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Goldschimmer

von

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Prolog

Die hell leuchtende Sonne brannte erbarmungslos auf die kleine Hafenstadt Port Royals nieder. In der Stadtmitte herrschte trotz erhöhter Temperaturen reges Treiben und die Händler verkauften die prächtigsten Waren aus fernen Ländern. Frisches Brot und Gebäck behangen die Straßen mit einem angenehmen Duft und farbenprächtiges Gemüse veranlasste die Bürger dazu, länger an einem Stand zu verweilen wie beabsichtigt. Angeregt unterhielten man sich und tauschte untereinander die neusten Geschichten und Neuigkeiten aus. Unter vorgehaltener Hand wurde erzählt „ein Pirat wurde heute wieder gehängt, habt Ihr es mitbekommen?“ oder Spekulationen wurden angestellt ‚Port Royal ist ein Treffpunkt für Piraten! Hört auf mich, wir sind hier nicht mehr lange sicher!“ Bestätigendes Nicken ging durch die Runde und jede Mutter nahm ihr Kind fester bei der Hand, aus Angst, wenn sie sich einmal wegdrehte, es sich vielleicht bereits in der Gefangenschaft eines Piraten befand.
 

Mitten in dem Menschengewimmel bewegte sich elegant und unauffällig ein Mädchen. Ihre langen, dunkelbraunen, gelockten Haare fielen ihr bei jedem Schritt ins Gesicht und verdeckten ihre ebenso braunen Augen. Ihre Aufmerksamkeit galt den Marktfrauen und den Käufern bei ihren Worten und Ansichten über Piraten. Jenn musste dabei schmunzeln. Nicht jeder Pirat war blutrünstig und gierig. Ihrer Ansicht nach wurden sie oft nur missverstanden. Doch sie konnte auch die Angst verstehen, die bei der Bevölkerung ihren Wandel machte. Zu viele Morde waren in der letzten Zeit geschehen, zu viele Piraten wurden dabei in Verbindung gebracht und, für ihren Geschmack, wurden zuviel Menschen in der letzten Zeit gehängt.
 

Jenn seufzte. Wann würden die Menschen endlich aufhören jemanden nach ihrem Aussehen oder ihrem Ruf zu beurteilen? ‚Ich vermute nie’, befürchtete sie in Gedanken und beschleunigte ihre Schritte.
 

Nach einer kurzen Weile blieb sie vor einem Schaufenster stehen, in welchem sich eine große Anzahl an Büchern befand. Jenn lächelte. Sie war an ihrem Ziel angekommen. Sie spürte bereits die Vorfreude, die in ihr Aufstieg und öffnete mit Schwung die Ladentüre. Eine kleine Klingel, welche am oberen Ende der Türe befestigt war, kündigte sie beim Ladenbesitzer an. Ein etwas dicklicher Herr kam hinter den Bücherregalen hervor und ging freudenstrahlend auf sie zu. Sie erwiderte das Lächeln. „Ah, Miss Tails. Schön Euch zu sehen. Was kann ich dieses Mal für Euch tun?“ Mister Mathews kannte sie und ihre Familie schon seit vielen Jahren. Sie kam mindestens einmal in der Woche in seinen Laden, brachte ein ausgeliehenes Buch zurück und lieh sich im gleichen Zuge ein Neues aus. Mister Mathew schätze Jenn sehr und sie war daher die einzigste Kundin, die sich die Bücher ausleihen durfte, anstatt sie kaufen zu müssen.
 

„Guten Tag Mister Mathews. Ich möchte Ihnen gerne dieses Buch wieder zurückgeben. Ich habe es ausgelesen und es hat mich nicht enttäuscht. Es war genauso spannend wie Ihr es beschrieben habt.“ Sie streckte ihm das Buch entgegen und lächelte ihn an. Herr Mathew lachte laut auf und nahm ihr das Buch ab um es wieder ins Regal zu stellen. „Miss Tails, wenn Ihr so weiter macht, dann gibt es bald in ganz Port Royal kein Buch mehr, welches ich Euch ausleihen könnte.“
 

„Oh Mister Mathews, sagt so etwas doch nicht! Es gibt für mich nichts Schöneres, als in einem ihrer Bücher lesen zu können um den Alltag zu vergessen.“ Ein Seufzer entdrang ihrem Mund. „Oh Miss Tails! Sagt bloß Ihr habt irgendwelchen Kummer?“ Bei der Sorge in seiner Stimme musste Jenn wieder schmunzeln. Der Buchhändler hatte Jenn schon immer gern gesehen und wenn sie sich nicht täuschte, glaubte sie manchmal ein leichter Anflug von Verliebtheit in seiner Stimme rauszuhören. Aber vielleicht täuschte sie sich auch?
 

„Nein, Nein Mister Mathews. Macht Euch keine Sorgen. Aber manchmal ist es nun mal nicht einfach die Tochter des Gouverneurs zu sein. Da hat man eben viele Verpflichtungen.“ Innerlich seufzte sie erneut. Wie oft hatte sie sich schon gewünscht, die Tochter eines einfachen Schmieds oder Schuhmachers zu sein und nicht die eines Gouverneurs, welcher die gleichen Anforderungen an seine Tochter stellte, die das Volk an ihn hatte. Mister Mathews bemerkte die leichte Trauer in ihrer Stimme und empfand es für das Beste, nicht weiteres darauf einzugehen. Schnell lies er sich etwas einfallen, um sie wieder auf andere Gedanken zu bringen.
 

„Lasst mich raten, Miss Tails, es darf wieder ein Buch über Piraten sein?“ Sie lächelte ihn leicht beschämt an und Mister Mathews wusste bereits ihre Antwort. Er verließ den kleinen Vorraum und verschwand hinter einer riesigen Bücherwand. Sie vernahm nur noch seine dumpfe Stimme, während er die alte, klapprige Treppe zum Regal hinaufstieg.
 

„Eure Eltern haben wohl immer noch nichts bemerkt nehme ich an?“ Sie schaute sich gerade die Bücher in den Regalen durch, als sie ihm nach hinten rief. „Nein, Ihr wisst doch wie meine Eltern sind.“ Mit ihren Fingern strich sie verträumt über die staubigen Bücherrücken und atmete tief ein. Sie liebte den modrigen Geruch von alten Büchern. „Das Buch muss dem Bildungsstandard meiner Eltern entsprechen. Und wenn dies nicht der Fall ist ... Na ja ...“ Bei dem Gedanken an Ihre Eltern verdrehte Jenn leicht die Augen und lies von den Büchern ab. Ihre Eltern hatten noch nie ihre Leidenschaft für Piraterie geteilt. Sie fanden Piraten barbarisch und abstoßend. Genau wie die restlichen Leute in Port Royal. Nur dass ihr Vater der Gouverneur war und es daher Piraten noch mehr verachtete. Für ihn waren sie nicht nur barbarisch und unter seiner Würde, für ihn waren sie auch Lebemänner die nie ihrem Leben etwas von Regeln gehört hatten. Von Mitgefühl ganz zu schweigen.
 

Doch gerade diese Eigenschaft faszinierte Jenn so sehr. Piraten waren frei und ungebunden. Wie gern wäre Jenn einmal in Ihrem Leben auf einem Piratenschiff mitgesegelt. Weit weg von Tanzbällen und Verabredungen und den ganzen steifen Bekanntschaften. Doch das würde wohl ewig ein Traum bleiben. „So, bitte schön, Miss Tails.“ Mister Mathews kam mit einem neuen Buch in der Hand auf Jenn zu und reichte es ihr. „Dieses Buch ist etwas ganz Besonders. Und wisst Ihr was? Ich schenke es Euch.“ Ihre Augen wurden groß als sie es in die Hand nahm. Es war schwer, aus dickstem Leder gebunden und die Seiten waren am Außenrand mit edlem Gold verziert. Bei jeder Bewegung schimmerte der fast schon seidige Seitenrücken. Fasziniert bewunderte sie seinen Verlauf. „Oh Mister Mathews, das kann ich nicht annehmen. Das ist doch viel zu wertvoll.“ Entsetzt starrte sie den Buchhändler an. „Doch das könnt Ihr. Ihr seid einer meiner besten Kunden. Wenn ich Euch nichts schenken kann, dann niemandem.“ Jenn starrte wieder auf das Geschenk in ihrer Hand. ‚Dann hatte ich doch recht!’ Sie konnte sich nicht erinnern, dass der Buchhändler schon jemals ein Buch verschenkt hatte. Sie stand wohl doch höher in seiner Gunst als sie dachte. „Was macht es denn so wertvoll?“ Interessiert blickte sie ihn wieder an doch dieser schenkte ihr ein letztes Zwinkern, verschwand wieder hinter den Regalen und ging wieder seiner gewohnten Arbeit nach.
 

Freudestrahlend und das Buch fest an die Brust gepresst verließ Jenn den Laden. ‚Ich kann es kaum erwarten es zu lesen.’ Lächelnd betrachtete sie das Buch in Ihrer Hand und schlug den Weg in eine dunkle Gasse ein. Ihr Vater predigte ihr immer wieder, solche Wege zu meiden. „Zuviel Gesindel treibt sich in den Gassen herum Jenn! Merke dir das gut.’ waren stets seine Worte, wenn sie das Haus verließ. Doch Jenn war das an diesem Morgen egal. Sie wollte nur noch den schnellsten Weg nach Hause einschlagen, und endlich in Ruhe ihr neues Buch lesen.

Kapitel 1 – Ein ereignisvoller Morgen

In den Gassen von Port Royal bewegte sich ein dunkler Schatten die Wand entlang. Die Bewegungen der Person waren nicht besonders geradlinig und sein Gang erinnerte eher an einen Betrunkenen. Er trug einen alten zerfledderten Lederhut und darunter ein rotes Band über dem Kopf. Seine Haare waren mit Perlen und Zöpfen geflochten, ebenfalls wie sein Bart, welcher mit zwei kleinen Bändchen geteilt war. Die braunen Augen jedoch, verfolgten wachsam die Leute in der Stadt. Er beäugte sie ganz genau. Er wusste welche Art von Beute er machen wollte, denn das letzte Geld, welches er gestohlen hatte, reichte gerade mal für eine Flasche Rum.

Nach einiger Zeit lehnte sich Captain Jack Sparrow gelangweilt an die Hauswand an. „Wie’s mir scheint, wird das heute nichts mehr werden.“ Er seufzte auf und wollte sich gerade umdrehen, als sein Auge einen goldenen Schimmer wahrnahm. Er verengte die Augen um es besser erkennen zu können, doch sein Blick blieb dann an einer jungen Frau hängen. Ihr Kleid war prachtvoll geschmückt und der Stoff lies darauf schließen, dass sie aus gutem Hause sein musste. Ihre braunen Locken fielen ihr weit über die Schulter und sie machte auf ihn ein glücklichen, gelassenen Eindruck. Zumindest lief sie mit einem Lächeln durch das Leben. Wann hatte er das letzte mal so entspannt gelächelt? Er konnte sich nicht mehr daran erinnern. Ein hämisches Grinsen machte sich bei dem Anblick des Mädchens breit.

Jenn ging unterdessen nichts ahnend durch die Gasse. Ihren Blick auf das Buch gerichtet konnte sie es kaum erwarten, es endlich Zuhause in ihrem Zimmer aufzuschlagen. Sie bog nach rechts ein als plötzlich eine warme Hand ihren Mund verschloss und sie eine kalte Klinge an ihrem Hals spürte. ‚Ein Messer!’ schoss es ihr durch den Kopf und ihr Herz begann schneller zu schlagen. Ein Entsetzen machte sich in ihr breit und sie spürte wie die Panik von ihr Besitz ergriff. „HMMM HMPFMM“ Verzweifelt versuchte sie einen Ton herauszubekommen, doch vergebens. Sie beruhigte sich erst ein wenig als sie eine warme Stimme vernahm.
 

„Keine Sorge Schätzchen, wenn du jetzt keinen Ärger machst, dann passiert dir auch nichts. Denn wenn du dich nicht rührst, dann muss ich mich auch nicht rühren und alle sind zufrieden. Klar soweit?“
 

Jenn wusste nicht was sie von dem wirren Gerede halten sollte, doch sie sah es als eine Art Rat an. Wenn sie sich wirklich nicht wehrte, dann würde ihr vielleicht auch nichts passieren. ‘Jetzt bloß nichts tun was ihn verrärgern könnte ...‘
 

„HMM BFFM“ Sie versuchte ihm zusagen dass sie nicht schreien würde. ‚Nimm mir doch endlich die Hand vom Mund!’. Sie ekelte sich bei dem Gedanken von einer fremden Hand an den Mund gefasst zu werden. Als ob er ihr Gemurmel verstand hätte, nahm er seine weg und ließ sie los. Schnell drehte sie sich um und trat einen Schritt zurück als sie bereits ein Klicken vernahm. Sie blickte direkt in den Lauf einer Pistole, die er auf sie gerichtet hielt. Geschockt starrte sie ihren Gegenüber an.
 

„An deiner Stelle wäre ich jetzt ruhig Schätzchen, sonst muss ich leider abdrücken.“ Sein belustigendes Gesicht lies Jenn das Blut in den Adern gefrieren. Vor ihr Stand ein leibhaftiger Pirat, so wie sie es sich eigentlich immer gewünscht hatte. ‚Aber doch nicht so, nicht auf diese Weise’. Sie schluckte einmal und versuchte mit starker Stimme ihm zu Antworten. „Darf ich fragen mit wem ich es zu tun habe? Habt Ihr denn keinen Anstand?“ Leider klang ihre Stimme lang nicht so fest und selbstsicher wie sie es sich eigentlich vorgenommen hatte. ‚Toll Jenn, da bekommt ja jeder angst ...‘ Mit erhobener Nase und zusammengekniffenen Augen versuchte sie ihn anzusehen. Doch statt Einschüchterung erntete sie nur ein Lachen von ihrem Gegenüber.
 

„Oh Verzeiht Miss, wo sind meine Manieren. Ich bin Captain Jack Sparrow und der gefürchteste Pirat der Meere.“ Er zog seinen Hut von seinem Kopf und deutete mit wirrem Gefuchtel der Arme eine Verbeugung an. Als er sich duckte, stach ihm wieder der goldene Schimmer in die Augen und erkannten nun auch, woher er kam. Bei dem Anblick des Buches weiteten sich seine Augen. ‚Das kann nicht sein.‘ Jenn hatte ihr Buch vor Schreck fallen gelassen und nun lag es mitten im Dreck und Schmutz und hatte nun die Aufmerksamkeit des Piraten. Das Suchen hatte also ein Ende. Da lag es, kurz davor es in seine Hände zu nehmen.

Mit einem abwertenden Blick musterte sie den „Piraten“ der vor ihr stand. Für einen Piraten sah er noch bedeutend gut aus. Seine braunen Augen waren lang nicht so kalt und eisig wie sie es sich immer vorgestellt hatte, und seine Zähne waren lang nicht so schwarz wie sie es immer in den Büchern gelesen hatte. Zwar zierten sein Gebiss ein paar Goldene Zähne, doch es wirkte gepflegter als manch anderer hier herumlief. Nur seine Kleidung lies nicht gerade auf einen besonderen Piraten schließen und auch der stechende Geruch deutete auf eine lange Tragzeit der Kleider hin. Der Hut sah aus, als ob er schon bessere Tage gesehen hatte, hielt sich aber noch wacker auf dem Kopf. Als ob Sparrow die Musterung bemerkt hätte, hob er die Arme seitlich und schaute mit schiefem Kopf an sich herunter und anschließend ihr wieder in die Augen. Sie fühlte sich ertappt und spürte wie ihr die Röte ins Gesicht schoss. Mit einer Hand fasste sie sich an die Wange, mit der anderen an die Brust. Ihr Herz schlug immer noch schnell und ihre Hände waren bereits vor Angst feucht. Jack hob die Pistole wieder in ihre Richtung und musterte sie eindringlich. „So, nachdem wir uns nun lange genug angestarrt haben, würde ich Euch bitten, mir bitte euer Hab und Gut auszuhändigen.“ Er streckte seine freie Hand in ihre Richtung und Jenn schaute ihn verwundert an. Glaubte er wirklich sie würde ihm so einfach ihr Geld geben? Mit einem kurzen Blick fiel ihr Augenmerk auf das Schwert welches wieder in seine Scheide steckte.
 

„Aber, Captain Sparrow. Wenn Ihr so ein berühmter Pirat seid, warum lasst ihr euch dann so weit herunter, eine arme, hilflose Frau zu überfallen, die nichts wollte, als in ihr bescheidenes Heim zurückzukehren?” Jenn setzte ihren Schmollmund ein und sprach mit honigsüßer Stimme. Es schien zu wirken, denn Jack ließ seine Waffe ein wenig senken. Mit hochgezogenen Augenbrauen und den Kopf nach hinten geworfen trotzte er ihrem Blick. Was sollte das denn werden wenn’s fertig ist? Sie müsste eigentlich hilflos betteln und weinen, dass er ihr nichts tat.

Langsam ging sie einen Schritt auf ihn zu. „Ihr wollt mir doch nicht wirklich eine Kugel durch die Brust jagen Captain? Könntet Ihr das wirklich tun?“ Wieder näherte sie sich ihm einen Schritt und Jack trat ebenfalls einen Schritt auf sie zu. „Vielleicht ... vielleicht auch nicht, Liebes. Kommt darauf an wie nett Ihr zu mir seid.“ Ein Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit und auch Jenn setzte ihr süßestes Lächeln auf. Als sich ihr Gesicht gefährlich näherten, grinste sie den Captain frech an und wirbelte an ihm vorbei. Dabei zog sie geschickt sein Schwert aus der Scheide und hielt es ihm nun an die Kehle wie er es zuvor bei ihr getan hatte.
 

„Ähm ... Entschuldigung ... Miss? Ich glaube da stimmt etwas nicht.“ Er deutete auf das Schwert und lächelte etwas in Panik. So sollte das nicht laufen!
 

„Ach, ich denke das läuft genau richtig so. Macht Euch da mal keine Sorgen. HILFE! HILFE!“

Jacks Augen wurden groß. „Oho, bitte Miss. Wir können doch darüber reden. Ich kann Euch Gold schenken.“ Sein Blick fiel wieder auf das Buch.
 

„Wieso solltet Ihr mir Gold schenken wollen, wenn Ihr mich erst berauben wolltet?“ Jenns Worte waren mehr als nur ein Flüstern. Jack schloss die Augen. In der Ferne vernahm er bereits laute Rufen der Garde und langsam stieg in ihm Panik auf.
 

„Bitte, wollt Ihr wirklich, dass ich im tiefsten Kerker lande? Ich bin ein gesuchter Pirat und das könnte für mich sehr schlecht ausfallen.“ Er machte eine kurze Pause und dachte nach. „Wahrscheinlich wartet auf mich bereits der Galgen.“
 

„Der Galgen?“ Jenn schluckte. Das wollte sie nicht. Sie wollte nicht für ein Leben verantwortlich sein. Jack spürte dass er bei ihr einen wunden Punkt getroffen hatte. „Ich hätte nicht gedacht, dass mein Leben so schnell vorbei sein würde. Na gut. Ich habe viel gesehen, ich gebe es zu. Wahrscheinlich habe ich es nicht anders verdient als elend zu ersticken.“
 

„Zu ersticken?“ Vor Ihren Augen sah sie einen Galgen.
 

„Ja. Langsam und qualvoll. Der Strick bohrt sich in Euren Hals und ihr spürt genau wie Euch langsam die Luft zum Atmen genommen wird.“ Seine Stimme war mehr ein Flüstern und sein Blick fiel auf Jenns Körper.
 

Jenn überlegte. Konnte sie das wirklich? Ihre Augen wanderten an ihm herab. So böse sah er eigentlich nicht aus. Vielleicht war es wirklich nur ein kleiner Pirat der zum Überleben stahl?
 

Plötzlich vernahm auch sie die lauten Rufe der Garde. „DA HINTEN! DIE HILFERUFE KAMEN AUS DER GASSE! BEEIL DICH!“ In Jenn wurden Zweifel aufgeworfen. Konnte sie das wirklich? Ihr Blick blieb an den Augen des Piraten hängen. Mit wartendem Ausdruck schaute er sie an. Langsam lies sie das Schwert sinken und trat einen Schritt zurück. „Geht“

Etwas irritiert über ihr Verhalten blickte sich Jack um als ob er sich nicht sicher war, dass sie ihn meinte. Erst nachdem er mit dem Finger auf sich selber zeigte und ihm Jenn zu nickte hob er mit einer Hand seine Pistole auf und steckte sie wieder ins Halfter. Jenn hatte den Eindruck dass er mit der anderen Hand versuchte das Gleichgewicht zu halten. Ihre Augenbrauen bewegten sich wieder nach oben. Er war schon eine merkwürdige Art von einem Piraten. Die Rufe der Garde wurden immer lauter und jeden Moment mussten sie um die Ecke kommen. Hektisch drehte sie sich in der Gasse um. Es gab nicht viel zum verstecken. Jack dagegen schien mehr an seinem äußeren Interessiert sein, denn er zupfte unaufhörlich an seinem Hemd herum. ‚Das gibt es doch nicht, Eitel ist er auch noch, ... neben verrückt.‘
 

„Beeilt Euch. Es bleibt Euch nicht viel Zeit zu fliehen. Versteckt Euch hier!“ Sie griff nach seinem Arm und zog Jack hinter ein Regenfass. Gerade noch rechtzeitig, denn die Garde bog bereits um die Ecke und blieb vor der etwas aufgebrachten Jenn stehen. Mit musterndem Blick schauten Sie auf die verlegene Lady vor ihnen.
 

„Habt Ihr um Hilfe gerufen, Miss Tails? Wir vernahmen von hier Stimmen.“
 

„Oh .. äh .. ja Soldat. In der Tat.“ Etwas stotternd stand sie nun vor den Wachmännern und wusste selber nicht so recht, was sie dort eigentlich tat. Versteckte sie gerade wirklich einen Piraten vor den Wachmännern ihres Vaters? Jack saß unterdessen geduckt hinter der Regentonne und betete, dass die Wachmänner bald abziehen würden. Den Namen „Tails“ hatte er aber schon einmal gehört. Nur woher? Er musste sich diesen Namen gut einprägen ... ‚Kaum zu glauben, aber das Gerede hat sie mir echt abgekauft’.
 

„Und Miss Tails? Bei was benötigt Ihr Hilfe?“ Der Wachmann trat einen Schritt auf Jenn zu und sie ging einen Schritt zurück und lehnte sich vor die Tonne.
 

„Ach wisst Ihr, ich habe nur eine Ratte gesehen und bin sehr erschrocken. Da habe ich mich vergessen und habe um Hilfe gerufen.“ Schüchtern lächelte sie die Wachmänner an die sich nur verständnislos anschauten und mit den Schulter zuckten. „In Ordnung Miss Tails. Dann werden wir wieder gehen wenn bei Euch alles in Ordnung ist.“ Misstrauisch drehten sich die Männer nochmals um und Jenn winkte ihnen mit ihrem Taschentuch zu.
 

„Und vielen Dank nochmals, dass Sie gekommen sind!“ Kaum waren sie um die Ecke verschwunden, atmete Jenn tief aus. Das war ja gerade noch mal gut gegangen.
 

„Das ist ja gerade noch mal gut gegangen. Beinahe hätte ich meinen Hut wieder abgeben müssen.“ Jenn glaubte sich verhört zu haben und drehte sich zu ihm um.
 

„Euren Hut? Ist das Eure einzigste Sorge? Warum um Gottes Willen sollten diese Männer noch Euren Hut wegnehmen?“
 

„Weil er gestohlen ist! Was denkt Ihr denn?“ Wieder zupfte er sich seine Kleider zurecht und zog seinen Hut etwas tiefer ins Gesicht. „Ich danke Euch noch für Eure Hilfe Miss ...“ Er wedelte mit seinem Arm in der Luft herum und wartete wohl darauf, dass sie ihren Namen nannte. Jenn hob eine Augenbraue und überlegte kurz ob sie ihm antworten sollte.
 

„Tails. Mein Name ist Jennifer Tails.“ Jack trat einen Schritt auf sie zu und nahm ihre Hand. Er führte sie zu seinem Mund und hauchte ihr einen Kuss darauf. Dabei war sein Blick kurzzeitig auf das Buch gerichtet. Nein, das musste er sich anders beschaffen. Nun wusste er zumindest wo es sich befand.

„Dann danke ich Euch vielmals Miss Tails für Eure Hilfe. Ihr habt meinen endlosen Dank und ich muss jetzt gehen.“ Er hob nochmals seinen Hut und deutete wieder ein Verbeugung an, bevor er ihn wieder aufsetzte. Jenn fand, dass er ohne diese dämlichen Hut viel besser aussah. Aber das würde sie ihm gerade noch sagen ...
 

Jenn wollte gerade ansetzen und etwas erwidern, als die Wachmänner wieder um die Ecke bogen.
 

„Übrigens Miss Tails, wenn Sie einen Piraten sehen der ein rotes Kopftuch trä...“ Weiter kam der Wachmann nicht, denn Jenn fing an zu schreien, als ob sie Jack gerade erst begegnet wäre. Die Wachmänner zogen ihre Waffen und Jack wusste im ersten Moment nicht wohin er fliehen sollte.
 

„JACK SPARROW! Ihr werdet im ganzen Land gesucht! Ihr seid hiermit festgenommen!“ Einer der Männer hob sein Schwert in seine Richtung und würde nicht zögern, es auch zu benutzen.
 

„CAPTAIN, bitte. Soviel Zeit muss sein.“ Die Männer lachten über seinen Einwand kurz laut auf und Jack nutze die Situation und zog sein Schwert.
 

„AHH“ Jenn schrie vor Schreck auf. Er holte mit seinem Schwert aus und schlug nach hinten. Der Soldat war so verdutzt als Jack plötzlich nach einem Seil griff und wie von Zauberhand nach oben gezogen wurde. Das letzte was einer der Männer noch sah, war ein brauner gefüllter Wassereimer, der ihm mitten auf die Stirn knallte. Er schlug mit dem Kopf hart auf den Boden auf und Jenn kniff für einen Moment die Augen zusammen. Sie öffnete sie erst wieder als sie die Stimme des Piraten vernahm.
 

„Wir werden uns sicher wieder sehen Schätzchen!“ Empört über seine Worte schnaufte Jenn laut aus. „Was bildet sich dieser ... dieser Pirat eigentlich ein!“
 

„Schnell! Vielleicht erwischen wir ihn noch auf der anderen Seite!“ Einer der Männer wackelte kräftig am Körper, von demjenigen, der etwas benommen am Boden lag. Leicht torkelnd richtete er sich auf und versuchte seinem Kameraden zu folgen. Die Wachmänner waren daraufhin genauso schnell wieder verschwunden, wie sie aufgetaucht waren. Jenn stand verdattert in der Gasse und ihr Blick fiel auf den Boden. Wortlos griff sie nach unten und nahm das zerfledderte Buch in die Hand. Innerlich kochte die Wut in ihr Hoch. Es war deutlich auf dem Außenband ein Fußabdruck zu erkennen. „Ganz Ruhig Jenn .. ganz ruhig.“ Sie schloss die Augen, atmete noch einmal tief aus und öffnete wieder die Augen. Nein, die Situation hatte sich nicht gebessert. Wütend schrie sie auf.
 

„AAARGH. Das wirst du mir büßen. Captain Jack SPARROW.“ Sie hob ein Stück ihres Kleides an und säuberte damit das Buch von Schmutz und Dreck. Ja, das würde er ihr büßen. Und sie hatte das dumpfe Gefühl, dass das noch früher geschehen sollte, als ihr lieb war.

Kapitel 2 – Wiedersehen macht Freude

Jenn war so schnell sie konnte nach Hause gerannt. Sie hoffte auf keine weiteren Zwischenfälle und beeilte sich, in ihr Zimmer zu kommen. Sie rannte die Böschung nach oben und blieb atemlos vor einem großen alten Haus stehen. Für heute hatte sie genug erlebt. Doch immer wenn sie vor dem eindrucksvollen Haus stand, überkam sie ein Gefühl von Enge. Da ihr Vater der Gouverneur der Stadt war, und somit ein vermögender Mann, wurde auch genauso viel wert auf ihre Erziehung gelegt und Jenn hatte als Kind selten das Vergnügen gehabt mit den anderen Kindern im Dreck spielen zu können oder mal Unfug anzustellen. Ihre Kindheit hatte sie damit verbracht, mit ihrem Kindermädchen Marry für ihre Bildung zu lernen oder mit ihr neue Stickereien oder Malereien zu üben. Im Großen und Ganzen konnte man sagen, dass sie nicht gerade die schönste Kindheit hatte. Als sie vor der großen Eingangstüre stand, überkam sie wieder ein einengendes Gefühl in der Brust, welches sie beinahe ersticken wollte. Sie atmete nochmals tief durch, steckte das Buch in ihr Oberteil und öffnete mit Elan die Haustüre.
 

„Jennifer! Du meine Güte wie siehst du denn aus?“ Jenn verdrehte die Augen. Kaum hatte sie auch nur einen Fuß ins Haus gesetzt, wurde sie bereits von ihrer Mutter mit Vorwürfen geplagt. „Mutter, es ist alles in Ordnung. Ich wurde überfallen. Du musst dir keine Sorgen machen, mir geht es gut.“ Sie legte ihre Tasche und ihren Schal ab und marschierte an ihrer Mutter vorbei ohne sie anzusehen.
 

„Meine Güte Jennifer! Das ist ja schrecklich. Sieh dir nur deine Haare an. Und dein Kleid erst! Dein Vater wird entsetzt sein wenn er dich so sieht!“ Erschrocken hielt ihre Mutter die Hände vor den Mund. Jenn seufzte innerlich auf. Es war immer das gleiche. Es kümmerte ihre Mutter wenig ob es ihr gut ging. Es ging ihr nur mal wieder um das äußerliche und den Schein nach außen zu wahren.
 

„Wenn du mich nun entschuldigst Mutter, ich würde gerne nach oben gehen.“ Sie legte gerade die Hand auf das Geländer, als auch ihr Vater Bentlay den Raum betrat.
 

„JENNIFER!“ Bei ihrem Namen, zuckte sie zusammen. „Guten Tag Vater. Es freut mich Dich zu sehen.“ Sie machte einen leichten Knicks und wollte gerade einen Fuß auf die Stufe setzen, als sie von ihrem Vater zurückgehalten wurde.
 

„Jennifer, was ist passiert? Du siehst ja furchtbar aus!“ Genervt drehte sie sich zu ihm um und erzählte ihm von dem Überfall. Das Detail zur Flucht, änderte sie jedoch etwas ab.
 

„Das heißt, dieser Verrückte rennt noch immer irgendwo in Port Royal herum?“ Aufgeregt lief ihr Vater durch das Zimmer, so dass sich seine Perücke ein Stück zur Seite neigte. Mit einem Griff zog er sie wieder gerade und Jenn konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Was ist denn bitte daran so komisch? Meine einzigste Tochter wird von einem Barbaren überfallen und beinahe ausgeraubt. Gott sei Dank waren die Wachmänner in der Nähe. Nicht auszudenken was passiert wäre wenn...“
 

„VATER! Bitte. Es ist nichts passiert.“
 

„Nicht passiert? Nichts passiert? Nicht auszudenken was alles hätte passieren KÖNNEN! Wenn dieser Freibeuter dich auch nur einmal angelangt hätte ...“
 

„Beruhige dich bitte Vater! Er hätte mir nichts getan.“ Ihr Vater schaute sie betroffen an, als ob sie ihm gerade gesagt hätte sie selber wäre ein Pirat. Das war wohl zuviel des Guten ...
 

„Wie bitte kannst du dir da so sicher sein? Er ist ein Pirat! Und Piraten sind nicht nett!“ Wütend ging er im Zimmer auf und ab.
 

„Kann ich nun bitte nach oben gehen? Es ist bereits spät und ich möchte nur noch zu Bett gehen. Wie du eben erfahren hattest, war es ein ereignisvoller Tag.“

Missmutig schaute ihr Vater sie einen Moment an. Für ihn war die Diskussion eigentlich noch nicht beendet, aber sie sah wirklich etwas geschafft aus. Vielleicht sollte er das Gespräch lieber auf morgen verlegen ...

„Aber natürlich Schatz. Ich wünsche dir eine angenehme Nacht.“ Auch Jenns Mutter, die die ganze Zeit geschwiegen hatte nickte ihr nun liebevoll zu und sie verließ endlich ausatmend das Zimmer. Schnell schritt sie die Treppe nach oben und öffnete die Türe zu ihrem Zimmer. Die heftigen Stimmen ihrer Eltern drangen bis zu ihr hoch. Anscheinend waren ihr Vater und ihre Mutter mal wieder zweierlei Meinungen. Wie so oft.
 

Die Sonne war bereits gewichen und eine Dunkelheit hatte sich in ihrem Raum ausgebreitet. Hastig ging sie zu ihrer Kommode und zündete 3 Kerzen in ihrem Zimmer an, damit sie noch ein wenig Licht zum Lesen hatte. Mit einem Lächeln zog sie das Buch aus ihrem Oberteil und legte es sorgsam auf den Tisch. Summend ging sie in das anliegende Bad um sich fürs Bett fertig zu machen.
 

Zur gleichen Zeit öffnete sich mit einem leisen Klicken die Balkontür zu Jenns Zimmer. Leise schlich sich Jack in den Raum und blickte sich um. Anscheinend war sie nicht im Zimmer. ‚Wie gut für mich!’ Er drehte sich nach rechts und erblickte auf der Kommode das Buch. „Da ist es ja!“ Mit großen Schritten trat er auf die Kommode zu und wollte gerade das Buch in die Hand nehmen, als er einen bekannten Schrei vernahm und erschrocken die Hände hinter dem Rücken verschränkte. ‚Macht der Gewohnheit‘ dachte er sich im Stillen und lies seine Hände wieder seitlich herunterfallen.
 

„IHR seid das!“ Jacks Augen wurden groß. Vor ihm stand im Türrahmen das Mädchen, das er heute Nachmittag überfallen hatte, nur mit einem leichten Nachthemd bekleidet. „Was wollt Ihr hier! Raus oder ich schreie das ganze Haus zusammen!“ Wütend trat sie einen Schritt auf ihn zu.
 

„Oh bitte, Liebes, macht Euch keine Sorgen. Ich wollte nur sehen ob es Euch nach diesem Vorfall auch gut geht!“ Er ging im Zimmer entlang und streifte mit seiner Hand ahnteilnahmslos am Bettrahmen entlang. „Oh bitte, das könnt Ihr jemand anderem erzählen!“ Ihr blick fiel auf seinen Kopf. „Wo ist Euer Hut geblieben?“ „Mein Hut?“ Jack fasste sich an den Kopf und lächelte spontan. „Der ist mir leider abhanden gekommen, als ich versuchte mein Leben vor dem Strick zu retten.“ Jenn schüttelte kurz mit dem Kopf und als ob es ihr in diesem Moment bewusst wurde, wie sie vor ihm stand, hielt sie sich erschrocken ihre Hände vor die Brust. „Oh mein Gott, verlasst sofort das Zimmer!“ Auch jetzt richtete Jack sein Blick auf das freizügige Dekolleté welches sich vor ihm bot. Durch ihre Atmung bewegten sich ihre Brüste leicht auf und ab und Jack lies sein Blick weiter nach unten wandern. Das Nachhemd war nicht sonderlich undurchsichtig und gab somit einen kleinen Einblick in ihren Körperbau frei. „Ihr seht zur späten Stunde immer noch sehr ... äh ... reizvoll aus, Miss Tails!“ Jenn schnappte nach Luft. Wie konnte er es wagen ...? „Was erlaubt ihr Euch, Ihr ... Ihr ...“
 

„Bin ich derjenige der sperrlicht bekleidet im Zimmer steht? Aber ich muss euch sagen im Licht der Kerzen seht ihr einfach atemberaubend aus.“ Er hob seine Hand für einen moment und zeigte auf ihren Körper. ‚Was war dass denn eben? Könnte das von ihm ein ernst gemeintes Kompliment gewesen sein?’ Zum Glück verbarg das Kerzenlicht die roten Wangen die sich langsam bei Jenn gebildet hatten.
 

