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Where you are

I will follow you
von

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How it began

Schon seit dem Tag an dem ich geboren wurde, ist es, als würde ein fluch auf mir liegen. Nicht irgendwie magisch sondern belastend und deprimierend, denn egal wie oft ich verliebt war, was bisher nur dreimal der Fall war, nie hat sie sich für mich interessiert.

Meine Mutter, die schon in ihrer dritten Beziehung lebte, seit dem mein Vater an meinem 4. Geburtstag gestorben ist, wollte ich nicht fragen, was ich vielleicht falsch mache, zu dem wäre sie entsetzt, das ihre einzige Tochter lesbisch ist. Also musste ich mir ein Ventil suchen. Ich fing an mit der Musik. Schon seit dem ich 7 Jahre alt bin spiele ich Piano, denn meine Großmutter bestand darauf, das ihre Enkelin in der Lage ist, ein Musikinstrument zu spielen, und da ich damals keine Violine haben wollte fing ich mit dem Piano spielen an.

In meiner Strasse gab es außerdem noch ein Mädchen, damals als wir noch dort wohnten, habe ich oft vor unserem Haus gesessen und ihr zugehört, da sie gleich gegenüber wohnten.

Ihr Name ist Yumiko. Damals habe ich sie bewundert, denn auch wenn sie so viel zu tun hat, hatte sie oft Besuch von irgendwelchen Freundinnen, nicht so wie ich. In der Grundschule hatte ich nur eine Freundin, aber wir haben uns nie getroffen, da ihre Mutter es nicht wollte.

Meine Mutter aber machte sich Sorgen.. unnötig.

Ich war damals schon viel reifer als andere Kinder in meinem Alter. Das hat sich ausgezahlt. Häufig hielten die Kinder Abstand, denn ich beschäftigte mich nun einmal mit anderen Dingen, als mitspielen.

Es war die Musik, die ich benutzte um Spaß zu haben.

Nach ein paar Jahren sorgte sich auch meine Mutter nicht mehr um mich, denn inzwischen war sie mit ihrem dritten Ehemann zusammen, und der wusste, wie er es schaffte, dass meine Mutter keine Zeit mehr für mich hatte.

Aber mit der Zeit war es mir egal.

Ich wurde älter und Yumiko und ich sprachen sogar miteinander, denn sie fand es toll, dass ich ihre Musik mochte. Manchmal durfte ich nun auch zu ihr und wir haben gemeinsam am Piano gespielt.

Aber all das änderte sich, als mir meine Mutter mitteilte, dass wir umziehen werden, ich war am Boden zerstört, als sie mir es erzählte. Doch ich konnte es auch nicht verhindern. Zu sehr hatte ich Angst dass sie mir etwas antun würde. Denn durch ihren neusten Lebensgefährten, trank sie abends öfter.

Als ich es Yumiko erzählte, war sie traurig, denn wir mochten einander sehr und es tat mir im Herzen weh....

Aber es würde sich lohnen auf sie zu warten...

Zum Abschied hatte sie mir ein Gedicht geschrieben und die passende Musik dazu komponiert.
 

Es war dein Blick,

der mich an dem Tag,

an dem wir zum ersten Mal miteinander sprachen,

der mich so an dir fesselte.

Deine Art und Weise,

alles an dir,

mein Herz raste,

als würde es jeden Augenblick explodieren.

Und es wird sterben, wenn du bald weg sein wirst.

Es wird die Last nicht tragen können,

die die Liebe ihm gegeben hat.


 

Sie weinte, als sie es mir vorspielte und ihre Stimme war gebrochen.

Wir wollten einander nicht mehr loslassen, denn es würde nur bedeuten, dass es wirklich passierte.

Doch meine Mutter kam mich abholen.

Und nun weinte auch ich..

Zu spät habe ich bemerkt, was Yumiko mir wirklich bedeutete.

Und so kam ich in ein anderes Land, eine andere Stadt und es war, als würde ein Alptraum beginnen...

Zusammen Alleine

Einige Tage sind vergangen, nach dem ich in dem neuen Haus angekommen war. Mir war einfach nur schlecht...

Meine Mutter meinte ich hätte mir vielleicht etwas eingefangen, doch kannte ich den wahren Grund..

Ich war verliebt und meine Liebe lebte in einem fernen Land, ich hatte außer Briefen keine Chance sie zu erreichen. Ich fühlte mich außerdem noch miserabel, da mir das Lied, das sie zu dem Gedicht geschrieben hatte nicht aus dem Kopf ging. Stunde um Stunde sang ich es leise vor mich hin.

Dieses Mal hatte ich meine Piano in einem Extraraum, und nicht wie vorher im Wohnzimmer, wo ich mich durch meinem Stiefvater gestört fühlte.

Doch in dem Nähzimmer, hatte ich meine eigene Ecke und meine Mutter war nicht oft dort..

Dafür ich nun umso mehr.

Am Montag, eine Woche nach dem wir hier ankamen, musste ich in meine neue Schule. Eigentlich wollte ich nicht, denn auch wenn ich eine gute Schülerin bin, wegen meinen neuen Klassenkameraden nicht hin. Ich hatte Angst, dass ich wahrscheinlich wieder verstoßen werde, oder irgendwas in der Richtung, doch Privatunterricht konnten sich meine "Eltern" nicht leisten.

Also musste ich wohl in den sauren Apfel beißen... Dabei bin ich eigentlich mehr der süße Typ..

Es war noch früh am Morgen und eigentlich hatte ich noch 3 Stunden zu schlafen, doch die Sonne die schon mein Zimmer mit Licht füllte, weckte mich.

Es war Frühling. Deshalb fiel es mir auch leichter aufzustehen, vor allem an einem Tag wie diesem.

Leider war es einer dieser Tage, der wieder entscheidend war für viele weitere Jahre, zu mindest so lange bis ich erwachsen bin, und wieder zurück kann.

Denn das habe ich Yumiko an dem Tag versprochen, an dem ich wegzog.

Und ich werde es einhalten.

Mein Morgen war eigentlich wie der, den ich zu Hause auf dieselbe Art und Weise verbracht hätte. Nur in einer anderen Behausung.

Hier war vieles von der Räumlichkeit größer. Ich hatte natürlich nichts dagegen, das meine Zimmer nun größer ist, doch war mein altes gemütlicher.

Ich zog mir meine neue Schuluniform an, wenigstens die sah meiner alten ähnlich. Wie bei all den anderen Schuluniformen, waren auch hier wieder die Farben der Schule vertreten, in diesem Fall sind es Marineblau und Weiß. Eigentlich nichts Besonderes.

Meine Haare ließ ich offen, da ich seit kurzem meine Haare kürzer habe. Sie waren aber gerade noch so lang, dass ich mir damit einen Zopf machen kann.

Nachdem ich mich fertig gekleidet hatte, ging ich ins Nähzimmer. Nur meine Mutter war noch zu Hause, da eine Extraschicht einlegte, er war Anwalt hier in einer großen Kanzlei, und ging nun für den Anfang immer früh los, da er vieles abzuarbeiten bekommen hatte.

Meine Mutter meinte, dass er das nicht machen sollte, doch er wollte es schnell erledigen, um dann endlich an einen Fall zu kommen, und nicht nur Papierkram erledigen zu müssen.

Mir war es nur Recht, das er früh außer Haus ging und auch spät erst kam.

Ich ging also ins Nähzimmer. Vor meinem Piano überwältigten mich wieder tausende Emotionen, die ich wieder in ihre Schubladen verschließen musste, denn sie würden heute nur negativ auffallen, wenn ich mal wieder emotional zusammenbrechen würde. es war mir nur einmal passiert, damals in der dritten Klasse. Nie wieder schwor ich mir damals. Denn damals hatte meine Mutter dafür sorgen lassen, das ihre Tochter, die ja eigentlich keine Makel hat, zu einem Psychiater geht. Nur um sicher zu gehen.

Die Stunden vergingen schnell, denn am Piano vergesse ich oft die Stunden. Ich wurde von meiner Mutter ermahnend runter gerufen. Als ich in der Küche erschein, wies sie mich auf die Uhrzeit zu Recht, doch war es mir egal. So wie sie und ihr neuer Mann.

Auch meine Klasse, die ich gleich zu Gesicht bekommen werde.

Meine Mutter gab mir meine Tasche und schickte mich zum Auto vor, sie sagte, sie käme nach. Ich stieg schon einmal ab. Doch war ich mit meinen Gedanken wieder zu Hause, bei Yumiko. Ich sah sie vor meinem inneren Auge. Wie sie mir zulächelte, mit ihren Tränen, die mich wieder weich kriegten.

Heftig schüttelte ich meinen Kopf, wollte das Bild wieder zurück tun, doch blieb es..

Ich hätte es mir damals nicht ins Gedächtnis brennen sollen.

Meine Schule war nur 15 Minuten Autofahrt entfernt, weshalb ich in Ruhe zum Sekretariat gehen konnte. Die Sekretärin war freundlich, erklärte mir alles, doch bemerkte ich kalt, das es mir egal wäre, ob sie freundlich war oder nicht, denn ich hasste diese Schule jetzt schon.

In meiner Klasse waren viele Mädchen, das war das Erste, was mir auffiel, als ich sie betrat. Sie starrten mich an, bohrten sich in meinen Körper, al ob sie etwas suchten, doch fanden sie es nicht und so fingen sie an zu murmeln, meine Lehrerin unterbrach es, forderte sie auf, höflich zu sein. Aber es wäre mir lieber gewesen, sie würden weiter reden, denn nun musste ich mich vorstellen. Wie ich sie hasste. Alle!

Ich stand auf einem Podest, stand vor der Klasse, neben mir meine Lehrerin, sie war etwas größer als ich, aber man sah ihr an, dass sie hier in London aufgewachsen war.

Ich fing an zu sprechen und plötzlich fingen einige an zu schmunzeln, da mein Akzent mich verriet, ihnen zeigte, dass ich hier nicht aufgewachsen war wie sie. doch beneidete ich sie auch nicht darum.

Ich bin Mei Hitoshi. Ich komme zusammen mit meiner Mutter und ihrem neuen Mann aus Japan, Tokio hierher, da mein Stiefvater und meine Mutter hier bessere Arbeit gefunden haben..

Ich wartete, sie nickten und meine Lehrerin sprach noch kurz mit mir, bevor sie mir endlich einen Platz zuwies, zweite Reihe, direkt am Fenster.

Ich saß mit einem Jungen zusammen, er war auch japanischer Abstammung, doch war er hier aufgewachsen.

Nun war ich alleine, doch ich hatte Gesellschaft, mal schauen, wie er so ist. Zumindest weiß ich, dass er Kao heißt.....

Ich werde es hier wohl doch etwas gut haben...

Fließende Gedanken

Der Anfang viel mir schwer, doch nach ein paar Tagen dankte ich innerlich der Schule, dafür das ich zumindest hier "abschalten" konnte. Zu Hause gab es eigentlich nur noch Terror, und meine Mutter lies ihren Frust an mir raus. Es war nervend, denn was konnte ich dafür? Sie war mir gegenüber sehr unfair. Das schlimmste war jedoch, als meine Mutter mir erklärte, dass sie schwanger sei.

Ich wollte und konnte es nicht fassen, denn das würde Koji, ihren dritten Ehemann nur an uns binden, und das will ich nicht!

Ich hasste ihn, doch das ist nichts Neues! Seine Person, und wie er ständig auf eine immer neue Art versuchte mich schlecht zu machen, ich frage mich jetzt noch, wie er es schaffte?!

Doch ich musste leider feststellen, das ich im nächsten Monat Geburtstag habe.

Denn auch wenn das heißt, das ich dann nur noch zwei Jahre brauche, um wieder heimkehren zu können, umso weniger wollte ich wissen, ob er überhaupt gefeiert werden würde?

Oder ob ich von Yumiko endlich mal eine Antwort erhalte. Denn ich schreibe ihr schon seit dem Tag, an dem ich hier eingezogen bin. Ich habe auch die Briefe alle abgeschickt, doch habe ich bisher noch keine Antwort. Ich überlegte viel, denn es wunderte mich, da Yumiko weder umgezogen ist noch sonst etwas.

Ich machte mir Sorgen, denn auch bei ihr war es nie "perfekt", falls es ein perfektes zu Hause gibt.

Doch das bezweifelten wir. Zusammen haben wir uns immer eine Zukunft ausgedacht, wie sie am schönsten zu erleben wäre. Oft musste ich weinen, denn ich dachte an meinen verstorbenen Vater. Er hatte alles immer zusammen gehalten, meine Mutter besänftigt, denn sie war schon seit dem ich sie kenne eine aufbrausende Person. Mein Vater aber meinte, dass mir das nichts ausmachen sollte, und dass ich keine Angst vor ihr haben sollte, sondern nur Respekt.

Ich respektiere sie ja, doch mache ich mir nun Sorgen, denn es wirkt, als wäre nichts mehr so wie es war. Vielleicht habe ich es ihr auch nicht immer einfach gemacht. Sie musste zwei verstorbene Ehemänner hinnehmen und außerdem war sie oft alleine, da sie hart gearbeitet hatte, bevor sie Koji kennen lernte.

Heute schluckt sie regelmäßig Tabletten, auch wenn sie früher der Ansicht war, dass Tabletten schädlich seien.

Doch ich konnte abschalten, meine Sorgen vergessen. Ich hatte die Schule, war seit einiger Zeit mit Kao befreundet und konnte mich, wenn ich es wollte im Nähzimmer zurückziehen, an meinem Piano sitzen und den Frust niederschreiben, alles das was meine Mutter nicht konnte.

Sie tat mir Leid, denn sie hatte niemanden außer Koji, mit dem sie reden konnte, wenn ihr danach war. Mit mir hat sie schon seit Jahren nicht mehr richtig gesprochen. Ich vermisste sie, hatte ich doch nie das Gefühl gehabt, dass sie mich wirklich liebte. In letzter Zeit jedoch, nahm sie meine Hilfen wieder in Anspruch. Durch die Schwangerschaft wurde sie noch viel schwerfälliger. Sie konnte sich nicht mehr so gut bewegen. Koji jedoch war immer seltener zu Hause. Meine Mutter war traurig, das sah ich in ihren Augen. Sie hatte immer so ein Funkeln gehabt, der mich zum Schmunzeln brachte, denn bei mir sagte sie immer, dass ich freundlicher schauen sollte. Mir würde etwas in meinen Augen fehlen. Ich kümmerte mich nie darum, denn es war mir egal.

An dem heutigen Morgen musste ich mich beeilen, da ich verschlafen hatte. Meine Mutter hatte beschlossen, dass sie mich mehr zur Schule fährt, da sie den Schlaf braucht. Ich musste also leise sein, denn ich wollte sie nicht wecken. Würde sie mich wieder anschreien.

Deshalb hatte ich mir an dem heutigen Morgen auch nicht meine Haare föhnen können, da es nur zu laut wäre, da das Schlafzimmer meiner Mutter direkt neben dem Bad lag.

Ich musste sie also einfach hochstecken, und sie durch die warme Sommersonne trocknen lassen. Meine Schultasche war schon fertig gepackt und mein Essen in einer Lunchtüte eingepackt.

Die Zeit verstrich wie im Flug, deshalb stand ich etwas zu Spät draußen, habe ich den Bus jedoch nicht verpasst.

Die Busfahrerin begrüßte mich mit einem Lächeln, und Kao saß an unserem üblichen Platz, auch er hat mich angelächelt, als ich mich neben ihn hinsetzte. Ich entgegnete ihm mein Lächeln und wir schwiegen auf der weiteren Busfahrt.

Es war schön, denn er zwang mich nicht zu irgendwas. Ich musste nichts sagen, wenn ich nicht wollte.

Seine Augen ruhten auf meinem Gesicht, beobachteten mich. Schweigen. Vorsichtig neigte ich mich ihm zu.

„Was möchtest du?“ Er sagte nichts zu mir, schaute mich einfach weiter an. Eigentlich hätte ich weiter fragen sollen, doch machte ich mir nichts draus, stattdessen schwieg ich. Da bemerkte ich eine Berührung. Er griff nach meiner Hand, umschloss sie mit seiner.

Doch entzog ich mich seiner Hand.

