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Der schwarze Schatten der Seele

von

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Prolog

(Snowdonia Nationalpark, Wales)

Finsternis.

Nur Finsternis.

Trotz des Halbmondes, der hoch am Himmel stehen musste, herrschte diese unendliche, alles verschlingende Finsternis, die jedem noch so geübtem Auge die Sicht nahm.

Kein Laut war zu hören, nur das leise, stoßweise Atmen einer Person und das Scharren von Füßen auf kargem Steinboden. Ansonsten deutete nichts darauf hin, dass in dieser Einöde auch nur ein Lebewesen zu finden war.

"Du Narr. Dachtest du wirklich, es mit mir aufnehmen zu können?", hallte eine kalte Männerstimme durch die Nacht.

"Was hast du mit mir vor?", erklang eine zweite Stimme, die der zweiten verwandt zu sein schien, jedoch voller Angst.

Leise lachend antwortete die kalte Stimme, einen bedrohlichen Unterton tragend. "Interessiert dich das denn wirklich, mein Lieber? Du wirst heute Nacht sterben." Leises Scharren verriet, dass sich der Besitzer der Stimme auf sein Opfer zubewegte.

"Wieso... woher... Du bist mir so ähnlich...",

"Du wirst es nicht mehr erfahren, denn deine Zeit ist vorbei. Lebe wohl..."

Ein heller Lichtblitz durchflutete den Raum, kurz sah das Opfer noch das Gesicht seines Peinigers. Dann, mit schreckensgeweiteten Augen, stürzte der junge Mann rücklings, die Dunkelheit schluckte ihn, samt seinem Schrei.

Die Finsternis kehrte zurück. Der Sprecher des Fluches gab ein leichtes Seufzen von sich. "Wahrlich, welch Narr. Morsmordre!"

Erneut durchzuckte ein Lichtblitz die Nacht und zeichnete mit leuchtender Spur das Abbild eines Totenkopfs in den Himmel. Der junge Mann wandte sich ab, das grünliche Licht des Zaubers, der nun neben dem Halbmond prangte und ihn an Leuchtkraft überbot, warf einen stumpfen Glanz auf sein schwarzes Haar. Noch einmal durchhallte ein Geräusch die Nacht, dann war der Hexer verschwunden und die triste Welt wieder ihrem Schicksal überlassen.

Das Licht des Zaubers warf seinen grünen Schein auf die trostlose Einöde. Karger Steinboden führte zu jener Klippe, die das Opfer hinuntergestürzt war und nur eine Lache roten, im Licht dumpf schimmernden Blutes zeugte noch von dem soeben Geschehenem...
 

(nahe Galashiels, Grafschaft Scottish Borders, Schottland)

Als er aufwachte, fühlte er nur eines. Schmerz.

Er wusste nicht, wo er war, er wusste nicht einmal was geschehen war.

Vorsichtig öffnete er ein Auge und sah sich um. Mühsam erkannte er, dass er sich nicht mehr auf einem Haufen Lumpen in dem Loch von einer Zelle befand, dafür in einem Zimmer in einem wohltuenden weichen Bett. Er schloss sein Auge wieder und versuchte, sich an die Geschehnisse der letzten Tage zurück zu erinnern.

Er konnte noch den finsteren Blick seines Meisters spüren, mit dem dieser ihn empfangen hatte, nachdem er mit den anderen zurückgekehrt war. Kurz darauf war er in einer Zelle gelandet, mit dem Cruciatus-Fluch gefoltert worden und mit dem Gedanken an seine Mutter, deren Ermordung er hatte beiwohnen dürfen. Die folgenden Tage hatte er in diesem Loch verbracht, irgendwo im Keller des Anwesens, das sein Herr zur Zeit als Hauptquartier nutzte, in völliger Finsternis, nur dann Licht sehend, wenn sie die Tür öffneten, um ihm Essen zu geben oder zwecks erneuter Folter. Letzteres war natürlich häufiger der Fall gewesen. Er wusste nicht, wie viel Zeit er dort unten wirklich verbracht hatte, aber es durften am Ende mehrere Wochen gewesen sein, als er merkte, dass sein Bewacher es mit der Gründlichkeit, mit der er die Zellentür hätte verschließen sollen, nicht so genau nahm. Nach einer halben Ewigkeit war es ihm letztendlich gelungen, die Tür zu öffnen und hinaus zu schleichen. Von seiner Wache war nichts zu sehen gewesen, dafür hatte er seinen Zauberstab in einem der Regale, die an der schmutzigen Steinwand standen, gefunden. Dann hatte er sich auf den Weg hinaus gemacht, vorbei an einem Raum, den die Anderen vermutlich als Aufenthaltsraum nutzten. Er konnte sich noch daran erinnern, wie er die Stimme seines ehemaligen Lehrers hörte. "Nun, sie ist tot und wenn die Wachen Askabans das nächste Mal nach ihrem Mann sehen wollen, werden sie feststellen, dass sie ein Problem weniger haben." "Zumindest, wenn sie ihn noch identifizieren können, zugerichtet, wie wir ihn haben.", hatte eine weitere Stimme gelacht, die er nicht genau erkannt hatte. Natürlich war ihm klar gewesen, worüber sie redeten. Am Ende hatte sein Meister seine Drohung war werden lassen. Er hatte seine Eltern ermordet. Und es war ihm klar, wer der Nächste hätte sein sollen...

Die ihm fremde Stimme hatte daraufhin gesagt: "Nun, fehlt nur noch ihr missratenes Balg."

"Besser, wir tun es jetzt, als später. Ich gehe."

Noch im selbem Moment hatte er Stühle rücken gehört und sich wieder in Bewegung gesetzt, auf die rettende Haustür zueilend. Gerade, als er sie aufgerissen hatte, hatte sich auch die Tür des Aufenthaltsraums geöffnet und sein Verfolger war hinausgetreten, anscheinend verblüfft, ihn außerhalb seiner Zelle zu sehen und deshalb nicht schnell genug reagierend. Jedenfalls hatte er diesen Augenblick genutzt, um den Tritt hinab zu springen und die Einfahrt hinunter zu rennen. Ein wütender Schrei war ertönt, als er das Tor zur Freiheit öffnete und er erinnerte sich dunkel einen stechenden Schmerz im Rücken gespürt zu haben und gleichzeitig zu wissen, dass ihn das im Moment nicht zu interessieren brauchte. Ohne einen Blick zurück zu werfen war er disappariert. An das, was dann geschah, konnte er sich nicht erinnern. Vermutlich war er auf offener Straße zusammengeklappt, bevor er realisieren konnte, was geschehen war.

Er hörte Schritte neben sich und öffnete erneut die Augen. Ein Mädchen stand neben ihm und lächelte ihm zu. Sie konnte nicht viel älter sein, als er selbst, vielleicht sogar jünger. Mit ihren blonden Haaren, dem Licht einer Lampe, hinter ihr und seinen Erinnerungen an die vergangenen Tage im Hinterkopf war ihre Erscheinung für ihn, wie die eines Engels.

"Es ist schön zu sehen, dass du wach bist. Wie geht es dir?"

"Du willst es nicht wissen." Und mit diesen Worten schloss er die Augen wieder und versank in einen traumlosen Schlaf.

goldener Tag

A/N:
 

@ Darky: Na dann warte mal auf die späteren Kapitel. Da wirst du von Regulus noch viel zu hören bekommen. xD~

Wer die Herren im ersten Abschnitt waren, kann ich allerdings noch nicht sagen.
 

@ Sita: Danke, das du es dir angetan hast. Aber ich mag die Absätze, wie sie sind. .___.
 

@ Jule: Du spoilerst. ûu
 

@ -Dark_Angel-: Danke auch dir, das du reingestolpert bist. Jaah~ Der Bengel ist tatsächlich Malfoy. Das Mädchen ist nur ein Nebencharakter.
 

@ Chily: I'm sorry.
 


 

10. August 1997 (Ottery St Catchpole, Grafschaft Devon, England)

Es war so weit. Der Tag von Bills und Fleurs Hochzeit war gekommen.

Hermine stand bereits in der Küche und half Mrs Weasley mit dem Essen. Sie war am Abend zwei Tage zuvor im Fuchsbau eingetroffen und schlief seitdem bei Ginny im Zimmer. Selbige war neben Gabrielle Fleurs Brautjungfer und ließ sich vermutlich gerade von Gabrielle die Haare zurechtmachen. Harry war in der letzten Nacht eingetroffen und von Mrs Weasley alsbald ins Bett geschickt worden, ohne, dass Hermine mit ihm hätte reden können.

Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es kurz nach neun Uhr war. Plötzlich polterten Schritte die Treppe hinunter und kurz darauf stand der älteste Sohn der Weasleys in der Küche. "Morgn Mum, hi Hermine." Genüsslich gähnend streckte er sich und schnappte sich das blutige Steak, das seine Mutter bereits für ihn bereitgestellt hatte.

Hermine, die noch keine Gelegenheit gehabt hatte, mit Bill zu reden, ließ kurz von den Kartoffeln ab und wandte sich ihm zu. "Guten Morgen Bill. Wie geht es dir?" Ungewollt glitt ihr Blick über das geschundene Gesicht des Mannes. Die Wunden schienen größtenteils verheilt zu sein, doch die Narben würden zweifelsohne bleiben.

"Du willst es gar nicht wissen, vertrau mir, Hermine.", antwortete er ihr schmatzend, klang dabei jedoch recht amüsiert.

"Vor ein paar Tagen war Vollmond. Es war furchtbar.", seufzte nun Mrs Weasley, das Messer einem Moment ruhen lassend. "Mitten in der Nacht ist er durchs ganze Haus gepirscht..." "Zum Glück sind mir nur diese Steaks", er deutete auf das halbrohe Stück Fleisch auf seinem Teller, "in die Hände gefallen und nicht einer der Anwesenden im Haus. Ich weiß nicht, was sonst geschehen wäre..."

"Vermutlich hättest du uns alle gefressen."

Nun stand auch Ginny in der Küche, die Haare auf Lockenwickler gedreht. Leicht lächelnd setzte sie sich zu ihrem großen Bruder und wuschelte ihm durch das Haar, das nun mittlerweile länger war, als das von Hermine.

Diese reichte der Jüngeren ein paar geschmierte Brote und setzte sich dann dazu.

"Vor oder nachdem du mir einen Flederwichtfluch auf den Hals gehetzt hättest?", grinste ihr ältester Bruder zurück, noch immer am Steak kauend.

Sie wusste nicht so recht, ob diese Worte wirklich nur im Scherz gemeint waren und entschloss sich, lieber das Thema zu wechseln.

"Aufgeregt? Heute ist dein großer Tag!"

Bill sah zu ihr, anscheinend leicht überrascht, erwiderte dann jedoch: "Nicht halb so aufgeregt wie Fleur. Sie konnte die ganze Nacht nicht schlafen..." "Das dürfte eher daran gelegen haben, dass du das ganze Haus zusammengeschnarcht hast. Ich habe dich sogar in meinem Zimmer laut und deutlich gehört!"

"Ich habe nichts gehört." Ein scheinheiliges Grinsen schlich sich auf das Gesicht des ältesten Weasleysohnes. Seine Mutter drehte sich erneut zu ihm um. "Ich dich schon. Aber ich hoffe, du wirst nicht in diesem Anzug auf deiner eigenen Hochzeit erscheinen!" Bill sah kurz zu ihr, dann an sich hinunter, um schließlich beschämt zu grinsen, da er noch immer seinen Schlafanzug trug. "Sicher nicht, Mum."

Sie seufzte nur. "Und tu was mit deinen Haaren. Du könntest mich doch nur ein klein wenig..." "Keinen Millimeter, Mum!" Er warf sich demonstrativ das lange rote Haar in den Nacken und versuchte, seine Mutter, die liebevoll ihren Zauberstab befingerte, zu ignorieren und weiter zu essen.

Hermine warf Ginny einen kurzen Blick zu, woraufhin über die Gesichter der beiden für einen Moment ein Verschwörergrinsen huschte. Dann richteten sie ihre Aufmerksamkeit zur Treppe, denn erneut polterte jemand selbige hinunter.

Ron betrat die Küche, dicht gefolgt von Harry, beide schienen mehr, als nur müde zu sein.

"Ah, da seid ihr ja. Hermine, würdest du den beiden Langschläfern bitte das Frühstück reichen?"

Sie nickte kurz, dann gab sie den beiden Jungen je einen Teller mit belegten Broten. Neugierig musterte sie Harry, den sie seit über einem Monat nicht mehr gesehen hatte. Er war um mindestens fünf Zoll gewachsen - Ron war es ähnlich ergangen, er war nun fast so groß, wie sein ältester Bruder -, seine Haare standen noch zerzauster als sonst von seinem Kopf ab und sein Blick huschte durch die Küche, anscheinend, ohne wirklich jemanden wahr zu nehmen.

"Morgen Ron. Hallo Harry."

Ron antwortete ihr nicht, da er viel zu beschäftigt damit war, seinen Hunger zu stillen, doch Harry sah zu ihr auf. Er musterte sie flüchtig, bevor er zur Antwort ansetzte. "Morgn, Hermine. Seit wann bist du hier?"

"Seit drei Tagen. Wie geht es dir?"

Sie erinnerte sich noch gut an die Ereignisse am Ende ihres letzten Schuljahres, Dumbledores Tod und Harrys Entschluss kein siebtes Jahr in Hogwarts zu verbringen.

Er sah zu ihr auf, biss von der Stulle ab und ließ sich Zeit beim Kauen. "Besser, als es zu erwarten gewesen wäre.", sagte er, nachdem er den Bissen hinuntergeschluckt hatte.

Zu genaueren Erklärungen kam er nicht, denn vier Eulen landeten auf dem Tisch, nachdem Mrs Weasley ihnen das Küchenfenster geöffnet und Ginny daraufhin ein aufgeregtes Quieken von sich gegeben hatte.

Einen Moment lang blickte Hermine verwirrt von Ginny zur Eule und wieder zurück, dann wurde ihr schlagartig klar, dass es Ginnys ZAG-Ergebnisse sein mussten. Auch Harry, der sich der Eule zugewendet hatte, die ihm ihr Bein entgegen streckte, schien es mittlerweile zu dämmern, während Ron seiner Schwester dabei zusah, wie sie ihrer Eule mit hibbeligen Fingern die Ergebnisse abnahm und den Brief entfaltete. Ein erneutes Quieken entfuhr ihr und ein zartes Rot leuchtete auf ihren Wangen.

Mit den Worten: "Und, Schwesterchen?" entwandt der älteste Weasley der Jüngsten ihren Brief und musterte ihn kurz, bevor er anerkennend pfiff. "Acht ganze ZAGs, nicht schlecht!"

Einen wütenden Blick später hatte sie ihrem Bruder den Zettel wieder entrissen und war auf dem Weg in ihr Zimmer, doch sie kam nicht weiter als bis zur Tür, denn schon hatte Mrs Weasley ihre Jüngste in einer Knochen brechenden Umarmung an sich gedrückt.

"Acht ZAGs? Oh, das ist wunderbar, meine Kleine! Ginny! Oh Ginny! Wie wunderbar!"

Hermine sah, wie Ron kurz zu seiner vor Freude weinenden Mutter sah, sich dann aber hastig wegdrehte. "Wette, sie hält mir den Rest der Zeit, die wir noch hier sind, vor, dass Ginny mehr ZAGs hat, als ich.", flüsterte er seinen beiden Freunden zu und verzog dabei den Mund.

Hermine ignorierte ihn gekonnt, sie wusste, dass sich Rons Gemütslage bald wieder bessern würde, spätestens beim Mittagessen. Stattdessen wandte sie ihren Blick wieder zu Harry, der seinen Brief noch immer las.

"Und? Wer schreibt?"

"Die Schule. Professor Sprout ist neue Stellvertretende Schulleiterin. Scheint, als würde Hogwarts wieder öffnen - unter McGonagall."

Sie seufzte leise. Natürlich. Sie hatte zwar daran gedacht, dass sie Hogwarts keinen siebten Besuch abstatten würde, doch dass sie irgendwann unweigerlich die Einladung zum siebten Jahr bekommen mussten, hatte sie völlig verdrängt. Auch Ron schien dies endlich dazu zu bewegen, seiner Eule die Last abzunehmen. Sie tat es ihm gleich. Sofort merkte sie, dass der Brief schwerer war, als sonst. Dass hieß, dass er noch mehr enthielt, als die Erinnerung zum Schuljahresbeginn, die Bücherliste und die Fahrkarte für den Hogwartsexpress...

Das konnte nur eines bedeuten. Schnell riss sie den Umschlag auf und drehte den Brief auf den Kopf. Prompt fiel ihr ein Abzeichen entgegen, auf dem ein großes goldenes S prangte...

Erst Rons Worte rissen sie aus ihrer Trance. "Nun... Uns kann es egal sein, ob Hogwarts öffnet, oder nicht, oder? Oder? Hermine? Hermine, alles in Ordnung?"

Verstört sah sie auf, doch die Worte blieben ihr im Halse stecken. So konnte sie den beiden Jungen nur das Abzeichen in den Hausfarben Gryffindors zeigen. Ihre Reaktionen glichen sich. Beide starrten fassungslos auf das rot und golden schimmernde Ding in ihrer Hand.

Ron fing sich als erstes wieder, doch er kam nicht über ein "Das kann n..." hinaus, denn sein Bruder hatte sich ihnen zugewendet und fiel ihm ins Wort.

"Schulsprecherin? Ollala, Hermine, wenn das mal nichts ist! Scheint, als gäbe es heute mehr zu feiern, als nur Fleurs und meine Hochzeit!" Grinsend lehnte Bill sich auf die Schultern von Ron und Harry, die seine Worte vermutlich gar nicht richtig realisierten. Dafür realisierte Mrs Weasley. Spontan ließ sie von ihrer Tochter ab, nur um zu Hermine zu wuseln und nun diese an sich zu drücken. "Hermine! Schulsprecherin! Oh, das ist wunderbar! Einfach wunderbar!", japste sie, noch immer - oder erneut - mit Freudentränen in den Augen.

Ginny nutzte diesen Augenblick, um sich klammheimlich aus dem Staub zu machen...
 

Die Zeremonie fand im herrlich geschmückten Garten der Familie Weasley statt.

In den letzten Tagen war das gesamte Grundstück in mühevoller Kleinarbeit von den Weasleys - inklusive Hermine, Fleur und Gabrielle - dekoriert worden. Nun standen im Garten rund zweihundert hölzerne Stühle, die an einem Gang vom Haus der Weasleys zum Traualtar, hinter welchem ein dreißigköpfiges Orchester Aufstellung bezogen hatte, aufgereiht worden waren.

Hermine saß in der zweiten Reihe, direkt hinter einer vor Freude und Stolz schluchzenden Mrs Weasley, deren Mann - ebenso stolz - einen Arm um sie gelegt hatte. Der Platz neben ihm war leer - Charlie Weasley, der zweitälteste Sohn der Familie, fehlte - auf dem nächsten hatte ein ziemlich missgelaunter Percy Platz genommen, der sich vermutlich an jeden erdenklichen Ort wünschte - nur nicht auf die Hochzeit seines Bruders. Percy folgten die Zwillinge Fred und George, die sich anscheinend königlich damit amüsierten, ihre Mutter nachzuahmen, und Ron und Harry, die ebenfalls Gefallen am Spiel der beiden Scherzartikelladenbesitzer gefunden hatten. Auf der anderen Seite des Ganges saßen schließlich Mr und Mrs Delacour und einige weitere Verwandte von Fleur, die sie noch nie gesehen hatte. Neben Hermine selbst reihte sich eine Gruppe junger Männer an, vermutlich allesamt Freunde des Bräutigams. Ihr Sitznachbar, der sich angeregt mit einem rothaarigen, sommersprossigen Mann - scheinbar ebenfalls ein Weasley - unterhielt, war dabei besonders auffällig: sein Haar leuchtete, seines relativ jungen Alters - er konnte noch keine Dreißig sein - zum Trotz, silberweiß und er warf ihr immer wieder aus grünen Augen neugierige Blicke zu, anscheinend wissend, wer sie war.

Insgesamt bestand die Hochzeitsgesellschaft aus an die zweihundert Personen, inbegriffen anderer Mitglieder der Familien Weasley und Delacour, alten Schulfreunden der Heiratenden und einigen Mitgliedern des Ordens: Lupin war ebenso anwesend, wie seine geliebte Tonks, heute mit flammend rotem Haar, Professor McGonagall, Mad-Eye Moody und einigen Leuten, die sie nur vom Sehen her kannte.

Der Standesbeamte schritt zum Altar, gefolgt vom Bräutigam. Bill Weasley wirkte ... nervös. Sehr nervös. Er grinste von einem Ohr zum anderen und seine Wangen hatten sich vor Aufregung leicht rot verfärbt. Er trug einen simplen weißen Festumhang, dessen Kragen mit wenigen Stickereien geschmückt war und der ihm wunderbar stand.

Während Bills Aufmarsch hatte sich Mr Delacour erhoben und war zum Hause der Familie Weasley geschritten.

Als er seine Tochter in Empfang nahm, um sie zum Traualtar zu geleiten, spielte das Orchester zum Hochzeitsmarsch auf. Fleur war atemberaubend und nicht nur Bill musste sich zusammenreißen, um nicht vor Erstaunen den Mund zu öffnen. Sämtliche Köpfe hatten sich ihr zugewandt, als sie aus der Haustür schritt, majestätisch, in ihrem pastellblauen schulterfreien Kleid und mit der Tiara von Großtante Muriel, und überall hörte man erstaunte "Ah!"s und "Oh!"s - vornehmlich von männlichen Gästen, inklusive Ron und Harry.

Gabrielle und Ginny, Fleurs Brautjungfern, in ozeanblauen Kleidern, schritten ein paar Meter vor der Braut und streuten Blumen. Beide sahen wunderbar aus und strahlten mit der Braut um die Wette.

Schließlich hatte das Gespann den Traualtar erreicht und Mr Delacour übergab seine Tochter ihrem zukünftigen Ehemann, bevor er sich auf seinen Platz zurückzog. Ginny und Gabrielle nahmen neben den Brautleuten Aufstellung.

Der Standesbeamte erhob feierlich die Stimme. "Wir haben uns heute hier zusammengefunden..."

Mehr bekam Hermine nicht mit, denn der Silberhaarige neben ihr erweckte ihre Aufmerksamkeit, als er sich neuerlich an seinen rothaarigen Freund wandte.

"Kannst du das glauben? Wie kommt dein Cousin an eine so hinreißende Braut?"

"Ich habe nicht die geringste Ahnung, mein Bester. Nicht die geringste."

Sie seufzte tief und beugte sich zu den zwei tuschelnden Männern. "Er hat sie vor drei Jahren beim Trimagischen Turnier kennen gelernt. Sie war der Beauxbatons-Champion. Und er hat beim Finale zugesehen."

Zwei verblüffte Augenpaare wandten sich ihr zu, doch diese Verwunderung legte sich rasch. "Verdammt. Das heißt, sie muss fast zehn Jahre jünger sein als er!", stellte ihr Sitznachbar fest.

"Und ob sie das ist. Aber wow! Sie sieht so..."

"Ihre Großmutter war eine Veela. Und wenn ich Sie jetzt bitten dürfte, den Mund zu halten? Danke." Mit einem sehr herminehaften Gesichtsausdruck wandte sie sich wieder der Zeremonie zu und die beiden Männer taten es ihr - zu ihrer Erleichterung - gleich.

"William Arthur Weasley, möchtest du die hier anwesende Fleur Delacour zu deiner dir rechtmäßig angetrauten Frau nehmen, sie lieben und ehren in guten wie in schlechten Tagen, bis das der Tod euch scheidet, so antworte mit ja."

Der Bräutigam schwieg einen kurzen Moment, um einen stolzen Blick auf seine Braut zu werfen, bevor er mit einem klaren "Ja, ich will." antwortete.

"Fleur Delacour, möchtest du den hier anwesenden William Arthur Weasley zu deinem dir rechtmäßig angetrauten Ehemann nehmen, ihn lieben und ehren in guten wie in schlechten Tagen, bis das der Tod euch scheidet, so antworte mit ja."

"Oui, isch will!", erwiderte Fleur ohne zu zögern und voller Inbrunst.

schwarze Nacht

A/N:
 

Ich freue mich, bekannt geben zu können, dass ich das erste Zusatzkapitel fertiggestellt und zu meiner Beta geschickt habe. Vermutlich lade ich es parallel zu Kapitel 3 oder 4 hoch. Dieses und auch die folgenden Zusatzkapitel werden nicht storyrelevant sein, man muss sie nicht lesen, aber ich denke, sie liefern einen guten Einblick auf die Szenen, die ich im allgemeinen Storyverlauf nicht bringen kann, da meine Hauptcharaktere nicht vor Ort sind.
 

@ alle: Danke für eure Kommentare. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Ich hoffe, euch auch weiterhin die ENSn zu erhalten, die mir davon berichten, dass ihr mir Kommentare geschrieben habt. Wenn ihr wollt, benachrichtige ich euch per ENS, wenn es weiter geht (die Üblichen Verdächtigen bekommen ohnehin eine).
 

@ alle, die diese FF vielleicht lesen und sich nicht zu trauen, mir Kommentare zu schreiben: Traut euch! Ich bin ein Fan von langen, aussagekräftigen Kommentaren, aber auch kurze gefallen mir - denn sie sagen mir, dass ich gelesen werde und nicht umsonst hochlade. Sagt mir einfach, was euch gefallen hat und was nicht und traut euch auch, zu fragen, wenn ihr etwas nicht versteht. Und auch ein simples "Toll!" ist immer noch besser, als die Existenz als Schwarzleser, denn davon hat der Autor prinzipiell nichts.
 

@ -Dark_Angel-: freut mich, wenn es dir gefällt. :)
 

@ Jule: *lach*
 

@ Fellkugel: alle vier Tage, mein liebstes. ;)
 

@ Yuuzuki: Du wirst von mir vielleicht Adult zu lesen bekommen, aber diese FF kommt völlig ohne Bettszenen aus. Wenn, dann wird es lediglich blutig. ;)

Und ich muss nicht mehr weiterschreiben - die FF ist bereits fertig. Ich lade sie jetzt schön regelmäßig hoch.
 

@ Köterchen: Bis zu Regulus dauert es noch ne ganze Weile. Aber mit deiner Vermutung, was den PoV angeht, hast du vollkommen Recht.
 

@ Diva: *rein macht* Danke fürs lesen, sis(i).
 

@ Sev: Lahme Nuss. Weiteres siehe RPG
 


 


 

10. August 1997 (Ottery St Catchpole, Grafschaft Devon, England)

Nach der Zeremonie waren die Stühle mit einem Wink des Zauberstabes von Professor McGonagall verschwunden und eine riesige Tafel erschienen, über und über voll mit den herrlichsten Speisen.

Mittlerweile war es später Abend und die Sonne schickte sich an, hinter dem Horizont zu versinken. Hermine stand mit Harry und Ron nicht unweit des Tisches, ziemlich nahe an einer Torte, durch die die beiden jungen Männer sich gerade futterten. Sie bevorzugte es, sich zurückzuhalten und ihnen nur zuzusehen.

"Hermine! Dieser Kuchen ist genial! Du musst ihn probieren!", schmatzte der Rothaarige mit vollem Mund, wobei nicht wenige Krümel die falsche Richtung einschlugen und in ihrem Gesicht landeten. Angewidert verzog sie den Mund.

"Ron, das ist kein Kuchen, sondern eine Käsesahnetorte.", ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihr. Als sie sich umdrehte, sah sie in die Gesichter des Bräutigams, der mittlerweile leicht angeheitert schien, und zweier weiterer junger Männer. Den einen hatte sie bereits gesehen: es war der Silberhaarige, der während der Zeremonie neben ihr gesessen hatte.

Ron zeigte nicht den Hauch von Schamgefühl und wandte sich wieder seinem Stück Torte zu, doch Harry stellte seinen Teller auf den Tisch ab und betrachtete - ebenso wie Hermine - die drei Männer genauer.

Bill hatte sich mittlerweile seiner Krawatte entledigt und stützte sich auf den dritten im Bunde: einen schwarzhaarigen Mann in seinem Alter - also vermutlich ebenfalls einer von seinen ehemaligen Schulkameraden -, der seine Krawatte modisch um den Oberarm geknotet hatte und auch so nicht mehr wirklich nüchtern wirkte - im Gegensatz zum Silberhaarigen, dessen Erscheinungsbild noch immer perfekt war.

Der Blick des Schwarzhaarigen klebte auf Harry. Genauer auf seiner Narbe. "Du bist also der »Junge, der überlebte«, ja?" Sein leicht spöttischer Unterton entging keinem der Anwesenden, bis auf Ron, weshalb er sich vermutlich auch eine leichte Kopfnuss vom ältesten Weasleysohn einfing. Doch es war der Silberhaarige, der sprach.

"Reiß dich zusammen, Phineas. Du bist unhöflich." Etwas leiser setzte er hinzu: "Und betrunken."

"Ah ja, der Vertrauensschüler in dir, Jonah!"

"Sehr betrunken." Jonah seufzte schwer und rollte die Augen.

"Noch kann ich grade stehen!"

Wie zum Beweis löste Phineas sich von Bill und demonstrierte den Sachverhalt, indem er mit seitlich ausgestreckten Armen ein paar Meter balancierte, als stünde er auf einem Schwebebalken. Sein Freund murrte kurz und verschränkte die Arme vor der Brust. "Fragt sich nur, wie lange noch. Du trinkst wie ein Loch."

Welch illustre Runde, ging es Hermine durch den Kopf, den sie gleich daraufhin schüttelte - synchron zu dem Silberhaarigen und Bill.

"Harry? Hermine? Ron? Ron?!"

Erst, nachdem Bill seinen Namen noch dreimal gesagt hatte, wandte sich der jüngste Weasleysohn endlich dem ältesten zu, noch immer essend. "Wasch ischt losch?"

"Ich möchte euch jemanden vorstellen. Also schluck runter und lausche meinen Worten."

Ron tat, wie ihm geheißen. Erst dann bemerkte er die beiden Fremden. Wie zur Antwort wies Bill zunächst auf den Silberhaarigen, dann auf ihren angetrunkenen Gefährten.

"Das sind Jonah Greyham und Phineas Blackwood. Wir waren ein Jahrgang. Jonah? Phineas? Das sind mein kleiner Bruder Ron und seine beiden Freunde Harry Potter und Hermine Granger."

Jonah reichte den Dreien nacheinander die Hand, während Phineas dazu vermutlich zu betrunken war - oder einfach zu ungehobelt, wenn nicht beides. Als er gerade Hermines Hand schüttelte, ertönte ein Schrei. Kein Freudenschrei. Und dann noch einer.

Alle sechs schreckten auf und Phineas wirkte mit einem Schlag überraschend nüchtern.

"Lauft!" Kaum hatte er gesprochen, war er im aufkommenden Gedränge verschwunden. Im Hintergrund zucken Blitze. Keine gewöhnlichen Blitze fürwahr. Es waren Flüche.

"Was zum Teufel...?!", flüsterte Bill und tauschte einen verwirrten Blick mit seinem verbliebenen Klassenkameraden, bevor er ohne Vorwarnung ebenfalls ins Gedränge lief. "FLEUR!!!"

Harry wollte ihm hinterher eilen, doch Jonah hielt ihn zurück. "Verschwindet von hier. Alle drei. Dieser Ort ist nicht sicher!"

"Aber... Bill! Mein Bruder!"

"William ist ein großer Junge, der kann auf sich allein aufpassen! Weg hier!"

Die Flüche kamen näher und man konnte nun sehr gut erkennen, dass gekämpft wurde. Die, die nicht kämpften - wer auch immer der Gegner war -, flohen. Und nichts anderes hatte auch Hermine vor. Sie packte Ron und Harry bei den Armen und zog sie mit sich, hinein ins Gedränge der Fliehenden und Jonah zögerte keinen Augenblick, ihnen zu folgen.
 

Es war schrecklich. Binnen Sekunden war der ganze Garten ein einziges Schlachtfeld. Sie wusste nicht, wie viele Angreifer es waren - sie wusste nicht einmal, wer oder was die Angreifer waren - aber sie schienen überall zu sein. Und sie hatten Dementoren um den Garten postiert, anscheinend, um zu verhindern, dass jemand floh, auf das das Blutbad möglichst groß würde. Und Hermine war mitten drin. Eingekeilt in einer Traube von Menschen, die in alle Richtungen fliehen wollten und sich gegenseitig behinderten. Harry, Ron und Jonah hatte sie längst aus den Augen verloren. In der Ferne hörte sie ein "Expecto Patronum!". Vielleicht war es Harry. Vielleicht war er es nicht. Doch irgendwer brach durch die Mauer aus Dementoren...

Sie wurde in eine Richtung gedrängt. Kurz leuchtete neben ihr ein roter Kopf auf und Ginnys Stimme war zu hören, doch was sie sagte, verstand sie nicht. Dann war Ginny wieder verschwunden und sie frei aus dem Menschenknäul. Erleichtert, wieder richtig Atmen zu können, gönnte sie sich einen kurzen Moment der Ruhe. Dann sah sie auf und wusste, was das Mädchen gerufen hatte: Nicht da lang!

Sie stand direkt vor ihm. Der schwarze Kapuzenumhang und die Maske waren unverkennbar. Ein Todesser. Und er hatte sich gerade seiner Gegner entledigt und sah nun zu ihr, grinsend.

Er hob den Zauberstab und richtete ihn auf sie. Doch bevor der Fluch sie traf, spürte sie, wie sie von etwas Schwerem zu Boden gerissen wurde. Sie spürte einen stechenden Schmerz in der Schulter und schrie auf. Neben ihrem Schrei gellte ein weiterer durch die Luft. Markerschüttert und direkt neben ihrem Ohr.

Sie sah noch, wie jemand über sie stieg, dann wurde der Schmerz in ihrer Schulter zu stark und die Welt um sie herum schwarz.
 

Langsam kehrten die Geräusche der Umwelt zurück. Wie in weiter Ferne konnte sie Schreie hören. Schmerzenschreie. Auf ihr lag etwas Schweres. Doch sie war zu kraftlos, um die Augen zu öffnen und nachzusehen, was es war, geschweige denn, es von sich runter zu heben.

Plötzlich vernahm sie eine Stimme. Eine nahe Stimme, die panisch ihren Namen flüsterte.

"...mine? 'ermine? 'ermine! Wach auf, ma chère! 'ermine!!!"

Eine Hand berührte sie ein wenig unterhalb ihrer verletzten Schulter und sie zuckte vor Schmerz zusammen. Die Hand war kalt. Kalt im Vergleich zu ihrer Schulter, die wie Feuer brannte.

Schließlich gelang es ihr, die Augen einen Spalt zu öffnen. Fleurs Gesicht befand sich wenige Zentimeter von ihrem eigenen entfernt und hellte sich ein Wenig auf, als sie erkannte, dass Hermine wieder bei Bewusstsein war. Ihre Haare hingen ihr wirr ins Gesicht, die Schminke war verschmiert, das schöne Kleid zerrissen.

"Attends! J'aide toi!"

Einen Augenblick später wurde ihre Brust leichter - was immer auf ihr gelegen hatte, es war verschwunden, doch noch immer lag Etwas auf dem Rest ihres Körpers.

Vorsichtig richtete sie sich auf und zuckte zusammen, als sie ihre Schulter zu stark belastete.

Schließlich gelang es ihr, sich umzusehen. Der Sternenhimmel war wieder zu sehen und das Gefühl der Leere, das die Dementoren verbreitet hatten, war verschwunden. Nur an einem Ort leuchteten noch Fluchblitze auf. Ein paar Büsche standen in Flammen und die lange Hochzeitstafel war umgekippt. Überall rannten noch immer Menschen in Panik, doch der Angriff schien vorüber.

Sie blickte an sich herab und erkannte endlich, was auf ihr lag: ein Mensch. Ein Mann mit silbrigen Haaren. Fleur hatte ihn von ihr gehievt und weggedreht, doch sie konnte erahnen, dass er eine schwere Wunde haben musste, denn er lag - wie sie - in einer Lache aus Blut - seinem Blut. Seine Kleidung war Blutdurchtränkt, ebenso sein weißes Haar und man konnte nicht sehen, ob er noch atmete.

Fleur kniete neben ihr und wischte ihr die Haare aus dem Gesicht.

"Wie geht es dir? Bist du unverletzt?"

Hermine drehte der Französin den Kopf zu und betastete vorsichtig mit der Hand des gesunden Arms ihre Schulter. Sie blutete. Stark, vermutlich nicht lebensbedrohlich, aber dennoch wahrlich kein gutes Zeichen.

"Das wird schon wieder. Was ist mit ihm?"

Fleur schüttelte betrübt den Kopf. "Je ne sais pas. Sein Rücken. Es iste furchtbar. Je 'abe euch gerade gefunden. Wäre fast über euch gefallen. Was iste passiert?"

Das fragte sie sich auch. Ihr Kopf dröhnte im Gleichtakt zu ihrer blutenden Schulter. "Ein Todesser... Er wollte mich angreifen. Er hat mich beschützt. Dann habe ich das Bewusstsein verloren... Wir müssen ihm helfen."

Fleur nickte eifrig, doch bevor Hermine etwas tun konnte, hatte die Französin sie bereits zu sich gezogen. Vorsichtig streifte sie den Träger von Hermines Kleid zurück und zückte dann ihren Zauberstab. Mit einem Zauber, den die Britin nicht verstand, verband sie ihre Schulter. Dann wandten sich die beiden Frauen dem Verletzten zu.

Vorsichtig beugte sie sich über ihn. Im schwachen Licht eines der brennenden Büsche erkannte sie das Gesicht des Mannes.

Jonah Greyham.

...

"Beeilen wir uns."
 

Es war zum Verzweifeln. Keiner der Zauber, die sie sprachen, vermochte es, die Wunde zu schließen, die sich unheilvoll über den gesamten Rücken des jungen Mannes zog. Schließlich hatten sich Hermine und Fleur darauf verlegt, die Blutung mit eiligst herbei gezauberten Mullbinden zu stoppen - mit nur mäßigem Erfolg.

Sie ließ den Kopf hängen, wohl wissend, dass ihre Anstrengungen vergebens sein würden, als sie Schritte neben sich spürte. Mr Weasley kniete neben den beiden Frauen nieder.

"Was ist passiert?"

Sie sah zu ihm und musterte ihn, während sie ihm die Geschichte, so weit sie sich erinnern konnte - schließlich war sie auf unbestimmte Zeit bewusstlos gewesen -, erzählte. Er sah schrecklich aus. Sein langsam ergrauendes Haar stand in alle Richtungen ab, die Brille hing ihm schief auf der Nase und eines der Gläser war gesprungen, der Festumhang zerrissen und er blutete aus mehreren kleineren Wunden und der Nase.

Als sie geendet war, nickte er mitfühlend mit dem Kopf, wandte sich dann jedoch sofort dem Verletzten zu. "Das sieht wirklich schlimm aus... Überlasst das von nun an mir, Mädchen. Ich werde schon einen Weg finden, diese vermaledeite Wunde zu schließen. Kein Aber. Sucht die Anderen. Und wenn ihr Molly seht ..." Er seufzte einmal tief, anscheinend wusste er weder, wo sie war, noch wie es ihr ging. "... sagt ihr, sie solle herkommen. Zumindest, wenn sie dazu in der Lage ist."

Sie sah zu ihm auf, doch es war Fleur, die ihm die Hand auf die Schulter legte. "Sie ist. Komm, 'ermine. Suchen wir. ... Suchen wir Bill." Ein Schluchzen entrang sich ihrer Kehle, doch sie weinte nicht. Hermine nickte ihr zu und erhob sich schwankend. Der Schmerz in ihrer Schulter schwoll wieder an, doch sie ignorierte ihn. Nach einem letzten Blick auf den Verletzten - sie zwang sich dazu in Gedanken nicht das Wort »Sterbenden« zu benutzen - griff sie nach Fleurs Hand und ging mit der Älteren davon. Auf der Suche nach Fleurs Mann, dessen Geschwistern, Mrs Weasley, Harry und ... Ron.

Aus dem Stehen betrachtet war das Szenario noch unerträglicher anzusehen. Die Menschen rannten nicht mehr in voller Panik durch den Garten. Viele waren nieder gesunken und saßen verzweifelt auf dem Boden, ins Leere starrend. Andere hatten sich in kleineren Gruppen zusammengefunden und kümmerten sich um die Verletzten oder suchten nach Angehörigen. Es war nicht mehr ganz so stockfinster, was jedoch daran lag, dass das Feuer der brennenden Büsche mittlerweile auf die Tafel und Dekorationsgegenstände übergegriffen hatte und das Inferno in ein unheilvolles oranges Licht tauchte. Auch der Besenschuppen stand lichterloh in Flammen, doch das Wohnhaus war noch unberührt.

Sie sah sich suchend um, doch sie kannte keines der Gesichter. Kein Harry war zu sehen, keine Ginny, Percy fehlte ebenso wie seine Mutter, Bill und Ron ...

Doch plötzlich spürte sie zwei Hände auf ihren Schultern und wirbelte herum. Fred und George standen hinter ihr. Auch sie trugen Spuren eines Kampfes, doch sie versteckten Schock und Schmerz hinter einem dünnen Grinsen.

"Welch ein Spaß, nicht wahr?"

"Ja, die Todesser werden sich königlich amüsiert haben."

"Wette nicht mehr, als wir ihnen den Hintern versohlt haben!"

"Wie konnte ihr beiden so ruhig bleiben? Es ist ein' Katastroph'!", unterbrach Fleur die Zwillinge schließlich in ihrem makaberen Spiel.

"Ah, Fleur. Schön dich zu sehen." Fred verbeugte sich vor ihr, zog es jedoch vor, ihr keinen Handkuss zu geben, weil sie ihn anstarrte, als könne sie ihn allein mit Blicken töten. Doch George hob beschwichtigend die Hände.

"Es ist vorbei. Und der Schaden ist..."

"...soweit wir sehen können..."

"...geringer, als er aussieht."

Fred wies nun mit einladender Geste über die verzweifelten Menschen, die überall standen oder saßen. "Gut, natürlich, überall dieser unansehnliche Ketchup..."

"Aber der einzige Tote, den wir bis jetzt gesehen haben, war ein Todesser."

"Good old Moody und zwei schwarzhaarige Raufbolde haben ihn ordentlich aufgemischt und dann ist er umgekippt und rührt sich seitdem nicht mehr."

"Scheint, als wäre Du-weißt-schon-wer's Rechnung nicht aufgegangen. 2:1 für uns."

Diesmal war es an Hermine, die Zwillinge zu unterbrechen. "Könntet ihr das bitte auf später verschieben?", flüsterte sie mit einem gequälten Gesichtsausdruck. "Sagt und lieber, ob ihr einen der Anderen getroffen habt."

Fred sah zu ihr, nur für einen Augenblick, betrübt, dann nickte er, die dünne Maske wieder auf dem Gesicht. "Bill ist da drüben." Er deutete in südöstliche Richtung, auf einen Punkt in der Nähe des Hauses. Fleur war bei diesen Worten sofort alarmiert. Sie packte den Rotschopf bei den Schultern und schüttelte ihn, während sie leicht hysterisch auf ihn einredete. "Wo iste er? Geht es ihm gut? Mein Bill!"

George zuckte mit den Achseln und machte sich dann daran, seinen Bruder aus dem Griff der Französin zu befreien.

"Ja, es geht ihm gut. Er ist dort hinten, nicht zu verfehlen. Und er sucht dich."

Einen Moment starrte sie ihn unentwegt an, dann wirbelte sie ruckartig herum und lief in die Richtung, in die die Zwillinge deuteten.

Als sie außer Sicht war, wandten sich die Zwillinge wieder Hermine zu, die Mienen versteinert, von der gespielten Heiterkeit nichts mehr zu sehen.

"Es geht ihm doch gut, oder? Fred? George?"

"Ja, Hermine."

"Nach der Lautstärke zu urteilen,"

"mit der er uns angekeift hat,"

"nachdem wir ihm dabei zugesehen haben,"

"wie er sich übergeben hat."

Bei der Erinnerung an die Szene huschte ein dünnes Lächeln über die Gesichter der jungen Männer, doch es erlosch im selben Augenblick. Sie starrten wieder in die Richtung, in die Fleur verschwunden war. Beide schwiegen.

"Es geht nicht um Bill.", brach Fred schließlich die Stille, doch George war derjenige, der weiter sprach.

"Sie haben ... Gabrielle."

In diesem Moment erstrahlte die Nacht in einer neuen Farbe. Grün.

Sie hoben die Köpfe und sahen es. Wie ein Mahnmal in den Himmel gebrannt leuchtete es bedrohlich über ihnen.

Das Dunkle Mal.

Farce

A/N: Danke für die Kommentare! Auch wenn es zwei weniger sind, als letztes Mal. .__.
 

@Jule: Ich bin gerne fies. O:)
 

@Sita: Das haben Angriffe so ansich. ;)
 

@Yuuzuki: Man kann nich alles haben - und Bill gönn ich sein Glück mit Fleur nicht, aber das nur am Rande.
 

@Chily: Na dann führ mal deine Liste. Dieses Kapitel wird sie um ein gutes Stück erweitern. :D
 

@Köterchen: So hab ich das noch nie gesehen. Kannst du mir das näher erläutern?
 

mfg

NIX
 


 

11. August 1997 (Ottery St. Catchpole, Grafschaft Devon, England)

Es war nahe Mittag.

Sie saß am Küchentisch der Familie Weasley, die Hände in ihrem Schoß ruhend, den Blick gesenkt. Sie war nicht allein. Neben ihr saß Ron, der seine weinende Schwester in den Armen hielt. Auf der anderen Seite hatte Harry Platz genommen, die Arme vor der Brust verschränkt und mit steinerner Miene aus dem Fenster starrend. Bill war ebenfalls da, die Ellbogen auf den Tisch gestützt und das Gesicht in seinen Handflächen vergraben. Einen Stuhl weiter hatte ein junger Mann mit rabenschwarzen Haaren und nur einem grauen Auge - das andere verbarg er unter einer schwarzen Augenklappe - Platz genommen, den sie nicht kannte und der seinen Blick auf die sonderbare Uhr von Mrs Weasley geheftet hatte. Diese Uhr trug zehn Zeiger, jeder mit dem Namen eines der Mitglieder der Familie Weasley versehen - Fleur zählte ja nun seit ihrer Hochzeit mit Bill dazu. Vier der Zeiger deuteten im Moment auf "Krankenhaus", wobei einer - Percys - immer wieder zu "Tödliche Gefahr" pendelte, Mr Weasleys Zeiger stand auf "Arbeit" und die von Bill, Fleur, Ron und Ginny auf "Zu Hause". Nur der letzte Zeiger, Charlies, wies ins Leere, zwischen den Einträgen "Verirrt" und "Tödliche Gefahr", anscheinend unschlüssig, was mehr stimmte.

Aus dem Wohnzimmer drang das gedämpfte Schluchzen von Fleur und ihrer Mutter und auch wenn sie sie nicht sehen konnte, wusste sie, dass ihr Vater bei ihnen war, unfähig, sie zu trösten, weil er selbst untröstlich war. Die beiden Zwillinge Fred und George waren zusammen mit ihrer Mutter im St.-Mungo-Hospital, um Percy zu besuchen, der seit dem Angriff nicht mehr ansprechbar war. Zuvor hatte Mr Weasley ihre Stellung eingenommen, hatte aber, nachdem sie ihn abgelöst hatten, kurz im Fuchsbau vorbeigeschaut und dann zum Ministerium appariert, da dort nach dem nächtlichen Überfall auf die Hochzeit seines Sohnes jede Hilfe gebraucht wurde, um die magische Bevölkerung zu beruhigen und eventuelle Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Sie sah auf. Auf dem Küchentisch lag aufgeschlagen der Tagesprophet. Einen Großteil der Seite nahm ein großes Schwarzweißfoto des Fuchsbaus ein, über dem das dunkle Mal prangte. Noch gestern Abend hatte sie gehofft, es sei der Irrglaube eines Todessers gewesen, der das Zeichen in den Himmel gebrannt hatte, in der Hoffnung, das wirklich jemand gestorben war, doch nun wusste sie es besser.

Neben dem Foto stand in großen Buchstaben:
 

TODESSER ATTACKIEREN HOCHZEITSGESELLSCHAFT

sechs Tote, über hundert Verletzte, siebzehn davon schwer
 

Es hätte der schönste Tag im Leben von William W. und Fleur D. werden sollen, als sie sich gestern Nachmittag in Ottery St Catchpole das Ja-Wort gaben. Das Glück endete noch am selben Abend, als eine noch unbekannte Zahl von Anhänger desjenigen, dessen Namen nicht genannt werden darf, die Hochzeitsfeier attackierten. In ihrer Begleitung war eine Schar von Dementoren, den ehemaligen Wachen Askabans.

Nach einem harten Kampf gelang es den anwesenden Auroren schließlich mit Hilfe einiger Gäste, die Angreifer in die Flucht zu schlagen, doch die Rettung kam für sechs Menschen zu spät, siebzehn weitere befinden sich zur Behandlung im St. Mungo Hospital für Magische Krankheiten und Verletzungen und ringen mit dem Tod.

[...]
 

Am Ende waren es tatsächlich sechs Menschen gewesen, die in der letzten Nacht ihr Leben hatten lassen müssen. Unter ihnen waren - wie Mr Weasley berichtet hatte, als er aus dem St. Mungo Hospital zurückkehrte - die Auroren Floyd Williamson und zu aller Schrecken auch Kingsley Shacklebolt, ein junger Mann aus Fleurs Familie namens Jean Luc und Gregor Weasley, ein Cousin von Ron und seinen Geschwistern, den Hermine am Tag zuvor kennen gelernt hatte, als er während der Hochzeitszeremonie mit Jonah Greyham tuschelte - der nun mit schwersten Verletzungen im Krankenhaus lag. Jonah Greyham war nicht der Einzige, den sie kannte und der nun mit dem Tod rang. Auch Percy Weasley gehörte zu den Schwerstverletzten.

Diejenigen, die hatten gehen können, als sich am Morgen die Sonne mit einem strahlenden Leuchten über den Horizont geschoben hatten, waren mittlerweile gegangen, nach Hause, ins Krankenhaus oder in das Hotel, in das sie sich eingemietet hatten. Auch die Verletzten und Toten waren mittlerweile abtransportiert worden, so dass nur noch die Familie Weasley, Hermine, Harry, Fleur und ihre Eltern sowie jener schwarzhaarige Mann vor Ort waren.

Mr Weasley war noch in der Nacht mit den Heilern gegangen, die seinen Sohn mit sich genommen hatten und war erst zurückgekehrt, als seine Frau und seine beiden Söhne, Fred und George, ihn abgelöst hatten. Nachdem er dem Rest der Familie Bericht erstattet hatte, war er unverzüglich zum Ministerium aufgebrochen, ohne nur eine Minute geschlafen zu haben.

Doch noch etwas lastete auf den Gedanken der Anwesenden. Die Todesser hatten sie nicht damit begnügt, ein Blutbad zu veranstalten, nein sie hatten noch dazu Gabrielle Delacour, Fleurs jüngere Schwester, entführt. Niemand konnte sich einen Reim darauf machen, wieso es gerade sie getroffen hatte. Niemand, vor allem nicht die Delacours selbst, die einen Raum weiter im Wohnzimmer saßen und nach wie vor unter Schock standen.

Unter Schock. Wie wir alle, schoss es Hermine durch den Kopf, als sie ihren Blick kurz zur Wohnzimmertür richtete.

Im selben Moment hörte sie einen dumpfen Aufschlag und schreckte herum.

"Das macht doch alles keinen Sinn!"

Bill Weasley hatte seine eine Faust auf den Tisch geschlagen, mit der anderen Hand stützte er noch immer seinen Kopf. Alle Anwesenden hatten sich erschrocken zu ihm umgewandt und er starrte verzweifelt in die Runde.

"Wieso ausgerechnet... meine Hochzeit? Wieso? Und wieso... Ich begreif es einfach nicht!"

Der Fremde hatte seine Hand tröstend auf die Schulter des ältesten Weasleyssohnes gelegt, doch sein Blick galt jemand anderem. Harry.

"Das tut niemand von uns.", flüsterte Ron mit erstickter Stimme und tätschelte weiterhin den Rücken seiner Schwester.

"Es waren genug Leute anwesend, um ein kleines Spektakel anzurichten. Und vermutlich um einiges wirkungsvoller, als der Angriff auf die Weltmeisterschaft vor drei Jahren oder die Attacke auf die internationale Magierversammlung vor zwei Wochen."

Es war das erste Mal, dass Harry sprach. Seine Stimme klang fest - aber gleichzeitig verbittert. Der Fremde ihm gegenüber nickte ihm zu und fixierte ihn mit seinem einen Auge.

"Zumal du gestern Abend anwesend warst. Würde mich nicht wundern ..."

Weiter kam er nicht, denn Harry schnitt ihm das Wort ab, noch bevor er seine unerhörten Schlussfolgerungen beenden konnte. "Ich glaube nicht." Seine Stimme klang harscher, als sie erwartet hätte. Etwas freundlicher fügte er hinzu: "Voldemort will ... mich. Und er will mich ... persönlich. Doch er war gestern Abend nicht anwesend und keiner seiner Untertanen hatte es explizit auf mich abgesehen. Nein, ich glaube, das Attentat war nur zur..."

"...allgemeinen Belustigung.", beendete Ginny seinen Satz und klang dabei äußerst wütend, nicht wütend auf Harry, aber auf die Todesser.

Hermine nickte, einen Moment in Gedanken. "Das sind Dinge, die sie unter »Spaß« verstehen würden, vermute ich mal."

Angesichts dieser harschen Ablehnung lehnte der Einäugige sich auf seinem Stuhl zurück.

"Es macht es dennoch keinen Deut besser."

"Das haben wir auch nicht behauptet, Bran. Und nun beruhige dich, dein Zorn hilft dir genauso wenig weiter, wie mir meine Grübelei."

Der Angesprochene sah verärgert zu Bill, nickte nach kurzem Überlegen dennoch. "Denke, wir haben trotzdem Glück gehabt. Hätte schlimmer kommen können, bei all den Dementoren um uns herum. Dachte nicht, dass jeder mit seiner Seele davon kommen würde. Nun, sechs Tote, dazu zwei ebenso tote Todesser und zwei weitere Gefangene... Ein guter Schnitt für die Katastrophe gestern Abend."

Sie sah zu ihm auf, sagte jedoch nichts. Natürlich hielt sie es für keinen guten Durchschnitt, es hätte nicht einen Toten geben sollen und selbst das wäre noch zu viel gewesen.

Harry, neben ihr, seufzte. "Nun, ich denke, wir sind im Krieg. Vollends."

Bevor einer der Anwesenden hätte etwas erwidern können, ertönte ein leiser Knall und George apparierte in die Küche, direkt neben seinen ältesten Bruder. Sofort wandten sich sämtliche Augen ihm zu, auf Neuigkeiten wartend, doch, bevor er zu sprechen begann, setzte er sich auf einen der verbliebenen Stühle.

"Immer noch derselbe Mist.", seufzte er schließlich, während er sich mit einem Schlenker seines Zauberstabes eine Tasse Tee zubereitete.

"Fred ist im Mungos geblieben. Zusammen mit Mutter. Sie sitzt immer noch an Percys Bett und will nicht aufhören zu weinen und sich Vorwürfe zu machen. Und um ehrlich zu sein: Ich denke nicht, dass er ihr so schnell den Gefallen tun wird, aufzuwachen. Es sieht echt schlimm um ihn aus."

Sie sah ihm dabei zu, wie er nach einigem Rühren einen Schluck seines Getränkes nahm. Er schien nicht weiter fortfahren zu wollen, doch gleichzeitig befriedigten seine Informationen keinen der Anwesenden.

"Sonst noch wer gestorben, den wir kannten? Und haben sie Gabrielle schon gefunden?"

Es war schließlich Ron gewesen, der die Stille brach. George sah nicht auf, sondern rührte lieber weiter seinen Tee.

"Ja und nein. Von Gabrielle fehlt weiterhin jede Spur. Dafür haben sie den guten alten Mundungus Fletcher gefunden, unten in Dover."

Bill gab ein leises Seufzen von sich, Ginny einen leisen erstickten Aufschrei, doch George fuhr ungerührt fort, vielleicht stärker von dem Vorfall getroffen, als er selbst einräumen wollte. "Keiner weiß, was mit ihm passiert ist, aber es heißt, er hätte schon gerochen, als sie ihn fanden. Nun gut, gerochen hat er eigentlich immer."

Sie hatte die ganze Zeit auf seine Tasse Tee gestarrt, doch nun zwang sie sich, aufzusehen. "Sonst irgendetwas Neues? Erfreuliches?"

Er zuckte nur leicht mit den Achseln, mied jedoch ihren Blick. "Als ich das Krankenhaus verlassen wollte, haben sie Ludo Bagman an mir vorbei getragen. Aber nach dem zu urteilen, wie laut er geschrieen hat, würde ich sagen, dass er sich wieder erholt. Und soweit ich es noch mitbekommen habe, sind drei derer, die im Tagespropheten noch als halbe Leichen gelten, wieder auf dem Weg der Besserung. ... Percy ist nicht dabei."

"Wer sind sie dann? Ist zufällig ein gewisser Jonah Greyham dabei?"

Sie fühlte Brans und Bills Blicke auf ihrer Haut, als sie den Namen des Silberhaarigen erwähnte, doch sie traute sich nicht, sie anzusehen, sondern starrte weiterhin zu George.

Dieser schüttelte bedauernd den Kopf.
 

Weder Mr Weasley noch seine Frau oder Fred waren zum Mittagessen heimgekehrt. So hatten sich schließlich Ginny und Hermine dazu bereiterklärt, die Anwesenden mit Nahrung zu versorgen. Sie hätten es sich sparen können, denn richtigen Hunger hatte niemand. Sie selbst würgte mit Mühe und Not ein paar Löffel der Suppe, die sie eiligst zusammengekocht hatten, hinunter. Fleur und ihre Eltern sowie Ginny aßen gar nichts, während Ron der Einzige war, der so etwas wie Appetit verspürte - eigentlich wie immer - und seinen Teller leer löffelte.

Nach dem Essen kam ein wenig Bewegung in das wie verlassen wirkende Haus, als Bill sich schließlich dazu entschlossen hatte, einen neuerlichen Versuch zu starten, seine Frau zu trösten und daraufhin ins Wohnzimmer entschwunden war. Bran, Hermine wusste mittlerweile, dass er mit Nachnamen Graves hieß, ein Auror war und von allen eigentlich nur »die Krähe« genannt wurde, hatte sich kurz darauf mit einem Blick auf die Uhr erhoben, etwas von »Arbeit« genuschelt, sich eiligst verabschiedet und war dann durch die Haustür entschwunden. George war ihm fast auf dem Fuße gefolgt, mit den Worten, dass er nach seinem Bruder sehen und sich dann um den Laden kümmern wollte und Ginny hatte sich in ihrem Zimmer eingeschlossen.

Seitdem saß sie zusammen mit Harry und Ron in dessen Zimmer. Langsam wurde es dunkel, denn die Sonne ging unter, doch niemand dachte daran, sich einer anderen Lichtquelle zu bedienen. Über die drei hatte sich eine unheilvolle Stille gelegt, seitdem sie dort oben in Rons Kammer hockten und jeder vermied, den anderen anzusehen.

"Harry?"

Als er realisierte, dass sie ihn angesprochen hatte, hob er seinen Kopf und sah sie mit einem undefinierbaren Blick an.

"Bills ... Hochzeit ... ist vorbei. Vielleicht ... sollten wir darüber nachdenken, was wir jetzt tun wollen?"

Auch Ron sah nun auf und wandte den Blick zu seinem besten Freund. "Willst du immer noch nach Godric's Hollow? Als Ausgangspunkt deiner ... unserer Suche nach V-Voldemorts Seelenstücken?"

Nun wandte Harry ihm den Blick zu und nickte nach kurzem Überlegen knapp. "Desto früher wir aufbrechen, desto besser."

"Wir müssen ... Gregors Beerdigung abwarten. Ich möchte ... dabei sein.", flüsterte der Rothaarige, so leise, dass man ihn kaum verstand.

Sie nickte. "Und vergesst die von Kingsley Shacklebolt nicht. Außerdem ... Was sollen wir den Anderen sagen? Ich glaube kaum, dass sie uns ohne Erklärung gehen lassen werden."

"Nichts. Ich habe nicht vor, mich für mein Tun zu rechtfertigen."

"Also eine Nacht und Nebelaktion? Meine Mum wird nicht begeistert davon sein. Genauso wenig, wie der Rest der Familie."

Sie sah von Einem, zum Anderen, nickte dann. "Warten wir die Beerdigungen ab. Dann ... Mir gefällt die Idee nicht, davonzulaufen, aber ich denke, es ist die weiseste Entscheidung. Vielleicht sollten wir einen einweihen, einen deiner Geschwister vielleicht oder einen vom Orden. Oder wir hinterlassen ihnen einen Brief."

Die Blicke der drei trafen sich.

"Schreibst du ihn, Hermine?"

Zwischensequenz 1: Fighting Fools

A/N:

Die unvermeidlichen Anmerkungen. :)

Bei diesem Kapitel handelt es sich um ein Zusatzkapitel, das den Charakter Bran Graves ein Wenig genauer beleuchtet. Um die Hauptgeschichte verstehen zu können, ist es nicht nötig, aber lesen kann man es selbst trotzdem.
 

Warnungen: Gewalt, Blut, Tod und die ganzen Schweinereien. Nichts für unschuldige Seelen! Wer so etwas nicht verträgt, dem sei vom Genuss abgeraten! (Soll heißen: Ab 16)
 

Danke für die Aufmerksamkeit.

mfg

NIX
 

September 1996

Der "zweite Krieg", wie die Presse ihn nannte, war bereits - oder vielleicht erst? - ein paar Tage alt. Der Unnennbare hatte sich gezeigt, sich und seine hässliche Visage, mitten im Ministerium. Mitten unter Fudge's Nase. Mitten unter den Nasen der Auroren. Mitten unter der Nase des gesamten, gottverdammten Ministeriums. Es war kein Desaster - es war schlimmer.

Damals, im ersten Krieg, war er ein Kind gewesen, nicht mehr. Das Jahr, in dem der Krieg geendet war, war sein erstes Jahr in Hogwarts gewesen. Er hatte damals kaum verstanden, warum alle um ihn herum in einen dauerhaften Zustand einer beinahe greifbaren panischen Angst verfallen waren.

Heute war Bran Graves Auror des Ministeriums. Und er verstand sehr gut. Der Krieg war kaum drei Monate alt und es verging kein Tag ohne neue Schreckensmeldungen. Er selbst war bis jetzt noch in keine verstrickt gewesen: Aber wäre er es gewesen, dann säße er jetzt auch nicht in seinem Stuhl hinter seinem Schreibtisch in der Aurorenzentrale, sondern läge unter der Erde. Zumindest, wenn man seinen Körper gefunden hätte. Lucas Kettleburn war dieses Schicksal erst vor drei Tagen beschieden gewesen. Sie hatten das Dunkle Mal über seinem Haus gefunden - seine Leiche nicht. Niemand musste fragen, was mit ihm geschehen war. Sie hatten ihn mitgenommen und gefoltert und den letzten Tropfen Wissen aus ihm heraus gepresst und ihn dann elendig verrecken lassen.

Jedem von ihnen, die sie versammelt in der Aurorenzentrale saßen und Papierkram erledigten, könnte dasselbe Schicksal blühen, wenn er hinaus ging, zu einem Einsatz. Doch niemand dachte daran, wollte nicht daran denken.

Brans Blick glitt unwillkürlich zu dem leeren Platz von Phineas. Der war gerade im Einsatz. Und niemand konnte sagen, ob er zurückkehren würde.

Mit dem jungen Blackwood verband ihn eine enge Freundschaft, seitdem sie sich über Jonah Greyham - der heutzutage in der London Library of Mankind and Wizardry saß und dicke Wälzer wälzte - kennengelernt hatten. Und diese Freundschaft hatte sich während ihrer gemeinsamen Ausbildung zu Auroren zu einem festen Band entwickelt. Sie waren beinahe, wie eine Person mit vier Händen, vier Füßen und zwei Zauberstäben, und im Kampf fast immer Rücken an Rücken. Nun aber war Phineas allein im Einsatz. Mad-Eye, der vor zwei Wochen erst offiziell aus dem Ruhestand zurückgekehrt war, hatte ihn und eine Hand voll Kollegen mitgenommen - und Bran zur Schreibtischarbeit verdonnert.

Schlagartig schreckte ihn die Unruhe auf, die die Zentrale erfasst hatte. Als Ursache machte er rasch den Kamin aus, um den sich Baldwin, Clark, Shackleton, Landis und Lloyd gescharrt hatten. Kurzerhand stand er auf und gesellte sich zu der Truppe.

Aus dem Kaminfeuer sah ihm der Kopf von Jonathan Higgs entgegen, einer seiner ehemaligen Jahrgangskameraden, nun Kollege und Freund. Er sah abgehetzt und verstört aus, doch als er Bran erkannte, hellte sich seine Miene ein wenig auf.

"Mein Gott! Ihr müsst mir helfen! Sie greifen mich an, verdammt! Es sind drei ... Sie sind schon fast vor der Haustür ..."

Mehr brauchte der junge Auror nicht zu sagen.

John Baldwin, der Älteste der Gruppe und in der Hierarchie der Zentrale ziemlich weit oben, übernahm ohne zu Zögern die Befehlsgewalt. "Halt dich bedeckt! Landis, geben Sie Alexis Bescheid."

Der jüngste der Gruppe hastete davon.

"Clark, Shackleton, Lloyd, Graves."

Er brauchte den Befehl nicht auszusprechen, die Jüngeren folgten ihm auch so. Alles andere hätte nur Zeit gekostet.

Zeit, die sie nicht hatten.

Geschlossen gingen sie zu den Räumen, auf denen kein Anti-Apparations-Zauber lag, überprüften beim Gehen ihre Zauberstäbe und warfen sich, als sich die Tür hinter ihnen schloss, einen letzten Blick zu. "Keine Alleingänge! Jeder deckt den Anderen! Versucht, sie nicht zu töten! Abmarsch, verdammt!"
 

Bereits als er mit einem Plopp in Jonathans Wohnzimmer - die Schutzzauber waren herunter gefahren - apparierte, wusste er, dass es zu spät war. Eine Falle.

Ohne auch nur zu denken warf er sich flach auf den Boden. Einen Moment später surrte ein Lichtblitz über ihn hinweg, von dem getroffen er nie wieder aufgestanden wäre. Reflexartig rollte er sich beiseite und ein weiterer Todesfluch hätte ihn beinahe erwischt, während er mit einem geschulten Blick die Lage erfasste. Eine Kommode bot Deckung, zumindest für einen Augenblick.

Er zählte. Eins... Zwei... Drei ... Es waren sieben Stück. Er fluchte. Keiner von den fünf Auroren würde diesen Tag überleben. Verfluchter Bastard.

Aus dem Augenwinkel sah er, wie Clark schreiend zu Boden ging. Cruciatus. Nichts bedrohliches, für den Moment. Baldwin hatte sich hinter einem Türrahmen in Sicherheit gebracht. Er blutete, doch er war Herr der Lage. Shackleton hockte hinter ihm und feuerte Flüche. Die meisten gingen ins Leere. Lloyd lag reglos auf dem Boden. Scheiße.

Bran duckte sich unter dem roten Lichtblitz weg, noch bevor der Fluch vollkommen ausgesprochen war.

Er griff seinen Zauberstab fester und blickte aus seiner Deckung hervor.

"STUPOR!"

Er hatte keine Zeit zum Zielen - sein Schutzwall zerbarst gerade unter einem blauen Fluch - aber er hatte Glück. Einer der Todesser ging lautlos zu Boden. Halb springend, halb rollend brachte er sich hinter einem Sessel in Sicherheit, weitere Flüche schleudernd.

Sie teilten sich auf. Einer ging, von einem gut gezielten Fluch Baldwins getroffen, zu Boden. Vier für den Alten und Shackleton. Zwei für ihn. Er fluchte wieder, denn er hatte einen derer, die auf ihn zukamen, erkannt. Verfluchter, kleiner Bastard.

Gerade noch rechtzeitig duckte er sich vor einen herannahenden Fluch und fluchte seinerseits. Um kaum einen Zentimeter verfehlte er sein Ziel. Verfluchter, kleiner, dreckiger Bastard.

Einer der Todesser schrie auf. Ein Blick hinter dem Sessel hervor, verriet ihm, dass der Cruciatus nicht mehr auf Clark lag, er hatte einen der anderen vier mit einem fiesen Stück Magie gefällt, doch jetzt wandte sich der größte der Angreifer ihm zu.

Keine Zeit, um ihm zu helfen, er brauchte selbst Hilfe ...

Der Sessel flog zur Seite. Verfluchter, kleiner, dreckiger, schleimiger Bastard.

Sein nächster Stupor prallte am Higgs Schild ab, doch der darauffolgende Fluch traf seinen Kollegen. Es war kein Lähmfluch gewesen. Jetzt wurde es blutig.

Shackleton schrie.

Er fuhr einen Schild hoch, ein roter Fluch prallte daran ab, einem grünen wich er aus, ein dritter traf ihn am Arm, doch der Adrenalinschub dämmte den Schmerz ...

Er hatte die Tür zum Schlafzimmer gefunden, stieß sie auf, rollte hinein, verzog keine Miene, als er den verletzten Arm falsch belastete und war wieder in Deckung. Der Raum war leer, bis auf das Mobiliar. Und das kam ihm zupass.

Shackleton schrie.

Mit einem Schlenker des Zauberstabs stürzte sich das Bett auf den hereinstürmenden Jonathan Higgs und drückte ihn gegen die Wand. Der Todesser, der ihm folgte, fand sich Arm in Arm mit einem Stuhl wieder und wurde zurück in das Wohnzimmer gedrängt ...

Shackleton schrie.

Das Bett fiel polternd zu Boden, der Verräter nahm sich keine Zeit, um Luft zuholen, donnerte einen Fluch auf sein Opfer, doch Bran war vorbereitet und eine herbeihüpfende Vase rettete ihm das Leben. Verfluchter, dreckiger, schleimiger Bastard. Und wenn ich sonst keinen mitnehme, dann dich.

Er hatte einen neuen Schutzschirm hochgefahren, stärker als der vorige und das war sein Glück, er spürte nur einen unangenehmen Luftzug auf der Haut. Im selben Atemzug schickte er den zweiten Stuhl, der im Zimmer stand, seinem Freund hinterher und richtete seine Aufmerksamkeit auf den momentanen Gegner.

Shackleton schrie noch immer.

Er sah, wie der Todesser auf der anderen Seite der Tür bewusstlos unter der zweiten Sitzgelegenheit zu Boden ging. Jetzt stand es drei gegen drei, denn noch immer lastete auf Shakleton der Cruciatus. Clark leistete erbitterten Widerstand, aber wo zum Teufel waren Baldwin und der Riese?

Ein weiterer Zauber zerbarst auf der Oberfläche seines Schutzschildes, dieser begann zu bröckeln. Rasch erneuerte er ihn. Jetzt hieß es er gegen den Verräter, er hatte keine Zeit, sich um seine Kollegen zu kümmern, die mussten allein klar kommen. Fast hätte er Jonathan mit einem unschönen Fluch erwischt, doch er wich dem nächsten nicht mehr aus. Jetzt waren sie beide am Arm verletzt, Gleichstand.

Shackleton schrie nicht mehr. Wo zum Teufel ist Baldwin?!

Das Bett, erneut zum Leben erwacht, bot ihm Deckung vor dem nächsten Unverzeihlichen, es zerbarst unter dem schieren Druck der Schwarzen Magie. So einfach kriegst du mich nicht, du verdammter, kleiner, dreckiger, schleimiger, schmieriger Bastard!

Dafür traf sein Fluch den Gegner, der anscheinend so rasch nicht mit einer Antwort gerechnet und den Schutzzauber nicht rechtzeitig oben hatte. Jonathan Higgs ging blutend zu Boden, er hatte es geschafft. Jetzt musste er Baldwin ...

Verdammt!

Er wusste es, bevor der Zauber ihn traf. In Gedanken verfluchte er sich für seine Unachtsamkeit und kämpfte gegen die unsichtbaren Fesseln der Ganzkörperklammer an, ohne Erfolg.

Clarks Gegner hatte sich selbigem vom Hals geschafft und war dem Verräter zur Hilfe geeilt. Er hätte es wissen müssen, als Shackleton aufgehört hatte zu schreien ...

Am Liebsten hätte er sich vor Wut auf die Zunge gebissen, doch er konnte sich keinen Millimeter rühren. Jetzt half sein Bezwinger dem Verräter wieder auf die Beine, doch dass sah er nur im Augenwinkel. Du mieser, kleiner ...

Ihm fielen keine Beleidigungen mehr ein ...

Higgs kam auf ihn zu. Auch dass sah er nur aus dem Augenwinkel - er konnte sich nicht rühren ...

Doch er konnte hören und Higgs Lachen sollte sich in sein Gedächtnis, in jede einzelne Zelle seines Körpers unauslöschbar einbrennen. Die Erkenntnis, was nun geschehen würde, traf ihn, wie einen Schlag. Siedendheiß fiel ihm das Schicksal von Lucas Kettleburn wieder ein. Sie hatten seinen Leichnam nicht gefunden. Vielleicht würde er noch irgendwann auftauchen, doch die Todesser waren diesbezüglich gut im Beseitigen, wenn sie denn beseitigen wollten. Alexander Durham hingegen hatten sie gefunden, sie hätten ihn beinahe nicht erkannt, so schlimm war er zugerichtet gewesen. Anscheinend fanden die Todesser an der spurlosen Folter durch den Cruciatusfluch nicht genug Befriedigung, sodass sie auch auf die barbarischeren Methoden zurückgriffen ...

Ihm wurde schlecht bei dem Gedanken daran, dass dieses Schicksal nun auch ihm blühte. Kein Zweifel. Sie würden ihn mit sich nehmen und ihn foltern. Sie würden ihn jeden erdenklichen Tod angedeihen lassen, doch sie würden ihn am Leben erhalten, bis er brach und alles ausplauderte, was er wusste und dann erst würden sie ihn bestialisch zu Tode foltern. Und dabei würden sie lachen und Jonathan Higgs würde am lautesten lachen, denn er hatte die Falle erst ausgelegt ...

Ihm blieb keine Zeit mehr, sich zu fragen, wie viele seiner Kameraden sein Schicksal teilen würden und wie viele der Tod gnädig schon jetzt ereilt hatte. Der Verräter hatte seinen Zauberstab auf ihn gerichtet und in diesem Moment explodierte in ihm ein unvorstellbarer Schmerz, der alles je dagewesene in den Schatten stellte und ihn dazu gezwungen hätte, sich die Seele aus dem Leib zu schreien, hätte er schreien können ...
 

Zeit hatte keine Bedeutung mehr. Er maß sie in mehr Schmerz und weniger Schmerz. Größeren Schmerz spürte er, wenn sie bei ihm waren, ihn folterten und verhörten und ihm nach und nach seinen Verstand raubten, geringeren Schmerz spürte er, wenn sie ihn kurz erholen ließen und die Gewissheit der nächsten Torturen ihm nach und nach den Verstand raubten.

Zunächst hatte er noch darauf geachtet, was um ihn herum geschah. Er hatte sich die Todesser gemerkt, die ihn folterten, von manchen gar die Gesichter, denn die meisten zeigten sich hier, in Voldemorts - er war dazu übergegangen, das Übel beim Namen zu nennen - Hauptquartier unbedeckt. Er hatte seine Umgebung wahrgenommen, sogar die Schreie von Baldwin - sie hatten ihn also auch - erkannt. Die anderen hatte er nicht gehört, vielleicht waren sie bereits tot, vielleicht an einem ihm unbekannten Ort. Er betete für sie, dass es Ersteres war.

Doch letztendlich hatte er das aufgegeben. Ihn kümmerte es nicht mehr, wer ein und aus ging, wann er kam und wann er ging und ob Baldwin im Verlies neben ihm noch lebte. Er war zu beschäftigt. Zu beschäftigt mit einer einzigen Tätigkeit: Sterben.

Noch hatte er seine Sinne so weit beisammen, dass er den Mund nur zum Schreien öffnete, wenn sie ihn mit dem Cruciatus verfluchten oder ihm die Knochen einzeln brachen, doch er wusste nicht, wie lange er das noch durchhielt.

Irgendwann reden sie alle.

Er hoffte, dass er sterben würde, bevor er sein Mundwerk nicht mehr halten konnte. Er konnte die Geheimnisse der Zentrale nicht ausplaudern. Und er wollte es auch nicht. Es war für alle Beteiligten besser, wenn er davor unheldenhaft ins Gras biss. Und genau darauf arbeitete er hin, während sie ihn folterten ebenso, wie wenn sie ihn verschnaufen ließen. Es war leicht, in diesen Gewölben der ewigen Nacht zu leiden. Das tat er bereits seit einer geschätzten Ewigkeit. Doch er hatte schnell festgestellt, dass es nicht einfach war, zu sterben, solange die Todesser es nicht wollten.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht lag er auf dem harten Steinboden seines Verlieses und arbeitete an der Erfüllung seiner letzten Aufgabe, als sich die Tür öffnete. Er sah nicht einmal auf, als eine Person eintrat. Er erkannte Bellatrix Lestrange mittlerweile am Schritt.

Das Gefühl von Übelkeit, seit Stunden sein ewiger Begleiter, verstärkte sich, während sich seine Innereien verkrampften. Wenn etwas schlimmer war, als die Folter durch den Unnennbaren selbst, war es diese Frau, der wirklich nichts mehr heilig war. Es hieß, sie sei bereits verrückt gewesen, als sie nach Askaban geschickt worden war. Spätestens jetzt war sie es und zwar auf eine der unangenehmsten Arten. Diese Frau war vermutlich das Schlimmste, dass ihn in diesen Kerkern erwartete - dass sagte ihm zumindest sein Auge, das sie ihm fein säuberlich unter hysterischem Lachen herausgetrennt hatte. Was damit geschehen war, wollte er sich lieber nicht vorstellen, und ob jetzt das andere fällig war auch nicht.

Lieber stellte er sich etwas anderes vor - seinen Tod. Er wusste nicht, was ihn erwartete, wenn er endlich starb und wenn er ehrlich war, hatte er eine Heidenangst vor dieser Ungewissheit, doch es musste besser sein, als dass was nun auf ihn zukam.

Ein unerhörter Schmerz flackerte in ihm auf, der ihn all seine Vorsätze vergessen ließ. Von weitem hörte er sich schreien und wäre er bei Verstand gewesen, hätte er sich vielleicht gefragt, woher er die Kraft dazu überhaupt nahm.
 

Wie lange der Cruciatus diesmal gedauert hatte, wusste er nicht, doch schließlich bedauerte er es, dass er keuchend zur Ruhe kam. Auch wenn diese Art des Schmerzes ihm nur schwerlich das Leben nehmen würde, so nahm es ihm doch den Verstand. Und dieser Gedanke war nahezu verlockend.

Unwillkürlich wappnete er sich für einen neuen Fluch, wie auch immer er geartet sein mochte. Doch dieser blieb aus. Erst mit einiger Verspätung bemerkte er, dass Bellatrix Lestrange abgelenkt war. Gesprächsfetzen fanden ihren Weg hindurch zum letzten Rest seines Denkvermögens, der noch arbeitete.

"Siehst du nicht, dass ich beschäftigt bin?!", blaffte eine Frauenstimme.

Lestrange., dachte er grimmig.

Eine zaghafte zweite Stimme, männlich diesmal, antwortete ihr. "Der Meister wünscht dich zu sehen, Bellatrix. Und er duldet keinen Aufschub.", stottere der Mann.

Er erkannte ihn nicht, hatte seine Stimme noch nie gehört. Doch allein die Tatsache, dass selbige beim Sprechen zitterte, ließ seinen Aurorenverstand erkennen, dass er anscheinend nicht für die Kerker zugeteilt war. Vermutlich war er kein Kämpfer. Nein. ganz sicher nicht. Ein Spion.

Vorsichtig öffnete er das ihm verbleibende Auge. Er blinzelte gegen die Helligkeit der Fackeln, die durch die Tür herein flutete.

Im Rahmen stand eine gebeugte, schmächtige Gestalt, deren Todesserrobe viel zu groß auszufallen schien.

Währenddessen hatte Bellatrix Lestrange anscheinend beschlossen, dass es weiser war, dem Befehl ihres Herren folge zu leisten.

"Pass du hier auf!", blaffte sie den Boten noch an, dann stürmte sie aus dem Gefängnis. Verstört sah der Mann ihr nach, blickte dann kurz zu dem Gefangenen und lehnte sich schließlich, irgendetwas in seinen Bart murmelnd, auf der anderen Seite der Wand gegen den Türrahmen, ohne die Tür selbst zu schließen.

Für einen Augenblick starrte er nur zu der untersetzten, murmelnden Gestalt, als sei sie ein unverhofftes Geburtstagsgeschenk. Er konnte es nicht fassen.

Doch schließlich schalteten sich seine bislang unterdrückten Auroreninstinkte wieder ein. Schwerfällig stützte er sich auf. Die linke Hand konnte er vergessen, jeder Knochen in diesem Arm war mehr als nur einmal gebrochen, doch die rechte genügte ihm als Stütze.

Mit einem Mal beflügelt, als hätte er einen kräftigen Schluck Felix Felicis genommen, kam er in die Hocke und schließlich in den Stand. Dabei war er überraschend lautlos gewesen. Er taumelte kurz, der Todesser hatte ihn noch nicht bemerkt. Er würde ihn auch nicht mehr bemerken, das hatte er soeben beschlossen.

Merlin war ihm wieder hold und er hatte keine Lust, dieses Glück aufs Spiel zu setzen.

Adrenalin flutete seinen geschundenen Körper und ließ ihn die Schmerzen vergessen, die protestierend durch seinen Körper jagten. Hätte er sich selbst beobachten können, er wäre überrascht gewesen, wie leise er die wenigen Meter zu seinem Bewacher überbrückte, wie leise er den noch intakten Arm hob und gezielt wieder fallen ließ.

Der Schlag, so schwach er auch gewesen sein mochte, genügte. Er hatte nur einen Versuch gehabt, aber er hatte den richtigen Punkt getroffen. Kein Glück. Auroreninstinkt.

Die Gestalt sackte mit einem leisen Ächzen zu Boden. Im Schein der Fackeln erkannte er ein Gesicht und vor seinem inneren Auge tauchte das passende Steckbriefbild dazu auf. Peter Pettigrew.

Am Liebsten hätte er diesen Bastard in die ewigen Jagdgründe geschickt, doch er wusste, dass ihm keine Zeit blieb - er hörte Stimmen aus einem benachbarten Gang.

Kurzerhand bemächtigte er sich Pettigrews Zauberstab und trat hinaus auf den Gang. Ein leises Prickeln in seinem Nacken verriet ihm, dass er den Anti-Apparationszauber durchschritten hatte, der auf seinem Verlies gelegen hatte. Er zögerte nicht, ja er verschwendete nicht einmal einen Gedanken daran, dass Baldwin in seinem Gefängnis nebenan vielleicht noch lebte. Mit einem leisen Plopp verschwand er.
 

Als er den Apparationsraum der Zentrale erkannte und feststellte, dass er noch alle Gliedmaßen beisammen hatte, sank er erleichtert in die Knie. Er war in Sicherheit. Er war der Hölle entkommen. Er hatte nicht geredet.

Der Energieschub, der ihn noch vor Augenblicken beflügelt hatte, verließ ihn. Kraftlos fiel er zur Seite und starrte ins Leere, immer noch fassungslos über sein Glück.

Ein Klicken verriet, dass ein Zauber auf der anderen Seite die Tür entriegelte und einen Moment später wurde sie aufgerissen. Mehrere Menschen stürmten herein, er konnte sie nicht erkennen - sein noch intaktes Auge schien nicht mehr funktionieren zu wollen.

Er hörte erleichterte Seufzer, als man ihn erkannte und spürte, wie sich jemand neben ihn kniete und dann noch jemand.

"Einen Heiler! Verdammt noch mal, jetzt lauf schon, die kommen nicht von allein, Junge!"

"Bran! Merlin sein Dank!", murmelte eine vertraute Stimme.

Ihm zogen sich die Eingeweide zusammen. Bastard. Elender, kleiner, schmieriger, dreckiger, schleimiger, verdammter Bastard.

"Graves. Hast du ..."

Auch diese Stimme erkannte er. Sie gehörte Kingsley Shacklebold.

Er konnte nicht anders, als grinsen. Am liebsten hätte er hysterisch gelacht, doch dazu fehlte ihm die Kraft.

"Gesungen?", fragte er leise. "Nein. Ich nicht. Aber du. Wie ein Vögelchen."

Er hatte sein Auge geöffnet und blickte zu Jonathan, der neben ihm kniete und seine Hand hielt, hoch. Und er grinste. Bastard.

"Was redest du denn da? Du musst verwirrt sein, Bran ... Eigentlich auch kein Wunder ..."

Der junge Auror lehnte sich sanft über seinen Kollegen und drehte dabei wie zufällig seinen Arm, nur ein ganz kleines Stück.

Bran Graves schrie auf, es war der gebrochene gewesen.

Doch Phineas Blackwood hatte den Hinweis längst verstanden. Und noch während der Schmerz seinen Freund in die wohlverdiente Dunkelheit der Bewusstlosigkeit trieb, hatte er Jonathan Higgs mit einer Hand bei der Schulter gepackt, mit der anderen Hand stach er ihm den Zauberstab in den Rücken. So wehrlos führte er den Verräter hinfort zu den Sicherheitsverliesen.
 

Keiner der vier anderen Auroren hatte den Hinterhalt überlebt.

Lloyds unversehrten, aber toten Körper hatten die Todesser achtlos zurückgelassen, ebenso den von Shackleton.

Baldwins Kopf würde zwei Tage später durch den Kamin der Aurorenzentrale gesegelt kommen, durch den das ganze Unheil erst geschehen war. Weder den Rest des Körpers noch den von Clark sollte man jemals finden.

Doch was niemand ahnte, während der Überlebende besinnungslos auf eine Trage gehievt wurde und der Verräter in die Sicherheitsverliese wanderte, war die Tatsache, dass der junge Bran Graves einen Entschluss gefasst haben würde, kaum dass er im St. Mungo's Hospital zu sich kam.

Drei Wochen nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus war er im Orden des Phoenix ...

Flucht

A/N: Wie ihr vielleicht gesehen und gelesen habt, ist die erste Zwischensequenz erschienen. Ich habe euch nicht bescheid gesagt, aus zwei einfachen Gründen. 1. Gehört diese Zwischensequenz zwar zur Geschichte, ist aber nur Beiwerk und 2. ist das Kapitel sozusagen FSK 16.
 

@ Chibiusa_Ainochi: Natürlich sag ich bescheid. ^^~
 

@ Chily: Ich liebe deine Liste! XD~~~
 

@ Jule: So der Fan von den GH-Kapiteln bin ich nun nicht. Aber danach kommt Regulus *_____________* Weißt du ja.
 

@ Yuuzuki: Ich liebe meine Cliffhanger. :)
 

@ Maya: Ich hoffe, du lässt die Finger von der Zwischensequenz...
 

@ Darky: Auf Regulus musst du noch n Stück weit warten. ^^;
 

@ -Dark_Angel-: Jaah, ich mache weiter. hatte nur die letzten Tage n paar Problemchen, weshalb ich mich verspätet habe. .__.;
 

@ Laluna: Keine Sorge, du wirst noch von beiden hören. ^^
 

@ Sita: Danke!!! *sich gefreut hat* Auch wenn mich die Auflistung teilweise ein wenig verblüfft hat...
 


 


 

17. August 1997 (Ottery St. Catchpole, Grafschaft Devon, England)

Die nächsten Tage zogen sich unendlich in die Länge. Das ganze Haus wirkte trist und düster und so auch die Bewohner. Mrs Weasley verbrachte nach wie vor Tag und Nacht im St. Mungos an der Seite ihres drittältesten Sohnes, dessen Zustand sich noch um keinen Deut verbessert hatte. Ihr Mann war außer Haus, da die Arbeit im Ministerium ihn voll in Anspruch nahm. Der Scherzartikelladen musste ebenso geöffnet bleiben, weshalb Fred und George höchstens in den späten Abendstunden für kurze Zeit und eine Tasse Tee in den Fuchsbau einkehrten, nicht selten mit neuen Hiobsbotschaften. So war in der Nacht zum 13. August ein ganzes Dorf in der Grafschaft Durham vernichtet worden und keiner der Anwohner schien überlebt zu haben und zwei Tage später hatte man die Leiche von Cornelius Fudge gefunden, der seit Beginn der Sommerferien vermisst worden war.

Trotz der schlechten Nachrichten hatte eine unruhige Geschäftigkeit das Haus erfasst, denn Bill und Fleur wollten ihren Plan, nach King's Lynn zu ziehen, schneller in die Tat umsetzen, als vor der Hochzeit veranschlagt worden war. So war zumindest das frisch verheiratete Paar beschäftigt, nämlich indem sie sämtliche ihrer Habseligkeiten, die sich im Laufe der Zeit im Hause der Weasleys angesammelt hatten, zusammen suchten und in Kartons packten. Dies blieb zumeist an Fleur hängen, da Bill seinerseits das kleine Ein-Zimmer-Appartement, welches er sich in London angemietet hatte, leer räumte.

Mr und Mrs Delacour hatten sich in ein Hotel in London zurückgezogen, den Ort, an dem ihre Tochter entführt worden war, nicht mehr ertragend.

Sie, Hermine, saß zumeist zusammen mit den beiden jüngsten Weasleys und Harry in der Küche oder in Rons oder Harrys Zimmer, letzterer war wieder in den ehemaligen Raum von Fred und George gezogen, jeder in seinen eigenen trüben Gedanken versunken.

So auch am Abend des 17. August. Am Vormittag waren in einer großen Zeremonie die beiden beim Angriff der Todesser ermordeten Auroren Kingsley Shacklebolt und Floyd Williamson beigesetzt worden, nach dem Mittag war die Beerdigung von Gregor Weasley gefolgt.

Nun saß sie erneut mit Ron und Harry oben in der Dachkammer, die der Rothaarige sein Reich nannte und schwieg, in Gedanken noch bei der herzergreifenden Beisetzung von Gregor Weasley. Noch immer hörte sie in Gedanken das herzzerreißende Schluchzen von Mrs Weasley, die nur der Beerdigung wegen Percys Seite verlassen hatte, Gregors Mutter und weiterer Verwandten. Genauso erinnerte sie sich noch an die versteinerten Mienen von Bill, Phineas Blackwood und Bran, die allesamt mit dem Toten in einem Jahrgang gewesen waren.

Ron war es schließlich, der sie aus den Gedanken riss. "Und? Wann brechen wir auf?"

Ihr Blick wandte sich kurz dem Rothaarigen zu, bevor beide zu Harry sahen, der eingesunken auf dem Bett des jüngsten Weasleysohnes saß und sich mit seiner Antwort Zeit ließ. Er stand auf und ging zum Fenster, wo er sich auf das Fensterbrett stützte und hinaus starrte.

"In zwei Stunden. Packt eure Sachen."

Mit dieser Antwort hatte sie bereits gerechnet und sich schon im Voraus Gegenargumente zurechtgelegt - während sie selbstredend ihre Reisetasche gepackt hatte. Das war vermutlich auch der Grund, warum ihr nun ein Kloß in der Kehle saß und sie am Reden hinderte. So war es Ron an ihrer statt, der zum Reden ansetzte.

"Bist du dir sicher?" Sein Blick glitt verunsichert von Harrys Rücken zu ihr, doch sie schwieg, während Harry ihnen immer noch die Rückfront zudrehte und nickte.

"Ganz sicher."

Daraufhin erhob sich auch Ron und zog seinen Koffer hervor. "Gut. Ich bin fertig."

Harry drehte sich um, leicht verblüfft, und für einen Augenblick starrten sie beide zu dem Rothaarigen.

Der Kloß in ihrem Hals löste sich ein wenig und so schaffte sie es schließlich, ebenfalls ihre Stimme wiederzufinden. "Ich auch. Meine Sachen sind unten. Den Brief habe ich hier." Sie griff in ihre Tasche und zog einen Umschlag hervor, den sie den Beiden hinhielt. "Ich habe ihnen geschrieben, dass wir meine Eltern besuchen und dann eine kleine Studienreise durchs Land machen. Keine Sorge, sie wissen Bescheid."

Natürlich wussten ihre Eltern nicht wirklich Bescheid, sie hatte ihnen lediglich mitgeteilt, dass sie mit ihren Freunden ein Wenig durch England reisen wollte und sie sich keine Sorgen machen bräuchten und sie pünktlich zum Schulbeginn in London sein würde.

Harry nickte und wandte sich wieder der zunehmenden Dunkelheit hinter dem Fenster zu.
 

Zwei Stunden später, es war nun kurz vor Mitternacht, stand sie, die Reisetasche geschultert und Krummbeins Käfig in der Hand, zusammen mit Ron und Harry, die ihrerseits ihre Koffer und Eulenkäfige mit Pig und Hedwig bei sich trugen, im Vorgarten der Weasleys und verabschiedete sich in Gedanken vom Fuchsbau und seinen Bewohnern, die sie vielleicht nie wiedersehen würde. Der Mond hatte sich hinter den wenigen Wolken verborgen, die über den Himmel zogen und ein sanfter Nebel legte sich über die Wiesen rund um den Fuchsbau.

Den Brief hatte sie auf dem Küchentisch deponiert und sie wollte sich lieber nicht die Gesichter der Weasleys vorstellen, wenn sie am Morgen herausfanden, das die Drei mitten in der Nacht verschwunden waren.

Leise seufzend wandte sie sich ab und sah zu ihren Freunden. "Können wir dann?"

Harry nickte sofort und auch Ron drehte einen Augenblick später seinem Elternhaus den Rücken zu. "Auf gehts. Godric's Hollow dann?"

Erneut nickte der Schwarzhaarige und warf einen letzten Blick auf das Heim der Familie Weasley. Er hatte vor zwei Tagen, genauso wie Ron, seine Apparationsprüfung bestanden, so dass sie nicht darauf angewiesen waren, zusammen mit ihr Seit-an-Seit zu apparieren. Kurzerhand griff er Koffer und Eulenkäfig, schritt durch die Gartentür und disapparierte. Sie wechselte einen kurzen Blick mit Ron, dann folgten sie ihm.

Sie landete genau dort, wo sie es geplant hatte, an einer Straßenkreuzung rund vier Kilometer von ihrem eigentlichen Ziel, Godric's Hollow, entfernt. Ein sanfter Wind strich ihr durchs Haar, als sie die Augen öffnete und sich umsah.

Der Mond, es war wenige Tage vor Vollmond, stand hoch am Himmel und hüllte die Welt in sein sanftes silbernes Licht. Die Straße unter ihren Füßen, die eher einem asphaltierten Feldweg glich, war von Obstbäumen gesäumt. Nach einem dünnen Graben schlossen sich bereits abgemähte Getreidefelder an. In einigen Kilometern Entfernung leuchteten Straßenlampen und deuteten das Örtchen Godric's Hollow an, das sich im Schatten einer trutzigen Burg, die düster auf einem Hügel ruhte, befand.

Im Mondlicht konnte sie nur die Silhouetten ihrer beiden Freunde erkennen. Harry stand einen Meter von ihr entfernt und sah sich beeindruckt um, während er die frische Landluft in sich hineinsog und Ron, der mehrere Meter von ihnen entfernt gelandet war, kam schnaufend auf sie zu, Koffer und Käfig hinter sich herziehend.

"Kann mir mal bitte einer von euch erklären, wie wir jetzt nach Godric's Hollow kommen sollen?"

Sie sagte nichts, sondern stellte sich zur Antwort an den Straßenrand genau unter ein Schild, das die Aufschrift "Bushaltstelle" trug.

"Klasse. Das heißt, wir warten jetzt auf einen Muggelbus, der vielleicht noch nicht einmal kommt?", murrte er, während er sich mit Harry zu ihr gesellte. Sie nickte. Schließlich war sie diejenige gewesen, die sich darüber informiert hatte und die Einzige der drei, die sich um Muggelgeld gekümmert hatte. "Keine Sorge, Ron. Es müsste bald ein Bus kommen.", erwiderte sie, während sie es sich auf ihrer Reisetasche bequem machte.

Tatsächlich knatterte kaum eine viertel Stunde später ein alter, schrottreifer Bus die baufällige Landstraße entlang und hielt quietschend neben ihnen. Sie hatte sich bereits erhoben, bevor sich die Türen öffneten. Nachdem sie einmal tief durchgeatmet hatte, griff sie Reisetasche und Koffer und trat ein.

"Um Himmels Willen, Kinder, was treibt euch zu dieser unchristlichen Zeit in diese verlassene Gegend?", fragte der alte abgemagerte Busfahrer, als sie in sein Blickfeld geriet.

"Wir... ähm... möchten nach Godric's Hollow, Sir. Wieviel...?"

Weiter kam sie nicht, denn der Alte schnitt ihr kopfschüttelnd das Wort ab. "Los schert euch rein. Ist die nächste Station."

Sie warf ihren Begleitern einen verwunderten Blick zu, den diese erwiderten, bevor sie sich ihren Weg ins Innere des Busses bahnte und sich in eine der Sitzreihen nahe dem Fahrer niederließ. Ron nahm hinter ihr Platz, Harry in der Reihe gegenüber. Die Drei waren die einzigen Fahrgäste, was nicht weiter verwunderlich war. Vermutlich fuhr selbst tagsüber kaum jemand mit dieser Linie.

Schweigend saßen sie alle drei, während der Bus sich knatternd seinen Weg in die näher kommende Siedlung bahnte, sie schließlich erreichte und quietschend hielt.

"Folgt dieser Straße hundert Fuß weit und biegt dann nach rechts in den Weg ein. Er führt zu einem Haus, deren Bewohner ein paar Zimmer vermieten. Das ist günstiger als das Gasthaus.", rief der alte Fahrer ihnen noch hinterher, als sie ausstiegen.

Einen Moment hielt sie inne, dann sah sie sich um, um sich zu orientieren. Godric's Hollow schien nicht viel mehr als eine Straße zu sein, an der sich ein paar Häuser aufreihten, doch tatsächlich entdeckte sie ungefähr hundert Fuß entfernt einen Weg, der nach rechts abbog. Nach einem kurzen Blickwechsel mit den Jungen marschierten sie den Weg entlang, während der Bus seines Weges fuhr.

Der Pfad, den der alte Fahrer ihnen gewiesen hatte, war länger, als sie erwartet hätten und führte sie zu einem Gebäude, das leicht außerhalb des Dörfchens lag. Zu ihrer Überraschung erkannten sie, dass noch Licht in dem Haus brannte, als sie sich ihm näherten. Ansonsten war der Weg finster und nur das Mondlicht spendete ein wenig Licht.

"Ob da oben was passiert ist?", flüsterte Ron schließlich, als sie noch knappe dreihundert Meter vom Gartenzaun des Hauses entfernt waren.

Sie hoffte, nicht. Ihre Ängste minderten sich ein wenig, als sie den Zaun schließlich erreichten und ein Hund sein Gebell anstimmte. Kurz darauf öffnete sich die Vordertür und eine Frau in einem beigefarbenen Morgenrock spähte hinaus.

Sie spürte die verwirrten Blicke der beiden Jungen in ihrem Nacken und entschied sich, dass es besser wäre, wenn sie das Sprechen übernehmen würde. "Entschuldigen Sie? Wir haben gehört, sie würden Zimmer vermieten?"

Einen Moment herrschte Stille, dann sahen sie, wie die Frau kurz im Haus verschwand und mit einer Taschenlampe zurückkehrte. Schließlich stand sie vor ihnen und nur die Gartentür trennte sie noch voneinander. Kurz leuchtete sie jedem der drei ins Gesicht.

"Oh... Was treibt euch nur um diese Uhrzeit hierher? Kommt rein, Kinder, kommt rein." Hastig öffnete sie die Tür und die drei zögerten nicht, einzutreten.

Sie führte die Jugendlichen - nach Zaubererrecht bereits Erwachsenen - in die Küche ihres Heimes, das Zimmer, in dem schon zuvor Licht gebrannt hatte, und bot ihnen Stühle an.

Hermine setzte sich daraufhin zwischen ihre beiden Freunde.

"Ihr wollt euch also Zimmer mieten? Aber mein Gott, was führt euch um diese Uhrzeit hierher?", nuschelte die Frau, während sie durch ihr Reich wuselte und Tee aufsetzte.

Die drei tauschten einen Blick, bevor Hermine zu sprechen begann. "Wir wollten schon früher kommen, aber wir haben unseren Bus verpasst und mussten drei Stunden warten, bis der Nächste kam, welcher uns dann prompt an der Kreuzung nach Galashiels abgesetzt hat."

Mit einem "Ihr Ärmsten!" reichte sie jedem der drei eine Tasse Tee. "Natürlich könnt ihr bleiben. Mein Name ist übrigens Jennifer McJarrod. Und wer seid ihr?"

"Ich bin Harry Dursley. Das sind meine Freunde Hermine Granger und Ron Weasley. Wir sind hier, weil... Nun, meine Eltern haben hier einmal gewohnt und ich... nun ja, wollte mal den Ort sehen."

"Dursley?!", hörte sie Ron neben sich leise flüstern, sagte jedoch nichts.

"Freut mich, euch kennen zu lernen."

Sie schüttelte jedem der drei die Hand, bevor sie sich ihnen gegenüber an den Küchentisch setzte.

"Warum waren Sie eigentlich noch auf, Mrs McJarrod?"

Sie seufzte tief. "Mein Sohn, Jason. Er sollte eigentlich schon längst zu Hause sein, aber er lässt sich einfach nicht blicken. Ich hoffe nur, dass er nicht wieder in der Ruine spielen war ..."

Hermine fing gerade noch den skeptischen Blick des Schwarzhaarigen auf. Vermutlich dachte er genau dasselbe wie sie: Das Kinder immer das machten, was ihre Eltern gerade nicht wollten und dass das vermutlich auch für Jason galt - und natürlich genauso für sie selbst.

"Welche Ruine?", fragte Ron und stellte seine Tasse vor sich auf den Tisch. "Die alte Burg?"

"Godric's Castle? Nein.", Mrs McJarrod schüttelte verzweifelt den Kopf. "Das Haus der Potters. Es befindet sich ein wenig außerhalb des Dorfes. Seitdem die Bewohner vor sechzehn Jahren auf mysteriöse Weise gestorben sind, steht es leer und ist mittlerweile unbetretbar - und ein Abenteuerspielplatz für elfjährige Jungen. Ich habe ihm zwar verboten, sich dort herumzutreiben, doch er hat noch nie auf mich gehört."

Godric's Hollow

i]A/N: Blubb. Anscheinend habe ich das posten verpeilt. Sorry! >_<

Dafür gibt es das nächste Kapitel dann schon übermorgen, versprochen! (Wenn ich wider erwarten nicht posten sollte, dürft ihr mir treten. Jawoll.)
 

@ Yuuzuki: Cliffhanger sind toll. :)
 

@ -Dark_Angel-: Alles so geplant ^.~
 

@ Laluna: Die meisten meiner Kapitel haben ungefähr zwischen 2000 und 3000 Wörter. Das war für mich eigentlich recht angenehm zu schreiben und ich denke, es ist weder zu lang noch zu kurz zum lesen.
 

@ Chelys: Blubb.
 

@ Chibiusa_Ainochi: :)
 

@ Sitamun: Jaah, ich war verblüfft. Aber warum das so ist, darf ich noch nicht sagen. :)
 

@ ChinChila: Ich vermisse etwas... =.=;
 

mfg

NIX
 

18. August (Godric's Hollow, Grafschaft Scottish Borders, Schottland)

Nachdem sie ihre Tassen Tee geleert hatten, hatte Mrs McJarrod ihnen zwei Zimmer für zunächst eine Woche zur Verfügung gestellt. Der alte Busfahrer hatte Recht gehabt, der Preis war äußerst günstig und die Inhaberin anscheinend froh über jeden Besuch. Die drei Freunde hatten sich eine gute Nacht gewünscht und waren daraufhin in ihren Zimmern verschwunden, wovon Hermine, da sie es im Gegensatz zu Harry und Ron für sich alleine hatte, das kleinere hatte.

Es war bereits heller Tag, als sie erwachte und sich umsah. Erst nach einem Augenblick der Irritation erinnerte sie sich wieder, dass sie sich in Jennifer McJarrods Gästezimmer in Godric's Hollow befand. In der letzten Nacht war sie zu müde gewesen, um sich ihre Räumlichkeit näher anzusehen, was sie es nun nachholte. Sie befand sich in einem der Zimmer im Dachgeschoss, weshalb die Decke schräg zu einer Seite hin abfiel. Sowohl im Dach, als auch in einer der anderen Seiten befand sich je ein Fenster und warfen Licht in den gemütlichen Raum, dessen Wände mit einer rustikalen Tapete versehen waren. In dem Zimmer waren ein Schrank, ein Tisch mit Stuhl und ein außergewöhnlich gemütliches Bett. Auf dem Tisch stand ein Lavendelstrauß und verströmte seinen ruhigen Duft.

Nachdem sie einen Blick aus dem Fenster geworfen hatte, streckte sie sich kurz und ging dann ins Bad, um sich umzuziehen. Es schien nicht so, als wären die beiden Jungen im Zimmer gegenüber bereits wach, als sie auf den Flur trat und zum Bad ging, das neben ihrem Raum lag. Dort angekommen streifte sie vorsichtig das Nachthemd ab und besah sich den Verband, den sie noch immer um ihre Schulter trug. Die Wunde schmerzte kaum noch und war am abheilen, dennoch hielt sie es vorerst für besser, weiterhin einen Verband zu tragen.

Als sie die Treppe hinab und in die Küche ging, stellte sie mit leichter Verwunderung fest, dass eine der beiden Schlafmützen bereits wach war und frühstückte. So setzte sie sich mit einem "Guten Morgen, Harry." neben den Schwarzhaarigen und griff zu dem Brot, das Mrs McJarrod bereits für ihre Gäste bereitgelegt hatte. Die Hausherrin selbst war nicht anwesend.

Als er sie bemerkte, sah er auf und lächelte matt. "Morgn Hermine." Er biss von seinem Toast ab und schluckte den Bissen hinunter, bevor er mit gedämpfter Stimme fortfuhr. "Ihr Sohn ist immer noch nicht zurück. Sie ist außer sich vor Sorge. Was macht Ron?"

"Hoffentlich ist ihm nichts passiert. Ron? Hmpf. Ich dachte, ihr würdet beide noch schlafen."

"Wir sind beide wach.", nuschelte eine Stimme, deren Besitzer gerade durch die Küchentür taumelte und sich neben ihr auf einen Stuhl fallen ließ, mehr schlafend als wach. Auch Mrs McJarrod betrat die Küche. "Guten Morgen ihr drei. Ich hoffe, ihr habt gut geschlafen?"

"Ausgezeichnet, Mrs McJarrod. Es ist so ruhig hier. Und friedlich."

"Friedlich, ja. Welch ein Segen, welch ein Fluch. Ihr seid die ersten Gäste seit Wochen. Was habt ihr heute vor?"

Sie sah zu Harry und neben ihr tat es ihr Ron gleich.