„Captain Sparrow! Verlasst auf der Stelle mein Zimmer!“ Mit einer Hand vor die Brust gehalten, deutete sie mit der anderen den Weg zur Balkontüre an. „SOFORT!“
 

Jack hob abwehrend die Hände. „Schon gut, schon gut! Ich gehe ja!“ Er machte Anstalten zu gehen, als er sich nochmals zu ihr umdrehte. „Wobei ...“ Jenn seufzte auf. „Ich gehe erst, wenn ich etwas habe, was mir gehört und was ich zutiefst begehre!“ Seine Blicke durchbohren Jenn förmlich und sein grinsen wurde breiter. Empört drehte sie sich zur Seite. „Ich verbitte mir solche Anspielungen!“ Ihre Augen funkelten Jack wütend an doch er empfand das Ganze als belustigend. „Aber, aber! Seid nicht so arrogant. Ich habe doch nicht Euch gemeint. Auch wenn das ...“ er machte ein Pause „sehr verlockend klingt.“
 

Sie stockte kurz. Er meinte nicht sie? ‚Mein Gott Jenn, er hat Recht. Wie kann man so arrogant sein!’ „Die Familie färbt also doch ab“
 

„Bitte was habt Ihr eben gesagt?“ Als Jenn bewusst wurde, dass sie diese Worte eben laut ausgesprochen hatte, schlug sie die Hände vor den Mund.
 

„Was ... was gedenkt Ihr dann hier bei mir zu finden?“ Mit gespielter Lässigkeit hoffte sie die peinliche Situation zu überspielen. Jack dagegen waren die Worte nicht entgangen. An ihrem Gesichtsausdruck konnte er erkennen, dass sie anscheinend unter dieser Familie litt.
 

„Miss Tails, Ihr habt etwas in Eurem Besitz, was von unvorstellbarem Wert ist. Und wenn Ihr es mir nicht freiwillig gebt, dann muss ich es mir mit Gewalt holen.“ Er legte seine Hand an sein Schwert und Jenn schluckte schwer. „Was Ihr habt, ist ..“ Weiter kam Jack nicht, denn plötzlich wurde die Türe zu Jenns Zimmer aufgerissen und herein trat ihr Vater und drei Wachmänner.
 

„Da ist er! Nehmt ihn fest! LOS!“ Bentlay zeigte auf Jack der wie vom Donner gerührt am Bettpfosten stand und auch ziemlich überrascht wirkte.
 

„Oh bitte, nicht schon wieder!“ Genervt verdrehte er die Augen und die Wachmänner packten ihm die Hände auf den Rücken. „VATER!“ Jenn war entsetzt. „Jenn, ich bitte dich, lass das deinen Vater regeln. Du Arme musst ja ziemlich fertig sein, zweimal vom gleichen missratenen Gauner überfallen zu werden!“ Bei den Worten „missratener Gauner“ begann Jack zu protestieren. „So missraten wie Ihr annehmt bin ich nicht!“ Jenn legte ihre Hand auf den Arm ihres Vaters und hoffte ihn somit zu beruhigen. „Vater, ich bitte dich. Er hat doch nichts schlimmes getan.“
 

Jack traute seinen Ohren nicht. Wieso nahm sie ihn wieder in Schutz? Erst hatte er sie überfallen, und anschließend in ihrem Zimmer aufgesucht. Zu allem Übel, hatte er nun auch noch vorgehabt, sie zu bedrohen. Er war über ihr Verhalten so erstaunt, dass er ganz vergas, sein Schwert zu ziehen und die Wachmänner es ihm somit abnahmen. „Na toll Jack ...“ Er verdrehte die Augen und schaute gelangweilt zur Decke.
 

“Euch scheint das Ganze nicht sonderlich zu stören Mister Sparrow.“ Jenns Vater trat einen Schritt auf ihn zu und Jack schaute ihn belustigt an. „Wieso sollte mich das stören? Ich werde nicht lange genug in Eurem Gefängnis verweilen, dass es mich stören könnte. Nicht?“
 

Zischend wand sich der Gouverneur noch ein Stück näher an Jack. „Seid Euch da mal nicht so sicher! ABFÜHREN!“
 

„VATER!“ Entsetzt warf sich Jenn zwischen die Türe und ihrem Vater. „Wieso tust du das? Was wird mit ihm passieren?“ Ihr Vater drückte sich mit Jack und den Wachmännern an ihr vorbei und warf Jenn einen Bösen Blick zu. Was dachte sich seine Tochter dabei, ihm zu widersprechen und auch noch für diesen Piraten gute Worte zu reden? „Er wird am Galgen hängen. Das ist sicher! Er hätte es sich vorher überlegen sollen, sich an meiner Familie zu vergreifen. Nicht wahr Mister Sparrow?“ Jack lächelte ihn ironisch an und schaute wieder auf Jenn, die ihn ebenfalls entsetzt anstarrte. „Keine Sorge Liebes, wie ich bereits sagte, ich verweile für normal nicht lange im Gefängnis.“ Sie hielt den Atem an und nickte ihm zu. Das letzte was sie noch von ihm sah war wie er sich zu ihr umdrehte und ihr zuzwinkerte. Ihr Herz begann wieder schneller zu schlagen und das ungute Gefühl überkam sie wieder, dass dies nicht die letzte Begegnung mit Captain Jack Sparrow war.
 

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„Los, beeilt Euch!“ Einer der Wachmänner stieß Jack grob die kalte nasse Steintreppe nach unten, die in den nahegelegenen Stadtkerker führte. Port Royal war dafür bekannt, das sicherste und gefährlichste Gefängnis zu haben, wobei die Gefangen für nicht allzu lange Zeit in ihrer Zelle verweilten. Jenns Vater war ein Mensch mit großem Gerechtigkeitssinn, der für Jenns Geschmack oftmals zu hart war. Erst neulich hatte er einen Menschen hängen lassen, der auf dem Markt vor Hunger ein Stück Brot geklaut hatte. Sie hätte ihm vergeben, aber nicht ihr Vater. Für ihn war es ein Grund, den Menschen am Galgen hängen zu lassen und vor der ganzen Bevölkerung anzuprangern.

Jack war dieses Gerücht auch schon bekannt und ein ungutes Gefühl machte sich in seinem Magen breit. Sollte er vielleicht doch nicht so schnell wieder hier rausfinden? Wieder stoß ihm der Wachmann mit seiner Hand grob in den Rücken.
 

„Bitte, bitte! Geht es auch etwas sachter? Ihr verknittert noch mein Hemd.“ Die Wachmänner lachten laut auf und stießen nochmals zu. „Grobiane ..“ Einer der Männer schoss eine Zelle auf und stieß Jack unsacht hinein. “Gebt Euch keine Mühe. Ich bin eh bald wieder auf dem Meer!“ Rief er ihnen noch hinterher, doch er vernahm nur noch ein lautes lachen der Wachmänner. „Jaja .. ihr werdet es noch sehen.“ Gelangweilt schritt er durch die Zelle und stieß mit seinem Fuß restliche Knochen weg, wobei er die Nase rümpfte. „Wie es mir scheint, hat dieser Bursche auch schon bessere Tage gesehen ... Nun gut ...“ Er ging an die Wand und zog sich an den Gitterstäben des kleinen Aussichtsfensters nach oben. Vor ihm lag das weite Meer und eine innerliche Sehnsucht überkam ihn. Irgendwo da draußen segelte die Black Pearl und wartete darauf, dass ihr Captain wieder zu ihr zurückkehrte.
 

Unterdessen lief Jenn aufgeregt im Zimmer auf und ab. Sie kochte innerlich vor Wut. Sie ging noch eine Weile durch den Raum und betrat dann den Balkon. ‚Warum interessiert es mich überhaupt was mit diesem Piraten geschieht? Er hat es doch nicht anderes verdient.’ Ihr blick fiel auf das Meer und auf den Hafen. Angrenzend an den Hafen lag das Stadtgefängnis und Jenn überkam eine Gänsehaut und schlang sich beide Arme um den Körper. Es musste fürchterlich sein, dort zu sitzen. Sie seufzte kurz auf und stützte sich anschließend mit den Ellenbogen auf dem Geländer ab und starrte in Richtung Gefängnis. Was hatte er nur hier gewollt? Etwas was er begehrt. Sie drehte sich um, lehnte sich nun am Geländer mit dem Rücken an und starrte in den Himmel.
 

„Was er begehrt ... was könnte das sein ..“ Was sollte ein Pirat bei der reichen Tochter des Gouverneurs suchen? Und vor allem woher wusste er, dass es auch wirklich in ihrem Besitz war? „Ach, was solls ... das kann mir doch alles egal sein. Auch Der Priat kann mir egal sein!“ Vor ihrem Auge tauchte nochmals sein Zwinkern auf, bevor er den Raum verlassen hatte. „UHHH .... Ich hasse mich jetzt schon dafür!“ Entschlossen stieß sie sich vom Geländer ab und ging in ihr Badezimmer. Kurz darauf kam sie in einem leicht verzierten Kleid und Schuhen wieder heraus und schnappte sich ihren Mantel. Neugierde war schon immer eine Art von ihr gewesen, die sie in die unmöglichsten Schwierigkeiten brachte. Aber sie war entschlossen, diesem Geheimnis auf die Spur zu gehen. Koste es was es wolle.

Kapitel 3 – Verhandlungen

Leise schlich sich Jenn aus dem Haus. Mit schnellen Schritten ging sie die Böschung hinunter und schlug den Weg in Richtung Hafen ein. ‚Jenn du bist verrückt.’ Ja, sie war verrückt. Aber sie musste auch zugeben, dass sie das Abenteuer und das Gefährliche am Leben liebte. Sie hatte noch nie in die Linie der Familie gepasst. Wie oft hatte sie sich Predigten von ihrem Vater oder ihrer Mutter anhören müssen, dass sie sich nicht wie eine Dame benahm sondern wie ein Raufbold. Am schlimmsten war es, als sie die kleine Jessy verprügelt hatte, weil sie ihre Puppe nicht mehr hergegeben hatte. Zwei Tage lang hatten ihre Eltern nicht mehr mit ihr gesprochen. So ein Leben sollte sie bis ans Ende führen?
 

Ein Kribbeln überkam sie, als sie über die Brücke zum Gefängnis ging. Als sie auf die Männer vor dem Tor zuging, zog sie instinktiv ihren Mantel etwas fester zu. Ihr Herz begann wieder schneller zu schlagen und sie musste sich zusammen reißen, dass sie nicht gleich wieder auf der Stelle umdrehte. „Verzeiht Miss, aber das ist denk ich nicht der Richtige Ort für eine Frau wie Euch.“ Einer der Wachmänner sprach sie an und für einen Moment setzte ihr Herz aus zu schlagen. „Oh .. ähm. Ich denke schon.“ Sie versuchte mit klarer Stimme zu sprechen, aber sie befürchtete, dass der Wachmann ihre Unsicherheit erkennen würde. „Darf man fragen wen Ihr besuchen wollt? Ich glaube kaum, dass einer der Insassen ein Freund von Euch oder Eurer Familie ist, Miss Tails.“ Bei ihrem Namen zuckte sie kurz zusammen. „Woher kennt ihr meinen Namen Hauptmann?“ Verunsichert schaute sie ihm ins Gesicht. „Aber Miss Tails, Euer Vater ist der Gouverneur, wenn man Euch nicht kennt, dann kennt man doch niemanden in der Stadt.“ Vielleicht machte es ihr diese Sache damit einfacher? „Könnt Ihr mich zu dem Mann bringen, der heute Abend bei Ihnen eingeliefert wurde? Ein Captain Jack Sparrow?“ Die Wachmänner schauten sich erst verwundert an und lachten dann auf. „Was ist daran denn bitte so witzig?“ Einer der Männer hielt sich bereits den Bauch und wischte sich eine Träne weg. „Wo bitte ist das ein Captain? Aber wenn Ihr den merkwürdigen Komiker meint, zu dem kann ich Euch bringen. Was bitte wollt Ihr denn von ihm.“ Erst jetzt schien sich der Wachmann näheres für Jenns Belangen zu interessieren. „Ich ... ich habe mit ihm noch ein Wörtchen zu sprechen. Außerdem, stehe ich vor einem Verhör? Meinem Vater wird das überhaupt nicht gefallen!“ Sie spielte eine leichte Arroganz in ihre Stimme und wieder schien es ein wenig zu ziehen. Die Männer schauten sich wieder wortlos an und zuckten mit den Schultern. „Also gut, folgt mir. Und bleibt von den Zellen ein Stück weg.“ Sie wollte gerade fragen, was er denn damit meinte, als er nur mit der Hand abwinkte. Damit war wohl alles gesagt.
 

Als Jenn den bewaffneten Männern in den Kerker folgte überkam sie das Gefühl, ob das wirklich eine so gute Idee war. Sie rief sich selber immer wieder in Erinnerung, dass sie es wirklich interessierte was dieser Pirat von ihr wollte. ‚Stell dich nicht so an Jenn. Jetzt bist du hier und gehst auch weiter!’ Ab und zu drückte musste sie sich nah an die Wand drücken, da plötzlich aus den Gitterstäben eine Hand rausfuhr und versuchte nach ihrem Mantel zu greifen. Und jedes Mal auf‘s Neue erschrack sie aufs Tiefste und der Wachmann lachte darauf immer laut auf. „Seid nicht so Schreckhaft denn Ihr dürft eins nicht vergessen, Ihr seid freiwillig hier. Alle anderen nicht. Ihr könnt jederzeit wieder gehen doch den Männer hier unten, bleibt nur noch eine kurze Zeit bis der Galgen oder noch schlimmers auf sie wartet.“ Wieder lachte er auf und Jenn wurde es immer mulmiger zumute. Was sollte denn noch schlimmer sein als am Galgen hängen zu müssen? Sie war erleichtert als sie in den letzten Gang einbogen und der Wachmann sie entließ. „Ihr müsst jetzt nur noch den Weg nach hinten gehen. In der letzten Zelle findet Ihr Euren Captain. HAHAHA“ Wieder lachte er und Jenn warf ihm noch ein „Das ist nicht mein Captain“ zu, doch das schien ihn bereits nicht mehr zu interessieren und er ging lachend den Weg wieder zurück.
 

Sie atmete einmal tief aus und ging mit mutigen Schritten den Gang entlang. Immer wieder kamen anzügliche Rufe aus den Zellen und Jenn bekam es allmählich mit der Angst zu tun. Sie ging gerade an der vorletzten Zelle vorüber, als eine Hand herausfuhr und sie an die Gitterstäbe zerrte. Vor Schreck schrie sie auf. „Na Süße, was macht denn so ein hübsches Ding hier unten?“ Bei seinem Grinsen konnte Jenn deutlich die schwarzen, verfaulten Zähne erkennen und aus dem Mund roch er nach Tod und Verwesung. Übelkeit drang ihn ihr hoch und sie war kurz davor sich zu übergeben. „Lasst mich sofort los oder ich schreie!“ Sie versuchte sich von ihm zu lösen doch er verstärkte den Druck noch auf ihren Arm und zog sie noch näher an sich heran. „Stell dich nicht so an. Ich hatte schon lang kein Frischfleisch mehr!“ „LASS MICH LOS!“ Gerade wollte sie losschreien als sie ein lautes Klirren vernahm und in die verdrehten Augen des Mannes blickte. Sie hörte nur noch ein Stöhnen und das laute Aufplumsen des leblosen Körpers. Schnell zog sich Jenn ein Stück zurück und atmete erst einmal aus. „Für was so Pfannen alles gut sind ...“ Erst jetzt schaute sie hoch und sah wie Jack an den seitlichen Gitterstäbe der anliegen Zelle stand und eine Bettpfanne in der Hand hielt. Er hatte sie gerettet. „Ich ... ich danke Euch vielmals.“ „Hmm? Ohja, bitte, ich hatte eh gerade nichts besseres zu tun.“ Jack lies die Pfanne wieder in seine Zelle fallen und ging auf die andere Seite und lies sich auf dem Boden nieder. „Ich hoffe, sie war nicht gefüllt?“ Ein leichtes schmunzeln machte sich auf Jenns Gesicht breit und auch Jack lächelte sie für einen kurzen Moment an. Plötzlich wurde ihr bewusst, in welcher Situation sie sich befand und setzte wieder das kühle Gesicht auf.
 

„Was verschafft mir denn die Ehre Euch hier unten zu sehen?“ Gelangweilt spielte Jack an seinem Bart herum und lies Jenn nicht aus dem Augen. „Nun ja ...“ Sie räusperte sich. „Ich wollte sehen wie es Euch geht.“ Sie strich ebenfalls gespielt gelangweilt an den Gitterstäben entlang und blickte dabei stur auf das Schloss.

Jack hob eine Augenbraue. „Ach bitte. Ihr seid doch nicht wirklich deswegen hier. Das könnt ihr einem anderen erzählen, Liebes.“ Nun stand Jack auf und ging einen Schritt auf Jenn zu. „Warum seid ihr wirklich hier?“ Er griff nach einem Gitterstab und rückte mit dem Kopf nach vorne. „Nun ja, wenn Ihr es genau wissen wollt ... Ich frage mich warum Ihr in meinem Zimmer wart. Wonach habt Ihr gesucht?“ Hörte er richtig oder war doch tatsächlich dieses Reiche Mädchen im Kerker nur um ihn zu fragen warum er ihn ihrem Zimmer war? „Ihr seid eine merkwürdige Frau.“ Grinsend bewegte er sich wieder ein Stück weg.
 

„Warum? Ich habe wohl ein Recht darauf zu erfahren, warum Ihr in mein Haus eingebrochen seid, und euch widerrechtlich einen Gegenstand entfernen wolltet.“ Sie machte eine kurze Pause und überlegte. „Außerdem, was habt ihr zu verlieren? Ihr werdet sowieso in zwei Tagen gehängt.“
 

Bei Ihren Worten vergrößerten sich Jacks Augen und er fasste sich mit den Händen an die Gurgel. „Wenn ich es mir Recht überlege ...“ Er holte kurz Luft, presste sich gegen die Gitterstäbe und winkte Jenn zu. Etwas unsicher ging sie einen Schritt auf ihn zu und beugte sich zu ihm herunter.
 

„Ihr habt etwas in Eurem Besitz, wovon Ihr keine Ahnung habt wie wertvoll es ist. Ich weiß nicht wie es in Euren Besitz gelangt ist, aber anscheinend muss es einen Grund haben.“ Er zog die Augenbrauen nach oben und schaute sie wieder von oben bis unten an. „Wie meint ihr das? Von welchem Gegenstand sprecht Ihr?“ Jenns Herz ging wieder schneller und sie spürte wie auch ihr Puls zu rasen begann.
 

Jack begann nun zu flüstern. „Der Gegenstand sucht sich sein Besitzer. Er überlässt es nicht dem Zufall bei wem er landet. Bei diesem Gegenstand, handelt es sich um das Buch, welches Ihr heute bei Euch getragen habt.“ Schweigen breitete sich im Raum aus bis Jenn zu lachen anfing. „Das Buch?“ Jack nickte ernst. „Ihr seid doch verrückt.“

„Nein Liebes, das ist die Wahrheit. Aber wenn Ihr es mir nicht glaubt ...“ Er schloss die Augen und ging wieder Richtung Wand. „Wartet ...“ Langsam drehte sich Jack um. „Ja?“
 

Jenn überlegte. Was, wenn er die Wahrheit sprach? „Was ist an diesem Buch so besonders, dass es sich seinen Besitzer sucht?“ Ein Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit. ‚Sie hat angebissen’.
 

„Das besondere an diesem Buch ist, dass es den Besitzer zu einem Schatz führt. Ein Schatz, Liebste, der Eure kühnsten Träume überschreitet.“ Er drehte sich wieder zu ihr um und sah in ihren Augen die Begeisterung die er nur zu gut kannte. „In diesem Buch ist eine Schatzkarte versteckt, die zu dem Gold vom alten Higgins führt. Er hatte es vor vielen Jahren in einem Kaperzug vom König erobert. Noch nie wurde eine so große Menge an Gold erbeutet und es sollte Euch ja bekannt sein, dass Gold den Charakter verdirbt. Der alte John Higgins wollte das Vermögen nicht teilen, rechnete auch nicht mit der Meuterei der Besatzung. Ganz schön gutgläubig wenn Ihr mich fragt.“ Er machte eine kurze Pause und wartete auf eine Reaktion von Jenn. „Was ...“ sie schluckte „was ist dann passiert?“
 

„Könnt Ihr Euch das nicht denken? Irgendwann ahnte er die Meuterei und legte eines Nachts an einem Hafen an und die ganze Manschaft samt ihrem Captain ging an Land. Er versprach Ihnen die Hälfte des Schatzes und es wurde des Nachts noch ausgiebig gefeiert. Ihr könnt Euch ja sicherlich vorstellen, dass dort einiges an Rum geflossen ist. Der Captain jedoch, hielt sich schlauerweise mit dem Trinken zurück. Als dann die ganze Besatzung endlich schlief, schlich er sich heimlich wieder auf das Schiff und segelte an einen geheimen Ort. Dort versteckte er die Schätze und schrieb alles in einem Buch nieder, welches er als eine Art Schatzkarte erstellte.“
 

„Er hat es im Text versteckt ...“ Konnte das wirklich sein was Jack erzählte? Jenn dachte nach. Wenn das Gold dort immer noch versteckt sein sollte, dann müsste das Buch sie ja zu ihm führen können.
 

„Was geschah danach?“ „Danach?“ „Ja.“ Jenn schaute Jack an. „Die Besatzung muss das doch mitbekommen haben?“
 

Jack stand wieder auf und schaute zum Kerkerfenster hoch. „Aye, das haben Sie. Die Besatzung war ebenfalls wieder in See gestochen und wollten Rache. Und eines Tages ... trafen Sie wieder auf ihren Captain. Die Mannschaft stellte Ihn zur Rede und als er mit der Sprache nicht rausrücken wollte, haben sie ihn umgebracht.“ Jenns Hände wurden vor Aufregung bereits ganz feucht und ihre Augen begannen geheimnisvoll zu blitzen. Auf irgendeine Art faszinierte Jack das Verhalten von Jenn. Er erinnerte sie so an ihn.

„Das ist ja bescheuert!“
 

„Hm?“ Fragend schaute er sie an.
 

„Ja, wenn die Besatzung ihn umgebracht hat, dann konnten sie ja auch nie erfahren wo der Schatz liegt! Was macht das denn für einen Sinn?“ Allmählich überkam sie das Gefühl, das der Pirat sie anflunkerte. Jack lachte.
 

„Das ist nunmal so! Lieber hat keiner was davon als nur einer.“ Jenn konnte so ein Verhalten nicht nachvollziehen. Aber vielleicht war das nun mal unter Piaten so üblich?
 

„Das würde ja dann bedeuten, dass das Buch all die Jahre überlebt hätte? Das ist doch erlogen!“ Sie stand auf und wollte sich gerade umdrehen, als sie von einer Hand zurückgehalten wurde. Ohne sich umzudrehen, blieb sie stehen und lies Jack weitererzählen.
 

„Wie ich Euch bereits gesagt habe, das Buch sucht sich seinen Besitzer. Es hat all die Jahre überlebt, da es immer in die Hände eines Mannes geraten war, der nach diesem Schatz gesucht hatte. Doch er wurde nie gefunden. Bis heute nicht.“ Er lies Jenn wieder los und wartete auf ihre Reaktion. Zögernd drehte sie sich um. „Dann hat sich das Buch ja dieses mal eine Frau ausgesucht, die keinen Schatz gesucht hat.“ Innerlich machte ihr Herz einen Sprung. Sollte sie endlich dem Abenteuer nah kommen, welches Sie sich immer gewünscht hatte?
 

„Anscheinend. Bücher können sich ja auch mal irren.“ Wieder fuchtelte Jack mit den Armen durch die Luft und lächelte Jenn an.
 

„Woher wollt Ihr wissen dass es sich geirrt hat? Vielleicht hat das ganze ja so sein müssen und kommt Euch noch zu Gute.“ Ein verschmitztes Lächeln machte sich nun auch auf ihrem Gesicht breit und Jack schaute Jenn etwas ungläubig an. Hatte er das eben richtig gesehen? Blitzte dort eben die Abenteuerlust in ihr auf?
 

„Wie meint ihr das? Dass es mir zu Gute kommt?“ Misstrauisch drehte er sich wieder um.

„Nu ja, wir machen einen Deal. Ich hole Euch hier aus dem Gefängnis raus, und Ihr segelt mit mir gemeinsam zu diesem Schatz!“ Erschrocken blieb Jack stehen und starrte auf die Wand. ‚Ist das ihr Ernst?’
 

„Ist das Euer Ernst?“ Langsam setzte er einen Fuß vor den anderen und torkelte wieder auf sie zu. Für Jenn machte er einen Eindruck eines Dauerbetrunkenen. War er überhaupt imstande ein Schiff zu führen? „Mein voller Ernst.“ Jenn kam wieder näher an die Gitter und bewegte ihren Kopf nah zur Zelle. „Das ist verrückt. Ich werde diesen Handel nicht eingehen. Ich brauche Euch nicht dazu, diesen Schatz zu finden. Ihr seid nur eine Frau!“
 

Schmollend verschränkte sie die Arme. Was bildete sich dieser Pirat eigentlich ein? „Nur eine Frau? Ich glaube nicht, dass Ihr in der Lage seid, irgendwelche Forderungen zu stellen.“ Sie deutete auf die Zelle und Jack lies seinen Blick darin schweifen. Sie hatte Recht. „In zwei Tagen zappelt ihr hilflos am Galgen und werdet nie mehr in die Versuchung kommen, irgendwelche arme, hilflosen Frauen auszuplündern.“ Bei ihren Worten grinste sie ihn an. Jack näherte sich ebenfalls den Stangen und war nun nur noch ein wenig von ihrem Gesicht entfernt. Leise flüsterte er ihr zu. „Ihr seid nicht arm Liebste, sondern nur verwöhnt“ Schlagartig änderte sich ihr Gesichtsaudruck und sie stand auf. „Nun gut. Ihr habt gewählt. Ich wünsche Euch noch einen schönen Aufenthalt und einen angenehmen Tot. Lebt Wohl Jack Sparrow.“ Sie drehte sich um und ging Richtung Ausgang. „WACHE! Ich wünsche zu gehen!“
 

„CAPTAIN!“
 

„Bitte?“ Jenn hielt inne.
 

„Ich wünsche, dass Ihr mich dann auf der Reise Captain nennt. Das ist eine Bedingung.“ Freudig biss sie sich auf die Unterlippe und drehte sich wieder zu ihm um. „Na also, geht doch! Aber dann habe ich auch eine Bedingung!“ Der Captain fing an zu lachen. „Welche Bedingung sollte das sein?“
 

„Ihr werdet Eure Piratenehre einhalten und somit auch unser Versprechen. Wir werden gemeinsam den Schatz suchen und auch fair aufteilen.“ Der Gesichtsausdruck von Jack wurde missmutig. „Ich habe noch nie gerne geteilt.“ Jetzt war es an Jack die Arme zu verschränken.
 

„In Ordnung, Lebt wohl.“
 

„HALT! Schon gut, schon gut. Ich denke ich kann damit ja endlich mal anfangen. Ihr holt mich hier raus, ich werde mit Euch den Schatz suchen, Fair teilen und keiner von uns kommt zu schaden, wie Ihr es wünscht. Ich übernehme aber keine Verantwortung für Euch. Klar soweit?“
 

„Klar soweit!“ Sie streckte ihre Hand in die Zelle und strahlte Jack an. Dieser beäugte das Geschäft noch etwas zögern, schlug dann aber mit ein. Gerade in diesem Moment kam eine Wache um die Ecke und Jenn lies schnell wieder die Hand los.
 

„Miss Tails, Ihr habt gerufen?“ Etwas ungläubig starrte er die beiden an. „Kommt etwas von diesem Halunken weg Miss Tails. Man weiß nie wozu diese Piraten fähig sind.“ Er griff nach ihrem Arm und zog sie ein Stück weg. „Oh da habt ihr Recht Herr Hauptmann. Noch einen Moment bitte, ich bin gleich soweit. Ich möchte mich noch ‚verabschieden’“. Ein gemeines Grinsen lies den Wachmann glauben, sie wolle sich wohl noch über seine Situation amüsieren und fand es für das Beste sie kurz noch allein zu lassen. „Ich warte dort vorne Miss Tails. Bitte lasst Euch nicht mehr allzu viel Zeit.“
 

„Ja natürlich. Ich könnte es keinen Moment länger hier aushalten unter all diesen stinkenden und widerwärtigen Kreaturen.“ Sie presste sich ein Taschentuch an die Nase und hustete künstlich. Jack war beeindruckt. Von einem Moment auf den anderen konnte sie wieder das reiche, verwöhnte Töchterlein spielen. Der Wachmann entfernte sich und Jenn trat nochmals einen Schritt auf Jack zu. „Ich muss nun gehen, sonst schöpft der Wachmann noch verdacht. Ich werde aber morgen Nacht bei Euch sein. Macht Euch bereit.“ Sie drehte sich um und hörte nur noch Jacks Worte „keine Sorge, ich werde schon mal meine Koffer packen und die Blumen gießen.“ Zum Glück sah Jack nicht wie Jenn lächelnd zum Wärter ging, der diese nur verdutzt anschaute und sie wortlos zum Ausgang führte.

Kapitel 4 – Dinge wider Willen

Aufgeregt ging Jenn in ihrem Zimmer auf und ab. „Was hast du dir dabei nur gedacht Jenn ... mit einem Piraten einen Handel abzuschließen ...“ Wenn sie Pech hatte, würde sie, spätestens wenn Jack das Buch in die Hände bekam, ein Messer im Rücken spüren. Aber irgendetwas in Ihr sagte ihr jedoch, dass er sein Versprechen nicht brechen würde. Aber konnte sie sich darin so sicher sein? „Kann ich mich auf das Wort eines Piraten verlassen?“ Sie seufzte einmal auf. Auf alle Fälle musste ein Plan her. ‚Vater lässt ihn übermorgen zum Galgen bringen. Ich muss es schaffen, ihn vorher aus dem Gefängis zu holen. Wenn sie erst einmal auf dem Weg dorthin sind, wird es für mich zu schwer ihn ungesehen zu befreien‘. Seufzend lies sie sich aufs Bett fallen und ihre Haare breiteten sich auf dem Laken aus. Betroffen starrte sie an die Decke. ‚Wenn Vater das mitbekommen sollte, dann werde ich garantiert Ärger bekommen. Immerhin ist es Beihilfe zur Flucht.‘ Wenn sie es aber nicht versuchte, dann würde sie sich ein Leben lang vorwürfe machen, dass sie ein Menschenleben auf dem Gewissen hatte und nie das lang ersehnte Abenteuer spüren konnte. Mit einem Ruck setzte sie sich auf und starrte auf ihre Komode. Da lag es. Ohne besonders geheimnissvoll auszuschaun rief es in Jenn ein Kribbeln hervor. Sie stand von ihrem Bett auf und ging auf ihre Kommode zu, mit dem Blick auf das Buch gerichtet. „Wie sollst du kleines Ding uns zu unvorstellbaren Schätzen bringen?“ Neugierig nahm sie es in die Hand und schlug die erste Seite auf ...
 

„Wer dieses Buch in den Händen hält, ist näher an seinen tiefsten Wünschen, als er es sich je vorgestellt hätte Aye ... Wenn er weiß, es zu gebrauchen, wird er das erreichen was mir nicht zuteilt werden sollte. Er wird schnell bemerken, dass auch Gold einen verraten kann. Wenn er zu gierig ist, wird ihm dies den Tod einbringen. Er sei gewarnt!“
 

Ein Windzug fegte durch das Zimmer und lies das Kerzenlicht auffllackern bis es kurz darauf ganz erloschen war. Erschrocken schlug Jenn das Buch wieder zu und legte es wieder auf die Kommode. Sie wusste, dass Gierheit Menschen zu Dingen brachte, die sie später wieder bereuten. „Spätestens wenn sie tot sind ...“ murmelte sie vor sich hin und schluckte. ‚Jack weiß sicher wie man dieses Buch richtig einsetzt.‘ Wieder überkam sie ein ungutes Gefühl und sie spürte wie sich ihre Nackenhaare leicht aufstellten. Schnell tappste sie zurück in Ihr Bett und zog ihre Decke bis zum Hals. Unruhig wälzte sie sich von einer Seite auf die Andere. Wie jede Nacht überkam sie auch dieses Mal wieder ein innerliche Leere. Sie vermisste etwas in ihrem Leben. Leider fand sie bisher nur noch nicht heraus, was es war.
 

Am anderen Morgen war sie bereits früh auf den Beinen. Sie hatte sich vorgenommen, sich für so ein Abenteur auch dementsprechend zu kleiden. Also war sie in aller Frühe aufgestanden und hatte sich in einigen Läden nach passenden Kleidern umgesehen. Gerade als sie in einem Bekleidungsladen stand und sich nach einem passenden Hemd umschaute, erklang hinter ihr freudig eine allzubekannte Stimme. „Jenn, wie schön dass ich Euch hier treffe.“ Jenn verdrehte die Augen. ‚Oh nein ..‘ Das letzte was sie nun gebrauchen konnte, war auch noch ihr Verlobter Commodore Wels, der gerade ziemlich ungeschickt kam. Obwohl ihr Vater sie beide seit fast einem Jahr verlobt hatte, kam es bisher immer noch nicht zu einer Hochzeit. Daher waren sie immer noch auf einer etwas distanzierter Anredensform. Es lag auch nicht am Commodore, dass die Hochzeit noch nicht stattfand. Jenn war einfach noch nicht bereit dazu, sich mit 21 Jahren bereits zu vermählen. Das hatte Ihrer Ansicht nach noch Zeit. Und auch wenn sie den Commodore sehr mochte, war es trotztem ein Bündnis welches Ihr Vater für sie arrangiert hatte ...
 

„Oh Henry, was treibt Euch denn hier her?“ Verspielt setzte sie ein Lächeln auf und stand nun etwas unsicher vor dem Hauptmann der Königlichen Armee. „Ich habe mir Stoffe aus den fernen Längern zeigen lassen, aus denen demnächst die Kleider für die Garde hergestellt werden sollen. Und was treibt Euch in ein Männergeschäft, meine Liebe?“ Neugierig starrte er auf das Männerhemd, welches Jenn in den Händen hielt und dieses durch seinen Blick etwas nach unten richtete. „Oh ich besorge nur neue Hemden für meinen Vater. Er ist so ein beschäftigter Mann wie Ihr ja sicherlich wisst. Da muss nun einmal auch die Tochter ran.“ Beim Lachen hob sie den Handrücken vor den Mund und legte etwas Charme in ihre Worte.

„Dann bin ich aber beruhigt Jenn. Ich hatte schon befürchtet ich habe einen Mitbewerber und ich müsste um Euch kämpfen.“ Er zwinkerte ihr zu und Jenn überkam in diesem Moment ein Übelkeitsgefühl. Der Commodore war zwar ein gut aussehender Mann und sie musste zugeben es gab genügend Frauen die sich nach solche einem Mann verzehren würden, aber manchmal war es seine schleimige, gespielte Art die bei Jenn auf Ablehnung stieß und diese wand er immer an, wenn er sie oder ihren Vater beeindrucken wollte. „Keine Sorge Henry, ich würde doch nie etwas tun, was Euch so missfällt. Außerdem müsst Ihr nicht etwas kämpfen, was Euch doch bereits gehört.“ Die letzten Worte trafen ihn. „Ihr gehört mir doch nicht Jenn! Sagt doch bitte so etwas nicht!“
 

„Wenn Ihr mich jetzt bitte entschuldigt, ich habe noch einige Besorgungen zu erledigen.“ Sie machte einen leichten Knicks und wartete darauf, dass er ihr den Weg frei gab. Sie hatte keine Lust ihm jetzt zu antworten. Es war gemeint, wie sie es gesagt hatte.
 

