aber ich muß es euch unbedingt erzählen - und glaubt mir, es ist wirklich wahr, es ..."

Buckey: "Pauley, die Mühe kannst du dir sparen. Wir hatten diesen Traum nämlich auch alle."

Pauley: "Häh? Aber... "

Daniel: "Es ist wahr. Alle Tiere des Dschungels hatten den gleichen Traum."

Kimba: "Hm. Wenn die Tiere, die rund um den Dschungel herum gelebt haben, alle weg sind, können wir erstmal niemand anderen fragen, als die anderen Dschungelbewohner. Ich schlage also vor, wir machen weiter, wie geplant und suchen ersteinmal alle Veränderungen, die es gegeben hat."
 

Kurze Zeit später rannte Buckey in Panik quer durch den Dschungel: "Die Farm ist weg! Die Farm ist weg!"

Kimba ist entsetzt: "Was sagst du?! Das darf ja wohl nicht wahr sein!"

Buckey: "Doch, leider. Sie ist wie vom Erdboden verschlungen. Es deutet nicht einmal etwas darauf hin, das dort je irgendetwas gewesen ist."

Kimba: "Und ich dachte schon, es ist schlimm, wenn die Farm verwüstet wird..."
 

Daniel schaute prüfend auf den Boden. "Wenigstens ist der Boden noch so, wie er früher einmal war. Theoretisch können wir hier pflanzen."

Kimba: "Ich weiß zwar nicht, was geschehen ist oder warum oder wie überhaupt, aber die Farm müssen wir unbedingt wieder aufbauen. Sonst haben wir spätestens in der Dürreperiode ein richtig großes Problem."
 

Wenig später waren die meisten Tiere mit dem provisorischen Wiederaufbau der Farm beschäftigt. Das Grundgerüst des einfachen Farmhauses stand schon und die ersten paar Teile der Felder waren schon für die erneute Aussaat vorbereitet, als schon wieder Buckey angerannt kam: "Kimba! Die Schule!"
 

Kimba: "Was ist damit?"

Buckey: "Die Schule - sie ist weg!"

Alle Jungtiere im Chor: "Hurra!"

Daniel: "Sehr merkwürdig."

Kimba: "Ich möchte nicht wissen, was sonst noch alles verschwunden ist . Vor allem..."
 

Kimba stockte kurz. Dann schnüffelte er in der Luft herum.
 

Kimba: "Hier stimmt 'was nicht... ."

Daniel: "Sicher?"

Kimba: "Ich könnte schwören, das uns irgendwer beobachtet."
 

Kaum hatte er das gesagt, bekam er die Richtigkeit dieser Aussage auch schon bestätigt. Hinter den Felsen nahe der Farm kamen plötzlich Menschen hervor, die sich dort wohl schon einige Zeit lang versteckt hatten. Aber sie bewegten sich irgendwie nicht normal und hatten ganz komische, meist zerrissene Kleidung an. Vor allem aber rochen sie kaum nach Mensch, wie Kimba fand. Ihre Gesichter waren fast völlig von den Kapuzen ihrer Kutten verdeckt und die Augen durch sowas ähnliches wie Sonnenbrillen oder Taucherbrillen geschützt. Von der Form her war es eher letzteres, aber die Gläser waren eindeutig getönt. Doch er hatte kaum noch Zeit, sich darüber zu wundern, denn diese komischen Menschen griffen ihn und seine Freunde sofort an.
 

In großer Furcht flohen die meisten der Tiere sofort in den Dschungel. Doch Kimba nicht. Er hatte nicht vor, ihnen die Farm zu überlassen oder sich von ihnen vertreiben zu lassen. Instinktiv gab er ihnen auch die Schuld an dem Verschwinden der Farm, zumal er ja sonst keinerlei Erklärung, geschweige denn Schuldige, hatte.
 

"Diesmal kommt ihr mir nicht so davon, " knurrte er sie an.

"Genau!" stimmte Lukas zu.
 

Kimba fuhrt entsetzt herum. Lukas stand nur wenige Meter links hinter ihm. Er war nicht mit den anderen in den Dschungel geflüchtet.

"Hast du eine Macke?!" ging Kimba ihn ungewohnt aggressiv an. "Die können dich umbringen! Sieh zu, daß du in den Dschungel kommst!"

Lukas: "Was denn? Ich werde unsere Farm verteidigen, genau wie du!"

Kimba: "Das geht nicht, du bist viel zu jung dafür! Außerdem ist hier eh nur der Boden vorhanden."

Lukas: "So'n Quatsch! Du hörst dich ja schon an wie ein Erwachsener! Außerdem gilt die Sache mit dem 'nur Boden' auch für dich."
 

Kimba wollte ihn daraufhin erst recht zusammenstauchen, aber er kam gar nicht mehr dazu, denn die Angreifer waren schon ganz nahe herangekommen und gingen auf ihn und Lukas los. Kimba wich dem ersten aus griff direkt den zweiten an. Der Säbel des ersten schlug also hinter Kimba in den Sand, während Kimba den zweiten Rücklings auf den Boden warf.
 

Lukas hatte da schon mehr Mühe mit seinem Gegner. Erstmal konnte er nichts anderes tun, als den Stößen seines Speeres auszuweichen. Doch dann sties der bis über beide Ohren vermummte Mensch den Speer zu heftig nach vorne und rammte ihn tief in den Boden. So tief, daß er ihn vorerst nicht mehr herausbekam. Lukas nutzte die Chance, sprang den Menschen ins Gesicht und warf ihn auf diese Weise ebenfalls auf den Boden.
 

Kimba hatte sich inzwischen zwei weitere der Kuttenmenschen vorgenommen. Der eine wurde von einem gezielten Prankenschlag niedergestreckt, der andere angesprungen und so mit dem Hinterkopf auf einen der zahlreichen Steine geworfen. Lukase hatte seinen ersten Gegner auch gerade so besiegen können, doch da wurde er von einem zweiten am Schwanz gepackt und in die Luft gehoben. Dort konnte er nichts mehr tun, als hilflos mit den Beinen zu rudern und um Hilfe zu rufen.
 

"Natürlich! Das war ja abzusehen..." ging es Kimba durch den Kopf. Um seinen Freund zu befreien ließ er von seinem dritten Gegner ab und kümmerte sich um den von Lukas. Der konnte ihm auch nicht lange standhalten und lag bald unter Kimba, seine Arme schützend vors Gesicht haltend. Doch dabei hatte Kimba zu viel Zeit verloren, die übrigen drei umstellten ihn und richteten ihre Speere auf ihn. Kimba schaute sich kurz um, um die Situation zu erfassen. Doch da bewegte sich der Mensch unter ihm Ruckartig und entkam, während Kimba erstmal auf dem Boden lag.
 

"Jetzt ist er fällig!" rief einer der Angreifer.

"Komm her, wenn du dich traust!" entgegnete Kimba in Menschensprache.

"Ich fürchte, das wird der auch gleich..." meinte Lukas und wurde mit einem strengen Blick von Kimba bestraft.

" 'tschuldigung..." gab er dann kleinlaut von sich.
 

Doch er hatte mit seiner ersten Aussage recht, der Mensch - oder besser: alle von ihnen - rückten gleichmäßig auf die beiden zu und schlossen sie immer enger ein. Kimba und Lukas standen seitlich zueinander, in die jeweils andere Richtung ausgerichtet. In dieser Position würden sie kaum eine Chance haben. Das war ihnen ebenso klar wie den Menschen um sie herum.
 

Plötzlich wurde einer der Menschen von einem Minipfeil getroffen und ging zu boden, die anderen zwei drehten sich um und sahen einen schwarzen Jungen auf dem Boden hocken. Er war größtenteils in Deckung hinter einigen der größeren Felsbrocken und halb hinter einem großen Stamm. Er blies ein zweites mal in das kleine, hohle Rohr, welches er in der rechten Hand hielt und ein weiterer der Menschen ging zu boden. Kimba nutzte die Gelegenheit und griff den einen vor ihm an. Der zweite von den beiden, die noch übrig waren, wandte sich zur Flucht, doch Lukas sprang ihn gleich von hinten an und brachte ihn ins stolpern. Dennoch reichte die Kraft des Menschen den jungen Geparden in hohem Bogen von sich zu werfen und weiter zu rennen.
 

Nach etwa 10 Metern brach er dann plötzlich ebenfalls zusammen. Der schwarze Junge hatte nochmals in sein Rohr geblasen.
 

Kimba hatte den letzten der Angreifer ebenfalls überwältigt und stand nun neben dem ohnmächtigen Menschen, in die Richtung des vermeindlichen Helfers sichernd. Er musterte ihn kurz. Er dürfte wohl so um die 13 Jahre alt sein, etwa 165 cm groß, mit dichtem wuscheligen Haar, das teilweise über seine Augen drüberhing und ihn eigentlich beim Sehen behindern müßte und war insgesamt von recht schlanker, geradezu magerer Gestalt. Als Kimba in seine dunkelbraunen, fast schwarzen Augen schaute, konnte er keinerlei Aggression feststellen. Er würde sie nicht angreifen.
 

Er ging dann kurz zwei Schritte auf den Jungen zu und sagte in Menschensprache: "Danke!"
 

Der Junge schaute erstaunt. Nicht ganz so sehr, wie die Menschen gewöhnlich erstaunt waren, wenn sie den weißen Löwen in ihrer Sprache reden hörten, aber immer noch ein ganzes Stück.
 

"Du kannst also wirklich sprechen. Ich dachte, ich hätte mir das vorhin nur eingebildet." sagte der Junge. "Ich heiße übrigens Mbangi." fügte er gleich hinzu.
 

"Hallo Mbangi. Danke für deine Hilfe. Mein Name ist Kimba und mein sich selbst überschätzender Freund hier heißt Lukas." stellte Kimba sich und Lukas vor.

"Was heißt hier 'sich selbst überschätzend'? knurrte er Kimba in Tiersprache an.

Doch der reagierte nicht darauf, sondern lächelte freundlich seinen neuen Freund Mbangi an.
 

"Du, Mbangi, was waren das eigentlich für komische Menschen, die meine Freunde hier angegriffen haben?"

"Das sind ganz böse Menschen. Wir nennen sie die Dunkelpiraten. Meistens schlagen sie nämlich in der Nacht zu. Sie vertragen das Sonnenlicht nämlich nicht gut. Diese Bande zieht quer durch die Region, überfällt kleine Dörfer, raubt Reisende aus und verbreitet Angst und Schrecken. Eigentlich halten sie sich nicht sehr lange in dieser Gegend auf, wahrscheinlich sind sie auf der Suche nach anderen Dunkelpiraten, um den einen größeren Konvoi oder Flüchtlingstrek anzugreifen."
 

"Was für ein Konvoi oder Flüchtlingstrek?" wollte Kimba wissen.

"Der dort vorne!" gab Mbangi zurück und zeigte auf eine große Staubwolke am Horizont.

"Sind die auch gefährlich?" fragte Kimba vorsichtig.

"Keine Ahnung. Vielleicht ja, meistens aber nicht." erklärte Mbangi.
 

"Sag mal, warum wunderst du dich eigentlich nicht, daß wir Tiere deine Sprache sprechen können?" wollte Kimba wissen.

"Naja, es sind hier in der Gegend in letzter Zeit derartig viele seltsame Dinge geschehen, da wundert mich inzwischen gar nichts mehr." meinte Mbangi nur.

"Ja ich weiß. Sehr merkwürdig, wie sich die ganze Welt verändert zu haben scheint. Sag mal, Mbangi, hattest du letzte Nacht einen merkwürdigen Traum wo dir jemand erschienen ist und sagte, daß sich die ganze Welt verändern würde?" fragt Kimba ihn.

Mbangi schaute etwas irritiert. "Nein. Und die ganze Welt hat sich ja auch nicht verändert, nur die Gegend hier, wo jetzt der Dschungel steht."

"Nur die Gegend hier hat sich verändert?" Kimba wußte mit der Antwort nicht viel anzufangen.

"Ja. Du weißt doch, noch vor ein paar Wochen war hier alles nur Wüste und tote Erde und plötzlich war das ganze Gift und der ganze Kriegsschrott verschwunden. Dafür fing plötzlich wieder das Gras an zu sprießen, als ob nichts gewesen wäre. Und alle diese Bäume sind dann plötzlich in binnen von diesen paar Monaten so groß und mächtig geworden, als ob sie hier schon Jahrzehnte stehen würden. Oder findest du das nicht merkwürdig, daß hier plötzlich ein Dschungel aus dem Nichts und inmitten eines Giftteiches entstanden ist?" erklärte Mbangi.
 

Kimba war während dieser Erklärung der Mund offen stehengeblieben. Der Dschungel sollte zuvor nicht dagewesen sein? Da soll Gift und Kriegsschrott gewesen sein? Woher denn? Und wo hatte er dann seine bisherige Jugend verbracht, wo lebte Daniel und einige andere Tiere schon seit Jahrzehnten, wenn es diesen Dschungel erst seit ein paar Monaten gab? Kimba war total verwirrt und wußte darauf erstmal nichts zu sagen.
 

Lukas war ebenfalls reichlich überrascht von dieser Antwort und schaute - ebenfalls mit offenem Mund - fragend Kimba an.
 

"Du, ich muß jetzt wieder nach Hause, Kimba," unterbrach Mbangi die Stille, "Und du solltest auch nicht länger hier sein. Zumindest nicht, solange die hier noch herumliegen." Mbangi deutete auf die Dunkelpiraten.

"Die anderen Dunkelpiraten werden sicher bald kommen und nach ihren Kameraden suchen. Warte einfach, bis sie sie mitgenommen haben. Wenn der Flüchtlingstrek weiterzieht, werden die Piraten mit ihnen ziehen, dann seid ihr hier wieder sicher."

"Danke, Mbangi. Wann kann ich dich denn wiedersehen?" wollte Kimba noch wissen.

"Ich bin Morgens, Mittags und Abends am Fluß dort hinten um zu trinken. Ist ja auch einer der wenigen mit trinkbarem Wasser. Genaugenommen dort am großen Felsen auf der Wiese. Wenn man dort oben liegt, kann man alles gut beobachten."
 

Kimba und Lukas verabschiedeten sich von Mbangi.
 

"Man. Ist ja echt heftig, was wir da gehört haben. Ob der uns bloß angelogen hat? Was meinst du, Kimba?"

"Also ich glaube kaum, daß sich jemand etwas derartig unglaubwürdiges ausdenken würde, wenn er uns belügen wollte. Aber es kann ja auch gut sein, daß nicht die Welt sich verändert hat, sondern daß wir plötzlich... aber nein, wir haben uns ja nicht verändert. Ich weiß nicht, Lukas. Ich glaube, das behalten wir besser erstmal für uns, bis wir etwas mehr darüber wissen. Ok?"

"Ok. - Wollen wir uns den Felsen mal ansehen, Kimba?"

"Später vielleicht. Jetzt sollten wir erst mal nach den anderen sehen und ihnen von unseren übrigen Erlebnissen berichten," meinte Kimba.
 

Kurze Zeit später saßen sie bei ihren Freunden an der Stelle, wo früher Daniels Restaurant gestanden hatte. Einige der Tiere hatten offenbar schon begonnen, den Wiederaufbau des Restaurants in Angriff zu nehmen, etwas Platz geschaffen und einige Baumstämme herangeschafft für den Bau von einfachen Stühlen, Tischen und Unterlagen.

"Tja, wir haben noch eine Menge wiederaufzubauen, einen neuen Freund gewonnen und leider auch eine Menge an Feinden gekriegt." zog Daniel nach einigem Reden den Schlußstich.

"Ich denke, wir werden es schaffen. Egal wer das war, in unseren Träumen, er muß verdammt mächtig sein, wenn er uns alle diesen Traum schicken und die ganze Welt verändern kann. Und er hat gesagt, wenn wir es schaffen, diese Welt aufzubauen, wird sie uns nicht mehr genommen werde. Auch hat er gesagt, daß wir es schaffen werden. Also bin ich zuversichtlich, daß wir auch mit dieser Situation fertig werden können." fügte Kimba hinzu.
 

Jede Lichtquelle der Brücke des Transporters war mittlerweile eine Qual für ihn geworden. Sein Kopf tat ihm inzwischen weh. Offenbar hatte der Subco schon zu lange auf die Monitore seines Schiffes gestarrt. Er würde sich schon bald schlafen legen müssen. Trotzdem war er noch in der Lage sich zu konzentrieren und die Systeme seines Schiffes soweit zu konfigurieren, daß er noch immer mitkriegen würde, was ihn interessierte. Das waren in erster Linie die Aktionen von Kimba und seinen Freunden auf dem Planeten, aber auch eingehende Meldungen vom Imperialen Oberkommando und vom Zentralcomputer. Als er ein vorläufig letztes Mal auf den Monitor blickte und den letzten Satz von Kimba hörte, spürte er ein angenehmes Kribbeln im Körper. So ähnlich wie jenes damals, als er zum ersten Mal in den Weltraum flog. Wieder begann etwas so zu laufen, wie er es sich gedacht hatte. Und wieder wäre alles verloren gewesen, wenn es nicht der Fall gewesen wäre. Aber ganz sicher war er sich noch nicht, ob sich dort unten auf dem blauen Planeten alles zu seiner Zufriedenheit weiterentwickeln würde.
 

Schon längst schaute ihm niemand mehr zu, als Kimba vorsichtig durch das hohe, vertrocknete Graß schlich. Eigentlich war es schon wieder zu hoch, denn jedes Mal, wenn er mit einer seiner Pfoten ein Grasbüschel striff, wackelte jenes gut sichtbar zwischen den unzähligen anderen. Die ersten Zelte des Konvois waren etwa 100 Meter vor ihm. Plötzlich hörte er es hinter sich knacken. Er zuckte zusammen. Jetzt war er entdeckt worden! Ja, direkt hinter ihm war mindestens einer, der derartig wenig Abstand zu ihm hatte, daß er ihn zwangsläufig sehen mußte. Kimbas Körper spannte sich an, seine Krallen fuhren in den Boden. In Erwartung eines Angriffes drehte er langsam seinen Kopf herum, um seinen potentiellen Feind sehen zu können.
 

Ein warmer, trockener Luftzug wehte ihm ins Gesicht. Kimba atmete tief ein, um schon in etwa ein Bild von seinem Gegner zu erhalten. Entweder war es wieder einer der Dunkelpiraten, die sich ja theoretisch auch an diesen Konvoi oder Flüchtlingstrek heranschleichen könnten oder es war eine Wache des Lagers. Doch er konnte beim besten Willen keinen Menschen oder etwas menschenähnliches erriechen. Statt dessen meinte er deutlich den Geruch von Geparden wahrnehmen zu können. Genaugenommen von zwei Geparden, die er schon sehr gut kannte... .
 

Er drehte sich also ganz herum, während er seine Krallen schon wieder eingezogen hatte. Und schon sah er sie ankrabbeln. "Lukas! Wenn du schon nicht auf mich hören und im Dschungel bleiben kannst, dann zieh da wenigstens nicht noch den Kleinen mit hinein! Ich kann nicht noch auf euch beide aufpassen," fauchte Kimba Lukas an.
 

"Ich bin schon groß. Ich kann auf mich selbst aufpassen," tat Piwi erwachsen.

"Wie niedlich..." seufzte Kimba, verdrehte die Augen und war deutlich wenig begeistert von dem Umstand, Begleitung zu haben. "Du gehst sofort wieder zurück, Lukas! Und Piwi nimmst du gleich mit, klar?" bestimmte Kimba. Piwi schien aufgrund der Aussage Kimbas 'wie niedlich' etwas angesäuert.
 

"Ich hab den Weg zurück vergessen, Kimba. Du müßtest uns führen." Lukas stellte sich dumm. "Hmpf. Ich glaub' dir kein Wort, aber ich habe jetzt weder Zeit noch Lust mich stundenlang mit dir herumzuärgern. Von mir aus kommt mit, aber glaubt bloß nicht, daß ich euch heraushole, wenn ihr in Schwierigkeiten steckt!" meinte Kimba verärgert.

"Kimbalein versucht böse auf uns zu sein... wie niedlich... ," stichelte Piwi. Lukas hatte alle Mühe, nicht laut loszulachen, verzog aber deutlichst das Gesicht.
 

Kimba gab daraufhin entnervt auf und schlich ohne ein weiteres Wort darüber zu verlieren wieder auf das Lager zu. Lukas folgte ihm dicht. Piwi anfangs auch, hatte jedoch noch etwas Mühe beim Schleichen und hatte schnell einige Meter Abstand zu den Beiden. Kurz darauf hatte er sie aus den Augen verloren und er orientierte sich mehr am Geruch und an Geräuschen.
 

"Was ist?" fragte Lukas Kimba, der kurz einige Sekunden lang inne hielt. "Wir müssen noch weiter ins Lager hinein. Die Wachen hier draußen sagen ja fast gar nichts. Da können wir nicht erfahren, was das für Leute sind oder was die vorhaben," erklärte Kimba kurz flüsternd.

"Jetzt hier entlang! Und kein Laut!" fügte er hinzu.
 

Piwi meinte, eben noch Kimba etwas flüstern gehört zu haben. Etwa 20 Meter weit links vorne vor ihm. Also schlug er diese Richtung ein und schlich tief geduckt recht schnell vorwärts, wobei er diesmal auch den einen oder anderen raschelnden oder knackenden Laut in kauf nahm. Die Gräser vor ihm schoben sich schnell links und rechts an ihm vorbei. Es war wie eine Wand aus Gras, auf die er zulief und die sich immer teilte, sobald er ihr näher kam.
 

Plötzlich wurde das Gras flacher, an einigen Stellen war es sogar schon flachgetreten. Doch das veranlaßte Piwi nur dazu, noch schneller voranzuschreiten. Er bekam langsam richtig viel Angst, entdeckt zu werden, da er sich nun nicht länger zwischen den Gräsern verstecken konnte. Und genau das trieb ihn an, immer schneller zu rennen, um die gefährliche Situation so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.
 

Auch wenn sein restlicher Körper bereits gut zu sehen gewesen wäre, drückte er dennoch seine Nase so tief ins Gras, daß er noch immer nichts weiter sah, als die sich teilende Graswand. Und ein Büschel Gras flog links an ihm vorbei und ein anderes Büschel rechts und wieder eines links und wieder ein Grasbüschel rechts und ein großer Stiefel frontal... .
 

Rrruuummmmssss.

Piwi tat seine Nase weh. Er war gerade in voller Fahrt gegen den Fuß eines Menschen gerasselt. "Auweia. Das war es jetzt. Hätte ich doch bloß auf Kimba gehört," ging es ihm durch den Kopf. Zitternd vor Angst schaute er an dem Stiefel aufwärts, zu dem, der ihn wohl gerade entdeckt hatte.
 

Zwei große hellblaue Augen schauten ihn neugierig und freundlich an. "Hallo kleiner Gepard. Hast du dich verlaufen?" wurde er gleich darauf von einer jungen, hellen Stimme angesprochen. Obwohl der Menschenjunge freundlich lächelte starb Piwi fast vor Angst. Er versuchte zurückzuweichen, doch seine Hinterpfoten blieben wie festgewachsen stehen während seine Vorderpfoten langsam nach hinten gingen und ihn so fast zum Sitzen zwangen. Den kleinen Schwanz hatte er ängstlich zwischen den Hinterbeinen versteckt und sein Kopf grub sich so tief es ging zwischen seine Schultern, den Blick noch immer auf den jungen Menschen gerichtet.
 

"Du siehst süß aus," stellte der Junge fest. "Brauchst keine Angst vor mir zu haben," fügte er gleich hinzu. Vorsichtig streckte er seine Hand zu Piwi aus. Als diese so große Hand sich seinen Augen näherte, schloß Piwi schnell die Augen. "Wenn ich ihn nicht sehen kann, kann er mich auch nicht sehen," hoffte er. Doch nur wenige Augenblicke später spürte er, wie eine Hand ihn über die Nase strich. Piwi zuckte etwas zusammen. "Jetzt ist es aus," dachte er resignierend und ergab sich innerlich dem Jungen.
 

"Du Kimba, sag mal, weißt du wo Piwi steckt?" fragte Lukas vorsichtig.

"Der war doch direkt hinter dir. Du müßtest das doch wissen!" entgegnete Kimba entsetzt.

"Ich hab' aber nicht darauf geachtet, ich dachte ja, er wäre die ganze Zeit hinter mir."

"Oh nein, Lukas! Du bist doch sowas von doof. Erst kannst du nicht auf mich hören, dann bringst du Piwi noch gleich mit hierher und nun weißt du nicht einmal, wo er abgeblieben ist!" schimpfte Kimba leise.

"'Es tut mir leid," meinte Lukas geknickt. "Und jetzt? Sag was, Kimba!"

"Jetzt müssen wir hier quer durchs Lager schleichen und Piwi suchen. So ein Riesenmist!" ärgerte sich Kimba und begann den Weg zurückzuschleichen, den sie gekommen waren.
 

"Los, hilf mit!" befahl er Lukas. "Wir gehen unseren Weg zurück und schnüffeln solange herum, bis wir seine Fährte haben!"

"Das ist ist ja eine Riesenarbeit," protestierte Lukas leise.

"Du hast ja auch einen Riesenmist fabriziert. Warum bist du nicht im Dschungel geblieben? Oder hast wenigstens Piwi da rausgehalten?"

Nach einiger Zeit hatten sie seine Fährte gefunden. "Oh nein, die führt ja direkt in das Zelt dort," stellte Kimba fest. "Müssen wir da auch rein?" fragte Lukas vorsichtig. "Ja, wenn wir Piwi je wiedersehen wollen, schon!" entgegnete Kimba ärgerlich. Vorsichtig schlichen sie also ebenfalls durch das lichte Gras bis in das Zelt hinein. Kaum drinnen, schnüffelte Kimba wieder nach Piwis Fährte. Die endete jedoch plötzlich im Nichts.

"Das gibts ja gar nicht. Der kann sich doch nicht in Luft auflösen, aber die Fährte hört hier definitiv auf." wunderte Kimba sich. "Vielleicht kannst du auch nur nicht mehr richtig schnüffeln - es richt hier ja schließlich überall nach Mensch." "Ja, du hast recht. Und der Geruch ist sogar noch sehr frisch.." meinte Kimba.
 

"Hallo ihr beiden!"

Kimba und Lukas schreckten zusammen. Die Stimme war zwar die von Piwi, aber sie war recht laut, kam von oben und war vor allem in Menschensprache. Piwi konnte sie zwar noch nicht besonders gut, aber für die einfachste Verständigung reichte es schon. Die beiden Suchenden schauten verschreckt nach oben. Dort saß Piwi auf dem Bauch eines Menschenjungen, der in einer Hängematte lag und ihnen wohl schon die ganze Zeit lang zugesehen hatte.
 

"Piwi, bist du verrückt geworden? Komm sofort da runter!" rief Kimba in Tiersprache zu ihm hoch.
 

"Wieso denn? Wenn du dich mit Menschen anfreunden darfst, darf ich das auch," meinte Piwi nur, ebenfalls in Tiersprache.
 

"Begrüßt ihr euch gerade?" wollte der Menschenjunge wissen, auf dem Piwi noch immer ganz ruhig draufsaß. "Ähm... ja, so ähnlich," Piwi war die Sache etwas unangenehm. "Darf ich vorstellen: Der weiße Löwe heißt Kimba. Der Gepard heißt Lukas. Das sind meine engsten Freunde," erklärte er schließlich.
 

"Verstehen die mich auch?" wollte Juri wissen. "Klar!" entgegnete Piwi sofort.

"Ich heiße Juri. Freut mich, euch kennenzulernen," stellte er sich vor.

"Hallo Juri. Ich heiße Kimba. Ich freue mich auch, dich kennenzulernen," antwortete Kimba, der sich inwischen wieder abgeregt hatte.

"Und ich bin Lukas, und freue mich auch." fügte Lukas hinzu

"Ach, jetzt auf einmal?" meinte Piwi in Tiersprache zu den beiden.
 

Im Folgenden erfuhren die drei, daß Juri ursprünglich aus Osteuropa kommt und mit diesem Flüchtlingstreck von dort geflohen ist. Nach dem "großen Krieg" gab es dort nämlich fast überall nur noch verseuchten Boden und die Menschen mußten ihr Land verlassen, wenn sie nicht verhungern wollten. Kimba und seine Freunde wunderten sich, da sie von einem großen weltweiten Krieg nichts gehört hatten, doch Juri schien die Wahrheit zu sagen. Die Flüchtenden suchten also eine neue Heimat. Da jedoch die meisten Flecken Land in oder nahe an Europa schon voll besetzt waren und gut verteidigt wurden, hatte die Gruppe Flüchtender keine Wahl als immer weiter zu ziehen. Und sie hatten sich wegen der strengen Winter im Norden für die Reise südwärts entschieden, die sie dann bis nach Zentral-Ostafrika führte. Doch auch hier hatten sie bislang noch kein Glück gehabt und kein brauchbares und freies Land gefunden. Genaugenommen hatten sie noch nicht einmal einen wirklich geeigneten Platz für ihr kurzfristiges Lager gefunden.
 

"Und das ist wegen der Dunkelpiraten eine sehr gefährliche Sache," meint Juri abschließend.

"Hm. Ich glaube ich kenne da jemanden, der euch helfen könnte. Kannst du aus dem Lager soweit weg, daß ich tagsüber nicht von den Wachen gesehen werden kann?" Kimba schien eine Idee zu haben.

"Ja, morgen und übermorgen machen wir kurz rast. Einige unserer Fahrzeuge müssen nämlich dringend repariert werden."

"Gut. Ich führe dich dann zu ihm, ok?"

"Ja gerne!" freute sich Juri.
 

Die Sonne war morgens tiefrot vom Horizont aufgegangen und hatte nach einer Stunde schon ihre normale Farbe fast wiedergewonnen. Alles schien friedlich. Das Lager schien etwas eingestaubt, war es wohl auch. Doch auch der Rest der Umgebung, der weiteren Umgebung, schien eingestaubt zu sein - selbst die fernen Berge. Ja, selbst der mächtige Mondberg, mit seinem großen schwarzen Strich.
 

Juri schlich gleich nach dem Frühstück aus dem Lager heraus. Schon nach kurzer Zeit traf er auf Kimba, der zwar in sicherer Entfernung vom Lager war aber dennoch etwas geduckt durchs Gras schlich.
 

"Guten Morgen Juri," begrüßte Kimba seinen neuen Freund.

"Guten Morgen Kimba," erwiderte Juri.

"Werden dich deine Eltern auch nicht vermissen? Es wird nämlich etwas dauern, bis wir am Felsen unten beim Fluß sind."

"Nein, nein, die sind heute sehr beschäftigt," wiegelte Juri ab.
 

Und zu recht, denn die Ausrüstung und die Fahrzeuge des Flüchtlingstrecks waren durch die lange Reise schon arg mitgenommen. Bei so manchem Gefährt wunderte es, daß es nicht augenblicklich in seine Einzelteile auseinanderfiel. Besonders das schwer gepanzterte Eskortvehikel mit seinem hohen Beobachtungsturm und seinen schweren MGs, das Räuber fernhalten sollte, schien in letzter Zeit mehr zu klappern als zu fahren.
 

Doch an diesem Tage fuhr es nicht. Es stand bloß still da und hielt wache, so daß der hohe, blass gelb-grüne Turm langsam hinter Kimba und Juri im vertrockneten Gras der Savanne verschwand. Zunächst schlug Kimba einen Weg ein, der die beiden durch dichte Büsche führte, da sie etwas bergan gingen und so kurzzeitig vom Lager aus zu sehen waren. Etwas weiter weg ging es jedoch wieder bergab und er schlug den direkten Weg zum Dschungelfluß ein.
 

"Was ist das denn für einer, der uns helfen kann?" wollte Juri wissen.

"Sein Name ist Mbangi. Er hat mir im Kampf gegen die Dunkelpiraten geholfen. Er ist wirklich nett, du wirst schon sehen... ," antwortete Kimba, " und vor allem kennt er sich hier in der Gegend gut aus. Er kennt bestimmt einen sicheren Platz für euch."

Der Felsen am Fluß sah ein bißchen wie ein großer steinerner Pilz aus. Auf der dem Fluß abgewandten Seite hing die Kappe des Pilzes bis auf den Boden. Von dort aus war es zwar noch immer mühselig aber schaffbar, den Felsen zu erklettern und von oben eine gute Aussicht über das gesamte Tal unterhalb des Dschungel zu haben.
 

Mbangi war gerne dort oben: Es war ziemlich sicher und man brauchte nicht ständig aufmerksam zu sein, um nahende Gefahren rechtzeitig erkennen zu können. Man hatte eine derart weite und gute Sicht, daß es ein 'zu spät' kaum geben konnte. Doch als Kimba und Juri am Fluß ankamen, war der schwarze Junge mit den Wuschelhaaren nicht oben auf dem Felsen sondern trank aus dem klaren Wasser des Gewässers. Der Flußlauf war auch nur etwa 100 Meter vom Felsen entfernt.
 

"Warte hier bitte kurz, ich will ihn nicht damit erschrecken, daß ich plötzlich mit jemand fremden hier auftauche," bat er Juri, der gleich zustimmte.

"Guten Morgen Mbangi!" begrüßte Kimba wenige Sekunden später seinen Freund.

"Guten Morgen Kimba!" erwiderte dieser den Gruß. "Hast du mir Besuch mitgebracht?" fügte er gleich hinzu.

"Du weißt das schon?" Kimba war erstaunt.

"Ja, ich habe dich doch sprechen gehört. Wenn man in dieser Welt überleben will, muß man halt sehr aufmerksam sein. Das müßtest du doch wissen."
 

"Da hast du wohl recht, " stimmte Kimba zu und rief zu Juri ins Dickicht, daß er herüberkommen solle.

"Hallo Mbangi," fing dieser dann an, "Kimba hat mir bereits von dir erzählt."

"Aha," Mbangi schien eher zurückhaltend und musterte zunächst Juri und schaute dann noch mal zu Kimba.

"Juri kommt aus dem Flüchtlingstrek, den wir gestern gesehen haben. Das scheinen alles ganz nette Leute zu sein. Aber sie haben ein Problem: Sie kennen sich hier nicht aus. Daher haben sie momentan an der erstbesten Stelle ihr Lager aufgeschlagen. Dort sind sie aber nicht vor den Dunkelpiraten sicher. Ich dachte mir, du würdest vielleicht einen Ort kennen, an dem die Leute sicher sind. Du kennst dich hier ja aus und weist, wo die Dunkelpiraten sein könnten."
 

Mbangi blickte mit böse funkelnden Augen auf Juri. Einige Sekunden lang ging das so.

"Nanu, stimmt was nicht, Mbangi?" wollte Kimba wissen. "Du sagst ja gar nichts."
 

"Ich habe dazu auch nicht viel zu sagen," antwortete Mbangi schließlich und seine Stimme klang reichlich zornig. "Nur soviel: Ich würde mir bestimmt lieber die Finger abhacken, als diesen Leuten zu helfen!"

Juri schaute etwas entsetzt.

"Häh? Wieso das denn?" fragte Kimba Mbangi verwirrt.

"Ganz einfach: Der große Krieg, der die Welt zerstörte und unseren Lebensraum vergiftete, den haben wir denen zu verdanken. Die blöden Weißen aus Europa und aus Amerika. Genau wie die Asiaten. Durch ihre grenzenlose Gier haben sie einen Krieg um Rohstoffe angefangen, die sie selber gar nicht zum überleben brauchten. Aber sie wollten das Geld haben, das man durch den Verkauf der Rohstoffe bekam, um ihre Wirtschaft anzutreiben. Und da jeder das Meiste wollte aber zu wenig Rohstoffe da waren, begannen sie diesen großen schrecklichen Krieg, der vielen von uns das Leben kostete. Dabei hatten wir gar nichts damit zu tun. Wir wären froh gewesen, wenn man uns unser karges Land und unser nacktes Leben gelassen hätte. - Aber nein, sie mußten ja diese Atombomben werfen und diese chemischen Bomben und Bomben, die schreckliche Krankheiten gebracht haben. Diese Leute gehören zu diesen Verbrechern!"
 

Während des Sprechens war Mbangi eine Träne über die rechte Wange gerollt. Er schien einen fast grenzenlosen Hass auf diese Leute zu haben.
 

Juri schien aber inzwischen auch nicht mehr besonders gut auf Mbangi zu sprechen zu sein. Kimba dachte gerade darüber nach, wie er die Situation entschärfen konnte, als Juri bereits reagierte.
 

"Du bist ja wohl voll blöd! Hast du eigentlich eine Ahnung, was für 'ne Scheiße du da eigentlich laberst? Paßt dir meine Nase nicht oder bist du immer so krass drauf? Ich hab nämlich auch durchaus besseres vor, als mich von so nem abgebrochenen Brikett beleidigen zu lassen!" schimpfte Juri.
 

"Dann geh doch zurück ins Land der Weißen. Und nimm deine Leute mit! Dann könnt ihr in eurem Lande an euren eigenen Werken zugrunde gehen. Siehst ja sowieso schon totenblaß aus!" schimpfte Mbangi zurück.
 

"He, Freunde, bitte..." versuchte Kimba ein erstes Mal erfolglos zu schlichten.
 

"Na immer noch besser als Kacke-Schwarz auszusehen!" gab Juri zornesrit zurück.
 

"Wie hast du mich genannt!? Wollen wir uns schlagen?" forderte Mbangi Juri heraus.
 

"Komm nur her, dich mach ich noch kleiner als du es ohnehin schon bist!" gab Juri zurück und ballte die Fäuste.

Das ließ sich Mbangi nicht zweimal sagen. Mit einem Kampfschrei rannte er die paar Meter auf Juri zu und die beiden begannen sich zu prügeln.
 

"Nicht, hört auf! Das bringt doch nichts!" versuchte Kimba und wollte sich dazwischenstellen, doch es war schon zu spät. Die beiden rollten über den Boden und schlugen und traten sich. Obwohl Mbangi ein Jahr jünger zu sein schien als sein Kontrahent, war er doch erstaunlich kräftig und teilte genauso gut aus wie Juri. Der hatte sich den Kampf etwas anders vorgestellt und half schließlich seinem Glück etwas nach, indem er sich einen herumliegenden Stock schnappte und damit nach Mbangi schlug.
 

Der erkannte seine Unterlegenheit und nahm schnell die Beine in die Hand. Sein Ziel war das halbwegs nahe Gebüsch, da er dort ebenfalls einen Stock zu finden hoffte. Kimba hatte es inzwischen aufgegeben, zu schlichten, sie sollten sich erstmal austoben, bis sie selber merkten, daß das nichts brachte. So hatte er es bei seinen Freunden ja auch immer gehandhabt. Allerdings blieb er in der nächster Nähe, um einen schlimmen Ausgang verhindern zu können.
 

Mbangi war inzwischen im Gebüsch angekommen und hatte jetzt ebenfalls einen Stock. So schlugen die beiden mit ihren Stöckern gegeneinander, wie reichlich ungeschickte Ritter es vor Jahrhunderten mit ihren Schwertern getan hätten. Und nun war Juri erst recht in der Defensive. Zwar stellte sich auch Mbangi eher ungeschickt an, aber man merkte, daß er schon mal Training gehabt hatte. So drängte er Juri immer weiter in den Dschungel.
 

"Na, was ist? Fehlt dir außer der Farbe auch die Kraft?" stichelte Mbangi in einer sekundenkurzen Verschnaufpause.

"Warts ab, du hattest bis jetzt nur Glück!" gab Juri ärgerlich zurück.
 

Und wieder gingen sie mit ihren Stöcken aufeinander los. Kimba schüttelte den Kopf. Sie taten zwar etwas dummes, aber das dafür umso ausdauernder... .
 

Nach einigen weiteren hundert Metern Kampf quer durch den Dschungel gelang es Mbangi schließlich, Juri seinen Stock aus der Hand zu schlagen. Und das gleich so heftig, daß sich Juri dabei gehörig auf den Hosenboden setzte.
 

"Autsch!"
 

"Hah! So groß und so wenig Kraft! Wie alle Weißen!" genoss Mbangi seinen Triumph, während er und Juri nach Luft schnappten. Juri erwiderte nichts aber es war deutlich zu erkennen, daß er Mbangi jetzt am liebsten ins Gesicht springen würde.
 

"Wenn Blicke töten könnten...," seufzte Kimba zu sich selbst und verdrehte die Augen. Die hatten doch alle beide wirklich wichtigere Probleme. "Hört endlich auf! Ihr benehmt euch ja wie die Menschen, die diesen großen Krieg gemacht haben!" rief er dann zu ihnen hinüber. Mbangi und Juri drehten sich um und schauten Kimba halb entsetzt, halb verärgert an.

Was hatte er ihnen da an den Kopf geworfen? Wie kam er denn dazu?
 

Doch sie konnten kaum zuende denken, da raschelte es plötzlich im Gebüsch hinter ihnen, in Kimbas Blickrichtung. Beide fuhren herum, doch weder sie noch Kimba konnten auf die Schnelle etwas entdecken. Plötzlich nahm Kimba einen eigenartigen, verfaulten Geruch wahr, der aus dem Gebüsch rechts neben ihnen geweht wurde. Auch dort raschelte es plötzlich. Und sogar hinter Kimba kamen plötzlich merkwürdige Geräusche aus dem Busch. Sie waren also schon fast umzingelt.
 

Ängstlich rückten sie zusammen. Da bewegte sich das Gebüsch vor ihnen und wuchs in die Höhe. Aber war es wirklich das Gebüsch, das dort in die Höhe wuchs? Die Blätter und Äste lagen so merkwürdig und sahen leicht verfault aus. Außerdem nahmen sie eine Gestalt an, die von den Konturen her undgefähr der eines Menschen entsprach. Und zwischen den Ästen und Blättern schien irgendeine schwarze Masse zu kleben, die sich leicht auf und ab bewegte, als ob sie atmete.
 

Sie waren sich schon fast sicher, daß es sich bei diesem "Etwas" um ein Lebewesen handelte, da leuchteten an der Stelle, die in etwa den Kopf formte, auf einmal zwei rotleuchtende Augen auf. Am unteren Ende des Kopfes tat sich darauf eine Lücke zwischen den Blättern und Ästen auf und gelblich bleiche Zähne traten hervor. Zugleich ertönte ein markerschütternder Schrei, der halb nach Mensch, halb Tier klang.
 

Die drei schrien vor entsetzen und rannten in die einzig übriggebliebene Richtung, da aus dem Dickicht anderen beiden Richtungen ebenfalls solche Wesen hervorkamen. Sie wußten nicht wohin sie rennen sollten aber dafür rannten sie umso schneller. Das war auch recht einfach, wenn sie nur daran dachten, was hinter ihnen war.
 

Schon hörten sie neben ihren eigenen Schritten die ihrer Verfolger. Es waren seltsame Laufschritte, nicht so gleichmäßig wie die der drei Fliehenden. Und ihre Schritte schienen zu knirschen, ein bißchen wie, als wenn jemand über feinen Kies rennt, aber es klang irgendwie "nasser". Es war schwer zu definieren, die drei hatten ja auch ganz andere Sorgen als zu bestimmen, wie sich die Schritte ihrer Verfolger anhörten. Sie waren da, diese Schritte, und sie wurden nicht leiser.
 

"Woher zum Teufel kommen diese Monster?" fragte Juri rennend in die Runde.

"Keine Ahnung, ich habe die noch nie gesehen," rief Kimba zurück.

"Noch nie gesehen? Ich dachte du lebst hier?" fragte Mbangi gleich darauf.

"Schon, aber der Dschungel hat sich ja sehr verändert," antwortete Kimba.

"Ja, aber vorher war hier ja auch gar kein Dschungel," beharrte Mbangi.

"Aber woher die Monster kommen oder was das ist weißt du Schlauberger auch nicht, oder?" fragte Juri in der Hoffnung, vielleicht doch noch eine Antwort zu erhalten.

"Das sind die Monster die im verbotenen Sumpf leben. Wir sind hier wahrscheinlich im verbotenen Sumpf," erfüllt Mbangi sogleich sein Hoffen.

"Alles deine Schuld, Mbangi! Wieso hast du uns das nicht vorhin gesagt?"

"Weil du ja im Kampf ohne eine Waffe nicht gegen mich gewinnen konntest und mich ja in diese Richtung getrieben hast!" hielt Mbangi sogleich dagegen.

"Anstatt zu streiten müßt ihre schneller laufen!" rief ihnen Kimba zu.

"Wir haben nur zwei Beine!" rief Mbangi zurück.

"Dann müssen wir uns irgendwo verstecken!" rief Kimba gleich darauf und weniger laut.
 

"Da vorne ist eine Höhle!" rief Juri, Vielleicht können wir sie drinnen abhängen." ergänzte er.

Die drei rannten zu dem schwarzen Schlund der Höhle hin, die sich wie ein riesiges Maul scheinbar aus dem Erdboden heraus erhobt und nicht viel eines Berges oder Hügels links und rechts neben sich hatte.
 

Plötzlich bewegten sich die Büsche vor ihnen und drei weitere dieser Monster tauchten direkt vor ihnen auf. Die drei stoppten so schnell sie konnten und wären dennoch beinahe in die Monster hineingerannt.
 

"Aaaaaaaahhhhhhhh!" schrien Juri und Mbangi vor entsetzen und gingen dabei vor lauter Angst in die Knie und auf den Hosenboden. Kimba wußte, wenn sie sich von den dreien aufhalten ließen, würde die Meute hinter ihnen sie mit Sicherheit erwischen.

"Dreie sind besser als jede Menge zusätzlich...," dachte er sich und nahm all seinen Mut zusammen, fuhr seine Krallen aus und griff das Monster in der Mitte an.
 

"Das schrie überraschend laut auf, als Kimba seine Krallen in die schwarze Masse zwischen den faulen Ästen und Blättern fahren ließ und kippte nach hinten um. Die anderen beiden wichen auf der Stelle zurück.
 

"Schnell, jetzt oder nie!" rief Kimba den beiden Jungen zu.

Die verstanden und rannten nun auch los, schnell an dem einen Monster vorbei, das Kimba umgeworfen hatte, und auf die Höhle zu.
 

Kaum hatten sie ein paar Meter Vorsprung, ließ Kimba von dem Monster ab, das erstaunlich hilflos unter ihm zappelte und rannte den beiden in die Höhle nach. Der Boden dieser Höhle war erstaunlich eben und es führten anfangs keinerlei Nebenhöhlen vom Hauptgang weg. So liefen die drei vorerst geradeaus in die Dunkelheit. Sie konnten nur gerade so noch erkennen, daß der Gang, den sie entlangliefen, nach etwa 100 Metern einen leichten rechtsknick machte.
 

"Sag mal, Juri, hat diese Höhle hier eigentlich auch einen zweiten Ausgang, wo wir entkommen könnten?" fragte Kimba plötzlich Juri und lief ein Stück langsamer.

"Ich weiß nicht," antwortete Juri, ebenfalls langsamer werdend.

"Bist du doof oder was? Was schickst du uns hier herein, wenn du es nicht weißt?" fragte Mbangi ihn daraufhin ärgerlich.

"Bist ja selber doof. Warum folgst du mir denn auch? Du bist doch hier der Einheimische!" hielt Juri dagegen.

"Geht das schon wieder los?!" schimpfte Kimba. "Schluß jetzt, wir haben eine Meute von was-weiß-ich-was hinter uns und müssen sehen, daß wir hier wieder heile herauskommen. Wenn wir nicht wissen, ob es einen zweiten Ausgang gibt, dann müssen wir eben nachschauen. Wir können es so oder so nicht mehr ändern."

Mbangi und Juri schauten sich an. Jetzt saßen sie irgendwie alle im selben Boot, das wurde ihnen gerade bewußt.

"Also kommt," entschied Kimba, "wir können hier nicht auf die Sumpfmonster warten."
 

So rannten die drei also wieder in voller Geschwindigkeit weiter.

"Ich seh nix mehr!" klagte Juri.

"Egal, immer geradeaus!" rief Kimba, der auch nur noch mit Mühe die Wände erkennen konnte. "Ich glaube, es wird langsam wieder heller. Die Höhle macht jetzt noch einen Bogen nach rechts!" fügte er wenige Sekunden später hinzu.
 

Mbangi und Juri war nicht wohl zumute, da sie blindlings auf Kimba vertrauen mußten. Doch nach wenigen weiteren Sekunden konnten auch sie bereits das Licht sehen. Es war noch fast so klein, wie ein Stern in der Nacht. Klein und etwas flimmernd, so daß man manchmal befürchten mußte, es würde verschwinden. Doch das tat es nicht.
 

"Hört ihr?" fragte Mbangi die beiden.

"Was?" fragte Juri.

"Ich kann unsere Verfolger nicht mehr hören. Die Monster trauen sich offenbar nicht in diese Höhle," erklärte Mbangi und freute sich, endlich in Sicherheit zu sein.

"Ja!" stimmte Juri zu. "Siehste, war doch keine blöde Idee mit der Höhle. Selbst Weiße haben einen Verstand... " Das wollte Mbangi so natürlich nicht auf sich sitzen lassen: "Ja, aber noch viel mehr Glück als Verstand!"

Juri lachte: "Na und? Hauptsache in Sicherheit!"

Mbangi stimmte zu.

"Schön, daß ihr beiden endlich vernünftig werdet," freute sich Kimba.
 

Das Licht am Ausgang war inzwischen schon dreimal so groß wie der Mond. Wenn sie so geradeaus weiterliefen, wären sie in wenigen Sekunden wieder aus der Höhle raus und konnten verschnaufen. Vielleicht hinter einem dieser großen Steine am Ausgang, so daß die Sumpfmonster sie nicht sehen konnten, falls sie doch nachkämen?
 

Kimba schaute auf diese Steine. Sie sahen seltsam aus. Ein komisches Gefühl beschlich ihn. Und langsam meinte er, einen komischen Geruch wahrzunehmen. Es roch wieder etwas nach Mensch. Aber nicht nach normalen Menschen. Irgendetwas anderes war da mit drin und Kimba war sich sicher, daß er diesen Geruch schon einmal wahrgenommen hatte. Nur wo?
 

"Komm schon, denk nach!" dachte er sich. "Dieser seltsame Geruch... gestern... ," er kam der Lösung immer näher, " ... wir waren irgendwo nahe der Savanne, wo die Farm war... " Dann durchzog es ihn wie ein Blitz: Dunkelpiraten!

Mbangi hatte ihnen ja schon erzählt, daß sie sich gewöhnlich tagsüber versteckten. Und wo? - Natürlich an Orten, die recht dunkel waren, da sie das Sonnenlicht nicht gut vertrugen. Also in genau so einer Höhle wie diese.
 

Jetzt wurde es Kimba auf einmal auch klar, warum die Sumpfmonster ihnen nicht nachgerannt waren: Sie wußten, daß diese Höhle schon bewohnt war. Doch was nun? Vielleicht hoffen, daß die Dunkelpiraten erneut ausnahmsweise ihr Versteck verlassen hatten und damit der Weg nach draußen frei war? Doch Kimbas leichter Anflug von Hoffnung wurde sogleich zunichte gemacht.
 

Hinter den Felsen am Ausgang und aus zwei Spalten links und rechts davon kamen sie wieder, die in Lumpen gekleideten, sich meist humpelnd fortbewegenden Dunkelpiraten. Einige von ihnen hatten noch ihre Brillen auf - vermutlich Sonnenschutz, falls sie in der Nähe des Ausgangs waren - andere jedoch hatten sie abgenommen und waren weniger vermummt.
 

Auch wenn das Licht des Eingangs etwas blendete und die Angreifer zu sehr dunklen, fast schwarzen, Silhuetten werden ließ, meinte er bei ein oder zweien abscheulich entstellte Fratzen sehen zu können. Was waren das bloß für Menschen? Was war nur mit ihnen geschehen?
 

Mbangi und Juri wollten vor Schreck und Entsetzten eigentlich schreien, doch sie waren schon zu sehr außer Atem, als daß sie es noch gekonnt hätten. Es reichte allerdings noch, um eine Vollbremsung hinzulegen.
 

Kimbas Hirn arbeitete auf Hochtouren: Was war jetzt die bessere Alternative? Gab es vielleicht noch eine dritte Möglichkteit?

Er wußte, daß ihm nicht viel Zeit blieb, darüber zu entscheiden. Aber dennoch hatte er eine Entscheidung getroffen: "Los, zurück! Die Sumpfmonster sind vielleicht schon weggegangen!" rief er den verängstigten und reichlich ratlosen Jungen zu.
 

Diese hörten sogleich auf ihn und machten sich auf den Weg. Außerdem hatten sie ja gar keine Wahl, da sie selber nicht wußten, was zu tun wäre.
 

Also rannten sie wieder in das Dunkle der Höhle hinein.
 

Sie rannten, so schnell sie konnten, kamen aber von den hinterherhinkenden und -humpelnden Dunkelpiraten nicht weg. Denn obwohl diese nicht so schrecklich schnell laufen konnten, waren zumindest die beiden Zweibeiner auch nicht mehr in der Lage, neue Bestzeiten aufzustellen.
 

Juris und Mbangis Lunge brannten. Auch ihre Beine und Füße machten sich schmerzhaft bemerkbar bei jedem Schritt, den sie taten. Sie waren am Ende.
 

Mbangi sah das Licht des Ausgangs, den sie Anfangs genommen hatten, um in die Höhle hinein zu gelangen, nur noch verschwommen. Seine Augen tränten nämlich vor Schmerz und Erschöpfung. Wobei der Schmerz langsam nachließ und mehr und mehr verschwand. Und mit ihm auch das Gefühl, überhaupt seine Füße zu spüren.
 

Juri war körperlich auch nicht besser dran, aber seine Umgebung nahm er im Gegensatz zu Mbangi neben ihm schon gar nicht mehr wahr. Er dachte statt dessen an Ereignisse aus seiner Kindheit, die wie imaginäre Höhlenwände an ihm vorbeizogen. Vor allem an das Erlebnis, als er seine Freunde verlor. Damals war er noch in einem anderen Flüchtlingstrek unterwegs gewesen. Sie hatten in einer nordafrikanischen Stadt Lager aufgeschlagen und übernachtet. Alles schien friedlich, als sie plötzlich angegriffen wurden und fliehen mußten. Die meisten seines Treks flohen tiefer in das Tunnelsystem, dessen Eingang sie als Lagerplatz genommen hatten. Er und seine Familie aber flohen mit einigen anderen in Richtung des Tunnelausgangs.
 

Auch damals konnte er vor Entkräftung nicht mehr laufen und sah das Licht des Ausgangs nur verschwommen. Dann war er auch noch hingefallen, die Angreifer hätten ihn bestimmt gekriegt, wenn ihn sein großer Bruder nicht aufgeholfen und rausgetragen hätte.

Aber dieses Erlebnis des Hinfallens war die mit Abstand deutlichste Erfahrung von damals. Er meinte quasi spüren zu können, wie er langsam zu Boden schwebte, und wie das große Licht des Höhlenendes vor ihm, das fast sein gesamtes Blickfeld einnahm, langsam nach oben wanderte.
 

Dann spürte er, wie sein Körper hart auf etwas Kaltes aufschlug und er einen oder zwei Meter über den Boden rutschte.
 

Die Gedanken von damals waren verschwunden und als er sich umdrehte, bemerkte er links neben sich Mbangi, der seinen Fall wohl so nachahmenswert fand, daß er jetzt ebenfalls den Boden aus nächster Nähe beobachtete.
 

"Oh nein, nicht jetzt! Kommt schon, hier könnt ihr nicht liegen bleiben!" rief Kimba den beiden zu. Er ging zu Juri und versuchte ihn etwas hochzuzerren, doch der blieb liegen.
 

Kimba schaute zu Mbangi, der ebenfalls nicht mehr weiterlaufen konnte. Wegkommen würden sie jedenfalls nicht mehr rechtzeitig.
 

Da kamen auch schon die Dunkelpiraten an. Die wenigen die nicht schon ihre Messer gezückt hatten, zogen diese jetzt oder bedienten sich anderer Schnitt- und Stoßwaffen. Einer von ihnen hatte sogar etwas gewehrähnliches in der Hand und zielte damit auf Kimba.
 

Juri schaute müde und resigniert zu den Piraten auf. "Jetzt ist es aus..." sagte er leise zu sich.
 

Die Dunkelpiraten umzingelten die drei und rückten dann langsam immer näher zu ihnen vor. Kimba wußte nicht, was er tun sollte. Einerseits konnte er die Angreifer nicht noch näher an die beiden Kinder herankommen lassen, andererseits würde er selber von ihnen weggehen müssen, wenn er die Dunkelpiraten daran hindern wollte näher zu kommen. Es war quasi die Situation, in die ihn Klaue und Cassius vor zwei Tagen gebracht hatten. Er konnte nur eines: Entweder die Piraten angreifen oder die Kinder verteidigen.
 

Vor allem der eine Pirat, der die Schußwaffe auf ihn gerichtet hatte, machte ihm sorgen. Ihn würde er als erstes ausschalten müssen. Doch gerade der stand etwas weiter weg von ihm und den Kindern und war damit als letztes zu erreichen. Was nun? War es wieder eine aussichtslose Situation?
 

Plötzlich erschien ein Schatten hinter dem Dunkelpiraten mit dem Gewähr. In sekundenschnelle war dieser direkt hinter ihm und baute sich zu voller Größe auf.
 

Der Geruch von verfaultem Geäst stieg Kimba und den Kindern in die Nase.
 

Mit einem grunzenden Laut schlug dieser Schatten dem völlig überraschten Dunkelpiraten die Schußwaffe aus der Hand.
 

Die anderen fuhren herum. Das Gebüsch rund um die Höhle raschelte kurz und schon bauten sich weitere Sumpfmonster auf. Eines scheußlicher als das andere. Mit überraschend schnellem Schritt griffen diese dann die Dunkelpiraten an. Diese Geschwindigkeit würde man Wesen, die so aussehen, als ob sie das Verfallsdatum schon länger überschritten hätten, eigentlich nicht zutrauen.
 

Und die Dunkelpiraten, die eben noch den Blick eines Jägers vor dem Erlegen seiner Beute in ihren entstellten Fratzen hatten, schrien vor Entsezten auf und rannten, als ob der Teufel persönlich aufgetaucht wäre.
 

Doch die Situation schien sich erstmal für die drei Verfolgten nicht geändert zu haben. Anstatt von Dunkelpiraten, waren sie jetzt eben von den Monstern aus dem Verbotenen Sumpf umgeben.
 

Und sie würden ihnen nicht entkommen können, das wußten sie alle ganz genau. Gerade Juri und Mbangi waren noch so erschöpft, daß sie sich trotz der Sumpfmonster in ihrer direkten Nähe nur gerade so ein bißchen aufrichten konnten. So saßen sie mit großen, ängstlichen Augen da und warteten ihr weiteres Schicksaal ab.
 

Da wichen plötzlich die Sumpfmonster auf einer Seite etwas zurück und gaben eine Art schmalen Gang frei. Und sie begannen plötzlich einen seltsamen, halb gegrunzten halb gesprochenen Laut von sich zu geben: "Oumpf!"
 

Und immer wieder und wieder. Fast so als wollten sie jemand oder etwas beschwören.
 

"Oumpf!"
 

Sie gaben diesen Laut immer wieder von sich, gleichbleibend laut und gleichmäßig schnell.
 

"Oumpf"
 

Das Gebüsch am Ende dieses Ganges aus Sumpfmonstern begann sich zu bewegen.
 

"Oumpf!"
 

Und es baute sich ein weiteres Sumpfmonster auf. Es sah noch verfaulter aus, als die anderen. Kimba und die Kinder wunderten sich, daß es nicht auseinander fiel, denn es sah wirklich nicht sonderlich appetitlich aus, mit all dem weißen und grünen Schimmel auf den Blättern und Ästen.
 

"Oumpf!"
 

Es ging dann langsam auf die drei zu.
 

"Oumpf!"
 

Jeder schritt hörte sich ein wenig matschig an.
 

"Oumpf!"
 

Schließlich war es bei den dreien angelangt, etwa einen Meter vor Kimba stoppte es. Kimba spürte, daß ihn langsam der Mut verließ. Das Viech war einfach zu gigantisch und sah zu widerlich aus. Ein gewisser Ekel mischte sich seinem normalen Unwohlsein bei.
 

"Oumpf!"
 

Das Sumpfmonster hob beide Arme in die Höhe. Die anderen verstummten augenblicklich. Das war es also, was die anderen herbeigerufen hatten.
 

Dann ließ es seine Arme wieder sinken und wandte sich den dreien zu. Seine Augen leuchteten leicht rötlich zwischen den gelblich- grünen Blättern und den grün-braunen Ästen. Dann holte es Luft und machte das auf, was wohl sein Mund darstellen sollte.
 

"Wir sind keine Feinde."

Die Stimme des Wesens klang trotz eines gewissen Blubberns darin halbwegs menschlich.
 

"Wir werden euch nichts tun." Es deutete auf Kimba und die beiden am ganzen Körper zitternden Kinder.
 

"Aber der Sumpf ist gefährlich. Böse Menschen sind nahe." er deutete auf die Höhle, in der die Dunkelpiraten verschwunden waren.
 

"Ich bin Oumpf. Oumpf ist der Anführer. Alle hören auf Oumpf." erklärte er. Die verkrampfte Anspannung war inzwischen aus den Gliedern von Kimba und den Kindern verschwunden.
 

"Ich sage anderen: Keinen Streit mit Menschen des Friedens."
 

Er schaute auf Kimba.
 

"Und keinen Streit mit Tieren des Friedens. Oumpf sagt zu euch: Streitet euch selber nicht. Wesen des Friedens sollten nie streiten. Streit ist schlecht. Streit erschafft böse Dinge. Bitte geht nun. Oumpf kann böse Menschen nicht lange aufhalten."

Verwunderung machte sich nun in ihren Köpfen breit: Das, was wie das personifizierte Böse aussah, war ein rechtschaffendes friedliches Wesen? Sie konnten es kaum glauben, aber alles deutete darauf hin.
 

Er zeigte in den Dschungel, auf einen Weg, der von der Höhle wegführte und aus dem Sumpf hinaus. Die übrigen Sumpfmonster, die noch auf dem Weg standen, gingen beiseite.
 

Kimba schaute kurz zu Juri und Mbangi, dann zu Oumpf.

"Hab vielen Dank für deine Hilfe, wir werden das bestimmt nicht vergessen." Dann schaute er wieder zu den Kindern, die nun wieder genug Kraft hatten, aufzustehen. "Kommt, laßt uns gehen! Wir wollen Oumpf und seinen Freunden keinen Ärger machen."
 

Die beiden schauten etwas schüchtern zu Oumpf hoch. Eigentlich wollten sie sich bedanken aber sie hatten noch zu viel Angst. Also drehten sie sich mit einem erleichterten Lächeln um und gingen den freien Weg mit Kimba zurück in den Dschungel.
 

Als sie schließlich den Rand der Savanne erreichten und die Zeit des Abschieds gekommen schien, fragte Kimba Mbangi: "Findest du nicht, das dieses Wesen recht hatte, daß die Geschöpfe des Friedens keinen Streit miteinander haben sollten?"
 

Mbangi schaute etwas bedrückt zu Boden. Er merkte, daß er sich Juri gegenüber anfangs nicht gerade nett verhalten hatte.
 

"Ich denke schon," sagte er dann.
 

"Juri?" Kimba schaute fragend zu Juri hoch.
 

"Ich denke auch." Juri sah Mbangi an. "Frieden?" Er streckte seine Hand nach Mbangi.

Mbangi: "Frieden." Er nahm Juris Hand und der Streit der beiden war aufs nächste beigelegt.
 

Mbangi willigte daraufhin ein, dem Flüchtlingstrek zu helfen und ihnen einen sichereren Ort zu zeigen. Gleich am Nachmittag wollte er Juri zu jenem Ort führen, der gut gegen die Piraten und andere Angreifer zu verteidigen war.
 

"Na, also: Ende gut - alles gut," freute sich Kimba und sah den beiden zu, wie sie nach Hause gingen. "So, ich glaub, den Nachmittag heute nehme ich mir frei, vorerst langts mir mit dem Herumrennen." Dann machte er sich auf zur Farm.
 

"Vorsichtig mit den schweren Stämmen!" mahnte Daniel eine Gruppe von Tieren, die gerade dabei waren, das Grundgerüst für die Farm zu legen. "Ohne die ganz großen Tiere ist das ein schwieriges Unterfangen das Farmhaus wieder aufzubauen." meinte er noch halb zu sich selbst.
 

"Ah, hallo Daniel. Wie ich sehe, seid ihr schon beim Aufbau des Hauses. Das scheint ja gut voranzugehen!" stellte Kimba erfreut fest.

"Tja, leider sieht es besser aus als es ist. Die Felder sind größtenteils noch nicht fertig für die Aussaat und sogar die Aussaat selbst müssen wir uns erst noch im Dschungel zusammensuchen. Wir könnten gut und gerne noch eine ganze Menge helfender Hände gebrauchen... " urteilte der alte Affe mit einem nachdenklichen Stirnrunzeln. Die Planung des Neuaufbaus schien ihm doch noch etliche Sorgen zu bereiten.

"Allerdings habe ich auch eine gute Nachricht: Der Dschungel ist voll von Saatgut und Nahrung. Das ist mir vor der großen Veränderung gar nicht so aufgefallen.... komisch. - Naja, hungern werden wir dieses Jahr zumindest nicht." fügte er dann noch hinzu.
 

"Vielleicht wird ja doch noch alles gut," ermunterte Kimba ihn. "Wir müssen es halt nur versuchen."
 

Dem Subco huschte ein kleines Lächeln über sein sonst so ernstes Gesicht "Wie recht er doch hat..." meinte er zu dem Zentralcomputer.

"Bedenke, er und seine Freunde haben noch nicht mal die Hälfte ihrer nächsten Nachbarn kennengelernt - von den vielen dunklen Geheimnissen, die diese Welt bietet mal ganz abgesehen," warf dieser daraufhin ein.

"Ich empfehle eine ständige Überwachung der Ereignisse und eine Sicherung des Zielobjekts mittels Tiefenscan." fügte er sogleich hinzu.
 

"Das ist bereits veranlaßt. Dieses Projekt ist zu wichtig, als das ich hier irgendein Risiko eingehen würde," erklärte der Subco. "Wieviel Zeit hast du errechnet?"
 

"Dieses Projekt wird etwa ein Jahr und drei Monate laufen müssen, bis es den gewünschten Erfolg bringt."
 

"Ein Jahr und drei Monate... ," der Subco verschwand gedanklich tief in der Zukunft, "... dann endlich ist die Zeit der völligen Offenbarung gekommen, Kimba. Ich hoffe du nimmst dein Schicksal an und vergibst mir, was ich tat. Doch es mußte geschehen - zum Wohle des Imperiums."
 

Der Subco schaltete die Omega-Leitung zum Schiff des Zentralcomputers auf Standby. Auf dem Blauen Planeten schien ja alles glatt zu laufen. Aber der Rim Sektor machte ihm sorgen. Zwar war der Sieg recht sicher, aber wenn das Imperium diese Schlacht verlieren sollte, wäre sein Projekt auf der Erde sicherlich zwecklos.
 

Dann lehnte er sich zurück und ließ seinen Blick über die Amatouren seines Transporters schweifen. Das gelbe Blinklicht auf dem Monitor über ihm verriet ihm, das die Omega-Leitung auf "aktiv" stand.
 

"Hm? Wieso das denn? Hatte ich die eben nicht ausgemacht?" fragte er sich.
 

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Nächster Teil: Kimba 02 - Neue Freunde

Neue Freunde

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 1 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@Tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

" Neue Freunde "

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Das gelbe Blinklicht auf dem Monitor über ihm hatte nur wenige Male aufgeleuchtet, als ihm bereits dämmerte, wieso die Omega - Leitung wieder aktiv geworden war:

Der Zentralcomputer war in der Lage, diese von sich aus zu aktivieren, sollten äußerst wichtige Informationen verfügbar geworden sein. Offenbar war also etwas enorm wichtiges geschehen, nur Sekunden nachdem er selber die Leitung auf standby geschaltet hatte. Aber was würde das wohl sein können?
 

Der Subco hatte keine Zeit mehr zu erraten, was es wohl sein könnte, die Verbindung war bereits völlig wiederhergestellt und die Verschlüsselung aktiviert. Daher konnte er sogleich die leicht metallene Stimme des Zentralcomputers wahrnehmen:

"Sie greifen an, der rechte Flügel unserer Formation liegt unter schwerem Beschuß. Die Schilde der Kommandoschiffe halten, die Zerstörer müssen ausweichen. Die Formation wird neu ausgerichtet. Der Feind versucht, eine Kommunikationsblockade nach außerhalb des Schlachtfeldes zu errichten, es ist ungewiß, ob wir ihn... "
 

Die Verbindung brach ab.
 

"Sieht so aus, als müßte ich die Operation "hyphen-delete" ohne meine Aufsicht lassen," erfasste der Subco beunruhigt die Lage.
 

Die Sonne stand hoch am stahlblauen Himmel. Die wenigen Wolken bewegten sich kaum, da in großer Höhe ähnlich wenig Wind zu herrschen schien wie am Boden.
 

Kimba stand auf einer kleinen Anhöhe, halb im Schatten eines der großen Blätter einer kleinen Palme. Er genoß die kleine Aussicht über die Westflanke des Dschungels. Vor ihm ging es zur rechten Seite bergab bis weit ins Tal hinunter, während die linke nach wenigen Metern weiter bergan stieg.
 

Er wollte in aller Ruhe den Dschungel erkunden, vor allem die Grenzen des Dschungels. Denn auch wenn sich im Dschungel selber fast gar nichts geändert hatte, war die restliche Welt doch erschreckend anders geworden, seit jener mysteriösen Nacht, als der Schatten ihm und den anderen diese Zukunft prophezeite.
 

Der leichte Windhauch, der ihn striff und ihm etwas Abkühlung verschaffte, brachte den typischen Geruch des Dschungels mit sich. Genau den Geruch, den er die zwei Jahre zuvor eingeatmet hatte und der ihm so vertraut war.
 

Er sann kurz über die Wesen nach, die ihnen begegnet waren: Die gefährlichen, aggressiven Dunkelpiraten und die seltsamen, scheußlich aussehenden aber wohl friedfertigen Monster im Sumpf stimmten ihn nachdenklich. Ebenso wie das Verschwinden der großen Herden außerhalb des Dschungels.
 

"Wie können so plötzlich von einem Tag auf den anderen völlig neue Spezies auftauchen und riesige Herden im Nichts verschwinden?" fragte er sich und meinte spüren zu können, daß Angst in ihm auf stieg. Ja, in ihm, der sonst doch vor fast nichts Angst hatte und immer in vorderster Front gegen die verschiedensten Gegner und Gefahren gekämpft hatte. Er fragte sich, was wohl in den anderen vorgehen mußte. Sahen sie die Gefahren einfach nicht? Oder fürchteten sie sich so sehr, daß sie bei der ersten kleinen Gefahr in Panik davonlaufen und nie wieder anhalten würden?
 

Sein Blick schweifte zum Mondberg, was ihm gleich die nächste Kuriosität in Erinnerung rief: "Woher kommt bloß dieser riesige schwarze Streifen? Oder ist das vielleicht sogar eine Furche?" Er konnte sich nichts vorstellen, was das verursacht haben könnte. Noch dazu, ohne daß er und die anderen es bemerkt hatten.
 

Da sah er plötzlich etwas sich bewegen. Etwa zwei bis drei Kilometer vor ihm hatte er gemeint, kurz einen Menschenkopf über einen Hügel gelugt haben zu sehen.

Und er hatte einen Turban oder etwas ähnliches aufgehabt, schien also weder ein Dunkelpirat, noch ein Sumpfzombie, noch einer der normalen Menschen zu sein, die er bisher kennengelernt hatte.
 

Er beschloß, der Sache nachzugehen.
 

Minuten später war er dann genau an der Stelle, wo er zuvor jemanden gesehen hatte. Wo war der Typ bloß hin verschwunden?

Er nahm Witterung auf und bemerkte, daß es nach Mensch roch. Also wirklich keine komischen Wesen oder irgendwelche Mutanten. Von denen hatte er in der letzten Zeit auch mehr als genug gehabt.
 

Er verfolgte dann eine Spur, die nach einigen hundert Metern aus dem Dschungel hinausführte in Richtung der großen Felsplateaus westlich des Dschungels. Diese erhoben sich wie aus dem Nichts und ragten etwa 100 bis 200 Meter empor. Dadurch ließen sie eine Art unübersichtliches Labyrinth entstehen, in dem man sich gut verstecken konnte. Genau dort vermutete er in einem der schmalen Täler oder in einer Senke auf einem der Plateaus das Lager jener Menschen.
 

Hoch oben über seinem Kopf wuchs die Unruhe des einzigen Lebewesens an Bord eines nicht-irdischen, getarnten Schiffes.

Der Subco hatte schon Situationen erlebt, in denen er von der Entwicklung des Imperiums abgeschnitten war, doch noch nie war es zu einem derart wichtigem Zeitpunkt gewesen. Ungeduldig wartete er auf den Wiederaufbau der getarnten und massiv verschlüsselten Omega - Leitung vom Imperialen Oberkommando zu seinem Transporter.
 

Hatte er sonst Kimba in erster Linie beobachtet, um dessen Entwicklung genauestens mitverfolgen zu können, konnte er sich nun damit lediglich vom Warten auf das ungewisse Ergebnis der Schlacht im Rim-Sektor ablenken.
 

Es waren seit dem Abbruch der Verbindung schon fast 20 Minuten vergangen und die Schlacht im Rim-Sektor war sicherlich schon vorrüber. Und genau das machte ihm Sorgen: Wenn die Kampfhandlungen schon längst für eine der beiden Seiten den Untergang bedeutet hatten, warum meldeten sich gerade seine Leute nicht? Konnten sie etwa nicht, weil sie zerstört worden waren?
 

Zum zweiten Mal erst, seit er zu dem Imperium gehörte, spürte er wieder so etwas wie Angst. Auch wenn sein Verstand dagegen arbeitete: Wenn die Schlacht nicht zu gewinnen gewesen wäre, hätten sich die imperialen Streitkräfte rechtzeitig mit wenigen Verlusten zurückgezogen, um sich neu zu formieren. Auch in jenem Fall hätte er eine Nachricht erhalten.
 

Dann endlich leuchtete wieder das gelbe Signal auf dem Monitor über ihm auf. Die Omega-Verbindung wurde wiederhergestellt. Das dauerte nur wenige Sekunden, aber die kamen ihm wie eine Ewigkeit vor. Zunächst kam ein kurzes kodiertes Standartsignal an, daß die Art der Tarnung bestimmte. Dann kam eine kurze Sequenz, die die Verschlüsselung in Kombination mit der Systemzeit des Empfängers generierte. Dann begann die eigentliche Übertragung:
 

"Das Imperiale Oberkommando meldet: Mission ausgeführt. Verluste der feindlichen Streitkräfte betragen 78,65%. Verluste der imperialen Streitkräfte betragen 36,87%. Führen jetzt Gegenschlagsplan 'zeta-bravo' aus. Die schnellen Flanken der Sigma-Flotte sind bereits zu den feindlichen Schiffswerften und Kolonien unterwegs. Sie werden etwa 25 Minuten vor den feindlichen Streitkräften dort eintreffen und die Anlagen eleminieren oder unter Kontrolle bringen. Erwarten weitere Instruktionen. Ende der Mitteilung."
 

Ein tiefes Gefühl der Erleichterung durchdrang den Körper des Subcos. Die Anspannung war aus seinen Gliedern gewichen und er schaute nun zutiefst zufrieden auf den unteren, größeren Monitor, wo er sehen konnte, daß Kimba inzwischen bei den Plateaus angekommen war.
 

Die warme Luft roch nach Mensch. Leider war es dabei egal, aus welcher Richtung sie kam. Kimba wußte, daß er den Menschen schon ganz nahe war, aber er konnte sie nicht sehen oder hören. Egal wo sie sich aufhielten, sie waren gut versteckt.
 

"Eigentlich wäre dies auch ein guter Ort zum Verstecken für den Flüchtlings-Trek," dachte er und fragte sich, wohin genau Mbangi die Leute wohl führen würde. Dann ging er einigen der vielen Spuren im Sand auf einem schmalen Pfad nach, welcher auf eines dieser Plateaus führte.
 

"Hoffentlich sind die friedlich, wir haben schon genug Probleme," hoffte er, während er den staubigen Pfad hinaufging. Der weiche, warme Sand ließ seine Tatzen bei jedem Schritt einen guten Zentimeter im Boden versinken. Als Zweibeiner durfte man hier nicht schnell rennen, sonst würde man sich unweigerlich der vollen Länge nach über den Boden legen.
 

Dann war er oben angekommen. Und dann sah er sie auch schon: Dutzende von Zelten, die ziemlich kreuz und quer in einer seichten Senke in der Mitte des Plateaus verteilt waren. Und einige Menschen dazwischen. Sie waren meist in weiß gekleidet, weiße Umhänge oder Gewänder. Die genaue Bezeichnung kannte er nicht. Einige hatten auch braune Gewänder an, aber alle von ihnen trugen entweder Kopftücher oder eine Art Turban, ausnahmslos in weiß oder grau.
 

Trotz ihrer Einfachheit schien die Siedlung durchaus durchdacht zu sein. Die Zeltbahnen hatten irgendeine undefinierbare Farbe zwischen gelb und grau. Ursprünglich war es wohl mal ein weiß gewesen, doch der Wüstenstaub hatte dem Stoff seine eigene Farbe aufgezwungen.
 

Kimba suchte nach einem Weg, der ihn etwas näher an die Siedlung der Menschen heranbrachte, ohne daß er bemerkt werden konnte. Er hatte schon einen sandigen, etwas im Boden versenkten Weg gefunden - ein ausgetrocknetes Bettlein eines Baches - als er plötzlich Stimmen hinter sich hörte.
 

Er fuhr herum und keine 5 Meter von ihm weg standen zwei in weiße Umhänge gehüllte Männer mit Turban. Und einer von ihnen zeigte gerade auf ihn, so daß es offensichtlich war, daß sie ihn gesehen hatten. Doch das verwunderte ihn auch zugleich: Wenn sie ihn wirklich gesehen hatten, warum waren sie dann ohne Waffen derartig nahe an ihn herangegangen?
 

Aber sie kamen immerhin nicht näher, als sie sich wieder in Bewegung setzten und in einem kleinen Bogen um ihn herum in die Siedlung gingen.
 

"Offenbar sehen sie mich nicht als eine Gefahr an. Ich frage mich nur, warum?" dachte Kimba. Er war dann unschlüssig, ob er seinen ursprünglichen Plan, in die Siedlung zu gehen, ausführen sollte oder doch lieber abbrach und sich mit dem zufrieden gab, was er bisher erfahren hatte.
 

Schließlich entschloß er sich, doch bis in die Siedlung zu gehen. Sie hatten ihn zwar entdeckt aber waren weder geflüchtet noch hatten sie ihn angegriffen. Sie waren also sowohl friedlich als auch ausgeglichen und würden ihn nicht gleich nach dem Leben trachten, wenn er ihnen näher kam.
 

Er nahm denselben Weg den die beiden Männer genommen hatten und war bald darauf bei den ersten Zelten angelangt. Er spürte keinerlei Feindseligkeit um sich herum, doch er bemerkte, daß die Leute ihn genau beobachteten. Und dabei schien mehr erstaunen dabei zu sein, als Furcht oder Vorsicht. Beinahe so, als könnten sie kaum glauben, was sie dort sahen.
 

Kimba wußte zwar, daß er wegen seiner Fellfarbe häufiger bäugt wurde, aber noch nie derartig intensiv. Es war ein komisches Gefühl, wie er durch die Reihen der Zelte schlich und sich auf diese Art mehr und mehr dem Zentrum der Siedlung näherte. Hunderte von Augen schienen auf ihn gerichtet zu sein, doch niemand wagte es, etwas gegen sein Eindringen zu unternehmen.
 

Er wollte schon fast wieder umdrehen und die Siedlung verlassen, als schließlich doch einige der Einwohner sich trauten, sich ihm zu zeigen. Es waren drei Leute, ein sehr alter Mann, eine Frau und ein Mann mittleren Alters, der mehr breit als hoch zu sein schien.
 

"Willkommen in Sarafia, weißer Löwe!" begrüßte ihn der sehr breite Mensch.
 

Kimba war baff. Eine solche Begrüßung hatte er nun wirklich nicht erwartet.
 

"Wir laden dich ein, eine Weile zu bleiben und mit uns zu Mahl zu sitzen," fügte die Frau hinzu. Anstatt eines Turbans hatte sie eine Art Kopftuch auf. Sie schien ebenfalls mittleren Alters zu sein und stellte vom Körperumfang her die Mischung aus dem etwas dürren alten Mann und dem jüngeren sehr breiten Mann dar.
 

Jetzt sogar eine Einladung? Trotz der Freundlichkeit fing Kimba an, sich an diesem Ort etwas unwohl zu fühlen. War er dabei in eine Falle zu tappen, wenn er sich nicht unverzüglich aus dem Staub machte? Oder waren diese Menschen wirklich so freundlich zu einem Löwen?
 

Er beschloß, es herauszufinden.
 

"Ich nehme die Einladung gerne an. Ich habe nämlich viele Fragen an euch," antwortete er dann.
 

Die drei führten ihn in ein besonders großes Zelt in der Dorfmitte, in dem jedoch keiner zu wohnen schien. Zumindest waren weder eine Schlafstätte noch persönliche Dinge zu sehen. In der Mitte des Zeltes stand ein großer, niedriger Tisch mit einigen Decken und Kissen rundherum. War auch sonst alles in grau, braun und weiß gehalten, spielten die Kissen mit dem kompletten Farbspektrum. Dies kam hauptsächlich in ihren Verzierungen zum Tragen, die die Ränder der Kissen und Decken zierten.
 

Kurz darauf saßen er und seine etwas merkwürdigen Gastgeber vor dem Tisch auf den Kissen. Einige andere Menschen brachten eine Reihe an Speisen herein. Kimbas Neugier und Verwunderung über diese Menschen stiegen gleichermaßen an, bis er sich schließlich ein Herz faßte und sie direkt fragte:

"Sagt mal, wieso seid ihr eigentlich so gastfreundlich zu mir? Versteht das bitte nicht falsch, ich freue mich sehr darüber. Jedoch war das maximale Maß an Freundlichkeit, das ich von Menschen gewohnt bin, bislang darauf beschränkt, nicht angegriffen zu werden. Ihr jedoch behandelt mich wie einen guten alten Freund. Ich weiß aber nicht wieso... ."
 

Die drei Menschen schauten sich gegenseitig an, wirkten etwas verwundert.
 

"Weißt du das denn nicht, weißer Löwe?" fragte ihn die Frau einen Augenblick später.
 

"Ich wüßte nicht was," entgegnete Kimba, "denn soweit ich weiß ist das heute das erste Mal, das wir uns sehen."
 

"Das ist ja komisch, " meinte der sehr breite Mann, dessen tiefschwarzer nach unten verlaufender Schnauzbart die Form seines Körpers wiederzugeben schien, "wo du doch eindeutig ein weißer Löwe bist. Noch dazu die blauen Augen. Das ist viel zu selten, als daß das ein Zufall sein könnte. Was meinst du, Dorfältester?"

Er schaute fragend den alten, dürren Mann an, der bislang nichts gesagt hatte. Dieser hob dann langsam den Kopf und musterte Kimba mit seinen faltigen, müden Augen. Die hatten dasselbe braun, wie die der anderen beiden Menschen, fand Kimba, wirkten aber doch irgendwie blasser.
 

"Er ist mit Sicherheit einer der Nachfahren des weißen Löwen Androcles aus Ägypten." sprach der Greis mit leicht zittriger Stimme. "Nur diese weiße Löwen waren bislang meist freundlich gewesen zu den Menschen und konnten ihre Sprache verstehen. Immer waren sie Verfechter von Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit in ganz Afrika gewesen und stets mit Kraft und Klugheit gesegnet. Jedoch nur die letzten Generationen konnten die menschliche Sprache auch sprechen, so wie er hier."
 

Er deutete mit einem staubigen Haufen aus faltiger Haut, der früher einmal eine Hand gewesen sein könnte, auf Kimba.
 

"Wie heißt du eigentlich, weißer Löwe?" fragte er gleich darauf.
 

"Mein Name ist Kimba," antwortete Kimba wahrheitsgemäß.
 

"Kimba... , " murmelte der alte Greis, " ...Kimba war auch der Name jenes weißen Löwen, der als erster die menschliche Sprache erlernt hatte. Aber das ist schon viele, viele Generationen her."
 

Kimba war perplex: "Was? Schon viele Generationen? Aber soweit ich weiß, bin ich doch der erste Löwe überhaupt, der die menschliche Sprache sprechen kann."
 

"Der Kimba, von dem ich erzähle, hat die Sprache von einem jungen Menschen beigebracht bekommen, der einige Zeit lang in seinem Dschungel lebte," fuhr der Alte fort.
 

"Ja, das war Ronny!" fiel es Kimba ein. Der alte Mann nickte zustimmend und erzählte weiter:
 

"Und dieser weiße Löwe brachte die Sprache dann seinen Kindern bei und diese wiederum ihren Kindern. Auch die übrigen Tiere des Dschungels sollen die Fähigkeit zu sprechen von jenem legendären weißen Löwen beigebracht bekommen haben. Du bist bestimmt einer der Ur-Enkel jenes weißen Löwen Kimba, der als erstes die Sprache der Menschen erlernt hatte."
 

Kimba wußte nicht, was er sagen sollte. Er kannte doch schließlich Ronny persönlich. Er selber war doch der Löwe, von dem der Greis berichtet hatte. Aber das alles sollte schon Generationen her sein? Er sollte bereits Kinder haben und diese ebenfalls Kinder haben? Er hatte so viele Fragen aber er war so verwirrt, daß er keine einzige formulieren konnte.
 

Der breite Mann begann zu sprechen:

"Und da der letzte der weißen Löwen auch unser Dorf beschützt hat, als es mit dem Großen Krieg losging, sind wir eurer Familie noch immer dankbar. Es dürfte dein Vater oder Großvater gewesen sein, der uns hier in den engen Schluchten der Plateaus versteckt hatte. Er war uns immer sehr willkommen, hatte er doch uns allen das Leben gerettet. Eines Tages jedoch kam er von einem seiner Erkundungszüge nicht zurück. Man sagte, er wäre auf eine Mine getreten und umgekommen."
 

Die Frau erzählte weiter, während der breite Mann einen tiefen Schluck aus dem Glas mit roter Flüssigkeit vor ihm nahm: "Wir wissen nicht, was damals wirklich geschehen ist. Doch wir haben nie vergessen, was er für uns getan hatte und immer gehofft, er oder einer seiner Nachfahren würde zu uns zurückkehren."
 

Obwohl Kimba jetzt in etwa wußte, weshalb die Leute so freundlich zu ihm waren, hatte er noch viel mehr Fragen als zuvor. Die Leute schienen ihm die Wahrheit zu erzählen, zumindest sahen sie nicht so aus, als ob sie lügen würden. Doch Kimba wußte, daß er hier nicht die Vergangenheit gehört hatte, die er selber erlebt hatte. Auch nicht die, von der ihm Daniel erzählt hatte. So saß er noch immer etwas verwirrt dar, als plötzlich von draußen einer der Dorfbewohner hereinrief: "Dunkelpiraten gesichtet! Dunkelpiraten gesichtet!"
 

Alle standen sofort auf und gingen aus dem Zelt. Der Bote winkte sie zu einem mit vertrocknetem Gestüpp ausgestatteten Teil des Plateaurandes. Von dort aus beobachteten sie die Ebene.

Als Kimba und die anderen dort angelangt waren, konnte man sehen, wie etwa 20 Dunkelpiraten in der Ferne in Richtung der Dschungelfarm unterwegs waren.
 

"Oh verdammt, die haben es auf die Farm abgesehen!" rief Kimba entsetzt.
 

"Du hattest schonmal eine Auseinandersetzung mit den Dunkelpiraten. Du hattest sie zwar besiegt aber sie werden immer wieder kommen, wenn sie die Chance sehen, Beute zu machen. Du und die anderen, ihr seid die Beute und sobald ihr euch zeigt, werden sie euch angreifen," erklärte der Greis.
 

"Auch uns würden sie angreifen, wenn wir uns zeigen würden. Solange es die Dunkelpiraten gibt, wird es hier keinen Frieden geben," fügte der breite Mann hinzu.
 

"Ich muß schnell zu meinen Freunden! Habt Dank, ich werde euch später nochmal besuchen!" rief Kimba noch im Rennen. Ein bißchen Zeit hatte er ja noch, bis die Dunkelpiraten die Farm erreichen würden. Dennoch ging ihm erneut der Gedanke durch den Kopf, daß er wieder zu spät kommen könnte.
 

"Stein auf Stein, Stin auf Stein, bald wird das Häusle fertig sein...," sang Pauley vor sich hin und nervte seine Nachbarn damit.
 

"Wenn er gut drauf ist, ist er unerträglich!" schimpfte Buckey.
 

"Ach laß ihn doch, wenns ihm Spaß macht..." meinte Dodi.

"Also mich nervt es inzwischen auch ganz schön," fand Gira.

"Vielleicht sollten wir lieber den anderen beim Anlegen der Felder helfen?" schlug Wildcat vor. "Gute Idee, Wildcat, dann kann Pauley hier singen bis ihm davon selber schlecht wird..." sagte Buckey und machte sich gleich auf in Richtung Felder. Die anderen nickten sich kurz zu und folgten ihm.
 

Pauley indessen sang und summte unbeirrt weiter. Dann bemerkte er aus den Augenwinkeln, daß irgendetwas um ihn herum anders war als noch kurz zuvor und er schaute sich um.
 

"Heeee? Wo sind die denn auf einmal alle hin?" fragte er sich selbst halblaut. Dann erspähte er sie etwa 200 Meter weiter auf dem Feld bei den anderen.

"Ja was soll das denn heißen? Sowas, lassen mich hier einfach alleine... nagut, jedem das seine," meinte er dann zu sich selbst und wollte gerade wieder mit dem sortieren eines Haufens kleiner Steine weitermachen, als er es rascheln und knacken hörte.Er schaute auf und bemerkte eine Menge Dunkelpiraten, die durch das Gebüsch neben ihm in Richtung der anderen Tiere schlich.
 

"Ach herrje, da sind ja schon wieder diese bösen Menschen!" Schnell flog er auf und zu den anderen herüber.
 

"Achtung, Achtung, große Gefahr: Böse Menschen sind schon ganz nah!" rief er zu den anderen. "Was sagst du?" fragte Daniel überrascht und entsetzt zu gleich.

"Ja, dort drüben im Gebüsch! Die haben uns gestern schonmal angegriffen!"
 

Da nahmen die Dunkelpiraten den Aufruhr unter den Tieren als Signal zum Angriff. Und schon flog ein Messer nur haarscharf an Daniels Kopf vorbei in den Stamm hinter ihm und die Dunkelpiraten stürmten aus dem Gebüsch hervor. Einer von ihnen hatte sogar eine Schußwaffe dabei und verfehlte Dodi zum Glück knapp. Spätestens jetzt hatten alle bemerkt, was Sache war.
 

"Schnell rennt in einem Bogen um die Farm zurück in den Dschungel! Nur dort können wir sie abhängen!" rief Daniel den anderen zu. Die rannten auch sofort los, wobei dafür wohl auch keine Überzeugungsarbeit nötig gewesen wäre.
 

"Da kommt Kimba! Juchu!" konnte man Piwis helle Stimme auf einmal vernehmen. Dann mußte er aber sehen, daß er sich wieder in Bewegung setzte, weil einer der Angreifer mit gewetztem Säbel hinter ihm her war.
 

"Schützt doch wer die Jungtiere! Die können doch nicht so schnell!" rief Daniel beim Anblick dieser Szene.
 

"Du bist aber selber auch nicht gerade der schnellste, Daniel," meinte Cheetah zu ihm.

"Mach keine Sprüche, ich komme schon klar! Sieh du zu, daß du den Dunkelpiraten von Piwi ablenkst!" befahl ihm Daniel. Cheetah schluckte.

"Ich soll den Dunkelpiraten angreifen? Gegen den habe ich doch gar keine Chance!"

"Du mußt ihn nur ablenken bis Kimba da ist. Ich denke du bist doch so schnell? Mach hin!"
 

Cheetah schluckte nochmals. "Na gut... auf deine Verantwortung... Piwi ich komme!" rief er dann und rannte zwischen Piwi und dem Dunkelpiraten hin und her. Der war sehr irritiert und wußte kurz nicht, wen er nun angreifen sollte. Schließlich entschied er sich für die größere Beute und ging mit seiner Machete auf Cheetah los. Er wollte gerade zum Schlag ausholen, da sah Cheetah wie der Dunkelpirat von einem weißen Blitz getroffen und zu Boden geschleudert wurde.
 

"Hurra, Kimba ist jetzt da!" freute sich Cheetah.
 

In binnen von Sekunden stürzte sich Kimba auf die Dunkelpiraten in seiner Nähe. Zweie lagen bereits benommen am Boden, ein dritter zappelte unter seinen Klauen als neben ihm ein Schuß in den Boden jagte.
 

"Verdammt. Der hat ja auch ein Gewehr," ging es Kimba durch den Kopf. Er setzte sich schleunigst wieder in Bewegung um nicht getroffen zu werden. Und die anderen Piraten gingen weiterhin auf Kimbas Freunde los.
 

Plötzlich faßte sich der Dunkelpirat mit dem Gewehr an den Hals und brach zusammen. Zwei anderen in der Nähe erging es Sekunden später ebenfalls so.

Kimba schaute sich um und sah gerade noch, wie Mbangi sich wieder ins tiefere Gebüsch zurückzog. Etliche Dunkelpiraten waren verwirrt, daß plötzlich einige von ihnen wie vom Blitz getroffen zusammengebrochen waren.
 

"Los jetzt," rief Kimba seinen Freunden zu, "wenn ihr sie jetzt angreift, werden sie bald fliehen! Das gilt vor allem für die großen Tiere!"
 

"Bin ich etwa groß?" fragte Cheetah vorsichtig. "Du bist ja wohl noch ein Stück größer als ich!" rief ihm Kimba zu. "Ohje... na gut, ich hoffe du hast recht!"
 

Und tatsächlich, als Kimbas Freunde plötzlich umdrehten und zusammen auf die Dunkelpiraten losgingen, bemerkten diese recht schnell, daß sie dezimiert und ohne Schußwaffen keine Chance mehr hatten und ergriffen die Flucht.
 

"Und was machen wir mit denen?" fragte Buckey Kimba und deutete auf die 3 von Mbangi betäubten. "Gute Frage, zunächst einmal nehmen wir ihnen die Waffen ab und fesseln sie. Vielleicht wissen Mbangis Leute oder die im Flüchtlingstrek etwas mit ihnen anzufangen," schlug Kimba vor.
 

"Und was ist mit den anderen?" fragte Piwi.

"Die sind ein großes Problem. Die Leute, die ich auf den Plateaus traf, meinten daß niemals Frieden hier sein könne, solange die Dunkelpiraten noch existieren."
 

"Und damit haben sie verdammt recht!" meinte Mbangi, der gerade zu ihnen kam.

"Dann müssen wir sie loswerden," meinte Daniel, "und zwar für immer."
 

"Die Dunkelpiraten sind aber gefährlicher als es jetzt vielleicht den Anschein hatte," warf Mbangi ein. "Wenn wir sie vertreiben wollen brauchen wir alle Hilfe die wir kriegen können. Also auch die Leute vom Flüchtlingstrek, meine Leute und die Nomaden aus den Plateaus müssen mithelfen."
 

"Werden sie das auch?" Kimba wirkte verunsichert, es war ihm nicht ganz wohl dabei, eine Art Kleinkrieg mitanzuzetteln. - Zumal der Sieger noch nicht sicher feststand.
 

"Ganz sicher Kimba. Wenn die Menschen dieser Gegend eines verbindet, dann der Wille die Dunkelpiraten endlich zu vertreiben, so daß wir alle hier wieder in Frieden leben können werden."
 

"Und eure Probleme habt ihr gelöst? Ich meine dich und Juri." wollte Kimba noch wissen.
 

"Ja. Meine Leute haben nichts gegen Juris Leute, wenn sie uns gegen die Dunkelpiraten helfen. Und Juris Leute sind uns dankbar, daß ich sie in eine sichere Senke auf der anderen Seite des Dschungels geführt habe. Ich weiß nur nicht, wie wir die Nomaden überzeugen können, dabei mitzumachen. Die leben nämlich sehr zurückgezogen." erläuterte Mbangi.
 

"Das laß mal meine Sorge sein," freute sich Kimba, "ich bin mir ziemlich sicher, daß ich da etwas erreichen kann..."
 

Der Subco schaute wohlwollend und dennoch besorgt auf seinen Monitor.

"Die Dunkelpiraten werden aber auch deine kleinste Sorge sein, mein Freund... " murmelte er.
 

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Nächster Teil: Kimba 03 - Die Stadt

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 2 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@Tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

" Die Stadt "

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Kimba schaute ungläubig. "Also früher seid ihr im ganzen Lande umhergezogen?"
 

Obwohl das Zelt oben in der Mitte eine Art Öffnung hatte, um warme Luft herausströmen zu lassen, war es recht warm und stickig im Inneren. Wenigstens war der Vorhang, der die Tür darstellen sollte, beiseite gezogen worden, so daß noch ein kleines bißchen mehr frische Luft von außen ins Zelt gelangen konnte. Doch kein Luftzug verstärkte diesen Vorgang. Und so viel frischer und kühler war die Luft von draußen auch wieder nicht.
 

Dem sehr breiten Mann lief der Schweiß in Strömen über das Gesicht, während er Kimba weiter von seinem kleinen Volk berichtete: "Nicht nur im ganzen Lande, in ganz Ostafrika. Doch durch die Bedrohung durch die Dunkelpiraten und andere aggressive Gruppen ist das zu gefährlich geworden. Daher sind wir nun sesshaft. Kein schönes Dasein für uns Nomaden, wo wir es doch als unsere Tradition ansehen, weiterzuziehen."
 

"Also wäre es auch in eurem Interesse, wenn die Dunkelpiraten vertrieben werden könnten?" fragte Kimba nach, obwohl er sich der Antwort des Anführers der Nomaden schon sicher war.
 

"Ja, es ist einer unserer größten Wünsche, daß die Belagerung durch die Dunkelpiraten aufgehoben wird. Wir werden euch helfen... ," Kimbas Blick erhellte sich , " unter einer Bedingung: Die Piraten haben Waffen. Schußwaffen. Von der Pistole bis zum Maschinengewehr. Die, auf die ihr bisher getroffen seid, waren nur ein unbedeutender kleiner Haufen. Doch wenn wir diesen Haufen von hier vertreiben, werden sich die Dunkelpiraten der gesamten Gegend zusammenfinden, um gemeinsam gegen uns zu ziehen. Dann kommen auch die Dunkelpiraten aus jenen Teilen des Landes hierher, wo sie ganze Waffenlager unter ihrer Kontrolle haben. Und dann hätten wir alle bei ihrem Vergeltungsschlag keine Chance."
 

Der breite Mann hörte auf zu erzählen, um zunächst kurz nach Luft zu schnappen und dann den ganzen Krug voll Wasser, der vor ihm auf dem tiefen Tisch stand, in einem Zug zu leeren. Seine Frau erzählte dafür weiter:
 

"In einer großen Stadt südöstlich von hier soll es angeblich noch ein Lager mit Waffen geben. Aber wir wissen nicht genau, wo dieses Lager ist. Wenn wir das benutzen könnten, könnten wir den Dunkelpiraten so viel Wiederstand entgegensetzen, daß sie es nicht wagen würden, wiederzukehren. Jedoch können wir nicht einfach von hier weggehen und in der Stadt das Lager suchen. Die Dunkelpiraten würden uns suchen sehen, Verstärkung holen und uns dann in der Stadt auf freiem Felde angreifen und vertreiben können."
 

"Nicht nur das," der Anführer hatte sich inzwischen erholt und erzählte daher weiter, " sie würden sich auch fragen, was wir dort zu suchen hätten. Und wenn sie selber suchten und das Waffenlager finden würden, dann müßten wir alle von hier fliehen."
 

"Dann werde ich gehen, und die Waffen für euch suchen. Sobald wir sie gefunden haben, komme ich zu euch zurück und sage euch, wo sie sind. Dann braucht ihr nur noch schnell in die Stadt zu rennen und die Waffen abzuholen," schlug Kimba vor.
 

"Eine hervorragende Idee! Wir wären dir sehr dankbar, wenn du das für uns tun würdest, Kimba!" freute sich der Breite und leerte einen zweiten Krug.
 

Piwi war sauer und schaute Kimba halb flehend, halb ärgerlich an. "Wieso denn nicht? Die Schule ist doch noch gar nicht aufgebaut und der Abenteuerberg ist wegen der doofen Piraten zu gefährlich. Was sollen wir denn sonst tun?"

"Genau!" stimmte Wildcat ein, "Ob wir die Piraten hier im Dschungel haben oder mit dir in die Stadt gehen, das nimmt sich doch wirklich nichts."

"Und außerdem bist du in der Stadt auch noch bei uns und kannst uns beschützen!" ergänzte Piwi.
 

Kimba verdrehte die Augen. "Na gut, meinetwegen. Kommt mit, aber tut, was ich euch sage, klar?"

Wildcat und Piwi: "Hurra!"

Kimba: "Nichts wie weg, bevor Lukas auch noch mitwill. Der kann ja nun wirklich nicht hören..." "Och, da mach dir mal keine Sorgen, der hat ne Erkältung und will am liebsten nur noch schlafen..." berichtete Piwi über seinen Freund.
 

"Haaaaaallllt! Nehmt mich mit!"
 

Kimba schreckte zusammen. Als er sich umdrehte, sah er Pauley auf sich und die anderen zuflattern.
 

"Ein Lager suchen, nichts ist schwerer. Ich denke, du brauchst einen Luftaufklärer!" plapperte Pauley kaum angekommen los.

"Hm. Na gut. Das sehe ich ja sogar ein," meinte Kimba. "Ok, auf gehts!"
 

Ein paar Stunden später standen sie vor den Ruinen einer einstmals großen Stadt. Gespenstisch ragten oft nur die Grundmauern in den Himmel, da das restliche Gebäude abgebrannt oder eingefallen war. Einige wenige Häuser und Hallen schienen die Zeit jedoch relativ unbeschadet überstanden zu haben. In einem von ihnen mußte das besagte Waffenlager sein.
 

"So, da sind wir. Pauley, du fliegst los und suchst nach Gebäuden, die nicht nach Wohnhäusern oder Geschäften aussehen! Wir untersuchen mal dieses große Fabrikgebäude hier vorne." bestimmte Kimba.
 

"Gute Idee," meinte Wildcat, "da drinnen ist es bestimmt kühler."

"Ja, es kommt mir sowieso so vor, als ob die Welt seit dieser komischen Nacht wärmer geworden ist." fand Piwi.

"Und zerfallener," ergänzte Wildcat, "Denk nur mal an den armen Mondberg. Der schwarze Strich paßt voll nicht zu dem."
 

Im Inneren des großen, teilweise eingefallenen Fabrikgebäudes war es tatsächlich ein Stück kühler als draußen und ein leichter Luftzug sorgte für zusätzliche Kühle. Wobei Kühle bei der Hitze außerhalb auch allenfalls relativ zu sehen war.
 

Obgleich die Wände meist grau waren, schien drinnen ein leicht bläuliches Licht vorzuherrschen. Von den kaputten Fenstern und einigen Rissen und Löchern schien helles Lich in einige der Räume und Fluren. An den Wänden des Hauptflures und einiger Nebenräume nahe des Eingangs konnte man daher deutlich Graffiti in rot und schwarz auf den Wänden erkennen. Irgendwelche Sprüche oder Symbole, deren Bedeutung den drei Abenteurern nicht geläufig waren.
 

Nach einigen Minuten hatten sie das gesamte Erdgeschoß erkundet und standen vor einer Treppe. "Ich werde hochgehen in das erste Stockwerk, ihr schaut euch mal im Keller um, ok?" fragte Kimba. "Ok, sind schon unterwegs," antwortete Wildcat. Piwi schaute nur die dunkle Kellertreppe hinunter und schluckte. Das war wirklich sehr dunkel dort unten.
 

Kimba flitze also die Treppe rauf, Wildcat machte einen Sprung nach unten.
 

"Kommst du?" war Wildcats helle Stimme zu hören. Piwi schluckte nochmals. "Ja ich komme," sagte er daraufhin mit wenig Begeisterung. "Aber bleib ja dicht bei mir, hörst du, Wildcat? Nicht das du mir verloren gehst und ich dich suchen muß..." fügte er dann hinzu und sprang ebenfalls abwärts. "Wie kommst du denn jetzt darauf?" wollte Wildcat wissen.

"Ach, nur so... ," murmelte Piwi kleinlaut vor sich hin. Wildcat wurde neugierig: "Hast du etwa Angst im Dunkeln?"

"Nein, aber du vielleicht... , dachte ich zumindest," versuchte Piwi zu erklären. Wildcat dacht kurz nach. "Alles klar, komm weiter." sagte sie dann und ging nicht weiter darauf ein.
 

Unten war es dann wirklich unheimlich. Fast überall war es stockfinster, daß man nicht die Hand vor Augen hätte sehen können. Doch an einigen Stellen, wie zum Beispiel der Treppe, kam Restlicht bis nach unten und erschaffte ein verwirrendes Schattenspiel.
 

"Wildcat, wo bist du?" fragte Piwi plötzlich ängstlich, als er den Schatten neben sich, den er eine Zeit lang für Wildcat gehalten hatte, als seinen eigenen identifizierte. Er drehte sich schnell in die andere Richtung und sah den riesigen Schatten eines Dunkelpiraten mit zwei spitzen Hörnern auf dem Kopf.
 

"Aaaaaaaaahhhhhhhhhhhh!" schrie Piwi aus Leibeskräften. Entsetzt sprang er auf eine der Kisten hinter ihm und brach mit ihr augenblicklich zusammen.
 

"Was machst du denn?" fragte Wildcat etwas verständnislos.
 

Piwi wimmerte. "Da..., da..., da war ein gehörnter Dunkelpirat!" schlurchste er und heulte los. "Ich hab Aaaaangst!" rief er und schmiß sich Wildcat an den Hals.
 

Wildcat schaute zuerst verdutzt, guckte dann zu der Stelle auf die Piwi gedeutet hatte und sah ihren und Piwis Schatten. Sie hatte sich zwar vorgenommen nicht zu lachen, aber prustete dennoch los. Piwi bemerkte das und hörte verwundert auf zu heulen.
 

"Was ist denn los? Warum lachst du?" wollte er wissen.
 

"Dein gehörnter Dunkelpirat war dein eigener Schatten!" lachte Wildcat los.

"Ich habe doch gar keiner Hörner!" protestierte Piwi.

"Hast du nicht?" grinzte Wildcat. "Dann wackel mal mit deinen Ohren... ."

Piwi schaute verwundert drein und wackelte etwas mit seinen Ohren. Und die Hörner des Dunkelpiraten wackelten mit. Piwi wurde rot. "Ups." gab er dann kleinlaut von sich.
 

Kimba war inzwischen zu den beiden gelaufen.
 

"Alles in Ordnung?" fragte er besorgt. "Ich hatte dich doch schreien hören Piwi."
 

"Ähm... kleines Mißverständnis...," grinzte der und zwinkerte Wildcat zu.

"Ist nicht der Rede wert, Kimba," stimmte Wildcat zu.

Kimba schaute ungläubig: "Wegen nichts so ein Geschrei? - Na, wenn ihr meint... . Dann eben ab ins nächste Gebäude."
 

Das nächste Gebäude war offenbar keine Fabrik gewesen, es fehlten hier Maschinen und Lagerräume. Dafür jedoch waren in einigen Räumen Tafeln angebracht und es standen viele Tische und Stühle herum, was zunächst auf eine Schule schließen lassen könnte. Dafür jedoch war das Gebäude erstaunlich nüchtern aber modern aufgemacht.
 

"Vielleicht war das mal ein Bürogebäude," meinte Kimba zu Piwi und Wildcat.

"Kimba, was ist denn ein Bürogebäude?" wollte Piwi wissen.

"Naja, das ist halt so ein großes Gebäude mit vielen Fenstern und Räumen. Dort sitzen Menschen herum und schreiben oder lesen oder telefonieren." erklärte dieser ihm.

"Und wozu soll das gut sein?" hakte Piwi nach.

"Hm. Das ist allerdings eine gute Frage, " fand Kimba, " die dir wohl keiner hier beantworten kann. Menschen machen halt manchmal komische Sachen. Daniel sagt, die meisten komischen Sachen tun sie für Geld."

"Und was ist 'Geld' nun schon wieder?"

Wildcat piekste ihn in die Seite. "Och Piwi, weißt du das denn nicht? Das hat uns doch Daniel vor ein paar Wochen in der Schule beigebracht: Geld ist ein kleines rundes Stück Metall oder eckiges Papier, für das man Nahrung, Kleidung, ein Haus oder alles mögliche eintauschen könnte. Und desto mehr Geld du hast, desto größere Wünsche kannst du dir damit erfüllen. Alles klar?" erklärte sie dann geduldig.

"Ja, danke," sagte Piwi und dachte: "Das ist ja interessant. Da müßte sich doch was machen lassen... ."
 

Kimba untersuchte diesmal den Keller, Piwi und Wildcat den ersten Stock. Das Gebäude war etwas heller als die Fabrik, wegen der vielen Fenster. Trotzdem blieb Piwi vorsichtshalber zunächst einmal ganz nahe bei Wildcat.
 

"Schau mal, so eine komisch Landkarte habe ich ja noch nie gesehen!" rief Wildcat plötzlich. Piwi zuckte erschrocken zusammen.

"Mußt du so schreien?" fragte er leicht verärgert.

"Sorry," entschuldigte Wildcat sich.

Piwi schaute interessiert und verwundert an eine große alte Pinnwand.

"Aber du hast recht, die Karte sieht wirklich merkwürdig aus. Einmal eine normale Karte und dann viele komische rote und schwarze Striche und Symbole darauf. Weißt du, was die bedeuten?" Piwi schaute Wildcat fragend an, aber die wußte auch nicht weiter: "Bisher können nur Kimba, Daniel und Pauley die Karten der Menschen lesen."
 

Plötzlich spitzte Piwi die Ohren. Er meinte etwas gehört zu haben.

"Was ist?" wollte Wildcat wissen.
 

"Hast du es eben nicht auch knacken gehört?" fragte Piwi.

"Nein, gar nichts. Du mußt dich irren." meinte Wildcat.

"Ich bin mir aber ganz sicher, das ich Schritte gehört hätte. Zumindest einen oder zwei," beharrte Piwi.
 

Da knirschte es wieder. Irgendwer schien langsam durch den Flur vor Piwis und Wildcats Raum zu schleichen und der Sand und feiner Kies knirschten zwischen den Füßen des unbekannten und dem Untergrund aus Beton.
 

"Piwi... ," fing Wildcat ganz leise zu flüstern an, "... ich glaube du hast recht... "

"Ich hoffe doch, daß das Kimba ist."

"Das hört sich aber mehr nach zwei als nach vier Beinen an."

"Aber was hat denn zwei Beine und könnte hier noch in der Stadt sein?" fragte Piwi ängstlich, obwohl er die Antwort schon erahnen konnte.

" ... Dunkelpiraten ... ? " fragten sich die beiden gleichzeitig.
 

Da packte eine schwarz beharrte, zottige Hand um die Ecke an den Türpfosten. Piwi und Wildcat schrien auf. Sie waren sich sicher, daß ihre letzte Stunde geschlagen hätte. Vor Angst umarmten sie sich gegenseitig, um Schutz zu suchen, doch viel Schutz konnte der jeweils andere nicht gerade geben.
 

Da schaute plötzlich ein ebenso schwarz beharrter Kopf mit zwei in tiefen Hautfalten verborgenen Augen um die Ecke. Ein Gorilla. Piwi und Wildcat hielten inne mit ihrem Geschrei und schauten verwundert.
 

Piwi fand als erster die Sprache wieder: "Ein Gorilla in einer Stadt?" fragte er halb sich selbst und halb Wildcat.
 

Die Ruinen, heile Gebäude und Straßen mit viel Schrott darauf flogen unter Pauley hinweg. Er hatte schon einige Zeit lang gesucht, doch endlich hatte er ein Gebäude entdeckt, von dem er meinte, daß es das gesuchte Waffenlager sein könnte.
 

Es handelte sich dabei um eine große Lagerhalle mit äußerst massiv scheinenden Betonwänden und einem einfachen aber wiederstandsfähigem Dach aus Wellblech. Um das Gebäude herum war ein großer Zaun aus Maschendraht, der an der Kante oben mit Stacheldraht verstärkt wurde. An einigen Stellen jedoch war dieser Zaun eingerissen worden oder von selbst zusammengefallen.
 

Pauley flog auf Höhe des Daches an ein paar Fenster heran, die zu seinem erstaunen sogar noch heile waren. Er setzte sich auf einen sehr schmalen Vorsprung direkt unter dem Fenster und schaute in die Halle. Diese war zugestapelt mit Kisten. Eine von diesen Kisten war offen und Pauley konnte deutlich den Lauf von zwei Gewehren sehen. "Das muß ich unbedingt den anderen erzählen," sagte er zu sich selbst.
 

Kimba, Piwi, Wildcat und der große schwarze Affe saßen gemeinsam in einem halbwegs intakten Konferenzraum. An den Wänden hingen noch diverse Bilanzen, die in die verschiedensten Richtungen wiesen. Auch war wieder eine dieser seltsamen Karten an einer großen Tafel angepinnt. Der Gorilla hieß Zumo und stammte ursprünglich aus dem Zoo der Stadt.
 

"Ich hatte mich im Laufe der Jahre an das Dasein im Zoo gewöhnt. Ich brauchte wenigstens keine Jäger zu fürchten, hatte ein Dach über dem Kopf und wurde mit Nahrung versorgt. Auch wenn das ein geringer Trost für meine verlorene Freiheit gewesen ist.

Eines Tages jedoch bemerkte ich, daß die Menschen anders waren als sonst. Sie waren irgendwie aufgeregt, irgendwie verängstigt. Zuerst dachte ich mir nicht viel dabei. Später jedoch fuhren plötzlich andauernd Wagen mit Lautsprechern durch die Stadt. Und irgendwelche Leute riefen damit den anderen irgendetwas zu. Und das ging so einige Tage lang.

Und dann blieben die Wagen plötzlich weg. Ganz selten nur fuhr noch einer herum. Es schienen aber auch weniger Leute geworden zu sein. Und vor allem weniger Männer... ja ich erinnere mich... vor allem Männer konnte ich unter den Zoobesuchern nur noch sehr selten ausmachen. Jungen und alte Greise aber schon. Das war wirklich seltsam. Und wieder blieb das so einige Tage lang.

Und dann eines Nachts ertönten plötzlich die Feuersirenen in der Stadt. Und das war das merkwürdigste Ereignis: Die Menschen gaben Feueralarm, obwohl noch gar kein Feuer ausgebrochen war. Jedoch sollte sich das schon sehr bald ändern... . Die Sirenen waren erst kurze Zeit verstummt und die Menschen zu großen Teilen in irgendwelchen Häusern verschwunden, als plötzlich ein unheimlicher Krach losging. Und wie aus dem Nichts gingen Gebäude in Flammen auf.

Und das ging fast eine Stunde lang. Und dann war Ruhe für zwei Tage. Und dann gaben die Menschen wieder Feueralarm, obwohl gerade kein Feuer zu sehen war. Doch diesmal war es Tag und es gingen auch keine Häuser in Flammen auf. Statt dessen flog ein großer Metallerner Zylinder über die Stadt hinweg. Und die Leute begannen, sich zu verkleiden. Und dann zogen sie seltsame Masken über den Kopf und zogen sich trotz der Wärme ganz dicht an. Und danach zogen sie aus der Stadt weg und ich weiß bis heute nicht, warum. Als ich jedenfalls kein Futter mehr bekam, weil die Menschen alle weg waren, kletterte ich über den Zaun des Zoos und ernähre mich seitdem von allem, was ich hier an Nahrung in der Stadt auftreiben kann.

Aber nach einigen Wochen kamen dann einige der Menschen wieder. Und sie waren nicht mehr verkleidet aber einige sahen irgendwie merkwürdig aus. Und naja, sie sammelten jedenfalls irgendwelche Gegenstände ein und schienen sich hier niederlassen zu wollen.

Und da kamen plötzlich andere Menschen in grünen Anzügen. Und die spielten dann mit den Einwohnern so ein komisches Spiel: Immer an die 20 Einwohner stellten sich zusammen dort hinten auf den kleinen Hügel im Westen. Und etwa 10 von den grün gekleideten hielten dann ihre Arme waagerecht in die Luft und hielten schwarze Stangen in den Händen. Dann rief einer der Grünen etwas... - der hielt die Arme übrigens nicht waagerecht - und es knallte wieder. Und dann warfen sich die Menschen auf dem Hügel fast gleichzeitig zu Boden. 10 der Einwohner der Stadt waren zuvor ausgewählt worden. Und die waren immer die Verlierer des Spieles, denn sie mußten die anderen, die auf dem Boden lagen, wegtragen. Komisches Spiel, nicht wahr?"
 

Zumo hörte kurz auf zu erzählen, um zu schauen, wie seinen Zuhörern die Geschichte gefiel.
 

"Das ist ja wirklich ein komisches Spiel," meinte Piwi. "Ob das wohl Spaß macht?"

"Also ich weiß nicht, " fand Wildcat, " nur rumstehen und bei Krach auf den Boden werfen? Klingt nicht sonderlich spannend. Aber wir können es ja mal ausprobieren, oder, Kimba?"
 

Kimba schaute etwas geistesabwesend aus einem der Fenster in Richtung des Hügels. "Nein, Wildcat, das spielen wir nicht. Das macht keinen Spaß... " sagte er dann nach einigen Sekunden.
 

Zumo begann, den Rest der Geschichte zu erzählen: " Tja, ich weiß auch nicht, was das Spiel bringen sollte. Vielleicht wollten sie nur noch mal Spaß haben, bevor der große Sturm losbrach."
 

Alle drei fast gleichzeitig: "Der große Sturm?"
 

"Ja, ihr wißt doch, der Sturm, der fast zwei Jahre lang oder länger ohne Unterbrechung von Ost nach West über das Land fegte. Und der brach nur wenige Tage nach diesem komischen Spiel los. Es begann nämlich mit grellen Lichtblitzen und dann diesen komischen pilzförmigen Wolken am Horizont. Und ich versteckte mich hier in den Ruinen und lebte von dem, was innerhalb der Häuser war. Und wegen des Sturmes konnte ich nicht alle Häuser erreichen und deswegen war ich fast am verhungern und so. Und naja, der Sturm ist dann ja rechtzeitig wieder abgeflaut, vor ein paar Monaten. Und seitdem ist die Luft wieder von Tag zu Tag besser geworden und ich habe letztens sogar wieder frische grüne Pflanzen sprießen sehen. - Wie sieht das denn bei euch aus?"
 

"Bei uns ist alles wie immer: Der ganze Dschungel ist grün," antwortete Piwi wahrheitsgemäß.

"Ein ganzer Dschungel?" fragte Zumo ungläubig. "Seit dem Sturm war doch eigentlich fast alles, was sich nicht verstecken konnte, abgestorben. Das ist ja komisch..."
 

"Es wird noch komischer, Zumo, "ergänzte Kimba, "wir haben auch von dem Sturm und von dem Krieg gar nichts mitbekommen. Als ob es niemals geschehen wäre."

Zumos faltige Augenbrauen bogen sich nach oben. "Ein Krieg? War das das Spiel, das die Menschen gespielt haben?"

Kimba nickte. "Auch das Spiel gehörte zum Krieg. Ebenso wie die Häuser, die plötzlich mit Krach in Flammen aufgingen. Du hast uns da offenbar einen Krieg beschrieben, ohne selber davon zu wissen."
 

"Komisch, " fand Zumo, "wenn wir Tiere einen Krieg haben, dann sieht man das. Weil wir uns dann schlagen, beißen, kratzen und sonstwie prügeln. Aber bei den Menschen sah das so anders aus. Und komisch sah es aus."
 

"Sag mal, Zumo, " fragte Kimba den schwarzen Affen, der gerade wieder auf einem Stück Holz herumkaute, " weißt du eigentlich etwas über die sogenannten 'Dunkelpiraten'? "

"Hm... ," überlegte Zumo, "... den Begriff habe ich noch nie gehört. Aber vielleicht habe ich welche gesehen, wenn es Menschen sind."

"Ja, das Menschen, die fast nur Nachts aus ihrem Versteck kommen. Sie sind mit grünen, braunen oder grauem Stoff bekleidet und tragen schwarze Brillen und humpeln meist beim Gehen oder Laufen."
 

"Ja, solche habe ich hier in der Stadt gesehen. Aber nicht oft. Sie scheinen sich irgendwie vor der Stadt zu fürchten - ich weiß nur nicht, warum."
 

Kimba wurde unruhig: "Aber ab und zu kommen sie hierher?" fragte er nochmals nach.

"Ja."

"Auch am Tage?"

"Ja auch am Tage."
 

Kimba dachte eine Sekunde lang nach. Dann wandte er sich wieder zu Zumo: "Wir danken dir für deine Gastfreundschaft und daß du uns so viel erzählt hast. Aber wir müssen jetzt unbedingt wieder gehen. Wenn du willst, kannst du uns in unserem Dschungel mal besuchen kommen. Und wenn du willst, kannst du auch gerne dableiben."
 

"Schade daß ihr schon gehen müßt. Ich werde eure Einladung sicher bald annehmen. Aber in der Stadt hier gefällt es mir im Moment gut. Es ist nämlich genug zu essen da und Menschen sind nur sehr selten hier."
 

Kimba und die anderen verabschiedeten sich also von Zumo und verliessen das Bürogebäude. Draußen wurden sie schon eifrigst von Pauley gesucht.
 

"Kimba!" rief Pauley und landete wenige Zentimeter vor ihm. "Wie vereinbahrt drehte ich meine Runden und stell dir vor: Ich habs gefunden!" berichtete er ihm freudestrahlend.

"Super Pauley! Was für Waffen sind es denn?"

Pauley hatte mit der Frage nicht gerechnet. "Öh.... ähm.... nunja... weiß nicht... , " reimte er diesmal nicht. "Aber ich weiß ja wo es ist, laßt uns nachschauen!"
 

Pauley flog etwas vor und führte die drei zur großen Lagerhalle. Durch einen Spalt an einem der Tore konnten sie dann in die Halle eindringen. Kimba brauchte nicht lange um festzustellen, daß dies wohl ein militärisches Waffenlager gewesen war.
 

"Seht euch das nur an: Gewehre mit Zielfernrohr, Maschinengewehre, große Maschinengewehre mit Stahlbeinen zum Aufstellen und riesige Berge an sauber sortierter Munition. Das war bestimmt nicht für die Jagdt bestimmt." stellte er fest.
 

"Kimba, meinst du wirklich, daß wir die Menschen mit so vielen Waffen ausstatten sollen? Nicht daß die nachher auf uns losgehen..." fragte Wildcat besorgt.

"Die Nomaden sind ungefährlich, die Flüchtlinge sind auch mehr an der Farmerei interessiert, wenn sie mal passendes Land finden sollten und Mbangis Stamm hat bereits seine eigenen Waffen." erklärte Kimba kurz. "Außerdem müssen wir als erstes die Dunkelpiraten loswerden," fügte er dann noch hinzu, "sonst werden die uns die Farm nicht aufbauen lassen."
 

Der Subco schaute wegen Kimbas Sorglosigkeit etwas besorgt auf den großen Monitor vor ihm: "Wenn du schon wüßtest, was nur genug Macht aus den besten Menschen machen kann... " prophezeite er sich düster selber. "Aber die, die du bislang kennengelernt hast, werden dir am wenigsten Sorgen bereiten."

Er wandte sich vom Monitor ab und ging zu einem der Schaltpulte in seinem Raum.

"Aber sei unbesorgt, ich werde dich beschützen. Ich werde dich nicht nochmal verlieren," fügte er dann hinzu.
 

Piwi und Wildcat waren noch beim inspizieren der letzten Kisten als plötzlich Piwi wie ein Blitz um die Ecke geschossen kam: "Hurra, wir brauchen nie mehr zu arbeiten. Ich habe eine Riesenmenge an Geld gefunden."

Wildcat: "Waaas? Wo?"

"Dort hinten in dem kleinen Raum, kommt!"

Er führte die anderen in einen kleinen ans Lager angebauten Raum.

"Dort!" Piwi zeigte auf einen Haufen Kronkorken.

Kimba: "Tut mir leid, Piwi, aber das ist kein Geld."

Pauley: "Aber Piwi, das weiß doch jedes Kind, daß Verschlüsse von Flaschen völlig wertlos sind."

Piwi: "Och so ein Mist. Aber es sind doch auch kleine Stückchen Metall. Und sie wurden von Menschen gemacht."
 

Wildcat: "Aber ich habe welches gefunden!"

Sie deutete auf eine halboffene Brieftasche aus der Geldscheine hervorschauten. Kimba öffnete die Brieftasche ganz.

"Ja, da hast du recht, das ist Geld. Und gar nicht mal so wenig," meinte er beim Anschauen.

Wildcat war erfreut: "Können wir jetzt Nahrung daraus machen? Oder gleich ne Farm?"

Piwi: "So einfach geht das nicht, Kimba hat doch erklärt, daß wir das Eintauschen müssen."

Wildcat: "Meinte ich doch..."

Kimba schaute zu seinen erwartungsvoll schauenden Begleitern: "So leid es mir tut aber: Das Geld ist wertlos. Denn wenn ich das richtig sehe, wird niemand etwas dafür eintauschen wollen. Nach so einen schlimmen Krieg wie er hier wohl geschehen ist, ist das nichts weiter als bedrucktes Papier."

Wildcat und Piwi: "Och menno... "
 

"Laßt uns jetzt in den Dschungel zurückkehren, damit unsere Freunde die Waffen abholen können!" schlug er ihnen vor und kurz darauf liefen sie gemeinsam dem Sonnenuntergang entgegen.
 

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Nächster Teil: Kimba 04 - Die Kharu-Rota (1)

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 3 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@Tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Die Kharu - Rota (1) "

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Das Versammlungszelt im Flüchtlingstrek war doppelt so groß wie das der Nomaden, jedoch völlig ungeschmückt. War es bei den einen Wohnkultur, so hielten die anderen es nur für eine Notlösung, von der sie sich sobald wie möglich verabschieden wollten. Die Anführer der drei Menschengruppen und ihre Adjutanten hatten sich zum Gespräch im Lager der Flüchtlinge versammelt.
 

"Das sind sehr gute Waffen!" bestätigte der Anführer der Flüchtlinge das Urteil des Nomadenchefs. "Kimba hat ganze Arbeit geleistet," lobte der sehr breite Mann nochmals Kimbas Leistung.
 

"Nun müssen wir noch besprechen, wie wir gegen die Dunkelpiraten vorgehen können," schlug der Anführer der Flüchtlinge vor. Er war ein Mann mittleren Alters und trug eine alte Soldatenuniform aus Europa. Er war sehr viel schlanker als der Anführer der Nomaden, sah also wie ein normaler Mensch aus.
 

"Die Dunkelpiraten haben ein Versteck in einer Höhle am Rande des Verbotenen Sumpfes," informierte Kimba seine menschlichen Freunde.

"Wir kennen diese Höhle," erklärte eine schwarze Frau, die die Anführerin von Mbangis Stamm war. "Sie hat zwei Ausgänge, einen zum Sumpf hin und einen zur östlichen Ebene in Richtung unseres Dorfes. Die Höhle hat nach dem was unsere alten Leute erzählen nur wenige Seitenarme. Wir müßten die Dunkelpiraten dort hinaustreiben können."
 

"Am Besten lenken wir sie in die Schlucht im Westen dieser Ebene und treiben sie nach Norden in die Wüste. Dann werden sie weiterziehen müssen, wenn sie nicht verhungern und verdursten oder gegen uns kämpfen wollen." meinte der Anführer der Nomaden.
 

"Und danach vertreiben wir die restlichen aus ihren Miniverstecken überall hier im Tal," fügte seine Frau hinzu. "Wir müssen nur aufpassen, daß wir die Sumpfzombis nicht stören."
 

Kimba: "Sumpfzombis?"

"Ja, das sind die Wesen, die du im Sumpf getroffen hast," erklärte der Nomadenchef.

"Ganz scheußliche Wesen. Ein Glück, daß sie dir nichts angetan haben," fügte der Stammesälteste von Mbangis Stamm hinzu.

"Wenigstens bleiben sie in ihrem Sumpf. Da können sie auch bleiben," meinte die Frau des Nomadenchefs.
 

Kimba verstand nicht, was die Leute gegen diese Wesen hatten. Sie sahen zwar nicht gerade gut aus, aber sie waren friedliche Nachbarn und hatten ihm und den beiden Jungs damals wahrscheinlich das Leben gerettet.
 

Einige Zeit später stand der genaue und endgültige Plan und die Anführer kehrten in ihre Siedlungen zurück und bewaffneten ihre Leute. Am nächsten Morgen rückten sie ziemlich gleichzeitig aus in Richtung des Hauptversteckes der Dunkelpiraten. Dabei nahmen die Nomaden von den Plateaus Stellung nahe des Ausgangs der Höhle beim Verbotenen Sumpf, während die Leute von Mbangis Stamm und die Soldaten des Flüchtlingstreks vor dem Ostausgang warteten, um die fliehenden Piraten in die Schlucht zu treiben, die nach vielen Kilometern schließlich in der Wüste endete.
 

Auch Kimba und ein paar der anderen Tiere waren mit dabei und beobachteten das Treiben. Zu einer fest vereinbarten Uhrzeit rückten die Nomaden dann in die Höhle vor. Dann geschah einige Zeit lang gar nichts. Doch nach etwa 5 Minuten hatten die Nomaden das Versteck der Dunkelpiraten erreicht. Ein kurzes Feuergefecht überzeugte die Dunkelpiraten von ihrer massiven waffentechnischen Unterlegenheit und sie gaben das Versteck auf.
 

Als sie aus der Höhle strömten, schlugen sie tatsächlich zunächst den Weg in Richtung des Dorfes der Eingeborenen ein, gaben diesen Plan jedoch auf als sie die Hundertschaften der Flüchtlinge und der Eingeborenen sahen. Ihnen blieb keine Wahl, als den langen Weg durch die Schlucht in Richtung Wüste zu nehmen. Und sie mußten die Wüste auch durchqueren, wenn sie weder an der Grenze zur Steppe ihren Verfolgern in die Hände fallen, noch an Durst oder Hunger zugrunde gehen wollten.
 

Somit waren sie für die nächste Zeit vorerst vertrieben und konnten den Aufbau der großen Farm nicht länger beeinträchtigen. Dieser Sieg über die verhassten Feinde schmiedete die vier Gruppen enger zusammen, vor allem die Menschen, die ja den eigentlichen Kampf gekämpft hatten. Bei der Siegesfeier beschlossen die Menschen des Flüchtlingstreks, in die verlassene Stadt zu ziehen, da dort Raum und eine grundlegene Infrastruktur vorhanden war - wenngleich sie über die Jahre gelitten hatte.
 

Am nächsten Morgen begannen die Tiere des Dschungels wieder mit dem Aufbau der Farm. Doch diesmal waren sie nicht ohne Unterstützung.

"Achtet darauf, daß ihr den Boden mit dem richtigen Dünger düngt. Dieser hier zum Beispiel taugt nichts für den eisenhaltigen Boden hier," erklärte der große Mann mit schwarzem Vollbart, während er auf einen kleinen Plastikbehälter deutete, in dem eine gelblich-braune Flüssigkeit aufbewahrt wurde.
 

Der Mann war Juris Vater und wollte den Tieren aus Dankbarkeit und aus Respekt vor ihrem idealistischen Vorhaben beim Aufbau der Farm helfen. Immerhin hatte Kimba dafür gesorgt, daß die Flüchtlinge zu einem sicheren Ort gebracht worden sind und auch, daß sie und die Nomaden die benötigten Waffen erhalten hatten, um die Dunkelpiraten vertreiben und endlich wieder in Frieden leben zu können.
 

Bis zu dem Zeitpunkt, als Kimba und einige andere Tiere mit ein paar Nomaden im Lager vorbeikamen, um ein paar Probewaffen abzuliefern, hatte er es seinem Sohn nicht glauben wollen, daß es Kimba und die anderen tatsächlich gab.
 

"Hört ihm gut zu, der Mann weiß wovon er redet!" wies Kimba die umherstehenden Tiere an.

"Ja, ein echter Farmer ist schon ein Glücksgriff für uns," stimmte Daniel dem zu.
 

"Und diese Samen müssen mit der Spitze nach unten eingepflanzt werden?" fragte Lukas ungläubig in Menschensprache.

"Ja, genau richtig. Gut aufgepaßt, kleiner," lobte der Mann den jungen Geparden.
 

Die Tiere waren mit zwei Feldern schon fertig geworden und waren inzwischen dabei, das erste Saatgut zu säen: Loch in Saatreihe ausheben, Samen einsetzen, Loch zuschütten, einen Schritt weiter vorrücken und von vorne.

So ging das den ganzen Tag und vor allem die Jungtiere waren erschöpft.
 

"Oh man, ich kann nicht mehr!" jammerte Lukas.

"Ich kann zwar noch aber wenn ich weiter mache, krepiere ich," stöhnte Piwi auf, der alle Viere von sich gesteckt, auf einem kleinen Haufen Saatgut lag.

"Ihr sagt es, mein ganzer Hals tut weh. Und mein Rücken. Und die Beine," beklagte sich Gira.

Dodi schaute bemitleidend zu Gira hoch. "Wenn man so groß ist, ist das Pflanzen natürlich besonders anstrengend." Gira nickte und schaute zu ihrer Freundin herunter. "Die letzten beiden Stunden habe ich auch nur noch mit den Füßen eingepflanzt."

"Ja, das war ein verdammt harter Tag heute," stimmte Wildcat zu, "Allerdings muß die Farm rechtzeitig fertig werden, vor allem die Aussaat. Von daher müssen wir das halt mal ertragen."

"Stimmt ja eigentlich," meinte Piwi, "aber langweilig ist es trotzdem."
 

Die Sonne berührte den Horziont und nicht nur die Jungtiere waren am Ende, der Arbeitstag selbst war es auch. Erschöpft schleppten sich die Tiere wieder in den Dschungel, aßen bei Daniels notdürftig hergerichtetem Restaurant ihr wohlverdientes Abendmahl aus Blättern, Samen und Früchten des Dschungels.

"Seit diesem komischen Ereignis sind auch die Lieferungen mit Fleischersatz von Dr. ###### ausgeblieben. Die Fleischfresser haben nur noch wenig Fleischersatz," merkte Daniel beunruhigt an. "Stimmt, einige Zeit lang werden sie es auch ohne Fleischersatz aushalten können, aber wir müssen eben unbedingt herausfinden, was geschehen ist. Das muß etwas mit dieser komischen Nacht und den vielen Veränderungen zu tun haben... ." Kimba war sich dessen sehr sicher.
 

Auch am nächsten Tag waren die Tiere des Dschungels mit der Aussaat und dem Herrichten weiterer Felder beschäftigt. Am Abend kamen die wieder total erschöpften Jungtiere an Kimba vorbei, der noch beim Einsetzen einer letzten Saatreihe war.

Als Kimba die Jungtiere sah, bermerkte er, daß sie erschöpft aussahen. "Ihr wirkt ziemlich fertig, wollt ihr morgen nicht eine Stunde später anfangen und auch früher Schluß machen?" fragte er vorsichtig.

Lukas: "Ne Stunde? Am liebsten gar nicht. Ich kann nicht mehr. Und außerdem ist es total öde den ganzen Tag zu schuften und immer wieder dasselbe zu machen!"

Piwi leicht weinerlich: "Ich will endlich mal wieder spielen!"

Dodi: "Und schau dir Gira an: Der ärmsten tut inzwischen jeder Knochen weh, weil sie sich so bücken muß."
 