„Das möchte ich nicht.“

Etwas traurig schaute er mich an. Doch sollte mich das kalt lassen. Stur blickte ich zur Seite. Alles scheint so normal zu sein. Die anderen waren mit sich selbst beschäftigt, kümmerten sich um ihr kleines dummes Leben, in dem alles geregelt vor anläuft. Kontrolliert von ihren Konsumrausch, regiert von den langen Armen ihrer Eltern, die sie mit Hilfe ihres Geldes kontrollierten.

Waren sie alle so naiv, blickten nicht durch, wie es in ihrer Welt so läuft. Natürlich gab es auch Ausnahmen, doch waren diese so unscheinbar, das es sich gar nicht lohnte, mit ihnen zu sprechen. Öfter mal bekam ich von ihnen zu hören, wie sie mich beneideten, doch das konnte ich nicht wirklich glauben.

Kannte mich keiner von ihnen, niemand aus ihr kennt mich wirklich. Das brauchen sie aber auch nicht. Denn das würde nur Probleme mit sich bringen. Ich müsste mich darum kümmern, dass der Kontakt bestehen bleibt, denn diese Kids sind so anders. Sie haben ein ganz anderes Weltbild.

Das Halten des Busses riss mich aus meinem Gedankenlauf. Ich erschrak. Kao ging einfach an mir vorbei. Es beunruhigte mich, ob er wohl sehr enttäuscht ist?

Der Unterricht lenkte mich ab, konnte ich nicht darüber nachdenken, was ich eigentlich sollte, denn wenn ich heute nach Hause kommen werde, habe ich keine Zeit mehr, da mein Tag geregelt ist.

Ich schaute auf meine Uhr. Es war schon Mittagszeit, bald würde ich in der Cafeteria sitzen, mein Essen herunterschlucken und darauf hoffen, das Kao nicht zu mir kommt, um mit mir über den heutigen Morgen zu reden. Ich vermied es mit ihm Blickkontakt aufzunehmen, denn würde ich Trauer in seinen Augen entdecken. Das könnte ich nicht ertragen. Er tat mir Leid, zu sehr, da ich weiß, wie es ist, abgewiesen zu werden.

Doch würde ich nur mit ihm spielen, wenn ich nichts dagegen getan hätte, und er hätte sich nur falsche Hoffnungen gemacht, die ihm am Ende zu große Schmerzen bereiten würden.

Erleichternd konnte ich feststellen, dass er sich zu seinen Freunden setzte, mich somit ich Ruhe ließ. Es war schön, denn ich konnte doch wieder nachdenken. Aber war bald die Pause schon vorbei. Wie schnell die Zeit doch verstrich.

Ein paar Wochen verstrichen wie im Flug...

Gedanklich bin ich nicht weiter gekommen, hing ich immer noch an Yumiko...

Doch ob sie sich gemeldet hat, werdet ihr erst im nächsten Kapitel erfahren...

Todeslied eines Engels

Es war Herbst, als das Kind meiner Mutter auf die Welt kam. Doch mussten die Ärzte leider feststellen, das es einen schwerwiegenden Herzfehler hatte. Ich war geschockt, es fühlte sich so an, als würde mein Herz für einen Moment aufgehört haben zu schlagen. Auch wenn ich dieses Geschöpf nicht mochte, so war ich dennoch auf eine Art und Weise mit ihm verbunden. Meine Gedanken, die ich während der Schwangerschaft gedacht habe, aber nie ausgesprochen habe, wurden verwirklicht. Ich spürte einen Schmerz in meiner Brust. Meine Mutter brauchte mich jetzt, denn als ihr der Arzt diese Schicksals verändernde Nachricht mitteilte, konnte ich ihren Blick nicht erkennen, denn es wirkte, als würde sie eine Maske tragen. Sie zeigte keine Reaktion, kein Gefühl.

Der Vater des Kindes war selbst bei der Geburt des ersten Kindes, welches meine Mutter ihm schenkte nicht dabei.

Wunderte es meine Mutter aber nicht. Sie war geschwächt nach der Geburt, deshalb bekam sie auch nicht mit, wie das Neugeborene noch am selben Tag seiner Geburt unsere Welt wieder verließ. Sie hatte geschlafen. Nicht gespürt, wie es starb. Tränen waren jedoch ein Anzeichen dafür, dass sie noch überhaupt ein Gefühl empfinden konnte.

So verbrachte ich den ganzen tag im Krankenhaus, verließ nicht einmal die Seite meiner Mutter. In ihrem Zimmer hatte ich Sonnenblumen aufstellen lassen, sie sollte versuchen meiner Mutter ein Lächeln zu entlocken. Doch schaute sie nur an den Blumen vorbei. Mehrfach bin ich eingeschlafen, verbrachte ich schon die ganze Nacht hier.

Gegen Abend jedoch ließ meine Mutter ein Taxi rufen, welches mich nach Hause bringen sollte. Ich gehorchte.

Während der fahrt bin ich kurz eingenickt, was der Taxifahrer für sich ausnutzte, indem er einen Umweg machte. Als er schließlich doch noch an unserem haus ankam, bemerkte ich als erstes, dass Lichter an waren, und das über der Tür ein Storch mit einem Babybeutel im Schnabel hing.

Ich dachte nicht mehr an meine Mutter, oder an das heute verstorbene Kind, sondern daran, wie dumm sich Koji verhielt.

Zwar wollte er ihre Mutter und das Neugeborene überraschen, doch hätte er sich mehr Mühe geben können, oder wenigstens erkundigen können, wie es den beiden geht.

Ich war erzürnt, ich empfand es als eine Frechheit. Schnell gab ich dem Taxifahrer Geld, auch wenn ich ihm zu wenig gab, doch sagte er nichts, was mir so oder so egal gewesen wäre, denn der Preis auf dem Tacho hatte mich stutzig gemacht. Auch wenn ich geschlafen hatte, kannte ich doch die strecke und ihren Preis.

Als der Taxifahrer abgefahren war, stürmte ich auf die Eingangstür zu. Zwar war ich nicht groß, doch kam ich an den Storch und riss ihn herunter.

Mit meinem Schlüsselbund fuchtelte ich herum. Als ich endlich den richtigen Schlüssel gefunden hatte, öffnete ich die Haustür. Koji stand schon bereit, die eigentlich erwarteten Personen zu begrüßen, als er bemerkte, dass nur ich nach Hause kam. Sofort verschwand sein Lächeln.

Er blickte auf meine Hände, in denen immer noch der Storch war.

"Du spinnst doch!" ich schrie ihn mit einer geballten Faust an. Er war auf darauf gefasst, weshalb er mir kalt ins Gesicht sagen konnte:" Sei still Mädchen!"

Koji machte einen Schritt auf mich zu, stand nur noch einen Meter von mir entfernt.

Ich roch sein After Shave, mochte ich es noch nie. Er eigentlich auch nicht, doch trug er es, da meine Mutter immer behauptete, dass es ihm steht, zu ihm passt.

Allgemein mochte ich ihn nicht, doch war das nicht neu. Er blickte mich mit seinem Hass in den Augen an. Doch hielt ich ihm stand, denn wenn ich etwas von meiner Mutter gelernt hatte, dann, dass ich mich nicht durch Blicke einschüchtern lassen soll. Das ist eine Charakterschwäche, die sie nicht gestattet. Ich dankte ihr dafür, denn er ließ ab, als Koji bemerkte, das es nichts brachte. Er riss mir den Storch aus der Hand, wies mit dem Zeigefinger nach oben. Ich wollte ihm sowieso aus dem Weg gehen, weshalb ich in die Küche ging. Überrascht, bemerkte ich das fertige essen, welches von Koji aufgetischt wurde. Doch interessierte mich viel mehr das Päckchen, welches auf der Arbeitsfläche stand. Ich ging näher heran, um es mir anzuschauen. Auf dem Paket war kein Absender angegeben, doch von dem leichten Parfumduft, der noch an dem Paket hing, erkannte ich den Absender sofort.

Ich nahm es mit auf mein Zimmer, verschloss die Tür hinter mir.

In meinen zittrigen Händen hielt ich noch immer das Paket, stellte es aber ab, als ich mich auf mein bett setzte. Meine Augen inspizierten jeden Winkel des Paketes, als ob sich dadurch etwas in seinem Inhalt herausfinden lassen würde.

Einige Zeit verstrich, bis ich endlich mich dazu überwinden konnte, es zu öffnen. Meine zittrigen Hände nahm das Paket ins ich auf. Ich wollte es erst schütteln, stand schließlich nichts davon das es zerbrechlich war.

Mit einem Messer zerschnitt ich das Paketband, welches es verschloss. Das erste, was mir entgegenkam, war der typische Duft, das Parfum, welches ich damals Yumiko geschenkt hatte. Es hatte eine leichte Vanillenote, ansonsten waren mir die restlichen Düfte nicht bekannt. Ich mochte dieses Parfum damals schon. War ich umso enttäuschter, als ich feststellen musste, dass es das Parfum hier nicht in Läden erhältlich war.

Doch kümmerte ich mich nun wieder um das Paket. Außer dem Duft, welches von einem Flakon ausging, dass in dem Paket lag, beinhaltete es noch eine CD und einen Brief. Ich nahm beides aus dem Paket, legte den Brief zur Seite und ging zu meiner Anlage hinüber. Dort schon ich die CD hinein, spielte sie ab.

Yumiko hat sich aufgenommen. Ein neues Liebeslied.

Ob es an mich gerichtet ist? Doch warum sollte sie es mir sonst schicken? Es war traurig. Außer ihrer Klavierbegleitung, spielten noch ein paar Geigen im Hintergrund. Ich genoss es, stellte das Lied, welches als einziges auf der CD war, auf Repeat. Ich setzte mich wieder auf mein Bett, nahm den Brief in die Hände. Er war sehr dick, ich wusste noch nicht, wie viele Blätter er beinhaltete, doch mussten es mindestens fünf sein. Ich öffnete den Umschlag. Gespannt, auf das, was ich nun lesen werde, war ich überrascht, als ich auch Fotos in meiner Hand hielt. Doch legte ich die Briefseiten beiseite, schaute mir zu erst die Fotos an. Auf jedem war Yumiko. Sie war hübscher geworden. Manchmal konnte ich etwas im Hintergrund erkennen.

Ich mochte ihr Lächeln, strahlte sie auf jedem anderen mehr in die Kamera.

Wer diese Fotos wohl gemacht hat?

Mein Zeigefinger strich über ihr Gesicht. Sanft, doch fühlte ich nichts außer dem Foto unter meiner haut.

Alte Sehnsüchte wühlten mich auf. Mein Herz fing an schneller zu schlagen. Ich war mit den Bildern doch, doch betrachtete ich ein bestimmtes Bild für eine Weile.

Yumiko saß auf ihrem Bett, sie hatte ihre alte Schuluniform, denn sie war ihr zu klein, weshalb die Bluse auch offen war.

Trug Yumiko sie jedoch so, dass man nichts sehen konnte, sich alles nur erahnen musste.

Und das tat ich. Allmählich realisierte ich wieder, dass ich noch den Brief zu lesen hatte.

Ich legte die Fotos auf meinen Nachttisch, nahm mir den Brief und legte mich hin.

Mein Rücken schmerzte noch etwas, da ich diese Nacht nur provisorisch auf einem Stuhl verbracht habe. Eigentlich war ich nicht wirklich mit voller Konzentration bei der Sache, doch fühlte es sich so an. Von unten konnte ich Koji herauf schreien hören, ich solle doch herunterkommen.

Ich überlegte, ob ich seinem Ruf folgen sollte, doch um nicht unnötig Ärger zu machen, packte ich den Inhalt des Paketes zusammen und versteckte das Paket schließlich unter meinem Bett.

Ich ging hinunter. Der Korridor wirkte so erdrückend, als ich an all den Dekorationen, die meine Mutter aufgestellt hatte, teils auch für das Baby, musste ich einen Gedanken an sie richten.

Wie es ihr wohl gerade geht? Ob sie inzwischen auch von dem Tod des Babys Kenntnis genommen hatte? Ich hoffte, dass es ihr gut ging, denn ich wollte nun nichts anderes, als das sie beruhigt schlafen kann. Doch hat sie nicht auch ein Recht darauf, Trauer nun zu zeigen, wo doch ihr Neugeborenes verstorben ist?

Ich erreichte die Küche, wo Koji schon wütend mit gestemmten Händen auf mich wartete.

Als Koji mich in der Tür erblickte, erklang seine Stimme. Er war rasend, und das machte sich unter anderem in seiner Stimme deutlich.

„Wieso hast du mir nichts gesagt?“, er meinte wohl das Neugeborene.

Ich schaute ihn verdutzt an, dass er dafür so lange gebraucht hat?

Kalt ohne wirkliche Emotionen konterte ich.

„Du hattest ja nicht gefragt und sonst reden wir auch nicht großartig miteinander.. also warum damit jetzt anfangen?“, ich drehte mich schon um, um in mein Zimmer zurückzugehen, als Koji mich am Oberarm fasste und dabehielt.

„Weil du genau weißt, dass ich ein recht drauf habe, es zu erfahren, denn ob du es willst oder nicht, ich bin der Vater des Kindes.“

Ich bereue noch jetzt, dass ich mich umgedreht habe, doch konnte ich nicht anders, da er mich dazu zwang.

Er hatte Tränen in den Augen.

Zeigte er mir gerade, dass auch er in Trauer war?

Oder was bezweckte er damit?

Jedoch konnte ich nichts dazufügen, weshalb ich mich aus seinem Griff befreite und nach oben rannte. Ich verschloss meine Tür hinter mir, sollte er es nicht wagen, in mein Zimmer zu kommen.

Der Brief. Blitzschnell rannte ich auf mein Bett zu, öffnete das Paket erneut und legte mich wieder auf mein Bett.
 

Liebe Mei,
 

es ist wieder ein weiterer Monat verstrichen, einer, indem ich immer noch sehnsüchtig auf eine Antwort von Dir warte.

Tage, Wochen, Monate, Jahre...

Warum kannst Du mir nichtendlich mal zurück schreiben? War ich Dir denn so wenig wert??

Hast Du nur mit mir gespielt, mir alles vorgemacht?

Mich nach Strich und Faden belogen?

Ich hoffe, dass Du deine Meinung bald änderst, denn das ist mein letzter Brief an Dich, wenn Du Dich nicht meldest.

Ich Liebe Dich

Yumiko
 

P.S.: Der text des Liedes ist beigefügt.
 

Tears of ice

Rollin’ down my face

Say how long should I wait?

Is there just a little smile on your face

A smile which could say me that you can feel

Love, pain, fear..?

Something which not depends on your hate?
 

Cry for me

Like I do it for you because I don’t feel your love

Hurt yourself

Like I do it because you’re not here

Lie to yourself

Like I do it because you can’t say something nice to me

Ohh please come back to me

Say you’re sorry

For all the tears, the pain, the lies

Give me your attention

Love me as I do it
 

Time is passing by

Just a small passenger of your hate

Give me all the bad of you

My heart is broken

Can’t wait anymore

Won’t do it

Say if I am not enough

Or if there is someone else

Tell me the truth

So I can do alone

In the cold of my heart
 

Cry for me

Like I do it for you because I don’t feel your love

Hurt yourself

Like I do it because you’re not here

Lie to yourself

Like I do it because you can’t say something nice to me

Ohh please come back to me

Say you’re sorry

For all the tears, the pain, the lies

Give me your attention

Love me as I do it
 

In my grave is place

Place for you

But never will be filled

Tic tac..

Can you hear it?

Ohh.. say can you see the sand russeling down the clock?

Darling.. come to me
 

Say you’re sorry

Sorry for all

Give me all what I’ve passed

Let me feel save in your arms

Feel the fire again

The fire of our lust

Of everything we missed..
 

Ich erkannte den Text, schließlich habe ich das Lied noch vorhin gehört. Tränen fielen auf das Papier, wischte ich sie jedoch schnell ab, denn ich wollte nicht, das die Schrift verschmierte. Glücklicherweise sah man es kaum.

Mein Magen fühlte sich an, als wäre er zusammengeschnürt. Mir war regelrecht schlecht.

Irgendwie konnte und wollte ich das nicht verstehen. Hatte ich das richtig gelesen?