"Nun, ich dachte, wir schauen uns Godric's Hollow mal bei Tageslicht an.", lächelte er nach kurzem Überlegen. "Und wenn wir Ihren Sohn finden sollten, werden wir ihn wieder mit zurück bringen."

"Dann hoffe ich, dass ihr ihn wirklich findet."
 

Eine halbe Stunde später, es war nun um halb elf, verließ sie schließlich mit ihren Freunden das Haus. Zusammen schritten sie den Weg hinunter, den sie in der vorhergehenden Nacht todmüde hinauf gestolpert waren.

Godric's Hollow glich bei Tageslicht noch mehr einer Idylle als in der Nacht. Von der kleinen Anhöhe, auf der Mrs McJarrods Haus stand, hatte man einen wunderbaren Überblick über das Örtchen. Es war größer, als sie in der Nacht vermutet hatte. Die Häuser reihten sich hauptsächlich an der einzigen Straße nebeneinander, doch auch an einigen der Feldwege gliederten sich ein paar Gehöfte. Insgesamt mochte der Ort dreihundert Einwohner zählen.

"Noch ländlicher als Ottery St. Catchpole.", flüsterte Ron, fast andächtig, als sie schließlich das Dorf selbst betraten. Viele der Häuser hatten einen hübschen Vorgarten mit blühenden Sträuchern und Kräutern. Andere zeigten der Straße nur die Vorderfront ihrer Scheune, das eigentliche Haus und der Innenhof hinter einem großen Tor verborgen. Es herrschte kein sonderlich geschäftiges Treiben. Hier und da sah man eine Frau im Vorgarten Unkraut jäten oder ein paar kleinere Kinder Verstecken spielen.

"Es ist so unglaublich ruhig. Dabei hätte ich gedacht, dass die alte Burg ein Touristenmagnet wäre." Während sie sprach sah sie empor zu der alten Feste.

"Das war sie auch. Bis vor sechzehn Jahren."

Sie wirbelte vor Schreck herum und mit ihr Harry und Ron. Ein alter, gebeugt gehender Mann stand vor ihnen, mit weißem langem Bart und eine Pfeife rauchend. Sie wechselte einen verstörten Blick mit ihren Begleitern, dann sprach sie. "Ähm... Entschuldigen Sie. Aber wie meinen Sie das, Sir?"

Der Alte ließ sich mit seiner Antwort Zeit. Viel Zeit. Soviel, dass sie schon dachte, er würde nicht mehr antworten.

"Zwei ungeklärte Todesfälle innerhalb einer Woche. Zuerst stirbt oben auf der Burg der gute John Ferris und dann ereilt es die Potters in ihrem eigenen Haus. Niemand hat je herausgefunden, was geschehen ist."

Sie warf Harry - ebenso wie Ron - einen fragenden Blick zu. Dieser starrte zuerst zu dem Alten, dann auf seine eigenen Füße.

"Was ist damals geschehen? Wer waren diese Leute?" Sie wusste natürlich sehr wohl, wer die Potters waren, aber wer war John Ferris?

Der Alte seufzte und deutete dann an, ihm zu einer Bank vor einem der Häuser zu folgen, auf der er sich niederließ. Er wartete geduldig, bis sie sich neben ihn gesetzt hatten. Nur Harry blieb stehen.

"Das ist lange her. Sechzehn Jahre. Ich erinnere mich nicht mehr so gut, müsst ihr wissen. Aber ich will euch erzählen, was ich noch weiß.

Zuerst... Es war furchtbar. Wir hatten Ende Oktober und das Wetter war schrecklich. Trotzdem hatten wir Besucher im Dorf. Das hatten wir das ganze Jahr über. Sie haben John gebeten, sie zur Burg zu führen und er hat es getan. Wie immer. Er führte die Besucher also hoch zur Burg und das Wetter verschlechterte sich noch weiter. Es wurde so schlecht, dass sie sich dazu entschlossen, zu bleiben."

Der Alte verschnaufte. Vielleicht wartete er auch auf Fragen, denn er beobachtete sie aus den Augenwinkeln. Tatsächlich ließ sich Ron zu einer Unterbrechung der Geschichte hinreißen. "Wer war John?"

"Ihr wohnt bei der guten Jenny McJarrod, nicht wahr? Nun, John war ihr Bruder. Ein guter Bursche mit einer viel zu großen Klappe. Er verdiente sein Geld, indem er den Gästen Godric's Castle und andere Sehenswürdigkeiten zeigte. Natürlich waren sie nur an dem alten Gemäuer interessiert, was ihn wurmte...

Jedenfalls... Wo war ich? Ach ja. Sie blieben über Nacht. Ihr müsst wissen, die Räume dort oben sind gut erhalten, dafür, dass die Burg so alt ist. Deshalb hat sich John wohl auch einen eigenen Raum gesucht und sich darin eingeschlossen. Nun, als die Besucher ihn am nächsten Morgen wecken wollten, öffnete er die Tür nicht. Schließlich brachen sie sie auf. Als sie es taten, fanden sie ihn reglos auf dem Boden liegen. Er war schon kalt und schien keine Verletzungen aufzuweisen. Aber er war ein kerngesunder Mann und die Gerichtsmediziner konnten einen Herzinfarkt und diese Sachen ausschließen."

Sie horchte auf. Das klang nach einem magischen Mord. Und anscheinend dachten Ron und Harry genauso, denn ihre Blicke verfinsterten sich fast unmerklich.

"Ein Mord in einem verschlossenen Raum also? Das ist ja sehr mysteriös..."

"Und er wurde nie geklärt, Mädchen. Genauso wenig wie der Mord an den Potters. Gut, das wurde offiziell als Unfall abgetan, doch niemand im Dorf glaubte daran."

Harry, der sich mittlerweile zu ihnen gesetzt hatte, erhob sich bedächtig und schritt vor ihnen auf und ab. Bisweilen warf er ihr, Ron und dem Alten skeptische Blicke zu.

"Erzählen sie es uns, Sir?"

Er nickte bedächtig und wandte sich ihr zu, anstatt weiter Harrys Weg mit den Augen zu folgen. "Sicher, mein Mädchen, sicher." Bedächtig nahm er die Pfeife aus dem Mund und starrte in die Ferne.

"Es war am Tag, nachdem man Johns Leiche fand. Der Sturm hatte kaum abgenommen und das ganze Dorf war in Aufruhr. Und dann starben die Potters. Aber es begann schon eine ganze Weile vorher. Sie waren plötzlich einfach verschwunden. Und nicht nur sie: ihr gesamtes Haus mit ihnen. Es war gerade so, als hätten sie nie hier gelebt. Dann, am 1. November, war das Haus plötzlich wieder da. Es war nicht viel mehr als eine Ruine. Als es ein paar Dorfbewohner schließlich betraten, fanden sie die Leichen von James und Lily. Die selben Anzeichen wie zuvor bei John. Kerngesund und dennoch tot. Doch das auffälligste war: Ihren Sohn, den kleinen Harry, hat man nie gefunden."

Natürlich hat man es nicht. Denn ihr Sohn läuft vor uns auf und ab, als hätte man ihn mit einen Lauf-Fluch verhext., dachte sie giftig, doch sie schwieg.

Der Alte hatte sich seine Pfeife wieder in den Mund gesteckt und folgte wieder Harrys Weg. Ron tat es ihm gleich und schien durch die Schleifen, in denen der Schwarzhaarige marschierte, wie hypnotisiert. Sie stieß ihm sanft ihren Ellenbogen in die Seite und konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.

Die Haustür neben der Bank, auf der sie saßen, öffnete sich und eine Frau sah heraus. "Hier bist du schon wieder. Das Essen wird kalt, Pa. Oh, du hast Besuch?"

"Nur ein paar junge Leute, denen ich ein paar Geschichten erzählt habe. Essen ist fertig?" Er erhob sich sachte und schritt langsam zur Tür. Bevor er im Inneren des Gebäudes verschwand, wandte er sich ihnen noch einmal zu.

"Ich bin übrigens Joel Ducour. Kommt vorbei, wann immer ihr mögt." Damit war er im Haus verschwunden und die Tür geschlossen.

Sie sah ihm verwirrt nach, dann wandte sie sich ihren Freunden zu. Harry hatte inne gehalten und schaute ebenfalls zur Tür, Ron erwiderte ihren Blick und zuckte mit den Achseln.

"Interessante Geschichte, nicht wahr?"

Ron wandte seinen Blick von ihr ab und sah zu Harry. "Ich dachte, wir kennen mittlerweile... Nun ja... Deine Geschichte."

Der Schwarzhaarige drehte sich zu ihnen um lächelte gequält. "Ich weiß. Ich dachte eigentlich auch eher an die Geschichte über diesen John. Ich denke, wir sollten dem alten Schloss einen Besuch abstatten. ...Aber nicht jetzt. Wir haben schließlich noch ein paar Tage hier."

"Mrs McJarrod wird von dieser Idee nicht erfreut sein. Schließlich ist es ihr Bruder gewesen, der dort gestorben ist. Aber wo sollen wir dann gehen? Zum Haus deiner Eltern?"

Er schüttelte auf ihre Frage hin bedächtig den Kopf. "Noch nicht. Vorher ... möchte ich zum Friedhof."
 

Zur selben Zeit drei Ortschaften weiter (Grafschaft Scottish Borders, Schottland)

Er stand auf einem Hügel am Ortsrand und schaute zurück. Die letzten Wochen hatte er hier verbracht. Die ersten Tage ohne Bewusstsein und noch dazu schwer verletzt, doch mit der Zeit war es ihm immer besser gegangen und zwar nicht nur körperlich. Die Erinnerung an den Tod seiner Eltern schmerzte noch in seiner Seele, doch dieses dröhnende Gefühl der Hilflosigkeit und Angst war gewichen. Er hatte immer noch keine genaue Vorstellung, von dem, wie sein Leben, so kurz es auch sein mochte, verlaufen würde, aber immerhin sah er nun wieder einen Weg vor sich, der hinaus aus der Dunkelheit führte und er wusste, dass er diesen Weg beschreiten würde, egal, wie holprig und verschlungen er auch sein mochte.

"Bist du sicher, dass du gehen möchtest?"

Lianne stand neben ihm. Sie war es gewesen, die ihn gefunden hatte, mehr tot als lebendig, draußen in der Heidelandschaft. Als er sie zum ersten Mal gesehen hatte, hatte er sie für einen Engel gehalten. Natürlich war sie keiner. Im Nachhinein hatte er erkannt, dass ihr Haar nicht blond, aber hellbraun war und ihre Stimme doch keinen glockenklaren Klang hatte. Eigentlich war sie eine ganz normale Muggelfrau. Es hatte ihn überrascht, wie herzlich sie mit ihm umging, auch, nachdem er ihr seine Geschichte erzählt hatte. Vielleicht war es diese Herzlichkeit gewesen, die ihm seinen neuen Weg eröffnet hatte.

"Ja. Ich danke dir für alles, was du für mich getan hast, aber ich muss gehen. Leb wohl."

Sie nickte nur.

Er sah noch einmal zu ihr und ihrem Dorf zurück, dann disapparierte er.

Fast im selben Moment erschien er in London, in einer dunklen Gasse. Er rückte seine Kleidung zurecht, denn er hatte sie von Lianne einen Schal und einen Mantel mit Kapuze, die ihrem Vater gehörten, geliehen, und beides tief ins Gesicht gezogen. Natürlich war das vornehmlich deswegen geschehen, weil niemand ihn erkennen durfte, aber es hatte noch einen anderen Vorteil: Die Maskerade schützte ihn vor Regen - und es goss in Strömen.

Nachdem er einmal tief durchgeatmet hatte, trat er hinaus in die verlassene Straße. Nicht verwunderlich, dass er niemanden sah, bei dem Wetter.

Sein Weg war nicht weit. Kurzerhand verschwand er in einen Pub mit dem Namen "Tropfenden Kessel", hastete hindurch, ohne auf die Anwesenden genauer einzugehen und öffnete das Portal zur Winkelgasse.

Auf der anderen Seite - der magischen Seite - sah es ebenso trist aus, wie auf der Muggelstraße, von der er gekommen war. Mit einem letzten Gebet, dass man ihn bitte nicht erkennen möge, trat er auf die fast menschenleere Straße.

Seit seinem letzten Besuch hatte sich nicht viel verändert und wenn, dann nur zum Schlechten. Noch mehr Läden waren geschlossen worden, die Schaufensterscheiben mit Brettern zugenagelt. Von anderen Scheiben leuchteten violette Ministeriumsplakate, die allerlei Vorsichtsmaßnahmen Todessern gegenüber verbreiteten, und wieder andere zeigten Steckbriefe bekannter Todesser. Von dem Plakat, welches ihm am nächsten war - er stand neben Flourish & Blotts - starrte ihm sein eigenes Gesicht entgegen, launisch und voller Hohn.

Nun, vom Hohn war nicht mehr viel bei ihm übrig geblieben. Viel zu sehr hatten die Morde an seinen Eltern, die Flucht und die anschließende Pflege durch eine Muggelfrau ihm die Augen geöffnet. Erschöpft, allein durch seine Gedanken, lehnte er sich gegen das Plakat und ließ den Kopf hängen.

Nach einer Weile sah er auf. Im Glas neben seinem Steckbrief erkannte er zwei Gestalten, die er nicht zu sehen vermutet hätte. Natürlich. Die beiden waren - im Gegensatz zu ihm - weiterhin Hogwartsschüler. Vermutlich erledigten sie ihre Einkäufe. Einen Augenblick zögerte er und sah den beiden Jungen aus den Augenwinkeln hinterher. Dann stieß er sich von seiner Lehne ab und machte sich auf seinen Weg.

Ruine der Kindheit

A/N: Habe nur ich das Gefühl, dass die Kommentare weniger werden? Nicht, dass ich kommigeil wäre ... ich bin nur Kommigeil. :)
 

@ Cheyls: Blubb eben. ;)
 

@ Sitamun: Alles geklärt :)
 

@ Laluna: Jaah~ der Sohn kommt jetzt, sofort und gleich - d.h. bald. ^.~
 

@ Rest: Wenn ihr nur quietscht - worüber ich mich natürlich trotzdem freue - kann ich hier keine Antworten hinschreiben. Stellt mir ruhig fragen. Sofern mir der Plot keine Beine stellt, werde ich sie gerne beantworten...

Und ich kann auch nur Antworten, wenn ihr mir überhaupt Kommis schreibt. Logisch, oder?
 

mfg

NIX
 

18. August (Godric's Hollow, Grafschaft Scottish Borders, Schottland)

Die Kirche erhob sich imposant vor ihnen, vermutlich stammte sie aus derselben Zeit, wie die Burg, und schützend legte sich der Friedhof um sie. Sie hatte Ron zurückgehalten, als dieser Harry hatte folgen wollen. Der Schwarzhaarige würde es sie schon wissen lassen, wenn er ihre Anwesenheit wünschte.

So stand sie nun mit Ron vor der Kirche und schaute hinauf, zu dem alten, steinernen Gebäude.

"Kaum zu glauben, was Muggel alles fertig bringen.", flüsterte der Rothaarige neben ihr beeindruckt.

"Ich glaube nicht, dass sie dieses Gemäuer allein errichtet haben. Genauso wenig, wie die Burg, Ron."

Sein nun verwirrter Blick wandte sich ihr zu.

"Hast du es noch nicht bemerkt? Dieses Dorf heißt Godric's Hollow. Die Burg heißt Godric's Castle. Beide sind in etwa tausend Jahre alt, so alt wie Hogwarts. Und? Worauf lässt das schließen?"

Ron öffnete erstaunt den Mund. Sie hingegen lächelte nur und öffnete das Portal und trat ein.

Er folgte ihr auf dem Fuße. "Du meinst, Godric Gryffindor hat das erbaut? Wahnsinn!"

"Ron! Ich meine nicht, ich weiß es! Du solltest vielleicht doch einmal »Hogwarts: A History« lesen. Dort steht es nämlich drin!", erwiderte sie lachend und sah sich in dem Raum um. Ein Gang, an dessen Seiten sich je zwanzig Holzbänke aufreihten, führte nach vorn zum Altar, welcher im Licht, das durch ein beeindruckendes Rundfenster herein fiel, erstrahlte. Das ganze Gemäuer strahlte eine unbeschreibliche Ruhe und Geborgenheit aus, was vielleicht auch an der Magie lag, mit der es erbaut worden war.

"Ich wusste nicht, dass Zauberer vergangener Zeiten sonderlich an der Religion der Muggel interessiert waren."

Leise lachend schüttelte sie den Kopf. "Nein, ich glaube, das waren sie nicht. Zumindest nicht immer. Und was diese Kirche betrifft: Gryffindor hat sie erbaut, weil er seinerzeit der Besitzer dieser Grafschaft war. Godric's Castle war sein Wohnsitz und Godric's Hollow die Stadt, die er erbaute. Und natürlich war er auch ihr Gönner. Vermutlich hat niemand gewusst, dass er ein Zauberer war, und es gab einen Tumult, als er schließlich wenige Jahre später verschwand, um Hogwarts zu gründen."

Nach einer Minute des Schweigens schritt sie schließlich den Gang entlang und setzte sich in die vorderste Reihe. Ron folgte ihr und ließ sich auf den Platz neben ihr fallen. "Und das steht alles in »Hogwarts - A History«?"

Sie nickte versonnen. "Und in zahlreichen anderen Büchern über die Hogwartsgründer, die in der Schulbibliothek lagern. Das und noch vieles mehr."

"Du faszinierst mich immer mehr, Hermine." Im selben Moment, als er zu sprechen stoppte, schien ihm auch aufgefallen zu sein, was er gesagt hatte, woraufhin er sich schnell wegdrehte. Sie hatte längst gesehen, dass er furchtbar rot geworden war, unterdrückte jedoch ein Kichern, weil sie selbst spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. "Danke, Ron."

Sie verfielen in Schweigen und für eine Weile sprach niemand ein Wort. Dann öffnete sie das Kirchenportal erneut. Als sie sich umwandte, sah sie, wie ein junger Mann in einem schweren schwarzen Mantel eintrat, dessen aufgestellter Kragen ihm bis zur Nase reichte. Sein Haar war schwarz und sehr kurz. Er ließ sich einige Reihen hinter ihnen auf der anderen Seite des Ganges nieder und starrte nach vorn zum Rundfenster. Auch Ron hatte sich zu ihm umgedreht, sagte aber nichts. Der Mann selbst schien sie nicht einmal bemerkt zu haben.

Im selben Moment trat auch Harry ein und gesellte sich zu seinen Freunden, auf Höhe des Mannes hielt er kurz inne, sagte jedoch nichts.

"Ich bin fertig. Lasst uns gehen."

Sie nickte lediglich und erhob sich. Ron an ihrer Seite tat es ihr gleich. Gemeinsam schickten sie sich an, die Kirche zu verlassen, doch auf gleicher Höhe mit dem Fremden war, blieb sie stehen und musterte ihn kurz. Von weitem hatte sie nicht gemerkt, wie jung er eigentlich wirklich war. Doch was sie noch mehr verwunderte, waren seine strahlend grünen Augen und sein wissendes Lächeln, als er aufsah, und das Gefühl, ihn von irgendwoher zu kennen. In dem Moment hörte sie Ron nach ihr rufen und eilte ihren Freunden hinterher.

Nachdem sie das Friedhofstor hinter sich gelassen hatten, sah sie auf die Uhr. Verblüfft stellte sie fest, dass es bereits Nachmittag war.

Einen kurzen Stopp im örtlichen Gasthaus und eine Mahlzeit später machten sie sich auf den Weg zum Haus, welches früher einmal Harrys Zuhause gewesen war.

Es dauerte eine knappe Stunde, bis sie es endlich fanden, genauer das, was davon noch übrig war. Die Ruine befand sich an einem der Feldwege, die von Dorf wegführten, ziemlich weit vom Rest des Dorfes entfernt. Hätten sie nicht eine alte Einwohnerin gefragt, sie hätten noch weitere Stunden danach gesucht.

Aber nun lag das zusammengefallene Gebäude vor ihnen. Einstmals musste es groß gewesen sein, mit zwei Etagen, doch davon war nicht mehr viel übrig. Die eine Hälfte wirkte wie weg gesprengt und kein Stein lag mehr auf dem anderen. Der Rest sah einfach nur baufällig aus, alles war mit Efeu und wilden Kräutern und Sträuchern überwuchert.

"Willkommen zu Hause, würde ich sagen.", murmelte Harry und legte seine Hand auf die Klinke des Gartentors.

Die drei Freunde tauschten einen Blick, dann öffnete Harry die Tür zum Garten und trat ein.

Früher einmal musste es ein gepflegter Garten gewesen sein und hier und dort erkannte man noch so Etwas wie Gartenmöbel und Dekorationsgegenstände. Auf halber Höhe zum Haus raschelte etwas im Strauch neben ihr und sie schrak zusammen, als ein Gartengnom irre giggelnd an ihr vorbei wetzte. "Scheint, als wäre Mum nicht die Einzige mit diesen unliebsamen Gesellen im Garten.", flüsterte Ron und sah der Kartoffel auf zwei Beinen hinterher.

Währenddessen hatte Harry sich dem Haus selbst zugewandt. Die Tür zum noch stehenden Teil schien bereits vor langer Zeit aus den Angeln gefallen zu sein und er trat ohne zu Zögern ein. Nachdem sie mit dem Rothaarigen einen Blick getauscht hatte, folgten sie ihm.

In der Wand zu ihrer Rechten klaffte ein riesiges Loch, durch das wilde Pflanzen hereinwucherten, und links von ihr führte eine marode Holztreppe, die bereits einige Stufen verloren hatte, ins obere Stockwerk.

"Scheint, als könnten wir es uns abschminken, dort oben suchen zu wollen."

Harry nickte seinem Freund zu und ging durch die nächste offen stehende Tür in einen Raum, der wahrscheinlich einmal die Küche gewesen war und in deren einer Ecke sogar noch ein paar alte, halb verrostete Kessel standen. Auch hier wucherten Pflanzen durch die Fenster, die schon vor Jahren ihr Glas verloren hatten. Doch irgendetwas erschien ihr komisch. Es war nicht das Aussehen des Raumes, sondern ein Geräusch, das einfach nicht hierher passen wollte. Sie horchte genauer hin. Tatsächlich. Da war etwas.

"Hört ihr das auch?"

Beide Jungen sahen zu ihr und schüttelten den Kopf, lauschten dann aber. Nun, da auch ihre Begleiter ruhig waren, konnte sie es genau hören und auch Harry schien zu verstehen, was sie meinte. Es schien ein Wimmern zu sein. Sie versuchte, es zu orten und zog so leise wie möglich ihren Zauberstab aus der Tasche. Dann ging sie zu der halb geöffneten Tür, hinter der sie das Wimmern vermutete, und stieß sie auf.

Sie konnte im finsteren Dämmerlicht, das durch die Decke fiel, nicht viel erkennen. "Lumos!" An der Spitze ihres Stabes leuchtete ein Licht auf. Nun erkannten sie - Ron und Harry waren ihr gefolgt -, dass in der Mitte des Raumes, der früher vermutlich als Abstellkammer seinen Dienst getan hatte, ein riesiges Loch klaffte, gerade so, als wäre der Boden unter dem Gewicht von irgendjemandem oder irgendetwas zusammengebrochen. Tatsächlich schienen die Geräusche aus diesem Loch zu kommen. Vorsichtig beugte sie sich über den Abgrund und leuchtete mit ihrem Zauberstab hinein. Doch erst, als Harry und Ron ebenfalls ihre Zauberstäbe in Taschenlampen umwandelten und zu dem ihren hielten, konnte sie erkennen, dass dort unter dem Schutt etwas lag.

"Ist dort jemand?"

Für einen Moment blieb Harrys Frage unbeantwortet, dann erklang ein leises "Hallo?" von unterhalb des Loches. Ein sehr junges Gesicht, vermutlich das eines Kindes, sah zu ihnen auf. "Helft mir!"

Sie zögerte einen Augenblick und entfernte sich von dem Loch. Ron und Harry folgten ihr unsicher, Ron immer noch ins Dunkle unter ihm starrend.

"Schätze, wir haben Jason gefunden.", flüsterte Harry und sah sich anscheinend nach eine Möglichkeit um, ins untere Geschoß zu gelangen.

"Geht nicht weg! Bitte!"

Die Blicke der Drei wandten sich wieder dem Abgrund zu. "Ron? Du redest mit ihm. Versuche ihn zu beruhigen. Harry? Wir suchen eine Treppe nach unten. Vielleicht gibt es eine Falltür oder sowas..."

Zu ihrer Überraschung folgten die Jungen ihren Anweisungen sofort. Kurz darauf konnte sie hören, wie Ron hinter ihr beruhigend mit dem Loch sprach, während Harry in die Küche zurückgegangen war und dort nach einem Weg nach unten suchte und sie es ihm in der Abstellkammer gleich tat. Allerdings konnte sie nichts entdecken und Harry schien ebenfalls erfolglos zu sein, da er bisweilen leise fluchte. So beschäftigt dauerte es eine Weile, bis sie merkte, dass Ron mit ihr sprach und sie von dem Regal, vor dem sie stand, abließ und sich zu ihm umdrehte.

"Hermine? Hörst du mir endlich zu? Dort hinten." Er deute in die hinterste Ecke des Raumes, auf den Boden, der von einem Regal bedeckt war. Bereits halb angekommen nickte sie ihm zu. Tatsächlich fand sie eine Vertiefung, die sehr nach einer Falltür aussah. Nur wie das Regal bewegen? Zuerst schwach, dann mit mehr Kraft versuchte sie, es beiseite zu schieben, ohne Erfolg. Doch plötzlich bewegte es sich von allein. Überrascht sah sie auf und zu Ron, der das Regal mit seinem Zauberstab dirigierte. Sie grinste leicht und wartete, bis der Rotschopf mit der Arbeit fertig war. Mittlerweile war auch Harry wieder zurückgekehrt, erfolglos. Auch er wartete, bis das Regal die Falltür freigegeben hatte, dann öffnete er sie mit einem kräftigen Ruck. Doch als er hinuntersteigen wollte, hielt sie ihn zurück.

Mit den Worten: "Ich bin leichter als du." drängte sie sich an ihm vorbei und schritt vorsichtig die Treppe, die in einem überraschend guten Zustand war, hinunter. Unten angekommen ging sie sofort auf den Jungen zu, der halb unter Schutt begraben war und sich anscheinend nicht selbst befreien konnte. In diesem Moment störte es sie wenig, dass sie noch immer ihren Zauberstab als Lichtquelle benutzte, zumal sie bezweifelte, dass der Kleine das momentan überhaupt realisieren würde.

"Bist du Jason McJarrod?"

"Ja." Unglaubliche Erleichterung lag in seiner Stimme. "Hilfst du mir?"

Sie nickte und kniete neben ihm nieder. Hinter ihr kam auch Harry nun die Treppe hinab.

"Tut dir etwas weh?"

"Mein Arm. Mein Arm tut weh."

Sie wechselte einen Blick mit Harry, der sich sofort daran machte, den Schutt von ihm hinunterzuräumen, jedoch nach kurzer Zeit aufgab. "Das hat keinen Sinn. Die Trümmer sind zu schwer." Sein Augenmerk richtete sich auf ihren Zauberstab, ehe er sie fragend ansah. Zögernd nickte sie und wandte sich wieder Jason zu. Vorsichtig strich sie über seinen Haarschopf, während Harry neben ihr den Zauberstab auf die einzelnen Trümmer richtete und fortwährend "Wingardium Leviosa!" murmelte und Jason ihn dabei so gut er konnte aus dem Augenwinkel beobachtete.

Binnen kürzester Zeit hatte der Schwarzhaarige seine Arbeit verrichtet und kniete sich neben Hermine. Jason sah ihn mit großen Augen an. "War das... Magie? War das echte Magie?"

"Ja." kam es von ihr, während Harry gleichzeitig "Nein!" sagte und sie anschließend verwirrt ansah.

"Krass!", entfuhr es dem Jungen, der sich mittlerweile aufgerappelt hatte.

"Besser, du vergisst diese Szene ganz schnell wieder, Jason. Aber wie kam es eigentlich dazu, dass du hier unter eine Schuttlawine begraben wurdest?"

Der Blick des Jungen vertrübte sich sofort und er starrte ins Leere. "Also hat euch Clark nicht geschickt?"

"Wer ist Clark?", fragten beide Jugendliche gleichzeitig, woraufhin Jason sie fassungslos anstarrte und ihnen erzählte, dass er mit seinem besten Freund Clark in der Ruine der Potters gespielt hatte und dann durch den morschen Boden gebrochen war. Er hatte seinen Freund darum angefleht, Hilfe zu holen und er war daraufhin verschwunden und nicht zurückgekehrt. So hatte er die ganze Nacht in seinem dunklen und feuchten Gefängnis verbracht. Nachdem er geendet hatte, brach er in Tränen aus und vergrub sein Gesicht in Hermines hilfreicher Schulter, während sie ihm tröstend über den Rücken strich.

Erst als sie Rons Stimme aus der Etage über ihnen hörten, schreckten sie aus ihrer Starre. "Hey! Alles in Ordnung da unten?", rief der Rotschopf und leuchtete mit seinem Zauberstab ins Loch.

Hermine nickte - was Ron in der Finsternis selbstredend nicht sehen konnte - und antwortete. "Ja Ron. Wir kommen gleich hoch." Etwas leiser und an Jason gewandt fragte sie: "Zeigst du mir deinen Arm?"

Der Junge nickte, wischte sich mit der unverletzten Hand die letzten Tränen aus dem Gesicht und hielt ihr anschließend tapfer seinen linken Arm hin. Sie besah ihn sich nur kurz und wusste, dass er gebrochen war. Harry, der im Licht seines Zauberstabes über ihre Schulter spähte, schien es ebenfalls zu erkennen. Ein: "Ach, was solls!" murmelnd kniete er sich neben Jason. "Halt ganz still. Das haben wir gleich." Der Junge gehorchte ohne Widerworte, als Harry seinen Zauberstab auf den verletzten Arm richtete und "Episkey!" sagte. Einen Moment verzog Jason schmerzverzerrt das Gesicht, dann jedoch begutachtete er seinen Arm und bewegte ihn vorsichtig. "Danke!"

"Woher hast du den?", flüsterte sie Harry ungläubig zu, doch der grinste nur. "Tonks. Kommt jetzt. Sonst ruft unser Ron noch nach Hilfe."

Alle drei erhoben sich und gingen vorsichtig die alte Treppe nach oben.

Altertum und Nachwuchs

A/N: Endlich bin ich mal einigermaßen pünktlich. :)
 

@ -Dark_Angel-: Erwarte keine große Romanze in dieser FF, du würdest enttäuscht werden. ^^;;;
 

@ Sitamun: Immer gerne, aber nicht oft.
 

@ Yuukzuki: 1. Die Kapitel werden nicht länger, sie bleiben zwischen 2000 und 3000 Wörtern und 2. Jetzt.
 

@ Chelys: Bei Merlin, bist du eine aufmerksame Beta.
 

@ ChinChila: Tut mich traurig, aber Clark ist definitiv nicht tot. ^^;;;
 

mfg

NIX
 

18. August (Godric's Hollow, Grafschaft Scottish Borders, Schottland)

Als sie das Tageslicht zurück hatte, hatten sie festgestellt, dass Jason noch mehrere kleinere Verletzungen davongetragen hatte, aber sie beließen es dabei. Sie machten sich - nach kurzem Widerspruch seitens Jasons, der wohl ein noch schlimmeres Unglück erwartete, als seinen Absturz und die Nacht im Keller - zurück zu Mrs McJarrods Haus. Es war bereits später Nachmittag, als sie ihr momentanes Heim erreichten und nach kurzem, anscheinend ungehörtem, Klingeln eintraten. Doch kaum waren sie im Inneren, wurde Jasons Albtraum wahr. Seine Mutter hatte ihr Klingeln anscheinend doch gehört und trat durch die Tür auf der anderen Seite des Flures in den Raum. Als sie ihren Sohn erblickte stieß sie einen spitzen Schrei aus und einen Moment später schloss sie ihn, mit Freudentränen in den Augen, in die Arme. Hermine tauschte mit Ron und Harry einen allessagenden Blick und stimmte in ihr Lächeln ein.

"Was machst du nur immer für Sachen!", flüsterte sie mit unendlicher Erleichterung in der Stimme, doch der Elfjährige schreckte zusammen, als hätte sie ihn angeschrieen.

"Tut mir Leid, Mum. Ich wusste doch nicht, dass der Boden nachgibt!", flüsterte er leise.

Sie sah auf und etwas sehr Mrs Weasleyhaftes lag in ihrem Blick. "Du warst wieder in der Ruine spielen?! WIE OFT HABE ICH DIR GESAGT, DASS ES DORT GEFÄHRLICH IST! WIE OFT?"

Man konnte regelrecht mit ansehen, wie der Junge in sich zusammenschrumpfte. Sie sah kurz auf zu Harry und Ron. Letzterer grinste, anscheinend erleichtert, dass ausnahmsweise nicht er die Gardinenpredigt erhielt, und gleichzeitig mitleidig.

"Es tut mir doch Leid, Mum! Und ich war doch nicht alleine dort. Clark war bei mir."

"Und wo ist Clark jetzt?"

"Weggelaufen."

Jason ließ unter dem strengen Blick seiner Mutter den Kopf hängen. Mrs. McJarrod sah ihn noch einen Blick finster an, dann drückte sie ihn erneut fest an sich.

"Tu das nie wieder, hörst du?", flüsterte sie und strich ihm über den Haarschopf, doch das, was Harry ihren Worten hinzufügte, hörten nur Ron und Hermine. "Und such dir bessere Freunde."
 

Eine halbe Stunde später saßen sie im Wohnzimmer der Familie McJarrod und erzählten der überglücklichen Mutter die ganze Geschichte, während sie ihren Sohn immer wieder fest an sich drückte.

"...und dann hat er", Jason deutete auf Harry, "die Trümmer weggezaubert!"

Alle vier Erwachsenen erstarrten augenblicklich. Mrs McJarrod fand sich als erste wieder. "Magie? Jason, mach dich nicht lächerlich..."

Weiter kam sie nicht, denn ihr Sohn ergriff erneut das Wort. "Aber du hast doch den Brief gelesen!"

"Der Brief war ein schlechter Scherz, Jason!", erwiderte sie harsch, doch er schien ihr gar nicht zuzuhören.

"In dem Brief stand, ich sei ein Zauberer! Und Harry ist auch einer! Ich habe es gesehen! Er hat meinen gebrochenen Arm geheilt!"

Mrs McJarrod schüttelte nur ungläubig den Kopf und warf ihren Gästen entschuldigende Blicke zu. Noch ungläubiger wurde ihr Blick allerdings, als Hermine die Stimme erhob.

"Es stimmt. Harry ist ein Zauberer. Und Ron und ich auch." Es hatte keinen Sinn mehr zu lügen, außerdem hatte Jasons Worte sie neugierig gemacht. "Aber von welchem Brief redest du, Jason?"

Der Junge strahlte, als sie seine These untermauerte, während Ron und Harry die Gesichtszüge entglitten. Er zog einen zerknitterten bereits geöffneten Umschlag aus seiner Hosentasche und reichte ihn ihr. Sie zog das Pergament heraus und entfaltete es.
 

HOGWARTS-SCHULE FÜR HEXEREI UND ZAUBEREI
 

Schulleiterin: Minerva McGonagall
 

Sehr geehrter Mr. McJarrod,

wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie an der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei aufgenommen sind. Beigelegt finden Sie eine Liste aller benötigten Bücher und Ausrüstungsgegenstände.

Das Schuljahr beginnt am 1.September. Wir erwarten Ihre Eule spätestens am 18. August.
 

Mit freundlichen Grüßen
 

Pomona Sprout

Stellvertretende Schulleiterin.
 

Sie las den Brief mehrmals und stoppte erst, als sie Mrs McJarrods Stimme hörte, achtete jedoch nicht darauf und wandte sich an Harry und Ron, die über ihre Schulter mitgelesen hatten. "Sie scheinen das Datum für die Anmeldung nach hinten verlegt zu haben."

"Vielleicht hoffen sie, dass sich dadurch mehr Eltern dazu entscheiden, ihre Kinder auch dieses Jahr hinzuschicken.", murmelte Harry gedankenverloren.

"Das heißt... der Brief ist kein Scherz? Mein Sohn ist ein... Zauberer? Und ihr auch?"

Hermine nickte synchron zu den anderen beiden, doch die Frau schien immer noch nicht überzeugt und setzte zum Protest an, doch Hermine hob ihren Zauberstab. "Avis!" Auf diese Worte hin erschienen ein paar Kanarienvögel und flatterten aufgeregt durch den Raum.

Mrs McJarrod schlug aus lauter Überraschung die Hände vor den Mund, doch ihr Sohn schien den Zauber toll zu finden.

"Unfassbar! Einfach... unfassbar..."

"Also, Mum? Darf ich hin?"

Sie sah zu ihm, dann zurück zu ihren drei Gästen. Harry nickte. "Wir gehen auch noch nach Hogwarts. Wir passen auf ihn auf, wenn sie wollen."

Für diese Worte fing er sich einen ungläubigen Blick von seiner besten Freundin ein, sagte jedoch nichts weiter. Mrs McJarrod nickte zustimmend. Anscheinend war sie ein sehr viel einsichtigerer Muggel, als die gesamte Familie Dursley zusammen.

"Dann solltet ihr euch allerdings beeilen und ihnen eine Eule schicken, denn sie erwarten die Zusage noch heute.", nuschelte Ron gedankenverloren. Dann schien ihm einzufallen, dass die McJarrods gar keine Eule hatten und sprintete aus dem Zimmer, um kurz darauf mit Pig zurückzukehren.
 

19. August 1997 (Godric's Hollow, Grafschaft Scottish Borders, Schottland)

Sie hatten am vergangenen Abend noch viel geredet. Hauptsächlich über Magie, denn Jason sog jedes Fitzelchen an Information in sich auf wie ein ausgetrockneter Schwamm. Mit Details über Voldemorts Schreckensherrschaft hatten sie sich allerdings zurückgehalten. Nachdem Jason ins Bett geschickt worden war, hatten sie mit seiner Mutter weiter geredet. Bis weit in die Nacht. Dementsprechend schlecht kam sie am darauf folgenden Morgen aus den Federn. Sie hatte sich extra einen Wecker gestellt, um nicht zu verschlafen, denn sie wollten hinauf nach Godric's Castle. Müde streckte sie sich, ging dann ins Bad und machte sich bereit. Anschließend klopfte sie an die Zimmertür von Ron und Harry, um die beiden Schlafmützen zu wecken. Der Schwarzhaarige öffnete ihr schließlich die Tür. Sein rabenschwarzes Haar war noch zerzauster, als sonst und er schien mehr schlafend als wach.

"Morgn.", nuschelte er.

"Morgen Harry. Würdet ihr es euch zutrauen, aufzustehen?"

Nickend schloss er die Tür wieder und sie hoffte inständig, dass er sich nicht einfach wieder hinlegen würde. Trotz der Zweifel ging sie hinunter ins Erdgeschoss, wo Mrs McJarrod gerade das Frühstück vorbereitete.

"Guten Morgen Hermine.", lächelte sie und stellte eine Kanne mit dampfenden Tee auf den Tisch.

Hermine erwiderte den Gruß. "Guten Morgen Mrs Mc... Jenny." - Mrs McJarrod hatte ihnen am Abend zuvor das Du angeboten - "Wo ist Jason?"

Die Ältere lachte. "Schläft wie ein Stein. Die letzten zwei Tage waren zu viel für ihn. Lassen wir ihm Zeit, sich zu erholen."

Sie nickte versonnen und schnitt sich ein Brötchen auf. Im selben Moment polterten zwei paar Füße die Treppe ins Erdgeschoss hinunter und kurz darauf standen Harry und Ron in der Küche. Schweigend - es war anscheinend noch immer nicht ihre Zeit - setzten sie sich und frühstückten.

Sofort nach dem Frühstück verabschiedeten sie sich von ihrer Gastgeberin und brachen auf. Die Sonne stand noch nicht hoch am Himmel, es war vielleicht um Acht.

"Müssen wir wirklich schon so früh los? Die Burg läuft uns nicht weg!", jammerte Ron, als sie die Hauptstraße entlang durch Godric's Hollow gingen.

"Die Burg nicht, aber Zeit und Wetter. Wie du dich erinnern kannst, haben wir uns gestern Abend dazu entschlossen, Hogwarts wieder zu besuchen, was heißt, dass wir nur noch knappe zwei Wochen haben, um unsere Aufgabe hier zu erledigen. Wer weiß, wie lange das Wetter noch so schön bleibt, wie jetzt? Es wurden die ersten Stürme angesagt und dann wird es schwer, noch zur Burg vorzudringen. Außerdem müssen wir noch mit Jason in die Winkelgasse und unsere Hausaufgaben erledigen."

"Ganz zu schweigen von den Nachforschungen über die verbliebenen Horkruxe."

So von Hermine und Harry zugetextet, schwieg er schließlich und schaute hinauf zu der Burg, die sich gewaltig vor ihnen auftürmte.

Fortan liefen sie schweigend und bald schon wurde der Aufstieg beschwerlich, beschwerlicher, als sie erwartet hatten und zu beschwerlich, um noch Energie aufs Reden zu verschwenden. Wenn man in den Südwesten schaute, sah man bereits, wie sich am fernen Horizont dunkle Gewitterwolken auftürmten und sie würden von Glück reden können, würden sie noch am selben Tag trockenen Fußes wieder bei Jenny McJarrod ankommen.

Schließlich lag Godric's Castle vor ihnen. Imposant reihten sich finstere Türme aneinander und vereinnahmten den Blick der Besucher für sich. Die gesamte Burg war mit Bäumen, Büschen und Sträuchern umwuchert und irgendeine Pflanze verströmte ihren betörenden Duft.

"Das ist noch größer, als es von unten aussah!", murmelte der Rothaarige beeindruckt, als er seinem besten Freund ins Innere folgte. Sie lächelte nur. Es war schon verblüffend, wie schnell Ron doch zu beeindrucken war.

Nachdem Harry das Tor mit einem Zauber geöffnet hatte, traten sie in den Innenhof. Zahlreiche wilde Kräuter wuchsen hier, geordneter, als sie es erwartet hätte. Einige erkannte sie sogar aus Kräuterkunde oder Büchern wieder, darunter nicht wenige sehr seltene. Doch ihre Begleiter interessierte das wenig. Sie wandten sich sofort dem Eingangsportal zu und stießen es auf. Ins innere des Raumes fiel nur durch einige kleinerer Fenster Licht, doch trotzdem konnte man den verblassten Reichtum noch erkennen. An den Wänden hingen riesige purpurne Wandteppiche, die mit einem goldenen Löwen bestickt worden waren und es zweigten zu jeder Seite zwei Gänge ab. Vor ihnen lag eine Treppe, die vermutlich in den Thronsaal führte. Nach einem kurzen Blickwechsel folgte sie den beiden Jungen hinauf. Ihre Vermutungen wurden bestätigt, es handelte sich tatsächlich um eine Art Saal, an dessen Kopfseite ein imposanter Thron stand. Als sie näher ging, konnte sie sogar die Initialen GG erkennen, die in den Bezug gewebt waren. Alles wirkte staubig. Äußerst staubig. Aber aus irgendeinem, ihr unerfindlichen Grund, für sie nicht staubig genug, obwohl man ihre Fußspuren auf dem Boden sehr deutlich erkennen konnte.

Sie spähte durch eines der Fenster hinaus. Die ersten Wolken hatten sie erreicht und es würde nicht mehr lange dauern, bis das Gewitter losbrach. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, heute zur Burg zu gehen...

"Hermine? Kommst du? Mittagessen."

Sie wandte sich um und setzte sich zu Harry und Ron in den benachbarten Raum - vermutlich einstmals der Speisesaal - auf einen sehr staubigen Stuhl und nahm das Lunchpaket, das Ron ihr entgegen hielt. Keiner redete ein Wort, denn viel zu sehr hatte der Aufstieg sie erschöpft.

Nach ihrem schweigenden Mahl setzten sie ihre Erkundungstour fort. Sie sahen mehrere Gemächer, wahrscheinlich die Gryffindors und seiner engsten Vertrauten, und immer wieder glaubte sie, dass etwas nicht stimmte, einfach falsch war. Doch dieses Gefühl schob sie beiseite. Der Sturm war mittlerweile über sie hereingebrochen und klang wie die schlimmsten Orkane, die je über Hogwarts gewütet hatten. Eigentlich machte ihr diese Art von Wetter nichts aus, doch dieser bereitete ihr Unbehagen, weshalb sie näher zu Harry und Ron aufschloss.

Zum x-ten Mal stieß Harry eine Tür auf und spähte hinein. Ihr Blick hingegen blieb auf dem Rahmen kleben.

"Seht mal!" Sie deutete auf die Stelle, die ihr aufgefallen war. Anscheinend hatte einmal Absperrband am Türrahmen geklebt, denn noch immer waren Reste davon erkennbar.

Harry besah es sich genauer und nickte ihr zu. "Anscheinend haben wir den Ort von John Ferris letzter Nacht gefunden. Wir sollten uns genauer umsehen."

Gesagt, getan. Sie nahmen jedes Fitzelchen, jedes Eckchen unter die Lupe, doch sie fanden nichts Ungewöhnliches. Nichts wies mehr darauf hin, dass in diesem Raum jemand gestorben war, nichts, bis auf die Markierungen auf dem Boden, wo die Leiche gelegen hatte.

"Wer immer hier war und John Ferris ermordet hat, er hat es gründlich getan."

Sie und Ron wandten sich dem Dritten zu, der gerade ein altes Bett genauer unter die Lupe nahm.

Sie lehnte sich gegen die kühle Wand. "Ob es Voldemort war? Ich meine..."

Die Blicke der beiden Jungen wandten sich ihr zu. "Er wollte seinen letzten Horkrux vermutlich mit deinem Tod erschaffen, oder? Und deine Eltern lebten in Godric's Hollow, in direkter Nähe zu Gryffindors ehemaligen Wohnsitz. Wäre es nicht möglich, dass er sich hier den Gegenstand für den letzten Horkrux beschaffen wollte? Ich meine, woher bekommt man sicherer einen Gegenstand von Gryffindor, als aus dessen Burg? Oder er hatte ihn selbst hier deponiert, wo ihn vermutlich niemand finden würde. John Ferris starb in der Nacht, vor dem Tod deiner Eltern. Was ... wenn er Voldemort in die Quere kam? Vielleicht hatte er gerade einen passenden Gegenstand gefunden und dann schritt Ferris in den Raum? Von den anderen Muggeln hat er vielleicht nur nichts mitbekommen, was ihr Glück war oder er hatte wichtigeres zu tun. Er sah also Ferris, wie dieser die Tür verriegelte und tötete ihn, als dieser sich umdrehte. Dann disapparierte er, um seinen Plan noch einmal durchzugehen und in der darauffolgenden Nacht ... deine Eltern zu töten."

Während ihrer Schlussfolgerungen war sie auf und ab marschiert, doch nun hielt sie inne und sah zu den beiden Jungen. Ron starrte sie verblüfft und bewundernd an, Harry nickte nach einer Weile. "Ja, das wäre plausibel."

Ein tiefer Donner grollte wie zur Bestätigung durch die Luft.

Sir William Francis Cesar Dragonar

A/N:
 

@ Chelys: Darf ich dich Heuchler nennen? Du kennst ja die Story schon! xD
 

@ Laluna: Wir hatten schon gesprochen, denke ich. :)
 

@ Maya-chan: Ja, die gute alte Molly stand für Jenny Pate. x3
 

@ ChinChila: Da hast du Recht. :D
 

@ -Dark_Angel-: Clark hat seine Rolle gespielt und wird folglich nicht mehr vorkommen. Nicht hier, zumindest. Mal sehen. :|
 

@ Yuuzuki, Chibiusa_Ainochi, Sitamun: Danke für die Kommentare. ^^
 

@ -Dark_Angel-, Chelys, cherrri1986, Midnight_shadow, musi, Sitamun, Skyboy_Sora, The_Dark_Half, Yuuzuki: Danke für die Fanfic-Favoriten. :D
 

mfg

NIX
 


 

21. August 1997 (Godric's Hollow, Grafschaft Scottish Borders, Schottland)

In den weiteren Räumen hatten sie nichts gefunden, nur die alte Küche und die Zimmer und Halle des niederen Gesindes im Erdgeschoss. Nichts, was weiter von Interesse war. Nur die Türme und den Keller, welchem sie sich jetzt zuwandten, hatten sie noch nicht untersucht. Wenn es nach ihr gegangen wäre, sie hätte darauf verzichtet, denn der Keller war kein gewöhnlicher Keller, sondern viel mehr ein Kerker. Die Räume im ersten Flur waren alle noch normal gewesen, außer, dass sie keine Fenster hatten und das Gefühl von Falschheit sich erneut in ihr auftürmte. Sie versuchte weiterhin, es zu verdrängen, aber es fiel ihr immer schwerer und der zweite Flur im Keller verbesserte ihre Situation nicht sonderlich. Nachdem sie durch einen Raum geschritten waren, der unglaubliche Ähnlichkeit mit einem Aufenthaltsraum für Wachsoldaten hatte - an einer Mauer standen sogar noch Schwerter gelehnt, die vielleicht jedoch auch nur zu Vorführungszwecken dort deponiert worden waren - traten sie ein in einen Gang, deren schwere hölzerne Türen mit kleinen Fensterchen versehen waren, welche durch Gitterstäbe versperrt wurden. Sie spähte durch eines der Fensterchen und bereute es im nächsten Moment. Hinter der Tür verbarg sich eine Zelle, der Stein, aus dem Wände und Boden waren, war mit grünlichem Moos überwuchert und an der Wand gegenüber hingen Ketten, die so aussahen, als hätten sie ihren Zweck erfüllt und nicht nur als Dekoration gedient.

Im selben Moment schrie Ron erstickt auf. Er wandte sich ihnen zu, leicht grün angelaufen.

"Da liegt ein Skelett drin!" Mit wilden Gesten deutete der Rothaarige auf die Tür und kam erst zur Ruhe, nachdem auch Harry hineingespäht hatte und zustimmend nickte. Der Schwarzhaarige ruckte an der Tür, um sie zu öffnen, doch sie rührte sich - auch unter der Wirkung unterschiedlichster Zaubersprüche - keinen Millimeter. Anscheinend war der Zauber, welcher sie verschlossen hielt, - ein Schlüsselloch oder ähnliches gab es nicht - noch immer aktiv. Und das nach vielleicht tausend Jahren. Sie wusste, das die Burg bis ins späte sechzehnte Jahrhundert von Zauberern und Muggeln stetig genutzt wurde, doch sie bezweifelte, das Letztere überhaupt in der Lage gewesen waren, die unteren Stockwerke - sie war sich mittlerweile sicher, dass es noch mehr gab - zu betreten.

Nach einer Weile stellten sie letztendlich fest, dass keine der Türen sich öffnen ließ und folgten daraufhin dem Gang. Hinter der Eisentür führte schließlich eine Treppe hinab. Sie hatte es geahnt. Mit jedem Zentimeter, den sie weiter schritt, wurde ihr Wunsch, davon zu rennen stärker. Sie wusste, dass es keinen Sinn hatte, denn draußen wütete ein Sturm ungeahnten Ausmaßes, aber sie wollte keine Sekunde länger in dem alten Gemäuer verbringen. Trotzdem zwang sie sich dazu, mit Harry und Ron Schritt zu halten und nicht schreiend hinaus zu laufen.

Die Treppe führte zu Räumlichkeiten, deren Betrachtung sie den Jungs überließ: Folterkammern. Sie konnte sich zwar nicht selbst sehen, aber sie ahnte, dass sie nun vermutlich weiß wie Kreide war, wenn nicht gar leicht grünlich. Ron stieß soeben eine weitere Tür auf, ging den Gang hinab, öffnete erneut eine Tür und gab einen Laut der Verblüffung von sich. Sie vermutete eine weitere Folterkammer, doch sie irrte sich.

Als sie Ron folgte, erblickte sie eine Bibliothek. Eine riesige Bibliothek, deren komplettes Ausmaß sie nicht einmal erahnen konnte, da die drei winzigen Lichter an den Spitzen ihrer Zauberstäbe nicht genug Helligkeit von sich gaben.

Sie war froh, das Grauen der letzten Räume hinter sich gelassen zu haben, trotzdem versetzte ihr etwas einen Stich. Obwohl sie nicht wusste, was es war, war sie sich sicher, dass etwas ungeheuerlich schief laufen würde. Irgendetwas war furchtbar falsch. Und dann fiel es ihr auf. Der Staub. Sie hatte sich immer wieder gewundert, warum es so wenig davon gab. Und desto tiefer sie kamen, desto weniger gab es. Nun war er vollends verschwunden. Der Boden wirkte wie frisch gewischt.

"Jungs? Lasst uns von hier verschwinden."

Ron sah verschrocken auf und Harry ließ das Buch, das er soeben aus dem Regal gezogen hatte, fallen. "Was?"

"Ihr habt mich schon verstanden. Lasst... Lasst uns gehen."

Der Rothaarige setzte sich demonstrativ an einen der Stühle, nachdem er sich ein Buch herausgezogen hatte und blätterte lustlos darin herum.

"Diese Worte aus deinem Mund? Sie dich um! Das muss doch dein Paradies sein! Lauter Bücher! Vermutlich welche, von denen du nicht mal weißt, das sie existieren! Und dann willst du verschwinden?"

"Genau. Und außerdem sitzen wir eh bis morgen früh hier fest, bei dem Sturm, da draußen." Harry hatte das Buch aufgehoben und setzte sich nun neben Ron.

"Jungs! Ich bitte euch! Hier stimmt was nicht! Lasst uns gehen. Bitte."

Statt der erwünschten Antwort bekam sie nur Rons Grinsen, der sich vorbeugte und mit dem Finger auf sie zeigte. "So ist das also! Du hast Schiss! Gibs zu! Die Folterkammern haben dir den Rest gegeben und jetzt hast du Panik vor diesem Gruselschloss!" Der Dritte im Bunde grinste ebenfalls, schien sich jedoch nicht einmischen zu wollen.

"Nein! Ich... Ich weiß selbst nicht... aber... Mein Gott! Hier stimmt was nicht!"

Richtig erkannt, meine Liebe., hallte eine Stimme in ihrem Kopf. Für einen Moment spürte sie ein unangenehmes Kribbeln im Nacken, so, als würde man sie beobachten, doch als sie sich umdrehte, war nichts zu sehen.

"Hermine. Gib doch einfach zu, dass du Angst hast!"

"Ja! Die habe ich! Und ihr solltet sie auch haben!", brach es aus ihr heraus, als Ron neuerlich seinen Kommentar abgab. "Ach, macht doch, was ihr wollt! Ich gehe wieder nach oben!"

Wütend und gleichzeitig noch immer verängstigt wirbelte sie herum und stapfte den Gang entlang, vorbei an Folterkammern und Gefängniszellen, hinauf in die Eingangshalle. Mittlerweile war es draußen stockfinster, was jedoch vielleicht auch an dem Sturm lag, der unvermindert über dem Schloss tobte. Es regnete in Strömen und jeder Donner war so laut, als würde er direkt über ihr entstehen. Verlassen konnte sie das Schloss nicht, soviel stand fest. Stattdessen flüchtete sie sich in eines der Zimmer und verriegelte von innen die Tür. Anschließend richtete sie mit einem Wink ihres Zauberstabes das Bett wieder her und legte sich hinein, wo sie sofort die Bettdecke über den Kopf zog.

Wider ihrer Erwartungen und dem Donnern zum Trotz glitt sie irgendwann in einen unruhigen Schlaf.
 

Sie wusste nicht, wie lange sie geschlafen hatte, doch als sie aufwachte, war es noch dunkel. Der Sturm jedoch schien nachgelassen zu haben. Ihr Herz raste und sie fühlte den kalten Schweiß, der ihren ganzen Körper zu umhüllen schien. Noch immer hatte sie dieses unbeschreibliche Gefühl in ihrer Brust und es schien einen neuen Höhepunkt zu erreichen. Vorsichtig sah sie sich um und schrie auf, als ihr Blick sich zum Fenster richtete.

Der Mann, der sich auf das Fensterbrett gelehnt hatte, wandte sich um, noch bevor er ihren Schrei hörte. Es war zu dunkel, um ihn deutlich zu erkennen.

"Habe ich Euch geweckt? Verzeiht. Es war nicht meine Absicht."

Seine Stimme klang freundlicher und ruhiger, als sie erwartet hätte, doch sie war sich sicher, dass er der Grund für ihr Unwohlsein, für diese Gefühl, diese Angst war.

Zitternd tastete sie den Nachtisch ab, sie war sich sicher, ihren Zauberstab darauf abgelegt zu haben, doch sie griff ins Leere. Panik stieg in ihr auf.

"Wie kommen Sie hier rein?" Ihre Stimme klang zittriger, als sie es vermutet hätte.

"Lumos!", murmelte er und sofort leuchtete die Spitze des Zauberstabes auf, den sie in ihrer Hand hielt. Im fahlen Schein des Zaubers erkannte sie ihr Gegenüber. Er hatte langes, mattes schwarzes Haar, Haut, die vermutlich noch blasser war, als ihre eigene in diesem Moment und ein merkwürdig eingefallen wirkendes Gesicht. Sein Alter war schwer zu definieren, er war vielleicht Mitte dreißig. Doch all das zusammen beunruhigte sie nicht so sehr, wie das letzte Detail: das Lächeln, welches spitze Eckzähne entblößte.

Sie schrak zusammen. Ein Vampir!

Er nickte unmerklich und sie war sich plötzlich nicht mehr sicher, ob sie es wirklich nur gedacht hatte. Sie erinnerte sich düster an Sanguini, den Professor Slughorn einmal zu einer seiner Partys eingeladen hatte, doch dieser war anders.

Mit einem Wink mit ihrem Zauberstab - sie war sich sicher, dass es ihrer war - erschien ein Stuhl und er setzte sich. Dann begriff sie. Sie hatte immer gedacht, Vampire seien nichtmagisch. Doch dieser hier bediente sich der Magie, wie es ihm beliebte.

"Wenn ich mich vorstellen dürfte? William Francis Cesar Dragonar. Und wie Ihr richtig festgestellt habt, MyLady, bin ich ein Vampir. Und Ihr seid?"

Sie schwieg und starrte ihn an. Sein Haar fiel ihm in Strähnen ins Gesicht und er lächelte noch immer sanft. Als sie nichts erwiderte, reichte er ihr ihren Zauberstab, den sie verblüfft entgegen nahm.

"Ich habe nicht vor, Euch etwas zu tun. Es verwundert mich nur, Gäste zu haben. Seit sechzehn Jahren habe ich schon keine Gäste mehr."

"Wie sind Sie hier hereingekommen? Ich habe abgesperrt!"

Er lächelte, als sei er ein Professor und sie seine Schülerin, die eine unnötige Frage stellte.

"Für den Eigentümer ist es ein Leichtes gewesen, dieses Schloss zu öffnen."

"Eigentümer?!"

Seufzend stand er auf und ging wieder zum Fenster. "Seit 1555. Ich muss mich wohl entschuldigen. Normalerweise ist mein Heim nicht so verschmutzt. Ich sollte dringend einmal wieder Putzen, aber ohne Magie ist es so mühsam..."

"Ich dachte immer, Vampire seien nichtmagisch?"

Nach kurzem Nachdenken drehte er sich um, leise lachend. Sie wusste nicht, was daran komisch sein sollte. "Nur, weil es uns nicht erlaubt ist, Zauberstäbe zu tragen! Ich muss sagen, selbst die Lykantrophen trifft es besser. Zauberer hatten schon immer Angst vor Wesen, die älter werden, als sie selbst. Nein, ob wir Magie nutzen können, hängt lediglich von unserer Herkunft und der Tatsache, ob wir im Besitz eines Zauberstabes sind, ab."

"Das heißt, Sie waren ein Hexer, bevor sie..."

Er nickte und begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. "So ist es. Ich wurde noch von Gryffindor, Hufflepuff, Slytherin und Ravenclaw persönlich unterrichtet. Hätte mich nicht dieser Baron von Grafenstein seinerzeit zu einem der Seinen gemacht, ich wäre vermutlich selbst ein Lehrer geworden. Nun, es lässt sich nicht mehr ändern."

Langsam ebbte die Angst in ihr ab, obwohl seine Anwesenheit weiterhin in jedem Molekül innerhalb dieses Schlosses zu spüren war. Sie schlug die Bettdecke zurück und ging nun ihrerseits zum Fenster. Es musste mitten in der Nacht sein, kein Stern war am Himmel, dafür schwere Gewitterwolken, aus denen unentwegt Blitze gen Erdboden zuckten. Im Licht dieser Blitze konnte sie immer wieder erkennen, wie der Wind auch die kräftigsten Bäume bog und bisweilen etwas an ihrem Fenster vorbei wehte. Weit entfernt konnte sie zudem die Lichter der Straßenlaternen von Godric's Hollow erkennen.

"Sie sagten, sie würden hier seit Jahrhunderten leben? Fällt den Bewohnern das denn nicht auf? Ich meine, Sie müssten sich doch von ihnen ernähren..."

Als sie sich umdrehte, stand er direkt hinter ihr und sah über ihre Schulter nach draußen. Er schüttelte den Kopf.

"Genauer seit 1555. Sicher. Godric's Hollow und die anderen Ortschaften im Umkreis sind seit jeher mein Jagdgebiet. Aber - ich weiß nicht, was man Ihnen im Unterricht über meinesgleichen beigebracht hat - Blut zu trinken, bedeutet nicht gleichzeitig, dass das Opfer stirbt oder zum Vampir wird, wie Ihr vielleicht festgestellt habt. Die Meisten, die die beiden Bissmale am Hals überhaupt entdecken, schieben es auf sehr dreiste Mücken."

Von seinen Worten aufgeschreckt, wirbelte sie herum, sodass sie mit dem Rücken zum Fenster stand, und fuhr mit der Hand ihren Hals ab. Tatsächlich entdeckte sie eine leicht schmerzende Stelle, die vermutlich von zwei kleinen Wunden geziert wurde.

"Keine Sorge. Ich weiß mich zurückzuhalten. Außerdem bin ich satt."

"Was ist mit Ron und Harry?! Was haben Sie mit ihnen gemacht?!"

Mit einem spontanen Ruck riss sie ihren Zauberstab hoch und zielte mit ihm auf seine Brust. Er schreckte nicht einmal zurück. Dafür deutete er mit der hohlen Hand auf eine der Wände, die ihren Raum vom nächsten trennte.

"Im Nebenzimmer. Keine Sorge, es geht ihnen gut. Obwohl ich es schon ziemlich dreist finde, einfach Bücher meiner Bibliothek aus den Regalen zu nehmen, achtlos darin umher zu blättern und sie dann nicht einmal zurückzulegen. Fragen kann man natürlich auch nicht." Seine Stimme klang nicht halb so gekränkt, wie er es vermutlich geplant hatte.

"Sie wollten ja nicht auf mich hören."

In dem Moment, in welchem sie den Zauberstab sinken lassen wollte, sprang die Tür mit einem lauten Knall aus den Angeln. Aus Reflex ließ sie sich auf den Boden fallen. Zum Glück, denn keinen Augenblick später flogen Flüche durch den Raum. Neben ihr kauerte sich auch der William Dragonar auf den Boden. Sie sah auf. Ron und Harry standen in der Tür, die Zauberstäbe auf den Vampir gerichtet.

"Lass sie in Ruhe, du... du..." Rons Stimme zitterte vor Wut, während er sprach, doch Harry wirkte gefasst ..

"Wir haben uns gewundert, warum wir plötzlich in einem wildfremden Zimmer lagen. Nun, das erklärt einiges! Diese Burg gehört Ihnen!"

Vorsichtig rappelte sie sich auf und klopfte den Staub von ihrer Kleidung. "Blitzmerker. Ich habe euch doch gesagt, dass etwas in dieser Burg nicht stimmte! Aber hören die Herren auf mich? Nein!"
 

In einem klärenden Gespräch war es William Dragonar gelungen, sie von seinen guten Absichten zu überzeugen. Anschließend hatte er sich dazu bereiterklärt, ihnen seine Bibliothek zur Verfügung zu stellen. Obwohl sie nur wenige Stunden geschlafen haben konnte, war sie hellwach und den Jungen schien es ähnlich zu ergehen. So marschierten sie also dem Vampir hinterher, der vermutlich jedes ihrer geflüsterten Worte verstand.

"Denkt ihr, er ist wirklich vertrauenswürdig?"

Sie nickte. "Ich weiß nicht warum ... Seine Anwesenheit hat mir zwar Angst eingejagt, aber das lag glaube ich nur daran, dass sie überhaupt da war."

Dragonar, der eine brennende Fackel trug, wandte sich zu ihnen um und verzog den Mund. "Es ist nicht meine Anwesenheit. Es ist seine." Er ruckte mit dem Kopf in Richtung einer der Gefängniszellen. Bei genauerem Hinsehen erkannte sie sie als jene Zelle wieder, in der Ron ein Skelett entdeckt hatte. Ohne kurz inne zu halten, ging er weiter. "Ich war damals selbst auf Reisen durch Europa, darum kann ich Euch nur berichten, was man mir erzählt hat. Es heißt, er sei einer der mächtigsten schwarzen Magier seiner Zeit gewesen. Ist durch das gesamte Vereinigte Königreich gezogen und hat alles, was nur ansatzweise nach Magie aussah, niedergebrannt. Schließlich, im Jahr 1348, setzte ihn sein ehemals bester Freund fest, brachte ihn hier her und sperrte ihn mit der stärksten Magie, die er hatte finden können, in diese Zelle. Nun, sie lebten beide nicht mehr lange."

"Hat er - wer auch immer er sein mag - das Siegel gebrochen?"

Der Vampir zuckte mit den Achseln und ging den Gang zur Bibliothek hinab. "Niemand vermag das zu sagen. Der ganze Hofstaat, der damals hier lebte, starb mit ihnen."

Harry schloss zu Dragonar auf, als sie schließlich den Saal betraten, der über und über voll mit Büchern war. "Ein Magierduell mit solch vernichtender Wirkung?"

"Nein. Der »Schwarze Tod«."

Er ging zu einem der Regale und las die Titel auf den Buchrücken.

"Und wer waren dieser Hexer und sein Freund?"

"Baramont von Laienstein - ein exzellenter Weißmagier, wenn ich das sagen darf - und der »Purpurne Schatten«. Sein wahrer Name ist im Laufe der Zeit verblasst."

Hermine war sich ziemlich sicher, dass er durchaus wusste, wie der wahre Name dieses Hexers lautet, fragte jedoch nicht nach. Stattdessen wandte auch sie sich den Bücherregalen zu und zog nach kurzem Bücherrückenlesen ein Buch über Schwarzmagie hervor. Es schien uralt zu sein und als sie es aufschlug, entdeckte sie die Jahreszahl 886. Anschließend setzte sie sich an den Tisch, an welchem Harry und Ron ein paar Stunden zuvor über sie gelacht hatten.

Der Vampir leistete ihr kurz darauf Gesellschaft und rief auch die beiden Jungen zu sich. "Ich nehme an, dass Euch diese Bücher weiterhelfen könnten. Alles über die Hogwartsgründer, was ich im Laufe der Zeit zusammengetragen habe. Eines der Bücher hat Gryffindor persönlich geschrieben." Er hielt kurz inne und griff nach einem der Bücher.

Den Zeigefinger als Lesezeichen auf eine Seite gelegt, sah sie auf. "Sie müssen viel herumgekommen sein."

Er nickte versonnen und blätterte in dem Buch. Während er mit einem Auge den Inhalt der Seiten überflog, musterte er mit dem anderen seine Gäste. "Es ist schon seltsam. Seit diesen Ereignissen vor sechzehn Jahre - eine Schande, dass ich damals in Schweden unterwegs war - war niemand mehr hier und plötzlich platzen hier mit schöner Regelmäßigkeit junge Gesichter in meinen wohlverdienten Schönheitsschlaf. Zuerst dieser blonde hagere Bengel, sah aus, als wäre der Tod persönlich hinter ihm her. Hat sich ein paar wirklich wertvolle Bücher ausgeliehen, ich bezweifle, dass ich sie je wieder zu Gesicht bekomme. Außerdem habe ich ihm Ravenclaws Tagebuch mitgegeben, nun, er war der Erste, der es je öffnen konnte, außer der Schreiberin selbst. Und dann dieser Schwarzhaarige mit der Brille. Hat mir, als er mich gesehen hat, sofort seinen Hals angeboten, im Austausch gegen Informationen. Außerdem hatte er schweres Interesse an einigen Büchern der schwärzesten Magie. Geliehen hat er dann aber nur ein Buch über weißmagische Schildzauber, mit den Worten, ich möge, falls mir ein Mann in seinem Alter namens Darius begegnet, ihn doch recht freundlich grüßen, er werde nie vergessen, was er getan hat. Aber ich glaube, ich lasse euch lieber für eine Weile allein."

Mit diesem Worten hatte er Ron das Buch in die Hände gedrückt und war zwischen den Regalreihen verschwunden. Dieser sah ihm verblüfft, mit leicht geöffnetem Mund, nach. Harry ihr gegenüber starrte dem Vampir ebenfalls hinterher, mit zu Stein erstarrter Miene. Er sah aus, als hätte man ihm soeben einen gezielten Schlag in die Magenkuhle verpasst.

"Ganz schöne Plaudertasche, der Gute.", murmelte der Rothaarige und setzte sich endlich. Dann fiel sein Blick auf seinen Freund. "Harry? Alles in Ordnung?"

Er nickte nur stumm und versenkte sie wieder in seinem Buch.

Inne halten

Ein furchtbar kurzes Zwischenkapitel - ihr werdet mich hassen. :D
 

@ -Dark_Angel-: *schnurr* Danke für das Lob. ^^
 

@ Sitamun: Jaja, du und dein Will. xD
 

@ Maya-chan: Is halt kein Silvon. xD

Denkst du wirklich, dass Harry und Ron ihr Gehör geschenkt hätten? ôo?
 

mfg

NIX
 

21. August 1997 (Godric's Hollow, Grafschaft Scottish Borders, Schottland)

Sie waren am folgenden Morgen - der Sturm war abgeflaut - nach Godric's Hollow zurückgekehrt, mit einem Stapel Bücher in den Armen. Jennifer McJarrod war heilfroh, sie nach dem heftigen Sturm der vergangenen Nacht wohlbehalten wiederzusehen. Auf ihre Frage, woher sie die Bücher denn hätten, antworten sie jedoch nicht.

Nun hatten sie sich im Raum von Ron und Harry zurückgezogen, Leere Pergamentrollen und Dragonars Bücher über den gesamten Tisch verteilt. Sie saß den beiden Jungen gegenüber und schraubte ein Tintenfass auf.

"Okay. Wir sollten uns erst mal mit den Hauptthemen beschäftigen. Das sind R.A.B. und die Horkruxe" Auf eines der Pergamente, die direkt vor ihr lagen, schrieb sie in großer Schrift Wer ist R.A.B.?. Dann zog sie ein weiteres Pergament zu sich und beschriftete es mit Horkruxe? und sah dann auf. "Außerdem würde mich noch interessieren, wer die Männer sind, von denen William Dragonar sprach. Aber das ist vorerst nebensächlich. Irgendwer irgendwelche Ideen?"

Harry lehnte sich vor und starrte auf die Pergamente vor ihm. "Die Horkruxe. Erstens: Tom Riddles Tagebuch. Zweitens: Marvolos Ring. Beide wurden bereits zerstört. Drittens: Das Medaillon, das R.A.B. entwendet hat. Könnte bereits zerstört sein. Viertens: Hufflepuffs Becher. Fünftens: Ein Gegenstand von Ravenclaw oder Gryffindor, vielleicht finden wir in den Büchern des Vampirs ein paar Hinweise. Sechstens: Nagini, die Schlange, vielleicht."

Hermine hatte mitgeschrieben und die ersten beiden Punkte sofort in einer anderen Farbe durchgestrichen. Nachdem sie so getan hatte, sah sie wieder auf und blickte zwischen den Jungen hin und her. Auch Ron hatte sich vorgebeugt und starrte auf die Pergamente. Nach einer kurzen Stille deutete der Rotschopf schließlich mit der einen Hand auf R.A.B., in der der anderen hielt den Brief, den R.A.B. Voldemort hinterlassen hatte.

"R.A.B.? Du hast doch vor den Ferien schon danach gesucht, oder?"

Hermine sah auf und funkelte ihn gereizt an. "Ja! Habe ich! Aber keiner derer, die diese Initialen tragen und einigermaßen bekannte Zauberer sind - ob nun Rosalind Antigone Bungs oder Rupert »Axebanger« Brookstanton - keiner scheint irgendwas mit Voldemort zu tun zu haben!"

Ein breites ziemlich untypisches Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, das nur zum Vorschein kam, wenn er sich ihr gegenüber im Vorteil fühlte. "Du sagst es. Bekannte Zauberer. Aber was ist, wenn er - oder sie - gar nicht bekannt war? Wenn es ein ganz normaler Zauberer wie du und ich war? Dann wirst du ihn nicht in deinen Büchern finden."

Sie öffnete den Mund, bereit zum Protest, doch er ließ sie nicht sprechen. Stattdessen schob er ihr den Pergamentfetzen rüber.

"Aber vielleicht... finden wir ihn in Hogwarts? Er war bestimmt ein Schüler."

Hermine sah ihn immer noch mit offenem Mund an, doch jetzt stand ihr dir pure Verblüffung ins Gesicht geschrieben.

"Ron? Du bist genial."

Unter diesem Lob verfärbte sich das Gesicht des Rotschopfes und nahm die Farbe seines Haares an. Über den Tisch hinweg sah sie, wie Harry ihm anerkennend den Ellbogen in die Rippen stieß. "Das heißt, darum kümmern wir uns in der Schule. Wette, der Name steht irgendwo drin. Alte Zeitungen, Klassenlisten oder sowas."

"Ron! Du bist genial!", noch während sie Harrys Worte wiederholte, beugte sie sich über den Tisch und küsste ihn sanft. Er erwiderte nichts, dazu war er viel zu verdattert, aber als sie aufsah, erkannte sie Harrys wissendes und anerkennendes Grinsen. Das Blut trieb ihr in die Wangen, doch sie ignorierte es. Währenddessen schien der Rothaarige - Gesichts- und Haarfarbe waren Eins - seine Stimme wiedergefunden zu haben. "Hermine... Ich..."

"Machen wir weiter." Ein ungerührter Tonfall lag in seiner Stimme, als Harry sprach, doch er grinste breit.

"Horkruxe, dann?"

Alle drei nickten und beugten sie über ihre Aufzeichnungen. Kurz darauf waren sie in einer tiefen Diskussion verstrickt und keiner dachte mehr an ihren Ausbruch von Überschwänglichkeit.
 

wenig später (Sevenoaks, Grafschaft Kent, England)

Er wusste selbst nicht, was ihn hierher verschlagen hatte. Aber nach seinem glorreichen Auftritt in Borgin und Burkes war er sofort aus London appariert, recht kopflos. Bei genauerem Überlegen erkannte er, wie waghalsig dieses Unternehmen gewesen war, er hatte Glück, sich nicht zersplintert zu haben. Das Gesicht des altehrwürdigen Mr Borgin, als er da plötzlich in seinem Laden stand, würde er jedenfalls nicht so schnell vergessen.

Mühsam wandte er den Blick von der alten Decke ab und sah sich in seinem Unterschlupf um. Er hatte sich in eine alte, leerstehende Fabrikhalle zurückgezogen, seinen Schal, den er von Lianne geborgt hatte, in der abgelegensten, versteckten Ecke ausgebreitet. Seit dem lag er da und starrte zur Decke. Doch nun rappelte er sich auf. Es musste mittlerweile Nachmittag sein. Neben ihm standen ein paar alte rostige Fässer und versteckten ihn vor dem Blick ungebetener Besucher. Auf der anderen Seite lagen ein paar Bücher. Eines davon war Ravenclaws Tagebuch, welches er von diesem seltsamen Vampir erhalten hatte, ebenso ein paar weitere Bücher über Zauber, die ihm vielleicht noch hilfreich sein mochten, und das Prunkstück seiner Sammlung. Das alte Zaubertränke für Fortgeschrittene, welches er vor nun fast zwei Monaten im Raum der Wünsche gefunden hatte und am Abend des großen Tages in die Hände von Mr Borgin gegeben hatte, mit dem Befehl, er solle gut darauf aufpassen. Seines Glückes hatte er das auch getan. Trotzdem schien er mehr als nur davon überrascht zu sein, als er ihn putzmunter in seinen schmierigen Laden eintreten sah. Nach ein paar leisen Drohungen hatte er ihm das Buch schließlich ausgehändigt und er war so schnell, wie er gekommen war, wieder verschwunden.

Nun griff er nach dem alten Schulbuch und blätterte versonnen darin, den Blick auf die Randbemerkungen geheftet, die in einer sauberen, schmalen Schrift auf fast jeder Seite prangten und Hinweise zu Tränken aber auch Zaubersprüche Marke Eigenbau beinhalteten. Im Gegensatz zu Potter - seitdem er einen ganz speziellen Spruch in diesem Buch gefunden hatte, den er am eigenen Leib zu spüren bekommen hatte, war er sich sicher, dass Potter es gewesen war, der es nach dem unglückseligen Zwischenfall auf dem Mädchenklo im Raum der Wünsche versteckt hatte - hatte er sofort erkannt, wer der ursprüngliche Eigentümer des Buches gewesen war. Der Halbblutprinz, wie er sich selbst so gerne nannte, Severus Snape.

Der Mörder meines Vaters und fast auch der meine, dachte er bitter.

Aber Snape musste warten. Er war noch nicht bereit, ihm wieder unter die Augen zu treten, noch zu schwach, ihm die Stirn zu bieten. Sehr wohl war er sich bewusst, dass sein Leben keinen Knut mehr wert war, dass es nicht mehr lange dauern würde, vielleicht noch ein Jahr oder zwei, aber vielleicht auch nur einen Monat, eine Woche, einen Tag, eine Stunde ...

Aber eines hatte er sich geschworen: Er würde nicht kampflos sterben und so viele mit sich nehmen, wie er konnte. Nur stellte sich die Frage: Wie?

Sein Blick fiel wieder auf die schmale Schrift des Halbblutprinzen.

Sectumsempra - für Feinde

...

Der Ring des Löwen

A/N: Da das letzte Kapitel so kurz war (und durch den Upload verspätet on kam), schiebe ich dieses Kapitel schneller nach. Ist auch länger. :D
 

@ Maya-chan: Trantüten, wie wahr, wie wahr. :)
 

@ Sitamun: Oh ja, das denke ich auch. Und Draco-Szenen gibbet noch öfter. :D
 

31. August 1997 (Galashiels, Grafschaft Scottish Borders, Schottland)

Mrs McJarrod hatte sie zum (Muggel)Zug gebracht und sich unter Tränen von ihrem Sohn Jason verabschiedet. Der Kleine würde mit ihnen kommen, auf ihrem Weg nach London, schließlich war er zukünftiger Hogwartsschüler. Nun saßen sie also in diesem Zug, der sie zunächst nach Newtown St Boswells bringen würde, wo sie dann in den Zug nach London steigen würden. Der Junge saß am Fenster, Harry gegenüber, und winkte seiner weinenden Mutter nach.

Sie hatten die letzten Tage bei Mrs McJarrod verbracht und über die Horkurxe gegrübelt, doch sie waren nicht recht zu einem Ergebnis gekommen. Auch ein erneuter Besuch bei William Dragonar hatte sie keinen Schritt weiter gebracht. Nun war es der 30. August, in zwei Tagen würden sie nach Hogwarts fahren, doch davor mussten sie sich ihre Schulsachen besorgen - und die Jasons noch oben drauf. Sie war schon vor zwei Tagen in der Winkelgasse gewesen, genauer bei Gringotts, wo sie ungefähr sechs Stunden verbracht hatte, um für die drei - nein, vier, mit Jason - Zauberergeld zu besorgen. Harry hatte ihr extra noch mal eingeschärft, sein Verlies zu benutzen. Nun, Geld hatte er wahrlich genug. Die Sicherheitsvorkehrungen hatten sie fast aus den Schuhen gehauen. Die Kobolde hatten einen eigenen Sicherheitsdienst engagiert, der wirklich jeden und alles durchsuchte. Zudem dauerten die Fahrten zu den Verliesen länger als gewöhnlich, da sie zig Kontrollzonen passieren mussten. Aber schließlich war es ihr gelungen, genug Geld zu besorgen. Erleichtert hatte sie aufgeatmet, nachdem sie die Bank hinter sich gelassen hatte, erleichtert, den Sicherheitsvorkehrungen entflohen zu sein, denn diese waren wirklich erdrückend, und noch erleichterter, nicht Bill Weasley oder einem anderen Mitglied der Familie begegnet zu sein.

Der Zug setzte sich in Bewegung. Jason winkte seiner Mutter noch hinterher, bis sie aus seinem Blickfeld verschwunden war, dann setzte er sich in seinen Sitz zurück und sie verbrachten die Fahrt schweigend.

In London angekommen - allerdings nicht auf dem Bahnhof King's Cross - machten sie sich auf den Weg per Muggelverkehrsmittel zum Tropfenden Kessel zu gelangen. Dort marschierten sie ohne Halt - und ohne des Blickes des alten Wirts Tom, der der einzige Anwesende war, zu beachten - durch den Pub und öffneten den Weg zur Winkelgasse.

Der Anblick war ... schrecklich. Noch schlimmer, als beim letzten Mal, als sie gemeinsam - damals mit Mrs Weasley und Hagrid - die Einkaufsstraße besucht hatten. Noch mehr Fenster waren zugenagelt worden und von allen anderen Scheiben leuchteten die Ministeriumsplakate und Todesser Steckbriefe. Im Schaufenster von Flourish & Blotts erkannte sie das Bild von Draco Malfoy, der die Todesser in Hogwarts eingelassen hatte. Auf seinen Kopf war eine beachtliche Summe Kopfgeld ausgesetzt, genauso, wie auf die anderen Todesser. Nicht nur vor den geschlossenen Geschäften standen schäbige Buden, die allerlei Wundermittelchen anboten, doch keiner der übrigen (wenigen) Passanten schien interessiert zu sein - was vermutlich auch besser so war.

Jason, der bis jetzt guter Laune gewesen war, hatte der Anblick wohl am Meisten die Stimmung verhagelt, doch auch Ron und Harrys Gesichtszüge waren zu einer wütenden Grimasse versteinert. Sie schauderte, bei diesem Anblick, nicht der Gesichter wegen, aber der Blicke, in denen unbändiger Hass stand.

"Lasst uns gehen. Ich will nicht wissen, was passiert, wenn..."

"...Mum uns hier erwischt.", vervollständigte Ron ihren Satz und löste sich aus seiner Erstarrung. Er hielt auf einen Laden zu, über dem ein Schild mit der Aufschrift Madam Malkins Anzüge für alle Gelegenheiten prangte und von dem sie ausgemacht hatten, ihn zuerst zu besuchen. Schweigend folgten sie ihm und sie fasste Jason sanft bei der Schulter, der sich noch immer irritiert umsah.

Das Angebot im Laden hatte sich verändert, die prunkvollen Festkleider waren Umhängen in dunklen dumpfen Tönen gewichen. Madam Malkin sah müde aus und verhärmt. Dennoch lotste sie Jason zielsicher auf einen Schemel und passte einen Hogwartsumhang seiner Größe an. Auch Ron, Harry und sie selbst ließen sich neu einkleiden. Düster dachte sie daran zurück, wie sie im letzten Jahr in demselben Laden Draco Malfoy und seiner Mutter begegnet waren. Draco Malfoy, der kaum ein Jahr später zum Tod Dumbledores beitragen sollte.

"Fertig.", sagte Madam Malkin und entließ sie vom Schemel. Anschließend zahlte Harry für alle vier und sie machten sich auf ihren weiteren Weg durch die Winkelgasse.

Sie füllten ihre Zaubertrankkästen auf, besorgten Jason einen Zauberstab (Eiche mit Drachenherzfaser), leider nicht bei Ollivander, denn der war noch immer verschwunden, und gingen dann zu Flourish & Blotts, um ihre Bücher zu kaufen.

Als sie vor dem Eingang standen, sah Hermine noch einmal zu dem Steckbrief im Schaufenster. Draco Malfoy. Widerwillig fragte sie sich, wie es ihm wohl ging, ob er überhaupt noch am Leben war. Er hatte versagt. Unter Voldemort war versagen tödlich.

Sie wandte sich ab und merkte, dass die Jungen bereits vorgegangen waren. Ein plötzliches Kribbeln im Nacken veranlasste sie, sich umzusehen. Sie sah niemanden und folgte ihren Freunden achselzuckend in den Laden.

Jason hatte vor einer Auslage halt gemacht, in denen goldene Bücher lagen, die dann und wann ein Glucksen von sich gaben, Ron und Harry stöberten, die Buchlisten in Händen, nach ihren Schulbüchern. Auch sie zog nun ihre Bücherliste hervor.
 

Lehrbücher

Alle Schüler sollten jeweils ein Exemplar der folgenden Werke besitzen, insofern sie die entsprechenden Fächer angewählt haben:

- Miranda Goshawk: Lehrbuch der Zaubersprüche, Band 7

- Rigel Stern: Antike Runen - Wie aus Wirrwarr Wörter werden

- Spika Stern: Der Weg durch die Finsternis

- Spika Stern: Im Angesicht des Feindes

- Cuthbert Binns: Historie des Kontinents - England und Europa im Wandel der Zeit

- Mathus Mati: Arithmantik, Band 5

- Arktur Stern: Geheimnisse des nächtlichen Himmelszeltes

- Nora Karst: Einmal Mücke und zurück - die magische Tarnung

- Dante Lucard: Verwandlungen, ein Buch für Fortgeschrittene, Band 1

- Dante Lucard: Verwandlungen, ein Buch für Fortgeschrittene, Band 2

- Falize Forrest: Wandel durch den Kräutergarten

- Falize Forrest: Experimentelle Züchtung

- Arsenius Jigger: Zaubertränke und Zauberbräue für Fortgeschrittene und Profis

- Cassandra Vablatsky: Dem Schicksal voraus

- Sarah Chester: Muggel im Laufe der Zeit

- Newt Scamander: Magische Kreaturen - Ein Band zur Arterhaltung
 

Sie sah auf. Das waren insgesamt zwölf neue Bücher für sie. Leise seufzend ging sie zu ihren Klassenkameraden, die ein paar Meter von ihr entfernt standen. Auch Ron seufzte gerade.

"Die haben sie doch nicht alle! Neun neue Bücher! Das sind fast doppelt so viele, wie letztes Jahr!"

"Gleich drei davon sind für Verwandlungen, zwei für Verteidigung gegen die dunklen Künste! Das klingt sehr nach neuen Lehrern.", murmelte Harry, ohne von seiner Liste aufzusehen.

Nun mischte auch sie sich ein. "Nun, nach Snapes glorreichem Abgang brauchen wir einen neuen für Verteidigung gegen die dunklen Künste, oder? Und Professor McGonagall wird ihre Stelle der Lehrerin für Verwandlungen abgegeben haben, um sich ganz ihren Pflichten als Schulleiterin zu widmen. Wird für sie bestimmt ein sehr anstrengendes Jahr."

Diese Antwort klang für die beiden Jungen plausibel. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie der Verkäufer Jason gerade mit neuen Büchern ausstattete. Und das waren ebenfalls nicht wenige. Anschließend wandte sich der ältere Herr ihnen zu. Nachdem sie die benötigten Bücher angekreuzt hatten, überreichten sie ihm die Listen und er wuselte davon.

"Du meinst also, wir kriegen zwei neue Lehrer?"

Harry nickte. "Mindestens. Und die scheinen sich zu kennen. Habt ihr das gesehen? Vier Bücher von irgendwelchen Sterns."

"Nicht irgendwelchen. Den Sterns. Arktur Stern, der Vater und Spika und Rigel, seine Kinder. Eine ziemlich bekannte Familie in Literaturkreisen. Das Familienoberhaupt starb vor siebzehn Jahren, seine Tochter verschwand vor wenigen Wochen. Stand groß im Tagespropheten. Seitdem ist Rigel Stern abgetaucht."

"Scheint, als hätten sie sich die falschen Leute zu Feinden gemacht."

Genau wie wir., dachte sie, sagte allerdings nichts.

Harry nahm soeben seine Bücher in Empfang und verbannte sie in eine große Tüte. "Frage mich nur, wer diese neuen Lehrer sein sollen. Ich meine, wer würde schon freiwillig diese Stelle annehmen, nachdem, was sich der letzte Vertreter dermaßen aufgeführt hat?"

Nun bekam auch Ron seine Bücher und verfuhr mit ihnen ebenso wie Harry. "Entweder ist er sehr mutig oder sehr dumm."

"Oder beides. Wir werden sehen."

Jason, nun ebenfalls eine schwere Tüte schleppend, gesellte sich zu ihnen, als auch Hermine ihre Bücher - mal wieder den größten Stapel von allen - entgegen nahm. "Wovon redet ihr?"

"Von unserem neuen Lehrer in Verteidigung gegen die dunklen Künste. Keiner hat bis jetzt länger als ein Jahr durchgehalten und wir fragen uns, wer der nächste arme Tropf ist.", erklärte Harry ihm. Dann wandte er sich um und ging zur Kasse, um ihre Einkäufe zu bezahlen. Nachdem sie auch das erledigt hatten, machten sie sich auf den Weg zu Eeylops Eulenkaufhaus, um Jason mit einem gefiederten Begleiter auszustatten. Zwangsläufig kamen sie auch an einem ganz besonderen Laden vorbei. Dem einzigen Laden, dessen Scheiben nicht von Ministeriumsplakaten verdeckt waren und in ihrer vollen Pracht leuchteten. Weasleys Zauberhafte Zauberscherze. Schnell schob sie den staunenden Jason weiter, bevor vielleicht noch einer der Zwillinge - oder noch schlimmer: ein anderer Weasley, genauer eine ganz bestimmte Weasley - den Laden verließ und sie entdeckte.

Im Eulenkaufhaus angekommen, machte Jason sich mit Harry und Ron auf die Suche nach einer passenden Eule. Sie sah sich um. Es befand sich nur noch ein weiterer Passant im Laden. Er hatte - soweit sie das im Zwielicht des verdunkelten Raumes sagen konnte - schwarzes Haar und betrachtete eingehend eine Schleiereule. Als sie näher an ihn heran trat, merkte sie erst, wie jung er war. Trotzdem war sein Gesicht von Narben zerfurcht. Anscheinend hatte er ihr Kommen bemerkt, denn er sah von der Eule zu ihr auf. Ein Schreck durchfuhr sie, als sie ihn erkannte. Sein rechtes Auge wurde von einer Augenklappe verdeckt, in seinem linken, grauen, funkelte es, als er sie seinerseits erkannte. Es war Bran, »die Krähe«, ein Auror höchsten Ranges.

"Miss Granger.", flüsterte er, so leise, dass nur sie ihn hören konnte. Kurz huschte sein Blick zu ihren Begleitern und er schien sofort zu verstehen. "Was verschafft mir die Ehre? Halb England sucht Sie."

Sie überlegte nur einen Moment, dann beugte sie sich zu ihm, um sich seine Eule anzusehen - oder zumindest so zu tun. "Das hat morgen ein Ende. Wir fahren nach Hogwarts. Bitte ... Verraten Sie uns nicht. Ich schwöre Ihnen, wir sitzen morgen im Hogwartsexpress."

Seine Stimme war genauso ruhig und leise wie die ihre, als er nach einem knappen Nicken zur Antwort ansetze. "Es freut mich, das zu hören. Anscheinend haben Sie nicht die geringste Ahnung, welchen Tumult Ihr verschwinden verursacht hat."

Sie lachte leise. "Oh... wir haben eine gewisse Vorstellung. Und ich sage Ihnen, das Ministerium wäre unser geringstes Problem. Darum ist es auch besser, wenn niemand von unserer Rückkehr erfährt, bevor wir in Hogwarts sind."

Nach einer kurzen Stille erwiderte er ihr Lachen. "Bills Mutter würde euch den Kopf abreißen - wenn euch nicht vorher einer der anderen Familienmitglieder in die Finger kriegt, heißt es. Sie und ihr Mann sind verzweifelt. Zuerst verschwindet Charlie, dann diese Sache mit Percy - er zeigt noch immer kein Zeichen der Besserung - und dann verschwindet ihr! Ginny ist betrübt und die Zwillinge kochen vor Wut. Und haltet euch lieber von Bill fern. Für meinen Geschmack ist er ein wenig zu cool im Moment."

Noch immer die Eule betrachtend, nickte sie. "Ähnliches hatten wir befürchtet."

"Dann fürchtet weiter. Bill ist morgen eine der Wachen im Zug. Genauso wie ich, übrigens. Ein schönes Tier, nicht wahr?" Den letzten Satz hatte er laut gesagt. Vorsichtig sah sie aus den Augenwinkeln heraus um. Die Blicke der Anderen - inklusive des Verkäufers - hatten sich ihnen zugewandt. "Ja. Sie ist bildhübsch. Leider habe ich kein Geld für eine Eule. Hast du eine gefunden, Jason?"

Der Junge, der mittlerweile einen Käfig mit einer schwarzen Eule trug, nickte eifrig. Sie erhob und streckte sich. "Dann können wir ja gehen. Wir sollten morgen früh ausgeschlafen sein."

Die Jungen folgten ihr tatsächlich ins Freie, auch wenn ihr die skeptischen Blicke der beiden älteren nicht entgangen waren. Draußen atmete sie die frische Luft gierig ein, erst jetzt merkte sie, wie stickig es in dem Laden gewesen war. Rons Worte rissen sie aus ihren Gedanken.

"Oh, oh. Problem auf drei Uhr." Der Rotschopf starrte die Gasse hinab. Auch sie erkannte den Mann mit dem flammend roten Haar, der gerade von Gringotts kam und sie anscheinend noch nicht gesehen hatte. Aber er kam in ihre Richtung. Einen Augenblick setzte ihr Herz aus.

Und haltet euch lieber von Bill fern.

Jemand tippte ihr kaum merklich auf die Schulter. Sie wirbelte herum und erkannte Bran, der ebenfalls den Laden verlassen hatte. Auch er schien den Weasley gesehen zu haben. "Überlasst ihn mir.", murmelte er ihr noch zu, dann steckte er die Hände in die Umhangtaschen und hielt auf den Rothaarigen zu, um ihn kurz darauf in ein angeregtes Gespräch zu verwickeln. Sie nutzen diese Gelegenheit und machten sich aus dem Staub.

Nach einem kurzen Lauf - der mit schweren Tüten in den Händen jedoch nicht unbedingt einfach war - erreichten sie die Rückseite des Tropfenden Kessels und stahlen sich wieder auf die Muggelstraße. Anschließend führte Hermine sie zu dem Hotel, in welchem sie bereits Zimmer reserviert hatte.

"Maaann!!! Das war knapp!", schnaufte Ron, als er sich auf das Sofa im Wohnzimmer fallen ließ. Er hatte seine Tüten - drei Stück an der Zahl - kurzerhand in die nächstbeste Ecke geworfen. Sie selbst lehnte ihre Beutel, wie Harry und Jason auch, an die Wand neben der Garderobe. Dann sah sie auf die Uhr. Sieben Uhr. Sie waren länger in der Winkelgasse gewesen, als sie erwartet hätte. Nach kurzem Überlegen setzte sie sich zu Ron auf das Sofa. Harry nahm im Sessel neben ihr Platz. Nur Jason stand noch. Er schien mit sich selbst zu ringen. Schließlich atmete er tief durch und sah auf.

"Also... ich... Ich möchte mich noch mal bei euch bedanken. Für alles, was ihr für Mum und mich getan habt. Vor allem für die Rettung in der Ruine. Danke."

Einen Moment geschah gar nichts, dann griff er in seine Tasche, zog etwas hervor und legte es auf den Tisch. "Ich hab den in dem Schutthaufen gefunden, bevor ich eingebrochen bin. Bitte, nehmt ihr ihn."

Er nahm die Hand vom Tisch. Es war ein kleiner Gegenstand. Ein Ring. Ein Siegelring aus massivem Gold mit dem Wappen Gryffindors, dem Löwen.

Rückkehr nach Hogwarts

A/N: Ich bin lahm, ich gebs ja zu. V_____V;
 

@ Sitamun: Will war halt nur Mittel zum Zweck. ^^;
 

@ Leona: Das, was Jason den dreien gegeben hat, war ein RING, kein MEDAILLON. Das Medaillon kommt erst später. ;)
 

@ Ocean_Secret: Angst vor Bill, ja? Muharharharhar~~~
 

@ ChinChila: Potter stört doch sowieso immer. Frag Snape oder Voldy, die können n Lied davon singen. ;)
 

@ Chibiusa_Ainochi: Keine Sorge, ein paar werden schon überleben. :D
 

@ Maya-chan: Ein Herz für Cliffhanger~
 

@ Laluna: Es muss auch liebe Vampire geben. ;D
 

@ Chelys: Heuchlerin! <>___<>
 


 

1. September 1997 (London, England)

Am nächsten Morgen standen sie Punkt viertel vor elf auf dem Bahnsteig zwischen den Gleisen neun und zehn. Jeder der Vier schob einen Gepäckwagen vor sich her. Sie spähte über die Menge hinweg, sah jedoch nur Muggel. Währenddessen erklärte Ron dem ziemlich aufgeregten Jason, wie er zum Gleis neundreiviertel kam und Harry machte es ihm vor. Der Junge folgte ihm nervös, Ron und Hermine hinter sich.

Als sie durch die Absperrung gebrochen war, sah sie sich neuerlich um. Gleis neundreiviertel hatte sich verändert. Es standen weniger Schüler als in den vorigen Jahren am Bahnsteig, aber dennoch überraschend viele, und die Stimmung der Winkelgasse hatte Einzug gehalten, nur das es hier keinen Laden namens Weasleys Zauberhafte Zauberscherze gab, der für Lacher sorgte. Am anderen Ende des Bahnsteigs erkannte sie ein Gruppe von Personen, die allesamt dasselbe rote Haar hatten, wie Ron neben ihr. Sie zählte durch. Fünf. Ginny war die kleinste von ihnen, sodass sie heraus stach, genauso wie Bill, der der größte war. Die anderen waren vermutlich die Zwillinge und Mrs Weasley. Auch Ron und Harry schienen die Rotschöpfe gesehen zu haben.

"Lasst uns einsteigen. Aber schnell.", flüsterte Harry.

Ron nickte und schob seinen Koffer zu einer Wagontür. "Ich muss wieder zu den Vertrauensschülern. Tut mir leid, Harry."

"Und ich in mein Abteil als Schulsprecherin. Ich komm später vorbei." Sie folgte dem Rothaarigen auf dem Fuße. Nachdem sie es geschafft hatte, ihren Koffer in den Zug zu hieven, ging sie mit Ron in Richtung ihrer Abteile davon. Im Hintergrund hörte sie noch, wie Harry und Jason sich ebenfalls ein Abteil suchten. Schließlich öffnete sie das Schulsprecherabteil - was sie im Übrigen für sich allein hatte, solange ihr Partner nicht aufgetaucht war - und trat ein. Das Abteil lag genau hinter der roten Dampflok, noch vor den Vertrauensschülerabteilen, in welchem irgendwo Ron sein musste. Nachdem sie ihren Koffer auf die Ablage gewuchtet und Krummbein aus seinem Käfig befreit hatte, zog sie sich ihre Schuluniform an und befestigte das neue Abzeichen der Schulsprecherin an ihrer Brust.

Kaum hatte sie sich gesetzt, wurde die Abteiltür aufgeschoben. Ein großgewachsener schwarzer Junge trat ein, den sie sofort erkannte. Blaise Zabini. Er trug bereits seinen Umhang und an seiner Brust funkelte das Schulsprecherabzeichen. Innerlich stöhnte sie auf.

"Granger?"

"Wie du siehst.", erwiderte sie kühl.

Der Zug fuhr an, er platzierte seinen Koffer auf der Ablage. Anschließend machten sie sich auf den Weg zu der Beratung mit den Vertrauensschülern.

Als Ron Zabini erkannte, öffnete er verblüfft den Mund, sagte jedoch nichts. Ginny, wütend die Arme vor der Brust verschränkt und finster in die Runde starrend, saß so weit von ihrem Bruder entfernt, wie es ihr möglich war. Auch auf ihrer Brust funkelte das Vertrauensschülerabzeichen. Die Blicke von ihr und Ron deutend, ahnte sie, dass sie beiden schon etwas genauer miteinander geredet, um nicht zu sagen: gestritten, hatten.

Ein weiterer Mann trat in das ohnehin schon volle Abteil, anscheinend ein Auror, den sie jedoch nicht kannte.
 

Eine halbe Stunde später wurde die Versammlung aufgelöst und die Vertrauensschüler und Schulsprecher begannen, durch die Wagons zu patrouillieren. Sie ging seelenruhig durch den Gang, Ron folgte ihr, Ginny hingegen ließ sich nicht blicken.

Wann immer sie an einem Abteil vorbei kamen, verstummten die Gespräche und die Blicke wandten sich ihnen zu. Sie wusste längst warum. Schließlich war im Tagespropheten, den sie sich in der Winkelgasse gekauft hatte, ein Bericht über ihr Verschwinden erschienen und sie jetzt live und in Farbe plötzlich vor sich zu sehen, schien die Schüler zu verunsichern.

"Jetzt weiß ich endlich, warum Harry dieses Gestarre so nervt.", murmelte Ron, als sie einen weniger überfüllten Wagon betraten. Tatsächlich waren viele Abteile im Zug leer, aber dort, wo ein Abteil besetzt war, waren es zumeist auch die benachbarten, anscheinend fühlten sich die Schüler so sicherer.

Eine Tür wurde aufgeschoben, als sie bereits am dazugehörigen Abteil vorbei war. Sie hörte noch Rons verunsichertes "Oh oh!", bevor sie sich umdrehte. Bill stand in der Tür und starrte die beiden unverwandt an.

"Hi... Bill.", grinste der Jüngere und rückte näher an sie heran, ohne seinen Bruder aus den Augen zu lassen. Dieser schwieg für einen weiteren Augenblick und musterte sie eindringlich.

"Hallo Ronald. Hallo Hermine.", seine Worte waren nicht mehr als ein Flüstern und im Unterton schwang Wut mit.

"Wir... ähm... müssen... dann..." Ron war bereits dabei, sie weiter den Gang hinab zu schieben, als eine starke Hand ihn am Kragen packte und ihn regelrecht ins Abteil warf.

"Rein! Alle beide!" Noch immer war seine Stimme leise, aber noch bedrohlicher als zuvor. Sie schluckte und trat ein. Hinter ihr schloss der älteste Weasleysohn die Abteiltür und sie hatte die jähe Empfindung eines Kaninchens vor der Schlange. Als sie sich setzte und wieder zu ihm sah, fiel die coole Maske von seinem Gesicht.

"KÖNNT IHR MIR MAL SAGEN, WO IHR GESTECKT HABT?! DIE BETTEN LEER! DIE KOFFER VERSCHWUNDEN! NUR DIESER LÄPPISCHE WISCH EINES BRIEFES! WO ZUM TEUFEL HABT IHR EUCH RUMGETRIEBEN?! HABT IHR AUCH NUR EINE SEKUNDE DARAN GEDACHT, WAS DAS FÜR UNS BEDEUTET?!"

Ron war unter den immer lauter werdenden Worten seines Bruders regelrecht zusammengeschrumpft. "Nein. Zwei.", flüsterte er leise, in der Hoffnung, nur Hermine würde es hören und sah verzweifelt zu ihr. Im selbem Moment knallte es auch schon. Die Wucht, mit der Bills Ohrfeige den Rotschopf traf, riss ihn halb von den Füßen und er prallte gegen ihre Schulter.

"JETZT REDET ENDLICH! WO WART IHR?! WO ZUM TEUFEL...?!"

Sie sprach an Rons statt, denn dieser bekam keine Luft mehr, weil sein Bruder ihn am Kragen gepackt hatte und ihn schüttelte.

"In Godric's Hollow. Zusammen mit Harry. Er ist auch im Zug." Zwanghaft versuchte sie das Zittern in ihrer Stimme zu verbannen, doch es gelang ihr nur spärlich.

"GODRIC'S HOLLOW?! WAS WOLLTET IHR DA?! UND WIESO HABT IHR NICHT BESCHEID GEGEBEN? WIR HÄTTEN EUCH BEGLEITSCHUTZ MITGEBEN KÖNNEN! NICHT AUSZUDENKEN, WENN DU-WEISST-SCHON-WER EUCH ERWISCHT HÄTTE! HABT IHR NUR EINEN AUGENBLICK DARÜBER NACHGEDACHT, WAS FÜR SORGEN WIR UNS GEMACHT HABEN?! NUR EINEN AUGENBLICK?!"

Er stieß Ron von sich, völlig außer Atem. Der Jüngere selbst sackte auf dem Sitzplatz am Fenster zusammen und rieb sich seinen Hals. Wieder blieb die Antwort an ihr hängen.

"Haben wir. Den ganzen Sommer über, bevor wir gegangen sind."

Vielleicht hätte sie schweigen sollen. Denn nun wandte sich der Weasleysohn ihr zu und durchbohrte sie mit seinen Blicken.

"Und wieso ... wieso habt ihr nichts gesagt?"

Anscheinend war er zu erschöpft, um noch zu schreien, weshalb er wieder in seine leise, drohende Tonlage verfiel. Sie wusste nicht, was ihr lieber war. Diesmal war es Ron, der antwortete, immer noch heiser.

"Denkst du, Mum hätte uns gehen lassen? Nach dem Desaster auf deiner Hochzeit? Niemals! Und wenn doch ... hätten uns die Leute vom Phoenixorden doch sowieso an den Hacken geklebt. Wir hätten für unser Vorhaben weder Platz noch Zeit gehabt, mit einer Armee von Aufpassern um uns rum! Außerdem wäre Harry auch ohne uns gegangen! Wir dachten nur, wenigstens wir sollten ihn begleiten. Und immerhin haben wir es geschafft, ihn davon zu überzeugen, zurück nach Hogwarts zu gehen..."

Bill funkelte ihn an, als wäre er kurz davor, ihm noch eine zu scheuern. Stattdessen ließ er sich ebenfalls auf einen Sitz fallen und vergrub das Gesicht in den Händen. Anscheinend war sein Wutanfall vorüber. Hoffentlich.

"...Bill... ...es... tut mir leid..." Zögernd legte der Jüngere seinem Bruder eine bebende Hand auf die Schulter. Doch das war ein Fehler.

"FASS MICH NICHT AN!"

Mit diesen Worten schlug er die Hand seines Bruders weg und warf ihm den wütendsten Blick zu, den er finden konnte.

"ES TUT DIR LEID, JA?! ES TUT DIR LEID! ES TUT DIR LEID!!!", er spie die Worte regelrecht aus. "ES TUT DIR ALSO LEID! WELCH FRÜHE

ERKENNTNIS! ES TUT DIR LEID! HA!"

Für einen Moment brach er in schaurigem Lachen aus, bevor er erneut in sich zusammen sackte und das Gesicht in den Handflächen verbarg.

"Ronald Bilius Weasley. Du bist ein Volltrottel."

Sämtliche Wut schien gewichen zu sein, dafür wirke er jetzt furchtbar verbittert.

"Und sowas nennt sich Vertrauensschüler. Pff."