Kimba schaute sorgenvoll: "Ich weiß, daß das jetzt eine schwere Zeit ist. Und niemand verlangt von euch, daß auch ihr den ganzen Tag arbeitet. Ihr könnt die Sach ruhig mit etwas weniger Einsatz angehen. Aber viele der großen Tiere sind verschwunden und die Farm muß völlig neu aufgebaut werden. Wir brauchen nun mal jede Hilfe die wir kriegen können. Und du Gira brauchst dich nicht mehr zu bücken. Ich werde sehen, daß ich etwas günstigeres für dich finde."

Die Jungtiere waren zwar wenig begeistert aber sahen es zumindest halbwegs ein.
 

Am nächsten Morgen war erneut Juris Vater anwesend. Die Sonne schien ausnahmsweise mal nicht, worüber sich aber keiner der Beteiligten beklagte.

Die ehemals weiße Tropenbekleidung des Mannes mit dem dichten, schwarzen Vollbart hatte im Laufe der Jahre die Farben der Erde angenommen, hauptsächlich gelb, grau und rot.

"Diese Samen sind für diesen Boden weitaus besser geeignet, da sie kaum Calcium brauchen und dieser Boden eben recht Calciumam ist. Weiter im Süden, am Westhang des Berges ist der Boden wiederum recht calciumhaltig. Dort baut ihr die anderen Früchte an. Die sollten auch alle Tiere essen, damit ihr nicht aus Calciummangel krank werdet," erläuterte der Mann den Tieren.

"Vielen Dank, du bist uns eine wirklich große Hilfe!" lobte ihn Daniel.

"Wo kriegen wir diese Samen her?" wollte Buckey wissen.

"Die könnt ihr bei den Dorfbewohnern im Austausch gegen Früchte des Dschungels und die anderen Samen erwerben," antwortete ihm der Mann.
 

"Gut," meinte Kimba, "dann werde ich mich sofort auf den Weg machen."

"Du wirst Begleitung benötigen, um die Samen hin und zurück transportieren zu können," merkte Daniel an.

"Kein Problem, Buckey wird mich mit einigen seiner Freunde ins Dorf begleiten, nicht wahr, Buckey?"

Buckey erschreckte bei der Aussage: "Ins Dorf der Menschen?" fragte er entsetzt. "Du willst, daß ich wirklich dahin gehe, wo hunderte von Menschen wohnen?"

"Hab dich nicht so, Buckey, wir haben uns schon gegenseitig geholfen, die Dunkelpiraten loszuwerden. Die wissen doch schon seit Tagen, daß wir hier sind. Die Flüchtlinge sind auch auf unserer Seite und die Nomaden sowieso. Du mußt also wirklich keine Angst haben."

Buckey zitterte dennoch am ganzen Körper als er sagte: "Na gut, wenn du meinst... ."
 

Einige Zeit später kamen Buckey, seine Antilopenfreunde, Juris Vater und Kimba auf das Dorf der Eingeborenen zu, um Dschungelfrüchte gegen spezielles Saatgut zu tauschen.
 

Buckey reckte den Hals.

"Sieht recht verlassen aus... wenn wir Glück haben, sind keine Menschen da oder sie bemerken uns nicht," meinte er halb zu sich selbst.

"Aber Buckey, wir wollen doch die Menschen treffen," fand Kimba.

"Ach ja... he,he..." Buckey kratzte sich etwas verlegen am Kopf. So schrecklich wohl war ihm bei der Sache nämlich trotzdem nicht.
 

Hinter dem großen, gelbgrauen Dorfzaun waren dann doch etliche Dorfbewohner anzutreffen. Auch Mbangi war unter ihnen.

"Guten Morgen Kimba!" begrüßte der auch gleich seinen Freund.

"Guten Morgen Mbangi!" grüßte Kimba zurück.

"Was macht ihr hier denn?" wollte er dann gleich wissen, als er die mit vollen Säcken bepackten Antilopen sah.

"Wir wollen einige Dschungelfrüchte gegen ein spezielles Saatgut von euch tauschen. Juris Vater meinte, eine bestimmte Saat sei besser für unsere Felder geeignet als die, die wir bislang verwendet hatten."
 

Kimba schaute zu Juris Vater, der gerade mit zwei Frauen des Stammes sprach und offenbar den Handel plante. Neben ihm stand noch Daniel, der das ganze Treiben interessiert verfolgte. Dann, mit etwas Abstand kamen die Antilopen, unter ihnen auch Buckey. Und davor gingen zwei seltsame Typen in schwarzen Kutten mit roten Streifen daran vorbei. Der eine konnte ein Mitglied des Stammes sein, der andere war eindeutig ein Weißer.
 

Als die beiden kurz stehenblieben, um sich umzuschauen, bemerkte Kimba die aufgenähten Fußabdrücke eines Löwen und eines Zebras auf der Vorderseite ihrer Kutten. Ihre Gesichter konnte er nicht völlig sehen, da die beiden die Kapuzen der Kutton trotz der drückend-schwülen Hitze aufgesetzt hatten.
 

"Was sind denn das für komische Leute, Mbangi?" wollte Kimba wissen.

"Die gehören zur Kharu-Rota. Das ist eine Gruppe Leute, die einen bestimmten Gott verehren. Angeblich brauchen die Angehörigen dieser Religion nie hunger zu leiden und sind immer glücklich. Die ganze Gemeinschaft zieht durch das Land und ist aus dem Osten zu uns gekommen. Einige unseres Stammes haben sich ihnen angeschlossen." erklärte Mbangi.
 

"Klingt ja interessant, "meine Kimba, "aber wieso diese seltsamen Kutten?"

"Die tragen die immer. Das ist deren Erkennungsmerkmal. Aber wenn du mich fragst, sind das entweder Lügner oder da stimmt grundlegend etwas nicht. Wie soll man denn in dieser zerstörten Welt immer glücklich sein und nie hungern müssen? Am besten läßt man die Finger von denen, meint mein Vater," bemerkte der schwarze Junge, dessen Augen sich während des Erzählens zu schmalen Schlitzen verengt hatten.
 

Die Männer in den Kutten waren inzwischen weitergegangen.

"Alles klar, Kimba. Wir haben die Früchte und Samen ziemlich genau 1 zu 1 tauschen können," sprach Daniel Kimba an. Der schaute noch etwas nachdenklich hinter den beiden der Kharu-Rota her. "Na ich glaube eher, die haben uns doppelt so viel gegeben wie wir denen. Ich fühle mich wie ein Packesel!" beschwerte sich Buckey.

"Dann laß uns schnell zurückkehren, damit wir keine Zeit verlieren... ," meinte Kimba noch halb in Gedanken.

"Alles ok, Kimba?" fragte Daniel besorgt.

Kimba nickte nur kurz ohne weiter darauf zu antworten.
 

Auf der Farm machten die Tiere gerade Mittagspause, als Kimba und die anderen vom Dorf zurückkehrten.

"Hurra, hurra, die guten Samen sind da!" frohlockte Pauley und zog damit unweigerlich den Zorn der Jungtiere auf sich.

"Ja, klasse, Pauley. Da kommt unsere Arbeit für die nächsten zwei Wochen!" regte sich Lukas auf.

Piwi stöhnte auf: "Immer nur arbeiten. Als ob es nichts anderes mehr gäbe."

"Und wenn wir Glück haben, kommen die Dunkelpiraten zurück und zerstören uns wieder alles aus Rache," gab Wildcat deprimiert von sich.
 

Pauley versuchte zu beruhigen: "Achwas, ihr werdet sehn: Irgendwie wirds weitergehn."

"Wenn du schon so ein Optimist bist, kannst du mir meinen Haufen Samen auch gleich abnehmen!" knurrte Lukas ihn daraufhin an.

"Hey, hey, nur nicht aufregen Lukas. Das bringt uns doch auch nichts." versuchte Dodi nun ebenfalls zu schlichten.
 

"Hallo Freunde, da sind wir wieder!" rief Kimba quer übers Feld.

"Na Klasse, ich mache Luftsprünge!" rief Lukas mit tieffliegender Ironie zurück.

Kimba kam zu ihnen hinüber.
 

"Was ist denn?" fragte er vorsichtig.

"Gar nichts ist - außer arbeiten natürlich." meckerte Lukas Kimba an. Der schaute erstmal eine Weile dumm aus der Wäsche. (oder dem Fell eben)
 

"In letzter Zeit wars wirklich ein bißchen viel," meinte Gira. "Wie wäre es, wenn wir mal einen Tag lang Pause machen? Danach haben bestimmt alle viel mehr Lust weiterzuarbeiten." schlug Gira vor.
 

"Das ist schwierig, die Saat muß halt ausgesäet werden. Und wenn wir sie zu lange lagern wird sie schlecht. Wir haben ja schließlich kein Farmhaus mehr." bemerkte Kimba. "Aber wir werden den Bau des Hauses so weit es geht verschieben und erstmal nur die Saat ausbringen. In drei oder vier Tagen haben wir das dann geschafft und dann können wir uns ein oder zwei Tage richtig ausruhen. Was meint ihr?"
 

"Das ist doch ein Kompromiss, oder?" fragte Gira die anderen.

"Naja..." meinte Wildcat.

"Hmmmm.... " meinte Piwi.

"Also mir stinkts trotzdem... aber nun gut, wie du meinst Kimba," ärgerte sich Lukas noch immer.
 

Das schmuckvolle Kristallglas funkelte im Licht der Kerzen, die in dem ansonsten abgedunkelten Raum standen. Die Hälfte des Rotweines hatte der große Mann mit dem langen, schwarzen Kinnbart schon ausgetrunken. Der Wein war sehr gut, dennoch schien der Mann unzufrieden und vergrub sich etwas in seiner weißen Robe, auf die mit goldfarbenen Faden die Fußabdrücke eines Löwen und eines Zebras aufgenäht waren.

Es war der Raum, der ihm nicht paßte. Er war zu stickig, zu klein und ohne jeden kostbaren Schmuck, der von seiner Position gezeugt hätte. Er war sich sicher, daß dem Anführer der Kharu-Rota etwas besseres zustand. Doch noch hatte er nicht genug Anhänger, die ihm einen derartigen Luxus erarbeiten konnten - noch nicht.
 

Es war eben recht schwer, Menschen vom Glauben der Kharu-Rota zu überzeugen. Die meisten waren nämlich schon völlig ausgelastet damit, in dieser Welt überhaupt zu überleben. Daher war eine neue Glaubensrichtung für sie nur zusätzlicher Ballast. Das, was er brauchte, war mehr Magie. Mehr Mystik. Mehr der Möglichkeit, die Leute dazu zu bringen, an das Verschwinden ihrer Alltagsprobleme und Zukunftsängste zu glauben - wenn sie sich ihm anschließen und seinem Glauben folgen würden.
 

Es klopfte an der schweren, etwas schäbigen Eingangstür des dunklen Raumes.
 

"Es ist erlaubt, einzutreten!" sprach der Mann laut und richtete sich auf, blieb aber auf seinem Stuhl sitzen.

Es traten zwei seiner Mönche ein und verbeugten sich tief. Ehrfurchtsvoll blickten sie zu ihrem geistigen Führer auf.

"Sprecht!"

"Oh Messias der goldenen Zukunft, "begann der dunkelhäutige Mönch zu sprechen, "wir haben ein großes Wunder erlebt, wie du uns prophezeit hast, Allwissender."
 

Die Augen des Anführers begannen zu funkeln, als er im Folgenden von den sprechenden Tieren hörte. Seine Gedanken liefen in die Zukunft: "In anderen Gebieten kann ich die später als mein großes Wunder verkaufen. Die Leute werden mir in Scharen zulaufen und ich werde alles bekommen, was ich mir schon immer erträumt habe... "

Er unterbrach die letzten Ausführungen der beiden Mönche und befahl, zumindest einige dieser Tiere in die Kharu-Rota einzuladen.
 

Die Sonne stand wieder hoch am Himmel und die Tiere der Farm machten gerade eine sehr verdiente kleine Mittagspause. Wildcat sah irgendwie deprimiert aus und hob sich damit kein bißchen von den anderen Jungtieren ab.
 

"Irgendwie hab ich zu gar nix mehr Lust. Keine Abenteuer, keine Spiele mehr... selbst die Schule hat mehr Spaß gemacht. Und das will was heißen," meinte sie deprimiert zu den anderen, die mit dem Kopf nickend deutlich zustimmten.

"Und meine Pfoten tun schon weh von dem vielen Graben," maulte Piwi.

"Ich kann auch bald keine Samen mehr sehen," stimmte Dodi zu.
 

Es raschelte etwas im Gebüsch. Die Tiere drehten sich erschrocken um. Aus dem Gebüsch kamen die beiden Männer hervor, die Kimba und die anderen am Tage zuvor noch auf dem Marktplatz gesehen hatten.
 

"Habt keine Angst," begann der eine von ihnen, "Wir sind Freunde und kommen auch aus dem Dorf."

Lukas beäugte sie mißtrauisch: "Seid ihr etwa die, denen wir die vielen zusätzlichen Samen zu verdanken haben?" Zunächst wußten die beiden nicht, was sie darauf antworten sollten. Dann meinte der eine von ihnen, einen leisen Vorwurf in Lukas Stimme erkannt zu haben.

"Nein, wir gehören bloß zu einer Gruppe von Menschen, die auch ohne ständiges Arbeiten ein glückliches und zufriedenes Leben erreicht hat - einzig durch den Glauben an den Herrn der goldenen Zukunft."
 

Die Jungtiere spitzten die Ohren. Das hörte sich interessant an.

"Der Herr der Goldenen Zukunft?" fragte Dodi nach.
 

"Oh ja, er hat uns gezeigt, wie wir ein glückliches Leben führen können. Wir müssen nur auf seinen Messias hören, durch den er zu uns spricht. Dann wird alles gut."
 

"Und ihr braucht nicht zu arbeiten und habt trotzdem zu essen?" fragte Piwi ungläubig.

"Ja, genauso ist es."

"Toll... ," staunte Piwi erfreut.
 

"Und wie soll das gehen? Ohne Arbeit?" schallte es laut hinter den beiden Mönchen.

Kimba stand zwischen den Erdhügeln und Samenbergen und sah alles andere als erfreut aus.
 

"Es ist halt alles nur eine Frage des richtigen Weges. Unser Messias hat ihn uns gezeigt." versuchte der weiße Mönch erst gar keine Zweifel aufkommen zu lassen.
 

"Na den Weg möchte ich sehen... . Also los! Sagt mir, wie das gehen soll!" forderte Kimba die beiden auf.

"Nur unser Herr kennt den Weg und nur durch den Messias kann er zu uns sprechen. Wenn du und deine Freunde mit uns mitkommen, wird er auch euch den einzig wahren Weg zeigen."

Kimba war nun mehr als mißtrauisch. "Ihr beide habt den Weg gesagt bekommen aber könnt uns nicht sagen, wie der geht?"

"Der einzig richtige Weg ist für jedes Lebewesen verschieden. Deinen Weg kennen wir nicht. Nur der Herr der Goldenen Zukunft kennt ihn."
 

"Ich glaube euch kein Wort. Macht, daß ihr hier wegkommt, anstatt den Kleinen hier Lügen zu erzählen. Ohne Arbeit ein glückliches Leben... also so ein Schwachsinn. Los weg hier!" fuhr er die beiden Mönche an, die es auch für besser hielten, seiner deutlichen Bitte nachzukommen.
 

Kimba drehte sich zu den Jungtieren. "Glaubt bloß nicht, daß da auch nur ein Funken Wahrheit dran ist. Ohne Arbeit ist noch kein Feld bestellt worden. Scheint ja ein ziemlich doofer Glaube zu sein..."
 

Lukas schaute Kimba schief an: "Also so doof finde ich den eigentlich gar nicht... genaugenommen ist es viel dööfer, jeden Tag hier von Morgends bis Abends zu schuften."
 

"Ohje, Lukas. Glaub denen doch nicht alles. Ich geb ja zu, daß das hier im Moment eine harte Zeit ist, aber danach geht es wieder ganz normal weiter. Bisher hat es dir hier doch auch gefallen." versuchte Kimba Lukas wieder umzustimmen.
 

"Ich glaube sowas in der Art hatten wir gestern schon einmal. Tut mir leid, daß ich jetzt nicht mit dir darüber sprechen kann, aber ich muß arbeiten!" maulte Lukas Kimba an und ging wieder aufs Feld hinaus. Sorgenvoll blickte Kimba ihm nach.
 

"Ich hoffe doch, daß wenigstens ihr nicht so dumm seid und das geglaubt habt?" fragte Kimba die übrigen. "Nein, nein..." schüttelten die den Kopf.

"Hm. So schrecklich überzeugend war das ja nicht," dachte sich Kimba. Aber viele Möglichkeiten, daran etwas zu ändern, sah er auch nicht und belies es deshalb dabei.
 

Die Sonne senkte sich zwischen die Hügel und Berge des Westens und tauchte sie in ein rötlich-goldenes Licht. Für diese Zeit sahen die grau-gelbe Einöde und die rußig-schwarzen Ruinen einmal nicht tödlich und trostlos aus. Alles schien leicht romantisch angehaucht zu sein. Vor allem der Dschungel und die Farm, die beide ein Pool voller Leben in dieser Welt darstellten.
 

Doch selbst zu diesem herrlichen Zeitpunkt braute sich genau dort Unheil zusammen, wo es doch eigentlich am Schönsten war.
 

"Jetzt haben wir schon unseren Abenteuerberg wieder und können doch nicht spielen," ärgerte sich Lukas. Wildcat: "Warte noch eine Woche, dann klappt das schon wieder. Hat uns Kimba ja versprochen!"

Dodi: "Genau: Kimba hält, was er verspricht."

Lukas war am Überlegen: "Wißt ihr was? Die beiden Typen von heute Mittag... "

Wildcat zog eine Augenbraue hoch: "Meinst du die von der Sekte...?"

Lukas: "Jaaa... genau die. Wir können doch mal schauen, ob Kimba recht hat und das alles Spinner sind oder ob man da wirklich Spaß haben kann."

Gira schaute etwas ungläubig: "Ich glaube, Kimba hatte zu uns dann etwas von 'die sind gefährlich' gesagt und nichts von 'Spinnern' . Findest du nicht, daß du dich damit in große Schwierigkeiten bringen könntest?"

Lukas: "Achwas. Wenns brenzelig wird, kann ich immer noch viel schneller rennen als die."

Dodi: "Das stimmt. Wir müssen ja nicht gleich bis zu denen ins Haus gehen."

Lukas: "Du machst also mit?"

Dodi: "Hmmm... ich weiß nicht... - Gira, machst du mit?"

Gira: "Wenn du mitmachst."

Piwi: "Ok, dann will ich auch mit!"

Lukas: "Gut, dann gehen wir alle geschlossen dort hin."
 

Wilcat sah etwas kritisch aus. Lukas versuchte zu sticheln: "Komm schon Wildcat. Sei kein Feigling! Oder willst du bloß eine Miezekatze sein?"

Wildcat blinzelte zu Lukas herüber. "Du glaubst doch nicht im Ernst, daß du mich mit so einer billigen Masche dazu kriegen kannst bei dem Schwachsinn mitzumachen?"

Lukas rief verärgert: "Ahh... typisch! Immer die große Klappe haben aber kein bißchen Mumm in den Knochen!"
 

Mit einem "Phhhffffttt" drehte sich Wildcat demonstrativ von Lukas weg. Da kam Piwi zu ihr. "Ach komm doch! Bitte Wildcat!"

Wildcat sah in die großen blauen Augen des kleinen Geparden und ließ sich erweichen: "Naaa gut. Aber nur kurz testen und dann nix wie weg da."

Piwi: "Hurra! Und wenn Kimba dich ausschimpfen will, werde ich ihm sagen, daß ich dich dazu überredet habe. Versprochen!"
 

Als am nächsten Morgen die Sonne aufging, bemerkte Kimba, daß weniger Tiere auf der Farm sind als sonst. "Daniel, sag mal, weißt du zufällig wo die Jungtiere sind? Ich habe heute noch keinen von ihnen gesehen und so langsam mache ich mir sorgen..." wandte er sich besorgt an seinen Mentor.

Daniel runzelte die Stirn. "Wenn die tatsächlich heute abgehauen sind, kann ich nur hoffen, daß sie die Finger von dieser komischen Sekte lassen."

"Ja, die kamen mir gestern auch sehr verdächtig vor. Ich werde mal im Dorf nachfragen, ob die sie gesehen haben."
 

Währenddessen einige Kilometer vom Dorf entfernt in einer alten Farmerhütte...

Der Meister stand aufrecht in seiner weißen Robe und präsentierte damit allen seinen Anhängern und seinen kleinen Gästen, den Jungtieren, das prachtvolle goldene Symbol auf der Vorderseite seiner Kutte. Er selbst war normal schlank, etwa 2 Meter hoch und sein langer, schwarzer Kinnbart hatte von dem Goldstaub, mit dem er sich eingerieben hatte, einen leichten Glitzereffekt gekriegt. Links und rechts neben ihm standen seine zwei treuesten Gefolgsleute in scharlachroten Roben mit demselben Symbol in schwarz draufgenäht.
 

"Seid mir willkommen! Seid unserem Herren willkommen! Endlich geht die Prophezeihung der Vergangenheit in Erfüllung und Mensch und Tier leben zusammen, anstatt einander zu bekämpfen. Gehet ersteinmal mit uns in unseren Speisesaal und esst euch satt. Ich hörte, ihr habt auf euerer Farm viel und hart gearbeitet. Wer arbeitet, soll dafür auch anständig belohnt werden! Folget mir!" lud der Meister die Jungtiere ein.

Die waren begeistert: "Danke, oh großer Meister! Gerne!" riefen sie fast im Chor. Selbst Wildcat hatte jede Vorsicht über Bord geworfen.
 

Der Speisesaal war ursprünglich mal ein Geräteschuppen gewesen, doch er war gut aufgeräumt: In der Mitte stand die gut gedeckte Tafel mit Speisen und Getränken, die morschen, hölzernen Wände waren mit weißen Laken verdeckt und am Ende des Raumes über dem Platz des Meisters hingen zwei Wappen mit den Symbolen der Sekte, den beiden goldenen Tierpfoten-Abdrücken. Die Tiere und Gefolgsleute betraten den Saal und setzten sich zu Tisch.
 

Von hinten traf die Jungtiere dabei ein düsterer Blick aus der Kaputze einer weißen Robe. "Wenn die wüsten..." dachte sich der Meister und ließ ein dämonisches Grinsen weit in sich hinein.
 

Das Fadenkreuz auf seiner Stirn bemerkte er jedoch nicht. Das konnte nur der Subco auf seinem Monitor sehen. Und er wünschte sich, daß er außer dem Fadenkreuz auch eine entsprechende Waffe für solche Zwecke zur Verfügung gehabt hätte. Doch so konnte er nichts weiter tun, als den Bordcomputer des Shuttles auf Automatik zu stellen, aufzustöhnen, sich dabei aus seinem Kommandosessel zu erheben und auf den Weg in den Frachtraum zu machen. Dort war nämlich die Ausrüstung für den Bodeneinsatz verstaut.
 

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Nächster Teil: Kimba 05 - Die Kharu-Rota (2)

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 4 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Die Kharu - Rota (2) "

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Der Wind wirbelte den Staub unruhig durch die Gassen des Dorfes, die sich zwischen den gelblichen Strohhütten entlangzogen. Eben so unruhig sah es auch in dem weißen Löwen aus, um dessen Beine die Staub- und Sandschwaden getragen wurden. Seine innere Unruhe wurde noch größer, als die beiden Massai Männer seine Frage nach den Jungtieren verneinen mußten.

Sie hatten sie also auch nicht gesehen... . Kimba seufzte auf. Irgendwer mußte doch wissen, wo sie hin waren. Eigentlich hatte er auch Mbangi fragen wollen, der wußte schließlich fast immer, was rund um das Dorf herum geschah. Doch er hatte ihn zunächst nicht finden können, da das ganze Dorf auf den Beinen war. Es waren einige Leute vom Flüchtlingstrek da, die Waren tauschten gegen Werkzeuge und andere Gegenstände, die sie für den Wiederaufbau der Stadt gebrauchen konnten. Außerdem waren auch einige der Dorfbewohner dabei, ihre Sachen zu packen, um mit in die Stadt zu ziehen.
 

"Kimba! Kimba! Hier bin ich!" rief eine junge helle Stimme von links hinter ihm. Mbangi hatte ihn gefunden. "Hallo Mbangi, schön dich zu sehen. Weißt du zufällig, wo die Jungtiere entlanggegangen sein könnten?"

"Ja... die sind am Dorf vorbei zum alten Farmhaus am anderen Ende dieser Ebene gegangen. Dort hat diese komische Sekte ihren Sitz."

"Oh nein..." Kimba war zwar schon von Natur aus weiß aber in dem Moment...

"Du siehst vielleicht zu recht so besorgt aus. Man munkelt nämlich, ihr Anführer würde sich auf einer anderen versteckten Farm Sklaven halten, um der übrigen Sekte den Wohlstand zu ermöglichen." meinte Mbangi.

"Dann sind die Jungtiere womöglich in großer Gefahr. Kannst du mich zu ihnen führen?"

"Klar, mache ich. Sei aber auf der Hut, die sollen in Wahrheit alles andere als ungefährlich sein."

"Wenn es dir zu gefährlich ist, reicht es auch, wenn du mir den Weg zeigst. Ich möchte dich da nicht mit hineinziehen, Mbangi." schlug Kimba besorgt vor.

"Danke, aber ich denke es ist besser wenn ich mitkomme," meinte Mbangi, " Die Kharu-Rota weiß, daß sie überall nicht gerade angesehen ist. Einen Zwischenfall können sie sich nicht leisten, zumal ich nicht alleine mitkommen werde... ." Er deutete auf zwei etwa 16 und 18 Jahre alten Jungen, die er Kimba dann als seine Brüder vorstellte.
 

"Das Essen war gut. Danke." bedankte sich Piwi mit noch halbvollem Mund.

"Nur das Beste für unsere Gäste. Aber auch sonst leben wir nicht schlechter. Wenn ihr eine Weile bei uns bleibt, werdet ihr sehen, wie einfach und schön das Leben sein kann: Keine großen Vorschriften, nur wenige Stunden leichte Arbeit, viel Freizeit... das alles wird von unserem Herrn, dem Herrn der Goldenen Zukunft, ermöglicht."

Die Augen der Jungtiere leuchteten bereits, als der Anführer der Sekte - der "Messias der Goldenen Zukunft" - mit seinen Ausführungen fortfuhr: "Er sagt uns, wie wir etwas richtig tun, um eine goldene Zukunft haben zu können. Und er lehrt uns, dass Menschen und Tiere einander helfen müssen. Das ist also auch für euch die einzig richtige Lehre. Welche Religion - außer der unseren - hat schon einen Platz für Tiere bereitgehalten?"

Der Messias hielt kurz inne um die Wirkung seiner Worte auf die Jungtiere zu prüfen.

"Keine einzige! Denn sie sind alle nur dafür da, den Menschen glückselig zu machen, ihn glaubend zu machen, er sei das Zentrum des Universums. Unser Herr spricht durch mich zu euch allen... " er wandte sich nun mit euphorischem Ton auch an die übrigen Anwesenden, " wenn ihr mir folgt, werde ich euch durch seine Hilfe zur Glückseligkeit führen!"
 

Lukas meinte zu den anderen Jungtieren: "Hey, das wäre doch was für uns!" Die anderen nickten Zustimmend. Wildcat: "Aber wenn das der einzig richtige Weg ist, geht Kimba doch einen falschen. Oder etwa nicht?"

Die Augen des Anführes schienen aufzuleuchten: "Ja, da hast du ganz recht..."

"Wir sollten ihm davon erzählen und ihm auch die Möglichkeit geben, den einzig richtigen Weg zu gehen... Kommt, laßt und zu ihm gehen und es ihm sagen!"

Die Mine des Anführers verfinsterte sich etwas. "Findet ihr nicht, daß ihr nicht doch noch ein wenig mehr über uns erfahren solltet? Wir wollen ja schließlich nicht, daß es zu Mißverständnissen kommt und Kimba läßt sich bestimmt nicht so leicht überzeugen. Der ist mindestens genauso kritisch wie ihr es ward."

Die zwei Hoheprister in ihren roten Kutten zuckten kurz mit den Mundwinkeln, als sie diese Worte vernahmen, rissen sich dann aber zusammen.

"Was kannst du uns denn noch wunderbares zeigen, oh Messias?" wollte Dodi wissen.
 

"Ich zeige euch, wie wir an anderen Orten für unseren Herrn arbeiten, uns eine glückliche Zukunft erschaffen," antwortete der große Mann und Piwi hatte Mühe, bei den komischen Bewegungen seines langen schwarzen Kinnbartes nicht zu lachen.

Gira schien bei der letzten Aussage des Anführers etwas irritiert worden zu sein: "Aber hast du uns zuvor nicht gesagt, man brauche bei euch nicht zu arbeiten?"

Der Messias verzog keine Mine: "Arbeit ist relativ. Wenn ihr verstecken spielt, arbeitet ihr auch, ohne daß es euch etwas ausmacht. Genau solche Arbeit meine ich. Nur die täglichen abendlichen Gebete sind Pflicht. Dort sitzen wir beisammen, bedanken uns bei unserem Herrn, daß er uns führt und nehmen dann gemeinsam das Abendmahl ein. Aber das dürfte euch doch auch nicht stören."
 

Lukas war begeistert: "Das macht nichts, wir essen gerne und bedanken uns auch gerne dafür!"
 

"Gut," der Messias zupfte seine Robe etwas zurecht und meinte seinen Erfolg gesichert zu haben,"dann wollen wir gleich heute Abend noch aufbrechen, daß ich euch die nächsten Tage auch noch unsere anderen Wirkungsorte zeigen kann."
 

Die Jungtiere schauten einander unsicher an.
 

Schließlich ergriff Wildcat das Wort: "Also eigentlich dürften wir ja noch nicht einmal jetzt hier sein, aber das geht noch. Aber wenn wir einen ganzen Tag wegbleiben kriegen wir Ärger. "

Lukas unterstützte sie: "Ja. Und wenn es gleich mehrere Tage werden, kriegen wir bestimmt Hausarrest und müssen Wochenlang den ganzen Tag im Bau bleiben."

Piwi: "Oder noch schlimmer: In der Schule bei Buckey. Der wird uns dann zu tode langweilen."
 

Der große Messias schien etwas aus dem Konzept gebracht: "Wieso kriegt ihr Ärger? Und von wem? Etwa von Kimba? Ich dachte, ihr seid völlig frei?"
 

Gira: "Von ihm sogar weniger..." "da wäre ich mir gar nicht so sicher, Gira," warf Piwi ein. Gira fuhr fort: "aber unsere Eltern werden sich Sorgen machen."
 

Piwi: "Ja, große Sorgen sogar..."

Wildcat: "Vielleicht sollten wir doch lieber schon gehen..."
 

Der Anführer wurde unruhig, ebenso die beiden Hoheprister. "Ihr müßt ja auch nicht zurückkehren, wenn ihr im Dschungel so schlecht behandelt werdet. Ihr seid uns hier herzlich willkommen... also..."
 

Wildcat unterbrach seine Ausführungen: "Wir wollen nach Hause."
 

Es wurde still im Saal.

"Versteht das bitte nicht falsch, es war schön hier und wir würden auch gerne wiederkommen, aber wir gehören auf Dauer nun mal in den Dschungel." fuhr Wildcat fort und dann zu den anderen: "Laßt uns gehen... !"
 

Der Meister überlegte nur kurz. Dann warf er einen Blick zu den zwei Wachen am Ausgang. Die versperrten den Jungtieren den Weg.
 

Lukas war schon etwas sauer: "He! Was soll das?"
 

Der Messias grinste dunkel: "Ich denke, ihr wollt eben doch noch eine Weile bei uns bleiben..."

Die Jungtiere schauten sich ängstlich an und rückten zusammen.
 

Das Land rund um das Farmhaus war verdorrt und größtenteils völlig unfruchtbar. Der ursprüngliche Besitzer hatte es wohl schon vor vielen Jahren verlassen. Kimba, Mbangi und dessen Brüder standen vor dem verfallenen Tor zum Hof der Farm.

"Sieht verlassen aus..." meinte Kimba.

"Das wirkt nur so," antwortete einer der Brüder, "die sind hier schon seit fast 2 Wochen. Das ist recht ungewöhnlich für die Kharu-Rota. Vermutlich werden sie schon bald weiterziehen."
 

Sie gingen den Weg auf den Hof entlang und der trockene Kies knirschte unter ihren Füßen. Dann hielten sie kurz inne und schauten sich um. Der älteste Bruder deutete auf den großen alten Schuppen. Er meinte offenbar, dort welche von der Sekte gesehen zu haben.
 

Als sie anklopften und die Tür sich öffnete, stand einer der beiden Hoheprister vor ihnen. "Was wollt ihr?" fragte er scheinbar neutral. Kimba trat vor.

"Wir wollen die Jungtiere abholen. Sie sind hier bei euch auf der Farm." erklärte er kurz.
 

Der Hohepriester wurde beiseite geschoben und der Meister höchstpersönlich trat hervor.

"Eure Freunde wollen nicht zurück. Ich weiß nicht genau, was ihr mit ihnen gemacht habt, aber sie lassen ausrichten: 'der Kimba kann selber auf seiner Farm arbeiten' ," log er sie an.
 

"Das glaube ich dir nicht!" beharrte Kimba.

"So ist es aber," hielt der Messias dagegen.

"Ich will es von ihnen persönlich hören!" forderte Kimba daraufhin.
 

Der Anführer überlegte eine Sekunde lang. Dann sagte er, "Gut, wie du wünschst, ich hole sie. Auch wenn ich sicher bin, daß sie nicht mit dir reden wollen," und ging ins Innere der großen Scheune.
 

Piwi nagte an den Metallstäben des großen Käfigs, in denen er und die anderen eingesperrt waren.

"Laß das lieber," meinte Wildcat besorgt, "du wirst dir noch die Zähne kaputtmachen."

Piwi (leicht weinerlich): "Ich will hier aber heraus!"

Gira versuchte Piwi zu trösten: "Keine Sorge. Kimba wird uns sicher schon vermissen und nach uns suchen. Er holt uns bestimmt hier heraus."
 

Die schwere Holztür zu dem engen stickigen Raum mit den Gefangenen öffnete sich und der Meister trat ein.

"Kimba will einen von euch sehen." begann er.

Die Minen der Tiere hellten merklich auf.

"Ich will, daß ihm einer von euch sagt, daß ihr nicht zurück wollt."
 

"Wie kommen wir denn dazu?" rief Lukas empört.

"Wenn ihr das nicht tut, werde ich einen von euch umbringen lassen. Dann frage ich nochmals, bis entweder einer von euch sagt, was ich verlange oder ihr alle tot seid. Verstanden?" fauchte er in einem ganz und gar anderem Ton, als den man von ihm beim Essen gehört hatte.
 

Die Jungtiere schauten wieder einander an.

"Na wirds bald?" herrschte sie der Messias an.

"Du da, kommt mit!" befahl er Wildcat. Die mußte erstmal schlucken und tat dann, was er ihr befohlen hatte.
 

Sie gingen durch einen kleinen Flur mit insgesamt 4 Türen, dann durch den Seisesaal und standen schließlich wieder vor der Eingangstür, wo Kimba und seine Begleiter ungeduldig warteten.

"Wildcat!" rief Kimba erfreut und war glücklich, zumindest einen von ihnen unversehrt zu sehen.
 

"Ich bitte um Entschuldigung, daß ihr so lange warten mußtet, sie mußten erstmal auslosen, wer mit dir reden muß. Du scheinst nämlich nicht mehr so beliebt zu sein, Kimba," log der Messias der Goldenen Zukunft wieder einmal.

Dann wandte er sich zu Wildcat: "Los, erzähl es ihnen, daß ihr es satt habt, für ihn auf der Farm zu bleiben und von eurem Recht gebrauch machen wollt, zu bleiben wo es euch beliebt!"
 

Wildcat schaute Kimba an. Er hatte es offenbar nicht geglaubt oder auch nur glauben wollen, was der Anführer der Kharu-Rota ihm eben weis machen wollte. Eine Sekunde verging.

Kimba schaute Wildcat an. Ihre großen gelben Augen zeigten deutlich die Angst, die in ihr steckte. Sie hatte die Augen weit aufgerissen, die Pupillen zu schmalen Schlitzen verengt. Eine weitere Sekunde verging.
 

"Naaaa?" fragte der Meister mit leichtem Druck in der Stimme, " Du brauchst dich vor Kimba nicht zu fürchten. Du kannst also ruhig mit der Wahrheit herausrücken..."
 

Wildcat schluckte nochmals. Sollte sie es tatsächlich wagen? Trotz der Drohung des Messias Kimba die Wahrheit erzählen? Normalerweise würde sie einfach lügen, wie es ihr befohlen wurde. Denn sie wüßte, daß Kimba es nicht glauben würde und sie dennoch zu befreien versuchen würde.

Aber andererseits hatten sie und die anderen sich seit Tagen über die viele harte Arbeit - oder kurz: Das Leben im Dschungel allgemein - beschwert. Wenn sie jetzt log, glaubte er ihr es vielleicht?
 

Es verging eine weitere Sekunde.

Sie schaute tief in Kimbas dunkelblaue Augen, in seinen wachsamen Blick. Er würde es sicher nicht zulassen, daß ihnen etwas passierte.
 

Sie nahm also allen Mut zusammen und erzählte in Tiersprache los: "Das stimmt alles gar nicht. Wir werden hier festgehalten!"

Der Anführer schaute finster. Er konnte die Worte nicht verstehen, verstand aber genug, daß er wußte, was los war.

"Die anderen sind hinten im Schuppen in einem Käfig. Und heute Abend sollen wir zu einer anderen Farm losziehen, um... " weiter kam Wildcat nicht mehr.
 

Die spürte einen heftigen Schmerz auf der rechten Seite ihres Kopfes und auch, wie sie mit ihrem gesamten Körper abhob, nach ihrer linken Seite flog und nach wenigen Sekunden gegen die nahe Wand prallte. Kimba wollte noch reagieren und Kleinholz aus dem Kerl machen, doch da klickten schon die Entsicherungshebel der Gewehre, die plötzlich auf ihn, Mbangi und seine Brüder gerichtet waren.
 

Kimba überlegte: "Wenn du jetzt angreifst, riskierst du das Leben von Mbangi und seinen Brüdern. Wenn du nicht angreifst, geraten die Jungtiere in große Gefahr. Was soll ich bloß tun?" Er war für ein oder zwei Sekunden der Verzweifelung nahe.

Dann traf der Meister die Entscheidung für ihn: "Los, verschwindet! Sonst passiert was!" rief er ihnen zu und sie mußten sich zurückziehen, da außer Kimba wohl keine eine reelle Chance zu überleben gehabt hätte.
 

Wildcat wurde währenddessen verwundet in den Käfig zurückgebracht.

"Ihr Mistkerle!" beschimpfte Lukas eine der Wachen und wollte nach ihr schnappen. Ein Tritt in seine Seite ließt ihn jedoch auf dem Luftwege die Seite des Käfigs wechseln.
 

Noch am selben Nachmittag saßen Mbangi, Daniel und Juri beisammen und planten die Rettung ihrer Freunde.

Kimba: " Und ich bleibe dabei: Ich gehe da alleine hinein. Wenn ich es nicht schaffen sollte oder die schon abgereist sein sollten, kommt ihr an die Reihe. Pauley und seine Freunde suchen dann die Wege und Ebenen nach ihnen ab und Mbangi und seine Leute fangen sie ab, sobald Pauley sie gesehen hat. Wenn wir gleich alle ins Farmhaus gehen, könnten zu viele verletzt werden. Einer alleine ist am unauffälligsten."

Daniel: "Paß bloß auf, mit denen ist wirklich nicht zu spassen."

Kimba: "Keine Sorge, ich habe nicht vor, sie anzugreifen. Ich schleiche da bloß hinein und hole unsere Freunde heraus."
 

Die Sonne neigte sich schon deutlich zum Horizont und ließ wieder ganze Teile des verdorrten Landes in romantische Farben tauchen. Kimba schlich mit der Sonne im Rücken zum alten, verfallenen Farmhaus hin.

Dann suchte er die Wand der alten Scheune ab und fand schließlich ein auf kipp stehendes Fenster, durch das er sich hineinquetschen konnte. Lautlos schlich er dann zur hinteren Tür innerhalb jener Scheune. Dort ungefähr wurden sie gefangengehalten, hatte Wildcat gesagt.
 

Als er direkt vor der Tür stand, lauschte er zunächst, ob da Menschen hinter standen. Da war aber nichts als Stille. Von weiter weg draußen hörte er eine Tür zuschlagen und wie sich zwei Leute unterhielten. Dann konnte er noch hören, wie sie irgendeine metallische Ladefläche beluden.

"Sie haben schon mit den Vorbereitungen für ihre Abreise begonnen," stellte Kimba fest. "Ich muß mich beeilen, denn die werden bestimmt auch gleich die Jungtiere mitnehmen."
 

Er öffnete daher schnell aber vorsichtig die Tür und fand sich in einem kleinen Flur mit drei weiteren Türen wieder. Er schnüffelte kurz, um die Spuren der Jungtiere aufzunehmen. Das war recht schwierig, wegen des starken Menschengeruches. Dennoch konnte er die Fährte nach einigen Sekunden finden und ging zielstrebig auf eine Tür mit der Aufschrift "Lager" zu.
 

Auch dort lauschte er, konnte aber außer einem tierischen Kratzen in einem Fell nichts hören. Als er den Raum betrat sah er in einem etwa 3 mal 3 Meter großem Käfig die Jungtiere hocken. Sie blickten zunächst verängstigt in seine Richtung, doch als sie ihn erkannten, leuchteten ihre Augen voller Hoffnung auf.

Ihr Käfig war aus Stahl, daher mußte Kimba zunächst einmal die Erwartungen dämpfen: "Psst. Leise. Ich weiß noch nicht genau, wie ich euch aus dem Käfig herauskriege. Wo wird der Schlüssel aufbewahrt?"

Wildcat: "Dort oben in dem kleinen Holzkasten."

Kimba sprang hoch und riß den Schlüssel mit herunter.
 

"Ich wünschte, ich hätte richtige Hände," dachte er sich besorgt. "Nur Geduld..." Er ging mit dem Schlüssel zum Käfig und begann, ihn recht ungeschickt mit den Pfoten zu bearbeiten. Es dauerte eine ganze Weile, bis er ihn halbwegs zwischen den Klauen halten konnte.
 

"Wir müssen hier so schnell wie möglich heraus," verdeutlichte er den Jungtieren während er versuchte, das Schloß zu öffnen.

Endlich sprang das Schloß auf.
 

Alle Jungtiere: "Hurra!"
 

Kimba: "Nix wie weg!"

Doch da hörte er plötzlich hinter sich eine der anderen Türen aufgehen. Es war eine Tür die nicht zu einem anderen Raum führte, wie anfangs von Kimba vermutet, sondern ein zweiter Eingang zur alten Scheune. Drei Leute kamen herein, alle drei trugen Gewehre bei sich.

"Verdammt!" rief Kimba und stürzte sich kurzerhand auf den ersten der drei. Doch die anderen zogen sofort ihre Waffen und richteten sie auf Kimba.

Als der das bemerkte, konnte er nur noch schnell von dem ersten ablassen und - in der Hoffnung schnell genug zu sein - sich auf die anderen beiden stürzen. Diese rannten dummerweise auseinander, daß er nur einen nach dem anderen erwischen konnte und schon der erste Angriff kostete ihm soviel Zeit, daß der zweite Zeit genug zum Reagieren hatte.
 

"Halt! Keine Bewegung oder die hier müssen dran glauben!" rief der dritte und richtete seine Waffe auf die Jungtiere.

Kimba erfaßte die Situation sofort. Wenn er nicht augenblicklich fliehen würde, würde er sich ergeben müssen, um die anderen nicht zu gefährden.
 

Schnell sprang er durch die offene Tür hinaus lief etwa 5 Meter und versteckte sich hinter einem Stapel Kisten. Er hoffte, die Wachen überraschen zu können, wenn sie dachten, daß er ganz geflohen sei.

Voll konzentriert lugte er vorsichtig durch einen Spalt in der Kistenreihe. Gleich müßten die Wachen ebenfalls das Gebäude verlassen, um ihn zu verfolgen. Kaum gedacht, kamen auch schon die ersten beiden mit dem Gewehr im Anschlag herausgestürmt.

Ganz genau beobachtete er, wohin sie schauten, wohin sie sich bewegten. Ob sie seine Fährte finden könnten?
 

"Und Tschüß!" ertönte eine Stimme hinter ihm. Er drehte sich um und sah in den Lauf eines Gewehres. Die Mauer hinter ihm hatte einen Geheimgang verborgen und den einen der beiden Hoheprister in seinem scharlachroten und aufwendig verziertem Gewand hatte er nicht kommen gehört. Er fuhr die Krallen aus, um ihm entweder das Gewehr aus den Händen zu schlagen oder schnell wegspringen zu können. Doch da knallte es bereits und Kimba spürte ganz kurz einen sehr starken Schmerz in seinem Kopf. Dann gar nichts mehr.
 

Der Messias der Goldenen Zukunft kam gerade aus dem Hauptgebäude, als Kimbas lebloser Körper auf dem Boden aufschlug.

"Wir müssen augenblicklich aufbrechen. Keine Verzögerungen! Los!" befahl er seinen Leuten. Die suchten daraufhin hektisch ihre Sachen zusammen und holten auch die Jungtiere aus dem Gefängnis, um sie auf einen alten Anhänger zu transportieren. Als sie an Kimbas Leiche vorbeigeführt wurden, waren sie geschockt und unfähig, irgendwelchen weiteren Widerstand zu leisten. Das Blut färbte sein Fell nahe des Bodens rosa. Sie alle spürten einen starken, tiefgehenden Schmerz in ihren kleinen jungen Körpern.
 

Die Sonne war bereits untergegangen und der Mond schien hell mit den tausend Sternen am Himmel auf das verlassene Farmgelände herab. An einer Seite der Scheune, lag etwas weisses regungslos auf dem Boden. Das Zirpen der Grillen und anderer nachtaktiver Insekten umgaben die Farm mit einem leicht romantischen Ambiente. Das weiße Etwas zukte auf einmal kurz.
 

Wenige Sekunden später öffnete Kimba die Augen.

"Wo bin ich hier?" fragte er sich verwundert, als er das Farmgelände wiedererkannte. "Ist das hier der Himmel? Oder das Fegefeuer? Oder einfach nur die Welt nach dem Tod?"

Er richtete sich auf und betastete die Stelle, wo die Kugel in seinen Kopf eingedrungen war. Sie war trocken und heile. Nichts deutete darauf hin, daß er erst vor kurzem erschossen worden war.

"Wie ist das nur möglich? Alles wirkt so real, so völlig normal. Aber das habe ich nicht geträumt; ich habe gespürt, wie die Kugel mich am Kopf traf und wie es um mich herum dunkel wurde. Das dürfte ich doch eigentlich gar nicht überlebt haben... aber so wie es aussieht, bin ich noch nicht einmal verletzt," wunderte er sich zu recht.

"Egal," beschloß er das Geschehene zu verdrängen, "wenn ich schon lebe, sollte ich diesen komischen Kapuzenmännern nach und die Jungtiere befreien." Er suchte und fand die Fährte der Kharu-Rota und folgte ihr aus dem Hof hinaus in die Savanne.
 

Er begann zu rennen, um möglichst wenig Zeit zu verlieren. Schnell flogen die Gräser und Büsche an ihm vorbei. Er bemerkte, daß ihm das Rennen äußerst leicht fiel. Sein ganzer Körper schien wieder voller Energie zu sein.

"Ob das dadurch kommt, daß ich mir so viele Sorgen um die Kleinen mache?" fragte er sich während des Rennens.
 

Wenige Sekunden später hatte er das neue Versteck der Sekte gefunden. Sie campierten nahe eines anderen Flusses, der nicht durch den Dschungel floß und sich dann durch die großen Canyons in Richtung Südost schlängelte. Er stand auf einer Anhöhe etwa drei Kilometer von ihnen entfernt. Mit etwas Mühe konnte er noch sehen, wie fast ein Drittel der Leute im Dickicht verschwand.

"Wahrscheinlich holen sie Feuerholz," überlegte Kimba. "Dann könnte ich sie jetzt überraschend angreifen..."
 

Schnell rannte Kimba weiter auf das Lager zu, nur die letzten 500 Meter begann er dann zu schleichen. Langsam kam er dem Lager näher und er konnte bereits verstehen, was die meisten von den Menschen sagten.

Er war noch etwa 150 Meter entfernt, als plötzlich ein leichter Aufruhr durch die Gruppe ging. Einer ihrer Späher hatte angeblich eine Menge Leute entdeckt, die zu ihnen unterwegs waren. "Vermutlich unsere Freunde, die jetzt nach Plan selber versuchen, die Jungtiere zu befreien," bemerkte Kimba. Jetzt war die Gelegenheit günstig. Der Messias schickte drei weitere Leute los, um die übrigen aus dem Dickicht zu holen, damit die Gruppe schnell weiterreisen könnte. Die anderen waren jetzt mit dem Abbau der Zelte beschäftigt und die wenigen, die es nicht waren, sicherten in die Richtung, aus der die vermeintliche Gefahr nahte.
 

Kimba war schon ganz nahe am Lager und konnte deutlich den Käfig mit den Jungtieren sehen. Er stand noch immer auf dem alten rostigen Anhänger. In der Nähe stand eine Wache und bewachte neben dem Käfig auch noch einen kleinen Ständer mit Gewehren. Diese Wache würde er als erstes ausschalten müssen, da war sich Kimba sicher. Die übrigen Mönche und Priester schienen keinerlei Gewehre bei sich zu tragen.
 

Kimba schlich also durch das hohe vertrocknete Gras, das sich sowohl über das gesamte Lager als auch über die gesamte Ebene hinweg erstreckte. Die Wache sicherte ebenfalls in die Richtung, aus der die vermeintlichen Feinde kommen könnten und Kimba konnte sich von hinten immer näher heranschleichen. Er hörte den Lärm von Holz und Stahlkisten, die auf einen anderen Anhänger draufgestellt wurden und wie etliche Frauen und Männer sich etwas zuriefen. Dann, etwa 3 Meter von der Wache entfernt, setzte er zum Sprung an. Die Wache hörte zwar noch etwas rascheln, doch noch bevor sie sich umdrehen konnte, war sie durch einen mächtigen Prankenhieb bewußtlos geschlagen worden.
 

Schnell sprang er zum Käfig mit den Jungtieren.

"Hey, pssst! Aufwachen und seid leise! Ich hole euch hier heraus! Wo liegen die Schlüssel?" flüsterte er den Jungtieren zu. Die drehten allesamt Müde den Kopf zu ihm hin und guckten ihn aus wundgeweinten Augen einige Sekunden lang an. Dann wachte Lukas als erster auf: "Aaaaahhhh! Ein Geist!" rief er. Auch die anderen schrien gleich darauf entsetzt auf.

"Psssssst! Seid still!" rief Kimba. "Ich bin kein Geist. Ich weiß zwar auch nicht, wieso ich noch lebe aber ich werde euch hier herausholen, klar?"
 

Die Jungtiere schauten ungläubig. War das wirklich Kimba, der da vor ihnen stand? Und wenn ja, wieso? Wie hatte er das überleben können? Zumindest hätte er so schwer verletzt sein müssen, daß er dem Tode nahe gewesen sein mußte, aber der Kimba vor ihnen hatte nicht mal einen Kratzer abgekriegt. Dabei lag er doch in einer Lache aus Blut... .

Aber er sagte, daß er sie aus dem Käfig befreien wollte. Das war ja schonmal etwas. Ängstlich lugte daher nun auch Piwi aus Wildcats Armen hervor, in denen er sich anfangs zu verstecken versucht hatte.
 

"Nun sagt schon, wo ist der Schlüssel? Wir haben keine Zeit!" drängte Kimba seine etwas apathisch dasitzenden Freunde.

"Dort beim Messias selbst," antwortete Wildcat und zeigte in dessen Richtung. Kimba drehte sich um und genau in demselben Augenblick drehte sich auch der Anführer der Kharu-Rota um und sie sahen einander.
 

"Gib mir die Schlüssel, Messias, und dir wird nichts geschehen!" forderte Kimba.

"Du lebst noch??" entgegnete der Messias entsetzt. "Aber warte nur ab, dieses Mal wirst du nicht mehr davonkommen..."

"Willst du mir etwa drohen, Mensch? Deine Waffen stehen hier neben mir - wenn du mich also angreifen willst, mußt du es schon mit deinen Händen wagen!" rief Kimba ihm zu und fuhr seine Krallen aus. Es war zwar der eine Hohepriester gewesen, der ihn erschossen hatte, doch auch auf den Messias selbst hatte er eine große Wut.
 

"Meinst du?" Der Messias grinzte finster. "Dann paß mal auf..."

Mit einer schnellen Handbewegung rutschte plötzlich eine Pistole aus dem rechten Ärmel seiner Kutte und fiel ihm direkt in die Hand.

"Diesmal werde ich dich erschiessen und danach in Stücke reissen lassen. - Das ist nichts persönliches, ehrlich, ich will nur ganz sicher gehen..." sagte er und zielte genau auf Kimbas Kopf.
 

"Verdammt..." dachte Kimba, "Jetzt habe ich ein richtiges Problem. Einmal zu überleben war ja schon ein Wunder aber nochmal..." er überlegte kurz, wohin er springen sollte. Dann spannte sich sein gesamter Körper an und er sprang hinter die Räder des Wagens. Es knallte laut. Klirrend prallte ein Projektil von der eisernen Radkappe ab.
 

"Gerade nochmal gutgegangen," ging es Kimba durch den Kopf.

"Wenn du nicht rauskommst, stirbt einer deiner Freunde!" rief der Messias der Goldenen Zukunft. "Verdammt," dachte Kimba, "aber ich habe wohl keine Wahl. Besser ich als die Kleinen." langsam kam er hinter dem Wagenrad hervor.
 

"Jetzt ist es aus mit dir! Halt still, sonst sind deine Freunde dran." rief der Anführer und brach in ein höllisches Gelächter aus. Dann kam er zwei Schritte näher zu Kimba und zielte er wieder auf dessen Kopf. Diesmal würde er treffen, da war sich Kimba sicher.
 

"Lebt wohl Freunde... " ging es Kimba traurig durch den Kopf. "Leb wohl Rahja. ... Rahja...? Oh nein, ich habe dich seit dieser unheilvollen Nacht nicht mehr besucht. Ob du wohl auch noch auf dieser Welt bist? Oder bist du ebenso verschwunden wie Kellyfant und die großen Herden?"

Das Bild des großen Mannes in der weißen Kutte verschwamm vor seinen Augen, die sich langsam mit Tränen füllten. Von so vielen Freunden würde er keinen Abschied nehmen können. Vor allem aber nicht von Rahja, seiner Freundin seit jüngsten Kindheitstagen. Er war erst 6 Monate alt und noch nicht mal halb so groß wie jetzt, als er sie kennenlernte. In der ganzen Aufregung der letzten Tage hatte er sie einfach vergessen gehabt. Er schämte sich dafür.
 

Ein greller Blitz jagte durch die Gestalt in der weißen Kutte vor ihm. Der Anführer der Kharu-Rota brach augenblicklich zusammen und rührte sich nicht mehr. Kimba wußte nicht genau wieso oder von wem, aber er war sich sehr sicher, daß der Messias der Goldenen Zukunft eben gerade erschossen worden war. Die Mönche und Hohepriester, die die ganze Aufregung mitbekommen hatten, flohen augenblicklich ins Dickicht, von Kimba und den immer näher kommenden Dorfbewohnern weg.
 

Kimba schaute in die Richtung aus der der Schuß gekommen sein mußte. Seine Augen sahen noch etwas verschwommen, aber er konnte eine etwas menschenähnliche Gestalt auf einem Baum am Rande des Lagers ausmachen, die sich gerade in Luft auflöste.
 

"Hast du das gesehen, Kimba?" fragte ihn Wildcat.

"Die komische Gestalt auf dem Baum? - Ja, ihr auch?" antwortete er noch etwas benommen von den letzten Ereignissen.
 

Die Dorfbewohner, einige der Tiere - unter ihnen natürlich auch Daniel und die Eltern der Jungtiere - und ebenso einige Soldaten vom ehemaligen Flüchtlingstrek waren inzwischen im Lager angekommen und die Jungtiere bereits von Kimba befreit.

Dodis Mutter (weinend): "Versprich mir, das du mir nie wieder solche Sorgen machst, kleines!"

Dodi (ebenso weinend): "Versprochen Mutter!"
 

Daniel: "Das ist ja gerade noch mal gutgegangen, das hätte schlimm enden können..."

Kimba: "Vielleicht ist es das auch. Zumindest war es das mal für kurze Zeit..."

Kimba wirkte sehr nachdenklich.

Daniel: "Worüber grübelst du? Und was meinst du mit 'vielleicht ist es das auch' ?"

Kimba: "Ich weiß nicht... ich werde erstmal eine Nacht drüber schlafen."

Daniel (zu den Jungtieren): "Und ich hoffe, ihr habt daraus etwas gelernt!"
 

Lukas: "Oh ja."

Gira: "Das machen wir bestimmt nicht wieder, versprochen."
 

"Das will ich auch schwer hoffen," dachte sich der Subco, während er auf den Beobachtungsmonitor starrte, "sonst werdet ihr die kommenden Ereignisse wohl kaum überleben... "

Er schaute kurz hoch, zum Systemzeit- Terminal. In wenigen Stunden würde das Imperiale Flaggschiff, die ISS Thunderstar, endlich wieder im Erdorbit eintreffen und diese wichtige Mission bewachen. Und das war auch nötig...
 

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Nächster Teil: Kimba 06 - Die Bibliothek

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 5 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Die Bibliothek "

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Der Raum war stickig und stockfinster. Dort war schon seit vielen Jahren kein Mensch mehr gewesen und eine dünne Staubschicht bedeckte all das, was man dort gerade nicht sehen konnte. Es war nämlich noch nicht einmal Restlicht vorhanden und auch keine Risse oder Spalten im Gemäuer, duch die weiterer Staub außer diesem schon zu Boden gesunkenem hätte eindringen können. Innerhalb dieser Mauern, die durch die Schwärze eigentlich gar nicht oder überall vorhanden waren, schien die Zeit stillzustehen.
 

Doch plötzlich nicht mehr. Denn durch die Mauern, die sich irgendwo entlang erstreckten, drang ein kratzendes und klopfendes Geräusch ein. Manchmal auch ein polterndes Geräusch. Dann wieder ein oder zwei Sekunden Stille. Die Geräusche wurden im Laufe weniger Minuten immer lauter. Dann war wieder ein Klopfen zu hören und plötzlich kamen einige dieser Geräusche, nämlich das herunterfallen von Putz oder Mörtel, auch aus dem Inneren dieser Räume.
 

Schwere Backsteine fielen aus der Mauer, nur wenige Sekunden später. Sie gaben den Weg frei für eine Invasion des Lichtes, das die Dunkelheit teilte, die Mauern der Räume aus dem Nichts erschienen ließ und die scheinbar vorhandenen anderen, eben jene Mauern aus Schwärze, die überall zu sein schienen, im Nichts verschwinden ließ und statt dessen den Blick auf Decke, Flur, Tische, Stühle und eine Unmenge an mit Büchern gefüllten Regalen ermöglichte.
 

Juri steckte seinen Kopf durch das Loch und schaute sich um. Seinem Kopf folgte eine Taschenlampe, damit er etwas weiter sehen konnte. Doch um in die anderen Kammern schauen zu können, mußte er selber in diese geheimnisvollen Räume gehen.
 

Als er diese alte Anlage untersuchte, kam ihm mehr und mehr die Erkenntnis, daß er eine Art Bibliothek gefunden hatte. Er wollte schon seit dem Umzug in diese ehemals verlassene Stadt herausfinden, was es hier alles zu entdecken gäbe. So war er auch seit Tagen schon durch die verschiedensten Gebäude und Ruinen gestriffen und hatte die eine oder andere Entdeckung gemacht. Doch nichts war bislang von so großer Bedeutung gewesen, wie diese Räume einer großen Bibliothek.
 

Nach einiger Zeit war Juri in einem großen Raum angekommen, in dem nicht nur Bücher, sondern auch Kameras, Filme, Video Kassetten und ein großer Fernseher standen. Einige der Kassetten sahen recht interessant aus. Juri suchte nach einem Schalter, um die Anlage oder zumindest den einen Raum wieder mit Strom versorgen zu können. In der Nähe konnte er jedoch nichts finden.
 

Doch aufgeben wollte er nicht und so drang er noch tiefer in die Bibliothek ein. Sogar eine eher baufällig wirkende Treppe nach oben nahm er mit und schaute sich im Erdgeschoß oder 1. Kellergeschoß um. Ganz sicher war er sich seiner echten Höhe nicht.
 

Und tatsächlich fand er einen alten Dieselgenerator, wie er sonst als Notstrom in den Rechenzentren überall auf der Welt vor dem Krieg verwendet worden war. Es kostete ihm einige Minuten, bis er das alte Gerät angeworfen bekam. Und es kostete ihm bestimmt ein oder zwei Jahre seines Lebens, als das Gerät nur Sekunden nach dem Start zwei laute, knallende Geräusche von sich gab. Er atmete auf: Es war doch nicht explodiert sondern tuckerte gemütlich weiter vor sich hin.
 

Als er in die unteren Räume zurückkehrte, bemerkte er daß in einigen von ihnen Licht brannte. "Na immerhin... ," dachte er sich zufrieden. "Dann will ich mal schauen, ob ich was wertvolles gefunden habe."
 

Er schaute sich nun noch etwas um, um entscheiden zu können, welchen Film er sich mal anschauen sollte. Eine nach der anderen Kassette zog er hervor, zwei interessante über den Krieg hatte er schon beiseite gelegt. Dann stoppte er plötzlich.
 

Die Kassette, die er als letztes aus einem Regal gezogen hatte, enthielt eine Aufschrift, die ihn in großes Erstaunen versetzte.
 

"Das muß ich unbedingt Kimba zeigen!" dachte sich Juri und machte sich sofort auf den Weg.
 

Kimba sonnte sich gerade entspannt, als Lukas ihm ein Blatt voll Wasser über dem Kopf entleerte. "Aaaahhh! Lukas! Was soll der Mist?" schimpfte Kimba.

"Du hast gerade so Müde ausgesehen, da wollte ich dich eben etwas wacher machen," stichelte Lukas. "Ich glaube, du lernst gleich fliegen - fliegen über den halben Fluß..." gab Kimba verärgert von sich und wollte sich gerade Lukas schnappen. Da kam Juri angelaufen. Er war schon etwas außer Atem, obwohl er nur die letzten 500 Meter gerannt war, als er Kimba schon hat sehen können.
 

"Guten Morgen Kimba!" rief er ihm zu. "Du, ich muß dir etwas ganz komisches zeigen."

"Guten Morgen Juri. Um was geht es denn?" fragte Kimba.

"Das glaubst du mir erst, wenn du es siehst. Das sind Aufzeichnungen über den Krieg und über diesen Dschungel hier. Aber mehr will ich dir jetzt noch nicht verraten."
 

"Hmm... das klingt interessant..." meinte Daniel zu Buckey und Pauli. "Wir sollten auch diese Gelegenheit nutzen und etwas über unsere Vergangenheit erfahren..."

"Eine gute Idee, Daniel," meinte Kimba. "Und was wir erfahren, können wir dann den anderen in der Schule beibringen."
 

Einige Zeit später saßen Kimba, Lukas, Buckey, Pauley und Daniel in der alten Bibliothek. Daniel schaute sich gerade die Hüllen von einigen Kassetten an.

"Hmm... interessant... "murmelte er vor sich hin. "Hier steht: Zusammenfassung des Verlaufes des 3. Weltkrieges bis aktuelle Woche. Ist dort das alles wichtige jenes Krieges zusammengefaßt oder fehlt noch ein Stück, Juri?"
 

Juri schaute kurz kritisch auf das Datum. "Hm. Das meiste ist drauf, aber die letzten beiden Wochen fehlen. Zumindest die letzten beiden Wochen mit weltbewegenden Ereignissen. Danach war ja bereits so viel von der Welt zerstört, daß man nicht mehr sagen konnte, wo noch Krieg herrschte und wo nicht mehr. Ich erzähle euch dann den Rest, so viel ist das nicht.

- Aber das war es auch gar nicht, was ich euch in erster Linie zeigen wollte. Es war mehr das hier..."
 

Er nahm wieder die eine bestimmte Kassette aus dem Regal, bei deren Beschriftung er zuvor noch Bauklötze gestaunt hatte. Kimba und die anderen schauten erwartungsvoll zu, als Juri nochmals für sich die Aufschrift las und die Kassette dann Kimba übergab.
 

"Ist die gefährlich?" fragte Buckey vorsichtig. Kimba und Pauley grinsten, Juri schaute etwas ungläubig und Lukas machte einen leicht verwirrten Eindruck. Daniel schaute etwas sorgenvoll zu Buckey.

"Nein... die Kassetten sind eher nicht gefährlich..." meinte Juri dann und verkniff sich ein breites Grinsen.
 

"Eher nicht?" fragte er noch vorsichtiger und wich ein paar Schritte zurück. "Aber eigentlich doch oder wie?"
 

Daniel versuchte Buckey etwas zu beruhigen: "Die sind wirklich nicht gefährlich. Das sind Geräte zum speichern und wiedergeben von Bildern und Tönen."

Juri kam ein fieser Gedanke: "Genau. Gefährlich ist höchstens ihr Inhalt. Und den schauen wir uns jetzt an... "
 

Buckey: "Aaaahhhh... ! Ich hab Angst!" Und er verkroch sich in einer der kleineren Kammern nebenan.

"Also Juri! Weißt du! Das war nicht nett, Buckey ist halt sehr ängstlich, da sollte man keine Witze drüber machen. - Auch wenns manchmal zugegebenermaßen reichlich ulkig wirkt... " tadelte Kimba Juri und grinzte dabei breit.
 

Wenig später hatte Juri die Kassette mit der Kriegsreportage eingelegt und sie alle ( - ja: Selbst Buckey) schauten sich den Film an. Eine dunkle Männerstimme begann einzuleiten:
 

"Der Ursache der wohl größten Katastrophe der Menschheit liegt in einer Zeit noch lange bevor es zu den ersten Schußwechseln und Kriegserklärungen in diesem alles vernichtenden Weltkrieg kam. Die Schere zwischen Arm und Reich war überall auf der Welt, in den letzten Jahren jedoch besonders stark in den Industrie- und Schwellenländern, aufgeklappt. Auf der einen Seite standen also Armut und schlechte Versorgung infolge der Arbeitslosigkeit und auf der anderen Seite immer mächtigere Konzerne und Einzelpersonen, die mit den Milliarden Dollar nur so um sich werfen konnten. Daß dies ein auf Dauer unhaltbarer Zustand war, war allen klar, doch es war nur eine der Ursachen für den 3. Weltkrieg."
 

Nun begann eine mittlere Frauenstimme fortzufahren:

"Ein weiterer Grund jedoch waren die immer knapper werdenden Resourcen, die für den fortlaufendes Wachstum der Wirtschaft und damit für den politschen Erfolg der Regierenden notwendig waren. So kühlte das politsche Klima zunächst zwischen den konkurrierenden Blöcken, später aber auch zwischen den einzelnen Ländern jener Blöcke massiv ab.

War anfangs nur mit Konsequenzen und Sanktionen gedroht worden, wurden diese immer häufiger auch gleich durchgeführt. Viele Staaten traten nachfolgend aus ihren Bündnissen aus, wobei auch die NATO und die UNO nachhaltig geschwächt wurden. Kaum hatten die ehemaligen Weltpolizisten genügend eigene Sorgen, fielen die ersten kleineren Staaten mit ihren oftmals korrupten und nur nach Eigennütz strebenden Staatsoberhäupten übereinander her und erschafften so weltweit eine steigende Anzahl an kleinen Krisenherden."
 

Die Männerstimme fuhr fort:

"Diese Krisenherde eigneten sich hervorragend für die Regierungen der stärkeren Nationen, um von ihren innenpolitschen Problemen ablenken zu können. Nicht zuletzt wurde wegen eines solchen Kleinkrieges die Präsidentschaftswahl in den USA verschoben, als der amtierende Präsident entschied, in einen der Kriesenherde im Mittleren Osten nachhaltig einzugreifen. Auf diese Weise konnte der in der Bevölkerung nur noch schlecht angesehene Präsident Zeit gewinnen, länger im Amt zu bleiben und durch einen Kriegsgewinn eventuell genügend Pluspunkte sammeln zu können, um noch einmal gewählt zu werden.

Doch diese Strategie, der sich auch alle übrigen Mächte der Welt bedienten, war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Es war letztlich nur eine Frage der Zeit, bis dadurch zwei Großmächte aneinandergeraten und einen sehr schweren und für beide Seiten kostenintensiven Krieg verursachen würden."
 

"Uuuuaaaaaahhhhhhhh!" gähnt Lukas müde. "Typische Menschengeschichten... wie langweilig."

"Na hör mal, Lukas," belehrte Kimba ihn, "diese Geschichten mögen zwar ein bißchen doof sein, aber sie bestimmen auch unser Schicksal nachhaltig! Sieh dir doch die Welt an, wie sie sich verändert hat!"
 

Die Frauenstimme war zwischenzeitlich dran:

"... was dazu führte, daß keine der drei Parteien sich mehr zurückziehen konnte. So wurden Stück für Stück schwerere Geschütze aufgefahren und schließlich auch chemische und biologische Waffen. Und als die ersten Kriegsparteien die weltweiten Abkommen gegenn solche Massenvernichtungswaffen mißachteten, nahmen dies alle übrigen in Kriege verwickelten Nationen zum Anlaß, ebenfalls von diesen Abkommen Abstand zu nehmen. Durch die nachfolgende Verseuchung mit chemischen und bakteriellen Kampfstoffen sind bis heute etwa 2 Milliarden Menschen umgekommen."
 

Die Männerstimme setzte wieder ein:

"Wenigstens im entscheidenden Augenblick gab es noch genügend vernünftige Menschen, daß die komplette Auslöschung der Menschheit verhindert werden konnte: Als das pakistanisch Militär auf Indien und seine Verbündeten die ersten atomaren Sprengsätze abfeuerte und Indien dieses erwiderte, stand die Welt kurz vor dem atomaren Holocaust. Denn schließlich nahmen auch diesen Schritt die übrigen Kriegsparteien zum Anlaß, schleunigst selbst aktiv zu werden, um ihr atomares Arsenal noch abschießen zu können, bevor es eventuell noch am Boden unschädlich gemacht werden könnte. Als nahezu alle Regierungschefs der Welt, die über Atomwaffen verfügten, den Abschußbefehl gaben, weigerten sich über 90 % der Kommandanten vor Ort, diesen Befehl auszuführen."
 

"Die abgefeuerten Raketen sollten jedoch ausreichen, um weiteren 3 Milliarden Menschen das Leben zu nehmen und ganze Regionen komplett auszulöschen. Vor allem die Hauptstädte der Welt wurden fast ausnahmslos komplett mit ihrer Umgebung ausradiert. Die zahlreichen Detonationen im Megatonnenbereich und die massive Luftverschmutzung mit oft radioaktivem Staub lösten eine Klimaverschiebung aus, die in einem gigantischen Sturm bis heute ihren Höhepunkt fand. Dieser Sturm, der mit einer Geschwindigkeit von über 250 km/h kontinuierlich von Ost nach West weht, machte den Überlebenden vor allem in Äquatornähe das Überleben noch schwerer, als es ohnehin schon war."
 

Es folgten noch detaillierte Schilderungen über Kriegsverbrechen und Frontverläufe.
 

"Warum tun sich die Menschen das an?" wollte Lukas wissen.

"Es gibt halt gute und böse Menschen. Und wen die bösen die guten Angreifen, müssen die sich eben verteidigen," begann Juri eine Erklärung.

"Ich glaube, du machst es dir da etwa zu einfach," warf Kimba ein. "Denn bislang habe ich nur sehr wenige Menschen kennengelernt, die in eine dieser beiden Kategorien fallen. Ich glaube eher, es ist ein typisch menschliches Verhalten, das dazu geführt hat."

"Und welches bitteschön?"

"Die Gier. Die Gier nach noch mehr an Geld, Macht und Ansehen."
 

Daniel bestätigte: "In der Tat. Die Menschen sind noch nie mit einem Zustand zufrieden gewesen, den sie erreicht hatten. Egal wie weit sie auch vorangekommen waren, gleich wie gut oder schlecht es ihnen ging, sie strebten stets nach mehr."

"Also sollte man nur soweit versuchen, etwas zu erreichen, solange man es unbedingt benötigt. Sobald es einem aber halbwegs gut geht, soll man es so lassen wie es ist? Also ist alles Streben nach mehr oder besserem falsch?" wollte Lukas wissen.
 

"Nein, das auch wieder nicht," erklärte Daniel. "Dadurch sind die Menschen nämlich erst zu den unangefochtenen Herrschern dieser Welt geworden. Allerdings haben sie sich ebenfalls dadurch auch fast wieder ausgelöscht. Es ist mehr eine Sache der richtigen Maßes."
 

"Das haben unsere großen Anführer weit verfehlt..." meinte Juri halb zu sich selbst.
 

"Nanu, nana - was haben wir denn da...?" krähte Pauley auf einmal los.

"Was ist denn Pauley?" wollte Kimba wissen.

Pauley deutete auf die eine Kassette, die Juri aus dem Regal genommen und auf den Tisch gelegt hatte. Als Kimba und die anderen auf die Beschriftung dieser Kassette schauten, konnten sie deutlich die Aufschrift: "Über die weissen Löwen - von Kimba bis Chako" lesen.

"Was hat das zu bedeuten?" fragte Kimba Juri.

"Das ist eine gute Frage. Daher habe ich euch auch letztlich hierhergeholt. Es ist offenbar ein Bericht über Kimba und seine Nachfahren. Aber soweit ich weiß, hast du doch noch gar keine Nachfahren, Kimba, oder?"
 

"Wie? Ein Bericht über mich?"
 

"Ja. Und offenbar hast du oder haben deine Nachfahren sogar hier in dieser Region in den großen Krieg mit eingegriffen. In der Kurzbeschreibung hier drauf steht noch, daß Chako den Bewohnern der Dörfer hier und den Nomaden die Flucht vor herrannahenden Truppen ermöglicht hat, die für ihre Massaker an der Zivilbevölkerung berüchtigt waren. Mehr weiß ich aber auch nicht."
 

"Das kann doch eigentlich nur eine Fälschung sein," meinte Daniel, "denn Kimba hat mit Sicherheit weder Kinder gehabt noch in den Krieg eingegriffen. Zumal wir den überhaupt nicht erlebt haben."
 

"Ihr habt wirklich nichts davon mitgekriegt?" wunderte sich Juri. "Noch nicht einmal etwas von dem großen Sturm, der einige Monate lang hier entlangfegte?"
 

Lukas meinte, daß da zwar ein Sturm war, der auch von Osten kam. Aber der sei nach nur einem Tag wieder abgeflaut und läge auch erst einen Monat zurück.
 

"Erst einen Monat? Komisch, davon wiederum habe ich nichts mitgekriegt. Und so schrecklich weit sind wir letzten Monat nicht gekommen, da wir oft feststeckten oder uns gegen Dunkelpiraten verteidigen mußten."
 

"Laßt uns doch erstmal den Film anschauen, dann wissen wir vielleicht mehr," schlug Daniel vor.
 

Kurze Zeit später lief der mysteriöse Film über Kimba und seine angeblichen Taten und Nachfolger auf der großen Mattscheibe des etwas angestaubten Fernsehers. Der Erzähler bestand diesmal lediglich aus einer etwas helleren Männerstimme.
 

"Seit Jahrtausenden existierte die Legende von einem weißen Löwen, der das Dorf eines Stammes hier in Ostafrika beschützen sollte. Doch erst in jüngster Vergangenheit konnte ihr Wahrheitsgehalt aufgedeckt werden. Und es war erstaunlich: Es gibt tatsächlich weiße Löwen in dieser Gegend Afrikas. Aber noch erstaunlicher ist, daß sie in der Lage sind, die menschliche Sprache zu sprechen. Auch beschützten sie viele Generationen lang tatsächlich das Dorf eines stolzen Stammes in dieser Gegend. Doch ihre eigentliche Herkunft liegt in einem ganz anderen Teil Afrikas und viele tausend Jahre zurück.

Etwa 2500 vor Christus waren die Ägypter zu einer mächtigen Kultur aufgestiegen. Doch ihr letzter Pharao lebte in großem Prunk und Luxus, was das Volk bis an den Rand des Hungertodes trieb. Sie mußten für das ausschweifende Leben des Pharao und den Aufstieg Ägyptens mit ihrem Schweiß und oft auch mit ihrem Leben bezahlen.

Doch da gab es einen weisen Mann namens Kuptanon, der den Pharao wegen seiner selbstherrlichen und erbarmungslosen Art immer wieder zurechtwies. Schon nach kurzer Zeit wollte sich der Pharao dies nicht länger bieten lassen und er beschloß, Kuptanon zu verbannen. In der Nacht vor Kuptanons Verbannung überlegte dieser, wie er das Leid des einfachen Volkes auch weiterhin mindern konnte. Schließlich kam er zu der Idee, all sein Wissen, seine Charakterstärke und seine Ideale in einen magischen Trank umzuwandeln. Diesen Trank gab er einem kleinen weissen Löwen, der ihm als Baby zugelaufen war. Der Name jenes Löwen war Androcles.
 

Am nächsten Tag, als Kuptanon Ägypten verlassen hatte, fanden die Ägypter den jungen weissen Löwen vor den heiligen Tempelanlagen. Aufgrund seiner weissen Fellfarbe und seines Erscheinungsortes wurde dieser weisse Löwe für einen Gott gehalten und selbst der Pharao mußte sich seinem Willen beugen.

Auf diese Weise konnte Androcles die Oberschicht der Ägypter relativ leicht wieder auf den Weg der Tugend führen. Er übernahm quasi die Stelle des weisen Kuptanon.
 

Nach einigen Jahren brachte ein Ägyptischer Oberbefehlshaber von einer Expedition zu den Quellen des Nil einen Stamm Pygmäen mit, die sich offenbar bei den Göttern beliebt gemacht hatten. Die ägyptischen Priester sahen ihre Chance gekommen, den weissen Löwen loszuwerden und wieder ihre ursprüngliche Macht zu erhalten. Sie empfahlen dem Anführer der Pygmäen, den weissen Löwen als Geschenk zu fordern. Der Pharao hatte einen so großen Respekt vor der Fähigkeit dieses Stammes, die Götter für sich entscheiden zu lassen, daß er ihnen den Wunsch nicht abschlagen konnte.
 

So verlies Androcles Ägypten und fuhr mit den Pygmäen Stromaufwärts und kam so nach Zentral Ostafrika. Jahrhunderte später zog der Pygmäen-Stamm dann von den Ufern des Nils weg. Die genauen Wege des Stammes und der weissen Löwen, die zunächst diesen, später aber einen anderen Stamm beschützten, sind jedoch nict bekannt. So waren die weissen Löwen über fast drei Jahrtausende aus der Geschichte der Menschheit verschwunden.
 

Doch vor wenigen Jahrzehnten, noch im 21. Jahrhundert, tauchten die weissen Löwen wieder auf. Zunächst als Schreck der weissen Jäger, als der weisse Löwe Caesar ihnen die Jagd erschwerte. Später als Wunder der Natur, als Caesars Sohn, Kimba, die Sprache der Menschen erlernt und schließlich eine große wissenschaftliche Expedition auf den sagenumwogenen Mondberg führte.
 

Die Geschichte der Tiere beschäftigte sich weitaus länger und intensiver mit den weissen Löwen, seit Androcles in diesen Teil Afrikas gelangt war. Sie sagen, daß alle weissen Löwen sich über die Jahrhunderte hinweg durch große Stärke, Klugheit, Mut und hohe Ideale ausgezeichnet hätten.
 

Über Caesar erzählen sie, daß er die Menschen im Dorf verlies, um den Tieren im Dschungel zu einem besseren Leben zu verhelfen. Dies war es auch, was ihn über Jahre in Konflikt mit den Jägern geraten lies und schließlich damit endete, daß er in eine Falle gelockt und erschossen wurde.
 

Von seinem Sohn Kimba ist bekannt, daß er kurz nach dem Tode seines Vaters auf hoher See geboren wurde. Er konnte vom Schiff fliehen, bevor es in einem großen Unwetter unterging, gelangte an die Küste und wurde dort von freundlichen Menschen aufgenommen und aufgezogen. So lernte Kimba die Sitten und Lebensweise der Menschen kennen und begann auch ihre Sprache zu verstehen.
 

Ein knappes Jahr später ging er in den Dschungel zurück, um das Werk seines Vaters zu vollenden. Nachdem er dort bereits eine kurze Zeit verbracht hatte, kam zufällig einer von den Menschen, die ihn damals aufgenommen hatten, in den Dschungel. Ihm zuliebe versuchte Kimba, die menschliche Sprache auch zu sprechen. Das war recht schwer, doch als er sich hatte verständlich machen können, brachte ihm dieser Mensch namens Ronny große Teile der Sprache bei.
 

Und Kimba brachte diese wiederum seinen Freunden im Dschungel bei. So wollte er Menschen und Tiere dazu bringen, sich gegenseitig zu verstehen und in Frieden miteinander zu leben. Wobei das Beibringen der Sprache nur eine von zahlreichen Errungenschaften war, die Kimba seinerzeits in seinem Einflußbereich einführte. Außerdem waren das zum Beispiel die Einführung einer Farm, wo die Tiere Nahrung anbauten, um für die Trockenzeit vorbereitet zu sein oder der Bau einer Schule, in der sich die Tiere gegenseitig ihr Wissen vermittelten."
 

"Tja... soweit sind wir schon. Aber das wissen wir auch selbst..." bemerkte Kimba.
 

"Ein Stück weit zurückgeworfen wurde Kimbas Werk durch seinen frühen Tod im Alter von 6 1/2 Jahren auf der Expedtion "Moonlightstone" , als er die Wissenschaftler Plus und Minus mit anderen Expeditionsteilnehmern zu dem mysteriösen Mondberg führte. "
 

Alle schauten Kimba an, der gerade einen verwunderten und Unwohlsein ausdrückenden Gesichtsausdruck hatte. Er schien aufgrund der Aussage, wann und wo er gestorben war, ein wenig verstört zu sein. Er brachte auch gerade noch ein: "Aber ich war doch noch gar nicht auf dem Mondberg." vor, um sich zu verteidigen. Wogegen, wußte er selber in dem Moment nicht.
 

"Dieser Berg verbirgt die Mondsteine in sich. Diese Steine bergen eine gewaltige Energie in sich.

War die Existenz des Mondberges nie wirklich bewiesen wurden, so wurden die Mondsteine jedoch schon wissenschaftlich untersucht - bis zu ihrem Verschwinden, als sie aus dem Forschungstrak der Universität gestohlen worden waren. Man vermutet Agenten einer anderen Nation dahinter, der Diebstahl konnte jedoch bis heute nie aufgeklärt werden.
 

Von der Mission "Moonlightstone" kehrte lediglich ein enger Freund Kimbas, Herr Higeoyaji, zurück. Er konnte Kimbas Kindern, Rune und Ruccio, lediglich Kimbas Fell übergeben, so daß er ebenfalls in der Ahnengallerie der weissen Löwen seinen Platz finden konnte. Diese geheime Gallerie, wo die Felle aller bisherigen Generationen weißer Löwen aufbewahrt werden, soll angeblich in einem verfallenen alten Tempel in der näheren Region um Kimbas Dschungel herum liegen. Der genaue Ort jedoch sollte geheim bleiben."
 

"Eine Ahnengallerie?" wunderte Kimba sich. "Das klingt ja interessant. Vielleicht meinen sie den alten Tempel am südwestlichen Hang? Auf diese Weise könnte ich herausfinden, ob dieser komische Bericht wahr ist oder gelogen. Aber was, wenn er wahr ist? Einige Dinge sind ja noch gar nicht passiert... " Kimba wandte sich gedanklich wieder dem Bericht zu.
 

"Sein Sohn Rune mußte sich erneut die Herrschaft im Dschungel gegen andere, neue Konkurrenten erkämpfen. Doch wie Kimba, konnte auch er sein Ziel erreichen. Da wesentliche Errungenschaften bereits vorhanden waren, konnte er dann sein Reich noch viel weiter aufbauen, als Kimba es getan hatte. Vor allem die medizinische Versorgung und die Einführung fester Feiertage lag ihm besonders am Herzen. Einzig was den Kontakt mit Menschen betraf, war er noch ein wenig kritischer als sein Vater. Dies ist vermutlich auf seine schlechte Erfahrung mit Menschen zurückzuführen, als er in seiner Kindheit in einem New Yorker Zirkus gefangengehalten und ausgenutzt worden war.
 

Er nahm sich erst recht spät eine Frau und sie gebar ihm drei Kinder. Zwei Söhne, von denen einer schon als Baby einer schweren Krankheit zum Opfer fiel, und eine Tochter. Und erstmals teilten sich die Kinder aus der Reihe der weissen Löwen die Aufgaben des Dschungels, als Chako und Rya ihren Vater Rune ablösten, als er schon in die Jahre gekommen war.
 

Während sich Rya mehr um den Erhalt und Verbesserungen im Leben der Tiere des Dschungels bemüht war, suchte Chako den Kontakt zu Menschen. Er war der Ansicht, daß ihre friedliche und blühende kleine Welt auf Dauer nur dann fortbestehen konnte, wenn sie sich mit den Menschen arrangieren und von ihnen als Gleichwertig anerkannt werden könnten. Erste Schritte leitete er damit ein, sich und einige andere Tiere häufiger in der Öffentlichkeit zu zeigen und Menschen in Not zu helfen, um Ängste und Vorurteile abzubauen.
 

Doch genau in dieser Phase begann der große Krieg, der mit hoher Wahrscheinlichkeit als 3. Weltkrieg in die Geschichte der Menschheit eingehen wird. Chako half den vom Krieg schwer getroffenen Menschen, versorgte Verwundete und versteckte Flüchtlinge vor mordenden Horden vagabundierender Soldaten. Jedoch verschwand er eines Tages, als er durch eine gefährliche, verminte Gegend lief, um Verwundete einer Flüchtlingskolonne zu versorgen. Man vermutet, daß er damals auf eine Mine trat.
 

Wenige Wochen später wurde sein Dschungel von Kampfflugzeugen der "Freiheitlichen Krieger Gottes" unter schweren Beschuß genommen. Auch chemo-biologische Sprengsätze und Superbomben waren dabei und verseuchten sowohl den Boden als auch die Tiere. So starben unter anderem Chakos Frau, sein Vater Rune, seine Schwester Rya und der größte Teil der Bewohner des Dschungels. Eine große dunkle Schneise im Grün des Mondberges zeugt von zwei fehlgezündeten Superbomben, die am Dschungel vorbei auf den Berg geworfen worden waren. Der Rest Tiere des Dschungels kam vermutlich in dem seit Wochen tobenden großen Ost - West - Sturm um, als.... "
 

Der Fernseher ging aus, ebenso das Licht in der Bibliothek. Alles war still.
 

"Was ist denn nun kaputt?!" rief Lukas verärgert. "Den Rest hätte ich jetzt auch gern gewußt..."
 

Daniel überlegte kurz. "Hm... da war doch bis eben noch ein Geräusch im Hintergrund. Kann es sein, daß das ein Motor für die Stromerzeugung war?"

"Ja, im Obergeschoß hatte ich einen eingeschaltet, bevor ich euch geholt habe..." meinte Juri, während er nach seiner Taschenlampe kramte. "Ich fürchte, ich hab vergessen, daß das Teil nicht ewig läuft... ," er schaltete die Taschenlampe ein und machte sich auf den Weg zum Generatorraum, "... aber wenn es hier sowas wie ein Ersatztank gibt, krieg ich das Teil wieder zum Laufen. Wartet mal kurz..."
 

Kimba schien noch immer stark beeindruckt von dem Film. Er schaute sich etwas unsicher um. "Wisst ihr eigentlich, was das zu bedeuten hat, wenn die Kassette tatsächlich echt ist?" fragte er in die Runde.

"D- d- dann haben wir gehört, wie du sterben wirst." zitterte Buckey. "Und wie wir alle sterben werden!" Er geriet schon wieder in Panik.

Daniel beruhigte wieder: "Also sterben müssen wir sowieso alle irgendwann einmal. Und wenn der Film wirklich wahr sein sollte, werden wir den Krieg schon gar nicht mehr miterleben, da das erst in ferner Zukunft geschieht. Also kein Grund zur Panik, Buckey!"
 

"Nicht ganz, Daniel... " korrigierte Kimba seinen Mentor und Lehrmeister, der dabei recht überrascht wirkte, "das wird nicht erst in ferner Zukunft geschehen. Wir sind zwar noch die, die wir waren - aber die gesamte Welt hat sich verändert. Der Krieg hat bereits stattgefunden. Die Nomaden haben mir erzählt, wie sie von einem weissen Löwen in sicheres Gebiet geführt worden waren. Auch die anderen, Juri, Mbangi, Zumo und auch alle anderen Menschen... sie alle haben diesen Krieg erlebt und uns davon erzählt. Auch der schwarze Streifen auf dem Mondberg ist bereits da."
 

Er unterbrach kurz, da er selber erstmal zu einer Schlußfolgerung kommen mußte.
 

"Irgendwie ist ein Teil der Geschichte an uns vorbeigegangen. Bis vor dieser Nacht, wo wir alle diesen mysteriösen Traum hatten, waren wir noch in unserer Welt. Und seitdem hat sich die Welt um uns verändert. Es scheinen Jahrzehnte vergangen zu sein."
 

"Vielleicht sind wir durch die Zeit gereist?" fragte Lukas in die Runde.

"Wie soll das denn gehen?" fragte Buckey kritisch.

"Keine Ahnung, aber es wäre doch eine Erklärung, oder?" Lukas schaute mit hoffendem Blick zu Daniel und Kimba, daß sie ihn Bestätigen würden.
 

"Ja... doch... ," begann Daniel, "es wäre eine Erklärung."

"Stimmt. Aber irgendwie weiß ich nicht, was das mit dem Traum zu tun hat. Und warum habe ich auch in dieser Zeit, die wir ja angeblich verpaßt haben, weitergelebt? Irgendetwas paßt da noch nicht. Außerdem will ich erstmal überprüfen, ob man dieser komischen Aufzeichnung überhaupt trauen kann..."
 

"Was hast du vor, Kimba?" wollte Buckey wissen.

"Ich werde nachsehen, ob es diese Ahnengallerie wirklich gibt. Dann wissen wir, ob die Menschen in dem Video tatsächlich die Wahrheit gesagt haben."
 

"Die haben aber auch so schon über vieles Berichtet, von dem sie eigentlich nichts wissen dürften, wie zum Beispiel die Farm oder daß wir sprechen können. Bislang sind nur einzelne Menschen hinter unsere Geheimnisse gekommen. Und denen hätte man das nie geglaubt. Zumal die meisten von ihnen versprochen haben, nichts zu verraten." meinte Daniel.
 

"Es wird uns auf jeden Fall ein weiteres Stück des Puzzels liefern. Vielleicht sehe ich ja dort mein eigenes Fell, dann wissen wir, daß das alles die Wahrheit war," ergänzte Kimba.
 

Juri kam inzwischen mit der Taschenlampe in der rechten Hand wieder in der Raum zurück. "Tut mir leid, Freunde, aber da ist leider kein Reservetank. Den letzten Rest können wir erst später schauen, wenn es wieder Strom gibt. Das dauert aber noch ein paar Wochen, da das Kraftwerk der Stadt beschädigt ist und wir nur wenige Leute hier haben, die sich damit auskennen."
 

"Schon ok, Juri. Das Wichtigste haben wir wohl erfahren. Und morgen gehe ich zu dieser Ahnengallerie. Mal sehen, ob die wirklich existiert."

"Kann ich mitkommen, Kimba?"

"Wenn deine Eltern nichts dagegenhaben, sicher. Die Dunkelpiraten sind ja vertrieben, also ist der Dschungel ungefährlich."
 

Der Subco schüttelte den Kopf und lehnte sich in seinem Kommandosessel zurück. Das lief ihm alles viel zu schnell.
 

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Nächster Teil: Kimba 07 - Der Tempel

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 6 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Der Tempel"

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Eine ganze Reihe an Wolkenfetzen hingen noch im Mondberg fest. Der kurze aber heftige Regenguss hatte den Dschungel und die Felsen des Bergabhanges in ein feines Glitzern getaucht. Die angenehme Frische wich jedoch mehr und mehr einer drückenden Schwüle, da die Sonne noch lange nicht ihren Höhepunkt erreicht hatte und einen großen Teil der Flüssigkeit wieder in der Atmosphäre verdampfen lies.

Kimba war gut gelaunt, als er mit Juri zu einem bestimmten Abhang des Mondberges unterwegs war. Das war auch kein Wunder: Die Felder der Farm waren bestellt, der benötigte Regen gefallen und er und Juri waren gerade unterwegs, um dieser neuen mysteriösen Welt ein weiteres Geheimnis zu entlocken.
 

"Wie weit ist es noch, Kimba?" erkundigte sich Juri, der schon ganz gut außer Atem war.

"Nicht mehr viel, wir sind jetzt gleich da," anwortete Kimba. "Siest du dort vorne die Felswand durch das Grün schimmern? Das ist es, da müssen wir hin. Dann brauchen wir nur noch etwa 100 Meter an der Wand entlang zu gehen und wir sind am alten Tempel. Er liegt etwas versteckt, zwischen zwei Felsvorsprüngen. Momentan können wir ihn noch gar nicht sehen."
 

"Und der Tempel geht tatsächlich über 200 Meter tief in den Felsen?"
 

"Ja. Daniel hat erzählt, daß die Eingeborenen dort früher den Göttern Opfer gebracht haben. Er sagt, wenn es um Religion geht, sind die Menschen zu außerordentlichen Dingen fähig."
 

"Ja, leider..." meinte Juri.

"Wieso leider?" wollte Kimba wissen.

"Auch der religiöse Fanatismus hat viel dazu beigetragen, daß dieser allesvernichtende Krieg über uns hereingebrochen ist. Aber das muß ich dir mal in Ruhe erzählen - ist ne lange Geschichte."
 

"Da sind wir!" rief Kimba aus. "Jetzt nur noch hier entlang und dort vorne um die Kurve herum. Dann stehen wir direkt vor dem Eingang."

Sie gingen an der etwa 50 Meter hohen Steilwand entlang und mußten über etliches Geröll verschiedenster Größenordnungen steigen. Dann kam der Linksknick und sie hatten direkten Blick auf den Eingang des Tempels.
 

Kimba schaute erwartungsvoll um die Ecke. Dann blieb er wie angewurzelt stehen. Juri kam wenige Sekunden später ebenfalls an dieser Stelle an und er sah einen riesigen Krater, der mitten in einem großen, felsigen Trümmerfeld zu liegen schien. Ein paar hundert Meter weiter begann wieder die Felswand ihrem normalen Verlauf zu folgen. Aber von einem Eingang, geschweige denn einem Tempel, war überhaupt nichts zu sehen - nicht mehr jedenfalls. Was auch immer dort eingeschlagen hatte, mußte gewaltige Zerstörungskraft gehabt haben.
 

Kimba ging nun doch noch einige Schritte weiter, bis an den Rand des Trümmerfeldes. Dort blieb er wieder stehen und schaute sich um.
 

"Das kann doch wohl nicht wahr sein. Der Tempel wurde dem Erdboden gleichgemacht. Verdammt! Wenn hier mal etwas war, dann ist jetzt davon nichts mehr übrig," ärgerte sich Kimba.

"Vielleicht finden wir ja ein paar Überreste, Kimba. Laß uns etwas suchen!" schlug Juri vor.
 

Kimba stimmte zu und sie gingen mitten durch das Trümmerfeld. Sie hielten Ausschau nach Zeichen oder Symbolen des Tempels, hofften, vielleicht einen Rest eines weissen Löwenfelles zu finden. Doch dabei wurden sie nur von einigen blühenden Blumen in die Irre geleitet und das Stück weißes Fell entpuppte sich beim Näherkommen immer als eine weisse Blüte.
 

"Tja, das war wohl nichts," meinte Kimba einige Zeit später traurig.

"Was solls. Vielleicht meinten sie ja doch einen anderen Tempel und du findest die Ahnengallerie später," versuchte Juri die ein kleines bißchen Hoffnung aufrechtzuerhalten.

"Ich glaube es eigentlich nicht. Soweit ich weiß, gibt es hier auch im weiteren Umkreis keine Tempel oder ähnliches mehr."

"Auf jeden Fall aber werde ich versuchen, noch etwas Strom herzukriegen, damit wir uns auch den Rest des Filmes ansehen können. Vielleicht hilfts ja etwas."
 

Sie machten sie wieder auf den Weg zurück. Plötzlich raschelte etwas im Gebüsch.

"Warte, Juri!" flüsterte Kimba. "Da ist irgendetwas im Gebüsch. Direkt vor uns..." Er strengte seine Augen an, doch konnte niemanden erkennen.
 

Wieder raschelte es und dieses Mal bewegten sich auch die Blätter und Äste der Pflanzen direkt vor ihnen und eine ganze Reihe der Wassertropfen, die noch in den Blättern festhingen, fielen auf den feuchten, modrigen Humusboden.
 

Und da erschien zunächst die rechte Vorderpfote unterhalb des Gebüsches, wo noch wenige Zentimeter bis zum Boden frei waren. Dann kam auch schon der Kopf, als das Wesen noch einen Schritt mehr aus dem Gebüsch heraus machte. Kimba sah eine junge, wunderschöne Löwin - die schönste, die es seiner Meinung nach auf der Welt gab - und die er gut kannte. Es war Rahja, seine Freundin seit frühen Kindheitstagen. Schon wenige Wochen, nachdem er von den Menschen in den Dschungel zurückgekehrt war, war sie ihm begegnet. Er hatte sie damals vor Klaue geschützt, der sie bedrängt hatte. Sie hatten sich gut verstanden und sie war auch recht angetan von seiner Vorstellung eines idealen Dschungels, in dem alle Tiere - auch die Fleischfresser - friedlich miteinander leben konnten.
 

Er hatte sie für die beiden Wochen, die er schon in dieser neuen, weitaus feindlicheren Welt verbracht hatte, schlichtwig vergessen gehabt. Die Farm mußte schnell aufgebaut werden, die Dunkelpiraten vertrieben, das Schicksaal der Tiere in dieser Welt geklärt werden. Auch die Schergen der Kharu-Rota hatten ihn von anderen Gedanken abgehalten. Nur einmal, als er dem Tode nahe war, hatte er kurz bemerkt, daß er sie vergessen hatte. Er hatte eigentlich vorgehabt, sie gleich als nächstes zu suchen, doch die anderen Aufgaben hatten ihn stets abgelenkt gehabt.
 

"Hoffentlich ist sie nicht böse auf mich," dachte er schuldbewußt. "Gerade nach diesen Ereignissen hätte sie mich wohl am meisten gebraucht."

Sie stand etwa 20 Meter von Juri und Kimba entfernt. Aus großen hellblauen Augen sah sie ihn und seinen menschlichen Freund an. Sie schien ebenfalls etwas überrascht zu sein, daß sie sich hier begegneten.
 

"Hallo Rahja," rief Kimba in Menschensprache, damit auch Juri verstand was los war.

"Hallo Kimba, kleiner Abenteurer!" grüßte sie freundlich und etwas neckisch zurück - und ebenfalls in Menschensprache, was Juri in erstauenen versetzte. Sie kam auf die beiden zu. Dann, in Tiersprache: "Wie ich sehe, hast du gleich wieder neue Freunde gefunden," lächelte sie ihn an. "Typisch mein kleiner Menschenfreund: Selbst in dieser Welt noch immer der gleiche..."
 

"Und ich hatte schon Angst gehabt, daß auch du verschwunden wärest, Rahja," lächelte Kimba zurück. Sie berührten sich vorsichtig mit ihren Nasenspitzen.

"Ohne dich verschwinde ich bestimmt nicht," lächelte sie zurück."Aber sag mal, was machst du hier eigentlich? Dein Dschungel liegt doch eine ganze Strecke weit weg von hier..."

"Ich wollte den alten Tempel hier besuchen. Angeblich sollte dort eine Art Ahnengallerie von meinen Vorfahren drin sein. Aber du siehst ja selbst... " Er deutete auf das Trümmerfeld.
 

"Ist sie deine Freundin?" wollte Juri wissen.

"Oh! Ich habe euch ja noch gar nicht einander vorgestellt, tut mir leid. Also: Das hier ist Rahja. Ich kenne sie schon seit fast einem Jahr und wir sind gute Freunde. Rahja, dies hier ist Juri, ein neuer Freund von mir. Er kam mit einem Flüchtlingstrek in den Dschungel und lebt inzwischen in der Stadt im Südosten."
 

"Sehr erfreut, Juri." begrüßte sie ihn.

"Ganz meinerseits." grüßte er zurück.

Dann wandte sie sich wieder an Kimba: "Es scheint recht viele Flüchtlinge zu geben in dieser neuen Welt."

Kimba spitzte die Ohren: "Ja. Du hast auch welche getroffen? Erzähl doch mal, was du so alles erlebt hast! Und wer noch alles da ist, viele Tiere sind ja verschwunden - vor allem große Herden."

"Na ob das alles auf einmal bei dir hängenbleibt... ?" neckte sie ihn.

"Hey, ich geb mir immerhin Mühe!"
 

"Nagut: Als ich eines Morgens nach einem äußerst merkwürdigen Traum aufwachte, waren alle anderen meiner Gruppe weg, auch mein Onkel. Ich war erst sehr verwirrt und hatte große Angst, da sich auch viel in der Umgebung verändert hatte. Als ich dann auf der Suche nach den anderen durch die Gegend striff, wäre ich fast einem schrecklichen, ekligen Monster zum Opfer gefallen. Es schien aus schwarzem Schleim zu bestehen und kam ganz plötzlich aus einem sehr verdreckten See hervor. Aber ich war zu schnell und konnte mich in Sicherheit bringen.

Dann suchte ich noch weitere zwei Tage und als ich niemanden gefunden hatte, gab ich die Suche auf. Ich wußte erst nicht, was ich noch tun sollte, dann kam ich auf die Idee, dich im Dschungel zu besuchen. Auf dem Weg dahin kam erstmals ich an einer unverschmutzten Quelle vorbei und trank dort. Und dabei traf ich zufällig auf Casy und Sira. Sie sind etwa in meinem Alter und hatten ihre Eltern durch das Monster verloren, dem ich zuvor begegnet war. Wir taten uns also zusammen, weil die Welt so gefährlich geworden ist. Und kurz darauf fanden wir Streuselkuchen, ein altes Warzenschwein, das ebenfalls auf der Flucht vor dem Krieg war, vor dem auch Casy und Sira geflohen waren.

Und mit den dreien lebe ich seitdem an der kleinen Quelle, der einzigen in der Gegend, aus der trinkbares Wasser sprudelt. Na, mitgekommen?"
 

"Hey, ärgere mich nicht immer so!" tat Kimba als ob er wegen der letzen Bemerkung protestieren wollte.

"Ich mag es halt, dich zu ärgern. Außerdem ist es mein Hobby geworden!" anwortete Rahja mit einem Augenzwinkern. "Aber du, weißt du was? Der alte Steuselkuchen hat erzählt, er hätte mal in einer Höhle etwas weiter östlich von hier gelebt und da wären jede Menge Statuen von Tieren, auch Löwen. Vielleicht ist das ja die Ahnengallerie, die du suchst."
 

"Das könnte sein, die im Film haben nie erzählt, in welchem Tempel genau das sein soll." dacht Kimba laut nach.

"In welchem Film?" wunderte sich Rahja.

"In dem Film, den ich mir mit Juri in der verlassenen Stadt ... ", Rahjas Augen wurden größer und zeigten eine gewisse Verwunderung, "... angesehen habe. Das war eine Reportage über mich ... ", sie schaute jetzt mehr als ungläubig, "... und meine Kinder und ..." fing Kimba an zu erklären und kam nach diesen Aussagen logischerweise nicht mehr weiter.

"Über dich und deine WAS?" rief Rahja etwas schockiert aus.

"Ähm... ich glaub, ich sollte dir mal erzählen, was ich hier so alles erlebt habe. Das ist nämlich eine längere Geschichte."

"Das glaube ich aber auch!" fand Rahja.
 

Während Kimba seine Geschichte erzählte, wie er den Traum erlebt hatte, die Entdeckungen des nächsten Morgens, die neuen Freunde, die neuen Feinde und die bisherigen Geschehnisse, wanderten sie langsam wieder ostwärts in Richtung Kimbas Dschungels. Doch sie blieben nahe der steilen Abhänge dieser Seite des Mondberges.
 

Der größte Teil der Feuchtigkeit des morgendlichen Regengusses war bereits von der hell und heiß scheinenden Sonne verdampft worden. Dafür war es umso schwüler und unerträglicher geworden. Juri standen die Schweißperlen auf der Stirn, obwohl sie alle ein gemütliches Tempo gingen.
 

"Du mußt mich auch unbedingt deinen Freunden vorstellen, Rahja. Die würde ich gerne kennenlernen. - Zumal sie vielleicht mehr über die Geschehnisse wissen könnten, die sich seit der Zeit zwischen meinem komischen Traum und dem Erwachen in dieser neuen Welt ereignet haben. Vor allem, was das Tierreich angeht." schlug Kimba Rahja vor.

"Glaubst du denn tatsächlich, daß wir durch die Zeit gereist sind?" fragte Rahja.

"Zumindest hat Daniel das als mögliche Erklärung angesehen. Die Menschen haben angeblich schon häufiger über die Möglichkeit einer Zeitreise nachgedacht. Vielleicht haben sie Experimente gemacht und uns dabei versehentlich in die Zukunft geschleudert." versuchte Kimba sich und Rahja diese Erklärung plausibel zu machen.

"Also ich weiß nicht," meinte Rahja kritisch, " wenn wir wirklich durch die Zeit gereist sind, wie konntest du dann Kinder haben und ein komplettes Leben leben? Wenn du wirklich mit den anderen in die Zukunft geschleudert worden wärest, dann wärest du doch statt in der Vergangenheit in der Zukunft, oder? Und dann hätten die Leute nie einen Bericht über euch machen können, findest du nicht?"

"Hm... das stimmt natürlich. Ich habe es auch nicht ganz verstanden, wie man durch die Zeit reisen soll. Das weiß niemand von uns. Vielleicht weiß ja einer von den Menschen etwas, die mit uns befreundet sind?" wandte sich Kimba schließlich an Juri.

" ' weiß nicht. Muß mal nachfragen. Ich selbst habe davon zumindest keine Ahnung."
 

"Hier ist es!" rief Rahja und deutete auf ein dunkles Loch in der Felswand.

Sie gingen zu der Höhle hin. Es war mehr ein Spalt als ein Loch.

"Das ist auf jeden Fall keine natürliche Höhle," meinte Juri. "Seht ihr den Rand des Eingangs? Das hat irgendjemand aufgebrochen. Und zuvor hat es jemand zugemauert: Hier, seht die Steine...!"
 

"Seltsam, warum sollte man erst einen Tempel bauen, dann zumauern und zum Schluß wieder aufbrechen?" wunderte sich Rahja.

"Das müssen nicht alles dieselben Leute gewesen sein," meinte Kimba, "Es wäre durchaus möglich, daß die einen den Tempel errichtet haben, andere - warum auch immer - zugemauert haben und Grabräuber haben ihn dann wieder aufgebrochen - oh nein!"

Plötzlich sprang Kimba schnell in die Höhle hinein.
 

"Was ist los, Kimba?" riefen Rahja und Juri entsetzt.

Als keine Antwort kam, meinte Juri: "Vielleicht hat er befürchtet, daß Grabräuber die Ahnengallerie geplündert haben könnten. Wir sollten nach ihm sehen." Und sie gingen ihm nach.
 

Kimbas Augen mußten sich erst etwas an die Dunkelheit im Inneren gewöhnen, doch dann konnte er deutlich einzelne Gänge und wenige Meter vor ihm eine Art große Halle sehen. Er ging direkt auf diese Halle zu, weil er meinte, am anderen Ende der Halle eine Statue gesehen zu haben, die äußerst interessant aussah.
 

Es wurde noch etwas dunkler als er in der großen Halle stand, doch seine Augen paßten sich der Dunkelheit immer besser an. Und dann sah er sie deutlich: Die große Statue eines ausgewachsenen Löwen. Daneben die einer Löwin. Beide Statuen waren etwa 4 Meter hoch und standen zudem noch auf einem etwa eineinhalb Meter hohen Sockel, auf dem jeweils eine kleine Tafel mit einigen Sätzen angebracht war. Beide Löwen hatten irgendwie Ähnlichkeit mit ihm und Rahja, fand Kimba.
 

Inzwischen waren auch Juri und Rahja in der Halle angekommen. Das Licht aus Juris Taschenlampe machte den Raum für Kimba und Rahja fast taghell, während Juri nur die Teile sehen konnte, die er mit der Lampe direkt ausleuchtete.
 

"Jede Menge Tierstatuen..." staunte Juri, als er sich die Reihen links und rechts an den Hallenwänden anschaute. Auch Kimba bemerkte jetzt, daß die beiden großen Löwenstatuen nicht die einzigen in dieser Halle waren - bei weitem nicht. Es standen außerdem welche von Antilopen, Giraffen, Geparden und vielen anderen da. Und einige Statuen wiesen sehr hohe Ähnlichkeit mit Kimbas Freunden auf. So meinte er, Statuen von Daniel, Pauley und Buckey gesehen zu haben.
 

"Hier steht was drauf..." machte Rahja die anderen auf die Inschriften an den Sockeln der Statuen aufmerksam.

"Das ist Menschenschrift... aber irgendwie etwas anders... ," bemerkte Kimba. Dann begann er laut vorzulesen: "Er hatte eine Vision von einer besseren Welt. Gegen alle Widerstände kämpfte er an und gewann ein kleines Stück seines Traumes, verlor dabei jedoch sein Leben. Auf daß wir ihn uns zum Vorbild nehmen und immer in unserer Erinnerung ehren, in Liebe Rune und Ruccio für ihren Vater, den großen weißen Löwen Kimba."
 

Die letzten Worte hatte Kimba nur noch monoton heruntergeprochen. Wie eine Lese-Automatik. Er war reichlich entsetzt und kaum noch zu einem klaren Gedanken fähig. Er wollte es nicht wahrhaben, daß er dort tatsächlich vor seinem eigenen Grabmal stand. Doch irgendwie spürte er, daß es die Wahrheit war. Er würde sich mit ihr auseinandersetzen müssen, egal wie wenig es ihm paßte.
 

"Der Film scheint also tatsächlich echt gewesen zu sein... ," stellte Juri fest.

Rahja ging ganz nahe zu Kimba: "Also ist es wahr, daß wir jetzt in der Zukunft leben?"
 

Kimba schaute noch einige Sekunden wie geistesabwesend auf die Aufschrift, bevor er schließlich antwortete: "Ich denke schon... wie auch immer das möglich ist. - Und wer auch immer das so gewollt hat."

Juri: "Du meinst, daß das Absicht war, daß ihr in die Zukunft gekommen seid?"

Kimba: "Ja... alle, die aus der Vergangenheit kamen, hatten diesen Traum, in dem uns irgendwer erklärte, daß sich die Welt verändern würde. Der hat schon genau gewußt, was passieren würde, als er es uns das im Traum erzählte."

Rahja: "Aber wer war das? Wer sollte uns in die Zukunft schicken? Warum sollte uns das jemand antun? Die Welt von früher war zwar nicht perfekt, aber diese hier ist so dunkel und bedrohlich. Und wir sind von vielen Freunden getrennt worden.

Kimba: "Was ich mich die ganze Zeit frage, ist, wieso du eigentlich auch mit in die Zukunft gebracht wurdest. Immerhin schien es bislang so, als ob sich das Phänomen auf meinen Dschungel beschränkt hätte. Aber du lebst doch eine ganze Ecke von uns weg."

Rahja: "Ja, das stimmt..."

Kimba: "Und wieso bist du als einzige davon betroffen? Deine Verwandten und Freunde sind ja offenbar nicht mitgekommen... irgendetwas stimmt doch bei der Sache nicht. Ich glaube, dieser Typ hat irgendetwas bestimmtes vor... ich weiß nur nicht, was."

Juri: "Wir sollten uns unbedingt diesen merkwürdigen Film zu ende anschauen. Vielleicht ist da ja noch ein Hinweis drin."
 

Kimba nickte. "Das stimmt. Willst du mitkommen, Rahja?"

"Na klar. Dann lerne ich mal die anderen neuen Freunde kennen."
 

Einige Stunden später waren sie alle durch Kimbas Dschungel gewandert und befanden sich nach weiterem längeren Fußmarsch schließlich in der ehemals verlassenen Stadt. Juri führte sie quer über Straßen und freie Felder bis zu einem großen, mehrstöckigen Gebäude, dessen einer Flügel kompellt eingefallen war, während die anderen beiden ohne jeden Kratzer dazustehen schienen. Auch das Hauptgebäude in der Mitte der drei Flügel wirkte so gut wie unbeschädigt.
 

"Das hier war früher einmal die Stadtbücherei," erklärte Juri. "Ein Teil wurde während des Kriegs offenbar von Bomben getroffen, aber die anderen sind noch voll mit Büchern und anderen Aufzeichnungen. Und im Keller gibt es den Video-Raum mit den vielen Filmen."
 

Sie gingen zuerst wieder direkt in das Hauptgebäude, um dann gleich eine Treppe abwärts zu gehen. Dort führte links der Gang ab, nahe dessen Ende in einer seiner Wände der Eingang zum Videoraum versteckt gewesen war.
 

Die Wände schimmerten grau mit etwas grün darin. Juris Taschenlampe schaffte es nur, ein diffuses Licht in den Gängen zu erzeugen. Die Wände waren aus großen Steinen und Beton oder Mörtel dazwischen. Die Decke sah aus wie aus Holz, das mit Betonfarben angestrichen wurde. Vielleicht hätte es mal weiß sein sollen, aber das lag bestimmt schon etliche Jahrzehnte zurück. Der Boden war ganz aus Beton gegossen. Am Rande zu den Wänden hin hatte sich etwas Moos und Schimmel gebildet. Bei der hohen Luftfeuchtigkeit in diesen Gängen war das auch nicht weiter verwunderlich. Schon eher, woher diese Feuchtigkeit kommen sollte. Es war zumindest keine Quelle erkennbar, von der sie hätte verursacht werden können.
 

"Warum wurde denn dieser Bibliotheksraum zugemauert?" wollte Rahja wissen.

"Wahrscheinlich, um Plünderer abzuwehren," meinte Juri.

"Und wieso nur dieser Raum? Sind die Bücher denn nichts wert?" hakte sie gleich nach.
 

Das war eine gute Frage. Die Bücher waren eigentlich noch mehr wert. Warum also hatte man nur diesen Raum zugemauert, bei den anderen jedoch nicht einmal die Türen verschlossen?
 

"Ich weiß nicht... ," gab Juri schließlich zu.
 

"Du sag mal, Juri," bemerkte Kimba, "war hier nicht irgendwo der Eingang zu unserem Video-Raum? Ich meine, das letzte mal seien wir hier irgendwo abgebogen. Das war doch gar nicht so weit..."

"Stimmt, " fand Juri, "das müßte hier eigentlich gleich sein."
 

Sie gingen noch weiter. Doch noch immer war kein Raum zu sehen. Zumindest nicht der Videoraum. Nur Besenkammern und leere Lagerräume. Schließlich machte der Gang einen rechtsknick.
 

"Das kann doch gar nicht sein... ," wunderte sich Juri, " Wir sind nie bis zu dieser Ecke gekommen. Der Raum lag auf jeden Fall davor. Sind wir vielleicht in den falschen Gang gegangen, Kimba?"

"Das kann doch nicht sein. Da war kein anderer Gang den wir hätten nehmen können," stellte Kimba fest.
 

Dann suchten sie noch eine Weile den Gang aufwärts und abwärts, aber die geheimen Räume konnten sie nicht mehr finden. Sie war wie vom Erdboden verschluckt. Schließlich platzte Juri der Kragen: "Das kann ja wohl nicht wahr sein! Ich hab diese scheiß Kammer mit meinen eigenen Händen freigelegt! Ich war drin! Kimba war drin! Unsere Freunde waren drin! Es gibt diese verdammten Räume! Es muß sie einfach geben! Und hier irgendwo hatte ich auch die Steine hingelegt! Wer zum Teufel will uns hier verarschen!?" schimpfte er laut los.
 

"Beruhige dich doch Juri! Das Meiste haben wir ja gesehen. Vielleicht gibts ja eine ganz simple Erklärung dafür."

"Wie soll ich mich beruhigen, wenn jetzt sogar ganze Räume einfach verschwinden können? Was ist hier bloß los? Was kommt als nächstes? Das die Toten wieder zum Leben erwachen?" Juri hatte sich zwar etwas beruhigt, war aber immer noch sauer darüber, daß sie die Kammer nicht mehr finden konnten.

"Hm... ,"dachte Kimba laut nach, "also genaugenommen hat das mit 'von den Toten auferstehen' bereits vor einigen Tagen stattgefunden."
 

Juris Augen waren so groß und so so erstaunt, daß es sichtlich die Verwunderung Rahjas über Kimbas Geschichten übertraf. "Wie bitte?" fragte er mit etwas unnatürlich verzogener Stimme, um seiner Verwirrung zu unterstreichen.
 

Kimba erklärte: "Als ich die Jungtiere aus den Klauen der Karu-Rota befreite, wurde ich bei meinem ersten Rettungsversuch überrascht und mußte mich verstecken. Doch in meinem Versteck fand mich einer der Hohepriester und schoß mir mit einem großen Gewehr direkt aus etwa einem Meter in den Kopf. Das habe ich gerade noch mitgekriegt."

Juri kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.

"Und dann wurde es schwarz um mich und kurz darauf wachte ich wieder auf. Es war inzwischen Nacht geworden und im Nachhinein meine ich, daß etwa zwei bis drei Stunden vergangen sein mußten. Ich war unverletzt und auch die große Lache aus Blut war verschwunden. Die Jungtiere haben mir zumindest erzählt, daß ich in einer lag, als sie abtransportiert worden waren."

Juri kam nur ein Wort in den Sinn, daß zu dieser Situation paßte: "Ultrakrass!"

Kimba machte weiter: "Und ich weiß selber bis heute nicht mal im geringsten, was damals geschehen sein könnte. Es sieht fast so aus, als sei ich einfach wieder geheilt und zum Leben erweckt worden. Aber wie oder von wem weiß ich nicht."
 

"Das hast du mir ja vorhin gar nicht erzählt!" rief Rahja vorwurfsvoll.

"Naja, ich wollte dich nicht unnötig beunruhigen. Es ist ja im Prinzip auch nichts weiter geschehen," wollte Kimba abwiegeln.

"Nichts geschehen??? Ich glaube ich höre nicht richtig! Du wirst mal eben erschossen und sagst dann, es sei ja im Prinzip nichts geschehen?" Rahja schien doch so ein kleines bißchen fassungslos zu sein.

"Ähm... tja... hehe," lachte Kimba verlegen. "Also nächstes Mal wenn ich erschossen worden bin, erzähle ich es dir gleich, ok?"

"Oooohh Kimba!" funkelte Rahja ihn an, mußte dann aber auch lachen.
 

"Und was machen wir nun, Kimba?" wollte Juri noch wissen.

"Tja... außer abwarten was noch kommt, fällt mir da auch nichts ein."
 

Rahja wandte sich an Kimba: "Ich werde dann wieder zu meinen Freunden gehen, sonst sorgen sie sich bestimmt. Aber hättest du was dagegen, wenn ich dich demnächst besuche, Kimba?"

"Da brauchst du gar nicht erst zu fragen, bei uns bist du immer willkommen. Und deine Freunde kannst du auch mitbringen. Ich würde mich freuen, sie mal kennenzulernen."
 

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Nächster Teil: Kimba 08 - Die erste Liebe

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 7 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Die erste Liebe"

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Die Sonne stand schon hoch am Himmel. Kimba, seine engsten Freunde aber auch viele andere Tiere nahmen gerade ihre Mahlzeit in Daniels neu hergerichtetem Restaurant ein. Und Daniel beriet sich gerade mit Kimba, wie es ohne die regelmäßigen Lieferungen an Fleischersatz weitergehen sollte.
 

"Kimba, wir haben heute das letzte Bißchen aufgebraucht. Und die Nahrung der Fleischfresser unter den Tieren ist bereits sehr gestreckt mit Gemüse, Früchten und Samen." begann Daniel die Lage nochmal zu skizzieren.

Cheetah fuhr dazwischen: "Gestreckt ist schon gar kein Ausdruck mehr. Den einen Fetzen hab ich gar nicht erst gefunden!"

Lukas war auch nicht begeistert: "Den hat wahrscheinlich der Wind weggeweht, so dünn wie der war..."

Daniel fuhr fort: "Du siehst, wir sind bereits absolut am Limit. Ein paar Tage werden wir sie alle schon noch vertrösten können, aber auf Dauer führt das nur zu Konflikten. Wir müssen uns etwas einfallen lassen, bevor es zu spät ist und die Tiere wieder übereinander herfallen."
 

Kimba schien sehr besorgt und nachdenklich. Dann überlegte er: "Wenn wir keinen Fleischersatz mehr haben, werden zumindest einige der Fleischfresser über die anderen herfallen. Aber wenn wir in einer anderen Zeit sind, kann uns Ronnys Freund auch gar keinen mehr schicken. Zumal der große Krieg so viel zerstört hat. Was können wir bloß tun...?"

"Was ist los, Kimba? Wir warten auf eine deiner Ideen!" drängelte Buckey.

"Auf jeden Fall müssen wir für Ersatzfleisch sorgen, sonst haben wir Probleme. Nur weiß ich beim besten Willen nicht, wo wir das herbekommen sollen." antwortete Kimba schließlich.
 

"Vielleicht können wir ja pflanzliche Nahrung bei den Menschen gegen Fleisch tauschen?" schlug Cheetah vor.

"Ach ja!?" wurde er gleich darauf von Kimba angefahren. "Und was glaubst du, wo die es hernehmen werden? Dann töten sie eben ihre Haustiere, um uns das Fleisch zu beschaffen! Das kann doch wohl nicht sein, daß woanders getötet wird, nur damit wir hier keine Probleme haben!"
 

"Na gut... warten wir eben, bis die Menschen sie für den Eigenbedarf umbringen," gab Cheetah dann noch beleidigt von sich und stopfte den Rest des gemischten Grünfutters in sich hinein.

"Nicht zu fassen!" schimpfte Kimba weiter. "Als ob das Leben der Haustiere weniger wert wäre als das unsere!"
 

"Jetzt reicht es aber, Kimba!" schrie Lukas ihn an. "Wenn du willst, daß die Haustiere ein bißchen länger leben, bezahlen wir hier das mit unserem Leben! Oder würdest du es gut finden, wenn die großen Fleischfresser Gira und Dodi auffressen? Und dann vielleicht noch mich, Wildcat und Piwi, weil wir auch noch leichte Beute sind?! Denk doch gefälligst mal nach, was die Konsequenz für uns ist, wenn du sowas von dir gibst! Oder ist unser Leben weniger wert als das der Haustiere?"
 

Kimba hatte seinen Kopf inzwischen tief zwischen die Schultern gesenkt. Anfangs hatte er Lukas noch zurechtweisen wollen, aber dann hatte er erkannt, daß er durchaus berechtigte Einwände hatte. Langsam merkte er, daß das Problem über seinen Kopf hinauswuchs und über ihm auf ihn herabzufallen drohte. Der Tag war für ihn schon mal gelaufen, und er wußte, daß die anderen auch nicht viel besser werden würden.
 

"Hallo Kimba!" schallte es plötzlich fröhlich hinter ihm und kein Augenzwinkern später traf ihn ein kräftiger Schlag auf den Rücken. Erschreckt drehte er sich um. Rahja stand direkt neben ihm und strahlte vor Freude. Kimbas Laune wurde augenblicklich um etliches besser.

"Hallo Rahja! Schön, daß du gekommen bist!"

Rahja bemerkte, daß Kimba von irgendetwas belastet wurde. Sie bemerkte sowieso immer, wenn es ihm nicht so gut ging, egal wie sehr er sich auch angestrengt hatte, es vor ihr zu verbergen.
 

Kimba erzählte ihr die ganze Misere.

"Oh je... das ist wirklich ein großes Problem," bemerkte Rahja. "Aber vielleicht kann ich dir helfen..." Kimba schaute sie mit großen Augen und zwei ebenso großen Fragezeichen darin an.
 

"In der Gegend um die Quelle, wo meine Freunde und ich leben, gibt es so ein verlassenes Lagerhaus. Wir können die Container darin nicht öffnen, aber wenn ich das richtig entziffert habe, ist dort Nahrung drin. Und wie ich die Menschen kenne, bestimmt auch eine Menge Fleisch. Deine Menschenfreunde können die bestimmt öffnen und dann habt ihr das Problem nicht mehr. Was meinst du?"
 

"Das klingt ja großartig!" Kimba schien regelrecht begeistert zu sein.

"Von mir aus kann das Fleisch auch aus den Vorräten der Menschen genommen werden, hauptsache ich kriege wieder was anständiges zum Essen," meinte Cheetah.

Buckey: "Na sowas, und plötzlich ist es egal, daß die Tiere woanders getötet wurden... ts,ts."

Lukas: "Du bist doof, Buckey. Willst du ihn etwa davon abbringen und selber krepieren?"

Buckey: "Ups... oh... ok,ok. Vergeß bitte schnell wieder was ich gesagt habe!"

Kimba: "Hm... eigentlich ist da ja durchaus etwas dran. Es ist sicherlich auch nicht optimal, aber auf jeden Fall die beste Lösung die wir haben. Außerdem sind die Tiere ja bereits getötet worden, da können wir auch nichts mehr dran ändern. - Also ich bleibe dabei, das ist eine großartige Hilfe, Rahja. Vielen Dank!"
 

Rahja kam auf Kimba zu. Sie schaute ihn ein paar Sekunden lang an und meinte dann: "Es könnte aber zu gewissen Problemen kommen. In unserer Gegend treibt sich seit neuestem auch eine Hyänengang herum. Die sind ziemlich stark und haben uns schon dazu gezwungen, ihnen unsere Nahrung zu geben und einige ihrer Arbeiten für sie zu erledigen. Ich fürchte, wenn das so weiter geht, können wir dort auf Dauer nicht mehr leben. Und der Transport der Nahrung aus dem Lager in den Dschungel dürfte auch gefährlich sein, solange ihr euch noch in der Nähe der Quelle aufhaltet."
 

"Warum hast du das denn nicht gleich gesagt, daß ihr terrorisiert werdet? Ich werde dich und deine Freunde selbstverständlich vor diesen Gangstern beschützen!" rief Kimba gleich darauf.

"Bist du dir sicher, Kimba? Die sind sehr stark und gemein." warnte Rahja ihn vor. "Ich möchte nicht, daß dir etwas passiert..." dann nach einem Moment Pause und leiser als zuvor: "... das könnte ich nicht ertragen. Ich möchte dich nie verlieren."
 

Doch Kimba ließ sich nicht davon abbringen, es machte ihn glücklich, Rahja helfen zu können, egal wobei und wie schwer es war. Und so kam es, daß Kimba und Rahja einige Stunden später an der Quelle ankamen. Die Quelle sah aus wie ein kleiner Teich, von dem aus ein Rinnsaal zwischen einigen Büschen hindurch lief und die spärliche Vegetation um die Quelle herum erst möglich machte. Die ganze Ecke lag eingebettet zwischen großen, freiliegenden Felsblöcken aus Granit und war von weiter als etwa zweihundert Metern Entfernung nicht im geringsten Auszumachen.
 

"Casy! Sira! Streuselkuchen!" rief Rahja in die Büsche, als sie schon fast bei der Quelle waren. Zuerst tat sich nichts, dann erhoben sich plötzlich zwei Spitze Ohren aus dem trocknen Gras vor einigen der Büschen und noch eine Sekunde später guckte ein verschlafener Gepardenkopf die beiden Junglöwen an. Kurz darauf machte das verschlafene Gesicht einem großen Gähnen platz und ein "Morgäähn Rahjaaaah!" gähnte ihnen entgegen.

"Oh Casy! Dein Benehmen ist ja mal wieder peinlich ohne Ende!" schimpfte eine zweite Stimme aus dem Buschdickicht neben dem müden Geparden. "Hallo Rahja. Du hast uns deinen Freund mitgebracht?" Eine junge Gepardin kam zwischen den Ästen und Zweigen hervorgekrochen.
 

"Ja, das ist Kimba, von dem ich euch erzählt habe," antwortete Rahja.

"Hey, der sieht ja wirklich süß aus. Hast einen guten Fang gemacht!" grinzte Sira sie darauf an. Rahja wurde dunkelrot.

"Süß?!" fragte Kimba irritiert. "WAS genau hast du ihnen über mich erzählt, Rahja?"

"Nur das beste, Süßer!" zwinkerte Sira ihm zu.

Casy gähnte nochmals: "Und du sagst mir etwas von gutem Benehmen, Schwesterherz,... ts, ts..."
 

"Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Und wenn mehrere Fallen, sind sie auch noch dich beisammen..." knurrte eine alte, rauhe Stimme zwischen zwei der großen Felsblöcke. Es war Streuselkuchen, der alte Haudegen, dessen Gesicht seinem Namen alle Ehre machte, wie Kimba feststellte.
 

"Und das ist unser guter alter Streuselkuchen." stellte Rahja ihn Kimba vor.

"Ich heiße 'Kampfzahn'! Wie oft soll ich euch jungem Gemüse das noch erzählen? Nur weil unsereins in die Jahre gekommen ist, wollen einem die kleinen Rabauken nicht den richtigen Rspekt zollen."

"Natürlich nicht... entschuldige bitte," lächelte Rahja freundlich und vielsagend.
 

"Er selbst sagt halt 'Kampfzahn' und wir haben ihn eben in 'Streuselkuchen' umgetauft," erklärte Casy und gähnte dabei das erste Mal nicht. "Wir gehen bei der Namensgebung eben nach dem, was man sehen kann," fügte er dann noch fies grinsend hinzu.
 

"Jetzt hat er wieder die große Klappe, " schimpfte Streuselkuchen, "aber wenn die dreckigen Hyänen wiederkommen, versteckt er sich wieder die ganze Zeit hinter mir und zittert wie Espenlaub. Harr Harr Harr!"

"Und du zitterst mit!" warf Sira dem alten Warzengesicht vor. "Und sowas will Kampfzahn heißen, phhh! Wenn du so stark bist, kämpf mal gegen mich!"

"Pah! Leere Drohungen. Beweise deinen Mut mal gegen die Hyänen, dann werde ich vielleicht darauf eingehen."
 

"Was ist denn hier los?" fragte Kimba Rahja etwas verwundert.

"Ach, das machen die immer. Darfst dir nichts weiter dabei denken. Aber im Prizip mögen sie sich und stehen zusammen, sobald es Probleme gibt - zum Beispiel mit den Hyänen."

"Apropo: Wann kann man denn mit denen rechnen? Kommen die täglich hierher?"
 

Casy horchte auf: "Wieso willst du das wissen? Du hast doch nicht etwa vor gegen die zu kämpfen?"

Kimba: "Warum nicht? Wenn die euch bedrohen wäre es doch nur gerecht, wenn die mal ordentlich Gegenwind bekommen."

Casy ging zu Kimba hin und musterte ihn kritisch. Er lief einmal ganz um ihn herum und meinte dann: "Vergiß es! Die sind einfach zu stark für dich. Um die loszuwerden, braucht es mindestens einen echten, riesigen Schlägertypen." Sira nickte zustimmend: "Vielleicht bist du ja ein Stück stärker als es aussieht und hast viel Mut. Doch reichen wird das bestimmt nicht. Find ich aber trotzdem lieb, daß du uns helfen willst. Leider wirst du nur keinen Erfolg haben."
 

Kimba staunte nicht schlecht, als er dies zu hören bekam. "Na ihr macht mir ja Mut. Man könnte fast meinen, ihr hättet euch schon aufgegeben. Na egal, ich warte hier, bis die hier auftauchen und dann wollen wir mal sehen, ob die nicht doch noch vernünftig werden."

"Aber paß bloß auf dich auf Kimba," mahnte Rahja ihn nochmals, "die sind wirklich sehr stark und gefährlich. Ich will nicht, daß du verletzt wirst."
 

Gegen Abend war es dann soweit: Eine Bande von 8 Hyänen kam um die Felsen herumgeschlichen. "Das sind sie also... ? " fragte Kimba kurz nach, obwohl er sich die Antwort schon denken konnte. Da gröhlte auch schon der Anführer der Bande über den Platz: "Hey, ihr Feiglinge! Kommt aus eurem Versteck gekrochen und bedient uns! Wir haben Hunger!"
 

Rahja, Kimba, der alte Streuselkuchen und die Geschwister kamen aus dem Dickicht hervor. "Wenn ihr freundlich fragt, dürft ihr hier ausruhen und aus der Quelle trinken. Aber bedienen will euch hier niemand," sagte Kimba. Ein böse funkelndes Augenpaar traf ihn. Der Anführer war jetzt offenbar alles andere als gut gelaunt.
 

"Du kennst hier offenbar die Spielregeln noch nicht, weiße Mietzekatze! Dann will ich sie dir mal erläutern: Wer überleben will, tut was 'Jack, der Todbeißer' sagt. Und das bin ich. Also sieh entweder zu, daß du wegkommst oder du wirst einen schrecklichen Tod erleiden!" brüllte er Kimba an.
 

"Ich will dich nicht verletzen, aber wenn du mir keine Wahl läßt, Hyäne... !" rief Kimba, "Ich werde meine Freunde beschützen."

"Buarrharrharr!" lachte Jack los, "Das ist ja ein überwältigender Schutz: Eine weiße Mietzekatze... . Stirb!" Mit diesen Worten begaben sich die anderen Hyänen und Jack selbst in Angriffspostition.
 

"Paß blos auf dich auf, Kimba!" konnte Rahja gerade noch sagen, bevor es losging. Es war ein heftiger Kampf und Kimba mußte erkennen, daß Rahja mit ihrer Warnung nicht unrecht hatte. In erster Linie kümmerte er sich um den Anführer der Hyänen, mußte aber immer mal wieder einen von den anderen abwehren, die auch nicht schwach waren.

Doch auch Jack hatte sich das Gefecht sicher anders vorgestellt, denn er mußte einige härtere Schläge einstecken. Nach etwa 5 bis 10 Minuten war der Kampf vorbei. Kimba war am Ende seiner Kräfte, genauso wie die Hyänenbande inklusive Jack.
 

"Paß blos auf, wie holen noch die anderen und dann bist du fällig! Mach dich auf etwas gefaßt!" brüllte Jack noch, bevor er und die anderen sich umdrehten und das Weite suchten.

"Unglaublich: Er hat es tatsächlich geschafft, ihnen Paroli zu bieten," staunte Streuselkuchen.
 

Da brach Kimba zusammen. "Kimba!" rief Rahja entsetzt aus, rannte zu ihm und begann sofort, ihm seine Wunden zun lecken. Kimba öffnete wieder die Augen und sagte schwach zu ihr: "Nein, ich habe es nicht geschafft. Sie sind bloß weggerannt, um Verstärkung zu holen. Und wenn sie wiederkommen, kann ich nichts mehr für euch tun... - ich hab versagt. Tut mir leid, Rahja."
 

"Du hast sie hier und jetzt besiegt. Das ist es, was zählt. Vielleicht kommen sie ja gar nicht erst wieder, weil sie Angst vor dir haben?" versuchte Rahja ihn zu trösten.

Casy schaute mitleidsvoll zu den beiden Löwen: "Ich fürchte, da hoffst du vergebens. Jack ist nicht der Typ, der einfach klein beigibt. Sie werden auf jeden Fall wiederkommen."
 

"Irgendwie muß es doch klappen. Die können euch doch nicht so einfach unterdrücken. Mir muß etwas einfallen." Kimba begann lange und intensiv nachzudenken, während Rahja ihm seine Wunden leckte.