Seit langer Zeit, war dieses mein erster Brief, den ich von Yumiko bekommen hatte.

Und dann so etwas?

Damals, als ich noch nicht wirklich integriert war in diesem Leben, hier in einer so fremden Welt, hatte ich ihr einen Brief geschrieben, doch nie eine Antwort bekommen.

Vielleicht stimmte etwas ja nicht, woher sollte ich es wissen. Zu jener Zeit war ich sehr deprimiert, hatte ich so lange gewartet..

Eine Antwort... nach all der Zeit, und dann mit einer solchen Todesbotschaft.

Tod..

Zu viel habe ich verlieren müssen, als würde man mir alles nehmen wollen, das mir auch nur etwas nahe steht, oder was ich bis in die letzte Faser meines Seins verbunden habe, dass es mir den letzten Rest nehmen muss.

Der Tod...

Zu viele Leute sind schon gestorben, Leute die ich liebte. Und nun wieder jemanden verlieren zu müssen wäre grauenhaft.

Kann niemand mir dann noch Unterstützung geben. Würde ich sie vermissen, ihre Wärme, ihre Liebe, die Zuneigung, die sie mir schenkten. Ich kann es nicht ertragen, wissen zu müssen, dass auch Yumiko bald geht..

Doch kann ich es verhindern.

Ich ließ den Brief auf meinem Bett liegen, ging an meinen PC und suchte nun dort nach der Adresse von Yumiko. Kannte ich mich schließlich mit diesem Programm aus.

Es dauerte seine zeit, da es scheinbar noch eine weitere Yumiko mit ihrem Nachnamen in Japan gibt. Ich jedoch entschied mich für die, wo ich jetzt schon wusste, dass es meine Yumiko sein wird.

Ich hatte ein Lächeln auf meinen Lippen, denn konnte ich nun das retten, was sonst zerstört werden würde, mir mein Herz zerreißen könnte, wenn es zerbricht.

Ich holte mir meine Briefpapiersammlung aus einem meiner Kartons, die ich in einer Vitrine verstaut habe. Ich suchte mir das schönste heraus, ein rosafarbenes mit Verzierungen.

Jetzt konnte ich stolz darauf sein, dass meine Mutter damals dafür gesorgt hatte, dass ich Kalligraphie erlernt habe.

Mit meiner schönsten Schrift schrieb ich Yumiko zurück. Tausende Gedanken liefen mir dabei durch den Kopf, konnte ich sie nicht anordnen, um daraus einen sinnvollen Text zu schreiben, doch gelang es mir irgendwie.

Ich hörte schon wieder das Lied von Yumiko, stimmte es mich etwas traurig, doch fand ich seine Melodie und den Klang ihrer Stimme so schön.

Mein Brief war fertig, sorgsam las ich mir noch mal alles durch:
 

Meine liebe Yumiko,
 

So lange habe ich auf eine Antwort von Dir gewartet, dass es mich nach all der Zeit sehr wundert, einen halben Abschiedsbrief von Dir zu erhalten.

Es stimmt mich traurig, bringt mein Herz zum Weinen, denn ich hatte fast die Hoffnung aufgegeben.

Ich wollte Dich nie verletzen, oder Dir das Gefühl vermitteln, das ich nur mit Dir gespielt habe.

Dein Lied hat mich berührt. Brachte mich zum Weinen. Es war schmerzhaft.

Sag, kannst Du mir verzeihen, auch wenn ich bis jetzt noch nicht verstehen kann, wie es zu diesem Dilemma kam?

In den baldigen tagen, werde ich wohl erst mal kein Auge zu bekommen, wird es mich zu sehr beschäftigen.

Also.. ich liebe Dich, wenn es mir noch gestattet ist?

Deine Mei


 

Ich verstaute das gefaltete Blatt in einem Umschlag und schrieb die Adresse meiner Liebsten darauf.

Um ihr das Gefühl meiner Nähe zu vermitteln, sprühte ich einmal auf den Umschlag, mit meinem typisch süßlichen Parfum.

Als ich nun auf die Uhr schaute, bemerkte ich erst, wie sehr mich diese Aktion in Trance versetzt hatte. Nachdem ich sämtliche Sachen verstaut hatte, ging ich duschen und legte mich noch etwas in mein Bett, um dort nachzudenken.

Doch schlief ich bald ein.

Am nächsten Morgen fuhr ich zum Krankenhaus, um dort zusammen mit Koji meine Mutter zu besuchen. Aber mussten uns die Ärzte mitteilen, dass sie gerade verstorben war.

Als ich wieder zu mir kam, hatte man mir gesagt, dass ich ohnmächtig geworden war.

Hatte ich das alles nur geträumt?

War das nur ein schlechter Alptraum??

Leider nicht, denn als Koji in meinem Zimmer saß, hatte er Tränen im Gesicht, es war ganz feucht von seinen Tränen. Ich fühlte meine Stirn, sie war heiß. Hatte ich nun innerhalb von einer Woche meine ganze Familie durch den Tod verloren?

Warum musste es so grausam sein?

Ich starrte an die Decke meines Zimmers. Mir war noch immer schlecht, doch wollte ich es nicht zugeben, denn würde es Koji nur zeigen, dass ich schwach war.

Er stand auf, hatte er in einem bequem wirkenden Sessel Platz genommen, langsam kam er auf mich zu.

Sollte ich Angst haben?

Wenn ja, so war es mir egal und das zeigte ich ihm. Er beugte sich über mein Bett, schaute mir in die Augen. Ich roch seine Angst, wie ein erbärmliches Tier kam er nun angekrochen.

„Jetzt gibt es nur noch dich und mich. Und da ich dich auf den Wunsch deiner Mutter adoptiert hatte, musst du nun damit klar kommen, ob wir es wollen oder nicht.“

Leider hatte er mit dem, was er da von sich gab Recht. Als wir nach Hause kamen, ging ich direkt in mein Zimmer und holte den Brief aus seinem Versteck. Ich versteckte ihn unter meiner Bluse und nahm meine Tasche.

Jetzt muss ich erst einmal den Brief verschicken, damit nicht alles was mir lieb und teuer war, für immer verschwindet.

Denn das würde mir das Leben nehmen....

Und so würde ich sie alleine lassen..

Tagelang hatte ich noch die Melodie in meinem Kopf..

Bis auch sie anfing zu verblassen.

So wie alles....

Lächeln

Die Tage wurden kürzer, allmählich zeigte der Winter sein Gesicht. Die Beerdigung war eine würdevolle Zeremonie, für die unsere Verwandten aus Japan hierher geflogen sind. Es tat gut, von ihnen in die Arme genommen zu werden, aufmunternde Worte zu hören. Meine Tante, die Schwester meines leiblichen Vaters hatte meine Mutter sehr gemocht, deshalb wunderte es auch niemanden, dass sie hier war. Außerhalb davon war sie auch meine Patentante. Ich flehte sie an, mich mitzunehmen, doch sie musste mir erklären, das Koji nun das Sorgerecht für mich übernommen hatte und ich deshalb hier bleiben müsse.

Das die Tatsache des Sorgerechts stimmte, streite ich ja nicht ab, doch will ich zurück. Hier werde ich nie zu Hause sein. Nach dem Tage der Beerdigung, und all den Zeremonien, die ich jedoch nicht besucht hatte, weil ich zu dem Zeitpunkt mit einer Erkältung zu kämpfen hatte, kehrten meine Verwandten ohne mich zurück. Ich schrie ihnen hinterher, Tränen flossen mir übers Gesicht, doch kamen sie nicht zurück. Ich wollte ihnen hinterher, aber Koji zog mich ins Haus zurück.

Er sperrte mich in mein Zimmer, wo ich dann bis zum nächsten tag zu bleiben hatte. Ich verkroch mich in meinem Bett, schrieb in meinem Tagebuch, wollte schon über das Fenster entfliehen. Doch konnte ich nicht, denn war ich erstens zu schwach und zweitens musste ich auf Yumiko’s Antwort warten. Es war bislang eine Woche vergangen. Meine Gedanken hatten nicht viel Freiraum, behandelten sie nur wenige Themen. Yumiko war jedoch das, worum sich die meisten meiner Gedanken kreisten. Mein Zeigefinger strich über das glänzende Fotopapier, fühlte ich aber nichts. Es war eine bedrückende Stimmung.

Mit der Zeit wurde mir bewusst, dass ich etwas ändern musste. Inzwischen bin ich 17 Jahre alt geworden, doch verschwanden die Gedanken an meinen Geburtstag schnell... Nach dem Weihnachten und das Neujahr gefeiert wurde.

Und dann noch das mit meiner Mutter.

Von dem Baby sprach kaum noch einer, außer Koji, wollte er doch nur Aufmerksamkeit. Die suchte er sich nun indem er sich mit neuen Frauen traf.

Wie schnell er meine Mutter doch vergessen konnte, ging es ihm nur um Nachkommen, eigene.

Es verletzte mich nicht einmal, dass er mich nicht akzeptierte, gab es mir mehr den Freiraum, den ich benötigte. Ich konnte mir vieles erlauben. Auch wenn es kaum einen Unterschied gab. Ich genoss es, das Koji ständig unterwegs war. Ich war jedoch oft im Nähzimmer, für welches nur ich den Schlüssel besitze, denn ich sorgte sehr schnell nach dem Tod meiner Mutter dafür, dass es ein neues Türschloss bekam. Und da Koji diesen Raum eigentlich nie betrat, fiel es auch nicht weiter auf. Er vertrieb sich seine Zeit mit Arbeit und Frauen.

Es war wieder einmal einer dieser Abende, an denen ich alleine war.

Das Telefon klingelte und ich ging ran. Eine Frauenstimme verlangte nach meiner Mutter und mit bedrückter Stimme musste ich ihr mitteilen, dass sie vor einiger Zeit verstorben war. Sie entschuldigte sich und als ich auflegte, weinte ich.

Es war so gemein, das sie mich alleine gelassen hatte. Ich konnte doch nicht ohne sie, aber auch nicht mit ihr, wie sie wahrscheinlich kontern würde. Wir hatten uns oft gestritten, doch war es auch immer schön ihr dann sagen zu können, wie lieb ich sie habe. Ich nahm mir meinen Mantel und einen Regenschirm, denn ich hatte beschlossen, auf den Friedhof zu gehen.

Unterwegs hörte ich Musik, sollte sie meine Stimmung schon mal der anpassen, die gleich herrschen würde. Ich ging etwas schneller, denn hinter mir vernahm ich Schritte. Sie machten mir Angst, denn auch als ich in eine Gasse abbog, folgten sie mir noch immer.

Ich traute mich nicht, mich umzudrehen, rannte stattdessen auf das andere Ende der Gasse zu. Die Person rannte mir hinterher. Ich drehte mich um, stand er plötzlich vor mir. Ich blickte hoch und erkannte, dass es Kao war, seit dem ich ihm damals eine Abfuhr erteilt hatte, sprach er nicht mehr mit mir.

Jetzt hatte er wieder damit anfangen wollen, denn glücklicherweise konnte er mir mitteilen, dass er nichts mehr von mir wollte. Wobei ich ihm nur eine weitere Abfuhr hätte erteilen müssen.

Kao hackte sich bei mir ein und fing ein Gespräch an.

„Ich habe das von deiner Mutter gehört. Mein Beileid.“ Ich schaute zu ihm hoch.

Ein Seufzer kam über meine Lippen.

„Danke. Aber es geht.“ Ich versuchte zu Lächeln, um es ihm zu zeigen, doch merkte er schnell, dass ich gelogen habe.

Wir gingen ein Stück gemeinsam. Ich erzählte ihm, dass ich auf den Friedhof wollte, doch sagte er nur dazu, dass es um diese Uhrzeit zu gefährlich für mich sei. Stattdessen lud er mich zu sich nach Hause ein. Er war eigentlich schon unterwegs gewesen, doch dachte er sich, dass er mich mal wieder ansprechen sollte, worum ich sehr froh war.

Ein paar Häuser weiter von der Hauptstraße entfernt wohnte er mit seiner Schwester und seinen Eltern in einem alten viktorianischen Haus.

Ich bestaunte es, denn von innen war es noch schöner. Seine Mutter hatte einen guten Geschmack, was Inneneinrichtung betraf. Zusammen gingen wir auf sein Zimmer. Es war etwa gleich groß wie meines. Ich schaute mich in Ruhe um, was mir jedoch sofort auffiel, waren die viele Fotos an seinen Wänden, er liebte wohl die Fotografie.

Er bot mir einen Stuhl an, ich setzte mich und er brachte uns etwas zu trinken. Heißer Jasmintee. Seine Mutter lies ausrichten, das ich, wenn ich wollte hier übernachten könne, da ja Wochenende sei und wir morgen keine Schule haben.

Ich sagte, das ich es mir überlegen werde. Kao saß mir gegenüber und schaute etwas traurig zu mir herüber.

„Du brauchst nicht über mein Wohlbefinden grübeln. Ich schaff das wirklich!“ Meine Stimme klang etwas komisch, so dass er nur die Stirn runzelte und meine Hände in die seinen legte.

„Egal wie oft du mir das sagen wirst, so werde ich immer wieder dir das Gegenteil beweisen. Auch wenn wir eine Zeit lang nun keinen Kontakt hatten, so bist du doch meine Freundin, und ich werde mir Sorgen um dich machen, weil du mir etwas bedeutest, außerdem mag ich es nicht, wenn du traurig bist. Dein Lächeln ist viel zu schön, als das du es hinter einer Trauermiene verstecken musst.“

Er zog meine Mundwinkel nach oben und deutete mir damit an, zu Lächeln.

Ich musste grinsen. Er freute sich darüber, denn es hieß für ihn, dass er es schaffen könnte, mich aufzuheitern.

Sollte ich ihm den Spaß lassen? Warum nicht, dachte ich mir. Er erzählte mir ein paar Witze oder versuchte mich zu kitzeln. Jedoch musste ich ihn enttäuschen, als ich ihm erklärte, das ich nicht kitzelig sei.

Doch freute er sich, mich auf andere Gedanken gebracht zu haben. Gegen 20. Uhr rief seine Mutter uns herunter, sie hatte uns etwas zu essen zubereitet und stellte es uns ins Esszimmer. Seine kleine Schwester schaute manchmal herein, man mich zu betrachten. Man sah ihr an, das Kao und Lia Geschwister waren, denn sie ähnelten sich sehr. Sie war neun Jahre jünger als Kao, also acht Jahre alt. Seine Mutter kam auch noch einmal in das Esszimmer, um abzuräumen, als wir fertig aufgegessen hatten. Sie war eine hübsche Frau. Als sie Kao über die Wange strich wären mir fast die Tränen gekommen. Sie erinnerte mich an meine eigene Mutter.

Kao nahm mich wieder mit auf sein Zimmer, er hatte sich gedacht, dass es lustig wäre ein paar Fotos zu schießen. Anfangs meinte ich noch, dass ich gar nicht Fotogen sei, doch er behauptete das Gegenteil. Schließlich lies ich mich überreden. Teilweise musste er mich zum Lachen bringen, weil er nicht vorhatte Bilder zu machen, auf denen ich traurig bin. Später machten wir welche gemeinsam. Er schnitt ständig Grimassen oder fing an zu posen. Es war angenehm. Als würde eine Last von mir fallen. Als ich mir einige der älteren Fotos anschaute, merkte ich, dass er hauptsächlich Mädchen aus unserer Schule fotografiert hatte. Eines besonderes oft. Später erzählte mir Kao, das es seine verstorbene beste Freundin sei, die bei einem Autounfall vor einem Jahr umgekommen sei. Damals war er auch oft traurig und sehr still geworden. Angeblich habe ich ihn zu dieser Zeit getröstet ohne es zu wissen. Er tat mir Leid, denn irgendwie muss ich ihn in meiner jetzigen Lage an ihn selber erinnern. Er tat mir mehr Leid, als ich ihm wahrscheinlich. Vorsichtig versuchte ich ihn zu umarmen, er willigte ein. Ein paar Minuten verharrten wir in der Umarmung, als mein Handy klingelte und mich dazu brachte ihn loszulassen.

Es war Koji.