„Aber selbstverständlich Jenn. Es ist schade, dass wir in den letzten Monaten so wenig Gelegenheiten hatten uns mal wieder ausgibig zu unterhalten. Seit ich Commodore bin, hat sich meine Zeit leider um einiges verringert.“ Er verbeugte sich ein Stück und nahm dann ihre linke Hand um ihr einen Kuss darauf zu hauchen. Jenn zog eine Augenbraue nach oben. „Aber wie ihr wisst meine Liebe, würde ich für die Frau an meiner Seite immer Zeit finden, vorausgesetzt sie gäbe mir die Möglichkeit dazu, sie zu meiner Frau zu machen.“
 

Jenn seuftzte innerlich auf. Es war mal wieder so typisch, dass er mit diesem Thema anfing. Wie oft hatte sie ihm schon gesagt, dass sie ihm schon zu Verstanden gab, wenn sie so weit war. „Bitte Henry, ich muss jetzt wirklich gehen. Meine Zeit ist genauso begrenzt wie Eure. Ihr versteht das sicherlich. Auf Wiedersehen Henry.“ Sie schenkte ihm noch ein kurzes lächeln und drängte sie sich schnell an ihm vorbei. Hastig zahlte sie ihre ausgesuchte Ware und verließ den Laden, noch bevor der Commadore ein weiteres Wort an sie richten konnte. Aufatmend lehnte sie sich an die nächste Hauswand und lies ihren Blick nochmals in die Richtung des Ladenausgangs schweifen. ‚Hoffentlich folgt er mir jetzt nicht.‘ Zufrieden stellte sie fest, dass er beim hinaus gehen sich zwar nach ihr umsah, jedoch den Weg in die andere Richtung einschlug. ‚Wenn der Commadore wüsste, dass er gar nicht mal so falsch mit seiner Vermutung liegt ..‘ dachte sie sich im Stillen und bekam bei diesem Gedanken ein leichtes schlechtes Gewissen. Immerhin war es ihr Verlobter. Und diesen anzulügen, war ihr mehr als unrecht. Aber von diesem Vorhaben durfte sie ihm nichts sagen. Wenn sie ihren Plan umsetzen konnte, wäre sie danach bereit, ihn zu heiraten. Aber erst dann ...
 


 

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„Hey ... HEY!“
 

„Chrrmpf ... hä?“ trunken vor Müdigkeit gähnte der Mann, der neben Jack in der Zelle lag und reckte seine Arme in die Höhe um sich zu strecken.
 

„Du hast geschnarcht wie meine ganze Crew zusammen ...“ Genervt lies sich Jack wieder auf den kalten Boden fallen und schlug seine Beine übereinander. „Deswegen brauchst du mich nicht wecken.“ Maulte der Gefangene zurück und gähnte ein weiteres mal herzhaft. Wieder schloss Jack die Augen und hoffte dieses Mal ein wenig Schlaf zu finden, als er von dem Mann neben ihm plötzlich angesprochen wurde. „Sag mal, wer war denn die Kleine die neulich da war?“ Jack öffnete ein Auge, hielt das andere dabei geschlossen und spickelte in die benachbarte Zelle. „Ich wüsste nicht, was dich das angeht mein Freund.“
 

„Naja, ich meine, was will so eine reiche, hübsche Frau von so einem Möchte-gern-Piraten wie dir.“ Er machte eine kurze Pause und musterte Jack. “Ich kenne dich. Du bist Jack Sparrow. Und meines Wissen bist du nicht gerade der richtige Umgang für solch eine Frau.“ Seufzend öffnete Jack wieder die Augen und starrte den Mann genervt an. „Und das heißt?“
 

Grinsend stand der andere auf und lehnte sich an die Eisengitter, welche die beiden trennten.
 

„Das heißt, dass ihr wohl ein Geschäft miteinander plant. Bestimmt geht es um eine Flucht, hab ich Recht? Warum sonst sollte sie in dieses Dreckloch kommen. Sicherlich nicht allein wegen dir.“ Misstrauisch hob Jack eine Augenbraue. „Wer bist du überhaupt? Das zeigt nicht gerade von Anstand sich selber nicht vorzustellen aber dem anderen ein Ohr abzukauen ....“
 

„Du kennst mich sicherlich. Ich bin Maike Bonten.“ Sein Gesichtsausdruck verriet Jack, dass sich Maike sicher war, dass Jack mit diesem Namen etwas anfangen konnte. Doch er musste passen. „Maike Bonten? Tut mir leid, aber ich kenne niemand der so heißt. Einen großen Ruf musst du ja nicht gerade weg haben, Junge.“ Etwas enttäuscht verzog Maike das Gesicht. „Aber du hast sicherlich bereits von dem Kaperangriff auf das Schiff des Commodore Wels gehört?“ Bei der Erwähnung des Namens vom Commodore lachte Jack auf. „Natürlich, aber das ist ja auch kein Kunstwerk. Dem Commadore könnte man ein Schiff unter dem Hintern wegklauen und er würde es nicht einmal bemerken.“ Knurrend ging Maike Bonten wieder in die hinterste Ecke und lies sich wütend auf den Boden fallen. „Aber Eure Heldentaten sind bisher auch nicht die Größten. Außerdem siehst du überhaupt nicht gerade aus wie ein Pirat. Euer Ruf eilt Euch voraus Mister Sparrow.“ Sein Blick fiel auf Jacks Kompass. Instinktiv drückte er diesen daraufhin etwas näher an seinen Körper. „So, was sagt denn mein Ruf so?“ Allmählich war er genervt ...
 

„Zum Beispiel dein Kompass. Man sagt er würde nicht funktionieren. Er zeigt nicht nach Norden.“ Gespielt lässig verzog Jack das Gesicht. „Ach wirklich? Das ist mir bisher noch gar nicht aufgefallen.“ Maike lachte auf und murmelte etwas von „Was für ein Pirat“ vor sich hin, als er sich wieder in seine Ecke verzog. Ja, der Mann hatte Recht. Der Kompass zeigte wirklich nicht nach Norden. Aber das Geheimnis würde er ihm gerade noch verraten, was sich wirklich dahinter verborgen hielt. Gedankenversunken nahm er den Kompass in die Hand. Wo zeigte er wohl hin wenn er diesen nun öffnete? Er blickte wieder zu dem kleinen Steinfenster und bemerkte nicht, wie Jenn plötzlich vor den Gitterstäben auftauchte.
 

„Na Mister Sparrow. Träumt Ihr wieder von Eurer Freiheit?“ Erschrocken drehte er sich um und steckte hastig seinen Kompass zur Hälfte wieder in die Tasche. „Oh Miss Tails. Was für eine Überraschung Euch nochmals hier zu sehen.“ Er kam näher an sie heran und fuchtelte wieder mit seinen Händen in der Luft. „... Ich meine, bevor wir in unser kleines Abenteuer stechen.“ Ein breites Grinsen machte sich über seinem Gesicht breit und Jenn sah ein wenig Gold aus seinem Mund funkeln. „Ich habe etwas für Euch.“ Freudig griff sie in Ihre Tasche, welches Jack mit interessiertem Blick beobachtete. „Was ist das? Ein neuer Hut?“ Er zeigte auf ein weißes Bündel in ihrer Hand und zog verwundert die Augenbrauen nach oben. „Das Mister Sparrow, nennt man ein Hemd. Eures ist ja mittlerweile schon ziemlich mitgenommen.“ Abwertend musterte sie Jack, der seine Hände zur Seite streckte und etwas ungläubig an sich herunter blickte. „Was soll mit meinem Hemd nicht stimmen?“

Jetzt war es an ihr, die Augenbrauen zu verziehen und drückte es ihm wortlos in die Hand. „Seht es einfach als Geschenk an, ja? Ich hoffe es passt von der Größe her ...“ Jack machte einen leichten gespielten Knicks und nahm ihr das weiße Bündel ab. Er wusste nicht was er sagen sollte. Soweit er zurückdachte, konnte er sich nicht daran erinnern, jemals ein Geschenk erhalten zu haben. „Ich vermute, es ist jetzt angebracht danke zu sagen?“
 

„Ich glaube schon.“ Sie zwinkerte ihm zu und sah in abwartend an. „Was ist?“
 

„Nun ja, ich dachte Ihr probiert es gleich an.“ Ein freches Grinsen machte sich auf ihrem Gesicht breit und Jacks Augen wurden groß. „Ich ziehe mich doch vor Euch nicht aus. Bei aller Freundschaft unter Piraten Liebste, aber das werde ich sicherlich nicht tun.“ Jenn stellte amüsiert fest, dass Jack mit einer leichten Röte im Gesicht, die Arme vor der Brust verschränkte. „Nun stellt Euch doch nicht so an. Ihr seid mir vielleicht ein schöner Pirat! Traut Euch nicht einmal Euch vor einer Frau auszuziehen.“ Vor sich hin murmelnd begann Jack seinen Mantel auszuziehen, sein Hemd aufzuknöpfen und es von seinem Körper zu streifen. Bei dem Anblick seiner Muskeln zog Jenn scharf die Luft ein. Sie konnte zwar nicht lange einen Blick darauf werfen, da er schnell das neue Hemd wieder überzog, erkannte jedoch seinen ausgeprägten Körperbau. ‚Hab ich ihn gerade wirklich angestarrt?‘ schoss es ihr in diesem Moment durch den Kopf. Eine leichte Röte zeichnete sich auch jetzt auf ihrem Gesicht ab. Dieser Pirat brachte sie auch wirklich zu zu den unmöglichsten Dingen! Sie hoffte durch das bewundern des Hemdes, die Aufmerksamkeit von ihren Wangen abzulenken. „Oh es passt! Wie schön!“
 

Wortlos stand Jack in seiner Zelle und blickte sie abwartend an. „Womit habe ich das Hemd eigentlich verdient?“ Misstrauisch beobachtete er wie Jenn verlegen mit den Händen fuchtelte. Ja ... mit welcher Begründung hatte sie ihm das Hemd geschenkt? So genau hatte sie darüber gar nicht nachgedacht. „Weil ... weil ich keinen Hut gefunden habe!“ Ein kurzer Moment des Schweigend trat ein. „Aaaahjaaaaa ......“ Immer noch misstrauisch wartete er auf ein weiteres Argument. „Ich muss jetzt gehen! Es ist schon spät!“ Bevor sie den Gang entlang ging, drehte sie sich aber nochmals zu ihm um.
 

„Aber wir sehen uns wieder, versprochen!“ Sie zwinkerte ihm noch schnell zu, und verschwand, bevor Jack noch etwas erwidern konnte, wieder im Gang zum Gefängnistor.
 

Als sie außer Sichtweite war, zierte Jacks Gesicht ein Lächeln. Noch nie war er so einer merkwürdigen Frau begegnet und es tatsächlich geschafft hatte ihn zu faszinieren. Es gab da mal eine Frau, die ihn wirklich begeistert hatte, doch bevor sich auch nur annähernd etwas hätte entwickeln können, war bei ihm die Begeisterung wieder abgeflacht. Abgesehen davon, liebte er nur das Meer und keine Frau hatte es bisher geschafft, mehr als nur Bewunderung bei ihm zu erlangen.
 

„Nun ja, wie gewonnen so zerschlagen.“ Murmelte er vor sich hin.
 

„ZERONNEN! Du Vollidiot.“ Knurrend drehte sich Maike sich zum Schlafen wieder auf die andere Seite.
 

„Weiß ich doch, weiß ich doch!“ Abwinkend mit der Hand stand Jack am Eisengitter und schaute noch eine Weile in den dunklen Gang. „Wie holt Ihr mich hier nur heraus Jenn Tails ... wie nur?“

Kapitel 5 – Planänderung

Der Tag verstrich für Jenn viel zu schnell. Mit Entsetzen musste sie feststellen, dass es bereits dunkel wurde, als sie den letzten dunkelbraunen Stiefel überzog. Sie hatte zu lange mit ihren Haaren getrödelt. Es war auch nicht einfach, dieses dicke, wirre Haar zu bändigen. Nicht allzu selten stand sie Stunden vor dem Spiegel, bis sie es eigenermaßen so hatte, dass es passte ohne vorher mindestens ein Wutanfall zu bekommen, bei dem irgendein Gegenstand durch das Zimmer flog. Das Temperament musste sie von ihrem Großvater haben. Zumindest hatte ihre Mutter das einmal erwähnt. Jenn konnte sich daran noch gut erinnern. Sie war damals 11 Jahre alt gewesen und hatte mit ihrer Mutter sich im Sticken versucht. Es gelang ihr nicht sofort auf Anhieb und das Resultat war später, dass die ganzen Nadeln und das komplette Garn durch das Zimmer geflogen waren. „Dieses Temperament kannst du nur von deinem Großvater haben, Jenn!“ waren die Worte ihrer Mutter gewesen. Das war aber auch das einizigste was sie je über ihren Großvater erfahren hatte, denn seither wurde niemals mehr über ihn gesprochen.
 

„So müsste es gehen!“ Zufrieden betrachtete sie sich von oben und drehte sich vor ihrem Spiegel einmal hin und her. Sie hatte sich am frühen Morgen auf ihrer Einkaufstour ordentlich mit Kleidern eingedeckt. Eine enge dunkelbraune Hose brachte ihre schlanke Figur zur Geltung und das weiße Hemd war am Ausschnitt, welcher ziemlich tief ging, mit Rüschen verziert. Die Ärmel waren zu den Gelenken hin wie Trompeten ausgestellt und ebenfalls mit Rüschen bedeckt. Die braunen Stiefel bildeten den Abschluss und ließen Ihre Beine noch länger erscheinen, als sie eh schon waren. „Gar nicht mal so übel Jenn, gar nicht mal so übel.“ Zufrieden lächelte sie ihr Spiegelbild an, griff auf der Kommode nach ihrem Buch und verließ mit Herzklopfen das Zimmer. Leise schlich sie sich die Treppen herunter in der Hoffnung, von niemandem gesehen zu werden und steckte sich dabei das Buch in eine kleine Tasche, die sie quer über den Körper trug und in der sich bereits eine Kleinigkeit für ihren Plan befand. An der Garderobe nahm sie ihren schwarzen Mantel vom Haken und schloss leise die Haustüre hinter sich zu. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und wieder machte sich die Aufregung bei ihr bemerkbar. Noch konnte sie umkehren, das wusste sie.
 

‚Nein Jenn, das ziehst du jetzt durch!‘ ermahnte sie sich den ganze Weg über selbst. Als sie das Dorfende erreichte war es später Abend. Jenn wusste, dass die Wachmänner am Gefängnis ihre Schicht gegen zwölf nicht mehr ganz so ernst nahmen und sich oftmals in ein Trinkgelage stürzten. Ihr Vater hatte diesbezüglich schon oft genug Ärger und es war ein reger Wechsel an Wachmännern. Aber anscheinend musste dieser Posten das mit sich ziehen, denn anders konnte sich Jenn das Verhalten sonst nicht erklären. Entschlossen zog sie ihren Mantel etwas fester zusammen und ging mutigen Schrittes auf die zwei Männer zu.
 

„Guten Abend Miss Tails. Sagt bloß Ihr wollt zu solch später Stunde noch einen Gefangenen besuchen?“ Misstrauisch beäugte er die Frau, welche etwas unsicher vor ihm stand.
 

„Ich ... äh, nein. Ich wollte Ihnen nur eine Kleinigkeit vorbeibringen. Weil Ihr doch letztens so freundlich zu mir wart.“ Mit einem bezaubernden Lächeln blinzelte sie den Hauptmann an und streckte ihm eine Flasche Rum entgegen. Lachend nahm er ihr die Flasche ab und zeigte sie stolz seinem Kollegen. „Sieh dir das an! Das ist mitunter der beste Rum den es weit und breit gibt!“ Schnell änderte sich der Gesichtsausdruck des Mannes von Freude in Ernst und streckte ihr die Flasche wieder entgegen. „Miss Tails den können wir nicht annehmen! Der ist zu teuer!“
 

‚VERDAMMT‘
 

„Nein, nein. Bitte. Ihr beleidigt mich. Bitte seht dieses als Geschenk und als Dankeschön an.“
 

Noch unsicher schaute er erst auf die Flasche in seiner Hand und anschließend wieder in Jenns Gesicht, die ihn aufmunternd zunickte. „Wirklich, macht Euch keine Sorgen.“ Freudestrahlend drückte er die sich die Flasche an die Brust. „Habt vielen Dank Miss Tails.“
 

„Schön! Und wenn Ihr mich jetzt bitte wieder entschuldigt, ich muss nun nach Hause, es ist, wie Ihr bereits sagtet, schon sehr spät.“ Sie warf den beiden noch ein letztes freundliches Lächeln zu, drehte sich um und ging die Straße wieder in Richtung Dorfmitte. Zurück blieben nur zwei Wachmännern die sich lachend auf den Rücken schlugen und sich bereits darüber unterhielten, wie sie das Geschenk am Besten unter sich aufteilten.
 

Jetzt musste Jenn jetzt nur noch warten bis auch dieses mal die Uhr zwölf schlug und stellte dann erheitert fest, dass der erste Wachmann vor dem Tor die Flasche öffnete. „Betrunkene Saufbolde ... und sowas soll unsere Stadt verteidigen. Da wird es einem ja schlecht.“ Gespannt funkelte sie zu dem beiden rüber, die vergnügt abwechselnd aus der Flasche tranken. Eine Zeitlang beobachtete sie die Beiden und lehnte sich nach einer Weile gelangweilt an eine Mauer an. ‚Wenn die beiden nicht bald umfallen, kann ich den ganzen Plan vergessen!‘
 

Eine gute Stunde später konnte sich Jenn endlich zu den beiden schnarchenden Männer schleichen. Sie hatte schon Angst gehabt der Alkohol würde nie wirken.
 

‚Jetzt gaaanz ruhig bleiben ... nur keine lauten Geräusche ...‘ Mit zitternden Händen griff sie an den Gürtel welcher einer der Wachmännern mit Schlüsseln behängt hatte. Vorsichtig hob sie das Bündel an und entfernte es ganz sacht vom Lederband. Bei einem kurzen kräftigen Zug klirrten die Schlüssel kurz aneinander. Vor lauter Angst, dass die Männer wach werden könnten, kniff Jenn die Augen zusammen und verharrte einen Moment in dieser Position.
 

Nichts. Der Wachmann hatte sich zwar einen Moment gerührt, irgendwas vor sich hin gebrummelt, hatte jedoch seine Augen nicht geöffnet. Erleichtert atmete Jenn aus und nahm den Schlüsselbund fest in die Hand. ‚Jetzt aber schnell.‘ Hastig rannte sie durch das Tor und schritt die Treppen zu den Zellen nach unten. Die Luft zog durch das Treppengebäude und Jenn musste ihren Mantel enger ziehen. ‚Wie halten die das hier unten nur aus? Kein Wunder, dass viele bis zu ihrer Bestrafung erfroren sind‘. Als sie unten ankam, vernahm sie bereits einen unmusikalischen Gesang aus der hinteren Ecke.
 

„Trinkt aus Piraten Joho! Trinkt aus Piraten!“
 

Jenn musste grinsen. Die Stimme kam eindeutig von Jack. Schön dass er noch Freude an dem tristen Dasein des Gefängnisses fand. Vorsichtig schlich sie an den restlichen Zellen vorrüber. ‚Warum muss er ausgerechnet in der letzten Zelle sein‘. Grummelnd warf sie in jede Zelle einen flüchtigen Blick, ob die Gefangenen auch wirklich fest schliefen. Sie hatte Glück. Selbst der Mann, der sie letztens so grob angefasst hatte, schien sicher und wohlbehütet in seiner Ecke vor sich hin zu schnarchen. Erleichtert atmete sie auf.
 

„Trinkt aus Piraten JOHO!“
 

„PSSST! JACK! Wollt Ihr das gleich die gesammelte Garde hier steht?“
 

„Oh Liebes! Ich habe Euch gar nicht gehört!“ Erfreut drehte er sich in seiner Zelle um und ging grinsend auf Jenn zu. „Wundert mich nicht. Ihr singt so laut wie eine ganze Horde Piraten zusammen und mit Verlaub, die singen besser ...“
 

„Das hat getroffen!“ Jack verzog eine Schnute und hielt wieder beide Arme seitlich von seinem Körper weg und wackelte bedrohlich mit dem Oberkörper hin und her. Etwas irritiert beobachtete Jenn seine Bewegungen. „Geht es Euch gut?“ Jenn zog hastig das Bund aus der Tasche und begann jeden Schlüssel einzeln in das Schloss zu stecken. „Ja danke der Nachfrage. Ist ja rührend wie Ihr um mich besorgt seid, Schätzchen.“ Genervt schaute sie nach oben, da Jack nun zu ihr ans Schloss getreten war. „Bildet Euch bloß nichts darauf ein, Jack.“ Amüsiert beobachtete er wie Jenn einen Schlüssel nach dem anderen in das Schloss steckte. ‚Wieso passt da denn keiner!‘ schoss es ihr wütend durch den Kopf und sie verlor allmählich ihre Geduld.
 

„Wie habt Ihr es eigentlich geschafft an die Schlüssel zu kommen? Vorausgesetzt, Ihr verratet es mir.“
 

„Ich hab sie betrunken gemacht.“ Eine leichte röte bildete sich auf ihren Wangen.
 

„Betrunken? Eine hervorragende Idee Miss Tails! Das muss ich Euch lassen. Diese Männer scheinen alles zu vergessen wenn sie erst einmal eine Flasche mit Alkohol in den Händen halten.“ Die Frage, wie Jenn ihn aus dem Gefängnis befreien wollte, hatte ihn die ganze Zeit während seines Aufenthaltes im Gefängnis beschäftigt. Aber auf diese Idee wäre er wahrscheinlich nicht so schnell gekommen. Er war beeindruckt. Soviel Entschlossenheit hatte er ihr gar nicht zugetraut. Doch wenn er auf die Ausführung des Planes schaute, stellte er ein wenig besorgt fest, dass es damit noch etwas haperte ...
 

„Habt Ihr es dann so langsam? Ich will ja nicht drängen, aber es wäre ziemlich schlecht wenn hier einer aufwacht und vielleicht noch aus Neid die Wachen ruft.“ Langsam wurde Jack nervös und blickte zu allen Seite.
 

„Ja, Ja ich mach ja schon! Das würden die doch nicht tun, oder?“ Jetzt wurde auch Jenn nervös und schaffte es kaum, einen Schlüssel ordentlich ins Schloss zu stecken. „Oho! Seid Euch da nicht so sicher. Neid kommt schneller auf als man denkt und hier geht das ziemlich schnell ...“ Besorgt blickte er nach links und rechts um sicher zu gehen, dass bisher auch keiner wach geworden war.
 

„Na Toll ... die besten Voraussetzungen für eine Flucht ...“ Gerade als Jenn gehofft hatte, dass sie den richtigen Schlüssel hatte, vernahmen beide Stimmen vom oberen Teil der Treppe. „SCHNELL, da kommt jemand! Beeilt Euch oder versteckt Euch!“
 

Vor lauter Aufregung lies Jenn die Schlüssel fallen, was Jack nur mit einem „Na großartig!“ quittierte und dafür einen wütenden Blick von Jenn einfing. „Schneeeeeell!“ Die Stimmen wurden zunehmend lauter und eine davon kam ihr ziemlich bekannt vor. Schlagartig wurde es ihr bewusst. „Mein Vater!“
 

„Euer Vater? Was sollte er hier unten wollen?“ Auch jetzt schien Jacks Gleichgültigkeit vollends zu weichen und steckte seinen Kopf durch das Gitter um einen besser Blick auf die Treppe zu erhalten. „Ich sehe schon Schatten! Versteckt Euch!“
 

Hastig hob Jenn die Schlüssel vom Boden auf und schaute sich um. Gegenüber von Jacks Zelle war ein kleiner Seitenvorsprung hinter welchem man sich gut verstecken konnte. Gerade noch rechtzeitig schob sie sich seitlich hinter die Mauer, als auch schon ihr Vater mit einer Anzahl von sechs Mannen die Treppen herunterkamen und um die Ecke bogen. Schwer atmend stand sie an die Wand gepresst und schloss die Augen. So ein Blödsinn, als ob sie mit geschlossenen Augen nicht gesehen werden konnte! Doch zumindest half es ihr für einen Moment, ihre Aufregung etwas im Zaun zu halten.
 

„Aah, Mister Sparrow. Wie schön Euch wohlauf zusehen!“ Jenns Vater war an Jacks Zelle heran getreten und musterte nun den Captain von oben bis unten. Bei seinem Anblick zog er eine Augenbraue hoch und stutzte einen Moment. Bei seiner Einlieferung hatte er doch nicht so ein sauberes Hemd an? Außerdem schien es ihm für den Aufenthalt in dem schlimmsten Gefängnis weit und breit noch ziemlich gut zu gehen. Zumindest stand er frech an die Gitterstäbe gelehnt und grinste den Gouverneur an. „Oh Mister Tails. Was verschafft mir die Ehre, Euch in meinem bescheidenen Zuhause Willkommen zu heißen? Hätte ich gewusst dass Ihr kommt, hätte ich vorher etwas sauber gemacht!“ Mit einer Hand hielt er sich am Gürtel fest, mit der anderen zeigte er in seiner Zelle umher und kickte anschließend einen Knochen heraus. „Das wird nicht länger Euer Zuhause sein Mister Sparrow.“ Ein gemeines Grinsen machte sich auf den Gesicht des Gouverneurs breit und Jack ahnte nichts Gutes. Auch Jenn begann sich hinter der Mauer Sorgen zu machen. „Darf man fragen wieso? Sagt bloß Ihr habt mich begnadigt?“ Hoffnungsvoll grinste er Jenns Vater an. Doch irgendetwas sagte Jenn, dass Jack mit seiner Vermutung wohl ziemlich daneben lag.
 

„Da habt Ihr weit gefehlt mein Freund. Ich habe bitter böse Briefe erhalten, die eine Voranschreitung Euer Erhängung fordert. Ihr müsst wissen, in Port Royal sind Piraten nicht gerade Willkommen.“ Bei seinen Worten musste Jack schlucken. „Ihr wollt mir damit sagen, ich werde JETZT schon gehängt?“ Er fasste sich mit der Hand um die Gurgel. „Es war ausgemacht morgen früh! Mister Tails Ihr enttäuscht mich.“ Der Gouverneur zuckte nur mit den Schulter. „Ihr kennt das ja sicherlich, das Wohl des Volkes geht nun einmal vor. Führt ihn ab!“
 

‚VERDAMMT! Vater!‘ Innerlich überkam Jenn eine Wut. Was sollte sie nun tun? Wenn sie erst einmal Jack auf den Galgen gebracht hatten, gab es kaum einen Weg ihn zu befreien. Vielleicht konnte sie sich die Nacht zur Hilfe machen ... „Das wird Euch noch Leid tun Mister Tails!“
 

Jenns Vater lachte laut auf. „Ihr wollt mir drohen?“ Die Männer öffneten die Eisentür und zerrten aus der Zelle. „Und ich dachte Ihr seid ein Ehrenmann, Gouverneur. Da habe ich mich wohl getäuscht. Zum Glück kommt Eure Tochter nicht nach Euch.“ Bei der Erwähnung seiner Tochter drehte sich der Gouverneuer ungeahnt zu Jack um und schlug ihm mit voller Wucht mit der Faust ins Gesicht. Beim Aufprall seiner Faust sackte Jack für einen Moment stöhnend zusammen. Vor Schreck wäre Jenn beinahe auf ihn zugerannt um ihm zu helfen, besann sich dann aber eines Besseren. Es würde jetzt niemandem helfen, wenn sie sich zeigen würde. ‚Oh Jack. Warum sagst du auch sowas und was ist nur mit Vater los?‘. Es dauerte nicht lange und Jack stand wieder auf den Beinen. Ein leichter Rinnsal an Blut lief aus seinem Mundwinkel und streifte es mit dem rechten Ärmel ab. Der Gouverneur kam wieder bedrohlich nah auf ihn zu. „Wagt es noch einmal in meiner Gegenwart schlecht von meiner Tochter zu sprechen und Ihr werdet Euch wünschen, niemals geboren zu sein!“ Nun konnte sich Jack ein Grinsen nicht verkneifen.
 

„Wer sagt denn dass ich schlecht von Eurer Tochter gesprochen habe. Das war als Kompliment gedacht.“
 

„Duuu ...!“ Instinktiv trat Jack einen Schritt nach hinten und zum Glück hielten den aufgebrachten Vater die Männer mit den Händen zurück, denn sonst hätte Jenns Vater wohl ein zweites Mal die Beherrschung verloren.
 

„Na, na, na.“ Für Jack war es eine Freude den Gouverneur so in Aufruhr zu sehen.
 

„Mister Tails! Gouverneur! Lasst Euch nicht auf sein Niveau herab!“ Auch die Wachmänner versuchten ihn zu besänftigen. Langsam fasste er sich wieder und zog den Ärmel aus dem Griff der Wachmänner und rückte seine Perücke gerade. „Ihr habt Recht. Ich mache mir doch nicht die Hände an so einem Möchtegern Piraten schmutzig. Los jetzt, sonst wird es wirklich noch Morgen bis ich ihn hängen seh.“ Mit einem Stoß in den Rücken bewegten sie Jack vorwärts. Schnell warf er noch einen Blick zu Jenn in die Ecke und deutete mit dem Kopf an, dass sie ihnen folgen sollte. Verwirrt starrte sie den Piraten an. Hatte er den Verstand verloren? Wie in aller Welt sollte sie ihn befreien können? Es musste ein neuer Plan her. Und zwar ziemlich bald, denn Jenns Vater hatte Jack bereits an die frische Luft geschleppt und war kopfschüttelnd an den schlafenden Soldaten vorbeimarschiert. Die würden auch noch ihre Strafe erhalten.
 

Jenn wartete noch einen Moment bis sie sich sicher war, dass keiner der Wachmänner mehr anwesend war, und rannte die Treppe nach oben. Zum Glück schliefen die beiden Männer vor dem Tor noch, denn so konnte Jenn ungehindert die Schlüssel wieder platzieren. Sie wurden ja sowieso nicht mehr benötigt. Hastig machte sie sich auf den Weg ihn einzuholen. Jetzt musste ein Plan her, denn nun arbeitete sie nicht nur gegen die Zeit, sondern auch noch gegen ihren Vater.

Kapitel 6 - Piratencodex

Kapitel 6 – Piratencodex
 

Schmerzend hielt sich Jenn die Seite. Durch das Rennen hatte sie bereits Muskelkater und ihr Atem ging schnell und unregelmäßig. Hastig rannte sie durch das noch schlafende Dorf auf dem Weg zum Galgen. „Bitte, bitte lass ihn noch nicht am Galgen hängen.“ Wenn sie bereits zu spät kam würde sie nie hinter das Geheimnis des Buchen kommen und ihr Abenteuer wäre beendet, bevor es bereits begonnen hatte. Seit sie diesem Jack Sparrow begegnet war, lief ihr Leben völlig neben der Spur.
 

Schnaufend lief sie den Hügel zum Markplatz hinauf und bog um die letzte Ecke, die sie noch von dem bevorstehenden Unglück trennte. „Nur ... noch ... ein ... paar ... Meter ...“ Als sie um die Ecke bog, drehte sie erschrocken auf dem Absatz wieder um und versteckte sich hinter der Hauswand. Beinahe wäre sie in die Arme ihres Vaters gerannt, der sich vergnügt mit dem Commodore über die bevorstehende Hängung unterhielt. ‚Was macht Henry hier?‘ Vorsichtig spickelte sie um die Ecke und belauschte interessiert das nebenstehende Gespräch.
 

„Das heißt die Bürger wollten gar keine voreilige Hängung?“ Der Commodore runzelte die Stirn und schaute den Gouverneur fragend an.
 

„Nein, natürlich nicht. Die haben nicht einmal mitbekommen, dass er gefangen genommen wurde.“ Jenn traute ihren Ohren nicht. Ihr Vater hatte Jacke angelogen. Nur, wieso?
 

„Wieso hängt ihr diesen Mann dann bei Nacht und Nebel? Wenn Ihr mir diese Frage erlaubt Mister Tails.“
 

„Natürlich. Ich habe Euch doch erzählt, dass ich Sparrow neulich Nacht in dem Zimmer meiner Tochter festnehmen lies.“ Wels nickte und der Jenns Vater fuhr fort. „Dann könnt Ihr Euch doch sicherlich vorstellen, wie ich mich gefühlt habe, als meine Tochter sich doch tatsächlich für diesen Piraten eingesetzt hatte.“ Wels stimmte ihm zu. Er konnte sich Jenns Vater förmlich vorstellen ...
 

„Und weiter?“
 

„Weiter? Was gibt es da noch weiters zu erzählen? Ihr glaubt doch nicht, dass ich eine Liaison zwischen meiner Tochter und Sparrow dulde?“
 

‚WAAAAS?‘ Hinter der Mauer wurde Jenn kreidenblass. Ihr Vater glaubte doch tatsächlich, dass sie und Jack eine Liebschaft miteinander hatten! Das durfte doch wohl nicht wahr sein?!
 

„Ihr meint, Eure Tochter hat was mit diesem Piraten? Das kann nicht sein! Sie ist mit mir Verlobt!“ Der Commodore schien genauso geschockt wie Jenn. „Ich verstehe Euch, dass Ihr genauso geschockt seid wie ich, aber wir müssen es nun einmal akzeptieren, dass meine Tochter ihn in dieser Sache zu verteidigen unbedacht gehandelt hat! Weiß Gott, zu was dieser Pirat sie gezwungen hat und was er mit ihr angestellt hat.“ Jammern ging Jenns Vater auf und ab. Jenn dagegen hatte sich immer noch nicht gefasst und schnappte nach Luft. Unbedachte gehandelt? Wann hatte sie schon jemals unbedachte gehandelt? Und was sollte das heißen ‚mit ihr angestellt hat‘. Immerhin war sie schon 21 Jahre alt und konnte ja wohl auf sich selbst aufpassen! Dazu noch war sie verlobt! Glaubte er wirklich sie würde ihren Verlobten betrügen?
 

„Verzeiht Mister Tails, aber das kann ich mir nicht vorstellen, dass Jenn das freiweililg getan hat ...“
 

„Davon redet ja auch keiner!“ Schockiert starrte er in das Gesicht des Gouverneurs.
 

„Ohhhh meine arme Jenn. Vielleicht hat er sie ja erpresst?“ Die Sorgen standen ihnen förmlich ins Gesicht geschrieben und wäre diese Situation nicht mehr als nur brenzlig gewesen, hätte Jenn sich darüber gefreut die beiden so außer sich zu sehen.
 

„Genau. Also machen wir, dass wir voran schreiten. Ich muss dann heute noch mit meiner Tochter über diesen Vorfall sprechen.“ „Unbedingt!“ stimmte ihm der Commodore zu. „Ich glaube ich sollte auch ein paar Worte mit meiner Verlobten reden!“ Fassungslos griff er sich an die Stirn. „Meine Jenn ..., meine Verlobte!“ Aufmunternt klopfte ihm Jenns Vater auf den Rücken und drehte sich mit ihm ein Stück weg. „Mister Wels, ich kann mich doch auf Eure Verschwiegenheit verlassen?“ Immer noch geschockt nickte Wels ihm zu. „Natürlich, nicht auszudenken was das für ihren Ruf bedeuten würde! Und von unserem ganz zu schweigen! Dieses Scheusal hat sie gedemütigt und entehrt! Dafür wird er jetzt büßen!“ Er ballte seine Hände zu Fäusten und starrte auf den Marktplatz.
 

Erst jetzt ließ Jenn ihren Blick auf das Specktakel neben den Beiden schweifen und ihr Herz setzte für einen Moment aus. Jack hatte bereits den Strick um den Hals und sein Gesichtsaudruck verriet ihr, dass er an eine Hilfe nicht mehr glaubte. „Oh nein, was tu ich jetzt?“ Panik stieg in ihr auf. Wenn sie jetzt nichts tat, war alles zu spät. Plötzlich kam ihr eine Idee. Wenn sie es schaffte, unbemerkt unter den Galgenbau zu kommen, konnte sie zumindest verhindern, dass er erstickte. Was sie danach tun sollte, stand noch in den Sternen. ‚Dir wird dann schon noch was einfallen Jenn‘ dachte sie sich im Stillen und setzte noch ein ‚hoffentlich‘ dazu. Vorsichtig schlich sie an ihrem Vater und ihrem Verlobten vorbei und versuchte die Aufmerksamkeit von Jack zu erregen. Doch dieser war mehr damit beschäftigt den Strick zu bewundern und sich dabei vorzustellen, dass er bald daran hängen würde, als ein Blick auf die fuchtelnde Jenn zu werfen.
 