"Das ist einfach eine total blöde Situation: Wenn ich und vielleicht einige andere halbwegs starke Tiere aus dem Dschungel hier bei euch bleiben, ist der Dschungel ungeschützt und ich kann mich dort auch um nichts kümmern. Und wenn ich in den Dschungel zurückgehe, werden euch die Hyänen wieder heimsuchen. Zumal sie nach den letzten Ereignissen bestimmt nicht gerade freundlicher geworden sein werden... ," kam Kimba schließlich zum Schlußpunkt. "Zumal du auch in die Kämpfe verwickelt werden könntest und das möchte ich nicht, Rahja."

"Und was ist mit dir? Glaubst du, mir würde es gefallen, wenn du in den kämpfen verletzt wirst - und vielleicht sogar schwer. Tu' mir das bloß nicht an und setz' hier ständig dein Leben aufs Spiel. Quellen und freie Orte gibt es auch hier noch viele. Aber dich nicht! - Du solltest dich vielleicht doch besser um den Dschungel kümmern. Dort sind mehr Tiere, die deine Hilfe brauchen. Wir jedoch sind nur wenige und können auch umziehen. Wenn die Hyänen diese Quelle haben wollen - sollen sie doch."
 

Streuselkuchen: "Stell dir das nichts zu leicht vor, Rahja. Die Bande will nicht nur die Quelle, sie wollen auch uns. Sie würden und mit Sicherheit suchen und wieder herbringen wollen."

Rahja: "Dann müssen wir uns eben weit genug von ihnen entfernen!"

Sira: "Und was ist mit deinem Liebhaber?"

Kimba protestierte: "Hey, ich bin nicht ihr Liebhaber. Wir sind sehr gute Freunde."

Casy: "Stimmt. Die sind doch auch nicht viel älter als wir... "

Streuselkuchen: "Das ist aber dennoch ein guter Einwand. Willst du soweit weggehen, Rahja, daß du deinen Freund nicht mehr zu Gesicht bekommst?"

Rahja: "Nein, natürlich nicht..."
 

Kimba hatte eine Idee. Genaugenommen hatte er sie schon vorher gehabt, aber sich nicht getraut, sie auszusprechen. Warum nicht, wußte er selber nicht.

Kimba: "Wir wäre es denn, wenn du zu uns in den Dschungel kommen würdest? Wir haben Platz und eine gute Versorgung. Außerdem sind die anderen und ich dann für euch da, falls euch die Hyänen überhaupt bei uns entdecken sollten."
 

Rahjas Augen leuchteten auf. Sie hätte sich nie getraut, das zu fragen, obwohl sie wußte, daß Kimba sie und auch ihre Freunde auf jeden Fall aufnehmen würde.

"Meinst du das wirklich?" fragte sie trotzdem und fügte gleich hinzu: "Das ist ja großartig!"

Kimba freute sich, daß Rahja so begeistert war von seinem Vorschlag. Es hätte ihn zwar gewundert, wenn sie ihn abgelehnt hätte, aber so ganz hundertprozentig sicher war er sich nicht gewesen.
 

Noch am selben Abend brachen sie auf, um einem eventuellen Überfall der Hyänen in der Nacht vorzubeugen. Es war schon tiefe Nacht, als sie endlich in Kimbas Dschungel ankamen.

Casy quängelte: "Ich hab hunger!"

Streuselkuchen: "Nun stell dich nicht so an. An einem einzigen Tag verhungert man nicht."

Sira: "Sei gefälligst mal ein bißchen toleranter, 'Pickelface', wir sind schließlich noch ein ganzes Stück jünger als du alter Stinkstifel!"

Steuselkuchen: "Waaas? Wie hast du mich genannt? Sag das noch einmal und ich lege dich über das Knie, Kind!"

Sira: "Pfff... versuche es doch! Aber paß auf, daß das laute Klappern deiner Knochen nicht die anderen Tiere im Dschungel aufweckt!"
 

Kimba (genervt): "Ach Leute! Wir sind alle Müde, erschöpft und hungrig. Laßt doch das Gestreite bleiben. Ich schlage vor, wir gehen zu unserem Dschungelrestaurant, schlagen uns dort den Bauch voll und suchen uns unsere Quartiere für heute Nacht. Einverstanden?"

Da wirklich alle ziemlich erschöpft waren, wollte sich keiner den Stress machen, Widerstand zu leisten und schlossen sich Kimbas Vorschlag an.
 

Im Dschungelrestaurant brannte erstaunlicherweise noch ein kleines Feuerchen und erhellte den Platz ein wenig. Kimba konnte den Umriß von Daniel wahrnehmen, der mit ein wenig Abstand vor dem Feuer saß und offenbar auf jemanden wartete. Wahrscheinlich auf ihn, dämmerte es Kimba. Er hatte ja nicht gesagt gehabt, daß er eventuell auch über Nacht wegbleiben könnte.
 

"Guten Abend Daniel," begrüßte er seinen Mentor, als sie die Hauptfläche des Restaurantes betraten, wo Daniel noch immer regungslos vor dem Feuerchen saß. Er bekam keine Antwort.

"Nanu?" wunderte Kimba sich, "Was ist denn mit ihm los?"

Er ging näher zu ihm heran. "Daniel... ? Bist du sauer auf mich, weil ich nicht gesagt habe, daß ich später kommen könnte?" Kimba stand jetzt nur etwa einen Meter hinter Daniel, der sich immer noch nicht rührte. Auch gab er noch immer keine Antwort von sich.

Kimba sties ihn vorsichtig mit seiner Vorderpfote an. "Daniel... ist alles in Ordnung mit dir?" Dann legte er seine Pfote auf Daniels Schulter und zog ihn ganz vorsichtig etwas nach hinten. Daniel kippte sofort nach hinten um und lag auf dem Rücken. Er hatte die Augen geschlossen und begann nur wenige Sekunden danach recht laut zu schnarchen.
 

"Achso... ," lachte Kimba, "er wollte wohl auf mich warten und ist dabei eingeschlafen. Der gute muß ja ganz schön erschöpft sein."

Rahja trat neben Kimba: "Kein Wunder... nachdem, was in letzter Zeit so alles geschehen ist."

"Tja... früher oder später muß man eben dem hohen Alter Tribut zollen... ," sagte Sira zu Kimba und Rahja, aber laut genug, daß auch Streuselkuchen es mitbekommen mußte. Der schimpfte auch gleich los: "Ihr unverschämtes junges Pack! Könnt ihr nicht einmal Nachts die anderen Leute in Ruhe lassen? Der arme Affe kann doch nichts für sein Alter!"
 

Die anderen grinsten sich an. So hatte es Sira sicher nicht gemeint.
 

Daniel war inzwischen durch den vielen Lärm um ihn herum allmählich wachgeworden. "Kimba!" rief er aus, sobald seine müden Augen den jungen weißen Löwen erkennen konnten. "Gott sei dank bist du wohlversehrt zurück! Ich hab mir schon solche Sorgen gemacht. - Oh, wie ich sehe, hast du uns Besuch mitgebracht..."
 

"Darf ich vorstellen, dies hier ist Daniel, ein guter, weiser Freund von mir, der mir schon oft in schweren Zeiten beigestanden hat. Daniel, dies hier sind Sira, ihr Bruder Casy und dort drüben der alte Haudegen Streuselkuchen. " stellte Kimba kurz vor.

"Ich heiße Kampfzahn!" schimpfte Streuselkuchen erbost.
 

"Entschuldige bitte... Kampfzahn natürlich," korrigierte Kimba sich sofort. Er hatte sich schon zu sehr an den Namen Streuselkuchen gewöhnt.
 

Nachdem sie eine Kleinigkeit gegessen hatten, zeigten Daniel und Kimba ihren Gästen ihre Unterkünfte. Streuselkuchen fand eine der mit etwas Stroh ausgepolsterten Erdhöhlen nahe der Farm passend und Sira und Casy teilten sich eine halb überdachte, sehr breite Astgabel auf einem der großen Bäume im Dschungel.
 

Kimba führte Rahja zu einem riesigen Baum, dessen Wurzelgeflecht eine relativ große Baumhöhle auf Bodenhöhe formte.

"Das wäre dann dein Quartier, Rahja: Windgeschützt, trocken, geräumig und zentral im Dschungel gelegen. Morgen müßte ich das nur noch mit etwas Stroh und Gras auslegen, dann wird diese Bude äußerst bequem."

Rahja schaute kurz auf die wohl beste Wohnung des Dschungels und dachte einige Sekunden lang nach. Kimba war verwundert, daß Rahja nicht sofort dankend annahm und fragte sich, ob sie ihr wohl nicht gefiele. "Aber was könnte sie bloß daran auszusetzen haben?" überlegte er. Doch da hatte Rahja bereits ihre Entscheidung getroffen.
 

"Du, Kimba... nimm es mir bitte nicht übel aber... die Wohnung hier... ist zwar wirklich schön... aber so von Wänden umgeben... da fühle ich mich nicht so wohl, verstehst du? Ich brauche einfach den Wind, der mir um die Nase streicht."

Rahja unterbrach kurz und sah einen Kimba, der einen etwas verwirrten Eindruck machte.

"Wäre denn nicht noch bei dir einer dieser Dornenbüsche frei? Zum Beispiel der große Busch direkt neben deinem. Du warst doch früher selbst am Überlegen, welchen von beiden du als Wohnung nehmen willst."
 

"Ja klar... der ist frei," gab Kimba etwas monoton von sich. Er war noch immer etwas verwirrt und konnte sich nicht erklären, wieso Rahja die sicherlich beste Wohnung des Dschungels nicht annahm. Sie hatten sie doch extra für besonderen Besuch freigehalten.
 

Am nächsten Morgen trafen sie sich in Daniels Restaurant mit den anderen.

"Hallo und guten morgen allerseits!" begrüßte Kimba Rahjas Freunde und die übrigen Tiere, die gerade im Restaurant saßen. "Habt ihr euch schon den anderen vorgestellt?"

Casy, Sira und Streuselkuchen schüttelten den Kopf. "Wir sind auch gerade erst aufgestanden," meinte Sira kauend.
 

"Guten Morgen Kimba!" Lukas marschierte gerade mit Piwi ins Restaurant. "Hast du uns Gäste mitgebracht?" fragte Piwi und deutete auf Rahjas Freunde. Kimba nickte und stellte alle einander vor. Streuselkuchen überhörte anfangs zwar, dass er erneut nicht Kampfzahn von Kimba genannt wurde, doch Lukas 'der sieht ja wirklich wie ein Streuselkuchen aus' und Piwis 'oooohhhh.... wie eine Mondlandschaft' konnte er dann doch nicht überhören.
 

"Kein bißchen Respekt diese Rabauken! Kimba, erziehe die mal gefälligst! Oder wer ist hier für die Erziehung zuständig?" schimpfte er los.
 

"Piwi! Lukas! Schämt euch! Soetwas sagt man nicht! Auch nicht, wenn er hundertmal ein Gesicht wie ein Schlagloch ha... ups..."

Eingeschnappt und stinkesauer futterte Streuselkuchen das restliche Essen in sich hinein, ohne ein weiteres Wort mit den Anwesenden zu wechseln.
 

"Ärgert den alten Mann nicht, seht lieber zu daß ihr in die Schule kommt!" meinte Daniel zu Piwi, Lukas und Kimba. "Ihr seid schon spät dran heute..."

Piwi und Lukas: "Ach menno... schon wieder."

"Ohja, stimmt. Wenn ihr wollt, Casy, Sira, dann könnt ihr gerne mitkommen." schlug Kimba den beiden vor.

"Och ne, später vielleicht mal. Wir wollen uns erst noch erholen und in Ruhe frühstücken," meinte Casy.

"In der Schule kann man viele interessante Dinge lernen. - Aber ruht euch ruhig heute noch aus." stimmt Daniel zu.

Piwi wandte sich verwundert zu Kimba: "Warum müssen die nicht auch zur Schule? Ich würde mich auch gerne noch etwas ausruhen, aber ich muß ja hin."

Kimba: "Ach laß sie... sie müssen sich erstmal hier einleben."

Lukas: "Aber nicht, dass das zur Gewohnheit wird. Wenn ich gehen muß, sollen alle anderen auch!"

Sira meinte: "Das glaubst du... " und futterte dann weiter.
 

Lukas (erbost): "Was willst du denn damit andeuten?"

Daniel: "Los jetzt! Ab zur Schule! Oder wollt ihr schwänzen? Kimba, sag doch auch was!"

Kimba: "Los kommt, wir machen ein Wettrennen!"

Piwi: "Ohja!"

Lukas (zu Kimba) : "Hmpf... na gut. Aber passen tun die mir nicht..."
 

Währenddessen an der Quelle beim verlassenen Lagerhaus...

"Wo sind die bloß hin? Verdammt!" regte sich Jack auf.

"Vielleicht hat der weiße Löwe sie mitgenommen, Boss?"

"grrr... Egal wo sie sich verstecken - wir werden sie finden. Und dann wird der weiße Bastard dafür bezahlen, daß er sich mir in den Weg gestellt hat. - Und die anderen werden sich wünschen, daß sie nie geboren wurden, wenn ich mit ihnen fertig bin. LOS! Schwärmt aus! Sucht sie mir!"

Jacks dunkle Augen funkelten vor Zorn.
 

Es war inzwischen Mittag geworden und die Schule war vorbei. Rahja hatte Kimba abgeholt und sie gingen gemeinsam nach Hause.

"Du sag mal, Kimba, wie haben sich meine Freunde denn bisher hier eingelebt?"

"Naja, viel kann ich dazu noch nicht sagen - sie sind halt gerade erst angekommen. Aber ich denke, es wird schon."

Kimba legte eine kurze Pause ein. Es hatte ihn schon gestern gewundert gehabt, daß Rahja statt eines super bequemen Quartieres einfach das Gestrüpp neben dem seinen gewählt hatte. Nun wollte er es wissen, also nahm er all seinen Mut zusammen und fragte sie:

"Ähm... du... Rahja... " er schaute sie etwas unsicher an. Vielleicht war ihr die Frage ja unangenehm. Was ging es ihn auch an, weshalb sie lieber im freien schlafen wollte?

"Ja?" fragte Rahja zurück, da Kimba schon ein paar Sekunden mit dem Reden aufgehört hatte.

"... weißt du... also ... ich wollte mal wissen, wieso du eigentlich lieber im freien schläfst? Und dann gerade in einem der Dornenbüsche?"

Rahja blickte tief in Kimbas fragende Augen. Was sollte sie ihm nur sagen? Irgendetwas erfinden? Oder die Wahrheit? Aber was war die Wahrheit? Sie wußte es selber nicht so genau - aber sie hatte eine Ahnung. Sie dachte nämlich an das Gefühl, dass sie hatte, als sie sich einmal vorstellte, in dieser großen Wohnung mitten im Dschungel zu wohnen und dann wieder, wie sie sich vorstellte, in dem Busch neben Kimbas Zuhause zu wohnen.
 

Dort mitten Dschungel war es sicher bequemer, aber irgendwie auch einsamer - obwohl dort eigentlich die meisten Tiere lebten und sie auch ihren Freunden näher war. Doch bei Kimba, am Rand des Dschungels, wo eigentlich kaum jemand schlief, da hatte sie das Gefühl von Geborgenheit empfunden. Doch wie sollte sie es ihm sagen? Ob er verstehen würde, was sie meinte? Sie war sich da nicht so sicher, schließlich war sie sich selber nicht hundertprozentig darüber im Klaren gewesen.
 

"Rahja?" fragte Kimba, denn nun hatte Rahja schon einige Sekunden lang nichts gesagt. Da sie sich so gezwungen fühlte, schnell etwas zu antworten, sprach sie fast automatisch, was sie gerade dachte: "Weil ich so näher bei dir bin."

Kaum hatte sie das gesagt, schien sie fast über ihre Worte zu erschrecken. Doch sie waren gesagt, es war auch die Wahrheit und ließ sich nicht rückgängig machen. Als sie sich auch dessen bewußt wurde, war sie doch froh, es gesagt zu haben.

Kimba war erstaunt. Sicher - sie waren schon immer gute Freunde gewesen... doch nun - schien es, als wäre er für Rahja mehr, als nur der beste Freund. Er sah Rahja an. "Die hübsche kleine Rahja... sie mag mich wirklich so sehr." gingen seine Gedanken. Rahja lächelte ihn etwas vorsichtig an. "Wobei... so klein ist sie nicht mehr... aber ihr Lächeln ist nach wie vor so schön, daß ich mitlächeln muß..."

"Was ist, habe ich dich damit verärgert? Du sagst ja gar nichts..." Rahja war unsicher geworden.

"Aber nein. Ganz im Gegenteil: Das freut mich sehr und... ähm... ," noch während Kimba sprach wurde er rot, "... und ich bin auch froh, daß du nun immer in meiner Nähe bist."

Rahja lächelte überglücklich zurück.

"Sieh doch, wie die Felder der Farm in der Sonne leuchten! So schön grün... wie früher," sagte Kimba und schaute gen Osten zu den Feldern, wo das erste Grün seit einigen Tagen gesprossen war.

"Ja... wie früher," seufzte Rahja, setzte sich dicht neben Kimba und schaute mit ihm auf die Felder. "Du wirst es bestimmt schaffen, aus dieser Welt wieder ein kleines Paradis zu erschaffen, das vor Leben und Freude nur so überquillt."

"Wir werden es schaffen, Rahja, wir gemeinsam..."
 

Er schaute ihr tief in die Augen und sie erwiderte den Blick.

"Ja, Kimba, ich werde dir helfen..." sprach Rahja leise und war mit ihrem Gesicht ganz nahe bei Kimbas.

"Danke Rahja... du bist lieb..." freute sich Kimba und spürte eine tiefe Zuneigung für Rahja. So intensiv hatte er es zuvor noch nie empfunden gehabt. Er wollte ihr noch etwas sagen, doch da berührten sich bereits ihre Nasenspitzen und sie begannen einen langen, sanften Kuss.
 

Der Subco speicherte diesen Augenblick ab und legte die Datei in das Imperiale Archiv. Auch er spürte ein großes Glücksgefühl: Endlich hatten sie sich gefunden, so wie es sein sollte. Selbst in dieser eigentlich noch immer recht feindseligen und dunklen Welt konnte Kimba sein Glück finden und seinen Weg weitergehen.

Der Subco wollte sich dann eigentlich zurücklehnen und den Augenblick geniessen, als plötzlich über den Sicherheitskanal eine Meldung des Zentralcomputers eintraf. Noch als er diese Meldung hörte, verschwand seine Freude vollends und fast wäre er vom Stuhl gerutscht. Er wußte, er müsse reagieren, doch er befürchtete, daß es bereits zu spät war.

"Alle verfügbaren Einheiten sofort zum System Sonne! Höchste Alarmbereitschaft!" befahl er dem Zentralcomputer, der seinen Befehl augenblicklich an alle Teile des Imperiums versandte.
 

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Nächster Teil: Kimba 08 - Die erste Liebe

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 8 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Das fremde Wesen"

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Die Unruhe des Subcos spiegelte sich in seinen Spielereien wieder, die er mit seinen Fingern auf der Kommandokonsole austrug. Dabei war er hochkonzentriert, sowohl weil er fiebernd über die Lösung des Problemes nachdachte, welches ihn so nervös machte, als auch, weil sich durch ein oder zwei falsche Befehle auf der Konsole großer Schaden anrichten lies. Er mußte also höllisch aufpassen, daß seine Finger immer zwischen den Tasten aufschlugen, die unter einer Schutzfolie auf einer Höhe mit dem restlichen Board angeordnet waren.
 

"Das kann doch nicht sein," dachte sich der Subco verärgert, "Jetzt weiß ich schon fast zwei Tage lang, daß das Viech hierher unterwegs ist, aber ich habe jetzt gerade nicht die Mittel, um es mit Sicherheit rechtzeitig abfangen zu können. Mist verdammter! Hoffentlich ist die Operation 'Hyphen-Delete' bald erfolgreich beendet, dann habe ich wieder meine volle Flottenstärke zur Verfügung."
 

Die Sonne stand schon fast senkrecht über dem uns wohlbekannten Dschungel. Es war angenehm warm und man könnte meinen, daß an so einem Tag selbst die Schule Spaß machen könnte. Was bei Regen durchaus Nachteile mit sich brachte, hatte bei dem meist schönen und warmen Wetter in diesem Teil Afrikas durchaus seinen Sinn: Die Dschungelschule war als Freiluftschule gebaut worden. - Zumal sich keines der Tiere mit Architektur und Statik gut genug auskannte, um ein richtiges, großes Schulgebäude bauen zu können. Mit Mühe, Not und Ronnys Hilfe hatte es vor etlichen Monaten mal gerade so für den Bau einer ganz einfachen, primitiven Scheune gereicht. Und ebenso viel Mühe hatte es gekostet, sie in dieser Welt erneut aufzubauen. So hat das "Farmhaus", wie es von den Tieren genannt wird, beispielsweise zwar einen halbwegs großen Eingang, aber keinerlei Fenster, Zimmer oder gar Etagen.
 

Doch so richtig Spaß machte die Schule zumindest den Jungtieren dann doch nicht. Der Grund war nicht nur in Daniels etwas trockenem und komplizierten Gras- und Kräuterkunde - Unterricht zu suchen, sondern vor allem in der Ungerechtigkeit, die vor allem Lukas zu erkennen meinte...
 

"Nicht zu fassen: Ich sitze hier und muß lernen und die können spielen oder einfach nur faul herumhängen und sich sattfressen!" maulte Lukas vor sich hin und hoffte, Kimba würde endlich zumindest Sira und Casy dazu zwingen, ebenfalls am Unterricht teilzunehmen.

"Lukas, das hatten wir doch schon! Laß sie sich doch erstmal eine Weile hier zurechtfinden und sich einleben!" wies Kimba ihn gleich zurück.

"Trotzdem. Ich finde es einfach ungerecht! Die haben ja noch nichtmal beim Aufbau der Farm mitgeholfen. Die machen sich hier nur breit und lassen es sich gutgehen."

"Soll das heißen, wir sollen Casy und Sira hungern lassen? Und am besten Streusel und Rahja auch, weil sie ja auch nicht mitgeholfen haben?"

"Das ist doch kein Vergleich: Rahja lernt hier mit uns und Streusel ist erwachsen. Erwachsene müssen ja nicht in die Schule!"
 

Piwi: "Und das finde ich wieder ungerecht! Warum müssen die Erwachsenen nicht zur Schule?"

Gira: "Weil die doch auf den Feldern arbeiten. Wann sollen sie denn kommen?"

Piwi: "Na jetzt zum Beispiel. Ich kann da hinten niemanden auf den Feldern sehen. Die hängen jetzt alle bloß im Dschungel herum."

Gira: "Naja gut... da hast du irgendwie recht."
 

Daniel: "Ist hier jetzt endlich bald mal Ruhe! Ich versuche euch hier gerade Lebenswichte Dinge beizubringen!"

Alle: "Tschuldigung Herr Lehrer!"

Daniel: "Gut, dann kann ich jetzt hoffentlich ungestört weiterachen. Ihr müßt genau wissen, welche Kräuter giftig sind, welche Essbar sind und welche sogar Heilkräfte haben. Da wir im Dschungel leben, müssen wir uns eben mit dem Begnügen, was er uns bietet. Wir haben halt keine Apotheke und kein Krankenhaus."
 

Daniel stoppte kurz und spitze die Ohren.

"War da nicht gerade irgendein komisches Geräusch?" fragte er halb sich selbst und halb in die Runde. Auch die anderen spitzen jetzt die Ohren und lauschten.

Und tatsächlich, ganz entfernt war ein komisches Rauschen zu vernehmen. Eines, wie sie es nie zuvor vernommen hatten. Doch wo kam es her?
 

Es schien von etwas links hinter ihnen zu kommen, doch dort konnten sie nichts als den Dschungel erkennen. Aber aus den Augenwinkeln bemerkten sie ein Stück von der Sonne weg eine weitere Lichtquelle am Himmel. Sie schauten nach oben und sahen einen gigantischen Feuerball auf sie zurasen. Sie alle waren wie erstarrt vor Schrecken, da gab es diesmal keine Ausnahmen. Das Rauschen hatte sich inzwischen in ein ohrenbetäubendes Brüllen verwandelt.

Doch der Feuerball schien doch nicht ganz genau auf sie zuzukommen, er schien eher ein wenig über sie hinweg zu jagen. Und tatsächlich, je näher der Feuerball kam, umso flacher schien seine Flugbahn zu werden. Schließlich schien er nach wenigen Sekunden nur wenige hundert Meter über ihre Köpfe hinwegzufliegen. Erst in diesem Moment konnten die Tiere erkennen, daß dieser Feuerball noch einige Kilometer von ihnen entfernt war und eigentlich eine ziemlich flache Flugbahn hatte.

Nach einigen weiteren Sekunden schlug dieser Feuerball schließlich an der Grenze von Sand und Steinwüste in ein kleines Tal ein. Die ganze Gegend erhellte sich kurz wie durch einen riesigen Blitz, der fast den gesamten Horizont einnahm. Bis auf das leiser werdene Brüllen war es still geworden. Dann verschwand das Licht recht schnell und alles schien wie zuvor zu sein - außer, daß nun ein schwefeliger, beißender Gestank in der Luft lag.
 

Piwi war noch immer total verängstigt: "W-w- was ... w-w-war das?" Dann pausierte er für eine knappe Sekunde und viel dann Kimba um den Hals: "ICH HAB AAAAANNNGST!" jammerte er weinerlich in sein Ohr.

"Schon gut, Piwi. Ich bin bei dir. Du brauchst keine Angst mehr zu haben, es ist vorbei und wir leben alle noch." tröste Kimba ihn sanft.
 

Aber auch ihm selbst und allen anderen Tieren war noch immer ziemlich mulmig zumute. Bis vor wenigen Sekunden hatte er fest damit gerechnet, daß für ihn und seine Freunde das Ende gekommen war. Als sie sich nach einigen Momenten wieder halbwegs gefaßt hatten, rief Kimba kurz Daniel zu, daß er an der Einschlagsstelle nach dem Rechten sehen wolle und Daniel dafür sorgen sollte, daß ihm keiner nachkam.
 

Als Kimba über den Hügel vor dem Tal hinwegsah, war er recht erstaunt. Er hatte eigentlich fest mit einem mittleren bis großen Krater gerechnet, statt dessen war nur ein wenig Rauch in der Mitte des Tales zu sehen. Allerdings waren die Büsche und die wenigen Bäume etwas angekokelt und etwa 100 Meter rund um die rauchende Stelle herum völlig verbrannt.

Vorsichtig schlich Kimba zu dieser Stelle hin. Genau dort mußte es heruntergekommen sein, dachte er sich. Der schweflige Gestank war noch immer sehr intensiv, doch er ließ mehr und mehr nach. Irgendein Objekt hatte Kimba dort zwischen den Überresten einiger Büsche und Bäume ausgemacht. Er schob sich noch geduckt an einigen hohen Grasbüschlen vorbei und dann konnte er es sehen:

Das Objekt war etwa 4 Meter hoch und 10 Meter lang. Die Breite konnte er nicht genau sehen, schätzte sie aber auf etwa 6 Meter. Es sah aus, als wenn es aus grünem Metall oder mattem Plastik bestehen würde. Ein meist sehr dunkles Grün mit einigen Brauntönen darin. Bei etwa 4 Meter der Länge, von beiden Enden an gerechnet, war eine Öffnung in Form einer sehr breiten Tür in der Außenhülle.
 

"Das ist wohl so ein Flugzeug ohne Flügel... ich glaube Raumschiff nennen es die Menschen," überlegte Kimba, während er das Objekt vorsichtig musterte. Langsam schlich er näher an die Öffnung heran. Viel konnte er jedoch nicht vom Inneren erkennen, denn nach nur 1 1/2 Meter kam bereits eine Wand, auf die er draufschaute. Und die Gänge waren extrem dunkel gehalten.

Als er seinen Kopf in die Öffnung halten wollte, um den Gängen zu folgen, kam er jedoch nur bis auf Höhe der Außenhülle. Es war als stiesse er gegen eine unsichtbare Tür, wobei er jedoch einen leichten elektrichen Schlag bekam und sich für den Bruchteil einer Sekunde eine Wand aus gelblichen und bläulichen Teilchen vor ihm aufbaute.
 

"Nanu? Was ist das denn?" wunderte er sich und stellte aber auch gleich fest: "Hinein komme ich so jedenfalls nicht. Also muß ich mich mal umschauen, wo ich sonst noch hineinkommen könnte."

Als er einen Schritt zurück machte, trat er mit seinem linken Hinterbein in ein Loch. Er schaute sich um und sah eine ganze Reihe an komischen Löchern, die sich wie eine große Klaue aneinanderreihten. Dann sah er ein Stück daneben eine weitere solche Anordnung. Und dann noch eine und noch eine, bis ins die hohen Gräser hinein.

"Fußspuren!" schoß es ihm durch den Kopf. "Aber wie kann das sein? Sie laufen in die Richtung aus der ich kam. - Aber ich habe niemanden gesehen. Das erzähle ich besser mal den anderen..."
 

Wenig später saßen die Tiere des Dschungels, aber auch Mbangi und Juri, beisammen und hörten sich an, was Kimba zu berichten hatte.

Vor allem Juri schien sehr beunruhigt: "Du, paß bloß auf. Dieses Wesen könnte sehr gefährlich sein."

Mbangi jedoch war anderer Meinung: "Das ist überhaupt nicht bewiesen. Du hast zu viele schlechte Science-Fiction Bücher gelesen."

"Und warum hat es sich dann offenbar vor Kimba versteckt? Das machen doch nur Jäger, damit sie ihre Beute besser jagen können." hielt Juri dagegen.

"Vielleicht hat es aber auch bloß Angst gehabt. So wie uns die Landung beschrieben wurde, kann es durchaus sein, daß es nicht freiwillig hier gelandet ist. Das hörte sich nämlich eher nach einer Notlandung oder einem Abschuß an."

"Und warum ist das Schiff dann nicht schwer beschädigt?"
 

Kimba beendete die Diskussion: "Ist ja auch alles egal. Wir wissen nicht, was es ist, wieso es hier ist und erst recht nicht, ob es nun für uns eine Bedrohung darstellt. Aber wir müssem vorsichtig sein. Wenn erstmal was schlimmes passiert ist, können wir es nicht rückgängig machen. Und wenn es doch ungefährlich ist, wird uns die zusätz.iche Vorsicht auch nicht schaden."

Alle stimmten zu.

"Gut, ich schlage also vor, daß ab sofort niemand mehr alleine im Dschungel oder in der Näheren Umgebung unterwegs sein sollte. Geht also immer mindestens zu zweit! Außerdem solltet ihr jetzt besonders Wachsam sein und auf alles Ungewöhnliche achten. Aber wenn ihr zufällig dem Fremden Wesen begegnet, flieht nicht panisch vor ihm aber greift es auch nicht an. Zieht euch ruhig zurück und sagt mir bescheid, wo ihr es gesehen habt! Alle einverstanden?"

Wieder kam ein allgemeines Nicken und Zustimmen.
 

Kimba schlief diese Nacht besonders unruhig. Und einmal meinte er kurz, soetwas wie einen Schrei gehört zu haben. Doch als er zu Rahjas Behausung hinüberschaute, sah er sie bloß friedlich schlafen. "Ich muß mich wohl getäuscht haben, wenn sie nichts gehört hat. So ganz sicher bin ich mir auch nicht, ob da wirklich etwas war... wahrscheinlich mache ich mir einfach mal wieder zu viele Gedanken... " dachte er sich und seufzte leise. Dann schaute er nochmals kurz zu Rahjas Busch hinüber. Durch die Blätter und Äste konnte er ihre zarten Konturen wahrnehmen, wie sie sich fast unmerklich durch die Atmung auf und ab bewegten. "Ich kann sie kaum sehen, aber trotzdem finde ich sie sehr schön... komisch... ," bemerte er. Dann legte sich wieder schlafen.
 

Am nächsten Morgen schien zunächst alles normal zu verlaufen. Kimba und Rahja waren zum Frühstück zu Daniels Restaurant gegangen und hatten dort auch die anderen Tiere getroffen.

"So, dann wollen wir mal zur Schule gehen," forderte Kimba die anderen Jungtiere auf.

"Wir ist gut... das klingt so allumfassend und ohne jede Ausnahme..." stichelte Wildcat etwas mit Seitenblick auf Casy und Sira. "Naja, Kimba meinte halt nur die Fleißigen von uns... also die, die auch wirklich zum Dschungel gehören," stichelte Lukas gleich weiter.

"Wenn du Ärger willst, Kleiner, dann komm nur her!" fuhr Sira ihn an.

"Ach Siraaaaahhhh... ," gähnte Casy, " das ist doch Energieverschwendung. Die halbe Portion würdest du doch eh nicht bekämpfen können, dazu gehören ja immer zwei. - Und mit was sollte der sich denn schon wehren. Laß dem kleinen doch seinen Spaß. Er kanns halt nicht besser..."

Lukas lief schon rot an.

"So, herkommen soll ich?" Mit einem Sprung war er direkt vor Sira. "Da bin ich!"

Siras Augen funkelten. "Gut. Dann wollen wir mal... !" fauchte sie.
 

"Sira! Lukas! Ihr beide hört sofort auf zu streiten!" schrie Kimba sie an.

"Genau! Es ist eine Schande, wie ihr euch gegenseitig bekriegt! Ihr könntet gute Freunde sein, aber statt dessen denkt jeder nur sich - ohne jede Rücksicht auf den anderen!" unterstützte Rahja Kimba.
 

Eine handfeste Auseinandersetzung lag geradezu in der Luft. Doch kurz bevor es richtig krachen konnte, kam Cheetah angerannt: "Kimba! Kimbaaaa!"

"Was ist denn los?"

"Es ist schrecklich: Dieses komische Wesen hat zwei der Dorfbewohner umgebracht!"

Alle waren erschreckt.

"Woher weißt du das?" wollte Kimba wissen.

"Von Mbangi. Er hat es mir eben erzählt."

"Nein - ich meinte, woher du weißt, das es dieses Wesen war," verbesserte sich Kimba.

"Sie meinten. es muß dieses Wesen gewesen sein, denn kein Mensch und kein Tier könnte solche Verletzungen verursachen. Sie sagten, es sähe so aus, als ob man den beiden Männern eine Klinge aus blankem Feuer in die Brust gerammt hätte. Und auf dem Boden waren genau diese komischen Fußspuren, die du uns gestern beschrieben hast."
 

"Ich sehe mir das Ganze mal an. Ihr bleibt weiterhin wachsam und wandert nicht allzuweit außerhalb des Dschungels herum. - Das gilt vor allem für dich Lukas!"

"Wieso denn? Ich tue doch immer, was du sagst... ," tat der kleine Gepard unschuldig.

"Wers glaubt wird selig... . Komm, Cheetah, führ mich hin!"
 

Eine knappe Stunde später war Kimba bei einem kleinen Graben, etwa 2 Kilometer vom Dorf entfernt und schnüffelte nach einer möglichen Fährte. Doch so sehr er sich auch anstrengte, das einzige, worauf er sich verlassen konnte, waren die Fußspuren des fremden Wesens, die sich an der Stelle abzeichneten.

"Das verstehe ich einfach nicht: Auch wenn der Geruch der Menschen hier sehr stark ist, müßte ich doch zumindest ab und zu einen kleinen Hauch von dem Geruch des fremden Wesens aufnehmen können. Aber da ist nichts - rein gar nichts. Als ob hier nur eine Maschine entlanggegangen wäre. Aber es ist definitiv ein Lebewesen." wunderte Kimba sich.
 

"Woher willst du das Wissen?" fragte Cheetah. "Mbangi hat davon berichtet, daß die Menschen in ihren Science-Fiction Geschichten auch von außerirdischen Robotern erzählen. Vielleicht ist das ja so einer..."

"Aber Cheetah! Das waren ausgedachte Geschichten, deswegen heißen sie ja Science-Fiction. Alles, was dort drin steht, haben sich die Menschen bloß ausgedacht. Das hier ist aber die Realität."

"Und wieso kannst du dann keinen Geruch wahrnehmen? Und ich auch nicht?" beharrte Cheetah.

"Ich weiß nicht. Aber das kann ja auch ganz andere Gründe haben, vielleicht ein besonders guter Geruchsneutralisator. Auf jeden Fall haben wir schon mal die Fußspuren und die werde ich jetzt so weit es geht verfolgen."

Cheetah erschrack: "Bist du des Wahnsinns? Wenn du denen nachgehst, triffst du vielleicht auf das Wesen!"

"Genau das ist auch meine Absicht. Ich will jetzt endgültig wissen, ob es für uns eine Bedrohung darstellt oder nicht."

"Das willst du erst wissen? Hier lagen heute Morgen zwei Tote herum, das sollte ja wohl als Beweis reichen!"

"Mir reicht das nicht. Die Toten waren nämlich Menschen. Wer weiß, was sich hier wirklich zugetragen hat... Menschen sind unberechenbar, vielleicht haben sie das Wesen bedroht?"

"Wieso sollten sie etwas bedrohen, daß sie in binnen weniger Sekunden derartig übel umbringen kann? Das wäre ja glatter Selbstmord gewesen. Vor allem aber: Wieso sollte sich ein Wesen, das dazu fähig ist, von den beiden bedroht fühlen?"
 

"Ich weiß es nicht aber ich werde es herausfinden," faßte Kimba seinen Entschluß und begann, den Spuren nachzulaufen. "Wenn du willst, kannst du ja mitkommen!" rief er dann noch Cheetah zu, der entsetzt ablehnte. "Dann lauf eben zurück und warne die anderen, daß das Wesen wirklich gefährlich sein könnte! Nur sicher ist es halt nicht." schlug Kimba noch vor, bevor er mit der Spur hinter einigen Büschen verschwand.

"Der hat vielleicht Nerven..." schüttelte Cheetah den Kopf und machte sich schleunigst auf den Weg.
 

Kimba folgte der Spur immer weiter. Sie machte nach einiger Zeit einen Bogen, so daß Kimba sie fast verloren hätte. Doch als er sie wiedergefunden hatte, lief sie ziemlich geradlinig auf seinen Dschungel zu. "Rahja..." ging es ihm durch den Kopf. "Hoffentlich erwartet sie nicht, daß ich schon wieder Zuhause bin... sie wäre ganz alleine dort."

Die Spur führte inzwischen durch höheres Gras und er konnte die Spur nicht mehr im Boden sehen, doch recht gut durch die niedergrdrückten Grashalme. Genaugenommen wurde die Spur immer deutlicher zu erkennbar. Kimba hielt kurz an, um zu sehen, wo sie in etwa hinführen würde. Bis jetzt führte sie etwas am Zentrum des Dschungels vorbei in Richtung Mondberg.

"Das ist gut: Damit sind die Schule, die Farm und Rajha außerhalb der Gefahrenzone." freute er sich.

Doch da sah er, wie sich die Grashalme langsam wieder vom Boden erhoben. "Ich sollte weitergehen, denn niedergedrücktes Gras hält hier nur ein paar Minuten als Spur."
 

Kaum hatte er das Gedacht, stutze er. "Moment mal... nur ein paar Minuten? Dann ist die Spur ja kaum älter als zwei Minuten! Dann bin ich ja direkt hinter dem Wesen! Ich muß mich verstecken, sonst sieht es mich vielleicht, ohne daß ich es sehen kann." Er machte schnell zwei Schritte in Richtung des dichteren Gebüsches links neben ihm. Genau in dem Moment jagte eine hellblaue Kugel in den Boden, wo er gerade noch zuvor gestanden hatte. Die Erde wurde an der Stelle hochgeschleudert, als ob ein großer Stein dort eingeschlagen wäre. Kimba meite zu spüren, wie elektische Spannung in seine Füße fuhr.

Schnell sprang er weiter bis ins Gebüsch hinein.
 

"Von wo kam der Schuß?" fragte er sich und suchte angestrengt die Umgebung ab. Doch er konnte nichts entdecken. Daher beschloß er, vorsichtig die Position zu wechseln und schlich ganz langsam geduckt durch das Gebüsch, bis er schließlich in einer kleinen Erkuhle unter einem dicken, modrigen Baumstamm war. Wieder wartete er ein paar Momente. Er meinte spüren zu können, daß sein Feind ebenfalls noch nicht weitergegangen war und ihn suchte.

"So viel zumindest zu meiner Theorie eines friedlichen Alien... - so ein Mist!" dachte er sich deprimiert, während er sich langsam wieder unter dem Baumstamm hervorschob. Doch er war keine 5 cm weit gekommen, als plötzlich der Boden vor ihm absackte und sich diese kleinen Löcher in ihm bildeten, die er schon an der Seite des Raumschiffes gesehen hatte. Die Luft über diesen Löchern flackerte etwas und dadurch konnte Kimba mit Mühe die ungefähren Konturen eines großen Wesens mit zwei langen Beinen und einem sehr breiten, höchstwahrscheinlich nicht menschenähnlichen Oberkörper erkennen.

"Oh Scheiße... " dachte sich Kimba. Er konnte nämlich nicht zurück oder ausweichen. Wenn er entdeckt werden würde, wäre das sicherlich sein Ende.

Das Wesen stand also etwa einen halben Meter vor ihm und hatte ihn unter dem Baumstamm nicht bemerkt. Denn es drehte sich etwas und Kimba meinte zu erkennen, daß es in der Ferne, so ab 20 Meter hinter ihm etwas suchte und nicht fand.

"Wahrscheinlich sucht es mich. Ich bin so Nahe dran, daß es mich gar nicht wahrnimmt. Und der Baumstamm verdeckt mich größtenteils. Vielleicht habe ich ja Glück..." dachte sich Kimba und wartete regungslos, seine Augen stets auf das riesige fremde Wesen gerichtet. Jetzt könnte er es überraschend angreifen, daß war ihm schon klar. Andererseits wußte er nicht, ob er bei diesem Überraschungsangriff dann auch nur die geringste Überlebenschance gehabt hätte.
 

Doch wieder andererseits, wann sollte er es sonst wagen? Sein Gegner war so gut wie unsichtbar, hatte keinerlei wahrnehmbaren Geruch an sich und verfügte über eine Schußwaffe. Wenn er ging, um die anderen nur zu warnen, könnte diese Warnung so gut wie nutzlos sein.

In Kimba ging der Gedanke des Angriffes oder Nicht-Angriffes hin und her. Der Respekt vor dem unbekannten Gegner war groß, aber er spürte auch, daß er die anderen vielleicht erst in Lebensgefahr brachte, wenn er das Wesen einfach weitergehen ließ. Sollte jemand anders wegen seiner Entscheidung sterben?
 

"Nein!" dachte sich Kimba und ehe er sich selber ganz darüber im Klaren war, hatte er das Wesen angesprungen. Es war offenbar überrascht, denn es taumelte ein, zwei Schritte nach hinten und tat eine halbe Sekunde lang so gut wie nichts. Die Zeit nutzte Kimba und versuchte seine Krallen und Zähne in das Wesen zu schlagen. Er spürte, seine linke Hinterpfote und die beiden Vorderpfoten könnten direkt auf Metall getroffen sein, denn die Oberfläche war kühl und hart. Mit der rechten Hinterpfote jedoch konnte er in irgendetwas zähes eindringen. Irgendetwas zerriss er dabei ein Stück weit. Dann versuchte er zuzubeißen, doch er traf auch nur auf die kühle, harte Oberfläche. Genaugenommen war sie sogar etwas kühler als der Rest. Trotzdem biß er zu.

Plötzlich hörte er es knacken und knirschen. Ein etwas gläsernes Klirren war dann zu hören und er hatte den Mund voller Splitter die er gleich wieder ausspuckte. Dabei half ihm das Alien unfreiwillig nach, indem es ihn mit Macht abwurf. So viel Kraft hatte Kimba auch gar nicht erwartet. Es war, als hätte ihn ein Elefant mit seinem Rüssel geschnappt und zu Boden geworfen, so hart prallte er auf die Erde und spürte genau, wo in seinem Körper welcher Knochen lag...
 

Das Alien gab ein mechanisches Zwischen und knistern von sich. Kimba sah noch, wie es sich zu ihm hindrehte. Dann mußte er schleunigst wegspringen, da es offenbar mit irgendetwas auf ihn zielte. Kimba war keine 5 cm von der Stelle weg, wo er aufgeschlagen war, als dort plötzlich eine etwa 50 cm lange Metallstange im Boden steckte.

Er schaute wieder zum Alien hoch. Die Luft vibrierte viel stärker als zuvor und plötzlich leuchtete sie recht hell auf und schien zu zerplatzen wie eine Seifenblase. Und hinter den hellen Flächen kam ein fester Körper zum Vorschein. Das Alien stand auf zwei metallic-dunkelgrünen Beinen mit zahlreichen Ausbuchtungen und Panzerplatten darauf. An den Gelenken führten einige kleinere und größere Kabel aus dem Stahl des einen Gliedes in das andere. Ebenso war der Oberkörper mit diversen der körperform angeglichenen Metallplatten versehen und einige seltsame Geräte waren am eigentlichen Körper angebaut. Beispielsweise ein Objekt, das wie ein kleines Gewehr aussah auf der rechten Schulter und ein anderes, Kugelförmiges auf der linken. Der Kopf selbst war durch schwarzen Stahl und einem dunklen, gläsernen Sehschlitz geschützt. Es war offenbar ein Schutzanzug - oder das gesamte Wesen war ein Roboter.

Das Wesen senkte seinen Kopf und schaute auf eine Stelle an seiner linken Hüfte. Dort waren zwei dickere Kabelstränge zerrissen worden und eine graue Metallplatte mit vielen kleinen Kabeln, die in den Brustpanzer führten, wurde von zahlreichen kleineren elektrischen Ladungen überzogen. Ein wenig Qulam schien von diesem Gerät aufzusteigen. Das Alien schaute wieder hoch und direkt zu Kimba. Dann stieß es einen ohrenbetäubenden, brüllenden Laut aus und das Sichtfenster leuchtete dunkelrot auf.
 

Kimba wartete. Ihm war klar, daß jetzt ein Angriff dieses fremdartigen Wesens bevorstand. Doch er wußte nicht genau, welche Art von Angriff. Also beobachtete er die Bewegungen seines Feindes aufs genaueste. Für eine Sekunde schien die Zeit stillzustehen. Dann beugte sich das Wesen langsam ein kleinwenig nach vorne.
 

"Was plant der bloß?" fragte sich Kimba.

Die Antwort kam prompt: Ein schrecklicher Schmerz durchzog seinen Körper. Seine gesamte rechte Körperhälfte schmerzte so stark, daß er sich von ganzem Herzen wünschte, sofort zu sterben. Doch das konnte er nicht - noch nicht, denn der Treffer war nicht sofort tödlich, obwohl ihn der Schmerz sogar am Schreien hinderte. Dann spürte Kimba auch, das irgendetwas in seinem Körper steckte und fast zeitgleich hörte er den Schuß.

Der Metallstab, der ihn mit seiner kompletten rechten Körperseite auf dem Boden festgenagelt hatte, mußte mit einer unglaublichen Geschwindigkeit abgeschossen worden sein.
 

Kimba wurde es fast schwarz vor Augen, doch ein wenig konnte er die Ohnmacht noch hinauszögern. Dadurch sah er noch, wie das Wesen aus seinem sehr langen, rechtem Arm drei weitere Metallstäbe wachsen ließ. Genaugenommen kamen sie auch geradezu hinausgeschossen, doch sie verließen den Körper nicht, sondern blieben recht fest in der Vorrichtung stecken. Als es den Arm hob und auf Kimba zukam, konnte er erkennen, daß es sich bei diesen Metallstäben um etwas Messer oder Säbelartiges handelte.

"Das wars: Jetzt ist es aus..." dachte er sich noch, während er mit schmerzverzerrtem Gesicht und fast zugekniffenen Augen zu diesem Wesen aus Stahl hochsah. Es holte gerade zum finalen Schlag aus.
 

"Leb wohl Rahja..." dachte Kimba und schloß die Augen. Diesen Kampf hatte er verloren.
 

Ein lauter Knall ließ ihn jedoch schnell wieder mit großen, erschreckten Augen zum Wesen aufsehen. Dort, wo zuvor noch ein großer, dunkelgrüner Kasten mit zahlreichen technischen Details und dem schmalen, dunkelrot leuchtenden Sehschlitz zu sehen war, war nichts mehr - außer ein wenig Qualm und einer hervorsprudelnden, weißlichen Flüssigkeit, die die Oberfläche des restlichen Schutzanzuges hinunterlief. Der Kopf des Wesens war verschwunden.
 

Kimba hatte noch gar keinen klaren Gedanken gefaßt - zumal er durch seine Verletzung sowieso schon nähe am Tod als am Leben war - als er an einem Baum in der Nähe etwas herunterschleimen sah. Es war eine grauweiße Flüssigkeit oder Masse, die mit Resten des dunkelgrünen Kastens versehen war.
 

"Dem hat irgendwer den Kopf weggeschossen!" fuhr es Kimba noch durch den Kopf. Da kippte das Wesen auch schon in Richtung seines ausgestreckten Armes nach hinten um. Und auch Kimba wäre in diesem Moment umgekippt, falls er nicht mit dem Pfahl in halbaufrechter Position am Boden festgenagelt gewesen wäre.

Aber das Bewußtsein verlor er trotzdem, zumindest für wenige Sekunden. Als Kimba wieder die Augen öffnete, sah er ein anderes Wesen in einem anderen Schutzanzug. Es war sehr viel menschenähnlicher als das erste. Dennoch war die normale menschliche Kontur vor allem im Bereich der Beine und der Brust zu massiv und zum Teil unnatürlich geformt, als das man sofort auf einen Menschen hätte schließen können.
 

Dieses Wesen streckte dann seine Hand aus und zog den Metallstab aus Kimba heraus. Kimba mußte laut aufschreien, so groß waren die Schmerzen. Aber sie vergingen auch gleich wieder, denn durch den hohen Blutverlust war er schon wie betäubt und nahm alles um sich herum verschwommen wahr. Auch konnte er sich so gut wie gar nicht rühren, selbst das Atmen machte ihm große Schwierigkeiten. Zumal er noch mehr Blut verlor, als der Stab völlig aus seinem Körper herausgezogen war.

Das Wesen in seinem schwarz-blauen Schutzanzug ging zwei Schritte rückwärts und schien mit der linken Hand am rechten Arm irgendetwas in ein winziges Terminal einzugeben. Da öffnete sich auch schon die Oberseite des Schutzanzuges am rechten Unterarm und es kam etwas zum Vorschein, das ganz offensichtlich eine Abschußvorrichtung darstellte.
 

"Will er mich jetzt ganz töten... mir den... Gnaden...schuß... geben...?" fragte sich Kimba schwach. Da zielte das Wesen auch schon mit dem Gerät auf ihn und ein rötlicher, pulsierender Strahl traf Kimba. Er fing recht schmal an, keine 2 cm breit beim Austritt aus der Vorrichtung. Doch bei Kimba angekommen, hatte der Strahl eine Breite von etwa 10 cm.

Auch spürte Kimba keinerlei Schmerzen mehr. Weder vom Strahl selber noch von den schweren Wunden, die das andere fremde Wesen ihm zugefügt hatte. Kimba schaute auf sich selbst: Der Strahl traf ihn genau an der Wunde, die durch den Metallstab entstanden war. Und die Blutung war gestoppt. Kimba fragte sich, ob das nun daran liegen könnte, daß da einfach kein Blut mehr in ihm war, es lag ja außerhalb mehr als genug herum. Bei dem Gedanken wurde ihm schlecht. Oder lag es daran, daß dies keine Waffe war, sondern irgend ein Heilungsstrahl? Kimba war sich erst nicht sicher, doch schon nach wenigen Sekunden begann die Wunde sich wie von Geisterhand zu schließen.

Dabei spürte Kimba, daß irgendetwas in ihm bewegt wurde. Wahrscheinlich wurden auch die zersplitterten Rippen wieder zusammengesetzt und die zerfetzten Organe regeneriert. Kimba spürte, wie die Kraft in ihn zurückkehrte und konnte wieder klarer denken.
 

"Dieses Wesen hier hat das andere umgebracht. Und jetzt heilt es mich. Mein Feind ist es jedenfalls nicht..." stellte er fest und eine gewisse Erleichterung durchdrang seinen Körper und verdrängte das Gefühl der Übelkeit.
 

Nach einer halben Minute war die Wunde völlig verschwunden. Auf seinen Rücken konnte Kimba nicht schauen, doch auch dort meinte er sicher sein zu können, daß die Wunde verschwunden war. Da brach auch der pulsierende Strahl ab, den der Typ im schwergepanzerten Schutzanzug auf ihn abgeschossen hatte. Wieder tippte die Gestalt etwas auf dem Mini-Interface ein und das Gerät verschwand wieder im Unterarm.
 

"Vielen Dank... " versuchte Kimba ein Gespräch anzufangen. doch die Gestalt drehte sich bloß kommentarlos um, ging ein paar Schritte von Kimba weg und verschwand in zittriger Luft.
 

"Hm... nicht sehr gesprächig," fand Kimba. "Aber immerhin nicht feindlich." Dann überlegte er nochmals, was noch vor kurzem Geschehen war und fragte sich, ob es ihn auch damals bei der Kharu - Rota wieder zum Leben erweckt hatte. Zumindest konnte es schwere Wunden in binnen von Sekunden heilen - wenn es wollte. Kimba schaute auf den relativ unversehrten Körper des Aliens.

"Weshalb ist es überhaupt hierher gekommen?" wunderte er sich.
 

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Nächster Teil: Kimba 10 - Dumm gelaufen

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 9 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Dumm gelaufen"

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Seit fast drei Monaten nach der Attacke des seltsamen Fremden Wesens ist nichts aufregendes oder schlimmes mehr passiert. Die Felder von Kimbas Farm trugen inzwischen die Füchte des Fleißes und die erste Ernte wurde bereits von den Tieren eingefahren. Auch die zahlreichen Einrichtungen, wie das Restaurant und die Schule, sind während dieser Zeit wieder vollständig aufgebaut worden.

Auch die Menschen haben inzwischen Fortschritte gemacht: Auch sie legen in den unverseuchten Teilen des Landes Felder an und haben schon länger mit der Aussaat begonnen. Auch die Stadt ist inzwischen an einigen Stellen wiederaufgebaut worden, auch wenn sie noch immer einer einzigen großen Baustelle glich und dies sich auch über viele Monate hinweg nicht ändern würde. Die Flüchtlinge, ein Teil der Eingeborenen und ein Teil der Menschen aus dem Nomadendorf hatten sich inzwischen gut zusammengerauft und eingelebt.
 

Dennoch tastete der Subco nervös auf seiner Kommando Konsole herum und schien die positive Entwicklung auf der Erde völlig ignoriert zu haben.

"Das kann doch nicht wahr sein! Die Idioten haben tatsächlich Kurs auf die Erde genommen!" mürrisch betrachtete er die Symbole der Raumschiffe auf der strategischen Großraumkarte. Drei von diesen Raumschiffen näherten sich offenbar recht zügig der Kartenmitte, die der aktuellen Position von der ISS Thunderstar, dem imperialen Kommandoschiff entsprach.

Er dachte angestrengt über die Optionen nach, die er hatte: "Am einfachsten und sichersten für die Mission wäre es, wenn ich sie einfach abschießen lassen würde. Das jedoch widerspricht sich in gewissen Teilen mit der Imperialen Charta. Die kann ich doch nicht ignorieren. Was würde mir schon die erfolgreiche Durchführung dieser Mission bringen, wenn ich dabei das zerstöre, was die erfolgreiche Durchführung dieser Mission erhalten soll? Andererseits: Wie könnte ich die Charta auf Dauer erhalten und korrekt durchführen, wenn die Mission an denen scheitert?"

In Gedanken deutete er bei diesen Worten auf die beiden Symbole, die sich weiterhin sichtbar dem Kartenmittelpunkt näherten.

"Eines ist fast so schlecht wie das andere. Mir bleibt wahrscheinlich nichts anderes übrig, als zu hoffen, daß die Rekar auf meine Bitte hören werden und den Kurs ändern. Also halte ich mich wohl oder übel an das Prinzip der Nichteinmischung," überlegte er leicht resignierend.
 

Allerdings war auch unten die Stimmung trotz der positiven Entwicklung der Dinge nicht gerade positiv...

"Hey, Kimba! Guck mal wer dort sitzt!" rief Lukas neckisch - aggressiv. "Niemand!" fügte er eine Sekunde später hinzu. Kimba hatte es gesehen, was Lukas meinte und war auch alles andere als glücklich darüber: Die Plätze von Casy und Sira waren mal wieder leer geblieben. Und das, obwohl er versprochen hatte, diese Woche endlich dafür zu sorgen, daß auch die beiden die Schule besuchten.

"Sag mal... ," Buckey trat an Kimba heran, "wie lange willst du dir von den beiden eigentlich noch auf der Nase herumtanzen lassen?"

"Genau!" rief Gira. "Denen gehört mal der Kopf gewaschen!"

"Wenn ihr mich lassen würdet, würde ich denen noch weit mehr als den Kopf waschen..." grummelte Lukas vor sich hin.

"Gut, ich werde mit ihnen ein ernstes Gespräch führen," sagte Kimba endlich und wußte auch, daß das sehr nötig war, um nicht noch mehr Unruhe in den Dschungel zu bringen. "Gleich heute nach der Schule."

"Nimm am besten Verstärkung mit. Du selbst scheinst ja nicht viel Respekt von denen zu genießen," stichelte Lukas.

"Unverschämtheit! Was fällt dir ein so über Kimba zu reden?" schallte es laut neben ihm. Rahja schien sichtlich aufgebracht zu sein.

"Ist schon ok, Rahja. Ich habe halt zu lange Nachsicht mit den beiden gehabt. Und irgendwie hat Lukas ja auch Recht..."

"Was?" rief Rahja entsetzt.

"Naja, desto mehr auf sie einreden, desto eher werden sie hören und sich nicht weiter querstellen. - Deine Unterstützung habe ich doch, oder?"

"Ja klar. Es sind schließlich vor allem meine Freunde und ich habe sie hier her gebracht. Ich werde mitkommen und ihnen die Leviten lesen."
 

Als am Mittag dann die Schule endlich vorrüber war, machte sich Kimba auch gleich auf, um zusammen mit Rahja und Daniel die beiden Drückeberger aufzusuchen. Kimba war nicht ganz wohl bei der Sache, denn wenn er eines gelernt hatte während der Zeit, seit Casy und seine Schwester bei ihm im Dschungel lebten, dann daß sie ihre Freiheit, tun und lassen zu können, was sie wollen, über alles schätzten. "Das könnte ein sehr problematisches Gespräch werden," dachte er besorgt.
 

Der Subco hatte auch Sorgen. Jedoch nicht die gleichen, denn sie waren um ein vielfaches Größer und wuchsen noch mehr, als schließlich ein 'nein' als Antwort von den Andraden übermittelt wurde. Seine Bitte, ein anderes System für die Reparatur ihrer Raumschiffe aufzusuchen, hatten sie einfach abgelehnt. Warum auch nicht, schließlich war das System Sol als neutraler Bereich deklariert. Also konnte er nichts dagegen tun, was nicht zugleich in groben Maße unrechtmäßig war.

"Jede andere Großmacht würde jetzt Druck ausüben und sie eventuell mit Gewalt daran hindern, dieses System anzufliegen," resümierte er deprimiert erneut seine Lage. "Die Bündnispartner wären dann zwar auch verärgert, aber das bräuchte einen dann ja nicht zu kratzen. Doch so stark das Imperium nach außen und auch in gewissen inneren Bereichen ist, es könnte binnen Sekunden komplett in sich zusammenfallen, wenn ich die Charta verletzte. Eine verdammt blöde Lage... " Ihm lieb also nichts weiter, als abzuwarten, was passieren würde.
 

Die dunklen Wolken hatten sich kurz darauf auch unten verdichtet und ein Donnerwetter stand unmittelbar bevor. Auf der einen Seite standen Casy und Sira, auf der anderen Kimba, Daniel und Rahja. Das Gespräch hatte noch nicht begonnen, doch die Geschwister wußten genau, warum die anderen dort waren und was folgen würde.
 

Nach einem Augenblick des Stillschweigens hatte sikch Kimba seine Worte in etwa zurechtgelegt und begann nun in freundlichem aber ernsten Tonfall: "Was gedenkt ihr eigentlich hier in der Zukunft zu tun?"

Sira und Casy schauten sich kurz gegenseitig an. "Warum?" stellte Casy die Gegenfrage.

"Nun," fuhr Kimba fort, " damit wir alle hier ein gutes, glückliches und komfortables Leben haben, muß jeder von uns seinen Beitrag dazu leisten. Das muß nichts Großartiges sein, aber eine kleine Leistung muß einfach jeder erbringen, sonst funktioniert das Ganze hier nicht."
 

Sira erhob sich und stellte sich neben Casy. "Das ist uns schon klar, Kimba. Was willst du uns damit sagen?"

Noch bevor Kimba antworten konnte, hackte Daniel dazwischen: "Was wohl? Er wollte euch damit freundlich darauf hinweisen, daß ihr nicht länger nur faul herumliegen und es euch gutgehen lassen könnt! Aber mit Freundlichkeit und Nachsicht kommt man wohl nicht besonders weit bei euch!"
 

"Du Sira, der alte Mann scheint irgendetwas gegen uns zu haben, findest du nicht?" fragte Casy scheinheilig seine Schwester. "Kann schon sein... so sind halt alte Leute."
 

Diese Provokation brachte das Faß für die anderen drei zum Überlaufen. Kimbas und vor allem Daniels Gesichtsfarbe wechselte leicht ins rötliche.

"Sagt mal, sonst gehts euch noch ganz gut oder wie?" brüllte Kimba die beiden in voller Lautstärke an. "Wir holen euch von den Hyänen weg, nehmen euch bei uns auf, versorgen euch mit unserer Nahrung und was ist der Dank?"
 

Casy schien doch etwas beeindruckt von Kimbas kleinem Wutausbruch, Sira jedoch nur wenig: "Willst du uns zurückschicken zu den Hyänen, damit sie uns töten und aufessen? Todesstrafe für die, die nicht so wollen wir ihr? Na, wenn das noch in deinem Sinne ist... "
 

"Das wäre vielleicht gar keine so schlechte Idee..." meinta Rahja relativ leise und in einer sehr düsteren Tonlage. Sira und Casy aber auch Kimba und Daniel schauten etwas entsetzt Rahja an. Das immer freundliche Lächeln und der warme, leicht leuchtend scheinende Blick waren aus ihrem Gesicht verschwunden. Statt dessen schaute sie nun aus stumpfen, dunklen Augen und mit zu Eis erstarrter Mine ihre beiden Freunde an - oder Ex-freunde?

"Dann können sie selber entscheiden, ob sie sich etwas sagen lassen wollen oder ob ihn gefressen werden lieber ist," fügte sie dann im selben Ton hinzu.
 

"Aber Rahja..." staunte Kimba.

"Aber Rahja..." stammelten Casy und Sira gleichzeitig. "Wir sind doch Freunde...?"

"Auf Freunde, die nur die Hilfsbereitschaft und Güte anderer Ausnützen kann ich gut und gerne verzichten. Kimba hat euch mit hierher genommen, euch in Sicherheit gebracht vor den Hyänen und euch zu essen gegeben von dem, was er uns seine Freunde hier erarbeitet haben. Und ihr? Ihr dankt es ihm mit einer Respektlosigkeit, die selbst die von etlichen seiner Feinden übertrifft. Eure Arroganz ist unerträglich!"
 

Sira und Casy waren wie paralysiert von der niederschmetternden Kritik Rahjas. Von ihr hatten sie so gut wie gar keinen Ärger erwartet, eher vielleicht sogar Rückendeckung. Daß gerade sie besonders verärgert war, hatte sie völlig überrascht. Sie wußten einfach nicht, was sie darauf sagen sollten. - Doch das wurde ihnen sowieso abgenommen: Juri kam gerade in dem Moment angelaufen und schien sehr wichtige Neuigkeiten zu haben.

"Kimba!" rief er außer Atem, "Du wirst es nicht glauben, aber es ist jetzt offiziell: Es gibt Außerirdische!"
 

"Das wissen wir doch," meinte Kimba erstmal verwundert, "seitdem dieses eine Alien mit seinem Schiff dort hinten geladet war."

"Schon, aber die Nachricht hat sich ja eher in dieser Region gehalten. Das, was heute eben gerade passiert ist, übertrifft diese Sache noch bei weitem: Alle Funkstationen der Erde haben eine Meldung von Außerirdischen empfangen. Und sie kommen hierher! Sie haben bereits ihre Position durchgegeben und die großen Teleskope können ihre Schiffe bereits wahrnehmen! Komm mit in die Stadt, daß ist vielleicht der größte Moment in der Geschichte dieses Planeten: Wir haben offiziellen Kontakt zu Außerirdischen!"
 

Juri zerrte Kimba schon etwas in die Richtung aus der er gerade angekommen war und schließlich gab Kimba nach.

"Die anderen Tiere können auch gerne mitkommen. Wir wollen diesen Tag heute mit einem großen Fest beenden!" rief Juri noch den anderen zu.
 

Die Stadt war zwar erst halb aufgebaut, aber im Zentrum tummelten sich viele Menschen und waren bereits kräftig am Feiern. Schnell waren Imbißbuden aufgebaut gewesen und eine große Leinwand hin an einem der Hochhäuser der Stadt herab. Riesige Lautsprecheranlagen waren ebenfalls aufgebaut worden und der Sprecher der Anführer aller nicht von der Zivilisation abgeschnittenen Völker der Erde hielt eine Rede.

"Komm, da unten ist mehr los!" rief Juri, doch Kimba blieb stehen.

"Nein danke," lachte er, "aber meine Ohren sind gut genug, daß ich den Typen dort vorne auch so verstehen kann. - Außerdem sind mir dort zu viele Menschen..."

"Na gut, dann bleiben wir eben hier," seufzte Juri etwas enttäuscht. Er hätte Kimba gerne das ganze Fest gezeigt.
 

Der Mann auf der Leinwand sprach davon, wie bedeutend dieser Tag doch für die gesamte Menschheit wäre und wie sehr sich die Mühen, die Schrecken der Vergangenheit zu überleben, doch gelohnt hätten. Das tat er lange und ausgiebug. Er erwähnte außerdem, daß die Außerirdischen sich die "Rekar" nannten und in friedlicher Mission hierher kämen. Dann endlich kündigte er an, worauf wohl die meisten der versammelten Menschen gewartet hatten: "Es wird nun der Kommandant der Flotte der Außerirdischen zu uns sprechen."
 

Er trat beiseite und auf der großen Leinwand wurde nun ein großer Monitor angezeigt, auf dem nur einen Augenblick später eine halbmenschliche Gestalt trat. Sie ging zwar aufrecht, und der Kopf saß oben mittig auf einem Körper, der alle Gliedmaßen miteinander verband, doch dieser war ein wenig anders geformt, als der menschliche. Etwas rundlich und weich sah dieser Haupkörper aus. Außerdem waren es vier Arme, die so beweglich schienen, als hätten sie keine Knochen in sich und die Hände bestanden aus 3 Fingern und einem Daumen. Den Rest, so ab Bauchnabel abwärts, konnte Kimba nicht sehen, die Kamera zeigete nur den Oberkörper und das Gesicht. Dieses sah sogar sehr menschenähnlich aus, bis auf die Tatsache, daß es blaugrün war, wie der Rest des Körpers. Bekleidet war das Wesen nur mit zwei breiten Stoffbändern, die je über eine Schulter liefen und sich auf der Brust kreuzten.
 

Sein Mund bewegte sich, doch die erste Sekunde lang war nichts zu hören. Dann jedoch sprach eine künstlich klingende, menschliche Stimme: "Veehrte Bürger dieser Welt. Ich bin Admiral Keyn von der rekarischen Raumflotte. Es ist uns eine große Freunde, auf sie getroffen zu sein. Wir haben friedliche Absichten und würden uns sehr über einen kulturellen wie auch wissenschaftlichen Austausch mit ihnen freuen. - Leider ist unser Besuch nur von kurzer Dauer, da unsere Schiffe, die bald bei diesem Planeten eintreffen werden, keine Forschungsschiffe für den Erstkontakt sind. Unser Besuch dieses Systems war aufgrund eines Überfalles von Weltraumpiraten notwendig geworden. Unsere Schiffe haben einige Schäden erlitten, die nun in Ruhe repariert werden müssen. Es ist nicht unbedingt notwendig, daß ihr Bürger der Erde uns dabei helft, dennoch würden wir uns sehr über jede Hilfe freuen. Im Grunde reicht uns ein Platz zum Landen, wo wir ein paar Wochen bleiben können. Als Gegenleistung bieten wir euch an, die vielen Orte eures Planeten, die von radioaktiver Strahlung und Giften verseucht sind, zu reinigen und euch unsere Technologie zum Wiederaufbau eurer Welt zur Verfügung zu stellen.

Wir hoffen, daß dies unsere guten Absichten untermauert und erwarten eure Antwort mit Spannung und Vorfreude. Im Namen aller Rekar wünschen euch eine glückliche, friedliche Zukunft."
 

Das Bild wechselte wieder auf den Sprecher der Staatsoberhäupte der Erde. Währenddessen war ein schallendes Gejubel zu hören.

"Warum freuen sich die Menschen so sehr?" wollte Rahja wissen.

"Sie freuen sich, weil sie jetzt Kontakt mit Außerirdischen haben," versuchte Kimba zu erklären.

"Und was ist daran so toll?" fragte sie nach und schaute dabei auch Juri an. Der bekam davon jedoch nichts mit, da er selber mit am jubeln und herumtanzen war.

Kimba überlegte kurz. "Ich weiß nicht genau," mußte er dann zugeben, " vielleicht freuen sie sich über die Gesellschaft?"
 

Als der Jubel langsam wieder abebbte, konnte man den Sprecher der Erdwelten reden hören. Bei all dem Lärm war nicht viel zu verstehen, was er da sagte, aber Kimba meinte hören zu können, wie er den Rekar ein offizielles Freundschaftsangebot unterbreitete und ihnen Hilfe bei der Reperatur der Schiffe anbot.

"Ist das nicht toll?" rief Juri plötzlich Kimba und seinen Freunden zu, "Die Zukunft hat begonnen! Wir alle haben den Erstkontakt miterlebt! Kommt, laßt uns feiern!"
 

In dieser Nacht feierte wohl die gesamte Menschheit. Zumindest kannte Kimba in seinem Wahrnehmungskreis keinen Ort, an dem nicht die Ankunft der Außerirdischen überschwänglich gefeiert wurde. Sie feierten in der großen Stadt, bei Mbangi im Dorf, selbst die übriggebliebenen ehemaligen Nomaden auf den Plateaus feierten. "Die Zukunft habe begonnen" war überall als Thema der Feiern zu hören.
 

Am nächsten Morgen, als die Menschen zum großen Teil noch ihren Rausch ausschlafen mußten, kamen zwei neue Schüler in die Dschungelschule. Kimba hatte Casy und Sira quasi hingeschleppt.

Casy beäugte die Einrichtung mißtrauisch: "Das soll die Schule sein? Sieht ja wirklich nach einem einzigen Spaßtöter aus."

Sira stimmte zu: "Echt öde... weckt mich auf, wenns vorbei ist."

Lukas war hatte die beiden inzwischen gehört - und er hatte sie sowieso schon auf dem Kieker... : "Guckt mal: Wer ist _das_ denn? Kennen wir die? Gehören die etwa auch zum Dschungel?" Er hatte damit sogleich erreicht, was er vorgehabt hatte: Die anderen Schulkinder waren alle auf einmal auf die unfreiwilligen Gäste aufmerksam geworden und konnten nun ihre Sprüche ablassen.

"Die sehn ja komisch aus... als ob sie überhaupt nicht hierher gehören würden..." stichelte Piwi los und Wildcat machte nahtlos weiter: "Die sehen irgendwie so angefault aus... paßt bloß auf, vielleicht ist ihre Faulheit ansteckend..."
 

"Sofort aufhören!" befahl Kimba sauer. "Wer über die beiden herziehen will, kriegt es mit mir zu tun! Hab ich mich klar ausgedrückt?"

Betretenes Schweigen...

"Gut. Casy! Sira! Ihr beiden kommt am besten hierher zu Dodi und Borgi. Da sind noch zwei Plätze frei, extra für euch."

"Das ist ja in der ersten Reihe!" protestierte Sira.

"Ganz recht: Für unsere Gäste nur das Beste!" reimte Pauley Cracker. Er war gerade angeflogen gekommen, um heute die ersten zwei Stunden als Lehrer den Jungtieren etwas über Körner und Beeren beizubringen.
 

Mißmutig setzten Casy und Sira sich also in die erste Reihe.
 

"Na du? Hast du die beiden endlich dazu gekriegt?" begrüßte Rahja Kimba und wollte sich gerade an ihn anschmiegen. "Ja... und das ist erst der Anfang." meinte Kimba und schnappte sich plötzlich den Tisch von sich und Rahja und schleppte ihn ebenfalls in die erste Reihe.

"Was soll das denn jetzt?" fragte Rahja entsetzt, die sich eigentlich gerade gemütlich an Kimba ankuscheln und einen kleinen Morgenplausch anfangen wollte.

"Na ganz einfach: Wir setzten uns ab sofort neben die beiden und untersützen sie so gut es geht. Schließlich sind sie doch unsere Freunde und Freunden hilft man, oder?" strahlte Kimba ihr entgegen, total überzeugt davon, aus den beiden Drückebergern Musterschüler machen zu können.

Aber irgendwie schien Rahja gar nicht so begeistert davon zu sein. - Was Kimba jedoch erstmal um Eufer des Gefechtes gar nicht mitbekam. Mißmutig setzte sie sich also neben Kimba in die erste Reihe.
 

Der Unterricht begann. Es war übrigens die einzige Zeit, wo man Pauley nicht mindestens jeden zweiten Satz reimen hören konnte - irgendwo hat halt jeder seine Grenzen.

"Besonders interessant sind die verschiedenen Körnerarten vor allem für die Zugvögel. Und von denen natürlich gerade die Gruppe, die sich nur sehr wenig von anderer Nahrung ernährt.

"Wie interessaaaahhhnnnt," gähnte Casy lauthals in den Unterricht.

"Casy!" fauchte ihm Kimba flüsternd zu. "Reiß dich zusammen!"
 

"Wer hier will die große Klappe haben dem gehts ganz schnell an den Kragen!" reimte Pauley sich schnell zusammen und schaute ärgerlich auf Casy, der ihn schon längere Zeit mit einem abwärtenden Von-Oben-Herab-Blick" anschaute.

"Was war das denn für ein Satzbau?" lästerte Sira. "Hihi, total Banane - der hat bestimmt zu viele falsche Körner gefressen. Hahahahaha."

"Casy und Sira!" schimpfte Daniel, der dem Unterricht beiwohnte, "Nehmt euch endlich zusammen und zeigt Respekt vor eurem Lehrer! Oder könnt ihr sagen, welche von diesen vier verschiedenen Beeren lecker schmecken und welche auch für euch absolut tödlich sind? Na, wollt ihr mal probieren?" Er reichte ihnen ein Holztablett mit ein paar Beeren darauf, die Pauley als Beispiele mitgebracht hatte.

"Naaaa? Wollt ihr gleich probieren oder lieber zuhören?" fragte Daniel die beiden und schaute sie dabei reichlich scharf an.
 

"Na endlich werden die beiden mal zusammengefaltet..." tuschelte Lukas in der zweiten Reihe zu Piwi und Gira und erntete keine Sekunde, nachdem Daniel sich wieder umgedreht hatte, ein paar tödliche Blicke von Sira und Casy, wobei Sira mit der Vorderpfote an ihrem Hals vorbeizog - Motto: Kopf ab!

"Schön, daß ihr euch so gut versteht..." seufzte Rahja, verdrehte die Augen und legte sich fast auf den Tisch vor ihr. "Keine Sorge, das wird sich im Laufe der Zeit einränken," versicherte Kimba ihr.
 

Wenige Minuten später im Unterricht war Pauley gerade wieder voller Elan bei seinen Ausführungen:

"Wie unglaublich wichtig das richtige Korn für den richtigen Vogel ist, werde ich euch gleich jetzt erläutern..."

Sira beugte sich zu Casy: "Hör jetzt gut zu: Denn wenn du die falschen Körner erwischt, kriegst du auch solche doofen Hühneraugen wie der da..."

Pauley: *grrrr* "Seid still, jetzt wirds interessant!"

Casy und Sira warfen sich gegenseitig verständnislose Blicke zu.

Pauley: "Wie wichtig die richtigen Körner sind, kann man schon alleine daran erkennen, daß die Menschen für die Fütterung ihrer Nutzvögel nur ganz bestimmte Sorten verwenden..."

"Wir sind aber keine Vögel!" warf Casy ein.

"Du hast selber einen Vogel, komischer Lehrer!" ergänzte Sira.

"Genaugenommen ist er ja auch einer...," stimmte Casy zu.
 

Kimba war sauer: "Warum müßt ihr dauernd herumstänkern?"

Sira patzig: "Wir können ja auch gehen... komm, Casy, den Quatsch brauchen wir uns nicht anzutun!"

"Zumindest nicht, solange wir ein Fell statt Federn haben..." meinte Casy und stand auf.

Kimba wollte die beiden erst am Gehen hindern, doch ein Blick und ein Kopfschütteln von Daniel hielten ihn dann doch davon ab.

"Hoffnungslos..." murmelte der alte Affe in seinen Bart.
 

Der Ärger des Subcos war inzwischen etwas verflogen. Er hatte eine Möglichkeit gefunden, wie er zumindest ein wenig Einfluß auf die Geschehnisse auf dem blauen Planeten haben konnte, ohne die Imperiale Charta zu verletzen. Doch ebenso waren auch seine Sorgen angewachsen, denn die Nachricht der Defrag an die Rekar und die Erdbevölkerung würde deutlich ausfallen, das war ihm schon im Ansatz klar.
 

Am späten Mittag kam auch schon Cheetah mit Höchstgeschwindigkeit durch den Dschungel gerannt, um Kimba die schlechte Nachricht zu überbringen: "Kimbaaaa!" "Was ist los?" "Da braut sich was zusammen: Juri hat Mbangi gesagt, daß weitere Aliens im Anflug sind. Aber keine Rekar, sondern angeblich die Piraten. Du solltest besser in die Stadt kommen...."

"Oh nein..." stöhnte Kimba auf, "als hätten wir hier nicht schon genug Sorgen..."
 

Kurze Zeit später waren er, Juri, Mbangi, Rahja, Cheetah und Daniel in der Stadt, auf einer Straße, die von einer leichten Anhöhe auf den Platz führte, wo wieder die große Leinwand aufgestellt worden war. Der Anführer der Rekar hatte gerade verkündet, daß die Wesen, von denen sie angegriffen worden waren, zur Erde unterwegs sind. Dann verkündete der Sprecher der Erdregierungen, daß alle Menschen Ruhe bewahren sollten und daß es noch nicht zu spät sei, einen Konflik mit den anderen Aliens abzuwehren.
 

"Die blöden Rekar haben uns die Piraten direkt hierhergeführt," meckerte Cheetah.

"Was sollten sie machen? Ihre Schiffe waren doch schon beschädigt - da ist man doch verpflichtet, zu helfen," meinte Juri.

"Ich weiß nicht, aber irgendwie traue ich denen nicht..." murmelte Daniel.

"Wieso denn? Auf mich haben die einen ganz passablen Eindruck gemacht," wunderte sich Kimba.

"So genau weiß ich das auch nicht, aber mir paßt das ganze nicht," grummelte Daniel weiter.
 

Plötzlich brach das Bild mit dem Sprecher der Erdregierungen zusammen und ein neues Bild entstand. Es war sehr dunkel und man konnte fast nichts sehen - nur den schemenhaften Umriß einer sicher nicht menschlichen Gestalt. Sie wirkte eher wie eine überdimensionierte Heuschrecke. Es begann sich ein unruhiges Murmeln unter den Menschenmassen vor der Leinwand auszubreiten. Schließlich kam auch Ton zum Bild und eine offensichtlich künstliche Stimme sprach:

"Ihr Menschen unterstützt die Aggressoren eines schrecklichen Krieges! Die Rekar haben schon viele Greueltaten begangen und unschuldige Völker ausgerottet oder in den Krieg hineingezogen. Daher seid ihr jetzt auch unsere Feinde. Wir erwarten eure bedingungslose Kapitulation sowie die Auslieferung der Rekar auf eurem Planten. Anderenfalls wird die Geschichte eurer Spezies in Kürze enden. Wir erwarten eure Antwort in maximal 3,5 eurer Zeitstunden."
 

Das Bild mit dem Insektenwesen verschwand wieder und das normale Bild mit dem Sprecher der Regierungen baute sich wieder auf. Der und die anderen in dem Konferenzsaal hatten offenbar ebenfalls mitgekriegt, was geschehen war, denn die Rede war unterbrochen und er und die anderen Vertreter der Völker schauten einander unsicher an. Da trat der Admiral der Rekar neben jenen Sprecher.
 

"Ich kann ihnen nur versichern, daß dies ein Trick dieser Räuberbande ist. Sie nennen sich die Defrag und sind sehr mächtig, doch nichts von dem was sie erzählt haben, ist wahr. Ihre aggressive und dominante Art war eben deutlich zu vernehmen. Momentan fordern sie nur unsere Auslieferung, aber danach werden sie Schadensersatz fordern und dabei auf eure Kapitulation verweisen. - Lächerlich, eine Kapitulation zu fordern, wenn man bedenkt, daß noch gar kein Krieg im Gange ist. Leider wird mit Diplomatie nicht viel bei ihnen zu erreichen sein. Auch wenn sie den Konflik mit uns und euch auf Dauer verlieren werden: Die Defrag handeln nicht logisch, sie sind von primitivem Geiste und haben einen zerstörerischen, aggressiven und dominanten Charakter. Da wir jedoch der Grund sind, daß sie euch gefunden haben, werden wir mit euch Seite an Seite gegen sie kämpfen und euch alle Unterstützung gewähren, die ihr braucht. - Sofern ihr daran interessiert seid und uns Glauben schenkt. Wenn nicht, würde ich es euch nicht übel nehmen, niemand von uns würde dies, nachdem ihr nun auch derartig schlechte Erfahrung mit Wesen von anderen Welten gemacht habt. Alles, was wir tun können, ist den Schaden für euch möglichst gering zu halten und als Entschädigung für diesen Zwischenfall in Zunkunft wirtschaftliche und technologische Unterstützung zukommen zu lassen. Das war alles, was ich dazu zu sagen habe."
 

"Mist!" zischte Mbangi. "Noch ein Krieg. Dabei haben wir den letzten erst mit Mühe und Not überlebt."

"Warum tun die das nur...? " fragte sich Juri völlig enttäuscht und deprimiert.

"Ob sich der Krieg auf die Gebiete der Menschen beschränken wird, Kimba? Oder wird unser Dschungel auch dabei zerstört werden?" fragte Cheetah besorgt.

"Schwer zu sagen...," überlegte Daniel, "aber ausschließen möchte ich das nicht."

"Wenn die unsere Farm oder die Schule oder sonstwas im Dschungel auch nur schief ansehen..." kochte Kimba. All das, was er und seine Freunde sich mit viel Mühe und mit großer Anstrengung aufgebaut hatten, war auf einmal wieder in Gefahr.
 

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Nächster Teil: Kimba 11 - Der Krieg (1)

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 10 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Der Krieg (1)"

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Noch während sich Kimba und seine Freunde große Sorgen darüber machten, wie schwer ein möglicher Krieg mit den Defrag auch sie selber treffen könnte, hatten sich die Regierenden der Erde untereinander abgesprochen, den Rekar im Falle des Angriffs zu helfen.

Die Rekar erklärten unterdessen, daß sie eine Nachricht an ihre Heimat geschickt hätten, mit der Bitte um Verstärkung für sie und die Menschen. In der Stadt, obwohl noch immer die schweren Schäden des letzten Krieges zu sehen waren, wurden Bunker und Warn- und Verteidigungsanlagen zusammengebaut. Der Notstand war ausgerufen worden. Die Bürger der Stadt waren sich sicher, daß die Defrag auch hier angreifen würden, da eines der Schiffe der Rekar ganz in der Nähe gelandet war.
 

Kimba hatte zur Großversammlung gerufen, damit immer alle Tiere über die neuesten Geschehnisse informiert waren. Mbangi war ebenfalls zu Gast und versuchte die grundlegensten Fragen der Tiere nach bestem Wissen zu beantworten.

Piwi: "Was ist das überhaupt, ein Alien?"

Mbangi: "Das sind Lebewesen, die auf einem anderen Planeten als diesem hier geboren wurden."

Wildcat: "Was ist das denn, ein Planet?"

Mbangi rollte die Augen. Spätestenz zu dem Zeitpunkt war im klar geworden, daß seine Erklärungen heute länger dauern könnten.
 

Unterdessen erläuterte Kimba die aktuelle Lage: "Die feindlichen Aliens formieren laut den Verbündeten der Menschen bereits ihre Streitkräfte und werden in einigen Stunden bei der Erde eintreffen. Es davon die Rede, daß sie möglicherweise den Planeten bombardieren könnten. Höchstwahrscheinlich werden wir nicht das Ziel sein, aber für den Fall, daß es auch hier losegeht, möchte ich daß ihr alle in die Täler der Plateaus oder in die Höhlen am Mondberg flüchtet. Dort werdet ihr am sichersten sein. Besonders die großen und starken Tiere unter euch bitte ich, sich um die kleinen, schwachen, alten und kranken zu kümmern und sie mitzunehmen!"
 

Juri kam gerade angerannt: "Kimba! Es geht los! Die Schiffe der Rekar heben ab und wollen die Defrag bereits im All angreifen!"

Daniel kratzte sich an der Stirn: "Ich glaube, daß ist eine gute Entwicklung: Wenn die sich da oben gegenseitig bekämpfen, kriegen wir hier unten weniger ab."

Juri: "Das glaub ich nicht. Denn die meisten der Rekar sind hier auf der Erde geblieben. Sie sind mit viel Ausrüstung versehen worden und verteilen sich unter den Kampfgruppen der Menschen. Sie rechnen nämlich damit, daß ihre Flotte gegen die der Defrag unterliegen wird und diese dann einen Bodenkrieg anfangen werden. Und deswegen bereiten sich die Menschen auf einen Partisanenkrieg vor."

Pauley: "Partisanenkrieg? Ohje-ohje: Das tut uns allen furchtbar weh..."

Kimba (etwas irritiert): "Was meinst du, Pauley?"

Mbangi: "Bei einem Partisanenkrieg gibt es keine feste Frontlinien und keinen Kampf um Städte und Produktionsanlagen oder so. Statt dessen zieht sich die eine Partei, die Partisanen, in die Wildnis zurück und greift unregelmäßig die andere, meist weit überlegene Partei an."

Kimba: "Aha... ich verstehe - aber was hat das mit uns zu tun?"

Daniel: "Na, die werden unseren Dschungel als Versteck benutzen!"

Kimba entsetzt: "Ist das wahr?"

Mbangi: "Unter anderem könnten die auch euren Dschungel als Versteck nutzen, das ist richtig..."

Kimba: "Verdammt! Die werde ich sofort wieder rausschmeißen. Ich lasse nicht zu, daß man uns da mit reinzieht!"

Mbangi: "Das wird dir nicht viel bringen. Den Defrag wird es reichen, daß überhaupt schon Menschen in diesen Dschungel geflohen sein werden. Von da an wird er als potentielles Versteck angesehen."

Kimba war deprimiert: "Daniel, weißt du vielleicht einen Ratschlag, wie wir das verhindern können?"

"Tut mir leid, Kimba, aber die Grenzen des Dschungels sind weit und offen. Wir könnten vielleicht verhindern, daß sie über die Farm marschieren oder die Schule als Unterschlupf benutzen, aber den ganzen Dschungel können wir nicht kontrollieren."
 

Der Subco verfolgte an Bord des imperialen Flagschiffs ISS Thunderstar sowohl Kimbas Krisensitzung als auch die Entwicklung der kleinen Raumschlacht. Die 3 Schiffe der Rekar, ein Kommandokreuzer und seine zwei Eskortschiffe, hatten Kurs auf die feindliche Defrag-Flotte genommen und trafen gerade auf sie, als Kimba dort unten nochmals zu Ruhe und Besonnenheit rief.
 

Die Besatzungen der Rekar hatten offenbar den Befehl erhalten, so viele Schiffe der Defrag zu vernichten, unabhängig vom Ausgang der Schlacht bzw. den eigenen Verlusten. So konzentrierten sie ihre komplette Ladung an Anti-Materie-Torpedos zunächst nur auf einen der Angriffskreuzer der Defrag, ebenso kurz darauf ihre Strahlenwaffen. Der Kreuzer wurde vernichtet, doch die übrigen Schiffe der Defrag konnten ungehindert ihrerseits feuern und schossen beide Eskortschiffe kampfunfähig. Dann formierten sie kurz neu, um den Kommandokreuzer ebenfalls unschädlich zu machen.

Dieser korrigierte auf einmal seinen Kurs und hielt direkt auf einen der Angriffskreuzer zu. Die Scans der ISS Thunderstar, von der aus der Subco das Geschehen in sicherer Entfernung verfolgte, zeigten, daß der Kommandokreuzer sämtliche Energie von den Waffen in die Schilde und den Antrieb gesteckt hatte. Der Subco überlegte: "Wenn die mal bessere Technologie zur Verfügung haben, könnten sie durch ihre Opferbereitschaft tatsächlich auch imperialen Schiffen gefährlich werden. Ich sollte dem Zentralcomputer die Aufgabe geben, eine entsprechende Gegenstrategie zu entwickeln. Sonst verlieren wir eventuell ebenfalls Schiffe, wie jetzt die Defrag..."

Tatsächlich hielt das letzte Schiff der Rekar direkt auf den feindlichen Angriffskreuzer zu und beschleunigte stark. Die Schiffe der Defrag feuerten mit allen Batterien, die sie zur Verfügung hatten und die Schilde des Kommandokreuzers gaben stark nach. Jedoch nicht völlig, so daß die Panzerung die übriggebliebene Wucht des Schlages an den meisten Stellen verkraften konnte. Das anvisierte Defrag - Schiff drehte nun so schnell es ging ab, doch ein Angriffskreuzer ist eher zur Stärkung einer Formation im Angriff gedacht und nicht zum Ausmanövrieren feindlicher Schiffe. Nur Sekundenbruchteile später berührten sich die übriggebliebenen Schilde der beiden Schiffe, wobei die des Kommandokreuzers völlig ausfielen. Und ebenfalls nur hundertstel Sekunden danach prallten die Hüllen der beiden Schiffe aneinander. Die Reaktoren beider Schiffe explodierten und rissen beide Schiffe zum Teil in Stücke, während an der Aufschlagsstelle die Metalle der beiden Hüllen durch den ungeheuren Druck miteinander verschmolzen.

Die 3 übriggebliebenen Schiffe der Defrag suchten noch kurz in den Trümmern nach Überlebenden, bevor sie wieder den Kurs in Richtung Erde aufnahmen.

"Wenn dort unten nicht so ein schreckliches Durcheinander herrschen würde, könnte ich die Erdbevölkerung um offiziellen imperialen Schutz bitten lassen. Aber wenn sie sich schon mit den Rekar zusammentun, müssen sie auch die Konsequenzen tragen, die der Krieg ihres Bündnispartners mit sich bringt," beschäftigte der Subco sich schon gedanklich mit den kommenden Ereignissen.
 

Nach einigen Stunden war die Nachricht von der Vernichtung der Rekar Flotte auch unter der Erdbevölkerung bekannt. Hektisch wurden die meist provisorischen Regierungsgebäude auf der gesamten Welt evakuiert und sonstige Vorbereitungen für einen längeren Bodenkrieg getroffen. Auch die Städte und Dörfer der Menschen rund um Kimbas kleines Reich herum waren in Aufruhr.
 

Auch unsere Freunde, noch immer in der großen Dschungelversammlung, waren gedrückter Stimmung und mußten machtlos mitansehen, wie die Katastrophe in Form der Defrag - Flotte näher und näher kam.

"Wird es wieder Krieg geben?" fragte Piwi ängstlich.

"Ich fürchte schon, Kleiner..." mußte Juri zugeben.

"Aber warum?"

"Viele der ersten Aliens sind hier auf dem Planeten geblieben. Daher kommen jetzt die anderen auch hierher, um sie zu töten," erklärte Mbangi.

"Aber warum?" wiederholte Piwi seine Frage.

"Die Rekar wußten halt, daß ihre paar Schiffe keine Chance gegen die Übermacht der Defrag hatten," erklärte Juri.

"Das meinte ich nicht. Ich meinte den Krieg," versuchte Piwi es erneut.

Juri und Mbangi schauten einander an. Sie verstanden nicht, was Piwi meinte.
 

Kimba ergriff wieder das Wort.

"Ich werde so gut helfen, wie ich kann, um Schaden zu vermeiden. Aber ihr alle müßt mir dabei helfen. Sobald es hier losgeht, sucht wie besprochen die Fluchtplätze auf! Alles weitere werde ich euch dann dort sagen."

Allgemeine Zustimmung war zu vernehmen. - Selbst Casy und Sira nickten deutlich. Es war eine schlechte Zeit, um sich querzustellen.

"Wirst du uns helfen, gegen die Defrag zu kämpfen?" wollte Mbangi wissen.

"Das wäre echt nett von dir. Du kennst dich viel besser als alle Menschen hier im Dschungel aus. Mit dir würde die Sache schon viel leichter werden," stimmte Juri mit ein.

"Tut mir leid, aber ich will nicht in die Kriege der Menschen mit eingreifen. Schließlich muß ich den Dschungel und die Tiere darin verteidigen. Wenn ich selber kämpfen würde, könnten sie die Tiere ebenfalls als Feinde ansehen und ich möchte nicht meine Freunde da mit reinziehen."

Juri und Mbangi waren schon etwas enttäuscht aber sie wußten, daß Kimba Recht hatte.
 

In der folgenden Nacht begann der Bodenkrieg. Die Zentralen des Widerstandes wurden aus dem Orbit bombardiert und vernichtet. Nur wenig später landeten Transporter überall auf der Welt und setzten Bodentruppen aus. Die Invasion begann.
 

Kimba und die anderen Tiere des Dschungels hatten nicht allzuviel von der Bombardierung mitbekommen. Auch die Stadt weiter im Osten war weitgehend verschont geblieben. Es waren nur zwei Raumschiffe knapp über den Dschungel hinweggeschossen, um bei der Stadt zu landen. Dann war es wieder eine ruhige und friedliche Nacht für die Tiere, wie jede andere Nacht zuvor. Doch am nächsten morgen kam das Erwachen...
 

"Kimba! Kimbaaaa!" rief Cheetah als er quer durch den Dschungel jagte mit "Flugziel" Daniels Restaurant.

"Wasch ischt?" fragte Kimba kauend.

"Im Osten des Dschungels und in der Ebene davor sind hunderte von Menschen!" rief der Gepard und tapste unruhig mit seiner Vorderpfote wieder und wieder auf den kleinen Holztisch, an dem Kimba und Rahja gerade frühstückten.

Sira schien beunruhigt: "Du meinst also richtig viele, ausgewachsene Menschen?"

Cheetah: "Ja!"

Casy: "Sind die denn gefährlich?"

Cheetah: "Keine Ahnug. Jäger sind es jedenfalls nicht. Aber sie haben alles mögliche mitgebracht, also ob sie sich hier niederlassen wollten."

Kimba war von dieser Nachricht gar nicht begeistert: "Oh nein! Das hat uns gerade noch gefehlt."

Rahja: "Wieso? Bislang sind wir mit den Menschen in dieser Welt doch ganz gut zurecht gekommen..."

Kimba: "Bis jetzt schon. Aber wir haben auch nicht direkt nebeneinander gelebt. Erst recht nicht mit so vielen."

Daniel: "Und bisher hatten wir auch keinen Krieg. Es ist doch bekannt, daß sich Menschen im Krieg oft unberechenbar verhalten."

Kimba: Am besten frage ich mal Juri oder Mbangi, was geschehen ist und was die Leute wollen. -Oder noch besser: Ich frage sie selber."

"Das ist nicht nötig, Kimba..." kam eine Stimme aus dem Hintergrund. Mbangi war gerade beim Restaurant angekommen.

"Die Menschen sind Flüchtlinge aus der Stadt. Die wurde nämlich von den Aliens angegriffen und erobert. Offiziell heißt es, die ganze Erde sei unterworfen. Die unsere Truppen konnten ihnen nicht viel entgegensetzen. Ihre Waffen sind uns bei weitem überlegen und durch das Chaos nach dem großen Krieg in jüngerer Vergangenheit, waren sowieso keine besonders starken Armeen mehr vorhanden," erklärte er kurz die Lage.

"Und was ist mit Juri geworden?" fragte Kimba besorgt, "Der lebte doch in der Stadt!"

Mbangi: "Du kannst ihn ja gleich selber mal fragen, der ist nämlich auch mit den anderen Flüchtlingen hierher geflohen - genaugenommen hat er sie hierher geführt."
 

Kimba machte einen sehr überraschten und wenig erfreuten Gesichtsausdruck.

"WAS???" wollte er es nicht glauben, "Der hat die alle noch extra hierher geführt?"

Mbangi kühl: "Ja..."

"Ich glaub es hakt! Ich dachte, ich hätte gestern erst groß und breit erklärt, daß wir diesen Krieg nicht im Dschungel haben wollen?! Und dann führt der die Leute hierher? Oh man - der kann was erleben!" ärgerte er sich. "Ihr macht heute die Schule dicht! Alles bleibt hier ab sofort in Alarmbereitschaft! Die Aliens könnten jederzeit hierherkommen und versuchen, diese Leute anzugreifen oder einzufangen. Ich selbst werde jetzt zu denen und vor allem zu Juri hingehen und sie nachdrücklich bitten, sich woanders ein Versteck zu suchen."

Rahja: "Warte Kimba, ich will mitkommen!"
 

Kimba: "Ich weiß deine Hilfe wirklich zu schätzen Rahja, aber bleib du doch bitte hier und hilf Daniel dabei, die Schule zu schließen und alle in Alarmbereitschaft zu versetzen!"

Rahja (etwas angesäuert): "Ich mag es aber nicht, wenn du dich in Gefahr begibst. Du hast doch Daniel gehört: Die Menschen sind im Krieg unberechenbar..."

Kimba: "Keine Sorge, ich verspreche dir: Ich paß auf mich auf!"
 

Einige Zeit später war er bei den Flüchtlingen im Osten des Dschungels, an der Grenze zur Steppe, wo es langsam in Richtung Mbangis Dorf ging. Die Flüchtenden hatten schon erste Zelte aufgeschlagen und hatten begonnen, ihre persönlichen Sachen von den Wagen und Karren herunterzuräumen.

"Wer ist euer Anführer?" fragte Kimba auf gut Glück einen der Menschen. Dieser schien offenbar von weiter her in die Stadt gekommen gewesen zu sein, denn er schien doch sehr überrascht und ein wenig verängstigt zu sein, daß plötzlich ein weißer Löwe vor ihm stand und ihn ansprach.

"W-w-wir haben keinen A-anführer..." antwortete er nach kurzem zögern. "Uns hat nur ein k-kleiner Junge den W-weg hierher gezeigt. A-ansonsten sind wir völlig selbstständig hierher geflohen."
 

"Verdammt," dachte Kimba, "dann muß ich irgendeinen Weg finden, sie alle anzusprechen und zum Gehen zu bewegen. Ein Anführer, auf den sie alle hören, wäre mir wesentlich lieber."

"Kimba!" rief plötzlich eine hellere Stimme aus dem Hintergrund.

Kimba drehte sich um und sah Juri auf sich zurennen.

"Hi Kimba! Ich wollte schon in den Dschungel gehen, um dich zu suchen," begrüßte ihn der schlanke, blonde Junge.

"Den Weg kannst du dir sparen," antwortete Kimba in einem weniger freundlichen Ton, "Denn wenn hier jemand gleich einen ganzen Haufen Ärger in den Dschungel schleppt, ist davon auszugehen, daß ich mich schon von selber melden werde."

Juri stoppte und schaute Kimba verwundert an. Offenbar wußte er nicht, was er falsch gemacht haben könnte. Kimba drehte sich nun völlig zu Juri, ging zwei Schritte auf ihn zu und schaute ihn ärgerlich an.

"Sag mal, hast du gestern nicht zugehört? Ich dachte, daß ich mehrmals deutlich gesagt hätte, daß wir den Ärger mit eurem Krieg gegen die Aliens nichts zu tun haben wollen."

"Na, deswegen ja!" antwortete Juri trotzig. Kimba war mehr als verwundert.

"Hä? Was soll das denn heißen?"

"Ganz einfach: Die Defrag haben zwar die Erde unterworfen, aber die meisten unserer Truppen sind in die Wälder und Berge geflohen - zusammen mit den Rekar. Und diese Truppen werden nun immer wieder kleine Angriffe gegen die Defrag starten - ein Gurillia-Krieg, wie wir gestern schon vermutet hatten."

"Ja und?" fragte Kimba ungeduldig.

"Nun, die wollen natürlich nicht, daß die Flüchtlinge ebenfalls in die Gefechte verwickelt werden. Also werden sie sich die Wälder heraussuchen, wo sich keine Flüchtlinge aufhalten. Also: Kein Krieg hier im Dschungel." erklärte Juri zufrieden.

"Hm. So habe ich das Ganze noch nicht gesehen..." mußte Kimba zugeben. "Allerdings ist die Sache auch nicht unproblematisch: Die meisten Menschen hier hatten noch so gut wie keinen Kontakt mit uns und wissen nichts von der freundschaftlichen Beziehung zwischen Menschen und Tieren hier in der Gegend. Da könnte es schnell zu Mißverständnissen kommen. Außerdem bleibt da noch die Frage, wie die Leute versorgt werden sollen. Die Farm bietet zwar etwas mehr Nahrung, als nur für uns Tiere nötig wäre, doch es wird nie und nimmer für alle Flüchtlinge reichen - bestenfalls für ein Drittel von ihnen."

"Ich weiß...," gab Juri gesenkten Kopfes zu, "Aber was sollten wir sonst tun? Wir wußten ja nicht, ob uns die Defrag einfach erschießen würden."

"Ist ja schon gut, Juri," meinte Kimba sanft, "wir werden uns etwas einfallen lassen. Für ein paar Tage werden sie zumindest bleiben können."

Juris Augen leuchteten auf. "Vielen Dank, Kimba!" freute er sich und knuddelte den weißen Löwen durch.

"Ohje... doch nicht vor allen Leuten..." seufzte Kimba.
 

Eine plötzliche Unruhe ließ die beiden wieder aufmerksam werden. "Sie kommen!" rief jemand und etliche Leute rannten schon durcheinander, während die meisten erst noch suchend in der Gegend herumschauten.

Plötzlich jagten zwei Schüsse in ihrer Nähe in den Boden. Sie kamen von weit oben, wo zwei eigenartige Fluggeräte in geringer Höhe auf das Lager zuflogen. Bestanden aus einem langen, schlanken Mittelteil und zwei starr nach vorne gerichteten Flügeln, die von dem Punkt, wo sie an dem Mittelkörper ansetzten bis zur äußersten Stelle gleichbleibend breit waren und dann wie abgeschnitten wirkten.

Voller entsetzen rannten die Leute in den nahegelegenen Dschungel. Auch Kimba und Juri rannten mit und versteckten sich in den ersten Büschen. "Wieso schießen die auf uns? Die sehen doch, daß wir bloß Flüchtlinge sind!" beschwerte sich Juri lauthals - bei wem auch immer.
 

Als die Menschen fast alle im nahen Dschungel verschwunden waren, war plötzlich eine künstliche, metallisch klingende Stimme zu hören. Sie kam offenbar aus den beiden Flugobjekten, die jetzt fast regungslos 20 Meter über dem Lager schwebten: "Ergebt euch uns sucht widerstandslos unsere Truppentransporter auf! Wer Widerstand leistet, muß mit Waffengewalt rechnen."
 

"Die wollen uns einfangen," bemerkte Juri. "Aber warum?" Fragend schaute er Kimba an, der ihm aber auch keine Antwort darauf geben konnte. Währenddessen begannen die beiden Flugobjekte wieder sich zu bewegen. Sie flogen zu den Rändern des Lagers und verharrten dann dort. Wenige Sekunden später tauchte mit hoher Geschwindigkeit ein anderes größeres Flugobjekt auf, ein längliches Raumschiff, oben wie ein Zylinder, unten wie ein Rechteck geformt. Offenbar der angekündigte Truppentransporter. Dieser schwebte bis zu einem großen, freien Platz im Lager und begann dann langsam zu Boden zu sinken.
 

"Nichts wie weg!" rief Juri zu Kimba. "Da sind nämlich jede Menge Bodentruppen drin. Die werden gleich nach der Landung herauskommen und uns jagen."

"Oh nein!" schoß es Kimba durch den Kopf. "Die rennen alle in den Dschungel und die Soldaten der Defrag werden ihnen sicher folgen.

Und tatsächlich: Kaum war der Truppentransporter gelandet, öffneten sich an beiden Seiten Türen und etliche Soldaten schritten schnell und mit etwas Gewehrähnlichem in beiden Händen ins Freie. Während Kimba und Juri schon mehr und mehr rückwärts in den Dschungel schlichen, sammelten diese Soldaten sich zwischen Raumschiff und Dschungel, um kurze Zeit später in zwei Stoßrichtungen in den Dschungel einzudringen.
 

Kimba ließ inzwischen Dschungel-Alarm geben und zwei Schimpansen hüpften auf einem großen, hohlen Baumstamm auf und ab und erzeugten damit ein trommelähnliches Geräusch.

"Schnell, flieht zu den Sammelplätzen! Bleibt auf jeden Fall vom Osten des Dschungels fern!" rief Kimba allen zu, denen er auf seinem Weg quer durch den Dschungel begegnete. Ein großer, allgemeiner Aufruhr fuhr durch den Dschungel und alle Tiere begannen sich so schnell es eben ging in Bewegung zu setzen.
 

Unterdessen waren auch die Flüchtlinge bis tief in den Dschungel vorgetrungen und einige waren sogar dumm genug, sich in den wenigen Gebäuden zu verstecken, die die Tiere errichtet hatten. Die Soldaten der Defrag bekamen dies natürlich mit und drangen so in die Farm, das Restaurant und die Schule ein. Die Menschen versuchten, sich mit Stöcken oder Mistgabeln zu wehren, daher begannen die Defrag, ihrerseits ihre Waffen einzusetzen. Die gewehrähnlichen Geräte schossen leuchtend gelbe Ladungen ab, die mit hoher Geschwindigkeit auf das Ziel trafen und eine reihe kleiner bläulicher Energieblitze rund um die Einschlagsstelle verursachten. Wenn ein Mensch getroffen worden war, brach er unter einem Aufschrei zusammen und blieb regungslos liegen. Einige Zeit später wurde er dann von den Soldaten weggeschlappt.
 

Da sich die Flüchtlinge auch in den Gebäuden versteckten, wurde auch diese beschossen. Die Sturmtruppler der Defrag rannten über die Felder der Farm und hinterliessen mit ihren schweren, gepanzerten Kombi-Suits tiefe Löcher und zerdrückte Pflanzen am Boden. Auch waren ihre Schußwaffen offenbar für zwei verschiedene Arten des Einsatzes vorgesehen: Zum einen zum Betäuben von Menschen und zum anderen zum Durchbrechen und Zerstören von Objekten. So wurde zum Beispiel die Tür zur Farmscheune mit einem Schuß geradezu weggesprengt.
 

"Wo willst du hin, Kimba?" rief Daniel. Kimba hatte sich nämlich gedreht und rannte wieder ins Zentrum des Dschungels zurück, nachdem er gesehen hatte, was die Sturmtruppen mit dem Dschungel taten.

"Ich werde nicht zulassen, daß die Defrag alles zerstören, was wir uns aufgebaut haben! Die sollen ihren dämlichen Krieg nicht hierher mitschleppen!" rief Kimba zurück. Wenige Sekunden später war er auch schon im Dickicht verschwunden und kurz darauf mitten auf dem Schlachtfeld der Farm. Die Defrag hatten schon etliche der Flüchtlinge betäubt, aber noch immer liefen einige frei herum und hatten sogar einfache Gewehre bei sich, mit denen sie ab und an auf die gepanzerten Sturmtruppen feuerten. Natürlich ohne jede Wirkung.
 

"Hört sofort damit auf!" schrie Kimba einen der Defrag an. Keine Sekunde später schaute er in die Mündung der Schußwaffe des Sturmtrupplers. Mit einem schnellen Sprung konnte er sich rechtzeitig in Sicherheit bringen und die Energieladung fuhr hinter ihm in den Boden.
 

Jetzt langte es ihm völlig. Er fuhr seine Krallen aus und sprang den Soldaten an. Doch mehr als ihn auf den Rücken zu werfen konnte er nicht. Seine Krallen konnten keinen Millimeter in das Metall der Panzerung eindringen. Und mit seinen Zähnen konnte er gerade mal am Helm scharben, was für ihn selber jedoch weitaus unangenehmer war als für den Soldaten.

"Verdammt. Die sind so gut eingepackt, daß ich keine Chance gegen sie habe," dachte er sich verärgert. "Aber moment mal, das war doch bei dem komischen Wesen vor einiger Zeit auch der Fall. Und das Ding konnte ich zumindest etwas beschädigen...." Er suchte eilig an dem Körper seines Gegners nach irgendwelchen Weichteilen oder Schläuchen - irgendetwas, daß zerstörbar aussah.

Der Sturmtruppler versuchte unterdessen, seine Waffe wieder auf Kimba zu richten. Der war aber so nahe dran, daß das mehr als schwer war.
 

Aus den Augenwinkeln bemerkte Kimba, wie zwei andere der Defrag sein Treiben beobachteten. Offenbar griffen sie noch nicht ein, da sich ihr Gefährte in keiner ernsten Gefahr befand. Aber Kimba wußte: Wenn er ihn noch länger am Boden hielt, würden sie ihn sicher auch betäuben, damit der andere wieder bei der Menschenjagd mitmachen konnte. Er mußte sich also schnell etwas einfallen lassen.
 

Der Defrag unter ihm bewegte sich nun etwas seitwärts, um seine Waffe endlich aus der engen Lücke zwischen ihm selbst und dem weißen Löwen hinausziehen konnte. Da sah Kimba das, was er gesucht hatte: Ein Schlauch führte von dem Helm bis in einen Kasten, der auf dem Rücken befestigt war. Mit einer blitzschnellen Bewegung riß er den Schlauch entzwei. Es zischte laut und weißer Dampf strömte schnell ins freie. Kimba meinte, sowas wie einen Schrei von dem Alien hören zu können. Dann mußte er aber auch schon schnell wegspringen, denn die anderen beiden schauten nach dieser Aktion nicht mehr länger nur zu.
 

Keine Sekunde später schoß ein gelber Energieblitz knapp über den sich am Boden windenden Defrag hinweg, genau durch den Platz, wo gerade zuvor Kimba noch gestanden hatte. An die anderen würde er jetzt nicht mehr so leicht herankommen, da war er sich sicher. Doch erstmal mußte er sich sowieso schnell in Sicherheit bringen, da die beiden anderen weiterhin auf ihn feuerten. Dabei wurde ihm bewußt, daß das freie Feld keine besonders gute Deckung bot. Außerdem waren auch andere Soldaten auf ihn aufmerksam geworden und begannen nun ebenfalls, auf ihn zu schiessen. So kam Kimba mehr und mehr in Bedrängnis.
 

Letztlich stand er umringt von 10 Soldaten der Defrag allein auf dem Feld und wußte nicht mehr, wie genau er ihnen noch ausweichen sollte. Für eine Sekunde lang hatten sie das Feuer eingestellt, da sie sich kurz per Zeichen untereinander abspechen wollten, wie sie ihn am besten am Ausweichen der Schüsse hindern könnten.

"Wenn mir jetzt nichts einfällt, werden sie mich entweder erschießen oder in einen Käfig stecken," erkannte Kimba. Doch ihm fiel nichts ein und die Soldaten richteten bereits wieder ihre Waffen auf ihn.
 

Die gelben Energieladungen jagten durch die Luft. Immer, wenn sie auf körperlichen Widerstand trafen, verschwanden sie darin und lösten eine Reihe kleiner blauer Energieblitze rund um die Einschlagsstelle aus. In binnen weniger Sekunden waren die Sturmtruppler alle ausgeschaltet worden. Kimba schaute ungläubig um sich herum. "Was ist hier bloß los?" fragte er sich verwundert.
 

Aus dem Gebüsch nahe der Farm erhoben sich plötzlich Gestalten. Einige Menschen und einige Rekar hatten offenbar mit ihren Energiewaffen diesen Teil der Defrag Sturmtruppen besiegt und Kimba damit gerettet. Noch ein Mensch stand aus dem Gebüsch auf. Es war Mbangi.
 

"Hallo Kimba! Ich hoffe, wir haben dich nicht all zu sehr erschreckt?" begrüßte der kleine schwarze Junge seinen Freund.

"Mbangi?" rief Kimba verwundert. "Was tust du denn hier? Und wer sind diese Leute?"
 

"Wir gehören alle zusammen. Wir sind die 'Neue Allianz' und kämpfen gemeinsam gegen die Besatzer. Die Rekar haben uns die meisten ihrer Waffen zur Verfügung gestellt und wir haben genügend Leute, um sie alle einzusetzen. Gemeinsam können wir gegen die Defrag gewinnen."
 

Einer der Defrag mit einem breiten, orangem Band über die Schulter kam auf Kimba zu: " Wie steht es mit dir? - Jetzt, wo die Defrag auch deinen Dschungel angreifen und euch Tiere als Feinde ansehen, würde es durchaus Sinn machen, daß du mit uns zusammen gegen sie kämpfst."

Kimba war skeptisch: "Viel Sinn sehe ich in dem Krieg nicht mehr. Die Erde ist doch bereits unterworfen und die Defrag haben eine große Übermacht. Wozu kämpfen bis zum Untergang?" Der Rekar lächelte freundlich. "Es macht für uns Rekar keinen Sinn, uns zu ergeben. Die Strategie der Defrag lautet, erst gar keine Gefangenen zu machen. Uns würden sie einfach umbringen. Die Menschen würden sie zwar erstmal am Leben lassen, aber zum einen essen die Defrag auch ganz gerne das Fleisch von anderen Wesen und zum anderen lassen sie den Rest gerne in Minen und Fabriken für sich die niedere Arbeit erledigen. Also ist das, was die Menschen erwartet, auch nicht so viel besser. Außerdem ist bereits Verstärkung unterwegs. Wir konnten unsere Haupstreitkräfte nahe unserer Heimatwelt erreichen und sie wollen hier Unterstützung gewähren."

"Also müssen wir nur durchhalten," ergänzte Mbangi.
 

"Hmmm...," überlegte Kimba. "Ich weiß nicht. Außerdem: Wie sollte ich euch schon helfen? Meine Krallen und Zähne sind nicht unbedingt besonders gut dafür geeignet."

Ein großer Mann mit Drei-Tage-Bart und Zigarre im Mundwinkel trat zu Kimba: "Du hast Kenntnisse über die gesamte Gegend hier. Außerdem bist du schnell, kannst Nachts ohne Hilfe gut sehen und stark genug, um einen von denen Umzuwerfen bist du auch." Seine Stimme war rauchig und tief. Kimba schaute ihn sich genauer an: Groß, stark gebaut, mit Tarnhelm auf dem Kopf, einer zerschlissenen Uniform und Munitionsgürteln um beide Schultern herum. Ein weiterer Gürtel mit Handgranaten und einigen Packen Munition und sonstiger Ausrüstung war um seine Taillie geschnallt. "Der entspricht irgendwie voll dem Klischee eines typischen Veteranen." dachte sich Kimba.

"Was meinst du nun?" fragte der Rekar nach.

"Ich muß erst mal mit meinen Freunden darüber sprechen. Ich habe schließlich Verantwortung für sie und kann sie nicht so einfach hier hängen lassen."

"Ok, wir warten an der Grenze zum Sumpf. Dort bleiben wir bis morgen," erklärte der große Soldat kurz.
 

Einige Zeit später war Kimba bei den anderen an dem Sammelplatz nahe den Plateaus und erzählte Daniel und seinen anderen Freunden von seinem Erlebnis.

Daniel runzelte die Stirn: "Also ich weiß nicht genau wieso, aber mir gefällt diese Argumentation dieser "Neuen Allianz" überhaupt nicht."

Kimba war inzwischen recht optimistisch: "Weiß du, ich denke daß das vielleicht gar nicht mal so schlecht ist, wenn ich mich denen anschließe. So kann ich sie mit ihren Kampfaktionen zumindest vom Dschungel fernhalten. Außerdem haben uns die Defrag gar nicht erst in Ruhe gelassen. Teile der Farm und anderer Einrichtungen wurden zerstört."

"Na gut, Kimba. Den Vorteil, daß die dann wenigstens nicht bei uns kämpfen, sehe ich auch. Aber denke daran: Das ist nicht unser Krieg. Du bist denen zu nichts verpflichtet."
 

Rahja kam zu Kimba. "Willst du dich wirklich in derartige Gefahr begeben? Und dann noch ganz allein? Laß mich doch mitkommen!"

"Das geht nicht, Rahja. Das ist für dich viel zu gefährlich. Sorge du bitte mit Daniel zusammen dafür, daß es unseren Freunden gut geht!"

"Aber versprich mir wenigstens, daß du bald zurückkommst! Hörst du?"

"Keine Sorge. Sobald deren Verstärkung eingetroffen ist, habe ich keinen Grund mehr, weiterhin bei denen mitzukämpfen. Auf Wiedesehen, Rahja!"

"Auf Wiedersehen, Kimba."
 

Als sich Kimba umgedreht hatte und in Richtung des Lagers der Neuen Allianz ging, konnte Rahja ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Es kam ihr so vor, als würde sie ihn zum letzten Mal sehen.
 

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Nächster Teil: Kimba 12 - Der Krieg (2)

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 11 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Der Krieg (2)"

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Geduckt schlich Kimba durch den Graben, den die Defrag oder ihre menschlichen Sklaven ausgehoben hatten. Sie hätten bestimmt nie gedacht, daß ihnen ihre eigene Verteidigungsanlage mal zum Verhängnis werden könnte.

Der Kommandant hatte für den Angriff sogar seine Zigarre weggelassen. Ansonsten hatte man immer den Eindruck, er ginge mit ihr auch ins Bett und unter die Dusche. Angestrengt schaute er durch sein Fernglas mit eingeschaltetem Restlichtverstärker. Kommandant Bowl deutete seinem Scharfschützen, einem der Rekar, er solle sich bereithalten. Dieser Scharfschütze mit dem außergewöhnlichen Namen U hatte mehrere Implantate in seinem Körper, von denen eines eine Schnittstelle zu seiner Fernwaffe war, mit der er einen Defrag Soldaten auf einem Wachtturm auf der gegenüberliegenden Seite des feindlichen Lagers anvisierte. Der Schuß würde auf den Millimeter genau in die Schläfe des Opfers eindringen.
 

Inzwischen war Kimba hinter der anderen Wache angekommen, die nahe des Grabens nach Feinden im Gestrüpp wenige Meter vom Wachposten weg ausschau hielt. Doch den weißen Löwen fast direkt unter ihr bemerkte sie nicht, der lag einfach außerhalb des Blickfeldes.

Kimba spannt alle seine Muskeln an und konzentrierte sich. Die Wache nur zu Boden zu werfen würde nicht ausreichen. Er mußte statt dessen mit seinen Krallen die Schläuche am Helm des Soldaten wegreissen, dann wäre er in binnen Sekunden paralysiert und würde in eine tiefe Ohnmacht fallen.
 

Dann sprang er los. Die Krallen zielten genau auf die Schläuche seines Zieles. Die Wache sah lediglich etwas helles plötzlich vor sich auftauchen, als ihr Atemschlauch auch schon mit einem großen rrrrratsch die Erdatmosphäre in den Helm eindringen ließ.

Fast gleichzeitig brach die Wache auf dem Turm am anderen Ende des Lagers zusammen, ebenso eine weitere auf einem Wachturm nahe Kimbas Position.
 

Der Soldat, den Kimba erwischt hatte, zuckte noch etwas und blieb dann regungslos liegen. Schnell rückten die übrigen Soldaten der Neuen Allianz vor und gingen an der Wand des Hauptgebäudes des Versorgungspostens in Deckung. Zweie von ihnen brachten schnell Sprengladungen an zwei futuristischen Kettenfahrzeugen an, die in der Nähe standen. Bowl schaute kurz wieder zu seiner vorherigen Stellung am Hang zurück, von wo aus er die Aktion gestartet hatte. Dort lag noch immer einer der weiteren Scharfschützen - nur eben mit einer Art Panzerfaust anstelle eines Gewehres bewaffnet. Seine Aufgabe würde es sein, auf Zeichen die kleine Radaranlage auf dem Dach des Gebäudes zu zerstören.
 

Kommander Bowl schaute nochmal zu U, der inzwischen in kurzer Entfernung von dem Haupteingang des Gebäudes in Stellung gegangen war und in den Raum zielen würde, sobald die Tür offen wäre. U nickte. Er war bereit. Bowl schaute dann zu Kimba, der inzwischen mit einem Sprung fast lautlos auf das Dach des Gebäudes gelangt war und ebenfalls nickte. Auch er war bereit. Ebenso die anderen Soldaten in Schlüsselpositionen rund um das Gebäude herum. Der Kommander gab das Zeichen an seinen Soldaten in der alten Stellung.
 

Für eine knappe halbe Sekunde leuchtete es in mittlerer Entfernung auf. Wo soeben noch der Soldat gewesen war, war nun eine große Rauchwolke zu sehen. Keine Sekunde später traf das Geschoß auf die Radaranlage und riß sie mit einem ohrenbetäubenden Knall in Stücke Die Druckwelle der Explosion fegte knapp über Kimba hinweg, der sich in einer der zahlreichen Vertiefungen auf dem Dach gequetscht hatte.

Gleichzeitig explodierten die Sprengsätze an den Fahrzeugen und beschädigten diese zumindest schwer - wenn sie nicht ganz zerstört waren. Auch ein kleiner Sprengsatz an der Haupttür zum Gebäude ging hoch und die beiden Soldaten links und rechts daneben stießen mit einem kräftigen Ruck jeweils ihre Türhälfte auf und liessen sich augenblicklich fallen.
 

U feuerte ein größeres Projektil in das Gebäude und drinnen blitzte es nach einer halben Sekunde ultra grell auf. Eine Blendgranate.

Kimba war inzwischen bei dem durch die Explosion zersplitterten Dachfernster angelangt und sprang gleich nach der Blendgranate ins Innere des Gebäudes. Die dortigen Soldaten waren vorläufig erblindet und hatten dem weißen Löwen nichts entgegenzusetzen, als er wieder ihre Atemschläuche durchtrennte.
 

Wenige Sekunden später waren alle Defrag in tiefer Ohnmacht oder gefangen oder erschossen.
 

"Ein voller Erfolg!" lobte Bowl das Vorgehen seiner Leute. "Zerstört den Generator! Damit bleibt die Radarstation am Fuße des Mondberges weiterhin ohne Strom. Holt euch auch die Handwaffen und die Ersatzteile für die Fahrzeuge, von denen haben wir nämlich kaum noch welche!"
 

Kimba kam gerade aus dem Hauptgebäude des Versorgungspostens. "Ist hier draußen alles glatt gelaufen?" erkundigte er sich.

"Ja, die Aktion war ein voller Erfolg. Wenn wir hier nicht schon alle Defrag erledigt hätten, würde ich fast sagen, es ging zu einfach und zu gut."

"Stimmt schon, die Wachen waren eigenartig schlecht aufgestellt. Wenn das unser erster Angriff gewesen wäre, könnte ich das ja noch verstehen: sie hätten uns einfach unterschätzt." überlegte Kimba.

"Seit wir denen ihr Basislager in der großen Ebene in die Luft gejagt haben, wissen sie aber, wie gefährlich wir sind. Daher werden wir jetzt auch nur schnell die Waffen und Geräte herausholen und dann gleich verschwinden. Geh du schonmal ein Stück vor und sichere uns mit U gegen die Zufahrtsstraße ab. Wer weiß, wann die nächste Patroullie hier vorbeikommt... "
 

"Mach ich!" Kimba winkte U kurz zu, der aber sowieso schon auf halben Wege in seine Richtung war.

"Du hast da drinnen gute Arbeit geleistet, Kimba," lobte U Kimba auf dem Weg zur Stellung.

"Danke, aber deine Präzisionsschüsse waren mal wieder unentbehrlich, ohne sie hätte ich das nicht geschafft," gab Kimba das Lob zurück.

"Weißt du noch, wie du bei der Aktion gegen den zweiten Versorgungskonvoi zwei Defrag dazu gebracht hast, sich gegenseitig über den Haufen zu schiessen?"

"Ja. Aber von anfang an geplant war das nicht. Hatte sich halt so ergeben."

"Ich war gerade am Überlegen, welchen von beiden ich jetzt nehmen soll, als da plötzlich niemand mehr stand. Am liebsten hätte ich mich vor Lachen auf dem Boden gewälzt."

"Das wäre bei dem Feindbeschuß nicht gut gekommen, U," lachte Kimba.
 

U wurde plötzlich ernst.

"Hast du das gehört?" fragte er Kimba plötzlich. Kimba spitzte die Ohren, konnte aber auch nichts besonderes wahrnehmen. - Oder doch?

"Ich glaube, ich höre da so ein Summen in der Luft..." meinte Kimba, während er angestrengt lauschte. "Scheint periodisch auf und ab zu schwingen," fügte er dann noch hinzu.

"Verdammt!" rief U auf einmal laut. "Defrag - Invasionsbomber!"
 

Und genau in dem Moment jagte eine Lenkrakete in das Hauptgebäude des Lagers, wo zwischen den betäubten oder gar getöteten Defrag noch die Soldaten der Neuen Allianz nach Beute suchten. Das gesamte Gebäude ging in einem grellen Blitz auf und eine ohrenbetäubende Explosion folgte, deren Druckwelle die Fahrzeuge un der Nähe um warf und die Zelte und provisiorischen Hallen in Stücke riß.
 

Kimba und U warfen sich in einen Stellungsgraben in ihrer Nähe. Nur eine Sekunde später folgte auch ein Bombenhagel, der an Intensität in diesem gesamten bisherigen Krieg seines gleichen suchte. Offenbar hatten die Defrag die Bedrohung durch die Neue Allianz weitaus ernster genommen, als sie bisher gedacht hatten. Sogar ihre eigenen Leute hatten sie geopfert, nur um zumindest die gefährlichste der Partisanengruppen in eine Falle locken zu können.

Kimbas Ohren schmerzten wegen des Lärmes und den ständigen Explosionen. Auch U hatte sich in eine Ecke des Grabens gekauert und hielt sich beide Ohren zu, wobei er mit den anderen beiden Händen sein Gewehr dich an sich gepresst hielt. Doch auch dieses konnte ihm in dieser Situation nicht helfen, die Bomber kreisten über dem Versorgungsposten und warfen offenbar ihre gesamte Ladung ab. Eine von ihnen schlug nur etwa 10 Meter neben dem Graben ein und Kimba und U wurden kräftig durchgeschüttelt, als der gesamte Boden unter der Detonation erbebte.

"Rahja..." dachte Kimba in Todesangst, "Rahja... ich hab versprochen, zurück zu kommen. Ich darf hier nicht sterben! Nein! Niemals! Ich will dich unbedingt wiedersehen..."

Eine Reihe weiterer Detonationen, die ebenfalls relativ nahe des Grabens waren, liessen wieder Luft und Erde erzittern. "Und auch euch, Daniel, Lukas, Piwi, Wildcat, Tommy, Pauley... .Ich darf hier nicht sterben, wenn ich euch beschützen will. Sie vertrauen mir, ich darf sie einfach nicht enttäuschen und hier draufgehen..."
 

Kimba horchte plötzlich auf.
 

Es war urplötzlich still geworden. Totenstill. Als ob alle Geräusche der Welt bei dem Bombenhagel zerstört worden wären.

Kimba brauchte ein paar Sekunden, bis er verstand, daß es tatsächlich vorbei war: Er hatte überlebt. Er schaute zu der Stelle hinüber, wo gerade noch U gesessen hatte, doch der war bereits aufgesprungen und ging gerade über das zerbombte Feld in Richung dessen, was vom Versorgungsposten der Defrag übriggeblieben war. Schnell folgte Kimba ihm.
 

"U! U! Ist alles in Ordnung mit dir?" erkundigte er sich.

"Bei mir schon, aber ich fürchte, die meisten unserer Freunde werden wir nicht leben wiedersehen. Die verdammte Scheißviecher haben ja quasi das gesamte Feld umgepflügt..."

Bei diesen Worten trat U auf etwas und rutschte fast aus. Es war eine menschliche Hand mit einem Stück Gelenk daran. Übelkeit stieg in Kimba auf.
 

Die beiden gingen dann weiter über das Feld und riefen, ob sie jemand hören könne oder hilfe brauche. Doch es kam keine Antwort. Oder doch? Kimba spitzte die Ohren, er meinte, irgendetwas gehört zu haben - außer dem ständigen Pfeifen in seinen Ohren. Er wollte gerade U fragen, ob er auch irgend ein Stöhnen gehört hätte, doch der war schon zielstrebig zu der Stelle unterwegs, von der aus das Stöhnen kam.
 

Nachdem er zwei dünne, teilweise gesplitterte Holzplatten entfernt hatte, konnte er auch schon den Kommandanten sehen. Kimba war inzwischen auch an der Stelle angelangt und er wußte ebenso wie U, daß es für Bowl zu spät war. Seine Wunden waren tief und über den gesamten Körper verteilt, er lag bereits in einer ganzen Lache aus seinem eigenen Blut.
 

"M... meine Jungs...?" fragte er sichtlich unter Schmerzen.

U schüttelte den Kopf.

"Diese Bastarde!" keuchte Bowl und krümmte sich nochmals unter Schmerzen, bevor er schließlich zusammensackte und regungslos liegen blieb.

Kimba stiegen die Tränen in die Augen. "Kommandant..."
 

U schaute auf seinen Begleiter und meinte traurig: "So ein Massaker habe ich schon lange nicht mehr erlebt. Die Defrag scheuen nicht, sich selbst für ihre Angriffe zu opfern. Das ist es, was sie so gefährlich macht..."
 

Einige Stunden später waren Kimba und U beim Haupttreffpunkt der Neuen Allianz angelangt und erstatteten Bericht. General Wanabe war zutiefst beunruhigt über die Entwicklung:

"Seit fast zwei Wochen leisten wir nun schon sehr erfolgreich Widerstand, doch wenn die Defrag jetzt zu solchen Mitteln greifen, könnten alle Ergebnisse dieser Arbeit zerstört werden. Wir müssen unbedingt eine neue Strategie einschlagen. U, Kimba, eure Einheit existiert nicht mehr. Ihr werdet daher der Einheit von Captain O Neill zugeteilt. Auch seine Einheit hatte letzte Nacht ein paar Verluste hinnehmen müssen und er wird mit euch und anderen Neuzugängen ein schlagkräftiges Team formen."

"General, ich habe eine Idee, wie wir die Bedrohung durch die feindlichen Invasions-Bomber ein für alle Mal stoppen können."

Admiral Keyn, der Oberkommandant der Rekar auf der Erde, war ebenfalls bei diesem Treffen anwesend. Sein Rat war für die Menschen unentbehrlich, da nur er über die langjährige Kriegserfahrung mit den Defrag verfügte.

Der General war daher auch sofort interessiert: "Ich höre...."

"Wenn wir ihr regionales Landungsschiff vernichten, könnten sie ihre Invasionsbomber nicht mehr hier unten auftanken, wir lägen damit ausserhalb ihrer Reichweite."

"Ich dachte, ihr Landungsschiff sei unangreifbar?" wunderte Wanabe sich.

"Das dachten wir anfangs auch und im Prinzip ist es das auch. Aber nicht die gesamte Zeit. Es wird nämlich regelmäßig mit Munition, Treibstoff und anderen Versorgungsgütern aus dem Orbit heraus versorgt. Immer, wenn ein solcher Konvoi von einigen kleineren Transportern beim Landungsschiff ankommt, senken sie für etwa 1 Minute ihre Schilde. Sie müssen sie komplett herunterfahren, anders ist das mit der defragschen Schildtechnologie nicht zu machen. Und genau in diesem Moment könnte ein kleinerer aber gut ausgerüsteter Stoßtrupp in den Bereich innerhalb der Schilde eindringen und das feindliche Schiff an den entscheidenden Stellen mit Bomben versorgen. Danach entfernt sich der Stoßtrupp und läßt mit einer ersten Explosion die Schilde des Landungsschiffes ausfallen. Danach müssen sie zusehen, daß sie schnell einigen Abstand oder einen guten Unterschlupf finden, denn eine weitere Minute danach müßten die übrigen Sprengsätze hochgehen. Die Sensoren des Landungsschiffes brauchen nämlich etwa eine Minute, um von normalem Modus in den Suchmodus für Sprengsätze zu wechseln. Wenn diese gefunden werden, sind sie relativ leicht zu entschärfen und wir werden wohl jeden einzelnen brauchen, wenn wir das gesamte Schiff in die Luft jagen wollen."

"Das hört sich vielversprechend an, Admiral Keyn. Wir sollten uns gleich daran machen, einen qualifizierten Stoßtrupp zusammenzustellen."
 

Kimba und U wurden kurz darauf Captain O Neill vorgestellt. Er sah nicht ganz so sehr wie der typische Veteran aus, eher wie ein normaler Bürger. Auch war seine Sprache weitaus weniger vom harrschen Befehlston geprägt, obgleich seine Autorität herauszuhören war.

"Ihr seid also die Neuen... " begann er, während er sich Kimba und einige andere Neuzugänge kritisch anschaute. "Nun: Vor wenigen Minuten habe ich vom General selbst den Befehl erhalten, mit euch einen äußerst kritischen und gefährlichen Auftrag durchzuführen. Wir werden in den nächsten Tagen zum feindlichen Landungsschiff marschieren, in das Schiff eindringen und es in die Luft sprengen. Die Details werde ich anschließend im Einsatzgespräch erläutern. Zunächst einmal etwas zu mir: Ich leite diese Einheit schon viel länger, als dieser Krieg andauert und habe daher mit den Leutnants Barcley und Harrison viel gemeinsam erlebt. Die beiden hier kenne ich in- und auswendig und weiß, dass sie gute Leute sind und wie ich am besten mit ihnen zusammenarbeite. Wie das mit euch anderen aussieht, weiß ich noch nicht, aber ich werde es herausfinden. Eines jedoch weiß ich von jedem von euch: Ihr seid alle Spezialisten auf euren Gebieten und jeder einzelne ist für diese Mission unentbehrlich. Das heißt aber auch: Keine Dummheiten eurerseits! Wir dürfen uns auf keinen Fall vor dem Einsatz in irgendwelche Gefechte verwickeln lassen, auch wenn der ein- oder andere von euch durchaus ein berechtigtes Interesse an Rache haben sollte. Nochwas: Der Boss hier bin ich und wenn ich nicht da bin, sind es meine beiden Leute, weil ich von denen weiß, das sie wissen, was ich wollen täte. Auch dulde ich keinen Ungehorsam. Befehl ist Befehl! Egal wie unangenehm er sein mag. Doch wenn ich - aus welchem Grunde auch immer - Mist bauen sollte, dann will ich, dass ihr mir das auch sagt. Wenn ich dann jedoch bei meinem Befehl bleibe, ist er auszuführen. Noch Fragen?"

Die Anwesenden schauten schweigend einander an.

"Gut. Dann will ich euch mal Gegenseitig vorstellen: Meine Leutnants Yanina Barcley und Jack Harrsion kennt ihr ja bereits. Barcley ist Spezialist als Heckenschütze und unschlagbar als Scout. Sie kann sich als nahezu alles tarnen und bewegt sich fast lautlos. Harrison kennt so ziemlich alle Waffensysteme in diesem Krieg in - und auswendig. Sogar die hier eingesetzten Waffensystem der Defrag. Er kann alles reparieren, zusammensetzen oder improvisieren. Zudem ist er ein äußerst Disziplinierter Deckungssoldat mit Nerven aus Drahtseilen." O Neill ging nun zu den Neuen in der Gruppe und blieb bei einem großen Rekar stehen, der ein blaues Band über die Schulter gelegt hatte und mit einem Augenersatz als rechtes Auge ausgestattet war.

