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The Legend of Zelda: The Truth Beyond The Legend

Ein Konflikt, der die Welt in ihren Grundfesten erschüttert...Eine Macht, die sich im Verborgenen erhebt...Mut, Weisheit und Kraft waren erst der Anfang...Entdecke die Wahrheit hinter den Legenden Hyrules...
von

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Zeldas Unruhe

Teil 1: Die Vorahnung
 

Kapitel 1: Zeldas Unruhe
 

Ich verfluche euch ihr Weisen....

Ich verluche dich Link....

Ich verfluche dich....Zelda....

Solange ich das Fragment der Macht habe....
 

Prinzessin Zelda erwachte mit einem Ruck und setzte sich in ihrem Bett auf.

Es war tiefste Nacht; Sterne und Vollmond warfen einen sanften Schein durch das Fenster ihres Gemaches auf ihr mit purpurner Seide bespanntes Himmelbett. Zittrig setzte sie sich auf und wischte sich über ihre von kaltem Schweiß feuchte Stirn. "Schon wieder dieser Traum...", dachte sie. An Schlaf war nun nicht mehr zu denken. Sie fürchtete sich davor, hatte entsetzliche Angst wieder die quälenden Worte zu vernehmen und den gewaltigen Hass zu spüren, der sie stets aufs Neue zu verschlingen drohte.

Mit einem leichten Kopfschütteln stieg sie aus dem Bett und trat ans Fenster, wo sie nun im kühlen Nachtwind dastand und wie so oft über die Dächer der Schlossstadt Hyrule bis zur Steppe dahinter blickte. Ihre sehr blasse Gestalt war in den Umrissen des großen, dunklen Fensters gut zu sehen. Hell zeichnete sich ihre erschreckend weiße Haut gegen ihr violettes Nachthemd ab. Es geziemte sich nicht für die Königin des Großreiches Hyrule und ehrenvolle Weise der Zeit, sich des Nachts nur spärlich bekleidet, gut sichtbar für die Wachen an ihrem Fenster zu zeigen, doch sie kümmerte sich nicht darum.

Noch immer stand ihr der kalte Schweiß in Form von kleinen silbernen Perlen auf der Stirn.

Dieser Traum...Ganondorfs letzte Worte, bevor sich das Siegel schloss und er hinabgezogen wurde in sein Gefängnis, die Ebene der Verbannung. Nichts weiter…der Traum bestand lediglich aus diesen wenigen Worten. Zelda fröstelte leicht während sie sich gegen den kalten Stein lehnte. Doch die Kälte war ihr willkommen. Sie lenkte sie von ihrer Müdigkeit ab; seit Tagen schon hatte sie nicht schlafen können und war die Nächte über wach geblieben. Voller Besorgnis hatte der Hofstaat ihre zunehmende, äußere Verwahrlosung mit ansehen müssen: die dunklen Ringe unter den Augen, die alarmierende Blässe ihrer Haut, das unordentliche Haar…

Sie versuchte sich daran zu erinnern, wann diese Träume überhaupt angefangen hatten. Damals, kurze Zeit nachdem Ganondorf besiegt wurde, fand nur zwei Tage später das große Fest des Sieges statt, welches eine Zeit des Friedens einläutete, eines Friedens, wie es ihn schon lange nicht mehr im Reich gegeben hatte. Ein Frieden, der immer noch andauerte. Es war eben zu Anfang der neuen Zeit, als ihr die ersten Zweifel gekommen waren. Sie und die übrigen Weisen wussten natürlich, dass sie Ganondorf nicht auf Dauer einschließen konnten, doch waren sie sich einig gewesen, dass dieser nicht mehr zu ihren Lebzeiten, sondern wahrscheinlich erst in Jahrhunderten ausbrechen würde. Doch konnten sie sich dessen wirklich sicher sein? Konnten sie ihn wirklich solange festhalten, einen Träger eines Fragmentes des allerheiligsten Triforce? Den Träger des Fragmentes der Macht, der während seiner Herrschaft bewiesen hatte, wie viel Macht er besaß und wie gut er sie einzusetzen wusste? Damals war ihr mit ihren Zweifeln auch dieser Traum gekommen.

Zunächst hatte sie ihn als natürlichen Ursprunges abzutun versucht, doch letztlich hatte er sie so sehr gequält, dass sie sich schließlich an die anderen Weisen gewandt hatte.

Diese taten den Traum jedoch als Ausdruck von Zeldas Ängsten ab. Sie meinten, dass sie, Zelda, ganz besonders unter Ganondorf gelitten hatte: Sie musste hilflos mit ansehen, wie der Großmeister des Bösen, ihr wunderschönes Land schändete, wie er ihren Vater, den König ermordete…Jahre lang hatte sie sich verstecken müssen, jeder Tag brachte eine neue lebensbedrohende Gefahr für sie. Und letztlich hatte er sie doch gefangen. Die Gefangenschaft unter ihm war…furchtbar gewesen. Es stimmte, sie hatte wirklich sehr unter Ganondorf gelitten, doch konnten diese Träume nicht auch eine Warnung sein? Eine Warnung sich nicht zu sehr in Sicherheit zu wiegen? Trotz aller Schrecken und Verhängnisse war sie immer noch eine der sieben Weisen und von ungebrochener Macht erfüllt. Gewöhnliche Träume konnte sie einfach aus ihrem Bewusstsein tilgen und ihre Rückkehr unmöglich machen. Selbstverständlich hatte sie dies unzählige Male versucht, doch der Traum kam immer wieder. Was konnte es anderes sein als eine mythische Vorahnung, ein dunkler Schleier einer schrecklichen Zukunft. Eine Warnung, die ihr von den Göttinnen eingegeben worden war.

Die übrigen Weisen dachten nichts dergleichen. Zelda war verbittert gewesen. Sie war es die ganze Zeit. Rauru und all die anderen hatten nicht diese Träume…kannten nicht dieses Gefühl mit den letzten Worten des Großmeisters des Bösen aus dem Schlaf zu schrecken...sie verstanden einfach nicht...Seit 20 Jahren fühlte Zelda sich bereits allein. Einzig Salia und Impa hatten ihr beigestanden. Impa nahm bereits seit Zeldas Geburt die Rolle einer Mutter und Beschützerin in ihrem Leben ein, doch in Salia hatte Hyrules Thronerbin eine unerwartete Freundin gefunden. Die lebensfrohe Kokiri bot ihr Lachen und Freude an, war stets für sie da. Wie viele glückliche Stunden sie zusammen verbracht hatten! Dennoch maß auch die Weise des Waldes Zeldas Leiden keine schicksalhafte Bedeutung bei. Auch Salia war der Meinung, dass der Traum wirklich nur aus Angst und Leid entsprungen war. Und Angst könne man schließlich immer besiegen, hatte ihr Salia versprochen. Schließlich waren Zelda selbst Zweifel über ihre Träume gekommen. Sie hatte so sehr gelitten zu Ganondorfs Zeit… Mit der Zeit verging der Traum schließlich und die Königin des Großreiches konnte wieder mehr oder weniger beruhigt schlafen. Das war vor annähernd 20 Jahren gewesen.

Vor beinahe 20 Jahren wurde Ganondorf besiegt und eine Zeit solchen Glücks und solcher Zufriedenheit war über Hyrule und alle seine Völker gekommen, dass es schon merkwürdig war, war doch das heilige Triforce noch immer aufgespaltet.

Vor 3 Monaten war der Traum nun wieder gekommen und quälte sie mehr denn je.

Abermals hatte sie sich an die übrigen Weisen gewandt, doch nur um dieselben Antworten wie beim letzten Mal zu erhalten. Sie seufzte erschöpft. Wieso musste sie nur immer leiden? Wieso konnte nicht auch sie einmal glücklich sein? Trotz Impas und Salias Beistandes fühlte sie sich nicht verstanden und einsam. Mehr denn je brauchte sie Trost, doch den konnte ihr niemand geben. Dann dachte sie an Link.

Augenblicklich versetzte es ihr einen Stich und der ihr nur zu gut bekannte Schmerz trieb ihr mit überwältigender Kraft Tränen in die dunklen Augen. Gegen ihren Willen musste sie an all die Gelegenheiten denken, bei denen sie alleine mit Link gewesen war, bei denen sie sich so nahe gestanden hatten. Mit erstickter Stimme flüsterte sie seinen Namen: „Link…“. Dann sank sie mit einem Schluchzen auf die Knie und kauerte sich auf dem Boden zusammen. Ihre Würde hatte sie schon vor langer Zeit abgelegt.

Es war ihr nach bald 20 Jahren noch immer nicht möglich ohne diesen Schmerz an den Mann zu denken, den sie liebte. Letztlich war der einzige Gedanke, der Zelda von ihren Träumen ablenken konnte, noch um ein Vielfaches schmerzvoller als diese je für sie sein würden.

Hyliasee bei Mondschein

Teil 1: die Vorahnung
 

Kapitel 2: Hyliasee bei Mondschein
 

Der Mond warf sein sanftes silbernes Licht auf den See, wo es in kleinen gleißenden Reflexen gebrochen wurde. Ein kaum wahrnehmbarer Wind rauschte durch die Luft und schien die wenigen Bäume am Ufer und den großen Baum auf der mittleren Insel des Sees mit flüsternder Stimme zum Leben zu erwecken.

Es war ein Moment angenehmer Stille, durch die man schwach das Rauschen der Wasserfälle und Stromschnellen des Canyons vernehmen konnte. Ein Moment in dem es nichts anderes gab, als die Nacht, das schwache Licht der Gestirne und die eigenen Gedanken gab. Er liebte diese Momente. Momente, die eine Flucht aus dem Alltag ermöglichten und willkommene Einsamkeit garantierten. Er kam zu Zeiten, in denen die Sterne und der Mond nicht von Wolken verdeckt wurden und das Land mit schimmerndem Zwielicht erfüllten, immer herauf, auf die Terrasse, die in die Felsen über ihrer Wohnung angebracht war und setzte sich auf einen steinernen Sockel. Wann immer er alleine sein wollte, zog er sich in die Abgeschiedenheit solcher Nächte zurück und konnte dabei gewiss sein, dass ihn niemand stören würde. Ruto verstand sein Verlangen bisweilen einige Zeit alleine mit seinen Gedanken zu verbringen, und sorgte stets dafür, dass er nicht gestört wurde. Bei der Vorstellung, wie seine Frau mit grimmiger Wachsamkeit in den Schatten irgendeiner Ecke in der Nähe des Aufstieges zur Terrasse hockte, bereit jeden anzufauchen, der es auch nur wagte den Aufstieg schief anzublicken, musste Link unwillkürlich grinsen. Prinzessin Ruto war das launischste Wesen von Hyrule und, wenn sie es wollte, auch das angsteinflößendste. Und sie wollte es oft. Link kannte ihre Launen nur zu gut, in einem Moment konnte sie noch wie ein Engel der Göttinnen sein, doch schon einen Augenblick später wurde sie schrecklicher als jeder Dämon und jedes Monster, dem er je begegnet war. Link wusste wovon er sprach, er hatte schließlich gegen genügend solcher Kreaturen gekämpft. Er mochte diese Launenhaftigkeit. Mit Ruto als Ehefrau wurde es niemals langweilig. So etwas wie einen Alltag gab in ihrem Haushalt nicht. Jeder Tag war ein etwas vollkommen Neues. Ja, seine Frau war wirklich etwas Besonderes und er liebte sie sehr.

Zusammen hatten sie eine wundervolle Familie mit drei Kindern gegründet. Als Ruto die erste Schwangerschaft bemerkt hatte, war im ganzen Zorareich das absolute Chaos ausgebrochen. Es hatte noch nie einen Fall gegeben, bei dem eine Zora von einem Menschen ein Kind empfangen hatte. Zoras legten ihrer Natur nach eigentlich Eier mit ihrem Nachwuchs, doch Ruto hatte als erste ihrer Art, alle ihre Kinder wie eine Menschenfrau geboren. Sie war auf die Schmerzen nicht vorbereitet gewesen und hatte während der anstrengenden Geburt dafür gesorgt, dass sowohl ihr Vater als auch ihr Mann für mehrere Tage ihre Hände nicht mehr spüren konnten. Alle Welt war sich einig, dass dies ein Wunder wäre, ein Geschenk der Göttinnen an den Helden der Zeit und seine Frau, die Weise des Wassers, für ihre Verdienste um das Wohl Hyrules. Link konnte sich mittlerweile als stolzen Vater von zwei Söhnen und einer wunderschönen Tochter rühmen. Seine Familie bildete den Mittelpunkt seines Lebens und damit war er vollauf zufrieden.

Seine Gedanken jedoch waren viel chaotischer als sein Leben. Das lag vor allem an einem ganz bestimmten Gedanken. Den Gedanken an eine Person, die ihm nicht aus dem Kopf gehen wollte. Seit zwanzig Jahren spukte dieser Gedanke wie ei Phantom durch seinen Kopf. Und wann immer er sich in der Abgeschiedenheit der Mondnächte über dem harmonischen Hyliasee allzu glücklich und zufrieden wähnte, brach der Gedanke an die Oberfläche. Der Gedanke an Zelda und an ihre unerfüllte Liebe.

Unwirsch schüttelte er den Kopf. Er wollte nicht schon wieder an sie denken. Selbst nach 20 Jahren war es immer noch schmerzhaft. Er hatte eine wunderbare Familie; eine liebende Frau und drei Kinder, die ihn mit Stolz erfüllten. Er war der Held der Zeit, der Retter Hyrules, gern gesehener Gast in jedem Haushalt aller Völker des Landes. Sein Ruhm reichte sogar bis weit über die Grenzen des Großreiches hinaus. Er sollte zufrieden mit seinem Leben sein. Doch es war nun mal eine unumstößliche Tatsache, dass er Zelda liebte. Er konnte daran nichts ändern, er hatte sie ja wirklich Mühe gegeben.

Abermals gab er dem Gedanken nach, ihn zu verhindern hätte ihn zu viel Kraft gekostet. Kraft, die er in diesem Moment der Ruhe nicht aufbieten konnte. Er liebte Zelda. Und er wusste, dass sie ihn auch liebte. Bereits als er sie das erste Mal gesehen hatte, vor fast 27 Jahren im Schlossgarten, hatte er gewusst, dass er sie liebte. Es war ein vollkommen neues Gefühl für ihn gewesen, der er doch zuvor in der Abgeschiedenheit des Kokiriwaldes gelebt hatte. Es ähnelte den Gefühlen, die er Salia entgegenbrachte, doch zwischen ihrer tiefen Freundschaft und seiner Liebe zu Zelda gab es Unterschiede. Er hatte es damals noch nicht in Worte fassen können.

Als Ruto ihm damals dieses lächerliche Heiratsversprechen abgenommen hatte, waren sie beiden noch Kinder gewesen und er hatte einfach nur alles tun wollen, damit sie ihn in Ruhe ließe. Sie konnte ja so furchtbar anstrengend sein. Dann kamen die sieben Jahre des Schlafes im Tempel des Lichtes. Während dieser Zeit wurde Hyrule von Ganondorf heimgesucht und alle, die Link gekannt hatte, waren erwachsen geworden. Nach seinem Erwachen weihte ihn Rauru in seine Aufgabe ein. Er hatte ein völlig verändertes Hyrule betreten und hatte schon bald bemerkt, dass dies nicht nur an seiner Umwelt lag. Er selbst war erwachsen geworden, sein Sinn gewandelt. Während seiner langen, gefährlichen Mission traf er schließlich Ruto wieder. Auch sie war erwachsen geworden. Sie war wunderschön, selbst für jemanden, der nicht von ihrer Rasse war, und sie ließ nur noch wenig von der kleinen, verwöhnten Zoraprinzessin durchblicken. Sie war viel ernster. Ruto hatte sofort gemerkt, dass es eine andere Frau in Links Leben gab, denn zu der Zeit war Link voller Sorge gewesen um Zelda. Sie hatte es bemerkt und hatte dennoch ihre Fassung bewahrt. Wie er sich bewunderte. Damals hatte er begriffen, dass sich Ruto wirklich in ihn verliebt hatte. Es war kein albernes Spiel; es war das Leben. Hätte er damals Schluss gemacht, wäre er frei gewesen, doch er wusste genau, dass Ruto daran zerbrochen wäre. Ihr Volk hatte schwer zu leiden, ihr gesamtes Reich lag unter einer dicken Eisschicht begraben. Also hatte er alles offen gelassen. Er musste ohnehin zunächst Ganondorf besiegen, eine Aufgabe, deren Ausgang höchst ungewiss gewesen war. Und er musste wissen, was mit Zelda war. Und so geschah es schließlich:

Er rettete alle Weisen und besiegte den Großmeister des Bösen. Er rettete Hyrule und wurde zum größten und berühmtesten Helden des Landes. Und er traf Zelda wieder. Als alles vorbei gewesen war, war er nochmals zum Schloss gegangen, er musste sie einfach sehen. Lange Zeit hatten sie sich einfach nur in die Augen geschaut. Sie wussten, dass sie sich liebten, sie wussten, dass das Volk über ihre Verbindung jubeln würde. Doch Link erkannte noch eines: Dass sie keine gemeinsame Zukunft hatten. Sein Versprechen band ihn an Ruto.

Zelda hatte bitterlich geweint und ihn angefleht bei ihr zu bleiben; er selbst war der Verzweiflung nahe und wollte nur noch weg. Weg von Zelda und von Hyrule, einfach nur fort…auf eine lange Reise…

Zelda hatte ihm die Okarina der Zeit gegeben und das Versprechen für immer auf ihn zu warten. Sie war die Weise der Zeit, für sie war dies nicht bloß eine Floskel.

Link wusste, dass er sein Versprechen halten und Ruto heiraten würde, doch von stummer Verzweiflung übermannt, musste er zunächst fort. Auf diesem Wege kam er nach Termina wo er die nötige Ablenkung erhielt. Er rettete das Land vor dem Untergang und kam darüber hinaus mit sich selbst ins Reine. Als er nach Hyrule zurückkehrte hatte sich das Land abermals verändert. Jeder kannte seinen Namen, er war zu einer unsterblichen Heldenfigur geworden. Es waren ihm zu Ehren Denkmäler errichtet worden und das Fest des Sieges über Ganondorf wurde zum wichtigsten, jährlichen Ereignis aller Völker des Großreiches. Selbst die Kokiri durften für die Dauer dieses Festes ihren Wald verlassen. Doch das alles hatte ihm nur wenig bedeutet. Wichtiger war, dass er endlich wusste, wo sein Platz war.

Ruto wusste, dass er Zelda liebte, wie er sie wahrscheinlich nie lieben würde, und vor ihrer Hochzeit hatte sie ihm noch einmal die Gelegenheit zur Umkehr gegeben. Er erinnerte sich noch gut an ihre Worte:

„Link, ich weiß, dass du Zelda liebst…und ich will nicht, dass du mich bloß aus Pflichtbewusstsein heiratest. Das ist die letzte Gelegenheit für dich umzukehren und ich gebe sie dir aus freiem Willen. Du weißt, dass ich dich liebe, und ich bin überzeugt davon, dass wir beiden eine Chance haben, aber…noch kannst du umkehren…zu ihr. Und schließlich war sie auch zuerst in deinem Leben da!“, hatte sie noch beinahe munter hinzugefügt. Sie war so mutig und so gefasst, gleichzeitig jedoch auch so schrecklich verzweifelt gewesen. Angesichts ihrer Stärke, hatte sich Link klein und bedeutungslos gefühlt. Woher nahm sie nur ihre Stärke, hatte er sich gefragt und sie grenzenlos bewundert. Er konnte ihr Herz nicht brechen. Gleichgültig war sie ihm nie gewesen, doch zu dieser Zeit hatte sie bereits eine Rolle in seinem Leben eingenommen. Er konnte nicht zurück. Und so heirate er sie. Er bereute seine Entscheidung nicht. Mit der Zeit hatte er Ruto lieben gelernt, und es war eine ehrliche Liebe, was sie auch wusste. Er hatte gelernt mit seinem Schmerz über den Verlust seiner großen Liebe zu leben und hatte den Gedanken an Zelda weggeschlossen. Natürlich dachte er noch an sie, doch wenn er das tat, dann dachte er ausschließlich an ihre Person. Niemals dachte er an das, was aus ihnen hätte werden können. Er wusste, dass Zelda seine Entscheidung nicht verkraftet hatte. Deshalb nahm, so wenig er es wollte, langsam aber sicher, das Mitleid den Platz der Liebe ein. Wann hatte er sie bloß das letzte Mal persönlich gesehen? Er überlegte kurz. Die Antwort lautete, auf dem Fest des Sieges, vor zwei Jahren. Sie ließ sich immer seltener in der Öffentlichkeit blicken.

Eine Weile saß er noch auf diese Art da und starrte gedankenverloren auf das glitzernde Wasser des Sees. Schließlich jedoch atmete er tief ein, erhob sich und ging zu seiner Frau. Den Gedanken an Zelda verschloss er wieder sorgsam in seinem Bewusstsein.

Gedanken an Zelda

Teil 1: Die Vorahnung
 

Kapitel 3: Gedanken an Zelda
 

Die Vorbereitungen für die Zeremonie liefen auf Hochtouren. Das gesamte Volk der Zoras half mit alles nötige für diesen wichtigen Tag zu erledigen. Das sonst so friedliche und ruhige Reich der Wasserwesen hatte sich in ein brummendes, geschäftiges Bienennest verwandelt. Ein jeder hatte seine Aufgabe und im geordneten Chaos der Vorbereitungen kam es zu keinerlei Zwischenfälle.

Mitten im stärksten Gedrängel stand Ruto und dirigierte die Leute mit Aufgaben hin und her.

Seit Tagen schon verbrachte sie jede freie Minute im Zorareich und erteilte Anweisungen, schickte Boten aus oder plante den Aufbau der Dekorationen und Stände. Denn heute würde ein sehr wichtiges Ereignis für die Zoras stattfinden und es gab viele Aufgaben zu erledigen, mit einigen davon hatte man schon vor Tagen anfangen müssen. Doch immer dort wo es am chaotischsten und am hektischsten zuging war Prinzessin Ruto zu finden, die die gesamte Organisation dieses Großereignisses in ihren Händen hielt. Zurzeit handelte es sich jedoch nur noch um den letzten Schliff. Stolz blickte sich Ruto immer wieder um. Das Wasserreich sah fabelhaft aus! Das Meiste war bereits erledigt und in nicht einmal zwei Stunden würde die Zeremonie endlich beginnen. Nachdem sie noch einem Trupp Handwerker die letzte Instruktion gab schaute sie noch einmal forschend in die Runde und begab sich dann in ihr Gemach, um sich fertig zu machen. Natürlich sah es wundervoll aus, sie hatte sie schließlich alle Mühe gegeben, und wenn sie etwas anpackte dann richtig.

Nachdem sie im königlichen Teil des Reiches den blauen Seidenvorhang, der den Eingang zu ihrem Gemach bildete, beiseite geschoben hatte, ließ sie sich auf dem Bett nieder, zog eine silberne Karaffe in Form eines Fisches zu sich und goss sich in einen ebenfalls einem Fisch nachempfundenen Becher kristallklares Wasser ein. Die Arbeit hatte sie durstig gemacht.

Dann wusch sie sich und legte die Dinge zusammen, die sie für nachher benötigte. Sie würde heute ein Kleid tragen. Es war ein nahezu durchsichtiges blaues Satinkleid, welches mit schimmernden Perlen und kleinen Silberplättchen bestickt war, wodurch es von weitem den Eindruck eines glänzenden Schuppenkleides erweckte. Sie betrachtete es eine Weile, bevor sie es überzog. Es war ungewohnt wieder Stoff um sich zu legen.

Normalerweise trugen Zoras keine Kleider. Sie sahen imposant genug aus; jedes der anderen Völker rühmte das Wasservolk für seine Eleganz und Anmut, und außerdem lebten sie schon seit Jahrhunderten auf diese Art. Begriffe wie Nacktheit und damit verbundene Scham gab es bei ihnen nicht. Allerdings kam es manchmal vor, dass sie sich zu festlichen Anlässen etwas anzogen, und sei es nur um sich den anderen Völkern etwas anzupassen.

Und heute war in der Tat ein sehr festlicher Anlass.

Zu dem Kleid zog Ruto eine mit kleinen Saphiren verzierte silberne Halskette und ihr Diadem an, welches mit einem einzigen großen blauen Stein bestückt war, in den das Zeichen des Wasser eingraviert worden war. Zuletzt griff sie nach einigen lose anliegenden, silbernen Armbändern und betrachtete das Ergebnis im Spiegel. Dieser war ein Hochzeitsgeschenk von Darunia, ein Meisterwerk aus Silber, Edelsteinen und bläulichem Glas. Es war wohl einer der kostbarsten Gegenstände des Landes, hatte sie sich damals überlegt, denn Glas war ein höchst seltenes und nur sehr schwer herzustellendes Material und obwohl die Goronen um seine Produktion wussten, stellten sie es nur selten her.

"Ihr Göttinnen, ich sehe ja so gut aus!", grinste sie ihr Spiegelbild an.

"Prinzessin? Seid ihr fertig?“

Ruto drehte sich zu ihrem Kammerdiener Zerk um. Eigentlich war er viel mehr als das, er war ihr Freund und Beschützer, der ständige Schatten ihrer Familie. Ein treueres Wesen war im ganzen Land nicht zu finden.

Sie runzelte fragend die Stirn.

"Ja, ich bin fertig, wie findest du es?“ Mit einer ausladenden Geste präsentierte sie ihre Aufmachung und drehte sich einmal im Kreis. „Ihr seht selbstverständlich hinreißend aus, Prinzessin,“, entgegnete der alte Zora leicht irritiert, „ doch dafür haben wir nun keine Zeit.“

Links Frau warf ihm abermals einen fragenden Blick zu.

" Nun wie es scheint haben eure Hoheit es wohl vergessen...die Abgesandten von Schloss Hyrule sind eingetroffen.“ Erschrocken schlug sich Ruto an den Kopf und übersah Zerks missbilligende Blicke dabei. „Verdammt, daran habe ich wirklich nicht gedacht…wo sind sie jetzt, sind sie schon lange hier?“

„ Noch nicht sehr lange, Prinzessin. Ich habe ihnen ein Quartiert zugewiesen und ihnen etwas zur Erfrischung gegeben. Sie gehen davon aus, dass ihr einfach zu viel zu tun hattet, um sie zu empfangen. Ich habe ihnen gesagt, ich würde euch sofort suchen.“

Sie nickte. „Danke, was würde ich nur ohne dich tun? Nun, sag ihnen ich bin jetzt bereit sie zu empfangen und bring sie her. Danke Zerk!“

“Ihr müsst mir nicht danken Herrin…und hört bitte auf zu fluchen. Das geziemt sich nicht für euch.“ Mit einem nahezu drohenden Blick und einer vollendeten Verbeugung verließ Zerk den Raum und ließ Ruto alleine.

Die Abgesandten von Schloss Hyrule…Sie hatte sie solange verdrängt, bis sie sie schließlich vergessen hatte…

„Ob Zelda wohl auch dabei ist…“, fragte sie sich in Gedanken.

Der Gedanke war in ihr so schnell hochgeschossen, dass sie ihn nicht zu fassen vermochte und erst registrierte, dass sie ihn dachte, als es schon zu spät war. Sie war zwar eine der Weisen und konnte ihren Geist und ihre Gedanken besser kontrollieren als normale Geschöpfe, doch gegen diesen Gedanken war sie wie so oft machtlos. War sie dabei? War sie wirklich hierher gekommen? Der Gedanke jagte ihr Angst ein.

Sie sprach Zeldas Namen sehr selten aus, sowohl laut als auch in Gedanken, es gehörte zu ihrer eigentlich recht erfolgreichen Methode den Gedanken an sie zu verdrängen.

Doch manchmal kam er zu überraschend, hatte die ungewöhnlichsten Auslöser und dann konnte sie sich nicht dagegen wehren. Wie um sich selbst zu quälen, zwang sie sich den Namen der hylianischen Königin auszusprechen.

"Zelda...“

War sie mit den Abgesandten gekommen? Es wäre die ideale Gelegenheit Link wiederzusehen. Energisch schüttelte sie bei dem Gedanken den Kopf und fing an durch das Zimmer zu laufen. Zelda würde niemals hierher kommen und vor ihrer Nase versuchen mit Link zu liebäugeln. Sie war eine respektable Person: Das Oberhaupt der Weisen und die Regentin von Hyrule. Außerdem war sie trotz allem auch nur eine Frau, so wie Ruto selbst...sie konnte nichts für ihre Gefühle. Die Zoraprinzessin hatte Zelda nie verurteilt wegen ihrer Liebe zu Link, doch sie konnte nicht anders als so zu reagieren, wie sie es jetzt tat. Sie wusste was Link empfand. Es war unangenehm, diesen Gedanken weiterzuspinnen.

Ja es stimmte, Link liebte Zelda, doch er hatte sich für sie entschieden. Er hatte sich für sie entschieden und er liebte sie, und sie wusste, dass seine Gefühle echt waren. Der Gedanke an Zelda war über die Jahre schwächer geworden und vielleicht würde er ja sogar eines Tages einfach nicht mehr da sein, da einfach zu viel Zeit vergangen war…

"Prinzessin! Die Abgesandten...", kam es vom Eingang her.

Ruto nahm eine angemessene Haltung an und drehte sich voller Erwartungen um.
 

"Ich benehme mich kindisch!", schalt sie sich nachher selbst. "Selbst wenn sie gekommen wäre, was hätte schon passieren sollen? Ich hätte sie mit der gleichen Höflichkeit wie immer behandelt und sie mich genau so." Energisch schritt König Zoras Tochter in ihrem Zimmer auf und ab. Was dachte sie eigentlich? Dachte sie wirklich, dass Link bei dem Anblick von Zelda sofort seine Familie verlassen würde? Unfug!

Link würde sie und seine Kinder für nichts auf der Welt verlassen. Auch nicht für diese…Person.

Ruto wurde wieder ruhiger und kehrte zu ihrer üblichen Gewohnheit zurück Zelda nicht beim Namen zu nennen. "Ich habe genug Gedanken an sie verschwendet! Gerade heute sollte ich nun wirklich an was anderes denken!"

Der heutige Tag war zwar ein besonderes Ereignis für das ganze Großreich und vor allem für die Zoras, doch in erster Linie, war es ein besonderes Ereignis für Links und Rutos Familie.

Ihr ältester Sohn Ren hatte heute seinen 16. Geburtstag und wurde somit nach den Gesetzten der Zoras erwachsen. Doch dies war natürlich nicht das wichtige Ereignis, dass soviel Wirbel mit sich brachte. Die Feierlichkeit ging noch viel weiter: Ren würde heute offiziell zum Kronerben des Zorareiches ausgerufen werden. Ihr Sohn würde ein hervorragender König werden, sagte sie sich und versank so tief in Gedanken, dass sie nicht merkte, wie Zerk wieder am Eingang stand.

" Meine Herrin...", flüsterte er behutsam.

Ruto hob den Kopf und blinzelte, als wenn sie gerade erst aus einem Schlaf erwacht wäre.

Bei dem verdrossenen Gesichtsausdruck ihres Kammerdieners jedoch wurde sie wieder munter und empfand Mitleid mit ihrem alten Freund. Wie er es hasste sie zu stören!

"Ja Zerk, was ist?", fragte sie freundlich.

"Nun ich will euch nicht hetzen Prinzessin, aber es ist so weit. Ihr werdet erwartet!"

Ruto sprang erschrocken auf. „Bei den Göttinnen, ist es wirklich schon so spät?“

Hatte sie so viel Zeit mit ihren Gedanken verschwendet?

"Gut...danke Zerk! Ach und....",

Zerk, der bereits im Begriff gewesen war zu gehen, drehte sich noch einmal fragend um,

"Du hast mich nicht gestört Zerk! Wirklich nicht!", sagte sie mit möglichst betont. Er lächelte mit funkelnden Augen und entgegnete mit trockener Stimme: „Natürlich nicht…“

Sie schaute ihm noch einen Moment lächelnd nach und überprüfte dann schnell ihr Spiegelbild. Wieder dachte sie wie unwiderstehlich sie doch aussah, grinste und trat schnell hinaus, wobei sie fast mit ihrem Mann zusammengestoßen wäre.

"Da bist du ja! Ich wollte dich gerade holen gehen. Warum hat das denn so lange gedauert?"

"Na das finde ich ja wieder mal sehr nett von dir mein Lieber! Anstatt mir sofort ein Kompliment zu meiner gelungenen Aufmachung zu machen und zu sagen, dass es selbstverständlich nicht schlimm ist, dass ich mich etwas verspäte, meckerst du natürlich sofort wieder an mir herum!" Link setzte eine leidende Miene auf.

"Tut mir Leid, Liebling! Natürlich, das war wieder mal nicht sehr taktvoll und unverzeihlich von mir. Du siehst natürlich umwerfend aus!"

„Schon besser!“, meinte Ruto und die beiden grinsten sich an.

"Also, wollen wir?" Link hielt ihr seinen Arm hin und sie hakte sich bei ihm ein.

"Wir wollen!"

Unterwegs musterte ihn Ruto verstohlen. Sie genoss es, wenn er ihr Komplimente machte, egal wie erzwungen sie auch waren, doch sie musste zugeben, dass ihr Mann heute ebenfalls hinreißend aussah. Link bemerkte ihren Blick und schien auch ihre Gedanken zu erraten.

Seine Lippen kräuselten sich süffisant. Ruto machte ein vornehmes Gesicht und starrte stur gerade aus, woraufhin Link breit grinste.

Es war jedoch wahr: Link, der ohnehin ein gutaussehender Mann war, sah heute in seiner Festtagstracht einfach atemberaubend aus.

Er trug eine Zorarüstung, doch nicht die alte, mit der er früher seine Abenteuer bestanden hatte, sondern eine Spezialanfertigung. Sie war von einem tiefen Ozeanblau und hatte zwei silberne, biegsame Schulterplatten, die sich den Schultern anpassen konnten.

Sie hatte Knöpfe in der Form von kleinen silbernen Fischen und war rundum mit silbernen Fäden bespickt, so dass es aussah, als ob sich silberne Algen um ihn spannten. Dieser Eindruck wurde noch durch die Tatsache bestärkt, dass sich die Fäden in wellenartige Bewegung versetzten, sobald Link sich bewegte.

Es war ein sehr schöner Anblick, auf den der Schöpfer dieser besonderen Zorarüstung sehr stolz war. Außerdem trug Link noch bläuliche Stiefel und anstatt seiner Kappe ein besticktes Stirnband, das wie ein Gegenstück zu Rutos Diadem schien. Sein Haar hatte er heute fein säuberlich nach hinten gekämmt und zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und wie immer ließ er sich mehrere Haarsträhnen ins Gesicht fallen. Er hatte sein Schwert in einer prachtvollen blauen Scheide umgegürtet.

Die Zeremonie

Teil 1: Die Vorahnung
 

Kapitel 4: Die Zeremonie
 

"Was mache ich hier eigentlich?"

Diese Frage stellte sich Ren nun schon zum mindestens zehnten Mal. In nur wenigen Augenblicken würde die Zeremonie beginnen, in der sein Großvater ihn öffentlich zum Kronerben ernennen würde, sie warteten lediglich noch auf seine Eltern. Doch das war jetzt alles unwichtig. Ren wollte nur, dass alles schnell und ohne Unterbrechungen von Statten lief.

Er war sehr nervös. Wieder fragte er sich in Gedanken: "Was mache ich hier eigentlich?"

Wie kam er überhaupt dazu das mit sich machen zu lassen? Er hasste große Ansammlungen von Leuten und dies hier war eine sehr große Ansammlung.....und das schlimmste daran war, dass er im Mittelpunkt stehen würde.

Das gesamte Volk der Zoras war in der Zoraquelle versammelt und wartete gespannt.

Es waren auch viele Außenstehende gekommen, denn es war immerhin die Ernennung einer sehr bekannten Person zum Kronerben eines der Königreiche des Großreiches. Selbstredend mussten die Massen allesamt zu diesem wichtigen Ereignis, was den ältesten Sohn des Helden der Zeit betraf, kommen.

Der königliche Hofstaat, sowie die Abgesandten der einzelnen Völker und Reiche Hyules waren auf dem großen steinernen Podest zusammengekommen, welches vor Lord Jabu-Jabu, dem Schutzpatron der Zoras, imWasser lag.

Der gewaltige mythische Fisch würde dieses Ereignis letzten Endes gültig machen, vor ihm würde Ren schwören müssen und auf seinen Segen kam es an.

Ein Raunen und schließlich Beifall und Jubelrufe kündigten das Nahen seiner Eltern an.

Wenn er vorher nervös gewesen war, so war das nichts gegen sein jetziges Gefühl von Panik.

"Wie komme ich eigentlich darauf König zu werden? Ich hasse es Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, ich hasse große Ansammlungen von Leuten, mit denen man sich herumschlagen muss...Warum tue ich das?"

Er wusste es nicht genau, auch wenn er Zeit genug gehabt hatte sich darüber Gedanken zu machen.....

Wann war es.....vor einem Jahr sprach sein Großvater mit ihm über dieses Thema, ob er nicht sein Nachfolger werden wolle. Es war überraschend für Ren gekommen und er hatte um lange Bedenkzeit gebeten. Wenn er jetzt an diese Bedenkzeit zurückdachte wusste er jedoch nicht, um was er überhaupt Gedanken gemacht hatte. Hatte er überhaupt gedacht?

Er konnte sich daran erinnern, dass er einfach nur dagesessen hatte und auf den Hyliasee hinaus gestarrt hatte. Aber er konnte sich noch an etwas anderes erinnern, an ein Gefühl…

Es war auch dieses Gefühl, das ihn dazu gebracht hatte das Angebot seines Großvaters anzunehmen.

Er wusste bis heute nicht genau was das für ein Gefühl gewesen war...das Gefühl etwas als König der Zoras leisten zu können?

Ren mochte seinen Großvater, König Zora, aber er fand seine Politik nicht besonders angemessen. Es war eine träge Politik, voller Traditionen. Daran wollte er auf jeden Fall etwas ändern. Oder war es das Gefühl etwas Besonderes zu werden, wenn er erwachsen war? War es das? Wollte er einfach nur eine wichtige Person sein, so wie sein Vater? War das Gefühl nicht vielmehr der Wunsch nach der Erfüllung all der zahlreichen Erwartungen, die in ihn, als Links Sohn, gesteckt wurden?

Er wusste es nicht.....doch dieses Gefühl gab ihm Kraft und er konnte sich selbst in seinen Gedanken als guten König sehen. Er musste einfach....
 

Link und Ruto nahmen ihre Plätze ein, die Menge wurde still und König Zora stand auf.

Natürlich würde Rens Großvater zunächst eine langweilige und viel zu lange Rede halten. Wie immer. Dann würde Links und Rutos Sohn die Glückwünsche und Geschenke der Abgesandten entgegennehmen. Und dann…dann würde die eigentliche Zeremonie folgen.

Sein Großvater fing an zu sprechen und Ren lenkte seine Aufmerksamkeit fürs erste auf ihn.

Er sah so aus wie immer. Ren lächelte. "Er wird sich nie ändern!"

Es dauerte nicht einmal 10 Minuten, da hörte er seinem Großvater gar nicht mehr zu, sondern lenkte seine Aufmerksamkeit auf seine Umgebung. Es war ein schöner, sonniger Tag und die Sonne beschien die Quelle mit ihren warmen Mittagsstrahlen. Auf dem Wasser brach sich das Licht in unzähligen Reflexionen und machte es der großen Menge, die im seichten Wasser stand, auf Booten zuschaute, oder wie die Zoras einfach im tieferen Wasser auf der Stelle schwammen, schwer etwas genaues zu erkennen. Ren musste selber unzählige Male blinzeln, wenn er Reflektionen ins Auge bekam. Also wollte er sich wieder dem Geschehen auf dem Podest widmen, als er abermals eine Reflektion ins Auge bekam und vorsichtig in die Richtung spähte, aus der sich gekommen war. Sein Blick fiel auf seine Schwester Kira.

Diese drehte das Gesicht auf einmal unerwartet in seine Richtung und es schien Ren, als würde sie ihm für einen winzigen Augenblick zuzwinkern. Dann schaute sie wieder zu König Zora herüber, von dessen Rede Ren nun überhaupt nichts mehr wusste. Er betrachtete weiter seine Schwester.

Bei ihr war es nicht so leicht auszumachen, dass sie das Kind eines Menschen und einer Zora war, denn sie kam fast ausschließlich nach ihrer Mutter, nur dass Kiras Schöhnheit sogar die von Prinzessin Ruto übertraf. Sie hatte eindeutig hell- bis dunkelblaue Haut und Kopf- und Körperkonturen ihrer Mutter. Ihre Armflossen waren jedoch etwas kleiner als die von normalen Zoras, hatten aber eine einzigartige geschwungene Form und wenn Kira sich bewegte schwangen sie anmutig hin und her. Das gleich galt überhaupt für alle ihre Flossen, die wunderschöne Formen aufwiesen. Kiras Schönheit war im ganzen Land berühmt, denn sie war nicht nur für Zoras begehrenswert.

Sie war sehr schlank und hatte, was für Zoras sehr ungewöhnlich war, Haare. Daran schimmerte natürlich Links Erbe durch. Ihr Haar war eine faszinierende Mischung aus sich stetig ändernden Facetten von Gold, Silber und Blau, nachts mochte man meinen, dass es schimmerte. Es war hüftlang und von einigen besonders dünnen geflochtenen Zöpfen durchzogen. Einige von ihnen ließ sie sich ins Gesicht fallen: Eine Angewohnheit, die sie von ihrem Vater geerbt hatte.

Anders alle anderen weiblichen Zoras trug sie immer Kleidung. Sie war immerhin zur Hälfte das Kind eines Menschen und hatte somit mehr zu verbergen.

An diesem Tag hatte sie ein blaues Kleid an welches mit goldenen Stickereien bestickt war. Genaueres konnte Ren von seinem Platz aus nicht erkennen.

"Sie sollte eigentlich Kronerbin werden!", schoss es ihm plötzlich durch den Kopf.

Kira war die ältere von ihnen, das älteste Kind von Ruto und Link. Sie war wie geschaffen für die Rolle einer Regentin: Sie war klug und konnte notfalls schnell und gut Entscheidungen treffen. Sie konnte wunderbare Reden halten und hatte die perfekten Führerqualitäten. Sie könnte jeden dazu bringen ihr zu folgen und wurde vom Volk geliebt und verehrt.

Doch sie wollte nicht.

König Zora hatte sie natürlich zuerst gefragt, damals als sie auf das wichtige 16. Lebensjahr zuging, doch sie hatte abgelehnt, weshalb, darauf wusste niemand eine Antwort. Mittlerweile war sie 18 Jahre alt und sie schien ihre Entscheidung nicht bereut zu haben. Ren wusste, dass eine Schwester ihn nie um die Ehre des Kronerben beneiden würde. Sie würde ihn höchstens necken, doch das machte sie tagein tagaus.

Links Sohn kam aus seinem Gedankengang wieder hoch und merkte, dass die Rede noch immer nicht beendet war. Er schaute sich um und aufs Neue überkam ihn Panik. Er konnte in allen Gesichtern unter dem Hofstaat keine einzige gelangweilte Miene erkennen. Sie schienen tatsächlich alle an der Rede seines Großvaters interessiert zu sein. Und er?

Ihm wurde ganz kalt.....Er war es schließlich, für den das alles gemacht wurde, er war der Mittelpunkt dieser Veranstaltung...außerdem bestand seine Zukunft als König zu einem großen Teil aus dem Zuhören der Reden anderer Leute. Und was tat er?

Er hörte nicht zu...er hörte nie zu....

"Und so einer will König werden?", fragte er sich ihn Gedanken nun wieder von Zweifeln und Gewissensbissen geplagt, bis in ihm nur noch ein Wunsch erwuchs:

"Ich muss hier weg!" Was tat er hier nur? Er konnte doch nicht wirklich König werden!

Er würde das Volk ins Unglück stürzen, wenn sie ihn sein Amt auf seine schlampig geführte Art und Weise überhaupt mehr als einen Tag ausführen lassen würden.

Er musste hier weg! Alles andere war unwichtig....nur weg...weg....und sich dann irgendwo verkriechen…

Plötzlich hatte er das Gefühl beobachtet zu sein.

Dieses Gefühl war bei ihm sehr ausgeprägt, was er schon in Kindesalter bewiesen hatte.

Er schaute sich um. Seine Mutter blickte ihm direkt in die Augen. Bei ihrem Anblick beruhigte er sich allmählich. Die kristallklaren, blauen Augen seiner Mutter......seine erste Erinnerung…Wenn sie ihn so direkt ansah dann hatte er stets das Gefühl, dass alles wieder gut werden würde.

Er beruhigte sich wieder und rief sich ohne ersichtlichen Grund auf einmal ins Gedächtnis, dass seine Mutter eine der sieben Weisen war. Ob es eine Form von Magie war, wusste er nicht, aber es konnte ihm und allen die mit Ruto zu tun hatten auf mysteriös häufige Weise immer wieder entfallen, dass sie die Weise des Wassers war. Die Zoraprinzessin blickte wieder ihren Vater an und Ren hatte sich beruhigt.

Er würde ja nicht sofort am nächsten Tag König werden!

Zoras lebten für gewöhnlich ziemlich lange und sein Großvater würde noch viele Jahre lang regieren. In dieser Zeit würde er ihm natürlich alles beibringen, was er wissen musste.

Das Ende der Rede (deren letzten 5 Minuten Ren doch noch aufmerksam gelauscht hatte), kam plötzlich für ihn.

König Zora warf ihm einen missbilligenden Blick zu. Er schien genau zu wissen, dass Ren nicht zugehört hatte. Dieser setzte ein entschuldigendes Lächeln auf und trat vor.

Nun war er an der Reihe...

Die Abgesandten der Völker traten vor, allen voran die der Goronen mit Darunias Sohn Link an der Spitze.

Der trat nun vor und sprach die üblichen Begrüßungs- und Gratulationsworte. Er entschuldigte außerdem seinen Vater Darunia, der sehr plötzlich verhindert war und es stark bedauerte nicht zur Zeremonie kommen zu können.

Nach und nach traten die Repräsentanten der Reiche vor, gratulierten Ren und übergaben ihm Geschenke. Diese waren für Ren nicht besonders wichtig, doch über das Geschenk der Goronen freute er sich aufrichtig: Es war ein Schild. Ein eigens für diesen Anlass gebauter Schild. Er war etwas höher als man es normalerweise sah und schien auch etwas breiter zu sein und war von einem hellen Azurblau, denn er wurde aus einem selten gefundenen harten blauen Kristall geschmiedet. Er war verziert mit Saphiren und Silberzeichen und trug das Wappen des Wassers unter dem Symbol des Triforce. Es war das mit Abstand erfreulichste und nützlichste Geschenk, dass Ren erhielt.

Nachdem auch dieser Teil vorüber war, erklang ein einzelner heller Glockenton. Die große silberne Glocke der Zoraquelle war geschlagen worden.

Langsam führte König Zora seinen Enkel an die Stirnseite der großen Steinplatte, wo einige Treppenstufen zu einem kleinen Podest unter einem blauen Baldachin führten.

Und dahinter blickte Ren Lord Jabu-Jabu direkt in die großen, alten Augen. So pompös die ganze Veranstaltung bis jetzt war, so schlicht war dieser wichtigste Teil. König Zora hob in einer theatralischen Geste, wie um das ganze doch noch besonders prächtig wirken zu lassen, die Arme in die Höhe.

"Volk der Zoras! Einstimmig habt ihr alle meinen Enkelsohn Ren als Kronerben der Königswürde anerkannt! Lasset uns nun gemeinsam unseren geliebten Schutzpatron um die Segnung bitten, damit Rens Anspruch geltend wird."

Er drehte sich zu Lord Jabu-Jabu und kniete sich hin, was ein wenig Zeit bei seiner massigen Gestalt in Anspruch nahm, während alle Versammelte es ihm nachtaten.

Ren blickte nach wie vor in die unergründlichen großen Augen des Schutzpatrons der Zora.

"Oh heiliger Lord Jabu-Jabu", fing König Zora wieder an." Hiermit erbitten wir deinen Segen für Ren Zora, den Sohn von Prinzessin Ruto, der großen Weisen des Wassers und Link, dem Tapferen, dem Bezwinger Ganondorfs. Lasse seinen von uns allen begrüßten Anspruch auf die ehrenwerte Königswürde der Zoras geltend werden! Ehrenwerter Lord, bitte segne ihn!"

Lord Jabu-Jabu gab einen hohen Ton von sich und mit einem Male war Ren in ein blaues Licht gehüllt. Die wenigsten konnten es sehen, aber auf seiner Stirn erschien ein gleißendes Zeichen, was jedoch keiner erkennen konnte. Als sich der Kronprinz schließlich erhob, fühlte er sich seltsam verändert. Er fühlte sich reifer und älter. Doch als das Volk in Jubel ausbrach, übernahm der erleichternde Gedanke, dass es nun vorbei war, die Oberhand. Er hatte es erfolgreich hinter sich gebracht. Jabu-Jabu hatte ihm seinen Segen gegeben und er war nun der Kronprinz seines Volkes geworden.

Seine Unsicherheit und seine Zweifel wichen der Erleichterung, verschwanden jedoch nicht ganz.

Das unerwartete Geschenk

Teil 1: Die Vorahnung
 

Kapitel 5: Das unerwartete Geschenk
 

Im Nachhinein betrachtet, war die Zeremonie doch nicht so schlimm gewesen, fand Ren.

Nachdem er Lord Jabu-Jabus Segen empfangen hatte, hatte ihm das Volk einige Minuten lang einfach nur zugejubelt. Er hatte es zum ersten Mal als ein schönes Gefühl betrachtet im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Einfach nur als er selbst. Man hatte ihm dieses Mal nicht einfach nur zugejubelt, weil er der Sohn des Helden der Zeit war. Man hatte zum ersten Mal wirklich ihm zugejubelt. Darüber freute er sich neben dem herrlichen Schild der Goronen am meisten. Er freute sich schon darauf mal einen Probekampf mit ihm zu bestreiten.

Nachdem sich die Menge wieder beruhigt hatte, hatte Ren zum ersten Mal in seinem Leben vor so vielen Leuten eine offizielle Rede gehalten. Es hatte sich als ausgesprochen einfach erwiesen. Nach den ersten etwas stockenden Sätzen hatte er die Rede flüssig weitergeführt und beendet. Dann hatte er noch allen eine schöne Zeit in Zorareich gewünscht. Denn nach der Zeremonie begannen die großen Festlichkeiten. Für das Meiste hatte seine Mutter gesorgt und sie hatte ihm gesagt, dass es auch für sie das schönste Fest werden würde, das es je im Reich der Zoras gegeben hatte.

Die meisten Leute vergnügten sich bereits und Ren hatte vor sich schnell fertig zu machen, damit auch er sich amüsieren konnte. Immerhin war er der Grund für die ganze Veranstaltung, obwohl er längst nicht mehr der Höhepunkt des Tages war.

Hastig zog er seine Festtagkleidung aus und zog sich seine normale Kleider an. Danach schaute er sich um. Hatte er etwas vergessen? Wollte er noch etwas mitnehmen? Sein Zimmer war ausgesprochen spärlich eingerichtet, da er keinen Wert auf übermäßigen Luxus legte. Ein, auf seinen Wunsch hin, normales Bett und ein mittelgroßer Schrank mit einigen wenigen Verzierungen waren schon fast das einzige was es darin gab. Das Zimmer an sich war auch nicht so groß, da er kleine Räume bevorzugte. Es wurde von einem kleinen Fenster mit Sonnenlicht und abends mit Sternen- und Mondlicht erhellt. Außerdem spiegelten die Wände wenn es dunkel war, das Wasser einer kleinen Quelle wider, die sich in seinem Zimmer befand. Ren konnte schon immer am besten bei den Geräuschen von Wasser einschlafen. Er fand, dass das Wasser die ausdrucksstärksten Melodien der Welt hervorbrachte. Es gab derer sehr viele verschiedene und er liebte sie alle. Das süße Murmeln von langsam dahinfliessenden Bächen...das Rauschen von kleinen und großen Wasserfällen...das Tosen der Stromschnellen...und er hatte noch längst nicht alle Melodien vernommen. So hatte er etwa noch nie das Meer gesehen oder seine Musik vernommen. Diesen Wunsch wollte er sich irgendwann unbedingt erfüllen.

Die Liebe zum Wasser hatte er natürlich von seiner Mutter geerbt. Aber in den meisten Dingen glich er eher seinem Vater. Er betrachtete sein Spiegelbild. Einen richtigen Spiegel hatte er nicht in seinem Zimmer. Die Meisten benutzten ohnehin einfach nur irgendwelche einigermaßen große, polierte, spiegelnde Flächen. Einige ließen sich eine dünnen Bronze- oder Kupferplatte machen und polierten sie so, dass sie hervorragend spiegelte, andere verzichteten vollkommen auf so etwas. Spiegel aus Glas waren selten und sie waren sehr teuer. Seine Mutter hatte solch einen Spiegel. Er allerdings betrachtete sein Spiegelbild in einer mit Wasser gefüllten silbernen Schale. Das genügte ihm. Anders als bei seiner Schwester, konnte man ihm eindeutig ansehen, dass er der Sohn eines Menschen und eines Zora war. Er hatte zwar auch blassblaue Haut, die an Unterarmen und -beinen etwas dunkler war, und er hatte auch Schwimmflossen. Diese waren, wie bei seiner Schwester, kleiner als bei normalen Zoras, jedoch waren sie noch kleiner, als Kiras und sie waren nicht so schön. Ein wenig außergewöhnlich waren sie dennoch, denn wenn man etwas genauer hinsah konnte man auf seinen Flossen eine Spur von Grün erkennen. Sein Kopf war auch mehr wie der eines Menschen geformt und er hatte Haare, welche zwar bläulich waren, aber eindeutig eine blonde Grundfarbe aufwiesen. Er trug eine Kappe wie sein Vater, was die Ähnlichkeit zwischen den beiden noch mehr hervorhob. Tatsächlich sah er nämlich ungefähr so aus wie Link. Die eisblauen Augen aber hatte er von seiner Mutter. Wie sein Vater ließ auch Ren sich gerne einige Haarsträhnen ins Gesicht fallen.

Das taten alle von Links Kindern auch sein jüngster Sohn.

Da sich bei den Zoras die männlichen Namen sehr häufig glichen hieß Rens kleiner Bruder einfach Zen. Dieser hatte das meiste von einem Menschen dachte Ren, als er sein Zimmer verließ und sich zu den Festlichkeiten begab.

Zen hatte die kleinsten Flossen von allen dreien und alle wussten, dass sich dies nicht mehr ändern würde. Er hatte eindeutig blondes Haar, das er als einziger immer offen in einem Pferdeschwanz zusammenband. Aber wie die andern auch, ließ er sich einige Strähnen ins Gesicht fallen. Er hatte außerdem so eine blassblaue Haut, dass er von weitem einfach als Menschen zu halten war. Man müsste schon näher herangehen, um die blaue Farbe zu sehen. Außerdem hatte er spitzere Ohren als seine älteren Geschwister. Ansonsten gab es natürlich Dinge, die alle drei gemeinsam hatten. Da Menschen in der Regel stämmiger als Zoras waren, von denen man manchmal schon fast sagen konnte sie seien zerbrechlich, Zoras jedoch größer als Menschen wurden, wiesen die drei in ihrem Körperbau eine Kombination von beidem auf. Sie waren etwas größer als normale Menschen, aber nicht so groß wie Zoras, waren aber stämmiger als diese. Selbstverständlich hatten sie jedoch nicht nur äußerliche Merkmale von ihren Eltern geerbt.

Von Ruto hatten sie die Freude am Wasser, die für Zoras typische Schnelligkeit und Geschicklichkeit und alle drei waren hervorragende Schwimmer, die den normalen Zoras aber nicht ganz das Wasser reichen konnte. Die praktischste aller Fähigkeiten mütterlicherseits war bestimmt, dass sie unter Wasser atmen konnten.

Von Link hatten sie die Kraft der Menschen und die Geschicklichkeit für typisch menschliche Waffen. Sogar Kira konnte wunderbar mit einem Schwert umgehen.

"Ja wir haben unseren Eltern viel zu verdanken.", dachte Ren als er der Palastteil des Reiches verließ und sich nun unter die Feiernden mischte und seine Familie suchte.

Das Zorareich war noch nie so voll gewesen, zumindest die Teile, die den Besuchern offen standen waren vollkommen überfüllt. Das gesamte Reich der Zoras war ein einziges riesiges Höhlensystem und so waren für Außenstehende einige Gänge gesperrt, da sie sonst Gefahr liefen sich zu verlaufen. Alle anderen Höhlen waren voller Buden und Besucher. Im ganzen Reiche waren viele Stände aufgestellt, wo Artisten und Künstler, Gaukler und Händler aller Völker Hyrules ihre Fähigkeiten anboten. Es gab Schaukämpfe der Gerudos, die mit ihrem einzigartigen Kampfstil die Leute in ihren Bann schlugen. Außerdem gab es viele Trainingsmöglichkeiten: Man konnte an Schwertkampfwettbewerben teilnehmen. Es gab Wettschießen mit Bogen, Bumerangs und Schleudern. Viele Händler waren zusammengekommen und boten die schönsten und praktischsten Dinge aus ihren Heimaten für verhältnismäßig wenig Geld an. Es gab Wettschwimmen, Künstler der verschiedenen Völker wetteiferten um die Bewunderung der Menge und noch vieles mehr.

Die Atmosphäre wurde noch durch die Ausschmückung gesteigert. Überall waren Fahnen, Rosetten und Verzierungen angebracht, dieses Mal nicht nur in den für Zoras üblichen Farben Blau und Silber sondern in allen nur erdenklichen Facetten und Nuancen. Die Leute die noch niemals zuvor die Zoras besucht hatten, bestaunten die schönen Lichtreflexe des vielen Wassers im Reich und als dann noch zusätzlich zu den Fackeln mit normalem Feuer, Fackeln mit dem mystischen blauen Feuer entzündet wurden, staunten selbst die Ortsansässigen Zoras, denn die Vermischung der Lichter tauchte das ganze Zorareich in angenehmes Zwielicht. Es war einfach wundervoll.

"Und das alles nur für mich.", dachte Ren.

Er kam an einer Gruppe von Zoramädchen vorbei, welche bei seinem Anblick sofort anfingen zu kichern und die verschwörerisch zusammenrückten, um sich über ihn zu unterhalten.

Ren senkte verlegen den Kopf. Er war Frauen gegenüber immer sehr schüchtern, doch hatte er nicht wirklich Ruhe vor ihnen. Links und Rutos Kinder mochten ungewöhnlich aussehen, doch sie sahen ohne Zweifel imposant und attraktiv aus. Dessen war sich Ren bewusst, aber es war kein sehr ermutender Gedanke. Einzig Kira, die mit ihrer exotischen Schönheit am meisten Aufmerksamkeit auf sich zog, genoss es fast immer im Mittelpunkt zu stehen.

Auf einmal konnte Ren endlich die Seinen ausmachen.

Sie standen an einem hylianischen Waffenstand, wo Link Zen die Vor- und Nachzüge der einzelnen Waffen erklärte und Ruto und Kira sich unterhielten. Nicht weit entfernt lauerte natürlich auch Zerk, begierig darauf, seinen Herrschaften auf der Stelle jeden Wunsch zu erfüllen.
 

Kira entdeckte ihn und winkte ihm zu.

Ruto drehte sich um, erspähte ihn und lächelte. Link und Zen schienen nichts zu bemerken.

"Was hast du denn so lange gemacht Ren?", fragte Ruto. Ren murmelte etwas unverständliches, woraufhin er einen missbilligenden Blick seiner Mutter erhielt. Sie hasste es, wenn er so vor sich hin nuschelte.

"Ich war noch auf meinem Zimmer."

"Mit einem Mädchen?", hakte Kira sofort in neckendem Tonfall nach. Sie liebte es ihn wegen seiner Schüchternheit vor Mädchen aufzuziehen.

Ren schenkte ihr einen vernichtenden Blick und ging zu seinem Vater und seinem Bruder.

Zusammen verbrachte die Fünf und ihr ständiger Schatten eine schöne Zeit und ehe sie es sich versahen, war es schon ziemlich spät.

Insgesamt ging es jetzt ruhiger zu, denn die meisten Leute waren müde und hungrig und setzten sich hin um etwas zu essen. Es gab natürlich auch Gerichte aus allen Regionen, einige davon sehr exotisch...

"Es ist schon ziemlich spät. Wir sollten langsam losgehen, meinst du nicht auch Link?"

"Muss das denn sein?", entgegnete der gequält. Ren verstand nicht worum es ging. Wohin gehen? Hatte er etwas vergessen? Er wollte gerade nachfragen, als Ruto sich an Zen wandte. "Zen, du bleibst hier. Wir werden nicht lange weg sein."

Sofort begehrte Zen auf. „Ich bin 13 Jahre alt, wieso darf ich nicht mitkommen?“ Seine Stimme klang kühl. Er war ein seltsamer Junge, für gewöhnlich schweigsam und häufig alleine. Auch sprach er nicht viel oder zeigte besonders starke Gefühle. Doch wenn ihm etwas verwehrt wurde begehrte er mit einer solchen Hartnäckigkeit auf, dass sie im Gegensatz zu seinem sonst ruhigen Charakterstand. Er machte sich gerade erst warm. Gleich würde er richtig loslegen und dann würde er schon bald seinen Willen durchsetzten.

"Das hat er von mir!", flüsterte Kira Ren stolz ins Ohr und grinste ihn schelmisch an.

Kira hatte ihrem jüngsten Bruder schon früh beigebracht sich nicht unterkriegen zu lassen und seinen Willen durchzusetzen. Was er auch so gut wie immer tat.

Ruto setzte zu einem neuen Versuch an "Komm schon! Du machst dir jetzt mit Zerk noch eine schön Zeit", Zerk war bei der Erwähnung seines Namens sofort an Rutos Seite, "und wir sind dann auch schon gleich wieder zurück!"

" Aber....", fing Zen an und bombardierte seine Mutter mit allen erdenklichen Gründen, wieso er mitkommen musste. Dies dauerte. Zen zählte mit atemberaubender Geschwindigkeit Gründe für seine Anwesenheit bei dem kleinen Ausflug auf, Kira wartete mit einer kleinen Erfrischung in der Hand auf das Ergebnis, Ren zerbrach sich immer noch den Kopf, worum es überhaupt ging, während Link mit vor der Brust verschränkten Armen grinste und Zerk sich ein wenig fehl am Platz vorkam.

Schließlich wandte sich Ruto genervt an ihren Mann: "Link! Jetzt tu doch auch mal was!"

Der zuckte die Schultern und wandte sich an seinen Sohn: „Komm mal her Zen! Ich erzähl dir mal etwas und dann kannst du entscheiden, ob du immer noch mitkommen möchtest."

Zen schaute seinen Vater misstrauisch an. Normalerweise hätte er noch einige Zeit gebraucht. Ein neuer Durchbruch?

Link legte seinem Sohn die Hand auf die Schulter, ging mit ihm etwas weg und sagte ihm irgendetwas. Die anderen beobachteten gespannt das Schauspiel, was sich ihnen bot, während Zerk sich einwenig dumm vorkam.

Auf einmal nickte Zen und setzte wieder seine gewohnte ausdruckslose Miene auf. Er ging zu Zerk nahm ihn an der Hand und sagte, dass sie nun gingen. Ruto und ihre beiden anderen Kinder schauten ihm verwundert nach und wandten sich dann erwartungsvoll an Link.

"Wie hast du das gemacht?", fragte Kira anerkennend.

"Das würde mich auch mal interessieren!", wandte Ruto misstrauisch ein.

Link verschränkte wieder die Arme vor der Brust und grinste. "Ein Geheimnis unter Männern!" Sofort sausten zwei nicht besonders harte, aber sehr bestimmte Schläge auf seinen Kopf nieder.

"Ich glaube wir sollten schon mal vorgehen, meinst du nicht auch Ren?", sagte Link hastig und schob seinen Sohn vor sich her.

" Hey! Wartet..."

"Komm Kira, hinterher!", sagte Ruto grimmig während sich die beiden zur Verfolgung anschickten. „Komm du mir nachher nur ins Bett mein Lieber…“

Link führte Ren hinaus zur Zoraquelle, wo fast niemand zu sehen war. Mittlerweile war es bereits Nacht. Der Mond hatte soweit abgenommen, dass man von ihm nur noch ein sehr dünnes Stück sehen konnte, was auch nicht besonders viel Licht spendete. Es waren jedoch viele Sterne am nächtlichen Himmel.

"Vater, wo gehen wir denn jetzt eigentlich hin? Habe ich etwas vergessen?"

Link schaute ihn an. "Ich glaube wir haben dir nicht gesagt, dass wir später noch hierher kommen würden. Du sollst heute Nacht noch eine Segnung bekommen."

Jetzt wusste Ren, wo sie hin wollten.

Ohne Vorwarnung sprangen Kira und Ruto vor ihnen aus den Schatten. Link zuckte zurück. „Wie seid ihr denn hierher gekommen?"

"Ha! Du hast wohl vergessen, dass ich hier aufgewachsen bin mein Lieber! Ich kenne jede Abkürzung und jeden Geheimgang auswendig! Über das von vorhin sprechen wir später, jetzt kommt ihr beiden." Link schluckte und warf Ruto immer wieder nervöse Blicke zu. Kira gesellte sich nach hinten zu Ren.

"Ist schon etwas länger her seit wir dort waren oder?" Ren nickte schweigend. Er war abgelenkt. Dort hinten war jemand...da!

Er bekam einen Hauch Rosa ins Gesicht und senkte möglichst unauffällig den Kopf, damit Kira nicht sehen konnte was mit ihm war.

Doch Kira war seinem Blick gefolgt und hatte auch das, sich küssende Liebespaar gesehen. Sie grinste anzüglich.

"Was hast du denn, kleiner Bruder? Hättest du auch gerne eine Freundin?"

"Ach hör auf damit Kira!", fuhr sie Ren an.

Ihre Eltern drehten sich zu ihnen um. "Was ist denn?"

"Nichts..."

"Ren schwärmt davon, dort hinten im Schatten zu stehen und ein hübsches Mädchen zu verführen!"

"Na wenn es weiter nichts ist!", lachte Link. Ren schaute seinen Vater empört an.

Den letzten Abschnitt des Weges legten sie im tieferen Wasser schwimmend und schweigend zurück. Schließlich kamen sie auf der anderen Seite der Quelle auf einer kleinen Insel an Land und gingen durch einen dunklen Eingang.

Es war wirklich schon etwas länger her, dass Ren bei einer der großen Feen gewesen war, doch er wusste, dass sich nichts verändert hatte hier in der Feenquelle. Sie schritten durch den Eingang und merkten, dass es wärmer wurde. Sie traten sie durch ein helles Licht in die eigentliche Quelle. Und es war wie erwartet. Der steinerne Weg in der Mitte der Quelle, mit dem silbern leuchtenden Wasser, war wie immer mit denselben hellen Steinen gepflastert und führte zum Schrein der großen Fee. Zwei große Fackeln standen zu beiden Seiten des steinernen Wasserbeckens, aus dem schon das vertraute Lachen zur Begrüßung herauhallte. Ren schmunzelte: Gleich würde es lustig werden! Sein Vater mochte die Besuche bei den großen Feen nicht besonders. Sie verhielten sich ihm gegenüber immer sehr...merkwürdig.

Normalerweise zeigte sich die Fee nie sofort den Besuchern ihrer Quelle, aber bei ihnen machte sie eine Ausnahme. Da flog sie schon aus dem Wasserbecken heraus und lächelte sie wie immer an.

"Hallo meine Lieben! Schön euch zu sehen! Link mein Süßer! Du siehst immer besser aus kommt es mir vor. Du könntest mich ruhig öfter mal besuchen", schmollte sie. Link schaute sich die hübschen Runen am Beckenrand an. Einen nach dem anderen begrüßte die Fee die anderen. Bei Ruto verneigte sie sich ernst. Wieder einmal erinnerte sich ihre Familie, dass Ruto eine der Weisen war und somit noch höher gestellt war, als die große Fee. Diese wandte sich nun an Ren.

"Ja du weißt natürlich warum du da bist, mein Süßer. Ich bedaure es nicht zu sehr, dass es heute nicht um deinen Vater geht", sie zwinkerte Link zu," denn du bist auch sehr attraktiv.“ Ren senkte verlegen den Blick und schnappte einen Blick seiner Schwester auf, die ihn angrinste.

"Zuerst lasse mich dir noch einmal zu deiner Ernennung zum Kronerben gratulieren! Ich in mir sicher, dass du deine Sache gut machen wirst!"

"Vielen Dank große Fee", entgegnete Ren mit möglichst klarer Stimme.

Die Fee wandte sich an Ruto: "Ein sehr wohlerzogener junger Mann...Nun", sagte sie wieder an Ren gewandt, "Ich kann nun nichts anderes mehr tun als dich meine Segnung empfangen zu lassen. Bist du bereit?"

"Ja das bin ich!"

"Nun denn: Dann sei gesegnet!", sagte sie schlicht. Sofort spürten alle die magischen Energien die durch den Raum flossen und schließlich wurde Ren von einer grünen Aura umgeben. Das ganze dauerte noch nicht einmal 10 Sekunden.

"Ich hoffe ihr besucht mich bald wieder! Das gilt natürlich besonders für dich mein süßer Link!", ergänzte sie schmeichelnd und beugte sich soweit vor, dass ihre Nase beinahe die von Link berührte, sodass dieser einige Schritte nach hinten stolperte. "Bis bald meine Lieben. Ich freue mich schon auf euren nächsten Besuch!"

Gemessen verließen sie die Feenquelle, bis auf Link, der so schnell herausging, dass es gerade noch keine Beleidigung war.

Auf dem Rückweg durch die Quelle und das Zorareich, zogen Ruto, Kira und Ren Link auf, doch als sie an der Stelle vorbeikamen, wo sich vorhin das Liebespaar geküsst hatte, da wandte sich die Aufmerksamkeit wieder Ren zu.

Als sie im Palastteil des Reiches ankamen, war Zen schon im Bett. Nur Zerk wartete treu auf die Rückkehr von ihnen und Ruto ließ ihn schlafen gehen und wies ihn streng an morgen länger zu schlafen. Er lächelte, verneigte sich und sagte mit seinem Blick: „Das wird nicht geschehen!“. Als auch Ren gerade auf sein Zimmer gehen wollte, hielt ihn Link zurück.

"Ren, warte noch einen Augenblick, ich muss mit dir sprechen. Du weißt, dass du jetzt erwachsen bist und noch dazu der Anwärter auf ein hohes Amt. Du hast natürlich viele Geschenke bekommen, aber ich wollte dir noch eins geben: Eine Reise mit zu den Verlorenen Wäldern und zu den Kokiri! Und anschließend, wenn du willst, eine Reise durch ganz Hyrule. Als zwei gleichgestellte erwachsene Personen!"

Ren wusste nicht was er sagen sollte. Das kam sehr unerwartet für ihn. Er brachte nur ein schwaches „Wirklich?" mit etwas heiserer Stimme zustande. Kira und Ruto lächelten sich hinter seinem Rücken hinweg an. Sie wussten, dass das bestimmt das schönste Geschenk für ihn war und selbst den herrlichen Schild übertraf. Er war natürlich der größte Verehrer seines Vaters, und hatte schon alle Orte besucht, an denen Link schon gewesen war, aber er war noch nie im Kokiriwald gewesen. Und das obwohl er schon immer sehen wollte, wie sein Vater aufgewachsen war. Ein wirklich unerwartetes aber sehr willkommenes Geschenk. Nachdem sich Ren bei seinem Vater herzlich bedankt hatte gingen sie alle schlafen. Ruto war sich nicht ganz sicher, aber hatte sie da ein Glitzern in Rens Augen gesehen, als der seinen Vater umarmte?

Im Bett schlief Link schnell ein. Es war auch für ihn ein anstrengender Tag gewesen. Ruto betrachtete ihn Weile gedankenverloren. Die Angelegenheit von vorhin hatte sie natürlich noch nicht vergessen, aber sie schob sie zunächst auf. Bevor sie selbst einschlief verwandelte sie sich im Stillen jedoch noch mal zur einer der Weisen und gab ihrem Sohn ihren eigenen Segen....

Reisevorbereitungen

Teil 1: Die Vorahnung
 

Kapitel 6: Reisevorbereitungen
 

Sie sollten morgen in aller Frühe aufbrechen.

"Nur noch einen Tag", dachte Ren sehnsüchtig. Die Festlichkeiten waren vorüber und die Gäste und Abgesandten alle schon abgereist. Es ging im Reich wieder ruhig zu. Er konnte es immer noch nicht so ganz fassen. Er würde zum ersten Mal wirklich das ganze Reich als solches bereisen. Er würde endlich den Ort sehen, in dem sein Vater aufgewachsen war. Das interessierte ihn natürlich besonders. Sein Vater hatte ihm immer viele lustige Geschichten über den Kokiriwald erzählt und er konnte es kaum noch erwarten selbst den Duft der wilden Waldbäume einzuatmen....das Lachen des kindlichen kleinen Kokirivolkes in seiner natürlichen Umgebung zu vernehmen...versuchen sich durch die verlorenen Wälder zu kämpfen ohne sich zu verlaufen.

Am meisten freute er sich wahrscheinlich auf das Wiedersehen, mit seiner Tante Salia. Unwillkürlich musste er lächeln. Seine Tante Salia war ein ganz besonderes Wesen einmal davon abgesehen, dass sie eine der sieben Weisen war. Sie war lustig, immer zu Späßen aufgelegt und stand immer hinter ihren Freunden. Ja, auf dieses Wiedersehen freute er sich wahrscheinlich am meisten. Sonst sah er seine Tante, wie auch alle anderen Angehörigen der Kokiri nur beim Fest des Sieges, da dies der einzige Tag war, an dem es dem Waldvolk vom Dekubaum erlaubt war ihre Heimat zu verlassen.

"Tante...sie reicht mir kaum bis zur Hüfte!", dachte Ren mit einem dicken Grinsen auf dem Gesicht. Er saß in einer niedrigen kleinen Nische, die mit einer Art grünlicher Algen verdeckt war. Die Nische war eine natürliche Höhle innerhalb des Zorareiches. Es gab derer viele. Da das Reich nur aus einem einzigen großen Höhlensystem bestand, gab es natürlich entstandene Höhlen und solche, die von den geschickten Händen der Zoras angelegt worden waren. Wenn man das Reich durch das Tor hinter dem Wasserfall, welches nun an geschäftigen Tagen allen Leuten offen stand, betrat, trat man zunächst in die große Haupthöhle. Diese bestand aus dem großen See und einer Vielzahl von Wegen um ihn herum. Das Wasser selbst kam aus vielen kleinen Zuflüssen in den See, doch der größte Wasserzuschuss wurde dem See von dem Wasserfall gegeben, der in einem sanften, ja fast beruhigenden Rauschen aus einer dunkleren Höhle im oberen Teil des Felsens hinabbrauste. Die Wände zeigten viele Eingänge zu kleinen und großen Räumen, Durchgänge in andere Teile des Reiches und einfache kleine Nischen, in denen viele nützliche kleine Alltagsgegenstände lagen. An den Wänden hingen Fackeln, die jedoch nur des Nachts und auch dann nicht immer und nicht überall angezündet wurden. Licht wurde dem Reich durch viele kleine Schächte und Nischen, die an die Oberfläche gingen, hinzugeführt. Diese Nischen und Schächte waren manchmal so geschickt angelegt, dass nur der helle, freundliche Sonnenschein oder das beliebtere und sanftere silberne Licht der Sterne und des Mondes zusehen waren, ohne jedoch den Standort des jeweiligen "Fensters" zu verraten.

Von diesen Schächten gab es in der Haupthalle einige, aber nicht wirklich viele und so lag sie meistens im einem angenehmen Dämmerlicht dar. Wenn man sich aber die Wände betrachtete, dann dachte man ohnehin so nicht an die zahlreichen kleinen "Fenster". Man war viel zu sehr abgelenkt von den Wänden an sich. Denn diese waren im ganzen Reich voller Schriftzeichen der Zoras, die eine schöne und elegante geschwungene Schreibart hatten und anderen Verziehrungen. Die Schriftzeichen gab es in allen verschiedenen Farben, um die Eintönigkeit der Zoradomäne zu dämpfen und auch in verschiedenen Größen. Diese Schriftzeichen wiederum wurden durch von geschickten und berühmten Künstlern gemalten Bildern in den Schatten gestellt, welche verschiedene Szenen nicht nur aus der Geschichte der Zoras zeigten, sondern der von ganz Hyrule. Die Aufmerksamkeit für die Malereien ihrerseits wurde durch hervorragende und zum Teil lebensechte Meisterwerke der Steinmetzkunst abgelenkt. Diese waren erst nach Ganondorfs Sturz gebaut worden, als Goronen sich das ihnen vollkommen neue und seit undenklichen Zeiten nicht mehr betretene Zorareich ansahen und dort hervorragende Arbeiten leisteten. Es gab Statuen und Säulen, abstrakte Kunstwerke von denen keiner wusste was sie darstellen sollten und wunderbare Springbrunnen, die alle in den Wänden aus dem Fels gemeißelt worden sind. Da dies auch Links Zuhause war, gab es natürlich besonders viele Malereien, Statuen und derlei, die von seinen Abenteuern handelten.

Obwohl Link eigentlich nicht wirklich im Zorareich zuhause war.

Das rief sich Ren ins Gedächtnis, als er merkte, dass er die Zeit vergessen hatte und dass seine Familie wahrscheinlich schon auf ihn wartete. Schnell lief er aus der Kammer und rannte den nicht kurzen Weg zur Haupthalle zurück. Mit dem dortigen Warpportal wollten sie an den Hyliasee gelangen, an dem ihr Haus lag.

Ren rannte um zahlreiche Ecken und musste drei Höhlen überqueren, die regelrechten Königshallen nachempfunden waren, so groß wie sie waren. Doch nach ungefähr einer Viertelstunde kam er aus einem Gang in die obere Haupthalle gerannt. Er sah, dass seine Familie auf einer steinernen Plattform mitten im See auf ihn wartete, wie er es sich bereits gedacht hatte.

Schon von weitem ahnte er den vorwurfsvollen Blick seiner Mutter mehr als er ihn sah.

Als mit einem gelungenem Kopfsprung ins Wasser sprang und nach wenigen Augenblicken auf die Plattform steigen wollte kam er noch nicht einmal dazu eine Entschuldigung zu murmeln. Die Stimme seiner Mutter zerschnitt die Ruhe, die über dem See herrschte.

"Nein ich will nicht einmal wissen, wo du warst und was du gemacht hast. Komm jetzt wir sollten gehen" Ohne mit der Wimper zu zucken stieß sie ihn wieder zurück ins Wasser. "Ich war nur noch ein bisschen unterwegs...."

"Mit einem Mädchen?", hakte Kira sofort in glühendem Eifer nach.

Ren überging ihren Kommentar und tauchte unter. Unter Wasser hörte er das gedämpfte Geräusch seiner ins Wasser springenden Familie. Sie tauchten zu dem Warpportal, das an einem Ende des Sees die Zoradomäne mit dem Hyliasee verband. Auf dem Grund des Sees schwammen einige kleine Fischschwärme an ihnen vorbei und schwammen davon. Wasserpflanzen gab es hier nur sehr wenige, doch es gab viele große und noch mehr kleinere Muscheln. Das Warpportal war schlicht gehalten. Es bestand aus dem Loch, dem eigentlichen Portal, das in einen Marmorblock hineinführte und wurde von zwei kleinen Pfeilern flankiert. Er schwamm hindurch. Sofort wurde er von dem vertrauten warmen Sog erfasst und bereits in nächsten Augenblick war er schon im Hyliasee. Kurz darauf kamen die anderen auch an und als alle da waren, schwammen sie gemeinsam zu ihrer Wohnung.

Diese lag an der Stelle, an der der Fluss aus dem Canyon in den See mündete und war zum größten Teil eine Höhle.

Man konnte sie von hier schon sehen. Während sie nach Hause schwammen betrachtete Ren das Ufer. Es war ein schöner Tag: Der Himmel war blau und die Sonne schien, so dass sie auf dem See an einer Stelle blinzende Reflektionen warf. Es war warm.

Und es war so ruhig wie immer. Ren glaubte, dass seine Eltern diesen Platz zum Leben ausgewählt hatten, weil sie hier ihre Ruhe hatte, meistens zumindest. Außerdem war die Gegend rund um den Hyliasee sehr schön und idyllisch und es gab da natürlich noch die praktische Verbindung zum Zorareich, sowie den Eingang zum Wassertempel. Doch in erster Linie ging es um die Ruhe. Davon hatten sie soviel, wie nirgendwo sonst in Hyrule.

Am See lebten nicht viele Leute. Das alte Laboratorium, das schon seit mehr als zwanzig Jahren dastand, stand immer noch und wurde immer noch von dem Glotzfrosch liebenden, exzentrischen Wissenschaftler Mortimer bewohnt. Der war in den 20 Jahren laut Link nicht so sehr äußerlich gealtert, doch schien er noch etwas verrückter geworden zu sein. Trotzdem war er ein aufmerksamer und ruhiger Nachbar und riss sich nicht immer darum, mit dem Helden der Zeit und seiner Familie irgendwie in Kontakt zu kommen. Außer ihm gab es nur noch die Bewohner eines kleinen Dorfes, das aus vielleicht drei dutzend vereinzelt in der Gegend stehenden Häuschen bestand. Auch diese Leute verhielten sich ruhig, obwohl sie Links Familie immer mit übertriebenem Respekt behandelten und sich meistens mit einer schrecklich nervigen Ehrfurcht mit ihnen unterhielten. Kira meinte, dass die Bewohner des Dorfes sich auf ein Wort von ihr augenblicklich in den Staub werfen würden. Ren und Zen unterhielten sich manchmal darüber, ob Kira das nicht schon einmal ausprobiert hatte und waren immer noch zu keinem richtigen Ergebnis gekommen.

Sie stiegen vor ihrer Haustür aus dem Wasser. Für alle die sich nicht gerne ins Wasser begaben, weil sie nicht nass werden wollten, oder nicht schwimmen konnten, war vor Jahren eine kleine solide Brücke gebaut worden. Diese war die zweite Anfertigung: Die erste hatte Link selbst gebaut, doch nachdem sie eingestürzt war, als Talon ihnen Milch von der Lon-Lon-Farm bringen wollte, hatte er es den Zimmerleuten überlassen die Brücke wieder in Stand zu setzten. Sie war aus Holz und war auf Rutos und Links Wunsch hin schlicht gehalten. Auf dem etwa 2 Meter breiten Übergang war lediglich das Triforce Symbol zu sehen, während die vier Pfeiler an den beiden Enden lediglich von einer schlichten Holzkugel gekrönt wurden. Die Brücke überspannte ein rasch fließendes kleines Seitengewässer und führte zu dem schmalen Landstrich auf dem sich Rens Familie gerade befand und der zum Eingang in ihre Wohnung führte. Eigentlich war es schon mehr ein kleines Tor als eine schlichte Tür Die zwei Flügel waren aus einem besonders leichten Holz gebaut und trotz ihrer eisernen Beschlagung waren sie von innen leicht aufzuschwingen. Die Beschlagung hatte einen schönen beinahe polierten Glanz und war mit winzigen und wunderschön gearbeiteten Szenen aus Links Abenteuern geschmückt. Man konnte sehen, wie er gegen Volvagia, Ganondorf und Morpha kämpfte. Es gab Szenen auf denen er zu sehen war, wie er Fallen in verschiedenen Tempeln überwand und es gab Szenen in denen Link einfach nur im Vordergrund eines der hylianischen Reiche stand. In der Mitte war das Triforcezeichen im Eisen eingraviert und mit Gold überzogen worden. Es strahlte etwas mystisches und ehrfurchtgebietendes aus, auch wenn es nur eine schöne Nachahmung war. Da ihre Tür immer unverschlossen war, stießen sie sie einfach auf und traten ein. Ihre Wohnung war zwar sehr schön und freundlich, doch war sie kein übertrieben dekorierter Palast, wie man vielleicht erwarten würde. Die runde Haupthalle, in die sie jetzt traten, hatte einen Durchmesser von vielleicht 6 Metern. Die Decke, die nichts anderes war als das natürliche Felsgestein, wurde von einigen schmalen blauen Marmorsäulen gehalten. Der Boden, der ebenfalls aus Marmor gearbeitet wurde, bestand hingegen nicht nur aus blauen Platten, sondern formte sich in der Mitte der kreisförmigen Halle zu einem Mosaik, das aus vielen kleinen, bunten Steinchen bestand. Es zeigte in wunderbarer Detailgenauigkeit Link und Ruto bei ihrer Hochzeit. Die natürliche Decke wurde einst ausgehöhlt, so dass eine kleine Kuppel entstand und wurde geziert von einem Aquarium, das zu Hälfte in die Halle hineinging und zur Hälfte auf dem Dach in einer Aushöhlung stand. Das Aquarium war aus dem schönsten Kristall gearbeitet, dass man in Hyrule finden konnte und war mit klarem Wasser gefüllt, welches das unten liegende Mosaik beschien. Der Effekt war besonders schön, wenn das Licht von Sonne, Mond oder Sternen genau in das Wasser der Kristallkuppel schien und dann auf das Mosaik gebrochen wurde. Die Wände der Halle waren ebenfalls aus Marmor, blauem Marmor, und wiesen einige Nischen mit Vasen und kleineren Zierereinen auf.

Sie durchschritte die Halle, wobei ihre Schritte ein sanftes Hallen verursachten und gingen zu der Öffnung, die an deren Ende lag, dem Eingang entgegengesetzt. Diese Öffnung führte zu ihrer eigentlichen Wohnung. Es gab noch einen anderen Durchgang, rechts in der Halle, aber der führte nur zu einem großen Wasserbecken. Als sie die Öffnung durchschritten, trennte sie sich in verschiedene Richtungen. Ruto wollte sich etwas frisch machen und ging auf ihr Zimmer. Link wollte schon einmal seine alte Ausrüstung holen und verließ sie um in eine Art von kleiner Lagerhalle zu gehen. Kira wollte sich etwas zu trinken holen und rauschte in Richtung der Küche davon und Ren, der alles was er brauchte bei sich im Zimmer aufbewahrte, stieg eine Treppe hinauf um dorthin zu gelangen. Die eigentliche Wohnung von seiner Familie war nicht so groß und war eher gemütlich und schön, obwohl zweifellos eine gewisse Attraktivität besaß, dafür hatte Ruto schon gesorgt. Wenn man die Tür, die aus der Eingangshalle herausführte durchquerte, sah man eine große Treppe in ein oberes Stockwerk führen. Dort hatten sie alle ihre Zimmer. Links von der Treppe ging es in einem Gang zu der mittelgroßen Küche und rechts führte ein anderer Gang zu den Gästezimmern und zur Vorrats- und Lagerkammer.

Als Ren in sein Zimmer trat fing er sofort an alles was er für die Reise benötigte einzupacken und schmiss alles auf sein schlichtes Bett. Ohnehin war alles in Rens Zimmer schlicht, so wie er es halt bevorzugte. Es hatte ein Fenster, ein normales Bett, einen Schrank, in dem nur wenige Kleidungsstücke zu finden waren, dafür aber umso mehr Ausrüstungsgegenstände und ein kleines Regal. Ansonsten nichts, außer einem dünnen Wasserrinnsal, welches mit einem beruhigenden Murmeln durch sein Zimmer floss und dann in einem Loch in der Wand verschwand, wo es durch einige kleine Leitungen floss und anschließenden irgendwo draußen wieder ans Licht trat. Ren hörte, wie seine Mutter an seiner Tür vorbei ging und dachte, dass sie vermutlich etwas zu essen machen wollte. Zen war als sie angekommen waren nicht mir hineingekommen war, sondern war draußen geblieben, um in ihrer Koppel die Pferde zu versorgen.

Seine beiden Geschwister und seine Mutter würden morgen wieder in das Zorareich gehen und dort wahrscheinlich so lange bleiben, wie Ren und Link weg waren. Ren konnte seine Aufregung kaum noch halten. Nur noch eine Nacht und dann würde es endlich soweit sein!

Den Rest des Tages verbrachte er sehr unruhig und überprüfte ständig, ob er an alles gedacht hatte: Sein geräumiger Rucksack enthielt zwei Flaschen, einen kleinen Köcher mit Pfeilen, Medizin, etwas zum Umziehen und würde am nächsten Tag zusätzlich mit ausreichend Verpflegung für ihn selbst und sein Pferd beladen. Schließlich, ihm erschien es wie eine Ewigkeit, wurde es Nacht und sie legten sich ins Bett.

Allerdings konnte er nicht einschlafen. Dazu war er viel zu aufgeregt. Mehrmals stand er auf, um zu überprüfen, ob er an alles Wichtige gedacht hatte und er fühlte sich mehr wie ein aufgeregtes kleines Kind als ein Erwachsener, der morgen eine längere Reise antreten würde. Doch schließlich schlief er doch noch ein, nur um selbst in seinen Träumen noch an die Reise zu denken.

Etwas hat sich verändert

Teil 1: Die Vorahnung
 

Kapitel 7: Etwas hat sich verändert
 

Etwas hat sich verändert...

Er konnte es deutlich spüren. Eine kaum wahrnehmbare Veränderung in der heiligen Präsenz des Reiches...

Rauru öffnete die Augen. Was konnte es sein? Was hatte ihn dazu bewogen zum ersten Mal in seinem langen Leben sein Gebet zu unterbrechen? Er konnte es nicht sagen. Alles was er wusste, war, dass sich etwas verändert hatte.

Etwas war anders. Die Veränderung war nicht groß und sie war kaum wahrnehmbar, doch war sie da...und er konnte nicht erkennen, was der Grund dafür war. Etwas beunruhigt schloss Rauru wieder seine alten, tiefgründigen hellen Augen. Seine Lider senkten sich langsam herunter und seine buschigen Augenbrauen warfen leichte Schatten. Auf mentalem Weg nahm er eine Untersuchung durch.

Veränderungen gab es ständig, auch wenn sie in der letzten Zeit im Großreich eher selten waren doch mit dieser Veränderung…stimmte etwas nicht.

Genauer konnte selbst er es nicht formulieren, zumindest jetzt noch nicht. Er konzentrierte sich. Diese Veränderung war sehr tief greifend, wenn sie selbst hier im Tempel des Lichtes zu spüren war. Rasch überflog sein Geist die einzelnen Reiche Hyrules und ihre magischen Präsenzen. Er kam zu dem Schluss, dass die Veränderung im ganzen Land zu spüren sein musste. Jeder, der nur ein wenig von der Magie und der Aura des Mystischen umgeben war, musste es mitbekommen haben. Doch nicht alle konnten erkennen wie tief greifend die Veränderung war. Von Beunruhigung getrieben sammelte Rauru seine Kraft und öffnete das Portal zum geheiligten Reich ein wenig.

Selbst in der Präsenz des heiligsten aller Orte war die Veränderung spürbar, wenn auch nicht so stark, da jede äußere Einwirkung von der schier unermesslichen Kraft, die das Triforce von sich gab, untergraben wurde. Die Kraft war selbst ohne das Triforce an sich, welches leider immer noch in seinen einzelnen Fragmenten auf seine Hüter unterteilt war, noch sehr stark. Allein die Tatsache, dass das Allerheiligste hier einst lange Zeit aufbewahrt wurde, gab dem Ort eine Heiligkeit und eine solche magische Aura, wie sie sonst nirgendwo zu finden war.

So konnten nur solche Wesen die Veränderung spüren, die sich sehr gut mir der Magie und dem Mystischen auskannten. Und Rauru spürte, dass die Veränderung da war...selbst hier...

Doch worin lag die Veränderung? Was war der Auslöser und, was wahrscheinlich die wichtigste aller Fragen war, was für Folgen würde sie mit sich bringen?

"Was wird geschehen? Was ist geschehen?", fragte sich der Weise des Lichtes im Stillen.

Er wusste es nicht. Doch die Angelegenheit schien ihm wichtig zu sein. Er musste die anderen Weisen zu einer Versammlung bitten. Zu einer Versammlung, wie es sie seit Jahren nicht mehr gegeben hatte.

"Rauru..."

Der Weise schlug seine Lider wieder auf und sah sich Prinzessin (Königin, korrigierte er sich) Zelda gegenüber...oder vielmehr Zelda der Weisen der Zeit.

"Mein liebes Kind", Rauru nickte ihr erstaunt zu, "Was tut ihr hier?" Die Antwort darauf konnte er sich natürlich schon denken. Sie musste es natürlich auch gespürt haben.

"Rauru", flüsterte sie mit zittriger, kaum vernehmbarer Stimmer, "Etwas hat sich verändert! Ihr müsst es gespürt haben, Rauru! Jetzt könnt ihr meinen Worten nicht mehr so einfach ihre Kraft nehmen. Jetzt müsst ihr doch begriffen haben. Rauru.....ER", sie spie das Wort förmlich aus, doch brachte die symbolische Geste eher ihre Angst, als ihren Hass gegen ihn zur Geltung, "Er erstarkt von neuem. Jetzt müsst ihr mir glauben. Es muss so sein: Es gibt einfach keine andere Erklärung! Oh Rauru, oberster der Sechs ich bitte euch: Wir müssen etwas unternehmen."

Zeldas ohnehin schon dünne und zittrige Stimme wurde immer schriller. Die nackte Angst stand ihr ins gequälte Gesicht geschrieben.

Rauru empfand tiefes Mitleid mit ihr.

"Armes Kind", dachte er, während er die einst so stolze Prinzessin des Schicksals, wie sie manchmal genannt wurde, betrachtete. Einst war sie wie eine helle Blume gewesen, ein Leuchten in der Nacht. Ihre Stimme war fest, ihre Erscheinung respekteinflößend und jetzt war sie kaum mehr als ein verängstigtes kaltes Mauerblümchen, welches von stählernem Frost überzogen war. Die Leiden ihrer Vergangenheit...sie waren zu viel für sie gewesen. Sie war daran zerbrochen. Die einstige unangefochtene Führerin der sieben Weisen war nichts mehr als ein Schatten ihres früheren Selbst. Er war jetzt der Führer der Weisen. Doch seine Rolle, die eigentlich ihr, die sie sogar eines der heiligen Fragmente trug, zustand, brachte einen traurigen Schmerz mit sich.

Es schmerzte ihn sehr dieses gebrochene, vom Schicksal geschlagene Wesen vor ihm zu betrachten. Die Erinnerung an ihr einstiges Ich schmerzte ihn. Die Gewissheit, dass er zwar der älteste und vielleicht auch der mächtigste, sie aber die wahre Führerin war, schmerzte ihn. Seine Rolle bestand aus großer Verantwortung und Schmerz...dem Schmerz und dem Vorwurf, den er sich schon seit langem gab. Warum nur hatte er es dazu kommen lassen? Wie hatte er in seiner Narrheit nur glauben können, alles würde mit der Zeit vergehen? Daher kam das größte seiner Leiden: Seine nicht erfüllte Verantwortung Zelda gegenüber, die er bestimmt hätte retten können. Nun war sie eine halbe Verdammte: Dazu verdammt mit ihren schrecklichen Qualen, ihren fürchterlichen Leiden alleine zu stehen und sie in all ihrer Grausamen Wahrheit auszukosten.

Salia hat es versucht...sie hatte weitergeblickt als er...weiter als er hätte es tun müssen...

Die vielen Gedanken schienen den kleinen Augenblick, den er Zelda betrachtete, fast eine Ewigkeit werden lassen. Doch schließlich sagte er:

"Mein Kind. Es besteht kein Grund zur Unruhe! Gewiss, ich habe die seltsame und bestimmt besorgniserregende Veränderung auch wahrgenommen, wie wahrscheinlich ein Teil der Bevölkerung Hyrules auch, aber es sei dir versichert, dass es immer noch keinen Grund zur Sorge gibt, meiner Meinung nach!"

Als er das erschrockene ja schon fast panische Aufblitzen in ihren gequälten Augen sah, beeilte er sich hörbar weiterzusprechen:

"Doch versichere ich dir, dass ich deine seltsamen Träume nun ernster nehme und eine gründliche Untersuchung des Siegels vornehmen werde. Doch, wie du sicher weißt, können wir solch wichtige Entscheidungen nicht selber treffen. Ich werde die restlichen von uns in der Halle der Weisen versammeln. Es ist Zeit, dass wir uns alle wieder einmal gründlich unterhalten und einige Entscheidungen treffen."

Die Nachricht schien ihr beinahe körperlich einen Schlag zu versetzten. Sie trat einen Schritt zurück, schaute zu Boden und konnte nur mit Mühe ihre auch so schon brüchige Maskerade aufrechterhalten. "Wie...ihr meint...Oberster. W…Wenn Ihr es...f…für nötig befindet...dann werde ich mich...natürlich nicht...widersetzten...." Ihre letzten Worte waren noch nicht einmal mehr ein Flüstern. Rauru schaute traurig auf das verzweifelte Wesen vor sich, dass einst Prinzessin Zelda gewesen war.

Er wusste natürlich warum ihr die Versammlung eine solche Qual bereiten würde. Es würden alle Weisen da sein, ausnahmslos. Das schloss auch Ruto mit ein, Links Ehefrau.

Von allen ihren Leiden war dies gewiss das größte. Rauru versetzte es einen unangenehmen Stich ihr dieses Treffen zuzumuten, doch er nahm es in Kauf, um denn wenigstens ihre Angst vor den seltsamen Träumen zu dämpfen. Er war sich immer noch sicher, dass die Veränderung nichts mit Ganondorf zu tun hatte. Wahrscheinlich konnte einzig er allein das vollkommene Ausmaß der Macht und der Komplexität des Siegels, das das Tor zu dem Gefängnis des Großmeisters des Bösen verschloss, ermessen. Er konnte nicht so früh ausbrechen...das war einfach unmöglich...

Rauru nickte Zelda freundlich zu und bedeutete ihr so sich zur Halle der Weisen zu begeben. Sie mussten auf mentalem Wege dorthin reisen, denn gewöhnliche Gesetzte wie die der Entfernung und die simple Logik versagten in seinem Herrschaftsbereich. Und die Halle der Weisen, die neben dem heiligen Reich selbst, den wichtigsten Ort in Hyrule bildete, befand sich in einer geschützten Zwischenstufe, noch nicht zum heiligen Reich zugehörig, doch schon außerhalb der Gesetze von Raum und Zeit.

Nachdem alle eingetroffen waren und sich gegrüßt hatten, Zelda schien unter der Last sich in unmittelbarem Kontakt, mit der Frau, die mit dem Mann, den sie so sehr liebte, verheiratet war, zu stehen, fast zusammenzubrechen, eröffnete Rauru die Versammlung mit den einfachen und doch so gewichtigen Worten:

Etwas hat sich verändert!

Die Hylianische Steppe

Teil 1: Die Vorahnung
 

Kapitel 8: Die Hylianische Steppe
 

Der Mond nahm wieder zu und war als eine dünne Sichel schwach am nächtlichen Himmel zu sehen. Es war eine dunkle Nacht: Gewaltige Wolken schoben sich zwischen das Land und die Licht spendenden Nachtgestirne, so dass die Steppe in eine beklemmende Düsternis getaucht war.

Es war der dritte Tag nach ihrer Abreise und trotz der dunklen und unfreundlichen Nacht war Ren bester Laune. Die Abreise vor drei Tagen war zügig von statten gegangen. Er und sein Vater hatten sich von ihrer Familie verabschiedet und waren in einem überstürzten Galopp hinaus in die Steppe geritten. In den darauf folgenden Tagen war es etwas kühler geworden, dennoch blieb es trocken und die Reise gestaltete sich ziemlich behaglich. Sie waren nach dem kleinen anfänglichen Wettrennen, das Link klar für sich entscheiden konnte, gemütlich und ohne Hast weiter geritten. Ren bewunderte die Reitkünste seines Vaters, wie er auch seine Talente im Schwertkampf und Bogenschießen bewunderte. So wie er es mit Schwert und Bogen tat, so schien es beim Reiten, als würde Link mit seinem Pferd zu einem einzigen Lebewesen verschmelzen. Es schien fast als könne er seiner treuen Stute Epona seine Gedanken übermitteln, das kluge Geschöpf wusste scheinbar instinktiv, was sein langjähriger Freund von ihm wollte. Denn als Eponas Herren konnte man Link wahrlich nicht bezeichnen. Die Stute war zu stolz, als dass sie sich jemandem durch Gewalt unterwerfen würde. Die Verbindung zu Link ging viel tiefer. Während er damals quer durch das ganze Land reiste, um die Weisen aus ihrer Gefangenschaft zu befreien und das Land nach und nach von Ganons Bosheit zu säubern, war er fast ständig alleine gewesen. Seine Bekannten und Freunde hatten genug damit zu tun, ihre Existenzen aufrecht zu erhalten und außerdem wäre jede Art von Reisegruppe zu auffällig gewesen. So war er denn alleine durch die weiten Ebenen der Steppe gereist, oder war mit Hilfe der magischen Melodien auf den Magieströmungen des Landes gefahren. Gesellschaft wäre ihm ohnehin nicht recht gewesen zu dieser Zeit, allzu viel ging in ihm vor. Als er schließlich zur Lon-Lon-Farm kam, die damals unter Basils Führung stand, sprach er Malon und ihrem Vater Mut zu und rettete Epona vor dem Schicksal Ganondorfs neues Pferd zu werden. Fortan war Epona sein einziger ständiger Begleiter. All die harten Zeiten hindurch, blieben sie zusammen und entwickelten eine tiefe Freundschaft. Die höchst war in höchstem Maße intelligent und zeigte bisweilen sogar menschliche Züge, etwas was wohl nur im magischsten aller Länder, Hyrule, vorkommen konnte. Ohnehin war Epona ein erstaunliches Pferd: Sie konnte ihre Lieblingsmelodie von überallher vernehmen, wenn Link sie auf einem magischen Instrument spielte und setzte sich alsdann in Bewegung. Schnell und ausdauernd wie sie war, erreichte sie ihr Ziel in kürzester Zeit. Nach Ganondorfs Niederlage wurde das kluge Tier von den Weisen gesegnet und alterte nun viel langsamer als es bei gewöhnlichen Pferden der Fall war. So kam es, dass Epona immer noch eines der besten Rösser des Landes war. Da auch Rens eigenes Pferd, ein Kind Eponas und ebenfalls eine temperamentvolle Stute, äußerst schnell und kräftig war, waren er und sein Vater rasch vorangekommen.

Da sie es nicht eilig hatten, gönnten sich Vater und Sohn mehrere Pausen. Doch obwohl sich beide freuten wieder in der Hylianischen Steppe zu sein, und ungezwungen durch die weiten Lande zu reiten, mieden sie die Bevölkerung. Beide konnten sich die Reaktion der Landbevölkerung vorstellen, wenn plötzlich der Held der Zeit vor ihrer Tür stehen würde. Selbstverständlich wäre jedermann wie vom Schlag getroffen den größten lebenden Helden des Kontinentes und seinen Sohn mitten im Hinterland Hyrules zu treffen, doch das würde sich schnell legen und bereits nach kurzer Zeit würden sich alle anbieten alles Mögliche für sie zu tun: Ihnen Proviant zu geben, sie als Pferdebursche zu begleiten, ihnen Unterkunft zu gewähren… Das beste Beispiel war das Dorf in dem sie gestern übernachtet hatten. Denn obwohl sich Link gut in der Steppe auskannte, hatten sich in dieser nun mehr Leute, als er es je erwartet hätte, angesiedelt und so waren sie gemütlich über einen Hang geritten, nur um am anderen Ende überrascht an einem Dorf vorbeizukommen. Es war nicht groß, denn tatsächlich waren sie hier einen Marsch von mehreren Tagen von der Lon-Lonfarm und ihrer Umgebung entfernt, was der nächste dicht besiedelte Strich im Land war, und so lebten im hinteren Teil der Steppe nicht viele Leute.

Es handelte sich bei dem Dorf eine Ansammlung von etwa 30 kleinen Häuschen und dazugehörigen Feldern, die in einer unübersichtlichen Ordnung um ein größeres Haupthaus angelegt waren. Die Bewohner hatten sie entdeckt, bevor sie wenden konnten und so mussten sie deren übertriebene Gastfreundschaft notgedrungen annehmen. Das Haupthaus wurde eigens für sie, bis auf einige Diener, vollkommen geräumt und Bezahlung für das Mahl, das fünf Männer satt bekommen hätte, wollten der Dorfschulze und die Bewohner nicht entgegennehmen.

Zurzeit hatten sie sich jedoch ein gemütliches Lager in einer kleinen Mulde eines grünen Hanges in sicherer Entfernung von allen Bewunderern und Wohltätern eingerichtet. Sein Vater war bereits eingeschlafen, doch Ren konnte wie so oft nicht ein Auge zu tun. Er hatte eine Zeit lang in den Himmel geschaut, war dann aber, angesichts der Dunkelheit, aufgestanden und auf die Spitze des Hanges gestiegen. Von dort hatte er in östliche Richtung geblickt, denn dort lagen die Kokiriwälder, die sie, wie sein Vater gesagt hatte, am folgenden Tag erreichen würden. Bereits jetzt schien die Veränderung des Landes sichtbar zu sein, denn sie waren in den letzten Stunden ihres gemütlichen Ritts auf mehr Bäume gestoßen als man es in der eher kargen Steppe gewohnt war, und hatten sogar einige kleine Ansammlungen von Hecken, Sträuchern und kleinen Dickichten passiert. Ren war so aufgeregt, wie er es angesichts der Zeremonie vor einigen Tagen nicht für möglich gehalten hätte. Morgen würde er endlich den Ort sehen, an dem sein Vater aufgewachsen war als er noch ein normaler Junge gewesen war. Er freute sich natürlich auch auf das Wiedersehen mit Salia und den anderen Kokiri. Link hätte ihn schon viel eher dahin mitnehmen sollen. Ren nahm es seinen Eltern etwas übel, dass sie mit ihren Kindern so wenige Reisen unternommen hatten, doch er konnte verstehen, dass sie keine Lust darauf hatten, sich von einer Menschenmasse zur nächsten zu begeben.

Er seufzte lautstark. Zu viel Denken würde die Wälder auch nicht näher bringen. Sie hatten morgen noch einen Weg vor sich, deshalb sollte er doch noch versuchen etwas Schlaf zu finden. Als er sich umdrehte, brach unerwartet das Licht der schmalen Mondsichel durch die dunkle Wolkendecke und Ren versuchte in der Ferne die Lon-Lon-Farm zu erspähen. Da sie an dem höchsten Punkt der Steppe erbaut war, die überall genau zu diesem Punkt anstieg, war sie bei günstigen Wetterverhältnissen (die seit Ganons Sturz sowieso die Regel in Hyrule waren) von fast überall zu sehen, als ein dunkler Schatten vor dem Horizont oder sogar als ein gut zu sehender, scharf umrissener Ort.

Es war in eben diesem Moment, als er die Farm nicht ausmachen konnte und wieder in das kleine Schlaflager gehen wollte, als sich die Wolken wieder vor den Mond schoben und er von plötzlicher Dunkelheit umhüllt war, dass er die seltsame Veränderung in den magischen Ebenen des Landes spürte, und dass Link wegen eines Alptraumes aus dem Schlaf schreckte. Auch er nahm augenblicklich die Veränderung wahr und setzte sich gerade auf. Wachsam schaute er sich um, als erwartete er einen Angriff. Zu sehr fühlte er sich in frühere Zeiten versetzt, als jede Nacht in der Steppe seinen Tod bedeuten konnte.

„Vater!“, rief Ren und legte den letzten Rest des Weges laufend zurück. „Spürst du das?“

Link nickte nur und stand auf. Ja, kaum spürbar aber dennoch vorhanden. Ein nicht in Worte fassbares Phänomen.

„Hast du eine Ahnung, was geschehen ist?“, fragte ihn sein Sohn, der sich nun ebenfalls wachsam umsah.

„Nein, ich weiß es nicht…ich kann nicht einmal sagen, was genau sich verändert hat…“

„Mir geht es genauso.“ Links Sohn bemerkte, dass die Pferde unruhig waren und beruhigte sie mit leisen, freundlichen Worten. Als er sich umdrehte bemerkte er, dass sein Vater die rechte Hand auf den linken Handrücken gelegt hatte und nachdenklich in den Norden blickte. Natürlich wusste Ren, wie nahezu alle Bewohner des Landes, was sich auf Links linken Handrücken befand: Eine blasse Abbildung des Triforce, deren linkes unteres Dreieck sich farblich leicht von den anderen beiden abhob. Niemand wusste was die Farbe genau ausmachte, es schien als wäre es ein schwaches, gedämpftes Leuchten aus dem Inneren der Hand, doch jeder wusste wofür das Symbol stand: Es machte Link als den Träger des Triforcefragmentes des Mutes kenntlich.

Für gewöhnlich war das Zeichen eher unscheinbar. Nichts Besonderes. Doch Ren wusste, dass es in gleißendem Licht erstrahlen konnte. Er konnte sich jedoch nicht erinnern, dass so etwas seit Ganondorfs Niederlage jemals geschehen war. Sein Vater sprach nicht von der großen Macht, die ihm innewohnte. Ein Drittel des heiligsten Objektes der Welt, das von den Göttinnen selbst stammte. Ein Drittel der größten Macht der Welt.

„Wollen wir weiterreiten?“, fragte Link unvermittelt und riss Ren aus seinen Gedankengängen.

„Jetzt?“, entgegnete der Zoraprinz überrascht, woraufhin ihn sein Vater mit deutlich skeptischer Miene fragte, ob er noch weiterschlafen könne. Ren fuhr sich über die Augen und nickte.

„Du hast Recht, wir werden wohl doch nicht mehr einschlafen.“

Sie packten ihr Gepäck zügig zusammen, sattelten die Pferde und ritten los. Das weiche Gras der Steppe dämpfte wie gewöhnlich die Geräusche ihrer Reise. Lediglich das Rauschen des Windes, und ein gelegentliches Rascheln im teilweise tiefen Gras oder aus den wenigen Bäumen und Sträuchern, bewahrten die beiden vor völliger Stille. Sein Vater hatte Ren einst anvertraut, dass er diesen Zustand als sehr angenehm empfand. Es war als würde man durch eine zeit- und gesichtslose Welt schweben, die einem nur Raum für die eigenen Gedanken ließ. Viele wichtige Entscheidungen hatte Link zur Zeit der Befreiung Hyrules in eben solchen Momenten getroffen. Noch in der Sesshaftigkeit suchte er einen Ersatz für diese Stunden der gedanklichen Klarheit und fand die Mondnächte über dem Hyliasee als ähnlich erholsam. Während sie denn so durch das Dunkel ritten, das hin und wieder von schwachem, silbernen Licht erhellt wurde, kamen sie nicht umhin ihren Gedanken nachzuhängen.

Ernste und weniger ernste Gespräche

Teil 1: Die Vorahnung
 

Kapitel 9: Ernste und weniger ernste Gespräche
 

"Wir sind da!", sagte Link mit einem zufriedenen Ausdruck auf dem Gesicht. Ren nickte erfreut. Unter ihnen breitete sich der Wald aus. Die Bäume, die sich in den letzten Stunden für die Steppe unnatürlich gehäuft hatten, schienen sich genau auf diesen Ort hin zu sammeln und bildeten den Waldrand. Von ihrer erhöhten Position aus konnte Ren den Lauf des Waldes ein Stück weiterverfolgen, ehe er sich in einem nebligen Dunst seinem Blick entzog.

Link gab seinem Pferd die Sporen und Ren setzte ihm sofort nach. In den letzten Stunden war es wieder ein wenig kühler geworden und die Sonne schien heute eher blass als strahlend am bewölkten Himmel. Sie waren bereits zur Mittagszeit am Wald angekommen, denn sie waren in der Nacht ohne Unterbrechung geritten. Ren schauderte als er sich an die Veränderung vor einigen Stunden erinnerte und an die Atmosphäre, die danach gefolgt war. Gesprochen hatten sie kaum über das Geschehene. Doch die unangenehmen nächtlichen Ereignisse wurden, in Ren zumindest, von der Aussicht auf die Zeit im Wald verdrängt. Link hingegen war noch immer sehr nachdenklich, doch natürlich war auch er froh die Wälder erreicht zu haben. Sie würden ihn von seinen Gedanken ablenken. Er warf einen raschen Blick auf seine linke Hand, blickte dann jedoch schnell wieder zum Wald.

Er würde nun zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder den Ort betreten, an dem er aufgewachsen war. Als sich seine Welt noch auf das kleine Kokiridorf und die Wälder, die es umgaben, beschränkt hatte. Er würde sich gut konzentrieren müssen, damit er den Weg ins Dorf fand. Die äußeren Wälder mochten noch für jedermann zugänglich sein, doch die eigentlichen magischen Wälder, bekannt als Kokiriwald, waren durch mächtige Zauber von der Außenwelt abgeschirmt. Dennoch gab es einen sehr alten Pfad ins Waldesinnere, der denen dienen sollte, die reinen Herzens waren und die vielleicht von der Magie des Waldes verschont wurden. Wer den Pfad angelegt hatte und aus welchen Gründen genau, das wusste Link nicht, doch kam er ihnen jetzt zu Gute, denn ohne ihn hätten sie Tage nach dem versteckten Eingang ins magische Waldreich gesucht. Link hoffte er würde den Pfad nach der langen Zeit noch wieder finden, denn er war listig angelegt und nahezu unsichtbar für das ungeübte Auge.

"Kannst du dich noch an den Weg erinnern Vater?"

"Ich denke schon, doch wir sollten jetzt absitzen und die Pferde besser führen. Wir werden uns wahrscheinlich mehr als einmal bücken müssen, da macht es keinen Sinn weiterzureiten. Außerdem wird das Dickicht nachher zu dicht!"

Staunend blickte Ren nach oben, als sie, ihre Pferde am Zügel führend, die unsichtbare Grenze des Waldes überschritten und sich plötzlich unter einem Blätterdach wieder fanden. Es war schattig unter den hohen, starken Bäumen und Ren fand das Dämmerlicht sehr angenehm. Es war so anders, als das silbrige Zwielicht im Zorareich oder am Hyliasee. Hier schien die Luft mehr von…Leben erfüllt zu sein. Das grün-bräunliche Zwielicht unter dem grünen Dach faszinierte Links Sohn. Die Luft war merkwürdig warm und trocken. Die Bäume standen noch ziemlich weit auseinander, wie Link ihm mitteilte.

"Tiefer im Wald wird es viel enger und wenn du den Pfad verlässt läufst du Gefahr dich zu verlaufen. Doch die Gefahr besteht nur am Anfang, denn nach kurzer Zeit wirst du durch das viele Dickicht kaum einen weiteren Schritt tun können."

„Wie kannst du dich hier nur orientieren?", fragte Ren anerkennend.

"Nun ja, ich bin schließlich im Wald aufgewachsen und da fängt man an ein bestimmtes Gespür zu entwickeln. Man weiß nach einiger Zeit, an welche Besonderheiten man sich als Wegweiser erinnern sollte und an welche nicht. Mit der Zeit weiß man dann auch in welche Regionen man besser nicht gehen sollte, wie man sich die Tiere vom Leib halten kann und noch vieles mehr. Es sind viele Kleinigkeiten die die Orientierung im Wald ermöglichen, weiß du. Es ist ein langer Prozess bis du dich wirklich gut zurechtfinden kannst."

Ren schaute zurück. Bereits jetzt war der Waldrand kaum noch zu sehen, obwohl sie nicht einmal 50 Schritt weit gegangen waren.

"Ich könnte mich hier nie zurechtfinden", schloss Ren nach einigen Blicken in sämtliche Richtungen. Link lachte. "Nach einiger Zeit könntest du das schon, doch es ist ziemlich mühselig."

"Hast du schon eine Ahnung, wo wir sind?", fragte Ren neugierig.

Link lachte abermals: " Noch sind wir nirgendwo. Der Wald hat noch nicht einmal richtig angefangen. Wir müssen noch eine Weile weitergehen, bevor ich mich an etwas orientieren kann.“

Während sie durch den Wald gingen bestaunte Ren die Vielfalt an Lebewesen. Es gab Pflanzen, die er im Leben noch nie gesehen hatte und selbst einige Bäume machten einen unbekannten Eindruck. Er konnte die ganze Zeit Vogelzwitschern über sich hören und ganz kurz erhaschte er auf einem Ast einen kleinen rotbraunen Blitz, vermutlich ein Eichhörnchen. Überall um ihn herum waren irgendwelche Waldgeräusche zu vernehmen. Ein Rascheln hier, ein leises Knacken dort…ein entferntes Hämmern und fast beunruhigend nahes Kratzen…Links Sohn fragte sich, wie man bei so viel Lärm überhaupt schlafen konnte.

Plötzlich deutete Link nach vorne, doch Ren konnte nichts Besonderes ausmachen. Er sah seinen Vater verständnislos an, woraufhin Link breit grinste.

„Genau das meinte ich. Schau her!“

Er führte Ren zu zwei Bäumen und sah ihn erwartungsvoll an. „Was fällt dir auf?“, fragte er seinen Sohn. Ren warf ihm einen kurzen scharfen Blick zu und sah sich dann genau um. Sein Vater liebte es aus allem eine Aufgabe für ihn zu machen. Vielleicht wollte Ren deshalb seinem Schatten entkommen?

Zunächst konnte er nichts ausmachen, seinem Blick bot sich der wohl typische Anblick eines Waldes: Der Boden war bedeckt mit Gras, Laub und kleinen Gewächsen, und überall wuchsen in keiner klar erkennbaren Ordnung Bäume und Sträucher aus der Erde. Ratlos sah sich der Kronprinz der Zoras die beiden Bäume an, zu denen sein Vater ihn geführt hatte. Sie sahen höchst gewöhnlich aus. Zwei hohe, zunächst kahle Stämme ragten in die Höhe. Erst bevor der Stamm in eine schmale Krone auslief, waren einige Äste zu erkennen. Ein verirrter Sonnenstrahl blendete Ren und er wandte den Blick wieder ab und schaute zu Boden. Da fielen ihm erst die Wurzeln der beiden Bäume auf. Die beiden Gewächse standen so dicht beieinander, dass ihre aus dem Boden ragenden Wurzeln sich vermengten und ein verschlungenes Wirrwarr bildeten. Das Besondere jedoch war, dass die Wurzeln den Boden so bedeckten, dass keine Blätter hinfallen konnten. Unter den Wurzeln sah Ren blanke Erde. Einer Eingebung folgend ging Links Sohn in die Hocke und strich das Laub vor den beiden Bäumen weg. Als er sich sicher sein konnte, richtete er sich wieder auf und funkelte seinen Vater erwartungsvoll an. Unter dem Laub war ein schmales Stück Erde zum Vorschein gekommen, dass einen kaum zu erkennenden Pfad bildete, der sich zwischen den Bäumen hindurchzog, so dass sie nun auf Ren den Eindruck von zwei Pfeilern machten, die einen Weg markieren sollten. Einen Weg der unter lauter Laub und Farn begraben war. Doch Ren konnte ihn jetzt, zumindest an dieser Stelle, deutlich vor sich sehen, indem er auf die Besonderheiten und den verschwindenden Rand achtete.

Link klatschte in die Hände und klopfte Ren auf die Schulter. „Gut gemacht. Du hast den Pfad ins Waldinnere gefunden!“ Ren strich sich eine Haarsträhne aus dem Auge und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Wenn man es erst erkannt hat, dann fragt man sich wieso man nicht sofort darauf gekommen ist.“, meinte er nachdenklich. „Ich meine zwei Bäume, die so parallel zueinander stehen…das ist also der Anfang des Pfades?“ In Links Augen blitzte es auf. Er entgegnete:

„Wir folgen dem Pfad schon seit fast einer halben Stunde.“ Belustigt über die verdutzte Miene seines Sohnes, setzte er sich in Bewegung.

„Der Pfad beginnt weiter nördlich, wir haben uns dem Wald aber aus südlicher Richtung genähert. Wir werden in den kommenden Stunden noch an ähnlichen Stellen wie dieser hier vorbeikommen. Vielleicht erkennst du sie beim nächsten Mal etwas früher.“

„Wie hast du den Pfad erkannt, wenn wir nicht schon an so einer Stelle vorbeigekommen sind?“, fragte Ren wissbegierig. Diese Seite seines Vaters kannte er noch nicht.

Link zuckte mit den Schultern. „Erfahrung. Ich kann es ehrlich gesagt nicht so gut erklären. Irgendwann hab ich ihn einfach bemerkt. Während du damit beschäftigt warst, dich umzusehen, habe ich eher auf den Boden gestarrt. Stell dir bloß vor, wir hätten den Pfad verpasst, dann wären wir stundenlang herumgeirrt!“, lachte er gut gelaunt. Die Rückkehr in seine Heimat wirkte sich bereits gut auf Gemüt aus.

Langsam führten sie ihre Pferde an den Bäumen des Waldes vorbei und folgten dem unregelmäßigen Verlauf des Pfades. Das war indes nicht einfach, denn manchmal verschwand der Pfad plötzlich unter großen Laubmassen oder führte in vielen verschlungenen Windungen hin und her. An einigen Stellen hörte er abrupt auf und Link musste prüfend in die Hocke gehen und den Anfang des nächsten Abschnittes suchen. Doch mit viel Geduld kämpften sie sich Schritt für Schritt voran.

Der Wald wurde nun tatsächlich dichter und das Gestrüpp sowie das Unterholz nahmen an allen Seiten zu. Dennoch kamen sie unter Links Führung weiter und bald erschien es Ren als würde sich der Wald und seine Atmosphäre verändern. Die Bäume wurden höher und grüner und lebendiger, der dichte, mit Laub und Moosen bedeckte Farnboden wich hier und dort kleinen grasbedeckten Flächen. Ein grüner Schimmer schien in der Luft zu flimmern. Ren wagte es kaum zu atmen, vom Sprechen ganz zu schweigen. Er fürchtete den einzigartigen Moment des Wandels zu zerstören. Und, wie um das zu unterstreichen erstarben nach einiger Zeit alle Geräusche, so dass am Ende kein Tier zu hören war und selbst der schwache Wind still zu stehen schien. Der Pfad wurde nun deutlicher und da keine großen Pflanzen mehr auf ihm wuchsen ging es etwas schneller voran. Ren kam sich wie in einem Tunnel in eine andere Welt vor, denn zu Beiden Seiten des Weges standen mittlerweile besonders hohe Bäume und nicht passierbares Unterholz versperrte die Lücken zwischen ihnen. Das Schimmern der Luft und die nun drückende Stille schienen zuzunehmen und mit einem Male wusste Ren, dass er nun Grenzen überschritten hatte, die keiner überschreiten durfte und dass er sich nun wahrlich im Kokiriwald befand. Jeder andere würde von diesem Zeitpunkt an nach und nach zu einer Pflanze werden, doch als der Sohn des Helden der Zeit, war es ihm erlaubt die unsichtbaren Grenzen zu überschreiten. Es war ein seltsames Gefühl an einem Ort zu sein, wo bis jetzt kaum andere vor ihm gewesen waren.

Schließlich endete der Weg und sie kamen zu einer Felswand, die von vielen Ranken überwachsen war und in der sie einen großen Baumstamm sahen, der einen Tunnel bildete. So groß war er, dass Ren, der etwas größer war als Link, noch viel Platz hatte zwischen seinem Kopf und der Decke. Ein dumpfes, leises Echo folgte ihren Schritten durch den hölzernen Übergang an dessen Ende sie helles Sonnenlicht ausmachen konnten. Ren fragte sich wie viele Stunden sie genau gebraucht hatten, um hierher zu gelangen. Erst jetzt bemerkte er wie hungrig er war. Sie traten durch das zweite Ende des Stammes und dann musste Links Sohn hörbar nach Luft schnappen. Er hatte während der letzten Schritte die Luft angehalten. Der Bann schien von ihnen zu fallen, jetzt da sie schon vor der Brücke zum Kokiridorf standen, und Link atmete tief ein.

"Es tut gut, wieder die frische Waldluft zu atmen! Nun Ren, das ist die Brücke zum Kokiridorf, hinter diesem Abgrund liegen die magischen Wälder Hyrules. Wie fandest du den Wald bis jetzt?“

"Ich weiß nicht, erst war er einfach nur das, was du mir immer beschrieben hast doch dann...ich fühle mich, als ob ich nicht mehr in Hyrule wäre."

Link nickte. "Das ist normal und du gewöhnst dich nach einiger Zeit daran. Keine Sorge. Jetzt komm! Ich bin ziemlich hungrig und die Kokiri wissen aus Kleinigkeiten wie Wurzeln und Pilzen ein Festmahl zu bereiten, wie du es selten erlebt hast."

Mit diesen Worten führte er Epona über die Brücke, die unter ihrem Gewicht ein wenig schwankte. Ren folgte ihm. Die Brücke überspannte einen Abgrund von vielleicht zehn Metern Tiefe. Unten konnte Ren Sträucher und niedrige Bäume erkennen. Dann traten sie durch einen zweiten torartigen Baumstamm und Ren sah sich der Heimatstadt seines Vaters gegenüber. Es war seltsam nach dem engen Wald nun auf eine so große Lichtung zu treten, denn das war das erste, was Ren wirklich wahrnahm: Eine riesige Lichtung inmitten des Waldes mit kleinen Hügeln und einem rasch dahinfliessenden schmalen Fluss, der in einen kleinen See mündete. Zusätzlich machte er einige Dutzend Holzhütten in den verschiedensten Formen aus: Einige hatten mehrere Etagen andere nur eine. Es gab solche, die zur ebenen Erde gebaut waren und solche, die an Bäumen erbaut waren und nur über eine Leiter erreicht werden konnten. Deutlich konnte Ren einen hölzernen Aussichtsturm ungefähr in der Mitte erkennen und er sah verschiedene kleine Brücken, die in nicht großen Abständen vom Boden über das Dorf führten. Die Luft war erfüllt von Leuchten und diesmal war sich Ren sicher, dass es sich um wirkliches Licht handelte, denn es flogen unzählige kleine gleißende Feen durch die Luft und sie schienen der perfekte Zusatz zu dem grünlichem Luftschimmer zu sein, der auch hier vorherrschte. Trotz der verschiedenen Formen und den verschiedenen Farben Braun, Grün, Silber und allen ihren Tönen, schien das Dorf doch eine perfekte Einheit zu bilden und Ren konnte sich keinen anderen Ort vorstellen, der passender für die Kokiri war, denn kein Ort der Welt konnte der Einzigartigkeit dieses Völkchens so gerecht werden wie dieser.

Ihre Ankunft blieb nicht unbemerkt. Noch während Ren sich staunend umsah, kamen ein Dutzend kleiner, grüner Gestalten angerannt. Man konnte ihre Rufe gut hören und schon bald strömten immer mehr herbei, um die unerwarteten Besucher zu begrüßen. Nach Sekunden waren Link und Ren von einer dichten Traube kindlicher Gestalten umringt, die ihnen kaum bis zur Hüfte reichten. Und alle redeten undeutlich durcheinander.

"Link was machst du denn hier?", "Link, wie schön, dass du uns besuchen kommst!",

"Habt ihr uns Geschenke mitgebracht?", "Ren hast du jetzt endlich eine Freundin?",

"Gut seht ihr aus!", "Seid ihr hungrig?".

Vater und Sohn fingen an zu lachen und nach kurzer Zeit stimmten die Kokiri mit ein.

"Ich freue mich euch wieder zu sehen! Es tut gut wieder bei euch im Wald zu sein. Es geht doch nichts über die Heimat! Ich hätte schon früher kommen sollen. Aber habt ihr vielleicht etwas zu essen für uns, bevor wir eure Fragen beantworten?"

Sofort redeten alle wieder durcheinander, doch nachdem die beiden Zwillinge laut und deutlich "Fest!" gerufen hatten, stimmten alle mit ein und nach abermals wenigen Sekunden standen Ren und Link fast alleine da, weil alle weggerannt waren, um ein Fest vorzubereiten.

Die Zwillinge, welche noch da waren, schauten ihnen lächeln hinterher. dann wandten sie sich an Link: "Dein Haus steht natürlich noch frei. Sollen wir mitkommen und euch beim Auspacken helfen?"

"Nein, danke. Wir werden nur kurz im Haus sein. Ich will gleich zu Salia gehen."

"Fast wie in alten Zeiten", lachten die beiden Mädchen, "nur, dass du jetzt erwachsen bist! Bis dann und bleibt nicht zu lange weg. In ein paar Stunden wird gefeiert!"

"Wo ist Tante Salia, Vater? Warum ist sie nicht gekommen, um uns zu begrüßen? Sie müsste doch wissen, dass wir angekommen sind."

"Oh Salia weiß ganz bestimmt, dass wir da sind."

Ren sah seinen Vater fragend an, worauf Link hinzufügte: "Ich denke ich weiß, wo wir sie finden. Aber jetzt komm erstmal. Mein Haus ist fast auf der anderen Seite der Lichtung. Unterwegs kann ich dir das Dorf zeigen.“

Mit einem leicht federnden Schritt auf dem weichen Grasboden setzten sie sich in Bewegung und Link zeigte seinem Sohn alles was es auf die schnelle zu sehen gab, was prinzipiell nur die Häuschen der verschiedenen Kokiri waren. Als sie bei Links früherem Haus angekommen waren, sattelten sie die Pferde ab, banden sie aber nirgends fest. Sollten sie ruhig ein wenig herumlaufen und leckeres Gras suchen. Der Weg durch den engen Wald hatte ihnen nicht besonders gut gefallen. "Du hast ja ganz schön gemütlich gelebt damals.", kommentierte Ren als sie Links Zuhause betraten. Das Haus war klein, eng, warm und freundlich und ausnahmslos hölzern. Ren mochte es sofort. Sie aßen ein wenig aus ihren Vorräten, um den schlimmsten Hunger zu stillen und dann brachte Link Ren durch das Dorf an eine Rankenwand.

"Da hoch!", meinte er. Der Aufstieg war nicht kurz aber auch nicht besonders anstrengend und oben angekommen sahen sie das ganze Dorf unter sich. "Es ist wunderschön", murmelte Ren, als er nach unten schaute.

"Ja, das ist es. Ich glaube es ist mir von allen Orten an denen ich war der liebste.", sagte der Held der Zeit. Sie erklommen einen erhöhten, grasbewachsenen Kamm und fanden sich abermals vor einer Felswand in der wiederum ein riesiger Baumstamm als Durchgang diente. Ren meinte zu wissen, wo sie waren, als sie das eigentümliche Tor durchschritten hatten. Eine ihm wohlbekannte Melodie erfüllte die Luft, doch war sie hier am Eingang kaum zu vernehmen. Ohne Vorwarnung rannte Link los.

"Ich denke du weißt, was du zu tun hast! Wir sehen uns dann vor dem Waldtempel!"

Noch bevor Ren etwas sagen konnte war sein Vater in einem weiteren Durchgang verschwunden. Da er seine grüne Kokirikleidung trug, war er gut getarnt. Ren fluchte leise. Schon wieder so eine Aufgabe. Allerdings hatte sein Vater Recht gehabt, er wusste wirklich was er zu tun hatte und rannte in die Richtung, aus der ihm die Melodie am lautesten entgegen wehte.
 

Link kam nach nicht einmal 20 Minuten an der Waldlichtung an. Obwohl sich die Wege in den verlorenen Wäldern etwas verschoben hatten, hatte er den Weg dennoch schnell gefunden. Vor ihm lag das Labyrinth, doch er hatte nicht vor es zu durchqueren. Stattdessen zog er einfach seinen Enterhaken, den er heimlich mitgenommen hatte und suchte sich einen geeigneten Platz um sich hochzuziehen. Dann nutze er die grünen Mauern des Irrgartens, um ans gegenüberliegende Ende zu gelangen. Dort sprang er leichtfüßig ab und landete weich, denn die Wände waren nicht besonders hoch. Er bestieg die Treppe, die er nun schon so lange nicht mehr hochgestiegen war und.....erstarrte.

Vor ihm, in dem schmalen Pass, der zwischen zwei hohen Felsklippen zum Waldtempel führte, stand ein alter Bekannter. Mit einem nahezu hämischen Grinsen stand eben der Riese mit der gigantischen Keule vor ihm, den er vor fast 20 Jahren besiegt hatte. Link war fassungslos. "Wie konnte er den wieder auferstehen?", dachte er, als er merkte, dass sich die Melodie, die nun ganz deutlich von der gegenüberliegenden Treppe hinunterwehte, verändert hatte.

Da lachte er laut auf.

„Ah Salia, na warte! Wenn ich erst einmal bei dir oben bin, dann kannst du was erleben!" Und damit lief er auf den Giganten zu. Dieser reagierte ganz so wie Link es erwartet hatte: Er schwang seine mächtige Keule und schmettere sie gegen den Boden. Eine Schockwelle jagte auf Link zu, der er im letzten Moment geschickt auswich, indem er einfach zur Seite sprang. Zwei Minuten brauchte er, um sich zur Treppe vorzuarbeiten. Es war genauso simpel wie damals. Ein Sprung nach recht, ein halber Salto nach links, eine elegante Drehung um den Koloss und wieder rechts, links, Seitwärtssprung, Radschlag. Als er am Fuße der Treppe war drehte sich Link um und grinste den Koloss seinerseits an. Mit einem letzten Winken lief er die Treppe nach oben.
 

Ren fand er kam ziemlich gut mit den Verlorenen Wäldern und ihrer heimtückischen Magie zurecht. Dieser besondere Teil des Waldreiches war ein verwirrendes Labyrinth aus durch Felsen verlaufende Baumstämme, sich kreuzender Pfade, die sich merkwürdigerweise immer zu verschieben schienen, und tückischen Wurzeln und Bodenlöchern. Die immerwährende Melodie von Salias Lied lenkte die Unvorsichtigen stets ab. Mal war sie lauter, und mal leiser. Ren hielt sich nach Möglichkeit immer in die Richtung, aus der ihm die Melodie am lautesten entgegenkam. Doch nach fast einer halben Stunde wie es schien, hatte er es geschafft. Plötzlich ließ er den Wald hinter sich und fand sich vor einer grünen Mauer wieder. Diese entpuppte sich bei genauerem Hinsehen als eine ziemlich große Hecke und Ren vermutete, dass dies der Eingang zum Labyrinth war, welches den Weg zum Waldtempel versperrte. Da er jedoch nicht vorhatte noch mehr Zeit damit zu verlieren, dass er sich in dem großen Irrgarten verlief, kletterte er an einer günstigen Stelle einfach auf die Hecke. Da er als halber Zora einen leichten Schritt hatte und auch nur leichte Stiefel trug und ohnehin sehr geschickt war, gelang ihm das nach zwei Versuchen. Er war etwas zerkratzt, als er endlich oben angekommen war, doch dann kam er ganz gut voran und sprang letztlich nahezu an derselben Stelle wie nur kurze Zeit vor ihm Link auf den Boden. Er wollte nicht noch mehr Zeit als nötig verlieren, stieg zügig die Treppe nach oben und fluchte laut als er zum Himmel schaute. schaute: Die Sonne war schon ein Stück gesunken. Als er oben ankam wurde er von auf ihn zurasender aufgewirbelter Erde begrüßt.

Die Schockwelle war noch nicht ganz heran und so warf er sch im letzten Augenblick instinktiv zur Seite. Erstaunt blickte er in ein grinsendes Gesicht, welches sein Vater ihm einst beschrieben hatte. Das musste der letzte Wächter sein, das letzte Hindernis vor dem Tempel. Doch Link hatte Ren damals auch gesagt, wie man ihn austricksen konnte, wobei er das auch so herausbekommen hätte. Es war offensichtlich, dass der Riese ziemlich langsam war im Schwingen seiner Keule und so rannte Ren los und wich jedem Stoß geschickt und ziemlich elegant aus. So kam es, dass er das gleiche Hindernis wie sein Vater in etwas kürzerer Zeit überwand, was er jedoch nicht wissen konnte. Die zweite Treppe rannte er ungestüm nach oben und schließlich wurde er mit einem wunderschönen Ausblick belohnt. Vor ihm erstreckte sich die heilige Lichtung, das Herz des Waldes, der grüne Vorhof zum Tempel. Und dort sah er seinen Vater mit Salia auf dem berühmten großen Baumstumpf liegen und sich hin und her winden.

Einen Moment überlegte Ren tatsächlich ob sein Vater von dem trägen Riesen verletzt worden sein könnte, doch diese absurden Gedanken wurden schnell beseitigt, als er näher kam und das erstickte Lachen der beiden hörte. Undeutlich konnte er genuschelte Wörter vernehmen. Er war fassungslos. Sein Vater, der legendäre Held der Zeit und Salia, die ehrenwerte Weise des Waldes lagen hier an diesem heiligsten Ort des Waldes herum und lachten wie kleine Kinder. Und plötzlich merkte Ren, dass er selber in das Lachen einfiel. Nun ja, wieso auch nicht? Die Kokiri waren ein Völkchen, das gerne und viel lachte. Sie lachten wenn es regnete, sie lachten wenn die Sonne schien, sie vermochten es über die lächerlichsten Witze zu lachen. Seine schweren Aufgaben hatten Link dieses Verlangen manchmal zu lachen nicht ganz austreiben können, denn obwohl er selber kein geborener Kokiri war, hatte er anfangs bei ihnen gelebt und er hatte auch gerne gelacht. und etwas davon schien sich auf Ren vererbt zu haben. Und so krümmten sich drei der bedeutendsten und respektabelsten Personen Hyrules, von sinnlosem Lachen geschüttelt, im tiefsten Wald.
 

Nachdem sich alle drei endlich beruhigt hatten, folgte endlich das langersehnte Gespräch mit Salia. Sie redeten über alles, was ihnen in letzter Zeit widerfahren war und abschließend zeigten Salia und Link Ren den Waldtempel. Link hatte ihn einst als den düstersten und unheimlichsten aller Tempel beschrieben, mehr noch als der Schattentempel. Noch immer lauerten viele gefährliche Kreaturen in den alten Räumen und überwucherten Sälen, doch auf Grund der Anwesenheit ihrer Herrin, der Weisen des Waldes, ließen sie die Besucher in Ruhe. Vergnügt erzählte Salia, dass selbst die vier großen Schutzgeister des Tempels ihr unterstanden. Eben jene Geister, die Link einst so sehr zum Narren gehalten hatten. Misstrauisch sah sich der Held der Zeit um. Nur zu gut erinnerte er sich an das lange und mühevolle Katz-und-Maus-Spiel, das die Geister mit ihm veranstaltet hatten. Es war damals notwendig gewesen alle vier zu fangen, um in die unterste Ebene des Tempels zu gelangen. Dort, wo er gegen Ganons Phantom gekämpft hatte…Ohne es zu wollen fröstelte Link und dachte an die vergangene Nacht.

Sein Sohn hingegen war hingerissen. Er konnte es sich nahezu bildlich vorstellen wie sein Vater durch die dunklen Gänge hechtete und versuchte die Geister abzuschießen solange sie sich ihm in ihrer materiellen Form zeigten. Er sah die zahlreichen Schatten und leuchtenden Augen der vielen Bewohner des Tempels, hörte das ferne Schaben langer Krallen, das Rascheln kleiner Flügel und das Flüstern unheimlicher Stimmen. Die vielen, teilweise riesigen Spinnweben bewegten sich trotz der drückenden Windstille und das Unkraut das zwischen gesprungenen Fliesen wuchs, schien bei jedem neuen Blick gewachsen zu sein. Gerne hätte auch Ren die Gelegenheit wahrgenommen sich an so einem Ort zu beweisen.

Salia spürte Rens Erregung und erzählte ihm Geschichten von den wenigen Leuten, die es bis zum Tempel geschafft hatten, um seine angeblichen Schätze zu plündern, und die qualvoll zu Grunde gegangen waren.

„In wirklich jedem anderen Tempel gibt es etwas wertvolles, aber doch nicht hier“, lachte Rens kleine Tante. „Hier gibt es nur Pflanzen und den Tod.“ Als sie wieder in der Haupthalle des Tempels waren deutete Ren auf den magischen Aufzug, der tief ins Innere des Tempels führte, als Salia und Link daran vorbeigingen.

„Gehen wir nicht in die untere Etage?“, fragte er verwundert. Die Kokiri warf seinem Vater einen kurzen Blick zu und entgegnete: „Nein, heute nicht. Es gibt dort ohnehin nicht viel zu sehen, und außerdem seid ihr beide hungrig nicht wahr?“ Dem hatte Links Sohn nichts entgegenzusetzen und so machten sie sich auf den Heimweg.

Der Waldtempel lag an erhöhter Stelle und man konnte die Ebene auf der er stand nur mit einem Enterhaken oder einem Seil zu erreichen. Was sie wohl getan hätten, wenn Link seinen Haken nicht mitgebracht hätte? Während sie die große Grasfläche vor dem Tempel überquerten hörte Ren leises Heulen um ihn herum. Er wusste dass der Eingang des Tempels von einem Rudel besonderer weißer Wölfe bewacht wurde, deren Größe der eines Pferdes gleichkam. Als sie wieder auf der heiligen Lichtung waren, war Ren überrascht von seiner Atemnot.

„Es ist gefährlich sich lange im Tempel aufzuhalten. Nach einer Weile erstickt man. Es ist einfach zu wenig Luft vorhanden.“, erklärte seine Tante.

„Das war der Tempel in dem man auf die meisten verschiedensten Arten zu Tode kommen kann.“, fügte Link hinzu.
 

Mit Salia an ihrer Seite betraten sie den ersten hölzernen Tunnel in den Verlorenen Wäldern und kamen augenblicklich auf den Hügel über dem Dorf hinaus, was für verdrossene Blicke seitens Rens und seines Vater sorgte. Im Dorf erlebten sie eine angenehme Überraschung, die Ren einem kleinen Wunder gleichkam. Sie waren nur wenige Stunden fort gewesen, doch trotzdem musste selbst Link, der die Tüchtigkeit des kleinen Volkes kannte, verblüfft staunen: Ungefähr in der Mitte der Lichtung waren alle Tische des Dorfes aufgebaut und alle bogen sich merklich unter der Last der vielen verschiedenen Speisen. Mehrere bunte Feuer waren entzündet worden, wobei tatsächlich jedes Feuer eine andere Farbe hatte. Dies sei auf natürliche Färbungsmittel aus dem Wald zurückzuführen, wurde Ren später erklärt. Die Luft war erfüllt vom Schwirren der Feen, deren Farben sich nun stetig wandelten und eine Gruppe des kleinen Volkes hatte ein kleines Orchester improvisiert. Ein jeder Kokiri trug eine andersfarbige Tracht. Trotz der Abwesenheit ihrer Gäste waren die kleinen Leute bereits am tanzen, essen, trinken und natürlich lachen. Salia und ihre Begleiter wurden mit freundlichen Hochrufen und ohne jede Verlegenheit begrüßt. Es war wirklich ein schönes Fest, doch ein Aspekt fiel Ren besonders ins Auge: Das Essen.

Dies war für Ren sehr interessant, denn die Gerichte bestanden fast ausschließlich aus Wurzeln, Pilzen, Früchten und Nüssen, aus natürlichen Dingen, die der Wald hergab. Kokiri essen kein Fleisch und so war alles vegetarisch, doch obwohl alle Gerichte ungefähr aus denselben Grundnahrungsmittel bestanden, war doch keins wie das andere. Schon bald schwirrten in Rens Kopf die vielen Rezepte und Erklärungen, die die Kokiri ihm gaben und davon hatten sie eine erstaunliche Menge. Link hatte nicht übertrieben, es war wirklich ein Festmahl wie Ren es noch nie erlebt hatte und es wurde fast ununterbrochen gelacht, getanzt und gespielt. Obwohl Ren jetzt erwachsen war konnte er es sich dennoch nicht nehmen lassen bei allem möglichen mitzuspielen. Die Getränke stiegen ihm ein wenig zu Kopf, doch auf eine andere Weise als Alkohol, denn solchen tranken die kleinen Waldbewohner nicht. Es waren verschiedene Getränke da, von klarem Quellwasser über ein warmes Getränk, dessen Hauptzutat aus Honig zu bestehen schien, bis hin zu seltsamen grünlich leuchtenden Wasser. Und alle weckten sie die Lebensgeister. Ren und auch Link fühlten sich zurück in ihre Kindheit versetzt und tanzten und spielten und lachten wie noch nie. Dennoch hielt sich Link etwas zurück, wohingegen Ren sich ganz und gar gehen ließ. Gerade tanzte er mit den beiden Zwillingen auf einmal. (Bei den Kokiri musste er sich nicht vor dem anderen Geschlecht schämen, denn sie waren ja vielleicht alle älter als er, sahen aber dennoch wie kleine Kinder aus.) Die Musik, hauptsächlich fröhliche und sprunghafte Tanzmusik, setzte sich größtenteils aus Flöten, Okarinas, Trommeln und kleinen Geigen zusammen. Als sich nach einiger Zeit Laubkerle aus den umliegenden Wäldern zu dem fest gesellten, kamen noch deren seltsame Bläser hinzu.

Laubkerle und Dekus hatten in Hyrule kein eigenes Reich sondern lebten überall verstreut vor allem als Händler und Verkäufer. Das einzige bekannte Dekureich der Welt gab es in Termina. Während Ren nun ausgelassen und glücklich tanzte und die Stimmung auf dem Hochpunkt war, zog Salia Link mit sich außer Reichweite des bunten Feuerscheins.

"Komm, lass uns einen Spaziergang machen.", meinte sie unschuldig, doch Link konnte sich denken worum es ging.

Nachdem sie eine Weile schweigend nebeneinander hergegangen waren und betrübt darüber waren, dass die Sterne von großen Wolken verdeckt wurden, sprach Salia mit plötzlichem Ernst in der Stimme:

"Wir sind beunruhigt, Link. Die anderen Weisen und ich meine ich."

Link war ein wenig erstaunt über den Ernst antwortete jedoch im gleichen Tonfall: "Wegen dieser Veränderung letzte Nacht?" Salia nickte.

"Wisst ihr schon, was es damit auf sich hat? Ich meine so etwas habe ich noch nie gespürt. Es war so…ungewohnt und es kam so plötzlich. Was bedeutet es?"

Salia schien bedrückt, als sie antwortete.

"Wir wissen es nicht… Wir wissen es einfach nicht. Doch wir sind so beunruhigt, wie seit nunmehr fast zwanzig Jahren nicht mehr…“

Link blieb schockiert stehen. " Heißt das...?"

Salia sah ihn an: „Nein Link. Dessen sind wir uns sicher. Ganondorf kann unmöglich aus seinem Gefängnis ausbrechen. Noch nicht...doch wir fürchten, dass es früher geschehen kann als wir dachten. Er muss irgendwie aus seinem Gefängnis seine schwarzen Gedanken ausgesandt haben oder etwas dergleichen. Die bösen Energien fließen wieder. Und sie fließen schnell und machtvoll. Machtvoller als sie dürften!“

"Dann tut doch etwas dagegen. ihr seid die mächtigsten Wesen in diesem Land! Ihr müsst doch das Siegel verstärken können oder?"

"Das haben wir bereits. Wir haben in jedem Tempel die dortigen Kräfte gebündelt und durch die sechs Amulette in das Siegel von Ganons Gefängnis geleitet. Dennoch bleibt es so unnatürlich. Wie konnte es bloß dazu kommen? Als Weise des Landes haben wir auch an die Zukunft zu denken und nicht nur an die Gegenwart, doch haben wir versagt wie es scheint. Bereits jetzt, obwohl noch alles ungewiss ist, liegt die Zukunft in scheinbar weiter Ferne und Dunkelheit."

Sie sah Link traurig an und schien plötzlich zusammenzuschrumpfen: Von der mächtigen Weisen zu einem traurigen, kleinen Geschöpf.

Link wollte sie trösten, er konnte es noch nie ertragen seine beste Freundin traurig zu sehen. Er versuchte es mit einem einnehmenden Lächeln, von dem Ruto meinte es gehöre zum Repertoire seiner mächtigsten Schutzmittel.

"Ach was, ihr habt nicht versagt. Ihr habt den Großmeister des Bösen in die Hölle verbannt! Ihr habt das Siegel verschlossen, mit all euren Kräften und habt es jetzt sogar noch nachträglich verstärkt mit allen zu Verfügung stehenden Mitteln. Ihr habt getan was ihr konntet! Mehr könnt ihr von euch doch nicht verlangen!"

Ein Lächeln erschien auf ihren Lippen. "Du bist bedeutend besser im Trösten geworden. Ruto hat einiges an dir geleistet" Dann seufzte sie. Es klang erschöpft.

"Du hast ja Recht. Wir können uns nichts vorwerfen, wir haben getan was wir konnten, doch es scheint, als ob ein ungutes Gefühl von uns Besitz ergriffen hätte. Indes muss wenigstens ich stark bleiben, nicht für mich sonder für", sie warf link einen Blick zu" sondern für. Zelda."

Nichts was sie hätte sagen können, hätte ihn mehr treffen können. "Wieso für Zelda? Was ist mit ihr?"

Sie sah ihn abschätzend an, bevor sie antwortete „Mach dir keine Sorge es ist nichts Schlimmes. Es sind nur Alpträume. Sie leidet unter Alpträumen über Ganondorf und ist der festen Überzeugung, dass er zurückkehren wird. Und nach dieser Veränderung neulich, nun du kennst ja ihren Zustand..." schloss sie behutsam. Sie wollte nicht zu sehr an der großen Wunde in ihm rühren, die diese Worte über Zelda vielleicht erneut aufreißen könnten. Und tatsächlich las sie für einen winzigen Augenblick die alten Qualen, doch dieser Eindruck verging fast augenblicklich und Link schien es selber kaum wahrzunehmen. Sie wollte sich eigentlich noch eingehender mit ihm unterhalten, doch fürchtete sie, dass dies jetzt nicht der passende Augenblick dazu war. Stattdessen sagte sie: "Komm! Lass uns zurück zu den anderen gehen. Mal sehen, ob du noch so gut mit mir tanzen kannst wie früher, großer Mann!"

Die Macht einer Leidenschaft

Teil 1: Die Vorahnung
 

Kapitel 10: Die Macht einer Leidenschaft
 

Hass...

Dieses einzigartige Gefühl, was so tiefgründiger war, als er je gedacht hätte. Diese eine einzige Stütze in der Verbannung. Der Schlüssel...der Schlüssel zu noch größerer Macht und letztendlich...zur Freiheit.

Hass...

Mit aller Macht konzentrierte er sich auf dieses berauschendste aller Gefühle. Heiß fühlte er die Wogen des Hasses in ihm aufpeitschen und mit einem grässlichen Aufschrei riss er seine linke Hand nach oben und leitete alle ihm zu Verfügung stehende Macht in sie. Das Zeichen des Triforcefragmentes der Macht erglühte auf seinem Handrücken und der brennende Schmerz, den es in ihm hervorrief, machte ihn noch rasender.

Mit aller Kraft, aller nur möglichen Gewalt warf er eine mächtige Energiewelle von sich. Er konnte kaum etwas sehen, doch hörte er die sich rasch ausbreitende Welle wie ein knisterndes und donnerndes Gewitter. Ein Beben schien durch die weiten Hallen seiner grellweißen Hölle zu laufen. Die Stille die darauf folgte kam plötzlich, als ob die ganze Macht mit einem Male aufgesogen wurde. Sie schien den Großmeister des Bösen beinahe anzuspringen. Er stieß einen weiteren Schrei aus, einen Schrei der Wut, der Enttäuschung, einen Schrei der all seinen Hass zum Ausdruck brachte.

Es war ihm wieder nicht gelungen die Mauern seines Verlieses zu sprengen. Das Siegel, das ihn hier gefangen hielt, hatte wieder einmal all seiner Macht standgehalten, wie so unzählige Male zuvor. Erschöpft und wütend, seiner Kräfte beraubt bis er sie wieder regeneriert hatte, ließ sich Ganondorf fallen. Er konnte nicht sagen an was für einem Ort er hier war. Die Hölle hatte er sich immer anders vorgestellt, doch konnte es nichts Schlimmeres geben als dies, zumindest nicht für ihn. Er war gefangen in einer endlosen Leere, in der es keinen Boden gab, keine Decke, keine Wände. Sein Gefängnis hatte keine Grenzen. Verloren schwebte er in der endlosen Weite dahin. Und überall war dieses widerwärtige, helle Licht. Überall, überall, wo er auch hinsah: Es war über ihm, es war unter ihm, es war um ihn herum, es schien sogar in ihm zu sein. Überall dieses peinigende Licht. Es tat ihm in den Augen weh, entsetzlich weh, doch wenn er die Augen schloss, dann drang es selbst durch seine Lider in seinen Kopf ein und quälte ihn. Seit einer Ewigkeit schien er nun schon in ewiger Einsamkeit, in ewigem Schmerz, in ewiger Qual hier zu schweben. Und er konnte nicht entkommen. Das war das schlimmste für ihn gewesen in der langen Zeit, die er nun schon hier war.

Während er dahin schwebte, zwang er sich selbst unter Schmerzen an seinen ganzen bisherigen Aufenthalt an diesem grauenhaften Ort zu denken. Denn Schmerzen hatte er immer, in jeder Sekunde, so dass sich jeder einzelne winzige Augenblick zu einer Ewigkeit ausdehnte. Anfangs hatte er mit aller Macht versucht sein diese Sphäre wieder zu verlassen. Er hatte mit der Macht, die ihm gegeben wurde von dem Fragment um sich geworfen, doch nach einiger Zeit hatte er sich halb wahnsinnig und besinnungslos dem Schmerz und der Verzweiflung überlassen. So schwebte er dahin. Er wusste nicht wie lange, es mochte nur eine Stunde gewesen sein, doch es konnten auch genauso gut hunderte von Jahren vergangen sein.

Ein Wrack...ja, das war er zu dieser Zeit: Ein elendes Wrack, das alles aufgegeben hatte und sich seinem erbärmlichen und erbarmungslosen Schicksal hingegeben hatte. Er war wahnsinnig geworden. Wie ein Verrückter hatte er endlose Selbstgespräche geführt, um sich wenigstens einen Moment von den Schmerzen zu befreien, doch das alles hatte ihn nur noch mehr zerstört. Sein zerrüttetes Selbst schien verloren, absolut unrettbar.

Und dann hatte die Stimme angefangen zu ihm zu sprechen...

Er wusste nicht woher sie kam, er wusste nicht ob es nicht er selbst gewesen war, der wieder mit sich sprach, doch das war alles egal. Es tat ihm gut.

Anfangs war die Stimme noch nicht einmal ein Flüstern, doch sie hatte ihm trotzdem Trost gebracht. Sie hatte mit ihm über verschiedene Dinge gesprochen: wie er in der Welt, aus der er verbannt worden war, verspottet und ausgelacht wurde. Wie seine ärgsten Feinde ausgelassen ein traumhaftes Leben führten. Die Stimme hatte ihm beigebracht zu hassen.

Dann war sie wieder fort, doch hatte sie einen gestärkten Ganondorf verlassen. Mit einem Male schien er wieder bei Verstand zu sein und er kannte nur noch ein einziges Gefühl: Hass.

Dieses Gefühl war immer stärker in ihm geworden, bis es ihm endlich die Zuflucht vor den Qualen bot, die ihn zu jeder Sekunde quälten. Wie eine süße Droge erschien ihm der Hass, schrecklich und betörend. Bisweilen hatte er die Stimme wieder vernommen, klarer nun, und sie hatte von verbotenen Dingen gesprochen, wie man seine Leidenschaften mit der eigenen Macht verbinden konnte, wie man seine Leidenschaften dazu nutzen konnte, sich zu stärken. Die Stimme hatte ihm erzählt dass Gefühle, die zu einer wahren Leidenschaft wurden, Magie in jeglicher Weise verstärken konnten. Der Hass sei nun seine Leidenschaft, hatte Ganon erkannt. Das letzte was er hörte, bevor die Stimme vollends verstummte, war, dass er von hier fort musste, dass er sich rächen musste. Er musste seiner Leidenschaft freien Lauf lassen, sie hegen und pflegen und sein Leben nach ihr richten.

Und so hatte Ganondorf die gesamte restliche Zeit, die er hier verbrachte, und dies waren gewiss Jahre, das konnte er nun sagen, denn selbst sein Zeitgefühl schien wiederzukehren, damit zugetan, dass er sich gegen das verhasste Siegel, das ihn hier gebannt hielt, auflehnte. Wie schnell er es doch lernte mit seinem großen Hass seine Macht zu mehren, so dass er immer stärkere Schläge und Attacken gegen sein Gefängnis wirken konnte. Und sein Hass wuchs, wurde intensiver und leidenschaftlicher und somit wuchs auch seine ohnehin große Kraft, denn mit klarem Verstand vermochte er sich besser zu erinnern und sich besser auf seinen Hass zu konzentrieren. Wie erbärmlich er doch in seiner Zeit als Herrscher über Hyrule gewesen war! Das wurde ihm schnell klar. Kein Wunder, dass ein Kind ihn schlagen konnte, wo er, der Großmeister des Bösen doch nicht die wahre Tragweite der Gefühle ermessen konnte. Was war denn schon sein Hass damals? Was waren all seine Gefühle damals? Er hatte einen natürlichen Hass gegen alles Schwache gehabt und mit der Zeit hatte er Zelda und Link gehasst, die er auch fürchtete und das zu Recht. Dennoch war ihm nie in den Sinn gekommen, dass die beiden, überhaupt alle seine Gegner, mit ihrer gesamten Seele, ihrem ganzen Selbst danach trachteten ihn zu vernichten. Ihre Gefühle und Handlungen wurden zu ihrer Leidenschaft. Er hingegen hatte nur vor sich hingelebt, hatte den Wert wahrer Leidenschaft nicht zu schätzen gewusst. Sich einzugestehen, dass seine Gegner ihm damals überlegen gewesen waren, erzürnte ihn nur noch mehr und schürte den Hass in ihm.

Zelda, diese verdammte kleine Prinzessin! Hätte sie nicht ihre Energie gegen ihn geschleudert hätte er Link ohne Zweifel auf Dauer besiegen können, von der schier grenzenlosen Macht getrieben die ihm verliehen wurde von seinem Fragment.

Und die Weisen, die ihn dann letztendlich verbannten. Was waren sie denn schon außer gebrechlichen widerwärtigen Emporkömmlingen, die noch nicht einmal wussten wie ihnen geschah, als er das Land übernahm? Und dann noch natürlich der Verrat unter seinem eigenem Volk: Naboru! Eine der Weisen unter seinen hochrangigsten Gefolgsleuten und er hatte es nicht bemerkt!

Nein, damals wusste er wirklich noch nicht was Hass bedeutete, doch nun wusste er es!

"Maden... Würmer...kriechen werden sie wenn ich wieder da bin!"

Ein diabolisches Grinsen erschien auf seinem Gesicht. Das würde er...wahrlich das würde er...

Mit der vom Hass gestärkten Macht konnte er schließlich seinem Gefängnis merklich zusetzen. Bei jeder erneuten Attacke folgte ein Beben und ein Zittern und für einige flüchtige Momente glaubte er gigantische Säulen und eine hohe, hohe Decke zu sehen, doch es mochten nur Ausgeburten seiner Fantasie sein, die sich nach einem Zeichen sehnten. Einem Zeichen, das ihm zeigen würde, dass er seinem Ziel näher war: Der Flucht! Und vor einiger Zeit war es endlich soweit! Er hatte die inneren Mauern endlich gesprengt! Ach was für ein herrlicher Triumph! Nun war er in der Lage sich mit einer Aura der Dunkelheit zu umgeben, die ihn abschirmte von dem grauenhaften Licht von außerhalb. Und er konnte seine Macht mit größerer Intensität wirken lassen. Doch hatte er auch gemerkt, dass er auf bisherigem Wege immer noch Jahrhunderte brauchen würde, um zu fliehen. Doch das war nun auch egal. Er würde schon bald wieder frei sein...oh ja! sehr bald....

Er mochte sich nicht mit Gewalt befreien, doch gab es etwas anderes, dass er tun konnte und es war bereits alles in die Wege geleitet. Ein allerletztes Mal hatte er die Stimme gehört und sie schien zu sagen: "Du hast es geschafft!"

Mittlerweile kannte er auch den Ursprung der Stimme. Bald würde er frei sein. Und dann würde er sich rächen! Er würde sich an allen rächen und sie leiden lassen, wie sie es sich nie gedacht hätten!

Kakariko

Teil 1: Die Vorahnung
 

Kapitel 11: Kakariko
 

An Kakariko konnte sich Ren noch gut erinnern. Er glaubte, dass dies der Ort sei, den er außerhalb der Zoradomänen und der Lon-Lon-Farm am häufigsten besucht hatte.Außerdem war es auch der Ort, der sich in der Zeit, seit er nicht mehr dort gewesen war, am wenigsten verändert hatte. Link zufolge veränderte sich die Stadt ohnehin kaum, selbst nach fast zwanzig Jahren. Natürlich war Kakariko gewachsen, so wie alle anderen Ortschaften in Hyrule, doch hatten sich hier im Vergleich recht wenige Leute angesiedelt.

Kakariko wurde von Impa als eine Stadt des Asyls für jedermann gegründet, doch nach Ganondorfs Sturz zog es die Meisten in die Schlossstadt von Hyrule. Angehörige der nichtmenschlichen Rassen Hyrules lebten ohnehin fast ausschließlich in ihren eigenen Reichen. Lediglich eine erstaunlich hohe Anzahl von Dekus bewohnten Kakariko und verdiente gut an den unterschiedlichen Bewohnern.

So war es immer noch dasselbe kleine Städtchen, wie damals als Link es zum ersten Mal betrat. Ren und sein Vater ließen ihre Pferde in den Ställen unterhalb von der Stadt, denn solch große Tiere wie Pferde wurden nicht gerne gesehen in dem eher engen Ort und außerdem war es für Tiere dieser Größe ein sehr unbequemer Ort, da es nur eine einzige wirklich breite Straße gab, nämlich die Hauptstraße. Aus diesem Grund war am Fuße der Treppe, die nach Kakariko führte, eine Reihe von kleinen aber gemütlichen Ställen gebaut worden. Diese wurden von einer recht wohlhabenden Familie geleitet, die in der näheren Umgebung zusätzlich eine Reihe von kleinen Häusern hatte, die sie vermietete.

Den Pferden der beiden Berühmtheiten wurden natürlich jeweils ein Stall ganz für sich alleine überlassen, denn abgesehen davon, dass es die Pferde des Helden der Zeit und seines Sohnes waren, handelte es sich um stolze Pferde, wie es sie sonst kaum in Hyrule gab. Epona war noch immer das ausdauerndste Pferd, welches Ren kannte. Sein eigenes war das älteste Fohlen von Link Stute. Es war ebenfalls braun, jedoch merklich eine Spur dunkler und zudem sehr temperamentvoll. Es ließ sich nicht gern von jemand anderem berühren als von Ren und seiner Familie und war ziemlich launisch. Ihr Name, denn es war ebenfalls eine Stute war Naboru. Die Idee hatte Link, als ihm das unbändigende Pferd einst in die Hand biss und er es mit der temperamentvollen Führerin der Gerudos verglichen hatte.

Nachdem sicher gestellt war, dass ihre Pferde gut versorgt waren, stiegen sie die breite und keinesfalls niedrige Treppe nach oben. Sie führte in das Felsgestein der ersten Ausläufer des Gebirges hinein, denn Kakariko lag in einem geräumigen Tal am Fuße des Todesberges und befand sich somit an erhöhter Stelle. Als sie die Treppe bewältigt hatten, waren sie deshalb erst auf einer Art Zwischenstufe angekommen und noch nicht in der Stadt. Diese war erst über eine zweite Treppe erreichbar. Auf der Zwischenstufe konnten sich die Leute ausruhen von der Besteigung der ersten Treppe. Dort waren zwar bereits einige Nischen in die Felswände geschlagen worden für die Müden doch hier gab es einige Zelte die einen wohltuenden Schatten versprachen und außerdem hatten hier einige Händler mit Getränken ihre Stände aufgeschlagen, um den durstigen Treppensteigern einige Rubine abzuknöpfen. Das war zumeist im Sommer so, doch jetzt im Spätsommer, da es nicht mehr so heiß war, bemühten sich nur wenige Händler hierhin.

So sprang daher auch nur eine Hand voll Leute aufgeregt auf als sie Ren und seinen Vater sahen. Diese wiesen entschieden jede Art von Willkommenstrunk von sich und stiegen sofort die nächste Treppe nach oben. Diese war etwas schmaler als die erste, aber mindestens ebenso lang. Nach einer kleinen Weile standen Vater und Sohn schließlich vor dem Tor zur Stadt. Auch hier wurden die Reisenden erwartungsgemäß immer von einer Gruppe Verkäufer empfangen, und auch hier sprangen die Anwesenden aufgeregt auf, als sie des Landes größten Helden und seinen ältesten Sohn erkannten. Traditionell wurden alle Besucher Kakarikos vor den Toren mit einem Becher Wasser gegrüßt, für den sie nichts zu zahlen hatten (sehr zum Ärger der Händler). Diesen nahmen Link und sein Sohn dankbar an und dann schritten sie durch die schlichten Tore Kakarikos. Diese bestanden lediglich aus zwei schlichten Pfeilern, zwischen denen ein einfaches Holzbrett mit dem Ortsnamen die Stadtgrenze markierte.

Kaum waren sie wenige Schritte auf der langen und breiten Hauptstraße gegangen, da waren sie auch schon von einer Menschentraube umringt. Man möchte meinen, dass mittlerweile wirklich jeder einzelne Bewohner des Großreiches mit Link gesprochen hatte und jeder kannte seine Geschichte, dennoch musste einfach jeder bei jeder sich bietenden Gelegenheit abermals mit ihm einige Worte wechseln. Es nahm einfach kein Ende und Link fand es schrecklich nervtötend, weshalb er größere Menschenmassen lieber mied. Er wollte einfach nur seine Ruhe.

Nachdem sie es geschafft hatten die Hauptstraße links über eine Treppe zu verlassen und in ein Gasthaus zu kommen, der Besitzer und seine Frau wollten nichts von einer Bezahlung hören, wollten sie zunächst ein wenig drinnen bleiben, zumindest bis sich der Menschenauflauf etwas gemindert hatte. Sie hatten die beiden besten Zimmer, mit Aussicht über die ganze Stadt. Während Ren an eines der Fenster trat dachte gedankenverloren an ihre Zeit bei den Kokiri. Sie waren noch drei Tage bei dem kleinen Volk geblieben und Ren hatte den Wald und seine Bewohner besser kennen gelernt. Er hatte sehr lange Streifzüge mit seinem Vater unternommen und hatte den heiligen Dekubaum kennen gelernt, von dem gesegnet wurde.Ein Gefühl von scheuer Ehrfurcht durchfuhr an, während er an das ehrerbietige Wesen dachte. Seinem Vater war bei dem Anblick des Dekubaumes der Mund aufgeklappt. Als er das letzte Mal den Sprössling des heiligen Baumes gesehen hatte, war dieser zwar schon ungefähr so hoch wie ein ausgewachsener Mensch, dennoch nur ein Sprössling. Nun sahen sie einen Baum von gigantischen Ausmaßen vor sich. Am Ende der großen Lichtung konnte man deutlich den alten Dekubaum sehen, den Link leider nicht vor seinem Schicksal hatte retten können. Selbstverständlich war er nicht angerührt worden, keiner würde es wagen Hand an ihn zu legen, und daher wiegten sich seine toten grauen Äste im Wind und das Rascheln seiner vertrockneten Blätter bildete eine traurige Melodie im Hintergrund des Platzes.

Der traurige Anblick wurde jedoch von dem Spross des heiligen Baumes verdeckt, der sich nun beinahe fünfzig Fuß in die Höhe erhob und somit bereits mehr als halb so groß war wie sein Schöpfer. Nur, dass dieser Baum voller Leben war. Die Blätter an seiner gewaltigen Krone waren von einem satten, nahezu leuchtenden, frischen Grün und einige junge Ranken mit grünlichen Blüten schlagen sich an ihm herab. Wie sein Vorgänger bildete die Rinde auch beim neuen Dekubaum eindeutig ein Gesicht, bei dem jedoch die Augen nicht so tief eingeschnitten waren wie es beim alten Baum der Fall gewesen war. Sie wurden von grünen Brauen bekränzt, die ihren Schatten auf einen langen Mund warfen, dessen hölzerne Lippen man absurderweise als lieblich bezeichnen konnte. Er sprach etwas ungezwungener als der alte Dekubaum, obwohl er zweifelsohne dessen Bewusstsein in sich trug und über die Segnung dieses Wesens freute sich Ren. Sie schien ihm etwas Besonderes zu sein, da der Dekubaum das einzige Wesen seiner Art auf der ganzen Welt war.

Vier Tage waren Link und Ren danach gen Norden geritten. Nach etwas mehr als einem Tag erreichten sie den Zorafluss, welcher der Zoraquelle im Osten entsprang und den östlichen Teil der Steppe in zwei Hälften teilte bevor er sich letztlich in den Stadtgraben der Schlossstadt ergoss. Entlang seines Laufes kamen sie an einigen kleineren und größeren Ortschaften vorbei, welche allesamt Brücken aufwiesen, die sie jedoch nicht überqueren wollten, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Sie passierten die Städte daher in einigem Abstand und zögerten die Überquerung des Flusses hinaus. Furten gab es unglücklicherweise keine, dafür war der Fluss zu tief und brachte zu viel Wasser mit sich. Dies sorgte für viel fruchtbares Land in der Umgebung des sich leicht schlängelnden blauen Bandes, daher siedelten sich dort besondern viele Menschen an. Tatsächlich war der Zorafluss entlang seines Verlaufes durch die Steppe der bevölkerungsreichste Abschnitt des hylianischen Reiches. Schließlich überquerten sie den Fluss bei der nördlichsten Brücke, die innerhalb der Stadt Weitblick lag. Diese gehörte offiziell bereits zu den Ländereien der Asylantenstadt und verdankte ihren Namen dem weiten Blick nach allen Seiten, der durch die Flachheit der Steppe an dieser Stelle möglich war. Von dieser Stelle aus waren es keine zwei ganzen Tagesritte mehr zur Schlossstadt. Ren bemerkte nicht wie sein Vater verstohlene Blicke nach Norden warf.

Hinter der Brücke befanden sie sich vollends auf Land, das eigentlich zu Kakariko gehörte, jedoch davon relativ unabhängig war und von einer Zahl von etwa fünfhundert Leuten bewohnt wurde. Auch Weitblick mit seinen etwa achthundert Bewohnern war für sich genommen unabhängig, denn die Führung Kakarikos übte niemals Druck aus oder machte seine Rechte geltend. Das Stadtgebiet begann in stummer Übereinkunft daher erst am Fuß der großen Treppe. Kakariko mochte zwar nicht so groß und aufregend sein wie die Schlossstadt Hyrule, war aber dennoch überaus wichtig für das Land. Es war eine Stadt für alle Völker und war von der ehrenwerten Impa gegründet worden, der Vertrauten Zeldas und Weisen der Schatten. In der Asylantenstadt befand sich der einzige offizielle Friedhof der königlichen Familie und allgemein lagen viele berühmte Bewohner des Großreiches im Schatten des Todesberges begraben. Der Beruf des Friedhofwärters und Totengräbers galt als ein wichtiges und ehrenvolles Amt. Desweiteren lag Kakariko natürlich am Fuße des Todesberges und war somit eine wichtige Station für Händler von überall her, die mit den Goronen geschäftliche Beziehungen unterhielten, jedoch den Berg nicht besteigen wollten, oder konnten. So war es durch seine vielen Gaststätten, Spielbuden und Wirtshäuser zu einem wohlhabenden Ort geworden.

Doch die Bewohner der kleinen Stadt ließen sich das nicht zu Kopf steigen. Sie wohnten in schlichten, aber geräumigen und vor allem gemütlichen Häusern ohne viele äußeren Zierereien. Die einzigen Häuser, die sich wirklich abhoben, waren das von Impa und das Haus der reichsten Familie des Landes, die einst mit dem Spinnenfluch belegt war. Da Impa jedoch nicht regelmäßig in Kakariko weilte, sondern die meiste Zeit im Schloss von Hyrule verrbachte, um Zelda beim regieren unter die Arme zu greifen und um in ihrer Nähe zu sein, war es schlichtweg zum Rathaus umfunktioniert worden. Es lag auf der rechten Seite des Städtchens, denn Kakariko wurde in der Mitte durch die Hauptstraße geteilt. Diese war eigentlich nichts weiter als ein sehr breiter, Weg und war, wie der Rest der Stadt, nicht gepflastert, sondern hauptsächlich mit Gras bewachsen. Meistens wurde dort ein Markt abgehalten.

Die Straße führte zu dem großen Platz vor der Mühle, auf dem sich immer noch der berühmte Brunnen befand auf dessen Grund Link einst das Auge der Wahrheit, ein machtvolles Relikt der Shiekah aus alten Zeiten, geborgen hatte. Nicht weit entfernt davon führte eine Unterführung durch einen Felsen zum Friedhof. Der linke Teil der Stadt, der nördlichere von beiden, lag etwas erhöht und war auf mehreren Terrassen gebaut, die in die Bergflanke eingegraben worden waren. Ein ausgetretener Pfad führte zu dem Tor, das man passieren musste, um den Berg zu erklimmen. Der rechte Teil der Stadt war teils zu ebener Erde gebaut und teils ebenfalls ein wenig erhöht. Auch der Hauptplatz musste über einige Treppenstufen erreicht werden und war auf derselben Ebene war der Rest der rechten Stadthälfte erbaut. Alles in allem lebten hier nicht mehr als 3000 Bewohner. Dies machte es zu der zweitgrößten Stadt in Hyrule, wobei man eigentlich nicht wirklich sagen konnte, dass es eine große Stadt war.