Ron unternahm einen erneuten Versuch, seinem Bruder die Hand auf die Schulter zu legen. Diesmal wurde sie nicht weggeschlagen. Einen Augenblick später hielten sich die Brüder auch schon im Arm.

"Tu das nie wieder, hörst du? Nie wieder! Versprich es mir.", flüsterte der Ältere. Ron blickte verzweifelt zu ihr. Sie wussten beide, dass sie ein solches Versprechen nicht einhalten würden.

"Das ... kann ich nicht. Es tut mir leid, wirklich, aber es geht nicht..." Er hielt kurz inne, dann fuhr er entschlossen fort. "...Du hast doch gelesen, was im Tagespropheten stand. Das Harry der Auserwählte ist, derjenige, der du-weißt-schon-wen endgültig besiegen wird. Und wir glauben, dass es stimmt. Darum ... kann ich das nicht versprechen. Denn wir werden an seiner Seite stehen, wenn es soweit ist."

Bill sah auf. Sie erwartete bereits den nächsten Wutausbruch, doch als er sprach, war seine Stimme ruhig, fast freundlich. "... Verstehe. Dann pass gut auf dich auf, du Volltrottel."

Ron nickte und richtete sich auf. Anscheinend hatte auch er seine Fassung wieder.

"Aber wieso unbedingt Godric's Hollow? Ich versteh das nicht."

"Harrys Geburtsort. Er wollte die Gräber seiner Eltern sehen. Es gibt dort auch ein Schloss. Hätte dir sicher gefallen."

"Vielleicht sollte ich irgendwann meine Arbeit als Fluchbrecher wieder aufnehmen, he?"

"Ja. Vielleicht. Aber ich glaube, wir sollten endlich unseren Pflichten als Aufsichtsschüler nachkommen."

Bill nickte. Anscheinend hatte er sich endgültig beruhigt. Ron stand auf und sie folgte seinem Beispiel. Sie verabschiedeten sich vom ältesten Weasley, der ebenfalls auf Patrouille durch den Zug gehen würde, allerdings in die andere Richtung, und machten sich auf den Weg.

Als Bill außer Hörweite war, drehten sie sich noch einmal nach ihm um.

"Ich dachte schon, er reißt mir den Kopf ab.", murmelte Ron und rieb sich die Wange, wo Bills Hand ihn getroffen hatte.

"Ein Wunder eigentlich, dass er sich so schnell wieder abgeregt hat."

Ein Gesicht schob sich in ihr Blickfeld.

"Hi Leute. Ist was passiert?", fragte Neville Longbottom, der soeben die Tür zu einem Abteil aufgeschoben hatte und verwirrt die beiden betrachtete.

Ron grinste matt. "Wir hatten... eine Diskussion mit meinem Bruder. Hast du Harry gesehen?"

Neville nickte und machte den Weg ins Abteil frei. Tatsächlich saß Harry dort am Fenster. Neben ihm Jason und ihm gegenüber hatte Luna Lovegood, die in einer Zeitschrift namens Quibbler las, Platz genommen. Als sie eintraten, sahen die Anwesenden auf.

"Was waren dass für Schreie? Vielleicht ein..."

"Mein Bruder.", fiel Ron der Ravenclawschülerin ins Wort, bevor diese ihre Vermutung äußern konnte.

"Klang nach Bill?"

Sie setzte sich neben Luna. "Du hast ein gutes Gehör. Er hat uns - vornehmlich Ron - die Hölle heiß gemacht."

"Hat er sich wenigstens wieder beruhigt?"

Ron nickte Harry zu und setzte sich neben Hermine, während Neville sich wieder auf den Platz neben Jason fallen ließ.

"Glaube ich zumindest. Wie war eure Fahrt bis jetzt?"

"Außer, dass man mich aus allen Abteilen angestarrt hat, normal. Bran Graves hat uns einen netten kleinen Besuch abgestattet und versucht, mich auszuhorchen." Sein Tonfall ließ die Vermutung zu, dass es dem Auroren nicht gelungen war. "Und bei euch?"

Sie seufzte. "Blaise Zabini ist Schulsprecher. Der ganze Zug ist stockevoll mit Auroren und Mitgliedern des Phoenixordens und in Hogwarts wird es nicht anders sein."

"Zabini? Dieser abgehobene Möchtegern-Slytherin?", fragte Luna, ohne aufzusehen.

"Jaah. Und Ginny wurde zur Vertrauensschülerin nachnominiert, weil die andere Fünftklässlerin, die Vertrauensschülerin werden sollte, nicht nach Hogwarts zurückkehren will. Und ich sage euch eines: gegen sie war Bill ein Lamm."

"Das heißt, sie hat dir zwei Ohrfeigen verpasst?"

Rons Ohren verfärbten sich bei Hermines Worten rosa. "Nein. Drei."
 

Einige Stunden und eine ereignislose Zugfahrt später - es dämmerte - fuhr der Hogwartsexpress in den Bahnhof von Hogsmeade ein. Nachdem sich die Massen aus den Gängen auf den Bahnsteig geschoben hatten, stieg auch sie mit Ron aus. Nach ein paar Stunden in Harrys Abteil hatten sie sich für den Rest der Fahrt zuerst zur Patrouille und später in das Schulsprecherabteil - Zabini hatte sich eines Glückes ins Abteil der Slytheriner Siebtklässler zurückgezogen - verzogen.

Schon auf den ersten Blick bemerkte sie eine Veränderung: Hagrids hühnenhafte Gestalt war nicht anwesend. Stattdessen klang eine Frauenstimme - anscheinend magisch verstärkt - über den Bahnhof: "Erstklässler zu mir! Erstklässler! Hierher! Erstklässler zu mir!"

Nach kurzem Suchen machte sie den Ursprung der Stimme aus: zwischen den Schülern ragte ein Frau heraus. Sie hatte langes schlohweißes Haar, welches im Licht der untergehenden Sonne zu leuchten schien.

"Ob das eine unserer Neuzugänge ist? McGonagall muss ja ziemlich verzweifelt sein, wenn sie so alte Leute aus ihrem wohlverdienten Ruhestand holt.", raunte Ron ihr zu, während sich die beiden eine frei Kutsche suchten.

"Scheint aber noch recht munter zu sein.", antwortete sie und stieg vor ihm in die Kutsche. Nachdem sie sich gesetzt hatte, beobachtete sie den Bahnsteig aus dem Fenster heraus. Der Kopf der Lehrerin stach von weitem aus dem Menschenknäul heraus. Weit weniger auffällig waren die Personen, die rund um den Bahnhof und dem Weg zum Schloss Aufstellung bezogen hatte. Nicht weit von ihrer Kutsche stand Bran »die Krähe« und etwas weiter konnte sie einen bonbonrosa Haarschopf ausmachen, der nur einer Person gehören konnte ...

Die Kutsche setzte sich in Bewegung und Nymphadora Tonks geriet aus ihrem Sichtfeld.

Das Lied des Hutes

[A/N] Es wird sueig, meine lieben Freunde, es wird sueig. :D

Aber Fiona ist mir gewissermaßen feindlich gesonnen, wir stehen auf Kriegsfuß - und ich gewinne. Muharharharhar~

BTW: Wer sind eure Lieblingsowncharas bei meiner FF?
 

@ Sitamun: Bill ist halt immer noch der Sohn von Molly. Da kann er ja nicht nur die Gene seines Vaters haben. :D
 

@ Ocean_Secret: Bills Ausbruch ist eine meiner liebsten Szenen. Meine allerliebste ist aber immer noch der Regulus-Dreiteiler (Coming soon in this Fanfic! XD).
 

@ Chelys: HeuchlerIN! XD~~~
 

@ Laluna: Wie es den verletzten Personen geht? Das "Geheimnis" um eine dieser Personen und ihr Fortbestehen wird im nächsten Kapitel gelüftet. :D
 

read, enjoy AND review!

mfg

NIX
 


 

1. September 1997 (Hogwarts, Schottland)

Als Hermine mit Ron aus der Kutsche stieg, sah sie bereits Harry, Neville und Luna, die anscheinend auf sie warteten.

"Habt ihr auch diese Frau am Bahnhof gesehen? Mit den weißen Haaren?", fragte Neville, als sie auf ihn zukamen.

"War schwer zu übersehen, oder? Ist vermutlich eine neue Lehrerin.", schnaubte Ron und beobachtete Peeves, der einige Meter von ihnen entfernt gackernd über der Schülerschar schwebte.

Zusammen betraten sie die Große Halle. Auf den ersten Blick hatte sich nicht viel verändert. Es saßen weniger Schüler an den Haustischen, aber nicht gravierend weniger. Ansonsten wirkte die Halle etwas trister als sonst, das fröhliche Stimmengewirr war einem leisen angstvollen Flüsterton gewichen. Die meisten Lehrer hatten bereits am Lehrertisch Platz genommen. Da saß Professor McGonagall, nun auf dem Platz des Schulleiters, und links neben ihr waren die Professoren Flitwick und Slughorn in ein Gespräch vertieft. Sie konnte die Professoren Sinestra und Vektor ausmachen, ebenfalls tuschelnd, und eine Person, die einem von Bills Freunden, die sie auf der Hochzeit getroffen hatte, sehr ähnlich sah. Die Stühle von Hagrid, Professor Sprout, der Lehrerin vom Bahnsteig und ein weiterer waren leer. Dafür hatten sich sogar Trelawney und Firenze eingefunden.

"Wer ist der Typ neben Slughorn?", fragte Ron in die Runde und deutete auf den neuen schwarzhaarigen Lehrer, der gelangweilt die hereinströmenden Schülermassen betrachtete.

"Sieht aus wie dieser Blackwood. Ihr wisst schon. Der Kerl von Bills Hochzeit.", erwiderte Harry, während er sich an den Gryffindor-Tisch setzte.

Sie nickte und setzte sich zu ihm, noch immer den Lehrertisch betrachtend. "Darum wollte Bill ihn uns wahrscheinlich vorstellen. Er ist unser neuer Lehrer."

"Fragt sich nur, in was? So wie er aussieht, macht er Verteidigung gegen die dunklen Künste."

Langsam ebbte der Schülerstrom ab und versiegte schließlich ganz. Es waren tatsächlich weniger Schüler gekommen, als in den letzten Jahren. Ravenclaw und Gryffindor waren noch immer gut besetzt, in den Reihen der Hufflepuff klafften mehrere größere Löcher und bei den Slytherins fehlte nahezu ein Viertel. Bei näherem Hinsehen konnte Hermine Gesichter, auch aus anscheinend höheren Jahrgängen, ausmachen, die sie noch nie gesehen hatte, die teilweise sogar andere Uniformen trugen.

Austauschschüler? In diesen gefährlichen Zeiten? In Hogwarts?, fragte sie sich selbst. Doch bevor sie einen der Anderen fragen konnte, öffnete sich das Tor zur Großen Halle erneut. Die Lehrerin vom Bahnsteig trat ein und eilte auf den Lehrertisch zu, wo sie sich auf einen der freien Stühle neben Professor McGonagall setzte, nachdem sie kurz mit selbiger geredet hatte. Ihr folgte Professor Sprout, die einen dreibeinigen Stuhl, auf dessen Sitzfläche ein alter schäbiger Hut lag, trug, gefolgt von einer Reihe sehr eingeschüchterter Erstklässler, unter denen sie auch Jason ausmachen konnte.

Die Hauslehrerin von Hufflepuff ging ebenfalls nach vorn und stellte den Stuhl mitsamt Hut vor dem Lehrertisch ab. Einen Moment war alles still, dann öffnete der Hut einen Riss in der Größe eines Mundes und begann zu singen.
 

Tausend Jahr und mehr,

Ist es nun schon her,

Dass vier Freunde sich besannen

Und zu Bauen diese Schule begannen.

Da waren Gryffindor,

der Mutigste von Allen,

Und sein Freund Slytherin,

Herr der Fallen,

Auch Ravenclaw,

die Weiseste der Weisen,

Und an ihrer Seit Hufflepuff,

die alle ihres Fleißes wegen preisen.

Ein enger Bund

Verband sie alle vier,

Doch er zerriss,

Nach wenigen Jahren schon,

Ich sag es dir!

Eines schönen Morgens dann,

Slytherin ging hinfort,

Und obwohl der Zwist gegang'n,

Nie mehr herrschte Frieden dort.

Tausend Jahr und mehr,

Ist es nun schon her,

Dass Streit regiert

Und jedes rechtschaffene Herz erfriert.

Doch selten ist's geschehen,

Dass die Gefahr außen weilt,

Während innen die Tage gehen

Und Eines ist entzweit.

Ich bin nur ein simples,

Durch Magie geschaff'nes Ding,

Das nicht frei wählen kann

Und nur tut seine Pflicht:

Zu Trennen, statt zu Einen,

Was zusammen gehört.

Doch höret mein Wort:

Seit einig an diesem Ort,

Sonst bläst euch die Finsternis hinfort.

So lasst den Fehler beginnen,

Denn ich kann ihm nicht entrinnen.
 

Als der Sprechende Hut mit seinem Lied endete, toste nicht wie sonst Applaus in der Großen Halle auf. Es war nahezu gespenstisch ruhig und alle Blicke richteten sich auf den alten, zerflederten und geflickten Hut auf dem dreibeinigen Stuhl. Er hatte schon öfter Warnungen ausgesprochen - zuletzt ihn den vorigen beiden Jahren - doch noch nie war sie so deutlich und unmissverständlich gewesen.

Nach dieser sich ins Unendliche dehnenden Pause gab die Schulleiterin Professor Sprout ein Handzeichen, um fortzufahren. Sie räusperte sich kurz, dann rief sie den ersten Namen - Abbingham, Thomas - auf.

Ein Junge mit blondem Haar trat vor und setzte den Hut auf. Es dauerte lange. Unendlich lange. So lange, dass sie schon dachte, der Sprechende Hut würde nichts mehr sagen. Doch schließlich rief er "RAVENCLAW!" und Thomas rannte zum Ravenclawtisch.

Langsam flammten in der Großen Halle wieder verhaltene Gespräche auf. Sie hörte, wie Ron sich an Harry wandte. "Krasses Lied, oder?"

"Zumindest sehr... eindeutig."

"Nun, es ist im Prinzip das, was uns Dumbledore auch schon immer gepredigt hat: Haltet zusammen.", mischte nun auch sie sich ein.

"Hat ja auch genug Zeit mit ihm verbracht. ..."

Ron ließ den Kopf hängen.

"Blackwood, Fiona!"

Ein Mädchen mit schwarzem Haar ging nach vorne und setzte den Hut begierig auf.

"GRYFFINDOR!", rief der Hut. Das Mädchen nahm den Hut ab und machte eine eindeutige Geste zum Lehrertisch, die wohl dem jüngsten Mitglied der Tafel galt, der sein Gesicht soeben in den Händen vergraben hatte, und lief unter Jubel des Gryffindor-Tisches- zum selbigen, wo sie sich auf dem Platz gegenüber von Harry setzte.

"Hallo! Du bist Harry Potter, oder? Mein Bruder", Fiona nickte zur Lehrertafel, "hat mir schon von dir erzählt!"

Sie reichte ihm die Hand und er schüttelte sie widerwillig. "Hat er das, ja?"

"Hat er! Er hat gemeint, du seist auf der Hochzeit eines seiner Schulfreunde gewesen. Irgendwas mit Weasley, glaub ich. Oh. Du bist doch einer, oder?"

Ron wurde furchtbar rot, nickte aber. Hermine wusste nicht, ob sie froh darüber sein sollte, dass die Kleine sie noch nicht entdeckt hatte, doch das erledigte sich ohnehin mit Fionas nächsten Worten.

"Und wer bist du? Bist du auch eine von Harrys Freunden? Du bist Schulsprecherin, oder? Ich habe dich im Zug gesehen, wie du die Abteile kontrolliert hast!"

Es war überraschend, wie schnell die Kleine sprechen konnte. Regelrecht angsteinflößend.

"Ja. Ich bin eine von Harrys Freunden. Mein Name ist Hermine Granger. Ja, ich bin Schulsprecherin und habe im Zug die Abteile kontrolliert. Aber wer ist dein Bruder?"

Nun schien Fiona endgültig in ihrem Element sie deutete auf den jungen schwarzhaarigen Mann, der neben Professor Slughorn saß und sich auf die Auswahlzeremonie konzentrierte, während gerade "Gallstone, Rognar" zu einem Slytherin wurde.

"Der Typ da. Mein nichtsnutziger Trottel von Halbbruder. Wir haben denselben Vater, wisst ihr? War in seinerzeit in Slytherin Vertrauensschüler. Ihr könnt euch sicher vorstellen, was er davon hält, das ich in Gryffindor bin! Ich bin so froh, dass er mich dieses Jahr noch nicht unterrichtet! Er kann so ein Trampel sein, nagut, das ist er eigentlich immer..."

Im selben Moment wurde sie von einem Jungen (Kevin Lord) unterbrochen. "Fio? Luftholen!"

Das Mädchen drehte sich um und umarmte ihn nach einem Moment stürmisch. "Vin!" Anschließend setzte sie dazu an, den armen neuen Gryffindor zuzulabern, der das mit stoischer Ruhe ertrug.

Vorn beim Sprechenden Hut rief Professor Sprout gerade "McJarrod, Jason!" auf. Die drei sahen zu ihm, äußerst froh von Fiona Blackwood erlöst zu sein, wie er nervös aus der Reihe stolperte und den Hut aufsetzte. Es dauerte lange. Vielleicht noch länger als bei dem ersten Schüler. Doch irgendwann rief der Hut: "GRYFFINDOR!" und Jason riss sich den Hut vom Kopf, legte ihn auf den Stuhl und rannte zum applaudierenden Gryffindor-Tisch, wo er sich ihr gegenüber neben Fiona setzte, die eines Glückes noch immer in einen Monolog mit Kevin Lord vertieft war. Er zitterte noch ein wenig, doch er grinste. "Hi Leute."

Kurz Zeit später wurde die letzte - Wendel, Susanna - zu einer Hufflepuff und Professor Sprout trug den wieder verstummten Hut aus der Halle. Nachdem sie zurückgekehrt war und sich auf den Platz neben der Schulleiterin gesetzt hatte, erhob sich Professor McGonagall und blickte über die Schülerschar.

"Es freut mich, zu sehen, dass so viele alte und neue Schüler meinem Ruf gefolgt sind und diese Schule auch dieses Jahr besuchen, trotz der Ereignisse des letzten Schuljahres. Willkommen.", sprach sie mit ehrwürdiger aber etwas steifer Stimme, "Möge das Festessen beginnen!"

Bei diesen Worten füllten sich die goldenen Platten auf den fünf Tischen mit den herrlichsten Speisen und kaum einen Augenblick später erfüllten die Geräusche, die so ein Festessen mit sich brachte, die Halle.

"Köstlisch!", schmatzte Ron, der sich von allem etwas aufgetan hatte und es nun in sich hinein schaufelte. Hermine verzog leicht angewidert den Mund, während sie sich selbst Kartoffeln und Schweinesteaks auffüllte.

Auch die Erstklässler machten sich über das Festessen her und sie stellte zufrieden fest, dass Fiona Blackwood zum ersten Mal an diesem Abend zu beschäftigt war, um zu reden. Während sie selbst - im Gegensatz zu Ron gesittet - aß, ließ sie den Blick neuerlich durch die Halle schweifen. Überall wurde gegessen und nebenbei schmatzend Gespräche geführt. Sie sah Blaise Zabini, der mit recht erhobener Nase seine Pastete verspeiste und dabei gekonnt die Erstklässler ignorierte, die ihn mit Fragen - und Krümeln ihres Essens - bestürmten, und Luna Lovegood, die einmal öfter im Quibbler versunken war und nebenbei Pommes mit den Fingern zu ihrem Mund beförderte. Als ihr Blick über den Gryffindor-Tisch schweifte, merkte sie, dass Parvati Patil fehlte, aber ansonsten die meisten Siebtklässler des Hauses anwesend waren. Ginny saß am anderen Ende des Tisches zwischen einigen ihrer Freunde und warf Harry, Ron und ihr immer wieder wütende Blicke zu. Die Creevey-Geschwister fehlten, ebenso einige andere aus den unteren Jahrgängen. Dafür saßen am unteren Ende des Tisches zwei blassgesichtige Jungen in fremden Uniformen und leise miteinander tuschelnd, die sie noch nie gesehen hatte.

Nachdem auch die Reste des Nachtisches verschwunden waren, erhob sich Professor McGonagall erneut. Sie lächelte, doch es wirkte gezwungen.

"Noch einmal Willkommen den alten Schülern, die nun ein neues Schuljahr an unserer Schule beginnen, und natürlich auch den Erstklässlern. Ein besonderes Willkommen auch den Austauschschülern der unterschiedlichen europäischen Schulen,", ihr Blick glitt zu den fremden Schülern die über die vier Haustische verteilt saßen, "die sich trotz der momentanen Lage in unserem Land bereit erklärt haben, ein Jahr hier zu verbringen."

Für einen Moment wurde Applaus laut, doch McGonagall rief sie schnell zur Ruhe.

"Ebenfalls begrüßen möchte ich die neuen Lehrer, die unser Kollegium ab heute verstärken. Professor Blackwood, der von nun an die Stelle für Alte Runen inne hat."

Phineas Blackwood stand kurz auf und nickte den verdutzten Schülern grinsend zu, anscheinend hatten nicht wenige gedacht, er würde Verteidigung gegen die dunklen Künste übernehmen. Auch sie tauschte mit Ron und Harry einen verblüfften Blick.

Nachdem der neue Lehrer sind gesetzt hatte und der Applaus abgeflaut war, erhob die Schulleiterin erneut die Stimme. "Und Professor Greyham, die nicht nur Verteidigung gegen die dunklen Künste übernehmen wird, sondern auch meine Stellung als Hauslehrer Gryffindors."

Nun stand die weißhaarige Frau mit ehrwürdiger Miene auf und sah zu den Schülern. Wie sie dort so im Licht der Kerzen, die über dem Lehrertisch schwebten, stand, sah sie mit einem Mal nicht mehr so alt aus, vielleicht war sie Mitte Vierzig und ihr noch recht glattes Gesicht stand im krassen Kontrast zu ihrem schneeweißen Haar. Außerdem schien sie gewisse Ähnlichkeit mit einer Person zu haben, die Hermine erst vor kurzem kennengelernt hatte. Jonah Greyham, der ihr das Leben gerettet hatte und seitdem im St. Mungo Hospital lag. Sie hatte lange nichts mehr von ihm gehört und fragte sich einmal öfter, wie es ihm ging.

Professor Greyham setzte sich wieder und die Schulleiterin sprach weiter.

"Wir wissen alle, was in den letzten Monaten geschehen ist. Todesser sind in diese Schule eingedrungen und haben den ehrwürdigen Schulleiter Professor Dumbledore, meinen Vorgänger, ermordet. Umso glücklicher bin ich, zu sehen, dass die Schule erneut geöffnet werden kann und so viele Kinder ihrem Ruf gefolgt sind. Seit unbesorgt, ihr seid hier in Sicherheit. Die Schutzzauber über dem Schlossgelände sind seit Juni verstärkt worden und es wird Tag und Nacht, Sommer wie Winter, eine zwanzigköpfige Gruppe Auroren um das Schlossgelände patrouillieren. Weiteres Sicherheitspersonal ist in der Schule selbst stationiert. Es gibt also keinen Grund zur Sorge."

Sie hielt inne und ließ die Worte wirken.

Hermine spürte die Blicke von Harry und Ron hinter sich, die nicht nur Professor McGonagall galten, sondern auch ihr. Sie drehte sich um.

"Was haltet ihr davon?"

"Wenn Voldemort diese Schule wirklich in Grund und Boden stampfen will, werden ihn zwanzig Auroren und ein paar Mitglieder des Phoenixordens nicht aufhalten.", erwiderte Harry düster und sah wieder zum Lehrertisch, wo die Schulleiterin ihre Rede fortsetzte.

"Desweiteren sei erwähnt, dass der Verbotene Wald noch immer verboten ist", ihr Blick ging wie rein zufällig zum Gryffindor-Tisch, "und bis auf weiteres die Besuche in Hogsmeade untersagt sind. Jedoch sehe ich zum jetzigen Zeitpunkt keinen Grund, warum die alljährliche Quidditchmeisterschaft nicht stattfinden sollte, weshalb ich jedem Interessenten ans Herz lege, sich in die aushängenden Bewerbungslisten in den Gemeinschaftsräumen einzuschreiben. Das wäre es vorerst von meiner Seite. Die Vertrauensschüler möchten sich jetzt bitte zu ihren Hauslehrern begeben, um von ihnen die Passwörter für ihre Häuser zu erhalten, um anschließend die Erstklässler zu den Gemeinschaftsräumen führen. Die beiden Schulsprecher Blaise Zabini und Hermine Granger finden sich bitte bei mir ein."

Sie verabschiedete sich von Ron, der zu Professor Greyham ging, und Harry, der auf Ron wartete, und machte sich auf den Weg zur Schulleiterin. Diese empfing sie - und zu ihrem Missfallen auch Blaise Zabini - lächelnd.

"Es ist schön, Sie zu sehen, Mister Zabini, Miss Granger. Sie werden sicherlich schon erahnen, was ich noch von Ihnen möchte. Wie Sie wahrscheinlich wissen, ist es den Schulsprechern erlaubt, ein eigenes Zimmer in ihrem Haus zu bewohnen. Für sie, Mister Zabini, ist es der Raum am Ende des Ganges, in dem die Schlafsäle liegen, hinter dem Portrait von Brenton dem Fahlen. Für Sie, Ms Granger, das Zimmer in der Turmspitze ihres Hauses, welches sie durch die Treppe, die zu den Schlafsälen führt, erreichen, hinter dem Portrait von Serena der Mutigen. Es sei gesagt, dass beide Zimmer sowohl von den Mädchenschlafsälen, als auch von den Jungenschlafsälen erreichbar sind, über die Ihre Mitschüler Sie erreichen können, sollte es - wollen wir es nicht hoffen - einen Notfall geben."

Sie übergab beiden einen Brief. "Diese Umschläge enthalten alle nötigen Passwörter. Morgen nach dem Frühstück werde ich Ihnen eine kleine Einweisung zu Ihren Pflichten zukommen lassen. Und nun, schlafen Sie gut. Wir sehen uns morgen früh."

Mit diesen Worten ließ die Lehrerin sie beide stehen. Ohne ihrem Kollegen eines weiteren Blickes zu würdigen, verließ auch sie die Halle und ging zum Gryffindorgemeinschaftsraum. Unterwegs öffnete sie den Umschlag. Ihr kam ein Zettel entgegen, der sowohl das Passwort für ihr Haus, wie auch das für ihr Zimmer beinhaltete. Zu ihrer Verwunderung war auch das Passwort für einen Schrank dabei, welcher vermutlich eine Art Tresor sein würde. Gedankenverloren und immer noch auf die Passwörter starrend, sagte sie selbiges ("Artemis"), als sie das Portrait der fetten Dame erreicht hatte. Das Bild schwang zur Seite und sie stieg durch das freiwerdende Loch in den gemütlichen Raum, der noch immer mit Tischen, gemütlichen roten Sesseln und Sitzkissen ausgestattet war.

Das runde Zimmer war zu ihrer Überraschung noch gut besucht. Die Erstklässler und die meisten der anderen jüngeren Jahrgänge hatten sich bereits in ihre Schlafsäle verabschiedet, doch die meisten Fünft-, Sechst- und Siebentklässler waren noch dort. Sie entdeckte Ron und Harry, die am Kamin saßen und von Ginny eine Gardinenpredigt, die der ihrer Mutter in nichts nachstand, zu hören bekamen. Einen Augenblick zögerte sie und fragte sich, ob sie sich dazu gesellen sollte, doch dann wandte sie sich kurzentschlossen ab und ging die Treppe zu den Mädchenschlafsälen hinauf. Auf der letzten Stufe angekommen, sie hatte sämtliche Schlafsäle hinter sich gelassen, auch den, auf dessen Tür eine große Sieben prangte, besah sie sich das Portrait von Selena der Mutigen kurz und sagte dann "Mondschein". Selena, eine hübsche blonde Frau mittleren Alters, begrüßte sie kurz und schwang dann fröhlich lachend zur Seite. In der Wand, die das Portrait bedeckt hatte, öffnete sich ein schmaler Riss, der immer weiter wurde und sich bis auf den Boden ausdehnte. Schließlich war der Eingang so groß, dass sie eintreten konnte.

Sie sah sich um. Tatsächlich war sie in der Turmspitze angelangt, denn die Decke fiel zu allen Seiten hin wie ein Kegel ab. Zu ihrer Linken stand ein wuchtiger alter Schrank aus Eichenholz, daneben ein Schreibtisch mit Stuhl. Zu ihrer Linken führte eine Tür vermutlich in ein Bad, ein bisschen weiter ein Kamin, vor dem ein Tisch und rund herum drei gemütliche Sessel standen und in dem ein Feuer brannte, und auf der ihr gegenüberliegenden Seite stand ein riesiges Bett mit rotem Baldachin. Neben dem Schrank erkannte sie ihren Koffer und Krummbeins Käfig. Sie ließ den orangeroten Kater ins Freie, der sofort ihr Bett für sich beanspruchte, und holte anschließend ihren Schlafanzug aus dem Koffer.

Nachdem sie sich umgezogen hatte, setzte sie sich aufs Bett. Plötzlich hörte sie eine Stimme vom Eingang her. Es war Selena die Mutige, deren Portrait auch auf der Innenwand des Raumes hing. "Du weißt nicht, wie gut es ist, endlich mal wieder ein Mädchen hier drin zu haben. Obwohl ich eigentlich eher mit einem Weasley gerechnet hätte."

"Vielleicht nächstes Jahr. Eine Weasley gibt es schließlich noch."

Selena verzog in ihrem Rahmen den Mund. "Ja. Eine Weasley, die Stinkbomben gegen mein Portrait wirft. Ich sage dir, ich vergesse nichts. Aber das ist ja nun auch egal. Schlaf schön!" Mit diesen Worten streckte sich die Frau im Bild und ging einen Augenblick später aus dem Rahmen, vermutlich auf ihr Portrait auf der anderen Seite der Wand. Hermine lächelte ihr hinterher, kraulte noch einmal ihren Kater, der friedlich schnurrte, und legte sich dann ins Bett.

Der erste Schultag

A/N: Mal wieder nur vier Kommentare? Verschlechtere ich mich oder warum sinkt die Kommentarzahl? .___.

Noch mal an alle: Ich freue mich über Kommentare! Sie sind toll und ich freue mich über jeden einzelnen, auch wenn ich mich nicht immer bedanke, sondern nur darauf antworte, wenn fragen aufkommen. Egal, ob konstruktive Kritik oder pures Lob, ich könnt mich drin suhlen! Sagt mir, was euch gefällt, welche Charaktere ihr toll findet, was ihr vermutet, wie die Geschichte weiter geht! Und sagt mir auch, wenn euch etwas sauer aufstößt, denn nur so kann ich mich verbessern. Und ja, ich werde auch Chilys gottverdammte Liste weiter füllen! Tschaka! d>o<b
 

@ Sitamun: Ich mag das Mister. :D
 

@ Leona: Die Lehrer wirst du noch besser kennen lernen, als dir lieb ist. *lacht*
 

@ Heuchlerin Chelys: Na dann freu dich schon mal auf die Fortsetzung (Halbblutpakt). Da kommen noch mehr solcher Lieder. Und sie sind ätzend. =___=

Und du wirst sie betan müssen. XD~~~
 

@ Maya-chan: Wahnsinn, wenigstens eine antwortet auf meine Fragen! O_o
 

Viel Spaß beim Lesen und Kommentieren des folgenden Kapitels,

NIX
 


 


 

2. September 1997 (Hogwarts, Schottland)

Hermine erwachte früh. Sanfte Sonnenstrahlen erleuchteten den Raum. Das Feuer im Kamin war über Nacht erloschen, doch es störte sie nicht. Gemütlich gähnend wuchtete sie sich aus dem Bett und zog ihre Hogwartsuniform an. Ohne auf die Uhr zu sehen, wusste sie, dass die Jungs vermutlich noch schliefen, weshalb sie sich gleich auf den Weg zum Frühstück machen würde. Vielleicht könnte sie dann noch etwas in der Bibliothek stöbern, bevor der Unterricht begann. Als sie das Portrait von Selena erreichte, öffnete diese sofort lachend den Zugang. Auf dem Weg hinab hörte sie aus dem Schlafsaal der Siebklässlerinnen Geschluchze, welches sich stark nach Lavender Brown anhörte. Eine ihrer Klassenkameradinnen tröstete sie. Einen Stockwerk tiefer stand die Tür zum Schlafsaal, auf welcher eine große Sechs prangte, offen. Gerade, als sie den Absatz erreicht hatte, steckte Ginny, ebenfalls bereits vollständig angezogen und das Vertrauensschülerabzeichen auf der Brust, durch die offene Tür. "Morgen Hermine." Ihre Stimme klang, als hätte sie sich in der letzten Nacht heiser geschrieen, aber sie schien nicht mehr auf sie wütend zu sein. Anscheinend hatten Ron und Harry sie beruhigt.

"Guten Morgen Ginny. Wie war die erste Nacht als Vertrauensschülerin?"

Die Rothaarige winkte ab. "Lass uns zum Frühstück gehen. Ich sterbe vor Hunger."

Hermine kicherte. Normalerweise hörte sie diesen Satz nur von Ginnys älterem Bruder.

Gemeinsam schritten sie die Treppe hinab. Im Gemeinschaftsraum trafen sie auf Neville, der liebevoll zu seinem Mimbulus mimbeltonia, der in den letzten zwei Jahren beachtlich an Größe zugenommen hatte, sprach, beachteten ihn jedoch nicht weiter.

In der Großen Halle angekommen, setzte Ginny sich sofort an den Gryffindor-Tisch und Hermine setzte sich kurzerhand zu ihr. Von ihrem Platz aus hatte sie einen guten Überblick über die Halle. Die Tische waren nicht einmal halb besetzt. Die meisten schliefen vermutlich noch. Die einzige Ausnahme bildete der Lehrertisch, an dem nur zwei Plätze leer waren: Hagrids und ein weiterer.

In diesem Moment betraten auch Harry und Ron die Halle, gefolgt von einer Horde Erstklässler, die sie wohl gebeten hatten, ihnen den Weg hinunter zu zeigen. Sie erkannte Jason und auch Fiona darunter, wobei sie vergnügt feststellte, dass der Junge sich entschieden von dem Mädchen fern hielt.

Die Gruppe steuerte auf sie zu und schließlich war sie nicht nur von Harry und zwei Weasleys umgeben, sondern auch von einer schnatternden Schar Erstklässler, wobei Jason ihr noch der liebste war.

Sie selbst aß schweigend, während Ron und Harry von ihrer nächtlichen Diskussion - auch handfester Streit genannt - mit Ginny berichteten.

Irgendwann kam die Post und sie zahlte der Zeitungseule für ihren Tagespropheten einen Knut und schlug die Zeitung auf. Es hatte weitere Dementorenangriffe gegeben und ganz im Süden war ein Haushalt ausgelöscht worden, doch es schien keine wirklich schwerwiegenden Nachrichten zu geben, weshalb sie das Blatt recht rasch wieder weglegte.

"Irgendwer gestorben, den wir kennen?", fragte Ron, während er seinen Haferschleim mit Sirup in sich hineinschaufelte. Sie hasste diese Angewohnheit von Ron, ihr jeden Morgen, wenn sie die Zeitung las, diese Frage zu stellen, doch sie schüttelte nur den Kopf und nahm sich einen Toast.

Mittlerweile war die große Halle voller Schüler, vermutlich waren die meisten anwesend, denn die Flügeltüren waren geschlossen. Sie bemerkte, dass die Hauslehrer um ihre Tische gingen und Stundenpläne verteilten. Professor Greyham überreichte ihr den ihren und wandte sich dann Harry und Ron zu. Ein Blick auf ihren Plan verriet ihr, dass es ein stressiger Tag werden würde, zuerst Zaubertränke, dann Arithmantik und Runen und zum krönenden Abschluss nach dem Mittagessen noch Verwandlung, Verteidigung gegen die dunklen Künste und Kräuterkunde. Tief seufzend biss sie in ihren Toast. Den Bibliotheksbesuch konnte sie damit vergessen.

Als sie von ihrem Stundenplan aufsah, bemerkte sie, dass die Hauslehrer zum Lehrertisch zurückgekehrt waren und Professor McGonagall sich erhoben hatte.

"Guten Morgen, meine Damen und Herren. Könnte ich bitte kurz Ihre volle Aufmerksamkeit haben? Danke." Ihre Stimme klang aufgewühlt.

"Wie einige von Ihnen vielleicht bereits mitbekommen haben, fehlen zwei Mitglieder des Kollegiums. Zum einen fehlt Professor Hagrid, Lehrer für Pflege magischer Geschöpfe. Er wird erst im Laufe der nächsten Woche zurückkehren. Bis dahin - ja, Sie dürfen sich freuen - fallen seine Stunden aus."

Jubel brach aus, nur nicht in den ersten, zweiten und siebten Klassen, denn keiner von ihnen hatte das Fach Pflege magischer Geschöpfe belegt. Hermine wechselte einen Blick mit Ron und Harry, die beide nicht sonderlich glücklich aussahen.

"Mit ein wenig Glück kehrt er nächste Woche zurück.", flüsterte Ron und schüttelte den Kopf, um dann wieder zur Schulleiterin aufzublicken.

"Ruhe, bitte! Freuen können Sie sich später! Des weiteren habe ich mich dazu entschlossen, kein Verwandlung mehr zu unterrichten, um mich voll meinen Aufgaben als Schulleiterin widmen zu können. Allerdings ist der neue Lehrer noch nicht eingetroffen, weshalb ich zunächst den Unter-"

Mitten im Wort fiel die Tür auf. Ein Mann mit schlohweißem Haar humpelte auf einen Krückstock gestützt herein. Normalerweise hätte sie ihn für einen alten Mann gehalten, doch sie erahnte, wer es war und schlug die Hände vor den Mund. Auch Ron und Harry starrten den Neuankömmling verblüfft an.

"Ist das ...?", nuschelte Ron.

"... Ja.", beantwortete Harry die nur halb gestellte Frage.

Unter den Blicken sämtlicher Schüler humpelte er zwischen dem Gryffindor- und Hufflepuff-Tisch, vielleicht, um Professor Greyham zu entgehen, die ihm durch den Gang, den die anderen beiden Haustische bildeten, entgegeneilte. Doch wirklich viel half das nicht, denn sie war schneller als er und holte ihn schließlich auf der Höhe von Hermine und ihren Freunden ein. Aus der Nähe war es eindeutig. Auch dieser Mann war ein Greyham.

"Jonah!" Es wirkte wie ein Aufschrei, als sie den Mann umarmte, ihm über das Haar strich, welches genauso weiß war, wie das ihre, und unablässig murmelte. Jonah Greyham schien darüber nicht sonderlich erfreut und starrte sie nur unwillig an, ohne sich zu rühren. Schließlich drückte er sie sogar von sich weg, nachdem sie darin verfallen war, immer wieder seinen Vornamen zu nuscheln. "Jonah! Oh, Jonah!"

"Professor Greyham? Tun Sie mir einen Gefallen. Halten Sie den Mund."

Die Ältere starrte ihn entsetzt an. "Aber... Jonah!"

"Und hören Sie auf, mich so zu nennen!" Damit wandte er sich um und humpelte auf Professor McGonagall zu, ohne der Frau noch einen Blick zu schenken, die da reglos und verblüfft zwischen den Tischen der Häuser Gryffindor und Hufflepuff stand. Am Lehrertisch angekommen, schüttelte er Professor McGonagall die Hand und wechselte ein paar Worte im Flüsterton mit ihr. Dann richtete sich die Schulleiterin an die versammelte Schülerschaft. "Darf ich vorstellen? Das ist Jonah Greyham. Mein Nachfolger für das Fach Verwandlungen." Jonah Greyham nickte den Schülern zu, dann setzte er sich auf Hagrids Platz, so weit von der Professorin mit dem schlohweißen Haar entfernt, wie möglich.
 

Noch eine Stunde nach Jonah Greyhams Auftritt war sie mehr als nur verwirrt und ihren Freunden erging es ebenso.

"Ist diese Greyham wirklich...?", fragte Ron soeben, als sie sich auf den Weg hinab in die Kerker machten.

"Jonah Greyhams Mutter. Ja, es scheint so.", antwortete Harry.

"Und es sah nicht danach aus, als wäre er glücklich darüber, sie zu sehen.", fügte sie seinen Worten hinzu und öffnete den Weg zu einem Geheimgang.

Harry verzog angesäuert den Mund. "Welch Luxus, seine Familie zu hassen."

"Nicht, solange du noch eine hast.", erwiderte der Rotschopf düster und folgte ihr durch den Gang.

Wenige Treppen später hatten sie den Kerker erreicht und betraten den Unterrichtsraum für Zaubertränke. Professor Slughorn war bereits anwesend und studierte die Namensliste seiner diesjährigen Schüler. Er sah nicht einmal auf, als sie eintraten.

Die Stunde verlief für Harry nicht so katastrophal, wie sie vermutet hätte. Sie wusste, dass er nicht mehr im Besitz des Buches des Halbblutprinzen war, dass seine Zaubertranknoten im letzten Schuljahr in ungeahnte Höhen katapultiert hatte, doch er machte seine Arbeit gut und die Qualität seines Trankes kam an die des ihren heran.

"Gib's zu! Du hast heimlich geübt!", maulte Ron, als sie die Kerker verließen. Sein Trank war vollkommen daneben gegangen, weshalb seine Laune seiner Note entsprach: Schrecklich.

Doch Harry lachte nur und sagte nichts.

Schließlich machten die beiden sich auf den Weg zu ihren zwei Freistunden, während sie zunächst zu Arithmantik ging. Der Höhepunkt des Vormittages war wohl die Stunde danach: Alte Runen. Ihr neuer Lehrer, Phineas Blackwood, war ein - und es gab keinen besseren Ausdruck dafür - Chaot. Zuerst kam er zu spät zum Unterricht und dann verwechselte er seinen Zauberstab auch noch mit einem Stück Kreide. Später beruhigte er sich ein Wenig, doch sie stellte schnell fest, dass er einen Hang dazu hatte, seine Unsicherheit mit geschmacklosen Witzen - die Klasse lachte aus Höflichkeit trotzdem - zu überspielen. Am Ende der Stunde wusste sie schließlich mehr über ihn, als über alle anderen Lehrer zusammen, denn neben den schlechten Witzen war er noch dazu ein ausgesprochenes Plappermaul, welches seiner Halbschwester in nichts nachstand. Dementsprechend schwirrte ihr der Kopf, als sie sich schließlich an den Gryffindor-Tisch zwischen Ron und Ginny setzte und nach den Kartoffeln griff.

"Wie war der Unterricht, Hermine?", fragte Ron mit scheinheiligem Unterton.

Sie seufzte tief und sah kurz zu dem schwarzhaarigen Runen-Lehrer, bevor sie antwortete. "Geschmacklos."

Rons Gesichtszüge entglitten, doch auf seine Fragerei antwortete sie nicht mehr, viel zu beschäftigt war sie, das Essen in sich hineinzuschaufeln, um vielleicht doch noch kurz in die Bibliothek gehen zu können.

Tatsächlich schaffte sie es, dank Fiona Blackwoods unfreiwilliger Hilfe, sich recht schnell von den Jungs loszueisen, als das Mädchen sie in ein haarsträubendes Gespräch über Quidditch verwickelte.

In der nächsten halben Stunde, die ihr vor Verwandlungen noch blieb, blätterte sie sich einmal öfter durch Bücher wie Jüngere Entwicklungen in der Zauberei und Die große Chronik der Zauberei des zwanzigsten Jahrhunderts, auf der Suche nach R.A.B.. Sie fand zwar Namen wie Rudolfus Angelus Belton oder Regina Amy Boogland, doch keine der Personen schien mit Voldemort in Verbindung gestanden zu haben.

Kurz bevor der Unterricht begann, gab sie schließlich entnervt auf, schlug das letzte Buch zu und machte sich auf den Weg zum Unterrichtsraum für Verwandlungen.

Der Raum stand bereits offen, doch von ihrem Lehrer war nichts zu sehen. Dafür von Harry und Ron, die in der hintersten Reihe saßen und auf sie warteten. Auch einige Andere waren bereits eingetroffen, darunter auch Lavender, die ohne Parvati merkwürdig beschnitten aussah. Hermine setzte sich neben Ron und holte ihre Schulsachen aus der Tasche. "Hast du unseren Lehrer schon gesehen? Als wir ankamen, stand die Tür schon auf ..."

Doch in diesem Moment kam Jonah Greyham auch schon durch die Tür gehumpelt und setzte sich hinter seinen Lehrerpult, darauf wartend, dass auch der Rest der Schüler eintraf. Als schließlich der letzte - Neville - die Tür hinter sich schloss und sich neben Harry in die letzte Reihe setzte, erhob sich der Weißhaarige schließlich wieder und hatte sichtlich Mühe dabei.

"Willkommen in meinem Unterricht. Mein Name ist - wie Sie bei dieser unrühmlichen Vorstellung heute Morgen vielleicht bereits mitbekommen habt - Jonah Greyham." Mit einem Wink seines Zauberstabs erhob sich ein Stück Kreide und schrieb seinen Namen an die Tafel.

"Verwandlungen mag eines der schwierigsten Gebiete der Zauberei sein und noch dazu mit Sicherheit nicht jedermanns Lieblingsfach, aber ich bin mir sicher, dass die Zeit, die wir in diesem Raum verbringen werden, nicht erfolglos sein wird. Ich habe noch nicht die Gelegenheit gehabt, Professor McGonagall nach Ihren Fähigkeiten und Fortschritten der letzten sechs Jahre fragen können, weshalb ich es für angemessen finde, Sie später in der Stunde einem kleinen Test zu unterziehen. Aber bis dahin ... gibt es irgendwelche Fragen, Probleme, Unklarheiten?"

Im selben Moment schossen auch schon nicht wenige Hände in die Höhe, die meisten von weiblichen Besitzern.

"Stimmt es, dass sie der jüngste Lehrer sind, den Hogwarts je hatte?"

"Ist es wahr, dass sie bis vor kurzem im St. Mungos Hospital gelegen haben?"

"Warum haben sie weiße Haare?"

"Waren sie wirklich Schulsprecher in Hufflepuff?"

"Ist Professor Greyham wirklich ihre Mutter?"

Der Lehrer hob lachend die Hand, um ihren Fragen Einhalt zu gebieten.

"Ich dachte eigentlich an Fragen, die das Fach betreffen! Aber da heute mein erster Tag als Lehrer ist, werde ich ihre - äußerst persönlichen - Fragen dennoch beantworten."

Hermine entging der leichte Spott in seinen Worten nicht, aber sie schien nahezu die einzige zu sein.

"Mal davon abgesehen, dass auch ich Professor Greyham bin, ja Isaara Greyham ist meine Mutter. Nein, ich bin nicht Hogwarts jüngster Lehrer aller Zeiten und war zwar Vertrauensschüler in Ravenclaw, aber Schulsprecher war ich nie. Warum meine Haare weiß sind, weiß ich selbst nicht, aber so sind sie seit meiner Geburt. Und ja, es stimmt tatsächlich, ich habe einen beachtlichen Teil der Sommerferien mit einer schmerzhaften Rückenverletzung, die mich noch immer beeinträchtigt, im St. Mungos Hospital verbracht. Damit dürften alle Fragen geklärt sein und ich bitte Sie inständig, es dabei zu belassen."

Im weiteren Verlauf der Stunde ging er nicht weiter auf Fragen zu seiner Person ein und arbeitete seinen Unterrichtsstoff konsequent ab. Als er die Schüler schließlich entließ, schwirrten ihnen - bis auf eine wohlbekannte Ausnahme - die Köpfe.

Jene wohlbekannte Ausnahme verließ an der Seite von Harry und Ron das Klassenzimmer.

"Habt ihr auch nur die Hälfte von dem, was er gesagt hat, verstanden?", ächzte der Rothaarige und schaffte es nur knapp, eine der verschwindenden Treppenstufen zu überspringen.

Hermine folgte ihm grinsend. "Jedes Wort, Ron."

"Ich frage mich nur, ob seine Mutter genauso ist, wie er."

Spätestens kurz nach Unterrichtsbeginn dämmerte es Harry, dass er sich geirrt hatte. Sie war schlimmer. Zunächst einmal wartete sie mit ihrem Auftritt, bis sich alle Schüler gesetzt hatten. Als auch Neville endlich seinen Stuhl besetzt hatte, trat sie schließlich mit wehendem Umhang und schnellem Schritt ein. "Guten Tag, Siebtklässler!"

Sie griff nach einem Stück Kreide und schrieb ihren Namen an die Tafel. "Mein Name ist Greyham. ich werde Sie in diesem Schuljahr in Verteidigung gegen die dunklen Künste unterrichten. Ich erwarte Gehorsam und Disziplin. Wer dies nicht besitzt: Dort ist die Tür." Mit einer ausholenden Geste wies sie auf selbige. "Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie in diesem Fach bis jetzt einen regen Wechsel an Lehrkräften, teilweise regelrechte Deletanten, hatten, weshalb es mir unmöglich ist, Ihren Wissenstand einzuschätzen. Aber das... lässt sich ändern."

Mit einem gefährlichen Funkeln in den Augen stützte sie ihre Arme aufs Lehrerpult.

Jahrbücher über Jahrbücher

A/N: Ha! Die hunderter Schallmauer gebrochen! Ich danke euch alle, für eure lieben Kommentare! Ihr seid toll!
 

@ Sitamun: Ja, Isaara und Jonah haben was an sich. XD

Aber nur in Kombi mit Phineas, ohne den wirkt es nicht. *hust*
 

@ Maya-chan: Im Kapitel den Hochzeits-Kapiteln sage ich, dass Jonah Greyham ungefähr so alt ist, wie Bill. (Die beiden waren in einem Jahrgang und beide Vertrauensschüler.) Also ist er soooooo alt noch gar nicht. In dieser Geschichte ungefähr 27. ^^
 

@ Heuchlerin vom Dienst (Chelys): Dir ist schon klar, dass du mit Phineas sonst nicht viel gemein hast? Er war schließlich ein Slytherin und hat durchaus auch die Charaktermerkmale eines solchen, wenn auch vielleicht nicht so ausgeprägt wie ein Draco Malfoy...
 

@ Leona: Isaara erinnert dich an Moody? Eigentlich ist sie eher eine mischung aus McGonagall, Lupin und meinem Phineas Blackwood - ne böse Mischung, indeed.
 

@ Chibiusa_Ainochi: Zwei Greyhams, die auf Kriegsfuß stehen. ;D
 

@ chi-cat: Die heftigen Kapitel brauchen noch ne Weile. Ah, nee, doch nicht. Hogsmeade kommt bald und dann hat die gute Chily auch mal wieder was für ihre Liste. XD~
 

Nun denn. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen UND Kommentieren. XD

mfg

NIX
 


 

27. September 1997 (Hogwarts, Schottland)

Der Unterricht schlauchte im siebten Jahr noch mehr, als in den anderen sechs zusammen. Dazu trugen vornehmlich die Unmengen an Hausaufgaben bei, die es zu bewältigen galt. Am herausragendsten dabei waren wohl die irre schweren Zauber von Professor Flitwick und die meilenlangen Aufsätze für Professor Greyham (mittlerweile hatte es sich unter den Schülern eingebürgert, ihn einfach "Prof. Grey" zu nennen). Die Zaubertränke, die sie bei Slughorn brauten, waren dagegen Larifari, auch wenn sie zumeist ebenso giftig waren wie Professor Sprouts Lieblinge. Noch schlimmer war lediglich der Verteidigung gegen die dunklen Künste Unterricht, denn Professor Greyham (von den Schülern liebevoll die »weiße Baronin« genannt, was wohl sowohl auf die Graue Dame, Hausgeist von Ravenclaw, als auch auf den Blutigen Baron, deren Slytherinpendant, anspielte) unterzog sie eines Trainings, welches sie nicht nur körperlich sondern vor allem geistig an ihre Grenzen brachte. Noch dazu waren Harry, Hermine und Ron sowieso beschäftigt. Denn noch immer hatten sie keinen Hinweis auf R.A.B. gefunden.

Doch an diesem Samstag sollte noch eine stressige Aufgabe hinzukommen, als sie zum Frühstück schlurften, wussten sie es nur noch nicht.

Hermine saß wie üblich zwischen Ron und Ginny und blätterte gelangweilt im Tagespropheten, während ersterer seinen Haferschleim in Zucker ertränkte und letztere über ihre Schulter mitlas. Harry saß ihr gegenüber, in sein Lehrbuch Im Angesicht des Feindes vertieft und nebenbei auf einem Toast kauend.

McGonagall erhob sich und verschaffte sich mit einem lauten "Guten Morgen!" Gehör. Alle Schüler sahen auf, alle bis auf Harry, der immer noch die Nase im Buch hatte.

"Guten Morgen, meine Schüler. Im Angesicht dessen, dass die UTZ-Prüfungen der Siebtklässler und damit auch ihr Abschluss an dieser Schule, immer näher rücken, bitte ich sämtliche Siebtklässler, sich in einer Stunde im Klassenzimmer für Verwandlungen einzufinden. Danke für die Aufmerksamkeit. Ich wünsche Ihnen noch ein schönes Frühstück und einen erholsames Wochenende."

Die Schulleiterin setzte sich wieder.

Ron hatte vor Schreck aufgehört, seinen Haferschleim umzurühren und sah mit seinem Was-soll-das-denn-schon-wieder-Blick zu Hermine, doch sie konnte nur mit den Achseln zucken. Nun sah auch Harry von seinem Buch auf. "Habe ich was verpasst?"
 

Eine Stunde später versammelten sich alle Siebklässler wie angeordnet im Verwandlungsklassenraum. Es wurde eng. Sie quetschten sich zusammen mit Neville, Ernie Macmillan und Hannah Abbott auf eine Bank, die normalerweise nur für vier Schüler gedacht war.

Professor McGonagall und alle vier Hauslehrer traten ein.

"Sieht fast so aus, als hätten wir was verbrochen.", murmelte Ron, doch eines Glückes erreichten seine Worte die Lehrer weiter vorne nicht.

Slughorn, er schien seit Schulbeginn konsequent immer breiter zu werden, obwohl er bereits wirklich unheimlich fett war, setzte sich auf einen Stuhl, den er mit einem Schlenker seines Zauberstabes heraufbeschwor. Die drei Frauen blieben stehen, ebenso Professor Flitwick, der sich jedoch zunächst ein paar Bücher zu einem Podest zusammenstapelte, damit er zumindest auf Augenhöhe mit den sitzenden Schülern war.

Als es langsam ruhiger wurde, trat die Schulleiterin vor. "Wie ich bereits beim Frühstück erwähnt habe, ist dieses Jahr Ihr Abschlussjahr und damit natürlich ein ganz besonderes. Ende Mai werden für Sie die UTZ-Prüfungen beginnen. Doch das ist natürlich nicht der letzte Akt. Wie Sie vielleicht bereits wissen, schließt jeder Jahrgang die Schulzeit mit einer feierlichen Zeugnisausgabe und einem Ball, der am selben Abend stattfinden wird, ab. Außerdem hat es sich so eingebürgert, dass jeder Jahrgang eine Art Jahrbuch herausgibt. So selbstverständlich auch der Ihre. Aber das will organisiert werden und genau aus diesem Grund habe ich sie hier zusammengerufen."

Als sie verstummte, brach im ganzen Raum heftiges Getuschel aus. Hermine selbst hörte Ernie neben sich murmeln: "Ach das! Ich dachte schon, wir hätten was verbrochen!"

"Ruhe!" Sofort verstummten die Gespräche und alle sahen zu der weißhaarigen Professor Greyham, die gesprochen hatte. "Das ausdiskutieren können Sie später. Uns soll es heute nur um eine grobe Struktur gehen. In den letzten Jahren hat es sich so eingebürgert, dass sich acht Schüler - meist aus jedem Haus zwei - um die Organisation des Abschlussballs kümmern und acht andere um das Jahrbuch. Wer von Ihnen würde sich dazu bereit erklären, sich um den Ball zu bemühen? Zwei Schüler aus jedem Haus, bitte!"

Für einen Moment schwirrten unzählige Blicke durch den Raum, dann hoben sich zögerlich ein paar Hände. Lavender und Hermine waren darunter, ebenso Ernie Macmillan und Pansy Parkinson. Professor Sprout nickte zufrieden und schrieb ihre Namen an die Tafel.

"Gut. Wäre das bereits geklärt. Hat auch jemand Interesse an der Erstellung des Jahrbuches?"

Erneut wurden Hände in die Luft gestreckt.

Hermine sah dabei zu, wie Slughorn Namen auf seine Liste schrieb. Im Prinzip wusste sie nicht, wie sie diese Mehrbelastung mit dem Abschlussball bewältigen sollte, aber sie hatte sich vor Wochen, nein vor Monaten, fest vorgenommen, daran mitzuwirken und sie hatte bis jetzt versucht, jedes Versprechen zu halten. Zu ihrem Erstaunen merkte sie, dass die beiden Gryffindors, die eingetragen wurden, ausgerechnet Ron und Neville waren...
 

"Nun, Herzlichen Glückwunsch. Wie wollt ihr das überhaupt schaffen? Ich meine, ihr seid Schulsprecherin und Vertrauensschüler! Reicht euch die Arbeit nicht?"

Sie ignorierte Harry so gut sie konnte und sah nicht einmal von ihrem Aufsatz über den Trank der Lebenden Toten auf. Sie saßen oben im Gryffindorturm, in ihrem Zimmer. Es war ziemlich seltsam, plötzlich nicht mehr unten im Gemeinschaftsraum sitzen zu müssen, und doch war es von Vorteil. Einfach leiser, ungestörter und ... ungehörter.

"Das musst du grad sagen, oder wer hat das Quidditchtraining für morgen angesetzt? Dabei haben wir echt viel zu tun! Slughorn! Die beiden Greyhams! Flitwick! R.A.B.!"

"Ich denke, wir haben mittlerweile alle Bücher, in denen R.A.B. stehen könnte durch. Und wenn dir das zu viel ist, hättest du das Amt für das Jahrbuch nicht annehmen sollen. Außerdem weißt du ganz genau, dass unserer Mannschaft Training braucht."

Nun sah sie doch auf und fixierte Harry mit ihrem Blick. "Was wollte McGonagall eigentlich noch von dir?"

Bevor er antwortete, streckte der Schwarzhaarige sich gemütlich und sackte in seinem Sessel etwas weiter hinunter. "Ein paar Tage vor der Zeugnisausgabe findet das letzte Quidditchspiel statt. Gegen Slytherin. Denke, sie wollte mich vorwarnen."

Nun streckte sich auch Ron und gähnte dabei herzhaft. "Nun, besser Slytherin, als Cormac McLaggen."

Alle drei lachten. Cormac McLaggen war im letzten Jahr für kurze Zeit in der Gryffindormannschaft gewesen und hatte Harry während eines Spiels mit einem Klatscher ausgeknockt, obwohl er nicht einmal auf der Position des Treibers gespielt hatte. Eines Glückes hatte er dann Hogwarts mit den UTZ hinter sich gelassen.

Hermine war die Erste, die sich wieder fasste. Sie legte ihren Aufsatz beiseite, schließlich hatte sie noch den Sonntag Zeit und war schon wesentlich weiter, als ihre beiden Freunde zusammen. "Hat einer von euch nun schon mehr über R.A.B. oder die Horkruxe herausgefunden?"

Mit einem Schlag verstummten auch die beiden Jungen. Ron schüttelte trübe den Kopf. "Keinen noch so winzigen Schnipsel. Du?"

Harry zuckte nur mit den Schultern. "Ich habe versucht, mit Dumbledore durch sein Portrait zu sprechen, aber er schläft wie ein Stein. Als dann Phineas Nigellus gesagt hat, ich - die genauere Formulierung, was ich denn sei, erspare ich euch lieber - solle ihn doch gefälligst nicht in seinem wohlverdienten Schönheitsschlaf stören, bin ich gegangen. Aber ich denke, ich werde versuchen, noch irgendwie an dieses Denkarium zu kommen. Vielleicht find ich da etwas Interessantes."

"Und ich habe diese Bücher von William Dragonar durchgewühlt. Ich denke, ich kann jetzt in etwa einschätzen, was der letzte Horkrux ist."

Sofort hingen die Jungen an ihren Lippen. Sie lächelte und griff nach einem Buch auf dem Kaminsims. Es sah noch recht neu aus. Schnell blätterte sie zu einem der Lesezeichen, die sie hineingelegt hatte und schob das aufgeschlagene Buch über den Tisch zu beiden. Die Seite zeigte einen alten Stab, der vermutlich als Gehstock genutzt worden war, dem jedoch etwas zu fehlen schien. Dennoch konnte man deutlich den Adler sehen, der in den Knauf eingeprägt war.

"Entweder es ist dieser Stab oder...", Sie blätterte rasch zum nächsten Lesezeichen weiter, "dieses Buch."

Es war ein altes Buch, was auf dem Blatt abgebildet war, ein sehr altes Buch. Diesmal war das Wappen mit dem Adler in das Siegel geprägt, das das Buch verschloss.

"Beides ist von Ravenclaw, oder?"

Sie nickte Harry zu. "Exakt. Es sind zwei von fünf Gegenständen, die noch existieren. Die anderen", sie deutete auf die restlichen Leerzeichen, "sind ein Messer, ein weiteres Buch und ein Siegelring."

Beide Jungen schienen dasselbe zu denken. "Wieso gerade die zwei?"

Mit einem Seufzen deutete sie auf die letzte Spalte der Beschreibung, die neben der Abbildung geschrieben war: Verschwunden 1957 aus dem Museum of British Witchcraft and Wizardtry (London).

"Beide Gegenstände sind verschwunden. Das Buch seit 1957, der Stab bereits seit 1944. Die anderen drei Gegenstände sind noch in sicherer Verwahrung in diesem Museum."

Dem Rotschopf klappte vor Staunen der Mund auf, doch Harry schien weniger überzeugt und blätterte geistesabwesend im Buch. Irgendwann sah er zu ihr auf. Er hatte die Seite zu einem Gegenstand von Gryffindor aufgeschlagen, welcher bereits seit 1347 verschwunden war. "Was ist mit Gryffindor?"

Ein sehr herminehaftes Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Sie zeigte ihm ihre Hand, an dem nun der Ring mit dem eingeprägten Löwen, den Jason ihnen geschenkt hatte, prangte. "Der ist hier."

Erneut starrten die beide sie an.

"Erinnert ihr euch? Jason hat den Ring im Haus deiner Eltern gefunden, Harry. Was denkst du wohl, was der dort sollte?"

Auch Harry öffnete nun erstaunt seinen Mund, doch zum Reden.

"Exakt. Voldemort wollte ihn mit deinem Tod zum Horkrux machen. Aber dazu kam es nie. Wir wissen, dass Voldemort ein Sammler ist. Vermutlich wollte er für seine Horkruxe von jedem der vier Gründer einen Gegenstand benutzen. Dazu zählen Slytherins Medaillon, von dem wir nicht wirklich wissen, ob es nicht vielleicht schon vernichtet ist, und Hufflepuffs Becher. Außerdem wollte er diesen Ring von Gryffindor ebenfalls dazu benutzen. Also können wir davon ausgehen, dass der vierte Gegenstand etwas ..."

"... von Ravenclaw ist.", sagte Harry tonlos.

Ron war da überschwänglicher: "Hermine? Du bist die Größte!"

Ihre Wangen verfärbten sich leicht rosa, doch noch immer spielte ein sehr herminehaftes Lächeln um ihre Lippen.

"Jetzt müssen wir nur noch rausfinden, wo er diesen Gegenstand versteckt hat."
 

4. Oktober 1997 (Hogwarts, Schottland)

Da war sie nun. Sie wusste selbst nicht, wieso sie dort vor der Flügeltür zur Großen Halle stand...

Doch. Sie wusste es. Und genau deshalb schwor sie sich, Ron zu ignorieren, wenn er sie das nächste Mal mit Hundeaugen um etwas bat.

Aber nun war es zu spät. Sie stand vor der Flügeltür zur Großen Halle und wartete. Wartete auf Ron. Auf Ron, Neville und die anderen, die sich für das Jahrbuch hatten eintragen lassen. Sie hatte doch gar nichts mit den Jahrbüchern zu schaffen, außer das auch ihr Gesicht darin erscheinen würde, mit einem dämlichen Spruch daneben. Wieso also hatte sie sich auf Rons Bitte eingelassen? Ah ja. Die Hundeaugen und die Komplimente, sie wäre doch viel klüger und weiser und würde sowieso schneller finden, wonach sie suchten. Wonach suchten sie eigentlich?

In diesem Moment sah sie Ron und Neville die Marmortreppe hinunter kommen. Kurz darauf erschien auch der Rest. Und der Rest beinhaltete Blaise Zabini. In Gedanken lynchte sie Ron dafür, dass er sie dazu zwang, mehr Zeit als nötig mit dem Kerl zu verbringen.

Gemeinsam gingen sie nun zur Bibliothek, wo sie - wieso eigentlich sie?! - Mrs Pince darum bat, Einblick ins Archiv zu erhalten.

"Es geht um das Jahrbuch, nehme ich an? Natürlich. Leiht euch so viele aus, wie ihr wollt."

Es war ein Satz, den sie noch bereuen und bejubeln würde...
 

Kaum zwei Stunden später saß sie mit Ron und Neville in ihrem Zimmer im Gryffindorturm und wälzte Jahrbücher. Jahrbücher aus den Jahren 1970 bis 1980, um genau zu sein. Und es war eine öde Arbeit.

"Wonach sucht ihr eigentlich genau?", fragte sie zum wiederholten Male und sah von dem Buch aus dem Jahr 1978 auf, das sie erst eine Minute zuvor aufgeschlagen hatte.

"Nach Ideen. Wir haben absolut keine Ahnung, was wir in die Texte neben den Bildern schreiben sollen. Wir brauchen Anregungen.", erklärte Ron, ebenfalls zum wiederholten Mal und wickelte nebenbei einen Schokofrosch aus, dem er kurz darauf genüsslich den Kopf abbiss.

"Wie wäre es, wenn ihr die Texte einfach mal weglasst? Das wäre doch mal innovativ!"

Ron zog eine Miene, als sei er von diesem Vorschlag in etwa so davon angetan, wie ein Hauself von Urlaub (man klammere Dobby aus), erwiderte jedoch nichts.

"Hey Neville! Alles in Ordnung? Hast du was gefunden?"

Es dauerte einen Moment, bevor der rundgesichtige Junge Rons Worte realisierte und aufsah. Neville nickte und hielt betrübt sein Jahrbuch auf, eine Seite aufgeschlagen. "Kann man so sagen, ja."

"Moment! Ist das nicht...?"

Auch sie hatte eine Person, die ihnen auf den Fotos entgegenwinkten, erkannt. Es war die achtzehnjährige Version von Alice Longbottom.

"Meine Mutter.", nuschelte Neville betrübt und ließ das Buch sinken.

Sie sah bedrückt zu Boden. "Tut uns Leid, Neville."

Der Junge schüttelte den Kopf und verkroch sich wieder in das Jahrbuch.

Auch sie wandte sich, nach einem kurzen Blickwechsel mit Ron, wieder dem Jahrbuch zu.

Doch die Ruhe währte nicht lange, kaum hatte sie die Seiten der Ravenclaws erreicht, hörte sie erneut Rons Stimme. "Hey! Sieh mal!"

Sein Finger klebte auf einem Foto. Die Person, die darauf abgebildet war, erkannte sie auch über Kopf.

"Das ist ja Sirius!"

Mit einem "Klar!" gab er ihr das Buch, sodass sie es sich ansehen konnte.

Tatsächlich. Es war ein Foto des achtzehnjährigen Sirius Black. Er sah geradezu unverschämt gut aus. Sein schwarzes Haar fiel ihm elegant in die Stirn, während er grinste und mit den Fingern das Victory-Zeichen formte. Neben dem Foto stand sein Name (Sirius Orion Black), sein Geburtsdatum, seine Adresse und seine UTZ-Zahl (acht) und darunter ein Text.
 

Sirius Black!

Der Name ist wörtlich zu nehmen. Denn während du mit deinem besten Freund James Potter die schwärzesten Streiche aushecktest, hast du es doch immer wieder geschafft, wie ein Stern aus dem Pulk von Jungen dieser Schule herauszuleuchten und das weibliche Geschlecht um den Finger zu wickeln - dem du dabei selbstredend auch regelmäßig das ein oder andere Herz brachst. So leb denn wohl, du gerissener Hund!
 

Sie sah auf.

"Scheint ein ziemlicher Playboy gewesen zu sein.", sagte sie und reichte das Buch an Neville weiter, der die ganze Zeit versucht hatte, über ihre Schulter mitzulesen.

"Das war er auch. Du solltest dir mal die Steckbriefe von den Schülerinnen durchlesen. Sein Name erscheint da mit regelmäßiger Häufigkeit."

Seufzend hielt sie sich die Hand vor die Stirn und schüttelte den Kopf.

"Du weißt noch nicht mal das Beste. James hat diesen Text geschrieben. Wette, sein Steckbrief sieht ähnlich aus, müsste ein paar Seiten weiter sein."

"James hat das geschrieben? Okay, das erklärt wenigstens diese Anspielung."

Nun sah auch Neville wieder auf und blickte fragend von Ron zu Hermine. "Welche Anspielung?"

Sie kamen nicht in die Verlegenheit, eine Antwort finden zu müssen, denn im selben Moment ertönte eine Stimme von der Wand.

"Auf der anderen Seite steht ein junger Mann mit schwarzem Haar, grünen Augen und Brille und bittet um Einlass. Soll ich ihn hereinlassen?", fragte Selena die Mutige aus ihrem Portrait heraus.

Hermine sah kurz zu Ron und Neville, bevor sie ihrer Wächterin antwortete. "Das ist Harry. Lass ihn rein."

"Wie du wünschst.", erwiderte sie und ging aus ihrem Rahmen. Kurz darauf öffnete sich ein Loch und Harry stakste herein.

"Unglaubliche Dame. Sie hat mir doch tatsächlich zehn Minuten lang vorgehalten, dass ich doch gefälligst meine Haare ordentlich glätten könnte, wenn ich eine Dame besuche."

"Nun, es wäre zumindest ein Anfang."

Harry zog sich Hermines Schreibtischstuhl zum Kamin, und setzte sich mit der Lehne nach vorne. "Herzlichen Dank. Habt ihr drei Spaß gehabt?"

"Oh ja. Sehr viel sogar. Hier, du kannst uns helfen!"

Der Schwarzhaarige fing das Jahrbuch (1980), welches sie ihm zuwarf, mit der linken Hand und sah es entgeistert an.

"Und wonach soll ich suchen?"
 

Stunden später blätterten sie noch immer in den Jahrbüchern, allerdings mehr aus Langeweile, als das sie wirklich noch nach Etwas suchte. Nur Ron schien noch einigermaßen bei der Sache zu sein, Neville war mittlerweile gegangen und Harry hatte das Suchen vollends aufgegeben und blätterte stattdessen lieber in einem der Bücher vom Kaminsims.

Eigentlich war es Zufall, dass sie gerade das Jahrbuch aus dem Jahre 1979 aufgeschlagen bei den Slytherins hatte. Doch trotzdem stach ihr etwas ins Auge. Es war ein Gesicht, das dem von Sirius sehr ähnlich sah, nur schien er blasser und hatte kürzeres Haar, als selbiger auf seinem Jahrbuchsfoto, doch er hatte eindeutig dasselbe feingeschnittene Gesicht und diese fast beiläufige Eleganz. Sie blickte auf den Namen und stieß noch fast im selben Moment einen spitzen Schrei aus.

Die Jungs schreckten auf und beide ließen ihre Bücher fallen. "Alles in Ordnung?" "Liegt auf dem Buch ein Fluch?"

Sie schüttelte langsam den Kopf und starrte weiter auf den Text neben dem Foto.
 

Regulus Arcturus Black

geb. 23. Mai 1961

Grimmauldplatz 12, London

acht UTZ, Vertrauensschüler
 

Bevor sie den Text darunter lesen konnte, hatte Ron ihr das Buch schon aus der Hand gerissen, schien allerdings nicht zu sehen, was sie entdeckt hatte. "Was soll daran nun so Besonderes sein?"

"Erinnerst du dich an unser Gespräch in Godric's Hollow? Über R.A.B.? Du hast gesagt, er sei vielleicht kein berühmter Zauberer gewesen. Nun, es könnte sein, dass ich ihn gefunden habe."

Nun schien ihm doch ein Licht aufzugehen. "Meinst du etwa...?"

"Exakt. Regulus Arcturus Black. Sirius' Bruder.", flüsterte sie mit belegter Stimme.

"WAS?!" Auch Harry stand nun und donnerte die Hände auf den Tisch. "Aber, er...! Er war ein Todesser!"

Sie nickte. "Ja. Das war er. So weit ich weiß, wurde er von seinen eigenen Leuten getötet, weil er aussteigen wollte. Was, wenn das gar nicht der wahre Grund war?"

"Regulus Arcturus Black also..."

Hogsmeade

A/N: YAI! Ich bin mit dieser Geschichte seit dem 21.07.2007 offiziell AU! <3

Soll heißen: Deathly Hallows geht mir bei dieser Fic am Hintern vorbei. Ich werde lediglich Namen ändern/ergänzen (Regulus Acturus Black, Fleur Isabelle Delacour) und Jahreszahlen (Jahrbuch von James Potter).
 

@ Ocean_Secret: Sirius Bruder hat momentan erst mal gar nichts, denn er ist momentan ein wenig tot. .___.
 

@ Chelys: Reggi hab ich im Forum aufgeschnappt. ^^ Und Phineas macht Spaß, gerade WEIL er ein Chaot ist. *hust*
 

@ ChinChila: MST me! >o<
 

@ Leona: So schwer war der gute Reggi auch nicht zu erraten. XD
 

@ Laluna: Was die Aufklärung des Dreiergespanns Isaara-Jonah-Phineas (Ja, der spielt da mit rein.) angeht, wirst du dich bis zum Epilog gedulden müssen. <3
 

@ Sitamun: Ich bin Reggi-Fan, was erwartest du von mir? XD
 

@ Maya-chan: Welch vielsagender Kommentar. *hust* XD
 

mfg

NIX
 


 


 

30. Oktober 1997 (Hogwarts, Schottland)

Sie hatten nun wahrlich schon fast alles versucht, um mehr über Regulus Black herauszufinden. Zuerst hatten sie Tagespropheten und Jahrbücher nach ihm durchwühlt, versucht, Lehrer unauffällig zu befragen und schließlich hatte Harry sogar einen Brief an Lupin geschickt. Doch alles war von nur sehr geringem Erfolg gewesen. In den Jahrbüchern war wirklich nur der eine Eintrag gewesen, im Tagesprophet fanden sie nur zwei Anzeigen, eine, dass er die Schule beendet hatte, und eine Todesanzeige. Die meisten Lehrer wurden sehr misstrauisch, wenn sie nach ihm gefragt wurden und nur Flitwick schwärmte ein wenig davon, was für ein guter Schüler er gewesen wäre und hatte ihn schließlich mit Hermine verglichen. Lupin hatte sich nicht gemeldet, obwohl er anscheinend nicht weiter versuchte, die Werwölfe auszuspionieren. Das Vielversprechendste war immer noch der Artikel gewesen, der im Abenpropheten erschienen war und in dem berichtet wurde, dass Regulus Black an einem Ort an der Küste gefunden worden war, dass dunkle Mal über seinem - freilich toten - Körper schwebend.

Nun war es bereits Ende Oktober, einen Tag vor dem ersten Hogsmeadebesuch, und sie saßen bei dem letzten Lehrer, den es auszuhorchen galt, bei zu starkem Tee und steinharten Plätzchen. Hagrid war Anfang Oktober von einer Mission für den Orden zurückgekehrt.

"Regulus Black? Was wollt ihr von Regulus Black?"

"Wir sind einfach nur neugierig. Wir haben nämlich seinen Namen in einem Jahrbuch gefunden. Er ist doch Sirius' Bruder, oder?"

Hagrid nickte, anscheinend wieder etwas beruhigt. "Ja, das war er. Er war 'n Slytherin, aber ich dacht' eigentlich immer, dass er ein anständiger Junge war."

Er nahm einen Schluck Tee. "Hat sich nie über mich lustig gemacht, war dafür viel zu beschäftigt. War Vertrauensschüler, wisst ihr? Und hat die Nase immer in seinen Büchern gehabt. Weiß bis heute nicht, was er da geles'n hat. Sirius und James ham ihn immer damit aufgezog'n. Aber ihm schien das egal zu sein. Dann hat er seine UTZ gemacht und hat Hogwarts verlass'n und sich ... ihr-wisst-schon-wem angeschlossen. Hätt nie gedacht, das er das tun würde. War immer n anständiger Junge. Vielleicht ein bissch'n verblendet von seiner Mum und seinem Dad. War'n ja große Befürworter von ihr-wisst-schon-wessen Ideen, bis er sein wahres Gesicht gezeigt hat. Und dann, nich mal n halbes Jahr später, war'a tot. Hat wohl die Lust dran verloren. Aber niemand schließt sich ihr-wisst-schon-wem an und gibt irgendwann seine Kündigung ein und steigt einfach aus. Frag mich, warum er überhaupt mitgemacht hat. War nie ein Freund der Tat oder Gewalt, hatte seine Nase immer zwisch'n zwei Buchseit'n."

Der Halbriese ließ sich zu einem heftigen Schnäuzer hinreißen. Hermine sah im Augenwinkel, wie Ron die Augen verdrehte.

"Weißt du zufällig, wo er gefunden wurde? Wir glauben, er hat Voldemort etwas gestohlen, das helfen könnte, ihn zu vernichten. Vielleicht hat er es ja dort versteckt. Nein, wir wollen Voldemort nicht selbst nachsetzen! Wir wollen lediglich dem Orden helfen."

Erneut schnäuzte Hagrid sich. "Haltet euch da raus, viel zu gefährlich, hört ihr? Und außerdem weiß ich nicht, wo er starb. War immer n guter Junge. Weiß nich, warum er sich denen überhaupt angeschlossen hat. Hatte seine Nase doch immer in seinen Büchern ..."
 

"Das war ja mal erfolgreich.", murmelte Harry mit sarkastischem Unterton, als sie eine Stunde später zurück zum Schloss gingen. Die Sonne warf bereits orange Strahlen auf den Boden und würde bald hinter dem Horizont verschwinden. Natürlich meinte er nicht Hagrids Informationen, sondern die steinharten Kekse, die sie in ihre Taschen gestopft hatten.

"Und was machen wir jetzt?", fragte Ron. "Hoffen, dass Lupin doch noch zurück schreibt?"

Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf. "Uns erst mal um die anderen Horkruxe kümmern. Das Medaillon knöpfen wir uns in den Ferien vor. Schlage vor, wir verbringen Weihnachten dieses Jahr nicht in Hogwarts."

Nun mischte auch sie sich ein. "Und wo willst du hin?"

Harry zuckte nur mit den Achseln und warf ein paar der Kekse zu den Krähen, die seit einem Monat regelmäßig vor dem Schlosstor auftauchten. Diese stürzten sich sofort gierig auf das ungenießbare Gebäck. "Regulus war ein Black, oder? Vielleicht sollten wir uns den Grimmauldplatz Nummer zwölf noch mal ansehen."
 

31. Oktober 1997 (Hogwarts, Schottland)

Am folgenden Morgen war von dem schönen Wetter der letzten Tage nicht mehr viel zu spüren. Über Nacht war ein Dauerregen aufgezogen und durchweichte seitdem den Boden und diejenigen, die mutig genug waren, draußen spazieren zu gehen. Allein das Frühstück schien die Stimmung des Wetters imitieren zu wollen und so war der Toast pappig und der Kürbissaft hatte einen seltsamen Beigeschmack. Die Decke der großen Halle erschien in einem stählernen Einheitsgrau. Und dann war auch noch Halloween und gleichzeitig der Tag, an dem die Schüler der oberen Klassen unter strenger Bewachung nach Hogsmeade durften.

Neben Hermine schlangen Ron und Harry ihr Frühstück hinunter, anscheinend wild entschlossen, die Ersten zu sein, die das Schulgelände verlassen durften.

Die Ersten waren sie dann trotzdem nicht und vor ihnen reihten sich bereits Dritt-, Viert-, Fünft-, Sechst-, und Siebtklässler aneinander, als sie die Große Halle verließen.

"Na toll. Das dauert doch wieder ewig!", jammerte Ron und stellte seinen Kragen auf, sodass der Regen ihm nicht mehr in den Nacken rieseln konnte. Harry jammerte nicht, doch auch er versuchte, sich bestmöglich vor dem Wetter zu schützen.

Schließlich durften auch sie den Weg nach Hogsmeade hinunter gehen, der von Auroren und Mitgliedern des Phoenixordens - auch Tonks und Lupin waren darunter - gesäumt wurde.

"Das nenn ich mal ein Aufgebot. Die scheinen echt keine Kosten und Mühen zu scheuen, uns schützen zu wollen.", murmelte Ron, als sie die ersten Häuser des Dorfes erreichten. Mittlerweile waren sie durchnässt bis auf die Haut und der Regen schien immer stärker zu werden.

"Wird trotzdem nicht viel bringen, sollte Voldemort persönlich hier erscheinen. Den kriegt man nicht tot. Noch nicht."

"Meint ihr, wir sollten uns in Hogsmeade mal umsehen? Vielleicht finden wir ja etwas Interessantes.", flüsterte sie. "Obwohl ich nicht denke, dass wir uns so einfach verdrücken können."

Harry grinste nur zur Antwort, griff kurz in die Umhangtasche und zog die Ecke eines größeren Stück Stoffes hervor, von dem sie wusste, dass es der Tarnumhang war.

"Okay. Der Punkt geht an dich. Wo fangen wir an?"

Harry nickte zum Eberkopf hinüber.

Auf ihrem Weg kamen ihnen auch einige Siebtklässler entgegen, die schnell vom Honigtopf oder Zonko's in die Drei Besen eilten, in der Hoffnung, nicht ganz durchzuweichen. Dafür schien es recht wenige Auroren zu geben. Aber vermutlich suchten auch die etwas Wärme in einem der Läden. Wer hätte es ihnen verübeln können?

Sie spähten durch die Fenster des Pubs. Dort war der schmuddelige Wirt und es schien, als hätte er unliebsame Gäste. Drei Gestalten in Umhängen, die Kapuzen bis übers Gesicht gezogen, schienen miteinander zu streiten, zu heftig, als dass er sich traute, sie hinauszuwerfen.

"Was die wohl reden?", flüsterte sie leise.

"Was würde ich jetzt für eines der Langziehohren von den Zwillingen geben.", raunte Ron.

"Hinten lang. Vielleicht hat der Pub ne Hintertür." Als Harry sprach, war er längst halb hinter dem Gebäude verschwunden. Seufzend folgten Ron und Hermine ihm.

Tatsächlich gab es eine Hintertür, doch die rückte für sie erst einmal in den Hintergrund. Kaum um die Ecke gebogen, war Harry wie paralysiert stehen geblieben und Ron in ihn hinein gelaufen.

"Ey, Alter! Was is..."

Nun hatte auch Ron den Grund gesehen.

"Oh... Ach du Scheiße!"

Hinter dem Pub lagen drei Menschen, gefesselt und anscheinend tot.
 

Zur selben Zeit nur einige hundert Meter entfernt (Hogsmeade, Schottland)

Er drückte sich gegen den Baumstamm, in der Hoffnung, nicht gesehen zu werden. Sein Herz raste und sein Puls pochte unangenehm in den Adern. Er war nicht weit entfernt von der Heulenden Hütte und hatte sie bereits gesehen. Vermutlich war es den anderen Auroren noch nicht einmal aufgefallen. Hätte sein Gesicht nicht auch von einem der Steckbriefe in den Fensterscheiben der Geschäfte des Dorfes geleuchtet, er hätte vielleicht versucht, sie zu warnen. So aber waren ihm die Hände gebunden. Die Auroren und diese überaus lästigen Mitglieder des Phoenixordens - er hatte von Weitem einen gesehen, der ihn stark an diesen Werwolf Lupin erinnerte und auch mindestens einer dieser Weasleys war anwesend - durften ihn nicht sehen, sonst war er geliefert. Noch viel weniger durften ihn jedoch die Todesser selbst sehen, denn die Leute, zu denen er noch im Juni gehört hatte, würden ihm nur zu gerne den Avada Kedavra auf den Hals jagen.

Das bedeutete, dass er mächtig in der Klemme saß. Er hätte natürlich verschwinden können, das wäre die einfachste Lösung gewesen, doch das wollte er nicht. In den letzten Monaten hatte er immer wieder über die unzähligen Morde der Todesser nachgedacht und er wusste, dass er nicht von weiteren Todesfällen hören wollte. Obwohl dort unten vermutlich bereits einige tot sind, schoss es ihm durch den Kopf.

Ein paar Meter von ihm entfernt knackte es im Unterholz. Vorsichtig spähte er um seinen Baumstamm. Keinen Steinwurf von ihm entfernt stand ein Todesser und sah sich ebenfalls um, doch dieser schien ihn nicht entdeckt zu haben und ging weiter.

Für einen Moment umklammerte er seinen Zauberstab, dann hob er ihn und sprach gedanklich den Fluch. Ein roter Lichtblitz traf den Umhangträger in den Rücken und er ging ohne einen Laut zu Boden.

Langsam schlich er näher zu dem Bewusstlosen. Erneut dankte er Potter in Gedanken dafür, dass er so dumm gewesen war und Snape's Buch im Raum der Wünsche versteckt hatte. So war es schließlich in seine Hände gefallen und mit ihm sämtliche Flüche, die der alte Fettklumpen in seiner Schulzeit erfunden hatte. Einen non-verbalen Zauberspruch später hing der Todesser hilflos in der Luft. Mit einem Wink seines Zauberstabes riss er seinem Opfer die Maske vom Gesicht. Es war Avery.

Er verzog das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Er hob den Zauberstab des Hilflosen auf und steckte ihn in seine Tasche, mit der Absicht, ihn schnellstmöglich wieder los zu werden.

Im selben Moment hörte er die ersten Schreie.

Scheint, als hätten sie auch endlich kapiert, was los ist., dachte er halb belustigt und schritt Richtung Dorf.
 

Tatsächlich hatten die Mitglieder des Phoenixordens und die Auroren endlich verstanden, was los war. Als er, noch immer aus sicherer Entfernung, das Desaster beobachtete, erfüllte schließlich eine Lärmkulisse aus Schreien und abgefeuerten Flüchen die Luft. Er spürte, wie eine unangenehme Kälte sich über den Ort legte. Ohne sie zu sehen, wusste er, dass einmal öfter auch Dementoren an dem Angriff beteiligt waren.

Ein Schrei in seiner Nähe erweckte seine Aufmerksamkeit. Vorsichtig schlich er näher und entdeckte schließlich Lupin, umzingelt von zwei Todessern, die ihrem Aussehen nach zu schließen, nur Amycus und Alecto sein konnten. Es schien nicht sonderlich gut um den Werwolf bestellt zu sein.

Doch bevor einer der beiden Geschwister den unverzeihlichsten aller Flüche aussprechen konnte, flogen beiden die Zauberstäbe aus den Händen und einen Moment später hingen sie kopfüber in der Luft. Oh ja, er dankte Potter wirklich für dieses Zaubertrankbuch.

Lupin starrte ihn verwirrt an, anscheinend erkannte er ihn nicht. War also doch von Vorteil gewesen, sich zu vermummen.
 

Derweil bei Harry, Hermine und Ron

Sie presste sich neben Ron an die Seitenwand des Pubs, hinter dem sie die drei Leichen entdeckt hatten. Harry hatte Alarm gegeben, zeitgleich mit einem anderen Schüler, der eine mit einem schwarzen Unhang verhüllte Person gesehen hatte. Gleichzeitig hatten die drei Vermummten den Eberkopf verlassen und sich ihren Freunden angeschlossen, um etwas Chaos zu stiften. So kam die Warnung keinen Augenblick zu früh und die meisten Schüler konnten sich in einen der Läden flüchten, die nun von den Verteidigern beschützt wurden. Es waren nicht nur Auroren und Mitglieder des Ordens darunter, sondern auch ehemalige DA-Mitglieder. Sie konnte Ginny und Luna sehen, Rücken an Rücken, und zu ihrer Verblüffung auch Neville, der ein paar Dementoren mit seinem Patronus in Schach hielt. Harry hatte sie aus den Augen verloren.

"Ich würde sagen, wir mischen uns ein, oder?", flüsterte Ron ihr zu.

Hermine nickte.

Ein Schrei, nicht weit von ihnen entfernt, schreckte sie auf. Mit erhobenen Zauberstäben näherten sie sich der Richtung, aus der der Schrei kam.

Ihnen bot sich ein seltsames Bild: Remus Lupin kauerte auf dem Boden und starrte hinein in den Wald, während ein paar Meter von ihm entfernt zwei Todesser, ein Mann und eine Frau, kopfüber in der Luft hingen, als hätte ihnen jemand den Levicorpus-Fluch verpasst ...

Bestandsaufnahme

A/N: Well... Weniger Kommentare... Ich hoffe, ihr habt einen schönen Urlaub? ^^

Wie immer gilt: Sagt mir, was ihr gut und was ihr weniger gut fandet! Stellt ruhig Fragen! Ich antworte gern, solang ich dabei nicht gezwungen bin, dem weiteren Handlungsverlauf vorzugreifen.
 

@ Chelys: Jaja, der gute Draco. XD
 

@ Leona: Liest man wirklich nicht heraus, wer der Mann war? In diesem Kapitel hier taucht er wieder auf. ^^
 

@ Laluna: Cliffhanger sind meine Spezialität. :D
 

@ Sitamun: Natürlich war der Cliffy Absicht. XD

BTW: Ich brauche driiiiiiiiiiiiiiingend ne Betaleserin, da meine Betakröte für sechs Wochen im Urlaub ist. Das hatten wir ja schon abgesprochen, right? Also, wie wärs? ^^
 

mfg

NIX
 


 

31. Oktober 1997 (Hogwarts, Schottland)

Nur mit Mühe konnte Hermine es unterdrücken, unablässig zu zittern, während sie den Weg zurück nach Hogwarts hinauf marschierte. Mit ihrem Zauberstab dirigierte sie die eilig herauf beschworene Trage neben sich her, auf der reglos Neville lag. Anscheinend hatten die Dementoren ihm doch schlimmer zugesetzt, als sie zunächst erwartet hatte. Nachdem die ehemaligen Wächter von Askaban nämlich mit Voldemorts Anhängern verschwunden waren, war er zusammengebrochen.

Ron ging mit versteinerter Miene neben ihr her.

Wo Harry war, wusste sie nicht, aber vermutlich war er bei einem der führenden Mitglieder des Verteidigungstrupps.

Vor ihnen und auch hinter ihnen gingen Andere, vor allem Schüler. Die meisten nicht oder nicht ernsthaft verletzt, aber arg mitgenommen. Vorhin hatte sie Dean und Seamus gesehen, die anscheinend einen Todesser kampfunfähig geflucht und sich bei dieser Aktion nur blutige Nasen geholt hatten. Lavender war an ihr vorbei gerannt, schreiend, aber ansonsten schien sie zumindest körperlich in Ordnung.

Der Regen hatte schon während des Kampfes aufgehört. Nun schoben sich die Wolken langsam beiseite und machten den letzten Strahlen der Sonne Platz. Dennoch war der Weg ein einziges Schlammloch und alle paar Meter blieb jemand stecken.

Ein sanfter Abendnebel begann sich auf die Ländereien zu legen, als sie den Eingang zum Schulgelände erreichte, wo mehrere Lehrer - darunter die Professoren McGonagall und Blackwood - die Schüler und Verletzten erwarteten und ihnen sagten, wohin sie gehen sollten - entweder in die Große Halle oder in den Krankenflügel - und drückten denen, die noch keine Decken hatten, eine in die Hand.

Die Decke, die ihr der Lehrer für Alte Runen gab, legte sie umsichtig über Neville.

"Bringen Sie ihn am besten hoch in den Krankenflügel. Wenn dort kein Platz mehr ist, wird unsere freundliche Madam Pomfrey Ihnen sicher weiterhelfen können."

Das Madam Pomfrey bei dieser Anzahl an Verletzten freundlich gestimmt sein würde, bezweifelte sie sehr stark, sagte jedoch nichts. Stattdessen setzte sie ihren Weg fort. Ron folgte ihr nach einem kurzen Gespräch mit McGonagall und legte eine Decke um ihre Schultern.

"Dachte, du könntest sie brauchen."

"Danke Ron." Sie blickte kurz zu ihm. Auch er hatte eine Decke um sich gewickelt. An seiner Wange hatte er eine Schramme und er war schlammverkrustet. Dennoch lächelte er.

"So hätt ich mir den Ausflug heute aber nicht vorgestellt."

"Hat sich wohl niemand."

"Stimmt."

Sie verfielen in Schweigen.

Irgendwann erreichten sie das Schlossportal. Schon auf Höhe des Eingangstores hörte sie die Stimme von Blaise Zabini, der in gebieterischem Tonfall über die Schüler herrschte, die anscheinend in der Großen Halle einquartiert wurden. Er bemerkte sie jedoch nicht, als sie die Eingangshalle durchquerten.

"Schon komisch. Der war gar nicht in Hogsmeade.", murmelte Ron ihr zu.

Hermine schwieg. Tatsächlich waren relativ wenige Slytherins in Hogsmeade gewesen. Aus dem siebten Jahr sogar nur die Mädchen. Doch sie schüttelte den Kopf. Mit Beschuldigungen sollte man vorsichtig umgehen, auch wenn sie vermutlich gerechtfertigt waren ...
 

Hermine stand in Professor McGonagalls Büro - welches noch im Vorjahr ihrem Vorgänger Dumbledore gehört hatte - und lauschte den verschiedenen Reden, die die unterschiedlichen Lehrer - unter anderem Professor Slughorn und Professorin Greyham -, Auroren und Mitglieder des Phoenixordens hielten. Neben Blaise Zabini war sie die einzige Schülerin im Raum. Selbiger lehnte recht eingeschüchtert an einer der Wände, nachdem ihn Mad-Eye Moody zusammengestaucht hatte, er solle nicht von Dingen sprechen, von denen er keine Ahnung habe. Zuvor hatte er sich mukiert, dass ausgerechnet er die Bewachung der Schüler in der Großen Halle hatte übernehmen müssen und viel lieber mit den Vertrauensschülern aus Slytherin auf Patrouille gegangen wäre. Sie selbst hatte darüber berichtet, wie die Versorgung der Verletzten voranging, für die sie als Schulsprecherin neben Madam Pomfrey und den Professoren Sprout und Greyham eingeteilt war. Seitdem sie diesen Befehl erhalten hatte, war sie ständig auf den Beinen gewesen, denn tatsächlich hatten die Kapazitäten des Krankenflügels nicht ausgereicht, sodass die weniger schwer Verletzten in einigen der Klassenzimmer einquartiert worden waren, zwischen denen es hin und her zu laufen galt.

Bewegung kam in den Raum und Einer nach dem Anderen verabschiedete sich und ging. Zabini war einer der Ersten. Kein Wunder, vermutlich wollte er so schnell wie möglich von Moody weg, der ihn unentwegt mit seinem magischen Auge beobachtet hatte. Sie gliederte sich in die Reihe ein, um auf ihren Posten - dem Zauberkunst-Klassenzimmer, in welchem ebenfalls Verwundete untergebracht waren - zurückzukehren.

Anscheinend hatte Remus Lupin, er sah arg mitgenommen aus, getrocknetes Blut verkrustete seine Wange und sein ohnehin zerschlissener Umhang war an vielen Stellen eingerissen, sie bemerkt, denn als sie am Fuß der Treppe ankam, stand er neben dem Wasserspeier und schloss sich ihr an.

"Furchtbar, nicht wahr? Geht es dir gut?"

Hermine nickte.

"Mir schon. Wissen Sie, wo Harry ist? Ich habe ihn seit Hogsmeade nicht mehr gesehen."

"Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, hat er gerade Arthur in die Große Halle bugsiert. Hat auf den Jungen eingeredet, der Ärmste. War etwas zu viel für ihn, als sie Bill auf einer Trage an ihm vorbei getragen haben. Denke, er hat ihm einen ordentlichen Schuss in den Tee geschüttet."

Sie hatte Bill auch gesehen und konnte sich in etwa die Reaktion vorstellen, die der Anblick ausgelöst hatte, und wollte lieber nicht wissen, wie Mrs Weasley reagiert hätte. "Bill geht es gut. Hat anscheinend ein paar Schockzauber abbekommen, aber Madam Pomfrey ist sich sicher, dass er bald wieder auf den Beinen ist. Ron ist bei ihm."

"Das freut mich zu hören."

"Hat es wirklich nur sechs Tote gegeben? Es waren so viele Todesser..."

Der Mann zuckte zusammen, nickte dann jedoch düster. "Sechs Tote. Allesamt ausgezeichnete Auroren, sie müssen hinterrücks überfallen worden sein. Ich will nicht wissen, was passiert wäre, wenn wir nicht gewarnt worden wären. So ist es uns gelungen, dreizehn Todesser dingfest zu machen. Aber eines ist seltsam. Sehr seltsam sogar ..."

"Entschuldigen Sie, aber was ist seltsam?"

Sie schob einen Wandvorhang beiseite und trat in einen Geheimgang. Lupin blieb stehen, nachdem der Wandvorhang hinter ihm in seine ursprüngliche Position zurückgeglitten war. Er sah sie einen Moment an und suchte nach den richtigen Worten.

"Ich ... Nun. Vier der gefangenen Todesser gehen nicht auf unser Konto. Erinnerst du dich, als ihr mich gefunden habt? Das Todesserpärchen, das dort kopfüber in der Luft hing? Nun, ich habe sie nicht da hochgezaubert. Ich hatte nicht einmal mehr meinen Zauberstab bei mir. Wäre er nicht aufgetaucht, wäre es das vermutlich für mich gewesen. Aber dann hingen sie plötzlich kopfüber und entwaffnet in der Luft und als ich mich umsah, stand eine Person zwischen den Bäumen, den Zauberstab erhoben. Sie war verhüllt und ich konnte sie nicht erkennen, aber ich denke, es war ein Mann. Und als er merkte, dass ich ihn gesehen habe, ist er davon gerannt. Er hat mir das Leben gerettet und nicht nur das. Anscheinend verdanken wir ihm auch, dass uns zwei weitere Todesser in die Hände fielen. Hingen beide ebenfalls kopfüber in der Luft, von ihrem Zauberstab war keine Spur. Ich würde zu gern wissen, wer das war."

Sie fand keine Antwort darauf. "Wieso sollte er weglaufen, wenn er auf unserer Seite steht?", fragte sie schließlich, mehr zu sich selbst.

Lupin deutete ein Achselzucken an. "Mir wäre wohler, ich wüsste es. Wenn er sich an Todessern vergreift, könnte es sein, dass er irgendwann auch vor uns nicht mehr halt macht. Solange wir nicht wissen, wer er ist, müssen wir äußerste Vorsicht walten lassen. Moody hat bereits eine Fahndung rausgeben, von der ich jedoch nicht glaube, dass sie von Erfolg gekrönt sein wird."

Sie hatten das Zauberkunst-Klassenzimmer erreicht. Lupin öffnete ihr die Tür und sie trat ein. Alles war ruhig, anscheinend schliefen die meisten Verwundeten. Selbst Professor Greyham, der die Zählung der Verletzten übernommen hatte, war über seiner Arbeit eingenickt. Sein Kopf ruhte auf seinen auf dem Tisch verschränkten Armen und er atmete ruhig und gleichmäßig. Die Aufzeichnungen waren auf dem Tisch verstreut, teilweise von seinem Körper verdeckt und sein Krückstock, auf den er noch immer angewiesen war, lehnte neben seinem Stuhl.

Ihr Blick wandte sich dem Raum zu, der in Dämmerlicht getaucht wurde. Tatsächlich schliefen die Meisten. Viele der Verletzten hier waren Schüler, doch der Großteil der Wunden war nicht weiter bedrohlich. Madam Pomfrey würde sich um sie kümmern, sobald sie die ernsteren Fälle versorgt hatte.

Aus dem Zwielicht leuchteten ihr nur zwei Augen entgegen. Als sie eintraten, hatte Bill Weasley sich aufgerichtet und sah nun zu ihnen. Anscheinend hatte er sie bereits erkannt und grüßte sie stumm. Ron war tatsächlich an seiner Seite. Er hatte eine Position eingenommen, die der von Professor Greyham ähnlich war, nur dass er es sich mit dem Kopf auf Bills Bett gemütlich gemacht hatte und nicht auf einem Stuhl saß, sondern auf dem Boden. Lupin durchquerte den Raum und setzte sich an die andere Seite des Weasleys und vertiefte sich sofort in ein Gespräch mit ihm.

Sie selbst beugte sich über den schlafenden Lehrer und stupste ihn an.

Professor Greyham schreckte auf und sah sie verwirrt an. Einen Moment später schien er zu realisieren, wo er war.

"Ich... ähm... Entschuldigung..."

"Guten Morgen, Professor.", lächelte sie, als sie merkte, dass er errötete.

"Es ist vielleicht besser, wenn Sie in die Große Halle gehen und sich dann etwas Ruhe gönnen."

Er sah sie kurz an, entschied dann wohl, dass sie Recht hatte und erhob sich. Nachdem er humpelnd den Raum verlassen hatte, nahm sie sich wieder ihrer Aufgabe an und kontrollierte zwischen den eilig aufgestellten Feldbetten. Da die meisten jedoch schliefen und sie sie nicht wecken wollte, hatte sie recht wenig zu tun und ihr einziges Problem waren momentan ihre schmerzenden Füße.
 

Zur selben Zeit (King's Lynn, Grafschaft Norfolk, England)

Er zitterte immer noch. Unkontrolliert. Dabei war er schon seit Stunden aus Hogsmeade geflohen. Inzwischen verfluchte er sich einmal öfter selbst, war er doch schon wieder Hals über Kopf appariert. Das würde ihm noch mal den Hals kosten. Außerdem fragte er sich, was er eigentlich schon wieder in dieser Stadt wollte. Er hatte ihr doch erst vor wenigen Tagen den Rücken zugekehrt und war verschwunden. Hatte er sich nicht fest vorgenommen, keinen Ort länger als nötig in zusätzliche Gefahr zu bringen, indem er sich dort aufhielt? Hatte er. Und nun war er schon wieder hier. Ziellos ging er durch die tristen Straßen. Wenigstens wirkte King's Lynn wie ausgestorben. Anscheinend hatten auch die Muggel endlich kapiert, dass es momentan weise war, sich in den Stunden der Nacht nicht unnötig draußen aufzuhalten und sich lieber in den eigenen vier Wänden zu verbarrikadieren. Nur ab und zu begegnete er einem Lebewesen, meistens einer streunenden Katze oder einem Hund oder anderem Getier, seltener einem Menschen.

Da war er also wieder hier und starrte in den tiefschwarzen Himmel, sein Weg nur von orange leuchtenden Straßenlampen erhellt, zitternd, immer noch unter Schock, von dem was er gesehen und getan hatte. Er hatte Angst, dass einer der Anwesenden ihn erkannt hatte. Der Werwolf oder Alecto oder Amycus oder irgendwer, den er gar nicht gesehen hatte.

Am Ende hatte er vier Todesser kampfunfähig gemacht, sie dem Orden und dem Ministerium in die Hände gespielt. In seinem Innersten fragte er sich, wie er das geschafft hatte, wo er doch eigentlich nie ein Mann der Tat gewesen war, sondern es immer Anderen überlassen hatte, sich die Hände schmutzig zu machen? Ah ja. Er hatte sich von hinten angeschlichen und ihnen gar nicht erst die Chance gegeben, zu reagieren. Eine weitere Eigenschaft, die er eindeutig seinem werten alten Herren - möge er in Frieden ruhen - verdankte. Hatte der nicht auch immer so gehandelt? Hatte er. Gebracht hatte es ihm letzten Endes nur den Tod, nachdem sein Plan einmal nicht funktioniert hatte und sein Sohn dann auch noch versagte. Er selbst sah sein Versagen nicht mehr als solches an. Eigentlich war er sogar fast glücklich darüber, dass es so gelaufen war, wie es gelaufen ist. Wie er damit fertig geworden wäre, ein Mörder zu sein, wusste er nicht, wollte es auch gar nicht wissen.

Einmal öfter kreuzte an diesem Abend ein Lebewesen seinen Weg. Ein Kauz flog knappe zwei Meter über ihm und steuerte auf ein Haus zu. Überrascht erkannte er, dass der Vogel einen Umschlag am Bein trug. Behutsam landete er auf einem Fenster und einen Moment später öffnete ihm eine Frau mit blonden langen Haaren. Sie schien ihn nicht gesehen zu haben, als sie mit Umschlag und Eule das Fenster wieder hinter sich schloss.

Aus einem ihm unerklärbaren Grund lächelte er und setzte seinen Weg fort, die Worte Dumbledores in seinen Ohren.

Denkt an Cedric. Erinnert euch an ihn, wenn einmal die Zeit kommt, da ihr euch entscheiden müsst zwischen dem, was richtig ist, und dem, was bequem ist. ...

Er hatte seinen Weg gefunden. Es war ein steiniger gewundener Weg. Und es war der richtige. Das wusste er.

All Hallows Eve

A/N:

Yai! Ich bin momentan echt langsam, was das Posten anbelangt... Muss am allgemeinen Sommerloch liegen.
 

@sitamun: meine Ersatzbeta *__* *knuddelz*
 

@Tonja: Hi. Hab dich in die ENS-Liste aufgenommen ^^
 

@Chelys: Mein Jonah. Meiner! Du behalt den Phineas! <>__<>
 

mfg

NIX
 


 

Am Abend (Hogwarts, Schottland)

Müde saß sie über ihrem Abendbrot und kämpfte damit, die Augen offen zu halten. Es war mittlerweile kurz nach zwanzig Uhr und sie war einfach nur noch erschöpft. Harry hatte ihr vor ein paar Minuten den Teller mit belegten Broten gebracht und sich dann auf eines der Betten gesetzt. Lupin war vor ungefähr einer Stunde gegangen, seitdem schlief Bill wieder. Dafür war Ron endlich aufgewacht und starrte auf seine Brote, die er von Harry bekommen hatte. Es war still im Raum. Die Patienten schliefen allesamt oder gaben sich zumindest nicht als wach zu erkennen. Auch Hermine und ihre beiden Freunde schwiegen und so hörte man nur das leise Atmen der Schlafenden.

"McGonagall hat euch beide zur Nachtschicht in der Großen Halle eingeteilt. Aufpassen, dass die kleinen Kinder auch ja schlafen.", brach Harry plötzlich die Stille.

Beide sahen ihn entgeistert an, woraufhin er seine Worte in milderem Tonfall wiederholte. Sie stöhnte. Sie konnte doch schon jetzt kaum noch die Augen offen halten!

"Was ist mit diesem Zabini? Wieso übernimmt der nicht diesen Job?", fragte Ron und in seiner Stimme schwang eindeutiges Missfallen mit.

"Hat angeblich während einer der Versammlungen darum gebettelt, durch das Schloss patrouillieren zu dürfen. Und nun hat Moody ihm diesen Wunsch erfüllt und ihn zur Wache auf die Türme geschickt".

"Ich hoffe, er friert sich den Hintern ab."