Als ob der Commodore es ahnen würde, drehte er sich und schaute sich um. Jenn schaffte es gerade noch hinter einem Regenfass zu verschwinden bevor er sie sehen konnte. ‚Zum Glück is es Nacht‘ schoss es ihr durch den Kopf und ärgerte sich über die guten Ohren ihres Verlobten. ‚Da könnte ich mich ja nie rausschleichen, der würde ja alles hören‘. Wels drehte sich wieder um und Jenn nutze die Chance und sprang ungesehen von einem großen Gegenstand zum Nächsten, um anschließend unter dem großen Holzboden zu verschwinden. Erleichtert atmete sie erst einmal auf und lehnte sich an einen Balken an. „Gut ... und jetzt?“
 

Die Frage beantwortete sich von selbst, denn in diesem Moment vernahm sie die Stimme ihres Vaters. „So Mister Sparrow. Dann verabschiedet Euch einmal von allen Menschen die Euch lieb und teuer waren. Denn Ihr werdet nie mehr die Gelegenheit haben, diese Nachts aufzusuchen!“ Gerade wollte Jack etwas darauf erwidern, was er denn mit „Nachts aufsuchen“ meinte, als der Gouverneur den Befehl zum Hängen gab und Jack mit einem Ruck durch den Boden segelte.
 

„AH!“ Erschrocken, dass plötzlich Jacks Beine neben ihr baumelten, wusste sie einen Moment nicht was sie tun sollte. Schnell fasste sie sich wieder und drückte gegen die Stiefelsohlen, um ihn so ein Stück nach oben heben zu können. Jack versuchte mit seinen Händen den Strick etwas von seinem Hals zu lösen und röchelte bis er eine Erleichterung verspürte. Einen kurzen Moment lang schaute er nach unten und erblickte erstaunt in das schwitzende Gesicht von Jenn. „Was ...chrr ... macht … Ihr da ...?“
 

Jenns Vater schien von der ganzen Sache nichts mitzubekommen und erfreute sich, ebenfalls wie der Commodore, daran, Jack endlich hängen zu sehen.
 

„Nach was sieht das wohl aus. HÄ?“ Wütend und schnaufend drückte sie ihn noch ein Stück höher.
 

„Toll ...ganz tolle Idee ... und wie ... chrr .. gedenkt Ihr jetzt ...weiter zu machen? ...Chrr ... sollen wir das jetzt ... die ganze Nacht ... tun?“ Jack versuchte so unauffällig wie möglich mit Jenn zu sprechen. Er wusste, wenn ihr Vater die Hilfe mitbekam, wäre sie zur Beihilfe mitschuldig und selbst der Gouverneur könnte sie dann nicht vor einer Strafe bewahren.
 

„Keine Ahnung. Soweit ... schnauff ... war ich mit meinem Plan noch nicht.“
 

„Toller ... Plan!!“, brachte Jack noch ironisch hervor.
 

Lange würde sie das Gewicht nicht mehr halten können. Warum ging ihr Vater nicht endlich? Sonst hingen die Leute doch auch noch einige Tage lang zur Abschreckung am Galgen. Blitzartig wurde es ihr klar. Ihr Vater WOLLTE nicht, dass die Bürger die Erhängung mitbekamen. Natürlich! Es würde zuviele Frage aufwerfen warum so eine Aktion bei Nacht und Nebel durchgeführt wurde und ihr Vater müsste die Situation erklären und würde sich somit selbst an den Pranger stellen.

„VERDAMMT! Warum seid Ihr nur so schwer? Ich kann Euch nicht mehr lange halten.“

„Macht weiter! Wenn Ihr jetzt los lasst, dann ist es aus mit mir!“ Immer noch zwanghaft hielt sich Jack an dem Seil fest und hoffte darauf, dass irgendein Wunder geschah. Jenns Vater dagegen dauerte die ganze Sache allmählich zu lange und wurde unruhig.
 

„Dieser Sparrow hat aber eine Ausdauer. Das muss man diesem Mann schon lassen.“ Der Commodore war ebenfalls erstaunt wie lange Jack es bereits an diesem Strick aushielt. Wenn er gewusst hätte, dass Jenn die Sache hinauszögert, wäre die Verlobung sicher bereits gelöst.
 

„Jack ... es ... es geht nicht mehr! Es tut mir Leid!“
 

„JENN! NEIN!“
 

Gerade als Jenn die Beine loslassen wollte, zischte ein Pfeil über den Platz und zerschnitt das Seil, an welchem eben Jack noch um den Tod gekämpft hatte, und blieb am Galgenpfahl stecken. Auf dem Pfeilende zeichnete sich deutlich eine schwarze Flagge ab.
 

„WAS ZUM ...?“ Jenns Vater drehte sich erschrocken um und vernahm vom Hafen Kanonenschüsse und lautes Gebrüll. Sein Gesicht wurde schlagartig weiß, denn was er dort sah, lies ihm das Blut in den Adern gefrieren. Ein riesiges Schiff mit schwarzen Segeln ankerte im Hafen und beschoss die Stadt. Als er sich zur anderen Seite umdrehte, sah er wie eine große Meute brüllend mit Messern und Pistolen auf seine Wachmänner zu rannten.
 

Jack dagegen flog mit all seinem Gewicht nach unten und landete direkt auf Jenns Körper, welchen er mit sich auf den Boden riss. Er konnte sich gerade noch rechtzeitig mit beiden Armen neben ihrem Oberkörper abstützen, bevor er völlig mit seinem gesamten Körpergewicht auf ihr lag. Er musste sich kurz sammeln, bevor er in die grünsten, verwirrtesten Augen blickte, die er jemals gesehen hatte.
 

„Oh, Hallo Liebes!“ Sein Gesicht war direkt über ihrem und Jenns Herz begann schneller zu schlagen. Noch nie war ihr ein Mann bisher so nah gewesen und sein Körper so zu spüren hinterlies bei ihr eine Gänsehaut. Seine Augen waren so dunkel wie die Nacht und leuchteten auf, dass Jenn für einen Moment die Fassung verlor. Schnell jedoch kam sie wieder zur Besinnung in welcher Situation sie sich befand und begann mit ihren Fäusten auf seinen Arm einzuschlagen. „GEHT.VON.MIR.RUNTER!“ Jack dagegen machte keine Anstalten von ihrem Körper zu weichen. „Wieso denn? Also ich finde es sehr angenehm wie es ist.“ Wieder grinste er sie an und aus Jenns Mund entwich nur noch ein empörter Schrei. „ARGH! Geht von mir runter! Aber sofort!“
 

„Schon gut, schon gut.“ Missmutig rutschte er von ihr herunter und klopfte sich mit viel Sorgfalt den Staub aus der Jacke.
 

„SCHNELL! ZIEHT EUCH ZURÜCK!“ Der Commodore zog sein Schwert und fuchtelte damit wild in der Luft herum. Sie waren eindeutig in der Unterzahl und er musste bereits mit ansehen, wie zwei seiner Männer brutal von den Piraten niedergestochen wurden.
 

„NEIN! Wir können nicht weg! Sparrow liegt irgendwo da unten!“ Jenns Vater war aufgebracht und war im Begriff auf den Galgen zu zurennen, als er von seinem Hauptmann zurückgehalten wurde. „MISTER TAILS! Seid doch vernünftig. Ich täte auch nichts lieber als diesen Schurken am Galgen hängen zu sehen, aber wir müssen fliehen sonst überrennen uns die Piraten ebenfalls. Wir sind auf solch einen Angriff nicht vorbereitet!“ Hin und hergerissen stand der Gouverneur auf dem Platz und kam sich völlig hilflos vor.
 

Jenn stand vom Boden auf und rückte ihr Hemd wieder gerade. Erst jetzt bemerkte Jack, in welchen Kleidern sie herum lief.
 

„Miss Tails, so hätte ich Euch ja niemals vermutet. Ich muss sagen, das steht Euch ausgezeichnet.“ Sein Blick blieb an ihrem Dekolleté hängen. Da Jenn in diesem Moment aufgebracht war, hebte und senkte sich ihre Brustkorb verführerisch. Es zeichneten sich deutlich die Anfänge ihrer Brüste ab und für einen Moment vergaß er, dass er sich ja noch mitten in der Schlacht befand.
 

„Danke für das Kompliment, aber ich glaube nicht, dass dies der richtige Zeitpunkt dafür ist!“ Die Panik ergriff von Jenn wieder Besitz. Wieso war Jack auf einmal auf sie herabgestürzt? „Was ist hier eigentlich los? Wieso schreien die Männer?“ Vor dem Lärm schützend hielt sie sich die Hände vor die Ohren.
 

Ein kurzer Blick von Jack nach oben genügte um zu wissen was passiert war. Am Pfeil war deutlich eine schwarze Flagge zu erkennen und er musste grinsen. „Darf man fragen warum Ihr so bescheuert grinst? Ich weiß wirklich nicht was an dieser Situation so komisch sein soll!“ Jenn war am Rande der Verzweiflung angekommen. „Sagen wir es so Miss Tails. Meine Crew hat sich mal wieder nicht an den Piratencodex gehalten.“ Ein freches Grinsen zierte sein Gesicht und Jenn verstand nur Bahnhof. „Was bitte für ein Piratencodex?“ Jack seufze auf. „Der Piratencodex besagt, dass jeder Mann, der zurückbleibt, zurückgelassen wird.“
 

„Nicht gerade freundlich …“ Jack zuckte nur mit den Schultern. „Wisst Ihr, manchmal muss man eben Abstriche machen.“

„Tolle Abstriche seinen Captain zurückzulassen ...“ Missmutig verzog Jenn das Gesicht. Die Piraten taten immer so mutig, aber für sich gegenseitig einsetzen, wollten sie sich nicht. „Sie haben ihren Captain nicht zurückgelassen oder was glaubt Ihr, wer uns zur Hilfe kam?“ Sein Grinsen wurde breiter. „Ach Ihr meint, dass sind Eure Männer?“ Jack zwinkerte ihr zu und griff nach ihrer Hand. Verwirrt starrte sie erst ihn, anschließend ihre Hände an. „Was soll das? Was hab Ihr vor?
 

„Ich würde sagen Miss Tails, das Abenteuer kann beginnen!“

Kapitel 7 - Neue Gewässer

Jenns Vater stand immer noch Hilflos neben dem Commodore und beobachtete entsetzt das Gemetzel, als er einen allzu bekannten braunhaarigen Schopf über den Hof rennen sah. Er traute seinen Augen nicht. Voran schritt doch tatsächlich Jack Sparrow und hielt seine Tochter fest umgriffen an der Hand! „Das glaube ich jetzt nicht!“
 

„Mister Tails?“
 

„DA! Seht! Dieser Pirat hat meine Tochter in der Gewalt! JEEEEENN!“ Mit lauter Stimme schrie der Gouverneur über den Platz und erziehlte die erhoffte Wirkung. Jenn ließ ihren Blick zur anderen Seite schweifen und blickte in das entsetzte Gesicht ihres Vaters. „VATER! Henry!“ ‚Oh nein, was werden die nun denken?’ „Euer Vater Jenn wird das ganze ziemlich falsch auffassen nehm ich an. Also sollten wir schauen, dass wir wegkommen. Habt Ihr das Buch noch?“ Jack drehte im Rennen seinen Kopf zu ihr nach hinten und wartete auf eine Antwort.
 

„Ja … ja ich habe es dabei! Es ist alles in meiner Tasche.“ Zufrieden lächelte der Captain und rief seine Männer zusammen. „RÜCKZUG! WIR GEHEN WIEDER AUF DAS SCHIFF!“ Schlagartig ließen alle ihre Waffen sinken und rannten ihrem Captain hinterher.
 

„Mein Gott Commodore! So tut doch etwas!“ Hilflos fuchtelte Jenns Vater mit den Armen und zeigte in die Richtung in die gerade Jack mit seiner Tochter rannte. „Sie rennen zum Hafen! Er will sie entführen und auf sein Schiff zerren. Dieser kranke Spinner. Das wird er nicht schaffen!“ Schnell rief Wels einige Männer, die noch zur Verfügung standen, zusammen und eilte dem Piraten hinterher.
 

„Jack, ich kann nicht mehr!“ Schnaufend ließ sich Jenn nur noch mitziehen und hatte das Gefühl, dass sie jeden Moment zusammenbrechen würde. „Keine Sorge wir sind gleich da!“ Und er behielt Recht. Vor ihnen eröffnete sich der Hafen und das Schiff mit den schwarzen Segeln in voller Pracht. Sie rannten bis zum Steg als Jenn abrupt stehen blieb. „Was ist los? Warum bleibt Ihr stehen?“ Er drehte sich Richtung Stadt und zeigte mit dem Finger auf die wütenden Garde die gerade den Hügel herunter rannten. „Ihr seid Euch schon bewusst, dass der Galgen auf uns wartet wenn wir jetzt nicht weitergehen?“
 

„Und Ihr seid Euch bewusst, dass es noch ein gutes Stück zum Schiff ist? Wie gedenkt Ihr sollen wir dort rüber kommen?“ Sorgvoll schaute sie ihn.
 

„Schwimmen!“ Jenn konnte gerade noch ein „Bitte?“ erwidern als sie von Jack ins Wasser gestoßen wurde. Für einen Moment hatte er Sorge, dass sie nicht mehr auftauchen würde, bis er erleichtert ihren braunen Haarschopf über der Wasseroberfläche sah. „SONST GEHT’S EUCH GUT HÄ? Oh man, VERDAMMT, ist das kalt!“
 

Jack hatte keine Zeit auf ihre Schimpferei einzugehen, denn als er sich umdrehte stellte er besorgt fest, dass die Garde schon gefährlich nahe kam. „Gut, dann mal los!“ Er holte tief Luft, sprang Kopfüber ins Wasser und tauchte kurz darauf neben Jenn wieder auf.
 

„Ich bin nicht gerade die beste Schwimmerin!“ Mir kräftigen Bewegungen versuchte sie mit ihm mitzuhalten als Wels das Feuer eröffnete. „JACK! Die schießen auf uns!“
 

„Ich habe es bemerkt, Danke!“
 

Hastig schwammen sie in Richtung Schiff und versuchten den Kugeln auszuweichen, die hart im Wasser aufprallten. Schwer atmend konzentrierte sie ihren Blick auf das große schwarze Segel. Sie hatte das Gefühl, dass es überhaupt nicht näher kam und innerliche Panik stieg in ihr auf. Jack bemerkte ihre hastigen Bewegungen und befürchtete, dass sie bald untergehen würde. „Haltet durch Miss Tails, es ist nicht mehr weit. Wir haben es gleich geschafft!“ Jack hielt einen Moment inne und zeigte mit der Hand in Richtung Schiffsdeck. Und er hatte Recht! Am oberen Deck erkannte Jenn tatsächlich eine Person, die bereits ein Beiboot zu Wasser ließ. Sie waren gerettet! „Na Gott sei Dank! Ich dachte schon ich müsste hier ertrinken!“ Ihr Schwimmpartner fing an zu Grinsen. „Na da hab ich mir ja was eingebrockt. Wenn Ihr weiterhin so verwöhnt und quengelig seid, dann überleg ich mir das mit Euch nochmals!“ Jenn dachte einen Moment sich verhört zu haben und blieb schwimmend auf der Stelle stehen. „WAS? Ich und verwöhnt? Ich bin nicht verwöhnt!“
 

„Oh doch das seid Ihr. Und zwar gewaltig.“ Nun hielt auch Jack im Wasser inne und schaute sie herausfordernd an. Jenn kochte vor Wut. Was nahm sich dieser Pirat eigentlich heraus! Er kannte sie doch überhaupt nicht.
 

„UUHH ... wenn wir jetzt nicht im Wasser wären, würde ich mich vergessen!“
 

„HA! Ihr wollt mir drohen? Ich habe schon Schlimmeres erlebt als eine hysterische, verwöhnte Frau.“ Nun platzte ihr der Kragen. Sie sprang auf ihn zu und drückte ihn mit aller Kraft unter Wasser. ‚Was glaubt der eigentlich wer er ist?!‘ Während sie ihn nach unten drückte griff Jack nach ihren Beinen und zog sie unter Wasser weg, so dass sie nach hinten wegkippte und mit dem Kopf ebenfalls unter Wasser landete. Schwer atmend tauchten beide wieder auf und blickten sich wütend an. Gerade als Jenn mit der Hand ausholte flogen haarscharf einige Kugelschüsse an ihnen vorbei. Ein Blick von Jack genügte um sich wieder über die Situation in der sie sich befanden bewusst zu werden. „Wir haben keine Zeit für solche Albernheiten! Los, auf‘s Schiff!“ Jack lies Jenn im Wasser zurück und schwamm mit der restlichen Crew, die sie mittlerweile eingeholt hatten, zum Beiboot. „ARGH! Wie ich ihn hasse!“ Wütend sammelte sie ihre letzten Kräfte und versuchte Jack einzuholen der bereits in das Boot einstieg und ihr mit den Händen deutlich machte, dass sie sich beeilen musste. Erschöpft griff sie nach dem Schiffsrand und zog sich mit letzter Kraft ins Boot. Jack machte keine Anstalten ihr zu helfen und schaute ihr nur belustigt dabei zu. „Vielen Dank für Eure Hilfe!“ Sauer torkelte sie ein paar Schritte auf ihn zu und tippte mit ihrem Finger auf seine Brust. Ihre nassen Haare klebten ihr am Gesicht und am Körper fest und allgemein erinnerte sie ihn eher an einen begossenen Pudel als an eine Dame von Hof. Jack konnte sich ein Lachen nicht mehr verkneifen und prustete los.
 

„OHH ... wie könnt ihr es wagen!“
 

„Ganz ruhig Missy, wir sollten erst einmal schauen, dass wir hier wegkommen, bevor uns die Garde noch mit ihrem Schiff einholt. Ihr könnt Euch dann immer noch gegenseitig die Köpfe einschlagen.“
 

Der Mann der neben Jack stand hatte Recht. Als Jenn ihren Kopf nach links drehte, sah sie bereits ein Schiff mit der Flagge der königlichen Garde. „Das ist die Interceptor! Bestimmt mit Commodore Wels und will mich retten. Oh nein ...“
 

„Das Schiff ist wegen Euch hinter uns her? Wer seid Ihr überhaupt? Jack?“ Der Mann der sie eben auf das Schiff aufmerksam gemacht hatte, wurde nun auf Jenn aufmerksam und musterte sie eindringlich. „Das ist Jennifer Tails, die Tochter der Gouverneurs, und die Besitzerin des ...“

Mit beiden Händen in der Luft knickte er jeweils zwei Finger nach unten „... Buches.“
 

„Welches „Buch“ meinst du?“ Jack seufzte auf.
 

„DAS Buch!“
 

„Ach DIESES Buch!“ Er klatschte sich mit den Händen an die Stirn.
 

Das Beiboot war zwischenzeitlich an der Reling angekommen und die Besatzung wechselte auf das Schiff über. Währenddessen fror Jenn bitterlich und schlang sich beide Arme um den Körper. Jack bekam Mitleid mit ihr und nahm eine braune Decke, welche auf eine Fass lag, in die Hand und warf sie ihr über die Schulter.
 

„Dddd ... ddddanke!“ Schlotternd zog sie die Decke enger um ihren Köper und klapperte mit den Zähnen. „Ihr seid wirklich nichts gewohnt Miss Tails.“ Er ging an ihr vorbei und grinste sie nochmals kurz an. Die Wut, die sie eben noch für ihn verspürt hatte, war nach seinem Lächeln plötzlich wie weg geblasen. ‚Merkwürdig ... irgendwie kann ich jetzt auf ihn nicht mehr sauer sein ...‘ Schmollend verzog sie den Mund und schaute ihm noch hinterher, wie er neben einer seiner Männer trat.
 

„LOS MÄNNER! Setzt die Segel! Machen wir, dass wir hier wegkommen. Gibbs?“
 

„Aye Captain?“ Aha, Gibbs hieß also der Mann, der sie eben noch am Liebsten über Bord geworfen hätte ...
 

„Nimm Kurs auf Tortuga.“
 

„AYE! TORTUGA!“ Alle Männer rissen ihre Hände nach oben und schienen sich wahnsinnig über diesen Zwischenstop zu freuen. „Was ist an Tortuga so beeindrucken, dass alle so ausflippen?“ Die Frage ging zwar an Jack, doch stattdessen gab Gibbs ihr eine Antwort.
 

„Tortuga ist einen ausgesprochenen Pirateninsel. Wenn Ihr kein Pirat seid, dann könnt Ihr das schlecht verstehen. Aber ihr werdet es schon wissen, wenn wir dort anlegen.“ Erleichterung überkam Jenn, als sie das freundliche Lächeln des 1. Maats bemerkte und lächelte ebenfalls zurück. Jack lauschte dem Gespräch der beiden und schaltete sich daraufhin ein.
 

„Wir müssen dort einige Vorräte besorgen. Irgendwie war dieser Stadtbesuch doch turbulenter als vorerst angenommen und ich hatte leider keine Zeit zum Einkaufen ...“
 

‚Ja, weil du im Gefängnis warst‘ dachte sich Jenn im Stillen, wagte es aber nicht einen Kommentar abzugeben. Sie hatte für heute genug Ärger gehabt. Sie drehte sich um und blickte ein wenig traurig auf das Meer, in der das Schiff ihres Verlobten und ihres Vaters immer kleiner wurde. Sie war erstaunt, dass sie so schnell Vorsprung gewannen, denn sie hatte immer angenommen, dass es kein schnelleres Schiff als die Interceptor gab.
 

„Willkommen auf der Black Pearl, meine Liebe. Das schnellste Schiff der Meere.“ Jack war neben sie getreten und stütze sich nun mit den Händen auf der Reling ab. „Woher wisst Ihr, dass ich darüber nachgedacht hab?“ Er drehte seinen Kopf in ihre Richtung und schaute sie einen Moment lang schweigend an. Die Sonne war gerade dabei aufzugehen und ein leichter rötlicher Schimmer legte sich auf ihre Haut, die ihr etwas geheimnisvolles gab. „Das wäre auch meine erste Frage gewesen die ich mir gestellt hätte, wenn ich die Interceptor so sehe.“ Sein Blick richtete sich wieder auf das Meer und von dem gegnerischen Schiff war mittlerweile kaum noch etwas zu sehen. „Mein armer Vater ... Er denkt jetzt Ihr hättet mich entführt und macht sich wahrscheinlich große Sorgen ...“ Traurig senkte sie den Blink. „Macht Euch keinen Kopf darüber! Er kommt darüber hinweg.“ Ein Lächeln umschmeichelte sein Gesicht und Jenn wusste, dass seine Worte mehr als eine Art Aufheiterung dienen sollten, doch irgendwie fühlte sie sich nicht besser. Außerdem hatte sie das Gefühl, dass die Kälte nicht mehr aus ihrem Körper weichen wollte. Sie fing wieder an zu zittern. „Ist Euch immer noch kalt?“ Etwas überrascht beobachtete er das zitternde Mädchen neben sich. „Nein, ich tu nur so! Nach was sieht das denn aus. Diese Decke ist ja nicht sonderlich warm.“ Vorwurfsvoll warf sie einen kurzen Blick auf das braune Bündel um ihren Körper und seufzte. „Euch kann man es auch nie Recht machen! Hier, trinkt das.“ Er streckte ihr eine Flasche entgegen und setzte ein breites Grinsen auf. „Was ist das?“ Unsicher starrte sie auf die braune Flasche in seiner Hand, die er fröhlich hin und her schwenkte.
 

„Das, meine Liebe nennt sich Rum. Trinkt einen Schluck und Ihr werdet sehen, Euch wird schneller warm als ihr gedacht hättet.“
 

„Ich trinke keinen Alkohol.“ Mit aufgerissenen Augen und die Augenbrauen nach oben gezogen warf Jack seinen Kopf ungläubig nach hinten und starrte sie an, als ob sie gerade gesagt hätte, dass sie sich an Land und nicht auf einem Schiff befände. „Ihr verpasst etwas. Ihr könnt mir ruhig glauben, der Alkohol macht warm.“
 

„Ich trinke doch nicht mit Euch aus der gleichen Flasche. Danke ich verzichte!“ Arrogant drehte sie ihren Kopf weg und starrte auf die andere Seite. Jack zuckte nur mit den Schultern.
 

„Verzogen, wie ich es gesagt hab ...aber nun gut, dann bleibt mehr für mich.“ Freudig zog er den Stöpsel von der Flasche und führte die Öffnung an seinen Mund. „Ach gebt schon her!“
 

Ruckartig riss sie ihm die Flasche aus der Hand, dass Jack sich vor lauter Schreck beinahe verschluckte. „Was ist denn jetzt los?“ Erstaunt beobachtete er, wie Jenn einen kräftigen Schluck aus der Flasche nahm und dabei die Augen zusammenkniff. ‚Ich hätte nicht gedacht, dass sie so trinkfest ist ...‘ Kaum hatte er diesen Gedanken ausgedacht, fing Jenn gewaltig an zu husten. „ ... oder auch nicht.“ Er klopfte ihr zwei mal kräftig auf den Rücken und verlies dann lachend das Deck um mit Gibbs die letzten Dinge für die Reise zu besprechen.
 

Langsam beruhigte sich auch Jenns Husten wieder und sie spürte wie sich leicht das Deck bewegte. „Oho ... Jenn, wieso musst du auch immer gleich so übertreiben ...“ Wütend über sich selbst torkelte sie ein paar Schritte über das Deck und lehnte sich dann kurz darauf wieder an der Reling an. „Ich glaube ich bin Seekrank ...“ Sie atmete ein paar mal tief durch und schaute dann wieder auf das Meer. In diesem Moment, als sie die Sonne über dem Horizont standen sah, spürte sie eine Erleichterung auf der Brust. Was war das? Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so frei und ungebunden gefühlt und sie hätte am liebsten laut geschrieen wie gut es ihr ging. Bei dem Gedanken was die Crew dann wohl denken würde, biss sie sich auf die Lippe und grinste in sich hinein. Sie hatte es tatsächlich geschafft. Sie hatte einen Piraten befreit und war mit ihm tatsächlich auf seinem Schiff und segelte nun auf eine echte Pirateninsel. Weit weg von hohen Erwartungen, Veranstaltungen, Bällen und .... Sie stockte. Henry!
 

‚Der Arme. Er macht sich jetzt sicher wahnsinnige Sorgen.‘ Sie beruhigte ihre schlechtes Gewissen, indem sie sich sagte, dass sie ihn ja als Trost nach dem Abenteuer heiratete. Außerdem war ein Mann an ihrer Seite für‘s erste Genug. Mit ihm musste sie sich bestimmt noch auf einiges gefasst machen. Ihr Blick richtete sich zum Ruder und sie beobachtete wie Jack stolz sein Schiff lenkte. Ein leichtes Lächeln zierte ihr Gesicht und sie schaute wieder auf das weite Meer und verschloss träumend die Augen.
 

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„Wir MÜSSEN doch etwas tun!“
 

„So beruhigt Euch doch Commodore!“ Hilflos stand ein Wachmann neben seinem Vorgesetzten und versuchte ihn ein wenig zu beruhigen. Nachdem sie die Black Pearl nicht mehr eingeholt hatten, waren sie wieder unverhoffter Dinge zum Hafen zurückgekehrt. Und nu jammerten der Gouverneur seit einer Stunde unaufhörlich in seinem Büro über das Entführen seiner Tochter und der Commodore war außer sich vor Wut.
 

„DIESER PIRAT! Dafür wird er büßen, und zwar auf der Stelle wenn wir ihn haben!“ Aufgebracht ging der Commodore im Zimmer auf und ab.
 

„Mister Wels! Bitte hört auf in meinem Zimmer Löcher in den Boden zu laufen! Ihr macht mich ja noch ganz verrückt!“
 

„Verzeiht Gouverneur. Aber ich bin einfach so aufgebracht! Meine arme Jennifer ... Nicht auszudenken was alles passieren kann. UUHH dieser widerwärtige Unhold!“
 

„Wie sollen wir sie denn retten? Die Interceptur ist das schnellste Schiff weit und breit und doch war die Black Pearl schneller als wir! So können wir sie nie einholen. Meine Arme Tochter! Meine arme kleine Jenn ...“ Schluchzend saß er auf seinem Stuhl und schlug die Hände vors Gesicht. Der Commodore brach dieser Anblick beinahe das Herz. Aber auch er machte sich wahnsinnig Sorgen um Jenn, denn er wollte sie in den nächsten Tagen definitiv um einen Termin der Hochzeit bitten. Und nun war sie in den dreckigen Fingern von Jack Sparrow. Was wollte er nur mit ihr? Es stand außer Frage, dass Jenn eine bildhübsche junge Frau war, aber warum kam er ausgerechnet nach Port Royal? Hatte er das bereits schon geplant gehabt oder warum legte er dort an Land an?
 

„Mister Tails, ich habe da eine Vermutung. Sparrow hat nicht ohne Grund in Port Royal angelegt.“ Der Gouverneur richtete niedergeschlagen seinen Blick auf Commodore Wels. „Wie meint Ihr das?“
 

„Nun ja, er konnte ja schlechte Jenn bereits vorher kennen. Woher denn auch, denn das hättet Ihr oder ich sicherlich mitbekommen.“
 

„Da habt ihr Recht.“ Zustimmen nickte der Gouverneuer ihm zu.
 

„Also muss Sparrow aus einem anderen Grund angelegt haben. Nur ... Warum?“
 

„Hmm ...“ Angestrengt dachte Jenns Vater nach. „Vielleicht sind Ihnen die Vorräte ausgegangen? Ich meine, Port Royal ist mit unter eine große Handelsstadt und für Ihr weites Sortiment an Waren bekannt.“

Plötzlich wurde es dem Commodore bewusst. „Mister Tails! Das ist es! Sparrow hat in Port Royal angelegt um Lebensmittel zu besorgen, doch bei seiner Flucht hatte er keine bei sich. Wie denn auch, denn wir hatten ihn zuvor ja gefangen genommen. Folglich muss er sich seine Lebensmittel woanders beschaffen!“
 

„Und wo beschafft man sich als ein Pirat neue Waren?“ Jenns Vater war voller Elan vom Stuhl aufgesprungen und schaute den Commodore herausfordernd an.
 

„Tortuga!“ Wie abgesprochen schauten sich beide Männer an und sprachen gleichzeit aus, was sie dachten.
 

„In Ordnung Jack Sparrow. Mal sehen wie dir unser nächstes kleines Zusammentreffen gefällt ...“ Selbstsicher und voller Enthusiasmus lachte der Commadore zusammen mit dem Bürgermeister auf und beide verließen gemeinsam den Raum.

Kapitel 8 - Oh du schön(e Vergangen)heit

Für Jenn war der Tag schneller Vergangen als ihr lieb war. Erst hatte sie kräftig der Crew mitgeholfen das Deck zu schrubben, wobei sie auch beinahe Jack mit dem Mop erschlagen hätte, um anschließend Segel zu hissen und mit Gibbs einige Seile zu flechten. Jack hatte ihre Begeisterung für das Segeln mit ein wenig Misstrauen aufgefasst. Warum sollte sie auf einmal so gefallen an diesen Dingen finden, wo sie sich doch erst so angestellt hatte? Vielleicht hatte er sich ja doch in ihr getäuscht und so ein verwöhntes Mädchen war sie überhaupt nicht. Er dachte an die Nacht zurück wo er gehängt werden sollte. Sie hatte ihn erst aus dem Gefängis holen wollen, hatte sich anschließend auf den Galgenplatz geschlichen und dann auch noch versucht ihn von dort zu befreien. Wenn er es sich mal genauer betrachtete, dann war ihr Risiko größer als seines gewesen. Jack seufzte auf. Gibbs hatte ihn abends noch zur Seite genommen und ihn drauf angesprochen, warum er diese Frau mitgebracht hatte. Jack hatte es ihm versucht zu erklären, doch irgendwie schien er das ganze falsch aufgefasst zu haben. Gibbs hatte ihm vorgeworfen, nicht mehr der Pirat zu sein, welcher er war, als er an Land ging. Und er musste Gibbs Recht geben. Früher hätte er sich das Buch einfach beschafft und der Rest wäre ihm egal gewesen. Warum hatte er es sich nicht einfach weggenommen als er die Gelegenheit dazu hatte? Wäre er bei ihrer ersten Begegnung nicht einfach abgehauen, hätte er es jetzt in den Händen gehalten. Apropos Buch, bei Gelegenheit müssten sie sich mal um das Buch kümmern. Sie waren nun zwei Tage schon unterwegs und hatten es immer noch nicht fertig gebracht, hinter das Geheimnis zu kommen. Die ersten Seiten hatten nicht allzuviel verraten. Vielleicht verbarg sich ja im inneren Teil mehr Informationen. ‚Am Besten wir machen das in Ruhe wenn wir Tortuga verlassen haben.‘ Ein zweiter Seufzer entwich seinem Mund und erregte somit Jenns Aufmerksamkeit.
 

„Jack, was ist los mit Euch?“ Neugierig mustere sie den Captain der bisher schweigend neben ihr gestanden hatte und sich dabei an den Mast anlehnte.
 

„Nicht Liebes, alles in Ordnung.“ Sein Blick fiel auf die Seile und er war wieder überrascht. „Miss Tails, ich bin beeindruckt. Ich hätte nicht gedacht, dass Ihr so saubere Knoten schafft. Lernt man sowas auch beim Kindermädchen?“ Neckisch setzte er sich neben sie, nahm die Seile in die Hand und lies sie dabei durch seine Finger gleiten.
 

„Ob Ihr es glaubt oder nicht Jack, Ja sowas lernt man bei uns Zuhause.“ Jack senkte den Kopf und schaute sie dabei fragend an. Sie seufzte auf.
 

„Bei mir Zuhause war es schon immer eine der wichtigsten Dinge im Leben, eine gute Hausfrau und Mutter zu sein. Karriere, Politik oder Krieg waren Dinge, die an mir vorrüber gegangen sind, die mich auch nicht zu interessieren hatten. Als Tochter des Gouverneurs hat man viele Verpflichtungen müsst Ihr wissen. Tanzbälle, Veranstaltungen, immer nett aussehen und lächeln ...“
 

„Klingt ja nicht gerade nach Abenteur.“ Lässig lehnte er sich zurück und stütze sich mit beiden Händen auf dem Boden ab. Dabei starrte er in den Himmel.
 

„Ist es auch nicht. Und Ihr habt Recht wenn Ihr sagt, ich sei zu einem gewissen Teil verwöhnt. Wie sollte es auch anders sein, wenn man nichts anderes gewöhnt ist? Aber ich kann Euch versichern Jack, es ist nicht angenehm so ein Leben zu führen.“ Traurig senkte sie ihren Kopf und Jack erkannte in ihren Augen, dass es für sie sehr bedrückend sein muss, so zu leben.
 

„Ihr lebt in einem goldenen Käfig Miss Tails. Was erwartet Ihr denn vom Leben? Alles was Euch auch nur im Geringsten bleibt, ist eventuell die Wahl Eures Ehegatten.“
 

„Ha, nicht mal das bleibt meine Entscheidung.“ Wütend trat sie mit dem Fuß gegen ein Bündel Seile, welches vor ihr lag.
 

„Ist das so? Dann ist es in der Tat sehr bedrückend. Nacher ist Euer Ehegatte noch ein Eunuch!“ Bei seinen eigenen Worten bekam er große Augen und schüttelte hastig die Gedanken aus seinem Kopf. „Grausige Vorstellung, nich?“
 

„Mein Vater hat bereits gewählt. Und wenn ich von dieser Reise zurückkomme, dann werde ich ihn heiraten.“
 

„Darf man fragen wer der Glückliche ist? Vielleicht ist sein Name ja sogar schon bis zu mir auf’s Meer gedrungen?“ Aufmunternd strahlte er sie an doch bei der Nennung seines Namens klappte Jack die Kinnlade nach unten.
 