Ren ließ sich aufs Bett fallen. Kakariko war ihm immer noch lieber als die riesige Hauptstadt des Reiches, in der beinahe 8000 Leute nur darauf warteten sich wie Geier auf seinen Vater und ihn zu stürzen. Er lächelte, doch das Lächeln erstarb als er plötzlich das Gefühl hatte beobachtet zu werden. Dieses Gefühl war bei ihm ziemlich ausgeprägt, wofür ihn Link schon oft anerkennend gelobt hatte, doch in Rens Eifer stellte es sich auch oft als Irrtum aus. Als Links Sohn wurden selbstverständlich große Erwartungen in ihn gesteckt und er würde sich so gerne einmal beweisen...so gerne...Einfach nur er selbst sein, nicht Links Sohn sondern einfach er selbst. Wie viele Leute ihn wohl schlicht als Ren ansahen, den Kronprinzen der Zoras?

Vorsichtig stand er auf und ging wie beiläufig zum Fenster.

Natürlich war da nichts...und doch...war da nicht vage ein schnell hinweg huschender Schatten gewesen? Er starrte nachdenklich aus dem Fenster als einige Zeit später Link an der Tür klopfte und ihn rief. Vorerst tat Ren sein Gefühl als Einbildung ab.
 

Sie verbrachten den ganzen restlichen Tag in Kakariko, wo sie zahlreiche Spielbuden besuchten und am Ende in ein Wirtshaus gingen. Beim Bogenschießen hatte Ren seinen Vater zweimal geschlagen, doch er wusste nicht, ob es sein Verdienst war, oder ob sein Vater ihn hatte gewinnen lassen. Es spielte auch keine Rolle, da er sich ohnehin an nichts erinnern konnte, denn im Wirtshaus, nahm er zum ersten Mal in seinem Leben eindeutig zu viel Alkohol zu sich. Sein letzter Erinnerungsfetzen war, dass sein Vater ihn in der Nacht, mittlerweile war der Mond wieder um etwas voller, mit einem diebischen Grinsen zum Gasthaus zurücktragen musste. An seltsame Gefühle und verschwindende Schatten war am nächsten Tag nicht zu denken.

Geschichtsstunde mit Link

Teil 1: Die Vorahnung
 

Kapitel 12: Geschichtsstunde mit Link
 

Am nächsten Morgen wurde Ren von Übelkeit und Kopfschmerzen geplagt. Er hatte bereits von der niederschmetternden Wirkung eines Katzenjammers gehört, doch sie am eigenen Leibe zu erfahren war eindeutig etwas anderes. Wenn seine Mutter das herausfinden sollte…

Zerknirscht passierte er mit Link das Tor zum Todesberg. Das Wetter schien seine Stimmung wiederzuspiegeln, denn der Himmel war von grauen Wolken verhangen und es war wieder merklich kühler geworden. Auch schien die Luft feuchter geworden zu sein und nachdem sie etwa eine Stunde gegangen waren, umhüllte sie ein keinesfalls dichter, aber ziemlich unangenehmer Nebel. Ren hoffte, dass er bald vergehen würde und dass es bald wieder etwas angenehmer werden würde, denn sie hatten einen langen und später durchaus mühsamen Weg vor sich. Sie wollten zwar nicht zum Gipfel des Berges, sondern nach Goronia, doch der Todesberg war der höchste Berg des Landes und so würden sie die Stadt der Goronen wohl erst am Abend erreichen, obwohl sie morgens aufgebrochen waren.

Um die langen Stunden nicht in Schweigen und trüben Gedanken zu verbringen erzählte Link seinem Sohn viele Geschichte über die Goronen und schließlich kam er auch auf die anderen Völker zu sprechen. Ren kannte die meisten Geschichten natürlich, doch hörte er seinem Vater immer gerne zu und erhob daher keine Einwände. Der Reiz jeder guten Erzählung war es, dass man das Gefühl hatte sie zum ersten Mal in seinem Leben zu hören. Und so erzählte Link ihm von den, ihnen seltsam erscheinenden, Gebräuchen der Goronen, ihren ruhmreichen Vorfahren und Helden. Er erzählte ihm wie er selbst einst das erste Mal den Berg bestiegen hatte und es dann zahlreiche Male wiederholt hatte. Er erzählte ihm etwas von den Monstern, die den Berg einst terrorisiert hatten und schließlich kam er auf Entwicklungen des Reiches zu sprechen. Obwohl er ein Mann des Kampfes war, ein Mann der Tat, schätze Link die Geschichte und die zahlreichen verschiedenen Kulturen, die sie hervorgebracht hatte.

Und so erzählte er also seinem gespannt lauschendem Sohn, wie die Goronen einst vor langer Zeit in Harmonie und Einklang mit den anderen Völker gelebt hatten und wie dieses friedliche Zusammenleben gestört worden war.

"Das war noch Jahrhunderte vor Ganondorfs Auftauchen und es hatte bis dahin keine größeren Konflikte zwischen den Völkern gegeben und die einzelnen Reiche standen jedem offen. Doch soll dann irgendetwas furchtbares geschehen sein, was die Völker einander entfremdete und lange Zeit war das Reich der Zoras allen anderen Rassen verschlossen und selbst die sonst freundlichen und aufgeschlossenen Goronen waren außerhalb des Gebirges kaum noch anzutreffen. Und die Menschen…nun, sie wurden misstrauisch allen anderen Rassen gegenüber. Dieser Zustand dauerte lange Zeit an und obwohl dann zu Zeiten Ganondorfs und des letzten Königs von Hyrule sich die Lage wieder sehr verbessert hatte, waren die Auswirkungen dennoch zu spüren und zu sehen." Er hielt inne und war eine Weile in Gedanken versunken oder in Erinnerungen. Ren nutze die Pause um eine Frage zu stellen:

„Was war das für ein Ereignis dass die Völker so misstrauisch werden ließ?“ Links sah auf.

„Ich weiß es auch nicht. Niemand weiß es genau, außer vielleicht den Weisen. Ich habe deine Mutter nie danach gefragt. Es ist ein verschwommenes Kapitel in der Geschichte, die Geschichtsschreibung kennt keine Schriften, die Aufschluss ermöglicht hätten. Man mutmaßt allgemein, dass es sich bei dem Ereignis um einen chaotischen Krieg gehandelt haben soll, bei dem ein jedes Volk des Großreiches eines jeden anderen Volkes Feind war. Die Ursachen dafür liegen allerdings im Dunkel. Ein möglicher Grund für einen solchen schrecklichen Krieg könnte natürlich das Triforce sein, es hat seit jeher viele schreckliche Kämpfe um das Allerheiligste gegeben. Doch ein solcher Krieg wiederum hätte mehr als nur Misstrauen geschaffen, es wäre zu offenen Feindschaften gekommen. Von daher kann ich nichts Genaues darüber sagen, tut mir leid.“

Ren versuchte sich ein Ereignis auszumalen, welches einen so schrecklichen Krieg auslösen konnte. Er wurde in die Glanzzeit des Großreiches hineingeboren, er hatte, wenn er ehrlich sein sollte, nur vage Vorstellungen von Kriegen. Das einzig wirklich lebendige für ihn waren die Geschichten um seinen Vater. Dieser erzählte indes weiter:

"Doch der gemeinsame Kampf gegen Ganondorf hat sie wieder alle zusammengeschweißt, und nun ist es wohl wieder so, wie vor hunderten von Jahren das letzte Mal. Du weißt ja noch, dass die Stadt Hyrule von Ganondorf vollkommen zerstört wurde, ebenso wie das Schloss und nach Ganons Verbannung wurde alles abgerissen und sollte neu aufgebaut werden. Dafür wurde selbstverständlich eine Menge Stein und auch Holz benötigt. Holz konnten sich die Hylianer selber schlagen, doch das viele Gestein mussten sie von den Goronen erbitten. Diese sind ein gutmütiges Volk und verlangten nichts als Bezahlung, sie halfen sogar bei den Bauarbeiten. Und während sie schließlich im Gebirge immer mehr Stein abtrugen und immer weiter gruben stießen sie dann vor etwas 18 Jahren auf ausgedehnte Adern von Edelmetallen und anderen nützlichen Erzen. Auch fanden sie einige Edelsteinvorkommen und so wurden sie sehr reich. Allerdings sie horteten sie dies alles nicht! Nein, sie ermöglichten es Hyrule und allen Reichen auf die Rohstoffe zuzugreifen und so ist das Land heute immer noch sehr wohlhabend. Nach einiger Zeit verlangten sie dann natürlich doch Bezahlung, doch die wurde ihnen bereitwillig gewährt. Dies halt der natürliche Geschäftssinn aller denkenden Wesen.

So kam es, dass alle Völker nun besondere Spezialitäten entwickelten und sich in allen Belangen weiterentwickelten. Die Goronen stellen natürlich wunderbare Steinarbeiten her und es gab viele ausgezeichnete Schmiede, doch verstanden sich diese nur auf die Bearbeitung von Eisen und Stahl und nicht von Gold und Silber. Mittlerweilehaben sich jetzt verschiedene Schmiede entwickelt, die sich auf die Edelmetalle spezialisierten und sie schufen mit diesen bald wahre Wunderwerke. Sie konnten die zahlreichen schönen Edelsteine einfassen und verkaufen oder als Zierde behalten. Goronische Edelsteine, musst du wissen, werden fast immer roh gekauft, denn das die Verarbeitung zu Schmuck ist eine Arbeit, die ein zu großes Feingefühl und schlankere Finger benötigt, als die Goronen sie haben.

Und so taten sich nun unter den Hylianern wunderbare Schmuckhersteller hervor und sie wurden ziemlich reich, denn die Gerudos kauften viel des Schmuckes. Diese mussten einst erst einen Vertrag unterschreiben nie wieder Überfälle auf hylianischem Boden zu machen, es sei denn auf Feinde des Reiches, doch das waren natürlich nur rein zeremonielle Worte, denn das von den Göttinnen gesegnete Reich hat keine Feinde. Dennoch erwarben die Gerudos viele Materialien und Kenntnisse auf mysteriös günstige Art und Weise.“ Einen Augenblick lang dachte Link an das geschäftige Treiben in der Gerudofestung und musste grinsen, beovr er fortfuhr:

„Viele lernten oder verbesserten nun das Schmiedehandwerk ihrer Heimat und viele befassten sich mit den edleren Metallen und Edelsteinen. Doch wurden die Gerudos nun ein Volk, das viele Abgesandte in ferne Länder schickte, um Handel zu betreiben, auf …nun alle nur erdenklichen Arten. Auch die Zoras taten sich besonders hervor, denn sie sind unter den einzelnen Völkern diejenigen, die den größten Sinn für Ästethik und Eleganz haben und außerdem sind sie sehr geschickt und mit ihren schlanken geschickten Fingern vermögen sie die Edelsteine, die sie in roher Form von den Goronen kaufen, zu wundervollen Formen und Facetten zu schleifen und so stellen sie nun die schönsten Schmucksteine her. Denn zum Schleifen entwickelten sich einzelne Gilden und alle haben andere Techniken und bringen andere Formen hervor, und alle Gilden wetteifern in einem immerwährenden Wettkampf, der aber auf kameradschaftlicher Ebene liegt. Und zusammen mit den Goronen vollbringen die Zoras kleine und große Wunder, denn die beiden Völker ergänzen sich perfekt. So wurde nun das ganze Großreich Hyrule ein reicher und gesegneter Ort und sein Einflussgebiet erstreckt sich noch weit über seine Grenzen hinaus. Und die grandiosen handwerklichen Arbeiten der Goronen und Zoras, und der herrliche Schmuck, den sie herzustellen vermochten, die feinen gewebten Stoffe der Gerudos, die massiven starken Rüstungen, all die nützlichen kleinen Erfindungen, die die Hylianer entwickelt hatten, all das wird in vielen nahen und weit entfernten fremden Ländern hoch gepriesen. Und unter den Goronen, die immer noch am meisten profitierten, bildeten sich kleine und große Unternehmen von großen Händlern ihres Volkes und tatsächlich wurden auch Kolonien gebildet, denn in Termina leben auch Goronen und außerdem viele Menschen, die das Gebirge schätzen und es bewohnen, und beide Länder Hyrule und Termina, verbindet ein gemeinsamer Nationalheld, ohne mich selbst loben zu wollen.“

Noch einige Zeit erzählte Link von den Völkern und Ländern der beiden Reiche, Hyrule und Termina, und so verging die Zeit schnell für die beiden.

Denn ehe sie sich's versahen standen sie vor der großen Öffnung einer Höhle in einer vor ihnen aufragenden Felswand.

"Endlich! Wir sind an Dodongos Höhle angekommen! Ich denke wir sollten uns jetzt etwas ausruhen, denn gleich wird der Aufstieg anstrengender und wir werden auch kaum Zeit oder Puste haben, um miteinander zu sprechen." Ren nickte und ließ sich auf einen Stein sinken. Sie rasteten eine Weile und aßen hungrig etwas von ihrem Proviant. Das Wetter hatte sich etwas gebessert. Sie hatten den Nebel verlassen und auch die trüben Wolken des Morgens hatten sich verzogen. Eine blasse Sonne war an einem noch etwas gräulichen Himmelszelt zu sehen, doch war der Anblick erfreulicher als die dicke graue Wolkendecke vom Morgen, die nichts weiter versprach als Regen und Feuchtigkeit. Weit unter sich konnte Ren noch immer etwas Nebel erkennen und noch weiter darunter Kakariko. Die einzelnen Gebäude waren bereits zu kleinen schwarzen Punkten geworden und die Bewohner konnte man aus dieser Höhe schon nicht mehr ausmachen. Denn obwohl sie tatsächlich erst an den "Knien" des Berges waren, befanden sie sich bereits in großer Höhe, denn der Berg war massiv und hoch. Als sie weitergingen wappneten sie sich schon einmal, denn ihr Weg würde nun schwieriger werden und an einigen Stellen würden sie klettern müssen. Denn sie würden dem Hauptweg nicht weiterfolgen, sonder einen geraden Weg nach Goronia nehmen. Der Hauptweg wand sich für alle Händler und Besucher um den Berg herum und führte erst zu den Gegenden, in denen die Goronen wohnten, die nicht in der Hauptstadt des Felsenvolkes lebten. Es gab viele große und kleine Höhlen, die sie bewohnten und sogar einige richtige Häuser aus Stein. Doch wenn sie diesen Weg nehmen würden, dann würden sie erst am nächsten Tag ankommen und sie wollten die Nacht schon in Goronia verbringen und nicht irgendwo am Wegrand auf dem harten Felsgestein.

Deshalb verließen sie also den Weg und wandten sich nun direkt nach Norden.

Der Weg war tatsächlich schwierig und schon bald mussten sie sich mühsam an steinigen Hängen hochziehen und mehrmals mussten sie klettern, teils über selbst für Link schwierige Stellen. Sie mussten sehr vorsichtig sein: Der Weg war für jeden, der ihn nicht kannte sehr gefährlich. Doch Rens Vater war den Weg schon häufiger gegangen und dementsprechend hatte es auch Ren etwas einfacher. Nach weiteren Stunden zogen sie sich schließlich müde einen letzten Felsenkamm nach oben und waren am Rande des Weges, den sie unten verlassen hatten. Kurz vor ihnen senkte sich das Terrain zum Tor und Vorplatz der Stadt. In den Felswänden waren viele Öffnungen, Türen und Fenster, von weiteren Behausungen der Goronen zu sehen und an mehreren Stellen am Wegesrand wuchsen die wundersamen Donnerblumen. Doch dafür hatte Ren schon keine Augen mehr. Er war einfach zu müde. Es war bereits Abend geworden und aus den Behausungen der Goronen drang verlockendes warmes Licht. Sie schritten über den großen Platz vor dem Tor der nur von einer einzigen Statue geziert wurde. Jetzt im Dunkeln, konnte Ren nicht viel ausmachen, doch er wusste was sie darstellte und wie schön sie war. Sie stellte Link, den Helden der Zeit und Darunia, den ehrenwerten Führer der Goronen und Weisen des Feuers, beim Kampf mit dem Drachen Volvagia dar. Als sie kurz vor den Toren waren, kam ihnen eine vertraute warme Stimme entgegen und sie sahen einen großen Schatten auf sich zukommen.

Nächtliche Streifen

Teil 1: Die Vorahnung
 

Kapitel 13: Nächtliche Streifen
 

"Link, Ren! Da seid ihr ja endlich! Ich hatte euch bereits gestern erwartet! Kommt her, schön euch zu sehen!"

Der große Schatten im dunklen Tor nahm Gestalt an und Darunia trat in das spärliche Licht der beiden Fackeln, zu beiden Seiten des Einganges zur Stadt. Sein Sohn Link kam hinter ihm heraus und grinste Ren sofort an. Sie waren beide sehr gute Freunde, tatsächlich war Link-goro, wie er meistens genannt wurde, sein bester Freund.

Darunia umarmte Link wuchtig. "Du warst lange nicht mehr zu Besuch, Blutsbruder!", dröhnte er als er von ihm abließ. Der Angesprochene lachte.

„Du weißt doch wie das ist. Man muss sich um dies und jenes kümmern und…"

"...Und natürlich ist da noch die gute Ruto!", fiel Darunia ihm augenzwinkernd ins Wort. Dann wandte er sich an Ren, der sich bereits mit Link-goro begrüßt hatte.

"Neffe! Dich habe ich wirklich lange nicht mehr gesehen! Tut mir leid, dass ich nicht zu deinem großen Tag anwesend sein konnte, aber ich hatte wirklich viel zu tun." Links frühere Abenteuer hatten seinen Kindern eine Vielzahl von Onkeln und Tanten eingebracht, dachte Ren schmunzelnd, während ihn ein warmes Gefühl von Geborgenheit erfüllte als Darunia seine muskulösen Arme fest, aber nicht erdrückend, um ich legte. Dann schob der Goronenführer ihn ein wenig von sich weg und betrachtete ihn eingehend.

"Jetzt bist du ein richtiger Mann, mein Junge, du bist erwachsen!", lächelte er Links Sohn an, den ein leichtes Gefühl von Stolz erfüllte. Er richtete sich kaum merklich auf während sie das Tor durchschritten. Dieses war schlicht, wie das meiste bei den Goronen, denn obwohl sie hervorragende Handwerker, Bildhauer und Steinmetze waren, hatten sie auch einen Drang zu stilvoller Schlichtheit. Ihre meisterlichen Künste setzten sie eher bei den anderen Völkern ein. Der Eingang zur Stadt war in den Fels hineingehauen und als einzigen Zierrat konnte man zwei eingemeißelte Säulen, eine auf jeder Seite, erkennen, die mit vielen Schriftzeichen der Goronen übersäht waren. Außerdem war über dem Tor ein steinerner Sockeln angebracht, auf dem das Symbol des Feuers eingraviert war. Alles ohne Edelsteine oder Gold: Es bestand alles aus Stein. Dem Tor schloss sich ein kleiner Tunnel an und nach einigen Augenblicken voll flüchtigem, dämmrigen Licht traten sie durch die zweite Öffnung und Ren sah die Hauptstadt der hylianischen Goronen wieder.

Sie war simpel aufgebaut und schlicht gehalten, so wie es die Goronen mochten, doch verschlug sie jedem, der sie noch nie zuvor gesehen hatte, den Atem. Die Stadt war unterteilt in die gigantische kreisförmige Haupthalle und ein riesiges Höhlensystem, das sich nach allen Seiten tief in den Berg erstreckte. Die Haupthalle war sehr hoch und hatte mehrere Etagen, die sich spiralförmig nach oben und unten wanden, genau um einen Abgrund in der Mitte. Oben an der Decke, lag an seinem Platz der Goronenopal und es war niemandem gestatten sich ihm zu nähern, was für einen Goronen jedoch ohnehin sehr schwierig gewesen wäre: Der Opal war auf einer schon fast schwebenden Felsinsel in einen großen Stein gesetzt und war nur über einige sehr schmale Wege zu erreichen. Auf welche Weise die Goronen dieses unvergleichliche Werk vollbracht hatten, war nicht bekannt doch war es ein Beweis für die wunderbaren Fähigkeiten des Felsenvolkes. Am Grund des mittleren Abgrunds lag ein weiteres Wunder der Goronen, eine Statue, so riesig und doch so lebensecht und wunderbar, dass man es kaum glauben konnte. An dem spiralförmigen Weg waren zahlreiche Öffnungen, kleine Tore, einfache Nischen und Durchgänge zu sehen. Die Wände an sich waren unverziert, doch glatt und hart. Hier und dort wuchsen außerdem einige Donnerblumen, diese einzigartigen explosiven Pflanzen, die nur auf dem Todesberg wuchsen, der ein aktiver Vulkan war. Die Goronen verdankten es zum größten Teil ihnen, dass sie besseres Schließpulver und bessere Bomben und explosive Stoffe herstellen konnten, als die Hylianer, die außer ihnen das einzige Volk waren, die etwas Derartiges im Großreich produzierten. Normalerweise wurde die gigantische Halle von rotem Licht geflutet, denn die Decke war einst in der Mitte, genau über dem heiligen Stein abgetragen worden und durch ein Rubindach ersetzt worden. Tagsüber wurde so alles von dem roten Licht beleuchtet, dass die Decke erzeugte, wenn die Sonne hereinschien. Nachtsüber brachten die Nachtgestirne, nicht die nötige Intensität auf und so wurden viele Fackeln angezündet. In eben diesem Zustand befand sich das Reich, als Link und sein Sohn es betraten.

"Ich schätze ihr seid müde, aber ruht euch nicht zu sehr aus! Nachher wollen wir eure Ankunft feiern!", sagte Darunia. Dann wurden sie durch einen Durchgang in der Nähe geführt und von dort über eine Treppe nach unten, bis sie sich in einem großen runden Raum befanden. Ein Leuchter mit vielen kleinen Kerzen, der an der Decke hing, bildete die einzige Lichtquelle. Es waren zahlreiche Türen zu sehen. Sie waren aus Holz, was selten war in dem Goronenreich. Holz wurde nur für die Gästezimmer verwendet und so standen sie nun vor ihren Gemächern und verabschiedeten sich fürs erste von Darunia und Link-goro. Dann traten sie in ihre Zimmer ein und schmissen sich auf ihre Betten. Das Zimmer von Ren bestand nur aus einem Bett, einem schlichten Schrank und einem kleinen Tisch. Ren schätzte, dass die anderen Zimmer auch so aussahen. Kamine oder dergleichen benötigten die Goronen nicht, denn ihre Stadt war in die Flanke eines Vulkans eingehauen und so bestand darin immer eine natürliche Wärme, die die Felsen selbst abzugeben schienen. Eine einzige Fackel beleuchtete das Zimmer und ihr mildes Licht war sehr angenehm, wie Ren fand.
 

"Ren wach auf! Wir wollen jetzt los!"

Ren schreckte hoch. Einen Moment lang war er völlig verwirrt und orientierungslos, denn die Fackel war fast zur Gänze heruntergebrannt. Er musste eingeschlafen sein. Vor ihm stand ungeduldig Link-goro. "Was ist denn?", fragte er.

"Was ist? Machst du Witze? Jetzt ist doch nicht die Zeit, um zu schlafen! Lass uns rausgehen und Spaß haben!"

"Jetzt? Aber..." Link-goro riss ihn einfach wortlos vom Bett herunter, zog ihn hoch und schleifte ihn nach draußen. Ren mochte stämmiger sein als bei den Zoras üblich, doch gegen die Kraft eines Goronen kamen nicht einmal die stärksten Menschen an.

"Hey!“, rief er empört aus. „Ist ja gut, ich komme ja. Lass mich los!" der junge Gorone zucke mit den Schultern. "Wie du willst."

Rens prompte Landung auf dem Steinboden war hart bewirkte jedoch, dass er vollends aufwachte. Er sagte nichts, sondern begnügte sich stattdessen damit, seinen Freund vorwurfsvoll anzuschauen. Der zuckte abermals die Schultern, grinste und half ihm beim Aufstehen. Dann gingen sie sich amüsieren.

Denn die Goronen mochten ein träges und schlafliebendes Volk sein, doch taten sie dies zumeist am Tag und so gingen sie sich meistens des Nachts beschäftigen.

Und beschäftigen konnten sie sich, denn wenn sie erst einmal wach waren und zu etwas aufgelegt, dann waren die Goronen voller Tatendrang. Es gab in Goronia jede Menge Kneipen, Spielhöhlen und andere Ort an denen man sich gut gelaunt die Zeit vertreien konnte. Der Sohn des Goronenführers führte Ren tief hinein in das Reich und der Kronprinz der Zoras verlor schon bald die Orientierung, so viele Treppen stiegen sie herab, so viele Abzweigungen passierten sie, so viele Höhlen durchquerten sie.

Das Goronenreich war um einiges größer als die Zoradomäne. Das lag in erster Linie an der Funktion der Goronen und ihren Taten, denn sie waren keineswegs zahlreicher als die Zoras. Doch sie benötigten große Höhlen als Lagerhäuser, oder als Schmieden, oder auch Bildhauerateliers. Es gab viele Handwerker unter den Goronen und jeder hatte seine eigene Werkstatt. So kam es, dass das Reich äußerst groß und unüberschaubar war und selbst einige Goronen kannten sich dort nicht so gut aus. In diesem Moment befanden sie sich in dem ebenfalls großen Vergnügungsviertel der Stadt, was letztlich nur bedeutete, dass es dort mehr Schänken und Spielbuden gab als im übrigen Reich.

"Sag mal, wo sind eigentlich unsere Väter?", fragte Ren, worauf er ein erneutes Schulterzucken als Antwort bekam. Bald war er zu sehr abgelenkt um an Link und Darunia zu denken, denn Link-goro jagte ihn durch alle möglichen Spielhöhlen und sie testeten sich gegenseitig in kleinen freundschaftlichen Wettkämpfen und Wetten. Zumeist gewann der Gorone, denn die vielen Spiele, die man mit Bomben oder Krabbelminen spielte, waren sein Spezialgebiet. Ren hatte dafür mehr Glück in den Geschicklichkeitsspielen und so war es ungefähr ausgeglichen. Gerade, als sie aus ihrem zehnten Spielstand traten, um einen weiteren Streifzug zu unternehmen, schickten sich zwei Gestalten an die Stadt zu verlassen, um ihrerseits durch die Nacht zu streifen.
 

Eine Halbe Stunde bevor Ren unsanft geweckt wurde, hatte Link beschlossen zu Darunia zu gehen und mit ihm zu reden. Lange Zeit sprachen sie über völlig alltägliche Geschichte und tauschten unwichtige Neuigkeiten aus, doch beide wollten natürlich nur auf eine Sache hinaus: Die seltsame Veränderung der Aura des Landes.

Nachdem sie in der Stadt umherspaziert waren traten sie nun durch das Haupttor nach draußen. Beide schwiegen. Auf diese Weise verstrichen mehrere Minuten in denen die zwei einen Weg ins Gebirge antraten. Schließlich brach Link das Schweigen:

"Du siehst trotz allen guten Neuigkeiten bekümmert aus, mein Freund."

Darunia warf Link einen Blick zu und antwortete:

"Du weißt natürlich schon wieso. Du hast ja Salia besucht und ich wette, dass du es auch gespürt hast."

"Ja und Ren auch." Der Feuerweise nickte und lächelte dann.

"Der Kleine entwickelt ein gutes Gespür. Hat er wohl von dir. Obwohl ich ihn nicht mehr so nennen sollte, schätze ich.“ Link lächelte zurück.

"Eher nicht. Und was sein Gespür angeht, so glaube ich, dass er es eher seiner Mutter zu verdanken hat, als mir.“

Darunia wurde wieder ernst. " Ja, ja, die gute Ruto… Ich hatte natürlich vor einigen Tagen das Vergnügen, deswegen wusste ich, dass ihr auf dem Weg wart."

"Ja Salia hat mir schon von eurer Versammlung erzählt. Wie genau lief es denn ab? Und..." Link verstummte abrupt. Dann fuhr er fort:

"Wir sind mit Salia...etwas vom Thema abgeschweift." Darunia sah seinen selbsternannten Blutsbruder ernst an.

"Wir haben über die Veränderung, alle ihre Folgen und ihre Bedeutungen gesprochen, noch andere langwierige Gespräche geführt, das Siegel verstärk, solche Dinge. Du weißt doch wie das ist: Stundenlange Gespräche und schwerwiegende Beschlüsse. Die pure Langeweile, obwohl dieses Mal eine gewisse Spannung dabei war. Da ja keiner wusste was es mit der Veränderung auf sich hatte. Und ja...." fügte er nach einer kurzen Pause hinzu, "ja, Zelda war auch da."

Link sah ihn beinahe erschrocken an, dann senkte er den Kopf und nickte. " Wie geht es ihr?" Die Worte kamen nicht so zögerlich über seine Lippen, wie vor wenigen Tagen im Wald. Nach immerhin fast zwanzig Jahren war er schon beinahe erschrocken wie gefasst er nun mit der unerwarteten Konfrontation mit diesem Thema umging.

"Du weißt wie es ihr geht. Die Arme ist vollkommen fertig. Du weißt, dass sie mit Salia befreundet ist?"

"Ja, jetzt schon. Es hat mich zwar überrascht, aber ich freue mich, dass jemand für sie da ist."

"Mach dich nicht fertig, Bruder. Du weißt, dass es nicht deine Schuld ist!"

Link nickte stumm. Er schien eine Weile in Gedanken zu sein, bevor er nach einigen Augenblicken seufzte und das Gespräch fortführte.

"Was genau hat es nun mit der Veränderung auf sich? Salia sagte, ihr habt das Siegel mit den Amuletten verstärkt."

"Salia ein kluges, kleines Ding. Klüger als ich jemals sein werde. Ich denke darüber hat sie dir genug gesagt und ich bezweifle, dass ich noch etwas hinzufügen kann", sprach Darunia lächelnd. Ihn und Salia verband die ungewöhnlichste und doch innigste Freundschaft unter den Weisen und unter allen die Link kannte. Auf einmal stellte der Goronenführer eine unerwartete Frage:

"Sag mal Link, habt ihr bei eurer Reise eigentlich Monster gesehen?"

"Nein.", erwiderte Link vollkommen überrascht. Nach Ganondorfs Verbannung waren die bösen Energien in Hyrule nahezu versiegt und die meisten Monster waren bei den Säuberungsmaßnahmen der ersten zwei Jahre aufgespürt und getötet worden. Danach hatte es kaum Sichtungen gegeben. Bisweilen sah man in der Steppe vielleicht noch Knochengänger, Überreste von verbitterten und unglücklichen Geschöpfen, die keine Ruhe finden konnten, doch die wirklichen Bestien und Ungeheuer existierten nicht mehr im Großreich Hyrule.

"Wie kommst du denn darauf?", wollte Link neugierig wissen.

Darunia wirkte wütend, als er antwortete:

"Weil die verdammten Energien des Bösen wieder fließen und die Monster sich im geheimen wieder anfangen zu vermehren. Obwohl erst wenige Tage vergangen sind, sind es schon mehr, als in den ganzen letzten zwanzig Jahren, verflucht, und wir können sie nicht daran hindern! Wir können nichts machen!", donnerte er aufgebracht. Einen Moment lang befürchtete Link sein Freund würde weitertoben als dieser zum Sprechen ansetzte, doch stattdessen schnaubte er nur und rief:

"Ach zum Teufel damit! Dieses Thema verdirbt mir die Laune, genug davon. Ich will heute Nacht nichts mehr davon hören, hörst du? Du bist zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder zu Besuch, lass uns feiern gehen! Komm, wir gehen jetzt erst einmal etwas trinken!"

Mit den Worten schlug er Link so wuchtig an den Rücken, dass dieser überrascht einige Schritte vorwärts taumelte. Dann lachte sie beide (das heißt, dass Darunia lachte und Link vor Schmerzen die Miene verzog, was durchaus als ein schiefes Grinsen durchgehen konnte) und gingen zurück zur Stadt. Oh ja, die Nacht war noch jung und Link würde heute wahrscheinlich so viel Alkohol zu sich nehmen wie seit Jahren nicht mehr. Die Goronen waren ein trinkfestes Volk und kannten die stärksten alkoholischen Getränke der Welt. Und Darunia war eine Legende in allen Kneipen, Schanken und Wirtshäusern, denn er konnte so viel Alkohol zu sich nehmen wie niemand sonst seit über einem Jahrhundert. Aber was sollte man auch anderes erwarten angesichts im wahrsten Sinne des Wortes harter Organe. Morgen würde Link wahrscheinlich einen fürchterlichen Kater haben und den ganzen Tag im Bett und in einem gewissen anderen Ort verbringen. Und er war sich sicher, todsicher, dass Ruto davon erfahren würde. Nicht durch Ren, auch nicht durch Darunia, aber sie würde es sicher erfahren.

Und sie würde wütend werden!

Der mysteriöse Verfolger

Teil 1: Die Vorahnung
 

Kapitel 14: Der mysteriöse Verfolger
 

"Soll ich dir noch etwas Wasser bringen Vater?", fragte Ren besorgt.

Ein schwächliches Krächzen deutete er vorsichtshalber als ein Ja. Rasch nahm er den Tonkrug, er sah aus wie der Kopf eines Goronen, und füllte Links Becher auf. Dann legte er ihn auf den kleinen Hocker neben dessen Bett.

"Kann ich dich wirklich alleine lassen?", fragte Ren behutsam. Sein Vater machte mit der Hand ein unbestimmtes Zeichen der Zustimmung.

"Ich werde trotzdem jemanden zu dir schicken!", meinte sein Sohn. Mit diesen Worten verließ er das Zimmer und begab sich zu Darunias Kammer. Als er dort klopfte erhielt er keine Antwort und so machte er sich zum Thronsaal der Goronen auf. Dieser lag, wie er wusste, ganz unten am Boden des großen Abgrunds in der Haupthalle. Der Weg war nicht kurz und er kam erst nach einer Weile am Ziel an. Unterwegs beobachtete er entzückt das Spiel der Lichtstrahlen, die sich im Rubindach tausendfach brachen und die Halle rot erglühen zu lassen schienen.

An der tiefsten bewohnbaren Stelle des Goronenreiches, der Boden des großen mittleren Abgrundes, zu dessen Grund nur wenig Licht seinen Weg fand, brannten einige Fackeln, die um die große Goronenstatue herumstanden. Er trat durch den hohen Eingang zu Darunias Führersaal, denn als wirklichen Thronsaal konnte Ren den Raum einfach nicht betrachten. Es stimmte zwar, dass Darunia der Anführer der Goronen in allen Belangen war, dennoch hatte er nicht die absolutistische Macht eines Königs und die damit verbundenen Privilegien. Er war tatsächlich eher als eine Art Häuptling anzusehen und stand nicht weit über den anderen Angehörigen seines Volkes. Unter den Goronen waren herrschte ein durchgehendes Prinzip der Gleichheit und es gab lediglich bestimmte Personen, denen viel Respekt gezollt wurde, ohne dass sie dadurch höher gestellt waren.

Der Raum, den Ren nun betrat war, von der selben Farbe des Berggesteins wie die übrige Stadt, doch wies dieser Raum mehr Zierrat auf als der Rest des Reiches, in dem es nur gut gearbeitete, aber kahle Wände gab, mit Ausnahme von einigen in den Stein geritzten Karten, Wegweisern und rudimentären Bildern, deren Hauptthemen Bomben, Explosionen und Goronen waren. Im Führungszimmer des Felsenvolkes hingen jedoch einige schöne gewebte Wandteppiche, Geschenke von den anderen Völkern Hyrules, außerdem viele in Stein gehauene Sagen- und Führergestalten der Goronen. Am Ende des Raumes stand eine besonders hohe und schöne Statue. Sie zeigte den Goronen, der Goronia der Sage nach gegründet hatte: Gardenios! Er galt als der bislang größte Krieger der Goronen und er war es angeblich, der, mit nur wenigen Beherzten, einen Feldzug gegen die Drachen, die einst dieses Gebirge bevölkert und terrorisiert hatten, geführt hatte. Seine kleine Truppe sollte ganz alleine die Drachen vertrieben haben und in einem schrecklichen Kampf war es Gardenios, der ihren König erschlagen haben soll. Der Linie des Gründervaters des hylianischen goronischen Reiches entstammten hervorstechende Persönlichkeiten, wie etwa jener Gorone, der zu seiner Zeit den fürchterlichen Volvagia besiegt hatte, ein Überbleibsel aus der alten Zeit, versteckt in den Untiefen des Gebirges, der letzte der großen Drachen von einst, die noch in Hyrule lebten. Diese Statue war das wichtigste Bildnis für die Goronen dieser Stadt: Sie war der Thron und die Seele und das jeweilige Oberhaupt der Stadt nahm seinen Platz stets vor diesem Ideal des Felsenvolkes ein. stand

In der rechten Wand war am Ende des Raumes eine kleine Nische eingearbeitet, in der ein steinerner Tisch stand. Dort fand Ren Darunia, der gerade einige beschriebene Steinplatten durchging, denn dies war die Art der Goronen zu schreiben: Sie meißelten die Buchstaben mit der ihnen gegebenen Kunstfertigkeit in flache, dünne Steinstücke. Als Ren näher trat, erhob sich Darunia erfreut.

"Ren, wie geht es deinem Vater? Ich fürchte wir haben gestern etwas übertrieben." Ren grinste. "Er ist kaum mehr als eine Leiche, aber er wird es schon durchhalten. Ich wollte dich nicht stören", sagte er mit einem Blick auf die Unterlagen, die auf dem Tisch lagen. Im Licht einer hell brennenden Fackel sah er nun auch einige beschriebene Bögen Papier. Darunia bemerkte seinen Blick und verzog das Gesicht.

„Ich hasse diese Schreib- und Organisationsarbeit, aber leider bleibt mir nichts anderes übrig. Wir sind ja nicht so gut in solchen Sachen.“ Links Sohn lachte.

„Ihr habt ein Handelsimperium, das sich über den gesamten Kontinent erstreckt, selbstverständlich könnt ihr das!“

„Nun, es hat bis jetzt zumindest gereicht nicht? Aber du hast mich bestimmt nicht aufgesucht, um über derlei Dinge zu reden, was kann ich für dich tun?“

„Kannst du jemanden zu Vater schicken? Ich wollte es ausnutzen mal wieder hier zu sein und einen Spaziergang machen.“

„Eine gute Idee, genieß die Bergluft so lange du kannst. Aber gib Acht, falls du abseits der Wege wandern solltest. Ich muss dich ja nicht über die Gefahren der Berge aufklären.“ Sein Gesicht verzog sich in fürsorglicher Strenge und Ren konnte nicht anders als bei diesem Anblick loszuprusten. Darunias Mienenspiel kannte nur zwei Varianten: Mürrisch und lustig. Aus den jeweiligen Abstufungen musste man versuchen seine Laune zu erraten. Angesichts Rens Lachen verzog sich Darunias Gesicht noch mehr, wodurch er nur noch mürrischer aussah und so verabschiedete der Zoraprinz sich und stieg wieder nach oben. Ungefähr auf der mittleren Ebene der großen Halle trat er durch das Stadttor nach draußen.

Das Erbe seiner Mutter sorgte in ihm für die Liebe zur Weite, so wie die Ozeane weit und ungebändigt waren, und deshalb mochte Ren es nicht gerne für längere Zeit dem freien Himmel fern zu bleiben.

Im Licht der Sonne, konnte er nun wieder die schöne Statue auf dem Vorplatz zur Stadt erkennen: Sie war äußerst groß und über alle Maßen detailliert. Link und Darunia kämpften gemeinsam gegen Volvagia, was nicht ganz der Wahrheit entsprach denn sie hatten getrennt gegen ihn gekämpft, aber es war trotzdem ein sehr schönes Motiv.

Volvagia erschien sehr lebensecht und war stark verziert mit feurigen Rubinen, schimmernden Topasen und flammenden Opalen. Auch bei der Darstellung Links hatte man viel mit feuerroten Edelsteinen gearbeitet, da er beim Kampf die Goronenrüstung trug, aber sein Gesicht war aus importiertem, poliertem Elfenbein gestaltet worden. Zwei dunkle Steine spiegelten die Tiefe seiner Augen wieder, das unter der Rubinkapuze hervorquellende Haar war reines Gold. Die Nachbildung des Masterschwertes ließ an einen Strahl aus blitzendem Silber denken, versetzt mit fein geschliffenen, kleinen Diamanten und Kristallen.

Die Statue Darunias war aus einer den Hylianern unbekannten Gesteinsart gehauen, die einen bräunlichen Glanz hatte und stark poliert worden war, damit sie dem Glanz der Edelsteine gleichkam. Diese waren, wie man ihrer vortrefflichen Art sehen konnte, von den Zoras geschliffen worden. Die Gesamtheit des Monumentes sah umwerfend aus und war in der Tat die wertvollste künstlerische Darstellung des Landes. Fremde stellten irritiert die Frage nach dem Verstand der Bewohner Goronias, dies herrliche Bildnis nahezu in der Wildnis des Berges herumstehen zu lassen. Obwohl jedermann wusste, dass auf dieser Darstellung der Schutz Darunias, des Weisen des Feuers, lag, konnte sich doch niemand, der nicht selbst dort gewesen war, vorstellen, dass nicht einmal der kleinste Stein gestohlen wurde. Wenn man die Statute jedoch ansah, so kam niemand je auf den Gedanken sie anzurühren. Diesen Eindruck konnten die wenigsten genau beschreiben, wenn sie an diebische Absichten dachten, so legte sich sofort ein Schleier auf ihren Verstand, der sie davon abbrachte.

Leicht schmunzelnd zog Ren die Parallele des vor ihm heroisch dargestellten Helden zu dem leidenden Mann, der sich sicherlich irgendwo unter ihm gerade übergab. Er trat an den Rand einer kleinen Schlucht und schaute nach Süden. Kakariko konnte er aus dieser Höhe nicht mehr wahrnehmen, es ließ sich nur erahnen wo die Stadt lag, doch sah er weit unter und vor sich ein sich nach allen Richtungen erstreckendes grünes Meer, die hylianische Steppe. Er blickte nach Westen und ein wenig nach Norden und meine nun auch weit weg von hier oben einen von hier kleinen dunklen Fleck auszumachen. Das musste die Stadt Hyrule sein, denn sie war sehr groß und lag in dieser Richtung.

Das Gefühl beobachtet zu werden schien ihn ohne Vorwarnung anzuspringen und Ren wurde mit einem Male nervös. Er war sich sicher, dass jemand hinter ihm war. Betont langsam vollführte er eine Bewegung wie um sich zu strecken und drehte sich dabei ein klein wenig um. Ganz schwach konnte er einen Schatten um eine Ecke biegen sehen. Nun zögerte er nicht länger, sondern schritt rasch, aber so leise wie er konnte auf die Stelle zu. Er blickte um die Felswand herum und schaute auf einen breiten Pass, zwischen sich hoch auftürmenden Felswänden. In den Wänden zu beiden Seiten waren massenhaft Durchgänge und Löcher zu sehen und Ren schnaubte. Wie sollte er denn da seinen Verfolger nur finden? Trotzdem ging los und nahm die erstbeste Abzweigung nach rechts. Unwillkürlich verlangsamte sich sein Schritt. Er musste sich den Weg gut merken und durfte nicht weit weg gehen, sonst lief er Gefahr sich zu verlaufen und das konnte im Gebirge böse Folgen haben. Der Todesberg mochte das sein, was man in fast ganz Hyrule von weitem sah, allerdings stellte er nur den Anfang eines riesigen Gebirges dar, welches sich weit nach Norden ausdehnte, noch viele, viele Meilen hinter dem Großreich. Und das Gebirge war sehr tückisch: Kaum zu sehende Schlaglöcher, plötzlich nachgebende Steinplatten, Schluchten und schier endlose Felsenlabyrinthe waren nur einige der Gefahren.

Er bog abermals ab, diesmal nach links, und sah sich vor einer Sackgasse stehen. Also folgte er dem Weg zurück und gelangte so auf den Pass. Dann nahm er einen Weg, der ihn nach links führte, zu den äußeren Mauern von Goronia. Diese sah er nach einigen Minuten deutlich vor sich, doch sah er auch einen sehr schmalen Pfad, der ihn rechts an der Mauer entlang führte. Es schien ihm unwahrscheinlich, dass Goronen diesen Pfad angelegt haben sollten, denn er war viel zu schmal für das Felsenvolk. Gespannt, aber immer noch sehr vorsichtig folgte er dem Pfad und die Felswand zu seiner rechten kam ihm immer näher, so dass es bald über alle Maßen eng wurde. Doch mit einer überraschenden Plötzlichkeit fand Rens tastende Hand einen Durchgang. Es war kaum mehr als ein kleiner Tunnel, war aber einigermaßen hoch und er konnte ihn problemlos betreten. Sofort spürte er einen kalten Zug auf seinem Gesicht, der ihn frösteln ließ. Er mochte sich auf einem Vulkan befinden, doch konnte die Wärme nicht überall hin gelangen und die Winde waren in dieser Höhe schneidend kalt. Dennoch ging Links Sohn weiter, von Neugier getrieben, und außerdem hoffte er immer noch seinen schattenhaften Verfolger zu finden. Er war sich nun sicher, dass die Goronen diesen Pfad nicht angelegt hatten, der er war grob aus dem Fels gehauen und kam nicht in Frage für die saubere und makellose Handarbeit des fleißigen Volkes des Gebirges.

"Wer kann denn hier noch leben, außer den Goronen?", fragte er sich. "Menschen gewiss nicht, auch keine Hylianer."

Das hylianische Volk mochte zwar zur Rasse der Menschen gehören, doch waren sie von den Göttinnen gesegnet, denn sie wohnten im geweihten Hyrule und dies Land war das von den Göttinnen erwählte. Sie waren blasser vom Angesicht als die übrigen Menschen des Nordens (die Völker im Norden des Kontinentes waren alle blass im Vergleich zu den wettergegerbten Bewohnern des Südens) und außerdem von größerer Länge, doch nicht immer kräftiger gebaut. Dafür jedoch mit einem wunderbaren Verständnis für Sprachen und alte Überlieferungen. Außerdem hatten die Hylianer zugespitzte Ohren, die übrigen Menschen jedoch nicht. Unter diesen hieß es, dass die Hylianer mit ihren Ohren die Botschaften der Göttinnen vernehmen könnten. Doch waren keine Menschen dafür geschaffen, auf dem Todesberg zu leben, zumindest nicht dauerhaft und es kam einfach nicht in Frage, dass sie hier geheime Pfade anlegten.Nach einiger Zeit sah Ren schließlich das Ende des Weges vor sich und trat heraus aus dem steinernen, recht dunklen Tunnel, der zum Ende hin breiter wurde.Er hatte seinen Verfolger gefunden.

Er stand mit dem Rücken zu Ren auf einem erhöhten Felssitz, in den scheinbar grobe Stufen hineingehauen worden waren. Sein dunkler Umhang umwehte ihn und er hatte scheinbar eine Kapuze übergezogen. Unter dem vom Wind gebeutelten Umhang zeichnete sich eine schlanke Gestalt ab. Ein sonderbares Gefühl von Ehrfurcht erfüllte Ren. Diese Person vor ihm war offensichtlich äußerst stark vom Hauch des Mystischen umgeben, falls er überhaupt etwas von solchen Dingen verstand. Er verhielt sich ganz still, machte kein Geräusch. Er rührte sich nicht und hielt sogar den Atem an.

"Du kannst ruhig näher treten", sagte da plötzlich die Gestalt. Sie hatte eine weiche, tiefe Stimme. Eine dunkle Stimme. Und doch zugleich…leise und beruhigend. Eine dunkle Stimme, voller Geheimnisse.

"Woher weißt du, dass ich da bin?", fragte Ren zögernd. Gleichzeitig machte er einen Schritt nach vorne, doch dann blieb er sofort stehen, als ob ihn irgendetwas daran hinderte näher zu kommen: Eine instinktive Scheu.

Und plötzlich wusste er wen er vor sich hatte. Vor ihm musste ein Shiekah stehen.

Natürlich, dass war die Erklärung. All diese Gefühle, die er in der Nähe dieser Peron empfand, die Scheu und die Ehrfurcht. Das geräuschlose Bewegen seines Verfolgers und seine Schattenhaftigkeit. Der übermäßige Hauch der Magie... all das deutete ganz klar darauf hin, dass vor ihm ein Angehöriger dieses mysteriösen, uralten Volkes stand. Dunkel und voller Geheimnisse, in der Tat. Die Schatten waren ihr Element. Doch was wollte dieser Shiekah von ihm? Er wagte es immer noch nicht viel zu sagen und so fragte er lediglich flüsternd:

"Wer bist du?"

Langsam drehte sich die Gestalt um. Obwohl es immer noch sehr windig war und der Umhang sich wallte, so blieb er doch, von einer Brosche zusammengehalten, um den Körper des Shiekah geschlungen. Ren konnte das Gesicht unter der Kapuze nicht erkennen, denn dort waren nur dunkle Schatten, aber er fühlte sich unwohl unter dem Blick...und doch konnte er nicht die Augen davon abwenden. Er war nun vollends in einem Zustand der Starre. Langsam hob die Gestalt ihre Hände und schlug die Kapuze mir einem sanften Schwung zurück.

Ren verschlug es den Atem.

Es schien ihm, als sehe er nicht in das Gesicht irgendeiner normalen Sterblichen, und sei es auch eine Shiekah. War vielleicht, von niemandem bemerkt, eine der drei Göttinnen wieder herabgestiegen? Oder war sie vielleicht eine Tochter, jener göttlichen Wesen, von denen immer noch so viel überliefert wurde?

Er sah ein Gesicht vor sich, wie er es sich noch nie erträumt hatte. Vergessen war die unvergleichliche Schönheit seiner Schwester. Vergessen, die Anmut, die Grazie, die Eleganz, die er kannte.

Die Welt existierte nicht mehr, es gab nur noch sie...dieses göttliche, perfekte Gesicht.

Dunkle Haut sah er vor sich, die natürlich Hautfarbe eines jeden Shiekah, dunkler als die von Hylianern und die von anderen Menschen, dennoch nicht so dunkel wie die sonnengebräunte Haut der Gerudokriegerinnen. Ein scharf geschnittenes Profil. Ren war noch nie bewusst gewesen, wie schön die schattenhaften, unter Locken verschwommenen Konturen eines weiblichen Kopfes sein konnten. Volle geschwungene Lippen. Ren schien es fast, als schienen sie in einem satten blutroten Glanz. Eine Nase mit langem, geschwungenem Nasenbein, wie feinstes Elfenbein.

Und die Augen...sie waren überwältigend.

Ren hatte immer gedacht, dass es keine ausdrucksstärkeren Augen geben konnte als die von seiner Mutter oder seiner Schwester. Doch hier, scheinbar am Ende der Welt, hatte er die Ausnahme gefunden.

Dunkle, goldbraune Augen, voll so unvergleichbarer Tiefe...als ob man einen herrlichen roten Wein in ein goldenes Glas gefüllt hätte und es dann vor die Strahlen der Sonne gehalten hätte...nur noch viel, viel schöner. Geschwungene, lange dunkle Wimpern umrahmten dies Wunder, dem kein Kleinod gleichkam, das Ren kannte. Der Wind spielte mit ihren Haaren, einer dunkelbraunen Flut glänzender Strähnen, durchwirkt mit wenigen hellen Abstufungen der edlen Farbe und ganz und gar durchzogen von vielen feinen Locken. Vor allem ihr Gesicht war von solchen Locken eingerahmt und der Wind blies sie ihr über die Augen und Wangen und machte es damit noch geheimnisvoller als es ohnehin schon war.

Eine Göttin, sie musste eine Göttin sein. Er konnte einfach kein normales Wesen vor sich sehen. Ein göttliches, übernatürliches Wesen. Eine Göttin…seine Göttin…

Und dann bewegte sie sich. Leichtfüßig sprang sie von dem Felsen und sie schien zu schweben in der Luft. Dann glitt sie geschwind über den Boden, den rauen Gesteinsboden des Gebirges. Sie kam näher, immer näher...zu nah....

Dann war sie da, doch sie huschte an ihm vorbei und er fühlte ihren Atem in seinem Ohr, als sie ihm kaum vernehmliche Worte zuflüsterte...Sein Herz schien zu ihm aus der Brust springen zu wollen, sie war so nah...so nah...Ihm war heiß und kalt zur gleichen Zeit und dann war sie weg und Dunkelheit schien sich auf ihn herab zu senken…doch inmitten dieser einsamen, finsteren Dunkelheit gab es einen Lichtschimmer...ihre Stimme, ihre dunkle, wunderschöne Stimm und die verheißungsvollen Worte, die sie geformt hatte:

Wir werden uns wieder sehen!

Die Gedanken einer Prinzessin

Teil 1: Die Vorahnung
 

Kapitel 15: Die Gedanken einer Prinzessin
 

Der Mond war wieder halbvoll und so schimmerte der Hyliasee einmal mehr in einem, zwar etwas schwächlichen, aber schönen silbrigen Glanz.

Und wie so oft, wenn dieser Zustand andauerte saß Kira auf der kleinen Insel in der Mitte des Sees und wartete auf den Sonnenaufgang. Sie lehnte an den großen Baum des kleinen Fleckens Erde und summte leise vor sich hin.

Es war irgendeine melancholische Weise, Kira wusste nicht mehr woher sie sie kannte, aber sie summte sie oft, wenn sie hier war. Sie liebte diese Momente: Sie waren voller Ruhe und stummer Schönheit und sie wusste, dass ihr Vater genauso empfand wie sie. Sie lächelte. Es war ihr Geheimnis. Auch wenn der See berühmt war für diese Momente und von Zeit zu Zeit Zoras aus dem Zorareich herkamen oder auch Leute von weit her, nur um dieses Spektakel zu sehen, so war es dennoch das Geheimnis von Link und seiner Tochter. Sie erlebten es nie gemeinsam. Kira wusste, dass Link immer auf der Terrasse über ihrer Wohnung saß, so wie Link ganz genau wusste, dass Kira immer hier saß. Er sagte dann immer, dass er oben saß und die Schönheit des Sees betrachtete, während sie ein Teil dieser Schönheit wurde. Seine blaue Silberfee nannte er sie dann immer. Kira liebte diesen Namen sehr. Als sie noch klein war, hatte ihr Vater ihr erzählt, dass seine frühere Fee, Navi, in den Wald zurückgekehrt war und dann das Land auf eine heilige Mission des Dekubaumes hin verlassen hatte. Er war dabei immer so traurig gewesen, dass die kleine Kira einmal sagte, dass sie ganz einfach seine Fee sein würde. Link hatte sie erstaunt angesehen und dann gelächelt. Und von da an, war sie seine Silberfee.

Kira gab sich gerne ihren Kindheitserinnerungen hin. Damals war alles so einfach, so unbeschwert gewesen. Jetzt war alles kompliziert. Nun, nicht wirklich, aber sie machte es alles kompliziert.

Wann hatte ihre Unruhe angefangen? Sie wusste es nicht mehr genau, doch nachdem ihr Großvater sie gefragt hatte, ob sie seine Erbin werden wollte, da waren all ihre zwiespältigen Gefühle stärker geworden. Sie hatte, sehr zu Verwunderung aller, abgelehnt und über ihre Gründe geschwiegen. Aber natürlich hatte sie ihre Gründe. Sie hätte es natürlich gekonnt, sie wusste um ihre Fähigkeiten besser als irgendjemand sonst uns war davon überzeugt, dass sie eine großartige Herrscherin abgeben würde. An sich wäre es sogar eine ideale Aufgabe für sie, denn sie genoss die Gesellschaft, Verehrung und Achtung des Hofes und Volkes. Doch sie wollte nicht. Obwohl es ihr gefallen hätte, verspürte sie nicht den Wunsch über andere zu herrschen. Doch was genau war ihr Wunsch? Sie seufzte. Diese Frage plagte sie nun schon seit zwei Jahren: Was wollte sie eigentlich, was erwartete sie von ihrem Leben? Die Existenz der Kinder von Link und Ruto war auf dem gesamten Kontinent einzigartig, doch war ihr deswegen auch ein hohes Schicksal bestimmt? Kira glaubte nur bedingt an Vorsehung und Schicksal, doch sie glaubte fest daran, dass jedes Wesen der Welt seine Bestimmung selbst zu finden hatte und ohne genauere Festlegung dieser Bestimmung rastlos wurde. Warum wusste sie die ihre nicht? War sie dazu bestimmt ihrer Mutter zu folgen und die nächste Weise des Wassers zu werden? War sie dazu bestimmt die Frau eines berühmten Mannes zu werden? War sie vielleicht einfach nur dazu bestimmt ein ganz gewöhnliches Leben einer Adligen der Zoras zu leben? Hatte sie überhaupt irgendeine Bedeutung?

Kira war von sich selbst stark eingenommen, der Gedanken, dass sie keine höhere Rolle in der Geschichte spielen sollte, hatte beinahe eine kränkende Wirkung auf sie. Zugleich konnte sie sich nicht genau vorstellen worin eine solche Rolle bestehen sollte und ob es tatsächlich etwas war, was sie glücklich machen konnte. Bis jetzt waren das einzige wahre Glück in ihrem Leben ihre Familie und ihr Ruhm gewesen. Ihren Liebsten fühlte sich die Prinzessin sehr verbunden, insbesondere ihrem Bruder Ren. Sie wusste, dass dieser bisweilen auch an sich zweifelte, weil alle hohe Erwartungen in ihn steckten, als Links Sohn. Kira tröstete ihn dann immer und sprach ihm Mut zu. Doch in Wirklichkeit beneidete sie ihn fast. Er wusste wenigstens, woran er war: Er war der älteste Sohn des Helden der Zeit und der zukünftige König der Zoras. Er wusste, dass er das Leben eines großen Kriegers und Königs würde leben müssen, denn in diese Rolle zumindest hatte ihn niemand gedrängt, er hatte sie aus der tiefen Bewunderung für seinen Vater selbst gewählt. Was ihren jüngsten Bruder Zen betraf, so versuchte Kira nicht mehr ihn zu verstehen. Er war ein einziges verschlossenes Geheimnis. Gleichzeitig wusste sie jedoch, dass er auch keiner Hilfe bei seinen Entscheidungen oder seinen Lebenserwartungen bedurfte, denn obwohl er wenig redete, gab er doch immer schweigend zu verstehen, wie selbstständig und unbekümmert er war. Zen hatte gewiss nicht die Probleme, die seine Geschwister plagten. Aber sie? Was war mit ihr? Kira, die Prinzessin der Zoras, eine der schönsten bekannten Frauen. Kira die Prinzessin des Wassers. Oh ja, sie zeigte ein enormes magisches Talent im Umgang mit Wasser, ihre Mutter bildete sie schon seit Jahren darin aus. Gleichzeitig jedoch Kira, die zweifelnde Prinzessin. Die Prinzessin, die ihren Platz in der Welt nicht kannte und nicht wusste, was sie wirklich wollte. Sie hatte so große Angst davor sich darüber nie Klarheit verschaffen zu können und ein Leben voller Ungewissheit zu ertragen.

Kira stand auf und trat an den Rand der kleinen Insel. Sie schaute in das silberblaue Wasser und sah das, was sie immer sah sich ihr Spiegelbild an. Das schöne Gesicht eingerahmt in eine Woge bläulichsilbernen Haares, durchzogen von den vielen leichten Strömen an goldenen Strähnen, die sie gerne in langen, dünnen Zöpfen zusammenflocht.

Warum war dieses Gesicht im Wasser nur so anfällig, für diese ganzen Selbstzweifel? Warum nur, warum sie? Bekümmert schaute sie in Richtung ihres Zuhauses. War das ihre Zukunft, wie es auch ihre Vergangenheit und Gegenwart war? Nein, etwas würde sich doch bestimmt in ihrem Leben ändern!, dachte sie wütend und lenkte ihre Gedanken in andere Bahnen.

"Was wohl Vater und Ren gerade machen? Und wo sie wohl sind?" Nach ihrer Schätzung müssten die beiden zurzeit entweder am Todesberg sein oder aber schon in der Schlossstadt. Was ihr Vater dann wohl tun würde? Ob er Zelda sehen würde? Sie spürte nichts bei diesem Gedanken. Kein Unbehangen, keine Trauer, keine Wut, nichts.

Sie wusste alles über Zelda, ihre Mutter hatte es ihr einst erzählt. Warum wusste sie selbst nicht genau, aber sie vermutete, dass Ruto einfach mit jemandem sprechen musste. Ihren Gefühlen feien Lauf lassen. Und das hatte sie. Kira hatte es noch klar vor Augen: Ihre Mutter hatte geschrieen und dann fast geweint, war wütend geworden und dann wieder traurig. Manchmal schien sie sich zu schämen, manchmal verwünschte sie ihr Schicksal. Erst gegen Ende hatte sie sich beruhigt.

Dennoch konnte Kira, trotz den Gefühlen ihrer Mutter und ihres Vaters, einfach nichts Wirkliches empfinden bei diesem Gedanken. Sie war sich sicher, dass ihr Vater seine Familie nie im Stich lassen würde und sie wusste auch, dass er seine Frau liebte. Und sie wusste, dass man die Liebe zu einer anderen im Herzen behalten konnte während man eine andere liebte. Kira hatte eine sehr hohe Meinung von ihrem Vater, wenn es um diese Angelegenheit ging. In diesem Fall, zweifelte sie nie. Sie war sich immer sicher, dass es irgendwann einmal zu einer Art Aussprache zwischen Link und Zelda kommen musste. Ohne Ruto. Und dass ihr Vater dies alles bestens meistern würde. Irgendwann würde es zu Ende sein...ganz sicher. Diese Gewissheit erlaubte es Kira Zelda gegenüber nichts Negatives zu empfinden und schon recht keinen Hass. Sie hatte eher Mitleid mit der Regentin der Hylianer. Jedoch ertrug sie den Gedanken an Zelda nicht...sie dachte ihn schlichtweg nur. Er hatte für ihr Leben einfach keine entscheidende Bedeutung. Doch woher wollte sie, ausgerechnet sie, schon wissen, was für ihr Leben von Bedeutung war und was nicht?

Energisch drehte sie sich um begann auf der Insel im Kreis zu gehen. Sie wollte ihre Gedanken einfach nicht wieder in diese Richtung schweifen lassen, heute nicht. Sie war es leid und war zudem müde.

"Ob Ren mittlerweile eine Freundin hat? Oder wenigstens eine Frau geküsst hat?", zwang sie sich zu denken.

Das Liebesleben ihre Bruders interessierte sie wirklich sehr...wenn es jedoch endlich mal eins geben würde, würde es viel interessanter werden! Kira war sehr beunruhigt, wegen Rens übertriebener Schüchternheit vor Mädchen. Sie hatte sich schon vor Jahren selbst zur obersten Instanz ernannt, wenn es um dieses Thema ging. Kira war der eindeutigen Meinung, dass Ren endlich eine Freundin brauchte. Dass, er sich nach einer Frau sehnte, da hatte sie überhaupt keine Zweifel. Doch er war so verflucht schüchtern und ängstlich. Kira wünschte sich den Tag, an dem ihr Bruder endlich mal eine Frau finden würde fast mehr herbei, als den Tag, an dem sie endlich mal den richtigen finden würde.

Sie war sich sehr darüber im Klaren, dass sie wunderschön war und dass die Männerwelt sie vergötterte. Sie wusste sie könnte jeden Mann haben. Von Zeit zu Zeit bandelte sie auch mit dem einen oder anderen an, doch das bedeutete ihr nichts. Sie war noch nie in ihrem Leben verliebt gewesen und so suchte sich nicht krampfhaft nach jemandem für sich und sehnte sich nicht übermäßig danach, obwohl der Gedanke wohl oft in ihrem Kopf herumspukte. Sie wusste nicht, ob sie jemals einen Mann haben wollte, doch falls, dann sollte es schon der richtige sein. Kira war zwar keine richtige Romantikerin, aber sie glaubte dennoch daran, dass es zu jedem Wesen irgendwo in der weiten Welt ein ideales Gegenstück. Man musste sich nicht unbedingt immer im Leben begegnen, doch der Seelenverwandte, wie man so etwas häufig nannte, war da, davon war sie überzeugt. Bei dieser Vorstellung bot sich natürlich wieder genügend Nahrung für ihre verworrenen Gedanken über ihre Zukunft: Würde sie jemals einen geeigneten Mann finden, geschweige denn den richtigen?

Gut nur, dass sie diesem Teil des Lebens keine allzu hohe und relevante Bedeutung für ihr eigenes verlieh. Die Liebe ihrer Familie war für sie, die sie noch keine andere Art der Liebe kennen gelernt hatte, mehr als genug.

So wurde sie wenigstens von dieser für Frauen so typischen Plage nicht behelligt und dies war auch gut, denn sie hatte schon genug derlei quälender existenzieller Fragen und Befürchtungen.

Oh süße, bittere Liebe!

Teil 1: Die Vorahnung
 

Kapitel 16: Oh süße, bittere Liebe!
 

Die kalten schneidenden Winde hatten sich etwas gelegt und der Fluss der Zeit bewegte sich wie immer unaufhaltsam weiter. Zumindest für alle außer einem. Denn noch immer stand an einem verborgenem Ort hoch oben auf dem Todesberg, doch noch nicht auf seinem Gipfel, für ein einzelnes, verzagtes Wesen die Zeit still.

Es war noch nicht viel Zeit vergangen seit die Shiekah den Ort verlassen hatte und gerade einmal eine halbe Stunde seit Ren durch das Tor der Goronenstadt getreten war, um frische Luft zu schnappen. Links Sohn konnte noch nicht einmal sagen, dass für ihn eine Ewigkeit vergangen war, denn in Wahrheit schien die Zeit für ihn nicht mehr zu existieren.

Er befand sich in einem Zustand, in dem einfach keine Zeit vergehen konnte, in dem es keinen Augenblick und keine Ewigkeit gab. Die Zeit spielte keine Rolle mehr. Es gab nichts mehr, was eine Rolle spielte. Gar nichts. Nur noch dieses Gesicht, dieses wunderbare Gesicht, die strahlenden Augen...einzig das hatte noch eine Bedeutung.

Ren dachte nicht, er fühlte nichts er stand nur da und... sah das Gesicht dieser Frau. Kein Leben war in ihm, er war leer, eine Hülle nur erfüllt von dem, was an Schönheit nicht zu übertreffen war. Wie lange die reale Zeit an ihm vorbeizog wusste er später nicht zu sagen, doch es konnte nicht lange gewesen sein. Den Zeitpunkt aber, an dem er wieder eintrat in die Welt der Gesetze von Raum und Zeit, würde er nie wieder vergessen können. Es war der Tag, an dem er das wundervollste Geschenk seines Lebens erhielt und zugleich seine schlimmste Wunde erlitt. Es war der fantastischste Tag in seinem kurzen Leben. Und der traurigste und schmerzhafteste. Es war der Tag, an dem er lieben lernte. Der Tag an dem er fand, was am schönsten war auf dieser Welt und zugleich der Tag, an dem es ihm wieder entrissen wurde. Als er endlich wieder Herr seiner Sinne war, wusste Ren einen Augenblick lang nicht wo er war. Das mittelgroße Felsplateau und der Felsen, mit den Stufen an dessen Rand, erinnerten ihn jedoch wieder daran, dass er im Großreich Hyrule auf dem Todesberg stand. Wäre er zu jener Zeit nicht so verwirrt gewesen und voller gegensätzlicher Gefühle, so hätte er sich vielleicht ausrechnen können, dass er genau nach Norden schaute, direkt in das Herz des Gebirges. Und wäre er nicht zu beschäftigt gewesen mit seinem Innersten, so hätte er eine Aussicht genießen können, die nur wenige vor ihm gesehen hatten, selbst unter den Goronen. Denn vor ihm lag das riesige Gebirge des Nordens, von dem der Todesberg nur den Anfang bildete, und dass sich noch viele Meilen hinter dem Reiche Hyrule weit nach Norden erstreckte. Der Himmel schien den Berggipfeln näher zu sein in dem Gebirge und Ren hätte Felstitanen gesehen am Ende des Horizonts, die viel größer waren als der Todesberg, jedoch von einer schweigenden und weißen Wolkenschicht umgeben waren. Der Himmel war klarer hier als sonst wo und das Weiß der Wolken reiner. Das Gestein härter, die Gefahren größer. Eine Majestät, ungebrochen von den Jahrtausenden, die ins Land gezogen waren, nachdem sie entstanden war All das hätte Ren erblicken können, an jener geheimen Stelle, von der zu dieser Zeit nur noch so wenige wussten. Doch sein Geist war abgelenkt, seine Gedanken erfüllt von Schönheit und Freude, von Verlust und Bitternis.

Denn er wusste, dass er sich verliebt hatte und er erkannte, dass diese Liebe das übertraf, was Kira ihm erzählt hatte, was er zwischen seinen Eltern beobachten konnte und was er je gesehen hatte. Er hatte sich verliebt und er fand es wunderbar und schrecklich zugleich. Denn mit der Liebe kamen deren Begleiterinnen, Unsicherheit und Angst, von denen ihm bis jetzt noch niemand etwas erzählt hatte. Zweifel und Ängste… Hätte er dies vorher gewusst, so wäre er niemals hierher gekommen...doch nein, was dachte er da bloß? Er wäre gekommen, er hätte sich nicht entziehen können. Er wäre gekommen, obgleich er gewusst hätte, dass er sich einem Schmerz ausliefern würde, den er niemals würde besänftigen können. Er wäre gekommen um seine erste und schlimmste Wunde geschlagen zu bekommen. Er wäre gekommen, um das zu sehen, dessen Schönheit man nicht mit unwürdigen Worten ausdrücken konnte und hätte ihn der Anblick auch auf der Stelle verbrannt. Er wäre gekommen.

Er wäre gekommen, um sich zu verlieben.

Sich zu verlieben, welch ein seltsam schlichtes Wort um ein Gefühl auszudrücken, dass so stark war, so herrlich, so schrecklich. Verliebt…Liebe…beinahe flüsterte Ren diese Worte tonlos vor sich her. Liebe. Das womit alle Völker nur Wunderbares auszudrücken glaubten. Doch die Liebe war nicht wunderbar. Sie war grausam. Anders konnte Ren einfach nicht empfinden. Er hatte sich verliebt, doch er war sich sicher, dass er niemals, nie in seinem ganzen Leben, jemals eine Gelegenheit bekommen würde diese Liebe zu verwirklichen, die konnte er es sich nur anmaßen, an so etwas zu denken? Es stand außer Frage, dass seine Liebe einfach keine Zukunft hatte. Shiekah vermählten sich nicht mit den Angehörigen der anderen Rassen. Sie würde sich auch nicht vermählen lassen mit einem Abkömmling zweier verschiedener Rassen, einem unerwarteten Mysterium in der Evolution. Keiner war ihrer würdig. Und der Shiekah, die Ren gesehen hatte...nein, die sich ihm offenbart hatte, würde er niemals würdig sein. Niemals! Der Gedanke war die Wahrheit, er musste die Wahrheit sein! Denn er wollte sich keine Hoffnungen machen, das würde er nicht überstehen.

Ren ging zögernd auf den Felsen zu, auf dem seine besondere Verfolgerin gestanden hatte. Unendlich langsam, als fürchtete er auch nur den Ort, auf dem sie gestanden hatte, zu entweihen, stieg er die Stufen nach oben. Es waren nicht viele, doch auf jeder Stufe schien ihn ein furchtbarer Schmerz zu durchbohren, bis er nach grauenhaften Qualen endlich oben ankam. Hier hatte sie gestanden. Wie ein Süchtiger schloss Ren seine Augen und dachte zurück an jenen Moment, an dem er aus der Felsspalte gekommen war und an dem er das Licht fand. Diese Anmut, diese unvergleichbare Grazie. Diese geheimnisvolle Tiefe in ihren herrlichen goldenen Augen. Und ihre tiefe melodische Stimme. Wir werden uns wieder sehen, hatte sie gesagt. Und augenblicklich erfüllte ihn eine wilde Sehnsucht und eine brennende Hoffnung, wie ein glühendes Inferno in seinem Inneren, als er an ihre Worte dachte. Und sie war so nahe gewesen, so nahe...und doch so fern. Die Flammen wichen dem Eis der Bitternis. So fern. Zu fern. Er mochte sie wieder sehen. Er mochte sie lieben, sie vergöttern.

Doch seine Liebe würde nie eine Zukunft haben. Das konnte nicht sein. Er würde von seiner Liebe gezeichnet durch die Welt wandeln, sein Leben führen, und von Liebe erfüllt sterben. Erfüllt von unerfüllter Liebe. Dieses gottgleiche Wesen würde ihn nie lieben können, wenn es ihm überhaupt je wieder Aufmerksamkeit schenken würde.

"Aber sie hat es getan! Sie hat mich aufgesucht, sie hat mich gefunden, nicht ich sie…", dachte Ren verzweifelt. War sie nicht wirklich auf ihn zugekommen? Und hatte sie nicht gesagt, dass sie sich wieder sehen würden? Und dann dachte er daran, was geschehen würde, wenn sie sie tatsächlich wieder sehen würden. Sein erster spontaner Gedanke war, dass er sterben müsste. Die Erkenntnis kam über ihn, nicht plötzlich, keinesfalls überraschend. Sie musste schon in seinem Allerinnersten aufgekeimt sein, als die Shiekah die Worte kaum zu Ende gesprochen hatte. Er würde sterben...würde er das? Es musste so sein. Wenn er sie wirklich treffen würde, dass würde er nicht überstehen. Dann müsste er auf immerdar in ihrer Nähe bleiben, oder aber sein Leben lassen. Sein Leben lassen...Das würde ihm dann höchstwahrscheinlich nicht mehr schlimm erscheinen.

Lange stand er da, am Ende der Welt, wie es schien, erfüllt von der Todessehnsucht, der Liebessehnsucht, einer grausamen und trügerischen Hoffnung und einer kalten Bitterkeit.

Es stellte sich heraus, dass einige Stunden vergangen waren, als er wieder am Tor nach Goronia stand. Offenbar hatte man nach ihm gesucht, denn alle Goronen, die ihn sahen schienen erleichtert zu sein. Link-goro hingegen war überaus verärgert.

"Wo warst du nur? Wir haben zwei Stunden nach dir gesucht! Was hast du denn nur getrieben? Was.." Er verstummte als er ein merkwürdiges, nie da gewesenes Leuchten in Rens Augen sah. Mit einem Male war er besorgt und verunsichert. "Was ist mit dir Ren? Was ist geschehen?"

Ren sah ihn an, doch in Wirklichkeit ging sein Blick durch ihn hindurch und er schaute noch einmal in dieses engelhafte Antlitz. Und während er es ansah, wurde das Bild schwächer, denn Ren entrückte es in das tiefste Innere seines Herzen und verschloss es sorgsam. Niemand würde je erfahren von dieser Begegnung. Dafür würde er sorgen. Niemals würde sich seine Liebe jemandem offenbaren.

"Es ist nichts, ich hatte nur vergessen, wie dünn doch die Luft hier oben bei euch ist. Es ist wirklich nichts. Ich habe mich beim Spazierengehen verlaufen. Wollen wir zur Krabbelminenbahn gehen?"

Wiedersehen mit Zelda?

Teil 1: Die Vorahnung
 

Kapitel 17: Wiedersehen mit Zelda?
 

Link blickte verstohlen zur Seite und besah sich seinen Sohn. Eine kaum Wahrnehmbare Veränderung, gerade einmal ein Glitzern in den blauen Augen. Doch er war sich ganz sicher, dass mit seinem Sohn irgendetwas geschehen war. Was es wohl war? Er hatte ihn nicht gefragt, denn Rens Blick sagte schon alles: Er würde nicht darüber reden wollen, egal was es war. Link machte sich Sorgen. Ren war natürlich schüchterner und verschlossener als viele andere in seinem Alter, das wusste jeder, doch nun war irgendetwas Wichtiges geschehen. Wenn er es ihm doch nur sagen würde, dachte Link im Stillen. Das würde ihnen beiden helfen. Ren wäre gewiss erleichtert sich jemanden anvertraut zu haben und Link...ja auch Link würde etwas davon haben: Er würde von seinen eigenen Gefühlen abgelenkt werden. Denn diese spielten zurzeit verrückt. Nur noch zwei Stunden trennten sie von der Zugbrücke zur Schlossstadt Hyrule. Die Kunde, dass der Held der Zeit und sein ältester Sohn unterwegs waren, war sicherlich bereits bis zum Schloss gelangt. Und damit zu Zelda.

Wie sie sich jetzt wohl fühlte? Hatte sie Angst, war sie voller Hoffnungen? War sie enttäuscht, weil er nicht alleine kam? Was ging jetzt in ihr vor? Doch was auch immer es war, es würde ihr letzten Endes wehtun. Wie in den letzten zwanzig Jahren. Link hatte diesen Weg nur sehr ungern genommen. Und auch Ren wollte sich nicht länger als nötig darin aufhalten, dennoch war es eben seine Idee gewesen trotz der vielen Leute hier her zu kommen. Denn eine Reise rund um Hyrule ohne dabei die Schlossstadt und vor allem die Zitadelle der Zeit zu besuchen konnte es einfach nicht geben. Das war Rens Meinung und Link hatte sich nicht widersetzt. Sein Sohn ahnte ja nicht, wie viel Leid, dieser Besuch auslösen würde. Und dabei dachte Link wirklich in erster Linie nur an Zelda. Denn er selbst konnte damit leben...mittlerweile. Er hatte sich damit abgefunden und obwohl er Zelda immer noch liebte, konnte er mit seinen Gefühlen gut umgehen. Es gab nur sehr seltene Momente, in denen er schwach wurde und seinen Gefühlen und Sehnsüchten freien Lauf ließ. Aber Zelda...

Er wurde für einen Moment von seinen Gedanken abgelenkt, als er vor sich viele Schatten und Umrisse sehen konnte. Offenbar herrschte auf der großen Straße, die von Hyrules Tor bis zur Lon-Lon-Farm führte, ein reger Verkehr. Natürlich! Wie hatte er dies nur vergessen können. Die Reise rund ums Land hatte sein Zeitgefühl stärker beeinträchtigt als gedacht. Sein Sohn schien auf denselben Gedanken gekommen zu sein.

"Vater ist dir klar, dass in zwei Wochen das Fest des Sieges stattfinden wird?"

"Ja, ich habe auch gerade daran gedacht. Wie man die Zeit vergessen kann, bei einer solchen Reise" Ren grinste ihn frech an, worauf Link fragend die Stirn runzelte. "Was ist los? Warum grinst du mich so an?"

"Nun, ich würde den Satz an deiner Stelle anders formulieren. Es müsste bei dir doch eher heißen: Wie man doch die Zeit vergessen kann, wenn man sich hat vollaufen lassen und dann zwei Tage im Koma lag" Link bekam einen Hauch Rosa ins Gesicht erwiderte aber nichts. Denn wo Ren recht hatte...Tatsächlich hatte sich Link für zwei Tage mehr tot als lebendig gefühlt und dann waren sie schließlich noch einen dritten Tag in Goronia geblieben. Es musste auch irgendwann in dieser Zeit gewesen sein, dass etwas mit Ren geschehen ist. Doch es brachte jetzt auch nichts, weiter im Dunkeln zu tappen. Er würde abwarten, bis sein Sohn von alleine zu ihm kam und wenn er es nicht tat, nun, dann konnte er auch nichts machen. Er konnte Ren nicht zwingen sein Innerstes vor ihm auszuschütten und im Moment war er auch zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Sie waren am Morgen des vierten Tages von Goronia aufgebrochen und hatten dann die Nacht irgendwo auf dem Berg verbracht, denn sie sind den längeren Weg abgestiegen. Die Abkürzung war für einen Abstieg zu anstrengend und riskant. Anschließend waren sie wieder nach Kakariko gekommen und holten sofort ihre Pferde ab und ritten los. Am Abend des vergangenen Tages befanden sie sich bereits unweit der Stadtmauern, die sich jetzt ganz nahe zu ihrer Rechten erstreckten. Sie waren nun auch vielen Menschen begegnet, denn nicht alle, die in Hyrules Nähe wohnen wollten, wollten auch in der Schlossstadt leben. Aus dem Grund gab es viele kleine Anwesen und Siedlungen entlang der Stadtmauer, es mussten etwa tausend Leute allein sein, die vor der Stadt wohnten. Natürlich waren sie schnell bemerkt worden und es wurden auch Boten in die Stadt geschickte, die ihre Ankunft bekannt machen sollten. Link fand es nerviger denn je so sehr von all den Menschen belästigt zu werden. Unter den Goronen war er ebenfalls sehr berühmt, ja dort wurde er zum Teil sogar mehr geehrt, doch waren die Goronen ein freundliches und in keinster Weise aufdringliches Volk. Sie würden ihn nie so sehr bestürmen wie die Hylianer, die in der Tat die einzige Rasse waren, die dies in dem Ausmaße taten. Selbst die Menschen in Termina hatten ihn nie so sehr bestürmt. Sein Sohn riss ihn wieder aus seinen Gedanken.

"Das sind aber sehr viele Wagenladungen. Weißt du was das bedeutet?"

"Ja", antwortete Link, "Ich denke schon. Ich habe mit Darunia über die seltsame Veränderung vor einigen Tagen gesprochen und er sagte mir bei unserem Abschied, dass Rauru beschlossen hat, dieses Jahr das prächtigste aller Feste zu veranstalten. Und außerdem sollen diesmal alle Weisen dabei sein, ohne Ausnahmen, und sie sollen zum ersten Mal als die Weisen öffentlich in Erscheinung treten und nicht als die Führer ihrer Völker."

"Da zieht Meister Rauru ja ganz schön auf. Das ist ein Grund für jeden zu kommen."

Link nickte. Doch er zweifelte nicht, dass Raurus Plan gut war. Bereits Salia hatte schon erwähnt, dass viele die Veränderung gespürt hatten. Mit diesem prachtvollem Fest und ihrem Auftritt als Weise würden sie in der Tat viele Zweifel beseitigen können. Sie konnten jetzt nach fast zwanzig Jahren voller Frieden keine Panik unter der Bevölkerung riskieren, nur weil das Gerücht umginge, dass Ganondorfs Rückkehr nahe sei...doch stimmte es nicht?

„Nein, nein!", ermahnte sich Link in Gedanken. Zelda, Ganondorf, Ren. Das war einfach zu viel. Er seufzte laut auf, als er vor ihnen eine Art Begrüßungsempfang auf sie zugeritten kommen sah. Und dabei war sie noch eine Stunde von der Zugbrücke entfernt. In der Tat, wurden sie von einer großen Menschenmasse willkommen geheißen und in die Stadt eskortiert. Link schaue auf zu den hohen Mauern, als sie kurz vor der Brücke waren. Seit nun fast fünf Jahren hatte er es vermieden hierher zu kommen und nun war er wieder in der Hauptstadt des Großreiches.
 

Gespannt stand Zelda vor dem Fenster ihres Gemaches und blickte hinaus auf die Stadt.

Ob er schon hier war? Nein, gewiss nicht. Wenn Link die Stadt schon betreten hätte, dann hätte sie hier von ihrem Fenster einen riesigen Menschenauflauf sehen müssen. Doch er war nahe...so nahe...So nahe wie seit langem nicht mehr. Würde er ins Schloss kommen, um sie zu sehen? Zeldas Innerstes war gespalten. Sie wusste, dass Link nicht freiwillig gekommen war, das war er noch nie, und sie wusste, dass er auch ganz sicher nicht zu ihr ins Schloss kommen würde. Und doch konnte sie nicht anders, als all ihre Ängste und Zweifel, ihre Bitterkeit und ihre Einsamkeit zurückzustellen und der Liebe und gar der Hoffnung Platz zu machen. Er war hier. Das war alles was zählte. Mit der verzweifelten Hoffnung einer in Wirklichkeit Hoffnungslosen schaute sie gebannt hinunter. Er war da...würde er herkommen? Und wenn nicht er...sollte sie dann heruntergehen?

Sie merkte nicht, wie Impa mit einem besorgten Gesichtsausdruck hinter ihr in der Tür stand.
 

"Warum habe ich nur darauf bestanden hier her zu kommen?", dachte Ren schon wieder. Sie waren gerade durch das Tor geritten, als sie schon jetzt von der bislang größten Menschentraube auf ihrer Reise umringt waren. Natürlich hatte er das bedacht, doch er musste einfach herkommen. Er hatte das Gefühl als ob die Reise von ihm und seinem Vater einfach vollständig sein sollte. Und er brauchte Ablenkung, egal welcher Art, dringend. Waren wirklich schon mehrere Tage vergangen seit jenem Tag auf dem Todesberg? Mittlerweile fühlte sich Ren nicht mehr so hoffnungslos und verzweifelt verliebt. Er war zwar immer noch sehr traurig und erfüllt von der Gewissheit mit seiner unerwiderten Liebe zu sterben, doch hatte sich in ihm auch eine warme Hoffnung breit gemacht. Und egal wie klein sie war, sie war vorhanden und gab ihm Kraft. Das war zunächst alles was zählte, um nicht pathetisch durchs Leben zu wandeln.

Er versuchte sich damit abzulenken sich die Stadt zu besehen. Tatsächlich war ihm hier sehr vieles fremd, denn das letzte Mal er die Hauptstadt besucht als er noch ein Kind gewesen war. Die Schlossstadt Hyrule, die Hauptstadt des hylianischen Reiches, war die größte Stadt gemessen an der Bevölkerung. Denn Obwohl sie sehr groß war, reichte sie nicht an die riesigen Höhlenlabyrinthe des Zorareiches und vor allem von Goronia heran. Dennoch war die Stadt gewaltig und sie lag als eine besondere Stadt auch an einer besonderen Stelle. Denn das gesamte Großreich Hyrule war das erwählte Land der drei Göttinnen. Es galt nicht als das schönste, nicht als das mächtigste doch war es zweifellos das berühmteste und bedeutendste Reich der bekannten Welt. Und da es das Gesegnete Reich der Göttinen war, hatten diese es bei der Schöpfung der Welt mit scheinbar natürlichen Verteidigungsanlagen versehen. Denn das gesamte Reich war von einem Gebirge umgeben, welches nicht hoch war doch tückisch und voller Zauberwerk. Dabei war dieses Gebirge, welches das "Umgebende Gebirge" genannt wurde, eigentlich kein einziges Gebirge sondern zwei Gebirgsketten. Im Süden berührten sie sich fast und schufen so einen langen und hohen Pass zwischen ihren steilen Felswänden. Das war seit jeher der einzige Zugang in das Großreich und dort stand immer noch ein großes und starkes Tor, geschützt durch bisher unüberwundene Mauern. An dieser Stelle liefen die beiden Gebirgsketten außerdem wieder auseinander. Die Östliche zog sich in einem Teilkreis nach Nordosten und dann schloss es die großen Wälder ein. Wie das Gebirge dann weiter verlief wusste keiner, denn die Wälder waren riesig und doch wurden sie noch an ihren weitesten Stelle von dem Gebirge eingeschlossen. Wie der Wald bis dahin aussah wusste keiner, nicht einmal Salia wusste es genau. Der einzige der die weiten und wilden Wälder hinter dem Herzen des Waldes kannte und über sie Bescheid wusste war wahrscheinlich der Dekubaum alleine. Doch wie auch immer die östliche Kette verlief sie erstreckte sich am Nordende des Waldes wieder nach Westen und schloss das Zorareich ein. Dort gab es einen riesigen, wassergefüllten Krater: Die Zoraquelle. Dann lief die Bergkette weiter nach Norden, wo sie sich mit dem Todesberg verband und ein Teil des gewaltigen Nordgebirges wurde.

Doch eben dort traten die magischen Berge schließlich aus einem westlich gelegenen Vorsprung wieder aus und zogen sich weiter in westlicher Richtung. Die Westliche Kette hingegen wand sie nur ein Stück nach Westen, bevor sie in einer sehr großen Schleife den Hyliasee umschloss und dann nach Norden wanderte. In seinem Verlauf bildete das westliche Gebirge den großen Canyon und den größten Teil des Gerudotals und dann wand es sich in einer leichten Biegung nach Nordosten. Diese Biegung war der unzugänglichste Teil von allen: Es war steil und voller gefährlicher Spitzen und Felslabyrinthe. Es war selbst den Goronen ein zu harscher Ort. Doch schließlich wand sich die westliche Kette nach Osten und dort wo sich die westliche und sie östliche beinahe trafen lag ein tiefer Einschnitt, in dem die Schlossstadt ihren Platz hatte.

Der Einschnitt war wegen dem hohen Bevölkerungszuwachs erweitert worden. Man hatte einige Teile vor allem von der Westliche Kette, aber auch ein wenig von der östlichen, abgetragen und mit dem dabei gewonnen Gestein sofort neue Häuser gebaut auf dem neu entstandenen Platz. Dabei war man keineswegs systematisch vorgegangen. Der Großteil der Stadt, alles außer dem Marktplatz und der Hauptstraße, war ein einziges Wirr-warr aus Straßen, Sackgassen und Hinterhöfen. Es war ein hoffnungsloses Labyrinth aus meist verschlossenen Fenstern und Türen so wie den hohen Dächern auf beiden Seiten der engen Gassen. Denn alle Häuser der Stadt hatten mindestens zwei Etagen und waren dementsprechend ziemlich hoch. Desweiteren waren die meisten Häuser einfache Fachwerkhäuser oder andere einfache Stein und Holzbauten. Es gab nur ein einziges Gebäude, was man außer dem Schloss, von überall in der Stadt sehen konnte: Die Zitadelle der Zeit.

Vor dieser standen nun beide, Vater und Sohn, und dachten an verschiedene und doch so ähnliche Dinge. Beiden ging ihre Liebe durch den Kopf. Der diensthabende Priester trat aus seinem kleinen Wächterhäuschen und schloss den beiden augenblicklich die Tür auf. Ren und Link traten ein, doch die vielen Menschen ließ der Priester nicht herein. Er respektierte den Wunsch der Beiden Reisenden alleine zu sein, den man ihnen von den Gesichtren ablesen konnte. Außerdem durften ohnehin niemals mehr als eine Handvoll Leute gleichzeitig in die Zitadelle, es sei denn ein großes Ereignis stand bevor. Doch die meisten konnten zu Hause zu den drei Göttinnen beten. Denn nach Links Sieg über Ganondorf war der Glaube wieder stark entfacht worden und der heilige Orden der Priester der Göttinnen hatte sich vermehrt und war zudem noch recht wohlhabend geworden. Die Priester verkauften nämlich, für zugegeben wenig Geld, kleine Schreine und Statuen der Göttinnen zu denen die Hylianer zu Hause beten konnten. Doch auf Grund der großen Nachfrage und der vielen Leute verdienten sie ziemlich gut. Wofür das Geld benutz wurde wusste keiner.

Als sich die Tore endlich hinter ihnen schlossen konnten Link und Ren beruhigt ausatmen. Jetzt hatten sie für eine Zeit lang ihre Ruhe. Weit vor ihnen war der Altar für die 3 heiligen Steine zu sehen und dahinter, im Zwielicht kaum zu erkennen, die Wand mit dem Portal zum Masterschwert. Die Halle war sehr groß und trotz der vielen hohen Fenster in ein angenehmes graues Zwielicht getaucht, da die meisten Fenster verhüllt waren. Es gab nicht viele Verziehrungen, doch war das gesamte Bauwerk ein Meisterwerk der perfektionierten Baukunst. Ren schritt vor und war bald am Altar.

Beten wollten sie eigentlich nicht, sie wollten einfach nur eine kurze Zeit lang ihre Ruhe haben und ihren eigenen Gedanken nachhängen. Ren dachte an die Frau von vor wenigen Tagen und Link dachte an Zelda. Er machte sich Sorgen. Er machte sich Sorgen, dass sie vielleicht hierher zu ihm kommen würde, wenn er nicht ins Schloss kommen würde.

Sie hielten sich nicht lange in der Zitadelle auf, doch fühlten sie sich merkwürdig erfrischt als wieder ins Freie traten. Erfrischt und von einigen Sorgen, zumindest fürs erste, befreit. Sie holten ihre Pferde und gingen noch zum Marktplatz, wo sie ein wenig Proviant auffüllten. Das Treiben auf dem großen Platz war selbstverständlich wieder enorm, es war der belebteste Teil des Reiches. Händler aus aller Herren Länder boten ihre Waren feil, die Auswahl an Speisen und erlesenen Gütern, an Waffen und künstlerischen Erzeugnissen war in der Tat enorm. Eingebettet war dies alles in ein Meer aus bunten Zelten und wehenden Fahnen, dicht gedrängter Leiber und aufgeregter Rufe. Sie beeilten sich ihre Geschäfte zu erledigen und machten sich auf die Stadt zu verlassen, sie wollten wirklich nicht länger als nötig da bleiben und so waren erst zwei Stunden vergangen als sie wieder an der Zugbrücke ankamen. Sie ritten gerade durch das Tor als…
 

...Ihre Blicke trafen sich. Zelda erzitterte unwillkürlich. Sie stand schon lange in einen üppigen Umhang verkleidet am Tor und wartete darauf, dass Link kam. An seinen Sohn hatte sie überhaupt nicht gedacht, nicht denken wollen. Doch schließlich waren die beiden da und in diesem letzten Moment, bevor Link durch das Tor ritt, trafen sich ihre Blicke. Zelda schaute zu ihm hoch, wie er auf Epona saß, so attraktiv wie immer, so wunderbar, so einzigartig. Sie liebte ihn, sie wollte, dass er hier blieb, bei ihr. Da! Er hatte sie erkannt und er freute sich! Zelda fühlte ihr Herz als einen glühenden Stern in ihrem Innern. In seinen Augen konnte sie Freude lesen! Er freute sich sie zu sehen. Sie trat einen Schritt vor...und stürzte wieder in Verzweiflung. Er sah bestürzt aus, ja beinahe erschrocken. Sie konnte sehen wie er ein einzelnes Wort flüsterte und dann den Blick abwandte und hinausritt. Nein! Komm zurück! Ich liebe dich!, wollte sie ihm hinterher schreien. Es war gleichgültig, ob er verheiratet war. Es war egal, dass der ganze Platz voller Menschen war. Alles war egal. Er war hier und nun ritt er davon. Warum konnte er nicht bei ihr sein? Oh grausames Schicksal! Warum nur? Unter ihrem unauffälligen Kapuzenumhang fing sie bitterlich an zu weinen.

Plötzlich wurde sie mit einem sanften Ruck zurückgezogen, hinaus aus der Menge und in den Schatten der Gasse zwischen zwei Fachwerkhäusern. Sie fühlte, wie sie sanft in den Arm genommen wurde und erkannte die warme Geborgenheit von Impas beschützenden Armen. Ihre Vertraute summte leise ihr Lied, ihr Wiegenlied Sie hatte es lange nicht mehr gehört.

"Oh Impa...", schluchzte Zelda verzweifelt und überließ sich vollkommen der warmen Umarmung ihrer Vertrauten.

Andere Völker, andere Sitten

Teil 1: Die Vorahnung
 

Kapitel 18: Andere Völker, andere Sitten
 

Sie waren mir nur einer kleinen Unterbrechung strickt weiter geritten, bis sie schließlich die Schlossstadt weit hinter sich gelassen hatten. Ren fühlte sich nach dem Besuch in der Zitadelle immer noch ruhiger und ausgelassener. Was auch immer kommen sollte, das würde letzten Endes auch geschehen, ob es ihm nun gefiel oder nicht. Er konnte nichts weiter tun, als zu versuchen sein Leben normal fortzuführen. Und vielleicht irgendwann...

Der Kronprinz der Zoras lächelte still in sich hinein. Er würde wohl nie aufhören sich Hoffnungen zu machen. Hoffnungen und Wunschträume.

Doch wandten sich seine Gedanken nun auch wieder stärker ihrem Weg zu. Die Reise war fast zu Ende. Sie würden lediglich noch die Gerudos in ihrem hohen steinernen Tal besuchen und würden dann den Heimweg antreten, womit sie den großen Kreis schließen würden, in dem sie fortwährend gereist waren. Im Geiste dachte Ren an alle die Orte die er einzeln schon bei verschiedenen Anlässen besucht hatte (außer dem Kokiriwald natürlich). Er und sein Vater waren durch ganz Hyrule gereist und die Reise bedeutete ihm eine Menge. Außerdem hatte er einiges gelernt, auch wenn es nicht den Anschein hatte. Und er hatte den Kokiriwald betreten. Es war die schönste Zeit ihrer ganzen Reise gewesen und mit einem leichten Schaudern dachte Ren an das Gefühl, dass er in den Wäldern gehabt hatte, das Gefühl in einem Winkel der Welt zu sein, in dem Zeit keine Rolle spielte und der nicht mehr zur normalen Ebene des Seins gerechnet werden konnte. Das Gefühl nicht mehr in Hyrule zu sein.

Nun sollte die Reise also bald enden. Sie waren länger unterwegs gewesen, als sie anfangs vorgehabt hatten und das Fest des Sieges würde in wenigen Wochen stattfinden. Ein Fest zu dem ein nunmehr erwachsener und gezeichneter Ren kommen würde. Er freute sich zwar, wie immer, nicht besonders über die großen Menschenmassen, doch war er gespannt, was Meister Rauru für die Festlichkeiten geplant hatte.

Aus den Augenwinkeln sah er, dass sein Vater sich unruhig im Sattel bewegte, worauf Ren ihn fragend anschaute. "Was ist los?“

Link sah ihn kurz an und wendete den Blick dann wieder ab. "Nichts, nichts. Mein Bein ist eingeschlafen, mehr nicht!"

Er gab Epona die Sporen und ritt ein wenig voraus, einen überraschten Ren hinter sich lassend.

Was war das für ein Blick gewesen, den sein Vater ihm da kurz zugeworfen hatte? War es etwa…Schuld? Und warum antwortete er so ausweichend? Das war doch sonst gar nicht seine Art…Überhaupt war Link schon längere Zeit unruhig, seit sie die Schlossstadt verlassen hatten. Ren zweifelte daran, dass es an den vielen Leuten in der Stadt lag.

Es beunruhigte Ren nicht zu wissen, was mit seinem sonst so offenen Vater war. Hatten seine Eltern dasselbe Gefühl, wenn er sich ihnen nicht anvertrauen wollte? Er wusste, dass er eher verschlossen war und dass sich seine Eltern, vor allem seine Mutter, wünschten, dass er mehr mit ihnen redete. Stattdessen suchte er die Einsamkeit. Und damit war er mit seinen Gedanken wieder bei der wunderschönen Shiekah.
 

Den ganzen Tag hindurch ritten sie weiter und beide hatten sie nicht das Bedürfnis eine Rast zu machen, bis der Abend schließlich der dunkleren Nacht wich und die ersten Sterne am Himmel standen.

Am nächsten Tag standen sie ebenfalls wieder früh auf und ritten zügig weiter. Vater und Sohn verspürten die merkwürdige Eile, die viele Reisende gegen Ende ihres Weges empfanden. Wenn man sich nach einer längeren Zeit wieder seinem Heim näherte, vorher aber noch etwas zu erledigen hatte. Und so kam es, dass sie schon am Mittag des dritten Tages nach dem Verlassen Hyrules in die höheren Gebiete der Steppe kamen.

Dieser Teil der umfassenden grünen Landschaft war rauer, wilder, denn dort, wo sich die Steppe dem felsigen Westen näherte, stieg sie deutlich an, nachdem sie einige Meilen zuvor stark abgefallen war. Sie passte sich den härteren Verhältnissen der westlichen Gegenden an und so wich das saftig grüne, sanft dahin wellende Gras einigen kahlen Orten, gleichsam wie Inseln in einem nunmehr sehr kurzen und struppigen bräunlichen Gras.

Dies war der Punkt, an dem die Steppe den ersten Hängen des Gebirges wich, bevor sie sich schließlich zwischen den ersten Felsen verlor. An einen Punkt, der ziemlich weit im Südwesten lag, folgten Ren und Link einem ausgetretenen, dünnen Pfad, der sie immer höher in diesen Teil des westlichen umgebenden Gebirges brachte und bald waren sie eingetaucht in eine Welt aus braunem Stein, der sich etwas zu röten schien an den Stellen wo er von der Sonne beschienen wurde. Eine harte Welt, ohne viele Pflanzen, wenn man von den wenigen Dornensträuchern, die hier und dort zu sehen waren, absah. Immer weiter ritten sie und das Gebiet stieg weiter an, zeichnete sich jedoch trotzdem durch mehr oder weniger gut begehbare Wege aus. Zwar mussten die Beiden hier und dort absteigen und ihre Pferde führen, doch die meiste Zeit über konnten sie tatsächlich langsam auf ihren Pferden dahintraben. Bald schon befanden sie sich auf der gleichen Höhe, auf der ein Wanderer sich am Todesberg befinden mochte, wenn er vor Dodongos Höhle stand. Hier hörte das Gebirge schließlich auf zu steigen und der Pfad, der nach vielen Windungen entlang an schmalen Schluchten und kleinen, rasch dahin fließenden Gebirgsbächen verlaufen war, führte nun mitten durch zwei hohe Felswände. Als sie den Pass betraten hatte Ren das Gefühl, dass die Wände zu beiden Seiten unnatürlich glatt waren und dass es wohl unmöglich war an ihnen hochzuklettern. Dies schien nicht das Werk der Natur zu sein. Der Pass erwies sich alles anderes als kurz und sie brauchten fast eine halbe Stunde, um an seinen Ausgang zu gelangen Dort sah Ren, dass das Gebiet abermals sanft zu steigen begann. Ein schmales Wasserbett versperrte ihnen den Weg auf die nächstgelegene höhere Ebene, doch war dort eine schmale Holzbrücke erbaut, welche sich als überraschend stabil erwies, als sie sie betraten. Von seinem Vater wusste Ren, dass die Brücke von den berühmten Zimmerleuten erbaut wurde, die er einst bei den Gerudo befreit hatte. Es waren die gleichen Zimmerleute, die auch die Brücke vor ihrer Wohnung gebaut hatten. Sie waren sich nicht zu gut dazu, an die entlegensten Orte zu reisen und bereits vorhandene Arbeiten zu verbessern. Denn es hatte hier schon einmal eine sehr rudimentäre Brücke gegeben, wie sein Vater ihm trocken erzählte: Ein schmales Holzbrett. Als den kleinen Weiher überquert hatten, sah Ren zum ersten Mal in seinem Leben das riesige Felsplateau, auf dem bereits die ersten Behausungen der Gerudokriegerinnen standen, und die große Brücke, die in das Herz des Gerudotals führte. Schon liefen ihnen einige Wächterinnen entgegen, die an versteckten Positionen Wache gehalten hatten. Sie waren so gekleidete, wie Ren die Gerudos vom Fest des Sieges und von anderen Gelegenheiten her kannte: Über alle Maße auffallend in seltsame und grelle Farbkombinationen gekleidet. Die Farben ihrer Kleidung wiesen eine erstaunliche Intensität auf, manchmal blendeten sie einen geradezu. Denn dafür waren die Kriegerinnen berühmt: Neben ihrem Ruf, als exzellente Kämpferinnen und geschickte Diebinnen, galten sie als meisterhafte Weberinnen und Strickerinnen. Die Herrinnen der Stoffe wurden sie manchmal genannt. Sie waren wahrlich wunderbar geschickt im Umgang mit Stoffen jedweder Art, von Leinen und Linnen, über edles Satin oder fließende Seide bis hin zur gewöhnlichen Wolle. Sie strickten, webten, malten Muster und färbten die Stoffe und verkauften sie für gutes Geld in ganz Hyrule und auch in Termina.

Die Wächterinnen schienen sie erkannt zu haben, denn sie blieben in einiger Entfernung stehen, nickten nur, und gingen wieder zurück auf ihre Posten. Die Gerudo waren das einzige Volk, das Link nicht einen scheinbar höheren Rang zukommen ließ, obgleich sie ihn natürlich respektierten. Das Frauenvolk des wilden roten Gebirges des Westens sah nicht gerne zu jemandem auf, der nicht ihrer eigenen Gesellschaft angehörte, erst recht wenn es ein Mann war. Deswegen war Link hier ein Gleichgestellter unter Gleichgestellten und Naboru, die Anführerin der Gerudos, stand eindeutig über ihm. Link machte es nichts aus, es freute ihn im Gegenteil sogar auf eine gewisse Art und Weise. Es stellte eine willkommene, nüchterne Abwechslung zu dem Trubel der Hylianer dar.

Bereits jetzt stellte der Held der Zeit seine unruhigen Gedanken wieder in den Hintergrund und fing an Ren, der dieses Tal noch nie besucht hatte, alles zu zeigen und zu erklären. Sie ritten über die Brücke, auf der Ren einen Moment verweilte, um in die Tiefe zu blicken, und kamen zu einem zweiten etwas kleineren Felsplateau. Auch dort waren wieder einige Behausungen der Gerudos zu sehen, die für die Kriegerinnen typischen Bauten aus solidem einfachem Sandstein.

Nach ungefähr einer weiteren halben Stunde des Weges, kamen sie durch einen zweiten, kürzeren Pass zur Gerudofestung. Diese lag an einem Punkt, an dem das Gebirge wieder zu sinken begann, doch war sie geschickt auf eine besondere, etwas erhobene Stufe gebaut, so dass man davon nichts merken würde, hätte man nicht einen breiten Weg gesehen, der sich neben der Festung zum Tor zur Wüste nach unten zog. Über eine nicht sehr hohe Treppe aus rauen in den Fels gehauenen Stufen gelangten sie auf den Vorplatz der Festung und Ren schaute sich interessiert um. Das Heim der Kriegerinnen erschien ihm noch schlichter, als alles was er bei den Goronen gesehen hatte. Sie bestand aus vielen übereinander gebauten, etwas klotzartig aussehenden, Felswürfeln, mit sehr vielen Fenstern, Terrassen, Balkonen und Öffnungen. Die große weite Fläche vor der Festung (Ren war sich sicher, dass sich dort Tausende versammeln konnten) war bis auf einige Kisten vollkommen leer. Und doch waren überall Wächterinnen. Obwohl es in Hyrule lange keinen Krieg mehr gegeben hatte und es wahrscheinlich auch sehr lange keinen mehr geben würde, hielten die Gerudokriegerinnen an ihren alten Gebräuchen und Traditionen fest und sie waren sehr schnell erzürnt, wenn man auch nur ein unbedachtes Wort dagegen sagte. Nun, eigentlich waren sie ohnehin immer schnell erzürnt. Alle Gerudo verfügten über ein Temperament, dass die wildesten Hylianerinnen wie zahme Kätzchen wirken ließ.

Offenbar war auf irgendeine Art und Weise, die Ren nicht ergründen konnte, Nachrichten über sie angekommen, denn Naboru trat aus dem Schatten einer der vielen Öffnungen und wirkte in keinster Weise überrascht sie zu sehen.

"Link, der große Held der Zeit. Was verschafft uns die Ehre?", spottete sie, aber ihre Augen glänzten schelmisch auf und verrieten, dass sie sich freute sie zu sehen. Link senkte das Haupt und murmelte eine Begrüßung, worauf Naboru scheinbar zu warten schien.

Danach kam sie ihnen entgegen. Die Wächterinnen machten respektvoll Platz.

"Es ist viel Zeit vergangen, seit du das letzte Mal hier warst." Link lächelte und antwortete:

„Allerdings, aber nun bin ich hier und erbitte deine Gastfreundschaft. Wirst sie uns nun gewähren, oder sollen mein Sohn und ich unter der heißen Sonne wieder den ganzen Weg zurückgehen?"

Naboru schien tatsächlich zu überlegen sie wieder zurückzuschicken, doch dann lachte sie auf. Ihre Stimme war tief, die tiefste Stimme, die Ren je bei einer Frau gehört hatte, aber dabei nicht unangenehm.

"Gut geantwortet Freund! Aber ich denke, ich werde ich euch meine kostbare Gastfreundschaft gewähren.", sagte sie und blinzelte Ren kokett zu, der ein wenig erschrocken rot wurde und den Blick senkte. Alle Gerudos waren nicht übermäßig viel bekleidet, doch bei Naboru wurde zurzeit nur das allernötigste verdeckt. Sie hatte ein rotes Oberteil an, das gerade einmal ihre Brüste bedeckte, allerdings die Konturen und Rundungen strenger hervorhob, als unter anderen Völkern sittlich gewesen wäre. Ihre Beine und Schenkel waren vollkommen frei und sie trug nur ein dünnes, langes Stück glutroter Seide, um die Hüfte geschwungen, das sie bei der leisesten Andeutung von Wind wild umflatterte. Es war unangenehm durchsichtig. Alles was sie trug, auch ihr rotes Haarband und ihre roten Schuhe, war mit Schönen goldenen Stickereien bestickt, doch was sie darstellten, konnte Ren nicht sagen, da er es nicht wagte Naboru anzusehen, die ohne jede Scham halbnackt gekleidet vor ihm stand. Die Gerudoführerin merkte Rens Verlegenheit und grinste ihn und dann seinen Vater frech an.

"Aber warum denn so erschrocken du junger Hengst?" Übertrieben langsam fuhr sie mit ihren langen Fingern über Rens Wange, woraufhin diesem mehr als nur unbehaglich zumute wurde. In seinem glühenden Gesicht wurde ein zunehmend faszinierenderes Farbspiel aus Blau und Rot sichtbar. Link musste laut auflachen.

„Meinst du nicht, dass es langsam aber sicher genug ist Naboru? Mach meinen Sohn bitte nicht so verlegen!"

"Ach tue ich das denn?", fragte sie unschuldig. Link verdrehte die Augen.

"Na gut, ich sehe schon, ihr wollt euch noch etwas ausruhen anstatt mit mir zu plaudern."

Man musste zugeben, dass sie die Gekränkte ziemlich gut rüberbrachte.
 

Ihnen wurden zwei Zimmer zugewiesen in die je ein einfacher Tonkrug Wasser und ein ebenfalls aus Ton gearbeiteter Becher, gebracht wurden. Anschließend wurden sie in die Küche gerufen.

"Was haben die Gerudos so für Gerichte Vater?" Link schaute ihn verschmitzt an erwiderte jedoch nichts und Ren ließ es auf sich beruhen. Als sie in die Küche kamen, die ebenfalls so schlicht war, wie alle Gänge und Räume hier, baute sich eine besonders stattliche Gerudo vor ihnen auf.

"Link und Ren, ja? Gut folgt mir!

Sie führte die beiden in einen Hinterraum, der außen den nackten Steinwänden nur aus zwei Stühlen, zwei Messern und einem Haufen Gemüse bestand.

"Das muss für’s gemeinschaftliche Abendessen erledigt werden. Ich rate euch alles zu schaffen." Link nickte und setzte sich augenblicklich hin. Er nahm ein Messer und ein sehr seltsam aussehendes Gemüse aus einem scheinbar weit entfernten Land und fing erstaunlich geschickt und schnell an zu schneiden. Ren stand perplex da, bis die Gerudo ihn einfach auf den zweiten Stuhl schubste und ihm wortlos das Messer in die Hand drückte.

"Bis heute Abend!", schärfte sie beiden noch einmal ein und verließ den Raum dann.

"Äh…Vater?", fragte Ren zögernd. Link blickte scheinbar erstaunt auf.

"Also an deiner Stelle würde ich endlich mal anfangen Ren, du weißt ja gar nicht wie furchtbar Nara sein kann, wenn die Arbeit nicht erledigt worden ist!" Link sprach mit einer vollkommenen Selbstverständlichkeit, aber seine Augen funkelten vergnügt. Ren rührte immer noch keinen Finger. "Soll das hier ein Scherz sein? Warum sollen wir denn jetzt Gemüse schälen und zurechtschneiden?"

" Nun, mein Sohn, du hast die Gastfreundschaft der Gerudokriegerinnen in Anspruch genommen. Und glaube ja nicht, dass sie dir umsonst gewährt wird, auch wenn du Kronprinz der Zoras bist."

Ren blickte seinen Vater fassungslos an. Das Gebot der Gastfreundschaft war überall eines der wichtigsten ungeschriebenen Gesetze! Es war nahezu heilig, konnte man sagen. Und hier sollten sie jetzt arbeiten für ihre Verpflegung?

Offenbar konnte man die Frage an seinem Gesicht ablesen, denn Link nickte und sagte:

"Ja, allerdings."

Mürrisch machte sich Ren an die Arbeit. Aber was sollte er auch schon tun? Andere Völker andere Sitten!
 

Sie arbeiteten nicht schweigsam und Link erzählte seinem Sohn viele Geschichte über die kriegerischen Gerudos. Ren fand dieses Volk bald über alles sonderbar und doch überaus faszinierend. Sie waren so anders, so exotisch. Gleichsam einem Volk, das nicht in die friedlichen Ländereien Hyrules passen wollte. Und doch konnte man sich das Reich ohne es einfach nicht vorstellen.

Ren dachte auch an alles was er gesehen hatte. Die Festung war an Schlichtheit tatsächlich nicht zu überbieten. Obwohl dem Wüstenvolk nachgesagt wurde, sehr reich zu sein, waren alle Gänge und Räume in denen Ren bisher gewesen war, bis auf die notwendigsten Dinge, die ebenfalls sehr schlicht gehalten waren, leer. Überall nur kalter Fels. Von seinem Vater erfuhr er, dass es nur einen einzigen wirklich verzierten Raum gab, der Besuchern zugänglich war, nämlich den großen Gemeinschaftsraum. Daneben waren jedoch die Räume der einzelnen Kriegerinnen sehr aufwendig geschmückt und Naborus Gemächer sollten die luxuriösesten des ganzen Landes sein. Ren mochte es nicht wirklich glauben.

Sie arbeiteten ungefähr drei Stunden, schälten, schnitten und zählten, doch schließlich hatten sie es geschafft und verließen die Kammer. Sie meldeten sich bei Nara, der Küchenaufseherin und Verwalterin der Festung, ab und Link brachte Ren über zahlreiche Gänge nach draußen und zeigte ihm die Gegend, die Kampfarena und den Pferdeübungsstand. Ren war fasziniert von den vielen Trainingsmöglichkeiten, es fehlte tatsächlich an nichts. Nun, der Ruf dieser Frauen als Kriegerinnen war legendär, da mussten sie sich schließlich immer fort im Kampfe üben.

Die Zeit schien im Flug zu vergehen und bald wurden sie zum Abendessen gerufen. Dort erlebte Ren eine Überraschung. Nachdem sie das Labyrinth aus immer gleich aussehenden Gängen, verlassen hatten, betraten sie eine sehr große Halle. Sie strahlte eine bequeme Behaglichkeit aus mit ihrem großen Kamin, den Ren für unnötig hielt, denn hier schien es immer warm zu sein, den großen Wandteppichen, die von vortreffliche Qualität waren und in wunderbarer Farbenvielfalt erstrahlten und den vielen Waffen und Schilden, die an den Wänden hingen. Die Tische waren in einem großen Quadrat aufgebaut worden, so dass es in der Mitte eine Menge Platz gab. Link erzählte seinem Sohn, dass dort später Teppiche, Stühle und weiche Liegen aufgebaut werden würden und dass man dann die Gelegenheit hatte, sich Geschichten anzuhören oder selber welche zu erzählen, oder vielleicht auch ein Lied zu singen oder etwas zu spielen.

Das Essen war bereits aufgetischt und alle Kriegerinnen, die nicht auf Patroullie waren oder sonst einen Dienst zu verrichten hatten, waren hier versammelt. Das Essen lief locker ab, Ren und sein Vater saßen an Naborus Seite und zu Rens rechten saß ein junges Gerudomädchen. Es war ähnlich gekleidet wie Naboru, aber, den Göttinnen sei Dank, nicht ganz so extrem unverhüllt.

Naboru stellte Ren das Mädchen vor: "Meine Tochter Nomara!" Ren nickte ihr schnell zu und konzentrierte sich wieder auf sein Essen, welches eigenartig gewürzt war, aber vorzüglich schmeckte. Doch Nomara schien Interesse an ihm gefunden zu haben und fing immer wieder ein Gespräch an. Ren war bald völlig aufgelöst, wegen der Anwesenheit so vieler schöner Frauen, von denen eine so bedeutende sich für ihn interessierte. Link und Naboru grinsten sich hinter seinem Rücken amüsiert an und unterhielten sich über die eigenwilligen Auslandsgeschäfte der Gerudos, während sie das Essen genossen. Es gab zunächst eine klare, würzige Gemüsesuppe, die immerfort neben Wasser und Wein in handlichen kleinen Schälchen zum Trinken gereicht wurde. Anschließend wurden verschiedenste Gerichte gereicht, die aus den natürlichen Früchten der Wüste und des Gebirges sowie seltsamen importierten Zutaten bestanden. Es gab da etwa eine fleischige Knollenwurzel, die in den wenigen Oasen der Geisterwüste wuchs. Roh zu sich genommen, konnte sie giftig sein, auf die richtige Art zubereitet wurde sie jedoch zu einer besonderen Delikatesse. Ferner gab es gebratenes Fleisch vom seltenen Wüstengürteltier, serviert mit einer dunklen Soße deren Basis scheinbar stark gewürzter Wein war. Außerdem gab es getrocknete Datteln und Platten von Tomaten und Oliven, welche die neueste kulinarische Entdeckung aus dem fernen Süden waren, saftige Früchte und herrliche gefüllte Pasteten. Entgegen Links Erwartungen und Erfahrungen wurden diesmal zwar die Tische wieder an die Wand gestellt und all die Liegen und Teppiche geholt, diese wurden aber in einem weiten Kreis verteilt, so dass immer noch eine große Fläche in der Mitte frei blieb.

"Was wird das?", fragte Link misstrauisch und Naboru antwortete: "Das wirst du gleich sehen! Du weißt doch, dass unsere Gastfreundschaft nicht umsonst ist!" Link sah sie fragend an, doch sie achtete nicht weiter auf ihn, sondern erhob sich stattdessen. Es wurde fast sofort still.

"Nun, wie ihr alle wisst, haben wir heute Gäste. Sehr hohe Gäste. Und wie es unser Gesetz verlangt haben unsere Gäste ihren Teil erfüllt, in dem sie bei der täglichen Arbeit geholfen haben. Nun möchte ich aber noch einen Vorschlag unterbreiten." Sie sprach es so, als ob der Vorschlag eher ein Befehl war und keinen Widerspruch duldete. Ren horchte gespannt auf und war sich dessen bewusst, dass Nomara ganz und gar nicht unauffällig ein wenig näher rückte. Indes wandte sich Naboru, fast wie zu seiner Rettung, nun direkt an ihn und Link. „Nun, wir alle wissen natürlich, dass du, Link, ein ausgezeichneter Kämpfer bist, sogar uns Gerudos ebenbürtig, doch auch über dich Ren sind Gerüchte an unsere Ohren gedrungen von einem sehr großen Talent im Kampfe. Deshalb frage ich euch, wollt ihn nicht hier und jetzt einen Kampf ausfechten? Um zu schauen wie gut der Sohn gegen den Vater ist und um diese dunklen Stunden der Nacht, da der Mond noch nicht wieder ganz voll ist zu versüßen. Was sagt ihr beide dazu? Ich erinnere daran, dass unsere Gastfreundschaft nicht umsonst ist.", fügte sie schmunzelnd hinzu.

Ren war sich Nomaras Nähe bewusst und sagte, bevor Link irgendetwas erwidern konnte: „Sehr gerne werden mein Vater und ich uns hier duellieren, doch müssen wir zuerst unsere Schilde holen, denn wir haben nur unsere Schwerter hier."

"Und reicht das denn nicht? Ich sage dir Ren, wenn du deinem Gegner nur mit einem Schwert, oder auch mit zwei widerstehen kannst, wozu dann einen großen, schweren und unhandlichen Schild?"

Ren war zwar etwas verblüfft aber er stimmte zu. Sein Vater sah ihn erstaunt an. Es war nicht Rens Art bei einer solchen Menge an Leuten (Es waren knapp dreihundert Kriegerinnen im Gemeinschaftsraum), so viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Das musste einen Grund haben...das Mädchen vielleicht, Nomara? Wollte sein Sohn etwa endlich einem Mädchen imponieren? Link grinste in sich hinein. Wenn er das Kira erzählen würde...doch nein! Das wäre ein zu schändlicher Verrat. Aber er freute sich darüber, dass Ren endlich jemanden gefunden zu haben schien, den er mochte.

Er stand auf und ging in die Mitte der kreisförmigen Fläche. Dann zog er sein Schwert.

Ren tat es ihm nach und lächelte. Auch Link musste lächeln.

Es würde ein guter Kampf werden und obwohl es bei allen anderen Völkern unüblich war, dass Vater und Sohn auf diese Art und Weise kämpften, fand er sie dennoch sehr gut fürs Training. Außerdem galt bei den Gerudos mehr als bei allen anderen die eine goldene Regel:

Andere Völker, andere Sitten!

Kampf, Flucht und Wiedersehen

Teil 1: Die Vorahnung
 

Kapitel 19: Kampf, Flucht und Wiedersehen
 

Langsam umkreisten sie sich.

Ren hielt die Augen immerzu auf seinen Vater gerichtet und machte kleine Schritte, ohne Hast. Er atmete ganz ruhig, es war die geladene Ruhe, die ihn immer während eines Kampfes befiel. Auch Link sah seinem Sohn unverwandt in die Augen, es war beiden unmöglich zu sagen, was der andere wohl dachte. Merkwürdigerweise verspürte Ren keine Nervosität. Es war unwichtig, wer ihm und seinem Vater zusah. Er konzentrierte sich nur auf den Kampf, auf den Gegner vor sich. Es war zwar nicht das erste Mal, dass Vater und Sohn miteinander fochten, doch empfand Ren es diesmal als etwas Besonderes. Es gewissermaßen etwas wie eine Reifeprüfung am Ende ihre Reise durch das Großreich. Wie lange sie sich umkreisten wusste Ren nicht, und Zeit spielte auch keine Rolle mehr für ihn. Alles außer seinem Vater und dessen Schwert, war nun ohne Bedeutung. Die Waffe seines Vaters war dem legendären Masterschwert nachempfunden und war von Biggoron geschmiedet worden, der noch immer als der beste Schmied des Landes galt. Rens eigenes Schwert war etwas länger und ein wenig schmaler als Links Waffe. Es war zudem auch noch leichter. Allerdings war es nicht minder gefährlich, denn es war beidseitig geschliffen und war sehr scharf. Und trotz seiner Leichtigkeit war es erstaunlich solide. Biggoron hatte es aus irgendeiner seiner geheimen Legierungen geschmiedet und es suchte in ganz Hyrule seines Gleichen. Das Besondere an dem Schwert war, dass es ein einziges Stück Stahl war. Es bestand nicht wie gewöhnliche Schwerter aus der Klinge und dem Griff, sondern war eine perfekte Einheit, eine hervorragende Harmonie aus ein und demselben Stück Metall. Somit war die Waffe schwerer zu zerstören als andere.

Es war sehr ungewöhnlich für Link und Ren ohne ihre Schilde zu kämpfen. Sie hatten sich beide so sehr an sie gewohnt und sie behinderten sie auch ihrer Meinung nach nicht beim Kämpfen. Dennoch hatte Ren nun einen kleinen Vorteil, auch wenn er es nicht wusste, denn er war unglaublich schnell und geschickt mit seinem besonderem Schwert und dazu kam die angeborene fließende Eleganz und Gewandtheit des Volkes seiner Mutter. Er hatte einen Schild weniger nötig als Link, der immerzu auf diese traditionelle Art und Weise gekämpft hatte.

Doch von all dem konnte Ren während er langsam im Kreis ging, nichts wissen.

Der erste Angriff kam plötzlich und unerwartet, wie es meistens der Fall war. Link sprang mit einem Mal vor und hob sein Schwert zu einem beidhändigen Schlag, doch Ren wusste, dass dies sehr untypisch für seinen Vater war und dass er den Streich im letzten Augenblick wahrscheinlich in eine andere Richtung wenden würde. So machte er scheinbar Anstalten den Schlag zu parieren, doch als Link plötzlich mit einer Hand den Griff losließ, der Waffe somit einen höheren Schwung verlieh und sie unerwartet in Richtung von Rens Bein lenkte, war er vorbereitet. Mit großer Präzision verhinderte er, dass sein Bein getroffen wurde und schob Links Schwert ein wenig beiseite. Diese eine erste Attacke, die beiden Kontrahenten bereits viele strategische Gedanken entlockt hatte, dauerte nur wenige Sekunden. Als ihre Schwerter schließlich beim zweiten Mal aufeinander prallten, als Ren seinerseits angriff, verriet ihnen das unnatürlich laute Klirren der aufeinander prallenden Waffen, dass der ganze Saal in tiefes Schweigen gehüllt war. Doch davon ließ Ren sich nicht ablenken und außerdem hatte er dazu auch keine Gelegenheit, denn Link war nach dem Aufeinandertreffen der Schwerter zur Seite gesprungen, um die Deckung seines Sohnes mit einem rasch ausgeführten, kurzen Stich zu umgehen und den Kampf für sich zu entscheiden. Normalerweise hätte Ren seinen neuen herrlichen Goronenschild zum Schutz gehoben, doch an den verschwendete er nun keine Gedanken. Instinktiv duckte er sich leicht und sprang dabei nach rechts aus, so dass die Klinge ihn nur knapp verfehlte. Anstatt sich aufzurichten, rollte er sich dann sofort unter einem weiteren Schlag seines Vaters hindurch.

Fehler!, erkannte Ren, als das Aufschlagen von Links Schwert auf dem Boden auf sich warten ließ und er sich gerade aufrichtete. Er rettete sich vor dem tückischen Schlag, indem er hastig zur Seite sprang, doch ritzte die Klinge seines Vaters seine Kleidung an der Schulter und fügte ihm eine leichte Verletzung zu. Rasch erhob sich Ren und trat einige Schritte zurück. Sein Vater stand noch an derselben Stelle wie gerade. In seinen Augen konnte Ren einen leichten Tadel wegen seines Fehlers sehen und er verzog entschuldigend den Mund.

Mit diesem schiefen Lächeln auf den Lippen lief er blitzartig los und griff seinen Vater frontal an. Link parierte Rens Schlag leicht überrascht und einen Moment lang rangen sie mit einander, denn beide versuchten das eigene Schwert zum Gegner hin zu bewegen. Dass Ren dann plötzlich einen Schritt zurücksprang und der Druck gegen sein eigenes Schwert mit einem Mal verschwunden war, überraschte Link, so dass er von der Wucht seines eigenen Hiebes nach vorne gerissen wurde. In einem weiten Bogen riss er sein Schwert, das den Boden ankratzte, in Richtung von Rens vorhuschender Klinge, doch diese wurde plötzlich zurückgezogen und in seiner ungemütlichen Position konnte Link seine Waffe nicht mehr rechtzeitig zurückreißen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich hart mit den Füßen vom Boden abzustoßen und aus der Bahn von Rens Klinge zu springen. Links Sohn, versuchte sein Schwert in Links Sprungrichtung zu lenken, doch schaffte er es nicht mehr rechtzeitig. Link vollführte eine gelungene Rolle auf dem Steinboden und sprang wieder auf. Er nickte anerkennend.

Ren, der in den letzten Sekunden kaum geatmet hatte und nichts gedacht hatte fühlte einen grimmigen Stolz auf seine gelungene Aktion. Doch er durfte sich davon jetzt nicht beeinflussen lassen, denn sein Vater hatte ihm immer wieder eingeschärft, dass man bei allen Erfolgen und auch Misserfolgen einen klaren Kopf behalten musste, der nicht von zu vielen Gedanken oder Gefühlen getrübt sein durfte.

Sie fingen wieder an sich zu umkreisen, diesmal in einem kleineren Kreis, gerade einmal einen Sprung weit vom Gegner entfernt. Ren befreite sich wieder von seinen unnötigen Gedanken und konzentrierte sich darauf was sein Vater tat. Dann entschloss er sich, selber die Initiative zu ergreifen und griff seinerseits an. Mit verblüffender Schnelligkeit zischte sein Schwert durch die Luft, unter seinen so rasch geführten Hieben verwandelte sich seine Klinge in einen Strahl aus tödlichem, kaltem Silber. Ein direkter Schlag, Link wehrte ab, kaum zwei Sekunden später ein listiger Schlag gegen den Schwertarm seines Vaters, doch Link wehrte auch jetzt wieder rechtzeitig ab. Der dritte Schlag folgte beinahe unmittelbar und zielte auf Links nun ungedeckte Brust. Das Klirren des dritten abgewehrten Hiebes verklang im Raum und Ren hatte sich wieder einige Schritt zurückgezogen. Diese Technik setzte er sehr gerne ein. Drei sehr schnell aufeinander folgende Hiebe, auf verschiedene Stellen des Körpers gerichtet. Offenbar war sein Vater nicht ganz zufrieden mit dieser Parade gewesen, denn er setzte nun seinerseits bei seinem sofortigen Angriff diese Technik der drei Schläge ein. Ein Schlag gegen Rens rechten Fuß, dann gegen dessen Kopf und dann gegen den linken Fuß. Die Schwertstreiche kamen so schnell und unvermittelt, dass Ren seine Mühe hatte sie abzuwehren. Dennoch war der Moment auf eine bestimme Art und Weise schön, mit seinem Klirren und Kingen, den Zischen des durch die Luft wirbelnden Stahls und den ruhigen Atemgeräuschen der beiden Kontrahenten. Wie sagte sein Vater immer? "Lerne die Musik des Kampfes zu schätzen und du wirst den Kampf selber schätzen. Achte auf die vielen verschiedenen Melodien, denn sie alle sind einzigartig, so wie jeder Kampf. Lerne die Klänge der Waffen kennen und du wirst ihre seltsame Sprache verstehen. Erst dann wirst du ein guter Schwertkämpfer!"

Das war ein solcher Moment. Er hörte die Klänge der Waffen und verstand sie. Bei seinem nächsten Angriff wurde er von einem kaum wahrnehmbaren Flüstern begleitet. Wörtern, deren Klang er nicht kannte und nicht nachsprechen konnte, die er aber dennoch verstand. Er entwickelte eine solche Energie und ein so hohes Tempo, dass sein nächster Angriff umso heftiger wurde...
 

...Rens Klinge verfehlte nur knapp sein Gesicht.

Mit einem langen Rückwärtssalto, den er mit den Jahren perfektioniert hatte, brachte sich Link außerhalb von Rens Reichweite, um ein wenig Zeit zu gewinnen. Als er am auf dem Boden ankam, sah er wieder einen furchtbar schnellen Schwertstreich auf sich zu fliegen. Er duckte sich geschickt unter ihm hinweg, doch fast sofort kam ein weiterer Angriff auf ihn zu. Rens Schwert schien ihn anzuspringen wie eine silberne Schlange, die es nicht mehr erwarten konnte ihre scharfen Zähne in das Fleisch ihres Opfers zu schlagen. Er brachte sein eigenes Schwert zwischen sich und das seines Sohnes und einen Moment lang rangen sie wieder miteinander.

Link war erstaunt. Er wusste, dass sein Sohn ein sehr guter Schwertkämpfer war, und er wusste, dass er sehr schnell und geschickt war, aber er hätte nie gedacht, dass Ren ohne Schild ein solches Tempo aufbringen würde. In der Tat, war sein Sohn, ihm nun in Punkto Schnelligkeit weit überlegen und Link musste sich schnell etwas einfallen lassen, denn auf Dauer konnte er diesen Kampf nicht gewinnen. Doch dann sah er Rens Gesicht und mit einer grimmigen Zufriedenheit sah er dort Anzeichen von Erschöpfung. Er hatte ihn scheinbar vorhin mit seinem unerwarteten Dreierangriff äußerst verausgabt, denn Ren war gezwungen gewesen sehr tückische und schnelle Schwerthiebe mit noch größerer Schnelligkeit und dennoch exakter Genauigkeit abzuwehren. Das konnte er sich nun zu Nutze machen. Er lächelte in sich hinein. Obwohl er seinem Sohn diesen Sieg gönnen würde und ungemein stolz auf ihn war…Er hatte nicht vor Ren gewinnen zu lassen. Er wusste, wie man Ren aus dem Konzept bringen konnte: Man musste ihm seine Waffe aus der Hand schlagen. Diese Gedanken schossen in rasendem Tempo durch seinen Kopf, während Ren ihn wieder angreifen wollte. Dann machte Link absichtlich etwas sehr ungewöhnliches für ihn: Anstatt wie üblich dem extrem schnellen Angriff auszuweichen, oder ihn abzuwehren und zu empfangen, sprang er ihm entgegen. Er sah, wie sein Sohn einen winzigen Moment lang stutzte, doch dieser Augenblick genügte ihm. Seitlich keilte er die Klinge seines Schwertes in den Griff von Rens Waffe und riss sie mit aller Kraft nach oben. Dem überraschten Ren wurde das Schwert aus der Hand geprellt und es landete nicht weit, dennoch für die Hitze des Gefechtes eindeutig zu weit entfernt, am gegenüberliegendem Ende des Kreises. Schnell hob Link sein Schwert hoch und hielt es Ren vor die Kehle. Dieser hob ergeben murrend die Arme.

Naboru erhob sich und klatschte in die Hände.

"Wunderbar, wunderbar! Ich muss sagen, Ihr ward fantastisch!“ Link verbeugte sich geschmeichelt. Es kam nicht oft vor, dass Naboru jemanden lobte.

"Nun, ich muss sagen, dass ich überrascht bin. Da wächst ein solcher Krieger heran und wir merken es nicht einmal!", lachte sie an Ren gewandt, der sofort rot wurde und den Blick senkte.

“Dein Sieg war ganz und gar nicht so gewiss, mein Lieber. Ich fürchte in deinem Sohn hast du deinen ärgsten Konkurrenten gefunden."

"Das stimmt", grinste Link nun seinerseits und klopfte Ren stolz auf die Schulter. "Er hatte ja auch einen guten Lehrer!", fügte er augenzwinkernd hinzu.

"Oho. Bist du schon so sehr von dir eingenommen? Pass auf, sonst komme ich noch auf den Gedanken mich mit dir zu messen, und das würde dir nicht gut bekommen!" Ein grelles Feuer schien in Naborus Augen zu glühen und Ren war sich sicher, dass das nicht nur ein Scherz war. Naboru war gewiss gefährlich. Ren hätte sie gerne einmal gegen seinen Vater kämpfen sehen, doch nun hatte er das wohlvertraute Bedürfnis alleine zu sein.

Er wandte sich an Naboru: " Habe ich eure Erlaubnis mich entfernen zu dürfen? Ich bin müde, möchte aber vor dem Schlafengehen noch etwas nach draußen." Naboru wirkte ein wenig enttäuscht, als sie antwortete:

"Wie könnte ich dir diesen Wunsch verwehren, wo du doch so tapfer und hervorragend gegen deinen Vater gefochten hast? Du hast meine Erlaubnis zu gehen, indes...du weißt unsere Gänge sehen alle gleich aus, und die Festung ist groß und wie ein Labyrinth gebaut. Sollte dich nicht jemand nach draußen bringen?" Ihr Blick fiel auf ihre Tochter und Link wandte kurz den Blick ab um seinen Gesichtsausdruck vor seinem Sohn zu verbergen.. Ren musste darauf achten nicht zu hastig zu antworten.

"Nein, ich denke das wird nicht nötig sein. Ich danke euch! Mit eurer Erlaubnis..." Er verbeugte sich knapp und verließ den großen Raum durch eine Tür am Südende. Nomara folgte ihm nach wenigen Minuten. Naboru schaute ihr schmunzelnd nach.

"Mir gefällt dein Sohn, Link. Er ist ein herausragender Kämpfer, sieht gut aus, ist nicht alltäglich und dank Ruto ist er bestens erzogen." Ihr Gesicht nahm diabolische Züge an.

"Welch infernalischer Plan", spottete Link vergnügt. Er verspürte keineswegs Müdigkeit und die Nacht war noch jung. Gemeinsam mit Naboru setzte er sich zu den anderen Gerudos. Gleich würden die Tänze beginnen und diese waren bei den Kriegerinnen immer etwas...sehr besonderes.

Als sich sechs knapp bekleidete attraktive Frauen in der Mitte aufstellten und mehrere Kriegerinnen einige Instrumente zur Hand nahmen, stellte Naboru fest:

"Ruto wird dich umbringen!" Link erwiderte nichts...aber wahrscheinlich hatte sie Recht!
 

Es war unerwartet kühl in den dunklen Gängen der Festung.

Ren empfand es als fast als Wohltat sich endlich von der Gesellschaft entfernen zu dürfen. Zwar hatte der Kampf Spaß gemacht und er war sehr stolz auf seine Leistung, aber er hatte keine Lust, die ganze Nacht in der Nähe dieser Frauen zu verbringen und erst recht nicht in der Nähe von Nomara. .

Ren dachte mit großem Unbehagen an Naborus Tochter. Gewiss, sie war sehr schön, wie ihre Mutter, und sie war jung. Außerdem mochte sie ihn offensichtlich...aber er konnte einfach nicht. Es ging nicht. Nicht nach dem Tag auf dem Todesberg. Nicht nachdem er sich verliebt hatte in diese geheimnisvolle Frau.

Seit seinem ganzen bisherigen Leben interessierten sich Mädchen für ihn, aber gerade jetzt wo es am unpassendsten war, musste eines natürlich einen Annäherungsversuch unternehmen. Er hörte Schritte in einem Gang irgendwo hinter sich. Offenbar ernste Annäherungsversuche.

Unwillkürlich schritt Ren schneller aus und bog wahllos hier und dort ab. Die Schritte entfernten sich. "Glück gehabt!", dachte er bei sich. Dann sah er sich um. Von außen waren überall Fenster und Öffnungen zu sehen, doch wo waren sie denn hier nur? Scheinbar waren sie nur in den größeren Räumen und nicht in den Gängen. Er hatte schon längst die Orientierung verloren und wusste nicht wo er sich hin bewegte, doch nach fast zwanzig Minuten des Herumirrens sah er endlich durch eine Tür ein wenig Sternenlicht hereinfallen. Als er schließlich nach draußen trat, merkte er, dass die Tage zwar sehr warm sein mochten unmittelbar neben der Wüste, doch die Nächte waren wirklich ziemlich kalt. Dennoch freute er sich den Himmel zu sehen. Der Mond würde in ein paar Tagen wieder voll sein, doch schon jetzt spendete er wieder viel Licht und wie immer waren viele Sterne am Himmel zu sehen. Ren konnte jetzt sehen, dass er sich scheinbar bei der Felswand im Norden der Festung befand, in der auch irgendwo oben das berüchtigte Gefängnis der Gerudokriegerinnen war. Vor sich sah er eine schmale Treppe, die offenbar auf eine höhere Ebene im Felsen führte. Er stieg sie empor und betrat eine der höchsten Ebenen der Festung. Vor ihm lag eine kleine Terrasse, von der man eine wunderbare Aussicht hatte, auf die ganze Festung und das Gebirge dahinter. Als er nach rechts schaute sah er dort das Gebirge irgendwo in der Ferne aufhören. Dort musste ein Teil der Gespensterwüste liegen, jenem Teil des Landes, der der gefürchtetste und verlassenste war. Doch man sagte sich, dass auch die gesamte gigantische Wüste noch immer von dem umgebenden Gebirge eingeschlossen wurde. Aber das waren nur Geschichten und sie waren nicht bestätigt.

Hier oben versank Ren tief in seine Gedanken und schaute dabei gebannt auf die schöne Gebirgslandschaft, von der er in der Nacht zwar nicht allzu viel erkennen konnte, deren dunkle Umrisse und Schatten ihn aber dennoch bewegten. Auch dies war ein schöner Teil Hyrules und ohne Zweifel ein weit schönerer Gebirgsstrich als der Todesberg. Während er da nun stand, in Gedanken versunken und in die Nacht hinausstarrend, bemerkte er Nomara erst, als es zu späte war. Mit einem gewaltigen Schreck wurde er aus seinen Gedanken gerissen, als er nur einige Meter hinter sich jenes sichere und selbstbewusste Auftreten hörte, welches den Kriegerinnen des Gebirges eigen war, jene Schritte, die ihn durch die Festung verfolgt hatten. Er hob den Kopf, drehte sich aber nicht um. Ihm wurde heiß. Was sollte er denn jetzt nur tun? Hinter ihm stand Naborus Tochter und er musste sie abweisen....oh bei den Göttinnen! Er würde Schande über sich bringen und seinen Ruf zerstören, vielleicht sogar den von seinen Eltern. Nomara trat neben ihn und blickte auch hinab.

"Es ist schön nicht wahr?", fragte sie. Ihre Stimme war heller als die von Naboru, wenn auch immer noch ein wenig tief im Vergleich zu der von Hylianerinnen. Er antwortete nicht, sondern nickte nur und wurde ganz rot. Was sollte er am besten tun?

Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, dass Nomara den Kopf zu ihm drehe. Er meinte, dass sie lächelte.

"Dein schüchterner Ruf eilt dir voraus...Ich mag das...", fügte sie hinzu. Sie rückte näher.

Ren war nahezu in einem panischen Zustand. Er durfte nicht zulassen, dass sie sich Hoffnungen machte, er würde sie verletzen und das wollte er nicht, denn sie war so unschuldig und nett. Doch er konnte einfach den Mund nicht aufmachen und sich überhaupt nicht bewegen. Er war wie gelähmt.

Und dann wuchs ein ganz anderer Gedanke in ihm hoch. Warum eigentlich nicht? Warum sollte er sich nicht auf Nomara einlassen? Sie war sehr schön und in seinem Alter, zumindest hatte es den Anschein. Welche Hoffnungen konnte er sich schon in Bezug auf die Shiekah machen? Daraus würde nie etwas werden...dennoch konnte er sich nicht von ihr abwenden. Es war absurd, vollkommen irrsinnig, aber das käme einem Verrat gleich, fand er. Plötzlich spürte er, dass Nomara sich an ihn lehnte. Ihre Berührung war warm. Erst jetzt sah er sie an.

Sie trug immer noch sehr wenig Kleidung und musste bestimmt frieren. Mit zittriger Stimme ergriff er tapfer as Wort.

"Ist dir nicht kalt?" In Gedanken schalt er sich augenblicklich einen Idioten. Was tat er denn da! Dem Mädchen musste es vorkommen, als ob er sich um sie sorgen würde! Das war falsch, das durfte nicht sein!

"Jetzt nicht mehr", lächelte sie fröhlich. Oh Gott, es war angenehm in ihrer Nähe zu sein, aber nein! Er durfte nicht...er konnte einfach nicht. Er führte sich das Bild der Shiekah vor Augen. Spürte noch einmal ihre Nähe, als sie ihm die Worte ins Ohr flüsterte. Fast konnte er ihre Anwesenheit hier spüren und den Hauch ihres Atems auf seinem Gesicht.

Nun etwas entschlossener zog er sich etwas von Nomara zurück und fasste sie an der Schulter.

"Nomara, Ich...ich kann nicht...ich..." Sie sah ihn an. Ihre Augen waren von einem sehr hellen Braun, fast orange. Und er sah Verständnis darin. Fast hätte er erleichtert aufgeatmet. Sie blickte ihn unverwandt an.

"Es gibt eine andere?" Ren nickte. Er sah, dass sie enttäuscht war, doch sie hatte Verständnis. Das hatte er von Naborus Tochter eigentlich nicht erwartet...

"Ich verstehe. Nun, das ist schade. Ich mag dich wirklich sehr gerne Ren.“

"Es tut mir wirklich Leid...." Warum konnte er ihr nicht einfach sagen, dass er sie sehr schön fand und dass er es zutiefst bedauere. Wenn er sie als erste erblickt hätte, wäre es sicher anders gekommen. Warum konnte er nicht das sagen? Warum war er nur so...schwach? Seine Gedanken wurden immer bitterer.

"Ren?", fragte Nomara nach einer kleinen Weile, nicht zögerlich wie man hätte annehmen können, sonder nahezu schneidend. Die typische Sprechweise einer Gerudo.

"Ja?" antwortete er vorsichtig.

Was sie sagen wollte war offenbar wichtig. In ihm wuchs wieder ein ungutes Gefühl.

“Ich bin eine Gerudo!“

„Ich weiß…“, erwiderte Ren zögerlich. Worauf wollte sie hinaus?

„Gerudos sind es nicht gewohnt von einem Mann abgewiesen zu werden. Ich kann nichts von dir verlangen, aber ich fordere zumindest einen Kuss.“ Er sah sie völlig entgeistert an. Ihre Worte drangen nur langsam in sein Bewusstsein ein. Sie forderte einen Kuss? Warum musste nur ausgerechnet ihm das passieren? Doch gleichzeitig hatte er das Gefühl ihr diesen Kuss tatsächlich schuldig zu sein. Er nickte also langsam und sagte dann noch: "Äh, Nomara, ich habe...ich meine...ich habe noch nie ein Mädchen…geküsst." Ein leicht spöttisches Lächeln erschien auf ihrem hübschen Gesicht. "Was ist nur los mit dir, was du eigentlich was du auf die Frauen im ganzen Land für eine Wirkung machst? Leg diese Schüchternheit ab! Aber…wenn es dich beruhigt, ich habe auch noch nie jemanden geküsst.“

Ren war sich dessen bewusst, dass er hochrot war im Gesicht. Die Wachen unten am Vorplatz würden gewiss seinen roten Kopf sehen können, wenn sie in diese Richtung geschaut hätten. Was sollte er jetzt tun? Er wusste nicht, was er machen sollte Nomara machte den ersten Schritt. Sie schmiegte sich eng an ihn und in Rens Innerem kribbelte es. Er spürte den leichten Druck ihrer Brüste und legte zögernd einen Arm um Naborus Tochter. Sie blickte zu ihm auf und lächelte aufmunternd. Sie schien überhaupt nicht nervös zu sein, im Gegenteil sie war gelöst und kostete den Moment aus. Mit leichten Fingern fuhr sie ihm über die Wange, über seine Lippen und schließlich seinen Hals entlang, was ihn zum erschauern brachte. Er war um einiges größer als sie und so umschloss sie sein Gesicht mit beiden Händen und zog es zu sich herab, während sie sie gleichzeitig auf die Zehnspitzen stellte. Zunächst gab sie ihm einen leichten, gehauchten Kuss, kaum mehr als ein bloßes Berühren der Lippen. Die Spannung fiel etwas von ihm ab und nun konzentrierte auch er sich ganz auf den Moment, auf ihre bestimmten Berührungen, den Geschmack ihres weichen Mundes…Der nächste Kuss war intensiver, drängender. Er spürte wie ihre Zungenspitze leicht über seine Unterlippe fuhr, sie liebkoste und dann fordernd seine Lippen auseinander schob. Eng umschlungen standen sie eine Weile da und genossen beide ihren Kuss. Als sich Nomara schließlich von ihm löste, fühlte sich Ren ganz und gar nicht mehr verkrampft oder nervös. Er lächelte sie schüchtern an und fragte: „Das sollte wirklich dein erster Kuss gewesen sein?“

Sie lachte leise in die Nacht hinein und ließ ihre goldenen Armreifen klirren, während sie sich rückwärts gehend von ihm zurückzog.

„Schon vergessen? Ich bin eine Gerudo! Wir sind halt nicht so schüchtern oder reden lange um etwas herum.“, antwortete sie augenzwinkernd, drehte sich um und stieg die Treppe hinunter. Ren sah ihr lächelnd hinterher. Er hatte das Gefühl, dass sie zumindest Freunde werden konnten und fand, dass sich Nomara und Link-goro sicherlich gut verstehen würden.
 

"Ich verstehe nicht, warum du sie hast gehen lasse. So ein schönes Mädchen und ihre Gefühle für dich waren aufrichtig und kamen von Herzen."

Die Hitze in Rens Gesicht und in seinem Körper wich in weniger als einer Sekunde einer Kälte, die sich mit den eisigen Nordwinden messen konnte.

Das war unmöglich. Absolut unmöglich! Das konnte nicht wahr sein, er träumte.

"Habe ich dir jetzt so sehr die Sprache verschlagen?", Die Stimme wurde spöttisch. Dennoch war sie es. Er erkannte sie sofort. Diese wunderbare Stimme. Ihre Stimme!

Aber wie kam sie hierher? War das alles nur ein Traum? Es musste ein Traum sein, denn es konnte unmöglich wahr sein...oder doch? Und wenn ja...dann...

Er drehte sich ganz langsam um, darauf wartend, dass er aus diesem grausamen und doch so schönen Traum der Hoffnungen und Sehnsüchte erwachte. Die Terrasse war leer, doch er spürte jetzt ganz eindeutig die Anwesenheit einer Person, und zwar keiner gewöhnlichen Person.

„ Oder liegt es daran, dass sie eine Gerudo ist und du Angst hast dir an ihre die Finger zu verbrennen?“ Die Stimme war neckend, doch freundlich und voll des wunderbaren tiefen Klangs, den er am Todesberg vernommen hatte.

"Wo...wo bist du?", fragte er leise, wie alleine für sich. Dennoch musste sie es gehört haben, denn sie löste sich langsam aus dem Schatten der Felswand in der Ecke, in der sie lautlos gestanden hatte. Sie war es! Es war die Shiekah vom Todesberg! Sie war hier, es war wirklich wahr, sie war gekommen! Hoffnungen strömten durch Rens Bewusstsein und ihm wurde wieder wärmer. Es war als ob ein Feuerwerk in seinem Innersten losgehen würde.

Sie lächelte( Ren wurde immer heißer).

"Bist du so sehr überrascht mich wieder zu sehen? Ich habe dir doch gesagt, dass ich wiederkomme!"

Ren sagte nichts, er war schien mit Stummheit geschlagen zu sein. Er sah sie einfach nur an. Sie kam näher und lehnte sich dann keine zwei Meter von ihm entfernt über die Brüstung.

"Warum hast du sie weggeschickt?" Erschrocken erinnerte Ren sich an seine Worte. Wie lange war sie schon hier gewesen? Er versuchte ebendiese Frage zu stellen, doch er verhaspelte sich. Innerlich fluchte er. Was war er doch nur für ein Idiot! Wie konnte man sich nur so dumm anstellen?

"Ich bin noch nicht sehr lange hier. Ich habe gesehen, wie ihr euch geküsst habt und wie sie weggegangen ist. Verrätst du mir, warum du sie hat gehen lassen? Ich interessiert mich wirklich sehr. Ich meine: Das war die Tochter der Weisen der Geister und die Erbin der Führerschaft über die Gerudokriegerinnen. Nicht gerade jemand, den man leichtfertig abweisen sollte, oder?"

Er musste nun etwas sagen, irgendetwas.

"Ich...kann…will...entschuldige, aber das...will ich für mich behalten."

Es war einfacher gewesen, als gedacht.

Sie zuckte mit den Schultern und versetzte ihrem Umhang einen anmutigen Schwung. "Wie du willst!"

Er hatte es getan, er hatte es geschafft sie anzusprechen. Jetzt konnte er versuchen ihr die entscheidende Frage zu stellen.

"Kann ich dich...ich meine...äh...warum hast du mich verfolgt?" Wie konnte man eine so simple Frage nur so plump stellen?

"Ich habe erwartet, dass du das fragen wirst. Na ja, ich war einfach nur in der Nähe und war neugierig. Das ist alles." Sie sah ihm in die Augen und er senkte betreten den Blick.

"Einfach…so? Neugierde?" Sie war neugierig auf ihn gewesen und hatte ihn deshalb verfolgt? Sein Innerstes schien unter einem furchtbaren Feuer zu leiden, doch das war jetzt egal.

Sie nickte. "Weißt du, obwohl deine Familie so berühmt ist, hatte ich noch nie jemanden von euch gesehen, außer deiner Mutter. Das musste ich doch nachholen" Sie zwinkerte ihm zu.

Er wurde immer unruhiger. Was jetzt? Er versuchte ein wenig Zeit zu gewinnen.

"Und...entspreche ich deinen...Erwartungen?", fragte er schüchtern.

Wie konnte man nur so viele dumme Sachen an einem Tag sagen?

"Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Ich weiß es nicht genau. Du bist...Obwohl. Ich glaube das behalte ich für mich." schloss sie lächelnd. Dieses süße Lächeln!

Dann erhob sie sich etwas und ging langsam auf ihn zu.

„Was hast du denn erwartet von mir? Wieso war sie nur so direkt? Ren wusste einfach nicht, wie er damit umgehen sollte und hatte das Gefühl wieder rot zu werden.

„Wieso…wolltest du mich wieder sehen?“, fragte er, um irgendetwas zu sagen.

„Eine gute Frage. Auf dem Todesberg hatte ich leider keine Zeit, mich mit dir zu unterhalten. Wir sind stark beschäftigt, weißt du.“ Mit „wir“ meinte sie wohl die Shiekah im Allgemeinen. Es war so gut wie nichts über ihre Aktivitäten bekannt.

„Aber jetzt bin ich ja hier. Ich dachte mir, ich sollte noch einmal wiederkommen und das klären, sonst gewinnst du noch den Eindruck, dass du von uns verfolgt wirst und entwickelst eine Paranoia. Ich fürchte wir haben eine eher beunruhigende Wirkung auf andere.“ Wieder dieses wunderschöne Lächeln. Ren wollte ihr nahe sein, traute sich jedoch nicht sich vom Fleck zu bewegen. „Du bist sehr schüchtern“, sagte sie auf einmal und wenn noch möglich gewesen wäre, wäre er erstarrt.

„Was?“, brachte er hervor. Mit einem Mal schien ihm ihr Lächeln beunruhigend, fast wissend. Beinahe wirkte sie nun drohend, wie sie dunkel gekleidet vor ihm stand. Die Schatten um sie herum schienen nicht ihre normalen Formen zu haben, sie schienen sich gar zu bewegen. Sie war eine Shiekah…diese Leute waren gefährlich…

"Nur eine Feststellung. Ich muss jetzt leider gehen. Ich sollte eigentlich in der letzten Zeit etwas anderes tun, als die hinterher zu spionieren."

Ihre Worte trafen Ren wie ein Schlag, der Eindruck von eben war vergessen, er wollte nicht, dass sie ging.

"Warte!"

Sie blieb stehen und sah ihn fragend an. "Ich…kenne nicht einmal deinen Namen...und...werden wir uns wieder sehen?"

"Wer weiß? Wer kann schon sagen, was in der Zukunft geschehen mag. Doch um deine andere Frage zu beantworten...Mein Name ist Oroelle." Mit einem letzten Lächeln zog sie sich in die Schatten der Ecke zurück, in der Sie sich vorhin versteckt hatte, und nur einen Augenblick später wusste Ren, dass sie nicht mehr da war. Er hatte mit ihr gesprochen…er hatte tatsächlich ein Gespräch zustande gebracht. Stotternd zwar, doch das war nun unwichtig. Er hatte es geschafft sie nach ihrem Namen zu fragen. Er flüsterte ihn leise, als fürchtete er ein plötzlicher Windstoß könne das Wort fortwehen.

Oroelle…

Gemeinsam, Zweisam, Einsam

Teil 1: Die Vorahnung
 

Kapitel 20: Gemeinsam, Zweisam, Einsam
 

In einigen Stunden würden sie am Hyliasee ankommen.

Ihre Reise hatte etwas länger gedauert, als sie erwartet hatten, aber sie bedauerten es nicht. Im Gegenteil: Ren fand es sogar besser so, denn das machte die gesamte Reise auf eine schöne Art und Weise vollständig, denn die hatten sich jeder Gegend von Hyrule genau so lange gewidmet, wie es seiner Meinung nach, nötig gewesen war. So kam es, dass es nun der Mittag des achtzehnten Tages seit ihrer Abreise war. Fast drei Wochen lang hatten sie ihre Familie nicht mehr gesehen. Link dachte schon kaum mehr an das Erlebte, sondern freute sich nur wieder zu Hause zu sein, denn der Kontakt mit den vielen Menschen hatte ihm die ruhige Abgeschiedenheit des Sees wieder vor Augen geführt, die er mehr alles andere dort schätzte.

Ren allerdings dachte immer noch sehr viel an das Erlebte. Wobei sich das Erlebte in den letzte Tagen und Nächten auf die erste Nacht in der Gerudofestung beschränkte.

Sie waren noch einen weiteren Tag und eine weitere Nacht bei den Kriegerinnen geblieben und waren schließlich sehr früh am Morgen aufgebrochen. Sie waren dann den ganzen Tag hindurch ohne lange Unterbrechungen geritten, so dass sie noch am selben Tag wieder zu Hause sein würden.

Doch das war natürlich alles nebensächlich. Ren Kopf wurde noch stärker als bei ihrer ersten Begegnung auf dem Todesberg, von den Gedanken an Oroelle in Anspruch genommen. Er hatte viel nachgedacht in der letzten Zeit, ja tatsächlich hatte er sich so lange er wach war, nur mit diesen Gedanken und Gefühlen auseinandergesetzt und hatte mit seinem Vater nur sehr wenig gesprochen. Dieser nahm diese Veränderung an seinem Sohn immer noch kommentarlos zur Kenntnis. Oroelle…

Endlich wusste er ihren Namen! Und er erschien so passend, so einzigartig. Er war so anders, als alle Namen die er kannte und fast schien es ihm so, als ob der Name eine kleine Geschichte zu erzählen im Stande war.

Es waren immer mehr Fragen aufgekommen, immer mehr. Als er sein Treffen mit ihr versuchte möglichst sachlich und distanziert zu überdenken, war er zu dem Ergebnis gekommen, dass es äußerst viele merkwürdige Kleinigkeiten gab, die ihm vorher noch nicht in den Sinn gekommen waren. Oroelle hatte gesagt, dass sie einfach nur neugierig gewesen war, doch warum musste sie ihn dann verfolgen? Gewiss, es war keine Überraschung, dass sie sich nicht einfach in der Menge untergemischt hatte ( was ihr wahrscheinlich so wieso nicht gelungen wäre, bei ihrer starken Ausstrahlung), sie war schließlich eine Angehörige eines Volkes, dass selbst über den Hylianern stand, denen in der ganzen Welt nachgesagt wurde, dass sie die von den Göttinnen als besonderes Volk erwählt wurden. Die Shiekah...so viele Mysterien und Legenden waren mit diesem Volk verbunden, doch es waren nur einige Dinge wirklich gewiss. Zum Beispiel, dass sie die Öffentlichkeit mieden und eine mystische Ausstrahlung hatten, was bereits erklärte, warum Oroelle nicht einfach in Kakariko in der Menge gestanden hatte.

Also, sie hatte ihn gesehen und er hatte es irgendwie vollbracht ihre Anwesenheit zu bemerken, doch warum hatte sie sich ihm zu erkennen gegeben? Warum hatte sie sogar mit ihm gesprochen? Und warum hat sie ihn überhaupt noch ein zweites Mal aufgesucht? Besonders diese Frage beschäftige Ren dingend. Hatte sie in irgendeiner Art und Weise vielleicht Interesse an ihm? Bei diesem Gedanken gab er sich Mühe nicht nur an Liebesangelegenheiten zu denken. Und das Gespräch, das sie geführt hatten...es war fast gänzlich ohne Inhalt gewesen. Sie hatte ihm auf dem Todesberg gesagt, dass sie sich wieder sehen würden. Sie war eine Shiekah, es musste also wichtig gewesen sein. Doch warum dann nur dieses völlig nebensächliche Gespräch? Sie hatte gesagt, dass sie neugierig auf ihn gewesen war und als sie merkte, dass sie den Todesberg verlassen musste, hatte sie ihm das Versprechen gegeben ihn nochmals aufzusuchen. In der Festung der Kriegerinnen hatte sie schließlich behauptet, dass sie nur klären wollte, dass er nicht verfolgt wurde. Doch konnte das stimmen? Es klang einfach nicht richtig, und Ren wollte es nicht weigern.

Links Sohn hatte fast das Gefühl, dass er platzen müsste vor lauter Fragen in seinem Kopf.

Derer gab es dann auch noch einige unwichtige, wie etwa " Wie ist Oroelle nur an den Wachen vorbeigekommen?" und " Wo ist sie wohl gerade?"

So viele Fragen und einfach keine Antworten. Ren war ratlos. Was sollte er tun? Denn auf gewisse Art und Weise war nun seine Kämpfernatur geweckt. Er wollte mehr über diese seltsame Frau herausfinden, die ihm den Kopf verdreht hatte und die seine Gedanken beherrschte. Er malte sich zwar noch immer keine Hoffnungen in Bezug auf seine Liebe zu ihr aus, doch er wollte dennoch mehr über sie erfahren. Sie war so plötzlich in sein Leben getreten, er konnte einfach nicht aufhören an sie zu denken. Auch wenn es ihm möglicherweise wehtun sollte, sich zu stark mit ihr zu beschäftigen, er wollte es trotzdem.

Während des letzten Abschnitts der Strecke, als sich die Steppe etwas senkte und sie bereits gar nicht weit entfernt die Lücke im Umgebendem Gebirge sahen, die zum See führte, versuchte Ren die rastlosen Gedanken beiseite zu schieben und die Reise Revue passieren zu lassen. Er erinnerte sich an die fröhliche Zeit bei den Kokiri, die so sehr seine Lebensgeister geweckt hatten. Vor seinem geistigen Auge zog der Wald noch einmal vorbei: Das Dämmerlicht, das Gefühl durch einen Tunnel in eine andere Welt zu geraten. Das Kokiridorf und die vielen, vielen Feen mit ihren silbrigen, gleißenden Körpern. Die Lichter und die vielen verschiedenen Grün- und Brauntöne. Die Gerichte der Kokiri, die exzellente Köche waren, obwohl sie scheinbar kaum Auswahl an Zutaten hatten. Die verlorenen Wälder, der Tempel, der Dekubaum...ja, dies war wahrscheinlich das Allerschönste an der ganzen Reise gewesen. Auf seltsame Art und Weise sogar noch wunderbarer als seine Begegnung mit Oroelle.

Doch er hatte sich auch so amüsiert: Kakariko und sein erster kleiner Rausch. Dann der furchtbare Kater seines Vaters und die Erkundung des Vergnügungsviertels in Goronia. Die beruhigende Wirkung ihres Besuches in der Zitadelle der Zeit. Die Ritte durch die weite, weite Steppe....

Es war alles so wunderbar und er schaffte es sich bis zu ihrem Eintreffen am Pass zum See, von den Gedanken und Fragen an Oroelle abzulenken. Wobei man eigentlich nicht von einem Pass sprechen konnte. Es war natürlich eine lange Lücke im Gebirge, allerdings war diese Lücke fast eine halbe Meile breit und erweiterte sich zum See hin noch mehr. Als sie sie durchritten dämmerte es bereits und die Sonne ging im Westen hinter dem umgebenden Gebirge unter Sie warf ihren letzten Strahlen auf das ruhige Wasser des Sees und bei dem Anblick fühlte selbst Ren, dass er sich auf die Rückkehr gefreut hatte. Ob seine Mutter und seine Geschwister wohl zu Hause waren?, fragte er sich als sie ihre Pferde in die Koppel brachten. Es war anzunehmen, schließlich war seine Mutter eine der Weisen und hatte ihr Kommen bestimmt gefühlt oder vorausgesagt, irgendetwas in dieser Richtung. Und seine Geschwister...nun bei Zen konnte man sie niemals sicher sein, was er tun würde. Und seine Schwester… Kira genoss das Aufsehen im Zorareich, aber auch sie benötigte von Zeit zu Zeit Ruhe. Und sie würde es sich niemals nehmen lassen Ren über mögliche Liebschaften auszuquetschen!

Und tatsächlich bewahrheiteten sich Rens Gedanken, als sie durch die Tür traten. Kaum zwei Sekunden später kam ihnen Ruto entgegen gerauscht.

Ein wenig wehmütig dachte Ren, dass es nun vorbei war mit der trauten Zweisamkeit zwischen ihm und seinem Vater. Es würde wohl nicht mehr so sein, wie auf der Reise.
 

Ruto schloss Ren in die Arme, blickte ihn abschätzend von oben nach unten an, und wandte sich dann an Link.

Irrte er sich, oder war dort in ihren Augen eine gewisse Genugtuung? Ihr Blick schien "Ich weiß alles!" besagen zu wollen und Link wurde etwas mulmig zumute, als er an halbnackte Tänzerrinnen und wüste Saufgelage dachte....

Sie gab ihm einen kurzen Kuss, ein schlechtes Vorzeichen, und drückte ihn an sich. Dabei flüsterte sie ihm etwas ins Ohr:

"Wir unterhalten uns später einmal über deine Reise, mein Schatz. Du musst mir alles erzählen, ich bin fürchterlich gespannt.“

Link schluckte schwer, lächelte sie aber warm an. Er hatte sie vermisst. Er unterdrückte den aufkommenden Gedanken an Zelda und ihren kurzen Blickwechsel in der Schlossstadt.

Da betraten Kira und sogar Zen den Eingangssaal. Zen schenkte seinem Vater und seinem Bruder ein seltenes Lächeln, machte jedoch keine Anstalten sie zu umarmen oder etwas zu sagen. Link schloss seine Tochter in die Arme und musste einmal mehr stille Freude und großen Stolz empfinden. Kira war etwas ganz besonderes. Ihre Umarmung war fest und ein wenig bedauernd dachte Link daran, dass sie wahrlich schon längst eine Frau war und nicht mehr sein kleines Mädchen....aber sie würde zumindest immer seine Silberfee bleiben und die glücklichen Jahre in denen er sehen konnte, wie sie aufwuchs, würden auf immerdar in seinem Herzen und in seiner Erinnerung bleiben.

Das Essen war bereits fertig, also hatte Ruto sie beide wirklich schon erwartet.

Link genoss es wieder in die warme Gemeinsamkeit seiner Familie zurückgekehrt zu sein.

Mit einem Blick auf Ren fragte er sich ein wenig besorgt, was sein Sohn wohl gerade dachte.
 

Das Essen war ausgezeichnet und da sie alle Hunger hatten, war es schon nach einer halben Stunde vollständig aufgegessen und sie gingen hinaus auf die Terrasse um sich zu erholen.

„Vergesst unsere Geschenke nicht, ihr beiden!“, meinte Kira grinsend und zog ihren leicht mürrisch dreinblickenden jüngsten Bruder die Treppe hoch.

„Komm, heute Abend wollen wir alle zusammen sein, auch du!“

Sie machten es sich auf der Terrasse auf bequemen Decken gemütlich. Link und Ren kamen einige Minuten später mit mehreren Päckchen hoch. Zen bekam einen schönen Dolch, den sie in Goronia entdeckt hatten: Er war ein wenig länglich und der Griff war in Gold und Silber eingefasst. Außerdem hatten sie noch einige Knabbereien aus Hyrule mitgebracht, die sie schnell beim Verlassen der Stadt erworben hatten. Kira bekam einige schöne Schärpen, die sie bei den Gerudos bei einigen Wettkämpfen am zweiten Tag gewonnen hatten und ebenfalls eine süße Speise. Für Ruto hatte Link ein neues Armband. Er setzte sich zu ihr, zog sie an sich und flüsterte ihr etwas ins Ohr, worauf hin sie etwas zurückflüsterte, ihn küsste und versonnen lächelte. Einen Moment lang sagen sie sich alle an, doch schließlich nahm Ruto ihren Mann bei der Hand und sagte sie würden jetzt in ihr Zimmer gehen. Auch Zen verließ das Felsplateau. Ren musste sich eingestehen, dass er den Familienalltag wirklich vermisst hatte. Es war alles beim alten. Zumindest fast. Für ihn nicht, nicht nach der Begegnung mit Oroelle. Bisweilen fühlte er sich alleine und die Tatsache, dass er sich verliebt hatte, schien ihn noch mehr in diese Einsamkeit zu treiben. Er fragte sich im Stillen, ob das normale Gefühle eines Verliebten waren.
 

Für Kira indes war es nun, da sie alleine mit Ren zurück geblieben war, Zeit zur dringlichsten Frage zu kommen.

"Komm Ren! Bitte sag mir, dass du endlich ein nettes Mädchen kennen gelernt hast!", forderte sie in frechem Tonfall. Ren zuckte zusammen, als ob er in Gedanken versunken wäre und nun gestört wurde und blickte, Kira machte große Augen, für eine Sekunde betreten zur Seite.

Konnte das sein? Hatte ihr Bruder etwa eine Freundin? Alle anderen Gedanken, die sie noch im Hinterkopf gehabt hatte, wurden von dieser erschütternden Nachricht verdrängt. Unwillkürlich musste sie laut loslachen.

Ren schaute sie empört an. "Was ist denn mit dir los? Worüber lachst du jetzt?"

Kira brauchte einen Augenblick um sich wieder unter Kontrolle zu bringen.

"Entschuldige aber ich musste nur gerade daran denken, dass du..." Ren unterbrach sie zornig. Er war ganz rot im Gesicht. "Hör auf damit! Ich weiß, was jetzt kommt und du kennst die Antwort! Ich habe keine Freundin!"

"Aber natürlich nicht. Oh Ren, komm sag schon! Wie heißt sie, wie sieht sie aus, woher kommt sie und wie alt ist sie?" Ren blickte sie abschätzend, aber immer noch wütend, beziehungsweise verstimmt an.

"Sonst noch was?", fragte er.

Kira brauchte nicht einmal zu überlegen und überschlug sich fast vor Aufregung, ein für sie eher untypisches Verhalten: " Was habt ihr gemacht?"

Ein schockierter Ausdruck machte sich in Rens Augen breit. Und für einen Moment war er sprachlos. Dann fuhr er sie scharf an. "Für was hältst du mich eigentlich?"

Als ob es das offensichtlichste der Welt wäre entgegnete sie schmunzelnd: "Na für einen Mann. Zugegeben mein Bruder, aber dennoch ein Mann!"

"Ach weißt du was? Denk doch was du willst! Ich gehe jetzt ins Bett", fauchte er.

"Wusstest du, dass sich die rote Farbe gerade ganz hervorragend mit deiner blauen Haut mischt?", rief ihm Kira noch nach, bevor er verschwand. Schließlich konnte man eine Tür knallen hören.

Sie musste immer noch grinsen. Soso, bei ihrem kleinen Bruder tat sich also endlich etwas. Gleich morgen musste sie mit ihrem Vater sprechen. Aus ihm würde sie schon etwas genauere Informationen herausholen.

Dann, als sie nach draußen ging und über den Landweg und die Brücken zur Insel des Sees ging, verklangen diese aufregenden Gedanken und machten der Melancholie Platz. Ob Ren nun eine Freundin hatte oder nicht, sein Verhalten machte zumindest deutlich, dass etwas geschehen war, etwas, das mit einem Mädchen zusammenhing. Er hatte sich verändert, kaum wahrnehmbar, doch für sie zumindest gut sichtbar. Ihr armer kleiner Bruder… Sie hatte Mitleid mit ihm. Für einen Moment hatte sie den Ausdruck der Einsamkeit auf seinen Zügen gesehen, als er gegangen war. Einsamkeit....das gleiche Gefühl, was auch sie plagte. Aber was war nur geschehen? Was war ihrem Bruder widerfahren? Oder hatte es vielleicht doch andere Gründe als eine Frau? Was war nur auf dieser Fahrt alles geschehen?, fragte sie sich. Dann musste sie seufzen, als sie ihren Platz am Baum einnahm. Nicht genug, dass sie sich mit ihren Gedanken plagen musste, nein, ohne dass sie es wussten, nahm Kira Anteil an den Sorgen ihrer ganzen Familie und besonders an Rens. Ob er sich ihr jemals anvertrauen würde? Sie meinte, dass er noch keine Ahnung davon hatte, dass sie so ähnlich wie er empfand, niemand hatte eine Ahnung. Niemand würde auf diese Idee kommen, wo sie ihre Probleme doch selbst ihrer Mutter verheimlichte. Wenn der Blick der Weisen des Wasser nicht bis auf ihr Innerstes durchzudringen vermochte, ein Blick der Ozeane zu durchschauen in der Lage war, dann konnte es niemand ohne, dass sie selbst es zuließ. Sollte sie sich Ren anvertrauen? Würde es ihm helfen zu wissen, dass sie fast dieselben Schwierigkeiten mit ihrem Leben hatte? Oder würde es ihn eher belasten, wie seine Probleme auch sie zunehmend belasteten? Es würde ganz sicher der Tag kommen, an dem sie ernsthaft mir Ren reden würde, doch dieser Zeitpunkt war noch nicht gekommen. Sie hatten noch Zeit.

Das Fest des Sieges

Teil 1: Die Vorahnung
 

Kapitel 21: Das Fest des Sieges
 

Die Zeit schien nun, da sich ein großes und bedeutsames Ereignis anbahnte, schneller zu vergehen als sonst, und obwohl es Ren widerstrebte es sich einzugestehen, so musste er doch einsehen, dass in zwei Tagen das Fest des Sieges stattfinden würde.

Der Spätsommer, der dieses Jahr lange angehalten hatte, verging mit gemütlicher Langsamkeit und wich dem Herbst. Das Wetter wurde rauer, wenn auch immer noch mit einer gewissen Behaglichkeit durchhaucht, zudem etwas unberechenbarer. Der Wind nahm zu und wurde des Abends zu jenem pfeifenden und peitschenden Wanderer, der in Hyrule jedes Jahr um diese Zeit Einzug hielt. Und mit dem stärkeren Wind kamen auch häufigere Regenfälle, nicht die wohltuenden kühlenden kurzen Schauer des Sommers, sondern kalte, unangenehme Sturzbäche, die über das Land hinwegfegten. Außerdem merkte man, dass die Tage anfingen kürzer zu werden und die Nächte wurden nicht einfach nur länger, sondern auch dunkler, denn der Nachthimmel war nun teilweise mit dichten, dunklen Wolken behangen, die den Mond und die Sterne daran hinderten, den Bewohnern Hyrules ihr wohltuendes, sanftes Licht zu spenden.

Die Wandlung mochte vielleicht langsam vorangeschritten sein, doch die letzten zwei Tage vor dem Fest, merkte man kaum noch etwas vom Sommer.