Hermine und Harry lachten leise.

"Professor Sprout wird euch jedenfalls bald ablösen."

Kaum hatte Harry gesprochen, öffnete sich tatsächlich die Tür. Eine äußerst erschöpft wirkende Professorin Sprout trat ein. Das ohnehin immer zersauste Haar stand ihr nun wie ein Krähennest vom Kopf ab und sie hatte tiefe Ringe unter den Augen. Anscheinend hatte sie sogar ihren Umhang falsch herum an.

"Guten Abend. Alles ruhig?"

Sie nickte. "Ja, Professor. Sie schlafen alle."

"Dann geht jetzt lieber und ruht euch ein wenig aus. Ich schaffe das hier schon."

Das ließen die Drei sich nicht zweimal sagen und verließen den stickigen, dämmrigen Klassenraum. Auf den Fluren begegneten sie keiner Menschenseele.

"Wie geht es eigentlich Bill?", fragte Harry schließlich.

Ron zuckte nur mit den Achseln und nuschelte etwas von man habe ihn nicht geweckt, als Bill wach war. Stattdessen berichtete Hermine.

"Er hat ein paar Schockzauber abbekommen, aber er wird es überleben. Hat vorhin ne geschlagene Stunde und länger mit Lupin diskutiert, so schlecht kann es ihm also nicht gehen."

"Worüber haben sie geredet?", fragte der Schwarzhaarige und verschränkte die Arme vor der Brust. Anscheinend wurmte es ihn, nicht dabei gewesen zu sein.

Sie zuckte mit den Achseln. "Weiß nicht. Sie waren zu leise und ich wollte mich nicht einmischen. Aber denke mal sie haben über den Angriff auf Hogsmeade geredet. Ich frage mich immer noch, wie es dazu kommen konnte! Ich meine, da waren all diese Abwehrzauber! Und selbst wir Schulsprecher haben von dem Ausflug erst gestern Abend erfahren."

Harry streckte sich und bedeutete ihnen, anzuhalten. Gemeinsam betraten sie eines der verlassenen Klassenzimmer, in welchem sie hofften, ungehört zu sein.

"Irgendwo muss eine Lücke im System gewesen sein. Ich meine, Todesser haben wir an der Schule vermutlich genug."

"Zu schade, dass deine Lieblingsschuldigen dieses Jahr nicht an der Schule sind. Snape ist bei seinem Meister und Malfoy vermutlich auch.", erwiderte Ron und setzte sich auf einen der Tische.

Hermine lehnte sich neben den Rothaarigen an die Tischplatte. "Wenn Draco überhaupt noch lebt. Wie ihr euch vielleicht erinnert, hat er versagt und ihr wisst, wie V-Voldemort mit Versagern umzugehen pflegt."

"Seine Eltern sind jedenfalls tot.", murmelte Harry und begann, im Raum auf und ab zu schreiten. "Nachdem, was man im Tagespropheten lesen konnte, fand man die Leichen der beiden in Lucius Malfoys Zelle in Askaban. Wie auch immer seine Frau dort hingekommen ist."

"Aber von Draco weiß man nichts. Vielleicht hat er eine zweite Chance bekommen. Und was ist mit dem Unbrechbaren Schwur, den Snape geleistet hat? Denkt ihr, der ist immer noch wirksam?"

Die Jungen zuckten mit den Achseln.

"Wenn er es sein sollte, dann können wir davon ausgehen, das Draco noch lebt. Ich bezweifle, das Voldemort auf einen seiner besten Männer verzichten will.", ergänzte Harry sie mit verbittertem Unterton in der Stimme, noch immer auf und ablaufend.

Sie schaute sich im Klassenraum um. Die Wände waren kahl, bis auf die unflätigen Worte, die vermutlich Peeves daran geschmiert hatte. Auf sämtlichen Tischen lag eine recht Dicke Staubschicht und es schien so, als sei der Raum seit Jahren nicht mehr benutzt worden.

"Was aber immer noch nicht erklärt, wer denn nun den Todessern verraten hat, dass gerade heute der Ausflug nach Hogsmeade stattfinden würde."

"Was ist mit diesem Zabini? Ich trau es ihm zu."

Harry schüttelte den Kopf. "Der ist ein Vollidiot, aber mehr nicht. Glaube nicht, das er was mit Voldemort zu schaffen hat. Da wären selbst Crabbe und Goyle verdächtiger, deren Väter sind schließlich ebenfalls Todesser."

"Ja, aber beide sind dumm wie Bohnenstroh. Außerdem: Woher sollten die es denn wissen? Die Einzigen, die davon wussten, waren Zabini und ich. Und das seit gestern Abend. Nein, das wäre zu kurzfristig. Das war kein Schüler."

"Und wer dann? Ein Lehrer? Hey! Vielleicht die weiße Baronin!"

Für seinen Vorschlag erntete Ron sich nur einen empörten Blick von Hermine und ein hohles Lachen von Harry.

"Professor Greyham? Mach dich nicht lächerlich. Welche Gründe hätte sie denn dafür?"

Mit hochrotem Kopf starrte er auf seine Fußspitzen. "T'schuldigung."

"Aber irgendwo hat er Recht. Entweder, es war ein Lehrer, ein Auror oder ein Mitglied des Phoenixordens. Ich bezweifle, dass es ein Lehrer war. Aber wen kennen wir denn schon vom Rest? Kaum einen."

Hermine nickte versonnen und sah sich erneut im Raum um. In dem Moment schwebte etwas durch den Boden vor ihr. Sie schrie. Ron und Harry wandten sich ihr zu.

Gleichzeitig erkannten sie, was da aus der Etage unter ihnen kam. Es war der fast kopflose Nick, der Hausgeist von Gryffindor.

"Hier seit ihr.", sagte er mit seiner pompösen Stimme. "Professor McGonagall wünscht euch schon seit einer viertel Stunde zu sehen. Sie erwartet euch in Professor Firenze's Unterrichtsraum."

Die drei Freunde tauschten einen Blick und nickten dem Geist dann zu. Gemeinsam verließen sie das Klassenzimmer, während Nick durch den Boden entschwebte.

"Als hätten wir nichts Besseres zu tun, als auf kleine Kinder aufzupassen.", murrte Ron, als er sich sicher war, dass der fast kopflose Nick außer Hörweite war, und gähnte ausgiebig.

"Schlafen zum Beispiel?"

Ron sagte "Jaah. Du sagst es, Alter!" und gähnte erneut.

Hermine und Harry lachten.

Ein paar Minuten später erreichten sie das Erdgeschoss und betraten das Klassenzimmer für Wahrsagen. Professor McGonagall erwartete sie bereits vor der Tür.

"Es ist schön, dass Sie uns auch endlich mit ihrer Anwesenheit beehren, Mister Potter, Mister Weasley und Miss Granger. Hat Professor Sprout Ihnen nicht gesagt, Sie sollten sich hier einfinden?", empfing sie sie in recht angesäuertem Tonfall.

Die drei warfen sich verwirrte Blicke zu und verneinten dann einhellig. Die Direktorin schenkte ihnen einen weiteren misstrauischen Blick, ließ sie dann jedoch eintreten.

Das übliche Stück Wald, welches Firenze, der Zentaur und Lehrer für Wahrsagen, sich angelegt hatte, um sich ein wenig heimisch zu fühlen, war einem ganz normalen Klassenraum gewichen. An sämtlichen Tischen saßen vornehmlich Siebtklässler wie Dean und Seamus und auch einige Austauschschüler. Zudem waren Ginny und Luna anwesend, ebenso Remus Lupin und Mad-Eye Moody. Unter den Blicken aller Anwesenden setzten sie sich auf die freien Plätze in der ersten Reihe.

"Es scheint, als hätte die beauftragte Lehrerin es versäumt, auch den Letzten von dieser Versammlung mitzuteilen, aber nun sind wir ja vollständig. Ich weiß, dass dieser Tag für Sie sehr anstrengend gewesen sein muss und ich möchte an dieser Stelle all jenen, die an der Seite der Auroren Hogsmeade verteidigt haben, danken." Ihr Blick glitt durch die Reihen und lag ein bisschen länger auf Luna und Ginny, als auf den anderen Schülern, die teilweise noch sichtbare Spuren der Kämpfe trugen.

"Man hat uns heute vor Augen geführt, wie hilflos wir sein können. Es ist einer uns unbekannten Anzahl von Todessern gelungen, unbemerkt durch die Schutzzauber, die für den heutigen Tag über Hogsmeade gelegt worden waren, zu dringen und sechs Menschen zu töten. Nur dank des mutigen Einsatzes von Auroren und auch von Ihnen gab es keine weiteren Opfer zu beklagen. Wir wissen bis jetzt nicht, wie es den Feinden gelang, einzudringen. Aber wir sind uns zumindest sicher, dass sie bis jetzt noch keinen Weg gefunden haben, durch die Schutzzauber um Hogwarts zu gelangen. Dennoch dürfen wir wohl leider davon ausgehen, dass es ihnen womöglich eines Tages gelingen könnte. Dieser Tag kann schon morgen sein, aber vielleicht auch erst in einem Monat oder in einem Jahr. Vielleicht kommt er auch nie. Dennoch müssen wir vorbereitet sein. Nach dem heutigen Tag wird die Anzahl der Auroren um Hogwarts erneut aufgestockt werden. Zudem hat sich das Kollegium dazu entschlossen, allen, die sich heute als mutig genug erwiesen haben, anzubieten, sie für den Fall eines Angriffes gezielt vorzubereiten. Darum sind Sie jetzt hier."

Sie hielt inne und ließ ihre Worte wirken. Es war geradezu beängstigend still. Verwirrte Blicke wurden ausgetauscht. Schließlich war es Dean, der die Stille brach. "Bitte... WAS?"

"Lassen Sie es mich so ausdrücken, Mister Thomas. Falls diese Schule wirklich einmal angegriffen werden sollte, werden wir jede helfende Hand brauchen können. Außerdem ist sich das Lehrerkollegium bewusst, dass vermutlich auch die Schüler nicht untätig zusehen wollen und können. Das haben Sie uns am heutigen Tag bewiesen. Um ungeplanten Alleingängen", ihr Blick flackerte zu Harry, Ron und Hermine, "vorzubeugen, haben wir uns deshalb entschlossen, Schüler, die sich dazu bereit erklärt haben, uns zu helfen, einzubeziehen. Natürlich heißt das nicht, dass Sie kämpfen sollen. Ihre Aufgabe wird vor allem in Kontroll- und Botengängen bestehen. Zu diesen Zweck werden Ihnen die Professoren Greyham und Blackwood Sonderunterricht angedeihen lassen. Wer sich nicht dazu im Stande fühlt, im Ernstfall den Zauberstab zu erheben, möchte diesen Raum bitte jetzt verlassen."

Für Hermine war klar, dass sie nicht gehen würde und sie war sich sicher, dass dasselbe für Harry und Ron galt. Vorsichtig drehte sie sich um, um zu sehen, wer vielleicht ging. Doch niemand erhob sich. Einige tuschelten mit ihren Nachbarn oder sahen sich genauso suchend um, wie sie selbst.

"Niemand? Ich wiederhole mich. Wer Angst hat vor der Aufgabe, sollte jetzt lieber gehen."

Trotz ihrer Worte schien keiner gehen zu wollen. Immer mehr starrten ihre Direktorin mit festem Blick an. Schließlich erhob sich doch jemand. Es war eine Slytherin. Doch sie machte keine Anstalten, gehen zu wollen, sondern stemmte die Arme auf den Tisch vor ihr.

"Was denken Sie eigentlich? Das wir einfach so den Schwanz einziehen, wie getretene Köter? Das ist unsere Schule! Und wir wollen sie verteidigen! Ich zumindest!"

"Miss Parkinson!", stammelte Professor McGonagall. Doch bevor sie weiterreden konnte, erhob sich ein weiterer Schüler. Es war einer der Austauschschüler, der sich zu den Gryffindors zählte.

"Natürlich haben wir Angst. Das haben wohl alle. Und es wäre töricht, sie nicht zu haben. Ich bin nur ein Austauschschüler, der gerade mal seinen zweiten Monat an dieser Schule ist. So einige haben mich mit seltsamen Blicken bedacht und mich gefragt, warum ich gerade in diesen Zeiten nach Großbritannien komme. Dabei ist es doch völlig egal, wo man ist, Voldemort wütet doch überall! Das hat er vor sechzehn Jahren doch auch schon getan. Er hat meine halbe Familie ausgelöscht. Ich werde jedenfalls nicht tatenlos rumsitzen, während er Hogwarts in Schutt und Asche legt!", erklärte er mit fester Stimme in seinem seltsamen Akzent und donnerte ebenfalls die Hände auf den Tisch vor ihm.

Nun erhob sich auch sein Freund. "Sicher, wir kommen nicht mit allen hier klar, weder Schüler noch Lehrer. Dennoch haben wir uns mittlerweile gut eingewöhnt und wollen bestimmt nicht, dass den Leuten hier auch nur ein Haar gekrümmt wird. Außerdem kennen Nathan und ich ein paar Flüche, die euch Briten mit Sicherheit völlig unbekannt sind. Denke, wir könnten helfen. Ich bleibe."

"Ich bleibe auch!", kam es von Seamus und Dean gleichzeitig und sie erhoben sich. Ihrem Beispiel folgten mehrere Ravenclaw und dann Ginny und Luna. Auch Ron, Hermine und Harry standen auf. Schließlich standen ausnahmslos alle Schüler und bekündeten, dass sie helfen würden, wo sie konnten.

Die Schulleiterin sah verblüfft in die Gesichter ihrer Schüler und wechselte schließlich einen Blick mit den beiden anwesenden Mitgliedern des Phoenixordens. Sowohl Moody als auch Lupin nickten ihr zu. Sie sank erschöpft auf den Stuhl hinter dem Lehrerpult.

"Das erste Treffen ist morgen Abend um neunzehn Uhr in der Großen Halle."

Zeitungen

A/N:

Yai, Mädels, wir nähern uns der Hälfte! Jetzt kommen dann auch ganz bald meine persönlichen Lieblingskapitel.

Und ich hab jetzt auch OpenOffice, kann also endlich auf dieses jämmerliche ABI-Word verzichten. Das freut, sag ich euch!
 

Übrigens: Bei den Charakteren hat nur Harry ein Bild - der Kreuze sind Bugs, die ich zu faul zum melden bin, keine nichtfunktionierenden Bilder!
 

@ Sitamun: Du kannst dich drauf verlassen, das ich drauf zurück komme~
 

@ Ocean_Secret: *läuft rot an*
 

@ Chelys: Na gut, darfst du. Was Nathan allerdings betrifft ... du kennst das Zusatzkapitel noch nicht (weil noch ungeschrieben).
 

@ Tonja: Zum Leben erweckt wird hier öfter was. *lacht*
 

@ Leona: Eine Verteidigungstruppe ja, aber die DA auf keinen Fall, weil diesmal die Slytherins nicht ausgegrenzt werden. Das habe ich schon bei HP 7 gehasst, wie die Pest.
 

@ Maya-chan: Draco wird auch noch öfter vorkommen. Und zumindest ein Kapitel muss er sich nicht mit Hermine teilen. *flöt*
 

@ The_Dark_Half: Ich möchte mich an dieser Stelle noch mal bei dir für die vielen Kommentare bedanken! Sie haben mich wirklich gefreut, vor allem, da du nicht nur stupide gelesen, sondern auch mitgedacht hast - und mir das auch zeigst. Solche Kommentare habe ich am allerliebsten! Danke, Danke, Danke!
 

mfg

NIX
 


 

8. September 1997 (Hogwarts, Schottland)

Die folgende Woche verging in heillosem Stress. Nach und nach kamen die verletzten Auroren wieder auf die Beine und verließen Hogwarts oder wurden ins St. Mungos Hospital verlegt. Gleichzeitig wurden mehr Auroren rund um Hogwarts stationiert. Obwohl der Tagesprophet - vermutlich auf Befehl des Ministeriums hin - den Vorfall bestmöglich tot schwieg - es hatte nur am Samstag eine kleine Mitteilung darüber gegeben, dass anscheinend Todesser in Hogsmeade gesichtet worden und einige von ihnen festgenommen worden waren -, gingen immer mehr Eulen von besorgten Eltern ein und am Donnerstag flatterte der Schulleiterin sogar ein Heuler ins Frühstücksei. Zudem wurden während der Schulwoche mehrere Schüler abgeholt, doch Siebtklässler waren nicht darunter. Zwar stand Mrs Finnigan auf der Matte, um ihren Sohn abzuholen, doch Seamus hatte sie angebrüllt, er sei volljährig, und hatte sich dann im Gemeinschaftsraum verbunkert, woraufhin seine Mutter vorerst unverrichteter Dinge wieder abgezogen war.

Der Zusatzunterricht war mindestens genauso chaotisch. Anscheinend konnten sich die Professorin Greyham und ihr junger Kollege nicht sehr gut leiden, denn immer wieder versetzten sie sich gegenseitig die bissigsten Kommentare oder gaben gegensätzliche Anweisungen. Das trug nicht sonderlich zu einer heiteren Atmosphäre bei. Und obwohl der Übungsraum - die Große Halle - recht groß war, kam es zu mehreren Zwischenfällen, die vermutlich von den diffusen Befehlen herrührten, und am Ende musste Blaise Zabini mit riesigen Furunkeln im Gesicht und an den Armen in den Krankenflügel.

Der angebrochene Samstag schien genauso chaotisch werden zu wollen. Alles fing bereits mit der Post an, denn neuerlich segelte eine Eule mit Heuler auf den Lehrertisch zu und die Große Halle versank in einem Gebrüll, welches dem von Mrs Blacks Portrait im Grimmauldplatz in nichts nachstand.

Hermine kippte vor Schreck Kürbissaft über ihren Schinken, als das Geschrei losbrach und Ron verschluckte sich heftig. Alle Gesichter wandten sich schließlich Professor McGonagall zu, die den Heuler gepflegt ignorierte, während er sie aufs Übelste beschimpfte. Schließlich zerstörte der rote Brief sich selbst und eine dröhnende Stille breitete sich aus. Erst die anderen Eulen, die ihre Post loswerden wollen, beendeten die Ruhe, indem sie mit den Flügeln raschelten und ihre Besitzer zwickten. Hastig bemühte sich Hermine, ihrer Eule den Tagespropheten abzunehmen. Während ihr Postbote sich in die Lüfte erhob und davon flog, schlug sie die Zeitung auf und schaufelte sich nebenbei in Kürbissaft getränkten Schinken in den Mund, was sie geschmacklich wohl entfernt an Pizza Hawaii erinnert hätte, hätte die Schlagzeile auf der ersten Seite nicht ihre Aufmerksamkeit für sich beansprucht.
 

Unbekannter setzt Todesser fest

Todesser bewusstlos - Held verschwunden
 

Neben der Schlagzeile prangte ein Schwarzweißfoto des Geschehens, auf dem man einen gefesselten und verhüllten Todesser sehen konnte.
 

Northampton

In der Nacht zu heute wurden Auroren zu einem Einsatz die Nähe der Stadt Northampton gerufen, da dort angeblich Anhänger von dem, dessen Name nicht genannt werden darf, gesehen worden waren. Doch was sie vorfanden überraschte sie vollkommen. Statt schwarzer Magier, die Muggel terrorisierten und in der Luft schweben ließen, fanden sie einen Anhänger des Unnennbaren der seinerseits bewusstlos und entwaffnet in der Luft schwebte. Sein Zauberstab lag zerbrochen neben ihm auf dem Boden.

Nachdem man ihn wiederbelebt hatte, unterzog man ihm eines Verhörs unter Veritaserum, woraufhin er angab, er wäre zu einem Auftrag in der Nähe beordert worden, hätte aber auf dem Weg bemerkt, das er beobachtet würde. Als er sich umdrehte, sei er auch schon entwaffnet worden. Das letzte, was er sah, bevor er bewusstlos gehext wurde, sei eine vermummte Person mit hoch erhobenem Zauberstab gewesen.

Das Ministerium bittet nun den Unbekannten, sich umgehend zu melden, damit man ihm den gebührenden Dank zollen kann. Wer etwas über diesen Helden weiß, soll sich ebenfalls im Ministerium melden, Hinweise werden entsprechend entlohnt.
 

Die Geschichte erinnerte sie düster an etwas. Gedankenversunken reichte sie die Zeitung an Ron weiter, der sie beharrlich fragte, ob etwas nicht in Ordnung sei. Sie bemerkte gar nicht, das Harry über die Schulter des Rothaarigen mitlas und beiden am Ende des Artikels die Kinnlade nach unten klappte.

"Habt ihr ne Ahnung, wer das war?", flüsterte Ron schließlich. Sie schüttelte betrübt und immer noch in Gedanken den Kopf.

"Komisch. Hat Lupin nicht gesagt, er sei von einem Fremden gerettet worden, der die Todesser, die ihn bedrohten, kopfüber in der Luft hat schweben lassen?"

Beide sahen zu Harry. Ihr ging ein Licht auf und nickte. Das war die Szene gewesen woran sie sich so krampfhaft zu erinnern versucht hatte.

"Und er hat gemeint, man hätte zwei weitere Todesser in derselben misslichen Lage gefunden. Nur waren ihre Zauberstäbe verschwunden, nicht zerbrochen."
 

Als sie zwei Stunden später für den Zusatzunterricht in die Große Halle zurückkehrten, grübelten sie noch immer darüber. Dennoch kamen sie zu keiner befriedigenden Lösung. Ein Auror konnte es nicht sein, der hätte sich gemeldet. Und ein normaler Bürger doch wohl auch nicht, der hätte keinen Grund, sich zu verstecken und sich den Ruhm entgehen zu lassen, außer natürlich, er mochte den Trubel nicht. Wahrscheinlicher war es dann doch, dass es jemand war, der Dreck am Stecken hatte. Vielleicht auch ein Mitglied des Phoenixordens, der nicht auf selbigen aufmerksam machen wollte. Oder ein Verräter in Voldemorts Reihen. Unwillkürlich glitten ihre Gedanken immer wieder zu Snape. Dumbledore hatte ihm bedingungslos vertraut, obwohl seine Gründe mehr als fragwürdig waren. Vielleicht wusste Dumbledore mehr über den ehemaligen Lehrer, als irgendwer sonst. Vielleicht gab es noch einen stärkeren Grund, als seine Reue über James und Lily Potters Tod. Vielleicht war er Dumbledore noch immer treu ergeben und hatte ihn auf einen Befehl hin getötet. Vielleicht war er es gewesen. Aber auch nur vielleicht. Sie erzählte Ron und Harry von ihren Vermutungen nicht, viel zu gut wusste sie, wie vor allem Harry auf diese Art von Ideen reagierte. Wie schon sein Vater hasste er Severus Snape bis aufs Blut und der Mord an Dumbledore hatte das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht. Selbst wenn er wirklich auf ihrer Seite stand, würde Harry ihn niemals mehr auch nur einen Funken Glauben schenken. Und für Ron galt dieselbe Einstellung dem Meister der Zaubertränke gegenüber, war er doch Harrys bester Freund.

In der Großen Halle wurden sie von Professor Blackwood begrüßt, von seiner Kollegin fehlte jede Spur, aber vielleicht war es besser so. Stattdessen hatte sich jemand ganz anderes eingefunden. Bill Weasley saß auf einem der Haustische, die zur Seite geräumt worden waren und unterhielt sich angeregt mit seiner Schwester.

"Was macht Bill hier?", flüsterte Harry seinen beiden Freunden zu, doch sie konnten nur mit den Achseln zucken. Jemand anderes antwortete an ihrer statt.

"Dachte, ein Fluchbrecher wär mal eine interessante Abwechslung zu den ewigen Auroren."

Alle drei wirbelten zum Lehrer für Alte Runen herum, der grinsend hinter ihnen stand und nun die Flügeltür schloss.

"Wozu ein Fluchbrecher?", fragte Dean, der ebenfalls in der Nähe stand und auch Neville schien verwundert. "Dein Bruder ist Fluchbrecher, Ron?"

"Ja, der gute alte Rotfuchs ist ein Fluchbrecher. Und warum ich gerade ihn hergebeten habe, werde ich euch gleich sagen. Setzt euch!", den letzten Satz sagte der Lehrer so laut, dass alle in der Halle ihn hörten. Überraschender Weise gehorchten alle auf Anhieb. Schließlich erhob sich Bill und lehnte sich auf die Schulter des Lehrers.

"Denkst du nicht, es wird Zeit, mir zu sagen, was ich hier soll, Phineas?"

Der Schwarzhaarige grinste. "Och, dies und jenes."

Bill verzog den Mund. "Ich hasse deine ausweichenden Antworten und das weißt du ganz genau."

Der Lehrer grinste und wischte Bills Arm von seiner Schulter. In derselben Bewegung zog er seinen Zauberstab und richtete ihn auf den Rothaarigen, der allerdings ebenfalls seinen Zauberstab bereit hatte. Hermine kam die Szene furchtbar gekünstelt vor. Ein paar der Schüler schrieen auf, während die beiden Zauberer aufeinander losgingen und die Luft mit leuchtenden Flüchen erfüllten.

Immer wieder wichen sie den Flüchen des jeweils anderen geschickt aus oder warfen sie mit einem Schutzschild zurück, wobei Blackwood derjenige war, der öfter auswich und Bill derjenige, der öfter blockte. Nach und nach setzte sich in der Schülerschaft die Meinung durch, dass dies ein Schaukampf sein musste und immer mehr Schüler fingen an, einen der beiden lautstark anzufeuern. Ron war kräftig mit dabei und rief seinem Bruder eher weniger hilfreiche Ratschläge zu, doch dieser schien ihn ohnehin nicht wahrzunehmen.

"STUPOR!", donnerte Phineas Blackwood.

Der rote Blitz prallte an einem Schutzschild ab und flog Richtung Decke, wo er verschwand. Bill deutete stumm mit seinem Zauberstab auf seinen Gegner.

"STUP...!" Professor Blackwood versagte mitten im Wort die Stimme und der Zauber misslang. Im selben Moment flog dem recht verwirrten Lehrer auch schon der Zauberstab aus der Hand und einen Augenblick später lag er durch magische Seile gefesselt auf dem Boden. Der Weasley ging zu ihm und richtete seinen Zauberstab auf das Herz seines Freundes.

"Tot."

Der Schwarzhaarige sagte etwas, doch er war noch immer stumm und so konnte man die Flüche, die er da aussprach, nur erahnen, während er hilflos gegen seine Fesseln ankämpfte.

In der gesamten Halle war es nun sehr leise, man hörte kaum noch das Atmen der Anwesenden. Erst als Bill die Zauber von seinem Opfer nahm, toste Applaus auf.

Blackwood erhob sich und rieb sich die Handgelenke, in die sich noch Augenblicke zuvor seine Fesseln eingeschnitten hatten. "Ich hasse deine Schildzauber.", murrte er schließlich und hob seinen Zauberstab auf.

"Das war zu einfach. Du solltest endlich auf nonverbale Zauber umsteigen."

"Die sind mir zu unbequem."

Der Weasley seufzte schwer und schüttelte nur ungläubig den Kopf.

Wenige Minuten später war die Luft erneut erfüllt von Flüchen und Bill und sein Freund machten sich daran, ihnen beizubringen, wie man Schutzzauber heraufbeschwor, umging und durchbrach.
 

Am selben Tag (King's Lynn, Grafschaft Norfolk, England)

Noch immer müde zwang er sich, die Augen zu öffnen. Ein kurzer Blick nach draußen verriet im, dass er den halben Tag verschlafen hatte, die Sonne näherte sich bereits wieder dem Horizont. Er streckte sich genüsslich und zog seinen mittlerweile recht zerschlissenen Umhang - er erahnte jetzt, wie sich dieser Werwolf Lupin in seiner abgetragenen Kleidung fühlen musste -, auf dem er geschlafen hatte, wieder über und spähte aus dem Loch in der Wand der Fabrikhalle nach draußen. Der Himmel war von einem einheitlichen Grau und es nieselte. Niemand war zu sehen.

Er gähnte erneut und verließ seinen Unterschlupf. Warum er erneut in diese Stadt zurückgekehrt war, wusste er nicht. Eventuell war es die Hexe mit dem Kauz, die er in jener Nacht gesehen hatte, nachdem er aus Hogsmeade geflohen war. Genau zu ihrem Haus ging er auch nun wieder. Natürlich nicht, um mit ihr zu reden, nicht einmal, um sich ihr zu zeigen. Das wäre zu gefährlich gewesen. Nein, sein Ziel war die Mülltonne, aus der er nun schon seit Tagen seine Informationsquelle bezog: den Tagespropheten.

Leise schlich er in den Hinterhof der Frau und klaubte ungesehen die ausgelesene Zeitung aus dem Zeitungsstapel. Er war bereits wieder auf dem Rückweg, als eine helle Stimme hinter ihm erklang, nicht ohne Misstrauen in der Stimme. "Wer sind Sie?"

Er wirbelte herum und sah genau jene Frau aus jener Nacht einige Meter von sich entfernt. Erst jetzt bei Tageslicht erkannte sie das wahre Ausmaß ihrer Schönheit, die ihm fast den Atem nahm. Ihr langes silberblondes Haar spielte um ihre grazile Figur. Verwirrt schüttelte er den Kopf, um sich wieder konzentrieren zu können. Sie hatte den Zauberstab auf ihn gerichtet und sah dabei doch äußerst anmutig aus.

Einen Moment überlegte er, sich ihr anzuvertrauen, doch dann endlich erkannte er sie. Sie war der Champion von Beauxbatons bei Trimagischen Turnier von vor drei Jahren. Im selben Augenblick hob er seinen Zauberstab und sprach einen Blendzauber. Noch bevor Fleur Delacour wieder sehen konnte, war er verschwunden.

Als er in sein Versteck zurückkehrte, hätte er sich am Liebsten geohrfeigt. Wie hatte er nur so töricht sein können? Das hätte ein unschönes Ende nehmen können. Ein sehr unschönes. Zitternd drückte er sich an die Wand, den Tagespropheten noch immer an sich gedrückt und schweißnass. Er wusste nicht, wie lange es dauern würde, bis sie Verstärkung - war sie nicht sogar im Orden? - gerufen hatte.

Nachdem er sich ein wenig gefasst hatte, disapparierte er.

Kaum einen Lidschlag später tauchte er in Galashiels wieder auf. Nachdem er sich versichert hatte, dass niemand ihn gesehen hatte, ließ er sich hinter ein paar Mülltonnen nieder und schlug den Tagespropheten auf.

Eine kleine Überraschung leuchtete ihm entgegen.
 

Unbekannter setzt Todesser fest

Todesser bewusstlos - Held verschwunden
 

Hieß es da. Auf seinem Gesicht breitete sich ein schwaches Lächeln aus, während er den Artikel las. Am liebsten hätte er hysterisch gelacht.

Anscheinend war es an der Zeit, ein wenig Zauber um sich herum zu aufzubauen ...

Von Wölfen, Männern und Schatten

A/N: Ich bastele gerade am Schluss rum, soll heißen, momentan kennt nicht mal meine Beta das endgültige Ende, auch wenn sie die FF schon durch hat. XD

Als Nebenprodukt gibt es dafür dann auch mehr Hauptkapitel. die Zahl steigt von 40 auf 41, kann sich aber noch mal ändern. wir werden sehen.

Diesmal jedenfalls hat der Blondschopf ein Kapitel gaaaaaaaanz für sich allein. Naja, fast. ;)
 

@ Tonja: Nun, von Ron und den anderen erfahren wir nur nicht, an wen sie denken, da wir nicht in ihre Köpfe schauen können. Aber welche Party meinst du grade? *irritiert*
 

@ Maya-chan: Nun, die Muggel kommen schlichtweg nicht zu den Mülltonnen - es liegt ein Zauber über dem Haus. Sie können es zwar sehen, betreten aber nur, wenn der Zauberer sie hereinlässt. Gilt auch für den Hinterhof und somit auch für die Mülltonnen. Muggelabwehrmagie also. und da Draco kein Muggel ist, wird er nicht geblockt.
 

@ Chelys: Nya, stimmt ohnehin alles nicht mehr. sind jetzt dann 20 von 43 Kapiteln + 1 Zusatzkapitel. XD~
 

Danke, für die lieben Kommentare. Wenn ihr etwas zu bekritteln habt, tut das ruhig. Besser, ich merze die Fehler aus, bevor sie eine Sintflut verursachen. ;)
 

mfg

NIX
 

1. Dezember (Winkelgasse, London, England)

Es war kalt. Sehr kalt. Dementsprechend durchgefroren war er. Sein gesamter Körper fühlte sich unangenehm steif an und er steckte die Hände in die Taschen seines Mantels, in der Hoffnung, sie ein wenig zu wärmen. Die ganze Nacht hatte es geschneit, der Boden war mit einer tiefen Schneedecke überzogen. Das war in diesen Breiten selten, selbst für die hereinbrechende Jahreszeit. Bei jedem Schritt durchdrang etwas mehr Feuchtigkeit seine ohnehin durchgeweichten Schuhe. Er sollte sich bei Gelegenheit unbedingt neue beschaffen, auch wenn er noch nicht ganz wusste wie, schließlich hatte er kein Geld. Letztendlich besaß er schon seit einem halben Jahr keinen einzigen Knut mehr. Mit dem Tod seiner Eltern war auch sein Reichtum vergangen.

Einen Moment hielt er inne und starrte in den schneegrauen Himmel. Bald würde es wieder schneien. Und dennoch war es so kalt. Ungewöhnlich, für diese Breitengrade. Fast schien es, als würde sein ehemaliger Herr am Wetter drehen, aber vielleicht wollte selbiges sich auch nur der momentanen Situation anpassen. Immer wieder gab es Angriffe und immer öfter auch auf Muggel. Er war froh, dass diese sich in der Grafschaft Scottish Borders bis jetzt in Grenzen hielten.

Sein Atem kondensierte in kleinen Wölkchen vor seinen Augen. Mühsam unterdrückte er ein Niesen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er sich eine ordentliche Erkältung einfing. Ungewollt dachte er an die Zeit, bevor er nach Hogwarts kam. Er war häufig krank gewesen, nicht ernsthaft natürlich, aber seine Mutter hatte jedes Mal einen solchen Wirbel darum gemacht, als läge er im Sterben. Damals hatte er es genossen, von allen Seiten umhegt und umpflegt zu werden. Jetzt versetzte ihm die Erinnerung einen feinen Stich in der Brust. Seine Mutter war tot. Sie würde sich nie wieder so um ihn kümmern. Im gleichen Moment kam eine andere Erinnerung in ihm hoch. Die Erinnerung an eine ganz bestimmte Muggelfrau, die ihn nach seiner Flucht gefunden und gepflegt hatte. Sie würde er mit Sicherheit nicht sterben lassen. Noch vor einem Jahr hätte er anders gedacht. Aber sie hatte ihm die Augen geöffnet. Sie und der Tod seiner Eltern.

Seufzend ging er weiter. Sein Ziel war die Nokturngasse. Es wurde mal wieder Zeit, dass er seinem Informanten einen Besuch abstattete. Unbemerkt von etwaigen anderen Passanten schlenderte er in die Gasse der dunklen Künste. Natürlich waren es schlechte Zeiten für selbige. Nicht für die Anhänger des dunklen Lords, für wahr, aber für alle anderen. Die Gefahr, mit Voldemort in Verbindung gebracht und daraufhin nach Askaban geschickt zu werden, war äußerst hoch. Dennoch machte er sich keine Sorgen. Für Sorgen war später Zeit. Sollte es überhaupt ein »Später« geben.

Sein Ziel war der etwas heruntergekommene Laden Borgin und Burkes. Doch noch bevor er ihn erreicht hatte, hielt er erschrocken inne. Die Personen, die sich da vor eben jenem Laden am helllichten Tag versammelt hatten, trugen zwar keine schwarzen Kapuzenumhänge, aber er wusste trotzdem, wer sie waren. Es war eine Gruppe von fünf Mann. Allesamt hatten sich in Umhänge gehüllt, die ihre Gesichter verbargen, was definitiv besser für sie war. Einen der Männer erkannte er als Severus Snape. Das Blut gefror ihm in den Adern. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Es war eine verlockende Situation, dass musste er zugeben. Er glaubte auch nicht, dass sie ihn erkennen würden, zu sehr hatte er sich in den letzten Monaten verändert, aber gegen fünf von ihnen kam er alleine nicht an. Natürlich hätte er seinen Informanten zur Hilfe rufen können, doch das hätte auch bedeutet, diesen dem Feind zu offenbaren und ihn somit unbrauchbar werden zu lassen. Und er brauchte ihn noch.

Einer der Todesser klopfte an die Tür des Ladens. Erschrocken erkannte er hinter dem verschlissenen Umhang Fenrir Greyback. Das konnte nicht gut gehen.

Vor Aufregung - und auch ein wenig vor Angst - zitternd, schlich er in die Richtung zurück, aus der er gekommen war. Zugegeben, er kam nicht weit. An der Kreuzung zur Winkelgasse erwartete ihn die nächste Überraschung, ebenfalls in - zumindest einigermaßen - menschlicher Form.

Dort stand der Werwolf Lupin. Der ehemaliger Hogwartslehrer hatte seinen Zauberstab erhoben und schien auf ihn zu warten, denn er spähte ungeduldig in seine Richtung. Eines Glückes war er so umsichtig gewesen, sich im Schatten der Läden zu verbergen. Langsam hatte er von Werwölfen entschieden die Nase voll. Er hätte natürlich einfach apparieren können, wäre nicht vor Monaten ein Anti-Apparierzauber über die beiden Einkaufsstraßen gelegt worden. Kurz: Er saß gehörig in der Falle. Natürlich hätte er auch den Imperiusfluch über den Werwolf legen können, doch er hatte genug damit zu tun, Borgin unter seiner Kontrolle zu halten. Nein, wenn er den Werwolf zur Mitarbeit verpflichten wollte, musste er es anders anstellen. Er blickte über seine Schulter zurück. Von Snape und den anderen Todessern war nichts zu sehen. Da kam ihm eine Idee.

Snape.

Ja, der alte Zaubertrankmeister hatte ihm wirklich schon oft geholfen, ohne, dass er auch nur etwas davon ahnte, ja, ohne, dass er überhaupt anwesend war. Und so würde es auch dieses Mal sein. Aber zunächst einmal musste er den Werwolf entwaffnen. So ruhig und unbemerkt wie möglich zog er seinen Zauberstab aus seinem Mantel. In Gedanken ging er alle Flüche durch, die ihm hilfreich sein konnten. Einmal öfter blieb er bei einem der Zauber hängen, die er dem alten Zaubertrankbuch des Halbblutprinzen verdankte.

Der Mann vor ihm schien ungewöhnlich ruhig. Und er sah in seine Richtung. Anscheinend hatte er ihn doch noch entdeckt. Vielleicht hatte er ihn auch schon die ganze Zeit beobachtet und wartete darauf, dass er den ersten Schritt machte. Nun gut, das waren keine sonderlich erfreulichen Nachrichten, aber seinen Willen sollte er haben. In Gedanken formulierte er den Spruch »Levicorpus!« und deutete auf das Mitglied des Phoenixordens, einen Schutzzauber, falls der Fluch zurückprallen sollte, auf den Lippen.

Doch der Fluch prallte nicht zurück. Stattdessen kam ihm ein roter Lichtblitz entgegen, der an seinem Schild jedoch abprallte. Er konnte nur hoffen, dass die Todesser ihn nicht gesehen oder gehört hatten. Als er wieder zu Lupin sah, schwebte dieser kopfüber in der Luft. Volltreffer.

Dennoch versuchte der Gefangene, ihn mit einem weiteren Fluch bewusstlos zu hexen - zumindest nahm er an, dass es sich um den Stupor-Zauber handelte -, doch wenn die Welt Kopf stand, zielte es sich anscheinend schlechter, denn er verfehlte ihn um einen guten Meter. Er schnippte einmal mit dem Zauberstab und schon flog der Stab des Werwolfes selbigen aus der Hand und landete in seiner ausgestreckten Linken.

Langsam ging er auf den Mann zu. Er war froh, dass sie sich noch immer in der Nokturngasse waren und man sie von der Winkelgasse aus nicht sehen konnte. Als er näher trat, schien ihn der Werwolf zu erkennen. „Du...?!“

„Guten Tag, Professor Lupin. Ich hoffe, es stört Sie nicht, mich von unten ansehen zu müssen, aber ich mag es nicht, hinterrücks angegriffen zu werden.“

Einen Moment schwiegen beide.

„Dann bist du das also. Der Todesser-Jäger, der Dauergast auf den Seiten des Tagespropheten ist.“

„Natürlich. Aber Sie wissen gar nicht, wie gelegen Sie mir kommen.“ Er warf nervös einen Blick über seine Schulter, doch von den Todessern war nichts zu sehen oder hören, woraufhin er sich wieder seinem Opfer zuwandte. Mit einem weiteren Wink seines Zauberstabs landete Lupin wieder auf dem Boden, wenn auch nicht gerade sanft. Der Werwolf rappelte sich auf, wobei er den Blick nicht von ihm nahm.

„Ich dachte eigentlich, du stündest auf der Seite derer, die du nun jagst.“, stellte er sachlich fest und klopfte sich den Schnee vom Umhang.

Er lachte bitter. „Dazu habe ich keinen Grund mehr. Aber Sie verstehen sicher, dass unser Treffen unter uns bleiben muss. Und in diesem Falle würde ich gerne auf Nummer sicher gehen.“

Remus Lupin starrte ihn verwirrt an und hielt im Klopfen inne. „Es scheint, als sei ich dir ausgeliefert. Aber bedenke, dass meine Leiche aufsehen erregen würde.“

„Denken Sie wirklich, ich sei ein Mörder? Wenn ich einer wäre, stünde ich jetzt nicht hier, sondern an der Seite des dunklen Lords.“

Ein leises Geräusch aus Richtung der Winkelgasse schreckte ihn auf, doch er ließ sich nichts anmerken.

„Eines der ersten wahren Worte, die ich aus deinem Mund höre.“

Erneut ertönte das Geräusch. Es waren Schritte, eher ein Knirschen, wenn die Füße einer Person auf dem Schnee trafen und sich kurz darauf wieder hoben. „Remus?“, fragte eine Frauenstimme, doch der angesprochene bekam keinen Ton heraus.

Er überlegte nicht lange. Kaum sah er den Schatten einer Person, die um die Ecke kommen würde - anscheinend ebenfalls mit einem Zauberstab bewaffnet - erhob er seinen und flüsterte: „Imperio!“

Er traf die Frau, die gerade in Sichtweite geriet, tatsächlich. Anscheinend war sie nicht auf einen Angriff vorbereitet. Sie hatte strahlendes bonbonrosafarbenes Haar. Lupin wirbelte herum und erkannte sie sofort. Leise stöhnte er auf. „Tonks! Du ...“, er blickte wieder zu ihm.

„Ihre kleine Freundin, Professor? Keine Sorge. Ich nehme den Fluch von ihr, sobald wir hier fertig sind. Ich denke nicht, dass Sie sich groß weigern werden, nicht wahr?“

„Ein Mörder magst du nicht sein, aber selbst dafür wanderst du lebenslang nach Askaban.“, keuchte der Werwolf.

„Askaban? Das würde meine Lebensspanne vermutlich beträchtlich verlängern, ginge der dunkle Lord dort nicht nach Belieben ein und aus. Allerdings bezweifle ich, dass das je an die Öffentlichkeit dringen wird. Knien Sie nieder und geben Sie mir ihre rechte Hand!“

Er selbst tat ebenfalls, was er von seinem Gesprächspartner - oder sollte man es Opfer nennen? - verlangte, die linke Hand mit dem Zauberstab - er war mit links nicht sonderlich begabt, aber um sein Opfer in Schach zu halten, reichte es allemal - und forderte mit der anderen Lupins rechte.

Dieser schien augenblicklich zu verstehen, traute sich jedoch nicht, sich zu wehren, dazu war sein Zauberstab zu weit außerhalb seiner Reichweite und Tonks noch dazu nicht sie selbst. Die Frau legte die Spitze ihres Zauberstabs auf die Hände der beiden Männer. Remus Lupin durchbohrte ihn mit einem finsteren, ungläubigen Blick, doch er ignorierte ihn schlicht.

„Du machst einen Fehler, Junge.“

„Vielleicht.“

Er räusperte sich. In seinem Inneren breitete sich plötzlich die Angst aus, es würde nicht funktionieren, da sein Gegenüber es nicht freiwillig tat, doch er schluckte sie so gut es ging hinunter.

„Werden Sie, Remus Lupin, im Kampf gegen die Todesser an meiner Seite stehen und mir beistehen, was immer ich auch tue?“

Er spürte, wie sein Gegenüber zurückzuckte, doch er hielt seine Hand so fest, dass er sie nicht wegziehen konnte.

Leicht widerwillig antworte der Werwolf. „Das werde ich.“

Eine rote Flamme züngelte aus der Spitze von Tonks Zauberstab und umwandt ihre Hände. Sein Herz machte einen kleinen Hüpfer. Es funktionierte.

„Werden Sie, Remus Lupin, mir niemals in den Rücken fallen oder mich auf andere Art verraten?“

Diesmal zuckte er nicht zurück und nur ein unterdrücktes Zittern in seiner Stimme berichtete noch von seinem Unwohlsein. „Das werde ich.“

Eine weitere Flamme entwich dem Zauberstab und verband sich mit der ersten zu einer Kette.

„Werden Sie, Remus Lupin, das Geheimnis um meine Person wahren, egal, wer Sie darum bittet, es preis zu geben?“

Der Werwolf schwieg einen Augenblick, antwortete dann aber erneut. Mit festem Blick in sein Gesicht sprach er: „Das werde ich.“

Die dritte Flamme schoss aus dem Zauberstab und verflocht sich mit ihren Geschwistern. Alle drei Flammen, die sich nun um die Hände der beiden Männer wanden, leuchteten rot auf. Der Bund war besiegelt.

Er löste seine Hand von der des Mannes und erhob sich, leicht zitternd. Im Prinzip wusste er noch gar nicht so recht, was er da getan hatte. Auch Remus Lupin erhob sich nun. Er reichte dem Mann seinen Zauberstab zurück, sich sicher, dass von ihm nun keine Gefahr mehr ausging. Der Blick seines ehemaligen Lehrers war finster auf ihn gerichtet, doch es machte ihm nichts aus.

„Ich hoffe, Sie verstehen, dass ich mich versichern musste, dass wir auf derselben Seite stehen.“

Lupin nickte. „Dennoch rechtfertigt es deine Mittel nicht im Geringsten. Und denke nicht, du seist ab jetzt mein Herr.“

„Ich weiß sehr wohl, dass Sie, wenn Sie denn wirklich wollten, eine Methode finden würden, mir eines auszuwischen, eine Methode gefunden hätten, erst gar nicht diesen Bund mit mir einzugehen. Nun, es scheint, als hätte ich Sie genauso unter Kontrolle, wie Sie mich. Wenn sie mich jetzt begleiten würden? Ich würde Ihnen gerne jemanden ... ähm ... zeigen.“

Er drehte sich um, um wieder in die Richtung zu gehen, die er eigentlich eingeschlagen hatte, bevor er auf die Todesser getroffen war.

„Ich hoffe, du bist dir im Klaren, dass Verteidigung kein Verrat ist.“

Er nickte nur und bedeutete ihm, ruhig zu sein. Er hatte die Frau noch immer unter seiner Kontrolle, weshalb sie ihm ohne Widerworte folgte. Vor der Biegung, hinter der Borgin und Burkes lag, machte er halt und spähte die Lage aus.

„Dort.“

Lupin folgte seinem Blick.

Gerade war ein Mann mit äußerst fettigem schwarzem Haar aus dem Laden getreten. Lupin keuchte auf und umklammerte seinen Zauberstab fester.

„Ich war genauso überrascht, wie Sie. Und Sie glauben gar nicht, wie gerne ich seine eigenen Flüche an ihm ausprobieren würde. Aber leider ist er nicht alleine. Drei weitere Todesser, die ich leider nicht erkannt habe, und ein alter Bekannter von Ihnen sind bei ihm. Vermutlich noch im Laden.“

„Deshalb warst du hier.“

„Nein, eigentlich nicht. Sie haben mich überrascht. Eigentlich wäre ich verschwunden, aber da kamen Sie mir in die Quere. Nun, äußerst günstige Gelegenheit. Wenn Sie wollen, überlasse ich den Ruhm der Festnahme Ihnen und Ihrer Freundin, aber helfen Sie mir hierbei. Bitte.“

Anscheinend verblüfft durch seine höfliche Umgangsform, nickte Lupin. Der Mann spähte erneut an ihm vorbei, den Blick auf den Laden gerichtet. Snape war verschwunden, doch man konnte vier weitere Personen erkennen, die nun den Laden verließen.

„Überraschungsangriff?“

„Sicher.“

„Drei...“

„Zwei...“

„Eins...“

Der letzte Umhangträger hatte das Geschäft verlassen. Gleichzeitig ließen sie - er, Lupin und Tonks, welche noch immer unter seinem Fluch stand - unterschiedliche Flüche los. Zwei der Todesser gingen zu Boden, die anderen beiden wirbelten erschrocken herum und schleuderten im nächsten Moment ebenfalls Flüche. Lupin, der hinter einer Mauer Schutz gesucht hatte, keuchte auf. Anscheinend hatte er Fenrir Greyback erkannt, der nun mit erhobenem Zauberstab auf sie zukam.

„Ich sagte ja: Ein alter Bekannter von Ihnen.“

Sein Mitstreiter murmelte etwas Unverständliches und ließ einen weiteren Fluch los, der sein Ziel jedoch um Haaresbreite verfehlte.

„Kommt raus, kommt raus, wo seid ihr?“, rief der Werwolf mit einer Stimme, die wohl freundlich klingen sollte. Er leckte sich begierig über die Lippen.

Die nächsten zwei Flüche flogen durch die Luft, trafen jedoch nicht, wie beabsichtigt, Greyback, sondern seinen Kollegen. Doch nun hatte der Werwolf sie gesehen.

„Ah. Remus Lupin, der Verräter. Mutig, mutig. Bist wohl hier, um dir den Rest zu ...“

Weiter kam er nicht. Ein Fluch von Tonks, die er nicht bemerkt hatte, traf ihn in den Rücken und er ging zu Boden.

Er sah nicht einmal auf, sondern machte sich gleich daran, die Gefangenen fachgerecht zu verschnüren. Lupin hingegen ging zu seiner rosahaarigen Freundin, die freilich immer noch unter seinem Fluch stand. Kurz sah er zu seinem neuen Verbündeten.

„Ich denke, es ist für mich an der Zeit zu gehen.“

Er war bereits auf dem Weg an den beiden vorbei.

„Was ist mit Tonks?“

Noch einmal drehte er sich um. Okay, die hatte er vergessen. Einen Seufzer später hatte er den Fluch von ihr genommen und den beiden schon den Rücken zugedreht.

„Remus? Was ... Was ist passiert? Wer ist das?“, hörte er sie noch fragen, als er längst außer Sicht war. Die Antwort bekam er schon nicht mehr mit.

Es schneite wieder. Sein Mantel war bereits mit kleinen Schneekristallen bestreut und sein Atem kondensierte wie eh und je, kurz, nachdem er ihn ausgeatmet hatte. Doch es störte ihn nicht weiter. Leise ging er die Winkelgasse zum Tropfenden Kessel entlang und hörte kaum noch, wie die ersten Auroren am Ort des Geschehens eintrafen. Als er endlich auf der Muggelstraße eingetroffen war, disapparierte er mit einem leisen Plopp.

Weihnachtsstress

A/N:

Leute, wir haben Kapitel 20 erreicht, d.h., es kann nur noch bergab gehen. XD

Und passend zum Erreichen der Mitte der Fanfic (jetzt kommen noch ca. 21 Kapitel + Epilog + Zusatzkapitel) überlege ich, ob ich nicht den Titel der FF ändern soll. (ups)

Der Titel lautet dann sehr wahrscheinlich Die Bande des Schattens.

Allerdings würde ich dazu gerne eure Meinung hören, sagt mir also bitte, wie ihr ihn findet oder ob ihr bessere Ideen habt.
 

@ heat: Danke fürs Betan! *knuffs*
 

@ Ocean_Secret: Was noch alles kommt? Nun, ich würde sagen: Tagebücher, Horkruxe, Blut, Mord und Verrat. ;)
 

@ Leona: Zusammenarbeit kann man das Verhältnis zwischen den beiden nicht nennen. Viel mehr ist es eine Art der nur bedingt freiwilligen Kooperation.
 

Und nun: Viel Spaß beim Lesen.
 

mfg

NIX
 


 

22. Dezember 1997 (Hogwarts, Schottland)

Man konnte es nicht anders sagen. Hogwarts war eingeschneit. Egal, wie sehr Hagrid und Filch sich auch anstrengten zumindest die Wege zu den Gewächshäusern freizuhalten, es war vergebene Liebesmüh. Egal, wie reinlich sie die Wege geräumt hatten, am nächsten Tag sah es so aus, als hätte niemand auch nur daran gedacht, den Schnee wegzuschaufeln. Mittlerweile lag die weiße Pracht mannshoch, in Schneewehen noch höher. Der See war zugefroren, doch niemand fuhr darauf Schlittschuh, da der Schnee auch hier hinderlich war - genauer kam man erst gar nicht bis zur Eisfläche und selbst wenn, hätte man diese nicht als solche erkannt.

Am Tag des vierten Advents gaben sie es schließlich endgültig auf. Obendrein wurde nach dem Pflege magischer Geschöpfe Unterricht nun nicht nur Kräuterkunde abgesagt, sondern - zur Freude der Schüler - gleich der ganze Unterricht. So war die komplette Schule entweder damit beschäftigt, sich Schneebälle um die Ohren zu hexen, oder - insofern man zur Gattung der Vertrauensschüler, Schulsprecher, Lehrer oder Harry Potter gehörte - das Gebäude, insbesondere der Großen Halle, zu dekorieren.

Hermine hatte die Oberaufsicht über die Weihnachtsbäume in der Eingangshalle, die von den Vertrauensschülern dekoriert wurden. Ihr Blick ruhte einen Moment lang auf Ron, der gerade versuchte, Peeves abzuschütteln, welcher ihn mit einer überlangen Girlande erwürgen wollte. Flüchtig lächelnd sah sie weiter zu Harry und Ginny. Sie stand auf einer Leiter und befestigte Kugeln an einem der Bäume, während er behutsam darauf achtete, dass sie nicht fiel. Eigentlich war er schon seit längerem einmal öfter in Ginnys Nähe, als er wirklich gebraucht hätte. Tatsächlich verbrachte er seit Hogsmeade geradezu erschreckend viel Zeit mit ihr. Natürlich wusste sie, was dieses Verhalten bedeutete, sie war nicht so blind wie Ron, der im Übrigen noch immer von dem Poltergeist stranguliert wurde und bei dem sie sich langsam fragte, ob er diesmal doch Hilfe benötigte, immerhin geriet der Rotschopf oft genug mit dem Geist aneinander. Dennoch verwunderte es sie, dass Harrys Vorsätze, sich von Ginny zu ihrer Sicherheit zu trennen und sich von ihr fern zu halten, nur von so kurzer Dauer gewesen waren.

Ihr Blick fiel erneut auf Ron, der noch immer mit der Girlande und dem daran hängenden Peeves kämpfte. Schließlich entschloss sie sich doch dazu, dazwischen zu gehen.

„Peeves! Hör auf! Ich geh zum Blutigen Baron!“

Der Poltergeist horchte auf, ließ jedoch nicht locker.

„Ich meine es ernst, Peeves. Ich nehme an, der Blutige Baron ist in seinem Verlies im Kerker?“ Gemächlich ging sie auf den Eingang zu den unteren Stockwerken zu. Ihre Geste verfehlte ihre Wirkung nicht. Der Poltergeist - dem nun anscheinend der Angstschweiß von der Stirn perlte - entwickelte den Rotschopf und strich sogar seine Haare glatt. Mit einem „So gut wie neu!“ rauschte er davon.

Ron fasste sich an die Kehle. „Danke, 'mine. Aber das hat ganz schön lange gedauert!“, krächzte er mit erstickter Stimme.

Sie lächelte nur und auch Harry und Ginny - letztere war nun kurz von ihrer Leiter gestiegen - grinsten belustigt. Der Rothaarige murmelte etwas Unverständliches und marschierte dann unter dem Gelächter der Anwesenden die Marmortreppe hinauf und traf, so, wie es sich anhörte, ein paar Stockwerke höher erneut auf den Poltergeist. Einen Moment überlegte sie, ob sie ihm nachgehen sollte, drehte sich dann allerdings um und begnügte sich damit, weiter Anweisungen zum Anbringen der Girlanden und Weihnachtskugeln zu geben.

Das Tor öffnete sich und ein Schwall kalter, mit Schneeflocken erfüllter Luft kam herein. Ein Tannenbaum mit zwei Beinen trat ein. Bei genauerem Hinsehen erkannte man allerdings, das die Beine nicht dem Baum selbst gehörten, sondern Hagrid, der sich dahinter befand und sich damit abmühte, ihn in die große Halle zu tragen.

„Hallo Hermine. Macht das Rumkommandier'n Spaß?“, fragte der Halbriese, nachdem er die Tanne bei Professor Flitwick abgeliefert hatte und in die Eingangshalle zurückgekehrt war.

„Ja, ich kann nicht klagen. Ginny, die Kugel muss etwas höher - ja, genau so! Harry, du stehst im Weg... Wie ist das Wetter?“

„Schrecklich. 'n Schneegestöber, wie ich's seit Jahr'n nich mehr erlebt hab. Frag mich, wie die Schüler, die morg'n nach Haus woll'n, zum Zug komm'n soll'n. Die Gleise müss'n völlig zu sein, ganz zu schweig'n von dem Weg dorthin. Wolltet ihr nicht auch mit?“

Sie nickte und gab eine weitere Anweisung an einen der Vertrauensschüler aus der fünften Klasse.

„Dann viel Glück. Werdet's brauch'n. Wo is'n Ron?“

„Weiß ich nicht. Wurde vorhin fast von Peeves erwürgt, denke, er erholt sich davon.“

„Typisch Peev's. Nu', ich muss wieder. Professor Flitwick will noch zwei Bäume...“

Mit diesen Worten stapfte er auch schon zum Eingangsportal und öffnete es. Erneut wehte kalte Luft mitsamt einem Schauer von Schneeflocken herein. Sie erhaschte einen Blick nach draußen, sah allerdings nicht viel, denn alles glich einer einzigen weißen Wand.

Tatsächlich fragte sie sich, wie der Zug da überhaupt anfahren wollte.

Ein Klirren schreckte sie auf und sie wirbelte herum.

„T'schuldigung, Hermine. War keine Absicht!“, grinste Ginny verlegen und hexte die Weihnachtskugel wieder ganz.
 

23. Dezember 1997 (Hogwarts, Schottland)

Am nächsten Morgen saß sie auf gepackten Koffern in ihrem Zimmer. Draußen hatte sich die Situation nicht um einen Deut verbessert. Es schneite und schneite und schneite ...

Nun machte sie sich wirklich Sorgen, dass der Zug vielleicht nicht fahren würde. Obwohl ihr das eigentlich egal sein konnte, schließlich hätte sie mit Ron und Harry genauso gut apparieren können. Nur gab der Zug dann eine herrliche Zielscheibe für erneute Angriffe ab. Vielleicht nicht von Todessern selbst - wie hätten die sich auch durch den Schnee schlagen sollen? - aber von Dementoren ganz sicher. Und dann sollten vielleicht doch wenigstens ein paar Schüler anwesend sein, die den Patronus-Zauber beherrschten.

Eine Stimme erklang von der Wand. „Vor der Tür stehen ein gewisser Mister Weasley und ein gewisser Mister Potter und lassen fragen, ob du sie in die Große Halle zur Einnahme des köstlichen Frühstücks begleiten möchtest.“, sagte Selena die Mutige in ihrem Rahmen. Vielleicht bildete sie es sich ja nur ein, aber seit sie Ginny in ihr Zimmer gelassen hatte, reagierte die gute Dame im Portrait leicht eingeschnappt.

„Ich bin unterwegs.“, erwiderte sie und stand auf.

Einen Moment später trat sie auch schon auf den Flur im Jungenschlafsaal, wo tatsächlich Ron und Harry warteten.

„Ist die immer noch sauer?“, flüsterte Ron, als sie außer Hörweite des Bildes waren.

Hermine zuckte nur mit den Achseln. „Es scheint fast so. Aber was soll’s. Denkt ihr, der Zug fährt heute überhaupt ab?“

„Wieso sollte er nicht?“

„Weil er vermutlich im Schneegestöber absäuft, Ron.“, mischte sich nun auch Harry ein, die Hände tief in den Umhangtaschen vergraben.

„Wozu gibt es denn Magie, he?“

„Ich glaube, das fragen sich Hagrid und Filch auch.“, grinste der Schwarzhaarige.

Sie hatten den Gemeinschaftsraum erreicht, in welchem - zu Harrys Freude -, Ginny auf sie wartete.

Gemeinsam gingen sie hinunter zum Frühstück in die Große Halle, die mittlerweile festlich geschmückt war. Von den Weihnachtsbäumen hingen goldene, leuchtende Kugeln und echte Eiszapfen und alles war bedeckt mit einer dicken Schicht nicht schmelzenden Schnees.

Aber vom Schnee hatten sie mittlerweile wirklich genug ...
 

Eine Stunde später standen sie mit vielen anderen Schülern, die über Weihnachten die Schule verlassen wollten, und gepackten Koffern in der Eingangshalle und warteten darauf, zum Hogwartsexpress gebracht zu werden. Tatsächlich trafen die Kutschen, die von Thestralen gezogen wurden, durch die von Hagrid und Filch frisch freigeschaufelte Einfahrt ein.

Zusammen bekamen sie eine Kutsche und fuhren mit dieser durch die hogwartsche Schneelandschaft hinunter nach Hogsmeade.

Auch der Zug war eingetroffen und der Schaffner hatte alle Hände voll zu tun, die Gleise im Bahnhof frei zuhalten.

„Seht ihr? Wir haben doch Magie!“

„Dann setze die Magie mal in dieser Geschwindigkeit ein und wir haben Glück, wenn wir zum Jahreswechsel King's Cross erreichen!“, schnappte sie barsch zurück und stieg ein. Ron sah ihr verwirrt nach, folgte ihr dann jedoch in den Zug. Harry folgte ihr ebenfalls, belustigt grinsend.

Nachdem sie ein Abteil für sich gefunden hatten, gingen sie zunächst in die Abteile hinter der Lok, um die üblichen Vertrauensschüler- und Schulsprecheraufgaben wahrzunehmen.

Auf dieser Fahrt war noch weniger los, als auf der Hinfahrt. Nicht die Hälfte der Schüler hatte Hogwarts verlassen: Aus der siebten Klasse waren es gar nur acht Schüler gewesen, darunter die drei Gryffindors, Blaise Zabini und Pansy Parkinson, zwei Hufflepuffs und eine Ravenclaw.

Wenn man aus dem Fenster schaute sah man - wie auch von den Fenstern in Hogwarts - nur weiß. Teilweise lag der Schnee so hoch, dass man Angst hatte, er würde den Zug unter sich begraben. Dennoch war das Tempo recht hoch, anscheinend nutzte man tatsächlich einen Hitzezauber, der den Schnee zum Schmelzen brachte, weshalb der Zug allerdings auch jede Stunde einmal halten musste, um den Zauber zu erneuern.

Desto weiter sie nach Süden kamen, desto niedriger wurde auch die Schneedecke und irgendwann wurden die Pausen eingestellt.

Da kaum Schüler im Zug waren, war es relativ ruhig und sie konnte sich recht schnell in Harrys Abteil zurückziehen. Dieser hatte sich - einmal öfter - in einem Schulbuch vergraben. Diesmal war es Verwandlungen, ein Buch für Fortgeschrittene, Band 2. Es war sowieso seltsam mit ihm. Wenn er nicht gerade mit Ginny zusammen war - und das passierte zur Zeit nicht sonderlich häufig - las er in irgendwelchen Schulbüchern. Das letzte Mal, als er sich dermaßen intensiv mit Schulbüchern beschäftigt hatte, war letztes Jahr gewesen. Und das auch nur, weil er das Buch des Halbblutprinzen - mit anderen Worten Severus Snape - in Händen gehalten hatte, was sich nun allerdings nicht länger in seinem Besitz befand. Hermine hatte sämtliche Bücher von ihm gefilzt, doch sie hatte keine Randnotizen oder ähnliches finden können, außer seinen eigenen. Aber seit wann machte sich Harry Randnotizen, die nicht gerade Schiffeversenken beinhalteten? Auf diese Frage hatte er nie eine Antwort gegeben.

Doch Harry war diesmal nicht allein. Auch Bill saß im Abteil und hockte mit ihm über dem Buch.

Als die beiden sie bemerkten, sahen sie auf. „Hi ihr Drei. Wie war die Patrouille?“

„Langweilig.“, gähnte Ron und setzte sich neben seinen Bruder.

Harry klappte sein Buch zu und verstaute es mit der Feder und dem Tintenfass, welches er zusätzlich hervor geholt hatte, wieder im Koffer. „Also wie immer. Setzt euch, wir haben Kesselkuchen. Bill war allerdings gegen Glühwein.“

„Ihr müsst nicht zwingend in die Fußstapfen eures Lehrers für Alte Runen treten.“

„Die Sorge ist unbegründet.“, erwiderte Hermine, noch mit guter Erinnerung an die letzte Unterrichtsstunde mit Phineas Blackwood. „Gibt es irgendwelche Neuigkeiten im Fuchsbau?“

Bills Miene verdunkelte sich leicht. „Das Übliche. Keine Spur von Charlie, der Laden der Zwillinge geht nach wie vor gut, Fleur ist wie Mum in sehr weihnachtlicher Stimmung und Dad und ich ersticken in Arbeit und Christbaumkugeln.“

Auch die beiden Mädchen setzten sich nun, Ginny natürlich zu Harry, was Bill zwar nicht zu entgehen schien, doch er schien nicht darauf anspringen zu wollen.

„Und was ist mit Percy?“

Bill musterte seinen jüngeren Bruder nur kurz, sah dann jedoch demonstrativ aus dem Fenster. „Die Heiler meinen, sein Zustand bessert sich. Aber das meinen sie schon seit fünf Monaten.“
 

Stunden später, es war nun bereits mitten in der Nacht, erreichte der Zug King's Cross. Gemeinsam mit dem ältesten Weasleysohn stiegen sie aus. Auf dem Bahnsteig warteten bereits besorgte Eltern und Verwandte, glücklich, ihre Kinder endlich wieder zu sehen.

Trotz der Dunkelheit erkannte sie einen leuchtend roten Haarschopf: Mrs Weasley erwartete sie. Und an ihrer Seite standen Remus Lupin und die Frau in den Punkklamotten und mit den kaugummiblauen Haaren konnte nur Tonks sein. Als sie sich zu den Wartenden gesellten, fiel die Mutter der Weasleys wie immer zunächst über sie her.

„Oh! Meine Lieben! Wie bin ich froh, dass ihr gesund zurück seid! Wart ihr auch schön artig, ja?“, sagte sie und zog jeden von ihnen in eine knochenbrecherische Umarmung. Harry erwischte sie dabei zweimal. Dafür ließ sie Bill aus, der seinerseits von einer Frau umarmt wurde, die allerdings silberblondes Haar hatte und in einem ziemlich seltsamen Englisch mit französischem Akzent auf ihn einflüsterte und ihn dabei mit Küssen überhäufte.

Lachend führte er sie schließlich zu der Absperrung des Gleises neundreiviertel. Ron, Ginny, Harry - der erneut eine Umarmung durch die überschwängliche Mrs Weasley über sich ergehen lassen musste -, Mrs Weasley selbst, Tonks und Remus Lupin - Hand in Hand im Übrigen - und sie folgten dem Ehepaar schließlich. Auf der anderen Seite des Gleises wurden die vier Schüler und ihre Begleitung bereits erwartet. Mr Weasley stand dort, in einem ziemlich schlecht zusammengestellten Muggeloutfit, zusammen mit Mad-Eye Moody und einigen anderen Person, die sie nur entfernt vom Sehen her kannte. Vielleicht waren sie beim Angriff auf Hogsmeade dabei gewesen. Natürlich war dieses Aufgebot einmal öfter nur für Harry zusammengestellt worden. Es verwunderte sie eigentlich nur, das Scrimgeour persönlich nicht ebenfalls erschien, aber vielleicht hatte das letzte Treffen mit Harry ihm endgültig die Lust verdorben.

In dem Moment erhob Moody die Stimme. „Wir werden Seit-an-Seit apparieren. Nein, Mister Weasley, ich weiß sehr wohl, dass du deine Apparierprüfung bestanden hast, aber das ist einfach sicherer. Wir treffen uns beim Fuchsbau!“, knurrte er und bedeutete Harry, zu ihm zu kommen. Widerwillig tat Harry, wie ihm geheißen.

Ron murmelte etwas Unverständliches und stellte sich dann einfach zu Bill, in der Hoffnung, dieser würde es erledigen. Ihr selbst bot ein junger Mann den Arm an. Um seine Lippen spielte ein spöttisches Grinsen und er warf dem alten Ex-Auroren immer wieder vielsagende Blicke zu, die dieser jedoch ignorierte.

Mit einem leisen Plopp disapparierte Moody schließlich mit Harry an seiner Seite, der sehr wohl den Eindruck machte, dass er das ebenso gut alleine schaffen würde. Auch Ron und Bill verschwanden. Fleur folgte ihnen den Bruchteil einer Sekunde später.

„Wollen wir dann?“, flüsterte der Mann neben ihr. Sie sah zu ihm auf und musterte ihn. Er hatte braunes langes Haar und war in einem schwarzen Muggelanzug mit ebenfalls brauner Krawatte verkleidet. Hätte sie nicht gewusst, dass er ein Zauberer war, sie hätte es auch nicht gemerkt. Sie nickte. Und kaum einen Augenblick später erfasste sie auch schon das vertraute unangenehme Gefühl, das das Apparieren so mit sich brachte.

Fast zeitgleich tauchten sie auf einer verschneiten Straße wieder auf, die hinunter zum Dorf Ottery St. Catchpole führte. Vor ihnen lag - unter einer dicken Schneeschicht begraben - der Fuchsbau. Der Mann an ihrer Seite ließ sie los und geleitete sie, noch immer lächelnd, zu den anderen, die bereits warteten. Bill und Fleur waren bereits im Haus verschwunden.

Hinter ihnen machte es mehrmals leise Plopp und Mrs Weasley, Tonks, Remus und ein Mann mit kurzem schwarzen Haar und Bart und Ginny an seiner Seite erschienen. Sie verabschiedeten sich von den beiden Männern und Mad-Eye Moody, die apparierten würden, sobald sie im Fuchsbau verschwunden waren, und betraten dann nacheinander das nur durch Magie zusammen gehaltene, recht wackelige Gebäude, in dem bereits Fred und George auf sie warteten.

O Du Fröhliche

A/N: Ich bin faul, darum kommt das Kapitel so spät. 'tschuldigung. Und übrigens bin ich auch zu faul für nen vernünftigen Autors Note.
 

@ Tonja: Nicht in jedem Kapitel kann viel passieren. Es braucht auch Ruhephasen.
 

@ Sita: Fühl dich geknufft.
 

mfg

NIX
 


 

25. Dezember 1997 (Ottery St. Catchpole, Grafschaft Devon, England)

Am Weihnachtsmorgen wurde sie von Geraschel geweckt. Vorsichtig schlug sie die Augen auf und sah sich um. Sie erkannte Ginny, die in ihrem Bett saß und die Hälfte der Päckchen, die auf ihrem Bett lagen schon aufgerissen hatte. Als sie bemerkte, dass sie wach war murmelte sie ein „Morg'n 'mine.“ und widmete sich weiter ihrer Beschäftigung.

Nun, da Hermine Ginnys Geschenke sah, spürte sie den Stapel, der zu ihren Füßen lag.

Nachdem sie sich ausgiebig gestreckt und gegähnt hatte, machte auch sie sich an das Auspacken ihrer Geschenke. Darunter waren unter anderem mehrere Bücher, von Lupin und Ron und Harry, die zusammengelegt hatten, und französische Süßigkeiten von Bill und Fleur, von denen sie nicht einmal erwartet hatte, etwas zu bekommen. Dann fiel ihr ein großes, klumpiges Paket in die Hand. Als sie es auswickelte, fiel ihr ein dicker, selbstgestrickter Pullover aus rosafarbener Wolle entgegen. Ein Weasleypulli. Es war das erste Jahr, dass auch sie einen bekam.

„Wow! Mum hat dir auch einen gestrickt! Wette, Rons ist wieder kastanienbraun. So wie jedes Jahr.“, grinste Ginny, die sich mittlerweile einen blauen Pullover übergezogen hatte und ihr letztes Geschenk in Händen hielt.

„Von wem ist das?“, fragte Hermine, den Blick auf das Geschenk geheftet.

Ginny antwortete nicht sofort, sondern wickelte das kleine schmale rechteckige Päckchen aus. Es enthielt eine fein gearbeitete Silberkette mit einem Anhänger.

„Hängst du sie mir um?“

Hermine nickte und legte bereitwillig die Kette um Ginnys Hals. Dabei fiel ihr Blick auf einen Zettel, der sich noch im Schmuckkästchen befand. Die Handschrift erinnerte sie stark an Harrys. Seufzend ließ sie sich zurücksinken. Das hätte sie sich ja denken können. Ginny zuliebe sagte sie jedoch nichts.
 

Eine halbe Stunde später traten beide Mädchen komplett bekleidet in die Küche. Dort fanden sie nur Mrs Weasley, die am Mittagessen werkelte, und ihren ältesten Sohn, Bill, welcher mit Fleur über die Feiertage in den Fuchsbau eingekehrt war, vor. Die beiden Weasleys verstummten in ihrem ohnehin leisen Gespräch, als sie die Mädchen bemerkten. Ginny warf Hermine einen allessagenden Blick zu, hielt allerdings den Mund und setzte sich lieber an den Küchentisch. Sie folgte dem Beispiel der Rothaarigen und ließ sich neben dem ältesten Weasleysohn nieder.

Währenddessen hatte die Frau, die nun wie wild Möhren schnippelte ohne selbigen auch nur einen Blick zu schenken (Bei genauerem Hinsehen erkannte man, dass sich die Messer von allein bewegten.), anscheinend ihre Stimme wiedergefunden.

„Habt ihr gut geschlafen?“

Ginny nickte grinsend und warf ihrem Bruder einen scheinheiligen Blick zu. „Jaah. Aber ich hätte sicher noch besser geruht, hätte mir nicht meines Bruders Schnarchen den letzten Nerv geraubt.“

Bill schnaufte und funkelte seine Schwester wütend an, die mittlerweile belustigt kicherte. Ihre Mutter stimmte mit ein und bejahte ihre Aussage.

Hermine hingegen hielt sich lieber heraus. Stattdessen griff sie sich den Sonderpropheten und schlug ihn begierig auf. Doch die Nachrichten waren einmal öfter recht ernüchternd. Es hatte neue Angriffe auf Muggeldörfer gegeben. Schon seit Monaten schien sich die Wichtigkeit der Dörfer und kleinen Städte, die angegriffen wurden, zu erhöhen und es ging die Angst um, was wohl geschehen würde, wenn sich die Todesser endgültig auf größere Ziele wie zum Beispiel London verlegen würden.

Neben den Angriffen der Todesser hatte der Prophet nur noch eine große Schlagzeile zu bieten: Die Angriffe des ominösen Fremden, dessen Kennzeichen es war, dass seine Opfer - allesamt Todesser - kopfüber in der Luft hingen und der mittlerweile nur noch »der Schatten« genannt wurde, da noch keiner je sein Gesicht gesehen hatte.

Kurz: Nichts Neues.

Fast enttäuscht faltete sie die Zeitung wieder zusammen.

Rons Stimme schreckte sie auf. „Und? Irgendwer gestorben, den wir kennen?“, fragte er betont lässig und spähte dabei über ihre Schulter zu dem zusammengefalteten Stück Papier. Doch er schien keine Antwort zu erwarten. Stattdessen setzte sich der Rothaarige, der im Übrigen einen kastanienbraunen Weasleypulli in der aktuellen Größe trug, neben sie. „Danke, ähm, für die Uhr.“

Nun reagierte sie doch - und zwar mit einem Grinsen. „Ich dachte, dann würdest du vielleicht irgendwann in deinem Leben einmal nicht zu spät kommen.“

„Dazu müsste er das Schmuckstück aber auch einmal benutzen und nicht nur als modisches Accessoire um den Arm tragen.“, mischte sich Harry ein, ebenfalls einen Weasleypulli - smaragdgrün - tragend und sich so dicht wie möglich neben Ginny setzend.

Ihre Miene verfinstere sich kurz, als sie sah, wie Ginny ihm etwas ins Ohr flüsterte, doch sie hielt den Mund.

Ein Scheppern klirrte durch das Haus, die Wohnzimmertür wurde aus den Angeln gerissen und einen Moment später quollen dichte Rauchschwaden aus dem Raum. Bill und Harry standen sofort, den Zauberstab im Anschlag, doch Molly Weasley ging zielstrebig auf die Verbindungstür zu und stemmte die Arme in die Hüfte. „Fred und George Weasley! Was habt ihr jetzt schon wieder angestellt?!“

Tatsächlich tönte einen Augenblick später die hustende Stimme von einem der Zwillinge durch den Qualm. „Sorry Mum. Überdosis Flohpulver.“

Hermine wechselte einen verstörten Blick mit Ginny und Harry, die ihr gegenüber saßen beziehungsweise standen. Seit wann reisten Fred und George mit Flohpulver?

„George! Wie oft hab ich euch gesagt, ihr sollt nicht zu zweit den Kamin nehmen!“

Erneut erklang eine Stimme, vermutlich die von Fred. „Wir sind doch gar nicht zu zweit!“

Mrs Weasley reagierte nur mit einem verwirrten Blick, als einen Augenblick später nicht nur ihre beiden Söhne - ziemlich verrußt übrigens - in die Küche traten, sondern auch ein Mädchen, welches vermutlich nicht älter als sechs Jahre alt war, und eine Frau, etwa im selben Alter wie Charlie.

Hermine erkannte sie erst auf den zweiten Blick, da auch sie von den Schuhen - hochhackig - bis zur letzen Haarspitze - weasleyrot - von Asche bedeckt war. Es war eine Cousine der Weasleygeschwister, die sie auf Bills Hochzeit kennen gelernt hatte, genauer die Schwester des beim am selben Tag verübten Angriff der Todesser verstorbenen Gregor Weasley. Soweit sie sich erinnerte, hieß diese Frau Chelsay Weasley.

„Tut uns wirklich leid, aber wir wollten Mafalda nicht unbedingt eine Seit-an-Seit-Apparation zumuten und alleine den Kamin benutzen wollte sie auch nicht.“ Bei Freds - das war doch Fred? - Worten grinste das Mädchen unschuldig und versteckte sich hinter Chelsay, die vermutlich ihre Mutter war.

Nun fiel auch der Blick der Hausherrin auf das Kind mit feuerrotem Haar. Ihr Gesichtsausdruck wurde weich. „Mafalda! Welch Überraschung!“ Mit diesen Worten hatte sie die Kleine auch schon in eine ihrer - diesmal recht sanften - Umarmungen gezerrt und obwohl sich das Mädchen wehrte, drückte sie ihr einen Kuss auf die Stirn. Dann, Mafalda noch immer umarmend, wandte sie sich an Chelsay Weasley. „Es ist schön, euch beide zu sehen. Ich habe nicht damit gerechnet, dass ihr uns besuchen würdet?“

Die Jüngere lächelte. „Es hat sich so ergeben.“

Hermine tauschte währenddessen verwirrte Blicke mit den beiden Weasleygeschwistern, die noch am Tisch saßen.

„Unsere Cousine Chelsay und ihre Tochter Mafalda. Sieht zwar harmlos aus, aber für ihre vier Jahre ist sie rotzfrech.“

„Ja, sie ist schlimmer als Fred und George zusammen.“, pflichtete Ginny ihrem Bruder bei, klang dabei jedoch um Welten freundlicher als dieser.

„Aber sie ist so groß, für eine Vierjährige!“, nuschelte Hermine und wandte den Blick wieder dem Mädchen mit den roten Zöpfen zu.

„Das liegt bei uns in der Familie, vergessen?“, raunte Bill ihr zu, nachdem er sich wieder gesetzt hatte. Chelsay zog er auf den Platz neben sich. Gleich darauf waren die beiden auch schon in eine Angeregte Diskussion verstrickt und hatten Hermine, Harry und die beiden jüngeren Weasleys völlig vergessen.
 

Derweil in der Hauptstadt (London, England)

Erneut war er in dieser Stadt. Erneut lag Schnee, noch höher als bei seinem letzten Besuch. Und erneut hatte er ein Ziel. Dasselbe Ziel, wie auch beim letzten Mal, selbstredend. Die Nokturngasse. Diesmal wollte er allerdings nicht zu Borgin und Burkes, denn nach dem Todesserüberfall auf seinen Laden war der gute Inhaber zu nichts mehr zu gebrauchen. Anscheinend hatten sie ihn unter den Imperiusfluch gezwungen, das würde zumindest erklären, warum er die Kontrolle über ihn verloren hatte. Nein, es war die pure Neugierde, die ihn trieb. Mittlerweile hatte er herausgefunden, dass sich nicht nur an jenem Tag Todesser in der Einkaufsstraße aufgehalten hatten, sondern dass dies regelmäßig der Fall war. So gesehen war sein Ziel doch Borgin und Burkes, denn dort hielten sich die Umhangträger zumeist auf.

Diesmal betrat er die Nokturngasse nicht von der Winkelgasse aus. Die Sicherheitsmaßnahmen, die nach seinem kleinen Abenteuer eingeführt worden waren - zum Beispiel Überprüfung der Identität, was bei seiner Vorgeschichte gar nicht gut war -, hielten ihn davon ab. Stattdessen nutzte er einen Geheimgang, den er vor einigen Wochen ausgemacht hatte, als er einem Todesser, dem er zufällig begegnete, gefolgt war.

Vorsichtig zwängte er sich durch den schmalen Spalt zwischen zwei Häusern. Er konnte sich glücklich schätzen, dass er für sein Alter recht schmächtig war - lag wohl an der Kerkerhaft und der darauf folgenden Flucht -, denn wäre er etwas größer gewesen, er hätte nicht mehr durch den Durchgang gepasst. So aber stand er schließlich, stoßweise atmend, am äußersten Zipfel der Nokturngasse. Einen Moment hielt er inne und zwang seinen Puls zur Ruhe. Dann marschierte er die Straße hinauf. Jeder seiner knirschenden Schritte hallte ihm in den Ohren.

Wenn sich noch eine Seele an diesen Ort verirrt hatte - er war sich sicher, dass er nicht alleine war, das war man dort nie - sie musste ihn einfach hören. Tatsächlich drangen kurz darauf gedämpfte Stimmen zu ihm aus einer der unzähligen Nebengässelchen.

„Das kannst du nicht wirklich tun!“, hörte er eine ihm sehr wohl bekannte Jungenstimme sagen.

„Es war deine Idee!“, warf die andere Person, ein Mädchen, das er ebenfalls kannte, ein.

„Das war im Sommer! Du bist verrückt!“

„Da kommt jemand!“

Er blickte nicht einmal in die Gasse, in der er seine ehemaligen Klassenkameraden vermutete, sondern gab lieber vor, sie nicht gehört zu haben. Natürlich hatte er sie gehört, dass wusste er vermutlich genausogut, wie sie, und er hörte auch, wie das Mädchen erneut sprach. „Wer ist das?“

„Ich habe ihn noch nie hier gesehen.“

„Ob der uns gehört hat?“

„Wenn wir weiter reden, bestimmt! Still!“

Ohne eine Reaktion setzte er seinen Weg fort. Doch er lächelte still in sich hinein, was die beiden freilich nicht sehen konnten.

Er wusste nicht, ob die beiden ihm folgten oder nicht, er wollte es auch gar nicht wissen, doch die Schritte, die er hinter sich zu hören glaubte. ließen auf ersteres schließen.

Kurz vor Borgin und Burkes machte er schließlich halt. Erneut drangen gedämpfte Stimmen an sein Ohr, die er jedoch nicht einwandfrei verstehen konnte. Doch dann wurden die Stimmen lauter, anscheinend kamen die Personen näher.

„Ich frage mich immer noch, wo diese Ratten von Auroren das neue Gefängnis aufgebaut haben.“, knurrte eine Stimme, die er nun seiner Tante Bellatrix zuordnen konnte. Das Blut gefror in seinen Adern. So unauffällig wie möglich drückte er sich in den Schatten einer Nische zwischen zwei Geschäften.

Eine andere, kalte Stimme ergriff das Wort. „Ich, meine liebe Bella, frage mich eher, woher sie wussten, dass der dunkle Lord überhaupt Zugriff auf Askaban hat.“

Die Stimme verursachte eine unangenehme Gänsehaut, die seine Arme hinauf kroch. Sie gehörte einmal öfter Severus Snape. Langsam konnte er seinen alten Lieblingslehrer nicht mehr sehen, hatte selbiger ihn doch umbringen wollen!

„Was wohl. Es wird irgendwo ein Loch geben, wo so einige Informationen durchsickern.“, erwiderte eine dritte, ebenfalls männliche, Stimme.

„Wenn du damit auf etwas Bestimmtes anspielen willst, halte dich zurück.“, hörte er Snape knurren.

Der Angesprochene lachte leise auf. „Nicht immer so gereizt, Severus. Du hast deine Glaubwürdigkeit zu Genüge bewiesen. Aber es gibt überall Spione, nicht wahr?“ Er ließ das Gesagte einen Augenblick wirken. „Du solltest das genauso gut wissen, wie ich.“

Nun gerieten die drei in sein Blickfeld. Neben seiner Tante und seinem ehemaligen Lehrer schritt ein weiterer Mann einher. Sein Haar war ebenso schwarz wie das der beiden anderen, aber wesentlich gepflegter. Anscheinend musste er sich nicht im Untergrund verstecken. Dafür aber hatte er ein anderes Markenzeichen: Er trug über seinem einen Auge eine Augenklappe, aber es schien nicht so, als sei ihm diese Behinderung neu. Er war sich sicher, diesen Kerl noch nie gesehen zu haben.

„Nur mit dem Unterschied, dass du diese Rolle noch inne hast, während Severus sie durch seinen leichtsinnigen Fehler ja eingebüßt hat.“

„Du drehst mir auch aus allem einen Strick, Bella.“, erwiderte Snape sanft, doch es schien die Angesprochene nicht im Geringsten zu beruhigen.

„Wärst du nicht auf dem Turm aufgekreuzt, hätte er seine Aufgabe doch noch erledigt! Zissy wäre noch am Leben!“

Er fühlte erneut einen leichten Stich in seiner Brustgegend, wie so oft, wenn er an das Geschehene erinnert wurde, doch er ignorierte es.

Statt Snape sprach der ihm fremde Todesser. „Was geschehen ist, ist geschehen und nicht mehr rückgängig zu machen, Bellatrix. Mach dir stattdessen lieber darum Sorgen, dass unser kleines Attentat bei der nächsten Versammlung des Phoenixordens klappt.“

„Wie ich hörte kamen die Informationen nicht von Darius, sondern von dir.“, stellte Snape sachlich fest.

Sie waren nun schon fast wieder außer Sicht.

„Nun, was soll der arme Bengel schon anstellen. Sitzt schließlich in Hogwarts fest.“

„Tu nicht so, als hättest du Mitleid mit ihm! Severus! Sag doch auch was!“

Tatsächlich hörte er noch Snapes Antwort, die bereits sehr leise war. „Der dunkle Lord hält viel auf ihn. Ruhe jetzt.“

Dann waren die Stimmen außer Hörweite. Leicht verstört setzte er seinen Weg fort. Die Todesser wollten also den Orden angreifen. Nun, er wusste, was er tun würde, wenn auch noch nicht ganz, wie er es anstellen sollte. Viel mehr beschäftigten ihn dieser fremde Todesser, anscheinend einer von Voldemorts unzähligen Spitzeln, und jener „Darius“, der anscheinend in Hogwarts war. Ihm war damals niemand mit diesem Namen aufgefallen, er erinnerte sich nicht einmal, ihn je gehört zu haben. Vielleicht war es ein Lehrer unter einem Decknamen...
 

Frustriert machte er sich schließlich auf den Rückweg zum Durchgang in die Muggelwelt, den auch die drei Todesser genutzt hatten. Natürlich war er auf keine weiteren von ihnen getroffen, vermutlich waren Snape, seine Tante und der Fremde die Einzigen gewesen, die an diesem Tag in der Nokturngasse waren.

Umso erstaunter war er, als er auf seinem Weg erneut die wohlbekannte Stimme seines Exlehrers hörte. Doch diesmal stritt er nicht mit Bellatrix Lestrange und auch die Stimme des Fremden hörte er nicht. Beide waren, wie er merkte, als er sich, eng an eine Hauswand gelehnt, vergewisserte, mit wem er da sprach, gar nicht anwesend. Stattdessen erkannte er seine beiden ehemaligen Mitschüler.

„Bitte, Professor!“, flehte das Mädchen, doch der Hakennasige schien sich nicht im Geringsten erweichen lassen zu wollen.

„Miss Parkinson! Mister Zabini! Sind Sie sich bewusst, worum Sie mich gerade bitten?“, fragte der Lehrer mit seiner eiskalten Stimme, die einst nur Gryffindors - Potter und Freunde, selbstredend - zu hören bekommen hatten. Pansy schluckte, nickte dann aber und sah den Schwarzhaarigen trotzig an. Dieser packte das Mädchen bei den Schultern und schüttelte sie. „Das ist reiner Wahnsinn und das weißt du selbst! Du weißt, was mit ihm geschehen ist!“

Blaise stand nur hilflos neben den beiden und zuckte zusammen, als jene verhängnisvolle Anspielung fiel. Auch er zuckte zusammen. Anscheinend war er auch in Todesserkreisen zu einer kleinen Berühmtheit geworden. Vermutlich, weil er noch immer erfolgreich auf der Flucht war und nicht, weil er derjenige war, der ihnen die Leute in die Luft hexte, was wohl nur eine andere Person wusste. Eine Person die ebenfalls einer seiner ehemaligen Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste war.

Doch im Gegensatz zu seinem ehemaligen Mitschüler fühlte er sich nicht im Geringsten hilflos. Lautlos zog er seinen Zauberstab hervor.

„Expelliarmus!“, rief er und deutete auf den Mann. Diesen warf der plötzliche Aufprall des Fluches in den Schnee und sein Zauberstab, den er in der Hand gehalten hatte, landete gute zwölf Meter von ihm entfernt. In Gedanken sprach er einen weiteren Fluch. Einen Fluch, den Snape sehr genau kannte. Oh, wie lange hatte er darauf gewartet, ihn an der alten Fettnase auszuprobieren! Das war fast wie Weihnachten. Moment. Es war Weihnachten. Über seine Gedanken schmunzelnd ging er auf das verblüffte Dreiergespann zu, setzte jedoch sofort einen ernsten Blick auf, als die Blicke sich ihm zuwandten.

„Wage es nicht, sie mit deinen Händen auch nur zu berühren, Snape.“ Seine Stimme klang kälter, als er von sich selbst erwartet hatte, schließlich hatte er soeben seinen ehemals geliebten Hauslehrer angegriffen!

Snape, noch immer kopfüber, und Zabini schienen ihn nicht zu erkennen, doch Pansy riss die Augen auf. „Bist das du?!“, flüsterte sie kaum hörbar, doch er antwortete nicht.

„Es wäre besser, wenn ihr jetzt geht.“

Nun schien auch Blaise zu verstehen. Er warf ihm einen verstörten Blick zu, dann endlich erwachte er aus seiner Starre und stürmte an ihm vorbei Richtung Winkelgasse. Pansy jedoch rührte sich nicht vom Fleck und sah ihn nur mit einer Mischung aus Trotz und Verwirrung an. Doch nach einem neuerlichen Blick seinerseits zuckte sie ergeben mit den Achseln und folgte ihrem Freund.

Schließlich war er mit Snape allein. Und diesem schien nun endlich ein Licht aufzugehen. „Du.“, sagte er schlicht.

„Ich.“, erwiderte er in derselben Tonlage und starrte den Schwarzhaarigen unverwandt an. „Ich hätte es wissen müssen.“, sagte er, doch die Verbitterung darüber erschien gespielt.

Er zuckte mit den Schultern. „Zu spät.“

„Tu, was du nicht lassen kannst.“

Ohne ein weiteres Wort hob er seinen Zauberstab und sprach einen der unverzeihlichen Flüche. Anschließend ließ er Snape wieder auf den Boden gleiten und sah ihm hinterher.

„Falsch Snape. Ich tue, was ich tun muss.“, flüsterte er leise, als der schwarzhaarige Exlehrer außer Sicht war. Nun hatte er einen wesentlich besseren Informanten, als Borgin es je gewesen war.

Zufrieden mit sich selbst wollte auch er sich auf den Weg aus der Nokturngasse machen, doch plötzlich erklang eine Stimme hinter ihm, die leise seinen Namen rief. Widerwillig drehte er sich um und erblickte Pansy.

„Ich dachte, du seist immer noch bei ihnen.“, flüsterte sie.

Er musterte sie kurz, wie sie zitternd vor ihm stand, und sah ihr dann in die Augen. „Wolltest du deswegen ...?“

Das Mädchen zuckte nur hilflos mit den Achseln.

Schließlich sagte sie leise: „Danke.“

„Das bleibt unter uns, hast du mich verstanden?“

Sie schien über seine unübliche Härte nicht im Geringsten überrascht, aber vielleicht verbarg sie die Verblüffung auch nur gut. „Natürlich. Viel Glück.“

„Dir auch.“

Pansy wandte sich von ihm ab und auch er drehte sich um. Er wusste, dass er ihr vertrauen konnte. Und damit wusste er mehr als sie.

Getrennte Wege

A/N: Ich bin ne uploadfaule Sau, vergebt mir, Leute. Diese Fic ist wie gesagt schon fertig, ich werde sie auf jeden Fall komplett hochladen und ab jetzt auch versuchen, etwas fixer zu sein. e___e;
 

@ Tonja & White_Moon_Rose: Das hatten wir schon geklärt...
 

@ Maya-chan: Danke! Gib mir bitte öfter solche schönen langen Kommentare! >///<
 

mfg

NIX
 

25. Dezember 1997(Ottery St. Catchpole, Grafschaft Devon, England)

Mittlerweile bereute Hermine, dass sie über Weihnachten in den Fuchsbau eingekehrt war, denn es dröhnte die trommelfellzerfetzende Stimme von Celestina Warbeck aus dem alten Radio, in einer solchen Lautstärke, dass ihr schlecht wurde. Mrs Weasley hingegen summte fröhlich mit, strickend. Was die Frau dort allerdings strickte, konnte sie nicht so genau sagen, nach der Größe zu urteilen handelte es sich um einen Pullover für einen Hauselfen, doch Hermine bezweifelte, dass Mrs Weasley Dobby beschenken würde, zumal dieser sich schon seit Monaten nicht mehr hatte blicken lassen. In der anderen Ecke des Raumes führte Fleur ein sehr angeregtes Gespräch über die neueste französische Mode mit Chelsay Weasley und wurde jedes Mal, wenn die Tante der rothaarigen Mutter die Lautstärke des Radios ein wenig höher drehte, etwas lauter. Ausnahmsweise saß der Mann der Halbveela nicht bei ihr, sondern neben seinem Vater und Remus Lupin, ebenfalls in ein Gespräch vertieft, dieses allerdings im Flüsterton. Sie selbst saß zwischen Ron, Harry, Ginny und Mafalda. Ginny hatte sich an Harrys Schulter gelehnt und die Augen geschlossen, obwohl sie vermutlich nicht schlief, denn das war bei Celestinas Lautstärke mittlerweile nahezu ausgeschlossen. Auch Mafalda kuschelte sich an Harry. Die Vierjährige saß auf seinem Schoß und lächelte friedlich vor sich hin. So friedlich, wie Hermine es in gesamten Tagesverlauf noch nicht erlebt hatte, denn das Kind war nicht nur ein kleiner Wirbelwind, sondern auch genauso auf Streiche versessen wie Fred und George, obwohl ihre natürlich noch nicht so perfektioniert waren, wie die der Zwillinge. Harry jedenfalls schien sich in seiner Rolle durchaus zu gefallen. Ron hingegen fühlte sich anscheinend so unwohl, wie sie selbst. Immer wieder warf er seiner Mutter, die kontinuierlich die Lautstärke des Radioprogramms anhob, erdolchende Blicke zu und hatte die Arme vor der Brust verschränkt.

Während Celestina zu einer besonders romantischen Ballade anstimmte, die in der momentanen Lautstärke jedoch eher wie ein Massaker wirkte, sah sie im Augenwinkel, wie Remus Lupin den Raum verließ, beachtete dies jedoch nicht weiter, da im selben Moment Fred und George wieder eintraten. So, wie die Zwillinge aussahen, war ihr „Wir gehen nur eben kurz Holz holen!“ in eine nächtliche Schneeballschlacht ausgeartet, denn sie waren beide außer Atem und hatten den Schnee nicht nur in den Haaren, sondern auch auf der Kleidung und in den Umhangtaschen. Dennoch grinsten beide fröhlich vor sich hin. Mrs Weasley warf ihnen einen empörten Blick zu, den diese jedoch nicht beachteten. Stattdessen legten sie das Holz neben den Kamin und setzten sich dann zu ihren jüngeren Geschwister und Harry und Hermine. George nahm Harry Mafalda ab. Diese verzog zwar kurz den Mund, kuschelte sich dann allerdings kurzentschlossen an ihren „Onkel Georgie.“

„Endlich gibt sie mal Ruhe.“, raunte Fred ihr und Ron zu und nickte zu dem kleinen Mädchen auf dem Schoß seines Bruders.

„Das musst du gerade sagen! Ihr seid doch genauso schlimm!“, murmelte Ron, auch wenn er seine Worte vermutlich selbst nicht sonderlich ernst nahm.

„Ja. Aber wir sind zu zweit.“, grinste George.

Lupin kam zurück ins Wohnzimmer. Vielleicht bildete Hermine es sich auch nur ein, doch er wirkte blasser, als noch vor ein paar Minuten. Wieder setzte sich der Werwolf zu Bill und Arthur Weasley und begann sofort, eindringlich auf die beiden einzureden. Auch Harrys Miene hatte sich beim Anblick des Werwolfes verändert. Er warf ihr und Ron einen allessagenden Blick zu und erhob sich, wobei er Ginny, die anscheinend tatsächlich eingeschlafen war, vorsichtig in seinen Sessel legte. Auch sie stand nun auf und verließ mit den beiden das Wohnzimmer, wobei sie Fred und Georges verwunderte Blicke im Nacken spürte. Gemeinsam schritten sie leise die Treppen zu Harrys und Rons Zimmer hinauf.

„Danke Kumpel. Ich hätte diese Warbeck echt keinen Augenblick länger ausgehalten!“, seufzte Ron und ließ sich auf sein Bett fallen. Nun, so ganz richtig lag er nicht, denn selbst im obersten Stockwerk hörte man die gute Frau noch immer ihre Arien schmettern, wenn auch - auch zu ihrer Freude - recht gedämpft und undeutlich.

„Worum geht es, Harry?“, fragte nun Hermine und setzte sich auch neben den jungen Weasley.

Der Schwarzhaarige seufzte und setzte sich ebenfalls. „Um die Frage, was wir die restlichen Ferien machen. Wir haben endlich Zeit, um etwas über Regulus nachzuforschen, richtig?“

Daran hatte sie auch schon gedacht, weshalb sie nickte.

„Ich habe Lupin schon gefragt. Wenn wir wollen, dürfen wir am siebenundzwanzigsten in den Grimmauldplatz Nummer zwölf. Allerdings habe ich ihm erzählt, dass ich Fleur einfach nicht mehr ertrage.“

„So schlimm ist sie doch nun auch wieder nicht, Mine.“, nuschelte Ron und lehnte sich zurück.

Sie grinste. „Aber es ist ein schlagkräftiges Argument.“

Da mussten ihr die Jungs wohl oder übel zustimmen.

„Gut. Dass heißt, dass ihr übermorgen nach London geht.“

Hermine zog gekonnt eine Augenbraue hoch. Ihr?

„Du kommst nicht mit?!“, fragte sie und versuchte gar nicht erst, ihre Verblüffung zu verstecken, doch Harry nickte nur.

„Wir werden erfolgreicher sein, wenn wir uns aufteilen. Ihr geht in den Grimmauldplatz und seht zu, was ihr über Regulus rausfindet, ich gehe meine eigenen Wege. Keine Sorge, zu Silvester treffen wir uns im Fuchsbau wieder.“

„Wohin willst du?!“

Doch Harry grinste nur und antwortete nicht auf Rons Frage. Für weitere blieb dann auch keine Zeit mehr, weil es an der Zimmertür klopfte und einen Moment später Ginny eintrat. Sie zog ein Gesicht, als hätte sie soeben ihre Hände in eine Ladung Flubberwürmer stecken müssen. „Mum vermisst euch und Phlegm nervt.“, sagte das Mädchen schlicht und zog die Mundwinkel angewidert noch weiter nach unten, wenn das möglich war.

Harry seufzte ergeben und erhob sich. Auch sie und Ron kamen nacheinander wieder in die Senkrechte, während der Schwarzhaarige bereits zu seiner Freundin aufgeschlossen hatte und einen Arm um ihre Schulter gelegt hatte, was ihr doch sofort ein Lächeln aufs Gesicht zauberte. Gemeinsam gingen sie die Treppen wieder hinunter. Anscheinend hatte das Radio endgültig seine höchste Lautstärke erreicht, denn Mrs Weasley drehte nicht mehr mit dem Zauberstab am Regler. Fleur redete noch immer laut mit Chelsay, obwohl sie wohl bei Zeiten heiser sein würde, wenn sie so weiter machte. Ansonsten hatte sich der Raum geleert. Fred, George und Mafalda saßen zwar noch immer in ihrer Ecke, doch sowohl Mr Weasley als auch Remus Lupin waren verschwunden und Bill kehrte erst soeben von draußen zurück.

Die vier setzten sich wieder neben die anderen drei jungen Weasleys und lauschten der letzten halben Stunde von Celestina Warbecks Charmanten Weihnachtskonzert...
 

27. Dezember (Ottery St. Catchpole, Grafschaft Devon, England)

Wie schon drei Nächte zuvor hatte Hermine auch diese in Ginnys Zimmer verbracht. Doch im Gegensatz zu den anderen dreien war diese Nacht nicht erholsam gewesen. Sie hatte ewig wach gelegen, dann schließlich schlecht geträumt und fühlte sich nun wie gerädert. Doch das ließ sich nicht ändern, da heute der Tag war, an dem sie mit Ron und Ginny zum Grimmauldplatz wollte, weshalb sie sich auch mühsam aus dem Bett rollte. Die junge Weasley war bereits wach. Sie stand vor ihrem Schrank und zog immer wieder einen Kamm durch ihre langen roten Locken und gab dann und wann einen leisen Schmerzlaut von sich. Da sie das Mädchen bei dieser Tortur nicht unbedingt stören wollte, nahm sie sich ihre Sachen und machte sich auf den Weg ins Bad, was allerdings von einer ziemlich mies gelaunten Fleur - sie war noch immer heiser, weshalb sie wohl mittlerweile ihr überlautes Gespräch mit Chelsay bereute - blockiert wurde. Also trottete sie zurück in Ginnys Zimmer und verzichtete vorerst auf die allmorgendliche Dusche.

So ging sie schließlich eine halbe Stunde später mit ihrer Zimmerpartnerin die Treppe hinab. Auf ihrem Weg hörte sie auch Fleur, die noch immer im Bad werkelte und mit heiserer Stimme vor sich hin fluchte.

In der Küche trafen sie einmal öfter auf Bill und seine Mutter. Ersterer hatte seine Nase in den Tagespropheten versenkt und letztere horchte anscheinend auf Fleurs Geklapper, während sie Brote schmierte. Doch auch Ron und Harry saßen bereits am Küchentisch und wechselten dann und wann verschwörerische Blicke. Als sie die Mädchen jedoch bemerkten, sahen beide auf. „Welchen Wunder verdanken wir, dass wir einmal früher hier unten sind, als ihr?“, fragte Ron grinsend.

Sowohl Hermine als auch Ginny schnauften.

„Fleur blockiert das Bad.“, war die Antwort beider.

„Und das schon seit geschlagenen drei Stunden.“, erwähnte Bill, ohne über den Rand seiner Zeitung aufzusehen, woraufhin sich das Grinsen auf Rons Gesicht noch verbreiterte.
 

Nach dem Frühstück ergriff geschäftige Aufbruchsstimmung das Haus, was Fleur jedoch nicht davon abhielt, weiter das Bad zu blockieren. Langsam wurde es komisch, doch sie kam nicht einmal hervor, um sich von ihrem Göttergatten zu verabschieden, der Harry - der sich irgendwann absetzen wollte, wovon die Erwachsenen natürlich nichts wussten - Hermine, Ron und Ginny ebenso nach London begleiten würde, wie Mad-Eye Moody und Remus Lupin. Diesmal durften sie allerdings - dank Hermines Versicherungen, die selbige den Erwachsenen gegeben hatte - selbst apparieren, bis auf Ginny natürlich, die weder apparieren durfte, noch dass sie es überhaupt bereits beherrschte, weshalb sie mit Lupin reisen würde.

„Keine Alleingänge, habt ihr mich verstanden? Wir apparieren alle schön der Reihe nach auf dem Platz, den wir euch angegeben, verstanden?“, blaffte Moody gerade und musterte jeden der vier Schüler noch einmal eindringlich mit seinem magischen Auge. „Gut so. Bill? Du gehst zuerst, dann Ron, Hermine, Remus mit Ginny, anschließend Potter und ich bilde die Nachhut. Alles verstanden?“

Zur Antwort nickte jeder der Anwesenden und gleich darauf war Bill bereits verschwunden. Ron folgte ihm einen Augenblick später. Hermine atmete noch einmal tief durch, sah kurz hinauf zum Fuchsbau und glaubte für einen Moment, eine sehr pickelgesichtige Fleur hinter einem der Fenster auszumachen, und warf Harry einen letzten Blick zu, der noch immer Ginny im Arm hielt, vermutlich, um sich zu verabschieden, dann war auch sie disappariert.

Fast zur gleichen Zeit tauchte sie auf einem dunklen, von hohen Häusermauern umzingelten Innenhof wieder auf, wo Ron und Bill bereits auf sie warteten. Kurz darauf landeten Lupin und Ginny mit einem leisen Plopp sanft im Schnee. Unbemerkt von den Erwachsenen warf Ginny ihren Mitschülern einen allessagenden Blick zu. Anscheinend hatte Harry ihr doch noch anvertraut, dass er sich aus dem Staub machen würde.

Als letzter apparierte auch Mad-Eye Moody. Von Harry war weit und breit keine Spur, was Lupin wohl als erstem auffiel.