„Das ist nicht Euer Ernst? DER Commodore Wels? Oh mein Gott, was hat sich Euer Vater nur dabei gedacht!?“ Mit der einen Hand fasste er sich geschockt an die Brust und mit der anderen Griff er nach dem Segelmast und wackelte gefährlich hin und her. Jenn seufzte auf. „Ja DER Commodore! Er ist ein ehrhafter Mann. Ihr braucht überhaupt nicht so tun als ob mein Vater eine schlechte Wahl getroffen hätte! Und selbst wenn, dann ...“ Sie stockte. Warum erzählte sie ihm das eigentlich alles?
 

„...dann was, Miss Tails?“ er deutete mit seinen Händen an, dass sie weitererzählen sollte. Doch sie schwieg. Wortlos stand sie auf und drehte sich noch einmal zu ihm um.
 

„Vergesst es Jack. Ihr würdest es sowieso nicht verstehen. Ihr seid frei und ungebunden. Genießt es, aber lasst meine Sorgen auch die Meinen sein.“ Aprupt machte sie auf dem Absatz kehrt und ging zu Gibbs und der restlichen Crew an die Reling. Schweigend blickte Jack ihr noch hinterher und richtete seinen Blick wieder auf das gebundene Seil. ‚Commodore Wels also ... Na da hat sich ihr Vater ja einen rausgesucht ...‘ Aber wieso verschwendete er überhaupt einen Gedanken daran? Es ist ihr Leben, wie sie es schon richtig sagte. Ihn geht das Ganze überhaupt nichts an. Zum Glück war er nur mit dem Meer verbunden. Und das würde auch so bleiben! „JAWOHL!“ Ruckartig schoss er nach oben und sprach diese Worte lauter aus, als er es vorgehabt hatte. Verwundert starrte ihn Jenn und seine Crew an und schüttelten mit dem Kopf. „Ähm ... weitermachen! Gut so!“ Stolzierend ging er an ihnen vorbei und verschwand dann anschließend unter Deck.
 

„Mister Gibbs, darf ich Euch eine Frage stellen?“ Noch immer den Blick auf die Türe zur Kajüte gerichtet, wand sie sich an Jacks ersten Maat.
 

„Aber sicher Missy, was für eine Frage habt Ihr denn? Und lasst doch bitte das Mister weg, wir sind doch unter Piraten.“ Ein Zwinkern löste bei Jenn wieder eine Erleichterung aus. Wenn Ihr Vater wüsste, dass Piraten gar nicht mal so übel sind, wie er immer animmt ... Doch das würde sie ihm wohl nie klar machen können. „Was hat Jack eigentlich für Probleme?“
 

„Jack und Probleme? Oh ich glaube da müsst Ihr Euch täuschen. Für Jack gibt es keine Probleme. Ich glaube nicht einmal wenn er am Galgen hängen würde, sähe er dort ein Problem.“ Er lachte bei seiner eigenen Einschätzung des Captains auf. ‚Wenn der wüsste wie Jack am Galgen geschwitzt hat ...‘ Sie unterbrach ihren Gedanken aber gleich wieder und fuhr fort.
 

„Was soll dann immer dieses ...“ Sie fuchtelte genau wie Jack mit den Händen durch die Luft und wackelte dabei mit dem Oberkörper hin und her. „Ist er Dauerbetrunken oder hat er einfach nur zuviel Sonne abbekommen?“ Wieder lachte der Matrose auf. Ja, der gute, alte Jack. Er wird immer so eingeschätzt. „Nein Missy, er ist einfach so. Das ist seine Art. Keiner weiß warum er so drauf ist. Aber eins könnt Ihr mir glauben, Ihr dürft ihn nicht unterschätzen.“ Er tippte sich mit dem Finger grinsend an die Nase. „Er bekommt alles mit und von wegen Betrunken und so. Glaubt meinen Worten.“
 

„Er ist nicht dauerbetrunken?“
 

„Aye!“ Jenn konnte es nicht fassen. Sie hatte ja schon befürchtete, dass er mal einen kräftigen Schlag auf den Kopf bekommen hatte ... aber das es schon immer so gewesen ist, ängstigte sie ein wenig. Andererseits ... es machte ihn auf eine gewisse Art und Weise sogar ein wenig Liebenswert. Aber auch nur ein klein wenig. Wenn er nicht gerade mal der unausstehliche, manierlose, rüpelhafte Pirat war.
 

„Ach Ihr werdet Ihn noch schätzen lernen. Glaubt mir, er ist kein schlechter Mensch. Aber ein hervorragender Pirat und Captain. NICHT WAHR MÄNNER?“
 

„AYE!“ Im Einklang hob die Crew wieder gemeinsam die Hände in der Luft und stimmten ihm einstimmig zu. Jenn wunderte es irgendwie auch nicht. Wenn sie Jack so beobachtete sprach er mit seinen Männern immer freundlich und er wurde auch nie ausfallend oder behandelte sie unfair. Vielleicht hatte sie ja doch ein schlechteres Bild von ihm als sie gedacht hatte. Und nur vielleicht, sollte sie ihm eine Chance geben, dies zu beweisen. Aber heute, da war sie sich sicher, bestimmt nicht mehr. Denn die Nacht war bereits schon hereingebrochen und sie fühlte sich müde und geschlaucht. „Ich bin so müde. Ich glaube ich werde nun zu Bett gehen.“ Gähnen streckte sie eine Hand in die Luft und hielt sich die andere Hand vor den Mund. „Aye tut das Missy. An die Seeluft müsst ihr Euch erst noch gewöhnen. Die kann einen am Anfang ganz schön umhauen.“
 

„Da habt ihr Recht Gibbs. Also dann, Gute Nacht!“ Sie winkte der Besatzung noch kurz zu und und ging dann die Treppen zu ihrer Kajüte hinunter. Als sie in das rechte Abteil einbog, bemerkte sie, dass bei Jack im Raum noch Licht brannte. Leise schlich sie sich an die Türe und spickelte durch das Schlüsselloch. Mit den Beinen auf dem Tisch, und den Stuhl nach hinten gelehnt, saß Jack mit dem Kompass in der Hand und fluchte vor sich hin. „Dreckskompass ... was soll das? Tortuga liegt doch in der entgegensetzten Richtung!“ Überrascht zog Jenn eine Augenbraue nach oben. War er vielleicht doch verrückt? ‚Wieso spricht er mit seinem Kompass?‘ schoss es ihr durch den Kopf und erschrack, als Jack in Ihre Richtung schaute. ‚Hat er mich etwa gesehen?‘
 

Jack schaute zur Türe und seufzte. „Warum ... ? Ich weiß nicht was du mir sagen willst!“ Er machte den Kompass wieder zu und schüttelte ihn kräftig mit der Hand. Leider etwas zu kräftig, denn Jack verlor das Gleichgewicht und er segelte mit samt dem Stuhl nach hinten. „AHH“

Mit voller Wucht prallte er auf dem harten Boden auf. „VERDAMMT!“ Schmerzvoll rieb er sich den Hinterkopf. „Wieso sind auch diese Holzböden immer so hart.“ Murmelnd hielt er sich den schmerzenden Kopf und schaute die Dielen böse an, so, als ob diese etwas für sein Ungeschick könnten.
 

Jenn hatte genug gesehen. Nicht nur dass Jack unter Beobachtung sich komisch verhielt, nein, er verhält sich auch ungesehen merkwürdig. Hastig tappste sie in die entgegengesetzte Richtung und schloss ihre Zimmertüre mit einem lauten Klacken. Immer noch am Boden sitzend richtete Jack seinen Blick wieder Richtung Türe. Hatte eben ein Geräusch gehört? Stöhnend richtete er sich auf und schwankte blinzelnd und mit der Hand am Kopf zur Türe. Als er seinen Kopf herausstreckte sah er nur den dunklen Gang. „Jack du wirst alt.“ Vor sich hin murmelnd wandt er sich gerade, als er in Jenns Zimmer noch Licht brennen sah. ‚Oh Miss Tails ist noch wach.‘ Leise schlich er sich an die gegenüberliegende Türe und legte sein Ohr daran. Sie summte!
 

Jenn hatte bereits ihre Kleidung abgelegt und saß nun in Unterwäsche bekleidet an einer Kommode und kämmte summend ihre Haare. Die Unterwäsche war der neuste Schrei in Paris und ihr Vater hatte sie ihr im letzen Monat von seiner Handelsreise mitgebracht. Seufzend legte sie die Haarbürste auf den Tisch und stand auf. Jack hatte zwischenzeitlich seine Position von der oberen Hälfte auf die untere Hälfte der Türe verlagert und spannte nun ebenfalls durch das Schlüsselloch. Seine Augen weiteten sich bei dem Anblick der sich vor ihm bot. „Atmemberaubend!“ Erschrocken hielt er sich beide Hände vor den Mund und starrte auf das Schloss. Hoffentlich hatte sie ihn nicht gehört. Jenn hielt einen Moment inne und ihr Blick richtete sich zur Türe. Wieso fiel kein Licht durch das Schloss?
 

Aufatmend lehnte sich Jack zurück als er bemerkte dass Jenn sich zur Seite abwand und nicht auf die Türe hinzu ging. „Das war knapp.“ Er zog ausatmend die Augenbrauen nach oben und drehte sich mit ausgestreckten Händen und viel Schwung um, als hinter ihm die Türe aufgerissen wurde. „IHR!“ Langsam, ganz langsam drehte er sich auf einem Fuß wieder nach hinten und blickte in das Wut verzerrte Gesicht von Jenn. Ihm fiel auf, dass sie zwischenzeitlich ein langes Nachhemd übergeworfen hatte und ein klein wenig Enttäuschung machte sich bei ihm breit. „Oh Liebes, Ihr seid noch wach?“ Verlegend lächelte er sie an und hoffte dass sie nicht dahinter kommen würde, weshalb er sich vor ihrem Zimmer aufgehalten hatte. „WIE KÖNNT IHR ES WAGEN ZU SPANNEN. HÄÄ?“
 

... anscheinend hatte sie es doch bemerkt ...
 

„Liebes, bitte, beruhigt Euch! Ich habe noch Licht gesehen und wollte Euch nur eine gute Nacht wünschen, denn auf hoher See soll man sich gegenseitig Gute Nacht sagen, da es sonst den Seemännern Unglück bringt und das wollen wir ja nicht, Klar soweit? Ha ... haha ... ha ...“

Oben auf dem Deck waren Gibbs und der Rest des Besatzung gerade dabei die letzten Seile wegzuräumen, als sie aus dem untern Abteil laute Schrei vernahmen. Verdutzt schauten sie sich gegenseitig an.
 

„ICH BRING EUCH UM!“
 

„Miss Tails! LIEBES!“
 

„DAS WERDET IHR MIR BüßEN!“
 

„Ich habe doch nichts getan!“
 

....
 

„Was ... was wollt Ihr denn mit der Bettpfanne? NEIN! MISS TAILS!“
 

„Sieht aus als ob Jack Ärger hätte ...“ Jonny schaute zu Gibbs, der nur mit den Schultern zuckte. „Keine Ahnung Jonny was Jack jetzt schon wieder ausgefressen ....“ er konnte seinen Satz nicht einmal beenden als Jack bereits stürmisch durch die Tür gerannt kam und sich gerade noch rechtzeitig ducken konnte. Ein Keramiktopf zerschellte mit voller Wucht an einem Mast.
 

„....hat ...“ Gibbs Mund stand offen als er seinen Captain dabei beobachtete wie er hastig zurück stürmte und versuchte die Türe zu zuhalten. Doch Jenn schien von der anderen Seite immer wieder dagegen zu drücken und Jack hatte alle Hände voll zu tun, dass diese auch zu blieb. Mit dem Rücken drückte er dagegen und hielt sich mit beiden Händen seitlich am Rahmen fest. „MISS TAILS, Jenn! Bitte, Liebes so beruhigt Euch doch!“
 

„WENN ICH EUCH IN DIE FINGER KRIEGE!“
 

„Ufff ...“ Sein Blick fiel jetzt auf seine Truppe die ihn entsetzt anstarrten. „Was steht ihr da nur so dumm rum! Helft mir gefälligst! Das ist ein Befehl!“
 

„Na... natürlich Captain!“ Gibbs und ein weiterer Mann drückten nun ebenfalls mit voller Wucht gegen die Türe. „Was hast du denn getan Jack, dass sie so wütend auf dich ist? Mein Gott hat diese Frau eine Kraft!“
 

„Ich weiß nicht was du meins, Gibbs! Ich habe nichts getan!“ Mit vollem Körpereinsatz lehnten sie sich die Männer gegen die Türe bis sie nur noch ein lautes „PAH!“ vernahmen und der Druck nachlies. Erleichtert sanken sie vor der Türe zusammen. Nur Jack stand noch davor und atmete aus.
 

„Ihr ist wohl die Kraft ausgegangen! HA, GEWOOOOONNEN!“ Das siegessicheres Lächeln brachte Jack von seinen Männern einen bösen Blick ein und er machte sich schnell an sein Steuer, bevor auch diese noch mit einem Gegenstand nach ihm warfen.

Kapitel 9 - Tortuga!

Die Sonne ging gerade hinter dem Horizont auf, als die Türe zum unteren Abteil aufging und Jenn mit einem angesäuerten Gesicht heraus kam. „Guten Morgen Miss Tails! Habt Ihr gut geschlafen?“ Gibbs war auf sie zugetreten und klopfte ihr einmal kräftig auf den Rücken. „Vielen Dank Gibbs. Es ging so. Ich hatte schon bessere Nächte.“ Ein wütender Blick fiel auf Jack, der ihr von weitem zuwinkte. Bei ihrem Gesichtsausdruck ahnte er bereits, dass sie immer noch sauer auf ihn war.
 

„GUTEN MORGEN MISS TAILS!“ Er rief über das gesamte Schiff und stolperte daraufhin die Treppen zu ihr hinunter. „Habt ihr gut geschl...“ Weiter kam Jack nicht den sein Kopf machte einen Satz nach rechts und ein deutlicher, roter Abdruck einer Hand blieb auf seiner Wange zurück.
 

„AUA! Seid ihr verrückt! Das tut doch weh! Die habe ich nicht verdient!“ Er setzte einen Schmollmund auf und zog die Augenbrauen ins Gesicht.
 

„OH doch, habt Ihr!“ Mit diesen Worten lies sie ihn stehen und ging an die Reling um auf dem Meer den Sonnenaufgang bewundern zu können. Zögernd ging er ihr hinterher. „Ach Liebes, ist es nun wieder gut? Ihr habt Euch abreagiert und ich habe meine Strafe erhalten“ ‚Die ich eigentlich gar nicht verdient habe ..‘ fügte er in Gedanken noch hinzu. Keine Reaktion von Jenn.
 

„Miss Tails?“
 

Schweigend drehte Jenn ihren Kopf weg und starrte wütend in die andere Richtung. Jack seufzte. Er wartete ein paar Minuten ab als er es ein zweites Mal versuchte. „Biiiiiitte, nun redet doch wieder mit mir! Es bricht mir das Herz wenn Ihr weiterhin so schweigsam seid.“ Und das war nicht einmal so gelogen. Irgendwie störte es ihn, dass sie nun auf ihn sauer war. Das hatte er mit seiner Aktion nicht erreichen wollen und teilweise störte ihn auch der Gedanke, dass sie nun vielleicht eine ganze Weile nicht mehr mit ihm sprechen würde.
 

„Gut, das war falsch was ich gemacht hab und ja, es wird nie wieder vorkommen. Und nu sagt doch bitte was. Ja?“ Flehend hob er die Handflächen zusammen und lächelte sie dabei an. Bei seinem breiten Grinsen konnte auch Jenn nicht mehr lange sauer auf ihn sein und lächelte ebenfalls zurück. Komischerweise machte dabei etwas in Jacks Brust einen kleinen Sprung. ‚Was war das denn eben?‘ Verwirrt schaute er an sich herunter und dann wieder in die Augen von Jenn.
 

„Nun gut, ich will mal nicht so sein. Aber erwartet nicht, dass ich noch weitere solche Zwischenfälle dulden werde!
 

„Ihr habt mein Wort!“ Er deutete mit seinen Fingern ein Versprochen-Zeichen an und grinste wieder über das ganze Gesicht. „Wir legen übrigens bald an.“
 

„Wir gehen an Land?“ Überrascht blickte sie ihn an. „Aye, wir erreichen bald den Hafen von Tortuga.“ Freudig lachte sie los, lehnte sich ein Stück über die Reling und kniff die Augen zusammen. Erst hatte Jack Sorge, dass sie vielleicht nach vorne kippen und ins Wasser stürzen könnte, lies dann aber doch lieber von dem Gedanken ab, ihr um die Hüften zu greifen. „Was tut Ihr da?“ Belustigt beobachtete er sie, wie sie ihren Kopf nach links und rechts drehte und mit der anderen Hand versuchte die Sonne abzuschürzen. „Ich versuche Tortuga zu erkennen!“
 

Bei ihren Worten musste Jack lachen. „Ich glaube nicht, dass Ihr diese schon seht Liebes. Wir brauche sicherlich noch bis heute Mittag.“ Enttäuscht lies sie sich zurückfallen und seufzte auf. „Schade ...“ Jack musste grinsen. Er hatte damals die gleiche Begeisterung für Tortuga gezeigt. Diese Insel war etwas besonderes. Wenn man auf Tortuga ist, hat man eine andere Lebenseinstellung, ein anderes Verhalten und überhaupt ist auf Tortuga alles anders. „Ihr werdet noch früh genug erfahren wie es ist auf einer Pirateninsel zu sein. So! Und jetzt muss ich alles vorbereiten. Ihr entschuldigt mich Miss Tails?“ Er machte eine Verbeugung und ging lachend zu seiner Crew. Jenn blieb alleine an der Reling zurück. „Tortuga ... Ich hätte es nie für möglich gehalten jemals auf einer Pirateninsel zu landen ...“ Langsam schaute sie über die Schulter. Jack war gerade dabei mit Gibbs den Plan zu besprechen, was sie alles an Waren benötigten, denn sie vernahm regelmäßig das Wörtchen „Rum“. ‚Typisch Piraten’ ging es ihr durch den Kopf während sie ihn so beobachtete. Als Jack seinen Blick zu ihr wand, drehte sie schnell ihren Kopf wieder in Richtung Meer. ‚Ohje, nun denkt er sicherlich ich hätte ihn angestarrt ... Habe ich das vielleicht auch?’ Nein, das konnte nicht sein. Wieso sollte sie Jack anstarren? So toll sah er doch gar nicht aus! Oder vielleicht doch? Sie wagte es nochmals ihren Kopf zu drehen und musterte ihn eindringlich. In seinen dunklen Augen leuchtete etwas geheimnisvolles, was Jenn irgendwie anziehend fand. Und wenn er lächelte, schien das ganze Meer mit ihm zu Lächeln. Sein Körperbau war auch nicht gerade unansehnlich, denn diesen konnte sie ja bereits im Gefängnis bewundern. Ihr Blick richtete sich wieder aufs Meer und sie seufzte auf. Eigentlich konnte es ihr egal sein, ob er gut aussah oder nicht. Er ist und bleibt ein Pirat, und das wäre das letzte was sie sich noch auf die Backe binden wollte.
 

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„TORTUGA!“
 

Jenn rannte ans Schiffsende und streckte sich über die Reling. „JA! Ich sehe es!“ Lachend drückte sie sich noch ein Stück höher und wieder zuckte Jack für einen Moment mit den Armen. ‚Irgendwann fällt sie noch herunter ...’
 

„Ich bin ja schon so gespannt!“ Aufgeregt klatschte sie in die Hände und Jack musste wieder schmunzeln. „Freut Euch nicht zu früh. Wir werden höchstens zwei Tage dort verweilen. Ihr wisst ja, wir haben noch Wichtigeres vor.“ Bei der letzten Bemerkung kam er ein Stück näher und schaute auf ihren Beutel, in dem sich immer noch sicher und wohlbehütet das Buch befand. „Ja, aber ich bin trotzdem schon so gespannt.“ Wieder blitzte in ihren Augen die Aufregung auf und sie konnte es kaum erwarten, als Jack und fünf weitere Männer mit ihr an Land gingen. Sie rannte den Steg hinunter und blieb anschließend enttäuscht stehen. „Hier ist ja gar niemand!“ Schmollend verschränkte sie die Arme und schaute Jack abwartend an. „Ach, das hätte ich vielleicht erwähnen sollen, auf Tortuga beginnt das richtige Leben erst abends. Und zur Mittagszeit habt ihr höchstens auf dem Markt Glück jemanden anzutreffen. Und dort gehen wir nun auch hin, klar soweit?“ Er schritt an ihr vorbei und Jenn heftete sich meckernd an seine Seite. „Ach ja, und noch ein gut gemeinter Rat von mir. Bleibt lieber in meiner Nähe, dort ist es ungefährlicher.“ Empört schnappte Jenn nach Luft. „Was glaubt Ihr denn wer ihr seid? Ich kann sehr gut alleine auf mich aufpassen. Ich brauche keinen Beschützer!“ Auch Gibbs starrte seinen Captain verwundert an. Jack und Beschützer? Was war denn jetzt kaputt? „Haltet Euch einfach daran. Ich weiß, dass es Euch missfällt. Nicht? Aber es ist so das Beste.“ Somit war alles gesagt und Jack ging wortlos weiter. Jenn dagegen stand, ebenfalls wie Gibbs, sprachlos noch auf der Stelle und beide schauten dem Captain entsetzt nach.
 

Die Gruppe war nun gut einige Stunden auf der Insel unterwegs und Jenn verstand allmählich was Jack gemeint hatte. Je später es wurde, desto mehr Gaststuben wurden geöffnet und desto mehr dunkle Gestalten liefen Ihnen über den Weg. Auch die Anzahl an Betrunkenen schien sich deutlich zu steigern.
 

Sie hatten bereits alle nötigen Dinge eingekauft oder eher gesagt gestohlen, als Jenn sich erschöpft auf einem Stein nieder ließ und die 12 Flaschen Rum in ihrem Korb stirnrunzelnd betrachtete. „Mir tun langsam die Arme weh ... und wieso brauchen wir eigentlich soviel Rum, Jack?“ Alle sechs Männer blieben entsetzt stehen und starrten sie an. „Ähm ... ich frag ja nur.“ Durcheinanderredend und kopfschüttelnd wandten sich die Priaten wieder von ihr ab. „Gebt mir Eure Sachen Miss Tails.“ Jack nahm ihr den Korb aus den Händen und schloss zu den anderen auf. „Äh...Danke ...“ Verwundert stand sie auf, drückte einmal ihren Rücken durch und folgte ihrem Helfer in Richtung Schiff als plötzlich sie jemand am Handgelenkt festhielt. Erschrocken schrie sie auf, so dass Jack sich nach ihr umdrehte und die Augen zusammenkniff. „Lasst mich auf der Stelle los!“ Sie versuchte sich aus dem Griff des Unbekannten zu befreien doch dieser schien sie fest im Griff zu haben. Der Mann der sie festhielt trug eine Augenklappe und sein Gesicht wirkte älter als er sicherlich war. Der Hut, den er trug war tief ins Gesicht gezogen und zeigte das offene Auge nicht deutlich. Aus seinem Mund roch er nach Alkohol und seine Zähne waren über und über mit Gold besetzt. Jenn bekam eine Gänsehaut. „Lass sie los!“ Jack hatte sich zu ihr gestellt und hielt dem Fremden nun seine Pistole an die Schläfe. „Oho, sieh an, sieh an. Captain Jack Sparrow. Es ist lange her seit wir uns das letzte mal gesehen haben.” Er lies das Armgelenk von Jenn los und schaute Jack an, der ihn Stirn runzelnd betrachtete. „Bill!“ Empört musste Jenn mit ansehen wie Jack seine Pistole senkte und dem Mann, der sie eben noch bedroht hatte freundschaftlich auf den Rücken klopfte. ‚Tolle Freunde hat er da ...’ Wütend verschränkte Jenn die Arme und beobachtete missmutig wie sich die beiden Männer unterhielten. „Mensch Jack, dich hab ich ja echt ne‘ Ewigkeit nimmer gesehen. Ich dachte, dich hätten sie schon längst erhängt, oder so.“
 

„Ach Billiein, du weißt doch, so schnell erwischt Jack Sparrow niemand!“ Triumphierend hob er eine Hand in die Luft und grinste seinen Gegenüber an.
 

„JACK SPARROW! HAB ICH DICH ERWISCHT!“ So schnell konnte Jack gar nicht schauen, bekam er eine Ohrfeige verpasst und rieb sich nun schmerzend die Wange. Jenn stand mit offenem Mund da, und starrte eine junge Schönheit an, die aufgebracht vor Jack stand und ihn wütend anschrie.
 

„WAS HAST DU DIR DABEI GEDACHT?“
 

„Esmeralda! Liebes! Wie lange ist es her? Drei, vier Monate?“ Verlegen lächelte er die Frau an, behielt aber einen sicheren Abstand.
 

„Zwei Jahre!“ Sie stemmte beide Arme seitlich in die Hüften und funkelte Jack böse an. Jenn befürchtete, dass sie ihm gleich eine weitere Ohrfeige verpasste, wenn er sie nicht bald besänftigen würde. „So lange doch schon ... wie schnell die Zeit doch vergeht, ha ..haha ...“
 

„Wer ist denn das?“ Flüsternd lehnte sie sich zu Gibbs rüber, lies die junge Frau jedoch keinen Moment aus den Augen. „Das ist Jacks Verflossene ...“
 

„WAAAS?“ Jack hatte eine Freundin? Sie hätte mit allem gerechnet, aber damit?
 

„Naja ... Jack spricht nicht gerne darüber ...“ Gibbs runzelte die Stirn und kratze sich dabei am Kopf. „Er hat sie vor zwei Jahren ziemlich schäbig abserviert der Gute. Ist einfach abgehauen.“ Jenn schaute sich Esmeralda genauer an. Sie hatte pechschwarzes Haar und tiefgrüne Augen, die an eine Raubkatze erinnerten. Ihre Figur war tadellos und sie strahlte ein großes Selbstbewusstsein aus. Mit anderen Worten eine bildhübsche Frau und Jenn wunderte sich, wie Jack es geschafft hatte, so eine Frau für sich zu gewinnen. Gibbs beobachtet wie Jenn Esmeralda musterte und fing an zu grinsen. „Na wer weiß, nun ist ja einige Zeit vergangen, vielleicht sieht Jack das ganze ja nun etwas anders.“ Jenn bekam große Augen. Er hatte doch nicht etwa vor diese Frau mit auf die Reise zu nehmen?
 

„Na Jack, kannst du dich an Esmeralda noch erinnern? Du hast ihr ziemlich das Herz gebrochen, du alter Charmeur!“ Bill schlug ihm mit der Faust auf den Oberarm, so dass Jack ihn anschließend schmerzvoll rieb. „Du weißt doch wie das ist. Termine und so. Ich musste gehen, die Zeit drängte und da musste ich leider Prioritäten setzen, und da war deine Schwester leider nicht so weit oben.“ Unschuldig hob er beide Hände von sich und grinste seinen Gegenüber frech an. „Ja, aber ich war Priorität genug, dein Flittchen zu sein oder was?“ Wieder holte Esmeralda mit der Hand aus, doch Jack war dieses Mal schneller und hielt sie am Handgelenk fest. Er war nun nur noch ein paar Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt und in Jenn fing es an innerlich zu brodeln. Diese Frau war ihr mehr als unsympathisch! „Liebes, es tut mir Leid, wirklich. Ich werde es wieder gut machen. Versprochen!“ Er fuhr mit seinem Finger ihren Hals hinab und grinste sie herausfordernd an. Jenn bemerkte erst kurz darauf, dass sie die Hände zu Fäusten geballt hatte. Was tat sie da? Sie entspannte ihre Hand wieder und atmete einmal kräftig aus.
 

„Alles in Ordnung Missy?“ Gibbs schaute sie besorgt an. „Ja.. ja danke, alles in Ordnung. Können wir nun vielleicht weiter? Die Sachen tragen sich nicht von alleine ans Schiff!“ Die letzten Worte sprach sie so laut und deutlich aus, dass sie nun Jacks Aufmerksamkeit hatte und er in seiner Bewegung inne hielt. Esmeralda warf einen kurzen Blick auf Jenn und funkelte sie böse an. „Aber natürlich Miss Tails! Esmeralda, wenn du mich nun bitte entschuldigst?“ Er nahm ihre Hand und hauchte ihr einen Kuss darauf, während Jenn die Augen dabei verdrehte. „Nun lässt du mich ja wieder alleine Liebster! Wann sehen wir uns denn wieder?“ Sie verzog ihre Lippen zu einem Schmollmund und schaute ihn betroffen an. Jenn hätte sich am Liebsten vor ihren Füßen übergeben. „Keine Sorge Liebes, bald, versprochen!“ Er deutete wieder eine Verbeugung an, warf sich den Korb von Jenn über die Schultern und nickte Bill nochmals kurz zu, bevor er mit den anderen wieder in Richtung Schiff ging.
 

„Gibbs merk dir bitte, diesen Teil von Tortuga meiden wir zukünftig!“ Eingeschüchtert warf Jack nochmals einen Blick über die Schulter und wand sich dann wieder an seinen 1. Maat. „Aye Captain!“
 

Jenn dagegen ging den restlichen Weg schweigend hinter Jack hinterher. Was war eben mit ihr los gewesen? So kannte sie sich überhaupt nicht. War sie etwa eifersüchtig? ‚Blödsinn Jenn! Red dir nicht so einen Schwachsinn ein!’ rief sie sich selber zur Vernunft. ‚Ich konnte sie einfach nur nicht leiden, dass war alles! Soll Jack doch machen was er will’ Sie stimmte sich selber zu und ihr Blick fiel wieder auf den Captain. Besteht eventuell wirklich die Gefahr, dass Esmeralda mitsegelte und sie diese Frau noch eine gute Zeit an der Backe hatte? Schnell verwarf sie diesen Gedanken wieder und versuchte auch den Rest des Wegen nicht mehr daran zu denken.
 

„Miss Tails?“ Jack hatte sich neben Jenn gestellt und lehnte sich nun ebenfalls wie sie an der Reling an. Seit sie wieder das Schiff betreten hatten, war Jenn ziemlich schweigsam gewesen und hatte nicht gerade viele Worte mit Jack gesprochen. Dieses Verhalten machte ihn stutzig.

„Ja Jack?“ Gelassen drehte sie sich zu ihm um und grinste ihn an. „Ist etwas mit Euch? Ihr starrt schon einige Zeit stur aufs Meer. Fühlt Ihr Euch etwa nicht wohl?“ Misstrauisch zog sie eine Augenbraue nach oben. „Was interessiert Euch das Jack? Und nein, es ist nichts. Mir geht es gut!“ Sie drehte sich wieder von ihm weg und Jack überlegte was er ihr getan haben könnte. „Ich kenne Euch so langsam Jenn. Irgendetwas habt Ihr.“ Bei der Nennung ihres Vornamens zuckte sie für einen Moment innerlich zusammen. Er hatte sie bisher immer nur mit „Miss Tails“ angesprochen und es war irgendwie ein seltsamen Gefühl von ihm so genannt zu werden. Sie hatte bisher noch nie jemandem gestattet sie mit dem Vornamen anzusprechen. Außer Commodore Wels, und auch nur, weil er ihr Verlobter war.
 

„Ihr GLAUBT höchstens mich zu kennen. Habt Ihr nicht irgendetwas anderes zu tun als mich zu nerven Jack? Wartet nicht vielleicht irgendwo eine Esmeralda auf Euch?“ Bei der Nennung ihres Namens zuckte nun Jack zusammen. „Ich glaube Esmeralda ist gut versorgt. Macht Euch mal um sie keine Sorgen. Aber wieso interessiert Euch das überhaupt?“ Neugierig schaute er sie an und Jenns Wangen bekamen eine leichte, rötliche Farbe. „Das ... das interessiert mich doch überhaupt nicht! Pah, Eure Frauengeschichten gehen mich rein gar nichts an.“ Empört drehte sie sich wieder weg und Jack bekam große Augen. „Ihr seid doch nicht etwa eifersüchtig?“ Neckisch sprang er auf die andere Seite um ihr wieder ins Gesicht schauen zu können. „ICH? Eifersüchtig? HA, das hättet ihr wohl gern!“
 

„Doooch, Ihr seid Eifersüchtig Liebes!“ Er grinste über beide Backen und strahlte sie an, was ihm nur einen bösen Blick von ihr einbrachte.
 

„Nennt mich nicht Liebes! Und was erlaubt Ihr Euch überhaupt! So unwiderstehlich seid Ihr nämlich nicht, wie ihr immer zu glauben scheint!“ Sie tippte ihm mit dem Finger auf die Brust und funkelte ihn böse an. „Und trotzdem sucht ihr meine Nähe, Jenn?“ Sein Blick fiel auf ihren Finger, welchen sie daraufhin hastig wegzog. „Glaubt doch was Ihr wollt Jack. Aber Ihr habt Euch zu mir gesellt, nicht ich mich zu Euch! Das sollte Euch zu denken geben.“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und lies ihn wortlos stehen. „Weiber ... deswegen sollte man sich einfach keine mit auf ein Schiff nehmen.“ Er seufzte kurz auf und öffnete von einer Rumflasche den Stöpsel, welche die ganze Zeit neben ihr gestanden hatte.

Kapitel 10 - Von Eifersucht, Glücksspielen und Rache

„UHHH, dieser ....“ Wütend ging Jenn den Hafen entlang und schlug den Weg in die Stadt ein. Die Sonne war nun gänzlich gewichen und die Lampen am Straßenrand wurden nach und nach entzündet. Lautes Gebrüll und unmusikalischer Gesang drang von jeder Seite zu ihr her und Jenn war sich auf einmal nicht mehr so sicher, ob das so eine Gute Idee gewesen war, das Schiff ohne männliche Begleitung zu verlassen. Jacks Worte drangen ihr wieder ins Gedächnis. ‚„Ach ja, und noch ein gut gemeinter Rat von mir. Bleibt lieber in meiner Nähe, dort ist es ungefährlicher.“‘ Vielleicht hätte sie auf ihn hören sollen? Ach Blödsinn. Jack übetreibt einfach mal wieder maßlos. ‚Sicherlich wollte er sich nur wieder als Beschützer und Held aufspielen.‘ Ja, so musste es sein. Sie schlenderte gemütlich durch die Gassen und bestaunte das reiche Angebot welches die Insel einem so bot. An jeder Ecke standen umgedrehte Kisten, die als Spieltisch dienten und auf denen Würfelspiele angeboten wurde. Natürlich gewann man so gut wie nie etwas und Jenn konnte regelmäßig beobachten, wie heftig darüber gestritten wurde, bis es in einer Schlägerei endete. An jeder dritten Lampe hingen kraftlos irgendwelche Besoffene, die ihr singliches Können zum Besten gaben und Männer die unsinnigerweise Schüsse in die Luft abfeuerten, bei denen man laut „TORTUGA“ brüllte. Als sie um eine Ecke bog stachen ihr pechschwarze Haare ins Auge. Das Gesicht brauchte man sich erst gar nicht genauer anschauen, denn Jenn wusste sofort zu welcher Person diese Haare gehörten. ‚Esmeralda. Die hat mir gerade noch gefehlt ..‘ Sie stand mit diesem Bill zusammen an einem klapprigen Holztisch, der neben einem Lagerfeuer aufgebaut war. Auf dem Tisch stand eine große Flasche und einige kleine Gläschen, die wahrscheinlich mit Rum gefüllt waren. Bill saß einem anderen Mann gegenüber, der sein letztes Glas umgedreht auf den Tisch knallte und laut „GEWONNEN“ schrie. Jenn runzelte mit der Stirn. Es schien ein Trinkspiel zu sein. Bill dagegen grinste seinen Gegenüber an und schank sich ein kleines Glas voll, welches er mit einem Zug leerte. Der andere Mann bekam große Augen und versuchte aufzustehen. „Dasss kaaann nich sein .. Kein’r kann schoviel trink’n.“ Die letzten Worte lallte er nur noch so heraus und brach auch anschließend unter dem Tisch zusammen. „Flasche!“ Bill schaute den Mann abwertend an.
 