Er telefonierte nicht gerne, weshalb er sich kurz fasste. Als er aufgelegt hatte, musste ich mich von Kao und seiner Familie verabschieden. Koji wollte das ich nach Hause komme. Kaos Mutter meinte dass es besser wäre wenn er mich bringen würde, wo ich auch nichts gegen sagte.

Wir gingen bis zu meiner Straße, sagte ich ihm dann aber, dass ich das letzte Stück alleine gehe. Er nickte nur, umarmte mich zu Verabschiedung und wünschte mir noch einen schönen Abend. Ich drehte mich um, und ging etwas schneller, als Kao und ich gegangen sind. Kurz zögerte ich, hinein zu gehen, musste ich aber.

Drinnen saß Koji mit einer fremden Frau. Sie unterhielten sich im Salon und als Koji mich hereinkommen hörte, rief er mich in den Salon.

Die fremde Frau hat ein enges rotes Kleid an, war sehr geschminkt und Europäerin. Sie lächelte mir entgegen, erwiderte ich es aber nicht. Koji stellte sie mir vor.

„Mei, das ist Mary. Ich bitte dich, sie freundlich aufzunehmen, denn sie wird hier einziehen und deine Stiefmutter.“

Mir blieb das Wort im Hals stecken. Ich schaute emotionslos in ihr Gesicht. Sie dagegen tat gerade so, als wäre sie die Heilige in Person. Ich wandte mich um in die Küche. Auf dem Arbeitsteil lag die Post. Gedanken verloren ging ich sie durch.

Wieder keine Antwort. Ich legte die Briefe zurück und ging auf das Nähzimmer. Hinter mir schloss ich die Tür ab, setzte mich an mein Klavier und spielte die Melodie von Yumikos Lied. Ich hatte mir die Noten aufgeschrieben und der text lag neben den Notenblättern. Ich sang es leise für mich. In einer Kiste auf dem Boden waren noch viel mehr Lieder, die ich selber komponiert hatte.

Ich jedoch spielte seit einiger zeit nur noch dieses Lied. Immer und immer wieder. Es war als würde ich es automatisch spielen, wenn ich an meinem Klavier saß. Ein paar Stunden vertrieb ich mir so, bis ich aufhörte, weil mir meine Finger wehtaten. Ich schloss die Tür auf und ging in mein Zimmer, dort wog ich mich um und lief dann in das Badezimmer.

Diesen Abend hatte Koji zusammen mit Mary noch dafür gesorgt, das viele der Erinnerungsstücke an meine Mutter verschwanden. Sie war nämlich der Meinung, dass das Haus eine neue Einrichtung nötig hatte.

Über Nacht sperrten sie sämtliche Dinge in den Keller ein, sodass ich nicht mehr an sie herankam. Am nächsten Morgen hatte mich Mary heruntergeholt, da sie für uns Frühstück gemacht hatte.

Es schmeckte widerlich. Ich zwang mir ein paar Bisse runter, denn ihr Rührei war kalt und zu salzig, die Brötchen vom Bäcker und ihr Kaffee zu stark.

Koji schien es zu schmecken. Hasserfüllte Blicke gingen von Mary aus, als ich ihr mitteilte, dass ich keinen Hunger habe, ihr essen in den Müll warf und nach oben ging. Ich zog mich an und nahm meine Tasche.

Ohne ein weiteres Wort verschwand ich aus der Haustür, die ich mit einem Knall zuzog. Tränenverschmiert rannte ich zum Friedhof. Dieses Mal war es zu viel, denn dazu hatte Koji kein Recht. Er darf nicht mir Mütter geben, wenn ich doch eine habe! Ich will nur meine Mutter, keine andere. Und erst recht nicht diese Mary, die mehr wie eine billige Frau aus dem verbotenen Viertel wirkt, als eine die ehrwürdig oder verantwortungsvoll ist. Ich kniete vor dem Grab meiner Mutter. Noch immer waren die Lilien, die ich an dem Tag ihrer Beerdigung für sie hereingestellt hatte frisch und in voller Blütenpracht. Sie hatten nicht ein Blatt verloren. Doch merkte ich das nur nebensächlich. Ich weinte noch immer, Kälte umgab meinen Körper, die spärlichen Klamotten und der Übergangsmantel reichten nicht aus, mich zu wärmen. Ich zitterte.

„Mutter!!!.. Komm zurück..“, meine Stimme zitterte ebenfalls. Klang es komisch. Der Wind wehte Blätter der Ahornbäume auf das grab meiner Mutter herunter. Ich fegte sie mit der Hand weg. Um mich herum war niemand, nur der Wind, der in den Bäumen heulte.

Lauter als ich, er pfiff mir um die Ohren. Meine Mundwinkel waren nach unten gezogen. Meine Augen geschlossen, quollen dennoch ein paar Tränen hervor.

Ich schniefte, zog ein Taschentuch hervor. Trocknete meine Tränen.

Der Wind legte sich. Es war zwar mittags, aber der Himmel war mit Gewitterwolken bedeckt und ließ keine Sonnenstrahlen durch. Vereinzelte Tropfen fielen zu Boden und schon bald begann ein Gewitter.

Der Donner grollte, die Blitze zuckten über meinem Kopf, der Regen prasselte.

Es war eine Szene, die ich mehr passiv als aktiv erlebt habe.

Als wäre ich aus meinem Körper gegangen, habe alles mehr objektiv betrachtet.

Ich sah meinen Körper vor dem Grab meiner Mutter, wie durchnässt ich bin.

Zu diesem Zeitpunkt habe ich beschlossen, dass ich bald abhauen werde, weg von hier...

All dem, wonach ich mich sehen, kann ich hier nicht finden..

Es ist alles in Japan.. Auch die, nach der mein Herz trachtet.

Gegen Nachmittag bin ich Kao noch einmal besuchen gegangen. Es war Samstag und deshalb hatte Kao Fußball, wie seine Mutter mir mitteilte.

Ich dankte für die Auskunft und ging dann. Doch wollte ich nicht nach Hause.

Stattdessen lief ich in der Stadt rum, heute war hier viel los. Ein Gedrängel.

Ein paar Mal wurde ich angerempelt..

Mir kam der Gedanke in ein Reisebüro zu gehen. Ich wollte ein paar Daten.

Als ich um die Ecke bog, war auch schon eines da. Ich lächelte ins Schaufenster und öffnete anschließend die Tür.

Ich blickte mich etwas um, bis mich eine Angestellte fragte, ob sie mir helfen könne.

Wir setzten uns an ihren Schreibtisch.

„Sie möchten also eine reise nach Japan buchen?“ Ich nickte.

„Wie alt sind sie denn?“

„17.“ Sie schaute mich auf eine merkwürdige Weise an, räusperte sich dann.

„Nun, dann brauchen Sie die Einverständniserklärung ihrer Eltern.“

„Ich habe keine Eltern. Meine Mutter ist vor kurzem verstorben. Und ihr dritter Ehemann, der mich leider noch zu Lebzeiten meiner Mutter adoptiert hatte, weil sie es wollte, will nun eine neue Frau heiraten. Deshalb will ich zurück nach Japan.“

Ihr Blick gefiel mir nicht.

„Nun es tut mir Leid, aber es ist so das sie eine Einverständniserklärung brauchen, auch wenn ich sie verstehen kann. Fragen Sie ihren Stiefvater, und dann können Sie gerne noch mal hierher kommen. Ich geben Ihnen ein Formular mit.“ Auf dem Weg nach Hause, schaute ich es mir an.

Auch wenn meine Mutter wahrscheinlich nicht damit einverstanden wäre, was ich an diesem Abend machen werde, aber würde sie den Grund verstehen.

Ich schloss mich wieder im Nähzimmer ein, fälschte dort die Unterschrift und füllte das Formular selber aus.

Denn das war meine Chance......

Die Chance auf Freiheit und darauf, dass ich Yumiko wieder sehen werde.

Ich lächelte bei dem Gedanken an sie...

Und später schlief ich mit diesem Lächeln ein. Das Lächeln einer verliebten Närrin ........

Flügel

Dieses Kapitel, scheint mir nicht ganz so gelungen, wie das davor, doch hoffe ich, dass ihr dennoch der Meinung seid, dass es toll ist, und sich lohnt, darauf zu warten, wie es weitergeht?

Danke schon mal an alle, die an mich glauben und daran, dass diese Fanfic gelungen ist.
 

Nach zwei Tage des Wartens bin ich erneut in das Reisebüro gegangen. Die Angestellte, die mich beim ersten Gespräch beraten hatte, war heute auch wieder da. Ich begrüßte sie mit einem Lächeln. Sie nickte nur, führte mich dann wieder zu ihrem Schreibtisch.

„Haben sie das Formular ausgefüllt wieder mitgebracht?“ Ich nickte und holte es aus meiner Tasche. Mir war etwas mulmig zu mute, denn ich habe etwas derartiges noch nie gemacht, doch war es nötig.

Etwas skeptisch schaute sie über die Zeilen, das beruhigte mich leider überhaupt nicht. Meine Finger klopften auf meiner Tasche, merkte die Frau das aber nicht. Nach ein paar Minuten nickte sie freundlich und meinte zu mir: „Warum nicht gleich so?“ Ich lächelte etwas verschmitzt und sie tippte etwas auf ihre Tastatur.

„Nun auf welchen Namen darf ich den Flug denn ausstellen?“

„Mei Hitoshi.“

Eine halbe Stunde waren sämtliche dinge erledigt und sie meinte sie würden das Ticket mit der Post schicken, als ich das hörte, wurde ich etwas nervöser, als ich die ganze Zeit so schon war.

„Ähm, verzeihen sie, aber könnte ich sie nicht vielleicht abholen?“

Wieder hatte sie diesen seltsamen Blick im Gesicht.

Sie überlegte, nickte dann aber. Wir verabschiedeten einander und ich teilte ihr noch mit, dass ich übermorgen wieder kommen werden würde.

Der Tag verging sehr langsam, musste ich jetzt auch darauf achten, das ich nicht von Koji oder Mary erwischt werde. Noch am selben Tag packte ich meine Koffer, nur das wichtigste sollte hinein, zumindest das, wo ich davon ausgehen konnte, dass es wichtig ist.

Sämtliche Erinnerungstücke an meine Mutter verstaute ich besonders gut, da ich nicht wollte, dass sie kaputt gehen. Als ich dabei war eine alte Spieluhr meiner Mutter in Zeitungspapier zu wickeln, hielt ich inne, betrachtete sie eingehend.

Die Spieluhr war aus weißem Porzellan, mit silbernen Verzierungen. Ich suchte nach dem Drehschlüssel, als ich ihn beim Drehen am hinteren teil der Uhr entdeckte, hörte ich Schritte nach oben kommen.

Schnell verstaute ich alles unter meinem Bett. Mary hatte eines gutes an sich, sie klopfte an, bevor sie eintrat. Als alles verstaut war, erlaubte ich ihr einzutreten.

Sie hatte ein Tablett mit Essen auf dem Arm.

Seitdem sie hier eingezogen war, war mein Leben etwas schwieriger geworden. Schon damals, als Koji zu uns zog, wollte ich es vermeiden, doch meine Mutter lies es nicht zu, das ich ihre Gutgläubigkeit an die Menschen zunichte mache.

Mary war mir eigentlich egal, viel mehr war Koji mir ein Dorn im Auge, doch nun da Mary hier ist, war er anders. Zwar nicht zu mir, wenn wir alleine waren, doch im Allgemeinen. Mary stellte mir das Essen auf mein Nachttisch ab. Sie lächelte kurz, verfinsterte dann aber wieder ihre Miene und ging. Die Tür zog sie leise hinter sich zu. Ich stand auf, schloss ab und holte dann wieder meine Koffer heraus. Koji war momentan auf der Arbeit und das würde er bis heute Abend auch noch sein. Ich schaute kurz auf die Uhr, es war Mittagszeit.

Stunden vergingen dadurch, dass ich mich manchmal nicht entscheiden konnte, was ich mitnehme und was nicht. Als ich eine kurze Pause machte, hörte ich wie jemand durch das Gartentor hereinkam. Von meinem Fenster aus erkannte ich George den Postboten. Schnell rannte ich hinunter, kostete das Aufschließen der Zimmertür, jedoch Zeit. Mary hatte Georges Ankommen nicht mitbekommen, was ich für mich ausnutzte und ihm die Tür aufmachen konnte. Er hatte ein Paket bei sich und einen Stapel Briefe.

Er begrüßte mich mit einem Lächeln und ich unterzeichnete kurz mit meinem Namen, als er mir das Paket übergab. Ich verabschiedete ihn und rannte mit dem Paket und sämtlichen Briefen auf mein Zimmer, wo ich mich wieder einschloss.

Zuerst ging ich die Briefe durch, nahm zwei aus dem Stapel und legte sie auf mein Bett, dann nahm ich mir das Paket.

Als ich mir den Empfänger ansah, erschrak ich, denn man hat dieses Paket an meine Mutter adressiert. Da sie ja verstorben ist, dachte ich mir, dass das Postrecht nicht gelten würde, vor allem, weil der Brief aus Japan kommt und das von einer Universität, von der ich ihr damals erzählt habe, das ich dort Musik studieren wolle.

Ich öffnete also das Paket. Viele Broschüren lagen darin und zudem noch ein Anmeldeformular. Ich war überrascht, denn meine Mutter hatte es sich nach all den Jahren merken können. Mein Herz raste.

Als würde ich eine verbotene Frucht probieren, mit der Gefahr, jeden Augenblick erwischt zu werden. Ich zitterte, kaum bemerkbar, doch für mich war es, als würde ich wie ein Baum bei einem Sturm sein ganzes Laub verlieren. Meine Hände wurden feucht, ich schwitzte. Es war unerträglich, denn wenn doch alles geplant war, dass ich bald wieder nach Hause könnte, nach Japan, zu dem Ort, indem mein Herz zu Hause ist, meine Seele, warum hatten sie mich mit hierher geschleppt, mich dazu gezwungen diese Tortur mitzumachen?

Mir wurde schlecht. Als würde ich mich gleich übergeben müssen. Ich stellte das Paket neben mir ab, legte die Papiere hinein und ging ans Fenster, welches ich weit öffnete. Mein Brustkorb hob sich an, als ich tief einatmete. Ein beruhigendes Gefühl. Atmen... Etwas Lebensnotwendiges...

Für einen Moment schloss ich meine Augen, die kalte Luft des Januars tat mir gut. Ich wurde in letzter Zeit immer nachdenklicher, plante so viel. Jetzt wurde mir so vieles einfacher gemacht. Wenn sie doch nur noch am Leben wäre, dann wäre es noch einfacher. Besser. Ich schlief am Fenster ein, denn ich wachte mitten in der Nacht auf.

Mir war kalt und mein Körper zitterte. Ich stand auf,. Spürte jeden Knochen, mir schmerzten die Glieder. Ich schloss das Fenster und legte mich in mein Bett, rasch zog ich die decke über meinen Körper und schlief nach einer halben Stunde ein.

Am nächsten Morgen war es der Krach des Staubsaugers, der mich in der frühen Morgenstunde von 7 Uhr weckte. Ich hatte Kopfschmerzen und meine Muskeln taten mir noch immer weh. Ich drehte mich auf die Seite und legte das Kopfkissen auf mein Gesicht, sodass es meine Ohren bedeckte, doch war der lärmende Gepolter nicht zu unterbinden..

Ich kniff die Augen zu und versuchte mich so hinzulegen, dass ich schlafen konnte, doch als Mary kurze Zeit später herein kam und mich somit aus dem Bett warf, war es zu spät. Ich stand Widerwillens auf, kramte in meinem Kleiderschrank und ging ins Bad. Unter der Dusche kam ich erstmals zu klaren Gedanken. Das Wasser prasselte wie ein angenehmer Regenschauer auf mich herunter und erfrischte mich ein wenig.

Als ich fertig war und unten in der Küche mir etwas zu essen machen wollte, klingelte das Telefon. Ich ging heran und meldete mich mit Namen. Es war eine Freundin von Mary, zumindest verlangte sie diese zu sprechen. Ich rief nach ihr, doch als sie sich nicht meldete, erklärte ich der Frau, dass sie diese später zurückrufen werde, da sie momentan nicht Zeit hat. Sie murmelte etwas nicht Verständliches und ich legte auf.