Das Fest des Sieges war natürlich ein besonderes Ereignis und gerade deshalb wurde es von Ren nicht so sehr begrüßt. Denn er wusste, dass an dem ersten Abend des Festes, wieder einmal seine Familie im Mittelpunkt stehen würde und damit auch er selbst. Und dennoch...dieses Jahr versprach das Fest etwas ganz besonderes zu werden. Ganondorf war vor zwanzig Jahren besiegt worden, es würde somit das zwanzigste Jubiläum sein. Und eben auf diesem Fest sollten die Weisen auftreten, wie ihm sein Vater mitgeteilt hatte.

Ein Ereignis, das seit hunderten von Jahren nicht stattgefunden hatte. Natürlich kannten die Leute die Weisen, aber diese traten immer nur einzeln auf und nie mit ihrer vollen Autorität als Wächter Hyrules. Das sollte sich nun ändern...

Selbst Meister Rauru würde kommen, was an sich schon ein großes Ereignis war, denn obwohl jeder den legendären Weisen des Lichtes kannte, hatte ihn bis jetzt so gut wie niemand je zu Gesicht bekommen. Ren fühlte einen leichten Schauer, als er daran dachte, dass er in Kürze die gesamte Herrschaft Hyrules an einem Ort versammelt sehen würde. Die wahre Herrschaft des Landes, bei der Zelda aber natürlich noch mitzählte. Sie war immerhin die siebte Weise.

Obwohl er vielleicht nicht sonderlich erpicht war auf das Fest war er doch sehr interessiert daran, wie es dieses Jahr ablaufen würde: Man versprach sich die größte und wundervollste Festlichkeit seit langem. Selbst hier am etwas abgelegenen Hyliasee konnte man fast meinen die Spannung und Aufregung in der Luft zu spüren.

Das ganze Großreich verfiel in den letzten Tagen vor dem Fest in einen Zustand permanenter Arbeit und Geschäftigkeit. Die Arbeiten die dieses Jahr vorgenommen wurden waren gewaltig:

Es kamen jedes Jahr nicht alle Bewohner des Landes zu dem Fest, einige waren zu alt, andere hatten einfach keine Lust, oder gar keine Zeit. Es gab seit dem ersten Fest die verschiedensten Gründe nicht zu kommen. Doch dieses Jahr sollte sich das ändern. Man erwartete so gut wie alle Bewohner Hyrules, sowie sehr viele Angehöriger anderer Völker. Selbstverständlich fanden all diese Leute keinen Platz auf der Lon-Lon-Farm, da mochte sie noch so groß sein, deshalb gab es geradezu kleine Städtchen aus Buden rund um das Gebiet der Farm. Die Zimmerleute hatten so viel zu tun wie noch nie. Es entstanden innerhalb einer Woche Straßen, Gassen und Kreuzungen aus Buden und kleinen Häuschen. Dort sollten all die Händler ihre Waren preisgeben können. Die Hauptfeierlichkeiten, sprich die großen Wettbewerbe, und das fantastische Feuerwerk am Abend des ersten Tages, fanden aber dennoch auf dem Gelände der Farm statt, so wie es der Tradition entsprach. Tradition war wichtig. Dort sollten auch die Weisen auftreten, denn es war trotz allem immer noch der größte Platz, für große Menschenmassen.

Ren seufzte müde. Ja, dieses Jahr, würde das Fest etwas Besonderes werden. Nachdenklich blickte er zum Sonnenaufgang hin. Dieses ganze Jahr war etwas besonderes: Die Veränderung, der Auftritt der Weisen und…Oroelle.
 

Schwach beschienen die letzten Strahlen der untergehenden Sonne Kiras Körper. Ihr Haar flatterte unruhig im Wind, doch Kira achtete kaum auf ihre Umgebung. Sie war zu sehr in Gedanken versunken. Am nächsten Tag würden sie an der Farm ankommen und dann würde das Fest beginnen. Sie fühlte sich merkwürdig. Natürlich freute sie sich auf das Fest, aber da war dieses Gefühl...dieses unbeschreibbare Gefühl...Eine innere Unruhe hatte von Kira Besitz ergriffen und die Luft kam ihr drückend vor. Sie wusste nicht woran es lag, sie konnte nicht einmal genau sagen, wann dieses Gefühl aufgetaucht war. Doch es war da und es war beunruhigend...

"Herrin, wir legen eine Rast ein", wisperte Zerk ihr die Worte behutsam ins Ohr, als er zu ihr kam. Kira drehte sich zu ihm um und kam sich mit einem Male kindisch vor. Sie lächelte. "Ich komme, Zerk. Danke." Der Kammerdiener nickte, erwiderte ihr Lächeln und ging wieder zurück nach hinten in die Gruppe. Mit Links gesamter Familie reiste mittlerweile eine Gesellschaft von fast hundert Leuten, wie die Prinzessin erstaunt feststellte. War sie schon wieder so tief in ihren Gedanken versunken gewesen, dass sie die Neuankömmlinge nicht bemerkt hatte? Wieder erfasste Kira ein leichter Ärger: Sie benahm sich kindisch. Sie mochte ja ihre Probleme haben, aber es durfte nicht geschehen, dass ihre Gefühle sie so übermannten. Sie musste stark sein. Und sie würde stark sein, dachte sie grimmig. Sie versuchte die unangenehmen Gedanken abzuschütteln, was ihr jedoch nicht ganz gelang. Das Gefühl blieb...
 

Obwohl Link noch vor kurzem für längere Zeit von Ruto getrennt gereist war, kam es ihm nun irgendwie...sonderbar vor, dass sie nicht an seiner Seite war.

Seit zwanzig Jahren waren sie diesen Weg gemeinsam gegangen, doch nun war seine Frau nicht bei ihm. Sie war bei den anderen Weisen und hatte sich vorzubereiten, wie sie gemeint hatte. Was genau das bedeutete wusste Link nicht. In solchen Momenten, in denen er sie so sehr vermisste und an seine Seite wünschte, wurde Link immer wieder klar, dass sie aus seinem Leben nicht mehr wegzudenken war und wie sehr er sie liebte. Es war ein beruhigender Gedanke, den er immer dem anderen Gedanken, dem unerwünschten Gedanken, entgegensetzte. Seit er Zelda gesehen hatte, hatte er wieder öfter an sie gedacht. Doch es waren diesmal nicht nur Erinnerungen an ihre gescheiterte Liebe. Ihn beschäftigten diese Träume, von denen Salia ihm erzählt hatte, Zeldas Träume über Ganondorfs Rückkehr...Was hatte es damit auf sich?

Link fühlte sich zum ersten Mal seit langer Zeit alleine...
 

Rauru war in sich gekehrt, wie meistens.

In einsamer Abgeschiedenheit, hatte er den anderen Weisen gesagt, dass er gleich kommen würde. Doch er benötigte noch einige Augenblicke für sich.

Seine Augen waren geschlossen, doch war jeder magische Sinn in ihm angespannt. Überall...es war überall zu spüren...die bösen Energien flossen wieder, wie schon seit zwanzig Jahren nicht mehr...er spürte, wie die Monster sich wieder vermehrten...im geheimen.

Als ob sie einem Befehl Folge leisten würden. Einem Befehl ihres dunklen Meisters vielleicht, der wieder erstarkte? "Ganondorf...", flüsterte der Weise des Lichtes hasserfüllt. „Ganondorf...kommst du wieder? Bist du auf dem Wege der Erstarkung? Doch wann?...Wie?..." Gedanken dieser Art kreisten schon seit Tagen durch Raurus Kopf. Fragen, so viele Fragen, doch keine Antworten. Keine logischen Möglichkeiten. Es war unmöglich...und doch war es nicht zu übersehen, dass Ganondorf wieder erstarkte. Er mochte noch eingesperrt sein, verbannt, an einen Ort, an dem ihm niemand helfen konnte, doch er hatte es möglich gemacht...er hatte es möglich gemacht.

Und mit diesen beunruhigenden Gedanken, kamen die Befürchtungen, die Rauru zu diesem heutigen Ereignis bewogen hatten. Das Volk hatte es gespürt. Einige stärker und andere hatten es nur wie einen hauchzarten, warmen Wind wahrgenommen, doch es hatte jeder etwas verspürt, jeder einzelne. Mit einem Ruck öffnete der Weise die Augen. "Ich werde nicht dulden, dass du dem Volk noch mehr schaden zufügst Ganondorf...nie wieder! Nicht von hier und bestimmt nicht von deinem Gefängnis aus.

Ich werde dem Volk Sicherheit geben...“
 

Die Festlichkeiten dauerten bereits seit dem Mittag an, doch offiziell war das Fest noch nicht eröffnet worden. Dies würde erst später geschehen, nachdem sich die Weisen gezeigt hatten und nachdem das große Feuerwerk zu Ende war. Über dieses gab es bereits die wildesten Gerüchte: Es war, wie immer, für viel Geld aus Termina importiert worden, das als höchste Autorität des Feuerwerks anerkannt wurde. Dieses Jahr munkelte man schon von lebenden Drachen, die in den ganz großen Feuerwerkskörpern eingeschlossen waren.

Ren schenkte dem allgemeinen Getuschel nicht viel Beachtung. Er traf sich stattdessen lieber mit Link-goro, der ebenfalls schon angekommen war und klapperte mit ihm die Buden ab. Außerdem war er sehr damit beschäftigt zu staunen, dass Link und seine Familie dieses Jahr nicht mehr so sehr bestürmt wurden, wie sonst. Kira war zwar, ebenfalls wie immer, wieder einmal von einer Horde Verehrer umgeben, aber ansonsten verhielten sich die Leute nicht so, wie Ren es erwartet hätte. Es war fast so, als wäre die Menge auf eine unbestimmte Art und Weise unruhig...oder sollte man besser sagen beunruhigt?
 

Der Abend war überraschend warm, wie eine letzte Erinnerung an den Sommer.

In einer Stunde würden die Weisen erscheinen. Oroelle blickte gedankenverloren auf das große Podest, das in der Mitte des Platzes aufgebaut worden war, als sie ohne sichtbaren Grund plötzlich anfing zu reden:

"Was tust du hier?"

Selbst jetzt wäre es einem Außenstehenden noch schwer gefallen, zu sagen ob sich etwas verändert hätte. Die antwortende Stimme schien aus den Schatten selbst zu kommen.

"Oroelle, du hast deine Pflichten vernachlässigt! Wie kannst du es wagen, nicht erschienen zu sein? Was ist deine Entschuldigung für diesen Ungehorsam?"

Die Stimme war tief, und sehr voll. Sie schien nun aus vielen verschiedenen Richtungen zu kommen, man konnte nicht genau sagen von wo.

Die Shiekah winkte gelassen ab.

"Es ist ja nichts geschehen, oder?"

"Oroelle!", zischte es bedrohlich aus den Schatten. "Wo warst du, in den letzten Tagen?"

Erst jetzt drehte sich Oroelle um und blickte sofort in eine Ecke direkt vor ihr, wo die Schatten besonders dicht zu sein schienen. Ihr Ausdruck war äußerst sehend und ihre Züge nahmen einen trotzigen und etwas kühlen Ausdruck an. "Sagen wir es mal so: Ich hatte etwas Persönliches zu erledigen. Ich werde selbstverständlich die Strafe, die mir auferlegt wird auf mich nehmen", fügte sie in gespielter Unterwürfigkeit hinzu.

Die Schatten schwiegen...
 

Zen war abgelenkt. Die vielen Waren, Leckereien und Schauspiele kümmerten ihn nicht. Langsam schritt er durch die bunt behangenen Gassen zwischen den hunderten farbenfrohen Buden und Zelten. Er fühlte sich nicht besonders wohl. Es war heiß inmitten des Städtchens aus Spielerei, Lust, Farben und guter Laune, und die gewaltige Masse aus unterschiedlichsten Leibern, die sich überall hin erstreckte, sorgte für eine stickige, drückende Atmosphäre. Der Geruch von Schweiß, Bratenfett und Süßigkeiten vermischte sich in der Luft. Doch es waren nicht diese Tatsachen, die für Zens Gemütszustand verantwortlich waren. Es war der Umstand, dass er die Welt nicht mit den Augen der anderen Wesen wahrnahm. Schon immer war dies der Grund für sein Verhalten gewesen, von niemandem nachvollziehbar und von niemandem auch nur erahnt. Links Jüngster lebte in einer Art besonderer Koexistenz mit seiner Umwelt und erhielt Informationen, die anderen größtenteils verborgen blieb, die sie allenfalls als vages Gefühl aufnahmen. Am heutigen Tag erhielt er viele merkwürdige, beunruhigende Informationen.

Als er an einem Waffenhändler vorbeikam, schien es als wurde seine Aufmerksamkeit von etwas angezogen. Er sah zu einem Haufen voller Schwerter, trat näher und holte gezielt ein Bestimmtes hervor. Vom Klirren des Stahls aufmerksam geworden, kam der Verkäufer beflissen heran geschlendert. Jeden anderen Jungen von Zens Alter hätte er aufgefordert die Waffe sofort wieder hinzulegen, denn an Minderjährige verkaufte er etwas derartig gefährliches nicht. Doch Zens Aussehen war von Nahem unverkennbar und er wurde sofort als Links und Rutos jüngster Sohn erkannt.

„Was ich kann ich für euch tun, junger Herr, braucht ihr meine Hilfe?“

Zen hielt ihm das Schwert mit dem Griff voran hin und erwiderte, dass es zum Schmied müsse, bevor er wortlos weiterging.
 

Die Zeit verging und die Stunde der Weisen rückte näher. Ren und Link-goro wollten gerne besonders gute Plätze haben und machten sich bereits früh auf den Weg zum Podest. Es gab keine gesonderten Plätze für Berühmtheiten oder die wenigen Adligen des Reiches. Während dieses Festes freute sich jeder gleichermaßen über Ganons Niederlage. Nach einiger Zeit gesellte sich Link zu ihnen.

"Vater, was genau soll eigentlich gleich stattfinden?", fragte Ren neugierig. Link-goro blickte seinen Namensgeber erwartungsvoll an.

Links Gesicht wurde ernst und er verschränkte die Arme vor der Brust:

"Ich habe keine Ahnung!"

Er erntete zwei verdutzte Gesichter, die jedoch bald in sein Lachen mit einfielen. Mit der Zeit strömten die Scharen an Kokiri heran, die auf Grund ihrer Große notwendigerweise weit vorne stehen mussten und schon bald ergoss sich eine Masse aus Menschen, Zoras, Goronen und Dekus auf den gewaltigen Platz inmitten der Lon-Lon-Farm (deren Umzäunungen für die Dauer des Festes abgebaut worden waren). Die Zahl der Besucher war gewaltig, das Gerücht dass die so ziemlich die ganze Bevölkerung des Landes gekommen sein sollten, schien sich in der Tat zu bewahrheiten. Die Neugierigen die aus Übermut auf erhöhte Positionen wie Dächer geklettert waren, konnten nach allen Richtungen kein Ende der Menge erkennen.

Eine gelassene Stimme wurde bald neben Ren und seinen Begleitern laut: "Ihr hättet uns ruhig früher holen können!" Eine gut gelaunte Kira und ein gleichgültig dreinschauender Zen kamen durch eine Gasse in der Menge auf sie zu. Kira hatte die Masse mit ihrem Aussehen geteilt, es grenzte fast schon an Magie. Link fuhr sich schuldbewusst mit der Hand durch seine Haare und zog seine grüne Kappe vom Kopf.

„Es tut mir schrecklich leid, aber…ich fürchte ich habe euch vergessen.“ Kira zog eine Augenbraue hoch, sagte jedoch nichts. Ren hingegen fragte seine Schwester süffisant:

„Ein ungewohntes Gefühl für dich, einfach vergessen zu werden, was?“

Mit einem Lächeln rauschte sie auf ihn und Link-goro, hakte sich bei dem Goronen ein und entgegnete augenzwinkernd an Darunias Sohn gewandt, dass sie auch vielleicht einfach nur ein kleines…Treffen mit einem gutaussehenden Mann hatte und es in aller Ruhe genossen hat. Ren wurde leicht rot und schnaubte aufgeregt, als sein bester Freund in Lachen ausbrach.

„Kira, hör auf deinen Bruder immer in Verlegenheit zu bringen“ Auch Kira lachte amüsiert.

„Meint Lieber, du kränkst mich, du bist der einzige der meinen Reizen widersteht.“

„Nun, es wäre seltsam wenn nicht. Ich fürchte dein Körper ist nicht hart genug, um eine Beziehung mit mir durchzustehen. Und ich nehme nicht an, dass du weißt, wie man Steine richtig zubereitet.“ Verdrossen sah Ren zu wie seine Schwester seinen Freund für sich vereinnahmte und schob sich zu seinem Vater, der nach irgendwem Ausschau zu halten schien.

"Wen suchst du?“, fragte sein Sohn.

„Hat einer von euch Zerk gesehen? Ich meine…er ist doch sonst immer bei einem von euch!“

Erschrocken fuhren Ren und Kira auf. Selbst Zen wandte den Kopf, um seinen Blick wachsam über die Menge schweifen zu lassen.

„Bei den Göttinnen, er übersteht doch nie diese Ansammlung, wenn er nicht bei uns ist!“, meinte Kira und machte Anstalten das Meer aus Leibern wieder zu teilen, als hinter ihrer Gruppe ein trockenes Hüsteln erklang.

„Zerk, wie kommst du…?“, begann Ren mit offenem Mund und erntete ein überlegenes Funkeln in den Augen ihres alten Vertrauten.

„Meine Lieben, ich musste zu meiner Zeit auf eure Mutter aufpassen, ohne dass sie es merken sollte. Das oberste Gebot eines guten Dieners besteht darin, so wenig wie möglich aufzufallen. Man entwickelt ein gewisses Talent sich trotz des Alters zügig durch die Gegend zu bewegen und immer in der Nähe der Schützlinge zu bleiben.“

„Das ist…bewundernswert!“, stellte Kira anerkennend fest. Zerk machte eine leichte Verbeugung in ihre Richtung, um ihr für das Kompliment zu danken und strahlte noch immer jene Art von Überlegenheit, die er seine Schützlinge bisweilen merken ließ, um sie von schiefen Gedanken abzubringen. Unglücklicherweise, unternahmen die drei Geschwister selten etwas zusammen und so konnte Zerk stets nur auf ein Kind seiner Herrin aufpassen. Da Zen der jüngste war, hatte Rutos Diener für alles was wichtig war es sich zu eigen gemacht zu dessen zweiten Schatten zu werden. Zens Verschwiegenheit und Zerks stumme Hingabe ergänzten sich gut und so störten sie einander nie und harmonierten in friedlicher Zweisamkeit.

„Es geht los!“, sagte Kira plötzlich in die laufenden Gespräche hinein und Ren fragte sich woran sie das merkte, da er selbst nichts erkennen konnte.
 

Obwohl es kaum merklich begann, verstummte die Menge überraschend schnell.

Ein kaum wahrnehmbares Glitzern am Horizont näherte sich.

Die Leute blickten voller Erwartungen nach zum Firmament. Die Lichter näherten sich schnell und bald konnten die Leute sehen, was es war: Kleine Mengen an leuchtender Energien, manifestiert in kleinen, zusammenhängenden Kügelchen. Jedes der Lichter hatte eine andere Farbe.

Innerhalb von Sekunden hatten sie die Farm erreicht und die glänzenden Ausdrücke der Magie des Reisens auf den magischen Bahnen des Landes sanken auf das Podest nieder. Es gab vereinzelte Rufe, denn das Spektakel, so schlicht es auch war, war sehr schön anzusehen. Auf dem Podest zogen sich die einzelnen Energien zusammen und in einer Welle aus Farben explodierten die Lichter, ohne auch nur ein einziges Geräusch von sich zu geben. Das Aufblitzen war sehr hell, so hell, dass die Leute kurzzeitig geblendet wurden. Als die Menge wieder klar sehen konnte, sah sie die Weisen. Erhaben und voller Ausstrahlung standen Salia, Darunia, Ruto, Naboru und Impa auf dem Podest. Dann ohne Vorwarnung erklang ein einzelner lauter Glockenschlag und eine Lichtgestalt erschien: Königin Zelda.

Ren runzelte die Stirn. "Wo war Meister Rauru?"

Wie um seine Frage zu beantworten stieß ein bläulicher Lichtstrahl vom Himmel herab, genau in die Mitte des Kreises, den die Weisen bildeten.

Link lächelte. Er kannte dieses Spektakel natürlich, denn so oder auf ähnliche Weise erschienen die Weisen in ihrer heiligen Halle im Tempel des Lichtes. Als sein Blick jedoch weiterwanderte erstarb das Lächeln. Zelda sah ihn an...

Als das Licht erloschen war hielt die Menge unwillkürlich den Atem an.

Rauru, das Oberhaupt der Weisen, war erschienen...und er begann mit seiner ersten Rede für das Volk des gesegneten hylianischen Großreiches, eine Rede, die über Generationen hinweg stumm erwartet wurde.
 

Die Halle der Weisen war in ein angenehmes Zwielicht getaucht, als Rauru seine Ansprache anfing. Obwohl keiner der Weisen anwesend war, zeugte die Halle dennoch von deren Erhabenheit und Macht, denn die magische Präsenz der Halle war gewaltig. Inmitten der Plätze der Weisen, im heiligen Kreis von Hyrule, einer schwebenden Plattform in der Haupthalle des Tempels, befand sich die größte Konzentration an Macht in diesem Teil der Welt. Von hier aus konnte man Verbindungen zu allen Orten des Kontinentes aufnehmen, obwohl der Einfluss der Weisen nach Süden hin deutlich schwächer wurde. Es an diesem gesegneten Ort selbst möglich eine Verbindung zum heiligen Reich herzustellen, dem Ort, an dem das göttliche Triforce bis vor zwanzig Jahren aufbewahrt wurde und dessen Schutz die oberste Aufgabe der magischen Wächter Hyrules war.

Es begann als leichtes Beben. Das goldene Triforcezeichen inmitten des Kreises der Weisen leuchtete gleißend auf. Das Beben wurde stärker. Eine Erschütterung lief durch die spirituelle Welt der Magie und des Mystischen, die noch an der Lon-Lon-Farm zu spüren war. Alle konnten es spüren, doch nur die wenigsten wussten was es bedeutete...ein Angriff!

Dann ging alles erschreckend schnell:

Mit grausamer Macht geführt, schien ein Loch in die Mitte des Weisenkreisen gesprengt zu werden. Licht durchflutete die heiligen Gefilde. Und inmitten dieses Lichtes stieg eine grauenhafte Schwärze in die Höhe. Augenblicklich wurde sie von sämtlichen Schutzzaubern des Tempels angegriffen, doch sie warf sich mit entsetzlicher Gewalt und Eile nach oben und durchstieß alle Schleier der Halle der Weisen, um mit erschreckender Intensität in der leeren Zitadelle der Zeit zu erscheinen. Die schweren Tore des Heiligtums wurden so heftig aufgerissen, dass die Torhälften laut gegen die Steinmauern des gesegneten Gebäudes stießen. Dann schwebte die Gestalt in den Himmel über der Schossstadt Hyrule.
 

Ein Schrei ertönte über der Stadt, ein Schrei des Hasses und des Triumphes.

Diabolisch grinsend fing Ganondorf, der Großmeister des Bösen an zu lachen. Er war frei! Endlich frei! Ihm war als würde er innerhalb dieses Augenblickes des Triumphes jeden Ort Hyrules auf einmal wahrnehmen und die Tätigkeiten jeder einzelnen Person sehen.

Ein Fest! Sie feierten ein Fest! Sofort wusste er, was für ein Fest es war und er war nahe dran sich dorthin zu begeben. Doch, noch immer grinsend, zwang er sich zur Ruhe. Er mochte jetzt frei sein, aber er war auch erschöpft: Das letzte Siegel zu durchbrechen hatte ihn fast alles an Kraft abverlangt, was er besaß. Seine Freiheit war in Gefahr, die Weisen konnten jeden Augenblick erscheinen und in seinem geschwächten Zustand würde es ihnen gelingen ihn wieder einzusperren. Seine Rache musste warten. Doch...Ganondorfs wahnsinniges Grinsen wurde breiter, er musste ein Wiedersehensgeschenk hinterlassen. Ein abscheuliches Gelächter erklang, als er sich auf die Bösen Energien des Landes konzentrierte und sie mit seiner schwarzen Energie speiste. Mit einem Aufschrei warf er eine schwarze Welle dunkler Macht von sich, die sich im ganzen Land für alle Lebewesen sichtbar ausbreitete.

Dann lachte er noch einmal auf und wandte sich gen Osten...immer nur weg von Hyrule...
 

Die Gemeinschaft des Festes des Sieges war in absolutes Schweigen getaucht, als die schwarze Welle am Himmel über sie hinwegfegte. Zelda schaute mit großen, angsterfüllten Augen nach Norden, zur Hauptstadt. Reine Panik keimte in ihr auf.

Die Weisen hatten gar nicht reagieren können, alles war zu schnell gegangen. Link nahm Ganondorfs Aura selbst hier noch wahr. Sein Gesicht verdüsterte sich. Allen stand der Schrecken im Gesicht, nur Kira und Zen konnte man nicht ansehen, was sie dachten.

Dann verschwanden die Weisen in gleißendem Licht. Einzig Zelda blieb, sichtbar verängstigt, zurück. Als ihr Blick auf ihr Volk fiel, ihre Schutzbefohlenen, die sie unter allen Umständen zu schützen hatte, ertrug sie ihre Last nicht mehr und verschwand ebenfalls in einem Lichtblitz.
 

Sie verfolgten ihn…Deutlich spürte er ihre Anwesenheit. Er flog durch die Luft, getrieben von der Macht seines Fragmentes. Er mochte sich nicht in die magischen Sphären des Landes begeben, jene magischen Bahnen, auf denen das Reisen so erheblich schneller gelang, denn dann wären sie noch mehr im Vorteil als sie ohnehin schon waren. Er wusste, dass er sich nicht würde wehren können gegen die geballte Macht der sieben Weisen Hyrules, selbst das Fragment der Kraft würde ihm dann nicht mehr helfen.

Er mobilisierte all seine magischen Reserven, um noch schneller durch die kalte Luft in der Höhe in der er reiste zu schießen. Deutlich sah er den Todesberg immer näher kommen. Er musste nur östlich an ihm vorbei, das umzingelnde Gebirge überfliegen und das Großreich verlassen. Die Weisen verließen niemals alle zusammen ihr Schutzgebiet und wenn sie nicht zusammen waren, konnte er sie lange genug in Schach halten bis er sich soweit erholt hatte, dass er ihnen entfliehen konnte. Schneller…er spürte wie sie näher kamen…Kalter Schweiß rann ihm von der Stirn in die Augen. Wütend wischte er ihn weg. Es war in eben diesem Moment, dass Rauru vor ihm in die sichtbare Welt eintrat. Sein altes Gesicht war wutverzerrt.

„Aus dem Weg alter Mann, du konntest mich schon vor zwanzig Jahren nicht aufhalten!“, schrie der Großmeister des Bösen. Der Weise des Lichtes streckte einen Arm in seine Richtung aus und augenblicklich wurde Ganons Flug unsanft unterbrochen und er fand sich in einer hell leuchtenden Kugel aus Licht gefangen.

„Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass wir dich ziehen lassen, Ganondorf. Wir werden dich zurück in die Hölle schicken in du hingehörst!“ Hass…oh, wie er dieses Gefängnis hasste, diese widerlichste Ebene allen Seins. Niemals, niemals würde er sich wieder dorthin verbannen lassen. Er leitete die Macht seiner leidenschaftlichen Hassgefühle in seine rechte Hand und durchstieß das Lichtgefängnis. „Alter Narr, ihr werdet mich niemals wieder dorthin zurückschicken!“ Sofort warf er sich wieder in die Nacht und flog in östlicher Richtung weiter bis er plötzlich scharf abbog und einen Haken schlug. Die Stelle, auf die er zugeflogen war explodierte in kalt glänzendem Licht. Schneller…er musste dieses Land verlassen…Kakariko war nicht mehr weit…Der Wind zerrte an seiner abgewetzten Kleidung und ließ die Überreste seines Umhanges wild flattern. Und dann bemerkte Ganondorf in diesem Wind eine neue Macht. Der elende kleine Gnom aus dem Wald! Ein heftiger magischer Windstoss warf ihn aus seiner Bahn, bevor er auch nur reagieren konnte, doch als er zu Raurus magischer Präsenz getrieben wurde, wappnete er sich gegen die von dort kommende Attacke. Kurz erschien der Lichtweise wieder in der sichtbaren Welt und von seinem ausgestreckten Arm ging ein Lichtblitz aus, der auf Ganon zuraste. Er machte sich bereit ihm auszuweichen, doch da sah er einen Moment lang das Antlitz Salias in seinem Kopf und spürte wie sich ihre Macht, gleichsam würgenden Schlingpflanzen um ihn schloss und ihn festhielt.

So musste er den Lichtblitz mit seiner Hand empfangen und schrie auf, als die Hitze des Angriffes seine Hand versenkte. Doch die ihm gegebene Macht verhinderte schlimmeres und mit einem Knurren sprengte er die Fesseln des Kokirimädchens und flog aufs Neue wieder los. Er flog, flog immer weiter durch die dunkle Nacht…Dunkelheit war um ihn, Dunkelheit war vor ihm…nein, das war nicht richtig, er sah nichts mehr! Die Umrisse der Landschaft vor, unter und um ihn herum verschwanden. Er war gefangen in einem Dom aus Schatten. Impa! Verdammt, diese Dunkelheit trübte alle seine Sinne, selbst das Spüren von Magie fiel ihm deutlich schwerer. Und dann hörte er Naborus gespenstisches Flüstern in seinem Kopf und alle Geister der Umgebung, Ganon konnte nicht sagen, wo er sich befand, zerrten an ihm und hielten ihn fest. Vergebens schlug er um sich, seine Fäuste glitten durch die undeutlichen Schemen, als wären sie gar nicht existent. Ein peitschendes Geräusch ertönte, als sich erst eine grüne und dann in rascher Abfolge, eine goldene, violette und orangefarbene Lichtkugeln um ihn schlossen. Er sah die Weisen Impa, Salia, Naboru und Rauru um sich schweben. Ihre Arme waren ausgestreckt, als würden sie ihren jeweiligen Schild um ihn körperlich festhalten:

Salias Kraftfeld geformt von der Macht der Natur, ein Gemisch aus bräunlichen Strömungen, wie feste, starke Wurzeln und grünlichen, würgenden Ranken. Ganondorf fühle sich wie in einem dreckigen Erdloch gefangen und spürte, dass ihm das Atmen schwerer fiel.

Raurus Barriere, eine perfekte Kugel aus scheinendem Gold, welches über die Oberfläche zu fließen schien. Die Intensität der Helligkeit brannte in Ganons Augen und erinnerte ihn an das verhasste Gefängnis, dem er eben erst entkommen war. Ein Ofen…die dünner werdende Luft wurde immer heißer und seine Kleidung schwellte.

Impas Bannkreis, eine unförmige, sich stets bewegende Wolke aus dunklem Rauch und huschenden Schatten. Der Großmeister des Bösen fühlte Verzweiflung in sich hochsteigen, denn er musste an seine schlimmste Angst denken: Wieder in die weiße Hölle verbannt zu werden und dann abermals dem Wahnsinn zu verfallen. Während seine Haut in der äußerlichen Hitze Blasen bildete, wurde sein Inneres von einer unsäglichen Kälte durchströmt, die seine Organe zu zerschneiden schien.

Und letztlich Naborus Fesselung, eine Wand aus unförmigen, kreischenden Gesichtern, die sich in einem solchen Tempo immer während im Kreis drehten, dass sie auf bizarre Weise in die Länge gezogen wurden. Gleichzeitig kam es Ganondorf vor, als würde er in einem Sandsturm gefangen sein, denn sein Mund schien sich mit tausenden feiner Körner zu füllen. Außerdem ertönten in seinem Kopf hunderte Stimmen, die allesamt durcheinander redeten und keinen klaren Gedanken zuließen. Wahllose Bilder von irgendwelchen Menschen durchzuckten sein Bewusstsein.

Dennoch war Naborus Anwesenheit der Fehler der Weisen, denn Ganons Hass auf seine ehemalige Generälin, die ihn schamlos hintergangen hatte und sich als eine seiner Todfeinde entpuppt hatte, war größer als auf die anderen Anwesenden. Ein gewaltiges, alles verzehrendes Feuer wallte in ihm hoch, während er ihre Macht spürte und durch die vier Barrieren ihre schemenhafte Gestalt sah, ein Feuer welches die Wirkung der Macht der Weisen nichtig machte und lediglich das Gefühl des Hasses übrig ließ. Seine Leidenschaft…seine neue Kraftquelle…sie würden ihn nicht aufhalten! Naboru würde ihn niemals aufhalten, und er würde die Gelegenheit bekommen sich an ihr und den Gerudos zu rächen!

Einen Schrei ausstoßend richtete er sich zu seiner vollen Größe auf, spreizte die Arme in beide Richtungen und spannte sämtliche Muskeln an. Eine kreisförmige Welle dunkler Macht fraß sich durch die Magie der Weisen und explodierte, gefährliche blitzförmige Entladungen nach allen Seiten hin freilassend. Die Weisen sahen sich gezwungen wieder in die magische Sphäre einzutauchen, um nicht getroffen zu werden. Sie verschwanden in einem Aufblitzen ihrer jeweiligen charakteristischen Farbe. Der Großmeister war vorerst wieder alleine und setzte seinen Flug in östlicher Richtung weiter fort. Die Dunkelheit Impas, der Weisen der Schatten, war vergangen und die grabschenden Hände von Naborus Geistern hatten sich zurückgezogen. Undeutlich sah er eine große Wolke vor sich, die ihm die Sicht auf das Land versperrte. Er musste es bald geschafft haben, nur noch ein bisschen! Doch er musste sich Freiraum verschaffen, seine Kräfte schwanden zusehends und das einzige, was ihn am Himmel hielt war die Macht des heiligen Fragmentes. Rasch durchforschte er die Gegend auf Kreaturen, die er sich gefügig machen konnte. Mittlerweile musste sich die Anzahl der Bestien und Monster im Land deutlich erhöht haben. Es hielten sich lediglich ein Dutzend Knochengänger in der näheren Umgebung auf. Der Großmeister befahl ihnen sich durch die Erde zu wühlen und emporzusteigen. Schneller…schneller…er übertrug ihnen etwas von seiner Macht und hoffte dieser erneute Kraftaufwand würde sich lohnen. Von seiner dunklen Energie getrieben durchstießen die knochigen Gestalten die Erdoberfläche.

„Nun erhebt euch in die Lüfte und beschützt euren Meister, ihr toten Kreaturen.“

Knochengänger waren nur ursprünglich die gewöhnlichen Skelette toter Lebewesen, die aus Verbitterung über ihren Tod nicht ins Nachleben eintreten wollten. Wann immer es Nacht wurde, stiegen sie empor und wandelten über die Erde, um alle Lebenden zu jagen und deren Leichen dann sich selbst einzuverleiben. Auf diese Weise mutierten sie, wurden größer und bestanden aus mehr Knochen als zu Anfang ihrer Existenz.

Von der Magie des Großmeisters des Bösen waren sie schon vor zwanzig Jahren verändert worden, denn sie bestanden im wahrsten Sinne des Wortes aus so vielen Bausteinen, das man ihrer Struktur leicht ändern konnte. Knochengänger hatten einen großen Teil seiner damaligen Armee gestellt und waren mit Waffen und Rüstungen versehen worden. Viele von ihnen erinnerten sich aus ihrem weit entfernten Leben, wie man eine Waffe bediente, und so waren sie bald zu einem schrecklichen Finger, seiner nach absoluter Macht greifenden Hand geworden.

Das Dutzend, das Ganondorfs Ruf nun gefolgt war und von seiner Macht durchströmt wurde, entfaltete knöcherne Flügel, über die sie sich eine rissige, lederartige dünne Haut spannte. Mit einem lauten Klappern flogen sie ihrem dunklen, wiedererstanden Meister zu Hilfe und erhielten von ihm den Befehl die Weisen, die ihn verfolgten anzugreifen und so aufzuhalten. Es mochte zwar eine erbärmliche Waffe gegen die mächtigsten magischen Wesen sein, doch ihr Zweck bestand lediglich darin, so viel Zeit wie möglich herauszuschlagen. Außerdem blieb Ganon sonst keine andere Möglichkeit, die nächsten Monster würde er wohl erst beim Todesberg finden.

Seit er sich aus dem Griff der vier Weisen befreit hatte mochte etwa erst eine Minute vergangen sein, als sie sich wieder hinter ihm zeigten. Seine verzweifelt herbeigerufenen Diener waren noch zu weit entfernt, um irgendetwas auszurichten und so musste Ganondorf schon wieder kostbare Kraft verschwenden. Sein rechter Arm stieß vor wie eine angreifende Schlange und sandte seinen mächtigen Verfolgern einen heftigen, dunklen Luftstoß entgegen. Wütend musste er jedoch mit ansehen, dass sich die Weisen von dieser Attacke nicht im Geringsten beeindrucken ließen und einfach weiterflogen. Als seine dunklen Energien sie erreichten, prallten sie wirkungslos an ähnlichen Barrieren ab, wie denen, die ihn zuvor umgeben hatten. Kreisförmig blitzten die zuvor unsichtbaren Schutzschilde in ihren Farben auf, doch sie verschwanden nicht, so wie Ganon es erwartet hatte, sondern leuchteten nur um so heller auf und verformten sich zu magischen Pfeilen, die den Weisen vorauseilten und auf ihn zu schossen. Der Großmeister des Bösen beschleunigte seine Fluggeschwindigkeit, aber die Pfeile seiner verhassten Widersacher waren eindeutig schneller. Verdammt, er war einfach zu geschwächt! Auf dreiviertel der Strecke wurden die vier Pfeile von durch die Wolken brechenden dunklen Gestalten abgefangen. Die betroffenen mutierten Knochengänger zerbarsten in hellen Detonationen, ihre Überreste gingen in Flammen der jeweiligen Farbe des Angriffes auf. Die übrigen geflügelten Skelette warfen sich den überraschten Weisen entgegen.

Ganon nutzte den Augenblick, um die Wolkendecke unter ihm zu durchstoßen und sich so aus dem Sichtbereich seiner Verfolger zu stehlen. Als er wieder freie Sicht auf die Landschaft hatte frohlockte er. Genau vor ihm lag der Zorafluss, er hatte es fast bis nach Kakariko geschafft! Nur noch ein wenig weiter, und er würde in Sicherheit sein! Er stieß ein dreckiges Lachen aus und beschleunigte abermals. Als er den Fluss schließlich erreicht hatte, war es jedoch als würde er gegen eine massive Wand prallen. Ihm schwanden die Sinne und einen entsetzlichen Moment lang befürchtete er in Ohnmacht zu fallen. In seinem ganzen Körper explodierte der Schmerz. Was zur Hölle…? Das Gesicht Rutos durchzuckte seine Gedanken. Die Weise des Wassers hatte entlang des ganzen Verlaufs des Zoraflusses mit ihrer Macht eine Mauer errichtet. Er saß in der Falle, er konnte nicht mehr weiter.

„Du widerliche Missgeburt…“, flüsterte er, als ihn unvermittelt Darunias Angriff traf.

Er und Ruto waren den anderen Weisen vorausgeeilt, um dem Großmeister des Bösen den Weg abzuschneiden und eine Falle zu stellen. Er durfte einfach unter keinen Umständen entkommen!

Darunia setzte seine Magie nicht ein. Er trat an Ganondorfs Seite aus der magischen Sphäre heraus und schlug ihn mit aller Kraft, die in seiner steinernen Faust schlummerte, nieder. Auch der Hass des Goronenführers war groß, denn Ganon wollte vor zwanzig Jahren das Steinvolk dem infernalischen Drachen Volvagia zum Fraß vorwerfen.

Der Schlag hätte einem gewöhnlichen Menschen das Genick gebrochen, wenn nicht gar den Kopf einfach von der Schulter getrennt, doch Ganondorf war kein gewöhnlicher Mensch. Die Quelle seiner großen Macht, das Fragment des Triforce, war göttlichen Ursprungs und bewahrte seinen Körper vor sofortiger Vernichtung und Tod. Seine Knochen mochten zwar nicht brechen, dennoch konnte er Schmerz empfinden. Und die Härte von Darunias Schlag war so überwältigend, dass der unerträgliche Schmerz ihm letztlich für einige Augenblicke doch das Bewusstsein raubte. Als er es wiedererlangte fiel er immer noch. Immer schneller kam die Erde näher, immer schneller…und dann sah er zu allem Überfluss auch noch blaue Speere aus dem Zorafluss auf ihn zufliegen. Sie waren aus Wasser, doch der kalte Wind ihres rasenden Fluges ließ sie vereisen.

Ganon konnte nicht mehr. Kraftlos versuchte er Rutos Angriff auszuweichen. Tatsächlich verließ er seine Flugbahn, aber er wurde dennoch getroffen. Ein Speer durchstieß seine linke Schulter vollkommen. Mit einem zischenden Geräusch drang er in seinen Körper ein und trat auf der anderen Seite wieder hinaus, eine lähmende Kälte hinterlassend. Ein weiterer Speer streifte ihn, und riss dabei seine linke Seite auf. Dunkles Blut floss aus der Wunde, doch durch die Kälte von Rutos Anwesenheit vereiste es und so regneten kalte, rote Brocken auf die Erde hinab.

Es war vorbei. Die anderen Weisen erschienen und abermals wurde der dunkle Feind von magischen Schilden umgeben, diesmal von allen sechs. Sechs?, dachte Ganon schwach. Wo war die verdammte Prinzessin? Hatte sie es nicht gewagt sich ihm zu stellen, oder beobachtete sie ihn jetzt und ergötzte sich an seiner Niederlage? Niederlage…das konnte nicht sein…wie er sie alle hasste…doch selbst seine Leidenschaft half ihm nun nicht mehr: Sein Körper wurde von innen durch die Kälte der Weisen des Wassers gelähmt. Seine Wunden schmerzten. Wieso…? Wie konnte das geschehen? Er hatte versprochen….

Es ist noch nicht vorbei…, hörte er da eine Stimme in seinem Kopf. Die Stimme, die ihn während seines Aufenthaltes in der Verbannung aufgebaut hatte, die ihn mächtiger gemacht hatte. Die von außen den Schlag gegen sein Siegel geführt hatte, während er all seine Macht von innen dagegen geworfen hatte.

Es ist noch nicht vorbei…mach dich bereit!

Er wurde empor geschleudert. Alle sechs Schilde zerrissen unter der Macht, die ihn weit in die Luft katapultierte. Die Weisen wurden von unten von einem magischen Wirbel erfasst, ein Mahlstrom an unfassbarer Macht, und ebenfalls weit in den Himmel geschleudert. Ihre Schilde leuchteten grell, sie wurden belagert von dunklen Energien. Es zischte und blitzte, die Luft war von einem Gewitter erfüllt. Schwarze Blitzen fuhren aus dem Himmel auf die Weisen nieder, doch deren Schilde hielten stand. Sie waren überrascht worden, doch nun waren sie gewillt den Kampf mit der unbekannten Macht aufzunehmen. Ihre Blicken suchten alles ab: Raurus Augen blitzten golden, während er das gesamte magische Abbild Hyrules durchsuchte, Salias Blick begleitete den Wind überall im Land und sah mit dem Augen eines jeden Baumes des Reiches. Darunias Sinne drangen tief ins Erdinnere und ins Gebirge vor, Funken sprühten von seinem zornig erhobenen Gesicht. Rutos Bewusstsein erfüllte alle Seen, Flüsse, Teiche, Brunnen und Pfützen in Hyrule. Weit unter ihr überzog Frost das Gras der Steppe und winzige Eiskristalle bildeten sich auf der Oberfläche des Flusses.

Naboru sah mit den Augen aller Geister des Landes und besah sich das Gerudotal und die Geisterwüste. Impas Augen zerrissen alle Schleier und Schatten, sie suchte an allen verborgenen Orten und Unterschlupfen und an anderen, dunkleren Orten. Sie war es die fündig wurde.

Das Bewusstsein aller Weisen war stark miteinander verknüpft, sie reagierten sofort und konzentrierten ihre Macht zu einem gebündelten Schlag gegen den Unbekannten. Doch dieser hatte nicht im Sinn gegen sie anzutreten. Ein donnerndes Knirschen erklang, eben jenes urgewaltige Tosen, welches man im hohen Norden vernahm, wenn ein Gletscher brach: Rutos kolossale Mauer verging. Von der Kraft des Unbekannten erfüllt flog Ganon gen Osten, und dieses Mal verfolgten die Weisen ihn nicht mehr, denn der Wille, der gegen sie gerichtet war, vereinnahmte all ihre Konzentration. Sobald Ganondorf das umzingelnde Gebirge erreicht hatte, zog sich die Macht zurück und ließ die Weisen alleine zurück. Beunruhigt schauten sie sich an. Was…war das gewesen? Wer hatte eine solche Macht, dass er es mit ihnen aufnehmen konnte?
 

Drei Schatten lehnten auf dem Todesberg gegen eine kalte Felswand und beobachteten wie Ganondorf in einer dunklen Woge die Asylantenstadt überflog. Sie schwiegen. Nur wenige Momente später jedoch erhob einer von ihnen die Stimme:

„Er hat das Land verlassen, die Wächter an der Ostgrenze haben ihn einen Bogen schlagen sehen. Er bewegt sich nun nahe Terminas Westgrenze in südlicher Richtung.“

Die anderen beiden Gestalten nickten. „Das war…interessant.“, sagte schließlich eine von den beiden. Die andere lachte leise.

„Ja, dass er sich befreit, damit hat wohl keiner wirklich gerechnet, nicht einmal wir. Und das gerade eben…das war unerwartet.“

„Das war es.“ Die erste Gestalt hatte wieder das Wort ergriffen. „Es war unerwartet…aber es kommt nicht ungelegen. Eher im Gegenteil…“

„Ihr wisst natürlich wie immer alles zu Eurem Vorteil zu nutzen, nicht wahr, Meister?“ Die Eine der beiden anderen Gestalten sprach wieder und klang leicht spöttisch.

„Zu unserem Vorteil, vergiss das bitte nicht. Alles was wir tun…“, entgegnete der mit Meister angesprochene.

„Ich weiß…“, kam es ernst von dem zuvor spottenden Schatten. Die dritte dunkle Gestalt beugte sich zum Meister.

„Was wollt Ihr nun tun?“ Der Angesprochene reagierte nicht sofort, er schien auf etwas zu horchen. Dann umspielte ein Lächeln seine Lippen.

„Das weiß ich selbst noch nicht, doch ich werde mir schon etwas Geeignetes überlegen. Indes rufen nun unsere anderen Pflichten. Ihr beiden sollt ihm folgen, und beeilt euch sie erwarten baldige Ergebnisse.“ Die beiden anderen wollten sich sofort auf den Weg machen, doch der Meister hielt sie noch zurück.

„Einen Moment Oroelle, ich habe deinen Ungehorsam nicht vergessen. Du weißt, dass ich dein Verhalten nicht dulde. Da wir es alle eilig haben, sollst du deine Strafe dieses Mal hier empfangen. Mach dich bereit!“

Oroelle kniete sich nieder und signalisierte mit einem Kopfnicken, dass er mit der Bestrafung beginnen konnte. Sie hatten keine Zeit für eine lange Folter, und so setzte ihr Meister bereits zu Beginn viel seiner Macht ein. Die Schmerzen waren groß, und brannten sich in ihr Bewusstsein. Sie nahm es jedoch schweigend hin. Sie hatte kein Recht Schwäche zu zeigen und zu jammern. Sie hatte gewusst, was sie erwarten würde und hatte es in Kauf genommen. Auf Ungehorsam folgte Strafe, dies war nur natürlich.

Als sie fertig waren, verließ Oroelle mit ihrem Begleiter den Berg und machte sich nach Süden auf. Ein leichter Wind kam auf. Der Meister streckte die Hand aus, wie um ihn zu liebkosen.

Bestandsaufnahme

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 1: Bestandsaufnahme
 

Ren würde die Nacht des zwanzigsten Siegesfestes niemals vergessen. Kurz nachdem die Weisen verschwunden waren brach lautes Rufen aus, welches bald in Geschrei ausartete. Es liegt in der Natur des Menschen leicht panisch zu werden, und so versuchten die Hylianer bald ohne ersichtlichen Grund die Farm zu verlassen. Sie hatten dabei kein bestimmtes Ziel, sie wollten nur weg. Im darauf folgenden Getümmel wurden die Angehörigen aller anderen Völker einfach mitgerissen, bis ein neues Schauspiel ihrer aller Blick fesselte: Im Nordosten erhellten Lichter den Nachthimmel.

Jeder, der magisch bewandert war, spürte die Kräfte, welche die Weisen aufboten, um den Großmeister des Bösen wieder einzufangen, und jedermann verspürte Hoffnung angesichts des offensichtlichen Kampfes der Wächter des Landes. Die verschiedenen Farben, die sichtbar wurden, ließen auf den jeweiligen Weisen schließen und die Menge faltete die Hände in einem gemeinsamen stummen Gebet an die Göttinnen. Als jene, die die Jagd dank ihrer übernatürlichen Fähigkeiten genauer erkennen konnten, laut aufjubelten, atmete die Menge auf. Ihre Beschützer schienen zu gewinnen. Anschließend musste das gesamte hylianische Volk mit ansehen, wie im Nordosten der Himmel in einem dunklen Gewitter explodierte, welches ganz sicher nicht das Werk der Weisen war. Sechs ferne Lichter trieben in dem Gewitter umher, doch dann erreichte die Masse das Knirschen von Rutos Mauer und erneute Panik brach aus. Die Hysterischsten schrieen, der Boden tue sich auf und sie würden alle sterben und steckten die Restlichen leicht an. Es kam in dieser Nacht zu vielen Verletzten, als einige Unglückliche einfach niedergetrampelt wurden.

Auch der nächste Tag und die Bemühungen der Weisen, die im gesamten Großreich herumreisten, konnten die Hysterie der Hylianer nicht stoppen. Während die magischen Völker zwar deutlich beunruhigt, dabei jedoch beherrscht blieben und in ihre Reiche zurückkehrten (die Weisen brachten auf magischem Wege alle Anwesenden des Siegesfestes in ihre jeweilige Heimat), fingen die Menschen an ihre Habseligkeiten zu packen und in Scharen die Städte zu verlassen. Bald irrten Hunderte ziellos in der weiten Steppe umher und wussten nicht was sie tun sollen. Die Weisen waren ohne Unterbrechung im Einsatz. Sie erschienen den umherstreifenden Gruppen und sprachen ihnen Mut zu, forderten sie auf, sich wieder nach Hause zu begeben...Erst als der zweite Tag sich dem Ende zuneigte hatten sie Einwohner so weit beruhigt, dass sie Weisen sich zurückziehen konnten. Die ganze folgende Nacht verbrachten sie mit geheimen Diskussionen im Tempel des Lichtes und einigten sich darauf, dass sie zunächst das meiste des gesagten für sich behalten sollten. Lediglich einigen Vertrauenswürdigen durften sie sich anvertrauen, wenn sie es wünschten. Für den Nachmittag des dritten Tages schließlich wurde eine Versammlung im Schloss Hyrule von den Weisen einberufen, eine Versammlung an der alle Würdenträger des Landes würden teilnehmen müssen, denn es ging um die weitere Vorgehensweise Hyrules. Es stand für alle fest, dass Ganondorf ihr Land über kurz oder lang angreifen würde.
 

Erschöpft lag Ruto auf ihrem Bett und genoss die knetenden Hände ihres Mannes. Sie hatte nun schon seit Nächten nicht mehr geschlafen und hatte auch jetzt nicht viel Zeit, um sich auszuruhen, da sie in wenigen Stunden im Schloss an der Versammlung würde teilnehmen müssen. Link hatte seine Frau, als diese nach Hause gekommen war, zu ihnen ins Schlafzimmer gezogen und sie aufs Bett gelegt, wo er mit einer wohltuenden Massage begonnen hatte.

Sie sog genussvoll die Luft ein, während Links Hände über ihre glatte Haut glitten. Er, sowie Kira und Ren würden ebenfalls an der Versammlung teilnehmen, doch sie hatten in den letzten Tagen wenigstens schlafen können.

„Gut so?“, fragte ihr Mann, als er leichten Druck auf einen verspannten Knoten im Nacken ausübte. Ruto gab ein dankbares Murmeln von sich. Es raschelte, als Link eine bequemere Position einnahm und ihren Rücken entlang der Wirbelsäule hinab fuhr.

„Was ist jetzt eigentlich bei eurem Gespräch herausgekommen?“, wagte er Ruto zu fragen. Diese schwieg einen Augenblick bevor sie antwortete:

„Als Ganondorf entkommen ist…wir hatten ihn schon. Wir hatten ihn gefesselt, er war verletzt und konnte sich nicht mehr bewegen. Er war vollkommen kraftlos, er war uns ausgeliefert. Und dann…ihr habt es ja gesehen, das Unwetter. Das war nicht er, dazu war er nicht mehr in der Lage. Jemand hat ihm geholfen. Während er selbst das Siegel des Gefängnisses von innen angriff, führte gleichzeitig jemand von außerhalb einen Streich.“

Link überraschte es nicht dies zu hören. Er hatte nur zu gut seine Gespräche mit Salia und Darunia in Erinnerung, kurz nach der merkwürdigen Veränderung, bei der es, das war nun klar, um die Zerstörung des innerstes Siegels gehandelt hatte. Sie hatten ihm versichert, dass Ganondorf unmöglich würde in Kürze fliehen können. Das waren keine Hoffnungen, die beiden Weisen waren fest überzeugt gewesen und so war Link von alleine auf die Möglichkeit eines Unbekannten Helfers gekommen.

„Habt ihr schon eine Ahnung wer es ist und wieso er es gemacht hat?“ Ruto schüttelte den Kopf, drehte sich zu ihm um und nahm seine linke Hand in die ihren. Sie strich sanft über das Triforcesymbol, welches nun deutlicher zu sehen war, als in den letzten zwanzig Jahren.

„Er ist sehr machtvoll. Er konnte es mit Sechsen von uns aufnehmen. Zelda war nicht bei uns.“, fügte sie hinzu als sie Links fragenden Blick bemerkte. Sie nahm es ihm nicht übel.

„ Seine Macht war von seltsamer Natur, wir können sie noch nicht ganz einordnen. Er ist mächtig genug, um Ganondorf nicht zu brauchen, bei was auch immer er vorhat. Dennoch hat er ihm geholfen. Wir nehmen an, er möchte das Triforce wieder herstellen. Das ist jetzt auch unser Wunsch. Wir müssen das Allerheiligste wieder wegsperren, die Fragmente dürfen nicht so lange getrennt sei.“

„Wieso nicht?“, fragte der Träger des Mutfragmentes überrascht.

„Sie verlieren an Kraft.“ Link riss erschrocken die Augen auf und fuhr in die Höhe. „Aber…“

Ruto zog ihn wieder zu sich und wischte ihm einige Haare aus dem Gesicht.

„Keine Sorge, die Macht des Triforce wird nie enden, es stammt immerhin von den Göttinnen. Es ist jedoch nicht recht, dass auch nur ein Bruchteil der göttlichen Macht verloren geht. Das ist ein Sakrileg, eine Sünde. Es hat uns damals schwer getroffen, als wir Ganon verbannten und er sein Fragment mit sich nahm. Dieses Mal müssen wir ihn deshalb töten. Er ist eine zu große Bedrohung und Störung, als dass wir ihn weiterleben lassen könnten.“

Link zog sie an sich und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Wir schaffen das schon.“

Ruto kicherte. „Ersteinmal müssen wir herausfinden, was er vorhat. Wir haben zwar schon eine Ahnung, und er wird auch schon von mehreren Shiekah verfolgt, aber wir müssen uns absprechen. Wir befürchten, dass es zu einem richtigen Krieg kommen wird.“

Link fragte nicht weiter und beließ es dabei. Er würde die nötigen Einzelheiten später erfahren.

„Schlaf…“, flüsterte er Ruto ins Ohr und sie schmiegte sich an ihn.
 

Einige Stunden später befanden sie sich in der Hauptstadt des Reiches. Die sonst so lebhaften Straßen und Gassen waren größtenteils leer, lediglich einige spielende Kinder und Streuner belebten das trostlose Bild. Der Markt war geschlossen. Ren wusste, dass viele Bewohner sich in der Zitadelle aufhielten, deren Regelung aufgehoben wurde, so dass sie nun zu jeder Zeit für so viele Personen wie nur möglich zugänglich war. In solchen Zeiten benötigten die Leute mehr denn je den Beistand der Göttinnen und ihrer Prediger. So empfingen sie zumindest etwas Trost in dieser dunklen Stunde.

Der Zoraprinz hielt sich im Schlossgarten auf, denn die Zusammenkunft konnte jeden Augenblick beginnen. Er und seine Familie waren mit Rutos Magie auf der Bahn der Wassermagie hierher gelangt. Die anderen Weisen und ihre Angehörigen waren auf dieselbe Art und Weise gereist und auf diese Weise wurden auch die restlichen Gäste herbefördert. Sein Vater war bei ihm und leistete ihm Gesellschaft. Ren äußerte seine Befürchtung, dass es zu einer landesweiten Ausreise kommen könnte, doch Link fand, dass diese Gefahr nicht bestünde.

„Siehst du Ren, die Hylianer sind ein besonderes Volk, sie gehören in dieses Land. Wo anders werden sie nicht glücklich. Dies ist ihre Heimat, das Land, welches die Göttinnen ihnen übertragen haben. Ich denke nicht, dass sie es verlassen würden, zumindest die Meisten. Selbst angesichts der drohenden Gefahr nicht. Und was die Goronen, Zoras und Gerudos angeht, so sind diese zu sehr mit ihrer Heimat verwurzelt, von den Kokiri ganz zu schweigen. Nein, sie werden alle hier bleiben, auf Gedeih und Verderb. Sie werden sich wehren und in diesem Land entweder weiterleben, oder sterben.“ Ren dachte daran, dass es vor kurzem erst niemandem im Land in den Sinn gekommen wäre, solche Gedanken zu äußern.

„Du wirst ihn doch besiegen, nicht wahr?“, fragte er und Link zuckte leicht zusammen. Er hatte schon daran gedacht, dass er wohl wieder mit Ganon würde kämpfen müssen. Der Held der Zeit schauderte. Jedermann kannte seinen Kampf gegen den Großmeister nur aus Geschichten und Erzählungen, die alles ausschmückten und heroisch darstellten. In Wahrheit war überhaupt nichts Heldenhaftes an dem Kampf gewesen. Es war schrecklich. Er war nervös gewesen, hatte Angst gehabt, als Ganondorfs dunkle Energien Navi bannten und seine treue Freundin ihm nicht beistehen konnte. Bei den Göttinnen, er war damals etwa in Rens Alter, noch so jung…Ganondorf war größer als er, er war rein körperlich stärker…Hätte er damals mit einem Schwert gekämpft und nicht nur seine Magie eingesetzt, Link wusste nicht ob er dann hätte gewinnen können.

Dann die Flucht aus dem einstürzenden Turm. Ohne Zelda hätte er es nicht geschafft, sie war es die mit ihrer Magie alle Zugänge öffnete. Alles brannte, er konnte nachts manchmal noch immer die Hitze spüren. Dauernd bröckelten Steine von der Decke, von denen die meisten ihn auf der Stelle umgebracht hätten. Er war so erschöpft gewesen, als sie es endlich geschafft hatten…und dann war der Großmeister des Bösen nochmals erschienen und hatte die Macht des Fragmentes dazu genutzt, sich selbst eine andere Form zu geben. Noch größer…noch stärker…eine rasende Bestie, deren erster Angriff ihm das Masterschwert aus der Hand geschlagen hatte. Bei jedem einzelnen Schlag Ganons hatte er gedacht, dass es nun vorbei wäre, dass er nicht mehr ausweichen könnte, und es wäre sicherlich der Moment gekommen, an dem er vor Erschöpfung nicht mehr rechtzeitig zur Seite gesprungen wäre, hätte Zelda seinen Widersacher nicht mit einem Strahl hellen Lichtes gelähmt, so dass er ihm den vermeintlichen Gnadenstoss versetzen konnte.

Er war damals nicht in der Lage gewesen den Feind zu töten, denn dieser war einfach zu mächtig, und die Weisen sahen sich gezwungen diesen stattdessen in seinem so geschwächten Zustand zu verbannen.

Mittlerweile waren zwanzig Jahre vergangen, er hatte viel dazu gelernt. Nun war er in der Lage es wirklich mit ihm aufzunehmen, doch auch Ganondorf war stärker geworden. Würde seine Kraft ausreichen?
 

Drei mächtige Glockenschläge riefen alle Beteiligten schließlich in den Konferenzsaal. Dieser war der größte Raum im Schloss, größer noch als der lange Thronsaal. Es war ein eine sehr weiträumige viereckige Halle im Herzen des Königlichen Sitzes, in der normalerweise Recht gesprochen wurde. An den Steinwänden hingen rote Wandteppiche auf denen kunstvoll das hylianische Wappen aufgestickt war: Der hylianische Adler mit den ausgebreiteten Schwingen und darüber das Triforce, von dem goldene Strahlen ausgingen.

Durch hoch eingefasste Fenster am Westende der Halle fiel helles Sonnenlicht ein. Üblicherweise war der Raum so gut wie leer, bis auf einen großen Tisch am hinteren Ende, doch heute waren mehrere lange Eichenholztische für die hohen Herren aufgestellt worden. Sie waren in einem Quadrat angeordnet, so dass jeder jeden sehen konnte. Als Link und sein Sohn eintraten, waren noch nicht alle eingetroffen. Rauru, der den Vorsitz halten würde, begrüßte sie freundlich und wies sie auf ihre Plätze. Ren würde als Kronprinz der Zoras neben seinem Großvater sitzen und Link als Held der Zeit zur Rechten der Weisen.

Es dauerte eine Weile bis alle eintrafen. Kira setzte sich bald an die andere Seite ihres Großvaters und als Naboru und Nomara eintraten, fing Links Sohn ein Gespräch mit König Zora an. Nomara grinste.

Als alle eingetroffen waren, erhob sich der Weise des Lichtes und eröffnete die Versammlung:

"Meine Freunde, ich heiße euch willkommen zu dieser besonderen Versammlung, die über die Zukunft unseres geliebten Landes zu entscheiden hat! In Anbetracht der Abwesenheit Ihrer Majestät Königin Zelda, fällt es mir zu heute den Vorsitz zu führen. Selbstredend kennen sich die meisten unter euch, doch ich denke ich stelle jeden nochmals kurz vor, damit wir uns in Erinnerung rufen, wieso wir hier sind.

Es folgte eine lange Vorstellung aller möglichen Personen, bei den meisten von ihnen handelte es sich um Vertreter der Hylianer, die immerhin den bei weitem größten Bevölkerungsanteil des Großreiches bildeten. Darunter waren der Bürgermeister von Kakariko, Gerold. Der Verwalter der Stadt Hyrule, Komoron. Talon und Malon von der Lon-Lon-Farm. Der Verwalter der Gebiete um den Zorafluss, Kail, sowie der Verwalter der hinteren, südlichen Gebiete, Herman. Zudem kamen die Repräsentanten aus dem Schloss: Der Verwalter Bernet und der Oberbefehlshaber der hylianischen Streitkräfte Trestor, sowie eine Vielzahl hylianischer Adliger, die größtenteils als Hauptmänner der Armee galten.

Die Goronen wurden Darunia und seinem Sohn vertreten, zudem waren anwesend: Gerogon, ein Vertreter der Schmiedezünfte und Schatzmeister Migoron. Die Vertreter der Zoras waren: Seine Hoheit König Zora, sein Nachfolger der Kronprinz Ren, die ehrenwerte Weise des Wassers Ruto, sowie ihre Tochter Prinzessin Kira.

Die Repräsentanten der Gerudos: Deren Anführerin und ehrenwerte Weise der Geister, Naboru mit ihrer Tochter und Nachfolgerin Nomara. Als Vertreterin der Kokiri war lediglich Salia anwesend, stellvertretend auch für den heiligen Dekubaum. Die Vertreterin der Shiekah war die Weise der Schatten, Impa, doch sollten nur weitere Angehörige des mystischen Volkes in Kürze zu ihnen stoßen. Und zuletzt natürlich der Held der Zeit Link und Rauru selbst.

„Meine Freunde, wir Weisen haben in der letzten Nacht lange Rat darüber gehalten, was zu tun ist und wir sind zu einigen Entscheidungen gekommen. Was alle magische Gefahr, die von Ganondorf ausgeht, angeht, so überlasst dies uns. Wir werden uns darum kümmern und euch während der Vorbereitungen das Wichtigste wissen lassen. Diese Versammlung dient einem anderen Zweck: Wir müssen uns mit der militärischen Lage auseinander setzen. Denn eines ist klar: Selbst der Großmeister des Bösen kann es alleine nicht mit der Magie Hyrules aufnehmen. Der Gerudos kann er sich nicht mehr als Streitmach bedienen, er wird also ausweichen müssen. Hierbei ist unsere größte Befürchtung, dass er sich zum Herrscher über Inveria oder Karthas aufschwingen könnte, denn die Macht dazu hat er sicherlich, es wäre ihm ein leichtes die dortigen Herrscher beiseite zu räumen. Wie ihr alle wisst, sind dies die beiden mächtigsten Nationen des Kontinentes und uns militärisch klar überlegen. Aus dem Grund gebe ich jetzt ab an General Trestor." Rauru nickte dem General knapp zu und setzte sich. Trestor, ein breitschultriger Mann, der die mittleren Jahre langsam aber sicher hinter sich ließ, erhob sich. Er hatte ein wettergegerbtes Gesicht und seine grauen Augen strahlten Entschlossenheit sowie Klugheit aus.

"Meine Herren! Schweren Herzens müssen wir von Krieg reden, einem Krieg, der uns gewiss ereilen wird, einem Krieg der wahrscheinlich in unser Land kommen wird. Meine Herren, dazu kann ich nur sagen: Die Lage erscheint mir ernst. Hyrule hat seit mehr als zweihundert Jahren nicht mehr an einer Schlacht teilgenommen und noch länger ist es her seit das Land belagert wurde. Wir haben einfach nicht genug ausgebildete Krieger. Mir persönlich unterstehen die Stadt- und Schlossgarde, sowie die freien Streitkräfte des Schlosses. Meine Herrschaften, damit haben wir genau vierhundert Mann aus die Stadtgarde und dreihundert aus der Schlossgarde. Die freie Streitmacht des hylianischen Reiches existiert nicht. Es ist nur ein Titel. Wir haben lediglich noch eine Spezialeinheit, von der wahrscheinlich schon die meisten etwas gehört haben: Das stählerne Kontingent! Zweihundert der stärksten Männer Hyrules. Ganzkörperrüstung. Schwere Panzerung. Keine Schilde. Bewaffnet mit Stahlhammern der Goronen. Sie sehen: Wir haben nur neunhundert ausgebildete Kämpfer. Zugegeben sehr gute Kämpfer, wenn ich mir dieses Urteil erlauben darf, doch bei weitem nicht genug. Wir müssen umgehend mit der Mobilisierung der Bevölkerung beginnen. Ein jeder Bürger hat sich im Umgang mit den Waffen zu üben. Wir müssen damit so schnell wie möglich anfangen, denn eine solche Ausbildung erfordert Zeit. Hier kommen nun die anderen Vertreter der Hylianer zur Geltung. Wir müssen uns darin klar werden, wie viele Männer wir zur Verteidigung unseres Reiches aufbieten können. Ich gebe nun an sie ab."

Nacheinander standen die Vertreter der einzelnen Gebiete, in denen Hylianer lebte auf. Kakariko konnte etwa achthundert Mann im kampffähigen Alter stellen, bis zu tausend wenn man die etwas älteren, die noch keine Greise waren, hinzunahm. Dies galt nur für die menschlichen Bewohner der Stadt. In dem Gebiet am Fuße der Treppe zu Kakariko würden sich wohl auch noch zusätzliche hundertfünfzig bis zweihundert auftreiben und aus Weitblick mehr als dreihundert Im Süden der hylianischen Steppe lebten etwa tausend Menschen auf einzelnen Höfen und Dörfern. Dort könnte man etwa vierhundert Mann stellen. Der bevölkerungsreiche Abschnitt entlang des Zoraflusses beherbergte etwa zwischen viertausendfünfhundert und viertausendachthundert Menschen. Dort könnte man gut zweitausend Mann stellen. Und um die Lon-Lon-Farm, wo ebenfalls sehr viele Leute lebten, nämlich etwa zweitausendfünfhundert, würden sich auch noch mindestens eintausend finden. Alles in allem knapp fünftausend Mann in kampffähigem Alter, man konnte also notfalls noch mehr zu den Waffen rufen, sowie neunhundert sehr gut ausgebildetete Soldaten. Hinzu kamen etwa dreitausendzweihundert Männer aus der Schlossstadt. Also fast neuntausend Mann mindestens. Die Anwesenden fanden, dass dies bereits nach viel mehr als erwartet klang und waren froh. Zudem wusste jeder im Saal, dass es eine ganze Reihe von Hylianern gab, die an alten Traditionen festhielten und gut kämpfen konnten. Der Verwalter des Schlosses, Bernet, erhob sich.

"Wir haben also über achttausend Mann, die wir noch ausbilden müssen. Mindestens. Ich schlage vor, dass sich alle, aber auch wirklich alle irgendwie im Umgang mit Waffen üben. Da wir nicht so viele Waffen stellen können, muss das also auch notfalls mit Eigenanschaffung geschehen, doch die gesamte Bevölkerung sollte sich schulen. Nur zur Sicherheit. Doch nun kommen wir zur dringenderen Frage nach den Waffen. Sehr viele haben bereits eigene, das wissen wir natürlich alle. Doch in welchem Zustand mögen sie sein? Das Schloss kann gerade einmal zweitausend Bögen stellen und uns stehen nur etwa zehntausend Pfeile zur Verfügung. Wir haben zumindest dreitausend Schwerter, würde ich sagen, aber nur etwa halb so viele Schilde. Und ansonsten haben wir lediglich noch einige wenige hundert Speere und Lanzen im Vorrat. Wir müssen umgehend rüsten, so viel es nur geht." Er wandte sich an die Goronen:

"Die hylianischen Schmiede werden bereits morgen den Befehl erhalten Waffen zu produzieren. Doch wir werden Unterstützung brauchen. Meine Herren, werden die Goronen uns beistehen?" Darunia, der wie alle Goronen bereits die ganze Zeit stand, da die Stühle ihr Gewicht sowieso nicht ausgehalten hätten, antwortete:

"Selbstverständlich werden die Goronen beistehen. Ihr alle wisst, dass unser Volk nicht so zahlreich ist wie das der Hylianer, doch sind wir stärker und widerstandsfähiger. Ich kann eine gute, schlagfertige Streitmacht aus achthundert Goronen stellen, was schon ein sehr beträchtlicher Anteil unseres Volkes in Hyrule ist. Dennoch sind wir bereit zu kämpfen." "Und was die Schmieden anbetrifft, so haben wir noch sehr viele Waffen vorrätig und bereits jetzt während wir hier stehen, werden neue geschmiedet. Wir werden in erster Linie nur Schwerter, Hämmer und nun da ihr es erwähnt habt auch Schilde schmieden. Eventuell noch Lanzen oder Äxte, doch Bögen und derartiges müsst ihr euch woanders beschaffen, denn auf diese Waffen sind wir nicht spezialisiert." Gerogon hatte das Wesentliche zusammengefasst, woraufhin der Schatzmeister der Goronen das Wort ergriff:

"Wir werden auch viel mit Kosten zu tun haben in diesem Krieg und aus diesem Grund bin ich hier. Mit Berechtigung kann ich getrost sagen, dass wir mehr als genug Geld und Materialien zur Verfügung haben, um einen Krieg zu finanzieren und zu überstehen." Bernet nickte und fuhr fort:

"Eine weitere wichtige Frage ist die Frage der Verpflegung. Wie steht es mit Nahrung wenn wir belagert werden? Und wenn die Feinde ins Landesinnere einfallen? Die Hauptnahrungsquellzonen sind um die Farm herum und am fruchtbaren Gebiet um den Zorafluss. Goronen und Zoras kommen alleine für sich auf. Doch Gerudos zum Beispiel importieren viel. Wie steht es damit? " Malon erhob sich und trat unter dem Tisch ihrem Vater vors Bein, so dass er es ihr nachtun solle.

"Hohe Herren", fing sie an, " uns bleibt nur eine Möglichkeit. Wir müssen bereits jetzt anfangen Vorräte anzulegen. Doch um diese Frage macht euch bitte keine Sorgen, ich denke, dass dies das kleinste unserer Probleme darstellt. Nahrung gibt es im Großreich Hyrule genug und ich glaube nicht, dass es unser Los sein wird zu hungern." Zustimmendes Gemurmel von Seiten der restlichen Anwesenden.

"Wie steht es mit Pferden?", fragte Naboru an Talon gewandt. Dieser wurde etwas rot und räusperte sich, bevor er antwortete.

"Herrin, auf der Farm bilden wir Tiere zur Feldarbeit aus, nicht zur Schlacht. Wir könnten natürlich anfangen sie umzuschulen, doch davon möchte ich dringends abraten! Die Produktion der Nahrungsmittel steht ab sofort an hoher Stelle, und dafür werden wir jedes Pferd, ja jedes Tier, benötigen." Bernet mischte sich ein:

"Außerdem würde das Kämpfen vom Pferd aus wieder Zeit zur Ausbildung in Anspruch nehmen. Es ist eine Kunst, die in Hyrule schon zu ehemaligen Kriegszeiten nicht sehr gebräuchlich war, darum verfällt diese Möglichkeit von alleine. Die einzige berittene Streitmacht die wir haben werden, wird sich auf die Gerudo beschränken." Er schaute Naboru erwartungsvoll an. Diese erhob sich und nun konnten alle sehen, dass sie scheinbar in voller Kampfmontur gekommen war: Leichte, aber robuste Kleidung aus rötlichem Hartleder, mit goldenen Stickereien verziert. Zwei elegante Krummschwerter, sowie mehrere Dolche und Wurfmesser am Gürtel. Ren verglich sie in Gedanken heimlich mit ihrer halbnackten Erscheinung, während ihres Besuches der Wüstenfestung und fand, dass sie bekleidet imposanter wirkte, da er so zumindest nicht beschämt wegblicken musste.

"Fürwahr, wir werden berittene Einheiten stellen, doch werden diese nicht zahlreich sein. Auch unser Volk erfreut sich nicht einer solchen Zahl wie das der Hylianer, doch ich kann wenigstens eintausendzweihundert exzellent ausgebildete Kriegerinnen stellen, davon dreihundert beritten. Kampf gehört bei den Gerudos zur Tradition und wird bereits im Kindesalter geübt. Ich garantiere dafür, dass kein Feind an unserer Armee vorbei kommen wird. Eines will ich jedoch schon vorweg sagen: Wir werden uns zwar in die Schlachtpläne des Landes eingliedern, doch werden meine Kriegerinnen nur von anderen Gerudos befehligt. Ich erlaube es keinem Hylianer oder einem Angehörigen einer anderen Rasse sich anzumaßen den Befehl über unsere Truppen zu wünschen." Mit einem herrischen und herausfordernden Blick schaute sie in die Versammlung, bis Rauru sie sanft aber bestimmt bat, sich zu setzen. Nun erhob sich König Zora.

"Auch die Zoras werden sich natürlich der Verteidigung des Landes anschließen. Wir können ebenso wie die Goronen achthundert Streiter stellen. Für unsere Waffen werden wir selber aufkommen, denn wir kämpfen nicht mit herkömmlichen Waffen der anderen Völker. Sie sind zu schwer und unhandlich. Und auch wir haben gewisse Vorteile. Wir sind schneller als Menschen haben außerdem einen natürlichen Schutzmechanismus. Bei Gefahr können wir unsere Flossen versteifen lassen, so dass sie sehr scharf werden. Daraus haben wir einen eigenen Kampfstil entwickelt, der uns nun zugute kommen wird. Außerdem befinden sich unter den Zoras etwa einhundert, die die Kunst des magischen Schildes perfektioniert haben. An diesen Schilden werden sich die Wogen unserer Feinde brechen. Und unser Reich ist zu gut beschützt, als dass wir uns dort zu große Sorgen um eine feindliche Einnahme machen müssten. Das Zorareich kann also dementsprechend als strategischer Stützpunkt dienen." Trestor nickte zufrieden.

"Wir haben also, wenn wir umgehend anfangen zu rüsten und auszubilden, gute Chancen dem Feind standzuhalten." Zum ersten Mal während der Sitzung ergriff nun Salia das Wort:

"Doch wie steht es mit den Befestigungen des Landes? Ihr sprecht alle von Rüsten und Kampf, doch wieso sollten wir den Feind überhaupt erst in das Land eindringen lassen? Der Südpass zwischen den Enden des umzingelnden Gebirges wird von einem sehr starken Tor geschützt, welchen seinerseits durch ebenso starke Befestigungen geschützt wird. Können wir nicht einfach dort den Angriff erwarten und ihn dort aufhalten? Wenn sie an den Mauern versagen und unsere Schützen sie zum Rückzug zwingen?" Abermals ergriff der General Hyrules das Wort:

"Die Mauern werden schon übermorgen wieder in Stand gesetzt. Der Zahn der Zeit hat dieser Befestigung ein wenig zugesetzt, doch werden wir sie wieder hinbekommen. Dennoch müssen wir uns dessen gewahr sein, dass Ganondorf, wie wir bereits sagten, wahrscheinlich mit den Streitmächten Inverias oder Karthas einfallen wird. Diese beiden Nationen sind nicht einfach nur größer und einflussreicher als Hyrule. Sie sind außerdem weiter entwickelt. Gerüchten zufolge experimentiert man in Karthas sogar schon mit diversen Techniken und Mechaniken, die Schiffe schweben lassen könnten. Belagerungen sind die Spezialität dieser hoch entwickelten Nationen. Wobei wir uns, meiner Meinung nach, eher vor Karthas als vor Inveria fürchten sollten. Inveria ist gewiss eine starke Nation, doch ihren Ruhm und ihre Macht verdankt sie zu großen Teilen ihrer dominierenden Stellung als Seemacht, der größten auf diesem Kontinent. Ich denke Ganondorf wird sich der Kräfte Karthas und deren mächtigen Waffen bedienen. Wir wissen nicht, ob wir einer Belagerung durch solche Maschinen gewachsen sind. Eines ist jedoch gewiss: Die karthaische Artillerie wurde noch niemals vollständig eingesetzt, es wurden immer nur Teile benötigt, um den Gegner in die Knie zu zwingen. Man schätzt die Gesamtstärke dieser Maschinen auf ungewisse viele hundert ein. " Salia nickte bedrückt und fuhr fort:

"Ich fürchte um unser Land, wenn unsere Feinde eindringen sollten. Wunden könnten geschlagen werden, die wir nicht so leicht heilen könnten, selbst bei der Macht, die wir besitzen. Vor allem nicht, wenn sich durch leblose Maschinen geschlagen werden. Ich fürchte um die Wälder. Die Kokiri werden nicht am Krieg teilnehmen. Sie sind einfach keine Kämpfer. Dennoch werde ich sie in den Künsten der Verteidigung und des Angriffs unterrichten lassen, in der Hoffnung, dass sie diese niemals einsetzen müssen. Allerdings erteile ich den Zuständigen im ganzen Großreich die Erlaubnis Bäume aus den äußeren Wäldern zu fällen und mit dem Holz zu arbeiten"

Als sie geendet hatte senkte sich eine gespannte Stille um die Versammlung. Das Wesentlichste war gesagt worden, die Vertreter der einzelnen Völker hatten Stellung bezogen...zumindest fast alle. Die Blicke der Anwesenden ruhten erwartungsvoll auf Impa. Die Führerin der Shiekah hatte die Augen geschlossen und aufmerksam gelauscht, doch nun, da es an ihr war etwas zu sagen, schwieg sie. Es war fast so, als ob sie in ein stummes Zwiegespräch verwickelt sei, vielleicht mit sich selbst, vielleicht mit jemand anderem. Erst nach etwa einer schweigenden Minuten öffnete sie die Augen und erhob sich, scheinbar ohne Notiz von den neugierigen Blicken zu nehmen, die ihr zugeworfen wurden.

"Die Shiekah werden sich selbstredend auch am Krieg beteiligen, doch wir werden kein Heer stellen. Wir sind zu wenige als dass wir offen in eine Schlacht ziehen könnten. Die entstandenen Verluste könnten den Niedergang unseres Volkes nur noch beschleunigen. Doch auch wir werden unseren Beitrag leisten. Wir sind Meister der Schatten und des Verbergens und neben den Gerudos die besten Kämpfer des Landes. Es wird ein leichtes für uns sein die Hauptmänner der Feinde zu liquidieren, deren Armeen auszuspionieren und gegebenenfalls Fallen und Hinterhalte zu legen. Einzelne Gruppen unserer Krieger können nötigenfalls ganze Armeen zum Stillstand bringen und sie festnageln. Zudem können wir schneller als ihr alle Informationen beschaffen und unsere Kundschafter aus Inveria und Karthas sind bereits auf dem Rückweg Vor kaum zwei Stunden sind bereits erste Informationen über die Bewegungen von Ganondorf eingetroffen. Ich bitte nun den Heermeister der Shiekah herein, nach mir eine der wichtigsten und einflussreichsten Personen in unserer Gesellschaft.“

Abermals ging die Tür auf und herein kamen drei Personen: Die größere war Shinrio der Heermeister der Shiekah. Er war ein wirklich hoher Mann mit einer dunklen Ausstrahlung, die die anderer Shiekah zu übersteigen schien, und der von Impa gleichkam. Eine Kapuze verhüllte sein Gesicht und der dazugehörige lange Umhang verdeckte seinen Körper. Er könnte darunter schwer gepanzert sein, man hätte es nicht bemerkt. Als er seine Kapuze abnahm und sich verbeugte, schien es, als wäre sein Gesicht verdunkelt oder von Schatten umhüllt. Auf den ersten Blick konnte keiner der Anwesenden außer den Weisen seine Gesichtszüge erkennen. Als sie dies nach einem klärenden Moment endlich vollbrachten, sahen sie in ein hartes Gesicht, mit der typischen dunklen Haut der Shiekah und dunkelbraunen Augen, die fast schwarz zu sein schienen. Eine spitze Nase und ein leicht gekräuselter Mund vollendeten das Bild eines Mannes, der absolut undurchsichtig war, dem man jedoch anmerken konnte, wie gefährlich er war.

"Meine Herren, ehrenwerte Weisen, wir haben endlich Nachrichten über den Feind erhalten. Meine Schüler hat sie mir erst vor kurzer Zeit übermittelt." Er deutete auf die beiden anderen Gestalten, die ihm an Größe nicht gleichkamen. Auch sie waren vollständig von ihrer dunklen, unförmigen Kleidung verhüllt.

"Meine Schüler, Tiran und Oroelle.", stellte Shinrio vor. Die beiden nahmen ihre Kapuze ab und Ren stockte der Atem.

Der Feind

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 2: Der Feind
 

Das Geschrei der Menge auf dem großen Platz wurde lauter, als vor ihren Augen der gemarterte Körper ihres Herrschers aus dem Balkon gehalten wurde. Der Mann, der die Leiche des Königs mit hartem, unbarmherzigem Griff über das Geländer hielt, hatte ein böses Lächeln auf den Lippen als er anfing zu sprechen:

„Euer König war schwach und hat den Tod verdient! Ich werde euer neuer Herrscher und wenn es jemand wagen sollte meine Hoheit anzuzweifeln, so wird es ihm nicht besser ergehen als dieser erbärmlichen Kreatur!" Damit warf er den leblosen Körper des Königs mit einer verächtlichen Bewegung nach unten. Die vorderen Ränge der Menge zogen sich erschrocken zurück, als der ohnehin schon geschundene Leib ihres ehemaligen Königs auf dem harten Steinboden einschlug. Dann erhob sich abermals Geschrei, denn nun strömten plötzlich Monster aus den Schatten und Öffnungen der Türen und Fenster und stürzten sich auf das wehrlose Stück Fleisch. Gleichsam erklang wieder die Stimme des dunklen Mannes auf dem königlichen Balkon über ihnen wie ein plötzlicher, entsetzlicher Donnerschlag:

"Ich bin Ganondorf, der Großmeister des Bösen und Träger des Triforcefragmentes der Kraft! Dies Reich gehört mir und soll den Anfang meiner Herrschaft einleiten! Macht euch bereit auf die Eroberung dieses Kontinents! Macht euch bereit zur Niederwerfung meiner Feinde! Macht euch bereit zur Invasion Hyrules! Ein jeder von euch gehört fortan mir und ich kann über euch verfügen, wie es mir beliebt. Holt eure Waffen hervor und bereitet euch vor, denn bald ziehen wir los!" Damit verschwand Ganondorf im Inneren des Palastes und der Lärm der Menge wurde auf Grund dieser erschütternden Neuigkeiten noch lauter. Von dem Großmeister des Bösen, der vor zwanzig Jahren das magische Reich Hyrule unterworfen hatte, hatten schon alle gehört, gleichfalls von der Legende des Triforce. Die Religion der drei Göttinnen hatte auf dem ganzen Kontinent Bestand und jedes Reich erkannte die heilige Erhabenheit Hyrules als erwähltes Land der Göttinnen an. Dieser Mann sollte Ganondorf sein? Würde es nun zu einer weitaus schlimmeren Dunkelheit als damals kommen? Würden sie wirklich in den Krieg ziehen müssen? Und wie um seine Macht zu demonstrieren verdunkelte sich innerhalb kurzer Augenblicke der Himmel und ein schreckliches Unwetter braute sich zusammen. Während die verängstigten und verwirrten Menschen unter ihm Schutz in ihren Häusern suchten und seine Monster, die er auf dem Weg in diesen Land um sich geschart hatte, die Straßen bevölkerten, wandte sich Ganondorf an den panischen Minister von Karthas.

„Jetzt sag mir alles über eure Waffen und Armeen!“
 

"Ganondorf hat den König von Karthas umgebracht und sich vor der Bevölkerung der Hauptstadt zum neuen Regenten des Reiches ausgerufen. Er hat außerdem dem Lande Hyrule den Krieg erklärt und beginnt mit der Rüstung." Oroelles dunkle Stimme rief einen Moment gespannter Stille hervor.

„Er hat zu diesem Zeitpunkt außerdem bereits Scharen hunderter dunkler Kreaturen in seinen Diensten. Während seiner Flucht nach Süden legte er einmal eine Rast ein, damit sich seine Kräfte erholen konnten. In dieser Zeit hat er viele der Monster gefährlicher gemacht, als sie es ohnehin schon sind. Es ist zu erwarten, dass er dies auch weiterhin machen, so dass wir uns auf Horden von Bestien gefasst machen müssen, die af dem ganzen Kontinent ihresgleichen suchen. Denkt an die Geschichten um den Helden der Zeit, und an die Wächter der Tempel…“, Tirans Stimme war weniger tief als die von Shinrio oder Impa und von einer kristallener Klarheit, der Oroelles ziemlich ähnlich.

Mit einem Nicken stand Rauru, der Vorsitzende der Versammlung, auf.

"Was wir gefürchtet und erwartet haben ist eingetroffen: Wir haben die Invasionsstreitmacht von Karthas zum Feind. Es ist schrecklich, dass wir gezwungen sein werden gute Menschen umzubringen, Menschen die unser Land auf Befehl eines Monsters angreifen und den Frieden genauso wollen wie wir. Dennoch werden wir uns verteidigen. Das Besprochene soll gleich morgen in Kraft treten. Die Schmieden sämtlicher Völker rüsten auf und mit Erlaubnis Salias, der ehrenwerten Weisen des Waldes, werden wir Hand an die kleineren Wälder in der hylianischen Steppe und die Waldränder legen, um neue Bögen und Pfeile zu erschaffen. Die Platzierung der Übungslager für die Bevölkerung überlasse ich den Verantwortlichen.", er nickte Trestor und den anderen zu, „Die Festungen und Mauern werden wieder in Stand gesetzt und Vorräte werden produziert. Doch haben wir eine Sache außer Acht gelassen, eine gewichtige Vertiefung der Dinge. Nicht nur unser Land ist betroffen von dem aufziehenden Krieg. Karthas ist weit weg, tief im Süden des Kontinents. Wir aber befinden uns weit im Norden. Ganondorf wird mit seinen Armeen einen langen Weg hinter sich bringen müssen, durch einige kleinere Länder und viele Stadtstaaten. Und er wird an einem Land vorbei kommen, das seit zwanzig Jahren mit uns verbündet ist: Termina. Wenn er mit seinen Armeen nach Hyrule will, wird er dem Südwesten Terminas sehr nahe kommen. Ich befürchte, dass er auch dort angreifen wird und da wir mit Termina verbündet sind, ist es unsere Pflicht sie zu warnen! Ihre militärische Macht ist noch geringer als die unsere und obwohl die dortige Schutzmacht der unseren gleichkommt, so fürchte ich dennoch um die Sicherheit des Landes. Wir müssen Boten entsenden."

Viele bedrückte Gesichter nickten ihm zustimmend zu.

"Wir können Termina unmöglich um Hilfe bei diesem Krieg bitten", meinte Trestor mit einem fast traurigen Unterton in der Stimme. Raurus Stimme wurde wärmer und zuversichtlicher als er sagte:

"Ich weiß, dass wir alle unter großer Anspannung stehen, doch versichere ich euch: Dies Land wird nicht an Ganondorf fallen! Wir werden ihn aufhalten, denn die Macht der Göttinnen ist auf unserer Seite, eine Macht, der auch der Großmeister des Bösen unterliegt! Es gibt viele Waffen auf dieser Welt, doch die stärkste ist unser unendlicher Glaube an unsere allerheiligsten Gottheiten und unsere Hoffnung auf eine gute Zukunft! Meine Freunde, dies war ein harter Tag für uns alle und außerdem beginnt morgen die Beratung des magischen Schutzes des Landes. Bevor ich euch entlasse, muss ich euch leider noch eine letzte schlechte Nachricht mitteilen: Wie einige von euch sicherlich schon vermutet haben, ist es richtig, dass Ganon nicht aus eigener Kraft entkommen konnte. Er bekam Hilfe. Sowohl bei dem Ausbruch als auch bei der Flucht. Wir können noch nicht sagen, um wen es sich handelt und auch seine Motive liegen noch im Unklaren, doch ist es wichtig, dass ihr, die ihr die Anführer aller Völker dieses Reiches seid, wissen, dass es so eine Person gibt. Bedenkt dies bitte bei all euren Entscheidungen, denn im Eifer des Krieges wird es oft vorkommen, dass ihr selbstständig und ohne Unterstützung oder Rat eine Entscheidung treffen müsst.“

Die Gesellschaft geriet in Unruhe.

„Ist es nicht möglich magische Spuren zurückzuverfolgen?“, fragte Trestor stirnrunzelnd.

„Doch, das ist möglich und wir haben dies auch schon getan, doch benutzt der Unbekannte eine Magie, die von seltsamer Natur ist. Eines zumindest steht jedoch fest: Er ist ebenfalls nach Süden gereist und wir müssen annehmen, dass er sich mit Ganondorf zusammengetan hat. Das Beste, was uns passieren könnte, wäre, dass sie beiden sich in ständiger Konkurrenz gegenseitig zermürben würden, doch damit können wir nicht rechnen. Dieser Unbekannte scheint gerissen zu sein und wir sind davon überzeugt, dass Ganondorfs Pläne nicht stören wird. Doch seine Bekämpfung ist unsere Aufgabe, und wir bitten euch lediglich die Existenz dieser Person in euren Entscheidungen zu berücksichtigen. Vertraut auf uns, die wir die Wächter dieses Landes sind. Vergangene Fehler werden wir mit Sicherheit nicht mehr begehen: Diese Mal geht es nicht um Verbannung, dieses Mal wird Ganondorf sterben. Link werden wir erneut mit dem Masterschwert rüsten und wir werden ihn lehren sein Fragment zu gebrauchen, so dass er Ganondorf mehr als nur ebenbürtig sein wird. Wir werden die Existenz des Großmeisters nicht weiter dulden!“

Die Anwesenden warfen sich erstaunte Blicke zu, eine solch leidenschaftliche Ansprache hätten sie vom sonst so besonnen und ruhigen Weisen des Lichtes nicht erwartet.

„Ruht euch heute aus und geht in Frieden. Das Böse wird in dieser Welt niemals Fuß fassen können und wir werden es besiegen!"

Einer nach dem anderen verließen die hohen Persönlichkeiten des Großreiches den Raum, bis nur noch die Weisen und die Shiekah übrig blieben. Stumm sahen sie sich an, als würden sie miteinander in Gedanken reden und nickten sich schließlich gegenseitig zu, als hätten sie eine Übereinstimmung getroffen. Dann verließen die Weisen den Raum: Rauru, Salia, Darunia und Naboru verschwanden auf magische Weise, während Ruto einfach hinausging, da sie die noch eine Weile im Schloss verbringen würde. Impa und Shinrio blieben alleine zurück. Der Heerführer der Shiekah sah die Weise des Schattens mit herausfordernd funkelnden Augen an.

„Hauptleute liquidieren…Fallen legen…Das also ist aus unserem stolzen Volk geworden? Sollen die anderen Völker glauben, dass wir überhaupt keine Ehre mehr haben?“

„Als ob es dich jemals interessiert hätte, was die anderen Völker über uns denken.“, warf Impa ihm vor. Shinrio lächelte kühl.

„Nun, es interessiert mich wirklich nicht, aber die Tatsache, dass aus deinem Mund solche Worte kommen, kränkt mich ehrlich gesagt.“

„Du solltest dich schon längst daran gewöhnt haben. Muss ich denn ausgerechnet dich noch darüber belehren, dass Geheimhaltung eine unserer wichtigsten Schutzmaßnahmen ist? Es wäre besser, wenn unsere anderen Aufgaben im Dunkeln blieben.“

„Angst ist auch eine geeignete Schutzmaßnahme…“, warf der Heerführer ein. Impas Stimme wurde deutlich bestimmter, als sie antwortete:

„Wir werden schon genug gefürchtet, wir müssen nicht noch Öl ins Feuer gießen.“ Shinrio senkte den Kopf wie um zu sagen Wie du meins, verschränkte die Arme hinter seinem Rücken und ging langsam an Impa vorbei.

„Sechs Shiekah halten sich zurzeit in Karthas auf. Du wolltest noch einige hinterher schicken. Wie viele?“

Impa überlegte einen Moment. „Schick vier weitere nach Karthas und positioniere längs des Kontinents auf der Strecke, die Ganon nehmen wird, zusätzliche zwanzig.“

Shinrio nahm die Anordnung schweigend entgegen. Zusammen mit denjenigen ihres Volkes, die ohnehin schon im Süden weilten, war die Zahl jener, die außerhalb von Hyrule im Einsatz waren, auf über fünfzig gestiegen. Beiden Führern des Schattenvolkes war bewusst, was für einen hohen Anteil das darstellte.

„Du hast Oroelle wieder bestrafen müssen?“, sagte Impa unerwartet in die Stille hinein. Der Angesprochene antowortete nicht, die Weise kannte die Antwort schließlich. Sie seuftze.

„Sie ist so vielversprechend, es ist ein Jammer, dass sie uns zwingt sie immer wieder zu strafen.“

„Wenigstens kommt es bei dir nicht so häufig vor wie bei mir. Die Stunden mit dir sind etwas zu Besonderes als dass sie sie einfach übergehen würde. Die Pflichten, die ich ihr auferlege hingegen…“ Shinrio brach ab.

„Ein gefährliches Verhalten…und sie ist sich dessen natürlich bewusst. Weißt du eigentlich, was sie genau tut, wenn sie nicht erscheint?“, fragte Zeldas Vertraute.

„Noch nicht, doch ich werde es bald herausfinden. Ich gehe nämlich nicht davon aus, dass sie einfach damit aufhören wird, selbst in Zeiten wie diesen.“

„Es ist spät, du kannst gehen.“

„Wie geht es ihr?“ Impa sah überrascht zu Shinrio hin. Er wusste, dass sie sich um Zelda sorgte und sie ungern lange alleine ließ. Es kam selten vor, dass er für jemanden ein freundliches Wort fand, und dass er sich nun gar nach ihr erkundigte…nun, sie war immerhin eine der Weisen, rief sich die Zuständige der Schatten in Erinnerung. Sie war natürlich notwendig für den Sieg über Ganondorf, wahrscheinlich war dies wohl Shinrios einziger Gedanke.

„Den Umständen entsprechend. Sie leidet immer noch sehr.“

„Ja, das dachte ich mir…“ War seine Stimme abfällig geworden? Impas Augen verengten sich zu Schlitzen und sie konnte sich nicht daran hindern das folgende zu sagen:

„In ihren Adern fließt unser Blut.“

„Ja, zur Hälfte…“

„Ich werde diese Diskussion nicht erneut mit dir führen. Nicht auf dieser Basis…deine Ansichten…“

„Meine Ansichten“, wurde sie unterbrochen, „ werden von vielen unseres Volkes geteilt. Denk darüber nach!“ Er war um einiges größer als Impa und so musterte er sie abschätzend von oben herab. Was eindeutig zu weit ging.

Ein kalter Wind peitschte durch den Saal und ließ die Wandvorhänge und Teppiche weit aufwallen. Die Schatten aus den Ecken türmten sich auf, bis es unnatürlich dunkel wurde.

„Kein Wort mehr Shinrio, ich warne dich…geh mir jetzt aus den Augen…“

Im ersten Moment sah es so aus, als würde Shinrio auffahren wollen, doch dann senkte er das Haupt, die Handflächen beider Hände aneinanderlegend, und verließ nunmehr respektvoll den Raum. Impa blickte ihm nachdenklich mit kalter Wut hinterher.

Unerwartete Gespräche

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 3: Unerwartete Gespräche
 

Während die Sonne in einem wunderschönen Farbenspiel, das wegen der Unruhen im Land nahezu höhnisch wirkte, unterging, senkte sich die Stille der Nacht über die Hauptstadt. Sie stand der neuen, ungewohnten Stille des Tages in nichts nach. Die heutige Versammlung jedoch ließ die Menschen der Stadt zumindest neuen Mut schöpfen und tat ihnen gut und die Verkündung, dass Rauru in einigen Tagen vor den versammelten Bewohnern aller Reiche Hyrules sprechen würde, tat ihr übriges. Der Weise des Lichtes, hatte dies noch am vorangegangenen Tag bekannt gegeben.Erschöpft von den Schrecken der letzten Tage hießen viele Leute die aufkommende Stille gut und taten ihr bestes, um nicht an die düstere Zukunft, die von Krieg und Dunkelheit geprägt war, zu denken. Offenbar stand der Stadt endlich die erste erholsame Nacht, seit einigen Tagen bevor. Die hochrangigen Gäste, die noch nicht abgereist waren, hatten im Schloss Quartier bezogen und zu diesen Gästen zählten auch Link und seine Familie. Die restliche Zeit vor der großen Rede würden sie zwar bei sich zuhause verbringen, doch an diesem Abend wollte Ruto sofort ins Bett gehen, um etwas von ihrem verlorenen Schlaf wiederzugewinnen und deshalb ließen sie es die Serenade des Wassers zu spielen und zum See zurückzukehren.

Link beurteilte die kommende Rede als einen klugen Schachzug der Weisen, um die Bevölkerung zu beruhigen und ihnen gleichzeitig ein Ereignis zu liefern, auf das sich sich freuen konnten. Das Fest des Sieges dauerte jedes Jahr vier wundervolle Tage an, doch dieses Jahr wurde es bereits am ersten Abend auf schreckliche Weise abgebrochen und so fehlte den Leuten diese Zeit der Ausgelassenheit umso mehr. Eine weit verbreitete Hoffnung war zurzeit, dass auch Zelda endlich wieder in Erscheinung treten würde. Die Tatsache, dass sie seit dem Fest des Sieges von niemandem außer Impa mehr gesehen worden war, stellte die größte Quelle zur Verunsicherung des Volkes dar. Selbst die Bewohner des Schlosses hatten sie nicht mehr gesehen, ja noch nicht einmal von ihr gehört. Es schien nicht einmal ganz klar zu sein, ob sich die Regentin überhaupt noch im Schloss aufhielt. Doch von solchen Gedanken wollten sich die Bürger der Stadt diese Nacht nicht zerstören lassen und auch Link zog es vor nicht daran zu denken. Während er und Ruto sich in ihre Gemächer zurückgezogen hatten, suchte Ren nach einem Platz, wo er alleine sein konnte.

Seit der unerwarteten Ankunft von Oroelle zur Versammlung war er ganz aufgewühlt. Dass er Nomara wieder getroffen hatte, besserte seinen Zustand auch nicht, zumal Kira seinen verlegenen Blick bemerkt zu haben schien, wenn er in die Richtung von Naborus Tochter geblickt hatte. Die Führerin der Gerudos war zwar bereits wieder im steinigen Tal, doch ihre Tochter befand sich noch im Schloss, denn sie war selten hier gewesen und wollte sich gerne umsehen.

Ren seufzte ergeben, als er sich in eine höhere Etage begab. Wieso musste so etwas ausgerechnet ihm geschehen? Die Frauen der Shiekah sahen ihm allgemeinen gut aus, doch ihre dunkle Ausstrahlung ließ es sehr selten dazu kommen, dass sich jemand in sie verliebte. Ausgerechnet er, der ja nicht einmal Erfahrungen mit gewönlichen Frauen hatte, musste sich in jemand ihm so fernes verlieben. Hinzu kam nun noch, dass Oroelle selbst unter den Shiekah hochgestellt zu sein schien: Shinrio war nach Impa die einflußreichste und mächtigste Person in der Gesellschaft der Shiekah, zumindest schien es so, und Oroelle war seine Schülerin. Das musste sie zu etwas ganz besonderen machen. Sie würde sich niemals für ihn interessieren, dachte er traurig. Ihr war Höheres bestimmt. Ihr Volk verging und glitt hinüber in die Schatten, die so eng mit ihnen verbunden waren. Sie würde gewiss einen Angehörigen ihres Volkes ehelichen, um den Bestand der Shiekah zu verlängern. Seine königliche Würde als Kronprinz der Zoras erschien Ren nur allzu gering im Vergleich zu Oroelles majestätischer, jedoch unnahbarer Erhabenheit. Sein früherer Beschluss um sie zu kämpfen schien nun auch nichts mehr Wert zu sein. Er musste ihn verwerfen, wenn er sich nicht ins Unglück stürzen wollte. Es würde ihm nur wehtun. Es war schon schwer genug für ihn jeden Tag, ja jede Stunde an seine Angebetete zu denken. Er musste Ruhe finde...doch wie?, fragte er sich. Wo konnte er Ruhe finden, eine Ablenkung, die ihn nicht mehr an sie denken lassen würde? Immernoch unsicher und unentschlossen fand Ren das, wonach er gesucht hatte: Einen Ausgang, der zur Brüstung führte. Vielleicht würde ihm der Anblick des Sonnenunterganges helfen mit seinen Gedanken zu Recht zu kommen.
 

Drei Etagen unter Ren spazierte Nomara gerade gedankenverloren durch den Schlosspark. Ohne es zu wissen war sie in einem ähnlichen Gedankengang versunken wie Ren, als sie plötzlich eine Hand auf ihrer Schulter spürte und sich der extravagante Anblick Prinzessin Kiras in ihr Blickfeld schob. Beinahe wäre sie erschrocken, denn sie hatte gedacht, dass sie die einzige gewesen war, die unter den Bäumen herumgewandert ist. Doch wenn sie sich erschreckt hätte und Kira es gemerkt hätte, hätte sie eine der grundlegenden Regeln der Gerudos gebrochen: Lasse dich niemals erschrecken und sollte es jemals im Angesicht unmenschlicher Schrecknisse doch dazu kommen, so lasse es dir nicht anmerken, vor allem nicht vor einem Fremden und womöglich noch einem Mann!

Dennoch schien Kira ihre Beunruhigung gespürt zu haben, denn sie lächelte aufmunternd und begrüßte sie freundlich. " Wie schön, dass ich dich hier finde Nomara. Ich darf doch Nomara zu dir sagen? Ich wollte dich in deinem Zimmer aufsuchen aber man sagte mir du seist in den Park gegangen, also bin ich dir hinterher gekommen. Ich muss unbedingt mit dir reden, du kannst dir sicher vorstellen weswegen…"

Verwirrt sah Nomara sie an und vergaß dabei, dass es unhöflich und vor allem dumm war ihr keine Antwort zu geben. Sie hatte außerdem eine hoch gestellte Persönlichkeit vor sich und auch wenn die Regeln der Gerudos nicht den Gehorsam und Respekt anderen Herrschern als ihren eigenen vorschrieben, so hatte sie sich doch höflich zu verhalten, zumal Kira ihr keinen Anlass zum Gegenteil gegeben hätte.

"Prinzessin Kira, ich hätte nicht erwartet, dass ihr mit mir sprechen wollt. Hätte ich es vorher gewusst, so hätte ich euch auf meinem Zimmer erwartet." Kira winkte ungeduldig ab.

"Du konntest es ja nicht wissen, woher auch, und bitte lass das mit meinem Titel. Ich werde schon oft genug daran erinnert, außerdem stehst du ja in keinster Weise unter mir, wenn man es recht betrachtet, sollte ich dir gegenüber sogar ergebener sein." Als sie Nomaras fragenden Blick bemerkte fügte sie noch hinzu:

"Weil du ja die Erbin deiner Mutter bist, ich jedoch nur eine einfache Adlige." Nomara wurde die Situation zunehmendst unangenehm.

"Kira, was...?" Sie kam nicht dazu auszusprechen, weil Kira ihr einfach ins Wort fiel:

"Gehen wir ein Stück zusammen?" Ehe sich Nomara auch nur dazu äußern konnte, zog Kira sie schon mit sich. Hätte Nomara nicht Kiras Ruf als eine der charakterstärksten und einnehmensten Personen des Landes gekannt, wäre sie vermutlich aufgefahren und unheimlich wütend geworden. Kiras Verhalten reizte sie zwar tatsächlich, aber die direkte und bestimmte Art der Zoraprinzessin gefiel ihr auch. Sie hatte etwas von einer Gerudo, fand Nomara. So ging sie also eine Weile schweigend neben Links Tochter her bis diese das Schweigen brach.

"Du weißt also nicht, weshalbr ich dich sprechen wollte?" Nomara verneinte, auch wenn sie da schon eine Ahnung hatte in welche Richtung dieses Gespräch führen würde.

"Ich habe vorhin die Blicke bemerkt, mit du und Ren euch zugeworfen habt...", fing Kira an und konnte sich ein verschmitztes Lächeln nicht verkneifen. „Oder sollte ich besser sagen, die verlegenen Blicke, die mein kleiner Bruder dir zugeworfen hat und die du mit einem sehr zufriedenen Gesichtsausdruck quitiert hast?“ Der Verdacht hatte sich bestätigt, Ren schien sich tatsächlich verliebt zu haben.

"Ich habe jedem im Saal Blicke zugeworfen", meinte Nomara vergnügt. Ihr Gegenüber gefiel ihr immer besser. Kira dachte, dass Naborus Tochter keine Chance gegen sie hatte, da sie sich selbst als die Meisterin dieses Spiels ansah, in dem es darum ging aus einem scheinbar harmlosen Gespräch alle wichtigen Informationen herauszufiltern.

"Ach ich bitte dich Nomara, du brauchst jetzt nicht die Unschuldige zu spielen, das wäre zu geschmacklos. Ich kann mir denken, dass ihr euch geküsst habt, und das Ren noch unbeholfen und sehr schüchtern ist. Das macht ihn übrigens ganz hinreißend, nicht? Außerdem weiß ich, dass du ganz und gar nicht schüchtern bist und mein liebes Brüderchen wohl stark in Verlegenheit gebracht hast." Wo dieser Satz bei jedem verletztend und sogar spottend wirken würde, brachte Kira das unvergleichliche Kunststück fertig, es warm und wohlwollend klingen zu lassen, ja durch und durch freundschaftlich. Nomara war nicht bestürtzt, im Gegenteil: Sie war eher stark beeindruckt.

„Du bist eine außergewöhnliche Frau, Kira. Ich nehme nicht an, dass Ren dir das alles gebeichtet hat?“ Mit einem Lächeln, das sich zu einem diebischen Grinsen gesteigert hatte antwortete Kira: "Er hat es mir nicht direkt gesagt und es auch hartnäckig geleugnet, aber glaub mir: Ich kenne meinen Bruder besser als jeder andere! Ich habe es von ihm erfahren und ich denke er weiß, dass ich es weiß. Aber das ist ja jetzt alles ersteinmal vollkommen unwichtig. Wichtig ist nur, dass sich im Liebesleben meines Bruders endlich etwas tut und das muss nun nur noch in die richtigen Bahnen gelenkt werden...Also erzähl schon, wie verhält sich mein Bruder zu dir? Wahrscheinlich ungeschickt und tölpelhaft doch wohl auch mit seinem eigenem gewissen Charme, nicht wahr? Oder hat er seine Unschuld und seine Schüchternheit etwa schon überwunden?"

Nomara lachte. „Der Großmeister des Bösen ist vor erst wenigen Tagen aus seinem Gefängnis ausgebrochen, was niemand für möglich gehalten hätte und das ganze Land bereitete sich auf den Krieg vor und da hast du nichts Besseres zu tun, als mir solche Fragen zu stellen?“ Es klang nicht unfreundlich.

„Ja nun, du musstest ihn nicht zu einem gutaussehendem jungen Mann heranwachsen sehen und dann feststellen, wie schrecklich schwierig er doch ist. Das ist schon ein Großereignis, was sich da angebahnt hat.“ Sie unterstrich ihre Worte mit übertriebenen theatralischen Gesten und gespielten Ernst in der Stimme.

„Es ist ja sehr löblich, dass du dich so stark für deinen Bruder einsetzt, aber meinst du nicht, dass das seine sehr persönlichen Angelegenheiten sind?“

Kiras Augen brauchen schossen in die Höhe, wie um Nomara daran zu erinnern, über wen sie da eigentlich sprachen. Der Gerudo schoss spontan Rens Verhalten in ihrer Festung in den Kopf: Seine Verlegenheit angesichts der leicht bekleideten Frauen, die unsicheren Blicke und gezwungene Höflichkeit. Ihre Lippen verzogen sich.

„Du kannst Leute sehr gut einschätzen, aber ich habe ja bereits gehört, wie klug du sein sollst und der Eindruck hat sich bestätigt. Jetzt tut es mir fast leid, deine Neugier und deine Hoffnungen begraben zu müssen. Es stimmt zwar, dass ich Ren sehr anziehend finde und in der Festung auf ihn zugegangen bin, und ja wir haben uns auch geküsst…“, in Kiras blauen Augen blitzte es triumphierend auf, „aber, das wars auch schon. Wir sind nicht zusammen oder werden uns weiterhin auf diese Art und Weise treffen und Zeit miteinander verbringen. Es war einmalig.“ Von der anderen erwähnte sie Ren zuliebe nichts. Ein gewisses Maß an Diskretion kannten auch die Kriegerinnen.

Als sie eine Frage in Kiras Blick aufkommen sah, fügte sie noch schnell hinzu, dass sie den Kuss gefordert habe.

„Ich konnte ihn doch nicht so einfach ziehen lassen, oder?“, fragte sie augenzwinkernd. Kira lächelte zur Antwort machte jedoch für einen Augenblick ein nachdenkliches Gesicht, das schon nach kurzer Zeit einem erstaunten, ja bestürzten Ausdruck Platz machte. Ungläubig sah sie die überraschte Nomara an.

"Eine andere…? Aber wann…wo?"Die Kriegerin war so überrumpelt, dass sie beinahe gestolpert wäre und in ihrer Überrschung rie sie sie aus, wie Kira denn darauf komme. S klang ganz und gar nicht überzeugend.

„Wie gesagt ich kenne meinen Bruder. Er ist zwar schüchtern, aber wenn es dann schon soweit kommt, dass eine Frau küsst, dann entwickelt er ohne Umschweife Gefühle für sie. Das ist zwar noch nie vorgekommen, aber ich weiß, dass er so reagiert. Ich meine, es ist das erste Mal für einen so zurückhaltenden und bscheidenen jungen Mann, und die erste Frau im Leben ist immer etwas Besonderes. Er würde niemals von sich aus diese Frau ablehnen, es die denn er hat einen Grund dafür, und der kann nur folgender sein: Er hat sich bereits verliebt, bevor er zu euch ins Gebirge kam. Du hast selbst gesagt, wie anziehend du ihn findest, du bist eine Gerudokriegerinn, du nimmst dir, was dir gefällt. Du hättest ihn nicht einfach losgelassen, wenn es nicht einen guten Grund dafür gegeben hätte. Es kann nur so sein!“

„Das ist…bewundernswert. Dass du darauf innerhalb weniger Sekunden gekommen bist…du hast es geschafft eine Gerudo ganz und gar aus der Fassung zu bringen, mein Kompliment.“

Kira bedankte sich freudig und ermunterte Nomara ihr eine Antwort zu geben, oder wenigstens einen Hinweis. Die Ausstrahlung von Links Tochter ging an niemandem ohne Spuren vorbei und so fing Nomara beinahe zaghaft an zu erzählen, was sie wusste:

"Ich weiß nicht, wer sie ist und Ren hat auch keine Andeutungen gemacht...Ich weiß weder ihren Namen noch wie sie aussieht, noch wann sie sich kennen gelernt haben. Aber es hat Ren wohl richtig erwischt. Ich konnte in seinen Augen eine leidenschaftliche Hingabe ablesen, von der die meisten Frau wahrscheinlich träumten."

Doch Kira schien nun kaum noch zuzuhören. "Was haben die Beiden bloß auf dieser Reise getrieben?", murmelte sie vor sich hin. Dann schien sie einen raschen Entschluß gefasst zu haben, denn mit einer knappen Entschuldigung und dem Versprechen auf ein nächstes entspannteres Gespräch stürmte sie energisch davon. Nomara rief ihr eine Einladung in die Festung hinterher. Sie würden seht gut miteinander auskommen, zu schaden, dass sie sich nicht früher richtig kennen gelernt hatten.

Erstaunt und von einem unterdrückten Gefühl der Anerkennung erfüllt, stürmte Rens Schwester dem Schloss entgegen und wunderte sich dabei, zu was für einem kleinen Herzensbrecher ihr Bruder doch unbemerkt geworden war.
 

Das Chaos in Rens Gedanken hatte sich in den vergangenen Augenblicken gelichtet und er begann sich langsam aber sicher zu entspannen. Der schöne Ausblick auf den Sonnenuntergang und das beruhigende Gemurmel des Wassers aus dem Schlossgraben hatten ihm dazu verholfen seine beunruhigten Überlegungen beiseite zu legen und sich diese Nacht Ruhe zu gönnen. Er befand auf der westlichen Brüstung drei Stockwerde über der Erde und hatte damit einen Blick zum nordwestlichen Ende des umzingelnden Gebirges, das in den letzten Strahlen der untergehenden Sonne rot aufzuleuchten schien. Das Gefühl von Ruhe, das sich in ihm auszubreiten begann, tat ihm gut und er nahm sich vor heute Nacht nicht an die negativen Dinge zu denken, sondern sich einfach nur Oroelles Anmut und Schöhnheit vor Augen zu führen.

"Der Sonnenuntergang ist wunderschön, nicht wahr?"

"Ja, das ist er." stimmte Ren der Stimme zu...und merkte dass es Oroelles Stimme war! Die Ruhe hatte ihm wohl mehr als nur gut getan, sie hatte ihn nahezu betäubt. Doch nun wich sie mit einem Schlag von ihm ab, als er sich der Shiekah zuwandte. Dann erstaunte er sich selbst indem er einfach nur überrascht sagte: "Oroelle, was tust du denn hier?" Scheinbar hatte er unbewusst aus seiner letzten Begegnung mit ihr gelernt. Doch auch die erste Überraschung legte sich bald und er kam sich wieder winzig und unbedeutend neben ihr vor. Oroelle lächelte ihn an, was ihm ein wunderbares Gefühl von Wärme in sich spüren ließ, das jedoch die Kälte des Schocks über ihren unvermittelten Aufenthalt hier nicht vertreiben konnte.

"Ich sehe mir sehr gerne Sonnenuntergänge an. Sie vermitteln ein Gefühl der Ruhe und davon haben wir wohl alle viel bitter nötig."

"Ja...du hast Recht, das haben wir...", murmelte Ren, als er sich plötzlich klar machte, dass er Oroelle anstarrte und schnell wegblickte. Er konnte einfach nichts Weiteres sagen, ihm fehlten die Worte. Oroelles Anwesenheit hatte ihm ganz einfach die Sprache verschlagen.Wie sehr dankte er den Göttinnen doch, als sie von sich aus weitersprach.

"Außerdem bin ich müde. Ich habe eine lange Wegstrecke zurückgelegt. Ich möchte mich einfach etwas entspannen. Wollen wir uns auf die Brüstung setzen?", fragte sie unvermittelt. Ren nickte nur unsicher. Während Oroelle sich in einem einzigen Schwung auf die brusthohe Mauer vor ihnen begab, kam Ren sich ziemlich lächerlich vor als er etwas länger dazu brauchte. Unsicher blickte er in die Tiefe, doch zu seiner Erleichterung würde er im Wasser landen, wenn er hier herunter fallen würde. Oroelle lehnte sich währenddessen gemütlich an eine der Erhebungen in der Brüstung, die in regelmäßigen Abständen eingesetzt waren. Ren hatte nicht bedacht, wie nahe er ihr kommen würde, wenn er sich in dieselbe Lücke zwischen zwei solcher Erhebungen begab und nun musste er verunsichert feststellen dass zwischen ihm und Oroelle nur etwa zwei Finger breit Platz war. Mit klopfendem Herzen lehnte er sich auch an die Erhebung auf seiner Seite. Minuten verstrichen, ohne dass ein Wort gesagt wurde bis Ren schließlich all seinen Mut zusammennahm und fragte:

"Du hast eine lange Wegstrecke zurückgelegt? Wo...", er räusperte sich, "Wo bist du denn gewesen?" Schnell fügte er noch höflich hinzu: "Wenn ich fragen darf..." Oroelle wandte sich ihm unbekümmert zu.

"Ich war weit im Süden des Kontinentes, in Karthas und habe zusammen mit einigen anderen von uns Ganondorfs Bewegungen ausspioniert. Zur weiteren Vorbereitung und um die Neuigkeiten zu überbringen bin ich wieder zurückgekehrt, dazu musste ich sehr lange Wegstrecken in kurzer Zeit zurücklegen, was anstregend war." Ren vermutete, dass sie auf magische Art gereist war, vermutlich mit magischen Melodien, denn der Weg nach Karthas nahm gewöhnlich eine wochenlange Reise ein.

„Du hast so etwas…wie eine besondere Position, oder?" Als sie ihm daraufhin direkt in die Augen sah, wandte er den Blick wieder dem Westen zu, doch die Sonne war nicht mehr zu sehen. Er beeilte sich fortzufahren. "Ich meine, weil du ja die Schülerin von ...von jemand so hoch gestelltem bist...tut mir leid...ich meine...verzeih mir...falls ich dir damit zu nahe treten sollte…", schloss er und eine verräterische Röte stieg ihm ins Gesicht. Hatte Kira nicht gesagt die Vermischung von Rot und Blau in seinem Gesicht sehe gut aus? Doch dann verfluchte er sich selbst wegen dieser banalen und vor allem vollkommen unsinnigen Gedanken und lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf Oroelle, die ihm antwortete.

"Nein, eigentlich habe ich keine besondere Position. Das, was icht tue, machen alle anderen Schüler auch, ebenso wie es die jetztigen Meister auch tun mussten. Unsere Gesellschaft hat strenge Regeln, weißt du? Wir werden vollkommen von unseren Diensten in Anspruch genommen und haben leider nur sehr wenig Zeit für uns selbst." An ihrem Tonfall meinte Ren zu erkennen, dass ihr das nicht gefiel und sagte schüchtern:

"Das tut mir leid. Es...ist sicher nicht einfach nach so strengen Regeln zu leben..." Oroelle schüttelte den Kopf und ihr Haar wehte dabei anmutig im Wind, was Ren schier den Atem raubte.

"Nein, das ist es wirklich nicht", stimmte sie ihm zu. "Aber wir müssen lernen damit zu leben, ob wir es wollen oder nicht. Es ist für das Volk..." Hatte Ren da eine Spur von Trauer in ihrer beherrschten Stimme vernommen? Er konnte es nicht sagen. Der Augenblick verging unmerklich und dann schüttelte Oroelle abermals den Kof.

"Genug davon, du siehst mir auch ziemlich besorgt aus." Sie sah ihn bei diesem Satz so aufmunternd an, dass er nicht anders konnte als loszuplatzen: " Ich bin verliebt!", wofür er sich im nächsten Augenblick selber von dieser Mauer hätte werfen können. Er glaubte nicht, dass sie diese Worte auf sich selbst beziehen würde doch er fürchtete sich dennoch vor ihrer Wirkung.

"Das Gerudomädchen ist es wohl nicht, oder? Nomara?" Ren schüttelte den Kopf und fing an zu seinem Entsetzen an zu stottern:

"I...Ich möchte nicht..nicht darüber sprechen...ist das in...Ordnung?" Die Shiekah lachte glockenhell auf.

"Wieso fragst du mich? Es ist deine Sache und ich werde dich ganz sicher nicht danach ausfragen. Keine Sorge", fügte sie noch augenzwinkernd hinzu, was Ren abermals die Röte ins Gesicht trieb. Es wurde wieder still und dann flüsterte Oroelle plötzlich: "Ren?"

"Ähm..ja?" Sie sah ihm wieder direkt in die Augen während sie sprach und nun war sich Ren einigermaßen sicher, dass Oroelle etwas bedrückte, dass sie traurig war.

"Wie ist es jemanden zu lieben?" Völlig verdutzt konnte Ren kaum fassen, was er da hörte. Doch der Tonfall ließ ihn schaudern.

"Wie... wie meinst du das?", fragte er zutiefst verunsichert.

"Ich meine es so, wie ich es sage. Was für ein Gefühl ist es, wenn man verliebt ist?"Der Zoraprinz wusste nicht, was er sagen sollte. Wie sollte er dieses Gefühl beschreiben, es versuchen zu erklären?

"Also...nun...weißt du, das...das ist ...wirklich nicht leicht zu erklären...hm, also vor allem ist es...", er wurde immer röter doch dann fasste er sich ein Herz und sprach seine eigenen Empfindungen einfach aus. Sie wusste ja nicht, auf wen sie bezogen waren.

"Es ist sehr schön. Ich fühle eine angenehme Wärme wenn ich an...sie...denke. Aber...es ist auch schmerzlich.... sie ist so unerreichbar für mich und ich bin sehr unsicher. Ich...Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll.", schloß er bedrückt. Oroelle lächelte ihn an. Dieses Lächeln tat ihm so sehr weh, aber es auch wie ein Geschenk. Er fühlte sich ihr so nahe...so nahe wie noch nie.

„Jemand, den du nicht erreichen kannst? Du kannst jeden in diesem Reich erreichen. Ist sie nicht von hier?“ Erschrocken sah Ren sie an, woraufhin sie sich die Hände vorm Mund zusammenschlug.

„Tut mir leid, tut mir leid! Ich wollte doch nicht in dich dringen. Ich fürchte jede Frau wird bei so einem Gespräch neugierig.“ Ihre wunderschönen Lippen verschoben sich und ihr sonst du herrliches Lächeln wurde zu einem leicht schiefen Grinsen. Nun, es stand ihr trotzdem, aber Ren hatte es nicht erwartet. In diesem Moment war sie keine Shiekah mehr, sondern ein gewöhnliches lebendes Geschöpf. Gegen seinen Willen lächelte auch er auf diese schiefe Weise und musste dabei so seltsam ausgesehn haben, dass das Lachden der Shiekah breiter wurde. Noch im gleichen herzlichen, warmen Tonfall fuhr sie fort:

"Halte an dem gefühl fest. Sage der Person, dass du sie liebst. Sie wird sich sicher freuen, selbst, wenn sie es dir nicht zeigen sollte, selbst wenn nichts aus euch werden sollte. Glaub mir. Jeder freut sich darüber geliebt zu werden." Damit stand sie auf und sprang wieder hinter die Brüstung.

"Oroelle, warte bitte!", rief Ren. Sie drehte sich noch einmal um. "Wieso fragst du so etwas?" Erst jetzt nahm Ren die zunehmende Dunkelheit der Nacht und ihre Kälte wahr. Der Sommer war endgültig vorbei.

"Weil ich neugierig war. Ich war noch nie verliebt und ich frage mich, ob ich jemals in den Genuss dieses Privilegs kommen werde. Es gibt nicht viel Liebe in meinem Leben...dafür ist leider kein Platz…" Sie schien mit der Dunkelheit zu verschmelzen, während sie wegging.
 

Oroelle war vor einer halben Stunde gegangen und Ren wollte gerade durch die Tür gehen, als er unvermittelt gegen seine Schwester prallte.

"Kira? Was machst du denn hier?" Kira schenkte ihm einen vorwursvollen Blick, doch dann grinste sie. "Es sollte mich ja eigentlich nicht überraschen, dass du so in Gedanken versunken bist. Du kannst ja kaum noch etwas vor dir wahrnehmen du liebestoller Hengst!", stichelte sie. Ren sah sie verdossen an. Was sollte denn das schon wieder? Genau das fragte er seine Schwester auch.

"Ach Ren. Endlich habe ich herausgefunden, was mit dir los ist. Ich muss schon gestehen, dass du mich ganz schön hinters Licht geführt hast." Sie schüttlete den Kopf und fuhr mit gespielter, ungläubiger Stimme fort: "Mein kleiner Bruder, der Herzensbrecher, wer hätte das je für möglich gehalten? Da denkt man, dass du bei dem ersten Mädchen, dass sich dir nähert vor Scham vergehen wirst und dann erfährt man, wie professionell du mit der Situation umgegangen bist, während du schon eine andere hattest. Ich schätze du hast sie auf der Reise mit Vater kennengelernt? Ansonsten hätte ich es ja wohl bemerkt! Also, erzähl schon, wie ist sie so?" Als Ren nach einigen Augenblicken die Tragweite dessen, was seine Schwester gerade gesagt hatte, bewusst wurde, dass sie scheinbar alles zu wissen schien, war er zu verblüfft, um etwas zu sagen. Woher, bei den Göttinnen und dem Allerheiligsten hatte sie das alles erfahren? Doch auch ohne weiter groß darüber nachzudenken, wurde er wütend.

"Halt dich aus meinen Angelegenheiten heraus Kira!", fuhr er sie böse an, worauf diese nur erwiderte: "Mein lieber Bruder, irgendjemand muss sich ja deiner Liebesprobleme mal annehmen. Irgendwann musst du dich damit auseinandersetzen. Meinst du ich sehe etwa nicht, wie es dich von innen heraus zerfrisst? Ich mache mir Sorgen um dich, also schrei mich gefälligst nicht so an!", fauchte sie nun ihrerseits erzürnt. Ren winkte nur ungeduldig ab und meinte:

"Weißt du was? Das muss ich mir von dir nicht bieten lassen. Es ist mein Leben, also bleib bei deinem!" Er stürmte an ihr vorbei durch die Tür und ließ sie alleine und kopfschüttelnd zurück. Nachdenklich schlenderte sie zur Brüstung. Natürlich war ihr Bruder jetzt böse auf sie. Sie war sich ihrer Sticheleien ihm gegenüber vollaus bewusst. Doch sie hatte hinter sein Verhalten geschaut, in seine Augen geblickt. Sie wusste, dass ihr Bruder sehr mitgenommen war. Es ging wohl über gewöhnlichen Liebeskummer hinaus. Leidenschaftliche Hingabe hatte Nomara gesagt… Besorgt schaute Kira zum Nachthimmel herauf. Sie macht sich schrekliche Sorgen um Ren. Er war stark, aber sie hatte dennoch Angst um ihn. Ihnen standen so schwere Zeiten bevor...Nachdenklich blickte sie in die Richtung der Stadt, die in Dunkelheit gehüllt war. Wahrscheinlich wäre sie heute wieder einmal die einzigie die nicht würde schlafen können. All diese Probleme, Ängste und Schwierigkeiten in der Welt, sie ließen sie einfach nicht los...Leid hatte sie schon immer gedauert. Doch heute Nacht lenkte sie ihre Sorge um ihren Bruder wieder von ihren eigenen Problemen ab, von ihren eigenen Ängsten und Sehnsüchten.

Auferstehung

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 4: Auferstehung
 

"Lisa, komm ins Haus, es ist bereits dunkel!"

"Ja Mama!", rief das kleine Mädchen namens Lisa und drückte ihren Hund noch einmal zum Abschied.

"Gute Nacht Bruno, schlaf schön und pass mir ja auf das Haus auf, hörst du?" Bruno bellte zum Abschied und Sekunden später schloss sich die Tür zum Haus. Das Haus und der dazugehörige Hof lagen ziemlich weit im Süden der hylianischen Steppe und standen alleine. Es war ein einen halben Tagesritt vom nächsten Dorf entfern (welches auch nur eine kleine Ansammlung an Hütten und Feldern war) und befand sich am Rand eines kleinen Waldes. Im Hintergrund konnte man die zackigen Umrisse des Umzingelnden Gebirges sehen. Während im ersten Stock des Wohnhauses der Familie Lisas Mutter ihrer Tochter ein Lied zum Einschlafen sang und ihr Vater im Erdgeschoss sein altes Schwert schärfte, trottete Bruno zum kleinen Tor in der Mauer, die den Hof umgab und schnüffelte.

Im nächsten Augenblick fing er an zu bellen...
 

Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der ganzen Steppe und von dort an alle anderen Orte des Großreiches: In den letzten Nächten wurden mehrere kleine Siedlungen und alleinstehende Häuser von Monstern überfallen! Eine neue Welle der Beunruhigung lief durch das Land, denn während alle Bewohner den Krieg noch in sicherer Entfernung glaubten, so schien es nun, als ob er bereits unter ihnen sei. Glücklicherweise war bis jetzt niemand umgekommen und abgesehen von einigen Verletzten gab es auch nur Zerstörte oder beschädigte Gebäude, doch diese Tatsache gab den Bewohnern der Steppe auch kein sicheres Gefühl. Die Soldaten, die nun durch das Land zogen umso mehr. Auf Geheiß Trestors wurden die Stadt und die Schlossgarde auf weniger als zweihundert Mann zusammen reduziert. Alle ausgebildeten Soldaten des Landes zogen zu den ihnen zugewiesenen Trainingslagern, die in der ganzen Steppe und in allen Ortschaften, wo Hylianer lebten, aufgebaut wurden. In diesen Lagern sollten die bereits ausgebildeten Kämpfer so vielen Leuten wie möglich ihr Können beibringen. Diese Soldaten die durch das Land zogen, waren nun der einzige Schutz den die Bewohner der Steppe hatten und viele waren bereit um ihrer Sicherheit willen in den Lagern zu übernachten und ihr Heim sich selbst zu überlassen. So hatten die Angriffe also einen positven Nebeneffekt: Sie ließen die Hylianer in Scharen in die Ausbildungslager strömen.

Dort halfen sie zunächst nur beim Aufbauen und dann zogen alle Wesen des Großreiches, außer den Kokiri zur Schlossstadt, um sich Raurus Rede anzuhören.
 

Als der Tag dieser Rede endlich gekommen war, waren genau zwei Wochen seit der Besprechung im Schloss vergangen. Sämtliche Ausbildungslager waren größtenteils aufgebaut und die Bevölkerung war bereit sich dem harten Training zu unterziehen. Da es im ganzen Land keinen Ort gab, der so viele Wesen auf einem Platz beherbergen konnte (selbst die Lon-Lon-Farm konnte nicht genug Platz bieten) warteten die Einwohner Hyrules einfach vor der Stadtmauer, von der aus Rauru dann zu ihnen sprechen würde. Die Stimmung war gespannt. Es gab viele verschiedene Erwartungen und Hoffnungen, was Rauru denn nun sagen würde. Es war in der letzten Zeit so stark in die Öffentlichkeit gegangen wie niemals zuvor. Doch wer sonst hätte die schwerwiegende Aufgabe des Schutzes des Großreiches Hyrule übernehmen können, wenn nicht der Oberste der Weisen? Offenbar brachte es Zelda ja nicht mehr fertig mit einer solchen Aufgabe umzugehen.

Link schaute auf die riesige Masse aus unterschiedlichen Hautfarben und Körpergrößen unter sich während er auf der Mauer stand. In Gedanken war er bereits bei der Rede, doch dann driftete er ab. Er konnte nicht anders, er musste an sie denken. Das letzte Mal als er sie gesehen hatte war sie vor Angst beinahe bewusstlose geworden. Doch zum ersten Mal in seinem Leben, dachte der Held der Zeit nicht an die Frau die er insgeheim liebte, sondern an die Herrscherin von Hyrule, die Prinzessin des Schicksals, die Weise der Zeit...Das Volk fing an neuen Mut zu schöpfen, doch wie lange würde es dauern, bis sie den wieder verlieren würden? Schon immer war es Zelda gewesen zu der sie aufgeschaut hatten, die sie verehrt hatten. Als vor zwanzig Jahren der König noch lebte galt die Liebe und das Vertrauen des Volkes nicht ihm, sondern seiner Tochter...während Ganondorfs Herrschaft hofften die Leute nicht auf die Weisen oder auf einen seltsamen Jungen aus den Wäldern, sondern sie hofften darauf, das Prinzessin Zelda wieder aus dem Schatten kommen würde...als Ganondorf besiegt wurde galt die Ehrerbietung des Volkes nicht nur ihm sondern auch in höchsten Maßen Zelda. Die Weisen waren zwar seit jeher da, doch waren sie immer eine treibende Kraft im Hintergrund gewesen. Es war seit ihrer Kindheit immer Zelda auf die sich die Leute verließen. Und nun war Zelda ein Wrack, nicht fähig mit ihren eigenen Schrecknissen klar zu kommen. Sie konnten diesen Krieg nicht gewinnen ohne sie...sie hatte das Fragment der Weisheit, sie hatte ihm damals schon geholfen Ganondorf zu besiegen. Sie war letzten Endes ein unabdingbarer Teil des Feldzuges gegen den Großmeister des Bösen.

Zu diesem Ergebnis schienen auch andere Leute außer ihm selbst gekommen zu sein, denn ohne Vorwarnung spürte Link eine Hand auf seiner Schulter und hörte eine vertraute Stimme in sein Ohr flüstern:

"Worauf wartest du? Wir brauchen sie, wir können ohne sie nicht gewinnen...hol sie zurück! Erinnere sie...an dich...an ihre Pflichten, an sich selbst. Du bist der einzige der das tun kann! Tu es…"
 

Die Tür schien ihn abzuweisen.

Kalt und leblos stand sie vor ihm. Sie war einfach und aus einer dunklen Holzart gebaut. Link war unsicher. Er stand schon seit fast zehn Minuten vor der Tür, die in Zeldas Gemächer führte. Sollte er denn wirklich hereingehen? Was würde dann geschehen? Er hatte Angst vor dieser Begegnung. Mehr Angst noch vielleicht als vor dem Großmeister des Bösen persönlich. Er hatte in den letzten Jahren nur ein einziges Mal ernsthaft mit Zelda geredet: Vor seiner Abreise nach Termina. Über einen sehr langen Zeitraum hindurch waren sie sich auf jede nur erdenkliche Weise aus dem Weg gegangen. Sie dachten an den anderen, das war nicht der Grund, kein Tag verging ohne das flüchtige Abschweifen der Gedanken, ohne eine sehnsuchtsvolle doch schmerzhafte Erinnerung. Doch beider Furcht war einfach zu stark. Link erinnerte sich mit einem Schaudern an jenen winzigen Moment vor wenigen Wochen, als er und Zelda sich direkt in die Augen gesehen hatten. Ein Moment, der bei der Regentin ohnehin noch nicht verheilte Wunden noch weiter aufgerissen hatte. Es war kein Geheimnis, dass Zelda sich in den letzten Jahren immer mehr aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen hatte. Doch nun war die Grenze überschritten, man musste etwas unternehmen. Er musste etwas unternehmen! Das wusste er natürlich schon seit längerem, doch nun da er hier stand...vor ihrer Tür.... Der große, gefeierte Held der Zeit hatte Angst die Liebe seines Lebens zu treffen, sie zu sehen, mit ihr zu sprechen. Nervös sah er sich nach beiden Seiten um, ohne zu wissen wonach er denn Ausschau hielt. Als er kein Zeichen der Rettung gefunden hatte, schloß er müde die Augen und als er sie wieder aufmachte streckte er zögernd seine Hand aus. Das Klopfen hätte schon unter normalen Umständen niemand gehört und er musste annehmen drinnen eine verzweifelte Frau vorzufinden, die gewiss nicht auf die Tür achtete und wenn doch so nur mit Schrecken.

Er wartete einen Augenblick und klopfte erneut, stärker, lauter...und erhielt keine Antwort. Link zögerte. Er wusste nicht was er tun sollte. Sollte er nach ihr rufen? Er hatte sich vorgestellt, dass er einen gewissen Auftritt haben müsste, um eine erwünschte positive Wirkung zu erzielen und nicht, dass er vor ihrer Tür nach Zelda rufen müsste. Er klopfte noch einmal und nachdem er wieder keine Antwort vernahm versuchte er die Tür zu öffnen. Zu seiner Überraschung war sie nicht abgeschlossen. Langsam trat er ein. Er fand sich in einem großen, gemütlichen Raum wieder, den Zelda wohl für Empfänge benutzte. Ein roter Teppich breitete sich unter ihm aus und selbst durch seine Schuhe schien Link zu spüren wie weich und wohlgearbeitet das Material war. Die Wände waren mit Wandteppichen und Gemälden behangen, die Szenen aus Hyrules Schöpfungsgeschichte darstellten. Auf einem kleinen Tisch in einer Ecke standen einige kristallene Karaffen mit den erlesensten Weinen und anderen Getränken, während auf dem größeren Tisch in der Mitte des Raumes fein gearbeitete Gläser und Teller samt Besteck lagen. Der Raum wäre wohl sehr prachtvoll gewesen, wenn Link ihn im richtigen Licht gesehen hätte, zumal ein sehr großer Kerzenleuchter von der Decke hing, doch waren alle Kerzen aus und auch sonst schien sich über dem Zimmer eine beklemmende Art von Düsternis ausgebreitet zu haben, die jedoch auch aus seiner Einbildung kommen konnte. Am anderen Ende des Raumes war noch eine Tür, eine schönere diesmal. Sie schien aus hellerem Holz gezimmert zu sein und die Schnitzerei zeigte den hylianischen Adler und das Triforce mit den davon ausgehenden Strahlen, das Wappen Hyrules und der Königsfamilie. Die Zeit schien langsamer zu vergehen als sonst, als sich Link der Tür näherte. Seine Bewegungen kamen ihm eigentümlich stockend und lahm vor. Mit der Hand auf der Klinke blieb er stumm stehen und öffnete dann den Raum zu Zeldas Schlafgemach.

Augenblicklich verspürte er eine angenehme Wärme in seiner linken Hand und noch bevor er sie sie ansah, wusste er was er sehen würde: Ein Dreieck, das sich aus drei einzelnen, goldenen Teilen zusammensetzte. Das Teil rechts unten schien in einem warmen goldenen Licht zu glühen und seine Hand kam ihm nicht mehr vor, wie ein gewöhnliches Körperteil, sondern schien fast von eigenem Leben durchhaucht zu sein.

Jetzt gab es kein Zurück mehr. Er hatte sich die letzte Zeit nur auf Zelda konzentriert und nun befand er sich im selben Raum wie sie. Er wusste, dass die Prinzessin (sie wurde häufig noch als Prinzessin erachtet, obwohl sie natürlich in Wahrheit die Königin war. Dies lag an ihrem früheren Titel Prinzessin des Schicksals) genau dasselbe fühlte wie er, jedoch war es bei ihr das linkte untere Dreieck. Einer der Weisen oder jemand anderes, der Wissen über die heilige Macht hatte, hätte in diesem Augenblick einen Strom göttlicher Aura gefühlt. Links sah auf. Er hatte eine Bewegung gehört, konnte jedoch noch nichts sehen, außer einem violetten Wandvorhang, dem letzten Stück Stoff das ihn von Zelda trennte. Wie in Trance zog er den Vorhang beiseite und dann sah er sie vor sich. Sie hatte ihm den Rücken zugewandt und stand vor dem großen Fenster ihres Gemaches, dem Fenster, das genau nach Süden hin schaute und von dem aus man sie manchmal morgens sehen konnte. Neben ihr lag ein umgestürzter Stuhl, die Bewegung die Link vernommen hatte, Zeignis ihres Erschreckens. Dennoch hatte Link nicht erwartet das zu sehen was er sah, obwohl er selber gar nicht sagen konnte, was zu sehen er erwartet hatte. Auf jeden Fall nicht das saubere Zimmer, in das die Sonne schien, so dass sie mit den goldenen Stickereien auf dem Bett und der Decke spielte. Und er hatte auch nicht die Gestalt erwartet, die mit dem Rücken zu ihm stand, in ein seidenes, gelbes Gewand mit silbernen Überzug gekleidet und die in den Strahlen der Sonne wahrlich aussah, als ob sie strahlen würde. Er hatte auch nicht die feste Stimme erwartet die nun laut und deutlich, ohne Zittern, ohne Schwanken seinen Namen aussprach: "Link..."

Link schluckte schwer. Er wusste nicht, was er jetzt tun sollte, wie er sich verhalten sollte. „Ja, ich bin es..." Zelda drehte sich nicht um, ja sie schien tatsächlich seltsam bewegungslos. „Es...wundert mich, dass du mich besuchen kommst."

"Ich..." Zeldas feste Stimme, so fest, wie er sie lange nicht mehr gehört hatte, entwaffnete ihn vollends. Auf einmal war alles wieder da und wollte auf ihn einstürmen: Ihre unerfüllte Liebe, ihr Gesicht, der Schrecken, den sie zusammen überwunden hatten...alles war wieder da. Es bedurfte nur der wenigen Worte, die sie gesprochen hatte und ihrer Nähe und Anblickes, um all die sorgsam verschlossenen Gefühle wieder an die Oberfläche zu bringen.

"Mich wundert es auch.", bekannte Link schließlich. Zelda machte ein Geräusch, das er nicht zuordnen konnte. War es ein Auflachen oder ein Aufschluchzen? Oder beides? Mit Mühe brachte er sich dazu wieder an seine Aufgabe zu denken.

"Zelda...wie...wie geht es dir?" So töricht die Worte auch klingen mussten, so nötig hatte er es sie auszusprechen. Er wollte, dass Zelda sagte, dass es ihr gut ginge, dass sie sich umdrehte und (ihn küssen würde) mit ihm herauskommen würde, um wieder die ihr angestammte Rolle zu übernehmen. Damit alles gut werden würde...

"Wie es mir geht?" Jetzt zitterte ihre Stimme doch und Link konnte hinter der Bitterkeit ihrer Worte ihre Verzweiflung heraushören, als hätte sie sie ihm entgegengeschrien. Sie drehte sich um und er blickte in ein Gesicht, das Zelda gehörte jedoch einen solchen Ausdruck der Panik in sich hatte, dass es kaum möglich schien. Ihm stockte der Atem. Sie war trotz allem noch immer wunderschön.

"Wie es mir geht? Er...er..ist wieder da! Er...wird sich rächen! Du weißt wie er ist! Und jetzt...jetzt...hat er noch mehr Macht...noch mehr ...Grausamkeit...mehr Hass...Er wird uns töten, oder Schlimmeres...und ich wusste es! Ich habe es vorrausgesehen!" Ihre Stimme brach schließlich und für einen Moment schien es als würde sie zusammenbrechen, bevor sie sich schwer auf der Fensterbank abstützen konnte. Er wollte es nicht, er hatte es nie vor, doch innerhalb von Sekunden war er bei ihr und barg sie in seinen Armen. Es war so schön...fühlte sich so gut an, so richtig...es war, was hätte werden können. Er versuchte diese Gedanken abzuschütteln und sich zusammenzureißen. Sie schluchzte in seinen Armen auf.

"Link, ich ertrage das einfach nicht mehr. Bitte Link, bitte...bitte...lass uns weggehen...lass…lass uns...irgendwo hingehen, wo er uns nicht finden kann...wo wir zusamen sein können..." Sie schien fast an ihrer eigenen Stimme zu ersticken

"Ich liebe dich Link!"

Etwas in ihm schrie danach zu bejahen, aufzugeben, sich nicht mehr gegen ihre Liebe zu wehren, wegzugehen, weg von allem, weg von den Weisen, dem Krieg, Hyrule, Ganondorf, seiner Familie…Augenblicklich klärte sich sein Verstand. Seine Kinder und seine Frau vor Augen atmete er tief ein. Er hatte seine Chance gehabt. Vor Jahren hatte er sein Versprechen brechen können, doch er tat es nicht, er hatte aufs Geheiß einer Frau, die ihn über alles liebte zu Zelda gehen können, doch er tat es nicht. Endlich verstand er, was ihn damals zurückgehalten hatte, trotz seiner Liebe, seinen Gefühlen. Endlich sah er es...sah das Leben, sah es mit den Augen, mit denen es betrachtet werden musste, seit jeher. Er sah es und verstand. Eine Ahnung jener bedeutsamen Fragen, die sich mit wahrem Glück und dem Sinn der Existenz auseinandersetzten. Er konnte es später nicht in Worte fassen, aber in diesem Moment begriff er, dass er Zelda nicht mehr so traurig und um ihrer Liebe willen liebte, wie früher. Er begriff, dass ihm seine Familie, jeder einzelne von ihnen und Ruto am allermeisten wichtiger war und mehr brauchte er nicht zu seinem Glück. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Er nahm Zeldas Kopf in beide Hände und schaute ihr direkt in die dunklen Augen. Er sah ihre Liebe, ihre Hoffnung, ihre Angst, ihre Verzweiflung.

"Zelda, Ich werde dich immer lieben, das weißt du, doch seien wir nicht egoistisch. Es gibt nicht nur uns beide, schon lange nicht mehr, nie." Er drehte sie mit sanfter Gewalt zum Fenster.

"Dort draußen ist die Welt. Meine Welt, deine Welt, unsere Welt. Dort draußen ist das Leben, was du dir seit zwanzig Jahren selber verboten hast. Das Leben, auf das du ein Recht hast, das Leben, das du verdienst. Das Leben, das du führen musst. Du bist nicht alleine...sieh genau hin...siehst du es? Wir sind alle bei dir...du bist nicht alleine mit deinen Sorgen! Du bist unsere Prinzessin Zelda, du bist meine geliebte Prinzessin Zelda, du bist die Weise der Zeit, du bist die Regentin über Hyrule. Schau hinaus und erkenne die Wahrheit hinter deinem Leiden. Hinter unserem Leiden! Erkenne das Leben, mitsamt seinen Tücken." Er drehte sie wieder zu sich. Er würde später nie mehr genau wissen, was er ihr gerade sagte, würde sich niemals erinnern was genau abgelaufen war. Doch er sagte es, er tat es. Die Kraft und Leidenschaft, mit der er auf einmal sein eigenes Leben betrachtete, und seine Gefühle für diese Frau überraschten ihn nahezu.

"Ich brauche dich Zelda, wir alle brauchen dich! Denk an dein Volk, die Leute die immer zu dir aufgeschaut haben und es immer tun werden! Die Leute, die jetzt verunsichert sind. Zelda...komm zurück zu uns...wir brauchen und lieben dich...komm zurück..."

Er war glücklich. Ihr Leid, das erste Mal, dass er es mit eigenen Augen so nahe miterlebte, hatte ihm die Augen um sein eigenes Leben geöffnet. Ja, er würde sie wohl immer irgendwie lieben, aber dies war mittlerweile nicht mehr das, was es einst gewesen war, erkannte er. Nach zwanzig Jahren Glück in der Ehe, konnte es nicht mehr dasselbe sein. Er beschloss deshalb heute zwanzig Jahre des stummen Leidens für sie beide zu beenden und einen neuen Lebensabschnitt einzuläuten.

In den warmen Strahlen der Sonne neigte er seinen Kopf zu ihrem Gesicht. Seine Lippen fanden die ihren. Zelda sank an seiner Brust zusammen, während sich ihre Lippen mit sanften, bestimmten Bewegungen bewegten. Sie küssten sich lange und innig. Dann hob Link den Kopf und ließ Zelda los. Sie fiel beinahe auf den Boden und konnte sich nur im letzten Moment festhalten. Erstaunt, bestürtzt, liebend, träumerisch...der Gefühle auf ihrem Gesicht, in ihren Augen waren so viele, dass man sie kaum aufzählen konnte. Link ließ sie wortlos stehen und verließ den Raum. Er fand, er hatte getan, was er konnte. Für sei beide.

Er verließ das Schloss und begab sich zur Stadtmauer. Er hörte die riesige Masse an Leuten hinter der Mauer und wusste, dass Raurus Rede schon fortgeschritten sein musste. Er stieg hinauf, ruhig, vollkommen ruhig...er hatte sie endlich gefunden, die innere Ruhe. Er würde Zelda immer lieben, doch nunmehr nur, weil ihre Liebe einfach zu einem unabwendbaren Teil seines Lebens geworden war. Von jetzt an würde er ihrer Liebe, ihrer besonderen, innigen Liebe mit Wärme und Wohlwollen gedenken. Er wusste nun wieder wo sein Platz war, wenn er es denn je so deutlich erkannt hatte.

Als er auf der Treppe hochsah, sah er Ruto. Sie sah ihm tief in die Augen und sah, dass er tief bewegt war. Und dann lächelte sie plötzlich mitfühlend, warm...voller Verständnis. Lächelnd streckte sie ihre Hand aus und Link ergriff sie, doch sie traten vorerst nicht zusammen auf die Mauer, denn Link zog sie zu sich auf die Treppe herab. Sie stieß einen leisen Ruf der Überraschung aus und er zog sie an sich und lächelte nun selbst. Er erschien seiner Frau ausgeglichen und erfüllt…nicht so, wie sie es gedacht hatte. Sanft umfasste er ihre Hände mit den seinen und führte sie an sein Herz.

„Ich liebe dich…für immer.“, flüsterte er und in diesem Moment tiefster Verbundenheit, als sie sich beide so nahe standen, dass sie spüren konnten, dass ihre Herzen nahezu im selben Rhythmus schlugen, erkannte Ruto etwas von dem, was ihrem Mann wiederfahren war. Tränen des Glücks traten ihr in die Augen und liefen ihre Wangen herab. Link trocknete sie.

„Keine Tränen mehr, wir haben zu viel in unserem Leben geweint. Lass uns glücklich sein.“

Als sie nach einer Weile auf die Mauer traten, ihre Hände ineinander verschlungen, mit ganz und gar zufriedenen Gesichtern, die nicht zum Ernst des Ereignisses passten, erkannte ihre Tochter, dass nun alles geklärt war. Es ist alles gut, schienen die Mienen ihrer Eltern zu sagen, das Leben ist schön, wir sind glücklich.
 

Die Menge hatte sich wieder beruhigt. Sie hatte lange und laut gejubelt, als der Held der Zeit mit seiner Frau auf die Schlossmauer getreten war. Nun endlich waren sie im Bilde. Rauru, sowie Trestor und Bernet und alle Weisen hatten sich geäußert und die Lage erklärt. Die Leute wussten, was ihnen bevorstand, sie wussten, dass sie nun hart an sich arbeiten mussten. Und dann beendete Rauru seine Rede und während er redete schlich sich das erste wahre Lächeln der Freude und des Glücks in sein Gesicht, das je jemand bei ihm gesehen hatte. „Und nun meine lieben Kinder, beende ich ich meine Rede, jedoch nicht diese Versammlung. Mit Ehrerbietung und Freude, voller Glück und Zuversicht begrüße ich ihre königliche Majestät Königin Zelda von Hyrule!" Erst verbreitete sich vollkommene Stille unter der Menge und alle die auf der Mauer standen, drehten sich erstaunt, aber freudig um. Am Ende der Treppe stand Zelda und zum ersten Mal seit zwanzig Jahren war sie ganz und gar die Königin. Links erster, überraschter Gedanke bevor auch er sich der Freude hingab war, wie sie sich so schnell hatte auf diese Weise umziehen können:

Ihr noch kurz zuvor nach allen Seiten hin lose fallendes Haar, war nun sorgsam nach hinten gekämmt und auf dem Rücken zusammengeflochten. Wie üblich fielen zwei Zöpfe der Länge nach nach vorne, sie waren eingefasst in hauchdünne, goldene Spangen aus Blattgold, die die Schwingen von Vögeln bildeten, und umrahmten ihr Gesicht. Dieses war noch immer leicht blass, doch konnte man anhand der frischen, leicht rosanen Färbung ihrer Wangen erkennen, dass dies endlich bald vorüber sein würde. Gekrönt war sie mit einem silbernen Diadem, in dessen Mitte ein aus Gold geformtes Abbild des heiligen Triforce eingearbeitet war, von dem nach hinten hin ausgerichtete, goldene Adlerschwingen ausgingen, welche ihr Haupt kränzten. In der Mitte der jeweilgen Fragmente der Nachbildung des Allerheiligsten waren jeweils ein roter, grüner und blauer Stein eingefasst und auf der Unterseite des Diadems waren in althylianischer Schrift die Wörter Mut, Weisheit und Kraft eigearbeitet.

Zeldas Augen, die einen unbestimmten, dunklen Farbton zwischen Dunkelbraun und Lila inne hatten, strahlten wieder die alte Aufmerksamkeit und Besonnenheit aus, die ihr Volk seit nunmehr zwanzig Jahren vermisst hatte. Kleine, goldene, dreieckige Ohrringe zierten ihre spitz zulaufenden Ohren, welche zudem in silbriggoldenem Zierrat eingefasst waren. Die Königin trug eine verzierte, aus mehreren Platten bestehende Schulterpanzerung, von der aus sich ein purpurner Umhang mit dunkelroter Innenseite ergoss. Er wurde zusammengehalten von einer Spange, die jeweils beide Hälften der Panzerung miteinander verband, und die die Form eines feinen Blattes hatte. Das Gewand, das Zelda trug, war jenes, welches sie immer als Prinzessin getragen hatte: Den seidenen, violetten Überwurf mit dem weißen Leinenkleid, dessen Saum mit schönen Stickereinen versehen war, die seltsame Muster bildeten.

Um die Hüfte trug sie dazu einen breiten Gürtel aus Brokat, an dem eine lange Schwertscheide hing. Diese beherbergte das Schwert der Hylianischen Regenten, eine schmale Klinge aus dem härtesten bekannten Metall der Welt, die kalt glänzte und Bestrafung für alle Gegner Hyrules verhieß. Der Griff war aus sehr dunklem Gold gearbeitet und formte ein Kreuz, dessen Enden in kleine Piken ausliefen.

Von dem Gürtel aus ging ein lilaner Überhang aus, auf dem das Wappen des Großreiches zu sehen war: Der Adler mit den ausgebreiteten Schwingen und dem darüber schwebendem Triforce mit den davon ausgehenden Strahlen. Die Ränder des Stoffes waren reich mit silbernen und goldenen Farben bestickt.

Mit einem Lächeln und einem Nicken an Rauru trat sie ins Licht und als ihre Erscheinung überall zu sehen war explodierte der Jubel. Minutenlang schrie und kreischte die Menge und tat so ihre Erleichterung und überwältigende Freude kund. Dann hob Zelda die Hand und die Leute verstummten nach und nach.

"Ich möchte mich herzlichst bei Meister Rauru bedanken, dass er mich mit meinem richtigen Titel angekündigt hat, doch muss ich euch allen eingestehen, dass ich ihn nicht verdient habe. Seit zwanzig Jahren habe ich in Angst vor der Rückkehr Ganondorfs gelebt. Ich habe mich zurückgezogen und bin verzweifelt. Als er vor Tagen ausbrach brach ich zusammen. Ich sah keinen Sinn mehr in meinem Leben und wünschte mir nur das Ende herbei. Nun wurde ich daran erinnert, dass dies falsch ist. Mehr noch: Ich wurde wieder ins Leben, ins richtige Leben meine ich, zurückgeholt. Ich hatte vergessen was es heißt zu leben...ich hatte vergessen, was es heißt eine Herrscherin zu sein. Ich habe euch schrecklich enttäuscht und im Stich gelassen, in Unsicherheit und Zweifeln. Das soll nun vorbei sein. Lasst uns zusammen gegen den Großmeister des Bösen antreten und uns unsere alten Leben zurückholen! Lasst uns gemeinsam aufs Neue entdecken, was es heißt zu leben! Lasst mich mir den Titel der Königin Hyrules verdienen!" Sie drehte sich um und winkte Link zu sich und es war nicht die Geste einer ängstlichen Zelda, sondern die Geste einer Herrscherin, der Königin, die Zelda seit zwanzig Jahren in Wahrheit war und deren Antlitz nun die Welt wieder erblickte. Die ehemalige Prinzessin des Schicksals legte Link zu ihrer linken und Rauru zu ihrer rechten die Hand auf die Schulter und verkündete, dass sie kämpfen werde, mit den Weisen und dem Helden der Zeit.

"Gemeinsam werden wird diesmal diese Bestie nicht einsperren sondern für immer besiegen! Wollt ihr uns dabei helfen?"

Das Wort Ja, das jeder in der Menge geschriehen hatte, war nicht mehr zu vernehmen so sehr war das Toben der Menge zu einem Sturm des Glücks und der Zustimmung herangewachsen.

Die Königin des Schicksals, erstanden aus ihrem alten Selbst, lächelte. Nun wusste auch sie wieder wo ihr Platz war.

Die Briefe des Soldaten I

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 5: Die Briefe des Soldaten I
 

Meine liebste Thea,
 

Voller Sehnsucht schreibe ich dir diesen ersten Brief, wie ich es dir versprochen hatte. Ich hoffe sehr, dass es ihr dur gut geht meine Liebste, dir und unserem kleinen Sohn. Ich habe solch schreckliche Gerüchte während dieser Reise gehört und ebensoviele genauso schreckliche Dinge gesehen, dass ich mich sehr um dein Wohlergehen sorge. Darum bitte ich dich: Nimm unseren Sohn und so wenig Gepäck wie möglich und verlasse die Hauptstadt. Gehe deine Tante in Karmenia besuchen, dort wird es sicherer sein, doch bitte versprich mir Liebste, dass du nicht alleine reisen wirst, denn dafür ist es bei weitem zu gefährlich. Ich würde dich nie bitten dieses riskante Wagnis einzugehen, wenn ich nicht ahnen würde, dass du in unserem Zuhause nicht mehr sicher bist. Doch du bist eine starke Frau und das erfüllt mein Herz mit Hoffnung. Euch wird nichts geschehen, dafür wirst du sorgen.

Meine Liebe...schweren Herzens muss ich dir nun von furchtbaren Dingen schreiben, die ich dir gerne erspart hätte. Doch du bestandest darauf und nahmst mir das Versprechen ab dir alles zu schreiben, was mir widerfährt, und sei es noch so schrecklich. Wie ich doch wünschte, dass ich dir das niemals verspochen hätte, denn obwohl es noch weit ist bis ins Feindesgebiet habe ich bereits Dinge gesehen, die so furchtbar waren...doch ich will dir nun berichten, wie du es mir sagtest und bitte dich, dich zu setzen, denn die folgenden Schilderungen werden dich gewiss sehr beunruhigen:

Wie du weißt hat das Heer die Hauptstadt vor einer Woche verlassen, zwei nach dem Ableben unseres Königs...Mit rückslichtloser Härte treibt uns unser neuer Herrscher zur Eile, in einem Tempo, das durchzuhalten wir kaum im Stande sind. Ich wage es nicht seinen Namen auf dieses Papier zu bringen, denn es heißt, dass er alles was ihn im Lager betrifft sofort merken würde. Drei Tage nachdem wir die Stadt verlassen hatten, gab er den Befehl das Heer in große Gruppen zu teilen, die in alle Bereiche Karthas' reisen sollten, um neue Soldaten anzuwerben. Niemand wird eine Wahl haben: Der Großmeister des Bösen hat den Bann der Angst auf unser geliebtes Land gelegt und die Zahl der Bestien, die uns und alle anderen Gruppen überallhin begleiten, wächst stetig. Namenlose Kreaturen, wie ich sie noch nie gesehen habe, umkreisen uns des Nachts und manchmal scheinen während des Dunkels dumpfe Schreie durch das Lager zu hallen, doch scheinen sie seltsam weit entfernt...Ich reite weiter mit der großen Gruppe des Großmeisters und so habe ich Dinge gesehen, die anderen erspart blieben. Trotz der Angst gab es nämlich im Lager einen kleinen Aufstand: Zwei Soldaten (Brüder) hatten sich in einem Dorf, in dem wir Halt gemacht hatten, geweigert diejenigen zu erschlagen, die dem Aufruf zu den Waffen nicht Folge leisten wollten. Ich bewundere ihren Mut, denn es war klar, dass sie sterben würden, doch schienen ihre tapferen Worte uns allen neue Hoffnung zu geben und mehrere Stimmen wurden laut. Was dann passierte wage ich dir nicht zu beschreiben, denn es würde dich einen Zustand solch entsetzlicher Angst versetzen, dass ich es mir niemals verzeihen könnte. Ich kann dir nur sagen: Nachdem er fertig war brannte das Dorf und alle seine Bewohner waren tot: Frauen, Greise, Kinder, Säuglinge...nicht einmal das Vieh wurde verschont. Die Brüder wurden...am Ende waren auch sie tot und mit ihnen fünfzig Soldaten. Ihre Leichen wurden den Monstern zum Frass vorgeworfen, die sich wie wild auf sie warfen und untereinander um sie kämpften.

Entsetzen beherscht seitdem unser Lager. In der Nacht sieht man bisweilen eine schattenhafte Gestalt zwischen den Zelten einhergehen. Eine geisterhafte Gestalt, die in einen dunklen Umhang mit Kapuze gehüllt ist, so dass niemand ihr Gesicht gesehen hat. Diese Gestalt geht in des Großmeisters Zelt häufig ein und aus, eine Tatsache die wir lieber nicht näher ergründen und die uns Angst macht...

Meine Liebe, so viel Leid habe ich nun gesehen: Wir werden ein ausgeblutetes und vom Bösen beflecktes Land zurücklassen, denn ...er...nimmt allen Leuten ihre Vorräte und lässt sie als Proviant und Ausrüstung mitnehmen. Wir wissen nocht nicht, wo die Artillerie von Karthas ist, doch wahrscheinlich werden wir schon bald auf die Maschinenarmee stoßen. Er hat sie mit seiner dunklen Macht verändert, heißt es, so dass sie noch infernalischer geworden sind und wir alle denken voller Unbehagen an ihren zukünftigen Einsatz. Überhaupt denken wir mit vielen schlechten Gefühlen an die Zukunft. In einer Woche werden wir uns mit allen anderen Gruppen an der Grenze von Karthas treffen, diese überschreiten und uns auf den Weg machen. Wir werden wohl schon kämpfen müssen, bevor wir nach Hyrule kommen und ich fürchte dass all die vielen Orte und kleinen Länder, mit Ausnahme Inverias natürlich, Ziele von ihm sind. Das heißt uns stehen Monate des Kämpfens bevor in denen viele von uns nie wieder zu ihren Familien zurückkommen werden. Wir wollen nicht kämpfen...keiner will den Krieg gegen Hyrule, das uns noch nie behelligte. Auch fürchten sich viele vor dem bevorstehenden Einmarsch. Die Frommen unter uns fürchten den Zorn und die Rache der Göttinnen, wenn wir ihr erwähltes Land angreifen. Es gibt viele Ängste und Befürchtungen unter uns und ich fürchte, dass sie alle etwas Wahres enthalten. Meine Liebe, mir werden schwere Zeiten bevorstehen, durch die nur du und unser Sohn mich immer im Herzen begleiten werden. Ich werde nicht sterben, sondern zu dir zurückkommen, denn ich hege die Hoffnung, dass es den Mächtigen Hyrules gelingen wird ihn wieder einzuschließen, oder vielleicht sogar zu besiegen. Viele von uns, darunter auch ich, hoffen auf einen heroischen Auftritt des so stark gerühmten Helden der Zeit.

Nun meine Liebste muss ich aufhören, denn ich brauche jede Minute des Schlafes, die ich kriegen kann, weil unsere Ruhepausen selten und kurz sind. Richte unserem Sohn und deiner Tante meine Grüße aus und pass auf dich auf. Ich liebe dich.
 

Dein dich immer liebender Ehemann

Eine ungewollte Reise

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 6: Eine ungewollte Reise
 

Zögernd brachte Ren sein Pferd neben das seines Vaters.

"Ich muss vorsichtig sein, ich darf ihn nicht noch weiter reizen..." Aus den Augenwinkeln beobachtete er Link: Der Regen hatte seine Kleidung durchnässt und die Haarsträhnen, die er sich immer ins Gesicht fallen ließ, klebten an seiner Stirn und kitzelten ihn. Er hatte den Blick mit sturem Ausdruck nach vorne gerichtet und seine ganze verkrampfte Körperhaltung schien zu zeigen, was für eine schlechte Laune er hatte.

"Ähm, Vater?", fragte Ren vorsichtig. Link gab ein kurzes Schnauben von sich, das dem Eponas alle Ehre machte. "Fängt ja gut an...", dachte sein Sohn resigniert.

"Vater, wann wollen wir Halt machen? Die Nacht bricht bald herein und wir sollten uns für den morgigen Tag ausruhen. Wollen wir nicht einen geeigneten Platz suchen?"

Link schloss für einen Augenblick die Augen und holte tief Luft. Dann antwortete er mit gepresster Stimme:

"Wenn du mir sagen kannst, wo wir uns unterstellen können, dann werde ich liebend gerne Halt machen, doch wie du ja vielleicht sehen kannst, befinden wir uns in einer reinen ebenen Graslandschaft. Siehst du vielleicht irgendwo einen Hügel, oder einen Felsvorsprung? Vielleicht einen kleinen Wald oder wenigstens einen einzelnen Baum? Denn mir scheint es eher so, als wärend hier nur wir, unsere Pferde und Gras. Überall Gras. Ganz zu schweigen von dem Regen, aber was soll’s? Reiten wir doch einfach die Nacht durch und legen uns morgen irgendwohin, wenn es aufgehört hat zu regnen. Vergiss nicht, wir sind in heiliger Mission unterwegs. Die Herrschaften Hyrules haben ja besseres zu tun, als sich mit ihrem Nachbarland zu beraten." Ren schwieg. Sein Vater hatte wirklich enorm schlechte Laune. Als vor wenigen Tagen eine Botschaft Terminas eingetroffen war, in der nach jemandem verlangt wurde, der ins verbündete Land reisen solle, um sich dort mit den Oberhäuptern der einzelnen Völker zu beraten, schien niemand besser für diese Rolle geeignet gewesen zu sein als der Held der Zeit. Da Link einst auch Termina aus einer schrecklichen Gefahr befreit hatte, schien er den besten Botschafter abzugeben. Obwohl Link dagegen war und wollte, dass jemand anderes gehen solle, befand er sich doch schon bald im Süden Hyrules und ritt durch das Tor, welches den einzigen Zugang zum Großreich bildete. Und er war nicht alleine.

Auch Ren war mehr oder weniger unfreiwillig mitgekommen. Am Abend vor Links Aufbruch sah er sich mit ewas konfrontiert, dass jeden Widerstand zwecklos machte und ihn zum Mitgehen zwang: Seine Mutter. Er hatte Ruto in letzter Zeit immer nur sehr selten und kurz gesehen, weil sie nun ihrer Aufgabe als Weise des Wassers voll auf gerecht werden musste und ihre Tage bei geheimen Besprechungen im Lichttempel verbrachte. Umso überraschter war er, als er sich an jenem Abend hinlegen wollte, sie in seinem Zimmer zu sehen. Mit einer Direktheit und Bestimmtheit, wie nur Ruto (Und ihre Tochter, dachte Ren bissig) sie aufbringen konnte, hatte sie ihn dazu "überredet" seinen Vater auf dieser ungewollten Reise zu begleiten.

Ergeben hatte sich Ren seinem Schicksal gefügt und hatte mit Link das Land, in dem er lebte, verlassen. An jenem Punkt im Süden Hyrules, wo sich die beiden Ketten des umgebenden Gebirges beinahe trafen, befand sich schon seit jeher jene Schlucht, die der goldene Pass genannt wurde. Man brauchte etwa eine halbe Tagesreise um von ihrem südlich gelegenem Eingang zum nördlichen Ausgang zu kommen, doch etwas hinter der Mitte der Schlucht befand sich eine Festung, die in alten Tagen errichtet worden war und dem Ansturm der Zeit bis jetzt widerstanden hatte: Das Tor nach Hyrule. Bis zu diesem Punkt hin stieg die Schlucht stetig an, erst nachdem man das Tor passiert hatte blieb der Boden eben. Obwohl nur wenige es realisierten (einschließlich der Bewohner des Landes selbst), war das Großreich Hyrule nämlich ein sehr großes Tal, eine enorme Hochebene inmitten eines Gebirges, das man als das umzingelnde Gebirge kannte und das das Land nach allen Seiten hin abschottete. Es war natürlich das Werk er Göttinnen, dass ihr erwähltes Land so sehr geschützt war, denn das Gebirge war voller Zauberwerk und Schatten. Unzählige, magische Labyrinthe aus messerscharfen Felsen und Zacken versperrten die rechten Wege und gefährliche Illusionen flimmerten durch die Luft. In diesen Bergen herrschte kein Leben und niemand, nicht einmal die Goronen, verspürten den Wunsch dies zu ändern. Einzig die Shiekah wagten es zu betreten.

Mit einem leichten Schaudern dachte Ren an das Tor nach Hyrule zurück. Es war eine starke Festung, gewiss, doch würde sie auch dem Ansturm des Großmeisters des Bösen standhalten? Entlang des goldenen Passes würde die erste Schlacht gegen die Heerscharen Karthas’ und mehr noch gegen die Macht Ganondorfs geschlagen werden und genau das hatte Ren vor Augen als er durch das stark befestigte Tor geritten war.

In längst vergessenen Tagen wurde eine Mauer von einer Seite der Schlucht zur anderen gezogen, eine Mauer, die so breit war, dass zehn Leute ohne Schwierigkeiten nebeneinander hergehen konnten. Genau in der Mitte der Mauer erhob sich ein wuchtiger, viereckiger Turm in die Höhe und am Fuße dieses Turmes lag das stählerne, zweiflüglige Tor nach Hyrule. In der Mitte dieser gewaltigen Masse aus Stahl waren das goldene Triforcezeichen und die Zeichen der Tempel Hyrules eingraviert. Obwohl sich niemand an einen Angriff auf dieses Tor erinnern konnte und auch die Geschichtsbücher nichts berichteten, konnte sich niemand vorstellen, wie dieses Tor aufzubrechen sei. Es war nicht etwa ein massives Holztor, das mit Eisen verstärkt worden war, wie man es normalerweise fand, sondern war durch die Fertigkeiten der Goronen von einst, aus einem einzigen Stück Stahl gegossen worden sein. Es bedurfte der Kraft von sechs mächtigen Ochsen, um die Torflügel überhaupt in Bewegung zu setzen (dazu wurden sehr starke Seile an Haken an der Rückseite des Tores befestigt) und selbst wenn man es durch dieses Tor schaffte, so befand man sich zunächst genau unter dem großen, viereckigen Turm, von dessen Boden aus man eine Luke öffnen konnte um eventuelle Angreifen von oben herab anzugreifen. Am Ende dieses Raumes unter dem Turm befand sich ein zweites Tor, das zwar genauso groß war wie das erste, aber dafür weniger stark war. Es war ein Tor aus kräftigem Eichenholz, mit Eisenplatten verstärkt, für dessen Öffnung man nicht auf sehr starke Tiere angewiesen war. Das erste Tor alleine machte also aus dem Eingang nach Hyrule schon eine Festung, doch hätte eine entschlossene Armee noch immer die Mauer erstürmen können, um von dort den Übergang ins Landesinnere zu erzwingen. Obwohl die Mauer sehr hoch war und eine große Anzahl von Verteidigern auf ihr hätte Stellung beziehen können und auch ungeachtet der Tatsache, dass sie aus sehr glattem Gestein bestand (ebenfalls ein Werk der Goronen) blieb sie dennoch der schwächste Punkt in diesem Pass. Um einer entschlossenen Belagerung standzuhalten, hatte man nun folgendes gemacht: Links und rechts neben der Mauer standen, halb aus den Felswänden herausgemeißelt und halb angebaut, zwei weitere starke Türme. Zu beiden Seiten der Schlucht vor der Mauer waren weitere dieser Türme angebracht und selbst hinter der Mauer gab es noch einige. Außerdem gab es geschützte Felsplateaus und Terrassen, hohe Brustwehren und individuelle Mauern. Sämtliche Verteidigungsanlagen waren untereinander mit einem komplizierten Höhlensystem, welches man ebenfalls dem Steinvolk verdankte, verbunden, mit der Ausnahme, dass es keine Eingänge zur Mauer hinaus gab. Wer auch immer den Zugang nach Hyrule erkämpfen wollte, er müsste damit rechnen, von allen Seiten angegriffen zu werden. Die zahlreichen Verteidigungsbollwerke begannen schon kurz nach dem Eingang in die Schlucht, es war deshalb fraglich, ob es einer Armee überhaupt gelingen konnte, das Tor zu erreichen, wo sie doch den ganzen Weg über von allen Seiten herab angegriffen werden würde.

Ren war von diesen Verteidigungsanlagen sehr beeindruckt gewesen, doch konnte er sich dennoch eines bedrückten Gefühls nicht erwehren.Wie mochte es wohl nach dem Angriff des Großmeisters des Bösen dort aussehen? Konnten sie denn überhaupt einem Träger eines Fragmentes des Allerheiligsten widerstehen? Dennoch halfen die Gedanken, egal wie düster sie auch waren, eine Weile nicht mehr an Oroelle zu denken.