Jenn erschrack bei dem lauten Knall den er verursachte und Esmeralda drehte sich zu ihr um. „Schau einer an. Guck mal Bill, ist das nicht die Kleine, die heute mittag bei Jack und den anderen dabei war?“ Sie zeigte auf Jenn und Bill warf einen Blick zur Seite. „Du hast Recht. Das is die Kleine. Was macht die denn hier?“
 

‚Ohje, die haben mich erkannt. Was mach ich jetzt?‘ Weglaufen konnte sie schlecht, wie sah das denn aus? Also holte sie einmal tief Luft und atmete ein letztes Mal kräftig aus, bevor sie auf die beiden zuschritt. „Hallo!“
 

„Hallo ...“ Ein knappes Nicken von Bill und ein böses Funkeln von Esmeralda gab Jenn sofort das Gefühl unerwünscht zu sein.
 

„Was macht ihr denn da?“ ‚Blöde Frage Jenn, SAUBLÖDE Frage ..‘
 

„Nach was sieht das denn aus Kleine? Geh lieber wieder nach Hause, das is nicht der richtige Ort für kleine Kinder.“ Bill drehte seinen Kopf wieder seinem Gegner zu und beobachtete amüsant wie dieser versuchte aufzustehen. Jenn machte jedoch keine Anstalten sich wegzubewegen, was Esmeralda ziemlich zu stören schien. „Hast du nicht gehört Flittchen? Du sollst abhau’n.“ Angriffslustig trat sie einen Schritt auf Jenn zu. „Flittchen? Aber sonst geht’s dir gut oder?“ Sie hatte schnell gelernt wie man hier auf Tortuga sprach und es war das Beste, sich den Gegebenheiten anzupassen.
 

„Mir ja, aber dir anscheinend nicht. Denn wie verrückt muss man sein, alleine hier durch die Gassen zu streifen? Dein Leben ist dir anscheinend nicht gerade viel wert, was?“ Sie lachte auf und drehte sich von ihr weg.
 

Allmählich wurde Jenn wütend. Was glaubte diese Kuh eigentlich?
 

„Wo hast du denn deinen Jack gelassen? Hat er dich etwa wieder versetzt? Ach ja, stimmt ja, er ist ja mit mir mitgegangen und hat dich wieder alleine stehen lassen.“ Nun funkelte sie die Frau mit den schwarzen Haaren ebenfalls herausfordern an und Esmeralda bekam eine kräftige, rote Farbe um die Wangen. „WAS SAGST DU DA? Na warte du Flittchen!“ Esmeralda schob sich ein Stück nach vorne und holte mit der rechten Hand aus. Gerade als sie diese loslassen wollte, ging Bill dazwischen.
 

„Esmeralda!“
 

Abrupt lies sie die Hand sinken und schaute ihren Bruder betroffen an. „Verhalte dich nicht wie das letzte Gesocks. Das Mädchen hat eben Recht, du hättest besser auf Jack aufpassen sollen. Also stell dich jetzt nicht so an.“ Jenn glaubte sich verhört zu haben. Gab dieser Mann ihr eben Recht und nahm sie etwa in Schutz? Auch Esmeralda klappte das Kinn nach unten und starrte ihren Bruder entsetzt an. „Ich brauche mir doch nicht von so einem Miststück sowas an den Kopf werfen lassen! Was glaubt die eigentlich wer sie ist!“ Fauchend wand sie sich an Jenn. „Nur weil du mit Jack gekommen bist, heißt es nicht dass du auch unter seinem Schutz stehst und ich dir nicht die Augen auskratzen kann, MISSY!“
 

Schluckend trat Jenn einen Schritt zurück. Vielleicht war das doch keine so gute Idee gewesen alleine hier her zu kommen? Allmählich befürchtete sie, dass es nicht schlimmer hätte kommen können, als Esmeralda zu treffen.
 

„Niemand kratzt hier irgendwem die Augen aus. Ist das klar?“ Wutschnaubend trat Esmeralda wieder einen Schritt zurück.
 

„Und jetzt zu dir Kleine. Was glaubst du eigentlich was du hier machst? Du legst dich da gewaltig mit den falschen Leuten an. Ich gebe dir einen guten Rat. Geh lieber wieder zurück aufs Schiff wo man dich im Auge hat. Hier spielt eine andere Liga.“

Missmutig verzog Jenn das Gesicht. „Was für eine Liga soll das sein? Von Falschspielern und Besoffenen? Also DAS nennt ihr eine höhere Liga? Hier den starken Macker zu markieren?“
 

Ups, hatte sie vielleicht doch ihren Mund zu weit aufgerissen? Denn nun baute sich auch Bill großkotzig vor ihr auf und schnaubte sie an.
 

„Lass mal Bill! Ich habe da eine tolle Idee.“ Ein gemeines Grinsen legte sich über Esmeraldas Gesicht und auf Jenns Stirn sammelten sich Schweißperlen. Wenn sie so schaute, hieß das für Jenn nichts Gutes.
 

°-°-°-°-°-°-°-°-°-°-
 

Währenddessen streifte Jack gemütlich über das Deck. Pfeifend lehnte er sich an einen Mast und schaute Gibbs dabei zu, wie er mit Jimmy um die Wette würfelte. Der Einsatz war eine Woche kein Rum trinken. Dummer Einsatz, wie Jack fand. Warum sollte man freiwillig auf Rum verzichten? Amüsiert beobachtete er, wie Gibbs dabei war zu verlieren. „Du hast geschummelt Jimmy! Du bist ein Betrüger!“ Gibbs fuhr nach oben und zeigte wütend mit seinem Finger auf seine Würfel.
 

„Hab ich überhaupt nicht!“ Empört fuhr Jimmy ebenfalls nach oben und baute sich vor Gibbs auf.
 

„Natürlich! Ich hab genau gesehen wie du die Würfel mit deinen Fingern gedreht hast! CAPTAAAIN!“
 

Jack verdrehte die Augen. Und das sollen Piraten sein? Nicht mal ehrlich betrügen konnten die ...
 

„Kein Betrüger, Gibbs. Pirat!“ Lachend drückte Jack Gibbs mit seiner Hand wieder auf seinen Platz und lies sich neben ihm auf ein Fass fallen. „Wie es mir scheint, gibt es für dich eine gute Zeit lang keinen Rum mehr, mein Freund.“ Grinsend öffnete er die Flasche in seiner Hand und trank demonstrativ einen Schluck daraus. Mit offenen Mund beobachtet Gibbs wie Jack mehrer Züge aus der Flasche trank und verzog enttäuscht das Gesicht, was mit einem Lachen von Jimmy quittiert wurde. Jack setzte die Flasche wieder ab und stellte sie anschließend in die Mitte. „So meine Lieben und nun bedient Euch. Aber nur wer darf!“ Er zwinkerte Gibbs kurz zu und stand ein wenig schwankend von seinem Fass auf. Jimmy ergriff blitzartig die Buddel und trank ebenfalls einen kräftigen Schluck daraus. „NEEEEIN! Ach Mann ...“ Traurig musste Gibbs mitansehen, wie Jimmy langsam die ganze Flasche leer zog.
 

„Tja mein Guter, um Rum spielt man halt einfach nicht! Wie oft habe ich dir das schon gesagt.“ Aufmunternd klopfte Jack auf Gibbs Schulter und wollte sich gerade wegdrehen, als ihm auffiel, dass es bisher ziemlich ruhig auf dem Schiff war. Irgend etwas fehlte ... Verwundert wand er sich wieder seinen jammernden 1. Maat. „Sag mal Gibbs, hast du, seit wir an Bord gegangen sind, mal wieder unsere aufgebrachte, weibliche Begleitung gesehen?“ Suchend schaute er sich auf dem Schiff um. Leicht abwesend und den Blick immer noch auf Jimmy gerichtet, gab Gibbs ihm eine zögernde Antwort. „Nein Captain, tut mir Leid! Aber ich glaube sie ist heute Abend irgendwann Wut entbrannt vom Schiff gegangen. Aber sicher bin ich mir nicht. JIMMY! Sauf doch nicht allles weg! Gib mir doch eine Revanche!“ Seufzend wand er sich von Gibbs ab. Sollte sie etwa alleine in die Stadt sein? Das konnte er sich eigentlich kaum vorstellen, so wahnsinnig würde sie nicht sein. Schon gar nicht, nachdem er ihr gesagt hatte sie solle in seiner Nähe.... Oh oh ...
 

„Natürlich ist sie nach Tortuga rein gegangen!“ Er klatschte sich mit der Hand an den Kopf und starrte auf’s Land. „Diese Frau macht mich noch wahnsinnig. Warum muss sie immer das Gegenteil davon tun, was ich ihr sage!? FRAUEN!“ Genervt ging er wieder zu Gibbs zurück der gerade dabei war mit Jimmy um die Flasche zu rangeln. Gelassen griff Jack von oben nach dem Flaschenhals und zog sie den beiden, streitenden Männern aus den Händen. „Wir haben ein kleines Problem. Miss „Ich-mach-was-ich-will“ ist nach Tortuga rein gegangen.“ Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und ging über die Leitplanke ans Ufer. Verwundert schauten sich beide Männer, immer noch in der gleichen Postion harrend, an. „CAPTAIN! Warte auf uns!“ Ruckartig waren die Zwei ihrem Captain hinterher gerannt und wagten sich nun zu Dritt ins laute Getümmel.
 

°-°-°-°-°-°-°-°-
 

Mulmig betrachtete Jenn das Glas, welches vor ihr auf dem Tisch stand. Sie saß Esmeralda gegenüber, die sie fies angrinste und darauf wartete, dass Jenn den ersten Zug machte. ‚Warum hast du dich nur darauf eingelassen! Jack wäre jetzt sicher ziemlich sauer ...‘ schoss es ihr bei dem Anblick des Rums durch den Kopf. Ja warum hatte sie sich darauf eingelassen? Esmeralda hatte den Vorschlag gebracht, mit ihr um die Wette zu trinken. Erst hatte Jenn dankend abgelehnt, und gesagt dass sie sich auf solche Spielchen nicht einlassen würde. Doch als Esmeralda behauptet hat, das Jack wohl Betrunken gewesen sein musste, als er sie mit an Bord nahm, war bei Jenn irgendwie eine Sicherung durchgebrannt. Entschlossen hatte sie diesem Spiel zugestimmt und saß nun Esmeralda gegenüber, die darauf wartete, dass sie endlich ihr Glas leerte. ‚Verdammt, diesem Miststück zeig ich es!“ Mürrisch hob sie das Glas, und leerte es in einem Zug. Es folgte ein starker Hustanfall und Esmerlada begann zu lachen. „Ha ich wusste doch, dass du nichts verträgst!“ Sie hob ebenfalls das Glas und trank es auch mit einem Zug leer. Nur, dass sie nicht Husten musste sondern akkorad und sauber auf ihrem Stuhl saß. Das konnte Jenn nicht auf sich sitzen lassen. Wütend goss sie sich ein zweites Glas ein und leerte dieses ebenfalls auf einen Zug. Mit einem lauten Knall schlug sie das umgedrehte Glas auf den Tisch. Dieses Mal, ohne Hustanfall. Jenn spürte wie allmählich der Alkohol ins Blut überging und eine Hitzewelle ihren Körper ergriff. Sie ärgerte sich über sich selbst. Wieso hatte sie sich auf so einen Schwachsinn eingelassen? Sie hatte es doch gar nicht nötig sich mit einer arroganten Frau zu messen, die sie überhaupt nicht kannte! „Gar nicht mal so schlecht, Kleine. Noch sitzt du gerade auf dem Stuhl. Mal schaun, wie lange das noch gut geht.“ Wieder trank sie den Rum in einem Zug leer und stellte das Glas umgedreht auf den Tisch. Jenn war sich nicht mehr so sicher ob Esmeralda ein, oder zwei Gläser auf den Tisch gestellt hatte, denn ihr kam es so vor als ob diese sich bewegen würden. Etwas wackelig schank sie sich das nächste Glas ein. Sie atmete nochmals kräftig durch und leerte auch dieses sehr zügig. Dieses Spiel ging noch fünf weitere Gläser so, bis Esmerlada auch nicht mehr so gut zu sprechen war und diese auch beim einschenken schon kräftig hin und her schwankte. „Na ... na warte du ...Stück ...“ Sie hob ihr Glas in die Luft und betrachtete dieses ziemlich unsicher. Jenn versuchte sich ebenfalls auf das Glas zu konzentrieren und beobachtet wie Esmeralda es langsam und wackelig zum Mund führte. Die ganze Zeit stand schweigend Bill daneben, der nun eine Augenbraue nach oben zog und seine Schwester misstrauisch beobachtete. Eigentlich vertrug sie ziemlich viel und es hatte bisher noch keine weibliche Person geschafft, sie unter den Tisch zu trinken. Doch wie es aussah, war sie kurz davor zu verlieren. Angewidert betrachtete Esmeralda das Glas in ihrer Hand. „Wech damit ...“
 

Jack, Gibbs und Jonny hatten sich währenddessen aufgeteilt. Gibbs war mit Jimmy am Anfang der Stadt geblieben und Jack war bis zur Stadtmitte vorgedrungen. Er war schon beinahe wieder aus der Stadt draußen, als ihm ein brauner Haarschopf in die Augen stach. „Das darf doch nicht wahr sein!“
 

Esmeralda hatte gerade das letzte Glas auf den Tisch gestellt, als sie hastig nach oben fuhr. „GEWONN’N!“ Das waren auch ihre letzten Worte, denn mit einem Satz schlug es sie unter den Tisch und blieb dort bewusstlos liegen. Jenn kniff beim Aufstehen die Augen zusammen und lächelte Bill an, der sie völlig perplex anstarrte. „Meinen Glückwunsch, du hast sie unter den Tisch gesoffen! Und das schafft nicht jeder!“ Lobend klatschte er in die Hände und ein breites Grinsen machte sich auf Jenns Gesicht breit. „Hihihihi“ Vor sich hinglucksend fiel ihr Blick nach rechts und rieb sich ungläubig die Augen. Sah sie richtig oder stand da wirklich Jack an einer Lampe gelehnt und starrte sie entsetzt an? „JAAAAACK!“
 

Jack zog die Augenbrauen nach oben, während er beobachtete wie Jenn versuchte, in einer geraden Linie, auf ihn zuzugehen. Doch ihre Schritte waren alles andere als geradlinig. „Jackiiiii, hihihi“ Sie streckte ihre Arme aus und torkelte auf ihn zu. „Wasss machs’n du da hieer?“ Sie kam ins Stolpern und Jack machte einen Schritt nach vorne um sie vor einem schlimmeren Sturz zu bewahren und fing sie auf. „JENN! Ihr seid ja total betrunken!“
 

„Isch? Neeeeeeeeeein!“ Sie kicherte vor sich hin und lies ihr volles Gewicht in Jacks Arme fallen. Er hatte Mühe sie eigenermaßen zu halten, denn sie torkelte immer schlimmer hin und her.
 

„BILL! Was soll das? Was ist hier passiert? Und wieso verdammt nochmal liegt Esmeralda unter dem Tisch???“ Bill, der die ganze Situation bis jetzt amüsant beobachtete hatte, wurde nun ein wenig nervös, als er sah dass Jack angesäuert war. „Tja ... weißt du ... die Kleine hat einfach den Mund zu voll genommen. Und du kennst ja Esmeralda. Wenn die einen nicht Leiden kann, dann ...“
 

„Ihr habt um die Wette getrunken? Mein Gott Bill, dieses Mädchen ist doch nichts gewohnt! Das Zeug kann sie ja umbringen in den Mengen!“
 

Betroffen starrte Bill nun auf den Boden. Das hatte er überhaupt nicht bedacht. Es kam wirklich des öfteren vor, dass manche Leute nach einem Trinkspiel umkippten und nicht mehr aufwachten. „Aber die Kleine war richtig gut! Das hättest du sehen sollen Jack!“
 

„Danke, ich habe genug gesehen. Kommt mit Jenn. Ich bringe Euch zurück auf das Schiff.“ Er legte seinen Arm um sie und stolperte mit ihr den Kiesweg entlang. „Oh Schack! Daass hättescht du seh’n soll’n! Ich haaab die Kuh unter’n Tisch geschoff‘n!“ Sie streckte ihre Faust in die Luft und deutete ein Siegeszeichen an bevor sie wieder nach vorne stürzte und kichernd sich an Jacks Oberarm festhielt. Dieser verdrehte nur die Augen.
 

Bill stand betroffen neben dem Tisch und starrte den beiden noch hinterher. So besorgt hatte er seinen Freund schon lange nicht mehr gesehen. Konnte es sein, dass er für das Mädchen mehr emfpand? ‚Neeeeee.‘ Bill schüttelte den Gedanken schnell wieder aus seinem Kopf. „Jack doch nicht ... So jemand wie er liebt nur das weite Meer und seine Black Pearl ..“ Sein Blick fiel auf Esmeralda die immer noch bewusstlos auf den Boden lag. Bei ihrem Anblick schüttelte er mit dem Kopf und griff nach ihren Armen. „Komm Schwesterlein. Wie es aussieht hast du ganz klar verloren.“

Kapitel 11 - Gefühlschaos eines ehrenhaften Piraten

„Nun haltet doch endlich mal still! So kann ich Euch nicht den ganzen Weg zur Pearl tragen!“ Sie waren nun fast schon eine Stunde unterwegs und hatten gerade mal einen Teil des Strandes erreicht, der noch ein gutes Stück vom Schiff entfernt war. Jack fand es für das Beste einen Weg außerhalb der Stadt einzuschlagen und wählte daher Pfad über den Strand. Er hatte nämlich keine Lust, auch noch eine total besoffene Frau gegen eine Horde barbarischer, besoffenen Männern verteidigen zu müssen. Nun mühte er sich schon seit einer Stunde mit ihr ab und es schien als ob Jenn keinen klaren Kopf bekommen wollte. Er hatte schon mit dem Gedanken gespielt, sie einfach ins kalte Meer zu werfen, in Hoffung dass sie dadurch wieder schneller zur Vernunft kam, verwarf den Gedanken aber schnell wieder. Nacher würde sie sich noch erkälten und dafür wollte er lieber nicht verantworltich sein. Ihre Kopfschmerzen dagegen, hatte sie morgen sich selber zuzuschreiben. Doch momentan dachte Jenn nicht an den nächsten Morgen. Ihr ging es hervorragend. Ihr ging es sogar so gut, dass sie mitten in der Nacht anfing Piratenlieder vor sich hin zu singen. Und das nicht gerade leise.
 

„TRINKT AUSCH PIRAT‘N, JOHHHOOO.“ Bei ihren Worten fuchtelte sie mit den Armen durch die Luft und traf dabei mehrmals Jacks Gesicht. „AUA! JENN! Passt doch auf, Ihr schlagt mich noch grün und blau.“ Was würde da seine Crew von ihm halten? Ein Catpatin wo von einer Frau verprügelt wurde ist nicht gerade berauschend.
 

Was tat er hier eigentlich? Er hätte genauso gut in einem unachsamen Moment von ihr, sich das Buch schnappen und einfach mit der Crew weitersegeln können. Er seufzte auf und ... Moment mal ... wo waren eigentlich Gibbs und Jimmy? „Nie sind die da wenn man sie braucht!“ Er verstärkte den Druck auf ihren Oberarm, was sie mit einem Murren konterte, und zerrte sie wütend mit sich.
 

„Bissu sauer Jack?“ Mit großen Augen schaute sie den Captain an und blieb aprupt stehen. „JA! Ich bin sauer! Was glaubt Ihr eigentlich was ihr da getan habt? Meint Ihr, ich habe nichts besseres zu tun, als danach zu schauen, dass Ihr nicht in Schwierigkeiten geratet?“ Ja er war wütend. Was hatte sie sich nur dabei gedacht gegen Esmeralda beim Wetttrinken anzutreten? Was ging nur in ihrem kleinen, hübschen Kopf immer wieder vor? Sie hatte ja keine Vorstellung davon, dass hier noch viel schlimmere Dinge lauerten, als eine im Stolz verletzte Esmeralda. „Bitte nich sau’r sein Schack!“ Sie lies sich in den Sand fallen und schaute ihn nun mit großen, traurigen Augen an. „Das hab‘ ich für disch getan“ Jack glaubte sich verhört zu haben. „Für mich?? Aber sonst geht’s Euch gut oder?“ Er stemmte die Hände in die Hüfte und schaute sie wütend an. Als er aber sie so betrachtete, wie sie so vor sich hinschaukelnd, auf dem Boden saß und ihn mit ihren braunen Augen anschaute, bekam er Mitleid mit ihr. „Ach Liebes, warum macht Ihr auch so einen Unsinn!“ Er lies sich neben sie in den Sand fallen und starrte nun auf das dunkle Meer. Das einzigste Licht was noch den Strand erhellte war das kühle, weiße Mondlicht. Jenn lies sich mit ausgebreiteten Armen in den Sand fallen und schloss die Augen. Das Licht ließ ihre Haut wie Elfenbein erscheinen und gab ihr einen zarten Ausdruck. Jack schaute sie für einen Moment intensiv an. Er konnte seinem Blick einfach nicht von ihrem Gesicht wenden. ‚So unschuldig und hilflos‘ kam es ihm in den Sinn. Er bäugte sich langsam ein Stück vor. „Jenn?“ Schlief sie etwa? Um es zu überprüfen bäugte er sich noch ein Stück nach vorne und hob seinen Kopf über ihre Brust. „Sie atmet zumindest noch ...“
 

„Schackiiii! Was machs’n du da?“ Erschrocken fuhr er nach oben und schaute in das interessierte, grinsende Gesicht von Jenn. Sie hatte sich ebenfalls aufgerichtete und stützte sich nun mit den Händen im Sand ab.
 

„Ich? Nichts! Ich wollte nur sehen ob Ihr noch lebt. „Naaaaaa klaaaa!“ Sie kicherte in ihre Hände und grinste Jack daraufhin an. „Glaubt ihr mir etwa nicht?“ Empört über ihre Worte verschränkte Jack angesäuert die Arme. „Nein, nein, nein. Dass glaaaub ich dir nich‘ Du bisst nen‘ Pilat ... Piat .... ähm ..“ Sie machte ein angestrengtes Gesicht, so als ob sie überlegte, wie das treffenden Wort für ihn wohl lautete.
 

Jack zog eine Augenbraue nach oben. „Pirat ...“ Er konnte nur hoffen, dass die Sprachschwierigkeiten nicht mehr allzulang anhalten würden und sie vielleicht endlich zur Vernunft kam.
 

„JENAU!“ Sie wackelte mit dem Oberkörper umher und zeigte bestätigend auf Jack. „Du bischt so ein Dingens und deswegen glaub ich dir nich‘!“ Sie kippte nach vorne und fiel beinahe auf Jacks Schoss, der sie aber rechtzeitig noch auffing. „Uuuups hihihi.“ Sie schloss ihre Augen und lehnte sich an Jacks Brust an. Sein Herz begann schneller zu schlagen. Wann lag zuletzt eine Frau in seinen Armen? Er dachte an Esmeralda und wie diese niemals solches Herzklopfen bei ihm verursachen konnte wie das Mädchen jetzt in seinen Armen. Er versuchte sie wieder aufzurichten, kam aber von dem Gedanken gleich wieder ab, als Jenn ihre Arme um seinen Hals legte und ihm in die Augen schaute. Er ging mit dem Kopf ein Stück zurück und schaute sie verwundert an. „Weissu was Jack? Du hast tolle Aug‘n!“ Sie strich ihm mit dem Finger über die Schläfe und anschließend den Hals entlang. Jack überkam eine Gänsehaut. Grinsend beobachtete Jenn wie Jack die Augen schloss. Seine Haut war weich und überhaupt nicht rau oder hart wie sie es immer angenommen hatte. Sie begann behutsam an seinem Bart zu spielen als Jack ihr Handgelenk sanft und doch bestimmend umfasste. „Jenn ... Ihr .. Ihr solltet das lassen.“ Er musste sich zusammen reißen, dass er nicht die Beherrschung unter ihren Berührungen verlor. Sie waren so unschuldig und doch fühlte sich jede Berührung wie Feuer auf seiner Haut an. Er spürte die Erregung die sich langsam bei ihm abzeichnete. „Wieso? Soll ich aufhören?“ Immer noch ihren Blick auf ihn gerichtet näherte Jenn sich langsam seinem Gesicht.
 

Plötzlich überkamen Jack Zweifel. Wollte sie das wirklich und sollte er darauf eingehen? Was sprach eigentlich dagegen? Seine Gedanken rasten. „Jenn, tut jetzt nichts falsches, was Ihr vielleicht später bereuen könntet!“ Sie lächelte ihn an und Jacks Herz begann noch schneller zu schlagen. Er befürchtete bereits, sie könnte es laut und deutlich hören und lies vor Schreck ihr Armgelenk wieder los. Sie zuckte einen kurzen Moment zurück, wodurch ihr eine Haarsträhne ins Gesicht fiel. Eine innerliche Sehnsucht überkam Jack bei ihrem Anblick und er verwarf all seine noch zögernden Gedanken. Er beobachtete wie Jenn ihre Augen schloss und sich langsam seinen Lippen näherte. Jack schloss ebenfalls die Augen und kam ihr ein Stück entgegen. Ihre Lippen waren nur noch eine klein wenig von einander entfernt, als er vor der Berührung inne hielt. „Nein Jenn, so möchte ich das nicht. Ihr seid nicht Herr Eurer Sinne. Nicht jetzt und nicht hier! Und vorallem, nicht SO!“
 

Bravo! Er gratulierte sich in Gedanken selber für sein ehrenhaftes Verhalten, als er einen Seufzer vernahm und ein schweres Gewicht auf seiner Brust spürte. Immer noch in der Position verharrend öffnete er die Augen und schielte nach unten.
 

Jack war sich nicht sicher ob er weinen oder lachen sollte. Jenn lag an seiner Brust gelehnt und schien zu schlafen! Er seufzte auf. „Vielleicht ist das auch bsser so.“. Nun hatte er so heldenhaft gehandelt und sie hatte es nicht einmal mitbekommen! Er blieb noch eine Weile in dieser Position sitzen bis sich sein Rücken bei ihm bemerkbar machte. Vorsichtig hob er sie nach oben und legte sie behutsam in den Sand. Amüsiert beobachtete er, dass sie es nicht so gemütlich fand, wie zuvor in seinen Armen, denn aus ihrem Mund kam ein unverständliches Gemurmel, was er als Beschwerde deutete. Bei ihrem Anblick musste er lächeln. Er strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht und legte sich, mit angemessenem Abstand, neben sie in den Sand. Schmunzelnd beobachtete er Jenn beim Schlafen. Ihr Brustkorb hebte und senkte sich regelmäßig und sie schien nun völlig in die Welt der Träume hinüber gesegelt zu sein. „Gute Nacht Jenn, ich hoffe Ihr habt morgen keinen all zu schweren Kater.“ Nun tat er etwas, was er schon lange nicht mehr gemacht hatte. Er beugte sich nach vorne und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. Bei der Berrühung seiner Lippen auf ihrer Haut, entwich Jenns Mund ein leises „Jack ..“
 

Bei der Nennung seines Namens musste er grinsen. Ja, es war besser so, dass nichts passiert ist. ‚Es hätte nicht nur dich, sondern auch mich überfordert, Liebes.‘
 

Wie hätte er sich am anderen Morgen ihr gegenüber verhalten? ‚Bilde dir nichts ein Jack. Sie hatte was getrunken! Wahrscheinlich wäre ihr die ganze Situation dermaßen peinlich, dass du es wieder ausbaden könntest!‘ Aber tat man in seinem Rausch nicht oft Dinge, die man sich sonst nicht trauen würde? Andererseits ... sie war verlobt und wollte nach ihrer Rückkehr heiraten. Er drehte sich auf die andere Seite und starrte den Strand enlang. Dieses Mädchen war ihm ans Herz gewachsen, ohne Zweifel. Konnte er sich deshalb nicht das nehmen was sie ihm mehr oder wenig vor die Nase gehalten hatte? Eine Aussicht auf eine Liebesnacht? Er seufzte auf und runzelte die Stirn. Wieso machte er sich eigentlich soviele Gedanken um Jenn? Sie würden den Schatz suchen, gerecht aufteilen und er würde wieder mit seiner geliebten Pearl weitersegeln und Jenn ihren hirnlosen Commdore heiraten und jeder würde wieder das Leben führen, wie er es zuvor auch getan hatte. Aber warum schien ihm dieser Gedanke so zu missfallen? Er hatte nicht mehr viel Zeit sich darüber Gedanken zu machen, denn auch sehr segelte kurz darauf ins Land der Träume.
 

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„Jack? Captain?“
 

„Der scheint tief und fest zu schlafen ...“
 

„Na schau dir die Beiden doch mal an, so wie die aussehen müsst ich wahrscheinlich auch schlaf nachholen.“
 

„Da haste Recht Gibbs ...“
 

Gibbs und Jimmy hielten ihre Köpfe über das schlafende Pärchen gerichtet und schauten sich fragend an.
 

Sie waren die halbe Nacht durch den Ort gestreift, bis sie die Suche aufgegeben hatten. Sie hatten nicht nur das Mädchen nicht gefunden, sondern ihr Captain schien auch wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Wie der Zufall es so wollte, hatten sie sich darauf geeinigt den Weg über den Strand einzuschlagen, als es bereits schon dämmerte. Gibbs hatte die beiden zuerst entdeckt und war voller Begeisterung auf sie zugestürmt. Nicht dass er sich Sorgen um seinen Captain gemacht hatte, nein, der konnte gut auf sich alleine aufpassen. Nun ja, meistens jedenfalls. Er hatte sich vielmehr Sorgen um Jenn gemacht, da sie ja das erste mal auf Tortuga war. Als Jimmy und Gibbs jedoch bei den beiden ankamen, war er doch auf den ersten Blick ziemlich verdutzt. „Was glaubst du Gibbs? Was haben die hier gemacht?“ Neugierig musterte Jimmy die beiden Schlafenden, ob irgendwelche Spuren darauf hindeuteten, dass vielleicht mehr passiert sein könnte. Der Verdacht lag auch ziemlich nahe, denn Jenn war in der Nacht zu Jack hinüber gerutscht und hatte sich in seine Arme gekuschelt. Jack, der bereitwillig seine Arme für sie geöffnet hatte, hatte dies jedoch nicht bewusst mitbekommen. Somit lagen beide nun eng verschlungen beieinander und schienen tief und fest zu schlafen.
 

„Was glaubst du wohl was die gemacht haben, Idiot!“ Solche blöden Fragen konnte auch nur Jimmy stellen ... Gibbs war gerade dabei zu überlegen, wie er Jack am Besten wachbekam, als dieser schlagartig die Augen öffnete und Gibbs und Jimmy erschrocken zurück zuckten.
 

„Captain! Du bist wach! Muss ja ne harte Nacht gewesen sein, so schwer wie du wach zu bekommen bist“ Gibbs stieß einen Pfiff aus, doch Jack blickte noch nicht ganz, was er eigentlich von ihm wollte. Wo kamen die beiden eigentlich her? Und wieso weckte er ihn überhaupt? Sein Blick fiel nach rechts und ihm fiel alles wieder schlagartig ein. In diesem Moment starrten ihn zwei braune Augen entsetzt an.
 

In Jenns Kopf dröhnte es fürchterlich. ‚Ohooo ... mein Kopf fühlt sich an, als ob mich die Interceptur angefahren hätte.‘ Was war nur passiert? Sie versuchte die Augen zu öffnen, lies aber schnell wieder davon ab, als nur ein wenig Licht durch ihre Lider fiel. ‚Verflixt macht das Licht gefälligst aus.‘ Es waren ihre letzten Gedanken bevor sie in zwei dunkelbraunen Augen starrte. Träumte sie noch oder schaute sie gerade wirklich in Jacks Augen? Sie blinzelte zweimal und ihr Blick fiel auf Jacks Arme, die ihren Körper fest umschlungen hielten. Wie von der Tarantel gestochen fuhr Jenn nach oben um sich im Anschluss sofort an den Kopf zu greifen. Der Alkohol machte sich anscheinend bemerkbar. Noch etwas wackelig auf den Beinen schrie sie Jack wutentbrannt an. „WAS FÄLLT EUCH EIN, MICH EINFACH SO IM ARM ZU HALTEN?? HÄÄÄ?“
 

Gibbs und Jimmy verstanden überhaupt nichts, traten aber vorsichtshalber einen Schritt zurück. Auch Jack richtete sich ruckartig auf und fuchtelte abwehrend vor seinem Körper mit den Händen rum. „Jenn! Liebes! Es ist nicht so wie ihr denkt!“
 

„ACH NEIN? Nach was sieht das hier denn aus?“ Wütend stemmte sie ihre Arme in die Seite und funkelte ihren Gegenüber böse an. Sie platzte beinahe vor Wut.

„Könnt Ihr Euch denn von gestern Abend an nichts mehr erinnern?“ Jack zog seine Augenbrauen tief ins Gesicht und schaute sie fragend an. Auch Gibbs und Jimmy zogen scharf die Luft ein.
 

„Wieso? An was soll ich mich denn erinnern? Dass Ihr einfach Euch die Frechheit erlaubt habt, mich zu umarmen? So als ob ich eins Eurer Flittchen wäre? Mein Gott Jack! Ich bin VERLOBT!“
 

Das saß! Ehrenhaft und zurückhaltend hatte er sich verhalten, und was war der Dank?
 

„Nun langt es mir aber!“ Wütend stapfte Jack mit dem Fuß auf. „Was glaubt Ihr eigentlich wer IHR seid, dass ihr mir die ganze Zeit solche Gemeinheiten unterjubeln wollt? Schon mal überlegt, dass vielleicht IHR es wart, der meine Nähe gesucht hat?“ In Jenns Kopf begann es zu arbeiten. Hatte sie ihm nicht vor ein paar Tagen diesen Satz an den Kopf geworfen? „HA! Ihr wollt MIR jetzt sagen, dass ICH es war, der sich in Eure Arme geworfen hat? Das glaubt Ihr doch selber nicht!“
 

„Vielleicht?“ Überheblich verschränkte er die Arme vor der Brust und reckte seine Nase in die Luft.
 

Gibbs stand nur fassungslos daneben und beobachtete, wie sich das eben noch liebevoll im Arm haltende Päärchen, kindisch anzickten. Und so benahmen sich erwachsene Leute?
 

„WAAAS???“ Jenn schnappte hörbar nach Luft. „Ich glaube bei Euch hakt es!“
 

„Nein, aber wollt Ihr wissen was ich glaube? Dass Ihr weniger Alkohol trinken und Euch auch nicht so lächerlich verhalten solltet und irgendwelche Trinkspiele spielen, DIE MICH DANN DIE LETZTEN NERVEN KOSTEN!“ Erschöpft lies Jack sich in den Sand fallen. Diese Frau machte ihn noch fertig ...
 

Jenn dagegen stand wie vom Donner berührt da, und starrte Jack entsetzt an. Bei dem Wort „Alkohol“ kamen ihr langsam wieder einige Bruchstücke ins Gedächtnis. Oh, oh ... Allmählich fiel ihr alles nach und nach wieder ein. Sie hatte sich gestern ja ein heftiges Trinkduell mit Esmeralda geliefert. Sie hatte zwar gewonnen – das wusste sie noch genau - Nur, was hatte sie als Preis dafür gezahlt? Ihr Gesicht wurde blass.
 

„Das ... das heißt aber nicht ...dass ...“ Genervt schaute Jack sie an. „Das heißt aber was nicht?“
 

„Das Ihr ... und ich ... ich meine, wir BEIDE????“ Sie zeigte abwechselnd mit dem Finger auf sich und anschließend auf Jack. Das konnte doch nicht wahr sein! Aber warum sonst hätte sie in seinen Armen liegen sollen? Und dann würde auch Jacks Bemerkung Sinn ergeben. Nein, nein, nein! SO sollte ihr erstes Mal nicht laufen. Außerdem, mit JACK?? Was sollte sie das nur Henry erklären? Stöhnend hob sie ihre Hände vors Gesicht.
 