In der Küche herrschte Stille und ich schaltete das Radio ein. Ab und zu summte ich mit, wenn ich das eine oder andere Lied kannte. Als ich meinen Teller und mein Besteck wegräumen wollte, kam Mary herein.

Sie würdigte mich keines Blickes und schaltete mal wieder auf stur. Wenn sie meint..

Ich ging auf mein Zimmer, kramte erneut in der Box, füllte die Formulare für die Universität aus, verstaute sie in einem frankierten Umschlag und packte ihn in meine Tasche. Gegen 1o Uhr verließ ich das Haus. Es war ruhig auf der Straße, vereinzelt liefen Menschen auf den Bürgersteigen aber ansonsten war ich alleine. An der Bushaltestelle änderte sich die ganze Sache. Ich wollte nach London City, und der Bus war voll. Zwischen ein paar Menschen gequetscht, die entweder stanken oder mich mit strafenden Blicken ansahen, fühlte ich mich alles andere als wohl, doch war ich nach 15 Haltestellen an meinem Ziel angekommen.

In London war es immer voll, was mich auch nicht wunderte. Ich lief zu einer Poststelle, wo ich den Umschlag mit den Formularen abschickte. Anschließend ging ich ins Reisebüro, wo mir eine andere Angestellte das ticket gab. Einmal hin und nie wieder zurück.

Ich bedankte mich, gab ihr das Geld und verschwand. Es war Donnerstagmittag und am Samstag würde ich fliegen.

Es war bereits alles geplant. Nachdem ich mein ticket bestellt hatte, hatte ich meine Tante in Tokio angerufen. Ich wollte alles fertig haben und sie war damit einverstanden, dass ich bei ihr wohnen würde. Damals auf der Beerdigung meiner Mutter wollte sie es nicht, doch da ich ihr von Mary und sämtlichen quälenden Umständen in einer ausführlichen und leicht theatralischen Art und Weise erzählt habe, willigte sie schließlich ein und ich verabschiedete mich von ihr. Es war also alles geplant ausgereift, musste ich nur noch warten.

Die Woche verging schnell. Ich musste zwar noch bei einigen verabschieden, doch half es mir, diesen Schlussstrich zu setzten.

Kao hatte Tränen in den Augen, aber als ich ihm sagte, das wir uns wieder sehen würden, freut er sich schon.

Außer Kao waren es nur unbedeutende Personen. Ich weinte ihnen keine Träne nach sondern war eigentlich schadenfroh sie hier zurück zu lassen.

Am Samstag erklärte ich Koji und Mary, ich sei mit Kao in London verabredet und hatte schon nachts dafür gesorgt, das meine Koffer und die Reisetasche, die ich mitnehmen wollte in der Laube verstaut waren. Mit einem Taxi, welches ich mir bestellt hatte, fuhr ich davon. Mary und Koji waren so beschäftigt, dass es keiner von ihnen merkte, wie ich verschwand.

„Tschüss.“ Meine letzten Worte, keines lässt auf ein Wiedersehen schließen und ich fuhr alleine Richtung Flughafen.

Es war voll und der Flug angenehm.

Ich fühlte die lasten von meinen Schultern fallen.

Ein befreiendes Gefühl beschlich mich und ich war wieder glücklich auf das, was mich erwarten würde. Doch davon hatte ich keine Ahnung, wie es werden würde...

Grünäugig

Der Flughafen war voll, auch schon um diese Zeit. Ich schaute mich um, es wurde hier einiges verändert. Langsam lief ich zum Ausgang, um meine Koffer abzuholen. Ich gähnte, denn der Flug war anstrengend und ich spürte meinen Körper mit jedem schmerzenden Muskel, denn es war mir nicht möglich gewesen, im Flugzeug zu schlafen.

Viele Gesichter, Agen und kurze Blicke, doch keiner wirklich. In der Wartehalle wartete ich schließlich auf meine Tante, die mir versprochen hatte, mich abzuholen. Ich wartete lange, die Zeit schien nicht umgehen zu wollen.

Immer wieder glitt mein Blick auf meine Armbanduhr, wo der Sekundenzeiger seine Runden drehte. Ich wünschte mir, das endlich jemand kommen würde. Doch war niemand zu erkennen, und so seufzte ich.

Ab und an schaute ich auch auf mein Handy, vielleicht haben sie mir ja eine Nachricht hinterlassen, nichts.

Menschen liefen, drängelten sich an mir vorbei. Fluchend, sich entschuldigend.

Neue Flugzeuge verließen den Flughafen, andere kamen an, aus so vielen Ländern der Welt. Ich las mir die Anzeigetafel durch, nirgends wäre ich nun lieber als hier.

Mittlerweile sind schon drei Stunden vergangen und ich habe allmählich auch keine Lust mehr, denn immer öfter schien ich einzunicken, da mich die Müdigkeit übermannte. Ich lief nach draußen, und fuhr mit dem nächsten Taxi zu dem Appartement meiner Tante. Die Fahr war ruhig, und als wir endlich ankamen, bemerkte ich, das niemand da war, zumindest brannte kein Licht.

Ich bezahlte den Fahrer und stieg aus, er half mir noch meine Koffer herauszuholen und fuhr dann in der Morgensonne davon.

Die Zeitverschiebung machte sich gerade sehe bemerkbar, wenn ich mir so denke, dass ich erst in ein paar Stunden aufstehen müsste.

Mit dem Koffer hinter mir, betrat ich das Grundstück, auf dem das Hochhaus stand. Die Tür war verschlossen.

Ich stand nun vor einer geschlossenen Tür, "Prima" dachte ich mir.

Einzelne Lichter brannten schon, doch kannte ich sie nicht. Ich suchte nach der Schelle meiner Tante. Ziemlich in der Mitte fand ich sie dann auch, ein paar Mal schellte ich an. Keine Reaktion. Sollte ich es noch einmal versuchen?

Ich habe es ein letztes Mal noch getan, bevor mir dann meine Tante zu öffnen schien, denn Tür ging plötzlich los.

Ich drückte dagegen und stand im Hausflur. Ein Aufzug. Als ich näher herantrat, erkannte ich das "Defekt-Schild", und ließ den Kopf hängen. Soweit ich wusste, wohnte meine Tante in der vierten Etage. Ich ging zum Treppenhaus und fing an meinen Koffer hoch zu schleppen, wie ein Packtier fühlte ich mich, nur irgendwie noch viel schlimmer.

Als ich endlich vor der Tür meiner Tante stand, wartete diese schon im Bademantel hinter der Tür, durch den Spion Ausschau haltend. Sie umarmte mich, drückte mir Küsschen auf die Wange und wiederholte sich mit ihren Begrüßungen.

Dann ließ sie mich los und scheuchte mich mit einem strahlenden Lächeln ins Wohnzimmer. Meine Koffer brachte sie in ein anderes Zimmer.

Bald darauf kam sie mit Essen und Trinken zurück, ordentlich auf ein Tablett platziert.

"Bedien dich, du musst bestimmt sehr hungrig sein.", meinte sie mit einer Handbewegung. Ich nickte nur und nahm mir ein paar Kekse und nippte an dem heißen Tee. Mein Magen knurrte, doch wirklich essen konnte ich auch nicht, denn es fühlte sich an, als würde eine Baustelle in meinem Magen anherrschen.

Jet Lag. Ich legte mich auf den Rücken und meine Tante beugte sich besorgt über den Tisch.

"Ist alles in Ordnung?", fragte sie, mich dabei anschauend.

"Ja.. ich bin nur etwas müde.. ", meinte ich mit gähnender Stimme.

Meine Tante hatte mich zu Bett geschickt und erst spät am Nachmittag war ich wieder aufgewacht. Alles war so verändert.

Meine Großeltern waren gekommen, eigentlich freute ich mich ja, doch durch meinen Magen, lag meine Stimmung am Grunde des Kellers.

Der Tag sollte schnell vorüber gehen, dachte ich mir nur, denn nun kamen so viele Fragen, dass ich nur noch weg wollte.

Am liebsten wäre ich hinaus gerannt, auf die Suche gegangen. Yumiko..

Ich wollte zu ihr, doch fehlte mir momentan jeder Anhang, ich bräuchte eigentlich auch nicht lange, wenn ich ein Telefonbuch hätte. Ich schaute stumm in die Runde, alle erwarteten sie etwas von mir, doch hatte ich keine Lust, also verlief dieser Tag mit einem Streit, weil meine Oma nicht akzeptieren wollte, das ich hier wohnte, in diesem kleinen Appartement.

Spät am Abend saß ich dann im Taxi mit meinen Großeltern. Die Stimmung war kaum zu ertragen, doch würde ich ab heute damit leben müssen.
 

(Es ist nicht allzu besonders, doch es ist ein Anfang. Zurzeit hab ich viel um die Ohren und komme nur selten dazu, also nehmt es mir nicht böse. )

Kirschblüten

Kirschblüten
 

Es war ein milder Frühling. In der Schule kam ich eigentlich sehr gut zurecht, denn meine alten Klassenkameraden halfen mir oft, wenn ich mal nicht weiter wusste. Zu Anfang war es sehr komisch, denn noch vor ein paar Jahren konnte mich hier kaum einer leiden. Es war alles so ausgewechselt. Auf den Kopf gestellt.

Meine Großeltern versuchten mit mir zu reden. Sie stellten mir ständig irgendwelche Fragen, die ich ihnen dann gehorsam beantwortete. Oft stellten sie Fragen über Mutter oder über ihren letzten Ehemann, den wir aber nicht beim Namen nannten, sondern immer nur „Ihn“ nannten.

Es war eine seltsame Situation, denn sie brachten mich dazu, kaum noch an Yumiko zu denken. Zu viel Zeit musste ich mit ihnen verbringen. Sie kümmerten sich darum, dass ich einen geregelten Tagesablauf hatte. Doch eines konnten sie mir nicht nehmen: meine Musik.

Es war sogar so, dass sie mir den Auftrag gaben, jeden Tag mindestens eine Stunde zu üben. Ich bemerkte, wies sehr es hier anders war. Denn meine Art zu spielen änderte sich. Auf einmal, spielte ich mit mehr Freude, komponierte wieder. In meiner alten Schachtel fand ich auch meine ganzen Songtexte wieder.

Ein Kribbeln durchflutete mich, wenn ich am Klavier saß, meine Finger über die Tasten gleiten ließ und einfach nur davor saß.

Zum Abendbrot bat meine Großmutter mich, ihr ein wenig behilflich zu sein, wenn es darum ging, Dinge zu schneiden oder erst einmal einzukaufen. Ich merkte, dass sie nicht mehr ganz so jung war, aber auch sie spürte es.

Das einzig Gute daran war, dass meine Großeltern früh zu Bett gingen, zwar befahlen sie mir auch, gleichzeitig mit ihnen das Licht zu löschen, doch da ich ein eigenes Zimmer hatte, brannte mein Licht oft bis um Mitternacht, bevor ich es ausmachte und mich schlafen legte.

In der heutigen Nacht hatte ich meinen Laptop mit auf mein Zimmer geholt, denn ich hatte nun endlich vorgehabt, nach Yumiko zu suchen, was ich erst jetzt nach sieben Wochen, die schon vergangen waren, seitdem ich wieder in Japan war, bis ich endlich nach ihr suchen konnte. Ich fand es gemein von meinen Großeltern, dass sie mir meine Freizeit nahmen. Ich durfte kaum etwas machen, was mir Spaß machte. Zwar spielte ich am Klavier, doch besaß ich noch mehr Hobbies. Doch außerhalb des Haushaltes und meiner Schulaufgaben, die ich ordentlich zu machen hatte, kam ich zu Nichts anderem.

Schnell tippte ich ihren Namen ein, suchte nach ihr und ihrer Adresse. Ich wollte sie sobald wie möglich wieder sehen, sie in meinen Armen halten. Wieder spürte ich die Sehnsucht, wie sie in mir hochkam.

Ich konnte sie nicht finden…

Egal was ich machte, ich fand sie nicht. Niedergeschlagen machte ich den Laptop aus, legte ihn weg und versuchte zu schlafen. Doch mein Kopf war voller Fragen, die ich mir nicht beantworten konnte. Aber diese eine frage, wo sie ist, beschäftigte mich am meisten.

In dieser Nacht schlief ich nur halb, nicht wirklich, denn immer wieder bin ich schweißgebadet aufgewacht. Am nächsten Morgen war ich früher als meine Großmutter auf, denn ich ging schnell duschen, bevor ich in der Küche stillschweigend saß und meinen Tee trank.

Sie kam wortlos in die Küche, nur ein Nicken zeigte, das sie mich bemerkte. Ich lächelte ihr zu, doch verschwand sie schon wieder in dem nächsten Raum.

Mein Blick ging zur Uhr und eigentlich hatte ich noch etwas Zeit. Aber heute, wollte ich ein wenig eher zur Schule gehen, hatte ich noch gestern Abend beschlossen.

Still und leise packte ich meine Tasche, kämmte mir noch einmal meine Haare und zog mir dann die Schuhe an. Ich nahm meinen Schlüssel von der Kommode, die im Flur stand und schloss leise hinter mir die Tür.

Draußen war es schon einigermaßen warm und ich fror auch nicht. Stattdessen öffnete ich meine Jacke und lief Richtung Park. Ich lief schnell denn ich wollte solange es möglich war dort sitzen, einfach nur sitzen und die Ruhe genießen, um nachdenken zu können.

Es war noch nicht so belebt, zwar liefen vereinzelt einige Leute auf den Straßen, doch als es dann zum Park ging, war ich die Einzige, die diesen Weg entlang lief. Ich holte meinen MP3-Player heraus und spielte ein paar alte Melodien ab, die ich auf ihn schon lange gespeichert hatte.

Es waren die, die mir Yumiko damals auf CD gegeben hatte. Ich hörte sie gerne, aber auch das neuere, was ich auch bekommen hatte von ihr.

Mittlerweile war ich angekommen, es hatte sich nichts verändert. Noch immer waren sämtliche Bänke dort wo sie standen. Ich lief direkt zu einer bestimmten Bankgruppe, tief im Inneren, dort wo Yumiko und ich immer saßen. Denn dort konnte man sich die Kirschbäume besonders gut anschauen, es war so romantisch, wenn sie in voller Blüte standen, oder auch nur die Knospen erst da waren. Ich stand auf der Treppe, denn der Platz mit den Kirschbäumen war tiefer gelegt, sodass man über die Treppe hinunter laufen musste.

Doch wusste ich nicht, ob ich weitergehen sollte.

Jemand saß auf der Bank, zu der ich hin wollte. Eine junge Frau, nicht viel älter als ich, aber auch nicht jünger. Ich schätzte sie höchstens auf 19. Sie hatte eine Gitarre neben sich stehen. Scheinbar hatte sie meine Anwesenheit bemerkt, denn plötzlich drehte sie ihren Kopf in meine Richtung. Nur wir beide waren hier. Hinter mir hatte ich auch keine anderen Schritte hören könne, die verrieten, dass jemand anderes hier mit ihr verabredet war. Sie winkte mich zu sich. Zögernd stand ich da, dennoch ging ich dann zu ihr. Je näher ich ihr kam, desto mehr Ähnlichkeiten konnte ich feststellen. Yumiko..

Das war mein erster Gedanke. Ich stand nun einen Meter vor ihr. Wir blickten einander an und keiner sagte etwas. Stille

Nur das Rascheln der Blätter. Ich setzte mich neben sie, als sie ihre Gitarre wegstellte und mit einer Geste andeutete, dass ich mich zu ihr gesellen sollte.

Stumm setzte ich mich. Ich Blick war immer noch auf mich gerichtet, als sie die Stille unterbrach. Ihre Stimme klang so fremd, und doch so bekannt.

Tränen standen in meinen Augen, als sie meinen Namen nannte.

„Mei...?“, ich nickte und plötzlich schlang sie ihre Arme um mich, ich hörte ein Schluchzen, spürte wie sie ihre feuchte Wange an meine Schulter drückte.

Ich saß nur da, ließ vereinzelte Tränen über meine Wangen laufen.

Mein Herz raste und ich wusste nicht was ich machen sollte. Dann legte ich einfach meine Hand auf ihren Oberschenkel. Sie lag immer noch an meine Schulter gelehnt.