„Alastor? Wo ... Wo ist Harry?“

„Wie, »Wo ist Harry?«?“, fragte der Angesprochene und sah sich verwundert um, bis er schließlich ebenfalls einsah, dass der schwarzhaarige Junge mit der Blitznarbe auf der Stirn fehlte. „POTTER!!!“
 

Natürlich hatte Harry nicht auf Moodys Wutausbruch reagiert, denn er war ja gar nicht anwesend und konnte ihn folgerichtig auch nicht hören. Stattdessen bekam seine drei Freunde eine Moralpredigt zu hören und wurden immer und immer wieder gefragt, wo er denn sei. Und immer und immer wieder antworteten sie einhellig mit derselben Antwort, sie wüssten es nicht. Das stimmte letztendlich sogar, schließlich hatte Harry ihnen zwar anvertraut, dass er sich verdünnisieren würde - was sie den Erwachsenen natürlich verschwiegen -, doch wohin er denn gehen wollte, hatte er ihnen nicht gesagt. Irgendwann sah dann auch Moody ein, dass sein Unterfangen auf fruchtlosen Boden fiel und gab entnervt auf, sie auszuhorchen. Stattdessen begnügte er sich, die Jugendlichen in die oberen Stockwerke zu scheuchen.

Seit ihrem letzten Aufenthalt hatte sich nicht sonderlich viel verändert, nur Mrs Black schwieg ausnahmsweise in ihrem überlebensgroßen Portrait.

„Wisst ihr wirklich nicht, wo Harry hingegangen ist?“, fragte Ginny, als sie das Zimmer der Mädchen betraten und die Tür hinter sich verschlossen hatten.

Ron zuckte nur mit den Achseln. „Kein Stück. Er hat uns ja gesagt, dass er sich verziehen wollte, sobald er die Gelegenheit dazu hätte, aber wohin?“ Neuerlich zuckte er mit den Achseln.

„Das gibt es doch nicht! Was ist, wenn ihm was passiert? Niemand weiß, wo er ist!“

„Woraus wir wohl schließen können, dass er sich äußerst sicher fühlt.“, merkte Hermine an. „Was hat er dir eigentlich erzählt, Ginny?“

Nun war es Rons Schwester, diejenige, die hilflos die Schultern hob. „Nicht mehr als euch. Er wolle nach etwas suchen und würde deswegen auf dem Weg zu Sirius' - seinem – Haus verschwinden. Und was wollt ihr hier? Dass ihr euch vor Fleur drückt, kann doch nicht der wahre Grund sein?“

Treffer versenkt. Ginny steckte ihre Nase mal wieder in Angelegenheiten, die sie nichts angingen und mal wieder hatte sie den richtigen Riecher. Darum entschied sich Hermine auch, ihr gleich die Wahrheit zu sagen, zumindest teilweise.

„Wir suchen ebenfalls etwas. Genauer suchen wir nach Informationen über Regulus Black - ja, Ginny, Sirius' Bruder - und einem großen, schweren, goldenen Medaillon mit einem S drauf.“

Ginny zog die Augenbrauen hoch. „Ihr habt ja Hobbys. Nun ja. Was das Medaillon betrifft, könnte ich euch vielleicht weiterhelfen. Erinnert ihr euch an die Reinigungsarbeiten, die wir in den Sommerferien vor zwei Jahren gemacht haben? Da haben wir doch so ein Medaillon gefunden - ziemlich klobiges und hässliches Teil, wenn ich das sagen darf -, das wir nicht aufgekriegt haben. Erinnert ihr euch?“

Sie nickte versonnen. „Das könnte es gewesen sein. Hilfst du uns suchen?“

Das Tagebuch des Regulus A. Black

A/N: Ich schwöre feierlich, dass ich ein verdammt mieser Hochlader bin. *dröppel*

Ein paar mehr Kommentare (falls das hier überhaupt noch jemand liest, heißt es) würden meiner Hochladfreudigkeit bestimmt ein wenig auf die Sprünge helfen. ;)
 

mfg

NIX
 

28. Dezember (Grimmauldplatz Nr.12, London, England)

Am Nachmittag des folgenden Tages hatte sich die Situation wieder weitgehend beruhigt. Moody war zwar noch immer misstrauisch und Mrs Weasley, die noch am Abend von Harrys Verschwinden informiert worden und daraufhin im Grimmauldplatz erschienen war, zeterte mit Mrs Black um die Wette, doch ansonsten fragte niemand die Drei mehr aus oder beschuldigte sie, etwas damit zu tun zu haben. Was auch gut so war, denn so konnten sie in aller Ruhe in den alten Besitztümern der Blacks, die in einem der unbenutzten Schlafzimmer aufbewahrt wurden, wühlen. Und das taten sie nun schon seit mehreren Stunden. Während Ron und Ginny sich durch angelaufenes Tafelsilber und Schmuckschatullen wälzten, hatte Hermine sich in die Ecke zurückgezogen, wo sich aufeinandergeschichtet in mehreren Stapeln die gesamte Bibliothek der Blacks befand. Sie hatte bereits gut ein Viertel hinter sich gebracht. Es war schon beeindruckend, was Sirius' Familie im Laufe der Zeit an Büchern zusammengetragen hatte. Viele beinhalteten Anweisungen zu schwarzmagischen Praktiken, aber es waren auch Standardwerke und Schulbücher darunter. Sie hatte sowohl Sirius' als auch Regulus' Exemplar von Zaubertränke für Fortgeschrittene entdeckt. Während das Buch des jüngeren Bruders ordentlich und gepflegt gewirkt hatte, war das des älteren über und über voll mit Kritzeleien, Zeichnungen und Blödsinn, obwohl anscheinend nicht alles von ihm selbst stammte, sondern auch von den anderen Rumtreibern. Sogar Remus Lupin hatte sich auf einer Seite verewigt und sie musste zugeben, dass seine Karikatur von Slughorn äußerst gelungen war.

Sie legte das vergilbte Zaubertrankbuch beiseite und griff nach dem nächsten auf dem Stapel. Wie zuvor wollte sie es öffnen, doch schnell bemerkte sie, dass ein Siegel es fest verschloss. Verwundert besah sie sich das gute Stück genauer. Es war in schwarzes Leder gebunden und auf dem Siegel prangte dass Wappen der Blacks, doch ansonsten schien nichts darauf hinzuweisen, was für einen Inhalt es enthielt. Sie probierte mehrere Öffnungszauber, doch keiner funktionierte. Schließlich bekamen auch Ron und Ginny von ihrem K(r)ampf mit und gesellten sich zu ihr.

„Was ist das für ein Buch?“, fragte Ginny, die Hermine zuerst erreicht hatte.

„Wenn ich das wüsste!“, murrte diese daraufhin zur Antwort.

Auch Ron stand nun bei ihr, dicht über das Buch gebeugt. „Na, weiß unser Bücherwurm nicht weiter?“, grinste er.

Da geschah es. Mitten in Rons Satz schnappte das Siegel zurück. Verblüfft sah sie zu dem Rothaarigen auf, der sie mit demselben Blick ansah.

„Es war passwortgeschützt!“

„Schlag es schon auf!“

Hermine ließ sich nicht zweimal bitten und klappte den Deckel zurück, der sich nun problemlos bewegen ließ. Auf die erste Seite war ein Pergament geklebt, anscheinend, um das darunter liegende Geschriebene zu verdecken. Doch auch der Fetzen war beschrieben.
 

Geschrieben in der Hoffnung, dass du dies irgendwann liest und tuen kannst, wozu ich nicht mehr in der Lage war.
 

dein Bruder, Regulus Acrturus Black
 

„Was heißt das?“, fragte Ron und starrte noch immer auf die eigentlich feine Handschrift einer Hand, die beim Schreiben gezittert haben musste.

Ginny und Hermine antworteten ihm wie aus einem Munde. „Ein Tagebuch!“

Mit unruhiger Hand blätterte sie weiter. Auf der nächsten Seite erwartete sie erneut die gewissenhafte Schrift, doch diesmal schien der Schreiber ruhig gewesen zu sein.
 

4. Mai 1979

Beginne heute mit dem neuen Tagebuch...

Langsam wird das Klima im Jahrgang unerträglich. Diese Hufflepuff, Sarah Chester, ist heute in Verwandlung flennend zusammengebrochen, nachdem sie die Maus, die sie in einen Dachs hätte transformieren sollen, in eine Horde Spinnen verwandelt hat. Aber was erwartet man schon von Schlammblütern wie ihr? Vater hatte Recht, sie sind es nicht wehrt, diese Schule zu besuchen, aber bei Dumbledore stößt man ja auf taube Ohren. Was ein alter Narr er doch ist. Vielleicht zu alt, um zu merken, dass ein neues Zeitalter hereinbricht, in dem dieser Abschaum keinen Platz mehr hat. Aber ihm werden noch die Augen aufgehen...

Morgen ist der letzte Ausflug der Siebtklässler nach Hogsmeade. Eigentlich liege ich mit dem Lernen gut in der Zeit. Denke, ich werde hingehen, vielleicht treffe ich einen der Auserwählten und kann ihm meine Bitte vortragen.
 

5. Mai 1979

War heute in Hogsmeade.

Kaum zu glauben, was UTZ-Prüfungen aus einem machen können, aber Nathan Graves hat uns bewiesen, dass nichts unmöglich ist. Hat doch tatsächlich versucht, seine Prüfungsangst in Feuerwisky zu ertränken und dabei diesen Schuppen von Kneipe angezündet, war ein lustiges Schauspiel. Hatte schon gehofft, er würde gleich ein paar von diesem Abschaum mit einäschern, aber den Gefallen hat er mir leider nicht getan.

Bin dann zur Heulenden Hütte. Weiß selbst nicht warum, aber es war ein Glückstreffer, denn ich traf dort auf Severus Snape. Nicht, dass ich die Fettfledermaus sonderlich mögen würde. Aber anscheinend hat er es geschafft, in die Kreise der Erlesenen aufgenommen zu werden, jedenfalls hatte er ihr Zeichen auf dem Unterarm, falls es nicht gefälscht ist, zumindest. Ich habe ihm dann mein Anliegen vorgebracht. Doch er reagierte nicht wie erhofft, nein, er lachte mich aus! Mich! Das muss man sich mal vorstellen! Dieses unwürdige Möchtegernreinblut lacht mich, den Sohn einer der angesehensten Zaubererfamilie aus! Das wird er mir noch büßen.

Zu meinem Glück ist dann Lucius Malfoy dazugekommen. Er hat nicht gelacht, dafür aber eingeräumt, meine Bitte seinem Herrn vorzutragen. Malfoy verbürgt sich für mich! Das ist besser, als ich es mir erträumt hatte! Es kommt einer Freikarte gleich!
 

Hermine sah zu Ron und Ginny auf, die über ihre Schulter mitgelesen hatten. Der Junge verzog angewidert den Mund. „Er freut sich darüber, Malfoy zu treffen? Missratener Geschmack, wenn ihr mich fragt.“

„Dich fragt aber niemand.“, entgegnete Ginny ihm spitz.

Dem weiteren Geplänkel der Geschwister hörte sie schon gar nicht mehr zu. Stattdessen überflog sie die folgenden Seiten, in denen Regulus zumeist beschrieb, wie das stressige Leben eines UTZ-Schülers vor und während der Prüfungen aussah. Schließlich hielt sie bei einer Seite im Juni inne, als sie erneut zunächst auf den Namen Malfoy und ein paar Seiten später auf Snape stieß.
 

7. Juni 1979

Die Prüfungen sind in vollem Gange. Ich habe Astronomie verhauen, aber ich wusste vorher, dass ich es nicht schaffe. Mit Sternen hatte ich noch nie viel am Hut, da hilft auch der Spruch meines Prüfers nicht, ich sei nach einem Stern benannt. Heute war Zauberkunst. Ich glaube, mir wäre es besser ergangen, hätte ich mir die Nacht nicht auf einem zugigen Turm um die Ohren geschlagen, sondern in meinem Bett verbacht! Trotzdem dürfte ich wohl ein UTZ erreichen, wenn auch nur mit einem Annehmbar. Hoffe nur, Zaubereigeschichte morgen wird besser.
 

Ich fasse es nicht! Soeben hat mir Malfoy geschrieben! Das meiste war nur haltloses Gewäsch, er würde im Sommer meine Cousine Narzissa heiraten und ich sei herzlich eingeladen. Als wenn ich das nicht bereits wüsste!

Dafür hatte es die Fußnote in sich. Bei der nächsten Versammlung würde er versuchen, seinem - und hoffentlich auch bald meinem - Meister mein Anliegen vorzutragen! Ich bin ganz aus dem Häuschen!
 

15. Juni 1979

Es ist geschafft. Heute war noch die Prüfung in Runen und ich glaube, ich habe mich wacker geschlagen. Zwar bin ich mir sicher, dass ich zumindest eine fatale Fehlübersetzung gemacht habe, doch ansonsten bin ich mit mir zufrieden. Das Prüfungsgespräch war nicht so schlecht, wie ich befürchtet hatte, aber das Thema war auch einfach gewesen.

Anderen erging es nicht so gut wie mir. Da immer vier Schüler gleichzeitig mündlich geprüft wurden, hatte ich die einmalige Gelegenheit, dabei zu sein, wie Sarah Chester einmal öfter in einem Heulkrampf zusammengebrochen ist. Diesmal jedoch nicht im Unterricht, sondern vor ihren Prüfern, die - zu meiner Belustigung - Necromantia Graves - Nathans Großmutter väterlicherseits - und Rupert Sphere waren, was einem Schlammblut wie ihr natürlich nicht gut bekam...
 

Nachtrag

Habe eben einen Brief von Snape bekommen. Ich kann es noch nicht fassen! Anscheinend hat Malfoy sein Versprechen eingelöst. Jedenfalls hat Snape mir soeben mitgeteilt, dass er mich im Juli treffen möchte. Natürlich nicht, ohne ein abfälliges Wort über mein Alter - dabei ist er kaum zwei Jahre älter als ich! - fallen zu lassen, aber immerhin! Mein Traum scheint jetzt in greifbarer Nähe. Wenn alles gut geht, werde auch ich bald zum erlesenen Kreis der Auserwählten gehören! O, wenn ich das dumme Gesicht meines Bruders sehen könnte, wenn er das erfährt, dieser elende Schlammblutbeschützer und Blutsverräter!
 

Erneut hielt sie inne und sah zu den beiden Geschwistern, die wiederum über ihre Schulter mitgelesen hatten.

Ron schnaufte abfällig. „Scheint, als hätte er es tatsächlich geschafft, ein Todesser zu werden. Sirius hatte Recht. Sein Bruder war ein Vollidiot.“

„So redet man nicht über Tote, Ron.“, erwiderte Ginny leise, doch ihr Gesichtsausdruck ähnelte dem Rons und innerlich schien sie dasselbe zu denken, wie er. „Mach weiter.“

Hermine nickte und blätterte weiter, dann und wann einen Absatz genauer lesend.
 

28. Juni 1979

Geschafft, endlich! Heute ist der Abschlussball. Morgen Vormittag ist dann die große Zeugnisausgabe und irgendwie bin ich nervös bei dem Gedanken daran. Dabei kann es mir eigentlich ohnehin egal sein, wie ich abgeschnitten habe, der Auserwählte richtet nicht nach der Anzahl von ZAGs und UTZs - obwohl ich zu gerne wüsste, wie er auf Nieten wie die Chester reagieren würde.

Aber ein bisschen neugierig bin ich ja schon. Und nervös bin ich! Schließlich kriegt man nicht jeden Tag seine UTZ-Ergebnisse. So nervös war ich nicht mehr, seit ich meine ZAGs geschrieben habe. Und im Nachhinein kommen einem die Fehler, von denen man weiß, dass man sie gemacht hat, so viel gravierender vor. Das ist ja das verheerende. Aber ich denke trotzdem, dass ich es geschafft habe, zumindest in Zaubereigeschichte und Zaubertränke ein Erwartungen Übertroffen erhalten zu haben. Nun, morgen um diese Zeit bin ich schlauer. Hoffe ich.

Aber zurück zum eigentlichen Thema: dem Abschlussball! Ich kann es immer noch kaum glauben! Ich gehe mit Philippa Goodwill, der schönsten Schülerin, die Hogwarts seit Jahren zu bieten hat, zum Abschlussball! Ist das zu glauben? Ich, der kleine, popelige Vertrauensschüler Regulus Black gehe mit der Jahrgangskönigin und Schulsprecherin Philippa Goodwill! Natürlich ist sie Reinblüterin mit erlesenstem Stammbaum und sie sieht umwerfend aus. Zu gern würde ich jetzt das Gesicht meines trotteligen Bruders sehen! Schließlich hat er sich drei Jahre lang vergebens die Zähne an ihr ausgegebissen! Und jetzt habe ich sie und gehe mit ihr zum Abschlussball! Ich kann es noch gar nicht glauben. Ich hoffe nur, dass ich mir keinen dieser peinlichen Patzer erlaube, dass wäre äußerst unangenehm und könnte alles zunichte machen.

Okay, Regulus, es ist halb sieben. Zeit, um sich fertig zu machen.
 

Nachtrag

Ich habe es getan! Ich habe es wirklich getan! Ich habe sie geküsst! Ich habe wirklich Philippa Goodwill geküsst!!!
 

„Ich frage mich, wer diese Philippa ist.“, nuschelte Hermine und starrte weiter auf Regulus Blacks Schrift, der man seine Freude regelrecht ansehen konnte.

„Keine Ahnung, aber anscheinend waren beide Blackbrüder auf sie scharf.“, kicherte Ginny.

„Und der Jüngere hat es schließlich gepackt. Glaube, dass dürfte Sirius einen kleinen Stich verpasst haben, falls er davon gehört hat.“

„Wäre zumindest ein Grund, warum er so schlecht auf seinen Bruder zu sprechen war.“

„Aber ich soll nicht schlecht über Tote reden, ja?“, murrte Ron.

Der Rothaarige verschränkte trotzig die Arme vor der Brust und warf den beiden Mädchen wütende Blicke zu, woraufhin diese jedoch lediglich kicherten. Bevor er richtig sauer wurde, blätterte Hermine weiter und die Drei widmeten sich wieder dem Tagebuch.
 

29. Juni 1979

Hilfe, ich bin so nervös! Gleich gibt es die UTZ-Ergebnisse! Melde mich nach der Zeugnisausgabe wieder...
 

Bin zurück und halte mein Zeugnis in Händen. Ich muss sagen, ich bin positiv überrascht. Ich habe nicht nur in Zaubereigeschichte und Zaubertränke ein Ohnegleichen erreicht, sondern auch in Verwandlungen und Runen. In Kräuterkunde, Verteidigung gegen die dunklen Künste und sogar in Zauberkunst ist es ein Erwartungen Übertroffen geworden und mit dem Annehmbar in Astronomie kann ich auch mehr als zufrieden sein -wie gesagt, ich stehe mit Sternen, vor allem, wenn sie Sirius heißen, auf Kriegsfuß. Das macht acht UTZs, genauso viel, wie mein behinderter Bruder gehabt hatte, aber doch ein Ohnegleichen mehr als er! Ich kann es immer noch nicht fassen! Heute Abend dann noch das Festessen und morgen geht es ein letztes Mal mit dem Zug nach Hause, ich wünschte ich könnte apparieren, dann würde ich Mutters und Vaters verblüffte Gesichter früher sehen, wenn ich ihnen meine UTZ unter die Nase reibe!

Ich muss Schluss machen, Philippa ruft nach mir. Philippa Goodwill!!! Ich kann es immer noch nicht fassen. Und ich habe sie schon wieder geküsst ...
 

30. Juni 1979

Endlich bin ich also wieder zu Hause angekommen. Meine Eltern haben sich über meine acht UTZs gefreut wie toll. Aber ich kann es ihnen nicht verübeln, schließlich bin ich um ein Ohnegleichen besser, als mein Bruderherz. Das wird dann wohl auch der Grund sein, warum sie mir morgen eine Überraschungsfeier spendieren, von der ich natürlich schon weiß, schließlich bin ich ein Black. Ich glaube, ich werde Philippa einladen. Ich hoffe nur dieser Hohlkopf von Köter taucht nicht auf, ich habe keine Lust, dass er mir die Feier versaut oder gar einen falschen Eindruck über meine Familie bei Philippa hinterlässt! Nicht auszudenken, was passieren könnte, wenn sie ihn hier sieht...
 

Nachtrag

Habe soeben einen Brief von Snape erhalten. Er will mich am 29. Juli treffen. Nun, dass ist schon die zweite gute Nachricht, denn Philippa hat meine Einladung angenommen! Dieser Tag ist der beste, den ich zu Hause seit langem hatte!
 

„Anscheinend war der gute Regulus schwer verknallt in diese Philippa.“, kicherte Ginny, als sie mit dem Lesen der Seite fertig war. „Frage mich ja, was aus diesem Pärchen geworden ist.“

„Nicht viel, würde ich sagen. 'n halbes Jahr später war er schließlich tot.“, entgegnete Ron spitz. Ginny wollte ihm mit einem ebenso fiesen Kommentar antworten, doch in diesem Moment rief Mrs Weasley die Treppe hinauf, das Abendbrot sei fertig. Sie beschlossen, sich am nächsten Tag weiter mit Regulus' Tagebuch zu beschäftigen ...

Dämmerlicht

A/N: So, meine Damen. Die Ferien sind vorbei und meine Beta ist wieder im Lande. Somit kann ich auch endlich wieder hochladen. :D

Und diesmal vielleicht sogar in nem schnelleren Rhythmus.
 

mfg

NIX
 

29. Dezember 1997 (Grimmauldplatz Nr. 12, London, England)

Tatsächlich hatten sie nach dem Abendbrot keine Zeit mehr, weiter im Tagebuch zu stöbern, da Mrs Weasley sie ohne zu zögern ins Bett schickte. Die gute Frau war noch immer leicht angesäuert, aber vielleicht lag das auch an der Tatsache, dass sie eine geschlagene Stunde darauf gewartet hatte, dass die drei sich dazu bequemten in der Küche zu erscheinen.

Natürlich hätten zumindest Hermine und Ginny oder Ron weiterlesen können, aber das wollten sie erstens zusammen tun und zweitens kontrollierte die Mutter der rothaarigen Jugendlichen jede halbe Stunde, ob ihre Schützlinge wirklich noch in ihren Betten lagen.

So verschoben die drei es zwangsläufig auf den nächsten Tag.

Nach dem Frühstück hatte Mrs Weasley jedoch andere Pläne. Da das Hauptquartier schon seit längerem weniger genutzt wurde, als noch vor Dumbledores Tod - schließlich war selbiger der Geheimniswahrer gewesen, was bedeutete, dass nach seinem Tod keine neuen Mitglieder des Ordens das Gebäude betreten konnten -, weshalb es wieder leicht verkommen und verstaubt war. Und das nahm sie sich zum Grund, die Jugendlichen bis zum Mittag zu beschäftigen.

"Ich bring sie um!", ächzte Ron, als sie sich schließlich in ihre Zimmer zurückziehen durften.

Ginny verzog den Mund. "Ohne mich, mein Rücken tut dermaßen weh, noch eine dumme Bewegung und er gibt den Geist ganz auf!"

"Vielleicht sollten wir uns lieber mit weniger blutigen Hobbies beschäftigen?", mischte sich nun auch Hermine ein und wedelte mit Regulus Blacks Tagebuch. Ginnys Rückenschmerzen schienen auf einen Schlag weniger stark zu sein und Ron war plötzlich wieder hellwach. So setzten sie sich zusammen auf Harrys leeres Bett und lasen weiter.
 

1. Juli 1979

Der Tag gestern war doch nicht so gut, wie ich gedacht hatte. Es kam noch eine Eule. Sie war von Sirius, diesem Trottel. Hat mir zu meinen acht UTZ gratuliert und mir dazu brühwarm unter die Nase gerieben, dass er ein Annehmbar weniger hatte als ich, natürlich in diesem unschönen, sarkastischen Unterton, den er immer drauf hat, wenn er mit mir redet. Dazu hat er mir einen kleinen quadratischen Spiegel geschickt, potthäßliches Teil. Keine Ahnung, was ich damit soll. Aber ich muss zugeben, ich sehe nicht einmal so schlecht aus.

Gleich startet meine Feier, Philippa müsste gleich kommen. Ja, es klingelt. Ich gehe sie begrüßen.
 

Nachtrag

Es war toll! Meine Eltern waren von Philippa begeistert! Ich bin nun übrigens mit ihr zusammen...
 

Hermine sah auf. "Anscheinend hat er sie tatsächlich rumgekriegt."

"Wer weiß, wie lange. So, wie er von ihr redet, war sie ne eingebildete Schnepfe.", murmelte Ginny.

"Vergessen, dass wir eigentlich weniger an Regulus Blacks Gefühlsleben interessiert waren?"

Verstimmt blätterte sie weiter.
 

17. Juli 1979

Ich kann es nur immer wieder sagen! Philippa ist wunderbar! Wann immer sie ein Zimmer betritt, erstrahlt der ganze Raum in ihrem Glanz. Sie ist fast jeden Tag bei mir und wenn das nicht der Fall ist, bin ich doch zumindest bei ihr. Sie kommt vollends nach ihren vornehmen Eltern, die Eleganz hat sie von ihrer Mutter geerbt, da bin ich mir sicher. Und das Beste ist: Sie mögen mich!

Am Sonntag werde ich mich mit ihr und ihren Eltern im Grand Highbred treffen. Ich freue mich schon darauf!

Aber davor: Ich muss einen Ring kaufen.
 

21. Juli 1979

Snape hat das Treffen kurzfristig vorverlegt. Treffe ihn morgen im tropfenden Kessel.

Philippa ist verstimmt, ich musste unser romantisches Essen, das wir morgen Abend im Grand Highbred einnehmen wollten, verschieben. Ich hoffe nur, sie nimmt es mir nicht zu lange übel, aber meine Aufnahme in den Kreis der Auserwählten geht vor. Ich denke, ich sollte ihr demnächst von meinen Plänen erzählen, das wird sie schon wieder gnädig stimmen!
 

22. Juli 1979

Habe mich mit Snape im Tropfenden Kessel getroffen. Das Treffen verlief wie geplant, auch wenn die Fettfledermaus mir ellenlange Vorträge darüber gehalten hat, dass ich nicht der Richtige für diese Organisation wäre. Dann hat er mich auch noch Bücherwurm genannt, als wenn er besser wäre! Aber ich bin hart geblieben und meine Entschlossenheit sollte sich auszahlen. Zwischen dem 1. und 14. August werde ich zu IHM gerufen und in den erlesenen Kreis aufgenommen werden! Ich habe es geschafft! Mein Traum geht in Erfüllung! Meine Eltern und Philippa werden begeistert sein! Apropos Philippa. Sie ist immer noch sauer. Ich hoffe, das renkt sich wieder ein.
 

9. August 1979

Heute kam die Nachricht vom Auserwählten. Ich soll mich morgen um 22Uhr bei Lucius Malfoy einfinden, er wird mich zu dem Ort der Zeremonie bringen, wo ich in den erlesenen Kreis aufgenommen werde. Nun ist es also so weit! Morgen um diese Zeit werde ich dazugehören! Ich muss mich zusammenreißen, nicht nach unten zu Mutter zu rennen und ihr davon zu erzählen oder gar einen Brief an Philippa zu schreiben. Selbige hat sich übrigens heute mit mir versöhnt, ich denke, ich werde sie am Wochenende ins Grand Highbred einladen und ihr von meiner Aufnahme erzählen. Hoffe nur, es läuft alles glatt, ich bin so nervös! Aber dieser Nervosität ist wohl normal, wenn einem ein solches Glück widerfährt, wie mir!
 

10. August 1979

Mittlerweile ist es um neun. Heißt, es ist kaum mehr eine Stunde, bis Malfoy mich erwartet! Meine Nervosität ist kaum mehr auszuhalten, ich zittere - vor Freude!

Philippa hat zugestimmt, mich am Wochenende zu treffen, aber der genaue Termin steht noch nicht fest. Hoffe, ich bekomme dann nicht bereits einen Auftrag, sie würde es mir nicht verzeihen, würde ich unser Abendessen noch einmal verschieben!

Aber ich schweife ab... Viertel zehn... Noch eine Dreiviertelstunde...

Ich denke, ich sollte mich fertig machen. Aber was soll ich nur anziehen? Schlicht oder feierlich? Ich hätte Snape fragen sollen. Obwohl, der hat doch von sowas ohnehin keine Ahnung. Hoffe, Malfoy sagt mir, wenn ich mich modisch vergriffen habe, BEVOR wir aufbrechen...
 

11. August 1979

Mir ist schlecht. Furchtbar schlecht. Immer noch. Die Zeremonie war beeindruckend, wirklich! Doch gleichzeitig war sie zum fürchten, ja sogar ekelerregend. Als Zuschauer hätte ich es vermutlich nicht ausgehalten. Obwohl ich es als Beteiligter auch nicht sonderlich gut vertragen habe, es ist mir doch auf den Magen geschlagen. Seitdem ich zu Hause bin, habe ich mich bereits dreimal übergeben und ich habe das ungute Gefühl, dass es nicht das letzte Mal gewesen sein wird.

Trotzdem war und bin ich noch immer beeindruckt.

Ich traf kurz vor der vereinbarten Zeit bei Lucius - ja, er hat mir das Du angeboten - ein und wir sind ohne Umwege Seit-an-Seit appariert. Ich denke, man kann an diesen Ort nur apparieren, wenn man das Zeichen trägt oder eben Seit-an-Seit mit einem, der es hat. Gelandet sind wir auf einer Insel. ich weiß immer noch nicht, wo sie sich befindet, aber ich glaube, es war eine Insel auf einem See, nicht auf dem offenen Meer, jedenfalls roch das Wasser nicht salzig. Zusammen mit anderen sind wir dann ins Zentrum der Insel vorgedrungen. Obwohl es wegen der fortschreitenden Nacht stockfinster gewesen sein musste, erhellte ein unwirkliches, grünes Licht die ganze Welt, sodass wir unsere Umgebung in ihrer vollen Pracht wahrnehmen konnten. Lucius brachte mich zu einer kleinen Gruppe von Leuten, die ebenso wie ich in dieser Nacht in den erlesenen Kreis aufgenommen werden sollten. Ich kannte nur einen von ihnen, Jarrod Kingston aus meinem Jahrgang.

Ich weiß nicht, wie lange man uns fünf alleine ließ, aber es fühlte sich an wie Stunden. Ich erinnere mich noch, dass ich mir gewünscht hatte, ich hätte meiner Mutter Bescheid gegeben, dass ich über Nacht wegbliebe, weil sie sich sonst wohl Sorgen machen würde.

Aber schließlich kamen mehrere Männer, die die Uniform des erlesenen Kreises trugen, verbanden uns die Augen und führten uns sodann zum eigentlichen Ort der Zeremonie. Als dritter in der Reihe konnte ich die Einführungszeremonien derjenigen vor uns zwar hören, aber dank der Augenbinde nicht sehen. War vielleicht auch besser so, denn die Schreie, die Jarrod ausstieß, hätten mir unter normalen Umständen als Gründe zur Flucht gereicht. Natürlich konnte ich nicht fliehen, weshalb ich umso nervöser war, als ich - noch immer blind - an der Reihe war und zu IHM geführt wurde. Fest nahm ich mir vor, NICHT zu schreien.

Meine übrigen Sinne waren bis auf das Äußerste gespannt. Trotz dieses Zustands erinnere ich mich nicht mehr genau an den Wortlaut der Fragen, die ER mir stellte und die ich allesamt bejahte. Lag vielleicht an dem Trank, den man mir zuvor eingeflößt hatte. Frage mich immer noch, was das war...

Nach dem rituellen Gespräch wurde ich aufgefordert, meinen Unterarm zu entblößen, was ich ohne zu zögern tat. Dann geschah einen Moment nichts, nur, dass ich hörte, wie ein Zauberspruch gemurmelt wurde, allerdings zu leise, als dass ich ihn verstehen konnte. Etwas berührte meinen Arm, denke, es war ein Zauberstab, und schlagartig durchfuhr meinen Arm ein brennender Schmerz, der sich im ganzen Körper ausbreitete. Und ich schrie doch, das weiß ich noch. Ich wurde bereits einmal, vor Jahren, mit dem Cruciatus beflucht, doch das war ein Kinderspiel im Gegensatz zu diesem Schmerz! Ich spüre ihn immer noch, wenn ich nur dran denke. Nun prangt auch auf meinem Arm das Zeichen. Im Gegensatz zu Lucius' ist meines rot, nicht schwarz, aber das liegt vermutlich daran, dass es noch frisch ist. Ich muss zugeben, leicht abstoßend sieht es schon aus...

Uh... Ich glaube...

Habe mich eben wieder übergeben, ich kann bald nicht mehr. Glaube, ich sollte Mutters Rat folgen und mich ins Bett legen, auch wenn ich bezweifle, dass das etwas bringt.

Wo war ich? Ah, das Zeichen. Nachdem ER mir das Zeichen eingebrannt hat jedenfalls, wurde mir dann die Augenbinde abgenommen und ich sah IHN zum ersten Mal.

Er stand in seiner vollen Pracht in der Mitte des Kreises, vor einer Art Altar, auf der ein goldener Trinkpokal stand. Erschreckend sah ER aus, nicht mehr wie ein Mensch, sondern wie eine menschliche Schlange, die roten Augen werde ich so schnell nicht vergessen. Trotz SEINES Äußeren - oder gerade deswegen - wirkte er äußerst respekteinflößend und überdies beeindruckend. Abschreckend, aber beeindruckend.

Schließlich bekam auch ich meine Uniform und reihte ich mich in den Kreis der Auserwählten ein. Natürlich neben - wie konnte es anders sein - Severus Snape. Die Fettfledermaus trug natürlich ebenfalls eine Uniform, weshalb ich sein Gesicht nicht sehen konnte, aber Severus Snape erkennt man halt, wenn man ihn sieht und sei es am Geruch. Die Person zu meiner Linken war dafür schon eine kleine Überraschung. Ich hatte zwar erwartet, dass meine Cousine Bella ebenfalls im erlesenen Kreis Mitglied war, aber dass sie mich als eine der Ersten begrüßen würde!

Ich kam erst um sechs nach Hause, totmüde und immer noch geprägt vom Schmerz der Zeremonie. Wie ich es erwartete hatte, hatte Mutter mein Fehlen bemerkt und den ganzen Haushalt in Aufruhr gebracht. Eigentlich war ich zu müde, um ihr und Vater Rede und Antwort zu stehen, aber schließlich tat ich es doch. Ich erzählte ihnen, wo ich gewesen und was ich gemacht hatte und aus welchen Gründen. Als ich zu der Szene mit dem Zeichen kam, schrie Mutter erschrocken auf und Vater forderte mich auf, es zu zeigen. Kaum hatte ich meinen Ärmel hochgekrempelt und Vater einen Blick darauf geworfen, schrie Mutter erneut auf und verband mir sofort die verwundete Stelle.

Alles in Allem muss ich sagen, dass beide zwar erschüttert waren, aber es doch ganz gut aufgenommen haben und nun sogar stolz auf mich sind. Zumindest Vater, Mutter ist zu beschäftigt damit, mich zu umhätscheln, als das sie ihren Geist für soetwas öffnen könnte, aber das wird sich noch legen.

Ich höre, wie sie die Treppen hochkommt, ja, dieses "Mein armer kleiner Rex!" ist unverwechselbar. Wie oft habe ich ihr schon gesagt, sie soll mich nicht so nennen? Ist nun auch egal, ab ins Bett, bevor sie wieder einen Heulkrampf bekommt, weil ich mich überanstrenge...
 

Einmal öfter sah sie auf und wechselte mit den Geschwistern einen Blick, doch diesmal schwiegen sie alle drei. Nur Mrs Weasleys Stimme drang an ihre Ohren, es sei Zeit fürs Abendbrot, doch dies ignorierten sie zunächst gekonnt. Ein paar mehr Abschnitte zu lesen konnte nicht schaden und so wie es sich anhörte, klingelte es an der Tür, dass heißt, die Frau war zunächst noch ein wenig abgelenkt.
 

12. August 1979

Ich liege immer noch flach, Mutter besteht darauf, dass ich im Bett bleibe, dabei geht es mir schon um Welten besser. Gut, mir ist noch immer schlecht und mein Arm brennt wie Feuer - was meiner Meinung nach eher am Verband liegt, als an dem Zeichen -, aber beides ist nicht mehr so schlimm wie gestern Morgen.

Philippa war heute bei mir. Anscheinend muss ich nicht sonderlich gesund aussehen, dem Blick nach zu urteilen, mit dem sie mich bedacht hat. Aber ansonsten war sie einsichtig, dass wir heute nicht ins Grand Highbred einkehren. Ich habe ihr versprochen, dass wir das baldmöglichst nachholen. Die Gründe meiner Krankheit habe ich ihr allerdings noch nicht erzählt. Ich weiß auch nicht, warum, aber ich fürchte mich davor ...
 

17. August 1979

Auch dieses Wochenende klappt es nicht, mit Philippa das Grand Highbred zu besuchen, langsam wird das frustrierend. Aber wenigstens habe ich sie dennoch bei mir, denn wir werden der Hochzeit von meiner Cousine Narzissa und Lucius beiwohnen.

Frage mich, ob Zissy weiß, dass sowohl ihr zukünftiger Mann als auch ihre Schwester und ihr Cousin - ich! - Mitglieder des erlesenen Kreises sind. Doch viel mehr interessiert mich, wann ich meinen ersten Auftrag erhalten werde.
 

19. August 1979

Die Hochzeit von Narzissa und Lucius war fantastisch! Die Braut sah wundervoll aus, wäre ich nicht ihr Cousin, ich wäre wohl ebenfalls schwach geworden. Doch es gab eine Frau, die noch schöner war als Zissy und diese Frau war an meiner Seite! Wirklich! Philippa war die Schönste im Raum und es waren nicht wenige, die mich um sie beneideten! Mein Bruder war nicht anwesend, war vermutlich besser so, obwohl ich zu gerne sein Gesicht gesehen hätte, wenn er verstanden hätte, wer meine Begleitung war ...

Nun, es ist nicht zu ändern, sein Name wurde nicht umsonst vom Stammbaum getilgt - ich habe noch immer das Gefühl, dass es Mutter eine große Freude bereitet hat, als sie ihn ausradiert hat und das ist mittlerweile mehr als drei Jahre her.

Auch nächstes Wochenende werde ich nicht mit Philippa ins Grand Highbred einkehren, diesmal hat sie keine Zeit, irgendeine Familienangelegenheit...
 

"Sagt mal, wisst ihr, was dieses ominöse »Grand Highbred« ist? Das frag ich mich schon, seitdem er das das erste Mal geschrieben hat...", nuschelte Ron und sah die beiden Mädchen fragend an. Diese Frage hatte auch sie sich bereits gestellt, obwohl sie sich recht sicher war, zu wissen, worum es sich handelte.

Ginny neben ihr zog beide Augenbrauen hoch und bedachte ihren Bruder mit einem skeptischen Blick, der diesem so gar nicht gefiel. "Hab ich was Falsches gesagt?", fragte Ron die Braunhaarige neben ihm kleinlaut mit gesenkter Stimme, doch sie zuckte nur mit den Achseln.

"Das »Grand Highbred«, Ron, ist das wohl angesehenste Restaurant und Hotel, das die Winkelgasse zu bieten hat! Jedes Mädchen träumt davon, dass ihr Freund sie nur ein Mal dorthin einlädt!", erwiderte Ginny pikiert und doch mit einem Hauch von Rosa im Gesicht. Hermine zählte eins und eins zusammen, antwortete allerdings nicht. Ron hingegen war da weniger feinfühlig.

"Jedes Mädchen? Du etwa auch? Warte, bis ich das Harry stecke!"

"Dazu müsstest du erst einmal wissen, wo er ist!"

"Wir wollen uns Silvester zu Hause treffen, vergessen?"

"Wenn er euch nicht auch angelogen hat, natürlich."

Bevor der Geschwisterstreit weiter ausarten konnte, wurden die beiden Streithähne jedoch unterbrochen. Mrs Weasley stand in der Tür, die eine Hand in die Hüfte gestemmt, in der anderen eine Pfanne haltend. "Könnten sich die Damen und Herren dann vielleicht einmal darauf einigen, zum Abendbrot zu erscheinen? Ich schreie mir seit über einer Stunde die Lunge aus dem Hals!"

Tage der Nacht

Entschuldigungen wollt ihr eh nicht hören, richtig?

Also lassen wir das.

Viel Spaß mit meinem persönlichen Lieblingskapitel. :)
 

mfg

NIX
 


 


 

30. Dezember 1997 (Grimmauldplatz Nr. 12, London, England)

Am folgenden Morgen waren sie schlauer. Gleich nach dem Frühstück, Mrs Weasley sah gerade nach den Lebensmittelvorräten, erhoben sie sich mit ein paar Toasts bepackt und schlichen sich aus der Küche, hinauf in Rons Zimmer. Die Rufe von seiner Mutter nahmen sie schon gar nicht mehr wahr. Stattdessen nahm Hermine einmal öfter das kleine schwarze Buch, sprach das Passwort (»Bücherwurm«) und schlug die Seite auf, bei der sie am Abend zuvor geendet waren. Sie waren noch nicht einmal bis zur Hälfte.

„Von jetzt an kann es nur noch bergab mit ihm gehen, oder?“, flüsterte Ginny und betrachtete fast ehrfürchtig die Seite des siebenundzwanzigsten Augusts.

„Halbes Jahr hat er noch.“, antwortete Ron, ebenfalls den Blick auf die Seite geheftet.

Auch Hermine sah auf das Blatt in ihrer Hand. Anscheinend hatte der Schreiber zwar - zur Abwechslung mal - Interessanteres im Kopf gehabt als seine Bücher, doch das hieß nicht, dass er sein Hobby vernachlässigte...
 

27. August 1979

Hatte heute meinen ersten Arbeitstag in der London Library of Mankind and Wizardry. Es war fantastisch! Sämtliche Mitarbeiter sind sehr freundlich und zuvorkommend zu mir. Und als Angestellter habe ich natürlich auch Zugang zu der verschlossenen Abteilung, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. Ich habe bereits einen kleinen Blick in die abgedunkelte Kammer geworfen und ich habe das Gefühl, dass ich Lesestoff für Jahre gefunden habe.

Leider ist Philippa von Büchern nicht halb so fasziniert, wie ich...
 

1. September 1979

Morgen ist nun also der große Tag! Ich werde Philippa ins Grand Highbred geleiten und mit ihr dinieren! Ich hoffe, es kommt nicht wieder etwas dazwischen. Mittlerweile verwundert es mich, dass ich noch nicht wieder zu IHM gerufen wurde, um meinen ersten Auftrag zu erhalten, aber morgen käme es wirklich ungelegen.

Himmel, was ziehe ich nur an?

Vater macht sich schon seit längerem darüber lustig, ich würde länger für Kleidungswahl und Bad brauchen, als seine Frau...
 

2. September 1979

Werde gleich Philippa abholen und dann mit ihr in die Winkelgasse apparieren.

Ich bin so aufgeregt! Dieser Abend wird perfekt! Zuerst werden wir gemütlich bei Kerzenschein essen, dann werde ich sie nach Hause bringen und dann werden wir sehen, was sich ergibt!

Habe jetzt auch endlich den perfekten Ring für sie, er wird ihr gefallen, da bin ich mir sicher.

Oh, ich muss los.
 

An dieser Stelle hatte Regulus Black einen Absatz gelassen und anscheinend nach seinem Date wieder eingesetzt. Doch im folgenden Abschnitt wirkte seine Schrift plötzlich gar nicht mehr so sauber, wie noch zuvor, dafür aber zittrig und verschmiert.
 

Es ist furchtbar! Einfach schrecklich! Ich verstehe noch immer nicht, warum sie das getan hat!

Dabei lief doch alles so gut! Ich habe Philippa von ihrem Elternhaus abgeholt - ihre Eltern konnten sie nicht begleiten, da sie selbst zu einem Dinner eingeladen waren - und bin dann wie geplant mit ihr in die Winkelgasse, wo ich sie zum Grand Highbred geführt habe. Dort haben wir - ebenfalls wie geplant - ein herrliches Dinner genossen und wir haben uns wunderbar unterhalten und sie hat über meine Witze gelacht und alles.

Schließlich habe ich sie wieder zurück begleitet, ihre Eltern waren noch nicht wieder im Haus. Dort habe ich Philippa dann den Ring geschenkt, sie hat sich gefreut und mich noch auf einen Kaffee hereingebeten. Aus diesem Kaffee wurde sehr schnell sehr viel mehr, es lief alles wunderbar, besser als ich es hätte planen können!

Doch dann ist es geschehen. Ich hatte mich gerade meines Hemds entledigt, als ihr das Zeichen auf meinem Unterarm aufgefallen ist. Anscheinend hat sie auch erkannt, worum es sich dabei handelte und was es bedeutete. So hatte ich es natürlich nicht geplant, aber ich dachte, es würde mir eine langwierige Rede und Vorgeplänkel ersparen. Aber ich hatte falsch gedacht! Sie war nicht einfach nur verblüfft, sie war erschrocken. Ich werde den Anblick ihrer schockgeweiteten Augen nie vergessen.

Und dann - ohne eine Bitte um Erklärung der Umstände - hat sie mich aus dem Haus geworfen! Sie hat mich nicht hinausgebeten, nein, sie hat mich hinausgeworfen! Auf meine Frage, was denn geschehen sei, hat sie mir nicht geantwortet. Dafür hat sie den Ring, den ich ihr keine Stunde zuvor geschenkt hatte, vom Finger gerissen und mir vor die Füße geworfen, mit den Worten, einen Verräter wie mich wolle sie nie wieder sehen!

Ich wollte mich verteidigen, doch sie warf mir die Tür vor dem Gesicht zu und reagierte dann weder auf mein Klingeln noch auf Rufen.

Schließlich bin ich gegangen - sie hatte gedroht, die Magischen Brigaden wegen Hausfriedensbruch zu rufen.

Ich verstehe noch immer nicht, wieso sie so heftig reagiert hat! Sie ist doch ebenso reinblütig wie ich, sie sollte wissen, was die Uhr geschlagen hat, sich für mich freuen! Stattdessen wirft sie mich hinaus...

Ich weiß nicht, wie ich weiter machen soll...

Philippa...
 

3. September 1979

War bei Philippa. Sie hat mir nicht mal geöffnet.
 

4. September 1979

War erneut bei Philippa. Doch wieder ist sie nicht einmal zur Tür gekommen.
 

5. September 1979

Heute hat Philippa ihre Drohung war gemacht. Die Magischen Brigaden haben mich auf die Dienststelle mitgenommen. Vater war außer sich.
 

7. September 1979

Mutter regt sich auf, dass ich nichts esse. Philippa antwortet nicht auf meine Briefe.
 

10. September 1979

Habe meinen Bruder und seinen Freund Potter in der Bibliothek getroffen, frage mich immer noch, seit wann sie lesen können...

Anscheinend haben sie über Philippa geredet, frage mich, was da läuft.
 

23. September 1979

Hatte heute meinen ersten Auftrag für IHN. Zusammen mit weiteren Mitgliedern der Organisation haben wir - Snape war mit dabei - für ein wenig Unruhe auf der Hochzeit von John Grisham und seiner Muggelfreundin gesorgt. War für mich nicht so schlimm, wie ich es mir vorgestellt hatte, die Anonymität der Uniform wirkt wahre Wunder. Grisham wird es sich das nächste Mal zweimal überlegen, wen er heiratet.
 

29. September 1979

Mein Herr hat mich erneut zu sich gerufen und mir ein Projekt übertragen. Ich soll alles über einen bestimmten Zaubertrank, den ich hier nicht näher benennen möchte, herausfinden. Dürfte mit den Materialien in der Bibliothek eine einfache Aufgabe sein.
 

30. September 1979

Philippa stand vor der Tür. Sie hat anscheinend herausgefunden, dass ich bei dem Anschlag auf die Hochzeit beteiligt war, ich frage mich, woher sie es weiß. Anschließend hat sie mir gedroht, mich bei den Magischen Brigaden anzuzeigen, sollte ich ihr noch einen Brief schreiben, und mir alle Briefe (an der Zahl siebenundfünfzig) der letzten Wochen vor die Füße geworfen.
 

6. Oktober 1979

Die Nachforschungen für meinen Auftrag laufen nicht so recht, wie sie sollen, es ist zum verzweifeln. Habe Philippa gesehen. Mit Nathan Graves.
 

13. Oktober 1979

Hatte heute meinen nächsten Auftrag. Wäre beinahe erkannt worden. Beinahe.
 

17. Oktober 1979

Endlich sehe ich wieder ein Licht.

Zwischen Nathan Graves und Philippa Goodwill ist es aus, sie hat ihn für einen Muggel verlassen, wie er mir heute Mittag im Tropfenden Kessel erzählte, wo wir zufällig beide zu Mittag aßen. Im Nachhinein war sie doch nicht so wunderbar, wie ich sie mir eingebildet habe, diese Blutsverräterin.

Zudem gehen meine Recherchen voran, mit etwas Glück werde ich schon zum Wochenende fertig sein.
 

19. Oktober 1979

Ich fasse es immer noch nicht! Das Glück ist mir wieder hold!

Während meiner Recherchen - die ich heute abgeschlossen habe - ist mir ein sehr interessantes und seltenes Buch aus dem 14. Jahrhundert namens „Tage der Nacht“ in die Hände gefallen. Ich bezweifle, dass es jemand aus der Bibliothek vermissen wird, es war nicht einmal katalogisiert.
 

21. Oktober 1979

Soeben habe ich IHM die Früchte meiner Nachforschungen vorgelegt und ER war begeistert! ER hat mir meinen nächsten Auftrag erteilt. Am nächsten Wochenende werden wir Philippa Goodwills Geburtstagsfeier ein wenig erheitern. Ich freue mich schon drauf!
 

29. Oktober 1979

Der Besuch mit meinen Kollegen bei Philippa Goodwills Geburtstag verlief nach Plan. Ich habe ihr zum Geburtstag gratuliert, indem ich ihre geliebte Katze ein wenig auffriesiert habe. Habe gehört, es hätte Tote gegeben, aber selbst gesehen habe ich nichts.
 

31. Oktober 1979

Habe Philippa Goodwill gesehen, anscheinend lässt sie sich von meinem Bruder trösten. Blutsverräter unter sich!
 

6. November 1979

„Tage der Nacht“ ist ein noch interessanteres Buch, als ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht auszumalen traute! Es behandelt wirklich alte Magie, vornehmlich Schwarzmagie, selbstredend. Noch dazu ist es so offen und ehrlich geschrieben, wie es sich diese Trottel nicht trauen würden, die sich heutzutage Schriftsteller nennen! Ich bin beeindruckt.

Gleichzeitig frage ich mich, wann ich meinen nächsten Auftrag erhalten werde. Es juckt mir in den Fingern, endlich mal etwas mehr zu tun, als Schlammblüter nur in Unterwäsche in der Luft schweben zu lassen!
 

7. November 1979

Meine Frage hat sich erledigt. Ich habe soeben meinen nächsten Auftrag erhalten. Aber ...

Das kann ich einfach nicht tun, nein.

Unmöglich.

Wieso wird das von mir verlangt? Wieso? Wieso ich? Unbedingt ich?

Ich kann das nicht!!!
 

„Was er nicht kann, hat er nicht zufällig dazugeschrieben?“, fragte Ron und runzelte die Stirn.

Hermine blätterte vor, schüttelte dann allerdings den Kopf. „Nein. Er fragt sich zwar noch mehrmals, warum ausgerechnet er das machen soll, aber über das, was er tun soll oder wie er es tun will, sagt er nichts. Hier ist noch ein Eintrag, dass sein Herr ungeduldig wird, aber, nein, wieder keine Erklärungen.“

Erneut schüttelte sie den Kopf und reichte dann das Buch an Rons Schwester weiter, die die Prozedur des Durchblätterns wiederholte. Schließlich sah auch die Rothaarige auf.

„Denke, er sollte jemanden töten. Jemanden bestimmtes. Hier schreibt er, dass sein Auftrag anscheinend dem »erlesenen Kreis« - verdammt, wieso sagt der nicht einfach Todesser? - Probleme bereitet.“

„Ja, aber er hat doch schon oft darüber geschrieben, dass er es tun will, oder?“

Da hatte Ron natürlich Recht. Dennoch glaubte Hermine Ginnys Theorie. „Ja. Aber erinnert ihr euch daran, was Harry uns über seine Erlebnisse auf dem Astronomieturm erzählt hat? Er meinte doch, dass Dumbledore zu Draco sagte, es sei weitaus schwieriger, einen Mord auch wirklich zu begehen, als ihn nur zu planen? Vielleicht hat Regulus das auch gemerkt. Oder er hat die Person, die er töten sollte, gemocht. Möglich ist es, oder?“

Bevor Ron Widerspruch einlegen konnte, ertönte Ginnys Stimme, die weiter im Tagebuch geblättert hatte. „Ich glaube, Hermine hat Recht. Schaut euch das mal an.“

Die Rothaarige reichte ihr das Buch zurück und sie wandte ihren Blick der Seite zu.
 

2. Dezember 1979

Ich bin mir noch immer sicher, dass ich nicht tun kann, worum ER mich bittet. Aus diesem Grund habe ich heute Lucius gefragt, was ich tun solle. Er hat Verständnis gezeigt und mir versprochen, mich zu unterstützen. Vielleicht kann er es tun. Er hat sowas doch schon oft gemacht. Obwohl er vermutlich auch gezögert hätte, wäre es sein Vater...

Morgen wollen wir es tun.

Ich kann nicht mehr zurück.
 

„Vater? Du meinst...?“

Die Rothaarige nickte beklommen und deutete ihr an, weiterzublättern, was sie auch tat.
 

3. Dezember 1979

Verflucht! Ich habe es getan!

Ich kann es immer noch nicht richtig verstehen, aber ich habe es getan, nicht Lucius.

Es ging alles nach Plan. Er hatte geschäftlich in der Nokturngasse zu tun, dass hatte ich schon vor zwei Wochen gewusst. In meiner Mittagspause habe ich mich mit Lucius getroffen, wir haben seine Spur aufgenommen. Wir haben ihn dann auch gefunden, in der Nokturngasse, dort, wo die Läden bereits leer stehen und sich niemand hin verirrt. Glaube, da war auch ein Geheimgang in die Muggelwelt, durch den Sirius als kleiner Junge mal vor unseren Eltern geflohen ist. Sirius ... Ich werde ihm nie wieder unter die Augen treten können!

Als er uns bemerkte - durch das Knirschen des Schnees unter unseren Sohlen waren wir vermutlich meilenweit zu hören, so kam es mir zumindest vor - hat er vermutlich verstanden, dass er in Gefahr war. Er hat nicht einmal versucht, zu fliehen. Und obwohl ich meine Uniform trug, hat er mich erkannt. Ich werde seine Stimme, seine Worte nie vergessen...

„Regulus...“, hat er geflüstert, „...ich wusste, dass es so enden würde. Weißt du? Insgeheim habe ich immer gehofft, du würdest werden, wie dein Bruder. Sirius ist ein Narr, dass wissen wir beide. Aber er weiß Richtig von Falsch zu unterscheiden. Das ist eine Fähigkeit, die dir fehlt.“

Ich wusste selbst nicht, was ich tat, aber ich hatte meinen Zauberstab sofort erhoben, schneller noch, als Lucius. Doch die Worte, die er sprach, bevor ich den unverzeihlichen Fluch abfeuerte - ich hätte mich nicht mehr bremsen können, selbst, wenn ich es gewollt hätte -, werde ich nie vergessen.

„Vielleicht hätte ich mich besser um dich kümmern sollen. Vergib mir, Regulus...“

Dann traf ihn der Fluch mit voller Wucht.

Immer, wenn ich die Augen schließe, höre ich seine Worte und sehe, wie er - wie in Zeitlupe - nach hinten kippt, die Augen weit aufgerissen und noch immer auf mich gerichtet. Mich, seinen Sohn, seinen Mörder.

Ich weiß nicht, wie ich es Mutter beibringen soll...

Ich bin ein Mörder. Orion Blacks Mörder. Vaters Mörder...

Es klingelt an der Tür. Vermutlich haben sie ihn gefunden. Ihn ... aber den Mörder unter seinem Dach nicht.
 

4. Dezember 1979

Mutter heult die ganze Zeit. Zum Glück ist sie zu viel mit sich selbst beschäftigt, als dass sie sich um mich kümmern würde. Ich könnte ihr nicht in die Augen sehen. Ich kann mich nicht einmal mehr selbst im Spiegel betrachten, denn langsam fange ich an zu realisieren.
 

7. Dezember 1979

Habe heute während meiner Mittagspause Sarah Chester getroffen. Als sie mich einsam an meinem Tisch sitzen sah, hat sie sich zu mir gesetzt. Die ganze Zeit hat sie nicht gesprochen, ich auch nicht. Sie hat ein Baguette mit Schinken gegessen, dass weiß ich noch. Nur, als sie wieder gegangen ist, hat sie kurz etwas gesagt.

„Du tust mir leid.“

Das und ihre Geste - sie hat mir die Hand auf die Schulter gelegt - hat sich genauso in mein Gedächtnis gebrannt, wie der Mord an Vater...
 

8. Dezember 1979

Heute wurde Vater beerdigt. Ich kann immer noch nicht wirklich glauben, dass ich es getan habe. Ich komme mir wie ein schlechter Schauspieler vor.
 

10. Dezember 1979

Sarah Chester hat sich heute wieder zu mir gesetzt. Sie arbeitet in Flourish & Blotts, das hat sie mir erzählt. Das und wie ihr Tagesablauf so ist. Dann, nachdem sie ihr Baguette - wieder mit Schinken, sie scheint das Zeug zu mögen - gegessen hatte, ist sie wieder gegangen.
 

11. Dezember 1979

Wieder hat sich Sarah Chester neben mich gesetzt, in der Mittagspause, wieder mit Schinkenbaguette. Sie redet von mal zu mal mehr, während ich nur zuhöre. Ich weiß selbst nicht warum, aber ihre Gesellschaft tut mir gut. Diesmal hat sie mir erzählt, dass sie dabei war, wie sie den Leichnam meines Vaters aus der Winkelgasse getragen haben, sie hatte gerade Mittagspause. Sie hat mich nicht gefragt, wer sowas getan haben könnte, wie all die anderen es ständig tun. Ich glaube, als sie meinen Blick gesehen hat, hat sie verstanden. Vielleicht wusste sie es auch schon, als sie sich zum ersten Mal neben mich gesetzt hat.
 

12. Dezember 1979

Diesmal hat sich Sarah Chester nicht zu mir gesetzt, sondern ich mich zu ihr, denn heute kam ich etwas später in dieses kleine Restaurant am Ende der Winkelgasse. Wir haben nicht viel gesprochen. Sie hat mich nach meiner Arbeit gefragt und ich habe ihr erzählt, was ich in der Bibliothek so mache. Ich genieße diese Treffen. Eines allein ist tausendmal wertvoller als alle, die ich je mit Philippa Goodwill hatte. Gleichzeitig habe ich Angst, dass einer aus dem erlesenen Zirkel mich mit ihr sieht, das könnte unser beider Ende sein.
 

13. Dezember 1979

Sarah war heute nicht im Restaurant. Bei Flourish & Blotts habe ich erfahren, dass sie krank sei. Bei diesem Wetter eigentlich kein Wunder.

Ich glaube, ich habe Angst um sie.
 

14. Dezember 1979

Heute war Sarah wieder da. Irgendwie wirkt sie noch immer leicht verschnupft auf mich. Nach der Arbeit habe ich sie nach Hause gebracht. Sie wohnt in einer schönen Gegend - für Muggelverhältnisse. Nein, eigentlich auch sonst. Ihre Wohnung gefällt mir - und ich bin noch kurz mit rauf gekommen. Aus kurz wurde etwas länger, die ganze Nacht.

Den halben Abend haben wir nur geredet. Ich habe ihr erzählt, dass ich ein Todesser bin, was ich getan habe, ihr sogar das dunkle Mal gezeigt. Sie hat mich nicht vor die Tür gesetzt und dafür bin ich ihr dankbar. Ganz im Gegenteil, sie scheint mich zu verstehen.

Ich glaube, die Vereinigung der Todesser ist nichts für mich. Ich werde aussteigen. Das habe ich endlich begriffen.

Für Vater kommt diese Einsicht zu spät.
 

16. Dezember 1979

Der dunkle Lord hat heute seine Villa eingeweiht. Der Prunk hat mich nicht halb so sehr beeindruckt, wie er es eigentlich hätte tun sollen.

Durch Zufall hörte ich ein Gespräch, dass nicht für meine Ohren - für niemands Ohren - bestimmt war. Der dunkle Lord hat anscheinend einen Horkrux erschaffen. Irgendwo habe ich darüber schon einmal gelesen. Ich frage mich, wo.
 

17. Dezember 1979

Habe mich heute wieder mit Sarah getroffen. Ich genieße die Stunde mit ihr, als sei es meine letzte. Nun, nach dem, was ich herausgefunden habe, könnte dem auch so sein. Ich habe das Buch wiedergefunden, in dem ich das Wort »Horkruxe« gelesen habe. Es ist »Tage der Nacht«. Demnach ist ein Horkrux ein Gegenstand, in dem ein Stück der eigenen Seele versiegelt wird. Solange der Gegenstand existiert, ist der Rest der Seele in ihrem Körper unsterblich. Wenn der dunkle Lord tatsächlich einen Horkrux erschaffen hat, sieht es für den Widerstand schlecht aus. Ich muss etwas tun. Und ich muss aus dieser Organisation raus. Ich werde den dunklen Lord bitten, mich zu entlassen. Ich habe das seltsame Gefühl, dass ich es tun muss und er mich nicht töten wird. Nicht sofort, jedenfalls.
 

18. Dezember 1979

Sarah hat mir das Medaillon, das sie von ihrer Großmutter vererbt bekommen hat, als Glücksbringer geschenkt. Hoffe, es bringt mir wirklich Glück. Übermorgen werde ich es brauchen...
 

19. Dezember 1979

Bin heute durch Zufall in den Besitz eines kleinen Fläschchens Felix Felicis gekommen. Ich weiß auch schon, wann ich es nutze. Ich hoffe, der dunkle Lord hat seinen Horkrux noch nicht an einen anderen Ort gebracht...
 

20. Dezember 1979

Ich habe heute dem dunklen Lord mein Anliegen vorgebracht und ich lebe noch!

Nachdem ich den Zaubertrank in einem Zug geleert hatte - ich schätzte die Dauer seiner Wirkung auf zirka sechs Stunden, für mein Vorhaben mehr als ausreichend -, bin ich zu seiner Villa appariert und habe ihn in seinem Thronsaal angetroffen. Furchtlos - es muss die Wirkung des Tranks gewesen sein - habe ich ihm berichtet, kein Todesser mehr sein zu wollen. Er hat unter einer Bedingung eingewilligt: ich sollte noch einen Auftrag für ihn erledigen, gegen Ende des Jahres. Natürlich habe ich angenommen, obwohl mir sehr wohl bewusst war, dass es sich um eine Falle handelte. Dann ließ er mich allein in diesem Saal, der an der Wand von unzähligen Vitrinen gesäumt war, in dem er verschiedenste Gegenstände aufbewahrt hat. Ich bezweifle, dass auch nur eines der Objekte rechtmäßig ihm gehört.

Wieder griff mir Felix unter die Arme. Unter all dem Plunder fand ich ein altes Medaillon, dass ich als Slytherins Erbstück identifizieren konnte und mir war sofort klar, um was es sich handelte. Kurzerhand nahm ich den Horkrux an mich und tauschte ihn gegen Sarahs Geschenk - ein Glück, dass ich es bei mir trug, aber es war schließlich mein Glücksbringer! - aus, das ich mit einem kleinen Zauber modifizierte, welcher es zumindest für die nächsten Tage tarnen durfte, hoffentlich genug, um das Original zu vernichten. Allerdings hinterließ ich dem dunklen Lord davor noch ein nettes Andenken im Inneren des falschen Medaillons, das vom Original nicht mehr zu unterscheiden war.

Dann habe ich das Anwesen verlassen, bin allerdings nicht - wie geplant - nach Hause zurückgekehrt, sondern zu Sarah gegangen. Ich habe das Gefühl, dass ich ihr alles anvertrauen kann!
 

Sie spürte Ginnys Blick im Nacken und sah auf.

„Könnte es sein, dass ihr nach diesem Horkrux sucht?“, fragte die Rothaarige mit einer Stimme, die man sonst nur von ihrer Mutter kannte.

Hermine nickte schwach. „Deswegen ist Harry nicht hier.“

Sie erwartete, dass das Mädchen ihren Gefühlen mit einen Wutausbruch Luft machte, doch dieser blieb aus. Stattdessen seufzte sie nur und blätterte eine Seite weiter.
 

21. Dezember 1979

Die Wirkung des Felix Felicis hat aufgehört. Ich kann nicht mehr schlafen, wach sein geht auch nicht. Ich habe Angst. Furchtbare Angst. Nur, wenn ich bei Sarah bin, fühle ich mich etwas sicher.

Schaffe es nicht, den Horkrux zu zerstören. Habe ihn deshalb mit »Tage der Nacht« in meinem Elternhaus versteckt, ich bezweifle, dass es irgendjemand findet, bevor zwanzig Jahre rum sind.
 

22. Dezember 1979

Werde Weihnachten bei Sarah verbringen.
 

23. Dezember 1979

Glaube, Mutter ahnt, dass mit mir etwas nicht stimmt, aber sie fragt nicht nach. Vaters Tod ist ihr nicht gut bekommen, obwohl er sie mit einer Muggel betrogen hat.
 

24. Dezember 1979

Habe heute in der Winkelgasse ein Weihnachtsgeschenk für Sarah gekauft und bin dabei auf Sirius getroffen. Der hat sofort gemerkt, dass mit mir etwas nicht stimmt, hat aber nichts weiter dazu gesagt. Ich habe meinen Mut zusammengenommen und ihn gefragt, was ich mit dem Spiegel anfangen soll. Er hat nur gesagt, dass er das Gegenstück hätte, was mich nicht sonderlich weiter bringt. Ich denke, ich sollte ihn gut aufheben.
 

26. Dezember 1979

Ich bin immer noch bei Sarah. Einen ganzen langen Tag konnte ich meine Ängste vergessen und wieder ich selbst sein. Es war das schönste Weihnachten, das ich je hatte. Sie hat sich richtig über die Kette gefreut, die ich ihr geschenkt habe. Von ihr habe ich ein Buch bekommen, es ist mein erster Roman, den ich je lesen werde, noch dazu ist er von einem Muggel geschrieben.

Denke, ich werde noch bei Sarah übernachten, bevor ich in den Alltag zurückkehre.
 

27. Dezember 1979

Habe eine wundervolle Nacht mit Sarah verbracht. Sie hat einen Drohbrief erhalten, ich fürchte, SIE wissen jetzt, dass ich mit ihr zusammen bin. Schließlich habe ich sie überreden können, zu ihrem eigenen Schutz ins Ausland zu gehen. Am liebsten wäre ich bei ihr geblieben, doch das war nicht möglich.
 

Jetzt bin ich wieder zu Hause und die Angst ist zurück. Ich weiß nicht, was ich tun soll...
 

28. Dezember 1979

Ich habe mich heute ein letztes Mal mit Sarah getroffen. Nach einem letzten Gespräch - ihre Koffer hatte sie bereits gepackt - ist sie appariert. Sie hat mir versprochen, Briefe zu schreiben, doch ich ahne, dass sie nicht bei mir ankommen werden.

Tief in meinem Inneren weiß ich, dass ich sie nie wieder sehen werde.

Ich vermisse sie.
 

29. Dezember 1979

Ich lese jede freie Minute an dem Roman, den Sarah mir geschenkt hat. Zur

Arbeit gehe ich nicht mehr.

Mir rinnt die Zeit davon.
 

30. Dezember 1979

Meine Uhr sagt mir, dass es um zehn in der Nacht ist.

Bin soeben mit Sarahs Roman fertig geworden.

Die Angst wird immer größer.

Ich werde sterben.

Ich weiß es.
 

Es ist eine Stunde vor Mitternacht.

Mutter heult vor meiner Tür, aber ich werde ihr nicht öffnen.

Sein Ruf kann jeden Augenblick kommen.

Immer, wenn ich meine Augen schließe, sehe ich mein Leben an mir vorbeilaufen. Ich habe so viele Fehler gemacht.

Ich wünschte, ich könnte Sarah noch einmal sehen.

Doch ich kann es nicht.

Ich hoffe sie vergibt mir.
 

Halb zwölf.

Ich kann nicht mehr klar denken.

Zusammenhanglose Bilder tauchen vor meinem inneren Auge auf.

Ständig sehe ich Vaters toten Körper.

Warum habe ich das nur getan?
 

Zehn vor zwölf.

Ich habe einen Brief an Sirius geschrieben.

Ich hoffe, er vergibt mir.
 

Fünf vor zwölf.

Ich muss den Brief an Sirius abschicken.
 

Drei vor zwölf.

Ich traue mich nicht.
 

Zwei vor zwölf.

Mutter ist vor der Tür eingeschlafen.
 

Eins vor zwölf.

Leere.
 

31. Dezember 1979
 

Mitternacht...
 


 

Er ruft mich.

Neuigkeiten aus Dover

A/N: Keine Lust auf eine Authors Note. Lest und kommentiert einfach, wenn ihr wollt. *gähnt*
 

zeh NIX
 


 


 

30. Dezember 1997 (Grimmauldplatz Nr. 12, London, England)

Die restlichen Seiten waren leer.

Plötzlich steckte ihr eine unsagbare Müdigkeit in den Gliedern. Wie benommen legte sie das Tagebuch beiseite. Jähes Mitleid flammte in ihr auf, doch sie schluckte es hinunter. Ron starrte neben ihr ins Leere und seiner Schwester erging es ähnlich. Allerdings war die Rothaarige die Erste, die aus ihrer Lethargie erwachte. Ruckartig stand sie auf und sah auf die Wanduhr.

„Wir haben das Mittagessen verpasst. Ich glaube, ich gehe kurz runter in die Küche. Wollt ihr auch was zu Essen? Ich bring euch was mit.“

Mit diesen Worten hatte sie auch schon den Raum verlassen.

Sie spürte Rons skeptischen Blick in ihrem Nacken und stand ebenfalls auf.

„Denke, wir sollten auch gehen. Vielleicht finden wir ja das Medaillon.“
 

Natürlich fanden sie das Medaillon nicht. Im Prinzip hatte sie bereits damit gerechnet. In ihrem Hinterkopf spielte sich immer wieder eine bestimmte Szene ab, die sich letztes Jahr in Hogsmeade ereignet hatte. Damals hatte Harry Mundungus Fletcher mit Diebesgut, das mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem Hause der Blacks stammte, erwischt. Nun hatte sie das ungute Gefühl, dass sie den Horkrux dort unbewusst gesehen hatte, unter dem ganzen Tafelsilber und den anderen Wertgegenständen. Ron erzählte sie von diesem Verdacht nicht.

Der Horkrux blieb verschwunden. Stattdessen machten sie eine ganz andere äußerst interessante Entdeckung. Und diese verdankten sie nur Rons Tollpatschigkeit.

Während Hermine erneut zwischen den alten - nicht immer ungefährlichen - Erbstücken der Blacks wühlte, betrat Ron, bepackt mit einem Tablett Sandwiches und dicht gefolgt von Ginny, den Raum. Abendbrotzeit.

Bevor er das Tablett jedoch auf einer der Kommoden abstellen konnte, stolperte er und fiel der Länge nach hin.

„Na Brüderchen, kannst du mal wieder nicht den rechten Fuß vom linken unterscheiden?“, lachte Ginny und fischte ihm ein Sandwich aus dem Haar.

„Ach halt doch die Klappe!“, murrte dieser daraufhin missgelaunt und krabbelte auf allen Vieren zu der Stelle, an der er gestolpert sein musste, während Hermine sich daran machte, ihr Abendbrot per Zauber wieder aufzusammeln. Die Jüngste kniete sich indes zu ihrem Bruder. „Wenn du den Grund für deinen - recht belustigenden - Sturz suchst, solltest du dir lieber den Rest deines Körpers anschauen und nicht den staubigen Boden!“

Mit einer unwirschen Handbewegung wischte er die Worte seiner Schwester fort und tastete weiter den Boden ab. Und anscheinend wurde er fündig.

„Hier! Eines der Bretter ist lose! Das ist ja lebensgefährlich!“, schnaufte er schließlich missmutig, doch mit leisem Triumph in der Stimme und zerrte an einem der alten Holzbretter.

Ginny lachte nicht mehr. Stattdessen spähte sie in das freiwerdende Loch.

„Hey, Leute! Ich glaub, da ist was drunter!“

Kaum eine Minute später stellte sich heraus, dass Ginny Recht behalten sollte. Unter dem Dielenbrett lagen mehrere Sachen. Zwei Bücher, ein Spiegel, mehrere Fotos und ein alter, vergilbter Briefumschlag.

Wie sich herausstellte, handelte es sich bei den Büchern um Tage der Nacht und einen Muggelroman. Der Spiegel ähnelte dem, den Regulus Black seinem Tagebuch zufolge von seinem Bruder geschenkt bekommen hatte. Die Fotos zeigten fast alle eine junge Frau mit blonden Haaren, auf einigen war zusätzlich ein schwarzhaariger Mann zu sehen, der zweifelsfrei Regulus Black war. Der Brief schließlich war mit derselben schwarzen Tinte in derselben feinen, aber zittrigen Handschrift beschrieben, wie die letzten Seiten des Tagebuches, und an einen gewissen Sirius O. Black adressiert...

Tage der Nacht, Spiegel und Brief steckte Hermine ein, um es später Harry zu zeigen, den Roman und die Fotos legte sie zurück unter das lose Dielenbrett. Dann verließ sie ohne ein Wort Regulus Blacks ehemaliges Zimmer...
 

31. Dezember 1997 (Ottery St Catchpole, Grafschaft Devon, England)

Die Nachricht, Harry sei gesund und munter im Fuchsbau aufgetaucht, erreichte sie gegen Mittag. Nach einer hitzigen Diskussion und - nur halb - geheuchelter Sorge um Harry, erlaubte Remus Lupin - Mrs Weasley war im Morgengrauen zum St. Mungos Hospital aufgebrochen, um Percy zu besuchen, der noch immer im Koma lag – ihnen am späten Nachmittag, ebenfalls nach Ottery St. Catchpole zurückzukehren. Diesmal wieder mit Begleitschutz, der auf Seit-an-Seit-Apparieren bestand: Mad-Eye Moody und jener junge braunhaarige Mann, mit dem sie seinerzeit vom Bahnhof Kings Cross zum Fuchsbau appariert war, sich jedoch wieder nicht vorstellte. Genauso wie schon kurz vor Weihnachten apparierte sie mit eben jenem Mann, während Ron diesmal Lupin abbekam und Ginny mit Moody Vorlieb nehmen musste.

Schließlich standen sie alle sechs auf dem zugeschneiten Weg, der vom Dorf direkt zum Weasleyhaus führte.

Im ebenfalls verschneiten Vorgarten wartete bereits Harry auf sie, breit grinsend. Fred und George standen zu seinen Seiten und hatten gewichtige Mienen aufgesetzt, als seien sie seine Bodyguards. Kaum hatte Ginny ihren Freund gesehen, war sie auch schon zu ihm gelaufen und umarmte ihn stürmisch, was er mit einem Lachen quittierte.

„Harry! Wo warst du? Ich habe mir solche Sorgen gemacht!“

„Hast du gehört, Fred? Sie fragt, wo er gewesen sei?“

„Natürlich, George. Dumm nur, dass er sich zu dieser Frage nicht weiter äußert!“

„Nichts hat er uns gesagt, leider.“

„Aber wir erahnen trotzdem, wo er sich rumgetrieben hat.“

„Als er nämlich zurückgekehrt ist...“

„...stank er erbärmlich...“

„...nach Fisch!“, beendeten die Zwillinge feixend ihr kleines Spiel.

„Ach hört doch auf, ihr beiden!“, murrte ihr Opfer und machte eine wegwischende Handbewegung, doch das brachte die beiden Weasleys nur noch mehr zum Lachen.

„Last uns rein gehen. Mir ist kalt.“

Nachdem sie zusammen das Abendbrot, das, der Qualität nach zu urteilen, von den Zwillingen stammte, eingenommen hatten, verschwanden Ron, Ginny und Hermine mit Harry in Rons Dachkammer. Dort erzählten sie Harry, was sie herausgefunden hatten und auch, dass Ginny nun von den Horkruxen wusste, was Harry allerdings nicht halb so sehr verunsicherte, wie sie es eigentlich erwartet hätten.

„Das heißt also, Regulus Black war wirklich R.A.B.. Er hat Voldemort den Horkrux geklaut, bevor dieser ihn verstecken konnte. Dann hat er es allerdings nicht mehr geschafft, ihn zu vernichten, weil sein ehemaliger Meister ihn zu sich bestellt hatte, um ihm eine letzte Mission aufzutragen und ihn, vermutlich nach Abschluss der Mission, zu ermorden.“, fasste der Schwarzhaarige schließlich die Situation zusammen und starrte auf das Tagebuch in seinen Händen, welches er vermutlich noch in derselben Nacht lesen würde.

„Sieht so aus. Und ich glaube auch, zu wissen, worin die Mission bestand. Wisst ihr noch, was wir im Propheten gelesen haben? Das Regulus Blacks Leiche an der Küste gefunden wurde. Voldemort hat den - gefälschten - Horkrux an der Küste versteckt. Er kann dies erst getan haben, nachdem Black den Horkrux gestohlen hat. Vielleicht war Regulus bei ihm, als Voldemort das Medaillon in dieser Höhle versteckt hat? Zum Beispiel um Wache zu halten? Und als er ihn nicht mehr brauchte, Zack! Hat er ihn entsorgt, das dunkle Mal über seiner Leiche aufsteigen lassen und ist verschwunden. Später hat er sich nicht mehr um seinen Horkrux gekümmert und deswegen auch nicht gemerkt, dass der Verwandlungszauber mit der Zeit seine Wirkung verloren hatte und er geleimt worden war.“

„Klingt plausibel, ja.“, flüsterte Harry und nickte ihr gedankenversunken zu.

Nun mischte sich auch Ron, der die ganze Zeit Regulus Blacks Spiegel in den Händen drehte, ein. „Ich frage mich nur, warum er nicht einfach davon gelaufen ist und sich versteckt hat.“

„Karkaroff haben sie auch gefunden und ermordet und er hat sich mit Sicherheit gut versteckt.“, antwortete Ginny mit finsterem Blick.

„Außerdem schien es, als sei er starr vor Angst. Und ich bin mir sicher, dass er Sarah Chester schützen wollte, indem er sich als Zielscheibe anbot.“

„Scheint, als hatte Sirius einen falschen Eindruck von seinem Bruder.“

Für einen Moment herrschte Stille zwischen den vier Freunden und es waren nur die Stimmen der Erwachsenen in den unteren Stockwerken und das Stöhnen des Guhls über ihnen zu hören. In ihr war erneut Mitleid für den Besitzer des Tagebuchs aufgeflammt und blockierte ihr Denkvermögen. Nur mühsam konnte sie dieses Gefühl hinunter würgen, doch schließlich gelang es ihr. „Und? Wo warst du überhaupt? Hättest du nicht wenigstens uns sagen können, wo du hingehst?“

Der Schwarzhaarige sah erneut zu ihr auf und schluckte. Anscheinend hatte er diese Frage bereits gefürchtet.

„Ich wusste ja selbst noch nicht, wo genau ich hingehen würde.“, antwortete er mühsam.

„Das beantwortet meine erste Frage nicht, Harry. Wo warst du?!“

Nach einer kurzen Stille erwiderte er: „Dover.“

„Dover?!“, fragten sie und Ron wie aus einem Mund, doch der angesprochene nickte nur.

„Harry ... Was wolltest du in Dover?“, flüsterte nun auch Ginny und drückte sich etwas dichter an ihn. Wie Hermine erst jetzt erkannte, trug sie noch immer die Kette, die er ihr zu Weihnachten geschenkt hatte.

Unsicher zuckte der Schwarzhaarige mit den Achseln. „Erinnert ihr euch an unser Treffen mit Mundungus Fletcher in Hogsmeade? Er trug doch damals einen Sack bei sich, über und über voll mit Wertgegenständen aus dem Haus der Blacks? Das hat mich auf die Idee gebracht, dass er vielleicht auch das Medaillon erwischt haben könnte.“

„Was hat Mundungus und sein Diebesgut mit Dover zu tun?“, fragte Ron, sichtlich verwirrt. Doch sie kannte die Antwort. Sie atmete einmal tief durch, bevor sie ihre Vermutung äußerte. „Am Tag nach Bills Hochzeit hat George uns doch erzählt, sie hätten Mundungus Leiche gefunden. Und dreimal darfst du raten, wo! Unten in Dover.“

Harry nickte zustimmend. Nun, da das Gespräch in Gang war, fiel es ihm anscheinend sichtlich leichter, zu reden. „Exakt. Nachdem ihr verschwunden wart und nur noch Moody und ich vorm Fuchsbau standen, hab ich die Gelegenheit beim Schopf gepackt und bin in die Hafenstadt appariert. Dann hab ich mich durchgefragt. Hat mich zwei Tage gekostet, aber schließlich hab ich den Ort gefunden, wo er gestorben ist. Anscheinend hat die Muggelpolizei ihn vor den Auroren gefunden. Sah zumindest danach aus, den seltsamen Schmierereien auf dem Boden nach zu urteilen. Genauer haben die Penner, die dort am Hafen rumlungern, ihn gemeldet.“

Auch Ron war mit einem Schlag wieder wach. „Hast du was gefunden?“

„Einen Trinkpokal aus dem Tafelsilber der Familie Black, aber ich bin noch nicht fertig.“, erwiderte Harry. „Jedenfalls... Wo war ich? Ah ja, die Penner im Hafenviertel. Nun, ich hab mich bei ihnen durchgefragt. Hat sich dann rausgestellt, dass Dung wohl öfter bei ihnen übernachtet hat und irgendwann immer auf seltsame Art und Weise verschwunden ist. Natürlich ist er appariert, aber das konnten die Muggel schließlich nicht wissen. Notgedrungen hab ich dann auch bei denen übernachtet. In einer der Fabrikhallen. Nun, die Muggel lagern dort Fischreste zwischen und ich lag eine Nacht lang mitten drin. Kein Wunder also, dass Fred und George dachten, ich wäre mit einem Fischkutter über den Kanal geschippert. Aber es hat sich gelohnt. Am nächsten Morgen haben sie mir verraten, dass Mundungus sein Diebesgut wohl immer in einer anderen Halle lagerte. Jedenfalls sei er regelmäßig mit irgendwelchem Krimskrams da rein marschiert und mit leeren Händen wieder raus. Nach seinem Tod haben die Obdachlosen zwar nach dem ganzen Plunder gesucht, aber nichts gefunden. Ich schon.“

Ein triumphierendes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er fortfuhr. „Ziemlich viel Mist war dabei. Auch Muggelsachen, aber vor allem irgendwelches Zeug, das ihm mit Sicherheit einen längeren Aufenthalt in Askaban eingebracht hätte. Außerdem hab ich einiges von dem wiedergefunden, das er aus dem Blackschen Haushalt hat mitgehen lassen, darunter mehrere Bücher mit vergoldeten Einbänden und äußerst interessantem Inhalt, Schmuck, Besteck, ja sogar Fotorahmen und so'n Zeug. N paar der Dinge fand ich recht nützlich, weshalb ich sie gleich eingesteckt habe. Den Rest hol ich bei Gelegenheit auch noch. Jedenfalls war zum Beispiel das Gegenstück zu dem Zwei-Wege-Spiegel, den Sirius mir vor 'ner Ewigkeit geschenkt hat, jene Bücher über - zumeist schwarzer - Magie und n paar Fotos von Sirius als Kind und seinem Bruder, sie scheinen sich schon damals nicht gemocht zu haben, dabei. Ah ... und natürlich das hier.“

Einen Moment hielt er inne, vermutlich, um seine Worte wirken zu lassen, dann griff er nach seinem Umhang, den er locker über einen Stuhl geworfen hatte. Er schien nicht einmal suchen zu brauchen, denn er fand den Gegenstand auf Anhieb. Als er seine Hand wieder aus der Tasche zog, hielt sie ein schweres goldenes Amulett, das an einer rustikalen Kette hing. Auch wenn sie das große S auf der Oberfläche nicht hätte schimmern sehen, hätte sie genau gewusst, dass es sich nur um einen Gegenstand handeln konnte.

Slytherins Medaillon

A/N: Wollt ihr wirklich Ausrede hören, warums nicht weiter ging? Aye: Mein Studium hat mit voller Wucht ausgeholt und versucht, mich zu erschlagen...
 

lg

NIX
 


 

31. Dezember 1997 (Ottery St. Catchpole, Grafschaft Devon, England)

„Slytherins Medaillon!“, keuchte Ron und seine Schwester ging mit ihrer Vermutung noch einen Schritt weiter: „Der Horkrux!“

Harry nickte verhalten.

Den Blick noch immer auf das Schmuckstück gerichtet fragte sie: „Hast du den Horkrux schon vernichtet?“

„Ich habe es versucht, aber ich habe es nicht geschafft, nein. Um ehrlich zu sein hatte ich gehofft, dass ihr eine Methode finden würdet.“

„Haben wir leider nicht. Aber du hast doch schon mal einen Horkrux vernichtet! Riddles Tagebuch! Damals hast du dem Ding doch mit einem Basiliskenzahn den Gar ausgemacht? Könnten wir das nicht wieder machen?“, fragte Ron und näherte sich mit dem Gesicht dem harmlos wirkenden aber doch schwarzmagischen Objekt.

„Das Problem ist nur, dass wir diesmal keinen Basiliskenzahn haben.“, erwiderte Harry trocken und legte das Medaillon außerhalb von Rons Reichweite auf den Nachtisch neben dem Bett, auf dem er saß. „Ich habe bereits versucht, es kaputt zu hexen, aber mir ist nicht einmal gelungen, ihm auch nur einen Kratzer zuzufügen, geschweige denn, es zu öffnen.“
 

1. Januar 1998 (Ottery St. Catchpole, Grafschaft Devon, England)

„Alohomora!“, donnerten nun schon zum wiederholten Male die Stimmen von Harry, Ron und Ginny, während sie um den Horkrux standen und ihre Zauberstäbe auf eben selbigen richteten. Natürlich brachte er auch dieses Mal nicht die geringste Wirkung.

„Es ist zum Verrücktwerden! Hermine, jetzt hilf uns doch endlich, vielleicht schaffen wir es zu viert!“

Zwar schnaufte sie missbilligend, doch sie sah nicht einmal von ihrem Buch auf.

Es war nahe Mittag. Seit Stunden - genauer seit Beendigung des Frühstücks - waren sie nun schon auf dieser zugeschneiten Wiese, die zu allen Seiten von Bäumen und Gebüsch verhüllt wurde. Während Harry, Ron und Ginny nun schon zum dreizehnten Mal alle Zauber und Flüche, die sie kannten und von denen sie sich irgendeine Wirkung erhofften, auf den Horkrux sprachen, saß sie seit Durchgang Nummer zwei, in mehrere Decken gehüllt, neben einem Baum, um dessen Stamm sie den Schnee weggeschmolzen hatte.

„Das hat es beim ersten Versuch auch schon nicht. Wieso sollte es dann jetzt funktionieren?“

„Musst du denn immer so pessimistisch sein? Mein Gefühl sagt mir...“

„...das du Hunger hast?“, fragte sie den Rothaarigen spöttisch.

Dieser verschränkte wütend die Arme vor der Brust. „Das auch. Aber ich glaube, dass wir es schaffen, wenn wir es nur lange genug versuchen!“

Erneut schnaubte sie und sah nun endlich auf. „Ron. Das Ding hat nicht einen Kratzer, obwohl ihr nun schon dreizehn Mal euer gesamtes Flucharsenal darauf abgefeuert habt.“

Rons Gesicht verfärbte sich rosa und er verstummte. Stattdessen ergriff nun Harry das Wort. „Was liest du da eigentlich?“

Tage der Nacht. Regulus Black hat durch dieses Buch herausgefunden, was ein Horkrux ist, vielleicht finde ich hier drin auch eine Methode, ihn zu vernichten.“

„Na dann such mal. Das ist doch genauso nutzlos, wie unsere Zauberei. ALOHOMORA!“, rief Ron erneut. Doch statt sich zu öffnen sprang das Medaillon zirka einen halben Meter in die Luft und fiel dann wie ein Stein zu Boden.

Mit einem missbilligenden Blick klappte sie das Buch zu, wickelte sich aus den Decken, welche sich sofort darauf in Luft auflösten, und ging davon.

„Was hat sie denn jetzt schon wieder? Es hat doch wenigstens mal einen Effekt!“, hörte sie Ron noch entrüstet stottern.

Sollten die drei sich doch die Finger wund hexen! Damit würden sie den Horkrux auch nicht öffnen können. Sie hingegen hatte bereits eine Idee, wie es gelingen könnte, doch vorher brauchte sie noch etwas aus dem Inventar von Fred und George, einen Trank aus der Weasleyschen Hausapotheke und ein Messer.
 

Eine geschlagene halbe Stunde und zehn Zauberhafte Zauberscherze der Weasleyzwillinge später verließ sie schließlich, noch immer entnervt, den Fuchsbau und stapfte durch den Schnee zurück zur Koppel. Mittlerweile hatte es erneut zu schneien begonnen, heftiger als noch am Morgen, und es schien nicht so auszusehen, als würde sich das Wetter in nächster Zeit umstimmen lassen. Als sie die zugeschneite Wiese schließlich erreichte, musste sie feststellen, dass zumindest Ron und Harry es noch nicht müde waren, Flüche auf das Medaillon zu sprechen.

„Kein Kratzer. Aber ich glaube, langsam vergeht ihnen die Lust.“, berichtete Ginny, die sich, nun ebenfalls in Decken gehüllt, an einen der Bäume gelehnt hatte.

„Nichts, was ich nicht erwartet hätte.“, flüsterte sie der Rothaarigen zu und setzte dann ihren Weg fort.

„Alohomora!“, befahl Ron erneut, doch seine Stimme klang recht kratzig, als würde sie ihm bei Zeiten den Dienst versagen.

Der Schwarzhaarige hingegen bemerkte sie und hielt inne. „Irgendwas Brauchbares entdeckt?“

„Könnte man so sagen ja.“

Nun sah auch Ron auf, anscheinend leicht verdattert über ihr plötzliches Erscheinen. „Genug dein zartes Gesäß gewärmt und endlich Zeit, uns zu helfen?“, krächzte er.

Ohne auf seinen Kommentar zu reagieren kniete sie neben dem Medaillon nieder und griff zu dem Messer. Bevor einer der Drei - Ginny war dazu gekommen - etwas sagen, ja nur einen Laut von sich geben konnte, schnitt die Klinge auch schon in ihr Fleisch. Sie biss die Zähne zusammen, während sie die Schneide über ihren Unterarm zog. Sofort quoll Blut aus der frischen Wunde, welches sie auf das Schmuckstück tropfen ließ.

Einen Moment geschah nichts.

Dann, plötzlich, sickerte der Lebenssaft in den Gegenstand, als sei dieser ein Schwamm und einen weiteren Augenblick später klappte er wie von selbst lautlos auf.

Dem Laut nach zu urteilen, den Ron von sich gab, war er schwer beeindruckt und auch Harry und Ginny - einmal öfter seltsam nah beieinander stehend - schienen verblüfft. Der Schwarzhaarige beugte sich zu dem Horkrux hinunter und griff nach der Kette. Sie flog ihm nahezu in die Hand. Für den Bruchteil einer Sekunde, als Harry das Metall berührte, schien die Zeit kurz still zu stehen und in einem dunklen Dämmerlicht zu versinken, doch dann erhob sich der Junge, als sei nichts gewesen und betrachte fasziniert das Bild in dem aufgeklappten Medaillon, welches er auf Augenhöhe baumeln ließ. Fast schien es, als sei alles Böse aus dem Schmuckstück gewichen.

„Ist es... War es das? Ist der Horkrux zerstört?“, keuchte Ron, noch immer erstaunt.

„Vielleicht.“, antwortete Harry, ohne den Blick von dem Anhänger zu nehmen.

Der Rothaarige atmete laut aus, bevor sein Blick auf die beiden anderen Gegenstände in ihrer Hand fiel. „Was wolltest du damit?“

„Ein Heiltrank für meine Wunde und ...“

Weiter kam sie nicht.

„Vielleicht aber auch nicht! EXPELLIARMUS!“, rief Harry.

Sein Zauber traf sie hart und schleuderte sie einige Meter in den Schnee. Sowohl Zauberstab als auch Heiltrank fielen ihr aus der Hand. Entfernt hörte sie, wie Ginny erschrocken aufschrie und dann ebenfalls entwaffnet wurde.

Benommen richtete sie sich auf und sah gerade noch, wie Harry Rons kläglichen Fluch blockte. Der Zauber des Rothaarigen prallte von einem unsichtbaren Schild ab und traf ihn selbst, woraufhin auch er zu Boden ging. Verzweifelt sah sie sich um, doch ihr Zauberstab lag zu weit entfernt. Kurzentschlossen griff sie nach dem nächstbesten Gegenstand und warf ihn auf ihren Freund, der gerade einen weiteren Fluch über den Weasley aussprechen wollte. Mehr zufällig als wirklich berechnet - der Schmerz in ihrem Arm störte sie beim Zielen - traf sie den Schwarzhaarigen. Eigentlich hatte sie versucht, den Gegenstand so zu werfen, dass er den Fluch blocken würde, doch auch so verrichtete er seine Arbeit gut. Ein feiner weißer Nebel stieg aus dem Würfel, den sie sich von Fred geliehen hatte. Es schien fast so, als würde er sich von selbst auf Harry stürzen und ihn vollends umschließen. Wie von weitem hörte sie ihren Freund erstickt aufschreien, dann erlosch der Zauber. Einen Moment stand der Junge reglos, dann glitt das Medaillon aus seiner Hand und er klappte wie in Zeitlupe zur Seite und fiel bewusstlos in den Schnee.

„Was zum Teufel ist denn in ihn gefahren?!“, keuchte Ron entsetzt und rappelte sich wieder auf.

„Ich wette zehn Galleonen, dass es der Seelenteil von Voldemort war, der im Anhänger eingeschlossen war. Durch das Öffnen müssen wir ihn befreit haben.“, erwiderte Ginny und warf einen Blick auf ihren reglosen Geliebten, bevor sie ihren Zauberstab aufhob und unverwandt auf den Horkrux richtete.

„Einer eine Idee, wie wir ihn vernichten sollen?“

Auch Ron hatte sich nun seinen Zauberstab zurückerobert und sah zwischen seiner Schwester und der Gefahr hin und her. „Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, Magie anzuwenden? DIFFINDO!“

Der Zauber verfehlte seine Wirkung nicht, doch statt das Medaillon zu zerstören, ließ es lediglich Rons Umhang zerreißen.

Entsetzt schrie dieser auf und sah an sich hinunter.

„Der Zauber ist nicht stark genug. Es muss weiße Magie sein!“

„Und was stellst du dir darunter vor?!“, fauchte der Rothaarige, während er noch immer den Riss in seinem Kleidungsstück begutachtete.

Hermine seufzte leise und nahm ihren Zauberstab, den Ginny ihr reichte. Im Augenwinkel sah sie, wie Harry sich wieder aufrichtete, das Medaillon erneut in der Hand und anscheinend nicht ganz bei Sinnen. Ohne zu zögern sprach sie den Zauber: „EXPECTO PATRONUM!“

Erneut bildete sich feiner, silberner Nebel, doch diesmal kam er aus der Spitze ihres Zauberstabes und formte sich zu einem Otter, der auf das Medaillon in Harrys Hand zustürzte. Der Junge reagierte schneller, als sie erwartet hätte. Binnen eines Wimpernschlages hatte er erneut einen Zauber gesprochen - genauer nicht gesprochen sondern nur gedacht - und seinen Zauberstab auf die Angreiferin gerichtet. Sein Fluch riss sie einmal öfter zu Boden. Einem Moment war ihr schwarz vor Augen. Wie von fern hörte sie einen Aufschrei, vielleicht hatte ihr Patronus doch noch sein Ziel erreicht. Als nächsten merkte sie, wie sie zitternd, mit dem Gesicht nach unten, im Schnee lag. Vorsichtig richtete sie sich auf. Während ihrer kurzen Ohnmacht hatte Ron sich auf Harry gestürzt und raufte sich nun auf dem Boden mit ihm. Mehr oder minder blind schlug er auf seinen Freund ein und tatsächlich gelang es ihm, ihm das Medaillon aus der Hand zu schlagen. Es fiel einige Meter entfernt in den Schnee. Doch diesmal hatte Harry, oder viel mehr Voldemort selbst, anscheinend nicht vor, sich geschlagen zu geben. Es gelang ihm, den Rothaarigen von sich zu stoßen und seinen Zauberstab wiederzuerlangen.

Bevor er jedoch einen Fluch sprechen konnte, schien die Welt einmal öfter still zu stehen und in einem Dämmerlicht zu versinken. Wie in Zeitlupe blickte Hermine zu dem Medaillon. Ginny hielt es in der Hand und schien fest zuzudrücken. Auch die Blicke von Ron und Voldemorts Seelenrest wandten sich dem Mädchen zu.

„Ginny! Bist du verrückt? Das Ding ist gefährlich!!!“

Das Mädchen antwortete nicht. Stattdessen sah sie weiter zu Harrys Körper und beachtete den Gegenstand in ihrer Hand gar nicht. Dann, genauso plötzlich, wie die Zeit innegehalten hatte, trat eine weitere Veränderung ein. Das Dämmerlicht schwand und ganz langsam stieg dunkler Rauch aus dem Schmuckstück auf. Ein Zischen erfüllte die Luft. Harry schrie abermals auf. Sein Schrei klang furchtbar unwirklich in ihren Ohren und sie bekam nur im Augenwinkel mit, wie er in die Knie ging.

Plötzlich hörte der Spuk auf. Ginny sackte leicht zusammen und wandte ihren Blick wieder dem Medaillon in ihrer Hand zu, das nun einen seltsamen, dumpfen Farbton angenommen hatte.

„Was hast du...?“ Bevor sie weiter sprechen konnte, fiel ihr das kleine Fläschchen in Ginnys anderer Hand auf.

„Du hast ihn darüber gegossen?“, fragte Hermine ungläubig.

Die Rothaarige nickte leicht. „Nachdem ich meine Hände damit eingerieben hatte, ja. Ich dachte, wenn man das Medaillon mit Blut öffnen konnte, könnte man ihm vielleicht auch Schaden, indem man die gerissene Wunde »heilt«. Schätze, ich hatte Recht.“

„Das heißt, der Horkrux ist... zerstört?“

Erneut nickte die Rothaarige und sah dabei zu ihrem Bruder. Dann schien ihr Blick auf Freund zu fallen, der bewusstlos im Schnee lag.

„Harry!“

Alle drei waren sofort bei ihm. Nach einer Schrecksekunde stellten sie erleichtert fest, dass er noch am Leben war und das Medaillon auch sonst keine Spuren hinterlassen zu haben schien.

„Was machen wir jetzt mit ihm?“, frage Ginny ratlos, Harrys rechte Hand umklammernd.

Hermine hielt seine Linke. „Wir müssen ihn warmhalten, denke ich. Vielleicht kommt er von allein zu sich. Bringen wir ihn hoch in sein Zimmer.“

„Hoch in sein Zimmer? Mum bringt uns um, wenn sie ihn so sieht!“, keuchte Ron und blickte entsetzt in die Runde. Seine Schwester nickte nach kurzem Zögern bedächtig.

Doch da erklang auch schon die Stimme der Weasleymutter und einen Moment später stand sie, in eine sehr modischen Küchenschürze gekleidet und mit einem Kochlöffel bewaffnet zwischen dem Gebüsch und schrie auf, als sie den reglosen Körper des Schwarzhaarigen erblickte...

Kein Weg zurück

31. März 1998 (Hogwarts, Schottland)

Auf leisen Sohlen, aber unaufhaltsam, hatte der Frühling Einzug in die alten Schlossländereien gehalten. Die Stellen, die die Sonne mit ihren noch zaghaften Strahlen erreichen konnte, waren bereits vom Schnee befreit. Nichts ließ darauf schließen, dass die gesamte Schule in äußerster Gefahr schwebte, wie auch der Rest der Zaubererwelt.

Wie jeden Tag saß Hermine mit Ron, Harry - und neuerdings auch Ginny - in der Spitze des Gryffindorturmes, ihrem Zimmer. Doch im Gegensatz zu den vergangenen Jahren, die sie zumeist einige Stockwerke tiefer im Gemeinschaftsraum verbracht hatten, lernten sie kaum für den Unterricht, obwohl die UTZ-Prüfungen der Siebtklässeler nun unmittelbar bevorstanden. Stattdessen wälzten sie alte und älteste Bücher und durchforsteten sie nach Magien, die ihnen nützlich sein konnten. Dabei achteten sie auf jeden noch so kleinen Zauber, vom Aufspürzauber bis zum wirklich starken Fluch.

Nach der Vernichtung des dritten Horkruxes hatte sich Harry rasch erholt, obwohl er keinerlei Erinnerung an den Tag zu haben schien. Ihr kleines Abenteuer hatte ihnen vor Augen geführt, wie gefährlich und unberechenbar ihr Unternehmen doch war. In der Suche nach den Horkruxen selbst waren sie kaum weiter gekommen. Den einzigen Anhaltspunkt, den sie hatten, war zum wiederholten Male Regulus Blacks Tagebuch. Ausgerechnet Ron war während einer ihrer Stunden in Hermines Zimmer darauf gestoßen. Als er einmal öfter das Buch zur Hand genommen hatte, waren ihm jene Seiten ins Auge gefallen, auf denen Regulus beschrieb, wie er zum Todesser wurde. Dabei hatte dieser auch einen Becher erwähnt, der vermutlich nicht ohne Grund dort gestanden hatte.

Seitdem hatte Hermine einmal öfter dicke Wälzer aufgeschlagen, auf der Suche nach einer Insel, die der Beschreibung Blacks ähnelte. Tatsächlich war sie fündig geworden. Insgesamt gab es nur vier Inseln, die für einen solchen Zweck geeignet waren und sie hatten sich fest vorgenommen, diesen in den Osterferien einen Besuch abzustatten. Doch wie sie das anstellen wollten, wussten sie noch nicht, denn der Orden würde sie mit Sicherheit nicht einfach gehen lassen, nicht nach Harrys letztem Abenteuer, zu dem er noch immer beharrlich schwieg.

„Und? Hat einer schon eine Idee, wie wir unbemerkt verschwinden können? Mum lässt uns doch nie das Haus verlassen, wenn wir da sind, außer zum Eiersuchen vielleicht.“, fragte Ron erneut, anscheinend war ihm die Lust am durchstöbern vergilbter Bücher einmal öfter vergangen. Die anderen Drei pflegten es seit längerem, ihn einfach zu ignorieren, in der Hoffnung, er würde von alleine mit der Fragerei aufhören.

Doch diesmal sah Harry über seine Brille hinweg auf. „Sie wird uns gar nicht vor die Tür lassen können, weil wir gar nicht dort sein werden.“

„Heißt das, du willst schon früher türmen? Was ist mit den UTZ?“

Der Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern. „Wir bleiben in Hogwarts.“

Diese Nachricht überraschte nicht nur Ron, sondern auch die beiden Mädchen.

„Was? Aber wir dachten...“

„Die ersten Ferientage jedenfalls.“

Auf Harrys Gesicht breitete sich ein Grinsen aus. Er klappte das Buch zu und griff in seine Tasche. Heraus zog er ein altes, zerfledertes Stück Pergament, welches Hermine ohne überlegen zu müssen als Karte des Rumtreibers identifizierte.

„Dann, wenn sie sich sicher sind, dass wir nichts anstellen, schleichen wir uns raus. Nach Hogsmeade. Ich denke, wir nehmen den Geheimgang durch den Honigtopf. Wenn wir draußen sind, können wir apparieren. Ich kann Ginny Seit-an-Seit mitnehmen. Den Zielort suchen wir uns noch raus. Sie werden unser Fehlen erst bemerken, wenn wir längst über alle Berge sind.“

Im Gegensatz zu den Weasleygeschwistern gefiel ihr der Plan nicht sonderlich.

„Im Prinzip ist die Idee nicht schlecht, aber der Honigtopf? Was, wenn man uns in Hogsmeade sieht?“

„Was würdest du denn bevorzugen, Miss Oberschlau? Den Geheimgang unter der Peitschenden Weide?“

Einen Moment herrschte Stille. Dann nickte sie zaghaft.

„Du hast es erfasst.“
 

8. April 1998 (Hogwarts, Schottland)

Die Osterferien hatten schließlich ohne nennenswerte Ereignisse begonnen. Die meisten der Schüler waren über die Ferien nach Hause gefahren und von einigen konnte man sich sicher sein, dass sie nicht wiederkommen würden. Der einzige Jahrgang, der noch fast vollständig anwesend war, war der siebte.

„Irgendwie schade, dass sie sich das Ostereiersuchen gekniffen haben.“, grinste Ron, während er einen weiteren Umhang in seinen Rucksack packte.

„Ron, das war ein dummer Scherz von Harry!“, erwiderte Hermine, die sich ebenfalls im Schlafsaal der Jungen aufhielt und dem Rothaarigen und dessen Freund dabei zusah, wie sie die letzten Sachen zusammenpackten.

„Stimmt gar nicht. Die Idee stammt von Ginny.“, warf daraufhin der Schwarzhaarige ein. Die Angesprochene, die auf Harrys Bett saß und ihm gespannt zusah, wurde leicht rot. „Auch nur, weil ich dieser kleinen Blackwood das freche Mundwerk stopfen wollte.“

„Was dir nicht gelungen ist.“, grinste Harry und gab ihr einen sanften Kuss, bevor er sich wieder seinen Taschen zuwandte und den letzten Reisverschluss zuzog. „Ich bin fertig. Ron?“

Der Angesprochene antwortete nicht sondern zwängte stattdessen seine Boxershorts in den Rucksack vor ihm und verschloss ihn anschließend.

„Meinetwegen können wir los.“
 

Sie würden nacheinander hinunter in die Schlossgründe gehen. Es passten nur noch zwei Menschen mit Gepäck unter den Tarnumhang, weshalb sich Harry dazu entschlossen hatte, sie, dass heißt Ron, Ginny und Hermine, einzeln zum Geheimgang zu bringen. Ginny war die erste, während Ron und Hermine auf gepackten Sachen im Gemeinschaftsraum warteten. Es schien alles wunderbar zu laufen. Draußen war es bereits dunkel und nur der Mond erhellte die Nacht. Auch das Licht im Gemeinschaftsraum war längst verloschen. Kein anderer Schüler schien sich noch außerhalb des Bettes aufzuhalten.

Trotzdem kam es den Beiden wie eine Ewigkeit vor, die sie auf Harry warteten. Doch schließlich öffnete sich das Portrait der Fetten Dame und einen Moment später schwebte Harrys Kopf vor ihnen in der Luft.

„Wir dachten schon, man hätte dich erwischt!“, flüsterte Hermine und stand auf, sie würde die Nächste sein.

„Wir dachten schon, du würdest gar nicht mehr von meiner Schwester ablassen.“, murmelte Ron und sah dabei zu, wie sie unter Harrys Tarnumhang verschwand. Selbiger grinste Ron noch einmal an, dann war auch er wieder unsichtbar.

In völliger Dunkelheit dicht nebeneinander gedrängt durch die Gänge von Hogwarts zu schleichen erwies sich als schwieriger als vermutet. Dennoch begegneten sie niemandem. Zumindest nicht bis sie den dritten Stock erreicht hatten.