"Dieser Soldat hier heißt Denar. Er ist Kommunikationsspezialist und zudem Experte, was feindliche Schiffe angeht. Er kennt ihren Aufbau, ihre Verteidigungssystem, ihre Stärken und Schwächen. Er wird uns zu den kritischen Punkten des feindlichen Schiffes führen."

Dann ging er weiter zu einer weiteren Frau, die noch ziemlich jung zu sein schien.

"Maya Zyric ist sowohl Nahkampfspezialistin als auch sehr bewandert auf dem Gebiet der Sprengstoffe. Sie wird mit Harrison die Ladungen anbringen."

Dann ging er weiter zu U und Kimba.

"U ist ein Scharfschütze sonder gleichen. Was er anvisiert, ist schon so gut wie tot. Er kann aber auch mit Waffen ohne Zielvorrichtung sehr gut umgehen."

"Kimba ist wohl das aussergewöhnlichste Mitglied unseres Teams. Wenn mir vor einem Jahr einer gesagt hätte, dass ich mal Seite an Seite mit einem sprechenden Löwen kämpfen würde, hätte ich ihn ausgelacht. Er ist ein guter Nahkämpfer, wird aber für uns hauptsächlich der einheimische Führer sein, der uns von Sackgassen und Treibsand fernhalten und uns sicher und schnell zum Ziel bringt. - So das wars erstmal. Einsatzbesprechung ist in einer Stunde im Versammlungszelt. Wegtreten!"
 

"Ein interessantes Team, findest du nicht?" fragte U Kimba.

"Bei so vielen Spezialisten fühle ich mich richtig unwichtig..." meinte Kimba.

"Du hast den Captain gehört: Jeder von uns ist unersätzlich. Auch du."
 

Am nächsten Morgen brachen O Neill und seine Einheit in Richtung des Landungsschiffes auf.

"Wir werden auf dem Weg einmal Lager aufschlagen. Morgen Abend werden wir beim Landungsschiff ankommen. Um etwa 22 Uhr wird dort ein Konvoi eintreffen, für den die Schilde gesenkt werden werden. Dann beginnt unser Einsatz." wiederholte O Neill nochmals die Einsatzbesprechung bis zum Operationsbeginn.
 

Am Abend kamen sie schließlich in einem kleinen Lager mitten in der Savanne an. Genaugenommen waren es bloß zwei gut getarnte Zwei-Mann-Zelte, eines zum Schlafen und eines mit allerlei Vorräten. In der "Mitte" des Lagers war eine kleine, in den Boden eingelassene Feuerstelle zu sehen mit einer provisorischen Vorrichtung aus Steinen, wo man kleine Töpfe zum Kochen draufstellen konnte.

Einer der beiden Soldaten, die für das Lager zuständig waren, kroch gerade im Versorungszelt herum, als die Gruppe ankam. Der andere stand an einem Baum neben einer Art kleinen Stellung und begrüßte O Neill und seine Leute, als er sie sah.

"Captain!" salutierte er, "Willkommen im Süd-Ost-Lager. Machen sie es sich gemütlich! Wir haben neben unserem Zelt Platz für weitere geschaffen, neben dem Versorgungszelt ist eine weitere gute Möglichkeit. Diese Plätze sind schon vorgetarnt, es müßten nur noch die Zelte selbst ein wenig bedeckt werden."
 

"Gute Arbeit, Soldat. Das Oberkommando erklärte, sie werden uns mit den noch benötigen Vorräten und Ausrüstung versorgen. Ich wünsche, dass sie meine Leute in allem unterstützen!"

"Sehr wohl, Captain!"
 

Der andere Soldaten war inzwischen aus dem Zelt gekrochen und hatte eine Reihe Konservendosen neben den Herd gestellt. Auch er salutierte kurz und meinte: "Abendessen ist in einer Viertelstunde fertig."
 

Kimba schaute U fragend an.

"Ist was?"

"Ja... sind es wirklich bloß die beiden, die hier gewöhnlich das Lager bewachen? Das muß doch ungeheuer anstrengend sein..."

"Ist es auch. Daher werden auch alle 4 Tage die Soldaten ausgetauscht. Diese beiden hier sind zum Beispiel erst seit gestern hier."

Kimba musterte die beiden. Der eine, der gerade das Abendessen zubereitete, war mittelgroß, schlank und offenbar nordeuropäischer Herkunft. Der andere war wohl Südeuropäer, vielleicht auch Nordafrikaner mit kurzem, dichtem, schwarzen Haar, das mit leichten locken unter seinem Helm hervorschaute. Auch er war schlank, aber von eher kleiner Statur. Er machte sich gerade daran, U und Denar beim Aufbau ihres Zeltes zu helfen.

Kimba ging gleich zu ihm hinüber. "Wie heißt du, Mensch?" fragte er etwas unbeholfen aber freundlich. "Giovanni Morinetti," antwortete er kurz. "Und du bis Kimba, nicht wahr?"

"Ja, du kennst meinen Namen?"

"Es gibt wohl kaum jemanden in der Neuen Allianz, der deinen Namen nicht kennt. So viele weiße Löwen haben wir nicht in unseren Reihen."

"Naja... dass mich die Leute meiner Gruppe schnell kennen, war mir schon klar. Aber gleich alle Soldaten, selbst von anderen Einheiten?"

"Du hast uns schon einige große Dienste erwiesen. Sowas spricht sich herum," Giovanni drehte sich kurz weg, um zwei Heringe in den Boden zu treiben, "Glaub mir, kleiner, wenn das alles hier vorbei ist, wirst du als einer der Kriegshelden in die Geschichte eingehen. Schon alleine dein Einsatz bei der Vernichtung des feindlichen Hauptlagers in der Ebene wäre n Heldenepos wert gewesen..."

"Oh... vielen Dank, aber das war doch nichts besonderes, " Kimba war leicht rot geworden, "ich versuche ja schließlich nur zu helfen und damit meinen Dschungel zu verteidigen."

U schlug Kimba auf die Schulter. "Und das machst du prima. Wenn wir mehr Leute mit so viel Einsatzwillen bei uns in der Armee hätten, hätten wir den Krieg gegen die Defrag schon lange gewonnen."
 

"Das Essen ist aufgesetzt. Wenn es niemand anrührt, ist es in etwa 10 Minuten gar," rief der andere Soldat von der Essstelle. Er hatte inzwischen seinen Helm abgenommen, kein Wunder, bei der Hitze.

"Hehehe... ein Koch mit Erfahrung..." kommentierte O Neill.

Kimba nutzte auch gleich die Gelegenheit und lief zu dem anderen Soldaten hin, um auch ihn kennenzulernen.

"Hallo. Ich bin Kimba. Ich bin quasi der Fährtensucher in der Gruppe. Und wer bist du?"

Der Soldat blickte auf und schaute Kimba an - merkwürdig an, wie Kimba empfand.

"Ich heiße Subco," gab er kurz zu Protokoll.

"Bist du hier als Koch oder hast du auch andere Aufgaben?"

"Köche gibts hier nicht. Konserven erwärmen kann jeder, der einen halben Funken Verstand hat. Gewöhnlich bin ich der, der dafür sorgt, dass die vielen Fehler, die die Menschen machen, nicht tödliche Konsequenzen haben. Außerdem werde ich euch bei der Überwachung der feindlichen Kommunikation helfen. Oder in einem Satz: Ich halte euch den Rücken frei, bis ihr euch selber in die Falle gesetzt habt und rette dann euren Arsch."
 

"Ähm... aha..." meinte Kimba nur und wußte nicht recht, was er mit dieser Antwort anfangen sollte. "Dieser 'Subco' ist irgendwie komisch..." dachte er sich und ging wieder zu den anderen. Von denen hatte er bereits im Laufe des Tages auf dem Weg zum Lager das Wichtigste in etwa erfahren:

O Neill war schon während des großen Krieges Captain einer Einheit der ehemaligen UN gewesen und hatte immer versucht, das Schlimmste für die Bevölkerung zu vermeiden. Meistens wurde er dabei von anderen regulären Truppen unterstützt, doch manchmal waren es auch jene Truppen, die für Massaker oder Verschlappungen verantwortlich waren. Aufgrund so einer Truppe hatte er damals fast die Hälfte seiner ursprünglichen Einheit verloren, als diese Kriegsverbrecher, wie er sie immer nur nannte, ihn und seine Leute verrieten und mit selbsternannten Freiheitskämpfern angriffen, um das Gebiet von der 'feindlichen Besatzung' in Form der Zivilbevölkerung zu befreien. Wobei 'befreien' mit Auslöschung der Bevölkerung gleichzusetzen war.

Seine beiden Leutnants gehörten ebenfalls zu dieser Einheit und unterstützten ihn bei allen seinen Vorhaben. Barcley war fast immer die einzige Frau in der Einheit gewesen und hatte sich in Tonfall und Verhalten inzwischen dem ihrer männlichen Kollegen angepaßt. Trotzdem konnte man regelmäßig bemerken, dass sie offenbar aus gutem Hause stammen mußte.

Harrison war schon seit seiner frühesten Kindheit von Waffen aller Art fasziniert gewesen und hatte mit dem Gang zur Armee sein Hobby zum Beruf gemacht. Manchmal muß man glauben, dass er nicht ganz dicht sei, wenn er wieder anfängt mit 'seinen' Waffen zu sprechen und sie zum X. Mal überpoliert. Er meint allen Ernstes, dass das eine positive Wirkung auf die Waffen hätte und sie deswegen länger und besser funktionieren würden.

U, Kimbas Begleiter aus seiner alten Einheit, war eigentlich mehr für die Navigation eines der Scoutschiffe der Rekar-Flotte zuständig gewesen. Seine Ambition, zur Raumflotte zu gehen, war, andere Welten kennenzulernen und nicht etwa, in irgendwelchen Bodenkämpfen mitzumischen. Doch da es für jeden Offizier der rekarischen Raumflotte Pflicht ist, sich auf mehreren unterschiedlichen Gebieten zu Spezialisieren, hatte er unter anderem auch eine Ausbildung als Scharfschütze erhalten und war damit gerade in diesem Guerillia Krieg unentbehrlich geworden.

Denar war Ingenieur auf dem Kampfkreuzer der Rekar gewesen. Auch er hatte mehrere Spezialgebiete, doch sie lagen allesamt bei der Technik. Ob Antriebs- oder Nanotechnologie, er war in allen Gebieten ziemlich fit. Und dadurch natürlich auch auf dem Gebiet der Feindtechnologie. Vor allem die Schildsysteme der Defrag hatten es ihm angetan. Aber auch sonst schien er die Schiffe der Defrag wie seine eigenen zu kennen. Sein gesamtes Leben schien einzig und allein auf das Erlernen und Experimentieren mit der Technik ausgelegt zu sein. Ebenso sein Charakter: Kühl, kalkulierend, präzise und weitgehend emotionslos. Es sei denn, es ging um die Defrag. Die hatten nämlich bei einem ihrer Angriffe auf eine rekarische Kolonie seine Familie ausgelöscht und von daher war er weder willens noch bereit, jemals einen von ihnen lebend entkommen zu lassen. O Neill hatte daher besonderes Augenmerk auf ihn, da er immer eine Dummheit von ihm befürchten mußte.

Und dann blieb da noch Maya Zyric. Sie war kurz vor dem großen Krieg geboren wurden und hatte ihre Kindheit und frühere Jugend auf der Flucht vor feindlichen Truppen verbracht. Als ihr großer Bruder auf eine Mine getreten und gestorben war und ihr Vater wegen einer Schußwunde ebenfalls sehr lange nicht in der Lage war, die Familie durch die großen Südost Europäischen Wälder zu führen, übernahm sie die Wegerkundung. Ihr Mutter war aufgrund ihres eher immensen Körperumfangs dazu nicht wirklich in der Lage gewesen. Nachdem ihr Vater dann wieder genesen war, hatte sie sich schon daran gewöhnt, nahe der feindlichen Truppen zu spionieren, wohin sie gehen wollten und wo sie ihre geheimen Vorräte versteckt hatten. Zu dem Zeitpunkt war sie erst 10 bis 11 Jahre alt und sie entwickelte damals mehr und mehr eine Art 7. Sinn, wenn sie Nachts im Stockfinsteren Wald durch feindliches Gebiet schleichen mußte. Nach weiteren 4 Jahren, als der Krieg dann zuende war, hatte sie die Fähigkeiten eines professionellen Jägers und Waldläufers erworben, was sie auch in diesem Krieg zu einer wertvollen Kraft machte.
 

Es war inzwischen tiefe Nacht geworden und die meisten hatten sich bereits zur Nachtruhe gelegt. Nur Kimba war noch zu aufgeregt wegen des kommenden Angriffes. Er saß ein wenig vom Lagerfeuer weg und schaute in den klaren Sternenhimmel. Von da waren sie also gekommen... sein neuer Freund U mit seinen Leuten, genauso wie die feindlichen und erbarmungslosen Defrag.
 

"Fragst du dich gerade, was da oben sonst noch sein könnte, Kimba?"

Die plötzliche Stimme keine 10 cm hinter ihm hatte Kimba vor Schreck zusammenzucken lassen. Kimba drehte seinen Kopf und sah den komischen Soldaten Subco. Sollte er Nachts gesprächiger sein?

"Ja... das auch."

"Und was sonst noch?" Subco setzte sich neben Kimba und schaute mit ihm in die Milchstrasse, die sich mit tausenden von kleinen weißen, gelben oder leicht bläulichen Punkten über ihnen erstreckte.

"Ich frage mich, wieso die beiden Spezien nicht einfach friedlich nebeneinander existieren können... die Galaxie sieht doch so groß aus."

"Die Galaxie ist sogar riesengroß. Ein Mensch könnte nicht alle Systeme kennenlernen, selbst wenn er 100 Jahre alt werden würde und jede Sekunde eines von ihnen besuchen könnte. Doch die Gier der allermeisten Spezies ist noch viel größer als diese Galaxie. Und wenn sie diese gesamte Galaxie ihr alleiniges Eigentum nennen könnten, so wären sie dennoch nicht zufrieden und würden versuchen, andere Galaxien zu erobern. Sei es zunächst im Auftrage der Forschung, so kommen doch nach kurzer Zeit die ersten Kolonisten, die einige der schönen, neuen, unbewohnten Plätze als Heimat haben wollen. Und mit ihnen kommen die ersten Händler, Fabrikanten, Großindustriellen, um mit ihnen Geschäfte machen zu können. Und sobald dies der Fall ist, kommen mit ihnen auch schon die ersten kriminellen Elemente: Betrüger, Diebe, Räuber, die eine Polizei nötig machen. Mit der Polizei kommt die Gerichtsbarkeit und mit ihr die Macht, die von dann von gewissen Politikern im Namen des Volkes zur eigenen Selbstverwirklichung genutzt oder geradezu mißbraucht wird. Und es entstehen die ersten Konflikte mit den anderen Bewohnern der neuen Galaxie, denn wenn die Kolonien, die frei waren, voll sind, werden auch halbfreie Kolonien beansprucht. Ob das dann zum Krieg führt, hängt von der Ambition der jeweiligen Führung ab. Manche können mehr für sich beiseite schaffen, indem sie den Frieden erhalten, andere können das Volk nicht so gut lenken und müssen mit Hilfe eines Krieges von den eigenen, inneren Problemen ablenken... und so entstehen dann Kriege wie dieser hier..."

Kimba schaute den Subco verdutzt an. Es klang so eigenartig wissend, so wahr, als ob er genau wußte, wovon er redete. Doch wie konnte er? Konnte er mehr wissen, als alle anderen Menschen auf dieser Welt?

Er schaute Subco an. Der hatte noch immer seinen Blick zu den Sternen gerichtet.
 

"Dort oben sind noch viele interessante, einzigeartige Welten zu entdecken. Und manche von ihnen so geheimnisvoll, dass die Grenzen zwischen Traum und Realität zu verschwimmen beginnen. Für mich selber steht der Weg fest: Meiner führt zu den Sternen. Ich will sie alle kennenlernen und der Vergangenheit und der Zukunft des Universums auf den Grund gehen, wissen, woher es kam und wohin es wieder gehen wird, ursprung und Ende der uns bekannten Welt erkunden. Und wenn es geht, dabei auf meinen Reisen dafür sorgen, dass es nicht mehr diese vielen lebens- und Energieverschwendenden Kriege gibt."
 

"Das klingt faszinierend. Wie willst du das erreichen?"
 

"Das Ziel ist mein Weg, Kimba. Manchmal wartet man sein Leben lang vergebens auf die Erfüllung eines einfachen, kleinen Traumes und manchmal erfüllen sich dabei die unglaublichsten Träume während dieses Wartens... . - Doch was ist dein Weg, kleiner Weisser Löwe?"
 

Subco drehte sich zu Kimba und schaute ihn fragend an. Und irgendwie auch besorgt, fand Kimba.
 

"Ich weiß nicht... ," mußte er nach kurzer Zeit zugeben.
 

"Nun, bisher bist du auf dem Wege des Friedens, der Freiheit und der Gerechtigkeit gegangen. Vielleicht ist dies nicht nur dein Weg in der Vergangenheit gewesen, vielleicht wird er es auch in der Zukunft sein. Doch in der Gegenwart wanderst du gerade auf dem falschen, dem einfachen, dem schnellen Weg. Das ist nicht dein Krieg. Gebraucht wirst du an anderer Stelle viel mehr..."
 

Kimba schaute den Subco fragend an. Was wollte er eigentlich von ihm?
 

"Schlafe gut und denk darüber nach, Kimba."

Mit diesen Worten verabschiedete sich der Soldat Subco und ging wieder in sein Zelt.
 

Die Gedanken über den morgigen Angriff hatte Kimba inzwischen völlig verdrängt. Ganz andere Gedanken drehten sich jetzt in seinem Kopf...
 

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Nächster Teil: Kimba 13 - Der Krieg (3)

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 11 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Der Krieg (2)"

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Geduckt schlich Kimba durch den Graben, den die Defrag oder ihre menschlichen Sklaven ausgehoben hatten. Sie hätten bestimmt nie gedacht, daß ihnen ihre eigene Verteidigungsanlage mal zum Verhängnis werden könnte.

Der Kommandant hatte für den Angriff sogar seine Zigarre weggelassen. Ansonsten hatte man immer den Eindruck, er ginge mit ihr auch ins Bett und unter die Dusche. Angestrengt schaute er durch sein Fernglas mit eingeschaltetem Restlichtverstärker. Kommandant Bowl deutete seinem Scharfschützen, einem der Rekar, er solle sich bereithalten. Dieser Scharfschütze mit dem außergewöhnlichen Namen U hatte mehrere Implantate in seinem Körper, von denen eines eine Schnittstelle zu seiner Fernwaffe war, mit der er einen Defrag Soldaten auf einem Wachtturm auf der gegenüberliegenden Seite des feindlichen Lagers anvisierte. Der Schuß würde auf den Millimeter genau in die Schläfe des Opfers eindringen.
 

Inzwischen war Kimba hinter der anderen Wache angekommen, die nahe des Grabens nach Feinden im Gestrüpp wenige Meter vom Wachposten weg ausschau hielt. Doch den weißen Löwen fast direkt unter ihr bemerkte sie nicht, der lag einfach außerhalb des Blickfeldes.

Kimba spannt alle seine Muskeln an und konzentrierte sich. Die Wache nur zu Boden zu werfen würde nicht ausreichen. Er mußte statt dessen mit seinen Krallen die Schläuche am Helm des Soldaten wegreissen, dann wäre er in binnen Sekunden paralysiert und würde in eine tiefe Ohnmacht fallen.
 

Dann sprang er los. Die Krallen zielten genau auf die Schläuche seines Zieles. Die Wache sah lediglich etwas helles plötzlich vor sich auftauchen, als ihr Atemschlauch auch schon mit einem großen rrrrratsch die Erdatmosphäre in den Helm eindringen ließ.

Fast gleichzeitig brach die Wache auf dem Turm am anderen Ende des Lagers zusammen, ebenso eine weitere auf einem Wachturm nahe Kimbas Position.
 

Der Soldat, den Kimba erwischt hatte, zuckte noch etwas und blieb dann regungslos liegen. Schnell rückten die übrigen Soldaten der Neuen Allianz vor und gingen an der Wand des Hauptgebäudes des Versorgungspostens in Deckung. Zweie von ihnen brachten schnell Sprengladungen an zwei futuristischen Kettenfahrzeugen an, die in der Nähe standen. Bowl schaute kurz wieder zu seiner vorherigen Stellung am Hang zurück, von wo aus er die Aktion gestartet hatte. Dort lag noch immer einer der weiteren Scharfschützen - nur eben mit einer Art Panzerfaust anstelle eines Gewehres bewaffnet. Seine Aufgabe würde es sein, auf Zeichen die kleine Radaranlage auf dem Dach des Gebäudes zu zerstören.
 

Kommander Bowl schaute nochmal zu U, der inzwischen in kurzer Entfernung von dem Haupteingang des Gebäudes in Stellung gegangen war und in den Raum zielen würde, sobald die Tür offen wäre. U nickte. Er war bereit. Bowl schaute dann zu Kimba, der inzwischen mit einem Sprung fast lautlos auf das Dach des Gebäudes gelangt war und ebenfalls nickte. Auch er war bereit. Ebenso die anderen Soldaten in Schlüsselpositionen rund um das Gebäude herum. Der Kommander gab das Zeichen an seinen Soldaten in der alten Stellung.
 

Für eine knappe halbe Sekunde leuchtete es in mittlerer Entfernung auf. Wo soeben noch der Soldat gewesen war, war nun eine große Rauchwolke zu sehen. Keine Sekunde später traf das Geschoß auf die Radaranlage und riß sie mit einem ohrenbetäubenden Knall in Stücke Die Druckwelle der Explosion fegte knapp über Kimba hinweg, der sich in einer der zahlreichen Vertiefungen auf dem Dach gequetscht hatte.

Gleichzeitig explodierten die Sprengsätze an den Fahrzeugen und beschädigten diese zumindest schwer - wenn sie nicht ganz zerstört waren. Auch ein kleiner Sprengsatz an der Haupttür zum Gebäude ging hoch und die beiden Soldaten links und rechts daneben stießen mit einem kräftigen Ruck jeweils ihre Türhälfte auf und liessen sich augenblicklich fallen.
 

U feuerte ein größeres Projektil in das Gebäude und drinnen blitzte es nach einer halben Sekunde ultra grell auf. Eine Blendgranate.

Kimba war inzwischen bei dem durch die Explosion zersplitterten Dachfernster angelangt und sprang gleich nach der Blendgranate ins Innere des Gebäudes. Die dortigen Soldaten waren vorläufig erblindet und hatten dem weißen Löwen nichts entgegenzusetzen, als er wieder ihre Atemschläuche durchtrennte.
 

Wenige Sekunden später waren alle Defrag in tiefer Ohnmacht oder gefangen oder erschossen.
 

"Ein voller Erfolg!" lobte Bowl das Vorgehen seiner Leute. "Zerstört den Generator! Damit bleibt die Radarstation am Fuße des Mondberges weiterhin ohne Strom. Holt euch auch die Handwaffen und die Ersatzteile für die Fahrzeuge, von denen haben wir nämlich kaum noch welche!"
 

Kimba kam gerade aus dem Hauptgebäude des Versorgungspostens. "Ist hier draußen alles glatt gelaufen?" erkundigte er sich.

"Ja, die Aktion war ein voller Erfolg. Wenn wir hier nicht schon alle Defrag erledigt hätten, würde ich fast sagen, es ging zu einfach und zu gut."

"Stimmt schon, die Wachen waren eigenartig schlecht aufgestellt. Wenn das unser erster Angriff gewesen wäre, könnte ich das ja noch verstehen: sie hätten uns einfach unterschätzt." überlegte Kimba.

"Seit wir denen ihr Basislager in der großen Ebene in die Luft gejagt haben, wissen sie aber, wie gefährlich wir sind. Daher werden wir jetzt auch nur schnell die Waffen und Geräte herausholen und dann gleich verschwinden. Geh du schonmal ein Stück vor und sichere uns mit U gegen die Zufahrtsstraße ab. Wer weiß, wann die nächste Patroullie hier vorbeikommt... "
 

"Mach ich!" Kimba winkte U kurz zu, der aber sowieso schon auf halben Wege in seine Richtung war.

"Du hast da drinnen gute Arbeit geleistet, Kimba," lobte U Kimba auf dem Weg zur Stellung.

"Danke, aber deine Präzisionsschüsse waren mal wieder unentbehrlich, ohne sie hätte ich das nicht geschafft," gab Kimba das Lob zurück.

"Weißt du noch, wie du bei der Aktion gegen den zweiten Versorgungskonvoi zwei Defrag dazu gebracht hast, sich gegenseitig über den Haufen zu schiessen?"

"Ja. Aber von anfang an geplant war das nicht. Hatte sich halt so ergeben."

"Ich war gerade am Überlegen, welchen von beiden ich jetzt nehmen soll, als da plötzlich niemand mehr stand. Am liebsten hätte ich mich vor Lachen auf dem Boden gewälzt."

"Das wäre bei dem Feindbeschuß nicht gut gekommen, U," lachte Kimba.
 

U wurde plötzlich ernst.

"Hast du das gehört?" fragte er Kimba plötzlich. Kimba spitzte die Ohren, konnte aber auch nichts besonderes wahrnehmen. - Oder doch?

"Ich glaube, ich höre da so ein Summen in der Luft..." meinte Kimba, während er angestrengt lauschte. "Scheint periodisch auf und ab zu schwingen," fügte er dann noch hinzu.

"Verdammt!" rief U auf einmal laut. "Defrag - Invasionsbomber!"
 

Und genau in dem Moment jagte eine Lenkrakete in das Hauptgebäude des Lagers, wo zwischen den betäubten oder gar getöteten Defrag noch die Soldaten der Neuen Allianz nach Beute suchten. Das gesamte Gebäude ging in einem grellen Blitz auf und eine ohrenbetäubende Explosion folgte, deren Druckwelle die Fahrzeuge un der Nähe um warf und die Zelte und provisiorischen Hallen in Stücke riß.
 

Kimba und U warfen sich in einen Stellungsgraben in ihrer Nähe. Nur eine Sekunde später folgte auch ein Bombenhagel, der an Intensität in diesem gesamten bisherigen Krieg seines gleichen suchte. Offenbar hatten die Defrag die Bedrohung durch die Neue Allianz weitaus ernster genommen, als sie bisher gedacht hatten. Sogar ihre eigenen Leute hatten sie geopfert, nur um zumindest die gefährlichste der Partisanengruppen in eine Falle locken zu können.

Kimbas Ohren schmerzten wegen des Lärmes und den ständigen Explosionen. Auch U hatte sich in eine Ecke des Grabens gekauert und hielt sich beide Ohren zu, wobei er mit den anderen beiden Händen sein Gewehr dich an sich gepresst hielt. Doch auch dieses konnte ihm in dieser Situation nicht helfen, die Bomber kreisten über dem Versorgungsposten und warfen offenbar ihre gesamte Ladung ab. Eine von ihnen schlug nur etwa 10 Meter neben dem Graben ein und Kimba und U wurden kräftig durchgeschüttelt, als der gesamte Boden unter der Detonation erbebte.

"Rahja..." dachte Kimba in Todesangst, "Rahja... ich hab versprochen, zurück zu kommen. Ich darf hier nicht sterben! Nein! Niemals! Ich will dich unbedingt wiedersehen..."

Eine Reihe weiterer Detonationen, die ebenfalls relativ nahe des Grabens waren, liessen wieder Luft und Erde erzittern. "Und auch euch, Daniel, Lukas, Piwi, Wildcat, Tommy, Pauley... .Ich darf hier nicht sterben, wenn ich euch beschützen will. Sie vertrauen mir, ich darf sie einfach nicht enttäuschen und hier draufgehen..."
 

Kimba horchte plötzlich auf.
 

Es war urplötzlich still geworden. Totenstill. Als ob alle Geräusche der Welt bei dem Bombenhagel zerstört worden wären.

Kimba brauchte ein paar Sekunden, bis er verstand, daß es tatsächlich vorbei war: Er hatte überlebt. Er schaute zu der Stelle hinüber, wo gerade noch U gesessen hatte, doch der war bereits aufgesprungen und ging gerade über das zerbombte Feld in Richung dessen, was vom Versorgungsposten der Defrag übriggeblieben war. Schnell folgte Kimba ihm.
 

"U! U! Ist alles in Ordnung mit dir?" erkundigte er sich.

"Bei mir schon, aber ich fürchte, die meisten unserer Freunde werden wir nicht leben wiedersehen. Die verdammte Scheißviecher haben ja quasi das gesamte Feld umgepflügt..."

Bei diesen Worten trat U auf etwas und rutschte fast aus. Es war eine menschliche Hand mit einem Stück Gelenk daran. Übelkeit stieg in Kimba auf.
 

Die beiden gingen dann weiter über das Feld und riefen, ob sie jemand hören könne oder hilfe brauche. Doch es kam keine Antwort. Oder doch? Kimba spitzte die Ohren, er meinte, irgendetwas gehört zu haben - außer dem ständigen Pfeifen in seinen Ohren. Er wollte gerade U fragen, ob er auch irgend ein Stöhnen gehört hätte, doch der war schon zielstrebig zu der Stelle unterwegs, von der aus das Stöhnen kam.
 

Nachdem er zwei dünne, teilweise gesplitterte Holzplatten entfernt hatte, konnte er auch schon den Kommandanten sehen. Kimba war inzwischen auch an der Stelle angelangt und er wußte ebenso wie U, daß es für Bowl zu spät war. Seine Wunden waren tief und über den gesamten Körper verteilt, er lag bereits in einer ganzen Lache aus seinem eigenen Blut.
 

"M... meine Jungs...?" fragte er sichtlich unter Schmerzen.

U schüttelte den Kopf.

"Diese Bastarde!" keuchte Bowl und krümmte sich nochmals unter Schmerzen, bevor er schließlich zusammensackte und regungslos liegen blieb.

Kimba stiegen die Tränen in die Augen. "Kommandant..."
 

U schaute auf seinen Begleiter und meinte traurig: "So ein Massaker habe ich schon lange nicht mehr erlebt. Die Defrag scheuen nicht, sich selbst für ihre Angriffe zu opfern. Das ist es, was sie so gefährlich macht..."
 

Einige Stunden später waren Kimba und U beim Haupttreffpunkt der Neuen Allianz angelangt und erstatteten Bericht. General Wanabe war zutiefst beunruhigt über die Entwicklung:

"Seit fast zwei Wochen leisten wir nun schon sehr erfolgreich Widerstand, doch wenn die Defrag jetzt zu solchen Mitteln greifen, könnten alle Ergebnisse dieser Arbeit zerstört werden. Wir müssen unbedingt eine neue Strategie einschlagen. U, Kimba, eure Einheit existiert nicht mehr. Ihr werdet daher der Einheit von Captain O Neill zugeteilt. Auch seine Einheit hatte letzte Nacht ein paar Verluste hinnehmen müssen und er wird mit euch und anderen Neuzugängen ein schlagkräftiges Team formen."

"General, ich habe eine Idee, wie wir die Bedrohung durch die feindlichen Invasions-Bomber ein für alle Mal stoppen können."

Admiral Keyn, der Oberkommandant der Rekar auf der Erde, war ebenfalls bei diesem Treffen anwesend. Sein Rat war für die Menschen unentbehrlich, da nur er über die langjährige Kriegserfahrung mit den Defrag verfügte.

Der General war daher auch sofort interessiert: "Ich höre...."

"Wenn wir ihr regionales Landungsschiff vernichten, könnten sie ihre Invasionsbomber nicht mehr hier unten auftanken, wir lägen damit ausserhalb ihrer Reichweite."

"Ich dachte, ihr Landungsschiff sei unangreifbar?" wunderte Wanabe sich.

"Das dachten wir anfangs auch und im Prinzip ist es das auch. Aber nicht die gesamte Zeit. Es wird nämlich regelmäßig mit Munition, Treibstoff und anderen Versorgungsgütern aus dem Orbit heraus versorgt. Immer, wenn ein solcher Konvoi von einigen kleineren Transportern beim Landungsschiff ankommt, senken sie für etwa 1 Minute ihre Schilde. Sie müssen sie komplett herunterfahren, anders ist das mit der defragschen Schildtechnologie nicht zu machen. Und genau in diesem Moment könnte ein kleinerer aber gut ausgerüsteter Stoßtrupp in den Bereich innerhalb der Schilde eindringen und das feindliche Schiff an den entscheidenden Stellen mit Bomben versorgen. Danach entfernt sich der Stoßtrupp und läßt mit einer ersten Explosion die Schilde des Landungsschiffes ausfallen. Danach müssen sie zusehen, daß sie schnell einigen Abstand oder einen guten Unterschlupf finden, denn eine weitere Minute danach müßten die übrigen Sprengsätze hochgehen. Die Sensoren des Landungsschiffes brauchen nämlich etwa eine Minute, um von normalem Modus in den Suchmodus für Sprengsätze zu wechseln. Wenn diese gefunden werden, sind sie relativ leicht zu entschärfen und wir werden wohl jeden einzelnen brauchen, wenn wir das gesamte Schiff in die Luft jagen wollen."

"Das hört sich vielversprechend an, Admiral Keyn. Wir sollten uns gleich daran machen, einen qualifizierten Stoßtrupp zusammenzustellen."
 

Kimba und U wurden kurz darauf Captain O Neill vorgestellt. Er sah nicht ganz so sehr wie der typische Veteran aus, eher wie ein normaler Bürger. Auch war seine Sprache weitaus weniger vom harrschen Befehlston geprägt, obgleich seine Autorität herauszuhören war.

"Ihr seid also die Neuen... " begann er, während er sich Kimba und einige andere Neuzugänge kritisch anschaute. "Nun: Vor wenigen Minuten habe ich vom General selbst den Befehl erhalten, mit euch einen äußerst kritischen und gefährlichen Auftrag durchzuführen. Wir werden in den nächsten Tagen zum feindlichen Landungsschiff marschieren, in das Schiff eindringen und es in die Luft sprengen. Die Details werde ich anschließend im Einsatzgespräch erläutern. Zunächst einmal etwas zu mir: Ich leite diese Einheit schon viel länger, als dieser Krieg andauert und habe daher mit den Leutnants Barcley und Harrison viel gemeinsam erlebt. Die beiden hier kenne ich in- und auswendig und weiß, dass sie gute Leute sind und wie ich am besten mit ihnen zusammenarbeite. Wie das mit euch anderen aussieht, weiß ich noch nicht, aber ich werde es herausfinden. Eines jedoch weiß ich von jedem von euch: Ihr seid alle Spezialisten auf euren Gebieten und jeder einzelne ist für diese Mission unentbehrlich. Das heißt aber auch: Keine Dummheiten eurerseits! Wir dürfen uns auf keinen Fall vor dem Einsatz in irgendwelche Gefechte verwickeln lassen, auch wenn der ein- oder andere von euch durchaus ein berechtigtes Interesse an Rache haben sollte. Nochwas: Der Boss hier bin ich und wenn ich nicht da bin, sind es meine beiden Leute, weil ich von denen weiß, das sie wissen, was ich wollen täte. Auch dulde ich keinen Ungehorsam. Befehl ist Befehl! Egal wie unangenehm er sein mag. Doch wenn ich - aus welchem Grunde auch immer - Mist bauen sollte, dann will ich, dass ihr mir das auch sagt. Wenn ich dann jedoch bei meinem Befehl bleibe, ist er auszuführen. Noch Fragen?"

Die Anwesenden schauten schweigend einander an.

"Gut. Dann will ich euch mal Gegenseitig vorstellen: Meine Leutnants Yanina Barcley und Jack Harrsion kennt ihr ja bereits. Barcley ist Spezialist als Heckenschütze und unschlagbar als Scout. Sie kann sich als nahezu alles tarnen und bewegt sich fast lautlos. Harrison kennt so ziemlich alle Waffensysteme in diesem Krieg in - und auswendig. Sogar die hier eingesetzten Waffensystem der Defrag. Er kann alles reparieren, zusammensetzen oder improvisieren. Zudem ist er ein äußerst Disziplinierter Deckungssoldat mit Nerven aus Drahtseilen." O Neill ging nun zu den Neuen in der Gruppe und blieb bei einem großen Rekar stehen, der ein blaues Band über die Schulter gelegt hatte und mit einem Augenersatz als rechtes Auge ausgestattet war.

"Dieser Soldat hier heißt Denar. Er ist Kommunikationsspezialist und zudem Experte, was feindliche Schiffe angeht. Er kennt ihren Aufbau, ihre Verteidigungssystem, ihre Stärken und Schwächen. Er wird uns zu den kritischen Punkten des feindlichen Schiffes führen."

Dann ging er weiter zu einer weiteren Frau, die noch ziemlich jung zu sein schien.

"Maya Zyric ist sowohl Nahkampfspezialistin als auch sehr bewandert auf dem Gebiet der Sprengstoffe. Sie wird mit Harrison die Ladungen anbringen."

Dann ging er weiter zu U und Kimba.

"U ist ein Scharfschütze sonder gleichen. Was er anvisiert, ist schon so gut wie tot. Er kann aber auch mit Waffen ohne Zielvorrichtung sehr gut umgehen."

"Kimba ist wohl das aussergewöhnlichste Mitglied unseres Teams. Wenn mir vor einem Jahr einer gesagt hätte, dass ich mal Seite an Seite mit einem sprechenden Löwen kämpfen würde, hätte ich ihn ausgelacht. Er ist ein guter Nahkämpfer, wird aber für uns hauptsächlich der einheimische Führer sein, der uns von Sackgassen und Treibsand fernhalten und uns sicher und schnell zum Ziel bringt. - So das wars erstmal. Einsatzbesprechung ist in einer Stunde im Versammlungszelt. Wegtreten!"
 

"Ein interessantes Team, findest du nicht?" fragte U Kimba.

"Bei so vielen Spezialisten fühle ich mich richtig unwichtig..." meinte Kimba.

"Du hast den Captain gehört: Jeder von uns ist unersätzlich. Auch du."
 

Am nächsten Morgen brachen O Neill und seine Einheit in Richtung des Landungsschiffes auf.

"Wir werden auf dem Weg einmal Lager aufschlagen. Morgen Abend werden wir beim Landungsschiff ankommen. Um etwa 22 Uhr wird dort ein Konvoi eintreffen, für den die Schilde gesenkt werden werden. Dann beginnt unser Einsatz." wiederholte O Neill nochmals die Einsatzbesprechung bis zum Operationsbeginn.
 

Am Abend kamen sie schließlich in einem kleinen Lager mitten in der Savanne an. Genaugenommen waren es bloß zwei gut getarnte Zwei-Mann-Zelte, eines zum Schlafen und eines mit allerlei Vorräten. In der "Mitte" des Lagers war eine kleine, in den Boden eingelassene Feuerstelle zu sehen mit einer provisorischen Vorrichtung aus Steinen, wo man kleine Töpfe zum Kochen draufstellen konnte.

Einer der beiden Soldaten, die für das Lager zuständig waren, kroch gerade im Versorungszelt herum, als die Gruppe ankam. Der andere stand an einem Baum neben einer Art kleinen Stellung und begrüßte O Neill und seine Leute, als er sie sah.

"Captain!" salutierte er, "Willkommen im Süd-Ost-Lager. Machen sie es sich gemütlich! Wir haben neben unserem Zelt Platz für weitere geschaffen, neben dem Versorgungszelt ist eine weitere gute Möglichkeit. Diese Plätze sind schon vorgetarnt, es müßten nur noch die Zelte selbst ein wenig bedeckt werden."
 

"Gute Arbeit, Soldat. Das Oberkommando erklärte, sie werden uns mit den noch benötigen Vorräten und Ausrüstung versorgen. Ich wünsche, dass sie meine Leute in allem unterstützen!"

"Sehr wohl, Captain!"
 

Der andere Soldaten war inzwischen aus dem Zelt gekrochen und hatte eine Reihe Konservendosen neben den Herd gestellt. Auch er salutierte kurz und meinte: "Abendessen ist in einer Viertelstunde fertig."
 

Kimba schaute U fragend an.

"Ist was?"

"Ja... sind es wirklich bloß die beiden, die hier gewöhnlich das Lager bewachen? Das muß doch ungeheuer anstrengend sein..."

"Ist es auch. Daher werden auch alle 4 Tage die Soldaten ausgetauscht. Diese beiden hier sind zum Beispiel erst seit gestern hier."

Kimba musterte die beiden. Der eine, der gerade das Abendessen zubereitete, war mittelgroß, schlank und offenbar nordeuropäischer Herkunft. Der andere war wohl Südeuropäer, vielleicht auch Nordafrikaner mit kurzem, dichtem, schwarzen Haar, das mit leichten locken unter seinem Helm hervorschaute. Auch er war schlank, aber von eher kleiner Statur. Er machte sich gerade daran, U und Denar beim Aufbau ihres Zeltes zu helfen.

Kimba ging gleich zu ihm hinüber. "Wie heißt du, Mensch?" fragte er etwas unbeholfen aber freundlich. "Giovanni Morinetti," antwortete er kurz. "Und du bis Kimba, nicht wahr?"

"Ja, du kennst meinen Namen?"

"Es gibt wohl kaum jemanden in der Neuen Allianz, der deinen Namen nicht kennt. So viele weiße Löwen haben wir nicht in unseren Reihen."

"Naja... dass mich die Leute meiner Gruppe schnell kennen, war mir schon klar. Aber gleich alle Soldaten, selbst von anderen Einheiten?"

"Du hast uns schon einige große Dienste erwiesen. Sowas spricht sich herum," Giovanni drehte sich kurz weg, um zwei Heringe in den Boden zu treiben, "Glaub mir, kleiner, wenn das alles hier vorbei ist, wirst du als einer der Kriegshelden in die Geschichte eingehen. Schon alleine dein Einsatz bei der Vernichtung des feindlichen Hauptlagers in der Ebene wäre n Heldenepos wert gewesen..."

"Oh... vielen Dank, aber das war doch nichts besonderes, " Kimba war leicht rot geworden, "ich versuche ja schließlich nur zu helfen und damit meinen Dschungel zu verteidigen."

U schlug Kimba auf die Schulter. "Und das machst du prima. Wenn wir mehr Leute mit so viel Einsatzwillen bei uns in der Armee hätten, hätten wir den Krieg gegen die Defrag schon lange gewonnen."
 

"Das Essen ist aufgesetzt. Wenn es niemand anrührt, ist es in etwa 10 Minuten gar," rief der andere Soldat von der Essstelle. Er hatte inzwischen seinen Helm abgenommen, kein Wunder, bei der Hitze.

"Hehehe... ein Koch mit Erfahrung..." kommentierte O Neill.

Kimba nutzte auch gleich die Gelegenheit und lief zu dem anderen Soldaten hin, um auch ihn kennenzulernen.

"Hallo. Ich bin Kimba. Ich bin quasi der Fährtensucher in der Gruppe. Und wer bist du?"

Der Soldat blickte auf und schaute Kimba an - merkwürdig an, wie Kimba empfand.

"Ich heiße Subco," gab er kurz zu Protokoll.

"Bist du hier als Koch oder hast du auch andere Aufgaben?"

"Köche gibts hier nicht. Konserven erwärmen kann jeder, der einen halben Funken Verstand hat. Gewöhnlich bin ich der, der dafür sorgt, dass die vielen Fehler, die die Menschen machen, nicht tödliche Konsequenzen haben. Außerdem werde ich euch bei der Überwachung der feindlichen Kommunikation helfen. Oder in einem Satz: Ich halte euch den Rücken frei, bis ihr euch selber in die Falle gesetzt habt und rette dann euren Arsch."
 

"Ähm... aha..." meinte Kimba nur und wußte nicht recht, was er mit dieser Antwort anfangen sollte. "Dieser 'Subco' ist irgendwie komisch..." dachte er sich und ging wieder zu den anderen. Von denen hatte er bereits im Laufe des Tages auf dem Weg zum Lager das Wichtigste in etwa erfahren:

O Neill war schon während des großen Krieges Captain einer Einheit der ehemaligen UN gewesen und hatte immer versucht, das Schlimmste für die Bevölkerung zu vermeiden. Meistens wurde er dabei von anderen regulären Truppen unterstützt, doch manchmal waren es auch jene Truppen, die für Massaker oder Verschlappungen verantwortlich waren. Aufgrund so einer Truppe hatte er damals fast die Hälfte seiner ursprünglichen Einheit verloren, als diese Kriegsverbrecher, wie er sie immer nur nannte, ihn und seine Leute verrieten und mit selbsternannten Freiheitskämpfern angriffen, um das Gebiet von der 'feindlichen Besatzung' in Form der Zivilbevölkerung zu befreien. Wobei 'befreien' mit Auslöschung der Bevölkerung gleichzusetzen war.

Seine beiden Leutnants gehörten ebenfalls zu dieser Einheit und unterstützten ihn bei allen seinen Vorhaben. Barcley war fast immer die einzige Frau in der Einheit gewesen und hatte sich in Tonfall und Verhalten inzwischen dem ihrer männlichen Kollegen angepaßt. Trotzdem konnte man regelmäßig bemerken, dass sie offenbar aus gutem Hause stammen mußte.

Harrison war schon seit seiner frühesten Kindheit von Waffen aller Art fasziniert gewesen und hatte mit dem Gang zur Armee sein Hobby zum Beruf gemacht. Manchmal muß man glauben, dass er nicht ganz dicht sei, wenn er wieder anfängt mit 'seinen' Waffen zu sprechen und sie zum X. Mal überpoliert. Er meint allen Ernstes, dass das eine positive Wirkung auf die Waffen hätte und sie deswegen länger und besser funktionieren würden.

U, Kimbas Begleiter aus seiner alten Einheit, war eigentlich mehr für die Navigation eines der Scoutschiffe der Rekar-Flotte zuständig gewesen. Seine Ambition, zur Raumflotte zu gehen, war, andere Welten kennenzulernen und nicht etwa, in irgendwelchen Bodenkämpfen mitzumischen. Doch da es für jeden Offizier der rekarischen Raumflotte Pflicht ist, sich auf mehreren unterschiedlichen Gebieten zu Spezialisieren, hatte er unter anderem auch eine Ausbildung als Scharfschütze erhalten und war damit gerade in diesem Guerillia Krieg unentbehrlich geworden.

Denar war Ingenieur auf dem Kampfkreuzer der Rekar gewesen. Auch er hatte mehrere Spezialgebiete, doch sie lagen allesamt bei der Technik. Ob Antriebs- oder Nanotechnologie, er war in allen Gebieten ziemlich fit. Und dadurch natürlich auch auf dem Gebiet der Feindtechnologie. Vor allem die Schildsysteme der Defrag hatten es ihm angetan. Aber auch sonst schien er die Schiffe der Defrag wie seine eigenen zu kennen. Sein gesamtes Leben schien einzig und allein auf das Erlernen und Experimentieren mit der Technik ausgelegt zu sein. Ebenso sein Charakter: Kühl, kalkulierend, präzise und weitgehend emotionslos. Es sei denn, es ging um die Defrag. Die hatten nämlich bei einem ihrer Angriffe auf eine rekarische Kolonie seine Familie ausgelöscht und von daher war er weder willens noch bereit, jemals einen von ihnen lebend entkommen zu lassen. O Neill hatte daher besonderes Augenmerk auf ihn, da er immer eine Dummheit von ihm befürchten mußte.

Und dann blieb da noch Maya Zyric. Sie war kurz vor dem großen Krieg geboren wurden und hatte ihre Kindheit und frühere Jugend auf der Flucht vor feindlichen Truppen verbracht. Als ihr großer Bruder auf eine Mine getreten und gestorben war und ihr Vater wegen einer Schußwunde ebenfalls sehr lange nicht in der Lage war, die Familie durch die großen Südost Europäischen Wälder zu führen, übernahm sie die Wegerkundung. Ihr Mutter war aufgrund ihres eher immensen Körperumfangs dazu nicht wirklich in der Lage gewesen. Nachdem ihr Vater dann wieder genesen war, hatte sie sich schon daran gewöhnt, nahe der feindlichen Truppen zu spionieren, wohin sie gehen wollten und wo sie ihre geheimen Vorräte versteckt hatten. Zu dem Zeitpunkt war sie erst 10 bis 11 Jahre alt und sie entwickelte damals mehr und mehr eine Art 7. Sinn, wenn sie Nachts im Stockfinsteren Wald durch feindliches Gebiet schleichen mußte. Nach weiteren 4 Jahren, als der Krieg dann zuende war, hatte sie die Fähigkeiten eines professionellen Jägers und Waldläufers erworben, was sie auch in diesem Krieg zu einer wertvollen Kraft machte.
 

Es war inzwischen tiefe Nacht geworden und die meisten hatten sich bereits zur Nachtruhe gelegt. Nur Kimba war noch zu aufgeregt wegen des kommenden Angriffes. Er saß ein wenig vom Lagerfeuer weg und schaute in den klaren Sternenhimmel. Von da waren sie also gekommen... sein neuer Freund U mit seinen Leuten, genauso wie die feindlichen und erbarmungslosen Defrag.
 

"Fragst du dich gerade, was da oben sonst noch sein könnte, Kimba?"

Die plötzliche Stimme keine 10 cm hinter ihm hatte Kimba vor Schreck zusammenzucken lassen. Kimba drehte seinen Kopf und sah den komischen Soldaten Subco. Sollte er Nachts gesprächiger sein?

"Ja... das auch."

"Und was sonst noch?" Subco setzte sich neben Kimba und schaute mit ihm in die Milchstrasse, die sich mit tausenden von kleinen weißen, gelben oder leicht bläulichen Punkten über ihnen erstreckte.

"Ich frage mich, wieso die beiden Spezien nicht einfach friedlich nebeneinander existieren können... die Galaxie sieht doch so groß aus."

"Die Galaxie ist sogar riesengroß. Ein Mensch könnte nicht alle Systeme kennenlernen, selbst wenn er 100 Jahre alt werden würde und jede Sekunde eines von ihnen besuchen könnte. Doch die Gier der allermeisten Spezies ist noch viel größer als diese Galaxie. Und wenn sie diese gesamte Galaxie ihr alleiniges Eigentum nennen könnten, so wären sie dennoch nicht zufrieden und würden versuchen, andere Galaxien zu erobern. Sei es zunächst im Auftrage der Forschung, so kommen doch nach kurzer Zeit die ersten Kolonisten, die einige der schönen, neuen, unbewohnten Plätze als Heimat haben wollen. Und mit ihnen kommen die ersten Händler, Fabrikanten, Großindustriellen, um mit ihnen Geschäfte machen zu können. Und sobald dies der Fall ist, kommen mit ihnen auch schon die ersten kriminellen Elemente: Betrüger, Diebe, Räuber, die eine Polizei nötig machen. Mit der Polizei kommt die Gerichtsbarkeit und mit ihr die Macht, die von dann von gewissen Politikern im Namen des Volkes zur eigenen Selbstverwirklichung genutzt oder geradezu mißbraucht wird. Und es entstehen die ersten Konflikte mit den anderen Bewohnern der neuen Galaxie, denn wenn die Kolonien, die frei waren, voll sind, werden auch halbfreie Kolonien beansprucht. Ob das dann zum Krieg führt, hängt von der Ambition der jeweiligen Führung ab. Manche können mehr für sich beiseite schaffen, indem sie den Frieden erhalten, andere können das Volk nicht so gut lenken und müssen mit Hilfe eines Krieges von den eigenen, inneren Problemen ablenken... und so entstehen dann Kriege wie dieser hier..."

Kimba schaute den Subco verdutzt an. Es klang so eigenartig wissend, so wahr, als ob er genau wußte, wovon er redete. Doch wie konnte er? Konnte er mehr wissen, als alle anderen Menschen auf dieser Welt?

Er schaute Subco an. Der hatte noch immer seinen Blick zu den Sternen gerichtet.
 

"Dort oben sind noch viele interessante, einzigeartige Welten zu entdecken. Und manche von ihnen so geheimnisvoll, dass die Grenzen zwischen Traum und Realität zu verschwimmen beginnen. Für mich selber steht der Weg fest: Meiner führt zu den Sternen. Ich will sie alle kennenlernen und der Vergangenheit und der Zukunft des Universums auf den Grund gehen, wissen, woher es kam und wohin es wieder gehen wird, ursprung und Ende der uns bekannten Welt erkunden. Und wenn es geht, dabei auf meinen Reisen dafür sorgen, dass es nicht mehr diese vielen lebens- und Energieverschwendenden Kriege gibt."
 

"Das klingt faszinierend. Wie willst du das erreichen?"
 

"Das Ziel ist mein Weg, Kimba. Manchmal wartet man sein Leben lang vergebens auf die Erfüllung eines einfachen, kleinen Traumes und manchmal erfüllen sich dabei die unglaublichsten Träume während dieses Wartens... . - Doch was ist dein Weg, kleiner Weisser Löwe?"
 

Subco drehte sich zu Kimba und schaute ihn fragend an. Und irgendwie auch besorgt, fand Kimba.
 

"Ich weiß nicht... ," mußte er nach kurzer Zeit zugeben.
 

"Nun, bisher bist du auf dem Wege des Friedens, der Freiheit und der Gerechtigkeit gegangen. Vielleicht ist dies nicht nur dein Weg in der Vergangenheit gewesen, vielleicht wird er es auch in der Zukunft sein. Doch in der Gegenwart wanderst du gerade auf dem falschen, dem einfachen, dem schnellen Weg. Das ist nicht dein Krieg. Gebraucht wirst du an anderer Stelle viel mehr..."
 

Kimba schaute den Subco fragend an. Was wollte er eigentlich von ihm?
 

"Schlafe gut und denk darüber nach, Kimba."

Mit diesen Worten verabschiedete sich der Soldat Subco und ging wieder in sein Zelt.
 

Die Gedanken über den morgigen Angriff hatte Kimba inzwischen völlig verdrängt. Ganz andere Gedanken drehten sich jetzt in seinem Kopf...
 

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Nächster Teil: Kimba 13 - Der Krieg (3)

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 13 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Der Krieg (4)"

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Der Subco zögerte etwas mit seiner Antwort, so dass Kimba schon unruhig wurde.

"Sag schon! Wird sie gesund?"

Kimba schaute auf Rahja, wie sie so regungslos da lag. Eine dicke Träne rollte über seine Wange.

"Sie wird wieder werden..." meinte der Subco schließlich und begann, in seinen Taschen herumzukramen.

"Wirklich?" rief Kimba und hatte sichtlich wieder Hoffnung.

"Aber sie braucht jetzt Medizin und Ruhe. Der Energieimpuls hat ihr Nervensystem beschädigt und das dauert seine Zeit, bis das wieder repariert ist..." mit diesen Worten gab er ihr eine schwarz glänzende Pille.

"Bleib du bei ihr, Kimba, und paß auf dass sie sich schont, wenn sie wieder aufwacht. "Ich gehe jetzt mal wieder zum Wagen, mache Meldung."

Mit diesen Worten ging der Subco wieder in Richtung Dschungel.
 

"Hey, Kimba! Schön das du wieder da bist!" rief plötzlich eine hellere Gepardenstimme von der anderen Seite der Schule. Kimba schaute, wer ihn da plötzlich begrüßt hatte.

Es war Sira. Und neben ihr stand Casy.

"Nanu? Ihr seid auch hier?" wunderte Kimba sich.

"Ja, wir helfen den anderen bei der Pflege der verletzten Tiere," erklärte Casy.

"Wer ist denn noch hier?"

"Wir zum Beispiel!" rief Lukas keine 10 cm hinter Kimba und erschreckte ihn damit fast zu tode.

"Wildcat, Dodi und Gira helfen auch mit, aber die hatten schon Nachtschicht und haben gerade aufgehört," ergänzte Piwi.

"Du siehst aber auch ziemlich müde aus, Piwi," fand Kimba.

"Nö, das sieht nur so aus. Ich mach jetzt weiter," lächelte Piwi etwas seltsam und trug ein paar Heilblätter zu einigen Warzenschweinen in der Mitte der Schule.

Sira ging zu Kimba hin. "Weißt du," sprach sie leise in sein Ohr, "der Arme hat die letzte Zeit kaum noch geschlafen. Er hat schreckliche Angst wegen dem Krieg. Ich hab schon versucht, ihn zu beruhigen, aber es hat nicht viel gebracht."

"Ja... . Nur Wildcat schafft es für kurze Zeit, ihn wirklich ruhig zu stellen, dass er einschlafen kann," ergänzte Lukas noch.

"So, jetzt müssen wir weitermachen, die anderen brauchen uns!" meinte Sira und begann wieder, sich um das verletzte Zebra vor ihr zu kümmern.
 

"Erstaunlich," dachte Kimba, "der schreckliche Krieg hat sie alle viel näher zusammengebracht. Ich wünschte nur, das Rahja nichts passiert wäre. Ich würde gerne mit ihr tauschen... wenn es ihr nur dadurch besser gehen würde, würde ich mich an ihrer Stelle abschießen lassen."
 

Den ganzen Tag wachte Kimba noch bei Rahja und kümmerte sich, so gut er konnte, dabei noch um die anderen Verletzten. Am Abend kamen dann Wildcat, Dodi und Gira, um die anderen abzulösen.
 

"Geht es Rahja inzwischen besser?" fragte Dodi besorgt.

"Ja, " freute sich Kimba," sie ist zwischenzeitlich sogar mal aufgewacht. Ihr Atmung geht jetzt auch wieder tief und gleichmässig. Subco hat ihr offenbar gute Medizin verabreicht."

"Wer ist denn Subco?" fragte Wildcat neugierig.

"Das ist der Soldat, der Kimba hierhergefahren hat," erklärte Gira.

"Also derselbe, der uns vorhin gefragt hat, wo Kimba sei?"

"Nein, das war ein anderer. Achja, Kimba: Du sollst doch bitte wieder zu Daniels Restaurant gehen, der Soldat sagte, er hätte für dich eine Botschaft von einem Rekar namens Denar."
 

"Hm... dann werde ich mal kurz dahin gehen. Paßt ihr bitte kurz auf Rahja auf? Ich will sie hier nicht alleine herumliegen lassen."

"Aber dafür sind wir doch da," sagte Gira zu und die anderen nickten zustiimmend.
 

Wenig später war Kimba wieder in Daniels Restaurant. Dort saß an einem der schlichten Holztische ein Soldat in recht zerschlissener Kleidung und unterhielt sich gerade mit Daniel.
 

"Guten Abend," begrüßte Kimba die beiden.

"Guten Abend, Kimba," grüßten Daniel und der fremde Soldat zurück.
 

"Ich habe gehört, Sie haben eine Botschaft von Denar für mich?"

"Ja, und zwar läßt er anfragen, wieso du eigentlich so plötzlich in den Dschungel zurückgekehrt bist. Er sagte, er wolle dich nicht aufhalten, aber deine plötzliche Abreise hatte ihn beunruhigt. Daher soll ich auch fragen, ob noch alles in Ordnung ist.

"Leider ist hier nicht alles in Ordnung. Die Defrag hatten einen Vergeltungsschlag durchgeführt, bei dem auch der Dschungel betroffen war. Dabei wurden viele Tiere und auch meine Freundin verletzt. Sag ihm doch bitte, ich weiß noch nicht, ob ich zurückkommen werde, aber ich wünsche ihm und seinen Gefährten alles Gute."
 

"Ja, das habe ich auch von Daniel erfahren und ich kann dich gut verstehen. Es gibt eben manchmal wichtigere Dinge, als den Kampf. Aber ich würde gerne wissen, von wem du überhaupt von dem Angriff auf den Dschungel erfahren hast. Der Angriff wurde schließlich erst gestern Abend durchgeführt und du bist keine Stunde später abgereist."

"Nun, Subco erzählte mir, er hätte es vom millitärischen Nachrichtendienst erfahren."

"Millitärischer Nachrichtendienst?" wunderte sich der Soldat. "Das ist komisch: Wir sind doch bloß eine kleine Gruppe Freiheitskämpfer, die immer mal wieder die Defrag angreifen. Wir haben doch gar keinen millitärischen Nachrichtendienst. Auch nichts vergleichbares. Selbst unser Oberkommando hat erst am Morgen von dem Angriff erfahren."
 

"Häh?" staunte Kimba. "Aber wenn es gar keinen Nachrichtendienst gibt, woher... " überlegte er.

"Mit dem müßte ich wohl noch mal ein paar ernste Worte wechseln," dachte er sich. "Erst rät er mir ab, überhaupt an dem letzten Angriff teilzunehmen und dann erzählt er mir auch noch etwas, das er gar nicht wissen dürfte und das genau der Grund gewesen wäre, dass ich besser nicht mitgemacht hätte. Mit dem Typen stimmt doch irgendetwas nicht..."
 

"Kimba?" fragte Daniel "Du siehst so gedankenverloren aus... "

"Mir ist nur gerade einiges klar geworden... und ich denke, ich sollte dem lieben Subco mal ein paar Fragen stellen... . Wo ist der eigentlich?"

"Ich weiß nicht, er ist doch mit dir zur Schule gegangen," antwortete Daniel

"Schon, und dort hat er auch Rahja versorgt. Aber dann ist er doch wieder hierher zurückgegangen, oder?"

"Also hier ist er nie mehr gesehen worden."

"Und wo ist eigentlich der Jeep, mit dem er mich hierhergefahren hatte?"

"Stimmt. Der stand eigentlich die ganze Zeit dort drüben. Aber jetzt ist er weg. - Cheetah, du warst doch die ganze Zeit hier und hast dich von der Nachtschicht erholt. Hast du nicht einen Jeep wegfahren gehört?"

Cheetah schaute verwundert und schüttelte den Kopf.
 

"Das ist ja alles sehr seltsam... " meinte Kimba.
 

"Da hast du Recht... ," dachte der Subco, "und mir wäre es auch anders lieber gewesen..."

Dann starrte er weiterhin auf den Monitor, wo Kimba und die anderen gezeigt wurden, während er auch die taktische Anzeige im Kommando Display aus dem Augenwinkel beobachtete.

"Das sieht nicht gut aus... " fand er schließlich. "Zentralcomputer! Alle verfügbaren Einheiten in den Erdorbit!"
 

Kimba rannte zur Farm und suchte innerhalb und außerhalb des Schuppens. Dann suchte er noch am Abenteuerberg, wieder bei Daniel und wieder in der Schule, doch der Soldat namens Subco blieb verschwunden - ebenso sein Jeep und niemand wusste auch nur, in welche Richtung er verschwunden war.
 

Als Kimba dann erneut bei Daniels Restaurant ankam, wurde er erneut von dem alten Veteranen angesprochen. "Kimba, ich hab über Funk eine Nachricht von Denar gekriegt. Er sagt, dass die neue Allianz noch ein letztes Mal deine Hilfe braucht."

"Was? Wieso das denn?"

"Es hat den Anschein, als wollten die Defrag nun einen letzten großen Schlag gegen uns ausführen."
 

Kimba schaute nachdenklich in den immer dunkler werdenden Himmel. Bald würde die Nacht hereinbrechen. Und er würde dann an Rahjas Seite übernachten.

Damit er für sie da sein konnte, wenn sie ihn brauchte.

Damit er ihr Trost und Wärme spenden konnte, da es in dieser Welt so wenig davon gab.

Damit sie sich einfach wohler fühlte und glücklicher sein konnte.

Damit er sich glücklicher fühlte.
 

"Tut mir leid, aber du musst Denar sagen, dass ich nicht zurückkehren werde. Ich will hier bleiben, weil die Tiere und meine Freundin mich brauchen. Richte ihm doch bitte meine besten Grüße aus. Ich bin sicher, er wird auch ohne mich auskommen können."

"Ich verstehe dich sehr gut. Vielleicht hätte ich damals... ach, sei es drum. Aber sei gewarnt: Die Defrag könnten auch euren Dschungel hier angreifen."

"Warum sollten sie jetzt noch den Dschungel angreifen?" fragte Kimba etwas entsetzt.
 

"Weil die Flüchtlinge und einige der Rebellengruppen beschlossen haben, den Dschungel als Unterschlupf zu nutzen, quasi als Deckung vor deren Bomber."
 

"Oh nein!"

Daniel setzte sich neben Kimba.

"Du musst was tun, Kimba! Wenn die Menschen tatsächlich hier in den Dschungel kommen, bringen sie uns ihren Krieg mit. Du darfst sie hier nicht hereinlassen, hörst du?" redete der alte Affe eindringlich auf Kimba ein.

"Hmh. Du hast recht. Die Menschen dürfen hier erst mal keinen Unterschlupf suchen. Es gibt ja auch noch andere Orte, die ganz gut geeignet sind. Ich werde zu ihnen gehen und mit ihnen reden."
 

"Tja, ich gehe dann wohl besser. An mir soll es nicht liegen, wenn ihr da mit reingezogen werdet. Außerdem werde ich im Hauptquartier erwartet, es gibt noch viel zu tun. Lebt wohl."

Mit diesen Worten verabschiedete sich der alte Soldat und auch Kimba setzte sich in Bewegung. "Ich werde mich beeilen, Rahja. Dann kann ich noch heute Nacht über deinen Schlaf wachen."
 

In einer kleinen Oase westlich vom Dschungel standen eine Reihe getarnter Zelte und Wagen mit aller möglicher Ausrüstung unter recht verdorrten Palmen. Auch etliche Menschen waren zu sehen, wie sie zwischen den Bäumen und Büschen umherliefen und recht beschäftigt wirkten.

"Das muß das Lager sein," bemerkte Kimba richtig. "Und ich muß mich beeilen, die scheinen ja schon mitten im Aufbruch zu sein."
 

Als Kimba ins Lager kam, schrien ein oder zwei Menschen entsetzt auf, während andere nur mehr oder weniger interessierte Blicke zu ihm warfen. "Die meisten Menschen hier sind mir unbekannt - und einige scheinen auch nichts von mir zu wissen." dachte sich der weiße Löwe, vorsichtig voran tapsend. Als er niemanden fand, der wie ihr Anführer aussah, fragte er eben den nächstbesten, der nicht gleich vor ihm weglief.

"Entschuldigung! Ich suche euren Anführer. Weißt du zufällig, wo ich den finden kann, Mensch?"

"Dort drüben am größeren Lagerfeuer stehen die meisten von ihnen zwischen den anderen Leuten. Aber du mußt dich beeilen, wir werden bald in Richtung Osten aufbrechen, dann sind alle Anführer wieder bei ihren Gruppen." erklärte die ältere Frau ziemlich emotionslos.

"Na, ich hoffe doch nicht... aber Danke!" meinte Kimba und lief zu den gesuchten.
 

"Tut uns leid, aber wir können uns beim besten Willen kein besseres Versteck als euren Dschungel vorstellen. Deine Bitte müssen wir ablehnen," antortete ein großer, bärtiger Mann unter dem Kopfnicken der anderen umherstehenden Menschen.

"Ein besseres vielleicht nicht, aber die Höhlen und Canyons noch weiter im Westen sind fast genauso gut. Und sie liegen nicht sehr viel weiter von hier entfernt, als mein Dschungel."

"Nein, wir brauchen das beste Versteck! Außerdem finden wir bei euch Nahrung, falls der Kampf länger andauern sollte," beharrte der Mann stur.

"Wozu braucht ihr das beste Versteck? Wenn ihr in unseren Dschungel geht, werden die Defrag auch unseren Dschungel unter Beschuß nehmen. Dabei könnten viele Tiere verletzt werden oder sogar sterben. Wir haben doch nichts mit eurem Krieg zu tun. Außerdem: Die meiste Nahrung steht jetzt auf unserer Farm. Die gehört den Tieren und nicht euch!"

"Wenn ihr nicht mit in den Kampf verwickelt werden wollt, dann müßt ihr da eben verschwinden! Und bevor wir Hunger leiden, nehmen wir uns die Nahrung einfach!"

"He! Wir wollen nicht, dass ihr in unseren Dschungel geht! Das ist unser Dschungel und unsere Farm! Ihr seid uns noch was schuldig, da wir euch schonmal aufgenommen haben und vor dem Krieg haben wir euch Menschen dabei geholfen die Dunkelpiraten zu vertreiben! Soll das der Dank sein?" rief Kimba verärgert.

Der große bärtige Mann lachte nur.

"Was soll das?" fragte Kimba verärgert.

"Mir persönlich habt ihr noch nie geholfen, das zählt also nicht. Und in einem Krieg gibt es kein 'das ist aber unser' . Da gibt es nur Starke und Schwache. Und wenn die Starken etwas von den Schwachen brauchen, dann können sie es sich nehmen. Das ist doch das Gesetz des Dschungels, Kleiner. Glaubst du im ernst, irgendein Mensch hier würde lieber auf euch Rücksicht nehmen und es riskieren, woanders zu sterben? Vergiß nicht, dass ihr nur Tiere seid! Und jetzt geh, solange du noch kannst!" drohte der Mann und die anderen nickten oder versuchten mitzudrohen.
 

Kimba blieb angesichts dieser Übermacht nichts anderes übrig, als wieder wegzugehen.

"Aber laßt euch gesagt sein, dass ich sehr enttäuscht von euch Menschen bin!" rief er ihnen noch im Weggehen zu.

"Bahahahaha! Mir kommen die Tränen..." spottete der Mann und die anderen Menschen stimmten in sein Lachen mit ein.
 

Einige Zeit später lag Kimba bei Rahja. "Was soll ich nur tun? Aufhalten werden wir sie kaum können. Sie müßten uns ja noch nichtmal besiegen, es reicht nämlich völlig, wenn sie die Defrag hierher lotzen. ... Rahja... ich muß dich und die anderen Beschützen, irgendwie... " Dann war er eingeschlafen.
 

Am nächsten Morgen rief Kimba zur Dschungelkonferenz.

"Diese undankbaren Bastarde!" schimpfte Buckey.

"Das kannst du laut sagen..." meinte Daniel.

"DIESE UNDANKBAREN BASTARDE!" rief Buckey mit aller Kraft. Daniel zuckte zusammen.

"So meinte ich das nicht..."
 

"Tja, was nun?" fragte Wildcat. "Sollen wir hier abwarten, was passiert?"

"Ich schlage vor wir jagen sie aus dem Dschungel, wenn sie es wagen hierherzukommen!" rief Lukas.

"Der Krieg bringt Tod,

und große Not..." jammerte Pauley Cracker.

"Haben wir denn überhaupt eine Chance gegen die Menschen?" fragte Cheetah besorgt.

"Ist doch egal, hauptsache wir lassen sie nicht so damit durchkommen!" entgegnete Lukas.
 

"Das ist leider gar nicht egal, Lukas..." meinte Kimba deprimiert.

"Willst du etwa den Schwanz einziehen und vor denen weglaufen?" fragte Lukas gereizt. "Die haben unsere Hilfsbereitschaft ausgenützt und nun danken sie es uns, indem sie uns den Krieg hierher holen und dann auch noch unsere Vorräte auffressen. Ich könnte die..."

"Lukas!" rief Daniel verärgert. "Kimba macht sich bestimmt schon seine Gedanken und die sind nicht so kurzsichtig wie die deinen! Was sollen wir denn dagegen tun? Wenn wir gegen die Menschen kämpfen, werden die Defrag trotzdem hier ankommen und uns beschiessen. Und die Menschen werden uns dann genauso beschiessen. Dann haben wir erst recht ein Problem."

Lukas sah etwas bedeppert und eingeschüchtert aus.
 

"Leider weiß ich auch nicht so recht, was wir hier tun können, Daniel," mußte Kimba gestehen. "Hat vielleicht irgendeiner von euch einen Vorschlag?"
 

Stille.
 

"Hm... ", seufzte Kimba, "mit den Menschen gegen die Defrag kämpfen oder versuchen, in eine ruhigere Ecke des Dschungels zu kommen... ich weiß nicht..."
 

"Ähm..." begann Piwi. Alle Augen richteten sich plötzlich auf ihn und er verstummte.

"Trau' dich ruhig." ermunterte Wildcat ihn.

Piwi schluckte.

"Naja... also... ich würde einfach wegrennen. Ja, genau das würde ich. Die Menschen und die Defrag sind doch viel zu stark für uns. Und wenn die sich hier bekriegen wollen, können wir eben nichts dagegen machen."

"Doofe Idee... und wir sind dann heimatlos..." meinte Tommy.
 

"Also ich finde die Idee eigentlich gar nicht schlecht," bemerkte Kimba plötzlich.

Alles schaute verwundert auf den weißen Löwen, der plötzlich eine Idee zu haben schien.

"Piwi hat ganz recht, aufhalten können wir sie nicht. Aber wir werden nicht heimatlos werden, wenn wir dem Kampf aus dem Weg gehen. Die Menschen wollen den Dschungel als Versteck. Die Farm hat freie Felder, da können sie sich kaum verstecken. Und der Dschungel selbst wird den Angriff schon überleben. Und wenn die Menschen und die Defrag sich gegenseitig bekämpft haben, können wir zurückkehren und den geschwächten Sieger recht leicht vertreiben - falls die nicht sowieso von sich aus weiterziehen, wenns die Defrag sind."
 

Die anderen Tiere schauten noch etwas mißmutig, doch stimmten dann ebenfalls zu.
 

"Gut, wir ziehen dann noch heute in die Täler und Schluchten direkt am Mondberg. Dort werden wir die Schlacht aus sicherer Entfernung beobachten können."
 

Gegen Nachmittag des Tages setzten sich die Tiere des Dschungels in Bewegung und bildeten einen langen Zug in Richtung des großen Mondberges mit seiner weißen Spitze und dem tiefen schwarzen Graben. Auf einer Reihe provisorischer Tragen wurden relativ am Anfang des Zuges die vielen verletzten Tiere transportiert. Kimba sprang immer wieder vor und zurück, kundschaftete mal den Weg aus, mal achtete er darauf, dass keiner zurückblieb. Als er einmal wieder am Ende des Zuges war, konnte er in der Ferne einen anderen, langen zug sehen, der in den Dschungel führte.
 

"Ich kann zwar nichts daran ändern, aber vergessen werde ich es auch nicht..." dachte er sich verärgert.
 

Es war inzwischen später Abend geworden und die Tiere waren an den ersten der Schluchten angelangt. Eine Gruppe geführt von Cheetah, Pauley und Tommy machte sich in ein entfernteres Tal im Westen auf, eine andere Gruppe wurde von Daniel noch ein Stück weiter bergan und nach Osten geführt. Kimba selbst blieb bei der dritten, kleineren Gruppe, die dort blieb, wo sie war.
 

Als es schließlich ganz dunkel geworden war, sah Kimba etwas am Horizon aufleuchten. Weit im Norden, weit hinter dem Dschungel. Es waren viele kleine helle Punkte, die langsam näher kamen.
 

"Aha, es geht los," wußte er. Und richtig: Wenige Minuten später waren die vielen kleinen Punkte ein ganzes Stück größer geworden und schossen Energiestrahlen in den Dschungel. Jedoch kamen aus dem Dschungel ab und an auch Strahlen zurück in Richtung der Defrag-Bomber. Ein insgesamt recht heftiges Gefecht spielte sich vor den Augen der geflohenen Tiere ab.
 

Doch auch direkt neben dem Dschungel feuerten die Defrag und die Menschen mit allem was sie hatten aufeinander. Plötzlich ging es auch auf dem Weg vom Dschungel zu den Schluchten des Mondberges los. Eine Einheit der Neuen Allianz war offenbar in einen Hinterhalt geraten und mußte vor einigen Bodentruppen der Defrag fliehen, die mit schwerem Gerät ausgestattet waren.
 

"Du, Kimba, wird der Krieg nach diesem Kampf dort unten vorbei sein?" fragte Piwi plötzlich Kimba, der erstmal kurz zusammenzuckte.

"Ich dachte, du schläfst schon, Piwi," sagte Kimba überrascht.

"Bei dem ständigen Geblitze und Gedonner?" fragte Piwi etwas verständnislos zurück.

"Hast recht, das ist wirklich schwierig. Und ich fürchte, das der Krieg selbst noch einige Zeit lang so weitergehen wird. Nicht mehr so heftig wie jetzt, weil dann schon etliche Soldaten tot sein werden und auch viel von den Waffen zerstört sein wird. Aber insgesamt wird das wohl noch eine ganze Weile dauern, bis wieder Ruhe ist."

"Du Kimba...," fragte Piwi und schaute plötzlich ziemlich ängstlich aus.

"Ja?"

"Kommen die da hier her?"
 

Kimba schaute den Weg zum Dschungel hinunter. Dort rannte gerade die Einheit der Neuen Allianz auf ihn und seine Freunde zu und nicht weit von ihnen entfernt kamen die Truppen der Defrag nach und feuerten immer mal wieder ein oder zwei Schüsse zwischen die Fliehenden.
 

"Oh Nein!" rief Kimba. "Schnell, Piwi! Hilf mir Alarm zu schlagen! Wir müssen sofort hier weg. Wir müssen schnell hoch zu Daniel, da kommen die Defrag mit ihren schweren Panzern nicht hinterher."
 

Schnell riefen die beiden die übrigen Tiere zusammen und setzten sich mit ihnen wieder in Richtung Mondberg in Bewegung. Doch nicht alle Tiere der Gruppe konnten so schnell rennen, wie eben Kimba selbst. Auch waren viele schon ziemlich erschöpft und so holten die Verfolger sie immer mehr ein. Schon jagten die ersten Fehlschüsse neben den Fliehenden in den Boden.
 

"Kimbaaaa! Ich hab Aaaaangst!" heulte Piwi los.

"Rennt alle weiter zu Daniel hoch! Ich werde sie aufhalten!" rief Kimba und blieb stehen.

"Das wird nicht gerade ungefährlich," dachte er sich, "doch um die anderen zu beschützen muß ich es riskieren!"
 

Keine halbe Minute später stand er auch schon mitten drin im Feuergefecht.

"Rennt dort entlang!" schrie er die Menschen an, die schon fast denselben Weg nehmen wollten wie seine Freunde. Eine Explosion keinen halben Meter von ihm entfernt warf ihn auf die Seite. Die Defrag hatten schin ziemlich gut auf ihn gezielt.

"Nichts wie weg!" dachte er sich und sah einige Meter über sich im Fels eines relativ steilen Abhanges eine Höhle. Weitere Schüsse schlugen in seiner Nähe ein und wenn er nicht weggesprungen wäre, hätte er eine volle Energieladung kassiert.
 

"Verdammt, die Höhle war wohl doch keine so gute Idee..." erfaßte er wenige Sekunden später die Lage richtig. Die Höhle war wirklich klein und hatte keinen zweiten Ausgang. Das schienen auch die Defrag zu wissen, die den Höhleneingang mit einer weiteren Reihe von Schüssen bedachten und sich langsam immer mehr Kimba näherten. "Wahrscheinlich wollten sie sich für die Zerstörung ihres Landungsschiffes bei meiner letzter Mission rächen," überlegte sich der weiße Löwe und merkte, dass er dort richtig tief in der Falle saß.
 

Da sah er auch schon die oberen Teile ihrer Helme über die Öffnung der Höhle ragen und mußte zusehen, wie einer deutlich auf ihn zeigte, während der andere seine Energiewaffe in Kimbas Richtung hielt. Sie waren keine 3 Meter von ihm entfernt. "Das wars dann wohl," dachte Kimba und schloß die Augen. Aus seiner Position konnte er noch nicht einmal zum Sprung ansetzen.
 

Ein mächtiger Energieblitz riß dem Defrag mit der Waffe in zwei Teile. Der andere drehte sich erschrocken um und wurde im selben Moment ebenfalls von einem Energieblitz in Stücke gerissen. Kimba konnte hören, wie die übrigen Defrag kurz noch Waffen abfeuerten, dann offenbar weitere von ihnen durch diese Energieblitze getötet wurden und schließlich wegrannten.
 

Neugierig aber vorsichtig kroch Kimba wieder zum Rand der Höhle, um zu sehen, wer genau ihm da das Leben gerettet hatte. Er hatte gerade den Rand erreicht als plötzlich aus dem Nichts eine große, gepanzerte Gestalt vor ihm materialisierte. Es war der Fremde in seinem komischen Schutzanzug. Genau der, der ihm schonmal das Leben gerettet hatte.
 

Noch bevor Kimba irgendetwas sagen oder tun konnte, grabschte sich dieser fremde Kimba und trug ihn einige Meter auf der Schulter. Kimba hörte ein leises Aufsummen und bemerkte plötzlich, daß der Fremde mit ihm flog. Höher und höher stieg er. Schnell versuchte Kimba sich loszureissen, doch der fremde hielt ihn viel zu fest. Er war offenbar um ein vielfaches stärker als Kimba.
 

Der Fremde flog über den Rand der Schlucht hinaus und flog in die Schlucht direkt nebenan. Dort setzte er auch gleich wieder zur Landung an. Doch noch bevor er landete, sah Kimba wie die Schlucht an der Stelle, wo er gerade noch gewesen war über mehrere hundert Meter Länge hell aufleuchtete. Ein ohrenbetäubender Donnerschlag war daraufhin zu hören und es schien, als würde die Erde erzittern.
 

Kimba sah in den Himmel und wie er erwartet hatte, konnte er die Schatten der Defrag - Langstreckenbomber gegen den Sternenhimmel ausmachen. Der Fremde war inzwischen gelandet und hatte Kimba losgelassen. Auch er schien nun in den Himmel zu schauen und mit einer mächtigen Strahlenkanone - dafür hielt Kimba es zumindest - suchte er nach möglichen Zielen. Doch die Langstreckenbomber waren schon wieder recht weit entfernt.
 

"Die Bomber werfen offenbar all ihre Ladung ab, da sie nun nicht mehr durch das Landungsschiff aufgetankt werden können," überlegte Kimba.

Plötzlich zischte es hinter den beiden auf. Kimba und der Fremde drehten sich um und sahen eine kleine Rakete, die genau auf den Fremden zuschoss. Der konnte bloß noch einen Sprung zur Seite andeuten, als sie bereits genau auf ihn traf und explodierte. Kimba wurde durch den Druck der Explosion fast ohnmächtig und spürte kaum, wie er ein paar Meter weiter von dem Fremden entfernt wieder aufschlug. Mit letzter Kraft richtete er sich auf und schaute in die Richtung, aus der die Rakete gekommen war. Dort oben im Felsen war gerade ein Defrag mit einer Art Panzerfaust damit beschäftigt, sich schleunigst aus dem Staub zu machen.
 

"Weswegen rennt der jetzt so eilig weg?" fragte sich Kimba, und schaute auf den Fremden, der regungslos auf dem Boden lag. Die Antwort in Form des Summens der Langstreckenbomber kam prompt. Einige hundert Meter von Kimba und dem Fremden entfernt, begannen sie das Tal vom Berg her abwärts zu bombardieren.
 

"Nein! Nicht auch noch er!" dachte sich Kimba, "Ich konnte schon U nicht beschützen, für Rahja war ich auch nicht da... ich will wenigstens ihn schützen können! Er hat mir schließlich schon mindestens zweimal das Leben gerettet. Auch wenn ich dabei draufgehe, vielleicht hilft es ein wenig, wenn..."
 

Kimba schleppte sich mit letzter Kraft einige Meter zu dem Fremden, der noch immer regungslos auf dem Boden lag. Kimba schaute sich nochmals um. Die Bomben fielen immer näher und waren nur noch einige hundert Meter von ihnen entfernt. Er schleppte sich sie letzten Zentimeter bis zu dem Fremden und legte sich auf ihn drauf.
 

"Wahrscheinlich wird es nichts helfen. Aber wenigstens habe ich es versucht," dachte Kimba und schloß die Augen vor den herrannahenden Bomben. In diesem Moment erschien um den Fremden und um Kimba herum ein rotglühender Kreis, der wie aus dem Nichts zu kommen schien. Ein zeiter Kreis bildete sich etwa zwei Meter über den beiden und schien genau über dem ersten Kreis auf dem Boden zu schweben. Dann füllte sich die Luft mit bläulich leuchtender Energie und Kimba konnte die Umgebung nicht mehr sehen, noch nicht einmal die Bomben, die schon bis auf wenige Meter an die beiden herangekommen waren.
 

Dann ließ die Leuchtkraft der bläulichen Energie wieder nach, und langsam wurden wieder Umrisse der Umgebung wahrnehmbar. Doch es war nicht mehr die Nebenschlucht am Mondberg, was Kimba sehen konnte. Er sah Wände aus einem dunklen Material, mit dunkelblauen leicht leuchtenden Leisten, die die Wände entlang - oder hochliefen bis in die Decke. Zahlreiche Konsolen standen an zwei der Wände und viele kleine Lichter leuchteten auf diesen Konsolen dauerhaft oder auch nur kurz auf. Insgesamt war der Raum etwas dunkler Gehalten.

Die zwei roten Kreise verschwanden wieder ins Nichts. Jetzt konnte Kimba plötzlich auch ein Wesen aus Metall sehen, gebaut wie ein Mensch, nur ohne genauere Gesichtszüge. Sein Gesicht bestand aus einer Art Glasscheibe in Höhe der Augen, in der ein rötliches Licht von rechts nach links und wieder zurück schwenkte. Eine Nase war nicht auszumachen, dafür sah eine Reihe von Schlitzen im Kopf auf Höhe des Mundes wie ein Mund aus.

Kimba versuchte sich, nochmals mit letzter Kraft aufzurichten, doch die letzte Kraft war schon lange verbraucht. War das ein Freund oder ein Feind, dieses Wesen, das da auf ihn zukam?
 

"Subco, dein Körper wurde wieder hergestellt," sprach plötlich eine metallende, etwas menschlich klingende Stimme aus der Decke. Kimba schaute hoch, doch er sah nichts, von wo die Stimme hätte kommen können. "Leider waren unsere Sensoren durch die großflächige Bombardierung gestört, so das wir ihn mit hochgeholt haben."
 

"Sehe ich, läßt sich aber nicht ändern." sprach eine Stimme unter ihm. Kimba schaute , wo zuvor noch der Fremde in seinem beschädigten, gepanzerten Kampfanzug gelegen hatte. Dort lag jetzt der Soldat Subco. Nicht mehr in seiner Soldatenuniform, sondern in einem schwarzblauen Anzug mit einigem technischen Zeug, dessen Bedeutung Kimba nicht erkennen konnte.
 

"Ist er etwa der Fremde, der mir schon ein paar Mal das Leben gerettet hat?" überlegte Kimba. "Dann macht seine Aussage am Abend vor dem Angriff natürlich Sinn: Er sei da, um anderen den Arsch zu retten, wie er es wörtliuch gesagt hat. Aber wo bin ich hier gelandet?"
 

"Na Kimba, schätze, ich muß dir die ein oder andere Sache früher erklären, als ich eigentlich vorhatte..." meinte Subco zu Kimba und lächelte ihn dabei freundlich an.
 

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Nächster Teil: Kimba 15 - Der Krieg - das Ende und ein neuer Anfang

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 14 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Der Krieg - Das Ende und ein neuer Anfang"

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Der Fremde alias Subco richtete sich wieder auf und Kimba sah, dass er tatsächlich unverletzt war.
 

"Also gut," begann er darauf, "Du kannst mich Subco nennen. Das das reguläre Kürzel für meinen Rang im Imperium. Und ich bin dafür da, dass dir nichts passiert. Doch warum das so ist und was es mit mir und dem Imperium auf sich hat, kann ich dir jetzt nicht erklären, die Zeit drängt und ich werde in den nächsten Stunden hier oben auf dem imperialen Flaggschiff gebraucht."

"Hier oben?" fragte Kimba verwirrt.

"Ja, sieh nur..." der Subco deutete auf einen großen Monitor an einer der Wände. Kaum hatte er dies getan, erhellte sich der Bildschirm und ein Teil der Erdkugel war zu sehen, ebenso viele tausend Sterne daneben.

"Du bist hier mit mir an Bord der ISS Thunderstar und die befindet sich nun mal für gewöhnlich im Weltraum. Aber nun mußt du wirklich wieder zurück. Der Angriff der Defrag ist schon so gut wie vorbei und deine Freunde brauchen dich. Ich werde dir später die meisten deiner Fragen beantworten. Auf Wiedersehen!"

Der Subco winkte und noch bevor Kimba sowas wie 'Stop' oder 'eine Frage habe ich aber noch' sagen konnte, war unter ihm ein diesmal bläulich leuchtender Kreis erschienen, der sich recht schnell nach Oben bewegte. Kimba schaute auf seine Füße und sah, dass er bereits auf Felsen und Sand stand, während er den Subco noch winken sah. Er wollte wegspringen, noch nicht zurückkehren - bald, aber noch nicht, doch er konnte sich nicht bewegen. Außerdem war der Rand des Kreises bereits über seine Ohren hinaus aufgestiegen und schloß sich über ihm.
 

Als Kimba wieder geradeaus schaute, sah er, daß er wieder auf der Erde war. Genaugenommen auf einem Felsvorsprung nahe der Stelle, wo Daniel und die zweite Gruppe der Tiere hingeflohen war. Die kleinere Gruppe von Kimba kam gerade einen schmalen Pfad hinaufgerannt, sie waren gerade erst angekommen.
 

"Wenn ich denen das erzähle, glauben sie es mir nicht..." dachte sich Kimba und nahm einen Umweg zu Daniel und den anderen, der auch diesen Pfad hinaufführte. Dann erkundigte er sich, ob jemand verletzt worden sei, wie es Rahja ginge und ob Piwi noch immer von Angstzuständen und Schlaflosigkeit geplagt wurde. Das heftige Gefecht über und um den Dschungel herum war inwischen größtenteils abgeebbt, weshalb Kimba mit einer kleinen Vorhut am nächsten Morgen wieder in den Dschungel zurückkehren wollte.
 

Am nächsten Morgen wurde er jedoch schon auf halben Wege von einem wohlbekannten Menschen in zerschlissener Soldatenuniform abgefangen. Es war der alte Veteran, der noch vor dem Kampf den Dschungel verlassen hatte.
 

"Hallo! Ich habe eine Nachricht für dich, Kimba," begrüßte er den weißen Löwen freundlich.

"So?" fragte Kimba mißtrauisch und blieb auf Distanz.

"Ja, von Denar."

Kimba schien darüber schon etwas erfreuter zu sein, wenn auch nicht viel.

"Er läßt ausrichten, dass die Verstärkungstruppen für die Rakar am Rande des Sonnen Systems eingetroffen sind. Damit sind sie den Defrag in jeder Beziehung gleichwertig. Dummerweise haben jedoch auch die Defrag Verstärkung angefordert und sie wird in wenigen Stunden ebenfalls hier eintreffen. Das hat zur Folge, dass es einen weitaus größeren Krieg hier geben könnte, als Ursprünglich angenommen. Er meinte, du solltest in die Stadt gehen und dir die Lage mal anschauen. Er würde auch dort sein."
 

"Hm... ," überlegte Kimba, " das hört sich irgendwie gar nicht so gut an. Wenn der mich schon in die Stadt beordert und dann auch noch selber hingeht, muß die Lage wirklich ernst sein. Der mag die Menschen doch eigentlich auch nicht so sehr - vor allem nicht in großen Massen."
 

"Sag mal, Soldat, wer hat die Schlacht gestern eigentlich gewonnen?" fragte Kimba den Veteranen, der schon fast wieder im Weggehen war.

"Alle haben verloren, was sonst," antwortete dieser bitter.
 

Nachdem Kimba sich vergewissert hatte, dass die Menschen fast alle wieder den Dschungel verlassen hatten, schickte er Cheetah wieder zu den anderen, damit sie nachkämen. Er selbst jedoch wollte noch einmal mit Denar zusammentreffen, in der großen Stadt im Osten, die während der letzten Nacht offenbar befreit worden war.
 

"Was? Kimba ist tatsächlich nochmal zu diesen blöden Menschen gegangen?" fragte Lukas ungläubig.

"Ja, aber er wollte eigentlich nur zu Denar. Der wollte ihm nämlich noch ein paar Dinge sagen."

"Na hoffentlich eine ordentliche Entschuldigung für das Verhalten der Soldaten dieser "Neuen Allianz" ," bemerkte Daniel kritisch. "Steht eigentlich überhaupt noch was vom Dschungel?"

"Also im großen und ganzen ist er gar nicht so schlimm beschädigt worden. Nur ein paar Gebäude hats erwischt."

"Steht die Farm noch?" fragte Dodi.

"Ja, ein paar Einschläge in den Feldern hat es gegeben und das Farmhaus wurde auch leicht beschädigt, aber im großen und ganzen steht sie noch."

"Und mein Restaurant?" fragte Daniel.

"Tja, das werden wir wohl größtenteils neu errichten müssen. Da ist eine der großen Bomben mitten reingeschlagen."

"Und die Schule? Sag schon, Cheetah!" drängelte Piwi.

"Die steht auch noch und das völlig unbeschädigt."

Alle Jungtiere im Chor: "Oooch menno!"
 

Der Stadt konnte man schon eher die Auswirkungen des Krieges ansehen. Ein Teil der Schäden stammte wohl noch vom letzten Krieg, aber einige Gebäude hatten neue Löcher gekriegt oder waren gänzlich verschwunden. Am Rande der Stadt spielte sich eine grausige Szenarie ab, wo die Menschen die toten Defrag sammelten, auf Haufen warfen und verbrannten. Ein ekliger Gestank lag dort in der Luft.
 

Ansonsten schien die Stadt wieder lebendig zu sein wie eh und je. Einige tausend Menschen tummelten sich in der Hauptstrasse. Die große Leinwand war jedoch nicht vorhanden. Dafür jedoch an jeder Ecke kleinere Lautsprecher, in denen die Regierenden - oder die, die sich dafür hielten - die Leute aufforderten, Ruhig zu bleiben, anderen in Not zu helfen, Defrag Einheiten bei der Armee zu melden und das erfolgreiche Ende des Krieges abzuwarten.
 

Kimba schaute sich um. irgendwo hier müsste auch Denar sein. Und zu übersehen war der bei seiner Größe und seinem Aussehen wirklich nicht. Schließlich hatte er ihn auch ausgemacht: Er verließ gerade eine größere Gruppe von Menschen, die ihm offenbar zujubelten. Kimba mußte grinsen: So gut sie es mit ihm auch meinten, er hasste es, im Mittelpunkt zu stehen und erst recht, dabei von dutzenden Menschen umgeben zu sein. Als er Kimba sah, schien er richtig erleichtert, denn er hatte dadurch einen Vorwand, sich schnell von den Leuten zu verabschieden.
 

"Hallo Kimba!" begrüßte er seinen ehemaligen Kampfgefährten. "Los, nichts wie weg hier!"

Kimba stimmte zu und Denar führte sie in ein kleineres Haus mit zwei Rekar Wachen davor. Innen drin atmete er erstmal auf.

"Viel zu laut draußen. Und viel zu viele Leute. Bei der Menge würde ich auch vor meinen eigenen Leuten reißaus nehmen. Komm!" er deutete auf eine gemütlich wirkende Sitzecke.

"Wie geht es deiner Freundin? Ich hoffe doch, sie hat sich erholt?"

"Sie ist auf dem Weg der Besserung und ehrlich gesagt wäre ich jetzt viel lieber bei ihr als hier."

"Kann ich gut glauben. Zumal ich grhört habe, was unsere Westgruppe mit euch und eurem Dschungel gemacht hat. Nunja, Menschen sind halt noch nicht so schrecklich weit, weißt du... . Aber nichts desto trotz hab ich noch weitere schlechte Neuigkeiten: Zum einen ist zwar die Verstärkung für uns eingetroffen, doch leider befindet sich die Verstärkung für unsere Feinde ebenfalls auf dem Weg hierher."

"Ein alter Soldat von euch hat mir dies bereits erzählt. Er sagte auch, dass sich der Krieg wahrscheinlich sehr verlängern würde."

"Das kommt ganz auf die Sichtweise an, Kimba. Zum einen wird er wohl noch zeitlich gesehen über Jahre andauern, da die Rohstoffe auf diesem Planeten recht einfach und schnell gewonnen und in Waffen und Schiffe umgewandelt werden könnten. Zum anderen könnte es gut sein, dass für die meisten Lebewesen auf diesem Planeten der Krieg bereits in wenigen Tagen zu Ende ist. Wenn die Defrag nämlich anfangen, mit ihren Schlachtschiffen auf unsere Stellungen zu feuern und unsere Flotte alternativ auch deren Stellungen auslöschen wird, werden nicht nur Rekar und Defrag sterben. Die Waffen, mit denen hier gekämpft wird, haben gewaltige Zerstörungskraft. Und damit meine ich nicht nur die Bomben für diesen Planeten, sondern vor allem die Anti-Materie Torpedos und Plasmastrahlenwaffen und Partikelkanonen."

Kimba schaute etwas dumm aus der Wäsche. Viel verstand er nicht von dem, was ihm Denar im letzten Satz gesagt hatte. Und der war noch nicht fertig: "Wenn die Torpedos oder Strahlenwaffen ihr Ziel verfehlen und statt dessen auf den Planeten treffen, werden sie auch hier unten gewaltige Verwüstungen hinterlassen. Es kann gut sein, dass der Großteil der Erdoberfläche unbewohnbar wird. Die kommende Schlacht werden wahrscheinlich nicht viele Menschen und Tiere überleben."
 

Zumindest den letzten Satz hatte Kimba wieder voll und ganz verstanden.
 

"Dann verhindert den Krieg!" fuhr er Denar an.

"Das ist leider nicht mehr möglich, denn er ist bereits im vollen Gange. Die kommende Weltraumschlacht läßt sich gar nicht mehr aufhalten, unsere Schiffe würde sogar dann auf die Flotte der Defrag treffen, wenn sie augenblicklich fliehen würden. Es tut mir leid... "
 

"Es tut ihm leid...," dachte Kimba sauer, "das hilft uns allen jetzt auch nichts mehr."

"Ich gehe jetzt wieder in den Dschungel zu meinen Freunden. Es wäre wohl das Beste gewesen, wenn ich von Anfang an dort geblieben wäre..."

"Du bist daran in keiner Weise beteiligt gewesen. Die Dinge hätten sich auch so auf diese Weise entwickelt. Aber geh ruhig in deinen Dschungel. Wer weiß, wie lange du noch dazu Gelegenheit hast."
 

Tief deprimiert ging Kimba dann langsam wieder in Richtung seines Dschungels. Wie sollte er das bloß den anderen klar machen, dass sie alle wohl nur noch ein paar Tage zu leben hätten? Oder sollte er es ihnen besser gar nicht erst erzählen?

"Rahja...," dachte er, "vor dem was kommt, werde ich dich wohl nicht beschützen können. Aber ich werde bei dir bleiben - bis zum Ende. Und dann sterben wir gemeinsam. Wenigstens das. Wie es wohl sein mag, tod zu sein?" Er überlegte, wo er schonmal so eine Situation, die dem Tod zumindest nahe kam, erlebt hatte. "Moment mal, " fiel es ihm plötzlich ein, " ich war doch eigentlich schon mal Tod. Einmal richtig und zweimal wäre ich wohl gestorben, wenn... , " ihm fiel etwas ein, das ihm zumindest noch ein bißchen Hoffnung machte, " ... wenn mich dieser komische Fremde, dieser Subco nicht gerettet hätte. Hatte er nicht auch etwas davon gesagt, dass es seine Aufgabe wäre, mich zu schützen? Vielleicht läßt er diesen Krieg ja gar nicht zu. - Andererseits... er hat auch nicht gesagt, dass er auch die schützen muß, die mir nahestehen." Kimba blieb einen Moment lang stehen und dachte darüber nach, was er über den Fremden wußte. "Eigentlich weiß ich rein gar nichts über ihn. Nichts über seine Situation, seine Macht, seine wahren Motive. Die wollte er mir erst nach dem Krieg erzählen... was ich jetzt für reichlich makaber halten muß, wenn Denars Aussage stimmt, das der Krieg sich jetzt noch über Jahre hinziehen wird."

Kimba setzte sich wieder in Bewegung. Er war jetzt noch deprimierter als zuvor, doch irgendwie spürte er auch noch einen kleinen Funken Hoffnung in sich.
 

"Rahja!"

Kimbas Augen erhellten sich. Rahja stand zwischen den Tischen der als provisorisches Krankenlager umfunktionierten Schule.

"Du bist wieder auf den Beinen!"

Eine Träne lief über seine Wange.

"Ja, ich fühle mich schon wieder richtig gut. Sag mal, ist das wahr, dass du die ganze Nacht nach dem großen Angriff an meiner Seite gewacht hast?"

Kimba wurde leicht rot.

"Naja... ich war ja schon bei dem Angriff selber nicht hier, da war das doch das Mindeste, was ich tun konnte. Außerdem... " Kimba stoppte kurz und ging ein paar Schritte auf sie zu, bis er mit seinem Kopf fast genau neben ihr stand. "Außerdem möchte ich immer an deiner Seite sein. Heute, Morgen, Übermorgen... solange es nur geht. - Und am liebsten bis ans Ende aller Zeiten... ich... " wieder stoppte er kurz. Normalerweise hätte er sich nie getraut, das zu sagen, doch das drohende Ende dieser Welt machte ihm deutlich, dass es morgen bereits zu spät sein könnte. "Ich... ich ... liebe dich," flüsterte er ihr ins Ohr.
 

Rahja blieb für einige Sekunden wie erstarrt. So direkt hatte sie das gar nicht erwartet. Und sie wußte nicht, ob es ihr kleiner Unfall vor ein paar Tagen war, von dem sie sich noch nicht ganz erholt hatte oder etwas anderes, das ihr plötzlich die Beine weich werden und ihr Herz rasen ließ. Aber sie spürte, dass ein großes Glücksgefühl in ihr aufstieg, weil Kimba sie so sehr mochte. Und das war ihr sehr wichtig, soviel war ihr schon bewußt. Sie wußte nicht genau, was sie sagen sollte. Daher zögerte sie ein paar Sekunden und gab ihm dann schließlich einen Kuß genau auf den Mund und lief weg.
 

"Rahja..." dachte Kimba und spürte endlich wieder etwas anderes als seine Sorgen in sich.
 

Die Flotte der Rekar war schon seit einigen Stunden im Erdorbit eingetroffen. Die wenigen Schiffe der Defrag hatten sich gleich nach dem Auftauchen der Flotte aus dem System zurückgezogen und hatten einige Zeit lang auf ihre Unterstützung gewartet. Als diese dann eintraf, setzten sich ihre Schiffe wieder in Bewegung.
 

Der Kommandant der Defrag hatte sein Ultimatum an die Kampfflotte der Rekar gestellt, das System zu verlassen oder unterzugehen. Als Antwort löschten die Schlachtkreuzer der Rekar die übriggebliebenen Landungsschiffe und Stützpunkte der Defrag auf dem Planeten aus. Die Schlacht schien nun unvermeidlich. Und mit ihr die Gefahr, den gesamten Planeten zu verlieren.
 

Das hatten inzwischen selbst die Regierenden der Erde bemerkt. In einem Appell wandte sich der Sprecher der Erde an die Flotte der Rekar:

"Bitte, es wird niemanden etwas nutzen, wenn dieser Planet zerstört und wir ausgelöscht werden. Wir bitten euch als Allierte und Freunde, eure Flotte aus dem Erdorbit abzuziehen und den Kampf mit den Defrag woanders auszutragen."

Admiral Keyn antwortete: "Wir haben eure Hilfe in Anspruch genommen und sind eure Bündnispartner im Krieg gegen die Defrag. Wir haben euch in die Sache mit hineingezogen, also werden wir nun auch dafür geradestehen und euch und euren Planeten gegen sie verteidigen. Seid unbesorgt, wir werden euch schützen."

"Aber wir wollen nicht, dass ihr uns schützt. Die Defrag werden uns sicher nicht auslöschen, aber genau das könnte und wird passieren, wenn ihr eine derartig große Raumschlacht im Erdorbit austragt. Wir bitten euch inständig, zu gehen."

"Ihr hab sicherlich Angst vor den Flotten der Defrag und reagiert daher so eingeschüchtert, doch seid unbesorgt, wir werden die Schlacht für euch gewinnen und ihr werdet frei sein. Admiral Keyn, Ende."
 

"So frei, wie Tote nur sein können... diese verlogenen Bastarde," dachte sich der Subco verärgert. "Das hat deren Regierung doch genauso geplant. Und von wegen sie könnten dem Kampf nicht ausweichen, der Weltraum ist doch keine zweidimensionale Einbahnstraße. Naja, war ja vorrauszusehen..."

"Operation ausführen?" fragte der Zentralcomputer.

"Erst wenn die kritische Grenze der Situation erreicht ist," antwortete der Subco. Angespannt saß er auf seinem Kommandositz und wartete ab, was geschehen sollte.

"Subco, wir fangen Nachrichten der feindlichen Flotten ab."

"Zeigt an!"
 

Zu sehen war Admiral Keyn.

"Hier spricht Admiral Keyn, Kommandat des Geschwaders 14. Dieser Planet steht unter dem Schutz der rekarischen Union. Die Menschen sind unsere Bündnispartner und wir werden sie verteidigen!"
 

Wenige Sekunden später kam schon die Antwort des Oberbefehlshaber der Defrag: "Hier ist Kommandodrone Sigma. Ergeben sie sich oder wir werden sie vernichten!"
 

Die Flotten hielten aufeinander zu. Die Kriegsflotte der Defrag bestand aus 38 Zerstören und 8 Schlachtschiffen, die der Rekar aus 18 Schlachtkreuzern. Begleitet wurden beide Flotten von etwa zwei Dutzend Transportern mit Bodentruppen und Personal für Basis Stationen, Minen und Schiffsfabriken.
 

Die Schlachtschiffe der Defrag flogen der Restflotte ein wenig vorraus. Die Schiffe der Rekar hielten sich bereit zum Ausweichen. Wenn die Schlachtschiffe einer erste Salve abfeuern würden, müßten die Kreuzer ihre Formation aufbrechen. Genau in dem Moment würden die Zerstörer der Defrag zum Einsatz kommen, schnell vorstoßen und den Nahkampf suchen.
 

Eine Nachricht von der Erde wurde zur Rekar Flotte hochgesendet.

"Geben sie sofort ihre jetzige Position auf! Wenn die Schlachtschiffe feuern, werden sie den Planeten treffen! Die Erdregierungen mißbilligen ihre Sturheit!"
 

Keine Antwort kam von der Rekarflotte. Die Schlachtschiffe waren schon fast in Feuerreichweite.
 

Eine zweite Nachricht wurde von der Erde gesendet. Diesmal zu den Defrag.

"Hier spricht der Vertreter der Erdregierungen. Bitte feuern sie nicht auf unseren Planeten! Wir ergeben uns und sind nicht länger die Bündnispartner der Rekarischen Union. Ich wiederhole: Wir ergeben uns! Feuern sich nicht!"
 

Die Schlachtschiffe waren nun in feuerreichweite. Die rekarischen Kreuzer spalteten schnell ihre Formation um den Schlachtschiffen das Zielen so schwer wie möglich zu machen. Doch die hatten in Sekundenbruchteilen die neue Lage richtig erfasst und feuerten mit ihren Langstreckenwaffen auf die beiden rekarischen Formationen. Die begannen sofort mit dem Ausweichversuch und fast gleichzeitig aktivierten die Zerstörer der Defrag ihre Antriebsaggregate zu 100% .
 

Etwa 96 Anit-Materie Torpedos jagten auf die Erde zu. Die Menschen auf der Erde wußten nicht, ob das schon sehr schlimm war oder nur einen Kratzer verursachen würde. Doch an den Gesichtern einiger zurückgebliebener Rekar und den Gesichtern der Politikern der Regierungen der Erde war deutlich zu erkennen, dass sie gerade mit ihrem Leben abschlossen.
 

Die Zerstörer waren bereits etliche Kilometer vor ihre Schlachtschiffe geschnellt, die gerade eine zweite Salve vorbereiteten und die Kreuzer der Rekar waren mitten in ihrem Ausweichmananöver, als die Torpodos plötzlich der Reihe nach mitten im Raum detonierten. Es sah fast so aus, als wäre ein gigantischer Schutzschild um die Erde und die rekarische Flotte gelegt worden.
 

Für ein oder zwei Sekunden schienen beide Flotten wie paralysiert. Niemand wußte, warum die Torpedos plötzlich ohne jeglichen Grund mitten im Raum hochgegangen waren. Oder woher dieser Schutzschild kam, wenn es einer war.
 

Die Schlachtschiffe waren schon fast bereit, eine zweite Salve zu feuern und die Zerstörer waren bereits in vollem Gange, ihre Waffensysteme der Reihe nach abzufeuern, genauso wie die rekarischen Schlachtkreuzer, als dort, wo die Torpedos detoniert waren plötzlich der Weltraum zu verschwimmen schien. Und wie aus dem Nichts war dort plötzlich eine große Flotte aus gigantischen Schiffen aufgetaucht. Sie befand sich genau zwischen den Fronten.
 

Die Waffen der Zerstörer und der rekarischen Kreuzer liessen deutlich die Schilde dieser unbekannten Schiffe aufleuchten. Doch keine der Waffen schien sie durchdringen zu können. Plötzlich leuchtete es an etlichen Stellen dieser Schiffe auf und die Sensoren der beiden verfeindeten Flotten maßen einen gewaltigen Energieanstieg.
 

"Ausweichmanöver! Wir müssen sofort hier weg! Admiral Keyn an die gesamte Flotte: Flieht! Sofort!"
 

"Kommandodrone Sigma an alle Schiffe des Defragschen Reiches: Feuer freigegeben!"
 

Doch es war schon zu spät. Die Schiffe der fremden Flotte hatten ihre Energiespitze bereits erreicht und feuerten nun ihrerseits ihre Waffensysteme ab. Die defragschen Zerstörer wurden wie kleine Sandburgen von riesigen Energiewellen hinweggespült und lösten sich scheinbar ins Nichts auf. Den rekarischen Schlachtkreuzern erging es nicht besser, sie wurden buchstäblich im Raum zerissen.
 

Die Schlachtschiffe feuerten gerade ihre zweite Welle an Torpedos ab, doch diese verdampften in der gegnerischen Feuerkraft. Zugleich kollabierten die Schilde der Schlachtschiffe und die Kommandodrone mußte erkennen, dass auch die Panzerung der Schlachtschiffe dem feindlichen Angriff nichts entgegenzusetzen hatte. Drone Sigma war noch nicht einmal mehr in der Lage, ein Notsignal zu senden, so schnell hatten die Strahlen der gegnerischen Flotte die Panzerung und die gesamte Innere Struktur der Schlachtschiffe durchdrungen und zu Quantenteilchen zerlegt.
 

Leere.
 

Stille.
 

Die übriggebliebenen Soldaten der Defrag und der Rekar auf der Erde schauten entsetzt auf ihre Monitore, wo sie das Treiben dort oben hatten beobachten können. Ebenso verunsichert waren die Vertreter der Erdregierungen. Doch das ganze wurde noch verstärkt, als sich diese unbekannte Flotte plötzlich in Richtung Erde zu drehen begann.
 

"Erneuter Anstieg der Energiekurve!" zeigte ein Rekar hektisch auf seine Konsole.
 

Und in der Tat: Wieder leuchtete es an einigen Stellen der Schiffe auf und eine ganze Reihe an Strahlen und torpedoartigen Geschossen jagte auf die Erde zu. Die Strahlen trafen hundertprozentig gerade und punktgenau die Stützpunkte der Defrag und der Rekar und lies sie in Dampf aufgehen. Die torpedoartigen Geschosse liefen einige Sekunden lang auf einer niedrigen Umlaufbahn und traten dann ebenfalls in die Erdatmosphäre ein, um auf der anderen Seite des Planeten ebenfalls die Stützpunkte der Rekar und der Defrag in Dampf und Energie aufgehen zu lassen.
 

Das Bild auf den wenigen übriggebliebenen Monitoren verschwamm. Dann erschien dort wieder eine dunkle Gestalt. Sie wirkte wie der Schatten eines Menschen aber auch irgendwie anders. Unnatürlich dunkel und regungslos.

"Bürger der Erde! Überlebende der Rekarischen Allianz und der Defragschen Union! Der Krieg ist in diesem System mit dem heutigen Tage vorbei. Die Überlebenden der Allianz und der Union sollen sich augenblicklich auf ihre wenigen Transportschiffe begeben, die noch unzerstört sind. Danach sollen beide Parteien dieses System verlassen. Und zwar so lange, bis ich es wiederrufe. Die Bürger der Erde sollen nun ihre Waffen niederlegen und die anderen beiden Spezies nicht an ihrem Abzug hindern. Für alle Beteiligten gilt: Wer sich den Befehlen nicht beugt, wird eleminiert."

Das Bild verschwand wieder. Ebenso wie die große Flotte mit ihren dunklen und riesigen Schiffen.
 

Einige Minuten lang verharrten Ausserirdische und Menschen noch wie paralysiert vor den leeren Bildschirmen. Dann begannen die beiden Kriegsparteien damit, ihre Sachen zusammen zu räumen und verliessen noch am selben Tage die Erde.
 

Die Abenddämmerung hatte eingesetzt. Kimba saß alleine auf einem der mit Gras und Blumen bewachsenem Hügel und schaute der untergehenden Sonne nach. Er atmete tief und genoss jeden seiner Atemzüge. Denn er war einer der wenigen, die genau gewußt haben, was beinahe geschehen wäre. So spürte er auch immer deutlicher das Glücksgefühl, das langsam in ihm aufstieg.
 

"Rahja... jetzt haben wir doch eine gemeinsame Zukunft."
 

Doch ebenso spürte er, wie er mehr und mehr von einer inneren Unruhe erfasst wurde. War es wirklich der "Subco", wie er sich nannte? Hatte er wirklich eine solch riesige Macht? Warum hatte er dann nicht schon vorher eingegriffen? Oder war es gar eine völlig andere Macht, die in die Schlacht eingegriffen hatte?
 

Fragen über Fragen... und Kimba konnte nur der Sonne hinterherschauen, ohne dass sie auch nur eine davon beantworten konnte.

"Du warst doch letztens so neugierig?" sprach plötzlich eine Stimme keine 10 cm neben ihm. Kimba blieb fast das Herz stehen. Der Subco setzte sich direkt neben ihn ins Gras.

"H- Hallo," brachte er dann schließlich hervor, als er sich wieder einigermassen gefangen hatte und sein Herz wieder schlagen spüren konnte. "Wird wohl Zeit, dass wir beide uns mal besser kennenlernen, hm?"
 

"In der Tat. Auch wenn es mir persönlich noch etwas früh dafür ist. Aber die meisten deiner Fragen werde ich dir wohl beantworten können," meinte der Subco.
 

"Ok. Also als erstes wüßte ich gerne, wie du wirklich heisst und wer du eigentlich bist," wollte Kimba wissen.

"Wer ich bin? Also gut... ," begann der Subco.
 

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Nächster Teil: Kimba 16 - "Eine Reise in die Vergangenheit"

Special: Kimba 15 S - "Eine fremde Welt"

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 15 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Eine Reise in die Vergangenheit"

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Als Kimba erwachte, spürte er nicht das weiche Fell seines Vaters über sich und den staubigen, dünn mit Stroh ausgelegten Erdboden unter sich. - Nein, es war eher andersherum: Unter ihm war es warm und weich und über ihm... naja... war eher gar nichts. Gar nichts außer der milden afrikanischen Morgenluft, die sanft durch sein Fell strich.

Zuerst hatte Kimba die Augen noch geschlossen und dachte an die letzten Bilder, von denen er geträumt hatte... es war ein merkwürdiger Traum gewesen, in dem Ereignisse aus der Vergangenheit und Gegenwart miteinander vermischt worden waren. Einige neue, unbekannte und teilweise unrealistische Situationen und Erlebnisse waren ebenfalls mit in seinen etwas wirren Traum eingeflossen. So träumte er beispielsweise davon, mit Zauberei gegen die Defragschen Truppen vorzugehen, die sein alter Rivale Klaue gegen ihn angeheuert hatte, um den erstmaligen Bau der Farm zu verhindern.

Kimba schüttelte innerlich den Kopf. "Wie kann man bloß so einen Schwachsinn träumen?" fragte er sich noch im Halbschlaf. In dem Moment bemerkte er, dass da etwas nicht stimmte: Über ihm war nichts außer Luft und unter ihm war es weich und warm? Und das da unter ihm bewegte sich leicht auf und ab?

Etwas schneller als gewöhnlich öffnete Kimba die Augen und stand auf.
 

"Guten Morgen, Kimba," erklang eine Stimme, "Gut geschlafen?"

Es war der Subco, auf dem Kimba gelegen hatte. Die Erinnerung an die Ereignisse des letzten Tages kamen wieder zurück. Kimba wußte wieder, dass der Subco ihm gestern einige wenige Dinge über das Imperium erzählt hatte, bevor er in einer längere, abschweifende Geschichte gewechselt war. Kimba erinnerte sich daran, dass er den Subco gefragt hatte, was denn das merwürdigste Erlebnis gewesen war, das er je erlebt hatte. Und der hatte ihm darauf von seinen Abenteuern in dieser "fremden Welt" erzählt, mit den vielen fabelhaften Wesen, der Magie, der Mission seiner Gruppe und schließlich dem Showdown an und in der "Schwarzen Festung".

"Na du, die gestrigen Geschehnisse scheinen dir ja doch ganz gut zugesetzt zu haben, Kleiner," lächelte der Subco freundlich.

"Es geht so," meinte Kimba, "aber ich hab ja gar nicht so viel über das Imperium und deine Rolle hier erfahren."

Wieder lächelte der Subco freundlich. "Du bist wirklich neugierig. Also gut, einiges kann ich dir noch erzählen. Was willst du denn wissen?"

"Erzähl mir doch einfach mal, was das "Imperium" ist!" schlug Kimba vor.
 

"Das Imperium... ," begann der Subco, den Blick gen Himmel gerichtet, "ist eine gewaltige Macht, die schon große Teile dieser Galaxie beherrscht. Doch es ist nicht etwa ein Reich wie jedes andere. Nein - vielmehr ist es das einzige seiner Art. Es steht nämlich eigentlich keine Spezie hinter dem Imperium."

"Häh?"

"Nun, hinter der Defragschen Union stehen die Defrag. Die Defrag sind ja eine Spezie und diese Spezie ist eben die Defragsche Union. Ebenso die Rekarner. Alle Rekaner bilden zusammen die Rekarische Allianz. Alle Schiffe der Rekarischen Allianz stehen unter dem Kommando von Rekarnern. Auch die Regierung besteht nur aus Rekarnern. Dann gibt es noch die Föderative Gilde, die ein mittelgroßes Reich darstellt und aus 3 verschiedenen Spezies besteht. Doch auch deren Schiffe gehören eben den Völkern der Föderativen Gilde. Das Imperium jedoch ist da anders: Es steht keine Spezie hinter dem Imperium, die die Befehlsgewalt über die Schiffe hat, die die Regierung stellt oder so etwas in der Art. Das Imperium ist eine Welt, die einzig aus Maschinen besteht. Aus Robotern, Schiffen und Computern. Das Imperium braucht keine Planeten für irgendwelche Kolonisten, keine Quartiere für große Besatzungen der Schiffe. Der Großteil des Imperiums läuft vollautomatisch ab.

Und dies ist auch der große Vorteil, den das Imperium seinen Mitgliedswelten gibt. Also Mitgliedswelten sind solche, die sich dem Imperium angeschlossen haben, beispielsweise um unter seinem Schutz zu stehen. Denn in jedem anderen Reich gibt es Machtkämpfe um die Regierungsgewalt, um die Befehlshoheit über die Flotte, um die Verteilung der Planeten an die einzelnen Mitgliedswelten zur Kolonisierung. Denn jede Spezie traut den anderen nicht über den Weg. Jede hat Angst, bevormündigt zu werden, beiseite gedrängt zu werden und eventuell unter der Herrschaft einer anderen Spezie zu stehen. - Nicht dass diese Angst unbegründet wäre... wenn eines noch unendlicher ist als die Weiten des Alls, dann ist es die Gier der einzelnen Spezies und jedes einzelnen ihrer Individuen - sofern eine solche Spezies überhaupt aus Individuen besteht."

"Irgendwie hab ich jetzt immer noch nicht ganz verstanden, was nun eigentlich das Imperium besonderes darstellt..."

"Nun, das hab ich auch noch nicht weiter direkt erklärt. Ich hab eher die Umwelt des Imperiums beschrieben, damit du jetzt auch verstehen kannst, welchen Vorteil eine Macht hat, die nicht für irgendeine Spezies steht. Der Vorteil ist, dass die Mitgliedswelten des Imperiums wissen: Das Imperium ist eine absolut neutrale Macht. Die Computergehirne des Imperiums bevorteilen keine Spezies. Warum auch, würde das doch nur zu Streitereien und Instabilität führen. Und sich selber erst recht nicht, da sie keine Spezies darstellen und damit auch nicht mit den anderen um Lebensraum konkurrieren. Auch muß keine der Mitgliedswelten je fürchten, von einem alten Rivalen mit Hilfe der Imperialen Raumflotte überrollt zu werden. Keine Spezies hat auch nur einen Funken Kontrolle über die Imperiale Flotte. Auch gibt es keinen Streit um die Verteilung der Planeten. Während in anderen Bündnissystemen die Spezien noch immer im Rahmen ihres eigenen Staates denken, gibt es im Imperium keine fest abgetrennten Lebensräume für einzelne Spezies mehr. Jede Spezie darf auf jedem Planeten einer anderen Siedeln, während das Imperium als Schutzmacht aufpaßt, dass damit kein Mißbrauch betrieben wird. So können die Welten, die sich dem Imperium angeschlossen haben unter seinem Schutze wachsen und aufblühen. Zwischen den frühesten Mitgliedsreichen des Imperiums hat sich mittlerweile ein reger Kultureller Austausch aufgebaut.

Durch dieses friedliche Miteinander kann das Imperium selber weiter expandieren, seine Flotten verstärken und damit seinen Mitgliedswelten Sicherheit vor jedem anderen Aggressor bieten."

"Hm... interessant. Aber wie ist denn dann eingentlich das Imperium entstanden, wenn es keine Spezie gibt, die dahinter steht?"

"Das ist eine interessante Geschichte... . Ursprünglich gab es tatsächlich einmal sowas wie eine Spezies, die das Imperium aufgebaut hat. Doch es war nicht die komplette Spezies. Nur einige wenige erschufen die benötigten Algorithmen für die künstliche Intelligenz des Zentralcomputers. Ebenso waren es diese wenigen, die die Pläne für die ersten Imperialen Schiffe und Roboter entwarfen. Sie waren nämlich mit der Entwicklung ihres eigenen Reiches nicht sonderlich zufrieden gewesen und wollten sich daher als unabhäbgige Macht quasi selbstständig machen. Der Name dieser Spezies war: Die Hyphen.

Sie waren eine äußerst aggressive, rücksichtslose Macht, die alles ausbeutete oder versklavte, was in ihrer Reichweite war. Fast so schlimm wie die Menschen."

"Oh!" Kimba schien leicht erschüttert zu sein.

"Die wenigen von ihnen, die dieses Vorgehen mißbilligten, erschufen quasi den Vorgänger des Imperiums. Sie brauchten auch diese hohe Automatisierung, da sie nur wenige waren und dennoch irgendwie ihre Schiffe steuern und pflegen können mußten. Als deren Regierung jedoch Wind von der Sache bekam, sahen sie den Fortbestand und die ungehinderte Ausbreitung ihrer Macht gefährdet und schickten die größten Teile ihrer Kampfflotte gegen diese kleine Gruppe. Zwar waren deren Schiffe und Anlagen denen der gewöhnlichen Hyphen weit überlegen, doch gegen eine kapitale Übermacht hatten auch sie keine Chance. So wurde fast das gesamte Imperium ausgelöscht - bis auf eine einzige kleine Basis, die auf einem fernen Planeten unbenutzt Raum und Zeit trotzte bis sie viele Jahrhunderte später von jemand anderem gefunden wurde.

Die Hyphen wurden während dieser Zeit mit ihrer durch das ehemalige Imperium geschwächten Flotte in einen langjährigen Krieg mit ihren Nachbarwelten verwickelt, die ihre Chance zur Befreiung von der Vorherrschaft der Hyphen gekommen sahen. Dieser Krieg dauerte noch bis vor kurzem an."
 

"Aha," meinte Kimba," und wer genau fand das Imperium und wie genau ist es dann so mächtig geworden?"
 

"Nun... ," der Subco dachte eine Weile nach und fuhr dann fort, "ich selbst war derjenige, der das Imperium wieder entdeckte."

"WAAASSS? Du?" Kimba staunte nicht schlecht. "Jetzt versteh ich gar nichts mehr... . Du sagtest doch, dass nur eine einzige kleine Basis vom ursprünglichen Imperium übrig geblieben war. Aber gestern hat eine Flotte aus imperialen Kriegsschiffen gleich zwei feindliche Armeen vernichtet. Das muß doch Jahrhunderte dauern, bis aus einer Basis eine Großmacht geworden ist, oder?"
 

"Hat es auch," antwortete der Subco und sah in die Ferne, über die saftigen Hügel und Wälder des Dschungels hinweg bis in die totengelbe Savannen- und Wüstenlandschaft am Horizont.
 

"Aber das kann doch nicht sein. Dann müßtest du ja auch hunderte von Jahren alt sein, oder?"

"Das bin ich auch."

Kimba musterte den Subco. Er sah aus, wie ein ganz gewöhnlicher Mensch. Nicht älter als maximal 25 Jahre.

"Und wie alt bist du dann genau?"

"248 Jahre," antwortete der Subco ohne jede Betonung, als ob es etwas völlig banales wäre.

"So siehst du aber nicht aus."

"Ich weiß."

Kimba verzog das Gesicht. "Muß man dir denn jede Kleinigkeit aus dem Mund herausziehen?"

"Ja."

Kimba schaute ihn mit großen Augen entsetzt an. Der Subco erwiderte den Blick und lächelte.

"So witzig finde ich das nicht. Immerhin will ich von dir etwas erfahren, dass durchaus ziemlich bedeutend für mich ist. Jemand der so mächtig ist wie du, muß auch mitgekriegt haben, dass ich nicht wirklich in diese Welt gehöre. Bis vor wenigen Wochen oder Monaten war ich noch in einer völlig anderen Welt. Da ist es doch wohl logisch, dass ich jetzt möglichst viel über das wieso und weshalb erfahren möchte, oder?"

"Ja."

Kimba funkelte ihn böse an und der Subco merkte, dass Kimba das wirklich nicht witzig fand.

"Nun gut. Ich hatte auch eigentlich nicht vor, dir alles mögliche zu erzählen. Desto weniger du fragst, desto besser ist es für mich. Ich möchte dir eben noch nicht alles erklären."

"Und warum das wieder nicht?"

"Es könnte deine Entwicklung hier negativ beeinflussen. Du bist geistig einfach noch nicht für die volle Wahrheit bereit."
 

"Du willst mir also erzählen, dass ich zu blöd für die Wahrheit bin?"

"Das hat nichts mit Dummheit zu tun. Dumm wäre es nur, wenn du demjenigen, der dir und den Millionen Lebewesen auf diesem Planeten schon mehrfach das Leben gerettet hat, nicht vertrauen würdest. Du bist einfach noch nicht bereit, da dir noch viel Wissen fehlt. Wissen über dich selbst, Wissen über die Welt hier, Wissen über das Universum allgemein. Hab einfach noch etwas geduld, wenn ich dir deine Fragen nicht alle beantworten kann."
 

Etwas angesäuert und desillusioniert schaute Kimba den Subco an. Aber er sah es ein: Der Subco war bestimmt nicht sein Feind, eher im Gegenteil.

"Na gut," meinte er schließlich, "Also: Wieso siehst du so jung aus, obwohl du so alt bist?"
 

"Ich altere nicht mehr. Die imperiale Technologie hilft mir dabei."

"Dann bist du quasi unsterblich?"

"Ja."

"Wie ein Gott?"

"Das wäre schön. Doch wenn man mir den Kopf vom Körper schlägt, bin ich eventuell wirklich tot."

"Eventuell? Wie meinst du das?"

"Wenn ich von meiner Technologie getrennt bin, kann ich eben nicht mehr regeneriert werden. Dann sterbe ich, wie jeder andere auch. Das habe ich gestern doch schon erwähnt, als ich von der fremden Welt erzähle..."

"Ja, ich erinnere mich. Allerdings: Dort bist du auch nicht gealtert, oder?"

"Ich war ja nicht so lange da, als das man es hätte sehen können, doch auch ich bin dort gealtert und wäre wahrscheinlich dort gestorben - glaube ich zumindest. Sicher bin ich mir nicht, du weißt ja, auf welche Art ich zurückgekehrt bin."

"Stimmt. Das war wirklich seltsam... . Aber wie genau funktioniert denn dieses regenerieren?"

"Nun, angenommen, ich werde versehentlich von einer 300 Millimeter - Granate getroffen. Das hätte gewöhnlich zur Folge, dass mein Körper nicht mehr so ganz funktionieren würde und ich relativ sicher sterben würde. Damit das nicht passiert, werde ich ständig von den Sensoren einer meiner Schiffe überwacht. In dem Moment, wo die Grantate mich trifft, werde ich vom Transportersystem erfasst und mein Gehirn - oder genauer: die elektrischen Ströme meines Hirnes - werden erfasst und durch ein Mikro - Wurmloch ins Schiff transportiert. Mein Körper bleibt auf dem Planeten und wird zerstört, mein Geist jedoch wird auf dem Schiff in einen Ersatzkörper transferiert, der 1 zu 1 genau dem entspricht, den ich auf dem Planeten gelassen hätte."

"Dann müßtest du doch auch altern, oder?"

"Nö, denn der Körper wird ein wenig modifiziert: Er wird aus einzelnen Zellen meines Körpers hergestellt und nur bis zu einem bestimmten Alter ausgebildet. Das sind bei mir etwa 25 Jahre Lebensalter. Dann wird per Nanotechnologie noch das Gehirn so modifiziert, dass es dem tatsächlichen, gealterten Stand entspricht, also mein Geist in Form der elektrischen Ströme verlustfrei auf das neue Hirn übertragen werden kann. Doch die Zellen selbst sind um vieles jünger als das jeweilige Original. Ausserdem werden Hirnzellen, die beispielsweise im Originalkörper durch die natürliche Alterung abgestorben sind, im neuen Körper beibehalten. Diese zustätzlichen Zellen schaden nichts. Im Gegenteil: Manchmal kann ich mich dadurch an einige Dinge erinnern, die mein älterer Körper vergessen hatte."

"Hm... ," meinte Kimba, "klingt alles irgendwie logisch, doch ich verstehe nicht so viel von dieser Technologie mit den ganzen Zellen und elektrischen Strömen."

"Du wirst es im Laufe der Zeit schon noch lernen, vertraue mir," meinte der Subco nur und lächelte ihn an.
 

"Sag mal, wenn du derjenige bist, der das Imperium gefunden hat, müßtest du dann nicht eigentlich auch der Boss dort sein?"

"Bin ich auch. Ich bin der Imperator des Imperiums."

Kimba schaute den Subco an. Was hatte er da gesagt? Er war also nicht nur irgendein Kommandant über eine Einheit, er war quasi der König über dieses Reich, das 'Imperium' genannt wurde? Und der Imperator einer solchen Großmacht saß gerade jetzt neben ihm, ihm, dem kleinen weißen Löwen? Warum?

Diese und noch haufenweise anderer, ähnlicher Fragen gingen Kimba im Kopf herum.
 

"Aber... aber... ," stammelte Kimba, "das wußte ich nicht. Entschuldigt bitte, Euer Hoheit."

Der Subco verdrehte die Augen.

"Bleib mal lieber bei Subco. Denn genau das ist meine Aufgabe hier und meine primäre Funktion. Ich glaub, ich erzähle dir besser mal was über die Imperiale Kommandostruktur:

Als ich das Imperium fand, bestand es bloß aus einer einzigen Basis. Hightech, aber verstaubt und leer. Als ich diese Basis wieder reaktivierte, begann der Zentralcomputer der Basis die Lage zu erfassen. Der Zentralcomputer steuert hauptsächlich die Schiffe, überwacht die Produktion, wertet die Daten der Sensoren aus und Koordiniert das Zusammenspiel der einzelnen Imperialen Einheiten. Diese Einheiten nennt man Zenturien. Es sind Multifunktions-Roboter. Die reparieren Schäden an den Schiffen oder sonstigen imperialen Einrichtungen, steuern einfachere Geräte und sind ansonsten für die Kampfbereitschaft gerüstet. Also sie sind quasi die Soldaten und Arbeiter des Schiffes oder der Basis. Und dabei auch die Einheit, die am meisten Befehle empfängt und am wenigsten verteilt. Der Zentralcomputer steht direkt über ihnen und koordiniert sie so, dass sie über die verschiedensten Standorte des Imperiums hinweg miteinander zusammenarbeiten können. Also wenn eine Basis Informationen über einen entfernten Sektor anfordert, weist der Zentralcomputer die nächstgelegene Schiffswerft an, einen Scout loszuschicken oder einen bauen zu lassen. Der Zentralcomputer übernimmt also die Millionen an ständig wiederkehrenden Routineaufgaben, die im Imperium anfallen. Er kann das Imperium über Tage, Monate, eventuell sogar über Jahre hinweg ordentlich führen und dafür sorgen, dass es seine Ziele erreicht. Doch selbst diese hochkomlexe künstliche Intelligenz kann auf Dauer nicht auf Situationen angemessen reagieren, die in der Programmierung nicht vorgesehen sind. Dafür ist dann die nächste Rangstufe verantwortlich: Ein Subco.

Das Imperium kann über eine beliebige Anzahl an Subcos verfügen, der Zentralcomputer hat errechnet, dass zwischen 1 und 4 Subcos pro Galaxie optimal wären. Subco ist übrigens das Kürzel für Subcommander, also Unterkommandant. Ein Subco kümmert sich darum, dass ein Teil der Galaxie in Ordnung gehalten wird und besondere Missionen in eben diesem Teil erfolgreich vom Zentralcomputer durchgeführt werden können.

Nun, und wenn es einen Subcommander gibt, der sich um einen einzelnen Bereich kümmert, muß es auch höhere Kommandanten geben, die sich um die allgemeine Ausrichtung und Strategie des gesamten Imperiums kümmern. Und genau das macht der Imperator. Und dieser wird aus einem der imperialen Subcos von dem Zentralprocessor empfohlen und, bei gefallen, von den anderen Subcos zum Imperator gewählt. Daher bin ich sowohl Subco als auch Imperator. Alles klar?"
 

Kimba brauchte noch ein paar Sekunden, um das alles zu verdauen, nickte dann aber.

"Weißt du zufällig auch etwas darüber, wie ich hierher gekommen bin? Früher war die Welt, in der ich lebte, anders. Und hier in dieser Welt, soll ich angeblich schon mal gelebt haben."
 

"Ja, das ist auch richtig. Du hast schon sehr viel herausgefunden. Doch ein wenig wirst du dich noch gedulden müssen. In ein paar Monaten wirst du bereit sein - falls du es bis dahin nicht schon selber zum größten Teil herausbekommen haben wirst."

"Hm," Kimba verzog das Gesicht. Das war offenbar eine der Sachen, die ihm der Subco nicht erklären würde. "Weißt du wenigstens, was aus den anderen geworden ist? Die großen Herden ausserhalb des Dschungels, beispielsweise?"

"Ja. Die sind ein Schatten der Vergangenheit."

"Du meinst, man hat sie umgebracht?"

"Nein, das nicht. Zumindest nicht die, die du kanntest."

"Aber leben tun sie nicht mehr, oder?"

"Sie existieren nicht mehr."

"Aber warum das alles?" Kimba schaute flehend den Subco an. Doch der wußte, dass er darauf keine Antwort geben könnte. Das war einfach nicht möglich. Noch nicht.
 

"Soweit ich weiß, hast du hier schon mal etwas über deine Ahnen erfahren, Kimba. Soll ich dir noch etwas darüber erzählen?"

Kimbas Blick erhellte sich wieder etwas.

"Aber du wirst danach eventuell noch ein oder zwei Fragezeichen mehr in deinem Kopf haben."

"Egal, erzähl!"