Sie war natürlich eine Shiekah, doch war sie anders als beispielsweise Impa. Ren wusste einfach nicht, was er von ihr zu halten hatte. Natürlich fand er sie nachwievor wunderschön, dieser Zauber würde wohl nie verfliegen, doch hatte sie seit ihrem letzten Gespräch ein verletzlicheres Wesen. Sie war nicht mehr die unnahbare Gottheit, um die zu kämpfen es zu aussichtslos war, sondern war nun ebenfalls nur eine Lebende unter vielen. Geheimnisvoller und düsterer als die meisten, aber dennoch nicht mehr entrückt. Dieses letzte Gespräch hatte Ren sehr aufgewühlt. Hatte Oroelle ihm da tatsächlich solch intime Detalis ihres Lebens preisgegeben? Es gibt nur wenig Liebe in meinem Leben, hatte sie gesagt…Hatte sie diese Aussage auf sich selbst bezogen? War sie nicht imstande zu lieben? Das konnte (oder wollte) sich Ren eigentlich nicht vorstellen. Oder hatte sie es auf andere bezogen? Was war mit ihren Eltern? Hatten sie ihr keine Liebe entgegengebracht? Ren musste sich eingestehen, dass er eigentlich nichts über die Lebensart der Shiekah wusste, doch er traute sich auch nicht jemanden danach zu fragen, aus Angst vor aufdringlichen Fragen.

"Es ist so verwirrend!", wiederholte er nun schon die ganze Zeit während er Reise resigniert in seinem Kopf.
 

Im Gegensatz zu seinem Sohn hatte sich Link nicht mit derartigen Gedanken zu befassen. Er war schlicht und einfach wütend. Er konnte es zwar nachvollziehen wieso er es war, der nach Termina entsandt wurde, doch störte ihn die Tatsache trozdem. Dabei ging es ihm weniger um die Reise als darum, dass ihm bis jetzt keine konkrete Rolle zugeschrieben worden war. Er hatte damit gerechnet, dass er zusammen mit den sieben Weisen geheime, magische Pläne zur Vernichtung Ganondorfs ausarbeiten sollte, oder dass er eine eigene Kompanie zugeschrieben bekommen hätte oder irgendetwas in dieser Art. Doch während die Weisen sich in ihrer Halle berieten, die gesamte Bevölkerung irgendeinen Beitrag zum Krieg beisteuerte, sei es durch Training, Vorräte oder Waffen, und Zelda zusammen mit Trestor die Verteidigung des Landes erarbeitete, hatte man für ihn nichts anderes zu tun, als ihn nach Termina zu schicken. Link war bestimmt nicht auf den Ruhm aus, im Gegenteil, er hasste ja genau das, doch er hätte sich dennoch eine klare Rolle in diesem Krieg gewünscht. Letztendlich würde es wohl darauf hinauslaufen, dass er gegen Ganondorf antreten müsste, doch wann, wo und wie, das blieb ihm noch unklar. Rauru hatte erwähnt, dass sie ihm beibringen wollten, wie man besser mit seinem Fragment umging. Doch was bedeutete das genau? Und wann würden sie dieses Vorhaben endlich in die Tat umsetzen?

Ein kalter Wind fegte über die beiden Reisenden hinweg und Link bekam eine Gänsehaut. Alles was er wollte, war seine Familie zu beschützen, sie vor Ganondorf zu bewahren. Vor zwanzig Jahren hatte Ganondorf im Angesicht seines Schicksals ewige Rache gegen sie und ihre Nachkommen geschworen und Link nahm diesen Racheschwur sehr ernst. Neben der Tatsache, dass ihm jemand von außen behilflich gewesen war, war mit Ganondorf etwas in der Verbannung geschehen, was seine Macht vergrößert hatte. Es gab Leute, die an den ewigen Racheschwüren zerbrachen. Also musste es auch Leute geben, die daraus Kraft gewannen...Welcher Gedanke, welches Gefühl war stark genug, um die innere Versiegelung der Hallen der Verbannung aufzuheben, wenn nicht ewigwährender Hass und der Gedanke an grausame Vergeltung? Ganon zog gegen Hyrule in den Krieg, doch war es in Wirklichkeit nicht eher ein Feldzug gegen ihn, Zelda, die Weisen und ihre nächsten Angehörigen? Genau darum machte Link der Gedanke an Untätigkeit so große Sorgen: Seine Familie war in Gefahr. Das Land in dem er lebte war in Gefahr, das erwählte Land der Göttinnen. Weitergehend war damit im Endeffekt der gesamte Kontinent in Gefahr, denn wenn es Ganondorf gelingen sollte Hyrule zu unterwerfen und die beiden anderen Fragmente zu erlangen, wer könnte ihm dann noch Einhalt gebieten? Inveria mochte ja der Macht Karthas’ standhalten, doch gegen die Mächte die der Großmeister erlangen würde, wenn er in den Besitz der beiden anderen Fragmente gelangen sollte, war niemand gefeilt, denn es handelte sich dabei um die absolute Macht in dieser Welt, die Allmacht, wenn man so wollte.

Stumm blickte er auf seinen linken Handrücken. Wie eine stete Drohung konnte man schon seit Tagen klarer als sonst das Triforcezeichen sehen und mehr noch, man konnte es spüren. Seit Tagen schon fühlte Link jeden Augenblick die Wärme des Fragmentes, das ihn daran erinnerte, was ihnen allen bevorstand.

Das Fragment des Mutes, dachte er in Gedanken vor sich hin. Mut. Was war Mut? Ein Ideal, nach dem zu leben es sich lohnte, eine Idee, nach der man sein Leben ausrichten konnte. Doch was war Mut für ihn persönlich? Die Frage quälte ihn schon seit Erscheinen des Zeichens auf seiner Hand und er war immer noch nicht zu einer befriedigenden Antwort gelangt. Diese Frage erschien ihm aus irgendeinem Grund sehr wichtig und er versuchte unentwegt eine Lösung zu finden, doch es war als hätte er vergessen, wofür er einst gekämpft hatte, als hätte er den Wert, die Bedeutung des Mutes vergessen. Ohne eine befriedigende Antwort konnte er nicht gegen den Großmeister des Bösen kämpfen und umso mehr machte ihn die Hilflosigkeit, mit der er bis jetzt den Dingen ihren Lauf lassen musste, zornig. Er konnte nur hoffen, dass er bei seiner Rückkehr nach Hyrule klarer denken konnte und dass er endlich seine Rolle in diesem Krieg kennen würde. Hatte er nicht immerhin vor kurzem seine innere Ruhe gefunden, und abgeschlossenen mit den früheren quälenden Gedanken? Es konnte doch nicht sein, dass er es nun zuließ, dass ihn neue Gedanken solcher Art zermürbten.

Kriegsteilnahme

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 7: Kriegsteilnahme
 

Schweigend ritten sie durch das südliche Tor von Unruh-Stadt.

Ren blickte sich neugierig um. Er war bis jetzt nur einmal in Termina gewesen und da war er noch ein Kind und konnte sich nachher an nichts erinnern. Vor etwa zwei Tagen hatten er und sein Vater die südwestliche Grenze des Landes überschritten. Mit der Zeit hatte sich Links Laune wieder gebessert. Er hatte sich in sein seufzend in sein Schicksal gefügt und hatte angefangen Ren von Termina und seinen Bewohnern zu erzählen.

Termina war seit nunmehr zwanzig Jahren Hyrules engster Verbündeter, davor hatte es nur händlerische Beziehungen gegeben. Es war kleiner als das Großreich und seine Bewohner unterschieden sich in vielerlei Hinsicht von den Hylianern. Zunächst waren da die Menschen. Sie waren kleiner und stämmiger als die die feingliedrigen, hochgewachsenen Bewohner Hyrules und zumeist von der Sonne gebräunt, ebenfalls anders als die stets blassen Menschen in Rens Heimat. Das auffälligste Merkmal war natürlich, dass die Bewohner Terminas, so wie der Rest aller Menschen des gesamten Kontinents, keine spitzen Ohren hatten. So wie Hyrule das erwählte Land der Göttinnen war, so waren die Hylianer die erwählten Menschen der Göttinnen. Und so schenkten diese den Bewohnern dieses heiligen Landes einst zugespitzte Ohren, auf dass sie ihren göttlichen Stimmen besser lauschen konnten.

Auch in den Traditionen unterschieden sich die Termianer von den Hylianern. Die Menschen Terminas waren ein überaus erfindungsfreudiges Volk und so war es kein Wunder, dass es bei ihnen, im Gegensatz zum traditionsreichen Hyrule, neuartige Feste mit Feuerwerken und seltsamen Spielen gab. Das bekannteste dieser Feste war der berühmte Karneval der Zeit, zu dem Völker aus allen möglichen Ländern herreisten. Es war eine einmalige Woche, eine Zeit in der der Nachthimmel von den Farben des Tages erhellt wurde, in dem man seine Tage damit verbrachte zu spielen und zu essen und zu trinken. Es war eine Zeit des Lachens und der Freude.

Auch Ren hatte schon vom Karneval der Zeit gehört, denn viele Bewohner der Reiche Hyrules fuhren jährlich nach Termina , um ihn mitzufeiern, doch konnte er sich nicht wirklich etwas unter diesem Fest vorstellen. Sein Vater meinte, dass könne er auch nicht, wenn er noch nie dagewesen war, denn dieser Karneval unterschied sich von allen Festen sämtlicher Völker Hyrules. Bei den Termianern herrschte ein höherer technischer Standard als sonst wo im Norden. Sie stellten unvergleichliche Glockenspiele und Uhren her, arbeiteten mit seltsamen dampfbetriebenen Maschinen, welche sie selbst entwickelten und stellten ihre Produkte dank ungewöhnlicher Verfahren auf schnelle Art und Weise in kurzer Zeit her. Das war der Grund, wieso Termina vor allem durch den Export in andere Länder lebte, denn nirgendwo sonst im gesamten Norden des Kontinents konnte man technische Waren von so guter Qualität finden. Es gab nur eine Nation, welche die Termianer im technischen Hinblick übertraf und das war Karthas. Doch während Termina seinen Fortschritt mit Anderen teilte und sich nicht darauf spezialisierte bessere und mächtigere Waffen als seine Nachbarn zu entwickeln, tat das seit jeher kriegerisch gesinnte Karthas eben genau das:

Schon vor Jahrhunderten, als es nur die Stadt Karthas gegeben hatte, führte diese bereits erfolgreiche Kriege gegen ihre Nachbarn und eignete sich deren Ressourcen an. Daraus entstand bald ein wilder Erfindungsdrang aus den für alle Zeiten immer die modernsten und effektivsten Waffen entstanden und so kämpfte sich das ständig wachsende Reich zu seiner jetzigen Größe heran und wurde die mächtigste und größte Nation des Kontinents. Schon immer gab es nur einen Grund weshalb Karthas sich nicht viel früher weiter nach Norden ausgebreitet hatte und das war das Nachbarland Inveria, welches dank seiner überlegenen Seemachtstellung und seiner unvergleichlichen Kavallerie dem Wüten Karthas’ immer Einhalt geboten hatte.

Ren hatte Link an diesem Punkt natürlich gefragt, ob Inveria auch dieses Mal in den Krieg eingreifen würde, doch diese Frage konnte ihm sein Vater nicht beantworten. Stattdessen hatte er seinen Sohn von den düsteren Gedanken an den nahenden Krieg abgelenkt, indem er weiter über Termina erzählte.

Es gab, meinte Link, nur einige wenige Dinge in denen die Hylianer den Termianern überlegen waren und das war in erster Linie die Schmiedekunst. Es gab in Termina nur einen einzigen namhaften Schmied, er hatte ihn vor Jahren getroffen, doch ansonsten blieb Termina was gute Waffen anging immer von Hyrule abhängig. Es gab zwar auch Goronen in Termina, doch diese waren weniger darauf ausgerichtet Waffen zu schmieden, als dem allgemeinen Erfinderdrang nachzugeben und mit Schießpulver und Bomben zu experimentieren. So kam es, dass sie Methoden entwickelten, um die Explosionen von Bomben in größere Bahnen zu lenken, woraus unter anderem die Schießpulverfässer entstanden, ein den Bomben überlegenes, mächtiges Sprenginstrument.

„Ich habe dir ja schon gesagt, dass die Goronen in unserem Land unvorstellbar reich geworden sind und viel Handel mit dem Ausland, vor allem Termina, betreiben. In Termina waren es genau diese Methoden zur Schießpulver- und Bombenentwicklung, die sie sehr fasziniert haben und einige dazu gebracht haben sich dort niederzulassen. Im Austausch dafür bekamen die Goronen Terminas vor allem Donnerblumen.“, hatte sein Vater ihm erzählt. „Du musst wissen, dass die Goronen in Termina diese Pflanze bis dahin nur aus Gerüchten und Legenden gekannt haben und es gab kaum etwas, was sie mehr begehrten. Mittlerweile ist es ihnen gelungen die Donnerblumen in den Gebirgen Terminas anzusiedeln, glaube ich. Allerdings sorgt der strenge Winter in den Bergen immer noch für Einschränkungen unter den Ernten.“

Ren hatte schon davon gehört, dass es in Termina, anders als in Hyrule, jedes Jahr einen Winter mit viel Schnee gab, was sich besonders in den Bergen bemerkbar machte. Überhaupt hatte Termina ein sehr eigenes Klima. Unvorstellbarerweise hatte das Land selbst einen eigenen Mond, der tief am Himmel hing. Link erklärte es damit, dass die vier Wächter Terminas ursprünglich aus der Macht der Göttinnen geboren waren. Sie entwickelten sich einfach aus den machtovllen Spuren die Din, Farore und Nayru auf der Welt hinterlassen hatten und eiferten ihnen schließlich nach: Sie entschlossen sich ein Land zu erschaffen, das ein Abbild Hyrules werden sollte und auf diese Weise entstand Termina, mit eigenen Jahreszeiten, eigener magischer Sphäre und einem eigenen Mond.

Ren wusste dass es zwei verschiedene Gebirge in Termina gab. Das nördliche war das Gebirge, in dem die Goronen lebten, während das Gebirge östlich von Unruh-Stadt tatsächlich von Menschen bewohnt wurde. Da es den Goronen aus Hyrule im nördlichen Gebirge zu kalt war, sie waren immerhin die behagliche Wärme des Todesberges gewöhnt und in Termina gab es keinen Vulkan, siedelten sie bei den Menschen im Osten. Dort lag das mächtige Reich Ikana, welches außer Hyrule selbst, die stärkste Militärmacht des Nordens bildete. Viele Legenden rankten sich um dieses Reich und vor allem um seinen Untergang, doch nachdem die Goronen aus Hyrule nach Termina kamen, kam es endlich zu Auferstehung dieses glanzvollen Reiches. Es stellte sich heraus, dass in den Ruinen des Ostens noch immer die Nachfahren jenes stolzen Menschenvolkes lebten. Sobald sie von den Goronen die nötigen Mittel zum Wiederaufbau versprochen bekommen hatten, vollführten sie ein geheimes Ritual und riefen den Geist des letzten Königs an, welcher ihnen den neuen Herrscher offenbaren sollte. Mittlerweile erstrahlte Ilkana zwar noch nicht wieder im alten Glanze, doch es entwickelte sich rasch und die Traditionen von einst wurden weitergeführt. Die sehr gut erhaltene Ruine des Schlosses wurde neu in Stand gesetzt und die ehemalige Stadt wurde wieder aufgebaut. Auch die Schlucht an sich wurde verändert doch inwiefern, das konnte Link ihm nicht sagen, weil er selber schon lange nicht mehr dort gewesen war.

Als sie im Süden von Termina die Grenzen überschritten und sich auf den Weg zur Unruh-Stadt machten, waren sie westlich an einem großen Wald vorbeigekommen. Link hatte ihm erklärt, dass sei der Rand eines großen bewaldeten, sumpfigen Gebiets, das den gesamten Süden des Landes bedeckte und in dem es das einzige bekannte Dekukönigreich gab. Obwohl Ren schon sehr häufig davon gehört hatte, viel es ihm schwer sich dieses Reich vorzustellen. Die Deku waren im Allgemeinen eher Einzelgänger und Dekus wie Laubkerle waren so unberechenbar und aggressiv, das er sich einfach nicht vorstellen konnte, wie sie in einem Königreich zusammenleben wollten. Doch scheinbar war es irgendwie möglich und bald würde er ja auch den König dieses Reiches kennen lernen, der wie alle Anführer der Völker Terminas nach Unruh-Stadt kommen würde.

Was Ren jedoch mehr alles andere beschäftige war, dass sie dem Meer nahe waren. Tatsächlich, hatte sein Vater gesagt, hätten sie das Meer auf ihrem Weg beinahe sehen können. Hyrule war das am weitesten nördlich gelegene Land des Kontinentes, dahinter gab es nur noch ein einziges riesiges Gebirge. Ren schauderte, als er daran zurückdachte, wie er dieses titanische Land aus unvorstellbar hohen Bergen erblickt hatte. Es war nachdem er Oroelle zum ersten Mal gesehen hatte.

In Hyrule gab es nun keinen direkten Zugang zum Meer, da das Land vom umzingelnden Gebirge umgeben war, doch Termina lag direkt am nördlichen Ozean. Östlich von dem Bereich des Umzingelnden Gebirges, der den Osten Hyrules abgrenzte, gab es einen langen Meeresarm, der tief ins Landesinnere griff. Als Ren und Link Hyrule verlassen hatten, hatten sie sich zunächst südlich gehalten und waren dann nach Osten gebogen, um sich der südwestlichen Grenze Terminas zu nähern. Einzig die hohen Hügel die man weit am Horizont als schwache Schatten erkennen konnte, hatten Ren daran gehindert jenen lange ersehnten Blick auf das Meer zu werfen. Es machte ihn traurig, dass er diesen Anblick nicht hatte sehen können, bevor der Krieg Einzug im Norden hielt. Vielleicht würde er nie wieder Gelegenheit haben ans zu Meer zu reisen? Vielleicht würde er ja in diesem Krieg...

“Ren!“ Link riss ihn aus seinen Gedanken. Verwirrt blickte sich Ren um. Sie waren ja schon mitten in der Stadt! Er war wieder einmal zu tief in seinen Gedanken versunken gewesen. Er lächelte seinen Vater entschuldigend an und sah dann einen hochgewachsenen, dunkelhaarigen Mann auf sie zukommen.
 

Links Züge hellten sich auf, als er ebenfalls auf den Mann aufmerksam wurde.

„Kafei!“, grüßte er erfreut, stieg von Epona und gab dem Mann die Hand. Obwohl Ren ihm nie begegnet war, konnte er sich vorstellen, um wen es sich bei diesem Mann handelte: Um jenen Kafei, der vor zwanzig Jahren mit einem Fluch belegt worden war, der ihn in den Körper eines Kindes bannte. Sein Vater hatte ihm die ergreifende Geschichte von Kafei und seiner Liebe Anju erzählt, zu deren glücklichem Ausgang er maßgeblich mitgeholfen hatte.

Ein warmes Lächeln umspielte Kafeis Mund. Er sah für sein Alter noch erstaunlich jung und gutaussehend aus. Ren wusste, dass die Menschen außerhalb Hyrules ein kürzeres Leben hatten als die Hylianer, die gewöhnlich mit Leichtigkeit über hundert Jahre alt wurden. Bei den übrigen Menschen galt man mit achtzig Jahren schon als sehr alt.

„Link! Schön dich wiederzusehen, mein Freund! Es ist schon zu lange her.“ Link nickte zustimmend.

„Ja, es ist wirklich schon eine Weile her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Wie schade, dass wir uns unter solchen Bedingungen wiedersehen müssen.“

„Ja, das stimmt. Alte Freunde sollten sich nicht unter solchen Bedingungen wiedertreffen, doch wir können jetzt auch nichts dagegen tun.“ Er deutete auf Ren

„Jetzt lerne ich aber wenigstens endlich mal eines deiner erwachsenen Kinder kennen. Dein Ältester, Ren, nehme ich an?“ Link nickte und winkte Ren zu sich heran, der Kafei freundlich begrüßte. Sein Vater hielt große Stücke auf diesen Menschen und sprach immer nur positiv über ihn, also sollte es ihm wohl nicht schwer fallen auch gut mit ihm auszukommen.

„Schon dich kennenzulernen Ren! Ich musste lange warten, bis Link endlich eines seiner gewachsenen Kinder mitbringt.“ Kafei warf Link einen vorwurfsvollen Blick zu, woraufhin dieser seine Miene verzog und eine entschuldigende Geste machte. Einige Leute lachten amüsiert und erst jetzt wurde sich Ren der Menschenmenge um sie herum bewusst. Natürlich, Link war ja auch in diesem Land ein Held. Dennoch verhielten sich die Termianer anders als Ren es von den Hylianern gewohnt war: Sie schienen sich einfach zu freuen, dass Link da war, ohne auf ihn einzustürmen und ihn mit Gesprächen, Fragen und Segenswünschen zu bedrängen. Sie verhielten sich eher zurückhaltend, ja einige gaben sich sogar Mühe nicht aufzufallen. Sofort waren diese Leute Ren sympathisch.

„Wie geht es Anju und der Kleinen?“, fragte Link in diesem Augenblick.

„Es geht ihnen gut. Sie werden sich freuen dich wiederzusehen! Außerdem haben wir einen Neuzugang in der Familie: Wir haben einen Sohn bekommen!“ Link gratulierte Kafei erfreut und schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter.

„Doch genug von mir. Ihr seid sicher müde, immerhin musstet ihr mehrere Tage durchreiten. Die Versammlung wird erst morgen stattfinden, wir erwarten noch den Dekukönig und sein Gefolge.“ Ein verdrießlicher Gesichtsausdruck überzog Kafeis Gesicht bei diesen Worten und Link musste unwillkürlich grinsen.

„Immernoch dasselbe mit ihm?“ Kafei seufzte ergeben und schüttelte den Kopf.

„Er wird sich nie ändern…doch sei’s drum. Ich bringe euch jetzt erstmal zu mir nach Hause. Ihr seid bestimmt hungrig und durstig nach der Reise. Um eure Pferde wird man sich sofort kümmern. Du erinnerst dich ja noch daran, dass Pferde sich nur im mittleren Bereich Unruh-Stadts aufhalten dürfen.“ Link nickte und strich Epona zum Abschied über die Nüstern. Rens Pferd Naboru wieherte drohend und er beging nicht den Fehler seine Hand jetzt in die Nähe ihres Mauls zu bewegen.

Kafei führte sie in den Osten der Stadt, ins Rathaus. Der Weg war nicht kurz, da Unruh-Stadt sehr groß war und Ren sah viele unzählige Dinge, die ihn auf Anhieb interessierten. Link, der die Blicke seines Sohnes bemerkt hatte versprach ihm, dass er ihn nachher durch die Stadt führen würde.

“Es gibt hier wirklich eine Menge zu sehen!“, meinte er augenzwinkernd.

Das Rathaus von Unruh-Stadt entpuppte sich als ein großes dreistöckiges Gebäude, das wohl aus Stein erbaut war, das nach außen hin aber mit Holz verkleidet war. Kafei führte sie durch zwei Zimmer, bis sie eine Treppe nach oben stiegen und von dort aus noch eine weitere erklimmen mussten, bis sie in dem Bereich des Hauses waren, in dem Kafei mit seiner Familie lebte. Wann immer ihnen jemand entgegenkam, lächelte der- oder diejenige sie freundlich an. Das Rathaus war ein geschäftiges Gebäude mit vielen netten Leuten und Ren fühlte sich ein wenig an die Goronen erinnert.

Als sie im dritten Stock waren, kam ihnen eine gutaussehende, rothaarige Frau entgegen, bei der es sich wohl um Anju handeln musste. Sie umarmte Link strahlend und schloss auch Ren nach einer kurzen Vorstellung in die Arme, was ihn gleich rot werden ließ. Anju war ebenso hochgewachsen wie ihr Mann und sah auch für ihr Alter immernoch sehr gut aus. Sie strahlte Wärme und Zuversicht aus, was darauf schließen ließ, dass man sich in ihrer Nähe immer wohl fühlte.

Während des Essens schaute Alsa, Anjus und Kafeis 17-jährige Tochter ihn neugierig und scheinbar sehr interessiert an, wodurch sich Ren ziemlich unbehaglich fühlte. Fils, der fünfjährige Sohn des Bürgermeisterpaares hingegen, schenkte all seine Beachtung Link und dessen hochinteressanten Geschichten von fernen Ländern und Abenteuern. Zuvor hatte Rens Vater Fils den Segen der Göttinnen gegeben, wie es in Hyrule bei Kindern von Freunden Brauch war, wenn man sie das erste Mal sah. Obwohl auch die Termianer an die Göttinnen glaubten, schenkten sie ihre Ehrerbietung eher den vier Schutzmächten ihres Landes, die ihnen näher waren, als Din, Nayru und Farore, was nur bloße, entfernte Namen für sie darstellten.

Nachdem sie ihre Sachen auf ihre Zimmer in Anjus Rasthaus, was sie immernoch betrieb, gebracht hatten, machten sich Ren und sein Vater am Abend in die Stadt auf. Unruh-Stadt war die größte Stadt, die Ren je gesehen hatte. Link erzählte ihm, es gebe zwölftausend Einwohner, was zu glauben sein Sohn durchaus im Stande war. Dabei wurde der Eindruck von der Größe der Stadt nicht einfach nur durch die Fläche erweckt, sondern dadurch, dass man in Unruh-Stadt höher baute, als in der Schlossstadt Hyrule. Zum Teil gab es hier Bauten, die die Ausmaße eines Turmes hatten, doch gab es eine ganz bestimmte Besonderheit, die Ren sehr faszinierte: Unruh-Stadt hatte eine achteckige Grundfläche und war von hohen Mauern umgeben, doch was Ren sich nie bei einer Stadt hätte träumen lassen: Es gab auch innerhalb der Stadtmauern noch weitere Mauern, die die Stadt in vier Bereiche teilten. Wenn man durch das Südtor kam, dann sah man geradewegs auf den großen Uhrenturm der Stadt und wenn man sich auf ihn zu bewegte, dann kam man nach einiger Zeit zu dem großen Platz, der jedes Jahr das Herz des Karnevals bildete.

Nun gab es rechts und links des Südtores Mauern, die zunächst geradeaus zum Uhrenturm liefen und diesen dann in einem weiten Kreis umschlossen. Im Osten und Westen der Südstadt gab es Tore die in die Ost- beziehungsweise in die Weststadt führten und von dort gab es jeweils noch eine Quermauer, die die Innenmauer mit der Außenmauer verband. Durch diese Quermauern liefen die Tore nach Nord-Unruh-Stadt und auch in der Südstadt gab es noch ein Tor nach Norden, nämlich das Tor hinter dem großen Turm, während es rechts und Links des Turmes weitere Eingänge in die anderen beiden Bereiche der Stadt gab. Das Bemerkenswerte an diesen Außenmauern war allerdings, dass man in ihnen wohnen konnte. Dadurch, dass sie sehr breit waren, hatte man sie von innen ausgehöhlt und Wohnräume in sie geschlagen. Überall in der Stadt gab es Eingänge in die Innenmauern und Ren erfuhr bald, dass es dort Wohnungen, Läden und Vorratskammern gab. Die ganze Innenmauer wies zudem Fenster auf, aus denen, wie sein Vater ihm erzählte, beim Karneval bunte Girlanden und Vorhänge und allerlei anderes herausgehangen wurde. Es war eine sehr belebte und außerdem sehr gepflegte Stadt und Ren staunte als er den großen Park im Nordbereich sah, der eine Idylle innerhalb der Stadtmauern bildete.

Er wusste nicht, wie viele Stunden sie durch die Stadt gegangen waren und als es schon sehr spät war, gab es immernoch so viel zu sehen und die Stadt war immernoch voller Menschen. Zahlreiche Fackeln erhellten die Nacht und harmonierten mit den hellen Farben, aus denen die Gebäude der Stadt gebaut waren. Diese waren fast ausschließlich aus Stein gebaut, obwohl es viele Häuser gab, die nach außen hin mit Holz ausgearbeitet wurden, sowie das Rathaus. Es war eine so viel lebhaftere und schönere Stadt, als die im Vergleich dazu tristere und langweiligere Schlossstadt in seiner Heimat.

Ren bereute es, nicht schon viel früher hier gewesen zu sein, denn Termina und seine Bewohner gefielen ihm sehr, ja er fühlte sich sogar wohler hier, als in einigen Reichen seins Heimatlandes. Er bedauerte es, dass er nicht die anderen Reiche Terminas besuchen konnte und wurde dadurch auf unangenehme Art und Weise wieder an den bevorstehenden Krieg erinnert. Ob diese Menschen und diese Stadt danach noch immer so lebhaft und fröhlich sein würden?
 

„Die Armee Karthas’ marschiert gen Norden und wir haben noch keine Nachrichten aus Inveria erhalten. Überall im Land wurden Trainingslager aufgestellt, um die Bevölkerung auf den Krieg vorzubereiten, allerdings hoffen wir kämpferischen Auseinandersetzungen im Landesinneren vorzubeugen, indem wir am goldenen Pass standhalten. Dazu wurden die alten Verteidigungswerke wieder in Stand gesetzt. Die einzelnen Völker unseres Landes leisten alle ihre unterschiedlichen Beiträge zu der bevorstehenden Belagerung: Die Gerudo stellen unsere einzige Kavallerie und sind bereit dem Feind in Hinterhalten aufzulauern, wenn er ins Landesinnere vordringen sollte. Die Goronen stellen den größten Teil des benötigten Geldes zur Verfügung und arbeiten ununterbrochen an der Herstellung neuer Waffen und Verteidigungsmechanismen. Sie sind es, die überall im Land alte Befestigungen verbessern. Die Kokiri sind ein kleines Volk und obwohl sehr alt nicht mehr als Kinder vom Gemüt her. Sie werden nicht aktiv an diesem Krieg teilnehmen, denn sie könnten ohnehin nichts ausrichten. Die Rolle der Shiekah beschränkt sich zurzeit darauf, den näher kommenden Feind auszuspionieren und Informationen zu sammeln, was genau sie im den bevorstehenden Kämpfen tun werden kann ich noch nicht sagen. Sie sind von der Zahl her sehr beschränkt und daher sehr vorsichtig, deswegen werden sie wohl nicht offen am Kampfgeschehen teilnehmen, doch sie können andere gewichtige Aufgaben übernehmen. Da die Zora sowohl eigene Waffen als auch eigene Nahrung benötigen, bereiten sie sich individuell auf den Krieg vor, doch sie stellen das Zorareich als Stützpunkt und Waffenkammer zur Verfügung, da es sich auf Grund seiner besonderen Lage ungefähr in der Mitte des Ostens Hyrules gut dafür eignet und für sie leicht zu verteidigen sein sollte. Die Weisen arbeiten ununterbrochen an einer Möglichkeit Ganondorf auf magische Weise zu besiegen. Dies ist der derzeitige Stand der Dinge in Hyrule.“

Kurzes Schweigen folgte auf Links Vortrag. Ren konnte die Besorgnis in den Gesichtern der Führer von Terminas Völkern sehen. Es waren bislang noch keine Informationen über die Beschaffenheit von Ganondorfs Armee aufgetaucht, doch die bloße Tatsache, dass die Armee aus Karthas kam genügte schon, um allen Angst ins Bewusstsein zu flößen. Schließlich brach Kafei das Schweigen.

„Wir sehen, dass die Lage sehr ernst ist und wollen uns an dem Schutz Hyrules beteiligen. Schließlich sind wir Verbündete.“ Ein kurzes Raunen lief durch die Anwesenden. Link seufzte. Genau das hatte er vorhergesehen.

„Kafei, unser ganzes Land ist sehr dankbar für die angebotene Hilfe, doch seien wir ehrlich: Termina hat nicht die nötige militärische Stärke, um an einem Krieg teilzunehmen. Was könntet ihr schon aufbieten? Ihr seid Karthas zwar technisch näher als irgendein anderes Land hier im Norden, doch ihr habt keine Armee.“ Zustimmung flackerte in den Augen der Anwesenden auf.

Da der Dekukönig erst kürzlich eingetroffen war, konnte die Versammlung erst ziemlich spät zu Stande kommen. Damit war den Führern der Völker Terminas Zeit für ihre Zweifel geblieben. Kafeis Absicht in den bevorstehenden Krieg einzugreifen war im ganzen Land mit gegensätzlichen Meinungen und Empfindungen aufgenommen worden. Es stimmte, dass Termina keine Militärmacht war. Obwohl Hyrule zwar auch lange nicht mehr an einem Krieg teilgenommen hat, wurden dort wenigstens die alten Traditionen aufrechterhalten und die meisten Hylianer konnten mit einer Waffe etwas anfangen. Ganz im Gegensatz zu der Bevölkerung des Nachbarlandes. Hinzu kam noch, dass Termina ein kleineres und offeneres Land war, und somit schwer zu verteidigen.

„Ich stimme Link zu, Termina sollte nicht aktiv am Kampfgeschehen teilnehmen. Es steht einfach zu viel auf dem Spiel. Wir können uns viel schlechter wehren als die Hylianer. Unruh-Stadt würde dem Feind schnell in die Hände fallen und wir könnten uns nur in den Gebirgen im Norden bei den Goronen und im Osten in Ilkana behaupten.“

Ren musterte den Mann, der soeben gesprochen hatte. Es war ein großer, schlanker Mann mit einem von der Sonne gebräunten Gesicht. Sein Gesicht...Rens Blick blieb längere Zeit daran haften, er kam nicht darum herum in die seltsamen Züge des Mannes zu schauen. Links Sohn wurde von einem eigentümlichen Gefühl der Ehrfurcht erfüllt. Es ähnelte dem Gefühl, das man hatte, wenn man mit einem Shiekah zu tun hatte und war doch anders. Die Shiekah waren für Außenstehende ein unnahbares Volk, ein Überbleibsel aus alten Zeiten. Man respektierte sie, verstand sie aber nicht, was die den Menschen angeborene Furcht vor dem Unbekannten und Unsicheren weckte. Mit diesem Mann verhielt es sich anders. Man sah ihn an und sah keine schattenumhüllte, furchteinflößende Gestalt, sondern einen Menschen in dessen Antlitz das Erbe vergangener Zeiten zu finden war.

Die Shiekah waren trotz ihrer unumstößlichen Präsenz kaum mehr als eine Erinnerung an frühere Größe, dieser Mann jedoch war wirklich, er war wie jeder andere mit dem Unterschied, das in seinem Gesicht sich das Vermächtnis eines ganzen Volkes widerspiegelte. Er war keine lebendige Erinnerung sondern ein Hüter der Erinnerungen.

Ren wusste natürlich, wen er da so eindringlich musterte: Den König von Ikana, Lyander.

„Aber in diesen Gebieten könnten wir uns lange Zeit wehren.“, erwiderte Kafei.

„Und wären doch zum Untergang verurteilt!“, sagte der Führer der Zoras von Termina, ein schlanker Fischmensch in den mittleren Jahren, dessen aus dem Kopf ragende Flosse ihm nach vorne über die rechte Schulter fiel.

„Sehen wir es doch ein: Wir haben Ganondorf nichts entgegenzusetzen. Er würde in unser Land einfallen und es schinden, wenn wir ihn offen angreifen sollten. Natürlich sind wir Hyulres Verbündete und wir unterstützen das Land bereits nach Kräften mit Nachschub an Waffen und Anleitungen zu neuen Verteidigungsmaschinen, doch können wir um unseres eigenen Landes Willen nicht am Kampfgeschehen teilnehmen. Die Bewohner Terminas haben lange daran gearbeitet dieses Land zu etwas Besonderem zu machen, unser aller Arbeit steckt in den einzelnen Gebieten dieses Reiches. Für niemanden, nicht einmal für unsere eigenen Verbündeten, können wir es riskieren dies Land der Wut des Großmeisters des Bösen auszuliefern.“

„Das sehe ich genauso!“, ertönte die leicht scharrende Stimme des Dekukönigs, einem ungewöhnlich großen Deku mit einer noch größeren Blumenkrone

„Außerdem haben die werten Herren wohl übersehen, dass wir in unserem Land durchaus schon in Kämpfe verwickelt sind. In meinem Reich im Süden zumindest tauchen immer mehr und mehr Monster auf und mein Volk ist gezwungen seine Wohngebiete zu verlassen, um im Palast Zuflucht zu suchen.“

Lyander ergriff wieder das Wort: „Im Osten ist es genauso, obwohl wir dort die Monsterscharen unter Kontrolle haben. Das Reich von Ikana ist bereits einmal untergegangen und obwohl wir dank der Hilfe der Goronen von Hyrule wieder viel aufgebaut haben und viel erreicht haben, ist noch vieles mehr zu tun. Das ikanische Volk hat Zuwachs vom Landvolk der Ebenen erhalten, denen es nach der Sicherheit einer befestigten Stadt verlangte. Auch aus den weiten Gebieten des Nordens dieses Kontinentes sind sehr viele zu uns gestoßen und haben unsere Lebensart akzeptiert. Vom ursprünglichen Volk Ikanas sind nur noch knapp tausend Leute übrig geblieben, vom Land sind etwa zweitausendfünfhundert hinzugekommen und von den Ländereien außerhalb des Reiches an die viertausend. Dieses Reich befindet sich noch mitten im Aufbau. Ich bin nicht gewillt es ein zweites Mal untergehen zu lassen.“

Kafei sah noch einmal in die Runde und schaute dann zu Link, der ihm zunickte.

„Es war wirklich sehr nett gemeint, doch es wäre für dein eigenes Land das Falsche.“

Kafei seufzte. „ Du hast Recht, ihr habt alle Recht. Sollte Hyrule wie durch einen bösen Wink des Schicksals fallen, wird Termina seinen Kampf erhalten, nicht vorher. Die Hoffnung des Nordens beschränkt sich nun also auf das Großreich. Werdet ihr mit der Bedrohung fertig?“ „Wir müssen“, erwiderte Link grimmig, „und wir werden. Wir haben das Wohlwollen der Göttinnen auf unserer Seite und wir haben die sieben Weisen, die unser Land beschützen werden. Termina hat auch nichts zu befürchten, denn auch eure vier Wächter sind göttlichen Ursprungs. Die Frage ist nur, wie viel Schaden bei den Kämpfen entstehen wird. Wir dürfen nicht vergessen, dass Ganondorf ein Fragment des Triforce besitzt und in seiner Verbannung gelernt hat damit umzugehen. Doch was die Zukunft bringen mag, das ist noch ungewiss. Im Moment bereiten wir uns auf die Belagerung des goldenen Passes vor. Mehr können wir noch nicht tun.“

Die Anwesenden nickten zustimmend und eine beklemmende Stille setzte ein. Eigentlich war damit alles gesagt: Termina würde nicht am Kampfgeschehen teilnehmen. Die Pläne und Vorräte die bereits nach Hyrule unterwegs waren, mussten sie nicht besprechen, sie würden in Hyrule zu den verantwortlichen Leuten kommen.

Abermals kam es Ren in den Sinn, dass die Bewohner Terminas von anderer Mentalität waren, als jene in Hyrule. Im Großreich hätte diese Besprechung noch vieler Worte bedurft, selbst wenn das Entscheidende bereits gesagt worden war.

Der Inhalt der Gespräche, die nun folgten, beschränkte sich zu Rens Erstaunen nur noch auf Neuigkeiten aus den einzelnen Reichen. Da er hier niemanden kannte, fühlte er sich Fehl am Platze. Er entschuldigte sich und verließ den Raum, um noch ein wenig in der Stadt spazieren zu gehen. Er und sein Vater würden morgen gewiss wieder nach Hyrule reisen und was dann war, wusste Ren noch nicht. Bis Ganondorf in den Norden kam, würde noch einiges an Zeit vergehen und Ren wusste nicht, womit er diese Zeit füllen sollte. Mit Training gewiss, er wollte im kommenden Krieg unbedingt seinen Wert unter Beweis stellen, doch sein früher brennendes Verlangen danach als er selbst anerkannt zu werden (und nicht als ewiger Sohn des Helden der Zeit) war seit der Begegnung mit Oroelle abgekühlt. Seine persönlichen Probleme erschienen ihm nun irgendwie eitel und gar unanständig.

Er hatte schon davon gehört, dass der Umgang mit einem Shiekah ein Wesen verändern konnte. Und nun war es geschehen. Was wohl die Zukunft für ihn bringen würden? Was wohl die Zukunft für ihn...und Oroelle bringen würde?

Es dämmerte bereits, die Sonne würde bald vollends untergehen und Ren beschloss auf die Stadtmauer zu gehen, um ein wenig Wind im Gesicht zu spüren und um weiter nachzudenken. Das Land lag friedlich unter ihm dar, doch er nahm es kaum wahr. Seine Gedanken schweiften immer wieder zu Oroelle und zu der Zukunft ab. Ohne es zu wissen, wurde er dadurch seiner Schwester immer ähnlicher, die sich auch Sorgen um die Zukunft für sie und die Welt machte und die auch nicht wusste wo genau ihr Platz war, oder was ihre Bestimmung war. Außerdem dachte auch sie jeden Tag angeregt über Oroelle nach, deren Namen, Rasse und Aussehen sie nicht im Geringsten kannte. Von der sie nur wusste, dass ihr Bruder in sie verliebt war, was Grund genug war sich damit zu beschäftigen.

Ren, so tief in Gedanken versunken, bemerkte nicht wie Link zu ihm trat.

Schweigend standen sie nebeneinander bis eine ungewöhnliche Stimme ihre Aufmerksamkeit erregte.

„Da seid ihr ja, wir haben schon die ganze Stadt nach euch abgesucht!“

Alte Freunde

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 8: Alte Freunde
 

Die Stimme war sehr hoch und klang ein wenig piepsig. Nur eine Rasse, die Ren kannte hatte eine solche Stimme: Feen.

Tatsächlich sah er zwei Lichter auf sie zufliegen: Ein gelbes und ein violettes. Er sah seinen Vater fragend an und Link antwortete mit einem breiten Lächeln.

„Mach dich auf was gefasst Ren, hier kommt eine Dame, die es in sich hat.“ Die beiden Lichter kamen immer näher und bald konnte Ren die kleinen Flügel erkennen, die geschäftig auf- und abflatterten und manchmal kurz innehielten. Entgegen der allgemeinen Vorstellung von Feen, sie würden durch die Kraft ihrer Flügel fliegen, wusste Ren es besser.

Die wenigsten Leute hatten je eine Fee gesehen und deshalb war es ihnen nicht zu verübeln, dass sie so dachten. Die Flügel von Feen waren so hauchdünn und zart, dass sie gar kein Gewicht tragen konnten, doch der Hauptgrund bestand darin, dass Feen eigentlich gar keine richtigen Körper hatten. Das Licht, dass man allgemein für einen Körper hielt, war ihr Bewusstsein, ihre Seele. Feen waren ein geheimnisvolles Völkchen und durch alle Zeitalter dieser Welt selten gesehen. Keiner wusste woher sie kamen, doch wussten die Kokiri, die auf der ganzen Welt jenes Volk waren, das am engsten mit den Feen verbunden war, dass die Feen lebende Bewusstseine waren. Sie hatten dementsprechend keine Körper und jeder Angriff gegen sie war ein direkter Angriff gegen ihre Existenz, denn wenn die Seele eines Wesens vernichtet wurde, so war dessen gesamte Existenz ausgelöscht, dies war eine allgemein bekannte Tatsache. Es gab nur wenige Mächte auf der Welt, die die Seele eines Wesens direkt angreifen konnte, doch dadurch, dass die Feen ihre Seelen im wahrsten Sinne des Wortes überallhin mit sich herumtrugen und zur Schau stellten, waren sie besonders anfällig, was erklärte, wieso sie sich so selten offen zeigten. Es war demnach kein Wunder, dass Feen selten auf der Welt gesehen wurden, waren sie doch eines der verletzbarsten Völker, die es gab.

Ren konnte sich natürlich schon denken, was für Feen diese beiden waren: Taya und Tael, alte Wegbegleiter und Freunde seines Vaters.

„Link, endlich haben wir dich gefunden, du hast es uns wirklich nicht leicht gemacht. Wir mussten die ganze Stadt nach dir absuchen. Du hast uns doch nicht vergessen, oder?“

Es war die gelbe Fee die gesprochen hatte und aus den Erzählungen seines Vaters wusste Ren, dass es sich dabei um Taya handelte.

„Taya, wie kannst du mir so etwas nur unterstellen, natürlich habe ich dich nicht vergessen. Wie könnte ich? Unglücklicherweise hatte die Besprechung erstmal Vorrang.“

„Ach, die und ihre Besprechungen. Es war doch ohnehin klar wie sie sich entscheiden würden, oder etwa nicht? Wir zumindest haben es schon vorher gewusst, nicht wahr Tael?“, fragte sie ihren Bruder. Natürlich war es nicht wirklich ihr „Bruder“ in dem Sinne des Wortes. Feen hatten keine Kinder, sie wurden nicht geboren. Eigentlich wusste keiner so wirklich wie es zu ihrer Existenz kam, doch es gab natürlich unter den Gelehrten sehr viele Diskussionen. Die meisten behaupteten, dass die Feen nichts anderes waren als die Bewusstseine von verstorbenen Wesen jeglicher Art, die die Welt nicht verlassen mochten. Wenn sie ihrer Zeit auf Erden schließlich doch überdrüssig wurden, dann verschwanden sie einfach, sie lösten sich auf und kamen zu den Göttinnen. Viele glaubten daran, dass nur reine Seelen zu Feen werden konnten, niemals jedoch Verbrecher oder böse Geschöpfe. Und niemals wurden es verbitterte Leute, die verbittert aus dem Leben geschieden waren, denn diese wurden zumeist zu Knochengängern.

Doch ungeachtet ihrer Herkunft hatten Feen natürlich, wie jedes andere Wesen auch, Gefühle und konnten zu mehreren zusammenleben. So entstanden unter ihnen auch familiäre Bande.

„Wir haben es uns auf jeden Fall schon gedacht.“, meinte Tael.

Link schmunzelte. Dann fiel sein Blick auf Ren und er stellte ihn vor.

„Endlich treffen wir uns mal“, frohlockte Taya, „ich nehme es Link schon sehr lange übel, dass er dich nie nach Termina gebracht hat. Lass dich mal ansehen.“

Sie umschwirrt Ren und dieser kam sich mal wieder wie ein bloßes Objekt vor, das es anzuschauen gilt. Ob er sich jemals daran gewöhnen würde? Tael hatte Rens Unbehagen bemerkt und rief seine Schwester zur Ordnung:

„Taya, jetzt hör schon auf damit! Ren ist doch kein Ding, was man sich einfach so ansehen muss. Er muss doch als Links Sohn ohnehin schon genug davon haben.“

„Du hast Recht Tael. Tut mit leid Ren!“, entschuldigte sie sich mit ihrer hohen, glockigen Stimme.

„Ich hab mich einfach hinreißen lassen. Wir mussten ja auch lange genug darauf warten dich endlich einmal kennen zu lernen.“ Hätte sie ein sichtbares Gesicht gehabt, hätte sie Link jetzt sicher einen bösen Seitenblick geschenkt, dachte sich Ren vergnügt.

Die Feen erinnerten ihn an die unbekümmerten Kokiri. Wenn man ihnen so zuhörte, dann mochte man meinen, dass alles in Ordnung war und dass es niemals einen Krieg geben würde.

„Ist ja gut Taya, jetzt hab ich ihn ja mitgebracht!“ Wer hat hier wen mitgebracht?, fragte sich Ren zynisch.

„Wie ist es euch beiden in letzter Zeit ergangen?“

Taya wollte wieder anfangen loszureden, doch Tael war schneller.

„Nichts da Taya, du redest sowieso immer zu viel! Also uns ist es eigentlich gut ergangen. Du weißt ja wie wir sind. Wir sind ein wenig hier und da gewesen. Vor ein paar Jahren haben wir sogar Terminas Grenzen überschritten, zum ersten Mal seit langer Zeit, und sind nach Süden gewandert.“

„Die Länder dort sind leer und weit“, fügte Taya trotzig hinzu. Sie würde sich doch von ihrem Bruder nicht den Mund verbieten lassen!

„Ja, das sind sie. Übrigens Link, als wir unterwegs waren haben wir jemanden getroffen, wir glauben, dass du ihn kennst.“

„Wen?“, fragte Link überrascht. Er hatte keine Bekannten im Süden, er war selbst nie weiter als einige Tagesritte von Termina entfernt im Süden gewesen.

„Es war…“, ließen sich die beiden Feen gleichzeitig vernehmen. „Hör auf Tael, ich will es sagen, ich hab ihn schließlich zuerst gesehen!“

„Ja, aber ich hab erfahren, dass er aus Hyrule kommt!“

„Aber...“, wollte Taya wieder auffahren, da sagte Tael schon: „Es war ein Kokiri.“

Taya heulte auf vor Wut und schoss auf ihren Bruder zu, der sich schnell in Sicherheit bringen wollte.

Unsicher schaute Ren zu seinem Vater. Ein Kokiri außerhalb von Hyrule?

„Vater, kann es wirklich sein, dass es außerhalb von Hyrule Kokiri gibt? Vielleicht haben Taya und Tael ja etwas verwechselt?“, fragte er.

„Vater?“ Stirnrunzelnd schaute er seinen Vater an. Sein Blick war so seltsam geworden….als würde er sich an weit zurückliegende Ereignisse erinnern.

„Vater, hörst du mich?“, harkte Ren nach. Was war mit Link los?

„Ja, ich höre dich.“, antwortete Link mit der Stimme eines Mannes, der soeben aus einem Traum erwacht ist. „Nein, ich glaube nicht, dass es im Süden Kokiri gibt. Vielleicht gibt es ja Gruppen, die in Wäldern leben und so aussehen. Aber das unsterbliche Volk der Kokiri existiert meinem Wissen nach nur in Hyrule. Der Kokiriwald ist etwas Einzigartiges auf der Welt, ebenso der Dekubaum.“ Er wandte sich den beiden Feen, die sich in einiger Entfernung immer noch jagten.

„Hey, Taya, Tael, hört auf euch zu streiten und kommt wieder zurück. Ich will mehr über diesen Kokiri hören!“

Noch immer zankend kamen die Feen zurück. „ Ach na gut, erzähl du den Rest.“, resignierte Tael genervt. „ Ha!“, kam es von Taya und dann fing sie an zu erzählen.

Sie und Tael waren in den Süden gereist, weiter als je zuvor. Sie betrachteten Termina zwar als ihre Heimat, doch reisten sie gerne in fremde Länder. Auch in Hyrule waren sie schon mehrmals gewesen, doch dies war vor langer Zeit. Es zog sie immer wieder nach Süden und mit jedem Mal drangen sie weiter vor. Die Ländereien, die direkt an Termina und Hyrule anschlossen, waren zum größten Teil große, hügelige Grassteppen, die gelegentlich mit kleineren Wäldern durchsetzt waren. Doch südlich davon, senkte sich das Land zu flachen bewaldeten Flächen. Dörfer und kleinere Ortschaften fingen an sich zu häufen und es gab eine ganze Reihe kleinerer Länder und so genannter Stadtstaaten. Dort hatten sie ihn getroffen, in einem der größeren Wälder. Sie waren zuvor schon in Hyrule Kokiri begegnet und wussten deshalb wie sie aussahen. Zunächst hielten sie ihn für ein Menschenkind, doch schon bald fühlen sie seine besondere Ausstrahlung und es bestand kein Zweifel mehr: Sie hatten einen echten magischen Waldbewohner Hyrules vor sich.

Auch er sei überrascht gewesen, berichtete Taya, zwei Feen, soweit im Süden zu sehen. Er meinte er wäre schon lange Zeit auf der Reise und wäre noch viel, viel weiter im Süden gewesen, in den Ländern Inveria und Karthas. Auf ihre Frage, ob er aus Hyrule käme, antwortete er mit einem Ja. Er kam also aus Hyrule, aus dem Kokiriwald. Doch wie konnte es dazu kommen, dass der Dekubaum ihm erlaubte zu gehen, wo es den Kokiri doch nicht gestattet war ihren Wald zu verlassen.

An dieser Stelle sei ein Schatten über sein Gesicht gehuscht, fügte Tael, der sich zuvor schmollend zurückgehalten hatte, hinzu.

Taya missfiel die Unterbrechung zwar, doch sie hielt sich zurück. „Das wollte ich auch gerade sagen.“, meinte sie.

Überhaupt soll der Kokiri einen traurigen und bitteren Ausdruck gehabt haben. Sein Gesicht war von solchem Ernst erfüllt, dass es sie traurig gemacht habe ihn anzuschauen, sagte die Fee. Die Kokiri waren ein kindliches und fröhliches Völkchen. Obgleich unsterblich und deshalb sehr alt, kannten sie doch nur Heiterkeit und Witz. Trauer und Bitternis gehörte nicht in ihre Welt. Sie fragten ihn nach seinem Namen und er antwortete mit…

“Mido“, flüsterte Link.

„Ja“, sagte Taya leise. Ren verstand gar nichts. Sein Vater schien diesen Mido zu kennen, doch es schien als wäre es keine angenehme Bekanntschaft gewesen. In der Stimme seines Vaters lag Schmerz und Ren hatte ihn nur sehr selten traurig oder von Bitterkeit erfüllt gesehen. Meist in Momenten, in denen Link sich alleine wähnte. War sein Vater…nicht glücklich?

Eine Zeitlang seien sie einfach zusammen durch den Wald gewandert, fuhr Taya fort. Mido konnte ein geselliger Bursche sein, wenn er wollte und es schien, dass die Gesellschaft der beiden fremden Feen ihm gut tat. Er hatte viele lustige und interessante Geschichten zu erzählen, einige ausgedacht einige wahr. Er erzählte von den fernen Ländern des Südens und von den vielen verschiedenen Wäldern, die er überall auf der Welt besucht hatte. Zusammen hatten sie viel Spaß und ihre Zeit war von Lachen erfüllt. Taya konnte sich nicht mehr daran erinnern, wie viel Zeit sie zusammen verbrachten, bestimmt waren es jedoch Wochen. Doch schon bald hatten sie und Tael wieder Sehnsucht nach Termina und ihren Freunden dort. Noch immer lebte ihr bester Freund, das Horrorkid in den südlichen Wäldern. Jenes Horrorkid, das einst von Majoras Maske besessen gewesen war. Mido spürte diese Sehnsucht seiner beiden Reisegefährten und dankte ihnen für die schöne Zeit, die sie zusammen verbracht hatten. Er sagte, dass er in ihnen zum ersten Mal wieder eine nette Reisegesellschaft gehabt hätte. Er fragte sie wohin sie jetzt gehe würden und sie erzählten ihm von Termina.

„Er hatte eine Fee bei sich.“, fügte Tael behutsam hinzu. Widerstrebend ließ Taya ihn weitererzählen.

„Sie fragte danach, ob wir in den letzten Jahren in Hyrule gewesen waren. Wir verneinten, doch hatten wir durch unseren Freund Link einen Grund Hyrule alsbald wieder zu besuchen. An dieser Stelle verhärtete sich Midos Gesicht, die Fee aber freute sich von dir zu hören. Du weißt bestimmt von wem ich rede, oder?“

Link schloss die Augen und dachte an vergangene Zeiten. Er dachte an dunkle Höhlen, riesige Tempel und furchteinflößende Gegner. Und er dachte an eine kleine Fee, die ihn damals begleitet und ihm zur Seite gestanden hatte. Seine Fee. Navi.

„Ja, ich weiß, wer sie ist. Es geht ihnen also beiden gut, ja? Das freut mich. Das freut mich wirklich sehr. Wer hätte gedacht, dass ich jetzt noch von ihnen hören würde so kurz vor dem Krieg?“

Taya mischte sich wieder ein: „Sie meinte, dass sie und Mido wieder Sehnsucht nach ihrem Zuhause hätten. Sehnsucht nach dem Norden. Tael und ich glauben, dass sie mittlerweile nicht mehr fern sind von Hyrule und Termina.Vielleicht…kommen sie ja noch vor dem Krieg zurück?“

Link lächelte müde. Ren war bestürzt. Während des Gespräches hatte das Gesicht seines Vaters eine angsteinflößende Veränderung durchgemacht. Zum ersten Mal in seinem Leben konnte sich Ren vorstellen wie sein Vater als alter Mann aussehen würde. Sein Gesicht schien merkwürdig müde und eingefallen zu sein. Bitter und resigniert. Falten waren darin eingegraben, die Ren bis dahin nie bemerkt hatte. Was hatte es mit diesem Mido auf sich? Und Navi? Navi war doch seines Vaters Begleiterin gewesen, während seiner Reise durch die Tempel und durch die Zeit. Sie war seines Vaters treue Gefährtin und Freundin gewesen. Was machte sie nun bei diesem Mido, dessen Name bei seinem Vater einen solchen Schmerz hervorzurufen schien. Und nicht nur Schmerz...war da nicht auch etwas anderes in seinem Blick? Ren traute sich nicht zu fragen, aus Angst alte Wunden noch weiter aufzureißen. Er würde seine Mutter fragen, wenn sie wieder zuhause wären. Seine Mutter war scharfsichtig und klug. Sie war ja auch eine der sieben Weisen. Sie würde ihm gewiss etwas über Mido, Link und Navi erzählen können. Ren hatte nicht bemerkt, dass auch sein Blick scharf geworden war mit den Jahren. Nicht umsonst war er Links und Rutos Kind.

„Danke Taya und Tael.“, sagte Link gerade in diesem Augenblick. „Vielen Dank…“

Den Rest des Abends fiel kein Wort mehr über Mido und Navi oder über den Süden.

Die Tränen einer Schwester

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 9: Die Tränen einer Schwester
 

Nach ihrer Rückkehr nach Hyrule wurden sie bereits zu einer neuen Versammlung eingeladen. Ren war müde, es hatte die letzten Tage ununterbrochen geregnet und so konnte er während der Rückreise nicht viel schlafen. Er fragte sich, ob dies nun ein Teil des neuen Alltages werden würde.

Dieses Mal führte Zelda den Vorsitz, sie entschuldigte sich bei Link und Ren für die Kurzfristigkeit und dankte ihnen für ihren Einsatz in Termina. Bald schon würden die vielen versprochenen Güter und Hilfsmittel aus dem Nachbarland eintreffen und sie wurden schon sehnsüchtig erwartet. Die Ausbildung der Bevölkerung hatte bereits begonnen und man war allgemein recht guten Mutes. Als die Königin jedoch ihr Anliegen vorbrachte, wurde ihre Stimme ernst und ihre Augen schauten klar in die Runde.

Die Weisen hatten vorgehabt das Zeitportal zu benutzen, um Link in die Vergangenheit zu schicken, zum Zeitpunkt des Siegesfestes, damit re Ganondorf dort in geschwächtem Zustand besiegen konnte. Zelda, als Weise der Zeit, hätte die dazu nötige Macht gehabt, um die Zeitreise so genau zu beeinflussen. Als sie jedoch das Portal untersucht hatte, fand sie es versiegelt. Es war ein Siegel von so unvorstellbarer Macht, dass selbst die Weisen Wochen benötigen würden, um es zu brechen. Es war wohl bereits seit Jahren vorbereitet gewesen, da Zelda in ihrem Zustand nicht darüber wachen konnte. Einmal mehr wurde ihnen damit die große Macht ihrees unbekannten Widersachers vor Augen geführt und Zelda beschwor jeden Einzelnen von ihnen, diesen Unbekannten immer im Bewusstsein zu behalten. Wer auch immer er war, mittlerweile waren die Weisen von seiner Existenz mehr beunruhigt, als von Ganondorfs Feldzug gegen das Großreich. Selbst jetzt, da sie wieder vollzählig waren, hatten sie ihn nicht ausfindig machen können, sie mussten also davon ausgehen, dass ihm wirksame Methoden zur Verfügung standen sich zu verbergen. Dies war im Großen und Ganzen der Inhalt der Sitzung gewesen und es hatte Ren stumme Schreie der Entrüstung entlockt, da diese Informationen nichts neues darstellen und er in dieser Zeit bereits hätte zu Hause sein können, um sich auszuruhen. Die Weise entließ sie wohlwollend und Ren schlurfte niedergeschlagen neben seiner Mutter aus dem Schloss. Link hingegen blieb noch.

„Wieso bleibt Vater noch im Schloss, ich dachte wir gehen jetzt sofort nach Hause?“, fragte er müde.

„Sei nicht so neugierig!“, wies ihn Ruto streng zurecht und fügte hinzu, dass er die Schultern nicht so hängen lassen sollte, da er als Kronprinz der Zoras eine gewisse Ausstrahlung pflegen musste. Ergeben folgte Ren seiner Mutter in die Stadt.
 

Link wanderte durch die lichten Haine des Schlossparks. Die Aufgabe, die vor ihm lag bedrückte ihn. Es war immer schwer einem geliebten Menschen eine solche Nachricht zu überbringen. Dennoch wusste Link, dass er die Nachricht überbringen musste. Salia hatte ein Recht darauf es zu erfahren, es war seine Pflicht es ihr zu sagen. An sich war es auch seine Schuld, und wenn sie es noch so oft leugnen würde.

Niemals würde Salia ihn anklagen oder ihm Vorwürfe machen, und auch sonst niemand gab ihm die Schuld daran, doch Link wusste, dass es seine Schuld war. Er hatte Salia, seine beste Freundin, diejenige die immer zu ihm gehalten hat, ihres Bruders beraubt. Mido…schon immer hatte sein Name widersprüchliche Gefühle in Link ausgelöst. Vor Jahren, als er noch im Kokiriwald gelebt hatte, noch vor der schrecklichen Erhebung Ganondorfs, hatte er Angst vor Mido gehabt. Er hatte Angst vor ihm und spürte sonst auch nichts weiter als Zorn. Mido hatte ihn damals immer gedemütigt, weil Link keine eigene Fee gehabt hatte. Er hatte ihn lächerlich gemacht, ihn verspottet. Seine Worte waren nicht scherzhaft, wie man es von den Kokiri gewohnt war. Seine Worte waren hart und grausam gewesen.

Die Kokiri mochten sich kindlich geben, doch gehörten sie zu den ältesten Geschöpfen Hyrules. Sie mochten trotz allem kindlich geblieben sein, keine Frage, doch waren sie auch weise geworden, weise auf eine Art, die schwer in Worte zu fassen war. Die Weisheit der Kokiri kannte nicht den Ernst der Welt außerhalb des Waldes. Ihre Weisheit befasste sich nicht mit weitreichenden Dingen wie dem Tod, dem Schicksal oder auch den Göttinnen. Die Kokiri hielten an einigen schlichten Grundsätzen fest, Grundsätze, die den Kern in allen jetzigen Wissenschaften bildeten. Doch während man sich heutzutage immer weiter vorwagte und zu vergessen begann, wo man angefangen hatte, was der Kerne von allem gewesen war, hielten die Kokiri ihre schlichten Grundsätze in Ehren. Sie waren ohne Zweifel mehr als nur unsterbliche Kinder, die im Wald lebten und spielten und fröhlich waren.

So kam es, dass ihnen auch Grausamkeit und Hohn nicht fremd war, doch wo bislang alle Kokiri dies immer nur im Scherz betrachtet hatten, gebrauchte es Mido mit allem Ernst.

Wo er nur konnte verletzte er Link und niemand wagte es etwas dagegen zutun, denn damals war Link für alle Kokiri ein Außenseiter gewesen. Er war seltsam, gehörte nicht wirklich zu ihnen. Er hatte keine Fee. Er wurde zwar von allen nett behandelt, mit Ausnahme von Mido, doch war er sich stets bewusst, dass er nicht wirklich dazugehörte…dass er niemals dazugehören würde…Alle waren gegen ihn und Mido machte ihm das Leben schwer, wo er nur konnte. Der Grund dafür war das einzige Wesen, das Link akzeptierte, dass sogar Freundschaft mit ihm schloss. Ein einzigartiges Wesen voll von Energie und Freude. Trauer und Kummer schien es noch weniger zu kennen als die anderen Kinder des Waldes. Das Wesen, das Links Kindheit zu einem Spiel machte, dass aus Schlechtem Gutes machte und das Link beibrachte was wahre Freundschaft war. Salia. Midos Schwester.

Gewiss Salia und ihn verband etwas ganz Besonderes, eine Freundschaft, wie es sie selten gab, dennoch war Mido ihr Bruder. Ihr eigen Fleisch und Blut. Link wusste nicht woher die Kokiri kamen, er wusste nicht wie alt sie waren und er wusste nicht, wie es unter ihnen zu Geschwistern kommen konnte. Die Kokiri waren seit Jahrhunderten schon immer dasselbe kleine Völkchen. Der einzige Neuzugang war Link gewesen und der war in Wirklichkeit ein Hylianer, den der Dekubaum verschont hatte. Dennoch waren die Geschwister unter den Kokiri wahre Geschwister, wurde ihm versichert und er glaubte ihnen, denn Kokiri lügen niemals. Sie kennen nur die Wahrheit.

Mido war Salias Bruder, daran bestand kein Zweifel. Und Salia liebte ihren Bruder. Mehr noch als Link. Allerdings liebte sie ihn auf eine andere Art und Weise.

Und Mido…Für Mido hatte es immer nur eine Sache gegeben, die sogar über das Wohl der Kokiri hinausging. Mido wurde vom kleinen Völkchen immer als dessen Anführer betrachtet, dessen Beschützer. Doch noch viel wichtiger als das, war ihm seine Schwester. Sie bedeutete ihm alles, sie war die Welt für ihn. Sie machte ihn wirklich glücklich und hielt alle Sorgen von ihm fern. Bis zu dem Tag, an dem Link in ihr Leben trat…
 

„Aber was hat Vater denn getan?“, fragte Ren entrüstet.

Er und Ruto saßen zusammen auf dem mittlerweile leeren Martplatz. Die meisten Menschen hielten sich ohnehin in den Trainingslagern auf und deshalb war die Stadt schon am Tage wie ausgestorben. Nachts hielt sich keiner mehr draußen auf.

Um endlich Gewissheit zu erlangen hatte Ren seine Mutter nach Mido gefragt. Sie hatte ihn verwundert angesehen und ihn gefragt, woher er diesen Namen kenne. Gewiss hatte sein Vater nicht davon gesprochen.

Ren hatte ihr von Taya und Tael erzählt und davon, was sie über jenen geheimnisvollen Kokiri außerhalb von Hyrule berichtet hatten. Von ihm und Navi. Seine Mutter hatte lange geschwiegen, doch schließlich hatte sie angefangen zu erzählen. Wie Link zu den Kokiri kam, wie er als Außenseiter behandelt wurde. Und natürlich von Mido und Salia.

„Salia hat sich bereits um deinen Vater gekümmert, als er noch ein kleines Kind war. Damals nahmen noch alle Kokiri Teil an seinem Schicksal, doch immer war es Salia, die bei ihm blieb bis er einschlief und sie war es auch, die Link als erstes erblickte, wenn er morgens aufwachte. Sie waren bereits Freunde, als dein Vater noch nicht sprechen konnte und diese Freundschaft hat sich bis heute gehalten. Als Link älter wurde und in das Alter kam, in dem er vom Aussehen her den Kokiri ähnelte, wurde seine Freundschaft zu Salia viel intensiver. Zusammen sonderten sie sich ab von den anderen Waldbewohnern. Sie streiften durch die Wälder, lachten und hatten Spaß. Salia brachte Link das Okarinaspiel bei und zusammen verbrachten sie all die Tage bis Navi zu Link kam und er seine Reise antrat. Das letzte, was er von seiner einstigen Heimat gesehen hatte, war Salia gewesen und die Okarina, die sie ihm mitgegeben hatte, ihre eigene, hat er bis heute. „

„Aber was ist denn jetzt mit Mido, wieso hat er Vater so gehasst?“, drängte Ren.

Ruto sah ihren Sohn streng an. „Weißt du es denn immer noch nicht, Ren? Mido war Salias Bruder, er liebte sie über alles. Und dann kam Link, den Salia wie einen Bruder lieben lernte. Verstehst du nicht, wie schmerzhaft das für Mido gewesen sein musste? Es ist kein Wunder, dass er deinem Vater keine Sympathien entgegenbrachte. Doch irgendwann war Link weg und alles schien wieder gut zu sein. Du weißt, dass Salia kaum jemals Trauer zur Schau stellt, es konnte also alles wieder so werden wie früher.“

Ren musste zugeben, dass er sich eine traurige Salia überhaupt nicht vorstellen konnte. Doch wenn man bedachte, dass ihr Bruder seit Jahren nicht mehr da war, musste sie doch die ganze Zeit unterschwellig getrauert haben...Seine Bewunderung für seine „Tante“ stieg um ein ganzes Stück, als er daran dachte, wie fröhlich und aufgeweckt sie immer war. Wie konnte ein Wesen eine solche Trennung verkraften und dabei noch so ausgelassen sein. Denn eines war sicher, Salias Fröhlichkeit und gute Laune waren nie aufgesetzt gewesen, es war immer echt.

Doch wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass Mido gegangen ist? Und was hatte das mit seinem Vater zu tun? Er hatte den Wald doch schon zuvor verlassen.

Genau das fragte er auch seine Mutter.

„Es geschah etwas, was Mido Link nicht verzeihen konnte. Salia ist eine der sieben Weisen und war während der sieben Jahre von Ganondorfs Herrschaft im Waldtempel gefangen. Mido hatte nicht genug Macht um seine Schwester zu retten, obwohl er es oft versucht hatte, und das war ein schwerer Schlag für ihn. Link hingegen schaffte es. Doch Salia kehrte nicht in die Wälder zurück. Wie du weißt versammelten sich die Weisen in der Halle der Weisen im Tempel des Lichts. Salia kam nicht wieder in die Wälder zurück und nachdem wir Ganondorf verbannt hatten kehrten wir auch noch nicht zurück, denn wir mussten das Böse, das noch überall im Lande tätig war, bekämpfen und für Ordnung sorgen. Zwei Leute dachten damals, dass sie ihre Liebsten verloren hätten: Mein Vater, dein Großvater, dachte er hätte mich für immer verloren und Mido dachte, er hätte Salia für immer verloren. Erfüllt von solcher Bitternis und Hass gegen Link, der im ganzen Land gefeiert wurde, ging er zum Dekubaum und bat ihm um die Erlaubnis Hyrule verlassen zu dürfen. Normalerweise hätte der Dekubaum dies nie erlaubt, doch Midos Schmerz, seine Situation berührte selbst ihn und außerdem konnte der Beschützer des Waldes nicht erlauben, dass jemand mit solch negativen Gefühlen unter den Kokiri weilte. So entließ er ihn. Denn auch der Dekubaum wusste damals noch nicht, was mit den Weisen geschehen war. Bevor Salia in die Wälder zurückkehrte, hatte Mido bereits die Grenzen überschritten und war unerreichbar für sie.

Seitdem sitzt ihr Schmerz tief. Natürlich hat sie Link nie etwas vorgeworfen, dazu liebt sie ihn zu sehr, dennoch konnte nichts daran ändern, dass ihr Bruder weg war. Bis zum heutigen Tage wusste sie nicht, ob sie sich jemals wieder sehen würden, doch diese Nachrichten geben Anlass zur Hoffnung. Ich hoffe indes nur, dass Link nicht zu hart ins Gericht mit sich gehen wird. Er gibt sich die Schuld an alldem, obwohl es alles notwendig gewesen war, damals…
 

Als Link Salia endlich auf einer Lichtung unter den Sternen fand, es war bereits tiefste Nacht, verließ ihn beinahe der Mut. Sie saß auf einem flachen Stein aus dem eine kleine Wasserfontäne klares Quellwasser in ein dünnes Rinnsaal spie, welches rasch fließend zum Schlossgraben lief. Sie hatte ihn bereits bemerkt und zu sich gewinkt.

„Was führt dich denn hierher? Solltest du nicht bei deiner Familie sein und dich ausruhen? Du weißt doch, dass du dich nicht überfordern darfst, so viel kommt auf dich zu. Du und Zelda, ihr werdet beide in nächster Zeit lernen müssen, mit den Mächten eurer Fragmente umzugehen. Was tust du also hier? Hattest du solche Sehnsucht nach mir“, fragte sie augenzwinkernd.

Link sah sie stumm an und, scharf wie ihr Blick war, erkannte sie sofort, dass etwas nicht stimmte. „Was ist los? Etwas bedrückt dich. Sag es schon, du benimmst dich etwas zu dramatisch meinst du nicht auch? So schlimm wird es schon nicht werden!“, lächelte seine Freundin. Link sah sie traurig an. Wie sollte er ihr beibringen, dass Mido sich wieder im Norden aufhielt? Er war so lange weg gewesen…

„Salia, ich muss dir etwas sagen“, begann er etwas unbeholfen.

„So weit waren wir ja schon.“, spottete Salia gütig.

„In Termina habe ich Taya und Tael getroffen. Sie haben vor einigen Jahren eine Reise in den Süden unternommen und haben dabei...Mido getroffen.“, schloss er entschieden. Drumherumzureden würde nichts bringen.

„Ist das so, ja? Wie geht es meinem Bruder denn?“, fragte Salia unbekümmert, doch Link, der Salia besser kannte als jeder andere, mit Ausnahme Midos und Darunias, bemerkte die Veränderung in ihren Augen.

„Es geht ihm gut, er hatte viel Spass mit den beiden Feen. Navi geht es auch gut, sie hat sich gefreut als sie…von mir gehört hat.“

„Link“, seufzte Salia mitfühlend auf. „Du gibst dir immer noch die Schuld an all dem was geschehen ist. Dabei weißt du doch, dass es nicht so ist. Dass Mido wegging...nun du kennst Mido ja. Er hat unüberlegt gehandelt. Er war voller Schmerz, dachte er hätte mich verloren. Ich konnte leider nie ändern, dass er dich nicht mochte und jetzt hasst er dich aus tiefstem Herzen…Doch wieso gibst du dir immer noch die Schuld an allem? Mido hat auf seinen Reisen erfahren müssen, dass ich noch am Leben bin, sprach man doch auf dem ganzen Kontinent damals von nichts anderem als von den Geschehnissen bei uns. Er hat erfahren, dass ich noch am Leben, wohlauf in Hyrule auf ihn warte, das weiß ich. Doch er ist trotzdem nicht zurückgekommen. Das kannst du dir nicht zuschreiben Link, das ist Midos eigener Fehler, sein verdammter Stolz…“

„Salia…“, murmelte Link hilflos. „Ich weiß, dass es nicht meine Schuld ist, dennoch will er wahrscheinlich nicht zurückkommen, weil er die Demütigung nicht ertragen würde. Die Demütigung vor mir.“ Salia winkte entschieden ab.

“Wir wissen beide nicht, wieso er nicht zurückgekommen ist. Doch was auch immer der Grund sein mag. Er hatte zwanzig Jahre Zeit, Link. Zwanzig Jahre! Er ist willentlich so lange Zeit von Hyrule fern geblieben und hat Navi bei sich behalten, die ihn begleitet hat. Er hat dir eine gute Freundin gestohlen, wissentlich. Er hat uns, die Kokiri, im Stich gelassen. Er hat…mich im Stich gelassen.“ Salias Stimme schwankte. Es war lange her, seit sie mit Link über Mido geredet hatte, denn unter den Kokiri kam dieses Thema innerhalb von all den Jahren in ihrer Gegenwart nie zur Sprache, ein weiterer Beweis für die Weisheit und das Feingefühl der Kokiri.

Link legte seinen Arm um seine Freundin und sie lehnte sich gegen seine Schulter. In diesem Augenblick sah sie nicht aus wie die ehrfurchtsvolle Weise des Waldes, sondern wie ein verletzliches, trauriges Kind. Link vermutete, dass auch Salia sich Vorwürfe machte und versuchte es zur Sprache zu bringen, um sie zu trösten.

„Salia, machst du dir Vorwürfe, weil du meine Freundin geworden bist?“, fragte er zunächst leise. Sie tätschelte ihm leicht die Hand und kicherte.

„Mein armer, junger Link, denkst du das wirklich? Nichts auf der Welt könnte mich dazu bringen meine Freundschaft zu dir in einem schlechten Licht zu sehen, außer dass du so groß bist.“ Sie stupste ihn mit dem Ellbogen in die Rippen und er atmete erleichtert auf.

„Nein, ich mache mir keine Vorwürfe, wenn du das denkst. Ich habe nichts falsch gemacht und es war auch nie ein Geheimnis oder etwas Verbotenes, dass du mir so viel bedeutest. Es stimmt ich habe dich vor Mido oft als meinen zweiten Bruder genannt, wohlwissend wie er reagieren würde, aber es war nur die Wahrheit und mein Bruder sollte sie kennen. Die Zeiten in denen ich Mido Vorwürfe gemacht habe sind nun auch schon um. Bereits vor Jahren habe ich aufgehört ihm vorzuwerfen, uns im Stich gelassen zu haben. Ich habe ihm vor langer Zeit bereits seinen Dickschädel und seinen Stolz verziehen, wenn er doch nur zu mir zurückkommen würde. Erzähl mir von ihm und Navi. Was haben die Feen dir berichtet?“

Link begann zu erzählen und versuchte jede Kleinigkeit wiederzugeben, die ihm auch die Feen erzählt hatten. Ab und zu nickte Salia und als sie etwas von den Geschichten hörte lächelte sie.

„Du siehst, sie sind in der Nähe. Vielleicht…was meinst du?“

„Ich weiß es nicht, Link. Ich weiß nicht, ob sie wiederkommen werden, bevor Ganondorf eintrifft. Gewiss hat Mido Navi schon öfter angeboten wieder nach Hause zurückzukehren, aber du kennst ja Navi. Sie würde ihn nie alleine lassen. Ob er selbst sich jetzt auch aufrafft kann ich dir nicht sagen. Ich habe meinen Bruder seit zwanzig Jahren nicht gesehen, nichts von Ihm gehört, bis jetzt zumindest. Ich fühle mich ihm immer noch verbunden, er ist mein Bruder und ich liebe ihn. Ich will ihn einfach wiederhaben. Aber ich weiß nicht, wie wir weitermachen sollen. Ob wir weitermachen können…Ich weiß es nicht, es ist so viel geschehen…“ Als ihre Stimme verklang beugte sich Link zu ihr runter, um ihr ins Gesicht zu sehen, und erschrak. Er hatte nicht bemerkt, dass sie Tränen vergoss. Salia weinte. Lautlos und erhaben, ohne jegliches Schluchzen oder Schütteln. Dennoch weinte sie, die noch nie in seinem Beisein Tränen vergossen hatte. Was er sollte er ihr sagen? Wie konnte er sie trösten? Ihren Bruder konnte er ihr nicht zurückgeben, er am allerwenigsten. Salia war immer die stärkere von beiden gewesen, sie war es immer, die ihm mit Rat und Trost zur Seite gestanden hatte. Nun konnte er einmal für sie da sein, doch was konnte er ihr an Trost bieten.

„Salia, bitte weine nicht. Du hast nie geweint, du bist die Starke von uns beiden, schon vergessen? Wie kann ich dich trösten? Ich will für dich da sein, das weißt du doch?“

Er spürte ihr Lächeln mehr als dass er es sah.

„Ach Link, Weinen ist etwas ganz Natürliches und wir alle müssen weinen. Du weißt, dass nicht alle Tränen schlecht sind, sie sind ein Ausdruck unserer Empfindungen Ich weine nicht zum ersten Mal und es wird auch nicht das letzte Mal bleiben. Ich weine um meinen Bruder und denke an ihn. Ich halte seine Erinnerung mit meinen Tränen in Ehren. Ich weine um Navi und um alles, was im kommenden Krieg vergehen wird. Man muss weinen Link, jeder muss weinen. Ohne das Weinen kann das Leben nicht schön sein. Mach dir bitte keine Vorwürfe. Du bist und warst immer für mich da. Mehr brauche ich nicht und mehr will ich auch nicht. Es wäre allerdings wohl kaum zu viel erwartet, wenn du ein wenig hier bei mir sitzen bleiben würdest, hm?“, schloss sie auf ihre alte Art und Link konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Salia grinste, während Tränen über ihr Gesicht liefen und ihre tiefgrünen, mit etwas braun gesprenkelten Augen nach Süden blickten, dorthin von wo aus das Böse kommen würde und von wo aus vielleicht einmal ihr Bruder zurückkommen würde. Nach Hause, zu ihr.

Training

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 10: Training
 

Klirrend prallten die Schwertklingen aufeinander. Aus der Deckung seines Schildes wehrte Ren einen geschickt platzierten Streich ab und wandelte seine Abwehr fließend in einen Angriff um. Sein Gegner hatte keine Mühe mit seinem Tempo mitzuhalten und die Zuschauer, die einen Kreis um sie gebildet hatten, stießen bewundernde und erstaunte Ausrufe aus. Gleichsam silbernen Blitzen fuhren die Waffen gegeneinander, um sich fast im selben Augenblick wieder zu lösen und die Richtung zu ändern. Das Tempo und die Präzision der beiden Kontrahenten waren schlichtweg beeindruckend. Dennoch waren sie einander nicht ganz ebenbürtig. Der Kampf dauerte zwar bereits einige Zeit an, aber mittlerweile war es Ren gelungen die Oberhand zu gewinnen. Sein Bruder konnte seine Abwehr einfach nicht überwinden. Im Stillen dankte er den Goronen zum wiederholten Male für das Meisterstück ihrer Schmiedekunst, welches er zu seiner Krönung erhalten hatte. Der von ihnen angefertigte Schild war sehr hoch und bot viel Deckung war gleichzeitig jedoch extrem leicht. Ren konnte nicht sagen aus was für einem Material er geschmiedet war, doch solange der Schild seinen Zweck erfüllte sollte ihm das recht sein.

Er vollführte einen plötzlichen Angriff nach Zens rechter Seite, den sein Bruder selbstverständlich sofort erwidern wollte, doch im letzten Moment änderte Ren die Richtung seiner Klinge und Zen hatte nur einen winzigen Augenblick Zeit den Angriff anzunehmen. Er schaffte es. Ren musste sich eingestehen, dass er seinem Bruder niemals zugetraut hätte ein so hohes Tempo in einem Kampf zu halten. Natürlich war sein Bruder schnell, das waren alle drei Kinder von Ruto, doch er wusste es für seine vierzehn Jahre bemerkenswert gut seine Geschwindigkeit mit seinem Waffengeschick zu vereinen. Die Talente und Fähigkeiten beider Eltern vereinigten sich in ihm in einer perfekten Symbiose und Ren musste, nicht ohne Neid, eingestehen, dass er seinem kleinen Bruder eigentlich nur an Kampferfahrung überlegen war. Es war bereits jetzt abzusehen, dass Zen ein besserer Schwertkämpfer als er werden würde. Was blieb ihm dann noch, um es sein eigen zu nennen?

Zen sprang einen Schritt zurück und nahm eine etwas andere Kampfhaltung ein, er würde also seinen Stil ein wenig ändern. Sein Schwert lag ihm locker in der Hand und er strahlte eine beunruhigende Ruhe aus, eine Ruhe wie man sie nicht in einem Kampf verspüren sollte. Was nicht etwa hieß, dass sich Zen arrogant gab, das tat er nie. Er strahlte zwar Ruhe aus, doch gleichzeitig ließen seine Augen Aufmerksamkeit und Vorsicht vermuten. Zens Mimik war im Allgemeinen nur schwer zu deuten.

So standen sich die beiden Brüder nun gegenüber und die Zuschauer jubelten und feuerten sie an. Dann ertönten zwei laute Glockenschläge und Links Söhne lächelten sich grimmig an, während sie ihre Waffen einsteckten und sich die Hände schüttelten. Die Menge applaudierte, zerstreute sich jedoch schon kurz darauf. Ren und Zen blieben alleine zurück.

"Gut gemacht Zen, ich bin stolz auf dich! Du bist wirklich gut geworden!" Zen strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ren, der gerade das Gleiche tun wollte, unterdrückte den Impuls und musste lächeln. Diese Bewegung hatten sie alle drei von ihrem Vater geerbt. Nachdenklich schaute sein kleiner Bruder erst auf sein Schwert und dann auf Rens Schild.

"Danke, aber um dich zu schlagen, muss ich wohl noch etwas üben. Ich komm einfach nicht durch deine Abwehr."

"Kein Wunder, wenn sich unser lieber Bruder immer hinter seinem Schild verschanzt."

Gepresst sah Ren Kira aus dem Schatten eines nahegelegenen Zeltes treten und auf sie zugehen. Mit einem für sie typischen langsamen, schlendernden Gang stolzierte die über den Platz und trat auf ihre Brüder zu. Der bewundernden Blicke und dem Getuschel rund um sie herum war sie sich nur zu gut bewusst. Es zauberte ein zufriedenes Lächeln auf ihre schönen Lippen. Ihre Anwesenheit in diesem Lager hatte anfangs für einigen Ärger gesorgt.

Die drei Geschwister befanden sich in einem von vielen Ausbildungslagern, die überall in der hylianischen Steppe aufgebaut worden waren, mit dem Ziel den Bewohnern des Landes das Waffenhandwerk beizubringen. Jedem Lager wurden Bewohner aus den nahe gelegenen Gebieten zugewiesen. Außerdem mussten sich in jedem Lager Spezialisten für verschiedene Kampfarten befinden. Am meisten verbreitet war natürlich der Umgang mit dem Schwert, damit konnte jeder etwas anfangen, doch in den ersten Wochen des Trainings galt es bei jedem Einzelnen herauszufinden, worin seine wirklichen Talente lagen. Nach einem Monat sollten die Lager so umfunktioniert werden, dass jedes zu einem Ausbildungsplatz für nur eine Waffenkunst wurde, sei es Bogenschießen, Schwertkampf, Lanzenkampf oder etwas anderes, noch spezielleres.

Das Lager in dem sich Links Kinder aufhielten, befand sich im Hinterland von Hyrule, unweit des Hyliasees, was auch der Grund dafür war, dass sich die drei dort aufhielten. Kiras Aufenthalt jedoch lenkte die Männer im Lager ab, denn wann immer sie sich offen blicken ließ, starrten ihr einfach alle hinterher. Selbst wenn sie es gar nicht beabsichtigte und sich sogar bemühte ihre Reize unter Kontrolle zu halten, es half alles nichts. Selbst die Männer bemühten sich nach einiger Zeit von selbst nicht zu ihr hinzusehen, mit dem Resultat, dass sie beim Training unkonzentriert waren und viele Fehler begingen. Niemand hätte es je gewagt Kira die Anwesenheit zu verbieten, denn abgesehen von ihrer überwältigenden Schönheit war sie eine Prinzessin und noch dazu die einzige Tochter, das älteste Kind des Helden der Zeit und der Weisen des Wassers. Deshalb zog sich Kira von selbst zurück und ließ sich nur während der Pausen blicken. Manchmal gab es sogar Tage, da schien sie sich überhaupt nicht erst im Lager aufzuhalten. Doch wenn sie sich blicken ließ, dann genoss sie die Aufmerksamkeit, die man ihr schenkte. Sie sonnte sich zufrieden in glühenden Blicken und badete in einem Meer aus zahllosen unausgesprochenen Komplimenten (nur wenige trauten sich sie offen anzusprechen).

Sie trat zu Zen und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter.

"Du brauchst dich nicht zu grämen Zen. Rens Schild ist beinahe größer als er selbst, selbst ein ausgewachsener Mann hätte seine Mühe gehabt ihn da zu treffen."

"Was ist diesmal dein Problem Kira?", fragte sie Ren und seuftzte. Den Punkt an dem sie ihn noch mehr ärgern konnte, hatte sie bereits überschritten. Eine Ansicht, die seine Schwester nicht mit ihm teilte.

"Was sollte ich denn für ein Problem haben? Es ist alles in bester Ordnung, ich mache Zen nur auf etwas aufmerksam. Dass es so offensichtlich ist, spielt dabei keine Rolle, oder?"

Ren hatte sich geirrt, sie regte ihn immer noch auf.

"Was soll denn bitte so schlimm daran sein mit Schild zu kämpfen?", fauchte er sie an.

"Unser Vater tut es schließlich doch auch! Wieso musst du immer jede Kleinigkeit an mir kritisieren, selbst diejenigen die überhaupt keiner Kritk wert sind." Kira seufzte nun ihrerseits und deutete auf Zen, der sie anblickte. Sie deutete seinen Gesichtsausdruck diesmal als mürrisch.

"Hast du Zen jemals mit Schild kämpfen sehen?"

"Wenn er nunmal nicht gerne mit Schild kämpft ist das doch seine Sache, worauf bei den Göttinnen willst du hinaus?"

Seine Schwester schloss die Augen und schüttelte den Kopf, so dass ihr Haar hin und her wogte. "Ren, Ren, Ren...", murmelte sie in einem Tonfall, als würde sie mit einem kleinen Kind reden, woraufhin Ren allmählig die Beherrschung verlor.

"Verdammt, Kira! Lass mich doch einfach in Ruhe, was weißt du schon davon. Was machst du überhaupt hier?"

"Ich bin natürlich hier, um auf euch aufzupassen, wo Mutter und Vater doch keine Zeit haben. Übrigens solltet ihr etwas essen gehen, die Pause endet bald. Ich muss doch dafür sorgen, dass es euch hier gut ergeht.", meinte sie augenzwinkernd und wickelte einige Haarsträhnen um ihren Zeigefinger.

"Lass mich einfach zufrieden.", entgegnete ihr ältester Bruder und ließ sie mit Zen alleine stehen. Lächelnd blickte sie ihm nach. Ein wütendes Gesicht stand ihm doch wirklich gut. Dann, an Zen gewandt, sagte sie: "Das mit dem Essen gilt übrigens auch für dich. Los, komm. Geh was essen, ihr habt noch den Rest des Tages vor euch."

Zen ignorierte das Gesagte völlig und fragte sie: "Wieso lässt du ihn nicht einfach in Ruhe?" Seine Schwester winkte ihm mit ihr zu gehen und zusammen schlenderten sie durch das Lager, welches mittlerweile fast leer war, da sich die Meisten im großen Speisezelt befanden. Da es bereits fortgeschrittener Herbst war, regnete es wieder häufiger und der Regen in Hyrule konnte bisweilen sehr unvorhergesehen und abrupt kommen. Deshalb standen in allen Lagern ganze Dörfer aus Zelten.

"Er ist halt nicht so selbstständig wie du es bist.", sagte Kira eben. Obwohl sie lächelte lag keine Ironie in ihrer Stimme.

"Oder du", entgegnete ihr Bruder. Seine Stimme war ruhig und tief. Ein sanfter aber beständiger Bass. Kira nickte zur Antwort und eine Weile gingen sie schweigend weiter. Es stimmte, dass Zen sehr selbstständig war. Sie hielt sehr viel auf ihren kleinen Bruder, obwohl er für die Meisten ein Rätsel darstellte. Er redete wenig und hielt sich meist alleine an wenig besuchten Orten auf. In großen Mengen war er trotz seines Ranges erstaunlich unauffällig. Meistens ließ man ihn in Ruhe, denn wenn Zen nach Gesellschaft zu Mute war, begab er sich einfach zu ihr. Der Junge wusste was er wollte und konnte sich und seine Umgebung messerscharf beurteilen. Es war meist sehr schwierig Zen aus seiner Ruhe zu locken und unwillkührlich musste Kira wieder an das Fest nach Rens Krönungszeremonie denken, als ihr Vater Zen mit etwas aus der Fassung bringen konnte. Nun ja, wenn es etwas mit dem Verhalten der Fee auf sich hatte...Normalerweise trug Ren einen sehr desinteressierten, ruhigen Gesichtsausdruck. Vollkommen undurchsichtig, selbst Kira hatte ihre Schwierigkeiten damit aus ihrem jüngsten Bruder schlau zu werden. Doch anders als bei Ren hatte sie auch nicht das Bedürfnis ihn verstehen zu wollen, ihm helfen zu müssen. Im Geiste war sie trotz all ihres Gebahrens in der Öffentlichkeiten, all ihrer verschiedenen Rollen, denen sie sich aller genauestens bewusst war, Ren ähnlicher als dem stillen aber souveränen Zen. Kira plagten ähnliche Zweifel wie Ren, was sie auch wusste, sie fühlte sich ihm sehr stark verbunden und wollte ihm helfen damit umzugehen. Das ungeschriebene Gesetz unter Geschwistern verbot ihr jedoch es allzu offen zu tun, sie musste ihren Bruder vielmehr ärgern und damit versteckte Hinweise geben, die er entweder nicht verstand oder nicht wahrnehmen wollte. Sie wusste genau, Zen war ihnen beiden im Grunde genommen überlegen. Er zeigte es nur nicht. Es kümmerte ihn nicht, was man von ihm dachte, gleichzeitig zeigte er jedoch nicht gerne zu heftige Gefühlsausbrüche. Er wirkte in seiner Art nie arrogant oder selbstherrlich, zeigte nie jemandem, dass er über ihm stand. Und Kira vermutete, dass er sehr gerne sang. Er hatte eine so schöne Stimme, doch sie hatte ihn bis jetzt nie singen hören. Denncoh war sie sich sicher, dass er insgeheim, wenn er sich unbeobachtet fühlte, viel und gerne sang. Bei verschiedenen Gelegenheiten hatte sie nämlich gemerkt, auf was für eine wundervolle Art und Weise er den Klang seiner Stimme variieren konnte. Sie würde ihn sehr gerne einmal singen hören. Und sei es nur einmal.

Sie machten Halt vor dem Speisezelt, aus dem die typischen Essensgeräusche herausdrangen.

"Du weißt was ich meine, nicht wahr?", griff Kira ihr kleines Gespräch von vorhin wieder auf.

"Ja", sagte Zen. Natürlich wusste er es, dachte sich Kira.

"Aber", Kira hörte aufmerksam zu, ein aber kam selten bei Zens Aussagen hinterher.

„Aber ich denke du bedrängst ihn etwas zu sehr. Hör nicht auf damit, aber zügle dich ein bischen. Er versteht sonst nicht, was du ihm sagen willst." Er schaute sie auf seine beherrschte Art an, sie war vollkommen eingenommen in seiner Ausstrahlung, diese Ausstrahlung, die es kein zweites Mal gab.

"Ich weiß was du meinst, aber ich fürchte bei Ren muss man einfach immer weiter bohren. Er ist eben…Ren."

Ein Lächeln huschte über Zens Gesicht. Leider lächelt er auch zu selten, dachte Kira im Stillen. Er hatte ein schönes Lächeln.

"Ich muss jetzt noch etwas erledigen. Geh etwas essen, ja? Guten Appetit."

"Bis dann", sagte er und trat ohne zurückzuschauen ins Zelt.

Nein, sagte sich Kira während sie ihm noch hinterherblickte. Um ihn muss ich mir überhaupt keine Sorgen machen.

Sie setzte sich wieder in Bewegung und ging in Richtung Süden. Nach einer kleinen Weile ließ sie die letzten Zelte hinter sich.

So wenig sie sich um Zen Gedanken zu machen brauchte, umso mehr dachte sie über ihren anderen Bruder nach. Ren kam mit der Welt nicht wirklich zurecht. Er wusste nicht, wo sein Platz war und wollte sich nur zu gerne beweisen. Aus dem Schatten seines großen und berühmten Vaters heraustreten. Er hatte eine viel zu passive Einstellung. Das äußerte sich in vielen Lebensbereichen. Der Kampf mit dem Schild war nur ein Beispiel dafür. Ren war nicht wirklich auf den Schild angewiesen. Er war um einiges schneller und geschickter als ein Mensch, die einzige Verteidigung die er brauchte, war zugleich auch sein Angriff. Er brauchte einfach nur sein Schwert, nichts weiter.

Kira wusste das ganz genau, denn obwohl ihre Talente anderer Natur waren, konnte sie auch sehr gut kämpfen. Sie war von ihren drei Geschwistern diejenige die sich am schnellsten bewegen konnte. Wenn sie kämpfte, dann in einem einzigen fließendem Fluss, wie eine einzige fließende Bewegung. Wie das Wasser, das man kaum am Fließen hindern konnte, vermochte man kaum ihren Bewegungsfluss zu unterbrechen. Indem man sie angriff, konnte man das nicht bewerkstelligen, denn sie würde einfach ausweichen oder parieren und sofort nachsetzen. Kira liebte es mit zwei Schwertern zu kämpfen, zwei langen beidseitig geschliffenen und geschwungenen Schwertern. Ihre Schwerter waren aus dem gleichen bläulichen widerstandsfähigen Material geschmiedet, wie das Schild von Ren. Sie waren sich beide im Geiste gleich, doch sie gaben sich nach außen so unterschiedlich. Ren hielt sich immer zurück, sie hingegen preschte nach vorne und ergriff die Initiative.

Wieso sie hier sei, hatte ihr Bruder sie gefragt. Die Antwort war so simpel: Um einfach bei ihnen zu sein.

Natürlich brauchten ihre Brüder keinen Aufpasser, Kira wollte einfach Zeit mit ihnen verbringen. In wenigen Monaten würde Ganondorf mit der gewaltigen, zerstörerischen Kriegsmacht Karthas' am goldenen Pass eintreffen. Zumindest Ren würde in Kämpfe verwickelt werden, es waren jetzt die letzten ruhigen Monate, die sie zusammen mit ihm und auch mit Zen verbringen konnte. Sie selber würde beim Krieg auch eine Rolle zu spielen haben, die ihre ganze Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen würde. Obwohl sie schnell und geschickt im Kämpfen war, war ihr eigentliches Talent jenes, welches sie von ihrer Mutter geerbt hatte. Das Talent der Magie. Schon sehr früh erkannte Ruto das ungeheure Potenzial ihrer Tochter, die gewaltige Macht, die in ihr schlummerte und nur darauf wartete ausgebildet und geformt zu werden. Seit Kiras fünftem Lebensjahr unterrichtete ihre Mutter sie regelmäßig. Kira verstand es fantastisch mit Magie umzugehen und natürlich lag ihr besonderes Talent in der Nutzung von Wassermagie. Kaum einer wusste das Potenzial dieser magischen Richtung wirklich zu schätzen, die meisten Uneingeweihten dachten sofort an Feuerbälle oder Blitze, wenn sie das Wort Magie vernahmen. Wobei zumindest Blitze nicht einmal ein eigenes magisches Element waren.

Seit der Bekanntwerdung von Ganons Feldzug unterrichtete Ruto ihre Tochter jeden Tag, so lange wie es ihre Pflichten als eine der Weisen erlaubten. Wobei von Unterricht kaum noch die Rede sein konnte. Kira wusste alles, was es zu wissen galt, sie war exzellent. Was Ruto tat, war vielmehr ihre Tochter schrittweise darauf vorzubereiten im Notfall die vollkommene Kontrolle über die gesamte Wassermagie des Landes zu erhalten. Im Ernstfall, wenn Ruto mit den anderen Weisen zusammen gegen Ganondorf oder den Unbekannten antreten musste, würde jemand ihre Aufgaben übernehmen müssen. Dafür kam nur Kira in Frage.

Wenn es also an der Zeit war, würde sie überhaupt keine Zeit mehr für ihre Brüder haben.

Natürlich gab es da noch diesen zweiten, auch sehr wichtigen Grund in Rens Nähe zu bleiben: Sie wusste immer noch nicht, wer denn nun die Angebetete ihres Bruders war. Das störte sie. Es forderte sie heraus. Und Kira schreckte vor keiner Herausforderung zurück. Außerdem ging es um das Liebesleben ihres Bruders und da er selbst auf diesem Gebiet nicht den Hauch einer Ahnung hatte (wobei er sich besserte, musste Kira ihm schmunzelnd einräumen) war Kira die selbsternannte Autorität was das anging. Irgendjemand musste ja dafür sorgen, dass alles gut ging. Dafür kam selbstverständlich nur sie in Frage.

Sie hatte mittlerweile einen nahegelegenen Hügelkamm erklommen und drehte sich vor dem Abstieg auf der anderen Seite kurz um. Das Lager befand sich bereits in einiger Entfernung und in ihrer unmitelbaren Nähe war niemand zu sehen. Entspannt stieg sie den Hügel hinunter und holte eine Okarina hervor. Ihr Vater hatte ihr das Okarinaspielen beigebracht und sie spielte gerne darauf. Musik war etwas Mystisches fand sie. Sie entsprang dem Herzen, der Seele. Musik war nah verwand mit Magie, was auch der Grund dafür war, dass Musik häufig zur Nutzung von Magie eingesetzt wurde. Genau das hatte Kira jetzt vor. Sie sollte dabei nicht beobachtet werden, wenn sie eine der geheimen Melodien spielte, die ihr die Möglichkeit boten auf den Bahnen der einzelnen Magierichtungen zu reisen. Sanft fielen die Klänge der Serenade des Wassers in die Stille der Steppe und kurz darauf konnte man einige kleine blaue Lichter sehen, die sehr schnell verschwanden. Die nächste Unterrichtsstunde mit ihrer Mutter würde gleich am Hyliasee beginnen.
 

Konzentration...

Das war es worauf es ankam. Vollkommene Konzentration. Langsam aber sicher fühlte er das Pulsieren in seiner linken Hand. Die beständige Wärme nahm zu und obwohl er die Augen geschlossen hatte, wusste Link, dass auf seinem linken Handrücken ein goldenes Dreieck glühte. Er konnte es genau fühlen. Und er spürte die Macht, die es ausstrahlte. Langsam, als ob er es mit einem besonders scheuen Tier zu tun hätte, das er nicht verschrecken durfte, atmete er aus. Er spürte die Macht in ihm, spürte wie das Fragment des Mutes ihn erfüllte und seine Kraft in seiner Hand sammelte. Er ließ einen Teil der Macht ausklingen und obwohl nichts zu hören war, war es ihm als hätte er eine goldene Glocke vernommen, die den schönsten und reinsten Ton der Welt gespielt hatte. Und dann spürte er irgendwo zu seiner Linken eine Antwort. Zunächst hörte er nur einen Klang. Dieser war dem ähnlich, den er eben in Gedanken als unübertreffbar schön empfunden hatte, doch war der Ton tiefer, viel tiefer. Gleichzeitig war er einnehmender und schien die ganze Welt mit seiner Klangfülle zu übergießen. Als nächstes spürte Link leichte Vibrationen. Die Töne hatte hatten sich getroffen und waren zu einem beständigen, aber nunmehr unbeschreibbarem Geräusch geworden. Es klang beinahe perfekt. Doch es war nicht zu überhören, dass etwas zur endgültigen Perfektion fehlte. Zuletzt kam Link eine magische Welle entgegen, erfüllt von der Macht des Fragmentes der Weisheit. Zelda hatte ihm geantwortet.

In der realen Welt wären bei diesem Vorgang nur wenige Sekunden verstrichen, doch Zeit spielte im heiligen Reich keine Rolle, ebensowenig wie es jegliches Naturgesetz tat. Obwohl sich Zelda und Link an jenem heiligsten und behütetsten Ort befanden, standen sie ebenso in der Halle der Weisen, der Ebene zwischen den Spähren der Welt. Allerdings waren es nur noch ihre Körper, die sich an an jenem Ort im Zentrum der hylianischen Magie im Lichttempel befanden. Ihre Bewusstseine, ihrer beider Wesen war zu einem Teil des goldenen Reiches geworden. Solange bis sie es wieder verließen, um in ihre Körper zurückzukehren. Dieser Zeitpunkt war nah. Sie hielten sich bereits lange an der Aufbewahrungsstätte des Allerheiligsten auf, lange genug um jeden weiteren Gedanken gefährlich zu machen, denn die Macht des Triforce war hier nicht ohne Spuren geblieben. Sie hatte diesen Ort, der einst nichts weiter als ein Teil des Lichttempels gewesen war, in eine Sphäre jenseits der physischen und sogar magischen Welt gehoben. Denn wo das vollkommene Triforce weilte, dort war es als befände man sich in der Anwesenheit der Göttinnen. Und diese gewaltige Ausstrahlung war zu machtvoll für die niederen Sphären. Schon seit Jahrhunderten war das heilige Reich ein gesonderter Bestandteil von Raum und Zeit dieser Welt. Der Eingang bewacht von den Weisen, den magischen Richtungen der Welt und der Zeit selbst. In dieser Spähre gab es nur die Anwesenheit des Triforce. Es gab nur pure magische Entladung des Allerheiligsten. Alles und jeder musste auf Dauer zu einem Teil davon werden. Aus diesem Grund beendeten die beiden Anwesenden nun ihre Übungen mit einer gekoppelten Entladung der Mächte in ihren Fragmenten. In einem letzten Akt der Konzentration verließen sie das heilige Reich und kehrten in ihre Körper zurück.

Als sie die Augen öffneten, war der Eingang von den Weisen bereits wieder versiegelt worden. "Sehr gut, so lange ward ihr noch nie im heiligen Reich, ihr fangt an die Mächte des Allerheiligsten in euch zu verstehen und sie zu nutzen. Wir wussten, dass unsere Hoffnungen nicht unbegründet bleiben würden. Am Ende werdet ihr zusammen gegen Ganondorf und das Fragment der Macht siegen. Dann können wird das Triforce endlich wieder zusammensetzen und in seine Ruhestätte zurückbringen, auf dass es dort bleibe bis zum Tage der Rückkehr der Göttinnen."

Rauru strahlte die beiden an. Sie standen in der Mitte des Weisenkreises und fingen von allen Seiten muntere Blicke auf. Die Situation im Tempel des Lichtes hatte sich stark verbessert. Am Anfang waren die Weisen damit beschäftigt gewesen, die bösen Energien, die Ganon freigesetzt hatte, zu bekämpfen und zu unterdrücken. Nebenbei mussten sie sich Lösungen überlegen, um das Land zu schützen und um Ganondorf zu besiegen. Seit der Zeit, wo das Volk sich in den Kampfkünsten übte, verbrachten die Weisen zusammen ihre Zeit um Link und Zelda in dem Training ihrer magischen Fähigkeiten zu helfen. Zelda hatte dies natürlich nicht nötig, war sie doch selbst als Weise der Zeit eine Meisterin der Magie. Dennoch nahm sie dankend die Hilfe bei der Bewältigung der göttlichen Kräfte des Triforcefragmentes an. Dass Link ebenfalls magische Talente hatte, war ihnen allen seit zwanzig Jahren bewusst. Anders hätte er niemals die Weisen befreien können. Er musste die göttlichen Magien, die ihm die die Feen des Landes verliehen hatten irgendwie nutzen können. Außerdem wäre es ihm ohne magische Veranlagung nicht gelungen magische Pfeile abzuschießen. Doch Links magisches Talent war nicht so stark, dass er jemals ein wahrer Magier werden könnte. Da er jedoch im Besitz eines Triforcefragmentes war, musste er ausgebildet werden. Und sei es nur, um die Macht des Fragmentes des Mutes in das Masterschwert zu leiten, welches er nun wieder trug. Obwohl das Zeitportal nicht mehr funktionierte, konnte er es dank Zeldas Hilfe trotzdem tragen. Als Weise der Zeit hatte sie es geschafft die heilige Waffe von den Zeitverbindungen zu lösen. Nun hatten sie alles an Ausrüstung, was sie zum Kampf gegen den Großmeister des Bösen benötigten. Den Rest musste das ständige Training ausmachen.

"Ich denke wir können für heute getrost aufhören und zur Abwechslung den Tag genießen. Bei all dem Üben und all dem kommendem Übel dürfen wir nicht vergessen, dass wir trotz allem auch nur Geschöpfe der Göttinnen sind. Wir brauchen auch etwas Ruhe und Erholung. Nachdem wir nun wochenlang intensiv dem drohenden Unheil entgegengewirkt haben, sollten wir uns etwas Freiraum einräumen."

Es war selten, dass Rauru die Pflichten der Weisen lockerte und obwohl sich alle im Hinterkopf der drohenden Bedrohung durch Ganondorf und Karthas bewusst waren, nahmen sie sein Angebot zur Erholung dankend an. Link trat einen langsamen und unsicheren Schritt nach vorne. Die Halle der Weisen verblasste und sein Fuß kam auf weißem Mamor auf. Vor ihm lag ein langer, weißer Säulengang. Helles Zwielicht lag in der Luft, ein sachtes Flimmern. Als er sich umdrehte fühlte er ein Prickeln auf der Haut. Auch in der anderen Richtung erstreckte sich ein schier endloser Säulengang aus dem herrlichsten und reinsten weißen Mamor, den man sich vorstellen konnte.

Unsicher machte er einen weiteren Schritt. Das Geräusch, das seine Stiefel auf dem Gestein machten, war ungewöhnlich laut und schien kaum in diesem unermesslich langen Gang zu verklingen. Während er langsam den Gang entlangging (er konnte nicht sagen, ob er nach vorne oder nach hinten lief) hallten ihm seine Schritte überlaut nach. Bis jetzt hatte er sich noch nicht mit der Fortbewegung im Tempel des Lichtes anfreunden können, denn man musste seine Schritte mit seinen Gedanken lenken. In gewisser Weise erschuf jeder in diesem Tempel seinen eigenen Weg. Link wusste, dass der Tempel des Lichtes, mit der Halle der Weisen in seiner Mitte (er störte sich immer wieder an dieser Formulierng, denn wo es kein Hinten und Vorne gab, gab es auch keine Mitte), kein Ort der materiellen Welt war. Doch dieses Wissen half ihm auch nicht sich hier zurechtzufinden. Er wußte, dass dieser Gang einer von vielen verschiedenen war, die man kurz betrat um dann zu bestimmten Orten des Tempels weiterzureisen. Das Wort "Reise" war hierbei in keinster Weise übertrieben. Wer sich in diesem Wirrwarr aus rein gedanklich existierenden, aber eben doch irgendwie existierenden, Gängen und Windungen verlor, lief Gefahr nie wieder herauszufinden. Natürlich gab es keine Eindringlinge in diesem Tempel und wenn er sich verlaufen würde, würde ihn einer der Weisen wieder herausholen, doch trotzdem fand Link diese Vorstellung beängstigend. Außerdem mochte er diese endlosen Gänge nicht. Er hasste sie. Dieser hier hatte leicht gewölbte Wände und in einiger Entfernung konnte Link immer nur nichts als undurchdringliche Schatten sehen, was angesichts des aus Wänden und aus der Luft selbst kommenden Lichtes, hätte unmöglich sein sollen. Es gab ihm das Gefühl in einem Tunnel gefangen zu sein.

Endlich hörte er die erlösende Stimme hinter ihm: "Na, mein Lieber, hast du dich wieder verlaufen?"

Ruto hakte sich bei ihm unter und grinste ihn an. Schadenfreude hatte viele Gesichter.

"Ich hasse diesen Tempel...", murmelte er zerknirscht. Seine Frau tätschelte ihm den Arm, was wohl Anteilnahme ausdrücken sollte. Im nächsten Augenblick war der Gang verschwunden und die beiden befanden sich an einem idyllischen kleinen Teich. "Besser so?", fragte Ruto lächelnd. Link seufzte und nickte. Dieser Ort war ihm vertraut, ein bemerkenswert beruhigendes Gefühl in diesem Tempel. Weit über ihnen spannten sich weiße Bögen über einer Fläche, die wie ein kleiner Himmel über der grünen bewaldeten Fläche lag, in der sie sich nun befanden. Sie kamen immer nach Links und Zeldas Übungen hierher. Ruto ging zum Teich und setzte sich auf einen Stein daneben. Sie tauchte die Hand ein und zog sie wieder heraus, wobei sie einen kleinen Sprühregen hinter sich herzog. Die winzigen Tropfen fielen nicht zurück ins Wasser. Sie umschwirrten Ruto, bildeten eine sanfte und erfrischende Aura um sie. Sie schloss die Augen und genoß den Moment. Die Weisen waren so machtvolle Wesen. Doch offen übten sie ihre Macht nicht aus. Solche kleinen, spielerischen Momente, wenn Magie nichts anderes war, als ein erfreulicher Zeitvertreib waren selten in ihrem Leben. Zu selten, dachte Link. Er schaute Ruto immer wieder gerne bei so etwas zu. Die Stille, die sie beide dabei umgab, schnitt sie vom Rest der Welt ab. In solchen Momenten waren keine Worte nötig, gegenseitiges Verstehen war auch so gegeben.

Jetzt ließ Ruto die Tropfen über ihrer Handfläche tanzen, ein rhytmisches Auf und Ab ohne, dass man eine Melodie hörte. Links Blick wanderte zu dem Gesicht seiner Frau. Sie hatte die Augen immer noch geschlossen, doch ihr Lächeln zeigte ihm, dass sie genau wusste, dass er sie beobachtete. Link musste seinerseits lächeln und rutschte zu ihr heran. Als er seine Arme um sie legte und ebenfalls die Augen schloss, hörte er ein leises Plätschern. Dann waren sie zusammen von einem Wirbel aus freundlichem Nass umgeben, während Ruto immernoch das Wasser tanzen ließ. Der feine Sprühregen tat gut auf seiner erhitzen Haut. Ihm war warm nach den Übungen im heiligen Reich, wo eine beständige Wärme herrschte, die manchmal schon an Hitze heranreichte.

"Du bist warm...", flüsterte seine Frau.

"Und du bringst mir Abkühlung", gab Link leise zurück. Diese Momente waren leider viel zu selten. Um sie nicht zu zerstören flüsterten sie stets. Ruto tastete nach seiner Hand und sie umschlossen ihre Finger, vereint in einer bequemen Position, umgeben von der Magie des Wassers. Ruto hatte ihm immer viel von den Besonderheiten der Wassermagie erzählt und mit der Zeit hatte Link diese Magierichtung schätzen gelernt, wie es nur die Eingeweihten tun. Diejenigen, die ermessen können, wie wunderbar diese Magie sein konnte.

Die Augenblicke verstrichen und schließlich ließ Ruto einen stärkeren Sprühregen auf sie niederregnen, um das Ende ihrer kleinen Spielerei zu signalisieren. Dennoch blieben sie weiter so sitzen, bis Link schließlich wieder etwas sagte:

"Meinst du es wäre ein Sakrileg, wenn ich dich hier...", er zog Ruto näher sich. Ohne Vorwarnung brach plötzlich ein kleiner Fisch vor ihnen aus dem Teich und Link zuckte erschrocken zurück. "Na schön, war ja nur...", begann er, wurde jedoch von Rutos Lachen unterbrochen.

"Das war ich doch nicht!", prustete sie. Er schaute sie mit hochgezogenen Augenbrauen an, was sie noch mehr zum Kichern brachte. Schließlich fing sie sich unter seinem (hoffentlich) ernsten Gesichtsausdruck und wiederholte: " Ich war es wirklich nicht!". Sie verzog den Mund und versuchte krampfhaft nicht wieder loszulachen und er verschränkte die Arme vor der Brust, woraufhin sie ihm spielerisch auf die Schulter schlug.

"Jetzt komm, das war nichts als Zufall. Aber dein Gesichtsausdruck...", sie konnte das Lachen nicht länger unterdrücken.

"Du hättest dein Gesicht sehen sollen. Als würden jeden Augenblick die Göttinnen höchstselbst herabfahren, um dich für den Gedanken zu bestrafen." Link wollte zwar nicht nachgeben verzog dann aber doch den Mund. Ruto beugte sich ganz nah zu ihm hern und sah ihm in die Augen. "Was das Sakrileg betrifft...", fing sie mädchenhaft an und wurde wieder zur dem jungen, frechen Geschöpf, als das er sie kennengelernt hatte. Sie schlang ihm die Arme um die Schultern und sie hätten sich leidenschaftlich geküsst, wenn nicht in diesem Augenblick Darunia aus dem Gebüsch neben ihnen gefallen wäre, dabei Salia in den Teich geschmissen hätte und gleichzeitig den Blick auf eine zunehmend röter werdende Naboru freigegeben hätte. So jedoch fuhren sie wie ein Blitz auseinander und blickten schuldbewusst zu Boden, als sie auch schon einen Augenblick später realisierten, dass sie hier ganz gewiss nicht schuldbewusst sein mussten.

"Darunia!!", fauchte Salia, als sie aus dem Wasser auftauchte. Der Gorone erhob sich schwerfällig und nuschelte eine Entschuldigung. "Tölpel!", zischte Naboru hinter ihm.

"Ihr...", entrüstete sich Link. Sein Tonfall versprach nichts Gutes, doch bevor er noch etwas sagen konnte, brauch es wie eine Sturmflut aus Ruto heraus:

"Wie könnt ihr es wagen? Ihr seid Weise! Weise verdammt! Ihr solltet die respektabelsten Geschöpfe dieses Landes sein und benehmt euch wie kleine Kinder! Wer von euch hat sich das ausgedacht?"

"Du bist auch eine Weise und warst dabei an diesem heiligen Ort ein Sakrileg..." Salia brach in Lachen aus und Rutos Wut schäumte über. Das Kokirimädchen wurde in einem explosionsartigem Geysir aus schäumendem Wasser in die Luft geschleudert und purer Anstand verbot es ihr sich mit ihrer Magie zu vor einem schmerzhaften Aufprall zu bewahren. Allerdings fiel es bestimmt nicht auf, wenn sie genau in einem weichen Farn landen würde.

Die drei ehrenwehrten Weisen des Waldes, Feuers und der Geister mussten geschlagene zehn Minuten Schimpftiraden über sich ergehen lassen, am Ende jedoch hatten sich Ruto und Link soweit beruhigt, dass sie fast bereit waren die Situation komisch zu finden. Fast.

"Es tut uns Leid, wir konnten einfach nicht widerstehen", wiederholte Salia zum mindestens fünften Mal.

"Wir haben eine kleine magische Aktivität gespürt und haben dann zugeschaut, du warst übrigens toll, Ruto, wirklich!", ergänzte Darunia.

"Jetzt kommt schon, ihr hättet das Gleiche gemacht an unserer Stelle. Außerdem sollten wir ja eigentlich nicht bemerkt werden." Naboru warf Darunia einen stechenden Blick zu, den dieser mit einem schiefen Grinsen quittierte.

"Wir haben doch soviel zu tun mit der Ausbildung unserer Stellvertreter", meinte Salia, "da wollten wir uns einen kleinen Spass gönnen." Jeder der Weisen bildete einen Stellvertreter für den Notfall aus. Bei Darunia war es sein Sohn, bei Naboru ihre Tochter. Salia brauchte niemanden auszubilden, da der Dekubaum den Schutz des Waldes gewährleistete (womit ihre vorherige Aussage entkräftet war). Ruto bildete Kira aus. Link wusste von dem Talent seiner Tochter, auch wenn er ihr noch nie dabei zugesehen hatte. Wen die anderen Weisen ausbildeten wusste er nicht.

Ruto hatte genug von der Diskussion. "Wo sind die anderen?", fragte sie um einen Schlussstrich zu ziehen.

"Ich glaube sie bereden noch einige Dinge wegen den Nachwuchsmagiern", sagte Naboru. Es gab im ganzen Großreich Hyrule nicht wenige Magiebegabte. Die Weisen gedachten sie zum weiteren Schutz des Landes auszubilden. Das übernahmen die Shiekah unter Impas und Raurus Führung. Zelda musste sich neben ihrer Tätigkeit als Weise noch den Regierungsgeschäften annehmen. Schließlich war sie die Königin und hatte einiges aufzuholen Diese Tatsachen führten Link nur noch mehr vor Augen, wie kostbat solche Momente wie der jetzige für Führungspersonen wie ihn und die Weisen waren. Obwohl hier und da noch die ein oder andere Bemerkung fiel, verziehen Ruto und Link den anderen die Störung. Zusammen verbrachten sie einen ihrer letzten ruhigen Momente.

Kiras Jagd

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 11: Kiras Jagd
 

Kira sah gerade noch die kleinen, goldenen Lichter aufsteigen und beobachtete wie sie rasend schnell am nördlichen Horizont verschwanden. "Verflucht!", entfuhr es ihr leidenschaftlich. Sie hatte ihn verloren. Doch noch war sie nicht geschlagen, sie griff in ihren Lederbeutel, den sie an ihrem Gürtel festgemacht hatte und suchte ihre Okarina. "Verflucht!"

Wütend stampfte sie auf. Wie viel Pech konnte man denn nur haben? Bei ihrer überstürzten kleinen Verfolgung hatte sie nur nach ihrem Beutel gegriffen, in dem ihre Okarina natürlich nicht liegen konnte, da sie diese am vorigen Tag herausgenommen hatte, um ein wenig zu spielen. Noch einmal einen letzten Fluch ausstoßend, machte sie kehrt und lief ins Lager zurück. Es war ihr egal, dass sie sich dabei ganz und gar unziemlich für eine Prinzessin benahm. Die Wachen blickten ihr verwirrt nach und Verwirrung war auch alles, was sie bei ihrem überstürzten Erscheinen im Lager erntete. Ihr Haar wehte im Wind wie feine Seepflanzen im Wasser und rahmte ihr Gesicht ein, schön wie der Ozean selbst. Sie zog ihre feinen Flossen hinter sich nach, ein silbrigblauer Schatten, während sie geschwind ohne ihr Tempo zu bremsen um Menschen, Zelte und Tiere lief. Schließlich kam sie an ihrem Zelt an. Ausdauernd wie sie war, ging ihr Atem noch immer regelmäßig und ruhig. Zügig griff sie nach ihrer Okarina und überlegte einen Moment ob sie die Kantate des Lichtes hier, mitten im Lager, spielen sollte.

Es war nicht so als wären die großen Melodien ein Geheimnis in Hyrule. Jedes Kind wuchs mit den Geschichten über die klare Schönheit jedes einzelner dieser magischen Lieder auf: Das Menuett des Waldes, spielerisch, verwirrend, voller innerer Kraft. Der Ausdruck nicht nur des Waldes sondern der Natur im Allgemeinen.

Der Bolero des Feuers, hart, kräftig, volltönend. Ein Echo des Erdinneren, von einem gewaltigen Gebirgsmassiv zurückgeworfen.

Die Serenade des Wassers, fließend, klar, voller Tiefe. Wie ein einziger kurzer Moment an dem tiefsten Punkt des kältesten Ozeans. Eine ferne Ahnung jener Quelle, aus der alles Wasser der Welt entspringt.

Das Schattennocturne, dunkel, bedrohlich, undurchsichtig. Ein Spiegel des Geistes der mysteriösen Shiekah.

Das Geisterrequiem, schwer zu fassen, dem Schattennocturne nicht unähnlich, doch weniger

dunkel. Eine Symbiose aus Leben und dem was danach kommen mag.

Die Kantate des Lichtes, hell, klar, wunderschön. Wie ein leuchtender Kristall, der in Schwingungen versetzt wird.

Jeder wusste um sie, doch nur die wenigsten kannten ihren wahren Klang. Nur Auserwählte konnten sie erlernen, denn ihre Noten wurden von den Anführern der Völker geheim gehalten. Mit Hilfe dieser Melodien war man in der Lage von jedem beliebigem Punkt in Hyrule einen Zugang zum jeweiligen magischen Strom zu öffnen. Dieser Magiefluss führte einen in Sekundenschnelle zu dem Punkt des Landes, an dem die jeweilige Magie am stärksten gebündelt war: Feuer und Erde im Todeskrater, die Mächte der Natur in der heiligen Waldlichtung, Wasser am Hyliasee, Schatten am Schattentempel über dem Friedhof in Kakariko, die Macht der Geister am Wüstenkoloss, der zugleich der Geistertempel war und Licht in der Zitadelle der Zeit.

Diese Tatsache, dass sie einen Eingang in das magische Netz des Landes schufen, machte die Melodien so wertvoll und gefährlich. Denn in jener anderen Sphäre war das Land verwundbar. Dort konnte es vergiftet werden. Aus diesem Grund wurden die Melodien so selten wie möglich benutzt und an so wenige Personen wie nur möglich weitergegeben. Der Kriegsfall hatte diese Situation verändert, denn falls Ganondorf mit den Streitkräften aus Karthas am goldenen Pass durchbrechen sollte, dann brauchte das Land ein zuverlässiges Netzwerk, durch welches Informationen ausgetauscht werden konnten, oder Evakuierungen durchgeführt werden konnten. Falls es Ganon gelingen sollte Hyrule wieder zu betreten, wären die üblichen Sicherheitsmaßnahmen ohnehin nutzlos, denn wahrlich mächtige Magier konnten ohne die Melodien zu kennen in die magischen Bahnen eindringen, auf ihnen reisen, sie schädigen, wo immer sie wollten wieder zu Tage, in die wahre Welt hinaustreten. Nur wenige Wesen auf der ganzen Welt hatten die Macht dazu, doch gehörte Ganondorf ganz eindeutig zu ihnen, war er doch im Besitz des Fragmentes der Macht.

Die Melodien wären in so einem Fall eine große Hilfe für die Organisation der Landes- und Gebietsverteidigungen. Kira rannte aus ihrem Zelt und hielt auf den Ausgang des Lagers zu. Es stand ihr nicht zu, nach ihrem eigenen Belieben die großen Melodien in aller Öffentlichkeit zu spielen. Die Tatsache, dass sie Links und Rutos Tochter war, fiel dabei kaum ins Gewicht. Sie hatte kein recht dazu. Noch war die Zeit nicht gekommen, da diese Melodien zu einem beständigen Teil des hylianischen Lebens geworden waren. Vage fragte sie sich, ob es so eine Zeit jemals geben würde und was sie bringen würde...Eine Zeit in der man auf jedes Fortbewegungsmittel verzichten konnte und sich der Faulheit hingeben konnte. Man könnte von überall in nur wenigen Sekunden zu den Landeszentren kommen. Man bräuchte nicht mehr um das Wetter bangen, denn Melodien wie die Hymne der Sonne oder des Sturmes konnten dies auf Wunsch hin regeln. Wäre dies eine gute Welt? Kira bezweifelte es.

Insgeheim hatte sie keine allzu hohe Meinung von den Hylianern. Sie fand sie dekadent und zu sehr auf ihre Position als erwähltes Volk fixiert. Sie waren nett, zweifelsohne, und es gab viel weniger Verbrechen als anderswo auf der Welt, schließlich musste Hyrule in gewisser Weise das Ideal des Guten repräsentieren. Dennoch bevorzugte Kira die einfachen Menschen, die überall auf der Welt lebten. Die keine hohe Rolle im komplizierten Machtgefüge der Welt innehatten. Die Menschen die ihren freien Willen viel stärker auslebten als es die Hylianer taten, ob zum Guten oder zum Schlechten.

Gedanken dieser Art beschäftigten sie häufig, stellte sie doch stets und ständig alles, was sie kannte in Frage, auf der Suche nach ihrer eigenen, persönlichen Lösung, dem Ziel ihres Strebens, der Gewissheit um ihr Leben und Schicksal. Magische Melodien nahmen nur einen kleinen Platz in ihrer komplizierten und verzweifelten Welt ein. Die großen Melodien des Landes und der Magien, die niederen Melodien, die etwa über das Wetter gebieten konnten. Oder gar die geheime, doch durch Links Heldentaten nun berühmteste Melodie des Landes, die Hymne der Zeit, jene magische Musik, die das Zeitportal öffnen konnte, wenn sie auf der Okarina der Zeit gespielt wurde. Was bedeutete das alles schon?

Im Moment war Kiras Lage zwar wieder verzweifelt doch auf eine andere Art. Es handelte sich um den zweiten Hauptaspekt ihrer Gedanken: ihren Bruder Ren. Genauer gesagt dessen kürzlich endlich erwachtes Liebesleben. Ren hatte einen Vorsprung, sie musste sich beeilen, wenn sie ihn einholen wollte. Ihr Ziel war die Schlossstadt, wohin sich Ren mit der Kantate des Lichtes begeben hatte. Kira war sich sicher, dass es dafür nur einen Grund geben konnte: Das mysteriöse Mädchen, das ihm den Kopf verdreht hatte. Diese junge Frau (Kira stellte sich zumindest immer eine unbestimmte junge Frau vor, sie traute Ren keine Liebe zu einer älteren Dame zu) schwirrte durch ihre wüste und triste Gedankenwelt und erhellte sie ein wenig. Es konnte sich um eine Möglichkeit handeln Ren glücklich zu machen, etwas dass er so sehr wie Kira nötig hatte. Es schauderte sie immer einwenig, wenn sie daran dachte, wie unglaublich ähnlich sie und ihr Bruder sich doch waren. Sie teilten sehr ähnliche Existenzzweifel und Ängste, waren beide auf ihre eigene Art einsam und nicht glücklich. Kira gebrauchte bewusst immer den Ausdruck nicht glücklich, weil es ein zu großer und schmerzhafter Schritt gewesen wäre, sie inmitten ihres eigentlich wundervollen Lebens als unglücklich zu bezeichnen. Sie bevorzugte die scheinheilige und brüchige Illusion vom persönlichen Glück. Das einzige, was sie wirklich glücklich machen konnte, schon seit Jahren, war ihre Familie. Einzig ihre Familie trennte sie von der absoluten Finsternis eines einsamen Daseins.

Im Moment war ihr ganzes Denken und Streben darauf gerichtet Rens unbekannte Angebetete zu finden und kennen zu lernen. Zu überprüfen.

Am vorigen Tag war Kira nachts erschöpft vom Hyliasee zurückgekommen. Ihr gewaltiges, magisches Potenzial äußerte sich auch darin, dass sie als eine von sehr wenigen, die magischen Ströme des Landes an jeder beliebigen Stelle verlassen konnte. Es war ein weiterer Aspekt ihrer langjährigen Ausbildung durch ihre Mutter. Völlig ausgelaugt von den magischen Übungen, war sie müde ins Lager gekommen, die Wachen waren so überrascht und verzückt wie immer gewesen, und wollte sich in ihr Zelt schlafen legen, als sie eine bis dahin nicht im Lager gespürte Präsenz gefühlt hatte. Link und Ruto hatten schon früh erkannt, dass ihre Kinder besondere Talente darin hatten, die Präsenz anderer Wesen zu spüren, zu fühlen wenn man sie beobachtete, sich einfach auf ihr Gefühl zu verlassen.

Kira hatte auf ihr Gefühl vertraut und ihre magische Natur ließ sie außerdem eine winzige, kaum wahrnehmbare magische Erschütterung fühlen. Wer auch immer ins Lager gekommen war strahlte zwar magische Aura aus, was an sich schon sehr merkwürdig war, denn jeder Magiebegabte strahlte ein gewisses Potenzial aus und es erforderte einiges an Kraft sie auf ein Minimum zu reduzieren oder gar zu unterdrücken. Eben dies wies auf ein gehöriges Maß an magischem Talent hin. Diese Gedanken waren Kira an diesem Abend rasend schnell durch den Kopf geschossen während sie schon auf die Richtung zusteuerte, aus der die Erschütterung gekommen war. Wann immer Magie gewirkt wurde, hinterließ man Spuren, die so klein auch immer aufgespürt werden konnten. Es ging sehr schnell. Wer auch immer gekommen war, war nur kurz in Rens Zelt gekommen und war nach gerade einmal einigen Sekunden wieder verschwunden. Es wurde ganz kurz wieder Magie gewirkt, dann hatte Kira nichts mehr gespürt.

Am nächsten Tag, diesem Tag, um genau zu sein, verhielt sich Ren noch ruhiger als sonst und als sie ihn das Lager verlassen sah und hörte wie er sich für den ganzen restlichen Tag entschuldigte, bestätigte sich ihre Vermutung. Ren wollte sich mit dem Mädchen treffen. Dieses war entweder selbst gekommen, Kira hoffte es, denn das würde auf deren magische Natur hinweisen, oder hatte einen besonderen Boten geschickt.

Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt als sie ihrem Bruder gefolgt war. Wovon würde sie da nur Zeuge werden? Sie ging davon aus, dass Ren und die Unbekannte sich irgendwo in der leeren Steppe treffen würden, vielleicht in einer kleinen Höhle, oder einem Wald. Womöglich würden sie…doch nein, Kira dachte nicht, dass sie das tun würden. Aus Rens Reaktionen auf ihre Fragen und Andeutungen hatte sie zumindest so viel erfahren, dass sie das ausschließen konnte. Und wenn Ren seine Unschuld irgendwo verlieren wollte, dann gewiss an einem Ort, der sehr weit von ihr entfernt war. Bei dem Gedanken hatte sie grimmig gelächelt: So einen Ort gab es nicht.

Als sie schließlich in einiger Entfernung die Klänge der Kantate des Lichtes vernommen hatte, war sie aufgeschreckt. Bis jetzt waren vielleicht gerade erst zwanzig Minuten verstrichen, doch das reichte schon, um Ren und dem Mädchen einen großen Vorsprung zu ermöglichen. Die Schlossstadt war ein solches Labyrinth aus Gassen und Seitenstraßen, dass es nahezu unmöglich werden würde, sie ohne Anhaltspunkt zu finden. Kira ging nicht davon aus, dass sie es sich irgendwo in einer Schenke oder auf einem öffentlichen Platz bequem machen würden. Ren hatte einen Rucksack dabei, bestimmt würde er sich noch umziehen, um nicht aufzufallen. Jeder kannte sein Gesicht, er wäre innerhalb von Sekunden von einer dichten Menschentraube umgeben.

Gerade als Kira die Wachen am Ausgang passiert hatte, natürlich nicht ohne ihnen vorher freundlich zugezwinkert zu haben, hörte sie die Zens Stimme: „Kira, warte!“ Es war kein Rufen gewesen, er hatte einfach nur lauter als sonst gesprochen, doch seine Stimme hatte bekanntlich eine enorme Wirkung. Überrascht drehte sie sich um, da stand ihr jüngster Bruder schon vor ihr.

„Ja, Zen? Was ist denn? Ich habe es furchtbar eilig.“

„Musst du ihm so sehr nachspionieren? Gönn ihm doch einen freien Tag.“ Er funkelte Kira durchdringend an. Nun ja, eigentlich schaute er ihr nur direkt in die Augen, Ausdrücke wie anfunkeln oder Ähnliches konnte man nur schwer auf Zen beziehen, doch es gab sonst einfach zu wenige Worte, um ihren seltsamen, kleinen Bruder und seine Gemütsbewegungen zu beschreiben. Kira zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht und ging vor Zen auf die Hocke. Ihre Stimme wurde linkisch: „Ich glaube du verstehst die Lage nicht, mein Lieber!“, meinte sie und wedelte mit dem Zeigefinger vor seinem Gesicht.

„Ren ist in der Schlossstadt.“

Zen schwieg, doch sein Gesichtsausdruck war die personifizierte Gleichgültigkeit. Dieser Junge konnte selbst Kira aus dem Konzept bringen. Sie beugte sich zu ihm und flüsterte ihm die nächsten Worte verschwörerisch ins Ohr:

„Er trifft sich mit seiner schönen Unbekannten!“ Sie erhob sich wieder und registrierte zufrieden das leichte Zucken von Zens Mundwinkeln.

„Jetzt verstehst du sicher“, sagte sie, zückte ihre Okarina und begab sich zügig zur anderen Seite eines nahe gelegenen Hügels. Zen folgte ihr. Als sie die magische Melodie gespielt hatte war das letzte was sie sah, bevor sie von gleißendem Licht eingehüllt wurde, Zen, wie er mit vor der Brust verschränkten Armen da stand.

„Lass dich nicht erwischen“, sagte er mit seiner tiefen Stimme woraufhin Kira grinsend den Daumen hob. Keine Sorge kleiner Bruder, du bekommst alles zu hören!

Dann erfasste sie das unverkennbare Gefühl des Reisens auf einem der magischen Ströme. Es ging zwar schnell, doch dieser Eindruck war immer sehr intensiv. Jeder der Ströme war anders. Der Strom des Lichtes war angenehm warm, seine Wärme drang bis ins Innerste. Gleißendes Licht drang von allen Seiten auf Kira ein, doch es tat nicht in den Augen weh. Es war wohltuend und versprach Sicherheit. In dieser Welt aus Licht existierte ihr Körper nicht in dem Sinne wie er normalerweise existierte. Er wurde vielmehr zu einem Teil des Lichtes und materialisierte sich schließlich in der Zitadelle der Zeit. Kira öffnete die Augen. Die Zitadelle war gerade leer, doch das konnte sich jeden Moment ändern, also zog sie schnell ihren braunen, abgenutzten Kapuzenumhang hervor und hüllte sich darin ein. Sie hatte ihn in weiser Voraussicht mit ihrer Okarina mitgenommen. Als sie aus der heiligen Stätte heraustrat und sich unter die Menge auf dem Platz davor mischte, genoss sie ausnahmsweise das Gefühl nicht erkannt zu werden. Manchmal war selbst sie all die Aufmerksamkeit, die man ihr und ihrer Familie zollte, Leid. In solchen Momenten verkleidete sie sich als einfache Bürgerin und durchstreifte das Land.

Zunächst war sie unschlüssig, wohin sie gehen sollte. Fragen würde keinen Sinn machen, Ren hatte sich bestimmt verkleidet. Sie beschloss zunächst zum Marktplatz zu gehen und zog die Kapuze tiefer ins Gesicht. Trotz der Trainingslager war die Stadt ziemlich voll, da mittlerweile wieder eine gewisse Normalität in den Alltag eingekehrt war. Frauen, Kinder und Greise wurden natürlich nicht in dem Sinne ausgebildet, für sie wurden eher spezielle Vorträge gehalten, wie sie sich im Krieg zu verhalten hätten. Sie bekamen nur einige Male die Woche rudimentäre Waffenkenntnisse. Dennoch waren auch einige kampffähige Männer unter der Menge. Vor den Mauern der Stadt gab es gleich vier Lager und während der Pausen konnten die Männer in die Stadt kommen und ihre Familien besuchen.

Dennoch war der Marktplatz deutlich leerer als sonst und nur wenige Buden waren ausgestellt. Kira sah sich konzentriert nach allen Seiten um. Natürlich sah sie Ren nicht. Sie tat es zwar nur ungern, aber ließ dann ihr Bewusstsein über den Platz schweifen und suchte nach der Präsenz ihres Bruders. Sie fand ihn nicht. Er befand sich also nicht hier, auf dem Hauptplatz der Stadt. Es würde schwer werden ihn zu finden. Sie konzentrierte sich stärker und fühlte in ihrer Umgebung alles Magische. Ein recht sinnloses Unterfangen, denn in Hyrule gab es viele magische Läden mit viel magischer Ware und nicht wenige Leute mit ein wenig magischer Veranlagung. Aus dem Schloss drang die Aura der wirklich talentierten Adepten, die von Zelda und Rauru selbst von Zeit zu Zeit unterrichtet wurden und deren Ausbildung ansonsten in der Hand der Shiekah lag. So kam Kira dadurch natürlich zu keinem Ergebnis, aber immerhin konnte sie sich später sagen, dass sie alles versucht hatte. Sie musste wohl oder übel auf konventionelle Art und Weise suchen.

Zunächst schaute sie in den Schänken und Gaststuben am Marktplatz nach, dann suchte sie die nähere Umgebung ab. Schließlich musste sie sich entscheiden, ob sie den östlichen oder westlichen Teil der Stadt zuerst absuchen sollte. Sie entschied sie für den östlichen, da es dort durch die Zitadelle und einige Lagerhäuser am Stadtrand insgesamt weniger Straßen zu durchsuchen gab. Leicht verstimmt über diese doch recht eigene Logik machte sie sich auf den Weg. Nach etwa einer Stunde war sie wirklich wütend. Man konnte tagelang durch die Gasse irren, das brachte doch alles nichts. Da hatte sie endlich die einzigartige Gelegenheit das Mädchen kennenzulernen, in das sich Ren verliebt hatte und alles scheiterte daran, dass sie nicht ihre Okarina dabei gehabt hatte. Sie stampfte ärgerlich auf und wirbelte dadurch den Straßenstaub vor sich auf. Die Gasse stank ein wenig nach Unrat und schalem Bier und die kahlen, fensterlosen Steinwände wirkten abweisend. Hier am Standrand, wo die Stadt von dem östlichen Teil des umzingelnden Gebirges begrenzt wurde, gab es tatsächlich einige Steinhäuser, ansonsten eine Seltenheit in der Schlossstadt. Kira wusste, dass nach Hyrules Schleifung, das Gestein der beiden Ausläufer des umzingelnden Gebirges dazu genutzt wurde, neue Häuser zu bauen. Sie beschloss wieder ins Innere der Stadt zurückzugehen, dorthin wo nahezu alles zum größten Teil aus Holz bestand, sich irgendwohin zu setzen und etwas Alkoholisches zu trinken. Frust und Ärger gehörten abgebaut.

Immer noch ärgerlich durchstreifte sie die Gassen, verlief sich zweimal und kam an einigen tristen und abweisenden Hinterhöfen vorbei, als sie plötzlich aus einem dieser Hinterhöfe ein vertrautes Geräusch hörte. Das Spiel einer Okarina. Eine Melodie, die sie von ihrem Vater kannte. Ren! Im ersten Moment ihrer Überraschung dachte sie einfach nur, wie wundervoll es doch war Glück zu haben. Um der Tradition gerecht zu werden danke sie im Stillen den Göttinnen und schlich dann zur Mauer. Neben ihr war eine Öffnung, die zum Hof führte und sie riskierte einen raschen Blick. Ren saß an einem Baum und spielte. Er war alleine. Neben ihm waren die Reste einer kleinen Mahlzeit zu sehen. Er war schon länger alleine. Er war die ganze Zeit alleine gewesen.

Kira jubilierte im Stillen, als ihr kurz darauf bewusst wurde, dass Ren versetzt worden war. Mit leichten Schuldgefühlen bedachte sie ihren kleinen Bruder mit aufrichtigem Mitleid. Der Arme, er nahm das sicherlich sehr ernst, dabei gab es bestimmt einen Grund dafür. Doch wie auch immer der auch aussehen mochte, ihr Bruder war von diesem Mädchen verletzt worden und dafür musste Kira sie aus Prinzip zunächst verdammen. Oder war Ren in seinem Eifer einfach nur Stunden früher gekommen? Zuzutrauen wäre es ihm, dachte sie grübelnd. Sie sah sich auf der Straße um.

Gerade bog ein kleines Mädchen um die Ecke und schaute sie etwas verwirrt an. Kira winkte ihr lächelnd zu. Das Mädchen kam näher. Verdammt, dachte Kira. Sie hatte es angelockt. Es durfte kein Gespräch mit ihr anfangen, nicht hier! Ren durfte nichts von ihrer Anwesenheit merken. Leise schob sie sich von der Mauer weg und bog in die nächste Straße ein. Nach einigen Augenblicken atmete sie aus. Das Kind war ihr nicht gefolgt. Sie lugte vorsichtig um die Ecke und zog den Kopf so schnell wieder zurück, dass ihre Wange an der Wand entlangschrammte. Es kostete sie viel Überwindung nicht wieder zu fluchen.

Das Mädchen war zusammen mit Ren aus dem Hof getreten. Gehetzt sah sich Kira nach einem Versteck um, konnte keines entdecken und legte sich kurzerhand auf den Boden mit dem Gesicht zur Wand. Wenn er vorbeikäme würde Ren denken sie sei hier nach einer durchzechten Nacht eingeschlafen. Er würde nicht weiter nachschauen, hoffte sie. Doch ihr Bruder kam nicht. Kira atmete auf und stand aus der unbequemen Position auf. Ein schneller Blick um die Ecke sagte ihr, dass Ren mit dem Kind redete. Er nickte, sagte noch etwas und ging dann in eine andere Straße. Das Mädchen völlig ignorierend hastete Kira ihrem Bruder nach. Er hatte mitten in der kleinen Gasse angehalten und kramte in seiner Tasche. Sie hörte Schritte hinter sich. Verflucht, er wird sich umdrehen. Links von ihr stand ein offenes Fass voller Wasser. Ohne groß an Würde zu denken warf sie sich in den Straßenstaub hinter dem Fass. Sie spürte geradezu wie Ren sich umdrehte. „Oroelle?“, sagte er leise. Seine Stimme klang hoffnungsvoll. Ha!, dachte Kira bei sich. Sie heißt also Oroelle!

„Ach, du bist es. Danke, dass du mir die Nachricht überbracht hast, du kannst jetzt nach Hause gehen. Kauf dir etwas Schönes von dem Geld, das ich dir gegeben habe.“

„Magst Oroelle?“, hörte Kira eine Kinderstimme sagen. Es musste das kleine Mädchen von eben sein. Ein Moment der Stille.

„Ja“, sagte Ren schließlich und Kira wurde bei dem warmen Klang in Rens Stimme wunderbar wohlig ums Herz. Der Gedanke, dass sie fehl am Platze war, kam ihr überhaupt nicht. Sie handelte ja nur aus uneigennützigen Gedanken ihrem Bruder gegenüber.

„Ich auch“, kicherte das Mädchen, verabschiedete sich und blieb stehen. Auf einmal wurde Kira bewusst, dass das Kind sie sehen konnte, wie sie da in einer komischen Pose hinter dem Fass lag. Sie drehte langsam den Kopf und sah dem Kind in die Augen. Ihre Lippen formten das Wort „Nein“ und sie wagte es leicht den Kopf zu schütteln. Dann spielte Ren die Serenade des Wassers und lenkte das Mädchen damit ab, dass er in einigen kleinen blauen Energiekugeln gen Himmel verschwand. Sie wartete noch etwa fünf Sekunden, dann sprang Kira auf und packte das Mädchen bei den Schultern.

„Hallo mein Kleines, ich heiße Kira und das da eben war mein kleiner Bruder Ren. Ich habe lange nach ihm gesucht und jetzt muss ich ihn weitersuchen, kannst du mir vielleicht dabei helfen und mir verraten, was du ihm vorhin gesagt hast? Du hast doch bestimmt eine Nachricht von Oroelle überbracht, nicht?“ Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus und das Mädchen schaute sie verwirrt an. Dann sagte es seinen Namen, Lil, und nickte zum ganzen Rest einfach nur. Kira lächelte aufmunternd.

„Möchtest du etwas zu naschen? Komm wir gehen zum Marktplatz und unterwegs kannst du mir erzählen, was Oroelle dir gesagt hat, was du Ren sagen sollst.“

„Aber…“, wollte das Mädchen sagen, doch Kira winkte, immer noch lächelnd, ab.

„Natürlich möchtest du etwas naschen. Und was Oroelle und Ren angeht: Er ist ja mein Bruder, du kannst mir ruhig alles erzählen.“

Das Mädchen sah noch nicht überzeugt aus. „Ja?“, fragte es nur.

„Aber sicher doch.“, strahlte Kira und zeigte dem Kind ihr Gesicht und ihre Armflossen.

Am Ende verbrachte sie noch zwei Stunden mit Lil, die sich, nachdem sie einmal ihre Hemmungen überwunden hatte, als aufgedrehtes und lebensfrohes Mädchen entpuppte. Kira wurde bewusst, dass sie seit Rens Kindheit nicht mehr so ausgelassen Zeit mit einem Kind verbracht hatte. Zens Kindheit unterschied sich nicht viel von der Gegenwart, er war schon immer still gewesen. Es überraschte sie fast, dass sie das alberne Herumgetolle so vermisst hatte. Sich um nichts Gedanken machen zu müssen, ausgelassen das Leben zu genießen…vermisste sie ihre eigene Kindheit? Vermisste sie die Zeit in der sie noch nicht von ihren eigenen Gedanken geplagt worden war? Nachdem sie sich von der kleinen Lil verabschiedet hatte, kehrte sie selbst mit der Serenade des Wassers an den Hyliasee zurück. Von Lil hatte sie erfahren, dass Oroelle verhindert war und sich gerade in diesem Teil des Landes aufhielt. Sie wolle sich am Abend hier mit Ren treffen. Dieser war offenbar vorerst nach Hause gegangen. Kira beschloss ihm nicht nachzugehen. Sie wurde auf einmal von ganz anderen Gedanken heimgesucht. Zum ersten Mal in ihrem Leben, stellte sie sich vor eigene Kinder zu haben. Doch dafür musste sie erst den passenden Mann finden. Und damit war sie wieder in jenem scheußlichen Teufelskreis der ihr Dasein bestimmte. Zwischendurch sah sie sich immer wieder um. Sie wusste nur, dass Oroelle abends herkommen wollte, aber nicht wohin. Um nicht gleich gesehen zu werden, schwamm sie auf eine einsame kleine Insel, die weit auf dem See lag. Hier kam sie eher selten hin. Dieses Mädchen, Lil, hatte in ihr tatsächlich die Sehnsucht nach Kindern ausgelöst. Sie lächelte melancholisch. Es war schon seltsam, dass so ein kleines, an sich unbedeutendes Ereignis so viel in jemandem auslösen konnte.

Sie hatte schon oft an die Liebe gedacht. Sie würde gerne jemanden lieben. Natürlich liebte sie ihre Familie, ihre Eltern, ihren Großvater und ihre Brüder. Sie lachte kurz auf. Irgendwie liebte sie auch Zerk, der schon seit ihrer Geburt ein Teil der Familie war. Doch einen Mann zu lieben, das war etwas anderes, zum Teil etwas Tieferes. Es war ihr noch nicht vergönnt gewesen sich zu verlieben. Eine gelegentliche Schwärmerei, das war alles was sie kannte. Sie hatte sich zwar mit einigen Jungen eingelassen, doch mehr als ein wenig Küssen war nie dabei herausgekommen. Sie schob es auf die Hylianer im Allgemeinen, dass alle Jungen, die sie kennen gelernt hatte eher oberflächig gewesen waren. Einmal hatte sie eine nähere Freundschaft zu einem Zora gehabt, vor Jahren, als sie mit ihren Eltern Termina besucht hatte. Es war etwas ganz anderes gewesen. Doch es war noch keine Liebe. War das, was sie die ganze Zeit über suchte, wonach sie sich sehnte, was sie jagte schlicht und einfach nur die Liebe eines Mannes? War alles was sie wollte, alles was sie glücklich machen würde eine eigene Familie? Ihre kleine Jagd auf Oroelle schien ihr nun vielmehr wie eine Jagd nach ihren eigenen Wünschen. Sie beineidete ihren Bruder um seine Liebe. Aber sie gönnte sie ihm auch. Er hatte es verdient, litt er doch ähnlich wie sie. Doch es änderte nichts an der Tatsache, dass sie weiterhin litt. Und nun kam auch noch der Krieg…die Erfüllung ihrer Wünsche rückte in noch weitere Ferne. Dabei kannte sie ihre Wünsche noch nicht einmal richtig. Sie machte stets Jagd auf sie, doch sie entglitten ihr immer wieder.

Freunde

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 12: Freunde
 

Unruhig schritt Ren auf der steinernen Terrasse über ihrem Haus auf und ab. Immer wieder schaute er zu den dunkelsten Ecken, den Stellen mit den dichtesten Schatten. Oroelle könnte jeden Moment auftauchen. Sie kam von sich. Sie hatte um dieses Treffen gebeten. Der Gedanke ließ ihn nicht los. Was sie wohl wollte? Er hatte oft an ihr letztes Gespräch und die dabei gefallenen Worte gedacht. Es gibt nur wenig Liebe in meinem Leben, hatte sie gesagt. Er wusste nicht, was er davon halten sollte. Was sollte das bedeuten? So viele Gedanken zu diesem seltsamen Satz hatten ihn immer noch nicht zu einer Lösung gebracht. Doch das war nicht alles, was ihn beschäftigte. Er würde wieder einmal in ihrer Nähe sein. Als er sie das erste Mal gesehen hatte, war es ihm so unwirklich vorgekommen. Zu schön um wahr zu sein. Er hatte sie für ein göttliches Wesen gehalten, nicht von dieser Welt. Er hatte sich sofort in sie verliebt. Vor allem aber hatte er gedacht, sie nie wieder zu sehen, obwohl sie ihm das Gegenteil entgegengehaucht hatte. Die zwei Male, die sie sich seitdem gesehen hatten, erschienen ihm schon zu viel. Er hatte sich fast daran gewöhnt sie zu sehen. Ihre seltsame Art, ihr liebliches Lächeln, das Funkeln ihrer Augen…er hatte sich fast daran gewöhnt. Es war zu einem Teil seines Lebens geworden. Das beunruhigte ihn.

Sie war so nett, sie ging so vertraut mit ihm um, in ihrer Gegenwart vergaß er zeitweise, dass sie eine Shiekah war. Aus irgendeinem Grund trafen sie sich und redeten immer wieder. Er hatte das Gefühl ihr alles sagen zu können, ihr alle seine Gefühle offen zu legen…und fand es erschreckend. Er hatte sich tatsächlich an Oroelles Nähe gewöhnt, empfand ihr seltsames Verhältnis, das er immer noch nicht richtig einschätzen konnte, als richtig. Obwohl er anfangs nie gedacht hatte sie je wieder zu sehen und sich der Hoffnungslosigkeit hingegeben hatte, war es soweit gekommen. Er liebte sie so sehr, war aber außer Stande es ihr zu sagen. Doch solange sie sich trafen, solange sie in seine Nähe kam, war alles gut. War das die andere Seite der Liebe? Sie wirkte fast zerstörerisch auf ihn, sie ließ ihn seine Umwelt vergessen.

Gleich würde er sie wieder sehen, ein Treffen um welches sie gebeten hatte. Als sie in der vorherigen Nacht für kurze Zeit in sein Zelt gekommen war, er hatte sie nicht kommen sehen oder gehört, war es ihm wie ein Traum vorgekommen. Sie müsse ihm etwas sagen, er solle am nächsten Mittag in die Schlossstadt kommen, zu diesem kleinen Hinterhof, den er aus seinen eigenen Erkundungen kannte. Er war so glücklich, so gespannt gewesen, gleichzeitig so voller Furcht. Dann hatte ihm das kleine Mädchen eine Nachricht von ihr überbracht. Sie könne nicht so früh kommen, er solle hier auf sie warten. Aus irgendeinem Grund fürchtete er das Treffen dadurch noch mehr. Sie würde sich hier, bei ihm zuhause mit ihm treffen. Irgendwie fand er dies wichtig, besonders. Es war, als würde es einen neuen Abschnitt in ihrer Beziehung markieren. Vielleicht konnte er hier den Mut aufbringen ihr seine Gefühle zu gestehen? Er schüttelte unwirsch den Kopf. Nein, dazu war er noch nicht bereit, vielleicht würde er es auch nie sein. Er konnte es einfach nicht. Er musste warten bis sie kam und dann auf die Situation reagieren. Sie hatte um das Treffen gebeten, sie schien ihn zu mögen, irgendwie…wieso quälte er sich nur selbst so mit diesen Gedanken?

Während der nächsten halben Stunde konnte er sich immer noch nicht beruhigen, war außer Stande sich ruhig hinzusetzen. Als Oroelle dann schließlich kam, erschrak er.

Wie immer hörte er sie nicht kommen, konnte sich auch nicht vorstellen, wie sie es lautlos und unbemerkt nach oben geschafft hatte. Auf einmal hatte er einfach nur ihre Gegenwart gespürt, so wie das erste Mal, und ein Schaudern lief durch seinen Körper. Dann hörte er ihre Stimme und drehte sich hektisch zu ihr um, wie ein Verdurstender, der plötzlich das sichere Gefühl hatte hinter sich ein Glas Wasser zu finden.

„Schön dich zu sehen. Danke, dass du auf mich gewartet hast.“

„Oroelle“, stieß er atemlos hervor. Da war sie wieder, diese Unsicherheit. Ihre Gegenwart war wunderbar und schrecklich zugleich. Er fürchtete, sich mit einem unbedachten Wort oder einem falschen Gesichtsausdruck zu verraten, doch war es zugleich das, was er so gerne tun würde, sich verraten, ihr alles zu gestehen, all seine Liebe. Doch nein, er konnte es nicht. Er würde wieder in ihrer Gegenwart baden, jeden einzelnen Augenblick in sich aufsaugen und nie vergessen. Mehr blieb ihm nicht, mehr konnte er sich nicht wünschen.

Sie legte ihre Hände aneinander und verbeugte sich leicht. Als sie Rens Überraschung registrierte, lächelte sie.

„So sagen wir Entschuldigung“, erklärte sie schlicht.

„Wofür…?“, begann Ren verstummte jedoch mitten im Satz als er sah, dass Oroelle zum Sprechen ansetzte.

„Es tut mir leid, dass ich vorhin nicht kommen konnte, obwohl ich dich den ganzen weiten Weg in die Schlossstadt bestellt habe. Es war nicht richtig, ich hätte dich von Anfang an hier herbitten sollen.“

Ren lächelte unsicher, kam sich dabei jedoch reichlich dumm vor.

„Es ist ja nicht so als hätte der Weg lange gedauert.“ Ein weiteres Lächeln huschte über ihr wunderschönes Gesicht, doch ansonsten blieb sie ernst.

„Es war trotzdem nicht richtig. Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich kommen konnte. Ich dachte ich könnte mich von meinen Pflichten losbinden, aber…“ Sie unterbrach sich und hob leicht die Schultern.

„Es war sehr anmaßend von mir einfach so deinen Tag zu verplanen. So etwas sollte man nicht tun. Es war wohl...“ Sie stieß schlagartig die Luft aus und lachte auf. Ren war sich sicher, dass es verbittert klang und sah sie unsicher an. Sie drehte sich weg und schritt zur Brüstung, wo sie auf den nächtlichen Hyliasee schauen konnte.

„Es ist wohl so, dass wir Shiekah es gewohnt sind, dass wir bestimmen. Dass man sich nach uns richtet. Sogar ich bin dagegen wohl nicht ganz gefeilt.“ Sie schüttelte den Kopf und Ren trat nach einigem Zögern neben sie, wobei er jedoch einen übermäßigen Abstand einhielt.

„Ich verstehe nicht ganz…“, begann er zögerlich, dabei meinte er schon zu verstehen. Er hatte schon öfter diesen etwas verbitterten Klang in ihrer Stimme gehört, wenn sie über ihr Volk sprach. Oroelle schwieg und Ren wagte es direkter zu werden.

„Oroelle…“, er scheute sich immer noch vor der Intimität ihren Namen zu sagen, „was ist los? Du wirkst manchmal…verbittert, wenn du über…dein Volk sprichst.“ Sie warf ihm von der Seite einen schnellen Blick zu, den er nicht zu deuten vermochte.

„Weißt du, unser Leben ist nicht einfach. Wir müssen alles, wirklich alles dem Wohl unserer Rasse unterordnen. Es gibt zwar auch persönliches Glück, doch…nun, das ist auch der Grund, weshalb ich mit dir reden wollte. Beim letzten Mal habe ich wohl etwas übertrieben reagiert. Du musst ja einen vollkommen falschen Eindruck von mir haben!“ Jetzt sah sie ihn wieder direkt an und er fühlte sie hilfloser denn je und sah weg, hinunter auf das Wasser des Sees.

„Es ist nicht leicht in unserer Gemeinschaft zu leben. Jeder hat seine Aufgaben, harte Aufgaben, und wir haben nur wenig Zeit für uns. Das…zerrt an einem. Manchmal, wenn ich so darüber nachdenke, verbittert mich der Gedanke tatsächlich. In solchen Momenten beneide ich die restlichen Völker der Welt.“

„Beneiden…um ihre Freiheit?“, hauchte Ren. Er meinte zu verstehen und tatsächlich nickte Oroelle.

„Ja, wahrscheinlich. Ich stelle mir gerne vor, wie es wäre nicht als Shiekah geboren worden zu sein, doch diese kleinen Träumereien bleiben immer verschwommen. Als Shiekah ist es schwer die anderen Völker zu verstehen.“ Ren hatte keine Ahnung, was er darauf erwidern sollte und schwieg. Oroelles Schicksal berührte ihn. So standen sie denn einige Zeit da. Der Mond, diese Nacht nichts weiter als eine schmale, blasse Sichel, war von Wolken verhüllt und mit ihm ein Großteil der Sterne. Es war in den letzten Tagen zunehmend kälter geworden und es regnete auch häufiger. Bald würde der Herbst dem Winter weichen und dann würde es viele Unwetter und kalten Wind geben. Es schneite selten in Hyrule.

Er hätte stundenlang auf diese stille Weise mit Oroelle dastehen können, einzig und allein nur, um in ihrer Nähe zu sein, doch er wollte trotzdem etwas sagen, ein Gespräch aufbauen. Oroelle hatte noch nie so viel über sich selbst erzählt, es war die Gelegenheit eine…nähere Beziehung zu ihr herzustellen.

„Hast du mal darüber nachgedacht…wegzugehen?“ Einen Momentlang sah sie ihn beinahe sehnsüchtig an und ihm wurde heiß und kalt zugleich, obwohl er genau wusste, dass dieser Blick eigentlich nicht ihm galt.

„Das geht nicht.“

„Wieso nicht?“, fragte Ren leise.

„Ich würde es nicht wollen. Sie sind trotz allem mein Volk…meine Familie…außerdem würde man mich als Verräterin bezeichnen und verbannen. Vielleicht töten.“, ergänzte sie und hob wieder die Schultern. Ren fröstelte, doch Oroelle lachte plötzlich hell auf.

„Da, schon wieder! Ich erwecke wieder dein Mitleid.“ Bitternis und Trauer in ihrer Stimme waren nicht mehr zu überhören.

„Es ist nicht so schlimm, wie es sich anhört. Das sind eher…unbewusste Gedanken. Sie lauern irgendwo in mir, um mich in schwachen Momenten anzuspringen. Die Realität ist etwas anders. Unser Leben besteht ja nicht nur aus Pflichten, und ich bin auch nicht alleine. Natürlich gibt es Liebe in meinem Leben.“

Ren Herzschlag drohte bei diesen Worten auszusetzen. Hatte sie etwa…einen Mann? Familie? Vielleicht sogar Kinder? In einer einzigen Sekunde der Unwissenheit schien seine Welt und sein Lebenswille zusammenzubrechen und wie gelähmt stellte er ihr die entscheidende Frage: „Bist du verheiratet?“

Sie sah ihn verblüfft an und brach dann in aufrichtiges Lachen aus. Lachte sie ihn aus? War sie so grausam?

„Entschuldige, aber du bist doch auch nicht verheiratet, oder habe ich da etwas nicht mitbekommen?“

„Was hat denn das…“ Ren war verwirrt, entschied sich jedoch die Anzeichen positiv zu deuten. Offenbar belustigte sie die Vorstellung verheiratet zu sein.

„Schau mich an, ich bin jung. In meinem Alter heiratet man nicht bei den Shiekah.“ Sie kicherte noch ein wenig. Mit einem Mal war sie in diesem Augenblick wieder nur noch Oroelle, das Mädchen, das er liebte. Keine Shiekah. Keine hohe Position. Sie war einfach nur ein Mädchen, das lachte. Und das ihm einen verschmitzen Blick zuwarf, woraufhin Ren auch lachen musste. Hastig hörte er jedoch auf und sah sie nunmehr verwirrt an. Es war das erste Mal, dass er in ihrer Gegenwart wirklich gelöst war und gelacht hatte.

„Was denkst du wie alt ich bin?“, fragte Oroelle in diesem Augenblick, woraufhin sie einen verständnislosen Blick von Rens Seite bekam.

„Was?“, fragte dieser nervös. Dieses Gespräch hatte seinen Ernst verloren. Es war einerseits etwas, dass er gewollt hatte und andererseits eine Situation mit der er nicht richtig umgehen konnte. Sie gingen gelöster miteinander um. Das war wundervoll. Das war ein erster Schritt…doch nun sah sich Ren mit der Koketterie eines jungen Mädchen konfrontiert. Nicht zum ersten Mal. Und bis heute konnte er nicht damit umgehen. Jetzt schob sich auch noch Kiras grinsendes Gesicht in seine Vorstellung…

“Nein!“, sagte er laut und als er Oroelles fragendes Gesicht sah, haspelte er schnell:

„Ich meine…nein, ich…weißt nicht…wie alt du bist.“

„Ach, komm, versuch zu schätzen! Keine Sorge ich werde dir keine Zahl übel nehmen. Aber nicht übertreiben, ja?“ Sie setzte eine strenge Miene auf und Ren, zu seiner eigenen größten Überraschung, lachte wieder.

„Na gut, ähm….zwanzig?“ Die Shiekah erschien ihm älter als er selbst, gleichzeitig jedoch sah sie noch jung aus. Der Altersunterschied konnte nicht allzu groß sein. Oroelle nickte und grinste linkisch, als sie hätte sie genau diese Antwort erwartet.

„Nicht ganz, fürchte ich, aber danke für das Kompliment. Ich bin fünfunddreißig Jahre alt.“, offenbarte sie mit gespielt unschuldiger Mädchenstimme.

„Fünfunddreißig?!“, entfuhr es Ren ungläubig. Er wollte sagen, dass sie ihn auf den Arm nahm, aber sie schaute ihn, zwar noch immer verschmitzt, aber doch ehrlich an. „Das…wie…“, er atmete laut aus. „Ich habe keine Ahnung was ich sagen soll“, stellte er schüchtern fest und fuhr sich mit der Hand durch diejenigen Haare, die ihm wieder ins Gesicht gefallen waren.

„So würden wohl alle reagieren“, lachte Oroelle. „ Du weißt sicher, dass Hylianer älter werden als normale Menschen. Nun, wir Shiekah werden zum Teil noch um einiges älter als die Hylianer. Für die Verhältnisse meines Volkes bin ich noch ziemlich jung. Ich habe vor neun Jahren erst das Erwachsenenalter erreicht.“

Ren wurde von der Vorstellung leicht schwindelig. Fünfunddreißig Jahre! Das war ein Altersunterschied von neunzehn Jahren, sie war mehr als doppelt so alt, wie er! Seine Ausgelassenheit endete jäh in der Einsicht, dass damit ein weiterer Grund aufgetaucht war, der gegen seine Liebe sprach. Oder eher gegen den Traum, das Ziel seiner Liebe. Alles was er herausbringen konnte, war ein schwaches: „Oh“.

Erneut kam es zu einem schweigsamen Moment, in dem Ren wieder vollkommen zu seiner alten unsicheren Verfassung zurückkehrte. Unwillkürlich rückte er noch ein Stück von Oroelle weg.

„Was ich vorhin sagen wollte…“, begann diese nun wieder.

„Was ich sagen wollte, ist dass du dir meine Worte vom letzten Mal bitte nicht zu sehr zu Herzen nehmen solltest. Es gibt Liebe in meinem Leben: Mein Bruder liebt mich über alles. Wir haben noch einen Onkel, aber es ist mein Bruder, der mir das Wichtigste ist. Ohne ihn“, sie schüttelte nun wieder in nüchterner, beinahe trauriger Stimmung den Kopf, „ ohne ihn wäre ich wirklich alleine.“

Sie sah Ren nachdenklich an.

„Ich weiß gar nicht, wieso ich dir das alles erzähle. Wir kennen uns kaum, aber irgendwie…ich mag dich Ren. Wirklich.“ Ihr Blick wurde weich und Rens Inneres wurde von Wärme, nein Hitze, überschwemmt. Alle Vorsätze, alle Hindernisse waren weg, es zählten nur noch diese Worte. Ich liebe dich!, wollte er sagen, wollte dass es die ganze Welt erfuhr, doch ein letztes bisschen Vernunft warnte ihn vor diesem sehr voreiligen Geständnis.

„Ich mag dich auch. Ich fürchte, ich bin nicht…ich meine…normalerweise…ich bin nicht gut…in so was“, schloss er, presste die Augen zusammen und spürte wie er rot wurde.

„Ich auch nicht.“

Er öffnete die Augen wieder. Oroelle stand direkt vor ihm. So nahe, zu nahe. Ihr Haar duftete im Wind, er konnte es riechen, und außerdem meinte er ihre Körperwärme zu spüren. Er hielt den Atem an. Dieser Moment war…gefährlich. Sie war zu nahe. Viel zu nahe.

„Ich bin auch nicht gut in solchen Dingen“, wiederholte sie ernst.

„Es ist wohl…auch wenn ich meinen Bruder habe…und…mir fehlt wohl ein Vertrauter…ein Freund. Ich weiß nicht wieso, aber seit der kurzen Zeit, in der wir uns kennen, habe ich dich sehr gerne. Du bist sehr natürlich, etwas schüchtern. Du bist…etwas Besonderes. Wollen wir…ach, wir sind es doch schon, oder?“ Rens Herz wollte schmerzhaft aus seinem Körper springen. „Was…?“, fragte er atemlos.

„Freunde.“ Es war gleichzeitig eine Feststellung und eine Frage. Es war mehr als alles was er sich je erhoffte hatte und gleichzeitig durchbohrte es ihm das Herz. Es war aus. Sie waren Freunde. Mehr nicht. Nur Freunde. Wollte er nun sterben?

„Ja, natürlich“ Es klang in seinen Ohren mechanisch, doch als er die Freude in Oroelles Augen sah, vergingen die zerstörerischen Gedanken und machten einer traurigen Leichtigkeit Platz. Zumindest würde er ihr nun nahe sein können.

„Das freut mich“, sagte sie in aufrichtigem Ton und Ren nickte nur. Sie klatschte fröhlich in die Hände. Die gleiche merkwürdige Verwandlung wie vorhin schien mit ihr zu durchlaufen. Sie wurde wieder zu einem jungen (relativ jungen) fröhlichen Mädchen. Etwas Besonderes. Seine Freundin. Nichts weiter.

Er spürte wie ihm Tränen in die Augen steigen wollten, deshalb drehte er sich rasch um.

„Ist etwas?“, fragte Oroelle sorglos.

„Ich bin verliebt“, flüsterte Ren.

„Ich weiß“, sagte sie.

Versteinert blieb er an der Brüstung stehen und hörte sie neben sich treten.

„Als du beim letzten Mal über Liebe gesprochen hast, da habe ich es gemerkt. So wie du davon geredet hast, kannst du nur verliebt sein. Verrätst du mir vielleicht wer sie ist? Vielleicht kann ich dir helfen.“ Er unterdrückte ein bitteres Lachen. Helfen. Eher nicht. Er schüttelte den Kopf und zwang sich ein schiefes Lächeln ab.

„Auch Freunde müssen Geheimnisse voreinander haben.“ Oroelle nahm es ernst auf. Sie nickte.

„Wahrscheinlich hast du Recht. Ich muss wohl noch einiges über Freundschaft lernen, was? Und was die Liebe betrifft…“ Ihr Blick ging zwar zum See, doch schweiften ihre Gedanken weit ab. Weg von hier. Weg von ihm.

„Dank dir weiß ich ja wie es ist.“

Ren zitterte. Er konnte es nicht unterdrücken.

„Übrigens hat uns deine Schwester wohl von weitem beobachtet.“, stellte Oroelle leichthin fest. „Ich würde sie auch gerne kennen lernen, doch nun muss ich leider wieder gehen. Es ist spät geworden. Ich sollte wohl schnell machen.“

„Ich hoffe du bekommst keine Schwierigkeiten?“, fragte Ren. Klang es nur in seinen Ohren hohl? Oroelle winkte ab und verabschiedete sich.

„Bis zum nächsten Mal, Ren. Lass uns die Zeit vor dem Krieg noch nutzen ja?“ Ren nickte und winkte ihr. Dann verschwand sie hinter einem Felsen im Schatten und er blieb alleine. Alleine mit sich selbst und seinen Gedanken. Alleine mit Schmerz und Trauer. Als Kira nach einiger Zeit zu ihm kam, kümmerte es ihn nicht. Es war egal. Dennoch war er ihr unendlich dankbar als sie ihre Arme um ihn legte und sich an ihn schmiegte, ohne etwas zu sagen. Ihre Wärme war wie ein kleines Leuchtfeuer in der Kälte seines verletzten Herzens. Am Ende erwies sich seine Schwester wohl auch als seine beste Freundin.

Und Oroelle…seine Liebe zu ihr würde sich nicht ändern, doch die Hoffnung…er hatte aufgegeben, doch nun mit Kira an seiner Seite, fühlte er sich wieder etwas besser. Unerwünschte Gedanken würden sich bald wieder in seinen Geist einschleichen. Gedanken voller Hoffnung. Vielleicht, nach einiger Zeit…
 

Der Marktplatz von Hyrule war vollkommen leer. Kein Licht war in den umliegenden Fenstern zu erkennen. Es war ein seltener Moment und Oroelle gestatte es sich aus den Schatten ihres Daseins zu schlüpfen und den Platz der Länge nach zu überqueren. Sie hielt auf das Schloss zu. Der Wind war kalt und bauschte ihren Umhang auf. Die Geräusche, die sein Flattern verursachte, waren neben dem Plätschern des Brunnen die einzigen. Als Oroelle sprach, schien ihre dunkle Stimme die Nacht nicht zu stören.

„Was kann ich für dich tun, Tiran?“ Ein Schatten trat hinter dem Brunnen hervor. Ein normaler Mensch hätte erst beim zweiten Hinsehen bemerkt, dass es nur eine sehr dunkel gekleidete Gestalt war. Er hatte einen ähnlichen Umhang wie Oroelle an, jedoch war seine Kapuze weit ins Gesicht gezogen.

„Schon wieder Oroelle…du weißt, dass man dich bestrafen wird?“

„Ja“

„ Wieso tust du das? Wieso vernachlässigst du deine Pflichten? Wofür?“

„Lass es gut sein, Tiran.“

„Sag es mir! Als ob du nicht schon genug Probleme hättest! Verdammt, wir sind im Krieg, Oroelle!“

„Ich weiß.“

Stille. Oroelle tauchte in die Schatten eines Torbogens ein, der den Weg zum Schloss überdachte.

Die Gestalt Tirans verschwand zur gleichen Zeit. Seine Stimme jedoch kam direkt von Oroelles Seite:

„ Nichts geht über…“

„…das Wohl des Volkes“

„ Glaubst du daran?“

„ Du musst es doch wissen.“

„Ich weiß es“

„Wieso fragst du dann?“

„ Ich will es aus deinem Mund hören“

„Das hast du schon“

„Er wird nicht erfreut sein.“

„Er ist nie erfreut.“

„Du wirst nichts Unrechtes tun?“

„Ich tue nur was er mir aufträgt.“

„Das ist unsere Pflicht…“

„Ich weiß.“

Die Briefe des Soldaten II

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 13: Die Briefe des Soldaten II
 

Meine liebste Thea,
 

Ich habe es nicht geschafft meinen ersten Brief an dich zu verschicken und ich weiß, dass auch dieser wohl niemals bei dir ankommen wird. Ich finde niemanden, der meine Briefe nach Karthas bringen könnte. Keiner von uns traut sich das Lager zu verlassen und wann immer wir in eine Stadt oder ein Dorf kommen, werden alle Männer zwangsverpflichtet, sogar die Alten. Es bleiben nur Frauen und die allerjüngsten Kinder zurück. Niemand ist in diesen schweren Zeiten gewillt sein Leben für jemand anderen aufs Spiel zu setzen. Was am Anfang nur eine dunkle Möglichkeit gewesen war, ist nun zu einer traurigen Gewissheit geworden: Du wirst meine Briefe niemals erhalten.