Und dann… hebte sie ihren Kopf an. Ihre Augen waren immer noch feucht, sie so zu sehen, weinend, es gab mir einen Stich ins Herz.

Dann nahm sie meine Hand von ihrem Oberschenkel und legte sie in ihre Hände. Sie umschloss sie mit den ihren. Allmählich beruhigte mein Herzschlag sich und ich schaute ihr tief in die Augen. So lange habe ich mich danach gesehnt.

Und plötzlich fiel mir auf, warum sie hier saß. Ein altes Versprechen, dass wir uns gegeben hatten, an dem Tag, an dem ich nach England flog. Sie würde hier auf mich warten. Jeden Tag hierher kommen, um nach zu schauen, ob ich wieder da bin.

Nie hätte ich daran gedacht, dass sie es all die Jahre machen würde. Eine Zeit lang, hatte ich sogar daran geglaubt, sie hätte mich längst vergessen.

Unerwartet riss sie mich aus meinen Erinnerungen, indem sie mich küsste. Sie rückte mich an sie, umschlang mich mit ihren Armen.

Es war ein schöner Moment, alles um uns verschwand. War wie weggeschaltet.

Yumiko ließ bald wieder ab, ein Lächeln zierte ihr Gesicht. Es war so schön, mein Herz machte Sprünge. Yumiko hielt nun beide meiner Hände in den ihren.

Kurz darauf fingen wir an zu reden.

So viel hatten wir uns zu erzählen. Doch reichte die Zeit nicht aus, denn bald bemerkte ich, dass ich längst auf dem Weg zur Schule sein müsste.

Hastig fing ich an rumzugestikulieren, doch Yumiko meinte, ich solle mich beruhigen, dass ich es pünktlich schaffe. Sie schlug mir vor, dass ich von ihr gebracht werden könnte, denn sie war mit dem Roller hier.

Es war viel zu schön um wahr zu sein.

Ein Traum, von dem ich gedacht hätte, dass er sich nie mehr erfüllen würde. Gemeinsam liefen wir dann zu ihrem Roller. Er stand am Nordausgang des Parks. Ich saß hinter ihr, meine Arme um ihren Bauch geschlungen.

Die Fahrt war viel zu kurz, ich hätte noch solange hinter ihr sitzen können. Einfach nur an sie geschmiegt und ruhig.

Als wir an meiner Schule ankamen, drückte sie mir einen Zettel in die Hand, gab mir einen langen Kuss und schickte mich dann hinein. Als sie davon fuhr, schaute sie noch einmal kurz zurück.

Ich blieb einen Moment so stehen, ihr einfach nur hinterher schauend, als mich die Glocke aus der Trance zurückholte. Ich drehte mich um und steckte den Zettel in meine Jackentasche, darauf bedacht, ihn erst gleich zu lesen.

Als ich in meinem Klassenraum saß, holte ich ganz schnell den zusammengeknüllten Zettel aus meiner Tasche und entfaltete ihn, strich ihn wieder glatt.

Sie hatte mir ihre Handynummer aufgeschrieben, darunter stand ihr Name und ihre Adresse. Al ich weiter las, entdeckte ich ein Datum und eine Uhrzeit. Ich überlegte, welches Datum heute war und mir fiel auf, dass es Morgen schon war.

Es schien wieder ein Treffen vor der Schule zu sein und mit einem Lächeln auf dem Gesicht, steckte ich den Zettel ordentlich gefaltet in mein Etui.

Der Schulmorgen verging schnell und in der Pause, holte ich schnell mein Handy heraus um mir ihre Nummer einzuspeichern, bevor ich den Zettel verlieren würde.

Nachdem die Nummer gespeichert war, sendete ich ihr eine SMS, kurz aber alles aussagend.

„Ich vermisse Dich. <3“

Zu Hause erwartete mich meine Großmutter. Mit einem zornigen Gesicht, saß sie in dem Esszimmer und starrte mich an.

Ein kleiner Streit kam zustande, der sich jedoch wieder legte, nachdem ich mich bei ihr entschuldigt hatte und ihr auch erklärte, weshalb ich heute Morgen tonlos gegangen war.

Ich erzählte ihr, dass ich Kaninchendienst hätte, mir es aber entfallen sei. Sie meckerte kurz, aber entschied sich dann dafür, mich nicht zu bestrafen.

Es war nicht weiter schlimm. Nach dem Essen, bin ich auf mein Zimmer gegangen, dort saß ich dann vor meinem Handy, wartete.

Erst als ich zu Bett ging, fing mein Handy an zu klingeln.

„Eine Nachricht“, las ich auf dem Display.

Freudig öffnete ich sie und las sie, jedes Wort zweimal lesend, um zu realisieren, dass es kein Traum war.

„Ich dich auch. Schlaf schön, Prinzessin. *kisu*“

Mein Herz zersprang fast vor Freude.

Und so schlief ich ein, lächelnd und darauf wartend, dass der nächste Tag anbrechen würde.

Denn wir wollten noch so viel bereden, hatten noch so viel zu klären…

Und es wäre so ein mistiges Gefühl, wenn ich morgen aufwachen würde, und alles wäre nur ein Traum gewesen.

Doch stellte ich fest, dass es keiner war, denn noch immer stand ein einzelner Kirschblütenast neben mir in einem Glas.

Es war die Wirklichkeit…

Mitternachtstreffen

Die Nacht verging schnell und schon am nächstens Morgen wachte ich gut gelaunt auf. Es war alles so verändert.

Als wäre meine ganze Welt auf dem Kopf gestellt, doch es gefiel mir, denn endlich hatte ich das, was ich solange wollte.

Yumiko.. ich beeilte mich mit dem Duschen und Essen, denn ich wollte so schnell es ging zu ihr… Ich freute mich schon darauf, denn auch wenn sie gestern noch zurück geschrieben hatte, wollte ich es von ihr hören. Wörtlich, nicht nur so gesagt haben.

Ich brauchte auch nicht lange, als ich unten in der Küche saß, meiner Großmutter gegenüber. Sie sagte kein Wort, wunderte sich auch nicht, weshalb ich schon auf war, denn durch unseren „Streit“ gestern, habe ich ihr erklärt, das ich diese Woche den Dienst für den Kaninchenstall hätte.

Als ich endlich aufstand, schaute sie mich mit einem strengen Blick an.

Ich lächelte nur und ging in den Flur. Dort zog ich meine Schuhe an, nahm mir meine Jacke und wollte gerade gehen, als meine Großmutter mit einer braunen Papiertüte zu mir kam. Sie drückte sie mir in die Hand und lächelte.

Als ich hinein schaute, erkannte ich ein paar Möhren und Salat.

„Na für die kleinen Kaninchen.“, sagte sie und gab mir einen Kuss auf die Stirn.

Ich lief hinaus, auf irgendeine Weise plagte mich ein schlechtes gewissen, ich wollte sie ja nicht anlügen, doch blieb mir nichts anderes über, wenn ich vorhatte Yumiko weiterhin zu sehen.

Der heutige Morgen war etwas kühler als Gestern. Ich zog meine Jacke zu und lief so schnell ich konnte zu dem Park. Es war schwer, nicht ins Rennen zu verfallen.

Mein Atem wurde etwas schwerer, denn mein Körper war das Rennen nicht gewohnt. Ich mochte keinen Sport. Es war immer so lästig, vor allem, wenn einen die anderen Mitschüler ständig hänselten.

Ich war schon fast da, als ich dieses Mal Yumikos Roller an dem Südausgang erkannte. Nun rannte ich, die Tüte fest an meinen Körper gedrückt.

Schritt für Schritt kam ich ihr näher.

In der kühlen Morgenluft konnte man meinen Atem erkennen.

Ich sprang die Treppe hinunter und sah, wie Yumiko schon aufgestanden war und mir entgegen gelaufen kam.

Mit einem strahlenden Lächeln liefen wir uns in die Arme, umarmten uns innig.

Sie wieder bei mir zu wissen war ein schönes Gefühl. Ich atmete ihren Duft ein, lächelte sie an, bevor sie mich küsste.

Ich erwiderte den Kuss und spürte auf mal, wie ihre Zunge, die meine berührte.

Es war neu für mich, doch genoss ich diesen Kuss, der nicht der Letzte sein sollte. Sie blickte mich mit glänzenden Augen an. Und ließ mich dann los, sie nahm meine Hand und zog mich zu unserer Bank, auf die wir uns dann setzten.

Sie legte meinen Kopf an ihre Schulter und strich mir durch mein Haar, das ich auf ihren Wunsch heute offen trug. Sie lächelte erneut und fing dann an zu sprechen.

„Nun sitzen wir wieder vereint hier… Du kannst dir nicht vorstellen, wie glücklich mich das macht. Lange Zeit hatte ich die Hoffnung aufgegeben…

Du hattest mir nie eine Antwort gegeben... nicht ein auf all meine Briefe.

Oft saß ich zu Hause vor einem leeren Blatt, ich habe geweint, weil ich mir dachte, es würde keinen Sinn mehr ergeben, dir weiterhin noch zu schreiben.“, sie hörte auf einmal auf zu erzählen, wischte sich die spärlichen Tränen weg, die sich einen Weg suchten. Ich wollte sie trösten, doch legte sie mir den Zeigefinger an die Lippen.

„Aber dann habe ich mir immer gesagt, dass du mir irgendwann mal einen Brief beantworten würdest. Ich habe jeden Tag dafür gebetet. Es waren schwere Jahre, die hinter uns liegen, doch nun bin ich froh, dass wir wieder beieinander sind, jetzt kenne ich ja auch den Grund…“, beendete sie lächelnd ihren Satz.

Wir saßen eine Weile noch da, Händchen haltend im aufkommenden Nebel.

Es wurde ein wenig kühler und ich schmiegte mich an Yumiko, die neben mir saß und beobachtete, wie ihr Atem zu „Rauch“ wurde. Bald darauf zog sie eine Schachtel Zigaretten aus ihrer Manteltasche und zündete diese dann an.

Ich sagte nichts und schlug die Augen nieder.

Bald schon schaute ich auf meine Uhr, dessen Sekundenzeiger weiter schritt. Ich bemerkte, dass es schon fast zu spät war, aber als Yumiko sah, dass ich auf die Uhr sah, machte sie die Zigarette aus und zog mich hoch.

„Na komm, ich fahre dich.“, sagte sie leise zu mir, hauchte mir dann einen sanften Kuss auf die Lippen.

Ich nahm mir meine Tasche und lief mit Yumiko zum Ausgang. Stille herrschte an. Es war seltsam, ich wusste nicht, was in ihr vorging, dass sie so ruhig war.

„Was ist, Liebes?“, fragte ich, denn die Neugier machte mich wahnsinnig.

Sie schüttelte den Kopf und lief etwas schneller.

„Nichts.. ich denke nach...“, gab sie mir zu Antwort. Ich senkte den Kopf.

Als wir am Ausgang standen, gab sie mir einen Helm. Sie lächelte und ich setzte ihn mir auf.

Yumiko fuhr los, nachdem ich hinten aufsaß und bald schon waren wir an meiner Schule. Etwas traurig nahm ich den Helm ab, richtete meine Haare und schaute zu Yumiko auf. Sie lächelte wieder.

„Was hältst du davon…“, fing sie an und nahm meine Hände in die ihren, „wenn wir uns heute Nacht treffen? Dann haben wir mehr Zeit und können auch mehr reden. Es ist wichtig, dass wir mal dazu kommen, unsere kleineren Probleme und Unklarheiten zu klären.“

Ich stand vor ihr, mir war mulmig, denn ich wusste nicht ganz genau, was sie alles meinte mit kleineren Problemen und den Unklarheiten, doch nickte ich, da ich sie sehen wollte, auch wenn wir über solche Dinge sprechen würden.

Sie küsste mich, lächelte und drehte sich dann um.

Doch kam sie noch einmal zurück, da sie vergessen hatte, mir einen Ort zu nennen, wo wir uns treffen würden.

„Komm zu mir, ich schick dir nachher noch einmal meine Adresse per SMS.“

Ich nickte erneut und küsste sie. Beide lächelten wir, doch stupste sie mir meine Nase, und meinte, ich solle öfter lächeln, da ich süß dabei bin.

Ich drehte mich um und ging ins Schulgebäude. Der Vormittag verging langsam. Es zog sich alles, zwar hatte ich ein paar Stunden zwischendurch, die schnell verging, da es mir Spaß machte, zum Beispiel der Englischunterricht.

Während der Mittagspause saß ich auf dem Pausenhof und wartete auf die SMS, doch kam keine.

Niedergeschlagen wartete ich auf die Schulglocke, die erst am Nachmittag gongte und mich dann nach Hause ließ.

Zusammen mit ein paar Mädchen aus meiner Klasse lief ich hinaus, wir lachten und unterhielten uns, doch hörte ich mit einem Schlag auf, als Yumiko plötzlich vor mir stand. Die anderen unterbrachen ebenfalls das Gespräch und warteten auf eine Reaktion von Yumiko.

Diese kam auf mich zu und legte ihren Arm um meine Hüfte. Sie flüsterte mir ins Ohr, da sie nicht wollte, dass die anderen Mädchen es mitbekommen, was Sache ist.

„Hallo Liebes. Ich hab mir gedacht, ich hole dich gleich ab.“, ich schaute sie an, bemerkte, dass sie meine Schuluniform trug und fragte mich, wo sie diese her hatte. Sie grinste nur und verabschiedete uns beide bei den anderen.

Wir liefen zu der Bushalte stelle und ich schmiegte mich an sie.

Mir war es egal, was die anderen sagten oder dachten.

Hand in Hand stiegen wir in den Bus, und fuhren zu mir. Während der fahrt hatte sie mir erklärt, was sie sich gedacht hatte, als sie mit unserer Uniform zur Schule kam.

Sie wollte zu mir, und da sie genau wusste, dass meine Großmutter nur Schülerinnen, die mit mir ein Projekt für die Schule bearbeiteten, hineinließ, holte sie ihre alte Schuluniform hinaus. Nach ein paar Haltestellen, waren wir angekommen und stiegen aus.

Ich öffnete die Tür und bemerkte, dass gar niemand zu Hause war. Ich zog meine Schuhe aus und Yumiko tat es mir gleich. Wir gingen auf mein Zimmer und dort saß sie mir nun gegenüber.

Stille.

Doch bald schon beugte sie sich zu mir vor und zog mein Kinn näher heran, da sie mich küsse wollte. Ich schloss meine Augen, genoss den Moment. Es war schön, ihre Lippen auf den meinen zu spüren. Bald schon saß ich auf ihrem Schoß, denn sie zog mich nun komplett an sich heran.

Die Stunden vergingen schnell, da wir sie mit Zärtlichkeiten füllten. Wir lagen auf meinem Bett und ich strich ihr durchs Haar, das sie vorhin geöffnet hatte, da sie es zu einem Pferdeschwanz gebunden trug. Ihre Augen waren geschlossen und doch war sie wach.

Es war später Abend und die Ruhe wurde durch das Öffnen der Haustür gebrochen.

Wir schreckten auf und Yumiko sprang aus dem Bett, zog ihre Uniform wieder an und ich zog mir nun auch ein paar Klamotten an, die ich mir aus meinem Schrank suchte. Schnell kämmte ich mir durch mein Haar und band es eben zusammen. Yumiko lächelte verschmitzt und wir beide gingen gemeinsam hinunter, wo mich meine Großmutter mit einem Lächeln erwartete.

Ich begrüßte sie und stellte ihr Yumiko vor, als eine aus meiner Klasse.

Sie begrüßte Yumiko freundlich und dann musste ich meiner Großmutter auch schon erklären, dass Yumiko nach Hause müsste, da sie ja noch einiges zu erledigen hatte.

Meine Großmutter nickte bestätigend und lobte gleichzeitig, das Yumiko ein scheinbares, fleißiges Kind sei.

Ich brachte Yumiko vor die Tür, wo wir uns zum Abschied küssten und sie mir einen Zettel zusteckte, auf dem ihre Adresse stand.

Dann ging sie und ich schloss die Tür hinter mir. Ich schaute auf die Uhr und bemerkte, dass es nur noch vier Stunden waren, bis die Uhr Mitternacht schlagen wird.