Als Jack sie so sah, bekam er Mitleid mit ihr. Er hatte sich erst vorgenommen, sie in dem Glauben zu lassen, es wäre etwas zwischen ihnen gelaufen. Doch jetzt wo er sie so sah, bekam er ein schlechtes Gewissen. Er ging auf sie zu und nahm das schluchzende Mädchen zögernd in die Arme. Gibbs Augen dagegen wurden immer Größer und auch Jimmys Interesse war geweckt. Sie mussten ja ganz schön was verpasst haben. Jack, der die neugierigen Blicke der Beiden bemerkte, fuchtelte mit der Handfläche umher, und deutete damit an, dass sie verschwinden sollten. Anschließend richtete er seinen Blick wieder auf Jenns Haarschopf.
 

Doch die Beiden rührten sich nicht und Jack deutete nun mit dem Kopf an, dass sie sich wegbewegen sollten. ‚Los jetzt ... nun geht doch endlich!‘

Gibbs kapierte es endlich und zog Jimmi mit sich. „Komm Jimmy, wir sollten die Pearl schon mal klar Schiff machen!“ Missmutig lies er sich mitziehen. „Aber Gibbs! Hier ist es doch viel spannender!“ Beide drehten ihren Kopf nochmals nach hinten und beobachtete amüsiert wie das aufgelöste Mädchen Jack wütend wegstieß.
 

Jack hatte sie zuvor in die Arme geschlossen und ihr aufmunternd auf den Rücken getätschelt. „Scccchh Jenn, alles wird gut. Macht Euch keine Sorgen.“ Leise flüsterte er ihr ein paar Worte ins Ohr, die außer Jenn niemand hören konnte. Ihre Augen wurden groß.
 

„WAAAAAAAAAAS?“
 

Wütend stoß sie ihn von sich weg. „Bleibt mir ja vom Hals! Ihr seid ja soo .... AAAARGH!“
 

„Aber Jenn! Das wolltet Ihr doch hören!“ Empört schaute er sie an. „ACH WIRKLICH? Wie könnt Ihr es wagen sowas zu sagen! Ihr seid wirklich das Letzte!“ Sie schrie ein letztes mal wütend auf und brauste mit Elan an den beiden Crewmitgliedern vorbei. Diese schauten sich nur verdutzt an und sprangen vorsichts halber einen Schritt zur Seite. Langsam drehten sie sich zu ihrem Captain um und öffneten entsetzt den Mund. Jack trat immer wieder wütend mit dem Fuß gegen den Sand und schimpfte laut und deutlich vor sich hin. „Komm Jimmy. Es ist glaub besser wir gehen ...“ Gibbs und Jimmy machten, dass sie wegkamen. Bevor ihr Captain seine Wut vielleicht noch an Unschuldige raus lies.

Kapitel 12 - Nachwirkungen und Nebenwirkungen

„Wie kann er es wagen! Mir das einfach so ins Gesicht zu sagen!“ Immer noch außer sich vor Wut ging Jenn in Ihrer Kajüte auf und ab. „Wie kann er nur ...“
 

„Auch wenn ich es zutiefst bedauere, haben wir nicht miteinander geschlafen.“
 

Bei seinen Worten stieg die Wut erneut in ihr hoch. „‘Er bedauert es!‘ Ich glaube es nicht! Wie ungehobelt muss man sein, einem sowas ins Gesicht zu sagen!“ Grummelnd lies sie sich aufs Bett fallen. Aber hatte ihr Herz nicht einen Moment lang ziemlich intensiv geschlagen? Nein! Das musste sie sich eingebildete haben. „Uhhh ... wie kann er nur! Ich bin verlobt!“ Sie lies sich aufs Bett fallen und breitete ihre Arme aus. Ihre Gedanken rasten. ‚Ob das ernst gemeint war?‘ Das konnte sie sich eigentlich nicht vorstellen. Andererseits, ein Pirat nahm sich doch was er kriegen konnte. Ihm wär es sicherlich egal ob sie verlobt ist oder nicht. Aber wieso hatte er dann die Situation nicht ausgenutzt als er die Möglichkeit dazu hatte? „Vielleicht war er selber zu betrunken um die Situation zu erkennen?“ Ja, so musste es sein. Unruhig stand sie wieder auf und ging an das Fenster. Die Sonne strahlte auf den Boden und Jenn genoss die Wärme auf ihrem Gesicht. Allmählich legte sich ihre Wut. Wie muss sie sich wohl benommen haben? Angestrengt dachte sie nach und versuchte sich an genaue Dinge vom Abend zu erinnern. Eine leichte Röte bildete sich um ihre Wangen. Natürlich! Hatte sie sich nicht in seine Arme geworfen? „Ohje, ohje, ohje ... natürlich hat er das dann falsch verstanden!“ Aufgebracht ging sie wieder im Zimmer umher. ‚Was wird er wohl von mir gedacht haben? Jemand der Verlobt ist wirft sich doch nicht an einen anderen Hals!‘ Der Alkohol. Jenn machte den Alkohol dafür verantwortlich. Noch nie hatte sie so unbedachte gehandelt. Naja, außer als sie einen Piraten befreit hatte, und diesen genannten Piraten auf ein Schiff begleitet hatte, und als sie sich mit einer unbekannten Frau ein Wetttrinken geliefert hatte ... Wenn sie so darüber nachdachte, hatte sie immer unbesonnen gehandelt, seit sie Jack begegnet war.
 

Vielleicht sollte sie sich bei Jack entschuldigen? Lieber nicht ... sonst steigt sein Ego nur noch mehr. „Am Besten ich gehe ihm in nächster Zeit etwas aus dem Weg.“ Sie seufzte auf. „Warum immer ich ...“
 

In der gegenüberliegenden Kajüte, am anderen Ende des Ganges, drehte sich Jack unruhig von einer Seite auf die Andere. „Warum immer ich?“ Seufzend schaute er an die Decke. Vor seinem Gesicht tauchte Jenns lachendes Gesicht auf. Genervt kniff er die Augen zusammen. „Verschwinde! Du hast mir genug Ärger eingebrockt!“ Er fuchtelte mit seinen Armen in der Luft herum und öffnete anschließend zaghaft wieder die Augen. Mit wem sprach er da eigentlich? „Jack, du wirst noch verrückt ...“ Vielleicht war er das auch schon? Warum sonst sagte er zu ihr solche Dinge? Er verstand sich selber nicht. Da hatte er einen Moment lang Mitleid, und schon handelte er unbedacht! ‚Mitleid schadet nur ...‘ Er seufzte auf. Was war da mit ihm losgewesen? Als er sie in seinen Armen hielt, überkam ihn ein Gefühl, welches er zuvor noch nie gespürt hatte. Und wieder überkam ihn die Sehnsucht, ihren Körper näher zu spüren. Und dann hatte er es gesagt. Einfach so! „Jack du bist so bescheuert!“ Er klatschte sich an die Stirn und seufzte wieder auf. Vielleicht sollte er sich seine Antwort bei jemand anderem holen. Nur ... wie waren seine Fragen? Vielleicht würde es ihm noch einfallen. Er griff nach seinem Kompass und seinem Gürtel, schnallte ihn schnell um und verließ ohne ein weiteres Wort die Kajüte. Beim hinausstürmen lief er Gibbs über den Weg.

„Hey Captain! Na, hast dich wieder etwas beruhigt?“ Er lachte Jack an und klopfte ihm freundschaftlichen auf den Rücken, wodurch er einen Ruck nach vorne trat. „Naja ... wie Pirat es nimmt. Wo ist unser Wildfang eigentlich?“ Er schaute sich wieder suchend auf dem Deck um und befürchtete bereits, sie könnte wieder in die Stadt gelaufen sein. Bei ihr konnte man ja immerhin nie wissen ... Mit einem amüsiertem Lächeln beobachtet Gibbs seinen Captain. „Mach dir mal keine Sorgen Jack! Missy geht’s bestimmt gut. Muss sich wahrscheinlich noch von der letzten Nacht erholen, was?“ Er grinste über das ganze Gesicht und zwinkerte Jack zu. Dieser zog nur beide Augenbrauen nach oben und schüttelte verwirrt den Kopf. „Ich weiß ja nicht wie lange du kein Rum mehr getrunken hast, mein Freund. Aber diese Abstinenz tut dir nich‘ gut.“ Kopfschüttelnd ging er an ihm vorbei. Gibbs dagegen kratzte sich fragend am Kopf. Er hätte es nie für möglich gehalten, dass eine Frau seinen Captain so verwirren konnte. Kaum hatte er seinen Gedanken ausgedacht, kam auch schon Jenn auf das Deck getorkelt. Sie hatte alle Mühen, sich gerade zu halten und wankte trotzdem gefährlich hin und her. Ihr war schlecht und sie hielt sich vor Übelkeit den Magen. ‚Oh man ... nie wieder Alkohol ...‘
 

Gibbs konnte sich ein Lachen nicht mehr verkneifen, als er Jenn so sah. „Na Missy, was’n los?“ Er trat auf Jenn einen Schritt zu und klopfte ihr ebenfalls auf den Rücken. Durch den Ruck fühlte sich ihr Kopf an, wie als wenn sie gegen eine Mauer gelaufen wäre. Schmerzend hielt sie sich nun auch noch die andere Hand an die Schläfe. „Ooooh, nich so laut Gibbs ... Bitte ...“ Wieso kamen die Nachwirkungen erst so spät? Sie fühlte sich elend und wollte am Liebsten wieder in ihr Bett. „Mit Verlaub, aber du siehst aus, als ob du einen über den Durst getrunken hättest.“ Wieder grinste er sie an und erntete dafür einen Bösen Blick von Jenn. Langsam lies sie sich auf ein Fass nieder und atmete erleichtert aus. Tat das gut zu sitzen ...
 

„Sie hat sich ein Trinkwettkampf mit Esmeralda geleistet.“ Jenn fuhr nach oben als sie ihr eine allzubekannte Stimme vernahm und bereute diese ruckartige Bewegung auch gleich wieder. Gibbs schaute Jenn dagegen bewundert an. „Du hast dir ein Wetttrinken mit Esmeralda geleistet? Junge, Junge, das hätt ich dir gar nich zugetraut.“ Er stieß einen leichten Pfiff durch die Zähne. „Ich mir auch nicht Gibbs ... Ich mir auch nicht.“ Jammernd lehne sie sich an die Wand. „Wieso geht’s mir jetzt so schlecht ... das ist doch schon eine Weile her ... und heute morgen gings mir doch ausgezeichnet.“
 

‚Ja, so ausgezeichnet, dass man mich anschreien konnte.‘ Dachte sich Jack im Stillen. Doch er wollte keinen erneuten Streit hervorbringen und mischte sich lieber mit etwas sinnvollem ein.
 

„Das ist der Rum Liebes. Das ist ganz normal. Die Nebenwirkungen kommen erst, wenn der Körper sich beruhigt hat.“ Sie traute sich nicht Jack ins Gesicht zu sehen und schaute deshalb auf den Boden. „Na toll ... und alles nur, weil ich mich hab provozieren lassen.“ Ihr Körper begann zu zittern und Jenn fühlte sich elend. „Irgendwie seht ihr ziemlich weiß aus im Gesicht.“ Besorgt ging Jack einen Schritt auf Jenn zu. „Nicht dass Euch nacher noch der Kreislauf zusammenklappt, meine Liebe.“
 

„Lasst das mal meine Sorge sein Jack!“ Ruckartig drehte sie sich um und wollte wieder zurück unters Deck, als sie erschöpft zusammenbrach. Gibbs, der gerade noch zu Jack was gesagt hatte, sah plötzlich seinen Captain losrennen. Lächelnd musste er feststellen, dass Jack mal wieder zur Richtigen Zeit für Jenn zur Stelle war. Er hatte sie mal wieder rechtzeitig aufgefangen und hielt sie nun, wie am Abend zuvor, in seinem Armen. „Vooorsicht meine Liebe, Ihr solltet wirklich ins Bett. Ich begleite Euch. Und das OHNE Wenn und Aber!“ Jenn widersprach ihm auch nicht. Ihr ging es immer schlechter und sie hatte Mühe wieder in ihre Kajüte zu kommen. „Ich hoffe Ihr habt daraus gelernt Jenn!“
 

Jenn bekam jedoch kaum noch etwas mit. Allmählich begannen sich Schweißperlen an der Stirn zu sammeln und im Gegenzug bildeten sich Sorgenfalten auf Jacks Stirn. Er legte sie behutsam in ihr Bett und deckte sie liebevoll zu. Jenns Zähne klapperten wie verrückt und sie fühlte sich, als ob ihr Körper überhaupt nicht mehr warum wurde.
 

„Keine Sorge Jenn, das geht bald wieder vorbei. Euer Körper kämpft nun gegen das viele Gift an.“ Er strich ihr über den Kopf und verschwand für einen Moment aus dem Zimmer. ‚Na toll Jenn, du wolltest ihm aus dem Weg gehen. Und jetzt umsorgt er dich so hilfsbereit.‘ Ein schlechtes Gewissen überkam sie. Vielleicht hatte sie ihn doch ganz falsch eingeschätzt? Immerhin war er gerade sehr hilfsbereit und sehr lieb zu ihr. Weiter kam sie mit ihren Gedanken nicht, ging auch wieder ihre Türe auf und Jack kam mit einem Eimer Wasser und einem Tuch in’s Zimmer. „W-w-w-w-as ha-a-a-bt Ihr ... da-a-a ....“
 

„Ohje, Euer Zustand wird ja immer schlimmer ...“ Besorgt setzte er sich neben sie auf das Bett und legte ihr ein feuchtes Tuch auf die Stirn. Es fühlte sich an wie eine kleine Erleichterung. „Und nun sagt mir Jenn, warum habt ihr Euch mit Esmeralda ein Wetttrinken geleistet? Seid ihr für solche Spiele nicht zu gut erzogen?“ Er grinste leicht.
 

„Naja, diese Kuh hat gemeint, Ihr wärt wahrscheinlich besoffen gewesen als es darum ging mit mir auf die Reise zu gehen. Das konnt ich ja schlecht auf mir sitzen lassen. Und die Wahrheit konnte ich ihr ja auch schlecht sagen ...“ Ihre Stimme zitterte immer noch leicht und Jenn hatte Mühe die Sätze deutlich hervorzubringen. Jack runzelte mit der Stirn. „Euer Stolz hat Euch das eingebrockt. Das habt Ihr nun davon.“ Jenn seufzte auf. „Das ist ja nicht alles. Ich wollte nicht, dass sie denkt, dass ihr Euch mit falschem Gesindel abgebt. Immerhin fällt Euer Ruf ja auch darunter Jack.“ Jack war einen Moment lang sprachlos. Sie hatte sich ein Wetttrinken wegen ihm geleistet? „Macht Euch mal keine Sorgen um meinen Ruf. Den weiß ich zu verteidigen.“ Wortlos griff er nach ihrem Lappen auf der Stirn und tauchte ihn in das kalte Wasser. ‚Was denkt sie sich dabei? Sie braucht sich doch um mich keine Sorgen machen!‘ Mit kräftigem Druck wrang er den Lappen aus und legte ihn ihr wieder auf die Stirn. „Ich habe mir keine Sorgen um Euch gemacht! Bildet Euch bloß nichts darauf ein.“ Schmollend verschränkte sie die Arme vor der Brust so dass Jack lachen musste. „Keine Sorge, Liebes, ich weiß doch dass ich unwiderstehlich bin.“ Ein freches Grinsen brachte Jenn zum Stirnrunzeln. „Überhaupt nicht überheblich was?“
 

„Nein, aber ehrlich!“ Wieder grinsten sich beide an. „Der Kater wird spätestens morgen früh weg sein. Jetzt solltet ihr aber das Bett hüten. Und diesesmal widersetzt ihr Euch nicht meinem Befehl!“ Er streckte seine Finger drohend in die Luft und Jenn ewiderte ein knappes „Aye Captain.“ Für einen Moment schauten sich beide Intensiv an. Irgendetwas machte sich in Jenns Körper breit. Eine Wärmeflut fuhr durch ihre Wirbelsäule und sie zitterte leicht. Besorgt richtete sich Jack auf. „Geht es Euch etwa schlechter? Vielleicht sollte ich Gibbs holen.“ Er legte die Stirn wieder in Falten und schaute zweifelnd auf das Mädchen herab. Jenn fuchtelte nur mit der Hand. „Nein, nein! Nicht Gibbs!“
 

„Wieso?“ Verwundert wartete er auf eine Erklärung. „Naja ...“ Jenn druckste. Wie sollte sie ihm das erklären, dass sie seine Nähe gerade genoss? Ein Grinsen umspielte nun Jacks Lippen. „Schon gut Jenn, Ihr braucht mir nichts zu erklären.“ Dankbar nickte sie ihm zu. Sie war froh es ihm nicht direkt sagen zu müssen. „Ich werde dann aber nun gehen ... Ihr braucht ein wenig Schlaf ...“ Er drehte sich um als ihn eine Hand am Armgelenk festhielt. Irritiert warf er seinen Kopf zurück und schaute Jenn an. „Warte ...“ Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern. „Ja?“ Er kam zurück ans Bett und senkte seinen Kopf nach unten. Sie waren nur einen Bruchteil von einander entfernt. Die Minuten vergingen und keiner traute sich ein Wort zu sagen. Bis Jenn zu stottern begann. „Ich ... ich ... weißt du ...“ „Hmm?“ Sie holte nochmals tief Luft. „Ich denke wir sollten die Förmlichkeiten weglassen, jetzt wo wir doch eine längere Zeit zusammen sein werden. Was meinst du?“ Jacks Lächeln wurde breiter. „Es wäre mir ein Vergnügen Miss Tails.“ Sie knuffte ihm freundschaftlich in die Seite und lies dann sein Handgelenk los. In diesem Moment fühlte Jack eine leichte Kälte. Wohin war das warme Gefühl verschwunden, was er eben noch gespürt hatte? Irritiert schaute er auf Jenns Lächeln und anschließend auf seine Hand. Er hob sie in die Luft und betrachtete sie genauer. Jenn beobachtete das merkwürdige Verhalten von ihm und schüttelte mit dem Kopf. Manchmal war er auch zu seltsam. Sie schloss trotzdem zufrieden die Augen und war auch kurz darauf gleich eingeschlafen. Jack stand immer noch verwundert an ihrer Seite und schaute nun auf das schlafende Mädchen hinab.
 

Kopfschüttelnd wand er sich von ihr ab. Sein Blick fiel auf das schwarze Buch, welches sie sorgfältig auf die Kommode gelegt hatte. „Einen Moment, nur einen kleinen Moment ...“ Er ging darauf zu und nahm es in die Hand. „Vielleicht sollte ich nochmals einen kurzen Blick hineinwerfen? Nur einen kurzen versteht sich.“ Er griff nach dem äußeren Verband und ... wieso lies sich das Ding nicht öffnen? „Was zum ....?“ Mit mehr Kraft versuchte er den äußeren Verband zu heben, doch es wollte sich einfach nicht öffnen lassen. Er stemmte sich mit aller Gewalt - und Füßen - gegen das Buch und zog daran. Schnaufend lies er von ihm ab. „Is da irgendein Schloss dran?“ Er zog eine Augenbraue nach oben und drehte das Buch in seiner Hand. Der goldene Rand warf durch die einfallende Sonne einen hellen Schimmer in den Raum. Als er dem Licht folgte, stellte er verwundert fest, dass es auf Jenns Körper leuchtete. „Das kann doch nicht sein ...“ Sein Blick wanderte zwischen dem Buch und Jenns Körper hin und her. „Natürlich!“ Er klatschte sich mit der Hand an die Stirn. Als sie das erste mal in das Buch geschaut hatte, war Jenn diejenige gewesen, die es geöffnet hatte. Und auch diesesmal lies es sich nur öffnen, wenn auch der Besitzer des Buches es in den Händen hielt. „Du verfluchtes Ding, du ...“ Grummelnd lies er es zurück auf den Tisch fallen und betrachtete es noch eine Weile schweigend bis er aprupt nach oben schaute.
 

„Nagut ... dann halt nicht!“ Gelassen drehte er auf dem Absatz um und verließ pfeifend das Zimmer. Wenn das Buch auf seine Besitzerin wartete, dann soll es eben so sein.
 

„GIBBS!“ Jack trat auf das Deck und schaute sich suchend auf dem Schiff um. „Ah!“ Erfreut sah er Gibbs an die Reling gelehnt stehen und schwankte zu ihm hinüber. „Dich habe ich gesucht!“
 

„Aye Captain?“ Gibbs musste sich zusammenreisse, dass er nicht anfing loszugrinsen. Jack war ziemlich lange bei Jenn in der Kajüte gewesen und die Gerüchteküche auf dem Schiff begann allmählich heftiger zu lodern. Was Jack auch nicht wusste – es wurden bereits Wetten abgschlossen, wann das vermutete Liebespaar den nächsten Krach hatte. Gibbs dagegen war nicht blöd, er wusste dass die beiden kein Pärchen waren ... Zumindest noch nicht.
 

„Gibbs ...“ Der Blick von Jack war stur gerade aus gerichtet.
 

„Aye?“
 

„Wir legen noch nicht ab!“
 

„Captain?“ Fragend schaute er Jack an.
 

„Bist du taub, mein Freund? Ich sagte wir legen noch nicht ab.“ Er schritt, immer noch den Blick gerade aus gerichtete, zum Ruder hinauf als ihn Gibbs zurückhiel. „Ähm Captain, dir ist aber schon bewusst, dass uns bald die Interceptur einholen kann, wenn die dahinter kommen, dass wir auf Tortuga sind.“ Mit ausgestreckten Händen und den Kopf nach hinten gerichtet starrte Jack seinen ersten Maat an. „Gibbs, wenn ich sage wir legen noch nicht ab, dann legen wir auch noch nicht ab. Oder glaubst du ich wüsste nicht, dass wenn wir nicht ablegen, uns die Interceptur einholt, was nicht passieren würde wenn wir ablegen?“ Mit diesen Worten lies er Gibbs stehen und gesellte sich zu seinem Ruder. Gibbs dagegen drehte sich um und ging vor sich hinplappernd zu seiner Crew um ihnen die Entscheidung des Captains mitzuteilen: „Wüssten nicht, dass wenn wir nicht ablegen ... nichts passieren würde ... oder halt ... anders ...“

Kapitel 13 - Geheimnissvolle Rätsel

Die ersten Sonnenstrahlen drangen durch das kleine Fenster ins Jenns Zimmer. Verschlafen reckte sie ihre Arme in die Luft und streckte sie kräftig durch. Ein lauter Gähner entdrang ihrem Mund. „Oh man, ich hab geschlafen wie ein Murmeltier. Diese Seeluft macht einen ja echt fertig.“ Sie hoppste aus dem Bett und tappste zu dem Stuhl hinüber über den sie gestern sorglos ihren Mantel geworfen hatte. Ihr Blick fiel auf den kleinen Tisch der neben dem Stuhl stand. Ein Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit. Auf dem Tisch befand sich ein Becher mit Wasser und einige Scheiben Brot auf einem Brett. Ein Korb mit Früchten stand ebenfalls zum Verzehr bereit. Daneben stand eine kleine Vase, in der eine schwarze Rose steckte. „Oh, eine schwarze Rose sogar, wie treffend.“ Sie kicherte leise und setzte sich an den gemachten Tisch. Als sie das Essen so vor ihr stand, machte sich auch ihr Magen bei ihr bemerkbar. ‚Natürlich, ich habe ja auch schon lange nichts mehr gegessen ...‘ Freudig begann sie die 3 Scheiben Brot zu verschlingen und trank hastig ihren Becher leer. Zum Abschluss stopfte sie sich noch ein paar Trauben in den Mund und verließ mit vollem Mund die Kajüte.
 

Jack stand wie immer am Ruder und hielt, mit dem Blick darauf gerichtet, seinen Kompass in der Hand. „Blödes Ding, du Blödes. Das ist wieder einmal die falsche Richtung!“
 

„HUHU JAAACK!“ Sein Blick fiel nach unten und anschließend auf den Kompass. „Kann das sein ...?“ Er runzelte die Stirn. Schwer atmend kam Jenn die Treppen nach oben gerannt. „Oh Man, da merkt man erst wie lang das Schiff ist ... huh ...“ Er klappte den Kompass zu und lies ihn die Hosentasche fallen. „Liebes, du bist schon Wohlauf?“ Sie grinste ihn an. „Ja, dank deines tollen Frühstücks.“
 

„Welches Frühstück? Es gibt Frühstück?“ Fragend schaute er sie an. Hatte Jack etwa nicht für sie das Essen hergerichtet? Hatte sie sich etwa getäuscht? „Äh .. das Essen was auf dem Tisch stand? Wasser, Brot, Obst .... die Rose?“ Jack machte ein Verwundertes Gesicht. „Nein Liebes, da muss ich dich enttäuschen, das habe nicht nicht ich herrgerichtet ...“ Mit offenem Mund starrte sie den Captain an. „Nicht DU? Wer soll das sonst gewesen sein?“ Enttäuscht lies sie sich auf ein Fass fallen. ‚Und ich habe echt gedacht ... Jenn wie BLÖD!‘
 

„Das war ich!“ Beide fuhren mit dem Kopf herum und blickten in das grinsende Gesicht von Gibbs. „DU?“ Gleichzeitig sprachen sie das aus, was beide gedacht hatten. Mit zusammengekniffenen Augen sprach Jack Gibbs an. „Wieso richtest du ein Frühstück für Jenn her?“ Hatte sie das eben richtig verstanden? Was sollte daran falsch sein für sie ein Essen herzurichten? Empört schlug Jenn ihm auf die Schulter. „AUA ... was soll’n das?“
 

„ER macht das zumindest! Ich danke dir Gibbs.“ Sie warf Gibbs ein Lächeln zu und Jack einen bösen Blick, bevor sie mit gehobener Nasenspitze die Treppen nach unten schritt. Ein verwunderter Jack blieb zurück. „Was hab ich denn jetzt wieder falsch gemacht??“ Gibbs zuckte nur mit den Schultern, grinste aber in sich hinein. Jack sollte von alleine darauf kommen. Und mit seiner Hilfe, würde er es auch schaffen.
 

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Wieso regte sie sich eigentlich so auf? Sie hätte es sich eigentlich denken könnten, dass so eine Idee nicht von Jack ausging. Jenn seufzte auf. ‚Wieso bist du immer nur so gutgläubig Jenn??‘ Sie lies sich auf den Stuhl in Ihrer Kajüte fallen und starrte auf die Rose. Was hatte sie sich eigentlich dabei erhofft? Selbst wenn die Rose von Jack gewesen wäre, hätte das nichts zwischen ihnen geändert. Sie war verlobt. Und sie sollte sich nur über Blumen von ihrem Verlobten freuen ... Sollte sie zumindest. Sie seufzte wieder auf. Wieso hatte sie dann gehofft, dass die Rose von Jack kam? Und warum war sie nur so enttäuscht, als es nicht der Fall war? Konnte es sein, dass sie sich vielleicht ein klein wenig in Jack verliebt hatte?
 

„So ein Blödsinn!“ Sie griff nach der Rose und warf sie gegen die Türe. Direkt vor Jack’s Füße. „So geht man aber nicht mit Blumen um Liebes.“ Erschrocken fiel ihr Blick auf den Türrahmen, in welchem Jack sich gerade bückte und die etwas mitgenommene Blume aufhob. ‚Aha, das ist also die schwarze Rose die von Gibbs kam ... pfff .. schenkt ihr einfach Blumen ...‘ Mit der Rose in der Hand ging er auf Jenn zu. Eine leichte Röte bildete sich auf ihren Wangen. ‚Na Toll Jenn ... wie kommt das denn jetzt ...‘ Ein schlechtes Gewissen machte sich in ihr breit. Immerhin war die Rose ja von Gibbs und dieser konnte für ihre schlechte Laune ja kaum etwas. „Tut ... tut mir Leid.“ Wortlos steckte er die Rose wieder in die Vase und musterte dann eindringlich Jenns erötetes Gesicht. Es war ihr peinlich, dass er sie dabei erwischt hatte, wie sie die Blume wütend weggeworfen hatte.

Aber wieso hat sie das getan?
 

„Jenn ...“ es war das Beste er wechselte einfach das Thema, „wir sollten uns mal wieder mit dem Buch beschäftigen. Wir werden demnächst weitersegeln, ... aber vorher müssen wir wissen in welche Richtung.“ Er seufzte innerlich auf und dachte dabei an seinen Kompass. Dieser schien ja irgendwie zurzeit nicht zur Verfügung zu stehen. Weiß Gott wieso ...
 

„Ja ... da hast du Recht.“ Eine leichte kühle Stimmung machte sich im Zimmer breit. Keiner der beiden wollte so recht den Anfang machen. Jenn wagte dann doch den ersten Schritt und nahm das Buch in die Hand. Vorsichthalber ging Jack einen Schritt zurück, musste dann aber feststellen, dass er mit seiner Vermutung richtig lag. In Jenns Händen öffnete sich das Buch ohne jede Probleme. Sie rückten beide einen Stuhl an den Tisch und saßen nun nebeneinander vor dem offenen Buch. „Lies mal vor!“ Er stupste sie an und fuchtelte mit der Hand über den Seiten herum.
 

„Lies doch selber!“ War sie nun seine Vorlesetante?
 

„Warum? Das ist doch dein Buch.“ Lässig lehnte er sich mit dem Rücken an den Stuhl und begann gefährlich damit zu wippen. Jenn zog eine Augenbraue nach oben, blätterte an die Stelle wo sie zuletzt aufgehört hatten und begann zu lesen:
 

„1702 – Meer

Ich habe 25 Meilen zurückgelegt. Ich komme schnell vorran. Dabei muss ich mit meinem Vorhaben scheitern. Noch nie zuvor hat jemand ein derart großes Schiff allein gelenkt. Doch es muss sein. Die Meuterei hat begonnen. Ich habe sie abgehängt. Noch nie in meinem Leben habe ich meine Crew verraten. Doch diesesmal war es nötig und vielleicht bezahle ich dafür auch mit meinem Leben. Aber der Schatz steht ihnen nicht zu. Niemand steht der Schatz zu, außer dem, der ihn findet. Und das werde ich zu verhindern wissen. Wer Rechtmäßig dazu bestimmt ist, der soll den Schatz erlangen. Aber auch nur der. Die Zeit wird kommen und das Piratenkind wird ihn erhalten.
 

Jenn blätterte weiter ...
 

1702 - Angelegt

Die Schildkröte war eine gute Idee! Das silberne Ding war nicht einfach zu bekommen. Die Hexe hatte sich anfangs gewehrt, doch nun erzählte sie davon. Die spitzen Steine des Nordens zeigten mir den Weg. Wasser, mein Element, und doch ... es kostete mich beinahe mein Leben. Neugierde und Gier hatte schon immer Menschenopfer gefordert. Sie sind mir auf den Versen. Es sind nicht viele, und doch muss ich mich beeilen. Der fließende Sand wird sie aufhalten. Für immer ...“
 

„Das wars.“
 

„Wie das wars? Mehr steht da nicht?“ Er hörte auf mit dem Stuhl zu wippen und warf verwundert einen Blick in das Buch. „Das siehst du doch selbst. Nur noch leere Seiten!“ Sie lies die die Seiten durch ihre Finger gleiten und zeigte es Jack demonstrativ. „Hier! siehst du?“
 

„Das kann nicht sein!“ Er riss ihr das Buch aus der Hand und blätterte es selber durch. Kopfschüttelnd beobachtete sie wie er es nach oben hielt und es kräftig schüttelte.

„Nein! Kann nicht sein!“
 

„Jack, sieh es ein, anscheinend war die ganze Sache doch nur ein Reinfall ...“ Enttäuscht lies sie sich wieder auf den Stuhl fallen. „Ohje und was habe ich dafür alles auf mich genommen?“ Sie hatte ihren Verlobten sitzen lassen, einen Piraten aus dem Gefängnis befreit, ihren Vater im Glauben gelassen sie hätte ihren Verlobten hintergangen und war mit einem Piraten auf ein Schiff geflüchtet. ‚Und alles umsonst!‘ Jammern stand sie wieder vom Stuhl auf und ging im Raum auf und ab. „Beruhig dich Jenn! Da muss doch irgendetwas zu finden sein!“
 

„Wann kapierst du es endlich?? Das ist alles ein billige Geschichte! Eine Idee! Eine Fiktion!“
 

„Eine was?“ Sie brauchte nicht glauben, dass sie mit ihren intellektuellen Worten ihn beeindrucken konnte.
 

„Eine reine Vorstellung Jack! Das ist schlicht weg erfunden!“ Jenns Kopf fühlte sich an, als ob er gleich explodieren wollte. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Sie waren gerade mal bis nach Tortuga gekommen und ihre Reise sollte so schnell schon wieder vorbei sein?
 

„Ich glaube du liegst falsch ... Vielleicht sollten wir versuchen, herauszufinden was der Mann da wirres geschrieben hat ...?“ Er machte ein grübelndes Gesicht und nahm das Buch nochmals in die Hand. „Er sagte etwas von einem Piratenkind. Was könnte er damit meinen?“ Er schaute Jenn fragend an. Gelangweilt fuchtelte sie mit der Hand in der Luft herum.
 

„Pff .. was weiß ich ... ein Auserwählter? Ein Nachkommen?“
 

„JA! Das is es!“ Mit irritiertem Blick beobachtete sie wie Jack wild rumfuchtelnd durch das Zimmer lief. „Was ist was?“
 

„Na, es gibt jemand der dafür bestimmt ist diesen Schatz zu finden! Und vielleicht sind wir das?“ Er grinste sie an und auch Jenn wurde allmählich positiver gestimmt. Konnte das sein? War vielleicht sie diejenige die dafür ausgewählt war, diesen Schatz zu finden? Möglich wäre es ja ... Immerhin hat Jack mal erwähnt, dass dieses Buch niemals zuvor in einer Hand einer Frau gelangt war. „Er schreibt ja nicht dass es ein Piratenjunge ist. Er hält sich neutral und erwähnt nur das ‚Kind‘.“ Amüsiert beobachtete er wie in Jenn erneut die Abenteuerlust in den Augen aufleuchteten. Ja, genau so hatte er sie kennengelernt.
 

„Gut und was könnte er mit der Schildktröte meinen?“ Jack dachte nach. „Ich weiß es nicht. Wie lautete nochmals der Satz?“ Er blickte über Jenns Schulter während sie ihn nochmals laut vorlies. „Er heißt: ‚Die Schildkröte war eine gute Idee!‘“ Wer oder was ist die Schildkröte?“ Beide schauten sich fragend an. Wie es aussah, konnte es noch ein langer Tag werden ...
 

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Die Dunkelheit war schon eine gute Zeit lang hereingebrochen und auch die Kerzen die sie angezündet hatten, waren mittlerweilen fast heruntergebrannt. Sie hatten den ganzen Tag versucht hinter die einzelnen Begriffe zu kommen und was der Captain damit wohl gemeint haben könnte. Jenn saß zwischenzeitlich nur noch mit Hose und einem langem Hemd darüber bekleidet auf dem Bett und Jack lehnte sich mit dem Stuhl nach hinten. Die Ärmel hatte er nach oben gekrämpelt. „Also nochmal, eine Person kommt in Frage?“ Jenn rieb sich erschöpft mit der Hand über das Gesicht. „Ja, vielleicht hat derjenige ja so einen seltsamen Kopf, das der beinahe aussieht wie eine Schildkröte?“ Er brachte das mit soviel ernst rüber, dass sich Jenn nicht einmal sicher war, dass er das vielleicht auch WIRKLICH ernst meinen könnte. „Du willst mir also sagen, wir müssen nach einem Mann ausschau halten, der wie eine Schildkröte aussieht??“
 

„Nicht?“ Er drehte seinen Kopf leicht nach links und schaute sie schräg an. „Nein Jack, das ist doch Blödsinn! Wo willst du denn bitte nach so einem Mann suchen??“
 

Jack zuckte nur mit den Schulter und schritt zum Fenster. „Keine Ahnung, vielleicht sind wir ihm näher als wir vermuten ...?“ Er runzelte mit der Stirn und richtete seinen Blick auf das Festland, welches sich vor ihm bot. Bei der Anblick der Insel wurden seine Augen groß. „JENN! TORTUGA!“
 

„Tortuga ...?“ Sie brauchte einen Moment bis sie verstand was Jack meinte. „NA KLAR! Tortuga ist die Schildkröte! Es war eine gute Idee es dort zu verstecken! Das meinte er damit!“ Zufrieden setzte sie ein Grinsen auf bis sie an die restlichen Zeilen dachte. „Aber was meint er dann mit einer Hexe?“
 

„Das, meine Liebe, werde ich dir zeigen!“ Er grinste sie geheimnisvoll an und Jenn fragte sich mal wieder ob diese Reise wirklich eine so gute Idee gewesen war. Zumindest, die Reise mit Jack Sparrow anzutreten ...