"Hier, in dieser Welt, lebte schon einmal ein weißer Löwe namens Kimba, der dir auch bis auf das Haar genau glich. Ebenso lebten alle deine Freunde schon einmal hier. Mit ihnen zusammen baute jener Kimba hier sein Dschungelreich auf, in dem die Ideale seines Vaters nach Frieden und Freiheit seiner Bewohner verwirklicht wurden. Jener Kimba hatte auch zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Sie hatten den Namen Rene und Ruccio. Als der Kimba jener Zeit auf einer ziemlich unglücklich verlaufenden Mission zum Mondberg töflich verunglückte, führten sie die Geschicke des Dschungels fort. Einige Zeit später kam es zum großen Krieg. Zu dem Zeitpunkt waren bereits Chako und Rya der König bzw. die Königin im Dschungel, die Kinder von Rene und Ruccio. Sie waren dann auch diejenigen, die den Einwohnern dieser Gegend - so gut es ging - halfen, den Schrecken des Krieges zu entkommen. Doch später fielen auch sie in den zahllosen Angriffen, die die Menschen aufeinander starteten. Mit diesem Zeitpunkt war das Geschlecht der weißen Löwen ausgestorben, Kimba."
 

Kimba schaute den Subco etwas schief an. "So etwas in der Art habe ich auch in so einer komischen Bibliothek in der Stadt gesehen. Aber wieso bin ich dann hier?"

"Wie gesagt, noch darf ich dir nicht alles erzählen. Aber ich bin sicher, du wirst es in nächster Zeit selbst herausbekommen. Die Zeichen stehen gut dafür."
 

Unzufrieden grummelte Kimba etwas und überlegte sich weitere Fragen. Vielleicht konnte er doch noch etwas herausbekommen. Doch er bemerkte bei dem Versuch, sich solche Fangfragen auszudenken, dass dies gar nicht so einfach war - zumal der Subco durchaus nicht auf den Kopf gefallen zu sein schien.
 

"Sag mal, wie groß ist denn eigentlich das Imperium?"

"Sehr groß. Die genauen Zahlen habe ich nicht im Kopf, aber es macht schon etwa ein Viertel der Galaxie aus. Und gerade in den nächsten zwei Jahren wird es nochmal stark an Größe gewinnen. In einer gewaltigen Schlacht habe ich einige alte Erzfeinde des Imperiums und Unterdrücker zahlreicher anderer Allianzen und Reiche vernichten können. Jetzt existiert keine Kraft mehr, die sich dem Imperium noch entgegenstellen könnte. Zudem hat auch niemand mehr Angst vor diesen Kräften, die das Imperium bekämpft haben, weshalb sich in letzter Zeit immer mehr Völker bereiterklärt haben, dem Imperium beizutreten."
 

"Das muß doch eine ziemlich schwierige Aufgabe sein, das Imperium zu lenken, wenn es doch schon so groß ist. Hilft dir jemand dabei? Wer sind die anderen Subcos?"
 

"Die anderen...?" der Subco versank ein wenig in Gedanken. Er schien abzuwägen, ob er Kimba darauf antworten sollte.

"Nun," begann er schließlich, "theoretisch reicht auch ein einziger Subco, um das Imperium in der gesamte Galaxie zu überwachen. Ich bin bislang der einzige."

Kimba war erstaunt.

"Du bist der einzige? Umgeben von Maschinen? Ist das nicht irgendwie... ein komisches Gefühl?"

"Man gewöhnt sich recht schnell daran."

"Und du bist nicht einsam?"
 

"Ich habe meist gar keine Zeit, mich einsam zu fühlen. Glaub mir, es gibt dort eine Menge zu tun. Und ausserdem kommt man ja immer mal wieder in diplomatischen Kontakt mit anderen Spezien. Da hat man auf manchem diplomatischen Zusammentreffen mehr Gesellschaft, als einem lieb ist. Wirklich."

"Wenn du meinst. Und warum bist du dann hier, wenn du doch so viel zu tun hast?"
 

"Hab ich auch," meinte der Subco und zum ersten Mal konnte Kimba erahnen, dass er ihn in Bedrängnis gebracht hatte. "Ich habe hier eine Menge zu tun."

"Hat das zufällig etwas damit zu tun, dass du mir das ein- oder andere Mal das Leben gerettet hast?"

"Ja, auch du bist ein Teil dessen, was ich hier zu tun habe."
 

Es piepte plötzlich. Der Subco schaute auf ein Display, das am linken Arm seiner Uniform angebracht war. Kimba merkte, wie erleichtert er plötzlich schien.

"Tut mir leid, Kimba, aber ich werde auf meinem Schiff gebraucht. Es ist mal wieder Ärger im Anmarsch."
 

"Aha...," meinte Kimba nur, blieb aber bei seinem Verdacht.

"Wir werden uns noch häufiger sehen, Kleiner," verabschiedete sich der Subco. "Holt mich hoch!"
 

Wieder zog sich das kleine Wurmloch über den Körper des Subcos. Keine Sekunde später war er bereits nicht mehr auf dem Planeten.

"Ich frage mich, wieso ich für ihn irgendwie wichtig bin. Vielleicht sollte ich da mal ne Nacht drüber schlafen," dachten sich Kimba und merkte, dass dieser Gedanke früh morgens eine zeitlich ungünstige Position hatte.
 

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Nächster Teil: Kimba 17 - "Der Mondberg"

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 17 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Der Mondberg"

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Die Sonne war schon lange aufgegangen, als Kimba endlich bei Daniels Restaurant ankam und sich knurrenden Magens an einen der vielen, inzwischen leeren, Tische setzte. Die Luft war noch lau aber schon etwas stickig, da kein Luftzug von den Gewässern her Feuchtigkeit mitbrachte. Die Blätter der großen Palmen und Dschungelbäume bewirkten ein vielschichtiges Schattenspiel auf Kimbas Tisch, dem er einige Sekunden lang wie abwesend zusah.

"Guten Morgen Kimba!" erklang eine etwas erboste Stimme aus Daniels Küche. "Hast du etwa schon genug gelernt, dass du meinst, nicht mehr zur Schule gehen zu müssen?" Es war der Hausherr höchstpersönlich, der Kimba gerade die Predigt zum Sonntag - oder besser: Donnerstag (im wahrsten Sinne des Tages) - halten wollte.
 

"Oh, tut mir leid, ich habs einfach vergessen," versuchte Kimba sich zu entschuldigen.

"Einfach vergessen.. tsts, "schüttelte der alte Affe sein weises Haupt, "und da sagen die Leute immer, sowas würde nur im Alter geschehen. Aber sag mal, wo warst du eigentlich letzte Nacht? Du wars gar nicht bei dir Zuhause und Rahja hat sich schon Sorgen gemacht."

"Ohje... da hab ich ja was angerichtet. Weißt du, wo sie ist?"

"Na wo wohl? In der Schule. Also da, wo du jetzt eigentlich auch sein solltest. Denk immer daran, dass ein König weise sein muß, um sein Reich gut regieren zu können. Das gilt auch für dich."

"Aber ein kleines Frühstück kriege ich doch noch, oder?"

"Na, ob du dir das verdient hast...?" Daniel schaute Kimba scharf an.

"Ach komm schon, Daniel. Bitte. Es kommt auch nicht wieder vor."

"Na gut, weil du ja sonst so vorbildlich bist."
 

Einige Zeit später kam Kimba dann auch in der Schule an. Mit wohlgefallen nahm er zur Kenntnis, dass da noch zwei weitere Plätze besetzt waren: Sira und Casy saßen zwischen den anderen und grinsten gerade um die Wette, da Lukas mal wieder eine Strafpredigt von Tommy bekam.

"Hallo Rahja!"

"Kimba!" Es war leicht zu erkennen, dass ihr ein Stein vom Herzen gefallen war. "Wo warst du denn gestern? Du wirst es nicht glauben: Ich habe denjenigen getroffen, der uns alle gerettet hat."

"Wen meinst du?" Zwei Fragezeichen spiegelten sich in Rahjas Augen wieder.

"Ich meine denjenigen, der die beiden Flotten der Ausserirdischen vernichtet hat."

"Diese komische Schattengestalt, die danach zu den Menschen und den Überlebenden Ausserirdischen gesprochen hat?"

"Genau den meine ich. Der war mir noch ein paar Erklärungen schuldig und da haben wir uns gestern bis in die Nacht hinein unterhalten."

"Schön dass du wieder da bist, Kimba," begann Tommy in strengem Ton, "aber mußt du deswegen den Unterricht noch mehr stören. Ich war froh, dass gerade eben noch Lukas dazu gebracht habe, auf mich zu hören, und... "

"Stimmt ja gar nicht!" protestierte Lukas.

"... und nun kommst du an und erzählst munter weiter. Sowas!"
 

"Hey, Kimba!" begüßte Juri den weißen Löwen. "Gut, dass du da bist: Ich wollte etwas wichtiges mit dir besprechen."

"Hi Juri! Was machst du denn hier?"

"Na, auf dich warten natürlich. Mein Vater will nämlich eine archäologische Reise zum Mondberg unternehmen. Und da wollte ich fragen, ob du als Führer mitkommen könntest. Es geht auch nicht bis zum Gipfel, nur etwa bis auf halbe Höhe. Dort soll nämlich eine alte Basis sein, in der vielleicht noch einige Informationen über den Krieg in dieser Gegend zu finden sind. Und wenn wir schon dabei sind, wollte er auch mal bei diesem komischen Tempel vorbeischauen, in dem Statuen von dir und den anderen Tieren aufgestellt sind."

"Klar, da mache ich mit. Immerhin können wir so etwas über unsere Vergangenheit erfahren," freut sich Kimba. "Aber seit wann arbeitet dein Vater denn als Archäologe? Ich dachte, er wäre gelernter Bauer?"

"Er mußte sich halt etwas neues suchen, da wir kein Farmland abbekommen haben. Aber er konnte für die Stadtverwaltung arbeiten und für die soll er diese Informationen zusammentragen."

"Gut. Wann soll es losgehen?"

"Gleich heute."

"Wir wollen auch mit!" rief Lukas.

"Ist der Mondberg nicht zu gefährlich?" wandte Piwi vorsichtig ein.

"Achwas. So schlimm ist es dort ja nicht."

"Von wegen. Als ich das letzte Mal dort oben war, bin ich diesem Säbelzahntiger aus der Urzeit begegnet. Also mir war es gefährlich genug." entgegnete Kimba.

"Aber wir gehen ja nur den halben Weg. Richtig gefährlich wird es doch erst im oberen Drittel, oder, Kimba?" warf Wildcat ein.

"Na gut, kommt mit. Aber hört dann gefälligst auf das, was ich euch sage."
 

Tommy war inzwischen rot angelaufen: "Sagt mal, sonst geht es euch noch ganz gut oder wie??? Wir haben hier Unterricht und wenn ich mich recht entsinne bin ich hier der Lehrer! Und ich habe euch nicht die Aufgabe gegeben über irgendwelche irrsinnigen Abenteuer zu diskutieren."

Alle: "Entschuldigung Herr Lehrer."

Tommy (zufrieden): "Na also."
 

Lukas: "Und wann wollen wir losgehen? Gleich jetzt oder erst nach dem Mittag?"

Piwi: "Wer kommt denn jetzt überhaupt alles mit?"

Kimba: "Also bis nach dem Unterricht müssen wir sowieso warten, da können wir hier auch noch in Ruhe Mittag essen. Nimmt dein Vater sonst noch jemanden mit?"

Juri: "Ja: Mbangi und zwei Träger für die Ausrüstung. Wer kommt hier alles mit?"

Kimba: "Alle mal melden, wer jetzt mitkommt."

Gira: "Für meine Beine ist eine Bergreise nichts."

Dodi: "Ich bleibe hier und leiste Gira Gesellschaft."

Lukas: "Ich, Wildcat und Piwi kommen mit!"

Wildcat: "Schöne Aufzählungsreihenfolge..."

Piwi: "Wieso? Stimmt doch, oder nicht?"

Wildcat: "So gesehen stimmt das dann auch wieder."

Während sich beide angrinsen entsteht in Lukas Augen je ein Fragzeichen.

Rahja: "Ich komme auch mit. Hier sieht man dich ja fast nie." Kimba bemerkt, dass er ziemlich scharf angeblinzelt wird.

Kimba: "Ja, tut mir leid... ehrlich..."

Sira: "Casy und ich kommen ebenfalls mit."

Kimba: "Gut. Das waren dann alle. Geht das in Ordnung, Juri?"

Juri: "Kein Problem. Von uns aus könnte uns auch der ganze Dschungel begleiten."

Tommy: "Moooment! Wenn ihr hier erst gegen Mittag losgeht, kommt ihr vor morgen Abend bestimmt nicht wieder zurück. Was wird dann aus der Schule?"

Sira: "Dann muß die wohl leider, leider etwas ausfallen."

Lukas: "Ätsch-bätsch!"
 

Tommy grübelt kurz. Dann: "Na gut: Ich komme auch mit!"

Jungtiere: "Waaaaas?"

Tommy: "Klar, dann kann ich euch während der Reise unterrichten!"

Lukas: "Oooh nein! Ich faß es nicht: Wie kann man nur so unterrichtsgeil sein?"
 

Pauley, der die ganze Zeit auf einem Ast sitzend auf den Beginn seines Unterrichtes gewartet hatte, kam zu den anderen heruntergeflogen: "Tommy! Das ist viel zu gefährlich!"

Tommy: "Du willst doch bloß, dass wir dich auch mitnehmen!"

Pauley machte ein ziemlich ertapptes Gesicht - zu recht.
 

Gegen Mittag brachen dann die Abenteuerlustigen auf. Der Weg zum Mondberg führte sie auch an dem Tempel in der Höhle vorbei, in der sich Kimbas Grab und wahrscheinlich auch eine ganze Reihe anderer Gräber befanden. Juris Vater war nämlich sehr daran interessiert, da auch ihm die Geschichte von Kimba und seinen Freunden sehr suspekt erschien und er dieses Geheimnis unbedingt lüften wollte.
 

"Da wären wir," rief Kimba und deutete mit seiner Vorderpfote auf den eher unscheinbaren Eingang.

"Und da ist dein eigenes Grab drin?" fragte Sira erneut ungläubig.

"Zumindest steht da dran, dass es mein Grab wäre."

"Aber wer hat es erbaut?"

"Angeblich meine Kinder, doch ich könnte mich nicht erinnern, welche gehabt zu haben. Bin ja schließlich selber nicht gerade alt."

Juris Vater nahm einige Gerätschaften aus seinem Rucksack. "Das hier wird uns helfen, das genaue Alter zu bestimmen."

"Ist da auch mein Grab mit dabei?" fragte Rahja vorsichtig.

"Ja, deines liegt direkt neben meinem. Nach den Aufzeichnungen sollen wir ja verheiratet gewesen sein. Komisch, nicht wahr?" erklärte Kimba.

"Die Vorstellung finde ich irgendwie romantisch..." meinte Rahja.

Kimba machte große Augen.

"Was soll den daran romantisch sein, wenn wir nebeneinander tot im Grab liegen?"

"Das meinte ich nicht, mein kleiner Dummkopf. Ich meine, dass man über uns berichtet, wie wir verheiratet waren und das, obwohl wir momentan noch lediglich gute Freunde sind."

"Achso...," meinte Kimba und dachte: "Momentan noch? Will sie mir damit irgendwas sagen?"
 

"Oh man, ist das dunkel," meinte Piwi, als sie den Eingangsbereich der Höhle verliessen und in den Tempelraum vordrangen.

"Das hier dürfte helfen," meinte Juri und stellte eine Bodenlampe so auf, dass sie zur Decke strahlte. Genaugenommen war es auch keine Lampe, sondern ein Halogen - Scheinwerfer, der mit seiner immensen Leuchtkraft den riesigen Tempelraum in einem Umkreis von über 100 Meter gut ausleuchtete.
 

"Hm. Das ist interessant," murmelte Juris Vater plötzlich.

"Was denn?" wollte Kimba wissen.

"Das hier," er bückte sich und nahm eine Scherbe vom Boden auf, "scheint ein Bruchstück einer der Statuen zu sein. Aber ich kann an keiner hier eine Beschädigung erkennen..."

"Guck mal, Lukas, das hier ist dein Grab. Toll, ne?" freute sich Piwi. "Und hier meines und da das von Cheetah. Und hier von Wildcat. Ist das nicht super mega stark?"

Lukas schaute Wildcat an. Wildcat schaute Lukas an. Beide schüttelten den Kopf.

"Nimms mir nicht übel, Piwi, aber so richtig freuen kann ich mich über den Anblick meines eigenen Grabes nicht," meinte Wildcat dann und machte sich wieder auf den Weg nach draussen.
 

"Ich glaube, es kommt von hier..." Juris Vater hielt das Stück an eine Stelle von Kimbas Statue - oder genauer: An den Sockelfuß. "Hier, seht ihr? Die restlichen Gravuren auf der Scherbe entsprechen genau denen hier an dieser Stelle des Grabes. Und hier kann man auch einen kleinen Riss erkennen."

Kimba schaute so genau hin, wie er konnte, aber wenn er es nicht gesagt bekommen hätte, hätte er glatt den Riß und die Übereinstimmungen von der Struktur von Scherbe und Grab übersehen.

"Das ist komisch," meinte Juris Vater dann, "offenbar ist das Grab hier schon mal aufgebrochen worden, doch dann wurde es wieder mühevoll restauriert. Ich frage mich, was da wohl drin war - oder drin ist?"

"Das läßt sich herausfinden..." meinte Kimba, nahm einen Stein zwischen seine Pfoten und schlug ihn auf die Stelle mit dem Riß.

"Kimba! Was tust du? Das darfst du nicht?"

"Wieso nicht? Es ist schließlich mein Grab und solange ich lebe, werde ich bestimmt nicht meine Totenruhe stören."

"Hm. Gutes Argument."
 

Mit vereinten Kräften brachen sie schließlich das Grab wieder auf.

"Was ist drin?" fragte Sira neugierig.

"Wirst du schon noch sehen, nur geduld," gähnte Casy und erntete einen sauren Blick von seiner Schwester. Juri leuchtete mit einer Taschenlampe in den Hohlraum, der sich hinter der etwa 5 cm dicken Wand befand. In dieser dunklen Kammer war dann deutlich etwas Weisses zu sehen. Es standen zwei Ohren mit je einem schwarzen Streifen von dem weißen ab. Auch zwei Augen und eine Nase schien vorhanden zu sein. Juris Vater griff vorsichtig in den Hohlraum und holte das Objekt heraus.

"Ein Löwenfell!" rief Tommy. "Ich hoffe doch, das lebt nicht mehr!?"

"Ach Quatsch, Dummkopf," meinte Pauley nur.

"Das lebt schon sehr lange nicht mehr," meinte Juri und wischte eine handvoll Staub aus dem Fell.

"Und es sieht so ähnlich aus wie Kimba. Nur das es das Fell eines erwachsenen Löwen ist," meinte Mbangi.

"Wie lange liegt das wohl hier?" fragte Piwi seine Freunde.

"Das werden wir herausfinden," meinte Juris Vater. "Mit deiner Erlaubnis, Kimba, würde ich das Fell gerne mit ins Labor in der Stadt nehmen."

"Sehr gerne. Notfalls haben wir hier ja noch eins." Die anderen lachten.
 

Es war schon Abend geworden als die Gruppe im unteren Bereich des Mondberges Lager aufschlug. Kimba sah sich um und bemerkte, dass diese Reisegruppe so wirkte wie eine aus seiner Welt oder seiner Zeit. Von technischem Fortschritt oder Änderungen in der Verhaltensweise war nichts zu bemerken. Er fand es erstaunlich, wie wenig sich doch einige Dinge in der Welt verändert hatten, während andere komplett verschwunden oder völlig neu hinzugekommen waren.

Verschwunden waren zum Beispiel die Riesenechsen, die er bislang bei jeder seiner Ausflüge auf den Mondberg gesehen hatte. -Ebenso wie der Säbelzahntiger und das alte Mammut. Hinzugekommen war eine große Menge an Kriegsschrott. Alle halbe Stunde waren sie an einem ausgebrannten, verrostetem Panzer oder Transportwagen vorbeigekommen, immer wieder hatten sie Reste von Lagern oder Verteidigungsanlagen gefunden.

Es war nicht unbedingt so, dass Kimba den ganzen Schrott gerne wieder gegen seine ehemaligen Gegner eingetauscht hätte, aber dennoch merkte er, dass er etwas traurig wurde, wenn er daran dachte.
 

"Hey, Piwi. Du hast doch Angst vor der Dunkelheit und vor Gespenstern, oder?" fragte Lukas mit einem fiesen Grinsen im Gesicht.

"H-ha- Hab ich gar nicht!" rief Piwi und versuchte, so überzeugend wie möglich zu klingen. Immerhin hat er es wenigstens versucht, das ist ja schon ein Anfang.

"Weist du, dass wir uns auf einem alten Schlachtfeld befinden? Juris Vater meinte, hier hätten sich Regierungstruppen und Rebellen lange Zeit bekämpft. Vorhin sind wir über das Langer der Regierungstruppen gegangen und dort hinten ist das der Rebellen." Er deutete auf die Reste von Zeltstangen und einfachen Einrichtungen, die etwa 300 Meter vom Lager weg in einer sumpfigen Kuhle steckten.

"Ja und?" fragte Tommy.

"Nun, hier sind viele Menschen gestorben. Grausam gestorben. Und Nachts, wenn wir schlafen, erstehen sie als Geister wieder auf und wollen sich für ihren Tod rächen."

"Ich hab Aaangst," rief Piwi und versteckte sich bei Wildcat, die eigentlich gerade lieber ausgeruht hätte.

"S-s-so ein Quatsch. Du willst und doch bloß Angst einjagen," meinte Tommy. "Ich werde mal Juri fragen, was der dazu meint. Juri!"

"Ja?"

"Stimmt das mit den Gespenstern, die hier Nachts auferstehen und sich rächen wollen?"

"Klar. Aber keine Sorge, die greifen nur Tiere an. Waren ja schließlich selber mal Menschen," meinte Juri und versuchte dabei so normal wie möglich zu klingen. Innerlich grinste er sich jedoch einen ab.

"Ich hab Aaaangst!" rief Tommy und kauerte sich auf dem Boden zusammen.

"Ich aaaauch!" rief Lukas und versteckte sich bei Tommy.
 

Am nächsten Tag erreichten sie am Vormittag die Stelle, an der der große, schwarze Strich begann, der sich quer über den Berg zog. Sie waren schon auf halber Höhe und konnten schon einige der kleineren Berge hinter dem Mondberg sehen.

"Seht mal, da ist es!" rief Mbangi. Und tatsächlich: Unter etlichem Schutt und vermodernem Gestüpp schauenten einige Mauern und Wellblechdächer hervor.

"Obwohl die Basis schon seit Jahren verlassen ist, ist sie noch immer gut getarnt. Das scheint im Krieg ja ziemlich wichtig zu sein, die Tarnung," überlegte Piwi vor sich hin. "Wenn ich getarnt gewesen wäre, hätte ich auch keine Angst zu haben brauchen, dass auf mich geschossen wird."
 

Als die Gruppe dann in der Basis war, konnten sie viele Kisten und Materialien sehen. "Das war ein reiner Versorgungsposten. Viel Militär war hier nicht stationiert, aber sie benötigten die Übersichtspläne über das Gebiet und führten genaue Aufzeichnungen über die eigenen und feindlichen Truppenbewegungen, damit alle Versorgungsgüter auch an der richtigen Stelle ankommen: Nämlich bei den eigenen Einheiten und nicht beim Gegner," erklärte Mbangi kurz den Jungtieren, die sich mit großen Augen umsahen.

"Ich denke, die Pläne werden in einer Art Archiv im Büro des Kommandanten liegen," meinte Juris Vater.

"Geben sich die Menschen eigentlich in allen Dingen so viel Mühe, wie im Krieg? Ich meine, der ganze Aufwand hier und so..." wollte Piwi wissen.

"Für die Menschen scheint es nichts schöneres zu geben, als einen Krieg zu führen - solange es ihnen gut geht und sie auf der Seite des Siegers stehen," antwortete Sira, vorsichtshalber jedoch in Tiersprache. Kimbas mißbilligenden Blick nahm sie scheinbar gerne in Kauf.

"Hier sind sie! Hier sind sie!" rief Juri überschwenglich. "Ich hab die Pläne gefunden!"

"Doch, sind sie: Ihre Neugier ist ebenso stark," meinte Kimba dann.

"Und für die Liebe tun sie auch sehr vieles. Manchmal auch ganz schön verrückte Dinge," fügte Rahja hinzu.

Die Pläne zeigten die Lage von den verschiedenen Basen der Gegner und die genaue Position aller eigenen in der direkten Umgebung des Mondberges. Juris Vater schien äußerst zufrieden zu sein.
 

Die Gruppe ging schon wieder in Richtung des Dschungels, als Kimba zwischen den grauen Wolkenfronten plötzlich einen Lichtstrahl bemerkte, der von der Seite in seine Augen schien. Als er sich umdrehte, sah er zwischen zweien der Berge plötzlich ein grünes Tal durchschimmern. Und er meinte auch, dass er bei dem grünen Tal fast eine zweite Sonne sehen konnte, denn es war an der Stelle sehr hell und die Sonne stand eigentlich auf der anderen Seite und zudem bereits viel zu hoch.

"Ist was, Kimba?" fragte Rahja. "Du schaust so geistesabwesend..."

"Ich frage mich, was das dort für ein Tal sein könnte..." Kimba zeigte auf die Stelle zwischen den beiden Bergen.

"Hm?" Rahja schaute in die Richtung, doch sie sah nur noch eine kleine grüne Fläche, die schnell zwischen den Wolken verschwand.

"Was ist los, ihr beiden? Kleine Romanze?" lachte Juri.

"Laß die beiden doch," meinte Mbangi.

"Hast du irgendwas gesehen, Kimba?" fragte Juris Vater, der gerade von seinem Rucksack aufsah, den er mit hunderten von Karten und Büchern vollgestopft hatte. Sie hatten so viel Material gesammelt, dass die Träger das nicht mehr schaffen konnten.

"Ja, da drüben habe ich eben noch ein grünes Tal gesehen."

"Dort drüben?" wunderte sich Mbangi.

"Ja."

"Das ist seltsam," fand Juris Vater, "denn eigentlich gibt es ausser eurem Dschungel so gut wie gar nichts grünes mehr in dieser Gegend. Und erst recht nicht dort hinten, da war nur mal die Hauptstadt dieses Staates, bevor die beiden Atombomben gezündet worden waren."

"Das ist wirklich komisch. Denn ich bin mir ganz sicher. Es war klar und deutlich zu sehen, aber jetzt ist es weg."

"Vielleicht war es ja eine Fata Morgana." schlug Tommy vor. Ich hab schon öfters in der Steppe an heissen Tagen grüne Oasen oder riesige Seen gesehen, obwohl da keine waren."

"Hm. Naja, wenn du meinst." So ganz glauben wollte Kimba das nicht, was Tommy ihm erklärt hatte. Doch eine anderer Erklärung hatte er selber nicht. Schließlich machte sich die gesamte Gruppe wieder auf den Rückweg.
 

Währenddessen war der Subco an Bord seines Schiffes am Rotieren: "Das darf ja wohl nicht wahr sein! Ich will, dass da unten sofort Ortungssonden stationiert werden! Sensorenstörung - so eine Riesenscheiße! Da ist man hier nun mit High - Tech ausgestattet und hat gerade Schiffe zur Verfügung ohne Ende und was ist? Sensorenstörung!"
 

"Kontakt konnte wiederhergestellt werden," gab der Zentralcomputer zur Notiz.

"Und was verdammt noch mal hat diese Störung verursacht?" wollte der Subco wissen. Er schien irgendwo zwischen massivem Ärger und Panik zu pendeln. Er hatte Kimba und die Gruppe für einige Zeit kaum Orten können, da es Anomalien im Subraum gegeben hatte.

"Quelle der Störung ist unbekannt. Daten werden verarbeitet. Wahrscheinlichkeit für ein Ergebnis: 0,45%." Ertönte erneut die Stimme des Computers.
 

"Was war das bloß? Als ob es da einen Riss im kompletten Raum/Zeit Kontinuum gegeben hätte," wunderte sich der Subco. "Anscheinend muss ich da unten noch viel mehr von unserer Ausrüstung stationieren, als ich eigentlich vor hatte. Aber was soll's. Die Sicherheit Kimbas geht vor."
 

Plötzlich wirbelte der Subco herum.
 

Die anwesenden Robotor nahmen diese Bewegung zur Kenntnis und scannten den Subco, ob ihm irgendetwas fehlen würde. Und genau diese Frage stellte auch gleich der Zentralcomputer: "Hat dich etwas beunruhigt?"
 

Der Subco antwortete einige Sekunden lang nicht. Er machte einen Eindruck, als hätte er soeben ein Gespenst gesehen. Dann schüttelte er den Kopf.

"Nein, ist schon ok. Ich dachte, ich hätte etwas gehört. Muß wohl der Stress sein. Gute Nacht, ich leg mich hin."
 

Mit diesen Worten verschwand er dann von der Brücke. Wenige Sekunden später hatte ihn der Turbolift zu seiner Kabine gebracht - genaugenommen war es eher eine komplette Wohnung als eine Kabine. Die Türen öffneten sich und er sah auf die eigenwillige, aber elegante Ausstattung. Zwischen zahlreichen Hightech Geräten waren auch einige im Verhältnis dazu altmodisch wirkende Dinge zu sehen. Dinge aus seiner Heimat, in der er geboren wurde. Dinge, von einem blauen Planeten, den er nicht wiedersehen konnte, obwohl er eigentlich direkt vor ihm stand.
 

Seine Gedanken wanderten. Sie begannen bei seiner Kindheit, seiner Jugend und gingen dann immer weiter du weiter. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem er sich gerade befand. "Warum kommen mir diese Gedanken gerade jetzt?" fragte er sich und wusste schon vorher, dass er keine Antwort darauf finden würde. Eine große, gemütliche Coach stand in der einen Ecke des Wohnzimmers, groß genug für 3 oder sogar 4 Personen. In der anderen Ecke war eine andere Sitzecke in dem Boden gelassen. In drei Stufen. Die Sitze waren zur Wand ausgerichtet, dahin, wo ein riesiger Flachbildschirm eine leichte Kinostimmung verbreitete. Er war mit dem anderen gekoppelt, der in der dritten Ecke des Zimmers hing. Genau über dem Whirlpool, in dem er schon oft gesessen und sich dabei alte Filme angeschaut hat. Ein kleiner Durchgang in der Wand führte vom Whirlpool in das Badezimmer. Dort konnte man direkt über eine kleine Begrenzung in eine gemütliche Badewanne steigen oder geradeaus in den Swimming - Pool weiterschwimmen.
 

"Eigentlich lebe ich im Paradis," bemerkte der Subco. "Doch bin ich glücklich?"
 

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Nächster Teil: Kimba 18 - "Der Club"

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 17 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Der Club"

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Die Sonne war erst seit kurzem aufgegangen, als der weiße Löwe auch schon zusammen mit Rahja auf der Terrasse von Daniels Restaurant auftauchte, in freudiger Erwartung eines satten Frühstückes. Sie hatten sich noch nicht einmal zu Tisch gesetzt, als der alte Affe auch schon um die Ecke kam.

"Ach, guten Morgen Kimba! Guten Morgen Rahja! Schön, dass du mal wieder rechtzeitig zur Schule gehst, Kimba. Man könnte ja glatt vergessen, wie du aussiehst..."

"Also Daniel, wirklich, gestern war ich auf einer Mission und wir hatten sogar Tommy als Lehrer dabei. Und vorgestern... naja... war halt ein Versehen. Heute bin ich ja wieder pünktlich."

Daniel lachte: "Na, als ob Tommy alleine euch großartig etwas beibringen könnte. Aber nun gut, ich will ja mal nicht so sein." Er begab sich wieder in die Küche, um das Frühstück zu holen.
 

Kimba schaute Rahja an. Er war noch immer froh, sie nach den Ereignissen der letzten Tage und Wochen wieder wohlbehalten bei sich haben zu können. "Du, Rahja, findest du es nicht auch wunderbar, wie sich Casy und Sira inzwischen doch eingelebt haben?"

"Ja. So schrecklich dieser Krieg auch war, er hat viele von uns näher zusammengebracht."
 

Daniel kam wieder aus seiner Küche. "Ach, guten Morgen Kimba! Guten Morgen Rahja! Soll ich euch gleich mal ein Frühstück bringen. So selten, wie Kimba in letzter Zeit zur Schule ging, ist das ja schon ein besonderes Ereignis, nicht war? - Ich komm gleich wieder."
 

Kimba und Rahja schauten sich gegenseitig fragend an.

Kimba kam als erstes zu Wort: "Sag mal, hab ich da eben irgendwas verpaßt?"

Rahja schüttelte den Kopf: "Nö, nicht dass ich wüßte. - Vielleicht wird der gute alte Daniel schon etwas senil..." Beide lachten. Sie wußten, dass Daniel eigentlich trotz fortgeschrittenen Alters geistig noch sehr fit war.
 

"Guten Morgen, Kimba!" wurde er plötzlich von einer jungen, menschlichen Stimme begrüßt. Es war Juri, der gerade die letzten paar Meter zum Restaurant zurücklegte.

"Guten Morgen Juri!" grüßten die beiden zurück. "Was machst du denn schon hier so früh am Morgen?" wollte Kimba noch wissen. "Bist du aus dem Bett gefallen?"
 

Juri verzog das Gesicht. "Könnte man so sagen."

"Oh, wie kam das denn?"

"Das hat mehrere Gründe und deswegen bin ich auch hier."

Rahja schaute zu Kimba. "Das hört sich nach Ärger an..."

"Ja," setzte Juri fort," und sogar mächtig viel. Ich hab gestern Abend bei uns im Viertel plötzlich ganz komische Typen herumlaufen gesehen. Die sahen vielleicht aus... richtig unheimlich. Und die laufen alle in dieses alte, verlassene Fabrikgebäude am Rande der Stadt. Und dann dringen von da drinnen ganz merkwürdige Laute heraus. Ich hab wegen denen erst nicht einschlafen können, weil diese Geräusche die ganze Zeit bis in mein Zimmer eindrangen. Und dann hab ich auch noch von denen geträumt, ein richtiger Albtraum. Und daher wollte ich dich fragen, ob du heute Abend mit mir mit kommst und wir diese Typen mal genauer beobachten. Vielleicht kannst du sie ja vertreiben?"
 

Kimba machte große Augen. "Vertreiben?"

"Ja."

"Wieso das denn?"

"Naja, du hast doch gehört, was das für welche sind."

"Haben sie dir denn etwas getan?"

"Naja..., also..., so halb. Die sehen halt so komisch aus und dann diese komischen Geräusche..."

Kimba schaute etwas enttäuscht. "Also Juri, weißt du... . Du kannst doch nicht einfach darum bitten, dass ich irgendwelche Leute von dort vertreibe. Die haben dir ja nichts getan und genau so ein Recht dort zu sein, wie du. Wenn sie dich angreifen oder bedrohen würden oder sogar dich und deine Familie vertreiben wollten, dann wäre das was anderes. Aber nur weil sie komisch aussehen gleich mit Gewalt kommen? Also nein... da hätte ich jetzt aber ein bißchen mehr Toleranz von dir erwartet."

Juri schaute etwas doof aus der Wäsche. "Aber die machen mir halt Angst, schon alleine dadurch, dass sie einfach da sind. Versteh das doch!"

"Ich werde mit dir mitkommen und wir werden sie uns anschauen. Und auch, was die da die ganze Nacht in der alten Fabrikanlage machen. Vielleicht können wir sie ja überzeugen, den Krach Nachts zu unterlassen, dann ist doch schon mal eine Sache erledigt."

Juri schien schon wieder etwas erleichtert zu sein: "Vielen Dank, Kimba. Ich werde besser solange hier bei euch warten."
 

Die Sonne hatte schon ihr leicht rötliches Abendkleid angezogen, als ein weißer Löwe und und junger Mensch so unauffällig wie möglich über die Schutthügel des Fabrikenviertels der Stadt schlichen. Die heiße, trockene Luft wurde noch nicht einmal von einem Hauch an Wind bewegt - was ein Glück für die beiden war, denn anderenfalls hätten sie die fast ewige Staubwolke abgekriegt, die gewöhnlich von den Schuttbergen aus aufstieg und sich ihren Weg quer über die weite, sandige Ebene suchte. Die nach den Kämpfen der letzten Woche etwas eingedellte Skiline der Stadt hob sich dunkelgrau, fast schwarz, von dem Horizont ab, an dem die kommende Nacht in dunkelgrünen und dunkelblauen Farben hochzog.
 

Kimba verzog das Gesicht: "Meinst du wirklich, dass das nötig ist?" und deutete auf den stinkigen, mit verottetem Abfall gefüllten Abwasserkanal, der in einen der Schutthügel hinein- oder hinauslief. "Klar, wenn wir oben entlanggehen, könnten sie uns sehen. Die alte Fabrikhalle liegt ja direkt auf der anderen Seite dieses Hügels. Das fällt bestimmt auf, wenn wir die von dort oben aus beobachten. Hier unten aber werden sie uns nicht vermuten, weil bestimmt niemand so doof wäre, hier herein zu gehen," erklärte Juri.

Kimba nickte. "Du hast zumindest teilweise recht," sagte er und fügte in Gedanken ein 'vor allem mit dem letzten Part' hinzu. "Bist du sicher, dass es da drinnen nicht gefährlicher ist, als wenn wir einen Spaziergang über die Hügel hier machen und eben zufällig dabei die alten Anlagen sehen können?"

"Ja! Und jetzt komm schon..." meinte Juri und begann, in den Tunnel hineinzugehen, der dem Geruch nach mit 10 Wochen altem Limburger ausgekleidet sein dürfte.

Kimba versuchte, so gut es ging, seinen feinen Geruchssinn auzuschalten oder zumindest die Ergebnisse zu irgnorieren. Dann folgte er Juri langsam in den Tunnel. Nach etwa 100 Metern kamen sie an einem großen Haufen altem, vermoderten Gestrüpp vorbei, zwischen dem eine schwarze Masse hing.

"Du, Kimba, das sieht aus wie eines der Sumpfzombies, findest du nicht?"

Anstelle von Kimbas Antwort leuchteten 2 rote Augen aus der schwarzen Masse auf und diese begann, sich nach oben in Bewegung zu setzen.
 

"Das konnte... ich... ja... nicht... ahnen," verteidigte sich Juri ausser Atem, als sie etwa 100 Meter vom Eingang des Tunnels weg stehengeblieben waren und sich von ihrem Super-Schnell-Spurt erholten.

"Immerhin weiß ich jetzt, dass es diese Viecher auch in der Klasse 'Supergroß' und 'Superunfreundlich' gibt," meinte Kimba nur.
 

Von dem Kamm des Hügels aus konnten sie dann die alte, graue Fabrikhalle sehen. Sie bestand aus zwei Flügeln und einer Haupthalle. Die Flügel waren entlang den längsseiten der Haupthalle angeordnet und einer von ihnen hatte dem Lauf der Zeit seinen Tribut gezahlt und sein Dach in den Boden gesteckt. Die Haupthalle und der andere Flügel waren jedoch beide intakt und schienen auch nicht baufällig zu sein. Und tatsächlich standen im Halbschatten der Halle versteckt zwei Leute herum, die Kimba noch nicht näher betrachten konnte, da die untergehende Sonne von Kimba und Juri aus genau hinter der Fabrikhalle unterging und damit sehr blendete. Es reichte jedoch, um zu erkennen, dass auch einige andere Gestalten sich innerhalb des Gebäudes aufzuhalten schienen.
 

"Hmm," meinte Kimba," im Moment kann ich kaum welche erkennen..."

"Dann nimm doch beispielsweise diese beiden dort drüben!" meinte Juri und zeigte auf zwei richtig krasse Freaks. Beide waren in dickem schwarzem Leder gekleidet. Ihr Frisuren waren ... naja... relativ auffällig: Der eine hatte den kompletten Kopf kahlgeschoren, bis auf drei lange Stränge aus schwarzem Haar, je einer mittig an der Seite und einer mitten auf dem Kopf. Alle diese Haarstränge standen jeweils im rechten Winkel von der Stelle des Kopfes ab, von der sie spossen. Und über den dicken mitten auf dem Kopf war eine Halterung aus Metall gestülpt: In Form eines Totenschädels. In den Strängen links und rechts davon war jeweils am Ende etwas eingeflochten, das wie ein Knochen aussah, keine besonders großen nur etwa 10 cm lang. Besonders markant stachen jedoch die beiden rosa Schleifchen hervor, die diese beiden Haarstränge am Ende zusammenhielten und den ersten Indiz dafür lieferten, was Kimba erst beim Näherkommen der beiden entdeckte: Der Typ war eine Sie. Nur halt eben im Format 1,60 hoch und 1,60 breit.

Der andere Typ war tatsächlich ein Er. Auch er hatte den Kopf kahlgeschoren aber nicht völlig. In der Mitte lief geradeaus von Vorne nach Hinten ein Irokesenschnitt, und zwar ein richtig ausgeprägter. Von der Seite aus betrachtet sah dieser Haarschnitt wie die Seitenansicht einer Rundsäge aus - nur dass er eben hinten irgendwo im Nacken verschwand und vorne noch richtig Stark ausgeprägt war und die Spitze etwa 20 bis 30 cm vor den Augen hing. An der Spitze selber war offenbar sowas wie ein kleiner Totenschädel angebracht - etwa einer in der Art, wie die beiden überdimensionierten auf den Schultern dieser einprägsamen Gestalt.

Die schwarzen Lederstifel von beiden hatten vorne je eine Spitze, die natürlich ebenfalls mit einem kleinen Totenkopf geschmückt war.
 

"Die sehen ja richtig krass aus..." meinte Lukas und fing sich im selben Moment eine.

"Ich dachte, ich hätte irgendetwas gesagt?! Irgendetwas von einem Verbot?!" fauchte ihn Kimba wütend an. Lukas jedoch hielt sich nur die schmerzende Wange und grinste ihn an. "Na und? Ich kann auf mich selbst aufpassen. Und ich bin sogar erwachsen genug, nicht zu schlagen, im Gegensatz zu dir," scherzte er dann noch und streckte Kimba die Zunge heraus.
 

Der Zentralcomputer meldete sich zu Wort und riß den Subco aus tiefen Gedanken. "Kimbas Adrenalinwerte übersteigen kritisches Niveau," gab er kurz zu Protokoll.
 

"Sag mal, Kimba," fragte Juri vorsichtig, " wie nahe willst du denn noch an die herangehen?"

"Bis vor die Eingangstür."

"Spinnst du?! Da stehen doch welche von denen. Die könnten uns sehen!"

"Ich weiß. Das ist ja auch Sinn der Sache: Ich hab nämlich vor, mit denen zu reden."

Lukas wurde auf einmal bleich. "A-a-aber ich dachte, du woltest die bloß beobachten," wand er schnell ein.

"Sei du besser ganz still, Lukas. Denk dran, zwei Backen sind jetzt schon rot und eine dritte hast du nicht...," knurrte Kimba ihn daraufhin an.
 

Schließlich kamen sie vor der Eingangstür an. Ängstlich schauten Juri und Lukas zu den beiden Leuten hoch, die dort schon die ganze Zeit lang im Dunklen gestanden hatten. Der eine sah komisch aus: Völlig normal. Der andere jedoch hatte seinen Kopf teilweise kahlgeschoren und zwar in Form von kleinen Herzchen - was ein ziemlich komisches Bild ergab. Auch war er im Gegensatz zu den ersten beiden Typen nicht ganz in schwarz gekleidet, sondern ziemlich kunterbunt. Alleine Schuhe, Socken und Hose schienen alle Farben zu enthalten, die es überhaupt zu geben schien. Dies war durch mehrfach übernähte Stofffetzen möglich geworden, die offenbar in mühsamer Kleinstarbeit den Formen der Hose und Schuhe angepasst worden waren.

Der andere, normal aussehende Typ sah dann aber auch recht einprägsam aus, denn als er sich umdrehte, um noch kurz einen Blick in den Gang hinter ihm zu werfen, sah man auf seinem Hinterkopf einen einzelnen Pferdezopf, um den herum die Haare wegrasiert waren und dem ganzen Gebilde die Aura eines Pferdehinterns verlieh - sogar mit wedelndem Schwanz, sobald der Kopf sich bewegte. Und seine Jeans hatten auf dem Hinterteil roten Stof in Form eines die Zunge rausstreckenden Teufels.
 

Doch so erstaunt Kimba, Juri und Lukas die beiden Exoten anschauten, sie schienen nur knapp an den Gesichtsausdruck der beiden heranzukommen, die sich einem kleinen Jungen, einem jungen Löwen und einem Gepardenkind gegenübersahen. Die beiden schauten sich dann noch kurz an, machten einen Schritt rückwärst und schlossen schnell die Eingangstür.

"Siehst du, Kimba: Die verbergen etwas...," meinte Juri.

"Also für mich sah das eher danach aus, dass die sich vor uns gefürchtet haben."

"Tja... Pech... Gehen wir halt nach Hause," meinte Lukas und machte sich schon auf den Rückweg.
 

Juri wollte auch schon gerade weggehen, doch Kimba hielt ihn zurück. "Warte... laß den ruhig gehen, dann haben wir weniger Ärger am Hals. Aber wir werden uns einen anderen Eingang suchen müssen. Komm!"

Sie gingen neben der Frontseite des Hauptgebäudes entlang, genau zwischen der großen und der kleinen Halle entlang.

"Es würde mich wundern, wenn hier nicht irgendwelche Seitentüren wären, um schnell von der einen in die andere Halle zu kommen." meinte Kimba und schaute sich genau um, als sie diesen langen, grauen Gang entlangliefen. Der Geruch abgestandener Luft dunkler Lagerräume stieg den beiden in die Nase. Und ein merkwürdiges, rhytmisches Wummern drang aus den Wänden des Hauptgebäudes nach draussen. "Ich glaub, da ist so etwas. Leise jetzt, sonst werden wir noch dabei entdeckt," flüsterte Kimba zu Juri. Vorsichtig öffneten sie eine rostige Seitentür, die sogar relativ geräuschlos aufging. Augenblicklich verstärkte sich das ständige Wummern und es konnten sogar noch einige andere Geräusch erkannt werden.

"Ob das Musik ist?" fragte Juri Kimba, der nun wirklich nur noch weniger Ahnung von soetwas haben konnte. "Keine Ahnung," meinte er," aber auf jeden Fall ist es ziemlich laut."

"Wieso? Nicht gerade lauter als leises sprechen," fand Juri. "Schon - aber wer weiß, wie viele Türen und Wände noch zwischen uns und der Quelle liegen. Ich kann auf jeden Fall schon ein leichtes Beben in den Böden und Wänden spüren," gab Kimba zurück und schlich im Halbdunkeln des Ganges, in dem sich die beiden befanden, zur nächsten Tür.

"Was machen wir eigentlich, wenn die uns hier entdecken?" fragte Juri vorsichtig. "Hier die Gänge zurück könnte problematisch sein, zumal die versperrt sein könnten..."

"Wir werden sie einfach beruhigen und ihnen klarmachen, dass sie vor uns keine Angst zu haben brauchen," erwiderte Kimba.

"So meinte ich das eigentlich nicht...," bemerkte Juri noch. Dann machten er und Kimba sich daran, auch jene Tür leise zu öffnen. Einen kleinen Spalt weit hatten sie die Tür schon offen, als diese plötzlich stecken blieb.

"Verdammt. Die Tür hängt irgendwo fest," sagte Juri besorgt.

"Ja, aber nicht allzu fest. Ich glaube, wir könnten sie aufkriegen, wenn wir nur noch ein bißchen mehr ziehen würden," schlug Kimba vor.
 

Sie zogen noch ein Stück fester und plötzlich - rrrruuuummmsss, ging die Tür auf und etwa 100 Kartons folgtem dem Weg der Schwerkraft bis nur noch die Körper von Kimba und Juri zwischen ihnen und dem Erdboden waren.
 

"Mist. Hättest du das nicht sagen können, Kimba?"

"Das hab ich nicht gesehen, es war hier draussen von der Eingangstür her zu hell und in dem Raum zu dunkel."

"Und nun?"

Kimba schüttelte sich aus den Kartons frei.

"Probieren wir die nächste Tür."

Juri nahm den Pappkarton von seinem Kopf und verdrehte die Augen. "Na toll. Hoffentlich klappt das diesmal."
 

Einige Meter weiter standen sie wieder vor einer Tür und waren der Geräuschquelle offenbar schon näher gekommen. Und diese Tür lies sich auch leise öffnen. - Oder genauer gesagt hätte man es eh nicht hören können, wenn sie gequietscht hätte in der Lautstärke eines Presslufthammers: Der Lärm, der bislang durch diese Tür abgehalten worden war, ergoss sich nun über den gesamten Flur und hämmerte sich deutlich in die Ohren und Hirne der beiden.

"Du, Juri, was ist das?" fragte Kimba, doch bei Juri kam kein Ton an, was er ihm mit einer Geste verständlich machte.

"ICH FRAGTE, WAS DAS IST," schrie Kimba nun so laut er konnte und dennoch drang zu Juri nur mit Müh und Not der ein oder andere Ton durch.

Juri schloß die Tür wieder.

"Ich glaub, wir sollten uns einen anderen Eingang suchen. Das schien mir übrigens so eine Art Musik zu sein, die mal vor langer Zeit gespielt worden ist und auch mächtig in war."

Kimba überlegte. "Also woher die Geräusche kommen, die dich Nachts so gestört haben, dürfte jetzt ja klar sein. Mal sehen, ob wir die dazu bringen, das irgendwie leiser zu stellen."
 

Kurze Zeit später standen die beiden wieder vor einer Tür, hinter der es aber nicht mehr so laut wummerte. Auch die liess sich öffnen und die beiden konnten ungestört tiefer in das Hauptgebäude eindringen.

"Ab hier müssen wir vorsichtig sein," bemerkte Kimba, "wenn hier schon Licht brennt, werden hier ab und an Leute vorbeikommen. Also: Wenn wir auf die Treffen, nicht wegrennen, nicht schreien und keine hektischen Bewegungen. Menschen können nämlich überreagieren, wenn sie Angst haben."

"Sehr komisch, Kimba. Ich hab ja wohl hundertmal mehr Schiß vor denen als die vor uns," wandte Juri ein.

"Also vorhin am Haupteingang sah das aber anders aus," erwiderte Kimba.
 

Die Musik wurde wieder lauter, als sie den Gang entlang gingen. Am Ende des Ganges stand eine Holztür einen Spalt weit offen. Stimmen drangen aus dem Raum hinaus.

"Leise jetzt, Juri. Ich werde mal sehen, was die da drinnen machen." flüsterte Kimba.

"Ich dachte, du wolltest mit denen reden?"

"Am Eingang schon. Aber wenn die uns schon hier drinnen finden, werden sie nicht sehr erfreut sein und könnten das als Angriff interpretieren. Klar, wenn wir entdeckt werden sollten, versuche ich, mit denen zu reden. Aber wenn es nicht nötig ist, würde ich das gerne vermeiden, solange wir hier ohne Einladung drinne sind."
 

Kimba schlich zum Spalt hin und lugte vorsichtig hindurch. Dort drinnen saßen wieder diese "einprägsam" aussehenden Typen. Der eine war der, den sie zuvor vom Hügel aus beobachtet hatten, der mit der Rundsägen-Frisur mit dem kleinen Totenkopf an der Spitze der vordersten Zacke, die vor die Augen hing. Kimba fragte sich, ob das nicht stören müßte, wenn man dauernd einen kleinen Totenschädel vor den Augen herumfliegen hat.

"Was siehst du?" flüsterte Juri leise.

"Sieht so aus, als ob die da drinne Karten spielen würden," flüsterte Kimba zurück.

"Das stimmt auch," flüsterte eine Männerstimme hinter den beiden.
 

Sie drehten sich um und sahen - natürlich wieder einen Freak: Seine Frisur war ähnlich der des Rundsägen-Types, doch mit drei dieser Sägen von hinten nach vorne über den Kopf laufend. Eine in der Mitte, je eine links und rechts davon. Die links war weiß, die rechts war schwarz und die in der Mitte leuchtete in allen Farben des Regenbogens. Und vorm Gesicht liefen diese zusammen und hielten eine Brille auf der Nase jenes Mannes, dir offenbar auch einen Totenkopf symbolisierte. Nur eben leicht deformiert, um der eigentlichen Funktion noch gerecht werden zu können. Seine Kleidung war ebenfall recht interessant: Über eine typische, schwarze Lederhose hing ein großer, weisser Kittel, der über und über mit irgendwelchen Berechnungen in alle Größe und Richung beschrieben war. Und seine Schuhe waren - nein, nicht zwei der schweren schwarzen Stifel - zwei riesige, bis zur Unterkante des Knies hochreichende Bälle aus sehr weichem Textilstoff. Sein Alter war nur extrem schwer zu bestimmen. Konnte irgendwo zwischen 20 und 40 liegen.
 

"Keine Angst, ich tu euch nichts und die anderen werden euch auch nichts tun, auch wenn manche etwas furchterregend aussehen. Willkommen im Club!" begrüßte er die beiden, die ihn mit großen Augen musterten.

"Äh... Hallo. Ich heiße Kimba und dies hier ist mein Freund Juri," stellte Kimba sich und seinen Freund kurz vor. "Wir wollten mal nachsehen, was hier so los ist."

"Hier? - Na ganz einfach: Hier ist die größte Party von ganz Afrika!" rief der Mann euphorisch.

"Nicht so laut, Doc! Wir müssen uns hier konzentrieren," kam eine dumpfe Männerstimme aus dem Zimmer. Der Angesproche schien davon wenig, wahrscheinlich gar nicht beeindruckt. "Kommt, kommt! Ich zeige euch die ganze Anlage." Dann begann er, mit einem leisen, etwas irre klingendem Kichern den Gang hinunterzuschlürfen. Kimba und Juri schauten sich an.

"Keine Sorge, das ist bloß der Doc. Der ist harmlos und ein guter Kumpel," kam von hinter den beiden eine sanft klingende Frauenstimme, die die beiden aber trotzdem zusammenzucken ließ, da sie sie nicht herankommen bemerkt hatten. Es war die dicke Frau mit der großen Haarsträhne in der mitte, auf der oben ein Totenkopf draufsaß und den beiden eingeflochtenen Knochen an den Seitensträhnen. "Genaugenommen sind eigentlich alle hier in Ordnung, das ist n richtig geiler Platz hier zum Abfeiern und Sorgen vergessen. Viel Spaß euch beiden, mal sehen, ob ich meinen Freund dazu bewegen kann, mal mit auf die Tanzfläche zu kommen. Is ja echt öde, den ganzen Abend nur Skatspielend herum zu hängen. Bis später!"
 

Mit diesen Worten ging sie wieder in den Raum mit den Kartenspielern. Kimba und Juri schauten sich wieder an. "Kooooommt, koooooomt... komt,komt,komt," kam die Stimme des Docs von dem anderen Ende des Flures und klang so, als wenn er Hühner oder anderes Kleingetier anlocken wollte.
 

"Das hier ist mein Labor, hier mixe ich die leckersten Frischmacher zusammen - zum beispiel diesen hier: Thunfisch, Erdbeer und Sellerie Geschmack zu einem einzigen vereint - echt lecker, glaubt mir!"

"Das hier ist der Ruhe Raum. Die Leute wollen am Wochenende oft durchfeiern, brauchen aber meist doch irgendwann mal kurz Schlaf. Da wir gerade Anfang des Wochenendes haben, ist hier natürlich noch niemand."

"Und das hier ist der Weg aus dem Inneren zur Tanzfläche. Die Boxen hab ich selbst entwickelt: Jede einzelne besteht aus 4 Großboxen und 2 Subwoofern. Auch die Lasershow ist von mir. Die könnt ihr dann sehen, wenn ihr an die Deck schaut. Wenn wir da rein gehen, können wur uns jedoch nur noch mit Zeichensprache verständigen."

Kimba schaute den Doc an. "Und wann macht ihr Feierabend?"

Doc (entsetzt): "Feierabend? - Nie, das ist eine einzige endlose Party."

Kimba: "Aber wieso? All dieser Aufwand nur um zu feiern?"

Doc:"Ja, weil es Spaß macht. Könnt ihr mir glauben, ich hab die Pläne dazu nämlich... hm... najaaaaa... aber immerhin selbst gefunden. Und überprüft und für richtig befunden. Ja."
 

Dann öffnete der Doc die Tür zum eigentlichen Club. Eher unleise Techno-Musik schlug ihnen entgegen. Der Doc machte zeichen, ihm zu folgen und er führte sie quer über die Tanzfläche mit der Art Freaks, wie sie in dem Club eben haufenweise herumliefen, an dem Mischpult mit einem gut ausgelastetem DJ vorbei, an der Bar entlang und dann schließlich zum Haupteingang, wo man sich wieder vertehen konnte.
 

"Interessant, Herr... Doc, aber auch etwas laut. Ginge es vielleicht, die Musik nachts etwas leiser zu drehen?" fragte Kimba dann.

"Leiser? Nachts? Nein! Um Gotteswillen, gerade dann geht hier so richtig die Party ab. Und warum auch überhaupt? Dadurch kann sich doch niemand gestört fühlen, ich hab die Wände extra mit Trigosthylcelopheron ausgekleidet - ein selbst entwickelter hoch wirksamer Schalldämpfer. Damit die Musik bei uns bleibt und nicht wegläuft...hihihihihi."

Kimba und Juri schauten sich an. Der Typ hatte echt eine kleine Klatsche, war aber sonst ganz ok. "Tja, also ich kann es schon noch ganz gut hören," meinte Juri.

"Das gibts ja gar nicht. Wo wohnst du denn?"

"In der Nordstadt hier drüben auf dem Hügel."

"Hm. Komisch. Wenn ich hier nebenan in meinem Schuppen bin, höre ich bereits gar nicht mehr." Der Doc schien über irgendetwas nachzugrübeln. "Aber... wenn ich natürlich vergessen habe... - wartet mal..." Der Doc rannte plötzlich in einen kleinen Nebengang und stieg dort eine alte Leiter nach oben.
 

"Hi Kimba, Hi Juri!" wurden die beiden plötzlich von einer wohlbekannten Stimme begrüßt. Als sie sich umdrehten, sahen sie Mbangi. Juri schaute ihn leicht entsetzt mit großen Augen an: "Was machst du denn hier?"

"Na, mich mal ein bißchen entspannen und meine beiden großen Brüder sind auch hier. Und ihr?"

"Also, naja..." begann Juri herum zu drucksen.

"Genaugenommen sind wir hier, weil...," begann Kimba doch wurde von Juri ziemlich direkt abgewürgt: "Ich bin mir ziemlich sicher, dass ihn das so genau gar nicht interessiert, warum genau wir hier... ähm... hingegangen sind. Sagen wir einfach, es war Neugier. Das trifft es... ja, doch..."

Kimba schaute Juri schief an. Konnte er denn nicht einfach zugeben, dass er Angst gehabt hatte vor den Freaks, die in diesem Club verkehrten?

"Ach, schon klar... . Aber der halbe Dschungel ist in Aufruhr. Und das dürfte euch interessieren."

"Was ist passiert?" Kimba schaute ziemlich besorgt aus.

"Nun, ich glaube, das müßtest du selber am besten wissen."

"Hä?"

"Naja, du bist doch schließlich plötzlich weggegangen, ohne jemandem Bescheid zu sagen."

"Natürlich habe ich bescheid gesagt. Daniel wußte, dass ich Juri hierher begleite und Tommy hat das in der Schule auch mitbekommen."

"Das ist aber sehr komisch," wunderte sich Mbangi, "denn immerhin ist es in erster Linie Daniel selbst gewesen, der alle anderen aufgehetzt hat."

"Das gibts ja wohl nicht? Hat der mich da irgendwie falsch verstanden? Daniel ist doch sonst so zuverlässig..." wunderte Kimba sich gleich eine Runde mit.
 

Der Doc kam gerade wieder den kleinen Nebengang zurückgelaufen. "Kein Wunder, dass du es hören konntest und ich nicht: Ich hatte oben noch ein Fenster zum Lüften auf, nachdem ich alles Schalldicht verkleidet hatte. So gingen die Schallwellen über meine kleine Gartenlaube hinweh und ihr dort oben auf dem Hügel habt alles abbekommen. Aber das hat sich wohl erledigt. - Ach, Hallo Mbangi. Hab dich erst gar nicht bemerkt, bin heute wohl etwas zerstreut."

"Hi Doc. Kein Problem."

"Kommt ich lade euch alle auf einen 'Docs Special' ein."

"Vielen dank, Doc, aber ich muß zurück in den Dschungel, später vielleicht einmal." bedankte sich Kimba kurz für das Angebot und spurtete los.
 

Wenig später war Kimba wieder im Dschungel angekommen. Alle Tiere rannten durcheinander und schienen entweder nicht zu wissen, wo sie hinwollten oder irgendetwas zu suchen.

"Hey Leute! Was soll der Aufruhr?" rief Kimba. Tommy sprang zu ihm.

"Schnell! Hilf mit! Wir suchen alle Kimba!" rief Tommy hektisch und wollte schon weiterspringen. "Äh... momentmal - da bist du ja!"

"Natürlich bin ich hier. Ich bin gerade von der Stadt zurückgekommen."

Die übrigen Tiere beruhigten sich wieder.

"Ja, aber warum hast du denn nichts gesagt?" fragte Tommy ihn vorwurfsvoll.

"Hab ich doch: Daniel wußte es und du hättest es doch auch mitkriegen müssen, dass ich mit Jrui zusammen von der Schule weggegangen bin."

"Das schon, aber Daniel hat dann gesagt, du seist plötzlich verschwunden und da dachte ich, wenn er das sagt, wird er schon recht haben."

"Oh Tommy!" Kimba schlug seine Pfote vors Gesicht. "Du hast es die ganze Zeit gewußt und nur weil Daniel etwas anderes gesagt hat, hast du nichts gesagt? Nicht zu fassen... und mit Daniel muß ich mal sprechen."
 

Kurze Zeit später bei Daniels Restaurant. Tommy sprang zu Daniel.

"Daniel, alter Kumpel. Du machst uns ja Sachen. Kimba hat dir doch gesagt, wo er hingegangen war."

"Sei du lieber mal ganz ruhig, Tommy, du hast es ja schließlich selber gewußt." meinte Kimba nur.

"Kimba! Da bist du ja!" rief Daniel aus und umarmte den weißen Löwen, der erst gar nicht wußte, wie ihm geschah. "Bin ich froh, dass du wieder aufgetaucht bist."

"Aber Daniel, ich hab dir doch heute morgen beim Frühstück gesagt, wohin ich am Nachmittag gehen werde."

"Wirklich? Komisch - ich kann mich gar nicht daran erinnern..." meinte Daniel.

Kimba lachte: "Schon gut, kann ja mal passieren."

Daniel lachte mit: "Hahah, tja, ich werde wohl doch langsam alt. Hätte ich doch glatt meine Hand dafür ins Feuer gelegt... haha... dass du heute morgen gar nicht gefrühstückt hättest... hahaha."

Kimba grinste. "Typisch Daniel und seine subtilen Witze. Als ob er sich wirklich noch nicht einmal ans gesamte Frühstück erinnern könnte."
 

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Nächster Teil: Kimba 19 - "Hyänen - Angriff"

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 18 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Hyänen - Angriff"

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Wenn Hyänen grinsen, entblößen sie ihre vorderste Zahnreihe, die Eckzähne und etwa die Hälfte beider Zahnreihen am Kiefer. Dadurch kann man gut die durch mangelnde Mundpflege faulenden Fleischreste in den Zahnzwischenräumen erkennen. Und die von 'Jack, der Todbeißer' waren schon sehr angefault, zumal er so breit grinste, wie schon lange nicht mehr.

"Jetzt habe ich sie. Und ich werde nicht nur Rache nehmen für dieses elende Unentschieden an der Quelle, ich werde mir meine Sklaven zurückholen und gleich noch Zinsen drauf schlagen. Hohe Zinsen." dachte er sich zufrieden und betrachtete nochmals diese Fährte, die vom Mondberg herab in Richtung des Dschungels führte. Die Spuren hatten sich mit etwas Regenwasser gefüllt und glänzten leicht in der Sonne. Es waren Abdrücke von Stifeln der Menschen aber auch von einer Reihe an Tieren, unter anderem Löwen und Gepardenspuren.

"Bislang waren mir da unten zu viele Menschen gewesen, vor allem während des Krieges. Aber jetzt, wo ich weiß wo ich die kleine weiße Ratte finden kann, spielt das keine Rolle mehr. Ich hole nur noch die letzten Banden und dann... Harrharrharrharr!" brach er in schallendes Gelächter aus. Dann ging er wieder in sein Territorium zurück, um all seine Gefolgsleute zusammenzurufen.
 

Piwi und Lukas hielten mühevoll je einen Stock zwischen ihren Pfoten und versuchten aufrecht wie zwei Menschen mit Schwertern zu kämpfen.

"Was soll das denn werden?" fragte Dodi mit einem Blick der Missfallen deutlich ausdrückte. Die beiden stoppten kurz.

Lukas: "Siehst du doch: Wir spielen "der weiße und der schwarze Ritter". Wir sind dann nämlich Adelige."

Sira schaute fragend: "Was sind denn Adelige?"

Lukas: "Das sind ganz besondere Menschen die von allen anderen geachtet werden müssen. Die herrschen dann über riesige Länder."

Piwi: "Waren diese Herrscher nicht die Könige und die Ritter ihre Gefolgsleute?"

Wildcat: "Stimmt genau und von den allen war die Hälfte eher weniger zu achten, weil es Ausbeuter und Verbrecher waren. Zu welcher Hälfte gehört ihr beiden?"

Lukas: "Zu beiden: Ich bin der edle, mutige, starke und kultivierte weiße Ritter und Piwi ist der doofe böse schwarze Ritter."

Piwi: "Also vorhin hast du noch gesagt, dass du der schwarze Ritter bist, weil die Bösen gewöhnlich viel stärker sind als die Guten und ich so schwach sei, dass ich halt nur der Gute sein kann."

Lukas: "Hab ich nicht. Denn die Guten gewinnen zum Schluß doch immer, weil sie viel geschickter sind als die Bösen und viel mehr Mut haben."

Piwi: "Willst du damit sagen ich sei stärker als du? Du bist doch ein halbes Jahr älter."

Lukas: "Natürlich bist du nicht stärker als ich. Du bist halt ein ganz schwacher Böser."

Piwi: "Dann hätte ich ja auch schummeln können und du nicht, weil schummeln dürfen nur die Bösen!"

Lukas: "Das war kein Schummeln von mir! Das war geschickte Kampftechnik."

Piwi: "Das Ändern von Regeln ist jetzt Kampftechnik?"

Lukas: "Ich hab sie nicht geändert, nur anders ausgelegt."
 

Dodi: "Sowas blödes, sich wegen so was blöden wie die blöden zu streiten... Ihr wollt Ritter ohne Furcht und Tadel sein? Dann beweist mal euren Mut und kämpft da oben auf dem Klettergerüst weiter! Das ist nämlich viel schwieriger, aber wenn ihr Ritter seid, ist das ja wohl kein Problem, oder?"

Gira: "Gute Idee. Dann haben wir wenigstens unsere Ruhe."

Lukas: "Also ich trau mich auf jeden Fall. Nur, wenn Piwi zu viel Angst hat, kann ich da auch nichts dran ändern."

Piwi: "Ich hab keine Angst!-Zumindest nicht so viel... . Aber es wäre trotzdem sicherer, wenn wir hier unten weitermachen würden."

Lukas: "Oben ist es aber interessanter. Los, komm!"
 

Die beiden jungen Geparden klatterten mit ihren hölzernen Schwert-Imitationen im Mund das Klettergerüst nach oben. Dann begannen sie wieder mit ihrem Ritter-Spiel. Casy schüttelte nur den Kopf: "Wie kann man bloß so viel Spaß daran haben, sich zu bewegen...?"

Sira: "Muß ja nicht jeder so ne Schlafmütze sein wie du!"

Casy: "Aber die meiste Zeit kuschelst du dich trotzdem gerne an."

Sira: "Als ob das was damit zu tun hätte..."
 

Lukas war offenbar tatsächlich der stärkere Ritter und drängte Piwi immer mehr an die Kante des Gerüstes. So konnte sich Piwi immer weniger wehren und war schon bald völlig unterlegen. Als er merkte, dass Piwi so ausser Atem war, dass er keinen Gegenangriff starten können würde, wandte er sich triumphierend an die anderen: "Seht ihr? Ich bin stärker!" Die anderen schauten zu ihm hoch, bis auf Wildcat, die sich gerade mehr für einen großen Schmetterling vor ihr interessierte."Hey, Wildcat! Du sollst mal schauen! Ich bin stärker als Piwi - und damit bin ich zu recht der gute Ritter!"

Wildcat schaute mit einem "Na-toll-!-Blick" wieder nach oben, wo Lukas sich augenblicklich daran machte, seinen Triumpf auszubauen. Er schlug weiter mit seinem Stock gegen Piwis, der nur kurz dagegenhalten konnte und dann noch ein Stück näher an die Kante gedrängt wurde. Etwas zu nah. Nach einem Ausweichschritt nach hinten trat der kleine Gepard in die Luft. Auf allen Vieren wäre dies kein großes Problem gewesen, doch die beiden hatten aufrecht gekämpft und so verlor Piwi augenblichklich das Gleichgewicht und stürzte an der Seite des Gerüstes herunter. Wie alle Katzen versuchte er, sich in der Luft schnell zu drehen, um auf den Füßen zu landen, doch dummerweise befanden sich auf halben Weg des Falls noch einige andere Balken des Gerüstes, auf die er damit voll draufkrachte.

Das leise dumpfe Geäusch eines Aufpralls wurde vom Rascheln des Grases begleitet, das dabei zur Seite gedrückt wurde.

Alle: "Piwi!"

Lukas ließ den Stock fallen und sprang mit wenigen Sätzen herunter, um neben Piwi zu landen. Auch die anderen kamen angerannt, selbst Casy hatte sich erhoben und trottete langsam zu der Stelle hinüber, wo Piwi schlurchzend im Grass lag.

Lukas: "Du... ist dir was passiert?"

Wildcat fuhr in mit funkelnden Augen an: "Nein es ist ihm gar nichts passiert! Es macht ihm Spaß vom Gerüst gestoßen zu werden und sich richtig weh zu tun! Du Vollidiot! Da hast du deinen großen Sieg, du 'Ritter der Tafelrunde'!"

Lukas versuchte zu protestieren: "Aber ich hab ihn doch gar nicht gesto..."

Wildcat regte sich richtig auf: "Ich glaubs nicht! Erst eine Riesenscheiße bauen und dann auch noch abstreiten. Geh mir bloß aus den Augen!"
 

Lukas zog den Kopf ein und schlich, den Schwanz zwischen die Hinterbeine eingezogen, von dannen. Dann hob er nochmal den Kopf, schaute zu Wildcat und rief so laut er konnte: "Du bist total blöd, Wildcat!" Dann lief er in den Dschungel.

Sira schaute leicht irritiert zu Dodi und Gira: "Sind die immer so?"

Dodi: "Ja, aber das ist nicht so schlimm wie es aussieht. Die streiten sich aller paar Tage so und später vertragen sie sich dann wieder."

"Komisch..." wunderte sich Sira.
 

Wildcat: "Hast du dir sehr schlimm wehgetan, Piwi?"

Piwi versuchte, sein Heulen zu unterdrücken: "Nicht... so sehr. Es... *sniff* geht schon... wieder."

Wildcat: "Wir sollten vorsichtshalber Daniel einen Blick auf die Wunde werfen lassen, nicht dass es was schlimmeres ist. Komm, ich trage dich," lächelte sie Piwi zu, der sofort spürte, dass seine Schmerzen nachliessen und er irgendwie sogar glücklich wurde.
 

Einige Kilometer von dem Abenteuerberg entfernt lagen zwei Löwen am Fluß des Dschungels und beobachteten die Spiele des Wassers. Genaugenommen lagen sie an dem Arm des Dschungelflusses, der sich nach der großen Gabelung in die Wüste erstreckte und dort nach einigen weiteren Kilometern versandete.

Nachdenklich und mit ein wenig Sehnsucht in den Augen schaute Kimba über die gegenüberliegende Steppe.

"Weißt du noch, damals, als die Welt noch in Ordnung war, wie die riesigen Herden der Elefanten und Giraffen über diese Ebenen gewandert sind?"

Auch Rahja ließ ihren Blick in die Ferne schweifen.

"Ja, es war ein wundervoller Anblick. So viel Leben und doch so friedlich. Ich erinnere mich auch an die großen Antilopen- und Zebraherden, die etwas weiter östlich von hier zum Fluß zogen."

"Stimmt. Und dabei kamen sie oft an Klaues Revier vorbei. Und Panthra und Deck und Bo versuchten immer wieder einige von denen zu schnappen, bis ich sie schließlich von dort verteiben konnte und die Herden ungestört unherwandern konnten."

"Um die brauchst du dir wohl keine Gedanken mehr zu machen. Wenn die auch hier wären, in dieser Welt, dann hätten die sich bestimmt bemerkbar gemacht."

"Das glaube ich dir aufs Wort, Rahja. Scheint ja fast so, als sei nicht alles schlechter geworden."

"Nein, das ganz bestimmt nicht. Immerhin sind wir und dadurch erst richtig nahe gekommen."

Kimba wurde gleich etwas rot: "Ähm... vielen Dank, dass du das so schön findest, mit mir befreundet zu sein."

Rahja sah Kimbas Verlegenheit und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

Kimba: "Also... ich finde es auch sehr schön, so gut mit dir befreundet zu sein."

Rahja: "Das geht eigentlich schon ein wenig über Freundschaft hinaus. Normalerweise tun bloße Freunde nicht das..."

Sie rückte noch ein Stück näher zu Kimba und drückte ihm einen langen, zärtlichen Kuss auf die Wange. Und dann noch einen direkt auf den Mund. Kimba schaut etwas verwundert aber glücklich zu Rahja. "Wofür habe ich den denn verdient?"

Rahja: "Einfach nur so, weil du da bist."

Kimba: "Einiges ist wirklich viel besser geworden. Ob wir wirklich für einander bestimmt sind...?"

Rahja: "Wer weiß. Aber ich habe vor, es auszuprobieren. Zu verlieren haben wir eigentlich nichts. Machst du mit?"

Kimba strahlte: "Ja, sehr gerne!"
 

Gerade als sich die beiden so herrlich in bester Liebesfilm-Manier anhimmelten, ertönte plötzlich eine krächzende Stimme über ihnen:

"Kimba! Kimba! Gefahr ist nah!

Die Hyänenbande ist schon fast da!"

Pauley Cracker flog in einem hektischen Stil zu einem kleineren Stein, der neben Kimba lag. Kimba: "Was ist los? Die Hyänenbande kommt hierher, sagst du?"

Pauley: "Sie fanden eure Spuren am Mondberg

und jetzt machen sie sich an ihr übles Werk:

Verbreiten Angst und Schrecken bei Jung und Alt

mit einem übermaß an Terror und Gewalt!"

Kimba war entsetzt: "Sie greifen bereits unsere Freunde an?!"

Pauley kam etwas von seiner Hektik herunter: "Nein, das noch nicht, aber sie sind schon fast an der Grenze zum Dschungel angekommen."

Kimba: "Wir müssen unbedingt die anderen warnen. Du bist der schnellste, Pauley. Warne du alle Tiere an der Grenze des Dschungels zum Mondberg. Ich werde zum Abenteuerberg gehen und die Tiere auf dieser Seite des Dschungels warnen. Rahja, geh du bitte zur Farm und sag Daniel, ermöge schnell eine Dschungelkonferenz einberufen. Dann warne noch alle unsere Freunde auf der anderen Seite des Dschungels!"
 

Die beiden nickten nur kurz und machten sich dann,ebenso wie Kimba, augenblicklich auf den Weg.

Rahja hatte den kürzesten Weg und kam schon nach wenigen Minuten auf der Farm an, wo Daniel gerade mit Kampfzahn und zwei Impala Antilopen diskutierte, welches Gemüse auf welchem Feld am Besten anzubauen wäre.
 

"Daniel! Schnell, du mußt eine Dschungelkonferenz einberufen! Wir werden angegriffen."

Daniel erschrak: "Was sagst du da? Wer hat das erzählt?"

Rahja: "Pauley kam eben ziemlich aufgeregt zu Kimba und mir an den Fluß geflogen. Er hat uns erzählt, dass die Hyänenbande, vor der Kimba mich und meine Freunde gerettet hat, hierher unterwegs ist."

Daniel: "Das ist in der Tat ziemlich unschön. Ich mache mich sofort auf den Weg!"
 

Er rannte los.
 

Rahja schaute ihm einige Meter nach.
 

"Daniel! Der Einberufungsort liegt auf der anderen Seite des Dschungels! Du läufst in eine völlig falsche Richtung!" rief sie ihm nach und sprang ihm in den Weg, damit er nicht weiterlief.

Daniel schien etwas überrascht zu sein: "Oh, hallo Rahja. Was gibt es?"

Rahja: "Du läufst in die falsche Richtung Daniel!"

Daniel: "Oh, danke... . - Aber moment mal: Woher willst du wissen, wohin ich gerade gehen wollte?"

Rahja: "Na, du wolltest doch eine Dschungelkonferenz einberufen."

Daniel schien verwundert: "Dschungelkonferenz? Aber wieso?"

Rahja: "Ich hab doch eben gesagt, dass wir von der Hyänenbande angegriffen werden. Ich wollte noch die anderen auf den Feldern und auf dieser Seite des Dschungels warnen und du wolltest die Dschungelkonferenz einberufen, damit wir zusammen beratschlagen können, was wir unternehmen."

Daniel kratzte sich verlegen am Kopf. "Oh, davon wußte ich ha noch gar nichts. Äh... ok, ich kümmere mich darum." Dann lief er in Richtung Dschungel, um auf dem "Dschungelhorn", einem großen hohlen Baumstamm, der laute Töne von sich gibt, wenn man darauf herum springt oder draufschlägt, alle Tiere zur Konferenz zu rufen.

Zurück blieb eine etwas verwirrte und beunruhigte Rahja.

"Ich frage mich, was mit ihm in letzter Zeit wohl los ist. Er ist doch sonst so zuverlässig und senil war er bislang noch nie. Wieso geht das jetzt auf einmal los?"
 

Dieselben Gedanken und Fragen beschäftigten sie auch während der Konferenz. Alle Tiere des Dschungels waren gekommen, um zu hören, wie die Lage ist und gemeinsam einen Ausweg zu suchen.

Als Kimba in die Runde schaute, bemerkte er, dass die Konferenz früher anders ausgesehen hatte. Es waren damals viel mehr Zebras, Antilopen, Giraffen und Elefanten dort gewesen. Es erinnerte ihn daran, dass die Welt irgendwann für ihn und seine Freunde einen Sprung bekommen hatte, einen tiefen Riss, der ihre Leben allesamt in zwei Teile gerissen hatte.

Daniel schien wieder der alte zu sein: "So, ihr kennt nun alle die Lage, jetzt müssen wir geeignete Maßnahmen treffen. Hat irgendwer Vorschläge?"

Die Tiere begannen alle, durcheinander zu reden.

"Brauchbare Vorschläge," fügte Daniel dann hinzu.

Totale Stille...

Der alte Affe seufzte: "Das hab ich mir schon gedacht..."
 

Kimba: "Also ich kann versuchen sie aufzuhalten, doch wenn die gesamte Bande auf einmal angreift, werden viele durchkommen und in den Dschungel eindringen können."

Rahja: "Ganz davon abgesehen bist du nicht stark genug, um es mit allen aufzunehmen. Als du uns an der Quelle gerettet hast, war der Kampf bereits knapp. Doch jetzt sind es fast drei Mal so viele Hyänen wie damals.

Cheetah: "Wie wäre es, wenn wir alle sie gemeinsam angreifen? Wir sind denen zahlenmäßig weit überlegen und wir haben auch etliche starke Tiere in unseren Reihen."

Kimba: "Viel zu gefährlich, da würden viel zu viele von uns verletzt werden."

Daniel: "Aber von der Idee her ist das gar nicht mal so schlecht. Die schwächsten Tiere brauchen ja nicht mitzukämpfen."

Piwi: "Wieso tun wir nicht wenigstens so als ob? Wenn die glauben, sie hätten es mit uns allen zu tun, werden sie vielleicht lieber den Schwanz einziehen."

Kimba: "Piwi! Das ist eine sehr gute Idee. Wir versuchen, sie einzuschüchtern. Wenns klappt ist es ok, wenn nicht, müssen die Schwachen nur schnell im Gebüsch verschwinden, während die starken mit mir zusammen die Bande aufhalten werden."

Daniel: "Und was ist, wenn der Anführer dich zum Duell fordert?"

Kimba: "Soll er tun. Er alleine kann gegen mich nicht gewinnen. Und wenn der erstmal besiegt ist, haben die anderen seiner Bande keinen Mut mehr."

Daniel gefiel der Gedankengang Kimbas. "Das ist gut durchdacht, Kimba. Wie ich sehe: Du machst dich," lobte er ihn.
 

Eine halbe Stunde später standen sich die Hyänenbande und die Tiere des Dschungels an einer kleinen Lichtung wie zwei kampfbereite Heere gegenüber.

Kimba ging einige Schritte auf die Hyänenbande zu und rief: "Ich fordere dich zum Duell, Jack!"

Der Hyänenboss brüllte sofort zurück: "Es heißt: 'Jack, der Todbeißer'! Das ist mein voller Name. Und ich wüßte nicht, was ein Duell bringen sollte."

Kimba nickte Rahja und ihren Freunden zu. "Ganz einfach: Du verhinderst damit hier eine Schlacht. Wenn du gewinnst, wirst du dir meine Freunde holen können. Doch wenn du verlierst, dann mußt du von hier weggehen und darfst nie wieder kommen. Rahja, Sira, Casy und Kampfzahn sind dann frei."

Jack: "Harr! Harr! Harr! Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ihr stärker seid als wir. Zum einen brauche ich das Risiko nicht mehr einzugehen. Wenn du damals an der Quelle geblieben wärst, hätte ich gerne angenommen, aber du bist ja weggelaufen. Zum anderen will ich meinen Leuten nicht den Spaß verderben, die wollen sich schließlich auch mal richtig austoben. Abgesehen davon: Wer soll eigentlich Kampfzahn sein? Ich kenne nur ein Pickelface namens Streuselkuchen. Harr harr harr!"
 

"Unverschämtheit!" versuchte der alte Kampfzahn zu protestieren.

"Sieht nicht gut aus," meinte Kimba. Und er hatte verdammt recht, denn genau in diesem Moment brüllte Jack zum Angriff. Die Hyänen liefen mit Kampfgeschrei los.

"Schnell! Die Schwachen zurück in den Dschungel! Die Starken sollen sie decken!" rief Kimba und ging in Kampfstellung.
 

Es war ein harter und brutaler Kampf. Die Hyänenbande war etwas stärker als all die Dschungeltiere. Doch Kimba kämpfte für 10 und machte einen Gegner nach dem anderen kampfunfähig. Das merkte auch Jack, der daraufhin gezielt auf Kimba losging. In einem unachtsamen Moment konnte er Kimba an der Hinterpfote erwischen und biß eine tiefe Wunde. Kimba sah Sterne vor Schmerz.

"Ich helfe dir!" rief Lukas und rannte aus dem Gebüsch los.

"Lukas! Nicht, die sind gefährlich!" rief Piwi ihm hinterher.
 

In dem Moment erwischte Kimba seinen Gegner mit den Krallen direkt an den Augen. Augenblicklich ließ Jack los und schrie laut seinen Schmerz hinaus. Der nächste Prankenschlag des jungen Löwen ließ ihn einige Meter über den Boden rollen, während er sich die Pfoten vor die Augen hielt.

"JA! Gut gemacht, Kimba!" freute sich Lukas und hielt inne. Keine Sekunde später stürzte sich auch schon eine Hyäne auf ihn. Und verwickelte ihn in einen heftigen Kampf.

"Lukas!" rief Kimba und rannte zu den Kämpfenden, wurde jedoch auf halben Wege von zwei anderen abgefangen und ebenfalls in einen Kampf verwickelt.

"Ich kümmere mich um ihn!" rief Cheetah, der gerade mit Mühe und Not seinen Gegner besiegt und in die Flucht geschlagen hatte. Pfeilschnell schoß er an einigen anderen Kämpfenden vorbei und rammte der Hyäne, die gerade über Lukas stand und zum Durchbeißen der Kehle ansetzen wollte, seinen Kopf mit voller Wucht in die weiche Seite. Nun sind Geparden zwar nicht schwerer als 40 Kilogramm, doch die Wucht von etwa 100 km/h hatte ihre Wirkung nicht verfehlt und die Hyäne flog einige Meter weit über das Schlachtfeld, bis sie leicht benommen liegen blieb.

Aber auch Cheetah schien ein wenig benommen.

"Sch- Schnell. Du muß ins Gebüsch zurück!" rief er Lukas zu.

Der tat, was ihm geheißen war und begann loszurennen.

Doch da kam eine weitere Hyäne von hinten an Cheetah heran und biß auch ihm ins Hinterbein. Cheetah schrie vor Schmerzen auf und der Biß schien alles andere als glücklich für ihn zu sein, denn man konnte es knacken und knirschen hören.

Lukas brach augenblicklich seinen Rückzug ab und stürzte sich selber auf die Hyäne. Die wehrte seinen ersten Angriff noch ab, bekam beim zweiten jedoch ebenfalls die Krallen zu spüren. Gepardenkrallen sind zwar ziemlich stumpf, da sie nicht eingezogen werden können und daher abgenutzt werden, doch quer über die Augen gezogen sind auch diese Krallen wirkungsvoll. Und als ob das nicht genug wäre, bekam jene Hyäne auch noch einen kräftigen Prankenschlag von Kimba ab, der seine beiden Gegner zwischenzeitlich in die Flucht geschlagen hatte.

Ziemlich angeschlagen ergriff auch jene Hyäne die Flucht, ebenso die wenigen übrigen, die schon in Unterzahl kaum noch gegen die Dschungelbewohner ankamen.

Die Schlacht war geschlagen, Kimba und die Tiere des Dschungels hatten gewonnen. Doch es gab noch die ein- oder andere Sache zu bereden.
 

"Bist du taub?" fragte Kimba etwas ärgerlich und auch lauter als sonst.

Lukas (mit einem Es-tut-mir-leid-Blick): "Nein."

"Bist du blöde?"

"Nein..., aber ich dachte..."

"Warum kannst du dann nicht darauf hören, was dir gesagt wurde? "

"Ich dachte... du könntest in Gefahr sein," gab Lukas kleinlaut von sich.

"Natürlich war ich in Gefahr. Wie jeder, der mitgekämpft hat. Wenn das jetzt das erste oder zweite Mal gewesen wäre, dass du nicht auf mich oder auf andere gehört hast, dann würde ich ja nur sagen 'schlecht gemacht aber gut gemeint' und 'tu es nicht wieder' aber du kannst ja nie hören, wenn man dir etwas sagt. Denkst du eigentlich gar nicht über dein Handeln nach? Das kann doch nicht so schwer zu erkennen sein, dass ein Jungtier nichts auf einem Schlachtfeld zu suchen hat. Was glaubst du, wieviel stärker Gira und Rahja beispielsweise sind. Und trotzdem sind sie in Deckung geblieben, weil es auch für sie noch zu gefährlich gewesen wäre." Kimba hatte sich im Laufe seiner Rede wieder ein wenig abgeregt, so daß sich Lukas noch mal ein kleines Statement traute.

"Ich wollte halt nur helfen und es tut mir leid. In Zukunft werde ich in Deckung bleiben."

"Na das will ich hoffen," meinte Kimba, "immerhin hat es Cheetah deswegen ziemlich übel erwischt. Ich schlage vor, du besuchst ihn im provisorischen Dschungelkrankenhaus und bedankst dich bei ihm dafür, dass er dir das Leben gerettet hat."

"Ja, mache ich," gab Lukas noch Kleinlaut von sich und trottete dann langsam in Richtung Daniels Restaurant, das kurzerhand zu einem kleinen Krankenhaus umfunktioniert worden war.
 

Wildcat hüpfte plötzlich neben Lukas. Lukas schaute unwohl hoch. Er hatte ja an dem Tage schon eine Schelte von ihr kassiert und nun würde er auch noch eine zweite kassieren, da war er sich sicher.

"Alles in Ordnung, Lukas?" fragte Wildcat dann aber sanft.

Lukas schaute verwundert hoch.

"Ja..., schon ok," antwortete er etwas verwundert. Immerhin hatte er eine zweite Standpauke erwartet.

"Kimba war ein wenig zu hart mit dir. Du hast es ja bloß gut gemeint und ich finde es mutig von dir, dass du dich getraut hast, da mit heraus zu gehen."

"Wirklich?"

"Ja. Aber es war natürlich auch unglücklich, dass es nicht gerade das erste Mal ist, dass du Mist baust. Warum tust du das? Oft bist du ein richtig netter und zuverlässiger Freund und dann wieder hast du ein oder zwei Situationen, da frage ich mich, ob ic noch demselben Lukas gegenüberstehe, den ich kenne."

Lukas dachte nach. Irgendwie hatte Wildcat recht. Und er wollte ja eigentlich auch bloß ein guter Freund sein. Doch immer wieder kam es zu diesen dummen Aktionen, die ihm meist mehr Ansehen kosteten als brachten.

"Ich weiß es nicht," antwortete er dann ehrlich.

Wildcat seufzte: "Hab ich mir schon fast gedacht. Ich glaube auch, dass es da keinen wirklichen Grund für gibt."

Lukas: "Magst du mich denn noch, nach all dem mit Piwi und vorhin?"

Wildcat lächelte: "Klar. Wie kommst du denn darauf, dass das nicht der Fall ist?"

Lukas: "Naja, du warst ja ziemlich sauer letztens und ich mache ja dauernd solche Aktionen. Und dann hab ich ja noch was zu dir gesagt... ."

Wildcat: "Schon ok, da muß schon mehr passieren als das. Ich weiß ja, dass du eigentlich gar nicht so bist."

Lukas: "Weißt du was? Eigentlich bist du auch voll in Ordnung. Ich dachte früher immer, du willst mich nur fertig machen, aber inzwischen weiß ich, dass du gar nicht so bist und ich mir das meiste selbst zuzuschreiben habe."

"Na danke für die Rosen... da bin ich ja beruhigt, dass ich keinen sooo schlechten Eindruck mache," meinte sie mit vielsagendem Ton.

"Das war nicht so gemeint. Ich meine, ich weiß es ja inzwischen besser. Es war mir halt früher nur so vorgekommen. Ich finds gut, wenn wir Freunde sein können."

"Find ich auch."
 

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Nächster Teil: Kimba 20 - "Das Turnier"

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 19 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Das Turnier"

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"Willkommen beim 1. Qualifikations - Turnier der Zentral - Ostafrikanischen Meisterschaft. Jeder kann teilnehmen. Nutzt eure Chance, Leute! Hier könnt ihr Stars werden! Hier warten Ruhm und Reichtum auf euch! Meldet euch an, und ihr werdet es nicht bereuhen!"

Der kleine, schlanke Mann mit der lauten Marktschreier-Stimme pausierte kurz, um die ersten Anmeldungen anzunehmen. Währenddessen schaute Juri mit verträumten Blick auf die Karts, die dort etwa 100 Meter von ihm entfernt auf der Rennstrecke standen.

"Machst du mit?" fragte er dann Mbangi, der einen etwas gelangweilten Eindruck machte und auch eine dementsprechnde Antwort gab.

"Aber warum nicht?"

"Weil ich nichts von dieser lärmenden Umweltverschmutzung halte. Außerdem ist es doch langweilig im Kreis zu fahren und immer wieder dieselben Leute und dieselbe Strecke vor sich zu haben. Nein, danke, kein Badarf."

Juri seufzt auf. Er wollte unbedingt mitfahren. Nicht, weil er sich Chancen auf den ersten Platz ausrechnete, sondern schon alleine, um mal selber in einem dieser schicken Karts sitzen zu können und mit 100 Sachen über die Rennstrecke zu donnern.
 

Das Mittagessen war erst halb aufgegessen, als Juri Kimba in Daniels Restaurant besuchte und ihm dieselbe Frage stellte wie Mbangi zuvor.

Kimba schaute ein wenig irritiert. "Meinst du wirklich dass ich das kann und dass die mich überhaupt mitmachen lassen?"

"Klar. Das ist gar nicht so schwer. Man müßte vielleicht den Sitz etwas anpassen und die Pedale und die Lenkung verschieben, aber im Prinzip kannst du mitfahren. In den Regeln steht zumindest nichts davon, dass nicht auch Tiere mitfahren dürfen."

"Und warum genau soll ich unbedingt mitfahren?"

"Weil man leider immer nur als Team fahren darf. Und da Mbangi nicht will, muß ich halt jemand anderen bitten. Bitte, tu mir den Gefallen."

Kimba überlegte. "Hm," meinte er dann, "vielleicht sollte ich das mal ausprobieren. Klingt zumindest interessant, sich mit einer Maschine fortzubewegen."

"Ich will auch!" kam es sofort von der Stelle herübergeschallt, an der Lukas saß.

"Das kommt gar nicht erst in Frage. Ich weiß zwar nicht sehr viel darüber, aber ich weiß, dass man viel Disziplin braucht, um so ein Gerät kontrolliert über die Strecke zu steuern. Und genau das hast du nicht."

"Aber ich kann mich auch zusammenreißen," protestierte Lukas, " und Rahja könnte dann auch mitmachen. Oder wollt ihr lieber nicht zusammen sein?"

Kimba konnte es kaum fassen: So eine hinterlistige Frage.

Rahja: "Also ich würde schon gerne mitmachen."

Kimba konnte nur noch aufgeben: "Na gut: Von mir aus können alle mitmachen, die wollen."
 

"Können Gira und ich auch mitmachen?" fragte Dodi.

"Wir auch!" rief Wildcat und hielt Piwis Pfote gleich mit hoch.

Juri schaute Gira und Dodi an. "Ich fürchte, ihr werdet nicht in die Karts passen. Gira ist auf jeden Fall viel zu groß dafür und auch Dodi wird da nicht reinpassen. Von der Größe her vielleicht schon, aber der Körperbau ist doch etwas ungünstig. Ihr könnt es aber gerne probieren, mein Vater hat ein altes Kart in seiner kleinen Werkstatt stehen, da könnt ihr es mal ausprobieren."

Gira: "Ohje... das hab ich befürchtet. - Dann schauen wir eben nur zu."

Juri: Na dann nichts wie los, morgen früh ist Anmeldeschluß.
 

"Nanu? Hast du uns einen neuen Freund mitgebracht, Kimba? Wer ist das denn?" fragte Daniel, der gerade aus seiner Küche zu der Gruppe kam.

Alle schauten verwundert. "Wen meinst du, Daniel?" fragte Kimba etwas verwirrt.

"Na, den da!" sagte Daniel und zeigte auf Juri.

"Aber das ist doch Juri! Den kennst du doch! Alles mit dir in Ordnung, Daniel?"

"Was? Den kenne ich nicht. Da bin ich ganz sicher. Ach, Kimba, du kannst mir ruhig sagen, wenn du einen neuen Freund hast. Ich freu mich doch auch immer für dich."

"Oh doch, Daniel. Ich war auch dabei, als Kimba ihn uns vorgestellt hat. Er war doch der Junge, den Kimba damals vom Flüchtlingstrek mitgebracht hatte. Das war noch zu der Zeit, als hier in der Nähe die Dunkelpiraten gehaust hatten."

"Ach, ihr wollt mich bestimmt hereinlegen. Wußte gar nicht, dass wir heute schon den 1. April haben. Hahahaha." lachte der alte Affe und ging wieder zurück in die Küche.

"Was ist bloß mit unserem guten Daniel los?" fragte sich Kimba sehr besorgt.
 

"Ok, einen kompletten RNA/DNA-Scan. Außerdem werden ab sofort alle Hirnaktivitäten aufgezeichnet!" ordnete der Subco an und korrigierte gleich: "Warte! Am besten nehmen wir gleich einen biologischen Tiefenscan vor. Außerdem wünsche ich, dass die Gewebeproben erneut untersucht werden. Und diesmal auch auf Quarks- und Quanten-Ebene."

Er schien sehr besorgt zu sein. Irgendetwas ging schief und er wußte beim besten Willen nicht, warum. Eigentlich hätte Daniel noch über einige Jahre ohne jede größere Altersbeschwerde leben können sollen. Das hatte zumindest die letzte Untersuchung ergeben gehabt. Doch nun war irgendetwas mit seinem Verstand und primär mit seinem Erinnerungsvermögen nicht mehr in Ordnung. "Das werden wohl mal einige unruhige Nächte für mich, " dachte der Subco. Doch seine Sorge galt nicht unbedingt dem weisen, alten Affen. Es war Kimbas Schicksal, das ihn beunruhigte. Denn er wußte: Alles an Anormalien, die Daniel trafen, konnten auch jedes andere Tier dort unten treffen.

"Subco, wir zeichnen erneut einen Zuwachs an Hintergrundstrahlung und Subraumverzerrungen auf. Es handelt sich erneut um das Zielgebiet Mondberg." gab der Computer kurz an und trieb den Puls des Subcos nochmals um 3 bis 4 Schläge nach oben.
 

Dodi und Gira standen neben der Tribüne vor der Boxengasse und schauten Juri zu, wie er Kimba versuchte ohne allzugroße Verrenkungen ins Kart zu bringen. Die kleinen Rennautos standen noch schön in Reih- und Glied vor ihrer jeweiligen Boxengasse und wurden von den Teams geputzt und getuned. Kimba saß inzwischen ganz gut im Kart und mußte nun versuchen, wieder selbstständig dort hinaus zu kommen, was ihm auch ohne größere Anstrengung gelang.

Dann gingen er und seine Freunde zu dem Stand los, wo Helfer und der Organisator selbst die Anmeldungen entgegen nahmen. Juri jedoch blieb vorerst beim Kart und stellte noch hier und da herum.

Viele Menschen und natürlich auch die anderen Teams schauten Piwi,Lukas, Wildcat, Rahja und Kimba hinterher. Wollten die etwa wirklich mitmachen? Die meisten hatten zwar schon von den besonderen Tieren in dieser Gegend gehört, aber einige hatten es sowieso nicht geglaubt und die anderen zumindest nicht damit gerechnet, ihnen zu begegnen - schon gar nicht an so einem Ort zu so einer Zeit.

Auch die Zuschauer schauten den Tieren nach. Sie waren sowieso gekommen, um sich durch dieses Ereignis von dem tristen Alltag Anlenkung zu verschaffen und da kamen ihnen die Tiere als Sonderattraktion gerade recht. Bei den Teams war es jedoch meist anders: Viele von ihnen wollten gewinnen oder zumindest einen guten Platz machen, um sich weiter zu qualifizieren für die Zentral-Ostafrikanische Meisterschaft. Denn wenn so viele Leute dieses Ereignis besuchen wollten, um mal etwas Spaß zu haben, dann würde sich damit auch sicherlich gut Geld verdienen lassen. Daher erhofften sich die meisten von der erfolgreichen Teilnahme an der Qualifikation den Einstieg in die Oberschicht, den Aufstieg zu einem Star mit Geld und Ansehen. Juri nicht, er rechnete sich ohne echten Fahrtrainer und ohne größere Ausrüstung gegen die Favoriten dieses Rennens keine Chance aus. Er wollte einfach nur dabei sein. Mit diesem Gedanken begann er dann, die ersten Runden zu drehen.
 

"Das kann ich beim besten Willen nicht genehmigen," meinte der kleine, dünne Mann mit der durchdringenden Markschreier- Stimme.

"In den Regeln steht aber, jeder kann teilnehmen," beharrte Kimba.

"Ich hab halt gar nicht damit gerechnet, dass plötzlich Tiere mitmachen wollen könnten," wandte sich der Veranstalter.

"Die Regeln stehen aber fest. Und soweit ich weiß, sind die vom Zentralverband vergeben worden - das haben sie zumindest eben behauptet. Wo ist denn überhaupt das Problem, wenn wir mitmachen? Ich sehe da keines." stellte Kimba nochmals klar.

Der Mann schien sich gerade wieder eine neue Ausrede einfallen lassen zu wollen, als er den Andrang rund um die Tiere bemerkte.

"Machen die auch mit?"

"Kann ich die streicheln?"

"Die sehen ja süß aus!"

Der Veranstalter strich sich durch den Schnauzbart. "Scheint so, als ob die Tiere tatsächlich das Interesse des Publikums geweckt haben," überlegte er. "Na gut, ihr könnt mitmachen! Erwartet aber nicht, dass irgendwer für euch die gestellten Rennwagen umbaut."

Die Jungtiere strahlten vor Freude.

"Na also, warum denn nicht gleich so? Und umbauen können wir die immer noch selber."
 

Juri war gerade wieder aus seinem Wagen ausgestiegen und wollte etwas an den vorderen Spoilern verändern, als er plötzlich unsanft an der Schulter gepackt und hochgerissen wurde.

"Ey, du!" donnerte eine bedrohlich klingende Stimme von oben auf ihn herab. "Wie ich sehe, hast du nicht mal Helfer für die Technik, das sich um dich kümmert. Fährst wohl nur so zum Spaß mit, wie?"

Juri schaute schon etwas verärgert zu einem wohl 16 oder 17 jährigen Jungen hoch. Der Junge war groß, kräftig gebaut und hatte einen ziemlichen Kurzhaarschnitt. Er schien sowohl Europäische als auch Schwarzafrikanische Vorfahren zu gehabt zu haben.

"Ja, na und?"

"Nichts 'Na und'! Für viele ist das hier die Chance, aus den Armenvierteln herauszukommen. Auch für mich. Wenn du nur so mitfahren willst, tu das von mir aus. Aber paß auf, dass deine Zeiten klar unter der Qualifikationsmarke bleiben. Im Moment fährst du mir nämlich zu schnell."

"Heee! Ich fahre so schnell wie ich will," protestierte Juri.

"Dann wirst du die Konsequenzen tragen müssen, kleiner," drohte der Große Junge ihm und packte ihn am Kragen.

"Und wie sehen diese Konsequenzen aus?" fragte Kimba und legte seine Klaue auf die Schulter des Jungen. Die Pupillen des Jungen verengten sich und auf seiner Stirn blitzen Schweißperlen auf, als er in die zornigen Augen des weißen Löwen schaute. Juri war offenbar doch nicht ein geeignetes Ziel, das man schon im Vorraus besiegen konnte. Er ließ Juri los und flüchtete stolpernder Weise so schnell es möglich war.

"Wieso wollte der, dass du langsamer fährst? Da kann man ja gar nicht feststellen, wer schneller ist," wollte Piwi wissen.

"Das wollte der Kerl auch gar nicht wissen," erklärte Wildcat kurz, "der wollte lediglich gewinnen."

"Kann man denn gewinnen, wenn man keinen Gegner hat?" hakte Piwi nach.

Juri hatte sich inzwischen wieder beruhigt. "Nein, nicht gewinnen - nur Siegen. Er wollte lediglich einen der obersten Plätze für sich sichern, damit er in die nächste Runde kommt. Sein Ziel ist nicht ein Gewinn gegen Gegner in diesem Rennen oder in den kommenden. Er sieht das nur als Möglichkeit, um sehr schnell sehr berühmt zu werden, indem er Erster wird oder zumindest regelmäßig zu den ersten 3 gehört, die am Ende auf dem Siegertreppchen stehen. Es gibt hier leider einige, die aus diesem Spiel den puren Ernst des Lebens machen."

"Kann er nicht einfach darum bitten, am Ende mit auf dieser Treppe stehen zu dürfen? Wenn er es doch so braucht, werden die anderen sicher nichts dagegen haben, oder?"

"Piwi, du mußt noch einiges über Marktwirtschaft und die menschlichen Verhaltensweisen lernen. Ich erklärs dir gleich nach dem Training nochmal."
 

Nachdem die Freunde an ihren jeweiligen Wagen einige Veränderungen vorgenommen hatten, begannen die ersten Trainingsrunden. Rahja und Piwi kassierten ein paar wütende Blicke von anderen, die sich durch das 'exessive Langsamfahren' im Training behindert fühlten. Kimba fuhr auch langsam, aber eben doch das entscheidende Stück schneller. Juri fuhr ebenfalls noch ein Stück schneller, hatte aber auch schon zuvor einige Runden üben können. Lukas fuhr am Schnellsten - zumindest bis zur sogenannten 'Schlangenkurve'. Danach fuhr er nicht mehr, weil sein Wagen erst mal aus dem Gebüsch wieder in die Box gezogen werden mußte.

Im Laufe des Trainings steigerten sich alle immer weiter und konnten schon bald mit den meisten anderen mithalten. Interessant war noch, dass jeder von ihnen - mit Ausnahme von Wildcat - mindestens einen schönen Dreher hinlegte. Insgesamt schienen sich unsere Freunde von der Schnelligkeit und Konsistenz auf 3 Gruppen zu verteilen: Kimba und Juri waren am Ende glatt im oberen Drittel des Feldes, Wildcat war ganz gut im Mittelfeld aufgehoben und Piwi, Lukas und Rahja waren schließlich im unteren Drittel anzufinden.
 

Am nächsten Nachmittag war es dann soweit: Aus über 100 Teilnehmern sollten die besten 28 durch eine Renn-Qualifikation herausgefiltert werden und dann am eigentlichen Rennen teilnehmen können. Es war ein wenig regnerisch und die Strecke war noch leicht feucht, so dass die meisten erst einmal in der Box blieben und auf besseres Wetter warteten. Piwi, Lukas und Rahja sahen von vornherein keine Chance, die Qualifikation zu bestehen und fuhren daher schon gleich zu Beginn hinaus. Ebenso Wildcat, Juri uns Kimba, die ihre Freunde wenigstens in der Qualifikation für einige Runden auf der Strecke begleiten wollten. Und tatsächlich: Die Zeiten waren zwar noch ein kleines bißchen besser als den Tag zuvor, aber noch immer sehr unter dem benötigten Minimum der Zeit, die zu Platz 28 und darüber berechtigt hätte - wenn man die Trainingszeiten des letzten Tages berücksichtigte.

Lukas fuhr mit Juri in einem Team und stellte zu dessen konstantem Fahrstil das genaue Gegenteil dar: Mal ein wenig zu langsam, dass andere aufholen konnten, was vor allem in längeren Kurvenkombinationen der Fall war, dann ein größeres Bißchen zu schnell, meist wenn es von schnellen Passagen auf eine Schikane oder eine Kurvenkombination zuging. Dafür jedoch konnte er auf dem kleinen, fließend schnellen Teil der Strecke erstaunlicherweise fast die besten Zeiten im gesamten Feld hinlegen. - Was der regelmäßige Verbremser am Ende dieses Kursabschnittes sofort wieder zunichte machte.

Kimba fuhr mit Rahja im Team und fuhr ebenfalls recht konstant, jedoch mit einer kleinen Schwäche in der letzten Kurve vor der Start- und Zielgeraden. Rahja fuhr auch konstant - jedoch alles eben einen Tick schlechter als Kimba, was ihr letztlich eine ebenso mäßige Zeit eingebracht hatte.

Das dritte Team bildeten Wildcat und Piwi. Und da waren sie sich sehr ähnlich: Beide konnten in jedem Teilstück der Strecke Bestzeiten hinlegen. Doch bei Piwi waren immer wieder zwei oder drei Konzentrationsfehler dabei, die seine ein oder zwei guten Abschnitte wieder völlig ausglichen zu einer ebenfalls mäßigen Zeit. Wildcat war vom Prinzip her auch nicht anders. Doch hatte sie keine Konzentrationsschwächen, es schien vielmehr als traute sie sich nicht, die ganze Strecke am Limit zu fahren. So fuhr sie regelmäßig einen Abschnitt gut und die anderen eher vorsichtig, was ihr insgesamt lediglich eine leicht überdurchschnittliche Zeit einbrachte - die jedoch mit etwa 8 Plätzen Abstand ebenfalls nicht zur Qualifikation gereicht hätte.
 

Doch als unsere Freunde und einige andere gerade mit ihren Qualifikationsrunden fertig waren, trat ein, was sich all die anderen Fahrer nicht hatten vorstellen können oder wollen: Es begann immer stärker zu regnen und die Strecke wurde langsam immer nasser. Und da es sich auf nasser Fahrbahn nur viel schlechter Bremsen und hart in Kurven einlenken läßt, erreichte niemand mehr seine Zeit vom Vortag. So verloren alle Fahrer, die nicht gleich draussen waren etwa 20 bis 40 Plätze gegenüber denen, die die Strecke in halbwegs trockenem Zustand hatten befahren können.
 

Kurzum: Wie durch ein Wunder waren selbst Rahja, Lukas und Piwi platziert. Und zwar auf den Plätzen 25, 26 und 27. Auf Platz 28 stand noch ein anderer Fahrer, der ursprünglich im freien Training 4. oder 5. gewesen war. Nur die Nummer 1 war und blieb auf ihrem Platz. Auch derjenige war relativ früh losgefahren, gleich nachdem es wieder stärker angefangen hatte zu regnen, und damit noch auf weniger nasser Strecke seine Zeit aus dem Training fast gehalten hatte.
 

Am nächsten Tage begann dann das Rennen. Ganz vorne der eine Ausnahmefahrer, dahinter ein paar weitere, auf Platz 8 schließlich Juri und auf dem 10. war dann Kimba anzutreffen, der damit genau hinter Juri startete. Einige Plätze weiter im Feld, genau in der Mitte auf dem 15. Platz hatte sich Wildcat platzieren können.

Als Kimba und Juri schauten, wer in den Wagen auf dem 9. Startplatz stieg und damit genau zwischen ihnen stand, staunten sie nicht schlecht, wie klein die Welt doch war: Der brutale Typ, der beim Training Juri bedroht hatte und Jeff mit Namen hieß, warf beiden einen bitterbösen Blick zu, der nichts gutes Erahnen lassen konnte.

Schließlich waren alle Fahrer in ihren Karts.

Lukas pustete kurz ins Mikrophon, das in seinem Helm integriert war und ihn sowohl mit seinem Teampartner, als auch mit der Info-Zentrale der Rennleitung verband. Das Mikro schaltete sich durch das Pusten ein: "Du, Juri. Mir ist ganz kribbelig. Ich weiß gar nicht, wie ich das Gaspedal richtig runterdrücken kann, ohne dass gleich die Räder durchdrehen werden..."

Juri pustete auch kurz ins Mikro, dann: "Versuche einfach, einen möglichst durchschnittlichen Start hinzulegen. Nicht versuchen an die obere oder untere Grenze zu kommen. Damit wirst du am besten kommen."

"Ich werds versuchen, danke,"

Lukas schaute rüber zu Piwi und dachte einen Moment lang, der kleine würde sein Lenkrad entzwei brechen, so verkrampft krallte er sich daran fest. "Wenn das mal gut geht... ich bin ja schon kein sicherer Fahrer, aber wenn da noch andere von meiner Sorte jetzt mitstarten, gibts bestimmt gleich einen Crash," dachte er sich besorgt - und sah auch schon die Ampel rot aufleuchten. Gleich würde es losgehen.
 

Von den 5 roten Leuchten der Ampel ging eine nach der anderen aus. Anspannung stieg in Juri auf. Wenn er dort vorne nicht gleich gut weg kam, würde er augenblicklich bis ins Mittelfeld durchgereicht werden. Vor allem wollte er Jeff hinter sich lassen. Nicht nur, weil er es ihm nicht gönnte, mit seiner Art und Weise Erfolg zu haben, sondern auch, weil dessen Fahrstil durchaus risikoreich und unfallträchtig war.

Die 2. Leuchte ging aus.

Kimba spannte sich jetzt auch an. Er wollte wissen, wie gut er mit den anderen mithalten konnte. Das ging natürlich nur, wenn er nicht mitten im Verfolgerfeld stecken bleiben würde - und erst recht durfte er keine noch so kleine Karambolage eingehen; im Training hatte er sich gleich zwei Mal hintereinander einen neuen Frontflügel holen dürfen.

Die letzte Leuchte ging aus. Es waren nur noch 3 bis 5 Sekunden, bis die grünen Leuchten angehen und das Rennen freigeben würden.

Wildcat legte jetzt gemütlich den 1. Gang rein und warte ziemlich entspannt. Sie hatte schon lange erreicht, was sie wollte: Die Qualifikation überstanden, um im Rennen mitfahren zu dürfen. Das einzige, woran sie sich stetig zu erinnern versuchte, war, dass sie sich nicht in einen Unfall verwickeln lassen durfte. Sowas geschah mitten im Feld recht schnell, hatte Juri ihr am Morgen erklärt. Und es wäre halt schade, nur ein oder zwei Runden mitfahren zu dürfen.

Die Leuchten waren seit einigen Sekunden aus und fast alles stand unter größter Anspannung. Die Luft über den Motoren der Wagen flatterte vor Hitze, ebenso die Luft kurz über der Strecke. Es erinnerte Juri kurz daran, wie damals - vor dem Großen Krieg - die sogenannten Formel 1 Rennen starteten.

Die Ampel sprang auf grün und Juri gab Gas. Ebenso wie alle anderen im Feld. In den ersten ein bis zwei Sekunden schienen sich die Karts nur schwerfällig loszubewegen, dann aber gewannen sie schnell an Geschwindigkeit. Jeff neben Juri hatte einen sehr guten Start erwischt und sich schon nach wenigen Metern fast an ihm vorbei geschoben. Kimba hatte hinter Juri den gleichen Abstand wie beim Start erwischt.Der Fahrer direkt vor Kimba hatte einen äußerst schlechten Start hingelegt: Er war etwa 2 Zehntel Sekunden zu spät losgefahren und dann hatte er so fest auf das Gas gedrückt, dass seine Räder anfangs durchgedreht waren und er nochmals weniger Geschwindigkeit mitgenommen hatte. Juri wich nach rechts aus und schob sich zwischen seinem Kontrahenten und dem Grünstreifen am Rande vorbei. Auf der anderen Seite hatte sich auch Jeff durchgeschoben und war schnell an einem weiteren Konkurrenten dran, an dessen Luftsog er nochmals an Geschwindigkeit gewann und sich weiter von Juri absetzte. Kurz darauf setzte er zum Überholen an, etwa 200 Meter vor dem Bremspunkt vor der ersten Schikane nach der Start- und Zielgerade. Kimba hatte inzwischen ebenfalls zum Überholen des Langsam-Starters angesetzt und sich für denselben Weg wie Jeff entschieden: Links vorbei. Wenn alles gutgehen würde, würde er ihn am Ende der Strecke ausbremsen können.
 

Doch da sah Kimba es schon: Ein Rennwagen hob kurz vor der Schikane hoch in die Luft ab. Es dürfte wohl der dritte oder vierte Wagen gewesen sein. Der erste war bereits teilweise um die erste Kurve der Schikane herumgefahren. Teile von der Verkleidung wurden hoch in die Luft geschleudert und Qualm von dem vergeblichen Versuch einer Vollbremsung schien diese Teile sowohl zu tragen als auch neu zu gebären, denn eine zweite Welle dieser Teile flog hoch durch die Luft und ein zweiter Wagen hatte seitlich abgehoben und flog nun einige Meter weit in die Schikane. Kimba trat mit aller Macht in die Bremsen, als er merkte, wie schnell er sich dieser Stelle näherte und wie wenig Abstand zum Unfallort noch geblieben war. Ebenso stiegen von den Wagen von Juri und dem Langsamstarter Bremswolken auf. Sie waren fast noch etwas näher am Geschehen gewesen - vor allem Juri. Die beiden fliegenden Wagen waren mittlerweile in oder hinter der Schikane hart aufgeschlagen. Ein oder zwei andere waren ihnen in den Kies gefolgt, weil sie entweder selber direkt am Unfall beteiligt waren oder aber einem weiteren Crash vorbeugen wollten.

Als Kimba an der Stelle vorbei kam, sah er noch zahlreiche Einzelteile auf der Fahrbahn liegen, unter anderem ein Rad samt Nabe und Fetzen von mindestens 2 Spoilern. Auch hinter Kimba stiegen jetzt Bremswolken auf, da auch die anderen Fahrer so langsam bemerkten, dass es durch den Unfall eventuell etwas langsamer durch die Schikane gehen könnte und damit schnell Auffahrunfälle geschehen konnten. In dem Moment spürte Kimba auch schon einen Ruck und wurde mitsamt seinem Wagen etwa 30 Zentimeter nach vorne gedrückt. Im Seitenspiegel konnte er noch den zu Boden fallenden Frontspioler des Fahrers hinter ihm sehen. "Wenn das mal keinen Schaden gegeben hat," dachte Kimba besorgt an sein Kart. Dann mußte er auch schon einlenken und sich paralell neben dem Langsamstarter durch die Kurve schieben. Als er endlich die Schikane hinter sich gelassen hatte sah er die beiden völlig zerstörten Karts am Streckenrand liegen. Etliche Helfer waren schon dabei, eventuelle Brände zu löschen zu können und den Fahrern aus den Wagen zu helfen. Einer der beiden stand schon, der andere steckte wohl noch unter seinem auf den Kopf gedrehten Kart fest. In dem Moment bemerkte Kimba, wie egal doch eigentlich seine möglichen technischen Probleme nach dem Minni-Crash vor der Kurve waren.
 

Als die grünen Lichter der Ampel angingen, drückte Wildcat vorsichtig aufs Gas und schien damit die optimale Menge an Treibstoff durch den Motor zu jagen, denn sie kam sehr schnell vom Fleck und ihre Reifen rauchten fast gar nicht. Im Gegensatz zu den beiden Fahrern hinter ihr, einem wohl etwa 14 jährigen Mädchen und einem 16 jährigen Jungen, der sich kurz vor dem Start noch etwa 100 gute Ratschläge seines Vaters hatte anhören müssen. Wildcat war schon ein wenig erschrocken, als sie bemerkte, dass sie ihrem Vordermann schleunigst ausweichen mußte, wenn sie ihm nicht mit Schwung hinten reinfahren wollte. Sie zog also nach links rüber und dann noch weiter nach links, bis kurz vor dem Grünstreifen. Dort hatte sie relativ freie Fahrt und gute Sicht nach Vorne. Sie konnte auch schon die Spitze sehen: Der erste hatte offenbar auch einen guten Start hingelegt, denn er führte mit fast einer Wagenlänge Abstand, als er die Spur wechselte und kurz darauf in die erste Schikane anbremsen wollte. Der Zweite und der Dritte fuhren sehr dicht hintereinander, der Dritte würde sicherlich den Zweiten noch kurz vor der Schikane überholen. Doch da war noch einer, der sich schnell nach vorne hin absetzte. Er hatte gerade den ehemaligen Vierten überholt und holte auch schnell auf den Zweiten und den Dritten auf. "Ob der das auch bemerkt, dass sich der Dritte gleich direkt vor seine Nase setzen wird?" fragte sich Wildcat. Da zog auch schon der Dritte ebenfalls heraus und setzte sich dem fast überholenden vor die Nase. Der reagierte und wich nach ganz links aus, auf die Spur, wo Wildcat selber fuhr, nur eben 150 Meter weiter vorne. Dort jedoch konnte er den ehemaligen Dritten jedoch nicht weiter ausbremsen und zog wieder ein Stück nach rechts hinüber. Ein Stück zu weit. Denn als der ehemalige Dritte bremste, schoben sich die rechten Räder des Linksaussen auf die linken Räder des ehemaligen Dritten, da der Linksaussen nicht ganz so schnell bremste. Auf diese Weise hob das Auto des Linksaussen komplett ab, drehte sich in der Luft und schoß geradeaus fliegend in die Schikane. Ein anderer Fahrer war wohl soweit nach rechts ausgewichen vor Schreck, dass seine rechten Räder den rechten Grünstreifen berührten. Gewöhnlich ist das nicht so schlimm - es sei denn, man bremst bei so einer Aktion. Das Auto dieses hektikers drehte sich und knallte gegen seinen Nebenmann. Etliche Teile wurden in die Luft geschleudert und das Auto des Verursachers wurde durch die Drehung fast auf Kipp gestellt und besuchte ebenfalls die hinteren Teile der Schikane. Hektisch bremsten dann fast alle massiv ab, um nicht in die Unfallstelle hineinzu geraten. Wildcat ließ es etwas ruhiger angehen mit dem Bremsen und schob sich so noch weiter nach vorne. Da erkannte sie auch schon Kimbas Kart, das gerade von seinem Hintermann unsanft angestoßen wurde. "Wenn das mal gut geht," dachte sie sich.
 

Die Ampeln hatten auf grün gestellt und Piwi hinterließ eine schwarze Gummispur auf seinem Startplatz. Lukas machte es dank dem Tip von Juri etwas besser und seine Räder drehten nicht ganz so durch. Rahjas Räder drehten überhaupt nicht durch, doch sie startete auch sonst viel zu vorsichtig und war ebenso schlecht gestartet wie Piwi. So konnte Lukas an ihr vorbei ziehen, ebenso der letzte Fahrer im Feld, der sowohl Piwi als auch Rahja gleich kassiert hatte. Dann geschah einige Sekunden lang nicht viel, außer, dass sie alle an Geschwindigkeit gewannen. Doch etwa 10 Sekunden nach dem Start sahen sie alle ganz vorne im Feld plötzlich irgendetwas merkwürdiges passieren: Ein Auto hob ab, eine stetig wachsende Wolke aus Bremsqualm stieg auf und sie meinten, Teile durch die Luft fliegen sehen zu können. Und dann war da noch irgendwas anderes Großes, das da irgendwie leicht abgehoben zu haben schien.
 

Nach der ersten Runde führte nach wie vor der Ausnahmefahrer auf dem 1. Platz, gefolgt von zwei anderen, unbekannten Fahrern. Dann kamen schon Jeff, Juri, der Langsamstarter und Kimba. Zwei andere, die sich während der Runde auf dem 3. und 4. Platz gehalten hatten, waren gleich in die Box gefahren, um sich von den allgemeinen Hilfe-Teams neue Spoiler, einen neuen Heckflügel und einer sogar einen kompletten Satz Reifen abzuholen. Für ein eingenes Boxen-Team hatte keiner der Fahrer genug Geld oder Personal gehabt, es war ja schließlich nur ein kleines Qualifikationsrennen.

In den folgenden Runden griff Jeff den vor ihm liegenden Drittplatzierten an, verbremste sich dabei in der 8. Runde heftig und verlor den 4. Platz an den Langsamstarter, der sich inzwischen an Juri vorbeigeschoben hatte und dazu noch den 5. Platz an Juri selbst. Auf dem 6. lag ein unbekannter Fahrer und auf dem 7. Rang war schließlich Wildcat zu finden, die sich mit jenem Fahrer vor ihr einige interessante Duelle lieferte, aber sich einfach nicht traute, mit etwas Risiko vorbei zu ziehen.

In der 28. Runde schaffte sie es schließlich doch, weil der vor ihr rechts ran fuhr und seinen qualmenden Motor löschen lassen mußte. Keine Runde später rückte fast das gesamte Feld noch einen Platz auf, da der bisherige Zweitplatzierte mit drei Rädern in die Box humpeln mußte. Sein rechtes Vorderrad hatte sich binnen zwei Runden in seine Bestandteile aufgelöst.

Dann gab es im weiteren Verlauf noch einige kleinere Unfälle, einen Beinahe-Crash, als sich Lukas mal wieder dermaßen verbremst hatte, dass er durch den Kies der Schikane fahren mußte und dabei fast den vor ihm fahrenden mitnahm und noch etliche Ausfälle durch technische Defekte.

Zwei Runden vor Ende führte noch immer der Ausnahmefahrer auf Platz 1, der inzwischen fast das gesamte Feld überrundet hatte, bis auf den Zweitplatzierten hinter ihm, zu dem er aber auch schon eine gute halbe Runde Abstand hatte. Dahinter folgten in einigem Abstand Juri und Jeff. Und Jeff hätte am Liebsten in sein Lenkrad gebissen, er kam beim besten Willen nicht an Juri vorbei und behielt dabei seinen 4. Platz - nix mit Siegestreppchen. Dahinter folgten schon Kimba und Wildcat, die immer mehr zu Kimba aufgeschlossen hatte.

Eines war Jeff klar: Er konnte mit einem normalen Überholmanöver nie und nimmer an Juri vorbei ziehen. Und nur auf dem Treppchen würde er ins Fernsehen kommen und ein erstes Stück Bekanntheitsgrad erlangen. Also versuchte er es nochmal anders: Auf der Geraden ließ er sich wieder heransaugen durch die von Juri vorne beiseite gedrückte Luft und scherte dann aus. Das reichte zwar bei weitem nicht, um genau neben ihn zu kommen oder gar vorbeiziehen zu können. Doch es würde ja reichen, später auf die Bremse zu treten, als für die Kurve optimal war. So würde er sich neben Juri schieben und dann auf fast 0 abbremsen müssen, um nicht geradeaus in den Kies zu rutschen. Doch er wäre zwischen Juri und dessen Weg in die Kurve. Er würde also ebenfalls auf 0 abbremsen müssen, wenn er sich nicht an der Seite von Jeffs Kart die Nase abfahren wollte. Und dann würde Jeff seinen Wagen wieder langsam in die Kurve reinlenken können und Juri blockieren. Diese Aktion würde einige Zeit kosten, doch er wäre vor Juri und damit auf dem Treppchen. So sein Gedankengang. Tatsächlich wich er kurz vor Ende der Kurve auf seine Überholspur aus und bremste etwa zwei Zehntel Sekunden langsamer als Juri. Seine Räder blockierten bei diesen brutalen Bremsmanöver und Qualm stieg massiv auf. Wenn er das noch ein oder zwei Mal tuen würde, würde es ihm die Reifen zerfetzen. Er kam dann auch genau auf dem Punkt fast zum Stillstand, den er sich ausgerechnet hatte. Doch Juri nicht. Er hatte ein klein wenig stärker abgebremst als normalerweise und befand sich nun zwei Meter weiter im Eingang der Kurve. Doch dort war kein Fahrzeug von Jeff und Juri konnte relativ ungehindert an Jeff wieder vorbei ziehen. Jeff wollte das mit aller Gewalt verhindern und drückte aufs Gas. Das war zuviel des Guten: Seine Hinterräder drehten glatt durch und er drehte sich einmal um die eigene Achse. Juri verschwand schon in etlichen Metern Abstand am Anfang der nächsten Kurve. Und dann kam noch zu allem Überfluß Kimba in die Kurve. Jeff beschleunigte diesmal zwar optimal, doch der Schwung, den Kimba aus der Fahrt mitgenommen hatte, reichte ziemlich glatt zum Überholen.

So hatte Jeff nicht nur den möglichen Podestplatz, sondern auch seinen 4. Rang verloren, wobei ihm letzteres nicht so schmerzte wie ersters. Schließlich kamen eh nur die ersten 3 aufs Podest und die ersten 10 waren für das Finale der Meisterschaft qualifiziert. Im Prinzip hatte sich nichts geändert, ausser das seine Chance auf den 3. nun verloren war.
 

Als er dann noch ärgerlich die letzten zwei Runden fuhr, bemerkte er plötzlich einen weiteren Wagen am Rand der Strecke. Der Motor qualmte noch, der war also erst eben gerade ausgefallen. Und der Boxenfunk bestätigte ihm: Der bisherige Zweite war ausgefallen. Er war wieder auf Platz 4. Und ohne seine Aktion von vorhin, wäre er sogar auf Platz 3, also da, wo er hingewollt hatte. Es grenzte daraufhin schon fast an ein Wunder, dass er den Wagen trotz seiner Wut auf sich selbst noch heil ins Ziel brachte.
 

Wenig später kamen auch schon alle Wagen ins Ziel: Der erste war noch immer diese Ausnahmefahrer, direkt dahinter kamen Kimba als 2. und Juri als 3. ins Ziel. Dahinter dann Jeff und hinter ihm dann Wildcat, die sich im gesamten Rennen langsam vom 15. Platz auf den 5. vorgeschoben hatte. Danach kamen 3 weitere Unbekannte und zum Schluß auf Platz 8 Lukas, dann Piwi und auf Platz 10 Rahja, die sich so ebenfalls gerade noch qualifiziert hatte. Doch von dieser Weiterqualifizierung wußten die Tiere noch gar nichts...
 

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Nächster Teil: Kimba 20 - "Schatten des Imperiums"

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 20 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Schatten des Imperiums"

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"Guten Morgen Sira!" begrüßte Daniel Rahja. Die schaute ebenso verstört wie Kimba.

"Du, Daniel... ich sag es ja nur ungern... aber wir haben Abend, die Sonne ist gerade untergegangen und meine Freundin heißt Rahja. Sira ist Rahjas Freundin," erklärte Kimba dem alten Affen, der sie Stirn runzelte.

"Meinst du...," wunderte er sich und kratzte sich Kopf. Dann schaute er plötzlich, als fiele ihm etwas ein. "Ach herrje. Ich muß ja noch die Brote fertigmachen. Die für den Schulausflug zum Mondberg, den Tommy morgen machen will." Daniel wollte schon in die Küche flitzen, als Kimba ihn festhielt. "Daniel... ich fürchte, du hast ein kleines Gedächtnisproblem. Der Ausflug hatte schon vor etlichen Tagen stattgefunden." erklärte Kimba ihm. Der alte Affe schaute etwas verwirrt und ratlos.
 

"Guten Morgen Kimba!" rief eine Männerstimme, die der weiße Löwe Juris Vater zuordnen konnte. Und tatsächlich erschien das gewohnte Gesicht mit Vollbart und Pfeife im Mundwinkel. Er hatte seine inzwischen übliche Archeologen Kleidung an, ein leichter Tropenanzug mit etlichen Zusatzgurten für kleinere und größere Geräte. Und über der Schulter trug er das Fell des weißen Löwen, der bei dem Anblick seines eigenen Felles wieder bemerkte, wie skurril diese neue Welt doch war.

"Wie haben das Fell und die Proben von den Statuen untersucht. Dabei haben wir festgestellt, dass alle Statuen bereits 2 Mal aufgebrochen worden waren. Das erste Aufbrechen war relativ primitiv gemacht, auch wenn sie Löcher später wieder gut gekittet worden waren.Bei diesem ersten Aufbruch hat man damals wahrscheinlich die Felle in die Statuen gelegt. Danach gab es viele Jahre Ruhe und dann wurden sie in jüngerer Vergangenheit erneut aufgebrochen. Doch dieses Mal mit äußerst präzisem Werkzeug. Ebenso präzise waren die Löcher dann auch wieder geschlossen worden. Sogar extrem präzise: Wir haben ausser einem kreisrunden, mikroskopisch kleinem Riß keinen Hinweis auf das zweite Aufbrechen finden können. Und das war auch nur möglich mit Hilfe der zurückgebliebenen Technologie der Rekar. Es ist also undenkbar, dass Menschen die Statuen das zweite Mal aufgebrochen hatten. Außerdem wurden die Felle darin zurückgelassen. Aber: Man hat Proben von den Fellen entnommen. Wir fanden nämlich mikroskopisch kleine Einstichlöcher in den Fellen."

Kimba war beim letzten Punkt, der ihm erzählt gerade erzählt worden war, kurz leichenblass geworden. Es war ihm, als hätte er ganz kurz eine Ahnung gehabt, Wer und Was etwas getan hatte und wieso all das geschehen war, was sie in der neuen Welt erlebt hatten. Doch entweder war es bloß Einbildung oder das Ergebnis so schrecklich, dass es sofort aus seinem Gedächtnis gestrichen wurde und er außer dieser kurzen, dunklen Ahnung nichts mehr von seinen Gedankengängen wußte.

Kimba bedankte sich bei Juris Vater für die Hilfe, der ihm bei dieser Gelegenheit auch gleich das Fell in die Hand drückte. Dann verabschiedete er sich wieder, da noch viel Arbeit auf ihn wartete. Kimba wollte es ihm gleich tun, denn auch er hatte jetzt eine Menge zu tun. Er wollte noch etwas über die Geschichte der Statuen erfahren und wer konnte dafür besser geeignet sein, als die Nomaden auf den Plateaus, die schon seinen Enkel gekannt hatten? Sie waren die gesamte Zeit vor und nach dem Krieg anwesend gewesen und würden ihm sicherlich mehr über die Vorkommnisse des Dschungels in der Vergangenheit erzählen können.

"Was für Nomaden?" fragte Daniel überrascht. Dann zögerte er kurz. Nach wenigen Sekunden schüttelte er den Kopf. "Ach, schon gut Kimba. Es wird mir schon wieder einfallen. Irgendwie passiert mir das in letzter Zeit häufiger und ich kann beim besten Willen nicht sagen warum."

Kimba schaute besorgt zu dem alten Affen und Mentor. "Wenn wir dir irgendwie helfen können, Daniel, dann brauchst du es mich nur wissen zu lassen."

Der alte Affe schaute traurig. "Ich weiß nicht, wie ihr mir helfen könntet. Oder sonst irgendjemand. Irgendwie scheine ich wohl doch schon in meine alten Tage gekommen."

"Was? So alt bist du doch gar nicht," warf Kimba sogleich ein.

"Ich dachte bisher auch nicht, dass es schon soweit ist... aber... das, was ich in letzter Zeit denke, scheint nicht gerade viel mit der Realität übereinzustimmen."

Kimba mußte einsehen, dass sein Freund und Lehrer Recht hatte. Er wußte auch nicht, was er nun noch tun sollte, also ging er erst einmal zu den Nomaden.
 

Das Dorf der Nomaden sah noch immer so grau und staubig aus, wie eh und je. Auch die Gassen zwischen den Zelten und einfachen Lehmhäusern waren noch so verwinkelt, wie der weisse Löwe es in Erinnerung hatte. Aber es war merklich ruhiger geworden. Viel weniger Leute lebten dort, denn viele - vor allem junge - waren in die Stadt gezogen, um sich dort eine neue Existenz aufzubauen.

Kimba suchte das große Versammlungszelt auf, in dem meist der Dorfälteste zu finden war. Und tatsächlich saß die schrumpelige, zerbrechlich wirkende Gestalt auf einem großen Kissen und rauchte eine komische Pfeife, die aus einem sehr langen, dünnen Mundstück und einem kleinen Kessel am Boden bestand. Der alte Mann schaute blinzelnd zu Kimba. Was konnte er von ihm wollen?
 

"Die Statuen wurden von den Kindern von Rahja und Kimba gebaut, gleich nachdem ihre Eltern gestorben waren. Kurz darauf war auch der weise Affe Daniel gestorben und eine dritte Statue wurde in jener Höhle errichtet. So entstand die Idee, allen eine Statue zu setzen, die sich in der Zeit des großen Aufbaus des Dschungels besonders verdient gemacht hatten. Zuerst sollten die Felle der Löwen in einer Ahnengallerie aufbewahrt werden, doch dies war zu unsicher geworden, da mehrere Banden arbeits- und perspektivloser Menschen aus den Ghettos der Hauptstadt im Land umherzogen und unter anderem auch Dörfer plünderten. So wurden also die Felle der "Großen der 1. Generation" nachträglich in die Statuen gebracht. Mit der Zeit entstand ein Tempel, in dem viele der ehemaligen Dschungelbewohner eine letzte Ruhestätte gefunden hatten. Ja, so war das damals... aber ein zweites Mal sind die Statuen nicht angerührt worden... erst recht nicht in den letzten Jahren. Da war ja zuerst der Sturm und danach waren da noch die Sumpfzombies und die Dunkelpiraten, die haben dann alle möglichen Menschen aus der näheren Umgebung ferngehalten. Bis auf uns und Mbangis Stamm. Wir waren zu viele, aber keiner von uns oder von denen hätte auch nur einen Grund gehabt, überhaupt zum Tempel zu gehen."

"Vielen dank, weiser Mann," bedankte sich Kimba und dachte: "Wenn hier tatsächlich kein Mensch für den 2. Aufbruch verantwortlich war, dann war es vielleicht einer, der nicht von hier ist. Oder der vielleicht auch gar kein Mensch ist. Ich glaube, ich weiß, wen ich fragen muß..."
 

Ein leichter Wind strich über das Feld. Es war eine angenehme, frische Luft. "Subco!" rief Kimba laut in die Leere der Steppe. "Ich muß mit dir reden! Komm zu mir!"

Zuerst geschah nichts. Aber Kimba wußte, er würde gleich erscheinen. Mit seiner Technologie konnte er sie alle ständig beobachten. Und noch mehr... sogar schlimme Wunden heilen und Tote wieder zum Leben erwecken. Kimba überlegte noch einmal. Tote zum Leben erwecken? Hatte der Subco ihm nicht erzählt, dass das ging, indem man so ein künstliches Abbild eines Körpers erschuf? Und dafür brauchte man nichts weiter als den Bauplan? Sein Freund Ronny in der vergangenen Welt hatte ihm im Dschungelunterricht beigebracht, dass der Bauplan eines jeden Lebewesens in ihm selbst steckt. Genau genommen sogar millionenfach. In jeder Körperzelle. "In den Zellen also...," überlegte Kimba, "Das ist genau das, was beim zweiten Aufbrechen der Statuen aus den Fellen entnommen worden war." Ein schreckliche Ahnung beschlich ihn.
 