Ein Klappern hallte durch den Gang. Vor Schreck hielt Hermine inne.

„Was war das?“

„Der Wind. Komm jetzt.“ Er griff sie beim Oberarm und zog sie ungeduldig weiter.

Es klapperte erneut.

„Das ist nicht der Wind, Harry!“

„Wir sind schon so oft Nachts durchs Schloss gepirscht, stell dich nicht so an!“

„Harry, bitte!“

„Okay, ich werfe einen Blick auf die Karte des...“

Zwei Schatten lösten sich von einer alten Rüstung.

„Man sieht deinen Schuh, Harry.“, flüsterte der Größere. Seine Stimme zitterte leicht. Düster erinnerte sie die Stimme an Neville.

Der Angesprochene fluchte leise.

„Ihr wollt Hogwarts verlassen, habe ich Recht?“ Wenn der andere Neville war, dann musste es sich bei dieser Stimme um Luna handeln.

Seufzend entblößte sie ihren Kopf. Die beiden Schatten zuckten nicht einmal zurück.

„Ihr habt Recht. Wir gehen. Lasst uns durch. Bitte?“

„Lumos!“

Es war tatsächlich Neville, der nun seinen leuchtenden Zauberstab auf sie richtete. Auch Harry war mittlerweile zum Vorschein gekommen.

„Wenn ihr uns mitnehmt. Wir können euch helfen.“, antwortete Luna. Ihre Stimme klang ausnahmsweise nicht verträumt, dafür sehr ernst.

Mit dieser Forderung hatten sie gerechnet. Ein Grund, warum sie die beiden nicht eingeweiht hatten.

„Das geht nicht, Leute. Es ist... viel zu gefährlich. Hört ihr? Ich... ihr wisst doch, was der Prophet über mich schreibt. Ich sei der Auserwählte. Und ja, es stimmt. Ich bin es.“

„Und jetzt gehst du, um du-weißt-schon-wen zu vernichten. Und wir gehen mit.“, stellte Neville sachlich fest.

Harry seufzte schwer. Nach kurzem Schweigen setzte er wieder zum Reden an. „Das geht nicht. Nein, hört mir zu!“, er seufzte erneut. „Ihr könnt uns helfen, ja. Aber das könnt ihr besser, wenn ihr hier bleibt. Ihr habt mir im Ministerium geholfen, dafür danke ich euch. Aber euer Platz ist hier. Ihr habt die Schule bereits mehrere Male beschützt. Ich möchte, dass ihr es wieder tut. Die Gefahr, dass Voldemort wieder angreift, steigt ständig. Desto mehr Verteidiger hier sind, desto besser. Ich kann euch nur bitten. Bleibt hier.“
 

Schließlich hatten Neville und Luna nachgegeben. Nicht ohne sie zu dem Versprechen zu nötigen, sie auf dem Laufenden zu halten. Harry und Hermine hatten sich darauf geeinigt, weder Ron noch Ginny davon zu erzählen. Vorerst zumindest.

Letztendlich trafen auch Harry und Ron in dem niedrigen Gang ein.

„Verfluchter Mist. Ich wette, Filch hat was bemerkt!“, keuchte der Rothaarige und zog sich den Tarnumhang von den Schultern.

„Glaube ich nicht. Der hat sich nur gewundert, warum Peeves stumm durch die Gänge geschwirrt ist und wild vor sich hin gestikuliert hat.“

„Weil du ihm die Zunge am Rachen festgehext hast.“

„Das weiß Filch doch nicht.“

Beide Jungen lachten, doch verstummten sofort, als sie in die ernsten Gesichter der Mädchen sahen.

„Lasst uns gehen.“
 

Der Weg durch den Gang war noch beschwerlicher, als er es ohnehin schon gewesen wäre. Das Gepäck - vor allem Harry und Hermine schleppten zusätzlichen Ballast in Form von Büchern - behinderte sie mehr, als sie es vermutet hätten.

Doch schließlich trafen sie in der Heulenden Hütte ein, in der Harry, Hermine und Ron vor nun schon fast vier Jahren auf Sirius Black gestoßen waren und dessen Geheimnis gelüftet hatten. Auch ohne einen Spiegel zur Hand zu haben, wusste sie, dass sie vermutlich nicht mehr sonderlich ansehnlich aussah, dafür verstaubt und dreckig, genauso wie Ginny und die beiden Jungen, doch sie beachtete es nicht weiter. Harry öffnete die Tür nach draußen und trat in den verwilderten Garten. Die drei folgten ihm und sahen ein letztes Mal zu den vertrauten Zinnen des altehrwürdigen Schlosses hinauf.

„Das ist es dann also.“, flüsterte Ron ehrfürchtig ohne den Blick abwenden zu können.

„Wir haben da oben ganz schön was erlebt.“, murmelte sie.

Harry, der Ginny in den Arm genommen hatte, hatte sich bereits abgewandt. „Wollt ihr ewig dort rum stehen?“

Die Beiden sahen zu ihm und schüttelten die Köpfe, erwiderten jedoch nichts.

Ein Rascheln im nahen Unterholz schreckte sie auf. Alle vier wirbelten herum. Harry konnte sich gerade noch rechtzeitig vor einem roten Lichtblitz wegducken.

Ginny reagierte auf den unvermittelten Angriff als erste und schleuderte einen Fluch ab, doch sie traf nichts als einen alten Nadelbaum.

Während der Fremde einen weiteren Fluch abfeuerte, hastete Hermine in Deckung und Ron brüllte „STUPOR!“, doch der Zauber prallte an einem kurz aufleuchtenden Schutzschild ab und verschwand wirkungslos in der Nacht. Bevor er sein Glück erneut versuchen konnte, wanden sich dünne Schnüre um seine Handgelenke und Knöchel, so fest, dass er sich nicht befreien konnte und wie ein nasser Sack zu Boden stürzte.

Hermine spähte hinter dem Stamm hervor, hinter dem sie sich verbarg, konnte aber den Fremden in der Dunkelheit nicht erkennen. Ansonsten sah sie nur den sich am Boden windenden Ron, weder Harry noch Ginny befanden sich in ihrem Blickfeld, als neuerlich ein Fluch an ihr vorbeisurrte und ebenso neuerlich von dem Schutzschild abgeblockt wurde. Der Stimme nach zu urteilen, die sie den Bruchteil einer Sekunde zuvor gehört hatte, handelte es sich bei dem Urheber um Harry. Der Fremde, der sie anscheinend nicht bemerkt hatte, bewegte sich daraufhin auf selbigem zu. Nachdem sie ihn kurz dabei beobachtet hatte, wie er sich mit Harry duellierte, nutzte sie die Gelegenheit und hastete zu dem Rothaarigen, um ihn von seinen Fesseln zu befreien.

Gerade, als sich Ron bei ihr bedanken wollte, sprengte Harry den Schild des Unbekannten und traf ihn mit seinem Fluch ins Gesicht. Der getroffene taumelte benommen zurück, doch bevor er sich wieder fangen konnte, traf ihn ein zweiter Zauber in den Rücken und riss ihn von den Füßen.

Irritiert blickten sowohl Hermine, als auch Ron zu der Stelle, von wo der Fluch gekommen sein musste. Tatsächlich trat Ginny einen Moment später hinter einem Baumstamm hervor und steckte ihren Zauberstab betont lässig in die Umhangtasche. „Nonverbale Zauber lernt man für gewöhnlich in der sechsten Klasse, wisst ihr?“

Ron, der noch immer neben Hermine saß, gaffte seine Schwester unverholen und mit offenem Mund an, doch Harry hatte sich bereits zu dem bewusstlosen Angreifer begeben und sich über ihn gebeugt.

„Wer ist es?“, fragte Hermine, doch eine Antwort blieb aus.

Stattdessen drang hörte sie nur den halb unterdrückten Laut von Überraschung. Nun näherten sich auch die anderen drei.

Im silbrigen Mondlicht konnte sie etwas Rotes am Boden schimmern sehen. „Ist das...?“

„Bill, ja. Sauber ausgeknockt, Ginny.“ Harrys Stimme klang in dieser Situation unangebracht belustigt. „Aber ich denke, er ist so weit in Ordnung.“

„Aber was hat er hier überhaupt gewollt?“

Wachdienst für den Orden, nehme ich an. Lasst uns verschwinden, bevor man ihn vermisst.“

„Aber wir können ihn doch nicht hier liegen lassen!“

Harry richtete sich auf. Sie konnte seinen Blick zwar nicht sehen, wusste aber auch so, dass er vermutlich ganz anderer Meinung war. Ohne ein Wort zog er sich den Umhang aus und legte ihn über den reglosen Körper. Dann griff er Ginny beim Arm und apparierte, ohne, dass die Rothaarige Einspruch erheben konnte.

Ron, der wie versteinert dagestanden hatte, trat leise zu ihr und sah auf seinen Bruder hinab.

„Das hätte nicht passieren dürfen.“, flüsterte er.

„Ich denke, man wird ihn finden, früher oder später. Lass uns gehen.“

Ron verzog unwillig das Gesicht, nickte dann aber. Auch er breitete seinen Umhang wie eine Decke über den Bewusstlosen aus. Mit einem leisen Plopp löste er sich in Luft auf. Sie sah noch einmal zu Bill. Leise seufzend hob sie den Zauberstab und sandte rote Funken in den Himmel, dann war auch sie verschwunden.
 

Ein modriger Geruch schlug ihr entgegen. Es war stockfinster und bis auf die leisen Atemgeräusche der Anderen war es totenstill. Sie hörte Ron flüstern. „Wo sind wir? Was ist schief gegangen?“

„Lumos!“, ertönte Ginnys Stimme und im selben Moment flackerte ein kleines Licht auf.

Nach mehrmaligem Blinzeln erkannte sie, dass sie sich in einem Sumpfgebiet befinden mussten. Wenige alte, knorrige Bäume ragten wie unheilvolle Schemen aus dem feuchten Boden empor. Nicht weit von ihnen entfernt schlängelte sich ein düsterer Fluss vorbei. Hinter dem Gewässer schien es trockener zu werden, denn dort fanden sich mehr Bäume. Der Mond, der fast rund sein musste, hatte sich hinter schwere Wolken zurückgezogen, die Regen versprachen.

„Gruselig hier... Denkt ihr, wir sind hier richtig?“, fragte der Rothaarige, den sie nur als Schatten ausmachen konnte, und konnte das Zittern in seiner Stimme nicht unterdrücken.

„Goldrichtig, fürchte ich. Ich wette, wir müssen über den Fluss.“, murmelte Harry bitter. Er hielt Ginny noch immer im Arm. Durch das Licht des Zaubers konnte sie seine finstere, von Schatten verzerrte, Miene erkennen.

„Aber nicht j-j-jetzt, oder? Können wir nicht warten, bis es hell wird?“

„Am Tag sind wir hier die perfekte Zielscheibe.“ Mit diesen Worten wandte Harry sich ab und ging vorsichtig zum Fluss. Die Mädchen folgten ihm und auch Ron, der anscheinend nicht allein zurückblieben wollte, schlich wenige Augenblicke später hinterher. Als sie ihn erreichten, hatte auch er ein Licht an der Spitze seines Zauberstabs entzündet und starrte die mit Schilf bewachsene Böschung hinab. In der Finsternis erschien das Wasser trüb und schmutzig. Darüber hinaus schien der modrige Geruch, der ihr schon zuvor aufgefallen war, davon auszugehen.

„Da kriegen mich keine zehn Hippogreife runter!“, sprach Ron das aus, was auch sie dachte. Wer wusste schon, was da drin noch lauerte? Harrys Erzählungen am Ende des letzten Schuljahres zufolge hatte Voldemort in der Höhle Inferi benutzt. Was hielt ihn davon ab, auch dieses Gewässer damit bestückt zu haben?

Doch auch Harry schien genauso zu denken, denn er wandte sich von der Brühe vor ihm ab.

„Suchen wir nach einer besseren Stelle zum überqueren.“

Die Insel der Toten

9. April 1998 (???)

Leiser Nieselregen fiel aus grauen Wolken über ihnen. Sie stapften nun schon mehrere Stunden um den schmutzigen Fluss durchs Moor. Langsam brach die Dämmerung herein, doch viel heller wurde es dank der dicken Wolkendecke nicht. Mittlerweile war sie nass bis auf die Haut. Der Regen war nicht stark, aber ausdauernd. Sie zitterte am ganzen Leib und den anderen Dreien schien es nicht anders zu ergehen.

„Hat das denn nie ein Ende?“, murrte der Rothaarige, der ans Ende der Gruppe zurückgefallen war.

Harry antwortete erst nach einem Augenblick des Nachdenkens, in dem er wohl darüber abwog, ob er nun seine Wut an seinem besten Freund auslassen sollte oder lieber nicht. „Ein Ende wird es haben, wenn wir drüben sind, Ron.“

„Ich glaube, wie laufen im Kreis. Mir kommt hier alles so bekannt vor...“, mischte sich nun auch Ginny, fest an ihren Freund gedrückt und doch zitternd, als käme sie soeben aus einem Gefrierschrank, ein.

„Das kommt nur davon, dass hier alles gleich aussieht.“

„Aber doch nicht so gleich! Siehst du da? Den Baum auf der anderen Seite? Der in der Mitte gespalten wurde? Davon kann es doch nicht so viele geben!“

Widerwillig seufzend musste Harry unter Ginnys Worten und Armgefuchtel nachgeben. Eine Lösung, die alle zufrieden stellte, hatte er dennoch nicht.

Stattdessen zog er sich den Umhang aus und wickelte ihn um seinen Rucksack. Mit einem kräftigen Ruck flog das Gepäckstück so einen Augenblick später über den Fluss und landet mit einem schmatzenden Laut im Schlamm.

Anschließend zog Harry seinen Zauberstab und, noch bevor jemand auf sein hastig dahergerufenes „Wenn ich absaufe, folgt mir nicht!“ reagieren konnte, - sprang hinterher.

Es gab ein platschendes Geräusch und dreckiges, braunes, stinkendes Wasser spritzte den drei übrig gebliebenen Freunden entgegen.

„Harry!“, kam es synchron aus ihr Mündern.

Jetzt war er endgültig wahnsinnig geworden. Nur, ob er nur wahnsinnig war oder auch größenwahnsinnig war, wusste sie noch nicht ganz so genau.

Ginny wollte hinterher stürzen, wurde jedoch noch rechtzeitig von ihrem Bruder zurückgehalten.

Fast zeitgleich stieß Harrys Kopf durch die Wasseroberfläche und er rang einen Moment um Luft, während sie erleichtert aufatmete. Nach einem kurzen Blick über die Schulter schwamm er mit kräftigen Zügen zum anderen Ufer.

Es ging doch alles glatt. Ihr Herzschlag beruhigte sich, als sie sah, wie der Schwarzhaarige ans Ufer kletterte.

„Es stinkt zwar schlimmer als die Schulklos, aber ich glaube, es ist sicher. Kommt rüber!“

Sie spürte die missmutigen Blicke der beiden Weasleys. Auch ihr war das nicht geheuer. Und die Bläschen, die dort an die Oberfläche drangen, wo Harry entlang geschwommen war, erst recht nicht. Trotzdem folgte sie ihrem Beispiel. Ihr Rucksack flog über das Gewässer (und hätte dabei fast Harry getroffen) und einem Moment später flog sie selbst - hinein in die ekelerregende Brühe. Für einen Augenblick war sie unter Wasser. Boden unter den Füßen spürte sie keinen, aber ab ihrer Hüfte abwärts versank sie regelrecht im fauligem Schlamm. Um nicht das Brackwasser in Mund oder Nase zu bekommen beeilte sie sich, um wieder an die Oberfläche zu kommen. Sonderlich angenehm war auch dass nicht, da die Flüssigkeit von nahem noch schlimmer roch, als von weitem, sodass ihr regelrecht schlecht wurde. An ihr stiegen nun ebenfalls Bläschen auf, von weiter unten, aus dem Schlamm, irgendwelche Gase, die furchtbar nach faulen Eiern rochen. Und es wurden mehr. Rasch beeilte sie sich, ans andere Ufer zu schwimmen, wo Harry sie aus dem Wasser zog.

Sie verschnaufte kurz, während hinter ihr wieder ein Platschen zu hören war, anscheinend war einer der Weasleys ihr nun gefolgt.

„Igitt!“

„Ich habe ja gesagt Schulklos.“, grinste er leicht amüsiert und reichte ihr ihren Umhang, der zwar ebenso nass war, wie der Rest ihrer Kleidung, doch wenigstens weniger stank.

Rasch zog sie selbigen über. Dann blickte auch sie zu Ginny, die nun auf sie zu schwamm.

Auch um die Rothaarige stiegen die Faulgase in immer mehr Bläschen auf, doch dass schien sie nicht zu stören und schließlich kletterte sie - über den Geruch des Wassers schimpfend - an Land.

Nun war Ron der letzte, der noch auf dem anderen Ufer verblieben war. Mit sichtlichem Unbehagen sah er zu ihnen hinüber und zurück zum Bach, wo es noch immer vergnügt blubberte. Schließlich fasste er all seinen Mut zusammen, schloss die Augen und sprang. Ginnys erschrockenes „Ron! Nicht!“ kam zu spät. Schon befand er sich in der Brühe - die blubbernde, immer stärker werdende Wellen warf.

„Verfluchte Scheiße, was ist das?“

„Nichts Gutes fürchte ich!“

Alle drei zogen ihre Zauberstäbe, kampfbereit. Ron war noch nicht wieder an der Oberfläche. Was sollten sie nur machen, wenn etwas ihn in die Tiefe zog? Sie würden es nicht einmal merken!

Verzweifelt ging sie alle Zauber durch, die sie kannte, während die Wellen sich nun zu einem Berg aufbäumten. Sie wusste ja nicht einmal, was es war, dass sich in diesem Gewässer befand.

Ron durchbrach die Wasseroberfläche, nicht von eigener Kraft. Irgendwas katapultierte ihn in die Höhe. Zwei Meter. Drei Meter. Er stieg immer langsamer, langsamer und hielt schließlich für einen Moment wie schwerelos inne, dann fiel er. Gleichzeitig wölbte sich das Wasser zur Seite und machte einer grauen, braunen, grünen undefinierbaren Masse Platz, die weder Augen noch sonstige Sinnesorgane zu haben schien und dennoch begierig darauf wartet, dass ihr Opfer wieder in ihre Arme zurückkehrte.

Doch das würden sie nicht zulassen!

„Wingardium Leviosa!“

Ginnys Zauber hielt ihren bewusstlosen Bruder notdürftig in der Luft.

Das hatte auch die Masse mitbekommen und wandte sich nun der Schwester zu, die rasch weiter zurücksprang, bevor ein Schleimtentakel, der sich spontan bildete, sie treffen konnte.

Ein kurzer Blickwechsel mit Harry genügte, um die weitere Vorgehensweise zu beschließen.

Noch im selben Moment flogen die ersten Flüche.

Keiner schien auch nur die geringste Wirkung zu haben, alle verpufften sie, wurden von der schlammigen Haut absorbiert.

Über ihnen währenddessen war Ron unbemerkt wieder zu sich gekommen. Nur, indem er sich auf die Zunge biss, konnte er einen Aufschrei verhindern. Er war zwar - quidditchbedingt - höhenfest, aber auf einem Besen zu sitzen, war ihm doch wesentlich lieber, als kopfüber in der Luft zu hängen. Allerdings hatte diese Position auch etwas für sich. Er hatte den kompletten Überblick über das Geschehen, wenn auch aus einem gewöhnungsbedürftigen Winkel.

„Meine Zauber wirken nicht, verdammt!“

„Irgendeinen muss es geben!“

„Das ist schlimmer als Wackelpudding!“

Harrys und Hermines verzweifelte Stimmen drangen auch zu ihm hinauf. Ginny hielt den Mund, anscheinend war sie zu beschäftigt damit, ihn in der Luft zu halten.

„Aguamenti!“

Der Zauber, der von Ron ausging und auf das Schlammmonster gerichtet war, versetzte seinen Freunden einen Schreck. Harry sprang einen Meter zurück, als der Wasserstrahl hinabschoss und in alle Richtungen eine übelriechende Mischung aus Dreck und Wasser spritzte, Hermine stolperte rückwärts und Ginny quiekte auf und verlor endgültig die Konzentration.

Ron, der noch immer kopfüber in der Luft schwebte, verlor den magischen Halt und stürzte erneut in die Fluten des Flusses, wo noch vor wenigen Sekunden eine monströse Mischung aus Faulschlamm und Dreckwasser darauf gelauert hatte, ihn in seine schlammigen Tentakel zu bekommen. Sein Zauber hatte tatsächlich gewirkt. Hastig paddelte er ans Ufer und ließ sich von Harry, der sich vom ersten Schrecken erholt hatte, in Sicherheit ziehen, denn das Wasser blubberte noch immer bedrohlich vor sich hin.

„Warn uns das nächste Mal vor, wenn du uns mit diesem Ekelzeug besudeln willst, hast du mich verstanden?“, fragte Hermine und kniete sich neben ihn. An ihr klebten zwar noch immer Überreste seiner Bekanntschaft der schlammigen Art, aber sie lächelte erleichtert.

„Muss ich mir noch ganz stark überlegen.“, grinste er zurück, während er sich von Ginny umarmen ließ.

„Sei so gnädig, bitte.“, sagte Harry, während er an einem Schlammbröckchen roch, das an seinem Umhang klebte.

Der Rothaarige nickte. Er wandte sich um, zu dem Fluss, in dem noch immer Bläschen aufstiegen. Sie folgte seinem Blick.

„Was meint ihr, gehen wir weiter?“

„Bevor der es sich anders überlegt? Gute Idee.“

Dieser Vorschlag fand auch bei Harry und Ginny Zustimmung. So griffen sie nach ihren Rucksäcken, die noch immer im Schlamm lagen und mittlerweile genauso unangenehm rochen, wie ihre Besitzer, und machten sich wieder auf den Weg zum Mittelpunkt der Insel, die blubbernde Masse hinter sich lassend.
 

Desto weiter sie voran kamen, desto trockener wurde der Untergrund. Auch der Himmel hatte seine Schleusen endlich geschlossen, sodass ihre Kleidung allmählich trocknete. Die Sonne jedoch brach nicht durch die Wolkendecke, was sie allerdings nicht sonderlich störte. Die Bäume wurden grüner, ja, die ganze Umwelt heller, den Frühling ankündigend, der den Rest des Landes bereits erreicht hatte.

Trotzdem war keinem der vier Reisenden warm. Geduckt schlichen sie durchs Unterholz, auf Geräusche lauschend, die es nicht gab. Es herrschte Totenstille. Kein Vogel sang, kein Frosch quakte. Kein Wind kam auf, der die Bäume zum Rauschen bringen konnte. Nur das knackende Geräusch, dass entstand, wenn ein trockener Ast unter ihren Füßen barst, durchbrach dann und wann die unheimliche Ruhe und ließ sie aufschrecken. Sie sprachen nur selten miteinander, denn wann immer sie redeten, klangen ihre Stimmen befremdlich, in dieser stummen Welt, gar angsteinflößend. So marschierten sie schweigend nebeneinander her, immer zusammen schreckend und für Minuten innehaltend, wenn wieder jemand auf einen Ast getreten oder über einen Stein gestolpert war.

Der Wald ging schließlich zurück und gab den Blick auf eine Wiese frei, eigentlich nur eine Lichtung inmitten des finsteren Waldes. Anscheinend hatten sie den Mittelpunkt der Insel erreicht. Und das ohne weitere Hindernisse, die sie eigentlich befürchtet hatten.

Noch immer verschwiegen sahen sie sich um. Die Stille war jetzt nahezu greifbar. Wie ein düsterer Schleier hatte sie sich über den Ort gesenkt und schien alles in eine Art Dämmerlicht zu tauchen. Die Wiese war grasbewachsen. Stumme Grabsteine standen an einigen Stellen wie steinerne Zeugen der Zeit. Wenn man genauer hinsah, erkannte man, dass sie einen Kreis um den mittleren Grabstein, eine Art Engel, der seine Hände vor dem Körper aneinander gelegt hatte und so eine Art Schale bildete, als wolle er dem Betrachter etwas offenbaren. Zu seinen Füßen lag eine, ebenfalls steinerne, Sense.

„Was ist das für ein Ort?“, fragte Ron leise.

„Ich weiß es nicht, aber es ist echt gruselig. Wenn wenigstens ein paar Vögel singen würden!“

„Ich glaube, sie haben Angst vor der Magie, die hier herrscht.“

Das der Ort durchdrungen von uralter Magie war, daran bestand gar kein Zweifel. Voldemort hatte sich diese Insel vermutlich nicht umsonst als einen Versammlungsplatz ausgesucht. Vielleicht hatte er bei seinen grausigen Ritualen, die er mit Sicherheit abgehalten hatte, Kraft aus den alten Zaubern geschöpft. Das sie die richtige Insel erwischt hatten, davon war sie bereits überzeugt gewesen, als das Schlammmonster sie attackiert hatte, nun war sie sich völlig sicher.

Neben ihr sahen sich auch die anderen um. Harry musterte die Umgebung nahezu ehrfürchtig. Sanft strich er über den Grabstein, neben dem er zu stehen gekommen war. Die eingemeiselte Inschrift war längst verwittert, sodass man nicht mehr erkennen konnte, wem das Grab einst gehört hatte. Pflanzenranken hatten sich im Laufe der Zeit daran hochgezogen und umwucherten ihre Stütze nun fast völlig. Die Blüten der unbekannten Kletterpflanze leuchteten in wunderschönem pastellblau und gaben dem Marmor einen friedlichen Anblick. Doch auch hier fehlten die Tiere. Keine Schmetterlinge und Bienen, die von Blüte zu Blüte flogen, um Nektar zu sammeln. Keine kleinen Käfer, die unter den Blättern Schutz vor größeren Artgenossen oder Vögeln suchten. Nur leblose Stille, die die Schönheit der Blumen um sie herum unwirklich werden ließ. Doch neben ihr schien das keiner so recht mitbekommen zu haben. Ron sah sich noch immer verwundert um und bestaunte die wundervolle Umgebung. Ginny hatte sich sogar hingekniet und roch an einer der Blumen! Ihr gefiel die Situation ganz und gar nicht. Der Ort war viel so schön für das Moor, in dem er sich befand!

Plötzlich durchschnitt Ginnys Stimme die Stille und ließ ihre Freunde erschrocken herumwirbeln.

„Sie riechen nicht.“, stellte sie verblüfft fest.

Drei verwirrte Augenpaare blickten auf sie.

„Sie riechen nicht. Keine der Blumen hier duftet.“, erklärte die Rothaarige weiter, anscheinend selbst von dieser Tatsache überrumpelt. „Sie riechen nicht.“

„Das hier ist ein Ort der Magie. Die Schönheit war vielleicht einmal echt, aber sie ist es nicht mehr. Nur ein Zauber hält es noch aufrecht.“, murmelte Harry, der als erster seine Stimme wiederfand. Noch während er sprach, wandte er sich wieder von seiner Freundin ab und schritt gedankenversunken zur Mitte der Lichtung, zum Engel, der wie ein Wächter über den restlichen Grabsteinen thronte.

Verwirrt, vielleicht auch nur durch die Magie um sie herum, die nun anscheinend auch auf sie zu wirken begann, folgten sie dem Schwarzhaarigen, bis sie alle vier vor der Marmorstatue standen.

„Es muss hier einen Zugang geben... Aber wie öffnet man ihn?“, murmelte Harry, noch immer gedankenverloren und tastete die Statue dabei vorsichtig mit beiden Händen ab.

Hermine, Ron und Ginny sahen ihm dabei gespannt zu, doch er schien keinen Schalter zu finden. Schließlich sank er kopfschüttelnd zusammen. „Das hat keinen Zweck.“

„Irgendwie muss es sich öffnen. Ob das der Altar ist, von dem Black in seinem Tagebuch gesprochen hat?“

„Bestimmt. Und ich bin mir sicher, dass er den Becher versteckt. Vielleicht in einem Geheimgang dahinter. Doch ich finde weder einen Schalter, noch lässt es sich schieben. Wenn es passwortgeschützt ist, sehen wir alt aus.“

„Bei den vorigen Horkruxe war irgendwie immer Blut im Spiel, oder? Vielleicht auch hier?“

Harry zuckte mit den Achseln. „Würde ja langsam langweilig werden. Aber es würde zu ihm passen, da hast du Recht, Ginny.“

Der Schwarzhaarige sah kurz zu ihr, dann zu den anderen beiden. „Einen Versuch ist es wert. Freiwillige vor?“

Sie zog eine Augenbraue hoch und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie hatten sich vor Reisebeginn bereits darüber geeinigt, dass es Harry war, der sich auf dieser Reise für solche Sachen würde opfern müssen. Daran schien sich bei ihrem Anblick auch Harry zu erinnern. Ergeben holte er ein Messer aus seinem Rucksack und fügte sich selbst eine Wunde zu. Das hervorquellende Blut ließ er in die Schale fließen.

Es geschah...

- nichts.

Gespannt sahen sie alle vier weiter zur Statue, doch es geschah nichts. Sie warteten. Eine Minute. Zwei. Fünf.

„Verdammt!“

Ron trat mit voller Wucht gegen den Engel. Dieser geriet leicht ins Wackeln, gewann jedoch sofort die Balance wieder. Einen Augenblick später durchfuhr ein Ruck die Skulptur. Die Arme öffneten sich und gingen auseinander. Das Blut tropfte ungenutzt auf Stiel und Klinge der steinernen Sense.

Es gab einen erneuten Ruck, diesmal wie ein kleines Erdbeben und der Engel versank im Boden - und sie mit ihm!

Beide Mädchen schrieen erschrocken auf, Ron klammerte sich gar an den Stein.

Kontinuierlich, Stück für Stück ruckelte die Statue tiefer und mit ihr ein Rechteck des Bodens, anscheinend eine Steinplatte, ungefähr vier Quadratmeter groß.

Schließlich gab es einen heftigen Stoß, der zumindest Ginny, Harry und sie in die Knie gehen ließ (Ron hielt sich immer noch fest) und dann waren sie angekommen, ein Stockwerk tiefer.

Um sie herum erstreckte sich eine Höhle, die mit groben Schlägen ins Erdreich getrieben worden war. Nur das Licht, das von oben durch das Loch im Boden herein trat, erhellte die nähere Umgebung. Der Gang, der sich zu einer Seite hin abzweigte, lag völlig im Dunkeln.

Hermine blickte zu Boden. Das Gras war verschwunden, das Blut ebenso, fast, als hätte es beides nie gegeben.

Sie rappelte sich auf. Ihre Beine waren von dem Aufprall noch recht wackelig. Ginny und Harry folgten ihren Beispiel und Ron ließ endlich den Engel los. Sie tauschten einen Blick, dann entzündete Harry ein Licht an der Spitze seines Zauberstab und ging voraus.

Sie murmelte ebenfalls „Lumos„ und stieg neben Ron von der Plattform.

Sie hatten gerade Harry, der auf den Rest der Gruppe wartete, erreicht, als ein neuerlicher Stoß durch die Erde fuhr. Hermine wirbelte herum und sah gerade noch, wie der Fahrstuhl in der Tiefe verschwand.

„AH!“

Der Rothaarigen, die noch auf der Plattform gestanden und somit nun den Boden unter den Füßen verloren hatte, gelang es, sich am Rand festzuklammern.

„Ginny!“

Harry war sofort bei ihr und griff sie beim Arm. Da verlor Ginny mit der anderen Hand auch schon den Halt. Der Ruck war für Harry zu heftig, sodass es ihn mit riss. Den Bruchteil eines Augenblicks später war er bereits aus dem Blickfeld der beiden übrigen verschwunden. Als sie sich über den Abgrund beugten, konnten Ron und Hermine noch ohnmächtig zusehen, wie ihre Freunde von der Dunkelheit verschluckt wurden. Einen Augenblick konnte man noch ihre Schreie hören, dann war alles still.

Helga Hufflepuff

9. April 1998 (in einer Höhle)

Vom Schreck paralysiert, knieten die beiden einfach nur an der Kante und starrten stumm in die Dunkelheit unter ihnen.

Wie lange, wusste sie nicht.

...

„Harry! Ginny! Harry!“

Irgendwie gelang es ihr, den Arm zu heben und ihre Hand auf seine Schulter zu legen.

„Es hat keinen Zweck, Ron.“

„GINNY!“

„Ron. Es hat keinen Zweck. Sie sind fort.“

Er schien sie gar nicht recht wahr zu nehmen und rief noch mehrmals die Namen der Abgestürzten. Doch er bekam keine Antwort.

Schließlich sah auch er es ein. Mit müden Augen sah er zu ihr, ohne sie wirklich zu sehen, und ließ den Kopf hängen.

„Verdammt.“

Ihr erging es nicht anders. Völlig erschöpft ließ sie sich zurücksinken und lehnte sich an die Wand des Ganges.

Das war es.

Sie hätten vorsichtiger sein müssen.

Jetzt war es zu spät, Harry und Ginny verschwunden. Sie versuchte zwanghaft, nicht daran zu denken, wie die beiden auf dem Boden aufgeprallt sein mochten, falls sie denn jemals den Grund des Schachtes erreichen sollten. Traurig schüttelte sie den Kopf, um das Bild ihrer Leichen, die zerschmettert auf dem Felsen lagen, loszuwerden. Es gelang ihr nur halb.

„Wir müssen weiter.“, flüsterte sie schwach.

„Ich kann nicht.“

„Wir kommen nicht zurück. Und sie hätten gewollt... das... Gehen wir?“

„Warum habe ich ihm nicht geholfen?“

Hermine sah nun doch auf. „Was redest du?“

„Hätte ich Harry geholfen, wären sie beide nicht abgestürzt! Sie wären noch hier! Es ist meine Schuld!“

Wütend schlug er mit der Faust auf den Boden und blickte sie einen Moment an, bevor er sein Gesicht in seinen Handflächen vergrub.

„Ron...“

Vorsichtig beugte sie sich vor, um ihm sanft über das Haar zu streichen, doch er wischte ihre Hand fort.

„Du bist nicht Schuld, hörst du? Vielleicht wärst du nur mit abgestürzt. Das hätte keinem von uns geholfen, oder?“

Unbeirrt glitten ihre schmalen Finger wieder über sein struppiges, leicht verfilztes Haar. Sie selbst war den Tränen nahe und schaffte es nur mit enormer Willenskraft, sie zurückzuhalten. Während sie sprach, wurde ihre Stimme immer leiser, bis sie schließlich ganz verstummte.

Vorsichtig hob er den Kopf. In seinen Augenwinkeln glitzerten Tränen, doch sie beachtete diese nicht, strich nur langsam über seine Schläfe, seine Wange, hinunter zum Kinn.

„Lass uns gehen, ja?“

Sie nickte schwach und ließ sich von ihm aufhelfen.

Ihre Blicke fielen auf das einzige Licht, das im Gang zu finden war. In der Eile hatte Harry seinen Zauberstab fallen gelassen. Traurig sahen sie sich kurz an, dann hob sie das Stück Holz auf und löschte das Licht. Nachdem sie den Stab in ihre Tasche gesteckt hatte, gingen beide nebeneinander den Gang entlang, ihre beiden magischen Lichter die einzigen hellen Punkte in absoluter Finsternis.

Eigentlich hätten wir den Weg zu viert gehen sollen, dachte Hermine bitter.

Ron, der stumm neben ihr her marschierte, schien ähnlich zu denken. Zumindest las sie das aus seiner Miene, die sie aber im schwachen Zauberlicht nur halb erkennen konnte. Der Weg kam ihr ewig vor. Am Liebsten hätte sie etwas gesagt, um die Situation aufzulockern, doch der Kloß des Entsetzens in ihrem Hals hinderte sie daran. So hallte nur das monotone Schlurfen ihrer Schritte durch den Gang.

Irgendwann, es kam ihr vor, als hätte sie mittlerweile mehrere Kilometer in dem Höhlensystem zurückgelegt, wurde der Tunnel immer enger. Zuerst hatte nur Ron, der sie um mehr als einen Kopf überragte, Probleme, doch schließlich stieß auch sie sich immer öfter gegen die Decke und irgendwann konnten sie sich beide nur noch auf allen Vieren vorwärts rutschend fortbewegen.

Gerade, als sie dachte, sie würden endgültig stecken bleiben, öffnete sich der Raum zu einer riesigen Halle. Das Licht ihrer Zauberstäbe erreichte weder die Decke, noch die anderen Seiten.

Erleichtert, endlich wieder frei atmen zu können, holten beide erst einmal tief Luft und streckten ihre müden Glieder.

„Das wurde Zeit... Viel länger hätte ich dieses elende Gekrieche nicht ausgehalten.“

„Wo sind wir hier?“

„Keine Ahnung...“

Mit zusammengekniffenen Augen spähten sie in die ewige Nacht, doch es war nichts auszumachen. Also bewegten sie sich langsam weiter, Auf jede Unhebenheit im Boden achtend und jedes Geräusch lauschend. Doch nur ihre eigenen Schritte waren zu hören, tausendfach hallte ihr Echo von den weit entfernten Wänden wider.

Die Halle schien kein Ende nehmen zu wollen. Der Boden fühlte sich an, als würde er leicht abschüssig sein und sie immer tiefer ins Innere der Höhle zu führen, wie es der Gang auch schon getan hatte.

„Vorsicht!“

Nur Rons fester Griff, der sich gerade noch rechtzeitig um ihren Arm schloss, hielt sie davon ab, einen Schritt ins Leere zu machen. Plötzlich und unerwartet klaffte vor ihr ein quadratisches Loch.

„Danke.“

Sie tauschte irritierten Blick mit Ron.

„Woher kommt das?“

„Ich habe keine Ahnung... Aber es erinnert mich an...“

Die Stimme versagte ihm, bevor er aussprechen konnte, was er dachte. Hilflos öffnete und schloss er den Mund noch, doch mehr als ein Krächzen brachte er nicht hervor und so ließ er es schließlich ganz. Sie wusste auch so, was er hatte sagen wollen, denn sie hatte dieselbe Ahnung gehabt. Fast wäre es ihr wie Harry und Ginny ergangen. Sie schluckte schwer und versuchte, diesen Gedanken zu verdrängen, was ihr jedoch nicht gelang.

Hilflos blickte sie sich um.

Schließlich umfassten ihre Finger einen Stein, der in ihrer Nähe lag. Mechanisch ließ Hermine ihn in das Loch fallen und wartete auf ein Echo. Doch es kam keines zurück. Entweder, es gab überhaupt keinen Boden oder der Grund war zu tief, als dass der Schall zurück nach oben dringen konnte.

Verzweifelt warf sie einen weiteren Stein hinterher und noch einen, doch auch diese verschwanden tonlos.

„Verdammt!“, fluchte sie mit erstickter Stimme und krallte ihre Hände in ihren Rock.

Heiße Tränen stiegen in ihr auf, als die Erinnerung sie wieder einholte, sie überflutete. Kurz wehrte sie sich gegen Rons Griff, der sie sanft in den Arm zu nehmen versuchte, gab dann aber nach und vergrub das Gesicht in seiner Schulter.

„Verdammt! Verdammt! VERDAMMT!“

Schluchzer überwältigten sie und ließen sie unkontrolliert zittern. Der Rothaarige konnte sie nur an sich drücken und sanft über ihren Rücken streicheln. Für tröstende Worte war auch er zu niedergeschlagen.

Irgendwann ließen die Krämpfe nach und sie klammerte sich einfach nur noch heulend an den Jungen, der sie noch immer zu beruhigen versuchte, indem er ihr sanft über Haar und den Rücken strich, obwohl er selbst eine starke Schulter gebraucht hätte.

„Ich kann nicht mehr, Ron ... Ich kann ... einfach ... nicht mehr ...“

„Ich weiß, Hermine. ... Ich doch auch nicht ...“

...

„Was ist das?“, fragte Hermine mit gebrochener Stimme.

Sie hatte sich endlich dazu durchgerungen, den Kopf etwas zu heben und an Rons Schulter vorbei in die Dunkelheit zu starren.

Er schreckte zusammen, als hätte sie ihn geschlagen. „Was ist wo?“

„Dahinten. Hinter dir... da ist... irgendwas. Im Dunkeln. Ich kann es nicht richtig erkennen.“

Langsam hob sie den Arm und deutete an Ron vorbei, auf einen Schemen, der sich im blassen Licht ihrer Lumos-Zauber leicht von der Umgebung abhob. Verwirrt sah er ebenfalls zu der Stelle, auf die sie deutete.

Sie tauschten einen Blick, dann rappelten sie sich langsam auf und tasteten sich in der Dunkelheit hinüber. Sie gingen noch vorsichtiger als zuvor, aus Angst vor weiteren Löchern ohne Boden.

Desto näher sie kamen, desto deutlicher wurde auch der Schemen und schließlich konnten sie erkennen, was Hermine gefunden hatte.

Es war...

„Ein Sarg?“, flüsterte sie. Wäre sie noch dazu in der Lage gewesen, hätte ihre Stimme verwirrt geklungen, doch selbst dazu war sie zu erschöpft.

Deutlich hörte sie Ron neben sich schlucken, bevor er ihr nickend zustimmte.

Vor ihnen stand tatsächlich ein steinerner Sarg. Anscheinend stand er schon Ewigkeiten dort, denn er war mit einer schwarzen Staubschicht bedeckt. Als sie diese jedoch mit einer Hand an einer Stelle fort wischte, kam etwas zum Vorschein, das weißer Marmor sein mochte. Sie sah zu Ron auf.

„Wer versteckt so einen hier unten?“, fragte er.

„Vielleicht ist das hier ... eine Gruft?“

„Pff. Das würde zu Volde... Ah!“

Es gab einen Erdstoß, irgendwo, weiter entfernt, doch heftig genug, um den Jungen fast von den Füßen zu reißen. Doch die Erde wackelte nur kurz. So schnell das Beben gekommen war, so schnell war es auch wieder gegangen.

„Was war das?“

„Ich habe keine Ahnung!“

Hermine hatte sich vor Schreck an den Sarg geklammert. Ihre Stimme klang vermutlich mehr, als nur ein bisschen panisch. Sie sah kurz zu dem Rothaarigen auf. Er sah genauso ratlos aus, wie sie selbst, obwohl das bei ihm eigentlich der Normalzustand war.

„Kann ich euch helfen, meine Lieben?“, hallte plötzlich eine weitere Stimme durch die Luft, irgendwo hinter ihnen, doch der Sprecher war nicht zu sehen. Sie gehörte einer Frau und klang unwirklich. Da ihre eigenen Stimmen dies allerdings auch taten, seit sie die Insel betreten hatten, bemerkten sie das nur am Rande.

„Wer sind Sie?“, fragte Ron misstrauisch und hob seinen Zauberstab.

„Aber, aber, mein Junge. Mich kennt doch jeder.“

Aus der Dunkelheit löste sich langsam eine Gestalt, die sich im Näherkommen als eine sehr alte Frau herausstellte, mit ergrautem Haar, aber so rüstig, dass sie zwar leicht gebeugt ging, sich jedoch nicht wirklich auf den Stock stützen musste, den sie mit sich führte. Sie lächelte freundlich.

Irgendetwas kam Hermine seltsam vor, doch sie konnte nicht sagen, was es war. Vielleicht lag es daran, dass alte, freundliche Damen für gewöhnlich nicht in irgendwelchen Gruften herumschlichen.

„Wir kennen Sie nicht. Oder, Hermine?“

Zur Antwort schüttelte sie den Kopf. „Wer sind Sie?“

Die Alte lachte fröhlich. „Oh, die Jugend von heute! Erkennt nicht einmal die gute alte Helga Hufflepuff, wenn sie vor einem steht!“ Ihr Tonfall deutete an, dass sie höchst amüsiert war.

Ron und Hermine waren weniger amüsiert. Ganz im Gegenteil.

„Helga Hufflepuff ist schon seit tausend Jahren tot!“

„Ich? Tot? Aber müsste ich das nicht wissen?“ Sie klang nun so, als hätte ein Schüler eine unsinnige Frage während ihres Unterrichts gestellt, schien allerdings Mühe zu haben, den selbstgefälligen Ton aus ihren Worten herauszuhalten.

„Ja, tot! Kein Mensch würde so lange leben! Und was machen Sie überhaupt hier unten?“

„Das ist eine gute Frage, junger Mann. Aber wäre die Frage nicht passender, würde sie lauten: Was macht ihr hier unten?“

„Wir sind... abgestürzt. Da war ein Loch im Boden und dann... Seitdem irren wir hier herum.“, antwortete Hermine an seiner statt. Die Geschichte stimmte nicht ganz, aber das musste die Alte nicht wissen.

Hufflepuff sah von ihm zu ihr und lächelte weiterhin gütig. „Bist du ganz sicher, dass das alles ist, meine Liebe?“

„Ja.“, erwiderte sie schroff. Ihr wurde diese Person immer unangenehmer und im Gegensatz zu Ron überhörte sie den spöttischen Ton in den Worten der Alten nicht.

Der Rothaarige schien allerdings daran interessiert, das Gespräch am Laufen zu halten, weshalb er auch zu näheren Erläuterungen ansetzte. Das Hermine während seiner Rede beständig versuchte, seine Aufmerksamkeit und vor allem sein Schweigen zu erhalten, gab er vor, nicht zu bemerken. „Wir suchen hier einen Becher. Ihren Becher, um genau zu sein. Ein Mann namens Voldemort hat ihn vermutlich gestohlen und in einen Horkrux verwandelt.“

„Ron.“

„Voldemort? Diesen Namen habe ich noch nie gehört. Und wieso sollte er so eine schwarze Magie anwenden und einen Horkrux erschaffen?“

„Weil er das pure Böse ist.“

„Ron!“

„Kann ein Mensch denn das pure Böse sein?“

„Oh ja, kann er sogar sehr gut! Er tötet Muggel! Und Muggelstämmige wie Hermine! Er ist ein Ungeheuer!“

„Ron! Verflucht noch mal!“

Endlich bekam sie die erwünschte Aufmerksamkeit des Rothaarigen. Nur leider hatte die Frau sie nun auch bemerkt. Aber das war nun nicht mehr zu ändern.

„Der Sarg ist offen.“

„Wie?“

„Der Sarg ist offen. Er hat sich eben von selbst aufgeschoben, während du unsere Geheimnisse ausplauderst!“, gab sie grantig zurück und wies zuerst auf den Steinblock, dessen Deckel sich tatsächlich auf der Kopfseite verschoben hatte, dann zu Helga Hufflepuff.

Ron murrte etwas Unverständliches und sah von seiner Freundin zum Sarg und dann zu der alten Frau. Und dann... erstarrte er, ebenso wie Hermine. Vor Schreck.

Nun wusste sie, was ihr an der Alten seltsam vorgekommen war. Sie stand gar nicht auf dem Felsboden. Sie schwebte!

„Habt ihr es also gemerkt, ihr beiden Naseweise! Nun, es ist letztendlich auch egal!“

Das Gesicht der Frau verzerrte zu einer unmenschlichen Fratze, während sie sich auf sie stürzte. Sie traf Hermine nicht gefährlich genug, um sie zu verletzen, doch der Schwung reichte aus, um sie nach hinten überkippen und in den Sarg fallen zu lassen. Bevor sie sich erneut auf das Mädchen stürzen konnte, versuchte Ron sie mit einem Zauber abzulenken, doch der glitt glatt durch sie hindruch. Nur die Aufmerksamkeit hatte er jetzt. Statt auf Hermine flog sie nun auf ihn zu. Er konnte sich gerade noch rechtzeitig wegducken.

Hermine hingegen hatte ganz andere Probleme. Erst nach kurzem Innehalten fand sie die Orientierung wieder. Mühsam zog sie ihre Beine - das einzige, was noch außerhalb des Steinblocks war - zu sich, um sich aufrichten zu können. Sich noch darüber wundernd, warum sie nicht auf Knochen lag, wie es in einem Sarg eigentlich zu erwarten war, stießen ihre Finger gegen etwas Metallisches, das von ihr wegrollte und gegen die Wand des Sarges klirrte. Vorsichtig griff sie danach. Als sie es schließlich in Händen hielt, wusste sie sofort, um was es sich handelte. Fest schlossen sich ihre Finger um den Hals des Bechers, dann befreite sie sich aus dem Sarg.

Ron duckte sich währenddessen vor einem erneuten Angriff.

„Ron! Ich hab ihn! Ich hab den Horkrux! Er war im Sarg!“, rief sie, fast freudig sogar. Aber vielleicht war es auch nur die blanke Hysterie. Das Adrenalin, dass durch ihren Körper pumpte, ließ sie zumindest kurzzeitig die vergangen Probleme vergessen. Sie streckte ihm die Hand, mit der sie den Kelch hielt, wie zum Triumph entgegen, ging jedoch sofort in Deckung, als die Alte auf sie zustürmte. Ron jagte ihr einen Fluch hinterher, der sie erneut nicht traf. Auch sie versuchte einen Zauber, der jedoch durch ihren Gegner hindurchschoss, als sei sie Luft.

Da ertönte plötzlich eine weitere Stimme, keinen Steinwurf von ihnen entfernt.

„Harry! Da sind sie! Da sind sie! Ich sehe Ron!“

Verwirrt blickte sie in Richtung der Stimme. Dort, wo sie vorhin das Loch gefunden hatten, standen nun zwei Gestalten und die eine winkte.

„Sie kämpfen!“, rief die zweite Person.

Auch Ron hatte die Beiden bemerkt und erkannt.

„Harry! Ginny! Wie ist das...? Wir haben den Horkrux!“

Erneut griff der Geist an. Doch sie war zulange abgelenkt und konnte nicht mehr ausweichen. Ein heftiger Stoß riss sie zu Boden. Sie schlug mit dem Händen und gleich darauf auch mit dem Gesicht auf und ein Schmerz durchfuhr sie. Trotzdem umklammerte sie den Becher krampfhaft. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie ein Lichtblitz über sie hinwegfegte, hindurch durch den Geist, der sie erneut attackieren wollte, so jedoch davon abgehalten wurde und sich nun erneut auf Ron stürzte.

„Hermine! Wirf! Wirf den Becher her!“, drang Harrys Stimme zu ihr.

Sie sah auf und umklammerte den Becher noch fester. Woher sollte sie wissen, dass das nicht auch nur eine Illusion war? Ein Geist, der sie verraten wollte?

„Hermine! Wirf!“

Sie hörte Ron schreien, als es ihn zu Boden riss.

„WIRF! VERDAMMT NOCH MAL! WIRF IHN ENDLICH!“

Sie seufzte tief und überlegte noch einmal.

Dann richtete sie sich ein wenig auf und... warf den Pokal doch.

Da sie nach wie vor halb auf dem Boden lag, gelang ihr das Zielen nicht besonders gut. So, konnte Harry ihn niemals fangen. Wenn es Harry war. Doch das war auch nicht nötig.

Ein Zauber schoss aus Ginnys Zauberstab, ein gülden glänzendes Wesen formte sich daraus, das sie an entfernt einen Patronus erinnerte. Es flog genau auf den Pokal zu, genau, wie der Geist der Hufflepuff. Und der Geist erschien Hermine schneller als der Zauber, auch wenn das rein logisch betrachtet nicht möglich war...

Doch da umschloss das Lichtwesen den Becher vollständig. Es gab einen seltsam knirschenden laut und die Alte schrie auf. Das Licht verschwand. Der Geist drehte ab und schoss wieder auf Hermine zu, die sich mittlerweile wieder aufgerappelt hatte. Sie hastete zur Seite.

„Hierher! Beeilt euch!“, ertönte wieder Harrys Stimme.

Das ließ sich sich nicht zweimal sagen. Sie rannte auf die beiden zu, ebenso Ron, der sich unter einem neuerlichen Angriff weg duckte. Im Lauf griff sie nach den Resten des Pokals, die nach dem Verschwinden des Zaubers kraftlos auf den Boden gefallen waren.

Als sie Harry und Ginny beinahe erreicht hatte, sah sie, wie diese langsam in die Höhe stiegen.

„Beeilt euch!“

Den letzten Schritt sprang sie. Es gelang ihr, sich an die Plattform zu klammern. Harry half ihr hoch, während Ron sich neben ihr selbst hochzog.

„NEIN! Ihr Elenden!!!“, kreischte der Geist, der sie nun nicht mehr erreichte. Bevor der Boden aus dem Blickfeld der Vier schwand, sahen sie noch, wie sich die Fratze weiter verzerrte, die ohnehin ausgemergelten Gliedmaßen in sich zusammenschrumpelten und schließlich als bloßes Skelett zu Boden fielen.

Dann war unter ihnen nichts mehr zu sehen und sie fuhren immer schneller nach oben.
 


 

Na? Seit ihr bis hierher gekommen? Dann lasst mir doch ein kleines Kommentarlein da, ja? :D

Zu Besuch

9. April 1998 (in einem Moor)

Hermine wandte den Blick zu dem Schwarzhaarigen, der neben ihr hockte.

„Harry? Wie habt ihr...?“, nuschelte sie, nun, wo der Kampf vorbei war, sichtlich verwirrt.

Er schüttelte jedoch nur den Kopf. „Später. Lass uns erst hier verschwinden. Dann können wir unsere Informationen austauschen. Mich würde zum Beispiel brennend interessieren, woher ihr den Horkrux hattet.“, lächelte er und legte eine Hand auf ihre Schulter.

Es gab einen letzten Ruck, dann befanden sie sich wieder im Tageslicht. Kurz von der plötzlichen Helligkeit geblendet, hielt sie sich die Hand vor die Augen. Harrys Befehl „Runter von der Plattform!“, befolgte sie blind, rollte sich einfach nach links zurück, bis sie einen anderen Boden unter sich spürte. Sie blieb auf dem Rücken liegen und öffnete die Augen einen Spalt weit.

„Ist das wirklich noch dieselbe Insel?“, hörte sie Ginny flüstern.

„Ja.“, war Harrys schlichte Antwort.

Von der Wiese war nichts mehr zu sehen, vielleicht, weil sie zu weit entfernt waren, aber vielleicht hatte sich die Umgebung wie von selbst während ihres Abenteuers verändert. Die Magie war verschwunden und mit ihr die farbenprächtige Natur. Es existierte kein Gras mehr und auch keine blühenden Blumen und keine knospenden Bäume. Das einzige, was noch existent war, waren kahle Baumstümpfe, die halb in blubbernden Tümpeln versanken und von der untergehenden Sonne in ein unwirkliches Licht getaucht wurden, und vier Jugendliche inmitten der Moorwüste.

„Der Zauber, der auf der Insel gelegen hat, ist verschwunden?“, stellte Hermine verwirrt fest.

„Vermutlich, als der Horkrux vernichtet wurde. Lasst uns gehen.“
 

9. April 1998 (Bauernhof in der Grafschaft Gwynedd, Wales)

Mehrere Stunden später saßen sie in der Küche eines Bauernhauses, in dessen Nähe sie appariert waren. Die Bewohner hatten sie herzlich aufgenommen, nachdem sie ihnen eine (nicht einmal halbwahre) Geschichte erzählt hatten. Sie hatten ihre Kleidung zum Waschen geben dürfen und solange Kleidung der Kinder des älteren Ehepaares bekommen.

Nun saßen sie um einen Tisch versammelt und genossen das Abendbrot, das Mrs Smith ihnen zubereitet hatte, als sei es ein Festmahl. Nun, für die vier Jugendlichen war es das wohl auch, denn nach ihrem Abenteuer knurrte ihnen gewaltig der Magen.

„Und ich verstehe immer noch nicht, wie es euch gerade hierher verschlagen hat, Kinder.“, seufzte Mrs Smith einmal öfter. Sie hatte diese Frage schon mindestens ein dutzend Mal gestellt, eher rhetorisch.

Darum antworte man ihr auch nur noch mit einem Achselzucken.

Hermine war schließlich die Erste, die satt war. Soviel an einem Tag gegessen hatte sie lange nicht mehr, wie es ihr vorkam. Nach ihr legten schließlich auch Ginny und Harry ihr Besteck auf den Teller und lehnten sich zurück. Ron folgte diesem Beispiel erst, nachdem sämtliche Blicke auf ihm und Hermines Fuß neben seinem Schienbein ruhten.

Gemeinsam stiegen sie hinauf in das Gästezimmer, das Mr Smith während des Festmahls vorbereitet hatte. Sie würden sich ein Zimmer teilen müssen, doch im Grunde kam ihnen das gerade recht, da sie so einfacher miteinander reden konnten.

So ließ das Ehepaar sie auch recht schnell allein, während jeder der vier Jugendlichen ein Bett bezog.

Wieder waren die Mädchen schneller fertig, als die Jungen, allein, aus dem Grunde, dass sie nun endlich das Geschehene bereden wollten.

„Also? Wie habt ihr den Sturz überlebt? Und was war das für ein Zauber? Und wo kamt ihr überhaupt so plötzlich wieder her?“, stellte Hermine endlich die Fragen, die ihr bereits seit Stunden auf der Seele brannten, die Harry bis jetzt jedoch zurückgehalten.

Er sah sie einen Moment nachdenklich an, doch bevor er sprechen konnte, war Ginny bereits im Erzählfluss. „Wie wir den Sturz überlebt haben? Keine Ahnung. Wir sind weich gelandet, irgendein Zauber hat uns abgefangen. Ging allerdings ziemlich tief runter. Darum habt ihr wohl unsere Rufe nicht gehört. Wir wollten ja, dass ihr nach kommt.“ Sie zuckte mit den Achseln. „Ist ja auch egal. Jedenfalls sind wir dann in ein ziemlich chaotisches Höhlensystem geraten, mit Plattformen, die sich bewegen. Hat ne ganze Weile gedauert, bis wir uns da durchgefriemelt hatten. Letztendlich hat es uns in eine Höhle verschlagen, wo wir auf eine Dachsstatue getroffen sind. Dreimal dürft ihr raten, wer das war.“

Ron blickte vollkommen verwirrt zu ihr, während Harry sich wissend lächelnd zurücklehnte.

„Hufflepuff. Die echte.“

„Das heißt, wir hatten die Ehre, der falschen Hufflepuff zu begegnen?“

„Genauer hattet ihr die Ehre, dem Skelett der guten Hufflepuff zu begegnen, das sich unter der Kontrolle des Horkruxes befand. Ihre Seele war in die Statue des Dachses versiegelt, schon bevor Voldemort seinen Horkrux dort unten deponiert hatte. Hat sie uns so erzählt, nachdem wir ihr erklärt hatten, wieso wir dort waren. Letztendlich hat sie sich uns angeschlossen. Sie war es, die durch Ginnys Zauberstab heraufbeschworen wurde... apropos Zauberstab... Ich finde meinen nicht wieder.“

Hermine überlegte nur kurz, dann fiel er wieder ein, wohin sie das gute Stück gelegt hatte. Rasch griff sie zu ihrem Rucksack, um Harry seinen Stab zurückzugeben. „Hier. Du hast ihn fallen gelassen, als du Ginny hinterher gehechtet bist.“

Nun, da sich die Wogen geglättet und Ginny und Harry, bis auf ein paar Schrammen, in einem Stück zurück waren, hatte auch sie sich wieder entspannt und sah das Geschehene jetzt zwar noch immer nicht lockerer, aber sie hatte sich deutlich entspannt.

„Das heißt, ihr habt Helga Hufflepuff eingesammelt und seit dann irgendwann mit der Plattform wieder nach oben?“

„Ja. Eigentlich wollten wir ja zurück, wo wir hergekommen waren, aber dann dachten wir uns, dass ihr vermutlich den Gang genommen habt. Also sind wir dann einfach weiter. Außerdem haben wir den Rückweg nicht mehr gefunden.“ Den letzten Satz fügte Ginny etwas leiser und nach einer kurzen Pause kleinlaut an.

Hermine und Harry tauschten einen belustigten Blick, während Ron einmal öfter verständnislos dreinsah.

„Und ihr?“

„Nun... wir haben tatsächlich nicht auf euch gewartet. Wir sind den Gang entlang, der uns nach Ewigkeiten in die Höhle geführt hat, wo wir dann auch den Sarg samt Bewohner und Kelch gefunden haben. Dann seit ihr aufgetaucht. Damit haben wir übrigens schon gar nicht mehr gerechnet.“

„Na wenigstens ist uns der Überraschungseffekt gelungen.“, lächelte Harry, der es sich mittlerweile in seinem Bett gemütlich gemacht hatte. Er gähnte herzhaft.

Auch ihr Körper ließ sie die vergangenen Anstrengungen und das reichhaltige Essen immer deutlicher darin spüren, dass sie immer müder wurde. Sie wollte gerade vorschlagen, nun ins Bett zu gehen, als von Ron auch schon der erste Schnarcher kam...
 

10. April 1998 (Bauernhof in der Grafschaft Gwynedd, Wales)

Für ihren Geschmack viel zu früh kam Mrs Smith sie am nächsten Morgen wecken, dabei war sie zumindest rein theoretisch kein Langschläfer. Vermutlich lag es am vergangenen Tag, dass es ihr so schwer fiel, die Augen zu öffnen, als sich die Tür zu ihrem Zimmer öffnete und die Stimme ihrer Gastgeberin erklang.

„Kinder! Wacht auf! An der Tür sind Leute, die nach euch fragen!“

Mrs Smith klang nicht direkt freudig, aber doch zumindest sehr aufgeregt.

Richtig verstanden hatte Hermine ihre Worte nicht einmal, doch es reichte, sie dazu zu bewegen, sich gähnend auf zu richten und sich den Schlaf aus den Augen zu reiben. „Entschuldigung, was haben Sie gesagt?“

Da sie die einzige blieb, die auf die Gastgeberin reagierte, kam diese schließlich auf sie zu und tätschelte ihr sanft die Wange. Durch die Berührung der kalten Hand fühlte sie sich gleich ein bisschen wacher.

„Guten Morgen, meine Liebe.“, lächelte Mrs Smith. „Ich sagte, das unten eben zwei Männer an unserer Tür geläutet haben, um nach euch zu fragen. Mein Thomas redet gerade mit ihnen. Ich dachte, es wäre gut, euch zu wecken.“

„Wie sehen diese Männer aus?“, fragte Harry, der nun ebenfalls hellwach war und äußerst alarmiert klang.

Die stämmige Frau überlegte, wobei ihr freundliches Gesicht sich in tiefe Falten zog. „Der eine trug eine Augenklappe, das weiß ich noch. Und der andere hatte schwarze, lange Haare. Der erste war auch schwarzhaarig, aber kürzer geschnitten. Und beide trugen schwarze Kleidung.“

Hermine bemerkte Harrys skeptischen Blick wie auf Komando.

„Dieser zweite Mann... hatte nicht zufällig...“

„... eine außerordentlich große Nase?“, diese Stimme gehörte zu Ginny, die mit ihren Händen vor ihrem Gesicht gestikulierte, um Snape nachzuahmen.

Mrs Smith sah sie für einen Moment skeptisch an, dann schüttelte sie bedauernd den Kopf. „Darauf habe ich nicht geachtet, tut mir Leid. Aber was soll ich ihnen jetzt sagen?“

„Das wir schon weiter gezogen sind. Die wollen uns nichts Gutes.“

„Bist du dir sicher, Harry?“, fragte Hermine und zog die Stirn kraus. „Ich meine, wie viele Leute mit einer Augenklappe kennen wir? Der einzige, den wir kennen, der gehört zum Orden.“

„Oh, Graves gehört auch zu den Kandidaten, denen man nicht im Dunkeln begegnen will, vertrau mir. Und außerdem, was interessiert es uns, ob es jetzt Todesser sind oder jemand vom Orden? Beide sind momentan gleich lästig - wenn auch nicht gleich gefährlich. Und du wach endlich auf, Ron!“

Das Kissen, das der Junge nach dem Rothaarigen, der immer noch eingekuschelt in seinem Bett lag, warf, traf ihn am Kopf, doch er nuschelte nur: „Ich will noch nicht aufstehen, Mum.“ und drehte sich auf die andere Seite. Erst, als auch Ginny ihr Kissen geworfen hatte, schreckte er hoch. „Ich bin ja schon wach! Ich bin ja schon wach! ... Was ist los?“

„Planänderung. Wir müssen weg.“

„Was?!“

„Ich bezweifle, dass du mit Snape ein Schwätzchen halten willst?“

„Äh... nee, kein Bedarf.“

Angewidert schüttelte Ron sich. Aber wenigstens war er wach.

„Wovon redet ihr? Das klingt ja fast nach einem schlechten Spionagefilm.“, stellte Mrs Smith fest, die durch die kurze Diskussion der Jugendlichen reichlich verwirrt schien.

Ron und Ginny konnten mit dem Wort „Spionagefilm“ recht wenig anfangen, doch Harry und Hermine, die sich mit Muggeln auskannten, nickten düster. „Das trifft es ganz gut, ja. Und es ist besser, wenn Sie sich da raushalten. Mit den Kerlen ist nicht gut Kirschen essen.“

Sie überredeten Mrs Smith, den beiden Männern mitzuteilen, sie seien bereits gegangen. Nachdem sie aus dem Zimmer gewuselt war, zogen sich die Jugendlichen rasch an und packten ihr weniges Hab und Gut zusammen. Anschließend schlichen sie die Treppe hinab, um unbemerkt aus dem Hintereingang zu verschwinden. Sie kamen an der Eingangshalle vorbei, wo das Ehepaar mit den Besuchern redete. Ihre Stimmen wurden lauter, anscheinend glaubten die beiden Männer ihnen nicht, blieben jedoch unverständlich. Das interessierte sie nicht mehr, denn sie hatten den Hinterausgang erreicht.

Doch dieser war leider nicht so ungesehen, wie sie erhofft hatte.

Zwei Männer standen auf der anderen Seite der Tür, doch das bemerkten sie erst, nachdem Harry sie bereits aufgerissen hatte.

„Buh!“, grinste einer der beiden hämisch. Er war mittelgroß, aber dünn und sein Gesicht wirkte ausgemergelt. Vermutlich hatte er ein paar Jahre seines Lebens in Askaban verbracht. Der andere war größer, als sein Kollege und hatte die Todesserkapuze tief in sein Gesicht gezogen, so dass man ihn nicht erkennen konnte.

Der ausgemergelte Todesser hob den Zauberstab und hielt ihn Harry an die Kehle. Dieser starrte jedoch lediglich trotzig zurück, ohne auch nur die Spur von Angst zu zeigen.

„Weißt du, wo du hier bist?“

„Geographie war noch nie meine Stärke.“, murmelte Harry und wirkte beinahe gelangweilt. Hermine - auf die der vermummte Zauberer seinen Zauberstab gerichtet hatte - verstand die Welt nicht mehr. Vor ihr standen zwei Todesser und bedrohten sie - wie in aller Merlins Namen konnte der Schwarzhaarige nur so ruhig bleiben? War er endgültig dem Wahnsinn anheim gefallen?

„Das ganze Land hat übrigens nach dir gesucht. Wir haben dich gesucht.“, fuhr der Todesser fort.

Diesmal nickte Harry, kaum merklich. „Habe ich mir schon fast gedacht, Lestrange. Welch seltsamer Zufall, dass wir uns gerade hier wiedertreffen, nicht wahr?“

„Wenn du es als Zufall betrachten willst.“

„Und was willst du jetzt tun? Uns umbringen?“

Der Todesser schien tatsächlich einen Moment mit genau diesem Gedanken zu spielen, allein schon, weil Harrys Coolness ihn auf die Palme trieb. Bevor er jedoch dazu kam, den Unverzeihlichen anzuwenden, hatte ihm der Vermummte eine Hand auf die Schulter gelegt und murmelte ihm etwas zu. Dann wandte er sich an die vier Jugendlichen. „Mitkommen!“

Hermine warf einen zögerlichen Blick zu ihren Freunden, doch die waren genauso hilflos, wie sie selbst. Dennoch schritt Harry ohne zu zögern voran, fast so, als würde er nicht damit rechnen, dass er wirklich in Gefahr schwebte.

Lestrange - wenn es denn wirklich Lestrange war - richtete seinen Zauberstab weiterhin auf den Schwarzhaarigen, auch wenn er zur Seite trat, um ihn passieren zu lassen.

Hinter Harry reihte sich Ginny ein, dann Ron und Hermine folgte ihnen letztendlich auch und fragte sich dabei, wie sie ungesehen nach ihrem Zauberstab greifen konnte.

Ein roter Blitz surrte durch die Luft, so unvermittelt, dass sie in sich zusammenschrak, wie auch der Todesser, den der Fluch nur um Haaresbreite verfehlte. Als sie sich umsah, erkannte sie hinter der nahen Baumreihe eine Frau mit furchtbar bonbonrosafarbenem Haar. Und ehe sie es sich versah, war Tonks nicht mehr allein, auch wenn sie die Ordensmitglieder nicht erkennen konnte.

Der vermummte Todesser sackte indes zu Boden. Er hatte zwar die nun auf sie zuprasselnden Flüche abblocken können, doch Harry, der ihm simpel und rein nach Muggelart den Ellenbogen ins Gesicht rammte, hatte er nicht blocken können. Die Kapuze rutschte ihm vom Gesicht und offenbarte einen Mann, der kaum älter sein konnte, als sie selbst, und der jetzt eine gebrochene, blutende Nase mitten ihm Gesicht hatte.

Lestrange wirbelte erschrocken herum, bereute seine Unachtsamkeit aber sofort, als ihm ein Zauber den Ärmel zerfetzte. Seine Schutzschilde wieder hochfahrend hastete er in Deckung.

Auch Hermine, Harry, Ron und Ginny hasteten davon, hinein in das angrenzende Waldstück und außer Sichtweite der Kämpfenden.

„Sollten wir ihnen nicht helfen?“, fragte Ginny, die über einen Busch zum Schauplatz spähte und gerade mitansehen musste, wie sich ihr Vater in den Kampf stürzte. Aus dem Haus drangen nun Schreie und überall leuchteten Flüche in den grellsten Farben.

„Und mich würde mal interessieren, wie du Lestrange erkannt hast.“

„Habe mir seinen Steckbrief gemerkt.“, murrte Harry und deutete auf eine Person, die sich ihnen näherte. Da sie nicht verhüllt war, nahm Hermine an, dass es sich um jemanden vom Orden hielt, der anscheinend nach ihnen suchte.

„Lasst uns hier verschwinden, bevor man uns entdeckt.“

Die vier nickten einander zu und disapparierten. Einer nach dem Anderen.

London

21. Mai 1998 (London, England)

Damals waren sie an einen geheimen Treffpunkt appariert. Das war das letzte Mal gewesen, das sie Magie genutzt hatten. Seitdem reisten sie nur mit Muggelmethoden durch Großbritannien. Sie waren wieder in Godrics Hollow gewesen und hatten William Dragonar besucht und weitere Informationen zum nächsten Horkrux eingeholt. Noch immer vermuteten sie, dass der nächste und somit vorletzte Seelenrest sich in einem der Ravenclawschen Erbstücke verbarg. Der Vampir hatte ihnen sehr weiterhelfen können und so waren sie schließlich über mehrere Umwege wieder in London gelandet. Dort hatten sie sich nun in einem wirklich billigen Muggelhotel eingemietet und schmiedeten Pläne, wie sie auf ihrem Weg weiter kommen konnten. Nachforschungen hatten ergeben, dass weder der Gehstock noch das Buch direkt von Voldemort aus dem Museum in London gestohlen worden waren. Letzteres konnten sie mittlerweile ausschließen, denn es handelte sich um das Tagebuch, dass zuletzt in William Dragonars Besitz gewesen war, der kategorisch verneint hatte, dass es sich um einen Horkurx handeln könnte, denn dann hätte er ihn mit Sicherheit zerstört. So blieb nur noch ein Stab, in dem die Initialen und das Wappen der guten Ravenclaw eingeprägt waren, den sie vermutlich in ihren letzten Lebensjahren als Gehhilfe gebraucht hatte und in dessen Schaft sich auch ihr Zauberstab befunden hatte, der jedoch ebenfalls verschwunden war, das jedoch bereits seit Jahrhunderten. Weitere Hinweise hatten ergeben, dass die Diebe den Stock weiterverkauft hatten, doch in London verlor sich seine Spur. Sie hatten bereits getarnt sämtliche Antiquitätenläden der Winkelgasse aufgesucht, jedoch ohne Erfolg. Heute würden sie es in der Nokturngasse versuchen und das wollte gut geplant sein.

„Hat jeder verstanden, was er zu tun hat?“

„Du gehst rein und verwickelst den Besitzer in ein Gespräch. Ron und ich schleichen uns unter deinem Tarnmantel hinter dir rein. Ginny hält Wache.“, fasste sie den Plan noch einmal kurz zusammen. Sie konnte ihn mittlerweile auswendig, so oft hatten sie es die letzte Stunde durchgekaut.

Harry nickte zufrieden. „Dann können wir los?“

Auch Ginny und Ron nickten nun. Beide schienen ebenso gelangweilt, wie sie. Alle vier standen sie auf und zogen sich ihre Jacken über. Geschlossen verließen sie das Hotel und machten sich auf den Weg in den Tropfenden Kessel.

Auf ihrem Weg musterte Hermine ihre Freunde genauer. Harrys Haare waren in den letzten Monaten genauso gewachsen, wie er selbst, und noch dazu hatte er einen Bart stehen gelassen, den sie und Ginny ziemlich hässlich fanden. Zudem trug er seit neuestem keine Brille mehr, wenn sie unter Menschen gingen, dafür aber braune Kontaktlinsen, die er in einem Muggelgeschäft erstanden hatte. Aber das war nicht die größte Veränderung, die Hermine an dem Jungen seit ihrem Abenteuer aufgefallen war. Er hatte sich charakterlich verändert. Wenn sie darüber nachdachte, kam sie zu dem Schluss, dass diese Veränderung bereits in den Sommerferien eingesetzt hatte. Er war kühler geworden, besonnener, und schien immer genau zu überlegen, was er tat. Manchmal, wenn er allein in seinem Zimmer war, hörte sie ihn anscheinend mit sich selbst reden und sie hatte das seltsame Gefühl, dass er ab und an mitten in der Nacht, wenn sie eigentlich schlafen sollten, verschwand. Einmal hatte sie ihn darauf abgesprochen, doch er hatte nur abgewunken. Er könne einfach nicht schlafen und ginge deshalb an der frischen Luft spazieren.

Auch mit Ginny hatte sie darüber gesprochen, doch diese hatte lediglich abgewinkt und gemeint, sie sähe Gespenster. Daraufhin hatte sie Ron erst gar nicht mehr gefragt und die Sache ruhen lassen.

Letztendlich waren diese Veränderungen zu großen Teilen ja auch nicht mal negativ. Er ging nicht mehr bei jeder Kleinigkeit in die Luft und konnte sich sogar in der Winkelgasse bewegen, ohne erkannt zu werden.

Sie selbst hatte die Probleme des „Erkannt werdens„ ebenfalls nicht, da sie schlicht und ergreifend gewöhnlich aussah. Braunes Haar, braune Augen, normale Statur - eine Hexe, wie es sie überall gab.

Nur Ron und Ginny waren problematisch. Beide waren einfach typisch Weasley. Groß gewachsen (zumindest Ron), rote Haare, Sommersprossen. Die einfachste Methode, sie zu verkleiden war der Tarnumhang, allein schon, weil sie weder Zeit noch Zutaten für den Vielsafttrank parat hatten.

Genau deshalb verschwanden die beiden kurz, bevor sie den Tropfenden Kessel erreichten, in einer Gasse und warfen sich selbigen über. Anschließend betraten sie geschlossen den Pub. Selbiger war, wie nicht anders zu erwarten, entspannend leer. Tom der Wirt stand hinter seiner Theke und sah hoffnungsvoll auf, als die Türglocke läutete, und niedergeschlagen wieder auf sein Glas, das er gerade auf Hochglanz polierte, als sie ihm sagten, sie seien nur auf der Durchreise. Ansonsten sah es mit Gästen schlecht aus. Nur zwei weitere Personen waren in der Kneipe. Es durchfuhr sie ein kleiner Schreck, als sie Tonks erkannte, wie üblich bonbonrosa. Der Mann, der ihr gegenüber saß und so Harry und den anderen den Rücken zudrehte, war damit fast einwandfrei als Remus Lupin identifiziert. Als die Frau aufsah und zur Tür blickte, drehte auch er sich um und folgte ihrem Blick.

Hermine und Harry nuschelten ein höfliches „Guten Tag„ und beeilten sich dann, durch die Absperrung zu geraten.

„Denkt ihr, die haben euch erkannt?“, hörte sie Ron hinter sich flüstern, nachdem sie die Winkelgasse betreten hatten.

„Ich hoffe nicht.“, erwiderte Harry düster und ging weiter.

Sie sah noch einmal kurz in den Himmel, bevor sie Harry folgte. Das Firmanent zeigte ein strahlendes Blau. Es war der erste schöne Tag seit Wochen. Über Nacht war die Wolkendecke verschwunden und hatte der Sonne Platz gemacht. Wenn das kein gutes Zeichen war, wusste sie auch nicht weiter.

Nervös ging sie neben dem Schwarzhaarigen die Winkelgasse entlang, die noch immer furchtbar trübselig wirkte. Seitdem sie sie im letzten Herbst besucht hatten, hatte sie sich nicht verändert. Überall zugenagelte Fenster und Ministeriumsplakate und Steckbriefe von gesuchten Todessern. Passanten waren rar, was ihren Weg vereinfachte. Auf halber Höhe kam Fred - oder war es George? - ihnen entgegen, erkannte sie allerdings nicht.

Schließlich ließen sie die Einkaufsstraße hinter sich und bogen in die Gasse der schwarzen Magie ein, die noch verhärmter wirkte, als ihre Schwester. Kein Mensch war in Sichtweite.

Zielstrebig bewegten sie sich auf Borgin und Burkes zu

- und erlebten eine Überraschung.

Die Fensterscheiben waren zugenagelt, wie so viele andere auch. An der Tür hing ein Schild. Closed.

„Was in Merlins Namen...?!“, flüstere Ginny, die wie ihr Bruder den Umhang von den Schultern genommen hatte.

Ron war weniger zimperlich. „Wir sind zu spät, verdammt!“ Schamlos ließ er seine Wut an der Tür aus, indem er dagegen trat.

Anscheinend hatte der Tritt gesessen, denn zur Überraschung aller flog die Tür auf und gab den Weg ins Innere des Ladens frei.

Nach einem skeptischen Blickwechsel traten sie ein.

Das Gebäude schien noch nicht lange verlassen. Noch hatte sich keine Staubschicht über die Möbel gelegt, nur erkannte man deutlich, dass das Geschäft durchsucht worden war. Viele Regale waren leer, nur wertloser Plunder war zurückgelassen worden. Pergamentrollen, auf denen die Buchhaltung gemacht worden war, lagen achtlos auf dem Boden.

„Wie gesagt, wir sind zu spät.“, wiederholte Harry säuerlich.

„Vielleicht finden wir noch etwas in den älteren Aufzeichnungen. Lasst uns hinten im Laden nachsehen.“

Schon war Ginny auch schon durch die Tür, die ins Lager führte, verschwunden. Die anderen drei folgten ihr.

Doch das Lager glich, wie schon dem vorigen Raum, einem Saustall. Alles war umgewühlt worden, Pergamente lagen über den Boden verstreut zwischen leeren Kisten und umgeworfenen Regalen.

Hermine seufzte. „Das ist doch vergebene Liebesmüh. Lasst uns gehen, hier finden wir nichts mehr.“

„Aber wir finden etwas.“, warf jemand hinter ihr in spöttischem Ton ein.

Alle vier wirbelten herum.

„Und jetzt haben sie uns auch gefunden.“

Zwei Personen standen in der Tür, die sich bis aufs Haar glichen. Und sie hatten rote Haare.

Hermine hörte, wie Ron neben ihr leise fluchte. Harrys Miene war zu Stein erstarrt, ebenso Ginnys.

„Wir haben euch ...“

„... vermisst.“

„Ihr wisst gar nicht ...“

„... wie Mum sich freuen wird ...“

„... euch wiederzusehen.“

Der Schwarzhaarige war der erste, der wieder zum agieren fähig war. Er zog den Zauberstab. „Ich fürchte nur, sie wird uns so schnell nicht wiedersehen.“

Weder Fred noch George schien durch seine eindeutige Geste verunsichert. „Vergesst es...“

„... Leute. Der Orden ist ...“

„... unterwegs.“

„Der Orden ist schon da, um genau zu sein.“ Ein dritter Mann hatte das Lager betreten, hielt sich aber nicht weiter in der Tür auf, sondern marschierte mit geräumigen Schritten auf Harry zu. Sein Kopf flog zu Seite, als Remus Lupin ihm eine schallende Ohrfeige gab, doch ansonsten reagierte er nur mit einem gelangweilten Blick. Das wiederum schien den Herren zu verunsichern.

„Knallen Sie mir ruhig noch eine, wenn Sie sich danach besser fühlen. Aber erwarten Sie nicht, dass ich wie ein kleines Kind um Gnade bettele.“, erwiderte Harry.

„Reue würde mir fürs Erste genügen.“

„Und was ist, wenn wir nichts bereuen?“

Ginny hatte leise aufgeschrien, als der Schlag ihren Freund getroffen hatte, doch als sie jetzt sprach, klang ihre Stimme fest. Lupin wandte sich ihr zu, doch der verwunderte Ausdruck auf seinem Gesicht verschwand so rasch, wie er gekommen war.

„Du weißt doch gar nicht, wovon du redest, Mädchen!“

„Nein, Lupin. Sie wissen nicht. Nichts, um genau zu sein. Und Sie werden es auch nicht erfahren.“ Harry griff die Hand, die ihn geschlagen hatte und noch immer auf seiner Wange ruhte, und schob sie samt dem dazugehörigem Körper zur Seite. Dann ging er ohne ein weiteres Wort an dem Mann vorbei, zwischen den Zwillingen hindurch. Erst vor Tonks, die nun ebenfalls hinzugekommen war, blieb er stehen. „Das gilt auch für dich.“

Er war fast einen Kopf größer, als die Frau mit dem bonbonrosanem Haar vor ihm, was ihre Geste irgendwie lächerlich erscheinen ließ. Den linken Arm streckte sie zur Seite, um ihm den Durchgang zu versperren, in der Rechten hielt sie ihren Zauberstab und richtete selbigen auf ihn. Doch er schien noch immer ungerührt, was so gar nicht zu ihm passte. Der Harry von vor einem Jahr hätte getobt, gebettelt und geschrieen - wie ein kleines Kind.

„Was willst du jetzt tun Tonks? Mich bewusstlos hexen und entführen? So, wie der Orden es am liebsten so gerne und so oft schon getan hätte? Immer, wenn ihr Kindchen aus der Reihe tanzte? Seht es ein. Ich bin kein Kind mehr. Und ich kann sehr gut auf mich allein aufpassen.“

„Das hat man bei eurem kleinen Abenteuer mit den Todessern ja gesehen.“, knurrte Lupin hinter ihm.

„Wir haben unerwartet Hilfe bekommen. Wieso hätten wir handeln sollen, wenn andere die Drecksarbeit verrichten?“

Ohne Tonks weiter Beachtung zu schenken, drehte er sich um.

„Aber nun gut. Wir werden mit Ihnen gehen, wenn sie darauf bestehen. Aber erwarten Sie nicht zu viel von uns. Wir wollen Sie ja nicht enttäuschen, nicht wahr?“
 

Ohne weitere Gegenwehr hatten sie sich von den Erwachsenen - obwohl Hermine die Zwillinge nur ungern zu den Erwachsenen zählte - aus der magischen Straße bringen lassen. Nun befanden sie sich in einem Haus, irgendwo in London, das der Orden anscheinend für Versammlungen gebrauchte, jedenfalls gingen Ordensmitglieder ein und aus. Harry hatte sich auf Befehl von Tonks hin in eines der Bäder zurückgezogen und rasierte sich. Als er frisch gewaschen, wieder mit grünen Augen und nicht mehr so zottelig herauskam, schien die Frau doch erleichtert.

„Gefalle ich dir so besser?“, fragte er spöttisch, als er ihren Blick bemerkte.

Tonks jedoch nickte nur fröhlich und Ginny stimmte ihr zu.

„Oh ja. Du weißt gar nicht, wie eklig es ist, wenn du nen Kaktus küsst!“

„Dann muss ich mich wohl entschuldigen?“, lächelte er und drückte der Rothaarigen einen sanften Kuss auf die Lippen, die diesen sofort erwiderte.

Das fand dann allerdings auch Tonks belustigend. „Ihr scheint ja in eurer Abwesenheit nicht untätig gewesen zu sein, hum? Was wohl Mrs Weasley sagen wird, wenn du dich ihr als zukünftiger Schwiegersohn vorstellst?“

„Sie fällt vermutlich in Ohnmacht. Das macht sie doch immer. Sie ist übrigens gerade K.O. gegangen. Wir haben ihr soeben mitgeteilt, dass ihr hier seid. Dad meint, er würde sie bis zur Versammlung morgen schon wieder wach kriegen. Bis dahin habt ihr also noch Schonzeit.“, grinste Fred, der gerade von einem Kamingespräch zurückkehrte.

Ginny kicherte.

Ihr Bruder war nicht so verzückt. Er verzog den Mund, als hätte er herzhaft in eine Zitrone gebissen. „Ist das jetzt gut oder schlecht?“

„Kurzfristig ist es vermutlich nicht schlecht. Habt ihr gesagt, morgen findet eine Versammlung des Ordens statt?“ Harry setzte sich neben Tonks auf die Couch und zog dabei seine Freundin auf seinen Schoß. Den Blick nahm er jedoch nicht von dem Rothaarigen, der nun Verstärkung durch seinen Bruder erhielt.

George, der nur den letzten Teil mitbekommen hatte, nickte. „Ja. Morgen Abend um Acht. Remus versucht gerade Moody zu überzeugen, euch auch daran teilnehmen zu lassen. Na gut, vielleicht will er auch nur vor gesammelter Mannschaft zeigen, dass ihr zurück seid.“

„Hat er zumindest vorhin angedeutet. Letztes Mal gab es nämlich ziemliche Gerüchte unter den Mitgliedern, das hat uns ziemlich in Schwierigkeiten gebracht.“

„Wie stehen die Sicherheitsvorkehrungen?“

„Der Ort der Versammlung wird erst morgen bekannt gegeben. Wir wechseln jedes Mal. Spart den Geheimniswahrer. Uns sterben die Leute weg.“

Der Schwarzhaarige nickte versonnen. Doch das Aufblitzen unverholenem Triumphs in seinen Augen, als er erneut zu den Zwillingen blickte, bemerkten nur zwei Leute im Raum.

Ginny und Hermine sahen sich kurz an, zuckten dann jedoch nur mit den Achseln, da sie sich keinen Reim darauf machen konnten. Die Rothaarige wandte sich wieder ihrem Freund zu. Doch zumindest Hermine würde dieser Blick noch länger beschäftigen. Viel länger...

Ruhe

24. Juni 1998 (London, England)

„Hermine?“

Langsam drehte sie sich zu Ron um, der sie schon die ganze Zeit beobachtet hatte.

„Alles in Ordnung? Du bist irgendwie so... seltsam.“

Seufzend warf sie ihm einen verzweifelten Blick zu. Sie wusste ja selbst nicht, was mit ihr los war, aber ihre Sorgen und auch ihre Zweifel, die Harry betrafen, gingen ihr nicht mehr aus dem Kopf. Das taten sie schon seit gut einem Monat nicht mehr. Seit dem Monat, seit dem sie dem Orden angehörten. Weder Hermine, noch Harry, Ron oder Ginny war nach Hogwarts zurückgekehrt. Sie hatten sich schlichtweg geweigert. Stattdessen waren sie, gegen den Willen von Mrs Weasley, im Hauptquartier des Ordens geblieben, wenn auch nur unter der Bedingung, dass sie die Schule im nächsten Jahr fortsetzen nachmachen würden – durch ihr Fehlen hatten sie schlichtweg zu viel Stoff verpasst, so Hermines Argumentierung. Letztendlich hatten die Erwachsenen ihnen zugestimmt, da die Prüfungen tatsächlich ins Haus standen.

Dennoch hießen die Erwachsenen ihr Verhalten natürlich nicht gut. Mrs Weasley schien noch immer recht verstimmt und ließ sie das, wann immer sie ihre Kinder in London besuchte, spüren. Es gab weder eine knochenbrechende Umarmung, noch anderweitig ein freundliches Wort. Auch Mad-Eye Moody ließ keinen Zweifel daran, dass er die vier Jugendlichen lieber in Hogwarts sehen würde, als im Orden, auch wenn sie versprochen hatten, diesmal nicht wieder zu fliehen. Seit dem letzten Abenteuer hatten sie sein Vertrauen wohl endgültig verspielt.

Lupin hingegen hatte sich, vermutlich unter anraten seiner rosahaarigen Freundin, ergeben und Mad-Eye dazu überredet, zumindest die Volljährigen an den Versammlungen des Ordens teilnehmen zu lassen. Sie würden ohnehin einen Weg finden, um herauszubekommen, was besprochen worden war.

Manchmal, wenn es sein enger Terminkalender erlaubte, gab er ihnen sogar ein wenig Unterricht in Verteidigung gegen die dunklen Künste, in denen zu ihrer Überraschung vor allem Ron regelrecht aufblühte. Harry hingegen schien eher gelangweilt.

Harry...

Hatten sie nicht mit Harrys Hilfe den dritten und den vierten Horkrux zerstört? Ja, das hatten sie. Wieso also begann sie jetzt, gerade jetzt, an ihm zu zweifeln?

Unwillkürlich schüttelte sie den Kopf.

„Es ist nichts.“

„Hermine...“

„Es ist nur... Harry.“

„Was ist mit ihm?“

„Ich weiß nicht. Sein ganzes Verhalten ist...“

„...seltsam? Du hast es also auch bemerkt.“

Verwundert sah sie auf zu dem Rotschopf, der sich nun direkt ihr gegenüber setzte. Plötzlich schien er genauso nachdenklich, wie sie. Ein Ausdruck, den man bei ihm selten sah, war auf sein Gesicht getreten: die Stirn in tiefe Falten gezogen, der Blick nachdenklich ins Leere gerichtet, kein Lächeln um die Mundwinkel. Sie hatte ihm bis jetzt nicht zugetraut, dass er so aufmerksam sein konnte. Natürlich, sie mochte ihn, sehr sogar, aber eigentlich war er nicht der Typ Mensch, der nachdachte. Er handelte erst und überlegte dann, so war es immer gewesen. Ihn jetzt so grübelnd zu sehen, verunsicherte sie.

„Eigentlich hat er mich schon viel früher stutzig gemacht. Die Sache mit Ginny, letztes Jahr. Zuerst macht er mit ihr Schluss, um sie vor Voldemort zu schützen, und ein paar Monate später? Knutschen sie wieder miteinander rum, wenn nicht mehr.“

„Ich weiß. Aber verübelst du es ihm? Sie lieben einander. Nein, ich glaube nicht, dass das etwas zu bedeuten hat. Aber andererseits... Er ist in den letzten Monaten so sehr herangereift. Als wir uns in den Sommerferien getrennt haben, sicher, er war damals ziemlich am Boden und das alles. Eigentlich ist es ja auch kein Wunder. Aber... Als wir ihn dann zu Bills Hochzeit wieder trafen, hat irgendwas gefehlt. Er war nicht mehr der Hitzkopf, wie früher. Ich frage mich, wer oder was das bewirkt hat?“

Der Rothaarige schwieg, wusste doch auch er keine Antwort auf diese Frage. Er blickte nur gedankenversunken ins Leere und zuckte mit den Achseln.

„Er wird schon wissen, was er tut.“

„Ich hoffe es, Ron, ich hoffe es.“

„Wo ist er eigentlich? Ich habe ihn nicht mehr gesehen, seit uns Mad-Eye gesagt hat, wo und wann die nächste Versammlung stattfindet. Und wollten wir nicht planen, wie wir Lupin aushorchen können? Des letzten Horkrux wegen?“

„Tja. Ich denke, er ist bei Ginny.“

Hermine verzog die Mundwinkel. Prinzipiell hatte sie sich daran gewöhnt, dass die beiden zusammen waren, aber schlagartig kam auch das ihr komisch vor. Vielleicht aus Angst um ihre Freundin?

Sie lehnte sich zurück und starrte hinauf zur Decke.

Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Ron sich aufrichtete und sich über sie beugte, bis sich ihre Gesichter beinahe berührten.

„Hier drin ist es ganz schön stickig, oder? Was denkst du, ob man uns einen kleinen Spaziergang machen lässt?“

Verwirrt durch diese ungewohnte Aktion (Seid wann kam Ron ihr freiwillig so nah?), konnte sie zunächst nur achselzuckend um Worte ringend stottern.

„Nicht allein, fürchte ich.“
 

Sie sollte Recht behalten. Man ließ sie zwar tatsächlich nach draußen, allerdings wie üblich nur in Begleitung. Diesmal waren es Tonks und Lupin. Heute hatte sie keine bonbonrosafarbenen Haare, dafür kaugummiblaue. Passend dazu kaute sie dann auch Kaugummi und blies blaue Blasen. Remus, der sie im Arm hielt, ließ sich davon allerdings nicht stören (Anscheinend war er das bereits gewöhnt.) und beobachtete weiterhin die beiden Jugendlichen, die schweigend nebeneinander her gingen.

Hermine war tatsächlich tief in Gedanken. Sie schreckte schon kaum noch auf, wenn Tonks wieder eine Blase platzen ließ. Die frische Luft tat ihr gut, dass musste sie zugeben, doch vom Grübeln hielt es sie nicht ab. Leider. Sie versuchte zwar, sich auf die wunderbar blühenden Muggelvorgärten zu konzentrieren, an denen sie vorbei gingen, aber so richtig wollte es ihr nicht gelingen. Zumal Ron ihr unbewusst immer näher kam und sie nicht mehr weiter nach rechts ausweichen konnte, da sie beim Gehen schon fast mit der Frau neben ihr zusammen stieß.

„Wisst ihr, ich frage mich noch immer, was habt ihr im April getrieben habt?“, ergriff Lupin plötzlich das Wort und blickte zu den beiden Jugendlichen.

Ron aber grinste nur. „Und ihr denkt, dass wir es sein werden?“

Remus verzog den Mund, anscheinend leicht verärgert, doch Tonks lachte. „Harry hat anscheinend einen schlechten Einfluss auf euch.“

Ron und Hermine tauschten einen düsteren Blick und erwiderten nichts.

In der eintretenden Stille wehten die Stimmen diverser Muggel, die die nahegelegene U-Bahn-Station betraten oder verließen, zu ihnen.

„Du hattest doch Recht.“, murrte eine weibliche Stimme, anscheinend unzufrieden mit der Gesamtsituation.

„Hättest du deine Augen aufgemacht, hättest du auch gemerkt, dass wir zweimal in die gleiche - falsche! - U-Bahn gestiegen sind. Aber nein, auf mich hört ja niemand!“, erwiderte ein zweites Mädchen bissig.

„Vielleicht solltest du uns führen.“, schlug eine dritte vor.

„Ich habe keinen Orientierungssinn, dass solltest du wissen. Ich benutze nur meine Augen...“

Dann waren die Mädchen, anscheinend ausländische Touristen, wieder außer Hörweite.

Hermine sah ihnen nach. Wie konnte man nur so banale Probleme haben, während ein Schwarzmagier damit drohte, die Herrschaft über das gesamte Vereinigte Königreich - wenn nicht mehr - an sich zu reißen?

„Muggel.“, murmelte Ron nur und schloss zu Tonks und Remus auf, die langsam weiter gegangen waren.

„Immer noch besser, als mordwütige Zauberer.“, antwortete sie trocken und holte ihn ein.

„Das heißt, Harry ist noch immer nicht von der selbstmörderischen Idee abgekommen, die Welt auf eigene Faust retten zu wollen?“, fragte Lupin, der ihren Wortwechsel wohl gehört hatte.

„Erwarten sie auf diese Frage wirklich eine Antwort, Mister Lupin? Sie kennen sie doch.“

Sie spürte Rons Blick auf sich kleben, sah allerdings weiter zu Lupin. Dieser lächelte sanft, doch der Ausdruck, der in seinen Augen lag, sagten ihr deutlich, was er von dieser Aktion hielt - nicht viel.

Er stand voll und ganz hinter dem Sohn seines besten Freundes, doch Alleingänge duldete er nicht, allein schon, weil er ein Mitglied des Ordens war und anscheinend dachte, das man das Welten retten lieber den erfahrenen Erwachsenen überlassen sollte. Das sich gerade die erfahrenen Erwachsenen meilenweit von der Lösung des Problems entfernt befanden, wusste er natürlich nicht, insofern Dumbledore ihn vor seinem Tod nicht über die Prophezeiung und die Horkruxe aufgeklärt hatte. Das wiederum hielt sie für äußerst unwahrscheinlich. Hatte der alte Schulleiter Harry nicht eingebläut, dass er der Einzige war, der Voldemort für immer vernichten konnte?

Aber Dumbledore war nicht mehr. Getötet, von einem Verräter, dem er bis zum letzten Atemzug vertraut hatte.

Mit kaltem Grauen erschien ein Gedanke vor ihren Augen, der sie beinahe trotz der Mittagshitze hätte zittern lassen. Was war, wenn Harry sie genauso verriet, wie Snape Dumbledore? Wenn er gerade jetzt in einem Versteck saß und Ginny gefangen hielt, weil sie sein falsches Spiel aufgedeckt hatte? Wenn er gerade jetzt die Vernichtung aller plante? Die Vernichtung des Ordens? ... Die Vernichtung Hogwarts'? ... Die Vernichtung seiner ... Freunde ...?

Eine warme Hand berührte sie am Oberarm und gleich darauf frage Ron sie, ob alles in Ordnung sei. Beklommen nickte sie und tastete nach seiner Hand. Innerlich schalt sie sich einen Narren, so etwas Schreckliches, so etwas irrsinniges Harry überhaupt zugetraut zu haben.

„Es geht mir gut, Ron, danke.“, lächelte sie, fügte in Gedanken jedoch ein hoffe ich. hinzu.

Der Rothaarige nickte und schien erleichtert. Erst, als er merkte, wie vertraulich er sie berührte zuckte er zurück und stammelte eine Entschuldigung. Er würde puterrot und blickte in die ihr entgegengesetzte Richtung. Wäre es ein anderer Zeitpunkt gewesen, so wäre sie vermutlich sehr amüsiert über dieses Verhalten gewesen. So lächelte sie nur und nahm seine Hand in die ihre. Sie spürte Rons verblüffte, Lupins neutrale und Tonks wissende Blicke auf ihrer Haut, doch sie sagte nichts.
 

Weder Harry noch Ginny tauchten bis zum Abend aus ihrem Versteck (die Zwillinge nannten es Liebesnest und feixten dabei) auf. Eine Stunde bevor die Versammlung beginnen sollte und gleichzeitig eine Stunde nach dem Abendbrot hatten sich Hermine und Ron, die gegen Nachmittag von ihrem, zumindest für Remus und Tonks, erfolglosen Spaziergang zurückgekehrt waren, sich auf die erfolglose Suche gemacht.

Schließlich hatten sie aufgegeben und waren mit Fred und George und einigen anderen Ordensmitgliedern zur Versammlung, die in einem Lagerhaus, nicht weit von ihrem derzeitigen Quartier, stattfinden sollte, aufgebrochen. Bill und Fleur - letztere mittlerweile schwanger -, die am frühen Abend eingetroffen waren, blieben zurück, um auf die zwei Vermissten zu warten, auf dass diese endlich wieder Augen für ihre Umwelt – und nicht nur für einander - bekämen.

„Ich habe ein schlechtes Gefühl bei der Sache.“, flüsterte Ron, so leise, das nur Hermine ihn verstehen konnte.

„Mir wäre es auch lieber, Harry wäre hier.“, antwortete sie schlicht und warf einen Blick zurück über die Schulter, in der Hoffnung, den Schwarzhaarigen hinter ihnen her hasten zu sehen. Doch das einzige, was sie sah, waren ein paar Muggel.

Einer der Muggel streifte sie beinahe, als hätte er sie nicht gesehen. Sein Haar war schwarz und kurz und seine Kleidung ein paar Nummern zu groß und viel zu warm für diese Jahreszeit. Irgendwie kam er ihr bekannt vor, doch bevor sie ihn ansprechen konnte, griff Ron sie beim Arm und deutete auf eine Gasse, aus der soeben seine Eltern, sowie Mad-Eye Moody und einige weitere Ordensmitglieder auf die breitere Straße traten. Als sie sich erneut umdrehte, war der Mann verschwunden.

Irritiert wandte sie sich wieder den Neuankömmlingen zu. Wieder erwarten schloss sie ihren jüngsten Sohn fest in die Arme und heulte vor Freude. „Ron! Er ist aufgewacht! Ist das nicht wundervoll? Percy ist aufgewacht!“

Sie war dünner geworden, in den letzten Monaten, aber immer noch pummelig, ihre Haare hatten sich aus dem losen Dutt befreit und flatterten wirr um ihren Kopf. Ihr Mann war neben sie getreten und lächelte. Mr Weasley war mittlerweile fast völlig grau. Seine Muggelkleidung passte nicht zueinander und war so schmuddelig, wie Lupins.

„Ist das wahr?“

„Ja. Ich bin froh zu sehen, dass es euch gut geht.“, sagte Mister Weasley, die Schulter seiner Frau tätschelnd, und blickte erst zu seinem Sohn dann zu Hermine und nickte. „Aber wo ist Harry?“

„Wissen wir nicht. Er hat sich mit Ginny verkrochen. Irgendwo im Orden und ich bin mir sicher, dass Bill sie mittlerweile gefunden hat, auch wenn er's nicht sagt.“, erwiderte Ron und grinste unwillkürlich. Hinter dem Rücken ihrer Eltern formten die Zwillinge obzöne Zeichen mit den Fingern.

„Wieso sollten sich Harry und Ginny verstecken? Sie hecken doch wohl nicht wieder etwas...“

Bevor Mrs Weasley, die mittlerweile wieder von ihrem Sohn abgelassen hatte, ihre Vermutung ganz aussprechen konnte, fiel Hermine ihr ins Wort. „Vermutlich wollten sie nur ein wenig Zeit für sich selbst.“

„...für sich selbst?“, wiederholte die rothaarige Frau, als hätte sie die Worte nicht richtig verstanden.

Die Jüngere nickte.

„Mum ... Du musst wissen ... Harry und Ginny sind ... ein Paar.“, murmelte Ron verlegen, der Kopf feuerrot und den Blick auf seine feixenden Brüder gerichtet.

Weder Mrs Weasley noch ihr Gatte, der ebenso verdattert war, wie seine Frau, sollten die Gelegenheit bekommen, auf diese Neuigkeit reagieren zu können, denn soeben schollen die Stimmen der beiden Vermissten zu ihnen herüber. Verwirrt blickten die Weasley zu den rufenden der Jugendlichen.

„Ginny!“

„Lass mich in Ruhe!“

„Hör mir doch zu! Es ist gefährlich...!“

„Nein, hör du mir zu! Es ist meine Familie!“

„Das weiß ich doch!“

„Anscheinend nicht!“

Endlich traten die Streitenden ins Blickfeld der Anwesenden. Harry packte Ginny grob am Arm. „Ginny...“

„Lass mich los!“

„Bitte Ginny... Ich habe dir doch erklärt...!“

„Nein! Lass mich!“

Die Rothaarige hatte ihre Familie entdeckt. Für einen Moment sah sie zu geschockt aus, um agieren zu können, doch dann riss sie sich von ihrem Freund los. „Mum! Dad!“

„Ginny! Bleib hier, verdammt!“, rief Harry und setzte ihr nach.

„Ginny mein Schatz!“

Ron und Hermine tauschten einen verwirrten Blick. „Was ist denn los, wieso streitet ihr?“

„Mum! Dad!“

„Ginny, bleib hier!“

„Ihr müsst hier weg, schnell!“

„Ginny!“

Doch die Angesprochene reagierte nicht. Schlitternd und völlig außer Atem kam sie vor ihren Eltern zu stehen. „Ihr müsst hier weg! Schnell! Es ist...“

„GINNY!“, rief Harry erneut.

Ein Mann war aus den Schatten getreten und hielt ihm am Arm fest. Hermine erkannte ihn als Bran Graves. „Was willst du hier noch, Bengel?!“

„Lass mich los!“

„Es ist eine Falle, verdammt!“

„Eine Falle?“

„Ginny! Hör auf damit!“

„Halt den Mund! Es ist meine Familie!“

„Kannst du mir mal sagen, was hier los ist, Schatz?“

„Hättest du die Freundlichkeit, mir zu sagen, was du hier suchst, Blane?!“

„Halt's Maul Graves!“

„Ihr kennt euch?“

„Warum hört mir denn niemand zu?!“

„GINNY!“

„Beantworte meine Frage, Bengel!“

„AH! Lass mich los, du Arsch!“

„Ginny?“

„Es ist eine Falle, verdammt!“

„Es ist zu spät!“

„Was für eine Falle?“

„LASS MICH LOS!“

„NEIN!“

„Warum wird es plötzlich so dunkel?“

„AAHHH!!!“

„GINNY!“

„Es ist zu spät, Verräter!“

„Harry?“

„MUM!“

„Was soll das?!“

„Das bin ich, Dad!“

„HARRY?“

„GINNY!“

„Schnauze, du Bastard!“

„Ach, halt du dein Maul!“

„Ginny? Was ist hier...“

„DEMENTOREN!“

„AHH!!!“

„Lupin?“

„Wer...?“

„LUPIN!!!“

„MALFOY?!“

„Schnauze, Weasley! LUPIN! VERDAMMT!“

„GINNY?“

„Was geschieht hier?“

„WO BIST DU, DU BASTARD?!“

„Harry?“

„HILFE!!!“

„AAHHH!!!“

„HARRY!“

„HARRY?“

„Darius?“

„Hermine, wo bist du?“

„DARIUS!“

„BASTARD!“

„Hier!“

„Hier.“

„ARTHUR? ARTHUR!“

„DAD!“

„ER BLUTET!“

„Ahhh...“

„RUNTER!“

„RON?!“

„EXPECTO PATRONUM!“

„ICH HAB DICH!“

„HILFE!“

„VERRÄTER!“

„VERRAT!“

„...“

Letztendlich...

24. Juni 1998 (London, England)

Als sie wieder zu sich kam, war es noch immer stockfinster. Sie spürte eine unbändige Kälte in sich, die sie von innen zu lähmen schien. Etwas Schweres lag auf ihr. Ob es kalt war, oder warm, konnte sie nicht sagen. In ihr stieg das ungute Gefühl eines déjà vu's auf. „Professor Greyham?“, murmelte sie. Erschrocken stellte sie fest, wie schwach ihre Stimme war. Der Schmerz in ihrer Unterlippe kündete davon, dass sie aufgeplatzt war.

„Nicht ganz. Aber es freut mich, dass du mich für so gutaussehend hältst.“

Die Stimme gehörte Ron. Er klang nicht viel kräftiger, als sie selbst.

„Was ... ist passiert? Dein ... Rücken?“

„Ein paar blaue Flecke in Schuhgröße 44. Aber ansonsten ganz gut, denke ich. Was ist mit dir?“

„Alles ... in Ordnung. Was ist passiert?“

Sie spürte eine Bewegung über sich, so als hätte Ron unwillkürlich die Schultern hochgezogen. „Als die ersten Flüche flogen und du geschrieen hast, hab ich mich auf dich geworfen und so getan, als sei ich tot.“

Sie hätte beinahe gelacht. Die ganze Szenarie kam ihr unwirklich vor. Sie, auf dem nackten Boden, vermutlich Beton, dumpfe Schreie und Flüche, die von dieser seltsamen Dunkelheit - eine Stimme tief in ihr drin sagte ihr, dass sich viele Dementoren in der Umgebung befinden mussten - jedoch fast gänzlich geschluckt wurden und zum krönenden Abschluss Ron, der auf ihr lag und der versuchte, die Situation aufzuheitern.