Dennoch schreibe ich weiter. Ich habe selten Zeit dazu, nach nun über zwei Monaten habe ich gerade einmal Zeit für einen zweiten Brief gefunden und manch einer würde sich nach dem Sinn dieses Schreibens fragen. Manch einer würde sagen, es wäre viel besser zu ruhen, soviel Schlaf und Ruhe wie nur irgendwie möglich zu bekommen. Manch einer würde mir von diesem riskanten Unternehmen abraten. Oh ja, es ist sehr riskant einen persönlichen Brief zu schreiben, seinen eigenen Gedanken freien Lauf zu lassen. Wenn man mich dabei erwischen würde, wäre mein Tod wohl gewiss. Ich fürchte den Tod. Ich fürchte den Tod, der von ihm kommen kann, oder auch nur vom Geringsten seiner Diener. Ich fürchte um mein Leben und um meine Seele. Während ich diese Zeilen schreibe blicke ich immer wieder ängstlich zu meinen schlafenden Kameraden und sehe mich nach allen Seiten um. Ich weiß, dass alle zu erschöpft sind um noch länger als nötig auf zu sein, und ich weiß auch, dass meine Kameraden mich nicht verraten würden. Noch nicht. Es gibt jedoch bereits erste Überläufer, wenn man hierbei von Überläufern sprechen kann. Männer, die aus freien Stücken dem Großmeister des Bösen dienen und von Tag zu Tag grausamer werden. Nachts bleiben sie auf und suchen nach hilflosen Soldaten, die sie bei etwas Verbotenem erwischen können. Dennoch bleibt es dabei: Ich schreibe weiter.

Ich muss es tun, denn sonst verliere ich den Verstand. Diese Briefe, die dich niemals erreichen werden, Geliebte, sind alles, was mich noch vom Wahnsinn trennt, scheint mir. Karthas liegt bereits weit hinter uns und wenn ich dachte es wäre anfangs schlimm gewesen so habe ich mich geirrt. Mordend und brandschatzend sind wir nach Norden gezogen und haben eine Schneise des Todes und der Verwüstung hinter uns hergezogen. Ich selbst habe Häuser angezündet, wehrlosen alten Ehepaaren all ihre Vorräte geraubt und fremdes Vieh geschlachtet. Ich bin nicht stolz darauf, doch ich würde es jederzeit wieder tun und, ich schäme mich jetzt es zu sagen, ich würde noch viel weiter gehen. Meine Gefühlswelt ist abgestumpft, Tod und Verzweiflung gehört nun zu meinem Alltag. So ergeht es uns allen. Die Kunde von unseren Schandtaten muss uns weit vorauseilen, und ich frage mich, was die Hylianer fühlen, wenn sie an das bevorstehende Übel denken, dass nichts anderes ist, als jeder einzelne in diesem Lager. In diesen knapp zwei Monaten seit wir unser Land verlassen haben, hat der Großmeister immer wieder vielen unterschiedlich großen Gruppen von Soldaten befohlen nach Westen und Osten auszuschwärmen und neue Männer anzuwerben, was nichts anderes heißt, als sie zu zwingen oder zu töten. Mit ihnen schickte er immer Diener, die ihm bereits vollends unterstehen und die darauf achten sollten, dass sein grausamer Wille ausgeführt wird. Die vielen kleinen Stadtstaaten und Länder, die zwischen Inveria und Karthas liegen, sind verwüstet: Sie blieben ohne Vorräte und fast ohne Bevölkerung zurück. Es ist erschreckend, wie schnell er dieses doch relativ große Gebiet gezeichnet hat. Es ist dort kaum mehr als wüste Leere geblieben.

Ich will mich nicht entschuldigen für die Taten, die ich begangen habe, denn sie sind unverzeihlich. Ich kann nicht sagen, dass ich einfach dazu gezwungen wurde, auch wenn es die Wahrheit ist, denn man kann sich immer wehren, und wenn es gegen ihn, den Großmeister des Bösen selbst, ist. Aber ich muss es aufschreiben. Ich muss es aufschreiben, um nicht noch weiter abzustumpfen. Um mir immer wieder vor Augen führen zu können, dass ich noch ein Mensch bin. Dass ich noch nicht zu sehr verändert worden bin. Denn nun, da wir unsere Heimat weit hinter uns gelassen haben und selbst Inverias Hauptterritorium hinter uns liegt, nachdem wir westlich davon vorbeigestürmt waren, kristallisiert sich deutlich jene dunkle Veränderung heraus, vor der ich mich fürchte, und die für mich mit dem Wahnsinn gleichbedeutend ist. Anfangs beherrschte uns die Furcht vor ihm. Nun hat seine verderbte Macht uns so weit verändert, dass wir anfangen ihn zu verehren und freiwillig seine Befehle ausführen. Viele von uns sind ihm, wie gesagt, bereits ganz und gar ergeben, und selbst diejenigen mit einem starken Charakter fangen an zu wanken. Ich liebe dich und unseren Sohn und diese Briefe, obgleich ihr sie nie wahrscheinlich nie lesen werdet, sind meine einzige Möglichkeit im Herzen eine Verbindung zu euch herzustellen. Doch die Wahrheit ist, dass diese Briefe ganz und gar eigennützig sind, denn während ich sie schreibe kann ich an euch denken, und das tue ich, um mir meine Erinnerungen und Persönlichkeit zu erhalten. Ich weiß, dass ich schon bald, dass wir alle schon bald, zu ergebenen Soldaten des Bösen geworden sein werden und freue mich jetzt schon auf die Augenblicke, in denen ich die nächsten Briefe schreiben werde, um wieder einigermaßen zu dem werden zu können, der ich war. Denn ob ich dieser Mann noch wirklich bin weiß ich nicht.

Doch nun habe ich genug von diesen dunklen Dingen erzählt. Selbst jetzt noch sind meine Gedanken zu sehr auf sie fixiert. Ich laufe Gefahr wieder in die Agonie meines jetzt tristlosen Daseins abzudriften, deswegen komme ich nun zu anderen, weniger dunklen, Dingen.

Meine Liebe, ich hoffe es geht euch gut. Ich hoffe du bist mittlerweile bei deiner Tante, auch wenn du meinen ersten Brief mit dieser Aufforderung nicht erhalten hast. Die Armee an Monstern und Kreaturen der Nacht wächst stetig während wir weiter nach Norden durchdringen, sie sind bereits jetzt mindestens ebenso viele wie wir Menschen. Doch ich weiß auch, dass viele Kreaturen hinter uns in den schutzlosen Ländern zurückbleiben und diese unsicher machen. Karthas muss jetzt ein schrecklicher Ort sein. Mein Herz zittert wenn ich daran denke, was euch alles zustoßen kann…doch ich merke, dass ich wieder von dunklen Dingen spreche. Selbst die Gedanken an euch, an meine geliebte Familie, sind nicht mehr frei vom Dunkel seines Einflusses. Ich muss mich wohl auf andere Dinge konzentrieren. Auf sachliche, nüchterne Tatsachen am besten, die keinen Platz für eigene Gedanken bieten. Ich denke ich werde dir unseren bisherigen Weg beschreiben:

Wir haben Karthas westlich des Mithrilgebirges verlassen und sind nach Norden weiter gezogen. Wie schon gesagt sind immer wieder Gruppen nach Osten und Westen ausgesandt worden, doch der Weg führte uns immer weiter nach Norden. Das Land zwischen Karthas und Inveria ist hügelig und fruchtbar und von vielen Flüssen und kleineren Gewässern durchzogen. Durch den Handel mit beiden Großmächten ist es zu viel Wohlstand gekommen: Es gibt kaum Hunger oder Elend. Eingegrenzt von den beiden mächtigen Nationen ist die Region zudem noch sicherer als manch andere. Der relativ hohe Bevölkerungsanteil ist deshalb auf Städte, Dörfer und einzelne kleine Siedlungen oder Gehöfte verteilt. Wir verließen diese Region, du weißt bereits in welchem Zustand, im Norden. Während der ganzen langen Wochen waren wir uns der Grenze Inverias bewusst und erwarteten fast einen Angriff. Du weißt, dass Inveria und Karthas vom Mithrilgebirge getrennt werden. Dessen Bewohner übrigens, Goronen und auch Menschen, sind frei vom Einfluss des Bösen geblieben, eine Tatsache, die mir Mut macht. Leider auch eine Tatsache, die kaum ins Gewicht fällt.

Es stimmt zwar, dass das Gebirge das größte Goronenreich des Kontinents beherbergt, doch es leben nur wenige hundert Menschen dort. Sie hätten unsere gewaltige Streitmacht ohnehin kaum verstärkt, hätten sich in dem unwegsamen Gebirge jedoch monatelang vor uns verstecken können. Diesen Zeitverlust konnte sich der Großmeister des Bösen natürlich nicht leisten, also sind wir ohne einen Angriff auf sie fortgezogen.

Jedenfalls liegt südlich von dem Gebirge Karthas, während sich nördlich davon ein schmaler Streifen stets umkämpften Gebietes befindet, der kaum bewohnt ist. Nördlich davon liegt unser großer Konkurrent um die Vorherrschaft auf dem Kontinent: Inveria. Als Seefahrernation, die auf der östlichen Seite des Kontinentes beheimatet ist, liegen ihre größten Städte und Machtzentren zwar an den östlichen Küsten und auf Inseln, dennoch reicht ihr Einfluss auf dem Land weit in den Westen. Inverias westliche Grenze verlief eine lange Zeit östlich und unweit unseres Weges. Unsere berittenen Streitkräfte sind noch nicht sehr zahlreich, und wir alle wussten, dass Inverias Stärke an Land in dessen berittener Streitmacht liegt, denn Pferde gedeihen gut, auf den flachen Grassteppen, die zum Meer hingehen. Wahrscheinlich war unsere Gesamtstärke jedoch größer als alles was Inveria in kurzer Zeit an Land aufbringen konnte, immerhin haben wir nicht nur unser eigenes riesiges Land so gut wie geräumt, sondern haben noch einige Tausend Mann aus den Regionen zwischen den zwei Ländern zur Verstärkung geholt. Als Inverias westliches Einflussgebiet endlich kleiner wurde und sich die Grenze weiter in den Osten zurückzog kamen wir durch einen eher spärlich bevölkerten Landstrich.

Wir durchquerten ihn, nahmen dabei wieder alles und jeden mit, der auch nur im Entferntesten dienen konnte, und kamen schließlich in das Land in dem wir uns nun befinden und in dem ich diesen Brief schreibe.

Seinen Namen weiß ich nicht, doch ich habe Gerüchte im Lager aufgeschnappt, dass es sich hierbei einst um ein mächtiges Land gehandelt haben soll, das schon vor Jahrhunderten untergegangen ist. Seine Lage zumindest untermauert das, denn dies Land liegt so ziemlich in der Mitte des Kontinents, mit gleicher Entfernung nach Norden und Süden, sowie nach Westen und Osten, zu den Küsten hin. Wir lagern in den verwitterten Ruinen der Hauptstadt, in der Mitte dieses Landes. Zum ersten Mal seit Beginn dieses Alptraumes schlagen wir ein richtiges befestigtes Lager auf. Wir werden wohl länger hier bleiben, ich weiß nicht wieso und ich will es lieber auch nicht wissen. Wenn er es will, kann es nicht gut sein. Nordwestlich der Stadt ist ein großer Berg zu sehen, den wir als den Gongol-Berg kennen. Ich habe noch nicht viel von diesem Land gesehen, doch wir haben bisher nur wenige wirklich große Länder gesehen, dass mir der riesige grüne Fleck südöstlich der Stadt sofort aufgefallen ist.

Unser dunkler Herr ist nach Westen geritten und hat nur wenige Leute dabei mitgenommen. Ich weiß nicht was er dort vorhat. Ich weiß nicht wie lange wir hier bleiben werde. Unser Weg hat mehr als zwei Monate gedauert und solange wird es wohl auch noch dauern, bis wir in Hyrule ankommen werden, denn demnächst wird das Land immer steiler werden, heißt es von denen, die schon im Norden gewesen sind. Ich weiß nicht, was uns dort erwarten wird, doch ich weiß, dass es zwischen diesem verlassenen Land und Hyrule noch viele Menschen geben wird. Männer, die wir mitnehmen werden, Frauen, die vergewaltigt, ermordet oder beides werden. Kinder die ihre Familien auf sinnlose Art verlieren werden. Brennende Städte…geschundenes Land…Schreie und dann die quälende Stille und Leere für die Hinterbliebenen…

Meine dunklen Gedanken sind wieder da. Es hat den Anschein, als könne ich ihnen nicht entfliehen. Ich kann nicht mehr weiter schreiben. Es wird zuviel. Jeder Gedanke, jeder geschriebene Satz bringt unheilvolle Dunkelheit in mein Herz. Ich beginne zu fürchten, dass mir selbst diese Methode des Briefeschreibens bald nichts mehr nützen wird, wenn alles was ich zu schreiben habe, voller Traurigkeit und Verzweiflung zeugt. Trotzdem werde ich weiter schreiben. Vielleicht ist die Dunkelheit in diesen Briefen ja dennoch eine gute, denn sie ist meine eigene Dunkelheit und kommt nicht von ihm.

Meine Hand und mein Herz werden schwer, ich muss den Stift zur Seite legen. Du wirst dies nie lesen und ich ahne, dass ich nie zu dir zurückkommen werde, doch ich muss es sagen: Ich liebe dich, dich und unseren Sohn.
 

Dein dich liebender Ehemann

Unerwartete Wendungen

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 13: Unerwartete Wendungen
 

Seit Ganondorf aus seinem Gefängnis ausgebrochen war, waren drei Monate vergangen. Der Herbst war schon lange dem Winter gewichen und die Gedanken an den Frühling waren förmlich in der Luft greifbar. Das Land wurde von Stürmen und nahezu ununterbrochenem Regen heimgesucht und der bewölkte Himmel schien die Verfassung der Bewohner des Landes widerspiegeln zu wollen. Drei Monate waren bereits vergangen und zwei weitere würde es wohl noch dauern bis das Heer aus Karthas ankommen würde. Man wusste, dass dieses auf halbem Weg plötzlich stehen geblieben war, in einem längst verlassenen Land, dessen sich nicht einmal Legenden oder Geschichten erinnern wollten. Die Leute versuchten das Beste aus ihrer Situation zu machen, doch der drohende Krieg blieb unauslöschlich in ihren Köpfen. Jeden Tag wurden die Männer in der Waffenkunst geschult und Fortschritte waren schon seit längerem zu erkennen, dennoch machte man sich sorgen ob es reichen würde, um gegen ein kampferprobtes Heer zu kämpfen, mit Erfahrungen aus vielen Schlachten. Es stimmte zwar, dass Karthas ein solches stets bereites Berufsheer hatte, doch war den Leuten nicht klar, dass bereits weit mehr als die Hälfte der Massen, die gen Norden marschierten einfache Bauern oder Handwerker waren. Tausende die der Großmeister als Feuerschutz zu opfern gedachte. Über das Ausmaß des Heeres wusste keiner in der Bevölkerung richtig Bescheid, Königin Zelda hielt es für angebracht immer wieder zu betonen, dass sie eine Übermacht gegen sich hatten, ohne jedoch dabei zu erwähnen wie groß diese Übermacht denn nun war. Das war nur wenigen Leuten im Land bekannt. Ren gehörte zu ihnen.

Seit der Nacht als er mit Oroelle Freundschaft geschlossen hatte, war diese immer wieder zu ihm gekommen. Mal unvermittelt, mal mit Ankündigungen. Sie kam und ging unregelmäßig, doch sie kam eindeutig öfter als Ren es gedacht hätte. Mit der Zeit verging sein Schmerz ein wenig und er versuchte ihre gemeinsame Zeit einfach zu genießen. Diese war freilich voller Spaß und Freude, denn nachdem nun endlich eine Brücke zu seiner Angebeteten geschlagen worden war, entpuppte sich die Shiekah als eine Frau, die sich am Leben erfreute. Schnell war auch der Altersunterschied vergessen, und Ren überwand seine anfänglichen Hemmungen und gab sich ihren Spielereien und Gesprächen hin. Sie redeten oft und viel, während sie spazieren gingen oder nachdem sie reiten waren. Das Reiten war Rens Vorschlag gewesen und Oroelle hatte geantwortet, dass sie nicht an das Reiten gewöhnt sei.

„Wir lernen es zwar, aber wir benutzen gewöhnlich keine Pferde.“, hatte sie gesagt.

„Wie schafft ihr es dann euch so schnell vorwärts zu bewegen?“, hatte Ren verwundert gefragt und leicht errötend hinzugefügt, dass er immer angenommen habe, dass die Shiekah besondere Pferde hätten, wie es sie sonst nirgendwo auf der Welt gab.

Oroelle hatte gelächelt und ihm freundlich mitgeteilt, dass den Shiekah andere Transportmöglichkeiten zur Verfügung standen.

„Ich fürchte, dass ist mal wieder eines unserer Geheimnisse, von denen ich dir nichts verraten darf. Es tut mir leid.“ Damit war das Gespräch beendet gewesen. Am nächsten Tag waren sie dennoch reiten und Oroelle entpuppte sich trotz allem als gute Reiterin. Dennoch konnte man ihr ansehen, dass sie das Reiten nicht gewohnt war, denn anfangs saß sie noch recht steif im Sattel. Das Pferd scheute zwar nicht, doch Oroelles Anwesenheit schien es nervös zu machen. Als sie eine Pause eingelegt hatten, hatte sie dies traurig kommentiert:

„Es spürt, dass ich anders bin, als alles was es sonst gewöhnt ist. Alle Tiere spüren es. Sie haben zwar keine Angst vor uns, doch sie bleiben vorsichtig. Es dauert lange für uns Freundschaft mit einem Tier zu schließen, doch die meisten von uns lassen es ohnehin. Wir bleiben immer unter uns, fern von allen anderen Völkern. Der Kontakt mit ihnen ist uns zwar nicht unbedingt untersagt, doch enge Bindungen sind verboten. Außerdem wird es nicht gerne gesehen, wenn einer von uns zu viel Zeit bei den anderen verbringt. „Die Anderen“, so nennen wir die übrigen Völker schon seit langem. Wir waren zu lange unter uns würde ich sagen. Und wir sind so wenige. So wenige… Von unserer alten Größe ist nicht viel übrig geblieben. Wir sind den Schatten, über die wir gebieten, sehr ähnlich geworden, weißt du?“

Zögernd hatte Ren nachgefragt, doch er hatte es getan, seine Neugier war zu groß gewesen. Er wusste so wenig über die Shiekah und er wollte mehr über dieses mysteriöse Volk wissen. Er wollte mehr über das Volk wissen, dem Oroelle angehörte. Vielleicht würde es ihm helfen sie selbst besser zu verstehen, denn bisweilen konnte er nicht schlau aus ihr werden.

„Ist es dann nicht gefährlich für dich, wenn du so viel Zeit mit mir verbringst?“, war seine erste Frage gewesen. Sie hatte gelächelt und ihn dabei jedoch mit ernsten Augen geantwortet, dass es ihr egal sei.

„Es stimmt schon, es wird nicht gerne gesehen, doch es weiß noch niemand davon. Es ist zwar schon bemerkt worden, dass ich von Zeit zu Zeit nicht dort bin, wo ich sein sollte, doch sie haben noch keine Vermutung. Ich war immer etwas eigen, deshalb bin ich Bestrafungen und Probleme mit den anderen Shiekah gewohnt. Ich werde nicht auf unsere Freundschaft verzichten, auch wenn sie davon erfahren. Sie können mich noch so oft bestrafen wie sie wollen.“

„Hast du denn keine Freunde bei deinem Volk?“

„Ich habe meinen Bruder Tiran. Unsere Eltern sind tot, gestorben bei einem Einsatz weit von Hyrule entfernt. Sie hatten eine Übermacht gegen sich.“

„Das…tut mir leid!“

„Ist schon gut. Sie sind vor Jahren gestorben und ein Shiekah hat in seiner Kindheit ohnehin nicht so viel mit seinen Eltern zu tun, für gewöhnlich lernen sie sich erst später richtig kennen und lieben.“

„Was? Wieso nicht? Ist das nicht…schädlich oder irgendwie…“

„Wir werden von früh auf so erzogen, dass wir das Wohl des Volkes über unser eigenes stellen sollen und dass wir sehr früh auf eigenen Füßen stehen müssen. Meistens fangen unsere Eltern bereits an uns eigenmächtig auszubilden, bevor wir mit fünf Jahren zu unseren Meistern geschickt werden. Jeder ältere Shiekah, älter heißt bei uns über hundert Jahre, muss in den Rang eines Meisters aufsteigen. Und jeder Meister nimmt sich genau zwei Schüler. Diese Schüler können verwandt oder befreundet sein, doch meistens sind sie sich fremd. Es geschieht nicht oft, dass in einer Verbindung mehr als zwei Kinder geboren werden. Meistens bleibt es bei einem. Häufig werden keine Kinder empfangen.

Jedenfalls gibt es ein Probejahr, während dessen sich die Talente der jungen Shiekah zeigen sollen. Sollten sich die Talente nicht mit den Spezialitäten des Meisters decken, wird der- oder diejenige zu einem anderen geschickt. Unsere Ausbildung dauert fünfundzwanzig Jahre.“

Ren hatte bei diesen Worten ungläubig die Augen aufgerissen: „ Fünfundzwanzig Jahre?!“

Oroelle hatte mit dem ihr so typischen ernsten Blick genickt und dann gesagt:

„Das ist die Grundausbildung“

„Was?! Das kann doch nicht dein ernst sein, selbst wenn ihr länger lebt als Hylianer…“

„Wir leben um einiges länger als Hylianer. Stell es dir so vor: Ein normaler Mensch gilt mit achtzig Jahren als sehr alt. Du weißt ja, dass sich die Hylianer von normalen Menschen unterscheiden. Sie sind ein besonderes Volk. Für einen Hylianer ist achtzig noch nicht so alt. Wirklich alte Hylianer können bis zu hundertdreißig werden. Nun, für einen Shiekah bedeutet diese Zahl gerade einmal dass er oder sie in den mittleren Jahren ist. So gut wie jeder von uns erlebt in der Regel über zweihundert Jahreswechsel.“ Scheinbar zufrieden mit Rens erschrockener Miene hatte sie eine Pause eingelegt. Als sie merkte, dass er etwas sagen wollte, ergänzte sie noch schnell, dass die Magier unter den Shiekah sogar noch länger lebten.

„Erschrocken?“, hatte sie unschuldig gefragt, woraufhin Ren einfach nur hilflos genickt hatte.

„Ihr werdet so alt…und wie lange werdet ihr jetzt insgesamt ausgebildet? Und wozu überhaupt?“

„Es gibt zwei Ausbildungsphasen: Die Grundausbildung beginnt mit fünf Jahren und dauert fünfundzwanzig Jahre an. Am Ende sind wir dreißig und erreichen somit das Erwachsenenalter. In den letzten zehn Jahren unserer Grundausbildung leben wir wieder bei unseren Familien, doch nun ist es an der Zeit sich selbstständig zu machen. Wenige ziehen so früh schon zusammen. Die Meisten von uns bleiben sehr lange alleine. Ich selbst wohne mit meinem Bruder. Als Erwachsene können wir an den Wahlen und Versammlungen unseres Volkes teilnehmen und unsere Zukunft mitgestalten. Leider bedeuten diese großen Worte im Endeffekt jedoch nichts anderes, als dass wir nun endlich richtige Aufträge bekommen und Hyrule ohne unsere Meister verlassen können. Dennoch bleiben sie unsere Meister und sie werden auch unsere Meister bleiben, wenn wir selbst bereits Meister geworden sind. Es ist eine Bindung die nie endet. Es handelt sich hierbei wohl tatsächlich um eine der engsten Bindungen in unserer Gesellschaft. Aber ich schweife ab, entschuldige. Die zweite Ausbildungsdauer beträgt noch einmal fünfzehn Jahre. Aber eigentlich ist es weniger eine Ausbildung als ein normaler Alltag unter der Aufsicht unserer Meister. Wir sollen schlicht und einfach Erfahrung sammeln. Natürlich lernen wir auch noch etwas, doch das tritt eher in den Hintergrund. Und was das Ziel unserer Ausbildung betrifft…“ An dieser Stelle hatte Oroelle lange gezögert.

„Du darfst nicht darüber reden? Es ist schon in Ordnung, ich meine, wenn es verboten ist…“

Sie hatte gelächelt und antwortete:

„Alles, was ich dir eben erzählt habe ist geheim. Niemandem von uns ist es gestattet Außenstehenden über unsere Lebensart zu berichten.“

„Wieso nicht? Ich meine…Ausbildung, eure Ziele, das ist verständlich. Aber eure Gewohnheiten? Ist das nicht übertrieben?“

„Das ist es doch, worüber ich schon die ganze Zeit rede. Es ist übertrieben. Natürlich soll unserem Volk kein weiterer Schaden zugefügt werden, es hat bereits in der Vergangenheit zu viel erlitten, aber diese vollständige Abgeschiedenheit und Verschwiegenheit geht eindeutig zu weit…“

Sie ließ es dabei bewenden. Sie waren weiter geritten und hatten nicht mehr von den Shiekah gesprochen. Ren meinte allmählich Oroelles Situation besser einschätzen zu können und seine Geliebte zu verstehen. Sie führte wohl ein hartes Leben, wie jeder andere in ihrem Volk auch, doch sie selbst belastete sich noch mit den Sorgen um ihr Volk und dessen Verfassung. Doch vielleicht ging es ihnen allen so?

Er sah Oroelle hiernach fast zwei Wochen nicht mehr, doch als sie wiederkam, tat sie das mit wichtigen Nachrichten.

Ren erfuhr, dass sie bei einem Einsatz, erst da hatte er bemerkt, dass er immer noch nichts von den Motiven der Shiekah wusste, außerhalb von Hyrule gewesen war und dass sie den Feind ausgekundschaftet hatte. Links Sohn hatte offen seine Überraschung darüber gezeigt, denn er wusste, dass die Armeen Ganons noch sehr weit entfernt waren. Oroelle hatte ihn auch dieses Mal nicht über die Fortbewegungsmöglichkeiten ihres Volkes aufgeklärt. Doch sie hatte ihm von ihren Erlebnissen berichtet und Ren vergaß bei ihrem Bericht alles, was er eigentlich gar nicht wusste, und wohl nicht wissen sollte.

„Du weißt wie unser Kontinent ungefähr aufgebaut ist?“, hatte sie begonnen.

„Vage…“, hatte Ren zugeben. Er wusste wirklich nicht viel vom Ausland, vielleicht mit Ausnahme Terminas.

„Also, unser Kontinent ist der größte der Welt. Er hat eine sehr lang gezogene Form und obwohl er eigentlich sehr breit ist, erscheint er auf Karten auf Grund dieser Länge immer äußerst schmal. Aber richtig schmal ist er nur in der Mitte. Nach Norden und Süden gehend wird der Umfang größer. Nun ist es so, dass Hyrule im Nordwesten liegt, östlich und etwas südlich davon liegt Termina. Dies sind die beiden größten Nationen des Nordens. Wenn man sich nun nach Süden aufmacht, reist man sehr lange Zeit bergab, auch wenn man das wahrscheinlich nicht richtig realisiert. Das Land ist uneben und bis auf Städte, Dörfer und Wälder gibt es nahezu nur eine hügelige Graslandschaft, etwa mit der hylianischen Steppe vergleichbar.

Wenn man weiterreist, erreicht man die ungefähre Mitte des Kontinentes. Hier ist er auf Karten deutlich schmaler, doch die schmalste Stelle ist noch weiter südlich. Der Grund dafür ist ein gigantischer Wassereinbruch auf der östlichen Seite: Der inverische Golf. An den Küsten dieser, wenn man so will, riesigen Bucht, liegen Inverias Hauptstädte und Machtzentren und dort reicht der Einfluss des Landes auch weit ins Landesinnere. Es wird dort bereits merklich wärmer als hier im kühleren Norden und der Regen nimmt ebenfalls ab. Der Himmel ist sowohl nachts als auch tagsüber klarer und wolkenloser. Sterne, Mond und Sonne erscheinen einem näher. Das Land wird flacher und es gibt weniger Wälder, dafür aber umso mehr Graswüsten, nicht leer jedoch, sondern voller Leben, zumindest wenn man genau hinsieht. Außerdem ist das Land im Süden voller Flüsse, während es im Norden überwiegend Seen gibt.

Noch weiter südlich wird der Kontinent wieder sehr breit. Dort, am südlichen Ende, liegt das Land Karthas. Es ist das größte Land dieses Kontinentes, wahrscheinlich sogar das größte Land der Welt. Ein gewaltige Gebirge, das Mithrilgebirge, trennt Karthas von Inveria. Dies Gebirge zieht sich vom äußersten Osten, vom Meer an, bis weit in den Westen, so dass der einzige natürliche Eingang nach Karthas im Westen liegt: Das Land zwischen dem Gebirge im Osten und der Küste im Westen. Es gibt zwar auch viele Pässe im Gebirge, welches nicht ganz unbewohnt ist, doch der Weg ist lang und beschwerlich. Nur wenige wählen diese Route und für größere Mengen ist sie ungeeignet. Im Mithrilgebirge liegt übrigens Megoria, das größte und älteste Goronenreich auf unserem Kontinent.“

Auf einen neugierigen Blick von Ren hin ergänzte sie, dass die Goronen ursprünglich weit aus dem Süden kamen, zu einer Zeit, als alle Landmassen noch zusammenhingen. Sie kamen aus dem Süden, und siedelten sich im Mithrilgebirge an, weil sie dort jenes einzigartige Metall finden konnte, das dem Gebirge seinen Namen verlieh. Erst viel später zogen einzelne Gruppen noch weiter nach Norden und bildeten drei weitere Reiche: Am Gongol-Berg, sowie dem Gebirge, das sich nicht weit von ihm im Osten befindet, in Termina und in Hyrule.

„Ich denke das reicht zunächst, um dir einen Eindruck zu vermitteln. Jetzt kannst du sicherlich den Weg unseres Feindes besser folgen.

Also, Ganondorf hat Karthas westlich des Mithrilgebirges verlassen, also an jenem natürlich Eingang, und ist nach Norden gezogen, westlich an Inverias Hoheitsgebiet vorbei. Wahrscheinlich musste er eine lange Zeit lang befürchten, von den Reiterheeren Inverias angegriffen zu werden, doch Inveria ließ ihn passieren, obwohl er über Wochen hinweg an ihrer Grenze entlang geritten war. Zuletzt jedoch ließ er es schließlich hinter sich und kam nach einiger Zeit in ein Land, dessen Name schon lange vergessen ist. Es befindet sich genau in der Mitte des Kontinentes. In diesem Land gibt es fünf Besonderheiten: Den Gongol-Berg, den etwas einsam stehenden höchsten Berg des Kontinentes, den Tyloria-Wald, den größten Wald des Kontinentes, die Tabantasümpfe, die größte Sumpflandschaft des Kontinentes, die Selawasserfälle, die gewaltigsten Wasserfälle und die Tatsache, dass dort einst Shiekah lebten. Vor tausenden von Jahren lag dort eine der großen Städte meines Volkes. Es handelte sich um die Hauptstadt auf diesem Kontinent, die Hauptstadt des gesamten Reiches.“

Aus Gründen, die er nicht genau beschreiben konnte, überkam Ren bei diesen Worten ein unfassbares Gefühl von Ehrfurcht. Ein Schauer lief ihm über den Rücken.

„Wie hieß die Stadt?“, flüsterte er.

„…Shatankh“ Oroelles Blick verlor sich in der Ferne. Es war fast so als könne sie sich selbst an die Stadt erinnern, obwohl das natürlich unmöglich war.

„Die Perle unseres Reiches. Sie erstreckte sich über das ganze Land, im Tylora-Wald, auf dem Gongol-Berg, im Gebirge um die Selawasserfälle…Es war die größte und schönste Stadt der Welt. Zumindest….doch ich schweife schon wieder ab.“ Sie lachte und verlor ihren Gesichtsausdruck von eben. Ein Ausdruck voll Trauer und Sehnsucht. Und noch etwas, das Ren nicht zuordnen konnte…Ein flüchtiges Aufblitzen von Wut? Ein Hauch von Bosheit? Das konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen und er verwarf die Überlegung schnell wieder.

„Zurzeit lagert Ganondorf in diesem Land. Unglücklicherweise können wir nicht sagen, was er dort genau tut, denn er hat das gesamte Land, samt Himmel, in einen Schleier aus Dunkelheit umgeben. Selbst für uns Shiekah wäre es gefährlich ihn zu durchschreiten und er würde es ohnehin sofort merken. Doch es ist beunruhigend, zumal er vorher all die Massen so zur Eile angetrieben hatte. Jetzt sieht es so aus, als würde er dort längere Zeit bleiben. Wir vermuten, dass es damit zu tun hat, dass dort einst Shiekah lebten und dass das gesamte Gebiet deshalb voller alter Magie ist, doch wir wissen es nicht. Vielleicht sucht er alte Mächte aus längst vergangenen Zeiten…wir können es nicht genau sagen. Wir werden uns wohl oder übel überraschen lassen müssen. Wobei es eher übel sein wird.“

Ren hörte ihr nur halb zu. Er hatte das Bild dieses Landes vor sich: den Berg, die Wälder, eine große Stadt…und noch weiter zurück in die Vergangenheit: Eine noch viel größere Stadt. Wunderschön. Ein Ausdruck der Macht von einst.

„Du weißt doch bestimmt wie das Land hieß oder? Ich meine nach…den Shiekah.“

„ …ja, ich kenne den Namen.“

„Wirst du ihn mir verraten?“

Sie schüttelte den Kopf und sah ihn mit einem melancholischen Gesichtsausdruck an. Sie saßen nahe beieinander. In Momenten wie diesen fühlte er sich ihr noch verbundener und merkte auf einmal, wie nahe sie sich körperlich und geistig waren.

„Es würde dem Land die Magie rauben. Belassen wir es dabei. Lassen wir dem Land seine Namenlosigkeit. Lassen wir es im Schatten bleiben.“
 

Es war für längere Zeit ihr letztes Gespräch dieser Art. Am gleichen Abend hatte er seine Mutter nach dem Land gefragt und nach Ganons Aufenthalt dort. Er brauchte kein Geheimnis aus seinem Wissen zu machen, denn dank Kira wusste seine ganze Familie Bescheid, dass er mit einer Shiekah verkehrte. Ren hatte sich öfters gefragt, ob seine Mutter vielleicht mit Impa darüber gesprochen hatte, doch er glaubte nicht daran. Er glaubte nicht daran und wollte auch nicht daran glauben, dass die Information seiner Verbindung zu Oroelle öffentlich wurde. Ruto hatte ihm nicht viel mehr erzählt als das, was er ohnehin schon wusste, doch sie meinte, dass die einzigen bekannten Bewohner des Landes, Goronen, sich niemals Ganondorf anschließen würden. Und eine Belagerung in zwei Gebirgen konnte sich der Großmeister des Bösen nicht leisten, zumal Goronen sehr harte Gegner waren, vor allem wenn sie ihre Heimat in den Bergen verteidigten. Ren wusste ja bereits, dass die Felsbewohner in jenem Land am Gongol-Berg und im Gebirge um die Selawasserfälle lebten. Ruto erwähnte auch die Anwesenheit von Zoras, denn es solle auch zwei größere Seen geben und Ren fühlte sich unvermittelt auf eigenartige Weise an Hyrule erinnert.

Oroelles Besuche hörten nicht auf und Ren vergaß in ihrer Anwesenheit alle dunklen Ahnungen und Gedanken. Es kam in dieser relativ ruhigen Zeit jedoch noch zu zwei unangenehmen Zwischenfällen. Wobei sich Ren eingestehen musste, dass er einen von beiden ganz und gar nicht unangenehm fand. Es hatte wieder geregnet und der Boden war nass gewesen. Oroelle und er hatten sich an ihrem vereinbarten Punkt in der Steppe getroffen. Eine Zeit lang waren sie über das Grasmeer geritten (obwohl Oroelle behauptete, dass sie kein Pferd habe, brachte sie stets eines mit) und hatten dann an einem kleinen Hain Halt gemacht, als es wieder zu regnen begann. Oroelle hatte sich auf einen Baumstumpf gesetzt, als es passierte:

Ren rutschte auf dem nassen Boden aus und fiel in ihre Richtung. Für einen Moment fragte er sich, so absurd es auch war, ob Oroelle ihn auffangen würde oder ob sie ihn fallen lassen würde. Bis jetzt hatten sie sich niemals berührt. Allerdings drehte sich der Großteil seiner Gedanken darum, ob er sich einfach fallen lassen sollte. Vergessen war die Tatsache, dass Oroelle sich sehr schnell bewegen konnte, vergessen alle Vorsichten und Tabus. Vergessen war sein Entschluss seine Liebe in sich zu verschließen, es bei Freundschaft zu belassen und nichts weiter zu unternehmen. All das war vergessen, er konnte sich einfach nur fallen lassen. Auf sie zu. Sie berühren. Zum ersten Mal. Sie würde nichts merken, er war ausgerutscht, es war ein Unfall. Er hob den Arm und hielt sich an einem Ast fest. Sie hatte nicht einmal den Versuch gemacht auszuweichen. Hatte sie den Ast gesehen? Oder wäre es ihr egal gewesen?

Der zweite Zwischenfall jedoch hatte viel weitreichendere Konsequenzen. Es kam selten vor, dass Oroelle Ren bei sich zuhause besuchte. Meistens wusste sie jedoch immer genau Bescheid, wann das Haus leer war. An diesem Tag verspätete sich Ren zum ersten Mal zu einer ihrer Verabredungen. Sein Pferd Naboru war in ein Schlagloch getreten und er wollte dessen Bein nicht belasten, also hatte er die Zügel genommen und war so schnell es ging losgehastet. Als er zuhause ankam, war es bereits zu spät. Nachdem er Naboru im Stall angebunden hatte, war er ins Haus gerannt, um oben auf die Terrasse zu kommen. Oroelle war nicht mehr dort. Müde und enttäuscht war er nach unten gegangen, um etwas zu trinken. Als er in die Küche eintrat, fand er sich in seinen schlimmsten Alptraum hineinversetzt: Oroelle und Kira standen nebeneinander an der Arbeitsfläche, Gemüse schälend und hackend. Ren konnte seinen Augen nicht trauen. Er wollte ihnen nicht trauen. Das war unmöglich. Dazu konnte es nicht gekommen sein. Kira war am Vormittag ins Zorareich gereist und wollte erst am Abend wiederkommen. Als bereits sehr gute Schwertkämpfer konnten Links und Rutos Kinder sich aussuchen wann und wohin sie üben gingen. Zen war während der letzten Wochen die ganze Zeit in einem dieser Lager geblieben, während Kira und Ren kamen und gingen.

Es war Kira, die ihren kleinen Bruder bemerkte. Er sah das Aufblitzen des Schalks in ihren Augen, sah wie sich ihre Lippen zu einem genussvollen Lächeln verzogen.

„Ren, da bist du ja! Wo hast du nur so lange gesteckt. Oroelle musste deinetwegen warten. Wie gut, dass ich da war, nicht?“

Oroelle drehte sich ebenfalls um: „Ich hoffe es ist nichts geschehen? Du bist sonst nie zu spät gekommen.“

„ Ich…mein Pferd…ist in ein Schlagloch getreten. Ich konnte nicht weiter reiten. Was…macht ihr beiden da?“, fragte er nervös.

„Wir schneiden natürlich Gemüse.“, erklärte Kira. Ren sah sich gezwungen ruhig zu bleiben, um seiner Schwester nicht vor Oroelles Augen etwas anzutun.

„Das sehe ich“, sagte er nur.

„Kira hat mich zum Essen eingeladen, aber das muss natürlich erst gemacht werden. Ich helfe einwenig aus. Hilfst du uns?“

„Du musst das nicht machen Oroelle, wir können auch woanders hingehen.“

„Oh nein, wirklich, das macht mir nichts aus. Im Gegenteil: Es macht Spaß. Ist mal eine Abwechslung, weißt du? Normalerweise koche ich nicht selbst. Und deine Schwester ist übrigens toll!“

„Dankeschön, diese Meinung habe ich auch immer vertreten.“, ließ sich Kira vergnügt vernehmen.

Sie verstanden sich gut. Wieso verstanden sie sich so gut? Doch natürlich blieb es nicht dabei, das Schicksal meinte es an diesem Tag überhaupt nicht gut mit dem Zoraprinzen, um nicht zu sagen, es schien ihn zu hassen. Als er mit zackigen Bewegungen zu ihnen ging, um ihnen zu helfen, kam noch jemand hinter ihm in die Küche gerauscht. Er wusste nicht, was genau er für einen Gesichtsausdruck machte, als die Person zu sprechen anfing, doch er stellte sich vor, wie seine Augen weit hervortraten und er entsetzt nach Luft schnappte.

„Ach, hallo Ren. Lange nicht mehr gesehen, was? Hilfst du auch mit?“ Naborus Tochter schritt an ihm vorbei, nahm ein Messer zur Hand und wedelte kurz zur Begrüßung damit vor seinem Gesicht. Sein Blick fiel auf seine Schwester und er stellte sich vor, wie er sie erwürgte. Kira hingegen erweckte den Eindruck einer Katze, die eben einen ganzen Bottich voll Sahne leer geschleckt hatte.

„Ich hab dir noch gar nicht davon erzählt, dass ich mit Nomara befreundet bin, oder? Wir haben uns vor einigen Wochen bei einer dieser Versammlungen im Schloss kennen gelernt und fanden, dass wir viele Gemeinsamkeiten haben.“

„Das ist…schön.“, presste Ren wütend hervor. Oh, wie er sich an ihr dafür rächen würde!

Mit mechanischen und abgehackten Bewegungen hatte er ihnen geholfen. Als die Gemüsesuppe endlich fertig war, hatte das Gespräch von Kochen zu Essen gewechselt.

„Normalerweise esse ich nicht sehr ausgiebig. Dazu haben wir meist zu wenig Zeit.“, sagte Oroelle.

„Jetzt kannst du die letzten Tage ja hier bei uns nachholen!“ Kira zwinkerte ihr freundlich zu und dann bat sie Ren ihnen aufzutischen.

„Nachdem die Frauen jetzt mit dem Kochen fertig sind, kann der Mann ihnen das Essen ja bringen, was?“, ließ sich Nomara vernehmen. Oroelle war bereits aufgestanden, doch Kira winkte sie energisch zurück.

„Komm schon, du musst dir doch auch mal etwas gönnen. Lass dich jetzt ein wenig von Ren, und mir natürlich, verwöhnen und bewirten. Das gilt auch für dich Nomara!“ Die Gerudo hob die Hände, sie hatte nicht unbedingt vor Ren zu helfen, dazu fand sie den Gedanken, von einem Mann bedient zu werden einfach zu schön.

„Ren kannst du uns bitte unsere Portionen bringen? Wir sterben vor Hunger.“ Die Stimme seiner Schwester Stimme war zuckersüß. Es machte ihr riesigen Spaß.

Mürrisch füllte Ren drei Teller und brachte sie zum Tisch. Er versuchte Oroelle beim Auftischen nicht zu nahe zu kommen. Kira lächelte. Er schüttelte die Hälfte der heißen Suppe über ihren Schoss.

„Oh, das tut mir Leid, Kira, wirklich! Wie ungeschickt von mir! Warte, ich hole dir etwas zum Abwischen.“

„Es ist ja nichts passiert, ist doch nur etwas Suppe.“ Kira lächelte noch immer liebevoll und sah ihren Bruder sanft an. Sollte er doch machen was er wollte, die heutige Schlacht war eindeutig an sie gegangen. Nomara musste unentwegt grinsen. Sie und Kira waren sich tatsächlich sehr ähnlich und waren schnell gute Freundinnen geworden.

Oroelle musste kurz nach dem Essen wieder gehen und sie verabschiedete sich herzlich von allen dreien. Zerknirscht musste sich Ren eingestehen, dass seine Angebetete selten so gute Laune gehabt hatte wie heute. Dennoch gefiel es ihm nicht natürlich nicht, dass Kira und Oroelle sich angefreundet hatten. Und, dass seine Schwester auch noch Nomara herbestellt hatte, das war einfach…ihm fehlten die Worte. Vor allem wusste er nicht wie es dazu hatte kommen können. Er war immer so vorsichtig gewesen. Natürlich wusste Kira schon seit dem Abend an dem er Freundschaft mit Oroelle geschlossen hatte von ihr und sie war gescheit genug um sich zusammenzureimen, dass jemand der einfach so aus Schatten auf fremde Terrassen treten konnte nur ein Shiekah sein konnte. Doch wie kam es zur Freundschaft zwischen Kira und Nomara? Und, was Ren vor allem beschäftigte, worüber hatten sich die drei außergewöhnlichen Frauen während seiner Abwesenheit unterhalten? Wie hatte es nur so weit kommen können, dass seine Schwester, die Frau, die er liebte und die Frau, die er geküsst hatte, aufeinandertrafen? Er war sich der Tatsache bewusst, dass sowohl Nomara als auch Kira von seiner Liebe zu Oroelle wussten. Er merkte schon, ihm standen schwere Zeiten bevor…

Die lange Ruhe vor dem Sturm

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 15: Die lange Ruhe vor dem Sturm
 

Ganondorf verweilte in dem Land, dessen Namen niemand außer den Eingeweihten mehr wusste. Eine Säule aus Dunkelheit machte es unmöglich zu sagen, was an jenem Ort geschah, während sie gleichzeitig den Magnetpunkt für alle dunklen Wesen des Kontinentes zu bilden schien, da solche in immer größerer Zahl in deren Nähe erschienen. Selbst den Shiekah war es unmöglich den Schleier aus Dunkelheit zu durchschreiten, denn er war vom Großmeister des Bösen unter Benutzung der heiligen Macht des Kraftfragmentes erschaffen worden. Das Land Hyrule versank in einen steten Rhythmus nervöser Wachsamkeit. Der Feind bewegte sich nicht mehr weiter auf sie zu, das gab den Leuten die Chance sich besser vorzubereiten. Gleichzeitig fürchtete man jedoch auch den Grund für diese lange Verzögerung. Nachdem Ganondorf seine Armee zunächst erbarmungslos vorangetrieben hatte, nun so eine lange Pause…dies erschien den Leuten unheilvoll. Was auch immer es war, das ihn in dem namenlosen Land festhielt, es konnte nicht gut sein.

Das Wetter schien die trüben Gedanken der Bevölkerung, wie so oft in diesem magischen Land, widerzuspiegeln: Nachdem der Herbst endgültig dem Winter gewichen war, regnete es beinahe jeden Tag. Stets war es draußen feucht und kalt, und Blitze durchzuckten des Nachts den Himmel und ließen die Bewohner in Furcht vor der Zukunft nicht einschlafen.

Die hylianische Bevölkerung übte sich weiterhin in den Waffenkünsten und machte viele Fortschritte. Tag um Tag wurden die Männer in den Übungslagern zu disziplinierten und fähigen Truppen ausgebildet, die mit Schwert und Schild zu kämpfen vermochten als wären sie Berufssoldaten. Mittlerweile hatten sich alle Begabungen herauskristallisiert und ein jeder übte nur noch die Kunst, die er am besten beherrschte.

Die Meisten würden auf konventionelle Art mit Schwert und Schild, sowie gewöhnlicher Ausrüstung kämpfen, was bedeutete, dass sie robuste Lederkleidung mit leichten Kettenhemden tragen würden. Als Helme dienten verstärkt gepolsterte Lederkappen, denn obwohl alle hylianischen und goronischen Schmiede Tag und Nacht durcharbeiteten, konnte nicht für jeden einzelnen Bürger eine richtige Metallrüstung hergestellt werden. Außerdem fand Trestor, der Oberbefehlshaber der hylianischen Truppen, dass schwere Panzerung die Kampffähigkeiten der Menschen ohnehin nur mindern würde. Deswegen hatte er bei den Bergbewohnern für alle eingetragenen Hylianer in allen Lagern jeweils nur leichte Kettenhemden und geschmeidige Arm -und Beinschienen geordert. Die unerwartete Verzögerung der Kampfhandlungen begünstigte diese Arbeit enorm, denn so konnte gewährleistet werden, dass wirklich die absolute Mehrheit der menschlichen Soldaten anständig ausgerüstet würde kämpfen können. Davon waren jedoch nur die Nahkämpfer betroffen, die den bei weitem größten Teil der Armee bilden würden, die gut tausend Mann die sich auf das Bogenschießen beschränkten, würden in leichter Montur gerüstet sein. Da es ihre Aufgabe war hinter den Reihen zu stehen und ihre tödliche Ladung zu verschießen waren sie nicht auf so starken Schutz angewiesen.

Selbstverständlich würden nicht nur diese tausend zu den Bögen greifen, bei dem Angriff auf den goldenen Pass würden bei weitem mehr Bogenschützen im Einsatz sein, doch dieser Angriff stellte auch etwas Eigenes dar.

Da der goldene Pass gleichzeitig den Eingang nach Hyrule und dessen bei weitem stärkste Festungsanlage darstellte, würde man dort am heftigsten kämpfen. Der lange Weg zur großen Mauer mit dem Tor ins erwählte Land war gesäumt mit einer Vielzahl von Türmen, Bunkern und Terrassen von denen aus Trestor beabsichtigte einen ununterbrochenen Pfeilhagel auf die anstürmenden Massen abzuschießen. Da der Pass recht eng war, würde die gegnerische Armee dicht gedrängt stehen und die Verteidiger müssten nur von allen Seiten nach unten schießen. Der General der hylianischen Streitkräfte beabsichtigte der Mehrheit auf den Verteidigungsanlagen Bögen und einen vollen Köcher in die Hand zu drücken. In einer solchen Situation bedurfte es keiner großen Zielgenauigkeit. Die tausend ausgebildeten Bogenschützen würden erst später ihren Sinn richtig erfüllen können, wenn es galt auf fliegende Monster zu schießen, die sich schnell durch die Luft bewegen konnten, oder auf die Besatzungen von Belagerungsmaschinen. Tausend gute Schützen mochten zwar recht wenig sein, wenn man an die Proportionen der karthasischen Armee dachte, doch sie würden ihren Zweck erfüllen.

Größer war die Zahl derer, die mit Lanzen kämpfen würden. Diese Männer würden, sollte der goldene Pass denn fallen, stets an vorderster Front kämpfen und den Ansturm von wilden Bestien sowie stark gepanzerter Soldaten mit einen Wald aus tödlichem Stahl begrüßen. Die dazu angefertigten Lanzen waren aus einem Stück Metall gegossen, um größtmögliche Stabilität und Durchschlagskraft zu gewährleisten. Gleichzeitig bemühten die Goronen sich mit speziellen Verfahren den Stahl für die Hylianer leichter zu machen. Wie genau dies erreicht wurde, verrieten sie keinem, denn es gehörte zu den Geheimnissen, die die goronischen Schmiede allen anderen auf der Welt überlegen machte.

Was die Größe von Ganons Armee anbetraf, so wussten indes nur wenige die genauen Zahlenverhältnisse. Man war sich lediglich allgemein darüber im Klaren, dass auf jeden Verteidiger Hyrules mindestens eine Handvoll Karthaser kommen würde, von den Monstern ganz abgesehen. Ren gehörte zu den wenigen, die genau wussten, was sie erwartete. Oroelle hatte ihm davon erzählt: Karthas habe seit jeher stets eine Berufsarmee gehabt, deren Zahl mit der Zeit auf zehntausend voll ausgerüstete Männer gestiegen war. Seit Anbeginn dieses Reiches war dessen Politik immer auf Eroberung ausgelegt gewesen, was dem Reich im Laufe der Zeit sehr viel Land, Macht, Ressourcen und vor allem Einwohner beschert hatte. Als Oroelle ihm ihre Vermutung von weit über hunderttausend Einwohnern dargelegt hatte, war Ren fassungslos gewesen. Er hatte die Menschenmassen in Hyrule schon immer für unerträglich groß gehalten, doch nun hatte er einen Eindruck davon, wie es im größten Land dieses Kontinents zugehen musste. Dennoch, so meinte die Shiekah, lebten die Menschen nicht dicht gedrängt. Es waren einzig die drei großen Städte des Reiches die überbevölkert waren (alleine in der Hauptstadt lebten etwa fünfunddreißigtausend Bürger), ansonsten lebte die Bevölkerung über das gigantische Land verstreut in Dörfern, kleinen Städten und einer Unmenge an Gehöften. Nur die wenigsten Familien entschieden sich für ein vollkommen abgeschiedenes, einsames Leben auf dem Land, da es in Karthas eine sehr hohe Kriminalität gab.

Ren wusste natürlich, dass Hyrule unter allen bekannten Ländern der Welt am nächsten der Utopie eines glücklichen Zusammenlebens aller Völker kam, doch da er nicht viel von der Welt wusste, hatte er überhaupt keine Vergleichsmöglichkeiten. Einen andauernden anarchischen Zustand etwa könnte er sich niemals vorstellen.

Jedenfalls, war seine Freundin fortgefahren, bestand das Berufsheer nun also aus zehntausend Mann. Da Ganondorf annährend die ganze männliche Bevölkerung des Landes in den Kriegsdienst gezwungen hatte, maß das Heer beim Verlassen Karthas’ bereits fast neunzigtausend Köpfe. Die bevölkerungsreichen Gebiete des Südens hatten die Zahl mittlerweile auf über hunderttausend steigen lassen. Selbst wenn man anmerken würde, dass im Norden viel weniger Menschen lebten als im Süden, würde einem doch klar sein, dass nochmals mehrere tausend Mann die ohnehin schon gewaltige Armee verstärken würden. Dazu kamen Legionen von blutrünstigen Bestien, die den Heereszug ständig begleiteten. Allein die Armee an Knochengängern war gewaltig. Die Tatsache, dass diese Kreaturen von Zeit zu Zeit die Lager überfielen, um zu jagen, war nicht wirklich tröstlich. Aller Mut hatte Ren bei dieser Beschreibung verlassen. Eine Handvoll auf jeden von uns, hatte er verbittert gedacht. Wenn es doch nur so wäre…Die knapp über zwölftausend Verteidiger des Reiches hatten eine dutzendfache Übermacht gegen sich. Was brachte es schon, wenn einige von ihnen Goronen oder Zoras waren?

Es würde sehr viel ausmachen, hatte Oroelle ihn aufgemuntert. Es sei nicht so schlimm, wie es sich anhöre, hatte sie ihm beinahe heiter gesagt. Die Menschen würden zum Kampf gezwungen und würden deshalb nicht aus vollem Herzen kämpfen. Weder Goronen noch Zoras begleiteten die Armee. Der goldene Pass konnte sehr lange verteidigt werden, dabei würden tausende Angreifer umkommen. Außerdem hätte Hyrule noch die Weisen und all die Magier, die von Zelda und Rauru ausgebildet wurden. Magie gab es zwar auch sonst überall auf dem Kontinent, deshalb würden auch Magier in Ganons Diensten stehen, doch waren die hylianischen Zauberkundigen immer schon die mächtigsten der Welt gewesen.

„Und wir haben den Helden der Zeit! Glaub einfach an deinen Vater. Er muss nur Ganondorf besiegen und alles wird wieder gut. Dabei bekommt er Hilfe von Königin Zelda. Denk daran: Wir haben zwei Fragmente des Allerheiligsten! Wir werden es schaffen und danach wird sich unser Leben wieder normalisieren und alles wird besser werden.“, hatte sie gesagt. Es hatte so überzeugend geklungen, so voller Zuversicht und außerdem kam es von ihren Lippen, da konnte Ren einfach nicht mehr niedergeschlagen sein. Stattdessen versuchte er seitdem das Beste aus der Zeit zu machen, die ihnen unerwarteterweise noch blieb. Er trainierte zwar weiterhin mit seinem Bruder und auch oft mit seinem Vater, und er verbrachte viel Zeit im Zorareich mit seiner neuen Rolle als Kommandeur (schließlich war er der Kronprinz), doch ebensoviel Zeit investierte er in seine Treffen mit Oroelle oder seinem besten Freund Link-goro. Die Besuche der Shiekah blieben sprunghaft und waren zum Teil sehr unvorhergesehen. Manchmal wenn Ren nach Hause kam, war Oroelle bereits bei Kira.

Er stand der Freundschaft der beiden immer noch sehr skeptisch gegenüber, doch zu dritt hatten sie stets viel Spaß. Kira sorgte für eine lockere Stimmung während sie unterwegs waren, oder einfach nur beisammen saßen und sich unterhielten. Selbst an Nomaras häufige Anwesenheit hatte sich Ren gewöhnt. Zen leistete ihnen dabei nur selten Gesellschaft, er zog es vor alleine irgendwohin zu gehen. Er hielt sich oft im Zorareich auf, wobei manchmal Zerk bei ihm war. Außerdem reiste er oft in den Kokiriwald, denn nachdem er Rens blumige Beschreibungen davon gehört hatte, ließ er es sich nicht nehmen ebenfalls den Geburtsort seines Vaters aufzusuchen.

Zen äußerte nur selten offen einen Wunsch, und da er sich als Links und Rutos Sohn ohne weitere Gefahr im Reich des Dekubaumes aufhalten konnte, nutzte er die die Gelegenheit oft. Es war seltsam, dass er, der immer so schweigsam war und andere mied, von sich aus die Gesellschaft des lebhaften Kokirivölkchens suchte. Wobei er mindestens ebensoviel Zeit alleine in den verlorenen Wäldern verbrachte oder sich mit Salia auf der heiligen Lichtung aufhielt. Ren wusste nicht was sein Bruder tat und er verbrachte auch außer ihren Übungsstunden nicht viel Zeit mit ihm. Genau genommen dachte er nicht einmal oft an ihn. Zen hatte für ihn eine Art an sich, die ihn abschreckte. Er wirkte zu kühl für einen Jungen in seinem Alter.

Wobei er selbst natürlich auch erst sechzehn Jahre alt war, zwei Sommer mehr als sein Bruder. Er vergaß es schon fast, denn immer wenn er in Oroelles Nähe war, fühlte er sich älter als es der Tatsache entsprach. Kira neckte ihn mit ihren Aussagen, die Shiekah habe einen umwerfenden Einfluss auf ihn, da er reifer werde, und er regte sich jedes Mal wieder über ihre Andeutungen auf, wohl wissend wie wahr sie doch in Wirklichkeit waren.
 

„Warte auf mich Zen, ich komme mit!“

Zen drehte sich zu seiner großen Schwester um und wartete geduldig. Zumindest interpretierte Kira Geduld und Großzügigkeit in sein Verhalten, eigentlich stand er nur da und sah sie an. Als sie ihn erreicht hatte, fragte er nicht weiter nach, sondern setzte seinen Weg mit ihr an seiner Seite fort. Schließlich jedoch fragte er: „Wieso willst du mitkommen?“

Kira zuckte de Schultern und grinste. „Willst du deine große Schwester nicht bei deinem Ausflug dabei haben?“

„Das habe ich nicht gefragt. Du kannst ruhig mitkommen.“

„Ach danke, wie überaus großzügig von dir. Hast du heute einen guten Tag?“, zwinkerte Kira vergnügt. Ren mochte sich ja durch seinen Bruder aus der Fassung bringen lassen, sie jedoch würde das nie nach außen hin zeigen. Zen wusste ohnehin, was sie von ihm dachte, überlegte sie leicht schmunzelnd.

„Wieso spielst du eigentlich nie, wenn jemand in deiner Nähe ist? Magst du es nicht wenn man dir zuhört?“, fragte die Zoraprinzessin und deutete auf dessen Okarina. Zen zuckte die Schultern und antwortete nicht.

Eine Weile gingen die beiden schweigend weiter bis Kira die Stille zu drückend wurde und sie ihr eigenes Exemplar des Instrumentes aus einer kleinen Tasche, die an ihrem Gürtel befestigt war, hervorholte. Erwartungsvoll reichte sie sie ihrem Bruder.

„Wirst du für mich spielen?“

Zen sah erst die Okarina an, dann Kira. Links Tochter meinte für einen Augenblick Überraschung in seinen Augen zu erkennen, doch genau konnte sie es nicht sagen. Bei Zen versagten ihre tief schauenden Augen. Sie konnte nicht durch sein Gebaren auf sein Innerstes hindurchblicken, wie sie es bei Ren tat. Vielleicht lag es daran, dass ihr kleiner Bruder sich so sehr von seinen beiden Geschwistern unterschied. Sie wusste es nicht. Zen würde solange ein Rätsel bleiben bis er sich entschied, sich selbst zu offenbaren.

Er nahm die Okarina. Kira lächelte erleichtert und wartete darauf dass er das Instrument an die Lippen setzte, doch er schaute es nur einen Moment lang an und sagte dann:

„Du hast mich doch schon oft spielen hören.“

„Das war immer etwas unpersönliches, das weißt du. Es wird auch jetzt nicht gerade aus den tiefsten Tiefen deines Herzens kommen, aber ich nehme einfach, was ich kriegen kann. Vielleicht wirst du ja etwas für mich spielen, wenn wir im Wald sind.“

„Vielleicht…wieso willst du mich unbedingt spielen hören?, fragte er während er die Okarina hob und anfing das Menuett des Waldes zu spielen.

„Das weißt du doch.“, sagte sie und sah ihm in die Augen, die sie über die hüpfenden Klänge der Melodie hinweg anschauten. Oder blickten sie genau genommen durch sie hindurch? Er schien sich sehr auf die Melodie zu konzentrieren. Beinahe mit einem schlechten Gewissen wurde Kira bewusst, das sie die großen Melodien nicht mehr so schätzte wie früher, nun da sie sie schon so oft gespielt hatte. Sie nahm sie mittlerweile als Selbstverständlichkeit, dabei waren sie dies ganz und gar nicht. Dann jedoch wurde sie durch einen sanften Lufthauch von ihren Gedanken abgelenkt und hörte ein fernes Rascheln, wie von Wind, der durch Baumwipfel fährt.

Obwohl sie ihren Körper immer noch spürte, wusste sie, dass er sich zu grünem Licht materialisiert hatte und nun mit unvorstellbarer Geschwindigkeit der heiligen Waldlichtung entgegen flog. Irgendwo neben ihr fühlte sie Zens Präsenz. Es bedurfte schon einigen Könnens nicht nur sich selbst sondern noch Umstehende in die Magie einer der großen Melodien zu hüllen, um gemeinsam durch die magische Bahn der Waldmagie in deren Zentrum in diesem Land, die Lichtung vor dem Waldtempel, zu reisen. Kira sah für einige Augenblicke nichts als sanftes, satt grün leuchtendes Licht bevor sie von einem Augenblick auf den nächsten Wind auf ihrem Gesicht spürte und eine wohl bekannte Weise an ihre Ohren drang. Sie sah sich auf der Lichtung um.

Die größten Bäume, die sie kannte, begrenzten die Lichtung und ihr gewaltiges Wurzelwerk durchbrach den Waldboden und bildete gleichzeitig eine niedrige Barriere zwischen den Stämmen. Beinahe kniehohes Gras, das sacht im Wind dahinschwankte, gab Kira das Gefühl in Wasser zu stehen. Ein grünbraunes Schimmern beherrschte die Luft, durch die niedere Feen ihre Kreise zogen, einen leuchtenden Schweif aus glitzerndem Licht hinter sich herziehend. Einzelne Blätter wurden vom Wind durch den Platz getragen.

Es war nicht das erste Mal, dass Kira in die verlorenen Wälder kam, dennoch durchzuckten sie wohlige Schauer als sie sich nahezu genießerisch umblickte. Die verlorenen Wälder waren unheimlich und gefährlich und für Kira der schönste Ort den es neben dem Meer gab. Mit einigen Schritten verließ sie die Steinplatte, die etwas seitlich versetzt auf der Lichtung lag und als einziges steinernes Gebilde im Wald nicht überwuchert war. Diese steinerne Platte mit den Zeichen des Waldes darauf bildete den Ausgang aus der magischen Bahn der Waldmagie, sowie es die Steinplatten an den anderen Orten des Reiches für die anderen Arten taten. Auf dieser Lichtung befand sich das Zentrum der Magie der Natur Hyrules und hierhin würde einen stets das Menuett des Waldes tragen, es sei denn man verfügte über genügend Kenntnisse und Macht, um den Verlauf der Bahn unterwegs zu verlassen.

Mit leichtem Gang durchmaß Kira das weiche Gras und sog genießerisch die klare Waldluft ein, eine erfrischende Mischung aus nasser Erde, Gras und dem leichtem Unterton trockenen Alters, wie man ihn bisweilen an uralten Orten wahrnahm. Ihre Schritte hinterließen dabei keine Furchen in dem Gras.

Zen murmelte etwas, das Kira nicht verstand, doch auf ihren fragenden Blick hin entgegnete er nichts. Dass ihre Tante Salia nicht da war, hatten die beiden natürlich längst bemerkt, es war unnötig noch davon zu reden, außerdem fühlte man sich in den Verlorenen Wäldern stets dazu gezwungen so wenig wie nur möglich zu sprechen, um nicht die erhabene Stille des Waldes zu stören. Wobei der Wald natürlich nicht vollkommen still war. Stets erklang das Lied der Naturweisen Salia an diesem Ort und von dieser Lichtung aus war es im ganzen Wald zu hören. Teils wie ein Flüstern, weit entfernt noch und doch nicht zu überhören, und teils als würde das Lied direkt neben einem gespielt werden.

Die Zoraprinzessin fuhr mit den Fingern über das raue Holz des Baumstumpfes, der sich an der Stirnseite der Lichtung befand und der den Lieblingsplatz ihrer Tante in dem Waldreich darstellte. Wie oft hatte sie hier ihrem Vater etwas auf ihrer Okarina vorgespielt, dachte Kira lächelnd. Link benutzte noch immer Salias Instrument, das sie ihm bei dessen Abschied vom Kokiriwald geschenkt hatte. Darauf hatte jedes von Links Kindern das Spielen erlernt, so dass sie sich Salia bereits im Kindesalter nahe gefühlt hatten, auch wenn sie sie noch nie gesehen hatten. Zens Stimme holte sie aus ihren Gedanken: „Ich gehe jetzt in den Wald.“

Einen Moment lang überlegte Kira ob sie mit ihm gehen sollte, doch dann entschied sie sich dagegen. Obwohl sie immer gerne Zeit mit ihrem jüngsten Bruder verbrachte, was wahrlich selten genug vorkam, so wollte sie doch diesen noch selteneren Moment für sich alleine behalten. Natürlich würde sie wieder ihren Gedanken nachhängen, doch hier im Wald fühlte sie sich dem gewachsen. Sie kannte eine Stelle, an der ihr alles gelingen konnte, wenn sie es wollte.

Als Kira sich auf den Weg machte und die Treppe hinunter ins Labyrinth, die letzte Hürde auf dem beschwerlichen Weg zum Tempel, stieg, war von Zen bereits nichts mehr zu sehen. Auch die Wächter des Labyrinthes, die Waldriesen, treue Diener des Waldtempels, ließen sich nicht blicken. So konnte sie ungestört den gewaltigen Irrgarten durchqueren. Den Weg zu ihrem Lieblingsplatz kannte sie auswendig, und so lief sie keine Gefahr sich in dem tückischen Gewirr aus hohen Wänden, undurchdringlichen Ranken und hinterlistigen Fallen zu verlaufen. Fröhlich stimmte sie auf ihrem Weg leise ein Lied an und ließ der guten Laune, die ihr der Wald verlieh, freien Lauf. Es dauerte einige Zeit bis sie so das Labyrinth verlassen hatte und sich in den Verlorenen Wäldern befand. Jetzt würde es schwieriger werden und Kira musste sich stärker auf den Weg und ihre Umgebung konzentrieren. Es war schon schwer genug zum Waldtempel zu gelangen, doch war es für Fremde nahezu unmöglich sicheren Schritts zu bestimmten Orten innerhalb der Verlorenen Wälder zu schreiten. Die Tatsache, dass der Wald mit jedem Schritt, ja jedem Gedanken schon, anders aussah, dass er seine Wege und Pfade verschob, um Unaufmerksame in die Irre zu führen, zeugte davon, dass es keinem nichtmagisch begabten Menschen je gelingen würde sich ohne Schwierigkeiten durch den ganz und gar magischen Wald zu bewegen.

Sie konnte nicht genau sagen, wie lange sie brauchte, um an ihrem Ziel anzukommen, denn in den Verlorenen Wäldern verlor man schnell jegliches Zeitgefühl, doch sie war froh als sie sich endlich setzen konnte. Die Waldwege, sofern man von Wegen reden konnte, waren immer ungemütlich und beschwerlich zu begehen, mit all ihrem Gestrüpp und im Gras verborgenen Steinen, Wurzeln und Ranken. Kira lehnte sich an den kühlen Fels hinter ihr und tauchte eine Hand ins Wasserbecken neben ihr. Sie befand sich nun an dem für sie vollkommensten Ort der Welt: Einer kleinen Senke im Wald, durch die ein leise dahinplätschernder Bach floss. Die Senke war in die Seite eines niedrigen Hügels eingebettet, der von einem mächtigen Baum beherrscht wurde. Seine Wurzeln reichten tief und stachen in der Decke der Senke aus der Erde, wobei sie mit ihren verschlungenen Formen so etwas wie ein natürliches Dach mit einigen wundersamen Säulen bildeten. Die Senke selbst war ein wenig ausgehöhlt und wurde zum größten Teil von einem kleinen Teich beansprucht, der in einem natürlich entstandenen, steinernen Becken lag. Dessen Ränder wurden von niedrigen Steinen gebildet, von denen einige von den herabhängenden Wurzeln umschlungen waren. Aus einer der Öffnungen in der Decke lief, neben einer dicken Wurzel, die bis ins Wasser reichte, ein kleines Rinnsal herab. Man konnte es nur schwerlich als Wasserfall bezeichnen, aber das kümmerte Kira nicht. Für sie war dies ihr ganz persönlicher Wasserfall. Und so klein er auch war, die Wasserzufuhr, die er mit sich brachte, bewirkte, dass der Teich an einer Stelle überlief und einen kleinen Bach bildete, der verspielt bergab in den Wald hinein floss, um eine der vielen Quellen zu speisen.

Umgeben von den sanften Geräuschen des plätschernden Wassers, ein unbeständiges aber melodiöses Murmeln, und den typischen Waldgeräuschen, fand die Zoraprinzessin Erholung von ihren plagenden Gedanken. Mit dem Geruch von nasser Erde, Stein und Laub sowie feuchter Luft vermochte sie ruhig über alle Probleme der Welt nachzudenken. Sie kam nicht häufig hierher, nur einmal in vielen Wochen, doch das genügte ihr bereits, denn die Wirkung dieses Ortes auf ihr Gemüt war überwältigend stark.

Lange Zeit saß sie einfach nur mit geschlossenen Augen da und genoss es das kalte Wasser an ihrer Hand zu spüren. Obwohl sich Hyrule mitten im Winter befand, war davon im dichten Wald nichts zu spüren. Hier blieben die Temperaturen scheinbar immer gleich, nie zu warm und nie zu kalt. Das einzige was den Wald veränderte, waren Wind und Regen, denn sie machten den Unterschied aus zwischen erfrischender Feuchtigkeit und rasselnder Trockenheit, sowie tosendem Rauschen und wirbelnden Blättern oder drückender Stille, durch die jedes herkömmliche Waldgeräusch wie ein Peitschenhieb knallte.

Hier konnte Kira ohne Sorge an den Krieg denken, denn hier erschien es ihr so klar, dass sie nur gewinnen konnten. Hier erschienen ihr ihre und Rens Probleme wie unbedeutende Begleiterscheinungen des Alterns. An diesem Ort vermochte sie mit Neugier über ihre Zukunft nachzudenken und nicht mit Bedrückung. Im tiefen Wald erschien es ihr so klar, dass sie lediglich lieben und beruhigt leben wollte. Dieser Teil der Welt kannte keine Probleme. Er zerflocht alles, was die Außenwelt vorgab von allen Nebensächlichkeiten und legte den Kern dar, das worauf es ankam.

Und? Nun, ihr Bruder wollte sicher auch einfach nur in Ruhe leben und glücklich werden. Der Schatten ihres berühmten Vaters war hier nichts mehr als ein milder Witz. Auch ihr jüngster Bruder wollte wohl auch einfach nur leben und sich entfalten. Sie sollte ihm in nächster Zeit nicht mehr so oft ihre Gegenwart aufzwingen, dachte sie. Es war eben seine Art lieber alleine zu sein. Wenn ihm nach ihrer Gesellschaft war, würde er bestimmt zu ihr kommen. Ob er dann auch für sie singen würde? Gesang…ihre Gedanken kehrten wieder zu ihr selbst zurück. Ja, Musik war wichtig. Die Musik der Natur und ihrer Lebewesen, und die Musik der Magie…ein Leben an einem Ort wie diesem, erfüllt von Musik und Glück. An der Seite eines Wesens, welchem sie ihr Leben schenken konnte. So schlicht, so einfach war ihr Weg…Seufzend lehnte sie sich noch weiter zurück und versank im Traum einer glücklichen Zukunft.
 

Anders als seine Schwester begab sich Zen nicht an einen besonderen Ort innerhalb des Waldes. Stattdessen spazierte er ohne bestimmtes Ziel durch die verschlungenen Wege und sang. Mit jedem Schritt schienen sich ihm neue Wunder zu offenbaren und mit jedem neuen Wunder veränderte sich sein Lied, denn er besang was er sah und hörte und er dachte dabei nicht, sondern ließ seinen Gefühlen freien Lauf. Die Worte fanden sich von selbst, die Melodien wurden von den Wundern des Waldes vorgegeben und waren somit unbegrenzt, denn die Wälder veränderten sich stetig. Der junge Prinz der Zoras sang von den hohen Bäumen und dem Wind in ihren Kronen. Er sang von den Blättern, die dieser Wind fort trug, in die unbekannten Tiefen der Verlorenen Wälder. Er sang von Wurzeln und Farnen, von Dickichten und Baumstümpfen. Als er über einen Stein stolperte, den er im hohen Gras nicht erkennen konnte, sang er von den tückischen Wegen, die dem Wanderer nicht wohl gesonnen waren. Die Musik änderte sich beständig, von hüpfenden, lustigen Tönen, über lange, erhaben klingende Tonleitern, bis hin zu tiefem, brummendem Bass. Seine Stimme, im Allgemeinen tief und dunkel, wurde hoch und klar, lauter und wieder leise, wehmütig und fröhlich. Er dachte nicht an seine Schwester, die sich irgendwo in seiner Nähe aufhalten mochte, noch an ihre oder Rens Probleme, noch an den Krieg oder sonst irgendetwas. Wenn es an der Zeit war sich darüber Gedanken zu machen, was für Zen das Gleiche war, wie davon zu singen, würde er es tun.

Links und Rutos Jüngster nahm die Welt nicht so wahr wie es die anderen taten, die er kannte. Für ihn war die Welt Musik. Die Welt sang. Sie spielte auf ihren eigenen Instrumenten. Alles Leben war ein Untertan der Musik. Zen wusste, dass viele ihn für seltsam hielten, da er nicht viel redete, doch sie verstanden nicht, dass er nur lauschte. Er lauschte der Musik der Welt, die ihn mit jedem Augenblick seines Lebens etwas Neues beibrachte und er wollte nichts verpassen und schränkte deshalb jeden Tag seine Aufmerksamkeit seiner Umgebung gegenüber stark ein. Denn die Musik brachte ihm viele Dinge bei. Die Musik der Waffen und des Kampfes half ihm ein guter Krieger zu werden. Das Atmen des Gegners, das Zischen des Stahls, der schnell durch die Luft fuhr, die Schrittfolge…all das ergab seine eigene Melodie und indem Zen zuhörte, erkannte er mit welcher Melodie er zu antworten hatte. Dabei benötigte er nicht einmal nur seine Ohren. Es reichte bereits aus nur zu sehen, was geschah, denn durch sein stetes, aufmerksames Lauschen hatte er genug Erfahrung gesammelt, um zu erahnen, welche Töne erklingen würden noch bevor er sie hören konnte. Dies half ihm die Welt und ihre Lebewesen zu beurteilen, denn indem er die Musik, die sie von sich gaben beurteilte, blickte er ihnen direkt ins Herz. Sein Blick und vor allem sein Gehör waren überwältigend scharf, weil er jeden Funken Magie, den er von seinen Eltern geerbt hatte, schon vor langer Zeit zu einem lodernden Brand in seinem Innern vereint hatte, dessen einzige Funktion darin bestand seine Sehkraft und sein Gehör zu schärfen.

Die Magie des Wassers, das Erbe seiner Mutter, ließ die Welt wie einen einzigen großen Ozean erscheinen, in dem er immer genau wusste wo er sich befand. Er konnte durch seine dunklen Tiefen blicken und spürte was um ihn herum durch das Wasser glitt, was sich in seinem einzigartigen Gehör äußerte. Das Erbe seines Vaters, das hylianische, menschliche Blut, sowie die Magie des Waldes, pflanzte einen Wald in die Tiefen des Ozeans und ließ ihn unbeirrbar werden. Nichts konnte ihn verwirren oder in die Irre führen, er würde stets den rechten Weg finden und sein Herz würde immer frei bleiben von den Wirren und der Welt. Mit diesen einzigartigen Mitteln ausgestattet, konnte er ungestört der großen Musik der Welt und des Lebens zuhören. Die Sinfonien des Seins, komplizierte Zusammenklänge verschiedenster Akkorde und Tonhöhen, verbunden in nebeneinander bestehenden Liedern, vermochten ihn nicht zu überwältigen. Er entflocht die Musik und konnte wann er immer er wollte, bestimmte Teile einzeln oder zusammen hören, oder, wenn es ihn danach verlangte, die ganze Musik ohne Unterteilungen auf sich einstürmen lassen.

Zen dachte nicht viel an die Zukunft. Er lebte vielmehr für jeden einzelnen Augenblick, jeden einzelnen Ton in der großartigen Musik des Lebens. Es gab nur ein Ziel, welches er sich gesetzt hatte: Wenn er genug Erfahrungen in Hyrule gesammelt hatte, wollte er in die Welt hinausziehen und sein Leben lang ihrer Musik lauschen. Hyrule, als erwähltes Land der Göttinnen, schien alle Aspekte der großen Musik in konzentrierter Form zu vereinen und war für Zen deshalb der perfekte Ausgangspunkt. Wenn er erst genügend Eindrücke gesammelt hätte, könnte er an der Musik der Welt mitgestalten…seine eigene Musik erschaffen…

Doch bis dahin blieb ihm noch Zeit, denn gerade jetzt änderte sich die Musik des Landes in einem Maße, wie sie es noch nie in zuvor in seinem Leben getan hatte. Anders als der Rest der Bevölkerung begrüßte Zen, so makaber dies auch war, den Aufmarsch des Großmeisters des Bösen. Er war neugierig ob des kommenden Schreckens und Todes und er wusste, dass er eigentlich anders empfinden müsste. Trotz seiner Hingabe für die Musik blieb er dennoch ein lebendes Wesen und konnte Schmerz, Angst, Bedauern, Freude und all die anderen verwirrenden Gefühle empfinden. Aufgrund seiner Erfahrungen mit der großen Musik konnte er jetzt bereits sagen, dass er Angst haben würde. Dass er sich um seine Familie sorgen würde. Dass er Ganon verfluchen und hassen würde. Dass der Tod tausender Lebewesen ihn erschüttern würde. Doch über all dem stand die Musik und ihrem Drängen konnte sich Zen, ungeachtet seiner möglichen Gefühle nicht entziehen. Die Neugier war da und Zen wartete gespannt auf den Krieg. Er verurteilte weder sich noch die Musik deswegen.
 

Auch an anderer Stelle im Wald gab sich jemand der Musik hin, doch nicht in dem Maße wie es Zen tat, denn dieser war in der Tat das einzige Wesen auf der Welt, das mit einer solchen Intensität für die Musik lebte. Und anders als Zen, dem die Musik immer bei allen Sorgen und Problemen half, konnten die Töne der Okarina Salia nicht von ihren Gedanken ablenken.

Die Weise des Waldes legte das Instrument deshalb beiseite, zog die Knie an und schlang ihre Arme um sie. Die Musik ihrer Okarina hatte sie über Jahrhunderte hinweg begleitet und konnte ihr jetzt keine Zuflucht mehr bieten. Sie war traurig und daran konnte sie nichts ändern. Gewiss, sie hatte die anderen Kokiri und sie hatte Link und dessen Familie, und Darunia und Zelda; sie alle waren für sie da und füllten ihr Leben mit Liebe, Freundschaft und Glück, doch die Person, die ihr am nächsten hätte sein sollen, die sie durch diese schwierigen Zeiten hätte begleiten sollen, war nicht da. Die Person, die einst immer für sie da gewesen war, die von Anfang an für sie da gewesen war: Ihr Bruder Mido.

Die Kokiri saß auf einem hohen, schlanken Baumstumpf, und starrte hinunter auf einen zweiten, der waagerecht direkt vor dem, auf dem sie saß, lag. Einzelne Sonnenstrahlen fielen durch das Blätterdach, das auf dieser kleinen Lichtung nicht ganz so dicht war, direkt auf ihren hohen Sitzplatz. Dadurch entstand die eigentümliche Nachahmung einer Bühne mit Scheinwerfern und einer Sitzreihe für das Publikum. Es war der Ort, an dem Horrorkid einst den Großteil seiner Zeit verbracht hatte. Hier hatte Link ihn zum ersten Mal getroffen und ihm ihr Lied vorgespielt, was sie alle drei zu Freunden gemacht hatte. Wie viel sie hier gelacht hatten während sie sich gegenseitig Lieder vorgespielt hatten. Salia lächelte flüchtig als sie sich daran erinnerte, wie Link sich stets geärgert hatte, dass er immer verlor und mit den beiden anderen nicht mithalten konnte, weil sie soviel älter waren als er. Salia wusste nicht genau wie viele Jahre sie zählte, doch sie wusste, dass sie zu den ältesten Kokiri gehörte und somit mehrere Hundert Jahreswechsel erlebt hatte.

Die Seele des Weisen des Waldes war in ihr erst vor etwas über zwanzig Jahren erwacht, als Link gegen Ganondorf gekämpft hatte, und die Seelen aller noch schlummernden Weisen sich erhoben. Damit war sie die Höchste unter den Kokiri und stand selbst über dem heiligen Dekubaum Als Weise hatte sie ihn einst gefragt, wie es zur Geburt der unsterblichen Kinder gekommen war, denn darüber hatte sie nichts in den Archiven des Lichttempels finden können. Das Einzige, was aus dem gefundenem hervorging, war dass die Kokiri eines der jüngsten Völker der Welt waren. Der Dekubaum hatte ihr die Antwort verweigert. Sie sei noch immer sein Kind und Schützling, hatte er gesagt, und er müsse sie vor allem Unheil bewahren. Über der Geburt der Kokiri läge ein dunkler Schatten, ein Ereignis, das aus ihren Köpfen getilgt worden war. Salia wusste, dass der Schutzpatron des Waldes alle Erinnerungen der unsterblichen Kinder an das Leben vor ihrer Zeit im Wald in seinem eigenen Gedächtnis verborgen hatte, doch sie hatte es nicht gewagt weiter in ihn zu dringen, denn die Stimme des heiligen Baumes war so drohend und bestimmt gewesen, wie es selten bei seinem freundlichen und gütigen Gemüt vorkam.

Und die Horrorkids…Salia wusste, dass diese seltsamen verlorenen Seelen, kaum miteinander zu tun hatten. Sie konnte nicht sagen, wie viele es von ihnen gab, doch sie kamen auf der ganzen Welt vor. Wo immer sich Kinder im Wald verirrten und nicht mehr herausfanden, oder wo immer Kinder ausgesetzt wurden und irgendwie überlebten. Die Natur hatte ihre ganz eigene Magie, die unabhängig von allem anderen existierte und die Außenstehenden verschlossen blieb, ja sie konnten sie in den meisten Fällen gar nicht erst richtig wahrnehmen. Die Magie der Natur veränderte die hilflosen Kinder. Keiner wusste, wie dies von statten ging. Ihr Körper veränderte sich. Er blieb ewig klein und dünn, jedoch von überraschender Stärke und Zähigkeit. Sie bewegten sich vollkommen lautlos. Sie sprachen kaum. Der Wald lehrte sie eine Distanziertheit zur Außenwelt, die sie ihr Leben lang beibehielten. Und ihr Leben war enorm lang. Man konnte nichts genaues darüber sagen, doch aus dem was Salia wusste, waren die Horrorkids auf ähnliche Weise unsterblich wie die Kokiri, jedoch beschränkte sich ihre Unsterblichkeit nicht auf ihre Heimat, denn diese verlorenen Kinder waren heimatlos. Niemals blieben sie lange an einem Ort und obwohl sie die Außenwelt nicht mochten, reisten sie oft zu anderen Wäldern und Ländern, eine rastlose Natur, die sie mürrisch und misstrauisch machte. Dennoch gab es auch Horrorkids, die starben.

Salia wusste auch darüber nichts genaues, doch es schien, dass Horrorkids den Zeitpunkt ihres Todes selbst bestimmen konnten, indem sie schlicht das Leben aufgaben, was sie den Feen sehr ähnlich machte. Die Weise konnte nicht sagen, auf welche Weise dies geschehen sollte, doch es war vielleicht besser nicht weiter darüber nachzudenken. Die Horrorkids gehörten zu den größten Mysterien der Welt und von selbst würden sie niemals ihre wahre Natur offenbaren, eine weitere Ähnlichkeit mit den Feen, deren Geheimnis auch niemand ergründen konnte.

Das meiste Wissen über diese mysteriösen, verlorenen Kinder bezog die Kokiri dennoch von einem Angehörigen eben dieses Volkes, falls man dieses Wort überhaupt auf die Einzelgänger beziehen konnte.

Er nannte sich selbst Horrorkid, und er hatte ihr einst gesagt, dass sich wohl auch alle anderen seiner Art Außenstehenden gegenüber so nennen würden, denn richtige Namen hatten sie nicht. Sie waren verloren in der Magie, die sie umfing. Vielleicht waren sie ihr ganzes langes Leben lang auch nur auf der Suche nach einem Namen? Nach irgendeiner Sicherheit in ihrem Leben? Horrorkid hatte nur Andeutungen gemacht, doch alles in allem hatte er ihr mehr offenbart, als je jemand über die Horrorkids gewusst hatte. Er hatte ihr von seinen Reisen erzählt. Den ganzen Kontinent hatte er bereist und viele Wunder gesehen. Jahrhunderte waren nur so an ihm vorbei geflogen, denn er war unvorstellbar alt. Er war zugegen, als sich vor über einem Jahrtausend das Land Termina entwickelte. Als sich die Macht der Göttinnen zusammenschloss in vier riesenhaften, gottähnlichen Wesen, die das Land nach dem Bilde Hyrules schufen und es doch auf eigene Art und Weise gestalteten. Die Weise machte sich keine Illusionen darüber, dass ihre Freundschaft mit dem Horrorkid sehr fadenscheinig war. Obwohl Horrorkid ihre Beziehung selbst als Freundschaft bezeichnet hatte, wusste Salia, dass sie und Link für ihn nur eine Zeit lang Weggefährten sein würden. Selbst sie, die sie doch auch unsterblich war.

Doch die vier Wächter Terminas und Horrorkid, da war sich Salia sicher, verband eine richtige Freundschaft. Obwohl es so lange Zeit her war und sie sich nach den ersten Jahrhunderten nur noch selten sahen, hatte es dennoch immer ein Band zwischen ihnen gegeben. Selbst vor zwanzig Jahren, als Horrorkid von der Macht des geheimnisvollen Artefaktes Majoras Maske kontrolliert wurde und er Termina beinahe in den Untergang getrieben hätte, hatte das Band bestanden und diese schwierige Prüfung überstanden. Obwohl er damals die Wächter eingesperrt hatte in den Körpern monströser Kreaturen, die die vier Tempel des Landes bewohnten, hatten sie zueinander gefunden. Letztlich war es ja doch nur die seltsame, unfassbar starke Macht jener Maske gewesen. Seitdem war Horrorkid nicht nach Hyrule zurückgekehrt. Was blieb war die leere Lichtung, in der sie einst viel Zeit verbracht hatten. Alle waren weg. Horrokid und ihr Bruder. Und obwohl Link zwar nie weit entfernt war, und Salia ihn mit Hilfe ihrer magischen Kräfte innerhalb von Augenblicken treffen konnte, wusste sie, dass die Zeiten von einst schon lange vorbei waren. Die Zeiten als sie einfach nur Freunde gewesen waren. Weder Weise noch Held. Was ihr hätte bleiben sollen, ihr Bruder, hatte sie willentlich verlassen.

Sein gekränkter Stolz verbannte ihn selbst aus seiner Heimat. Die Kokiri fragte sich jeden Tag, wie es ihrem Bruder wohl ergehe, was er tue, wo er sei. Sie wusste, dass der Dekubaum ob Midos schwieriger innerlicher Verfassung ihm die Erlaubnis erteilt hatte den Wald zu verlassen. Ohne diese Erlaubnis waren die Kokiri beim Verlassen des Waldreiches dem Tode geweiht. Salia selbst war von diesem Zauber entbunden, da sie die Weise des Waldes war und die Übrigen des kleinen Volkes durften den Wald nur für die Dauer des Festes des Sieges verlassen. Es war in ihrer Geschichte noch niemals vorgekommen, dass ein Kokiri den Wald für so lange Zeit verlassen hatte. Mido musste sich sehr verändert haben, hielt sich Salia jeden Tag vor Augen. Seine Unsterblichkeit war außerhalb der Grenzen, die der Dekubaum ihnen auferlegte, aufgehoben und obwohl er noch immer von dieser Magie durchdrungen war und darum bestimmt nicht in nur zwanzig Jahren erwachsen werden würde, so war doch sicher, dass er gealtert und gewachsen war. Die einzige wirkliche Sicherheit indes, die sie in Bezug auf Mido haben konnte, war dass er wenigstens nicht alleine war. Navi, Links frühere Fee und treue Wegbegleiterin war bei ihm. Seine eigene Fee hatte sich geweigert den Wald auf so unbestimmte Zeit zu verlassen und Navi konnte, trotz ihrer tiefen Freundschaft, nicht bei Link bleiben, weil sie nicht in das Leben eines Hylianers gehörte.

Den Kokiri waren negative Gefühle wie Trauer oder Zorn nicht fremd, und Salia wusste, dass sie beträchtliche Schuld an Midos dunklen Empfindungen hatte, denn sie hatte ihn wirklich vernachlässigt. Seine Eifersucht auf Link war begründet. Nun da ihr Bruder fort war, hatte sie in den letzten Jahren ständig an ihre Fehler gedacht und sich Vorwürfe gemacht. Und dann wiederum hatte sie angefangen Mido für das zu hassen, was er ihr angetan hatte: Dass er in ihr so böse Gefühle weckte. Das war es was sie ihm nicht verzeihen konnte. Dass sie sich so sehr mit sich selbst auseinandersetzen musste und dass die Ergebnisse dabei nicht sehr erfreulich waren. Ihr Leben lang war sie ein fröhliches Mädchen gewesen, das gerne lachte und das Leben so genoss, wie es sich ihr darbot. Das war sie zwar immer noch, doch bewahrte die Flucht in Freude und Lachen, Glück und Spielerei sie nicht mehr von den Gefühlen, vor denen sie sich fürchtete: Hass. Verzweiflung. Wirkliche Wut…

Salia war sich sicher, wenn ihr Bruder heimkehren würde, konnten sie all ihre Probleme beheben. Es würde schwierig und schmerzhaft für sie beide werden, doch sie würden es schaffen. Allerdings musste Mido dazu zunächst wiederkommen. Links Neuigkeiten von ihm hatten in ihr Hoffnung und Angst gleichermaßen aufkeimen lassen, denn sosehr sie sich die Heimkehr ihres Bruders auch herbeisehnte, so sehr fürchtete sie auch ihr Aufeinandertreffen.

Bis dahin würde sie weiterhin alleine mit ihren Gefühlen fertig werden müssen und die Nähe ihrer liebsten Personen suchen, um sich abzulenken und sich immer wieder vor Augen zu führen, dass sie eigentlich sehr glücklich war.
 

Ganz Goronia hallte von den Schlägen hunderter Schmiedehämmer wider. Rotes Licht flutete durch die gewaltige Haupthalle: Sonnenlicht, das sich auf dem unvergleichlichen Rubindach brach. Auf den spiralförmigen Wegen, die sich um den mittleren Abgrund der großen Halle wanden, herrschte ein reges Treiben. Goronen rollten und liefen in alle Richtungen, verschwanden in einem der vielen Tore und traten in anderen Etagen der Halle wieder aus einer solchen Öffnung heraus, nachdem sie ihre Pflichten erledigt und neue Aufgaben bekommen hatten. Es war nicht leicht das Felsenvolk aus seiner gemächlichen Art zu bringen, doch wenn dies einmal der Fall sein sollte, so waren sie nicht mehr aufzuhalten. Geschlafen hatten sie jeden Tag so viel wie kein anderes der hylianischen Völker und so kümmerte es sie nicht, dass sie in letzter Zeit öfters tagelang wach blieben.

Gut gelaunt taten sie alles, um sich auf den Krieg vorzubereiten und sie wussten, dass sie eine wichtige Rolle spielten. Mit ihren unvergleichbaren Reichtümern hatten sie bis jetzt schon einen großen Teil der Importwaren aus Termina und den nördlichen Stadtstaaten gekauft. Obwohl sie ununterbrochen Waffen und Rüstungen schmiedeten, hatten sie große Vorräte eingekauft, denn während des Feldzuges durfte ihnen unter keinen Umständen der Bestand ausgehen. Außerdem würden die meisten Goronen nicht in der Stadt bleiben, sondern an der Front tätig sein und dann lag es an den Verbliebenen, hauptsächlich Frauen, Kinder und Alte, mit der Arbeit weiterzumachen.

Vor allem die vielen Bögen und Pfeile waren teuer gewesen, denn daran herrschte im Land der größte Mangel und dies waren Waffen, die die Goronen nicht herstellen konnten. Wer indes nicht an umfangreichen Einkäufen, der Verschickung von Waffen und Ausrüstung, dem Schmieden oder der Ausbesserung der hylianischen Festungen beteiligt war, der half bei den Sprengstoffmeistern. Es wurden Bomben in einer Zahl hergestellt, wie noch nie zuvor in der Geschichte des goronischen Reiches. Aus Termina waren zudem vor einer Woche endlich die lang ersehnten Ladungen an nützlicher Ausrüstung eingetroffen, auf die Hyrule so lange gewartet hatte. Diese sollten Terminas einzige Hilfe im Kampf gegen Ganon darstellen, nachdem die Reichsführer des Nachbarlandes entschieden hatten, dass sie keinen militärischen Beistand beisteuern würden. Es waren deshalb Pläne für Verteidigungsmaschinen gekommen, wie es sie sonst wohl nur im erfindungsreichen Termina selbst gab. Vorräte an Waffen und dem besonderen Sprengstoff, den die termianischen Goronen herstellten. Hunderte von Bomben und Sprengfässern, Eisen, Instruktionen für vielerlei nützliche Dinge…

Von unschätzbarem Wert waren dabei vor allem die Pläne für vier verschiedene Typen von so genannten Kanonen, einer Erfindung Terminas, die den Kriegsmaschinen Karthas nacheiferte. Dabei handelte es sich um verschieden lange und breite Eisenrohre, die auf beweglichen Fahrgestellen befestigt waren. Mit Hilfe von besonderem Sprengstoff wurden aus den Rohren verschieden große Eisenkugeln hinausgeschleudert, die eine zerstörerische Wirkung entfalteten, ja sie waren selbst in der Lage Steinmauern einzureißen. Insgesamt waren sie den in Hyrule noch üblichen Katapulten weit überlegen. Sie würden bei der Verteidigung des goldenen Passes gute Dienste leisten.

Freudig hatten die hylianischen Goronen die neuen Pläne aufgenommen und waren sofort an die Herstellung der neuen, besseren Sprengsätze sowie Kanonen gegangen. Es waren außerdem Briefe von ihren Verwandten in Termina gekommen, denn bei Ikana gab es eine hylianische Goronenkolonie. Darunia hatte den dort lebenden Goronen verboten an den Kämpfen teilzunehmen und ihnen aufgetragen bei der Verteidigung der neuen Heimat zu helfen, falls dies jemals nötig sein sollte.

Der Führer der Goronen inspizierte soeben die Schmiedearbeiten im Todeskrater, dort wo die gewaltigen Stahlhämmer für das stählerne Kontingent und die Goronen selbst angefertigt wurden.

„Wie viele Hämmer sind heute Morgen fertig geworden?“, fragte der Weise des Feuers eben Gerogon, den Zuständigen Leiter der Arbeiten und Vertreter der Schmiedezünfte.

„Heute Morgen fünfundzwanzig und bis morgen früh werden nochmals so viele bereit stehen.“ Da die schweren Hämmer nur für die Goronen und die hylianische Spezialeinheit gebraucht wurden, waren nicht viele an ihrer Herstellung beteiligt. Es genügte wenn in zwei Tagen fünfzig an der Zahl produziert wurden.

„Ausgezeichnet, wir liegen sehr gut in der Zeit! Danke Gerogon, ich will euch auch nicht weiter bei der Arbeit aufhalten.“ Der Angesprochene winkte ab.

„Ach was, du störst nicht. Willst du nicht lieber hier bei uns bleiben und mit uns trinken? Wir wollten ohnehin gerade die Arbeit unterbrechen.“

Einen Moment lang schien Darunia ernsthaft über dieses verlockende Angebot nachzudenken, doch dann schüttelte er, mit leicht verdrossener Miene, den Kopf. „Vielen Dank für die Einladung, aber so gerne ich hier mit euch trinken würde, ich muss mich noch mit Link treffen und mir seinen Bericht anhören.“

„Er macht sich gut, nicht wahr?“, fragte der Vertreter der Schmiedezünfte.

„Er erfüllt alle Erwartungen die ich in ihn setze.“, bestätigte Darunia zufrieden.

„Er wird uns ein guter Führer werden“, meinte Gerogon und schmetterte seine gewaltige Hand auf Darunias massige Schultern. Einem Menschen hätte dies wohl mehrere Knochen gebrochen doch Darunia schien es kaum wahrzunehmen. Er nickte und antwortete stolz: „Ja, das wird er!“ Und, indem er laut auflachte: „Aber schließlich hatte er auch einen hervorragenden Lehrer!“

„Hat Salia dir immer noch keine Bescheidenheit anerzogen?“, fragte der Schmied grinsend. Der Weise fuhr sich durch den vollen Bart und entgegnete gespielt nachdenklich, dass sie sich wirklich Mühe gebe. Während die beiden sich anfunkelten, trat einer der anderen Schmiede zu ihnen und reichte beiden einen Becher voll irgendeines hochalkoholischen Getränkes. Zu dritt stießen sie an und tranken die leicht goldene Flüssigkeit in einem Zug aus. Die Mentalität der Goronen ließ es zu, dass ihr Führer sich unter sein Volk mischen konnte als bekleidete er kein wichtiges Amt. Es kam nicht selten vor, dass Darunia mit vielen anderen Steinwesen trank. An dem Respekt der ihm entgegengebracht wurde, änderte dies nichts.

Feixend dachte er gerade an Links erste Erfahrung mit diesem Getränk. Ein Gorone, der mit einem großen Fass herumging (viele Goronen waren zurzeit mit dieser Aufgabe betraut, wenn sie alles andere erledigt hatten) deutete dies als Einladung allen dreien nachzuschenken. Nachdem das Getränk ebenso schnell wie das erste verschwunden war, verabschiedete Darunia sich und machte sich auf den Weg zu seinem Sohn.

Dieser war als stellvertretender Anführer mit fast ebenso vielen Aufgaben betraut wie sein Vater und alle waren sich einig, dass er seine Sache sehr gut machte. Link-goro war scharfsinnig, ein guter Kämpfer und ein begnadeter Anhänger der Sprengkunst. Hinzu kam die für alle Goronen typische Gutmütigkeit und das Fehlen der ebenso typischen goronischen Schwerfälligkeit, die ihn zu einem Vorbild für das ganze Reich werden ließ.

Darunia war wirklich sehr stolz auf seinen Sohn. Er machte dem Namen, den er ihm gegeben hatte, alle Ehre. Der Anführer der Goronen hatte seinen Sohn bereits zum stellvertretenden General der goronischen Streitkräfte ernannt, und da Darunia als einer der Weisen während des Krieges viele verschiedene Aufgaben erfüllen musste, würde er selbst nicht oft bei seinem Volk sein können. Das hieß, dass Link-goro die meiste Zeit über ihr Volk würde lenken müssen. Eine bessere Vorbereitung auf seine Zukunft als Nachfolger seines Vaters konnte es nicht geben.

Mit dieser Vorstellung fiel es Darunia leichter dem Krieg etwas Gutes abzugewinnen und so etwas musste er auch sehen, da er zu der Minderheit im Land gehörte, die wusste wie dunkel ihre Lage war. Er kannte die erschreckenden Ausmaße der feindlichen Armee und mehr noch kannte er Ganondorfs schreckliches, zerstörerisches Potenzial. Zusätzlich beunruhigte ihn sein Wissen um die frühere Zusammenarbeit von Karthas mit dem dort beheimateten Goronenreich, das größte und mächtigste auf diesem Kontinent. Daraus folgten viele verhängnisvolle Tatsachen: Die hervorragende Ausrüstung der karthasischen Armee, sowohl an Waffen und Rüstungen als auch an Sprengstoff. Die Artillerie dieses Reiches war auf dem ganzen Kontinent bekannt und gefürchtet und sie bereitete Darunia einiges Kopfzerbrechen, da er nur sehr unklare Vorstellungen davon hatte, wie diese hoch entwickelten Kriegsgeräte funktionierten und wie man am besten gegen sie vorgehen sollte. Sie waren den termianischen Kanonen nicht unähnlich, doch stießen sie keine Eisenkugeln sondern etwas wie pures Feuer aus. Einige besonders mächtige Exemplare sollten gar mit Magie betrieben werden…

Hyrule hatte so eine gewaltige Macht gegen sich, dass selbst einen der Weisen manchmal der Mut verlassen konnte. Dennoch glaubte Darunia an den Sieg und es waren eher die fürchterlichen Folgen, die er fürchtete als eine mögliche Niederlage. Dies war das heilige Großreich Hyrule, das erwählte Land der Göttinnen. Dies Land würde niemals fallen. Gleichwohl konnte es trotz allem zerstört werden und seine Bewohner abgeschlachtet werden. Die Weisen hatten sich bis jetzt eingestehen müssen, dass sie alle ihre Hoffnungen auf den goldenen Pass setzten, denn wie sie erst vorgehen sollten, sobald das goldene Tor fiel (falls es jemals fallen sollte, ermahnte sich Daunia in Gedanken), das wusste niemand genau. Nicht einmal Rauru konnte sagen, was sie dann machen sollten. Das einzige was sie nun tun konnten, war sich gründlich vorzubereiten und dies lief wenigstens sehr gut.

Er versuchte weniger dunklen Gedanken nachzuhängen, bis er in der Ferne seinen gutgelaunten Sohn auf ihn zustampfen sah.

„Da bist du ja endlich, wo warst du?“

„Ich konnte einfach nicht widerstehen…“, grinste Darunia, was Link dazu brachte mit den Augen zu rollen.

„Nun ja, man sollte meinen ich sollte schon gewöhnt daran sein, was? Doch genug davon, ich hab selber auch nicht so viel Zeit, ich will mich nachher noch mit Ren treffen.“

„Ah, der gute Ren, wie geht es ihm denn? Ich war in den letzten Wochen so beschäftigt, dass ich den armen Jungen kaum wahrgenommen habe. Wie macht er sich in seiner Rolle als Kommandeur der Zoras?“

„Ziemlich gut. Er ist ein hervorragender Kämpfer, und das Volk liebt ihn. Allerdings ist er noch nicht ganz daran gewöhnt, das merkt man ihm an. Es ist ihm fast unangenehm andere Leute zu befehligen, nun, du weiß ja wie Ren ist.“ Vater und Sohn seufzten.

„Ja, das weiß ich wohl. Ach, diese verdammte Schüchternheit. Er braucht eine Freundin!“

„Ganz meine Rede, Vater. Wobei Kira letztens meinte, dass schon jemand in Aussicht ist.“ Link senkte seine Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern, so dass sich sein Vater zu ihm beugen musste. Seine Augen waren groß geworden und eine ganz und gar unangemessene Neugier hatte von ihm Besitz ergriffen.

„Was?! Wirklich? Erzähl, wer ist sie? Hast du sie schon gesehen? Sieht sie gut aus?“

Link schaute Darunia belustigt an.

„Vater, etwas mehr Würde, du bist der Weise des Feuers“

„Der Weise des Feuers will jetzt von dir wissen, ob die zukünftige Frau seines Lieblingsneffen gut aussieht.“, erwiderte er streng. Sein Sohn zuckte die Schultern.

„Ich weiß es nicht, mehr wollte Kira nicht verraten, aber der Art nach zu urteilen, wie sie davon gesprochen hatte (sie genoss es richtig, weißt du) schließe ich, dass die Unbekannte wirklich schön und Ren hin und weg ist.“

„Das wurde auch Zeit…“, brummte der Goronenführer in seinen Bart und nahm wieder eine etwas weniger auffällige Position ein. Mehrere Leute hatten schon zu ihnen rübergeschaut, wie sie mitten auf der Straße standen und gebückt miteinander tuschelten. Er winkte gut gelaunt in die Runde und Link-goro rollte abermals mit den Augen.

„Gut, genug davon, wie gesagt ich hab es eilig. Also, die Arbeiten am goldenen Pass gehen gut voran, in drei Wochen werden die Festungsanlagen dort so unüberwindbar sein wie noch nie. Die Baumaßnahmen an der Schlossstadt gehen auch gut voran. Wir haben dort viele zusätzliche Schießscharten eingebaut und verstärken nun die Tore von der Mauer, den Garnisonen und dem Schloss. Was die Mauern für Kakariko betrifft: Du kennst ja den Auflauf unten in der Stadt. Jeden Tag gehen so viele Menschen ein und aus, dass die Arbeiten etwas langsamer als geplant vorangehen, aber auch da werden wir noch in der Zeit fertig werden. Die Mauer am Treppenanfang wird in zwei Wochen und die Mauer am Stadteingang in drei Wochen fertig sein. Diese Mauern werden jeweils zehn Fuß breit und dreißig Fuß hoch sein.

Wir haben beschlossen für die Tore besonders dickes Eichenholz mit einer dicken Eisenschicht zu beschlagen, denn die Tore aus Stahl zu gießen und die dafür benötigten Öffnungsmechanismen…dafür haben wir keine Zeit. Jedes Tor also etwa fünf Fuß dick und in der Mitte des kleinen Torraumes noch ein Eisengitter. Die Wände des Torraumes werden übrigens auch mit Stahl verkleidet, damit man im Notfall Bomben hineinwerfen kann und die Mauern nicht nachgeben. Du weißt schon, durch die Luke, durch die auch das Gitter heruntergelassen werden kann.“

Darunia nickte zustimmend, das hätte er auch so gemacht. Hoffentlich würde es niemals zu einem Angriff auf die nahezu wehrlose Asylstadt kommen, dachte er. Diese Verteidigungsmechanismen waren schon lange überfällig.

„Falls es also wirklich jemals zu einem Angriff auf Kakariko kommen sollte, ist die Stadt gut gesichert. Die Bewohner würden in diesem Fall ohnehin nach Goronia gebracht werden.“, fügte Link zuversichtlich hinzu und fuhr fort:

„Keine Sorge Vater, die wichtigsten Orte des Landes sind mittlerweile wirklich sehr gut geschützt. Wir haben eine Verteidigung aufgebaut, die man kaum überwinden kann, egal wie gewaltig die Armee sein mag, die dagegen anstürmt. Aber jetzt weiter: Also die Bauarbeiten laufen mehr oder weniger planmäßig ab und sind alle in spätestens vier Wochen beendet. Was die Sprengsätze angeht, so haben wir jetzt schon einen ausreichenden Vorrat an Bomben, Krabbelminen und Sprengfässern, aber wir produzieren natürlich immer weiter. Außerdem haben wir mit der Herstellung von kleinen, widerstandsfähigen Bomben begonnen, die die Schützen an ihre Pfeile binden können, um bei den größeren Monstern mehr Schaden anzurichten. Willst du noch die genauen Zahlen?“ Darunia überlegte einen Moment und bat dann um Links Einschätzung der nötigen Verteilung der Sprengsätze.

„Die Mehrheit kommt natürlich in den goldenen Pass. Dort werden wir die Hälfte der Sprengladungen einsetzen, die wir jetzt schon fertig gestellt haben, in allen verschiedenen Formen und Stärken sind das bereits weit über zweitausend Exemplare. Die wenigsten Sprengsätze werden wir hier in Goronia behalten, da wir hier die Donnerblumen haben. Wir lassen lediglich etwa hundert Sprengfässer und vielleicht fünfhundert Bomben hier. Krabbelminen können wir im Notfall aus den Krabbelminenläden und –bahnen entnehmen. Die andere Hälfte der jetzt bereits verfügbaren Sprengsätze werden wir in der Schlossstadt unterbringen, denn falls der goldene Pass fällt, wird die Hauptstadt mit Sicherheit belagert werden und die Mauer ist sehr lang, wir brauchen also genügend Ausrüstung für die einzelnen Abschnitte. Alles was wir jetzt noch produzieren werden, wird nach Kakariko und zum Pass gebracht. Weder Zoras noch Kokiri noch Gerudos wollen Sprengsätze. Etwaige Überschüsse werden stets nach Süden gebracht. Die Verteilung der Kanonen kann ich noch nicht genau einschätzen, dazu haben wir noch zu wenige. Wir müssen noch lernen, sie schnell und dennoch effizient anzufertigen.“ Abermals nickte Darunia. Sein Sohn leistete wirklich gute Arbeit.

„Das genügt mir, danke Link. Wie ich sehe, muss ich nicht mehr kontrollieren, was du tust und wie du vorgehst. Ab sofort lasse ich dir deine Entscheidungen und hinterfrage nichts. Du machst mich sehr stolz, Junge.“ Er reichte Link seine Hand und der schlug, etwas überrascht ob dieses plötzlichen Lobes, erfreut ein.

„Danke für dein Vertrauen. Und keine Sorge: Wir werden diesen Krieg überstehen!“ Zuversicht erfüllte Darunias Sohn. Er würde seinen Vater und sein Volk im Krieg nicht enttäuschen und zusammen würden sie es alle schaffen den Sturm zu überstehen. Wenn Ren doch nur genauso gut und vor allem positiv mit Problemen umgehen könnte, dachte er.
 

Beinahe die ganze männliche hylianische Bevölkerung übte sich in der Kunst des Waffenkampfes. Die Übungen waren hart, selbst nach mehreren Wochen der Gewöhnung ließen sich die Männer abends müde in ihre Feldbetten fallen. Sie verbrachten den Großteil ihrer Zeit in den Übungslagern außerhalb der Städte und Dörfer. Sie bereiteten sich nach besten Kräften auf den Kampf vor, um ihr Land und ihre Liebsten vor dem Unheil Ganondorfs zu bewahren. Im Südwesten Hyrules jedoch bereiteten sich Frauen auf den Kampf vor. Im Vergleich zur Masse der hylianischen Männer war ihre Zahl gering. Sie kämpften ohne richtige Rüstungen und mit seltsamen breiten, geschwungenen Schwertern wie sie sonst im Land nicht verwendet wurden. Die Männer fürchteten sie. In jahrhundertealter Tradition hatten sie eine Kultur entwickelt, die jeden Mann als potenziellen Feind ansah. Sie hatten eine Kultur entwickelt um sich gegen jegliche Unterdrückung zu wehren. Sie entwickelten eine Kultur, die auf Kampf basierte. Deren Grundlage der Kampf war. Deren Ziel der Kampf war. Sie entwickelten eine Kultur, die sie zu einem der gefürchtetsten Völker des Kontinents gemacht hatte. Sie waren in jeder Hinsicht einzigartig. Selbst ihre Religion unterschied sich vom Kult der drei Göttinnen, der das Leben der Welt bestimmte. Sie erkannten zwar deren Oberhoheit an, doch galt ihre Verehrung in erster Linie einer niederen Göttin. Derart niedere göttliche Wesen waren nach dem Verschwinden der drei großen Göttinnen mehrere auf der Welt erschienen. Als Boten von Din, Farore und Nayru behüteten und leiteten sie ganze Völker bis auch sie eines Tages verschwanden. Eines dieser Wesen stieg vor Tausenden von Jahren auf die Erde herab und brachte den Frauen der Welt ihre Botschaft. Wieso sich von Männern unterwerfen lassen? Oder sich mit ihnen auf die gleiche Stufen stellen? Man konnte keinem göttlichen Wesen ein Geschlecht zuweisen, denn derart Einteilungen waren nicht von Belang. Dennoch schufen die Götter jedes Lebewesen in zwei Geschlechtern und nahmen mit der Zeit selber Aspekte des favorisierten Geschlechtes an. Die drei Göttinnen hatten sich für das weibliche Geschlecht entschieden und sie waren die höchste Gottheit der Welt. Wieso sollten sich die Frauen in dieser Welt also den Männern unterordnen?

Es waren nur wenige Frauen, die auf die namenlose Göttin hörten und ihre Zahl blieb über die Jahrhunderte hinweg gering. Alleine behaupteten sie sich gegen die Welt und empfingen von ihrer Offenbarerin die Gabe des Kampfes. Diese Gabe wurde an spätere Generationen weitergegeben und wurde stets gepflegt bis der Kampf ein Teil ihrer Natur wurde. Sie nannten sich die Gerudos. Schon seit langer Zeit lebten sie in einer der unwirtlichsten und härtesten Gegenden des Landes, einer kargen Felslandschaft deren raue Schönheit nicht über ihre Gefahr hinwegtäuschen konnte. Mehr als das, die Gerudos lebten sogar teilweise in der Gespensterwüste, der menschenverachtendsten Gegend des gesamten Kontinentes. Die einzige richtige Wüste der bekannten Welt härtete die Kriegerinnen noch weiter ab und die heiße Sonne färbte ihre Haut dunkel. Die Gegend passte zu ihnen wie keine andere. Von dort aus unternahmen sie jahrhundertelang ihre Raubzüge bis Zelda einen Friedensvertrag mit ihnen schloss. Nun waren sie mehr oder weniger in die Gesellschaft eingegliedert, auch wenn die Völker Hyrules ihre Nähe noch mit Argwohn begutachteten. Dennoch war allen klar, wie unvorstellbar wichtig das kriegerische Frauenvolk für das Großreich war. Sie waren die besten Weberinnen des Nordens und zogen damit die Aufmerksamkeit des Auslandes auf sich und damit auch auf Hyrule. Sie regten den Handel mit den drei anderen großen Ländern Termina, Inveria und Karthas, sowie den vielen Kleinreichen der Welt an. Wann immer aus ihren Reihen ein Mann hervorging, und dies geschah dank der Segnung ihrer Göttin nur alle hundert Jahre wurde dies eine besondere Person. Einst hatte das Gesetz gegolten, dass dieser Mann ihr König sein müsste, doch nachdem Ganondorf dieses Amt bekleidet hatte und über sie geherrscht hatte, wurde das Gesetz geändert. Von nun an würden männliche Kinder immer in die Obhut der königlichen Familie gegeben werden, um mit ihrem kriegerischen Blut zu herausragenden Dienern ihrer Majestäten zu werden.

Die Kultur der Gerudos hatte sie also zu einem der gefährlichsten Völker der Welt gemacht, denn außer ihnen konnten sich nur noch die Shiekah einer Gesellschaft rühmen, in der ein jeder ausgezeichnet kämpfen konnte. Sie waren nicht viele, doch die Gerudos würden im Krieg entscheidend sein, sollte es Ganons Streitmacht gelingen ins Landesinnere vorzudringen.

Sie waren Meister im Legen von Fallen und Hinterhalten und ihre Fähigkeiten mit Pfeil und Bogen waren ebenso legendär wie ihr atemberaubend schneller Schwertkampfstil. Ihre berittene Streitmacht konnte durch die Reihen der Gegner pflügen, sich dann zurückziehen und noch im Rückzug großen Schaden anrichten, indem die Frauen sich im Sattel umdrehten und die Gegner beschossen. Naboru erinnerte ihre Kriegerinnen immer wieder daran, dass sie die wichtigste Streitkraft des Landes waren und dass es bei ihnen eine Frage der Ehre war, Ganondorf aufzuhalten und zu seiner Vernichtung beizutragen, ist er doch aus ihrem Volk entstanden.

Vor kurzem hatte die Führerin der Gerudos ihrer Tochter die Position der stellvertretenden Oberbefehlshaberin ihres Volkes übertragen. An Nomaras Alter störte sich dabei niemand. Alter war kein Beurteilungsgrad bei den Gerudos, sie wussten, dass auch jüngere Wesen sich besonders hervortun konnten. Innerhalb ihrer Gesellschaft kam es auf das kämpferische Können und auf den Rang an und niemand konnte bestreiten das Nomara ganz nach ihrer Mutter kam: Sie konnte wunderbar mit allen Waffen umgehen, war eine hervorragende Reiterin, und hatte ein großes magisches Potenzial. Oft nahm Naboru sie mit in den Geistertempel um sie zu unterrichten.

Zurzeit jedoch saßen Mutter und Tochter in Naborus riesiger Badewanne und gönnten sich ein wenig Erholung. Die Gerudofestung war nach außen hin nichts weiter als eine Ansammlung von Fels und erweckte einen bedrohlichen Eindruck. Das Innere war ein wahres Labyrinth aus kargen, schmucklosen Gängen, die sich wie Tunnel durch den Stein zogen. Deshalb kam niemand außer denen, die es wussten, darauf, dass die Räume einer jeden einzelnen Gerudo überaus luxuriös waren. Jahrhunderte des Plünderns und Raubens hatten dem Frauenvolk zu großem Wohlstand verholfen. Obwohl sie von ihren Reichtümern viel wieder abgaben, um ständig Waffen und Ausrüstung zu kaufen, behielten sie doch stets genug um sich in der Abgeschiedenheit ihres Tales, in der Zurückgezogenheit ihrer streng behüteten Gemächer ein angenehmes Leben zu gönnen. Dies bildete gewissermaßen den Gegenpol zu ihrem sonst so harten und streng geregelten Alltag.

Naborus Badewanne war ein sehr großes, mit Onyx verkleidetes Becken, das tief in den Boden hineingelassen war. Kleine Stufen führten in die Wanne hinab. Da die nächste Wasserquelle zu weit entfernt lag, gab es kein geregeltes Wassersystem in der Festung. Es gab wohl einige Brunnen und kleinere Quellen, doch es gehörte zum Leben der Frauen dazu, dass sie sich benötigtes Wasser immer in Eimern selbst holen mussten. Nachdem Badewannen aufgefüllt waren mussten diese noch angeheizt werden. Baden war somit für die Diebinnen ein Luxus, den sie sich lediglich ein- oder zweimal im Monat gönnten, da zu viel unnötige Arbeit damit verbunden war. Ansonsten genügte es ihnen, sich einfach nur rasch mit einer Schüssel Wasser zu waschen und schnell an ihre Pflichten zu gehen. Da die letzten Tage noch anstrengender als sonst gewesen waren, hatte Naboru beschlossen sich und ihrer Tochter etwas zu gönnen. Nomara hatte nämlich in den letzten Wochen hervorragende Arbeit geleistet: Während Naborus häufiger Abwesenheit in Tempel des Lichtes, wo sie gemeinsam mit den anderen Weisen ihren Pflichten nachging, hatte Nomara die Aufgaben ihrer Mutter übernommen. Sie hatte die Koch-, Wach- und Waschschichten zugeteilt und die einzelnen Trainingsaufgaben verteilt. Sie hatte für die Einfuhr von Lebensmitteln aus der Lon-Lon-Farm gesorgt, sowohl für die Frauen als auch für ihre Tiere. Und zusätzlich hatte sie niemals eine Übungslektion verpasst, und hatte an Schwertkämpfen, am Reiten und Bogenschießen teilgenommen.

Sie spürte die Anstrengung der letzten Tage nur zu deutlich, das Leben der Kriegerinnen war nach Ganondorfs Ausbruch noch um einiges härter und strenger geworden. Deshalb räkelte sie sich nun wohlig im dampfenden Wasser und stieß leise, zufriedene Seufzer aus. Naboru musterte ihre Tochter vergnügt. Sie war zu einer schönen Frau herangewachsen, eine Versuchung für alle schwachen Männer, mit ihren runden festen Brüsten und den wohlgeformten Hüften und Schenkeln.

„Du solltest dir vor den Kämpfen einen Liebhaber nehmen.“, meinte sie überraschend. Ihre Tochter öffnete träge ein Auge und war nicht im Mindesten pikiert. Die Kriegerfrauen gingen sehr offen mit ihrer Sinnlichkeit und ihren Körper um. Da es keine Männer in ihrem Volk gab, sie jedoch ihre Freude an leidenschaftlichen Nächten hatten, holten sie sich oft Hylianer oder andere Reisende in ihre Betten.

„Was macht dich denn so sicher, dass ich nicht schon einen habe?“, fragte Nomara lässig.

„Nun, Ren wird es wohl kaum sein oder?“, die Gerudoführerin lachte kurz, „Und ansonsten hattest du in der letzten Zeit kaum freie Momente. Du hattest gar keine Gelegenheit für derlei Freuden.“

Nomara schmunzelte, ihre Mutter war immer bestens über die Aktivitäten ihrer Kriegerinnen informiert. Einen Moment lang dachte sie an Ren und fragte sich, wie er wohl nackt aussehen mochte. Dabei spürte sie ein seliges Kribbeln. Wie schade, dass nichts aus ihnen geworden war. Doch als Freund war er ihr, zugegeben, auch sehr genehm.

„Also wirklich, nimm dir demnächst kurz die Zeit um dir einen passenden Mann zu suchen. Vielleicht hast du Glück und du findest einen verirrten Termianer oder Südländer. Die blassen, hylianischen Männer sind ja ganz nett, aber die normalen Menschen…“ Naboru sagte Dinge, über die jede anständige Hylianerin wohl beschämt in Ohnmacht gesunken wäre. Was waren sie doch prüde! Nomara lachte und stimmte ihrer Mutter zu. Eine Weile saßen sie dann schweigend beieinander, bis die Führerin ihre Tochter bat ihren Rücken einzuseifen. Diese griff nach einer der zahlreichen kleinen Vasen und Behälter am Beckenrand und rieb ihre Mutter mit ihren kräftigen Händen mit einem glänzenden, leicht grünen Öl ein. Ein erfrischender Duft erfüllte das sandsteinfarben geflieste Badegemach. Durch die Dämpfe des heißen Wassers waren die schönen marmornen Säulen zu sehen, die das Dach trugen.

„Ernsthaft“, fuhr Naboru fort, während sie die knetenden Bewegungen der Hände ihrer Tochter genoss, „du solltest dir wirklich vor dem Krieg noch einen Liebhaber suchen. Natürlich wirst du verhüten müssen, damit du nicht vor Beginn der Kämpfe schwanger wirst, doch du solltest in den Genuss der fleischlichen Freuden gekommen sein, bevor es losgeht. Du musst als vollwertige Frau am Krieg teilnehmen und außerdem ist es ungewiss, was geschehen wird und wie lange es dauern wird. Die nächsten Wochen sind vielleicht die letzte Gelegenheit für eine lange Zeit.“

Vom möglichen Tod in der Schlacht sprach die Gerudo nicht, dies war ohnehin jedem nur zu gut bewusst. Auch wenn die Kriegerinnen unvergleichliche Kämpferinnen waren, so waren sie doch auch neben den Shiekah diejenigen, die am besten wussten, was in einer Schlacht alles geschehen konnte. Allzu oft entzog sich den Kommandeuren die Kontrolle über ihre Truppen und der Kampf artete in einer chaotischen Verkeilung beider Seiten aus. Nicht selten gab es nur sinnlose Gemetzel.

Doch es war nicht nur das, worauf die Weise der Geister anspielte. Für die Gerudos gab es noch eine weitere Gefahr in diesem Konflikt, eine wahrscheinlich viel größere als die Schlachten.

Sie waren einst das Volk und das Heer des Großmeisters des Bösen gewesen. Vor so vielen Jahren hatten sie unversehens die Schlossstadt auf seinen Befehl hin überfallen, so dass er selbst den König ermorden konnte und sich zum Herrscher über das Großreich aufgeschwungen hatte. Doch ihre wahre Loyalität hatte schon immer Naboru gegolten, jener unvergleichlichen Kriegerin, die oft versuchte die Mysterien des Wüstenkolosses zu ergründen und die die Generälin der Truppen gewesen war. Auf ihr Geheiß hin, als sie bereits wusste, dass sie eine der Weisen war, verrieten sie Ganondorf und halfen ihm bei nichts mehr. Er war dank Link nicht zu seiner Rache gekommen. Dies würde sich nun wohl ändern. Die Kriegerinnen waren sich sicher, dass wenn der Pass fallen sollte ihr Reich als erstes den Zorn des Großmeisters würde spüren müssen. In einem solchen Fall würde Naboru Ganon in Schach halten müssen, bis die übrigen Weisen alle Gerudos evakuiert hätten. Und sie wusste, dass ihr ihre Tochter würde beistehen müssen. Alleine war sie keine Gegnerin für ihren früheren König, das konnte sie sich sorglos eingestehen. Doch zusammen mit ihrer Tochter, die einst ihre Nachfolgerin als Weise der Geister werden würde, müsste sie sich wehren können. Es tat Naboru nicht leid ihre Tochter in diesen Kampf mit reinzuziehen, doch sie wünschte sich, dass Nomara vorher wenigstens die meisten Erfüllungen des Lebens kennen lernen durfte.

Nachdem die beiden aus der Wanne gestiegen waren und das Wasser über einige Öffnungen abgelassen wurde, zog sich Nomara in ihre Gemächer zurück, während Naboru selbst in ihrem Zimmer blieb. Fast wehmütig streifte sie durch den so großen Raum und besah sich die kostbare Einrichtung, Bei einem jeden einzelnen Stück wusste sie, woher sie es hatte. Das Meiste war gestohlen, vieles jedoch auch eingetauscht. Das Zimmer befand sich weit hinten in der Festung.

Wenn man direkt vor dem großen, einschüchternden Steinkomplex mit seinen vielen Öffnungen stand, so sah man sich dahinter noch große Teile des roten Gebirges auftürmen, die diesen Teil des Landes ausmachten. Die Fassade der Festung mit ihren so unzähligen dunklen Fenstern und Luken schaute geradewegs nach Westen. Die Wenigsten wussten nun, dass das was man vor sich sah, diese vielen übereinander gelegten Steinquader, diese unzähligen Terrassen und Ebenen, die dieses karge Labyrinth aus kalten steinernen Gängen beherbergten nur das Bollwerk der Festung waren. Es war das, von dem die Kriegerinnen es wollten, dass man es sah. Doch die Festung war in Wirklichkeit noch viel größer und erstreckte sich zu großen Teilen ins Gebirge. Große Höhlen dienten als zusätzliche Vorratslager, kunstvoll gearbeitete kleinere Räume stellten die vielen reichen Gemächer der Kriegerinnen. Etliche Fluchtwege führten tiefer ins rote Felsmassiv, zu besonderen Zufluchtsstätten. Die Gerudos hatten beim Bau an alles gedacht und den Komplex mit den Jahrhunderten stark erweitert und vor allem ausgeschmückt.

Naborus Zimmer lag weit im Osten der Festung und war von angreifenden Feinden, die stets von Westen kommen mussten, durch die starken Bollerwerke und Verteidigungsanlagen nicht zu erreichen. Doch bis jetzt hatte es ohnehin niemand je gewagt die Kriegerinnen so offen anzugreifen.

Die Weise strich über die unzähligen Kostbarkeiten, die sich ihr darboten. Der Raum war eine natürliche Höhle, so wie die meisten der Räume der inneren Festung, wie die Gerudos den Teil nannten, der versteckt im Gebirge lag, und hatte als solche viele Winkel und Ecken. Die wenigsten Zimmer waren annähernd rund oder quadratisch, die unförmigen großen Höhlen überwogen bei weitem.

Das raue, rötliche Felsgestein war lange geschliffen und poliert worden, bis es nun glatt war und den Blick auf innere, schön glitzernde Gesteinsschichten freigab. Fiel Licht darauf, dann glänzte das ganze Zimmer im Schimmern der inneren Felsschichten. Mehrere Stalagmiten wuchsen aus dem Boden, währen einige teilweise große Stalaktiten die Decke bevölkerten. Sie waren zu kunstvollen Formen, gleichsam natürlichen wundersamen Säulen, gearbeitet worden. Da gab es etwa lange, golden verkleidete Spiralen oder tanzende Frauengestalten, die mit kostbaren Edelsteinen geschmückt waren. Es gab wunderliche Tiere aus alten Geschichten, deren Schwingen, Rachen, Klauen, Zähne oder Hörner golden, silbern, rot oder gelb glänzten. Hier und da war der Fels auch zu steinernen Waffen umgestaltet worden: mit Goldstaub bestäubte rötliche Lanzen, mit Silber begossene Schwerter, deren Griffe von feinem Perlmutt eingerahmt waren, mit klarem Bergkristall besetzte Hämmer…

An vielen Stellen hingen von der Decke feine Seidenvorhänge in allen nur erdenklichen Farben, so dass man kaum den Raum als ganzes sehen konnte und hinter jedem Stück leicht durchsichtigen Stoffes neue Wunder lagen.

Im ganzen Zimmer verstreut standen kleine runde Tische aus herrlichem Rosenholz. Auf ihnen lagen Karaffen in schwungvollen Formen, gearbeitet aus filigranem, buntem Glas. Die daneben stehenden Gläser waren mit feinstem Blattgold und grün schimmernder Jade aus den überreichen Handelskammern des aristokratischen Inveria verziert.

An den Stellen, wo der Raum in seltsame Winkel auslief, war der Weg von steinernen Portalen mit hübschen Inschriften versperrt, die nur durch geheime Mechanismen geöffnet werden konnten. Dahinter bewahrte die Geisterweise ihre Kleidung, Waffen, Ausrüstung und derlei Dinge auf, allesamt mannigfaltig und von bester Qualität.

Am Ende des herrlichen Raumes war die Höhle noch durch einen größeren, leicht erhöhten Anbau erweitert worden, der Naborus eigentliches Schlafgemach darstellte. Er war durch vier breite Stufen zu erreichen und die Sicht ins Innere wurde von vielen Vorhängen und Ketten versperrt. Violette Seide, gelber Satin und blutroter Brokat hingen da herab und schmiegten sich an den Körper des Hereinkommenden, während gleichzeitig unzählige Ketten durch feines Klirren sein Kommen ankündigten. Diese Ketten waren behangen mit schwarzen und weißen Perlen, die es nur in tiefster See gab und die das Großreich alleine durch Handel erwerben konnte, zudem mit kleinen Rubinen und Topasen, hübschen Smaragden und feinen Saphiren. Dahinter bot sich dem Besucher ein abermals atemberaubendes Bild.

Es war in dem Raum davor schon nicht stickig gewesen, dafür sorgten unzählige versteckte Lüftungsschächte, doch in Naborus eigentlichem Gemach herrschte eine überraschende Kühle. Das lag daran, dass hier ein Balkon angebaut war, der stets offen war und nur von leichten Vorhängen verhangen wurde. Wenn man hinaustrat dann konnte man weit ins Gebirge sehen und stets drang in dieser Höhe Wind herein, was die ständige Bewegung der zahlreichen schönen Stoffe erklärte.

Dieser Raum war nun, da er künstlich angelegt worden war, ganz und gar rund. In den Fels waren Säulen und Statuen eingefasst, die Frauen und Männer in eindeutigen Situationen zeigten. Auf der linken Seite war der Durchgang zum kostbaren Bad zu sehen, gesäumt von Bildnissen von tanzenden Frauen, die Krüge in den Händen hielten, die überliefen und ihr Nass durch die Luft spritzten. Auf der rechten Seite des breiten Ausganges zum Balkon war eine lebensechte Frau eingemeißelt, die mit verzücktem Blick ihre Brüste umschlang. Zwischen ihren weit gespreizten Schenkeln floss ein steter Wasserstrahl, der in ein großes Becken aus schwarzem Marmor lief. Leises Murmeln erfüllte somit neben dem Wehen des Windes das Gemach. Einige Leitungen leiteten das Wasser aus dem Becken zudem in Öffnungen in den Boden. Der gesamte Grund des Raumes nämlich wurde von einem Muster aus sich kreuzenden, verschlungenen Wasserwegen beherrscht, durch die das kühle Nass sanft dahin floss und einige Seerosen mit sich trug, deren Duft den Raum erfüllte.

Die gesamte linke Seite war mit Spiegeln verkleidet, richtigen Spiegeln aus teurem Glas. Davor standen mehrere Tische und Stühle auf denen ein buntes, glitzerndes Durcheinander aus teuerstem Schmuck, verschiedensten Amphoren und Phiolen, sowie silbernen Platten mit allerlei frischen Früchten lagen (auch in dem Raum davor standen auf einigen der Rosenholztische kristallene, blaue Schalen mit vollen, süßen Weintrauben und dunklen, saftigen Kirschen).

Genau in der Mitte dieses Kreises aus Reichtum und Glanz stand ein gewaltiges rundes Bett. Darum herum standen vier polierte Säulen aus einem roten Gestein, die eine kleine goldene Kuppel trugen, die die gleiche Größe wie das Bett hatte. Von diesem Dach aus hingen abermals wertvolle, durchschimmernde Geschmeide hinab und verdeckten das Bett. In ihrem Hin- und Herwogen ließen sie jedoch gelegentlich den Blick frei auf große, weiche Kissen und eine mit goldenen Mustern bestickte Decke.

Die rechte Seite des Zimmers hob sich etwas vom Rest ab, denn dort herrschte kein verschwenderischer Prunk vor. Stattdessen stand dort ein großer, schwerer Eichenholztisch auf dem geordnet Karten, Federn, Tinte und Pergament lagen. Unterlagen verschiedenster Völker, mit denen sich die Führerin der Kriegerinnen beschäftigen musste. Darüber hing an der Wand ein Relief, welches die Gerudos auf einem ihrer Raubzüge darstellte.

Die Decke war mit einem gewaltigen Mosaik ausgekleidet worden, welches das Bildnis der namenlosen Göttin im Schneidersitz und mit erhobenen, segnenden Händen, zeigte. Es erinnerte stark an die gewaltige Statue, die die Fassade des Wüstenkolosses einnahm.

Dies Refugium stellte in der Tat einen extremen Gegensatz zum sonst so harten und unerbittlichen Leben Naborus dar, kaum einer vermutete hier solch einen Luxus. Die Kriegerinnen hatten hart für dieses Leben gekämpft. Wie würde es hier wohl aussehen, wenn Ganondorf käme? Würden sie dann wieder von vorne anfangen müssen?
 

Der Thronsaal des Schlosses war eine sehr hohe und lange Halle, erhellt vom Sonnenlicht, welches durch die hohen Fenster an der rechten Seite drang. Entlang der gesamten Länge standen in regelmäßigen Abständen Wachen und säumten den roten Teppich, der sich zur Stirnseite des Saals hinzog.

Die einzige Verzierung dieses weltlichen Machtzentrums war die bemalte Decke, auf der man in ihrer Höhe das berühmte Bild der Schöpfung der Welt sehen konnte. Obwohl schon mehrere Hundert Jahre alt, strahlten die Farben noch immer kräftig und satt, kein Detail war verwischt oder undeutlich. Vom Schwarz der anfänglichen Leere der Welt, über die rauen Farben des noch unkultivierten Planeten, bis hin zum Regenbogen der Vielfalt des Lebens, alles sah noch genauso aus als ob der unbekannte große Maler eben erst den Pinsel weggelegt hätte. Und entlang der gesamten Decke, stets die Darstellungen der Göttinnen: Gleißendes Licht mit undeutlichen, kaum erkennbaren Frauenkörpern darin.

In allen bekannten Rottönen erstrahlte Din, die Göttin der Kraft, häufig an der Spitze der heiligen Dreifaltigkeit dargestellt. Alle Abstufungen der blauen Farbe kennzeichneten Nayru, die Göttin der Weisheit. Farore, die Göttin des Mutes, wurde in den unzähligen Grüntönen der Natur abgebildet.

Alle Besucher der Regenten Hyrules schauten stets zur Deck hinauf und verfolgten den herrlichen Verlauf des gewaltigen Bildes bis hin zum Ende des Saales. Dort senkte der Blick sich wieder, denn das Farbenspiel, das die letzte Phase der Schöpfung darstellte, verließ das hohe Gewölbe und zog sich an der Wand entlang nach unten. Auf halbem Wege schließlich waren die Göttinnen zu sehen, wie sie die Welt verließen, das heilige Triforce, Zeichen ihres Schaffens und ihrer Macht, hinterlassend. Das Allerheiligste war in kräftigen, goldenen Farben gemalt worden und schien nahezu zu leuchten. Unter diesem höchsten Relikt war als letztes Bild eine Karte des Großreiches zu sehen. Spätestens an dieser Stelle sahen die Besucher dem Herrscher der Hylianer ins Antlitz.

Der letzte Abschnitt der Halle, auf dem der Thron stand, war etwas erhöht und über fünf Stufen zu erreichen, welche vom roten Teppich bedeckt waren. Gesandte und Besucher blieben stets am Fuße dieser Treppe stehen oder sitzen (man brachte ihnen natürlich bequeme Schemel und Erfrischungen) und unterhielten sich auf diese Weise mit dem König.

Der Thron Hyrules war aus weißem Marmor gefertigt. Sitzflächen, Rücken- und Armlehnen waren mit purpurnem Stoff gepolstert. Von den Armlehnen zog sich goldene Handwerksarbeit bis zum oberen Rand der Rückenlehne, wo ein großer goldener Adler mit ausgebreiteten Schwingen von geschickten Händen gestaltet worden war. Vom Eingang des Saals sah man so das Wappen des Großreiches: Den Adler auf dem Thron und das Triforce mit seinen goldenen Strahlen an der Wand darüber, alles vor dem Hintergrund der hylianischen Karte.

Um den Thron herum gab es allerlei bewachte Türen, durch die sich der Herrscher zurückziehen konnte, oder durch die Diener hereineilten.

Die jetzige Regentin Königin Zelda saß soeben auf dem hohen Sitz und hörte sich aufmerksam einige Berichte an, die ihr Trestor, Bernet und Komoron vortrugen.

Der Oberbefehlshaber des hylianischen Heeres kam gerade zu Ende mit seinem Vortrag über die Fortschritte der Bevölkerung in den Übungslagern.

„Ihr seht also Majestät, die Lage ist überraschend erfreulich. Bis Ganondorf hier eintrifft werden wir in jedem Fall bestens vorbereitet sein.“

„Danke Trestor, es freut mich dies zu hören. Ihr leistet bestimmt alle hervorragende Arbeit. Mal sehen, über den Nachschub an Nahrung und Ausrüstung haben wir schon geredet, dies ist alles gewährleistet und bezahlt. Unglücklicherweise haben wir immer noch keine Nachrichten aus Inveria erhalten. Die dortige Regierung gibt sich sehr unentschlossen und lässt die Boten, die wir ausgesandt haben, lange warten.

Ich befürchte, dass Inveria zunächst abwarten wird und zusehen will, wie sich die Armeen aus zwei der mächtigsten Nationen, drei wenn Termina angegriffen wird, gegenseitig dezimieren. Bestimmt wittert Großkönig Dumale die Gelegenheit, sein Reich endlich über das Imperium von Karthas zu stellen und sich zur kontrollierenden Macht des Kontinentes zu erheben. Er will nicht einsehen, dass, sollten wir unterliegen, sein Reich schneller fallen wird, als er es sich vorstellen kann. Ich werde die Boten anweisen noch mehr Druck auszuüben, die Entscheidung eilt. Werden wir erst einmal belagert, dann sind wir größtenteils vom Ausland abgeschnitten und dann wird es schwierig uns mit Inveria auszutauschen. In dieser Hinsicht müssen wir also leider noch abwarten.

Doch lasst uns deswegen den Mut nicht verlieren. Wie Ihr schon sagtet Trestor, die Lage ist erfreulich und noch erfreulicher dank der Tatsache, dass wir von unerwarteter Seite Beistand bekommen. Wie sieht es mit den Hilfstruppen aus?“

Hyrule war auf der ganzen Welt als heiliges Königreich anerkannt, das Zentrum der Weltreligion der drei Göttinnen. Als solches wurde es respektiert und verehrt. Doch dass dieser Status einst solche Hilfe in einem derartigen Konflikt beitragen würde, das hatte sich niemand träumen lassen. Für die fernen Länder des Südes mochte das Großreich ja nur ein besonderer Handelspartner sein, im Norden sah es dafür anders aus. Selbstverständlich waren alle bevölkerten Gebiete nördlich der Mitte des Kontinentes von Ganons Ausbruch und dem bevorstehendem Feldzug gewarnt worden. Viele Leute zogen sich daraufhin zurück und suchten Orte an denen sie sich verstecken konnten. Zwischen dem namenlosen Land, in dem sich der Großmeister zurzeit aufhielt, und Hyrule lagen zwei kleinere Königreiche, vier unabhängige Fürstentümer und sieben Stadtstaaten. Der weitaus größte Teil der Bevölkerungen dieser Reiche hatte sich aufgemacht in Termina Schutz zu suchen, wo es den Massen bereitwillig gewährt wurde. Somit wurden Ganondorf zusätzliche Truppenverstärkungen verwehrt, während die Verteidigung Terminas um mehrere Tausend Mann angestiegen war. Das Nachbarland Hyrules war so voll wie noch nie zuvor. Selbst die vielen Hundert, die sich geweigert hatten ihre geliebten Heime zu verlassen und die dem Großmeister in der Schlacht begegnen wollten, hatten ihre Familien nach Unruh-Stadt oder Ikana geschickt. Termina hatte sich somit um mehr als dreißigtausend zusätzliche Bewohner zu kümmern: Frauen, Kinder, Alte. Menschen, Dekus, Zoras und Goronen. Wäre das Land als Handelsnation nicht so reich, so hätte man diese Mengen nicht versorgen können. So jedoch wurden die Schutzsuchenden einfach in den Alltag miteinbezogen. Es war tröstlich sie in Sicherheit zu wissen.

Mehr als fünftausend Mann hatten sich geweigert Schutz zu suchen und stellten sich in aller Eile zu einer Armee zusammen, die die Heerscharen Karthas’ auf dem Weg nach Norden von den Städten ablenken und sie aus dem Hinterland angreifen sollte. Einige Hundert suchten Zuflucht an den westlichen Küsten, sie hofften, dass Ganondorf sich nicht die Mühe machen würde dorthin zu marschieren, weil es dort keine Städte gab.

Das erfreulichste für Hyrule jedoch war, dass fast fünftausend Freiwillige sich ins Großreich begeben hatten, um das heilige Land mit dem Schwert in der Hand zu schützen. Der Norden hatte schon zu damaligen Zeiten gespürt, was es hieß, wenn Ganon über Hyrule regierte. Seine Monsterscharen hatten das Land während seiner siebenjährigen Herrschaft damals verlassen und den ganzen nördlichen Kontinent terrorisiert, um die dortigen Herrscher zu Vasallen des Bösen zu machen. Deswegen wusste man hier am ehesten um die Gefahr eines Sieges des Großmeisters, von der Blasphemie das erwählte Land anzugreifen ganz zu schweigen.

Im Vergleich zum um einiges stärker bewohnten Süden waren es zwar nicht so viele Wesen, die sich Ganondorfs Joch entzogen, doch ein jeder einzelne, der nicht für ihn sondern für Hyrule oder Termina kämpfen würde, war ein großer Gewinn. Die Nordvölker hatten sich selbst die Mühe gemacht, auf ihrem Weg in die beiden behüteten, magischen Länder kleinere Monsterzüge anzugreifen, Kreaturen auf dem Weg nach Süden, in den dunklen Schleier hinter dem sich das gegnerische Heer verbarg. Dies mochten vielleicht nur Tropfen auf dem heißen Stein sein, doch die Stimmung des gesamten Nordens hob sich deutlich dadurch.

„Den Freiwilligen wurden bereits Lager und Ausrüstung zugewiesen, sofern sie nicht bereits selbst etwas mitgebracht hatten.“, hob Trestor an.

„Die hinzugekommenen Goronen und Zoras haben sich in die jeweiligen Reiche begeben, die Menschen werden bereits ausgebildet. Sie sind erstaunlich begabt im Umgang mit den Waffen, wie ich zugeben muss.“

„Nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, dass sich die Kleinreiche immer wieder aufs Neue bekriegt haben.“, warf Bernet ein und schürzte die Lippen.

„So oder so“, meldete sich Komoron zu Wort, „die Freiwilligen beziehen zusätzliche Nahrungsmittel und sonstige Vorräte aus der Schlossstadt. Als Verwalter muss ich Entschädigung verlangen.“

„Bedenkt mit wem Ihr sprecht!“, rief Bernet aus. Die Königin und ihr Heermeister sahen sich kurz an. Die Verwalter von Schloss und Stadt lagen häufig im Streit miteinander.

„Genau genommen, spreche ich mit Euch, oder mutet ihr es Ihrer Majestät zu, sich selber um derlei Angelegenheiten zu kümmern?“, erwiderte Komoron kühl. Der Schlossverwalter wurde erst blass und dann puterrot. Eine faszinierende Mischung, ähnlich einzigartig wie das beschämte rosarotblau Rens.

„Wie könnt ihr es wagen, Forderungen zu stellen für diese mutigen Freiwilligen?! Desweiteren hat die Hauptstadt genug eigene Vorräte und noch dazu die Ehre, die Helfenden zu ernähren.“

„Das bestreite ich nicht, aber gemäß unseres Gesetzes steht uns dennoch eine Entschädigung zu, denn dies sind die Vorräte der Stadtbevölkerung die da reduziert werden, während die Vorräte im Schloss für das ganze Volk verfügbar sein müssen.“

„Ich weiß selbst um die Gesetze!“, erdreistete sich Bernet erbost. „Aber Ihr nehmt doch nicht allen Ernstes an, dass wir in Zeiten wie diesen die Muße für derlei Kleinigkeiten haben.“ Komoron wurde das Gespräch leid und er wandte sich direkt an die Königin.

„Majestät, wollt ihr in Rubinen oder in Nahrung entschädigen?“

„In Nahrung, ich werde es gleich morgen veranlassen. Ihr beiden könnt jetzt aufhören und euch beruhigen.“ Der Verwalter der Hauptstadt warf dem des Schlosses einen triumphierenden Blick zu. Komoron war ein stattlicher Mann mit breiten Schultern, kurzem dunklem Haar und grauen Augen. Seine Gesichtszüge wirkten oft als würde es ihn danach verlangen laut zu schreien. Die auszeichnende Kleidung des Amtes, das er innehatte, legte er recht frei aus und trug die sehr bürgerlichen Sachen seines Berufes (er war Handwerker), auf denen lediglich das Landeswappen aufgenäht worden war. Er war von Zelda zum Stadtverwalter gewählt worden, weil er innerhalb des Volkes großes Ansehen genoss und sich die einfachen Menschen oft erst an ihn wandten bevor sie mit ihren Problemen zu ihr kamen.

Bernet dagegen war ein Angehöriger des kleinen Adels, der Hyrule über die Jahrhunderte hinweg erhalten geblieben war. Er war von eher zierlichem Körperbau, hatte schulterlanges, zu einem Zopf gebundenes, braunes Haar und schien noch blasser als es bei den Hylianern üblich war. Seine Gesichtszüge waren fein, auf der spitzen Nase saß eine kleine Brille, durch die blauen Augen funkelten.

Das Hyrule ein Land geworden war, in dem Volk und Herrscherschicht nahe beieinander lebten und einfache Bürger mit wichtigen Aufgaben betreut waren, das behagte dem gesamten Adel nicht, doch Bernet musste sich oft mit einem solchen Bürgerlichen auseinandersetzen, was zu viel Unmut auf beiden Seiten führte.

Einen Moment lang sah es so aus, als wolle der Schlossverwalter etwas erwidern, doch als eine Dienerin eintrat und Zelda etwas ins Ohr flüsterte, verzichtete er darauf. Die Königin nickte und erhob sich dann.

„Ich fürchte ich muss euch nun wieder verlassen. Es ist Zeit für die Lektionen der Magier. Wenn ihr mich bitte entschuldigen würdet…“ Die Anwesenden verneigten sich ehrerbietig und Zelda verließ sie. Rasch begab sie sich auf ihr Zimmer und legte die königlichen Insignien ab: Das goldene Zepter mit dem Adler mit ausgebreiteten Schwingen und ihr Schwert.

Ebenso rasch entledigte sie sich ihrer unbequemen Amtskleidung und zog sich eine einfache, violett gefärbte Leinenrobe über. Dann griff sie nach ihrem Mantel und verschwand in hellem Licht.

Die Magier und Magieranwärter wurden im Lichttempel von ihr selbst, Rauru, Impa und einigen Shiekah ausgebildet. Die anderen Weisen halfen jedoch auch recht oft mit.

Es waren ihrer zweihundertsechsunddreißig, wovon etwa ein Viertel bereits vollwertige Magier waren. Eine Handvoll mussten selbst die Weisen als Meister der Magie anerkennen. Die Übrigen jedoch konnten ebenfalls recht gut mit ihren Kräften umgehen und wurden dank den Übungen im Tempel zusehends besser und mächtiger. Die Magie, die jedem Hylianer angeboren war, war in diesen zweihundertsechsunddreißig Gestalten besonders gut entwickelt. Die Meisten waren Menschen, von den übrigen Völkern waren noch am häufigsten die Zoras vertreten. Es gab nur vier goronische Magier. Obwohl noch magischer als die Hylianer, bevorzugten Goronen nämlich das Schmieden, Kämpfen oder Sprengen, während viele des Wasservolkes sich durchaus für Magie begeisterten. Von den Kokiri war keiner hier, sie wurden alle von Salia im Wald unterrichtet.

Zelda erschien wieder in einer der vielen magischen Zwischenebenen des Tempels. Unter ihr breitete sich ein hübsch gefliester Boden aus, der sich nach allen Richtungen hin erstreckte. Weit über ihr konnte man ein fernes Gewölbe mit Bögen und Säulen erkennen, was die Verbindung zum Tempel symbolisierte.

Normalerweise wäre es still gewesen in diesem weiten Reich, doch da hier die magische Ausbildung vieler von Statten ging, knallte es und Lichter flogen durch die Luft. Sie hatten natürlich bereits angefangen. Zelda begab sich wieder auf magischem Weg schnell zu ihrer Gruppe von zwanzig Personen. Wie stets wandten sich ihr alle Köpfe zu und nickten ehrerbietig, obwohl sie sie gebeten hatte damit aufzuhören. Rauru hatte sich ihrer während ihrer eigenen Abwesenheit angenommen und verabschiedete sich nun freundlich, um zu seinen eigenen Schützlingen zurückzukehren. Zelda gab den Magiern die erste Aufgabe und überwachte sie, so dass alles gut ging und es nicht zu Verletzungen kam.

So wie sich bei den Kriegern nach einiger Zeit die Begabungen gezeigt hatten, so hatten die Weisen ihren Magiern ebenfalls zunächst Zeit gelassen für die Grundausbildung, um zu sehen ob jemand eher ein Anhänger der Feuer- oder vielleicht der Wassermagie war. Danach hatten sie den Unterricht intensiviert. Zeldas eigene magische Richtung, die Zeitmagie, war besonders schwierig und im Kampfesfall oft weniger zerstörerisch als andere. Deshalb lehrte sie auch Lichtmagie.

Was den jungen (und alten) Magiern vor allem beigebracht wurde, war das, was man die hohe Magie nannte. Gewöhnliche Menschen hatten von der Magie oft nur eine beschränkte Vorstellung, sie reduzierten sie auf das rein sichtbare. Dabei war Magie so viel mehr. Die Weisen lehrten, wie man Magie spüren konnte, und wie man in die mystischen Sphären eintauchen konnte und auf den magischen Bahnen des Landes reisen konnte. Sie unterrichteten wie man alleine durch puren Willen und Gedankenkraft mächtige Energien bündeln und freilassen konnte. Sie wiesen an, wie man angriff und wie man sich schützte, wie man heilte und wie man tötete. Außerdem zeigten sie, auf welche Weisen es möglich war magische Angriffe mit anderen zu verbinden, aufeinander abzustimmen, sie mächtiger zu machen. Denn die Weisen hatten vor die Magier stets in Paaren bei der Verteidigung des goldenen Passes einzusetzen, so dass einer stets auf den anderen Acht geben konnte. Die Zauberkundigen waren viel zu wichtig als das sie sterben durften und es würde gewiss vorkommen, dass sie auf gegnerische Magier treffen würden. In diesem Fall mussten sie zu zweit gut zurechtkommen. Die Aufgaben der Magischbegabten nämlich waren so festgesetzt: Sie mussten die größeren und mächtigeren Monster angreifen, gegebenenfalls Kriegsmaschinen und feindliche Magier auszuschalten und unter den heranstürmenden Massen so starke Verheerungen wie möglich anrichten, ohne sich dabei zu sehr zu verausgaben.

Geduldig sah sie zu wie ihre Truppe den Zeitfluss in bestimmten Bereichen manipulierte und ohne irgendwelche unnötigen Bewegungen zu machen, alleine mit ihrem Blick, gefährliche Druckwellen heraufbeschworen. Sie erklärte ihnen, wie sie sich Sonnenlicht als Energiequelle zunutze machen konnten und zeigte ihnen wie man mächtige Schilde aufbaute um sich entweder zu schützen oder einen Gegner darin einzuschließen. Am Ende der Lektion stand immer ein Kampf. Dabei hieß es jedes Mal einen anderen Gegner zu haben, um auf jede nur denkbare Situation gefasst und vorbereitet zu sein. Nach diesen Kämpfen wurden die Lehrlinge wieder nach Hyrule geschickt, sofern sie den Tempel nicht schon selbst verlassen konnten.

Dann trafen sich die Weisen im heiligen Ring von Hyrule und tauschten sich aus. Eines war klar, die Magien, die gegen die karthasische Armee heraufbeschworen werden würden, waren gewaltig. Die Wächter des Landes gingen deshalb einerseits zufrieden in einen neuen Tag, und andererseits voller Sorge ob ihrer eigenen geheimen Besprechungen, denn noch immer wussten sie nicht, was den Großmeister dazu veranlasst hatte so lange still zu stehen.

Das Versprechen

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 16: Das Versprechen
 

Oroelle stieg nicht aus den Schatten irgendeiner Ecke. Sie schlich sich nicht an, sie versteckte sich nicht. Erhobenen Hauptes schritt sie eine breite Straße entlang. Ihre Kapuze hatte sie zurückgeworfen und ihr Haar sowie ihr weiter dunkler Umhang flatterten wild im starken Wind. Tiefe Regenwolken hingen am Himmel und die Nässe des letzten Schauers war noch deutlich zu sehen und zu spüren. Hylianische Winter hatten nichts Magisches an sich, keine wundersame weißen Flocken, die vom Himmel fielen, keinen Spaß auf den weiten Feldern. Hylianische Winter waren schlicht unangenehm.

Die Straße, die die Shiekah entlang schritt, war auf beiden Seiten von hohen Felswänden gesäumt, deren Gestein dunkel und seltsam geformt war. Keine solche Felsen gab es am Todesberg oder bei den Gerudos. Sie waren rissig und von tiefen Furchen durchzogen, die von Dunkelheit erfüllt waren, und warfen einen tiefen Schatten auf den Weg in ihrer Mitte. Die Straße war gleichmäßig mit großen, weißen Platten gepflastert, die von kleineren schwarzen Steinen umrahmt wurden. An vielen Stellen wuchs Unkraut aus brüchigen Löchern und Lücken. Viele der hübschen Platten waren zerbrochen oder ragten schief hervor, Bruchstücke lagen am Wegesrand. Es war keine bequeme Straße und sie hätte schon vor langer Zeit erneuert werden müssen, doch niemand kümmerte sich darum. Denn diese Straße war vergessen, so wie das Volk, welches sie als einziges noch nutzte, in die Vergessenheit abdriftete. Die einzige Straße zur letzten Zufluchtsstätte der Shiekah war es und das Schattenvolk legte nicht Hand an ihrer Ahnen Werk, als Mahnung und als ständige Erinnerung.

Während Oroelle immer weiter ging, fiel erneuter Regen, einer der vielen kleinen Nieselschauer, die den heftigen Stürmen des Abends und der Nacht vorweg gingen. Die Shiekah schaute zum Himmel empor und genoss die feinen Tropfen auf ihrem Gesicht, die kühle Feuchtigkeit, welche sie daran erinnerte, dass sie existierte. Es war ein gutes Gefühl sich nicht im Verborgenen zu halten. Denn wenn sie sich nicht an diesem Ort aufhielt, dann musste sie eben dies tun: Sich verbergen, eins mit den Schatten werden. Sie durfte nicht gesehen, nicht wahrgenommen werden. Umgang mit Außenstehenden war ihr verboten und ihr oberstes Gebot war es dem Volk mit all ihrer Hingabe und allen ihren Pflichten zu dienen. Die Shiekah mussten überleben, unwichtig zu welchem Preis.

Oft dachte sie daran, dass die übrigen Völker sie wohl vor allem deshalb nicht verstehen konnten, weil sie nicht den Niedergang ihrer Zivilisation miterleben mussten. Die Zivilisation des Schattenvolkes war schon lange untergegangen. Sie waren nur noch ein Hauch dessen, was sie einst waren. Ein letztes, verzweifeltes Aufbäumen gegen das Nichts, eine Erinnerung. Schon längst waren sie nicht mehr dazu im Stande die Wirren der Welt nach ihrem eigenen Gutdünken zu kontrollieren.

Keiner von ihnen, ob Mann, Frau oder Kind, vergaß das und sie alle hatten dies stets vor Augen, wenn sie in die letzte noch existente Stadt von einst eintraten.

Am Ende des Passweges stand ein einzelner Torbogen. Fünfzehn Fuß ragte er in die Höhe und er war aus schneeweißem Marmor gehauen. Feine, schlanke Linien schwarzen Steins zogen sich spiralförmig um Pfosten und Bogen und alles war verziert mit herrlichem Kristall und schwarzen Diamanten sowie hellen und dunklen Perlen. Für alle Welt unsichtbar waren Runen von tiefer Macht in den Stein eingegraben und sie verhinderten das Eintreten von Unbefugten. Jedes Lebewesen, das kein Shiekah war und von keinem Angehörigen des Volkes eingeladen worden war, würde bei dem Versuch unter dem Torbogen hinweg zu schreiten unweigerlich sterben. Torflügel waren deshalb nicht nötig, kein Stahl oder dickes Holz konnte so viel Schutz bieten.

Oroelle trat durch den Eingang und dann ließ sie mit einigen wenigen weiteren Schritten den Pass hinter sich. Die Felswände zogen sich nach rechts und links weit auseinander zurück und der Blick wurde frei auf die letzte Stadt der Shiekah.

Sie war in einem weiten, geräumigen Tal erbaut und von allen Seiten von Bergen umschlossen. Von dem Punkt aus, aus dem man aus dem Pass trat, lag sie tief unter einem und man hatte einen hervorragenden Blick auf das gesamte Tal. Die Stadt war gewaltig. Auf den ersten Blick fiel auf, dass sie um einiges größer war als die Schlossstadt Hyrule, ja selbst als Unruh-Stadt, die als die größte Stadt des Nordens galt. Neben der großen Grundfläche wurde dieser Eindruck vor allem durch die vielen hohen Türme und Gebäude bestärkt. Selbst die Flanken der umgebenden Berge waren über und über mit Türmen, Brücken und Hallen bedeckt. Die Stadt von Schwarz und Weiß ward sie einst genannt, denn alle Bauten waren aus weißem und schwarzem Marmor errichtet.

Fünfhundert breite Stufen führten in einer gewaltigen Treppe nach unten, wo sie in einen weiten Halbreis auslief. Hell und Dunkel wechselten sich dabei regelmäßig ab. Oroelle stieg sie alle hinab. Der Shiekah machte der weite Weg nichts aus, ja es war geradezu erholsam einfach nur einen Fuß vor den anderen setzen zu müssen. Um seinen Pflichten nachzukommen, reiste das Schattenvolk nämlich auf eine gefährliche Art und Weise, vor der sich selbst die Weisen (außer Impa) scheuten. Als durch und durch magisches Volk und in Anbetracht ihres besonderes Elementes gelang ihnen diese Methode besser als jedwedem anderen. Auf diese Art konnten sie lange Strecken in kurzer Zeit zurücklegen und waren nicht auf Pferde angewiesen. Selbstverständlich hieß das, dass Oroelle sich diesen mühseligen Weg sparen konnte, doch sie wandelte gerne durch die nun verlassenen Straßen der großen Stadt, so wie viele andere ihres Volkes auch. Doch während die meisten Shiekah dem nachtrauerten, was verloren war und sich den Erinnerungen an einst hingaben, machte sich Oroelle eher Gedanken um die Zukunft. Es war kein angenehmer Zeitvertreib.

Es gab ihrer viel zu wenige, um eine Stadt zu füllen, die Platz für Tausende bot, und deshalb wohnten alle noch lebenden Shiekah in einem Berg am nördlichen Ende, dem Stadteingang genau gegenüber. Niemand außer ihnen selbst konnte sagen, wie viele sie noch waren. Stumm dachte Oroelle an die Zahl, um die alle ihres Volkes wussten. Jeder kannte alle Namen und Ränge und die Geburt eines Kindes war das erfreulichste Ereignis, was es in ihrer Gesellschaft geben konnte.

Unterwegs sah sie keinen anderen. Sie sah auf die leeren Straßen hinaus und blickte in die dunklen, zerbrochenen Fenster hinein und wurde niemandes gewahr. Alles, was auffiel, war, dass die Stadt noch immer schön war.

Zierliche Pavillons säumten die Wege, so dass man sich setzen oder hinlegen konnte, wenn es einen danach verlangte. Steinerne Baldachine überdachten hunderte von hübschen, marmornen Ständen entlang der Straßen, auf denen einst Waren feilgeboten worden waren. Die Häuserfassaden wurden von mächtigen Säulengängen und großen Terrassen beherrscht, Reliefs hingen an Wänden, so groß, dass ein einzelner Mensch daneben winzig wirkte. Statuen und Brunnen schmückten weite, geflieste Plätze und eine Vielzahl von Gärten hatte einst für schönen Geruch und Frische gesorgt. Die Häuser hatten alle mehrere Etagen und über allem erhoben sich die schlanken Türme der Stadt, hell und dunkel, hoch und noch höher. Die einen liefen in Kuppeln aus, die anderen in Spitzen. Es gab Türme, die seltsam gedreht aussahen und deren Dach aus einer kunstvollen, marmornen Muschel bestand. Edle Steine und Metalle glänzten an Balkonen, Fenstern und Ecken, allesamt in weiß und schwarz. Und wenn man in eine der vielen Öffnungen schaute oder eines der wundervollen Häuser betrat, dann erblickte man innen Myriaden anderer Farben, und sah Bequemlichkeit und Luxus, Reichtum und Macht. Vor allem eine Farbe herrschte dort vor, und diese war weder Lila noch Violett. Doch trotz all ihrer Schönheit konnte die Stadt dennoch nicht über ihren Verfall hinwegtäuschen:

Risse überzogen die schönen Fassaden und viele Steine waren aus Mauern heraus gebrochen. Die Statuen blickten trüb und traurig und suchten nach ihren vielen fehlenden Teilen, die unschöne Wunden an ihren Körper hinterlassen hatten. Brunnen waren gesprungen und versiegt, Säulen umgestürzt, viele der hohen Brücken zwischen den mächtigen Türmen eingebrochen. Es gab zwar nur wenige wirkliche Ruinen, doch einige der schlanken Pfeiler und Türme endeten auf halbem Weg in Schutt. Entlang der Wege lagen Geröll und hunderte vertrocknete Blätter der nun kahlen, toten Bäume. Das Gras in den Gärten war braun, die Blumen verwelkt und nunmehr unkenntlich. Es lag weder das Murmeln von Wasser, noch Musik, noch irgendein Duft in der Luft. Es war still und leer. Die Stadt war so tot wie ihre einstigen Bewohner.

Als Oroelle den bewohnten Berg erreichte, kam sie damit auch zum nördlichsten noch bewohnten Punkt des Kontinentes. Dies hohe Tal lag weit im titanischen Nordgebirge, dem größten der Welt. Doch lag das gewaltige Massiv soweit fernab jeglicher Völker und Länder, dass es oft einfach vergessen oder übergangen wurde. So hieß es etwa, dass der Gongol-Berg der höchste des Kontinentes sei, obwohl es weit im kalten Norden Berge von mehr als doppelt so hohen Ausmaßen gab.

Weit nördlich hinter dem Schloss lag das Tal der Shiekah und es war von allen Seiten von mächtigen Zaubern und Schattenwerk verhüllt und beschützt. Selbst Goronen würden sich dort in den Bergen verirren und in Schluchten stürzen oder dem Wahnsinn verfallen. Würde letztlich aus irgendeinem Grund doch jemand durchkommen dann erwartete ihn die Todesstrafe. Dem Schattenvolk war es zudem untersagt Angehörige eines anderen Volkes mitzubringen, wobei dies ohnehin zunächst erfordert hätte, die äußeren Schutzzauber zu deaktivieren, worauf ebenfalls die Todesstrafe stand.

Oroelle trat direkt an den Felsen des Bergmassivs. Hoch und drohend türmte sich über ihr eine hohe, kalte Wand auf. Sie legte dem senkrechten Stein vor ihr eine Hand auf und bat im Geiste um Einlass. Und der Berg erkannte sie an als eine der Shiekah und öffnete ihr seine Tore.

Lautlos glitten plötzlich zwei bisher nicht erkennbare Hälften in der Bergflanke auseinander und schufen somit einen hohen und breiten Durchgang. Oroelle trat ein und ging einen langen, dunklen Tunnel entlang. Hinter ihr schloss sich der Berg wieder und eine Dunkelheit brach herein, durch die selbst Shiekah nicht blicken konnten. Doch dies war an diesem Ort nicht von Nöten. Hier spürten sie die Wege und waren nicht auf ihre anderen Sinne angewiesen.

Andere Rasse hätten wohl nicht sagen können, wie lange der Weg wohl sei, und es war tatsächlich weit bis man Licht am Ende sah und endlich die letzte Heimat des Schattenvolkes betrat. Die Halle war gigantisch. Sie hatte in etwa die Ausmaße der Haupthalle Goronias, doch wo im Goronenreich der Fels grau oder braun war, war er hier vollkommen dunkel. Nirgendwo hingen Fackeln, stattdessen waren in die Wände schöne Lampen aus hellem Kristall eingegraben, die ein sanftes aber beständiges Licht abgaben. Der Boden war ein einziges riesiges Mosaik, das das Auge der Shiekah zeigte, ihr Zeichen. Die Decke verlor sich in Zwielicht. Links vom Eingang aus konnte man eine Treppe sehen, die sich spiralförmig nach oben zog (wie im Reich des Steinvolkes), doch war dieser Weg mit langen Stufen ausgekleidet und von Säulen eingerahmt, die ein Dach mit vielen Mustern trugen. Viele Tore und Türen führten in andere Teile des Berges. Große, mit Silber beschlagene Torflügel und kleine kupferne Türchen, steinerne Schlösser und dunkelviolettes Tuch.

Oroelle begab sich zur Treppe und trat den Anstieg an. Das Dach über ihr war hell und die Säulen um sie herum dunkel und das stete graue Dämmerlicht drang zwischen ihnen auf die Treppe. Hier und da hingen einige der leuchtenden Lampen und warfen ihr Licht auf Bildnisse erhabener Ahnen: Hohe, schlanke Gestalten mit Weisheit und Macht in den Augen und Stärke in den Händen, Männer wie Frauen.

Es gab viele Durchgänge und Abzweigungen entlang des Weges doch Oroelle hielt nicht an bis sie das obere Drittel des Berges erreicht hatte. Dort erst bog sie nach links ab und befand sich dann in einem wahren Labyrinth aus Kreuzungen und Gängen, Türen und Nischen, Sackgassen und kleinen Plätzen. Schließlich hielt sie vor einer Tür, die höher war als sie selbst, grau und lila und mit der Abbildung eines Langschwertes in der Mitte. Es gab keine Klinke, sie stieß einfach mit der Hand gegen den Stein und trat ein in eine vollkommen andere Welt.

Vor ihr lag ein geräumiger Raum aus himmelblauem Stein. Er war vollkommen leer, bis auf die vielen Bilder, die die Wände schmückten. Herrliche Malereien, die Landschaften und Personen, Lebendes und Erinnerungen zeigten. Einzig auf der linken Seite stand ein heller steinerner Tisch mit Gläsern und Karaffen, sowie einer Schale Obst. Der Blick nach oben verlor sich in luftiger Höhe. Eine angenehme Kühle herrschte in der Luft.

Ohne sich in diesem Raum aufzuhalten, ging sie geradeaus durch einen von jadegrüner Seide verhangenen Gang und hatte dann die Möglichkeit sowohl rechts oder links als auch weiter nach vorne zu schreiten. Sie ging weiter voraus und erklomm dann eine weiße Treppe. Die Farbe der Wände und des Bodens war mittlerweile in einem fließenden, kaum wahrzunehmenden Übergang von Blau zu dem Lila eines Amethysten gewechselt. In kleinen Nischen standen Büsten oder hingen weitere Bilder.

Am Ende der Treppe trat Oroelle in einen weiten runden Raum ein. Es war viel weniger hoch als der Eingangsraum und dafür viel breiter. Ihr gegenüber lag anstellte einer Wand eine weite Terrasse mit weißer Balustrade. Menschliche Figuren aus Marmor mit Schwingen auf dem Rücken wachten dort draußen und schienen so als wollten sie sich im nächsten Moment in die Lüfte erheben, die sie umgaben. Ihre jungen Gesichter waren herrlich anzuschauen.

Die Decke war eine gläserne Kuppel und die einzige Lichtquelle neben der fehlenden Wand. Die violette Farbe des Ganges war einem fröhlichen, hellen Grünton gewichen, der den ganzen Raum einnahm. Bequeme Schemel und Sessel, dick gepolstert und golden bestickt, standen in keiner erkennbaren Ordnung herum und abermals hingen Dutzende von Bildern an den Wänden. Auf der rechten Seite standen allerlei Instrumente. Auf gläsernen Tischen lagen seltsam aussehende Flöten und eine silberne Trompete, daneben eine große, silberne Harfe mit hellen Saiten. Drei seltsame Instrumente aus dunklem Holz gab es da, hübsch geschwungen und mit langen Saiten darauf. Stäbe lagen daneben, die selbst so aussahen, als sei eine einzelne dicke Saite auf ihnen gespannt. Und an der rechten Wand ein mächtiges schwarzes Ungetüm, wie ein großer Tisch mit einem aufgeklappten Deckel darauf. Im Inneren waren abermals Saiten zu erkennen, viele und alle in verschiedener Länge. Vor einem Stuhl war eine weitere geöffnete Klappe in dem seltsamen Gebilde und sie gab den Blick frei auf weiße und schwarze Tasten in regelmäßiger Abfolge.

Das gesamte Zimmer war windgepeitscht. Lose Blätter und Pergamente flogen in der Luft herum, herumliegende Bücher klapperten mit ihren Umschlägen und die durchsichtigen, grünen Seidevorhänge die Gemach und Außenbereich trennten waren aufgebauscht und wallten auf und ab. Zischen und Heulen erfüllte die Luft.

Weder Oroelle noch der Mann vor ihr schienen es zur Kenntnis zu nehmen. Er saß mit dem Rücken zu ihr, in der Mitte des Zimmers, vor einer großen Staffelei und hielt einen langen, schmalen Pinsel, den er von Zeit zu Zeit in die kleinen Farbtöpfe tauchte, die auf einem kleinen, grünen Steintisch neben ihm lagen. Das Bild war noch nicht fertig, doch konnte man darauf bereits die Züge einer wunderschönen Frau erkennen, mit dunklem, fein gelockten Haar, goldbraunen Augen und vollen, roten Lippen.

Oroelle trat an ihn heran, ging in die Hocke und legte ihm ihre Hand auf das Knie.

„Schon wieder ein Bild von mir?“, lächelte sie warm.

„Ich komme immer wieder auf dich zurück. Letztlich bist du mir doch das liebste Motiv von allen.“, entgegnete ihr Bruder Tiran ernst. Er zog einen letzten Strich, der einen Hauch Rosa auf die rechte Wange ihres Portraits zauberte, legte dann den Pinsel weg und sah sie endlich an.