Die Luft vor ihm erzitterte, leuchte kurz auf und ein Mini-Wurmloch zog sich von unten nach oben, den Körper des Subcos freigebend.
 

"Du weißt, warum du hier bist...?" fragte Kimba.

Der Subco nickte. "Auch ich habe es bemerkt. Doch auch ich weiß noch nicht genau, wie man das Problem lösen kann. Es ist die Strahlung vom Mondberg, die Daniels Verstand zersetzt. Wir arbeiten so schnell wie es geht an einer Lösung."

"Interessant," meinte Kimba, "doch das ist nicht das, weshalb ich dich gerufen habe."

Der Subco schaute verwundert. Eigentlich hatte er schon damit gerechnet, wegen dem massiven Problem mit Daniel gerufen zu werden. Doch einen zweiten Grund - ein zweites Problem - hatte er nicht erkennen können. Er war sich sicher gewesen, dass ansonsten alles normal verliefe.
 

"Warst du es, der die Statuen aufbebrochen und die Proben entnommen hat? Du hast doch von der so großartigen Technologie des Imperiums erzählt, und davon, wie leicht sich damit neue Körper erschaffen liessen. Hast du uns neu erschaffen, nachdem wir alle in der Vergangenheit gestorben waren?" fragte Kimba so direkt, wie er es bei besonders Kritischen Fragen nur selten tat, vor allem seinen Freunden gegenüber. Und zu denen hatte der mysteriöse Subco irgendwie schon gezählt.

"Ja,"antwortete der Subco wie in Trance. Das war jetzt eine Frage, auf die er nicht vorbereitet war.

Kimba wollte es genau wissen: "Wieso?"
 

"Ich habe dir doch erzählt, dass das Imperium in den letzten Jahren stark gewachsen ist," begann der Subco und fühlte sich sichtlich unwohl in seiner Haut. "Nun, und wir sind an dem Punkt angelangt, wo ein Subco für das Imperium in dieser Galaxie einfach zu wenig ist. Ich habe auf allen möglichen Welten nach geeigneten Wesen gesucht, die sich als imperialer Subco verdient machen würden, doch leider waren sie alle bereits durch die Welt um sie herum verdorben gewesen oder hatten zwar ihr gute Persönlichkeit behalten, doch dafür massiv an innerer Stabilität eingebüßt. Du bist das einzige Wesen, das ich jemals beobachtet hatte und alle Anforderungen, die an einem imperialen Subco gestellt werden, erfüllt. Doch zu dem Zeitpunkt, als ich das erkannte, warst du leider schon lange tot. Also flog ich zurück zur Erde, um entweder deine Nachfahren auf die Kriterien zu überprüfen oder notfalls dich selbst wieder zum Leben zu erwecken. Und da die Erde durch den Großen Krieg zerstört worden war, hab ich halt die letztere Möglichkeit genommen."
 

"Aber warum braucht gerade jemand wie du, jemand der so mächtig und überlegen ist und eine Technologie zur Verfügung hat, die ganze Sternensysteme alleine verwalten kann, jemand anderes an seiner Seite? Und dann auch noch jemanden, der sich da oben überhaupt nicht auskennt und zudem noch zu einer völlig anderen Spezies gehört?" hakte der weisse Löwe nach. "So leicht, wie du die anderen hast vernichten können, scheint das Imperium nicht gerade den Untergang befürchten zu müssen."
 

" Genau da ist das Problem. Das Imperium ist natürlich so mächtig, dass es sich auch mit mir alleine über das ganze Universum ausbreiten könnte. Doch das ist nicht der Sinn des Imperiums. Das Imperium soll ein Reich des Friedens, der Freiheit und der Gerechtigkeit werden. Und dafür braucht es ein starkes gutes Herz. Doch desto mehr Macht das Imperium hat, desto schlechter wird ein schwaches gutes Herz. Wenn ich alleine so viel Macht in meinen Händen halte, dass ich tun kann, was immer ich will ohne je dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden, dann birgt das das Risiko des Mißbrauchs. Und das Imperium würde sich von einem Reich des Friedens, der Freiheit und der Gerechtigkeit in ein Reich des Schreckens verwandeln, das vielleicht keine Macht im Universum mehr aufzuhalten vermag.

Und daher brauche ich dich, damit du mein Gewissen sein kannst. Der, der mich im Überschwang des Erfolges auf den Boden der Realität zurück holt. Der, der in den Kritischen Phasen durch eine zweite, andere Sichtweise eine mögliche Überreaktion verhindert. Der, der in den Zeiten von Niederlagen und Rückschlägen Trost und Unterstützung geben kann.

Dies sind Aufgaben, die nicht einfach sind. Also muß ein weiterer Subco stark sein. Auch sind die Aufgaben mit einem extrem hohen Maß an Vertrauen versehen, so dass ich demjenigen voll und ganz vertrauen können muß. Und dafür muß derjenige ein durch und durch gutes Herz haben, so daß er nicht das Risiko darstellt, das ich so versuche zu umgehen."
 

Kimba horchte auf: "Ich verstehe, warum dafür nur wenige geeignet sind und ich fühle mich geehrt, dass du meinst, ich sei dafür geeignet. Aber was ist mit meinem Leben hier auf der Erde? Willst du mich hier wegreissen? Weg von meinen Freunden? Weg von meiner Freundin? Weg von meinen zukünftigen Kindern?"
 

"Nein, das ganz gewiß nicht. Du hast ebenso ein Recht auf dein Leben, wie jedes andere Wesen. Es ist deine alleinige Entscheidung. Ich könnte dich auch nie zwingen. Zum einen, weil es gegen meinen Ethos verstossen würde, zum anderen weil dein freier Wille nur dir gehört. Den kann man dir nie nehmen."
 

"Schön. Und wie willst du das jetzt mit deinen Zielen vereinbaren?"
 

"Du würdest durch meine Technologie ebenso unsterblich sein, wie ich. Daher kannst du hier auf der Erde ganz normal leben. Du wirst Kinder kriegen, zusehends altern und schließlich sterben. Wie in einem ganz gewöhnlichen Leben. - Nur dass mit deinem Tode noch lange nicht das Ende erreicht ist. Nach deinem Ableben würde ich deinen Geist in einen neuen, jungen Körper transferieren, bevor deine letzte Sekunde verstrichen ist. Und von da an wirst du mir helfen können. Deine Familie wird dich als normalen Löwen in Erinnerung behalten und du sie ebenso. Nur dass du eben theoretisch doch noch am Leben bist. Wenn du wolltest, könntest du beobachten, wie sie sich weiter entwickelt. Nur von einer Kontaktaufnahme danach würde ich abraten. Sie würden dich wieder bei sich haben wollen und vielleicht ist das nicht möglich."
 

Kimba wußte, dass er dem Subco viel zu verdanken hatte. Vor allem sein eigenes Leben. Dies sogar mehrfach. Doch ob er das Angebot des Subcos annehmen sollte? Er wußte es nicht - noch nicht.
 

"Aber wieso tötet die Strahlung vom Mondberg eigentlich nur Daniel?" fiel es ihm plötzlich ein. "Wir haben hier doch schon einmal gelebt und damals schien das nicht passiert zu sein."

"Leider war Daniels Fell nicht so gut erhalten - genau genommen war seine DNA bereits zerfallen. Wir mußten sie in einem aufwendigen Verfahren aus dem errechnenen, was übrig geblieben war. Dadurch sind eventuell kleine Fehler drin, die zuvor nicht dabei waren. Außerdem hat die Steuerung des Computers seinen Verstand beansprucht."
 

"Steuerung?" glaubt der weiße Löwe nicht richtig gehört zu haben.
 

"Ja. Ihr habt hier nicht von Anfang an gelebt. Obwohl du erst in dieser Zeit geboren wurdest, hast du deine ursprüngliche, normale Jugend erlebt. Das war nur möglich, indem wir eine künstliche, holographische Welt erschufen, die genauso aussah wie die, aus der du - bzw. dein Vorgänger - ursprünglich gelebt hast. Damit du dich genau so entwickelst, wie in der Zeit, als ich dich das erste Mal beobachtete, und damit zu dem durch und durch guten weißen Löwen wurdest, habe ich jedes Detail, jedes Gespräch ganz präzise nachgestellt. Sogar die großen Herden ausserhalb des Dschungels hab ich mit einprogrammiert, obwohl alle diese Wesen lediglich rein Computergesteuerte Hologramme waren. Daher sind die jetzt auch nicht hier.

Eigentlich hätte alles schon perfekt funktionieren sollen, indem wir jeden von euch mit eurer authentischen Erinnerung ausstatteten und euer Verhalten damit nahtlos in das der Vergangenheit gepaßt hätte. Also, wie sich ein Wesen verhält, wird zu einem kleineren Teil aus seinen Genen bestimmt, zum anderen größeren Teil von dem, was es erlebt hat. Daher mußtest du dasselbe erleben wie damals, damit du auch die richtige Entwicklung durchlebst.

Leider mußten wir ja bei Daniels Genen leicht improvisieren. Und das hatte kleine, aber immer stärker werdende Auswirkungen auf den Verlauf der Geschichte. Sie spielte sich im Holodeck nicht ein zweites Mal hundertprozentig so ab, wie in der Vergangenheit. Und um eine allzugroße Differenz zu vermeiden, griff der Zentralcomputer des Imperiums ab und an auf Daniels Verstand zu, um ihn im richigen Moment die richtigen Dinge sagen und tun zu lassen. Nach einiger Zeit hatte sich der Zustand dann wieder normalisiert und die Steuerung wurde in den letzten 2 Monaten deiner Existenz auf dem Holodeck nur noch ab und an eingesetzt, um dir so Tips und eine grundlegende Ausbildung in Strategie und Taktik zukommen zu lassen."
 

Kimba konnte erst gar nicht fassen, was er da zu hören gekriegt hatte: "Du kannst doch nicht einfach andere Wesen steuern! Da pfeife ich auf meine authentische Vergangenheit!" schimpfte er.
 

"Das wird auch nicht mehr geschehen," versuchte der Subco ihn sogleich zu beruhigen, "Es war eine Notlösung, um dich zu dem Kimba zu machen, den ich damals kannte. Jetzt brauche ich das ja nicht mehr."
 

"Dann produziere dir doch gleich den richtigen!" sties Kimba sauer hervor.
 

"Kimba, bitte! Ich versuche doch nur, dir zu erklären was passiert ist. Die Sache mit Daniel tut mir ja auch leid und wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir nur die vollständige und richtige DNA verwenden brauchen. Doch leider war das ja nicht möglich."
 

"Und was bringt ihm das? Bleibt er dadurch am Leben?"
 

Der Subco verdrehte die Augen. "Nein, ihm selbst hilft das nicht. - Aber wir können ihn ja nachproduzieren und dann wäre er nicht gesteuert worden," versuchte er sich aus dieser reichlich unschönen Situation heraus zu reden.
 

"Nachproduzieren?!" fragte Kimba entsetzt. "Hast du uns vielleicht auch Seriennummer gegeben? Welche ist denn meine? Und was machst du, wenn an mir so ein netter kleiner 'Defekt' entsteht durch die ganze Steuerung? Entwirfst du dann neue Pläne und baust den Kimba Version 2.0?"
 

Subco: "Ich verstehe gar nicht, warum du dich so darüber aufregst. Dass du nicht auf natürliche Art und Weise geboren wurdest ist doch kein Nachteil. Und den ganzen Aufwand mit der Steuerung anderer habe ich doch auch nur für dich gemacht, damit du dein glückliches, echtes Leben führen konntest."
 

Kimba hatte die Nase von den Teilwahrheiten des Subcos inzwischen gestrichen voll: "Ich will jetzt die Wahrheit wissen! Und zwar die ganze Wahrheit. Kurz, knapp, präzise und nur 100% Fakten. Jetzt!"
 

Der Subco mußte erkennen, dass sich seine Mission anders entwickelt hatte, als geplant. Wenn er es sich nicht ganz und gar mit Kimba verscherzen wollte, ürde er ihm einfach alles erzählen müssen und nur hoffen können, dass sie ihm nicht völlig mißfiele. - Obgleich das meiste schon erzählt worden war.

"Also gut. Ich war mal ein ganz normaler Mensch. Auf einer Afrika-Reise fand ich die alte imperiale Basis. Ich reaktivierte sie und begann mit dem Neuaufbau des Imperiums. Dabei entdeckte ich auch dich - oder besser: Deinen Vorgänger - mit Hilfe der Sensoren der Basis. Zunächst blieb ich auf der Erde und erweiterte das Imperium Stück für Stück, während ich dich nebenbei beobachtete. Ich sah, was du tatest, sagtest und wie du deine Ideale in die Realität umgesetzt hattest. Dafür bewunderte ich dich schon damals. Doch ich htte andere Sorgen, als mich um einen zweiten Subco zu kümmern: Das Imperium war so groß geworden, dass es immer wahrscheinlicher geworden war, dass es von den Menschen entdeckt wurde. Damit denen nicht eventuell die Technologie des Imperiums in die Hände fiel und sie für neue Kriege nutzten, verließ ich die Erde mit allem, was zum Imperium gehörte. Ich zog um in ein fernes System am äußersten Rande der Galaxie. Dort baute ich lange Zeit das Imerpium auf, bis es in der Tat wieder ein Imperium war.

Alles schien perfekt zu laufen, doch dann kamen die ersten shwerwiegenden Entscheidungen, beispielsweise der Krieg gegen die Hyphen, die wiedererkannten, was das Imperium einst war und was sie vernichtet geglaubt hatten. Wenn du einen Gegenschlag befiehlst und dabei hunderttausende Lebewesen umkommen, fragst du dich mehr als einmal, ob das denn die richtige Entscheidung gewesen war. Und ich fragte mich, ob ich alleine überhaupt auf Dauer in der Lage war, diese Großmacht zu lenken oder ob ich nicht ein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko darstellte.

Nun, und dann habe ich nach entsprechenden geeigneten Wesen gesucht, wie ich dir vorhin schon gesagt hatte. Und letztlich nur dich gefunden - dummerweise nur in meiner Datenbank. Es waren sehr viele Jahre vergangen und ich wußte, dass weder du noch deine Kinder noch am Leben waren. So flog ich wieder zur Erde und wollte deine Nachfahren prüfen, ob sie vielleicht geeignet wären für diese Aufgabe. Doch die Erde war zerstört und ich mußte mir etwas anderes einfallen lassen. So erschuf ich deinen Körper mit den wenigen Zellen aus deinem Fell in der Statue neu - inklusive deinem Geist. Dann erschuf ich die Holowelt, die ich mittels meinen Aufzeichnungen nach dem Vorbild der Vergangenheit rekonstruiert hatte und wartete ab, dass du dich entwickeltest. Dabei solltest du die gleichen Erfahrungen machen, wie es ursprünglich mal der Fall war.

Doch durch die fehlerhafte DNA - Konstruktion von Daniel verhielt er sich minimal anders als er sich gewöhnlich verhalten hätte. Und um diese Abweichungen in Granzen zu halten, ließ ich den Computer korrigierend eingreifen. Als deine Entwicklung und auch dein Training abgeschlossen war, ließ ich euch zur Erde tranportieren. Das war in der Nacht, als du und alle anderen mich im Traum gesehen habt.

Die durch den großen Krieg zerstörte Erde hatte ich unterdessen wiederaufgebaut und bewohnbar gemacht. Der große Ost-West-Sturm war ausgelöscht worden, das Erdreich vor allem in dieser Gegend hier wieder entgiftet und ein neuer Dschungel konnte durch gezielte Aussaat und Bestrahlung in binnen weniger Monate wachsen. Es war nötig, euch an die Realität heranzuführen, da das Leben auf dem Holodeck letztlich nichts als eine Illusion war und ihr ein Recht habt, ein echtes Leben zu führen.

Damit der Schnitt zwischen Illusion und Realität leichter für euch zu überwinden war, hab ich zuerst die paar Worte in euren Träumen an euch gerichtet. Während der folgenden 1 1/2 Tage habt ihr geschlafen und seid dann schließlich auf die Erde transportiert worden. Doch die Worte waren nur ein Anfang. Deine Vergangenheit, die Wahrheit, hättest du sowieso herausfinden sollen, denn Ehrlichkeit ist in einer Beziehung, die auf Vertrauen aufbauen soll, das Wichtigste. Ich wollte nie ein falsches Spiel mit dir spielen, daher habe ich immer mal wieder Hinweise auf deine Vergangenheit zurück gelassen oder sogar erschaffen. Wie die Stadtbibliothek. Da war eigentlich kein Raum gewesen. Es war eine Holodeck Illusion, wenn auch hier auf der Erde. Ich hatte dafür ein multidimensionales Wurmloch geöffnet und so einen kaum bemerkbaren Zugang zu meinem Holodeck erschaffen. Als ihr also in der Bibliothek wart, wart ihr in Wahrheit auf dem Holodeck meines Flaggschiffes. Und als ihr durch die Mauer wieder in die Gänge des Gebäudes gegangen wart, wart ihr wieder auf der Erde. Daher war die Bibliothek später auch verschwunden. Zum einen hattest du genug erfahren für einen einzelnen Tag und zum anderen ist so ein multidimensionales Wurmloch nur mit immensen Energieaufwand zu realisieren. Es war auch nicht länger aufrecht zu erhalten, da uns die Energie ausging.

Tja, aber offenbar waren es letztens doch zu viele Hinweise auf einmal. Ich wollte dich nicht auf einen Schlag damit konfrontieren, da das eine ziemlich beängstigende Erfahrung sein muss, quasi als Schatten seiner selbst zu leben. Ich hoffe du verstehst mich, Kimba?"
 

Kimba stand der Mund halboffen. Nie war er sich bewußt gewesen, wie groß der Einfluß des Subcos auf sein bisheriges Leben - und gerade auf den Teil hier auf der Erde - tatsächlich gewesen war. Mißtrauisch schaute er den Menschen in seiner schwarz-blauen Uniform an. Er schien ihm nichts tun zu wollen, das konnte Kimba spüren. Andererseits war das, was er getan hatte, schon mehr als nur kritisch gewesen. Aber war es richtig gewesen? Oder falsch? Kimba konnte es beim besten Willen nicht sagen.

In einem hatte der Subco in jedem Fall recht gehabt: Mit sowas konfrontiert zu werden, ist tatsächlich alles andere als einfach.
 

"Ich werde darüber nachdenken," meinte Kimba dann. "Ich muß mir das erst mal eine Nacht lang durch den Kopf gehen lassen."
 

Kimba ging, leicht benommen, wieder zu Daniels Restaurant zurück. Er würde den anderen die Sache mit dem Tempel erzählen. Aber was war mit dem, was der Subco ihm gesagt hatte? Er selbst war stark, ihn erschütterte nichts so schnell. Aber seine Freunde...? Würden sie es einfach nur aufnehmen und akzeptieren? Oder würden sie in Depressionen verfallen oder gar Panik kriegen und sich dadurch in Lebensgefahr begeben?

Kimba beschloß, es ihnen lieber noch nicht zu sagen.
 

Als sich die letzten Zweige der Büsche aus seinem Blickfeld bewegten und den Blick auf Daniels Restaurant freigaben, sah er eine große Menge an Tieren, die im Kreis um etwas herum standen.

"Da muß etwas passiert sein," schoß es ihm durch den Kopf.

Schnell rannte er zu der entsprechenden Stelle hin. Er quetschte sich durch die großen und kleinen Tiere, bis die ihn erkannten und durchliessen. In der Mitte des Kreises lag Daniel auf einem Tisch.
 

"Daniel! Was ist passiert?" fragte Kimba besorgt und angsterfüllt. Wenn der Subco Recht haben sollte - und er wußte nichts, was dagegen sprach - würde Daniel keine Überlebenschance haben.

Der alte Affe dreht mühsam den Kopf zur Seite, um Kimba sehen zu können.

"Aaach... Kimba," ächzte er, "ich fürchte, es sieht nicht gut aus."

"Versuch nicht zu sprechen, Daniel. Ruh dich lieber richtig aus."

"Nein Kimba... ich... bin ausgeruht. Nur leider habe ich nicht die Möglichkeit, aufzustehen, da mein Körper nicht mehr auf mich hört. Außerdem bin ich gerade mal wieder bei Verstand, da will ich dir noch das ein oder andere sagen. Wer weiß, wie lange... wie lange ich noch Gelegenheit dazu habe."

Kimba spürte, wie sich seine Kehle und seine Brust zusamenschnürten. Er war sich sicher: Daniel war am Ende. Er konnte es förmlich spüren. Ebenso auch seine Trauer, die nun in ihm aufstieg. Nur mit Mühe konnte er seine Tränen zurückhalten.

"Kimba, du bist inzwischen ein großer, starker König geworden. Ein wenig mußt du noch lernen... aber ich bin sicher... dass du den Dschungel weise regieren wirst."

Daniel pausierte kurz, um nach Luft zu schnappen. Kimba bemerkte dabei, wie der ein oder andere kleine blaue Lichtblitz über die Haut des weisen Alten zuckte. Es schien dabei manchmal so, als würde Daniel leicht durchsichtig werden.

"Kimba... ich...," begann Daniel mit letzter Kraft, "ich wünsche dir alles gute. Und auch...," Daniel überlegte kurz, gab dann aber auf, "... deiner Freundin. Mein Verstand hat sogar ihren Namen gestrichen, aber ich weiß noch, dass ihr gut zusammen passen werdet. ... Ich habe dich immer... als meinen Sohn angesehen... und geliebt, als wärst du mein eigener Sohn. Ich wünsche dir alles Gute in der Zukunft."

Die blauen Lichtblitze verstärkten sich. Sogar die umstehenden Tiere konnten sie wahrnehmen.

"Leb wohl... Kimba." seufzte Daniel und eine kleine Träne lief am Rande seines Auges zusammen, als es sich für immer schloß.
 

Die Lichtblitze verschwanden mehr und mehr. Ein wenig Blut rann aus seiner Nase und seinen Ohren. Dann begann sein Körper schnell zu zerfallen. Kimba und seine Freunde konnten unter ihrem Tränenschleier gerade noch sehen, wie Daniel immer dünner wurde und sich schließlich in einer braunen Flüssigkeit völlig auflöste.
 

"Der Subco und seine dämlichen Pläne," dachte Kimba verärgert. "Wie konnte er das nur tun." Zugleich wußte er aber auch, dass der Subco alles getan hätte, was in seiner Macht stand, um Daniel zu helfen - wenn es nur irgendwie gegangen wäre. Aber ein wenig Ärger blieb dennoch.
 

Als Kimba am Abend neben seinem Unterschlupf saß und die Ereignisse des Tages noch einmal an sich vorrüberziehen ließ, während er auf Rahja wartete, erschien unvermittelt der Subco neben ihm.
 

"Tut mir leid, dass Daniel nicht mehr zu retten war," begann der Imperiale Kommando Offizier. "Mittels meiner Technik könnten wir einen neuen Daniel erschaffen, der die Erinnerungen des alten in sich hätte und damit faktisch derselbe wäre."

Kimba schaute den Subco etwas irritiert an. "Hast du aus deinen Fehlern denn nichts gelernt?"

"Doch. Und der neue wäre immun gegen die Strahlung. Zum einen, weil er nie gesteuert worden wäre, zum anderen haben wir einige Veränderungen vorgenommen, die seinen Körper verstärken. Als ich gesehen habe, wie sehr du ihn vermißt, konnte ich nicht zusehen und habe den Computer alle Daten für den Bau eines neuen Daniel zusammenrechnen lassen. Wenn du also wünscht, kann ich dir Daniel zurückgeben. Er wäre derselbe, der noch im Sterben lag, nur dass dieser plötzlich wieder gesund wäre."
 

Kimba seufzte. Im Prinzip hörte sich der Vorschlag des Subco recht verlockend an. Doch was, wenn es wieder schiefginge? Noch einen Daniel bauen? Vielleicht in Massenproduktion? Und wie wäre es, wenn dann der zweite oder dritte Erschaffen worden war? Mit jedem Mal wäre er doch ein wenig weiter von dem Daniel entfernt, den Kimba bis dahin kannte. Er würde die Kopie - so ähnlich sie dem Original auch war - nie als den einen Daniel akzeptieren können. Weil das eben nicht der Fall war: Es war jemand völlig anderes, nur dass Aussehen und sogar das Verhalten hundertprozentig mit dem seines alten Freundes übereinstimmten.

"Es ist nett gemeint... aber ich kann nicht einfach andere Wesen erschaffen lassen. Ich bin doch kein Gott, Subco. Und ich würde den zweiten Daniel nie als den echten akzeptieren können. Du mußt das schon selbst wissen, ob du jemanden erschaffen willst."

"Du selbst wirst diese Entscheidung treffen. Tag für Tag, doch nie wird sie endgültig sein. Heute hast du dich entschieden, ihn nicht wiederauferstehen zu lassen. Wer weiß, wie es morgen aussieht... die Chance ihn wieder zu erwecken wird schließlich nie verschwinden?" gab ihm der Subco noch zu denken.

Kimba schaute fragend.

"Du wirst es verstehen, wenn die Zeit reif ist. Vertrau mir." Der Subco drückte ein paar Knöpfe auf dem rechten Arm seines Anzugs. Die roten Kreise erschienen wieder unter ihm und das Mini-Wurmloch zog sich über seinen Körper. Kimba wußte noch immer nicht, was genau er nun davon halten sollte.
 

Wieder auf seinem Schiff machte der Subco ein etwas sorgenvolles Gesicht: "Wenn du wüßtest, was alles auf dich zukommt... ."
 

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Nächster Teil: Kimba 21 - "Spaß - Sucht"

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 21 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Spaß - Sucht"

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Die Sonne stand schon hoch am Himmel und trocknete das feuchte Nass der hinfortziehenden Gewitterwolken schnell weg. Doch noch immer glänzten und funkelten die Blätter, Steine und Spinnennetze im Dickicht des Dschungels. Ebenso wie die verbeulte Aussenhaut des Flugzeugwracks, dass sich im äußersten Nordwesten des Dschungels befand.

"Ob das hier der Hebel zum Öffnen ist?" fragte Dodi die gerade mit Gira auf der einen Seite des Flugzeugs nach einer Möglichkeit, hereinzukommen suchte.

"Vielleicht. Ich probier es mal," antwortete Gira und ließ ihren langen Hals hinab zu dem Schalter, der sich etwas unterhalb von Dodis Kopfhöhe befand. Mit ihrer langen starken zunge umklammerte die junge Giraffe den Hebel und versuchte, ihn nach oben zu ziehen. Mit einem lauten quietschenden Geräusch gab der Hebel nach und wanderte langsam nach oben. Etwas klackte plötzlich halblaut und ein Teil der Flugzeigwand erzitterte. Kurz darauf bewegte sich dieser Teil der Wand nach aussen und Dodi mußt sich mit einem leicht panisch wirkenden Hechtsprung vor der schweren, zu Boden fallenden Tür in Sicherheit bringen. Mit einem lauten Knall schlug die keine Sekunde später auf dem Boden auf.

Piwi sprang um die Ecke des Flugzeugrumpfes herum. "Das hat sich eben so angehört, als hättet ihr etwas gefunden," meinte der kleine Gepard. Ein zweiter, etwas größerer Gepard, der manchmal auf den Namen Lukas sogar hörte, sprang neben ihn und gab ihm recht. Ohne darauf erst noch zu antworten steckte Gira ihren Kopf samt Oberteil des Halses in das dunkle Innere.

"Nanu? Wie habt ihr das denn aufgekriegt?" staunte Kimba.

"Gira hat eben einige Talente," grinste Dodi.

"Weiter komme ich nicht rein. Da müßt ihr schon selber schauen," meinte Gira und fügte hinzu: "Es sieht aber ziemlich unaufgeräumt aus."

Die anderen Jungtiere begannen nun, vorsichtig in das innere des Flugzeugs zu betreten. Kimba durfte mal wieder als erster den kopf hinhalten, gleich gefolgt von Lukas.
 

Sie befanden sich im Lagerraum des vor einigen Jahren abgestürzten Flugzeuges. Es war noch gut erhalten und die Piloten waren offenbar zu Fuß weitergegangen. Doch niemand war danach zurückgekehrt, um das Wrack oder seine Ladung zu bergen.

"Vielleicht finden wir hier etwas brauchbares. Ich finde, wir sollten die Kisten und Koffer aufmachen," schlug Wildcat vor.

"Gut, aber seid vorsichtig. Vielleicht sind manche Dinge darin gefährlich," stimmte Kimba zu. Sie begannen, die Kisten und sonstigen Gepäckstücke zu öffnen. Sie fanden Briefe, hunderte von Klamotten, einige stinkenden Reste, die früher mal normale Nahrung dargestellt haben könnten, zwei in Klarsichtfolie verpackte und superfrisch aussehende Müsliriegel der Marke "Bio-Echt", eine Reihe Bücher, unter anderem mit Titeln wie "Das wahre Gesicht der europäischen Politik", "H. Kohl - Warum nach schon 1 Jahr danach niemand mehr an seinem Grab steht" und "Wie ernähre ich mich ausschliesslich von Pizza?". Als letztes blieb noch eine besonders große und gut gesicherte Kiste in der hintersten Ecke des Laderaumes übrig. Kimba löste vorsichtig die Sicherungen, während die anderen den Deckel und die Wände der Kiste abnahmen. In der Kiste war - Schaumstoff. Viel Schaumstoff.
 

"Wer verpackt denn so einen Scheiß?" fragte Lukas enttäuscht in die Runde.

Wildcat schaute ihn schief an: "Schonmal daran gedacht, dass das bloß zur Verpackung gehört?"

"Laßt es uns auspacken!" rief Piwi und riß enthusiastisch die ersten Schaumstoffplatten heraus.

"Nicht so stürmisch, Piwi!" rief Kimba, "Das könnte zerbrechlich sein."

Ein wenig vorsichtiger wurden die letzten Platten entfernt und zum Vorschein kam - ein kleiner grauer Kasten der mit Kabeln an einem großen schwarzen Kasten verbunden war. Kimba erkannte einen Fernseher.

"Das soll ein Fernseher sein?" fragte Dodi verwundert.

"Ich denke schon, auch wenn der ein wenig anders aussieht als die, die wir kennengelernt haben. - Naja es sind ja auch schon einige Jahre vergangen."

"Ob da ein Programm drin läuft?" fragte Piwi neugierig.

"Dann brauchen wir von irgendwoher Strom," bemerkte Wildcat.

"Das da hinten sieht wie ein Generator aus. Wenn wir jetzt noch Kabel mit Stecker und eine Steckdose finden, müßte das funktionieren.

"Meinst du sowas hier?" fragte Lukas und Steckte ohne auf eine Antwort zu warten den Stecker in die Steckdose an der Wand. An dem kleinen grauen Kasten leuchteten zwei Lämpchen auf. Alle starrten gebannt auf den Monitor. Der blieb jedoch dunkel. Alle warteten.

"Und nun?" fragte Piwi.

"Ich weiß nicht..." überlegte Kimba. "Irgendwas war da noch. Ich weiß im Moment nur nicht, was."

"Soll ich den zweiten Stecker vielleicht auch anschließen?" fragte Lukas."Da ist nämlich noch einer am Fernseher dran..."

Die anderen schauten einander an. Klang irgendwie logisch. Doch erst einige Minuten später, als Kimba schließlich darauf kam, dass man den Fernseher auch einschalten müßte, verschwand das gleichmäßige schwarz von dem Bildschirm und wurde durch ein Bild ersetzt. Genaugenommen durch bewegte Bilder. In dem Moment sprang auch der Ton an und eine Titelmelodie jagte quer durch den Rumpf.

Nachdem die Herzen der Jungtiere wieder an die richtige Stelle zurückgerutscht waren, fragten sie sich, was das eigentliche überhaupt sei.

"Also ich weiß nicht, aber ich vermute mal, dass es sich um eines dieser elektronischen Spiele handelt." überlegte Kimba.

"Wie genau kommst du denn darauf?" wollte Rahja wissen und schaute etwas verwundert auf den grauen Kasten mit der kleinen roten Leuchte.

"Seht ihr dieses kleine Gerät, das mit dem grauen Kasten verbunden ist?" Kimba zeigte auf ein Joypad, dass neben der Konsole lag. "Ich glaube, das ist das Gerät, womit man diese Spiele steuern kann."

"Sag mal, Kimba, macht so ein Elektrospiel eigentlich Spaß?" fragte Piwi neugierig.

"Ja. Zumindest sahen die Kinder so aus, als ob sie Spaß hätten, als ich sie damit habe spielen sehen."

"Und wie genau funktioniert das?" wollte Wildcat wissen.

Kimba kramte das Joypad hervor. "Dies hier ist das Steuerkreuz. Damit kann man irgendetwas in eine bestimmte Richtung steuern. Und mit den Knöpfen daneben kann man irgendetwas ausführen. Aber was genau und wie das funktioniert, weiß ich leider auch nicht," erklärte er den anderen.

"Und was für ein Spiel ist das hier jetzt?" wollte Lukas wissen.

"Hm... warte mal, hier steht was," begann Kimba und las den Zettel vor, der an dem rollbaren Tisch mit dem Fernseher und dem kleinen grauen Kasten drangeheftet war: "Museumsartikel Nr. 194JN98 The Legend Of Zelda III - Emulator für PC."

"Und hier steht dasselbe glaub ich," meinte Dodi und stubste mit ihrer Schnauze ein kleines Heftchen an.

Piwi beugte sich vor und schaute genau hin: "Da steht dann noch was drauf: 'Ma... nu... al' oder so ähnlich."

Sie begannen in der Anleitung zu lesen.

"Ok, als erstes müssen wir eine Figur erschaffen, mit der man spielen kann," begann Kimba.

"Da stehen aber schon drei auf dem Bildschirm," warf Piwi ein.

"Hm, ok. Wenn man eine gewählt hat, drückt man auf Start."

"Das geht nicht!" rief Lukas.

"Wie? Das geht nicht?"

"Ich drücke dauernd auf start, aber da passiert nix."

Kimba schaute etwas genauer hin, was Lukas da machte. "Ich glaube auch eher, dass die den Kopf unter dem Schriftzug meinen und nicht die Beschriftung selber..."

*klick* *ding*

"Es funktioniert!" rief Lukas aus.

"Na, funktioniert es?" wollte Gira wissen und streckte den Kopf bis in die Mitte des Lagerraumes.

"Im Prinzip schon. Aber irgendwie weiß ich nicht, wieso sowas den Menschen Spaß machen sollte." antwortete Dodi und sprang zu Gira aus dem Flugzeugwrack.

"Ok. Und das in der Mitte ist jetzt das Teil, was ich steuern kann?" fragte Lukas und tappste auf der Steuerung herum. Die Figur bewegte sich erst vor, dann nach links, dann rückwärts gegen eine Wand, dann nach rechts, dann wieder nach links und nach schräg vorne. Und schließlich durch das, was eine Tür darstellen sollte. Da draussen waren dann zwei Gegner, die auf ihn zurannten und ihn mehrfach trafen.

"Was tu ich denn jetzt?!" rief Lukas panisch.

"Du muß mit dem Schwert nach ihnen schlagen. Das macht man mit Knopf 'A'."

Lukas schaute angestrengt auf sein Joypad. "Aha! Dort ist das 'A' !" rief er aus. Im selben Moment wurde der Bildschirm wieder etwas dunkler, um das Ableben der Hauptfigur zu untermalen.

"Und was ist jetzt los?" fragte er verwundert.

"Jetzt bist du tot," erlas sich Kimba aus der Anleitung.

"Waaaas? Jetzt schon?" regte sich Lukas auf. "So ein blödes Spiel! Da nimm du!" und drückte mit diesen Worten Piwi das Joypad in die Hand.

"Hm... mal probieren..." meinte Piwi und startete neu. Und er schaffte es besser, die Figur zu steuern und auch, die beiden ersten Gegner kaputt zu schlagen. Die anderen schauten gebannt zu. Lukas jedoch hatte erstmal genug von dem Spiel und da er sich langweilte, schnappte sich ein kleines Büchlein, das noch in der Nähe herumlag.

"PC für Dummies" konnte er dort als Titel lesen. "Was wohl ein Dummie ist," fragte er sich und begann, das Büchlein durchzublättern.
 

Nach einiger Zeit, so ziemlich am Ende des Buches, wurde er durch Geschrei gestört. "Hey! Könnt ihr nicht leiser sein?" schimpfte er. Doch niemand hörte auf ihn, da alle anderen um den komischen Fernseher und den grauen Kasten darunter versammelt waren und gebannt auf das Geschehen auf der Mattscheibe starrten.

"Was daran bloß so interessant sein soll...?" fragte er sich und schaut sich das Geschehen an.
 

Auf dem Spielfeld kämpft Kimba gerade mit zwei anderen Gegnern gleichzeitig, die um etliches gefährlicher scheinen, als die vom Anfang des Spieles. Die Figur scheint geradezu auf Kimbas Gedanken zu hören - zumindest kommt es Lukas so vor. Kurz darauf zerfiel der erste Gegner auch schon zu Staub.

"Hey, wieso kann Kimba schießen?" fragte Lukas und sties Piwi an, damit er ihm auch mal antwortete.

"Weil Wildcat ihm im Dorf den Bogen gekauft hat," antwortete der kleine Gepard ohne sich vom Geschehen abzuwenden.

Der zweite Gegner hatte inzwischen die Farbe gewechselt und war nun statt blau rot geworden und ging sehr aggressiv auf Kimbas Spielfigur los. Doch nach nur zwei weiteren Treffern war auch dieser Gegner besiegt und an seiner Stelle erschien ein großes, rotes Herz.

"Haben wir jetzt mehr Lebensenergie?" fragte Wildcat.

"Steht zumindest so in der Anleitung," bejahte Kimba.
 

Ein komisches kleines Teil schien vom oberen Rand des Bildschirmes in die Mitte zu fallen.

"Und was ist das jetzt?" fragte Lukas.

"Das Amulett des Mutes," stöhnte Piwi auf. "Lies doch die Anleitung."

"Das wurde uns aber auch erst im Spiel gesagt," warf Wildcat ein.

"Schon, aber der fragt sonst dauernd. Wir haben ja auch bloß die ersten paar Seiten gelesen. Er wird sich schon nicht dran überarbeiten." meinte Piwi und Wildcat mußte zustimmen. Da die anderen nicht weiter auf Lukas Fragen eingingen, nahm er sich also schließlich das Heftchen zum Spiel und las es sich durch.
 

Einige Stunden später. Es war schon wieder dunkel geworden, als Kimba bemerkte, wie die Zeit vergangen war. "Leute! Wir müssen sofort hier weg und ...," er stoppte kurz. Der Name der Einrichtung ließ wieder den Schmerz in ihm aufsteigen, den er bei Daniels Tod empfunden hatte. "...Abendessen in Daniels Restaurant." machte er weiter.

"Och menno, jetzt schon?" fragte Piwi und legte das Pad aus den Pfoten.

"Egal. Wir können ja später nochmal weitermachen," meinte Wildcat.

"Ich hab aber noch nicht gespielt," protestierte Lukas.

Kimba verdrehte die Augen. "Wenn du unbedingt jetzt spielen willst, dann wirst du wohl kein Abendessen mehr bekommen. Das ist deine Entscheidung, du bist alt genug dafür."

"Laßt und gehen, mir knurrt der Magen," bekräftigte Rahja und ging schon nach draussen. Dodi und Gira waren schon länger gegangen. Die anderen folgten ihr - bis auf Lukas, der jetzt endlich an der Reihe war.
 

Im Gegensatz zu den anderen erschuf er sich dann auch gleich eine neue Spielfigur und spielte nach Anleitung bis diese nicht mehr weiterhalf. Erst in das Schloß, die Prinzessin namens Zelda retten, dann ins Dorf und Ausrüstung holen, dann im ersten Palast das erste Amulett holen, im zweiten Palast dann das zweite, dann wiederbeleben lassen weil krepiert, dann verschiedene Ausrüstung im gesamten Spielfeld zusammensuchen, dann auf zum 3. Palast und das letzte Amulett holen. Das Amulett der Weisheit, für das er ironischerweise insgesamt 20 Anläufe brauchte und es doch nicht schaffte.

Er schob es darauf, dass er seltsamerweise so müde war. Eigentlich hatte er auch gleich nach dem ersten Palast zu den anderen zum Essen gehen wollen, doch es hatte immer noch eine Kleinigkeit zu tun gegeben. Als er nach einem seiner Abstürze von der Plattform mit dem Endgegner wieder mal ein wenig Zeit hatte, schaute er kurz nach draussen.
 

"Moment mal! Hatte Kimba nicht etwas davon gesagt, dass es schon dunkel wäre und Zeit fürs Abendbrot?" ging es ihm durch den Kopf. Draussen war es schon wieder relativ hell, wie kurz vor Sonnenuntergang. Lukas dämmerte so langsam, dass er doch ein klein wenig die Zeit vergessen hatte. Und tatsächlich wurde es immer heller.

"Mist!" dachte er sich verärgert, speicherte kurz ab und verschwand aus dem Flugzeugrumpf. Kurze Zeit später war er bei Daniels Restaurant.
 

"Guten Morgen Lukas," wurde er von Kimba begrüßt, der offenbar gerade mit Frühstück fertig war. "Gut geschlafen?"

Lukas fühlte sich ertappt. Er zögerte eine Sekunde und log dann: "Ja klar. Wieso fragst du?"

"Naja, du siehst so müde aus," meinte Kimba.

"Und du packst dir gerade essen für zwei auf. Hast du wirklich so viel Hunger?" fragte Rahja nach.

"Äh... ja." meinte Lukas nur und hoffte, dass die anderen es gestern Abend nicht bemerkt hatten, dass er nicht da gewesen war. - Wobei es ihm plötzlich einfiel, dass eigentlich Piwi sehr wohl wissen müßte, dass er nicht dagewesen war. Er hatte ja schließlich dasselbe Nachtlager.

"Er wird mich schon nicht verraten. Außerdem: Was solls? Ich kann doch schlafen, wo ich will?" überlegte Lukas während er aß.

"Paß auf, dass du dort nicht runterfällst!" rief auf einmal Wildcat, die Piwi beim Balancieren auf dem Dach des Restaurants zusah.
 

"Herunterfallen...," ging es Lukas durch den Kopf und er begann sich wieder an das Spiel zu erinnern. "Bei diesem letzten doofen Endgegner bin ich doch auch andauernd von der Plattform gefallen." Er begann zu überlegen, wieso das der Fall gewesen war und bald waren seine Gedanken irgendwo in den Räumen des letzten Palastes verschwunden.

"Beeil dich mal!" drängte ihn Wildcats Stimme plötzlich. "Wir müssen doch jetzt los in die Schule und du hast noch nicht einmal halb aufgegessen. Ich dachte, du hättest so einen großen Hunger?"

Die Räume, Türen und Gegner verschwanden mit einem Schlag aus seinem Kopf. Die Schule hatte er in dem Moment vergessen gehabt. Dabei war ihm gerade eine Idee gekommen, wie er seinen letzten Gegner doch noch überwinden konnte. Schnell stopfte er das restliche Essen in sich hinein und kam nur mit geringer Verspätung in der Schule an.
 

Die Schule war für ihn jedoch recht nutzlos, da er völlig übermüdet war und sich nicht konzentrieren konnte. Außerdem hatte er noch immer diesen Plan im Kopf, wie er den letzten Gegner besiegen konnte. Danach würde er sich endlich das sogenannte "Master Schwert" holen und den Oberbösewicht besiegen können. Endlich war große Pause.

"Hm... wenn ich mich beeile, kann ich das doch bestimmt noch schaffen...," überlegte er kurz. Dann lief er gleich los, wieder zum alten Wrack.

"Heee! Wo willst du hin?" rief ihm Wildcat noch hinterher.
 

Wenig später war er an seinem Ziel angekommen. Schnell startete er das Spiel und jagte seine Figur hektisch vom Startpunkt bis zum Ziel. Beim ersten Mal hatte er ihn sogar fast besiegt, doch dann wurde er wieder getroffen und mußte erneut zum Endgegner marschieren. Beim zweiten Mal lief es schon schlechter. Er konnte ihm nur drei Treffer verpassen, statt 5 zuvor. Beim dritten Mal stürtze er wieder ein Stock tiefer - nach nur 0 Treffern. Stocksauer nahm er noch einen Anlauf und sah tatsächlich den Gegner in einem kleinen Feuerwerk verschwinden. Die fiese, sich windende Wurm war vernichtet und an seiner Stelle ein großes rotes Herz erschienen. Dann fiel auch schon da Amulett der Weisheit vom oberen Bildschirmrand in die Mitte und Lukas nahm es an sich.
 

"Jetzt nur noch kurz in die verlorenen Wälder... das dauert ja nicht lange." dachte er sich und hielt einige Zeit später das Masterschwert in seinen Händen. Da erschien eine Nachricht auf dem Bildschirm, die Prinzessin werde gerade entführt. Schnell lief Lukas zu dem Ort, wo die Prinzessin bisher gewesen war. Doch die war schon längst weg, als er eintraf.

Dann stand er vor dem Schloß des Bösewichtes und später sogar vor ihm persönlich. Doch kurz bevor er ihn besiegen konnte, wurde seine Spielfigur in die Schattenwelt verbannt.

"Mist verdammter!" dachte sich Lukas verärgert. "Na gut, dann eben wieder in die Schule und heute Abend weiter..."

Doch als er aus der Luke des Rumpfes nach draussen schaute, bemerkte er nur, dass es schon dämmerte. "Ups," dachte er sich und merkte, dass er eventuell ein wenig zu spät zum restlichen Unterricht kam.

"So ein Mist. Die Zeit vergeht bei dem Spiel schneller, als man denk," ärgerte er sich. "Hm, naja, dann kann ich ja auch noch ein wenig weiter machen."
 

Mit dem Gedanken setzte er sich wieder vor den PC und begann, den 2. Teil des Spieles zu spielen. Doch nicht sehr lange, denn schon wenige Minuten später hatte ihn der Schlaf endgültig überwältigt und seine Spielfigur stand regungslos im Brunnen der Wünsche und wartete.
 

"Sag mal, Kimba, hat er deswegen heute die Schule geschwänzt?" fragte Piwi den weißen Löwen, der ein wenig ratlos dreinschaute.

"Sieht fast so aus," meinte Kimba. "Wir müssen ihn mal davon abbringen."

"Und wie? Du weißt doch, wie stur Lukas sein kann," warf Wildcat ein.

"Ich ziehe einfach den Stecker vom Fernseher ab. Dann wird er denken, der Bildschirm sei kaputt und wird nicht weiterspielen."

"Hm, gute Idee. Aber ich würde den nicht ganz herausziehen, sonst sieht er das," gab Piwi noch zu bedenken.
 

Als Lukas aufwachte, war es schon wieder hell.

"Ohje. Nichts wie zur Schule," war sein erster Gedanke. Dann sein zweiter: "Scheiße! Ich wollte doch noch das Bild für Wildcat malen. Das müssen wir doch morgen schon abgeben." Dann fiel sein Blick auf die schwarze Mattscheibe und ihm kam sein dritter Gedanke: "Oh nein! Wahrscheinlich war der Fernseher zu lange an. So ein Riesenmist!"

Ärgerlich rannte er los zur Schule und kam -ohne Frühstück- nur ein bißchen zu spät. In der Ecke stehend lauscht er dann mehr oder weniger aufmerksam dem Unterricht. - Naja, eher weniger.

Vor allem, als es um einfache Rechenaufgaben und später um die Zeichensetzung ging, berechnete er lieber die effektivsten Angriffswege und schrieb sich die nächsten Stationen seiner Reise in dem digitalen Lande von Hyrule auf, als die echten Aufgaben zu machen.
 

"So! Hausaufgaben: Ihr schreibt komplett mit Zeichensetzung auf, was ihr heute Mittag und heute Abend in Daniels Restaurant bestellt, bei wem, was er oder sie zu euch sagt und was ihr geantwortet habt. Und denkt an eure Bilder von dem letzten Schulausflug!" rief Buckey noch schnell in die Runde, bevor das Chaos überhand nahm und jeden weiteren Kommentar verschluckte.
 

Lukas ging gleich nach dem Mittagessen wieder zum alten Wrack. Er wußte nicht genau, was ihn trieb, aber er wollte unbedingt nochmal dort vorbeischauen, obwohl das Spiel offenbar nicht mehr funktionierte. Es ließ ihm keine ruhe, dass der Bildschirm plötzlich nicht mehr funktionieren sollte.
 

Wenig später war er schon wieder an der bekannten Stelle.

"Ok, dieser PC oder wie sich das schimpft, läuft noch. Strom ist also da. Was stand in diesem Fall alles in diesem Büchlein...?" überlegte er und erinnerte sich Stück für Stück an das Grundwissen, dass er sich erworben hatte.

"Ok, ausgeschaltet habe ich ihn nicht, das muß ich gar nicht erst probieren. Aber andererseits müßte doch hier vorne was am Bildschirm leuchten, wenn der an wäre. Da leuchtet aber nichts und zwar ohne, dass ich ihn ausgeschaltet habe. Also hat das Gerät entweder keinen Strom oder es ist kaputt. Aber laut dem Heft soll so ein Monitor weitaus länger als einen Tag anbleiben können. Also wohl doch Strom weg... " Lukas strengte nicht oft seinen Verstand an, aber dieses Mal tat er es. "Wenn also der PC unten Strom hat und das Gerät oben nicht, obwohl beide an derselben Stromversorgung angeschlossen sind, muß an der Leitung irgendwas nicht stimmen."

Mit diesem Gedanken machte er sich daran, die Leitungen zu überprüfen und als er an der Leitung herumfummelte, die direkt in den Monitor führte, machte es auf einmal *pling* und er konnte einen faden Lichtschein in den Raum fallen sehen.
 

"Endlich!"

Keine 10 Minuten später befand er sich bereits wieder im Gefecht mit einer ganzen Reihe an Gegnern im sogenannten Sumpf-Palast. Dann irrte er einige Zeit lang in den Gängen herum und bemerkte gar nicht erst die besorgten Blicke seiner Freunde, die am Eingang standen.

"Ob wir den vor morgen früh noch mal draussen sehen?" fragte Piwi etwas traurig.

"Ich weißt nicht..." meinte Kimba nur. "Aber ich werde mal versuchen mit ihm zu reden."

Der weiße Löwe schlich hinter Lukas, dann neben ihn.

"Lukas...? Ich will dich ja nicht stören, aber willst du nicht mal aufhören?"

"Ja ... gleich... " sagte Lukas.

"Lukas... hast du nicht noch ein Bild zu malen? Oder Hausaufgaben zu machen?"

"Ja... gleich..." sagte Lukas.

"Äh... hörst du mir überhaupt zu?"

"Ja... gleich..."
 

Kimba schüttelte erst seinen Kopf und dann Lukas.

"Heeee! Ich rede gerade mit dir!"

Erschrocken schaute Lukas zu Kimba. Eine Sekunde später verdunkelte sich der Bildschirm, um das Ableben der Figur zu untermalen.

"Aaaaarrrrrggh! Was willst du denn, verdammt noch mal?" fuhr Lukas ihn dann total sauer an.

Kimba war ein wenig irritiert. "Nun reg dich doch nicht gleich so auf... das ist doch bloß ein Spiel," versuchte er ihn zu beruhigen.

Der Bildschirm hellte sich wieder auf. "Na endlich," meinte Lukas sauer und drückte die Pause - Taste. "Wenn ich nicht eine Fee bei mir gehabt hätte... also, sag was du willst und dann zieh ab, man!"

"Du wolltest doch noch was für die Schule machen, oder?"

"Mach ich noch! Später!"

"Und was ist mit dem Bild für Wildcat?"

Lukas stöhnte auf. Das hatte er wirklich wieder verpennt. "Ja, da mache ich dann gleich nach dem Level hier."

Kimba schaute besorgt auf Lukas. "Willst du nicht vielleicht jetzt Schluß machen und lieber mit uns draussen spielen?"

"Gibt es sonst noch was wichtiges?"

Kimba schüttelte den Kopf - nicht als Antwort.
 

Spät nachts, als Lukas sich zufällig doch noch hatte losreissen können, schlichen ein Löwe und ein junger Mensch in das Flugzeug.

"Also wenn ich das Teil nicht ganz kaputt machen soll, kann ich nur einen kleinen Sabotageakt vornehmen. Und wenn er es nicht sehen soll, sollte es etwas innerhalb des Computers sein."

"Beim letzten Mal hab ich das Kabel vom Fernseher gelockert. Aber das hat er bemerkt. Dumm stellt er sich hierbei leider nicht an, Juri."

"Das heißt Monitor, Kimba. Ich erklärs dir morgen, warum."
 

Dann machte sich Juri an dem grazen Kasten zu schaffen, der in enem Fach unter dem Monitor stand. Einige Minuten später hatte er das Datenkabel, dass den restlichen Computer mit der Festplatte verband, abgehängt.

"So, der Computer funktioniert im Prinzip schon. Nur ist jetzt nichts mehr für ihn erreichbar, womit er funktionieren könnte," erklärte er Kimba kurz seinen Sabotageversuch.
 

Am nächsten Morgen war Lukas gar nicht erst in die Schule gegangen. "Der kommt noch..." meinte Kimba mit einem vielsagendem Lächeln.

Währenddessen blätterte Lukas in seinem Büchlein die Fehlermeldungen durch und hatte bald die Nummer gefunden, die zu der passte, die gerade auf dem Monitor angezeigt wurde.

"Wieso verdammt noch mal kann die Festplatte nicht gefunden werden? Spielt da etwa irgendwer dran herum? Gestern gings doch noch." Ärgerlich hob er das Gehäuse an einer Seite ab und steckte das Kabel wieder an die richtige Stelle.

"Na von mir aus sollen sie es versuchen. Ich krieg das auch so wieder hin."
 

In derselben Nacht schlichen wieder ein Löwe und ein Mensch in das besagte Flugzeugwrack.

"Offenbar hat er schon ein klein wenig Ahnung von Computern. Ich denke mal, herumstellen wird hier keinen Erfolg haben. Ich baue ihm einfach mal ein Speichermodul aus und nehme es mit. Das wird nicht so auffallen, da die nicht so groß sind und trotzdem funktionieren."
 

Am nächsten Morgen platzte Lukas der Kragen: "Wenn ihr glaubt, ich lasse mich verarschen, dann habt ihr euch getäuscht!" Zwar konnte ihn niemand hören, da alle anderen inzwischen in der Schule waren, aber er meinte trotzdem, es lautstark verkünden zu müssen.

Verärgert machte er sich daran, in dem PC-Handbuch herumzusuchen und die Fehlermeldungen zu vergleichen mit der, die ihm auf dem Monitor entgegenschien. Dann schaltete er sich in das BIOS und veränderte dort einige der Einstellungen. Dann bootete er den PC neu und hielt durch eine Tastenkombination die Ausführung der gewöhnlichen Routine an, die sonst sofort nach Systemstart den SNES-Emulator und das Spiel aufrief. Dann begann er aus dem Buch den ein- oder anderen Befehl abzutippen und editierte einige Zeit lang seine Systemeinstellungen. Dann bootete er den PC nochmals.

"Wenn das jetzt nicht klappt, bin ich so gearscht wie der Endgegner im Eispalast, als ich das Feuermedallion eingesetzt hab."

Der Rechner zählte den durch Juri verringerten Speicher hoch. Dann geschah einige Sekunden lang gar nichts.

"Scheiße!" dachte er sich schon, als der Bildschirm auf einmal dunkel wurde und dann wieder hell und das Titelbild zeigte.

"JAAAA!" schrie er vor Freude hinaus. "Ihre Sabotageversuche werden immer übler. Wer weiß, ob ich den Kasten morgen überhaupt noch in Gang kriege."

Da fasste er einen Entschluß.
 

"Wieso kommt Lukas denn nicht? Ich dachte, jetzt funktioniert das Spiel nicht mehr?" fragte Wildcat Kimba.

"Wahrscheinlich will er es noch nicht wahrhaben. Aber wenn der Speicher weg ist, ist er weg," antwortete Kimba zuversichtlich.
 

Am Abend gingen wieder ein Löwe und ein junger Mensch in Richtung Flugzeugwrack.

"Wenn der das hingekriegt hat, würde ich sagen, dass ich besser gleich die Festplatte ausbaue. Dass er sabotiert wird, dürfte er ja sowieso schon gemerkt haben, von daher..." meinte Juri.

"Ich hoffe, dass es diesmal klappt. Wenn nicht, weiß ich ehrlich gesagt nicht, wie es mit ihm weitergehen soll. Er hat schon fast die gesamte Woche die Schule geschwänzt. Und dabei ist das noch nicht einmal das Schlimmste..."

"Was denn dann noch?"

"Er wollte nichtmal mehr mit uns anderen zusammensein. Wenn ich da nur an Piwi denke, der jetzt ganz allein ist und von Wildcat, Rahja und mir jetzt ständig getröstet werden muß. Die beiden waren ja beinahe wie Brüder."

"Sind sie das denn nicht?"

"Nein. Aber sie waren beide Waisen und kannten sich dann seit Piwis Geburt. Und nun bricht Lukas sämtlichen Kontakt ab. Auch zu uns anderen. Er kommt ja noch nichtmal zu Daniels Restaurant, um zu essen. Das macht mir am meisten sorgen: Wenn Lukas nichts ißt, dann ist er wirklich in extremen Schwierigkeiten. Und ich habe erst einen meiner besten Freunde überhaupt verloren." Kimba pausierte kurz. "Da werde ich ihn bestimmt nicht aufgeben!" rief er dann laut hinaus.

"Schon gut, Kimba. Es wird schon alles wieder gut werden, wenn ich..." Juri stoppte. Die Tür zum Wrack war zu. Und ein kleiner roter Streifen daran machte Juri deutlich, dass sie verschlossen war.

Ein Blick durch das Fenster bestätigte den Verdacht der beiden: Lukas hatte sich eingeschlossen und spielte mit roten Ringen unter den Augen und ohne auf ihr Klopfen oder Rufen zu reagieren.
 

"Ok, du besorgst also den Schweißbrenner und wenn wir die Tür aufhaben, holen wir ihn so schnell es geht da raus! Notfalls mit Gewalt!" fasste Kimba nochmal kurz die Rettungsaktion zusammen. Alle nickten.
 

Als Juri Stunden später mit seinem Vater und dem erforderlichen Gerät ankam, war Lukas schon fast zwei Tage lang ununterbrochen in dem Flugzeug gewesen.

"Ok, dann wollen wir mal!" rief Kimba.

Juri stellte etwas am Brenner ein, während sein Vater in leichter Schutzkleidung in Richtung Flugzeugtür unterwegs war.

"Ich hoffe, es geht ihm gut... was meinst du?" fragte Piwi mit einer kleinen Träne im Auge Wildcat, die ihm tröstend eine ihrer Pfoten auf den Rücken gelegt hatte.

"Er ist nicht nur dumm, unbeherrscht und stur, sondern auch sehr zäh. Ich bin sicher, er hat es bis heute ganz gut geschafft. Zwei Tage ohne Nahrung kann jeder schaffen."

"Ich hoffe, du hast recht..."
 

Der Brenner leuchtete an der Spitze leicht auf. Da hörte man vom Flugzeuginneren ein Kratzen. Dann ein Scharben. Dann quietschte es ganz fürchterlich und langsam öffnete sich die Tür, vor der Juris Vater und Kimba noch tatenlos standen und sich wunderten.
 

Taps... taps... taps... kam ihnen dann ein ziemlich müde aussehender Gepardenjunge namens Lukas entgegen, beide Ohren auf Halbmast gesenkt. Die Augenlieder schienen die tiefen Ringe darunter bis zum Kinn hinunter zu drücken, doch die hingen auch ohne diese Unterstützung ganz gut runter - und verdeckten dabei fast das leicht unheimliche, fast dämonisch überlegene Grinsen, dass sich von einem Mundwinkel bis zum anderen zog.

Langsam marschierte Lukas an Kimba und Juris Vater vorbei, ohne sie anzuschauen. Dann blieb er zwischen beiden auf gleicher Höhe zu Kimbas Kopf stehen.

"Weißt du was...?" kam es müde aus seinem Mund. "Ich habs geschafft."

Dann legte er sich hin und schlief sofort ein.
 

Alle schauten sich an und wußten nicht genau, was sie davon halten sollten.

"Hm, naja. Wenn er schon von selber herauskommt, wird er wohl geheilt sein...," meinte Juris Vater und packte sein Werkzeug wieder weg. "Zumindest vorläufig," fügte er dann noch hinzu.
 

Später lag Lukas in seinem Bett und wachte mit den ersten Sonnenstrahlen auf. - Naja, können auch die zweiten gewesen sein... . Piwi, Kimba und Wildcat waren bereits wach und starrten ihn an.

"Hm? Wasn los?" fragte er noch leicht verschlafen.

"Bist du sicher, dass du wieder in Ordnung bist?" fragte Kimba.

"Öh... ja... warum?"
 

"Du hast Nachts im Schlaf irgendwas von einer Prinzessin geredet," begann Wildcat.

"Na und? Darf man nicht mehr träumen oder was?" murrte Lukas.

"Und dabei hast du mit deinen Vorderpfoten immer die Bewegungen gemacht, die man beim Spiel macht, wenn man auf dem komischen Steuerungs-Dings herumspielt. Und einmal bist du sogar aufgestanden und warst auf halben Wege zum Flugzeug."

"Ich kann mich an nichts erinnern von heute Nacht... aber es heißt 'Joypad' oder zumindest 'Controller' "

"Nun gut, aber wir beobachten dich... aber sag mal: Warum um alles in der Welt hast du die Schule geschwänzt und dich eingeschlossen? Ist dir denn das Spiel wichtiger als alles andere?" fragte Kimba besorgt.

"Nö. Aber ich hatte halt gerade Bock darauf," gab Lukas gleichgültig von sich.

"Kimba meinte, du bist süchtig nach dem Spiel. Und Juris Vater hat das bestätigt," krähte Piwi auf einmal los. "Und deswegen war ich dir völlig egal! Du bist gemein!"
 

Lukas rappelte sich auf und schaute dumm aus der Wäsche. "He... Piwi... natürlich bist du mir nicht egal. Das weißt du doch... oder?"

"Na, das Bild, das du mir malen wolltest, hast du aber auch nicht fertig gekriegt. - Von den ganzen Hausaufgaben mal ganz zu schweigen. Willst du in die Gruppe mit den ganz kleinen Jungtieren kommen? Du kommst bei uns im Unterricht bald nicht mehr mit," redete Wildcat ihm ins Gewissen.

"Verdammt noch mal! Was weißt du schon, Wildcat?" schrie Lukas raus.

"Ich weiß zumindest, dass ich dich so nicht mag. Komm, Piwi, wir gehen! Es gibt ja noch andere und denen sind wir wichtiger als so ein blödes Spiel."
 

Mit diesen Worten schnappte sich Wildcat Piwi und ging mit ihm Richtung Dschungelmitte. Piwi warf noch einen traurigen Blick zu Lukas zurück, ging dann aber freiwillig weiter.
 

"Da hast du dir ja eine schöne Bescherung eingebrockt, Lukas." meinte Kimba und schüttelte den Kopf.

"Ach verdammt! Warum muß die mich auch so ärgern?" ärgerte sich Lukas vor sich hin und er wußte auch ohne, dass Kimba es ihm sagte, dass er im Prinzip doch nur auf sich selbst wütend war.
 

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Nächster Teil: Kimba 22 - "Toleranz"

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 22 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Toleranz"

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Der kühle Luftzug, der vom Eingang der Höhle in die Tiefen der dunklen Räume wehte, ließ ihn genaz spüren, wo am unteren Rand seiner Augen es feucht war. Seine Krallen hatte der weiße Löwe soweit es nur ging in den Boden der Höhle gegraben und wäre dabei wohl auch durch festes Gestein gedrungen, wenn es nötig gewesen wäre.

Vor ihm schimmerte dunkel eine große Statue in Form eines Affen - genauer: Eines Mandrill. Es war ein sehr alter Mandrill, der da abgebildet worden war. Er dürfte noch so einige Jahre älter gewesen sein, als Daniel es war. Bei diesem Anblick wurde Kimba bewußt, dass sein Gefühl wirklich Recht hatte: Daniel war viel zu früh gestorben.
 

Doch plötzlich schien sich im Inneren der Höhle etwas zu verändern und er spürte wie Wärme von der linken Seite in ihn eindrang und seinen gesamten Körper mit einem wohligen Gefühl füllte. Es war Rahja, die sich sorgen um ihren Freund machte.

"Daniels Tod geht dir noch immer so nahe, wie am ersten Tag, nicht wahr?"

Kimba sagte nichts, sondern nickte nur. Er mußte einen dicken Klos im Hals herunterschlucken, um seine Stimme wiederzuerlangen. Zunächst aber tröstete Rahja ihn so gut sie konnte: "Er wird immer in unseren Herzen sein, egal wo er sich jetzt befindet." Kimba mußte sich ein bitteres, sarkastisches Grinsen verkneifen. Im Prinzip wußte er nämlich, wo sich Daniel jetzt befand: In einem imperialen Supercomputer, bereit in Serienproduktion zu gehen und optimal programmiert wieder zu ihnen zurückzukehren. Stets mit einem zweiten und dritten Ersatz versehen, um einen möglichen "Ausfall" kompensieren zu können.

"Du schläfst in letzter Zeit ziemlich unruhig, Kimba. Ich glaube, du brauchst jemanden, an dem du dich auch nachts festhalten kannst, jemanden der bei dir ist und dich beruhigt. Jemand der über deinen Schlaf wacht..."

Kimba schaute Rahja etwa unsicher an. Er konnte schon in etwa denken, worauf es hinauslief. Doch er wollte sich nichts anmerken lassen - und erst recht nichts dagegen tun.

"Laß mich bei dir schlafen. Ich werde dafür sorgen, dass es dir besser geht."

Dankbar lächelte Kimba Rahja an. Sie war sehr feinfühlig und hatte ein gutes Herz. Genau deswegen mochte er sie so sehr. Er küßte sie kurz aber liebevoll und meinte dann: "Komm, laß uns gehen. Wollen wir wenigstens sein Erbe aufrecht erhalten."
 

Was er damit meinte, war, Daniels Restaurant zu erhalten. Es sollte in den nächsten Tagen einen neuen Anstrich erhalten, damit es so neu und voller Leben aussah, um die Stimmung von Daniels Tod zu übertünchen. Als sie dem Lokal immer näher kamen und die Umrisse bereits durch das Gebüsch erkennen konnten, stoppte Kimba plötzlich abupt ab.

"Was ist los?" fragte Rahja verwundert.

"Riechst du das auch, Rahja?"

Rahja schnupperte ein wenig in der Luft.

"Naja, es riecht etwas süßlich und etwas faul. Wieso?"

"Ja... süßlich und faul... . Ich frage mich, was die hier wollen...," überlegte Kimba vor sich hin.

"Wen meinst du?"

"Sumpfzombies...," antwortete Kimba und ging dann langsam weiter auf das Restaurant zu. Offenbar war noch nichts schlimmes passiert, denn er konnte einige Tiere dort ruhig sitzen und essen sehen. Aber da war noch mehr: Da schienen an der einen Seite der Terrasse zwei dicke Büsche hinzugekommen zu sein. Und auch mitten auf der Terrasse schien jetzt so ein Gewächs aus Ästen und Blättern zu wuchern. - Schnell zu wuchern, denn es bewegte sich. Genaugenommen schien es sogar zu gestikulieren.

Als Kimba einige Schritte näher gekommen war, konnte er jenes Gebüsch auf der Terrasse als Oumpf ausmachen, der da gerade mit Buckey und Cheetah redete. Buckey leitete zusammen mit Pauley das Restaurant und Cheetah bekam immer morgens nach dem Frühstück die Speisekarten für die nächsten drei Mahlzeiten auf den Rücken gebunden. Damit wurde er seiner Rolle als Dschungelpost gerecht und informierte alle Tiere darüber, auf was sie sich einzustellen hatten. Allerdings waren die Mahlzeiten seit Daniels Ableben relativ einfach und wenig abwechslungsreich geworden, weshalb das Interesse für die Speisekarte langsam nachlies.
 

"Guten Morgen Oumpf," begrüßte Kimba die halbwegs intelligente schwarze Masse mit dem vielen Gestrüpp an ihrer äußeren Schicht.

"Gruß an Kimba!" grüßte Oumpf zurück.

"Was ist denn los, das ihr den Sumpf verlaßt?"

"Großes Unglück. Großes Unrecht," begann Oumpf. "Wir sehen anders aus. Menschen sagen das und Menschen behandeln uns schlecht. Menschen sagen, Monster sind wir, Monster haben keine Rechte. Wir sind aber keine Monster. Menschen sollen das verstehen. Daher sind wir hier."

"Ich verstehe nicht: Ihr habt Probleme mit den Menschen und kommt deswegen zu uns Tieren?" wunderte sich Kimba.

"Ja. Menschen wollen nicht mit uns reden. Nur mit Knüppeln vertreiben. Aber mit euch reden sie. Ihr könnt zu ihnen gehen und sagen, was wir sagen."

"Hm... nagut, das sehe ich ein. Ich werde mal ein paar Menschen hierher holen, mit denen ich mich gut verstehe. Die werden mir sicherlich den richtigen Menschen für euer Problem nennen können."

"Dank sei dir, Kimba." sagte Oumpf mit einer leichten Verbeugung. Kimba bemerkte, dass noch immer so viel Schimmel zwischen seinen Ästen war, wie beim ersten Treffen. Kimba wunderte sich, dass es ihn wohl nicht störte und auch, dass der Verfall offenbar nicht voranschritt.
 

Am Nachmittag trafen Juri und Mbangi am Restaurant ein. Und sie schienen gar nicht so begeistert zu sein, dass Kimba den Sumpfzombies zu mehr Rechten verhelfen wollte.

"Die sehen ja auch aus wie Monster," fand Juri.

"Und sie sprechen wie Monster," stimmte Mbangi zu.

"Außerdem sind sie so... anders. Irgendwie ekelig." fügte Juri noch hinzu und Mbangi nickte deutlich.

"Ich kann nicht glauben, was ich da hören muß," begann Kimba ärgerlich und entsetzt. "Ihr wart doch alle beide bei unserer ersten Begegnung dabei. Sie haben uns geholfen, den Dunkelpiraten zu entkommen. Genaugenommen haben sie sie vertrieben, während ich euch nicht beschützen konnte und ihr beiden wimmernd am Boden gelegen habt. Und dann haben sie uns einfach gehen lassen. Wirkliche Monster waren die Befehlshaber dieser beiden Alienflotten, die unsere Welt für ihren dämlichen Krieg fast zerstört hätten. Und die Menschen, die diesen sogenannten 'großen Krieg' angefangen haben."
 

Juri und Mbangi schauten sich an. Irgendwie hatte Kimba ja recht, auch wenn es ihnen nicht gefiel. Und das folgende sollte ihnen noch weniger gefallen:
 

Kimba winkte jemandem im Gebüsch zu. "Oumpf, du kannst jetzt kommen," rief Kimba diesem jemand zu.

"Oumpf?" fragten beide gleichzeitig und erinnerten sich dunkel daran, wo sie diesen Namen schon mal gehört hatten.

Da bewegte sich auch schon ein Teil des Gebüsches mit gutem Marschschritt Tempo auf das Restaurant zu, richtete sich dabei auf und die rötlich leuchtenden Augen waren deutlich sichtbar. Mbangi und Juri rutschte ihr Herz in die Hose, vielleicht sogar noch tiefer.
 

"Oumpf ist ja der Anführer der Sumpfzombies und er wird euch nochmal genau erklären, um was es eigentlich geht," erklärte Kimba noch kurz und machte dann den Platz frei für die Mischung aus schwarzer Masse und faulendem Gestrüpp, die lediglich von den groben Konturen her an einen Menschen erinnern konnte.
 

"Hallo ihr beiden," blubberte Oumpf auch sogleich los. "Alle von uns leben hier im Sumpf. Doch einer nicht. Er lebte in Loch nahe wo leben Menschen. Er wollte Ruhe haben. Doch Menschen fanden ihn. Sie liessen ihm keine Ruhe. Sie kamen mit Holz und schlugen ihn bis er wegrannte. Das hat ihm sehr weh getan. Wir wollen Gerechtigkeit für ihn. Die Schläger sollen Strafe bekommen. Und er soll wieder in seinem Loch wohnen."
 

Kimba setzte wieder ein: "Und genau da kommt ihr beiden ins Spiel. Die Menschen haben Angst vor Oumpf und seinen Leuten, daher können sie nich in die Stadt kommen. Ihr sollt mich zu einem Menschen bringen, der für Gesetze zuständig ist und mich dabei unterstützen, ihn hierher zu bringen, damit er hören kann, was Oumpf zu sagen hat."

So richtig begeistert schienen die beiden jungen Menschen nicht zu sein, aber immerhin schienen sie es einzusehen, dass Oumpf und seinen Leuten Gerechtigkeit wiederfahren sollte.
 

Die Sterne funkelten zu tausenden auf die Bäume und Büsche des Dschungels hinab. Auch auf den Schlafplatz von Lukas und Piwi, wo beide friedlich schliefen - naja, zumindest Piwi. Denn Lukas wachte zum wiederholten Male auf und konnte nicht einschlafen. Er hatte einen weiteren Teil eines Herzkontainers entdeckt und war am Abend nicht darauf gekommen, wie er ihn hätte erreichen können. Und das ließ ihm keine Ruhe. Schließlich stand er auf und lief wie in Trance zum Flugzeug. Schnell hatte er die Geräte eingeschaltet und spielte weiter. Einige Male versuchte er es, doch immer wieder scheiterte er an einem Puzzel. Bis die Helligkeit von ausserhalb des Flugzeugs ihn wieder zur Besinnung brachte.

"Oh Scheiße! Es ist ja schon wieder morgen! Verdammt!" ärgerte sich Lukas. Er hatte schon wieder nicht widerstehen können und die Nacht durchgespielt. Müde schleppte er sich zum Unterricht und trug auch noch ein sehr schlechtes Gewissen mit sich. Nicht, weil er halt wieder gespielt hatte, sondern wegen der Konsquenz: Er hatte die Hausaufgaben eigentlich am frühen Morgen machen wollen. Doch nun kam er bereits überhaupt etwas spät zum Unterricht.

Die anderen saßen bereits und Kimba, der heute den Lehrer darstellte und von seinen Erfahrungen bei den Menschen berichten wollte, wollte gerade mit der ersten Stunde beginnen.

"Lukas! Das war aber knapp. - Wo hast du eigentlich deine Tafel mit den Hausaufgaben?"

"Öh... die hab ich Zuhause liegen lassen...," log Lukas und wußte eigentlich selber, dass das jedem klar war, dass er hier flunkerte. Und er bekam auch gleich die Quittung:

Wildcat: "Du bist ja dermaßen blöde, dass du es selbst schon gar nicht mehr mitkriegst," schimpfte sie und die Blicke der anderen schienen ihr Recht zu geben. Auch in der großen Pause einige Zeit später, ging sie jedem Kontakt mit ihm aus dem Weg und ging lieber mit Piwi spielen. Und der kleine Gepard schien auch gerade nicht so viel Interesse zu haben, mit Lukas zu spielen.

"Hmpf. Nur weil ich heute gespielt habe?" fragte Lukas verärgert und halblaut sich selbst.

"Nein, dass ist bloß ein weiterer Tropfen, der das Faß zum Überlaufen gebracht hat. Oder erinnerst du dich nicht an gestern?" ging Dodi ungefragt darauf ein.

"Wie? Was soll denn gestern gewesen sein?"

"Da wollten sie doch mit dir spielen, obwohl du auch da schon wieder zu spät gekommen bist, die Hausaufgaben nicht hattest und auch noch versucht hast, uns was vorzulügen. Aber du bist dann Nachmittags lieber wieder an dieses doofe elektrische Spiel in diesem komischen Kasten gegangen."

"Das Spiel ist nicht doof und der Kasten heißt Computer oder genauer: PC," murrte Lukas vor sich hin.

"Du stellst dieses Spiel einfach über deine Freunde. Das ist es, was sie dir übel nehmen. Und ich auch, ebenso wie alle anderen. Ist dir so ein elektrisches Etwas wirklich so viel wert? Was hast du denn davon, wenn du stundenlang davorsitzt? Ich dachte, du wärst schon mal damit durch gewesen? Wie oft willst du denn noch? Bis du alt und grau bist und keine Freunde mehr hast?"
 

Lukas schaute bedröppelt zu Boden. Auch wenn er Dodi nicht wirklich abkonnte, wegen ihrer oft etwas lehrerhaften Art, hatte sie doch Recht mit alldem, was sie ihm gerade gesagt hatte. Ohne ein Wort zu sagen ging Lukas in eine andere Ecke des Schulhofes und ärgerte sich über sich selbst.

"Ich muß diese doofe Spielsucht endlich ablegen. Sonst ende ich wirklich so, wie sie es sagt."
 

Es war etwa gegen 3 Uhr Nachmittags, als eine Reihe an Autos in den Dschungel fuhr und nahe Daniels Restaurant hielten. Es waren die Leute, die Juri und Mbangi benachrichtigt hatten: Der Bürgermeister der Stadt und der oberste Richter der Stadt - inklusive einer kleinen Eskorte von je 2 Leuten, die sie entweder nur fuhren oder begleiteten.
 

"So ganz genau weiß ich noch immer nicht, wieso ich überhaupt hier her komme. Der Dschungel ist doch nicht meine Stadt," murmelte der Bürgermeister seinem Begleiter zu. Der war sein Assistent und rechte Hand. "Weil wir hier öffentlichen Ärger mit den Monstern vermeiden," erinnerte er ihn.

"Achja... es handelt sich ja nicht um gewöhnliche Querulanten - nein, sie müssen auch noch abschreckend häßlich sein und können noch nicht mal richtig sprechen," fiel es dem Bürgermeister wieder ein.

"Ich bin auch nicht froh darüber, dass wir in den Dschungel kommen müssen," meinte der Richter, der zum Bürgermeister aufgeschlossen hatte," aber wenigstens ist es kein gewöhnlicher Dschungel. Wir sind hier also meines Erachtens nach relativ sicher. - Sonst wäre ich auch nicht hier."
 

Daniels Restaurant war inzwischen ein wenig umgebaut worden und glich nun ein wenig einem konventionellen Gerichtssaal. Und etliche schaulustige Tiere hatten bereits Platz genommen, als Kimba auf seine Gäste zukam und sie begrüßte: "Guten Tag Herr Richter, guten Tag Herr Bürgermeister. Schön dass ihr beide kommen konntet."

Der Bürgermeister lächelte zwar, aber verdrehte innerlich die Augen: "So ein Dummkopf. Er hat keine Ahnung, wie man wichtige Persönlichkeiten begrüßt."
 

Es kurz darauf begann die Verhandlung.

Richter: "Ich eröffne hiermit die Verhandlung"

Sein Holzhammer rummst einmal auf den Tisch.

Richter: "Der Kläger hat das Wort."
 

Oumpf erhob sich von seinem Platz. Als er nach vorne Schritt, war relativ leicht zu erkennen, dass die Anwesenden Menschen sich entweder fürchteten oder ekelten. Einzig der Richter blieb bei einem halbwegs neutralem Gesichtsausdruck.

Oumpf: "Es hat Unrecht stattgefunden. Einer von uns hat Gewalt bekommen von Menschen. Sie taten ihm weh und dabei hatte er ihnen nichts getan. Sie vertrieben ihn aus seinem Zuhause. Wir fordern, dass er wieder zurückkehren darf. Wir fordern, dass böse Menschen bestraft werden. Wir fordern, dass wir als ... " Oumpf stockte und schaute unsicher zu Kimba. ".. empfindsame Wesen," sagte Kimba und lieferte Oumpf damit die fehlenden Worte. "Ja... das wollen wir, dass die Menschen uns so sehen und behandeln. Das war alles."

Oumpf ging wieder zu seinem Platz und setzte sich.
 

Richter: "Was hat die Gegenseite dazu zu sagen? Herr Bürgermeister, Sie haben das Wort."

Der Bürgermeister erhob sich und begann: "Nun... zunächst einmal will ich festgehalten haben, dass weder Beweise für die Tat vorgelegt wurden, noch irgendwelche Verdächtigen, geschweige denn Schuldigen genannt werden konnten. Man kann nicht durch die Stadt gehen, sich auf gut Glück eine handvoll Bürger heraussuchen und hoffen, dass man die richtigen bestraft. Erst recht nicht, ohne Beweise für die Tat."

Oumpf: "Er hat es uns gesagt. Das ist der Beweis. Wir lügen uns nicht an."

Richter: "Ruhe bitte, der Bürgermeister ist an der Reihe!"

Bürgermeister: "Vielen Dank. Aber wir können ja gleich mit der Befragung der Zeugen beginnen. Ich rufe also nacheinander ... den da...," er zeigte auf Oumpf, "und das vermeintliche Opfer in den Zeugenstand."
 

"Ihr müßt jetzt noch mal ausführlich Schildern, was geschehen ist und dabei auch die Fragen des Bürgermeisters beantworten," erklärte Kimba den anwesenden Sumpfzombies.
 

"Äh... Oumpf. In welcher Beziehung stehst du zu dem vermeintlichen Opfer?" begann der Bürgermeister.

"Wir sind nicht Mann und Frau, weil er und ich Männer sind."
 

Den anderen Beteiligten - ausser den Sumpfzombies - war klar, dass Oumpf den Begriff ein wenig falsch gedeutet hatte.

"Ich meinte eher, ob du sonstwie mit dem Opfer verwand oder verschwägert bist."

Oumpf schaute fragend erst den Bürgermeister an dann in die Runde.

Der Bürgermeister verdrehte innerlich die Augen: "Sowas von blöde. Ich dachte bislang, je blöder der Gegner, umso einfacher ist er auszutricksen. Aber wenn er zu blöde ist und noch nicht einmal kapiert, dass ich ihn in eine bestimmte Richtung locken will..." dachte er sich verärgert.

"Gehören das Opfer und du zu ein- und derselben Familie?"
 

"Alle von uns sind Familie. Auch er. Wir sind große Familie," sagte Oumpf. Der Bürgermeister grinste.

"Dann kann nur einer von euch rechtsgültig vor Gericht aussagen, solange es keine weiteren Beweismittel gibt. Keine weiteren Fragen. Ich rufe das vermeintliche Opfer in den Zeugenstand."
 

Ein anderes Sumpfzombie schlürfte in den Teil des Restaurantes, der nun mittels einiger Bretter als Zeugenstand zu deuten war.

"Kannst du Namen nennen, wer dich angegriffen hat?" begann der Bürgermeister.

"Nein."

"Kannst du ihre Gesichter beschreiben?"

"Nein."

"Kannst du uns wenigstens die genaue Anzahl von den Leuten nennen, die dich angegriffen haben?"

"Nein."

"Und wie sollen wir dann diejenigen ausfindig machen?"

Das Sumpfzombie schwieg.

"Damit denke ich, hat sich die Sache mit der Bestrafung der möglichen Täter erledigt. - Sofern sie sich überhaupt zugetragen hat. Im Zweifel wird bei uns für den Angeklagten entschieden. In diesem Falle sind das die Bürger der Stadt, da keine Einzelpersonen genannt werden konnten. Ich plädiere also dafür, dass die Behauptung, Bürger meiner Stadt hätten dieses Unrecht begangen, zurückgenommen wird. - Zumal eine mögliche Gruppe von Tätern auch aus anderen Regionen hätte kommen können."

Richter: "Hat die Verteidigung etwas dagegen vorzubringen?"
 

Oumpf und Kimba schauten sich an. Keiner von ihnen hatte eine Ausbildung als Anwalt hinter sich.
 

Richter: "Damit ist der erste Punkt, die Forderung nach Bestrafung der Täter des hier vorgebrachten Falles mangels Beweisen abgelehnt. Es bleibt der zweite Punkt, die Forderung nach Menschenrechten für diese Gruppe an Wesen."
 

Bürgermeister: "Dazu habe ich nichts zu sagen, da das nicht in meine Zuständigkeit fällt."

Richter: "Mit welcher Begründung fordert der Kläger Menschenrechte für seine Gruppe ein?"

Oumpf: "Wir sind Menschen. Nur anders."

Richter: "Menschenrechte können nur empfindsame Lebewesen mit erhöhter Intelligenz erlangen. Dass ihr dies seit, muß bewiesen werden."
 

Oumpf: "Ich sage, wir können fühlen. Auch Schmerzen von Knüppeln von Menschen."

Richter: "Nun, das mag sein. Aber wie sieht es mit tieferen Gefühlen aus? Die Frage nach Empfindsamkeit bezieht sich nicht auf das Wahrnehmen äusserer Einflüsse, sondern auf das vorhandensein einer Seele."
 

Oumpf schaute Kimba an.

Kimba: "Natürlich haben sie eine Seele, wie alle Lebewesen die ich kenne. Ich kann das von jedem Tier sagen und von Oumpf und seinen Leuten ebenso."

Richter: "Dies müßte erst bewiesen werden."

Kimba: "Wie soll man denn das Vorhandensein einer Seele beweisen?"

Bürgermeister: "Tja, ohne das wird es wohl nichts werden mit Menschenrechten für Monster."

Ein ärgerliches Raunen ging durch die anwesenden Sumpfzombies.

Richter: "Bitte: Ordnung! Es geht hier nicht mehr um ihre Angelegenheit."

Bürgermeister (grinsend): "Natürlich nicht. Ich bitte um Verzeihung."

Kimba: "Wie sollen wir das Beweisen? Das müßt ihr doch wissen, denn ihr behauptet doch von euch selbst, dass ihr eine Seele habt."
 

Der Richter stutzte. Mit so einem Konter hatte er nicht gerechnet. Aber er war ja auch nicht auf den Kopf gefallen:" Nun, wir Menschen haben den Begriff Seele für unser Innerstes selbst erfunden und definiert. Also wissen wir selber, dass wir eine Seele haben. Andere müssen es uns erst beweisen."

Kimba schnaubte ärgerlich die Luft durch die Nase. Offenbar wollte der Richter den Sumpfzombies einfach eine Seele absprechen und ihnen damit auch die Menschenrechte verweigern.
 

Richter: "Wenn die Anklage keine weiteren Argumente vorzubringen hat, werde ich den Ersuch ebenfalls mangels Beweisen ablehnen."

Er hob den Hammer, um die Sache abzuschließen.
 

"Moment!" rief eine Stimme aus dem Hintergrund. Der Richter und der Bürgermeister schauten auf. Ein junger Mann in einer schwarz-blauen Robe schritt durch die Reihen nach vorne.

"Die Anklage hat in der Tat noch einige Punkte und Beweismittel vorzubringen."
 

"Subco!" rief Kimba und war erfreut, diesen Menschen wiederzusehen, obwohl er in jüngster Zeit durchaus nicht nur positive Gefühle für ihn hegte.

Der Richter und der Bürgermeister schauten einander an. Wollte etwa ein Mensch dafür sorgen, dass jene Wesen mehr Rechte erhalten würden?
 

"Als Oberbefehlshaber der Imperialen Streitkräfte weiß ich über alle Aktivitäten meines Geheimdienstes bescheid. Der Vorfall, dass einer von diesen Leuten dort aus seiner Behausung vertrieben wurde, wurde von unseren Kameras detailliert festgehalten. Wir konnten jeden einzelnen Angreifer identifizieren. Das Beweismaterial wird in kürze öffentlich bereitgestellt."
 

Dem Bürgermeister rutschte die Kinnlade herunter: "Heißt das, sie spionieren uns aus? Und sie beobachten unbescholtene Bürger?"
 

Subco: "Selbstverständlich - und das nicht zu knapp. Nur dass wir nicht nur spionieren - wir analysieren detailliert jede Bewegung jedes Bewohners auf diesem Planeten."

Bürgermeister: "Unverschämtheit! Mit welchem Recht tun sie das?"

Subco: "Es entspricht den imperialen Gesetzen."

Darauf wußte der Bürgermeister nichts zu antworten. Eigentlich wollte er jetzt erst recht empört tun, doch der Subco - wenn dieser Mensch wirklich der war, der er vorgab zu sein - wußte eventuell auch die ein oder andere Sache über ihn und daher wollte er ihn so lieber nicht herausfordern.
 

Subco: "Zu der zweiten Sache muß ich dem hohen Gericht eine Frage stellen."

Richter (etwas unsicher): "Nur zu."

Subco: "Verlieren Menschen ihre Menschenrechte, wenn sie krank oder verstümmelt werden?"

Richter: "Selbstverständlich nicht."

Subco: "Dann haben diese Menschen dort," er zeigte auf die Sumpfzombies, "genau dieselben Rechte wie jeder andere Mensch auf diesem Planeten. Die Tatsache, dass sie als Dschungelkämpfer genetisch verändert wurden, um besser den Lebensbedingungen hier angepaßt zu sein, entspricht zwar der Tatsache der Verstümmelung, ist jedoch kein Grund ihnen die Menschenrechte zu entziehen."

Dem Bürgermeister und dem Richter standen die Münder offen. Mit so einer Wendung hatten sie nicht gerechnet.

Oumpf: "Aber ich kann mich nicht an Menschen erinnern."

Subco: "Kein Wunder: Kein Mensch wäre glücklich darüber, wenn das mit ihm gemacht worden wäre. Also wurden alle betreffenden Personen einer Hirnwäsche unterzogen, die sowohl das Gedächtnis von der kompletten Erinnerung befreite, als auch gewissen geistigen Schaden hinterließ und sie gleichzeitig auf die Tötung von Menschen in einer bestimmten Uniform programmierte. Damals waren das die Soldaten der Ugandischen Armee, die sich gegen die Interessen der Nato gestellt hatten und damit ausgelöscht werden mußten. Die benötigten Beweismittel kann ich ihnen bei Bedarf jederzeit öffentlich zur Verfügung stellen, Herr Richter."
 

Der Richter wischte sich den Schweiß von der Stirn.

Richter: "Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück. Bitte warten sie auf die Verkündung des Urteils."

Der Richter stieg wieder in seinen Wagen und blieb dann mit leicht apathischem Gesichtsausdruck sitzen. Der Bürgermeister setzte sich wenige Sekunden später dazu.
 

Bürgermeister: "Was denken Sie wirklich darüber."

Richter: "Es spricht rechtlich nichts dagegen, ihnen die Menschenrechte zu verleihen. Und wenn tatsächlich detailliertes Beweismaterial gestellt wird, werden auch die an der Vertreibung beteiligten Leute nicht vor einer Verurteilung davonkommen. Was soll ich also verkünden?"

Bürgermeister: "Nun, sie können ruhig jeden einzelnen von ihnen zu einer Geldstrafe von etwa 1500.- verurteilen. Das Geld kommt und geht schließlich ins Stadtsäckel. Was mich nur stören würde wäre, wenn dieses Viech wieder in meine Stadt kommen dürfte. Denken sie sich was aus! Wenn ich meine Bürger erst an die Monster gewöhnen muß, werden die es mir womöglich bei der nächsten Wahl übel nehmen. Eine Umschulungskampagne für erhöhte Toleranz dauert viel zu lange und kostet zu viel."
 

Einige Minuten später kam der Richter wieder zu seinem Platz.

Richter: "Der Prozess um die Gewalttäter ist vertagt auf den Moment der Verfügbarkeit der Beweismittel. Sofern diese wirklich so hinreichend sind, wird jeder der Angreifer mit einer empfindlichen Geldstrafe zu rechnen haben. Die Frage der Menschenrechte für die Sumpfzombies muß von einem höheren Gericht, nämlich dem Verfassungsgericht entschieden werden. Sofern sie es sich tatsächlich um genetisch veränderte Menschen handelt, dürften die Chancen ganz gut stehem, dass diese Forderung akzeptiert wird. Bis diese Frage endgültig entschieden ist, schlage ich vor, dass die Kläger mit allen Rechten in dem Dschungel hier leben dürfen. In die Stadt dürfen sie jedoch nicht eindringen, um weitere Mißverständnisse und womöglich weitere gewaltätige Auseinandersetzungen zu vermeiden."

Der Hammer schlug wieder auf dem kleinen Holzbrett auf. Das Urteil war gesprochen und der Richter und der Bürgermeister waren wieder unterwegs zurück zur Stadt.
 

Lukas schreckte auf. Er sah, dass er den Controller in den Pfoten hielt. Die Musik eines der ersten Level seines Spieles dudelte ungestört weiter vor sich hin. Voller Entsetzen und mit viel Ekel vor sich selbst und dem Gerät warf er den Controller von sich.

"Das darf doch wohl nicht wahr sein!" dachte er sich völlig fertig. "Ich sitze hier schon wieder und spiele. Dabei wollte ich doch unbedingt mit Wildcat reden, damit sie nicht mehr so sauer auf mich ist. Aber wie soll ich das bloß schaffen, wenn ich nur an das Spiel denken muß, um wieder von allem anderen abzukommen. - Die Hausaufgaben habe ich natürlich auch noch nicht gemacht. - Und ich wollte doch mit Piwi das Floß bauen, dass er sich seit etlichen Wochen wünscht. - Ich weiß jetzt einfach nicht mehr weiter..."

Verzweiflung stieg in dem kleinen Geparden auf. So langsam wurde ihm bewußt, dass er gegen sich selbst - oder genauer: gegen sein eigenes Verlangen nach dem schnellen Spaß am Spiel - keine Chance hatte. Eigentlich hätte er so schnell wie möglich wegrennen sollen, um so schnell wie möglich von dem Spiel wegzukommen, doch statt dessen saß er nur wie gelähmt da und begann ein langes und ausdauerndes Geheul.
 

"Menschen böse!" rief ein Gestrüpp mit schwarzer Masse darinnen.

"Menschen behandeln uns schlecht!" rief ein anderes Gebilde aus faulenden Ästen.

"Wir gehen zu Menschen und zeigen ihnen: wir können uns wehren." rief ein drittes Sumpfzombie. Die gesamte Gruppe war in Aufruhr. Auch wenn sie nicht gut sprechen konnten, sie hatten genau bemerkt, was für eine Farce das Urteil doch gewesen war. Alles aufgeschoben und nur vage Zusagen. Jetzt sollten die Menschen der Stadt dafür zahlen.

"Haaaalt!" rief Oumpf laut und bestimmt. "Wir sind wirklich nicht so wie Menschen. Auch wenn wir früher welche waren. Also wenden wir keine Gewalt an. Wenn Menschen Glück haben, sie werden sich weiterentwickeln und auch erkennen: Gewalt ist keine Lösung."

Oumpf hatte gesprochen und obwohl die anderen noch merklich sauer waren auf die Menschen, hörten sie auf ihren Anführer. Denn sie wußten: Er hatte recht.
 

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Nächster Teil: Kimba 23 - "Soldaten"

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 23 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Soldaten"

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"Guten Morgen Kimba! Schön, dass du jetzt schon auf bist: Da kannst du mir gleich mal beim Aufladen der großen Melonen helfen."

"Mach ich doch gerne, Daniel," antwortete der weisse Löwe.

Gemeinsam schleppten Kimba und Daniel die großen, schweren Früchte in das kleine Lager, das auf dem Dach des Restaurants aufgebaut war.

"Du Daniel?" begann Kimba.

"Ja?"

"Wolltest du nicht mal ein spezielles kleines Essen für die Schulkinder zusammenstellen? Wie weit bist du denn damit?"

"Ach herrje. Das hätte ich jetzt beinahe vergessen," lachte der alte Mandrill und ging schnell wieder die Stufen der Leiter hinab in die Küche.

"Nicht zu fassen, wird der auf seine alten Tage noch vergesslich...," dachte Kimba.

"...vergesslich..."

In Kimbas Kopf begann ein Denkprozess.

"..vergesslich..."

Genaugenommen war es ein Erinnerungsprozess.

"Moment mal," bemerkte Kimba, "Daniel ist doch gestorben. Wieso ist er denn wieder hier?"
 

"Weil der Subco meint, es sei besser für dich."

Kimba erschrak. Wieder stand Daniel vor ihm, doch er sah so seltsam leblos aus, obwohl er mit ihm redete.

"Was ist geschehen? Warum das auf einmal?" rief Kimba.

"Du funktionierst besser für ihn, wenn ich richtig funktioniere," sagte der alte Affe und grinste dabei dämonisch.

"Wie meinst du das?" fragte Kimba erschrocken.

"Sieh her," antwortete Daniel und klappte die eine Seite seines Kopfes wie eine Schranktür auf. Als er danach den Kopf drehte, sah Kimba viele kleine Zahnräder, die sich drehten. "Er hat mich gut programmiert."
 

"Oh nein! Das darf nicht wahr sein!" rief Kimba.
 

"Genauso wie er dich gut programmiert hat," fügte Daniel hinzu. Kimba fühlte sich augenblicklich merkwürdig. Er spürte, dass irgendetwas in seinem eigenen Kopf tickte und summte. Wie von Geisterhand öffnete sich auch Kimbas rechte Kopfhälfte und das Summen und Ticken wurde lauter. Kimba schwante Schreckliches. Er fasste sich mit seiner Pfote an die Stelle, die gerade freigelegt worden war und er spürte, wie sich kleine Zahnräder drehten. Ihm wurde schlagartig bewusst, dass auch er nur eine bloße Maschine war.
 

Doch plötzlich spürte er ein Ziehen im Kopf und auch, wie einige der Zahnrädchen sich von der Seite seines Kopfes lösten. Es klapperte und klirrte. Einige Zahnräder fielen zu Boden einige andere hingen noch an seiner Pfote, als er sie sich vor die Augen hielt, um Gewissheit zu bekommen, dass das wirklich geschehen war.
 

"Achtung! Fehler im Objekt! Achtung! Fehler im Objekt!" ertönte plötzlich von überall her eine metallische Stimme.

"Neuproduktion starten! Reserveeinheit aktivieren!" schallte plötzlich die Stimme des Subcos von überall her.
 

Eine Wand mit Vorräten in Regalen wurde nach oben in die Decke gezogen und dahinter kam ein zweiter weißer Löwe zum Vorschein.

"Hier ist Kimba Version 14. Bereit zur Aufnahme der Befehle," sagte jener Löwe.

"Version 13 vernichten!" erschallte wieder die Stimme des Subcos.

"Version 13 wird vernichtet," schepperte die metallische Stimme durch den Raum. Um Kimba herum bildeten sich am Boden ein leuchtend roter Kreis. Kimba wollte sofort wegrennen, doch er kam nicht vom Fleck, als ob er gelähmt wäre. Dann verschwand der Boden unter Kimbas Füßen und er stürzte in ein tiefes schwarzes Loch. Feuer loderte in der Tiefe auf und als Kimba näher kam, erkannte er, dass er direkt in die Hölle stürzte. Er fiel direkt in einen Kessel mit siedendem Öl. Der Schmerz zerriss ihn fast und er spürte, wie sein Fleisch begann, sich aufzulösen. Als er den Blick wieder nach oben richtete, sah er den Teufel selbst auf sich zukommen. Es war der Subco und er war riesig und hielt einen glühenden Speer in seinen Klauen. Kimba wollte irgendwie aus dem Kessel hinaus, doch er konnte seine Glieder nicht bewegen. Als er wieder in den Kessel sah, erkannte er auch, warum: Einige Fleischfetzen schwammen auf dem siedenden Öl und seine blanken Knochen hingen an seinem sich auflösenden Hauptkörper.

"Deine Seele soll in die ewige Dunkelheit stürzen!" rief der Subco alias der Leibhaftige und Kimba sah nur noch den Speer auf sich zukommen. Dann spürte er den Aufschlag der glühenden Spitze.
 

"AAAAAAHHHHH!" schrie Kimba.

"Kimba! Alles in Ordnung?" fragte Rahja besorgt.

Kimba schaute sich um. Er lag an seinem Schlafplatz und es war tiefe Nacht.

"Es scheint fast so, als hättest du einen kleinen Albtraum gehabt, kann das sein?" fragte Rahja und legte beruhigend ihre Pfote um Kimbas Schultern.

"Ja... doch... einen kleinen Albtraum..." brachte Kimba Stück für Stück hervor.
 

Als Kimba zusammen mit seinen Freunden am nächsten Morgen frühstückte, sah er eine kleine Kolonne von Wagen auf das Dorf der Nomaden zufahren.

"Sieht aus wie ein Militärkonvoi," bemerkte er. "Ich frage mich, was die dort wollen?"
 

Dasselbe fragten sich auch die staunenden Nomaden, als die Wagen sich schließlich den schmalen Pfad zum Dorf hochgequält hatten und in der Dorfmitte stehen blieben. Ein Soldat mit zwei Reihen Orden untereinander stieg aus dem zweiten Wagen und bekam ein Megaphon in die Hand gedrückt.
 

"Aaaaaaaaaaachtung!" schallte keine 10 Sekunden später eine staubige Stimme durch den ebenso staubigen Trichter.

"Im Zuge der Rezivilisierung erhält dieser Ort von der Regierung des Zentral-Ostafrikanischen Staatenbundes ab sofort Unterstützung. Die Kompanie 08 steht mit ihrer Abteilung Nr. 15 ab sofort hier vor Ort zur Verfügung, um die Aufgaben der in wenigen Monaten folgenden Zivilstellen bereits jetzt auszuüben. Wir bitten um ihre Unterstützung, damit wir unsere Aufgaben glorreich durchführen können."

Die Bewohner schauten einander an. und wussten nicht, was sie davon halten sollten. Wieder schallte es durch den Trichter:

"Aaaaaaaaab sofort wird die ruhmreiche Abteilung 08/15 einen Polizeischutz hier etablieren. Dies wird solange beibehalten, bis genügend Polizisten in der Hauptstadt ausgebildet worden sind, um diese Aufgabe qualifiziert ausüben zu können."

Ein allgemeines Grinsen machte sich auf den Gesichtern der Bewohner breit.

" - Was nicht heißen soll, dass unsere ruhmreiche Abteilung weniger gut dazu in der Lage wäre," fügte der Typ mit seinem Zweireiher an Orden hinzu.
 

"Und wozu das Ganze?" fragte eine Stimme aus der Ansammlung an Dorfbewohnern. "Wir sind hier doch schon zivilisiert und Verbrechen gabs bei uns bisher auch nicht."

"Das geschieht auf Befehl unseres weisen Staatsoberhauptes. Das ist der Grund," glaubte der Typ mit der Flüstertüte eine präzise Antwort auf die Frage des Bewohners gegeben zu haben.
 

Währenddessen versuchte ein weißer Löwe seinen "netten Traum" aus der letzten Nacht zu verdrängen, während er mit jemandem sprach, der darin vorgekommen war.

"Hmh, kann sein, dass er süchtig ist. - Wieso auch immer," beantwortete der Subco Kimbas zuvor gestellte Frage.

"Und was meinst du, sollen wir tun? Das ganze Gerät zerstören?"

"Das wäre nur solange eine Option, wie er nicht mitkriegt, dass in der Stadt noch einige Dutzend weitere solcher Spiele herumstehen. Und die könnt ihr dann nicht zerstören."

"Und was für eine Möglichkeit gäbe es stattdessen?"

"Ich denke, wenn ich an dem Computer dort einige Veränderungen vornehme, wird er mit der Zeit immer weniger Interesse an dem Spiel haben... lass mich nur machen."

"Ok."
 

Der Subco schaute Kimba merkwürdig an. "Du, Kimba? Stimmt etwas nicht? Du klingst so anders als sonst. Du verhälst dich auch anders als sonst... irgendwie abweisend."

"Äh... es ist nichts weiter. Ich hab nur gerade an einen Traum von heute Nacht gedacht. Alles in Ordnung, " versuchte Kimba der Wahrheit so nahe wie möglich zu kommen.

"Ein Albtraum, nicht wahr? Über sowas denkt man am längsten nach, während man die schönen meistens gleich wieder vergisst. Erstaunlich, nicht wahr?"

"Ja... und irgendwie beängstigend...," meinte Kimba.

"Keine Bange, da brauchst du dir keine Sorgen zu machen - solange du nicht dem Teufel selbst begegnest," lachte der Subco.

Kimba lachte mit, auch wenn er meinte, dass ihm das Lachen fast im Halse stecken blieb.
 

"Und was wird das, wenn es fertig ist?" fragte ein Dorfbewohner einen Soldaten, der gerade mit leichter Verwirrung über einen Bauplan schaute und offenbar weder Anfang noch Ende fand.

"Wir bauen ein Gerichtsgebäude. Dort wird dann der Richter für dieses Dorf seine Urteile sprechen, wenn er in zwei Monaten hier eintrifft."

"Aber wir haben doch bereits ein Gerichtsgebäude - und einen Richter haben wir auch schon."

"Das alte Gebäude entspricht nicht den neuen Vorgaben der neuen Regierung. Es muss eine Doppeltür am Eingang sein und die Einrichtung muss aus europäischer Buche bestehen und nicht aus Eiche, wie beim alten Gebäude. Nur ein solches Gebäude soll als Gerichtsgebäude zugelassen sein."

"Und warum diese Änderungen?"

"Weil es die Regierung so beschlossen hat."

"Aber warum hat sie es beschlossen?"

"Was weiß ich - musst du halt selber mal nachfragen."

Der Bewohner verdrehte die Augen: "Und warum kommt ein neuer Richter?"

"Weil das ein staatlich anerkannter Richter sein muss."

"Aber wir haben doch bereits einen staatlich anerkannten Richter - sogar mit Diplom."

"Das zählt alles nicht mehr. Die alten Staaten sind zerfallen, wir haben eine neue Regierung und daher zählen nur noch die Richterscheine der neuen Regierung."

"Kann der den nicht nachmachen? Er hat immerhin 10 Jahre lang studiert?"

"Klar kann man das. Er muss sich halt anmelden und dann warten, bis er an der Reihe ist."

"Und wie lange dauert das?"

"Keine Ahnung. Etwa 5 Jahre."

"Für den neuen Schein muss er 5 Jahre nachmachen?"

"Nein. Jeder neue Richter erhält den Richterschein nach genau 3 Wochen. Das andere ist bloß die Wartezeit, weil zuerst alle Umschüler geschult werden. Also alle die, die vor wenigen Wochen noch Arbeitslos waren oder keinen Schulabschluss hatten und sich für die Richterlaufbahn interessierten."

"Aber unser Richter hat doch schon 10 Jahre studiert. Da weiß der doch schon viel mehr und keiner von den 3-Wochen-Typen kann auch nur annähernd was gescheites zustande bringen."

"Es soll halt eine Mindestqualität sichergestellt werden, und die wird nur mittels dieses Richter-Kurses verliehen. Das geht halt nur mit staatlicher Anerkennung."

"Aber..."

"Und jetzt lass mich in Ruhe arbeiten!"

Der Bewohner klappte seinen Mund zu und ging ärgerlich von dannen. Das konnte ja nichts werden...
 

Ebenso ärgerlich - wenn nicht sogar noch ärgerlicher - war ein anderes Wesen einige Kilometer vom Dorf entfernt: Lukas saß vor einem Computer, auf dem das gewisse Spiel nicht mehr lief. Und als er sich den Computer - oder besser: den Inhalt der Festplatte - ein wenig genauer angesehen hatte, wusste er auch warum: Irgendjemand hatte das Spiel gelöscht. Und zwar so, dass auch Befehle wie "undelete" oder der Griff in den Papierkorb auf der eigentlichen Benutzeroberfläche erfolglos blieben. Höchst verärgert rannte er wieder zu Kimba los.

"Tja... das hat der Subco aus dem Computer entfernt. Genaugenommen hat er es gelöscht und überschrieben, wie er mir sagte." antwortete Kimba ruhig, nachdem Lukas erster Tobsuchtanfall halbwegs abgeklungen war. Dann wartete er auf das Ende des zweiten, der mit einem unüberhörbaren 'Neeiiin' begann und schließlich mit einigen personenbezogenen Schimpfworten endete.

"Und wir haben es nur für dich getan," fügte Kimba noch hinzu und wartete dann das Ende des dritten Tobsuchtanfalles ab.
 

Die Bewohner des Dorfes staunten Bauklötze. Der Grund dafür war die erneute Bauaktivität der Soldaten, die offenbar gerade eine Ampel errichteten. Der bekannte, sehr runde Mann ging daraufhin zu den Soldaten.

"Was soll das hier werden? Eine Ampel?"

"Ja. Für Verkehrssicherheit."

"Hier gibt es aber keine Autos."

"Eine Ampel gilt aber laut Anordnung auch für Pferdewagen und Fußgänger." warf der erklärende Soldat ein und hielt dem Oberhaupt der Nomaden ein Büchlein mit Verkehrssicherheitsregeln unter die Nase. Dieser staunte nur und hielt entgegen, dass es im gesamten Zeltdorf nicht eine einzige Straße gäbe, wo ein Auto oder gar ein Wagengespann durchpassen würde. Der Soldat stutze darauf, grübelte eine Weile herum und ging dann zu der Stelle etwas außerhalb des Dorfes, wo die Fahrzeuge der Einheit geparkt waren. Dort sprach er eine Weile mit dem Typen mit den zwei Reihen Orden auf der Brust und kam dann schließlich mit einem weiteren Stück Papier zurück.
 

"Und was soll nun geschehen?" fragte das Oberhaupt der Dorfbewohner.

"Wenn hier keine Straße entlang läuft, an die eine Ampel gestellt werden muss, bauen wir eben eine. Auf Befehl unseres glorreichen Hauptmanns wird ab sofort eine Straße durch das Dorf hier gelegt.["] Der dicke Mann, seine Frau und auch der Dorfälteste schauten einander an und die übrigen Dorfbewohner taten das ebenfalls. Es dauerte einige Zeit lang, bis sie endlich begriffen hatten, was für einen Schildbürgerstreich diese Einheit gerade aufstellte.
 

Ebenso ratlos wie die Dorfbewohner (nur aus anderem, bekannten Grunde) saß Lukas vor dem Computer, der außer der Kommandozeilen Ebene oder wahlweise der visuellen Oberfläche scheinbar nichts mehr für ihn zu bieten hatte. In der letzten Stunde hatte er sich nur bestätigen können, was er bereits die gesamte Zeit lang vermutet hatte: Das Spiel war unwiederbringlich gelöscht worden. - Was ihn auch nicht weiter erstaunte, da der Subco selbst aktiv gewesen war. Und wer sollte sich besser auskennen und auch die letzten Tricks und Kniffe zur Wiederherstellung des Programms ausschalten können? Lukas schaute wieder zur Bordtür. Draußen war es noch hell. Genauso hell, wie zu dem Zeitpunkt, als er wieder das Innere des Wracks betreten hatte. Das letzte Mal, dass dies der Fall war, war... - er überlegte einige Sekunden - ... bevor er das erste Mal gespielt hatte. Ihm war langweilig, genauso wie beim ersten Mal und er suchte nach etwas anderem, das ihm Spaß machen könnte. So ging er schließlich wieder nach draußen und schlug eine wohlbekannte Richtung ein: Zum Abenteuerberg.

Wildcat sties Piwi an. "Siehst du, genau das hatte Kimba vorausgesagt."

"Ja, wir sollten uns beeilen. Nicht, dass er uns noch hier im Gebüsch entdeckt."
 

Am nächsten Morgen war die Straße schon fast fertiggestellt. Das war auch keine sonderlich große Leistung, da das eigentliche Anlegen der Strasse eher aus dem Wegreissen von Häusern, Steinen und Büschen bestand, als im Straßenbau an sich. Als der Hauptmann, also der Zwei-Reihen-Orden-Mann, zufrieden auf das Werk seiner Einheit schaute, bemerkte er, dass die Bewohner des Dorfes grinsend an der Dorfschenke beisammen saßen - und irgendetwas sagte ihm, dass er und seine Einheit der Grund für diese leichte Heiterkeit sein könnten. Er schaute also einmal kritisch auf seine Orden, putzte einmal mit dem Staubtuch darüber und schritt dann zu der kleinen Versammlung der Einheimischen.

"Guten Tag zusammen," begrüßte er so höflich, wie es sein Charakter gerade noch zuließ, die Leute. Deren Grinsen schien beim Näherkommen immer breiter geworden zu sein und entsprechend mühsam war es auch für den Hauptmann, sein Lächeln beizubehalten. "Sie scheinen sich ja prächtig zu unterhalten. Darf man fragen, worüber Sie sich so freuen?"
 

Der sehr dicke Mann wollte sich erheben, lies diesen Akt der Schwerstarbeit dann doch lieber bleiben. "Ach, wir denken uns nur gerade die skurrilsten Gründe aus, warum ein Auto über diese Straße fahren sollte."

Die Augen des Hauptmannes schienen den Inhalt seines Gehirns wiederzuspiegeln. Als der Nomadenchef die beiden Fragezeichen in den Augen des Hauptmannes sah, erklärte er es noch ausführlich, wieso auf dieser speziellen Strasse, die vor dem Dorf als Abzweigung an der Hauptstrasse begann und 100 Meter hinter dem Dorf endete, mit Sicherheit keine Autos verkehren würden. Und es war kaum zu glauben, aber der Hauptmann schien doch tatsächlich den Grund verstanden zu haben. Er ging daraufhin zurück zu seinen Leuten, nahm seine Flüstertüte in die Hand und gröhlte hindurch: "Aaaaaaachtung! Die Strasse wird sofort auch im hinteren Teil an das Straßennetz unseres glorreichen Staates angeschlossen! Alle Mann aaaaaantreten!"
 

Die Soldaten bauten in den nächsten zwei Tagen die Strasse bis wieder zurück auf die Hauptstrasse. Doch der Hauptmann wunderte sich, dass noch immer keine Autos auf der Strasse entlang fahren wollten. So schickte er Leute zur Hauptstrasse, die jeden fragen sollten, warum sie weiter auf der Hauptstrasse blieben, anstatt den Nebenweg in das Dorf zu benutzen. Das Ergebnis der Untersuchung war, dass Abzweigung und Einmündung des Weges auf der Hauptstrasse nur wenige Kilometer auseinander lagen und alle Leute lieber 4 Kilometer geradeaus fuhren, als etwa 20 Kilometer kreuz und quer durch den Busch. So saß der Hauptmann dann auch übel gelaunt und deprimiert in seiner Limousine am Rande des Dorfes, als ihm schließlich eine geniale Idee kam. Nach einem lauten "Ich habs!" rief er seine Leute zu sich und schickte sie den Weg hinunter zur Hauptstrasse.
 

Danach passierte eine Weile lang gar nichts. Doch nach etwa einem halben Tag erzitterte plötzlich die Erde, als wenn ein Erdbeben gekommen wäre. Doch es war irgendwie anders und viel kürzer. Kurz danach fuhr ein mächtiger Donner über die Ebenen, Hügel und Täler von Dschungel und Steppe und noch etwas später ein guter Wind aus Richtung der Hauptstrasse. Die Soldaten kamen kurz darauf wieder im Dorf der Nomaden an.

"Befehl ausgeführt: Brücke gesprengt, Sir!" berichtete einer der Soldaten stolz. Der Hauptmann wandte sich an die Dorfbewohner: "Ab heute wird Verkehr über diese Strasse fließen. Damit kann diese Ampel ihren glorreichen Dienst verrichten."

Das war dann auch der Augenblick, wo sich alle Bewohner einig waren, ein Beschwerdeschreiben in Richtung Hauptstadt in Bewegung zu setzen. Doch der Hauptmann hatte zumindest damit recht: Der Verkehr fuhr jetzt notgedrungen durch das Nomadendorf und ärgerte sich über die Ampel, die niemandem Vorfahrt gewähren konnte - wie auch, wenn es nur eine Fahrtrichtung gibt?
 

Drei Tage später schlich Kimba durch das Gebüsch nahe des alten Flugzeug Wracks. Er wollte nach Lukas sehen, denn in letzter Zeit war die wieder häufiger und länger im Wrack gewesen. War er noch immer nicht vom Spiel losgekommen und suchte nun nach Möglichkeiten, es dennoch wiederherzustellen? Oder saß er einfach nur apathisch davor und wusste nicht, was er ohne sein Spiel tun sollte? Oder hatte er doch ganz andere Gründe?
 

Die letzten paar Meter schlich er am Flugzeugrumpf entlang, so dass Lukas ihn nicht zufällig schon früher bemerken konnte. Langsam kam die Tür immer näher. Das Spiel konnte er nicht hören. Auch nicht die üblichen Geräusche, die das Joypad gemacht hatte, als Lukas in seinen Exzessen darauf herumgeknetet hatte. Aber es war irgendetwas anderes zu hören... es klang ein wenig nach einem mühsamen Tippen auf der Tastatur des Computers. Doch warum sollte Lukas darauf herumtippen? Während sich Kimba wunderte, war er stehen geblieben. Er war noch gut zwei Meter vom Eingang entfernt, als plötzlich Lukas Stimme aus dem Inneren nach draußen drang: "Komm ruhig herein Kimba. Du störst mich nicht."

Ab da wunderte sich Kimba erst recht. Wie hatte der da drinnen es mitgekriegt, dass er sich gerade von draußen anschlich?
 

Als Kimba dann das Innere betrat, sah er Lukas vor dem Computer - Monitor sitzen und einige Zeilen beobachten, die gerade Reihe für Reihe in einem kleinen Fenster auf dem Bildschirm ausgegeben wurden.

"Sag mal, was machst du da eigentlich?" fragte Kimba verwundert.

"Ich konfiguriere den Computer um," antwortete Lukas und machte damit Kimba genauso schlau, wie er es zuvor war.
 

Jetzt wollte es Kimba wissen: Hat er seine Sucht überwunden oder hat sie sich neuerdings nur verlagert?

"Kommst du mit zum Abenteuerberg? Wir wollen das Floß von Piwi und Wildcat heute Abend zu Wasser lassen."

"Klar. Gib mir noch 5 Minuten, dann bin ich hier fertig für heute."

"Ok." Kimba ging nach draußen und wartete angespannt.

Würde er wirklich kommen?
 

Die Zeit strich an Kimba vorbei. Ebenso wie ein leichter Windhauch, der an diesem sowieso relativ kühlen Tag kaum Abkühlung bringen konnte. Es ging auf die Trockenzeit zu, doch das Wetter der letzten beiden Tage hatte die Temperatur noch mal richtig absinken lassen. Tagsüber hatte es fast den ganzen Tag lang gegossen, während Nachts der sternenklare Himmel jegliche Wärme in die obersten Schichten der Atmosphäre hatte entweichen lassen.

"Die Trockenzeit...," begann Kimba die Ereignisse wieder nacheinander abzurufen, die ihm und seinen Freunden seit einer unheilvollen Nacht geschehen waren. "Erst der Traum, dann der Wechsel in diese Welt, die Dunkelpiraten, die Kharu-Rota, die Suche nach der Wahrheit und der Vergangenheit, der Krieg mit und gegen die Außerirdischen, dann der Wiederaufbau, die Offenbarung des Subcos und das Finden der Wahrheit über sich selbst und diese Welt..."

"Ok, da bin ich!" rief Lukas und riss Kimba damit aus seinen Gedanken. Der weiße Löwe schaute den Junggeparden musternd an. Er schien glücklich zu sein und auf Kimbas Zuruf, jetzt gehen zu können, zu warten. Kimba lächelte. Er wusste jetzt, dass Lukas wirklich geheilt war - auch wenn er ab und an einige Stunden im Wrack verbrachte und irgendetwas an dem Computer herumbastelte.

"Na dann, lass uns gehen und das Schiff wassern!" rief Kimba ihm zu und sie liefen dann beide in Richtung Abenteuerberg, wo die anderen bereits auf sie warteten.
 

Die Post brauchte 5 Tage bis zur Hauptstadt. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit von Regierungsstellen für Post betrug ebenfalls 5 Tage. Der Funkruf vom Armee Hauptquartier zu der Einheit 08/15 brauchte keine 2 Sekunden. So waren die Soldaten 10 Tage nach Sprengung der Brücke auf dem Weg zu einem neuen Einsatzort. Die Sprengung der Brücke wurde als "Modernisierungsmaßnahme" deklariert und der Wiederaufbau brachte etwa 150 Arbeitslosen eine Beschäftigung. So brauchte der Staat ihnen keine Arbeitslosenhilfe zu zahlen, sondern nur das Gehalt, was ein erfolgreicher Schritt auf dem Weg zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit war.

Der Unteroffizier, der die Sprengung vorgenommen hatte, wurde auf einen entfernten Außenposten versetzt und der Hauptmann erhielt den ersten Orden für seine 3. Reihe.
 

Die Welt wurde mehr und mehr so, wie sie vor dem Großen Krieg einmal gewesen war.
 

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Nächster Teil: Kimba 24 - "Die Basis"

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 24 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Die Basis"

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"Ach, das waren noch Tage, als wir uns gemeinsam vor feindlichem Geschützfeuer ducken mußten und durch die schlammgefüllten Schützengräben krochen," schwelgte der alte Einauge in Erinnerungen. Er war der Veteran, der Kimba am Ende des Krieges vor den kommenden Ereignissen und auch vor den anderen Menschen gewarnt hatte. Zu Beginn des Krieges waren er und Kimba in derselben Einheit gewesen. Sie waren vor etlichen feindlichen Angriffen geflohen oder hatten an Angriffen ihrerseits gegen die Defrag teilgenommen und dabei in wenigen Tagen etliche Abenteuer erlebt. Beim letzten Angriff der Defrag, kurz bevor sich die Lage so sehr verschlimmerte, dass der Subco eingreifen mußte, hatte er sein linkes Auge verloren und seitdem den Spitznamen "Einauge" erhalten.

"Ja, ich erinnere mich noch immer sehr deutlich," ging Kimba weiter auf sein Gesprächsthema ein, "aber ich hoffe, dass ich das Meiste bald vergessen haben werde."

"Ja, der Krieg hat schon seine zwei Gesichter: Man lernt dabei die besten Kameraden und die schrägsten Typen kennen aber man bekommt auch seine ganze Härte zu spüren - besonders, wenn es den einen oder anderen deiner besten Kameraden erwischt."

"Oder wenn man sie umfunktioniert, so wie man es im Großen Krieg mit denen gemacht hat, die wir heute Sumpfzombies nennen. Ich möchte gar nicht erst wissen, welche komischen Befehle und Greultaten es da noch gegeben haben mag," fügte Kimba hinzu.

"Oh, dass läßt sich herausfinden," begann Einauge und ignorierte damit Kimbas Aussage, der das gar nicht näher wissen zu wollen schien. Vielleicht kannte er ihn aufgrund seiner Menschenkenntnis schon so gut, dass er um Kimbas Neugierde wußte oder er wollte einfach nur loswerden, was er wußte. "Es gibt hier in der Gegend nämlich noch eine sehr alte, geheime Basis. Dort liefen früher oder später alle Befehle zusammen, die die eigenen Befehlshaber erteilt hatten oder von den Feinden abgefangen worden waren. Da liegen bestimmt alle Aufzeichnungen herum, die du suchst."

"Hm," dachte Kimba, "das wäre schon interessant zu erfahren. Auch wenn ich wahrscheinlich wieder den ein oder anderen Albtraum davon kriegen werde."
 

Die Sonne stand schon senkrecht am Himmel, als etwas größeres, weisses und etwas kleineres, hellgebes mit leicht blau angehauchtem Farbton durch das hohe Gras der Savanne im Westen wanderten.

"Du Kimbaaa?"

"Ja?"

"Ich hab das noch immer nicht ganz verstanden. Warum muß Lukas ausgerechnet jetzt das Bild für Wildcat fertig malen? Immerhin wird das bestimmt ein Abenteuer, was wir in der Basis erleben werden. Und malen kann er danach auch noch."

"Nun Piwi, wie du weißt, war Wildcat ziemlich sauer auf Lukas, als der sie und uns wegen seiner Spielsucht vernachlässigt hat. Und als Lukas sich vor ein paar Tagen entschuldigte, wollte Wildcat das Bild eigentlich gar nicht mehr. Nun, und jetzt hat sie sich doch noch umentschieden und Lukas will es eben sofort machen, damit er es nicht nochmal vergißt oder Wildcat es sich nicht doch noch mal anders überlegt. Klar?"

"Ja aber trotzdem: Das ist doch schließlich Lukas. Sowas hat der doch bislang noch nie gemacht. Bisher ging immer das Abenteuer vor und Wildcat hätte ja auch mitkommen können."

"Wahrscheinlich hält sie jetzt 'Totenwache' über Lukas, damit der sich bloß nicht von seiner Aufgabe ablenken läßt," lachte Kimba, wunderte sich aber insgeheim auch ein wenig.
 

"Tach ihr beiden!" erschallte es plötzlich neben ihnen und Mbangi war es, der sie mit seiner Begrüßung um ein Haar unter die Erde gebracht hätte. Während Piwi erstmal ein paar Sekunden lang nach Luft schnappte, grummelte Kimba Mbangi an: "Mußte das sein? - Naja, guten Tag auch dir."

"Sorry, ich konnte es mir nicht verkneifen," lachte Mbangi. "Wo wollt ihr denn hin?"

"Äh, tut mir leid aber wir dürfen dir und anderen Menschen nichts von der geheimen Basis im Krähental erzählen, weil..." Piwi stockte. "Ups."
 

Kurz darauf befanden sich ein weißer Löwe, ein kleiner Gepard und ein junger Mensch auf dem Weg ins Krähental.
 

"Ok, da liegt es. Wohin gehen wir zuerst?" fragte Kimba.

"Zur Basis, dachte ich," meinte Piwi.

"Wir wissen doch noch gar nicht, wo die Basis liegt," entgegnete Mbangi.

"Aber fällt so eine geheime Basis mitten in einem Tal nicht auf?"

"Nein, Piwi. Nicht wenn sie getarnt ist. - Das sind übrigens jede Basis, wenn sie geheimen ist."

"Dann ist es ja einfach: Wir brauchen bloß nach einer Tarnung zu suchen. - Äh... wie sieht denn so eine Tarnung aus?"

"Piwi...," Kimba schüttelte den Kopf, "...das ist doch gerade der Sinn der Tarnung: Sie sieht so aus, wie die natürliche Umgebung, damit man sie nicht finden kann."

"Also müssen wir etwas finden, das möglichst normal aussieht?"

Kimba und Mbangi nickten zustimmend.

"Hm... als liegt die Basis... ," Piwi schaute über das gesamte Feld, "genau dort!"

Kimba und Mbangi schauten sich entsetzt an. "Wie kommst du denn darauf?"

"Ganz einfach: Von allen Grasarten der Steppe kommen nur dort alle zusammen gemischt vor. Ausserdem ist dort kein Hügel oder Busch zu sehen, wo man was verstecken könnte. Also muß dort die Basis liegen. Kommt!" erklärte der Miniatur-Gepard und stapfte munter drauf los. Mbangi und Kimba gingen kopfschüttelnd nach. "Kinder..." stöhnten sie gleichzeitig.
 

"Uuuaaaaahhhhhh..." schrie Piwi auf einmal und war vom Erdboden verschlungen worden - buchstäblich verschlungen. Schnell rannten Mbangi und Kimba zu der Stelle, wo zuvor ein niedliches Gepardenjunge gestanden hatte. - Und wären fast selber in das Loch gefallen. Auf dem Boden des Loches lag Piwi und hielt sich den Hintern.
 

"Au... ich glaube ich hab die Basis gefunden. Aber das nächste Mal findet die einer von euch. Das Finden tut nämlich weh."
 

Der Rost an der Eingangstür bröckelte mit den Farbresten an den Wänden um die Wette. Unter der manchmal aufkommenden Akkustik des von der Decke bröckelnden Putzes erzitterten einige Spinnen in ihren Netzen, die sie zwischen "keep clean" - Flächen und schmierigen Öltonnen gespannt hatten.

"Man, sieht das scheiße aus...," staunte Mbangi.

"Jetzt weiß ich, wieso die Basis verlassen wurde...," meinte Piwi und beäugte die größtenteils eingetrocknete Pfütze aus Schmieröl. "Hier würde ich auch nicht bleiben wollen."

"Früher sah die Basis sicherlich besser aus, Piwi," erklärte Kimba.

"Da wäre ich mir gar nicht mal so sicher...," korrigierte Mbangi vorsichtig.

Die Armeen, die früher zur Zeit des Großen Krieges in Afrika operierten, waren oft mehr als nur marode gewesen - sowohl von der Moral als auch von der Struktur und von der Ausrüstung her.
 

Als die drei tiefer in die Basis vordrangen und das Licht immer schwächer wurde, probierte Mbangi an einem Notstrom-Generator herum - ohne Erfolg. So wurden die Räume kurze Zeit später mit Fackeln aufgehellt. In einigen Räumen konnten die drei auf diese Weise ein mittleres Chaos sehen. Es schien fast so, als wären die letzten Soldaten, die diese Basis verlassen hatten, ziemlich übereilt abgereist.
 

"Wow. Seht euch nur mal diese riesen Zettelwirtschaft an. Vielleicht kann man hier schon etwas brauchbares finden. Laßt uns mal suchen," schlug Kimba vor und begann, die Zettelwirtschaft zu durchsuchen. Doch schon bald wurde klar, dass es sich bei diesen vielen Zetteln um nicht wirklich interessantes Material handelte: Materialanforderungen, Schadensmeldungen und Versetzungsanträge.
 

"Du Kimba, ich glaube die wichtigen Dokumente werden in irgendwelchen besonders gesicherten Schränken aufgehoben," beendete Mbangi nach einigen Minuten schließlich seine Suche.

"Aber wo könnten die bloß sein?" fragte Kimba nachdenklich.

"Meistens dort, wo der befehlshabende Offizier sitzt. Der hat in seinem Bereitschaftsraum meist einige besonders gesicherte Ablagefächer. - Vielleicht sogar einen gepanzerten Safe. Und der Bereitschaftsraum ist eigentlich fast immer in der Nähe von der Kommandozentrale."

"Und wo ist die dann?" schaute Kimba und war sichtlich erstaunt darüber, wie gut Mbangi sich auszukennen schien.

"Sowas liegt meistens dort, wo ohnehin viele Wege zusammenlaufen: Mittendrin. Ich schätze, wir werden automatisch dorthin gelangen, wenn wir noch weiter hinein gehen."
 

Die Gruppe begab sich also noch tiefer in den Schlund der toten Basis. Apropo 'tot' :

"Aaaaaaaaaaaaahhh," schrie Piwi entsetzt, als er im Flackerlicht der Fackeln in die grinsende Fratze eines mit Staub und Schmutz bedeckten Skelettes sah, das zusammengekauert zwischen zwei kubischen Behältnissen saß.

"Keine Angst Piwi," beruhigte Kimba das zitternde Wollknäul, das sich gleich nach dem Aufschrei gebildet hatte, "tote Menschen sind harmlos."

"He, wartet mal," begann Mbangi. "Das dort sieht aus, wie eine Zentrale... vielleicht ist es sogar die Kommandozentrale." Er deutete auf einen Raum, dessen Eingangstür halb offen stand. Dort drinnen standen etliche PC-ähnliche Gebilde, Tische mit Karten darauf und einige Tafeln aus Glas, von denen einige wenige sogar nicht kaputt waren.

Als sich die drei wenig später in jenem Raum umsahen, fiel ihr Blick sogleich auf eine Tür mit einem Wappen darauf. Dieses Wappen hatten sie schon öfters in der Basis gesehen, vor allem aber auf den vielen Scheinen und Briefen, die sie in einem der richtig chaotischen Räumen gefunden hatten.

"Meinst du...?" fragte Kimba Mbangi, der sogleich zustimmend nickte.
 

Vorsichtig öffneten unsere Freunde die Tür. Auch wenn sie von aussen nach massiver Eiche aussah, war es beim Anfassen und Bewegen offensichtlich geworden, dass es sich um eine schwer gepanzerte Tür handelte. "Wenn die verschlossen gewesen wäre, hätte der Typ da kein Loch im Kopf," meinte Mbangi und deutete auf das Skelett, das auf einem ehemals sicherlich sehr edlem Sessel saß, nun jedoch sehr zerfallen war und maximal Bundeswehr - Standart erreichte.
 

Reste einer Armee Uniform mit den Rangabzeichen eines Generales darauf waren die Indizien dafür, dass es sich tatsächlich um den früheren Oberkommandierenden dieser geheimen Basis gehandelt hatte - und es unterstrich die Bedeutung dieser Anlage, denn gewöhnlich waren Leute jenes Ranges nur in Villen, prachtvollen Ministerien oder in ABC- gesicherten Spezialbunkern zu finden - lebend, wohl gemerkt.
 

"Du, Mbangi... die Schubladen sind ja alle verschlossen," bemerkte Kimba, als er eine von ihnen öffnen wollte und mangels Erfolges auch die anderen der Reihe nach herunterprobiert hatte.

"Ich weiß...," mumelte der nur und fummelte ekligerweise an den Überresten des Generals herum. Nach wenigen Sekunden klimperte es in seiner Hand.

"Hier ist das, was wir brauchen," sagte er und machte sich daran, die Schlüssel nacheinander an den Schubladen auszuprobieren.
 

"Hier ist eine Kassette. Die muß man noch extra aufschließen," stellte Piwi beim Durchsuchen der Schubladen fest und hielt Mbangi sein Fundstück unter die Nase. In der Kassette befanden sich Aufzeichnungen mit einem aufgestempelten 'Top Secret'.
 

"Seht mal! Hier steht etwas über unsere Freunde aus dem Sumpf," rief Kimba und zeigte auf ein offenbar älteres Dokument mit bekanntem Stempel.

Auf diesem und zwei weiteren Dokumenten wurde die Mission 'Ehre und Freiheit durch Natur' beschrieben. Zwei Einheiten Elitekämpfer wurden dafür in den Busch geschickt und mit veränderten Lebensmitteln versorgt. Als dies nicht die gewünschten Mutationen hervorbrachte ( die im übrigen als 'positive Veränderung äußerer Merkmale zwecks Anpassung an das Einsatzgebiet' beschrieben wurden ), holte man sie wieder in die Basis zurück und impfte sie mit einem speziellen Virus, der diese Veränderungen effektiver vornehmen konnte. Da die betreffenden 'Objekte' sich bei der Durchführung bzw. dem Bekanntwerden des Zieles als nicht kooperativ erwiesen, wurden sie zudem geistig neu programmiert. Mit Hilfe psychogener Drogen, genetischer Restrukturierung des Gehirnes und per Elektrolyse einprogrammierter Strukturen wurde ihre Erinnerung an ihre eigene Vergangenheit ausgelöscht, ebenso wie ihr Interesse für ihr bisheriges Leben. Auch wurden ihnen bestimmte Zeichen als instinktiv feindlich und andere als instinktiv freundlich auf diese Weise einprogrammiert, so dass sie ausschließlich auf feindliche Einheiten losgehen würden und nicht auf eigene oder Verbündete. Danach wurden sie im Testgebiet ausgesetzt und einige Monate beobachtet. Einen endgültigen Bericht hatte es nie gegeben, da diese Basis offenbar vor Abschluß des Experimentes aufgegeben wurde.
 

"Ist ja ekelig: Die Menschen verwandeln ihre eigenen Leute in Monster, denen das Töten einprogrammiert ist," meinte Piwi und die anderen beiden nickten.

"Aber das tun nicht alle Menschen: Nur Genräle, verrückte Forscher und Politiker haben sowas getan," fügte Mbangi hinzu.

"Dann können nur böse Menschen diese Berufe erlernen?" wollte Piwi wissen.

"Nein, so ist das nicht. Das könnten alle Menschen werden," erklärte Mbangi erneut.

"Aber wählen tun es nur die Bösen?!" beharrte Piwi weiter.

"Nein, es gibt auch Gute - nur nicht so viele wie nötig."

"Aber böse Menschen tendieren zu diesen Berufen?"

"Bei Forschern ist das gar nicht der Fall. Und böse Menschen nehmen auch andere Berufe."

"Aber dennoch tun die anderen Bösen sowas schlimmes nicht. Und es gibt mehr Böse in diesen Berufen als in anderen. Oder nicht?"

Mbangi verdrehte die Augen. Wie konnte so ein kleiner, unschuldiger Gepard nur so hartnäckig nachfragen.

"Vielleicht machen ja die Berufe selbst böse?" überlegte Kimba.

"Wie sollte das denn gehen?" wunderte sich Mbangi.

"Weiß nicht... aber ich kenne so einen halbweisen Typen, den kann ich ja mal fragen. Vielleicht kann man was mit seiner Antwort anfangen," meinte Kimba und zuckte mit den Schultern.
 