Ich lief nach oben und stieg unter die Dusche. Es war ein prickelndes Gefühl, das lauwarme Wasser auf der Haut zu spüren. So viele Gedanken füllten meinen Kopf, dass ich sie schon nicht mehr ordnen konnte. Es viel mir schwer, mich zu konzentrieren. Langsam rutschte ich die Wand entlang, saß schließlich auf dem Boden.

//Wofür mache ich das alles? ... //, dachte ich mir, stützte meinen Kopf auf meinen Händen ab.

Erst als meine Großmutter hoch kam und an die Badezimmertür klopfte, kam ich wieder zurück zu mir. Ich schreckte auf, denn ich war hineingezogen worden in einen Gedankenfluss, der immer weiter treibend war, von dem einem kam ich zum Anderen. Es war alles so kompliziert, dass ich dabei noch erkennen konnte, was ich denke, fühle, tu und zu wissen scheine, wunderte mich.

Ich drehte den Wasserhahn zu, plötzlich fror ich, denn es lief kein Wasser mehr, das mich wärmte. Schnell trocknete ich mich ab, zog mich wieder an und machte mich fertig.

Unter meinem Schlafanzug trug ich schon die Klamotten für später.

Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann meine Großeltern ins Bett gehen würden. Solange wartete ich in meinem Zimmer, hörte noch einmal ein paar alte Lieder und lag unter meiner Decke und hielt die Augen geschlossen.

Der Mond schien in mein Zimmer und ich konnte mich nur schwer wach halten, denn Müdigkeit übermannte mich. Also setzte ich mich hin, doch kurz darauf hörte ich, wie meine Großeltern die Türe hinter sich schlossen.

Schnell zog ich den Pyjama aus und faltete ihn ordentlich, sodass ich ihn nachher auch schnell wieder angezogen bekommen würde.

Meine Haare waren inzwischen getrocknet und ich steckte sie mit ein paar Klammern im Haar hoch.

Die Haustür war abgeschlossen, doch kümmerte mich das kaum, denn ich hatte ja einen eigenen und würde ich ja eh nicht auffliegen, zumindest hoffte ich es.

Draußen war es kalt und ich war froh drum, meinen Schal Sicherheitsweise mitgenommen zu haben.

Ich ging schnell, da ich keine Lust hatte, um diese Uhrzeit von irgendwem angesprochen zu werden. Die Strassen schienen wie leer gefegt zu sein, doch an einigen Mauern konnte man Stimmer wahrnehmen und ich versuchte noch schneller zu gehen.

Bald war ich endlich bei Yumiko angekommen.

In ihrem Zimmer brannte noch Licht und ich konnte von unten erkennen, dass sie am Fenster saß, um nach mir Ausschau zu halten. Sie kam hinunter und öffnete mir die Tür, begrüßte mich mit einem leidenschaftlichen Kuss und zog mich dann hinein.

Wir gingen auf ihr Zimmer und sie deutete mir mit einer Geste, still zu sein.

Nachdem ihre Zimmertür endlich geschlossen war, atmete ich erleichternd auf. Yumiko küsste mich erneut und zog mich zu sich auf ihr Bett. Sie war schon im Schlafanzug und er war süß, wie ich feststellen musste.

Sie lächelte, und hob mein Kinn an. Es war herrlich. Durch diese Nähe, vernahm ich ihr Parfum noch intensiver.

Eigentlich wollte ich diese Atmosphäre nicht zerstören, doch war sie es, die mit mir reden wollte.

„Möchtest du nicht langsam mal anfangen, mit mir zu reden?“, fing ich an.

Sie zuckte kurz zusammen. In dem dämmrigen Licht konnte ich gerade so viel von Yumiko erkennen, wie es nötig war.

Sie seufzte. Ihre Hand lag auf meinem Oberschenkel. Noch immer hatte sie nichts gesagt, es war komisch, denn schließlich war ich nur aus diesem Grund hier. Eigentlich könnte es mir egal sein, denn sie war ja bei mir und solange ich mit ihr zusammen bin, bin ich ja eigentlich auch immer gut gelaunt, doch momentan regte es mich auf, dass sie einfach nur da saß und nichts sagte.

„Red mit mir… Ich halte diese Stille nicht aus, wenn ich weiß, dass du mit mir reden willst.“, fing ich erneut an.

Sie blickte auf ihre Hände. Das Lächeln, was sie vorher noch hatte war verschwunden. Ich fühlte mich auf mal unwohl.

„Du willst, dass ich mit dir rede?“

Ich nickte. Sie schaute mir in die Augen, durchbohrte mich fast.

„Nun gut… Wir haben zueinander gefunden... es ist zwar erst ein paar Tage her, doch genoss ich jeden Moment, jede Sekunde mit dir. Doch irgendwie habe ich das Gefühl, das du mir gegenüber in der Öffentlichkeit nicht zugehören willst. Mal kommst du und verlangst meine Hand, andererseits, gibst du mir so viel Zuneigung und Leidenschaft, wenn wir alleine sind, so wie du es vorhin getan hast. Doch kaum wenn wir draußen sind, wo auch andere sind, bist du abweisend und kalt.“

Es kam alles auf mal, mir standen Tränen in den Augen. Als sie dann aufhörte zu sprechen strich sie mir die Tränen weg. Ich schluchzte, denn es traf mich sehr, was sie mir zu sagen hatte.

Irgendwie hatte sie ja Recht, ich konnte sie sehr gut verstehen, doch was genau wollte sie nun von mir hören?

Ich schaute sie an, am liebsten würde ich schreien, denn es tat weh, diesen Blick in ihren Augen zu sehen. Es war so verletzend und gleichzeitig suchte sie nach Hilfe bei mir, einer Erklärung.

„Ich bin mir halt noch nicht sicher, ich kenne es nicht... Liebe… Du weißt, das ich dich liebe, das brauche ich dir nicht alle drei Minuten sagen, doch mit dem Zeigen… Es ist alles so neu für mich, ich möchte am liebsten 24 Stunden nur mit dir zusammen sein, doch wenn wir draußen sind, dann ist alles so anders. Ich spüre diese Blicke, wie sie mich durchbohren, wenn ich mit dir über die Straße laufe. Es macht mich unsicher, schüchtern. Dann entziehe ich mir dir, weil ich dann bemerke, wie die Blicke weitersuchen, nach anderen Zielen.

Es ist alles so kompliziert, weil ich dir meine Liebe am liebsten überall und zu jeder Zeit zeigen will, doch traue ich es mich nicht…“

Sie weinte nun auch und nun war ich es, dir ihr die Tränen wegwischte, denn Yumiko sollte nicht weinen, nicht wegen mir. Doch hatte sie dieselbe Einstellung. Ich lag in ihren Armen, spürte wie sie mir liebevoll durch mein Haar strich, versuchte mich zu beruhigen. Meine Tränen versiegten.

Ich schaute zu ihr auf, erblickte ein Lächeln auf ihren Lippen. Es brachte auch eines auf das meine, und sie kam hinunter zu mir und küsste mich.

Ihre Finger glitten über mein Dekollete, unter mein Shirt. Ich hielt meine Augen geschlossen, genoss nur ihre Berührungen.
 

Erst mitten in der Nacht erwachte ich in ihren Armen. Wir hatten Kerzen angezündet, die nun schon ausgegangen waren, das Fenster war aufgekippt, die Gardine wehte, durch den Wind. Ich schaute auf die Uhr, die durch ihr rotes Licht im Dunkeln gut zu lesen war.

„3.36“

Ich schreckte hoch, weckte gleichzeitig Yumiko. Schnell stand ich auf und zog mir meine Sachen an. Sie hatte sich aufgesetzt und beobachtete mich frech grinsend.

„Jaja.. wie eine billige Affäre.. mitten in der Nacht verschwinden.“, neckte sie mich. Doch lies ich mich momentan nicht ablenken von ihr. Ich hatte meine Klamotten schnell zusammen, stand angezogen wieder vor ihr. Hektisch beugte ich mich zu ihr hinunter, küsste sie und flüsterte noch ein „Bis nachher“.

Dann verschwand ich im Mantel der Nacht.
 

Zu Hause hatte niemand mein Verschwinden mitbekommen. Trotz allem lief ich auf mein Zimmer, schleichend.

Als ich im Bett lag hatte ich noch immer Herzrasen. Es war eine so aufregende Nacht, von Tränen zum lachen und schließlich landeten wir im Bett.

Es war so verwirrend, denn wenn ich bei Yumiko war, war die Zeit nicht mehr wichtig. Doch das sollte mir egal sein.
 

Zeit ist kein wichtiger Komponente, wenn man liebt.

Rauschgift

Ein paar Monate waren vergangen. Es war wie eine Achterbahn der Gefühle. Ab und an hatten wir uns gestritten, doch andererseits waren es leidenschaftliche Nächte.

Nach alle dem wussten meine Familienmitglieder immer noch nichts von Yumiko und mir, doch mittlerweile drängte diese mich, denn ihre Mutter, ihr einziges Familienmitglied, dass noch am Leben war, nach dem Autounfall, kannte mich bereits als die Partnerin von Yumiko.

Es war seltsam, denn einerseits würde ich alles darum geben, wenn ich Yumiko als meiner Partnerin vorstellen könnte, doch weiß ich jetzt schon, wie meine Familie, die so auf Traditionen achtet, reagieren würde.

Ich stand im Zwiespalt, doch konnte ich Yumiko auch nicht fragen, da sie mir sagen würde, dass ich es riskieren solle.
 

Es ist Sommer und Yumiko und ich lagen gerade auf einer Wiese im Park unter den Kirschbäumen. Die Grillen zirpen und ich lag in ihren Armen, ihre Finger strichen mir zärtlich über die Wange.

Ihr Herzschlag ging regelmäßig. Meine Augen waren geschlossen. Eigentlich war alles so schön, ruhig. Die Mittagssonne strahlte auf uns und der blaue Himmel zeigte seine schöne Azurfarbe.

„Meine Handy...“, durchbrach Yumikos Stimme die Stille. Sie las eine SMS, dann schreckte sie hoch. Ich öffnete meine Augen.

„Was ist denn Schatz?“, fragte ich, da sie sich die Hand vor den Mund schlug.

Ihr Blick war nicht viel aussagend, doch erkannte ich, dass es schlimm ist. Yumiko sprang auf.

„Es tut mir leid, aber wir müssen ins Krankenhaus. Meine Mutter…“, war das Letzte bevor sie mich hoch zerrte. Schnell rannten wir zu ihrem Roller, der wie immer am Nordausgang stand. Zwischendurch wurde es ein wenig holperig, aber das machte nichts, denn dadurch, dass Yumiko mich an der Hand hielt, mehr um mich zu ziehen, damit ich schneller machte, konnte ich nicht hinfallen.

Wir saßen auf ihrem Roller, und sie gab Gas.

Es dauerte zwar ein wenig, doch wir waren schnell angekommen und liefen in die Aufnahme.

Im Krankenhaus war es hektisch, überall liefen die Ärzte und Krankenschwestern herum. Ich hielt mich hinter Yumiko, die zu der Auskunft ging, und dort nach ihrer Mutter fragte. Die Krankenschwester teilte ihr mit, dass sie im Operationssaal lag.

Yumiko war geschockt, denn das hatte man ihr nicht mitgeteilt, sondern nur, dass ihre Mutter im Krankenhaus wäre. Ich wollte sie berühren, da ich mir nicht vorstellen konnte, was in ihr gerade war, welche Emotionen sie überwältigten.

Also blieb ich einfach neben ihr stehen, schaute zu Boden und wartete.

Man schickte Yumiko in den Warteraum, denn hier mitten in der Aufnahme stehen zu bleiben wäre nicht gerade passend gewesen.

Ich lief mit ihr, da sie nach meiner Hand griff. In dem Warteraum herrschte Chaos, weinende Mütter, schreiende Babys. Alle waren sie irgendwie hilflos, auf ihre Art. Und ich saß hier. Mein Arm um Yumiko, die zu einer Salzsäule erstarrte. Ihr Blick war gesenkt, die Augen geschlossen. Ich glaube, sie würde weinen, wenn sie bei ihrer Mutter nun wäre.

Was mag wohl los sein, das Kimiko, ihre Mutter, im Operationssaal liegt?

Nach und nach, kamen Erinnerungen in mir hoch.

Zu der Zeit, als meine Mutter im Krankenhaus lag. Es war die Totgeburt. Das Kind, das ich hasse und dem ich gleichzeitig Dank verpflichtet bin.

Denn nur weil es meine Mutter umgebracht hat, konnte ich zurück. Hierher.

Meine Liebe wieder finden. Es war ein komisches Gefühl.
 

Mit der Zeit schien sie sich zu beruhigen, denn auf mal blickte sie mich an.

Ihr Blick war von Tränen gefüllt, die ich ihr sanft wegwischte. Sie soll nicht weinen. Nicht sie, die mir das Lächeln schenkt, das mich glücklich macht.

Schritte näherten sich und der Chefarzt stand vor uns. Er wirkte angespannt.

Man konnte ihm anerkennen, dass die Operation gut verlaufen war, doch das war nicht alles. Als er anfing zu sprechen, wirkte er hilflos, nicht zu wissen, wie er einer Jugendlichen etwas solches erklären sollte.

„Es tut mir leid, aber ich muss Ihnen mitteilen, dass Ihre Mutter zwar noch lebt, aber sie ist sehr labil, und wir halten sie mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln am Leben.“, beendete er seinen Satz.

Yumiko starrte ihn an, die Tränen standen ihr schon in den Augen, sie wusste nun nicht, ob sie weinen oder erleichtert sein sollte.

„Wann darf ich zu ihr?“, fragte sie mit zittriger Stimme und der Blick des Arztes verriet, dass es wohl dauern würde, wieder zögerte er.

„Nun… es sieht so aus, das sie momentan auf der Intensiv liegt und es noch nicht so gut wäre, wenn Sie Ihre Mutter jetzt schon besuchen, weil es jederzeit zu Komplikationen kommen könnte. Deshalb schlage ich vor, Sie warten noch etwas, am Besten gehen Sie solange nach Hause, wir werden sie benachrichtigen.“, schlug er vor.

Ihre Augen funkelten wütend. Ihr Herz raste wahrscheinlich, doch sie sagte nichts und nickte nur gehorsam. Ich hätte eine andere Reaktion erwartet. Doch war ich auch erleichtert. Es war wohl besser, wenn es hier nun keine Szene gab. Yumiko stand auf und schaute mich aus den Augenwinkeln an. Zögernd stand ich auch auf. Ich wirkte so klein neben ihr. Ihre Ausstrahlung ließ sie noch größer erscheinen. Ich folgte ihr stumm. Dann ergriff sie meine Hand. Ich sagte nichts, abwartend ob sie vielleicht gleich noch etwas sagen würde? Diese Sache nahm sie schon sehr mit.

Doch die ganze Fahrt über zu ihr, entgegnete sie nicht ein Wort. Stille.

Auch als wir bei ihr zu Hause ankamen, nichts. Ich spürte meine Gefühle sich anstauen. Eigentlich wollte ich sie in die Arme nehmen, doch Schüchternheit und Unsicherheit überkamen mich und ich saß dann nur still neben ihr, die Hände im Schoß zusammen gefaltet. Mein Blick war auf den Boden geheftet. Ich wusste nicht, ob sie mich anschaute, dabei heißt es doch, man würde es irgendwann spüren, wenn man betrachtet wird. Ich aber saß nur da. Meine Gedanken rasten. Ich war vertieft, spürte gar nicht, dass Tränen über meine Wangen liefen.

Yumiko setzte sich neben mich. Ihr Arm lag um meine Schulter und ihr Kopf lehnte sich an.

Ich schluchzte. Es kam mir ein wenig komisch vor, das sie mich tröstete und nicht ich sie, doch ihre zärtliche Berührung fühlte sich so gut an, dass es mir egal war.

„Es tut mir Leid….“, endlich schaute ich sie an. In ihrem Blick lag Reue. Doch es verwirrte mich und ich fragte mich, was sie mir versuchte damit zu verdeutlichen. Warum entschuldigte sie sich bei mir?

„Wie meinst Du das?“

„Ich hätte eher daran denken sollen, dass es dich an Deine verstorbene Mutter erinnert. Aber ich war so in Gedanken an meine Mutter vertieft, dass ich so zerstreut, wie ich war, nicht mehr daran dachte.“, erklärte sie.