Tiran hatte dieselben Augen wie seine Schwester und ähnliche Züge, doch ein breites Nasenbein, dunkleres Haar und eine kaum vorhandene Oberlippe schmälerten das verwandtschaftliche Aussehen. Als er nach ihrer Hand griff und sie wieder auf die Beine zog, zeigte sich, dass er sehr hoch gewachsen und schlank war, ohne dabei hager auszusehen. Wie alle Shiekah trug er dunkle Kleidung, doch hatte er den obligatorischen Kapuzenumhang nicht um. Stattdessen sah man ein dunkelblaues Obergewand mit dem Auge der Shiekah auf der Brust. Darüber zogen sich wie Bandagen lilane Stoffteile, die das Zeichen größtenteils verdeckten. Ein hoher Kragen, der sonst wohl die Hälfte seines Gesichtes bedeckte, schmiegte sich gefaltet um seinen Hals. Dazu trug er dunkle Hosen und scheinbar sehr ausgelaufene, leichte Stiefel aus immer noch kräftigem dunkelbraunem Leder. Da sie nie wissen konnten, wann sie zu ihren Aufgaben gerufen wurden, galt bei den Shiekah das Gebot stets dunkel gekleidet zu sein, um sich sofort um ihre Aufträge kümmern zu können.

„Wie war es heute?“, fragte Tiran als seine Schwester ihren Umhang auf einen Sessel fallen ließ und sich selbst daneben ausstreckte. Darunter war sie ähnlich gekleidet wie ihr Bruder, lediglich, dass ihr Oberteil dunkelgrün war und die Stoffbänder mitternachtsblau. Außerdem waren Runen darauf gestickt.

„So wie immer. Die Magier machen gute Fortschritte, einige von ihnen sind wirklich sehr mächtig.“ Oft halfen mehrere Shiekah bei der Überwachung und dem Schutz der trainierenden Zauberer, ohne dass diese es bemerkten. Manchmal jedoch trugen die Weisen Oroelle und den anderen auf an den Kämpfen am Ende jedes Unterrichtes teilzunehmen. Wenn sich die Adepten an Shiekah als Gegner gewöhnen konnten, dann vermochten sie es nämlich mit jedem Gegner aufzunehmen.

„Keiner von ihnen ist so mächtig wie du…“, stellte Tiran sachlich fest. Auch in ihren Stimmen unterschieden sie sich. Oroelles Stimme war dunkler und tiefer, die ihres Bruders klar und für einen ihres Volkes ungewöhnlich hoch. Oder auch einfach nur nicht tief und somit vollkommen normal, dachte seine Schwester oft.

„Nein.“, bestätigte sie ohne Stolz oder sonstige Gefühlsregung.

Shiekah waren mächtige Magier, das stimmte, doch war es nicht so, dass sie auf der ganzen Welt unbesiegbar waren. Jeder in ihrer Gesellschaft konnte zwar irgendwie zaubern, doch das Talent schwankte natürlich. Das Gesetz gebot es allen Meistern stets zwei Schüler zu nehmen, worunter einer der bessere Kämpfer sein musste und einer der bessere Magier. Natürlich stand es den Alten frei noch mehr Junge in die Lehre zu nehmen, doch diese Konstellation an zwei Schülern musste stets gegeben sein. Die Tatsache, dass Oroelle eine herausragende Magierin und Tiran einer der besten Kämpfer des Schattenvolkes waren, hatte dazu geführt, dass die Geschwister nicht voneinander getrennt worden waren und dass sie gemeinsam zum selben Lehrer gingen, welcher niemand geringeres war, als Shinrio selbst, der Heermeister der Shiekah. Dieser galt als unangefochtener Meister der Waffen und dies Potenzial sah er in Tiran, weshalb er seine Ausbildung damals gefordert hatte. Als dann auch noch Oroelles gewaltiges magisches Können offenbar wurde, war klar gewesen, dass die Geschwister nicht getrennt werden durften. Oroelle galt mittlerweile als eine von drei möglichen Nachfolgern Impas, der Schattenweisen.

Tiran schenkte sich blutroten Wein aus einem silbernen Gefäß in einen gläsernen Becher und sah seine Schwester fragend an. Auf ein Nicken hin nahm er ein Weinglas aus Jade, füllte es und reichte es ihr. Während sie an dem Getränk nippte ließ sie sich seufzend tiefer in die weichen Kissen gleiten. Der Wein war würzig und herb und entfaltete ein volles Aroma in ihrem Mund. Ihr Bruder beobachtete sie über seinen Becherrand hinweg. Der Wind zerrte an seiner Kleidung und von draußen drang das Geräusch von starken Regenfällen herein. Blitze zuckten über die Berge und aus der Ferne war grollender Donner zu hören.

Eine Weile sprach keiner von beiden, sie tranken lediglich ihren Wein. Oroelle genießerisch mit geschlossenen Augen. Ihr Bruder nachdenklich, während sein Blick zwischen ihr und seinem Bild hin und her glitt. Schließlich sagte er:

„Ich habe noch ein anderes Bild gemalt. Willst du es sehen?“

Seine Schwester öffnete träge ein Auge, doch ihr Blick war nicht getrübt, sondern scharf wie immer.

„Sehr gerne.“

Er erhob sich, stellte den Becher ab und verließ sie kurz. Als er zurückkam trug er etwas Eckiges unter einem schwarzen Tuch. Oroelle sah ihn fragend an und er zog es weg. Sein Blick wurde hart. Starr stand er da und hielt ihr seiner Hände Werk hin. Oroelle sagte lange Zeit nichts.

Es handelte sich abermals um ein Bild von ihr, doch war es anders, als alle bisherigen. Es war zweigeteilt. Auf der linken Seite erkannte sie sich selbst. Ihre Züge waren beherrscht, doch sah man darunter den Schmerz. Schweißtropfen liefen ihr in die Augen und über das Gesicht, ihr Haar klebte an ihrer Stirn und ihre Hände waren zu Fäusten geballt und in den Stoff ihres Umhanges gekrallt, während sie Zähne und Mund fest aufeinander presste. Schwarz war der Umhang und schwarz war auch der Hintergrund, so dass es fast so aussah, als schwebte ihr Gesicht alleine, verloren und gemartert in einer Welt aus Dunkelheit. Es war blass und nichts haftete ihm mehr an von dem dunklen Ton der Shiekah. In der Mitte verliefen die Farben, wurden verschwommen und waren dann auf der rechten Seite wieder klar. Auch dort war sie abgebildet. Sie war nackt. Eine Hand hatte sie weit von sich gespreizt also wolle sie jemanden oder etwas abwehren, die andere Hand wurde in einem seltsamen Winkel nach hinten gestreckt, fast so als wurde sie in diese Richtung gezerrt. Sie schrie. Feuer war um sie und verbrannte sie, ihre Haut warf Blasen und schwärzte sich, rohes Fleisch trat darunter zutage. Ihr Haar war versenkt und ihr Gesicht ein einziger Ausdruck der Pein. Die gemalten Flammen waren rot, orange und gelb, doch im Herzen waren sie tiefdunkel. Verschwommene dunkle Schemen, schwarz, grau und lila, umschwirrten sie. Sie fuhren in ihren Körper ein und wieder aus. Die Haut schälte sich von ihrem Gesicht, es war nichts schönes mehr daran.

Lange sagte sie nichts und Tiran wurde nach einiger Zeit deutlich unruhig. Dann erst hob sie den Blick von dem schrecklichen Bildnis und sah ihm in die Augen. Mitleid lag in diesem ihren Blick. Ganz langsam erhob sie sich und ging auf ihren Bruder zu, doch der wich vor ihr zurück. Seine Augen wurden nicht feucht und doch sah es so aus, als weine er.

„Wieso bringst mich dazu, so etwas zu malen?“

„Du musstest nicht…“

„Doch!“, fiel ihr Tiran ins Wort. „Es ist Teil deines und meines Lebens geworden und du weißt, dass ich über unser Leben male. Wieso brichst du immer wieder unsere Regeln, wieso bringst du nur so viel Leid über dich und mich? Sag mir, wieso du das tust. Nichts ist es wert, dass du so leiden musst, auch nicht dieser Ren.“

„Du weißt es…“, sagte Oroelle ohne überrascht zu klingen. Natürlich musste irgendwann auffallen, wo sie sich aufhielt, wenn sie nicht ihren Pflichten nachkam.

„Ist er es wert?“, fragte Tiran noch einmal herausfordernd.

„Ja, das ist er. Er und seine Schwester. Es ist einfach…nett bei ihnen. Natürlich. Es ist das, was uns verwehrt wird.“ Ihr Bruder schüttelte den Kopf.

„Wieder diese alte Frage? Wir haben auch ein Leben, Oroelle, du musst es nicht bei den Anderen suchen.“

„Ich weiß Tiran, aber du musst auch verstehen, was ich davon halte…zu was sind wir nur geworden? Du hast Recht, wir haben ein Leben. Jeder von uns. Und deshalb lebe ich meines so aus, wie es mir am besten erscheint. Ich nehme die Bestrafungen in Kauf, wirklich, ich bin mit dessen voll und ganz bewusst.“

„Was ist mit mir? Es hat dir doch nie gefallen mich leiden zu sehen.“

„Es gefällt mir auch nicht, das weißt du. Aber da siehst du es, du selbst hast es jetzt gesagt. Wie kann ich mich um dich kümmern, wenn das Wohl des Volkes über unser eigenes geht und wir uns selbst darin verlieren?“

Ihr Bruder antwortete nicht. Traurig sah er sie an und ließ es schließlich zu, dass sie das Bild nahm und es auf den Boden legte. Dann umfasste sie seine Hände mit ihren eigenen und hauchte einen Kuss darauf.

„Mein armer Tiran…bald wird alles gut. Bald wird sich alles ändern…“

Der Shiekah nickte und zog seine Schwester an sich. Sie vergrub ihr Gesicht an seinem Hals und genoss die Wärme, die er ihr bot. Es war sowohl kalt als auch dunkel geworden in dem Zimmer, hoch auf dem Berg. Der Sturm hatte sie fast erreicht. Da erklang auf einmal ein Ton. Eine der Tasten des schwarzen Instrumentes war heruntergedrückt worden und das entstehende Geräusch hallte durch den Raum. Dann wurde eine zweite betätigt, und eine dritte und schließlich ergoss sich ein Sturzbach an traurigen, tiefen Tönen. Tiran fuhr seiner Schwester durch das volle Haar und die seltsamen Holzinstrumente hoben sich in die Luft und die Saiten-Stäbe daneben fuhren über deren Saiten und erzeugten Klänge, die hoch und lang waren und hervorragend zu dem Lauf im Hintergrund passten. Während sich auch die Flöten und die silberne Trompete und die herrliche Harfe erhoben und mit einfielen, bewegten sich die Geschwister im Takt der entstehenden Musik. Langsam zunächst, denn die Musik war noch schleppend und traurig und voller Melancholie. Schneller dann jedoch, denn die Töne wurden lauter und heftiger, die Musik drängend und erhaben. Schließlich wirbelten die beiden Shiekah durch den Raum, vorbei an allen Gegenständen, die ihnen im Wege lagen. Gläser und Vasen fielen um und zerbrachen auf dem Boden, doch das war egal, denn für Bruder und Schwester gab es nur den jeweils anderen und während sie tanzten waren sie frei von allen Bindungen.

Lange Stunden verbrachten sie auf diese Art und kein Geräusch drang von der schönen Musik nach außen. Am Ende küsste Tiran seine Schwester lachend auf die Stirn und war befreit von seinen Sorgen, wie so oft schon. Das dunkle Bild war wieder verdeckt.

„Bald wird alles anders!“, rief er überschwänglich. „Bald wird alles wieder wie einst!“

„Nein, die alten Zeiten sind vorbei und können nicht wiederhergestellt werden. Doch es wird etwas neues sein, und ebenso gut werden wie das, was nun vergangen ist.“, meinte Oroelle, doch in ihren Augen lag Sorge. Ihr Bruder sah es und zog sie zu sich auf einen der Sessel. Gemeinsam schliefen sie ein, und als sie gerufen wurden, erwachten sie gemeinsam, holten ihre Kapuzenumhänge, verließen ihr Zuhause und gingen ihren Pflichten nach.
 

Der Winter schien in diesem Jahr drückender und länger denn je, doch schließlich war es auch für ihn an der Zeit zu verschwinden. Der Spätwinter wich jener Zeit, während der noch nicht klar war, ob sie zur vergangenen Jahreszeit oder zur nächsten gezählt werden sollte. Es war diese Zeit, in der Kira und Zen geboren worden waren, die Tage ihres Erscheinens auf der Welt lagen nur eine Woche voneinander entfernt. Als die ersten Strahlen der blassen Frühlingssonne durch die sich verziehenden Regenwolken schienen, feierte die Familie des Helden der Zeit die Geburtstage ihrer Ältesten und ihres Jüngsten.

Zu diesem Anlass feierten sie in kleinem Kreis bei König Zora in der Domäne des Wasservolkes. Niemandem war nach einem großen Fest, deshalb kamen lediglich Darunia, Link-goro, Salia und Nomara.

Kira trug ein türkisfarbenes Kleid, mit langen, wallenden Ärmeln und dazu eine schlichte Kette aus Silber. Ihr silbriges, mit Gold durchwirktes Haar, mit dem blauen Schimmer bedurfte keines Zierrates, es war auch so wunderschön.

Zen war, wie immer, schlicht gekleidet. Eine Zorarüstung mit einigen Silberfäden und hohe, leichte Stiefel. An diesem Tag hatte er sich dazu entschieden geselliger zu sein, und sich der Lebensmusik erst hinterher hinzugeben. Den Tönen nämlich, die seine Verwandten und Freunde von sich gaben, entnahm er, dass sie sich eben dies vor dem Krieg noch wünschten. Also lachte und scherzte er mit ihnen und sie waren freudig überrascht und genossen den Tag. Kira schien nahezu zu strahlen. Auch die Geschenke waren wundervoll. Es war, als ob alle Anwesenden noch so viel Freude wie möglich verbreiten wollten, bevor die Welt wieder düster wurde.

Die nun neunzehnjährige Kira bekam von ihrem Großvater einen Ring, den ein goldbesetzter Saphir in Form des Lords Jabu-Jabu zierte. Der König der Zoras sagte, dass der Stein von ihrem Patron gesegnet worden war und dass seine Magie sie beschützen würde. Salia schenkte ihr einen durchsichtigen Stein, der mit Wasser gefüllt war. Darin schwamm eine sehr seltene silberne Glockenblume aus dem magischen Waldreich, die blau geädert war. Die Waldweise garantierte ihrer Nichte, dass die Pflanze auf ihre Wünsche reagieren würde und sie dementsprechend träumen würde, sollte sie den Stein mit ins Bett nehmen. Ohne es zu wissen, erkaufte sie der Zoraprinzessin damit viele Nächte, in denen sie sich endlich würde erholen können. Andere Mittel hatten bislang nie wirklich bei ihr angeschlagen.

Ferner erhielt Kira von Darunia und seinem Sohn einen Rubin in Form einer Rose, der von innerem Feuer leuchtete. Er würde ihr im Dunkel Wärme und Licht spenden, garantierten die Beiden. Nomaras Geschenk war ein Fächer, der so dezent in den herrlichsten Tönen von Gelb und Orange leuchtete, wie sie nur von den Gerudos gefärbt werden konnten. Sie zeigte ihrer Freundin einen geheimen Mechanismus und siehe da: Entlang der schmalen Halterungen, zwischen denen sich der bunte Stoff spannte, schossen scharfe Klingen hervor.

„Man kann ja als Frau nie wissen“, hatte sie über die bestürzten Gesichter aller männlichen Beteiligten gelacht.

Ruto und Link, ebenso wie ihr Großvater auf die Sicherheit ihrer Tochter in dem kommenden Konflikt bedacht, schenkten ihr eine lederne Weste, die mit Eisenketten verstärkt war. Ruto hatte die Tracht zudem noch magisch verzaubert, um Kira so viel Schutz wie nur möglich zu gewähren. Von ihrem Bruder Ren bekam sie einen Dolch. Er lächelte verschmitzt als er ihn ihr mit dem Griff voran reichte. Als ihr das das Motiv auffiel grinste sie und bedankte sich mit einem leichten Knuff. Der Griff stellte sie selbst dar, wie sie mit vor Brust verschränkten Armen die Augenbrauen hochzog, jener Blick, den sie Ren so oft schenkte. Die Darstellung war verblüffend genau und sie konnte ihrem Abbild um die Taille greifen, um die kleine Waffe zu nutzen. Die geriffelte, kurze Klinge war leicht geschwungen, so wie sie es mochte, den Wellen des Meeres nachempfunden. Sie bestand aus jenem blauen Stahl, der so unvorstellbar leucht war, wie man es bei seiner Härte und Schärfe nicht vermuten würde. Er war biegsam wie Messing oder Kupfer und wurde ausschließlich von den Zoras benutzt, da das Volk des Wassers seine eigenen Waffen selbst schmiedete, oft in dem magischen, blauen Feuer. Allerdings mussten sie dabei das Material, den Rohstoff selbst, bei den Goronen in Auftrag geben und dies war nicht billig, da die Herstellung dieser einen besonderen Legierung aufwendig und selbst für die geschickten Schmiede schwierig war. Auch dieses Geheimnis der Schmiedekunst brachte den Goronen Hyrules jährlich viele hundert Rubine ein, denn sie waren die einzigen auf dem ganzen Kontinent, die diese Legierung zustande brachten, sowie die Goronen der anderen Reiche ihre eigenen geheimen Mischungen hatten.

Der Dolch sei schmal genug, um ihn in ihrem Mieder zu verstecken, behauptete Kira lachend und Ren ließ ihr an diesem Tag die kleine Neckerei durchgehen.

Zen wollte seiner Schwester sein Geschenk später unter vier Augen geben, was für viele neugierige Fragen sorgte die Zen gekonnt nichts sagend beantwortete. Was seine Geschenke betraf, so war dies eine lustige Angelegenheit. Von seiner Tante Salia bekam er ein Horn aus dunklem Holz, dem er sofort zueinander passende, tiefe Klänge entnahm. Von Darunia und Link-goro erhielt er eine Querflöte aus rotem Kristall, deren Töne hoch und durchdringend waren. Kira schenkte ihm eine kleine Leier und ihre Augen funkelten als sie ihn ansah und Zen, ehrlich überrascht ob der vielen Instrumente, war hocherfreut, denn so konnte er viel üben. Scheinbar ließ er sie alle unbewusst seine Liebe zur Musik spüren.

Nomara gab ihm einen neuen Sattel für sein Pferd, welchen er seinen eigenen Bedürfnissen anpassen konnte und Ren holte einen hübschen Kurzbogen sowie einen eher kleinen Köcher hervor. Bei den Pfeilen handelte es sich um magische Eispfeile erklärte er stolz.

Zens Eltern dachten sich, da nun ihre beiden anderen Kinder gut durch Magie und Schild geschützt waren, mussten sie auch ihrem Jüngsten etwas in der Art schenken. Deshalb bekam der junge Prinz von ihnen eine komplette, für ihn maßgeschneiderte Rüstung aus dem blauen Stahl des Wasservolkes. Das Zeichen des Wassers prangte auf seiner Brust und über seinem Herzen war ein Triforcesymbol eingraviert.

Es waren für beide allesamt schöne Geschenke und gemeinsam verbrachten sie einen Tag voll Lachen und Freude und natürlich gutem Essen. Von gebratenem Fisch in heller Sahnesoße, über einen Kanincheneintopf mit geschmorten Rüben, Kartoffeln, Möhren und Lauch bis hin zu einem mit Kastanien gefüllten, gebratenem Pfauen mit Buttergemüse, jedes Gericht war schlichtweg köstlich. Noch als die zahlreichen Nachspeisen aufgetischt wurden, tunkten die Feiernden helles Brot in das Bratenfett oder genossen den importierten, süßen Wein aus den fernen Südlanden. Die Nachspeisen bestanden aus Brombeertorte, geschlagener Sahne mit Himbeerkompott, weichen Bratäpfeln mit Zimt, die auf der Zunge zergingen und einem großen Kuchen aus ebenfalls eingefahrener Schokolade. Auch Goronen essen nicht nur Steine und Darunia und sein Sohn griffen ordentlich zu, obwohl sie jeden Bissen zusätzlich stark würzten, vorzugsweise mit Salz. Es war schon tiefe Nacht als sie endlich ihre Müdigkeit spürten und sich zurückzogen. Zen allerdings nahm seine Schwester bei der Hand und führte sie hinaus in die Zoraquelle. Da die winterlichen Wolken sich endlich zurückzogen, wurden die Nächte ebenso wie die Tage wieder heller, da die Gestirne ungehindert ihr Licht spenden konnten.

Ihr kleiner Bruder führte sie an eine Stelle, wo sie sich auf einen großen Stein setzen konnte. Er selbst stellte sich davor und zog hinter seinem Rücken ihre Leier hervor.

„Du wolltest mich immer singen hören. Bald könnten wir sterben, also werde ich es jetzt für dich tun. Ich hatte ursprünglich nicht vor, ein Instrument mitzubenutzen, aber so wird es wohl schöner klingen. Alles Gute zum Geburtstag Kira!“ Und er sang.

Sie hatte immer vermutet, dass er gut singen konnte, seine Stimme war stets tief und weich gewesen, doch was sie nun hörte, zwang ihr Tränen in die Augen. Er sang von ihr, von ihrem ganzen bisherigen Leben, doch wie er es sang…Niemals hatte sie ein Wesen mit solcher Inbrunst jeden einzelnen Ton hervorbringen gehört. Niemals hatte sie vernommen, dass jemand seine Stimme so stark variieren konnte. Die Tatsache, dass Zen das Instrument erst wenige Stunden hatte und es schon besser spielte als alle Musikanten, die sie kannte, ging unter in dem Fluss süßer Töne, den er den Saiten entlockte. Seine Hände zupften nicht, sie liebkosten das Instrument, sie ermunterten es dazu seine Seele zu offenbaren.

Er sang von ihrer Kindheit und die Töne hüpften, wie sie es immer getan hatte als sie klein war, waren voll Freude und Neugier ob aller unbekannten Dinge und kannten keine Trauer und Zweifel. Hin und wieder ein Wutausbruch…eine Kaskade wilder Noten, unkontrolliert, temperamentvoll, laut. Dann sang er von ihrer Schönheit und seine Stimme veränderte sich abermals und wurde die eines Liebhabers und Kira nahm sich selbst wahr wie sie es nie getan hatte und wollte sterben vor Entzücken. Nicht enden wollende Tränen liefen ihr über das Gesicht, doch sie nahm nichts zur Kenntnis außer der himmlischen Musik ihres Bruders.

Von ihrer Leidenschaft sang er nun und ihr wurde abwechselnd heiß und kalt, ein Feuer entbrannte in ihrem Schoss und sie stöhnte unkontrolliert auf. Seine Stimme entwaffnete sie, entkleidete sie, streichelte sie, küsste sie…Dann sang er von ihren Neckereien Ren gegenüber, und von ihrer Liebe zur ihrer Familie. Seine Finger glitten auf eine Weise über das Instrument, bei der man denken würde, dass kein Ton hervorkommen konnte. Und was herauskam, war auch kein Ton. Es war pures Glück, Liebe und Erfüllung.

Am Ende sang er von ihren Ängsten und Kira wollte sterben. Seine Stimme, tiefer als sie es je für möglich gehalten hätte, war die des Unheils und der Rastlosigkeit. Die Musik war dunkel und bedrohlich und hallte lange nach. Und dann war es vorbei und sie lag kraftlos im Wasser, denn sie war irgendwann vom Stein herabgesunken.

„Halt mich fest…“, flüsterte sie und erstickte fast an ihrer Stimme. Sie zitterte am ganzen Leib. Zen setzte sich neben sie, zog sie zu sich und Kira lehnte sich an ihn und war zu schwach zum Reden. Er hatte es übertrieben, dachte ihr kleiner Bruder mit leichten Schuldgefühlen. Er hätte es besser wissen müssen. Er hätte sich zurückhalten müssen, doch stattdessen hatte er mit aller Inbrunst gesungen und gespielt, die er aufbringen konnte. Der nun fast volljährige Prinz war selbst überrascht über die Wirkung, die seine Musik hervorgebracht hatte. Und dies war seine Schwester Kira. Was würde denn dann mit einem normalen oder gar willensschwachen Lebewesen geschehen? Er konnte sie dazu bringen zu tun, was er wollte, alle. Er konnte sie töten mit seiner Musik. Es war kein erhebender Gedanke sondern viel mehr die Bestätigung seines ganzen bisherigen Lebens. Die große Musik der Welt war ein guter Lehrer.

Zen wartete ab, bis sich seine Schwester wieder beruhigt und unter Kontrolle gebracht hatte. Dann fragte er:

„Und, willst du mich immer noch singen hören?“

Kira lachte laut auf und er fiel mit ein. Der Bann war gebrochen. Vorerst. Er wusste, dass seine Musik sie nun ihr Leben lang verfolgen würde. Sie war nun abhängig und würde sie wieder hören wollen. Und vermutlich würde er sie ihr nun nicht mehr verweigern, denn sie war stillschweigend eingeweiht worden in sein Geheimnis.
 

„Mido!“

Navis Stimme war hoch und hell, und erinnerte stark ein kleines silbernes Glöckchen. In kurzen, schnellen Zügen umflatterte sie den Kopf des Kokiris, das wenige an Licht, was sie abgab, erhellte ein wenig dessen Gesicht. Mido war gealtert. Er hatte noch immer die jungen Züge des kindlichen Volkes, ein Gesicht voll Sommersprossen, einer großen Nase und weiten blauen Augen. Doch sein Antlitz hatte die Weichheit der kleinen Leute verloren, die gebräunte Haut spannte sich über Wangenknochen und Stirn, das rotbraune Haar war strähnig und wild. Es war lang geworden und Salias Bruder war gezwungen es in einem Pferdeschwanz zusammenzubinden. Auch seine Statur hatte sich verändert. Er war deutlich größer, mit Abstand nun größer als jedes andere Kind des Dekubaums, und dazu stämmiger. Sehnige, kleine Muskeln spannten sich unter seiner abgewetzten grünbraunen Kleidung, die er notbeholfen mit einer kleinen Kapuze zum Schutz gegen den Regen versehen hatte.

„Mido!“, klingelte die Stimme der Fee nochmals in die Stille der weiten Grasebene durch die sie schritten.

„Ja, ich habe es auch gespürt.“ Dann erst drehte er sich um und blickte nach Süden. Wochenlang waren sie mühsam zu Fuß nach Norden geeilt um der Dunkelheit zu entrinnen, die so lange Zeit über den Himmel hinter ihnen eingenommen hatte: Eine gewaltige Säule aus purer Schwärze, an der von Zeit zu Zeit in einem Gewitterausbruch Blitze niedergingen. Alles wurde von ihr verdeckt, sie erstreckte sich bis in den Himmel und war so breit wie das gesamte namenlose Land, welchen von ihr eingeschlossen wurde. Dunkle Verheißung war von ihr ausgegangen, eine ständige Mahnung über den Vormarsch des Großmeisters des Bösen. Und nun war sie verschwunden.

Hinter einigen dunklen Wolken war ein grauer Himmel zu erkennen und nun sah man auch wieder die Umrisse des Gongol-Berges am südlichen Horizont und einen geraumen grünen Flecken, welcher den herrlichen Tyloria-Wald darstellte, wie der Kokiri wusste. Einen Moment lang erinnerte Mido sich an die weiten Lichtungen, und an die dicht bewachsenen Stellen, an die klaren Seen und die vielen verschiedenen Bäume, Gräser und andere Gewächse. Er fragte sich, wie es nun dort aussah, da Ganondorf scheinbar mit seinen Angelegenheiten in dem Land der Mitte des Kontinentes fertig war. Von nun an würde er sich wieder nach Norden wenden und mit größtmöglicher Schnelligkeit ins gesegnete Reich ziehen, um es mit Tod und seiner dunklen Macht zu überziehen. Seine Schwester und sein Volk waren in Gefahr, ebenso wie das magische Waldreich, welches einst sein Zuhause gewesen war.

„Komm, lass uns, uns nicht damit aufhalten in seine Richtung zu starren, es wird ohnehin nichts bringen. Wir sind ihm um einen Monatsmarsch voraus, und wir sind lediglich zu zweit. Er wird nicht so schnell nachkommen können.“ Der Junge setzte den Weg fort und blickte nicht mehr zurück.

„Wo willst du jetzt hingehen?“, fragte Navi und Mido meinte Hoffnung aus ihrer piepsigen Stimme herauszuhören. Er ließ es bleiben, sie daran zu erinnern, dass sie jederzeit nach Hyrule zurückzukehren konnte, wenn sie es wollte. Sie wusste darum und sie würde sein Angebot nie annehmen und ihn hier in der Wildnis alleine lassen. Dabei ging es dem kleinen Geschöpf nicht um die Gefahren der Welt, obwohl es doch äußerst gefahrvoll gewesen war offen nach Norden zu reisen, wo doch tausende Monster zu ihrem neuen Meister geströmt waren, sondern um die trüben Gedanken des Kokiri. Mido war ihr unendlich dankbar dafür. Er konnte nicht sagen, ob er das Leben, das er nun seit zwanzig Jahren führte, ohne ihre Hilfe überstanden hätte.

„Es zieht mich ebenfalls wieder nach Hyrule, das weißt du. Aber…“ Er zögerte.

„Aber, ich denke wir sollten das Waldreich von Termina vor der Bedrohung wahren. Sie werden zwar schon davon wissen, aber du kennst den Deku-König. Das einzige Deku-Reich der Welt…er wird denken, er sei unantastbar und sich in seinem hölzernen Palast verkriechen. Vielleicht wird er uns beiden mehr Gehör schenken, als den hylianischen Gesandten, immerhin sind wir auch Waldwesen…“ Er fand diese Maßnahme ehrlich notwendig, aber war es nicht auch viel mehr ein letztes Ausbäumen, gegen das nun kurz bevorstehende Wiedersehen mit seiner Schwester?

„Wir können danach nach Hyrule. Willst du sie nicht wieder sehen bevor der Krieg beginnt.“

„Ich würde sie ablenken…es würde sie ebenso aufwühlen wie mich, das weiß ich. Sie ist eine der Weisen, sie darf sich nun keine Ablenkungen erlauben, sie muss sich auf ihre Magie, die Verteidigung des Reiches konzentrieren. Kann ich es verantworten, sie zu einem solchen Zeitpunkt durcheinander zu bringen? Ich glaube nicht…wenn sie Ganon nicht gesammelt gegenüber tritt, könnte sie sterben. Und dann müsste ich auch sterben, und das will ich schließlich nicht.“, schloss er leise lächelnd. Navi ließ ein klingendes Geräusch ertönen, was er als Lachen auslegte. Damit war es beschlossen, sie würden erneut den Heimweg hinauszögern. Wie er ihr dankte für ihr Verständnis und ihre Anwesenheit und dafür dass sie ihn nicht hasste.
 

Die Nachricht über das Verschwinden des magischen Kraftfeldes und das Vorrücken des Großmeisters, löste in Hyrule eine Welle des Eifers aus. Die Leute gaben sich mehr Mühe denn je mit ihren Übungen, und versuchten alles, was sie noch erledigen wollten, zu tun. Denn es war der Tod, der sich Hyrule nun wieder näherte und schon bald würde er da sein und dann würde es für sehr viele zu spät sein. Lange Zeit war Ganondorf mit seiner Armee stehen geblieben und nun da er ihnen wieder entgegen zog, meinen die Leute endlich erfahren zu können, was er so lange in dem namenlosen Land gemacht hatte. Sie wurden enttäuscht. Es war nicht klar, was sie eigentlich erwartet hatten, aber gewiss irgendetwas.

Selbst die Weisen konnten lediglich eine einzige Veränderung ausmachen, und diese wäre auch eingetreten, wenn Ganon mit seiner Armee einfach weitermarschiert wäre. Die Menschen unter seinem Kommando verloren die Kontrolle über sich selbst, sie wurden zu seinen Kreaturen, Geschöpfen seines Willens. Seine dunkle Macht veränderte sie: Sie konnten nun schneller und weiter marschieren, mussten weniger Nahrung zu sich nehmen, denn nun nährte sie seine Bosheit. Sie waren grausam und wild geworden, wie die Monster, die sie begleiteten, und schienen ihre Menschlichkeit und ihre Emotionen hinter sich gelassen zu haben. Das war zu erwarten gewesen, da der Großmeister so lange Zeit gehabt hatte sie in seinen Bann zu schlagen, und der Effekt war sicher durch die wochenlange Unterbrechung verstärkt worden, doch konnte es das unmöglich wert gewesen sein, den Hylianern so viel zusätzliche Zeit zur Vorbereitung zu geben. Es musste noch etwas geschehen sein, etwas das noch nicht erkennbar wurde. Unruhe und Rastlosigkeit nahmen zu. Und dann wurde der noch vor kurzem so weit entfernte Krieg bittere Realität, denn Ganondorfs magisch manipuliertes und verändertes Herr marschierte mit viel größerer Geschwindigkeit als erwartet. Nur zwei Wochen nach der Wiederaufnahme der Reise nach Norden, passierten sie den ersten der Stadtstaaten. Sie machten sich nicht einmal die Mühe nach neuen Rekruten zu suchen. Tausende geflügelter Kreaturen, vor allem mit Flügeln versehner Knochengänger, verdunkelten den Himmel und spähten die Umgebung aus und so erfuhr Ganondorf rasch, dass sich der Norden vor ihm in Sicherheit gebracht hatte.

Umso überraschender kam es, dass als am Ende der zweiten Woche diejenigen Bewohner des Nordens mit ihren Angriffen begannen, die ihre Heimat nicht hatten verlassen wollen, deren Hauptstreitmacht nicht sofort entdeckt wurde.

Zuerst waren es nur kleine Gruppen, die nachzügelnde Monster und kleinere Menschengruppen angriffen, aufrieben und in einigen wenigen Fällen auslöschten, doch diese Kleinigkeiten häuften sich und wurden immer dreister. Mitten am Tage wurden spähende fliegende Knochengänger abgeschossen, aber als nur kurze Zeit später berittene Einheiten und flinke Monster auftauchten, fanden sie niemanden. Einmal wurde einer dieser Verfolgertrupps selbst in eine Falle gelockt und ab da an, hielt sich die Streitmacht weitestgehend zusammen und grausamere Kreaturen hielten des nachts Wache.

Die Hylianer hatten dank der Spähkünste der Shiekah solch genaue Informationen, denn Angehörige dieser mysteriösen Rasse beschatteten täglich das sich nähernde Herr und nahmen gar mit den Widerstandskämpfern im Namen Zeldas Kontakt auf, um ihnen mit Informationen und Ausrüstung zu helfen. Bald schon hallten Explosionen durch das hintere Heereslager, als Krabbelminen auf die Vorratswagen oder Ausrüstungskolonnen abgeschossen wurden und in dem darauf ausbrechenden Chaos schlichen sich besonders mutige Streiter in das Lager hinein und vergifteten vor sich hin köchelnde Suppen oder setzten Zelte und Wagen in Brand. Gleichzeitig wurden an anderer Stelle Pferde erschreckt und Wachen getötet.

Nach fast anderthalb Woche dieser Vorgehensweise machten die Kämpfer des Nordens jedoch einen Fehler: Sie griffen mit einer größeren Heereskraft an.

Es waren ihrer ungefähr fünftausend und an diesem Tag griffen sie nachts von zwei Seiten (das Heer hatte sich vor dem Aufmarsch des Großmeisters nach Westen und Osten hin aufgespalten) mit ihrer gesamten Stärke die Nachhut an. Nicht wenige waren beritten und diese Reiter bildeten die Vorhut und preschten an den Wachen und Kreaturen der Nacht vorbei weit ins Lager, alles niedertrampelnd und abstechend, was in ihre Reichweite kam. Dann folgten die heranstürmenden Bodentruppen und lieferten sich Gefechte mit den von magischer Raserei gepackten Soldaten, die sich scheinbar nicht um ihre Wunden kümmerten, bis sie einfach zusammenbrachen. Es war dann schnell vorbei. Aus dem Nichts tauchten Dutzende von karthasischen Magiern auf und flößten den Angreifern so viel Furcht ein, dass sie zu fliehen versuchten. Sie kamen nicht weit dabei. Hunderte Knochengänger trieben wie unheilvolle Schösslinge aus der Erde und die Nordmenschen fanden sich alsbald von allen Seiten umzingelt. Tapfer kämpften sie um ihr Leben, doch angesichts der gegnerischen Massen vor, hinter, unter und über ihnen, hatten sie keine Chancen. Den Wenigen, die durch die Blockade der Skelettkrieger brechen konnten, halfen die Shiekah, indem sie die verfolgenden Kreaturen niedermachten. Weiter griffen sie nicht ein, denn ihre Anwesenheit sollte nicht bemerkt werden.

So endete das Heer des Nordens. Einige kleine Siege hatte es errungen und doch nichts für Hyrule bewirkt, denn an der Situation hatte sich nichts geändert. Vielleicht war dies der Zeitpunkt an dem den Bewohnern des Großreiches wirklich klar wurde, wie vergänglich das Leben von vielen doch in einem Krieg war.

Die Heerscharen marschierten weiter und schließlich brachen die letzten Tage an, vor dem Aufmarsch der Streiter für das heilige Land der Göttinnen am goldenen Pass.

Auch in Links Familie machte sie Nervosität breit und eines Abends zog Kira ihren Bruder Ren mit sich zum Hyliasee, um mit ihm zu reden.

Ren war erstaunt von Kiras Ernsthaftigkeit gewesen und ließ sich deshalb überreden. Sie begaben sich schweigend zu der Insel, auf der Kira gerne ihre Nächte verbrachte. Dort blickte er sie erwartungsvoll an, doch seine Schwester schaute nur auf das Wasser des Sees hinaus und verzog in Gedanken zynisch den Mund, als sie die friedvolle Nacht mit der Stimmung des Landes verglich. Mitten im Frühling würde der Krieg beginnen, unter klarem Himmel und in der Wärme der Sonne. Bald schon würde all das von weitaus schlimmeren verdeckt werden als von Regenwolken, dachte sie schaudernd. Von Pfeilhageln, Rauch, Magie und Tod…

„Oroelle war in den letzten Wochen nicht mehr hier.“, sagte sie dann unvermittelt zu ihrem Bruder, der mittlerweile ähnlichen Gedanken nachgehangen hatte. Ren wollte im ersten Augenblick auffahren. Hatte sie ihn bedeutungsschwer an diesen Ort gebracht, um ausgerechnet über sein Verhältnis zu Oroelle zu reden?

Seine mürrischen Gedanken mussten sich auf seinem Gesicht widergespiegelt haben, bevor er etwas sagen konnte, denn Kira ergriff wieder das Wort:

„Keine Sorge, heute ausnahmsweise mal ganz ernsthaft.“ Tatsächlich lag in ihrer Stimme kein Spott, kein Anzeichen von Sarkasmus oder Neckerei. Etwas verwirrt strich er sich nachdenklich über die Haare.

„Nein, das war sie nicht. Ich schätze sie ist im Süden und kundschaftet die Armee aus.“

„Ja, das denke ich auch. Meinst du sie kommt noch einmal vor deinem Auszug zum Pass zurück? Ich meiner hierher, zu dir?“

„Ich weiß nicht…“, gestand er etwas niedergeschlagen. Er hatte sich viele Gedanken über die Shiekah gemacht in den letzten Tagen, ob sie wiederkommen würde, ob sich in Sicherheit war… Es war ein seltsames Gefühl den Gedanken sich vielleicht nie wieder zu sehen ernsthaft in Erwägung ziehen zu müssen.

„Du wünschst es dir“, stellte Kira fest ohne ihn dabei anzusehen. Noch immer blickte sie ins Wasser.

„Kira, was...?“ Mit einer knappen Geste schnitt sie ihm das Wort ab.

„Wir wollten heute ganz ernsthaft sein, weißt du nicht mehr? Antworte doch einfach. Irgendwann musst du darüber sprechen und bald sind wir vielleicht nicht mehr in der Lage dazu.“

Ihre Stimme war kalt, so hatte Ren sie noch nie reden gehört. Plötzlich fröstelte er, obwohl sein Zoraerbe seine Kälteempfindlichkeit extrem stark eindämmte.

„Ja, ich wünsche es mir“, antwortete er wahrheitsgemäß und wagte es nicht, seiner Schwester weitere Fragen zu stellen.

„Du liebst sie wirklich…Ich hatte anfangs gedacht es wäre nur eine harmlose Schwärmerei, allenfalls Verliebtheit. Liebe und Verliebtheit sind nicht dasselbe, weißt du? Verliebtheit ist immer schön, vergeht schnell und man trauert ihr nicht nach. Aber wirkliche Liebe ist grausam, ein zweischneidiges Schwert aus Eis. Man wünscht sie sich oft, doch wenn es dann soweit ist, möchte man am liebsten, dass es aufhört. So stelle ich es mir zumindest vor, wenn ich dich beobachte. Eine Liebe, wie du sie für Oroelle empfindest, kenne ich noch nicht selbst. Ich hoffe, dass sich das in Zukunft ändern wird, falls es noch eine Zukunft für mich geben wird.“

„Wieso erzählst du mir so etwas?“, fragte Ren mit einem flauen Gefühl in der Magengegend. Nun war ihm ganz und gar bitterkalt. Einen Augenblick lang wünschte er sich, dass sie wieder zu der Schwester wurde, die er kannte, doch den Gefallen tat sie ihm nicht. Heute nicht. An diesem Abend sollten sich weder sie noch er verstellen, hatte Kira sich vorgenommen.

„Ich habe Angst vor der Zukunft.“

Ren schnappte hörbar nach Luft. Ungeachtet der seltsamen Wende des Gespräches, hätte er niemals von Kira ein solches Einverständnis erwartet, vor allem ihm gegenüber nicht.

„Überrascht? Ja, ich habe Angst. Ich weiß nicht, was mit mir werden soll. Du hast ja wenigstens die Option in Vaters Fußstapfen zu treten, doch was ist mit mir? Mutters Erbe, gewiss, aber kann das alles sein? Bislang habe ich noch keine befriedigende Antwort darauf gefunden.“

Endlich rührte sie sich. Sie schüttelte den Kopf und streckte einen Arm weit von sich, dem Wasser entgegen. Ren hörte ein Blubbern und dann sah er, wie die Stelle, auf die Kira im Wasser deutete, wirbelte und spritzte und sich das Wasser dann in einem Strahl in die Luft ergoss. Keine Fontäne war es, kein unkontrollierter Wasserausschuss. Es war ein gerader Strahl aus Wasser, gleichsam einer glitzernden Säule. In der Luft wand er sich spiralförmig nach oben. Rutos Sohn staunte. Er hatte seine Mutter schon selten Magie wirken sehen, doch seine Schwester noch nie. Obwohl er von ihren Fähigkeiten gewusst hatte, war es wohl nie ganz zu ihm durchgedrungen. Entlang der ganzen Insel erhob sich nun sprudelnd das Wasser des Sees und hüllte sie in einen feuchten Kokon, so dass sie abgeschnitten waren von der Außenwelt. Von außen nahm dieser Vorhang die Form einer gewundenen blauen Muschel an.

Das Wasser blieb still, es floss nicht mehr, lediglich einzelne Tropfen lösten sich von Zeit zu Zeit und fielen auf das Gras der Insel. Ren hatte das Gefühl mit seiner Schwester nicht mehr am See zu sein, ja nicht einmal in Hyrule. Das war ihr Reich, schoss es ihm durch den Kopf und er schaute sie ehrfürchtig an.

„Wir sind allein“, stellte Kira überflüssigerweise klar.

„Du hast mich so etwas noch nie machen sehen, nicht wahr? Es ist wunderschön und ich kann noch viel mehr als das. Ich kann töten auf diese Weise und es würde noch schön aussehen. Das werde ich bald tun müssen.“ Sie sah ihm nun direkt in die Augen. Das Eisblau ihrer Augen funkelte ihn an, klarer und tiefer und dunkler als alles Nass, was sie gerade umgab. Er glaubte ihr.

„Wir haben beide gefährliche Rollen zu spielen. Wir könnten beide dabei getötet werden. Ich habe niemanden, wie Oroelle, aber du eben schon. Du solltest ihr sagen, was du für sie empfindest.“ Das brach den Bann unter Ren zu stehen schien.

„Was? Ich…nein, ich denke nicht, dass ich das machen werde. Ich hab mir darüber schon genug den Kopf zerbrochen. Oroelle und ich sind Freunde und das ist mehr als ich je zu hoffen gewagt habe. Das muss mir reichen…“

„Du bist zu bescheiden. Das warst du immer. Aber wenn du für dich zu diesem Schluss gekommen bist…ich werde nicht weiter in dich dringen. Nun, zumindest heute nicht.“ Sie lächelte flüchtig und selbst er musste kurz den Mund verziehen.

„Trotzdem finde ich, dass du ihr etwas Persönliches von Wert geben solltest. Nichts Materielles. Ich meinte mehr…einen Teil von dir selbst. Versteht du, worauf ich hinaus will?“

Ihr Bruder antwortete nicht, sondern schritt einmal schweigend um die Insel. Ja, etwas Persönliches von ihm, aber was, ohne seine Gefühle zu offenbaren? Seine Schwester musterte ihn wachsam.

„Hast du Angst zu sterben?“, fragte er auf einmal und blieb stehen

„Ich weiß es nicht“, gestand Kira.

„Ich schon. Wahrscheinlich hätte ich letztes Jahr auch gesagt, dass ich es nicht weiß, aber jetzt…Nein, ich fürchte mich davor. Ich will jetzt nicht sterben, nicht wo ich sie kenne.“

„Ich beneide dich…“, sagte seine Schwester leise und er schaute sie überrascht an.

„Du weißt gar nicht, wie sehr ich dich beneide, obwohl ich dir alles Glück der Welt gönne. Um ehrlich zu sein, finde ich, dass von allen, die ich kenne, wir beiden diejenigen mit dem größten Anspruch auf Glück sind. Wenn es einer verdient hat, dann doch wohl wir, oder?

Ren lächelte.

„Ja, wir haben es uns wirklich verdient.“

Das Wasser fing so plötzlich wieder an zu fließen, dass Ren aufschreckte. Es floss nach oben und der Zoraprinz konnte wieder die Umgebung des Sees sehen. Das zuvor von Kira verwendete blaue Element, sammelte sich in der Luft in Form von mehren perfekten Wasserkugeln. Dann zerplatzten sie nacheinander, und es sah aus wie ein Feuerwerk. Verdutzt sah Ren seine Schwester an, die wieder das ihm wohlbekannte grinsende Gesicht aufgelegt hatte. Nun, da sie ihm einen Einblick in ihr Innerstes gewährt hatte, sah er es mit etwas anderen Augen.

„Endlich ein Erfolgserlebnis“, meinte sie lachend unter dem Plätschern und Tosen über ihnen. Sie klang befreit.
 

Die Tage vergingen und die Shiekah kam nicht. Fast alle Familien des Landes bereiteten sich schließlich darauf vor, ihre Liebsten am nächsten Tag zum goldenen Pass ausziehen zu lassen.

Krieger, Magier und Handwerker. Hylianer, Goronen, Gerudos und Zoras.

Ren würde als einer der Hauptmänner der Zorastreitmacht mit dem Wasservolk ausziehen, sein Vater würde vorerst bei den Hylianern bleiben. Er wusste nicht, was Ruto und Kira tun würden, gewiss etwas, das mit der magischen Landesverteidigung zu tun hatte. Er wusste, dass auch Darunias Sohn großes magisches Potenzial hatte und seinem Vater dereinst als Feuerweise nachfolgen würden. Dennoch würde Link-goro die Goronen beim goldenen Pass befehligen. Eigentlich wollte Link mit seiner Familie diesen letzten Tag mehr oder weniger in Ruhe in verbringen, doch alle hingen nur ihren eigenen Gedanken nach und verstreuten sich dann in ihre Zimmer. Deshalb merkte es Ren nicht, als Oroelle kam, denn sie begab sich zunächst zu Kira. Auf Art der Shiekah hatte sie sich ausnahmsweise Eintritt zu ihrem Zuhause verschafft und klopfte dann leise an Kiras Tür.

„Herein!“, hörte sie Rens Schwester rufen und schwang die Tür auf. Kira wirkte ehrlich überrascht sie zu sehen, doch ebenso ehrlich freute sie sich auch.

„Oroelle! Was für eine angenehme Überraschung!“ Sie lief auf die Shiekah zu und zog sie auf ihr großes, mit blauen Decken und Kissen belegtes, Bett.

„Ich hoffe es ist nicht schlimm, dass ich einfach so hereingekommen bin…“, fragte Orolle lächelnd und ihr Gegenüber schüttelte energisch den Kopf.

„Du bist immer willkommen!“

„Nun, ich wollte noch zu Ren, bevor er Morgen zum Pass aufbricht, und ich wollte mich entschuldigen, dass ich deinen Geburtstag verpasst habe. Du weißt ja, es ist schwierig für mich mit konkreten Zeitangaben…“

„Ich bitte nicht, dass macht doch nicht. Ich freue mich, dass du hergekommen bist, vielen dank!“

Oroelle zog etwas aus einer Tasche und hielt es Kira hin. „Ein Geschenk“, sagte sie beinahe entschuldigend. Die Zoraprinzessin nahm es freudig überrascht entgegen. Es war ein Stein, der ausgehöhlt war. In seinem Inneren glitzerten violette Kristalle.

„Dieser Stein ist denen dienlich, die mit ihm umgehen können, und das kannst du. Er enthüllt alles Verborgene in deiner Umgebung, saugt Schatten ein und verbirgt dich wenn du es wünschst. Mein Meister würde aus der haut fahren wenn er wüsste, dass ich so etwas verschenke.“, schloss sie grinsend. Kira dankte ihr mit einer Umarmung und erzählte von den anderen Geschenken, die auch auf ihren Schutz ausgelegt waren. Die Shiekah entgegnete, dass dies normal sei zu solchen Zeiten und dass sie froh sei Kira in Sicherheit zu wissen. Dann erhob sie sich und verabschiedete sich, um zu Ren zu gehen.

„Ich bin froh, dass du wiedergekommen bist, Oroelle!“, sagte sie ihrer Freundin hinterher.
 

Ren hatte sich zwar schon einigermaßen an das oft unerwartete Auftauchen Oroelles gewöhnt, aber als sie dann in sein Zimmer trat, während er seine Ausrüstung durchging und sie so im ersten Augenblick nicht bemerkte, war es doch zu viel.

Er spürte sie, wie immer, bevor er sie sah und schrak leicht zusammen bevor er sich zu ihr umdrehte.

„Oroelle!“, rief er aus.

„Hallo, Ren. Ich sehe du bist am packen?“ Wie immer in ihrer Gegenwart erleichtert über Alltägliches oder über Fakten und Tatsachen zu reden, zuckte er mit den Schultern.

„Eigentlich ist alles schon seit gestern fertig, aber ich prüfe immer wieder nach, ob ich nichts vergessen hab. Es ist…nun ja, die erste Schlacht.“ Schon wieder färbten sich seine Wangen, dieses Rosa schlich sich wahrlich allzu oft in sein Gesicht, fand er.

„Es wird für die meisten die erste Schlacht sein. Selbst die Alten haben höchstens einmal ein Scharmützel miterlebt. Krieg hat Hyrule lange nicht mehr geführt. Es wird selbst für uns Shiekah die erste große Schlacht seit langer Zeit. Magie, Geschosse, Zehntausende Streiter und dunkle Kreaturen…“, erzählte sie, während sie sich seine Ausrüstung ansah.

Teil etwas Persönliches mit ihr, schoss Kiras Stimme durch seinen Kopf. Leichter gesagt als getan, aber was konnte er denn schon machen oder sagen?

„Werden die Shiekah auch am goldenen Pass mitkämpfen?“, fragte er, um Zeit zu gewinnen.

„Natürlich. Wir werden überall da einspringen, wo es brenzlig wird auf den Verteidigungsanlagen und außerdem hinter den feindlichen Reihen versuchen die wirklich gefährlichen Magier, Monster und Maschinen auszuschalten.“

„Wie wollt ihr dahin kommen?“, wollte er überrascht wissen, woraufhin Oroelle lächelte und mahnend den Zeigefinger hob.

„Na, die Geheimhaltung schon vergessen? Unsere Art des Reisens interessiert ja wirklich brennend“ Ren musste zugeben, dass sie bei ihren Gesprächen wirklich oft über dieses Thema stolperten und lächelte seinerseits zurück.

„Ja, ja, die Geheimhaltung, ich weiß.“, sagte er auf. Eine Weile saßen sie schweigend beieinander, bis er wieder das Wort ergriff:

„Es wird sehr gefährlich für dich werden, nicht wahr?“

„Ich nehme es an…“, antwortete sie vorsichtig. Schon wieder Geheimhaltung, dachte Links Sohn ergrimmt. Wie streng geregelt konnte ein Leben denn sein?

„Hast du Angst um mich?“, überrumpelte sie ihn plötzlich und er antwortete ganz automatisch mit „Natürlich“ Einen Moment lang sahen sie sich. Er meinte fast Überraschung in ihren sonst so beherrschten Zügen zu erkennen und er selbst war seltsamerweise erleichtert, nicht wütend auf sich oder beschämt. Das war es dann wohl. Etwas Persönliches.

„Natürlich habe ich Angst um dich. Du…bist mir sehr wichtig.“ Nun spürte er doch wie das Blut in seinen Kopf schoss und er senkte verlegen den Blick.

„Das…ist schön, dass du das sagst. Es bedeutet mir viel. Du bist mir auch wichtig, du weißt gar nicht wie sehr.“

Das war persönlicher als alles, was sie je ausgetauscht hatten, fast fühlte Ren so etwas wie Schwindel. Es war zu schön um wahr sein zu können.

„Unsere Freundschaft bedeutet mir so viel, ich bin froh dir damals nachgegangen zu sein. Ich…du hast mich an mich selbst erinnert weißt du?“ Sie fuhr fort, bevor er etwas entgegnen konnte.

„Der Sohn eines Menschen und einer Zora, des Helden der Zeit und der Weisen des Wasser…du schienst mir so verloren und fehl am Platz in dieser Menschenmenge in Kakariko. Allein anatomisch bist du, neben deinen Geschwistern, bereits einzigartig. Und als ich in dein Gesicht geblickt hab…nun du hast mich an mich selbst erinnert. Ich bin froh, dass es so gekommen ist.“

„Oroelle?“

„Ja?“

„Versprichst du mir diesen Krieg zu überstehen?“ Es war kindlich, das war ihm klar, aber es war ihm auch in diesem Augenblick egal. Etwas Persönliches…ja, das war es.

„Bitte pass auf dich auf und geh keine zu großen Risiken ein.“

Das Lächeln der Shiekah sah traurig aus.

„Ich fürchte es ist meine Aufgabe zu große Risiken einzugehen, aber…ich werde auf mich aufpassen. Ich verspreche es. Natürlich gilt das gleiche dann auch für dich!“

Er nickte und freute sich sehr diese Worte aus ihrem Mund zu hören. Er hatte es tatsächlich geschafft, eine enge Freundschaft zu ihr aufzubauen.

„Wir Shiekah nehmen einen solchen Pakt sehr ernst, also halte dich bloß daran, sonst kann ich für nichts garantieren!

„Das werde ich.“

Die Vorhut

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 17: Die Vorhut
 

Der Tag an dem der Kampf um den Goldenen Pass beginnen würde, war trocken und mild. Nur wenige Wolken waren am Himmel zu sehen, die Sonnenstrahlen brachen sich auf den vielen polierten Eisen- und Stahlflächen und ein leichter Wind erfüllte die Schlucht zwischen den beiden Ausläufern des Umgebenden Gebirges mit leiser Musik. Es war äußerst ruhig. Umso besser konnte man dadurch den Marsch von Karthas’ Vorhut hören. Fast fünfzehntausend Mann waren es und tausende dunkler Kreaturen begleiteten sie zu Luft und zu Boden. Es war bereits eine größere Armee als die der Verteidiger des Reiches und ließ erahnen, was für eine Macht ihr in einem halben Tagesmarsch Entfernung folgte.

Kommandant Havnor beobachtete das Vorrücken der gegnerischen Horden vom östlichen Turm des Einganges zur Schlucht aus. Eine verhältnismäßig schmale Öffnung war es, der Pass wurde erst später breiter, und sie war auf beiden Seiten von einem hohen Turm flankiert. Beide Bollwerke hatten ihre Grundmauern irgendwo tief im Fels und ragten halb geformt und halb gebaut aus den Gesteinsmassen. Mehrere größere und kleinere Öffnungen, die nichts weiter als Schießscharten waren, hatten sie und dazu noch viel mehr verborgene oder verschlossene, solche, die man von innen erst aufstoßen musste und von denen es auch in den untersten Etagen noch etliche gab, um besser auf Feinde zielen und schießen zu können. Zudem waren in den umgebenden Berg Flächen geebnet worden, drei verschieden liegende Terrassen des Turms, die man durch breite, starke Türen aus der Verteidigungsanlage betreten konnte. Sie wurden von etwa brusthohen Mauern geschützt. Auf jeder dieser Ebenen waren nun Soldaten stationiert.

Havnor war ihr Kommandant auf dem östlichen Turm und stand nun an der Mauer der mittleren Terrasse, die etwas südwestlich an das hohe Gemäuer grenzte. Wachsam beäugte er den großen dunklen Fleck, der sich gleichsam einem dicken und schwerfälligen Wurm nach vorne drückte und der, wie er wusste, aus so vielen verschiedenen Leibern zusammengesetzt war. Noch konnte man sie nicht sehen, die gewaltige Masse an Kreaturen verschmolz aus dieser Höhe zu einer einzigen, doch in den vordersten Reihen zumindest wurden wenigstens schon Konturen sichtbar. Es würde die Schützen kaum Überwindung kosten in dieses unförmige, dunkle Meer zu schießen, dachte er und unterdrückte ein Schaudern. Mit dem Schießen würde das Töten beginnen und er schätzte, dass die drei Katapulte auf der obersten Terrasse bald damit anfangen würden, ihre todbringenden Ladungen in die Luft zu schleudern.

Die beiden Anfangstürme, die den Auftakt zu den zahlreichen Verteidigungsanlagen dahinter bildeten, waren noch verhältnismäßig klein und es waren auf ihnen jeweils nur kaum über zweihundert Mann stationiert. Anfangs sollte lediglich die Kampfkraft von Ganondorfs Leuten und Monstern getestet werden, auch wenn der Großmeister des Bösen selbst erst mit der Hauptstreitmacht anrücken würde.

Da die Türme keine offene Spitze hatten, waren jeweils drei Katapulte samt Besatzung und einigen Wachen auf den obersten Ebenen positioniert worden. Achtzig Mann besetzten die mittlere, fünfzig die unterste Terrasse. Der Rest, ausnahmslos Schützen, waren im ganzen Turm an günstigen Positionen verteilt, doch natürlich befand sich auch die Mehrheit der Fernkämpfer zunächst mit den anderen Soldaten auf den Steinflächen, denn von dort aus konnten sie noch am effektivsten so etwas wie einen Pfeilhagel herunterschießen. Erst wenn ein Teil der gegnerischen Armee dabei war die Türme zu passieren, würden sie ihre Posten verlassen und sich überall in den Flanken des Gebirges verteilen, um effektiver und flexibler agieren zu können.

Noch war den Soldaten ihre Nervosität nicht allzu sehr anzusehen. Hier und da riefen sich die Männer Scherze zu und keiner von ihnen machte einen ängstlichen Eindruck. Gleichwohl war es ihnen dennoch allen klar, dass es nun beginnen würde. Bald würde sich entscheiden, ob sie lebend zu ihren Familien zurückkehren würden, wenn überhaupt, und ob es sich noch lohnen würde zu hoffen.

Als das Sirren der Katapulte ertönte und sich die ersten dunklen Schemen am Himmel zeigten, wurde es still. Gebannt beobachteten die Hylianer die Flüge der großen Steine. Die Armee war eben erst in Reichweite gekommen, deshalb wurden zunächst nur einzelne, aber dafür große Brocken unwahrscheinlich weit geschleudert. Wenn die Scharen erst näher waren, dann sollten mehrere etwas kleinere Felsen geschleudert werden, um mehr Schaden anzurichten. Auf Sprengstoffe jeglicher Art hatte man bei den ersten beiden Türmen verzichtet.

„Nun ja, zumindest fast…“, dachte sich der Kommandant und blickte kurz in die Berge am Rand des Einganges.

Scheinbar ohne erkenntliche Wirkung wurden die Geschosse von dem dunklen, träge dahin kriechenden Wurm geschluckt. Die Verteidiger auf den Türmen hörten weder den Aufprall noch Schreie noch sahen sie irgendeine Reaktion. Die Armee bewegte sich auf sie zu, als wäre nichts geschehen. Doch was sollten sie auch die sechs großen Steine kümmern, die irgendwo in ihrer Mitte niedergegangen waren, dachte Havnor bei sich. Wie viel Schaden mochte dies ausrichten? Einzelne Soldanten konnten unter dem Gewicht zerquetscht werden, ein Monster, wenn die Hylianer Glück hatten. Vielleicht rollte der Stein sogar noch weiter und zertrümmerte Gliedmaßen und Kriegsgerät auf seinem Weg. Doch was bedeutete das schon angesichts der Anzahl der Gegner? Der Anführer der Soldaten dieses Turms tröstete sich mit dem Gedanken, dass sich dies weiter hinten im Pass ändern würde.

Salve um Salve gaben die Katapulte ab und die Felsen gingen nieder und änderten nichts an dem steten Rhythmus tausender Schritte und vieler Trommeln. Die ganze Zeit über wurde kein Wort gesprochen. Die Bogenschützen traten an die Mauer und holten Pfeile aus ihren Köchern, behielten diese jedoch zunächst in den Händen. Havnor wusste, dass auf dem westlichen Turm genau das gleiche von statten ging. Die Türme waren nicht nur in ihrem Aufbau symmetrisch, die dortigen Befehlshaber hatten auch die gleichen Order.

Schließlich war es soweit und die Schützen legten an, hoben die Bögen und schossen, während die ersten Reihen der kathasischen Armee mehr oder weniger erkennbar geworden waren. Diejenigen, die als erste sterben würden, waren ohne Ausnahme Menschen.

Von den etwa zweihundert Mann auf jedem Turm waren fünfzig besonders ausgebildete Fernkämpfer, doch es waren mehr als hundert, die anfangs den Tod verschossen. Gleichzeitig änderten die Katapulte ihre Ladungen: Um nicht mit zu kleinen Geschossen zu schießen, wurden nun jeweils immer drei dicke Gesteinsbrocken von einem Katapult gleichzeitig geworfen. Noch immer wurden keine Resultate sichtbar. Die Fernkämpfer feuerten in rascher Folge und gaben den dabei Anwesenden die Hoffnung, wenigstens etwas auszurichten. Doch die Armee marschierte ungerührt weiter. Ob die Schützen tatsächlich zu wenig Schaden anrichteten, oder ob Ganondorf seine Streiter schon soweit verändert hatte, dass sie sich davon nicht beeindrucken ließen, das wusste Havnor nicht zu sagen. Er und die anderen Nahkämpfer waren zunächst dazu verurteilt, nichts weiter zu tun, als zuzusehen, wie Pfeile gezogen wurden, Sehnen sich spannten und kleine, verschwommene Schemen durch die Luft zischten.

Schon bald waren die ersten Pfeilladungen verbraucht, doch der Kommandant hatte bereits neue Köcher aus dem Inneren des Turmes holen und bereitstellen lassen. Auf diese Weise verging einige Zeit. Die zuvor erwarteten Schrecken blieben aus. Wieso wurden sie nicht aus der Luft angegriffen, fragte sich Havnor, während er das dunkle Meer an allerlei Wesen vor ihnen nach irgendwelchen Reaktionen absuchte. Wollte sie der Großmeister auch erst testen, bevor er seine ganze Macht und die Karthas’ entfesselte?

Er konnte nicht sagen wie viel Zeit vergangen war oder wie viele Pfeile verschossen worden waren, als die gegnerische Armee sich endlich an der Spitze verdünnte und sich langsam durch den Eingang schob, womit sie schließlich hylianischen Boden betrat. Noch immer träge und langsam zogen die Reihen an den beiden Zwillingstürmen vorbei und wurden von allen verfügbaren Schützen unter Beschuss genommen. Die Katapulte ließen ihre Ladungen weiter durch die Luft gleiten. Obwohl einige größere Zusammenballungen in dem großen dunklen Haufen sichtbar waren, von denen Havnor annahm, dass es sich um Kriegsmaschinen handelte, wurden nicht einmal gegnerische Bögen abgeschossen. Stumm wurde alles, was von oben herab geschossen wurde von dem unheilvollen Wurm geschluckt.

Havnor konnte von seiner Position aus erkennen, wie eng die einzelnen Reihen der karthasischen Soldaten beieinander standen, wie sie von ihrer eigenen hohen Anzahl gegen die massigeren Geschöpfe gedrückt wurden, von denen sie flankiert wurden. Der Kommandant schnaubte leise als er sich diese Kreaturen mithilfe eines Fernrohres aus Termina genauer ansah. Moblins, dachte er angewidert wenn auch nicht überrascht sie zu sehen. Diese großen, schweineschnäuzigen Wilden waren mit einem geringen Maß an Intelligenz gesegnet (oder gestraft) und bevölkerten den Kontinent zu Tausenden, wobei sie in kleineren und größeren Gruppen mordend und brandschatzend durch die Lande zogen. Grausamkeit und der Drang zu zerstören und zu plündern lagen ihnen im Blut und es war von vornherein klar gewesen, dass sie sich Ganondorf mit Freuden anschließen würden.

Er drehte etwas an der dicken, eingefassten Glaslinse und konnte kurz darauf noch mehr Einzelheiten erkennen. Die Termianer waren wirklich genial, dachte er dabei im Stillen, Glas so zu formen, dass es einen dazu befähigte weit in die Ferne schauen zu können.

Die Moblins waren große Kreaturen, sie maßen im Durchschnitt zwischen zwei und drei Meter. Ihre breiten Körper, die zu größten Teilen aus dicken Muskeln bestanden, waren mit schmutzigbraunen Borsten überzogen und dies erweckte, zusammen mit dem dümmlichen Gesicht mit der Schweineschnauze und den Hauern, den Eindruck eines Wildschweins. Nichtsdestotrotz gingen sie auf zwei, zum Rest des Körpers unproportionalen, kurzen Beinen und hatten Arme wie kleine Baumstämme, die noch dazu unnatürlich lang waren. Alle die Havnor ausmachen konnte trugen wuchtige Lanzen und Speere, viele davon mit Knochen behangen. Fast meinte er ihren dreckigen Atem riechen zu können und ihr hässliches Grunzen zu hören, doch dies bildete er sich gewiss ein. Bislang war das gesegnete Reich von solchen unreinen Kreaturen verschont geblieben, dachte er zähneknirschend, während er immer noch nichts weiter tun konnte als in der Masse nach Reaktionen auf den Beschuss zu suchen. Von Zeit zu Zeit konnte er beobachten, wie ein Pfeil sein Ziel fand und ein Mann oder ein Moblin zusammenbrach, doch die Nachfolgenden stiegen einfach über die Leichen hinweg und kümmerten sich nicht weiter um sie. Ihr Herr hatte sie wahrlich abstumpfen lassen.

Es war daher kaum etwas geschehen bis die Weisen endlich ihren Plan in die Tat umsetzten. Noch immer galt es die gegnerische Stärke und deren Möglichkeiten zu bestimmen.

Es geschah als die vorderen Reihen der Armee fast in Reichweite der nachfolgenden Anlagen gekommen waren. Schon schossen die ersten Katapulte aus der hinteren Schlucht und weitere Schützen machten sich bereit, mehr als in den ersten zwei Türmen.

Morbide Faszination erfüllte Havnor als er das Schauspiel beobachtete.

Zu beiden Seiten des Passeinganges ragten vor den Verteidigungstürmen hohe Felsmassive hervor. Sie waren voller Sprengladungen. Mit einem einzigen Gedanken entzündete Darunia, der Weise des Feuers, aus dem heiligen Kreis von Hyrule inmitten der Halle der Weisen im Lichttempel sämtliche Lunten. Die Sprengsätze waren geschickt platziert worden, die Shiekah hatten sie an diejenigen Stellen gebracht, die die Goronen ihnen gewiesen hatten. Nun rutschten die Flanken beider Berge unter einer gewaltigen Steinlawine und mit einem ohrenbetäubenden Getöse herab und ihre Flugbahn wurde von Darunia gelenkt. Hunderte Männer und Moblins, einige Wagen und alles was sich noch gerade im Passeingang befand, wurden gnadenlos unter den Gesteinsmassen begraben. Durch die Luft segelnde Steine erschlugen noch vor dem Umgebenden Gebirge Ganons Schergen, während im Goldenen Pass selbst etwa zweitausend Köpfe eingeschlossen wurden. Der Eingang ins Großreich war verschüttet.

Die Weisen wollten die Karthaser dazu zwingen mit ihrer Artillerie den Weg wieder frei zu sprengen, um deren Zerstörungskraft zu testen. Zudem war es nun nur eine kleine Streitmacht, die sich im Pass befand, eine Anzahl, die die umgebenden Schützen durchaus ausnehmen konnten.

Die Katapulte der Eingangstürme wurden neu justiert und wieder mit einzelnen, großen Gesteinsbrocken beladen. Sie würden auf den Platz direkt vor der Mauer aus zerbrochenem Stein und dichtem Staub zielen, um es den Gegnern zu erschweren ihre Zerstörungsmaschinen zu positionieren. Indes lösten sich noch immer Steine aus den Bergen und gingen nieder, rissen weitere mit sich und sorgten dafür, dass die Besteigung der herabgestürzten Felsmassen ein zu großes Wagnis für die Angreifer werden würde. Sie kamen nicht um den Einsatz ihrer fortschrittlichen Sprengwaffen herum.

Die Verteidiger des Reiches auf den Türmen hatten nicht einen einzigen Stein über sich ergehen lassen müssen. Behütet von der Macht des Weisen von Feuer und Erde, hatten sie in aller Ruhe mitangesehen, wie so viele ihrer Gegner einfach zermalmt oder begraben worden waren. Havnor schätzte, dass bei diesem einzelnen kurzen Einsatz eines der Weisen mehr Feinde gestorben waren, als unter dem ganzen bisherigen Beschuss. Wie viele mochten es sein? Sie hatten so dicht beieinander gestanden…fünfhundert mindestens, sechshundert vielleicht oder gar noch mehr?

Er wusste, dass sich bei einem Erdrutsch Hohlräume bilden konnten. Waren dort unten in eben diesem Augenblick arme, einst freie Männer in dunklen Höhlen mit immer knapper werdender Luft eingesperrt? Ließ die Macht des Bösen wenigstens in ihrem Todeskampf von ihnen ab? Trotzdem ließ sich Tiran nicht von dem ausbrechenden Jubel unter seinen Männern täuschen. Und wären es doppelt so viele gewesen, was machte das schon für einen Unterschied? Wäre doch der Eingang in den Pass nur breiter gewesen und hätte mehr Platz geboten…

„Wir haben sie, Kommandant!“, grinste ihn ein Soldat von der Seite an und deutete nach unten, jedoch nicht auf die eben entstandene Sperre sondern auf die sich im Pass befindenden, von Nachschub abgeschnittenen, feindlichen Truppen. Er lächelte grimmig.

„Ja das haben wir. Bogenschützen!“ Das letzte Wort rief er laut als Befehl. Abermals traten die Fernkämpfer an die Mauer, und abermals legten sie an, spannten und schossen. Havnor hob sein Fernrohr, das er die ganze Zeit über in der Hand hielt. Endlich regte sich der Feind.

Er konnte nicht sagen, was vor dem Eingang in den Pass geschah, doch zwischen den beiden Türmen reagierten die etwa zweitausend Streiter des Großmeisters des Bösen endlich.

Die vorderen Reihen zogen sich aus der Reichweite der weiter hinten im Pass stationierten Katapulte zurück, ohne jedoch dabei in eine panische Flucht zu verfallen. Endlich zeigten die Männer dort unten, dass ihnen ihr Leben nicht egal war, denn nun hoben sich hunderte Schilde über ihre Köpfe und empfingen den Pfeilhagel. Planen wurden von Wagen zurückgerissen und breite Holzbretter hervorgeholt, die als besonders große Schutzschilde fungierten. Schützen reihten sich entlang der gesamten Länge der Armee überall dort auf, wo sie mehr oder weniger abgeschirmt waren und zuletzt flogen denn auch hunderte Pfeile hinauf statt nur hinunter.

„Pfeile!“, schrie Havnor und zog sich von der Mauer zurück. „Alle Nahkämpfer: Hebt die Schilde! Schützen: Hinter die Mauer, in Deckung!“

Die oberste Terrasse, diejenige mit den Katapulten, lag zu hoch oben, doch die mittlere und vor allem untere konnten von den karthasischen Bogenschützen angegriffen werden. Nach den ersten Salven, die oben scheinbar keinen Schaden anrichteten, widmeten sich die gegnerischen Schützen den beiden untersten Terrassen der beiden Türme. Ihre Pfeile wurden jedoch zuhauf aus der Bahn geworfen und zerknickten mitten im Flug oder stoppten urplötzlich in der Luft und fielen. Havnor warf den beiden hylianischen Magiern, die im Schatten des Turms an der Mauer standen einen dankbaren Blick zu, den sie jedoch nicht erwiderten, da sie sich voll auf den Schutz der Soldaten konzentrierten. Stumm standen sie da und blickten in die Tiefe und kein Pfeil drang zu ihnen oder den Verteidigern des Reiches durch. Auf allen Bollwerken im Pass waren Magier im Einsatz und Havnor wagte nicht einmal daran zu denken, wie ihre Chancen ohne sie ausgesehen hätten. Seinen Schild ließ er deshalb wieder sinken und ging zum Hauptmann der hiesigen Bogenschützen. Er Mann hatte einen dünnen, drahtigen Körper und war mittleren Alters. Eben ließ er einen Pfeil von seinem Langbogen schnellen und hatte bereits einen zweiten in der Hand, als der Kommandant ihn erreichte.

„Kommandant.“, nickte er ihm knapp zu, warf einen Blick über die Mauer nach unten und wartete auf seinen Befehl.

„Ich möchte, dass du deine besten Schützen nimmst und dich mit ihnen nun im ganzen Turm verteilst.“ Der Schütze nickte zustimmend.

„Wir müssen etwas weiter herunter, um besser zielen zu können, außerdem sind auch die Ersatzpfeile drinnen.“

Er hatte Havnor eben verlassen, da hörte dieser einen lauten Ruf: „Kommandant!“

Der Befehlshaber drehte sich um und sah einen Soldaten auf sich zurennen.

„Schnell Kommandant, das müsst ihr euch ansehen, sie erklimmen den Berg!“ Ohne weiter nachzufragen ließ er sich von dem Mann zur südlichen Mauer dieser mittleren Außenfläche des Turms führen. Er wappnete sich gegen den Anblick der sich ihm bot und fand seine Befürchtung bestätigt. Die ausgestreckten Arme und die Rufe aller anwesenden hylianischen Soldaten deuteten auf eine hohe Anzahl kleiner roter Punkte, die über die Bergflanke in ihre Richtung kletterten und hüpften. Havnor schaute durch sein Fernrohr.

„Rote Arachnos, dutzende von ihnen.“, stellte er fest.

Arachnos waren große spinnenartige Wesen mit einem flaumigen Fell von denen es zwei Arten gab: Die blauen, die Wassergebiete bewohnten und sich mit ihren acht Beinen auf der Oberfläche des kühlen Nass halten konnten, und die roten, die in Gebirgen lebten, unter anderem auf dem Todesberg. Sie hatten rotes Fell, ragten einem ausgewachsenen Mann bis knapp über die Hüfte und klapperten mit ihren spitzen, gefährlichen Greifzangen. Die scharfen Klauen an ihren Beinen erlaubten es ihnen sich im Gebirge im Stein festzuhaken. Es bereitete ihnen keine Probleme die steilen Felswände des Umgebenden Gebirges zu erklimmen und sie bewegten sich mit hohen, weiten Sprüngen fort, krallten sich fest und sprangen weiter.

Kurz blickte Havnor zum Berg auf der gegenüberliegenden Seite hin. Auch dort strömten sie auf den Turm zu. Mit Leichtigkeit und großer Geschwindigkeit erklommen sie die Sperre aus Geröll am Eingang zur Schlucht und sprangen von dort aus aufs Berggestein. Kurz überlegte Havnor, wann man wohl mit dem Angriff auf diese Mauer dort unten beginnen würde, als er auch schon seine Befehle brüllte.

„Du, hol die Bogenschützen zurück, die ich eben weggeschickt habe. Wollen wir doch mal sehen, ob sich ihre Ausbildung bezahlt gemacht hat.“, sagte er zu dem nächststehenden Soldaten, der sich sofort auf den Weg machte.

„Lanzenträger sofort an die Südmauer!“, brüllte er dann in die Menge hinein. Rasch stellten sie sich auf, ausgerüstet mit den langen, stählernen Spießen, die die Goronen eigens für die vielen dunklen Kreaturen des Feindes geschmiedet hatten. Die Arachnos würde ein kleiner Wald aus tödlichem Eisen begrüßen, sobald sie über die Mauer kommen würden. Und dies würden hoffentlich nur wenige sein, dachte er, als die Bogenschützen unter Führung ihres Hauptmannes zurückkehrten. Fünfundzwanzig Bögen zielten auf die großen Spinnen, die sich dem Turm näherten. Immer mehr von diesen Geschöpfen drängten auf den Berg, es mussten bald hundert werden. Und auf der anderen Seite der Schlucht würde es genauso sein.

Dieses Mal handelte es sich nur um ausgebildete Schützen und sie ließen sich nun etwas mehr Zeit mit dem Zielen. Wachsam verfolgten sie den Weg der springenden Biester. Sie schossen auch nicht mehr alle gleichzeitig sondern einzeln, nach eigenem Belieben. Die Pfeile flogen über den Berg und auf die Spinnen zu, die sich weitläufig verteilt hatten. Havnor sah, wie mindestens ein Dutzend getroffen wurde, die Pfeile blieben stecken, doch das Blut konnte man wegen des roten Fells nicht sehen. So oder so, ein einzelner Pfeil richtete unter ihnen nicht viel Schaden an, das merkten die Schützen schnell.

Fluchend setzten sie sich in kleinen Gruppen zusammen und schossen alsbald gemeinsam auf einzelne Exemplare. Die ersten fielen endlich, nachdem drei, vier oder gar fünf gefiederte Schafte aus ihren Körpern hervorragten.

Eine Weile sah der Kommandant ihnen zu, wie sie hier und dort einzelne Arachnos erlegten, wie die Spinnenwesen den Berg herunterrutschten und in zwei Fällen sogar Artgenossen mit sich rissen. Doch es waren einfach zu viele. Es würden immer zu viele sein.

„Hol einen der Magier her“, befahl er einem jungen Mann, von dessen Gesicht er leichte Sorge ob der geringen Verluste der Monster durch die Schützen ablesen konnte. Es dauerte etwas bis sie zurückkamen, und die roten Punkte waren schon lange keine Punkte mehr. Die ersten Feinde würden bald Fuß auf eine der Verteidigungsanlagen des Landes setzen.

Der Magier, ein älterer dünner Mann mit faltiger Haut und leicht angegrautem Haar jedoch mit entschlossenem Blick, erfasste die Situation schnell. Einen Moment lang sah er sich suchend im Gebirge um, bis er schließlich auf eine Stelle südöstlich der südlichen Mauer zeigte. Ein Krachen war zu hören, als sich abermals große Steine lösten und viele kleinere mit sich zogen. Sie kreuzten den Weg der Arachnos zum Turm und rissen viele von ihnen mit in die Tiefe und abermals dachte Havnor daran, wie hilflos sie ohne Magie gewesen wären. Und es war noch nicht vorbei. Denn noch immer befanden sich etwa zwei Dutzend der Kreaturen gefährlich nahe. Eben noch fallende Gesteinsbrocken schossen in die Höhe und zerschmetterten sie. Einen, zwei, drei…die Felsen flogen so schnell, dass der Kommandant kaum mit dem Zählen nachkam. Elf, zwölf, dreizehn…

Staunend und bewundernd schauten die umstehenden Männer dem Magier dabei zu, wie er die rote Flut, die den Berg erklomm, eindämmte und zurückwarf. Manchmal traf einer der fliegenden Steine sein Ziel nicht und dann wurde die gleiche Spinne beim nächsten Mal doppelt so wuchtig getroffen. Es war ein Vorgang von einigen Augenblicken, bis die Mehrheit dieser rothaarigen Angreifer verging, doch es dauerte noch eine Weile bis auch die letzten nahen Exemplare tot waren, denn sie sprangen stets von ihrem Weg zum Turm aus in unerwartete Richtungen und entgingen so den magisch geschleuderten, rotierenden Geschossen. Schließlich waren die Arachnos abermals nur rote Punkte in der Ferne.

„Dies muss fürs erste reichen, wir haben strikten Befehl von den Weisen bekommen, unsere Kräfte sparsam und mit Bedacht einzusetzen.“, sagte der Mann mit fester Stimme laut vernehmlich und machte sich wieder auf den Weg zu seinem Gefährten.

„Schafft ihr es nun uns diese Viecher noch eine Weile vom Leibe zu halten?“, fragte Havnor die Schützen, welche abschätzend zu den besagten fernen Viechern blickten. Sie versicherten, dass es nun anfangs weniger sein würden und dass sie von jetzt an besser vorbereitet seien. Dies genügte ihm und er verließ sie und begab sich wieder zur westlichen Mauer, die genau zur Schlucht ging. Dank der Magier sicher vor den feindlichen Pfeilen, besah er sich die momentane Lage mit der nützlichen kleinen Erfindung aus Termina.

Dieses Mal konnte er mehr Leichen sehen als vorhin, vor allem an den Rändern der vielen Gruppen, die sich gebildet hatten, um sich gegenseitig mit ihren Schilden besser schützen zu können. Noch immer flogen sowohl seinem als auch dem gegenüberliegenden Turm Pfeile entgegen und noch immer richteten sie nicht den geringsten Schaden an.

Die Moblins versuchten sich direkt unter den steinernen Wänden der Schlucht in relativer Sicherheit zu halten doch auch unter ihnen gab es schon mehrfache Verluste. Dennoch war es noch immer mehr als die Hälfte der kleinen Armee, die sich unversehens dort unten eingesperrt gesehen hatte, als die beiden Bergflanken herunter gekracht waren. Die Verteidiger des Reiches waren einfach viel zu wenige. Zum wiederholten Mal, musste er sich daran erinnern, dass dies nur eine Art Probe war, dass es weiter hinten im Pass Bomben, Sprengfässer, termianische Kanonen und viel mehr Männer gab. Und noch mehr Magier, dachte er mit einem Seitenblick auf die beiden Gestalten am Rande der ummauerten Fläche, die stumm dafür sorgten, dass ihnen allen kein Leid widerfuhr.

Dann wurde sein Blick wieder nach unten gezogen. Arachnos sprangen dort im Pass herum, erkannte er besorgt und verfolgte den Weg, den sie nahmen. Dort sprangen sie bereits wieder an den Steinwänden herum, krallten sich fest mit ihren Klauen und schleuderten sich selbst der untersten Terrasse entgegen, von der aus sie effektiver beschossen werden konnten, als von der, wo Havnor selbst sich eben befand. Noch waren es wenige und sie stellten keine große Gefahr dar, doch es war auch dort abzusehen, dass es bald wohl oder übel zum Nahkampf kommen musste. Ein letzter umfassender Blick zeigte ihm nur, was er schon gesehen hatte. Nun ragten an einigen Stellen aus der gegnerischen Armee so etwas wie kleine Holzhütten auf, dort wo die breiten Flächen aus geschlagenen Bäumen zu besonderem Schutz aufgetürmt und zusammengestellt worden waren. Sie warteten darauf, dass der Rest der riesigen Vorhut ihnen folgen würde, dass endlich die Schuttmauer weggesprengt wurde. Nun, die Hylianer warteten auch darauf, dachte der Kommandant mit einem Stirnrunzeln.

Er kehrte der Schlucht wieder den Rücken und schaute in die Runde. Es war kein besonders gutes Gefühl einfach nur herumstehen zu müssen und anderen dabei zuzuschauen, wie sie dem Reiche teure Dienste leisteten. Die Schwertkämpfer gingen auf dem hinteren Teil der geebneten Steinfläche nervös auf und ab, die Lanzenträger standen noch immer hinter den Bogenschützen und prüften ihre Ausrüstung und die Schützen ließen Bogen singen, im ganzen Turm waren sie im Einsatz, doch so wenige von ihnen…

Einfach um irgendetwas zu tun, rückte Havnor seine mit kleinen Nieten beschlagenen, ledernen Handschuhe zurecht und überprüfte seinerseits seine Ausrüstung. Anders als die meisten Hylianer trug er als Kommandant und eigentlich Stadtgardist einen Brustpanzer und darunter ein Kettenhemd. Er war ein stattlicher Mann, mit breitem Kreuz und Kraft in den Armen. Unter dem hohen Helm der Stadtgarde mit dem wie die Feder eines Adlers gearbeiteten Nasenschutz blickten zwei aufmerksame, graue Augen. Ein roter Umhang mit dem Wappen des Großreiches hing um seine Schultern und zeigte seinen Rang an. Er trug sowohl Lang- als auch Kurzschwert und vermisste fast die leichte Hellebarde, die er als Stadtgardist sonst immer zu tragen hatte. Nun, fast: Er bevorzugte das Schwert als Waffe.

„Kommandant!“ Er sah auf. Vor ihm stand ein noch recht junger Bursche, ein Schwertkämpfer, der auf die Schützen an der südlichen Mauer zeigte, die eigentlich auf die Arachnos schießen sollten. Nun jedoch waren sie dabei sich ihre Langbögen auf den Rücken zu schnallen, dabei hatten sie noch immer Pfeile im Köcher.

„Was zum…“, flüsterte er und stapfte dann verärgert in ihre Richtung. Sie hörten seinen Ruf, noch ehe er bei ihnen war.

„Was tut ihr denn da, bei den Göttinnen, ihr sollt schießen!“ Ungerührt machten sie die Schnallen der großen Bögen auf ihren Rücken fest und langten an ihre Gürtel. Erst dann verstand Havnor, was vor sich ging. Er brauchte keinen Blick mehr auf den Berg vor ihnen zu werfen, um zu wissen, dass die Spinnenwesen sie beinahe erreicht hatten. Wie viel Zeit war denn inzwischen seit dem Eingreifen des Magiers überhaupt vergangen?, dachte er bei sich und blickte zum Himmel hinaus. Noch immer schien die Sonne und er schätzte es war um die Mittagszeit herum.

Die Schützen positionierten sich in Ecken und an Seiten, denn jetzt würden die Nahkämpfe beginnen und da hatten sie hier nicht viel zu suchen. Etwa die Hälfte von ihnen, die noch immer die Langbögen in den Händen hielt, betrat den Turm und eilte von dort aus auf andere Positionen, die untere Terrasse etwa oder an eine der versteckten Schießscharten. Die noch übrig gebliebenen hielten nun Kurzbögen in den Händen. Denn jeder der ausgebildeten Schützen war mit jeweils einem Lang- und einem Kurzbogen ausgestattet. Die großen Bögen erlaubten es weiter zu schießen, verlangten jedoch auch mehr Kraft und zudem wurden sie nutzlos, sobald der Feind in unmittelbarer Nähe war. Dann hieß es nämlich für die ausgebildeten Fernkämpfer, dass sie aus den hinteren Reihen mit den kleineren und wesentlich handlicheren Bögen auf der Fläche auf der die Kämpfe stattfanden, auf die Gegner schießen sollten.

Eilig rief Havnor nun endlich die Schwertkämpfer zusammen und sah auf ihren Gesichtern zwiespältige Gefühle. Einerseits hatten sie das Warten kaum ertragen können, andererseits konnten sie nun jeden Augenblick sterben. Er war der Kommandant, er musste ihnen Mut machen.

„Streiter Hyrules, Recken der Göttinnen, meine Brüder! Des Großmeisters Vorhut hat uns fast erreicht, doch lasst uns ihnen die Kraft unseres Glaubens zeigen! Niedere Kreaturen sind es und sie verdienen es nicht im Glanze dieser Welt zu wandeln, drum schicken wir sie dorthin wo sie hingehören und alles, was ihnen noch folgen mag ebenso! Kämpft mutig und mit aller Kraft doch vergesst auch euren Kopf nicht, vergesst die Werte unserer Göttinnen nicht! Auf, Männer des Großreiches, töten wir das Übel!“

Seine Stimme hallte kraftvoll über den Platz und scheinbar hatte er damit etwas bewirken können, denn die Soldaten riefen Kampfschreie und formierten sich nahezu selbstständig direkt hinter den Lanzenträgern. Schwerter wurden gezogen, Schilde bereitgehalten, den in den letzten Monaten antrainierten Instinkten wurde freier Lauf gelassen. Sie waren bereit.

Es ist eine Eigenart der Welt, dass man im ersten Moment immer überrascht ist ob der Dinge, die man erwartet hatte, deshalb kamen die ersten Kreaturen plötzlich. In weitem Bogen sprangen fünf von ihnen direkt in die ausgestreckten Lanzen. Das Eindringen des Stahls in die haarigen Leiber war dumpf, doch die Arachnos fiepten laut auf und ihre Körper sanken tiefer in den metallenen Schaft. Die betreffenden Träger ließen die Monster an ihren Waffen auf den Boden krachen, wo sie von allen Anwesenden durchstochen wurden.

„Obacht!“, brüllte Trestor sie an, als mehr Spinnenwesen über die Mauer springen, doppelt so viele diesmal. Einige spießten sich mit ihrer Landung wieder selbst auf, doch mehrere gingen auch mitten unter den Soldaten nieder. Von einem Augenblick auf den nächsten waren die Schwerter gefragt.

„Hyrule!“, schrieen die Männer und stürmten vorwärts. Havnor rannte auf die ihm nächststehende Kreatur zu, die sich direkt nach ihrer Landung von hinten auf einen der Männer gestürzt hatte und ihn mit sich zu Boden gerissen hatte. Der Betreffende schrie und schlug um sich, doch das auf ihm liegende Geschöpf war zu schwer, als dass er es hätte abwerfen können. Mit aller Kraft stach der Kommandant zu und seine Klinge drang fast bis zur Hälfte in den Körper des Arachnos ein. Dieser kreischte laut auf und warf sich zur Seite. Havnor hätte nicht erwartet, dass es so viel Kraft hatte. Er wurde regelrecht mitgerissen und beinahe wäre ihm das Heft aus der Hand geglitten, doch er hielt es so fest, dass es fast schon wehtat. Mit einem Ruck zog er die Waffe aus dem dunklen Geschöpf, da wurde dieses auch schon hinten von einem anderen Soldaten angegriffen, der mit einem kraftvollen Hieb eines der Beine abtrennte. Von Schmerzen überwältigt warf es sich abermals herum und sprang in unkontrollierter Raserei aus ihrer Reichweite.

Der Kommandant nickte dem anderen Soldaten knapp zu, da zischten zwei Pfeile an ihnen vorbei, die auf irgendeines der Monster vor ihnen gezielt waren. Zusammen liefen die Beiden in diese Richtung, vorbei an mehreren Kadavern, von denen einige noch zuckten. Sie schenkten diesen Viechern keine Beachtung sondern liefen zu den noch immer Kämpfenden und während sie liefen sprangen weitere Wesen über die Mauer, noch mehr dieses Mal. Havnor sah, wie zwei Lanzenträger mit ihren aufgespießten Opfern zur Mauer eilten und sie dort schwungvoll hinunterwarfen, doch dies erwies sich als folgenschwerer Fehler: Ehe sie reagieren konnten, waren drei Spinnen über ihnen. Sie wurden von deren langen Greifzangen gepackt und über die Brüstung in die Tiefe gerissen. Beim Klang ihrer Schreie wünschte Havnor ihre Seelen zu den Göttinnen und hob seine Waffe bereits zu einem beidhändigen Schlag gegen einen Arachno, der ihm gerade den Rücken gekehrt hatte.

Gleichzeitig rief er seinen Männern über den Lärm hinweg zu, dass sie sich von der Mauer fern halten sollten. Sein Befehl wurde von mehreren, ihm nahen Stimmen wiederholt und er konnte nur hoffen, dass er befolgt wurde. Allerdings kam er nicht dazu sich weitere Gedanken darüber zu machen, denn in diesem Augenblick geschahen zweierlei Dinge:

Zum einen stach er einem Spinnenwesen eben in das Nest aus zahlreichen rötlichen und facettenreichen, kleinen Augen als er hinter sich Explosionen hörte. Und in dem Moment als er sich umdrehte, die beiden Löcher in der westlichen Mauer bemerkte und die drei Mann, die in die Tiefe stürzten sah, brach über ihnen am Himmel ein lautes Klicken und Klacken aus. Bestürzt riss er den Kopf nach oben und zuckte unwillkürlich zusammen. Dort waren die geflügelten Knochengänger aus den Berichten, die er gehört hatte und es waren ihrer so viele, dass ihre ledrigen, obgleich dünnen Schwingen breite Schatten auf die Fläche vor dem Turm warfen, auf der nun jeder einzelne Nahkämpfer zu fechten schien, wie es aussah und wie es sich anhörte.

Von dem Lärm der Explosionen abgelenkt, waren einige seiner Männer unter dem Gewicht und den Attacken ihrer Angreifer zusammengebrochen, es sprang eben eine weitere Welle Arachnos auf die Terrasse und dann hörte Havnor ein Geräusch am Rande des Hörbaren und der Turm über ihnen wurde an zwei Stellen von etwas getroffen und riss auf, sodass Steine auf die tapferen Verteidiger des Reiches niedergingen.

Er war der Kommandant, er hatte hier den Befehl, er musste etwas unternehmen…Ihm fiel nichts Besseres ein als zu den Magiern zu rennen so schnell er konnte. Unterwegs kehrte er wider aller Logik den Kämpfen den Rücken zu und blickte durch das Fernglas in die Tiefe. Wo vorhin noch viele der großen Holzbretter vermeintlich zum Schutz chaotisch aufgestellt worden waren, bildeten sie nun so etwas wie kleine Hütten, aus denen schlanke, lange Metallrohre aus kleinen Fenstern ragten. Während er noch schaute erzitterten sie. Etwas blitzte kurz auf und beim Turm auf der andere Seite tat sich eben dort ein Loch auf, wo kurz zuvor Schützen aus verschließbaren Luken Pfeile hernieder gesandt hatten. Die Artilleriemeister von Karthas mussten ebenfalls mit Ferngläsern arbeiten, dachte er flüchtig, um eine solche Präzision zu erreichen.

Laute Rufe ließen ihn wieder zu dem unmittelbaren Kampf zurückblicken. Eine Handvoll Hylianer flog eben in die Tiefe, losgelassen von den geflügelten Skeletten, die sie zuvor ergriffen und in die Höhe gezogen hatten. Er spürte ein leichtes Beben unter seinen Füßen. Irgendwo unter ihnen mussten wieder Geschosse eingeschlagen sein.

Als er die Magier endlich ausmachte, ließ einer von ihnen eben mit einem Schwung seines Armes drei Arachnos auf magische Weise über den Mauerrand fliegen, während vier Knochengänger an einer unsichtbaren Mauer des anderen zerschellten.

Bevor er sie jedoch erreicht hatte, wurde seine Aufmerksamkeit auf weitere Explosionen gelenkt, die sich von den bisherigen unterschieden. Er bemerkte wie ein kleiner Knochenregen niederging und sah dann, wie einige weitere der geflügelten Monstrositäten einfach in der Luft mit einem kurzen Aufblitzen auseinander gerissen wurden. Die Bogenschützen mussten Gebrauch von ihren Explosionspfeilen machen, an denen jeweils kleine Sprengladungen angebracht waren. Schnell hatten sie nämlich gemerkt, dass ihre herkömmlichen Pfeile kaum etwas gegen die Gestorbenen ausrichten konnten, da sie an den harten Knochen einfach abprallten. Im besten Fall konnten lediglich die Flughäute durchlöchert werden und die Wesen auf diese Art auf den Boden geholt werden. Dies taten indes auch die Lanzenträger, indem sie auf die im Sturzflug angreifenden Kreaturen einschlugen und sie zu Boden zogen, wo sich mehrere Soldaten auf sie warfen und sie regelrecht zerhackten. Es war allgemein bekannt, dass Knochengänger sich weiterhin bewegten, selbst wenn man ihnen den Schädel abschlug. Man musste wohl oder übel einen Großteil des Körpers vernichten.

Havnor hatte nur kurz hingesehen, er hatte nun die beiden Magier erreicht und forderte sie eindringlich dazu auf sich vor allem um die fliegenden Bestien und um die Kriegsmaschinen zu kümmern.

„Wir haben bereits eine zerstört!“, behauptete einer von ihnen, während der andere unablässig mit seinen Augen und gelegentlich seinen Händen die Luft durchmaß. Der Kommandant zwang sich, dem nicht andauernd mit den Blicken zu folgen, deshalb wusste er nicht, was dadurch bewirkt wurde, doch es konnte nur zu ihrem Vorteil sein.

„Die Bogenschützen weiter unten nehmen außerdem den Großteil von ihnen mit Sprengpfeilen unter Beschuss, doch sie müssen aufpassen. Diese Maschinen sind nicht diejenigen vor denen wir uns gefürchtet hatten, also die großen, zerstörerischen. Diese dort unten haben den Zweck gezielte Lücken in unsere Verteidigung zu schießen. Wo immer unsere Schützen auftauchen, werden kurz darauf die Wände eingerissen. Aber auch sie haben bereits ein Gerät ausgeschaltet und ein weiteres haben die Streiter des anderen Turms ausgenommen.“

„Wir können nicht auf alles gleichzeitig achten“, warf der zweite Magier ein und das Geräusch brechender Knochen über ihnen zeugte von dem unablässig tobenden Kampf um sie herum.

Havnor bedankte sich und warf sich wieder zurück in den Kampf. Aus den Augenwinkeln sah er, wie ein halbes Dutzend Soldaten mit erhobenen Waffen aus der Turmtür liefen. Die Katapulte auf der obersten Etage mussten demnach zerstört worden sein, dies war die übrig gebliebene Besatzung.

Ein Arachno sprang ihm in den Weg und er hieb danach, doch die Klinge wurde von den Zangen der Spinne aufgefangen. Einen Augenblick lang ließ sich der Kommandant auf ein Kräfteringen ein, doch kurz darauf zog er sein Schwert wieder zurück und wollte erneut zuschlagen, seitlich dieses Mal, als ein Schatten gegen ihn prallte. Er spürte wie ihn etwas zog und schickte erst seine Klinge und dann seinen Blick nach oben. Sein eher unpräziser Schlag glitt an den Armknochen des Knochengängers ab, dessen weiße, dürre Hände sich in seinem Umhang festgekrallt hatten. Erschrocken spürte Havnor wie er in die Höhe gehoben wurde und griff verzweifelt nach den harten Armen, die ihn ins Verderben stürzen wollten. Doch alles Zerren nützte nichts, er hatte keinen Boden mehr unter den Füßen, er glitt höher, sah die Flügel des Wesens kraftvoll auf und ab schlagen, er…

„Kommandant!“, hörte er da eine Stimme und dann schlossen sich Arme um seinen Unterkörper und zerrten ihn langsam wieder hinab. Er schlug wieder mit seinem Schwert hinauf, wieder und wieder, bis ihn das Skelett tatsächlich losließ und er in die Hocke ging. Er zitterte ein wenig, so nahe war er dem Tod gewesen…

„Danke, Mann. Du hast mir das Leben gerettet.“, sagte er heiser zu seinem Retter, einem stämmigen Kerl mit beidseitig geschliffener Axt, dem Blut aus einer Wunde an der Stirn ins Gesicht lief.

„Noch ist es nicht um…“, sagte er und sprang auf. Seinen Instinkten gehorchend tat Havnor es ihm nach und drehte sich dabei um. Schon wieder ein Spinnenwesen. Während sich sein Retter dem Vieh entgegen warf, lugte der Kommandant hastig zum Himmel hinauf. Über ihm kreisten zwar mehrere der geflügelten Gestalten, doch keine schien Anstalten zu machen, sich auf ihn zu stürzen und so half er dem anderen Soldaten den Arachno mit einigen Schlägen zu töten.

Erneutes Zittern unter den Füßen und dann wieder ein Gegner, ein Knochengänger, dem man den Kopf abgeschlagen hatte und der nun orientierungslos herumlief und um sich schlug. Havnor hackte ihm ein Bein ab und dann, als es schon am Boden lag, zusätzlich noch beide Arme. Er sah sich um und ein halbes Schulterblatt traf ihn am Helm, so dass er sein Kopf einen Moment lang dröhnte, während um ihn herum weitere Knochenteile aus der Luft fielen.

So konnte das nicht weitergehen. Zwar kamen die Schützen und Magier, unterstützt von den Trägern der langen Spieße, gut gegen die fliegenden Gegner an, doch nahm deren Zahl immer weiter zu, stärker noch als die der roten Spinnenwesen. Die Luft in der Schlucht und noch weit über dem Turm war vom Schlagen hunderter Flügel erfüllt, ein scheinbar nie enden wollender Vorrat an Tod. Seine Männer konnten nicht ständig sowohl auf die Arachnos als auch auf die Knochengänger über ihnen achten und die Magier konnten auch nicht gleichzeitig ihr Augenmerk gegnerischen Pfeilen, Geschossen und allen vorhandenen Monstern widmen. Die ersten beiden Türme sollten nur eine Probe werden, ermahnte er sich. Es war Zeit sich zurückzuziehen, bevor sie überwältigt wurden.

Er machte deshalb ein dunkles Horn von seinem Gürtel los und blies dreimal kräftig aber kurz hinein. Der entstehende Ton war durchdringend und noch über all dem Kampflärm gut zu hören. Havnor wurde schon wieder von einer Spinne angegriffen als er die Antwort von der unteren Terrasse hörte.

“Rückzug!“, stießen mehr und mehr Stimmen hervor und seine Männer bewegten sich langsam, noch immer kämpfend, zur großen Turmtür, sowie es die Soldaten unter ihnen ebenfalls taten und die Schützen entlang dieses Abschnittes der Schlucht ihre letzten Pfeile verschossen.

„Zurück, zurück!“, dröhnten die Stimmen der nach vorne stürmenden Magier.

„Wir decken euch, geht!“

Die ersten Hylianer liefen durch die breite Tür und die letzten noch kämpfenden konnten nun auch nach hinten laufen, da ihre Gegner in die Luft gehoben und in die Tiefe gestürzt wurden. Schnell füllte sich die mittlere Terrasse nun mit einer Flut aus feurigen, achtbeinigen Leibern und darüber wurde die Luft zu gleichen Teilen schwarz und weiß, voller Knochen und Schwingen.

Havnor stand neben den schweren Türflügeln und winkte seine Mannen herein während er gleichzeitig gespannt die Magier beobachtete. Sie standen einfach nur da und taten nichts, doch wurden sie auch in Ruhe gelassen. Eine Handvoll Knochengänger hatte noch versucht sie anzugreifen, doch ab einem bestimmten Punkt waren sie einfach auseinander gefallen. Die Arachnos hielten die ganze Zeit über einen bestimmten Abstand ein, es schien als würden sie daran gehindert weiter vorzudringen. Schließlich waren die Magier und der Kommandant die letzten noch anwesenden Personen.

“Kommt rein!“, rief Havnor und die Angesprochenen rückten bis zur Tür zurück, machten dort jedoch halt.

„Wir sollten einige von ihnen noch ausschalten, denke ich.“, meinte der eine.

„Alleine schon aus Prinzip.“, stimmte der andere zu.

„Was…?“, wollte Havnor fragen, doch weiter kam er nicht, denn er hörte ein…Knistern? Seine Augen weiteten sich etwas, als Funken von den Händen der beiden Hylianer aufstoben. Sie hoben ihre Arme, synchron, ohne zu sprechen. Ihr Blick verriet Konzentration und dann umzuckten kleine, blaue Blitze ihre Hände. Langsam führten sie beide Handflächen aufeinander zu und als sich diese dann berührten, hörte der Kommandant ein…Geräusch, genauer konnte er es nicht beschreiben, und er musste sein Gesicht ob plötzlicher Hitze und Helligkeit abschirmen. Er hörte ein scharfes Zischen, das immer lauter wurde und gleichmäßig dazu steigerte sich das Kreischen und Toben der dunklen Kreaturen.

Als er vorsichtig unter seiner Deckung hervorschaute, sah Havnor ein kleines Gewitter vor sich toben. Blaue Blitze stiegen von den Händen der Magier in die Luft und trafen zahlreiche Skelette, die in blauen Flammen aufgingen. Doch das eigentümliche war, dass von den Getroffenen ebenfalls Blitze in alle Richtungen ausliefen, kleinere und wenn diese wiederum ein Ziel trafen, stoben weitere magische Entladungen nach allen Richtungen aus. Außerdem ging von jedem getroffenen Knochengänger ein Blitz auf die mittlerweile große Menge der Arachnos nieder, wo sich der gleiche Vorging wie in der Luft wiederholte.

Bald schon hing der Gestank von Verkohltem über der Terrasse, und das klackende Aufschlagen vieler Knochen auf dem Stein wurde zu einem steten, unbeständigen Wasserfall. Als sich die Handflächen der beiden Magier schlossen, war der Platz vor ihnen voller geschwärzter Körper, lediglich an der Mauer auf der anderen Seite hatten einige Spinnenwesen überlebt. Die Luft über ihnen war nun wieder leer, es kreisten nunmehr noch vage Umrisse in großer Höhe.

Mit zufriedenen Gesichtsausdrücken gingen die Zwei an Havnor vorbei ins Innere des Turmes und rieten ihm, ihnen schnell zu folgen, da der Schild, der zuvor, ohne dass es bemerkt worden war, die meisten der karthasischen Geschosse abgefangen hatte, nun nicht mehr vorhanden sei. Wie um ihre Worte zu bekräftigen, wurde das gesamte Gemäuer von mehreren Einschlägen erschüttert und der Kommandant beeilte sich ebenfalls einzutreten. Hinter sich schob er einen dicken Balken vor die Tür und hastete mit den beiden älteren Männern über einige Treppen nach unten. Sie kamen an mehreren größeren und kleineren Löchern in der Wand vorbei, doch ohne sein Fernglas zu ziehen, konnte Havnor nichts Genaues in der Schlucht unter ihnen erkennen.

Sie machten erst Halt vor einer bestimmten Wandfläche, drückten einen Stein daneben in eine geheime Vertiefung und stiegen dann in einen langen, gewundenen Tunnel. Es handelte sich dabei um die Verbindung zur nächsten Verteidigungsanlage, die sich weiter hinten in der Schlucht befand, daher war der Weg nicht kurz. Die drei kamen an vielen Sprengsätzen vorbei und als sie am anderen Ende des Tunnels ankamen (nachdem sie mehrere Treppen hinauf- und hinuntergehechtet waren), drehte sich der Kommandant um und erfüllte seinen Befehl. Er sah der brennenden Lunte nicht hinterher, stattdessen half er den Wartenden den Ausgang gut zu versiegeln und machte sich dann auf den Weg, um kurz zu ruhen. Jetzt würde es der Kampf eines anderen Kommandanten sein, eines mit frischen Truppen und intakten Wallanlagen. Und doch würden auch Havnor und seine Truppen bald wieder kämpfen müssen. Die Hylianer waren einfach viel zu wenige.

Kurz darauf erbebte das Gemäuer, als der Verbindungsweg über seine ganze Länge hinweg verschüttet wurde.
 

In der Ferne hörte man es stetig knallen, doch sie sahen noch nichts. Kaum etwas konnte zermürbender sein, dachte Link, während er auf den Zinnen des Goldenen Walles auf- und abging. Um ihn herum taten es ihm viele Hylianer und Goronen nach. Sie waren hier auf der letzten Verteidigungsanlage stationiert, auf der eigentlichen Mauer mit dem Tor ins Gesegnete Reich, sie würden daher als letzte von den gegnerischen Streitkräften erreicht werden. Bis dahin waren sie angewiesen auf den Kundschafter der Shiekah, der ihnen über die Vorkommnisse weiter vorne im Pass berichtete.

Mit freudigem Gemurmel war die Nachricht über die Versperrung des Einganges zur Schlucht aufgenommen worden. Erleichterung folgte auf die Beschreibung der noch souverän geführten Verteidigungskämpfe auf den ersten beiden Türmen. Schließlich Verständnis ob der Nachricht des Rückzuges auf die nachfolgenden Anlagen. Die Zeit verging, längst war die Mittagsstunde gekommen und wieder vergangen. Bald würde es dunkler werden. Die feindliche Armee sprengte schließlich die Schuttmauer weg, setzte dabei jedoch nicht ihre Artillerie ein, sondern besonders mächtige Sprengsätze, die in die Sperre eingegraben worden waren. Die Streitkräfte vereinten sich wieder mit den dezimierten Truppen im Inneren der Schlucht und abermals formierte sich der dunkle Strom von Karthas und schob sich auf die nächsten Anlagen zu. Von nun an, änderten sich die Kämpfe: Es wurde nicht mehr getestet, aber Karthas setzte auch noch nicht seine machtvollsten Waffen ein.

Kleine Verteidigungsmauern aus dickem mit Eisenplatten beschlagenem Holz durchzog nun die gesamte Front. Moblins wurden dazu abkommandiert ganze schützende Dächer über den menschlichen Truppen zu halten. Feindliche Schützen und Belagerungsmaschinen mehrten sich, die Anzahl der auf den Bergflanken kriechenden Geschöpfe nahm zu und der Himmel verdunkelte sich zunehmend.

Auf den folgenden Schutzwällen, Türmen und Felsplateaus hingegen befanden sich nun deutlich mehr Männer und mächtige Magier. Hunderte von Pfeilen wurden hinabgeschossen, Dutzende von Bomben schlugen Breschen in die Frontlinie des Feindes und hinzu kamen die Ballisten, die große Ladungen an tödlichen Geschossen auf bestimmte Stellen wie Belagerungswaffen oder größere Monster abfeuerten. Gesteinsbrocken vieler Katapulte pflügten durch die Reihen am Himmel und andererseits kam so gut wie kein gegnerischer Pfeilhagel und keine Geschosse bei den Verteidigern des Reiches an, denn sie wurden beschützt von den Magier. Zwar wurden nun auch vom Gegner mehrere Zaubrkundige eingesetzt, deshalb nämlich fand einiges sein Ziel, aber die Mächtigen der Hylianer behielten die Oberhand. Schrecklich wüteten sie auch unter den Kreaturen am Himmel und so konnten sich die Schützen und Kämpfer hinter den Mauern ganz auf die Streitmacht unter ihnen und die heranstürmenden Horden auf den Bergen vor ihnen konzentrieren. Ein Weile lieferten sich auf diese Art die Recken des Reiches und die Streiter des Großmeisters des Bösen Stellungskämpfe, doch als der Shiekah ein weiteres Mal kam, um Bericht zu erstatten, hatte sich dies bereits wieder geändert.

Er trat, wie immer, einfach so aus irgendeiner Ecke, von jedem unbemerkt, und begab sich sofort zu Link und Darunias Sohn, der die hier anwesenden Goronen befehligte.

„Es gibt Neuigkeiten“, sagte er ohne Umschweife mit seiner rauchigen Stimme und war sich der Aufmerksamkeit um ihn herum gewiss.

„Die Masse unserer Feinde macht sich endlich bemerkbar, wobei die Hauptstreitmacht noch nicht einmal hier ist. Obwohl noch immer entlang ihrer gesamten Front Stellungskämpfe wüten, da beide Seiten ziemlich gut gesichert sind, schieben sich an den Rändern doch schon wieder weitere Truppen nach vorne und nehmen Monster und Kriegsgerät mit sich. Bald schon werden sie nicht mehr nur einzelne Anlagen belagern sondern viele auf einmal, von allen nur möglichen Seiten.

Was indes die zurzeit angegriffenen Verteidiger anbetrifft, so sind jetzt die ersten Linien der dunklen Scharen aus den Bergen angekommen und überall brechen Nahkämpfe aus. Doch dank der Magier und der insgesamt deutlich mehr Männer als zu Anfang werden wir uns wohl noch lange behaupten können. Die bisherigen Verluste sind eher gering: Einige Unglückliche, die in den Explosionen der wenigen einschlagenden feindlichen Geschosse ihr Leben ließen. Doch nichtsdestotrotz macht euch darauf gefasst, dass das Schlimmste noch vor uns liegt.“ Kurz wartete er noch einige der Fragen ab, welche Kreaturen denn nun bislang im Einsatz seien, was es mit den Belagerungsmaschinen auf sich hatte oder wie viele Gegner schon tot seien, und verließ sie dann wieder in ihrer nervösen Untätigkeit.
 

Als Havnor mit seinen Männern auf das große Felsplateau stieg, donnerte es über ihnen und knallte unter ihnen. Flüchtig sah er, wie zahlreiche der fliegenden Knochengänger einen Turm zu seiner linken umschwirrten, doch immer wieder zurückgeworfen wurden. Magier mussten dort oben sein, die die volle Aufmerksamkeit aller Wesen in der Luft auf sich zogen und den Kämpfenden weiter unten somit das Leben leichter machten.

Was das betraf, so sah der Kommandant, dass weit vorne bereits Nahkämpfe tobten. Deshalb hatte man ihn und seine Männer aus den unteren Räumen, wo sie sich erholen konnten, herbeigerufen. Er ließ seinen Blick einen Moment lang über dieses zweite Verteidigungswerk auf der rechten Seite der Schlucht schweifen. Es war um einiges umfangreicher, als der einzelne Turm davor: Eine einzige, gewaltige Ebene war hier in den Fels gehauen worden, sie musste Platz für hunderte Mann auf einmal bieten. Hinter dem Kommandanten ragte ein Turm in die Höhe, der so gewaltig in seiner Breite war, dass man ihn schon als Bergfried bezeichnen konnte. Von dort waren er und seine Männer eben durch ein massives Tor gekommen. Zwei weitere Türme konnte Havnor vor sich erkennen. Zunächst war da der, auf dem sich wohl Magier befanden, der von ihm aus gesehen links, in Wahrheit jedoch rechts von der großen Steinfläche stand. Der andere war weit vorne zu sehen, für die Armee aus Karthas war er als erster sichtbar gewesen, da er ihm Süden lag. Er war breit und massiv, wenn auch nicht so gewaltig, wie sein Artverwandter weiter nördlich, in dessen großen Räumen sich Havnor noch vor kurzem aufgehalten hatte.

Er blickte nach rechts und konnte so über die abermals brusthohe Mauer hinab in die Schlucht sehen. Unter sich sah er einige Balkone und konnte die verborgenen Öffnungen rund herum im Fels erahnen, denn er sah stetig von irgendwo her Pfeile nach unten zischen. Auch auf den drei Türmen waren Balkone und zum Teil versteckte Schießscharten angebracht. Auf den Balkonen standen neben Schützen, Katapulte und termianische Ballisten, zudem Bomben und auch einige der großen Sprengfässer, mit denen man jedoch sparsam umging.

Ohne Unterlass blitzte es unten am Pass die ganze Zeit über. Feurige Kugeln und verschwommene Schatten wurden dem hylianischen Bollwerk entgegen geschleudert, während auf der anderen Seite Explosionspfeile und Sprengsätze entweder an unsichtbaren Barrieren detonierten oder aber mitten unter den Angreifern. Und hier und dort ein mystisches Licht, das einen farbigen Schweif hinter sich herzog: Von den Shiekah gestellte magische Eis- und Feuerpfeile die nur für besondere Zwecke eingesetzt werden durften, weil es so wenige von ihnen gab. Es war ein Aufgebot der Macht auf beiden Seiten und noch immer nicht alles, was Hylianer wie Karthaser zu geben hatten.

Havnor eilte mit seinen Mannen nun mit erhobenen Waffen zu den Kämpfen, vorbei an zwei weiteren Magiern, die einzig und allein für Schutz zuständig waren, vorbei an Fernkämpfern zu denen sich die seinen dazugesellten und vorbei an mehreren Katapulten, die ihre todbringenden Ladungen in die Schlucht ergossen. Er verschwendete nun keine Gedanken oder Blicke mehr zur anderen Seite der Schlucht auf das gegenüberliegende Bollwerk des Reiches, denn hier war er nicht mehr der oberste Befehlshaber. Ein anderer musste hier unablässig alles im Auge behalten, alles mit seinem Fernglas absuchen und die notwendigen Befehle erteilen.

Es waren fast vierhundert Mann, die auf der umfangreichen Terrasse stationiert waren und nun in Kämpfe verwickelt wurden und Havnor brachte nochmals mehr als hundert zur Verstärkung mit. Als sie ankamen waren die meisten der Kreaturen bereits erlegt und nur wenig Verstärkung sprang oder kroch über die Mauern. Es war alles unter Kontrolle.

Der Kommandant bahnte sich den Weg zu einem ihm gleichgestellten, den er anhand des roten Umhanges erkannte.

„Kommandant“, nickte er ihm lächelnd zu und der Angesprochene nahm das Fernrohr von seinem Gesicht, musterte Havnor und antwortete mit einem Grinsen. Es war etwas jünger als sein Gegenüber und sein schmales Gesicht war mit einem leichten Flaum überzogen, etwas eher Seltenes unter den sonst bartlosen Hylianern.

„Kommandant“, wiederholte er und klopfte ihm auf die Schulter.

„Ihr habt da vorne gute Arbeit geleistet. Dank euch konnten wir uns entsprechend vorbereiten!“

„Ihr habt also alles mitbekommen, ja?“, fragte Havnor und ließ den Blick schweifen. Nicht allzu weit formierten sich neue Gruppen von monströsen Wesen.

“Das haben wir. Die Shiekah haben es genauestens beobachtet und an alle Befehlshaber weitergegeben. Wir konzentrieren den Beschuss nach einiger Zeit auf die Artillerie und die großen Monster und versuchen mit Bomben, Sprengpfeilen und Magie die Schutzwände, die sie dort unten benutzen, zu zerstören, um ihnen die Deckung zu rauben. Und wir hier oben sind selber ziemlich gut geschützt, bis jetzt haben sich die feindlichen Magier noch nicht angegriffen. Sie begnügen sich wie unsere auf den Schutz der Truppen um sie herum. Zudem haben wir noch ein Magierpaar, das sich um die Fliegenden kümmert und eines, das sich hier vorne mit uns an der Mauer aufhält und dafür sorgt, dass sie heranstürmenden Massen klein und überschaubar bleiben. Sie dürfen immer noch nicht richtig loslegen, weißt du.“

Er deutete auf zwei direkt an der Mauer stehende Gestalten. Es waren ein Zora und ein Gorone. Und rechnete man noch den großen Dodongo, der neben dem Steinwesen stand, hinzu waren es insgesamt drei.

„Ein Dodongo?“, fragte Havnor überrascht.

„Hm, was für eine überaus kluge Idee…“, hörte er jemanden hinter sich sagen. Er drehte sich um und sah die beiden ihm unterstellen Magier.

„Inwiefern?“, fragte er neugierig.

„Nun, Die wenigen Goronen, die als Magier ausgebildet wurden, haben selbstredend eine besondere Begabung für die Feuermagie. Jetzt ist es so, dass wir zwar unsere Elemente auch mit Willenskraft selbst schaffen, oder beschwören können, doch dies erfordert viel Ausdauer und verbraucht zu viel Kraft. Hier, wo wir uns doch nicht verausgaben dürfen, sind wir darauf angewiesen, dass uns so etwas wie ein Medium zur Verfügung steht, vor allem die Pyromanen. Dodongos können bekanntlich Feuer speien. Viel Feuer. Damit kann man sicherlich ganz hervorragend arbeiten.“

„Aber habt ihr nicht vorhin auch Blitze geschaffen?“, fragte der Kommandant mit einem Stirnrunzeln. Der andere Magier winkte ab.

„Das ist kein eigenes Element. Wenn man Magie wirkt entsteht nun einmal so etwas wie eine Entladung und dies äußert sich fast immer in Elektrizität, sprich in Blitzen. Nichtsdestotrotz kann man sie natürlich gut im Kampf gebrauchen und es ist viel einfacher als manch anderes.“

„Sie kommen wieder!“, ertönten einige Rufe.

„Macht euch bereit!“

„Die beiden dort kommen bestens alleine zurecht, wir beiden schauen nach, was wir zusammen mit den zwei Magiern erreichen können, die für die Armee unten im Pass zuständig sind.“ Ohne eine Antwort abzuwarten entfernten sich die beiden Zauberkundigen und Havnor rief seinen Männern zu, sie sollen sich kampfbereit machen, während er selbst zunehmende Spannung in seinem Körper spürte. Der andere Befehlshaber neben ihm hatte sich etwas nach vorne geschoben und winkte dem Goronen, welcher breit grinste und dem Dodongo neben ihm auf den Kopf klopfte. Scheinbar redete er ihm gerade gut zu, überlegte sich Havnor und wartete ab, was geschehen würde.

Dodongos waren Nachfahren von Drachen, das letzte Überbleibsel, das diese gewaltigen Kreaturen von einst in Hyrule hinterlassen hatten. Sie lebten nur in warmen und steinigen Gebieten, im Großreich also am Todesberg, wo es eine gewaltige Höhle in der Flanke des Vulkans gab, die man der Einfachheit halber Dodongos Höhle nannte.

Die großen, echsenartigen Geschöpfe konnten unglaublich groß werden, doch dauerte dieses Wachstum auch lange Zeit. Das größte bekannte Exemplar, war von Link vor langer Zeit im Laufe seines Abenteuers getötet worden. Doch auch so waren diese Wesen schon groß genug. Derjenige neben dem Goronen etwa war fast so hoch wie ein ausgewachsener Mensch und fast dreimal so lang. Der monströse Kopf war gewaltiger als der Brustkorb des stärksten Mannes, den Havnor kannte, und die großen Zähne ließen auch die mutigsten Kämpfer schaudern. Die Haut der Echsen war von einer Schicht aus dicken Hornplatten überzogen, in der es auch einige gefährliche Stacheln gab, und unter einem Hieb des breiten Schwanzes konnten Knochen brechen.

Doch das Gefährlichste an ihnen war, ihre Fähigkeit Feuer zu speien und vor Wut eine Explosion von sich zu geben, ein Vorgang, der ihnen selbst kaum schadete doch der für die Umgebung verheerend sein konnte.

Fast mehr noch als der Dodongo zog jedoch die unerwartete Vielfalt ihrer Gegner Havnors Aufmerksamkeit auf sich. Er war schon von den Arachnos überrascht gewesen doch er hätte nicht gedacht, dass es noch so viel mehr Arten geben konnte, die an den Bergen entlang kletterten konnten.

Noch immer gab es sehr viele der roten Spinnen, immerhin war der Großteil der dunklen Kreaturen des gesamten Kontinentes Ganondorfs Ruf gefolgt, doch außer ihnen gab es nun noch viele andere. Der Kommandant sah etwa wurmartige Wesen, die eine Schleichspur auf ihrem Weg hinterließen und so etwas wie einen Rüssel hatten. Auch diese Geschöpfe waren im Großreich nicht fremd, Raubschleim nannte man sie, da sie einen ganzen Menschen einsaugen konnten und ihm somit Leben und Ausrüstung stahlen. Außerdem wurden die betreffenden Opfer überwältigend schnell verdaut, wie es schien, denn der Hunger dieser nach Leichen stinkenden Würmer kannte keine Grenzen. Sie waren zwar schwerfällig, doch war es auch nicht leicht ihnen ernsthafte Verletzungen beizubringen, was an der schleimig rutschigen Konsistenz ihrer Körper lag.

Und was Schleim betraf so gab es noch eine andere Art, die dieses Material Bestandteil ihres Körpers nennen konnte. Diese Kreaturen waren eher klein, nur halb so groß wie ein Mensch in einigen Fällen nur etwas größer, zudem unförmig. Eine einzelne Masse aus teils grünlichem teils rötlichem, durchsichtigem Schleim. Knochen und Bruchstücke von Waffen waren in ihren Körpern erkennbar, während sie wie eine Schnecke an den Felswänden haften blieben und sich nach vorne schoben.

Hier und da sah man übergroße tote Hände, die in Hyrule verächtlich Grapscher genannt wurden. Havnor konnte nur hoffen, dass die Magier die anderen dieser Art sichtbar machen würden, denn allzu oft waren sie nämlich dem Auge des Betrachters oder eher des Opfers verborgen. In bunte Flammen gehüllte, beschwingte Schädel flatterten über den Köpfen der Kreaturen. Sie konnten lähmen und selbst Magiern gefährlich werden indem sie kurzzeitig einen Teil ihrer Magie bannten.

So viele verschiedene Monster marschierten da auf, dachte sich der Kommandant. So viel mehr, als es Verteidiger gab…Er seufzte leise. So durfte er nicht denken, wenn er einmal Zweifel zuließ, dann würden sie ihn nicht mehr loslassen. Zweifel waren das Schlimmste, was ihnen widerfahren konnte, rief er sich in Erinnerung und ließ sich bereitwillig von dem Goronenmagier ablenken, der nun mit dem Zauberer der Zoras und dem Dodongo alleine an der Mauer stand. Die Soldaten hielten respektvoll einen größeren Abstand, lediglich Schützen standen noch an der Brustwehr, etwa sechzig oder siebzig, wie Havnor flüchtig schätzte.

„Alle bereit?“, fragte der Gorono rufend und schaute sich um. Auf die zustimmenden Rufe hin nickte er und hob einen seiner breiten Arme. Der Zora neben ihm hingegen kreuzte die seinen, die viel schmaler und graziler waren, elegant mit den silbrig schimmernden Flossen daran. Mit der anderen Hand klopfte der Feuermagier dem Ungetüm neben sich auf den Kopf und der Kommandant hörte ihn einige wohl aufmunternde Worte murmeln. Die Echse jedenfalls reagierte indem sie den großen Kopf zurückriss, laut brüllte und dann, Havnor konnte die Hitze noch auf seinem Gesicht spüren, eine Stichflamme ausspie. Die Flammen verschwanden nicht. Vielmehr folgten sie dem ausgestreckten Arm des Goronen, schossen nach vorne, teilten sich dann plötzlich und bildeten auf die Art eine brennende Mauer vor der steinernen. Das Gefühl der Hitze jedoch war verflogen und obwohl das Feuer nahe war, konnte man es lediglich sehen und das Knistern hören, allerdings fühlte man nicht einmal mehr Wärme.

Die Kreaturen vor ihnen folgten ihm animalischen Trieben, die ihnen sagten, dass Feuer der natürlichste ihrer Feinde war, und zerstoben in alle Richtungen. Zumindest taten dies die vordersten, denen die dort offensichtliche, sengende Hitze Schmerzen bereitete. Die Wilderen, die mit ausreichend Raserei gefüllt waren schlichen langsam voran, einige Arachnos sprangen gar über die Flammen. Womit sie ein leichtes Spiel waren für die Schützen, die sie in kurzer Zeit erlegt hatten.

„Schießt durch das Feuer!“, befahl der Gorone und die Hylianer gehorchten. Dutzende von Pfeile tauchten ein in das heiße Glühen, fingen Feuer, wurden jedoch nicht zerstört. Ungehindert flogen sie weiter und trafen dutzende von Zielen, welche alle augenblicklich in Flammen aufgingen.

„Schießt weiter!“, rief der Magier und die Fernkämpfer gehorchten. Jedes Geschöpf das nun irgendwie mit dem Feuer in Berührung kam, und wenn es nur gestreift wurde, war einen Augenblick später nichts mehr als eine lebende Fackel. Unter Schreien und Schmerzen sprangen, und krochen viele von ihnen umher und zündeten damit weitere Kreaturen an, während viele sich einfach in die Tiefe fallen ließen und irgendwo in der Armee von Karthas niedergingen.

Irgendwie musste der Großmeister seine Diener jedoch kontrollieren, irgendwie musste er Kenntnis von dem Geschehen in der Schlucht haben, denn sonst war das Eingreifen der geflügelten Knochengänger nicht anders zu erklären. Als ob sie die Gefahr des gescheiterten Angriffes unter ihnen gespürt und richtig eingeschätzt hätten, stießen viele von ihnen herab und lenkten so Magier wie Schützen ab. Zwar kamen nur einige wenige zu den Soldaten durch, doch nahm ihre Zahl auch stetig ab. Mit einem Blick auf den von ganzen Schwärmen eingeschlossenen Turm weiter hinten, in dem sich weitere Magier befanden, wurde Havnor klar, dass sie hier nun wieder auf sich alleine gestellt waren.

Die Lanzenträger holten einige er Skelette herab, während ein Knochenregen den Platz erfüllte, ein weiterer Verdienst der Zauberer und Fernkämpfer. Der Kommandant beobachtete wachsam den Himmel, nur zu gut erinnerte er sich noch an das schreckliche Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren, doch dieses Schicksal wurde hier niemandem zuteil. Zu wenige Knochengänger kamen in einem Stück bei den Fußsoldaten an und so hatte Havnor nichts zu tun, außer sich ständig umzusehen. Noch immer schossen Schützen auf abermals angreifende Horden vor ihnen und auch zumindest ein Magier widmete ihnen von Zeit zu Zeit seine Aufmerksamkeit, meistens war es der Gorone. Der Angriff auf die karthasische Armee lief ebenfalls ohne Unterbrechung ab, und die Reihen der Dunklen am Himmel lichteten sich um den Turm der zwei noch unbekannten Zauberkundigen. Die steten Explosionen nahm Havnor schon kaum mehr wahr, zu sehr hatte er sich an sie gewöhnt. Lediglich bei den seltenen Fällen, in denen der Boden unter ihm erbebte blickte er sich erschrocken um, doch es wurde kein größerer Schaden angerichtet. Da es vor allem die Schützen mit den Sprengpfeilen, die Magier und die Bombenwerfer waren, die den Kriegsmaschinen gefährlich werden konnten, wurde das Feuer dieser auch auf die konzentriert, wobei die nun vier Magier an der Westmauer kaum ein Geschoss durch ihre Barrieren ließen.

Der hylianische Kommandant konnte nicht sagen, wie viel Zeit auf diese Art verstrich, doch irgendwann folgte sein Blick lauten Rufen und Warnschreien und erblickte im spärlichen Schein der letzten noch über die Berggipfel ragenden Sonnenstrahlen einen gewaltigen Körper, der ihn hohem Bogen über die Mauer sprang und dann mitten unter den Sodaten landete, die zunächst Abstand hielten und die Lanzenträger vorließen, die aus der Distanz heraus mit ihren langen Spießen zustachen.

„Bei den Göttinnen, was ist das?“, hörte er sich laut sagen, und war schon dabei in Richtung der Gestalt zu laufen. Dabei hörte er das Wort „Ghoma“ vereinzelt fallen.

Die Kreatur entpuppte sich als besonders gewaltige Spinne, doch es handelte sich dabei nicht um einen Arachno. Diese Wesen wurden niemals so groß. Das Ungetüm war nämlich doppelt so groß wie ein Mensch, breit und dabei erschreckend beweglich. Der Körper war mit festen Hornplatten bedeckt, aus deren Ritzen grünliches Fell herausschaute. Die Greifzangen unter dem einen großen Auge waren immens und konnten gewiss mit Leichtigkeit Knochen brechen und scharfe Klauen zierten die acht Beine. Aus einem Spinnennetz, das das Monster mit sich geschleift hatte sprangen eine Handvoll kleinerer Exemplare heraus, die auf absurde nahezu komische Art an Hühner erinnerten. Nichtsdestotrotz waren sie schnell und wichen flink allen gegen sie gezielten Hieben aus und stifteten so Verwirrung, die den in unmittelbarer Nähe stehenden Kämpfern zum Verhängnis wurde. Die große Spinne schlitzte mit ihren Klauen Körper auf und zerschmetterte mit ihren Greifzangen Leiber, während Pfeile scheinbar wirkungslos stecken blieben. Die Lanzenträger konnten auch nicht viel ausrichten, denn wann immer sie zustachen und sich das Monster vor Schmerz herumwarf, wurden sie einfach mitgerissen oder verloren ihre Waffe. Als Havnor der großen Kreis an Männern erreichte, der die Kreatur umringte, wogte bereits die nächste Welle gegen die Mauer und dank der abgelenkten Magier setzten viele monströse Feinde Fuß auf das Felsplateau. Unversehens sah sich der Kommandant mit einem grünen Berg an Schleim konfrontiert und dann begann für ihn wieder das Chaos des Nahkampfes. Sein Schwert konnte den zähen Körper nicht wirklich schneiden, deshalb zielte Havnor nach den kleinen aus der Masse herausschauenden Augen. Immer wieder versuchte er die Position der großen Spinne auszumachen, um nicht zufällig in ihre Reichweite zu gelangen, ohne dass er es wusste. Noch waren die Verteidiger des Reiches auf dieser Ebene in der Überzahl und so focht er bald mit seinem oder zwei oder drei anderen Soldaten gegen Arachnos und Raubschleime, wich den geflügelten brennenden Skeletten aus und musste zusehen wie mehrere tapfere Mannen fielen. Irgendwann wendete sich das Kampfgeschehen: Die große Spinne wurde von einer Säule aus Feuer eingeschlossen. Das Geschrei des Dodongos war darüber deutlich zu hören. Der brennende Körper wurde von unsichtbaren Kräften in die Luft erhoben und dann über die Mauer in die Schlucht geworfen, wo sich die magischen Flammen, von den anderen Magiern intakt gehalten und gelenkt, ihren Weg durch die Reihen der feindlichen Soldaten bahnten. Als kurz darauf eine kurze Ruhepause einkehrte, in der sich eine neue Front an dunklen Geschöpfen auf den Hängen des Berges gegen sie formierte, wurde Havnor aufgeklärt, dass die Spinne wohl vom Großmeister des Bösen geschaffen worden war, so wie einst das Ungetüm Ghoma, das mächtige parasitäre Insekt, das den alten Dekubaum umbrachte. Drei weitere Monster dieser schrecklichen Art waren bereits vor den Mauern auszumachen.

Unaufhörlich zogen die Knochengänger über ihnen ihre Bahnen und stießen ab und an herab, wenn Schützen und Magier gerade nicht genug aufpassten, und holten sich einzelne bedauernswerte Hylianer.

Bald erscholl ein Horn, das den nächsten Angriff ankündigte und die Männer machten sich wieder bereit. Unter ihnen zogen lange Reihen an Soldaten und dunklen Kreaturen an dem Belagerungsring vorbei, der sich um die beiden einander gegenüberliegenden Verteidigungsanlagen des Großreiches zusammengezogen hatte. Schon wurden auch die nächsten Festungen des Goldenen Passes angegriffen, der Kampflärm wurde lauter und die Sonne schwand. Und kurz nach Einbruch der Dunkelheit kündigten hunderte Trompeten und tausende Schreie die Ankunft von Ganondorfs Hauptstreitmacht an, mit der er selbst unterwegs gewesen war.

Wind und Feuer

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Die Rückkehr des Großmeisters

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 19: Die Rückkehr des Großmeisters
 

Es dauerte fast vier Stunden bis die karthasische Armee wieder einen ernstzunehmenden Vormarsch antrat. Bis dahin waren die Vorräte und Besatzungen in allen Verteidigungswerken aufgestockt worden und der dritte Ring war wieder neu bemannt. So fingen die Kämpfe von neuem an und forderten ununterbrochen ihren Tribut. Bis Einbruch der Nacht war der dritte Ring abermals aufgegeben worden, und der vierte sowie fünfte standen unter Belagerung. Weiter vorzudrängen, das wagte die gegnerische Armee nach dem, was geschehen war, nicht mehr. Über zu viele schwarze, verkrümmte Leichen mussten die Soldaten steigen, zu vielen verkohlten Bruchstücken ausweichen. Noch immer war es warm, sowohl im Pass als auch auf den hylianischen Festungen. Der Wind war natürlich schon seit Tagen die ganze Zeit da gewesen, es hatte immer stark geweht im Goldenen Pass. Doch seit dem Anblick dessen, was die Weise der Natur damit tun konnte, wurde sich jeder Einzelne, ob Hylianer oder Karthaser, unangenehm des steten Ziehens an seiner Kleidung bewusst oder dem Rauschen und Pfeifen in seinen Ohren, das selbst über all dem Schlachtlärm noch zu hören war, wenn man darauf achtete.

Die Verteidiger auf den zahlreichen Mauern hatten zunächst nicht gewusst, wie sie reagieren sollten. Mit einem einzigen machtvollen Angriff seitens der Weisen, war die Schlucht über eine lange Strecke hinweg vollständig geleert worden, unermesslich viele Feinde waren tot und würden nicht mehr nach dem Leben ihrer Familien trachten können. Und doch…Es hatte Schreie gegeben. Nicht viele und sie waren zudem größtenteils in dem Wogen und Knistern der Flammen untergegangen, aber trotzdem hatte man sie vernommen und sie hatten sich den Betreffenden tief ins Gedächtnis gegraben.

Vor allem waren es Menschen, die dort unten gestorben waren. Gewöhnliche Leute, die noch vor wenigen Monaten ein ganz normales Leben geführt hatten, ihre Äcker bestellt und ihre Waren verkauft hatten. Sie hatten Familien und eine Existenz, hatten gelacht und getrauert, hatten das Leben genossen…Und nun waren sie tot. Zu etwas verbrannt, das kaum noch als menschlicher Körper zu erkennen war, einzig und alleine wegen der Rachsucht des Großmeisters des Bösen.

Bosheit, Grausamkeit, Entsetzen. Es waren Gefühle, die an den Herzen lebender Wesen nagen konnten, ihren Glauben erschütterten und ihn gar auf die Probe stellten. Die Verteidiger des Großreiches waren erschüttert und entsetzt und so wandten sie sich an ihre Göttinnen und beteten. Und sie empfahlen ihnen die Seelen der sinnlos Verstorbenen. Mut erbaten sie von Farore, damit sie den weiteren Gräueln dieses Krieges würden widerstehen können. Weisheit wollten sie von Nayru, auf dass sie den Wert des Lebens nur umso mehr zu schätzen wissen würden und in diesen dunklen Tagen stets das Richtige tun würden. Und am lautesten war der Wunsch nach Kraft, an die Göttin Din gerichtet. Kraft, um dem Schrecken Ganondorfs ein Ende zu setzen. Kraft, um ihre Familien beschützen zu können. Kraft, um nicht vom rechten Wege abzukommen.

Wie ironisch es doch war, dass ausgerechnet das Fragment der Kraft in den Händen ihres Feindes war. Und Ganondorf ließ sie seine Macht bald wieder spüren.

Seine Truppen formierten sich neu, seine Kreaturen sammelten sich wieder zu Luft und in den Bergen, seine Zauberer marschierten auf und seine Artillerie wurde wieder aufgestellt. Bald war die Luft aufs Neue erfüllt von Pfeilen, darunter einigen wenige blau oder rot leuchtend, von Feuerhagel und Magie.

Wieder wurde belagert und verteidigt, und wieder wurden die Shiekah ausgesandt, um besonders machtvolle Quellen der Gefahr auszuschalten. Abermals waren die Verluste auf Seiten des Feindes um einiges größer als die der Hylianer, und nach dem Angriff der Weisen schöpfte man Hoffnung, dass nun jeder einzelne Tote ins Gewicht fallen würde.

Wie um seinen Unmut ob der vielen Gefallen auf seiner Seite Kund zu tun, sandte Ganon nun noch mehr der großen Bestien aus, die er vormals zurückgehalten hatte. Sehr viele der großen Spinnen gab es, die er nach dem Vorbild Ghomas erschaffen hatte, und sie ließen ihre Brut in den felsigen Höhen schlüpfen.

Große Würmer wandten sich den Stein hinauf und hinab und schmetterten ihre massigen Körper gegen die Mauern der Verteidiger. Da gab es solche, die mit regelrechten Steinplatten besetzt zu sein schienen und die lange Greifzangen oder gefährliche Hörner beim Angriff einsetzten.

Oder jene, die einfach eine sehr dicke, gelbliche Haut aufwiesen, in der Schwertklingen stecken blieben und kaum wieder herauszuziehen waren. Diese Exemplare waren die breitesten und längsten, mit einem Durchmesser von fast einem Meter und der fünf- oder gar sechsfachen Länge. Sie wanden ihre gewaltigen Körper um gleich eine Handvoll Soldaten und drückten sie einfach zusammen. Rüstungen wurden dabei verbogen und Knochen gebrochen und langsam, Atemzug für Atemzug, wurde das Leben aus den Unglücklichen gedrückt. Wen das tückische Schlachtenglück besonders im Stich gelassen hatte, der wurde von ihnen eingesogen, denn von ihren unförmigen Köpfen hingen lange Rüssel, die sich bei der Witterung aufrichteten. War einmal einer darin gefangen, konnten ihn auch seine Kameraden mit vereinten Kräften nicht mehr herausholen, er wurde unaufhörlich in den Rachen gezogen, wobei sich der Rüssel auf widerwärtige Art so weit verbreiterte, dass es grotesk aussah.

In zunehmender Zahl wurden solche Kreaturen nun auch als Reittiere genutzt, um bewaffnete, unmenschliche Krieger auf die Festungen zu befördern.

Aus den Sümpfen des Südens waren große, mutierte Frösche gekommen, die sich mit ihrer schleimigen Haut und ihren missgestalteten, klebrigen Schwimmflossen am Felsen festmachten. Auf ihren Rücken hockten noch weitaus grausiger verkommene Froschwesen. Sie konnten sich aufrichten und auf zwei Beinen laufen und konnten ihre stinkenden, mit grauem Schleim überzogene Körper widernatürlich verbiegen, so als hätten sie überhaupt keine Knochen im Leib. Zudem ließen sie sich allzu oft auf alle viere fallen und sprangen über die Köpfe der Hylianer hinweg, so wie es ihre Reittiere auch taten.

Das Schlimmste an ihnen waren jedoch ihre Pfeile. Das Gift wirkte nicht sofort, deshalb war es auch erst spät entdeckt worden, als bereits Mehrere die dunklen Holzschafe aus ihren Körpern ragen hatten. Erst etwa eine Stunde später zog sich einem der Hals zusammen und man bekam keine Luft. Die ersten Opfer starben alle, da man nicht auf Gift vorbereitet gewesen war und nicht wusste wie man ihnen helfen sollte, doch dann wurde von Mann zu Mann weitergegeben, dass man sich sofort zu den Heilern begeben sollte, wenn man von einem Pfeil getroffen worden war.

Diese hielten sich innerhalb der Türme auf und umsorgten die wenigen Verwundeten, die sich zu ihnen begaben.

Gegen den Rausch des Kampfes gab es nämlich kein Mittel und so ließen selbst Schwerverletzte ihre Kameraden nicht im Stich und erlagen später ihren Wunden.

Immer weiter und weiter wurde gefochten und geschossen und abgeworfen, kein Ende der Kämpfe war in Sicht. Die Nacht kam und verging im Lärm der Schlacht und der vierte Ring musste schließlich aufgegeben werden, so dass bald auch der sechste angegriffen wurde, während der fünfte sich noch tapfer zur Wehr setzte. Im Licht des Morgengrauens konnte man bereits den gewaltigen Turm inmitten der Mauer sehen, die das Tor in sich beherbergte, das Tor ins Erwählte Land der Göttinnen.

Es war ein Ansporn für beide Seiten und so zwangen sich alle Kämpfenden zu noch größeren Anstrengungen. Dennoch waren die Männer nach nunmehr längerem Einsatz müde, und frische Truppen standen eigentlich nur Karthas in Hülle und Fülle zur Verfügung. Den Hylianern hingegen konnte die Last kaum abgenommen werden, da ihre gesamte Heeresmacht streng aufgeteilt worden war. So konnten sie sich nur in kleineren Gruppen abwechseln und ihre Ruhepausen wurden kürzer und weniger erholsam, denn neue Gefahren zogen herauf und brachten Tod und Verderben mit sich.

Unabhängig von den Geschehnissen auf den Festungen und in der Schlucht selbst, hatten nämlich die Magier des Großreiches die Legion der fliegenden Knochengänger rasch dahin geschmolzen. Auch die kleineren und größeren Fledermäuse wurden ohne größere Probleme vernichtet, auch jene, die magisch waren und in blauem oder rotem Feuer brannten. Selbst die flatternden Knochenfratzen, die Zaubern gut widerstanden und bannende Wirkungen bei ihrer Berührung hervorriefen, stellten keine Gefahr dar. Die Luft über dem Goldenen Pass gehörte dem Großreich und dies blieb lange Zeit so.

Dann jedoch kamen neue Knochengänger und sie waren anders als die vorherigen. Der Großmeister hatte eingesehen, dass selbst die gewaltige Anzahl der untoten Wesen ihm nichts nützte, angesichts des Könnens der hylianischen Magier. Und so setzte er seine dunkle Macht ein, um sie abermals zu verändern.

Bald kamen keine gewöhnlichen Skelette mit Flügeln mehr aus den Wolken, sondern verformte, klapprige Knochenpferde mit großen, ledrigen Schwingen und sie trugen Bogenschützen und Magier zu den Festungen hinab. Dies wurde zu einer größeren Bewährungsprobe und zog die Aufmerksamkeit fast aller Zauberkundigen auf den Mauern auf sich, so dass wiederum mehr Geschosse ungehindert einschlugen und Monster in größeren Zahlen über die Verteidigungslinien hinwegsetzten.

Es dauerte seine Weile, bis die Verteidiger sich an die neue Situation angepasst hatten und bald wurden Reservemagier entsendet um die Kämpfenden zu unterstützten. Mit zunehmender Stunde wurde es dennoch nicht dunkler, denn der Himmel wurde erleuchtet von den Zaubern und Anstrengungen der Mächtigen. Die Hälfte aller Magier Hyrules war zu diesem Zeitpunkt im Einsatz und schlug sich sehr gut und der fünfte Ring wollte nicht fallen.

Erst der erneute Einbruch der Nacht läutete die Wende ein.
 

Sie flogen und es war ein herrliches Gefühl. Sie mussten nicht einmal ihre Kräfte dazu einsetzen, stattdessen konnten sie alles ihren einzigartigen Reittieren überlassen. Noch waren sie weit, weit oben, über den Wolken, die am Tage zuvor heraufgezogen waren, und somit unsichtbar für die ahnungslosen Narren unter ihnen, die dachten, sie hätten es mit mächtigen Magiern zu tun.

Sterne und Mond waren so nah wie nie und in dieser Höhe war der Wind so stark und beißend, wie er es zu Lande nur an heftigen Sturmtagen war.

Ayasha genoss den Weg und lenkte das Geschöpf auf dem sie saß mal hierhin und mal dorthin, stieß in einem rasanten Sturzflug hinab und schwenkte dann zur Seite und gewann an Höhe. Sie lachte fröhlich. Endlich konnte auch sie etwas tun.

Ihre Kleidung war dieselbe wie noch vor Stunden, was hieß, dass sie halbnackt war. Es glich einem Wunder dass die starken Winde ihr die losen Bänder, den Schal und die Schärpe nicht einfach vom Leib rissen. Der überlange Stoff flog so einfach hinter ihr her, wie es ihr wallendes Haar tat. Es verlieh ihr ein mystisches, unwirkliches Aussehen, als sei sie eine Fee oder ein Geist, der einen Schweif an Magie hinter sich herzog.

Neben ihrem Lachen erklang auch von Zeit zu Zeit das Schnauben und Wiehern des Pferdes, das sie ritt. Es war von einer so tiefschwarzen Farbe wie ihr Haar und deutlich größer als es normale Hengste waren. Sein Fell war weich, sein Schweif und seine Mähne lockig und lang wie die ihre. Selbst die Hufe waren schwarz, doch ab und an sah man darunter ein helles Aufblitzen und dann stoben kleine, helle Funken in die Nacht, wo sie so plötzlich verschwanden, wie sie aufgetaucht waren. Das Besondere an diesem Tier war jedoch, dass es Flügel hatte.

Es waren lange Schwingen, deren Rücken mit dem weichen, dunklen Fell überzogen waren, und die doch über und über mit schwarzen Federn und Daunen waren. Kräftig schlugen sie aus und trugen Reiter und Ross weit nach vorne, ein Schatten in der Nacht, bei dem einzig und allein die rotleuchtenden Augen des Pferdes und die Rubine seiner Herrin gut sichtbar waren. Das schwarze Horn auf der Stirn des Wesens war hingegen in den fließenden Bewegungen am Himmel kaum zu erkennen.

Ayasha ließ sich etwas zurückfallen und ließ Merexes zu ihr aufholen, der sie misstrauisch beäugte. In Abwesenheit des Großmeisters des Bösen bewahrte er sich wenigstens etwas Würde, dachte sie, doch dieses Mal war es nicht bewusst abwertend gemeint.

„Was willst du?“, rief ihr der Meister der Alchimisten über den tosenden Wind hinweg zu.

„Ich wollte dir nur meine Anerkennung aussprechen, mein Lieber. Diese Wesen sind wunderbar, es gibt wohl nichts, was besser zu mir hätte passen können. Du bist wohl doch nicht so unnütz wie wir dachten. Meinen liebsten Dank, guter Merexes!“

Sie warf ihm über die Entfernung hinweg eine Kusshand zu, doch die Geste und ihre Worte entlockten ihm nur einen missmutigen Blick. Die Launen der Führerin des Verführerischen Feuers waren wankelmütig und so wechselhaft, wie nur irgendetwas sein konnte. Jeden Augenblick mochte sie ihn wieder zu erniedrigen suchen. Doch offenbar war Ayasha wenigstens für den Augenblick in einer versöhnlichen Stimmung.

„Wie hast du das nur hinbekommen?“, fragte sie und klang ehrlich interessiert. Nun, sie klang immer ehrlich, dachte Merexes verdrossen.

„Willst du mir meine Geheimnisse entlocken?“, fragte er und versuchte ein möglichst dunkles Gesicht zu machen. Vielleicht war es ihm gelungen, denn wenigstens lachte sie ihn nicht aus, sondern lächelte nur unschuldig. Wie unendlich schön sie doch war…

„Was unterstellst du mir da nur? Als ob ich je etwas Derartiges versucht hätte.“, zwinkerte sie ihm zu. Einer Hure war alles zuzutrauen, dachte der Alchimist, doch laut antwortete er auf ihre Frage. Er redete gerne über seine Arbeit.

„Ein wenig Hintergrundwissen wird gewiss nicht schaden… Es war nicht leicht, selbst für mich, zugegeben. Ich weiß nicht, wie viele hundert Pferde uns bei den Versuchen unter den Händen weggestorben sind.

Anfangs haben wir es damit versucht, ihnen einfach Flügel anzunähen und haben ihnen dann Tränke zum Muskelaufbau gegeben und sie am Leben erhalten, doch das verwarfen wir schnell. Das einzige Resultat war, dass die Tiere irre wurden. Aber immerhin war auch das lehrreich. In Gedanken waren sie gewöhnliche Pferde geblieben, die Flügel verwirrten und ängstigten sie, also mussten wir etwas an ihrem Bewusstsein selbst ändern. Das hat viel Zeit in Anspruch genommen.“

Und noch viel, viel mehr Tiere, doch das erzählte er ihr nicht. Auch nicht, wie sie die Köpfe der Pferde öffnete, während sie am Leben erhalten wurden, um ihre Gehirne mit denen von Adlern oder Falken zu verschmelzen. All das Blut und der Gestank hatten ihn zwar angeekelt, aber natürlich hatte ihn das nicht aufhalten können. Nichts und niemand konnte ihn davon abhalten zu erschaffen, auch nicht der Großmeister des Bösen, dachte er trotzig.

„Tiere haben ihre ganz eigene Magie und letztlich lief es darauf hinaus, dass wir diese Magien einfingen und durch besondere Verfahren vermengten. Die Reittiere deiner Gilde sehen vielleicht aus wie Pferde doch in Wirklichkeit sind sie auch Raubvögel und halbe Drachen. Durch und durch magisch. Ich kann nur hoffen, dass ihr sie zu würdigen wisst.“

Sie lächelte zur Antwort und er konnte es noch trotz den Dunkelheit und der Geschwindigkeit, mit der sie sich fortbewegten, sehen.

„Dieses hier war aber doch einst ein Einhorn, nicht wahr?“, fragte sie dann und fuhr mit ihren Fingern das lange Horn hinauf. Das Tier wieherte laut. Merexes’ rotes Auge glühte auf, als er an das Einhorn zurückdachte, und das Licht erhellte sein ganzes Gesicht. Ayasha schauderte. In solchen Momenten sah er nicht mehr lächerlich aus, sondern gefährlich und nicht minder wahnsinnig wie Sathor, wenn er im Blutrausch war. In solchen Momenten würde sie es ihm gestatten sie anzufassen.

„Wir entdeckten es schon vor Jahren, samt seiner ganzen Familie, doch sie trennten sich und nur ihn konnten wir noch ausmachen. Es hat Jahre gedauert ihn einzufangen und unsere Jäger mussten den gesamten Kontinent kreuz und quer durchreisen. Sie sind schnell und mächtig, diese Einhörner. Neunundachtzig gute Männer verloren wir an dieses: Jäger, Alchimisten, Krieger und Magier…

Wir wissen nicht genau woher sie kommen, keiner weiß das. Sie waren irgendwann einfach da, selten und mächtig, schön und unbezähmbar. Ich glaube sie sind ein Ausdruck der Natur, so etwas wie ein Aspekt oder auch mehrere. Den Feen und Horrorkids nicht unähnlich, denke ich…“

Einen Moment lang verlor er sich in Grübeleien, was ihm oft geschah, und erst Ayashas Nachfrage brachte ihn wieder in die Wirklichkeit zurück.

„Wie dem auch sei, irgendwann gelang es uns, die Details sind selbstredend geheim. Es war ein überwältigendes Forschungsobjekt. Stark und mächtig wie es war, konnten wir so gut wie alles damit anstellen, und es blieb uns erhalten. Sein Wille blieb dabei ungebrochen, doch mit der Zeit wurde es unberechenbarer und wilder. Wir mussten handeln also machten wir es auch zu einem solchen Wesen. Zu einem Pegasus. Die Eingewöhnungsphase dauerte lange und wir fürchteten schon versagt zu haben. Es gibt nur wenige Wesen, deren Bewusstsein nicht von dem eines Einhorns einfach verschlungen wird.

Anstelle eines Dodongos, wie bei den anderen, haben wir einen Kleindrachen aus dem Mithrilgebirge verwendet und von dort holten wir uns auch einen Vogel Rok. Du weißt schon, diese gewaltigen Greifvögel, die bei Blitz und Donner unterwegs sind. Einen schlichten Adler, und sei er noch so groß, konnten wir unmöglich verwenden.

Du wirst daher finden, dass dein Pegasus der mit Abstand schnellste, stärkste und magischste von allen ist. Du kommst von alleine auf seine vielfältigen Fähigkeiten.“ Sein roter Blick erlosch langsam.

„Einzigartig…“, murmelte er zu sich selbst.

„Wieso hast du ihn dann nicht für dich behalten?“, fragte Ayasha wieder.

Was war denn los mit ihr, dass sie ihm so viel Zeit widmete? Er fühlte sich immer unbehaglich in ihrer Nähe, da er sie begehrte und wusste, dass sie unerreichbar für ihn war. Er war ihr zu fett und klein. Sollte sie ihn erst sehen, wenn er seine Tränke eingenommen hatte, dachte er grinsend und weidete sich einen Augenblick lang an der Vorstellung wie sie keuchend unter ihm lag und seinen Namen brüllte, immer und immer wieder…

„Merexes?“, riss sie ihn abermals aus seinen Gedanken und er konnte nicht anders als kurz aufzulachen. Ja, du Miststück, so heiße ich, belächelte er sie still. Tatsächlich war ihm jedoch der Schweiß aus allen Poren getreten und er fror erbärmlich im schneidenden Wind.

„Entschuldige bitte, ich habe über etwas nachgedacht.“

Sie lächelte ihn wieder so unverschämt süß an. Jetzt war er sich sicher, dass sie ihn wieder verspottete. Sie wusste, woran er gedacht hatte.

„Das Temperament des Tieres sagt mir nicht zu, da passt es besser zu dir. Ich brauche etwas Verlässliches, dass allen meinen Befehlen gehorcht.“

„Ah ja…“, murmelte sie und ihr Blick glitt auf die Apparatur, auf der er saß.

Es war ein gewaltiger Thron, so groß, dass die eher kümmerliche Gestalt des Alchimisten sich darin zu verlieren schien und wie eine fehlplazierte Puppe aussah. Zwei Meter hoch war die Rückenlehne und fast halb so breit. Die Armlehnen waren ebenfalls unnatürlich hoch, sie reichten Merexes fast über den Kopf, was absolut lächerlich erschien. Doch scheinbar waren in die hohen Lehnen Lücken eingelassen, denn die Arme des bunten Mannes verschwanden gänzlich darin. Die Sitzfläche selbst war so hoch angelegt, dass er seine Beine baumeln lassen konnte.

Der hohe Sitz stand auf einer runden Fläche mit einem Durchmesser von drei Metern, die noch dazu einen ganzen Meter dick war und scheinbar aus vielen verschiedenen, zusammengesetzten Steinen bestand.

Darunter schwebten zwei Ringe in der leeren Luft die sich in entgegensetzten Richtungen drehten. Der erste hatte einen nochmals um einen Meter größeren Durchmesser als das Podest, was sich, ebenfalls einen Meter, darüber befand.

Der zweite war dafür nur halb so groß und rotierte einen halben Meter unter dem anderen. Nochmals einen halben Meter weiter unten schwebte eine faustgroße Kugel. Die Ringe waren so dünn wie Papier und das Geräusch, welches sie von sich gaben, ähnelte dem, das beim Reiben des Randes eines mit Wasser gefüllten Glases entstand. Das gesamte Gebilde schien aus schwerem, dunklem Gold zu sein, bis auf die beiden schmalen Ringe, auf denen das Licht silbern tanzte.

Ayasha fragte besser nicht nach der Entstehung eines solchen fliegenden Untersatzes, obwohl sie neugierig ob seiner Fertigkeiten war.

Die Ringe, so viel zumindest stand fest, neigten sich immer in Fahrtrichtung, und je größer die Neigung, desto höher die Geschwindigkeit.

„Ist dir nicht kalt?“, brach es da aus Merexes hervor und sie stellte belustigt fest dass er mit den Zähnen klapperte. Jetzt war er wieder die alte, fette und überaus lächerliche Witzfigur, die sie kannte.

„Das Feuer meines Pegasus hält mich warm. Und noch mehr das Feuer in meinem Schoss.“

Sie zwinkerte ihm zu, trieb ihrem Pegasus die Fersen in die Seite und flog wieder vor, den armen Alchimisten alleine lassend. In einiger Entfernung folgten ihnen zwanzig Schemen durch den Nachthimmel.
 

Eine nicht sichtbare Barriere aus sich tödlich drehenden Windhosen umgab den Turm auf dem Saldor und sein Gefährte Wache hielten. Die gedankenlosen Knochengänger, die noch immer von Zeit zu Zeit niederstießen, wurden dort einfach auseinander gerissen.

Kurz fragte er sich, wie viele er selbst schon von ihnen vernichtet hatte. Weit mehr als hundert, so viel war gewiss. Sicherlich auch mehr als zweihundert. Und sein Gefährte, nochmals so viele?

Ein einzelner Magier auf einem Skelettpferd versuchte eben unter ihnen gegen zwei weitere hylianische Magier vorzugehen und die beiden Zauberkundigen auf dem Turm sahen seinem Tod zu. Sie waren zweiundzwanzig alleine auf dieser Seite der Schlucht, ihnen gegenüber waren es ebenso viele. Und hinter ihnen würden es wohl auch ähnlich viele sein, dachte Saldor in seiner guten Stimmung.

Den ganzen Tag hindurch hatten er und sein Gefährte ihre Barrieren aufrechterhalten. Zum einen die aus den scharfen Winden bestehende, die ihrem eigenen Schutz diente, und zum anderen die größere, die die gesamte Fläche unter ihnen bedeckte. Vor des Magiers innerem Auge sah sie aus, als ob sie aus Glas wäre. Glatt und nicht zu sehen, leicht gerundet und doch vorhanden. Von Zeit zu Zeit schlugen Geschosse gegen sie und explodierten und dann fühlten die beiden Magier auf dem Turm, die sie gemeinsam erschaffen hatten, ein leichtes Zittern in ihren Händen.

Solange es nur die kleinere Einschläge waren, war diese Wache einfach und sie konnten sich auch um die Horden in den Bergen kümmern, doch sobald eines der großen Geschosse auf die magische Wand traf, da spürten die Magier einen Ruck und einer von ihnen musste sofort den Schaden beheben, was hieß dass er sich nur noch auf die Mauer konzentrierte für einige Zeit. Ein Teil ihrer Konzentration war ohne Unterlass dort, doch wenn sie ernsthaft angegriffen wurde und gar beschädigt wurde, dann musste sich einer von ihnen ihr ganz widmen, sie mit neuer Macht speisen und die alte, durcheinander gewirbelte, in Ordnung bringen und ebenfalls wieder einfügen, um mögliche Lücken und Löcher wieder zu verschließen. Da sie fast nicht behelligt wurden auf ihrer hohen Position, griff einer in die Kämpfe unter ihnen mit ein und der andere, Saldor, ging gegen die Maschinen in der Schlucht vor.

Er hatte dafür ein besonderes Talent, da er einer der wenigen war in der hylianischen Magierarmee, der die Zeitmagie Zeldas beherrschte. Konzentrierte er sich etwa auf eine einzelne der gefährlichen, bunten Flammenkugeln, konnte er den Fluss der Zeit um sie herum manipulieren, so dass sie langsam wie eine Schnecke auf ihr Ziel zukroch, was es anderen Magiern oder den Kanonenmeistern möglich machte sie vorher zur Detonation zu bringen. Dies konnte er auch auf eine größere Fläche ausweiten, doch je mehr Ziele darunter waren, desto schneller konnten sie sich auch bewegen. Dennoch, waren sie einmal langsamer dann waren sie leichter zu treffen. Es war anstrengend, ihre Majestät die Königin hatte es ihnen gesagt. Sie durften diese Kraft nur sparsam einsetzen.

Saldors Gefährte neben ihm hatte indes ein gutes Händchen für Luft und Wasser. Da es in der Schlucht jedoch an Wasser mangelte und er nur mit der Luftfeuchtigkeit arbeiten konnte, konzentrierte er sich daher auf den Umgang mit Wind und Luftdichte.

Er konnte etwa in einem abgegrenzten Bereich die Gravitation zur Gänze aufheben und seine Gegner auf die Art verzweifelnd und ohne Kontrolle in der Luft segeln lassen. Bei Magiern oder geflügelten Wesen wirkte das natürlich nicht so gut, doch dafür umso mehr bei den vielen Monstern in den Bergen, die etwa auf ihre Sprungbeine angewiesen waren.

Als die Nacht einbrach, schien sich zunächst nichts an der vorherrschenden Situation auf dem fünften Ring zu ändern. Bis das erste Brüllen ertönte, und die bislang gewaltigsten Geschöpfe aus dem Himmel stießen.

Zunächst dachte Saldor allen Ernstes, dass der Großmeister des Bösen tatsächlich Drachen auf seine Seite gezogen hatte, wirkliche Drachen, wie es sie einst in den großen Gebirgen der Welt gab. Das wäre katastrophal gewesen. Es gab zwar noch immer Nachkommen der Drachen, wie Dodongos oder auch fliegende Exemplare, aber diese nannte man zu Recht lediglich Nachkommen. Verkümmerte Verwandte.

Die Drachen der alten Zeit waren Titanen gewesen, zum Teil von solchen Ausmaßen, dass sie ganze Städte vernichten konnten, wenn sie sich einfach nur darauf niederließen. Ihr Feuer war so heiß wie das im Erdinneren, denn sie selbst waren wie die Berge Urmächte. Solche Wesen gab es nicht mehr, allenfalls mochten sie noch unter den großen Gebirgen oder Ozeanen der Welt schlummern. Von Zeit zu Zeit mochte man einzig einen der Niederen wecken, wie Ganondorf es einst mit Volvagia getan hatte, und dieser war schon eine der schlimmsten Kreaturen in der neueren hylianischen Geschichte gewesen.

Die Weisen hatten ihnen versichert, dass auch der Träger eines Triforcefragmentes keine Macht über Drachen hatte, und ihre Schüler hatten dies gern geglaubt. Doch in diesem ersten Moment, als das Brüllen ertönte und der Schatten sich über Saldors Turm legte, erstarrte er vor Angst und befürchtete das Schlimmste.

Es waren ihrer vier, zwei auf jeder Seite der Schlucht, und sie waren in der Tat gigantisch und um einiges größer als die bekannten Drachenarten. Und sie bestanden gänzlich aus Knochen und Hautfetzen.

Die Verteidiger des Großreiches atmeten erleichtert auf. Es waren nicht mehr als besonders viele Knochengänger, die zu einem großen Körper verschmolzen waren und es zeigte sich schnell, dass die Magier zügig mit ihnen fertig wurden.

Saldors Gefährte ließ seine Winde aufsteigen und bald brach hier eine Knochenkralle ab, lösten sich da hunderte Schädel, die den Knorpel zwischen den Gelenken gebildet hatten und bald flogen ganze Gliedmaßen, welche auf die Schilde trafen, sie kurz erschütteten und dann langsam daran entlang rutschten, bis sie in die Schlucht fielen.

Die meisten der hylianischen Magier waren noch damit beschäftigt die störenden Ungetüme am Himmel zu zerlegen, da waren schon neue Wesen aus den Wolken gebrochen. Dieses Mal waren es tatsächlich kleine Drachen.

Ein Dutzend von ihnen teilte sich auf beide Seiten der Schlucht auf und fiel über die Befestigungen her. Die meisten waren so, wie man sich Drachen im Allgemeinen vorstellte, und vielleicht so groß wie eine Scheune. Zwei waren jedoch darunter, die waren so gewaltig wie ein Herrenhaus. Einer von ihnen prallte gegen Saldors Barriere und der Magier taumelte.

„Pass auf…“, keuchte er seinem Gefährten zu, doch dieser hatte schon reagiert.

Windböen blähten die Flügel des Ungetüms auf, trugen ihn wieder in die Luft und schleuderten ihn dann einige Meter weit zurück. Der Drache brüllte. Die kleinere konnten offensichtlich etwas Feuer speien und verteilten dieses soeben auf der Barriere, die Saldor unter größten Anstrengungen zusammenhielt. Nicht auszudenken, wenn auch nur einer von denen auf die Kämpfer auf den Mauern niederginge…

Und dann war die Luft erfüllt von leuchtenden Linien und der Druck gegen seine Mauer ließ mit einem Schlag nach. Er riskierte einen Blick nach oben. Dunkle Gestalten erschienen in plötzlichen Rauchwolken in der Luft, schossen im Fall einen Pfeil gleißenden Lichtes ab und tauchten dann wieder in Rauchwolken ein und verschwanden. Von unten spürte er zudem die Unterstürzung von acht Magiern.
 

Oroelle trat ein in die sichtbare Welt und wurde augenblicklich von starkem Wind erfasst, der ihr die Kapuze vom Kopf wehte und ihren Umhang weit aufbauschte. Sie hätte dies verhindern können, doch es war unwichtig und noch dazu wäre es dumm, seine Kraft für so etwas zu verschwenden. Tiran stieß bereits im Auftauchen, noch während sein Körper undeutlich und verschwommen erschien, sein Schwert in den Nacken des Drachen auf dessen Rücken sie gelandet waren.

Ein Ruck ging durch den Körper des Ungetüms und dessen Kopf schoss brüllend in die Höhe, was genau das war, worauf ein Dutzend anderer Shiekah gewartet hatte. Sie erschienen mitten in der Luft unter der Kreatur und begannen sofort zu fallen, doch auch dies war nicht wichtig. Ihre Bögen waren bereits gespannt, und die Pfeile schossen im selben Augenblick auf den entblößten Hals des Drachen zu, in dem sie sichtbar wurden.

Die Hälfte der Geschosse war schlicht und einfach von exzellenter Qualität und drang tief ein in die weiche Haut am Halsansatz. Die andere Hälfte bestand aus magischen Lichtpfeilen, die Rauru persönlich erschaffen hatte. Da es sich bei dem Drachen um einen der kleineren handelte, war sein Hals nicht so dick, und die mächtigen Pfeile drangen vollständig ein, brannten sich ihren Weg durch das Fleisch, und drangen auf der anderen Seite wieder hinaus, wo sie noch weiter in die dunkle Nacht flogen und ihr helles Licht abgaben.

Oroelle und ihr Bruder blieben noch auf dem Rücken des Geschöpfes, das von den Krämpfen seines Todeskampfes geschüttelt wurde, und hielten sich an dessen Hörner fest. Von unten sah es so aus, als würden die großen Schwingen ausgebreitet werden und der Drache auf die Felsen abseits der Festung zuhalten.

„Würdigere Gegner?“, fragte die Shiekah Tiran lächelnd, während sie den Leib der Bestie auf einen Mob von berittenen Echsodoren lenkte. Ihr Bruder erwiderte ihr Lächeln.

„So muss es sein…“

Gemeinsam verschwanden sie und der Kadaver krachte in die Meute der Kreaturen und fiel dann an den steilen Wänden entlang bis hinunter zur karthasischen Armee, wo er dumpf aufschlug.

Weitere Ungetüme zerrissen die Wolkendecke und ließen Mond und Sterne ungehindert bis auf den Grund der Schlucht scheinen.
 

„Sind das die Lichtpfeile von denen der Großmeister erzählt hat?“, fragte Merexes mit näselnder Stimme.

„Natürlich sind sie das, du törichter Narr!“, fuhr ihn Ayasha an. Noch immer waren sie in der Luft, weit oben im Himmel, wo sie selbst für die Shiekah nicht zu sehen waren. Selbstverständlich unterdrückten sie auch jegliche magische Ausstrahlung, um nicht von zufällig von den Weisen entdeckt zu werden.

„Damit hat dieser Link unseren Herrn vor zwanzig Jahren angegriffen. Siehst du nicht wie mächtig sie sind? Kein Wunder, dass nur die Shiekah sie benutzen dürfen…“

„Die haben aber ziemlich viele davon…sollten die nicht wertvoller sein?“

„Merexes, du bist ein solcher Trottel, dass es dir gewiss weh tun muss, deswegen übernehme ich das nämlich nicht.“ Nichts war mehr von der Freundlichkeit von vorhin in ihrer Stimme oder ihrem Gesicht geblieben.

„Sie hatten Monate, um sich vorzubereiten, verdammt noch mal! Hast du im Ernst gedacht, dass sie nur ein paar Feuerwerke produzieren und es dabei belassen?“

Der Alchimist verzog das Gesicht und fuhr sich mit dem dreckigen Ärmel seines bunten Gewandes über das schweißnasse Antlitz

„Jedenfalls werden unserem Herrn auch die vielen Drachen nichts nützen, wenn sie weiterhin mit so vielen Shiekah angreifen. Wurden jemals so viele auf einmal zu unseren Lebzeiten eingesetzt?“

Das war nicht ganz so schwachsinnig, weswegen Ayasha ihn nicht anbrüllte.

„Nein, ich glaube nicht. Mal sehen, wie viele sind das…fünfzig? Nein…ach, verflucht! Wenn sie so hin- und herhuschen bekomme ich sie nicht einmal gedanklich zu fassen.“

„Wieso schickt er uns nicht endlich herunter? Sind ihm nicht einmal Drachen wichtig genug, um sie zu schützen und das Schattenvolk von ihnen abzuziehen?“, jammerte der Alchimist ungeduldig und blickte nach unten. Er sah Ayashas Faust nicht kommen, so dass sie ihn ungehindert im Gesicht traf.

„Zum Teufel, Weib, bist du des Wahnsinns…?“, grunzte er schmerzerfüllt und rieb die Stelle, wo sie ihn erwischt hatte.

„Wenn du noch einmal so abfällig über ihn sprichst, schlage ich noch ganz woanders hin.“

Sie funkelte ihn böse an. Das machte ihn für einen Moment sprachlos. Meinte sie das ernst? Oder dachte sie sich, dass ihr Herr sie zurzeit beobachtete und wollte nicht in Ungnade fallen? In diesem Fall war es für ihn besser den Mund zu halten.

„Tu das ja nicht noch einmal…“, murmelte er nur mit schwacher Empörung. Sie ignorierte ihn und beobachtete weiter das Kampfgeschehen unter ihnen.

Die Hälfte der Drachen war bereits erlegt und noch immer kam keine Verstärkung, geschweige denn der Befehl für die Gildenführer den sechsen Ring anzugreifen. Ayasha und Merexes im Osten, Sathor im Westen. Dutzende weitere Drachen warteten außerdem im Hintergrund der Nacht, viele davon besonders groß und gefährlich.

Es kam einer Erlösung gleich, als sie seine Stimme in ihren Köpfen vernahmen und sich endlich auf den Weg machen konnten. Sie drehten dem fünften Ring im Himmel den Rücken und stießen dann in einem rasanten Sturzflug hinab auf den sechsten.

Ayasha und ihre zehn besten Gefolgsleute auf ihren weißen, braunen und schwarzen Pegasi, bildeten wie besprochen die Vorhut und Merexes führte die Seinen auf ihren wunderlichen Apparaturen hinterher, von der keine der anderen glich.

Die Wangen der Meisterin des Verführerischen Feuers hatten sich leicht gerötet ob der freudigen Erwartung der Schlacht und ihr lautes Lachen kündigte ihr Kommen an, noch bevor sie von den Magiern gesehen wurde.

Der sechste Ring war die mächtigste Befestigung im goldenen Pass, da sich an dieser Stelle die Schlucht wieder verengte und dort zwei Berge einander genau gegenüberlagen. Diese Berge waren durch Hände einstiger Goronenmeister zu zwei gewaltigen Turmfestungen umgestaltet worden, deren Dutzend kleinere Türme über viele Balkone und Felsflächen wachten. Die geheimen Schießscharten und Kammern waren unzählbar und mit denjenigen Soldaten, die aus den vorderen Verteidigungswerken hierher gekommen waren, befanden sich in jeder der Festungen mehr als dreitausend Mann.