Ein Schrei näher bei ihnen als die anderen ließ sie aufschrecken. Im ersten Moment wollte sie dem Gefühl folgen und der Person helfen, doch ihre Vernunft mahnte sie, dass es klüger war, liegen zu bleiben. So kauerte sie sich auf den Boden, in der Hoffnung, weder Todesser noch Dementoren würden sie bemerken ...
 

Diese Dunkelheit machte ihn noch wahnsinnig. Sein Wissen in seinem Hinterkopf sagte ihm, dass es nicht die Dunkelheit selbst, sondern die dazugehörigen Dementoren waren, die ihm den Verstand raubten. Er hatte wahrlich wenige glückliche Erinnerungen, die ihn hätten beschützen können. Vor allem in letzter Zeit.

Er hatte Lupin nicht finden können, war dafür aber über den Körper von Alastor Moody gestolpert. Ob dieser noch lebte, wusste er nicht. Eigentlich interessierte es ihn auch nicht. In Wirklichkeit interessierte ihn gar nichts mehr, außer der Tatsache, dass er aus dieser Hölle fliehen wollte. So schnell wie möglich. Er hatte einiger dieser Situationen bereits erlebt. Er hatte viele Todesser besiegt und ans Messer des Ministeriums geliefert, ohne, dass dieses auch nur erahnte, wer er war. Sie nannten ihn nur ehrfürchtig »den Schatten«. Doch jetzt, in diesem Augenblick war er wieder der Junge von vor einem Jahr, der - seines heutigen Beinamens zum Trotz - seinen eigenen Schatten fürchtete, zumindest hätte er ihn gefürchtet, hätte er ihn denn gesehen. Er war nur froh, das ihn niemand sah. Beinahe wäre er dem Reflex erlegen, sich einfach auf den Boden zu hocken und auf den Tod zu warten. Doch er rang ihn trotzig nieder. Wenn er heute sterben sollte, würde er so viele Todesser mitnehmen, wie möglich.

Noch einmal atmete er tief durch und versicherte sich seines Griffs um den Holzstab in seiner Hand, dann marschierte er los, in die Richtung, in der die Schreie am Lautesten waren.

Einmal trat er auf etwas Lebendes, dass seinen Unmut mit einem dumpfen Wehlaut kund tat, doch er blieb nicht stehen, um nachzusehen.

Dann war er auch schon mitten im Getümmel. Er duckte sich unter einem Fluch weg, den er eher erahnte, als sah oder hörte. Noch im selbem Augenblick feuerte er einen Zauber in die Richtung. Ein Schrei versicherte ihm, dass er getroffen hatte. Wen er getroffen hatte, wusste er allerdings nicht. Vorsichtiger setzte er seinen Weg fort...
 

„Tut's sehr weh?“, fragte Hermine, nachdem sie sich sicher war, dass die Schritte verhallt waren. Dennoch flüsterte sie.

„Nicht mehr, als die anderen.“, gab Ron ebenso leise zurück.

„Wer das wohl war?“

Ron zuckte nur mit den Achseln, was sie allerdings nicht sehen konnte.

Wieder in Schweigen verfallen warteten sie, auf jemanden, der sie fand, auf das Ende der Katastrophe, auf den Tod. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, doch dann begann Ron erneut zu sprechen.

„Habe nur ich das Gefühl, dass es kälter wird?“, flüsterte er. Zum ersten Mal war er der Angst, die ihn beherrschte, nicht mehr Herr.

„Das bildest du dir...“

Doch auch Hermine spürte die Dementoren, die sich langsam auf sie zu bewegten. Stumm bedeutete sie Ron, sich von ihr hinunter zu begeben. Dabei tastete sie nach ihrem Zauberstab und suchte in ihren Erinnerungen nach etwas Positivem. Sie fand nicht viel und die Kälte in ihren Gliedern erschwerte die Suche obendrein.

Schließlich hatte sie etwas halbwegs Erfreuliches (den Tag, an dem sie erfuhr, dass sie eine Hexe war, mit dazugehörigem Besuch in der Winkelgasse) entdeckt, auf das sich konzentrierte.

„Expecto Patronum!“, murmelte sie und deutete den Zauberstab dabei in die Richtung, aus der die Dementoren kamen. Ein silbriger Nebel entstieg ihrem Zauberstab, doch er nahm keine feste Form an. Harry hatte Recht gehabt, im fünften Schuljahr, als er der DA diesen Zauber beigebracht hatte: Da sie nicht unter realen Bedingungen hatten proben können, waren sie nicht in der Lage, ihrem Patronus seine Form zu geben. Ein Blick zu Ron sagte ihr, dass es ihm nicht besser erging.

Die Schritte, die hinter ihnen auf sie zu kamen, bemerkte keiner von beiden, doch die Stimme, die in festem Ton „EXPECTO PATRONUM!!!“ donnerte, schon.

Verwirrt blickte sie über ihre Schulter, und sah zu ihrer Faszination einen riesigen silbernen Hirsch, der auf sie zu galoppierte, dann jedoch über sie hinweg setzte, ohne sie zu berühren, und sich den Schattenwesen entgegen warf. Noch im selben Moment glitten diese verängstigt zurück und verschwanden in der Dunkelheit. Der Hirsch jedoch blieb, genauso, wie sein Besitzer.

„Das wird sie nicht ewig fernhalten, fürchte ich.“, murmelte er düster und beugte sich zu den beiden am Boden liegenden hinab. Zuerst half er Hermine auf die Füße, dann Ron.

Als sie zu ihm aufsah, erkannte sie ihn als den Mann wieder, der vorhin an ihr vorbei gegangen war. Er hatte seine Jacke abgelegt, und in seinem Hemd, das ihm ebenso zu groß war, wie bereits das andere Oberteil, befand sich ein großer Riss. Dennoch sah er entschlossen auf, den Blick in die Ferne gerichtet und nach Gefahr Ausschau halten, die Stirn vor Anstrengung in Falten gezogen und den Zauberstab fest umklammert.

„Wer sind Sie?“, fragte sie, obwohl sie das dumpfe Gefühl hatte, die Antwort bereits zu wissen.

Der Fremde schüttelte nur den Kopf. „Das ist jetzt nicht wichtig. Hier ist nichts mehr zu retten. Ihr müsst hier weg.“

„Und was ist mit den anderen? Mit meinen Eltern? Lupin? Ginny?“

Ihr Gegenüber senkte den Blick, unfähig, die beiden anzusehen. „Entweder, sie bringen sich selbst in Sicherheit, oder sie werden diese Nacht nicht überleben. Ihr könnt ihnen nicht helfen. In diesem Chaos findet ihr sie nie ... Ihr müsst in diese Richtung laufen, sie führt vom Kampfzentrum weg. Verschanzt euch am Besten in einem Muggelhaus. Vielleicht seit ihr dort sicher.“ Mit dem freien Arm deutete er auf die Dunkelheit hinter Ron. „Wenn Merlin will, sehen wir uns wieder, sobald diese Katastrophe vorbei ist. Viel Glück.“

Er verschwand in den Schatten.

Hermine spürte Rons verunsicherten Blick auf sich ruhen.

„Wir werden keine andere Wahl haben, als seinem Rat zu folgen. Auch wenn mir die Idee nicht gefällt.“

„Und Ginny?“

„Er hat Recht, fürchte ich.“

Ron ließ den Kopf hängen und sagte nichts mehr.

Nach kurzem Schweigen kamen sie stumm überein, dem Rat zu folgen. Die Zauberstäbe in den Händen machten sie sich auf den Weg durch das Nichts. Trotz des Lumos-Zaubers sahen sie kaum etwas. Die Dunkelheit der Dementoren schluckte das Licht, bevor es den Boden erreichte. Ein paar Mal glaubte sie, über einen menschlichen Körper zu stolpern, doch sie blieb nicht stehen, um herauszufinden, wer es war. Herauszufinden, dass es vielleicht ein Freund war, dem nicht mehr zu helfen war, hätte ihr vermutlich die letzte Hoffnung genommen.

„Was ist das?“, fragte Ron nach einer Ewigkeit. Er deutete mit der leuchtenden Spitze seines Zauberstabs in eine Richtung.

Zunächst konnte sie nichts erkennen, doch es gelang ihr schließlich, einen schwachen Lichtball ein paar Meter von ihnen entfernt auszumachen. Sie trat näher und erkannte, dass es sich um einen Lumos-Zauber handelte. Die Person, zu der er gehörte, stand stumm vor ihnen und starrte sie an. Sie konnte nicht viel erkennen, nur, dass es sich um einen Mann zu handeln schien. Das weiße Licht des Zaubers spiegelte sich unheimlich in seinen grünen Augen.

Vorsichtig trat Hermine noch einen Schritt näher - und erkannte ihn schlagartig.

„Harry?“

Sie erhielt keine Antwort.

„Harry?“, fragte nun auch Ron, ungläubig.

Wieso antwortete er nicht? Er musste sie doch erkannt haben!

Gerade, als sie dachte, er sei gar nicht wirklich bei Bewusstsein, hob er den Zauberstab. Die Frage, was das werden solle, hallte nur durch ihren Kopf, aber erreichte ihre Lippen nicht mehr.

„STUPOR!“
 

Endlich sah er einen seiner Gegner. Er wusste nicht, wer der Mann vor ihm war, aber das war ihm auch nicht wichtig, denn er trug einen schwarzen Umhang und verhüllte sein Gesicht. Wie viele Todesser er bereits auf Gutdünken ausgeschaltet hatte, wusste er nicht, er hatte nur ihre Schreie gehört, manchmal, wie sie zu Boden gestürzt waren. Gesehen hatte er sie nie. Doch nun stand er vor einem und sah ihn. Sein Gegenüber sah ihn auch. Und genau dieser Umstand brachte beide dazu, nicht wie die Kopflosen um sie herum, Flüche blindlings in die Nacht zu feuern, sondern sich genauestens zu belauern.

Seine Angst war verschwunden. Er hatte erkannt, dass er sich jetzt nicht fürchten durfte. Dafür würde später Zeit bleiben. Vielleicht.

Er hob den Zauberstab, um einen Fluch zu sprechen.

Mit einem markerschütternden Knall explodierte etwas in seinem Rücken. So laut, dass er für einen Moment dachte, sein Trommelfell würde bersten.

Er wollte sich gerade umdrehen um nachzusehen, doch da riss ihn die Schockwelle der Explosion bereits zu Boden.

Alles um ihn her wurde schwarz...
 

Als sie zu sich kam, war alles um sie herum still.

Kein Kampflärm war mehr zu hören und, was sie noch mehr verunsicherte, auch keine Schreie. Dunkel erinnerte sie sich an den Angriff auf Bills Hochzeit. Damals hatten die Menschen geschrien. Noch lange, nachdem die Todesser verschwunden waren. Doch nun war alles still und eine grausige Ahnung stieg in ihr hoch. Etwas Schreckliches musste geschehen sein.

Plötzlich drangen die gedämpfte Laute von Schritten an ihr Ohr. Sie war noch zu benommen, um festzustellen, wie viele Personen es waren, und erst recht, um aufzustehen und zu ihnen zu gehen. Einen Augenblick später, als sie die Stimmen der Personen hörte, dankte sie Merlin und allen Göttern dafür.

„Hier lebt doch niemand mehr. Lass uns verschwinden.“, murmelte die erste Stimme, scheinbar ein Mann.

Hermine wagte kaum, zu atmen. Sie wusste nicht, wie nah ihr die Todesser waren, doch sie wusste, dass sie sterben würde, würden sie bemerken, dass sie noch lebte.

„Er hat uns befohlen...“, erwiderte eine Frau, doch der Mann viel ihr unwirsch ins Wort.

„Er hat uns befohlen, nach Überlebenden Ausschau zu halten und sie zu ihren Freunden ins Jenseits zu schicken, ich weiß! Aber sie dich doch mal um, Bella! Hier ist alles tot! Das, was wir nicht getötet haben, hat sein kleines Feuerwerk erledigt.“

„Und mit diesem verdammten Phoenixorden auch ein paar unserer besten Männer.“, murmelte ein weiterer Mann. „Ich frage mich, warum er uns nicht zurück beordert hat.“

Der andere grunzte verächtlich. „Weil wir nichts wert sind, deshalb. Erinnerst du dich noch, was er mit den Malfoys gemacht hat? Er hat sogar Lucius Cousine ermordet, obwohl sie nun wirklich nichts mit der Sache zu tun hatte, so groß war sein Zorn.“

„Hört auf, so von unserem Meister zu reden! Lilian war eine Blutsverräterin! Und das wisst ihr beide!“, herrschte Bella - Bellatrix Lestrange, wie Hermine vermutete - die beiden an.

„Aber wenn er doch Recht hat.“

„Lasst uns gehen.“

„Aber der Befehl!“ Bellatrix schrie nun fast. In der Stille um sie herum dröhnte ihre schrille Stimme.

„Der Befehl ist doch wohl erledigt. Sieh dich doch mal um!“

Die Frau gab einen frustrierten Laut von sich, doch dann war sie die erste, die apparierte. Die beiden Männer folgten ihr, beinahe lautlos.

Brüder

25. Juni 1998 (London, England)

Ein Moment verstrich. Dann erst wagte es Hermine, leise auszuatmen.

Vorsichtig lauschte sie in die Stille, doch diesmal blieb alles stumm.

Nach kurzem Zögern öffnete sie schließlich die Augen. Erst das eine, dann das andere. Es war nach wie vor dunkel, aber nicht mehr finster. Irgendwo brannte eine Straßenlaterne, die den Kampf ohne größeren Schaden überstanden hatte, und ein fast voller Mond stand am Himmel.

Mühsam richtete sie sich auf, um einen besseren Überblick zu bekommen. Jeder Knochen in ihrem Körper schmerzte, als würde er jeden Moment bersten.

Als sie endlich kniete, ließ sie den Blick erneut schweifen und erstarrte neuerlich.

Die umstehenden Muggelhäuser waren in einem Umkreis von mehreren hundert Metern allesamt eingestürzt oder stark beschädigt. Doch am schlimmsten hatte es die Versammlungshalle getroffen. Sie existierte schlichtweg nicht mehr, fast so, als sei sie pulverisiert worden. Sie wollte nicht an die Menschen denken, die vielleicht noch darin eingeschlossen gewesen waren ...

Ein feiner Regen rieselte langsam nieder, doch es war kein Wasser, sondern Asche und Staub. Unwillkürlich fühlte sie sich an die Bilder eines Vulkanausbruchs erinnert, den sie einmal im Muggelfernsehen gesehen hatte.

Plötzlich hörte sie ein leises Geräusch neben sich. Es klang wie ein Stöhnen. Wie in Trance drehte sie sich um ...

„Ron!“
 

Als er erwachte, dachte er für einen Moment, er sei taub. Doch dann merkte er, dass er hören könnte, wie er atmete. Das er hören konnte, wie er den Arm vorsichtig über den Boden bewegte. Gleichzeitig schwoll ein schriller Ton in seinem Ohr an, als würde jemand ohne Luft zu holen in eine Trillerpfeife genau neben seinem Ohr blasen. Schließlich würde das Pfeifen so stark, dass er glaubte, sein Kopf würde explodieren.

Explosion. Das war das Stichwort. Die Lagerhalle war explodiert. Das wusste er, auch ohne, dass er es sah. Und die Todesser waren verschwunden, genauso, wie die Dementoren.

Er hatte es überlebt.

Er lebte.

Er lebte!

Die Erkenntnis traf ihn, wie einen Schlag.

Eine Welle der Euphorie schwappte über ihn. Beinahe hätte er gejubelt - wäre da nicht das dröhnende Piepen in seinem Kopf.

Mühsam rappelte er sich auf. Als ihn die Schockwelle der Explosion zu Boden gedrückt hatte, war er mit der linken Hand aufgeschlagen, dass wusste er noch. Er vermutete, dass sie gebrochen war. Doch er ignorierte den Schmerz, genauso, wie den in seinem Kopf. Wunden lecken konnte er später. Zunächst musste er sehen, ob noch irgendetwas zu retten war.
 

Ron kam langsam wieder zu sich. Er schien nicht weiter verletzt zu sein, doch auch er konnte sich kaum daran erinnern, was geschehen war.

„Hermine?“, flüsterte er schwach.

„Ja?“

„Wo sind Mum und Dad? Wo ist Ginny?“

„Ich weiß es nicht. Tut mir leid, Ron.“

„Hermine?“

„Ja?“

„Lass uns sie suchen, ja?“

Wortlos hob sie ihre Zauberstäbe auf und half Ron dann auf die Beine. Er ächzte schwer, doch er sagte nichts. Nachdem er schließlich relativ sicher stand, machten sie sich auf den Weg zu retten, was zu retten war. Und das war nicht viel.

Kein Stein stand mehr auf dem anderen. Überall lag Schutt und aus dem Himmel rieselte noch immer Staub und setzte sich überall fest. Alle paar Meter vor ihnen tauchte im Schein des Zauberlichts ein Körper auf. Manchen standen die Gliedmaßen in seltsamen Winkeln ab, andere hatten unendlich viel Blut verloren und die nächsten schienen keine Verletzungen davon getragen zu haben, doch ihre Augen waren weit aufgerissen und leer. Unter einem Geröllhaufen fanden sie das Bein einer Frau, doch als sie versuchten, den dazugehörigen Körper zu befreien, fanden sie keinen.

Der Anblick des Stumpfes, aus dem der weiße gesplitterte Oberschenkelknochen ragte, ließ einen Brechreiz in ihr aufsteigen, den Hermine nicht unterdrücken konnte. Sie wandte sich auf die andere Seite und erbrach sich.

Ron übergab sich nicht, doch er schien kurz davor zu sein. „Das könnte Mum gewesen sein...“, murmelte er erstickt.

„Ihre Strumpfhose hatte eine andere Farbe, glaube ich...“, antwortete sie, als der Würgereiz endlich stoppte. „Ich glaube nicht, das wir hier noch irgendetwas tun können.“

„Gehen wir weiter...“

Hermine nickte nur und stand auf. Zu dem Bein sah sie nicht noch einmal, sie hatte so schon das Bedürfnis, ihren Mageninhalt zu entleeren.

Ron war bereits langsam weiter gegangen. Gerade beugte er sich über einen Körper und zog ihm die Kapuze vom Kopf. „Zumindest hat es nicht nur die Guten erwischt.“, knurrte er grimmig.

„Das macht die Sache nicht besser.“

Desto weiter sie zum Zentrum des Chaos kamen, desto weniger fanden sie. Es schien, als sei alles, was sich in und um die alte Lagerhalle befunden hatte (inklusive ihr selbst) zu winzig kleinen Stücken zermahlen worden, die man nicht mehr greifen konnte. Es roch furchtbar nach verbranntem Fleisch. Der beißende Geruch und die Erkenntnis, was geschehen war, trieben Hermine die Tränen in die Augen. Sie hoffte für die Opfer, dass sie bereits vorher gestorben waren, doch sie glaubte nicht so recht daran. Leben in dieser Wüste zu finden, damit rechnete sie nicht mehr.

Doch mitten auf der kahlen Fläche, dem Ort, von dem die Explosion ausgegangen war, standen zwei Menschen und sahen sich an. Beide hatten die Zauberstäbe in der Hand, doch es schien nicht so, als würden sie sich angreifen wollen.

Hermine warf Ron einen Blick zu, doch er war genauso verwirrt wie sie selbst. Vorsichtig und so leise wie möglich traten sie näher.

Ginnys Haare klebten ihr am Kopf, als seien sie nass, und von dem Dreck darin dunkel. Sie blutete aus einer kleineren Wunde an der Stirn, schien jedoch sonst unverletzt. Mit einem undeutbaren Blick starrte sie zu Harry, der ihm kaum standhalten zu können schien. Er war genauso verdreckt wie sie, jedoch gänzlich ohne Wunden. Keiner der beiden merkte, dass sie beobachteten wurden.

Hermine wollte etwas sagen, doch ihre Kehle war wie zugeschnürt.
 

Ziellos irrte er durch die Trümmer. Jeder, an dem er vorbei kam, war tot. Er hatte kaum noch Hoffnung, auf Leben zu stoßen, doch langsam wurden die Verwüstungen geringfügiger.

In der Ferne hörte er eine Sirene heulen. Vielleicht hatten die Muggel endlich begriffen, dass etwas geschehen war. Doch da sich noch nicht einmal das Ministerium hatte blicken lassen, bezweifelte er, von den nicht magischen Menschen irgendwelche Hilfe erwarten zu können. Selbst wenn sie den Ort des Massakers erreichten, würden sie genauso hilflos sein, wie er selbst. Vielleicht konnten sie wenigstens seine Hand schienen, bis er magische Heilmaßnahmen bekam.

Da fiel ihm wieder ein, dass er die nicht in Anspruch nehmen konnte, ohne postwendend nach Askaban geschickt zu werden.

Völlig in Gedanken, mit seinem Schicksal hadernd, wäre er beinahe über Lupin gestolpert. Doch er konnte gerade noch rechtzeitig stoppen, ohne seinem ehemaligen Professor in den Rücken zu treten.

Einen Moment konnte er nichts anderes tun, als den Mann, der vor ihm kniete und sich über einen Frauenkörper beugte, fassungslos anzustarren. Er hatte ihn gesucht. Stundenlang! Und jetzt, wo es vorbei war, erst jetzt, wo es zu spät war, fiel er beinahe über ihn!

„Professor? Ich ... habe Sie gesucht ... Lupin?“

Der Mann zu seinen Füßen wirbelte herum, den Zauberstab drohend auf seine Brust gerichtet, und starrte ihn an, als sei er von einem anderen Stern.

Nur mit Mühe gelang es ihm, nicht vor Schreck zurück zu weichen. „Ich bin es.“, murmelte er, doch Lupin blickte ihn nur weiter völlig irritiert an.

Letztendlich erkannte der Werwolf ihn doch und sank in sich zusammen.

„Wie kommt es, dass Sie noch leben? Ich dachte, Sie seien ...“

Der Mann zuckte mit den Achseln und deutete mit einer hilflosen Geste auf die Frau neben ihm. „Ich nicht, aber ...“

Sie sah nicht gut aus, das sah er selbst. Ihr Oberkörper war eine einzige Wunde. Er kannte nur einen Zauber, der diese Art von Verletzung hervor rief, er hatte ihn selbst bereits einmal zu spüren bekommen. Langsam kniete er sich neben den Älteren, um sich die Wunde genauer besehen zu können, auch wenn er nicht glaubte, noch etwas tun zu können. Lupin hatte so viel für ihn getan, dass er ihn einfach nicht im Stich lassen konnte.

Das war eine der wenigen Eigenschaften seines ehemaligen Hauses, die er sich noch bewahrt hatte. Wenn ein Slytherin ein wahres Wort sprach, dann stand er auch dazu. Vielleicht nicht, bis in den Tod, so lebensmüde waren Slytherins nicht, aber doch zumindest bis kurz davor.

Wieder erklangen Sirenen, diesmal mehr und näher als beim letzten Mal. Er schüttelte seine Gedanken ab und tat, was er sich vorgenommen hatte. Vorsichtig tastete er den Brustkorb der Frau ab und musterte sie von Kopf bis Fuß. Ihr Haar schien blau gewesen zu sein, jetzt war es von Asche und Staub grau, wie sein eigenes. Sie hatte mehrere kleinere Wunden über den Körper verteilt und ihr Bein stand in merkwürdigem Winkel ab, doch das was ihr Leben gekostet hatte, war ohne Zweifel der Sectumsempra-Fluch.

Er wollte bereits den Kopf senken, dem Mann neben ihm sagen, dass es zu spät war, doch bevor er auch nur die Lippen öffnen konnte, tastete er ein zweites Mal über den Körper der Frau und zu seiner Überraschung merkte er plötzlich, das Nymphadora Tonks noch atmete.

Zwar nur schwach und unregelmäßig, doch sie atmete.

Unwillkürlich sah er zu dem verhärmt wirkenden Mann neben ihm auf, schlug die Augen jedoch sofort wieder nieder und kramte in seinem Gedächtnis nach dem passenden Gegenzauber. Snape hatte ihm selbigen beigebracht, nachdem er ihn unter seiner Imperius-Kontrolle genommen hatte.

Schließlich erinnerte er sich an den Anfang der Formel und während er den Zauber ausführte, kehrten auch die anderen Erinnungsfetzen der Magie zurück. Unter seinem Zauberstab fügten sich die Muskelstränge und Adern langsam wieder zusammen. Als er fertig war, war die Wunde zwar nicht verheilt, doch sie blutete nicht mehr.

Die Sirenen waren nun beinahe greifbar. Er konnte blaues Licht sehen, dessen Quelle sich wohl hinter einem der noch intakten Häuser befand, und das regelmäßig kräftiger und wieder schwächer wurde.

Lupin starrte ihn mit einer Mischung aus Faszination und Verblüffung an.

„Eines der positiven Dinge, die Snape in seiner Schaffensphase entwickelt hat. Bedauerlicher Weise ist auch der Fluch, der diese Wunde gerissen hat, von ihm.“, erklärte er bitter lächelnd. „Mehr kann ich für Ihre Freundin nicht tun. Ich werde den Muggelheilern Bescheid sagen, ich denke, sie werden sich um sie kümmern, so gut sie können. Das ist wohl das Beste. Zumindest momentan.“

Mit diesen Worten stand er auf, steckte seinen Zauberstab ein und ließ einen verdatterten Werwolf allein zurück.
 

„Ginny?“

Der Schwarzhaarige hob beinahe schüchtern die Hand und trat einen Schritt auf das Mädchen zu.

„Harry ...“

Er wirbelte herum, doch da ertönte bereits eine dritte Stimme.

„EXPELLIARMUS!!!“

Der Zauberstab wurde ihm aus der Hand gerissen. Verdattert stolperte er zurück und landete rücklings im Staub. Missvergnügt rieb er sich die Hand. „Ich hätte es wissen müssen.“, stellte er nüchtern fest und sah zu dem Neuankömmling auf. Es schien nicht so, als hätte er Hermine oder Ron bemerkt.

Es war der Fremde mit dem kurzen schwarzen Haar. „Falsch. Du hättest mich töten sollen, als du die Gelegenheit dazu hattest.“

Verwirrt sah Hermine zwischen den drei Akteuren dieses makaberen Schauspiels hin und her. „Harry? Was ist hier...“

„Er ist nicht Harry.“, fiel der Fremde ihr ins Wort und deutete mit einer harschen Kopfbewegung auf den am Boden sitzenden jungen Mann. Fast hätte sie erwartet, dass er zurück zucken würde, doch er rührte sich nicht, warf ihr dafür jedoch einen entschuldigenden Blick zu.

„Er ist Harry.“, flüsterte Ginny tonlos.

Einen Moment sah Hermine sie verwirrt an, folgte dann jedoch ihrem Finger, der auf den Fremden gerichtet war. „Was?“

„Du hast schon richtig gehört, Hermine.“, erwiderte der Kurzhaarige. „ICH bin Harry. Es tut mir Leid, dass ich euch nicht früher eingeweiht habe, ich hielt es für einfacher. Das es der falsche Weg war, sehe ich erst jetzt.“

Der Junge am Boden lachte. Es klang nicht froh. „DU hattest doch genauso deinen Spaß.“

„Halt den Mund, du Bastard!“

Doch er duckte sich unter Harrys Fluch weg und kam dann noch in derselben Bewegung wieder auf die Füße.

„Das konnte ich noch nie, wie du vielleicht weißt. Und ich denke, du weißt genauso viel über mich, wie ich über dich.“

„Darius...“, flüsterte Ginny, doch er ignorierte sie.

Doch Hermine hatte es gehört. „Darius?“

„Mein weltlicher Name, meine Liebe. Darius Blane.“, flötete er ihr spöttisch zu und deutete eine Verbeugung an, doch auch sie spürte, das sein Spott jemand anderem galt.

Und dieser Jemand stieg darauf ein. Wütend richtete Harry den Zauberstab auf sein Ebenbild, anscheinend jederzeit bereit, ihn zu töten.

Darius verzog keine Miene. „Wie tapfer du bist. Genauso tapfer, wie dein Vater, als er beschloss, nicht zu meiner Mutter zu ...“

„HALT DEIN MAUL, HAB ICH GESAGT!“

Er lachte nur ein hohles Lachen.

Bevor Harry reagieren konnte, war Ginny zwischen die beiden jungen Männer getreten. „Denkt ihr nicht, das es reicht?“

„Geh aus dem Weg, Ginny. Du weißt nicht, wen du da beschützen willst!“

Harrys Stimme klang drohend und zitterte vor Wut. Doch das Mädchen schüttelte den Kopf und sah ihm direkt in die Augen. „Ich kenne Darius besser, als du denkst.“

„Ein Grund mehr, um aus dem Weg zu gehen und mich mit diesem Bastard tun zu lassen, was ich längst hätte tun sollen!“

Erneut drang Darius Lachen an ihre Ohren. Langsam fragte sie sich, ob er verrückt war. Die Erklärung, dass es sich nur um einen bösen Traum handelte und sie einfach mitzuspielen hatte, erschien ihr plausibler. Aber in Träumen spürte man keinen Schmerz. Warum nur tat ihr dann jeder Knochen weh?

„Bist du wirklich so naiv? Spätestens seit letztem Sommer wissen wir doch, dass ich dazu genauso fähig wäre, wie du, Bruder.“

Hermine blinzelte. Hatte er plötzlich tatsächlich wieder seinen Zauberstab in der Hand? Das musste ein Traum sein ... Auch Harry hatte es bemerkt. Doch bevor er reagieren konnte, hatte Darius Ginny mit dem freien Arm gegriffen und wie einen Schutzschild vor sich gezogen. Ein spöttisches Grinsen spielte um seine Lippen, als er sah, wie sich Harrys Miene erneut vor Wut verzerrte. Kurz senkte er den Blick und schien etwas zu murmeln, dass sie allerdings nicht verstand. Doch dann blickte er wieder auf, und sah dem Schwarzhaarigen direkt in die Augen.

„Wir sehen uns wieder, Brüderchen. Und bis dahin solltest du die überlegen, ob du wirklich tun kannst, was du tun willst.“

Mit diesen Worten ließ er Ginny los und ein Plopp bekundete, dass er disappariert war.

Hermine starrte auf den Fleck, wo vorher noch ein Mann gestanden hatte, mit dem sie ein Jahr lang durch ganz Großbritannien gereist war, und den sie dennoch nicht gekannt hatte. Hatte er nicht soeben ein grünes und ein braunes Auge gehabt oder irrte sie sich?

Plötzlich ergriff Ron das Wort, der die ganze Szene über geschwiegen hatte, als sei er ein Statist: „Wenn du Harry bist und nicht er ... Wer zum Teufel war das?“

Die Frage war ganz eindeutig an Harry gerichtet, doch es war Ginny, die antwortete: „Darius Blane. Harrys älterer Halbbruder.“

Asche und Staub

25. Juni 1998 (London)

Als er um die Ecke trat, hinter der die Muggelfahrzeuge parkten, wurde er von den Scheinwerfern der Autos schier geblendet. Geschockt hielt er sich die gesunde Hand vor die Augen, bis er sich an die Helligkeit gewöhnt hatte.

Schnelle Schritte hasteten auf ihn zu und als er den Blick endlich hob, sah er sich von mehreren Muggeln in orangefarbenen Warnjacken mit der Aufschrift Sanitäter umzingelt. Unwillkürlich trat er einen Schritt zurück. Er hatte sich daran gewöhnt, das Lianne nah bei ihm war, ja er genoss ihre Nähe, die er in letzter Zeit viel zu selten hatte, sogar, doch seine Erziehung hatte er nicht vergessen und so bereitete ihm die nichtmagische Bevölkerung ein gewisses Unbehagen. Vor allem, wenn er sich ihnen unterlegen fühlte und das kam nun weiß Merlin nicht oft vor.

„Sind Sie verletzt? Und können Sie uns vielleicht sagen, was hier stattgefunden hat?“, fragte der Muggel vor ihm, auf dessen Jacke das Wort Notarzt prangte. Er musste der Befehlshaber der kleinen Gruppe sein, schlussfolgerte er. Doch er schüttelte nur missmutig den Kopf.

„Ich war bis vor kurzem ohnmächtig. Meine Hand ist gebrochen, aber das ist nicht so schlimm. Dort drüben“, er wies mit dem gesunden Arm in die Richtung, aus der er gekommen war, „liegt eine schwer verletzte Frau. Ihr Geliebter ist bei ihr und nicht in der besten seelischen Verfassung. Ob es noch mehr Überlebende gibt, weiß ich nicht.“

Der Notarzt schien mit seiner Antwort zufrieden zu sein und gab einem der Umstehenden einen knappen Befehl und ging dann zu einem der Fahrzeuge davon. Die anderen Muggel folgten ihm, bis auf einen. Es war ein Mann Mitte zwanzig mit kurzem blonden Haar, der sich nun freundlich an ihn wandte. „Kommen Sie. Ich werde mir ihre Verletzungen genauer ansehen.“

Bereitwillig folgte er dem Mann. Müde und halb belustigt dachte er, dass es im letzten Jahr immer Blondschöpfe gewesen waren, die ihn verarztet hatten. Sehnsüchtig schweiften seine Gedanken zu Lianne. Was hätte er dafür gegeben, jetzt in ihrem weichen Federbett zu liegen, statt auf einer harten Pritsche Platz zu nehmen und sich von einem Muggel auf Herz und Nieren durchprüfen lassen zu müssen. Doch im Prinzip war ihm das mittlerweile auch egal. Ihm war alles egal. Erst jetzt hatte sich die Müdigkeit in seinen Knochen bemerkbar gemacht. Seine Gliedmaßen waren bleischwer. Das Pfeifen in seinen Ohren war abgeschwollen, worüber er äußerst froh war, denn dauerhaft wollte er damit sicher nicht leben, doch dafür trat das protestierende Pochen in seinem Kopf in den Vordergrund. Er versuchte es zu ignorieren und sehnte sich in sein Bett...

Den erschrockenen Aufschrei des Sanitäters, als er seitlich weg sackte, hörte er schon gar nicht mehr. Zu verlockend war die Welt des Schlafes.
 

„Moment! Gesetzt den Fall, du bist wirklich Harry James Potter ... Seit wann hast du einen Halbbruder?“

„Seit seiner Geburt.“, erwiderte Harry und bleckte dabei die Zähne.

Hermine zuckte unter seiner Antwort zusammen. Dem Schwarzhaarigen war deutlich anzusehen, dass er eigentlich nicht vorgehabt hatte, Darius entkommen zu lassen. Doch nun war er fort und Harry schien seine Wut an jemand anderem auslassen zu müssen. Das das ausgerechnet sie sein sollte, gefiel ihr gar nicht.

„Wie ist es ihm eigentlich gelungen, deinen Platz einzunehmen?“, fragte Ron neben ihr. Er starrte immer noch auf die Stelle, wo Darius appariert war.

Harry zuckte missgelaunt mit den Achseln. „Die Dursleys haben mich zu ihrem Campingurlaub mitgeschleift. In einem günstigen Moment hat er zugeschlagen, sich meiner Erinnerungen bemächtigt, mich anschließend unschädlich gemacht und dann meinen Platz eingenommen. Im Nachhinein frage ich mich, warum die Dursleys es nicht bemerkt haben. Aber vielleicht hatten sie auch einfach zu viel Schiss vor ihm. Er war damals schon alt genug, um Zaubern zu dürfen. Das hat er sie vermutlich spüren lassen. Haben mir die Dursleys jedenfalls erzählt, als ich ihnen einen kleinen Besuch abgestattet habe.“

Ron grinste schief. „Ich wette, sie waren von dir begeistert.“

Harry nickte zur Bestätigung grimmig.

Eine Weile schwiegen sie alle vier. Ginny hatte sich auf den Boden gesetzt und die Arme um die Knie geschlungen. Nach und nach hatten sich auch die anderen gesetzt, Harry zu der Rothaarigen. Doch sie schien mit dieser Situation nicht sonderlich glücklich zu sein und warf ihm immer wieder skeptische Blicke zu.

„Du musst doch erfahren haben, dass Darius ...“

„Nenn diesen Bastard nicht bei seinem Namen!“, knurrte der Schwarzhaarige Hermine an, doch seine Stimme war kraftlos.

„Ich nenne die Dinge beim Namen, Harry. Das hast du mir schließlich beigebracht.“, tadelte sie ihn. Er schien die Worte überhören zu wollen, weshalb sie ungerührt fort fuhr. „Also? Weshalb hast du nichts unternommen, als du erfahren hast, das Darius deinen Platz eingenommen hat? Ich bin mir sicher, das du es erfahren hast.“

Erneut knurrte Harry leise, denn natürlich hatte er von Darius' falschem Spiel gewusst.

„Weil es dem werten Herren nur recht kam, das wir ihm nicht am Rockzipfel hingen. So konnte er sich seelenruhig auf die Suche nach den Horkurxen machen, ohne das wir ihm auf die Nerven gehen konnten.“, zischte Ginny.

Für einen Moment fragte sich Hermine, woher ihre Freundin das wusste. Doch dann wurde ihr schlagartig bewusst, das Darius sie - freiwillig oder nicht - eingeweiht haben musste. Daher hatte sie auch gewusst, dass es einen Angriff auf die Ordensversammlung geben sollte. Vermutlich hatte er sie zurückhalten wollen, dort hin zu gehen, und ihr deshalb erklärt, was geschehen würde. Doch sein Plan war nach hinten losgegangen, da Ginny ihre Familie hatte retten wollen.

Nach und nach setzte sich das Puzzle zusammen und Hermine fragte sich, wie viel das Mädchen in Wirklichkeit wusste.

„Das ist nicht wahr.“, murmelte Harry nach einer Weile, in der er die Rothaarige durchgehend gemustert hatte.

Ginny lachte nur trocken und warf ihm einen giftigen Blick zu. „Komm schon, du hast die Freiheit doch genossen! Wieso sonst hast du dich nicht blicken lassen und uns gesagt, dass der Junge, der mit uns an einem Tisch saß, nicht der war, für den wir ihn gehalten haben? Weil du Angst hattest, dass du dich dann nicht mehr verdrücken können würdest, um deinen Alleingang durchzuziehen! Komm schon, gib es doch zu. Wir waren dir lästig!“

„Du scheinst es ja gewusst zu haben.“, erwiderte Harry zornig.

Ginny, die sich sicher sein konnte, den wunden Punkt getroffen zu haben, stemmte die Arme in die Hüfte.

„Lenk nicht ab! Oder bist du im letzten Jahr zu feige geworden, um zu deinen Taten zu stehen?“

„Das bin ich nicht!“

„Ah nein? Da ist also nichts dran? Und wieso benimmst du dich dann nicht so, als wenn an meinen Worten nichts dran wäre? Gib es doch zu! Ich habe Recht!“

Das Gesicht des Schwarzhaarigen verzog sich zu einer ehrlich zerknirschten Grimasse. Unter der geballten Macht der Weasleyargumente, die ihn schon bei Mrs Weasley immer in die Knie gezwungen hatten, und die auch bei ihrer Tochter wirkten, musste er einfach nachgeben. „Du hast ja Recht. Aber ich habe euch nicht in dem Unglauben gelassen, weil ihr mir lästig gewesen wärt. Ganz im Gegenteil. Ich habe mich furchtbar um euch gesorgt. Vorallem nach dir.“ Er schenkte Ginny ein zaghaftes Lächeln. „Ich wollte euch nur nicht in Gefahr bringen, die die Suche nach den Horkruxen mit sich gebracht hätte. Ich dachte, ihr seid zumindest kurzfristig unter diesem Bastard sicherer. Ich wusste ja, auf wessen Seite er stand und ich konnte mir auch zusammenreimen, wie sein Auftrag lautete. Aber ich war mir aus diesen Gründen auch sicher, dass er sich nicht mit euch auf die Suche nach den Hokruxen machen würde.“

„Und genau in diesen beiden Punkten hast du falsch gedacht. Wir waren nicht sicher. Er war derjenige, der den Orden heute Nacht verraten hat. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass er das von langer Hand geplant hat. Er wollte uns in den Tod stürzen, zumindest hat er es kaltblütig in Kauf genommen. Und er hat sich mit uns auf die Suche nach den Horkruxen gemacht. Vermutlich waren es nicht die echten. Und ich jetzt frage ich mich ernsthaft, wie er geschafft hat, das zu inszenieren.“

„Ich glaube nicht, dass er das alles nur inszeniert hat, Hermine. Ich denke, wir haben Slytherins Medaillon und Helga Hufflepuffs Becher wirklich zerstört. Ich meine, ich war diejenige, die den Heiltrank über das Medaillon gekippt hat, oder? Und ich bin mir auch sicher, dass es wirklich der Geist der Helga Hufflepuff war, den ich auf den Becher schleuderte. Ich meine, Darius ist neunzehn. Seine Noten in Durmstrang waren gut, aber nicht überragend. Er ist intelligent, aber ihm fehlt die Macht, um soetwas zu inszenieren. Den Gedanken-kopier-Zauber hatte er von Voldemort. Ansonsten beherrscht er nicht mehr, als wir.“, flüsterte Ginny leise. Immer wieder sah sie zwischen Ron, Hermine und Harry hin und her. „Ich denke auch nicht, dass er gewollt hat, dass wir bei dem Angriff auf den Orden sterben. Darum hat er sich ja mit mir versteckt. Er hatte gehofft, ihr würdet nicht zu dem Treffen gehen, weil wir vier nicht vollständig gewesen wären, und uns stattdessen lieber suchen. Und in dem Punkt hat er sich geirrt.“

„Genauso, wie wir uns in dir geirrt haben. Du hast ihn die ganze Zeit gedeckt.“

Ginny nickte. „Ja. Ich habe meine Gründe, warum ich es getan habe. Verzeiht, dass ich sie euch nicht nennen darf, aber ich habe es versprochen. Es tut mir Leid, dass wir euch nicht eingeweiht haben. Es erschien uns am Sichersten.“ Sie verzog den Mund zu einem bitteren Lächeln. „Ein fataler Irrtum. Es war von mir vermutlich auch ziemlich töricht zu glauben, dass ich ihn dazu umstimmen könnte, von seinem Auftrag abzulassen. Aber irgendwo glaube ich immer noch, dass er auf unserer Seite steht.“

„Papperlapapp. Mach dich nicht lächerlich.“, murmelte Harry. Er schien zu kraftlos zu sein, um noch wirklich wütend sein zu können.

„Ich mache mich nicht lächerlich. Darius ist Wachs in meinen Händen. Die Trennung von mir wird ihm mehr weh tun, als jeder Cruciatus-Fluch.“

„Und das sagst du ...“

Ginny grinste zufrieden. „Du hast den fünften Horkrux zerstört, nicht wahr, Harry? Schau mich nicht so an, Darius hat es mir erzählt. Er hat mir auch erzählt, dass ihr euch zufällig in Borgin und Burkes getroffen habt, als du das Lager verwüstet und schließlich mit den Informationen zum letzten Horkrux auf und davon bist. Das heißt, das nur noch Nagini übrig ist, Voldemorts Lieblingsschlange. Und die befindet sich in seinem Hauptquartier. Bis Juli hat er Riddle Manor, das Haus seines Vaters, als dieses benutzt. Doch dann floh Draco Malfoy, dessen Eltern er bereits hatte umbringen lassen, und nahm das Geheimnis über das Versteck mit sich. Voldemort musste damit rechnen, das Draco sich nun, nachdem er von seiner Seite keine Unterstützung mehr zu erwarten hatte, in die Hände des Ordens begeben und ihnen jede Information, die er hatte, geben würde, um sich ihrer Gnade zu sichern. Wie du vielleicht weißt, erhielt der Orden tatsächlich diese Information, auch wenn Malfoy sich nie hat blicken lassen. Doch obwohl sie das Haus auf den Kopf stellten, fanden sie ein verlassenes Anwesen vor, das nicht einmal mehr daran erinnern ließ, das dort jemand dauerhaft gelebt haben könnte. Daraufhin wandte sich der Orden wieder anderen Hinweisen zu. Was keiner der werten Leute wusste, war, dass sie durchaus am richtigen Ort gesucht hatten. - Nein, unterbrich mich nicht, ich bin gleich fertig. - Doch es ist nun mal so, dass man meist nichts finden kann, von dem man nicht weiß, dass es überhaupt existiert. Ich denke, der Raum der Wünsche in Hogwarts hat ihn inspiriert. Kurzum, es gibt ein Passwort, dass in Riddle Manor den Weg zu einer Zwischendimension öffnet. Man muss es in den zerbrochenen Spiegel im alten Schlafzimmer des Hausmädchens Susanna Hill, die übrigens eine Squib war, flüstern.“, schloss die Rothaarige triumphierend, belustigt von den fassungslosen Blicken, die ihr Freunde ihre zu warfen.

„Und du weißt nicht zufällig, wie dieses Passwort lautet?!“

Ginny lächelte erneut. „Doch. Aber ich werde es dir nicht nennen. Diesmal, Harry James Potter, machst du keinen Alleingang.“

Harry öffnete den Mund, um etwas zu sagen, überlegte es sich jedoch anders und schloss ihn wieder. Ron starrte nur völlig verblüfft seine Schwester an. Vielleicht hatte er immer noch nicht ganz verstanden, woher seine Schwester all das wusste.

So versanken sie in ein tiefes Schweigen, jeder in seine eigenen Gedanken vertieft.

Erst, als die Schritte, die auf sie zu kamen, schon ganz nah waren, bemerkte der erste sie. Ruckartig sah Harry auf. Als Hermine seinem Blick mit dem ihren folgte, wurde sie von dem hellen Schein einer Taschenlampe geblendet.

„Kinder? Was macht ihr hier?“

Hermine blinzelte, nicht nur wegen dem gleißenden Licht. Als der Mann, der gefragt hatte, erkannte, das er sie blendete, senkte er seine Hand mit der Lampe. Erleichtert rieb sie sich die Augen. Nun, da sie wieder sehen konnte, musterte sie ihn neugierig. Er trug orange Kleidung und an seiner Brusttasche war ein Schildchen mit der Aufschrift Sanitäter und seinem Namen darunter gepinnt. Ein Muggel, wurde ihr klar. Hinter ihm standen zwei weitere Personen in der gleichen Kleidung.

„Auf Hilfe warten.“, lächelte Ginny und erhob sich.

Der Mann musterte sie skeptisch, doch ihr verdreckter und verletzter Anblick blies seine Zweifel beiseite. Er nickte knapp. „Wie habt ihr das nur überlebt? Wir haben bis jetzt nur Tote gefunden.“, fragte er und klang etwas freundlicher, als noch zuvor.

„Ron und ich“, Hermine, die zu einer Erklärung angesetzt hatte, wies auf Ron, „waren weiter am Rand, als die Lagerhalle explodiert ist. Darum haben wir wohl nicht die volle Wucht abbekommen. Als wir wieder zu uns kamen, haben wir versucht, andere Überlebenden zu finden. Ginny und Harry ist es genauso ergangen. Wir haben uns hier getroffen und waren überglücklich darüber. Doch gleichzeitig glaubten wir nicht, das wir noch andere Überlebenden finden würden, weil alle, an denen wir vorbei gekommen waren ...

Darum blieben wir hier und haben gewartet.“ In ihr stieg wieder die Erinnerung an das Bein der Frau auf. Sie rang das Bild verzweifelt nieder, ebenso den Brechreiz, der in ihrer Kehle aufstieg.

Ron war ebenfalls aufgestanden und da auch Harry sich nun wieder in die Senkrechte begab, gesellte sie sich dazu.

Der Muggel schien erleichtert zu sein, das es ihnen so weit gut ging. Er bat die vier Jugendlichen (in der Muggelwelt waren sie das schließlich noch) ihm zu folgen. So liefen sie schweigend hinter dem großen, braunhaarigen Mann her. So erleichtert Hermine war, dass sie endlich Hilfe bekamen, so verlassen fühlte sie sich auch, obwohl ihre Freunde neben ihr her gingen. Der kurze Moment, in dem sie alle so von dem Gespräch gefesselt waren, das sie nicht an das Leid um sich herum hatte denken müssen, war vorüber.

Während der Staubregen sich endlich gelegt hatte, war die Morgendämmerung hereingebrochen. Ein dünnes, blassrosafarbenes Band zog sich im Osten über die Londoner Skyline und wurde mit jedem Augenblick etwas kräftiger. Hermine konnte nicht anders, sie musste einfach ein wenig Hoffnung schöpfen.

Plötzlich blieb Ginny stehen. Sie war schon blass gewesen, als sie auf die Rothaarige getroffen waren, doch jetzt erschien sie im Licht der Muggellampen kreideweiß. Ron wollte ihr gerade die Hand auf die Schulter legen, als das Mädchen vorstürzte und vor ein einem dunklen Schatten auf die Knie ging. Bei näherem Hinsehen konnte Hermine einen menschlichen Körper ausmachen.

„Das ist Mum!“

Ginnys Stimme klang schrill, unwirklich, panisch. Hektisch sah sie über ihre Schulter zu ihrem Bruder, doch im selbem Moment wieder zurück, als wenn sie nicht wusste, was wichtiger war. „Das ist Mum! Mum!“

Bevor jemand ihn aufhalten konnte, war Ron bei seiner Schwester und starrte ebenso entsetzt auf den Körper am Boden. In diesem Moment war er so bleich wie seine Schwester. Auch einer der Muggel hatte sich dazugekniet und überprüfte routiniert die Lebensfunktionen.

Die Blicke der Anwesenden ruhten auf ihm, als entschied er über Leben und Tod. Er sah kurz auf und suchte die Blicke seiner Kollegen, als sei er nicht sicher, ob er das richtige tat, doch schließlich schüttelte er niedergeschlagen den Kopf.

Hätte Harry nicht geahnt, was kommen würde, und hätte nicht seine Arme um Ginny geschlungen, sie hätte sich vermutlich auf den Muggel gestürzt. „Nein!“

„Ginny ...“

„NEIN!“

„Ginny ...“

„NEIN!!!“

„Du kannst nichts tun, Ginny.“, murmelte er leise und drückte sie trotz ihrer heftigen Gegenwehr an sich. Einen Moment später erstarrte sie und brach unter starkem Schluchzen in Tränen aus. Er lockerte seinen Griff nicht, sprach aber beruhigend auf sie ein.

Ron reagierte nicht wie seine Schwester. Er schien vor Schock wie versteinert. Nur sein Mund öffnete und schloss sich wie ein Fisch auf dem Trockenen.

Stumm liefen Hermine die Tränen über die Wangen. Sie hatte die gutmütige Frau gemocht, fast wie eine Mutter. Sie jetzt tot am Boden liegen zu sehen, schnürte ihr die Kehle zu. Körperlich schien sie nicht einmal verletzt zu sein. Doch ihre Augen waren weit aufgerissen und leer. Hermine wusste, welcher Zauber dafür verantwortlich war, doch das machte die Situation nicht besser. Der Gedanke, dass Mrs Weasley wahrscheinlich nicht das einzige Opfer innerhalb der Familie bleiben würde, ließ ihr schwarz vor Augen werden. Sie taumelte zurück und fiel in dir Arme eines der Sanitäter, der sie gerade noch auffangen konnte.
 

Als sie aufwachte, lag sie weich. Mühsam setzte sie sich auf. Jeder Knochen in ihrem Körper schien zu schmerzen. Sie befand sich in einem Zimmer mit drei weiteren Betten. Alle waren belegt. Rechts neben ihr saß eine Frau mittleren Alters aufrecht im Bett und las Zeitung. Die schwarz-weiß Bilder auf der Titelseite bewegten sich, weshalb sie darauf schloss, dass es sich um den Tagespropheten handelte. Auch im Bett daneben lag eine Frau. Ihr Gesicht konnte Hermine nicht erkennen, da sie sich unter ihrer Decke zusammengerollt hatte und schlief. Das letzte Bett befand sich links von ihr, unter den schmalen Fenster. Darin lag Ginny. Das Weasleymädchen war wach und starrte an die Decke.

Einen Moment fragte sich, was geschehen war, doch dann fiel es ihr siedend heiß wieder ein. Molly Weasley, Ginnys Mutter, war tot. Tot.

Dieser Gedanke dröhnte in ihrem Kopf nach, bis sie dachte, er würde platzen.

„Guten Morgen.“, sagte die Frau auf der anderen Seite.

Verwirrt wirbelte Hermine herum und blinzelte sie an. Doch sie gewann die Kontrolle über sich rasch wieder. „Guten Tag. Können Sie mir sagen, wie spät es ist?“

„Ich fürchte, du hast das Mittagessen um zwei Stunden verpasst, Mädchen. Aber ich weiß nicht, ob dir überhaupt nach Essen ist. Deine Freundin dort drüben hat jedenfalls keinen Bissen hinunter bekommen. Es heißt, ihr wärt bei diesem furchtbaren Desaster in diesem Muggelviertel dabei gewesen?“

Hermine nickte mit düsterer Miene. „Ja. Ich nehme an, ich bin hier im St. Mungos? Wie komme ich hier her? Das letzte, an das ich mich erinnere, sind ein paar Muggelsanitäter ...“

Die Hexe nickte. „Eine Schande, dass die Muggel vor den Heilern des St. Mungos ankamen. Und das um mehr als eine Stunde. Aber wer will es ihnen verübeln? Sie hatten genug in der Winkelgasse zu tun ...“

„In der Winkelgasse? Was ... Was ist denn passiert?“

Sie sah Hermine für einen Moment verwirrt an, doch schien dann zu verstehen. „Natürlich, das kannst du ja gar nicht wissen. Während die Todesser dieses Muggelviertel dem Erdboden gleich gemacht haben, haben ein paar ihrer Kollegen die Winkelgasse aufgemischt. Es war nichts ernstes, doch es gab Verletzte. Und nicht zuletzt verhinderte es, dass wir euch zur Hilfe kommen konnten. Ich war übrigens in der Winkelgasse dabei, darum liege ich ja jetzt hier. Haben mir fast den Schädel eingeschlagen, diese Hurensöhne ... Mein Name ist übrigens Necromantia Graves. Die Jüngere.“

Den Namen hatte sie bereits einmal gehört, doch sie konnte ihn nicht einordnen.

„Ich bin Hermine Grang-“

„Halten Sie den Mund! Mir egal, ob ich Ruhe brauche! Sie ist meine Schwester, verdammt!“ Vom Flur her war Lärm aufgekommen und just in diesem Moment sprang die Tür zu ihrer Krankenstation auf. Herein trat ein junger Mann mit rotem Haar und dem Gesicht voller Sommersprossen. Ein zweiter, der ihm bis zur letzten Haarsträhne glich, folgte ihm auf dem Fuße.

Zwischen Tür und Angel

25. Juni 1998 (St. Mungos Hospital, London, England)

Ginny saß kerzengerade in ihrem Bett und starrte ungläubig zur Tür. Nachdem sie die Zwillinge kurz gemustert hatte, als wisse sie nicht, ob es sich um die echten handelte, sprang sie auf und rannte zu den beiden. Die Geschwister schlossen sich glücklich in die Arme.

„Ich dachte schon, ihr wärt...“, schluchzte das Mädchen.

„Wir doch nicht.“ George - Es war doch George? - drückte sie aufmunternd lachend an sich.

„Da muss schon mehr her, als ein paar dahergelaufene Todesser, um uns den Gar aus zu machen.“, fügte Fred hinzu und drückte seine Schwester ebenfalls.

Das Mädchen ließ den Kopf hängen. „Aber Mum ...“

George nickte bekümmert. „Ja. Man hat es uns schon gesagt. Komm, setz dich. Barfuß auf dem kalten Fußboden zu stehen, ist dir noch nie gut bekommen.“

Mit sanfter Gewalt drückte der Weasley seine jüngere Schwester auf Hermines Bettkante, dann sah er entschuldigend zu ihr auf. „Hallo Hermine. Bei dir alles in Ordnung?“

Sie zuckte mit den Schultern. „Soweit es eben geht, ja. Was ist mit euch?“

Der andere Zwilling, der sich mittlerweile auf Ginnys leeres Bett gesetzt hatte, antwortete. „Könnte besser sein. Aber so geht es wohl jedem, der die heutige Nacht überlebt hat. Und das sind weiß Merlin nicht viele.“

„Wir haben uns tot gestellt, weißt du? Als wir begriffen, dass es einfach zu viele waren und wir nichts ausrichten konnten, haben wir uns auf den Boden geschmissen und gebetet.“

„Was anscheinend ja funktioniert hat, wir sind schließlich hier. Ron und Harry sind mit Lupin auf der Nachbarstation. Himmel, der Gute ist mit den Nerven am Ende.“

Sie blinzelte. Lupin hatte überlebt? Das war eine gute Nachricht.

Ginny schien ebenso zu denken. Endlich sah sie auf und blickte zu ihren beiden Brüdern. „Was ist mit ihm?“

Fred zuckte mit dem Achseln. „Mit ihm ist soweit alles in Ordnung, bis auf die unvermeidbaren blauen Flecken. Aber die Sorge um Tonks bringt ihn halb um den Verstand. Die Heiler meinen, sie hätte viel Blut verloren, doch sie würde es wohl schaffen. Aber sie lassen Lupin nicht zu ihr und das macht ihn fertig.“

„Er ist kaum zu beruhigen. Vorhin hat er einem Heiler die Zähne gezeigt und ihm gedroht, er würde ihn beim nächsten Vollmond eigenhändig zerreißen, wenn er ihn nicht zu seiner Freundin brächte. Doch der ließ sich nicht einschüchtern und hat ihn einfach mit einem Zauber kalt gestellt. Seitdem liegt er im Bett neben Harry und starrt an die Decke.“

Nachdem George Worte verklungen waren, verfielen sie in Schweigen. Mitgefühl für ihren ehemaligen Professor war in Hermine aufgeflammt und sie sah bedrückt zu Boden. Sie hätte in seiner Situation vermutlich nicht anders reagiert. Ich wäre genauso uneinsichtig gewesen, wenn es Ron gewesen wäre., dachte sie flüchtig. Der Gedanke erschreckte sie nicht einmal.

„Was ist mit Dad?“, fragte Ginny schließlich.

„Die Heiler haben ihm einen Trank gegeben. Er schläft jetzt. Ist vermutlich besser so, ich will nicht wissen, wie er reagiert, wenn er erfährt, das Mum ...“

„Hat sonst noch jemand überlebt?“, fragte Necromantia Graves, die das Gespräch neugierig verfolgt hatte, leise.

Beide Rotschöpfe sahen synchron auf.

„Kaum. Heute Nacht hat es beinahe den gesamten Orden des Phoe...“

Als er merkte, dass er sich verquatscht hatte, biss sich Fred auf die Zunge, doch zu spät, die Frau hatte ihn sehr wohl verstanden. „Der Orden des Phoenix. Er existiert also wirklich.“, murmelte sie erstaunt und mehr zu sich selbst.

„Existierte.“, verbesserte George sie bitter. „Ich glaube kaum, dass er weiter machen wird. Sie haben gestern Nacht fast alle Mitglieder niedergemetzelt. Alle, außer ein paar Wenige, die jetzt hier behandelt werden, und diejenigen, die im Außeneinsatz waren. Bis gestern waren wir ungefähr zweihundert Leute. Wenn es hoch kommt, sind es jetzt noch knappe vier Dutzend.“

Necromantia senkte bedrückt den Kopf. Sie wusste vermutlich nicht, wie einschneidend sich dieses Erlebnis auf den Orden des Phoenix auswirken würde, da sie kaum wusste, wie er agierte. Doch sie hatte Mitleid mit den Opfer, das sah man ihr an.

„Und das schlimmste ist ja, dass es die Besten erwischt hat. Mad Eye hat es genauso entschärft, wie den alten Severin of Shackleton und seine Frau. Als die Heiler seinen Sohn fanden, hat er noch gelebt und sie dachten, er würde es schaffen, doch dann starb er plötzlich auf dem Weg hier her.“

Wie vom Blitz getroffen fuhr die Frau neben Hermine auf. „Baldur ist tot? Merlin steh uns bei. Seine Frau ist schwanger ...“

Bevor das Schweigen, dass nach Necromantias Worten eingetreten war, unangenehm werden konnte, nahm George das Gespräch wieder auf.

„Sie kennen die Shackletons?“

Sie strich sich eine ihrer schwarzen Haarsträhnen aus dem Gesicht und nickte. „Wir waren in einem Jahr in Hogwarts und später auch in einer Einheit im Aurorenbüro. Aber dass er Mitglied des Phoenixordens war, wusste ich nicht. Aber wir standen uns auch längst nicht so nah, wie er und mein Bruder Bran.“

„Meinen sie etwa Bran Graves?“

Necromantia lächelte schwach. „Richtig. Neben Nathan das schwarze Schaf der Familie.“
 

Sie hatten nicht mehr lange Gelegenheit zu reden. Die Heilerin im Praktikum, die zuvor versucht hatte, Fred und George den Besuch ihrer Schwester zu verbieten, hatte einen Heiler (den Heiler, der bereits Lupin geschockt hatte, wie Hermine später erfuhr) geholt, der den Zwillingen resolut die Tür wies. Ginny war darüber nicht begeistert, was vermutlich der Grund war, warum sie bis zum Abend stur in ihrem Bett lag und schwieg. Hermine schwieg nicht. Dazu war das, was ihr Necromantia zu erzählen hatte, viel zu interessant.

Sie war die Mittlere der drei Graves Geschwister und ebenso wie ihr jüngerer Bruder Bran Aurorin des Ministeriums. Ihr ältester Bruder, Nathan, arbeitete als Fluchbrecher in allen entlegensten Ecken der Welt. Überrascht erfuhr Hermine auch, dass jeder der drei Geschwister in Hogwarts in einem anderen Haus gewesen war. Der Älteste in Slytherin, der Jüngste in Hufflepuff - was sie bei Bran wirklich verblüffte - und Necromantia selbst war in Ravenclaw gewesen.

Während ihr Bruder sich am Abend zuvor frei genommen hatte, war sie im Dienst gewesen. Darum war sie auch zu dem Angriff die Winkelgasse beordert worden. Es hatte einige Verletzte gegeben, vor allem unter der zivilen Bevölkerung, aber die Auroren hatten alle Todesser gefangen nehmen können. Das es sich schlichtweg um ein Ablenkungsmanöver gehandelt hatte, hatten sie freilich erst bemerkt, als sich die Hektik gelegt hatte und sie erfuhren, dass es in einem Randbezirk von London zu einer starken Explosion gekommen und anscheinend Zauberer darin verwickelt waren...

Irgendwann waren ihre Gesprächsthemen versiegt gewesen, woraufhin sich Hermine den Tagespropheten von ihrer Bettnachbarin geliehen hatte. Schnell hatte sie jedoch feststellen müssen, das die meisten Informationen, die ihr Necromantia Graves gegeben hatten, detailierter waren, als die Berichte in der Zeitung. Vermutlich hatte das Ministerium eine Informationssperre verhängt, aber vielleicht lag es auch nur an der Reporterin, die sich zufällig Rita Skeeter nannte ...
 

26. Juni 1998 (St. Mungos Hospital, London, England)

Die Nacht über hatte Hermine kaum Schlaf gefunden. Immer, wenn sie die Augen schloss, tauchten wieder die Bilder der Toten vor ihr auf, woraufhin sie jedes Mal verängstigt die Augen aufriss. Nur ein paar Mal gelang es ihr, in einen einem Dämmerschlaf ähnlichen Zustand zu verfallen, auch wenn dieser immer nur kurz anhielt. Dementsprechend unausgeschlafen war sie am folgenden Morgen, doch sie äußerte sich dazu nicht, weshalb auch die Heiler anscheinend keinen Grund fanden, sie darauf anzusprechen. Nachdem sie die morgentliche Visite über sich hatte ergehen lassen, war das Frühstück gekommen. Es hatte nur aus leichter Kost bestanden, doch sie war auch nicht sonderlich hungrig gewesen. Necromantia hatte ihr schließlich, wie schon am Tag zuvor, den neuen Tagespropheten geliehen, nachdem sie ihn selbst überflogen hatte, doch der Inhalt war ernüchternd – ernüchternd uninformativ. Anscheinend gab es tatsächlich eine Informationssperre.

Zwei Stunden nach dem Frühstück, öffnete sich die Tür zur Station erneut. Doch herein trat nicht wie erwartet ein Heiler, sondern ein großgewachsener Mann mit langen roten Haaren und einem sehr sommersprossigem Gesicht. Bill Weasley sah sich einen Moment suchend um, doch dann erkannte er sowohl Hermine als auch seine Schwester und kam mit großen Schritten zu ihnen.

Ginny, der Hermine die geliehene Zeitung weitergereicht hatte, sah verstört auf, als sie hörte, dass sich eine Person ihr näherte, doch als sie ihren ältesten Bruder erkannte, hellte sich ihr Gesicht merkbar auf.

„Bill!“, rief sie und drückte sich an ihn, sobald er nah genug war.

Er lachte leise und tätschelte ihren Kopf. „Keine Sorge, dein großer Bruder ist da, um dich zu retten. Und dich natürlich auch, Hermine.“, fügte er mit einem Seitenblick zu ihr hinzu.

Ein Schnauben aus Richtung der Tür veranlasste Hermine dazu, sich umzudrehen. Ein Heiler stand in dort und ohne Überraschung stellte sie fest, dass es sich einmal öfter um denselben großgewachsenen, schlanken, blonden Mann handelte, der beim letzten Mal die Zwillinge von der Station geworfen hatte. Vermutlich war er der stationshabende Heiler. Erneut missbilligend schnaubend schüttelte er sich eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich aus seinem Zopf gelöst hatte.

„Sie sollten wissen, dass ich Ihnen zwar die Erlaubnis erteilt habe, Ihre Familienmitglieder mit sich zu nehmen, Mister Weasley, aber persönlich billige ich diese Entscheidung nicht.“

Die Tatsache, das er scheinbar mehrere Jahre jünger als Bill war, nahm ihm ein wenig an Respekt, den er einzuflößen versuchte.

Bill nickte ihm knapp zu, doch zu einer bissigen Erwiderung kam er nicht, da seine Schwester hellhörig geworden war.

„Du nimmst uns mit?“, frage Ginny mit Hoffnung in der Stimme, die sich auch auf ihrem Gesicht zeigte, als der Rothaarige nickte.

Als Hermine erneut zum Heiler blickte, machte sie hinter ihm sowohl Harry, als auch Ron und die Zwillinge aus. Alle vier schienen erleichtert darüber, das es auch Hermine und Ginny erlaubt war, zu gehen.
 

26. Juni 1998 (Ottery St. Catchpole, Grafschaft Devon, England)

Obwohl sich fast alle Mitglieder der Familie Weasley im Fuchsbau befanden, wirkte er wie ausgestorben. Bill und seine Frau verbrachten die meiste Zeit in der Küche, doch die anderen mieden diesen Ort, vielleicht, weil es das Refugium von Mrs Weasley gewesen war. Fred und George hatten sich in ihrem alten Zimmer verschanzt und Harry und Hermine saßen mit den beiden jüngsten Weasleys in der Dachkammer und schwiegen sich an. Ron hatte auf dem Rücken tatsächlich blaue Flecke in der Form von Füßen davongetragen, auch wenn er sich, wie der Heiler ihm versicherte, in der Größe verschätzt hatte. Doch ansonsten war er mit dem Schock davon gekommen.

Auch Harry war nicht schwerer verletzt gewesen, bis auf eine verstauchte Hand und die unvermeidlichen Schrammen. Das es Ginny - wenn man von ihrer Gemütsverfassung absah - gut ging, hatte Hermine bereits vorher schon gewusst. Dennoch musterte sie die Sechzehnjährige fortlaufend, als würde sie Ginny erst seit kurzem kennen und nicht schon seit nunmehr sechs Jahren. Vielleicht lag es an ihren Eröffnungen in der verhängnisvollen Nacht, vielleicht aber auch daran, dass sie sich seit dem Tod ihrer Mutter verändert zu haben schien. Sie wirkte düsterer und nachdenklicher als sonst, doch das war eventuell nur der tiefsitzende Schock.

„Und? Was machen wir jetzt?“

Drei Augenpaare wandten sich Ron zu, als hätte er gefragt, ob Elefanten wirklich rosa seien.

Harry war der erste, der sich wieder fasste. „Was wohl? Ginny kennt das Passwort. Wie gehen nach Little Hangleton, köpfen die Schlange und dann ist Voldemort dran. Sollten mir bis dahin Severus Snape oder dieser verfluchte Bastard von einem Halbbruder unter kommen, gnade ihnen ...“

„Sprich nicht so von Darius, Harry.“, flüstere Ginny leise, aber hörbar.

Er warf ihr einen düsteren Blick zu. Vermutlich überlegte er, ob er darauf etwas erwidern sollte oder lieber nicht. „Ich rede von ihm, wie ich will. Und du solltest vielleicht endlich einsehen, das du dich in ihm getäuscht hast!“

Ginny antwortete ihm ungerührt in derselben Tonlage. Laut zu sprechen schien außerhalb ihrer Macht zu liegen. „Vielleicht habe ich mich in ihm ja auch gar nicht geirrt, sondern du?“

Harry öffnete den Mund und einen Moment konnte man nicht erkennen, ob er verblüfft oder zornig war. Bevor er etwas erwidern konnte, fuhr Ginny fort.

„Denkst du, ich hätte keinen Grund, ihm weiterhin mein Vertrauen zu schenken, obwohl er mit Schuld ist, am Tod so vieler Menschen und vor allem an dem meiner Mutter? Ich habe seine Erinnerungen gesehen, Harry. Ich weiß, wie es ihm ergangen ist, in all den Jahren, in denen du erst bei den Dursleys und dann schließlich in Hogwarts warst. Er hatte keine schlechte Kindheit, das kann man nicht sagen, seine Mutter hat ihn geliebt, wie keine zweite. Aber er stand immer in deinem Schatten, weil du James Potters legitimer Sohn bist und er nur das Produkt einer kurzen Affaire, zu der dein Vater nie gestanden hat. Und darum hat er dich gehasst. Ich denke, er ist dir noch immer nicht sonderlich wohlgesonnen, aber langsam scheint er zu verstehen, wie es ist, Harry Potter zu sein. Er steckte schließlich ein Jahr lang in deiner Haut. Und ich denke, dass er froh darüber ist, sie endlich los zu sein.“

Harry schwieg einen Moment, nun wirklich überrascht, ob dieser Eröffnung. Doch schließlich stellte er eine Frage und der zynische Unterton, der darin mit schwang, blies die Verblüffung hinfort. „Und das hat er dir alles erzählt, ja?“

Ginny lachte trocken und schüttelte den Kopf. „Nein. Ich habe doch gesagt, ich habe seine Erinnerungen gesehen. Und das meinte ich durchaus wörtlich. Du vergisst, dass er deine Erinnerungen kopiert hat, mit diesem hübschen kleinen Fluch, den Snape entwickelt hat, damit er seiner Rolle gerecht werden konnte. Nun ist es aber nicht so einfach, mit den Gedanken von zwei Personen gleichzeitig zu leben. Ihm wäre wohl schier der Kopf geplatzt, wenn er nicht 'zufällig' im Besitz eines Denkariums gewesen wäre. Und da komme ich ins Spiel. Schon seit Bills Hochzeit hatte ich das Gefühl, das mit dir, also eigentlich mit ihm, etwas nicht stimmt. Und dann habe ich halt nachgeforscht und ein wenig in seinen Sachen gewühlt. Wie der Zufall es so wollte, bin ich auf eine gewisse steinerne Schale, gefüllt mit einer gewissen silbigen Substanz, nicht Gas, nicht Flüssigkeit, gestoßen und schon war ich mitten drin in den Gedanken deines Halbbruders. Und übrigens auch in deinen, denn er hat alles Unwichtige was das betraf, in das Denkarium gesteckt. Deshalb wusste ich auch, dass du, solltest du noch leben - und davon ging Darius aus - einen Alleingang durchziehen würdest. Doch das nur am Rande. Den Rest habe ich mir dann selbst zusammengereimt. Das war nicht weiter schwer. Vorallem nicht, wenn man sechs Jahre lang in einen Potter - die sich übrigens trotz ihrer Unterschiede ziemlich gleichen - verknallt ist und ihn ausspioniert, ob man nicht doch noch eine Chance hat.“, schloss der Rotschopf triumphierend.

Ron stand einfach nur der Mund offen. Sein schwarzhaariger Freund ähnelte ihm verblüffend in Körperhaltung und Geste. Sie, Hermine, war zwar ebenso verwundert, doch sie hielt sich zurück. Ihre beiden Jahrgangskollegen hatten im Laufe der Zeit ein wenig auf sie abgefärbt, das gab sich auch offen zu, doch so weit kommen ließ sie es dann doch nicht.

„Ginny? Du bist wirklich eine der cleversten Hexen, die ich kenne.“

Unter dem Lob ihrer Freundin wurde das Weasleymädchen schlagartig so rot, wie ihr Haar. Harry zog zwar die Augenbrauen zusammen, als hätte er noch etwas dazu zu sagen, doch er hielt sich zurück.

Ginny, die langsam wieder ihre normale Hautfarbe annahm, wandte sich ihm jedoch von selbst zu. „Ansonsten stimme ich deinem Plan durchaus zu. Allerdings nur unter zwei Bedingungen. Erstens: Sollte dir Darius in die Hände fallen, überlässt du ihn dem Wizengamot. Mir wäre es lieber, das würde auch für Snape gelten, aber im Prinzip ist es mir gleich. Und zweitens, und das ist mir noch wichtiger: keine Alleingänge. Wir bleiben zusammen. Und genau darum werde ich dir das Passwort erst verraten, wenn wir vor Susanna Hills Spiegel stehen.“

Harry Potter nickte ergeben.

Gewitterwolken

30. Juni 1998 (Ottery St. Catchpole, Grafschaft Devon, England)

Hermine saß zusammen mit Ron, seiner Schwester Ginny und dem echten Harry Potter am Küchentisch.

War man früher – früher, das war vor nicht ganz einer Woche, vor dem Tod von Molly Weasley – in der Küche nie allein gewesen, war dieser Raum, und mit ihm der gesamte Fuchsbau, nun ein Ort der Stille, der nur selten zum Leben erwachte. Die Mahlzeiten wurden schweigend eingenommen und genauso schweigend wurden sie gekocht. Nur, wenn es Neuigkeiten gab und sich die Bewohner hier versammelten, oder wenn die vier Jugendlichen so wie jetzt zusammen saßen und Pläne schmiedeten, erfüllten leise Gespräche das Haus.

Es war bereits fast eine Woche vergangen, seit Darius sich als Verräter offenbart und den Orden ans Messer geliefert hatte. Und genauso war bereits fast eine Woche vergangen, in der Darius Blane zu seinem Meister geflohen war. Fast eine Woche, seitdem Voldemort nun wusste, dass jemand hinter sein Geheimnis mit den Horkruxen gekommen war.

Und obwohl es schon fast eine Woche her war und obwohl sie wussten, was zu tun war, saßen sie noch immer im Fuchsbau, der nun durch den Fidelius-Zauber geschützt wurde, und planten.

Bill hatte, vielleicht aus einer düsteren Ahnung heraus, mithilfe von einigen ordenstreuen Heilern dafür gesorgt, dass alle verletzten Ordensmitglieder so schnell wie möglich das St. Mungos verließen und in Deckung gingen. Kurz darauf waren tatsächlich Auroren im Hospital aufgetaucht, um die Patienten zu verhören, und die äußerst ruppig wurden, als sie erfuhren, dass niemand anwesend war. Ob sie nun Scrimgeour selbst geschickt hatte, oder es ein verdeckter Befehl Voldemorts war, konnte im Nachhinein niemand sagen. Fakt war jedoch, dass man sich als Mitglied des Phoenixordens spätestens seit dem London-Desaster bedeckt hielt und sich so wenig wir möglich der Öffentlichkeit präsentierte, wollte man nicht Gefahr laufen, vom Ministerium oder – noch schlimmer – von Todessern überrascht zu werden.

Seitdem liefen alle Informationen im Fuchsbau zusammen, auch wenn kaum Ordensmitglieder das Haus betraten. Sie wusste davon, dass sich Necromantia Graves dem Orden angeschlossen hatte. Sie hatte wohl an dem Tag, als Bill seine Geschwister abholte, noch ein sehr intensives Gespräch mit ihm geführt. Auch fand sie es seltsam, dass einer der Heiler – um genau zu sein jener Heiler, der Fred und George seinerzeit aus dem Krankenzimmer ihrer Schwester geworfen und Lupin geschockt hatte – einmal öfter zu Nachuntersuchungen den Fuchsbau betrat, als es nötig gewesen wäre.

Dennoch hatte sie in den letzten Tagen fast ausschließlich die Weasleys gesehen, wenn auch bei ihnen die einen öfter, als andere. Mister Weasley war fast dauerhaft außer Haus, ebenso die beiden Zwillinge, die ihren Laden letztendlich hatten schließen müssen, aus Angst vor Übergriffen. Bill hingegen blieb mit seiner Frau im Fuchsbau und leitete Informationen und Aufgaben weiter. Auch Hermine war mit Ron, Ginny und Harry im Fuchsbau geblieben, unter dem strengen Blick des ältesten Sohnes der Familie, der sie kaum einen Moment aus den Augen ließ.

Die wenigen Momente, in denen seine wachenden Augen (und vor allem seine noch wachsameren Ohren) nicht auf ihnen ruhten, saßen sie zusammen und planten. Mal in der Küche, mal in Rons Zimmer, je nachdem, wo sich Bill und Fleur gerade aufhielten.

Schließlich wussten sie wo sich Voldemort vermutlich befand und sie wussten auch, was zu tun war. Allerdings war ihnen noch nicht klar, wie sie es anstellen wollten, ohne dabei entdeckt zu werden. Doch letztendlich hatten sie bereits viel zu viel Zeit vergeudet, allein schon, weil Voldemort wusste, dass sie den Großteil seiner Horkruxe vernichtet hatten, und da der Schwarzmagier jeden Moment angreifen konnte. Nicht den Fuchsbau, da dieser durch Bill, der die Aufgabe als Geheimniswahrer übernommen hatte, vorerst sicher war, aber eine Reihe von anderen Orten, die noch zwischen ihm und seiner absoluten Herrschaft standen: das Ministerium, obwohl es vielleicht bereits inoffiziell unter seiner Kontrolle war, wie der Orden vermutete, und Hogwarts, in dem sich zur Zeit viele der Ordensmitglieder aufhielten, in der Hoffnung, er würde die Schule nicht angreifen. Kurzum: noch längeres Hinauszögern würde ihre Situation nicht vereinfachen, weshalb sie sich vorgenommen hatten, sich so ungesehen wie möglich einzuschleichen, sobald es ging ein paar Todesser um ihre Roben zu erleichtern und zu hoffen, dass sie so nicht enttarnt wurden.

„Es wäre mir dennoch wirklich lieber, wenn ihr hier hier bleiben würdet.“, murmelte Harry zum wiederholten Male.

Und ebenfalls zum wiederholten Mal schnaubte Ginny missbilligend und verdrehte die Augen. „Und meine Antwort bleibt Nein. Du hast schon oft genug irgendwelche Himmelfahrtskommandos durchgezogen und auch oft genug Glück gehabt. Aber das, was wir diesmal planen, ist reiner Selbstmord. Und wir werden dich nicht alleine ziehen lassen. Vielleicht haben wir zu viert mehr Glü -“

„- drei Leichen mehr. Und jetzt nenn mir endlich das Passwort!“

Langsam verlor der Schwarzhaarige die Geduld. Wütend kaute er auf seiner Unterlippe und fuhr sich immer wieder mit der Hand durch die Haare. Hermine fragte sich, wann er sich diese Angewohnheit angeeignet hatte.

„Ginny hat Recht, Harry. Wir hatten die Zeit, uns zu entscheiden, richtig? Und wir haben uns entschieden. Wir werden bis zum letzten Atemzug hinter dir stehen. Und jetzt hör endlich auf, es uns ausreden zu wollen. Wir hatten unsere Chance, oder?“

„Was will er euch ausreden?“, fragte eine weitere Stimme, doch ihr Besitzer saß nicht am Tisch.

Hermine sah auf. Als sie die Person erkannte, die in der Tür stand, fühlte sie ihr Herz einen Schlag lang aussetzen. Der älteste Weasleysohn lehnte am Türrahmen, die Arme vor der Brust verschränkt, das Haar offen und zerzaust und mit tiefen Ringen unter den Augen. Nur seine Augen, welche die Jugendlichen nacheinander musterten, verrieten, dass seine Kraftreserven noch nicht vollständig aufgezehrt waren.

„Bill!“, keuchte Ron, der bis jetzt geschwiegen hatte, nicht minder entsetzt und plötzlich etwas zu blass im Gesicht.

Ginny schien weniger verwirrt als viel mehr wütend. Grimmig stemmte sie die Hände in die Hüfte und sah dabei ihrer Mutter erschreckend ähnlich. „Seit wann stehst du schon da?!“

Bill verzog den Mund zu einem bitteren Lächeln. „Lang genug, um zu wissen, das ihr etwas ausheckt. Also? Bekomme ich eine Erklärung?“

„Einen Tritt in den Hintern, den kannst du kriegen, ja!“, gab Ginny wütend zurück. Sie stand auf, um ihre Worte zu unterstreichen. „Aber wir hecken nichts aus, also hör auf, uns zu belauschen!“

Der älteste Weasleysohn lachte unfroh auf. Sein Ausbruch währte nur einen kurzen Augenblick, dann wirkte sein Gesicht wieder so finster, wie auf der fast heimlichen Beerdigung seiner Mutter zwei Tage zuvor. „Jetzt mal Klartext. Ihr wart es, die mich zu Ostern bewusstlos gehext haben, richtig?“

Während Hermine Bill verdattert ansah, Ginny keine Miene verzog und Harry verwirrt zwischen den beiden Mädchen hin und her sah, schrumpfte Ron in sich zusammen.

Sie sah, wie der Weasley im Türrahmen seinem Bruder einen Blick aus dem Augenwinkel zuwarf und zu verstehen schien. Doch er sagte nichts. Stattdessen betrat er den Raum und setzte sich an die Stirnseite des Tisches auf einen freien Stuhl.

„Habe ich etwa ins Schwarze getroffen?“

Ron neben ihr öffnete den Mund, schloss ihn jedoch wieder. Schließlich fasste er doch seinen Mut zusammen und rang sich zu einer Antwort durch. „Es tut uns Leid. Aber ... Wir haben dich nicht erkannt, weißt du?“

„Und darum hext ihr alles nieder, was euch in den Weg kommt? Und warum in Merlins Namen seid ihr eigentlich weglaufen?“

Nun mischte sie sich ebenfalls ein, bevor ihr Freund es noch schlimmer machen konnte. „Wir wussten zwar, das der Orden um Hogwarts patrouilliert, aber es hätte ja auch ein Todesser sein können, oder? Und als wir merkten, dass du es warst, nun ... wir hätten uns doch selbst ein Bein gestellt, wenn wir dich geweckt hätten. Schließlich wollten wir Hogwarts verlassen. Und du hättest doch nicht gezögert, um uns zurück zu bringen. Oder?“

Widerwillig nickte Bill. „Natürlich! Wo wärt ihr sicherer, als in Hogwarts?“

„Wir wollen aber nicht sicher sein.“, murmelte Ginny und verschränkte die Arme vor der Brust, ohne ihren Bruder anzusehen.

Bill warf ihr einen Blick zu, als hätte sie ihm erklärt, sie gehöre nicht zur Familie. Doch bevor er etwas erwidern konnte, schlug Harry ebenfalls in die Kerbe. „Bill? Erinnerst du dich noch, was der Tagesprophet in den letzten Sommerferien stand? Das ich der Auserwählte bin? Der Auserwählte, der Voldemort besiegen muss oder beim Versuch sterben? Der Tagesprophet hatte Recht, Bill. Ich muss Voldemort töten. Und ich werde ihn töten. Besser jetzt, als gleich. Darum bin ich in den Weihnachtsferien verschwunden. Darum sind wir vier in den Osterferien aus Hogwarts geflohen. Wir haben nach einer Methode gesucht, wie wir ihn vernichten können. Und im Gegensatz zum Orden haben wir eine Methode gefunden. Und du hast auch Recht mit der Vermutung, dass wir etwas aushecken. Und das Beste daran ist: Wir werden uns nicht von dir aufhalten lassen.“

„Du sprichst ja plötzlich von uns?“, fragte Ginny, die Hermine bei dieser Eröffnung kurz zugelächelt hatte, spitz und warf dem Schwarzhaarigen nun einen triumphierenden Blick zu. Harry wischte ihre Worte mit einer unwirschen Handbewegung weg.

„Und was bringt dich zu dem Glauben, dass du dieser Auserwählte bist?“ Er spie das vorletzte Wort beinahe aus.

Der Junge sah kurz zu ihm. „Die Prophezeiung, die vor zwei Jahren beim Kampf in der Mysterienabteilung zerbrochen ist, über mich und Voldemort. Dumbledore hat sie erstellt, darum konnte er sie zeigen, auch nachdem sie zerbrochen war. Ich habe sie gehört. Wort, für Wort. Mir gefällt die Tatsache auch nicht, aber mittlerweile habe ich verstanden, was ich zu tun habe und warum ich es zu tun habe. Und zwar heute Abend.“

„Und wo soll das ganze deiner Meinung nach stattfinden?“, fragte der Ältere.

„Little Hangleton. Der Eingang ist das alte Herrenhaus von Voldemorts...“

Drei Blicke brachten Ron zum Schweigen und ließen ihn erneut rot werden.

Doch keiner kam dazu, etwas zu erwidern, da in diesem Moment Fleur die Treppe herunter gehastet kam. Sie trug einen silbernen Morgenmantel über ihrem Nachthemd und schien bereits halb geschlafen zu haben, aber nun war sie hellwach. Mittlerweile konnte man ihren gewölbten Bauch bereits deutlich erkennen, doch noch hatte sie weder an Agilität noch an Grazie eingebüßt.

„Bill! Eine Patroni von Minerv'a! Hogwarts ... Es wirde angegriffen!“, rief sie, noch bevor sie die letzte Treppenstufe erreicht hatte.

Mit einem Satz stand der älteste Weasleysohn wieder und auch Harry war erschrocken aufgesprungen.

Hermine sah, wie sich die Blicke der beiden Männer für einen Moment trafen. Dann hatten sich beide entschieden. Wieder einmal bekam Harry keine Gelegenheit, etwas zu sagen, da der andere ihm zuvor kam.

„Schick Remus und die Zwillinge nach Hogwarts. Sie sollen sich ein paar fähige Leute mitnehmen. Den Rest schickst du zum alten Herrenhaus von Little Hangleton. Frag jetzt nicht nach. Beeile dich. Und bitte ... bleib hier. Vielleicht brauchen wir hier einen Ansprechpartner.“ Er drückte seiner Frau einen Kuss auf den Mund und strich ihr sanft über die blonden Locken, dann war er auch schon im Flur verschwunden.

„Kommt ihr?“, rief er, als er merkte, dass die vier Jugendlichen ihm nicht gefolgt waren.

Hermine tauschte einen verwirrten Blick mit den Anderen.

„Du willst mit?“, fragte Ron verblüfft.

„Wenn ich euch schon von eurem Selbstmord nicht abhalten kann, dann will ich ihn wenigstens unterstützen.“, erwiderte Bill. Durch die offene Tür konnte man sehen, wie er sich einen wetterfesten Umhang überwarf.

Harry seufzte ergeben und ging in den Flur. Die anderen Drei folgten ihm.

Nachdem sie ebenfalls ihre Umhänge übergeworfen waren, traten sie ins Freie.

Trotz der fortgeschrittenen Stunde, war es drückend heiß. Dunkle Wolken waren aufgezogen und verdeckten teilweise den abnehmenden Mond. In der Ferne war ein tiefes Grollen zu hören, als Harry als erster apparierte. Bill folgte ihm mit Ginny einen Moment später. Ron warf ihr erst noch einen kurzen Blick zu, bevor er sich mit einem leisen Plopp in Luft auflöste. Es donnerte erneut. Hoffentlich ist das kein böses Omen., dachte sie besorgt, bevor auch sie verschwand.

Der Kopf der Schlange

30. Juni 1998 (Little Hangleton, Grafschaft North Yorkshire, England)

Dunkle Wolken bedeckten auch den Himmel über Little Hangleton.

Die Straßen wirkten wie ausgestorben. Die Laternen, die sich nur an der Hauptstraße entlang reihte und von denen längst nicht alle leuchteten, waren die einzigen Lichtquellen. In keinem der Häuser brannte Licht.

Als Hermine auf der gepflasterten Straße erschien, sahen sich die Anderen bereits suchend um.

„Wir müssen die Hauptstraße hoch. Dort muss irgendwo ein Weg abgehen, der zu Riddle Manor führt.“, murmelte Harry und fuhr sich dabei mit der linken Hand durch die Haare. Eine Angewohnheit, die er sich wohl auf seinen Reisen angeeignet hatte. Er wandte sich in eine Richtung und marschierte davon.

Ron folgte ihm ohne ein weiteres Wort und auch Ginny schloss rasch zu ihm auf.

„Na dann hoffen wir mal, dass er nicht nur so tut, als hätte er Orientierungssinn.“, flüstere Bill Hermine zu und sie musste grinsen, obwohl ihr nicht danach war. Irgendwie schien es sich ein großer Kloß in ihrem Hals gemütlich gemacht zu haben, seitdem sie appariert war. Schließlich setzten auch sie sich in Bewegung.

Es war beinahe gespenstisch ruhig in dem kleinen Ort. Vielleicht lag es nur an der fortgeschrittenen Stunde, das sich kein Leben mehr hinter den Fensterscheiben regte. Zumindest hoffte sie, dass es daran lag. Doch auch die Tiere schwiegen. Keine Hunde bellten, wenn sie an den Gehöften vorbei gingen, keine Eule flog über ihre Köpfe hinweg und auch die Grillen, die den ganzen Fuchsbau zu bevölkern schienen, waren an diesem Ort verstummt. Nur das tiefe Donnergrollen eines sich in der Ferne ankündigenden Gewitters ließ dann und wann von sich hören.

„Gespenstische Stimmung.“, murmelte Ginny. Das Mädchen rieb sich die Oberarme, als fröstele sie. Tatsächlich fühlte auch Hermine, dass die Temperatur hier niedriger war, als in Ottery St. Catchpole. Noch seltsamer fand sie es allerdings, dass es immer kühler zu werden schien, desto weiter sie auf ihrem Weg voran kamen. Ihren Begleitern sagte sie nichts davon, denn diese schienen es selbst zu spüren und immer noch saß ein Kloß irgendwo in ihrem Kehlkopf und hinderte sie am Sprechen.

Als sie schließlich die Hauptstraße verließen und einen Weg weiter den Hügel hinauf einschlugen, wünschte sie sich, einen dickeren Umhang übergeworfen zu haben. Zudem war es jetzt auch noch stockfinster und sie fühlte sich zunehmend unwohl, fast, als würde sie beobachtet werden. Daran, das Voldemort vielleicht Spitzel um sein Versteck postiert hatte, hatten sie nicht gedacht und dafür verfluchte sie sich jetzt insgeheim.

Doch schließlich war es Ginny, die es nicht mehr aushielt, ihren Zauberstab hob und den Lumos-Zauber wirkte.

Sie musste Harrys fragenden Blick auf sich gespürt haben, denn sie flüsterte: „Besser, sie bemerken uns, als wenn wir uns bereits auf dem Weg zu ihnen den Hals brechen, weil wir das Schlagloch, über das wir stolpern, nicht sehen. Das wäre ja noch schöner.“

„Obwohl wir damit vermutlich einen Eintrag in die Geschichtsbücher sicher hätten - als Helden, die am unrühmlichsten abtraten.“, stimmte Bill ihr ebenfalls flüsternd zu.

Widerwillig nickend beschwor nun auch Harry ein Licht an der Spitze seinem Zauberstabes herauf und ging dann schweigend weiter.

Obwohl sie jetzt Licht hatten, fühlte sie sich nur unwesentlich besser. Bei jeder kleinen Veränderung zwischen den Bäumen, die den Feldweg säumten, schreckte sie auf. Doch immer stellten sich die vermeintlichen Todesser als Sträucher oder kahle Baumstümpfe oder dergleichen heraus. Ron, der mittlerweile neben ihr ging, schien sich ebenso unwohl zu fühlen, wie sie, und zitterte vor.

Ihren anderen Begleitern konnte man ihre Nervosität ebenfalls ansehen. Bills Miene war versteinert und er umklammerte seinen Zauberstab so stark, das seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Der Schwarzhaarige, der vor ihm ging, versuchte, gleichzeitig überall hin zu sehen und schwenkte den Zauberstab dann und wann, um bessere Sicht zu haben. Und Ginny war einfach etwas zu ruhig, für ihr normales Temperament, fast so, als würde sie gleich vor Angst schreiend davonlaufen.

Schließlich ragt eine steinerne Mauer zu beiden Seiten vor ihnen auf. Das gusseiserne Tor, das das Anwesen hätte vor unliebsamen Besuch schützen sollen, stand offen und hing kraftlos in den rostigen Angeln. Der sich dahinter anschließende Garten war völlig verwildert. Die einst liebevoll gepflegten Ziersträucher waren lange schon über ihre eigentliche Form hinaus gewachsen und das Gras außerhalb des Weges war an einigen Stellen mehr als kniehoch. Auch den Efeu, der an allen Wänden des Hauses empor rankte, war lange nicht mehr zurück gestutzt worden und so bis übers Dach und in die zerbrochenen Fensterscheiben gewuchert. Auch durch die offen stehende Eingangstür waren die Pflanzen gedrungen, jedoch noch nicht so stark, wie es bei den anderen Öffnungen der Fall war. Vermutlich hatten sich die Mitglieder des Ordens daran zu schaffen gemacht, um überhaupt eintreten zu können.

Dieser Umstand ersparte den fünf Gefährten allerdings einiges an Arbeit.

Wie die Anderen auch sah Hermine kurz zu Harry. Dieser atmete einmal tief durch, dann ging er voran, Ginny überholte ihn allerdings rasch, da sie allein den Weg kannte. Anscheinend hatte Darius ihr eine gute Beschreibung gegeben, denn sie führte die kleine Gruppe ohne Probleme in eine kleine Kammer, weit abgelegen von den Gemächern der Hausherren. Im Licht der zwei Zauberstäbe erkannte Hermine tatsächlich einen Spiegel mit einem großen Riss, der an der gegenüberliegenden Wand neben dem Bett hing. Ansonsten stand nur noch ein kleinerer Schrank im Zimmer.

„Da wären wir.“, flüsterte Ginny, „Das ist das Zimmer von Susanna Hill.“

„Und ich nehme an, das ist besagter Spiegel.“, murmelte Harry und trat vor. Vorsichtig wischte er ein paar Spinnenweben und Staub vom Glas und betrachtete sich für einen Augenblick versonnen. „Wie lautet das Passwort?“

„Tritt zurück, Harry. Ja, das reicht schon.“ Ginny nahm seinen Platz ein und sah ihrerseits für einen Moment in den Spiegel. „Tage der Nacht.“

Ein kaum merkliches Leuchten schien für einen Moment von der gläsernen Oberfläche auszugehen. Für einen Moment war alles ruhig, dann erklang ein Knirschen und langsam, wie von Geisterhand, schob sich der Wandschmuck zur Seite und gab den Blick auf etwas frei, das wie eine silbrig schimmernde Wand wirkte, die weder aus einem festen Körper, noch aus einer Flüssigkeit zu bestehen schien.

„Laut Darius wechselt das Ende des Geheimgangs zwischen verschiedenen Orten im Geheimversteck.“ murmelte das rothaarige Mädchen, blickte kurz zu ihren Freunden über die Schulter und sammelte ihren Mut. Dann trat sie durch die schimmernde Wand, als sei es Luft, und war im nächsten Augenblick verschwunden. Ron keuchte laut auf und auch sein Freund zuckte zurück. Plötzlich spürte Hermine eine Hand an ihrem Oberarm und im nächsten Moment wurde sie von Bill grob zur Seite geschoben. Er drängte sich auch an Harry vorbei und folgte dann seiner Schwester.

Die drei übrig gebliebenen tauschten einen misstrauischen Blick, dann stieg einer nach dem anderen hinterher.

Als Hermine durch die magische Blockade schritt, dachte sie für einen Moment, durch Eis zu gehen, so kalt war es, doch dann war sie bereits auf der anderen Seite. Sie sah sich für einen Moment um, merkte jedoch, dass sie allein in dem kleinen Raum stand, dessen Wände aus grob behauenem Stein bestand, deren ablehnende Aura fast greifbar schien. Sie drehte sich einmal um die eigene Achse, doch sie sah weder einen ihr bekannten Rotschopf noch Harry. So wandte sie den Blick der einzigen Tür zu, die offen stand und den Blick auf einen dämmrig beleuchteten Gang freigab. Sie wollte gerade hinein spähen, als sie Schritte vernahm. Einen Moment erwog sie, nachzusehen, um wen es sich handelte, doch dann siegte ihr Verstand und sie drückte sich gegen die Wand und machte sich so klein, wie möglich. Ihr Herz pochte in ihrer Brust und sie hatte Angst, dass man sie hören könnte.

Doch die Person schritt mit wehendem Umhang an ihrer Tür vorbei und beachtete sie nicht. Erst, als Hermine sie nicht mehr hörte, erlaubte sie sich, erleichtert aufzuatmen. Sie hatte die Person nicht erkannt, doch sie war sich sicher gewesen, dass es sich um keinen ihrer Begleiter handelte. Denn die trugen zumindest momentan noch keine schwarzen Umhänge mit Kapuze, mit welcher man gut sein Gesicht verhüllen konnte, wenn es notwendig war.

Doch dann näherten sich erneut Schritte, vorsichtiger diesmal, und sie hielten genau vor der kleinen Kammer. Erneut presste sie sich in den Schatten der Tür, doch diesmal half es nichts. Jemand trat ein und leuchtete ihr mit seinem Zauberstab ins Gesicht. Einen Moment lang wollte sie schreien, doch dann war sie froh, es nicht getan zu haben. Es war Harry.

„Hermine.“

„Ja. Scheint, als hätte uns dieses seltsame Portal tatsächlich an unterschiedlichen Orten abgesetzt.“

Der Junge nickte ihr zu. „Hast du einen der Anderen gesehen?“

Sie verneinte bedrückt und erzählte dann von dem Todesser, der an ihr vorbeigegangen war. Er schien damit gerechnet zu haben, doch er war nicht glücklich darüber. „Wir müssen sehr vorsichtig sein. Nox!“

Das Licht an seinem Zauberstab erlosch augenblicklich.

„Und jetzt?“

„Gehen wir auf Schlangenjagd.“, erwiderte Harry grimmig. Er spähte durch die Tür, um eventuelle Gefahren ausfindig zu machen, doch als er keine sah, trat er hinaus und winkte sie nach. Sie folgte ihm nach kurzem Zögern.

Der Schwarzhaarige schien sich spontan für eine Richtung entschieden zu haben und ging den Gang hinab. Bei jeder Tür blieb er stehen, lauschte angestrengt und spähte hinein, wenn er nichts vernahm.

Doch sie hatten kein Glück. Alle Kammern, die sie öffneten, waren leer. In manchen stand Gerümpel, in anderen Lebensmittel. Doch sie fanden weder einen ihrer Freunde, noch eine Schlange. Dafür kamen sie ein paar Mal gefährlich nahe an ein paar Todessern vorbei und schafften es immer erst im letzten Moment in Deckung zu gehen. Den eigentlichen Plan, sich zweier Todesserroben zu bemächtigen, hatten sie stillschweigend als zu gefährlich verworfen.

Ihr Gang hatte irgendwann einen Knick nach links gemacht und mündete schließlich in eine Treppe, die in die oberen Stockwerke führte. Nach einem neuerlichen Blicktausch stiegen Hermine und Harry sie langsam hinauf, jeden Moment bereit, sich zu wehren, sollte ihnen jemand unliebsames entgegen kommen. Doch ihnen begegnete niemand. Aus einem Raum hallte zwar ein vielstimmiges Stimmengewirr, als sei ein Saufgelage in Gange, doch die Tür dorthin war fest geschlossen und auf dem dunklen Gang blieb es ruhig.
 

30. Juni 1998 (in einem Wald, Grafschaft Highland, Schottland)

Ein Gewitter war hereingebrochen, dass es ihm beinahe Angst und Bange wurde. Er hatte sich wie so oft in eine verlassene Hütte mitten im Wald zurückgezogen. Das Dach war undicht und die Fenster ohne Scheiben, sodass es aus allen Richtungen herein regnete. Der Temperaturabfall, den der Wetterumschwung mit sich gebracht hatte, hatte ihn zunächst noch erfreut, wurde es doch endlich etwas kühler, doch jetzt froh er erbärmlich unter seinem klitschnassen Umhang. Im Sekundentakt erhellten heftige Blitze den Ort, gefolgt von so lautem Donnern, dass er sich dann und wann an die Explosion in London erinnert fühlte. In solchen Momenten wünschte er sich, dass er damals, im August, einfach bei Lianne geblieben wäre. Er hätte seinen Zauberstab und sämtliche Magie verneint und als Muggel gelebt, zumindest, bis die Luft wieder rein war. Sicher, es wäre schwer gewesen, doch er war sich sicher, dass er es mit Liannes Hilfe geschafft hätte. Doch er konnte es nicht mit seiner Ehre vereinbaren. Ein Malfoy kämpfte. Wenn auch nicht bis in den Tod, dann doch zumindest bis kurz davor. Er war nicht feige. Vielleicht drückte er sich dann und wann vor den wirklich schmutzigen Aufgaben und er hatte einen gewissen Respekt vor Leuten, die mächtiger waren, als er, doch er war nicht feige. Warum er aber in einer abgewrackten Holzhütte mitten im Wald schlief, in der es zu allem Überfluss auch noch hinein regnete, wusste er nicht.

Zitternd griff er nach der Wasserschale, die er in einer Ecke gefunden und unter eines der größten Löcher im Dach gestellt hatte, um sie auszuschütten und so vor dem Überlaufen zu bewahren. Er warf noch einen kurzen Blick auf sein Spiegelbild, holte aus - und hielt inne.

Für einen Moment fragte er sich, ob er jetzt schon fieberte und halluzinierte, doch dann blickte er wieder hinein. Zwei finstere Augen blickten ihn aus der Wasseroberfläche an, doch es waren nicht die seinen. Es war das Spiegelbild eines Mannes kurz vor den Vierzigern, mit schütterem, ergrauendem Haar und einer ungesunden Gesichtsfarbe. „Mister Lupin?“

„Na endlich. Ich dachte schon, du würdest mich ewig ignorieren.“

Schuldbewusst zog er den Kopf ein, obwohl es der Mann auf der anderen Seite des Zwei-Wege-Zaubers vermutlich nicht sehen konnte. „Entschuldigen Sie. Ich habe Sie nicht gehört.“ Und auch nicht mit ihnen gerechnet., fügte er in Gedanken dazu.

Wie zur Bestätigung seiner Worte grollte ein besonders lauter Donner über ihn hinweg.

„Das Wetter ist bei dir also schon angekommen. Aber das ist jetzt egal. Hör zu, ich habe nicht lange Zeit.“

Was konnte so wichtig sein, dass der Werwolf ihn mitten in der Nacht rief? Es musste etwas geschehen sein. Neugierig beugte er sich weiter über die Schale.

„Hogwarts wird in diesen Minuten angegriffen. Man hat mich dorthin beordert.“

Für einen Moment zog er scharf die Luft ein. „Was?“

„Du hast mich schon verstanden. Aber das ist nicht der Grund, warum ich dich kontaktiert habe. Ich möchte, dass du nach Little Hangleton gehst. Sieh mich nicht so an, Junge.“

Tatsächlich starrte er das Bild im Spiegel an, als hätte es sich plötzlich in ein exotisches Tierwesen verwandelt. Er hatte sich so lange von diesem verfluchten Ort ferngehalten. Warum sollte er jetzt, ausgerechnet jetzt dort hingehen? Noch dazu bei dem Wetter?

„Ich weiß selbst nichts genaueres. Aber Harry Potter ist mit ein paar weiteren dorthin aufgebrochen und dazu muss es einen Grund geben.“

„Potter ...“, schnaubte er abfällig. Sie mochten zwar auf der selben Seite stehen, doch das machte ihn nicht automatisch zu einem Freund dieses Narbengesichtes.

„Ich bitte dich, dorthin zu gehen und sie notfalls zu unterstützen. Es scheint fast, als hätten sie den Zugang zu Lord Voldemorts Versteck gefunden. Und wenn das wahr ist, könnte es sein, dass sie heute Nacht jede erdenkliche Hand brauchen werden.“

Die Idee gefiel ihm gar nicht. Er wusste zwar, dass der Orden in Riddle Manor nichts gefunden hatte, doch ihm war genauso klar, dass der dunkle Lord ein Meister im Verstecken war. Einen Augenblick lang schloss er die Augen, bevor er Lupin unverwandt ansah. „Passen Sie auf sich auf.“

„Pass lieber du auf dich auf. Viel Glück.“

Er nickte und stellte die Schale beiseite. Noch einmal fasste er seinen gesamten Mut zusammen, dann war er mit einem leisen Plopp verschwunden.
 

30. Juni 1998 (Little Hangleton, Grafschaft North Yorkshire, England)

Ihre Suche war noch immer erfolglos. Harry und Hermine hatten das Erdgeschoss erreicht, unbehelligt zwar, aber auch ohne den geringsten Erfolg. Die meisten Räume in der Etage unter ihnen waren Aufenthalts- oder Lagerräume gewesen. Einmal waren sie bereits entdeckt worden, doch der Todesser war nicht mehr dazu gekommen, Alarm zu schlagen. Mit einem beherzten non-verbalen Stupor-Fluch war er lautlos zu Boden gegangen. Harry hatte ihn kurzerhand seines Umhangs beraubt und ihn danach gefesselt.

Gerade schob der Schwarzhaarige wieder eine Tür auf. Sie quietschte laut in der Stille und beide zuckten zusammen.

Doch diesmal hatten sie kein Glück. „Wer ist da?“, fragte das Mädchen, das im Zimmer stand. Sie hatte sich wohl im Spiegel betrachtet und dabei ihre blonden Locken gekämmt. Doch nun hatte sie sich umgedreht und starrte die beiden an.

Hermine schluckte. Nicht, weil ihr keine passende Antwort einfiel, sondern weil sie sie erkannt hatte. Das Mädchen war ihrer Schwester Fleur wie aus dem Gesicht geschnitten.

„Schickt der Meister nach ...? Wer seid ihr?!“

„Gabrielle? Bist du das?“, fragte Harry, obwohl er die Antwort vermutlich bereits kannte.

Das Mädchen schien ihn nicht zu erkennen. Mit einer wütenden Geste warf sie die Haare in den Nacken. „Wer seid ihr?!“, fragte sie neuerlich und schien jetzt wirklich zornig, vielleicht, weil sie nur ein dünnes Nachthemd aus Seide trug, das mehr betonte als verdeckte (auch wenn es so viel zu verdecken noch nicht gab).

„Mein Name ist Harry, Gabrielle. Deine Schwester Fleur macht sich große Sorgen um -“

„Meine Schwester Fleur kann mir gestohlen bleiben!“, keifte die Kleine zurück und hielt plötzlich einen Zauberstab in der Hand.