Meine Tränen trockneten und ich gab ihr einen Kuss mitten auf ihre vollen Lippen. Sie schaute mich verdutzt an.

„Es ist schon gut. Ich komme damit klar. Viel mehr mache ich mir Sorgen um deine Mutter. Ich weiß doch wie sehr Du an ihr hängst?!“

Sie schaute mich an, in ihrem Blick waren so viele Gefühle durcheinander geraten, sie wusste wohl nicht mehr, wo ihr der Kopf stand. Und es stimmte. Sie dachte nun an ihre eigene Mutter.

Ihre Berührung tat mir gut. Ich spürte ein Rasen in meinem Herzen und ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen.

„Wir schaffen das schon... und ich glaube, sie sind gut, in dem was die Ärzte machen... sonst wären sie keine.“
 

Der Abend zog sich im Schneckentempo hin. Yumiko wartete auf einen Anruf, ein Zeichen. Doch vergebens, schließlich sind wir beiden in den Armen der anderen eingeschlafen. Erst als der erste Sonnenstrahl in ihr Zimmer schien, wachte ich auf. Als ich dann nach Yumiko schauen wollte, war sie nirgends zu sehen. Ich stand auf und ging sie suchen. Das Haus, in dem sie wohnte, war nicht allzu groß, doch ich fand sie nicht. Auch der Garten war leer.

Kein Zettel, keine Nachricht. Ich wusste nicht, was ich machen sollte.

In der Küche setzte ich mich an den Tisch. Dann nahm ich mein Handy. Sie müsste doch erreichbar sein?

Es klingelte, doch sie ging nicht ran. Nun bekam ich Angst. Ich versuchte mich zu beruhigen, dann fiel mir ein, dass sie wahrscheinlich im Krankenhaus war, um ihre Mutter zu besuchen.

Mein Blick wanderte zur Uhr, die über der Tür hing. Es war kurz vor elf. Ich packte meine Klamotten zusammen und ging nach Hause. Dort war niemand. Weder meine Oma, noch mein Opa.

Die Tür fiel hinter mir ins Schloss. Ich ging direkt auf mein Zimmer. Dort warf ich meinen Rucksack in eine Ecke, kramte in einer Schublade, die meine Anziehsachen beinhaltete und ging ins Bad, wo ich mich auszog und unter die Dusche ging. Das heiße Wasser prasselte auf meinen leicht verfrorenen Körper, ließ mich wieder spüren.

Es tat gut, die Hitze des Wassers. Als ich einige Zeit später aus der Dusche stieg trocknete ich mich schnell ab und zog mich an. Ein gemütlicher Pullover, den ich vor einiger Zeit von Yumiko geschenkt bekommen hatte. Eigentlich trug sie ihn immer, deshalb duftete er rauch noch nach Vanille. Sie liebte Vanille. Ich sog den Duft ein und schloss einen Moment die Augen.

Für einen Moment stelle ich mir vor, sie wäre hier und ich würde in ihren Armen liegen. Sie hatte eine eigenartige Stärke, man fühlte sich sicher, wenn sie einen hielt.

Als ich die Augen wieder öffnete, weil mich das Vibrieren meines Handys leicht erschreckte, schaute ich direkt nach. Es war eine SMS von Yumiko.
 

„Hey Schatz, kommst Du bitte in Krkhs? Love you Yumiko“
 

Ich band mir meine Haare zusammen zu einem Knoten und packte meinen Rucksack mit den wichtigsten Dingen. Dann holte ich mein Fahrrad und stieg auf. So schnell ich konnte, radelte ich zum Krankenhaus. Ich schloss mein Fahrrad am Eingang ab und ging hinein. Wieder herrschte hier hektisches Treiben und ich ging hinauf zu Yumiko, da ich mich an der Information nach dem Namen ihrer Mutter informierte.

Als ich auf den Flur trat, stand sie schon bei den Bänken und streckte mir nun eine Hand entgegen.

Nachdem wir uns begrüßt hatten nahm sie mich mit zu ihrer Mutter. Man hatte sie von der Intensiv nun verlegt auf ein normales Doppelzimmer. Ihr Blick war auf uns gerichtet, als wir die Tür öffneten und hinein traten.

„Hallo.“, sie nickte und lächelte uns an. Wir setzten uns zu ihr ans Bett.

Ich nickte schüchtern zu ihr hinüber. Mir war das Ganze ein wenig unangenehm, zwar kenne ich ihre Mutter, doch so wie sie da liegt, ihr Blick auf mich gerichtet. Ich weiß nicht, ob ich was sagen soll, doch da nimmt sie mir meine Entscheidung ab und fängt an zu erzählen.

„Nun…ihr zwei. Bald heißt es wohl Abschied nehmen…“, sie seufzte. Yumiko hielt meine Hand, drückte teilweise fest zu. Doch ich sagte nichts zu Yumiko, auch als es anfing weh zu tun.

„Sagen Sie so was doch nicht.“, meinte ich und meine Stimme klang mir fremd, als würde sie nicht zu mir gehören.

Yumiko ließ locker, lächelte mich kurz an. Dann fuhr ihre Mutter fort.

„Ich möchte, dass ihr glücklich seid. Yumiko… Du weißt das man niemanden zu etwas zwingen kann. Auch wenn man sich etwas noch so sehr wünscht.“, dann blickte sie kurz zu mir, auf unsere Hände und ich errötete. Zwar konnte ich mir vorstellen, wovon sie sprach, doch sagte ich nichts, denn ich wollte Yumiko nicht verärgern.

„Man kann Menschen unterstützen, ihnen bei Entscheidungen helfen.“, dann hustete sie und ich schaute zu ihr, es schien zu schmerzen. Plötzlich kam eine Schwester durch die Tür und blickte auf den Monitor, der neben dem Bett von Yumikos Mutter stand. Die Infusion lief in ihre Venen, eine durchsichtige Flüssigkeit. Sie wirkte besorgt und schaute zu Yumiko, dann zu mir. Doch sie sagte nichts.

Kurze Zeit später verließ sie wieder das Zimmer. Yumikos Mutter atmete auf. Neben ihrem Bett stand eine Flasche mit klarem Wasser, sie trank einen schluck, verschraubte dann wieder die Flasche und stellte sie hin.

Yumiko schien etwas sagen zu wollen, blieb aber still. Draußen zogen sich die Wolken zusammen, ein Gewitter.

Wir saßen noch ein paar Stunden stillschweigend auf dem Zimmer. Nach und nach wurde Yumiko müder und müder, da fiel mir erst auf, dass ihre Mutter schon längst schlief. Das monotone Geräusch der Wanduhr fing an auch mich schläfrig zu stimmen.
 

Es wirkte wie ein kurzer Traum, und dann das plötzliche Aufwachen. Ein Piepsen der Maschinen ließ Yumiko und mich aufschrecken. Alles ging ganz schnell. Die Schwestern und Ärzte kamen hinein gerannt, kümmerten sich um Yumikos Mutter und wir waren Außenstehende Betrachter. Doch Yumiko wurde eines klar, dies ist der letzte Augenblick mit ihrer Mutter. Die Anzeige des Herzschlages wurde immer niedriger… und blieb dann stehen.

Stille. Ein Blick auf die Uhr.

„Zeitpunkt des Todes: 17. 28 Uhr.“, damit wurden die Instrumente zusammengeräumt. Yumiko sank zu Boden, aufgelöst in salzige Tränen, die in Strömen über ihr Gesicht liefen. Ich kniete zu ihr, sie zuckte zusammen, als ich sie berührte. Es tat mir weh, sie so zu sehen. Eine der Schwestern kam auf uns zu. Sie lächelte wehmütig. Am liebsten würde ich sie alle hinaus schmeißen, doch es ging nicht.

„Es tut mir Leid um ihre Mutter, aber ich muss Sie bitten mitzukommen…“ Yumiko schaute nicht auf, sie zitterte, krümmte sich und schrie plötzlich, dass es mir bis ins Mark schütterte. Nun weinte ich auch die ersten Tränen. Yumiko versank in meinem Schoß, krallte ihre Finger in meine Jeans, schluchzte, weinte. Ich hob ihren Kopf an, küsste sie und flüsterte ihr ins Ohr, das ich das eben machen würde. Dann stand ich auf und folgte der Schwester, die nur zustimmend nickte.

Ich musste ein paar Formulare ausfüllen, hatte alles so weit ausgefüllt, dass nur noch Yumikos Unterschrift fehlte. Ich zögerte und mein Herz raste. Ob ich eben zu ihr gehen sollte und sie um diese Unterschrift bitten solle? Die Schwester aus dem Krankenzimmer kam auf mich zu. Sie schaute sich das ganze soweit an und nickte lächelnd. Dann legte sie mir ihre Hand auf die Schulter.

„Geben Sie ihr noch etwas Zeit.“, sie zwinkerte und ging wieder zurück an ihre Arbeit. Ich schaute ihr nach. Sie war freundlich, erinnerte mich an jemanden, doch ich konnte es nicht zuordnen. Ich befolgte ihren rat, wartete. Aber nach einigen Stunden kehrte ich mit den Formularen zu ihr ins Zimmer zurück. Man hatte alles aufgeräumt, Yumikos Mutter wahrscheinlich in den Keller gebracht. Es war spät abends und Yumiko lag eingerollt auf dem Bett, welches aber neu bezogen wurde. Ihre Augen waren geschlossen, eine Spur der Tränen war im dämmrigen Licht auf ihren Wangen zu erkennen und ich legte mich zu ihr. Die Formulare legte ich auf den Nachttisch.

Meine Finger glitten über ihren Arm. Sie öffnete ihre Augen. Ein glasiger Blick.

Mir schlug das Herz wieder mal schneller. Ich wusste nicht, ob ich die Stille brechen sollte? Wenn sie nicht ohnehin schon mein Herz schlagen hörte.

Yumiko kam näher, kuschelte sich an und ich strich ihr tröstend über den Rücken. Der Abend zog sich langsam hin und ich wäre fast eingeschlafen. Da ging die Tür auf und Licht kam in das Zimmer. Ich blickte zu der Schwester, die mir einen dringenden Blick zuwarf.

Die Formulare! Ich hatte sie komplett vergessen. Yumiko schien eingeschlafen zu sein. Sanft rüttelte ich an ihr, damit sie ihre Augen öffnete, aufwachte.

Sie zuckte kurz zusammen.

„Du müsstest… da etwas unterschreiben.“, ich drehte mich zu den Formularen und reichte sie ihr. Yumiko hatte sich aufgesetzt und schaute sich das Formular an.

Dann unterschrieb sie und reichte es der Schwester entgegen, die auf uns zu kam und es entgegen nahm.

„Lass uns gehen.“, sagte Yumiko knapp und stand auf. Sie nahm eine Tasche, die neben dem Bett auf ihrer Seite stand. Ich stand ebenfalls auf und folgte ihr. Mit einem Lächeln bedankte ich mich bei der Schwester und dann wandte ich mich Yumiko zu.

Draußen waren die Straßenlaternen an und säumten unseren Weg zu ihr mit Licht. Ich holte mein Fahrrad und schob es dann. Yumiko trug die Tasche an ihre Brust gedrückt. Ich schrieb meiner Oma eine Nachricht, dass ich heute bei einer Freundin übernachten würde. Als wir bei Yumiko ankamen ging sie in das Zimmer ihrer Mutter. Stille im Haus. Nach einiger zeit wollte ich nachsehen gehen, doch entschied mich dagegen. Sie braucht ihre Ruhe, nur heute erstmal, dann würde ich versuchen mit ihr zu reden. Später an dem Abend, als ich zu Bett gehen wollte, öffnete sich gerade die Schlafzimmertür und Yumiko trat heraus. Sie lächelte schwach. Dann kam sie auf mich zu, nahm mich in die Arme und dann gingen wir in ihr Bett. Am nächsten Morgen weckte sie mich. Sie lächelte wieder.

„Kommst du frühstücken Schatz?“, sie küsste meine nasenspitze und ging schon einmal hinunter. Nach ein paar Minuten folgte ich ihr.

Es sah alles so normal aus. Wie sollte es auch anders sein?

Ich saß ihr gegenüber und schaute auf meinen Teller. Mal wieder hörte ich nur das Ticken der Wanduhr, es sagte keiner ein Wort. Erst als wir fertig waren fing sie an zu sprechen, doch das was sie sagte, gefiel mir absolut nicht.

„Erzähl es Deiner Familie.“, war alles und doch traf es mich. Sie wusste, wie ich dazu stand, dass ich es machen würde, nur nicht jetzt, weil ich alles kaputt machen würde.

Es war Wochenende und Yumiko wusste, das heute die Familie bei meinen Großeltern ist, weil es dann dort ein gemeinsames Mittagessen gibt.

Ein Funkeln war in meinen Augen und sie wich ihm gekonnt aus. Es hatte keinen Sinn. Wenn ich jetzt streiten würde, wäre es der schlimmste Zeitpunkt, den ich mir hätte aussuchen können.

„Und was ist, wenn sie mich verstoßen?“, ein wenig Angst mischte sich unter.

Doch sie schaute mich durchdringend an.

„Dann ziehst Du hier ein. Wir klären das schon. Wir werden nachher Deine Großeltern besuchen.“, dann stand sie auf und ging duschen.
 

Wir standen vor meiner Haustür. Von innen konnte ich einzelne Stimmen vernehmen. Meine Tante war auch da. Alle.

Yumiko griff nach meiner Hand. Ich schwitze und gleichzeitig war mir kalt. Die Sonne prallte auf unsere Rücken und dann zückte ich meinen Schlüssel. Yumiko nickte zustimmend und ich öffnete die Tür. Wir traten ein, zogen unsere Schuhe aus, Pantoffeln an. Ich brachte meine Sachen schnell nach oben, zog mich um, machte alles in Eile. Dann lief ich die Treppen wieder hinunter, gesellte mich an Yumikos Seite.

Hand in Hand liefen wir in die Küche. Stellten uns vor sie. Ihre Blicke richteten sich auf uns.

„Das ist Yumiko. Ich … ich …“, Tränen schossen mir ins Auge. Mein herz raste. Alle warteten sie. Ihre Blicke erwartungsvoll.

„Ich liebe sie, bin mit ihr zusammen.“, ich schloss meine Augen, wollte nicht in ihre Gesichter blicken müssen, die Tränen liefen. –Stille.

Als ich dann zögerlich meine Augen öffnete, erkannte ich ein Lächeln auf den Lippen meiner Tante, sie nickte.

Meine Großeltern sagten nichts. Sie saßen nur da. Teilnahmslos. Dann stand meine Oma auf, kam auf uns zu und umarmte uns.
 

Akzeptiert.



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  AlexMcKenzie
2007-06-20T15:07:58+00:00 20.06.2007 17:07
uff, krass... bin gespannt ob und wie es weiter geht :)

P.S.: Du solltest dieses mal zwingend noch mal drüber lesen, da du ein paar Worte verwendest, die so genutzt keinen Sinn ergeben.

Z.B. Anerkennen, du könntest statt dessen schreiben anmerken, man konnte erkennen, ansehen usw. aber anerkennen bedeute soviel wie akzeptieren

das ist aber nur ein fall wo ich mich noch dran erinnere, ich meine es kam noch ein oder zwei mal vor.
Von: abgemeldet
2007-04-09T23:21:53+00:00 10.04.2007 01:21
Hey ich hab mir jetzt alle Kapitel durchgelesen, ich finde die Geschichte sehr schön, besonders das die Entwickelung positiv verlaufen ist sonst wär ich glaub ich irgnedwann extremst depri geworden lol xD
Ich hoffe du schreibst bald weiter und meldest dich direkt sobald du fertig bist ^-^
Von:  AlexMcKenzie
2007-04-09T20:08:52+00:00 09.04.2007 22:08
Hi, ich hoffe du schreibst bald weiter und bin froh das du mich gefunden hast. Meine Suppe ist vorhin fast kalt geworden, so gefesselt haben mich die beiden neuen Kapitel. Einmal gegenlesen wäre zwar nicht schlecht, aber den Inhalt stört es absolut ist. *verzweifelt nach dem weiter button such*


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