Die karthasische Armee hatte an dieser Stelle sichtlich Schwierigkeiten durchzubrechen, was an mehreren Dingen lag. Zum einen war die Festung so hoch, dass die Belagerungsmaschinen kaum Schaden anrichteten, da alle Soldaten auf höheren Ebenen untergebracht waren. So konnten Magier und Schützen ungehindert agieren und zu vielen vernichtenden Schlägen ansetzen.

Zum anderen hatten auch die vielen hundert Monster in den Bergen Schwierigkeiten Fuß zu fassen, da es einfach zu viele Mauern und Türmen gab, von denen sie aus der Distanz schon angeschlagen wurden. Brennendes Pech und Magie taten ihr Übriges und nach Stunden der Belagerung waren lediglich zwei Ebenen in leichte Kämpfe verwickelt, deren Besatzung ausnahmsweise in stetigem Wechsel gegen frische Truppen ausgetauscht werden konnte.

Nun, dadurch, dass die Magier keine Schilde aufrechterhalten mussten, versprach der Kampf interessant und gewiss spaßig zu werden, dachte Ayasha während sie in Gedanken den ersten Zauber wob. Rote, schwarze und purpurne Rauchfahnen gingen von ihrer ausgesteckten Rechten aus und segelten auf den ihr nahestehendsten Turm zu.

Mit magischen Winden versuchten die vier Magier darauf die näher kommenden Dünste auseinander zutreiben. Viel zu einfach, dachte die Meisterin und ballte ihre Rechte zur Faust.

Die Rauchbahnen, die nun den ganzen Turm umgaben, flammten auf und nunmehr war es Feuer in den drei Farben das sich dort fest um das Gemäuer schloss. Hinter ihr verstärkte eine Handvoll ihrer Magier das Geschehen mit ihren eigenen, gleichfarbigen Feuerzungen, während die anderen auf eine der mit Hylianern gefüllten Flächen unter ihnen stießen.

Ayasha spürte die kümmerlichen Versuche der vier Magier im Turm, sich aus ihrer Macht zu befreien, doch sie war bei weitem stärker und ließ sie nicht entkommen.

Heraufbeschworenes Wasser verdampfte, Winde fachten das Feuer nur weiter an und alle anderen Versuche gingen kläglich in dem Druck zu Grunde, der innerhalb des dreifarbigen Wirbels herrschte.

Als sie spürte, dass man versuchte sie anzugreifen, beschloss sie es zu beenden und machte ihre Rechte wieder locker. Der Turm stürzte krachend ein, doch die Flammen verschwanden nicht. Sie veränderten sich vielmehr. Rot, Schwarz und Lila trennten sich und wurden zu eigenen Flammensäulen und diese Säulen wanden sich und flogen in die Luft auf ihre Meisterin zu, welche ein tiefes Lachen erklingen ließ.

„Ja, kommt zur mir, meine Kleinen. Zu lange wart ihr eingesperrt in meinen Gedanken!“

Ihr Pegasus wieherte, blieb jedoch ruhig, als die drei hellen Schöpfungen ihrer Magie sie erreichten und ihre Bahnen um sie zogen. Es waren fünfmeterlange Schlangen.

Die rote brannte nicht einfach, sondern bestand gänzlich aus nichts anderem als Flammen, Funken und Hitze. Dort wo ihr Kopf war, konnte man im Lodern das Antlitz einer Kobra erkennen.

Die dunkelviolette hatte ebenfalls nur dem Umriss eines länglichen Leibes, bestand sie doch aus wogenden dunklen Rauchfahnen. Ihr Kopf war der einer giftigen Viper und Schatten bildeten ihre Augen und ihren Rachen.

Die schwarze Schlange hatte am ehesten so etwas wie einen festen Körper. Deutlich konnte man darauf Schuppen im Licht der Gestirne glitzern sehen, doch ansonsten war sie in der Dunkelheit der Nacht kaum auszumachen, wenn sie nicht gerade in den Schein von Feuer getaucht wurde. Sie war eine Python, die mit ihrem muskulösen Leib alles Leben ausquetschen konnte, wenn sie wollte.

Die anwesenden hylianischen Magier merkten, dass sie größtenteils im Nachteil waren, denn die drei Beschwörungen, die über ihnen ihre Bahnen zogen, waren mächtigste Zauberkunst.

Es gab, unabhängig aller Elemente und Klassen, vier Anwendungen von Magie, die eine Hierarchie bildeten.

Die erste war die Nutzung der gegebenen Umstände. Wenn es irgendwo brannte, dann konnte man dieses Feuer für seine eigenen magischen Zwecke verwenden, gab es irgendwo Wasser, konnte man auch dieses zu sich rufen und damit arbeiten. Dies galt für alle Kategorien der Elemente und war die Methode, die am wenigsten Kraft und Können erforderte.

Die zweite Anwendung war oft nicht sichtbar und wurde deshalb vom gemeinen Volk kaum wahrgenommen. Es ging darum, mit den eigenen Gedanken pure Kraft oder Energie zu erzeugen, Dinge zu bewegen oder zu zerstören und in der nicht sichtbaren Welt Duelle auszutragen. Auf diese Art wurden etwa die berühmten Blitze gewirkt, die bei Magie oft entstanden und verwendet wurden, oder Kraftfelder wurden erzeugt. War ein Magier so weit dass er diesen Bereich gut beherrschte, dann war er schon wirklich gut und darüber hinaus kamen nur wenige.

Die dritte Anwendung nämlich forderte das Erschaffen aus eigenem Antrieb, Anstrengung und Macht von Elementen. Feuer, Wasser oder Winde zu sich zu rufen und sie zu formen und einzusetzen war einfach. Doch eigenes Feuer in den Handflächen zu erschaffen, eigenes Wasser aus dem Nichts heraufbeschwören, das war höchste Kunst. Nun war es jedoch so, dass man hierbei unterscheiden musste, denn dies mochten ja noch einige hinbekommen. Doch aus den erschaffenen Elementen lebende Wesen zu formen, echtes Leben zu erschaffen, das gelang nur den Giganten unter den Mächtigen. Daraus hervorgegangene Wesen, meistens Fabelwesen oder Tiere, oft aber auch geliebte jedoch verschiedene Menschen, begleiteten einen nach ihrer Geburt bis zum Tode. Wurden sie nicht eben beschworen, nahmen sie einen Teil des Bewusstseins ihres Meisters ein, so dass es gefährlich war viele unterschiedliche Geschöpfe zu erschaffen. Man lief Gefahr seine eigene Persönlichkeit zu vergessen und sich der Welt in seinem Kopf zu überlassen.

Die vierte Anwendungsstufe war in der gesamten Geschichte kaum erreicht worden. Die Verschmelzung mit dem Element, die Veränderung des eigenen Körpers bis man selbst zu Wasser wurde, oder zu einer Flamme oder einer Windböe…Es war die gefährlichste Art Magie zu verwenden, denn man war in dieser Form einmal gut angreifbar und einmal lief man auch hier Gefahr seinen eigenen Willen zu vergessen und sich zu verlieren. Dann blieb man etwa immer ein Feuer, zumindest so lange bis man gelöscht wurde und starb. Was bei einem solchen Tod geschah, das wusste niemand auf der Welt zu sagen. Es war unklar, ob man zu den Göttinnen würde fahren können oder nicht. Doch es wurde auch kaum beachtet, da es fast niemanden auf der Welt gab, der diese gewaltigste, letzte Kunst beherrschte.

Wer alle vier Anwendungen perfekt nutzen und kombinieren konnte, der war zu den magischen Gewalten der Welt zu zählen, zu den mächtigsten lebenden Bewohnern des Planeten.

Und eine solche Gewalt, schien es, war nun im Goldenen Pass auf Seiten Ganondorfs aufgetaucht.
 

„Die Gilden greifen ein.“, stellte Rauru fest.

„Ich kümmere mich um den Osten!“, erbot sich Impa, die sich bislang vollständig zurückgehalten hatte.

„Ich übernehme den Westen!“, sagte Ruto. Die Weisen des Waldes und des Feuers mussten noch etwas geschont werden, und die der Geister, des Lichtes und der Zeit sparten ihre Kräfte für die Mauer und das Tor auf.

„Wir kommen mit!“, sagte Kira und Nomara und Link-goro nickten zur Bekräftigung.

„Dazu seid ihr hier.“, lächelte Salia.

„Gebt gut auf euch Acht, die Führer der Gilden sind im Süden das, was die Weisen im Norden sind.“, mahnte Darunia.

„Impa und ich schicken nur unsere Schatten in die Schlucht, wir selbst müssen hier bleiben.“, erinnerte Ruto die drei jungen Magier, zukünftig Führungspersonen ihrer Völker.

„Und lasst euch bloß nicht von ihrem Äußeren oder ihrem Gebaren täuschen. Sie sind Ganondorfs gefährlichste Waffe!“, riet Naboru.

„Ich werde meine drei besten Schüler zu euch schicken!“, versprach Impa mit einem Nicken.

„Und bitte benutzt keine Beschwörungen! Dies ist nur ein Test, sie wollen uns herausfordern, und sechsten und fünften Ring gleichzeitig stark schwächen. Lasst sie das nur tun. Sie sind erfahren im Umgang mit ihren Wesen, ihr nicht. Ihr braucht all eure Konzentration gegen sie, also lasst es, denn ihr wäret dann im Nachteil. Sollte einer von euch in Schwierigkeiten geraten, dann soll er sofort hierher zurückkommen, unwichtig was er zurücklassen muss. Von euch darf heute keiner auch nur ernsthaft verletzt werden, denn wir brauchen euch dringend für die Landesverteidigung!“ Das Dreieck an Zeldas Hand schimmerte, wie um ihre Worte zu unterstreichen.

„Ist es denn schon sicher, dass er nach Hyrule eindringen wird?“, fragte Nomara mit einem Stirnrunzeln. Rauru machte eine düstere Miene und sein mächtiger Bart schien sich zu sträuben.

„Er hat etwas getan während seiner langen Pause, wir spüren deutlich etwas Großes am anderen Ende seiner Armee und wir wissen weder was es ist noch haben wir eine Ahnung was es sein könnte. Alle unsere bisherigen Erwägungen sind unmöglich für ihn durchzuführen gewesen. Und dann ist da noch der Unbekannte, der ihm bei der Flucht geholfen hat…Wir befürchten, dass wir ihm den Eintritt ins Großreich nicht werden lange verwehren können.“

„Aber das ist jetzt nicht eure Sorge, macht schon, sie richten Fürchterliches an!“, drängte Salia und in einem Aufleuchten verschwanden die Kinder von Ruto, Darunia und Naboru.
 

Drei Türme der östlichen Festung waren bereits eingestürzt und die Spitze des Berges, auf der sich eine Gruppe Magier versammelt hatte wurde von ihren Gefolgsleuten mit Rot, Schwarz und Purpur belagert.

Ihre drei Schlangen durchstießen eben den letzten Schild, der Ayasha von den verschreckten Soldaten trennte. Das Feuer verzehrte und verbrannte, alles verging in der richtigen Hitze. Die Schatten krochen durch jede Lücke und erstickten ihre Opfer in Verzweiflung und Kälte. Sie drangen einfach in alles ein. Und die Dunkelheit zermalmte alle Hindernisse auf ihrem Weg und schluckte sie. Dies waren die Grundsätze der Gilde des Verführerischen Feuers und nach deren Beispiel hatte Ayasha ihre Beschwörung vor Jahren geformt. Eine einzige wohlgemerkt, nicht drei. Eine Beschwörung bestehend aus drei Aspekten. Auf der ganzen Welt einzigartig, so wie sie selbst.

Sie breitete ihre Arme aus und die langen Enden ihrer Kleidung verlängerten sich noch weiter und wurden zu Rauchfahnen, die auf die jetzt freigelegte Felsterrasse zusteuerten. Schärpe und Schal bildeten violetten Nebel, die roten Bänder einen heißen, roten Dampf und der schwarze Stoff undurchdringliche, pechschwarze Wolken. Allesamt wurden auf halbem Wege in der Luft zersprengt und was übrig blieb, zog sich zu ihr zurück und wurde wieder zu mehr oder weniger normaler Bekleidung.

Eine dunkle Beschwörung war aus den einzigartigen magischen Sphären des Großreiches erschienen. Jene magischen Bahnen, die ihnen ihr Herr verboten hatte, zu betreten, da sie dort den Weisen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert waren.

„Hübsch…“, lächelte Ayasha anerkennend und erkannte das Wesen der Schattenweisen auf Anhieb.

Es hatte eine menschliche Gestalt, war jedoch fast doppelt so groß wie ein gewöhnlicher Mann. Es bestand nicht aus wogendem Rauch oder Nebel, wie der Schattenaspekt in der Beschwörung der Gildenmeisterin selbst, sondern war ein eigener Schatten: dunkel, leicht durchscheinend, unwirklich und kaum zu begreifen. Die beiden Flügel auf dem Rücken des Wesens jedoch wogten sehr wohl in rauchigen Schwaden, waren dabei jedoch nicht violett sondern einfach nur dunkel. Es war bewaffnet mit einem langen, schattigen Spieß. Und es stürzte sich ohne Vorwarnung auf sie.

Ein einziger, gewaltiger Flügelschlag brachte es schon fast zu der karthasischen Magierin und der lange Stab stieß vor. Wie Ayasha es erwartet hatte, verlängerte er sich in der Luft und zielte genau auf ihr Herz, allerdings hatte sie ihrem Pegasus schon davor einen Klapps auf den starken Hals gegeben und rauschte nun ihrerseits mithilfe mächtiger Schwingen davon. Ihr linker Arm entzündete sich mit einem Zischen und brannte dann lichterloh, ihr Haar loderte auf in schwarzen Flammen und ihr rechter Arm bedeckte sich mit purpurnen Feuerzungen. Der frühere König von Karthas hatte ihr einfach nicht genügend Freiheiten gelassen, es tat so gut, wieder ungehindert Macht wirken zu können und sich dabei um nichts Gedanken zu machen.

Sie lachte als sie ihr brennendes Haar mit einer schnellen Kopfbewegung über die Schultern nach vorne warf und tauchte ihre beiden Arme in das schwarze Meer aus unverzehrten, doch entfachten Locken.

Ein Feuerstoß erbrach sich aus ihrem Schopf, der alle Flammen ihres Hauptes und ihrer Arme mit sich zog und auf den dunklen Engel zuhielt, der sich seinerseits dem Inferno entgegenwarf und dabei seine Flügel vor den Körper hielt. Das dreifarbige Feuer drang nicht durch die erstickenden Federn aus Rauch und verging, so dass das Wesen seine Flügel wieder mit einem weiten Schwung entfaltete, was seiner Gegnerin einen Stoß an messerscharfen Winden zuschleuderte. Ein kurzes Aufschlagen der Schwingen ihres Pegasus zerriss diesen Zauber noch ehe er bei ihr eintraf. Leere füllte für einen Herzschlag lang die Luft zwischen Ayasha und Impas Schatten und nun setzte die Magierin ihr mildes, unschuldiges Lächeln auf.

„Sehr gut. Aber ich glaube ich lasse dich ein wenig mit meinen Kleinen spielen und gehe besser meinen Pflichten nach.“

Damit drehte sie dem Geschöpf den Rücken und gab ihrem Reittier die Sporen und in diesem Augenblick verbiss sich die dunkelviolette Rauchschlange in den Beinen des Engels, während die schwarze sich um den Torso wand und zudrückte, und die flammende den Kopf des Opfers in ihrem Schlund verschwinden ließ.

Dann schrie die Führerin des Verführerischen Feuers wütend auf. Ein toter Pegasus und sein gefallener Herr stürzten in den Abgrund und diejenigen ihres Gefolges, die die Magier auf der Spitze der Festung angegriffen hatten, wurden versprengt.

Stichflammen stachen aus den Nüstern ihres geflügelten Pferdes, zu solcher Eile trieb sie es an, bis sie die Mörder eines der Ihren fand. Es waren zwei und sie standen inmitten der überlebenden Zauberer. Eine junge Frau und ein Gorone. Mochten das Weise sein?

„Ihr!“, brüllte Ayasha hasserfüllt. Noch nie hatte sie einen Magier aus der obersten Klasse ihrer Gilde fallen sehen.

Die anderen Hylianer auf der Festungsspitze, es waren noch sechs, beschworen gemeinsam einen Schild, doch dies machte die Karthaserin nur noch wütender.

„Abschaum!“, schleuderte sie ihnen entgegen und ihr Pegasus warf seinen Kopf zurück und spie Feuer und Tod, worunter der schwächliche Schild mit einem Knall zerbarst.

Die dabei übrig gebliebenen Flammen stießen auf sie zurück, so dass sie selbst einen Schild aus Rauch und Schatten heraufbeschwören musste, eine unförmige Wand vor ihr und ihrem Reittier. Und dann spürte sie Gefahr von unter sich herkommen und riss überrascht die Augen auf. Eine Sandhose erhob sich inmitten des Umgebenden Gebirges und riss Gesteinsbrocken, Staub und Kies mit sich. All das wurde ihr entgegen geschleudert.

Fluchend wendete sie mit ihrem beschwingten Pferd in der Luft und gewann rasch an Höhe, mit einer Handbewegung zerflocht sich ihre Mauer aus Schattenwerk und einzelne Wolken und Fetzen von dunklem Nebel und magieerfüllter Schlangenschatten warfen sich dem widernatürlichen Regen entgegen.

Ihr blieb keine Zeit, um irgendwie einen eigenen Angriff vorzubereiten, denn da fühlte sie schon wie die Mauern der Welt über ihr aufrissen und sich ein Schatten auf sie senkte. Sie fuhr herum und mit ihr ihre Haare, die sich schützend vor ihr auftürmten und wie ein Schild, den man mit Händen halten konnte, in der Luft blieben. Eine Goronenfaust prallte dagegen und versank darin. Die Locken wanden sich und zogen die Gestalt des Steinriesen wie in einem Sumpf weiter nach unten. Ayashas Bänder verlängerten sich wieder und schlangen sich dem Angreifer um den Hals, eines Dunkelheit und eines ein Feuerseil, eines drückend und erstickend, das andere brennend und sengend.

„Du willst einen Goronen mit Feuer bekämpfen?“, fragte Link-goro und grinste sie frech an, während sich die Schlingen um seinen Hals zuzogen. Dann fuhr aus der Luft neben ihnen mit einem orangefarbenen Aufblitzen eine Schwertklinge und schnitt durch die magischen Fesseln, die sich, wieder als Stoff, zu ihrer Herrin zurückzogen.

Der Waffe folgten eine Hand und dann der dazu gehörige Körper der rothaarigen Frau, die mitverantwortlich war für den Tod vom Magier der Gilde. Grobkörniger Sand wurde Ayasha ins Gesicht geweht und kratzte über ihre Haut. Gorone wie Gerudo, als solche erkannte die karthasische Magierin diese nämlich, fielen und verschwanden in rotem und orangenem Licht. Die Beiden bewegten sich demnach frei durch die magische Landessphäre, erkannte sie.

Ein silbriges Geräusch kündigte Merexes’ Ankunft an.

„Du hast dir Zeit gelassen. Einer meiner Besten ist gefallen. Das dort sind Anverwandte der Weisen.“ Sie nickte in Richtung der gewaltigen Turmspitze, auf der ihre Gegner wieder erschienen waren.

„Ja, ich habe es mir schon gedacht.“ Der Alchimist klang nervös.

„Du übernimmst den Goronen und ich die Frau!“, befahl die schöne Frau und wollte eben ihren Pegasus antreiben, da schnaubte Merexes.

„Du gönnst mir wirklich gar nichts oder?“, fragte er mit öliger Stimme und erntete einen verblüfften Ausdruck. Dann verzog Ayasha ihren Mund zu einem Grinsen.

„Merexes, du hast ja Humor!“
 

Gemeinsam traten sie aus den magischen Bahnen auf den Stein hinaus und warfen einen kurzen Blick zu Impas beschworenem Schatten. Irgendwie hatte er sich den drei Schlangen entwunden und wich ihnen nun aus, während sie versuchten nach ihm zu schnappen und ihn in ihren Würgegriff zu bekommen. Einmal fuhr sein Speer durch den Körper der Rauchschlange, der sich daraufhin auflöste und sich an anderer Stelle neu zusammensetzte.

„Die Alchimisten sind da.“, beobachtete Link-goro deren Ankunft mit verschränkten Armen. Ayashas Feuer erhellten die Nacht und machten den Blick frei für die Gegner. Da traten auf einmal zwei Gestalten neben die beiden Hylianer.

„Oroelle!“, entfuhr es Nomara erfreut.

„Du bist Oroelle?!“, harkte Darunias Sohn überrascht nach. Die Shiekah wirkte ebenso überrascht.

„Du bist Link.“, erwiderte sie nur.

„Na endlich lernen wir uns mal kennen. Kira hat mir schon viel von dir erzählt.“

Er reichte ihr seine breite Hand, in die sie, noch immer etwas überrascht, einschlug.

„Nicht Ren? Ich dachte er sei dein bester Freund.“

„Ist er auch.“, versicherte ihr Link grinsend. Oroelles Begleiter warf ihnen einen dunklen Blick zu und deutete nach vorne. Mehrere Shiekah hatten Kämpfe mit den Untergebenen der Gildenanführer begonnen und wurden von einigen Magiern von unten dabei unterstützt. Der Nachthimmel klärte dadurch noch weiter auf.

Flammen erschienen unweit von ihrer Position in der Luft und hielten auf sie zu.

„Los komm, Oroelle. Die gehört uns!“, sagte Nomara und verschwand im Licht der Bahn der Geistermagie. Die Shiekah winkte den beiden noch Anwesenden kurz zu und eilte der Gerudo auf ihre eigene Art hinterher.

„Also dann“, meinte Link und rieb sich die Hände, doch offenbar war sein Gegenüber nicht sehr gesprächig. Er warf dem Goronen lediglich einen finsteren Blick zu und verschwand dann genauso wie Oroelle. Darunias Sohn seufzte, trat ein in die magische Bahn der Feuermagie, um dann irgendwo in der Luft wieder in die stoffliche Welt zu kommen.

Der Meister der Gilde des Neuen Feuers war vor ihm und er kam gerade rechtzeitig, um mitanzusehen, wie das Gold des Gerätes, auf dem sich Merexes befand, dahin schmolz und abperlte. Es tropfte, spritzte und floss wie Wasser in die Luft und formte eine goldene Kugel um das Gebilde, welche kurz darauf verschwand. Zumindest für das Auge, wie Link bemerkte. Unter der Goldschicht war das Gerät silbern.

Der Shiekah, es musste wie Rens Freundin auch einer von Impas drei potenziellen Nachfolgern sein, hatte bereits Schatten aus der Schlucht nach oben gerufen, die nun den unsichtbaren Schild angriffen und darunter sah der Alchimistenmagier auf seinem Thron verängstigt aus. Mit einem Wink beider Hände jedoch, fuhren zwei Fontänen aus geschmolzenem Gestein aus den Armlehnen des hohen Sitzes. Der Shiekah tauchte in Rauch weg und erschien dann hinter der Apparatur wieder. Anders als die meisten seines Volkes blieb er in der Luft schweben und Link tat es ihm nach, indem er sich mit seinem Geist an der magischen Sphäre abstieß, etwas das ihm nur in Hyrule möglich war.

Die Lava schoss also an ihrem Ziel vorbei und sammelte sich dann zu zwei Kugeln. Von irgendwoher hatte Merexes zwei kleine Fläschchen in den Händen und diese warf er nun auf die Magmakugeln zu. Die daraus resultierende Explosion tauchte die ganze Fläche meterweit in buntes Feuer, welches in der Luft hängen zu bleiben schien und nicht verschwand. Link versuchte es sich untertan zu machen, doch es war seltsames Feuer, von einer Art, wie er es nicht kannte und es gehorchte ihm nicht. Merexes hingegen schon, der es nun ihm und dem Shiekah gleichermaßen in Form von Kugeln und Stichflammen zuschleuderte, so dass beide entweder ausweichen oder Schilder beschwören mussten.

Der Alchimist klatschte unterdessen in die Hände und zwei Steine sprangen aus dem Podest unter dem Thron in die Höhe und lösten sich in grünem und blauem Rauch auf. Der grüne fing augenblicklich Feuer und magischer Wind trieb ihn in Richtung der Turmfestung. Er zog eine dicke Bahn hinter sich her. Bevor Link etwas dagegen tun konnte, musste er jedoch selbst erst einmal fliehen, denn der blaue Rauch schien allen Sauerstoff der Umgebung einzusaugen. In Sekundenschnell bekam er keine Luft mehr und der beißende Gestank löste zudem einen heftigen Hustenreiz aus. So hatte er sich den magischen Kampf nicht vorgestellt. Er tauchte ab und kam bei einer der unteren Ebenen der Festung wieder zum Vorschein. Der Shiekah hatte eine Mauer aus dunklen Schatten erschaffen, gegen die der grüne, brennende Rauch wallte, doch weder dies noch die magischen Winde, die ihn von allen Seiten trafen löschten die Glut. So trieben stattdessen bald viele unterschiedlich große, aber allesamt brennende Wolken durch die Luft.

Der blaue Rauch bildete währenddessen eine große Glocke um Merexes’ fliegende Plattform und verbarg diese vollkommen. Keiner konnte in der Nähe des Gebildes atmen, nicht einmal die Shiekah und keiner wusste wie man dies umgehen konnte. Und wurde der Alchimist aus der Ferne angegriffen dann war da noch sein vormals goldener Schild, der den Schaden abblockte. Der kleine Mann schien sehr auf seine Sicherheit bedacht zu sein.

Doch was Darunias Sohn vor allem Sorgen bereitete, waren die Unmengen an seltsamen Flammen, die von allen Alchimisten in die Luft geschleudert wurden und sich von niemandem außer ihnen kontrollieren ließen. Neues Feuer, in der Tat, musste man ihnen eingestehen.

Es dauerte nicht lange, da brannte der gesamte Raum über dem sechsten Ring und mitten in der Hitze fochten Shiekah gegen Alchimisten und Magier des Verführerischen Feuers, kämpften Oroelle und Nomara gegen Ayasha und Link-goro und der andere Schattenadept gegen Merexes.
 

Auf der westlichen Seite der Schlucht, über der dortigen Festung kämpften ebenfalls Shiekah und hylianische Zauberer gegen machtvolle karthasische Magier, nämlich jene des Kalten Feuers.

Zehn waren es und keiner von ihnen war bislang gefallen und angeführt wurden sie von Sathor. Sie ritten alle auf Drachen.

Diese waren zwar klein, doch spieen sie verblüffend viel Feuer und waren schnell und wendig. Allen Pfeilen wichen sie aus und den meisten Zaubern. Wurden sie doch einmal getroffen, dann machte es nicht viel aus, da ihre Schuppenpanzer dick waren und auch vor Magie schützten.

Auf dieser Seite waren sie schnell durch die Barrieren gebrochen und hatten Verheerungen unter den Verteidigern angerichtet, die sich daraufhin in wilder Flucht in das Innere der Festung zurückzogen. Nichts war den Gildenmagiern auf dieser Seite der Schlucht entgegenzusetzen, bis Rutos Geschöpf und ihre Tochter auftauchten und mit ihnen der dritte Anwärter auf Impas Amt, samt dutzenden Shiekah, die sich einzig und allein den Dienern Sathors widmeten.

Rutos Beschwörung war eine fast fünfzehnmeterlange Wasserschlange oder eher ein Seedrache aus klarem Nass, grau und grün und blau. Der schlanke Körper endete in einer gewaltigen Flosse aus dunklem Wasser und lange Seitenflossen peitschten durch die Luft. Die Schnauze war lang und lag unter großen Augen, die so tief erschienen wie ein Ozean. Es bewegte sich in Schlangenlinien durch die Luft, streckte den Körper niemals ganz und war erschreckend schnell.

Wie einer der sagenumwobenen Leviathane der Meerestiefen schien es zu sein, das Pendant des Wassers aller Welt zu den Drachen von Stein, Feuer und Luft. Es hieß früher hätten sie gegeneinander gekämpft doch konnte keine Seite die Oberhand gewinnen, so wie Kämpfe zwischen Bergen und Meeren ebenfalls immer in einem Gleichstand enden mussten.

Als erstes war das weit geöffnete blaue Maul aus der magischen Wasserbahn in der Luft erschienen, genau über einem der berittenen Drachen, welcher sofort verschlungen wurde. Während der Rest des langen Leibes erschien, konnten die anderen Angehörigen der Gilde des Kalten Feuers genau beobachten, wie Drache samt Reiter sich in dem Wasser überschlugen und langsam ertranken. Das Feuer von Wesen und Magier war nutzlos und erlosch sofort und offenbar wirkte auch keine andere der magischen Attacken von Sathors Streiter. Als der Mann und sein Reittier tot waren, spuckte der Wasserdrache sie in einem Strahl salzigen Wassers aus, der einem Fluss gleichkam. Der Kadaver des Wesens war auf einen seiner Artgenossen gezielt, der rasch auswich und in seiner Unachtsamkeit von Shiekah angegriffen wurde, so dass der darauf sitzende Magier sich aus der Defensive heraus schützen musste.

Sathor war schon längst seiner Raserei erlegen und wollte nur noch den übermächtigen Zauber der Wasserweisen zerstören. Seine Augen glänzten fiebrig und er knurrte und brüllte fast so laut, wie der Drache, den er ritt. Diesen hatte er sich offenbar eigens ausgesucht, denn er passte perfekt zu der Aufmachung des Gildenmeisters. Rücken, Kopf und dornenbesetzter Schwanz waren nämlich schwarz, doch die Unterseite von Hals und Baum schimmerte in einem hellen Grau, ebenso wie die Flughäute. Selbst für einen Kleindrachen war er nicht besonders groß, doch dafür scheinbar umso schneller, den er schoss wie ein Pfeil durch den Nachthimmel, der so gewaltsam von todbringenden Geschossen und Zaubern erleuchtet wurde.

Allerdings sollte Sathor den Leviathan nicht erreichen, denn eine Kugel aus Wasser traf aus dem Nichts die Seite seines Drachen, der dadurch brüllend aus der Bahn geworfen wurde und auf die in magischen Brand gesetzte Turmfestung zufiel. Der Wasserzauber war hart wie Stein gewesen.

Ganondorfs General schrie auf, als hätte er selbst den Schlag abbekommen und schwang den winzigen Stab, der halb in seiner Hand verborgen gelegen hatte, über seinem Kopf. Ein silbrigweißes und ein tiefschwarzes Seil schossen nebeneinander daraus hervor und knallten laut. Beide waren sie magisch und das helle gab sanftes Licht ab, welches zu gleichen Teilen vom dunklen eingesogen wurde.

Kira hatte unterdessen zwei weitere solcher Kugeln in der Luft beschworen und ließ sie mit parallelen, fließenden Armbewegungen auf zwei unterschiedliche Gegner rasen, die auf sie zukamen. Dann verschwand sie in einem blauen Blitz und erschien direkt über Sathors Drachen, der sich gefangen hatte und wieder an Höhe gewann.

„Suchst du mich?“, rief sie ihm beinahe fröhlich zu und die langen Armflossen wurden zu zwei silbrigen Wasserstrahlen, die sich in der Luft mit den beiden Teilen der geschwungenen Peitsche des Karthasers trafen und verkeilten.

Währenddessen hatte Rutos Tochter bereits beide Arme ausgestreckt und ihre Handflächen deuteten nach unten, bevor die Gliedmaßen ebenfalls zu silbernem Wasser verschwammen und in einer breiten Fontäne auf Drachen und Reiter zuhielten. Sie erreichten ihn nicht.

Die weiße, durchschimmernde Seite von Sathors Kleidung war aufgeleuchtet und das magische Nass traf auf eine Wand aus Licht. Es war allerdings nicht das grelle, stark leuchtende goldene Licht von Rauru oder Zelda. Es war eher glänzend und schimmernd als wahrlich leuchtend und grell, eher Mond und Sterne als Sonne, nicht golden und gleißend sondern weiß und silbern und sanft.

„Jetzt hab ich dich, Fischchen!“, lachte er schrill und die andere Hälfte seiner Aufmachung reagierte, wurde noch dunkler und erschien seltsam dick. Dann schoss Kira dieser halbe Körper ihres Gegners in einem unregelmäßigen, aber fast greifbar aussehenden schwarzen Strahl entgegen. In einem Bogen fuhr er aus dem silbernen Schild, an dem Wasser entlangfloss, wo es nicht abperlte.

Die Zoraprinzessin sah den Triumph in Sathors Augen und sein Mund verzog sich noch weiter, bis man nicht einmal mehr von einem Grinsen sprechen konnte. Die Hälfte des Kopfes war so schwarz wie er magische Angriff und die andere offenbarte zwar noch menschliche Züge, doch schimmerte diese hell. Dann wurde Kira vom Angriff getroffen und ihre halbe Gestalt explodierte in einem Plätschern. Sie mussten ein bizarres Bild abgeben, wie sie da ineinander verkeilt in der Luft schwebten, sie selbst nunmehr ebenso grotesk wie der Karthaser.

Teile auf der rechten Seite ihres Leibes waren verschwunden, alles was man noch sah, war ein kühler Nebel aus feinem Sprühregen. Dort wo ihr Körper brutal endete, ergossen sich kleine Wasserfälle von ihrer linken Seite, die zur Hälfte aus Wasser zu bestehen schien. Dachte ihr Feind etwa, nur er beherrsche derartige Fähigkeiten?, fragte sie sich still und beschloss wieder in die übernatürliche Sphäre einzutauchen um erneut anzugreifen. So wie die Lage nun nämlich stand, würden weder sie noch er etwas vollbringen können und nur unnötig Kraft verschwenden. Es blitzte kurz auf als sie verschwand und nur kurze Zeit später erneut, doch es war ein gefährlicher und zudem machtvoller Mann, gegen die sie antrat und er hatte viel mehr Erfahrungen in solchen Duellen als sie.

Als sie wieder in der Luft auftauchte und eigentlich sofort angreifen wollte, blieb nur ein kurzer Augenblick um einen Schild aus silbernen und blauen Schuppen aufzubauen. Der schwarzweiße Strahl ihres Kontrahenten durchstieß ihn und schleuderte sie weit in die Nacht hinein. Die gegensätzliche Kräfte von Hell und Dunkel hatten dabei so starke gegensätzliche Energien und Spannungen erzeugt, dass es blitzte und Kira die Luft aus den Lungen gedrückt wurde. Paralyse senkte sich über sie und einen Moment lang hatte sie keine Kontrolle über sich selbst.

Es war ein Shiekah, der sie rettete, Impas dritter Lehrling. Zunächst hörte sie nur ein kurzes Rauschen über ihr, dann spürte sie wie eine Hand nach ihr griff und sie in irgendeine Richtung mit sich zerrte. Es knallte über ihnen und sie spürte Hitze im Nacken und hörte einen wütenden Ausruf. Die Hitze folgte ihr, doch ihre Gliedmaßen erwachten eben erst wieder aus ihrer Starre und so sah sie nicht wie der Shiekah den feindlichen Zauber brach. Wohl aber sah sie, dass die Felsen des Umgebenden Gebirges immer näher kamen und hielt sich in Gedanken an der Wasserbahn Hyrules fest, was sich in der stofflichen Welt darin äußerte, dass sie in der Luft stehen blieb. Sie schüttelte die Benommenheit ab und hörte ihren Retter sagen:

„Du musst vorsichtiger sein, du kannst es nicht alleine mit ihm aufnehmen. Hier gibt es kein Wasser, das dir zu Gebote steht!“

„Danke für die Rettung!“, entgegnete sie nur und setzte wieder ein Lächeln auf. Ihr Haar verlängerte sich zu einem wässrigen Fluss aus Blau und Silber, hier und dort mit Gold durchwirkt. Wie ein Seil peitschte es hinter ihr aus und schlang sich um den Flügel eines vorbeiziehenden Drachen der Gilde. Die Echse war schnell gewesen und die Kraft des ruckartigen Haltes war genug gewesen um selbst seine harten Flügelknochen brechen zu lassen.

„Ich schlage vor, du kümmerst dich um den da. Ich suche mir jetzt einen kleinen Wasserspender.“

Sie verschwand zwinkernd und ließ ihren Retter mit misstrauischem Blick zurück, der jedoch nur so lange währte, wie er brauchte um den Schatten eines Drachen zu sich zu rufen und sich wieder in den Kampf zu stürzen.

Kira indes trat abermals in die sichtbare Welt ein, doch wurde sie zunächst von niemandem bemerkt. Gleich drei Gildenmagier umschwärmten den Leviathan, ließen ihre Drachen Feuer speien und griffen mit ihrer eigenen, gegensätzlich geprägten Magie an. Sie rissen den schlanken Leib zwar an mehreren Stellen damit auseinander doch er setzte sich immer wieder mit einem Plätschern zusammen. Seine langen Seitenflossen, Tentakel musste man sie schon nennen, knallten und peitschten in Richtung der Angreifer und eben spie er wieder einen flutartigen Strahl mit Sprühgischt gedeckten Meereswassers. Niemandem fiel bei der gewaltigen Größe des Ungetüms der kleine Leib der halben Zora auf, der mitten darin schwamm.

Links Tochter atmete den teils süßen, teils salzigen Geruch des Wassers ein und erfreute sich daran, vollständig von dem ihr liebsten Element eingeschlossen und umgeben zu sein. Eine kurze Zeit lang beobachtete sie das Geschehen um sie herum, welches ihr durch die nasse Mauer seltsam entrückt vorkam. Es drangen so gut wie keine Geräusche zu ihr durch, stattdessen vernahm sie nur Sprudeln und Spritzen, Schäumen und Gurgeln. Schließlich breitete sie ihre Arme weit aus, als wolle sie von einer Klippe ins Wasser springen, und ein Dutzend zusätzlicher Wasserarme brach aus dem sich durch die Lüfte windenden Leviathan hervor.

Die fliegenden Echsen waren schnell und nur schwer zu fassen, doch mit so vielen überlangen, zusätzlichen Armen unter ihrem Befehl, erwischte Kira dennoch zwei. Eine wurde von einem von oben geführten Schlag gegen eine Mauer der Festung geschleudert, die dabei zum Teil einstürzte, und ein anderer wand sich einem Drachen um den Körper und hielt ihn fest. Sie trennte diesen Tentakel in Gedanken vom Körper des Wasserdrachen, der von sich aus weiterkämpfte als wäre nichts gewesen, und ließ das gesamte feuchte Nass aus dem es bestand die Bestie und ihren Herrn in einer gewaltigen Kugel einschließen. Damit sie ihr auch nicht entkamen und in ihrem blauen Gefängnis ertranken, ließ sie ihren linken Arm in deren Richtung ausgestreckt deuten. Dann versuchte sie weitere Ungetüme einzufangen, doch schon kurz darauf, musste sie erneut ihre Aufmerksamkeit auf die große Wasserkugel richten.

Sathors Peitsche hatte ein Loch darein gerissen, aus dem nun die Wassermassen des Inneren heraus sprudelten und sich in einem Wasserfall in die Tiefe ergossen. Dieser Mann war wirklich ein Ärgernis, dachte sie stirnrunzelnd, als sie ihm eine Handvoll ihrer wendigen, langen Arme entgegenwarf.
 

Das magische Duell in den Lüften über der Schlucht währte insgesamt nur vielleicht etwa zwei Stunden, denn bald rief Ganondorf seine Generäle und ihre Untergebenen wieder zu sich. Es war auf beiden Seiten genug abgeschätzt worden. Das nächste Mal wenn sie sich sehen würden, sollte das im Großreich selbst geschehen und dann würde es um ihr Leben gehen. Die Verheerungen die jedoch angerichtet worden waren, waren immens für die Hylianer.

Auf der östlichen Seite bedeckte das vielfarbige Feuer der Alchimisten fast die Hälfte der Bergfestung, an eine Neubesetzung war nicht zu denken, da die Magier zu viel Kraft würden aufwenden müssen, um die unnatürlichen Flammen zu löschen und so musste die dortige Festung aufgegeben werden, noch bevor die des fünften Ringes davor gefallen war.

Dort hatten sich Magier und Shiekah in der Tat gut gegen die angreifenden Drachen gewehrt, doch deren Zahl nahm mit der Zahl zu und sie wurden sowohl größer und wilder als auch mächtiger. Zudem erschwerten zahlreiche der kolossalen Skelettdrachen die Arbeit der Zauberer, indem sie ihre schweren Körper gegen die Schutzschilde warfen und sie eins um andere Mal zum Einbruch brachten. Dies nutzten die Drachen und verteilten ihr Feuer unter den Menschen auf den Mauern, Balkonen und Plateaus, was für viele Opfer sorgte.

Über die geheimen Gänge in den Bergen, welche danach sofort mit Sprengungen gänzlich verschüttet wurden, zogen sich schließlich die Überlebenden der beiden Verteidigungswerke des fünften Ringes zurück und deutlich mehr waren gefallen, als es bislang der Fall gewesen war.

Die Verluste der östlichen Bergfestung des sechsten Ringes hielten sich in Grenzen doch beim westlichen Bollwerk hatten die Magier des Kalten Feuers mit ihren Drachen schrecklich gewütet bevor magische Hilfe eingetroffen war, da nahezu keine Barrieren vorhanden gewesen waren. Sechsundzwanzig Zauberkundige waren unter dem Einsatz von Ganondorfs Generälen verstorben. Was währenddessen die Verluste der Gilden anging, so war der Westen wiederum erfolgreicher gewesen als der Osten.

Die wendigen Pegasi, die mit ihrem Feuer unabhängig von ihren Herren und Herrinnen angriffen und deren magische Winde Zauber in der Luft zerrissen, konnten viel leichter ausweichen als die Drachen von Sathor und den Seinen. So waren nur zwei Magier des Verführerischen Feuers gefallen, doch vier ihrer Rivalen und zudem wurden sechs der Drachenreittiere getötet. Kleine Zahlen zwar, doch bedeutend in Anbetracht der Tatsache, dass es einige der mächtigsten Magier des Südens gewesen waren.

Die Alchimistenmeister hatten zu aller Überraschung ebenfalls nur zwei Mann verloren. Das Neue Feuer hatte für so viel Verwirrung und Chaos gesorgt, dass sich bald viele der Shiekah damit befassen mussten, die magischen Flammen von den Mauern fernzuhalten während sich dort noch Menschen aufhielten.

So begann noch in derselben Nacht die Belagerung des siebten Ringes und dieses Mal rückten keine weiteren Truppen weiter vor, denn als nächstes würde nur noch die Mauer kommen, samt den umliegenden Befestigungen, das letzte schützende Bollwerk des Großreiches.

Dessen waren sich auch die Besatzungen der beiden Verteidigungsanlagen des letzten Ringes bewusst und so hielten sie die ganze Nacht über und den halben nachfolgenden Tag dem verstärkten Beschuss und dem Einsatz von Flugkreaturen aus. Die Drachen sollten offenbar geschont werden, es waren ihrer ziemlich viele gefallen, und so kamen wieder mehr Knochengänger zum Einsatz und zudem nun auch andere Wesen.

Etwa die großen Drachenfliegen, die in Gebirgen und Marschen lebten, deren lange Skorpionschwänze lähmende Blitzstöße abgaben. Dunkle, große Vögel waren auch da und sie umschwirrten die Türme der Magier wie Fliegen. Unter anderem wurde die Luft sogar von dem Rotieren der scharfen Klingen der seltsamen Pflanzen erfüllt, die man auch in Hyrule kannte.

Ihre Knospen waren meist das Einzige, was aus dem Erdboden herausschaute und sie waren groß und sahen manchmal wie Felsen aus, manchmal jedoch auch wie eine einzige riesige Blüte von roten, gelben und orangefarbenen Tönen. Wer ihre Ruhe störte, der bezahlte dies meist mit dem Leben, denn dann erhoben sie sich und ihre Wurzeln waren lange Klingen, deren Rotieren sie in die Luft erhob und vor Pfeilen schützte, während es gleichzeitig als Waffe eingesetzt einen Menschen so rasch schneiden konnte, dass man die Verletzung erst Sekunden danach bemerkte.

Als denn schließlich auch dort der Druck der Übermacht zu groß wurde, zog man sich zurück und der karthasischen Armee stand der Weg zur großen Mauer frei. Die Weisen ließen sie bis auf zweihundert Meter vor dem Steinwall aufmarschieren bevor sie sich wieder in das Geschehen einmischten. Abermals war es Darunia, der in der Schlacht noch die meiste Macht von ihnen hatte, der den Angriff eröffnete. Mit ähnlicher Kraftanstrengung wie zuvor brachte er die Festungsanlagen des siebten Ringes zum Einsturz und dieses Mal war der Pass darunter voller Menschen und sonstiger Geschöpfe. Der Einsturz war weniger gewaltig wie der vorige jedoch auch deutlich verhängnisvoller als der am Passeingang. Beim letzten Mal hatten die Sprengmeister mehrere Anläufe gebracht um die massive Barrikade aus dem Weg zu räumen, dieses Mal würde es ihnen wohl schneller gelingen, doch das war nicht der Punkt. Zum einen war es dem Feuerweisen leichter gefallen bereits bearbeiteten und ausgehöhlten Stein einstürzen zu lassen und zum anderen wurde dadurch die Streitmacht in zwei Teile gespalten, von den vielen Opfern der Felslawine ganz zu schweigen.

Es waren vielleicht fünftausend Köpfe, die sich abgeschnitten von ihren Kameraden nördlich der Einsturzstelle befanden und hinzu kamen hunderte Monster, die mit ihnen unterwegs waren. Die vordersten Reihen waren natürlich bereits wieder längst in Reichweite von Schützen, Kanonen, Magiern und Katapulten, doch hatten diese den Befehl zunächst abzuwarten. Dieses Mal waren es Naboru und Impa, die den Schlag ausführten.

Die Schlucht war des Nachtmittags in breite Schatten getaucht und an einigen Stellen, wo noch Lichtstrahlen den Grund erhellten, warfen die Karthaser und alle die sie begleiteten ebenfalls dunkle Doppelgänger ihrer selbst. Die Shiekahweise fing an ihre Magie zu wirken und die Schatten erwachten zu Leben.

Die Verteidiger auf Mauern und Türmen konnten wahrlich nichts genaues sehen, es sei denn sie blickten durch termianische Fernrohre, doch selbst wenn sie etwas erkannt hätten, sie wüssten nicht, wie es beschreiben sollten. Als erstes war da die Undeutlichkeit der Schatten. Normalerweise sah man sie immer nur als Abbild von etwas auf dem Boden oder einer Mauer, platt und nichts sagend, je nach Lichtverhältnissen lang gezogen oder klein und kümmerlich. Man erkannte nicht viele Unterschiede zwischen ihnen, außer den Dingen, die sie abbildeten. Doch nun wurden die Schatten in der Schlucht selber zu Dingen und keiner glich dem anderen.

Es erhoben sich Schatten, die waren genau wie diejenigen, die sie vormals abgebildet hatten, samt aller charakteristischen Körpermerkmale und Gesichtszüge. Diese Schatten sahen einfach nur aus wie Menschen von einer einzigen, dunklen Farbe. Stofflich, fleischlich, seltsam aber nicht mehr unwirklich. Berührbar.

Dann gab es da jedoch auch solche, die hauchdünn geblieben waren und nur die Andeutung einer Kontur aufwiesen. Diese Exemplare waren seltsam durchsichtig doch wenn man sie zu lange ansah, dann schien es einem als woge der Körper und eine dunkle Welt tue sich in ihm auf.

Es gab Schatten, die waren verzerrt und bizarr und jene die undeutlich doch massiv und bedrohlich wirkten, eine Zusammenballung unterschiedlicher dunkler Komponenten. Es gab sogar solche, die nichts darzustellen schienen, sondern einfach wie ein Nebelfetzen aussahen oder wie eine dunkle Rauchwolke. Doch allesamt erschienen sie mitten unter dem abgetrennten Zweig der gegnerischen Armee. Hinter, über, vor und unter denjenigen, die die Weisen dieses Mal zum Tode verurteilt hatten. Impas zum Leben erweckte dunkle Diener stürzten sich auf ihre Opfer und das Gemetzel begann.

Es geschah auf unterschiedliche Weisen, so wie jeder Schatten selbst auch einzigartig war. An einer Stelle wurde vielleicht ein Soldat einfach in den undeutlichen Körper eingesogen, gut sichtbar für die Umstehenden, wenn sie darauf geachtet hätten. Diese Unglücklichen starben in ihrem Gefängnis, irgendwann sackten sie einfach zusammen und es schien nicht so als wären sie erstickt. Hier und da konnte sie vielleicht jemand von besonders starker Willenskraft freimachen und versuchen zu fliehen, doch die Schatten hatten so unendlich viele Arten zu Töten wie die Shiekah, die über sie gebieten konnten.

Viele der Fliehenden, die einfach ohne Orientierung in eine bestimmte Richtung gelaufen waren, versanken zuhauf im Boden und stellten voller Entsetzen fest, dass der Grund nunmehr dunkel und weich war, wie ein Sumpf. Sie verschwanden in den schattigen Bewegungen unter ihnen und als sich die Dunkelheit verzog und der Grund wieder sichtbar war, gab es kein Anzeichen irgendwelcher Leichen. Sie waren schlicht aus dieser Welt verschwunden, wie es schien.

Dann gab es jedoch auch selche, die für jedermann gut sichtbar auf bekannte Arten starben, nämlich in dem sie aufgeschlitzt wurden etwa. Die dünnen Schatten waren es hauptsächlich, die so vorgingen. Ihre Körper änderten ihre Form, so dass Arme etwa plötzlich in Klingen oder Sensen ausliefen deren messerscharfe Schneiden Gliedmaßen von Körpern trennten und den Pass mit Blut tränkten.

Die vorderen Ränge des Heeres, die sich südlich der Mauer aus herabgestürzten Stein befanden, mussten indes nur eine kurze Zeit den Todesschreien ihrer Kameraden lauschen, denn auch sie sollten nicht geschont werden. Ihr Verhängnis hingegen war zunächst in keiner Weise sichtbar, nichts verriet was für eine mächtige Magie die Führerin der Gerudos ausübte.

Es waren hunderte Geister und Seelen vergangener Zeiten im Pass, unsichtbar für jeden anderen, selbst für die Magier, nicht jedoch für Naboru, die Weise der Geister. Sie hatte in der Schlucht schon immer die huschenden Bewegungen der Verstorbenen wahrgenommen und ihre Rufen und Klagen noch im fernen Gerudotal vernommen. Seit Tagen jedoch war der Pass geradezu überfüllt von klagenden, verschwommenen Gesichtern und flackernder Körper, die Bewusstseine zahlreicher Opfer des noch jungen Krieges. Es waren tausende. Und Naboru nahm mit sehr vielen von ihnen eine Verbindung auf.

Die Kunst der Geistermagie ist gefürchtet und verschrien und wird von so gut wie keinem Zauberer praktiziert. Das Geisterelement stand gewissermaßen alleine da, am nahesten noch dem der Schatten verwandt. Nur sehr wenige können die Anstrengung und Überwindung nachvollziehen, die es kostet auch nur mit wenigen Seelen Kontakt aufzunehmen. Sobald man nämlich mit ihnen verbunden war, musste man sie sich untertan machen, denn sonst würden sie versuchen den Körper zu übernehmen und ins Leben zurückzukehren. Es war ein Kampf in Gedanken, ein Kampf gegen die Erinnerungen und Empfindungen eines anderen, fremden Lebens. Niemand kann das Gefühl genau beschreiben, das entsteht wenn man mit einem Schlag alles über jemand anderen weiß, über jemand der tot ist und doch mit einem selbst im Kopfe reden kann, wenn er es wünscht. Man fühlt sich verloren und eingeschüchtert und die Versuchung ist groß nachzugeben und dem fremden Bewusstsein die Kontrolle zu überlassen. Sollte dies geschehen, dann musste man ein Leben in Knechtschaft im eigenen Körper führen, bis der Geist ausgetrieben wurde oder der Körper verging. Dann wurde man selbst zu einem ruhelosen Hauch im Wind.

Naboru machte sich nun die Seelen vieler hundert zu Dienern und zwang sie in die Körper von Monstern, menschlichen Soldaten und sogar in Maschinen zu fahren. Durch ihren Willen gestärkt, ergriffen die Geister Besitz von den Leibern, die nur Gefäße für sie waren, und verdrängten die darin befindlichen Persönlichkeiten. In ihrer Überraschung schafften es nur die Wenigsten, sich zu wehren und bald kam es, wie es kommen musste: Hunderte Karthasische Soldaten erhoben die Waffen und gingen aufeinander los, Monster sprangen sich ohne Grund plötzlich gegenseitig an und diverse Maschinen schossen, ohne dass sie beladen und betätigt worden wären, in die Menge hinein. Den nicht besessenen Männern blieb nichts anderes übrig, als sich zu wehren und um ihr Leben zu kämpfen. Angst schlich sich in ihre Herzen, denn was geschah ergab keinen Sinn. War denn der Wahnsinn über ihre Landsleute gekommen? Der gesamte Feldzug war gottlos, eine einzige Blasphemie, war dies ihre Strafe? Sie hatten doch nichts anderes tun können als dem Großmeister des Bösen zu gehorchen…

Innerhalb der ersten Minuten der Überraschung starben bereits viele der Feinde Hyrules, doch danach wurde es eine lange blutige Schlacht, bei der man nicht sicher sein konnte, wer Freund und wer Feind war.

Starb einer derer, die von Naboru kontrolliert wurden, dann ließ sie sich die betreffende Seele einfach einen neuen Körper suchen. Mehr und mehr Geister füllten die Schlucht, doch ihrer bediente sich die Weise nicht. Es war schon mit der Menge, die sie nutzte, schwer und anstrengend, nahm sie doch alles von jedem Einzelnen wahr. Im Lichttempel hätten die anderen Weisen beobachten können, wie sich ihre Augen unter den geschlossenen Liedern ruckartig hin- und herbewegten, wären sie nicht dem Schlachten in Goldenen Pass zugegen.

Besonders schlimm wurde es als nördlich der Barrikade alle Gegner von Impas Schatten getötet worden waren und diese nun auf die andere Seite übergriffen. Beide Frauen ließen den ungleichen, blutigen Kampf stundenlang andauern und schließlich ging die Sonne unter und abermals kam die Nacht. Erst dann entschieden sie, als abermals tausende tot waren, dass es genug sei. Schatten zogen sich zurück und verschwanden in noch tiefen Schatten und die Geister fuhren aus den Körpern. Naboru ließ sie sich vorher jedoch noch die Kehle durchschneiden.
 

„Herr, das ist keine Nebensächlichkeit mehr, Ihr müsst sie daran hatten etwas Derartiges erneut zu tun!“, ereiferte sich Sathor. Seine Kleidung klebte am noch immer verschwitzten Körper und die helle Seite war von Rauch und Ruß verdreckt. An einigen Stellen waren außerdem Risse im Stoff zu sehen.

„Nun, ich fürchte er hat Recht, mein mächtiger Herr. Bitte lasst so etwas nicht noch einmal geschehen.“ Ayasha wies überhaupt keine Spuren der Schlacht auf und sah so schön wie immer aus. Merexes traute sich nicht etwas zu sagen.

Sie befanden sich abermals in dem windigen, runden Raum mit dem zerstörten Thron in der Mitte, auf dem noch immer Ganondorf saß. Er fuhr sich mit der Hand durch den Bart und erhob sich dann. Sein langer roter Umhang schleifte teilweise über den Boden als ihn seine langen Beine mit wenigen Schritten zu einem der Bruchlöcher im Mauerwerk trugen. Seine Generäle hatten sich verneigt und ihm respektvoll Platz gemacht. Nun beobachteten sie ihn wachsam von hinten. Von allen unbemerkt trat der Verhüllte lautlos hinter dem Thron hervor.

„Hört auf eure Untergebenen!“, rief er und durchbrach damit die Stille. Die Köpfe der drei Karthaser rückten in seine Richtung und fast ohne es zu merken rückten sie dichter zusammen, vereint in ihrer Abneigung gegen den Unbekannten, für den Augenblick alle Differenzen vergessend.

„Wer seid Ihr, dass Ihr in einem solchen Ton mit unserem Herren sprecht?!“, zischte die Führerin des Verführerischen Feuers und fuhr sich durch das dichte Haar. Irgendwie brachte sie es überzeugend fertig, dass es bedrohlich aussah.

„Ihr habt hier nichts zu sagen! Tragt stattdessen lieber etwas Nützliches bei!“ Merexes Stimme wurde immer etwas höher wenn er sich aufregte doch keiner belächelte dies jetzt. Auch er hatte die Schlacht unverändert verlassen, was hieß dass er nicht dreckiger als sonst auch erschien.

„Genug!“ Ganondorfs tiefer Bass füllte auch wenn er leise sprach stets den Raum aus.

„Aber Herr, er taucht hier einfach auf und…“, wagte seine Geliebte zu äußern, wurde jedoch von ihm dabei unterbrochen.

„Das genügt, Ayasha.“, wiederholte er, drehte sich um und sah sie durchdringend an. Die Frau senkte mit schuldbewusster Miene das Haupt und schwieg. Der Großmeister ging wieder auf das Podest mit dem Thron zu, ließ sich jedoch nicht darauf nieder sondern blieb bei seinen Generälen stehen und blickte auf sie herab.

„Ihr seid also der Meinung, ich sollte nun eingreifen?“, fragte er und sah dabei nachdenklich aus.

„Ja Herr, vollkommen. Dies ist nur eine einzige Schlacht, wir können doch nicht so viele unserer Diener opfern wo doch noch der Feldzug in Hyrule selber nicht begonnen hat.“ Sathors Stimme und Ausdruck war wieder kühl, seine unmenschliche Wut ob seiner Verluste war abgeklungen.

„Meine Diener…“, korrigierte ihn sein Meister und ging nicht weiter darauf ein, sondern wog seine Möglichkeiten gegeneinander ab:

„Natürlich werden die Weisen erscheinen, wenn ich mich zeige und ihren Schutzzauber ausführen. Indes…ich könnte uns den Weg ebnen und wenn ihr dann vorstoßt und die Hylianer wie Ratten vor euch hertreibt…“

„Mit dem größten Vergnügen, mein mächtiger Großmeister.“, schnurrte Ayasha süß und ließ sich vor Ganondorf auf den gesprungenen, steinernen Boden sinken. Merexes schien das als Aufforderung aufzufassen und ließ sich in seiner üblichen Manier so schnell und hart auf die Knie fallen, dass er sich diese gewiss aufschlug. Ein kurzes Japsen entrang sich ihm. Um nicht alleine dazustehen beugte auch Sathor ein Knie, verbeugte sich jedoch mehr als dass er sich auf dem Boden niederließ. Ganon wirkte überrascht.

„Erhebt euch!“, befahl er und die Karthaser gehorchten. Er musterte sie eine Weile. Merexes’ Augen wichen wie immer aus und blickten auf den Boden, Sathor erwiderte den Blick und sein Gesicht war so wie es immer war, und die Frau schaute ihn auch an, Lächeln und Augen zusammen ein Pfuhl der Sünde und Versuchung.

Dann wendete er seine Aufmerksamkeit auf den Vermummten.

„Nun gut, es ist an der Zeit sparsamer mit dem Fußvolk umzugehen. Ihr haltet euch natürlich daraus, ich befehle es!“ Er funkelte den Fremden wild an, dem man keine Reaktion ansehen konnte bis er erwiderte:

„Bedenkt bitte, mit wem Ihr sprecht. Ich werde euch bestimmt nicht helfen. Dies ist Euer Krieg, nicht der unsere. Wir beobachten nur.“

„Und manipuliert und steuert aus dem Hintergrund. Glaub Ihr allen Ernstes ich hätte nicht längst gemerkt, dass Ihr mich als Werkzeug anseht? Mich, den Großmeister des Bösen, den Träger des Fragmentes der Kraft!“ Besagtes Dreieck glühte auf seinem Handrücken kurz auf. Die Gildenführer waren überrascht, doch sie hatten gelernt in angemessenen Situationen lieber den Mund zu halten. Sie warfen sich lediglich fragende Blicke zu.

„Es ist nicht nötig einzugreifen, es erledigt sich alles von selbst. Wir sind nur zur rechten Zeit am richtigen Ort. Und nun geht und fechtet Euren Krieg aus. Ihr wisst, was die Zukunft bringen wird, also geht nun Euerer eigenen Wege. Wenn die Bedingungen erfüllt sind kommen wir wieder. Eure Belohnung kennt ihr.“

„Belohnung…?“, fragte Ayasha ihren Herren flüsternd, doch dieser winkte ab. Seltsamerweise wurde er nicht wütend, sondern schien wieder nachdenklich.

„Du bist ein Mann vieler Masken. Was ist deine eigene Persönlichkeit?“ Der Dunkle schwieg so lange, bis sich Ayasha fast wieder gezwungen fühlte das Wort zu ergreifen. Letztlich aber sagte er:

„Ich bin ein Mann weniger Worte.“
 

Auf der Mauer hatten sie alle verfügbaren Fernrohre herumgereicht, da jeder, von morbider Neugier ergriffen, sehen wollte, was geschah. Link selbst war keine Ausnahme und was er gesehen hatte drückte ihm aufs Gemüt. Dies war nichts für ihn. Überhaupt nicht.

Bislang hatte er an dieser Schlacht nichts von dem wieder gefunden, was seine Reise vor so langer Zeit ausgemacht hatte. Da war keine Ehre oder Freiheit, kein stundenlanges Nachdenken auf dem Rücken Eponas, während ihm auf ihrem Rücken der Wind ins Gesicht wehte…Da war nur das grausame Pflichtgefühl, die entsetzliche Notwendigkeit so viel Schaden wie nur möglich anzurichten. Egal auf welche Weise. Er verstand das natürlich und er wusste, dass sich dem Niemand freiwillig hingab. Zuhause hatte Ruto angewidert von den geplanten Maßnahmen erzählt und er selbst hatte ihren Ekel geteilt.

Einmal nur war er wirklich abgelenkt gewesen von düsteren Gedanken der Sinnlosigkeit, nämlich als er vor Sorge um seine Tochter auf- und abgelaufen war. Er hatte sich zuvor der Illusion hingegeben, dass seine Kinder immer irgendwie im Hintergrund sein würden, nie wirklich verwickelt ins Kampfgeschehen.

Und doch hatte seine Tochter bereits mit den mächtigsten Gegnern, die Ganondorf zu bieten hatte, gekämpft und sein Ältester wartete mit einer Streitmacht der Zoras hinter der Mauer darauf, dass das Bollwerk irgendwie überwunden wurde und er sich beweisen konnte. Nichts machte Link mehr Angst als die Vorstellung eines seiner Kinder zu Grabe tragen zu müssen, selbst zu überleben während Kira, Ren, Zen oder auch Ruto ihn nie wieder necken würden, nie wieder anlächeln oder anschreien oder um Rat fragen oder Trost suchen würden…

Es war eine Erleichterung gewesen, zu hören dass sowohl seine Tochter als auch die Kinder von Darunia und Naboru die Kämpfe gut überstanden hatten. Dann war wieder die Rastlosigkeit des Wartens gekommen, der immer näher kriechende Schein von Feuern oder der lauter werdende Klang von Explosionen. Schließlich konnte man selbst Schwertklirren vernehmen. Doch nun hieß es, ein letztes Mal zu warten. Sie mussten nur noch die eine Barriere aus dem Weg räumen und dann würden sie gegen die Mauer vorrücken.

Der Held der Zeit ließ seinen Blick nach rechts und links schweifen. Auch den Männern, die er zu befehligen hatte, war die Aufregung ob des kommenden Einsatzes anzusehen. Er hatte dies nicht gewollt, hatte nicht gewollt andere Männer unterstellt zu bekommen. Er war kein Kommandant, kein Befehlshaber, ja er kannte sich ja nicht einmal richtig mit der Theorie der Kriegsführung aus.

Immer hatte er alleine gekämpft, hin und wieder lediglich mit einem oder einigen wenigen Gefährten, die er kannte. Die Männer auf der Mauer indes kannte er nicht, er hatte nie etwas mit ihnen zu tun gehabt und doch wurde ihm ihr Leben anvertraut. Es war ungerecht und grausam. Ruto hatte ihn nur traurig angeschaut als er sich darüber beschwert hatte. Das sei das Wesen des Krieges, hatte sie gemeint. Etwas zu tun, was man nie tat, was man nicht tun wollte und was man womöglich hasste. Es schien ihm fast das Grausamste am Krieg zu sein, dass man in eine Rolle hineingezwängt wurde, die man nicht gewählt hatte und die einem nicht passte. Zumindest dachte er, dass dies wirklich grausam war, bevor Ganondorf erschien. Der Großmeister sollte ihn einmal mehr lehren, was wirklich grausam war. Lektionen des Schreckens. Wie damals.

Sie kamen alle zusammen, Ganondorf und seine Generäle und deren beste Untergebene. Die verbliebenen Gildenmitglieder der ersten fünfzig Plätze teilten sich mit den vielen Lehrlingen der drei Gruppen irgendwelche niederen Plätze und Pflichten in der großen Streitmacht. Große Magie, die jedoch nicht meisterlich waren, und noch mittelmäßige Lehrlinge. Alle waren sie zu entbehren und die Shiekah hatten viele von ihnen erschlagen.

Sie flogen. Die Gilde des Verführerischen Feuers auf ihren Pegasi, die Mitglieder des Kalten Feuers auf ihren Drachen und die des Neuen Feuers auf seltsamen Geräten. Der Großmeister selbst hatte kein Reittier sonder glitt von alleine durch die Luft. Wärme breitete sich auf Links linkem Handrücken aus, als sein Fragment auf seinen näher kommenden Bruder reagierte und er zog das Masterschwert aus der Scheide. Wenn er ihn doch schon hier und jetzt würde töten können, dann wäre alles vorbei…

Es konnte wohl keine schlimmere Überraschung für sie geben und den Verteidigern auf Mauer und Türmen blieb nichts anderes übrig als abzuwarten, was geschah. Sie konnten unmöglich mit lächerlichen Pfeilen angreifen und die anwesenden Magier waren keine Gegner für die des Feindes, welche sich mit schlagenden Schwingen oder dem Sirren von Metall in der Luft hielten. Ganondorf selbst wippte in der Luft von oben nach unten. Er hielt sich an keinen magischen Sphären auf der Stelle fest, denn er hatte kein bestimmtes Element außerdem seinem Hass und er bediente sich seiner eigenen Macht, um sich in der Luft zu halten.

„Nun, Hyrule: Hier bin ich. Dein Meister ist zurückgekommen!“ Seine Stimme hallte magisch verstärkt durch die Schlucht und war von überallher gut zu hören. Dies galt auch für sein volles Lachen.

„Zwanzig Jahre des Exils und einige Monate der Vorbereitung…ich mache nicht die Völker für das Geschehene verantwortlich, doch werden alle meinen Zorn zu spüren bekommen, die es wagen sich mit entgegenzusetzen und ihr werdet finden, dass ich um einiges mächtiger bin als damals.“

„Dann komm herunter und kämpfe mit mir, Mann gegen Mann, jetzt und sofort!“, brüllte Link und auch er war gut zu hören. Anders als beim Großmeister rief seine Stimme ein Echo hervor. Von seiner Position aus konnte er nicht sehen, wie sich Ganons Gesicht umwölkte und der Hass in seine Augen fuhr. Doch er war tatsächlich nicht mehr der, welcher er frühre gewesen war. Er hatte durchaus hinzugelernt. Unter anderem Beherrschung. Er kaschierte den Moment mit einem erneuten Lachen.

„Zu gerne, wirklich zu gerne…Es wird mir eine unvergleichliche Freude bereiten dich zu zermalmen Link und auch die Weisen und alle die in irgendeiner Art mit ihnen liiert sind! Doch seien wir ehrlich, du hast mich damals nicht alleine schlagen können und du wirst auch dieses Mal nicht können. Deine kleinen magischen Freunde lauern schon in ihrer weiten, weiten Halle.“ Er riss die Arme in die Höhe und schrie seine nächsten Worte in den Himmel hinaus:

„Kommt ihr Weisen, ihr Wächter Hyrules! Zeigt euch und eure Macht! Was ist los Zelda, willst du dich wieder in meiner Hände begeben, so wie früher? Wir hatten doch viel Spaß zusammen, nicht wahr?“ Er lachte wieder. Es war ein gutes Gefühl wieder in der Heimat zu sein. Über ihm bewölkte sich der Himmel unnatürlich schnell, doch auch in der Dunkelheit der Nacht war seine Gestalt genau zu sehen, wie von innerem Feuer erhellt.

„Sobald ich das Großreich betrete, werdet ihr alle mir gehören! Eure lächerlichen Schilde und Zauber können mich nicht aufhalten. Die Zeiten ändern sich und meine ist bereits angebrochen! Die Zukunft wird viel Neues bringen! Verneigt euch vor mir, Maden, und möge der Rest in der Hölle, die ich besiegt habe, verrotten!“

Die Weisen hatten gedacht er würde all seine Macht für die Schilde aufsparen und selbst für sie war es zu spät zu reagieren, als er die Kraft seines Fragmentes entlud. Er hatte über dem mächtigen Turm in der Mitte der Mauer geschwebt und über ihm rissen die Wolken auf. Seine ganze Gestalt erstrahlte im goldenen Licht göttlicher Macht, hüllte ihn kurz in einen Wirbel und schoss dann in einer regelrechten Säule hinunter. Erst durchstieß sie einfach nur die Decke des Turmes und drang in diesen ein. Dann jedoch wurde dieser von den mächtigen Energien in seinem Inneren von unten bis oben zerfetzt. Er implodierte und noch während es knallte trafen zwei weitere Lichtbahnen die großen Türme im Westen und Osten der Mauer. Es war als hätte Darunia den Zauber gewirkt: Die Flanken der Berge rutschten ein, die Türme neigten sich, brachen und fielen auf die Mauer zu und magische, dunkle Blitze aus dem tobenden Himmel stießen auf alle anderen Befestigungen nieder. Sie waren so breit wie die Schwerter von Riesen es sein mochten und riefen denselben Effekt hervor wie die Strahlen, die Ganondorf abgegeben hatte. Innerhalb einiger Herzschläge war die gesamte hylianische Verteidigung vernichtet, eingestürzt oder rutschte auf die breite Mauer zu, die noch nie überwunden worden war und es nie wieder sein würde, da sie gleich gänzlich verschüttelt und zerstört ihr Ende finden würde.

Link hatte den Großmeister von unten angebrüllt als dieser redete, ihn einen Bastard genannt und wieder und wieder zum Kampf gefordert. Als der Turm (er hatte sich östlich davon befunden) einstürzte hatte ihn die Druckwelle, wie alle anderen auch, zu Boden geworfen. Einige waren gar hinunter gefallen. Absurderweise bemächtigte sich seiner zunächst Verblüffung. Ruto hatte ihm gesagt, dass Ganon seine Macht für die Schilde brauchen würde, die sie um das Land gewoben hatte. Niemand hatte erwähnt, dass er zuvor einen Teil der größten Energiequelle der Welt direkt gegen seine Gegner im Pass anwenden würde. Die großen Bruchstücke und Felsbrocken des mittleren Turmes die vor und hinter der Mauer hernieder regneten bemerkte er im folgendem kaum. Stattdessen wurde er der umfassenden Dunkelheit zweier ganzer Turmfestungen gewahr, die sich von oben auf ihn und seine Männer senkten und den jahrhundertealten Wall entlang seiner ganzen Länge begraben und zerschmettern würde. Der Sturz ihres Todesurteils sah seltsam langsam aus, doch dies lag wahrscheinlich an der Größe. Erst am Ende einiger unnützer Gedanken bemächtigte sich das Entsetzten seines Bewusstseins.

Rückzug

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 20: Rückzug
 

In den ersten Momenten, noch während der Tod sich in Form von Erdrutschen und Magie über den letzten Abschnitt des Goldenen Passes senkte, geschahen mehrere Dinge gleichzeitig.

Das Offensichtlichste und Aufsehen Erregendste war natürlich die Zuschaustellung von Ganondorfs Macht, doch noch während er selbst im Licht seiner eigenen Magie eingehüllt war, stürmten die ihn begleitenden Gildenmagier mit ihren Drachen, Pegasi und Maschinen nach vorne und die Luft im hinteren Teil der Schlucht flimmerte und flackerte im extrem erhellten Dunkel der Nacht. Zeitgleich erschienen alle Sieben Weisen.

Der Sturm von Ganons mächtigsten Magiern wurde jäh unterbrochen als die Kräfte der Wächter der Großreiches ihnen den Eintritt ins Land verweigerten und schließlich wurde die Mauer zerschmettert und verschüttet und bis alle Steinlawinen ausgeklungen waren, schien die Zeit still zu stehen, so als hätte sich Zelda selbst an ihr zu schaffen gemacht. Danach folgte Stille.

Die Weisen schwebten in einem Kreis über dem Bereich der Mauer und die Königin der Hylianer war die Mitte dieses Kreises und nahm den Platz davor ein. Nur wenige Zentimeter trennten sie somit vom Großmeister des Bösen, der sie lächelnd anfunkelte und seine Zähne dabei zeigte. Er sah zufrieden aus.

„Du wirst dieses Land jetzt nicht betreten.“, sagte Zelda ihm ins Gesicht und es war ein Gespräch zwischen ihnen beiden, von allen anderen außer den Weisen und Ganons Generälen ungehört.

„Noch nicht!“, stellte ihr dunkler Gegenüber richtig. Er streckte ihr die Hand mit dem Triforcesymbol entgegen und sie ihm die ihre. Beide Zeichen pulsierten im selben Licht, waren vollkommen im Einklang miteinander und verströmten Wärme sowie Macht. Als sich ihre Handflächen fast berührten hielten beide inne. Sie konnte ihm ansehen, dass er den unvergleichlichen Schild spürte, der ihn von ihr und Hyrule trennte.

Monatelang hatten sie und die anderen daran gearbeitet und ihn einzig und allein auf Ganondorf ausgerichtet, denn wenn man einen Zauber oder eine Verwünschung einer einzelnen, genau bestimmten Person widmete, steigerte sich die Wirkung dieser gegenüber ins Unermessliche.

Nun standen sie sich also gegenüber, am Rande des Landes, nach der Niederlage ihrer Leute gegen seine Fähigkeiten. Sie hatte sich diesen Moment oft vorgestellt, hatte sich vorgenommen stark zu sein und unnachgiebig. Es fiel ihr schwer dies mit dem Verstreichen jeder weiteren Sekunde zu bleiben. Sie hatte zwar ihre panische Angst weitestgehend abgelegt, doch beunruhigt war sie trotzdem in der Nähe des Mannes, der ihr Leben einst zerstört hatte. Des Mannes, der Fürchterliches getan hatte, der so viel Leid über sie und ihr Volk gebracht hatte. Sie hasste ihn und noch immer fürchtete sie, zu was er in seiner Rachsucht fähig war. Und er war zu so vielem fähig, keiner wusste das besser als sie selbst. Ihr Blick glitt auf den Berg an Schutt unter ihr und sie fragte sich besorgt, ob Link in Ordnung war. Seinen Tod hätte sie gespürt, hätten sie alle gar sehen können, da das Fragment des Mutes dann diesen Ort auf der Suche nach einem neuen Träger verlassen hätte.

Doch es war ungemein wichtig, dass er auch unverletzt geblieben war. Alleine konnte sie den Großmeister nicht besiegen, sie brauchte den Helden der Zeit. Brauchte seine Unterstützung, seinen Beistand, sein Fragment. Doch vor allem brauchte sie seine bloße Nähe, das Wissen darum, dass er da war und sie sich in der winzigen, verborgenen Ecke ihres Bewusstseins vorstellen konnte, dass er nur für sie da war und alles tun würde, um sie zu beschützen.

Ganondorf hatte ihren Blick bemerkt und sein breites Grinsen rief so viele Erinnerungen an frühere Demütigungen hervor…

„Besorgt um deinen Helden? Ich habe mir sagen lassen, dass er eine andere geheiratet hat, die Amphibie dort.“ Er nickte in Rutos Richtung.

„Was ist es für ein Gefühl wegen eines Fisches verlassen worden zu sein?“

Zelda antwortete ihm nicht. Sie fürchtete, dass ihre Stimme zittern könnte und diesen Triumph wollte sie ihm nicht gönnen.

„Du strafst mich mit Schweigen? Nun gut, du könntest ohnehin nichts von Interesse von dir geben. Eure Barriere ist, zugegeben, wirklich mächtig, aber es wird nicht lange brauchen um sie zu brechen. Und was macht ihr, wenn ich erst wieder in Hyrule bin? Meine Generäle brennen übrigens geradezu darauf sich im magischsten aller Länder austoben zu dürfen und ich denke, dass sie sich das auch verdient haben.“ Im Hintergrund lachte Ayasha leise.

„Du weißt, dass wir das nicht zulassen werden.“, erwiderte die Königin nun doch, aber es beeindruckte den Feind offenbar nicht wirklich.

„Euch wird es bald nicht mehr geben! Ihr wisst gar nichts, absolut nichts…“

Sie fragte sich, was er meinte, wieso er so daherredete, doch wenn sie ehrlich war, wollte sie es gar nicht wissen. Nicht jetzt.

„Du widerst mich an!“, spie sie ihm stattdessen entgegen und schwebte rückwärts zurück ohne ihn dabei aus den Augen zu lassen. Das brachte ihn zum Lachen.

„Ihr habt heute mehr Menschen getötet als ich in meinem ganzen Leben. Ihr seid nicht besser als ich, der ich wenigstens zugebe nach Macht zu streben. Ihr fürchtet bloß eure Alleinherrschaft über dieses Land abgeben zu müssen, doch das sage ich euch voraus: Ihr werdet noch so manch anderes abgeben müssen. Für euch und die euren wird es keine Gnade geben!“

Weiter hinten in der Schlucht knallte es einige Male. Die karthasische Armee hatte die Felsmauer Darunias überwunden und marschierte nun auf die zweite zu, die höhere und gewaltigere, die viele Reichsverteidiger erschlagen und eine ganze Festung unter sich begraben hatte. Und anders als Ganondorf und seine Magier konnten sie ungehindert durch den magischen Schutz der Weisen treten, die ihre ganze Macht darauf aufwendeten, dass die größten Gefahrenquellen nicht die hylianischen Truppen angreifen konnten, welche sich im hinteren Teil der Schlucht aufhielten.
 

Es war ein schreckliches Gefühl nichts über den Verbleib seines eigenen Vaters zu wissen. Als die beiden großen Seitentürme und die Trümmer des auseinander gerissenen Mittelturms die Mauer unter sich begruben und dem zahlreiche Felslawinen folgten, hatte er von seiner Position aus lediglich starr zuschauen können. Die Schutzzauber der Weisen gegen Ganon begannen erst nach der Mauer, auf wahrlich hylianischem Boden, doch all diese Details, wie es zu diesem schrecklichen Angriff des Großmeisters kommen konnte, interessierten ihn nicht. Er wusste, dass sein Vater irgendwo dort vor ihm begraben war. Und obwohl er wusste, dass er es gefühlt hätte, wenn Link gestorben wäre, dass jeder es gefühlt hätte, bangte er um dessen Leben.

Vergessen war aller Groll, den Ren vielleicht insgeheim gegen ihn gehegt hatte und sich dabei schrecklich fühlte, vergessen die Tatsache, der sein Vater, unbeabsichtigt, seinen Schatten über das Leben seines Sohnes warf. Alles was nun zählte war, dass er überlebte. Ren würde dafür sorgen, dass er überlebte.

Der Großteil der Soldaten Hyrules war über die ganze vordere Schlucht auf den Festungen verteilt gewesen, doch mit zunehmendem Rückzug waren viele von ihnen hinter die Mauer gekommen und hatten sich in den Hintergrund zurückgezogen. Da man dafür durch die Festungen seitlich der Mauer schreiten musste, waren soeben viele von den armen Männern umgekommen. Doch unabhängig davon waren in einiger Entfernung vierhundert Zoras stationiert, darunter alle, die die Kunst des magischen Schildes, die dem Wasservolk zueigen war, beherrschten. Hinzu kamen achthundert Hylianer, die von den zweihundert Mann des Stählernen Kontingentes unterstützt wurden und die neunhundert Gerudos, die nicht beritten waren. Außerdem warteten nahe den Flanken des Umgebenden Gebirges dreihundert Goronen auf ihre Befehle.

Alle hatten sie ihre Befehlshaber und Ren war der Kommandeur der Zoras. Ihre Aufgabe war von Anfang an klar gewesen: Sollte der Feind die Mauer überwinden, dann musste der Rückzug der Truppen mit den magischen Schilden gedeckt werden, alle anderen sollten ebenfalls den Kampf aufnehmen und Deckung spenden, wo sie von Nöten war, damit es zu keiner kopflosen Flucht kam. Nun jedoch musste etwas an den Plänen geändert werden.

Ren hatte mit den anderen Kommandanten vor den Truppen gestanden, in einiger Entfernung zur Mauer, als das Unglück geschehen war. Nun da es vorbei war, und die Weisen erschienen waren, erhielten sie neue Befehle:

„Bergt so viele der Verschütteten, wie ihr könnt. Wir halten ihre Magier auf und die Shiekah werden den Vormarsch der Armee verzögern. Ganondorf kann euch nun nichts anhaben. Beeilt euch und zieht euch zurück, sobald die Situation dies erfordert. Dies gilt für die zugewiesenen Truppen. Alle anderen: Sammelt euch am Ende der Schlucht!“

Zeldas Stimme hallte durch die Köpfe der nunmehr verängstigten Verteidiger des Großreiches und ihre Befehle wurden nach einigem Zögern ausgeführt.

Der Kommandant der Hylianer war Trestor, der General der gesamten Armee, und da er von ihnen allen der Erfahrenste war, protestierten die anderen Truppenführer nicht als er begann Befehle zu erteilen:

„Die Zoras gehen als erste und bilden mit ihren Schilden eine Mauer, die uns hoffentlich vor den karthasischen Pfeilen und Geschossen bewahrt. Mit eurer Fähigkeit eure Flossen zusätzlich als Waffen oder Schutz einzusetzen, solltet ihr es gut überstehen. Zudem schlage ich vor, dass die Gerudos sich unter die Zoras mischen, denn mit dem unvergleichlichen kämpferischen Können, kommt nur die Front für euch in Frage, nicht wahr?“

Das war das einzige Mal, dass er um das Einverständnis eines anderen Anführers bat, und es war verständlich, denn die Kriegerinnen nahmen keine Befehle entgegen, vor allem nicht von Männern. Deren Führerin, mit dunkler sonnengebräunter Haut, braunem Haar, zwei Schwertern und einer robusten Lederrüstung, erklärte sich einverstanden.

Trestor, der eine Ganzkörperrüstung trug, deren Harnisch das hylianische Wappen zeigte und dessen Helm von einem Adler mit ausgebreiteten Schwingen gekrönt wurde, fuhr mit seiner Einteilung weiter fort.

Während Zoras und Gerudos an der Front kämpfen würden, sollten die übrigen Menschen hinter ihnen Stellungen beziehen und teilweise bei den Bergungsarbeiten aushelfen. Bogenschützen sollten auf Grund der Shiekah in der feindlichen Streitmacht nicht zum Einsatz kommen. Das Stählerne Kontingent würde sich zu je hundert Mann auf die Flanken verteilen und dort für zusätzlichen Schutz sorgen, damit sie alle am Ende nicht noch umzingelt werden würden. Die Goronen sollten allesamt die Bergungen übernehmen.

Als sie sich trennten, Ren den Befehl an seine ihm Anvertrauten weitergab und losging, fragte er sich, was mit den Männern in den zerstörten Türmen der umgebenden Berge geschehen würde. Ihnen konnten sie nicht helfen, nur jenen auf der Mauer. Sollten sie es nicht aus eigener Kraft schaffen, dann mussten sie sterben…

Der Zoraprinz hoffte, dass genug Magier überlebt hatte, um eingreifen zu können.
 

Entsetzen bestimmte Links Gedanken während sich Dunkelheit über die Mauer senkte. Es war nicht Angst vor dem drohenden Tod, es war auch nicht Furcht wegen Ganondorfs gewaltigen Kräften und Fähigkeiten. Es war die Möglichkeit des Versagens, die ihn während der ersten kostbaren Sekunden schier lähmte. Ganondorfs erstes Eingreifen, die erste Schlacht…es war unmöglich, er konnte nicht jetzt schon sterben. Er wusste, dass es dann aus sein würde, für sich ohnehin, doch vor allem auch für Hyrule. Und für seine Familie und Freunde. Wenn er gleich sterben würde, dann wäre sein Fragment für ihre Sache verloren und der Großmeister des Bösen hätte gewonnen. Selbst Zelda kam nicht an Ganondorfs Erfahrungen mit dem Triforcefragment heran. Erfahrungen, die er durch zwanzig Jahre exzessiven Gebrauches gesammelt hatte, Erfahrungen, die ihn noch stärker machten als er es beim letzten Mal gewesen war.

Das konnte nicht geschehen. Das durfte nicht geschehen. Er war doch der Held der Zeit. Helden sollten nicht so einfach sterben und damit alles zunichte machen…

Es waren die Schreie seiner Männer, die ihn aus seiner Starre lösten. In ihrer Todesangst dachten sie nicht einmal daran, Link anzurufen. Von der übertriebenen Verehrung für ihn war nichts mehr wahrzunehmen. Jeder versuchte irgendwie am Leben zu bleiben.

Links erste Eindrücke waren Chaos und Selbstzerstörung. Ungeordnet versuchten die Soldaten auf der Mauer auf und ab zu laufen, was natürlich nichts bringen würde, sie jedoch zunächst von den ersten herabregnenden Steinen bewahrte. Zumindest einige. Der Held der Zeit sah, wie zwei Männer von großen Steinen getroffen wurden und schauderte unwillkürlich. Er hoffte, dass sie wenigstens sofort gestorben waren.

Einige sprangen gar in die Tiefe, um nicht unter halben Bergen begraben zu werden. Links Erfahrungen von vor zwanzig Jahren schließlich gaben den Ausschlag für sein Überleben.

Damals hatte er sich immer auf zwei Arten geschützt: Zum einen, am öftesten, mit seinem Schild natürlich. Doch hatte es schon in der Vergangenheit Situationen gegeben, in denen Link gestorben wäre, hätte er nicht die magische Unterstützung der großen Feen des Großreiches gehabt.

Denn ungeachtet ihrer ständigen Energieschübe für ihn und den vielen Malen, bei denen sie ihn von seinen Wunden geheilt hatten, hatten sie ihm zusätzlich Gaben verliehen, die etwas ganz Besonderes darstellten.

Da war zum einen das Geschenk der Magie, das es ihm erlaubte, wenn schon nicht zu zaubern, dann doch wenigstens magische Gegenstände benutzen zu können und ein Gespür für das Übernatürliche zu entwickeln. Ohne diese Fähigkeit wäre er nicht in der Lage gewesen, die wertvollen Artefakte aus den Tempeln gegen Ganondorfs bestialische Wächter einzusetzen.

Eine Fee hatte ihn resistenter werden lassen gegenüber allen magischen und körperlichen Angriffen und drei Feen hatten ihm jene Ausrüstung gegeben, die man noch am ehesten wahre Magie nennen konnte.

Es waren drei in Kristallen eingefangene Zauber. Die durchsichtigen Gefäße sahen wie Glas aus und in ihrem Inneren glühte ein jeweils verschiedenfarbiger Kern aus Licht. Der Held der Zeit hatte sie selten eingesetzt, da sie unsagbar viel Kraft abverlangten, doch nun, da er gelernt hatte, die Kräfte seines Fragmentes zu nutzen…

„Alle zur mir!“, brüllte er während er in seinen Taschen kramte. Zwei der magischen Kristalle hatte er dabei, der dritte war bei seinem Sohn, an den er nun ehrlich gesagt keinen einzigen Gedanken verschwendete.

„Kommt sofort alle zu mir!“

Es war immer wieder erstaunlich zu beobachten, wie ein einzelnes Zeichen von Autorität inmitten von Unruhe für so etwas wie Ordnung sorgen konnte. Zumindest brachte es Reaktionen hervor. Die ihm nahe stehenden Männer scharten sich um ihn, der schließlich fand, was er gesucht hatte, und nahmen seinen Ruf auf. Für die meisten anderen war es nun zu spät.

Blaues Licht strömte aus Links linker Hand, die sich fest um den eingefassten Zauber geschlossen hatte und synchron dazu verströmte das Zeichen des Allerheiligsten auf dem Handrücken Wärme und sanftes, goldenes Licht pulsierte. Das Fragment des Mutes verstärkte den einmaligen Zauber, der im Volksmunde Nayrus Umarmung genannt wurde.

Dann wurde alles Licht von den Felsmassen geschluckt und die Mauer verschwand unter einem wahren Berg, der sich am Ende fast so hoch auftürmte wie der nun vergangene gewaltige Mittelturm.
 

Oroelle machte sich bereit und empfand Stolz bei dem Gedanken an den bevorstehenden Angriff. Zum ersten Mal seit langer, langer Zeit würde das gesamte Volk der Shiekah einen Angriff ausführen, der sie letztlich aus den Schatten ihres Daseins mitten auf ein Kampffeld bringen würde. Nicht als Assassinen oder Saboteure aus dem Hintergrund, sondern als stolzes und machtvolles Heer. Sie warteten lediglich noch auf den Befehl, der sie entfesseln würde, dann sollten sie den Karthasern zeigen, was wahre Kampfkunst und Macht bedeutete.

Überall in den Bergen warteten sie, zunächst noch verborgen, und schauten dem Vormarsch der gegnerischen Armee zu. Diese hatte sich ihren Weg durch die Schlucht frei gesprengt und marschierte nun in ordentlichen Reihen auf das, was einst die Mauer des Großreiches gewesen war.

Moblins und niedere Kreaturen hatten sich zurückgezogen, ebenso wie die Massen an einfachen Menschen, die zum Kämpfen gezwungen worden waren. Stattdessen rückte nun das Berufsheer des südlichen Reiches vor, die ständigen Streiter für neue Territorien und Untertanen. Es würde keinen großen Unterschied machen, dachte Oroelle.

Sie ließ den Blick schweifen. Die Nacht hatte nach dem Ausklingen von Ganondorfs Magie endlich wieder zu ihrer gewohnten Dunkelheit zurückgefunden, die Nachtgestirne wurden von dichten Wolken verdeckt. Etwas vor ihr schwebten in der Luft die Gefolge der drei Gildenmeister über der Schlucht, dank der Weisen zur Untätigkeit verdammt. Sogar die drei machtvollen Generäle des Großmeisters und dieser selbst konnten nur schwerlich gegen die vereinte Kraft aller Weisen vorgehen, welche sich zuvor monatelang auf diese Konfrontation vorbereitet hatten.

Die Aufmerksamkeit der Shiekah glitt nach Norden, hinter die Mauer. Sie hatte Zeldas Befehl gehört und wusste daher, dass Ren bald unter denjenigen sein würde, die die Bergungsmaßnahmen decken sollten. Sie hoffte er würde es gut überstehen. Zum ersten Mal in seinem bisherigen Leben müsste er nämlich ein menschliches Wesen töten und er würde nicht einmal die Zeit haben, sich Gedanken über diesen ersten Toten zu machen. Mehr Gegner würden sich ihm aufdrängen, immer mehr. Er würde um sein eigenes Leben kämpfen und in den Rausch verfallen, den eine Schlacht ausmachen konnte. Umso mehr würde das Geschehene hinterher auf ihn eindringen und ihn quälen.

Armer Ren, dachte sie mitleidig. So wie sie ihn kannte, würde es ihn wohl belasten. Andererseits, gestand sie ihm zu, offenbarte er ihr gegenüber von Zeit zu Zeit eine gewisse, eigene innere Stärke. Von seiner überschüchternen Art kaschiert zwar, doch nichtsdestotrotz vorhanden. Dass er überleben würde, darüber machte sie sich keine Gedanken, er hatte es schließlich versprochen. Doch sie hoffte, dass er im Nachhinein nicht zu sehr belastet sein würde. Und doch…wäre das schlimm? Sie selbst hatte, wie wohl die meisten ihres Volkes, kaum etwas beim ersten Mal gespürt, als sie einen Mann tötete.

Wie gut es ist, eine Shiekah zu sein, dachte sie eher bitter und tastete nach der Hand ihres Bruders, der neben ihr stand, eine Hand locker auf dem Heft seines Schwertes, die wachsamen Augen nach unten gerichtet. Er wirkte leicht überrascht als er sich zu ihr drehte und sich ihre Hände ineinander verschränkten. Gleich darauf schenkte er ihr jedoch ein aufmunterndes Lächeln und drückte mit seiner Rechten leicht zu. Oroelle war sich sicher, dass er wusste, was in ihr vorging. Das Band zwischen zwei Schülern desselben Meisters, das Band zwischen Geschwistern…es konnte kein engeres Verhältnis geben.

Unter ihnen war das karthasische Heer bereits ein gutes Stück voranmarschiert und kurz darauf hörten sie den Angriffsbefehl in ihren Gedanken. Während sich die beiden Geschwister wieder voneinander lösten und alle Shiekah sich bereit machten, dachte jeder von ihnen an den anderen, unausgesprochenen Befehl, der immer galt und vor allem anderen Vorrang hatte: Kein einziger ihres Volkes durfte fallen.

Oroelle deutete mit der rechten Hand in die Schlucht und alle magisch Talentierten taten es ihr nach. Sie würden zunächst Verwirrung inmitten der Feinde stiften, indem sie Schatten lebendig werden und angreifen ließen. Im Gegensatz zu Impas Magie, waren es letztlich weniger dunkle Streiter, doch sie erfüllten ihren Zweck und noch während ferne Kampfgeräusche zu ihnen aufdrangen, ließen sich bereits fast alle Shiekah von ihren hohen Positionen fallen und verschwanden in einem kurzen, dunklen Aufwogen.

Tiran und seine Schwester traten nur einige Augenblicke später mitten in der karthasischen Armee wieder in die sichtbare Welt hinaus und griffen sofort an. Beide griffen sie verschiedene Soldaten an, die ihrer zu spät gewahr wurden und stachen zielsicher auf die Schwachstellen der Rüstungen ein. Die beiden Opfer brachen zusammen, da waren die Geschwister bereits mit anderen beschäftigt.

Überall in der aufmarschierten Streitmacht erschienen die Angehörigen des Schattenvolkes und deren Schattendiener blieben ebenfalls, von ihren Meistern beherrscht und gelenkt. In den ersten Momenten starben viele Männer, bevor es zu richtigen Schwertkämpfen kam. Es war nämlich nicht etwa so, dass die Shiekah übermächtige Fechter waren, obwohl sie zweifelsohne viele Vorteile hatten. Zum einen waren sie gewiss viel schneller und wendiger als die Karthaser in ihren dicken Rüstungen und zum anderen waren sie nun einmal hervorragende Kämpfer, da sie sich ihr Leben lang im Umgang mit allen nur erdenklichen Waffen schulten.

Andererseits aber hatten sie keine Rüstungen an, allenfalls leichte Kettenhemden, und waren somit verletzbarer, und es waren ihrer um etliche weniger als es Feinde gab. Bald wurden die jeweils zusammen kämpfenden Schüler eingekreist und mussten sich gegen gleich mehrere Gegner erwehren. Dies mochte zwar eine Weile gut gehen, doch selbst für die Shiekah war diese Art des Kämpfens nicht über einen langen Zeitraum aufrecht zu erhalten, und Zeit war es schließlich was sie erkaufen sollten, zusammen mit den Leben so vieler Soldaten wie sie nur konnten.

Daher bedienten sie sich der Fähigkeit, die sie allen anderen überlegen machte und verschwanden permanent aus den Kämpfen um an anderer Stelle aus dem Nichts aufzutauchen. Und da beide Schüler aufeinander acht gaben und sich gegenseitig deckten, kam es die ganze Zeit vor, dass einer beispielsweise plötzlich hinter dem anderen auftauchte um einen Angriff gegen dessen Rücken abzuwehren. So musste sich kein Shiekah Sorgen um sein Leben machen. Auf ihre Mitstreiter vertrauend konnten sich alle stets voll auf einen oder zwei Gegner konzentrieren und diese dann zumeist auch ausnehmen.

Viele Karthaser starben auf diese Weise und der Vormarsch der Armee geriet für lange Zeit ins Stocken. So lange zumindest, bis der gewaltige Nachschub an Soldaten sich an den Seiten weiter nach vorne schob.
 

Schließlich wurde auch auf der Mauer gekämpft. In vorderster Front fochten Zoras und Gerudos Seite an Seite, Hylianer gaben ihnen Rückendeckung und schützten die Flanken. Es war schwierig auf den Trümmern zu fechten, die zwischen den eingerissenen Wänden des Umgebenden Gebirges aufragten. Jeder Schritt mochte tückisch sein: Steine lösten sich und kleine Rutsche aus Staub und Schutt fielen herab. Es war leicht zu stolpern und einige fielen gar in die Tiefe und starben so, denn die Verteidiger hatten auf der Spitze der Felsmassen Stellung bezogen.

Zuvor hatten sie diese von der anderen Seite her erst erklimmen müssen, ein mühseliges und nicht ungefährliches Unterfangen. Es waren natürlich Magier gewesen, die dafür gesorgt hatten, dass den Reihen der Aufstieg gelang. Auch über ihnen waren hier und dort Magier aktiv geworden und trachteten danach, den mit ihnen Verschütteten der zerstörten Befestigungen in den Bergen zu helfen. Unter ihnen indes wurde diese Aufgabe von den Goronen übernommen, die schnell und effizient zu Werke gingen. Sie wussten, welche Steine sie zu lösen hatten, und an welchen man lieber nicht rühren sollte. Sie kannten die Tücken von zu Bruch gegangenem Stein und schätzen so genau wie es konnten die kürzesten Bergungswege zur Mauer ab. Es war schon beinahe erschreckend, wie schnell sie Tunnel in den Trümmerberg hinein gruben, ihre Fähigkeiten waren in der Tat überwältigend.

Und doch hätte dies alles nichts gebracht, wären nicht so viele Magier anwesend. Knapp dreißig waren es noch und sie sorgten dafür, dass das von den Goronen abgetragene Gestein ohne Schaden anzurichten zu den Seiten oder zu Boden schwebte.

Fast drei Stunden hatten die Shiekah den Recken auf der Schuttmauer erkauft und innerhalb dieser Zeit war man bereits auf erste Überlebende gestoßen: Soldaten, die inmitten magischer Schilde kauerten, die von einzelnen Magiern unter höchsten Anstrengungen aufrechterhalten wurden. Diese waren erschöpft und man gestatte es nur den mächtigsten von ihnen ebenfalls bei den Bergungsarbeiten behilflich zu sein. Immerhin musste man als Magier dort unten ein Schild gegen den Druck eines ganzen Berges stemmen.

Nach drei Stunden schließlich waren jedoch die Truppenverbände von Karthas erschienen, hervorragend ausgebildete Soldaten des Berufsheeres. Das Schattenvolk kämpfte noch immer weiter hinten und so waren die Verteidiger zunächst auf sich allein gestellt. Felsen wurden den Angreifern von oben entgegen geschleudert, was den mühevollen Aufstieg mehr als verdoppelte und erstaunlicherweise schienen keine feindlichen Magier anwesend zu sein, um die Karthaser vor diesem Schaden zu bewahren. Nach nur wenigen vergeblichen Versuchen endete deshalb bereits der Angriff und die vordersten Linien zogen sich etwas zurück. Die Kämpfer Hyrules warteten gespannt, was ihre Gegner sich wohl einfallen lassen würden, denn offenbar wagten es keine Zauberkundigen mehr in die Nähe der Sieben Weisen zu kommen, die noch immer über dem Schauplatz schwebten und mit ihren Kräften die stärksten Magier des Feindes bannten.

Doch Karthas’ Macht beruhte nun einmal auf der berühmten Artillerie und die Tatsache, dass ein großer Teil des sich im Pass befindlichen Maschinenheeres bereits zerstört worden war, bedeutete noch nicht das Ende aller technischen Möglichkeiten des südlichen Reiches. Die Shiekah würden einen Nachschub an machtvollen Apparaturen sofort unterbinden, doch sie konnten nicht den Strom der nachfolgenden Truppen eindämmen, sondern lediglich dafür sorgen, dass dieser nicht zu einer wahren Flut wurde. Und so waren es bald nicht mehr nur Nahkämpfer, die vor dem letzten Widerstand der Hylianer aufmarschierten.

Die Männer waren leicht gekleidet. Da waren keine Rüstungen an ihren Körpern, keine Helme auf ihren Häuptern, keine Schwerter in ihren Händen. Stattdessen trugen sie seltsame Geräte, die wohl Waffen sein sollten. An ihren Gürteln hingen zwar auch Schwertscheiden, doch waren diese offensichtlich nicht wirklich für den Einsatz bestimmt. Auf den Rücken geschnallt, wurden da etwa Dinge getragen, die wie kleinere Versionen der Kanonenrohre aussahen. Ansonsten waren die restlichen Dinge in der Dunkelheit der Nacht nicht richtig auszumachen, obwohl es bald anfangen würde zu dämmern. Es waren lediglich unförmige Schatten in den Händen und an den Gürteln der Männer gesehen, die sich rasch an verschiedenen Positionen um die Mauer verteilten. Dann rückten sie vor.

Aus den langen Eisenrohren quoll bald Feuer und Rauch und die Verteidiger des Großreiches mussten sich vor dem Beschuss zurückziehen, da sie keine Möglichkeit hatten ihrerseits zu schießen. Aus Rücksicht auf die Shiekah waren keine Fernkampfwaffen mitgenommen worden, doch nun war das Schattenvolk nicht hier, sondern kämpfte weiter hinten. Es dauerte deshalb nicht lange bis die Kämpfe zu Ren und allen in seiner Umgebung getragen wurden, denn einzelne, blind gezielt geworfene Steine brachten kaum etwas.

Der Zoraprinz sah sich schon bald seinem ersten Gegner gegenüber, einem Mann, dessen Züge er unter all dem vielen Stahl, in den dieser sich hüllte, nicht ausmachen konnte. Sie lieferten sich ein kurzes Gefecht, dann drosch eine Gerudo ebenfalls auf ihn ein und schließlich starb der Mann vor Rens Augen. Dann kam noch einer, und dann der nächste und bald waren sie überall und die Ohren von Links Sohn vernahmen nichts mehr als das Klirren von aufeinander prallenden Klingen, das Schreien der Sterbenden und Verwundeten und das leicht gedämpfte Geräusch von Explosionen. Der Kampfplatz wurde in gespenstisches blaues Licht getaucht. Die Zoras hatten ihre magischen, hohen Schilde aufgebaut und schützten die Kämpfenden vor den karthasischen Fernkämpfern mit ihren gefährlichen Waffen.

Schnell fand Ren, dass er sich gut hielt. Seine Bewegungen waren schneller als die seiner stark gepanzerten Gegner und er konnte durch ihre Finten durchsehen und vorausschauend kämpfen. Die vielen Übungsstunden hatten sich gelohnt. Die Zoras unter seinem Befehl und vor allem auch die Kriegerinnen aus dem Westen hielten sich ebenfalls hervorragend. Es wurde pariert und vorgeprescht, getötet und vor Tod bewahrt. Die Verteidiger deckten sich gegenseitig und unterstützten sich, die Karthaser waren daher einige Zeit im Nachteil.

Mit zunehmender Zeit jedoch wuchs die Zahl der Angreifer und die Hylianer hatten es schwieriger. Manch einer musste mitansehen, wie jemand den er kannte, umkam.

Es nahm Re mit dies zu sehen und bald darauf wurde er unvorsichtiger und musste einige Schrammen und oberflächliche Schnitte einstecken. Er musste sich zusammenreißen, verdammt. Er war schließlich Kronprinz der Zoras und hier und jetzt war er zudem ihr Kommandeur. Er durfte sie nicht enttäuschen. Doch ihre Feinde nahmen an Zahl immer weiter zu und wie lange noch mochten die etwa hundert Wasserwesen ihre Schilde aufrechterhalten? Sein Blickfeld wurde von Kampf und Dunkelheit eingeschränkt. Er brauchte doch Überblick…nicht einen Ruf seit dem Angriffsbefehl und einigen anfänglichen Anfeuerungen hatte er von sich gegeben. Dies änderte sich auch nicht, bis er letzten Endes den Rückzugsbefehl geben musste. Es waren zu viele Feinde, längst kämpften auch schon die Hylianer zu ihren Seiten und teilweise schon hinter ihnen. Sie durften sich nicht einkesseln lassen. Er konnte die vielen Begrabenen unter ihm nur noch stumm um Verzeihung bitten. Die Bergungen mussten aufgegeben werden.

Die Soldaten des Großreiches sammelten sich innerhalb der nächsten Stunden am Ende der Schlucht, ihr Rückzug gedeckt von den Shiekah, die nun hinter der Mauer aufgetaucht waren. Rauru beschwur für sie alle ein Tor aus goldenem Licht, das sie auf dem Weg der Lichtbahn des Landes bis in die Schlossstadt brachte. Als die Sonne aufging verschwanden letztlich auch die Weisen aus dem nun eingenommenen Goldenen Pass. Der neue Tag gehörte dem Großmeister des Bösen.

Bewältigung

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 21: Bewältigung
 

Das Tor war riesig, viele Meter hoch und wohl halb so breit, was nicht weiter verwunderlich war in Anbetracht der Tatsache, dass eine ganze Armee hindurch gelangen musste. Als Ren die magische Bahn des Lichtes mit ihrem warmen, hellen Schein verließ, befand er sich auf dem Marktplatz der Schlossstadt.

Sofort wurde er von dem nach vorne drängenden Strom an Soldaten aller möglichen Rassen mitgerissen, um den Nachfolgenden Platz zu schaffen. Allerdings wusste der Zoraprinz genau, dass nicht mehr viele kommen würden. Er und die Seinen gehörten bereits zu den Letzten, alle noch verbliebenen Verschütteten waren des Todes.

Zunächst beherrschte nur ein einziger Gedanke sein Bewusstsein: War sein Vater durchgekommen?

Während des Kämpfens zuvor hatte er keine Gelegenheit mehr gehabt an Link zu denken, zu sehr war er damit beschäftigt gewesen, den Ansturm der Karthaser zurückzudrängen. Willkürlich schossen ihm ungewollt Bilder durch den Kopf. Bilder von Tod und Zerstörung und von jenen, denen er selbst das Leben nahm. Schon jetzt waren sie für ihn gesichtslos, unbedeutend, fern…

Ren versuchte nicht daran zu denken, denn im Moment war er erschöpft und bangte um seinen Vater. Er hatte noch nicht die Kraft sich mit dem Geschehenen auseinanderzusetzen. Erfolglos versuchte er das Chaos um ihn herum zu durchschauen.

Überall drängten sich Leute. Soldaten versuchten, sich in ihren vormaligen Gruppen zu sammeln, Verwundete schleppten sich in die Schatten der nahe gelegenen Häuser, aus denen Frauen sowie Kinder herbeieilten und das allgemeine Durcheinander weiter verstärkten. Laute Rufe erfüllten die Luft und darüber klang ein helles Sirren, welches vom goldenen Tor des Lichtweisen zu kommen schien. Die einzige Lichtquelle war es noch, doch schon dämmerte der Morgen und versprach tröstenden Sonnenschein.

Wo war sein Vater? Hielt er sich noch immer im Pass auf? Bei den Göttinnen, war er noch begraben? Seine Mutter hielt wohl noch immer Wache, ihr durfte eigentlich nichts geschehen, aber was war mit seiner Schwester, wo befand sie sich? Seit Tagen hatte er Kira schon nicht mehr gesehen, ebenso wie Ruto. Er hätte es vormals nicht geglaubt, was für Sorgen er sich um sie alle machen würde. Selbst an seinen kleinen Bruder, der daheim hatte bleiben müssen, dachte er.

So viel Durcheinander, so viel Verwirrung…wo waren sie alle? Es war bereits natürlich, dass sich Ren in diesem Zusammenhang zwanghaft der Gedanke an Oroelle aufdrängte. Sie hatte es versprochen, sie hatte gesagt, ihr würde nichts zustoßen…Kämpften die Shiekah noch immer inmitten der feindlichen Armee? Um ihnen, die sie doch schwach waren, Zeit zu erkaufen…

Ein Zora zupfte an seinem Ärmel und lenkte seinen Kommandeur dadurch von dessen Gedanken ab.

„Hoheit, die Männer warten auf euren Befehl“

Das Wasserwesen hielt ein schmales Schwert, an dem noch immer fremdes Blut haftete. Er schien unverletzt.

„Ich heiße Ren“, erwiderte Links Sohn zerstreut und versuchte seine Gedanken zu sammeln. Sie sollten ihn doch nicht mit seinem Titel anreden, das verunsicherte ihn.

„Ren, wie lautet der Befehl?“

Verdammt, er war ihr Vorgesetzter und ihr Kronprinz, ihm blieb keine Zeit für seine persönlichen Probleme.

„Sammelt euch“, sagte er seinem Gegenüber und wiederholte es dann lauter, für alle umstehenden Zoras.

„Sammelt euch, alle Zoras zu mir!“

Er winkte bekräftigend mit dem Schwert und kam sich dabei ganz und gar nicht ernstzunehmend vor. Sie mussten ihn für einen schwachen Anführer halten, dachte er als sein Blick auf die bereits trocknende rote Substanz fiel, die seine Klinge bedeckte. Zum ersten Mal in seinem Leben, sah er sein Schwert als das, was es wirklich war: Eine Waffe, geschaffen um den Tod zu bringen. Schaudernd senkte er den Arm.

Sein Ruf war aufgegriffen worden und seine Kämpfer hielten auf die größer werdende Gruppe der anmutigen Geschöpfe um ihn herum zu. Selbst schmutzig und müde sahen die Wasserbewohner noch imposant aus. Ob das auch für ihn galt?

Er blickte kurz an sich herunter. Seine Kleidung war stellenweise zerschlissen und schmutzig, hier und da sah er dunkle Flecken, das getragene Kettenhemd schien all seinen silbrigen Glanz verloren zu haben und schluckte nunmehr stumpf das Licht des Tores. Mit einem Mal fühlte er sich müde und spürte überdeutlich all die kleinen Wunden und Abschürfungen, die seinen Körper bedeckten.

Es dauerte nicht allzu lange, bis sich alle Zoras bei ihm einfanden, denn sie waren in der Masse der Hylianer leicht auszumachen, wie sie da an der Westseite des großen, überfüllten Platzes standen. Bis dahin war auch das magische Tor verschwunden und ließ annehmen, dass die gesamte hylianische Streitmacht sich nun weit im Norden des Landes befand, in sicherer Entfernung zu allen Gefahren, die ab sofort in das Großreich einfallen würden. Sie hatten die erste große Schlacht verloren. Es war ein seltsames Gefühl mit dieser Gewissheit weiterzuleben, während so viele andere tapfere Männer im Goldenen Pass ihr Leben gelassen hatten. Hatten sie es nicht alle irgendwie erahnt, dass Ganondorf durchbrechen würde? Was würde nun weiter geschehen?

Erschöpft ging er seiner Pflicht nach und versuchte nicht an Niederlagen und Tote zu denken. Zunächst fragte er alle seine Hauptleute, ob ihre Gruppen soweit vollzählig waren. Bald kam heraus, dass dreiundvierzig von ihnen fehlten. Mit jedem gemeldeten Vermissten fühlte Ren, wie sich ein Gewicht auf ihn legte. Er fröstelte. Es waren Zoras unter den Fehlenden, die er persönlich kannte.

Er wartete noch eine kurze Weile ab und als ersichtlich wurde, dass niemand mehr zu ihnen stoßen würde, trug er seinen Männern auf, die Serenade des Wassers zu spielen. Ihr Ziel war dabei nicht der Hyliasee sondern die Zoraquelle im Osten des Reiches. Der See war zu weit südlich gelegen. Alle Bewohner hatten ihn verlassen müssen, Links Familie mit eingeschlossen. Zu leicht und zu schnell war er für die gegnerischen Truppen zu erreichen. Das dortige Portal ins Zorareich war versiegelt worden.

Während er die plätschernden Töne der magischen Melodie spielte, dachte er kurz daran, dass die Goronen wohl ebenfalls in ihr eigenes Reich zurückkehren würden. Wie viele Angehörige des Steinvolkes wohl verschieden waren? Es waren ihrer viele eingesetzt worden auf der Mauer und auf den übrigen Befestigungen, von denen so viele Opfer der gewaltigen Entladung des Machtfragmentes geworden waren.

Als er in das seichte Wasser des südlichen Teils der großen Quelle stieg, wurde er sofort der Menge gewahr, die auf sie alle gewartet hatte. Seine Aufmerksamkeit wurde jedoch schnell durch ein Geräusch hinter seinem Rücken abgelenkt und so drehte er sich um, während ununterbrochen blaue Lichter aufleuchteten, aus denen seine Soldaten nach Hause zurückkehrten, einige zum Teil nicht unerheblich verwundet.

Das Geräusch war von hinter der großen Plattform gekommen, auf der er zum Kronprinzen des Wasservolkes ernannt worden war. Es ging von Lord Jabu-Jabu aus, dem großen magischen Fisch, der ihrer aller Patron war. Obwohl es seine Lippen geschlossen hatte, war sich Ren sicher, dass das alte Wesen sang.

Eine traurige Melodie war es, voller hoher Töne, nicht unangenehm anzuhören, auch wenn sie einen mitten ins Herz traf. Alles Wasser im Zorareich warf zu diesem Zeitpunkt sanfte Wellen. Jabu schien um seine verlorenen Kinder zu weinen.

Und auf dem Podest vor seinem großen Antlitz, jenem Vorsprung, der eigentlich nur an wichtigen Zeremonien von ausgewählten Personen betreten wurde, saß sein kleine Bruder Zen und begleitete die Klage ihres Patrons mit einer Laute. So treffend und sicher waren die Töne, so bitter und voller Gram, dass sie die Wirkung der Musik gewaltig zu verstärken schienen. Ohne, dass er es wollte, rannen Ren Tränen aus den Augen und flossen über sein Gesicht. Seinem ganzen restlichen Volk erging es ebenso. Niemand konnte sich der Wirkung der Melodie entziehen, denn sie rührte am Wesen des ewigen Kreislaufes von Leben und Tod, der sie alle in sich einschloss und gleich machte.

Mit dem Rücken an das Podest gelehnt, saß Kira auf dem Boden der Steinplattform. Es war ihr nichts geschehen, dachte Ren erleichtert während seine Tränen flossen. Zen hatte alles unter Kontrolle, zum ersten Mal in seinem Leben war er willentlich in den Mittelpunkt der Gesellschaft getreten und bezauberte sie alle. Ließ sie ihre Gefühle ausleben und ihren Kummer zu Tage treten. Der Kronprinz wurde nun nicht benötigt und Ren verspürte eine ehrliche Erleichterung darüber, denn er hätte nicht gewusst, was er tun sollte.

Langsam bahnte er sich einen Weg durch die Menge und erblickte überall gerührte und tränennasse Gesichter. Die Mehrheit stand einfach nur da und lauschte, doch hier und dort wurden Verletzte umsorgt und leise Namen gerufen.

Die Musik folgte ihm, drang in sein Innerstes, füllte ihn ganz aus…War das Magie?, fragte er sich benommen. Am Eingang zum Wasserreich sah er seinen Großvater an der Wand lehnen. Er hatte seinen Enkel ebenfalls bemerkt, und sich kurz von der Musik losmachen können, um ihn zu sich zu winken. Ren schüttelte den Kopf und ging an König Zora vorbei.

Sein Schritt wurde schleppend und im letzten Augenblick zögerte er gar, ganz so als behagte es ihm nicht diesen Schauplatz solch wundervoller Kunst zu verlassen. Schließlich jedoch siegte sein Wunsch nach Einsamkeit und müde ging er auf sein Zimmer, welches glücklicherweise recht nahe gelegen war, da der Eingang zur Zoraquelle im Thronsaal lag, also im königlichen Teil der Wasserdomäne.

Am Ziel angekommen, zwängte er sich umständlich aus seinem Kettenhemd und ließ sich dann sofort auf sein Bett fallen. Seltsamerweise war die Musik selbst dort noch mehr oder weniger klar zu hören. Sie war um ihn herum und auch in seinem Innersten, sprach zu ihm, entfaltete ihre Wirkung…

Das konnte nicht normal sein, war sein letzter Gedanke, bevor er sich ganz seiner Erschöpfung überließ und in wohlige Dunkelheit abdriftete, die ihm süßes Vergessen versprach. Seine Tränen flossen wie von selbst weiter, als er eingeschlafen war, und obwohl er nicht träumte, war ihm doch als höre er ununterbrochen das Klagelied des Wassers.
 

Das blaue Licht begann zu flackern, die gleichmäßigen Wellen pulsierender Magie kamen aus dem Takt. Ein bedrohliches Dröhnen wurde laut und Staub rieselte herab.

„Ich kann nicht mehr, irgendwer muss mich ablösen…“, keuchte ein hylianischer Soldat.

Die Metallteile seiner Ausrüstung glänzten im hellen Lichte des Zaubers, so wie es um ihn herum bei allen anderen Anwesenden auch der Fall war. Keiner von ihnen wies die Strapazen einer Schlacht auf und doch waren ihre Gesichter abgezehrt und mehre Mann saßen zusammengekauert auf dem Boden, offenkundig erschöpft.

„Lass mich wieder übernehmen.“, sagte Link und eilte zu dem Mann, der in einer Hand den Zauber aufrechterhielt, den der Held der Zeit gewirkt hatte als das halbe Gebirgsmassiv kraft Ganondorfs Fragmentes auf sie herabgestürzt war. Nur Nayrus machtvoller Umarmung war es zu verdanken, dass Link mitsamt zwei Dutzend hylianischer Soldaten überlebt hatte.

Als der Felsregen sie begrub, hatte Rutos Mann sein Fragment dazu verwendet, um den Radius der mächtigen, in Kristall eingeschlossenen Magie zu vergrößern. Zwar war die Gruppe noch immer begraben (der Schild war einfach von der schieren Masse an Gestein geschluckt worden), doch lebten sie noch.

Sich jeweils mit der Aufrechterhaltung des Zaubers abwechselnd, versuchten sie sich Stein um Stein nach oben zu graben. Dabei hatte es derjenige mit dem blauen Kristall nicht weniger schwer als die anderen, denn man musste sich stark konzentrieren und zudem spürte man förmlich wie die beschützende Energie ihren Tribut forderte und Kraft sowie Ausdauer einen verließen bis nur noch überwältigende Müdigkeit übrig blieb.

Link nahm Nayrus Umarmung wieder an sich. Der blaue Kristall und das goldene Dreieck auf seinem Handrücken sorgten wenigstens für stete, angenehme Wärme. Besorgt besah sich der Zeitheld seine Männer. Sie würden nicht mehr lange durchhalten und wie konnte er es ihnen verübeln? Sie trugen keine göttliche Macht in sich, die sie stärkte und ihnen Sicherheit gab. Er selbst könnte wohl ebenfalls nicht mehr, hätte er nicht das Fragment des Mutes.

Sein Blick glitt auf die kleine Ledertasche, die an seinem Gürtel hing. Nebst anderen Dingen hatte er dort vor allem seine Okarina verstaut. Es war ein zermürbender Gedanke zu wissen, dass man sich selbst jederzeit retten konnte, die Kameraden dann jedoch im Stich lassen müsste. Es bedurfte nur einer der großen Melodien, um Link in Sicherheit zu befördern. Der Gedanke war ohne Zweifel verlockend, da der Held sich um seine Angehörigen sorgte und wissen wollte, ob es ihnen gut ging. Sowohl seine Frau als auch seine beiden ältesten Kinder waren am Kampfgeschehen beteiligt gewesen und die Unwissenheit ob ihres Schicksals plagte ihn.

Allerdings war Link nicht in der Lage die Magie der Melodien auf sein Umfeld zu wirken, er konnte die wenigen Männer, die er zuvor hatte retten können, also nicht mit sich nehmen. Auch sie hatten Familien, rief er sich immer wieder in Erinnerung. All diese Männer, die er nicht kannte…Familien und Freunde, wie er selbst auch. Und sie alle verließen sich auf ihn, den Helden der Zeit.

Das Vertrauen, das in ihn gesetzt wurde, hatte Link noch nie behagt, doch nun verfluchte er es zutiefst. Es war seine Pflicht sich in Sicherheit zu bringen, alleine schon des Fragmentes und des Masterschwertes wegen, die unter keinen Umständen Ganondorf in die Hände fallen durften. Er hatte schon zuvor begriffen, dass er nur noch die Zeit aufschob und auf Geräusche oder Licht von oben wartete, Zeichen für eine baldige Rettung der ganzen Gruppe. Er wurde nicht enttäuscht.

Niemand von ihnen konnte sagen, wie weit nach oben sie sich gearbeitet hatten, ja sie wussten nicht einmal, wie hoch sich die Felsen über ihnen auftürmen mochten. Fakt jedoch war, dass die nach Verschütteten suchenden Goronen, während sie von Zoras, Gerudos und Hylianern gedeckt wurden, sehr tief drangen und an mehreren Stellen auf Überlebende stießen. Einige Glückliche waren es, über denen das Gestein kleine Nischen oder Spalten frei gelassen hatte, in die sie sich bereitwillig retteten. So kam es, dass eine Gruppe des Bergvolkes bald auf Link und seine Männer stieß.

Zunächst rieselte es aus für sie erst unerklärlichen Gründen unaufhörlich Staub auf den blau leuchtenden Schild. Dann jedoch vernahmen sie Geräusche und bald darauf lockerten sich die Felsen über ihnen und die freundlichen Gesichter von Goronen tauchten in mehreren Öffnungen auf.

Link erklärte ihnen rufend, dass er das Schild aufrechterhalten musste und dass sie noch ein wenig darum herum graben mussten, doch dies war schnell getan. Erst als Link, mittlerweile ebenfalls erschöpft, den Zauber beendete, merkten er und die übrigen Hylianer, dass in nur kurzer Entfernung gekämpft wurde. Schreie und Klirren drangen hinunter, denn der Kampf wurde auf den Gipfeln des Berges aus herabgestürzten Bergflanken und Festungsanlagen ausgefochten, wohingegen die Gruppe des Helden der Zeit in einer der hinteren Flanken wieder frische Luft atmen konnte. Ganondorf war nirgends mehr zu sehen.

Link wollte sofort die augenblickliche Lage in Erfahrung bringen, doch die Goronen schüttelten nur die Köpfe und zeigten in den hinteren Bereich der Schlucht, wo Raurus goldenes Tor wartete, welches die befreiten Hylianer erst nicht bemerkt hatten.

„Der Rückzugsbefehl ist bereits gegeben worden, jedermann versucht sich jetzt zum Tor durchzuschlagen. Ich glaube die Shiekah decken die Truppen dort oben, also müssten auch sie es schaffen. Jetzt geht bitte! Wir wollen schauen, ob wir noch Überlebende in den Trümmern finden.“

Es widerstrebte Link vor Ganondorf zu fliehen, doch angesichts des gewaltigen Trümmerfeldes um ihn herum war die Niederlage der Hylianer unverkennbar. Mit einem Handwink deutete er seinen Männern ihm zum Tor zu folgen. Der Weg war nicht kurz, lag ihr Ziel doch am Ende der Schlucht, und anfangs mussten sie klettern und aufpassen nicht auszurutschen. Während des Weges kreisten die Gedanken des Helden der Zeit einzig um seine Familie. Sobald er seine Soldaten durch das Tor geleitet hätte, würde er sie alleine lassen und nach den Seinen suchen.

Auch die übrigen Männer schwiegen. Dem Tode mochten sie entronnen sein, doch angesichts der Verwüstung, die sie vor Augen hatten, der Demonstration Ganondorfs Macht, mussten sie sich zwangsweise fragen, ob sie das nächste Mal ebenso viel Glück haben würden. Es konnte nicht immer sein, dass der gerühmte Held ihres Volkes sich in ihrer Nähe befand und sie mit den Gaben machtvoller Wesen errette.

Als sie schließlich das Tor passierten und in der Schlossstadt wieder in die stoffliche Welt eintraten, fanden sie dort zunächst nur Chaos und Verwirrung und viele, viele Leute vor. Verloren blickten sie verunsichert um sich und erwarteten, dass ihr Kommandant und Held ihnen sagen würde, was zu tun sei. Link hingegen wollte keine Zeit mehr verschwenden und machte sich der Aufmerksamkeit seiner Männer gewiss, bevor er sagte:

„Ich muss euch nun leider verlassen, denn ihr seid jetzt in Sicherheit und könnt euch auf die Suche nach euren Freunden und Angehörigen machen, was auch ich jetzt tun will. Gekämpft habt ihr dieses Mal nicht mit dem Schwert, doch war eure Schlacht deshalb nicht minder tapfer. Ihr habt Mut bewiesen, wo andere verzweifelt wären und ohne euch hätte auch ich es wohl nicht geschafft. Ich danke euch und mögen die Göttinnen uns alle segnen und behüten!“

Die Männer wollten irgendeine Reaktion auf die wohlwollenden Worte zeigen, einen kleinen Applaus, Dankesrufe, irgendetwas, doch die Müdigkeit hielt sie davon ab. Obwohl sie alle die freundlichen Floskeln dankend aufnahmen, empfanden sie doch dasselbe: Was nutzten solche Worte in einer Zeit wie dieser?

Einige nickten, doch Link achtete kaum noch darauf, sondern verschwand schon in der Menge. Selbst in Eile wollte er doch keine der großen Melodien in der Öffentlichkeit spielen, das hatte er niemals getan, und so zwängte er sich in eine der Seitengassen, die zwar ebenfalls voll waren, jedoch einige dunkle Türeingänge boten. In einer solchen Nische spielte er die Serenade des Wassers, wohl wissend, dass er nicht am Hyliasee sondern im Zorareich ankommen würde. Sein letzter Gedanke, bevor er vom fließenden Blau der Bahn der Wassermagie des Landes davongetragen wurde, galt seinen hohlen Worten und der kurzen Frage, ob seine Männer den Krieg überleben würden.

Die Melodie, mit ihren so stark an Wassertropfen erinnernden Tönen, brachte ihn nicht zur Zoraquelle, so wie es beabsichtigt gewesen war. Stattdessen fand sich Link, als sein Körper sich materialisierte in den Armen seiner Frau wieder.

„Was…?“, stieß er überrascht hervor, kam jedoch nicht weiter, da Ruto seine Lippen mit einem stürmischen Kuss versiegelte, sodass er nach Luft japste als sie wieder von im ließ.

„Du lebst“, stellte sie fest und lächelte ob seines noch immer verwirrten Gesichtsausdruckes.

Ihre Worte erinnerten ihn an die Kinder und die Sorge um sie musste ihm wohl anzusehen sein, denn Ruto sagte fortfahrend:

„Ihnen geht es allen gut. Kira und Zen sind in der Quelle und Ren“, sie machte eine kurze Pause und schloss für einen Moment die Augen, „Ren befindet sich noch im Pass, wird aber gleich das Tor passieren. Es ist ihnen nichts zugestoßen.“

„Den Göttinnen sei Dank…“, murmelte ihr Ehemann erleichtert und schenkte jetzt erst seiner Umgebung Aufmerksamkeit. Sie befanden sich in ihrem Zimmer im Zorareich. Ruto schmiegte sich wieder an ihn.

„Ich dachte ich erspare uns beiden das Suchen und hole dich sofort zu mir.“, meinte sie.

„Gut gedacht.“, erwiderte Link und legte die Arme um sie. Einen Augenblick verharrten sie schweigend, einfach nur glücklich über die Berührung des Anderen und die Gewissheit, dass es der Familie gut ging.

„Darf ich etwas trinken?“, fragte Link schließlich und die Zoraprinzessin prustete lachend in seine Brust. Ein großes Gewicht schien von ihr gefallen zu sein, wenngleich man auch nicht leugnen konnte, dass sie Zeichen von Erschöpfung zeigte.

Ihre Haltung, sonst aufrecht und stolz, ganz und gar erhaben, war etwas eingefallen, als würde sie sich nur zu gerne setzen. Dennoch blieb sie stehen, als Link sich etwas klares Wasser aus einer silbernen Karaffe in Form eines Schwanes in eine Trinkmuschel goss und sich setzte. Es war eine schöne Arbeit der termianischen Zoras, welche im Küstengebiet im Westen Terminas lebten und dort viele große und seltene Muscheln fanden und sie verarbeiteten.

Von der unteren Spitze aus drehte sich das feine, milchige Material in verschlungenen Formen und wurde nach oben hin breiter. Das Wasser wurde in eine Öffnung an der Seite der Muschel gefüllt, wo die helle Farbe in ein sanftes Rosa überging. Link hielt das hübsche Gefäß mit beiden Händen entlang der Längsachse und trank mit tiefen, gierigen Schlucken. Wortlos schüttelte ihm Ruto nach, als er fertig war und beobachtete ihn.

„Fällt dir nichts auf?“, fragte sie neugierig, offenbar auf etwas Bestimmtes hinauswollend.

Link sah sie fragend an und schaute sich instinktiv um. Alles sah so aus, wie immer. Er vermutete, dass sie die Präsenz Ganondorfs meinte und hob deshalb seinen Handrücken, um ihr das goldglühende Triforcezeichen zu zeigen. Stärker denn je reagierten zu dieser Zeit die Male der Fragmentsträger.

„Das meine ich nicht“, erwiderte Ruto kopfschüttelnd und nahm ihn bei der Hand.

„Komm mit, du wirst es gleich bestimmt merken.“

Neugierig ließ sich ihr Gemahl von ihr durch das Zorareich führen. Er erkannte den Weg zum Thronsaal, vermutlich wollte sie ihn zur Zoraquelle geleiten, doch kurz davor schien sie ihre Meinung zu ändern und zog ihn in eine Ecke, wo eine vorbeigehende Person ein kurzes blaues Aufleuchten hätte wahrnehmen können. Für einen sehr kurzen Moment befanden sich die Beiden in der magischen Welt und fasziniert nahm Link wahr, wie anders es doch war mit einer der Weisen dieses Reich zu betreten.

Normalerweise spürte man, dass man in den magischen Bahnen körperlos war, dass nur der Geist dort weilte, während man gleichzeitig fühlte, wie man sich mit unglaublich hoher Geschwindigkeit durch die Luft bewegte. Abhängig von der Magieart nahm man unterwegs zudem verschiedene Eindrücke wahr: Verschiedenfarbiges Licht und charakteristische Geräusche oder Gefühle. Nun kam es Link aber so vor, als sei es tatsächlich er selbst samt Körper und sogar der Trinkmuschel, der sich in dieser Welt befand. Da es nur ein kurzer Augenblick war, waren die Eindrücke undeutlich und verschwommen, doch er meinte kurzzeitig unter Wasser gewesen zu sein. Er konnte sich sogar noch des Gefühls der Nässe entsinnen als Ruto ihn wieder in die stoffliche Welt brachte und meinte Druck auf seinen Ohren verspürt zu haben.

Link brachte dies nicht zur Sprache, da der Moment verschwindend kurz gewesen war und weil er nun außerdem abgelenkt wurde. Seine Frau hatte ihn tatsächlich in die Quelle gebracht und der Grund, weshalb sie nicht über den herkömmlichen Weg gekommen waren, war offensichtlich: Offenbar hatte sich das gesamte Volk der Zoras an diesem für sie geweihten Ort versammelt.

Dies bemerkte Link jedoch nur aus den Augenwinkeln heraus, seine Aufmerksamkeit wurde von nie zuvor vernommener musikalischer Schönheit vereinnahmt.

Lord Jabu-Jabu sang. Und der jüngste Sohn des Helden der Zeit begleitete ihn mit einer simplen Laute, wie es wohl kein Musikant im Großreich gekonnt hätte. Nichts war sonst zu hören außer der wunderschönen, wenn auch traurigen Musik.

Ruto und Link standen auf einem Felsen im hinteren Teil der Quelle, und gemeinsam ließen sie sich sitzend nieder, um ihrem Sohn zuzuhören, das vormals unscheinbarste ihrer Kinder. Es war ein Moment der Vertrautheit und obwohl er am liebsten nur der Melodie gelauscht hätte, wollte Zens Vater diesen Moment mit seiner Frau teilen und mit ihr sprechen. Es erschien selbstverständlich, dass er sich dabei zu ihr beugte und ganz sachte in ihr Ohr flüsterte, nachdem er die Muschel leer getrunken und beiseite gelegt hatte.

„Wusstest du, dass er so spielen kann?“, fragte er leise.

Sie schüttelte zur Antwort den Kopf und schwieg. Erst nach einer Weile, während der sie sich aneinander gelehnt hatten und weiter zuhörten, flüsterte sie zurück:

„Ich wusste, dass etwas in ihm war…eine Art Macht, die ich nicht verstehen konnte. Was wir beide ihm vererbt haben, das hat er schon als kleines Kind zu steuern gelernt, doch ich kann nicht sagen, was er daraus gemacht hat. Allerdings war es offensichtlich ein Erfolg.“

Ihr Gemahl nickte. Da bemerkte er, dass Kira an das Podest lehnte, auf dem ihr Bruder spielte. Irgendwo in seinen fast stillgelegten Gedanken, erinnerte er sich daran, dass sie gekämpft hatte, doch der Krieg und der Großmeister des Bösen waren hier nicht nur räumlich weit entfernt. Selbst die Wärme seiner linken Hand konnte er ignorieren.

„Sieh nur…“, hauchte Ruto und deutete auf das Wasser der Quelle, welches mit jedem Ton neue Wellen warf, als würde die Musik in gestaltlicher Form auf es herabsinken.

„Lord Jabu und das Wasser trauern. Sie weinen…“

Ihr selbst liefen mittlerweile ebenfalls Tränen über die Wangen, doch Link versuchte nicht sie wegzuwischen, denn sie waren ehrlich und entsprangen der wunderschönen Musik. Er selbst war auch zutiefst bewegt.

Plötzlich gingen kleine blaue Funken über der Quelle nieder und ein Blitzen blauen Lichtes erhellte die Menge des Wasservolkes. Männer und Frauen, Brüder und Schwestern, Töchter und Söhne kehrten aus dem Krieg heim.

Schweigend wurden sie empfangen und schweigend versorgt. Die Verletzten wurden zur großen Fee dieses Gebietes gebracht. An ihre Quellen gebunden, konnten die Feen des Großreiches nichts Anderes tun, als die Verletzten zu heilen.

„Dort ist Ren“, sagte Ruto und deutete auf einen unbestimmten Punkt in der Menge, doch Link hatte nicht ihre Fähigkeiten und war daher nicht im Stande seinen ältesten Sohn auszumachen.

„Es geht ihm gut“, fuhr die Zoraprinzessin flüsternd fort.

Trotz der aufgekommenen Bewegung nämlich, war die Musik noch immer vorherrschend und schlich sich in die Seelen aller Anwesenden. Es erschien falsch zu diesem Zeitpunkt die Stimme zu erheben.

„Er ist müde und verlässt die Quelle. Dort ist auch Vater. Alle weinen…“

Weinte er selbst jetzt auch? Link konnte es gar nicht sagen und fuhr sich mit dem Handrücken über die Wangen. Tatsächlich spürte er dort etwas Feuchtes. Seine Frau seufzte.

„Wir haben so tapfere Kinder, sie werden zu wahren Größen heranwachsen.“

Der Vater besagter Kinder wollte einen Scherz machen, doch ihm fiel angesichts der Musik nichts ein. Also sagte er schlicht:

„Das sind sie schon.“

„Wie ihre Eltern.“, meinte Ruto und stupste ihren Mann an.

„Das ist nicht gerecht, wieso kannst du jetzt scherzen und ich nicht?“

„Ich bin die Weise des Wassers und du bist müde. Komm, leg deinen Kopf in meinen Schoss. Du solltest etwas schlafen.“

Er war in der Tat sehr müde, das wusste er, und er konnte sich im Augenblick nichts Schöneres vorstellen, als sich hinzulegen und dieser himmlischen Melodie (oder waren es mehrere Melodien?) zu lauschen. Aber seine Gemahlin war ebenfalls müde, auch wenn sie es nicht zeigen wollte.

„Du musst nicht immer die Starke sein, leg du dich hin. Die Weise wirst du noch oft genug sein müssen.“

Er riss seinen Blick, und es kostete ihn wirkliche Überwindung, von der Quelle los und sah Ruto an, die ihn warm anlächelte. Dann umfasste sie sein Gesicht mit beiden Händen und küsste ihn sanft auf den Mund.

„Und weil ich noch oft die Weise sein werde, werde ich dich oft brauchen, weil ich dann daheim schwach sein möchte. Im Moment bin ich aber Prinzessin Ruto und ich fürchte es ist nicht möglich, dass ich jetzt Schwäche zeige. Nun leg dich hin!“

Mit sanfter Gewalt drückte sie seinen Kopf nieder und Link gab nach und genoss mit geschlossenen Augen die Musik und die bestimmten aber sanft liebkosenden Hände jener Frau, die er liebte. Wie er wusste, mittlerweile mehr als Zelda.
 

Kira erwachte aus einem Traum ohne Bilder, der jedoch voll von Zens Musik gewesen war. In der Stille des neuen Tages schien ihr die Abwesenheit der Melodie wie ein herber Verlust. Der Erste in diesem schrecklichen Krieg. Sonnenstrahlen trafen ihr Auge und ließen sie blinzeln, so dass sie den Kopf drehte und aufstand.

Offenbar war sie von der Musik in den Schlaf begleitet worden, denn sie befand sich noch immer in der Zoraquelle. Eine leichte Decke aus blaugefärbtem Stoff glitt ihr von den Schultern. Jemand hatte sie zugedeckt.

Kira konnte nicht genau sagen, wie lange sie geschlafen hatte, doch vom Stand der Sonne, eben noch durch die Wolkendecke sichtbar, las sie ab, dass es bereits Mittag war. Zu dieser Zeit sollte es in der Quelle eigentlich nicht so leer sein, denn die Zoras suchten ihrer Natur entsprechend die Nähe zum Wasser, weshalb zumindest Quelle und Haupthöhle um diese Zeit gut besucht waren. Nun jedoch erblickte die Zoraprinzessin niemanden außer ihr und so entschloss sie sich zunächst auf ihr Zimmer zu gehen und sich umzuziehen. Danach würde sie ihren Angehörigen einen Besuch abstatten.

Auch unterwegs traf sie niemanden an und das stete Plätschern und Tropfen in der Zoradomäne erschien weniger erfreulich und angenehm wie sonst. Gewiss befanden sich zu dieser Zeit die meisten Wesen des Großreiches zurückgezogen in ihren Häusern und Zimmern, wo sie trauerten, erleichtert Zeit zusammen verbrachten oder sich ängstigten.

Kira selbst wusste nicht genau, was sie empfinden sollte. Sie hatte nicht viel von dem Chaos der Gefechte auf den Festungen mitbekommen, die von ihr erlebten Schrecken beschränkten sich auf magische Schönheit. Tödlich zwar, doch der Tochter der Wasserweisen von Kindesbeinen an vertraut. Und letzten Endes war sie auch in der Lage sich zu wehren, wie nur so wenige andere.

Es war ein berauschendes Gefühl gewesen zum ersten Mal in ihrem Leben so viel Macht zu wirken, so ungehindert Magie fließen zu lassen. Keine Rücksicht auf Schäden hatte sie nehmen müssen, keine Rücksicht darauf ihrer Umwelt zu schaden, denn die war angefüllt gewesen mit anderen machtvollen Wesen, die sich wohl zu schützen wussten.

Wie die Luft geknistert hatte, erfüllt von unzähligen verschiedenartigen Energien! Kira dachte an das elektrisierende Prickeln auf ihrer Haut zurück, die Aufregung in ihrem Gemüt, ihr in Wallung geratenes Blut…Sie dachte daran, wie sie einen der mächtigsten Männer der Welt verspottet und ihm einen solchen Widerstand geleistet hatte, dass es ihm nicht möglich gewesen war, sie zu überwinden.

Für viele war die Schlacht unwirklich gewesen und nur verschwommene Erinnerungen sollten sie daran behalten, doch Links Tochter erinnerte sich klar und deutlich an jede einzelne Minute ihres Aufenthaltes im Goldenen Pass. Ihre vormaligen Eindrücke als Beobachterin in der Halle der Weisen waren vergessen und unwichtig. Sie hatten nicht genug Aussagekraft, um zu vermitteln, was Kira und, wie sie vermutete, auch die anderen Kinder der Weisen sowie die übrigen Magier erlebt hatten. Sorge um ihr Leben hatte die Prinzessin dabei seltsamerweise nicht empfunden.

Sie kannte ihre Fähigkeiten und wusste um ihre beeindruckende Macht. Ehrlich gesagt, musste sie sich eingestehen, hielt sie es nicht für möglich, dass Ganondorfs Generäle sie besiegen konnten, wie viel erfahrener als sie diese auch sein mochten. War diese Einstellung anmaßend oder realistisch, fragte sie sich als sie ihr Gemach betrat. Sie wusste, dass Arroganz und übermäßige Selbstsicherheit keine guten Begleiter im Leben waren.

Während sie ihre Kleidung auszog, wurde sie daran erinnert, dass sie auch getötet hatte. Zwei ihrer Gegner des Kalten Feuers hatte sie um ihr Leben gebracht, ebenso deren monströse Reittiere. Machtvolle Bestien und gewaltige Magier aus dem Süden, und doch nicht stark genug, um gegen sie zu bestehen.

Kira hatte während der Schlacht die gepolsterte Kleidung aus blau gefärbtem Leder getragen, die sie von ihren Eltern erhalten hatte, so eng anliegend wie eine zweite Haut, so dass sie nicht in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt wurde. Ihre langen Haare waren zum ersten Mal seit langer Zeit in einem geflochtenen Zopf zusammengebunden gewesen.

Nun jedoch war ihre Kleidung starr von dem Salz des Meereswassers des Leviathans ihrer Mutter, das Gleiche galt auch für ihre Haare, welche momentan durcheinander und voller steifer Strähnen waren. Verletzungen wies die Zoraprinzessin keine auf. Ein leiser Geruch von Rauch haftete ihr an.

Nachdenklich musterte sie ihr Spiegelbild in einer polierten Silberscheibe, welche an der Wand neben ihrem Bett hing.

„Verrucht…“, war ihr erster Gedanke.

Verrucht und wild. Dennoch befand sie sich für noch immer schön und begann ihren Zopf zu lösen, was freilich einige Zeit dauerte. Als sie damit fertig war, durchmaß sie ihr Zimmer mit zügigen Schritten, schob einen blauen Vorhang mit dem Zeichen des Wassers als Zierde beiseite und trat ein in ihr eigenstes Bad.

Eine annähernd ovale, kleine Höhle war es, die zurzeit von Sonnenlicht erhellt wurde, welches durch versteckte Schächte hereinschien. An den Wänden waren singende und tanzende Zorafrauen und Nixen abgebildet, seltsame Fabelwesen, halb Mensch halb Fisch, eine altertümliche Vorstellung des Ergebnisses einer Verbindung von Menschen und Zoras, weshalb man dieses Motiv auch für die Badezimmer aller drei Kinder von Link und Ruto gewählt hatte.

In der Mitte der Höhle befand sich ein steinernes Becken, welches gefüllt war mit dem herrlichen silbernen Wasser, das, von der Zoraquelle ausgehend, das ganze Reich der grazilen Wesen durchfloss und durch vielerlei verschiedene Zuflüsse den Zorafluss speiste, welcher seinerseits den östlichen Teil der Steppe durchmaß und für viel fruchtbares Land sorgte. Die Steine und Felsen am Rande des Bassins waren so bearbeitet worden, dass sie wie eine aus dem Wasser ragende Bootshälfte aussahen.

Erleichtert stieg Kira in das kühle Wasser, tauchte unter und lag einige Zeit auf dem Grund des Beckens still, wo leichte Strömungen an ihr vorbeizogen, die von unterirdischen Ab- und Zuflüssen herrührten.

Sie fühlte sich nicht wirklich schmutzig oder befleckt, in keinerlei Hinsicht. Sie bedauerte den Tod der von ihr Getöteten nicht, da sie wusste, dass es ihre unumgängliche Pflicht gewesen war, deren Leben zu beenden. Sie ließ belastende Fragen nach dem Leben und den Angehörigen der Verschiedenen nicht in ihrem Bewusstsein aufkeimen, wohl wissend wie unnütz solcherlei Überlegungen waren und was für eine zermürbende Wirkung sie entfalten konnten.

Es waren dies ebenjene Gedanken, von denen sie annahm, dass sie nun ihren Bruder Ren plagten. Obwohl er deutlich gereift war durch den Kontakt zu seiner unerreichten Liebsten Oroelle, traute Kira ihm doch nicht zu, eine so rasche Entwicklung durchgemacht zu haben, dass er sich zu diesem Zeitpunkt nicht schlecht und elend fühlte. Und schuldig, ja, wie ein Mörder musste er sich vorkommen. Oder aber er kam nicht mit dem Chaos eines Schlachtfeldes zurecht und sah darin ein Zeichen von Schwäche. Allen anderen schien es für den Augenblick zu genügen, dass Ren die Schlacht überlebt hatte, doch seine Schwester wollte sich so früh wie möglich um seine seelische Verfassung kümmern.

Nach ihrem Gespräch am Hyliasee, als sie sehr offen miteinander über die Zukunft und ihre diesbezüglichen Gefühle geredet hatten, fühlte sich Kira Ren noch verbundener und sie glaubte, dass ihr Bruder sie nun auch mehr an sein Leben und seine Gemütsverfassung heran lassen würde. Wenn sie zu ihm ging, dann wollte sie reingewaschen sein, von allem was ihn an das Töten und an die Schlacht erinnern konnte.

So nahm sie denn einen kleinen Behälter aus wertvollem weißem Porzellan, eine Spezialität der hylianischen Handwerker, vom Beckenrand und begann sich mit einer weißlichen, angenehm duftenden Substanz einzuölen. Als sie danach wieder untertauchte und mit ausladenden Bewegungen die Salbe von sich spülte, spürte sie förmlich wie aller Schmutz von ihr wich und der unaufdringliche Duft gab ihr und vor allem ihrer Umwelt das Gefühl auch gedanklich rein zu sein.

Zumindest fürs erste, wie sie wusste, doch es sollte für ihre Zwecke reichen. Sie wollte Ren entschieden und unübersehbar im Reinen mit sich selbst entgegentreten und für die von ihr verwendete Substanz hatte sie einst viel Geld gegeben, da sie genau dies möglich machen konnte.

Es war ein Import aus Inveria und die Salbe alleine hatte sie doch tatsächlich hundertfünfzig Rubine gekostet, selbst nachdem sie diese heruntergehandelt hatte. Es war kein Wunder, dass Inveria das reichste Land der Welt war, hatte sie damals zerknirscht gedacht. Nun, zumindest wurde sie von der Wirkung nicht enttäuscht.

Als sie fertig war, trocknete sie sich mit einem von den Gerudo gewebten Handtuch und wählte danach bequeme Laufkleidung aus: Eine dunkelgrüne Hose mit lose fallenden Hosenbeinen (selbstverständlich mit Löchern für ihre Flossen), dazu ihren Lieblingsgürtel in Form einer sich selbst in den Schwanz beißenden, silbernen Seeschlange mit kleinen Smaragden als Augen und Schwanz sowie Kopf als Schnalle.

Ihren Oberkörper kleidete sie nach Art der Gerudos ein, so wie Nomara es ihr gezeigt hatte:

Sie nahm ein eigens dafür hergestelltes Tuch des Frauvolkes, es war wie die Hose von einem dunklen Grün, und schlang es sich erst von hinten über die rechte Schulter, dann einmal um die Hüfte, anschließend von unten über die linke Schulter und letztlich noch einmal um die Hüfte, wo sie es mit einem Schleifenknoten festband. Dass der Ausschnitt dabei recht groß war und die Ansätze sowie Rundungen ihrer Brüste gut sichtbar waren, war dieses Mal nicht von ihr beabsichtigt. Ihr Haar ließ sie sich wie meistens lose nach hinten und über ihre Schultern fallen, einige der dünngeflochtenen Zöpfe wie immer ins Gesicht. Da ihre Haarpracht jedoch hüftlang war, wischte sie diese Zöpfe zur Seite, sodass nur Wangen und Ohren, nicht jedoch ihre Augen verdeckt wurden.

Abschließend zog sie die leichten Sandalen an, welche Zoras zu benutzen pflegten, wenn sie ihr Wasserreich verließen. Mit einem letzten, abschätzenden Blick in die ihr als Spiegel dienende Metallplatte verließ sie ihr Zimmer und brauchte nur zwei Korridore (Tunnel musste man angesichts des Höhlensystems des Reiches wohl eher sagen) zu überqueren, um zum Zimmer ihres ältesten Bruders zu gelangen.

Schon vor langer Zeit hatte sie sich das Klopfen an Rens Türen abgewohnt, vermutlich in der Hoffnung ihn mit einer schönen Unbekannten zu erwischen, und so drückte sie einfach gegen das leichte Holz und trat ein.

Normalerweise verbrachte die Familie des Helden der Zeit selten die Nächte im Zorareich, da sie durch das magische Portal rasch wieder in ihr eigenes Heim zurückkehren konnten. Deshalb waren ihre Zimmer zwar immer gepflegt und sauber ansonsten jedoch unberührt, wohl aber auch eher spärlich eingerichtet.

Für die Dauer des Krieges jedoch waren Link und Ruto mit ihrem gesamten Haushalt zu Rutos Vater ins Zorareich gezogen. Der König der Wasserwesen unterhielt viele leerstehende Zimmer im königlichen Teil des Reiches und freute sich über die Gesellschaft seiner Tochter, Enkel und seines gerühmten Schwiegersohnes.

Aus diesem Grund standen nun in Rens Zimmer, außer seinem Bett, dem Schrank und dem Tisch mit seinen zwei Stühlen, noch zwei große Holztruhen, wodurch der kleine Höhlenraum einen leicht überfüllten Eindruck erweckte, vor allem auch, weil das Meiste sich auf der rechten und der Kopfseite befand, da die linke Seite zum größten Teil von einer murmelnden Quelle beansprucht wurde.

Ihr Bruder lag mit dem Rücken zu ihr in seinem Bett und schien zu schlafen. Erschöpft wie er gewesen war, hatte er sich dabei nicht zugedeckt und so konnte Kira den Staub auf seiner Kleidung sehen, der die hellen Laken verunreinigte, ebenso wie die kleinen Wunden und Abschürfungen. Seufzend nahm sie außerdem wahr, dass er noch die blaue Hängemütze trug, die der ihres Vaters nachempfunden war. Auch Link vergas oft die Kappe vor dem Schlafengehen abzunehmen, eine von Ruto missbilligte Angewohnheit und Kira teilte in dieser Hinsicht die Meinung ihrer Mutter.

Demnach war das Erste, was sie tat, ihrem Bruder die Mütze langsam vom Kopf zu ziehen und auf eine der Truhen zu legen. Ihr Blick fiel auf sein mitten im Zimmer liegendes Kettenhemd und besorgt stellte sie mehrere, teils tiefe, Kratzer fest. Sie hob es auf (es war von den Goronen eigens durch besondere Verfahren leichter geschmiedet worden) und legte es beiseite, damit niemand darüber stolpern konnte. Bevor sie jedoch mit ihrer kleinen Säuberung fortfahren konnte, lenkte ihr Bruder ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich.

„Bist du das Mutter?“, fragte er kaum verständlich nuschelnd.

„Nicht ganz“, erwiderte seine Schwester, überrascht dass Ren wach war.

„Habe ich dich aufgeweckt? Das tut mir leid.“

Er wälzte sich um und sah erst aus halb geöffneten Augen zu ihr hoch. Dann fuhr er sich mit der Hand durch das Gesicht und setzte sich gähnend auf. Seine Schwester musterte ihn neugierig ohne etwas zu sagen. Im Moment sah Ren lediglich verschlafen aus. Sie würde etwas auf ihr Gespräch warten müssen.

„Wie spät ist es?“, fragte ihr Bruder sie und sie antwortete, dass es bereits Mittag sei und gesellte sich zu ihm auf das leicht beschmutzte Bett.

„Aber mach dir keine Gedanken, das ganze Reich ist wie ausgestorben. Niemand ist zurzeit unterwegs. Alle ruhen sich aus.“

„Ich verstehe…“, entgegnete er, stand auf und ging zu einer silbernen Schüssel mit Wasser, wo er sein Gesicht benetzte. Danach sah er frischer aus und blickte seine Schwester mit nunmehr aufmerksamen Augen an.

„Wie geht es dir?“, fragte er.

Sie hätte diese Frage zuerst stellen sollen, dachte seine Schwester kurz verstimmt bevor sie antwortete:

„Mir geht es gut. Offensichtlich. Die Frage ist doch vielmehr, wie es dir geht.“

Ren erkannte, dass Kira wieder dabei war, in ihn zu dringen. Es würde auf ein Gespräch hinauslaufen, welches sie für ihn als hilfreich ansah. Es stimmte zwar, dass sie ihm bislang bereits einige Male geholfen hatte und mit warmen, geschwisterlichen Gefühlen dachte er an ihr offenes Gespräch am Hyliasee zurück. Wenn er Hilfe benötigen würde, dann wäre seine Schwester ihm von nun an wohl willkommen. Es war nur dieses Mal so, dass er der Ansicht war, keinen Beistand zu benötigen.

„Ich weiß, dass du denkst, mir ginge es schlecht. Aber dem ist nicht so, mach dir keine Sorgen.“

Kira zog eine Augenbraue hoch und musterte ihn skeptisch.

„Du hast getötet…“, erinnerte sie ihn.

„Ja, das habe ich“, erwiderte Ren und versuchte für einen Augenblick sich an die Gesichter seiner Gegner zu erinnern. Er hatte sie alle vergessen.

„Kommst du damit zurecht?“, fragte ihn Kira nun direkt und dafür war er ihr dankbar. Eine unterschwellige, indirekte Hilfestellung hätte er abgewiesen. Dafür hatten sie nun schon zu viele ihrer Gedanken miteinander geteilt.

Noch immer stand er mitten im Raum, das Gesicht feucht, und spürte die Erschöpfung seines Körpers, wenngleich er auch nicht mehr so müde war und zu schlafen wünschte. Einen Moment lang überlegte er, ob er der Frage ausweichen sollte, wie er es wohl vor einem Jahr noch getan hätte. Aber es war viel geschehen in der letzten Zeit und er war nicht mehr derjenige, welcher er vormals gewesen war. Vermutlich hatte Kira Recht, wie so oft, und seine neugewonnene Reife war auf seine wie auch immer geartete Beziehung zu Oroelle zurückzuführen.

„Ich weiß nicht genau…“, gestand er wahrheitsgemäß und setzte sich wieder neben seine Schwester auf sein Bett.

„Ich erinnere mich nicht einmal mehr an ihre Gesichter, aber…es macht mir nicht so viel aus, wie ich gedacht hätte. Ich meine: Sie hätten mich getötet, wenn ich mich nicht gewehrt hätte. Sie sind unsere Feinde…ob wir oder sie es wollen oder nicht.“

Erstaunt hörte Kira dieses Zeugnis eines deutlich veränderten Ren und fragte sich, wie weit diese Entwicklung ging. Sie nahm nicht an, dass er über all seine bisherigen Fragen und Beunruhigungen hinweg war, dafür war zu wenig Zeit vergangen. Niemand änderte sich so schnell. Und tatsächlich schien es ihr, als beschäftigte ihren Bruder etwas, was er ihr noch nicht erzählt hatte, denn sein Blick war in weite Ferne gerückt und sie las Sorge von seinem Gesicht ab.

„Dennoch ist da irgendetwas, habe ich nicht Recht? Willst du es mir nicht sagen?“

Er warf ihr einen raschen Blick zu und antwortete nicht sofort. Dann sprach er den Namen der Frau aus, die er liebte und fügte ergänzend hinzu, dass sie noch im Pass gewesen war, als er Raurus Tor durchschritt, da die Shiekah ihren Rückzug deckten.

„Obwohl ich nicht glaube, dass ihr wirklich etwas zugestoßen ist, mache ich mir Sorgen.“, gestand er.

„Oder wahrscheinlich will ich es nicht glauben. Immerhin ist sie eine Shiekah…“

„Eine respekteinflößende Tatsache“, stimmte Kira ihm zu und überlegte, wie sie ihn aufmuntern könnte, ohne ihn mit flachen und leeren Worten falsche Hoffnungen zu vermitteln.

Sie wusste, dass Oroelle zur selben Zeit wie sie selbst im Pass gegen einen von Ganondorfs Generälen gekämpft hatte, wie auch Nomara und Link-goro. Von diesen jedoch wusste sie, dass ihnen nichts geschehen war, dass sie die Beiden nach dem Gefecht in der Halle der Weisen wiedergetroffen hatte. Rens Liebste hingegen war im Pass geblieben oder hatte sich an einen anderen Ort begeben. Kira wusste es nicht.

„Ich würde dir gerne versichern, dass ihr nichts geschehen ist, aber das kann ich natürlich nicht. Wir müssen auf ihre Fähigkeiten und die ihres Volkes vertrauen. Glaube bitte nicht, dass ich mir keine Sorgen um sie mache, denn meine Freundschaft zu ihr ist ehrlich und nicht nur um deinetwillen möchte ich Kunde von ihrem Schicksal erhalten.“

„Ich weiß nicht, was ich tun sollte, wenn ich sie nie wieder sehen könnte.“, stellte Ren klar und der schreckliche Gedanke übermannte ihn, jedwede Stärke, die in ihm gewesen war, fortspülend. Er barg sein Gesicht in den Händen.

„Ich will nicht, dass ihr etwas zustößt!“

Er weinte nicht, hatte auch nicht das Bedürfnis danach, doch klang seine Stimme heiser und schwächer als noch einige Herzschläge zuvor. Kira legte ihm eine Hand auf das Knie und rückte näher.

„Wir können nur abwarten. Ich will dir nicht raten, zu hoffen, dass alles gut wird, aber denke bitte daran, dass Gedanken solcher Art dir großen Schaden zufügen können. Richte dich nicht zugrunde!“

Der Zoraprinz gab irgendein Geräusch von sich, das seine Schwester nicht deuten konnte. Sie fand es war nun genug. Er hatte sie positiv überrascht, sowohl mit dem, was er gesagt hatte, als auch mit der Tatsache, dass er so bereitwillig mit ihr darüber redete. Sie sollte ihn ablenken. Deshalb sagte sie:

„Deine Wunden wurden noch nicht behandelt. Selbst die geringsten Verletzungen können großen Schaden anrichten, das müsstest du doch noch von Vater wissen. Wir sollten uns nicht zu sehr auf unser magisches Erbe verlassen, weißt du.“

Obwohl ihre Worte Wahrheit enthielten, trafen sie dennoch nicht ganz zu. Fakt war, dass ihr magisches Erbe sie sehr wohl vor den Konsequenzen von Verletzungen zu bewahren im Stande war. Rens verhältnismäßig ungefährliche Schnittwunden würden sich nicht entzünden, er hätte schon in Dreck baden müssen, um die magisch verstärkten, natürlichen Heilungsprozesse seines Körpers zu überkommen. Ihr Bruder wusste dies. Allerdings wusste er auch, dass Kira es gut mit ihm meinte und ihn ablenken wollte, also ließ er sich nickend darauf ein.

Die Prinzessin machte sich kurz auf, um alles Nötige zum Behandeln und Säubern der Wunden zu holen und ließ ihn für den Moment alleine. Unterwegs musste sie sich eingestehen, dass sie neidisch war. Ren war gereift. Was er getan hatte, ließ ihn natürlich nicht unberührt, doch er gestattete nicht, dass es ihn übermannte. Er begann sich mit seinen Empfindungen und Erlebnissen ernsthaft auseinanderzusetzen, reflektierte über Tatsachen und Folgen, über Erwartungen und Enttäuschungen. Er würde in wenigen Monaten sein siebzehntes Lebensjahr vollenden und hatte sich deutlich entwickelt. Sie hingegen…was hatte sie im Vergleich dazu vorzuweisen?

Es war von vornherein klar gewesen, dass der Krieg sie, zumindest anfangs, nicht sonderlich belasten würde, dazu hatte sie genügend innere Stärke. Letztlich war sie immer schon, bei aller Ähnlichkeit, etwas anders gestrickt gewesen als ihr zwei Jahre jüngerer Bruder. Sie war bislang die Stärkere von ihnen gewesen, diejenige, die ihrer beider Situation so genau einzuschätzen wusste und alles dafür tat, um sie zu verbessern. In Rens Leben war es scheinbar endlich zu einer solchen Besserung gekommen, ein viel versprechender Erfolg, den Kira nicht auf ihre Bemühungen zurückführte, obwohl sie sich gerne ausmalte, dass diese einen gewissen Anreiz geliefert hatten. Doch nein, sie wollte nicht selbstsüchtig sein: Es war Rens Erfolg. Ihr Bruder war es, der sich weiterentwickelt hatte, der gereift war und nunmehr schwerlich mit seinem früheren Selbst zu vergleichen war.

Bei Kira hingegen hatte sich nichts geändert. Unfähig ihre eigenen Probleme zu lösen, nahm sie verstärkt Anteil an denen ihres Bruders nur um jetzt festzustellen, dass dieser immer weniger auf ihre aufgezwungene, wenn auch gut gemeinte, Hilfe angewiesen war.

Sie hatte sich scheinbar nicht im Geringsten entwickelt. Ihr Bruder drohte sie zu überholen, ihr überlegen zu werden…der Gedanke war unerträglich für sie. Auch wenn sie Ren alles Glück der Welt gönnte, ängstigte sie die Vorstellung, dass er ihr jemals überlegen sein könnte. Dass er ihr fortan Ratschläge geben würde und nicht umgekehrt.

Nein, sie wollte nicht einmal an so etwas denken! Dann hätte sie überhaupt keine richtige Rolle mehr, keine Aufgabe, keine Ablenkung…niemals wollte sie sich eine Niederlage von solcher Tragweite eingestehen: Das Wissen darum alleine mit ihren Zweifeln gelassen zu werden, während ihr Bruder, bis dahin ihr engster Verwandter im Geiste, überwunden hatte, was zu überwinden sie offenkundig nicht im Stande war.

Sie schämte sich so zu denken, doch änderte dies nichts. Sie wollte diejenige sein, die leitete. Konnte sie diese Rolle nicht weiter aufrechterhalten, dann sah sie keinen Sinn mehr in ihrem Dasein.

Es war nur ein kurzer Gang, die benötigten Dinge zu holen, und rasch stand sie wieder vor der Zimmertür ihres Bruders, der sie so unwissend mit seinen geistigen Fortschritten in ein schwarzes Loch der Verzweiflung zu stürzen drohte. An den Gedanken klammernd, sie sei noch immer die Stärkere und würde es noch lange bleiben, versuchte sie ein munteres Gesicht aufzusetzen und trat ein.

Ren war während ihrer Abwesenheit offensichtlich in das Becken seines Badezimmers gestiegen, denn er saß nun entkleidet und triefend nass auf seinem Bett, einzig ein blaues Tuch um seine Hüften gewickelt. Behutsam tastete er nach seinen Wunden und blickte auf, als Kira das Zimmer betrat.

„Dreh dich zu mir“, forderte seine Schwester ihn auf und setzte sich ihm gegenüber. Die Nässe auf Boden und Laken störte sie nicht, war sie doch die Tochter einer Zora. Es kam nicht selten vor, dass Rutos Kinder sich voll bekleidet ins Wasser begaben und danach mit nasser Kleidung herumliefen. Kälte empfanden sie dabei keine, einer der vielen Vorteile ihres mütterlichen Erbes.

Die Zoraprinzessin legte die von ihr geholten Dinge neben sich und besah sich zunächst den Körper ihres Bruders. Obwohl sie es dieses Mal nicht beabsichtigt hatte, ließ ihn ihr forschender Blick erröten, wie es so oft der Fall war. Er mochte erwachsener geworden sein, doch hatte er gewiss noch einen langen Weg zu gehen, dachte Kira und entspannte sich ein wenig.

Während sie nach und nach die Kratzer und Abschürfungen sichtete und behandelte, kam sie nicht umhin, zuzugeben, dass Ren wirklich gut aussah. Hochgewachsen und schlank wie er war, mochte er zwar keine massigen Muskeln aufweisen, doch war sein blauhäutiger Körper sehnig und stramm und erweckte einen kräftigen Eindruck. Beharrung wies sein Leib keine auf, wie es unter Hylianern häufig und unter Zoras so gut wie immer so war, dafür änderte sich die Intensität seiner ungewöhnlichen Hautfarbe: An den Unterarmen bis hin zu den Achseln wurde sie immer dunkler, ebenso an den Rückseiten der Schenkel. Seine kleinen Muskeln und die hier und dort sichtbaren feinen Knochen wurden von tiefblauen Schatten umrahmt, so dass Ren insgesamt ein sehr scharf umrissenes Bild bot, fast so, als wäre er eine gemalte künstlerische Fantasie.

„Komm, jetzt stell dich doch nicht so an!“, seufzte Kira als ihr Bruder ihre Hand von einer leichten Verletzung am Oberschenkel schob.

„Das mache ich selber!“, erwiderte er bestimmt, griff nach der Wundsalbe und der Schüssel mit warmem Wasser und erntete ein breites Grinsen seiner Schwester.

„Was ist...?“, fragte er, immer stärker zu dem schüchternen Jungen zurückkehrend, den Kira so gerne aufzog.

„Nichts“, antwortete diese amüsiert. Nun hatte sie wieder zu ihrer üblich aufgesetzten Gelassenheit zurückgefunden und dankte den Göttinnen im Stillen dafür.

„Es ist nur wieder diese überaus interessante Vermischung von Rot und Blau in deinem Gesicht, die ich so gerne mag…“

Ren schnaubte, blickte jedoch offenbar sehr konzentriert auf seine unbedeutende Wunde. Seine Schwester lachte.

„Komm, lass mich dir die Haare machen. Sie sind ganz zerzaust!“

Ohne seine Antwort abzuwarten, war Links Tochter aufgestanden und hatte hinter dem Kronprinzen Platz genommen, wo sie anfing an seinem offenen Haar herumzuwerkeln. Es war seltsam ihn so zu sehen, normalerweise trug er immer seine Kappe und einzig sein Pferdeschwanz lugte darunter hervor. Im Augenblick aber war sein schulterlanges Haar offen und rahmte sein Gesicht mit wirren Strähnen ein, ein Gemisch aus hellblauen und strohfarbenen Linien.

Er ließ sie gewähren und eine Weile saßen sie schweigend beisammen bis Kira unbewusst anfing eine Melodie zu summen, in die Ren bald einfiel. Das Klagelied des Wassers. Zens Musik.
 

Rutos und Links Jüngster befand sich zur Mittagszeit, ganz im Gegensatz zur gesamten Bevölkerung der Zoradomäne, nicht bei seiner Familie oder in seinem Zimmer. Er war alleine und lag auf dem harten Gestein des tiefsten Grundes der Zoraquelle, weshalb seine Schwester ihn nicht gesehen hatte, als sie aufgewacht war. Der Blick seiner offenen, unergründlich tiefen Augen war in weite Ferne gerückt, nichts nahm er von seiner Umgebung wahr. Er kannte bereits alle Geheimnisse der Quelle, vor langer Zeit hatte er all ihren Liedern und Melodien gelauscht und sie mit seiner eigenen Musik bereichert. Dieser Teil des Landes konnte ihm nichts Neues mehr bieten, wenngleich er sich beizeiten selbstverständlich noch immer die Zeit nahm, dessen Schönheit melodiös zu würdigen und sich an den verschiedensten herrlichen Tönen zu laben, die zu hören scheinbar nur er in der Lage war.

Eine wahrlich faszinierende Welt war es, die allen Besuchern des Wasserreichs vorenthalten wurde, die keine Zorarüstung besaßen: Die steinigen Tiefen der Quelle waren nur bedingt mit Sand bedeckt, das graue Gestein in all seinen Facetten war bei weitem vorherrschend. Seltsame Pflanzen wuchsen aus Spalten im Fels, sich gleichsam grünen Seeschlangen in den leichten Strömungen windend. Hauchdünn erschienen ihre wenigen Schlingen, formlos waren sie und bildeten somit einen grünen See inmitten des kristallenen silberblauen Wassers, welches die Quelle aller Gewässer des östlichen Hyrule war.

Der vorherrschende Stein war über die Jahrhunderte hinweg vielfach gestaltet und verziert worden und so hingen bunte Murmeln und Perlen an verschlungenen Säulen, wurden filigrane Brüstungen von lebensechten Statuen geziert und phantasievolle Keilereien leuchteten mit dem abgestumpften Glanz, der edlen Steinen in zunehmender Tiefe zu eigen war.

Am bemerkenswertesten jedoch war sicherlich die Vielfalt der Fische. In allen Formen und Farben wanden sie sich und schwammen durch das kühle Nass, vereinzelt oder in ganzen Schwärmen, und gleißende Reflexionen sowie silberne, blubbernde Bläschen zogen sie hinter sich her. Da gab es Goldfische, die klein und schillernd in kleinen Gruppen auszumachen waren, versteckt im Dickicht der Unterwasserpflanzen, bunte Forellen, die wie ein Regenbogen das Wasser durchmaßen, Lachse und Hechte, die silbernen Pfeilen gleich durch die verborgene Welt zischten. Rosige Kugelfische blähten sich in unregelmäßigem Takt auf und selbst die rötliche Dunstforelle, einer der seltensten und begehrtesten, damit auch teuersten Fische der Welt, war bisweilen zu erkennen, wie sie aus geheimen Höhlen hervorkam und mit unfassbarer Geschwindigkeit allen potenziellen Verfolgern deutlich machte, dass eine Jagd aussichtslos war. Was blieb, war der verschwommene, angenehm duftende Dunst rötlicher Farbe, dem der Fisch seinen Namen zu verdanken hatte.

Das Spektrum an Leben und verborgener Schönheit war gewaltig und doch konnte es Zen zu diesem Zeitpunkt nicht ablenken, denn auch Kiras und Rens jüngster Bruder verarbeitete noch immer die Eindrücke des Krieges. Obwohl er sich die ganze Zeit über im Zorareich aufgehalten hatte, wusste er um alles was im Goldenen Pass geschehen war, auf seine eigene Weise vielleicht sogar mehr noch als die Weisen höchstselbst. Denn er hatte ihr gelauscht, dieser neuen überwältigenden Musik, die so gewaltig war und doch nur ein Bruchteil des Themas allen Lebens dieser Welt.

Von Anfang an hatte Zen gehorcht, als die Vorhut der karthasischen Armee sich eben erst dem Umgebenden Gebirge näherte. Sein Körper schrie nach Erholung und Ruhe, denn er hatte in den letzten Tagen kaum zu schlafen gewagt, aus Angst eine neue Art des Todes zu verpassen, einen noch nicht dagewesenen Zauber nicht mitzubekommen oder die Geräusche zunächst noch unbekannter Wesen nicht zu vernehmen.

Zen hasste seinen Körper für dessen Schwäche, dafür dass er ihm Bedingungen aufzwang, die den jungen Prinzen daran hinderten, jeden Augenblick seines Daseins bei vollem Bewusstsein zuzuhören, zu singen oder zu musizieren. Wieso konnte er, der er doch das einzigartigste Wesen dieser Welt war, er, der als einziger das wahre Wesen von Leben und Tod ergründen konnte, nicht von diesen lästigen Lebensäußerungen befreit sein, die er bei Anderen so liebend gerne beobachtete und ihnen dabei warme Zuneigung zollte?

Doch selbst die Müdigkeit hatte er nach einiger Zeit nicht mehr gespürt. Nichts hatte er gespürt bis auf die Gefühle, die das Gehörte in ihm auslösten. Und gehört hatte er viel und tat es immer noch.

Zunächst waren da die veränderten Atemgeräusche aller Lebewesen, eine Veränderung die von ihrer Ängsten und Spannungen, Erwartungen und Befürchtungen bewirkt wurde. Nervöse Schritte auf steinernen Mauern, Händereiben und auf den Grund tropfende Schweißtropfen. Die Natur selbst sang ein verändertes Lied, welches vom kommenden Leid und Schrecken zeugte, der Wind pfiff und zischte und das Gestein des Gebirges ächzte unterschwellig vom zusätzlichen Gewicht tausender Lebewesen und Maschinen.

Dann waren da die Marschgeräusche der feindlichen Armee: Rhythmische Schritte und antreibende Trommeln, raschelnder Stoff, klirrender Stahl und knarrendes Holz. Hecheln, Keuchen und Ächzen, sowie kontrolliertes Atmen. Umknickende Grashalme, zertrampelte und sterbende Gewächse. Fliehende Insekten und kleine Tiere, die Rascheln und Knacken, Knurren und Jaulen, Winseln und gurgelndes Röcheln von sich gaben. Selbst das aufgeregte Zwitschern weniger noch nicht geflohener Vögel entging Zens Aufmerksamkeit nicht, ebenso wie deren Flügelschlag und der Wind, auf dem sie segelten.

Aus seinen Erfahrungen mit der großen Musik der Welt und des Seins leitete er die dazugehörigen Bilder und Gerüche ab, und fand seine früheren Erwartungen bestätigt. Bislang war noch nichts Überraschendes geschehen. Noch musste er sich nicht anstrengen, damit ihm nichts entging. Anfangs war alles einfach. Die Exposition war zufrieden stellend verlaufen doch es dürstete ihm nach dem Beginn des Kernstücks.