Hermine und Harry tauschten einen bitteren Blick. Er wusste, wie sie, unter welchem Fluch das Mädchen höchstwahrscheinlich litt. Einen Moment fragte Hermine sich, wie viel sie überhaupt konnte. Gabrielle Delacour war nie nach Beauxbatons gekommen, man hatte sie noch vor Beginn ihres ersten Schuljahres verschleppt. Doch andererseits konnte sie nicht wissen, wie viel die Todesser ihr vielleicht beigebracht hatten und ob der Zauber, der auf ihr lastete, nicht auch eine Auswirkung auf ihre Fähigkeiten hatte.

„Das tut mir jetzt wirklich Leid, Gabrielle.“, hörte Hermine Harry sagen. Der Junge hielt seinen Zauberstab fest umklammert und hob ihn nun, bereit, einen Zauber zu sprechen. Doch das Mädchen vor ihm war schneller.

„Expelliarmus!“

Harrys Zauberstab wurde ihm aus der Hand gerissen und schlug ein paar Meter weiter im Zimmer des Kindes auf. Hermine wurde verschont, jedoch nur, weil sie hinter der Mauer neben der Tür Deckung fand. Vor einem weiteren Zauber brachte sich Harry auf der anderen Seite in Sicherheit. Das Mädchen fluchte und stapfte wütend zur Tür.

Bevor Hermine nun ihrerseits einen Fluch sprechen konnte, hatte Harry zu rabiateren Mitteln gegriffen. Kaum war Gabrielle in seiner Reichweite, wirbelte er aus seiner Deckung hervor und trat ihr unsanft die Beine weg. Sie schrie erschrocken auf, landete jedoch recht sanft in Harrys Arm. Mit der anderen Hand hielt er ihr den Mund zu. Das Mädchen leistete zwar wilde Gegenwehr und zerkratze ihm die Haut, wo sie ihn erreichte, doch der junge Mann war stärker als sie und bändigte sie ohne große Mühe. Ohne auf ihren Widerwillen einzugehen zerrte er sie in ihr Zimmer zurück, wo er endlich seinen Zauberstab aufsammelte und dem Kind ohne Probleme einen tiefen Schlaf bescherte.

Schwere Schritte hasteten den Gang entlang und zwei bullige Männer bogen schließlich um die Ecke. Harry war zwar nicht in Sichtweite, doch Hermine sehr wohl. Ihr gefror das Blut in den Adern, als sie die Silhouetten von Crabbe und Goyle Senior - zumindest vermutete sie, dass es sich bei den massigen Gestalten um diese beiden Herren handelte - auf sich zukommen sah. Gleich würden sie sie sehen. Gleich würden sie erkennen, dass sie Eindringlinge im Hauptquartier befanden. Gleich würden sie Alarm geben. Gleich -

Plötzlich sackten die beiden Figuren mit leisem Ächzen zu Boden. Hinter ihnen standen zwei weitere Gestalten. Umsichtig schritten sie über die Männer hinweg auf sie zu. Beide waren wesentlich dünner, als die massigen Kolosse unter ihren Füßen, die eine groß und schlaksig, die andere zwei Köpfe kleiner. Beide trugen schwarze Todesserroben und hatten rotes Haar. Wäre es heller gewesen, hätte man auch die Sommersprossen auf ihren Gesichtern erkennen können.

Hermine atmete erleichtert auf. „Merlin sei Dank. Ihr kommt genau im richtigen Augenblick!“

Ron grinste breit, während seine Schwester sie kurz umarmte.

„Wir haben einen Schrei gehört und einen Augenblick später rannten diese Walrösser an uns vorbei. Wir dachten, es könnte recht interessant werden, ihnen zu folgen.“

In diesem Moment trat Harry wieder aus Gabrielle Delacours Zimmer. Er hatte das Mädchen gut verschnürt auf ihr Bett gelegt und war sogar so freundlich gewesen, sie mit einer Decke zu zudecken. Dafür hatte er ihr den Zimmerschlüssel abgenommen und schloss die Tür kurzerhand ab, nachdem er sie ins Schloss gezogen hatte. Dann erst erkannte er die beiden Neuankömmlinge. Auch er atmete erleichtert auf. „Da seid ihr ja. Ich dachte schon, ich müsste mir Sorgen um euch machen.“

Ron zuckte mit den Schultern. „Wir sind irgendwo im Stock eins höher raus gekommen und dann Richtung Keller. Habt ihr etwas gefunden?“

Bitter lächelnd wies der Schwarzhaarige auf die Tür hinter sich. „Gabrielle Delacour in einem recht kurzem Nachthemd und unter dem Imperius-Fluch. Da das aber unser geringstes Problem sein dürfte, hab ich sie erst einmal kalt gestellt. Ihr?“

Ginny zuckte ernüchternd mit den Achseln. „Nein. Nichts. Wisst ihr, wo Bill ist?“

„Wir hofften, er sei bei dir, weil er dir direkt hinterher ist, nachdem du durch das Portal warst.“

„Der einzige, der mir gefolgt ist, war Ron. Er hätte mich beinahe platt gewalzt.“, gab das Mädchen mit einem Blick auf ihren Bruder zurück.

Dieser verschränkte wütend die Arme vor der Brust. „Was kann denn ich dafür, wenn ich -“

„Wenn du über deine eigenen Füße stolperst? Das ist wahrlich eine berechtigte Frage, Ron.“

Seine Ohren färbten sich leicht rosa, doch er erwiderte nichts.

„Wir sollten weiter suchen. Wie viele Stockwerke hat das Gebäude?“

Einen Moment zog Ginny die Stirn in Falten und überlegte angestrengt. Doch dann antwortete sie ohne Stocken. „Fünf Etagen nach oben und noch mal so viele in den Keller. Dazu noch ein Verlies, das nur über den Hof zugänglich ist.“
 

Schließlich hatten sich die Jugendlichen für einen Gang entschieden, den Ginny und Ron ausgelassen hatten, weil ihnen Crabbe und Goyle über den Weg gelaufen waren. Er führte um mehrere Ecken hinaus in den Hof. Wie düstere Wächter erhoben sich ordentlich zurecht geschnittene Bäume mit engem Abstand zueinander um alle drei vom Gebäude umschlossene Seiten und verdeckten zu Teilen die Einsicht auf den Hof. Sauber gestutztes Gras wuchs fast überall. Nur ein Weg, der vom Haupteingang zu einem Brunnen und weiter die Einfahrt hinunter führte und sich schließlich im Nichts der Dunkelheit verlor, war nicht bewachsen, sondern mit weißem Kies bestreut. Ein Springbrunnen brachte das Wasser zum Plätschern und die Rosen, die zu beiden Seiten des Weges angepflanzt waren, verströmten ihren schweren, betörenden Duft. Das Gewitter, dem sie durch den Schritt durch das Portal entflohen waren, zog auch über dem Anwesen auf. Helle Blitze zuckten in der Ferne aus den Wolken und tiefes Donnergrollen folgte ihnen einen Augenblick später.

Die vier Jugendlichen spähten zwischen den Bäumen hindurch auf die Mitte des Platzes.

Hermine konnte zwei Gestalten ausmachen. Die eine war hoch aufgeschossen und schien mit seiner Aura den gesamten Raum einzunehmen, die andere kauerte vor ihr im Staub.

Eine kalte Stimme, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließ, erhob sich. „Das hast du wirklich gut gemacht, Peter. Ich wusste, du würdest mir noch von Nutzen sein, mein lieber Wurmschwanz.“

Pettigrew nickte eifrig und rutschte ein wenig auf den Knien hin und her, doch das Reden überließ er seinem Meister.

„Und jetzt hol mir diesen Bastard Darius und diesen Narren von Krähe her. Und danach bring uns Elfenwein. Wir haben heute etwas Nacht etwas zu feiern, Wurmschwanz.“

Der Mann nickte erneut und erhob sich rasch. Als er stand, konnte man erkennen, wie abgemagert der ehemals recht füllige Pettigrew war. Unter seinem Umhang schien er nur noch aus Haut und Knochen zu bestehen. Hastig eilte er davon.

Hermines Blick ruhte auf Harry. Er verzog zerknirscht das Gesicht. „Wir brauchen erst -“

„Oh, ihr braucht noch etwas? Worum handelt es sich dabei denn?“, fragte eine Stimme hinter ihnen.

Die vier wirbelten herum und fanden sich Auge in Auge mit einem einäugigen Todesser wieder. Bran, die Krähe, Graves hatte seinen Zauberstab auf Harrys Brust gerichtet und musterte die vier Jugendliche abschätzig. „Abmarsch!“

Der Mann mit der Augenklappe nickte zum Brunnen, auf dessen Rand sich Voldemort mittlerweile niedergelassen hatte und versonnen das immer näher kommende Gewitter betrachtete.

Keiner rührte sich.

„Und Ihre Schwester hält große Stücke auf Sie.“, zischte Hermine bitter.

„Du kennst die gute Necromantia? Bedauerlich, für mich, nicht wahr? Aber noch bedauerlicher für dich, da du ihr von diesem kleinen Treffen nicht mehr erzählen können wirst.“

Graves Lächeln erschien ihr dabei seltsam hohl. In einer blitzartigen Bewegung schnellte er nach vorn, packte Ginny am Oberarm und zog sie zu sich. Das Mädchen schrie erschrocken auf. Er hatte seinen Zauberstab während der Aktion nicht von Harrys Brust abgewendet, doch jetzt hielt er ihn an die Kehle der Rothaarigen. „Und jetzt Abmarsch!“

Voldemort hatte sich wieder aufgerichtet und blickte in ihre Richtung. Aus dieser Entfernung konnte Hermine nicht sehen, ob er erkannte, was geschah, oder nicht.

Sie wechselte einen bangen Blick mit den beiden Jungen. Harry trat vor. Sie reihte sich zwischen ihm und Ron ein.

Langsam gingen sie auf den gefährlichsten Schwarzmagier ihrer Zeit zu. Als er erkannte, welche Kolonne da auf ihn zukam, glitzerte Triumph in seinen Schlitzaugen auf. Er hob beide Arme zur Begrüßung. „Harry Potter! Welch überraschender Besuch! Ich habe bereits auf dich und deine Freunde gewartet. Ein Vögelchen zwitscherte mir bereits von eurer Ankunft. Wie schön, dass ihr gerade heute eintrefft, wo Hogwarts doch endlich mir gehören wird.“

Aus seiner Stimme hörte Hermine eine kalte Freude heraus.

Das war also das Ende ihres Ausflugs. Zornig über ihre eigene Unachtsamkeit biss sie sich auf die Unterlippe. Jetzt konnten sie nur noch auf Bill hoffen. Doch der Ärmste wusste ja noch nicht einmal die Hälfte dessen, was wichtig gewesen wäre.

Als sie vor dem dunklen Lord hielten, ließ Bran Graves Ginny los und stieß sie zu der kleinen Gruppe. Vor Voldemort verbeugte er sich knapp. „Meister. Ich habe diese illustre Runde gefunden, wie sie in Eurem Garten herumspionierte.“

Sein Herr nickte ihm zu. „Gute Arbeit, Graves. Wirklich gute Arbeit.“ Voldemorts Blick huschte wieder über seine Gefangenen.

„Darf ich annehmen, dass ihr nun vollständig hier versammelt seid?“, fragte er und schien wirklich amüsiert.

„Was soll das heißen?“, frage Ron verwundert. Für einen Moment schien er seine Angst vergessen zu haben.

„Wir sind nicht vollständig, Voldemort. Das sind wir noch lange nicht.“, erwiderte Harry, doch sein Grinsen erlosch, als der Schwarzmagier lachend mit einer ausholenden Geste auf einen Schatten ein paar Meter entfernt deutete. Dieser Schatten stellte sich als eine zusammengekrümmt auf dem Boden liegende Person heraus. Und diese Person hatte lange rote Haare.

Die Mädchen schrien erschrocken auf und hielten sich fast synchron vor Entsetzen die Hände vor den Mund. Ron war aschfahl geworden, als er seinen ältesten Bruder erkannte. Hermine konnte nicht erkennen, ob Bill noch lebte. Sie konnte es nur hoffen. Verzweifelt blickte sie wieder zu Harry. Den der Schwarzhaarige grinste nicht nur - er lachte.

„Ihn magst du gefangen haben, wie uns, Voldemort. Du magst die meisten Anhänger des Phoenixordens ermordet haben, allen voran Dumbledore. Doch du hast uns nicht alle gefangen oder ermordet. Du wirst uns nie alle haben. Denn es wird immer jemanden geben, der die Augen nicht verschließt. Es wird immer jemanden geben, der sich gegen das Unrecht erhebt. Und selbst wenn ich heute Nacht sterben werden, wirst du diesen Geist der Gerechtigkeit nicht ersticken können. Früher oder später wird es Andere geben, die meinem Weg folgen werden. Du wirst nicht für immer herrschen, denn jeder wird irgendwann sterben. Auch du.“

Für einen Moment verzog Voldemort das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen, doch er fasste sich sofort wieder und lachte nun seinerseits, kalt und unbarmherzig.

„Mutige Worte, Harry. Wahrhaft mutige Worte, wenn sie auch nicht der Wahrheit entsprechen. Ich werde nicht sterben, Harry. Wie du und deine kleinen Freunde sicher wissen, besitze ich Horkruxe. An der Zahl genug, als das sie alle gefunden werden können. Und nach dazu besiegele ich heute Nacht endgültig meine Herrschaft. Hogwarts wird noch vor Sonnenaufgang mir gehören.“

„Das glaube ich kaum! Hogwarts wird sich dir Scheusal niemals beugen!“, schrie Ginny ungehalten. Ein wenig Hysterie schwang in ihrer Stimme mit.

Im Hintergrund hörte man leises Poltern, als sei dass Anwesen endlich zum Leben erwacht.

Voldemort beugte sich zu ihr hinunter und lächelte so lieblich, wie es ihm mit seinem Schlangengesicht möglich war. Zärtlich nahm er eine Haarsträhne, die ihr ins Gesicht gefallen war, und besah sie sich kurz, bevor sie ihr hinters Ohr zurückstrich. „Ginevra Weasley, nicht wahr? Darius hat mir viel über dich erzählt.“

Ginny wich seinem Blick nicht aus, doch sie antwortete ihm auch nicht.

Er lachte und tätschelte ihr sanft den Kopf.

Neben Hermine wäre Harry dem Magier beinahe an die Gurgel gesprungen. Mit sehr zornigem Blick folgte er jeder Bewegung des Mannes.

Doch plötzlich veränderte sich der Ausdruck in Voldemorts Augen. Er stand immer noch vor ihr und starrte auf ihre Brust. Seine Miene wechselte von irritiert über verblüfft zu wütend. Ungehalten packte er Slytherins Medaillon, dass sie seit der Vernichtung dieses Horkruxes um den Hals trug, und zog es näher zu sich. Da sich der Verschluss nicht öffnete, wurde sie am Hals mitgezogen. Ächzend musste sie sich auf die Zehenspitzen stellen, um den Schmerz, den die sich in ihr Fleisch schneidende Kette in ihrem Nacken verursachte, zu mindern.

„Woher hast du dieses Medaillon, du Gör? Sprich! Woher hast du es?! Und woher... DARIUS!“

Die Rothaarige keuchte und biss die Zähne zusammen, doch sie antwortete nicht. Dafür tat es Harry.

„Oh, hat dieser Bastard, den du auf mich angesetzt hast, es dir nicht erzählt? Schöne Grüße von Regulus Black, Tom. Er hat dich durchschaut, wie Dumbledore dich durchschaut hat und wie wir dich durchschaut haben. Und wir werden nicht die letzten gewesen sein. Und weißt du was? Slytherins Medaillon ist nicht das einzige, das uns zum Opfer gefallen ist. Wie du von deinem Lucius Malfoy vielleicht weißt, war er so töricht, mir in meinem zweiten Jahr dein Tagebuch in die Hände zu spielen. Dieser Seelenrest existierte noch bis zum Ende des Schuljahres. Dumbledore hat in den Sommerferien vorletztes Jahr den Ring deines Vaters in die Finger bekommen und ihn zerstört, auch wenn es ihm seinen Arm kostete. Slytherins Medaillon fanden wir in Dover, Hufflepuffs Becher in ihrer Grotte. Ravenclaws Stab habe ich in einem verlassenen Museum ausgemacht. Du hast dir wirklich alle Mühe gegeben, sie zu verstecken. Doch wir haben uns auch alle Mühe gegeben, sie zu finden. Jetzt existiert nur noch ein Seelenteil außerhalb deines Körpers. Selbst wenn wir es nicht vernichten können, werden es andere tun. Und du wirst deine Seele nicht ewig spalten können. Du weißt, was das heißt, oder, Tom? Nur noch ein Seelenteil und du bist wieder sterblich.“, schloss Harry und lächelte zufrieden, als er Voldemorts fassungsloses Gesicht sah.

„Du lügst. du verfluchter Bengel lügst!“, zischte er wütend, ließ Slytherins Medaillon los und griff endlich zu seinem Zauberstab. Anscheinend hatte er eigentlich noch Spaß mit ihnen haben wollen, bevor er sie tötete, doch das schien ihm nun nebensächlich. „Das ist nicht wahr. Dariu- Darius. Du verfluchter Bastard! DARIUS!“

„Ich bin anwesend und höre Euch sehr wohl, Mylord. Und ich muss sagen, dass sich Harry Potter zwar irrt, aber lügen tut er sicherlich nicht.“, sagte ein Mann, der sich der Gruppe langsam genähert hatte.

Voldemort wirbelte mit wutverzerrtem Gesicht zu ihm herum. „Darius! Was sagst du da...?! Du verfluchter Bastard...“ Seine Stimme klang wie eines der Donnergrollen, die nun fast über ihnen waren, nur nicht in derselben tiefen Tonlage.

Ein Blitz zuckte über den Himmel hinweg und erleuchtete für einen Moment die Szene. In seinem Licht erkannte sie, das Darius das gleiche Lächeln lächelte, wie sein Halbbruder.

„Ich sagte, dass sich Harry irrt. Du bist nicht fast sterblich, du bist sterblich.“

Ein weiterer Blitz erleuchtete die Luft. Im selben Moment ließ der junge Mann etwas fallen.

Der Kopf einer Schlange fiel zu Boden und rollte, wie in Zeitlupe, vor Voldemorts Füße.

Priori Incantatem

30. Juni 1998 (Voldemorts Hauptquartier)

Darius Blane lächelte. Und er lächelte, als sei er äußerst zufrieden mit sich selbst. Nur seine Augen verrieten, dass er unter starker Anspannung stand.

„Du brauchst dir übrigens nicht die Mühe machen, nach Pettigrew zu rufen.“, grinste er, den Blick noch immer fest auf Voldemort gerichtet. Dieser starrte fassungslos zurück. Genauso fassungslos starrten auch die vier Jugendlichen. Keiner rührte sich.

Die einzige, die nicht zu dem Verräter sah, war die Schlange Nagini, genauer, ihr Kopf. Klagend, ja vorwurfsvoll, blickte sie mit leeren, aufgerissenen Augen hinauf zu ihrem Meister.

Der Lärm im Inneren des Gebäudekomplexes, schwoll an. Todesser für Todesser schienen sich Voldemorts Lakaien in Bewegung zu setzen, sich Befehle zu zurufen. Lichter wurden hinter den Fenstern entfacht oder gelöscht und von irgendwoher drang das Geräusch von zersplitterndem Glas an ihr Ohr.

„Runter!“

Harrys Befehl befolgte Hermine blind, warf dich bäuchlings auf den Boden und rollte zur Seite ab, als auch schon ein Fluchblitz über sie hinweg surrte, von dem getroffen sie sich nicht mehr erholt hätte.

„Avada Kedavra!“, kreischte Voldemort erneut und schien dabei hysterisch und anscheinend gleichgültig, ob er Freund oder Feind traf.

„Lauft!“

Im Augenwinkel sah sie, wie Darius, nur beinahe von einem grünen Blitz getroffen, hinter den Springbrunnen in Sicherheit hastete, gefolgt von einem weiteren todbringenden Fluch, der ohne Schaden anzurichten im Nachthimmel verschwand.

Ohne darüber nachzudenken folgte sie dem Ruf und rannte, rannte davon, zurück zum Eingang des Gebäudekomplexes, durch den sie den Innenhof betreten hatte. Beide wurden nur von den Flüchen verschont, weil sich Voldemort anscheinend auf die beiden Halbbrüder, die hinter dem Springbrunnen Schutz gesucht hatten, konzentrierte.

Sie kam an Bran Graves vorbei, doch dieser schien zu irritiert zu sein, um einzugreifen, doch es interessierte sie in dem Moment auch nicht und sie dachte erst wieder daran, als sie mehrere ordentlich gestutzte Zierbäume zwischen sich und dem Schwarzmagier wusste.

Dicht an einen Stamm gelehnt, blickte sie über die Schulter zurück und berechnete ihre Chancen, das hier zu überleben.

Ginny kauerte hinter einem der Rosenbüsche, der ihr lediglich ein wenig Sichtschutz bot, während die beiden Söhne von James Potter einander kaum zu beachten schienen und aus ihrer Deckung heraus Fluch um Fluch feuerten, die allesamt von Voldemorts Schilden abprallten.

Ron hastete noch über den Rasen, Hermine hinterher, als ein grüner Lichtblitz in seine Richtung schoss. Vermutlich hätte dieser den Rothaarigen getroffen, doch seine Schusseligkeit kam dem Jungen einmal öfter zur Hilfe und ließ ihn rechtzeitig über seine eigenen Füße stolpern. Einen Augenblick später hockte der jüngste Weasleysohn wie sie hinter einem der Zierbäume. Halb unbewusst atmete Hermine, die in der Schrecksekunde die Luft angehalten hatte, auf.

Graves schien nach wie vor völlig fehl am Platz zu sein, doch dass konnte sich jeden Moment ändern. Sie wusste, dass es sich bei ihm trotz seiner Behinderung um einen sehr fähigen Krieger handelte...

Sein Meister, außer sich vor Wut, schien ihn völlig vergessen zu haben. Wie von Sinnen schleuderte er Flüche in allen Regenbogenfarben, vor allem aber grüne, in die Richtungen, in denen er die Jugendlichen vermutete. Sein besonderes Augenmerk galt dabei den beiden Jungen hinter seinem fröhlich plätscherndem Springbrunnen. Anstatt Harry traf er mit seinem leuchtend gelben Zauber lediglich einen der Wasserspeier, dessen schlangenartiger Körper in winzige Einzelteile zerbarst. Nur sein Kopf blieb verschont. Er schlug auf dem Boden auf, doch das Geräusch des Aufpralls wurde vom Lärm innerhalb des Hauses geschluckt, der nun eine bedrohliche Lautstärke angenommen hatte, als würden sie gleich von einer Horde Todesser überrannt werden.

Kurzum: Ihre Überlebenschancen liefen gegen Null.

Während die Tür zu einem Seiteneingang aufgerissen wurde und kurz darauf eine Person ins Freie trat, vermummt und nur von dem dämmrigen Licht einer Fackel aus dem Flur hinter ihr beleuchtet, um sofort im Schatten der Bäume einzutauchen, wurde sich Hermine endlich ihres Zauberstabes gewahr. Ohne zu zögern griff sie danach und ratterte dabei in Gedanken alle Zauber, die ihr nun hilfreich sein könnten, ab.

Gleichzeitig hatte anscheinend auch Ginny sich wieder ihrer Waffe erinnert. Ohne Rücksicht auf ihre spärliche Deckung zu nehmen, feuerte sie Flüche auf den noch immer wütenden Schwarzmagier. Doch auch ihre Zauber verpufften an den magischen Schutzbannen.

In Graves war, seitdem ein Avada Kedavra ihn nur um Haaresbreite verfehlt hatte, wieder Leben gekommen. Als er Ginny bemerkte, stürzte er sich mit gezogenem Zauberstab auf das Mädchen.

Doch die Krähe sollte ihr Ziel nie erreichen. Vermutlich hätte er es geschafft, aber den Fluch, den einer der beiden Jungen hinter dem Brunnen, auf ihn schleuderte, bemerkte er nicht rechtzeitig. So stürzte er getroffen, keinen Meter von Ginny entfernt, zu Boden und hielt sich, vor Schmerzen schreiend, die Schulter, in die die Hexerei ein unschönes, vermutlich heftig blutendes Loch gerissen hatte.

Das Mädchen nutzte diesen Augenblick, um hinter ihrem Rosenbusch hervor und in eine mehr schutzbietende Deckung in einen der Gebäudeeingänge zu hasten, während Voldemorts Flüche nun auch hinter ihr her prasselten und sie immer nur um Haaresbreite verfehlten.

Irgendwo, in Ginnys Nähe brach eine weitere Tür auf und öffnete den Weg ins Freie.

„Meister! Wir haben ...“

Die Stimme des unbekannten Todessers verstummte, doch Hermine konnte den Grund dafür nicht erkennen.

Voldemort schien sich ohnehin nicht dafür zu interessieren, denn anscheinend hatte er etwas viel interessanteres entdeckt, weshalb er auch mit den Angriffen inne hielt, während weitere Flüche an einem grellgelb aufleuchtenden Schutzschild zerbarsten.

Hermine konnte sich den Grund für den Sinneswandel des Schwarzmagiers zunächst nicht erklären, doch plötzlich fiel ihr Blick auf einen Schatten, der am Boden lag. Allein beim bloßen Gedanken an das, was nun folgen würde, wurde ihr furchtbar schlecht.

Ein kurzer Blick zu Ron, der ein paar Bäume weiter in Lauerstellung gegangen war, sagte ihr, dass auch er begriffen hatte, was nun geschehen würde. Der Junge war aschfahl und sah aus, als würde er jeden Moment entweder in sich zusammenbrechen, oder aber sich auf den Hexer stürzen. Hermine konnte nur hoffen, dass er keinem dieser Verlangen nachgeben würde.

„Kommt raus, kommt raus, wo seid ihr?“, rief Voldemort über den Hof und versuchte dabei zu klingen, als sei er ein Kindermädchen, dass mit seinen Schützlingen Verstecken spielte. Die einzige Wirkung, die er dabei erzielte war, das es ihr eiskalt den Rücken herunter lief.

Keiner der Jugendlichen folgte der unverhohlenen Drohung, die in den Worten mitschwang. Darius und Harry, von denen Hermine nicht sagen konnte, wer wer war, blieben hinter dem bereits arg demolierten Brunnen und auch Ron stürzte nicht aus seiner Deckung, um seinen Bruder zu retten.

Für einen Moment war alles ruhig. Das einzige, was sie hören konnte, war der Lärm im Gebäude, bei dem Hermine sich fragte, wieso die Todesser so lange brauchten, um zu erscheinen, Bran Graves, der sich gerade schmerzerfüllt stöhnend auf den Rücken drehte, und ihr eigenes angsterfülltes Herz, das ihr bis zum Hals zu schlagen schien.

Dann durchbrach ein Donner die Luft, anscheinend genau über ihnen und so laut, dass es Hermine schier in die Knochen fuhr.

Ein heller Blitz flog auf der anderen Seite des Innenhofes durch die Luft. Ein weiterer folgte ihm und dann brach ein Kampf los, von dem Hermine nicht sagen konnte, wer ihn kämpfte, nur, dass Ginny sich vermutlich mitten drin befand.

Gleichzeitig schrie Bill Weasley auf. Schrie auf und schrie so laut, als würde jeder Knochen in seinem Körper bersten und schrie so laut, dass Hermine sich vor Schreck beinahe die Hände vors Gesicht geschlagen hätte. Stattdessen blickte sie kurz zu ihrem Freund. Dieser hatte sich so gedreht, dass er den Mann in der Mitte des Hofes jederzeit sowohl angreifen als auch vor ihm fliehen konnte, doch noch verharrte er still und nur seine Miene verriet die Anspannung, die ihn ergriffen hatte.

Die ersten schweren Regentropfen schlugen, unbemerkt von den Beiwohnern dieses makaberen Spiels, auf dem Boden auf und verursachten dunkle Flecke auf dem Kies.

Irgendwo, ganz in ihrer Nähe barst eine Tür auf. Gestalten traten ins Freie, alle in schwarzen Umhängen und dann war Hermine zu beschäftigt, Flüche zu blocken und ihnen auszuweichen, um auf die nächsten Worte Voldemorts zu achten.

Ein grüner Blitz surrte haarscharf an ihr vorbei und ein roter verfehlte sie nur um Zentimeter. Etwas Schweres warf sich auf sie und riss sie mit sich zu Boden. Doch bevor sie sich fragen konnte, was nun wieder geschehen war, zog jemand sie unsanft am Ärmel wieder auf die Füße und stieß sie in eine offen stehende Tür.

Für einen Augenblick lehnte sie sich dankbar an die schützende Mauer in ihrem Rücken und atmete tief durch, bevor sie sich ihrem Retter zudrehte. Dieser hatte ihr den Rücken zugedreht und stand in der Tür, durch die er sie gestoßen hatte, um die Todesser zu beobachten. Dennoch konnte sie erkennen, dass er sich anscheinend vermummt hatte. Ron hatte sich indes hinter einen anderen Zierstrauch geflüchtet, da der, an dem er gelehnt hatte, nun trotz des immer stärker werdenden Regens lichterloh brannte.

Sie hörte den Schrei einer weiblichen Person, von der sie nicht sagen konnte, ob es sich dabei um Ginny handelte oder nicht, und dann eine Stimme nah bei ihrem Ohr und erkannte erst mit Verspätung, dass es sich bei dem Sprechenden um ihren Retter handelte.

„Verdammt, Granger! Kannst du nicht ein Mal selbst auf dich aufpassen?“

Hermine brauchte das Gesicht des Mannes nicht zu sehen, um zu wissen, um wen es sich handelte. Sie erkannte ihn an der Stimme, schließlich war sie sechs Jahre lang mit ihm in einem Jahrgang in Hogwarts gewesen.

„Danke.“, murmelte sie schlicht.

Dann hatte sie auch schon ihrem Zauberstab gegriffen und spähte an ihm vorbei zu den Angreifern, die sich auf Ron zu konzentrieren schienen, der alle Mühe damit hatte, den Flüchen, die sie auf ihn schleuderten, etwas entgegen zu setzen.

„Habt ihr nicht gehört, ihr Bälger? Es ist vorbei! Kommt raus, sonst werdet ihr mit eurem Freund hier sterben!“, hallte Voldemorts kalte Stimme durch den Kampflärm, der nun auch um sie herum ausgebrochen war. Niemand der Angesprochenen würde dieser Aufforderung nachkommen, da sie zweifelsohne erst recht den Tod bedeutete.

Nur Bills Schreie, die nach einem kurzen Augenblick des Wartens erneut erklangen und Hermine schier das Blut in den Adern gefrieren ließen, bezeugten, dass der älteste Weasleysohn noch lebte.

„Willst du nur gaffen?“, knurrte der Vermummte und sprach einen Fluch, der jedoch am Schutzschild eines der Todesser abprallte.

Eine Explosion, weiter weg, ertönte und plötzlich waren noch mehr Menschen auf dem Schlachtfeld und überall flogen Lichtblitze.

„Ich sagte doch, du hast uns nicht alle!“, drang Harrys Stimme an ihr Ohr und danach Voldemorts Lachen und Bills Schreie...

Doch Hermine nahm all das gar nicht richtig wahr, sie schüttelte nur den Kopf und adressierte damit ihren Retter. Natürlich wollte sie nicht nur gaffen. Sie war lediglich darüber irritiert, dass gerade er ihr helfen wollte. Und genauso irritiert war sie, über die hinzuströmenden Kämpfer, denn nicht alle schienen Todesser zu sein...

Kurzentschlossen duckte sie sich, damit sie ihren Retter nicht behinderte und feuerte ihrerseits all jene Hexereien, die sie sich in den vergangenen Monaten angeeignet hatte.

Längst nicht alle trafen ihr Ziel. Immerhin hatte sie es hier mit voll ausgebildeten Magiern zu tun, die oftmals bereits langjährige Kampferfahrung hatten. Viele der Zauber prallten an den Schutzschilden ab, manche setzte sie zu hoch an und nur die wenigsten zeigten die gewünschte Wirkung – doch zumindest taten es überhaupt welche.

Der Mann neben Hermine sprach kein Wort, während er seine Magien vollführte. Anscheinend hatte er sich, nachdem er im letzten Jahr aus Hogwarts geflohen war, die Fähigkeit, non-verbale Zauber zu wirken, angeeignet. Und er hatte mit dieser Methode sichtbar mehr Erfolg, als sie oder Ron.

Dennoch würde es nicht reichen, ein paar der Todesser außer Gefecht zu setzen. Es waren zu viele. Hermine hatte sie nicht genau zählen können, vielleicht kämpften sie gerade gegen fünf. Vielleicht waren es aber auch zehn oder mehr. Sie wollte nicht daran denken, wie viel Verstärkung Voldemort noch im Gebäude hatte.

Mittlerweile kämpfte sie ohnehin nur noch nach Instinkt, nicht nach Verstand. Viele der Zaubereien spürte sie, bevor sie haarscharf an ihr vorbei surrten, und entschied spontan, vor welchen sie sich schützen musste. Dabei lag sie oft sogar richtig, dennoch hatte der Kampf ihr bereits zugesetzt: ihr Ärmel hing in Streifen ihren Arm hinab und sie spürte dumpf, dass sie blutete.

Eine Erschütterung in ihrem Rücken ließ sie aufschrecken, doch der Avada Kedavra hatte sein Ziel noch einmal verfehlt und hatte statt ihres Retters nur einen Teil des Türrahmens vernichtet. Der Mann lehnte sich nur kurz gegen ihren Schutz, den Blick ebenfalls auf das Loch in der Mauer und das zersplitterte Holz der Tür gerichtet, doch dann war die Schrecksekunde vorbei und er schleuderte wieder Flüche...

Ein Todesser ging zu Boden, nun waren es noch drei...

Es war nicht ihr Zauber gewesen, aber der von Ron...

Sie sah, wie ein weiterer Baum, hinter dem sich der Rothaarige versteckte, in magische Flammen aufging, genauso der dahinter. Die brennenden Zierbäume tauchten das Kampffeld in ihr flackerndes Licht und für einen Moment konnte sie nichts sehen und sie dachte, es sei vorbei, doch dann hechtete ihr Freund mit einem beherzten Sprung zu ihnen in die Deckung, unter den Flüchen vorbei...

Ron grinste ihr kurz zu, bevor er sich wieder den Todessern zu wandte. Seine Haare klebten wie seine Kleidung wie eine zweite Haut an ihm, vielleicht waren sie nicht nur durch den Regen nass, sondern auch Blut darunter. Er schien genauso erschöpft wie sie, doch keiner von ihnen ließ dieser Erschöpfung Raum.

Ihr wurde kurz schwummrig vor Augen, doch sie verdrängte das Gefühl, so schnell, wie es gekommen war, und als sie wieder aufblickte, standen nur noch zwei Gegner. Einer hing plötzlich Kopfüber in der Luft und sie brauchte nicht zu raten, wer den Zauber gesprochen hatte.

Sie sprach einen weiteren Stupor, doch ihr Fluch erreichte sein Ziel zu spät. Von irgendwo hatte ein verirrter grüner Lichtblitz ihn in die Seite getroffen. Ein grüner Lichtblitz, den man nicht blocken konnte.

Irritiert blickte sie sich um, doch sie konnte keine weiteren Todesser in nächster Nähe ausmachen und erst verspätet verstand sie, warum. Sie hatten diesen - wenn auch nur diesen - Kampf gewonnen. Das war mehr, als sie hätte erwarten können, wenn auch viel zu wenig.

Sie lehnte sich kurz zurück an die kühle Mauer, die vermutlich ihr Leben gerettet hatte und nun schon arg mitgenommen wirkte, mit dem ab gesprengten Putz und dem praktisch nicht mehr vorhandenen Türrahmen. Auch die Tür war fast völlig zerstört.

Während Ron ihr gegenüber sich keuchend auf die Knie stützte, dabei aber ihren Verbündeten nicht aus den Augen ließ, versuchte sie, sich einen Überblick über das Schlachtfeld zu verschaffen. Ginny schien noch immer zu kämpfen. Sie hatte anscheinend Unterstützung bekommen, denn die Todesser kämpften nun nicht nur gegen sie, sondern gegen zwei Fronten. Wer diese Helfer waren oder um wie viele es sich handelte, konnte Hermine auf die Entfernung allerdings nicht erkennen, dafür war es zu dunkel, die Sicht durch den nun sehr starken Regen verschwommen und das Licht zu unstet.

Vor dem Brunnen lag noch immer ein Bewusstloser, bei dem es sich entweder um Bill Weasley oder Bran Graves handeln musste, doch auch das war auf die Distanz nicht erkennbar. Neben dieser Person waren weitere zu Boden gegangen, vermutlich allesamt Todesser, aber eindeutig zu wenig, um diesen Kampf zu gewinnen.

Sowohl Voldemort, als Harry schienen wie vom Erdboden verschluckt und nur Darius lieferte sich mit einer Gruppe Todesser noch ein verbissenes Duell, dass er nicht gewinnen konnte. Gerade ging der dritte der vier Wasserspeier unter zwei grünen Flüchen zu Bruch und seine Trümmer verfehlten den jungen Mann nur durch Zufall.

„Wer sind Sie?“, hörte sie Rons Stimme und war plötzlich wieder nicht mehr nur Zuschauer.

Der Angesprochene schüttelte nur den Kopf, ebenso wie Hermine, die sich zu ihrer eigenen Verwunderung plötzlich selbst sprechen hörte. „Es ist doch jetzt ohnehin egal, Draco.“

Der Mann neben ihr zuckte genauso zusammen, wie der Rothaarige, doch schließlich ergab er sich in sein Schicksal. Vorsichtig wickelte er den Schal, den er sich bis über die Nase gezogen hatte und in dem längst mehrere große Risse klafften, von seinem Hals und strich dann die Kapuze zurück, unter der verdrecktes, filziges, platinblondes Haar zu Vorschein kam.

„Draco Malfoy!“, keuchte Ron und seine Stimme klang dabei verräterisch hoch.

Draco nickte nur. In seine linke Wange hatte sich eine tiefe Wunde gefressen, die blutete, doch er schien sie nicht wahrzunehmen. Er blickte erhobenen Hauptes zum Kampfgetümmel und schien es ebenso zu analysieren, wie Hermine zuvor.

„Der Orden ist hier. Es ist nur ein kleiner Trupp, aber dank des Überraschungseffekts reicht es, um die Todesser eine Weile in Schach zu halten.“

Hermine nickte, als hätte sie diese Information bereits gewusst, bevor der Junge sie aussprach. Vielleicht ahnte sie es auch nur. „Lasst uns den anderen helfen. Vielleicht kriegen wir noch Verstärkung.“

Sie glaubte nicht daran, Verstärkung zu bekommen, denn diese Verstärkung kämpfte in diesen Minuten in Hogwarts und war der einzige Grund, weshalb sie hier überhaupt eine Chance gegen die Todesser hatten – auch wenn diese Chance verschwindend gering war.

Aber zumindest war sie da – und sie wollte sie nutzen.
 

Hermine warf, genauso wie die beiden Jungen, einen letzten Blick in alle Richtungen, um mögliche Hinterhalte zu erkennen. Als sie nichts sahen, nickten sie sich noch einmal zu, dann sprangen sie gleichzeitig aus ihrer Deckung und schleuderten die ersten Flüche auf Darius Gegner, während sie Schutz hinter den verbliebenen Bäumen suchten.

Die Überraschung gelang ihnen.

Völlig überrumpelt durch die zusätzliche Gegenwehr schafften es drei Todesser nicht, ihren Zaubern rechtzeitig einen Bann entgegen zu setzen. Zwei gingen, von roten Blitzen getroffen, zu Boden, ein dritter hing hilflos in der Luft und zappelten mit den Beinen.

Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Darius hinter dem letzten verbliebenen Wasserspeier kurz inne hielt und zu ihnen blickte. Nun konnte sie auch sehen, dass es nicht gut um ihn stand. Er schien sich eine blutende Wunde an der Stirn zugezogen zu haben und sein rechter Arm hing schlaff herab, er zauberte jetzt mehr schlecht als recht mit links. Sein Reaktionsvermögen schien ebenso eingeschränkt zu sein.

Ein heftiger Schmerz in ihrem linken Arm ließ sie zusammenfahren. Als sie sich die Wunde besah, die der Fluch gerissen hatte, sah sie nicht viel mehr, als Blut. Ein weiterer Zauber verfehlte sie um Haaresbreite. Jetzt erst verfluchte sie sich für ihre Unachtsamkeit. Die Zähne kurz zusammen gebissen, verdrängte sie den Schmerz, so gut sie konnte und konzentrierte sich wieder auf ihre Aufgabe. Kurz darauf war sie so damit beschäftigt, Zauber zu blocken und gleichzeitig Flüche zu sprechen, dass sie erst verspätet merkte, dass in das Gebäude hinter ihr Bewegung gekommen war und schließlich ein paar Zauberer durch die Tür traten, die ihnen zuvor noch Schutz geboten hatte.

Nur zufällig machte sie eine Bewegung in die richtige Richtung, die den Fluch nicht sie, aber einen der Todesser treffen ließ, der wie ein Stein zu Boden viel.

Dem nächsten Zauber – sie sah ihn nicht einmal kommen – wich sie nicht mehr aus. Sie spürte noch, wie etwas sie mit voller Wucht in den Rücken traf, dann fiel sie der Länge nach, unfähig, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen.

Nicht einmal die Augen konnte sie rühren und so musste sie hilflos mit ansehen, wie Malfoy neben ihr das gleiche Schicksal erlitt. Nur Ron stand noch, anscheinend ungesehen von den Angreifern, doch dass würde nicht mehr lange dauern, denn die Todesser, gegen die sie gekämpft hatten, feuerten noch immer Zauber in seine Richtung.

Und während sie diesem Kampf nur noch zusehen konnte, während sie eigentlich nur noch Beine sah, die an ihr vorbei rannten, während ihr die kalten Regentropfen ins Gesicht schlugen und sie für ihre Niederlage zu brandmarken schienen, explodierten in ihrem Kopf förmlich die Gedanken.

Es war aus.

Vorbei.

Sie war besiegt.

Malfoy war besiegt.

Harry war verschwunden, Darius schwer verletzt, Ron beinahe eine Zielscheibe.

Es war vorbei. Die Todesser würden sie sich nach und nach holen. Man würde sie foltern und töten. Und es gab kein entkommen.

Sie hätten nicht kommen sollen.

Sie hätten das Anwesen nicht ohne den Rest des Ordens betreten sollen.

Es war vorbei. Sie waren verloren...

Jemand stieg über sie hinweg, traf ihr dabei in den Rücken, doch sie konnte nicht schreien, nicht einmal ihren Unmut durch ein Stöhnen kundtun...

Es wurden Befehle gebrüllt und Zauber. Um sie her entflammte ein wahres Feuerwerk an leuchtenden Blitzen in allen Regenbogenfarben.

Sie konnte Ron nicht mehr sehen, zwischen Malfoy und sie waren andere getreten, ein Wald aus Beinen. Irgendwo schrie ein Mann, sie konnte nicht sagen, wer oder wo.

Auch über ihnen, am Himmel, herrschte ein Feuerwerk, ein Feuerwerk aus Blitzen, gefolgt von trommelfellzerfetzendem Donner und begleitet von eiskalten Regentropfen.

Und plötzlich...

Plötzlich war es still.

Beinahe schien es, als hätten alle Kämpfenden inne gehalten, Freund und Feind, und nur das Wetter schien wenig daran interessiert, was geschehen war.

Hermine lag auf dem Boden, sie konnte nicht sehen, was die anderen sahen, doch es musste etwas großes sein...

„Was in Merlins Namen ist das?“, keuchte eine Frau entsetzt, ganz in ihrer Nähe.

„Priori Incantatem.“, erwiderte ein Mann außerhalb ihres Blickfeldes und klang dabei ehrfürchtig. „Ich habe davon gehört...“

Auch Hermine hatte davon gehört. Es war lange her und sie brauchte einen Moment, bis sie sich an die richtige Erzählung erinnerte. Damals, in ihrem vierten Jahr, nach dem fatalen Ende des Trimagischen Turniers hatte Harry ihr davon erzählt. Sein Zauberstab hatte sich mit dem von Voldemort verbunden und den anderen zur Wiedergabe seiner verübten Zauber gezwungen...

„Wer kämpft da?“, erklang eine dritte Stimme.

Hermine kannte die Antwort.

Das finale Duell...

...es hatte begonnen.

Sieger und Besiegte

30. Juni 1998 (Voldemorts Hauptquartier)

Ein Zauber wurde gemurmelt, irgendwo hinter Hermine, außerhalb ihres Blickfeldes. Und plötzlich – konnte sie sich wieder bewegen.

Erschrocken wirbelte sie herum.

Eine Frau hatte sich zu ihr herunter gebeugt. Sie hatte lange, schwarze Haare und grinste entschuldigend. „Tut mir Leid, Hermine. Hab dich von hinten einfach nicht erkannt. Und bevor die Todesser zurückfeuern, hab ich halt auf alles gezielt, was sich noch bewegt.“

„Seit wann ist der Orden hier?“, fragte Hermine, während sie sich mit ihrer rechten Hand ihn Rücken massierte. Der Tritt kurz zuvor hatte weh getan.

Tonks zuckte nur mit den Schultern. „Meine Uhr hab ich zu Hause vergessen. Wir haben einen Patronus von Fleur bekommen, ich bin sofort mit den anderen her. Hat eine Weile gedauert, bis wir den Durchgang gefunden haben. Tut es sehr weh?“

Sie schüttelte den Kopf und richtete sich auf. Nun, im Stehen, konnte auch sie den großen, aus goldenen Fäden gewobenen Käfig sehen, in dem sich vermutlich Harry und Voldemort duellierten.

Nun hatte sie auch wieder Ron im Blick. Dieser half gerade Malfoy wieder auf die (recht wackeligen) Beine und brachte ihn aus dem Blickfeld der Ordensmitglieder, von denen noch immer die meisten zu der goldenen Kuppel starrten.

Auch Tonks war ihrem Blick mit den Augen gefolgt. „Ist das etwa...?“

„»Der Schatten«, richtig.“, flüsterte Hermine ihr zu und grinste dabei, obwohl das Pochen in ihrem verletztem Arm wieder anschwoll, „Aber ich denke, er wird uns nicht böse sein, wenn wir ihn Draco Malfoy nennen.“

Die Schwarzhaarige pfiff anerkennend durch die Zähne. „Wer hätte das gedacht?“

„Ich dachte, du bist eine Frau der Tat, nicht der Tratscherei, Nymphadora.“, mischte sich ein Mann ein und nickte gleichzeitig von den beiden Frauen zum goldenen Käfig und dann zu den Todessern, die genauso irritiert schienen, wie der Orden. Hermine kannte ihn flüchtig, doch er hatte sich ihr nie mit Namen vorgestellt.

Die Angesprochene nickte ihm zu und dann war Tonks wieder die Aurorin. „Recht hast du, Felix. Auf geht’s. STUPOR!“

Der Fluch traf zielgenau einen der Todesser in der Nähe des Brunnens. Ein weiterer Zauber folgte und plötzlich schienen sich alle Umstehenden aus ihrer Starre zu lösen und die Luft war erfüllt von Magie – und Hermine fand sich mitten im größten Getümmel wieder. Sie sah Tonks, wie sie sich mit zwei Todessern gleichzeitig duellierte und keine fünf Meter weiter ein Mann, der dem unfreundlichen Heiler aus dem St. Mungos Hospital zum Verwechseln ähnlich sah und wahrlich in seinem Element zu sein schien.

„Halt den Kopf unten, Mädchen!“, rief Felix, der Hexer mit den braunen Haaren, mit dem Hermine bereits Seit-an-Seit appariert war.

Hermine allerdings dachte nicht daran, sich in Sicherheit zu bringen. Den Griff um ihren Zauberstab noch einmal verstärkt, ging sie, so geduckt wie möglich, in Deckung, um ungesehen Zauber feuern zu können. Sie warf nur noch einen Blick zurück. Doch dieser eine Blick genügte, um zu sehen, wie ein grüner Lichtblitz auf den Mann zuraste, der gerade auf einen anderen Todesser feuerte. Er sah den Todesfluch nicht...
 

Hastig bedankte er sich bei Weasley – er hätte es nie für möglich gehalten, dass er sich einmal dazu würde durchringen müssen – und verschwand dann in der Dunkelheit. Trotz des starken Regens brannten die Zierbäume, die während ihres ersten Kampfes Feuer gefangen hatten, noch immer. Sie waren die einzigen Lichtquellen, wenn man von dem spärlichen Licht, dass aus einigen der Fenstern drang und den farbenfrohen Flüchen, die mit den echten Blitzen am Himmel um die Wette zu leuchten schienen, absah. Er hatte sich nicht nur mehrere mehr oder minder tiefe Wunden zugezogen, er war noch dazu klitschnass und fror erbärmlich, doch sein Überlebenswillen erlaubte es ihm nicht, sich auf diese Probleme zu konzentrieren. Während die dutzend Ordensmitglieder, genauso wie die Todesser, noch immer zu diesem – in seinen Augen ziemlich lächerlichen – goldenem Spektakel blickten, unsicher, was nun geschehen würde, war er ganz gefasst. Und er würde diese Situation nutzen. Er brauchte nicht lange, um einen besonders unvorsichtigen Todesser auszumachen. Er hatte sich die Maskierung vom Gesicht gerissen, um einen besseren Blick zu haben. Vermutlich war er nicht viel älter, als er selbst.

Stumm nahm er Ziel, stumm verfluchte er ihn auch und stumm ging der Todesser zu Boden. Gleichzeitig donnerte eine Frauenstimme: „STUPOR!“ und ein weiterer Gegner ging zu Boden und plötzlich war die goldene Kuppel vergessen und der Kampf wieder in vollem Gange.

Plötzlich flogen die Flüche wieder durch die Luft und wurden abgeblockt – oder auch nicht -, und die Kämpfer, die sich nicht schnell genug schützen konnten, gingen wie zur Warnung für die Umstehenden zu Boden. Die ganze Gruppe war in Bewegung und er hatte Probleme, ungesehen zu bleiben, war er doch nun unmaskiert und somit für beide Seiten zum Abschuss freigegeben. Dennoch gelang es ihm, mit einigen, gut platzierten non-verbalen Zaubereien, dem Feind ein paar Lücken zuzufügen und schließlich war er nicht mehr im Gedränge und konnte aufatmen, mit dem Blick bereits nach einem Schutzwall suchend. Und den brauchte er dringend – Block- und Schildzauber waren nicht seine Stärke.

„Verfluchte Scheiße!“, hörte er einen frustrierten halberstickten Aufschrei hinter sich.

Als er herumwirbelte, erkannte er einen Mann, der nur wenige Meter von ihm entfernt hinter dem halb zerstörten Brunnen kauerte. Er starrte über den Brunnenrand hinweg, duckte sich aber sofort, als ein Blitz auf ihn zuraste. Sein rechter Arm hing schlaff an seiner Seite herab, er war gezwungen, mit der linken zu zaubern, augenscheinlich nicht seine Zauberhand.

Nur ihm Augenwink sah er die nächsten Zauber auch auf sich zu rasen, doch sie verfehlten ihn allesamt. Dafür fand er sich plötzlich ebenfalls hinter dem Brunnen wieder.

Der Blick des Mannes ruhte nur kurz auf ihm, dann konzentrierte er sich wieder auf den Kampf. Statt der erwarteten grünen Augen erkannte er braune und auch die Blitznarbe fehlte.

„Malfoy, nehme ich an? Draco Malfoy?“, begrüßte der Fremde.

Er nickte abwesend, während er Flüche feuerte und dabei überlegte, wieso der Kerl ihn ausgerechnet an Potter erinnerte. „Ich würd dich ja Harry nennen...“

„...Das ist zu viel der Ehre. Darius Potter reicht völlig.“

Von denen gab es zwei? Na ganz große Küche...

Plötzlich spürte er Potters Griff um seinen Oberarm, dann wurde er bereits zu Boden gezogen, während der Springbrunnen hinter ihnen in handliche Stücke versprengt über sie hinweg rieselte.

Ein Blick über die Schulter verriet ihm, dass ihre Deckung nicht mehr vorhanden war.

„Verfluchte Scheiße! Dann eben auf die unfreundliche Art.“, knurrte Darius, der trotz seiner Verletzung überraschend schnell wieder auf den Beinen war. Er stand keine Sekunde später.

„Okay, Malfoy. Bereit, mit offen mit den ...“, er duckte sich unter einen verirrten roten Fluch weg, „...großen Jungs zu spielen?“

Einem gezielten Levicorpus folgte ein in der Luft hängender Todesser. „Sicher doch.“

„Und ich mache mit!“, ertönte eine dritte – weibliche – Stimme über den Kampflärm hinweg.

Auch diese Person erkannte er. Es war Ginny Weasley, nicht so arg mitgenommen, wie er es erwartet hätte, aber dafür anscheinend voller Adrenalin.

„Wirst du nicht.“

Es war kein Befehl des Potters, sondern anscheinend eine Feststellung.

Das rothaarige Mädchen schien den Mund zum Protest öffnen zu wollen, doch der Mann, der mittlerweile Rücken an Rücken mit ihm stand, fiel ihr barsch ins Wort. „Keine Widerrede! Schau nach Bill! Vielleicht lebt er noch.“

Das Mädchen seufzte ergeben, verschwand aber ohne ein Wort des Protestes. Einen Moment später fanden sich die beiden Männer mit erhobenen Zauberstäben im Gedränge wieder, zu der stummen Übereinkunft gekommen, dass der eine attackierte, während der andere sich um die Schutzzauber kümmerte.
 

Sie spürte noch den Schlag in den Rücken, schon ging sie unsanft zu Boden. Als sie die Augen wieder öffnete, schmeckte sie bleiernes Blut, doch sie ließ sich keine Zeit, um sich zu fragen, woher dieses Blut kam. Genauso ignorierte sie das warnende Pochen in ihrer linken Schulter und die Tatsache, dass sie nicht mehr lange aushalten würde. Stattdessen raffte sie sich neuerlich auf, um weiter zu kämpfen. Wie oft sie bereits gestürzt war, konnte sie nicht sagen, wollte sie nicht sagen, noch nicht, denn noch war es nicht vorbei. Ihr Blick huschte über die Massen, erkannte Tonks, die sich nun bereits mit drei Todessern duellierte, erkannte einen Mann, der hinterrücks einem Schwarzmagier einen Fluch auf den Hals hetzte, er trug eine schwarze Kapuzenrobe, deren Maskierung sich gelöst hatte und den Blick auf schwarzes, fettiges Haar und eine verboten lange Nase freigab, erkannte zwei weitere Männer, der eine blond, der andere schwarzhaarig, beide Rücken an Rücken, und erkannte weitere Gesichter, Ordensmitglieder, Todesser, aber weder Harry, noch Ginny, noch Ron, erkannte einen grünen Blitz, der auf sei zuraste...

Sie duckte sich gerade noch rechtzeitig. An ihrer statt traf der Unverzeihliche eine Frau mit wallender schwarzer Haarmähne, die sich mit einem Todesser duelliert hatte und die nun leblos zu Boden sank, die Augen weit aufgerissen und leer.

Mit Gewalt musste Hermine den Blick losreißen, erschrocken von dem Anblick, erschrocken aber auch von dem Gedanken, dass es hätte sie sein können...

Der Todesser bemerkte sie nicht, stattdessen wandte er sich an den Mann in der schwarzen Robe und mit dem genauso schwarzen Haaren und dann sank auch er getroffen zu Boden, ob nun von einem gezielten Fluch oder durch einen Blindgänger sah sie nicht.

Dafür sah sie nun wieder die goldene Kuppel, die Priori Incantatem, unter der Harry vermutlich noch immer gegen Voldemort kämpfte. Und in dem Licht, welches das Gewebe verbreitete, erkannte sie eine weitere Person. Sie war nur als Schatten erkennbar, und schien von dem seltsamen Zauber ergriffen, doch sie blieb von den Kämpfern beider Parteien völlig unbehelligt.

Ein Blitz zog sich über den Himmel, dicht gefolgt von einem tiefen Donnergrollen, und erhellte für einen Moment zusammen mit der Kuppel das Geschehen. Und genau in diesem Moment dachte sie, die Person erkannt zu haben. Sie blickte kurz über die Schulter zurück, der Kampf tobte unvermindert weiter, doch niemand schien in diesem Augenblick mehr Beachtung zu schenken, als die der Vorsicht, damit er nicht über sie fiel. Einen Gedankengang später verwarf sie die Idee, sie wieder in den Kampf einzumischen, jedoch und ging geduckt, in der Hoffnung, so keine allzu offensichtliche Zielscheibe abzugeben, auf ihren Freund zu. Auch sie blieb unbehelligt, viel zu konzentriert kämpfte die Ordensmitglieder gegen die immer wieder nachströmenden Todesser und kein Ende schien in Sicht.

Tatsächlich war es Ron, den sie zu sehen geglaubt hatte, das erkannte sie nun, wo sie sich näherte. Wie gebannt starrte er auf das aus goldenen Fasern gewobene Netz und beobachtete fasziniert, wie sich die einzelnen Fäden bewegten, voneinander lösten und schließlich zu einem neuen Muster zusammenschlossen. Auch erkannte Hermine nun zwei Gestalten in der Kuppel, auch wenn das Licht im Inneren zu stark war, als dass sie hätte genaueres sehen können. Vereinzelt tauchten hinter der goldenen Wand weitere menschliche Schatten auf, ganz nah, als hätte man sie sie berühren können, wenn man es nur schaffen würde, seinen Arm durch die Maschen zu strecken. Doch diese Schatten wirkten nicht real, sondern durchscheinend, vielleicht wie ein graues Gas, wie Rauch, nur fester. Sie konnte nicht alle dieser Figuren sehen, dafür war ihre Sicht ins Innere zu sehr eingeschränkt, doch sie schätzte, dass es sehr viele sein mussten.

Noch dazu lag ein undefinierbares Summen in der Luft, dass abschwoll und wieder anschwoll und mit den seltsamen Gestalten zusammen zuhängen schien. Ein paar Mal dachte sie, Gesichter erkennen zu können, darunter das von Harry, doch das konnte nicht sein, denn dieser kämpfte mit Sicherheit noch immer...

„Was passiert hier nur?“, fragte Ron sich selbst, er hatte sie noch nicht bemerkt, viel zu gebannt starrte er auf das Stück Magie vor ihm. Dennoch antwortete sie ihm, vielleicht aus dem Reflex heraus, zu jeder Frage eine Antwort zu finden...

„Priori Incantatem. Erinnerst du dich an unser viertes Jahr?“

Erschrocken wirbelte er herum und richtete den Zauberstab auf ihr Herz und genauso erschrocken ließ er den Stab wieder sinken, als er sie erkannte.

„Mensch, Hermine! Willst du mich umbringen?“, stöhnte er, doch ein seltsames Funkeln in seinen Augen verriet ihr, dass er froh war, sie zu sehen.

„Wenn ich dich hätte umbringen wollen, Ron, dann hätte ich dich vermutlich nicht angesprochen.“

Er nickte beklommen und sah wieder zur Kuppel.

„Da drin ist Harry. Ich hab ihn gesehen. Und du ... du-weißt-schon-wer ist auch da drin, glaub ich.“, murmelte er nach einer Weile, ohne den Blick abzuwenden.

„Harry hat uns davon erzählt, richtig? Als er im Trimagischen Turnier gegen Voldemort gekämpft hat. Damals hat er die Verbindung abgebrochen...“

„Sieht nicht so aus, als hätte er es diesmal vor, he?“

Aber wenn Harry nicht vor hatte, die Verbindung zu trennen – was plante er dann? Und plante er überhaupt etwas?

„Deckung! Verdammt, geht in Deckung!“

Irgendwo im Unterbewusstsein erkannte sie die männliche Stimme und erkannte, dass diese Stimme sie meinte und dass sie ihren Befehl befolgen musste. Bevor sie wirklich realisiert hatte, was geschah, lag sie bereits flach auf dem Boden – keinen Moment zu früh, denn schon rasten mehrere grüne Lichtblitze über sie hinweg, prallten gegen die Kuppel in ihrem Rücken und wurden gen Himmel abgelenkt.

Irritiert blickte sie auf und erkannte drei vermummte Gestalten, die Zauberstäbe erhoben und nun gegen den Gegner kämpfend, der Hermine und Ron gewarnt hatte.

„Was bei Merlins Bart... ist das Ginny?!“, hörte sie Ron neben sich murmeln.

Tatsächlich kämpfte ihr Retter, groß und schlaksig gebaut, nicht allein, sondern Seite an Seite mit einer weiteren Person, die mehr als zwei Köpfe kleiner war. Das Haar beider leuchtete im Zwielicht des Kampfes seltsam rot. Weasley-rot.

„Wir müssen ihnen helfen!“, stellte sie überflüssigerweise fest, während sie sie wieder aufrappelte. Seit dem letzten Sturz war ihr linker Arm endgültig unbrauchbar, aber das interessierte sie nun nicht, da es galt, zu kämpfen.

Ihr erster Fluch hatte Glück – der Todesser, auf den sie zielte, war so damit beschäftigt, mit den beiden anderen Gegnern zu kämpfen, dass er ihren Fluch nicht kommen sah und stöhnend zu Boden ging.

Die anderen beiden waren stärker, als ihr bewusstloser Kamerad, obwohl sie an zwei Fronten gleichzeitig kämpften. Neben sich hörte sie, wie einer der Zauber Ron traf, doch als er einen Augenblick später bereits den nächsten Fluch sprach, schwand ihre Sorge vorerst. Dennoch blickte sie kurz über ihre Schulter. Sie sah, dass er blutete, sie sah aber auch, dass er nicht stark blutete, auch wenn er mit dieser Wunde keinen Hundertmeterlauf mehr gewinnen würde. Als sie wieder zurück blickte, hing der zweite Todesser, ebenfalls ein Mann, Kopfüber in der Luft, doch Draco, der den Zauber gesprochen haben musste, war bereits wieder in der Masse der Kämpfenden, die nicht kleiner zu werden schien – vielleicht, weil noch immer Todesser hinzu kamen – verschwunden.

Zu viert war es schließlich ein leichtes, auch die dritte Gegnerin auszuschalten, auch wenn den letzten Schlag ein grüner Blindgänger übernahm.

Hermine stützte die unversehrte Hand auf die Knie und atmete tief durch. Langsam aber sicher waren ihre Kraftreserven erschöpft. Sie war in dieser Nacht wahrlich von genug Flüchen getroffen worden, die ihre Kleidung zerfetzt, ihre Arme aufgerissen und ihre Haare angesenkt hatten. Ein Wunder, dass sie allen drei Unverzeihlichen bis jetzt entkommen war, wenn auch manchmal nur um Haaresbreite.

Mittlerweile waren die beiden Anderen die kleine Anhöhe zu ihnen hinauf gelaufen. Als sie aufsah, erkannte sie Ginny, die die Arme in die Hüfte gestemmt hatte. „Ihr tauben Nüsse! Das hätte verdammt nochmal verdammt schief gehen können!“

„Ist es aber nicht.“, hörte sie Ron neben sich murmeln.

„Noch nicht.“, erwiderte ein weiterer Mann, jener, der sie zuvor gewarnt hatte.

Nun, da er vor ihr stand, erkannte sie ihn auch – nicht nur im Unterbewusstsein.

„Bill!“

„Richtig.“, grinste dieser und ließ sich von seinem jüngeren Bruder umarmen, auch wenn ihm die Berührung, so sanft sie auch sein mochte, Schmerzen zu bereiten schien. Zudem waren seine Bewegungen merkwürdig fahrig. Anscheinend hatte er die Flüche, die ihn getroffen hatten, noch nicht ganz verarbeitet.

„Ich habe ihn gefunden, irgendwo mittendrin. Keine Ahnung, wann er wieder zu Bewusstsein gekommen ist. Er konnte mir auch nichts genaues sagen.“, erklärte Ginny. Während sie sprach, behielt sie die Umgebung kritisch im Auge, um neue Gefahren im Keim ersticken zu können.

Der älteste Weasleysohn sah indes zu der goldenen Kuppel hinauf. „Harry ist da drunter, richtig? Zusammen mit du-weißt-schon-wem?“

Ron und Hermine nickten beklommen. Nun sahen auch sie hinauf, zu dem goldenen Gewölbe. Nur Ginny blickte sich weiterhin um.

Irgendwas schien sich verändert zu haben, doch sie konnte nicht sagen, um was es sich handelte.

Plötzlich drang das Geräusch von zersplitterndem Holz an ihre Ohren, lauter, als zu erwarteten gewesen wäre und anscheinend begleitet von einer kleinen Explosion. Und, genauso plötzlich, schienen sich die goldenen Fäden aufzulösen, langsam nur, doch deutlich sichtbar. Zuerst trennten sie sich nur voneinander, die Maschen wurden weiter, gaben den Blick auf das Innere frei. Man konnte Harry und Voldemort sehen, beide in gleißendem Licht und beide am Ende ihrer Kräfte. Der goldene Strahl, der zuvor zwischen den Zauberstäben der Männer pulsiert hatte, trat nun nur noch aus Harrys Stab aus. Das andere Ende verlor sich irgendwo, im hellen Schein, der seinen Gegner umgab.

Gebannt starrte Hermine auf die beiden Zauberer, merkte nur im Augenwinkel, wie sich die Fäden des Zaubers immer weiter aufspalteten, in immer dünnere Fasern und sich dabei weiter und weiter ausdehnten. Erst, als sich die Fäden ruckartig zusammen zogen, spürte sie, dass irgendetwas gewaltig schief ging.

„RUNTER!“

Fast außerhalb ihres Blickfeldes bemerkte sie, wie Bill sich mit seinem Bruder auf den Boden war, die gebrochenen Knochen ignorierend. Auch sie ließ sich fallen, den Bruchteil einer Sekunde später als Ginny, doch sie erreichte den Boden nicht mehr, bevor der Priori Incantatem explodierte, sich ausdehnte und alles nieder warf, was sich in seinem Umfeld befand.

Dann war es still.
 

Es dauerte einem Moment, von dem sie nicht genau wusste, wie lange er dauerte, bis ihr wieder klar wurde, wo oben und wo unten war. Sie lag bäuchlings mit dem Gesicht im Schlamm. Ihr linker Arm pochte dumpf und der Rest ihres Körpers pochte ebenfalls, vor Schmerz, aber nicht so intensiv.

Als sie aufsah, erkannte sie Ron, der bereits wieder auf den Beinen war. Auch er war nun nicht nur blutverkrustet, sondern auch über und über bedeckt mit dreckigem, erdigem Schlamm. Er wirkte leicht desorientiert und seine Bewegungen fahrig, als er sich neben seinen Bruder kniete. Doch anscheinend war Bill soweit in Ordnung, dass verriet ihr Rons Miene, die sich sichtlich aufhellte.

Während Hermine sich aufsetzte, fragte sie sich, wieso es so still um sie her war. Vorsichtig betastete sie ihre Glieder, doch obwohl diese schmerzten, schien noch alles soweit funktionstüchtig zu sein.

Auch Ron hatte sie nun bemerkt und war zu ihr gestürzt und berührte sie an der Schulter. „Alles in Ordnung, Hermine?“

Hermine konnte nur schwach nicken, zum Sprechen fühlte sie sich momentan zu schwach. Wieder blickte sie sich um. Sie sah Ginny, die sich den Schlamm aus dem Gesicht zu wischen versuchte und sie sah Bill, der noch immer auf dem Boden lag, doch nun rücklings und tief durchatmend, anscheinend Kräfte sammelnd.

Irgendwann während des Kampfes musste die Dämmerung hereingebrochen sein, ohne, dass sie es bemerkt hätte und nun war es bereits hell, nicht richtig hell, aber hell genug. Vielleicht war es um vier. Die Gewitterfront war über sie hinweg gezogen, man sah sie noch irgendwo sehr weit hinten im Osten, doch sie hatte einer leichteren Wolkendecke Platz gemacht. Wolken von einheitlichem grau, aus denen ein leichter, aber beständiger Nieselregen fiel, den nach den heftigen Schauern der Nacht schon gar nicht mehr spürte. Wie lange dieser Regen allerdings noch andauern würde, war ungewiss – im Westen türmten sich bereits neue, schwarze Wolkenberge.

Nun, da sie saß, erkannte sie auch, dass sie sich nicht mehr auf einer mit Gras bewachsenen Anhöhe befand, doch dafür auf einem schlammigen Feldweg, der eine Anhöhe hinauf führte. Rechts und links von diesem Weg befanden sich Bäume, standen Spalier. Es waren Weiden mit breiten, unförmigen Stämmen und genauso unförmigen Köpfen, aus denen die frischen Triebe ragten. Sie brauchte einen Moment, bis sie verstand, dass sie sich nicht mehr in Voldemorts Hauptquartier befanden, und noch einen Moment, bis sie verstand, dass sie stattdessen auf dem Feldweg saß, der hinauf zum alten Anwesen der Riddles führte. Unter sich spürte sie nun sogar die einzelnen Pflastersteine, die den Weg einst befestigt hatten, nun aber nur noch haltlos im Schlamm zu schwimmen schienen. Weiter oben auf der Anhöhe erkannte sie nicht weit entfernt die zerfallene Ruine des Herrenhauses, die im Licht betrachtet in der Tat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Hauptquartier der Todesser aufwies. Dort waren zwei, kleinere, Seitenflügel und ein Weg, der hinunter ins Dorf führte und ein zerschlagener Springbrunnen und sogar verwilderte Ziersträucher. Zwischen all dem befanden sich Schatten, Menschen. Sie erkannte, wie eine Figur durch die Reihen der einst gehegten und gepflegten Pflanzen schritt. Allerdings wurde sie vom Licht der hereingebrochenen Dämmerung noch nicht ausreichend beleuchtet, um sie genauer zu erkennen. Auch auf dem Boden machte sie weitere Menschen aus, im Zwielicht nicht mehr als Schatten.

„Der Orden, oder?“

Hermine nickte bei Rons Worten.

„Und die Todesser.“, murmelte sie und während sie sprach, kehrte ein wenig von ihrer Kraft in ihre Stimme zurück. „Natürlich. Die Druckwelle hat auch sie erwischt. Aber wo ist...“

„Oh Merlin! Harry! Harry!“

Ruckartig drehten sich beide um. Den Weg hinab konnte man bereits das Dorf Little Hangleton erkennen, doch in diesem Moment sah es weder Ron, noch Hermine. Beide hatten nur Augen für Ginny, die sich über einen leblosen Körper gebeugt hatte und hemmungslos heulte, während sie versuchte, Harry dazu zu bewegen, auf zu wachen.

„Harry! Verdammt! Harry!“

Sie warf einen kurzen Blick zu Ron, doch dieser war fassungslos bereits vor gestürzt, neben seine Schwester, und schien nicht verstehen zu wollen.

Auch Hermine wollte nicht verstehen. Alles in ihr, jede einzelne Faser ihres Körpers, sträubte sich gegen die Befürchtung, die sich in ihr auftürmte. Langsam nur, widerwillig, trat sie vor, den Blick überall und nirgends. Im Augenwinkel machte sie einen weiteren Körper aus, blass, groß und dürr, in einen schwarzen Umhang gehüllt und merkwürdig verrenkt, doch eigentlich sah sie Voldemort gar nicht. Sie sah nur Harry und hoffte, dass es noch nicht zu spät war, obwohl ihr ihr Herz etwas anderes sagte. Doch ihr Herz war nicht ihr Verstand und solange ihr Verstand ihr ihre Vermutung nicht bestätigte, war es für sie nur eine Vermutung, der es auf den Grund zu gehen galt -

Dann sah sie ihn ganz, Harrys Körper, nur Ron und Ginny befanden sich noch zwischen ihr und ihm und dann erkannte auch ihr Verstand, was ihr Herz bereits wusste.

Harrys Gesicht war zu einer irritierten Grimasse verzerrt, der Mund vor Schreck noch geöffnet und die Augen weit aufgerissen und ins Leere blickend.

Kraftlos sank sie auf die Knie, irgendwo an Rons Seite. Er legte seine Hand auf die ihre, doch sie spürte es kaum.

Es war vorbei. Das finale Duell war beendet.

Doch es gab keinen Gewinner.

Epilog

(Godric's Hollow, Grafschaft Scottish Borders, Schottland)

Er verstand noch nicht ganz, was geschehen war. Drüben, in Little Hangleton.

Vielleicht hatte Hermine es verstanden oder Ginny oder Bill, der kurz darauf dazugekommen war. Aber er war nicht so gut im Verstehen. Vor allem, wenn Dinge geschahen, von denen er keine Ahnung hatte. Und selbst bei Magie ging das „Ahnung haben“ nicht über sein Schulwissen hinaus. Wie sollte also gerade er, Ronald Bilius Weasley, verstehen, wieso sich sowohl der Körper von Harry, als auch der von Voldemort, zu Stein verwandelt hatten? Und sich danach – als wäre es nicht schon seltsam genug – in Staub aufgelöst hatten und mit dem Wind verschwunden waren? Nur die Kleidung und Harrys Zauberstab waren zurückgeblieben.

Hermine wühlte in ihrem Kopf vermutlich schon nach einer vernünftigen Lösung, Bill war in Little Hangleton beim Orden geblieben, um die langsam wieder erwachenden Todesser an der Flucht zu hindern und Ginny stand einfach nur unter Schock.

Gut, unter Schock standen sie alle.

Was danach in Little Hangleton geschehen war, wusste er nicht. Weder, was mit dem Orden geschehen war, noch wie es den Todessern ergangen war, oder Darius oder Malfoy. Bill würde es ihnen später mitteilen.

Sie waren zusammen disappariert, er und Hermine und Ginny, Seit-an-Seit. Zurück nach Godric's Hollow. Nun standen sie zusammen vor der alten Ruine der Potters. Die Sonne war mittlerweile aufgegangen, doch sie verbarg sich hinter einer dicken, schwarzen Wolkenwand.

Keiner der drei sprach, es war auch nicht nötig.

Hier, in Godric's Hallow, hatte vor nun beinahe achtzehn Jahren alles begonnen – hier sollte es auch enden.

Das stimmte zwar nicht ganz, denn Harry war in Little Hangleton gestorben, doch da Ron diesen Fakt nach wie vor noch nicht ganz begriffen hatte, war es zunächst einmal auch egal.

Ginny trat langsam vor, Hermine und dann auch er folgten ihr in geringem Abstand durch das Tor, das Ginny geöffnet hatte, den Weg entlang, der noch immer von Pflanzen bewachsen war und vorbei an den wild wuchernden Sträuchern, die in voller Blüte standen.

Schließlich hatten sie auch die Haustür erreicht, die seit ihrem letzten Besuch nicht bewegt worden zu sein schien. Auch bei ihrem letzten Besuch waren sie zu dritt gewesen, doch damals mit Darius Blane. Doch Darius Blane, der sich damals als Harry Potter ausgegeben hatte, saß nun vermutlich bereits in Askaban. Zumindest hatte er gesehen, wie der junge Mann von zwei Auroren wenig freundlich weg geschleift wurde.

Und auch Harry Potter war nicht mehr.

Ihm wurde schlecht, bei dem Gedanken.

Diesmal traten sie allerdings nicht in das Gebäude. Stattdessen nahm Ginny lediglich den Zauberstab, Harrys Zauberstab, den sie aufgesammelt hatte – und warf ihn so fest sie konnte durch die Tür, hinein ins Gebäudeinnere.

Ron hörte, wie der Stab klappernd aufschlug, dann stürmte Ginny bereits an ihm vorbei, er sah, wie sie weinte, doch zum Trösten kam er nicht, denn schon hatte sie das Tor erreicht und disapparierte, zum ersten Mal in ihrem Leben allein.

Hermines Hand legte sich sanft auf die seine, dann verschwanden auch sie. Mit einem leisen Plopp.
 

(Ottery St. Catchpole, Grafschaft Devon, England)

Eine Frau mit blondem Haar stand an der Gartentür und spähte besorgt in den anbrechenden Tag. Ihr Bauch wölbte sich bereits sichtbar.

Plötzlich gab es ein leises Plopp und ein Mann erschien auf der anderen Seite des Zauns. Ausnahmsweise hatte er seine langen roten Haare nicht zu einem Zopf zusammengebunden, doch der Schlangenzahn baumelte wie eh und je an seinem Ohr. In seinem Armen trug er ein Mädchen, das der Frau nicht unähnlich war. Sie hatte das gleiche silberblonde Haar und dieselben feinen Gesichtszüge, doch sie war erst zwölf Jahre alt.

Erschrocken schrie Fleur Weasley auf, doch dann öffnete sie rasch das Gartentor.

„Gabrielle!“
 

(Hogwarts, Schottland)

Professor McGonagall saß hinter ihrem Schreibtisch im Büro des Schulleiters. Sie schien sich eiligst andere Kleidung übergeworfen zu haben und ein paar Haarsträhnen hatten sich aus ihrem Dutt gelöst.

Vor ihr saßen zwei Schüler in den weichen Sesseln. Vor allem der Junge schien arg mitgenommen, dennoch lächelt er.

„Mister Longbottom? Miss Lovegood? Ich bin sehr zufrieden mit Ihnen. Sie haben heute Nacht der ganzen Schule ihren Mut bewiesen und sollten für uns alle ein Vorbild sein. Ich möchte mich bei Ihnen noch einmal aufrichtige und in aller Form für Ihre Hilfe bedanken.“

Neville's Lächeln wurde noch etwas zufriedener. Er schwebte wie auf Wolke sieben und schien die Platzwunde an der Stirn, das verkrustete Blut an seine Wange und die schmerzenden Knochen noch nicht einmal wahrzunehmen. Luna wirkte wie immer ein wenig abwesend, doch anwesend genug, um ebenfalls zufrieden zu lächeln. Unter dem Tisch, so das die Schulleiterin es nicht sehen konnte, hielt sie seine Hand.

„Eins noch, bevor ich Sie entlasse. Ich habe mich dazu entschieden, Ihnen beiden den Orden für Besondere Verdienste um die Schule zu überreichen.“
 

(Little Whinging, Grafschaft Surrey, England)

Gerade war Petunia Dursley aus der Haustür getreten und hatte die Milch, die der Milchmann wie jeden Tag pünktlich vor die Tür gestellt hatte, aufgehoben. Zufrieden bedachte sie den ordentlich gepflegten Garten des Ligusterwegs 4 mit einem stolzen Blick. Seit ihr vermaledeiter Neffe nicht mehr im Haus war - und hoffentlich auch nie wieder zurückkehren würde - war endlich, nach sechzehn Jahren die wohlverdiente Ruhe in ihren Haushalt zurückgekehrt. Endlich war alles so normal, wie es sein sollte.

Gerade blickte sie auf zum Himmel, der nach dem heftigen Gewitter in der Nacht zuvor wieder strahlend blau war.

Mit einem Mal stieß die Frau einen spitzen Schrei aus und ließ vor Schreck die Milchflaschen fallen, die klirrend auf dem Boden zerbrachen. Der Inhalt versickerte rasch zwischen den Ritzen im Boden.

Verängstigt blickte sie dem großen Kauz hinterher, der über ihr Haus hinweg geflogen war.

Ein Stockwerk über ihr schnitt sich Vernon Dursley vor Schreck mit der Rasierklinge. Auch er hatte den Vogel gesehen ...

Doch im Gegensatz zu diesem Ehepaar war der Kauz – und seine unzähligen Artgenossen, die an diesem Tag unterwegs waren – für viele Menschen in Groß Britannien ein gutes Zeichen. Im ganzen Land hörte man Zauberer und Hexen denselben Tost aussprechen. Auf Harry Potter! Der Mann, der siegte!
 

(Zaubereiministerium, London)

Sehr geehrter Minister,
 

der Krieg mag vorbei sein, doch die Zustände sind unhaltbar, das wissen Sie genauso gut wie ich. Die Schäden an magischer wie nichtmagischer Bevölkerung sind erheblich, die Anzahl der Opfer, der Toten und der Verletzten, ist längst nicht mehr nur dreistellig, Tendenz steigend, die Schäden an Gebäuden gehen in die Millionen. Ich weiß nicht, wie Sie das reparieren wollen, ich weiß nur, dass uns in der Aurorenzentrale die Leute wegsterben. Die Zentrale umfasst noch exakt dreiundzwanzig Mitglieder, davon drei Auszubildende (vor der gestrigen Nacht waren es übrigens noch vier), zwei Schwerverletzte (von denen ich nicht weiß, ob sie das St. Mungos jemals wieder verlassen werden), weitere sieben Verletzte (die aufgrund dieser Verletzungen kaum in der Lage sind, ihren Zauberstab gerade zu halten), zwei Krüppel (vor einer Woche waren es noch zwei mehr) und einen Auroren im Ruhestand (der übrigens zu senil ist, um noch Freund von Feind unterscheiden zu können). Die Hälfte ist depressiv, ein Viertel paranoid, und alle mit den Nerven am Ende.

Es ist mir scheißegal, wie Sie Abhilfe schaffen können, aber tun Sie es, bevor ich ihnen persönlich ihren Zauberstab sonst wohin stecke!
 

Mit freundlichen Grüßen,

Necromantia Graves, stellvertretende Leiterin der Aurorenzentrale
 

(St. Mungos Hospital, London)

Auf einer Station der vierten Etage des Hospitals, in welcher die Fluchschäden behandelt wurden, stand eine Tür offen. Auf ihrer Vorderseite prangte ein Schild, auf dem es hieß: Lloyd-Crookstone-Station: Notaufnahme und auf einem zweiten Schild darunter: Chefheiler: Zion Kanra

Heilerin im Praktikum: Giselle Noir

Alle vier Betten des Raumes waren belegt. Ganz hinten lag ein Mann mit schwarzem Haar. Sein rechter Arm war, genauso wie seine Schulter, dick in einen Verband eingewickelt. Gerade erst kam er zu sich. Vorsichtig betastete er mit der gesunden Hand sein Gesicht und bemerkte verdutzt, dass man ihm die Augenklappe abgenommen hatte. Schließlich ließ er den Arm wieder sinken und schlug das gesunde Auge auf, um sich umzusehen. Erst jetzt bemerkte er den großgewachsenen blonden Heiler mit dem Pferdeschwanz, der vor seinem Bett stand.

„Was ... was ist passiert?“, nuschelte er, noch immer ein wenig benommen.

Der Heiler lächelte. „Die letzte Nacht hat sie wahrlich arg mitgenommen. Aber seien sie unbesorgt, Mister Graves, wir flicken sie schon wieder zusammen.“
 

(Hogwarts, Schottland)

Der Krankenflügel lag still da. Die meisten Patienten hatten ihn bereits verlassen, denn das Schuljahr war vorbei. Nur um ein Bett war ein Vorhang gezogen worden. Dahinter saß der jüngste Lehrer, den Hogwarts je gehabt hatte, auf einem Stuhl, die Ellenbogen auf das Bett vor ihm gestützt, die Hände zusammen gefaltet und den Kopf darauf gestützt. Er war ungewöhnlich ruhig. Im Bett vor ihm lag ein Mann, nur ein paar Tage älter als er selbst, mit weißem Haar. Er schlief friedlich.

Plötzlich wurde eine Tür geöffnet und sofort wieder geschlossen, nachdem eine Person eingetreten war. Schweigend trat sie ein und setzte sich auf den freien Stuhl, der gegenüber von Phineas Blackwood stand. Sie hatte genauso schlohweißes Haar wie der Patient. Erst, nachdem sie ihrem Sohn einmal sanft über den Haarschopf gestrichen hatte, schenkte sie dem anderen Besucher, der nicht einmal aufgesehen hatte, als sie eingetreten war, Beachtung.

„Was machst du hier?“

Blackwood verzog den Mund zu einem spöttischen Grinsen. „Sieht man das nicht? Ich bete.“

„Ich erlebe dich nur selten so still.“

„Das kommt davon, dass Ihre bloße Anwesenheit mich auf die Palme bringt.“, erwiderte er ruhig.

Sie lächelte versonnen und lehnte sich zurück. „Ich sehe schon, gegen euch Sturköpfe komme ich nicht an.“

Verwirrt blickte der Schwarzhaarige nun doch auf. Gerade noch konnte er erkennen, wie die Mutter seines Freundes verräterisch die Hand auf den Bauch legte. Er verstand sofort, dieses Verhalten kannte er von seiner Verwandtschaft zur Genüge.

„Sie sind schwanger.“

„Die perfekte Zeit, um Frieden zu schließen, nicht wahr? Und letztendlich wollen wir doch beide lediglich, dass er glücklich ist.“

Phineas schwieg.

An seiner statt antwortete der Mann, der zwischen ihnen im Bett lag und anscheinend soeben aufgewacht war. „Bei Merlin, nicht mal in Ruhe schlafen kann man hier!“, murmelte er entrüstet, doch er lächelte.
 

(Berlin, Deutschland)

Nervös trat Ginny Weasley von einem Bein auf das andere. Sie fühlte sich unwohl, in diesem fremden Land, in dem kaum einer sie verstehen zu wollen schien. Noch einmal versicherte sie sich, dass sie den Namen am Briefkasten richtig gelesen hatte und schließlich klingelte sie doch. Während sie wartete, musterte sie das Einfamilienhaus, vor dem sie stand. Es war in gutem Zustand und sah mit seinem gepflegten, hübschen Garten wirklich einladend aus.

Dennoch kam ihr das Warten vor, wie eine Ewigkeit, auch wenn keine Minute vergangen sein konnte, bis sich die Tür öffnete. Eine Frau mittleren Alters trat heraus. Mit ihren blonden Haaren und der Statur passte sie in die Beschreibung, die sie von ihr hatte.

Noch einmal atmete sie tief durch.

„Miss Sarah Chester?“

Sie sah das rothaarige Mädchen vor ihr einen Moment verwirrt an, doch schließlich schien sie zu verstehen und antwortete der Britin. „He's dead, right?“

Ginny nickte beklommen und reichte der Geliebten von Regulus Black die Sachen, die sie mitgebracht hatte: Den Muggelroman, die Fotos und den Spiegel, die sie unter dem losen Dielenbrett gefunden hatten, sowie das alte Tagebuch mit dem Siegel der Blacks.

Einen Moment starrte Sarah Chester sie an, anscheinend unsicher, ob sie lachen oder weinen sollte, doch dann nahm sie die Sachen entgegen und drückte sie an sich, wie einen lang vermissten Schatz. „Thank you.“

Ginny machte nur eine hilflose Geste, verabschiedete sich mit einem kurzen Gruß und wandte sich zum Gehen, während die weinende Frau die Tür leise hinter ihr schloss. Die Rothaarige hörte noch, wie eine Jungen rief: „Mama? Wer war das?“

Dann war sie disappariert.
 

(St. Mungos Hospital, London)

Ein stämmiger Mann betrat das Krankenzimmer, mit einem Arm in der Schlinge, doch er schien kein Patient zu sein. Auf seinem Rücken prangte in Großen Lettern Puddlemere United und darunter das Wappen des Vereins und auch, wenn er nicht seinen Spielumhang trug, sah man, dass es sich um einen Spieler handeln musste.

Zielstrebig schritt er auf eines der Betten zu, er war lange nicht mehr hier gewesen. Vorsichtig schob er den Bettvorhang ein wenig zur Seite, dann trat er dahinter und setzte sich auf einen der Stühle, die für die Besucher hingestellt worden waren. Tatsächlich öffnete der Patient die Augen einen Spalt weit, als er seinen Gast hörte und für einen Moment sahen sie sich nur schweigend an. Keiner brauchte zu sagen, dass die Besucher längst ausblieben oder dass es mit Katie genauso vorbei war, wie mir Kathleen und Joanne.

Sie hatten sich lange genug einen Schlafsaal geteilt, um es einfach zu wissen.
 

(Zaubereiministerium, London)

Der Raum, in dem die Anhörung stattfand, war in den Kellern des Ministeriums. Die Wände bestanden aus grauem nur grob behauenem Stein und es gab keine Fenster, das einzige Licht stammte von den Fackeln, die in regelmäßigen Abständen aufgehangen waren worden. Das gesamte Zaubergamot war anwesend. Alle trugen sie die gleichen Umhänge und die meisten blickten mit unverhohlener Verachtung auf den Angeklagten hinab. Dieser, ein schwarzhaariger junger Mann, saß auf einem Stuhl vor den sich nach hinten hin erhöhenden Bänken und war so dazu gezwungen, hinauf zu schauen, wenn er seine Ankläger sehen wollte. Er war mit schweren Ketten an seinen Sitz gefesselt, doch er ließ es schweigend über sich ergehen.

Der Zaubereiminister selbst führte die Anklage, auch wenn es zweifelhaft war, ob er sein Amt nach den letzten Geschehnissen noch lange inne haben würde.

„Ihr Name ist Darius Blane, geboren den 30. Dezember 1978 in Southampton, Grafschaft Hampshire?“

„Ja.“

„Gestehen sie sich schuldig, den Zauberer Charlie Weasley entführt und ermordet zu haben oder an seiner Entführung oder Ermordung beteiligt gewesen zu sein?“

„Nein. Ich habe diesen Mann noch nie gesehen.“ Als er sprach, klang seine Stimme nicht so fest, wie er es gern gehabt hätte.

„Gestehen sie sich schuldig, bei der Planung und der Ausführung des Attentats auf das Dorf Hogsmeade, welches am 31. Oktober 1997 durchgeführt wurde, teilgenommen zu haben?“

„Nein. Ich wusste von dem Attentat nichts. Als das Dorf angegriffen wurde, habe ich die Auroren vor Ort unterstützt. Das kann unter anderem die Aurorin Nymphadora Tonks bestätigen. Wir kämpften Seite an Seite.“

Langsam schien Scrimgeour der Geduldsfaden zu reißen. Er ballte die Hände zu Fäusten und eine Ader an seiner Schläfe pochte verdächtig.

„Gestehen sie sich schuldig, Versammlungsort und Versammlungszeit einer Organisation, die sich selbst der »Orden des Phoenix« nennt, am 24. Juni 1998 an den, dessen Name nicht genannt werden darf, verraten zu haben, woraufhin zweihundert-zwölf Menschen, darunter achtundsiebzig Muggel, den Tod fanden und weitere achtundneunzig Menschen, darunter vierundvierzig Muggel, teils schwer verletzt wurden?“

„Ja.“
 

(Godric's Hollow, Grafschaft Scottish Borders, Schottland)

Er konnte das Geschehen nicht wirklich fassen, letztendlich erinnerte er sich kaum, was wirklich geschehen war. Kaum hatte er gewusst, dass sich der Junge ebenfalls ins Hauptquartier geschlichen hatte, hatte er gewusst, was zu tun war und sich selbst um ein paar der Todesser gekümmert, natürlich weitaus unauffälliger, er war immerhin der Herr der Gifte.

Ruhm und Ehre wurde ihm dafür selbstredend nicht zuteil, nachdem er gesehen hatte, wie es diesem Bastard Blane erging, hatte er gemacht, dass er weg kam und so schnell würde er auch nicht zurückkehren. Nein, vermutlich würde er nie mehr zurückkehren, er war nach wie vor wegen Mordes zur Fahndung ausgeschrieben. Über die Sache würde Gras wachsen und im Ausland würde man nicht nachfragen. Durmstrang würde ihn mit offenen Armen empfangen – sie suchten einen Zaubertranklehrer. Leider nicht Verteidigung gegen die dunklen Künste oder dergleichen, aber immerhin. Niemand kannte sich mit Giften besser aus, als er.

Noch einmal sah er hinab auf das Grab, vor dem er stand, las die Namen, Geburts- und Sterbejahr, dann beugte er sich hinab und legte vorsichtig den Strauß weißer Lilien zu den anderen Blumen und disapparierte.
 

(Ottery St. Catchpole, Grafschaft Devon, England)

Die Zeremonie war ebenso prachtvoll, wie die von Bill Weasley und seiner geliebten Fleur ein Jahr zuvor. Es waren nicht so viele Gäste anwesend, nach dem Krieg mit den unzähligen Verlusten, doch alle Bekannten und Verwandten des Paares waren anwesend, sogar zwei Muggel, die Eltern der Braut.

Der ganze Garten roch verführerisch nach Rosen und war erfüllt von einer Heiterkeit, von der man ein Jahr zuvor nicht einmal zu träumen gewagt hatte.

„Ronald Bilius Weasley, möchtest du die hier anwesende Hermine Jane Granger zu deiner die angetrauten Ehefrau nehmen, sie lieben und ehren, in guten wie in schlechten Tagen, bis das der Tod euch scheidet, so antworte mit Ja.“

Ron, der einen schlichten, schwarzen Festumhang trug, bedachte seine Braut in ihrem weißen Kleid mit stolzgeschwollener Brust. „Ja. Ich will.“

„Hermine Jane Granger, möchtest du den hier anwesenden Ronald Bilius Weasley zu deinem dir angetrauten Ehemann nehmen, ihn lieben und ehren, in guten wie in schlechten Tagen, bis das der Tod euch scheidet, so antworte mit Ja.“

„Ja, ich will.“, antwortete Hermine mit voller Inbrunst. Hatte er doch endlich noch verstanden, wie es um sie stand.

Jubel toste auf und bald wurde der erste Tost auf das frischgebackene Ehepaar ausgesprochen.
 

(Galashield, Grafschaft Scottish Borders, Schottland)

Müde streckte er sich und setzte sich schließlich auf. Das Bett neben ihm war bereits leer, doch das verwunderte ihn nicht mehr. Er hatte die Entscheidung, mit Lianne in die nahe gelegene Stadt zu ziehen nicht bereut, auch wenn sie sich jetzt eine Wohnung teilen mussten, viel kleiner, als sein Geburtshaus. Nach Voldemorts Tod war ihm dieses zwar zugesprochen worden, doch er hatte es verkauft. Vermutlich hätte er es ohnehin nicht ertragen, jeden Tag das alte Gemäuer zu sehen, das so viele schmerzliche Erinnerungen für ihn bereit hielt. Zudem brauchte er dringend Geld - die Todesser hatten sich seines Erbes bemächtigt und es kurzerhand verprasst.

Nein, es war gut so, wie es war.

Vor allem, wenn aus der Küche der Duft von gebratenem Speck zu ihm herüberwehte, so wie jetzt. Mit einem Satz schwang er aus dem Bett, zog sich rasch etwas über und eilte in die Küche.
 

(Ottery St. Catchpole, Grafschaft Devon, England)

Die Küche der Familie war wie ausgestorben, niemand schien im Haus zu sein. In der Küche stand nahe beim Kamin, eine alte Uhr, doch sie zeigte nicht die Zeit. Stattdessen trug sie elf Zeiger in unterschiedlichen Größen und jeder mit dem Namen eines der Familienmitglieder beschriftet. Drei der Zeiger deuteten auf „Arbeit“, natürlich, denn noch immer war der Hausherr, Arthur Weasley, im Ministerium beschäftigt, in dem es so kurz vor den Neuwahlen drunter und drüber ging, und Weasleys Wizard Wheezes brummte, wie noch nie.

Drei weitere Zeiger deuteten auf „Urlaub“, denn Fleur hatte Bill überredet, ihr und ihrer Tochter, der kleinen Cecilia, während ihres Winterurlaubs, seine heißgeliebten Mumien zu zeigen.

Auch Ron und Hermine waren beschäftigt, sie holten gerade ihre UTZ nach und so blieben nur noch drei Zeiger, die allesamt auf „Krankenhaus“ deuteten. Sicher. Percy hatte sich von Bills Hochzeit nach wie vor nicht vollständig erholt, doch er machte große Fortschritte, wie ein Brief, der neben der Uhr an einer Wand aus Kork (Arthur Weasleys neuster Errungenschaft, er nannte sie liebevoll „Winnpand“) befestigt war, bekundete. Neben diesem Brief hingen weitere Dinge, Fotos, Zeitungsartikel und eine Urlaubskarte von Fleur und Bill. Neben dem Hochzeitsfoto von Ron und Hermine und einem anderen, auf dem man Fleur sehen konnte und neben ihr ihr Mann, stolz wie Oskar mit seiner neugeborenen Tochter auf dem Arm, klebte ein kleiner Zeitungsartikel, mit einem sich bewegenden Schwarzweißbild, nur unordentlich aus dem Tagespropheten gerissen. Und auf diesem Bild konnte man Ginny erkennen, abgekämpft und müde, aber sehr glücklich, mit einem Bündel aus Tüchern in den Händen, aus denen nur der winzige Kopf eines Babys heraus blickte.
 

--Ende--



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Von: abgemeldet
2010-03-11T06:28:22+00:00 11.03.2010 07:28
So ich hab mir die ff in den letzten paar Tagen durchgelesen und ich fand sie echt gut ^^
Ich hab gelernt, dass man mit irgendwo einfach ma gegentreten einige Probleme lösen kann XD
Mir hat sich nur eine Frage aufgeworfen und zwar: Was ist mit dem Brief passiert den Regulus an Sirius geschrieben hat? o__O hat den eigentlich einer gelesen oder liegt der immer noch in Hermines Tasche? Vielleicht hab ich auch was überlesen...
So und zum Ende... ich fand es nich schlecht. Es hat doch noch einige Fragen beantwortet und das Charlie tot is, is schade aber ich hatte mir das schon gedacht.
Respekt für diese lange ff ^__^
lg deathly

Von:  Sitamun
2009-03-28T20:27:23+00:00 28.03.2009 21:27
Jetzt mal Klartext: Hab ich das richtig verstanden?! Ginny war schwanger?! Und wer ist dann Daddy? Harry oder Darius? ôo
Wobei es mich nicht im Entferntesten wundern würde, wenn es letzter wäre ... ^^'

Naja, davon mal abgesehen und erst auf das Formale eingehend - die üblichen paar Kommatafehler, mit denen ich aber durchaus leben kann^^, ansonsten wie üblich fehlerlos ^___^~.

Aber ... mmh~ ... Ende ... joa Oo.
Ich weiß noch nicht, ob ich es mag oder nicht - es wirkt so ... naja, weiß nicht.
Klar, Harry war bei dir durchgehend nicht DIE Hauptperson, die Rolle durfte ja Hermine einnehmen, aber nichtsdestotrotz hätte ich mir vielleicht ein ein wenig spannenderes Ende von Harry erwartet (liegt wohl an der Tatsache, dass man es gewöhnt ist, dass er der Mittelpunkt ist^^'''). Einfach zu Stein werden und zu Staub verfallen ...
Naja, vielleicht ist es besser so. So konnte Voldemort wenigstens nicht dumm stolpern und Harry seine Kinder nicht mit vollkommen kranken Namen verfluchen *nods*.

Aber - hui! Endlich fertig^^.
Hat ja lang genug gedauert^^ ...
Von:  Sitamun
2009-02-21T14:35:20+00:00 21.02.2009 15:35
Das ist doch mal .... was anderes, eindeutig.
Ich hab ja mit einigem gerechnet, aber mit Harrys Tod - vorausgesetzt, es i s t Harry, auch wenn ich so meine Zweifel habe, dass ein Verwandlungszauber nach dem Tod noch wirkt; stellt sich nur die Frage, warum er sich selbst verwandelt haben sollte ... und wenn er es nicht war, wer war's dann? Na, egal. Es ist Harry, basta! - hab ich nicht gerechnet ... weiß nicht, warum Oo.
Wäre doch irgendwie ... ich weiß nicht ...
Aber es ist nichtsdestotrotz ein tolles Kapitel, ich mag es^^.
Besonders die Stelle, bei der Darius auf Malfoy betrifft - bzw umgekehrt. DIE ist einfach genial *lach* ...

... aber ... mmmh~ ... wenn jetzt nur noch der Prolog folgt, das endgültige Ende .... mmmh~² .... irgendwie ... schade .__.
Von:  Sitamun
2009-02-14T22:21:45+00:00 14.02.2009 23:21
(Ich bin müde und meine Fähigkeit zu denken, hat bei Weitem nachgelassen, weswegen ich auch nicht sehr viel schreiben werde ... ich hoffe mal, ich schreibe nicht allzu großen Mist jetzt hierrein^^' ... aber besser Mist als dass ich es wieder vergesse >_>')

Dramatik! Das Ende naht mit großen Schritten! *nods*
Und wer hätte das gedacht? Priori Incantatem - das kommt dem informierten Leser doch bekannt vor. Mal schauen, wie sich das jetzt von dem erstmaligen Auftreten dieses Zaubers in Band 4 unterscheidet und ob der Unsagbare etwas realistischer abtritt als umzufallen und sich den Kopf anzuschlagen. Aua. ôo
Mmh~ ... vllt denk ich einfach nur zu langsam im Moment, aber ... da waren noch andere vom Orden? Oo Ich dachte, Draco wäre/müsste alleine da hin (auch wenn das an eine Art Himmelfahrtskommando erinnern würde Oo ....).
Und was noch übrig bleibt, ist Hogwarts .... aber wenn der Big Boss fällt, dann übersteht Hogwarts das auch sicherlich^^ .... nehm ich mal an Oo ... irgendwo muss der kleine Albus Severus doch zur Schule gehen.
>_>'''
Von:  Sitamun
2009-02-14T18:29:29+00:00 14.02.2009 19:29
Als erstes noch mal : Gomen, gomen, gomen, gomen, gomen!!!
Ich hab mir mehr als zwei Monate Zeit gelassen, diesen einen Kommentar zu schreiben! Buhu! ;_;

Und mal davon abgesehen^^' .... ich hatte eigentlich gedacht, ich hätte das Kapitel wenigstens schon v o l l s t ä n d i g gelesen, aber was ist? Pustekuchen! Das Ende kam vollkommen überraschend - ich hab mich kein Stückchen daran erinnern können! >__<
Ich bin eine noch treulosere Tomate als ich dachte! Q_Q'
Aber gut^^' ... *hust* ...

Armer William! (xD~)
Was ist nun mit ihm? .__.
Und dieser Darius - hat sich echt den perfekten Moment zum Auftauchen ausgesucht. Dramatisch!
Und das Ende erst! ......... mal im Ernst: Ich mag es^^.
Ist dir gut gelungen, das ganze Kapitel^^.
Vielleicht sind ein paar der Kommata unangebracht, weil einfach zu viel und überflüssig, und hie und da ein winziger Rechtschreibfehler, aber über die kann ich hinwegsehen^^ (besonders wenn ich an das Ende denke .... ich find das _wirklich, wirklich_ toll ^^'')

So, jetzt darfst du weiter hochladen, da nun endlich den lang versprochenen und 200. Kommentar in einem hast^^. Allzu viel fehlt ja nicht mehr bis zum Ende^^.
*knuff* x3
Von:  Sitamun
2008-11-30T20:23:54+00:00 30.11.2008 21:23
So so.
Unser 'alter' Harry hätte sich aber bei Weitem besser durchsetzen können xDD~.
Und der 'echte' (ich bezeichne jetzt Rowlings Version einfach mal so^^') hätte sich über dieses 'Auserwählte' sicherlich mehr aufgeregt bzw sich nicht so drauf eingelassen ôo
[Fällt mir gerade nur so auf, weil ich Band 7 vor kurzem noch mal durchgeblättert habe^^'' ... ist nur ein Vergleich, nichts bewertendes]
Aber ansonsten gefällt mir das Kapitel - wie üblich^^.
Es passiert meiner Meinung nach nicht wirklich etwas Spannendes, mal abgesehen vom Ende, und trotzdem ist es irgendwie sehr angenehm zu lesen^^'' ... oder so^^' ...
Von:  Sitamun
2008-11-24T20:06:34+00:00 24.11.2008 21:06
Soo~ ... damit's hier nicht allzu leer aussieht, werd ich mal meinen üblichen Senf zum Kapitel dazu geben^^.

Mmh~ ... also, was gibt's denn feines? *grübel*
Ich glaube, meine persönliche Lieblingsstelle ist da, wo Bill auftaucht um Geschwister/Freunde aus dem Krankenhaus zu befreien.
Keine Ahnung, warum, aber ich liebe sie einfach x333

Und ansonsten ... momentan fühl ich mich noch ein bisschen überrumpelt von Darius bloßer Existenz und dann auch noch, dass Ginny sich so dermaßen auf seine Seite schlägt.
Da bekommt man glatt das Gefühl, dass sie sich vllt auch ein wenig in ihn verliebt hat, w e n n da nicht die Sache mit dem Denkarium wäre ....
*grübel*
Echt suspekt *nods*

Mal schauen, wie das so weiter geht^^ ...
Von:  Sitamun
2008-11-18T19:55:14+00:00 18.11.2008 20:55
Ich hätte dich jetzt erst wieder am Sa oder So daran erinnert, dass du bitte mal ein neues Kapitel hochladen könntest Oo
Aber so geht's natürlich auch ^___^~

Also, erst mal orthographisch .... kaum Fehler, aber doch welche, die auffallen^^' ...
Kommatafehler, Harry sorgt sich besonders nach Ginny - was ich übrigens besonders interessant finde xD~ - usw ...
Und direkt danach auf Platz 2 steht das "Papperlapap" - das letzte Mal, dass ich das im sprachlichen Gebrauch gelesen oder gehört habe (ich erinnere mich nicht mehr genau^^'), war aus Dagoberts Munde bzw Schnabel^^'.

Ansonsten ... zum Kapitel an sich ...
Vielleicht liegt's an mir und an der Uhrzeit, aber an sich ist's ein wenig verwirrend +.+~ ... aber es passiert ja auch ziemlich viel, da ist das nicht verwunderlich.
Also, Harry hat einen Halbbruder Du-weißt-schon-wen, der seinen Platz eingenommen hat und Harry geisterte in der Zwischenzeit durch die Gegend und hat Horkruxe platt gemacht? Oo
Und wurde nicht schon im sechsten Band gesagt, dass in Harry selbst auch ein Horkrux ist? *grübel*
Oder war das doch erst im siebten? Oo ... Ansonsten würde ja Harry selbst als Horkrux fehlen - neben Nagini ~.~

Mmh~ ... mal schauen, wie's weiter geht und wie Fred und George das Ganze jetzt aufmischen - wenn überhaupt^^'.
(Ach ja ... Molly ist ja tot Oo ... )
Von:  Sitamun
2008-11-16T11:57:33+00:00 16.11.2008 12:57
DAS war ja mal in der Tat sehr interessant.
*nods*
Ich hab mir schon irgendwie so was gedacht, aber genau das dann auch noch zu lesen ..... hui~ ... das war echt ....

Unrealistisch finde ich es nicht unbedingt, es ist nur etwas, dass ich wirklich nie im Leben von dir erwartet hätte.
Normalerweise ... bist du nicht eigentlich dagegen, den Hauptcharakteren irgendwelche unbekannten Verwandten anzuhängen? ôo
(Oder war das, weil diese Verwandten in den meisten Fällen sich als Marys oder Garys entpuppen? *grübel*)
Ansonsten ..... Aufklärung! Licht! Sich auflösende Verwirrung!
xD~
Ich habe verstanden^^.
Das Kapitel war endlich mal ziemlich aufklärend und hat eine Menge Zweifel und Unverständnis vertrieben^^.

Will trotzdem weiterlesen ;_;
Wenn du nicht dran denkst, erinner ich dich nächsten Sonntag dran xDD''''
Von:  Sitamun
2008-10-30T21:58:19+00:00 30.10.2008 22:58
Okay^^.
Jetzt verstehe ich, warum da sich überall Todesser rumtreiben und warum alles dunkel ist^^.
Gut^^.
Aber was ich immer noch nicht verstehe, ist und bleibt unser lieber Harry.
War das denn überhaupt Harry?
Und der Fremde? ôo

*seufz*
Ich will weiterlääsääää~nn!!!!!!!!11!!!!!!!11einself

^^'


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