"He, schaut mal: Das ist doch ein Foto von einem Dunkelpiraten!" rief Piwi auf einmal.

Tatsächlich hatte der Kleine einen ausführlichen Bericht über die Dunkelpiraten und deren Entstehung gefunden.

Ehemals als 8. und 9. Kompanie bekannt, waren einige bunt zusammengewürfelte Haufen in die unübersichtlichen Grenzgebiete im Norden des Landes geschickt worden, um die Stärke der feindlichen Armeen auszutesten. Diese deuteten den Aufmarsch so vieler Soldaten als Großoffensive fehl und schossen ihr komplettes chemisches und biologisches Arsenal auf diese beiden Kompanien ab. So verschwendeten sie ihre stärksten Waffen an kaum ausgebildeten und schlecht ausgerüsteten Soldaten aus dem einfachen Volk und die Aktion konnte als voller Erfolg vom millitärischen Oberkommando abgehakt werden.

Doch nur etwa die Häfte dieser beiden Kompanien war umgekommen. Die überlebenden hatten zwar teilweise massive organische Schäden hinnehmen müssen ( unter anderem eine Allergie gegen Sonnenlicht ), waren aber nach wie vor Kampf- und Lebensfähig. Als diese Menschen bemerkten, dass sie vom Oberkommando als Kollateralschaden abgeschrieben worden waren, desertierten sie und zogen raubend und mordend durch die Landstriche des Nordens. Gegen Ende des Krieges und auch noch danach drangen sie immer weiter gen Süden vor. Der Bericht endete mit einigen hektisch geschriebenen Zeilen, die am mit der Aussage 'Alles verloren: Sie kommen' eine Rache der Verratenen wahrscheinlich werden lies. Offenbar war dies der Grund für die Aufgabe der geheimen Basis gewesen.
 

"Oh man, ist ja voll krass: Diese ekligen bösen Dunkelpiraten sind eigentlich voll die armen Schweine," staunte Mbangi.

"So produzieren die Menschen also ihre bösen...," mumelte Piwi und kassierte sogleich ein 'Nein, nicht ganz...' von Kimba. "... es sind auch so schon genug böse Menschen vorhanden. Aber in diesem Fall hier stimmt es schon: Da wurden normale Menschen zu Monstern gemacht..." Kimba wollte offenbar noch etwas sagen, geriet dann aber ins Stocken. Ein anderes Dokument vor ihm hatte offenbar seine volle Aufmerksamkeit.

"Kimba...?" fragten Piwi und Mbangi.
 

Nach einigen Sekunden erhob Kimba wieder seinen Blick von dem Schriftstück. Es sah nicht so aus, als hätte er gute Nachrichten.

"Ich glaube...," begann er langsam, "... ich habe hier noch etwas viel krasseres."
 

Die beiden schauten ihn verwundert und unsicher an. Waren es sehr schlimme Nachrichten?

Kimba begann, langsam aus dem Dokument vorzulesen: "Für eine Verbesserung der Effektivität wurde beschlossen, das bereits getestete 'Schläfer-Programm' einzusetzen. Es wurden bereits mehrere tausend Kandidaten aus der eigenen und aus der feindlichen Zivilbevölkerung ausfindig gemacht, die ab sofort einzeln die Standartprogrammierung für einen Schläfer erhalten werden. Das Verfahren sieht vor, möglichst unauffällige Personen ohne ihr Wissen zu potentiellen Spezialeinheiten umzuwandeln, die bei Bedarf durch versteckte, verschlüsselte Sequenzen in Ton oder Bild aktiviert werden können. Sie sollen vorrangig zur Spionage, Sabotage und zum gezielten ausschalten einzelner Schlüsselpersonen dienen, die die Sicherheit unseres Staates bedrohen - unabhängig vom Alter, Geschlecht oder Zugehörigkeit der betreffenden Zielpersonen.

Hierbei wird vom Oberkommando darauf hingewiesen, dass einzelne, besonders geeignete Personen zu 'Vernichtungs-Schläfern' umgewandelt werden. Diese begeben sich nach ihrer Aktivierung an einen festgelegten Ort und lösen dann unbewußt eine biochemische Reaktion in sich aus, der 90% ihres Körpers zu einem Sprengsatz werden läßt, der durch Sauerstoff reagiert. Die Sprengkraft beträgt dabei etwa 10 tnt.
 

Alternativ dazu wurden einige weitere soweit umgewandelt, dass sie anstelle einer biochemischen eine rein biologische Reaktion auslösen und Krankheitserreger in sich freisetzen, die während der Umwandlung in einige ihrer beständigen Körperzellen hinzugefügt wurden. Die betroffenen Personen selbst wissen davon nichts.

Durch diese beiden Arten von 'Schläfern' ist das Oberkommando zuversichtlich, dem Krieg eine entscheidende Wende zu geben zu können."
 

Kimba schaute seine Freunde an. "Wißt ihr, was das bedeutet? - Jeder Mensch könnte eine Bombe oder der Ausgangspunkt für eine verheerende Seuche sein - und zwar ohne, dass derjenige etwas davon weiß."

Mbangi: "Oh man. Das ist ja eine Mega-Scheiße." Der Junge fühlte sich gar nicht mehr wohl in seiner Haut.

Piwi: "Kann man das nicht feststellen, wer betroffen ist?"

Kimba: "Nach diesen Dokumenten nur durch eine gründliche Untersuchung auf zellularer Ebene - was auch immer das heissen mag. Auf jeden Fall wird das nicht machbar sein, alle Menschen zu testen."

Piwi: "Der Subco ist doch sowas wie ein Gott, oder? Der kann das bestimmt."

Kimba überlegte. Wahrscheinlich hatte Piwi sogar recht. Aber mußte es ausgerechnet der Subco sein? Und dann noch mit seiner komischen Technologie, die Kimba doch so verabscheute?
 

Die Sonne war schon untergegangen, als die letzten Bretter ausglühten. In einem kleinen Tal, etwa 150 km nordöstlich von Kimbas Dschungel, hatte noch vor wenigen Stunden ein kleines, langsam wieder aufblühendes Dorf gestanden. Die Leute hatten zwar nicht viel gehabt, aber es hatte zum Leben gereicht und daher waren sie glücklich gewesen - doch zu der Zeit, als die letzten Bretter ausglühten, waren sie nicht mehr glücklich - sie waren tot. Und am Rande des Tales konnte man noch vermummte Gestalten sehen, die sich leicht humpelnd oder hinkend fortbewegten.
 

Erst jetzt, wo die Sonne untergegangen war, trauten sich die ersten von ihnen, ihre Schutzbrillen abzulegen und Teile ihrer merkwürdig krank aussehenden Haut mit dem Licht und der Luft von aussen in Berührung kommen zu lassen. Die Dunkelpiraten waren vor dem Krieg mit den Aliens von fast allen Landstrichen vertrieben worden und hatten lange Zeit wie Tiere in Höhlen gehaust - doch durch die Wirren des Krieges waren sie an Waffen und schweres Kriegsgerät gekommen. Seitdem zogen sie langsam durch das Land und hinterliessen auf ihren Raub- und Mordzügen nur verbannte Erde.
 

Regierungstruppen waren zwar auf ihren Fersen, doch sie waren nicht stärker als ihre Ziele und vor allem wußten sie nie, wo sich ihr Ziel gerade befand. Da die Marschrichtung dieser Truppen der Süden des Landes war, zogen sich einige zusätzliche Sorgenfalten über die Stirn des Subcos. Die ersten hatte sie schon erhalten, als die Sensoren seines Kommandoschiffes erneut die Anomalie im Gebiet des Mondberges anzeigten und er wiederrum nur mit Mühe den sensorischen Kontakt zu Kimba und seinen Freunden aufrecht erhalten konnte. "Ich frage mich, was in der Lage sein kann, die komplette imperiale Sensorenphalanx auszuschalten?"

Einige wenige Erinnerungsfragmente kamen in ihm auf, als er wieder auf dem Weg in sein Quartier war. Er dachte an einen Flug mit einem Shuttle, vor einigen Jahren, als er in die Parallelwelt gezogen worden war. Auch das Shuttle hatte solche sensorischen Probleme gehabt. Genaugenommen sogar solch starke, dass er das temporär erscheinende Wurmloch auf seinem Kurs übersehen hatte und sein Schiff bei der Kollision zerstört worden war. Seine Truppen hatten ihn damals nicht finden können, obwohl sie im richtigen System nach ihm gesucht hatten. Erst viel später hatten sie ihn entdeckt gehabt - an einem Ort, den sie zuvor schon erfolglos abgesucht hatten. Wo er zwischendurch gewesen war, war ihnen bis heute ein Rätsel geblieben. Lediglich die Vermutung, er wäre zwischendurch in eine parallele Welt geschleudert worden, hatte die Vorgänge damals erklären können. Der Subco schaute in seinem Quartier in einen Spiegel in seinem Badezimmer.

"Ob ich erneut Kontakt mit der Parallelwelt bekommen werde?"
 

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Nächster Teil: Kimba 26 - "Der Palast"

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 25 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Der Palast"

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"Der Wert der Ausstellung war auch von vornherein als ideologisch geplant gewesen. Es sollte ein Ruhmespunkt für die damals regierenden des Landes und der Region darstellen. Dies jedoch wurde verschwiegen, da die Kosten für jene Expo derartig hoch waren, dass es niemals die Zustimmung der Bevölkerung gefunden hätte. Warum?"

Kimba schaute sich um und musterte seine Schüler. Eigentlich müßten sie die richtige Antwort wissen.

"Weil die durch die Steuern die Kosten tragen müßten," antwortete Wildcat schließlich."Richtig, gut gemacht! Und mit welchen Argumenten hatte die Politik versucht, es der Bevölkerung schmackhaft zu machen?"
 

Doch noch bevor jemand antworten konnte, unterbrach Cheetah alias 'die Dschungelpost' den Unterricht: "Kiiiiiiimmmmmbaaaaaa!"

In seiner liebenswert-hektisch-panischen Art schmiß Cheetah schnell eine Reihe an Satzteilen und Wörten durch die Gegend: "Kommen hierher! Waffen! Sind Viele ! Norden! Piraten! Süden! Dunkel! ... Ähhh... Was wollte ich sagen?"

"Beruhige dich erstmal, Cheetah und dann nochmal langsam von vorne."

Cheetah atmete einmal tief durch und begann: "Die Dunkelpiraten kommen zurück! Sie haben jetzt Waffen und sind viel mehr als damals. Im Moment sind sie noch im Norden doch alle Tiere, die ich gefragt habe, bestätigten, dass sie nach Süden ziehen." In dem Moment verzog sich seine halbwegs ruhige Mine zu einer weinerlich-panischen Grimasse: "Sie wollen sich bestimmt an uns rächen und werden uns alle aufschlitzen!!! *WÄÄÄÄÄHHHH*"
 

Kimba verdrehte die Augen. Konnte der sich nicht ein wenig zusammenreissen? Zumindest vor den Kindern? Sein eher aufgelöstes Verhalten änderte jedoch nichts an der Dringlichkeit der Nachricht und der Gefahr, die die Dunkelpiraten darstellten.
 

"Werden uns die Soldaten der Menschen nicht beschützen? Hier in der Nähe gibt es doch ein Nomadendorf, da waren doch letztens Soldaten," wollte Wildcat wissen.

"Die können uns nicht helfen, weil die zur Stadt beordert wurden. Es gibt hier einfach zu wenig Soldaten, als das die gesamte Gegend geschützt werden könnte," fügte Cheetah hinzu und blieb dabei erstaunlicherweise halbwegs ruhig.
 

"Also sind wir auf uns alleine gestellt," stellte Kimba fest.

"Was machen wir denn jetzt?" fragte Piwi vorsichtig und man sah dem kleinen deutlich an, dass er große Angst hatte.

"Wir brauchen auf jeden Fall einen Ort, wo sich all die schwachen Tiere verstecken können...," überlegte Kimba.

"Wir könnten eine Festung bauen!" rief Lukas, "So eine richtige Burg mit hohen, dicken Mauern und Zugbrücke - so wie in Zelda III."

Kimba, Piwi und Wildcat schauten Lukas ein wenig irritiert an. Einfach eine Burg nach Vorbild eines Computerspieles bauen? War der denn noch ganz dicht?
 

Rahja ging ein paar Schritte weiter in die Mitte der Versammlung. "Also ich finde diese Idee super."

Fast alle Tiere schauten einander fragend an. Kimba verlor innerhalb weniger Sekunden seinen kritschen Gesichtsausdruck. "Also ich finde die Idee auch ganz gut," stimmte er schließlich Rahja zu.

Piwi warf einen fragenden Blick auf Wildcat, die daraufhin nur mit den Schultern zuckte und schließlich auch zustimmte: "Tja... die Idee ist schon mal besser als gar nichts. Ich bin auch dafür."

Piwi nickte augenblicklich ebenso stimmten mittlerweile auch alle übrigen Tiere dem Vorschlag zu.
 

"Wißt ihr auch wie man sowas baut?" fragte der alte Streuselkuchen (von sich selbst auch Kampfzahn genannt) eine seiner typischen, allesvernichtenden Fragen. Ein allgemeines Kopfschütteln war die Folge.

Kimba seufzte: "Wenn Daniel noch hier wäre..." und dachte weiter: "... aber wegen dieser komischen Sache, die der Subco angeleihert hat... moment mal: Der Subco..."

"Ich glaube, der Subco müßte in der Lage sein, uns dabei zu helfen. Ich werde ihn sobald wie möglich fragen," erklärte er dann den anderen.
 

Eine halbe Stunde später stand Kimba alleine auf einem kleinen Stück freiem Feld, bereit, den Subco zu rufen.

"Subco! Hörst du mich?"
 

Irgendwo in Deutschland mußte DJ Mark'Oh kräftig nießen. Und beim Lesen dieser Textstelle mußte noch ein anderer Mark in jenem Lande nießen.
 

Wenige Augenblicke später materialisierte sich der Subco neben Kimba. "So, ihr wollt also versuchen, eine Burg zu bauen?" Kimba nickte. "Na dann laß mal hören, was ihr von mir so alles darüber erfahren wollt."

"Naja, womit fangen wir an und was brauchen wir alles? Und wie führen wir das dann durch?"
 

Der Subco grinste einige Sekunden lang und erklärte Kimba in den folgenden zwei Stunden die grundlegensten Dinge in Sachen Projektmanagement und Produktion. Von der Analyse, was alles gebraucht wird, über das Aufstellen von einem Produktionsplan bis zur Aufteilung in einzelne Arbeitsschritte. Kimba brummte schon der Schädel, als der Subco endlich zum Ende kam.

"... und die Statik dafür könnt ihr entweder per Hand berechnen oder Lukas den Auftrag geben, das per PC zu berechnen. In jedem Fall sollte das Ergebnis nochmals kontrolliert werden. - Und keine Sorge: Notfalls kannst du mich immer noch mal fragen."

"Apropo fragen: Ich wollte dich noch etwas ganz anderes fragen. Und zwar ob bestimmte Berufe böse machen," fiel es Kimba ein.

In den Augen des Subcos konnte man deutlich zwei Fragezeichen sehen.

Kimba konkretisierte ein wenig: "Also ich war letztens mit Piwi und Mbangi in einer verlassenen, geheimen Kommandobasis aus der Zeit des Großen Krieges. Und da haben wir einige Dokumente gefunden, wo einige Greultaten von Menschen beschrieben worden sind. Da wurden irgendwelche Leute aus der Bevölkerung zu Versuchzwecken mißbraucht und andere üble Sachen. Und da kam die Frage auf, ob diese Greultaten nur von bestimmten Menschen gemacht werden. Wir glaubten dann nämlich, dass das eventuell nur von Soldaten, Wissenschaftlern und Politikern gemacht wird."
 

Der Subco nickte nachdenlich. "Ja, ich glaube, ich habe die Frage verstanden... und ich kann sie mit einem eindeutigen 'Jain' beantworten. Es hängt schon ein wenig mit den Berufen zusammen - zumindest bei denen, die ganz an der Spitze ihres Berufes stehen - aber das, was du beschreibst, sind lediglich die Symptome und nicht die Ursache der Bösartigkeit."

Kimba (verwundert): "Häh?"

"Nun, da spielen eigentlich gleich zwei Faktoren im Hintergrund ihre Rolle: Zum einen die Macht und zum anderen das nicht-bestraft-werden."

Kimba wiederholte seine vorige Aussage mit noch deutlicherer Intonation.

"Nehmen wir zum einen die Macht. Die Macht selbst ist immer neutral - so wie ein Schwert. Erst derjenige, der die Macht ausübt, läßt die Macht gut oder böse erscheinen. So kann ein Krieger mit seinem Schwert für Liebe und Gerechtigkeit stehen...," während dieser Worte hörte man im Fernen Japan 11 Nieser, "... oder aber Terror und Gewalt über das Land verbreiten. Die Macht verstärkt also bloß das, was ein individuelles Wesen generell bereits ist. Doch auch ohne böse Absichten läßt sich eine Menge Unheil anrichten, wenn man über große Macht verfügt. Zum einen, weil einem nach dem Umgang mit immens großer Macht das Fingerspitzengefühl für die einzelnen, weniger mächtigen Wesen verloren geht, zum anderen weil man bei vermeintlich kleinen Fehlern mit großer Macht bereits eine große Wirkung erzielt. Wenn ich während einer Raumschlacht beispielsweise versehentlich mal einen der Anti-Quanten-Torpedos auf einen bewohnten Planeten schießen würde, hätte ich damit wahrscheinlich ganze Spezien und Kulturen ausgelöscht. Und das bei nur einem einzigen Fehlschuß in einem Gefecht, wo mehrere hunderttausend solcher Waffen abgefeuert werden. Leider muß ich zugeben, dass ein Versehen bei den Greultaten von Menschen extrem selten ist. - Egal, ich gehöre ja nicht mehr richtig zu dieser Spezie... öh... ich schweife ab.

Der andere und vor allem für das Ausmaß an bösen Taten entscheidende Grund ist der, dass Menschen in aller Regel von Grund auf böse sind. Gewöhnlich bemerkt man das nicht, da sich die Menschen an Gesetze halten und sehr wohl in der Lage sind, gut und böse voneinander zu unterscheiden. Doch sie halten sich leider nur so lange an geschriebene oder vereinbahrte Gesetze, wie sie Angst haben müssen, bei Gesetzesbruch bestraft zu werden."

Kimba unterbrach den Subco: "Findest du das nicht ein wenig zu krass, gleich alle Menschen als von Natur aus böse einzustufen?"

"Ich habe nie behauptet, dass es alle sind. Es gibt einige wenige Ausnahmen, etwa 3 unter einer Milliarde Menschen. Ganz genau ließ sich das nicht feststellen, da die Begriffe von gut und böse dehnbar sind. Wenn ich mich schlimm verrechnet habe, könnten es sogar um die 40 von einer Milliarde sein oder eben 5 von einer Billion. Der Rest ist zwar traurig und durchaus krass, doch leider nur zu wahr. Siehe dir nur an, was die Menschen tun, wenn sie glauben, nicht bestraft oder zumindest nicht erwischt zu werden: Bei Naturkatastrophen und ähnlichen Ausnahmezuständen oder Kriegen fangen Menschen, die normalerweise ganz unauffällig sind, an zu plündern, zu vergewaltigen und zu brandschatzen. Weil sie eben meinen, in der Situation würde kein Polizist kommen und sie vors Gericht zerren. Oder eben wenn Menschen eine Stellung inne haben, in der sie so gut wie gar nicht kontrolliert werden können. In solchen Situationen, wo sie genau wissen, dass ihnen bei einem Fehlverhalten nichts geschehen wird, da zeigen sie dann ihren wahren Charakter, der ansonsten von der bloßen Angst vor Strafe in Grenzen gehalten wird."

Kimba schaute nachdenklich in die Leere. "Ich fürchte, da ist zumindest was wahres dran," mußte er zugeben.

"Ich war selber lange genug ein Mensch und noch heute bin ich es zum großen Teil. Ich weiß also, wovon ich rede. Auch in mir hat das Böse gesteckt und ein wenig davon steckt noch heute in mir. Doch mein Wille ist ein Guter und weil ich mir außerdem der Existenz des Bösen in mir bewußt bin, kann ich es völlig unter Kontrolle halten. Schlimm sind nur die Menschen, die Böses wollen und solche, die zwar gutes wollen, aber glauben, in ihnen würde nicht das Böse stecken. Es steckt nämlich in jedem Menschen und man kann diesen inneren Gegner nur dann bekämpfen, wenn man sich seiner Existenz bewußt ist. Alles andere führt zu einer schleichenden, vollständigen Übernahme des Bösen."

"Ich glaube, an diese Sicht der Dinge muß ich mich erstmal gewöhnen, bevor ich dazu etwas sagen kann," meinte Kimba. "Aber anfangs hast du gesagt, dass Menschen von Natur aus böse seien. Aber was ist denn mit diesen kleinen, unschuldigen Babys, die geboren werden? Willst du die auch als 'böse' bezeichnen?"

"Ja."

Kimbas folgender Blick war eine deutliche, nicht akkustische Frage.

"Nein, bin ich nicht," beantwortete dieser seine Frage. "Es liegt vielmehr daran, dass der Begriff selbst eben nicht deutlich genug definiert ist. Um es dir etwas klarer zu machen, sag ich auch: Ja, sie sind auch unschuldig."

Kimbas Fragezeichen in seinen Augen wuchsen in diesem Moment auf eher galaktische Ausmaße. "Wie kann das sein? Unschuldig und dennoch böse?"

"Im Prinzip ist es einfach: Das, was auf diesem Planeten als böse bezeichnet wird, ist eigentlich eine Kombination von Egoismus und Rücksichtslosigkeit. Die Kinder, von denen du gesprochen hast, sind noch nicht in der Lage, diese Begriffe oder ihre Bedeutung auch nur zu erfassen - geschweige denn, sie zu bewerten und in ihr Leben zu integrieren. Nimm doch ein Neugeborenes: Es schreit, wenn es zum Beispiel Hunger hat. Dabei ist es ihm egal, ob seine Eltern gerade schlafen wollen. Es kennt ihre Bedürfnisse nicht und hat selber aufgrund seiner wenigen Fähigkeitkeiten andere Probleme, als sich darum zu kümmern. Wenn sich jedoch ein Erwachsener so verhalten würde, sähe die Sache schon anders aus, weil dieser über die notwendigen Fähigkeiten und Einsichten verfügt, sich aber aus Bequemlichkeit nicht daran hält. Soweit alles klar?"

Kimba nickte halbautomatisch und der Subco dachte sich seinen Teil. "Werde ich ihm die Hälfte davon später eben nochmal erklären."
 

In dem alten Flugzeugwrack war wieder neben dem Summen des Generators hektischen Tippen zu hören. Dann ein lauter Seufzer.

Es war eben sehr anstrengend für einen Geparden wie Lukas, mit seinen Krallen die richtigen Tasten zu treffen. Er hatte von Kimba den Auftrag erhalten, die Statik für das Gebäude zu berechnen und war daher die letzten zwei Tage mit dem Lesen von Büchern und dem Abändern von Programmen beschäftigt gewesen. Doch inzwischen liefen seine Programme relativ sicher und die ersten Ergebnisse standen auch schon fest. Wildcat stand unbemerkt an der Tür und schaute ihm zu, wie er an diesem seltsamen Gerät namens Computer arbeitete. "Da kann er doch tatsächlich mal mit diesem Wissen was anfangen und sich nützlich machen," staunte sie und betrachtete den jungen Geparden dabei so genau, wie selten zuvor.
 

Sira und Casy hielten nicht viel davon, sich wie die anderen beim Schleppen von Steinen 'den Rücken in den Arsch zu kriegen' wie es Sira so schön formuliert hatte. Statt dessen halfen sie in der Küche und es gab endlich mal ein paar weitere Gerichte, als die zu denen Pauley und Tommy fähig gewesen waren. - Nicht dass diese viel besser gewesen wären - oder auch nur im geringsten besser - aber es waren immerhin andere.

Unterdessen schleppte Tommy unter Aufbietung all seiner Kräfte zwei kleine Baumstämme über die Baustelle. Pauley flatterte hektisch von einem Platz zum anderen und überbrachte Nachrichten wie 'mehr Steine' oder 'wir brauchen mehr halbierte Baumstämme'. Die weniger schnellen kleinen Tiere halfen dabei, die Ecken und Löcher in den bereits errichteten Wänden mit kleinen Steinchen zu füllen, halt jeder so, wie es ihm seine Kraft erlaubte.

Auch Kimba selbst half mit aller Kraft mit und ohne die Hilfe der ganz großen Tiere war das auch sehr nötig gewesen. - Zumal die Nachrichten von den immer näher kommenden Dunkelpiraten häufiger wurden. In wenigen Tagen würden sie den Dschungel erreicht haben.
 

Im Dorf der Nomaden herrschte Aufruhr.

"Sie werden uns töten!"

"Sie werden uns auffressen!"

"Sie werden uns in die Hölle stürzen!"

Die üblichen Schreckensrufe hallten durch die Gassen und die Leute machten sich gegenseitig noch mehr Angst, als sie ohnehin schon hatten.

"Wo sind denn jetzt die Soldaten? Jetzt könnten wir sie gebrauchen?" fragten die Leute verängstigt ihren Anführer, den sehr breiten Mann, der in seinem ebenso breiten Sessel saß und grübelte.

"Sie schützen nur die große Stadt," antwortete ein anderer. "Warum nicht uns?" fragte wieder jemand anderes. Ein Stimmengewirr brach los und wurde immer schlimmer. Schließlich erhob sich der Anführer der (Ex-)Nomaden und es wurde augenblichlich fast totenstill im Versammlungszelt.

"Wir müssen uns selbst helfen. Entweder müssen wir in die Stadt fliehen oder wir müssen den Tieren beim Aufbau ihrer Schutzburg helfen und hoffen, dass diese gut genug ist, um den Angriff der Dunkelpiraten abzuwehren."

"Wir können nicht in die Stadt, die Dunkelpiraten haben uns bereits den Weg dorthin abgeschnitten. Wir würden ihnen direkt in die Arme laufen!" rief einer.

"Dann müssen wir Kimba um Hilfe bitten," entschied der Anführer der Nomaden.
 

Einige Tage lang zogen die Dunkelpiraten nahe der Stadt entlang. Juri durfte Kimba in dieser Zeit nicht mehr besuchen kommen, ebenso wurde Mbangi von seinen Eltern angewiesen, im Dorf zu bleiben. Die Piraten waren sehr viel mehr als früher und dieses Mal zudem schwer bewaffnet. Sie verfügten ebenso über Waffen aus menschlichen Beständen wie einige einzelne Kampfsysteme der Aliens. Genaugenommen waren es einige Handfeuerwaffen der Rekar und einige schwerere Kampffahr- und -flugzeuge der Defrag. Eines Morgens war es dann soweit und man konnte vom Dschungel aus dunkle Rauchschwaden am Horizont erkennen. Allen war klar: Die Dunkelpiraten würden auf ihrer nächsten Runde um die Stadt herum auch durch den Dschungel kommen - und mit Sicherheit waren einige unter ihnen, die von Kimba, den Nomaden, den einheimischen Dorfbewohnern und den Leuten des ehemaligen Flüchtlingstreks wußten. Sie würden sich sicherlich gerne für ihre Vertreibung revanchieren wollen. Gegen Mittag überbrachten die als Boten ausgesandten Vögel Nachricht, dass die Piraten tatsächlich auf den Dschungel zuhielten. Unterwegs hatten sie noch einen Fernzug überfallen, der unvorsichtiger Weise durch das Gebiet gefahren war. Kimba wies alle Tiere des Dschungels an, unverzüglich die Schutzburg aufzusuchen, die mit Hilfe der Nomaden gerade so noch fertig geworden war. Als die Abenddämmerung einsetzte, waren die Piraten an der Grenze des Dschungels angekommen.
 

"Wir dürfen sie nicht einfach so angreifen lassen, also kommen alle, die kämpfen können, mit mir mit. Zum einen müssen wir die Farm verteidigen. So kurz vor der Ernte würden die bestimmt alles mitgehen lassen. Zum anderen dürfen wir sie nicht zu einem konzentrierten Angriff auf den Palast kommen lassen. Ich weiß nämlich nicht, ob der das aushalten würde."

"Ein paar sollten vielleicht doch hier bleiben und beim Verteidigen helfen," meinte der Anführer der Nomaden und Kimba gab ihm Recht.
 

Ein in schwarzen Lumpen gekleideter Dunkelpirat schaute durch ein hochtechnisches Fernglas mit Nachtsicht und Zoom-Funktion.

"Was glaubst du, was das ist?" fragte er einen anderen Dunkelpiraten, der neben ihm stand. Dieser hatte bereits seine Sonnenbrille abgenommen und schaute mit zwei gelb und rot unterlaufenen Augen angestrengt in die Richtung des Palastes. "Das scheint eine Art Schutzburg zu sein."

"Ja, das glaube ich auch. Ich habe da Viecher drin gesehen. Solche Viecher, die unsere Freunde von hier vertrieben haben. Aber auch Menschen."

"Wollen wir unsere Truppen dorthin schicken?"

"Nein. Die scheint gut gebaut zu sein. Hinmarschieren ist sinnlos. Die sollen lieber zur Farm marschieren und uns Vorräte mitbringen."

"Willst du die da drinnen etwa entkommen lassen?"

"Nein, natürlich nicht," grinzte der mit schwarzen Lumpen gelkleidete Dunkelpirat und zeigte auf einige der Waffensysteme, die seine Einheit mitgebracht hatte: Mehrere Mobile Raketenwerfer standen relativ sauber in einer Reihe und zeigten bereits in die Richtung, wo sich beispielsweise Tommy, Lukas, Dodi, Wildcat und die anderen Jungtiere befanden und sicher fühlten.

"Diese netten Dinger werden sie in Stücke reissen. Harr, harr, harr, harr harr!" lachte er und mußte aufpassen, dass er sich seine kranke Lunge dabei nicht in Stücke riß.
 

Kimba hatte unterdessen mit einigen anderen Tieren und Menschen die Vorhut der Dunkelpiraten erfolgreich von der Farm fernhalten können. Bereits mitten im Dschungel hatten sie einen Überraschungsangriff auf sie gestartet und sie recht schnell in die Flucht geschlagen. Doch Kimba mußte seinen Trupp neu formieren und zog sich daher langsam wieder in Richtung der Farm zurück, um andere Truppen der Dunkelpiraten abfangen zu können. Der Anführer der Nomaden meldete sich über Funk: "Keine Feinde in der Gegend um den Palast. Sie haben ihn definitiv gesehen aber anstatt auf uns zu zu marschieren, ziehen sie sich zurück. Weiß einer von euch, was die vorhaben? Bitte melden!"
 

Kimba schaute verwundert einige Tiere und Menschen seiner Gruppe an, aber die wußten auch nicht, was los sein könnte.

Da kam plötzlich Pauley angeflogen:

"Ohje, ohje: Große Gefahr!

Raketenwerfer sind ganz nah!"

"Was ist los, Pauley?" wunderte sich Kimba. "Was meinst du mit 'Raketenwerfer'?"

Einer der Nomaden erklärte es: "Das sind Fernwaffen. Sie werden irgendwo in der Ferne abgefeuert und fliegen über weite Strecken bis in ihr Ziel. Raketen haben eine enorme Durchschlagskraft."

"Oh nein! Wird die Schutzburg das aushalten?"

"Wohl kaum. Gegen Gewehrkugeln wäre sie sicher. Vielleicht auch gegen Handgranaten oder eine Panzerfaust. Aber die modernen Raketen sind einfach zu stark."

"Dann müssen wir sie irgendwie aufhalten! Weißt du, wie man das macht?"

"Ja, aber wir können sie nicht aufhalten, wenn sie schon abgeschossen sind. Dazu haben wir keine Ausrüstung. Wenn wir sie nicht am Start hindern können, ist es zu spät."

Cheetah sprang plötzlich aufgeregt herum: "Seht doch, dort: Der halbe Horizont leuchtet auf!"

Alle drehten sich herum und sahen, wie viele kleine leuchtende Punkte aus einem kleinen Feuermeer aufstiegen und hoch in der Luft auf sie und den Palast zuflogen.

"Sind sie das?" fragte Kimba.

"Zu spät..." meinte der Nomade.

"Ich muß sie warnen!" rief Kimba und wollte losrennen.

"Du wirst zu spät kommen!" rief Cheetah.

"Es ist für alle innerhalb der Schutzburg zu spät für eine Warnung. Die anderen können wir noch per Funk anweisen, in Deckung zu gehen und zu beten," versuchte der Nomade ruhig zu bleiben, was ihm nur mit Mühe gelang.
 

Plötzlich leuchtete es grell über ihnen auf. Als sie hoch schauten, sahen sie, wie alle Raketen an einer Barriere in der Luft zerplatzten.

Der Dunkelpirat in den schwarzen Lumpen schaute verwundert und verärgert gleichermaßen auf das Spektakel: "Was zum Henker...?"

Wenige Sekunden später verschwamm die Luft und es enttarnte sich ein imperialer Kreuzer. An seinen Flanken leuchteten zwei dunkelrote Punkte auf, die sich aufeinander zu bewegten. Als sie sich trafen, erzeugten sie einen rötlich leuchtenden Energiestrahl, der einmal quer über die Raketenwerfer und die Dunkelpiraten dort strich. Alles, was getroffen wurde, löste sich augenblicklich in Luft auf. Die anderen Dunkelpiraten im Dschungel und in der Steppe gerieten in Panik und flohen.

"Wow," meinte der Nomade mit dem Funkgerät und konnte seinen Blick kaum vom Kriegsschiff lassen, dass etwa 1 Kilometer über der Erde schwebte.
 

"Hurra!" rief Cheetah. "Der Subco hat uns gerettet!"
 

Am nächsten Morgen...

"Subco? Komm mal bitte her, ich will mit die sprechen!" rief Kimba, der ein wenig in die Steppe gegangen war, um eine ungestörte Unterhaltung führen zu können. Außerdem erschien der Subco in der Regel nicht, wenn viele andere in der Nähe waren.
 

Es dauerte etwa eine Minute, bis sich der Subco materialisierte, was Kimba recht lange vor kam. Länger als sonst.

"Guten... Morgen, Kimba," begrüßte er den weißen Löwen und sah irgendwie verschlafen aus.

"Nanu? Bist du ein Langschläfer?" fragte Kimba ihn grinsend.

"Nein, nicht so sehr. Aber der imperiale Tagesrythmus entspricht nicht dem der Erde. Ich bin vor etwa 3 Stunden zu Bett gegangen. Aber sag, was los ist."

"Nun, ich wollte mich erst einmal für deine Hilfe bedanken. Du hast meinen Freunden in der Schutzburg das Leben gerettet."

"Gäääähhhhnn... geschehen," gab der Subco müde von sich.

"Und dann hätte ich noch gerne von dir gewußt, wieso du uns erst eine Schutzburg bauen läßt, wenn die doch sinnlos gegen den Angriff der Dunkelpiraten war. Du hast doch mit Sicherheit gewußt, was für Waffen die mit sich herumschleppen."

"Ja, wußte ich. Aber der Bau eines solch großen Gebäudes ist eben eine nützliche Erfahrung für dich gewesen. Eigentlich für jeden von euch. Hat mal wieder etwas den Zusammenhalt gestärkt und du hast erste Erfahrungen als Projektmanager gemacht. Die wirst du später mal gut gebrauchen können."

Kimba faßte sich an den Kopf.

"Unglaublich... die ganze Arbeit nur, damit unser guter Zusammenhalt noch ein wenig verstärkt wird und ich Projekt Erfahrungen kriege," schüttelte Kimba den Kopf. "Und was machen wir jetzt mit dem Ungetüm? Einen echten Angriff kannn es kaum abwehren..."

"Richte es einfach etwas gemütlicher ein, und da wird ein schöner Palast draus. So eine Art Zentrum des Dschungels. Das hatte es früher übrigens auch schon mal gegeben, nur das du zu der Zeit damals schon älter warst. Glaub mir, die wird schon ihre Funktion haben."

"Ein Palast... wozu bloß...," überlegte Kimba.
 

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Nächster Teil: Kimba 27 - "Teile und Herrsche"

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 26 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Teile und Herrsche"

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Die Sonne stand schon hoch am Himmel und die Schule war seit kurzem wieder aus. So konnten Kimba, Mbangi und Juri über die Ereignisse der letzten Zeit plaudern.

"Nun... und daher hat der Doc eben einen Kristall Leuchter aufgehängt, der alle Farben wirft. Nur eben die grünen und braunen nicht zur Theke hin. Und ich habe noch immer keine Ahnung, wie der das hingekriegt hat," berichtete Mbangi gerade von dem Club.

"Sag mal...," begann Juri, "hat der Doc nicht letztens eine neue Hose gehabt? Oder ist das wer neues, der da so verboten rumläuft?"

"Nö, das ist tatsächlich der Doc gewesen. Hat er aber schnell sein gelassen. Die rosa Lackhose sah halt einfach nur schwuchtelig aus und außerdem..."
 

Die Unterhaltung wurde von lautstarkem, tierischen Gezeter unterbrochen. Dodi und Lukas trugen offenbar gerade lautstark eine Meinungsverschiedenheit in Tiersprache aus.

"Was ist denn mit den beiden los?" fragte Juri den kopfschüttelnden Kimba.

"Es geht um ein Schulprojekt. Wir sollen jeweils zu zweit ein Projekt durchführen und die Ergebnisse presentieren. Und die beiden streiten sich gerade darum, wer nun der Leiter ihres Projektes sein soll."

Lukas hatte sich inzwischen aufrecht hingesetzt um besser Luft zu kriegen: "Du kannst doch noch nicht einmal ein Meßglas richtig aufstellen! Du hast einfach zwei linke Pfoten!"

Dodi lief schon leicht rot an: "Was hat das denn bitteschön mit der Projektleitung zu tun? Du bist doch zu faul fürs Schreiben und viel zu schlampig, die Ergebnisse richtig zu messen."

Lukas: "Hat das etwa mehr mit der Leitung zu tun? Schreiben und ablesen kannst du auch unter meiner Aufsicht!"
 

"Oh, man...," stöhnte Juri auf, "Das ist ja schon so schlimm wie mit der besten Freundin meiner Freundin und deren Schwester: Die zanken auch immer wegen solchen belanglosen Dingen und haben keine Argumente."

"Ach, du hast ne Freundin, kleiner Casanova?" grinste Mbangi.

"Ich bin ja wohl fast zwei Jahre älter als du! Du bist doch bloß neidisch, weil du selber noch keine hast," entgegnete Juri und Mbangi verging das Grinsen recht schnell., weshalb er gleich das Thema wechselte:

"Achja, ich wollte euch noch sagen, dass es neuerdings Schwierigkeiten im Dorf auf den Plateaus gibt. Einer meiner Kumpels aus dem Club hat das von seinem Freund erfahren. Der hat nämlich mal selber dort gelebt und ist letztens in die Stadt gezogen. Da ist jetzt so ein Typ, der will selber Anführer sein und der alte Anführer will das natürlich nicht. Da könnte es bald richtig heftige Schwierigkeiten geben, wenn das so weiter geht."

"Seit wann ist denn das der Fall?" wollte Kimba gleich wissen.

"Seit der Dorfälteste vor etwa zwei Wochen gestorben ist. Da fing es an. Aber so richtig deutlich ist es erst seit einer Woche geworden."

Juri schaute Kimba fragend an: "Sind das nicht auch deine Freunde? Vielleicht solltest du mal nach dem Rechten sehen. Immerhin hast du die besten Beziehungen zu denen und bist auch recht angesehen wegen den Taten dein Vate... ach nee... wegen den Taten deines künftigen Enkels, die der vor etlichen Jahren gemacht hat. Man, ist das eine komische Konstellation..."

Kimba seufzte. Nicht wegen der etwas seltsamen Verhältnisse, die ihn zu einem Freund des Dorfes machen, sondern weil er sich schon wieder um ein Problem kümmern mußte, dass die Menschen verursacht hatten. Dennoch wußte er auch, dass er immer froh war, helfen zu können. Selbst das skurrile Angebot des Subcos, ihn nach seinem Tode zu begleiten, hatte er angenommen.
 

Am späten Nachmittag wartete Kimba im Zelt des Anführers der Nomaden. Es dauerte auch nicht lange, bis der sehr runde Mann um die Ecke kam und aufgrund seiner Körperform beinahe die Vorhänge des Eingangs mitgenommen hätte. Bei der Gelegenheit mußte sich Kimba fragen, ob die Körperfülle angefuttert oder krankhaft veranlagt war.

"Kimba! Gott sei es gedankt, ich wollte schon einen Boten zu dir schicken. Wir haben hier große Probleme."

"Ich habe schon davon gehört..."

"Ein anderer aus unserem Stamm will die Macht an sich reissen - ohne jedes Recht. Doch leider hat er schon viele Anhänger und ich weiß nicht, wohin das frühren soll. Ohne eine rechtmäßige Anerkennung seiner Führerschaft wird der sowieso von vielen nicht akzeptiert werden - ausser natürlichen von seinen Anhängern. Es droht ein kleiner Bürgerkrieg, da er sehr aggressiv ist und die Stimmung gegen mich anheizt."

"Warum tut der das?" wunderte Kimba sich.

"Das liegt doch auf der Hand: Seit unser Dorfältester verstorben ist, traut er sich das, weil er nun nicht mit einem Machtwort von ihm rechnen muß. Der Dorfälteste war sehr angesehen und hätte viele seiner Anhänger mit einem einzigen 'Nein' überzeugen können, dass seine Aktionen unrechtmäßig sind."

"Das ist mir schon klar, aber warum will er überhaupt die Macht haben?"

"Na ganz einfach: Pure Machtgier! Der will einfach nur das Sagen haben, um sich Vorteile verschaffen zu können."

"Vielleicht sollte ich mir den mal vorknöpfen und ihn fragen, was das soll," schlug Kimba vor.

"Ich weiß nicht, ob du bei dem Erfolg haben wirst. Aber vielleicht kannst du seine Anhänger wieder zum richtigen Weg bekehren. Ich wünsche dir Glück, mein Freund," sagte der dicke Mann und schüttelte Kimba freundschaftlich die Pfote.
 

In einem anderen, großen Zelt am Rande des Dorfes saß ein recht dünner, jüngerer Mann mit energischem, hervorstehenden Kinn. Kritisch betrachtete er Kimba, der angeblich so dringend mit ihm reden müsse. War dieses Tier im Auftrage des Konkurrenten hier, also ein Feind? Oder war er neutral und leicht zu überzeugen, also ein Freund? Bald würde er es wissen.

"Du bist also der, der die ganze Aufregung hier im Dorf verursacht hat?"

Der Mann nickte.

"Warum willst du euren Anführer absetzen? Hast du dafür einen Grund?"

Der junge Mann entschied sich für 'eher Freund'.

"Ja, den hab ich: Dieser alte Hammel blockiert unsere Entwicklung und unseren Fortschritt. Das Dorf verkommt zu einer halbverlassenen Siedlung von Armen, weil unsere Jugend und viele andere Leute in die Stadt abwandern. Ich will das Ändern und habe bereits Pläne dazu ausgearbeitet. Doch der will davon nichts hören!"

"Er sagte mir, dass du unrechtmäßig die Macht an dich reissen wolltest."

"Unrechtmäßig? Welches Recht hat der denn, Anführer zu sein? Der kann doch bloß nicht von seiner Macht lassen."

Kimba überlegte. Dann machte er dem etwas aggressiv wirkenden Rebellen ein Angebot: "Wenn du doch nur das Beste für das Dorf willst und er auch, dann solltet ihr euch mal treffen und miteinander reden. Ich denke, ihr werdet zu einer Einigung kommen."

Der Mann blickte ihn mißmutig an. Doch dann nickte er zustimmend. "Um des Friedens und des Dorfes willen werde ich es versuchen. Auch wenn ich fürchte, dass der alte Sturkopf kein bißchen darauf eingehen wird."
 

Es war schon später Abend, als in das große Versammlungszelt des Dorfes immer mehr Menschen strömten und vor allem die beiden Anführer ihr Streitgespräch begannen:

"Du blockierst doch alles! Warum läßt du mich das nicht machen? Es geht immerhin um die Zukunft des Dorfes!" fuhr der dünne den dicken an.

"Weil du keine Erfahrung mit solchen Dingen hast. Wenn du mich einfach meine Arbeit machen lassen würdest, wären wir schon viel weiter."

"Du willst mir deinen Mißerfolg in die Schuhe schieben? Da hörts ja wohl auf!"

"Du wirst die Leute nicht zusammenhalten können, weil du eben nicht der rechtmäßige Anführer wärest!"

Kimba versuchte sich vermittelnd einzuschalten: "Wartet doch, Freunde!"

"Als ob du alter Sturkopf bisher die Abwanderung verhindert hättest! Schau dich doch um: Das halbe Dorf ist schon weg!"

"Weil sich seit deiner ständigen Unruhemacherei die Leute hier nicht mehr wohlfühlen!"

Kimba versuchte es wieder: "Trag doch deine Ideen dem alten Anführer vor und der kann sie dann in die Tat umsetzen."

"Die Abwanderung hat zuerst begonnen. Erst deshalb mache ich ja überhaupt Vorschläge, dass zu verhindern."

"Du hast kein Recht Anführer zu sein!"

"Du bist eine Fehlbesetzung als Anführer!"
 

Kimba versuchte noch einige Male, die beiden zum Reden zu bringen, doch sie stritten nur um so mehr - bis schließlich die Verhandlungen abgebrochen wurden und Kimba deprimiert nach Hause schlich.
 

Er wollte sich gerade unter seinem Fell verkriechen, als er eine warme, sanfte Pfote über seinen Kopf streicheln spürte.

"Es ist wohl nicht besonders gut gelaufen, Kimba?" fragte Rahja ihn mit einem wohlwollenden, tröstenden Lächeln. Der weiße Löwe schüttelte wortlos den Kopf. Er war traurig darüber, dass keiner der beiden Anführer gewillt war, seinen Machtanspruch abzutreten, wenn der andere für die Einhaltung seiner Forderungen einstehen würde. In Rahjas Fell eingeschmiegt schlief er dann schließlich ein.
 

Am nächsten Morgen wurde Kimba durch ein komnisches Geräusch geweckt. Es war ein regelmäßiges Geräusch, ein Klacken von zwei Holzstäben aufeinander.

"Komisch, was das wohl sein mag...," fragte sich Kimba. Er gab Rahja einen sanften Guten-Morgen-Kuss und versprach ihr, gleich wieder da zu sein.
 

Das Geräusch kam von einer Anlage, die in etwa eine Wassermühle darstellte. Lukas fummelte gerade irgendetwas an einem Holzstab herum, der bei jeder vollen Umdrehung des Mühlrades einmal auf einen anderen Holzstab schlug. Daneben lag Dodi auf dem Gras und zeichnete mit einem Kreidestein, den sie sich zwischen die Hufe geklemmt hatte etwas auf eine größere Steinplatte.
 

"Guten Morgen, ihr beiden. Ist das euer Schulprojekt?"

"Guten Morgen Kimba! Ja, wir messen an dieser Stelle die Fließgeschwindigkeit des Wassers im Fluß. Einmal wenn es trocken ist und einmal wenn es geregnet hat," antwortete Dodi. Lukas war offenbar so beschäftigt, dass er Kimba noch gar nicht bemerkt hatte.

"Habt ihr euch denn doch einigen können, wer von euch das Projekt leitet?"

"Wir beide: Lukas baut die Anlagen auf und berechnet nachher am PC die Ergebnisse, ich passe auf, dass er nichts verschlampt, Messe die Ergebnisse und schreibe die nachher selber auf, so dass alle das lesen können. - Nicht wahr Lukas?" Lukas drehte sich überrascht zu Dodi und verschwand dann in Richtung der Schwerkraft im Fluß.

"Das bringt mich auf eine gute Idee!" rief Kimba. "Danke, ihr habt mir sehr geholfen!"

Der weiße Löwe rannte zurück zu Rahja.

"Nanu? Ist etwas passiert?" fragte sie verwundert, als sie Kimba freudestrahlend wieder in die Behausung kommen sah.

"Ja: Lukas und Dodi führen ihr Schulprojekt durch!" erklärte Kimba kurz - etwas zu kurz.

"Ja und? Das machen doch alle Schüler der Dschungelschule. - Und wir auch, sobald du dich aufraffst. Wir haben nämlich nur zwei Wochen dafür."

Kimba schüttelte den Kopf, das meine ich doch gar nicht...," begann er einen neuen Versuch.

"Und warum erzählst du mir etwas, das du gar nicht so meinst?"

Kimba seufzte. "Dodi und Lukas konnten sich gestern doch nicht einigen, wer von ihnen das Projekt leiten sollte. Und jetzt haben sie das Problem gelöst. Die Nomaden haben dasselbe Problem: Sie konnten sich nicht einigen, wer mit seinen Idden Anführer sein sollte. Mein Versuch gestern war ja nicht so erfolgreich, doch Dodi und Lukas haben mich auf eine Idee gebracht."
 

Einige Zeit später hatte Kimba eine weitere Versammlung der Nomaden einberufen. Nach dem gestrigen Fiasko waren die meisten eher widerwillig, doch weil Kimba es forderte, nahmen sie dann doch daran teil.
 

Noch bevor wieder die große Streiterei losging, ergriff Kimba das Wort.

"Ruhe!" brüllte er einmal quer durch das Versammlungszelt.

"Da die meisten von euch gestern gar nicht erst mitgekriegt haben, was eure beiden Anwärter auf die Führung eigentlich wollen, erkläre ich das noch mal. Der neue Anführer will also Forschung betreiben und die Industrie herholen, damit es hier im Dorf technologisch und wirtschaftlich wieder bergauf geht und die Bewohner nicht in die Stadt abwandern. Auch will er das Dorf wieder in den öffentlichen Blickpunkt holen und dafür sorgen, dass es regelmäßig in den regionalen Zeitungen erwähnt wird. Euer Alter Anführer will, dass eure Traditionen gewahrt bleiben, eure Umwelt geschützt und die Gemeinschaft erhalten und gestärkt werden.

Gestern habt ihr nun darum gestritten, welcher von den beiden den besseren Weg eingeschlagen hätte. Ich sehe aber keinen Grund, warum sich diese Ziele gegenseitig ausschliessen sollten. Ganz im Gegenteil: Das Verhindern der Auswanderung in die Stadt würde beispielsweise helfen, die Dorfgemeinschaft zusammen zu halten.

Ich schlage also vor, dass ihr beiden euch den Posten des Anführers teilt und alle eure Vorschläge gemeinsam umsetzt. Jeder tut das, was er am besten kann."

Kimba schaute in die Runde. Überall sah er nachdenkliche und zumeist nickende Gesichter.

"Sie scheinen meinen Vorschlag anzunehmen," dachte sich Kimba und freute sich über diesen Erfolg.

"Im Prinzip ist der Vorschlag gar nicht schlecht," meinte der dicke Mann, "da die Vorschläge durchaus brauchbar sind. Aber er da...," er deutete auf den dünnen," darf nur Vorschläge machen, die ich mir anhören werde. Entscheiden werde nach wie vor ich selbst, da ich noch immer der Anführer bin."

"Ein Guter Vorschlag, Kimba," begann der dünne Mann, " aber wenn der alte Anführer auch nur ein bißchen Macht behält, wird der alles blockieren, was ihm persönlich nicht paßt. Die Erfolge würde er sich selbst zuschreiben und mir alle Fehlschläge zuschieben. Selbst wenn er die Macht teilen wollte, er dürfte sie nicht behalten. Und du siehst ja selbst, dass er nicht einmal für eine Machtteilung bereit wäre. Der gehört abgesetzt, weil er so machbesessen ist!"

Der dice erhob sich mit einer ihm nicht zuzutrauenden Geschwindigkeit von seinem thronartigen Sessel. Durch seine ruckartige Bewegung schwabbelte sein Körper wie ein Ozean bei schwerem Seegang.

"Du bist doch selber nur hinter der Macht her!" schrie er quer über den Saal den dünnen an.

"Der klammert sich mit aller Kraft an seine Position!" rief der dünne in die Menge, ohne seinen Kontrahenten auch nur eines Blickes zu würdigen.

Kimba wollte seinen Ohren nicht trauen: So gut sein Vorschlag auch war, die beiden wollten einfach keine geteilte Macht, keinen zweiten Mann am Steuer.
 

Der Ärger wurde immer größer und die Streiterei war schon kurz davor, in eine handfeste Schlägerei auszuarten, als Kimba seine Niederlage eingestand und geknickt und leise das Zelt verlies.
 

Die Sonne stand schon so hoch am Himmel, dass der Schatten von Kimbas Kopf genau dort lag, wo seine Nasenspitze hinzeigte: Senkrecht unter ihm. Und wenn er gekonnt hätte, hätte er den Kopf in den Sand gesteckt - nach bester Vogel-Strauss-Manier, die übrigens eine reine Erfindung der Menschen ist.
 

Kimba wußte, dass sich die Menschen im Nomadendorf früher oder später die Köpfe einschlagen würden, weil sein Vorschlag gescheitert war - nein, weil beide Anführer nichts taugten und ihre Machtinteressen über die ihres Volkes stellten. Wie betäubt war Kimba in Richtung der Schule marschiert, als plötzlich Rahja aus dem hohen Gras vor ihm auftauchte. Wortlos versperrte sie Kimba den Weg und schmiegte dann ihren Kopf an den seinen. Eine ganze Weile blieben sie so stehen.
 

Es waren 18 Tage vergangen. Juri war erschöpft vom Spielen draussen wiedergekommen und war mit einem halben Liter Eistee in sein Zimmer gegangen. Zwei Poster von Rennautos und Rennfahrern vergangener Tage hingen über seinem Bett. In einer Ecke zwischen Bett und Fenster bzw. Bett und Wand lag seine Schultasche, mit den Hausaufgaben für heute und dem blauen Brief von gestern. Am Kopfende seines Bettes stand neben einer einfachen Nachttischlampe ein weiß und rosa farbener Teddybär, der ein großes herzförmiges "I-Love-You" Schild hochhielt. Daneben stand noch ein kleines Bild von einem Mädchen. Juri lächelte, als er mal wieder diese Gegenstände betrachtete.

Er schaltete den kleinen Fernseher ein, der auf einem alten Gestell am Fußende seine Bettes stand. Eigentlich sah er nicht viel Fernsehen, doch seit einigen Tagen schaltete er regelmäßig zu den Nachrichten ein. Auch an jenem Tag. Und er traf auch gleich relativ genau das Thema, das ihn interessierte. Der Sprecher im Fernsehen berichtete:

"Nach fast zwei Wochen blutiger Auseinandersetzungen im Heimatdorf der Nomaden ist es heute zum Friedensschluß gekommen. Die Anführer beider Parteien einigten sich auf einen Kompromiss in diesem Konflikt: Die Führungspostion im Dorf wird zweigeteilt und jeder der beiden Anführer erhält jeweils die Hälfte der Machtbefugnisse. Beobachter sprechen von einer vernünftigen Lösung und sind sich sicher, dass dieser Frieden eine längere Zeit lang halten wird. Da diese Lösung nach Insider Informationen bereits lange davor möglich war, sind die Toten und Verletzten der vergangenen Wochen offenbar unnötig gewesen. Weitere Meldungen: ..."

Juri atmete durch. Jetzt, wo der Konflikt endlich vorüber war, durfte er auch wieder in den Dschungel und Kimba besuchen. Dieser war zwar zwischendurch in die Stadt gekommen, um ihn sehen zu können, doch Juri fand es im Dschungel gemütlicher - auch wenn seine Freundin Diana ihm sehr viele dieser Stunden des Wartens sehr gut versüßt hatte. Er fragte sich, wieso sie wohl derartig viel Zeit mit ihm verbrachte. Klar, sie mochte ihn sehr - und es war wohl auch schon Liebe. Aber manchmal hatte er das Gefühl, dass sie sich vor irgendetwas bei ihm versteckte. Ob es wohl die Schrecken der beiden vergangenen Kriege waren?
 

Kimba saß unterdessen auf einem mittleren Felsen und schaute über die Steppe hinweg. Die Plateaus und damit das Dorf der Nomaden lagen in der Ferne vor ihm. Er sah irgendwie nachdenklich und bedrückt aus.

Nach einiger Zeit setzte sich der Subco neben ihn. Kimba hatte ihn nicht materialisieren gehört, aber allzu weit war der Subco bislang nie gegangen.
 

"Du siehst aus, als bräuchtest du jemanden zum Reden, mein Freund," sprach ihn der Subco einige Sekunden später an. Kimba nickte unmerklich.

"Wieso?" fragte er dann.

"Menschen mit Macht teilen nicht gerne," antwortete der Subco.

"Aber warum nicht? Es war doch unvermeidlich..."

"Ich tippe auf eine schöne Kombination aus Gier, Hoffnung und Unwissenheit. Dass die Gier der Menschen eine der größten im Universum ist, hast du ja bereits häufiger erfahren dürfen. Zudem hatten beide die Hoffnung, den Konflikt doch noch zu gewinnen. Dass das nicht möglich war, haben wir schon davor gesehen. Für uns ist das einfacher gewesen, weil wir außerhalb des Irrgartens von Macht und Gesellschaft stehen. Die beiden und ihre Gefolgsleute jedoch stehen mitten darin und haben daher nicht unsere Übersicht."

"Hätte ich es anders machen können?"

"Anders? - Ja. Aber besser? - Sicherlich nicht. Auch mit bestem Willen wirst du nicht immer Erfolg haben können, so gut deine Ideen auch sind, so sehr du es auch versuchst. Wenn es darum geht, andere Wesen zu beeinflussen, bist du auf deren Mitarbeit angewiesen. Ein Wesen, dass sich nicht ändern will, kannst du mit Argumenten nicht ändern. Alle beide wollten die Macht und sie haben ihren Willen danach höher gesetzt, als die Logik, höher als die Realität. Nun haben sie beide verloren und trotzdem nur den Kompromiss erreicht, den du vorgeschlagen hast. Im Laufe deines Lebens wirst du noch häufiger in solche Situationen kommen, dass sich manche Wesen nicht helfen lassen wollen. Das darfst du dir nicht so zu Herzen nehmen - es wird immer welche geben, die durch jede Masche fallen, egal was du auch tust. Verliere nur nicht den Glauben an dich und deine Träume! Denn nur dann wirst du diese Zahl an verlorenen Seelen gering halten können."
 

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Nächster Teil: Kimba 28 - "Die Schande"

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 27 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Die Schande"

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Obwohl es Tag war, konnte man kaum 10 Meter weit blicken. Der gewittrige Regenguss schien in wenigen Minuten das Niederschlags-Soll eines ganzen Jahres erfüllen zu wollen. Juri wäre auch trockenen Fußes nach Hause gekommen - wenn er nicht im falschen Moment über den falschen Lehrer gelästert hätte. Der so um genau eine Schulstunde verlängerte Schultag hatte sich genau bis zum Beginn des Wolkenbruches erstreckt. Juri hatte es schon aufgegeben, sich mit der Schultasche vor dem Regen schützen zu wollen - es war einfach zu viel Regen und auch zu viel Wind. Zwei kleine Böhen hatten ausgereicht, ihn von vorne und von hinten binnen Sekunden völlig zu durchnässen. So trug er dann, ohne jeglichen Widerstand gegen den Regen zu leisten, die Schultasche wieder ganz normal auf dem Rücken.

Es war merkwürdig, durch solch einen Regen zu laufen. Es kam Juri so vor, als liefe er immer auf eine Wand aus Wasser zu, doch mit jedem Schritt, den er vorwärts tat, schien diese Wand ein wenig zurückzuweichen. Einige Stellen der Wand schienen übrig zu bleiben, doch immer, wenn er sie erreichte, teilten sie sich, verschwanden rechts und links neben ihm und liessen ihn so auf einem unsichtbaren Pfad passieren.
 

Doch auf einmal schien die Wand leicht durchsichtig zu werden und gab den Umriß einer kleineren menschlichen Gestalt wieder, die auf einer Strassenbank saß und sich nach vorne zu krümmen schien. Als Juri näher kam, erkannte er, dass es sich um ein junges Mädchen handelte, dass ihre Ellbogen auf den Knien aufstützte und den Kopf unter ihren Händen begrub. Es war leicht zu sehen, dass sie sich nicht damit vor dem Regen zu schützen versuchte, sondern ein zumindest schweres Gemüt hatte, wenn sie nicht sowieso weinte. Juri stoppte. Er konnte es zwar nicht hundertprozentig erkennen, aber das Kleid und die Schuhe kamen ihm bekannt vor. Auch von der Größe und von der Farbe und Länge der Haare her, meinte er, dass es sich um Diana handeln könnte.

Er ging also ein paar Schritte näher an das Mädchen heran und wurde immer sicherer, dass es sich dabei um Diana handelte. Inzwischen konnte er auch ihr Schluchzen hören. Es war zwar kein Riesengeheul, aber sie schien still vor sich hinzuweinen. Ihr hellgrüner Rock schien ein wenig Wasserabweisend zu sein, weshalb an einigen Stellen das Wasser wie in einer Dachrinne gesammelt und über die Knie hinweg nach unten geleitet wurde. Sie hatte ihre hellblaue Bluse an, ihre Lieblingsbluse, die aber genauso durchnässt war, wie jedes andere Kleidungsstück und daher viel von der leicht braunen Hautfarbe darunter angenommen hatte. Ihr BH war ebenfalls leicht durchsichtig geworden und Juri stellte fest, dass ihre Brüste zwar noch klein aber sehr wohlgeformt waren.

"Schwein!" schollt er sich in demselben Moment. Natürlich war sie sehr attraktiv, aber gerade als ihr Freund sollte man andere Gedanken haben, wenn es ihr doch offenbar so dreckig ging wie in dem Moment. - Der Ansicht war zumindest Juri.

Ihre dunkelblonden Haare hingen triefend über ihren Kopf und ihre Hände bis fast auf die Knie. Sie machte einen ziemlich Mitleid erregenden Eindruck.

"Diana?" sprach Juri seine Freundin vorsichtig an.

Scheu, geradezu mit Angst in den Augen, schaute Diana langsam hoch. Sie nahm die Hände vom Kopf weg, schien für einen Augenblick etwas sagen zu wollen. Doch dann sagte sie nichts, sondern stand nur hektisch auf und rannte so schnell es ging in den Regen. Weg von der Bank, weg von Juri.

Juri stand noch mit halboffenem Mund an derselben Stelle. "Aber warum nur....?" fragte er sich selbst halblaut.
 

"Warum können die einem nicht einfach sagen, was sie bedrückt? Vom Wegrennen wird es doch auch nicht besser," beklagte Juri sich bei Kimba.

"Also ich weiß nicht... so viel mehr Ahnung als du habe ich auch nicht. Aber über manche Dinge beschwert sich Rahja ziemlich schnell und ziemlich direkt. Ich mußte ihr letztens beispielsweise versprechen, dass sie künftig immer bei meinen Reisen und Abenteuern dabei sein kann. Aber andere Dinge wiederum muß ich ihr schon an der Nasenspitze ablesen."

"Frauen sind schon komische Wesen...," murmelte Juri und leerte in einem Zug die halbe Kokusnuss mit der Milch darin. "Einfach wegrennen... und dann vor dem eigenen Freund..."

Kimba spitzte die Ohren. Dann hob er den Kopf und schaute in die Richtung, aus der Juri gewöhnlich zu Daniels Restaurant kam. "Und sie kommen genau dann wieder, wenn man nicht damit rechnet... sieh mal!"

Juri schaute nun auch in die Richtung. Und tatsächlich: Dort tastete sich Diana vorsichtig durch die letzten Büsche in Richtung des Restaurantes.

"Hatten ihre Eltern ihr nicht verboten, bis in den Dschungel zu gehen?" fragte Kimba vorsichtig und schaute Juri fragend an.

"Eigentlich schon. Ich weiß auch nicht, wieso sie jetzt sogar freiwillig hierher kommt. Damals hätte ich sie sogar auf Knien anflehen können, ohne damit Erfolg zu haben."
 

Diana betrachtete noch etwas mißtrauisch die Tiere, die um das Restaurant herum standen oder lagen - vor allem jene, deren Nahrung nicht natürlicherweise auf Pflanzen beschränkt war. Dann war sie bei Juri und Kimba angekommen.

"Hi Juri," sie schaute dann in Richtung Kimbas, "Und du bist Kimba, nicht wahr?"

"Ja. Willkommen hier im Dschungel."

"Du, Juri. Ich wollte mich noch entschuldigen dafür, dass ich gestern so einfach weggerannt bin. Das war doof von mir. Ich wollte halt nur gerade niemanden sehen, verstehst du das?"

"Ja... kein Problem. Du kannst mir jederzeit alles erzählen, wenn du willst. Ich werde immer für dich da sein..."

"Danke..."

"Willst du mir nicht erzählen, warum du weggerannt bist?"

Diana schaute etwas beschämt zu Boden, dann wieder zu Juri. "Naja... ich war halt überrascht, dass du so plötzlich vor mir standest. Da wußte ich nicht was ich sagen sollte und bin lieber weggegangen, um nichts falsches zu sagen."

"Ähm... ja... klar. Ich meinte jetzt eigentlich eher den Grund, warum du dort gesessen und geweint hast."

"Achso... hihihi," lachte Diana nervös, "das hab ich eben falsch verstanden."

"Und was war los?"

Sie schaute hektisch auf ihre Uhr. "Du, tut mir leid, ich muß jetzt wieder nach Hause. Meine Eltern sollen ja nicht wissen, dass ich hier war. Tschüß!"

Sie winkte und ging dann wieder schnell den Weg zurück, den sie gekommen war. Juri und Kimba schauten dem hbschen Mädchen etwas irritiert hinterher.

"Sag mal, Kimba... kam es mir nur so vor, oder wollte sie einfach nicht auf meine Frage antworten?"

"Ich weiß nicht. Den Verdacht hatte ich eben auch. Aber warum sie nicht will, weiß ich nicht. Da muß ich wohl mal einen Menschen mit viel Lebenserfahrung fragen."
 

Am Abend, als Juri nach Hause kam, sah er überraschender Weise, dass Diana bereits auf ihn wartete.

"Hi! Was machst du denn so spät noch hier?" fragte er und war froh, dass er sie so schnell wiedersehen konnte.

"Ich wollte noch ein wenig mit dir zusammen sein. - Und dann wollte ich hier auch gleich übernachten, meine Eltern haben nichts dagegen."

Juris Mutter drehte sich vom Tisch, auf dem sie das Abendmahl bereitsstellte, um und schaute Diana ungläubig an: "Ausgerechnet deine Eltern haben nichts dagegen?" Sie schaute dann zu ihrem Mann. Juris Vater hob eine Augenbraue und schien ebenfalls nicht so ganz zu glauben, was er da eben gehört hatte.

"Vielleicht sollten wir vorsichtshalber noch mal anrufen, ob da auch kein Mißverständnis vor liegt," schlug er schließlich vor und begab sich zum Telefon.
 

"Nein, ganz sicher nicht," versuchte Diana ihn vom Anrufen abzubringen, "das ist doch wirklich nicht nötig...."

Wenig später mußte sich Diana von Juri verabschieden.

"Tut mir leid, dass das nicht geklappt hat," meinte Juri beim Abschied.

"Ist schon ok. Das war auch irgendwie abzusehen. Aber wenigstens hab ich es versucht."

"Warum eigentlich?"

"Naja... weiß nicht... ich wollte halt mal bei dir sein können."

"Wir sind doch fast jeden Tag zusammen," wunderte sich Juri.

"Schon, aber halt auch nachts, dass ich nicht allein bei..." Diana stoppte. "Ich muß jetzt wohl los," lachte sie dann, winkte und ging schnell weg.

Juri schaute ihr noch eine Minute lang nach. "Irgendwie ist sie ein wenig komisch in letzter Zeit."
 

Am nächsten Morgen konnte Kimba etwas aufregendes, neues erleben: Der kühle, berechnende und oft gänzlich unnahbare Subco fiel deutlich sichtbar aus allen Wolken, als er Kimbas Bitte hörte, er möge ihm doch alles über Frauen und ihre Beziehung zu Männern erklären. Ob er wohl der Meinung war, dass ein imperialer Kriegsstratege nicht so gut geeignet sei für den allgemeinen Aufklärungsunterricht...?
 

Nach einer knappen Stunde Vorbereitungszeit holte der Subco Kimba auf sein Raumschiff - genaugenommen auf das Holodeck.

"Ok, was genau willst du also wissen, Kimba?"

"Also eigentlich alles, wenn du schon so fragst. Aber besonders interessiert mich, wieso Frauen gerade denen, die sie lieben, nicht sagen können, wenn sie Probleme haben."

Der Subco verdrehte die Augen. "Alles... wenn es weiter nichts ist... Am besten stellst du deine Fragen nacheinander weg. - Ich kann aber keine Garantie für die Richtigkeit meiner Aussagen übernehmen, denn wenn es einen Zustand im Universum gibt, der gänzlich unberechenbar ist, dann ist es der weibliche..."

"Ok, dann das Wichtigste zuerst: Wieso ist Diana der Frage ausgewichen, warum sie so traurig war?"

"Das kann mehrere Ursachen haben. Die einfachste wäre, dass ihr zu viele Fremde dabei waren, als dass sie sich hätte aussprechen können."

"Glaub ich nicht, da sie auch nicht mit Juri reden wollte, als sie ganz allein mit ihm war - und er ist ja nun ihr Freund."

"Dann gibt es noch zwei andere Möglichkeiten. Die erste ist, dass Juri Ursache ihres Problemes ist. Wenn es ein Problem mit einem Freund oder sogar mit _dem_ Freund gibt, versuchen viele Frauen, das Problem durch ignorieren oder davonlaufen zu lösen - selbstverständlich erfolglos. Die andere Möglichkeit ist, dass sie ein Problem hat, wegen dem sie meint sich vor Juri schämen zu müssen. In diesem Fall wird gerade er so gut wie keine Möglichkeit haben, den Grund für ihre Traurigkeit zu erfahren, da sie alles daran setzen wird, ihn von der Kenntnis dieses Problemes fern zu halten. Soweit alles klar?"

"Naja... aber glöst werden die Probleme so nicht."

"Stimmt Dennoch wird genau dieses Verhalten normalerweise beobachtet."

"Aber was ist, wenn es ein Problem ist, dass sie alleine nicht lösen kann?" fragte Kimba nach.

"Dann wird sie es entweder mit ihren sogenannten 'besten Freundinnen' lösen oder darauf sitzenbleiben."

"Und derjenige, den sie liebt und der sie auch liebt, soll ihr nicht helfen?"

"In der Regel nicht."

"Das ist komisch. Wenn ich in Schwierigkeiten stecke, dann erzähle ich Rahja davon - wenn sie es nicht sowieso schon weiß. Und ich lasse mir auch gerne von ihr helfen oder lasse mich trösten. Das finde ich ganz gut so und es hat auch bislang nicht geschadet."

"Tja... mag sein, dass das die bessere Lösung ist. Gewählt wird aber meist die andere. Außerdem muß du ein wenig vorsichtiger damit sein, dein Verhalten und das von Rahja auf Menschen zu übertragen. Ihr habt nämlich doch andere Vorraussetzungen."

"Und jetzt bitte die anderen Fragen: Was ist Liebe? Wie finden die passenden Partner zusammen? Warum klappt es bei einigen, ständig Begleitung zu haben und andere bleiben alleine und wieso..."

"Das wird ein langer Tag heute...," dachte sich der Subco und bereitete die ersten Holodeckprogramme vor, die er als Erklärung einsetzen wollte.
 

Während sich der Schwimm-Unterricht in Deutschland durchaus geteilter Beliebtheit erfreut, zählt er in den Zentralafrikanischen Ländern zu den Leckerbissen überhaupt. So wundert es auch nicht, dass Juri und alle seine Mitschüler ausgelassen im Wasser planschten und den Anweisungen der beiden Lehrkörper nur dann folge leisteten, wenn diese die allgemeine Geräuschkulisse zu durchdringen vermochten.

"Spring!" schrie irgendein Junge einem anderen zu, der sich daraufhin zu einer Wasserbombe vom Dreier aus hinreissen lies und die Zielgruppe - nämlich eine Gruppe des anderen Geschlechtes - die darunter am Turm stand, mit Wasser eindeckte. Die Gruppe beteiligter Jungs gröhlte und etliche andere Jungen und Mädchen drumherum lachten. Auch Juri, der kurz zuvor noch damit beschäftigt gewesen war, einen halben Liter Wasser aus der Lunge zu husten, nachdem er untergetaucht worden war.

Als er schon fast ausgelacht hatte, sah er Diana am Geländer zum Nichtschwimmerbecken stehen. Sie hatte auch gerade gelacht. Juri freute sich, denn ihr Lachen machte auch ihn glücklich - gerade nach den Geschehnissen der letzten Tage. Doch da verschwand sein Lächeln auch schon wieder, denn als Diana sich ein wenig drehte, konnte er eine ganze Reihe an blauen Flecken an einem ihrer Arme und an ihren Beinen entdecken. Viel mehr, als man auch unter ungünstigen Umständen hätte erwarten können.

"Man, die arme sieht ja aus, als wäre sie zusammen geschlagen worden...," dachte er sich besorgt. Weiter kam er nicht, denn Unaufmerksamkeit war immer eine Einladung an Klassenkameraden, einen mit Nachdruck ins Becken zu befördern.
 

Als der zweite halbe Liter raus war, war auch die Schulstunde beendet. Juri hatte sich mit dem Umziehen beeilt, um Diana noch auf dem Weg zum Schulgebäude abfangen zu können. Schließlich war es soweit: Diana verließ das Schwimmbad in Richtung Schule, alleine. Sie hatte einen langärmeligen Sommerpullover angezogen. Das war selten, dass sie den anzog - zumal es gerade an jenem Tage ziemlich warm war und wirklich jeder mit möglichst wenig Kleidung herumlief. Juri tippte darauf, dass sie damit die blauen Flecken verbergen wollte - ebenso wie mit dem Tragen der Jeanshose anstelle ihres Lieblingsrockes.

"Diana?" sprach Juri seine Freundin vorsichtig an. Vom Tonfall her war es fast so, als hätte er sie das erste Mal angesprochen.

"Ja, was ist los?" fragte sie freundlich und lächelte dabei. Doch Juri kam es so vor, als würde er ganz deutlich ein falsches, aufgesetztes Lächeln erkennen.

"Nun...," begann er und bemerkte, dass er nicht genau wußte, was er eigentlich sagen wollte - und vor allem: wie er es sagen wollte. "Tja, also mir ist heute beim Schwimm-Unterricht aufgefallen, dass du... irgendwie eine Menge blauer Flecken hast."

Das Lächeln auf Dianas Lippen versteinerte zunächst und verschwand dann binnen weniger Sekunden. Es war ihr anzusehen, dass sie in jenem Moment am liebsten auf der anderen Seite der Welt gewesen wäre. Aber ebenso war zu erkennen, dass sie nicht vor hatte, erneut auszuweichen oder gar wegzulaufen. Diesmal nicht.

"Bist du von irgendjemanden geschlagen worden?" fragte Juri schließlich. Damit hatte er den Stein endgültig ins Rollen gebracht. Diana schaute zu Boden und lautlos liefen ihr die Tränen über die Wangen. Fast unmerklich nickte sie. Juri legte seine Arme um sie und drückte sie vorsichtig an sich heran. Sie tat ihm leid und er würde alles in Bewegung setzen, damit derjenige nicht ungestraft davon käme.

"Hast du es schon deinen Eltern gesagt?" fragte er weiter. Diana selbst schien zu Stein zu erstarren. Die Zeit schien still zu stehen. Sekunde für Sekunde verging. Juri wollte schon erneut fragen, als die Sekunden zu Minuten werden zu drohten. Doch da antwortete Diana endlich. Leise und hörbar mit Kloß im Hals: "Sie wissen es."

Juri beschlich ein schrecklicher Verdacht.

Diana setzte nochmal nach: "Sie haben es als erste gewußt - schon immer."

Damit bestätigte sie, was Juri schon ahnte, ohne es aussprechen zu müssen. Juri drückte sie fester an sich und sie erwiderte diesen sanften, fürsorglichen Druck.

"Ich weiß noch nicht wie, aber ich werde dir helfen. Das verspreche ich."
 

Kimba stand ratlos auf dem kleinen Baumstumpf in Daniels Restaurant, der ihm zuvor noch als Stuhl gedient hatte. Der Subco hatte ihn stundenlang mit allem Möglichen über weibliches Verhalten, menschliche Beziehungen generell und einer Menge anderem nutzlichen Kram vollgestopft. Doch all dieses Wissen, egal wie richtig oder wichtig es auch sein mochte, konnte ihm bei seinem neuen Problem nicht helfen. Er könnte ihn genauso gut erneut rufen und wieder um Rat bitten. Doch noch einmal innerhalb so kurzer Zeit wollte er ihn nicht rufen. Er würde statt dessen mit Juri das Problem alleine lösen.

"Egal wie, aber das muß aufhören!" bekräftigte Juri erneut seinen Standpunkt.

"Da gebe ich dir vollkommen recht. Ich weiß nur nicht, ob es besser ist, gleich zu Dianas Eltern zu gehen und mit ihnen direkt zu reden oder ob wir vielleicht noch den Rat deiner Eltern einholen sollten. Vielleicht haben sie ja ein oder zwei Tips für uns, was wir sagen können."

"Ok, einverstanden. Und dann müssen wir ein ernstes Wort mit Dianas Eltern reden. Entweder die hören damit auf oder man muß sie zwingen, damit aufzuhören. - Notfalls polizeilich - ich hab schon davon gehört, dass das geht."
 

Wenig später erklärten die beiden Juris Eltern, was geschehen war.

"... und daher müssen wir mit denen reden. - Oder sollen wir das gleich zur Anzeige bringen?" fragte Juri seine Eltern, die zunächst etwas überrascht und ratlos wirkten.

"Tja... also wenn das wirklich wahr ist, dann muß da was gegen getan werden," meinte Juris Mutter und schaute zu ihrem Mann.

"Ich denke es ist besser, wenn wir bei dem Gespräch dabei sind. Auf uns werden sie noch eher hören, als auf euch. Aber anzeigen sollten wir sie nicht, denn das könnte die Situation für Diana nur verschlimmern. Entweder, weil ihre Eltern dabei überreagieren oder aber, wenn das Jugendamt sie von einander trennt und Diana in ein Heim kommt."

"Gut, aber wir sollten nicht länger warten," meinte Kimba.

"Das stimmt. Vom Abwarten ist noch nichts besser geworden."
 

Die Unterhaltung mit Dianas Eltern war recht kurz für so ein schwerwiegendes Problem. Es schien Diana nicht nur peinlich zu sein, dass jetzt Juris Eltern mit ihren Eltern darüber sprachen - nein, sie schien sogar langsam Angst zu bekommen. Doch genau konnte Juri das nicht erkennen, da sie relativ schnell nach oben auf ihr Zimmer geschickt worden war. Nach einigen Leugnungen und Beschwichtigungen schienen Dianas Eltern halbwegs einzusehen, dass das nicht richtig war, was sie getan hatten und versprachen - naja, eher sagten - dass es nicht wieder vorkommen würde. Damit war das große Gespräch schon erledigt, obwohl weder Kimba noch Juri so sonderlich vom Erfolg überzeugt waren. Wenig später baten sie zusammen mit Juris Eltern die direkten Nachbarn, ein wenig aufzupassen, dass alles mit rechten Dingen zuginge. Doch das 'Ja natürlich' klang irgendwie mehr wie ein 'Auf Wiedersehen'. Kimba schaute Juri an. Juri erwiderte den Blick. In einer Sache waren sie auf jeden Fall einig: Irgendetwas schien hier nicht zu stimmen.
 

Es vergingen gerade zwei Tage. Dann fand Juri Diana wieder zusammengekauert auf einer einsamen Bank am Stadtrand sitzend.

"Diana? Was ist passiert?" fragte Juri besorgt.

Ein kurzer Ruck verriet, dass sie am liebsten schon wieder weggerannt wäre. Aber dann zögerte sie und schaute ihren Freund schließlich aus verweinten Augen an.

"Haben sie dich wieder geschlagen?"

Diana schüttelte den Kopf. Einen Augenblick später brach sie heulend zusammen. Juri war verzweifelt. Was war denn bloß geschehen? Auf jeden Fall konnte er zunächst nichts weiter tun als sie festzuhalten und ihr auf diese Weise ein wenig Trost spenden. Das dauerte einige Minuten. Schließlich hatte sich Diana wieder beruhigt und schien zu überlegen, was sie ihm sagen wollte. Juri wollte ihr noch vorsichtig mit der Hand die letzten Tränen aus dem Gesicht wischen, doch sie wich ziemlich plötzlich zurück.

"Bitte nicht..." hauchte sie schwach.

Juri schaute sie fragend an.

"Bitte nicht so anfassen," ergänzte sie und pausierte wieder eine Weile.

In Juris Augen standen mittlerweile zwei große Fragezeichen. Wieso durfte er sie plötzlich nicht mehr berühren? Hatte sie eben nicht noch weinend in seinen Armen gelegen?

"Verstehe das bitte nicht falsch, aber mein Vater und die anderen Männer berühren mich auch so, bevor..." sie stoppte einige Sekunden. Juri bemerkte, dass sie sich sehr zusammen reißen mußte, um nicht wieder los zu heulen.

"Bevor sie dich auch schlagen?" fragte Juri verwirrt.

"Nein... das heißt... ja, eigentlich auch das. Aber sie tun mir meistens auf andere Weise weh... und berühren mich so, als ob sie zärtlich zu mir sein wollten. Dabei wollen diese Schweine doch nur über mich herfallen."

Juri verstand. Viel genauer wollte er es auch gar nicht von ihr beschrieben haben, denn auch ihm tat es weh, obwohl er direkt nichts zu ertragen hatte.

"Dagegen muß sofort was getan werden. Das ist total ungesetzlich und scheiße von deinen Eltern. Da muß unbedingt die Polizei eingreifen!" meinte Juri.

"Nein! Nicht! Bitte keine Polizei. Ich will nicht, dass das alle wissen," sagte Diana und schaute Juri flehend an. "Und außerdem sind das gar nicht meine richtigen Eltern. Das sind nur meine Pflegeeltern und bald komme ich wieder zu meinen richtigen. Dann ist es ja vorbei. Bitte, tu nichts weiter! Hörst du?"

"Pflegeeltern?"

"Ja... also meine echten sind geschäftlich unterwegs aber die kommen bald wieder. Und dann hat das ein Ende. Aber bitte nichts mehr tun. Ich will nicht, dass es noch schlimmer wird oder dass alle anderen Leute davon erfahren."

Juri konnte kaum glauben, was er da hören mußte. "Was macht das denn für einen Unterschied, ob das nun deine echten oder deine Pflegeeltern sind? Das dürfen die dir einfach nicht antun!"

"Nein... das nicht. Aber es wird ja aufhören, sobald meine echten Eltern zurück sind. Bitte, Juri, wenn du mein Freund bist, dann erzähle niemanden davon. Ich will keine Schwierigkeiten mehr. Und ich will auch nicht, dass die Leute über mich sprechen. Versprichst du mir das? - Versprich mir, dass du nichts mehr unternehmen wirst!"

Sie sah Juri fordernd an. Juri konnte sich keinen Reim darauf machen, wieso ihr daran so viel liegen könnte. Immerhin war sie das Opfer, sie war im Recht. Egal, ob Fremde, Verwandte, Pflegeeltern oder gar ihre echten: Sowas durfte ihr niemand antun.

"Ich verspreche es," log er, denn er wußte, dass Diana ihn anderenfalls nicht gehen lassen würde. So ganz schien sie ihm das Versprechen auch nicht abzunehmen, doch entweder wollte sie selber das leidige Thema endlich beenden oder aber es war ihre geheime Hoffnung, dass diese Sache doch aufgedeckt werden würde.
 

Nur wenige Stunden später war Juri bei Kimba gewesen und hatte mit ihm beschlossen, sofort gemeinsam zur Polizei zu gehen.

'Polizeidienststelle Neu-Zentralostafrikas, Bezirk 3' stand in halbwegs großen Lettern auf dem Schild, das sich über die beiden Eingangstüren erstreckte, durch die Juri und Kimba schritten. Ein halbes Dutzend Polizisten in etwas eingestaubten, veralteten Uniformen saßen an Schreibtischen oder standen in dem großen Raum herum, der die Eingangshalle darstellte. Sie staunten nicht schlecht, dass mit dem Jungen auch ein weißer Löwe ins Revier gekommen war - obwohl inzwischen fast jeder in der Stadt von der Existens von Kimba und seinen Freunden wußte. Das war ein altes Überbleibsel aus der Zusammenarbeit von Menschen, Rekar und Tieren während des Alien-Krieges.

"Wir wollen eine Anzeige... machen," sagte Juri vorsichtig. Er hatte genauso wenig Ahnung von den polizeilichen Abläufen wie Kimba. Einer der Gesetzeshüter winkte die beiden zu seinem Schreibttisch. Kimba und Juri erklärten daraufhin, was geschehen war und sahen dann erwartungsvoll auf den älteren Herren. Dieser schüttelte aber nur den Kopf: "So leid es mir tut, aber ohne Beweise ist in der Hinsicht nichts zu machen. Es müßte zumindest deutliche Hinweise auf so ein Verbrechen geben, damit wir Nachforschungen anstellen können. Wenn diese Diana nicht selbst aussagen kann oder will, müßten zumindest Zeugenaussagen der Nachbarn vorhanden sein, die so einen Verdacht untermauern würden. Oder die Aussagen eurer Lehrer in der Schule, dass sie mit blauen Flecken übersäht war. Wenn die sich daran nicht erinnern können, können wir nichts weiter tun als abzuwarten, bis endlich Beweise auftauchen."

"Verdammt noch mal! Ich sage doch, dass es so ist!" rief Juri verärgert.

"Und das reicht eben noch nicht als Grund, Nachforschungen anzustellen," erklärte der Polizist noch mals deutlich.

"Aber wenn wir die Zeugenaussagen kriegen...?" fragte Kimba.

"Dann können wir aktiv werden," beantwortete der Polizist.

"Und was ist, wenn die ihr das nochmal antun?" fragte Juri noch etwas erbost.

"Komm," beruhigte Kimba ihn, "wir gehen jetzt gleich zu den Nachbarn. Das dauert nicht lange und in der Zeit passiert bestimmt nichts."

"Hoffentlich kriegt ihr eure Zeugen...," meinte der Polizist noch.

"Na klar, wir haben denen ja immerhin schon davor bescheid gesagt, sie mögen doch bitte die Augen offenhalten. Die wußten also schon, dass sie auf Dianas Haus ein Auge werfen sollten."

Der Polizist sagte nichts mehr, warf Kimba aber einen merkwüdigen Blick zu.
 

Tür auf. "Tut mir leid, mir ist nichts aufgefallen." Tür zu.

Tür auf. "Also ich kann da nichts richtiges sagen, ich bin ja immer auf Arbeit." Tür zu.

Tür auf. "Also nein! Alleine der Verdacht ist ja schon eine Unverschämtheit! Wir sind hier eine Nachbarschaft mit ausschließlich ehrbahren Leuten!" Tür laut zu.

Tür auf. "Häh? Kapier ich nicht... tut mir leid, kann euch nicht helfen." Tür zu.

Tür auf. "Also naja... ich hab so viel zu tun. Da habe ich keine Zeit fürs Aussagen und den ganzen Ärger. - Und außerdem hab ich ja sowieso nichts gesehen." Tür zu.

Tür auf. "Nein! Das tun die bestimmt nicht. - Achwas? -Die kleine ist bestimmt nur hingefallen oder gestürzt, deswegen habe ich auch gar nicht auf sowas geachet." Tür zu.

Tür auf. "Terrorisiert hier nicht die ganze Nachbarschaft. Hier gibt es keine Verbrechen! Lest weniger Horrorgeschichten und lernt und arbeitet lieber, Kinder!" Tür zu.
 

"Also irgendwie habe ich das Gefühl, hier stimmt etwas nicht," meinte Kimba nachdenklich zu Juri.

"Ja! Das sind alles feige Arschlöcher, die sich einen Scheißdreck darum kümmern, was mit Diana geschieht oder was hier generell so an Verbrechen begangen wird!" schimpfte der und man konnte erkennen, dass er eine Gradwanderung zwischen Wutanfall und Weinkrampf durch machte, ohne dass eines von beidem aus ihm herausbrach.

"Das vielleicht auch. Aber irgendwen hätte es bestimmt interessiert. Außerdem glaube ich nicht, dass die alle nichts gesehen haben. Aber wenn wir Beweise haben wollen, müssen wir da wohl selber mal nachforschen."

"Und wo kriegen wir den Beweis her? Du hast ja selbst gehört, dass unsere Aussagen aus irgend einem komischen Grund nichts zählen."

"Der Subco hatte mir letztens etwas von Überwachungstechnik erzählt, die so gut wie unsichtbar an einem Menschen oder Tier festgemacht werden kann. Mit Mikrophon und Video dürften wir die nötigsten Beweise zusammenkriegen."

"Willst du etwas warten, bis diese Scheißkerle wieder über sie herfallen?"

"Nein. Natürlich nicht. Wenn das passiert, greife ich augenblicklich ein. Ich hoffe einfach, dass die nach unseren Nachforschungen nervös werden und darüber sprechen. Dann können wir damit zur Polizei gehen. Das wird mindestens dafür reichen, dass die sich das mal anschauen."
 

Einige tausend Sterne schienen am Himmel zu funkeln, als Kimba durch Büsche und Gräser der Vorgärten schlich. Er überlegte während des anschleichens, ob es nicht einfacher oder sinnvoller gewesen wäre, den Subco selbst diese Überwachung unternehmen zu lassen. Doch inzwischen war es etwas zu spät dafür. Er hatte auch gerade die Terasse erreicht, auf der die Pflegeeltern von Diana saßen. Außerdem saßen da noch zwei ihrer Nachbarn. Diana hatten sie kurz zuvor zu Bett geschickt und sie war auch extrem schnell und ohne einen Funken Widerstand nach oben auf ihr Zimmer verschwunden. Kimba wartete. - Und hatte Glück: Nur wenige Augenblicke später schien die gewöhnliche nachbarschaftliche Abendstimmung zu verschwinden und eine merkwürdige Spannung breitete sich über die Terrasse aus.

"Am besten wäre es, wenn sie ihn nicht wiedersehen würde," begann Dianas Mutter.

"In der Tat: Der Junge gräbt mir zu tief im Dreck herum. Da muß augenblicklich etwas geschehen," stimmte einer der Nachbarn zu.

"Dummerweise wird sich Diana dann zickig anstellen und versuchen, das Verbot zu umgehen," überlegte Dianas Vater.

"Dann müßt ihr sie halt einsperren! Bis sie es kapiert hat! Notfalls hilft auch eine saftige Abreibung!" schlug der andere Nachbar vor und schlug dabei einen Befehlston ein. Alle anderen auf der Terrasse schienen ziemlichen Respekt vor ihm zu haben.

"Spätestens in der Schule hat sie die Gelegenheit. Wir können sie nicht völlig von der Außenwelt isolieren, das wäre viel zu auffällig," meinte Dianas Mutter.

"Sie erhalten gutes Geld dafür, dass uns ihre Tochter zur Verfügung steht. Und sie haben noch mehr gutes Geld dafür erhalten, dass diese Sache mit äußerster Diskretion gehandhabt wird. Sehen sie zu, dass sie das in den Griff kriegen!" erklärte wieder der Nachbar, vor dem sich alle zu fürchten schienen.

"Wir tun unser bestes," beteuerte Dianas Vater.

"Das will ich auch hoffen. Ansonsten werden sie wohl in Kürze wieder in finanzielle Schwierigkeiten kommen. Ohne Job und ohne das Geld für die Dienstleistungen ihrer Tochter werden sie wohl kaum ihre Schulden bezahlen können."

"Drohen sie uns nicht! Sie stecken genauso tief mit drin!" platze dem Vater der Kragen.

"Nur mit dem Unterschied, dass all ihre Nachbarn so aussagen werden, dass ich nur ein ahnungsloser Freund ihrer Familie bin und sie ihre Tochter selbst mißbraucht haben. Oder glauben sie, irgendwer von denen möchte ohne Job darstehen?"

Dianas Eltern schauten bedrückt auf den Boden.

"Sehen sie... es hat durchaus Vorteile, wenn man Geld hat. Vor allem, wenn es genug ist, um eine große Fabrik in einem Gebiet voller Arbeitslosigkeit aufzubauen. Und ich biete ihnen genau das an: Geld. Eine Menge Geld. Mehr vor allem, als es jeder andere Kunde zahlen könnte." Er zeigte auf den anderen Nachbarn, der sich bis dahin zurückgehalten hatte.

Kimba war inzwischen schlecht geworden. Leise und sehr vorsichtig schlich er zurück. Er wußte, dass er sich würde übergeben müssen, wenn er diesem Gespräch noch länger zuhören würde.

"Unglaublich...," ging es durch seinen Kopf, "... was die Menschen alles fürs Geld tun. Und wie viel Macht sie dadurch übereinander haben. Und wie wenig Skrupel sie haben, diese Macht auszunutzen oder sie unrechtmäßig an sich zu reißen. Die gehören alle eingesperrt bis ans Ende ihrer Tage..."
 

Noch in derselben Nacht ließ Kimba die Aufzeichnungen über das Gespräch auf ein handelsübliches Medium überspielen. Dann weckte er Juri und seine Eltern. Wenig später legten sie gemeinsam der Polizei das Beweisstück vor. Es reichte noch nicht ganz für eine sofortige Verurteilung, aber der Fall wurde direkt aufgenommen, da 'dringender Tatverdacht' bestand. Schon am nächsten Morgen waren verdeckte Ermittler rund um das Haus von Diana und ihren Pflegeeltern unterwegs und brachten das ein oder andere Überwachungsgerät an. Zwei Tage später - Diana hatte inzwischen strikte Anweisung von ihren Eltern erhalten, dass sie Juri nicht mehr sehen durfte - kam es zu der Durchführung eines weiteren perversen Geschäftes von Dianas Pflegeeltern und einem der Nachbarn. Kurz bevor jener Nachbar sich die Gegenleistung für sein Geld abholen konnte (Diana lag schon weinend und halbnackt in ihrem Zimmer), griff die Polizei zu und verhaftete die Beteiligten und durchsuchten das Haus nach weiteren Beweisstücken.
 

Juri und Kimba standen in der Nähe, kurz vor dem Gartenzaun, als Dianas Eltern in Handschellen in einen der Polizeiwagen geführt wurden.

"Ihr habt gute Arbeit geleistet," lobte der Polizist die beiden, "ihr habt der kleinen ein langes und übles Schicksal erspart. Selbst wenn sie auch so schon übel genug dran ist: Erst der Mißbrauch durch die eigenen Eltern und nun noch ein Heimaufenthalt..."

Juri und Kimba horchten auf.

"Ein Heimaufenthalt? Mißbrauch durch die eigenen Eltern?" fragte Juri ungläubig. "Ich dachte, das wären bloß ihre Pflegeeltern - so hat sie mir das jedenfalls mal gesagt."

"Das kann gut sein," meinte der Polizist, "früher waren ihre Eltern sicherlich anders, aber sie gerieten in große wirtschaftliche Schwierigkeiten und da wurden aus ehemals liebevollen Eltern erbarmungslose Ausbeuter. Damit waren die Eltern, die sie kannte, nicht mehr da und sie hat sich eingeredet, dass dies nicht ihre echten Eltern wären, da die soetwas niemal getan hätten."

"Das muß schlimm sein, so seine Eltern zu verlieren," meinte Kimba.

"Aber warum wurden ihre Eltern so? Meine Familie hatte auch mal finanzielle Schwierigkeiten und ich kenne auch viele andere, denen es nicht gut geht. Trotzdem tun die ihren Kindern soetwas nicht an," bemerkte Juri.

"Jeder Mensch ist anders," antwortete der Polizist.

"Ja und erst unter extremen Bedingungen zeigen Menschen ihr wahres Gesicht. - Vor allem, je weniger sie eine Bestrafung fürchten müssen." fügte Kimba hinzu. "Das hat mal der Subco gesagt."

"Und warum haben die Nachbarn nichts dagegen unternommen?"

"Ich glaube aus Angst, weil einer der Leute, die sich an ihr vergangen haben, der Eigentümer der großen neuen Chemiefabrik am Stadtrand ist. Und die Leute hatten Angst, ihren Job zu verlieren," erklärte der Polizist.

"Das ist leider nicht der einzige Grund," meinte ein junger Mann, der plötzlich neben Kimba und Juri stand. Kimba erkannte den Subco, obwohl er diesmal normale Kleidung trug. "Hört mal, was euch die Nachbarn sagen, die da gerade ankommen und eigentlich nichts mit der Sache zu tun hatten."

Tatsächlich kamen gerade zwei der Nachbarn, die Kimba und Juri schon früher vergeblich um eine Aussage gebeten hatten geradewegs auf sie zu.

"Sehr gut gemacht!" fauchte eine Frau mittleren Alters die beiden an. "Dies war einmal eine hochgeachtete Gegend, in der nur ehrenwerte Leute wohnten. Und nun habt ihr Schande über uns alle gebracht. Mußtet ihr euch da einmischen?"

Kimba und Juri stand der Mund offen.

"Außerdem hätte sich die Kleine ja nicht so aufreizend anziehen müssen," meinte der andere Mann, der mit der Frau zu ihnen gekommen war," immer im kurzen Rock herumgelaufen - und dann manchmal auch noch in einem fast bauchfreien T-Shirt. Dadurch sind die anderen ja erst aufmerksam geworden, das könnt ihr mir aber glauben."

"Da ist sie," sagte die Frau und zeigte auf die still weinende Diana, die von einem Polizisten aus dem Haus begleitet wurde. "Die hat Schande über uns alle gebracht."

Kimba und Juri waren inzwischen knallrot geworden.

"So eine Unverschämtheit!" brüllte Juri die beiden an. "Was seid ihr nur für Riesenarschlöcher?"

"Keine Beleidigungen bitte!" empörte sich die Frau. "Das werden wir nicht dulden. Vor allem nicht, nachdem ihr die ganze Gegend in Verruf gebracht habt. So etwas kann ganz schnell zur Anzeige führen. Du bist doch schon teilweise strafmündig mit deinen 14? - Aha, da würde ich also ganz schön aufpassen, Junge."

"Außerdem haben wir das Recht auf freie Meinungsäußerung!" bekräftigte der Mann.

Kimbas Krallen fuhren bis tief in den Boden. Er wollte gerade abspringen, doch die überraschend starke Hand des Subco hielt ihn zurück.

"Laß sie," meinte dieser. "Das hilft niemanden und bringt dir nur eine Menge Ärger ein. Es gibt andere und bessere Alternativen - vertrau mir, ich weiß, wovon ich rede. Laßt uns gehen."

"Und Diana?" frage Juri besorgt.

"Die wird jetzt erstmal ein paar Stunden für sich alleine brauchen. Bis dahin seid ihr beide dann wieder voll aufnahmefähig."

Als die Gruppe an den Häusern vorbei ging, bemerkten sie die verärgerten Blicke etlicher Nachbarn. Gardinen wurden schnell zugezogen und Haustüren halblaut geschlossen. Ab und an war etwas wie 'so eine Schande' und 'die Stecken doch mit dem Mädchen unter einer Decke' zu hören. Kimba und Juri mußten ihren Zorn herunterschlucken und konnten sich nur mit Mühe beherrschen. An dem Subco schien das alles jedoch wirkungslos vorbei zu streichen.

"Warum?" fragte Kimba schließlich. "Warum tun die das? Sind die wirklich so blöde, dass sie die Realität nicht erkennen? Oder sind die wirklich alle so schlecht, dass sie kein Mitgefühl für Diana haben?"

"Es ist eine Mischung aus schlechtem Gewissen, dass sie nichts dagegen getan haben, und der daraus resultierenden Wut auf sich selber aber auch die Angst vor den Tätern und vor allem vor der übrigen Gesellschaft."

"Vor der übrigen Gesellschaft?"

"Es ist teilweise in den Traditionen der hier ansässigen Völkern verwurzelt, dass Frauen allgemein sehr wenige Rechte haben. Und wenn es Probleme zwischenmenschlicher Art gibt, wird die Schuld zuerst bei den Frauen gesucht. Und wenn jetzt einer der Nachbarn von Diana angefangen hätte, etwas dagegen zu unternehmen, hätte er mit Druck rechnen müssen - zumindest hat das jeder hier gedacht. Die Leute wollen keine Schwierigkeiten und gehen daher den einfachen, leichten und falschen Weg."

"Dagegen muß etwas getan werden!" beschloß Kimba.

"Nun, die Leute müssen umerzogen werden. Es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem der Welt nach dem Großen Krieg: Die Leute haben kaum noch Vorbilder und Ideale. Wenn du zu ihnen gehst und ihnen sagst, dass sie sich ändern sollen, wird es nichts bringen: Sie werden nicht auf dich hören. - Vielleicht noch eher auf dich, als auf Juri. Aber insgesamt bist du für sie eben kein besonderes Wesen, niemand, zu dem man aufschaut und versucht, ihm nach zu eifern. Wenn sich Vorbilder finden würden - also du beispielsweise zu einem Volkshelden werden würdest - dann hättest du gute Chancen, die Leute davon zu überzeugen und zu motivieren, ihre Verhalten zu ändern. In diesem Fall eben, Zivilcourage zu zeigen und für die Gerechtigkeit auch Schwierigkeiten in kauf zu nehmen."

Kimba schaute bis auf den Horizont. In diesem Moment hatte er sich fest vorgenommen, die durch Kriege verrohte Gesellschaft wieder auf den richtigen Pfad zu bringen.
 

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Nächster Teil: Kimba 29 - "Freunde des Geistes"

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 28 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Freunde des Geistes"

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"Ich sehe es! Ich sehe es!" rief die jüngere Frau mit dem in die kurzen, rosa gefärbten Haare einrasiertem Herzchen. "Die Tore... öffnen sich... ich sehe... das Licht!"

Es war allerdings stockfinstere Nacht und niemand außer ihr schien 'das Licht' sehen zu können. Ihre Pupillen waren weit geöffnet und schienen irgendetwas in großer Entfernung zu betrachten, obgleich eine große, graue Betonmauer in nur 5 Meter Entfernung den Blick behinderte. Ihr Mund war zu einer Mischung aus Fröhlichkeit und Erstaunen verzogen. Die anderen Anwesenden, zwei der Freaks aus dem Club und Mbangi, sowie zwei Fremde, schauten

erwartungsvoll zu der jungen Frau, die in völlig anderen Spheren zu schweben schien.

Ein Mann jüngeren Alters, der mit weißer Jacke und weißer Hose bekleidet war, trat aus der Gruppe hervor und rief euphorisch: "Sie sieht das Licht! Ihr Geist ist jetzt erleuchtet! Freunde des Geistes, es ist gelungen: Sie hat Verbindung zu dem Geist des Universums."

Alle anderen Anwesenden präzisierten kurz und knapp ihr Erstaunen: "Ooooohhh!"

Ein anderer Mann, ebenfalls in weiß, trat hervor und beschwor die Gruppe: "Die Zeit ist günstig, die Sterne stehen optimal für eine Verbindung mit dem Geist des Universums. Ihr, ja ihr seid auserwählt, eine Verbindung mit ihm einzugehen und Erleuchtung zu erfahren. Kommt ruhig näher, es ist genug für alle da..." Der Man in White holte aus seiner Jackentasche eine transparente Plastiktüte hervor, in der viele weiße Pillen verstaut waren.

"Nehmt nur!" forderte er die anderen Anwesenden auf. "Es ist nicht schädlich, wenn man nicht zu viel nimmt und es kostet euch nur ein wenig Zeit."

Nacheinander nahmen die übrigen Anwesenden je eine von den Pillen und probierten sie aus. Auch Mbangi. Er hatte die Vermutung, dass es zumindest ein wenig verboten war, was er tat, aber wer kümmert sich schon allen ernstes um die Vorschriften, die erwachsene Spießer machen? Er auf jeden Fall nicht. Und eine angenehme Spannung durchlief seinen Körper, als er die Pille in den Händen hielt. Es war die Erwartungshaltung 'was würde passieren wenn' und natürlich das Abenteuer, etwas verbotenes zu tun. Er schluckte sie herunter.
 

Die Sonne war schon lange wieder aufgegangen, als Kimba alle Tiere des Dschungels zur Dschungelkonferenz gerufen hatte. Nach den Erlebnissen mit den Menschen, die an Gleichgültigkeit und Ignoranz zu Dianas Schicksal kaum zu übertreffen waren, hatte er sich ein Ziel gesetzt. Und um dieses Ziel durchsetzen zu können, brauchte es zum einen einen Wandel in seiner Politik zu den Menschen und zum anderen brauchte er dir Hilfe seiner Freunde.

"Ich bin zu dem Entschluß gekommen, dass wir uns einfach nicht länger von den Menschen abgrenzen können. Früher mag das anders gewesen sein, doch damals hatten wir noch einen großen natürlichen Abstand zu den Menschen. Heute jedoch wohnen die Nomaden gleich neben uns auf den Plateaus und die Menschen der Stadt kennen uns von den Kämpfen, die wir zusammen mit ihnen bestritten haben. Wir sind einfach viel zu nahe dran, als dass wir den Kontakt vermeiden könnten."

"Und was genau sollen wir nun tun, Kimba?" fragte Cheetah.

"Ihr sollt regelmäßig in die Stadt gehen, mit den Leuten reden, Handel betreiben auf dem Wochenmarkt. So werden uns die Menschen mehr und mehr als normale, gleichwertige Mitbewohner dieser Gegend akzeptieren."

"W-w-wir sollen in die Stadt gehen? Ist das nicht gefährlich?" fragte Buckey ängstlich.

"Ja, genau das. Und ich halte es für recht ungefährlich, da die Menschen uns inzwischen zumindest vom Hörensagen kennen. Einige von ihnen kennen uns auch schon persönlich, beispielsweise die Leute aus dem Flüchtlingstrek oder die Nomaden, die in die Stadt gezogen sind. Sie alle haben uns noch in guter Erinnerung, weil wir ihnen in jüngster Vergangenheit geholfen haben. Diesen Bonus dürfen wir nur nicht in Vergessenheit geraten lassen. Noch nie waren die Vorraussetzungen für eine Zusammenarbeit von Menschen und Tieren besser als heute."

"Aber warum dieser plötzliche Politikwechsel? Bisher hat es doch auch ohne allzu viel Menschenkontakt funktioniert," halte Buckey nach.

"Weil ich nur dann das Denken und Handeln der Menschen beeinflussen kann, wenn sie mich akzeptieren - genauso wie alle anderen von uns."

"Du willst sie beeinflussen? Wieso das denn jetzt? Früher wolltest du sie vom Jagen abbringen, aber seit wir hier sind, habe ich keine Jäger mehr gesehen."

"Was nicht ist, kann wieder werden. Aber der eigentliche Grund ist ein anderer. Ich habe dir doch von Dianas Schicksal erzählt, oder? Das Verhalten der Menschen der gesamten Gegend dort war an Ignoranz und Kaltherzigkeit kaum zu überbieten. Der Subco meint, die Gesellschaft sei allgemein so verroht, weil es hier so viele schreckliche Kriege gegeben hat. So haben sie nur Tod und Zerstörung gesehen, sie haben gesehen, wie ihre Anführer und Vorbilder entweder wegstarben oder selber Verbrechen begingen. Der Subco meinte, wenn es wieder positive Vorbilder in dieser Welt gäbe, die sich für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit einsetzen. Auch wenn ich bei weitem nicht mit allem übereinstimme, was der Subco für Richtig und Notwendig hält, so hat er eine Menge an Wissen und Erfahrung - viel mehr als jedes andere Wesen hier auf diesem Planeten. Ich denke er hat recht und so werde ich versuchen, den Menschen dieses Vorbild zu geben, damit sie sich daran ein Beispiel nehmen können, die Verzweifelten wieder Hoffnung schöpfen und sich alle wieder an ihre guten Seiten erinnern und Recht und Unrecht klar voneinander trennen können."

"Noble Ziele, aber ich glaube nicht, dass du sie erreichen kannst," grummelte Scharfzahn, das alte Streuselkuchengesicht, vor sich hin.

Damit hatte Kimba gesagt, was er wollte und die Versammlung löste sich auf. Doch keine Minute später waren schon die Jungtiere bei ihm.

"Duhu, Kimbaaaa...?" begann Piwi.

"Ja?" Kimba schaute etwas mißtrauisch zu dem kleinen Geparden. Wenn der so anfing, war es sicher, dass er ihn um etwas bitten würde, was ihm nicht gefallen würde.

"Mbangi hat uns von diesem coolen Club erzählt, wo diese Typen mit komischen Frisuren und komischer Kleidung herumlaufen. Wir wollten uns die anschauen und Musik hören. Dürfen wir?"

"Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist," bemerkte Kimba kritisch.

"Aber du hast selbst gesagt, wir sollen mehr Kontakt zu den Menschen suchen. Das wäre doch eine gute Gelegenheit," agumentierte Dodi. Kimba schaute etwas doof aus der Wäsche. Diese Argumente waren definitiv nicht von der Hand zu weisen. Und gefährlich waren die Leute, die er dort kennengelernt hatte auch nicht. - Immerhin war auch Mbangi dort fast Stammgast.

"Kaum zu glauben: Da ist unsere Streberin doch tatsächlich mal zu was nutze," lästerte Lukas Piwi und Wildcat ins Ohr.

"Na gut, ihr dürft."

"JUCHUUU!" war die kurze, deutliche und präzise Reaktion der Jungtiere auf Kimbas Entscheidung. Nicht minder kurz und deutlich hörbar war jedoch das "MOOOOMENT!" von Kimba, keine Sekunde später.

"Ihr dürft nur mit einem erwachsenen Tier hin und um Punkt 8 Uhr abends macht ihr euch auf den Weg nach Hause!"

"Och Menno, Kimba," versuchte Piwi es mit dem 'ich-bin-lieb' Blick.

"Entweder so oder gar nicht!" bestand Kimba drauf.

"Na gut, aber wer von den Erwachsenen würde sich dazu bereit erklären, mit uns dorthin zu gehen?"

"Hm... mal überlegen," dachte Kimba nach," wer kennt die Kleinen alle, ist erwachsen und würde sich nicht so stark dagegen wehren...? Ich selbst habe Rahja den Abend versprochen, ich kann also nicht."
 

Es war schon längst nach Mittag und alle Schüler und Schülerinnen der Schule in der Stadt waren nach Hause gegangen - alle bis auf zwei. Diese zwei saßen mit leicht gedrückter Stimmung auf einer Bank am Rande der Schule und versuchten, eine Lösung für die Probleme zu finden, in denen sie gerade steckten.

"Also du mußt die Schule wechseln?" fragte Juri traurig.

Diana schaute ihn ebenso traurig an. "Ja. Die Heimleitung und das Jugendamt haben entschieden, dass ich einen viel zu weiten Schulweg habe, jetzt wo ich im Heim wohne."

"Am anderen Ende der Stadt... ach manno, wir können uns kaum noch sehen."

"Ich weiß. Aber was soll ich machen? Alleine darf ich halt noch nicht wohnen."

Juri überlegte. "Vielleicht kannst du ja bei mir wohnen - natürlich nur, wenn es dir nichts ausmacht."

Dianas Blick erhellte sich. "Meinst du wirklich, ich könnte...? Deine Eltern haben nichts dagegen?"

"Nein, ich habe sie schon gefragt. Du könntest auch bei uns leben."

"Ich würde mich freuen..." strahlte Diana und nahm Juris Hände.
 

Nur kurze Zeit später kamen die Jungtiere im 'Club' an - und die erwachsene Begleitperson. Buckey zitterte wie Espenlaub, ihm war überhaupt nicht wohl.

"Keine Angst, großer Aufpasser, wir werden dich beschützen," lästerte Lukas und kassierte im selben Moment von Buckey eine Zusatz-Hausaufgabe.

"Langsam müßtest du doch wissen, dass du unseren Lehrer nicht verarschen darfst," tadelte Wildcat den Junggeparden.

"Und wenn ich die doofe Strafarbeit nicht mache?"

"Dann wird Buckey sich bei Kimba beschweren und der macht dann ernst!"

Lukas grummelte etwas unverständliches und ging dann in die "Quelle der Bässe" Wildcat zuckte mit den Schultern und ging ihm und den anderen nach.
 

Die Musik war nahe daran zum Lärm zu verkommen, so hoch war die Lautstärke angesetzt. "Oohh meine Ohren!" jammerte Buckey, ohne dass ihn jemand hören konnte. Danach wurde der dumpfe Schmerz in seinen Ohren von den visuellen Eindrücken verdrängt: Der Doc hatte gerade eine genial-grelle Lasershow gestartet und im künstlichen Lichtgewitter sah Buckey die Gesichter der Freaks aufleuchten. Beispielsweise den mit der Frisur, die wie eine horizontal gelegte Spiralgalaxie aussah oder die andere mit der Haarsträhne und dem Totenkopf auf dem Schädel.

Die Jungtiere jedoch schienen einen Heidenspaß zu haben - selbst Dodi, die das "Streberlise" von Lukas diesmal wirklich überhörte, da Lukas Stimme auch bei voller Lautstärke nicht ausreichte.

Einige Zeit später zog Buckey einen nach dem anderen vor die Tür des Clubs. Es war 8 Uhr und bei all seinen Schwächen hatte Buckey mindestens eine positive Eigenschaft: Er war grundverläßlich und setzte Kimbas Aufträge so gut durch, wie er nur konnte. Nach wenigen Minuten hatte er alle aus dem Club gefischt.
 

"So Leute, für heute ist es überstanden: Wir können endlich nach Hause gehen!" freute sich Buckey.

"Jetzt schon?" fragte Piwi enttäuscht.

"Es ist ja sogar noch taghell," beschwerte sich Lukas.

"Ihr kennt Kimbas Order: Um Punkt 8 Uhr nach Hause," beharrte Buckey.

"Och nee... bitte Herr Lehrer, nur noch ein klein wenig länger," bettelten alle drauflos.

"Keine Chance. Wenn ich 'nein' sage, bleibt es auch dabei."

"Typisch Buckey: Jetzt vor uns fühlt er sich groß und da drinnen war er soooo klein mit Hut." lästerte diesmal Piwi.

Noch bevor Buckey sich beschweren konnte, ergriff Wildcat das Wort: "Ach weißt du, Buckesy hat schon Recht: Wenn Kimba sagt, wir sollen um 8 Uhr nach Hause gehen, dann sollten wir das auch tun."

Ungläubige Blicke von den Jungtieren fielen auf Wildcat. Hatte wirklich Wildcat das gerade eben gesagt?

"Sag mal...," wollte Lukas anfangen zu protestieren, doch ein scharfer Blick und ein vielsagendes Blinzeln von Wildcat liessen ihn gleich wieder verstummen.

"Ok, laßt uns ganz schnell nach Hause gehen, damit wir nicht zu spät kommen, los!" drängte sie ihre Freunde und rannte mit ihnen los.

"Nanu?" wunderte sich Dodi. "Ich glaube, da stimmt etwas nicht, ich folge denen mal." meinte sie dann noch zu Gira.
 

In der Tat gingen Buckey und die anderen das Tempo nicht mit, sondern wanderten gemütlich in Richtung Dschungel. Und dabei an Lukas, Piwi und Wildcat vorbei, die sich in einer Senke im Gebüsch versteckt hatten.
 

"Seht ihr, da gehen sie hin. Und wir haben noch eine richtig tolle Party vor uns," flüsterte Wildcat zu ihren beiden Begleitern.

"AHA!" schallte plötzlich eine Stimme hinter ihnen. Erschrocken drehten sie sich um. Es war Dodi.

"Ihr habt doch Buckey gehört, wir sollten nach Hause gehen!" setzte sie gleich nach.
 

"Wenn du uns verpetzt, dann wirst du dir die Sommerferien herbeiwünschen wie noch nie zuvor, denn wir würden dir das Leben in der Schule zu Hölle machen, das garantier ich dir," drohte Lukas und klang erschreckend ernst. Dodi hmpfte: "Wenn ihr meint, bitte, ist eure Sache wenn das rauskommt. Ich gehe jedenfalls nach Hause."

"Das wirst du nicht," funkelte Wildcat sie an, "Immerhin hast du uns schon entdeckt und ich verwette Lukas Fell, dass du uns verpetzen würdest, wenn wir dich jetzt noch gehen liessen."

"Hey!" protestierte Lukas. "Verwette mich nicht schon wieder!"

"Die Wette ist sicher, Lukas..." meinte Wildcat.

"Und was machen wir nun mit ihr?" fragte Piwi.

"Na, mitnehmen!" schlug Wildcat vor.

"Diese blöde Streberin?" erschrakt Lukas.

"Ja, auf diese Weise war sie dann auch da und kann uns nicht verpetzen, ohne selber Strafe abzukriegen."

Dodi konnte kaum fassen, was die drei da gerade mit ihr vorhatten, aber sie wußte genau, dass sie keine Chance hatte, etwas dagegen zu tun.
 

Wenig später kamen die drei dann wieder am Club an.

"Schaut mal da drüben," rief Piwi plötzlich und deutete auf ein Licht zwischen den Runinen einiger alter Fabrikgebäude. Neugierig gingen sie zu der besagten Stelle und sahen dort einige Gesichter, die ihnen aus dem Club bekannt waren.
 

"Hallo, was macht ihr da?" fragte Wildcat neugierig die junge Frau mit dem Totenkopf auf der Haarsträhne mitten auf dem Kopf.

"Wir suchen Kontakt mit dem Geist des Universums," antwortete die Frau.

"Geist des Universums?" fragte alle vier Jungtiere gleichzeitig.

"Ja. Durch ihn sehen wir Dinge, die wir normalerweise nicht wahrnehmen könnten und wir sind erleuchtet, solange wir mit ihm in Verbindung stehen."

"Also ihr leuchtet richtig wie Glühbirnen?" fragte Piwi.

"'Erleuchtet' bedeutet 'weise', Piwi," erklärte Dodi kurz.
 

Zwei Männer in weiß, die unsere Freunde bis dahin übersehen hatten, traten aus dem Halbschatten hervor.

"Willkommen im Kreis der Eingeweihten und Erleuchteten: Willkommen bei den Freunden des Geistes," begrüßte der kürzere der beiden MIW (Man in white) die Jungtiere.

"Wollt ihr nicht auch teilhaben an der Verbindung zum großen Geist des Universums? Kommt nur näher und habt keine Angst..." begann der andere sie zu locken. Neugierig aber auch mit ein wenig mißtrauen kamen Lukas, Piwi, Dodi und Wildcat zu den beiden. Der kürzere war zwar nicht füllig, aber doch genauso breit wie sein Partner, der etwa 1 Kopf größer und recht nahe an die 2 Meter Marke herankam. Der kleinere der beiden schien zwischen 35 und 40 Jahren alt zu sein und hatte bereits eine ausgeprägte Platte auf seinem Kopf, die ringsum von tiefschwarzen Haaren eingerahmt war - bis auf die Stirn, die war frei. Der ältere hatte noch volles Haar, das ebenfalls nahe an die Farbe schwarz heranreichte und unter Einsatz von Kamm und Gel nach hinten gekämmt worden war. Genau dieser etwas lange Typ, der ein wenig den Eindruck einer Bohnenstange erweckte, kramte schnell in seiner Jackentasche herum und holte einen transparenten Plastikbeutel mit weißen Pillen darin hervor.
 

"Hier: Die sind für euch. Wenn ihr wollt, zeigen sie euch den Weg zum Geist des Universums. Ihr müßt sie nur herunterschlucken.

Die Jungtiere schauten einander unsicher an.

"Ob wir das mal probieren sollten?" fragte Lukas.

"Also ich weiß nicht...," meinte Wildcat.

"Das sieht mir eher nach irgendwelchem Chemie-Zeugs aus, das ungesund ist," meinte Dodi.

"Und was meinst du Piwi?" fragte Lukas weiter.

"Keine Ahnung. Irgendwie sieht es aus wie eine chemische Droge, die süchtig macht und Halluzinationen hervorruft. Aber die beiden haben ja gesagt, dass das nur für die Verbindung mit dem Geist des Universums ist. Keine Ahnung."
 

"Könnt ihr ruhig probieren, Leute," kam plötzlich eine Stimme aus der kleinen Gruppe von Menschen. Es war Mbangi. "Ich hab es ja auch schon probiert und wie ihr seht, hat es nicht geschadet. Ist auch echt cool, glaubt mir."
 

"Hm...," überlegte Lukas kurz (zu kurz), "das möchte ich auch mal ausprobieren."

"Wenn du das nimmst, nehme ich das auch!" bestand Piwi.
 

Der Mann reichte ihnen je eine Pille.
 

"Und was ist mit dir, Wildcat?" fragte Lukas.

"Hm..., na gut, ich probier auch mal eine," gab sie nach.

"Und du, Dodi?"

"Ich dürfte eigentlich noch nicht einmal hier sein. Und so ein Zeug nehme ich erst recht nicht. Wer weiß, was das mit euch anstellt..."

"Wir haben es genommen und wie du siehst, leben wir noch immer," meinte Lukas genervt.

"Komm schon, Dodi. Ich hab es auch schon probiert - schon mehrmals. Das ist kein Problem, man behält die Kontrolle und kann jederzeit aufhören. Man muß nur nicht mehr wollen," redete Mbangi auf Dodi ein.

"Ich glaube... ich sehe etwas...," meinte Piwi plötzlich und starrte in den sternenklaren Nachthimmel. "Da ist so ein großes, weißes Licht... das kommt immer näher."

"Euer Freund bekommt bereits Kontakt mit dem Geist des Universums!" rief der kleinere der beiden MIW mit euphorischem Ton.

"Komm schon, Dodi," drängt Wildcat, "Nur weil Lukas das auch schluckt, muß es ja nicht gleich schlecht sein."

Lukas: "Wie bitte?"

Wildcat überhörte den empörten Protest und machte weiter: "Was kann denn schon passieren? Mbangi ist doch auch noch ganz normal und wenn du es bloß einmal probierst... Ich meine, wir machen das ja alle und das hat schon seinen Grund."

Der längere der beiden Männer hielt Dodi eine der weißen Pillen vor die Nase. "Riecht lecker, nicht wahr? So leicht süßlich und nach Aroma duftend..."
 

Schließlich gab sie nach, schleckte die Pille von seiner Hand und schluckte sie herunter.

Piwi lag inzwischen entspannt im Gras. Er sah den Dschungel - von oben, denn er konnte fliegen. Und Wildcat flog neben ihm, ebenso Lukas. Dann kam auch Kimba dazu und Rahja und viele viele andere. Zusammen tobten sie zwischen den Wolken herum und hatten viel Spaß.

Auch Lukas hatte sich mittlerweile hingelegt. Er sah Wildcat neben sich liegen und sie lagen beide in einem Blumenbeet, dass sich von einem Horizont zum anderen erstreckte. Eine Kiste stand auf dem Beet. Lukas ging neugierig auf sie zu und öffnete sie. In mittlerer Geschwindigkeit kam eine Art Springteufel heraus, der die Form von Buckey hatte und immer wiederholte: "Extraarbeit für Lukas - Extraarbeit für Lukas". Lukas sah den Buckey-Springteufel, wie seine Kulleraugen rollten und seine Zunge einen halben Meter aus seinem Mund schlabberte. Er konnte nichts anderes als loslachen, ebenso Wildcat neben ihm.
 

Wildcat sah, dass sie in einem dunklen Raum stand. Aus der Decke wuchs ein gelbes Haus, auf dessen Dach Piwi und Lukas lagen und zu träumen schienen. Dann hörte sie eine Stimme sprechen... erst undeutlich, dann immer klarer, bis zwei Augen auf der dunklen Wand vor ihr erschienen.

"Bist du ich? Bin ich du? Wer bist du? Hörst du mich?" Immer wieder diese Fragen in dieser Reihenfolge.
 

Dodi saß in der Schule. Immer wieder wurde sie etwas schwieriges von ihren Mitschülern gefragt. Auch vom Lehrer, der abwechselnd Buckey, Pauley, Daniel und Kimba war. Und immer war ihre Antwort richtig und alle bewunderten sie dafür. Lukas brachte ihr ihre Schale mit Mittagessen und verbeugte sich wie ein Diener. Gira hielt eine große Fahne mit ihrem Bild darauf hoch.
 

Am nächsten Morgen saßen etwas müde aber glückliche Jungtiere in der Schule. Wie erwartet hatte Buckey nix bemerkt und Dodi hielt still.
 

An diesem Abend fand dasselbe Spielchen wie beim Abend zuvor statt. So war Buckey mit dem Großteil der Klasse wieder auf dem Weg nach Hause, während sich die üblichen Verdächtigen wieder im Gebüsch versteckt hatten. Auch Dodi war dabei.
 

"Warum du denn?" wollte Lukas wissen, "Ich dachte du wolltest nicht?"

"Es ist auch nur eine Ausnahme. Ich will diesen Traum noch mal kurz erleben, den ich gestern hatte. Vielleicht kann ich ihn sogar zu Ende träumen. Aber glaub bloß nicht, dass ich das nochmal mitmache. - Außerdem kann ich so auf euch aufpassen... wer weiß, was ihr sonst für Mist bauen würdet."
 

Der Mann in weiß sah wirklich so aus, als täte es ihm unendlich leid. "Tja, und weil unserer Bruder ausgeraubt wurde, haben wir jetzt nicht mehr so viel. Und damit er gegen den Räuber Anzeige erstatten kann, braucht er halt ein wenig Geld. Wenn jeder von euch nur 2 Neo-Dollar zahlt, hat er das Geld zusammen. Ist ja auch nicht viel... eigentlich kriegt ja jedes Kind 5 davon pro Woche."

Mbangi kramte in seiner Tasche herum.

"Und wir?" fragte Lukas vorsichtig. "Wir können ja nichts bezahlen, weil wir kein Geld haben."

"Wir könnten Früchte und so von der Farm mitbringen. Dann verzichten wir heute und bringen die morgen mit - wenn das ok ist." schlug Piwi vor.
 

"Keine Bange, Freunde," beruhigte der kürzere der beiden Männer die Jungtiere," wer kein Geld hat, braucht natürlich kein Geld zu bezahlen. Die Idee mit den Früchten finde ich gut, dann können wir alle hier ein gemeinsames Abendmahl einnehmen und uns dann ganz auf den Kontakt mit dem Geist des Universums konzentrieren. Hier, nehmt ruhig, es ist ja noch genug da..."
 

Die Schulglocke in Form von zwitschernden Vögeln ( eine Idee von Pauley ) war gerade verstummt, als Buckey seltsam fröhlich die Klasse betrat. - Oder genauer: Er betrat die kleine Plattform aus Brettern, wo das Lehrerpult drauf stand, die Schule war ja noch immer eine reine Freiluft Schule.

"He, Piwi..." tickte Lukas seinen Nachbarn an. Ein wenig Müde und mit roten Ringen unter den Augen schaute der jüngere Gepard den älteren an und sah seinen eigenen Gesichtsausdruck. Schließlich rang er sich zu einem "Was ist?" durch.

"Der Oberlehrer freut sich heute so komisch... der hat bestimmt was mit uns vor."
 

Kaum hatte er das gesagt, bestätigte Buckey auch schon seine Gedanken: "Sooo, Kinder, heute wollen wir unsere Klassenarbeit über Erdkunde schreiben."

Piwi und Lukas schauten einander an. Dann schauten sie zu Wildcat, die ebenfalls den "heute schon???"-Blick drauf hatte. Dann ging es bereits los.
 

Lukas war sauer. Zwar gab es zwei Aufgaben, die er sowieso nicht hätte lösen können, doch der größte Teil der Arbeit kam ihm recht einfach vor - wenn er geübt hätte. Doch so blieben alle diese Aufgaben eher unbeantwortet, so viel er auch dazu geschrieben hatte. Am Ende der Stunde wußte er: Mal wieder eine schlechte Zensur mehr. Und dann noch eine, die er gar nicht nötig gehabt hätte.
 

Am Abend waren die Jungtiere wieder im Club - oder besser: In den Ruinen direkt daneben. Ebenso die beiden Pseudo-Gurus und die bekannte Gruppe aus dem Club. Wie vereinbart hatten die Jungtiere das Essen mitgebracht und wenig später konnte die Zeremonie beginnen.
 

"Freunde des Geistes," begann der größere der beiden weißgekleideten Männer, "so leid es mir tut, aber durch den bedauerlichen Zwischenfall mit unserem Versorger haben sich die Dinge geändert. Ihm sind hohe Kosten entstanden und diese werden nicht weniger, da er künftig leider Begleitschutz benötigt und der ist nicht kostenlos. Ich bitte euch daher um einen kleinen Unkostenbeitrag... nur 5 Neo-Dollar pro Pille reichen, um seine Kosten zu decken. Dafür wird er uns auch weiterhin alle Schwierigkeiten auf sich nehmen und uns mit dem Sto... äh... Schlüssel zum Geist des Universums versorgen."
 

Am nächsten Morgen...

"Wie lange noch?" fragte Piwi unruhig Lukas.

"Noch zwei Schulstunden," antwortete dieser.

"Och man. Das dauert viel zu lange. Ich will wieder in den Club, da ist es nicht so langweilig. Und meine Zeremonie gestern war zu schwach, nicht so intensiv wie die Male davor."

"Meine auch," stimmte Lukas zu.

"Ob wir langsam den Kontakt verlieren? Vielleicht sollten wir zwei Pillen nehmen? Mbangi macht das jedenfalls auch, das geht also."

"Aha!?" erschallte plötzlich Buckeys Stimme von der Tafel aus. "Wie ich höre, willst du diese Aufgabe hier vorrechnen, Piwi?"

"Ähhh... eigentlich weniger. Das kann ich nämlich nicht so gut."

"Na dann erst recht an die Tafel, damit wir alle zusammen es mit dir zusammen lernen - dafür sind wir ja hier!"
 

Piwi schlich zur Tafel und versuchte einen einfachen Dreisatz hinzukriegen. Doch mehr als ein etwas falscher erster Satz kam dabei nicht heraus. Buckey konnte nur mit dem Kopf schütteln. "Sowas einfaches...," dachte er sich," aber ich muß ja mit dem Unterricht weiter kommen."

"Äh... ist ok, Piwi. Du kannst dich wieder setzen. - Und schau zu wie... Dodi das jetzt macht," sagte er dann und deutete Dodi mit einer Geste, dass sie zur Tafel kommen möge.
 

"Also zuerst brauchen wir...," begann Dodi und überlegte einige Sekunden, bis sie weiterkritzelte. "Und das geht dann... so..."

"Sag mal, Rahja, hätte sie das zweite nicht als drittes ausrechnen müssen? Ich dachte, sie braucht erst noch die Ergebnisse von Nummer 1?" fragte Kimba halblaut.

"Dachte ich eigentlich auch," antwortete diese und wunderte sich.

Dodi bemerkte, dass sie unsicher wurde: "Tut mir leid, aber ich bin heute nicht in Form," gab sie schließlich zu und die Aufgabe auf.

Buckey stand der Mund halboffen. "So ein Mist: Jetzt muß ich es selber machen... aber wie ging das bloß...?"
 

Die Sonne stand noch hoch am Himmel, als Piwi, Wildcat, Lukas und Dodi am bekannten Platz neben dem Club ankamen. Doch dort war niemand, ausser Mbangi, der im Gras lag und offenbar in anderen Spheren schwebte.

"Du Mbangi," holte Piwi den schwarzen jungen teilweise in die Realität zurück," weißt du, wo die beiden Typen sind, die die Pillen haben?"

Mbangi sagte nichts, er deutete lediglich mit der Hand in Richtung des Clubs.
 

Kurz darauf waren alle vier im Club.

"Hi Freaks! Heute schon so früh Party feiern?" wurden sie sogleich vom Doc begrüßt. Seine "Schuhe" hatten einen neuen Farbschein erhalten: Halb Neongelb, halb Lila. Die vielen senkrecht abstehenden Fäden schwangen in den Bässen des Clubs mit und schienen so einen kleinen Tanz zu vollführen.

"Öhhhh...," druckste Piwi herum.

"Ja klar!" rief Lukas.

"Na dann viel Spaß!" rief der Doc noch und machte sich dann kichernder weise auf den Weg zu der Laserlicht Anlage.
 

"Seid willkommen! Sucht ihr wieder Kontakt zu dem Geist des Universums?" schrie der größere "Man in white" zu den Jungtieren, die trotzdem nur die Hälfte verstanden. Mit einer Geste machte er ihnen deutlich, sie mögen den Seitenausgang zur Backstage nehmen.
 

In einem der Hinterräume des Clubs...

"Ah... das ist gut, ihr habt wieder etwas zu Essen mitgebracht," sagte der kleinere der beiden Pseudo-Gurus freundlich, schien aber irgendwie doch nicht ganz glücklich darüber zu sein.

"Warum schon so früh heute? Hattet ihr keine Schule?" fragte der lange wieder.

"Doch," antwortete Piwi, "Aber gestern hatten wir weniger Kontakt zum Geist als normalerweise."

"Tja... das passiert manchmal. Ab und zu muß man auch mal zwei Pillen nehmen," erklärte der kleinere beiläufig.
 

"Hallo du da," kam plötzlich eine unbekannte Stimme aus einer Ecke des Raumes. Die Jungtiere drehten sich um. In der Ecke saß ein Mann, dessen Alter nicht genau bestimmt werden konnte. Irgendwie erweckte er den Eindruck, dass er nicht allzu alt war, bestimmt nicht älter als 30. Andererseits sprachen die eingefallenen Wangen und die vielen Falten auf dem Gesicht und auf den Händen eine andere Sprache. Denen nach zu urteilen, hätte er die 60 oder 70 schon lange überschritten haben müssen. Dieser Mann deutete auf Dodi.

"Ja... genau dich meine ich, kleines. Komm mal bitte her, ich will dich genauer anschauen."

Unsicher schaute Dodi zu ihren Freunden und zu den beiden in weiß gekleideten Männern.

"Keine Bange, er ist ein alter Ku... Freund von uns."

Vorsichtig ging Dodi dann zu dem Mann hin. Der musterte sie kurz von oben nach unten und zurück.

"Da wo ich herkomme, sieht man keine Antilopen mehr. Das ist sehr schade..."

Dodi schaute ihn fragend an.

"Weißt du, ich wollte schon immer mal ein sprechendes Tier kennenlernen. Und ich finde, du siehst nett aus, kleine. Willst du mir etwas über euch Tiere erzählen?"

Dodi errötete leicht. "Oh, vielen Dank, ich würde mich geehrt fühlen."

"Komm ruhig noch etwas näher... keine Bange, ich beiße nicht." Der komische Typ lachte kurz. Dodi lächelte unsicher zurück.

"Weißt du was...?" begann der Mann, "Dafür spendiere ich dir noch eine Pille extra."

Dodis Augen leuchteten auf. "Wirklich? Für mich?"

"Jaja," lachte der Typ und streichelte Dodi zärtlich über den Kopf. "Für dich, weil du so nett zu mir bist," fügte er noch hinzu.
 

Die Sonne hatte schon einige Zeit lang den Horizont geküßt und schien gerade vollends in ihm aufzugehen, als Kimba und Rahja am Club ankamen, Seite an Seite geschmiegt.

"Jetzt lerne ich den sagenumwobenen Club endlich auch mal kennen," meinte Rahja zu Kimba.

"Gegen einen gemeinsamen Tanzabend habe ich auch bestimmt nichts einzuwenden," sagte Kimba und schaute seiner Freundin tief in die Augen. Die erwiderte den Blick - für einige Sekunden. Dann schaute sie plötzlich abprubt nach vorne.

"Du, sag mal, ist das nicht Piwi, der dort vorne liegt? Ich dachte Buckey wäre heute gar nicht mit den kleinen hier gewesen?"

Kimba schaute erstaunt in den Eingangsbereich des Clubs. Dort lag tatsächlich Piwi.

"Die waren auch nicht hier...," meinte er und wunderte sich. Dann wollte er Piwi zur Rede stellen und ging zu dem Junggeparden hin.

"Guten Abend Piwi...," begann er und wartete auf eine Reaktion. Und wartete. Und wartete. Nix.

"Piwi...?" Kimba stubste ihn mit der Nasenspitze an. Endlich kam eine Regung.

"Hi Kimba... schöner Sonnenaufgang, nicht wahr?"