Er wollte Tod und Grauen in all ihren Formen, Magie und Maschinen, Verzweiflung und Angst. Er wollte das Fließen, Spritzen und Tropfen von Blut hören. Gierte nach dem Geräusch aufgeschlitzten Fleisches und zertrümmerter Knochen. Wartete gespannt auf den Chor der Schreie, von den anfangs tapferen und standhaften Kampfschreien, über die Schmerzens- und Todesschreie, bis hin zu jenem schrillen Kreischen, dem nichts Menschliches mehr anhaftete. Seine Haut prickelte ob der Vorstellung der bald gewirkten Magie und sein Atem ging schneller bei dem Gedanken an die Schattenmusik der Shiekah, jene Melodien, die er am seltensten im Großreich vernehmen konnte, ein ständiger Dorn in seinem Auge. Er wurde in keinster Weise enttäuscht.

Niemand hörte Zens aufgeregte Rufe, sein Anfeuern beider Seiten, sein Keuchen und Stöhnen während er sich am Grund der Zoraquelle wand wie ein Wurm, überwältigt von den vielen Eindrücken. All sein Können wurde gefordert, so viele verschiedene Themen wurden gespielt, die aber gleichzeitig eine einzige, kolossale Melodie bildeten.

Der jüngste Sohn des Helden der Zeit empfand den Chor der verschiedenen Stimmen als überaus vielschichtig und überraschend aussagekräftig, das erklingende Requiem schaurig und schön, beklemmend und faszinierend, die perfekte Verkörperung aller Facetten des Todes und der damit verbundenen Emotionen. Schon schlichen sich daraus abgeleitete und inspirierte Melodien und Weisen in Zens Bewusstsein, aus denen er dereinst sicherlich Stücke komponieren würde, die bei den traurigsten zugleich jedoch schönsten Totenmessen und Trauerfeiern der Welt gespielt werden würden.

Die Choräle und Hymnen, die die Magie verkörperten, stellten alles an Erhabenheit in den Schatten, was der Zoraprinz bis dahin gekannt hatte. Die verschiedenen Themen der einzelnen Zauber und Magiearten waren unzählbar. Fließende, rasche Tonfolgen reihten sich an kurze, punktierte Noten, Dur und Moll wechselten sich unüberschaubar ab oder vermengten sich gar, jede einzelne Reihe eines Dreiklangs ergab eine Melodie für sich.

So viel hatte Zen zu verinnerlichen, dass ihm ganz heiß wurde und er sicherlich nassgeschwitzt wäre, befände er sich nicht unter Wasser. Das Crescendo der auf einen offensichtlichen Höhepunkt hinausarbeitenden Magien Darunias und Salias schließlich brachte ihm letztlich eine kurze Ruhepause, denn darauf folgte Stille. Ein sehr effektives und respekteinflößendes Stilmittel, befand Ren. Der gewaltige Zauber der Weisen war wie eine Mischung aus dem Bolero des Feuers und dem Menuett des Waldes gewesen, eine Variation mit so viel mehr Aussagekraft und Macht…Zen hatte das Knistern und Brodeln der Flammen gehört, das Kokeln von Haaren und die aufplatzenden Brandblasen derjenigen, die nur einen Moment später von dem Zauber erfasst wurden und vergingen. Zwischenzeitlich waren da zudem die Aspekte der Magie Salias: Wirbelnde Windhosen und rasende Böen, Zischen und Pfeifen, Rauschen und Heulen, und der entfernte Klang von im Wind fliegenden Blättern.

Kurz nur konnte er ausruhen, denn bald brachen die Kämpfe von neuem los und wieder gab es allerhand Neues zu entdecken. Mit dem Eintreffen von Ganondorfs Generälen und den führenden Gildenmagiern wurde das musikalische Niveau auf eine andere Ebene erhoben, so dass sich Zen unwillkürlich die kaum zu bewältigende Größe des dazugehörigen Orchesters vor Augen führen musste. Gespannt verfolgte er das Aufeinandertreffen der vielen Mächtigen, ersann im Geiste musikalische Themen für seine Schwester und Sathor, für Darunias und Naborus Kinder und Ayasha sowie Merexes. Sehr charakteristisch waren sie alle und wie sie sich bekriegten, fielen ihre Harmonien übereinander her und bildeten ein kompliziertes musikalisches Muster, das zu entwirren und nachzuvollziehen einzig Zen in der Lage war.

So ging denn die Schlacht am Goldenen Pass in einem fort, und Kiras Bruder lauschte und verinnerlichte, entwickelte parallel dazu eigene Melodien und fand irgendwo in jenem unwichtigsten Teil seines Bewusstseins noch Raum genug sich Sorgen um seine Familie zu machen.

Ganondorfs Entladung des Kraftfragmentes bildete am Ende den passendsten aller Schlüsse und die darauf folgenden kurzen Scharmützel einen angenehmen Ausklang, da alte Themen wieder aufgegriffen wurden. Als es vorbei war, und Lord Jabu seine Klage antrat, konnte Zen einfach nicht anders, als zum erstbesten Instrument zu greifen (es erwies sich als Laute) und den Patron der Zoras darauf improvisierend zu begleiten. Die entstandene Melodie war recht schön, wenn auch bei weitem nicht seine Bestleistung und Zen hatte sich gewundert, dass er tatsächlich in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit getreten war. Nach allem konnte ihn die Musik des Lebens eben noch am meisten beeindrucken und beeinflussen. Es gab keinen besseren Lehrmeister. Sie konnte ihn dazu bringen, alles zu tun.

Nun, da die Schlacht vorbei war und beide Parteien ihre Wunden leckten, entspannte sich der Prinz damit, der im ganzen Land ertönenden Elegie zu lauschen, traurig und klagend, schwermütig und absurderweise auch sehnsuchtsvoll. Auch Zen hegte Sehnsüchte. Er konnte die nächste Schlacht kaum abwarten. Er wollte, dass die drei Fragmente aufeinander prallten, deren Melodien er wie goldene Glockenschläge vernahm, die ununterbrochen die ganze Welt ausfüllten. Er wollte, dass sein Vater sein Leben riskierte. Genau genommen erwartete er dies von seiner ganzen Familie. Aus Angst und Sorge um sie würden gewiss die herrlichsten musikalischen Ergüsse in seinem Inneren entstehen. Ob einer von ihnen gar sterben sollte, damit er ein neues Gefühl erforschen konnte? Der Gedanke hinterließ leichte Schuldgefühle und umso größere Neugierde.
 

Ganondorfs dreckiges Lachen dröhnte in ihren Ohren, ein nicht enden wollendes Echo werfend. Seine lüsternen Worte füllten ihre Erinnerung aus. Vor ihrem geistigen Auge sah sie seine massige Gestalt, die sich wie ein Berg aus Bosheit und Grausamkeit auf sie senkte. Sie konnte noch immer seinen Schweiß riechen und spürte seine demütigenden Berührungen am ganzen Körper: Die starken, großen Hände, die ihre Arme wie ein Schraubstock umschlossen hielten, seine borstige Körperbehaarung, die gegen ihre zarte Haut scheuerte, seine übergroße steife Männlichkeit, die immer wieder unbarmherzig in sie stieß…

Zelda schüttelte zum wiederholten Male den Kopf und versuchte auf andere Gedanken zu kommen, doch es gelang ihr nicht. Auch wenn sie sich nicht mehr von ihren Erinnerungen in einen dauerhaften, unwürdigen Zustand panischer Angst würde stürzen lassen, so bedeutete dies nicht, dass sie sie nicht noch immer quälen konnten. Die direkte Konfrontation mit dem Großmeister des Bösen hatte ihr einiges abverlangt. Sie musste sich diese Nacht ein wenig Schwäche gönnen, um in Zukunft stark bleiben zu können. Bitter dachte sie an die Begegnung mit Ganondorf von vor weniger Zeit zurück. Er hatte sie nicht ernst genommen. Er hatte es gewagt, zweideutige Andeutungen vor der gesamten hylianischen Armee zu machen. Heiße Zornestränen schossen ihr in die Augen. Sie wollte diesen Mann tot sehen, mit ihren eigenen Händen würde sie dazu beitragen, dass er starb.

„Du Mistkerl…“, flüsterte sie wutentbrannt in die Leere ihres Zimmers hinein, packte ein Kristallglas und warf es mit einem unterdrückten Schrei an die Wand, wo es mit einem hellen Geräusch zersprang. Dann trat sie ans Fenster und nach Süden blickend rief sie:

„Ich hasse dich!“

Impa war nicht da, sie würde auch in den nächsten Stunden nicht bei der Königin erscheinen, und Salia war damit beschäftigt, sich mit Darunia gegenseitig zu trösten und sich zu versichern, dass ihre Tat unumgänglich gewesen war. Zelda war für den Moment auf sich alleine gestellt. In ihrer Erregung konnte sie nicht still stehen oder sitzen bleiben und so schritt sie in ihrem Zimmer auf und ab. Hin und wieder faltete sie die Hände wie zu einem Gebet.

„Oh ihr allmächtigen Göttinnen, ihr Schöpferinnen dieser Welt, bitte lasst diese…diese Bestie sterben! Helft uns, ihn zu töten! Gebt mir die Kraft und den Mut ihn zu vernichten und genug Weisheit, auf dass ich die kommende Zeit überstehe!“

Immer noch zuckten unwillkürlich Bilder durch ihr Bewusstsein. Sie sah ihren toten Vater, sah wie Ganondorf verächtlich sein blutgetränktes Schwert an dessen Hemd abwischte, jenes Hemd, in das sie so oft lachend oder weinend ihren Kopf vergraben hatte...

Die Augen des Königs waren starr, sein Blick gebrochen, sein Mund weit geöffnet. In grotesker Pose lag er auf dem Boden und sah alles andere als erhaben aus. Nichts war im Tod von dem Mann geblieben, der Zeldas Vater gewesen war.

Dann hatte sich der damalige König der Gerudos zu ihr umgedreht und in jenem Moment, bevor Impa sie errettete und ihre siebenjährige Zeit des Exils und der Flucht anbrach, hatte den Mann, den sie mehr als alles hasste und immer hassen würde, die Angst in ihren Augen gesehen und zufrieden gelächelt. Groß wie er war, mit dem toten König zu seinen Füßen, dem Schwert in der Hand und dem Ausdruck voll Zufriedenheit und Triumph in seinem Antlitz, während um sie herum gekämpft wurde und Flammen das Schloss verzehrten, hatte er zu jenem Zeitpunkt einen unbesiegbaren Eindruck gemacht. Zelda hatte ihn angesehen und gedacht, dass dieser Mann sich die ganze Welt untertan machen würde und dass ihn niemand daran hindern konnte.

Der Gedanke an ihren Vater ließ den Zorn der Weisen der Zeit etwas abkühlen, seiner statt bemächtigten sich ihrer leise Stiche von Trauer und Bitternis. Ihr Vater…sie dachte selten an ihn. Zu Beginn der früheren sieben Jahre hatte sie ihm noch nachgetrauert und war jeden Tag beim leisesten Geräusch zusammengezuckt, aus trostlosen Gedanken schreckend. Es war dies eine Zeit, die ihr im Nachhinein unwirklich vorkam und an die sie nur verschwommene Erinnerungen hegte.

Später jedoch waren ihre verzehrenden Gefühle abgeklungen und hatten wilder Entschlossenheit und kontrolliertem Zorn Platz gemacht. Gemeinsam mit Impa und den Shiekah hatte sie bis zu Links Erwachen Ganondorfs Schreckenherrschaft gedämmt, wo sie nur konnte. Dabei war sie gereift und hatte viel über sich selbst gelernt. Und sie hatte realisieren müssen, dass ihr Vater ein schwacher Herrscher gewesen war, naiv und sogar einfältig. Der Herr der Diebe hatte es ihr überdeutlich gezeigt und wenn auch diese Tatsache nach nun zwanzig Jahren keine Bedeutung mehr hatte, so konnte Zelda ihrem Widersacher noch immer nicht verzeihen, dass er ihr damaliges Bild vom starken und beschützenden Vater so brutal auseinander gerissen hatte. Oh, es war so viel, was sie ihm nicht verzeihen konnte...

Sie verdammte ihn wegen der scheinbaren Untätigkeit, zu der er sie damals verurteilt hatte und sie hasste ihn für die Leiden, die er ihrem Volk und dem gesamten Norden zugefügt hatte. Persönlich war ihr Hass von Anfang an gewesen, doch als er sie schließlich fasste und sie nur wenige Zeit als seine Gefangene auszuharren hatte, hatte er eine Grenze überschritten und sie innerlich gebrochen.

Es waren nicht die vereinzelten Vergewaltigungen gewesen, die ihr so zusetzten. Zumindest waren sie es nicht alleine. Es war die vollkommene Demütigung zu absoluter Hilflosigkeit verdammt zu sein. In jenem Kristall, in dem er sie gefangen hielt, musste sie alles tun, was er ihr befahl. Dort hatte sie sich vollständig in seiner Macht befunden, war gar unfähig gewesen, sich aus eigenem Antrieb zu bewegen, es sei denn er erlaubte es ihr.

Zu seinem eigenen perversen Vergnügen hatte er wahllos Menschen vor ihren Augen getötet und die Weise der Zeit ob ihrer Schwäche und Erbärmlichkeit verhöhnt. Als er sich an ihr verging, tat er dies nicht aus Lust, sondern lediglich um sie weiter zu demütigen. Sie wusste nicht, was ihr daran am meisten zusetzte: Der gottlose Akt an sich oder die Art mit der ihn, wie bei einem Ritual, beendete.

Niemals hatte er seinen Samen in sie ergossen. Immer hatte er sich im Moment des größten Triumphes, und es war tatsächlich als Triumph und nicht als Erregung anzusehen, aus ihr zurückgezogen und gesagt, sie sei nichts wert und er könne es deshalb nicht riskieren, dass sie einen Nachkommen seines Blutes empfangen könnte. Stattdessen hatte er sich anschließend immer über ihren Körper oder ihr Gesicht ergossen.

Es war so entwürdigend. Noch entwürdigender aber war das panische Entsetzen, das er in ihr Bewusstsein gepflanzt hatte, ebenjene Angst, die sie die letzten zwanzig Jahre über nicht losgelassen hatte. Selbst jetzt noch verspürte sie es, dieses grauenhafte Gefühl, dass der Großmeister des Bösen siegen könnte und sich vergangene Demütigungen bis in die Ewigkeit hin ausdehnen würden. Ebenjenes Gefühl, das ihre Macht zu mindern drohte und ihre Autorität untergrub. Das Gefühl, welches ihr sagte, Link würde sterben und mit ihm ihr geliebtes Volk und Land. Was blieb, war die Erkenntnis überwältigender Schwäche und Hilflosigkeit, sowie das Gefühl in jeder Hinsicht versagt zu haben.

Sie hatte nicht einmal einen Thronfolger ernannt, zuckte es plötzlich in Zeldas Bewusstsein auf. Sie hatte keine eigenen Nachkommen (wieder eine Niederlage, etwas wobei sie versagt hatte), da war es das Mindeste, dass sie den Titel des Regenten an eine entfernt verwandte Linie abtrat, sollte sie sterben.

Sterben…Tod…war es das, was sie wollte? Sie war sich nicht sicher. Im Moment lebte sie einzig und allein zu dem Zwecke Ganon ein für allemal zu besiegen. Doch was danach kommen würde…Fürs erste konnte sie den Gedanken an Link oder vielmehr an Liebe im Allgemeinen von sich wegschieben, doch was sollte sie denn nur tun, wenn der Sieg errungen werden würde? Wäre sie im Stande dann ein neues Leben zu beginnen? Wäre sie im Stande…glücklich zu sein?

Ein trockenes, heiseres Lachen entrang sich ihrer Kehle und sie merkte, dass sie durstig war.

„Was hast du nur für ein verbautes Leben…“, sagte sie laut zu sich selbst, während sie sich bitter lächelnd ein Glas Wein einschenkte und es in einem Zug austrank. Einen Moment lang war sie versucht die schöne Handarbeit deren Vorgänger an die Wand hinterher zuwerfen, doch schließlich seufzte sie, trat zu den Scherben, die wie Diamantsplitter im Licht der hereinfallenden Sonnenstrahlen glitzerten, und fing an sie aufzusammeln.

Der Großmeister musste sterben. Dies war der einzige Schluss, zu dem sie momentan kommen konnte. Er musste getötet werden, koste es was es wolle. Denn sollte Ganondorf, aus welchem Grund auch immer, abermals seinem Tod entkommen, würde sie wahnsinnig werden, erkannte die Königin.
 

„Ihr wart umwerfend, Herr und Meister, eure Macht ist überwältigend!“, rief Ayasha aus. Die Führerin der Gilde des Verführerischen Feuers schien tatsächlich aufgeregt zu sein, ihre Wangen hatten sich mit einem rosigen Schimmer überzogen und ihre purpurnen Augen leuchteten hell und klar. Ihr ganzer Ausdruck drückte vollkommene Hingabe aus und es erschien absurd dies anzuzweifeln.

Merexes starrte den Großmeister des Bösen einfältig mit geöffnetem Mund an, doch drang hinter der Wand aus dreckigem blondem Haar, die seine Augen verdeckte, ein flackerndes rotes Leuchten, das seine ganze Erscheinung aufwertete. Sathor stand einfach nur da, doch lag Achtung in seinem sonst so kühlen Ausdruck.

Ganondorf beachtete sie alle nicht. In Gedanken war er noch im Goldenen Pass, schwebte über dem Goldenen Tor und durchlebte den herrlichen Augenblick seines Triumphes. Vor seinem inneren Augen sah er Festungen fallen und Berge einrutschen, blickte in schreckensbleiche Gesichter unter dem goldenen Licht seiner göttlichen Macht und ergötzte sich an den ungläubigen, verständnislosen Ausdrücken. Zufrieden dachte er auch an das Treffen mit den Weisen zurück, welche so lächerlich untätig dastanden. Zelda selbst hatte noch Angst vor ihm, das hatte er genau gespürt. Ein breites Grinsen zierte sein Gesicht. Der erste Schritt auf dem Weg in die von ihm beherrschte Zukunft war getan.

Der Großmeister des Bösen befand sich mit seinen Generälen in jener zugigen, zerstörten Halle, in der sie die meiste Zeit der Schlacht verbracht hatten. Die Gildenführer standen um ihn herum, Ayasha schmiegte ihren herrlichen Körper an den seinen, doch er war noch zu sehr erfüllt vom Siegesrausch, als dass er sich jetzt Gedanken um fleischliche Gelüste machen konnte. Außerdem war er müde.

Seine Machtdemonstration war in der Tat beeindruckend gewesen, doch hatte sie ihm auch einiges abverlangt. In einer einzigen gewaltigen Magie hatte er die Macht des Kraftfragmentes entladen und dies hatte ihn ausgelaugt. Wenn er erst das Großreich betreten würde, würde er dies gewiss unterlassen. Er brauchte seine immensen Kraftreserven, wenn er gegen die Sieben Weisen Hyrules vorgehen wollte, es war unklug einen großen Teil seiner Macht auf einen Schlag zu verschwenden. Er musste ruhen. Am nächsten Morgen würde er mit dem Angriff auf den Schild der Weisen beginnen, das letzte Hindernis, welches ihm den Zutritt ins Land verweigerte. Ein Zauber, der ihm nun alles abverlangen würde, da er so viel Kraft auf einmal eingesetzt hatte. Er musste versuchen in der heutigen Nacht so viel davon wie nur möglich zu regenerieren. Ayasha würde ihm dabei gewiss mit Freuden behilflich sein, dachte er und lustvolle Vorfreude verdrängte nun doch die berauschenden Erinnerungen an seinen Sieg.

„Der erste Sieg ist errungen, die Moral der Hylianer geschwächt. Ich ziehe mich nun zurück und werde morgen damit beginnen, den Schutzzauber der Weisen zu brechen. Das wird einige Zeit in Anspruch nehmen, selbst für mich ist es nicht einfach. In meiner Abwesenheit werdet ihr die Kontrolle über die Armee übernehmen. Euch betrifft der Zauber nicht, lasst also das gesamte Heer im Großreich einmarschieren und Stellung beziehen. Wehrt euch so gut es geht gegen jegliche Angriffe und wartet auf mich, bevor ihr etwas Schwerwiegendes unternehmt! Zuwiderhandlungen werde ich hart bestrafen, und eure Positionen werden euch nicht davor schützen, das wisst ihr.“

Seine tiefe Stimme wurde drohend. Selbst die Art, wie er sprach, drückte Macht und Überlegenheit aus.

„Komm Ayasha!“, befahl er, drehte sich mit einem Schwung seines roten Umhanges um und verließ die Halle. Er brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, dass die Führerin des Verführerischen Feuers den beiden Anderen anzügliche Mienen und Gesten zuwarf, bevor sie ihrem Herrn folgte.

Es belustigte ihn, sich Sathors Zorn vorzustellen, den er gewiss an Merexes auslassen würde, der sich sicherlich nicht wehren würde, so erbärmlich und schwach wie er war. Obwohl Ganondorf zugeben musste, dass ihn der Meister der Alchimisten während der Schlacht stark überrascht hatte. Vielleicht sollte er ihm demnächst einige Weiber schenken, mit denen er sich austoben konnte. Einen unausgeglichenen, wütenden General konnte er nicht gebrauchen und es wäre eine unnütze Verschwendung ihn zu töten, nur weil er sich so töricht verhielt und Spott sowie Hohn geradezu herausforderte. Letzten Endes hatte er sich doch als nützlich erwiesen, mehr noch als Sathor.

Nun, Ganondorf war ein Mann, der treue Anhänger und kostbare Dienste reich entlohnte, solange getan wurde, was er verlangte. Merexes würde eine angemessene Belohnung bekommen, eine größere als der Führer des Kalten Feuers, der Ganon zugleich erheiterte wie auch erzürnte. Seine selbstgefällige Art, mit der er seinen Wahnsinn zu kaschieren suchte, langweilte den Großmeister und ließ den mächtigen Magier aus dem Süden in seiner Achtung sinken. Wenn er wahnsinnig war, dann sollte er es doch einfach zeigen und ausleben. Wozu das unnütze Versteckspiel? Der ehemalige König der Gerudos hasste zwei Dinge am meisten: Schwäche und Verstellung.

Zwar musste sich die Mehrheit seiner Diener verstellen, er wusste nur zu gut, dass sie ihn alle hassten, doch blieben sie wenigstens ihren Neigungen und Persönlichkeiten treu. Sathor war wahnsinnig doch gab er sich als kühl und berechnend aus. Er war in der Tat erbärmlicher als der fette, kleine Merexes, der in seiner neuen Hofnarrenrolle voll aufging, nun da seine Gilde nicht mehr gefördert wurde. Verblendeter Narr!, dachte Ganondorf abfällig. Wahre Macht war nun einmal rein magisch. Die Experimente des bunt gekleideten Idioten würden nichts daran ändern.

Mit langen Schritten begab er sich zu seinem Zimmer, eines der wenigen Gemächer, deren Wände nicht gesplittert und zerbrochen waren. Ayasha folgte ihm auf dem Fuß. Obschon kleiner als er, schien sie keine Mühe zu haben, mit ihm Schritt zu halten.

Gemeinsam durchmaßen sie lange Korridore mit eingerissenen Wänden, stiegen über gestürzte Säulen mit verschlungenen Mustern und passierten allerlei beschädigte Erzeugnisse vergangener Künste, schön und erhaben, schlicht und elegant. Da gab es kaum Edelsteine und nur wenige wertvolle Metalle. Fein bearbeiteter Stein und wunderliches Holz überwogen bei weitem. Jeder Schritt, der in diesen Hallen und Gängen getan wurde, erzeugte lange, hallende Echos.

Schließlich betraten die beiden Mächtigen Ganondorfs Zimmer, mit seiner steinernen dunklen Tür, über der eine zerschlagene Statue eines einst stolzen Vogels hing. Der Raum war rund und wies außer einem Tisch und einer Ansammlung unterschiedlichster Decken auf dem Boden nichts weiter auf. Die Wände waren kahl, wenn auch hübsch anzusehen dank ihrer polierten Flächen mit wundersamen Maserungen. Der Boden jedoch war ein detailliertes Mosaik, dessen tausende kleine Steinchen eine Nachahmung des Himmels bildeten, mit weißen Wolken, verschiedensten Blautönen und einem großem Adler.

„Willst du Wein?“, fragte der Großmeister seine Generälin nachdem er an den Tisch getreten war und eine Flasche roten Weines erhoben hatte.

„Ich will alles, was mir zu geben, Ihr bereit sein, Herr.“, lächelte sie süß.

„Ich stimme zu, dass wir auf Euren Sieg anstoßen sollten, doch wäre es eine Zumutung wenn Ihr Eurer Dienerin einschenken würdet. Lasst mich das tun!“

Bestimmt nahm sie die Flasche an sich und füllte zwei Tonbecher. Ihr Gebieter legte keinen übermäßigen Wert auf Luxus. Als sie fertig war, drehte sie sich um und händigte ihm seinen Wein aus.

„Auf Euch und Euren überragenden Sieg!“, prostete sie ihm zu und trank das Andenken an ihre Heimat im Süden mit bedächtigen, langsamen Schlucken aus. Ihre Augen waren geschlossen, doch Ganon war sich sicher, dass sie genau wusste, wie er dastand und sie über seinen Becherrand hinweg beobachtete. Er wusste auch, dass es ihr gefiel, dass es durch und durch gewollt war. Ebenso wie die kleine Menge der würzigen roten Flüssigkeit, die ihr nun über das Kinn lief und zwischen ihre Brüste tropfte, nicht aus Versehen dort erschien.

Er legte also den Becher ab und tat wie ihm geheißen wurde. Sie wollte, dass er sie berührte und diesen Wunsch erfüllte er ihr nur zu gerne. Sein Finger fuhr die feine rote Linie von ihrem Mund bis zu ihrem üppigen Busen hinab und er spürte, wie die Gildenmagierin unter seiner Berührung erschauerte und eine leichte Gänsehaut bekam. Plötzlich umfasste sie den von ihm benutzten Finger, führte ihn an den Mund und küsste ihn. Während er auf ihre vollen roten Lippen blickte, verspürte er den Wunsch sie zu kosten und so zog er sie zu sich, hob sie vom Boden auf, denn er war deutlich größer als sie, und küsste sie begierig. Fordernd schob seine Zunge ihre Lippen auseinander und drang in ihren Mund ein, wo er noch immer Wein schmecken konnte und diese unvergleichliche Süße, die einzig und allein ihr zu eigen war. Er wollte sie. Sofort.

Vergessen waren jegliche Gedanken an Sieg und Triumph, vergessen seine Überlegenheit über Zelda und die übrigen Weisen. Er spürte keine Müdigkeit mehr und hatte kein Verlangen nach Schlaf. Stattdessen hegte er nun andere Wünsche, allesamt die unvergleichlichste Frau betreffend, die er kannte.

Während er sie noch immer küssend auf den bunten Deckenhaufen hinunterzog, war kein Platz mehr für Gedanken jeglicher Art, erst recht nicht, als Ayashas Kleidung sich in Rauch und Dunst auflöste, sie seine Hose öffnete und sich rittlings auf ihn setzte. Was hätte er auch in Bezug auf sie denken mögen? Er wäre ja doch zu keinem Ergebnis gekommen, das war er bis zu diesem Tage nicht. Sie war das größte aller Rätsel für ihn und das faszinierendste.

Normalerweise erweckte man nicht leicht das Interesse des Großmeisters des Bösen, geschweige denn eine so innige und langandauernde Faszination. Für gewöhnlich hatte er zuallererst nur Abfälligkeit und Spott für alles und jeden übrig, allenfalls gelangweilte Gleichgütigkeit. Die einzigen Dinge, die ihn entfachen konnten, die brennende Wünsche in ihm zu wecken vermochten, waren sein Drang nach Macht und seine hasserfüllten Rachegelüste.

Als Ayasha zu ihm gekommen war, nachdem alle drei Gilden ihn offiziell anerkannt hatten, hatte er ihr ebenfalls zunächst keine große Aufmerksamkeit gezollt. Er hatte ihr gegeben, worum sie so offensichtlich gebettelt hatte und sie für schön und begehrenswert erklärt, weiter nichts. Dann hörte sie nicht mehr auf, zu kommen.

Immer wieder fand er sie auf ihn wartend vor und keine ihrer verlebten Stunden glich der anderen. Doch mehr noch als alles, was sie ihm körperlich zu bieten hatte, interessierte ihn schon bald ihre Einstellung zu Macht. Sie liebte ihre Schönheit, ihr gottgleiches Aussehen und sie war stolz auf ihre Verführungskünste. Sie war bedacht auf die Würde ihrer Gilde und erfreute sich an der Rivalität zum Kalten Feuer. Doch über all dem hing das Verlangen nach Macht, für die sie alles zu tun im Stande war. Macht war ihr Führer und Gott, ihr Ideal und Ziel. Und dabei war sie bereits von ungeheuren Kräften erfüllt, war sie doch eine der machtvollsten Personen des Südens und wohl auch der Welt. Sie war so viel stärker als Ganondorf es gewesen war, bevor er in den Besitz des Kraftfragmentes gekommen war und gab sich dennoch immer noch nicht zufrieden. Das hatte den Großmeister an sich selbst erinnert.

Überhaupt ähnelte ihr Bestreben dem seinen und selbst ihrer beiden Vorgehensweisen waren sich nicht unähnlich: Beide hatten sie unter früheren Herrschern eine Maske getragen, die nur den Regenten galt. Jeder sonst hatte gewusst oder geahnt, was sie für Menschen waren. Und beide hatten sie diese Maske bereitwillig und gewaltsam abgelegt.

Der Grund für ihr ständiges Kommen war selbstredend das Fragment des Triforce, das hatte sie niemals bestritten. Sie hatte ihm zwar versichert, dass er als Mann ebenfalls unglaublich befriedigend war, ihm gleichzeitig jedoch klar gemacht, dass eine Magierin des Verführerischen Feuers sich niemals für längere Zeit mit nur einem Liebhaber zufrieden geben würde.

„Wäret Ihr nicht einer jener drei Träger der machtvollsten Energiequelle der Welt, so wäret Ihr bereits langweilig für mich geworden.“, hatte sie ihm ins Gesicht gesagt.

Zuerst hatte er nicht gewusst, ob er sie wegen dieser Unverschämtheit töten sollte oder sie auf Grund ihres Mutes und ihrer Unerschrockenheit am Leben lassen sollte. Am Ende war es darauf hinausgelaufen, dass sie wieder miteinander schliefen.

Allzu bald gewöhnte er sich daran, freute sich gar auf die lustvollen Stunden, wünschte sich, dass die Zeit schneller verging. Er war es nicht gewöhnt von etwas abhängig zu sein, doch als regelrechte Abhängigkeit musste er Ayasha mittlerweile ansehen. Keine anderen Frauen erregten ihn mehr. Doch das war nicht weiter schlimm, da er auch kein Interesse mehr an anderen Weibern hegte. Er wollte nur noch Ayasha, wollte, dass sie ihm ins Ohr flüsterte, wie sehr sie seine Macht vergötterte und wie erregend sie seinen Hass fand.

Oh ja, sie hatte schnell den Hass als seine verborgene Leidenschaft erkannt und ebenfalls ausgemacht, dass er mit seiner Hilfe seine Macht weiter steigern konnte. Bewundernd hatte sie sich ihm zu Füßen geworfen und versichert, dass kein Mann sie in keiner Weise so befriedigen konnte wie er. Ganondorf hatte es gerne gehört. Nicht eines übersteigerten Selbstwertgefühls wegen, sondern weil sie ihn verstand und durchschaute wie kein anderer, war sie ihm doch so ähnlich. Er wollte sie. Wann immer seine Gedanken zu ihr abdrifteten, verspürte er das Verlangen sie zu spüren und zu schmecken, ihre Stimme zu hören, ihre Macht zu fühlen…

Es war nicht so, dass er in die Gildenführerin verliebt gewesen wäre. Liebe war eine Emotion, die zärtliche Gefühle voraussetze und solcherlei Empfindungen hegte der Großmeister des Bösen nicht. Er begehrte sie schlicht. Doch war der Grad dieser Begierde erschreckend, so etwas war ihm noch nie widerfahren. Noch immer galt sein Hauptaugenmerk der Eroberung Hyrules und der Gewinnung der restlichen Fragmente, sowie seiner anschließenden Herrschaft. Doch immer stärke malte er sich die Zukunft seines Reiches aus, und ein ums andere Mal war Ayasha an seiner Seite. Sie war kaum noch wegzudenken.

Doch natürlich war Ganon nicht dumm. Er kannte die Geschichten um jene schönste und gewaltigste Frau der Welt. Jeden konnte sie glauben machen, ihre Gefühle seien echt, scheinbar selbst ihn. Noch war der letzte Schritt zur vollkommenen Abhängigkeit nicht getan, noch hatte sich der Großmeister, berechnend, wie er nach den zwanzig Jahren der Verbannung geworden war, eine Fluchtmöglichkeit offen gelassen. Noch konnte er sie töten. Und er würde sie töten, sollte sie irgendwann etwas tun oder sagen, was seinen Argwohn erwecken würde. Es würde der Zeitpunkt kommen, an dem er sie testen würde. Wie, das wusste er noch nicht, doch sollte die Aufgabe unumstößlich zeigen, dass sie ihm verfallen war, wie er ihr. Oder eben nicht.

Das Wesen der Sieben

Teil 2: Mut, Weisheit, Kraft
 

Kapitel 22: Das Wesen der Sieben
 

„…Am ersten Tage denn ward das Feuer der Din, Göttin der Kraft, Herrin aller Gewalten, Erbauerin unserer Welt und Ihre göttlichen Flammen schmolzen den unkultivierten Planeten dahin, auf dass er neu errichtet werden konnte…“

Es war dies eine Passage aus einem Buch über die Schöpfung, eine der wenigen Schriften der Religion der Drei, und sie hatte sich Ganondorf unwillkürlich aufgedrängt, als er sich daran machte, den Schutzzauber der Weisen zu brechen.

Der Großmeister des Bösen stand in Flammen und um ihn herum war nichts als Feuer und geschmolzenes Gestein. Er flog, kraft seines Fragmentes, durch die sengende Luft und durchquerte eine Welt aus Hitze.

Ein glühendes Meer, welches sich wütend auf und ab warf, lag unter ihm und brennender Rauch sowie Schwefelwolken erfüllten die Luft um ihn herum. Längst schon war seine Kleidung vergangen und sein Haar weggesengt, hatte sich seine Haut abgeschält und war sein Blut zischend verdampft. Er war tot, verbrannt. Tot…tot…

Benommen schüttelte Ganon den Kopf. Selbstverständlich war er nicht tot und das Kraftfragment bewahrte seinen Körper vor der imaginären Zerstörung durch Darunias Zauber.

Der Feuerweise wollte, dass Hyrules Widersacher an seinen Tod glaubte, denn dann würde er in der Magie tatsächlich vergehen, sich in feurigen Tiefen verlieren und sterben. Wahrscheinlich zielten auch die anderen Aspekte der großen Magie, eine Facette für jeden der Wächter des Großreiches, auf eben diese Niederlage gegenüber der Macht der Sieben ab. Narren, hatte Ganondorf sie anfangs noch nennen wollen, doch nicht ohne Grund gehörten sie zu den mächtigsten Wesen der Welt und vermochten ihm deshalb so gefährlich zu werden. Zuversichtlich hatte Ganondorf die Grenzen Hyrules überschritten, er konnte nicht mehr sagen wann, und war von der gewaltigen Magie umfangen worden.

Sein Körper schwebte zu dieser Zeit bereits stundenlang in der Schlucht, ohne dass es dem Großmeister bewusst war. Dabei ging er eben nur den ersten der sieben Zauber an, die jenen machtvollsten Bann ausmachten, der je um das Großreich gezogen worden war. Sie konnten ihn töten, wenn er sie nicht ernst nahm und zumindest das war Ganon bewusst geworden.

Weiterhin durchquerte er jenes flammende Inferno, welches in seinen Kopf und seinen Geist gepflanzt worden war, und unablässig litt er am ganzen Körper Qualen, als ob alles, was durchzumachen er gezwungen war, real wäre.

Jeder Atemzug war eine Folter, denn ihm war, als würde er Feuer einatmen, das seine Lungen, seinen Hals und seinen Mund dahin brannte. Er wusste genau, dass sein Körper unversehrt war, und doch konnte er spüren, wie die Hitze seine Knochen zerspringen ließ und wie sein rohes Fleisch von gleißenden Flammenzungen verzehrt wurde.

Giftiger Schwefel brannte ihm in den Augen und ließ ihn unsichtbare Tränen vergießen, denn um wahrlich zu weinen, fehlte seinem Körper die Flüssigkeit. Unablässig schrie er seine Schmerzen heraus, ein unstetes Zittern schrillen Kreischens und trockenen Krächzens. Mit jeder Faser seines Leibes wollte er sich den Tod wünschen, doch täte er dies, würde sich sein Wunsch erfüllen.

Stattdessen versuchte er sich irgendwo am Rande seiner gemarterten Gedanken auf seinen Hass und seinen zukünftigen Erfolg zu konzentrieren. Dies war nichts gegen die zwanzigjährige Tortur des Gefängnisses seiner Verbannung, gemahnte sich der Großmeister zwischen Todessehnsucht und wilder Entschlossenheit.

Nichts! Rasend und voller grausamer Gelüste würde er sich rächen, versuchte sich Ganondorf abzulenken. Er stellte sich vor, wie er den Todesberg zerschmetterte und die Goronen samt ihres verdammten Führers unter dessen Trümmern in einer Höhle aus ewiger Kälte einschloss. Oder vielleicht sollte er abermals einen Drachen aus seinem langen, langen Schlaf erwecken, auf dass das Steinvolk zur Strafe für jedweden Widerstand endgültig von dessen Todfeinden vom Antlitz der Welt getilgt werden sollte? Es war allgemein bekannt, dass die Felsgestalten eine ausgeprägte Angst vor tiefem Wasser empfanden, sollte er sie nach seinem Sieg also in den Tiefen eines Ozeans versenken?

Es gab viele Arten sich zu rächen, vielleicht würde Ganon sie alle ausprobieren, doch eines war sicher: Siegen würde er und somit die Gelegenheit bekommen, alles zu vergelten, was ihm angetan worden war.

Er war im Recht, denn es war der Lauf der Welt, dass die Starken über die Schwachen siegten und über sie geboten. Er war der Träger des Fragmentes jenes göttlichen Reliktes, das ihn als den Mächtigsten von allen auszeichnete. Die Göttinnen waren fern, doch war es gewiss in ihrem Sinne, dass die Kraft über alles andere siegte, so wie auch das Kraftfragment im goldenen Dreieck des Triforce über den beiden anderen lag.

Gewiss, Mut und Weisheit waren ebenfalls wichtig, das hatte Ganondorf schmerzlich in der weißen Hölle einsehen müssen, doch war Macht noch immer ausschlaggebend. Er würde über das Großreich und über die ganze Welt herrschen und alles tun, was ihm gefiel, zuvor würde er sich ausgiebig Zeit für seine Vergeltungsmaßnahmen nehmen, sein vorrangigstes Ziel.

Er musste nur noch diesen Schutzzauber überwinden, der ihn von den beiden anderen Fragmenten trennte. Er musste nur noch dieses Inferno überstehen. Durfte sich nicht von Feuer und Rauch, brodelnder Lava und glühender Hitze aufhalten lassen.

Seine Gedanken boten dem Großmeister des Bösen nur wenig Trost und Ablenkung. Schreiend und wimmernd kämpfte er sich weiter voran, Darunia und sein eigenes Dasein verfluchend.
 

Er hatte überlebt. Irgendwie hatte er es, einem Wunder gleich, geschafft, die Schlacht am Goldenen Pass ohne lebensbedrohliche Verletzungen zu überstehen. Dank sei den Göttinnen, dank sei Din, Farore und Nayru! Diesen seinen aus den Tiefen seines Herzen kommenden Dank entbot er den Erschafferinnen der Welt samt vielen, vielen Anderen in der Zitadelle der Zeit, dem heiligsten und bedeutendsten Heiligtum aller Reiche des Planeten. Wenn man den Gottheiten nahe sein wollte, dann gewiss dort.

Derzeit war es nur den Soldaten des Großreiches gestattet, die Zitadelle zu betreten, jenen tapferen Recken, die ihr Leben für die hylianische Freiheit und die Glorie der Allmächtigen aufs Spiel gesetzt hatten.

Der Gebetsort war übervoll mit Hylianern in zerbeulten und zerbrochenen Rüstungen, die aus vielen Wunden bluteten und den hellen Marmorboden mit ihrem Lebenssaft und staubigem Schmutz verunreinigten. Es machte nichts aus. Die Göttinnen hatten diese Männer in ihrer Gnade vor dem Tod bewahrt, es war nur rechtens, dass ihnen gewährt wurde, sich angemessen zu bedanken.

In inbrünstigem Gebet versunken, knieten die Krieger Seite an Seite und schickten ihre Gebete und Danksagungen an die Herrinnen des Lebens und des Todes. Gleichzeitig hatten sie die traurige Aufgabe, ihnen die Seelen der zahlreich Verstorbenen zu empfehlen, von denen noch niemand wusste, wie viele es waren.

Nachdem Havnor sein stummes Zwiegespräch mit den Göttinnen beendet hatte, stand er auf und blickte sich um, bevor er sich zwischen den Körpern seiner Kameraden zur weit geöffneten Türe hin zwängte. Viele der Betenden murmelten leise vor sich hin, die Meisten hatten die Augen fest geschlossen. Unübersehbar war ihre tiefe Verehrung für die Schöpferinnen. Die Werte der großen Religion hatten sich für viele bezahlt gemacht. Mut, Weisheit und Kraft hatten ihnen das Leben gerettet. Vorerst.

Noch immer war der hylianische Kommandant erschöpft, obwohl er am Tage zuvor, nach seiner heilen Ankunft in der Schlossstadt, viele Stunden geschlafen hatte, Frau und Sohn an sich gedrückt, als könnten sie bei seinem Erwachen plötzlich verschwunden sein.

Müde fuhr er sich über die Augen und blinzelte dann in die fahle Sonne. Der Himmel war von einem bedrückenden Grau, auch wenn milde Temperaturen vorherrschten und es trocken war. Zudem war es beinahe vollkommen windstill. Das magische Land erholte sich gemeinsam mit seinen Bewohnern von den Schrecken der vergangenen Tage und harrte nunmehr abgestumpft wartend ob der bedrohlichen Zukunft. Etwas Anderes konnten sie nun alle nicht tun. Selbst die Weisen warteten ab.

Langsamen Schrittes überquerte Havnor den großen Marktplatz der Hauptstadt, diesen sonst so belebten Ort voll beruhigenden Alltags. Jetzt wirkte er mit all den geschlossenen Buden und verrammelten Fensterläden, lasch herabhängenden Wimpeln, Fahnen und Planen sowie achtlos beiseite geräumten Karren, Kisten und Fässern nur noch trist. Wenige Menschen nur waren unterwegs und es hielten sich, im Gegensatz zu früheren Zeiten, keine Angehörigen der anderen Völker des Reiches in der Schlossstadt auf.

Was sollten sie auch hier, dachte der erprobte Soldat, der es geschafft hatte zu überleben. Es gab derzeitig keinen Handel und ganz gewiss war niemandem nach Spiel und Spaß oder nach behaglichen Tavernenbesuchen zumute. So wie die Stimmung in dieser Stadt war, musste sie auch überall sonst im Reiche sein: Gedrückt und traurig, ängstlich und abwartend.

Der Krieg würde nun Einzug ins Gesegnete Reich halten, die erste Niederlage war erlitten. Tod und Verzweiflung waren nicht mehr fern sondern bereits mitten unter ihnen und die Bevölkerung hatte Angst an die Zukunft zu denken. Ebenso war es allen jedoch auch unmöglich, gegenwärtige Augenblicke zu genießen, denn der drohende Schatten von Ganondorf lag über dem Land.

Alle wussten von der machtvollen Attacke des Großmeisters, jener Entladung seiner Kraft, die sämtlichen Widerstand innerhalb weniger Augenblicke hinweggefegt hatte. Die Nachricht dieser entsetzlichen Tat hatte sich von den Soldaten ausgehend rasch in der Bevölkerung verbreitet. Kaum einer dachte noch an die Heerscharen Karthas’ oder an die Monsterhorden. Das Zeugnis von Ganons Macht und der damit verbundenen Möglichkeiten hatte die Völker Hyrules in einen Zustand stummer, lähmender Betäubung gestürzt, der sie alle anderen Gefahren vergessen ließ. Und gut war’s, denn dann hätten sie wohl gänzlich die Hoffnung verloren.

Wohl gab es noch diejenigen, die trotzig an ihrem Glauben an die Weisen und an den Helden der Zeit festhielten, die Leute, die trotz allem Hoffnung zu verbreiten versuchten und erloschene Entschlossenheit neu anfachten.

Havnor selbst wusste nicht, zu welcher Gruppe er sich zählen sollte. Im Pass hatte er tagelang die Wunder miterlebt, die die hylianischen Magier zu wirken im Stande waren. Er hatte die Überlegenheit ihrer Künste erfahren und hatte, trotz ihrer so gewaltigen Übermacht, tausende von Gegnern sterben sehen. Er war Zeuge davon, wie die gefürchteten dunklen Kreaturen der Luft, deren Anzahl anfangs unvorstellbar hoch gewesen war, innerhalb von Augenblicken vergingen, wie diese entsetzliche Armee der Lüfte rasch dahinschmolz, unfähig sich gegen ihren Niedergang zu wehren.

Gemeinsam mit so vielen anderen hatte Havnor erlebt, wie leibhaftige Drachen erlegt wurden und wie einige der mächtigsten Magier des Südens vom Himmel fielen. Die schrecklichste Waffe des karthasischen Imperiums, die infernalische Maschinenarmee, hatte nur begrenzten Schaden angerichtet, so wirkungsvoll konnten die Hylianer sie bekämpfen. Und natürlich war da die Macht der Weisen, die auf einen Schlag mehr Gegner verschlungen hatte als unzählige Stunden vielseitigen Tötens es vermocht hatten.

Ja, Ganondorfs Fähigkeiten waren erschreckend, doch davor hatte man sie alle gewarnt, es war nichts Neues mehr für die Bewohner des Großreiches, denen die frühere Unterdrückung nun gar nicht mehr so fern erschien. Am Goldenen Pass wurde bewiesen, dass seine furchtbare Armee aufgehalten werden konnte und die Vergangenheit zeigte, dass auch der Großmeister selbst besiegbar war.

Alles was jetzt von ihnen, den einfachen Leuten, erwartet wurde, war Vertrauen und Glaube, auf dass sie selbst ihr Bestes gaben und den Sieg in die Hände ihrer geliebten und weit gerühmten Herrschaften legten.

Ja, die Gewalten Hyrules würden am Ende siegen und dann wäre die Welt wieder froh. Dennoch konnte sich Havnor einer gewissen Bitterkeit nicht erwehren, wenn er an seine Kämpfe in der Schlucht zurückdachte. Tagelang hatte er sein Leben riskiert, hatte gemeinsam mit so vielen Anderen ausgeharrt ohne sich zu beklagen. Mehrmals musste er dem Tod ins Gesicht blicken und mehr als einmal hatte er sich, von namenlosen Schrecken übermannt, das Ende gewünscht.

Doch was hatte sein verzweifeltes Ringen schon gebracht, wie viele Gegner mochte er alleine niedergestreckt haben? Am Ende fiel seine tagelange Anstrengung nicht ins Gewicht, so wie die Taten tausender anderer Soldaten vollkommen nichtig waren. Gewöhnliche Krieger, hastig zum Kampf ausgebildete und gerüstete Handwerker und Bauern, einfache Menschen im allgemeinen, mochten es auch Hylianer sein…bei näherer Betrachtung konnte Havnor einfach nur sein Gesicht zu einer Grimasse verziehen, nicht einig, ob er in Tränen ausbrechen oder schallend anfangen sollte zu lachen. Es waren gar Freiwillige aus den nördlichen Reichen gekommen, um dem als heilig geltenden Land beizustehen. Machte ihre Unterstützung denn irgendetwas aus?

Kopfschüttelnd setzte der Kommandant seinen Weg raschen Schrittes fort, um möglichst schnell in der Behaglichkeit seines Zuhauses untertauchen zu können. Er wollte mit seinem Sohn in harmlosen Gefechten mit ungefährlichen Holzschwertern üben, wollte mit seiner Frau Bett und Leben teilen, hoffte darauf, für seine ehrliche und gewissenhaft verrichtete Arbeit gelobt zu werden…

Dies war sein Leben. Was gingen ihn die Wirren der großen, weiten Welt an? Welches Interesse hegte er am Schicksal fremder Nationen wie Karthas? Alles, was er wollte, war in Frieden leben zu können. Deshalb sah er die Notwendigkeit ein, seine Heimat vor Ganondorf schützen zu müssen, denn es machte entgegen weitläufiger Meinungen außerhalb der hylianischen Grenzen sehr wohl etwas aus, wer herrschte. Zu gut waren Havnor die Schrecken von Ganons damaliger Regentschaft in Erinnerung, er wollte seine Familie vor solch finsteren Zeiten schützen.

Bevor die Schlacht im Pass begonnen hatte, war er sogar der Meinung gewesen, etwas ausrichten zu können, seinen Beitrag zu leisten. Wie gut er nun diesen seinen Beitrag kannte: Ein Leib unter tausenden war er, ein Teil der Masse, deren einziger Zweck es war, die Stärke und Möglichkeiten des Gegners zu testen. Eine hohe Anzahl an bedeutungslosen Leben, Wünschen, Träumen, Hoffnungen und Ängsten, die von mächtigeren Personen gelenkt wurden. Individuen, auf die es wirklich ankam.

Es war nicht so, dass Havnor den Weisen oder dem Zeithelden oder irgendeinem der so gewichtigen Magier des Großreiches einen Vorwurf machte, stellte er für sich selbst klar, als er in die Gasse einbog, in der sich sein bescheidenes Zuhause befand.

Sämtliche Fenster, an denen er vorbeikam, waren verhangen, die Insassen der Fachwerkhäuser versuchten für sich zu sein. Da waren keine Geräusche, wie er sie sonst vernahm, wenn er diesen Weg entlangging. Es riefen keine Frauen nach ihren spielenden Kindern, um sie zum Essen ins Haus zu bewegen, es kläffte kein einziger der sonst zahlreichen Straßenköter in der Hoffnung die Reste einer der vielen Mittagsmahlzeiten zu erhaschen und es war kein entferntes Stimmengewirr zu hören, das von einer eigentlich lebhaften Stadt herrührte. Weder vernahm man Gewohntes noch Ungewohntes, die einzigen Geräusche bestanden aus dem Nachhall der eigenen Schritte auf dem mit grauen Steinen gepflasterten Weg.

Nein, wiederholte der Hylianer mit Nachdruck in Gedanken. Er machte den Herrschern des Großreiches keinen Vorwurf. Seit jeher wurden auf diese Art Kriege geführt und Havnor konnte sich gut vorstellen, dass dies eine erdrückende Last auf die Schultern der Mächtigen hievte. Zumindest stellte er sich gerne vor, dass sie sich der Tragweite ihrer Handlungen und Entscheidungen bewusst waren, dass sie sich Gedanken um das einfache Volk machten, bevor sie es in den möglichen Tod schickten.

Er wusste nur wenig von den Führern der anderen Reiche, aber Königin Zelda war stets eine vorbildhafte Person für ihr Volk gewesen, eine Regentin, der wohlwollend Vertrauen geschenkt wurde und die dieses Geschenk nicht missachtete oder gar missbrauchte.

Ungeachtet ihrer eigenen, persönlichen Leben, deren Existenz die Völker, zumindest die Hylianer, gerne vergaßen, hatten sich die Helden des Reiches unerschrocken erhoben und fochten gegen die dunkle Macht des Großmeisters des Bösen. Man musste ihnen einfach Bewunderung und Achtung zollen, alles andere wäre Heuchelei und Undankbarkeit gewesen.

Er musste Vertrauen haben, durfte keine Zweifel am Sieg der rechtschaffenen Diener der Göttinnen in sich aufkommen lassen.

Selbstverständlich waren die Gegner auch mächtig, es konnte nicht nur Gutes in der Welt geben, kam doch etwa das Böse selbst nicht von den Drei. Die Existenz vieler anderer, geringerer Gottheiten war eine weltweit anerkannte Tatsache. Einige dieser machtvollen Wesen wurden aus den verschiedensten Gründen neben Din, Farore und Nayru verehrt, etwa die namenlose Wüstengöttin der Gerudos.

Es war ebenso allgemein geläufig, dass nicht alle dieser Götter Diener der Schöpferinnen waren, dass einige von ihnen dunkel und grausam gewesen waren und den Keim allen Bösen und Übels in die Welt getragen hatten.

Auf diesem Kontinent mochte die Verehrung derart dunkler Gestalten verschrien sein, doch brachten von Zeit zu Zeit Händler Kunde aus Ländern jenseits der Meere, wo den niederen dunklen Göttern oder dem einen, den Erschafferinnen entgegengesetzten finsteren Herrn, gehuldigt wurde.

Ob nun einer oder viele in einem vereint, Fakt war, dass es auch schlechte Götter gab, die den Unholden der Welt gewogen waren und sie in ihrem unheiligem Tun unterstützten. Deshalb war es so wichtig, dass jeder an den Sieg Hyrules und damit einhergehend an den Sieg der Drei glaubte. Die Gegenseite hatte auch Macht und vielleicht sogar überirdischen Segen, das durften sie niemals vergessen.

Die Weisen und der Held der Zeit würden den Großmeister vernichten, darauf setzte Havnor all seinen Glauben und sein Vertrauen. Er durfte nicht mehr voll Bitterkeit an den Einzelnen denken, sondern musste sich auf das Endziel und die Zukunft des Ganzen konzentrieren, so schwer oder ungerecht es ihm auch erscheinen mochte. Danach würden jene blasphemischen Gedanken über den Sinn und die Art sowie die Handlungen der von den Göttinnen eingesetzten Herrscher, wie die Weisen es waren, ein Ende finden. Danach musste er sich nicht mehr mit heidnischen Göttern und bösen Mächten befassen, denn er würde ein friedliches Leben führen und glücklich sein. Sofern die Drei es erlaubten…

Stumm betete Havnor darum, eine frohe Zukunft zu haben und alle Schrecken weiterhin zu überstehen, bevor er sein Haus betrat. Denn beten, war nun alles, was er noch tun konnte.
 

Der Moment, in dem Ganondorf den Zauber des Feuerweisen überwand und in die Magie Salias eintauchte, war eine Erlösung. Die brennenden Schmerzen verschwanden so jäh wie sie zuvor über ihn gekommen waren, die Welt aus Hitze und unsäglichen Qualen wich einer idyllischen Waldlandschaft.

Das Gefühl erlöst und in Sicherheit zu sein, verdrängte anfangs die Verblüffung über diese unvorhergesehene Sphäre der Weisen des Waldes, eine spirituelle Ebene, die so schön war und nichts anderes als harmlos erschien.

Ganondorf war nie besonders tief in die magischen Wälder Hyrules eingedrungen, lediglich zum Saum des Kokiridorfes war er gekommen, um von dort aus die parasitäre Spinne zum Dekubaum zu schicken. Damals war er noch nicht im Besitz des Kraftfragmentes gewesen und so hatte er dies seltsame, grüne Reich rasch verlassen, getrieben von der Eile, dem Zauber des Dekubaumes zu entrinnen.

Doch hatte er sich alle Erinnerungen an das Gesehene bewahrt, denn für jemanden, der nahe einer Wüste aufgewachsen war und diese oft betreten hatte, konnte es kaum einen schöneren oder befreienderen Ort geben als etwas Wasser umringt von grünen Pflanzen.

Der Wald war so anders gewesen als die wenigen Oasen der Geisterwüste, eine vollkommen neue Erfahrung. Und doch…der Herr der Diebe war enttäuscht gewesen. Anstatt Idylle und Ruhe hatte er lauernde Geräusche und eine bedrückende Enge vorgefunden. Dunkles Grün und Braun schnitten ihn vom Rest der Welt ab und schufen eine düstere Atmosphäre, er war sich gefangen vorgekommen und als der Fluch des heiligen Baumes über ihn zu kommen drohte, hatte Ganondorf einfach nur hinaus gewollt.

Ganz anders erschien ihm nun dieses Gebiet. Er befand sich zunächst auf der sanftgrünen Wiese einer weiten Lichtung, die mit zahlreichen, goldenen Glockenblumen bewachsen war. Die Bäume am Saume dieses Ortes waren weniger hoch als jene des hylianischen Waldreiches und wiesen eine breitere Krone auf, deren hellgrüne Blätter viel Sonnenlicht hindurch ließen, so dass auch der Boden über und über mit Blumen und kleineren Gewächsen besetzt war, die so anders waren als das dunkle, schattige Gestrüpp, was dem Großmeister in der Vergangenheit begegnet war.

Nichts war zu hören außer dem unaufdringlichen Rascheln tausender Blätter, die sich träge im Wind bewegten und die Luft war erfüllt vom Wohlgeruch unterschiedlichster Blumen. Die Farben, die Ganon sah, waren allesamt hell und freundlich. Da gab es kein kräftiges, dunkles Braun oder übermäßig schattiges Grün, nichts, was eine bedrohende Welt erschuf. Stattdessen waren da helle, einladende Farbfacetten, die nichts weiter vermittelten als Frieden und Geborgenheit. Silbrige Rinde hob sich zwischen blauen und gelben Blüten empor, glitzernder Tau ließ die Grasflächen wie juwelenbesetzte Teppiche erscheinen und wilde, rote Beeren luden zu einem süßen, leichten Mahl ein.

Dieser Wald war ansprechend und sehr schön, und Ganondorf wusste Schönheit durchaus zu würdigen, auch wenn sie in seinem Leben nie eine wichtige Rolle gespielt hatte. Schwache Menschen mochten darin einen Wert sehen, ein Ideal, der Träger göttlicher Macht jedoch wusste es besser. Für ihn war Schönheit ein Mittel zum Zweck, eine hübsche und wirksame Täuschung. Wenn dies durch irgendetwas auf der Welt gebührend dargestellt wurde, dann von Ayasha, dem besten Beispiel dafür, dass der Schein trügt, der Personifikation allen Schönen und dem, was sich dahinter verbergen mochte.

Und natürlich ließ sich der Großmeister deshalb nicht vom schönen Schein trügen. Dies war der zweite Aspekt der großen Magie der Weisen und auch hier drohte ihm Gefahr. Er konnte noch nicht sagen, in welcher Form sich diese manifestieren würde, aber sie war unleugbar vorhanden.

Dennoch, dachte er bei sich als er sich in eine beliebige Richtung in Bewegung setzte, würde er es hier einfach haben. Schon immer war es Salia gewesen, die er als die geringste Bedrohung unter den Weisen empfunden hatte. Dies lag nicht an ihrem kindlichen Aussehen, Ganondorf wusste um ihr Alter und um ihren scharfen Verstand. Nein, er wäre ein törichter Narr gewesen, ließe er sich von ihrem Äußeren einlullen. Es lag an der magischen Richtung, über die sie gebot. Sicher, sie war eine Meisterin ihres Faches, wahrscheinlich kam ihr niemand auf der ganzen Welt im Umgang mit der Magie der Natur gleich, doch was konnte diese Macht schon ausrichten?

Sie konnte heilen, sie konnte magische Winde beschwören und Pflanzen unnatürlich schnell wachsen lassen, sie gar aus dem Nichts erschaffen. Lächerlich, dachte Ganon abfällig. Jede andere Magierichtung war zerstörerisch und gefährlich, ehrfurchtgebietend und stark.

Feuer konnte verzehren, Wasser ertränken, vereist gar zertrümmern oder schneiden, die Schatten flößten Angst ein und trieben einen von innen heraus in den Wahnsinn. Die Macht der Geister wies eine ähnliche Wirkung auf, Sand konnte ersticken und Licht…nun, Ganondorf wusste aus eigenen, qualvollen Erfahrungen zu sagen, wozu Licht im Stande war und das war gewiss mehr als bloßes Blenden.

Doch was vermochte die Natur auszurichten? Gut, auch sie mochte zerstörerisch wirken: Wurzeln konnten Steine sprengen, es gab tödliche Gifte und der einstige Gerudokönig hatte miterlebt, wie Windmagie jedes Material zu schneiden in der Lage war.

Trotzdem konnte er dem nichts abgewinnen und empfand keinen Respekt vor derlei Maßnahmen. Die Macht der Natur war schleichend und alles andere als unmittelbar, oft war sie nicht sichtbar und nur wenigen war sie bewusst. In seinen Augen war diese Richtung die niederste von allen und so schritt er erhobenen Hauptes zwar vorsichtig aber mehr noch arrogant und stolz durch den lichten Wald, sicher, dass er jedes Hindernis mit Leichtigkeit überwinden würde.

Narren, dachte Ganon nun wieder abfälliger als noch vor weniger Zeit, dem höllischen Zauber Darunias diese entspannende Sphäre Salias hinterherzuschicken. Dies gab ihm die Möglichkeit sich zu erholen und sich für die kommenden Zauber zu wappnen. Es wäre besser gewesen, sie hätten den kleinen Gnom einfach ausgelassen.

Es dauerte nicht lange, da war der Großmeister des Bösen bereits gelangweilt. Weder brachen irgendwelche wilden Bestien aus geheimen Verstecken, noch schlangen sich Gewächse um seinen Körper. Es geschah nichts. Hinzu kam, dass sich die Schönheit dieses Waldes bald als ausgesprochen monoton herausstellte, stets gab es nur dasselbe zu sehen, die gleichen Farben, Formen und Bewegungen. Der Duft veränderte sich nicht, die Geräusche blieben ununterbrochen dieselben.

Die ersten Stunden war Ganondorf noch wachsam, denn selbst Salia konnte unmöglich denken, dass ihn Langeweile bezwingen konnte, doch irgendwann hörten seine Augen auf, nach allen Seiten hin Ausschau zu halten, trachteten seine Ohren nicht mehr danach, verborgene Geräusche in der Eintönigkeit dieses Ortes auszumachen.

Er setzte einfach seinen Weg fort und nicht einmal Steine lagen vor ihm, über die er hätte stolpern können. Um sich also die Zeit zu vertreiben, hing er seinen Gedanken nach. Das einzige, was die Weise des Waldes bewirkt hatte, war ein Gefühl wachsender Verachtung und brennenden Ärgers.

Er dachte also über verschiedene Dinge nach, malte sich die Zukunft aus, ging die Vergangenheit abermals durch und überlegte sich, was seine Generäle und seine Armee derzeit taten.

War sein Heer bereits in Hyrule versammelt? Und was war mit den Truppen, die er nach Termina entsandt hatte, um, sicher wie er sich seines Sieges war, nach seinem Triumph weniger kriegerische Arbeit zu haben? Was mochten seine Feinde tun, fürchteten sie sich, hofften sie darauf, dass er an der Magie der Weisen scheitern würden? Oder sahen sie vielleicht endlich ihrem Schicksal ins Gesicht und bereiteten sich auf ihre Niederlage vor?

Er grinste. Nun, auch das würde ihnen nicht helfen, denn nichts und niemand konnte ihn von seiner Rache abbringen. Zuallererst wollte er Vergeltung und dann ein Leben, wie es dem Stärksten gebührte. Ein Leben in absoluter Macht, endlich frei sich an den Annehmlichkeiten des Daseins zu erfreuen und jeden Tag aufs Neue für sich selbst und die ganze Welt zu bestimmen und gestalten.

So ergötzte er sich denn abermals an allem, was er dann tun könnte und entwarf in seinem Geiste Städte und Festungen, Gesetze und Bestrafungen. Und natürlich malte er sich die Pracht und Herrlichkeit der Führerin des Verführerischen Feuers aus, war sie erst einmal die Königin der Welt und diente ihm wie noch nie…

Sein Gedankengang riss und Ganondorf wollte eigentlich stehen bleiben, merkte dann jedoch verwundert, dass er sich bereits nicht mehr bewegte. Wann hatte er angehalten? Die Umgebung zumindest war nicht sehr aufschlussreich, sie sah aus, wie eben alles andere auch in dieser Welt. Er zuckte mit den Schultern. Wahrscheinlich war er einfach zu tief in Gedanken gewesen, er hatte ja selten zuvor die Gelegenheit gehabt, so lange nur sich selbst überlassen zu sein.

Weshalb war er noch gleich stehen geblieben? Aufs Neue überrascht, musste Ganondorf blinzelnd überlegen und sich eingestehen, dass er müde war. Es hatte mit Ayasha zu tun…ja, genau. Er hatte sie eben in seinem Kopf seine Königin genannt. Das war nicht richtig. Sie war seine Generälin, was einen gewaltigen Unterschied darstellte. Seine Konkubine. Seine Sklavin. Wie kam er dazu, sie als einen festen Bestandteil seines zukünftigen Lebens zu sehen? Er verabscheute Bindungen, denn sie schwächten das Gemüt und trübten die Urteilskraft. Es war dies doch genau das, was er an seinen Widersachern so sehr verachtete…was war los mit ihm, was…?

Dieses Mal riss ihn das Knurren seines Magens wieder aus seinen Überlegungen heraus. Abermals blinzelte er. Wann hatte er das letzte Mal etwas gegessen? Wie lange hielt er sich überhaupt schon in dieser seltsamen Welt aus reiner Magie auf?

Er wollte schlafen und essen, wollte einfach nur stehen bleiben und dann all seine Bedürfnisse erfüllt bekommen. Ganon schloss die Augen und stellte sich den Geschmack von gebratenem Fleisch in seinem Mund vor und dann die erfrischende Kühle klaren Wassers, nahrhaft und mineralhaltig, zum Überleben unabdingbar…und während sein Magen sich füllen würde, stünde er schlicht dort, denn wozu laufen? Er stünde dort und würde sich einfach so ernähren, würde Wurzeln schlagen und Wasser aus dem Boden aufnehmen…

Wind würde ihm durchs Haar streicheln, sein schlanker Körper würde sich sanft hin und her wiegen, so beruhigend, so gleichmäßig…er würde seine Blätter der Sonne entgegenstrecken und wäre glücklich bei der Aufnahme ihrer warmen Strahlen, wäre glücklich wenn die Prozesse in seinem Inneren beginnen würden, immer und immer wieder, jeden Tag aufs neue…jeden Tag…eine Pflanze…so beruhigend…so schön…Wurzeln und Äste…Blätter…eine Pflanze…er musste Wasser aus dem Boden ziehen, er war durstig…wie eine Pflanze…wie die Pflanze, die er war…wie…

„Nein!“, schrie der Großmeister plötzlich schallend.

„Niemals!“

Mit ruckartigen Bewegungen überzeugte er sich davon, dass sein Körper noch derjenige war, den er kannte und rannte gar einige Schritte, um sich selbst zu zeigen, dass er es noch konnte. Sein Atem ging schneller, sein ganzer Leib bebte, seine Augen blitzten.

Hatte er nicht gewusst, dass diese Magie schleichend war?

“Verfluchtes kleines Monster. Verrecke!“

Es geschah kaum noch, dass Ganondorf die Kontrolle über sich verlor, die er in den zwanzig Jahren des Exils so mühsam hatte erlernen müssen, doch dieses Mal gab es nichts, was ihn noch hätte aufhalten können.

Brüllend ballte er seine Rechte zur Faust und schlug damit auf den Boden. Aus der Luft sah es so aus, als würde ein gewaltiges Dreieck aus goldenem Licht mitten im endlosen Wald erstrahlen. Dann folgte die Explosion und das Krachen und Bersten zerschnitt die Monotonie und die Welt war in Aufruhr. Mitten im Zentrum des Lärms erhob sich Ganon schnaubend und ließ den Blick über die verwüstete Fläche schweifen.

Die Macht des Fragmentes hatte alles in einem weiten, dreieckigen Gebiet verbrannt und anschließend in einer gewaltigen Detonation noch sämtliche Reste vernichtet. In einiger Entfernung sah man die Waldgrenzen, doch die so brutal geschaffene Lichtung war kahl und leer, nicht einmal Gras wuchs mehr dort. Karger Stein und blanke, harte Erde waren alles, was zu sehen war.

Der Mann, der in Gedanken beinahe zu einem Gewächs geworden war, mochte nicht mehr still stehen bleiben und schritt bereits mit langen Schritten aus. Und vor allem versuchte er sein erhitztes Gemüt zu beruhigen.

Unvorstellbar…einfach undenkbar, dass Ganondorf hier, in dieser imaginären Welt, fast dem Zauber der geringsten seiner Feinde zum Opfer gefallen wäre. Schleichend, oh ja, das war es gewesen. Er hatte nichts davon bemerkt, hatte es als natürliche Reaktion seines gelangweilten Selbst angesehen. Müdigkeit und Hunger machten ihm wirklich zu schaffen, doch bislang hatte er diese nichtigen Gefühle einfach ignorieren können. Es war nicht so, dass er zu den Wesen gehörte, die vor Erschöpfung oder Hunger nicht mehr weiter gekonnt hätten. Alles was er zum Leben brauchte, war das Fragment der Kraft.

Allerdings wusste Ganondorf, was es hieß, nur von der göttlichen Macht zu leben, und dies war kein angenehmer Zustand. Es war ein unvollständiges Dasein, sehr nahe der Existenzgrenze und es führte den Fragmentsträger an die Grenzen seiner Willenskraft. Ganondorf hatte um jeden Preis leben müssen, als er diese Erfahrung gemacht hatte, am Anfang seiner Flucht aus dem Norden, und er wollte dieses Gefühl nie wieder erleben.

Dennoch konnte er diese lästigen, schwächenden Bedürfnisse dank des Triforcefragmentes aufschieben so lange er wollte. Salia hatte sie einfach nur ans Licht geholt.

Wie eine Spinne hatte sie ein Netz aus Trägheit und Eintönigkeit, aus Ruhe und dem Zauber gewoben, der auch im magischen Waldreich Hyrules vorherrschte. Die Weise der Wälder hatte einfach den Fluch des Dekubaumes kopiert und ihn verstärkt auf diese von ihr geschaffene Welt übertragen, die zu durchqueren Ganondorf von Anfang an gezwungen war. Listig, das musste man ihr eingestehen. Das musste man ihnen allen sieben eingestehen.

Der Hölle selbst einen Ort folgen zu lassen, in dem man sich leicht in Tagträumen verlor, bis man sich in ihnen verstrickte und der Zauber seinen Lauf nahm.

Ob er nun auch körperlich eine Pflanze geworden wäre oder nur geistig, das wusste er nicht zu sagen. Was er jedoch wusste, was er wieder gezwungen war zu erkennen, war seine Bereitwilligkeit den Gegner zu unterschätzen. Er hätte gedacht, seinen Stolz besser im Griff zu haben. Offenbar hatte er doch nicht so viel gelernt, wie er es angenommen hatte.

Das machte ihn wütend. Es gab dem Geschwür in seinem Inneren Nahrung, jenes unsagbare Ding, welches die Welt Hass nannte. Doch damit zumindest, wusste er etwas anzufangen. Während er durch die leere Ebene auf den Wald zuschritt, um sich dieses Mal wirklich wachsam der Magie Salias zu stellen, zwang er sich zur Ruhe und gemahnte sich zur Konzentration auf das Gefühl in seinem Innersten: Das verzehrende Brennen der einen Leidenschaft, die ihn stärkte und ihn wohl von dem Zauber ablenken konnte.

Hassend betrat er also erneut den Wald und hassend setzte er sich zur Wehr gegen die aufkommenden Gedanken von Stiel und Blüte, Stamm und Blatt sowie den Wünschen nach Wasser, Wind und Sonnenlicht.
 

„Meister Rauru? Ihr hohen Sieben?“

General Trestors Stimme verhallte unbeantwortet. Die Blicke der Weisen waren gen Süden gerichtet und ihr Ausdruck war konzentriert und in sich gekehrt. Die weltlichen Würdenträger des Großreiches sahen gespannt auf ihre machtvollen Führer und warteten auf irgendeine Reaktion und eine anschließende Erklärung. Sie konnten sich denken, wo die Gedanken der Sieben derzeit weilten: Beim Ringen des Großmeisters des Bösen mit ihrem Schutzzauber, der ihnen bislang bereits zwei Tage Zeit und relative Erholung erkauft hatte.

Drei Tage war es her, dass die Schlacht am Pass verloren worden war und zwei seit dem Eintauchen Ganondorfs in die machtvolle Magie, die ihn zurückhalten sollte, wenn sie ihn schon nicht vernichten konnte.

Während dieser Zeit hatten die Völker Hyrules Bestandsaufnahmen angefertigt, um ihre Verluste kalkulieren zu können. Hauptmänner wurden nach den Zahlen der Fehlenden in ihren Truppen ausgefragt, vermisste Personen wurden gemeldet und die Bestätigungen von Toten, Verletzten und Geheilten niedergeschrieben.

Nun war es an der Zeit diese wichtigen Informationen zusammenzutragen, damit die einzelnen Völker sich gemeinsam auf die weitere Vorgehensweise einigen konnten. Denn eines war gewiss: Es war unmöglich alle Truppen zu einem vereinten Heer aufzustellen und dieses gegen die gegnerische Streitmacht ziehen zu lassen, denn dies wäre, angesichts der noch immer gewaltigen Anzahl ihrer Feinde, nichts als purer Selbstmord.

Die vereinte militärische Macht Ganons lagerte nun im Süden der Hylianischen Steppe unter ständiger Beobachtung durch die Shiekah, welche berichteten, dass die Größe der feindlichen Armee noch immer bei weitem zu überwältigend sei, als dass ein direkter Angriff hätte gewagt werden können.

Doch um welche Zahlenverhältnisse es sich nun genau handelte, wie viel bewirkt worden war und wie viel verloren wurde, das war noch immer nicht klar. Aus diesem Grund warteten die Repräsentanten der bewohnten Regionen des Reiches darauf, dass ihrer aller Oberhoheit, die Sieben Weisen, endlich die gewichtige Versammlung eröffneten.

Wie immer befanden sie sich in der großen Halle des Schlosses nördlich der Hauptstadt, durch deren Fenster sanfter Sonnenschein fiel. Es war Nachmittag und das Wetter hatte einen überraschenden Umschwung erlebt. Es erschien ungemein ironisch und grausam, dass inmitten von Krieg und Tod, von Leid und Zerstörung, Bangen und Angst der Frühling erste Anzeichen eines nahenden, frühen Sommers offenbarte.

Die Zeit bis Rauru sich mit einem Seufzen wieder an die Versammlung wandte, dehnte sich ungemein und die Anwesenden wurden merklich unruhig. Was mochte da vorgehen in jenen abstrakten Sphären, die Außerhalb des Verständnisses der Mehrheit von ihnen lagen, und die doch einen so bedeutenden Beitrag zur Realisierung ihrer Zukunft beitrugen. Ungesehen, unnahbar und doch allgegenwärtig wie die Weisen es einst waren, bevor sie ein Teil des bewussten, öffentlichen Lebens wurden.

„Verzeiht, meine Freunde, dass wir derartig abgelenkt sind, doch im Süden vollzieht sich möglicherweise, wenn die Göttinnen so wollen, gerade unser Schicksal. Eben erst wäre der Großmeister des Bösen beinahe der Magie Salias zum Opfer gefallen.“

„Was?!“, rief Link aus.

„Kann es wirklich sein?“, entfuhr es einem ungläubigen Bernet, in dessen Stimme der leichte Unterton mühsam unterdrückter Hoffnung mitschwang und dessen blaue Augen durch seine Brille hindurch blinzelten.

„Was geschieht da?“, wollte Komoron, praktisch denkend wie er war, wissen.

Die Lautstärke der Stimmen steigerte sich rasch, die vorige Anspannung entlud sich nun in plötzliche Aufregung.

„Gemach, gemach!“, mahnte Rauru und hob beschwichtigend die Arme, die in den weiten Ärmeln seines schweren Gewandes untergingen.

„Wie ich schon sagte, er wäre fast überwältigt worden, doch konnte er seine Niederlage in einem der noch letzten möglichen Momente abwenden. Nun wird er vorsichtiger sein und entschlossener. Macht euch bitte keine falschen Hoffnungen! Wir gehen nach wie vor davon aus, dass er den Schutzzauber dieses Landes brechen wird.“

Alles andere war einfach zu utopisch, nicht einmal sie, die Weisen, wagten die Möglichkeit auszusprechen, dass Ganon in ihrer Macht vergehen könnte. Obwohl es zweifelsohne so war, dachte Rauru bei sich.

Sie waren die Gewalten des Nordens, die Wächter des erwählten Landes der drei Göttinnen. Sie hatten die Macht diesen schrecklichsten Widersacher der Welt und ihrer Ordnung nicht nur zu trotzen, sondern ihn auch zu überwinden. Wie es schien, hatte sich Ganondorf überschätzt als er in seiner hasserfüllten Rachsucht einfach die ihm innewohnende Macht freiließ, dachte der Lichtweise geringschätzig.

Maßlose Selbstüberschätzung…ja, das würde ihn letztlich zu Fall bringen, wie es auch vor zwanzig Jahren schon sein Schicksal besiegelte. Ein dreckiger Emporkömmling aus der Wüste, ein einfacher Dieb war er, dessen brennender Wunsch nach Macht und Herrlichkeit stark genug gewesen war, ihm das Triforcefragment der Kraft zu sichern. Letztlich waren sie doch alle von der wunderbaren Gewalt ihrer Schöpferinnen durchdrungen, so dass selbst jemandem, der so unwürdig war wie Ganon, alle Möglichkeiten der Welt offen standen.

Nein, schalt sich das Oberhaupt der Weisen bestimmt. Es war falsch und vor allem dumm, den Großmeister als unwürdig zu bezeichnen. Wäre er dies gewesen, hätte er sein Fragment nicht so lange tragen können, er wäre schnell in dessen goldener Macht vergangen, der rechtschaffenen Kraft der Göttinnen selbst.

So bitter es sein mochte, der einstige König des Kriegerinnenvolkes war mehr als würdig, über das Fragment der Stärke zu gebieten, schien er doch die regelrechte Personifikation des Strebens nach Macht darzustellen.

Mut, Weisheit und Kraft…man konnte jeden Wert für eigene, egoistische Ziele nutzen. Für böse Zwecke. Verdammenswerte Mächte hatten dafür gesorgt, dass die glorreiche Schöpfung der Drei vom Makel all dessen, was man als das Böse kannte, besudelt werden konnte…wie Rauru diese Tatsache verabscheute. Was würde er dafür geben, um die einstige Reinheit der Welt erneut herbeiführen zu können…

Der Lichtweise schüttelte den Kopf, bevor er die im Saal anwesenden Führungspersonen um ihre Berichte bat.

Reiß dich zusammen, alter Mann! Derlei fruchtlose Gedanken sind es, die deine Weisheit schmälern und die dafür gesorgt haben, dass Königin Zelda das begehrte Fragment erhalten hat, nach dem du dich selbst verzehrt hast, dachte er.

Ja, es stimmte, dass Rauru sich einst als würdigsten Träger des Weisheitsfragmentes angesehen hatte. Er war der Weise der magischen Richtung, welche er als die höchste und mächtigste von allen erachtete. Somit fand er also, dass er der stärkste der Sieben war und früher hatte er sich auch für den weisesten gehalten.

Fast dreihundert Sommer hatte er nun erlebt und musste erkennen, dass er allzu oft Weisheit mit bloßem Wissen oder Klugheit verwechselte (welche bei ihm in der Tat mehr als umfassend waren), und dass Stärke und Weisheit nicht zwangsläufig miteinander einhergingen.

Sein Geist war beschränkt gewesen. Es war gut, dass Zelda das Fragment erhalten hatte, welches er am höchsten schätzte, im Herzen wissend, dass die drei Bestandteile des Allerheiligsten gleichwertig waren.

Mochte er auch stärker sein als die hylianische Königin (nicht umsonst war er und nicht sie das Oberhaupt der Vereinigung der Wächter des Großreiches), so war sie unbestreitbar weiser, in vielerlei Hinsicht weiser als er es war. Manchmal beneidete er die Zeitweise etwas darum, doch natürlich beugte er sich der göttlichen Fügung und besann sich auf seine eigenen Stärken und Aufgaben zurück.

Zusammen bildeten er und Zelda die ultimative Einheit der Lichtmagie, die Spitze in der Lanze der großen Religion der Welt. Der Weise des Lichtes hatte das Leben der Regentin von ihrer Geburt an verfolgt und ihre Entwicklung erfüllte ihn mit Stolz. Jeder einzelne der Weisen machte ihn mit seinem Wirken und Schaffen glücklich.

Er beneidete sie, trotz seiner früheren und teils noch immer gegenwärtigen Gefühle, um nichts und grollte keinem von ihnen. Sie waren das Instrument ihrer Heiligkeiten, die Stellvertretung der Göttinnen auf Erden und als solche waren sie gleichwertig, wie Din, Farore und Nayru, sowie deren Ideale es waren.

Es dauerte einige Zeit bis alle Berichte vorgetragen und ausgewertet worden waren, allerdings konnten am Ende sehr genaue Ergebnisse formuliert werden. Als Vorsitzendem dieser Runde, war es selbstverständlich an Rauru, diese zusammenzufassen:

„Jeder einzelne der Verschiedenen ist ein schrecklicher Verlust, ein unnötiges Opfer im Kampf gegen den Wahnsinn eines Einzelnen. Umso drängender erscheint es nun Ganondorf zu vernichten, die Einheit der göttlichen Dreifaltigkeit des Allerheiligsten wieder herzustellen und der Welt ihren wohlverdienten Frieden zurückzubringen.

Doch lasst uns bitte auch nicht unsere Errungenschaften vergessen! Die Ausbildung der Bevölkerung hat wertvolle Früchte getragen und die Verluste hätten viel gewaltiger ausfallen können! Bedenkt bitte, dass der Großmeister einen großen Teil des gesamten Kontinentes wahrhaftig geräumt hat und ihm nun zehntausende von Dienern unterstehen. Wir haben gegen eine Armee, die uns von allen Seiten auf hunderte verschiedene Arten angegriffen hat, bestanden. Eine Armee, deren Zahl schier unvorstellbar ist. Doch wir sind das erwählte Land der Göttinnen und die Drei sind mit uns. Die Rechtschaffenheit wird siegen, wir werden gewinnen! Versuchen wir also unsere Verluste in diesem Lichte zu betrachten und lasset uns nicht verzagen!

Es stimmt, fast zweitausendvierhundert tapfere Hylianer sind tot, sehr viele davon Opfer jener Macht, die der Großmeister aus seinem Fragment bezieht. Doch wir werden diese Helden unserer Zeit rächen und ihre Erinnerung bis in alle Ewigkeit rühmen und in Ehren halten! Viel mehr wären während der tagelangen Schlacht vergangen, wären da nicht die Magier gewesen, die ununterbrochen heilten, wenn sie nicht beschützten. Lasst uns auch sie in unsere Gebete mit aufnehmen, denn ohne sie wären wir wohl längst verloren.“

Es war schon vorher klar gewesen, dass die Hylianer ohne die Hilfe der vielen Magier kaum eine Perspektive in der Schlacht gehabt hätten, doch wie viel die Zauberkundigen wirklich bewirkt hatten, das zeigte sich erst jetzt:

Bei Ganondorfs Angriff war wahrscheinlich die Mehrheit aller Verluste der ganzen Schlacht entstanden, denn davor war das Leben tausender von dem Wirken einiger weniger Dutzend bewahrt worden. Schwerverletzte waren wieder kampffähig gemacht worden, Pfeile, Geschosse und Magie vermochten nur bedingt etwas auszurichten.

Zudem waren nach der Entladung des Kraftfragmentes alle Soldaten, die dem Tode nahe waren, und dies waren hunderte, zu den großen Feen des Reiches gebracht worden, wo sie wieder vollständig genesen konnten. Zwar gab es noch immer etwa ein halbes Tausend kampfunfähiger Hylianer, doch versprach deren Verfassung eine baldige Besserung.

Die fast fünftausend freiwilligen Helfer aus den Nordreichen waren bewusst zurückgehalten worden, um eine frische Streitmacht in Reserve zu haben. Außerdem sollten die Hylianer die Gelegenheit erhalten, zumindest den Eingang in ihr Reich ohne fremde Hilfe zu schützen.

Die anderen Völker Hyrules hatten bei weitem weniger Verluste zu tragen. So war etwa kein einziger Shiekah und auch keine Gerudokriegerin gefallen und nur einundachtzig Krieger der Zoras.

Wobei jeder Verlust bei einem dieser Völker tiefer ins Gewicht fiel als bei den spitzohrigen, blassen Menschen des Großreiches, was deren Opfer natürlich nicht schmälerte. Es war allerdings eine Tatsache, dass die anderen Völker viel kleiner waren. So stellten fast hundert tote Zoras bereits einen beträchtlichen Bevölkerungsrückgang dar.

Am schlimmsten hatte es jedoch das Felsenvolk getroffen, da viele Goronen auf der großen Mauer und den umliegenden Festungen am Ende des Passes stationiert waren, als das Unglück seinen Lauf nahm und dieser gesamte Abschnitt innerhalb von Augenblicken vernichtet wurde.

Einhundertsiebenundsechzig freundliche Steinwesen waren dahingeschieden, eine klaffende Lücke in der Bevölkerung Goronias hinterlassend. Es würde in Zukunft deutlich stiller werden in den Reichen von Feuer und Wasser. Bedrückung und Mitleid erfasste alle Anwesenden der Versammlung, die die gutmütige, fast träge, aber durchaus bestimmte Geschäftigkeit im Todesberg kannten. Denn dies war erst eine Schlacht gewesen, der Anfang aller kriegerischen Auseinandersetzungen in diesem Land, der Auftakt zu noch mehr Tod. Wie viele Witwen und Waisen würde es am Ende geben?

Auch die Zahl der Magier war deutlich gesunken, dahingeschmolzen von den drei Gilden des karthasischen Reiches und ihrer Überzahl. Es gab ihrer noch einhundertsechzig, fast achtzig waren gefallen, die schwächeren und noch unerfahreneren. Fast ein Drittel der Zauberer, die alles für den Schutz der Truppen, die Niederlage des Gegners und die Zukunft ihres Landes getan hatten, waren durch die Hand der drei Gildenführer gestorben.

Die Kämpfe am Goldenen Pass hatten ihren Tribut gefordert, doch Rauru betonte, dass dieser vor allem von der feindlichen Seite entrichtet worden war.

Sie konnten selbstredend nicht die genauen Verluste nennen, die sie der gigantischen Armee Ganondorfs zugefügt hatten, doch konnten sie durchaus schätzen. Denn die Shiekah, so viel war sicher, hatten alle ihre Opfer gezählt: fast viertausend Menschen, zweihundertachtundsechzig Magier, davon einige der Mächtigsten, neunundzwanzig Drachen…die Liste wollte kein Ende nehmen.

Das Staunen in der Versammlung der hylianischen Würdenträger wich schon bald eisigem Frösteln und Unglauben. Die überwältigenden Talente des Schattenvolkes, ihre erschreckende Überlegenheit und die tödliche Gefahr, die von ihnen ausging, waren zwar allgemein bekannt, doch nun so etwas zu hören…Und sie hatten keinen einzigen der ihren verloren! Gegen eine Armee, deren Zahl vermutlich weit jenseits einhunderttausend lag, hatten sie nicht einen Krieger verloren…den Göttinnen sei dank, fochten sie auf Seiten der Hylianer. Nicht auszudenken, wie ihre Lage jetzt aussähe, wenn der Großmeister des Bösen ebenfalls über solche Diener gebieten würde.

Rechnete man zusätzlich zu den Opfern des Schattenvolkes noch die gewaltigen Eingriffe der Weisen in das Kampfgeschehen, sowie die Verluste durch tagelanges Kämpfen, so gingen die Vertreter der Völker Hyrules alleine bei den menschlichen Gegnern mit einem Verlust von mehr als fünfundzwanzigtausend aus. Die Zahl war natürlich gewaltig, selbst für die Größe des Heeres musste sie ein schwerer Schlag sein. Doch dann wurden sie alle vom Lichtweisen unsanft wieder daran erinnert, dass diese Kämpfe, so grausam es auch war, nur nebensächlich waren. Es ging um Ganondorf, und um Ganondorf alleine. Sein Tod erst würde diesen Krieg beenden und dem Kontinent die Möglichkeit geben, die von ihm zu verantwortende Verwüstung zu betrauern.

„Ihr Göttinnen, lasst diesen Mann unseren Zauber nicht überstehen, ich flehe euch an! Lasst ihn zuviel Kraft verschwendet haben und ihn sich am Ende, da die Magie erst ihre volle Gewalt erreicht, nicht mehr wehren können!“, bat Rauru hoffnungsvoll. Denn Hoffen, war derzeit alles, was sie tun konnten. Hoffen war besser als bloßes Warten.
 

Impas Schattenaspekt war der nächste, dem er sich zu stellen hatte, jene Facette der Weisenmagie, vor der Ganon den meisten Respekt empfand. Er hatte nur grundsätzliche Kenntnisse dieser Magierichtung, die sich so stark von allem Anderen unterschied. Dies lag nicht etwa an der Komplexität oder Bedrohung, die den Schattenzaubern zweifelsohne zu Eigen waren, sondern an deren besonderer Einzigartigkeit.

Die übrigen Richtungen der Mächte waren im Kern gleich oder einander zumindest sehr ähnlich: Hatte man beispielsweise Kontrolle über das Feuer, so war es nicht schwer auch Wasser zu beherrschen, vorausgesetzt man schaffte es entsprechend umzudenken, was nicht vielen gelang.

Anders verhielt es sich mit der dunklen Magie des Schattenwerkes. Sie war eigen und nur wenige Zauberer folgten ihrem Ruf, tatsächlich blieb sie nach Jahrhunderten übernatürlichen Studiums für die Welt weiterhin ein Mysterium.

Umso höher war denn der Respekt, oder besser die Angst, gegenüber den Shiekah, die es irgendwie vollbracht hatten, die Schatten nicht nur zu unterwerfen, sondern sie zu einem Teil ihrer Natur werden zu lassen. Das schwindende Volk sowie die Macht, über die es gebot, waren unnahbar und über alle Maßen gefährlich. Das dunkle Wirken entzog sich dem Verständnis der Welt und bestrafte gnadenlos alle, die sich als zu schwach erwiesen, es zu beherrschen. Nur wirklich mächtige Wesen vermochten zu meistern, was dem Schattenvolk scheinbar in die Wiege gelegt wurde, und Ganondorf konnte sich nur mithilfe der ihm gegebenen göttlichen Kraft an jene Geheimnisse wagen.

Während seiner damaligen Herrschaft war es ihm kein einziges Mal gelungen, einen Shiekah zum Verhör einzufangen. Als er davor noch seine Rolle bei Hofe zu spielen hatte, war ihm die Funktion dieses Volkes bei der Informationsbeschaffung und Landesverteidigung ersichtlich geworden und so trachtete er später stets danach, seiner Herr zu werden. Vergebens, wie sich herausstellen sollte. Weder konnte er ihren Widerstand brechen noch ihre Heimat im Norden erobern, neben dem Wirken Raurus und der Unerreichbarkeit des Lichttempels der größte Dorn in Ganons Augen.

Deshalb schärfte der Großmeister augenblicklich alle seine Sinne, als er die Kälte auf seiner Haut spürte und wie sie in sein Innerstes zu greifen schien und sich zudem eine undurchdringliche Dunkelheit über Salias Wald senkte, den Großmeister seiner Sehkraft beraubend. Er war blind und alleine in einer Welt aus Schwärze und rasch ergriff Anspannung Besitz von seinem Körper, denn sich nur noch auf seinen Tast- und Gehörsinn verlassend, war es ihm, als wäre er umzingelt von wispernden, grotesken Gefahren, wie sie nur der Führerin der Shiekah einfallen konnten.

Am ganzen Körper fühlte er ein sanftes Zerren, wie den Hauch einer Berührung und er war sich sicher, dass er Bewegung um sich herum spürte. Und dann war da noch das Flüstern. Ein unstetes Auf und Ab verschiedenster Stimmen, weder menschlich noch sonst einem Wesen zugehörig, welches Ganondorf kannte. Er wusste nicht, was gesagt wurde, verstand kein einziges der gezischten und geschrieenen, gemurmelten und gestöhnten Worte. Handelte es sich dabei um lebendige Schatten, wie Impa sie bereits im Goldenen Pass eingesetzt hatte? Würden ihn jeden Moment Hände in den Boden ziehen oder würde er mit subtileren Methoden angegriffen werden?

Bei den Göttinnen, diese Frau war so unberechenbar, ihr ganzes Volk war ein einziges Rätsel, dachte der Großmeister des Bösen zähneknirschend, während er versuchsweise um sich schlug und leichte Energiestöße verströmte, was jedoch gänzlich ohne Ergebnis blieb. Er musste aufpassen, dass er sich nicht dazu hinreißen ließ, wieder zu viel Macht zu verschwenden, wie es zuvor im Wald geschehen war, gemahnte er sich. Vielleicht war es genau das, was Impa und die Weisen beabsichtigt hatten…

Wahrscheinlich sollte er das Schattenvolk ein für alle Mal auslöschen, sein lange verzögertes Ende schließlich herbeiführen. Es würde ein harter Kampf werden, gewiss, doch nachdem er die beiden restlichen Fragmente gewonnen hätte und sich zusätzlich seiner Generäle bediente, sollte auch das letzte Aufbäumen des wohl einst mächtigsten Volkes der Welt nichts mehr gegen seine Majestät ausrichten können. Es wäre ein zu großes Risiko die Schattenmenschen unter seiner Herrschaft leben zu lassen, zu undurchsichtig waren sie. Niemals könnte er sich ihrer Treue gewiss sein und von allen Lebewesen des Planeten wären sie vielleicht noch nach dem Erwerb der grenzenlosen Macht des vollkommenen Triforce im Stande, ihn hinterrücks zu ermorden.

Es behagte Ganondorf nicht, dass es solche Wesen gab. Gestalten, die einer anderen, einer älteren, einer vergangenen Welt angehörten. Nichtsdestotrotz einer großen Welt, voller gewaltiger Herrschaften und ruhmreicher Schlachten, erprobter Kampfeskultur und überwältigender Stärke. Mochten sie auch seine Feinde sein, der einstige Gerudokönig kam nicht umhin, den Shiekah seinen Respekt zu zollen.

Er, der er Stärke und Kraft über alles andere stellte, fand Gefallen an der nun schon legendären Überlegenheit des verborgenen Volkes und musste dessen Fähigkeiten als überragend anerkennen. Sie waren den Gerudos nicht nur ebenbürtig sondern überstiegen mit ihrem magischen Talent auch das Können des Wüstenvolkes. Ein Jammer, dass sie gegen ihn waren, hätten sie doch seine elitären Truppen sein können.

Eines war jedoch sicher: Sie würden kämpfend vom Antlitz der Welt verschwinden, wie sie sich ein Leben lang kämpfend auf ihr aufgehalten hatten. Man würde Lieder und Epen über sie und ihre letzte gewaltige, doch verzweifelte Schlacht gegen den Herrn der Welt dichten und Ganondorf würde es gewiss nicht versäumen diese seine Feinde zu ehren und die Erinnerung an sie aufrecht zu erhalten.

Als einzige Bewohner Hyrules hatten sie sich seine Achtung verdient und der Großmeister stand zu seinen Gefühlen. Auch nach ihrem Untergang würden sie groß und unnahbar bleiben, wohingegen seine übrigen Gegner nichts anderes als Schmerz und Tod und das endgültige Nichts erwartete, denn sie würden vergessen werden. Dafür würde er persönlich Sorge tragen.

Torkelnd und stolpernd hastete Ganon nun durch die dunkle Welt der Schattenweisen und hoffte darauf, dieser möglicherweise größten Gefahrenquelle bald zu entkommen. Denn so wenig er auch über diesen Aspekt des siebenfachen Zaubers seiner Widersacher wissen mochte, so sagte sein Gefühl ihm, dass er vergehen würde, sollte er auf die vernommenen Geräusche zulaufen. Er wollte nicht wissen, was da sprach und er achtete darauf, sich nicht zu weit in die Richtung der verstörenden Laute zu bewegen.

Stattdessen schlug er immer wieder Haken und lauschte angestrengt, um zu erkennen, in welcher Richtung er sich nun weiter auf die gestaltlose Gefahr zubewegen würde. Vermutlich müsste er, wie schon bei den beiden anderen Zaubern davor, nur eine gewisse Zeit ausharren, ohne in dieser weiten Welt einen bestimmten Ort erreichen zu müssen.

Auf Grund mangelnden Zeitgefühls konnte Ganondorf nicht wissen, dass jeder einzelne der Weisen einen ganzen Tag hatte, ihn zu einem Fehler zu verleiten. Sieben Weisen und sieben Tage und sieben wertvolle Gelegenheiten den Großmeister zu vernichten.
 

„Was meinst du, wie viele das sein mögen?“, fragte Mido flüsternd und beobachtete aufmerksam den schier endlosen Zug der passierenden Soldaten.

„Ich weiß es nicht, ich kann es sowenig abschätzen wie du. Tausende sicherlich.“, antwortete Navi und irgendwie brachte sie es fertig, ihre hohe Stimme leiser als sonst klingen zu lassen, sodass sie an das Echo eines kleinen silbernen Glöckchens erinnerte, welches am Zopfe eines fröhlichen, weit in den Wald laufenden Mädchens hing.

Die beiden Gefährten befanden sich in der Krone eines hohen Baumes in einem der nördlichsten Ausläufer von Terminas südlichen Wäldern. Die weit gefächerten breiten und schmalen Äste wiesen eine besonders dichte Belaubung auf und Mido und der Fee erschien es fast so, als befänden sie sich in einem hohen, grünen Dom, einem Heiligtum der Natur, umgeben von einer sich sanft wiegenden, hauchzarten Kuppel aus tausenden von Blättern, durch die warmes Licht hindurchschimmerte und sie von innen erglühen ließ.

Um sie herum standen weitere jener hohen Bäume, die besonders schmalen Ulmen glichen, und deren weit verzweigtes Geäst dem geübten Auge ein verstecktes System aus Wegen offenbarte. Dünne Stege waren es, die jedem, der zu nutzen sie im Stande war, ein Labyrinth über dem Erdboden darboten, verborgen in luftiger Höhe und dem satten Grün eines warmen Sommers.

Es gab viele Orte dieser Art in Terminas Wäldern, wo natürliche Wege in den Baumwipfeln den Waldbewohnern als willkommene Abkürzungen dienten. Auf diese Weise war es etwa den Dekus möglich, rasch Informationen von nahenden Besuchern zum Dekupalast zu bringen während besagte Wesen noch die vielen Umwege beanspruchen mussten, die um die zahlreichen Sümpfe und Moore des südlichen Waldreiches herumführten.

Als Mido vor zwanzig Jahren seine Heimat verlassen hatte, war er zunächst nach Termina gekommen und natürlich hatte er sich, als der Kokiri, der er war, lange Zeit in den dort heimischen Wäldern aufgehalten. Anfangs hatten ihm diese gar nicht zugesagt.

Erfüllt von Bitterkeit und Trauer und der Gewissheit, seine Schwester nie wieder sehen zu können, hatte er mit seinem eigenen Schicksal gehadert und war blind für die Wunder der ihm noch unbekannten Welt. Die Andersartigkeit jener seltsamen Gefilde, die er nur aus sehr alten Geschichten unter den Kindern des Dekubaumes oder aber den Erzählungen ihres Schutzherren selbst kannte, erinnerten ihn Tag für Tag aufs neue an seine selbst gewählte Heimatlosigkeit.

Nichts konnte er in seiner anfänglichen Verzweiflung finden, was den Wäldern Hyrules glich bis der Tag kam, an dem er aus einem Gestrüpp heraus das Gespräch wandernder Händler belauschte und so von den gegenwärtigen Geschehnissen im Gesegneten Reich erfuhr. Seine Schwester führte ein mehr oder weniger gewöhnliches Leben! Er könnte sie wieder sehen und Ruhe sowie Glück finden, konnte zurückkehren, in die ihm bekannte Heimat, wo er hunderte von Jahren durchlebt hatte!

Gedanken dieser Art waren dem verzagten Kokiri durch den Kopf geschossen und Navi redete ihm gut zu und versuchte ihn zur tatsächlichen Rückkehr zu bewegen. Dann jedoch waren jene anderen Gefühle in ihm aufgekommen. Erinnerungen an seine eigene Machtlosigkeit während Salias Gefangenschaft im Waldtempel, Erinnerungen an den glorreichen Sieg Links, seines Nebenbuhlers um die Liebe des einzigen Geschöpfes der Welt, das wirklich für ihn zählte…

Zügig war Mido dann aus seinem lethargischen Zustand gerissen worden, einzig um in einem Sumpf aus dunkleren Empfindungen zu versinken, aus dem Navi ihn nicht wieder hervorholen konnte. Eine Zeit war es, an die sie nun beide nicht gerne zurückdachten. Eine Zeit, als jahrelang aufgestaute Wut, brodelnder Zorn und verzehrender Frust in einem fort aus ihm hervorbrachen und sich gegen alles und jeden richteten, der das Unglück hatte in seiner Nähe zu sein oder auch nur kurz in seinen Gedanken aufzutauchen.

Im Geiste verfluchte er Link und die Weisen, ganz Hyrule mitsamt den Kokiri und dem Dekubaum. Selbst gegen seine geliebte Schwester richtete er seine Gefühle und vergaß dabei alles Gute, was ihm je widerfahren war.

Da er sich jedoch immer fast ausschließlich in der Gesellschaft Navis befand, hatte insbesondere sie unter seinen bösartigen Launen zu leiden und wurde mit nichts als Missgunst, Jähzorn und Undankbarkeit bedacht. Was er ihr damals nur für Dinge an den Kopf geworfen hatte…jedes Mal, wenn er daran dachte, erfüllte es Mido mit überwältigender Scham und gleichzeitig mit umso mehr Zuneigung für das zarte Geschöpf, das er mit allen Mitteln zu vergraulen versucht hatte, doch das standhaft an seiner Seite geblieben war, bis dieser dunkelste Abschnitt eines langen Lebens vorüberging und nunmehr zu einer bösen Erinnerung verblasste.

Nichtig war es dann geworden, dass Navi einst Links Gefährtin gewesen war, unwichtig Midos Frust und Bitternis, kindisch sein Zorn und seine Wut. Es blieb, wohlwahr, ein gewisser Hass auf den Hylianer, der als Kokiri aufgewachsen war und ein nicht bedeutungsloses Maß an Trauer, doch überwog bei weitem die Reue und die Erkenntnis, eine zufrieden stellende Rückkehr nach Hause verspielt zu haben. Salias Bruder konnte es sich einfach nicht gestatten, zurückzugehen, mochte um keinen Preis der Welt seiner Schwester unter die Augen treten nachdem er so furchtbare Dinge gedachte hatte, und so blieb er fernab der Heimat und Navi war zu jedem Zeitpunkt an seiner Seite.

Trotz allen Unmutes und Resignation jedoch, fanden die Beiden den Drang zu neuen Taten und ausgedehnten Reisen, denn eine ganze neue Welt war um sie herum und so vieles gab es darin zu entdecken. So machten sie sich denn nach über einem Jahr des Aufenthaltes in jenem Land daran, Termina zu erkunden und natürlich lag ihr Hauptaugenmerk dabei auf den Wäldern, wie sie auch die folgenden Jahre zumeist in der freien Natur verbringen würden.

Nun, während sie still in der Baumkrone saßen, waren sie nach zwanzig Jahren ausgedehnter Reisen wieder in den Norden zurückgekehrt und verfügten über ein Wissen um die Wälder und Pflanzen des Kontinentes, wie es sonst wohl nur die Horrorkids besaßen.

„Hast du schon irgendwelche Magier erkannt?“, fragte Navi und selbst das von ihr ausgehende schwache, bläuliche Licht schien gedämpft.

Mido schüttelte den Kopf und machte ein zuversichtliches Gesicht. Wenn es unter all den Menschen, die Ganondorf nach Termina entsandt hatte, keine machtvollen Zauberer gab, so würde die Streitmacht nichts ausrichten können gegen die Schutzherren von Hyrules Nachbarland.

Als die Schlacht am Goldenen Pass sich ihrem Ende neigte, hatte der Großmeister des Bösen befunden, dass er mehr als genug Diener hatte, um die Herren des Großreiches an allen Fronten zu beschäftigen. Damit er in der siegreichen Zukunft, derer er sich sicher war, zügig die Kontrolle über den Norden und von dort aus weitergehend über die übrigen Regionen erlangen konnte, hatte Ganon deshalb einen Teil seiner gewaltigen Armee ins nahe gelegene Land vorausgeschickt, wo sie die Lage begutachten sollten.

Hyrules’ verbündete Völker hatten natürlich die vielen Monate bis zum Beginn der kriegerischen Handlungen nicht ungenutzt verstreichen lassen: Mauern waren verstärkt worden, Tarnungen verbessert, Vorräte angelegt…Vor allem aber waren die Kapazitäten verborgener oder stark befestigter Orte geprüft worden, weil die Führer des Landes nicht nur die eigene Bevölkerung sondern auch die vielen, vielen Flüchtlinge der Nordreiche schützen mussten.

Sobald die freiwillige Nordarmee zerschlagen worden war und die karthasischen Scharen vor dem Umgebenden Gebirge aufmarschierten, wurde in Termina die sofortige Evakuierung aller freiliegenden Ortschaften sowie von Unruh-Stadt ausgerufen.

Während sich dann die Goronen, Zoras und Dekus in ihren Wohngebieten im Norden, Westen und Süden auf eigene Art und Weise verschanzten und sicherten, hielten alle menschlichen Einwohner und Besucher Einzug in Ikana.

Das östliche Reich mochte aus den Ruinen seiner ruhmreichen Vergangenheit erbaut worden sein und sich noch in einer Umbruchsphase befinden, doch wies es Befestigungen auf, die Jahrhunderte unbeschadet überstanden hatten, beispielsweise der königliche Palast und insbesondere seine unüberwundene Mauer.

Lyander, der vom Geist des stolzen Volkes erfüllte König des Reiches sowie einer der wenigen noch lebenden Nachfahren der ursprünglichen Bevölkerung, hatte strikte Anordnungen gegeben, jedwede Schlacht zu vermeiden und sich ganz auf eine mögliche Belagerung vorzubereiten.

Und so wurde die Hauptstadt verlassen und Frauen wie Kinder und Greise waren am Palast vorbei weit ins östliche Gebirge gezogen, wo sie sich an geheimen Orten verstecken konnten, während die Männer zurückbleiben mussten, um im Falle einer tatsächlichen Belagerung die große Mauer zu verteidigen, die seit ihrer Errichtung nicht nur den Zugang zum Palast sondern zum Gebirge selbst versperrt hatte.

Sehr hoch und breit war sie und alt zudem, das stärkste Bollwerk des Nordens bevor der Goldene Pass ausgebaut wurde. Da waren keine Verzierungen im hellen Stein, dessen steile Wände so glatt waren, dass sie im Sonnenlicht wie poliertes Metall glänzten. Einzig das gewaltige runde Tor hob sich vom Verteidigungswerk ab, ein Tor, das von keiner Macht der Welt bewegt worden konnte außer der geheimen Losung des ikanischen Volkes, ausgesprochen von einem reinblütigen Angehörigen der alten Linien. Das Felsenvolk des Ostens Terminas hatte schon seit seinen Anfängen eine ganz eigene Magie gehabt, die bei anderen Wesen bis zur Gegenwart wirkungslos geblieben war.

Was mochten die noch lebenden ursprünglichen Ikaner wohl angesichts der Drohung des erneuten Unterganges ihres sich eben erst erholenden Reiches empfinden, fragte sich Mido mit einem unguten Gefühl. Wie würde er fühlen, wenn das hylianische Waldreich vernichtet werden sollte? Er wusste es nicht.

Nach über zwanzig Jahren Abwesenheit dachte er zwar sehnsuchtsvoll aber vor allem auch mit einer gewissen Distanz an sein früheres Zuhause. Nach all den Erfahrungen, die er gesammelt hatte, musste er sich unglaublich von den anderen Kokiri unterscheiden…würde er sich jemals wieder in ihre geschlossene, abgeschottete friedvolle Gesellschaft eingliedern können? Und, was ihn viel mehr beschäftigte, wollte er dies überhaupt noch?

Aber letzten Endes war dies nicht wichtig. Es zählte nur seine Schwester. Wäre er in der Lage mit ihr ins Reine zu kommen, so wäre alles Übrige unbedeutend. Wie so oft reduzierte er die Welt gerne auf sie beide. Und Link…nun, er würde ihn sicherlich niemals mögen und seine Anwesenheit tolerieren, doch um Salias Willen…er konnte nicht sagen, ob er schon soweit war, sich auch damit auseinanderzusetzen.

„Eins nach dem Anderen“, flüsterte der Kokiri stumm. Zunächst musste er diesen Krieg überleben, wie er auch darauf vertraute, dass Hyrule und über allem seine Schwester ihn überdauern würden.

Er wusste, dass um ihn und Navi herum, viele Dekus aus dem Dickicht heraus den Zug der Soldaten beobachteten, bereit dazu, jeden Moment Kunde zum Dekupalast zu bringen, wo die Untertanen des Waldkönigs ängstlich auf die Aufforderung zur Flucht warteten. Bislang schien nichts auf einen Einmarsch in die südlichen Wälder hinzudeuten, weshalb sich Laubkerle, Dekus, Feen und andere denkende Waldbewohner erst im Palast versammelt hatten, um von dort aus schließlich bei Bedarf tiefer in den Süden zu fliehen.

Auf dem Weg ins Waldesinnere waren hunderte Fallen aufgestellt worden, die ein Vorankommen der gegnerischen Truppen verzögern sollten. Vor allem waren es Dekunüsse, doch in diesem einzigen bekannten Reich der kleinen Pflanzenmenschen gab es derer einige Arten, welche der Öffentlichkeit niemals zugeführt worden waren. Sie würden die Menschen nicht nur kurzzeitig blenden, sondern konnten ihnen das Augenlicht für immer rauben. Dann gab es da giftige Gasbomben, Erdlöcher und herabfallende Speere, eigens abgerichtete wilde Tiere und ausgesetzte Irrlichter, die die Soldaten in die Moore und Sümpfe führen sollten, wo sie mit ihren schweren Rüstungen kaum darauf hoffen konnten, zu überleben.

Mochten die Dekus selbst keine ernstzunehmenden Gegner im Kampfe sein, so wussten sie doch ihre speziellen Fähigkeiten und Talente zu ihrem Nutzen einzusetzen.

Mido hoffte, dass alles gut gehen würde. Er betete zu den Göttinnen, dass die Armee sich nach Unruh-Stadt begeben würde, denn dort konnten die Landeswächter sie auf einen Schlag unschädlich machen.
 

War Ersticken eine qualvollere Todesart als Verbrennen? Sollte sich Wasser als schrecklicher und grausamer entpuppen als Feuer? Ganondorf wusste keine Antworten. Er hätte nicht gedacht, dass die Folter von Darunias Zauber übertroffen werden könnte oder dass auch nur eine der anderen Magiearten dem gleichkommen würde. Und doch wünschte er sich wieder das Ende seiner Pein, ein Wunsch, den er sich mit Leichtigkeit erfüllen konnte. Er musste nur einen einzigen Atemzug tun.

Einfach nur einatmen…eine der elementarsten Äußerungen allen Lebens, ein Instinkt, den auf Dauer zu unterdrücken der Körper nicht in der Lage war, denn er war nicht dafür geschaffen worden. Ja, es war widernatürlich für ein menschliches Wesen derart lange die Luft anzuhalten und Ganon malte sich die warme Erlösung des Luftholens in strahlenden Farben aus.

Atmen bedeutete Leben und leben war es, was der Großmeister des Bösen unbedingt wollte. Genau aus diesem Grund musste er an sich halten, die Zähne aufeinanderbeißen und krampfhaft den Mund verschließen, denn sollte er schwach werden und den begehrten Zug tun, würden sich seine Lungen mit Wasser füllen und er würde ertrinken.

Der Träger des Kraftfragmentes befand sich unter Wasser, schwamm in einem endlos weiten Ozean und sank immer tiefer hinab ohne auch nur die Ahnung eines Meeresbodens wahrzunehmen.

Als er von Impas in Rutos Magie eingetaucht war, hatte er sich ganz kurz in der Luft aufgehalten und hatte, soweit das seine von der plötzlichen Sonne geblendeten Augen beurteilen konnten, das Bild eines sich nach allen Richtungen hin endlos erstreckenden Gewässers erblickt. Kurz jedoch nur währte dieser Augenblick, denn sofort begann er zu fallen, tauchte ein in das kühle Nass und sank dort bis zur gegenwärtigen Stunde wie ein Stein unaufhaltsam nach unten.

Anfangs hatte er über sich noch das Tanzen der Sonnenstrahlen auf der Wasseroberfläche beobachten können, in jenen ersten Momenten, da das Anhalten der Luft noch nicht zu Qual geworden war. Es war hübsch anzusehen dies Glitzern und Gleißen auf den sich wiegenden Wogen, der durchschimmernde Schein der Sonne gleich der Pracht eines weit entfernten Juwels. Man mochte meinen, jemand habe flüssiges Gold über das Wasser gekippt, welches nun einen Teppich bildete, durchbrochen von weißem Schaum, blauem Spritzen und der dunklen Ahnung unermesslicher Tiefe.

Doch diese Aussicht war schon lange dahin. Rasch war Ganondorf gesunken und ebenso zügig verdunkelte sich alles Blau um ihn herum, machte bedrohlichem Grün Platz und schließlich wurde alles schwarz, als der Großmeister Tiefen erreichte, die jenseits aller leuchtenden Kraft der Sonne lagen.

Er war alleine. Nichts war da zu sehen gewesen, weder Unterwasserpflanzen, noch Fische, noch Gestein. Um ihn herum war nur endlose Weite gewesen und selbst jetzt, da er nichts mehr sah, spürte er noch die nicht endenwollende Präsenz einer Majestät, wie es sie in der realen Welt nicht gab. Da war nichts als strömende Ewigkeit, Ganons eigene Person, der drängende Wunsch nach Luft zu schnappen und ein Druck, der ihn schon längst hätte auseinander reißen müssen.

Ohne ein Geräusch von sich zu geben, denn er fürchtete, er könnte in einem unbedachten Augenblick den Mund öffnen und dann ohne eigenes Zutun den sowohl erlösenden als auch vernichtenden Zug tun, wand er sich sinkend in der Dunkelheit des die ganze imaginäre Welt umfassenden Ozeans. Zur Untätigkeit verdammt, blieb ihm nichts anderes übrig als abzuwarten, wann er es überstanden hatte. Ungeachtet aller noch folgenden Gefahren der verbliebenen Sphären der Weisen wünschte er sich sehnlichst aus Rutos Welt hinaus. Was lag noch vor ihm, versuchte er zu überlegen während er gleichzeitig innerlich aus seinem Fragment Kraft bezog, auf dass er nicht dem Wunsche nach Sauerstoff nachgab und so seinen Feinden letztlich doch unterlag.

Geister, Licht und Zeit…er hatte es fast überstanden, er musste durchhalten, er würde siegen, er wollte atmen, es verlangte ihn danach den Mund aufzureißen und nach Befreiung zu schnappen…es ging nicht, es war Ganondorf unmöglich in seinem gemarterten Zustand klare Gedanken zu fassen. Er wollte nur wieder Luft.

Seine Glieder fühlten sich währenddessen verdreht und zerdrückt an, ein Reißen am ganzen Leib ließ ihn glauben machen in Stücke gerissen zu werden, und selbst diese Vorstellung erschien vorteilhafter als das ständige Hinab in finstere, kalte Tiefen.
 

Merexes justierte eine der vielen von seiner Gilde entwickelten Maschinen der karthasischen Armee neu, eine Tätigkeit, die vollkommen unbedeutend war und ihn doch entspannte. Wenn seine Hände arbeiteten, fühlte sich der Führer des Neuen Feuers frei, schuf er das Neue, das seiner Gilde ihren Namen verlieh, machte ihn dies glücklich, ließ es ihn sich erhaben und mächtig fühlen.

Er war ein großer Magier, zweifelsohne, doch diese seine Macht sah Merexes lediglich als ein gottgegebenes Geschenk an, welches einzig dazu diente, ihm bei seinen Versuchen und Experimenten zur freien Verfügung zu stehen. Früh schon hatte er die Möglichkeiten der Magie erkannt, das menschliche Leben zu bessern und zu vereinfachen und dem schöpferischen Geiste Genugtuung und Befriedigung zu verschaffen. Es war doch ein unabdingbarer Teil der Natur des Menschen zu schaffen und sich weiterzuentwickeln, sich nie mit dem Erreichten zufrieden zu geben sondern stets nach der endgültigen Perfektion zu streben.

Magie war ein Werkzeug und als solches gebrauchte es der kleine, dicke Mann mit der bunten Aufmachung. An Ideen mangelte es ihm nie. Er war ein Genie. Geringschätzig dachte er von vielen, gegenüber denen er nun eine Fassade aus Unterwürfigkeit und Witz aufrechterhalten musste. Kleingeister, sinnierte er oft, beschränkte Wesen mit nicht genügend Weitblick, um die Herrlichkeit seiner Arbeit zu würdigen.

Damals war das anders gewesen. Jahrhundertelang wurde seine Gilde als die höchste der drei machtvollen Vereinigungen geachtet und respektiert. Niemals hatte es ihnen an Material, sei es belebt oder tot, gefehlt und immer waren die Errungenschaften des Neuen Feuers in den höchsten Tönen gelobt worden. Gepriesen sei sie, die unglaubliche Maschinerie, die Karthas ihren rasanten Aufstieg zur Macht im kriegerischen Süden ermöglicht hatte, dies einzigartige Geschenk der Gilde. Denn was geschaffen wurde, sollte nicht in dunklen, geheimen Kammern vermodern und untätig dastehen. Es sollte genutzt werden!

Welch Vergnügen es Merexes bereitete durch die Straßen der karthasischen Städte zu schlendern und überall die Ergebnisse seiner Arbeit oder der seiner Vorgänger zu erblicken: Unterirdische Wasserleitungen, die die meisten Haushalte mit sauberem Trinkwasser versorgten, Heizungen in Wänden und Böden, auf dass selbst die Winter angenehm durchlebt werden konnten. Hunderte Gebäude, die so hoch waren, dass es sich die Nordmenschen nicht einmal vorzustellen vermochten, zeugten von den vielen, vielen neuartigen Gerätschaften und Apparaten, die das Bauen erleichterten und auf noch nie dagewesene Ebenen emporhoben, technisch eingefangenes magisches Licht erhellte des Nachts die Straße.

Und dann waren da natürlich die hunderten kleinen Dinge, ohne die sich die Karthaser das Alltagsleben wohl nicht mehr vorstellen konnten: Von automatischen, kleinen Feuermachern, über handliche Beleuchtungsgeräte bis hin zu Konstrukten, die hunderten von Händepaaren die Arbeit abnahmen.

Fortschritt bedeutete Zivilisation und diese war, nach Merexes’ Ansicht, das natürliche Ziel der menschlichen Rassen, die er höher schätzte als die zahlreichen magischen Wesen. Es war nicht so, dass er Zoras oder Goronen als minderwertig empfand, er achtete sie und ihre Talente durchaus doch fehlten ihnen seiner Meinung nach die Qualitäten, die er so sehr an den Menschen schätzte: Der Drang nach Veränderung, das Aufdecken des Neuen und der Wille, die begrenzte Lebenszeit so gut wie nur irgend möglich zu nutzen. Er wusste nicht, ob es die Tatsache war, dass gewöhnliche Menschen bei weitem nicht so alt wurden wie die anderen Völker, die das Wesen der Menschheit ausmachte, gewiss jedoch spielte sie eine entscheidende Rolle.

Die magischen Geschöpfe fand der Führer der Gilde des Neuen Feuers als zu festgefahren auf alten Traditionen, nicht anpassungsfähig und beschränkt schöpferisch. Sicherlich waren sie auf ihren traditionsgemäß speziellen Gebieten hervorstechend doch das war es dann auch schon. Ihre Gesellschaften würden sich auch in tausend Jahren nicht geändert haben, da sie schlichtweg unfähig waren, sich weiterzuentwickeln. Sie konnten einzig bereits Vorhandenes ausbauen und verbessern.

Goronen würden bis in alle Zeit die besten Schmiede und Steinmetze der Welt sein und würden ein gewaltiges Wissen um explosive Stoffe besitzen, Zoras würden nie den Sinn für Schönheit verlieren und würden auch weiterhin die herrlichsten Kleinode schleifen und Dekus würden stets ein zänkisches, rasch erzürntes Händlervolk bleiben, nur auf den eigenen Profit bedacht.

Menschen hingegen waren wandelbar und herrlich unberechenbar. Man wusste nie, was für Dummheiten oder Genialitäten sie wieder hervorbringen mochten und nie würde eine Epoche der anderen gleichen. Merexes war stolz darauf ein Mensch zu sein und sich von den Hylianern abgrenzen zu dürfen, die bei ihm bereits denselben Status hatten, wie die übrigen Gattungen magisch angehauchter Existenz.

Doch nun war alles anders. Der vormals freie menschliche Geist, dieses wundervollste Instrument aller Lebensäußerungen, wurde von Ganondorf unterjocht und nach seinem Gutdünken geformt, ein fundamentales Vergehen gegen das Menschsein selbst. Mit Hilfe göttlicher Macht war er dazu in der Lage gewesen, sich zu einer Gewalt zu erheben, deren Einfluss Karthas ins Verderben gestürzt und die Gilde des Neuen Feuers all ihren Ruhmes beraubt hatte.

Wie konnte dieser Unmensch nur eine solche Abneigung gegen die Verbindung von Wissenschaft und Magie hegen, fragte sich Merexes immer wieder. Reine Magie war unkontrolliert und gefährlich, man musste sie erst zähmen, sie formen und gestalten, um wahre Macht zu erhalten. Was hätte der Gildenführer nur dafür gegeben, selbst der Träger eines Triforcefragmentes sein zu dürfen. Er wagte es kaum, sich auszumalen, zu was für Errungenschaften er fähig gewesen wäre…Er hätte die Welt verändert und sie zu einem besseren Ort gemacht und man hätte ihn dafür verehrt und geliebt.

Ein letzter Handgriff und die zeitüberbrückende Tätigkeit war getan. Sorgsam kontrollierte der Alchimist nochmals, ob alles war, sie es sein sollte, wohlwissend, dass niemand absolut fehlerfrei handelte. Das Wissen darum war eine wesentliche Vorraussetzung für makellose Arbeit, wie er selbst sie ausführte.

Anschließend blieb Merexes nichts anderes mehr übrig, als sich auf sein Zimmer zurückzuziehen. Peitschender Wind beutelte seine bunte Robe, doch wie durch ein Wunder blieb der hohe Hut auf seinem Kopf und wurde nicht fortgeweht. Manchmal war pure Magie eben doch praktisch.

Er mochte es nicht, so ungeschützt im Freien umherzulaufen und beeilte sich deshalb wieder ins Innere des gewaltigen Gebäudes zu kommen, das selbst als Ruine noch imposant und würdevoll erschien, durch und durch ein Zeugnis einstiger Pracht und Stärke. Es war natürlich äußerst unwahrscheinlich, dass auf einmal die Sieben Weisen hier erscheinen würden, zumal das hylianische Reich noch nichts von dieser Geheimwaffe ahnte, doch Merexes war immer sehr auf seine Sicherheit bedacht und fühlte sich unbehaglich, wenn er sich nicht in der Nähe seiner besonderen, eigens entwickelten Konstruktionen aufhielt.

Fast unmerkbar atmete er erleichtert aus als durch ein zerfallenes Tor das Innere des Gemäuers betrat und sich auf den Weg zu seinem Raum machte. Er stellte sich vor, dass er nicht sonderlich ehrfurchtgebietend und respekteinflößend aussah, wie er da träge schnaufend den Trümmern unterwegs auswich und seinen beleibten Körper in eher schmale Öffnungen zwängte.

Der Meister der Alchimisten war sich seines Aussehens schmerzhaft bewusst, hatte es ihn doch schon sein Leben lang verfolgt und es ihm immer schwer gemacht. Seit seiner Kindheit wurde er ausgelacht und verhöhnt und selbst nachdem man nicht mehr wagte, offen etwas gegen ihn zu sagen als er zum Führer des Neuen Feuers aufgestiegen war, so war er sich doch darüber im Klaren, dass Spott und Anwiderung sich in unbeobachteten Augenblicken und in abseits gelegenen Ecken fortsetzten.

Er konnte es der Allgemeinheit nicht verübeln, wahrscheinlich hätte er einen Menschen seines Aussehens ebenfalls ausgelacht, hätte er einen normalen Körper und ein hübsches Gesicht gehabt. Nichtsdestotrotz brodelte in ihm der Hass gegen jene spottenden Personen, nagten bittere und unerfüllte Gelüste an ihm und staute sich die Wut ob seines ungerechten Schicksals. Er war ohnehin eine wichtige und machtvolle Gestalt, doch was für einen Einfluss hätte er haben können, wäre er noch dazu gutaussehend?

Als Merexes an Ayashas Zimmer vorbeikam, fast erwartete er die Geräusche eines ausgelassenen Liebesspiels zu hören, beschleunigte er seinen Schritt, denn er wollte nicht auf die Führerin des Verführerischen Feuers treffen.

Nein, korrigierte er sich dann in Gedanken, es ging ihm nicht um Einfluss, davon hatte er schon genug. Es ging ihm einzig um die Freuden fleischlicher Lust, die er sich sonst nur mit Geld und Drohungen zu erkaufen vermochte. Die vielen Huren hatten sich bislang nie etwas anmerken lassen, sie kannten natürlich die sich im Umlauf befindlichen Geschichten von den Frauen, die auch nur einmal kurz das falsche Gesicht gemacht hatten während sie Merexes beglückten, doch natürlich wusste jeder, dass sie im Innersten Abscheu empfanden, so auch derjenige, dem dieses Gefühl galt.

Es schmerzte ihn genauso, wie es ihn rasend machen konnte. Was hätte er nur für eine Frau gegeben, die sich ihm freiwillig anbot, ohne dass er es gefordert hätte. Ein Weib, neben dem er jeden Tag aufwachen konnte und die nicht vor seiner Berührung zurückschreckte. Er wollte keine Liebe, dies war wohl zu viel verlangt, er wollte doch allein Toleranz, vielleicht sogar Freundschaft. Hin und wieder ein gutes Wort. War das wirklich zu viel verlangt?

Als der Beste von ihnen war sich Merexes zwar sicher, dass ihn die anderen Alchimisten achteten und einige davon mochten ihn bestimmt, doch dies konnte ihn nicht zufrieden stellen. Zumindest nicht mehr jetzt, nachdem Ganondorf ihr Herr war und die Position der Gilde öffentlich zerschlagen und in den Staub gestampft hatte, womit einhergehend er deren Meister abermals der offenen Grausamkeit ehrlicher Meinungen und Worte preisgegeben hatte.

Zu Zeiten des letzten Herrschers von Karthas konnte sich der Gildenführer noch öffentlich sehen lassen. Nun jedoch scheute er, wie in seiner Kindheit, die Öffentlichkeit und hielt sich meistens bei seinen vielen Schülern und Mitstudierenden verborgenen Wissens auf, wenn er nicht mit den beiden anderen Generälen Ganon seine Aufwartung machen musste. Wie er diese Gelegenheiten verabscheute. Jedes Mal hatte er den Kasper zu spielen, denn wurde er dieser ihm zugewiesenen Rolle nicht gerecht, so riskierte er den Tod.

Und so ertrug er denn Demütigung und Gewalt ohne sich zu beschweren, zumindest nicht in Anwesenheit des Großmeisters. Das Schlimmste für den Mann mit dem unvorteilhaften Aussehen waren zwei Dinge, mit denen sein neuer Herr nichts zu tun hatte.

Zunächst grämte es ihn, dass er auch Sathors scheinbare Überlegenheit zu erdulden hatte, wo er doch wusste, dass er mächtiger war als der Führer des Kalten Feuers. Dieser mochte zwar geübter sein im Umgang mit reiner Magie, doch setzte Merexes Macht dieser Art nur in den seltensten Fällen ein.

Nein, Sathors Raserei machte ihn berechenbar, seine Angriffe wurden durchschaubar und er reagierte immer mit den gleichen Angriffs- und Verteidigungsmustern. Das einzige, dessen er sich rühmen konnte, war das von ihm geschaffene magische Wesen, ein weiterer Beweis für die Genialität des menschlichen Schöpfungsdranges.

Doch der Meisteralchimist hatte für alles, was sein Rivale gegen ihn aufbringen konnte, mehrere Reaktionsmöglichkeiten, es war unmöglich, dass der Zauberer von Licht und Dunkelheit ihn überwand. Mochte Sathor den kleinen schwitzenden Wicht in seiner bunten Robe für einfältig halten, es kam Merexes nur zugute, wenn er unterschätzt wurde.

Er, der er sich selbst für einen Genius hielt und Intelligenz hoch schätzte, sah den Führer des Kalten Feuers lediglich als erfahren und nicht mehr als recht klug an.

Sobald aber dessen Wahnsinn die Oberhand gewann, verhielt er sich instinktiv und wurde nunmehr von angeborenen Trieben beherrscht. Er war kein Gegner für den Alchimistenführer, der bislang weder bestimmte, besonders behütete, geheime Kräfte freigesetzt hatte, noch sein eigenes magisches Wesen offenbart hatte, noch alle Fähigkeiten seiner fliegenden Apparatur zu nutzen gezwungen war.

Die Schlacht im Goldenen Pass hatte gezeigt, das Sathor und die Seinen nichts wert waren, sie hatten die größten Verluste unter ihren Mächtigsten zu verzeichnen gehabt. Ihr Herr hatte es ebenfalls gemerkt, dachte Merexes zufrieden lächelnd. Hoffentlich war er damit in dessen Achtung gestiegen und musste sich fortan nicht mehr derartig bedroht fühlen.

Die zweite Sache, die dem General mit dem hohen, bunten Hut zusetzte, war Ayasha. Der Grund war denkbar einfach und offensichtlich: Er begehrte sie. Welcher Mann, der in den Genuss ihres Anblicks gekommen war, tat das nicht? Doch das war es nicht alleine.

Sie war die Führerin einer Gemeinschaft, die sich mit weit abstoßenderen Gestalten einließ als Merexes es war. Die Mitglieder dieser Gilde taten das freiwillig und gerne und sie taten es oft. Ihm waren Gerüchte zu Ohren gekommen über die widernatürlichsten Praktiken und ekelerregendsten Paarungen, doch den Mitgliedern des Verführerischen Feuers bereitete dies Freude und Lust. Da war es doch gar nicht so abwegig, dass sich Ayasha mit ihm einließ, redete er sich immer wieder aufs Neue ein. Wieso also tat sie es nicht? Wollte sie ihn zunächst zappeln lassen, wie einen Fisch am Haken, damit sie beide schließlich größtmögliche Befriedigung genießen konnten? Oder war er ihr schlichtweg egal, nichts mehr als ein Verehrer unter tausenden, den sie mit ihrer bloßen Anwesenheit quälen konnte? Aus ihr wurde man einfach nicht schlau. Und dabei bedachte Merexes sie nicht einmal nur mit unzüchtigen Gedanken sondern auch mit Achtung.

Oft genug war ihm aufgefallen, wie überaus geschickt sie Leute zu manipulieren wusste, viele Male hatte er beobachtet, wie sie sich auf intelligente Weise aus schwierigen Situationen hinausmanövriert hatte. Sie war keinesfalls nur schön. Sie war mächtig und klug und gewiss eine viel bessere Magierin als Sathor. Ihre Fantasien kannten scheinbar keine Grenzen, auch wenn sie diese auf bestimmte Gebiete einschränkte. Sie war atemberaubend. Er wollte sie. Alle wollten sie, und sie selbst hatte dafür gesorgt, dass es so war.

Alleine das bloße Denken an sie ließ ihn noch heftiger schwitzen und dankbar dafür sein, dass er keine engen Hosen anhatte. Wahrscheinlich sollte er sich wieder eine Frau gefügig machen, beschloss Merexes, als er in seinem Zimmer ankam. Nicht umsonst hatte er spezielle Tinkturen entwickelt, die seinen Körper veränderten. Und irgendwann, wenn die Göttinnen so wollten, und er Ayasha endlich genügend beeindruckt hatte…

Vorausgesetzt natürlich, dass Ganondorf ihrer überdrüssig geworden war, keimte der Gedanke in seinem Kopf auf. Unter der strikten Beobachtung des Großmeisters des Bösen würde er zwar immer sein Bestes in diesem Krieg geben, doch er hätte nichts gegen einen Sieg Hyrules. Er konnte davon nur profitieren.

Die Abgeschiedenheit seines Gemaches erglühte im unheimlichen, flackernden roten Glanz seines magischen Auges, während er eine Zukunft sah, in der er frei war von Missachtung und Ganondorf, von Hyrule und Krieg.
 

Das erste Luftholen nachdem er Rutos Zauber überwunden hatte, schien Ganondorf der schönste Moment seines Lebens zu sein. Rasend hämmerte sein Herz gegen seine Brust, als wollte es sie sprengen und hinausspringen und der Großmeister konnte gar nicht schnell genug den verlorenen Sauerstoffgehalt eines ganzen Tages nachholen.

In jenem ersten Moment wusste er noch nicht, wo er sich befand, wessen Sphäre als nächstes an der Reihe war und was für Gefahren dort auf ihn lauern mochten. Er konzentrierte sich ganz aufs Atmen und genoss jeden einzelnen, ihn neu belebenden Zug.

Erst als er Geräusche hörte und sich umsehen wollte, merkte er, dass er sich nicht richtig bewegen konnte. Das lag nicht etwa daran, dass etwas ihn festhielt sondern an der Enge der Kammer, in der er sich aufhielt. Es herrschte ein bräunlichgraues Dämmerlicht vor und Ganons tastende Hände kratzten über rauen Stein, der sich direkt über seinem Körper auftürmte und diesen auch einschloss, wie ihm einige vergebliche Bewegungen mit Füßen und der Hüfte verrieten.

Immer wieder erschallten Geräusche, doch Ganondorf war ganz offensichtlich auf engstem Raum eingemauert und konnte sich nicht erklären, wo das unterschwellige Murmeln herkommen mochte. Vielleicht aus den Wänden?

Dies sah ihm weder nach Licht noch nach Zeit aus, er schloss deshalb darauf, dass er nun in Naborus Magie eingefangen war. Nun, von ihr würde er sich erst recht nicht besiegen lassen, dachte er wütend. Dreckige Verräterin! Er würde sie gleich als erste nach Zelda und Link strafen.

Herausfordernd konzentrierte er sich dann in seinen eigenen Gedanken darauf, nach den zuvor vernommenen Lauten zu horchen, denn es konnte sich dabei nur noch um von der Weisen befehligte Geister handeln. Verlorene, zornige Seelen, auf der Suche nach einem neuen Körper, wie Ganon als einziger männlicher Gerudo sehr wohl wusste.

Kaum, dass er dies gedacht hatte, wurden die Stimmen in seinem Kopf auch schon lauter und fordernder. Wie viele es wohl sein mochten? Hunderte würden es sicherlich sein, ansonsten konnte Naboru nicht hoffen ihn als Fragmentsträger zu überwinden, dachte der einstige Herrscher der Geisterweisen.

Es dauerte nicht lange bis als nächstes die zahlreichen fremden Erinnerungsfetzen folgten, die ihm nach einiger Zeit glauben machen würden, sie wären seine eigenen, bis er schließlich eine der vielen miteinander ringenden Identitäten annehmen würde, die verstorben waren, sich damit jedoch, verbittert wie sie waren, nicht abgefunden hatten und ein trostloses Zwischendasein fristeten, aus dem sie nun zu fliehen versuchten.

Einige besonders kraftvolle und einnehmende Persönlichkeiten waren darunter, wie der Großmeister bald merken sollte. Gestalten, die im Leben äußerst charismatische und einflussreiche Personen gewesen sein mussten, Personen, die es gewohnt waren, ihren Willen durchzusetzen.

Ganondorf kam gar nicht dazu, sich über die Enge zu ärgern, in der er gefangen war, er war zu bald schon damit beschäftigt, sich auf sein eigenes Ich zu konzentrieren und die sich ihm aufdrängenden hunderten Bilder versuchte er zu ignorieren, was ihm beileibe nicht gelang. Er war eine willkommene Möglichkeit für die unruhigen Seelen, umso willkommener als dass sie sehr selten Gelegenheit dazu hatten, in jemandes Gedanken einzudringen. Es war nun einmal so, dass die meisten Wesen Geister nicht wahrnahmen und ihr ständiges, nach Aufmerksamkeit heischendes Flüstern überhörten.

So war Ganon gezwungen sich an Orte zu erinnern, an denen er nie gewesen war, mit fremden Gefühlen an Personen zu denken, die er im Leben noch nicht gesehen hatte und Wünsche sowie Hoffnungen zu hegen, die nicht die seinen waren. Allesamt waren sie echt und ehrlich als er sie empfand, und er konnte nur versuchen, an seinen Leidenschaften festzuhalten, um sich nicht in den Präsenzen Anderer zu verlieren.
 

„Friss dich satt, das nächste Mal dürfen wir uns nicht derartig mit Schande beladen“, knurrte Sathor und warf seinem Drachen Zwielicht ein großes Fleischstück hin, welches sich die hungrige Echse noch in der Luft schnappte und gierig mit schmatzenden Lauten verschlang.

Der Führer der Gilde des Kalten Feuers sah seinem Reittier dabei zu, wie es sein Fressen verzehrte und warf ihm dann den nächsten Brocken hin. Sie beide mussten die Zeit nutzen, bis Ganondorf wieder bei ihnen war, um sich zu stärken, denn die Schlacht im Goldenen Pass war für Sathor katastrophal verlaufen, hatte er doch von allen Gilden die größte Zahl seiner Besten verloren.

Alleine die entfernteste Erinnerung daran brachte ihn noch immer dazu, schneller zu atmen und Erregung durch seinen Körper zu leiten während sich sein Verstand vor lauter wilden Gedanken trübte und die ihm wohlbekannte Hitze ihn erfüllte. Wahnsinn nannten es alle, die ihn kannten, unkontrollierte Raserei, Tobsucht, Blutrausch…Mochten sie es nennen wie sie wollten, für Sathor selbst war dies etwas, was er tatsächlich nicht zu beherrschen im Stande war und was ihn aus diesem Grund mit Unbehagen und gar Angst erfüllte.

Seinen inneren Dämon nannte er es für sich, ein Feind im eigenen Inneren. Immer wenn er sich aufregte, ungeachtet des Anlasses oder der Art der Erregung, überkam es ihn wie ein Tier, welches erbarmungslos seine Beute packt und sie nicht mehr loslässt, bis es damit fertig ist. Dieser furchtbare, verzehrende Zorn, der sich gegen alles und jeden in seiner Umgebung richten konnte, ließ ihn keine Schmerzen mehr spüren und veranlasste ihn dazu, die unmöglichsten Risiken einzugehen.

Sathor wusste, dass man ihn in diesem Zustand fürchtete, dass ihm in dieser Verfassung brennenden Ungestüms noch nie jemand hatte gefährlich werden können und doch konnte er für sich selbst nicht leugnen, dass es ein Nachteil war, durch und durch. Sein Verstand setzte dann aus und was war ein Mensch ohne Verstand anderes als ein bloßes Tier?

Er verachtete diesen seinen Wesenszug ob der damit einhergehenden Herabwürdigung seiner Person und schalt ihn die Quelle all seiner Unzufriedenheit. Er empfand zwar keinen Selbsthass, doch spürte er, dass er sich nahe an der Grenze dazu befand. Er war einer der mächtigsten Männer des Kontinentes, der Führer einer der drei großen Gilden und dennoch war sein Gemüt nicht erhaben sondern labil, hatte er kaum Selbstbeherrschung und verhielt sich bisweilen wie eine tobende Bestie. Was allerdings das Schlimmste daran war, war, dass er diesen Zustand genoss.

Jedes Mal kostete er ihn erneut zur Gänze aus, ergötzte sich an seinen wahrlich wahnsinnigen Taten, berauschte ihn der Geruch, gar der Geschmack von Blut und Rauch. Verwüstung sowie Tod erschienen dann in einem vollkommen anderen Lichte und die Welt war schön, denn er war frei und ungezwungen.

Erst danach kamen all die Verachtung und Abscheu und leider auch die Frage, ob er sich lieber als kultiviertes Wesen der zivilisierten Welt, samt dessen schwindelnd großen Spektrum an verwirrenden, um nicht zu sagen verstörenden, Gefühlen ansehen wollte oder aber ob er nicht lieber ein Tier sein wollte, frei von höherwertigen, komplizierten Gedanken, aber dafür glücklich und selbstständig, keiner Gewalt untertan außer den Naturgesetzen. Menschen konnten niemals vollkommen werden, da dies jedoch das war, was sie anstrebten, konnte ihre Existenz nur in Unglück enden. Wollte er lieber ein unglücklicher Mensch sein oder ein glückliches, gefürchtetes, mächtiges Wesen mit dem Körper eines Karthasers doch dem Geiste eines tollwütigen Monsters?

Zu sehr schwankte er zwischen den Vorteilen beider Möglichkeiten, als dass er sich hätte entscheiden können und so war Sathor mürrisch und kühl, wenn er nicht rasend war, ein Zeichen seiner nicht enden wollenden Unzufriedenheit, ein Versuch, den inneren Konflikt zu kaschieren, so dass nicht die Öffentlichkeit seiner gewahr wurde.

Wenige Dinge gab es, die ihn wirklich abzulenken vermochten, etwa die gemeinsame Zeit mit seinem getreuen Drachen oder minderwertige Personen, gegen die er seine ohnehin schon negativen Gefühle richten und ausleben konnte. Und natürlich war da noch Ayasha.

Der Zauberer warf Zwielicht den letzten Rest des Fleischberges hin, erhob sich und schritt um den Drachen herum, während er mit einer Hand über dessen geschuppte, warme Haut fuhr. Sie befanden sich zusammen mit den anderen noch verbliebenen Echsen seiner Gilde in einem hohen Gewölbe, das ebenso zerstört war, wie alles andere auch in jenem Hochsitz verblasster Erinnerungen, in dem die Generäle auf die Rückkehr ihres Herrn warteten. Doch wenigstens war es hier nicht so windig, da es nur eine einzige Öffnung nach draußen gab, und die sich um eine weit entfernte Ecke herum befand.

Ein Blick in die Runde zeigte ihm die letzten vier überlebenden Reittiere und ihre Meister. Zwei seiner besten zehn waren nun ohne dieses besondere Hilfsmittel. Eine Schande. Eine verdammte Demütigung! Selbst die Alchimisten hatten nur zwei Mann verloren, wie hatten sie dies bewerkstelligt? Sie konnten unmöglich besser sein als Sathors Gefolgsleute, das war einfach ausgeschlossen. Sicherlich hatten sie sich ihrer Natur entsprechend billiger Tricks bedient und hatten jegliche direkte Konfrontation gemieden. Anders konnte und wollte sich der Führer des Kalten Feuers das überraschende Ergebnis nicht erklären.

Und dabei hatte Merexes noch lautstark gegreint über die fast dreihundert toten Mitglieder seiner Gilde, dachte Sathor bissig. Zugegeben mehr als die Hälfte des Neuen Feuers war damit ausgelöscht, doch war es die unwichtigere, untalentiertere Hälfte, die niederen Mitglieder, einige davon noch nicht einmal richtige Magier. Sie hatten überall im Pass die Maschinen bedient und waren deshalb zu solch hoher Zahl vergangen, insbesondere unter dem Einfluss der Weisen. Wen kümmerte es? Diese Gemeinschaft an Emporkömmlingen hatte sich lange genug an ihren unverdienten Privilegien erfreut, ihr Niedergang war eine der besten Neuerungen unter Ganondorfs Herrschaft.

Unglücklicherweise war der Großmeister des Bösen auch dafür verantwortlich, dass Ayasha sich Sathor nicht mehr hingab und dies wollte der Magier nicht einfach so hinnehmen. Einst waren er und sie die beiden uneingeschränkt mächtigsten Persönlichkeiten des Südens gewesen und so war es nur nahe liegend, dass sie sich gegenseitig höchsten Genuss bereiten konnten. Sehnsüchtig dachte der Mann, der über Dunkelheit und Licht gleichermaßen gebot, an den perfekten Körper der Führerin des Verführerischen Feuers, erinnerte sich an ihre vollkommenen Bewegung, an die Ekstase, in die sie ihn getrieben hatte…Wenn seine Verachtung gegenüber Merexes den Teil seiner menschlichen Seite ausmachte, so drückte seine Sucht nach Ayasha den animalischen Teil seiner Selbst aus. Er wollte sie. Alle wollten sie und sie selbst war sich dessen nur zu gut bewusst. Wie konnte sie ihn dann immer wieder abweisen, nun da Ganondorf hier war? Konnte er ihr mehr bieten als Sathor? Nein, der Führer des Kalten Feuers war sich sicher: Wenn es um das unsittlich Triebhafte ging, so hatte ihm keiner etwas voraus. Er würde sie für sich zurückgewinnen.
 

Einen Herzschlag lang drohte des Großmeisters Verstand auszusetzen. Alles war wieder da, das grelle Licht, die schmerzenden, geblendeten Augen, das Brennen im Inneren seines Körpers und die Gewissheit weniger als ein Schatten der eigenen Person zu sein.

Dann fing sich Ganon wieder und setzte unverzüglich die Macht seines Fragmentes frei. Es war nichtig, dass er damit möglicherweise wertvolle Energie verschwendete, die er späte noch brauchen konnte. Er befand sich wieder in der weißen Hölle seiner Verbannung und niemals wieder würde er sich dieser grauenhaftesten aller Daseinsebenen aussetzen. Niemals. Eher würde er seinem Leben persönlich ein Ende bereiten.

Er umgab sich mit einer Dunkelheit, die das grausame Licht auf ein Minimum dämpfte. Die Schmerzen verklangen, die zerstörerischen Gedanken endeten doch die schrecklichen Erinnerungen kamen in ihm hoch, Erinnerungen an zwanzig Jahre nicht enden wollender Qualen, Erinnerungen an Wahnsinn und die eigene Erbärmlichkeit.

„Du perfider Greis…“, zischte Ganondorf.

Der Lichtweise hatte seine eigene, weite Hölle neu beschworen. Nein, selbst wenn ihm später die Kraft dazu fehlen sollte, sich zu wehren, er würde diese Pein nicht noch einmal auf sich nehmen, denn es war das einzige, was er in seinem ganzen Leben wahrlich abgrundtief fürchtete, was ihm überwältigendes Entsetzten bereitete, was ihn den Verstand verlieren ließ. Oh nein, bei den Göttinnen, er würde seinen Schutzschild so lange aufrechterhalten, bis der letzte Zauber sich vor ihm auftun würde und er in Sicherheit wäre. Niemals, niemals wieder…er hatte es sich geschworen…nie…denn er würde es kein zweites Mal überstehen…
 

„Ein Adler!“

Oroelle kramte kurz in einer ihrer Taschen und holte eine winzige Pfeife aus durchsichtigem Glas hervor. Geschwind sucht sie abermals den Himmel nach dem stolzen Vogel ab und blies dann mit glänzenden Augen hinein. Ein schrilles Geräusch ertönte, keine Nachahmung eines Vogelschreis, sondern eine abstrakte Melodie ohne wirklichen Rhythmus.

Ihr Bruder beobachtete währenddessen fasziniert ihr Gesicht. Es wäre falsch gewesen zu sagen, dass Oroelle in jenem Moment wie ein kleines Mädchen aussah, aber sie erschien auf jeden Fall jünger und glücklicher, sorgenfrei und ungebunden, vollkommen und wunderschön. Ein Hauch von Rosa hatte sich über ihre Wangen gelegt, ihre Augen leuchteten golden und der Wind ließ ihr lockiges Haar zu seiner pfeifenden Weise tanzen.

Eine kurze Weile starrte sie erwartungsvoll und eindeutig sehnsüchtig in den Himmel, doch als klar wurde, dass nichts mehr geschehen würde, ließ sie die Hand mit der Pfeife sinken und schaute mit einem Ausdruck mühsam unterdrückter Enttäuschung zu Tiran.

„Manchmal reagieren sie auf den Ruf und kommen her…“, sagte sie traurig lächelnd, sah die Liebe in ihres Bruders Augen und fühlte sich wieder besser.

„Ich weiß, aber es kommt selten vor. Letztlich sind sie doch die freiesten Geschöpfe der Welt, selbst gegenüber unserem Willen ungebunden.“, erwiderte Tiran und winkte seiner Schwester, sich neben ihn auf den Fels zu setzen.

„Trotzdem ist man immer wieder dazu verleitet, es zu versuchen, nicht wahr?“, sprach ihrer beider Meister Shinrio, der mit vor der Brust verschränkten Armen neben seinen Schülern an eine Wand lehnte.

Die drei Shiekah befanden sich auf einem Vorsprung eines der kolossalen Berge des Nordgebirges und genossen Wind und Sonne auf ihren Gesichtern. Der Himmel schien so nahe, die Luft so rein und unter ihnen sowie um sie herum breitete sich eine schneeweiße Wolkendecke aus, die sie von allem Leben, welches sich darunter auch befinden mochte, trennte. Sie hielten sich noch weit nördlicher jenseits der Stadt von Schwarz und Weiß auf und waren abgeschottet von Hyrule und seinen Wirren. Hier gab es nur Fels und Luft, Himmel und Berge, Freiheit und Unbezwungenheit.

Die drei eng miteinander verbundenen Angehörigen des Schattenvolkes drangen oft und gerne weit ins Nordgebirge vor, wo sie über alles nachdenken und reden konnten. Wo sie auch von den übrigen Shiekah getrennt waren.

„Meister, Ihr seid so gut darin, sie auf Euch aufmerksam zu machen, wollt Ihr ihn nicht für mich rufen?“, fragte Oroelle mit einem süßen Lächeln an Shinrio gewandt, welcher daraufhin laut auflachte, wodurch sich seine Züge merklich aufhellten und er viel weniger bedrohlich aussah. Seine gewöhnlich harte Miene verriet zwar, dass er es nicht oft tat, doch der gelöste, ganz und gar entspannte und fröhliche Ausdruck in seinen Augen zeigte dennoch, wie sehr der Heermeister der Shiekah das Lachen genoss und schätzte.

„Könnte ich dir denn hier etwas abschlagen, liebste Schülerin?“, zwinkerte er. Besagte Frau verwandelte ihr Lächeln in eine grinsende, scheinheilige Grimasse.

„Zumindest tatet Ihr es noch nie!“, stellte sie fest.

„Aber, aber Schwester, du leitest aus Erfahrungen ab. Wir stellen keine Vermutungen auf Grund von angenommenen, schon erfahrenen Begebenheiten ab“, mischte sich Tiran ein schmunzelnd ein.

„Wahr gesprochen Schüler! Du kannst noch viel von deinem Bruder lernen Oroelle und sei es Gehorsam, um nur eine Sache zu benennen!“, erwiderte Shinrio, in dessen Lächeln sich wieder eine Ahnung seiner Strenge und Unnachgiebigkeit geschlichen hatte. Darüber konnte er kaum scherzen, er hatte Tirans Schwester zu oft und hart bestrafen müssen ungeachtet der seelischen Pein, die ihm dies selbst bereitete. Den Gesetzen musste Folge geleistet werden.

„Ihr seid beide immer gegen mich, das ist nicht gerecht und ganz und gar nicht ehrenhaft!“, schmollte die junge Shiekah und tippte mit ihren Fingern ungeduldig auf den Fels. Sie alle drei wussten, dass der Heermeister ihres Volkes seiner Schülerin an jenem Ort der Ungezwungenheit tatsächlich kaum etwas abschlagen konnte.

„Nun dann, um mich von solch schwerwiegenden Vergehen freizusprechen, sollte ich deinem Wunsch wohl Folge leisten…“, zwinkerte Shinrio, trat vor und blickte in den Himmel.

„Er ist bereits weit, unser gefiederter Freund der Lüfte, ich weiß nicht, ob er auf meinen Ruf hören wird“, stellte er von vornherein klar und schloss die Augen.

Die drei warteten. Geduld, war eine der Tugenden, die ihr Volk ausmachte. Es dauerte wirklich längere Zeit, bis sie wieder den altbekannten Schrei über sich vernahmen und der Adler aus der Luft hinabstieß. Schnell wie der Greifvogel war, dauerte dieser Vorgang nur einen kurzen Moment, doch diesen kosteten die Shiekah zur Gänze aus.

Bewundernd beobachteten sie die fließende Bewegung, tausendmal schöner als der Flug goldener Pfeilspitzen und ebenso schnell. Der mächtige, dunkle Schnabel geschlossen doch allzeit bereit sich blitzschnell zu öffnen und die Beute zu packen, die scharfen grauen Krallen ausgefahren. Stolz ließ er sich auf einem großen Stein vor ihnen nieder und plusterte sein dichtes, glänzendes Gefieder aus, tiefschwarz bis auf den weißen Kopf. Klare graue Augen blickten sie ohne zu blinzeln an.

„Was sagt er?“, flüsterte Oroelle und Augen richteten sich auf sie, welche von keinem Shiekah der Welt eingeschüchtert sich senken würden.

Stumm hielt ihr Meister sein Zwiegespräch mit der Inkarnation aller Freiheit wie es schien und Tiran wie auch seine Schwester wagten kaum zu atmen, um nicht womöglich zu stören, ein Gefühl, das sie sonst nie überkam. Sie bewunderten ihn dafür. Sehr wenigen Shiekah war es möglich an den einstmals gängigen Brauch anzuknüpfen und mit den gewaltigen Raubvögeln zu sprechen, wobei diese alleine durch ihre Unbezwungenheit schon eine Gewalt waren.

„Er grüßt seine Brüder und seine Schwester im Geiste und drückt sein Wohlgefallen aus, dass es noch jene gibt, die denen von einst gleichen.“, sagte Shinrio, noch immer mit geschlossenen Augen, schließlich.

„Er lädt euch zudem ein, an unseren Gedanken teilzuhaben, sofern ihr dies wünscht“, fuhr der Lehrmeister fort.

Dem Geschwisterpaar verschlug es die Sprache. Welch eine Ehre…welch eine unvergleichliche Ehre von einem, der Jahrhunderte durchlebt hatte, wie sie durch seine bloße Präsenz bereits erahnen konnten, mit den Shiekah von einst verglichen zu werden. Niemand konnte besser darüber urteilen als die stolzen Bewohner der Lüfte und nun auch noch an seinem Bewusstsein teilzuhaben…

Gespannt, erwartungsvoll, gar nervös knieten sich Tiran und Oroelle neben Shinrio hin und blickten dem Vogel tief in die Augen. Rasch versanken sie in dem Geiste, der darin wohnte, wurden Teil einer gewaltigen Existenz, sahen Königreiche und Städte, Wesen aller Art, Ozeane, Wälder und Berge unter sich und spürten den herrlichen Wind der höchsten Höhen am ganzen Körper. Und schließlich sahen sie es, wofür ein jeder Shiekah alles tun würde, um es zu mit eigener Seele zu erblicken. Die ruhmreiche Vergangenheit. Die Pracht des Schattenvolkes als es noch nicht das Schattenvolk gewesen war, als die Welt noch jung und schön war, als es noch kaum etwas Schlechtes gegeben hatte.

Da waren sie, die Städte, deren Namen und Aussehen ein jeder ihres Volkes kannte und mit Magie und Kunst aller Art teilweise zum Ausdruck bringen konnte. Gewaltige Monumente, Herrlichkeiten, Glanz und Myriaden von Vergnügungen. Freiheit. Freundschaft. Liebe. Da waren sie, die großen Gefühle und Werte, die nun dem Wohle des Volkes untergeordnet werden mussten.

„Genug…“, sprach der Heermeister des Volkes, welches ein Abglanz dessen war, was die drei eben wahrnehmen durften, leise und riss seine Schüler somit aus dem Traum der Vergangenheit.

Seufzend blinzelten sie sich an, zwei verzagte Leute, erwacht aus herrlichen Tagträumen. An diesem Ort glichen sie gewöhnlichen Menschen und fühlten deren begehrten Sehnsüchte und Ängste. Oroelle liebte dies Gefühl und schätzte Momente wie den vorigen wie kaum etwas anderes in ihrem Leben.

„Es ist gefährlich, zu lange dem Glück unserer Vergangenheit nachzutrauern oder sich ihm womöglich gänzlich hinzugeben.“, belehrte der Meister und die Schüler verstanden.

„Danke!“, sagte Tirans Schwester, an sowohl den Adler als auch Shinrio gewandt.

Der Vogel stieß daraufhin einen lauten Ruf aus, spannte seine Schwingen und entschwand bald ihren Blicken.

Es war nicht das erste Mal, dass sie einen solchen Moment geteilt hatten und gewiss waren sie nicht die einzigen in ihrem Volke, denen solche Möglichkeiten zugänglich waren. Und für sie alle war die Rückkehr in die gegenwärtige Welt eine grausame Ernüchterung, das Erfüllen ihrer mittlerweile angestammten Aufgaben quälender Hohn. Sowohl der Meister als auch seine Schüler litten nun dieselben Schmerzen, waren beschäftigt mit den gleichen Gedanken.

Schließlich jedoch erhob sich Oroelle und trat an den Rand des Felsvorsprunges.

„Das wird ein schönes neues Bild, nicht wahr?“, murmelte sie und ihr Bruder antwortete:

„Ja, das wird es.“

Shinrio beobachtete die beiden mit einem Blick, den man als liebevoll bezeichnen konnte, ein Ausdruck, den niemand, der ihn jetzt kannte, jemals auf seinem Gesicht vermuten würde.

„Hohe Kunst…“, flüsterte er und obwohl seine Schüler ihn hörten, wussten sie, dass die Worte nicht an sie gerichtet waren.

Oroelle breitete unterdessen ihre Arme aus und trat noch einen weiteren Schritt auf den Abgrund zu. In der Höhe, in der sie sich aufhielte, viel höher als der Todesberg es war, gab es unablässig einen starken Wind, der gewöhnliche Menschen einfach in die Luft gewirbelt hätte. Doch da stand sie nun, stolz auf ihre eigene Art und schön, und ihr Blick galt der Ewigkeit, die sich unter, über und um sie herum ausbreitete.

„Es wäre schön, einfach so Flügel ausbreiten zu können und wegzufliegen, nicht wahr?“, fragte sie an die beiden anderen hinter ihr gewandt.

„Ein weiteres Vergnügen aus alter Zeit…wir werden wieder melancholisch“, lächelte Tiran schwach, nicht im Stande sich gegen die aufkeimenden Gefühle der jetzigen Stimmung zu wehren. Eine Stimmung, die ein jeder ihres Volkes so oft durchzumachen gezwungen war.

„Was bleibt uns denn anderes?“, fragte seine Schwester.

„Oroelle, bitte verwechsle nicht Melancholie mit Bitterkeit, auch wenn es nur einen schmalen Grad gibt zwischen ihnen.“, mahnte Shinrio leise.

„Ich leide, Meister. Ich leide und weder du noch nicht einmal du, Tiran, könnt mir helfen.“

„Wir alle leiden…“, erwiderte Tiran und er klang müde.

„Verzagt nicht, ihr wisst, dass alles bald besser werden wird!“, erinnerte sie ihr Lehrer.

„Aber wissen wir das genau? Wir können nicht genau sagen, was sich ändern wird. Was wird mit…?“

„Es ist dieser Junge, Ren, habe ich Recht? Liebst du ihn, stürzt er dich in derartige Verwirrung?“, unterbrach sie Shinrio mit nun wieder seiner gewohnten schneidenden Stimme.

„Nein, ich liebe ihn nicht. Er ist mein Freund, mehr nicht. Ich mag ihn. Ich schätze ihn und seine Familie. Ich fühle mich gut in seiner Gegenwart, er heitert mich auf. Werdet Ihr mich nun wieder bestrafen, Meister?“, fragte sie herausfordernd, indem sie sich umdrehte.

„Du weißt, was er ist. Was sie alle sind…“, funkelte Shinrio zornig.

„Niemand kann etwas für das, als was man geboren wird.“, sagte Tiran und die beiden anderen blickten ihn überrascht an. Es geschah bei all seiner Liebe zu Oroelle eher selten, dass ihr Bruder vor ihrem Meistern Partei für sie ergriff. Diese ungewohnte Einmischung schien den Heermeister der Shiekah jedoch wieder etwas zu beruhigen.

„Du hast Recht“, gestand er seinem Schüler zu.

„Sie können wirklich nichts dafür. Deshalb ist es nicht an uns über ihr Schicksal zu entscheiden.“

„Wenn Ihr mit Eurem Vorhaben fortfahrt, so ist ihr Schicksal besiegelt.“, sagte Impas mögliche Nachfolgerin.

„So soll ich denn damit aufhören? Soll ich unser Volk verdammen und die Macht des Einen siegen lassen?“

„Nein…Ihr wisst, dass ich darauf keine Antwort habe. Nichts möchte ich lieber, als eine neue Zukunft für die Shiekah. Doch kann ich auch nicht aufhören an der Zukunft der anderen Völker Anteil zu nehmen. Bitte versteht dies.“

„Ich verstehe, mein Kind.“, sagte Shinrio und schien merklich aufzuweichen, als er sie da ansah. Dann kam er auf sie zu und umarmte sie. Tiran mischte sich nicht mehr ein, es war nun ein Augenblick, der den beiden gehörte. Seine Liebe zu seiner Schwester war grenzenlos und so war er niemals ein übereifersüchtiger Bruder gewesen und hatte sich zu keiner Zeit in Dinge eingemischt, die ihn nichts angingen.

„Oroelle, Oroelle…was mache ich nur mit dir? Immer gibt es kleine Rebellen und du bist die größte von allen. Doch was kann ich anderes tun, als abzuwarten, bis du deine Ansichten änderst, handelst du doch bislang aus Überzeugung? Wenn der Moment kommen wird, und ich bin überzeugt davon, dass du ihn wirst erleiden müssen, so werden wir bei dir sein, vergiss dies bitte nicht.“

„Ja Meister. Ich danke dir!“, sagte sie und meinte es ehrlich. Selten fühlten Shiekah Geborgenheit, doch Oroelle hatte Glück, denn sie hatte ihren Bruder und ihren Meister und beide liebten sie über alles.
 

Niederlage…die Niederlage war nahe…sie hatten es vollbracht, sie hatten ihn bezwungen. Er konnte nicht mehr, war kraftlos und sein Eifer schwand. Der Zauber Zeldas, die Magie der siebten Weisen, der Weisen der Zeit, hatte den Kreis der Sieben geschlossen und die verborgene Macht des Bannes freigesetzt.

Ganondorf hatte gedacht, dass der siebte Zauber der letzte sein würde, dass er es dann geschafft hätte, dass er das Schlimmste schon hinter sich hätte. Doch er hatte sich geirrt, einer der schlimmsten und fatalsten Irrtümer seines Lebens. Ein Irrtum, der ihn den Sieg und das Leben kosten würde.

Der Zeitzauber hatte harmlos angefangen. Der Großmeister war gezwungen gewesen, Szenen aus der Vergangenheit nochmals zu durchleben: Seine Niederlage gegen Link, jeden Moment seines Daseins, zu dem er sich fürchtete, seine beinahe gescheiterte Flucht aus Hyrule und immer wieder den Aufenthalt in der weißen Hölle. Wieder hatte er sich mit göttlichem Schutz umgeben und hatte Kraft vergeudet, eine spätere Ermattung in Kauf nehmend. Und nun war es soweit: Er war kraftlos.

Irgendwann waren denn auch die Zauber aller Weisen wiedergekommen, doch nicht mehr einzeln sondern alle gemeinsam, eine Gewalt, die ihn schier zu erdrücken suchte. Denn die Weisen von Hyrule waren eins und ein jeder von ihnen hatte Anteil an der Macht und an den Gedanken eines jeden anderen. Nachdem sie sich einzeln erproben durften, hatten sie sich auf ihre gemeinsame Macht besonnen, die wahre Quelle ihrer Überlegenheit und Autorität. Ganon wusste selbst nicht mehr zu sagen, was er genau fühlte, ob es überhaupt Schmerzen waren oder nicht. Er wusste allerdings, dass er zuviel Kraft verbraucht hatte und sich nicht mehr wehren konnte. Die Weisen würden ihn nun besiegen und der einzige Ausweg bestand darin, um Hilfe zu rufen.

Es war zwar schwierig, doch müsste er bei einem erneuten Kraftaufwand einen Hilferuf aussenden können, der von der betroffenen Person vernommen werden müsste, sofern sie mächtig und talentiert genug war. Er konnte also nur seine Generäle rufen. Sathor und Merexes würden ihm beide nicht helfen, dessen war er sich sicher. Es blieb nur Ayasha, die göttliche, die unvergleichliche Ayasha.

Aber würde er damit nicht seine totale Abhängigkeit von ihr offenbaren? Sich eingestehen, dass er ohne sie nicht mehr konnte, ja nicht mehr wollte? Helfen würde sie ihm gewiss, daran bestand kein Zweifel. Denn auch wenn Ganondorf nicht an ihre bedingungslose Treue und Loyalität glaubte, so glaubte er doch an ihr Verlangen nach Macht, eine Begierde, die nur er zufrieden stellend stillen konnte. Um ihrer gemeinsamen lüsternen Stunden willen, voll von Sinnlichkeit und Magie, würde sie ihm helfen. Doch wollte er das?

Andererseits…er wollte bestimmt nicht sterben. Er wollte seine Ziele erreichen und noch vieles darüber hinaus. Er wollte sich an seinem eigenen Selbst erfreuen und an der Führerin des Verführerischen Feuers und an seiner Leidenschaft und an Macht. Er wollte leben. Und wenn sein Stolz ihm dabei im Wege stand…
 

Es war die Nacht des siebten Tages, seit ihres Herrn Eintauchen in der Magie der Weisen und bald würde er wieder bei ihr sein. In baldigen Augenblicken würde er sie wieder beglücken und sie ihn und Ayasha wäre glücklich und zufrieden, erfüllt und ausgeglichen.

Wohlige Schauer jagten beim bloßen Gedanken an das Ausklingen dieser Nacht durch ihren herrlichen Körper, doch sie beherrschte sich. Eine ganze lange Woche hatte sie sich schließlich beherrscht, nun würde sie gewiss nicht dem Drängen ihrer Lust nachgeben. Der Großmeister des Bösen sollte sie nehmen und er alleine.

Leicht belustigt dachte sie an die Avancen Sathors vom vergangenen Tage zurück. Wie er darum bettelte, dass sie sich ihm hingeben möge! Und seine lächerlichen Argumente…wohlwahr, einstmals hatte sie ihn begehrt, wenn auch niemals so, wie er sie gebraucht hatte. Früher hatte sie außer ihrer eigenen Macht nur die Seine als mehr oder weniger ebenbürtig angesehen und hatte Erfüllung beim Liebesspiel mit ihm gefunden. Doch nun…nein, jetzt würde kein Mann sie jemals wieder zufrieden stellend befriedigen können, mochte er auch noch so interessant sein. Ganondorf war derzeit die größte Gewalt und nur ihm würde sie sich mit Freuden beugen. Alle ließ sie dies spüren und Sathor am meisten, einfach nur um seine Reaktion zu sehen.

Gerade als sie sich in Gedanken erneut ausmalte, was in dieser Nacht geschehen würde, erreichte sie ihres Herrn Aufforderung, ihm beizustehen und Glück durchströmte sie. Er vertraute ihr also, und nur ihr!

Oh ja, Meister, ich werde euch helfen und eure Macht wieder an meine Seite holen!, frohlockte sie während sie sich einem Sturmwind aus drei verschiedenen Farben gleich zum Körper des Großmeisters begab, ihm eine Hand auflegte und kraft ihrer eigenen überragenden Fähigkeiten gewaltsam in die Sphäre der Weisen eindrang.

Er sah sie im gleichen Augenblick vor sich, wie sie ihn und einander verstehend setzten sie sich zur Wehr gegen die Mächte von Licht und Schatten, von Feuer und Wasser, von Natur und Geistern. Es ging darum die Zeit zu überstehen und so beschränkten sie sich auf größtmöglichen Schutz und gemeinsam trotzten sie allen Versuchen der Zauber der Weisen, sie niederzuringen bis sie von einem Moment auf den nächsten wieder in der realen Welt waren, wo Ganondorf alsdann schwer atmend auf die Knie sank und sie ihn in ihre Gemächer brachte, indem sie purpurne Wolken beschwor, die ihn trugen.

Beide schwiegen sie, denn sie wussten nicht, was Worte mehr sagen konnten, als Taten. In ihrer Kammer legte sie ihren Herrn auf ihr Bett, entkleidete ihn vorsichtig und wusch ihn. Seine Haut war heiß und er war schweißüberströmt und ihn wieder berühren zu dürfen war herrlich. Sie liebte die Macht in ihm, doch die Macht formte den Mann und so war sie ganz die seine. Sie hoffte, dass er dies wusste.



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Kommentare zu dieser Fanfic (12)
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Von:  Pikagirl100
2008-07-23T16:45:51+00:00 23.07.2008 18:45
Hi ich finde deine ff cool doch zum ende hin ist sie etwas langweilig geworden. Könntest du bitte weiter machen ich möchte sogerne wissen was mit den Beiden passiert ob sie sich immer noch lieben oder über eine Hochzeit nachdenken.
Dein fuchs-chan:D
Von: abgemeldet
2008-02-12T20:47:06+00:00 12.02.2008 21:47
kann es sein, das du im Zfb unter dem Namen FAlly existierst???
Von:  Faylen7
2007-10-26T20:02:50+00:00 26.10.2007 22:02
Hey also...
ich war zunächst mal erstaunt über deinen Stil. Du hast einen Wahnsinns-Stil, das kann man nicht kritisieren. Du beschreibst deine Charaktere, Orte und Geschehnisse sehr geschickt. Echt klasse...
aber da ich konstruktiv sein will... hier meine ehrliche Antwort. Du hast vermutlich das Absurdeste Pärchen in Hyrule überhaupt gewählt... Link und Ruto... naja, wer's mag...

Aber mir persönlich als Leser ist hier schnell die Lust am Lesen vergangen. Dabei ist sonst alles phantastisch an deiner Story...

Was mich stört ist, dass du die Liebe zwischen Link und Ruto als ehrlich bezeichnest, obwohl du im nächsten Satz (oder Abschnitt) sogar ansprichst, dass Link Zelda liebt und trotzdem wegen einer kindlichen!!! Verlobung zu Ruto geht. Das ist irgendwie (für mich) unlogisch...
außerdem: welcher kleine Bengel, der vorher im Wald gewohnt hat und nicht den blassen Dunst einer Ahnung von Liebe und Verlobung hat, würde eine kindliche Verlobung ernst nehmen???

Und ehrlich: im Spiel ist die Ruto äußerst stark... man kann sich als Fan nicht vorstellen, dass sie daran zerbrechen würde, wenn sich Link für Zelda entscheiden würde, zumal sie im Tempel des Lichts ja direkt anspricht, dass Link an eine andere denkt...

Ich glaube, du hast dir mit dieser Konstellation, und der Tatsache, dass Link mit Ruto auch noch Kinder zeugt??? - ist das anatomisch überhaupt möglich einen eierlegenden Fisch mit einem Hylianer zu kreuzen?-(ich denke, Zoras gehören zu einer vollkommen anderen Rasse als Hylianer- genauso wie man Hund und Katze nicht kreuzen kann).

Und dann: Du denkst wirklich die Zoras würden einen Hylianer als den Mann an der Seite ihrer Prinzessin dulden? Ausgerechnet das stolze Volk der Zoras??? Ich denke nämlich an den Krieg vor dem Zeitkrieg, daran, dass es einen Konflikt zwischen Zoras und Goronen gab, also bevor Hyrule geeint wurde. Hier haben sich die Hylianer eingemischt und standen sozusagen im Krezfeuer...

Ich weiß, es ist dir gegenüber ziemlich unfair, dass ich mich hier an diesem einen Punkt aufhänge, aber ich kann net anders... es stört mich einfach... deshalb möchte ich mich entschuldigen, falls meine Kritik bei dir sauer aufstößt. Ich möchte bloß ehrlich sein und das wollte ich dich wissen lassen. Ich denke, dass du dir hiermit viele Leser (und Kommis) verscherzt hast...

Es wäre schön, eine andere Story von dir zu lesen. Grüße Faylen7
Von: abgemeldet
2007-10-20T19:52:29+00:00 20.10.2007 21:52
kapitel war richtig klasse, hoffentlich ist link nichts passiert und ich hoffe das bald der zweikampf zwischen link und ganondorf kommt ^^

mfg eddie2
Von: abgemeldet
2007-10-13T20:47:17+00:00 13.10.2007 22:47
coole kapitel brauchte sehr lange bis ich die durch hatte ^^ mach nur weiter so

mfg eddie2
Von: abgemeldet
2007-08-20T12:28:49+00:00 20.08.2007 14:28
boah meine güte du bist echt wirklich der meister darin sachen zu verzögern ^^ keiner kann das besser als du. kapitel hat mir ganz gut gefallen wieder so schön lang das habe ich am liebsten
Von: abgemeldet
2007-07-18T06:31:38+00:00 18.07.2007 08:31
boah ein richtig langes geiles kapitel, habe fast 2 stunden gebraucht um es zulesen ^^ aber langsam kann ja auch mal der krieg anfangen xD darauf warte ich nähmlich schon die ganze zeit.
Von:  hundefrau
2007-07-14T16:40:50+00:00 14.07.2007 18:40
hui, wieder ein schönes kappi^^
Von:  hundefrau
2007-07-14T16:37:36+00:00 14.07.2007 18:37
hui, ich bin erste, ich fand das cool geschrieben^^
Von: abgemeldet
2007-07-11T17:25:28+00:00 11.07.2007 19:25
*tränen in den augen hab* ein schönes kapitel kanns kaum abwarten bis zum nächsten kapitel. am schönsten ware wenn es noch heute kämme

*fähnfahne schwing*


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