Kimba schaute sich irritiert um. Eigentlich spricht man Abends eher von Sonnenuntergang.

"Wo ist Lukas?" versuchte Kimba es ein zweites Mal.

Rahja schaute Kimba etwas überrascht an: "Wie kommst du jetzt auf Lukas?"

"Wo Piwi ist, da ist auch Lukas nicht weit - und ich fürchte, Wildcat werden wir hier ebenfalls aufgabeln können."

Piwi drehte sich vom Rücken auf den Bauch und deutete auf den Mond. "Dort oben ist er... zwischen dem Mond und dem Tor aus Licht... er spielt mit den

Feen, die dort fliegen."

Kimba und Rahja schauten einander an. Offenbar war Piwi nicht hundertprozentig zurechnungsfähig. Da es aber nicht so aussah, als schwebe er gerade in großer Gefahr oder würde irgendo hin wegrennen, ließen sie ihn am Eingang liegen.

"Ich schätze, Lukas und ich werden diesmal ein längeres Gespräch führen müssen," stellte der weiße Löwe trocken fest und ging mit Rahja in den Innenraum des Clubs.
 

Die Musik schlug auf ihren Trommelfellen auf.

"Au... etwas laut, findest du nicht?" schrie Rahja Kimba an.

"Ja, aber man gewöhnt sich daran, keine Sorge," erwiderte Kimba. Dann blieben seine Augen an einer Bank am Rande der Tanzfläche hängen: Lukas und Wildcat lagen dort auf bzw. unter der Bank und rührten sich nicht - bis auf das Lukas mit seiner Pfote irgendwelche Linien in der Luft nachzog.
 

Die laute Musik war in den Hinterräumen nur noch als fernes Wummern zu hören. In einem dieser Hinterräume brannte eine Glühbirne in einer Lampe, die so schäbig aussah, wie der komische Typ, der Dodi die Extraportion spendiert hatte. In diesem Raum unterhielten sich die beiden Männer in weiß und der komische Typ hörte zu.

"Das reicht einfach nicht. Die Tiere müssen entweder mit Geld zahlen oder sie kriegen keinen Stoff mehr."

"Und wo sollen die das Geld hernehmen? Von der Dschungelbank klauen? Wir müssen unsere Lieferanten bezahlen!"

Der Typ mischte sich ein: "Dann werde ich eben für sie zahlen... solange die kleine Antilope hier ist."

"Was hast du vor, Michael?" fragte der längere der beiden nach.

"Geht dich nix an," brummte der angesprochene nur.

"Du weißt, was er vor hat... . Das ist nicht unsere Sache, solange er die Kohle ranschafft," meinte der kleinere.

"Dann sind wir uns einig? Ihr seht zu, dass die kleine Antilope immer brav hierherkommt und ihre Portion bekommt und ich zahle gut dafür. Sorgt nur dafür, dass sie nicht widerspenstig wird. Ihr habt die Mittelchen dazu... alles klar?"

Die beiden nickten.
 

"Die beiden scheinen wieder halbwegs da zu sein," bemerkte Kimba.

"Gut. Ich glaube auch, wir haben genug getanzt. Laß uns nach Hause gehen," schlug Rahja vor.

Kimba nickte und meinte: "Die beiden hier und Piwi am Eingang müssen wir auch mitnehmen. Mit denen will ich mal ein ernstes Wort reden. Ich will gar nicht wissen, wie lange die schon getanzt haben müssen, um derartig geistig abwesend zu sein."

Wenig später befanden sich zwei Junggeparden, eine junge Wildkatze und zwei junge Löwen auf dem Weg zurück in den Dschungel. Dabei fragte der junge Löwe die Geparden und die Wildkatze ohne Unterbrechung aus, erhielt jedoch keine wirkliche Antwort, ausser, dass die angesprochenen gerne noch länger im Club geblieben wären.

Als sie alle am Dschungelrand angekommen waren, meinte Kimba noch ärgerlich: "Darüber werden wir morgen noch sprechen. Wenn ihr weiterhin die Zeiten und Regeln so mißachtet, werde ich die Regeln eben strenger fassen und ihr dürft gar nicht mehr hin! Klar?"

Eingeschüchtert nickten die drei.
 

Spät Nachts, als alles schlief, konnte man drei Schatten in Richtung Stadt huschen sehen. Schnell und vorsichtig, als ob sie fürchteten, entdeckt zu werden. Einige Stunden später - es ging schon langsam auf den Morgen zu - kamen vier Schatten recht langsam wieder zum Dschungel zurückgeschlichen.
 

Es hatte gerade die erste Schulstunde begonnen und Buckey wollte die Anwesenheitsliste durchgehen, als Wildcat, Piwi, Lukas und Dodi angehetzt kamen und sich schnell auf ihre Plätze setzten.

"Entschuldigung, Herr Lehrer," begann Lukas, "aber wir haben uns beim Frühstück zu lange über was wichtiges unterhalten."

"Das glaube ich dir auch gerade," grummelte Buckey zurück.

"Aber es stimmt, ich war selbst dabei," warf Dodi ein.

Buckey dachte eine Sekunde nach. Wenn Dodi das sagte, würde es schon stimmen. Aber er war neugierig: "Dann ist ja gut. - Über was habt ihr euch denn unterhalten?"

Die drei anderen schauten einander unsicher an.

"Über die Hausaufgaben von gestern," log Dodi.

"Mist, mußt du damit anfangen?" flüsterte Piwi zu Dodi. "Die haben wir doch alle nicht."

Buckey schaute verwundert. Dodi nutzte den Moment, um ihren Fehler wieder gut zu machen: "Ja, wir haben irgendwie nicht verstanden, worum es genau ging und da haben wir die nicht gemacht, damit wir nichts falsches machen."
 

Buckey schaute Kimba fragend an: "Du sag mal, hatte ich euch denn gestern etwas aufgegeben? Kann mich gar nicht daran erinnern..."

Kimba schüttelte den Kopf. "Nein, ich weiß auch von nichts."

Alle schauten verwundert zu den vier Angeklagten, die sich zumindest wie auf der Anklagebank vorkamen.
 

Wildcat schaltete am schnellsten. "Achherrje... das waren ja die Aufgaben von vorgestern. Die wollten wir gestern in Ruhe machen, weil wir ja erst heute wieder Mathe haben."

Klang halbwegs logisch. Etwas merkwürdig kam es allen anderen trotzdem vor.
 

Kaum war Schulpause, wollte sich Kimba seine 3 Leute schnappen.

"Warte kurz, Rahja, bin gleich zurück."

"Na das kenne ich ja schon... und dann dauert es wieder die ganze Pause," schmollte sie.

"Tut mir leid... ich weiß, daß es manchmal länger dauert. Aber dieses Mal werde ich mich wirklich kurz fassen, denn die wirkliche Moralpredigt gibt es für unsere drei Ausreißer am Mittag."

Rahja warf ihm einen 'Hoffentlich-stimmt-das-auch'-Blick zu und begann, ihre Pausenbrot zu futtern.

Kimba machte sich auf zu seinen Spezis...

"Nanu, was essen die denn da?" wunderte er sich. Lukas, Piwi und Dodi schluckten gerade komische weiße Pillen, Wildcat stand mit dem Rücken zu ihm, so daß er nicht sehen konnte, ob sie das auch tat - er hielt es aber für wahrscheinlich.

"So, ihr da!" sprach er die vier an, die dabei erschraken und wie ertappt aussahen. "Lukas, Piwi, Wildcat! Heute Mittag werdet ihr in Daniels Restaurant auf mich warten. Dann will ich noch ein ernstes Wort mit euch reden. Ist das klar?"

Die angesprochenen nickten erleichtert. Offenbar hatten sie etwas anderes erwartet.

"Und was sind das eigentlich für komische Pillen, die ihr da schluckt?" fragte Kimba neugierig nach. Man konnte deutlich merken, daß die drei sich sehr unwohl fühlten, aber auch Dodi stoppte für ein oder zwei Sekunden jede Bewegung.

"Äh... das sind Vitaminpillen. Die sind sehr gesund und helfen groß und stark zu werden," log Lukas.

"Aha... und wer hat euch die gegeben?"

"Ääähhh..." jetzt wußte Lukas schon nicht mehr weiter.

"Das war der Subco," log Dodi.

"Achso...," überlegte Kimba. Es klang zumindest logisch: Der Subco tauchte immer mal plötzlich auf, tat irgendwas komisches und verschwand wieder. Erst vor einigen Tagen hatten er und einige seiner Robotwachen einige Geräte am Fuße des Mondberges aufgestellt und war danach gleich wieder mit allen Maschinen und Robotern verschwunden. "Na gut. Dann grüßt ihn bitte von mir, wenn ihr ihn wiederseht."

"Ja, machen wir," riefen die vier.
 

Die nächste Schulstunde begann wenig später. Und die Erdkunde Arbeit kam von Buckey herunter... wie ein Geschenk für die meisten, weil sie allgemein recht gut ausgefallen war. Doch für Lukas, Piwi und Wildcat näherte sie sich von oben wie ein fallendes Henkersbeil.

Buckey: "Lukas: 5!" klatschte er ihm die Arbeit kopfschüttelnd auf den Tisch.

"Piwi: 4 mit Bedenken - das war schlecht, Wildcat ebenso." Die beiden schauten bedröppelt auf ihre Arbeiten. Im Prinzip war es schon richtig gewesen, was sie geschrieben hatten, doch viele kleine Flüchtigkeitsfehler hatten ihre Arbeit nach unten gezogen.

Plötzlich hallte ein kurzer, heller Schrei durch die Klasse. Er war von Dodi gekommen, die gerade ihre 3 gesehen hatte. Eine 1 Minus war bislang das schlechteste in ihrer schulischen Laufbahn gewesen. Alle waren mehr als erstaunt darüber.
 

Als die Schule aus war, machten sich die vier deprimiert auf den Weg zum Club.

"Sag mal, wollte Kimba uns nich sprechen?" fragte Dodi besorgt.

"Egal. Der hat ne 1 geschrieben und hat das deswegen bestimmt schon vergessen. Außerdem: Was willst du ihm erzählen? So, wie wir momentan drauf sind, können wir uns nichts einfallen lassen. Wir brauchen unbedingt die Unterstützung durch den Geist, sonst sind wir voll gearscht," grummelte Lukas vor sich hin.
 

"Hm... ihr könnt die Pillen kriegen. Aber dafür müßt ihr auch mal was für uns tun - eine Hand wäscht die andere, alles klar?"

Die Jungtiere nickten.

"Gut. Du da!" der kleinere der beiden zeigte auf Dodi, "Du kennst doch noch den netten Mann von gestern Abend? Der arme ist sehr allein. Wenn du ihm Gesellschaft leistet, spendiert er dir weiteren Zugang zum Geist des Universums. - Das willst du doch, oder?"

Dodi nickte.

"Sehr gut. Und ihr anderen begleitet mal bitte Kay und Jana. Ihr kennt die beiden ja schon aus dem Club und von den vergangenen Zeremonien des Geistes. Sie werden gleich in die Stadt fahren zu einem Geheimgespräch. Eure Aufgabe wird es sein aufzupassen, dass niemand zufällig zum Gespräch kommt. Alles verstanden?"

Die anderen drei nickten.
 

"Bist du dir sicher, Subco?" fragte Kimba entsetzt.

"Ganz sicher. Die Indizien sind eindeutig," antwortete dieser.

"Und was kann ich dagegen tun?"

"Du mußt die finden, die den Stoff verteilen und dafür sorgen, dass sie es nicht mehr können. Halte deine Freunde einfach vom Stoff fern, dann wird sich alles wieder einrenken."
 

Das Schild mit der Aufschrift 'Zentral Bank N.A.U.' hätte schon längst mal wieder geputzt werden können, fand Wildcat. Dann sah sie zu Lukas und Piwi, die angestrengt die Straße auf- und abschauten.

In dem Moment kamen Kay und Jana aus dem Gebäude gestürzt. Offenbar war das Geheimgespräch beendet. Die beiden stürzten schnell in den Wagen, in dem die drei Freunde saßen und fuhren mit quietschenden Reifen weg.

"Muß das jetzt wirklich so schnell gehen?" fragte Lukas. "Mir ist nicht so gut."

"Ja muß es! Sei still!" grummelte Kay vom Beifahrersitz aus. Jana konzentrierte sich voll auf das Fahren.

"Warum habt ihr eigentlich diese komischen Masken auf?" wunderte sich Piwi.

"Weil es nicht mehr geheim wäre, wenn man uns erkennen würde. Daher werdet ihr auch niemandem erzählen, dass wir dort waren, klar?" erklärte Kay, während er die schwarze Strumpfmaske vom Kopf zog.
 

Eine knappe Stunde Fahrt quer durch die Straßen und Gassen der Stadt, sowie einem kleinen Ausflug durch die Steppe kamen sie alle beim Club an.

"Hier ist das Geld," sagte Jana und übergab dem kleinen der beiden 'Man in white' zwei Beutel. "15000 Neos," fügte Kay noch hinzu.

"Gut gemacht," lobte der kleinere die Gruppe und winkte den größeren herbei.

"Hier eure Belohnung," sagte dieser und gab den beiden einige kleinere Schachteln.

"Und ihr kriegt auch was," fuhr er dann fort und drückte jedem der Jungtiere eine kleine Schachtel in die Pfoten.

"Was ist das?" fragte Piwi neugierig.

"Was wohl?" fuhr ihn Lukas an. "Dafür haben wir das doch gemacht."

Piwi öffnete die Schachtel, um nachzusehen und tatsächlich waren da zwei Mal 12 Tabletten drin.
 

Plötzlich ging die Tür zum Hinterraum auf und der Doc kam herein. Irgendwie sah er gar nicht so freundlich und fröhlich aus, wie man ihn kannte.

"Aha!" rief er. "Hatten die anderen also Recht: Ihr nutzt hier unseren Club aus, um eure verdammten Drogen zu dealen! Ihr bleibt jetzt hier, bis die Polizei eintrifft.
 

Die Jungtiere waren total verwirrt. Was ging hier bloß vor?
 

Die beiden Dealer schauten einander an. Dann zog der größere ein Messer und der kleine eine Pistole.

"Ey Alter, weißt du was?" begann der große," Wir haben voll keinen Bock darauf aufzufliegen. Und deswegen wirst du schweigen - so oder so."

Die beiden kamen immer näher auf den Doc zu, dem jegliche Gesichtsfarbe abhanden gekommen war.

Bedrohlich schwenkte der lange sein Messer, noch schlimmer erschien die kleinkalibrige Pistole des kleineren, denn er schien schon ziemlich genau auf den Kopf des Doc zu zielen. Der war immer weiter zurückgewichen und stand mittlerweile fast an den beiden Wänden einer Zimmerecke.

"Dumm gelaufen, Doc," sagte der kleine emotionslos, dann nahm sein Gesicht einen konzentrierten und todernsten Ausdruck an.
 

Plötzlich spang die Tür mit einem Knall auf. Der kleine bekam das Holz genau vors Gesicht. Als er an der Wand hinter ihm aufschlug, war er bereits bewußtlos. Der andere Typ drehte sich ruckartig zur Tür um und sah einen zähnefletschenden jungen Löwen auf sich zukommen. Nun war er es, dem sämtliche Gesichtsfarbe entwich. Kurz darauf lag er mit zwei blutigen Klauenspuren auf seinem Körper bewußtlos in der Ecke.

"Kimba! Gott sei dank," konnte der Doc endlich sagen, nachdem er sich vom Schock, den die beiden Dealer ihm eingejagt hatten, erholt hatte.

Kimba schien es jedoch eilig zu haben.

"Doc, weißt du wo Dodi ist?"

"Die kleine Antilope?"

"Ja!"

"Keine Ahnung."
 

Jana fasste sich ein Herz: "Sie ist mit so nem Typen mitgegangen, der hier neu ist im Club mitgegangen. Sie sind wahrscheinlich auf der großen Wiese hinter dem Club."

Schnell sprintete Kimba los.
 

Lukas, Piwi und Wildcat schauten einander an.

"Warum hat Kimba uns denn nicht ausgeschimpft?" fragte Piwi schließlich.

"Bessere Frage: Warum hat er es auf einmal so eilig gehabt? Die Bösewichter liegen wohl hier, wenn ich das richtig mitgekriegt habe...," meinte Wildcat.
 

Auf der staubigen, eingetrockneten Wiese lag Dodi. Sie sah selig lächelnd auf eine vertrocknete Blume und staunte, wie schön die doch Aussah. Den Rest nahm sie nur verschwommen wahr, beispielsweise die Stimme neben ihr: "Komm, leg dich doch etwas bequemer hin! Du mußt nicht immer in Fluchtstellung liegen. Glaub mir, wenn du die Beine ein wenig seitlich von dir streckst, liegst du viel bequemer..."

Dodi spürte, wie ihre Hinterläufe ein wenig zur Seite gezogen wurden. Sie gab ohne weiteres Denken nach und ließ sie in die neue Position bringen.

"Na, merkst du es auch? So vier Tabletten auf einmal haben gleich eine viel schönere Wirkung... so... und jetzt entspann dich und bleib ganz ruhig liegen. Vertrau mir einfach!" hörte sie die Stimme.
 

"Halt! Geh sofort von Dodi weg!" schrie Kimba den halbnackten Mann an, der gerade dabei war, seine Hose herunter zu lassen. Der angesprochene drehte sich um und Kimba erschrak ein wenig: Die Wangen eingefallen, die Augen in tiefen Höhlen verschwunden und mit einem starren, leeren und etwas glasigem Blick.

Der Mann stieß ein irres Lachen aus. Dann schrie er zurück: "Ich bin unbesiegbar! Ich bin ein Gott!"

Und wieder dieses irre Lachen. Kimba reichte es, der Subco hatte ihm genug Horrorgeschichten über menschlichen Abschaum erzählt und offenbar - wie gewöhnlich - die Wahrheit gepachtet. Wenige Sekunden später lag auch dieser Mann mit Spuren von Krallen auf seinem Körper bewußtlos auf dem Boden.

"Dodi? Alles klar mit dir?" fragte Kimba besorgt. Dodi antwortete nicht. Sie drehte nur den Kopf und lächelte ihn an. Aber irgendwie auch nicht ihn - sie schien vielmehr durch ihn hindurch zu sehen.

Im Hintergrund konnte man den Klang von Sirenen vernehmen. Die Polizei war endlich eingetroffen.
 

Wenig später waren die Dealer und der komische, zerfallene Typ von der Polizei abgeführt worden. Kimba erhielt von der Polizei und natürlich vom Doc großes Lob für seine Hilfe.
 

Am nächsten Morgen...

"Ooohhhh... geht's mir schlecht," stöhnte Lukas und sah so aus, wie er behauptete.

"Du sagst es Lukas...," versuchte Wildcat zu lachen, doch der Versuch hatte nur zur Folge, dass sie ihr Frühstück zum zweiten Male sah.

Kimba schaute Juri besorgt an. "Ich hoffe, das geht wieder vorbei, oder?"

"Keine Sorge, Kimba, die Entzugserscheinungen werden nicht ewig anhalten. Die haben verdammt viel Glück gehabt."

"Ja, wenn sie es länger genommen hätten, hätten sie bestimmt Folgeschäden erlitten."

"Das meinte ich nicht."

Kimba schaute Juri verwundert an, der ein wenig betreten zu Boden blickte.

"Naja... der Mbangi hat das Zeug ja auch genommen. Und als er es nicht mehr bezahlen konnte, hat er versucht zu stehlen - und wurde erwischt. Der muss jetzt ein halbes Jahr lang allgemeinnützliche Arbeit verrichten, ansonsten käme er ins Jugendgefängnis."

"Ohje... du armer musst ja auch alles durchmachen. Erst die Sache mit Diana und jetzt einer deiner besten Freunde..."

"Mit Diana hat sich inzwischen das Meiste wieder zum Guten gewandt," strahlte Juri auf einmal. "Das Jugendamt hat nämlich keine Bedenken gehabt, dass sie zu mir und meinen Eltern zieht."

"Na endlich mal eine gute Nachricht," freute sich Kimba.
 

In dem Bereitschaftsraum des 4. Bezirks der Polizei in der Stadt unterhielten sich die zwei wachehaltenden Polizisten.

Erster Polizist: "Schon gehört?"

Zweiter Polizist: "Was denn?"

"Der Typ, der die Antilope nehmen wollte wird doch nicht vor Gericht gestellt."

"Echt nicht?"

"Nein."

"So eine Scheiße... wieso denn nicht?"

"Weil sie ihn heute tot in seiner Zelle gefunden haben."

"Zusammengeschlagen oder so?"

"Nee, hat seine Pillen nicht mehr gekriegt. War schon körperlich abhängig. Als die das gemerkt haben, war es schon zu spät."

"Naja... es gibt schlimmeres..."

"Du sagst es, Tibor, du sagst es..."
 

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Nächster Teil: Kimba 30 - "Die Herausforderung"

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 29 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Die Herausforderung"

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"...und die ersten 10 sind an der Teilnahme zu den afrikanischen Meisterschaften qualifiziert. Daher sind wir alle, also du, ich, Piwi, Lukas, Rahja und Wildcat startberechtigt. - Natürlich nur, wenn ihr auch wollt. Aber es ist auf jeden Fall eine Herausforderung, dort zu fahren."

Das "JAAAA!" der Jungtiere war kurz, knapp, laut und eindeutig. Ebenso jedoch das "MOOOOMENT!" von Kimba. "Erstmal will ich wissen, wann und wo das stattfinden soll."

"Das findet auf dem alten Salzpfannen-Kurs statt, etwa 2 Stunden mit dem Auto von hier aus. Mein Vater kann uns mit dem Kleintransporter hinbringen," erklärte Juri.

"Willst du den Wahnsinn etwa mitmachen, Kimba?" fragte Tommy den weißen Löwen besorgt.

"Ja, denn das könnte mich zu einem Helden für die Menschen machen, zu einem sogenannten Sporthelden."

"Aber wieso willst du das denn auf einmal?"

"Ganz einfach: Die Gesellschaft - in erster Linie die menschliche - versinkt durch die Folgen der schrecklichen Vergangenheit langsam in Gleichgültigkeit und Gewalt. Hast du letzte Woche nichts von den Massenschlägereien in der Stadt gehört?"

Tommy nickte kurz.

"Siehst du! Und ich will das Ändern. Aber das kann ich nur dann, wenn die Menschen auch auf mich hören. Sie brauchen ein Vorbild, jemanden den sie halbwegs kennen, der viel Erfolg hat und bewundert wird. Wenn ich das werde, werden viele Menschen versuchen, meine Ideale und Vorstellungen nachzuleben - einige schon völlig freiwillig von sich aus, andere, wenn ich es ihnen sage."

"Bist du dir da auch sicher?" fragte Tommy skeptisch.

"Nun- das hat mir zumindest der Subco gesagt."

"Und dem glaubst du das?"

"Er weiß sehr viel. Ich denke, er hat recht - auch wenn ich mit seiner Gottspielerei nichts zu tun haben will. Es ist einfach nicht richtig, Lebewesen nach zu produzieren und sie in fertige Rollen zu stecken, nur weil man sie gerne wieder hätte. Allerdings hat er bei aller Kritik keine wirklich bösen Absichten."

Piwi stubste Kimba an: "Duhu... dürfen wir nun mitkommen?"

Kimba überlegte: "Hmmm, ich weiß nicht..."

Wildcat: "Aber deinen Plan unterstützt es, da wir dich im Rennen unterstützen könnten."

"Na gut: Ihr dürft mit!"

"JUCHUUU!"
 

Zwei Tage später standen Kimba, seine Freundin Rahja, sein Kumpel Juri und Piwi, Lukas und Wildcat vor einer seltsam anmutenden Anlage. Es erinnerte ein wenig an ein Dorf, das sehr weitläufig gebaut war: Überall standen einzelne größere oder kleinere Gebäude und viele kleine Straßen und Wege führten zwischen ihnen entlang. Auch schienen hier und da kleine Gärten angelegt zu sein. Doch diese scheinbare Idylle wurde durch eine sehr große, lange Straße begrenzt, die um das gesamte Dorf herum führte. Außerdem störte noch eine riesige Tribüne an der großen Straße, ebenso die vielen Garagen in der Nähe der Tribüne, die mit dieser ominösen Straße verbunden waren.

Es handelte sich um den alten Rennparcours der "Großen Salzpfanne", benannt nach dem riesigen, flachen Tal, in dem der Kurs und seine Gebäude sich befanden. Der Kurs Große Salzpfanne bestand im wesentlichen aus einer Start- und Zielgeraden, einer sich daran anschließenden Kurve, die weitläufig begann und sich zum Ende hin zu einer Nadelkurve verengte, einem längeren Kombinationsteil aus schnellen und langsamen Kurven, einer sehr langen Gegengeraden, die kurz vor Ende etwas abknickte und dann in eine weitere Nadelkurve mündete. Von dort aus waren es dann noch eine kurze rechts-links Kombination mit Mini-Geraden und einer Schikane, bevor sich der Kurs in einer großen Kurve der Start/Zielgeraden wieder anschloß.

Das System des Rennens war denkbar einfach: Es nahmen 30 Fahrer an dem Training und der anschließenden Qualifikation teil, die 26 Besten würden nach der Qualifikation am Rennen teilnehmen dürfen. Ansonsten galten die üblichen Regeln vom korrekten Starten, erlaubte Settings der Rennwagen bis zum Verhalten im Rennen, was unter anderem die Geschwindigkeitsbegrenzung in der Boxengasse mit einschloß. Als Besonderheit wäre aber noch zu erwähnen, dass das Grundmodell des Rennwagens von der Rennleitung gestellt wurde - völlig einsatzbereit. Doch war es an den Fahrern, diese optimal auf die Strecke und ihren persönlichen Fahrstil abzustimmen.
 

Genau dort, in der Boxengasse, war auch gerade die Hölle los, als unsere Freunde ihre Wagen von der Rennleitung abholten. Kimba schaute sich die Leute an, die dort herumliefen: Die meisten schienen Familien, Schaulustige oder Reporter zu sein, aber auch Techniker. Und zwischen all denen Leuten konnte er schließlich auch ein paar Fahrer erkennen - und natürlich auch genau den einen, den sie alle - vor allem aber Juri - schon während des letzten Rennens ziemlich negativ kennengelernt hatten.

"Jeff...," sagte Kimba und zog Juri am Hosenbein, damit er darauf aufmerksam wurde.

"Ja... alle Qualifizierten aus dem ersten Rennen sind hier mit dabei," erklärte Juri und deutete einige Plätze weiter nach vorne, wo ein blonder Junge neben seinem Wagen hockte und irgenetwas am Sitz verstellte. "Dort hockt unsere Nummer 1 vom letzten Mal."

"Und die fremden hier haben sich auch erst durch die Rennen davor qualifiziert?"

"Ja. Am Finale nehmen nur die besten Fahrer teil."

"Ohje... dann haben wir ja wirklich keine Chance."

"Ich weiß. Aber dabeisein ist alles, oder wollt ihr Profi-Fahrer werden?"

Kimba und die anderen Jungtiere schüttelten den Kopf. So schön das Abenteuer auch war, als Beruf konnte sich das keiner von ihnen vorstellen. Als sie weitergingen, sah Kimba noch viele andere Fahrer. Manche sahen einfach nur wie ein Durchschnittsmensch aus, andere aber besaßen schon ein markanteres Aussehen, vom Charakter ganz zu schweigen. Vom egozentrischen Schreihals im schrillsten Outfit bis zum Introvertierten Einzelgänger, vom guten Kumpel bis zum letzten Arschloch schienen alle Charaktere vertreten zu sein.
 

Wenig später standen die Wagen der Jungtiere und der von Juri hintereinander an den jeweiligen Boxen. Eifrig versuchten sie mit den je zwei freien Helfern, ihre Wagen für das Rennen richtig einzustellen. Dabei sollte erwähnt werden, dass jedes Fahrerteam zwei Helfer von der Rennleitung zur Verfügung gestellt kriegt - kein Wunder, denn auch, wenn manche Fahrer und -teams mit einer ganzen Mannschaft an eigenem Personal angerückt waren, so waren die meisten doch nur mit Mühe finanziell in der Lage gewesen, die Fahrt von Zuhause bis zum Veranstaltungsort auf sich zu nehmen. Und wenn die Fahrer ganz alleine versuchen müßten, ein rennfähiges Auto zu erstellen, wäre es der Qualität des Rennens sicherlich nicht bekommen.
 

"He, ihr da!" schallte es plötzlich Piwi und Lukas an. "Wenn ihr keine Ahnung habt, dann fahrt gefälligst nicht mit!"

Piwi und Lukas schauten erst fragend einander an, dann warfen sie einen verständnislosen Blick auf den Jungen, der ihnen das an den Kopf geworfen hatte.

Der zeigte dann auf einiges Material, das ihren Boxenabschnitt halb verlassen hatte und teilweise auf der Strecke neben den Boxen lag.

"Das kann man ja auch freundlicher sagen," maulte Lukas und zog die Teile wieder innerhalb der Begrenzungslinien.

"Hier gibt es keine Freundlichkeit: Hier herrscht Krieg, falls du es noch nicht bemerkt hast. Außerdem halte ich euch sowieso für zu jung dafür, ihr seid ein Sicherheitsrisiko für alle auf der Strecke."

"Nun mach aber mal halblang, Junge!" fuhr Juri, der gerade von seiner Box herübergekommen war, den Typen an. "Kümmer dich um deine eigenen Angelegenheiten und laß sie in Ruhe!"

"Pah! Auch noch in Schutz nehmen - naja, scheinst ja selber auch nicht gerade zur Elite zu gehören, da kann man ja nix anderes erwarten. Ich gehe besser, bevor mir schlecht wird. Achja: Wenn ihr auf der Strecke Scheiße baut, da kenn ich nix und im Zweifelsfall landet ihr im Graben. Nur dass das klar ist."

"Verzieh dich bloß!" zischte Juri den Typen nochmal an, als dieser sich schon herumdrehte und wegging.
 

"Tja, solche gibts hier auch," kam eine Stimme vom Rande der anderen Box neben der von Piwi und Lukas.

Es war ein anderer Junge, der dem Treiben offenbar schon einige Augenblicke lang zugesehen hatte. Er war etwas kleiner, ein wenig rundlich im Gesicht und im Körper und hatte blonde Stoppelhaare.

"Hi, ich heiße übrigens Ingo," fuhr er fort.

"Hi... äh... ich bin Lukas," grüßte Lukas etwas unsicher zurück.

"Und ich heiße Piwi," grüßte Piwi und freute sich, dass endlich mal ein freundlicher Fahrer in der Nähe war.

"Tja... der Typ da heißt Shinko - naja, man kennt ihn auch unter dem Namen 'Schraubenarschloch' . Das kommt daher, weil ihm mal jemand im Streit eine dicke Schraube in den Hintern gesteckt hat. Und der zweite Teil des Namens... naja... ihr habt ihn ja kennengelernt."

Juri, Piwi und Lukas lachten. Ingo mußt auch kurz mitlachen, wurde aber gleich wieder ernster: "He, aber vorsicht, denn mit einem hat er leider Recht gehabt: Da draussen auf der Strecke herrscht wirklich Krieg - und manchmal auch daneben. Tut euch einen Gefallen und ignoriert Leute, die euch provozieren wollen, ich kann hier wirklich keine Schlägerei vor meiner Box gebrauchen."

"Nanu," wunderte sich Juri," du hast eine Teampartnerin?"

"Ja. Mein ursprünglicher Teampartner konnte sich nicht qualifizieren. Ebenso ihr Teampartner. Also wurden wir eben in ein Team gesteckt. He, Lea, wink den Kleinen hier doch mal! Die freuen sich bestimmt darüber."

Die angesprochene schaute kurz von ihrem Wagen hoch und winkte kurz zu Lukas und Piwi. Aber irgendwie schien sie ihrem Teampartner einen wenig freundlichen Blick zuzuwerfen.

"Na dann, ihr beiden: Viel Glück im Training - und natürlich in der Qualifikation!" verabschiedete Ingo sich wieder zu seinem Wagen.
 

Lukas sah die Bäume und Zäune nur so an sich vorbei fliegen. Dann flog nach längerer Fahrt geradeaus eine Kurve auf ihn zu. Mit viel Kraft drückte Lukas die Bremse in Richtung Bodenblech. Die Bremsen von Rennwagen sind meist schwerer zu betätigen als die normaler Autos. Der Tacho sank auf etwa 50 km/h und Lukas lenkte ein. Dann tauchte wieder ein Stück gerade Strecke vor ihm auf und er trat auf das Gas, um aus der Kurve heraus beschleunigen zu können. Dadurch kann man die Rundenzeit erheblich verbessern - es sei denn, man tritt zu stark auf das Gas. Dann drehen die Hinterräder des Rennwagens durch und das Heck des Wagens folgt der Fliehkraft der Kurve. Durch die Vorderräder, die noch recht gut Haftung auf der Strecke haben, zieht es das Heck nicht geradelinig nach aussen, sondern kreisförmig um die Vorderachse herum: Man wird quasi von seinem eigenen Heck überholt. Wenn man dann den Wagen nicht abfangen kann, rollt dieser dann auch schnell mal über die seitliche Streckenbegrenzung hinaus und färbt den Zaun am Steckenrand mit der Farbe des Lacks an der Wagenseite.
 

Lukas fluchte. Der Zaun 60 cm neben ihm hatte nun dasselbe rot angenommen, wie der Seitenkasten seines Wagens aufweist... aufgewiesen hatte. Verärgert stieg er aus und stapfte mißmutig zur Boxengasse zurück. Den Weg kannte er mittlerweile auswendig, egal von welchem Punkt der Strecke aus. Kein Wunder, denn es war auch bei weitem nicht das erste Mal. Genaugenommen hatte er im Laufe des Tages mehr Strecke zu Fuß als mit dem Wagen zurückgelegt. Das ärgerte ihn gewaltig. Viel mehr jedoch ärgerte er sich über den Hohn und den Spott, den andere Fahrer ihm inzwischen entgegenbrachten. Kaum war er in der Boxengasse angelangt, ging es auch schon wieder los:

"Guck mal: Quax der Bruchpilot ist wieder gelandet."

"Was war es denn diesmal: Im Kies, im Schlamm, der Reifenstapel oder einfach den Zaun lackiert?"

"Kamikaze-Lukas..."

"Der Depp schon wieder. Bin mal gespannt, wen er im Rennen mitnimmt."

"Kein Wunder, dass es den Führerschein nur für Menschen gibt."

"Die fahrende Zeitbombe hat wieder getickt."

"Jede Wette, dass der das Rennen nie zuende fährt."

"Würde mich schon wundern, wenn er überhaupt eine Qualifikationsrunde schafft - von der Zeit gar nicht erst zu reden."
 

Anstatt die Leute wieder zusammen zu brüllen schluckte Lukas den Ärger einfach herunter. Er hatte einfach keinen Bock mehr, sich mit denen anzulegen - außerdem war seine Stimme inzwischen heiser geworden.
 

Im großen Aufenthaltsraum mit angeschlossenem Restaurant war die Stimmung ausgelassen und die jungen Fahrer und Fahrerinnen freuten sich mehr oder weniger gemeinsam auf den ersten Tag der Entscheidung, der am nächsten Morgen in Form der Qualifikation auf sie zukam. Nur wenige zogen die Ruhe und die Einsamkeit dem fröhlichen Trubel vor. Unter ihnen auch Lukas, der alleine am Rande der Strecke saß und schwere, dunkle Gedanken mit sich trug. Noch immer ärgerte er sich über den Hohn der anderen aber auch über sich selbst. Denn er wußte, dass die anderen gar nicht mal so unrecht hatten: Er hatte von allen Tieren mit großem Abstand am schlechtesten abgeschlossen. Und zwar nicht nur in der Rundenzeit - die war schließlich zweitrangig im Training - sondern nach Fahrsichterheit und -können. Er konnte es irgendwie nicht und er wußte nicht wieso.

"Am besten, ich lasse Piwi alleine starten. Wer weiß, was ich anrichte, wenn mir im Rennen so ein Scheiß passiert," murmelte er vor sich hin.

"So weit bist du noch gar nicht!" kam eine Stimme von hinten an sein Ohr. Ein unscheinbarer junger Mann hatte sich kurz hinter ihm hingestellt.

"Was willst du damit sagen?" fragte Lukas ärgerlich.

"Zuerst einmal mußt du durch die Qualifikation kommen. Und dafür fehlt es dir noch an Übung."

"Ich weiß... und wo soll ich die hernehmen?"

"Die kannst du dir nicht nehmen. Die mußt du dir selbst erarbeiten."

"Und wie? Die Trainingszeit ist vorrüber und selbst wenn nicht: Ich würde früher oder später doch nur im Graben landen und wenn ich Pech habe auch noch krepieren dabei."

Der junge Mann lachte ein wenig. "Ja, Risiko ist beim Rennsport immer dabei. Ich kenne auch keinen großen Fahrer, der nicht mindestens einmal einen schweren Unfall gehabt hat. Aber das Risiko kann gering gehalten werden. Dort unten...," er zeigte auf eine Treppe, die in den Keller des Gebäudes hinabführte, "dort steht eine große, alte Maschine. Aber sie leistet noch immer was von ihr verlangt wird."

Mit einer Mischung aus Mißtrauen und Neugier schaute Lukas erst den Fremden und dann die Treppe an.
 

Als Kimba und die anderen auf den Weg zu ihren Schlafplätzen waren, bemerkte er, dass jemand fehlte. Auf Nachfrage meinte Piwi, er hätte Lukas zuletzt an der Strecke sitzen sehen.

Wenig später kamen Kimba und Wildcat an besagtem Platz an.

"Ob er einen anderen Weg genommen hat?" fragte Wildcat.

"Ich weiß nicht," meinte Kimba," ich hoffe nur, dass er nicht weggelaufen ist."

"Warum sollte er?"

"Du hast doch gesehen, wie sehr sein ständiger Mißerfolg an ihm geknabbert hat."

"Ja. Ich wollte ihn eigentlich trösten, aber leider war er ja nicht bei uns und hier habe ich nicht gesucht."

"Du, schau mal...," sties Kimba Wildcat an und deutete auf ein Licht, das offenbar aus dem Keller des Hauptgebäudes kam.

"Ich wußte gar nicht, dass da jetzt noch jemand ist..." wunderte sich Wildcat.
 

Als die beiden die Treppe hinuntergegangen waren, kamen sie an einer großen eisernen Tür an, die der Eingang zu einem großen, hohen Raum mit viel kaltem Neonlicht war. Es standen viele seltsame Geräte in diesem Raum. Einige sahen aus wie Fitnessgeräte, andere wiederrum kamen eher den Maschinen gleich, die gewöhnlich in einer Werkstatt zu finden waren. Zahlreiche Zeichnungen und Skizzen mit Notizen waren an den Wänden angebracht, auch viele Zeichnungen von technischen Details von Rennwagen. Neugierig schauten sich Wildcat und Kimba um. Irgendwie schienen die Geräusche eines Rennwagens aus einer Ecke der Halle zu kommen, der mitten in einem Rennen war - nur irgendwie klang es ein wenig anders und seltsam gedämpft.
 

Kimba und Wildcat schauten einander kurz an und waren sich sofort einig, die Geräuschquelle aufzusuchen. Sie waren sich sicher, dass sie dort Lukas finden würden.
 

Einige Momente später hatten sie ihr Ziel gefunden: Lukas saß in einem Gerät, das offenbar eine Art Rennsimulator war - nicht wie die aus den Spielhallen, sondern ein präzises Gerät mit allen Ausstattungsmerkmalen eines Cockpits. Er bemerkte die beiden gar nicht, obwohl sie nur wenige Meter hinter ihm standen.
 

"Kaum zu glauben: Der übt? Und dann noch um diese Zeit?" fragte Kimba ungläubig halb sich selbst und halb Wildcat.

"Tja mein Lieber, du wirst es mir zwar nicht glauben, aber Lukas ist sehr viel ehrgeiziger als er es vorgibt zu sein."

"Hm... da könntest du recht haben. Aber wieso um alles in der Welt fährt er derartig langsam? Da würde mir nach spätestens zwei Runden der Geduldsfaden reissen..."

"Das wundert mich auch ein wenig. Ob er wohl von selber darauf gekommen ist? Könnte ich irgendwie gar nicht glauben..."

"Komm, gehen wir. Er wird schon irgendwann genug haben und zu uns kommen," meinte Kimba schließlich und stubste Wildcat an, dass sie mit ihm mitkommen möge.
 

Am nächsten Tag verlief die Qualifikation verlief ziemlich unspektakulär. Diesmal gab es keinen großen Regenguss, der alle Resultate durcheinander würfelte. Das einzig erwähnenswerte Ereignis noch kurz vor der eigentlichen Qualifikation war ein "Ich mach dich platt, wenn du mir quer kommst im Rennen und die anderen ebenso" von einem schon gut bekannten Jungen mit sehr kurzen Stoppelhaaren und Jeff als Namen, das Juri an den Kopf geworfen wurde.
 

Dann begann aber schon die Qualifikation. Unsere Freunde präsentierten sich in Höchstform. So schaffte Juri mit seiner bisher besten Runde überhaupt kurzzeitig Platz 8 und konnte im Laufe der Zeit nur bis Platz 14 zurückgedrängt werden. Sein persönlicher Lieblingsfeind landete eine zehntel Sekunde dahinter auf dem 15. Platz. Kimba schaffte ebenfalls mit einer sehr schnellen Runde den 17. Platz und startete damit direkt hinter Jeff. Piwi und Rahja bemühten sich und es dauerte bis zum Ende der Qualifikation, bis sie sich auf den Plätzen 25 und 26 noch ganz knapp für das Rennen qualifiziert hatten. Lukas fuhr sehr viele recht langsame Runden, bis er plötzlich mitten drin mal mit einer relativ schnellen sich noch vor Rahja und Piwi auf den 24. Platz retten konnte. Wildcat, die ja Juris Teampartnerin war, platzierte sich zunächst auf Platz 19 und ging erst im allerletzten Versuch volles Risiko. Platz 15 war der Lohn und entsprechend verrutschten nun alle anderen bis zu Platz 19. So startete Jeff nun nicht mehr neben Juri, sondern Wildcat. Jeff wurde einen Platz weiter geschoben und mußte dann direkt hinter Juri von Platz 16 starten. Kimba auf Platz 18 hatte weiterhin Jeff vor sich.
 

Am Abend diees Tages feierten genau 26 Fahrer ihr Bestehen in der Qualifikation. Die meisten blieben dabei im Aufenthaltsraum, bis auf einige wenige, die den Keller für sich entdeckt hatten. Und das waren unter anderem Lukas und Wildcat.

"Nanu? Du übst jetzt auch?" wunderte sich Lukas.

"Ja, das schadet bestimmt nicht," antwortete Wildcat und versuchte dabei, sich auf den Simulator zu konzentrieren.

"Aber nötig hast du das doch gar nicht."

"Du auch nicht mehr. Aber du bist eben nicht der einzige, der nicht völlig ablosen will," lächelte ihn Wildcat vielsagend an.

Lukas lächelte zurück: "Sieht so aus, als hätten wir doch ein paar Gemeinsamkeiten."
 

Am nächsten Morgen konnte man die Spannung spüren, die über der Strecke lag. Es fehlte nicht viel und Glühbirnen hätten auch ohne Anschluß geleuchtet, so sehr lag sie in der Luft. Die Ränge hatten sich gefüllt und der Eindruck vom großen Dorf mit den kleinen und großen Strassen war dem einer Arena gewichen - und nichts anderes war es auch.
 

Die Rennwagen standen in 13 Reihen je zu zweit leicht versetzt neben einander. Die Ampel leuchtete rot auf - zumindest eine der 6 nebeneinander angeordneten Ampeln. Wenn sie alle auf rot gesprungen waren, dauerte es nur zwischen 2 und 4 Sekunden, bevor das Rennen gestartet wurde. Alle schauten also auf die Ampeln. Die zweite war inzwischen grün geworden. Die ersten liesen ein wenig ihren Motor aufheulen und schalteten ihre Kupplung in Bereitschaft. Die dritte war grün geworden. Piwi schaute angestrengt nach oben und vergaß um sich herum fast alles. Die vierte war grün geworden. Jetzt heulten viel mehr Motoren auf als davor. Als die fünfte Ampel auf grün geschaltet hatte, hatte eigentlich jeder Fahrer die Kupplung in den 1. Gang geschaltet und gab ein wenig Gas. Nur die Bremsen hielten die Wagen vom sofortigen Losfahren ab. Die sechste Ampel leuchtete auf. Alle wußten: Gleich gehts los. Gleich springen alle Ampeln gleichzeitig auf grün und das Rennen hätte begonnen. Selbst Piwi bemerkte inzwischen, dass es klug sein könnte, mal den Gang einzulegen.
 

Grün.
 

Juri ließ die Bremse los und trat stärker auf das Gas. Augenblicklich kam er seinem Vordermann näher. Viel näher. Sehr viel näher als ihm lieb war: "Verdammte Scheiße!" dachte er sich und zog panisch das Lenkrad so, dass er an der Außenseite der Strecke an seinem Vordermann vorbeiziehen konnte. Wildcat auf der anderen Seite der Startreihe konnte problemlos an beiden vorbeiziehen.

Auch Jeff hatte schnell bemerkt, dass der zweite Wagen vor ihm nicht von der Stelle kam. Kimba, der direkt hinter ihm gestartet war, war schon auf halber Höhe neben ihm. Doch Jeff kannte nichts: Er wich eiskalt nach außen aus, wo Kimba eigentlich fuhr. Er wußte: Wenn Kimba nicht auswich, gäbe es einen Crash, der für ihn nicht viel Schaden verursachen würde - für Kimba aber sehr wohl. Kimba erschrak als er sah, was Jeff vorhatte. Er konnte nichts weiter tun als bis über den Streckenrand hinaus auszuweichen. Eine riesige Staubwolke wurde von ihm aufgewirbelt und er fiel augenblicklich zurück. Nur mit etwas Glück konnte er sich noch hinter Jeff vor dem nächsten Verfolger behaupten. Sein guter Start jedoch war verloren gegangen.

Lukas fuhr los und sah, dass er sehr schnell von Rahja wegkam. Genaugenommen verschwand sie recht schnell aus seinem Rückspiegel, denn auch sie kam nicht von der Stelle. Auch Piwi bemerkte, dass er erstaunlich schnell von Rahja wegkam. "Schade. Jetzt bleibt nur noch Lukas als gleichwertiger Fahrer übrig. Rahja sah das Fahrerfeld von sich fortfahren, genau in die Richtung, wo sie auch hingewollt hatte. "Da fahren sie... und ich hänge hier fest. Doofe Technik." Sie schaute nochmal zum Feld und bemerkte kurz eine aufsteigende Staubwolke. "Die ersten behaken sich offenbar schon. Wer ist denn so doof und riskiert so viel, dass es bis in den Staub geht?" Dann stieg sie aus und ging zur Boxengasse hinüber. Techniker kamen inzwischen angerannt und begannen, ihren Wagen von der Strecke zu schaffen. Im Gegensatz zum regionalen Rennen, an dem unsere Freunde teilgenommen hatten, kam es hier auch nicht zum Crash in der ersten Kurve nach dem Start. Auch später nicht. Irgendwie wirkte alles viel professioneller und abgeklärter, was die Fahrer hier ableisteten.
 

Nach fast einer Stunde hatte es 3 weitere Ausfälle aufgrund von Fahrfehlern oder Getriebeschäden gegeben. Wildcat war vor Juri, Kimba und Jeff geblieben und stand sensationell auf dem 9. Rang. Doch sie wußte, dass sie keine Chance hatte, im Rennen unter die ersten drei zu kommen, geschweige denn, das Rennen zu gewinnen. Das lag vor allem daran, dass sie zum 8-platzierten vor ihr bereits eine halbe Runde Abstand hatte. Und der war auch noch weit von seinem Vordermann entfernt. Genaugenommen würden die hinter ihr fahrenden bald vom erstplatzierten überrundet werden.

Hinter ihr fuhr Kimba mit etwa 6 Sekunden Abstand. Er hatte Juri und Jeff überholeb können, als die bei einem mißglückten Überholversuch von Juri viel Zeit verloren hatten. So fuhr in nur einer knappen Sekunde Abstand Jeff hinter Kimba her, kam aber nicht näher heran und nur eine viertel Sekunde dahinter kam Juri, der immer mal wieder zum Überholen ansetzte, jedoch mangels Erfolgschancen immer wieder hatte abbrechen müssen.

Lukas war durch die Ausfälle und einen etwas unfreiwilligen Boxenstop durch seinen Vordermann bis auf den 18. Platz vorgerückt. Er fuhr fast im Getriebe seines Vordermannes, aber irgendwie schien er keinen Überholversuch starten zu wollen. Piwi fuhr ein wenig langsamer und hatten denjenigen vor sich, der sich mit einem zusätzlichen Boxenstopp in die hinteren Ränge gerbacht hatte. Es ging ihm zwar auch nur um das Mitfahren, aber vorletzter im Feld zu sein fand er nicht gerade schön. Hinter ihm fuhr nur einer, der bereits seinen regulären Boxenstopp gemacht hatte und ihn bei seinem eigenen Stopp wieder überholen würde.

Überhaupt war gerade die Zeit der Boxenstopps gekommen und gerade die Führungsspitze und die wenigen Nachfolgenden besuchten während der Mitte des Rennens die Box. Unter anderem auch Ingo, der geradewegs neben Juri zurück kam auf die Strecke. Gleichzeitig fuhren sie in die erste Kurve.

"Das ist ein wenig knapp," bemerkte Juri," aber Ingo wird mich schon nicht einfach herausschieben." Die Kurve wurde in ihrem Verlauf etwas schärfer und Ingo rutschte langsam nach aussen.

"Ingo, verdammt, geh vom Gas, sonst schiebst du mich neben die Strecke," dachte Juri besorgt und schaute zu Ingo rüber. "Ausserdem bin ich auf der Ideallinie und schon eine halbe Länge vor dir. Kannst mich auf der Geraden überholen. Ingo... INGOOO...!"

Zu spät: Ingo berührte ihn mit seinem linken Vorderrad am rechten Hinterrad und brachte so Juris Wagen aus der Balance. Fast augenblicklich drehte Juri sich von der Fahrbahn weg und landete zunächst mit den Hinterrädern und dann auch rückwärts mit den Vorderrädern im Kies. Ingo zog davon und meldete sich noch kurz über Funk: "Sorry, aber hier geht es um Zeit und Plätze. Du hattest ja eh keine Chance auf das Siegerpodest. Nimms nicht persönlich."

Juri trat vorsichtig auf das Gas, aber die Hinterräder drehten durch: Er steckte im Kies fest. Juri war damit ausgeschieden.

"Verdammte Scheiße!" fluchte er und schlug ärgerlich mit den Händen aufs Lenkrad. "So ein verlogenes Schwein! Der hat mich eiskalt abgedrängt. Nichts mehr mit schönen Reden oder so.
 

Keine Runde später kam ein weiterer Bekannter aus der Box: Shinko, das "Schraubenarschloch", ging genau neben Kimba auf die Strecke.

"So schnell lasse ich den nicht vorbei...," dachte sich Kimba. Zu zweit bremsten sie hart in die Kurve, Shinko innen und Kimba aussen. Fast Rad an Rad quetschten sich die beiden immer weiter in die Kurve. Sie sahen noch, wie Juris Wagen von den Helfern abgeschleppt wurde. Und die Kurve wurde immer enger. Kimba fuhr schon fast auf den Randsteinen.

"Mist. Wenn der so weitermacht, bin ich auch gleich draussen. Er könnte mich jetzt einfach rausstossen: Ich bin ihm geliefert." schoß es dem weißen Löwen durch den Kopf.

Doch plötzlich gewann Kimba leicht an Boden und der Abstand zwischen den Wagen vergößerte sich wieder. Shinko hatte offenbar kurz abgebremst und so eine Kollision verhindert. Dann bremste er sogar noch stärker und lenkte sehr früh in das Ende der Kurve ein. Kimba hatte wieder eine volle Wagenlänge Vorsprung, mußte aber selber stark bremsen, um nun ebenfals die Kurve nehmen zu können. Als beide wieder ihre Wagen in der Position für "Vollgas geradaus" hatten, zog Shinko glatt an Kimba vorbei. Offenbar hatte er durch das frühere Einlenken auch wieder früher Beschleunigen können.

"Hm," bemerkte Kimba, " er hat mich knallhart ausgebremst aber nicht aus dem Rennen gestoßen." Diese Situation hatte Kimba zu denken gegeben. Ingo hatte ihn und Jeff zwar kurz nach Juri überholt und hatte keine krummen Aktionen dabei gestartet. Andererseits hatte es auch keine Möglichkeit für ihn dafür gegeben.
 

Nach weiteren 30 Minuten war das Rennen schon fast vorbei. Der Führende hatte gerade die Zielline überfahren und die fünftletzte Runde damit eingeleutet. Es waren zwischenzeitlich zwei weitere Fahrer ausgeschieden, einer davon war der ehemalige Drittplatzierte gewesen, so dass Wildcat auf Rang 8 und Kimba auf Rang 9 kamen. Der andere war Jeff gewesen, dem mitten auf der Geraden der Motor explodiert war. Lukas hatte sich dadurch auf den 16 Rang verbessern können und Piwi auf den 17, obwohl er damit noch immer vorletzter war und schon viermal überrundet worden war. Die vierte Überrundung lag auch noch nicht lange zurück und der Dritt und Viertplatzierte hatten sich gerade vorbeigeschoben.

Für Lukas und Piwi waren diese Überrundungen besonders anstrengend, weil sie dabei gleichzeitig um Lukas 16. Platz kämpften. Kaum dachte Lukas, er könnte aufatmen, als der vierte endlich vorbei war und er die Lücke vor Piwi rechtzeitig hatte zumachen können, da tauchte auch schon der fünfte in seinem Rückspiegel auf.

"Oh nein, nicht noch einer. Bloß schnell vorbei lassen," dachte er sich. Wenige Sekunden später mußte er auch schon den Fünften vorbeilassen. Doch Piwi war direkt hinter dem und konnte in dessen Windschatten gut an Fahrt gewinnen.

"Mist. So war das nicht gedacht," bemerkte Lukas und hielt dagegen. Er selbst war nach innen gefahren, um die Idealline aussen dem Überrunder zu überlassen, damit dieser möglichst gut und schnell an ihm vorbei kam. Jener war dann auch gleich ein Stück vor ihm, doch Piwi war ebenfalls schon fast vorbei. Aber nur fast. Der Fünfte war zu schnell und der Windschatten für Piwi riß ab. Lukas fuhr mit weniger Flügel, also weniger Luftwiderstand, und so ein wenig schneller auf den Geraden. Das hatte bisher immer gut gereicht, obwohl Piwi wegen seines Flügels in den Kurven besser vorran kam - nur dort überholte es sich schlecht.

So fuhren beide nebeneinander auf das Ende der Geraden zu. Die machte etwa 200 Meter vor Ende der Geraden einen leichten Knick. Neben Piwi war inzwischen die Nummer 6 des Rennens vorgefahren, um sich ebenfalls noch möglichst vor der Kurve vor den beiden durchzuschieben. Das machte drei Wagen nebeneinander und Piwi bemerkte plötzlich, dass er ziemlich eingeengt war.

"Oh verdammt. Wenn das mal gut geht... bloß niemanden berühren," dachte er sich und konnte nur hoffen, dass nichts passieren würde. Doch er hatte unrecht: Er kam ein wenig zu nahe an Lukas heran. Nichts schlimmes, aber die Funken sprühten auf, als die Räder einander seitlich berührten und ihren Radkappen gegenseitig einen neuen Schliff verpassten. Piwi erschrak darüber und zog augenblicklich das Steuer in die andere Richtung - leider mehr als gut gewesen wäre. Auch dort berührte Piwi seinen Kontrahenten. Der bemerkte noch das drohende Unglück und bremste schnell ab, um zurück zu fallen und für Piwi Platz zu machen. Auch Piwi hatte inzwischen die Notbremse gezogen und bremste ab, doch nicht ganz so früh wie er. Weil Piwis Räder jeweils kurz hinter den seinen waren, fuhr Piwi mit seinen linken Rädern auf die rechten Räder des Fünften auf. Er hob augenblicklich ab und wurde dabei ein gutes Stück auf Lukas Fahrbahn geworfen. Der hatte durch das Bremsen der beiden anderen inzwischen wieder allen Platz der Welt und bremste gerade in die besagte Kurve am Ende der Geraden hinein. Das wäre auch soweit gut gegangen, wenn nicht direkt hinter ihm Piwi angeflogen gekommen wäre - noch immer mit zwei Dritteln der Höchstgeschwindigkeit, da es nichts nutzt zu bremsen, wenn die Räder keinen Kontakt mehr mit dem Boden haben.
 

Mit voller Wucht knallte Piwis Wagen auf den von Lukas drauf. Aufgrund des Versuchs von Lukas, in die Kurve einzulenken, drehte sich sein Wagen dabei seitlich zur Fahrtrichtung und schlitterte mit hoher Geschwindigkeit seitlich gegen die Randsteine. Die Physik folgte ihrer Logik: Die Räder kamen nicht über die Randsteine hinüber, aber der Wagen wurde mit viel Kraft dennoch in diese Richtung geschoben, also kippte Lukas Wagen auf die Seite und Überschlug sich. Dabei wurde Piwis Wagen über den von Lukas komplett hinübergeworfen und landete Kopfüber vor dem von Lukas. Beide Wagen rutschten daraufhin bis in die Seitenbande. Auch der Fünftplatzierte hatte beim Crash mit Piwi etwas abgekriegt: Die Aufhängung des rechten Vorderrades war gebrochen und so reichte seine Bremsleistung nicht mehr aus und rutschte in die beiden Unfallwagen vor ihm mit hinein.
 

Durch die aufgewirbelte Staubwolke konnte man kaum etwas sehen, aber es reichte, um die Flammen zu erkennen, die aus dem Motor von Lukas Wagen hervorschlugen. Die Rettungskräfte begannen, von allen Richtungen zur Unfallstelle zu rennen.

Rahja stand wie zu Stein erstarrt am Eingang der Boxengasse und sah in etwa 400 Metern Entfernung, was geschah. Wildcat und Kimba hatten das Unglück zunächst gar nicht mitbekommen, da sie noch auf der anderen Seite der Rennstrecke fuhren. Doch dann sahen sie große dunkle Rauchschwaden aufsteigen und Blaulicht in der Ferne blinken.

"Ohje... da muß ein ziemlich übler Crash gewesen sein," bemerkte Wildcat sofort.

"Sag mal, müßten sich Lukas und Piwi nicht dort in der Nähe aufhalten?" fragte Kimba durch sein Headset.

Mit sehr unwohlem Gefühl fuhren die beiden die weitere Strecke bis zum Unfallort. Sie sahen einen unbekannten Wagen, wo ein menschlicher Fahrer gerade mit Hilfe der Rettungskräfte ausstieg. Er schien ein wenig verletzt zu sein. Am Streckenrand standen Posten die gelbe Flaggen schwenkten: Nur mit verminderter Geschwindigkeit fahren. Dann sahen sie die anderen beiden Wagen. Piwis Wagen war nur noch an der Nummer auf der Seite zu erkennen, von Lukas Wagen war ein wenig mehr übrig. Doch beiden standen inzwischen hell in Flammen.

"Wo sind Piwi und Lukas?" fragte Wildcat Kimba.

"Ich sehe sie auch nicht," antwortete er.

Beide hatten sie dieselbe schlimme Befürchtung. Augenblicklich fuhren sie noch vor der Unfallstelle von der Fahrbahn auf den Grünstreifen am Rande.
 

Schnell sprang Kimba aus seinem Fahrzeug.

"Lukas! Piwi!" rief er mit aller Kraft und er spürte deutlich, dass er schreckliche Angst hatte, Angst, die beiden zu verlieren. Die Feuerwehrleute, die schon beim Löschen waren mußten Kimba mit vereinten Kräften zurückhalten.

"Nicht dort reinrennen! Die Flammen sind viel zu heiß!"

Rahja war inzwischen auch an der Unfallstelle angekommen und versuchte Kimba zu beruhigen: "Warte, Kimba! So kannst du für die beiden nichts tun. Die Menschen versuchen doch schon, ihnen zu helfen."

Kimba ließ sich ins Gras fallen und Tränen sammelten sich in seinen Augen. Er wußte, dass Rahja Recht hatte und gerade das machte ihn so wütend: Er stand direkt vor dem Unglück und konnte doch nichts tun, um den beiden zu helfen. Wenn die beiden dabei draufgehen sollten, würde er sich das nie verzeihen. Er hätte zwei seiner besten Freunde verloren. Und auch die anderen im Dschungel wären sehr traurig darüber, vor allem jedoch Wildcat, die ständig mit den beiden Junggeparden unterwegs gewesen war.

"... Wildcat... ?" fragte Kimba und schaute, wie es ihr wohl ginge. Wildcat stand wie zu Stein erstarrt und dicke Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie wußte genau: Das konnten die beiden nicht überlebt haben.
 

Inzwischen wurden die gelben Flaggen durch rote Flaggen ersetzt: Das Rennen wurde abgebrochen - drei Runden vor dem Ende. Damit wurde das Ergebnis so gewertet, wie es war. Kurz darauf war auch das Feuer an den Rennwagen gelöscht, so dass die Rettungskräfte Lukas und Piwi aus ihren Sitzen befreien konnten. Beide rührten sich nicht. Es wurden Wiederbelebungsversuche gestartet. Mund-zu-Schnauze-Beatmung, Herzmassage. Zum Schluß sogar mit elektro Stimulator. Doch die beiden blieben regungslos liegen. Schließlich gaben die Notärzte auf.

"Nichts zu machen. Tut mir leid für euch," konnte der leitende Notarzt nur sagen.
 

Kimba sprang augenblicklich auf und rannte davon - so schnell er nur konnte. Er rannte über den Grünstreifen, über die Seitenbande, über die Zäune, die das Renngelände begrenzten und noch viel weiter. Als er nach etlichen Minuten auf einem freien Feld stehen blieb, konnte er nur noch all seine verbliebene Kraft in einen einzigen Ausruf stecken: "NEEEEIIIIINNN!"
 

Dann brach er erschöpft zusammen und blieb liegen. Ob er diesen schweren Verlust überstehen kann?
 

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Nächster Teil: Kimba 31 - "Die Parallelwelt"

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 30 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Die Parallelwelt"

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Es war ein schöner, warmer Herbsttag. Die Blätter der Bäume hätten ein schönes Farbspiel geliefert, wenn sie nicht in Zentral Ostafrika gestanden hätten und somit immergrün waren. Ein angenehmer Luftzug wehte frische Luft vom Dschungel über den Platz vor Daniels Restaurant. Ihm zu ehren hatten die Tiere nach seinem Tode einen kleinen Teich auf der Wiese vor dem Restaurant angelegt. Er hatte sich diesen Teich schon immer gewünscht gehabt, war aber nie dazu gekommen, seinen Wunsch in die Tat umzusetzen.

Kimba schien auf den Teich zu starren, doch wenn man seinem Blick folgte, bemerkte man, dass er eher durch den Teich hindurch sah in eine weite Ferne. Auch die übrigen Jungtiere, die in der Nähe spielten, schien er nicht wirklich wahrzunehmen. Ebenso wenig den Lufthauch, den Dschungel oder sonst irgend etwas, das ihn berührte. Und es war ihm auch in gewisser Hinsicht alles egal.
 

"Ob er sich davon je wieder erholen wird?" fragte Sira eine kleine Gruppe an Tieren, die im Restaurant zusammensaß und Kimbas traurigen Zustand beobachteten.

"Ich weiß nicht... er ist sicherlich stark aber seine Gefühle für seine Freunde sind sicherlich mindestens ebenso stark," meinte Streuselkuchen.

"Und den Tod von Daniel hatte er noch immer nicht völlig verkraftet. Er stand ihm sehr nahe, fast wie ein Vater. Und nun muß er auch noch den Tod von zweien seiner besten Freunde verkraften. Das nimmt ihn sehr mit," fügte Rahja besorgt hinzu.

"Wildcat scheint es irgendwie besser zu verkraften, auch wenn sie die letzten beiden Tage fast nur geheult hat," bemerkte Dodi. "Aber Kimbas Zustand macht mir richtig Angst."

"Er braucht wieder einen Sinn im Leben und als erstes Ablenkung von den Geschehnissen," sprach der Subco plötzlich. Alle schreckten zusammen, denn eine Sekunde zuvor war er noch nicht da gewesen.

"Verdammt! Mußt du dich immer so anschleichen? Denk mal an mein altes Herz!" schimpfte der alte Streuselkuchen, als ob er noch immer zu recht Scharfzahn hieße. Der Subco jedoch ging kein bißchen darauf ein.

"Ich denke, ich werde ihn mitnehmen zu einer Mission auf den Mondberg. Das wird ihn ablenken und ich kann ihm zeigen, dass er noch immer viel Sinn in seinem Leben hat."

"Das ist eine gute Idee. Ich danke dir, dass du uns hilfst," sagte Rahja erfreut. Gemeinsam gingen sie zu Kimba, denn nur Rahjas Stimme konnte ihn wieder in die Realität zurück holen, wenn er soweit weg schien.
 

"Kimba... Kimba," hörte der weiße Löwe eine angenehme, bekannte Stimme an sein Ohr klingen. "Hier ist jemand, der dich sprechen will... hörst du mich?"

Langsam schien Kimba wieder in die Realität zurück zu kehren. Das Feuer, das er vor seinen Augen gesehen hatte verschwand - ebenso die Schreie und die schmerzverzerrten Gesichter von Piwi und Lukas. Langsam drehte er den Kopf zu Rahja.

"Ja... was gibt es?" fragte er noch halb in Gedanken. Schließlich erkannte er neben Rahja auch den Subco.

"Hallo Kimba," begrüßte der ihn vorsichtig. Wer sollte besser wissen, wie ernst Kimbas Lage war, als sein Erschaffer - sein Erschaffer und zugleich das Wesen, das jeden seiner Schritte kontrolliert hatte und ihn niemals außerhalb der Sensoren wissen wollte, um jeden möglichen Schaden von ihm abwenden zu können. Doch eines hatte selbst die überlegene imperiale Technologie nicht geschafft: Den seelischen Schaden - die Wunden im Geist von Kimba - zu heilen oder ihn davor zu schützen.

"Ich brauche deine Hilfe," fuhr der Subco nach wenigen Sekunden fort.

Kimba wackelte ein wenig mit den Ohren. Hatte er richtig gehört? Der allmächtige Subco brauchte seine Hilfe?

"Ich habe Probleme mit den Sensoren der Flotte die Strahlung des Mondberges zu neutralisieren. Dafür müssen einige zusätzliche Sensorenfelder auf dem Mondberg aufgestellt werden. Gewöhnlich würde ich die dorthin beamen lassen oder die Zenturien die Arbeit erledigen lassen, doch die Strahlung hat ziemlich negative Auswirkungen auf Technologie jeder Art, weißt du...? Und daher muß ich mich halt selber auf den Weg machen. Du wärest mir eine sehr willkommene Hilfe und Begleitung. Aber es wird eventuell ein oder zwei Tage dauern. Ich hoffe, das ist kein Problem für dich, oder?"
 

Kimba schaute ihn aus sehr müden Augen an.

"Kein Problem... für mich gibt es hier sowieso nichts mehr zu tun."

"Kimba... !" rief Rahja fassungslos. "Wie kannst du nur? Zählen wir anderen denn gar nichts?"

"Ist schon in Ordnung, Rahja," beruhigte der Subco sie und gab ihr mit einer Geste zu verstehen, dass sie ihm vertrauen sollte, "er meinte nur, dass er gerade keine besonderen Pflichten und Aufgaben hat, um die er sich für die Zeit kümmern muß."
 

Wenige Stunden später waren Kimba und der Subco zum Mondberg aufgebrochen. Es war bereits Nachmittag und der Subco hatte wenigstens sein erstes Ziel erreicht: Er hatte Kimba solange mit technischem Zeug vollgequatscht, dass der schließlich alles außer dem Tod seiner Freunde im Kopf hatte. Zwei Sensorphalanxen hatten sie bereits am Fuße des Mondberges aufgestellt und befanden sich danach auf dem Weg zu einem weit höher gelegenem Ort, um die dritte Phalanx aufzubauen.

"Ganz schön steil, euer Mondberg," meinte der Subco beiläufig.

"Ja, das ist eine ziemlich anstrengende Aufgabe, die du dir damit vorgenommen hast," bemerkte Kimba. "Aber sag mal, warum willst du eigentlich die Strahlung hier auf dem Mondberg umgehen? Die ist doch eigentlich ungefährlich für uns Lebewesen. Und deine Schiffe und auch die Technologie der Menschen sind doch weit genug entfernt, um nicht gestört zu werden."
 

Der Subco beschloß, Kimba zumindest die eine Hälfte der Gründe für diese Mission zu erklären: "Weil die Strahlung verhindert, dass du ständig mit den Sensoren meiner Flotte erfasst bleibst. Nur wenn ich jederzeit über ein genaues Bild von dir verfüge, kann ich dich im Ernstfall hier herausholen. Wenn dein Körper zerstört wird während eines Sensorausfalls, können wir dich nicht retten. Und da die Strahlung unregelmäßig ist und manchmal bis in den Dschungel hinunter reicht, ist das Risiko einfach viel zu hoch, wenn nichts unternommen würde."

Kimba schaute den Subco ein wenig verständnislos an: "Wozu? Es ist doch eh alles egal. Meine Freunde hast du ja auch nicht rettet können."

"Ich hatte wieder Probleme mit der Strahlung des Mondberges und mußte meine Sensoren auf ein einziges Objekt konzentrieren, ansonsten hätte ich sie herausholen können."

"Hab ich mir schon so gedacht," bemerkte Kimba, und es schien nicht viel Freundlichkeit in seinem Kommentar zu liegen.

Der Subco blieb stehen. Prüfend warf er einen Blick auf Kimba.

"Ich könnte sie aber dennoch wieder zum Leben erwecken. Das letzte Backup von ihnen war kurz vor dem Rennen und ihre Körper kann ich schnell wieder herstellen."

Kimba schien über den Vorschlag ein wenig verärgert: "Das sind aber dann nicht Lukas und Piwi. Das sind nur irgendwelche wertlose Kopien. Haben die eigentlich Seriennummern?"

Der Subco blieb ruhig, schien aber nun seinerseits ein wenig ärgerlich zu sein: "Du bist selber eine Kopie. Ebenso Rahja. Hältst du euch beide für wertlos, nur weil es euch schon einmal gegeben hat?"

Kimba schwieg. Ihm gefielen beide Tatsachen überhaupt nicht: Dass er vom Subco erschaffen worden war und auch dass der Subco Recht hatte: Zumindest Rahja war für ihn alles andere als eine einfache Kopie.

Eine Fuhre Schnee, die in seinem Gesicht landete, holte ihn wieder in die Realität zurück. Zuerst wollte er sich auf den Subco stürzen und ihn Schnee fressen lassen, da er eine Schneeball-Attacke vermutete. Doch dafür war es zu wenig Schnee auf einmal und zu viel Schnee über längere Zeit hinweg.

"So ein Mist!" rief der Subco und wischte sich seinerseits Schnee aus dem Gesicht. "Der Computer hat sich in der Wettervorhersage geirrt. Und eigentlich liegen wir auch noch unterhalb der Schneegrenze."

"Und nun?" fragte Kimba gegen den Wind und hatte daraufhin auch in seinem Mund die Farbe weiß.

"Wir müssen uns einen Unterschlupf aufsuchen. Ich will es nicht riskieren, uns durch die Strahlung des Mondberges beamen zu lassen."

Es blitzte und donnerte. Ein Schneegewitter tobte und zwei kleine Wesen flüchteten unter den Naturgewalten hinweg in eine felsige Gegend, wo sie auf mehr Schutz hofften. An einer Stelle war ein Riß in den Felsen und bildete so einen überdachten Durchgang auf die andere Seite des kleinen Massivs.

"Ich glaube, dort können wir uns unterstellen. Der Sturm scheint dort auch ein Stück schwächer zu sein als anderswo." rief der Subco und lief mit Kimba auf die Stelle mit dem Riß im Felsmassiv zu.
 

Es war ein einfaches Massiv aus grauem Granit, der sich vom umliegenden Schnee nicht besonders abhob und nur durch den dunklen Schatten zu erkennen war, den er warf.

"Ich frage mich, wo mich die Technik hier noch überall im Stich lassen wird," schimpfte der Subco, während er vorsichtig versuchte, den Schnee aus dem Kragen seiner Kleidung zu schaufeln.

"Homo Technikus..." lachte Kimba.

"Sehr komisch. Schau mal lieber nach, ob der Sturm da draußen nachläßt. Ich will hier nämlich nicht länger als unbedingt nötig herumhängen..."

"He, ich glaube der Sturm läßt tatsächlich schon nach. Dort wird es schon richtig hell," rief Kimba plötzlich.

Der Subco hatte sich deswegen ein wenig erschreckt und eine nicht so glückliche Handbewegung gemacht. Danach zappelte er mit komisch verzerrtem Gesicht einige Sekunden lang herum, als hätte er Flöhe in der Kleidung.

"Na, ist der Schnee weg?" fragte Kimba breit grinsend.

"Ja..." grummelte der Subco zurück und stapfte auf die andere Seite der Höhle zu, wo es merklich heller wurde. Kaum waren sie am zweiten Ausgang der Höhle angelangt, konnten sie durch nur leichtes Schneetreiben hindurch große, fruchtbare Wälder sehen - so weit das Auge reichte. Es war eine Gegend, die noch recht bergig war, doch offenbar befanden sie sich am Rande eines Gebirges und so hatten sie einen guten Überblick über die Berge und Hügel der Gegend.

"Ich wußte gar nicht, dass es auf der anderen Seite des Mondberges ein großes Waldgebiet gibt," meinte Kimba erstaunt. "Eigentlich dürften wir von hier aus auch noch gar nicht die andere Seite sehen dürfen."

Der Subco fummelte nervös an seinem Kommunikator herum. Doch der blieb still: "Mist! Ich kriege keinen Kontakt mehr zu der Flotte. Wir müssen sofort hier weg!"

Kimba fragte noch warum, doch dann lief er eilig dem Subco nach. Wenn den etwas beunruhigte mußte es wirklich ernst sein. Der Schneesturm war inzwischen auch auf der anderen Seite komplett verebbt. Und anstelle des Dschungels und der Savanne dahinter erblickten die beiden weitere, hohe, schneebedeckte Berge und tiefe Täler mit viel Wald darin.

"Was ist das denn?" fragte Kimba entsetzt. "Wo ist der Dschungel geblieben? Wo sind wir hier, Subco?"

Der Subco war inzwischen schon wieder völlig ruhig geworden und schien etwas nachdenklich. Nach einigen Sekunden drehte er sich zu Kimba.

"Kannst du dich an die Geschichte erinnern, die ich dir nach dem großen Krieg erzählt habe? Jetzt sind wir in der 'fremden Welt.'"
 

"Ich glaube das einfach nicht," sagte Kimba noch immer fassungslos, obwohl der Subco es ihm schon vor einigen Stunden erklärt hatte. "Wie können wir so einfach von einer Welt in eine andere marschieren? Da war doch kein Tor oder Lichtblitz oder so."

"Naturphänomene brauchen nicht unbedingt große Effekte um große Wirkung zu haben."

"Und wohin gehen wir eigentlich?"

"Ins Tal. Ich kenne diese Gegend noch aus meiner ersten Reise hierher. Dort unten müßte es ein Dorf geben. Dort werden wir uns mit Nahrung und Ausrüstung versorgen lassen."

"Aber woher weißt du denn, dass die uns helfen werden?"

"Die kenne ich noch von meinem letzten Abenteuer in dieser Welt. Ich half zusammen mit meiner alten Gruppe, ihr Dorf gegen einen Stoßtrupp der bösen Mächte zu verteidigen. Die sind sowieso sehr gastfreundlich und wenn einer ihrer alten Freunde Hilfe braucht, tun sie alles um zu helfen."
 

Es wäre schon Abend gewesen, wenn die Tage in jener Welt ebenso lange dauern würden wie auf der Erde, als Kimba und der Subco den Waldrand erreichten.

"Das Dorf Khira Zhakum liegt etwa zweihundert Meter innerhalb des Waldes in einer kleinen Senke. Da die Häuser zwischen den Bäumen gebaut wurden, kann man es von oben gar nicht und auch vom Waldrand kaum sehen... nur wenn man weiß, wonach man suchen muß, kann man hier und da etwas erahnen. - Dort vorne ist es," erklärte der Subco und führte den weißen Löwen durch einen halben Hohlweg, an dessen Ende zwei Hölzerne Statuen standen, die ein wenig an die Totems der amerikanischen Ureinwohner auf der Erde erinnerten. Als sie schließlich am Ende ankamen, sahen sie auch die einfachen Häuser aus Holz und Stroh. Doch die Wände waren zu großen Teilen weggerissen worden und viele der Strohdächer lagen auf dem Boden. Das Dorf war zerstört worden.
 

"Oh nein..." sagte der Subco traurig und begann, nach den Einwohnern zu suchen. Doch die waren offenbar entweder geflohen oder verschleppt worden. Zumindest die meisten, denn er und Kimba entdeckten noch fünf Leichen, die schon längere Zeit dort liegen mußten. Sie hatten kleine Pfeile in sich stecken, die mit schmierigen, schwarzen Federn ausgestattet waren.

Kimba schaute den Subco fragend an.

"Das waren Kobolde," erklärte dieser.

"Du klingst so überrascht... stimmt etwas nicht?"

"Nun, gewöhnlich treiben die sich nicht in dieser Gegend herum. Als wir das Dorf damals verteidigten, war das schon eine außergewöhnliche Situation. Diese Gegend hier müßte eigentlich so gut wie völlig friedlich sein."
 

Wie eine verneinende Antwort schoß ein Pfeil neben den Subco in einen Holzbalken des zerstörten Hauses, unter dem eine der Leichen lag.

*zschtock*

Der Pfeil hatte eine schmierige schwarze Feder als Stabilisator am Ende eingesteckt.

"Kobolde!" rief der Subco und sprang vor dem nächsten Pfeil in Deckung, der von der Flugbahn her genau durch seinen Kopf gegangen wäre. Etwa 40 Meter entfernt standen drei Kobolde - genaugenommen stand nur einer von ihnen und hielt den Bogen in der Hand. Die anderen beiden rannten mit gezogenen Kurzschwertern auf Kimba und den Subco zu.

Kimba stand wie angewurzelt, als er diese seltsamen Wesen auf sich zu rennen sah. Sie sahen aus wie dünne Zwerge mit Hundeköpfen und waren schmutzig-braun bis schwarz von der Fellfarbe her. Der Subco jedoch blieb gelassen, zog seinen Impulsstrahler und feuerte drei mal. Dort, wo zuvor noch drei Kobolde waren, waren jetzt schwarze, leicht qualmende Stellen auf dem Boden, die vor sich hin dampften. Hier und da lag noch ein kleines Stück angekokeltes Fleisch oder Fellreste neben dem schwarzen Fleck.

"Ich wußte gar nicht, dass du eine Waffe dabei hast," staunte Kimba.

"Die habe ich immer dabei, wenn ich in ungesicherten Gebieten unterwegs bin. Ansonsten hätten wir uns wahrscheinlich die ersten Schrammen abgeholt. Aber wir müssen dennoch hier weg: Wo ein Kobold ist, sind die nächsten 20 auch nicht weit. Wir nehmen noch schnell die restlichen Vorräte aus dem Lager mit und dann ziehen wir weiter."

"Wohin willst du denn jetzt noch gehen?"

"Nach Rukawa. Das war der Ausgangsort meiner ersten Reise damals. Ich glaube, dort sind wir erst mal am besten aufgehoben. Ich fürchte nur, dass es bereits zu spät ist, um noch im Tageslicht dort anzukommen."

"Ist es denn schlimm, wenn wir Nachts unterwegs sind?"

"Ja. Dann trauen sich einige Wesen aus ihren Löchern, denen ich lieber nicht begegnen möchte. - Früher wäre es ja kein großes Problem gewesen, hier nachts unterwegs zu sein, aber wenn sogar dieses Dorf hier zerstört worden ist, muß sich etwas an der Lage in dieser Gegend geändert haben. Und ich hoffe, dass ich gerade in Rukawa ein paar der Antworten erhalte, die ich jetzt brauche."
 

Der Subco hatte sich nicht geirrt: Es war bereits stockfinster, als Kimba und der Subco in der Ferne die Lichter der Stadt Rukawa leuchten sahen.

"Sag mal," fiel es Kimba dabei ein," was wäre eigentlich gewesen, wenn die dunklen Mächte gewonnen und die Stadt überrannt hätten?"

"Hör bitte mit solchen Schauermärchen auf... in dieser Welt haben die nämlich die schlechte Angewohnheit, wahr zu werden."

"Keine Bange, ich bin zwar neu hier, aber selbst ich sehe: Noch steht die Stadt," lachte Kimba. "Also kann uns hier nichts mehr passieren."
 

In dem Moment raschelte es im Gebüsch. Kimba und der Subco stoppten augenblicklich und sicherten. Da standen sie auch schon auf: Schattenkrieger. Vier Stück. Es waren fast völlig verweste Leichen in Rüstungen, die mit Bogen, Schwert und Schild ausgestattet waren. Schnell griff der Subco nach seinem Impulsstrahler und fast gleichzeitig begannen die Schattenkrieger auch schon mit ihrem Angriff. Kimba fuhr seine Krallen aus und der Subco feuerte auf die ersten beiden der Monster. Die beiden verschwanden in einer Kombination aus Explosion und Auflösung in atomare Bestandteile. Doch dann wurde dem Subco die Waffe mit einem gezielten Pfeil aus der Hand geschossen.
 

Der dritte Schattenkrieger war schon ganz nah an den beiden dran. Kimba nahm seinen Mut zusammen und sprang ihn mit Krallen voran an. Doch das halbzerfallene Etwas war weitaus stärker als Kimba es erwartet hatte: In einem großen Bogen flog er daraufhin durch die Luft und landete unsanft nur fast auf allen Vieren.

"Verdammt sind die stark," bemerkte Kimba. Der Schattenkrieger vor ihm zog sein Schwert und holte aus, um Kimba in Stücke zu schlagen. Kimba wollte schnell wegspringen, da bemerkte er, dass er nicht richtig vom Fleck kam. Eine braun-grüne, zähe Masse deckte zwei seiner Pfoten ein und hielt ihn an Ort und Stelle fest. Kimba wußte: Das mußte der Schattenkrieger gewesen sein. Und wenn nicht gleich ein mittleres Wunder geschehen würde, würde das auch sein letzter Kampf werden. Mit aller Kraft versuchte Kimba, sich los zu reißen doch vergeblich.

"... ahantee non hellaarh!" hörte Kimba noch die Stimme des Subco. Dann explodierte Licht in die Dunkelheit und Kimba konnte nichts mehr sehen. Er hörte nur noch, wie die Schattenkrieger aufschrien und dann wegrannten.
 

Als Kimba die Augen wieder öffnete, war das Licht bereits verschwunden. Auch seine Füße waren wieder frei. Der Subco stand direkt neben ihm und schaute ihn besorgt an.

"Alles in Ordnung?" fragte der Subco den weißen Löwen.

"Ja...," antwortete dieser und schien mit den Gedanken noch im Kampf und dem Ereignis wenige Sekunden zuvor zu sein," ... aber was war das? Dieses Licht von eben?"

"Ich hätte zwar selber nicht geglaubt, dass ich das noch kann, aber das war einer der Zauber, die ich damals von Syjahna gelernt habe. Es war ein Lichtzauber. - Schattenkrieger reagieren ziemlich allergisch auf Helligkeit. Daher kommen sie auch nur bei Nacht heraus."

Langsam begriff Kimba, dass es stimmte, was ihm der Subco schon vor Stunden erzählt hatte: Sie waren in einer völlig anderen Welt - in einer Welt, wie sie die Geschichten über Ritter und Drachen auf der Erde erzählt wurden. Doch dies war kein Märchen, es war real. Und das Interesse an den Kreaturen dieser Welt wich schnell der Angst, ihnen tatsächlich begegnen zu können. Es waren eben zwei Paar Schuhe, von Orks, Kobolden und anderen Wesen zu hören oder ihnen selbst gegenüber zu stehen - und dann noch ohne jede Ahnung, wie stark diese Wesen wirklich waren.
 

Eine knappe Stunde später hatten sie Rukawa erreicht. Die meisten Menschen waren entweder schon Zuhause oder speisten und tranken noch in den Wirtshäusern. Die Strassen waren leer und die Geschäfte geschlossen - zumindest die meisten.

"Okay, als erstes brauchen wir ein wenig Geld, um hier übernachten zu können und Essen und Trinken kaufen zu können. Deswegen haben wir auch die Schwerter der Kobolde mitgenommen."

"Höh?" Kimba hatte noch nicht ganz verstanden. Der Subco jedoch ging zielstrebig auf ein bestimmtes Wirtshaus zu. Eine Schmiede war direkt daran angeschlossen und entsprechend hieß die Gaststube "Zum Schmiedehaus" - zumindest war es das, was der Subco Kimba vorlas, denn Kimba verstand weder Schrift noch Sprache dieser Welt.

"Hier können wir die Schwerter verkaufen. Das wird nicht viel bringen, aber immerhin etwas. Theoretisch würden wir bei jeder anderen Schmiede mehr dafür erhalten, aber die haben bereits geschlossen. Diese hier hat nur noch auf, weil der alte Schmied außer seiner Schmiede auch noch das Gasthaus betreibt. Sein Sohn hat das Schmieden übernommen - zumindest das meiste davon."
 

Kurze Zeit später waren Kimba und der Subco mit drei Goldstückchen in der Tasche zu einem anderen Wirtshaus unterwegs, wo sie übernachten wollten.

"Und was machen wir dann?" fragte Kimba.

"Wir werden hier bleiben. Rukawa ist der sicherste Ort in dieser Gegend und man kann hier die meisten Informationen erhalten."

"Was für Informationen suchst du denn?"

"Zunächst einmal möchte ich wissen, wieso das Dorf zerstört worden ist. Generell interessiert es mich, was seit meinem letzten Aufenthalt hier geschehen ist. Wo meine Gruppe geblieben ist und wo unsere Feinde jetzt sind."

"Und wo Syjahna ist...?" fragte Kimba grinsend.

"Die gehört mit zu meiner damaligen Gruppe," erklärte der Subco emotionslos.

Kimba sah ihn musternd an. Ob seine Ausdruckslosigkeit gespielt war? "Und was wollen wir hier dann tun? Die ganze Zeit nur herumhängen?"

"Nein. Ich habe hier und da noch einige kleinere Fähigkeiten und Verbindungen, die mir durchaus zu einem Nebenverdienst verhelfen könnten. Davon können wir dann leben."

"Und ich?"

"Du bist 'ne gute Zirkus Attraktion," sagte der Subco grinsend.

"Mal schauen ob du einen findest," meinte Kimba ausdruckslos. "Aber für einen Zirkusdirektor fehlt dir das letzte bißchen Charisma."

"Es kann ja nicht jeder für eine Zirkusrolle geeignet sein. - Wußtest du übrigens, dass tierische Clowns hier selten sind? Du könntest bestimmt gut Geld verdienen..."

"Auf jeden Fall besser als wenn du den Gladiator mimen würdest," gab Kimba zurück.

"Dafür bin ich auch Imperator geworden - ich lasse kämpfen." konterte der Subco und machte die Tür zum Wirtshaus "Freundlicher Waldmensch" auf. Es war eine recht gemütliche Kneipe, wo man sowohl gut essen konnte als auch bei einem kleineren oder größerem Trinkgelage die neuesten oder eindrucksvollsten Abenteuer zu hören bekam. Die Einrichtung war so einfach, wie die Preise gering waren: Untere Klasse - schlicht und robust. Gut 20 Personen saßen an den Tischen oder standen an der Theke und waren in gelassener, fröhlicher Stimmung.

"Hat sich kaum verändert...," murmelte der Subco. Kimba schaute ihn mit großen Augen an: "Du warst schon mal hier?"

"Ja, es ist dasselbe Wirtshaus, in dem ich hier auf meiner ersten Reise übernachtet hatte."

Kimba schien sich zu erinnern: "War das nicht zu dem Zeitpunkt, wo dir Syjahna das erste Mal die Magie beigebracht hat?"

"Ganz genau. Wenn es möglich sein sollte, werde ich dasselbe Zimmer nehmen, das ich damals erhalten hatte - allein der alten Zeiten wegen."
 

"Subco?" klang plötzlich eine Stimme kaum wahrnehmbar von der Theke herüber. Dann erneut und viel lauter: "Subco!" Es war der Wirt und er kam sogleich hinter seiner Theke hervor und rannte lachend auf den Subco zu, der ja eigentlich recht ungern so direkt im Mittelpunkt stand.

"Wir dachten schon, du wärest in der Ruinen von Rehas Festung umgekommen - obwohl man deine Leiche nie gefunden hatte."

"Nein... ich habe es überlebt. Aber sag mir: Was ist aus den anderen geworden? Ich weiß, dass der Kampf verloren gewesen sein müßte, aber ich weiß nicht, wer von ihnen noch den Rückzug geschafft hat."

Der Wirt schaute den Subco traurig an: "So leid es mir für dich tut: Man hat sie alle später gefunden - aufgespießt in den Schlachthallen der Orks."

"Verdammt...," der Subco schaute traurig zu Boden. Obwohl seine Reise in diese Welt schon so viele Jahre zurück lag, war ihm das Schicksal einiger Leute aus seiner Gruppe nie egal gewesen. Beispielsweise Gotor, der alte Raufbold. So viele Kämpfe hatte er schon gesehen gehabt und auch mitten in jener vernichtenden Schlacht, als schon so viele gefallen und die Gruppe so sehr dezimiert war, hatte er noch immer wie ein Fels in der Brandung reihenweise Orks umgenietet. Oder Arjuna, das Katzenmädchen. So ungestüm und nervig sie manchmal auch gewesen war, er hatte sie doch sehr lieb gewonnen gehabt.
 

"Warum wußtest du das nicht? Und wie genau bist du da eigentlich heraus gekommen?"

"Meine Leute haben mich mitten in der Schlacht dort heraus teleportiert. Du weißt ja: Ich komme eigentlich nicht aus dieser Welt und als meine Leute meine Spur endlich gefunden hatten, zögerten sie keinen Moment und holten mich zurück nach Hause. Das hat mir wahrscheinlich das Leben gerettet."

"Deine Leute müssen über große Macht verfügen, wenn sie jemanden quer durch die Welten transportieren können," staunte der Wirt. Dann fiel sein Blick auf Kimba. "Oh, du hältst dir ein Haustier? Oder ist es ein Kampfgefährte?"

"Wenn überhaupt, eher ein Kampfgefährte. Aber in erster Linie sind wir Freunde."

"Freunde?"

"Er sieht wie ein gewöhnliches Tier aus, doch er hat den Verstand eines Menschen - mindestens. Und ich wollte mit ihm hier übernachten. Du hast doch noch was frei?"

"Oh... ja sicher."

"Wenn es möglich wäre, hätte ich gerne mein altes Zimmer wieder. Ich möchte ein wenig in der Vergangenheit schwelgen."

"Hm...," überlegte der Wirt," eigentlich ist es belegt. Aber du kannst unseren Gast ja mal fragen, ob du dort übernachten kannst."

"Oh, ich will deswegen niemandem Umstände bereiten..."

"Schon gut, schont gut... gehe einfach nach oben. Ich bin sicher, dass es keine größeren Umstände bereiten wird," lachte der Wirt und schob den Subco schon fast in Richtung Treppe.
 

Mit einem mittleren Fragezeichen über dem Kopf schwebend ging der Subco dann die Holztreppe zu den Fluren hoch. Die Bauweise war so angelegt, dass alle Flure aus den Räumlichkeiten für Gäste an der Wand über der Theke in den Raum der eigentlichen Gaststätte mündeten und dort durch einen hölzernen Schwebegang miteinander verbunden waren. Die Stufen knarrten ein wenig und hatten ihr erstes Jahrzehnt sicherlich schon hinter sich. Der Subco nahm den ersten der insgesamt 3 Flure. Ob der Wirt wollte, dass er sich mit jemand bestimmten traf?
 

Der Subco überlegte kurz und bemerkte, dass das recht wahrscheinlich war. Zwar waren die meisten Menschen in diesem Lande gastfreundlich, aber nach einer anstrengenden Reise sein Quartier mit jemandem wildfremden zu teilen war dann doch eher ungewöhnlich. Dafür mußte schon entweder große Not herrschen oder ein besseres Verhältnis zwischen diesen beiden Personen vorliegen.
 

Nach einigen Metern in diesem Flur blieb der Subco vor einem Zimmer stehen. Die Tür war relativ stark und wies noch immer dieselben Schrammen auf, die der Subco schon vor Jahren an ihr bemerkt hatte. Die ein- oder andere Schramme war zwischenzeitlich dazugekommen, aber das eigentliche Muster war noch gut zu erkennen. Wer könnte wohl hinter der Tür auf ihn warten? - Wobei das 'auf ihn warten' eher utopisch war, denn der Subco hatte bis vor etwa 24 Stunden selber nicht gewußt, dass er wieder hierher kommen würde. Er klopfte an. Für einen kleinen Moment geschah gar nichts. Dann konnte man hören, dass sich im Zimmer etwas bewegte. Jemand stand auf und ging zur Tür. Der Subco erkannte am Klang des Schuhwerkes, dass es sich um mit Eisenriemen verstärkte Lederstiefel handeln mußte. Ebenso konnte er hören, dass beim Gehen ein Schwert an einen anderen metallischen Gegenstand schlug - nicht besonders laut, aber deutlich genug. Dann endeten die Schritte kurz vor der Tür.
 

Die Türklinke setzte sich in Bewegung. Langsam. Dann erreichte sie die Position, die für ein Öffnen der Tür ausreichend war. Die Tür öffnete sich langsam einen Spalt weit. Um die Ecke schauten zunächst lange braune Haare, dann eine Stirn und dann zwei müde, türkisfarbene Augen.
 

Als diese den Subco wahrnahmen, weiteten sich die Pupillen. Keinen Augenblick später wurde die Tür geradezu aufgerissen.

"Subco!" rief Syjahna freudestrahlend, packte ihn mit beiden Händen und zog ihn an sich heran. Einige Sekunden bleiben sie so stehen. Dann löste sie ihre Umklammerung wieder. Eine Träne lief über ihre linke Gesichtshälfte.

"Ich dachte, du wärest auch geschnappt und getötet worden. Aber ich wollte es nicht wahrhaben... und jetzt... " wieder fiel sie ihm um den Hals.
 

"Donnerwetter," staunte Kimba, "die scheint aber etwas mehr als nur eine Kampfgefährtin zu sein."

Ein langer, intensiver Kuss bestätigte seine Vermutung sogleich.
 

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Nächster Teil: Kimba 31 - "Das Tor zurück"

(kimba, der weisse loewe; fsk 10; 3. edition - serie v1.0; by tachyoon)
 

Dies ist die Serienfolge 31 zu "Kimba, der weiße Löwe". Fragen, Kommentare, Wünsche, Anregungen etc. an Felix.Horch@tachyoon.de !
 

Eine Übersicht und wichtige Informationen stehen im Prolog.
 

Viel Spaß

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Kimba, der weiße Löwe

"Das Tor zurück"

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Kimba und der Subco waren beide schon über 24 Stunden wach gewesen und eine entsprechende Müdigkeit machte sich bereits in ihrem Gemüt breit. Dennoch saßen sie beide aufrecht und wachsam da, als die junge Elfe ihnen von der derzeitigen Situation in der Welt erzählte. - Nun, zumindest hörte der Subco genau zu, Kimba konnte nur versuchen zu erraten, von was gerade geredet wurde, da er die Sprache jener Welt nicht verstand.
 

"Und genau der ist es, der jetzt durch das magische Tor am Weltenberg versucht, die Armee der Finsternis wieder zu erwecken. Wenn Harur dies gelingt, kann er damit durch ganz Wadrana eine Spur der Zerstörung ziehen und jeden Widerstand gegen seine Herrschaft brechen. - Sicher, es würde immer tapfere Rebellen geben, die ihm mal hier und mal dort Widerstand leisten könnten... aber für das gewöhnliche Volk würden wirklich harte Zeiten anbrechen."

"Und das willst du ganz alleine schaffen?" fragte der Subco etwas irritiert.

"Nein, natürlich nicht. Hier bin bloß ich mit meiner Kampfeinheit untergebracht - ich hab lediglich ein Einzelzimmer genommen, weil ich meine Ruhe haben wollte. Die anderen übernachten in den meisten übrigen Zimmern der 'Freundlicher Waldmensch'. Und wir sind bloß eine einzelne Einheit. Am Rande des Gebirges zum Weltenberg werden wir auf die Hauptstreitmacht treffen. Mit ihnen zusammen werden wir dann zum Weltenberg vorrücken."
 

Kimba sah, wie die Augen des Subco einen sorgenvollen Ausdruck annahmen.
 

"Erwartet ihr größeren Widerstand?"

"Ja. Harur ist mit dem größten Teil seiner verbliebenen Armee dorthin gegangen. Es wird eine ziemlich große und brutale Schlacht werden." Sie schaute den Subco an und interpretierte seinen Gesichtsausdruck: "Ja, ich muss gehen. Schließlich steht das Schicksal dieser Welt auf dem Spiel. Und ich habe inzwischen gelernt, ganz gut auf mich selber aufzupassen."

"Wir werden mit dir kommen und dir helfen," fasste der Subco den Entschluss.
 

Obwohl Kimba durch die Mimik von Syjahna und dem Subco nur in etwa verstanden hatte worum es ging, konnte er sich schon vor der eigentlichen Erklärung des Subco denken, was er am Ende des Gespräches gesagt hatte. Aber er hatte auch nichts dagegen, zum einen, weil er sowieso nichts anderes vor hatte, zum anderen, weil sich so die Möglichkeit bot, zurückzukehren. - Zurück zu Rahja, die er mittlerweile als einzigen Grund sah, sich selbst nicht komplett aufzugeben. Wieder spürte er die Trauer und den Zorn in sich aufsteigen. Trauer um den Verlust zweier seiner engsten Freunde und Zorn auf sich selbst. Wieso hatte er die Gefahr, die ein solches Rennen barg, nicht erkannt und hatte abgelehnt? Letztlich war es seine Schuld. Seine Freunde hatten immer auf ihn gehört - na ja, fast immer - und sie waren vor allem deshalb mitgekommen, weil er selber zum großen Rennen gehen wollte. Wenn er nur ,nein' gesagt hätte, hätten sie sich niemals auf so eine weite Reise begeben. Sie wären noch am Leben.

"Kimba... ?"

Kimba schaut überrascht auf. Der Subco machte ein etwas merkwürdiges, sorgenvolles Gesicht.

"Ist alles in Ordnung mit dir? Du wirkst abwesend..."

"Nein, alles in Ordnung. Ich... hab nur nachgedacht."
 

Am nächsten Morgen stellte Syjahna die beiden Neuankömmlinge der Gruppe vor - oder besser gesagt: der Einheit vor. Eine Gruppe wie bei der ersten Reise des Subco war gewöhnlich ein bunt zusammengewürfelter Haufen. Aber das war diese Gruppe nicht: Sie bestand nur aus Elfen, bewaffneten Elfen. Es waren drei Bogenschützen, vier Leichtbewaffnete und zwei Schwerbewaffnete. Hinzu kam noch ein relativ zivil gekleideter Elf, der allem Anschein nach ein Kampfmagier war. Sie alle trugen dasselbe Symbol auf ihren Umhängen und Rüstungen: Das Symbol Erebas, des Königreiches der Waldelfen, aus dem auch Syjahna stammte.
 

Der Weg führte die Gruppe weg von Rukawa und dem Berg, wo Kimba mit dem Subco angekommen war. Es ging über eine große Ebene, die von den Einheimischen 'Trentan - Ebene' genannt wurde und ein riesiges Waldgebiet darstellte. Im nördlichen Teil dieser Ebene befand sich der See der Molugen, dessen Ausläufer sich bis in die Mitte des Tales erstreckten. An den Ufern dieses Sees machten sie abends schließlich halt und Syjahna und der Subco nutzten diese Gelegenheit, um die alten Zeiten vor dem unglückseligen Marsch in Rehas Festung wieder aufleben zu lassen. Sie standen einige hundert Meter vom Lagerplatz entfernt und schwangen die Kampfstäbe.
 

Der Subco hatte erst ein paar Minuten gebraucht, um wieder in Form zu kommen, doch dann konnte er geschickt unter ihre Schlägen hinwegtauchen und über die Fußfeger springen, die sie hier und da ohne jede Vorwarnung anbrachte.

"Wie ich sehe, hast du nichts verlernt," lächelte ihn Syjahna in einer kurzen Pause an. "Die Grundlagen hast du inzwischen verstanden, nun kommen wir zum schwierigeren Teil..."
 

Der Subco verstand zunächst nicht, was sie meinte. Anfangs sah es auch tatsächlich nur nach einem ganz banalen Angriff aus: Ein halb durchgezogener Angriffsschlag von rechts oben aus, gefolgt von einem schnellen Stoß nach vorne, den der Subco recht leicht abwehren konnte und anschließen der Versuch eines horizontalen Pressschlages, der ebenfalls leicht vom Subco geblockt werden konnte. Doch dann hielt Syjahna plötzlich inne. Das leicht überlegene Grinsen, das ihr über die Lippen huschte, schien nichts gutes zu verheißen, das wusste der Subco bereits vor dem folgenden Angriff. Doch dann verstand er klar und eindeutig, als Syjahnas Augen kurz hell aufleuchteten und er mehrere Meter nach hinten durch die Luft geschleudert wurde. Nur mit Mühe konnte er die typische 'Drei-Punkte-Landung', also beide Hände und die Nase vorweg, verhindern. Der Aufschlag war trotzdem recht unsanft und er blieb leicht benommen liegen.

"Autsch...," meinte der Subco schließlich und schaute zu der jungen Elfenkriegerin hoch, die mittlerweile neben ihm stand.

"Eine sehr effektive Attacke, wenn man schnell genug zwischen reinem Kampfdenken und dem magischen Denken wechseln kann," erklärte sie und setzte sich neben ihn.

"Du bist wirklich sehr viel besser geworden seit damals...," bemerkte der Subco und wurde nachdenklich. "Aber irgendwie hast du dich äußerlich in der ganzen Zeit weitaus weniger verändert, als ich gedacht hätte... warte mal... wie viele Jahre ist das her, seit ich das letzte Mal hier war?"

"Genau 3 lange Jahre... und vier Monate... und 22 Tage."

Der Subco staunte nicht schlecht. Das waren einige Jahrzehnte weniger, als er erwartet hatte. Offenbar ging die Zeit in dieser Welt anders. Andererseits war er in der 'echten' Welt genau so lange verschwunden geblieben, wie er sich in der fremden aufgehalten hatte.

"Du wirkst so abwesend... stimmt etwas nicht?" fragte sie ihn.

"Ich denke nur gerade an die Zeit, die bis heute vergangen ist. Da sind eine Menge Dinge geschehen."

Syjahna nickte. Dann rutschte sie ganz nah an ihn ran und legte ihren Arm und ihn. "Ich habe eine ganze Menge gelernt in dieser Zeit. Willst du mal hören, was ich nach Rehas Festung so gemacht habe?"

"Gerne," sagte der Subco und sah Syjahna liebevoll an. Sie hätte ihm sowieso nicht die Wahl gelassen, aber das war auch nicht weiter schlimm - schließlich wollte er es wirklich hören.
 

"Nun, zunächst einmal blieb ich in Khira Zhakum und ließ mich vom dortigen Arzt langsam wieder gesund pflegen. Dann traf die Nachricht ein, dass die Schlacht um Rehas Festung etliche Gruppen gekostet hatte und ich hatte schreckliche Angst um dich. Die Suchtruppen fanden dann einige aus unserer damaligen Gruppe tot in den Ruinen liegen. Da wusste ich, dass auch du in größter Gefahr geschwebt hast. Aber da sie nie deine Leiche gefunden hatten, weigerte ich mich zu glauben, dass du tatsächlich getötet worden warst.

Ich erhielt kurz darauf den Befehl von unserem Heerführer, dass ich mich mit einer anderen Gruppen auf den Weg zurück nach Hause machen sollte, um unsere Grenzen zu verteidigen. Einige große Horden an Skelettkriegern waren nämlich in unser Reich eingedrungen und griffen unsere Siedlungen an.

Einige Male traf ich mit meiner Gruppe auf Skelettkrieger und wir konnten sie jedes Mal besiegen. Doch eines Tages gerieten wir in einen Hinterhalt und wurden von einer Übermacht an Orks, Skelettkriegern und Albtraumbäumen angegriffen. Mit hohen Verlusten konnten wir entkommen und von 13 Leuten unserer Gruppen waren bloß 4 übrig geblieben. Ich war eine davon und zudem sehr schwer verletzt. Ich hatte im Kampf die Übersicht verloren und einen Hieb mit einem Zweihänder auf den Rücken gekriegt. Da waren nicht viele Knochen heile geblieben. Um mein Leben zu retten brachten mich königliche Wachen zu einem Tempel am Rande des Wüstengebirges, wo ich dann von unserem besten Magier gerade so gerettet werden konnte. Und dort lernte ich wenig später nach meiner völligen Genesung, meine Kampftechniken zu verbessern. Ich hatte die besten Kampfmeister als Lehrer. So erlernte ich auch den Umgang mit völlig neuen Waffen. Jetzt kann ich beispielsweise auch mit dem Streitkolben oder mit der Axt umgehen. Und auf Schwertkampf und Stabkampf habe ich mich spezialisiert. - Wobei meine Ausbildung noch lange nicht abgeschlossen ist, aber die Ereignisse wollten, dass ich mich schon nach einem Jahr wieder auf den Weg machte.

Ich war einer Kampfeinheit zugeteilt worden, die tief in das Gebiet noch weiter nördlich von Rehas Festung eindringen sollte. Diese Einheit fand dann auch die Leichen der anderen, die verschleppt worden waren."
 

Syjahna pausierte kurz und schaute gedankenverloren zu Boden. Sie hatte bei dem Massaker in Rehas Festung viele Freunde verloren, Personen, die ihr sehr nahe gestanden hatten.
 

"Allerdings...," fuhr sie dann fort, "dich haben wir damals nicht gefunden. Das war mein einziger Trost. Auch wenn es extrem unwahrscheinlich war, hatte ich immer geglaubt und gehofft, dass du noch irgendwo am Leben seiest. Das war es auch, was mir die Kraft gab, die kommenden Schlachten durch zu stehen. Harur war nämlich zu einer Großoffensive über gegangen und versuchte die Allianz der Königreiche zu zersplittern. Es fanden mehrere große Schlachten statt, die schlimme Verluste für beide Seiten bedeuteten. An zweien dieser Schlachten nahm ich teil und es war kein Erlebnis, auf das ich wirklich stolz wäre, obwohl beide Schlachten siegreich für uns ausgegangen waren. Ich weiß heute noch nicht, wie viele Feinde ich damals umgebracht habe. Die meisten waren zwar nur von Harur künstlich erschaffene Zombies, aber auch echte Soldaten aus der Bevölkerung seines Reiches waren darunter.

Aber letztlich hatten wir Harurs Truppen zurück geschlagen und es herrschte ein erzwungener Frieden: Wir alle waren Kriegsmüde und Harur hatte keine Truppen mehr, mit denen er uns ernsthaft hätte gefährden können. Also kehrte ich für knapp 6 Monate zum Tempel zurück und setzte meine Ausbildung zum königlichen Elite Kämpfer fort. Doch dann erreichte uns die Nachricht, dass Harur vorhatte, die legendäre Armee der Finsternis wieder zu erwecken. Nun und seitdem bin ich wieder unterwegs. Das ist jetzt fast vier Wochen her. Und bald geht es wieder los mit dem Kämpfen... und der Ungewissheit...," sie stoppte kurz und sah ihn aus großen, traurigen Augen an, "... ob ich den morgigen Tag noch erlebe... oder meine Gefährten...," Tränen füllten ihre Augen, "...oder... du."

Sie drückte ihn fest an sich und heulte hemmungslos los. "Verdammt! Warum habe ich dich überhaupt mitgenommen? - So eine blöde Idee!"

Der Subco legte seine Arme um sie und drückte sie ebenfalls an sich. Ihm wurde so langsam bewusst, dass sie ihn viel mehr vermisst hatte, als er gedacht hätte. Es dauerte einige Minuten bis sie sich beruhigt hatte. Dann löste sie sich wieder von ihm und schaute ihn beschämt an: "Tut mir leid... jetzt musst du mich auch schon trösten - dabei bin ich eigentlich die Anführerin dieser Gruppe."

"Ist schon in Ordnung. Gerade dafür sind Freunde doch da: Dann zu helfen, wenn der andere Hilfe braucht; zu stützen, wenn der andere im Sturm des Lebens schwankt. Egal was ist, ich werde immer für dich da sein," sagte der Subco. "- Zumindest, solange ich in dieser Welt bin und helfen kann," fügte er noch in Gedanken hinzu.

"Vielen Dank," flüsterte Syjahna. "Weißt du was? Ich mag dich, ich mag dich wirklich sehr... komm mit, ich will dir etwas zeigen. Hier in der Nähe gibt es einen wunderschönen Ort."
 

"Ich komme gerne - äh warte, ich will noch kurz Kimba rufen, damit er das auch sehen kann." Der Subco stand auf und hatte sich schon in Richtung des Lagers gedreht. Mit einem Satz war Syjahna bei ihm: "Oh, warte! Ich wollte eigentlich, dass nur du diesen Ort siehst."

Der Subco wunderte sich eine Runde lang und ließ sich dann von der jungen Elfe zu einem felsigen Platz ziehen. Aus den Ritzen und Löchern an einem dieser aus dem Boden hervorragenden Felsen dampfte es und heißes Wasser vereinte sich recht schnell zu einem kleinen Bächlein, dass sich zunächst in einer natürlichen flachen Wanne sammelte und dann als kleines, angewärmtes Bächlein in Richtung des Sees floss.
 

"Diese Quellen hier haben warmes Wasser. Es ist schön, darin zu baden und es soll sogar gesund sein, wenn ich den Erzählungen meines Meisters im Tempel glauben schenken darf."

Der Subco hielt seine Hand ins Wasser.

"Stimmt. Angenehm warm. Ich kann mich nicht daran erinnern, mal warmes Wasser gehabt zu haben - in dieser Welt."

"Dann komm mit rein," lachte Syjahna. Der Subco drehte sich zu ihr und traute seinen Augen kaum: Sie hatte nichts mehr weiter an als ihren kurzen, grünbraunen Rock.

"Ich wusste gar nicht... dass das... hier üblich ist..." meinte er etwas eingeschüchtert und deutete auf Syjahnas Oberkörper.

"Kommt drauf an, wo, wann und wer dabei ist...," grinste sie ihn frech an. Dann stand sie zügig auf, schnappte den Subco an beiden Händen und zog ihn in Richtung Wasser. Der Subco stand schon mit einem Bein in der Quelle als er zögerte: "Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist, wenn ich hier jetzt auch reingehe?"

Syjahna drehte ihren Kopf zum Subco. Ihre türkisfarbenen Augen funkelten und ein etwas spöttisches aber wohlwollendes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Mit einer recht kraftvollen Bewegung zog sie den "Normalerweise-Imperator" an sich heran und schaute ihm tief in die Augen.

"Ich war mir noch nie bei irgendetwas sicherer...," sagte sie mit einem Ton, der auch nichts anderes vermuten ließ. Keine drei Sekunden später lagen auch schon zwei engumschlungene Körper in dem warmen Wasser der Quelle.
 

Kimba entschloss sich, die Neuigkeit vom fertigen Abendessen erst mal für sich zu behalten. Praktische Erfahrung hatte er mit der Situation, die er in einiger Ferne vor sich sah, noch nicht. Aber er wusste auch so, dass die beiden in jenen Momenten lieber alleine bleiben würden.

Auch wenn es ihm noch immer schwer fiel, ließ sein Gesicht ein leichtes Lächeln erkennen. "Wahrscheinlich musste er in diese Welt kommen, um endlich wieder an die Menschlichkeit herangeführt zu werden. In unserer Welt hätte er als Imperator alleine auf der Brücke seines Flaggschiffes gesessen," überlegte der weiße Löwe. Als er die Liebe der beiden in der Ferne sehen konnte, spürte er, dass auch ihm jemand fehlte. Und es waren nicht Piwi und Lukas. Oder Daniel. Die fehlten ihm auch, doch sie waren tot. Es war aber jemand, der am Leben war, der ihm fehlte - die ihm fehlte.

"Rahja..." Gedankenverloren drehte sich Kimba um und ging wieder zurück in das Lager.
 

Es war schon fast völlig finster geworden, als zwei Silhouetten ganz dicht Seite an Seite beieinander saßen, die eine mit ihrem Arm die Taille der anderen umschließend, die ihrerseits ihren Arm um die Schulter der ersteren gelegt hatte und sie so ständig sanft an sich heranzog.

Der Subco schaute tief in Syjahnas türkisfarbene Augen. Sie waren schon immer hübsch gewesen, aber in jener Nacht ganz besonders... sie wirkten so glücklich. Der Subco sinnierte kurz. Er erinnerte sich an die erste Begegnug mit Sy, ihr erstes Wort in seiner Sprache, sein erster Satz in ihrer Sprache, die Kämpfe, die sie zusammen überstanden hatten. Dann ihre Verletzung, die ihr das Leben vor jener unheilvollen Mission gerettet hatte. Und vor allem, wie vorsichtig und zurückhaltend sie meist doch gewesen war.

"Weißt du, Syjahna..." begann er ein wenig nachdenklich.

"Ja...?" hauchte sie zu ihm hoch, während sie sich noch etwas mehr an ihn anschmiegte.

"Du hast dich... irgendwie... verändert. - Ja, früher warst du... zurückhaltender, denke ich."

"Ich weiß, was du meinst. Aber ich hatte viel Zeit mir Gedanken zu machen, als du weg warst. Und eines ist mir dabei klar geworden: Ich kann nie wissen, ob wir beide morgen noch leben werden... - oder nur einer von uns... - oder keiner. Als du verschwunden warst, bemerkte ich, dass es zu spät sein könnte. Zu spät für alles. Ich hatte die Befürchtung, dass ich dir niemals mehr so nah sein könnte, wie ich es gerne gehabt hätte. Und jetzt, wo ich dich doch noch wiedergefunden habe und wir eigentlich vor derselben Situation stehen, gab es nur noch eine richtige Entscheidung: Jetzt oder vielleicht nie. Ich hab sicher nicht vor, morgen von Harurs Schergen getötet zu werden... und du bestimmt auch nicht. Aber ganz sicher sein kann man sich nie. Vor allem, da wir uns auf direktem Wege zu seinem Gebiet befinden."
 

Der Subco nickte und schaute nachdenklich in den Himmel. Hatte sie nicht recht? Hatte sie nicht sogar viel mehr an Erkenntnis verlauten lassen, als er, der schon hunderte von Jahren Zeit gehabt hat, darüber nach zu denken? - Ja, er war auch nur ein Sterblicher. Hier, in dieser Welt sowieso und auch in der anderen - seiner Heimatwelt - war er nur ein Sterblicher. Sicherlich hielten ihn die Maschinen des Imperiums am Leben, wann immer es auch brenzlig wurde. Sicherlich alterte er nicht - in keiner der beiden Welten. Doch theoretisch war es möglich, dass selbst er, der mächtige Imperator und einsame Herrscher des Imperiums, sterben konnte. Vielleicht durch die Hand eines übermächtigen Feindes, vielleicht durch einen Unfall, vielleicht durch das Ende des Universums selbst. Vielleicht aber auch durch etwas völlig anderes... - aber was es genau sein würde war egal. Alleine die Tatsache dass es möglich war, ließ die Wahrscheinlichkeit für seinen Tod auf 100% steigen. Nicht heute, nicht morgen. Aber im Laufe von den vielen Jahrtausenden - oder vielleicht sogar Jahrmillionen? - machte sich dieses Restrisiko bemerkbar. Irgendwann würde es auch ihn erwischen, das war sicher. Und dann? ... Die Gedankenfetzen und Ahnungen in seinem Kopf nahmen immer konkretere Formen an. "Und dann... " begann er den finalen Gedanken.
 

Blutrot stieg die Sonne am nächsten Morgen zwischen den Gipfeln der Berge empor; jene Berge, die gar nicht mehr so weit entfernt zu sein schienen, wie noch am Tage zuvor. Einige wenige Nebelschwaden stiegen aus dem Wald gen Himmel, an dem die letzten hellen Sterne in der Helligkeit der aufgehenden Sonne verschwanden.

Als Kimba die Augen öffnete, war der Subco bereits wach. Es wunderte ihn, denn der Subco war erst nach ihm ins Lager zurückgekehrt. Er hatte zu diesem Zeitpunkt bereits geschlafen und müsste glauben, der Subco habe gar nicht geruht, wenn er ihn nicht in einem kurzen Moment des Erwachens in tiefster Nacht an seinem Platz hätte schlafen sehen. Der Subco jedoch schien nicht sonderlich müde zu sein, sondern wirkte eher nachdenklich, als ob er mit seinen Gedanken in einer anderen Welt schwebte und dabei so konzentriert war, als müsste er jene Welt als Gottheit lenken, damit dort alles lief.
 

"Guten Morgen du Nachtschwärmer!" begrüßte Kimba den Subco freundlich. "Sag mal, über was grübelst du? Du siehst so nachdenklich aus...."

Der Subco brauchte ein paar Sekunden, bevor er reagierte. Aus Augen, die Kimba ansahen -aber auch irgendwie wieder nicht ansahen - als wären sie auf einen Punkt am Horizont gerichtet, schien Kimba die Stoff gewordene Suche selbst entgegen zu scheinen. "Ich weiß, Kimba. Das ist auch so..."

"Aber worüber denkst du nach?" hakte Kimba nach und setzte sich kurz vor den Subco, der wohl ohne das Nachfragen seine Gedanken erneut einige tausend Welten weiter weg geschickt hätte.

"Ich weiß es selber nicht genau... noch nicht."

Kimba wackelte mit seinem rechten Ohr während er das linke ein wenig absenkte. "Sachen gibts... : Der denkt nach und denkt und denkt bis der Kopf raucht - und weiß noch nicht einmal worüber," murmelte er.

Der Subco ging nicht weiter darauf ein. Genaugenommen hatte er es gar nicht richtig wahrgenommen, so vertieft war er schon wieder.

Kimba schaute etwas ungläubig, dass der Subco schon wieder geistig abwesend war, wackelte kurz mit beiden Ohren und ging dann mit einem "Dann eben nicht...!" leicht beleidigt zu den anderen.
 

Etwa 3 Stunden später befand sich die Gruppe schon zwischen den ersten großen Bergen des nahen Gebirges. In einiger Entfernung in einem großen Tal konnten sie blitzende Rüstungen einer großen Armee sehen. Es waren ihre Leute, ihre Verbündeten.

"Jetzt gehts also los..." murmelte der Subco und bemerkte, dass seine Kleidung schon fast wieder getrocknet war. Eigentlich hätte er erwartet, dass Syjahna ihn wachküsst, falls er beim Abmarsch gerade geistig abwesend sein sollte. Der halbe Eimer kaltes Wasser entsprach doch gar nicht so dem, was sich die Nacht zuvor abgespielt hatte. Aber immerhin hatte es zur allgemeinen Erheiterung der Gruppe beigetragen und Sy schien auch alles andere als böse auf ihn zu sein. Genaugenommen war sie ihm nie mehr als ein paar Meter von der Seite gewichen.
 

Das Heer der freien Völker Wadranas zählte etwa 2500 Bewaffnete Krieger und etwa eine Hundertschaft an Magiern und Druiden. Mit der Einheit von Syjahna trafen noch zwei andere Einheiten aus Erebas ein, ebenso eine größere Einheit Zwerge und drei Einheiten von Menschen, sowie zwei der Katzenmenschen. Der Subco bemerkte, dass hier nicht nur Dialekte sondern teilweise völlig verschiedene Sprachen gesprochen wurden und sein Sprachchip an den Rand der Überlastung getrieben wurde.

"Sag mal Sy, wie wollt ihr eigentlich einen Angriff planen? Hier spricht ja jeder zweite ne andere Sprache."

"Deswegen wird der Großmagier Odo in Kürze einen Sprachzauber aussprechen, der uns alle ein und dieselbe Sprache sprechen lässt."

"He, Kimba! Es könnte glatt sein, dass auch du demnächst alle Leute verstehst."

Mit großen fragenden Augen schaute der weiße Löwe zum Subco hoch.

"Magie ist hier existent. Also wird gleich ein Sprachzauber gesprochen, damit sich alle hier verstehen können. Lass dich überraschen!"

Plötzlich wurde es stiller in der Menge. Einige hundert Meter entfernt stieg eine Gestalt mit hohem, spitzen Hut und weit ausladenden Krempen auf einen großen Felsen. Man musste kein Hellseher sein oder die Gestalt kennen, um zu wissen, dass es sich um einen Magier handelte. Der Subco vermutete, dass es der Großmagier Odo war und Kimba vermutete, dass der große Zauber von dem der Subco gesprochen hatte, gleich von dieser Gestalt gesprochen werden würde.

Es war inzwischen totenstill in der riesigen Menge. Alle sahen ehrfurchtsvoll zu dem Zauberer, der seine Arme gen Himmel gestreckt hatte und dann begann, sie langsam vor sich kreisen zu lassen. Kimba bemerkte, dass sein Herz schneller schlug und ein komisches Gefühl stieg in seinem Magen auf. Es war etwas zwischen Neugier, Euphorie und Angst vor dem Unbekannten. Er konnte seinen Blick gar nicht mehr von dem Magier Odo abwenden, so faszinierend war es, ihm zuzuschauen. So konnte er auch nicht den Blick des Subco sehen, der ebenfalls kein Auge von dem Großmagier nahm - jedoch weniger aus Faszination als aus wissenschaftlichem Interesse. Er studierte jede Bewegung und jedes Wort aufs genaueste. Syjahna und die anderen jedoch schauten nur aus Bewunderung und Ehrerbietung zu dem wohl mächtigsten Zauberer des Kontinents.

Plötzlich bemerkte der Subco einen Unterschied in den Kreisbewegungen der Arme: Sie schienen die Luft nach sich zu verzerren, als ob die Luft durch Hitze flackern würde. Einen Augenblick später konnten auch Kimba und die anderen Wesen mit normalen Augen erkennen, dass sich um die Arme herum eine Art Energie aufgebaut hatte. Da sprach Odo auch schon laut und deutlich das Ende seines Zauberspruches. Die Energie leuchtete auf und dehnte sich explosionsartig aus. Eine dünne, kaum sichtbare, bläuliche Energiewelle durchlief die komplette Armee - vom Standpunkt des Großmagiers aus bis zum anderen Ende, wo sie sich in Luft auflöste.

Kimba fühlte ein angenehmes Kribbeln im Kopf und hatte die Vermutung, dass er irgendetwas wichtiges verstanden hatte. Syjahna drehte sich auch sogleich zu ihn um: "Jetzt müsstest du mich auch verstehen können, stimmt' s?"

"Ja, klar und deutlich," freute sich Kimba. Dann wandte er sich augenzwinkernd zum Subco: "Jetzt kann ich endlich auch mal hören, was ein Subco so an Liebeserklärungen von sich geben kann."

Der Subco hielt sich beide Hände vor das Gesicht und schien sich nicht sonderlich wohl zu fühlen.

"Mach dir nichts draus," lachte Syjahna, "inzwischen weiß es sowieso jeder in der Gruppe."

Der Subco schüttelte den Kopf und setzte sich so schnell auf den Boden, dass es nur noch halb freiwillig wirkte.

"Geht es dir nicht gut, Subco?" fragte Kimba besorgt.

"Nicht so laut... bitte." Stöhnte der Subco, doch es half nicht viel, da in der Armee inzwischen jeder ausprobieren wollte, ob der Zauber denn auch bei einem selbst geklappt hatte.

"Das verstehe ich nicht," wunderte Syjahna sich, "solche Sprachzauber sind doch eigentlich völlig ohne jede Nebenwirkung. - Kompliziert aber ungefährlich."

Das Gesicht des Subco entspannte sich plötzlich.

"Hm... ja... das ist schon besser," meinte er dann halb zu sich selbst.

"Was ist?" wunderte sich Syjahna.

"Ich glaube, ich habe mich daran gewöhnt. - Ich musste eben nur ein wenig... umdenken," lächelte der Subco sie an.

Wenig später setzte sich die große Armee in Bewegung. Als Syjahna gerade einige Meter weit vom Subco entfernt war, wollte Kimba es endlich wissen:

"Was war denn los? Und was hast du getan, dass es dir so plötzlich wieder besser ging?"

"Ganz einfach: Der Zauber ist nicht gerade kompatibel mit meinem Sprachchip. Ich hatte ein schallendes Echo in den Ohren, bei jedem Wort das gesagt wurde. Dann habe ich den Sprachchip abgeschaltet und das Problem war gelöst."

Kimba schüttelte den Kopf: "So etwas kann auch nur dir passieren. Mit du bist so vollgestopft mit irgendwelchem technischen Schnickschnack, da ist es doch nur eine Frage der Zeit bis dich das Zeug ins Grab bringt..."

"Du könntest ruhig ein wenig mehr Vertrauen in die imperiale Technologie haben. Wenn wir mit der Möglichkeit der Zauberei gerechnet hätten, hätten wir den Sprachchip auch dafür kompatibel machen können. - Und letztlich bist du ja selber fast ausschließlich durch imperiale Technologie erschaffen worden."

Kimbas Blick verdunkelte sich: "Erinnere mich bitte nicht daran!" grummelte er in einem Ton, der an der Ernsthaftigkeit keinen Zweifel ließ.
 

"Schau mal, Subco! Da drüben gehen Hen Dynari und Sha del Gent. Das sind zwei der größten Helden von ganz Wadrana," rief Syjahna dem Subco zu, der zwei Sterne in ihren Augen sehen zu können meinte.

"Und schau mal da drüben! Dort gehen die Elite Soldaten unseres Königreiches. Und da hinten die Garde von Ujantis, der Haupstadt des Katzenmenschen Volkes."

Kimba sah, dass Syjahna geradezu begeistert war, hier dabei sein zu dürfen. Der Subco jedoch schien sich weniger wohl zu fühlen.

"Ist dir wieder schlecht oder komisch im Kopf?" fragte er ihn sogleich.

Der Subco schüttelte den Kopf. Syjahna hatte es auch gerade bemerkt, dass mit dem Subco etwas nicht stimmte: "Was ist es denn dann?"

"Es sind mir hier zu viele Menschen auf einem Haufen. Oder halt menschenähnliche. Das bin ich nicht gewohnt. Außerdem graut mir vor der Schlacht. Denn wenn ich hier mitten drin stehe, bin ich bloß einer von vielen und muss einfach mitmachen - auch wenn die Gruppe ins Verderben rennt. Das Risiko dabei zu sterben ist recht hoch und das macht mir große Sorgen."

"Das ist das Schicksal eines jeden Kriegers. Irgendwann müssen wir alle sterben - und wir Krieger eben oft früher als andere."

"An den Gedanken kann ich mich nicht so recht gewöhnen... denn eigentlich bin ich kein Krieger - auch wenn ich selber kämpfen kann, falls es nötig sein sollte.

"Nanu? Ich dachte tatsächlich, du wärest ausgebildeter Krieger, wahrscheinlich sogar beruflich Soldat oder so. Du konntest nämlich schon immer ganz gut kämpfen und hast jede neue Technik so schnell erlernt. - Aber was bist du denn dann?"

Kimba schaute in die Luft und murmelte beiläufig: "Das ist eigentlich eine gute Frage..."

"Ich weiß es auch nicht...," begann der Subco nachdenklich, " vielleicht bin ich ein großer Imperator, vielleicht ein großer Visionist... vielleicht auch nur ein großer Träumer, der irgendwann den Bezug zum Leben und zur Realität verloren hat."

Syjahnas Blick ließ zweifelsfrei erkennen, dass sie nicht wirklich verstanden hatte, was der Subco da meinte. Und auch Kimba schien über die Antwort ein wenig überrascht zu sein, obgleich er natürlich wusste, was die Aufgaben des Imperialen Oberbefehlshabers waren. Schließlich hatte sich die junge Elfenkriegerin genug gewundert und tat, was sie immer tat, wenn Zweifel in ihren Kameraden oder in ihren Freunden aufsteigen: "Hab keine Angst. Vertraue uns einfach. Dies hier sind alles gute Krieger und sie werden dir in der Schlacht den Rücken freihalten."

"Ich würde es besser finden, wenn nur ihr beide in meiner Nähe bleiben würdet. Ihr seid mir wertvoller als eine ganze Armee aus unbekannten."

Diese Aussage verwunderte Syjahna erst recht. Natürlich waren sie und der weiße Löwe die beiden wichtigsten Personen hier. Doch es ging doch um die Rückendeckung im Kampf - sollte jemand mit so viel Verstand wie der Subco hier plötzlich eine totale Fehleinschätzung vorgenommen haben? Schließlich gab es in dieser riesigen Armee hunderte von Kriegern, die weitaus besser kämpfen konnten als sie selbst oder Kimba. "Kimba...," überlegte sie. "Natürlich: Der kennt den Subco offenbar schon viel länger als ich. Sobald sich die Gelegenheit bietet, werde ich ihn mal ausfragen."
 

Doch so sehr sie auch auf die Gelegenheit wartete, endlich mal mehr über ihre große Liebe erfahren zu können, wichen Kimba und der Subco kaum voneinander. Schließlich hatten sie die Gemeinsamkeit, als die beiden Einzigen der gesamten Armee nicht aus dieser Welt zu kommen.
 

"Haaaaalllt!" schallte es schwach von der Spitze des Zuges. Der gleichmäßige Marsch der Massen stoppte fast augenblicklich. Die Führungsspitze der Armee - sofern sie zwischen den vielen hundert Soldaten zu sehen war - schien sich umzusehen.

"Hier stimmt etwas nicht. Spürst du es auch?" fragte Syjahna flüsternd den Subco.

Der Subco sah sie verwundert an. Konnte man wirklich etwas spüren? Er versuchte, in sich hinein zu fühlen, dann versuchte er, die Umgebung zu fühlen. Doch er spürte nichts. Kopfschüttelnd antwortete er: "Ich spüre nichts. - Und du, Kimba?"

Kimba schaute auf die Ebene links der Armee. Dann nickte er: "Ja... da ist irgendwas. Jemand beobachtet uns - und es ist kein freundschaftliches Beobachten."

Der Subco schaute den weißen Löwen verwundert an, doch es stimmte, was er gesagt hatte: Kimba spürte deutlich die lauernden Blicke von anderen. Er konnte nicht annähernd sagen, von was sie beobachtet wurden, doch es war definitiv da - und es war schon ziemlich nahe. Etwa 100 Meter entfernt, bestimmt nicht weniger, lauterten sie. Auch die anderen Krieger schienen das zu bemerken, sie drehten sich zu den Flanken ihres Zuges.
 

Totenstille.
 

Es schien, als wäre die Zeit gestoppt worden. Doch es blieb nicht so. Plötzlich erzitterte der Boden unter den Kämpfern und in einiger Entfernung brachen aus dem Boden große Gestalten, die man zunächst wegen dem vielen aufgewirbelten Staub und Dreck nicht richtig sehen konnte. Zumindest hatten sie zwei Arme, zwei Beine, einen Rumpf und etwas kopfähnliches oben drauf. Es waren offenbar Wesen unterschiedlicher Gattungen: Einige waren klein und erinnerten an Kobolde oder Gnome, andere waren etwa menschengroß und einige waren um die 3 bis 4 Meter hoch. Als sich der Staub lichtete waren Kobolde, Orks, Trolle und Gnolle* sichtbar. Und waren sie schon von natur aus furchteinflößend mit ihren Krallen und spitzen Zähnen, machte sie ihre Bewaffnung nochmals ebenso gefährlich.
 

Mit entschlossenem Blick zogen die Krieger dieser Armee - der Armee der vereinigten Völker Wadranas - ihre Waffen. Auch Kimba wusste, was die Stunde geschlagen hatten und fuhr seine Krallen aus. Jeder Muskel in seinem Körper spannte sich. Der Subco stand regungslos da und schaute sich die feindlichen Schlachtreihen an. Kimba wunderte sich, warum er noch nicht sein Schwert zog. Dann vermutete er, dass es wohl mal wieder strategisches Kalkül des Subco sein würde. Doch weiter kam er nicht, denn die Armee der Monster setzte sich in Bewegung und rannte unter Gebrüll auf die Krieger Wadranas zu.
 

Wieder war von weiter weg der Befehl zu hören: "Looooos!" hatte einer von der Spitze gerufen und augenblicklich rannten alle los. Syjahna machte hektisch einen Schritt nach vorne, drehte sich kurz zum Subco um und rief: "Subco! Ich liebe dich!" Dann stürmte sie wie alle anderen auf die Feinde zu. Kimba musste sich schon ein wenig zurückfallen lassen, um nicht all zu weit alleine vorweg zu laufen. Doch die anderen Krieger waren ebenfalls recht schnell. Nach nur wenigen Sekunden würden die hundert Meter, die beide Schlachtreihen anfangs voneinander getrennt hatten, vollends überwunden sein.

Noch immer stürmten die Krieger am Subco vorbei, der wie angewurzelt auf seinem Platz stehen geblieben war. In dieser Situation, wo wirklich jeder wusste was er zu tun hatte, konnte der mächtige Imperator mit seinen vielen Jahrzehnten Lebenserfahrung nur zusehen, wie das Geschehen seinen Lauf nahm. Doch Kimba bekam von all dem nichts mehr mit, denn er musste sich voll und ganz auf seine Gegner konzentrieren - unbekannte Gegner mit unbekannten Stärken und Schwächen. Aber er wusste genau, für wen er dieses Risiko auf sich nahm.

"Rahja! Ich werde es wieder zurück in unsere Welt schaffen, egal was sich mir in den Weg stellt."
 

*Gnoll = etwa 2,5 bis 3 Meter hoch, menschenähnlich mit Hunde/Hyänenkopf, stinkt aus dem Maul, hat einen buschigen Hundeschwanz. Alles andere: Siehe Baldurs Gate
 

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Nächster Teil: Kimba 31 - "Wieder zuhause"



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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von: abgemeldet
2003-05-25T15:50:50+00:00 25.05.2003 17:50
Öh (sorry wenn ich dich nerve),ich binn gerade bei Kap.7 und bin immer noch begeistert von deiner Story.Was ich fragen wollte ist weißt du wo ich ein Bild von Lukas finden kann?(ich find den totaal süß und würde ihn gerne mal sehen). Aber wie lange hast du eigentlich an der Story geschrieben? und Danke das du mir geantwortet hast ^__-.

^^arra-chan^^
Von: abgemeldet
2003-05-25T10:37:11+00:00 25.05.2003 12:37
Dankö für die antwort XD

^^arra-chan^^
Von:  Tachyoon
2003-05-24T17:24:33+00:00 24.05.2003 19:24
Lukas gab es auch schon in der Serie. Der kleine Gepard, der als Weise aufwuchs und später von seiner großen Schwester großgezogen wurde.

Danke für den Komment^^
Und die Verwirrung wird sich noch aufklären *fg*
Von: abgemeldet
2003-05-18T16:35:47+00:00 18.05.2003 18:35
Hallo!Ich bin gerade dabei deine Story zu lesen ( bin gerade bei kap.2). was ich dich fragen wollte:gab es Luckas auch schon in der Serie oder hast du dir den ausgedacht?Mir gefällt die geschichte , aber sie ist manchmal etwas verwirrend.ich werde mir die Geschichte fertig durchlesen und dan nochmals ein koment schreiben.^_____^

^^arra-chan^^
Von:  Mark_Soul
2001-12-19T21:23:50+00:00 19.12.2001 22:23
Die Schlacht ist geschlagen, und es sieht so aus als ob dies das Ende wäre...
Dabei ist nicht mal die Hälfte geschafft.

Ein neues Kapitel scheint sich aufzutun, ein neues Abenteuer, und noch immer liegt
der Hintergrund der Geschehnisse im Dunkeln.

Und noch immer weiß ich nicht wer oder was der Subco ist. Ich hasse Cliffhänger...


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