Kapitel 14 - Voodoo und andere Zaubereien

Jack rannte die Stufen hinauf und flog schon beinahe durch die Türe auf’s Deck. Erschrocken sprang Gibbs ein Stück zur Seite. „Sachte Captain, sonst rennst du mich noch um!“ Kurz orientierungslos schaute Jack nach links und recht und schlug dann mit den Händen in der Luft die Richtung zum anderen Ende des Schiffes ein. Sein Blick fiel auf Tortuga. Gibbs, der ihn mal wieder mit fragenden Blicken hinterher schaute, stellte verwundert fest, dass auch Jenn mit Elan die Treppen hinauf rannte und Jack auf das Deck folgte. „Was zum Geier ...?“ Der Anblick der beiden war auch zu merkwürdig. Jenn war halb bekleidet, die Haare standen in alle Richtungen, das Hemd hing aus der Hose und Jack sah auch nicht gerade wie aus dem Ei gepellt aus. Was die beiden wohl wieder unter Deck angestellt hatten ...?
 

„Jack, was willst du mir zeigen?“ Außer Atem kam sie bei ihm an und stütze sich erschöpft mit den Händen auf den Knien ab. Er war gerade dabei, zwei seiner Leute herzuwinken und mit ihnen ein Beiboot zu Wasser zu lassen. „Wir segeln zum Ufer!“
 

„Zum Ufer? Was sollen wir denn schon wieder am Ufer?“ Sie packte ebenfalls ein Seil und half den Männern mit den Booten. „Der Hexe einen Besuch abstatten, die im Buch erwähnt wird. Hast du es dabei?“
 

Jenn nickte und legte ihre Hand auf ihre Tasche, die um ihren Körper geschlungen war. Ohne das Buch ging sie nirgends wo mehr hin. „DU kennst eine Hexe?“
 

„Ja, erstaunt dich das etwa?“ Jenn überlegte kurz. Nein, eigentlich erstaunte sie bei Jack nichts mehr so wirklich ...
 

„Nein, eigentlich nicht.“ Er zwinkerte ihr zu, stieg in das Boot und streckte ihr hilfbsbereit seine Hand entgegen. „Danke, ich schaff das auch alleine!“ Gerade wollte Jack erwidern, dass der Boden doch ziemlich rutschig sei, als Jenn auch bereits mit dem Fuß ausrutschte und rücklings in das Boot hineinstürzte. „Ouuhh ...“ Schmerzvoll rieb sie sich den Rücken. ‚Oh man, warum muss das immer mir passieren?‘ Unter dem Lachen der restlichen Crewmitgliedern setzte sich Jenn vorsichtig auf ihren Platz. Ihr Wangen bekamen dadurch wieder diese störende, leicht rötliche, Farbe. „Ich habe dich gewarnt ...“ Auch Jack konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und erntete dafür gleich einen bösen Blick von Jenn. „Du musst lernen dich richtig zu bewegen. Auf dem Meer ist es nicht wie auf dem Land. Das ist mir auch nicht ganz geheur ...“
 

„Was?“
 

„Na das Land!“ Jenn wollte gerade ansetzen und ihn fragen ob er sich deshalb so merkwürdig bewegte, fand es aber für das Beste, doch den Mund zu halten. Immerhin hatte sich seine Art zu gehen mal wieder bewiesen. „Woher kennst du die Hexe Jack?“ Während Gibbs und die anderen drei Männer ruderten, hielt Jack seinen Blick auf den Kompass gerichtet. „Hmm?“ Gedankenversunken starrte er den Zeiger an, der mal wieder in die falsche Richtung zeigte. Zumindest seiner Meinung nach ... „Ich hab dich gefragt woher du sie kennst!“
 

„Wen Liebes?“ Sein Blick war immer noch auf dem Kompass gerichtet. Jenn stöhnte auf.
 

„DIE HEXE!“ Erst jetzt richtete er seinen Blick wieder auf Jenn. „Ach so!“ Er klappte den Kompass zu und lies ihn wieder in seine Hosentasche gleiten. „Durch unverhoffte Zufälle und einer Verkettung unglücklicher Taten, die nicht durch mich ausgelöst wurden!“
 

„Ähm ... ja?“ Jack seufzte auf. „Ist doch egal woher ich sie kenne, tatsache ist, DASS ich sie kenne und wir nun auf dem Weg zu ihr sind, um hinter das Geheimniss zu kommen, dass wir nicht wüssten, wenn ich die Hexe nicht kennen würde, klar soweit?“
 

Nein, für Jenn war nichts klar. Aber sie hatte auch keine Lust mehr weiter zu fragen. Durch Jacks Erklärung war alles nur noch verwirrender geworden.
 

Sie ruderten eine gute Stunde an der Küste entlang und Jenn befürchtete bereits, dass sie nichts mehr sehen würde, außer den weißen Strand. „Jack, wie lange soll das noch so gehen? Wann sind wir endlich da?“
 

„Ach, bald! Keine Sorge Liebes.“ Sie machte sich aber Sorgen. Sie wusste nur noch nicht, ob sie sich mehr Sorgen um sich, oder um Jacks zeitweis, merkwürdiges Verhalten machen sollte. Immerhin hatte er ja auch helle Momente. Aber seit er wieder auf diesen Kompass gestarrt hatte, war er wieder wie ausgewechselt und geistesabwesend. „Sag mal Jack, was ist das eigentlich für ein Kompass den du die ganze Zeit anstarrst und verfluchst?“ Irritiert schüttelte er mit dem Kopf. „Kompass? Was für ein Kompass?“
 

„Jaaaack!“
 

„Ach DIESEN Kompass ... nun ja, eigentlich geht es dich ja nichts an, aber ...“ Er zog den Kompass aus seiner Tasche und warf einen Blick darauf. „Dieser Kompass ist kein gewöhnlicher Kompass!“ „Nicht?“ Bevor Jack etwas sagen konnte, hatte Jenn ihn auch schon in ihrer Hand. Verzweifelt verfolgte er ihn noch mit seinen Händen, doch Jenn wich ihm aus und öffnete ihn. Sie machte ein enttäuschtes Gesicht. „Hm ... stimmt, der ist nicht gewöhnlich. Der ist kaputt denn er zeigt nicht nach Norden!“

Jack protestierte. „Der ist nicht kaputt! Das ist Absicht. Dieser Kompass zeigt nicht nach Norden, weil er auf das zeigt, was man am Meisten begehrt!“
 

Jenn schaute Jack an und lachte auf. „Das ist jetzt nicht dein Ernst oder?“ „Warum nicht?“ Sie klappte ihn nochmals zu, schüttelte ihn – dass Jack wieder besorgt die Hände nach ihm ausstreckte – und öffnete ihn ein zweites Mal. „Der muss kaputt sein!“ Sie runzelte die Stirn. Ihr Blick wanderte zwischen Jack und dem Nadel hin und her. Was sollte das? ‚Wieso zeigt er auf Jack?‘
 

„Zeig mal her!“ Er beugte sich vor und warf von oben einen schiefen Blick auf die Nadel. Er drehte sich kurz um und grinste zufrieden. „Der ist kaputt Jack! Garantiert!“ Schmollend klappte sie ihn wieder zu.
 

„Nein ... ist er nicht.“ Irritiert schaute sie ihn an. „Schau mal!“ Er drehte sich um und zeigte auf eine große Hütte die in einer dunklen Ecke des Flusses stand. Jenn schaute sich erschrocken um. Sie hatte überhaupt nicht mitbekommen, wie sie das Meer verlassen hatten, und auf den kleinen Fluss abgedriftete sind. Zwischen den Palmen, die am Flussufer standen, schien etwas Mondlicht hindurch. Das meiste Licht jedoch, kam von den Fackeln, die vor der Hütte im Boden steckten. „Wie sind wir hier verflixt nochmal hergekommen? War ich so abwesend, dass ich das nicht mitbekommen habe???“ Verwirrt schaute sie sich um. „Tja Liebes, das nennt man ‚Zauberei ...‘. Bei dem Wort Zauberei musste Jenn schlucken. Eigentlich hatte sie nie an so einen Hokuspokus geglaubt. Doch seit sie Jack kannte, war irgendwie alles möglich ...
 

Langsam legten sie am Steg an und banden das Boot daran fest. Jenn bekam ein flaues Gefühl im Magen. Irgendetwas war an diesem Ort seltsam. Die anderen Crewmitglieder schienen das ganze bereits zu kennen und machten ein sorgloses Gesicht. ‚Ich wäre auch gern so entspannt.‘ Sie seufzte. Ihr Blick fiel auf Jack. Er dagegen schien schon etwas angespannter zu sein. Er hatte wieder diesen wachsamen Blick, den sie schon öfters bei ihm beobachtete, wenn er das Gefühl hatte, dass die Sitation nicht mehr allein in seinen Händen lag. „Dann lasst uns mal rein in die gute Stube!“
 

Jack drückte mit Kraft gegen die Türe und ein unangenehmes quitschen durchdrang den Raum. Alle hoben sich schützend die Ohren zu. Bis auf Jack. Dieser stand etwas nervös im Raum und hielt nach irgend jemandem aussschau. Jenn dagegen stand mit offenem Mund im Zimmer und bestaunte die Einrichtung. Überall hingen Ketten und Spiegel, Kerzen brannten im ganzen Zimmer und ein stechender Geruch lag in der Luft. Es lag etwas geheimnisvolles im Raum und Jenn überkam der Verdacht, dass Jack mit seiner Zauberei gar nicht mal so unrecht hatte.
 

„TIA DALMA?“ Jack hielt sich die Hände vor den Mund und rief nach einer Person, die anscheinend diesen seltsamen Namen trug. Jenn konnte sich nicht erinnern, dass Jack diesen Namen bisher in ihrer Gegenwart erwähnt hatte.
 

„Wer ist Tia Dalma?“ Sie flüsterte zu Gibbs rüber der sich nebenher im Raum umsah. „Tia Dalma ist eine Freundin von Jack. Wenn man das so nennen kann. Sie hat ihm schon oft aus der Patsche geholfen.“ Sie wollte gerade nach den ‚Patschen‘ fragen als eine Frauenstimme die Stille durchbrach.
 

„Jaack Spaarooow ...“
 

Jack fuhr herum und starrte in das schwarze, grinsende Gesicht von Tia Dalma. „Tia Dalma! Wie schön dich mal wieder zu sehen!“ Er deutete eine Verbeugung an und küsste ihr die Hand. Jenn zog dabei eine Augenbraue nach oben und ein kleiner Anflug von Eifersucht kam in ihr hoch. Doch bevor sie dieses Gefühl richtig deuten konnte, rief sie sich selber wieder zur Besinnung. ‚Was soll das Jenn! Führ dich nicht so auf wenn er einer anderen Frau die Hand küsst!‘ Und doch ... störte es sie irgendwie.
 

„Was führt dich denn hier her Jack? Glaubst du, ich gebe dir auf deine Frage eine Antwort?“ Sie ging an ihm vorbei und grinste seine Crew an.
 

„Ähm ... Welche Frage meinst du denn Tia Dalma? He hehe ..he ...“ Was war auf einmal mit Jack los? Jenn beobachtet, wie er sichtlich nervöser wurde.
 

„Ohhh Jack ... die Frage die du dir seit einiger Zeit stellst. Seit einer bestimmten Nacht.“ Jack schluckte. „Tia, Liebes, ... wir sind hier weil wir von dir wissen wollen was du über Higgins weißt.“ Tia grinste Jack geheimnisvoll an und schritt an Jenn vorbei. Sie musterte sie von oben bis unten. Nun war es an Jenn zu schlucken und trat eingeschüchtert einen Schritt zurück. „Gute Wahl Jack, gute Wahl!“
 

„Wahl? Was für eine Wahl?“ Irritiert schaute sie erst Tia, die vor sich hingrinste, dann Jack an, der nur mit den Schultern zuckte und ein Zeichen mit den Händen machte, das wohl heißen sollte, dass Tia verrückt war. „Was willst du genau wissen Jack?“ Ruckartig drehte sie sich zu ihm um und er lies seine Hände hinter dem Rücken verschwinden. „Was weißt du über Higgins. Was wollte er hier?“ Er setzte sich auf einen Stuhl und schaute sie abwartend an. „Nein, nein, nein Jack. Misch dich da nicht ein! Das ganze geht nicht gut aus!“
 

„Ach Tia Dalma, du siehst alles viel zu schwarz!“ Er wedelte abwertend mit der Hand. Jenn dagegen hatte das Gefühl, dass man ihre Warnung ernst nehmen sollte. „Jack! Du hast ja keine Ahnung worauf du dich da einlässt! Und vorallem, wen du alles damit in Gefahr bringst!“ Sie stürmte auf Jack zu und kam mit ihrem Gesicht gefährlich nahe an seins heran. So, dass Jack ein Stück nach hinten wich. „Ich habe schon schlimmes mitgemacht, das weißt du.“ „Ja, ja! Ich kenn deine Abenteuer!“ Sie lies wieder von ihm ab und ging zu einem großen Schwarzen Kessel, der dampfend auf einem Feuer stand. Nun konnte Jenn auch sagen, woher dieser beißende Geruch kam.
 

„Vielleicht hast du schon schlimmeres mitgemacht Jack, aber hat auch sie das?“ Sein Blick fiel auf Jenn, die ihn nur mit fragenden Augen anschaute. Tia hatte Recht. War Jenn überhaupt in der Lage so ein Abenteuer durchzustehen? Hätte er vielleicht doch anders handeln sollen und ihr das Buch einfach abnehmen und verschwinden sollen?
 

„Aaah, du hast zweifel Jaaack.“ Tia Dalma grinste über das ganze Gesicht und schaute ihn durchdringend an.
 

„Tia, mach dir keine Sorgen, sag uns einfach nur was du weißt, ja?“
 

Tia verzog das Gesicht. Ihr war es überhaupt nicht Recht, dass Jack einfach so das Mädchen überging. „Na gut, wie du willst, Jack ...“
 

Zufrieden nickte er ihr zu. „Vor vielen Jahren kam ein Captain zu mir. Ein großer Seefahrer und Herr der Meere. Er hatte von einem Ort gesprochen, der für normalsterbliche nicht so einfach zu erreichen sein sollte ... Ich hatte ihn gefragt, wofür er solch einen Ort benötigte.“
 

„Und? Was hatte er gesagt?“ Sie drehte sich zu Gibbs um, der diese Frage gestellt hatte und trat auf ihn zu. „Das wollte er mir nicht sagen. Aber ich habe es eh schon gewusst. Tia Dalma weiß alles.“ Sie grinste Gibbs an und ging zu Jenn hinüber. „Doch ich konnte ihm nur sagen, was er für dieses Versteck benötigt, nicht aber wo es sich befindet. Selbst ich weiß das nicht.“ Entäuscht maulte Jack aus der Ecke hervor. „Wenn du es nicht weißt, wer dann?“
 

„Das Buch Jack!“ Bei dem Wort Buch riss sie ihre Augen auf und fuchtelte mit den Händen durch die Luft. Jack schmunzelte in sich hinein. Mal wieder legte sie mehr Dramatik in die Sache, als es eigentlich nötig war. „Das Buch hat uns aber nicht geholfen Tia!“ Nun war es an Jenn die sich einmischte und Tia Dalma musterte das Mädchen erneut. „Gib es mir!“ Sie streckte ihre Hand nach Jenn aus und unentschlossen blickte sie zu Jack. Dieser nickte ihr einstimmend zu. Tia konnte man vertrauen. Etwas widerwillig griff sie in die Tasche und gab Tia das Buch in die Hand. Ihr fiel auf, dass sie das selbe Gesicht machte wie Jack, als er es zum ersten mal in den Händen gehalten hatte. Irgendwie ... so fasziniert? Bewundernd drehte Tia Dalma es im Kerzenlicht, so, dass wieder ein goldener Schimmer durch den Raum drang. Tia verfolgte diesen Schimmer und war nicht einmal sonderlich überrascht, als er auf Jenn zeigte. „Öffne es!“ Sie streckte es ihr wieder entgegen. ‚Geben, nehmen, wieder geben ... kann die sich mal entscheiden?‘ Mit hochgezogenen Augenbrauen nahm sie ihr das Buch ab. Tia sah ihr die Verwirrung an. „Nur du kannst es öffnen Schätzchen.“ Jenn bekam große Augen. „Nur ich? Wie das denn?“ Verwirrt wanderte ihr Blick zwischen Jack und Tia. „Du bist die Auserwählte. Zu dir ist das Buch gekommen. Das Gold lügt nie ...“ Ihr Blick blieb an Jack hängen der nur entschuldigend die Hände hob. Jenn war sauer. Wieso hatte Jack ihr das nicht gesagt? Er hatte es die ganze Zeit gewusst. Sie warf Jack noch einen kurzen bösen Blick zu und öffnete dabei das Buch. Alle starrten gespannt auf Tia Dalma, ob sie vielleicht was anderes herausfinden würde als Jack und Jenn das bereits getan hatten.

Kapitel 15 - Veränderungen

„Wie weit ist es noch Commodore?“ Seht Ihr schon etwas?“ Ein junger Wachmann, von gerade mal 19 Jahren, kniff seine Augen zusammen und versuchte in der Ferne etwas zu erkennen, während sein Vorgesetzter durch das Fernrohr schaute. „Ja, ich sehe die Insel, George.“
 

„Und die Black Pearl?“ Neugierig starrte er auf’s Meer. Tortuga musste noch ein gutes Stück entfernt sein, da er sie noch nicht mit bloßem Auge erkennen konnte. „Ersten kann man die von so einer Entfernung nicht erkennen, und zweitens wird Sparrow nicht so bescheuert sein und mitten im Hafen mit seinem Schiff anlegen!“ Genervt klappte Henry das Fernrohr zusammen. „Glaubt Ihr, wird finden dort Sparrow?“
 

„SELBSTVERSTÄNDLICH!“ Mit diesen Worten lies er ihn stehen und ging auf die andere Seite des Decks. George sah seinem Captain noch hinterher. Er wusste, dass die ganze Situtation äußert riskant war. Und daher auch die Nerven seines Vorgesetzten ziemlich strapaziert wurden.
 

„Macht Euch bereit! Wir legen bald an!“ Hastig rannten alle Männer auf der Interrceptur umher und begannen die Segel und Boote fertig zumachen. Es waren an die 50 Mann die Wels mitgenommen hatte. Bei Jack Sparrow musste man auf alles gefasst sein. Man durfte ihn nicht unterschätzen, das wusste er.
 

Mit traurigem Blick schaute er in die Richtung, in der sich seine geliebten Verlobte in den Händen von diesem Piraten befand. ‚Arme Jenn, halte durch. Bald befreie ich dich von diesem Halunken. Und er wird dafür büßen was er dir angetan hat!‘ Er schloss die Augen und sah das lachende Gesicht von Jenn vor sich. ‚Du bist nicht freiwillig mit Liebste, das weiß ich. Das würdest du mir und deinem Vater nicht antun.‘ Er seufzte. Nein, das konnte sie ihm einfach nicht antun. Aber warum hatte sie sich nicht gewehrt als er in Port Royal sie mit sich gezogen hatte? Er war doch bei ihr gewesen. Er hätte sein Leben für sie eingesetzt, nur um ihres zu schützen. Eine tiefe Trauer umfing sein Herz, als er über die Sache nachdachte. Er liebte Jenn über alles und konnte sich ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen. Sparrow würde dafür büßen, dass seine Verlobung wegen diesem Halunken verschoben wurde. Er würde ihn finden, und wenn er ans andere Ende der Welt segeln musste. Und bald, ja sehr bald, würde er sie wieder in seine Arme nehmen können.
 

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Tia Dalma stand schweigend über das Buch gebückt und betrachtete die leeren Seiten. Keiner im Raum traute sich etwas zu sagen, aus Angst, man könnte Tia bei einer wichtigen Meditation stören – oder so etwas Ähnlichem. Leise klimperten an der Decke hängende Windlichter und Ketten aneinander, die durch einen leichten Luftzug zum Schwenken gebracht wurden. Jenn konnte dieses Zuhause nicht wirklich als gemütlich bezeichnen und war bei dem Gedanken froh, es bald wieder verlassen zu können.
 

„Jack?“
 

„Hmm?“ Er richtete sich von seinem Stuhl auf und trat neben Tia Dalma. Neugierig schaute er über ihre Schulter. „Siehst du etwas?“
 

„Nein, aber ich möchte dass du mir die Tinte bringst, die dort hinten steht.“ Er runzelte mit der Stirn und ging zu dem Regal, in dem sich ein kleines, gläsernes Fässchen befand, welches mit schwarzer Flüssigkeit gefüllt war. Er streckte es ihr hin und sie öffnete den gläsernen Verschluss. Vorsichtig goss sie die Tinte in die erste, unbeschriebene Seite.
 

„NEIN!“ Gleichzeitig schrien Jack und Jenn und machten einen Schritt nach vorne. „Nicht doch! Ganz schlecht! Ganz schlecht!“ Doch zu der Verwunderung der Beiden verschwand die Tinte wie von Zauberhand und zurück blieb nur die leere Seite. „Was war’n das eben?“ Gibbs, der sich etwas hinter Jimmy gehalten hatte, streckte nun seinen Kopf nach vorne um besser sehen zu können. „Die Tinte ist verschwunden!“ Auch Jenn war überrascht. „Passt auf!“ Tia hob beide Hände zur Seite und hielt den Blick auf das Buch gerichtet. Wieder geschah etwas, was keiner für Möglich gehalten hätte. Es wurden Buchstaben auf dem Papier sichtbar. „Da steht etwas ...“ Jenn kam einen Schritt näher und las den Text laut vor.
 

„Wenn du diese Zeilen gelesen hast, bist du einen Schritt weiter.“
 

„Na toll ... nur einen Schritt?“ „PSST Jack!“
 

„Du hast gewusst an wen du dich wenden musst, um hinter das Geheimnis des Ortes zu kommen. Das nächste Ziel wird für dich die Isla de Muerta sein. Wenn du den spitzen Steinen folgst wirst du bald dein Ziel erreicht haben. Aber nur, wenn du den Schlüssel findest.“
 

„Welchen Schlüssel? Wir haben keinen Schlüssel!“ Genervt lies sich Jack wieder auf den Stuhl fallen und starrte betroffen zur Decke. Jenn dachte nach. Wenn er von einem Schlüssel sprach, dann musste er das doch vorher bereits mal in dem Buch erwähnt haben ... „Das silberne Ding! Das ist damit gemeint!“
 

„Na toll, und wo sollen wir nach diesem silbernen Ding suchen Liebes?“ Mit seinen Fingern klopfte Jack nervös auf dem Tisch herum. „Das kann ich Euch sagen. Higgins hatte es mir verraten.“ Tia Dalma grinste und alle Blicke waren auf sie gerichtet. „Wo hat er den Schlüssel versteckt??“ Nun stand Jack auf und stellte sich neben die Hexe. „Er schreibt es doch! Ihr müsst nur aufmerksam lesen. Aber das ist einfach die Schwachstelle von den Menschen. Sie lesen, und doch lesen sie rein gar nichts!“ Jenn blätterte eine Seite zurück und las nochmals den letzten Abschnitt.
 

„Er redet doch von fließendem Sand. Was könnte er damit wohl gemeint haben?“
 

„Eine Sanduhr?“ Jack schaute Gibbs entsetzt an. „Eine Sanduhr Gibbs??“
 

Entschuldigend zuckte er nur mit den Schultern. „Hätte ja sein können ...“
 

„Ich glaub ich weiß es!“ Verwundert schaute Jack seine Partnerin an. „Du weißt das?“ Tia Dalma ging nah auf Jenn zu und schaute sie durchdringend an. Sie schluckte. „Ja ... ich denke ... ich weiß es ...“ Etwas verunsichert rieb sie sich den Arm. „Ich denke er spricht von Treibsand. Und ich habe mal gelesen, dass es im Inneren der Insel ziemlich viel davon geben soll.“ Tia Dalma lachte auf. „Jack Sparrow. Ich muss wirklich sagen du hast eine ausgesprochen gute Wahl getroffen. Sie ist guuuut.“
 

„Ich würde gerne mal wissen was das immer mit dieser Wahl auf sich hat!“
 

„Gar nichts wird hier gewusst!“ Hektisch drängte sich Jack zwischen Tia Dalma und Jenn und warf der Hexe einen „Du-hälst-den-Mund-Blick“ zu. Diesen Blick erwiderte sie nur mit einem frechen Grinsen. Jenn dageben funktelte Jack wütend an. ‚Was glaub er, wer er ist?‘
 

„Die Auserwählte hat Recht. Es handelt sich um Treibsand. Dort werdet ihr den Schlüssel finden.“ Sie wandt sich von den beiden ab und setzte sich lässig auf einen Stuhl. Jenns Aufmerksamkeit galt wieder Tia Dalma. „Und wo sollen wir dort suchen? Wie gesagt, es gibt dort seeehr seehr viel Treibsand ... und nach was müssen wir ausschau halten?“
 

„Nach Eurem Lebenswillen meine Liebe.“ Bei den Worten der Hexe musste Jenn und auch die restliche Besatzung schlucken. „Wie meint sie das denn?“ ,flüsterte Jenn zu Gibbs rüber, der nur fragend mit der Schulter zuckte. Jack schien sich nicht nähers dafür zu interessieren. Er wusste das Tia Dalma gerne mal zur Übertreibung neigte.
 

„Also auf zur Isla de Muerta! Ich danke dir Tia Dalma für deine Hilfe!“ Er lächelte sie freundlich an und Tia zog dabei eine Augenbraue nach oben. Was war denn das eben gewesen? Ein aufrichtiges Lächeln?
 

Jenn griff nach dem Buch und ging, gefolgt von Jack, mit den anderen zur Türe hinaus. Kurz bevor Jack den Raum verließ, rief ihn Tia Dalma nochmals zurück. „Jack, warte!“ Mit Schwung drehte er sich nochmals zu ihr um. Auch Jenn blieb in der Türe stehen. „Du kannst gehen, ich möchte nur mit Jack reden.“ Sie deutete Jenn an, den Raum zu verlassen. Unsicher schaute sie Jack an der ihr nur zunickte. Widerwillig verließ sie das Zimmer und schloss die Türe hinter sich. „Setz dich!“ Es war weniger eine Bitte, sondern mehr ein Befehl und Jack setzte sich ohne ein weiteres Wort an den Tisch. Tia Dalma nahm gegenüber von ihm platz. „Du wolltest mich sprechen Liebes?“ Desinteressiert spielte er mit ein paar kleinen Knochen, die auf dem Tisch verteilt rumlagen. „Ja Jack, an dir haftet der Geruch von Veränderung.“
 

„Eine Veränderung? Nein, ich verändere nichts.“ Energisch schüttelte er mit dem Kopf. „Jaaaack ... du kannst mir nichts vormachen. Ich weiß was du dich fragst. Setz dich nicht selber unter Druck.“
 

„Ich verspüre keinen Druck ...“ Er wand seinen Blick von ihr ab und starrte auf das brennende Feuer. „Komm schon!“ Genervt lehnte sie sich zurück. „Dein Wesen hat sich verändert, und du willst mir sagen, dass hat sich rein gar nichts mit diesem Mädchen zu tun?“ Sie lachte auf.

„Mit Jenn? Neeein, sie ist nur meine Partnerin. Wir teilen fair. Ich brauche sie nur bis ich den Schatz habe, dann geht jeder seinen eigenen Weg. Du weißt selber, dass das Buch nur der öffnen kann, der dafür bestimmt ist. Und mehr gibt es da nicht zu reden, klar?“
 

Er stand auf und legte einen Hand auf den Türknauff. „Jack!“ Er hielt inne.

„Sei einmal ehrlich zu dir selbst. Ich weiß, der Moment wird kommen wo du dir über alles im Klaren sein wirst. Und wenn du nicht aufpasst, wirst du falsch handeln.“
 

Ohne sich umzudrehen antwortete er ihr und Tia bemerkte eine leichte Trauer in seiner Stimme. Ohne, dass ihm das anscheinend bewusst war. „Nein, Tia Dalma, ich weiß was ich tue. Und vorallem was das Beste für mich ist.“ Und in Gedanken fügte er ein ‚und für Jenn ..‘ hinzu. Ohne ein weiteres Wort öffnete er die Türe und stieg schweigend in das Boot zu den anderen. Interessiert musterte Jenn das Verhalten von Jack. „Was hat sie noch gewollt?“ Es dauerte einen Moment bis Jack ihr anwortete. „Sie gab mir noch einen Rat, den ich befolgen soll.“ „Was denn für einen?“ Sie bekam keine Antwort mehr. Er starrte in die Dunkelheit und schien mit seinen Gedanken wie allzuoft woanders zu sein, ohne diese mit Jenn zu teilen.
 

Tia Dalma saß wärenddessen grübelnd in ihrem Haus und beobachtete durch das Fenster, wie das kleine Boot mit Jack und den anderen hinaus aufs Meer segelte. Er würde noch dahinter kommen. Er brauchte einfach nur Zeit. Aber ob er soviel Zeit hatte, war die andere Frage.
 

Sie wunderte sich auch nicht über sein Verhalten. Abstreiten und Ablenken war schon immer einer seiner Stärken gewesen. Doch auf die Dauer, seine Gefühle abstreiten? War Jack wirklich auch dazu in der Lage? Denn immerhin war es das erste Mal, dass sie solche Gefühle bei ihm spürte und für ihn musste das ganze noch verwirrender sein. Der kühle, unnahbare, verrückte Jack Sparrow war dabei sein Herz an die Auserwählte zu verlieren. ‚Pass auf sie auf Jack. Das Mädchen wird dich bald mehr brauchen, als du denkst.‘ Sie stand von ihrem Platz auf und verschwand hinter einem großen Tuch, in ein anderes Zimmer.

Kapitel 16 - Zusammentreffen

Jack, Gibbs und Jenn waren zwischenzeitlich wieder auf der Pearl angekommen. Gemeinsam saßen sie nun unter Deck, in Jacks Kajüte und besprachen den Kurs zur Isla de Muerta. Eigentlich besprachen nur Jenn und Gibbs den Kurs, denn Jack stand die ganze Zeit schweigend am Fenster und starrte auf seinen Kompass. Die Nadel schwenkte leicht hin und her, zeigte aber im groben auf die Landkarte, um die Jenn und Gibbs gerade herumstanden. Jenn lies sich alles genau erklären, wie man einen Kurs am Besten festlegte und war hellauf begeistert. „Das ist ja toll! Und das alles kann man so berechnen?“ „Aye! Wenn man einmal den Dreh raus hat ...“ „Lass mich mal versuchen!“
 

‚Die Beiden scheinen sich ja hervorragend zu verstehen‘ ,ging es Jack durch den Kopf. Warum war sie bei ihm nie so ausgelassen? Entweder sie stritten sich, oder sie war die kühle, unnahbare Lady, die kaum etwas von sich preisgab. Aber ... war er denn anders?
 

Seufzend klappte er den Kompass wieder zu und drehte seinen Kopf in die Richtung von Jenn, die laut und herzhaft über einen von Gibbs typischen Scherzen zu lachen schien.
 

„Neeeein! Das kann ich mir nicht vorstellen!“
 

„Doch! Du kannst es mir ruhig glauben! Wenn ich Jack nicht rechtzeitig gewarnt hätte, wäre er jetzt Haifutter!“ Jenns Blick fiel dabei auf Jack, der sie immer noch gedankenversunken anschaute. „Jack!“ Wie aus Trance gerissen schüttelte er kurz mit dem Kopf. „Ja Liebes?“
 

„Stimmt das? Du hast Gibbs zu verdanken, dass du kein Haifutter bist?“ Sie ging lachend auf ihn zu und griff nach seinem Arm. Bei der Berührung zuckte er leicht zusammen, so dass ihn Jenn verwundert anschaute. „Alles in Ordnung mit dir?“
 

„Ja! Klar!“ Er steckte seinen Kompass in die Hosentasche und ging an die Landkarte.
 

„Das war alles nur eine Verkettung, unglücklicher Zufälle. Und ich sage, Gibbs übertreibt!“ Er fuchtelte mit den Armen durch die Luft und schaute Gibbs grinsend an. „Aye Captain, wenn du das sagst ...“
 

„Also dann haben wir ja jetzt einen Kurs. Dann würde ich sagen, wir legen morgen früh ab. Allzu lange möchte ich hier auch nicht bleiben. Könnte ja sein wir erleben noch eine Überraschung und dein toller Verlobter kommt uns noch auf die Spur.“ Er rollte die Karte zusammen und steckte sie in die Schublade. „Und was machen wir nun Captain?“ Abwartend schaute Gibbs seine Captain an.
 

Jack grinste. „Was wir sonst auch machen. Wir trinken Rum!“
 

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„Ich fass es nicht! Die Black Pearl!“ Schockiert lies Commodore Wels sein Fernrohr sinken. „Die Black Pearl? Aber sagtet Ihr nicht ...“
 

„Ja, ja! Ich weiß was ich gesagt habe! Anscheinend ist Sparrow doch so bescheuert im Hafen anzulegen ...“ Er schüttelte über den Captain mit dem Kopf. Konnte man so dumm sein?
 

„Und was machen wir jetzt Commodore?“ Wels dachte nach. Das Schiff war voll von Piraten und alles was er wollte, war eigentlich nur Sparrow und seine Verlobte. Aber bestand eventuell die Möglichkeit, dass Sparrow Jenn irgendwo auf dem Schiff gefangen hielt? ‚Das wäre aber nicht typisch Jack Sparrow ...‘
 

„Commodore?“ Von einem Fuß auf den anderen tappsend, stand der junge Wachmann neben seinem Vorgesetzten und wartete auf einen Befehl. „Wir legen an! Aber weiters weg von der Pearl ... ich will Sparrow alleine haben, nicht seine ganze Meute dazu.“ Er stieg die Treppen hinab und rief seine Männer zusammen. „MÄNNER! Achtung! Wir haben die Black Pearl gesichtet!“ Gemurmel ging durch die Reihen, denn jeder Mann kannte die Geschichten der Pearl und alle waren aufgeregt, dass Schiff endlich mal in Natura zu sehen. „RUHE!“ Ein lauter Schrei liesen seine Männer wieder verstummen.
 

„Wir haben die Pearl gesichtet, werden diese aber nicht, ich wiederhole NICHT angreifen. Ich will Sparrow und Miss Tails und niemanden sonst! Wir werden abseit anlegen und abwarten was auf dem Schiff geschieht! Vielleicht ergibt sich ein günstiger Moment, den ich Ihnen aber allen dann mitteilen werde.“ Mit diesen Worten ging er wieder zum Bug und schaute erneut durch das Fernrohr. Doch was sein Auge dort sah, ließ ihn schlagartig wütend werden. „SPARROW!“ Er beobachtete wie Jack mit Gibbs und zwei weiteren Männern von Bord ging. Doch was er danach sah, lies sein Herz einen Sprung machen. Seine geliebte Jenn ging hinter ihnen her. „Warum flüchtest du nicht Liebste ...? Ich verstehe es nicht.“ Er flüsterte diese Worte so leise, dass es schon beinahe Gedanken waren. Sie mussten den Kurs drehen. Dringend! Immerhin bestand die Gefahr, dass Sparrow die Interceptur noch erkannte.
 

„Dreht den Kurs hart Steuerbord! Los!“ Ein Mann rannte ans Steuer und kurbelte so schnell er konnte. Das große Schiff machte einen Schwenker und drehte in die angegebene Richtung ab. „So Sparrwow, du gehst also in die Stadt ...“
 

„Wie sollen wir ihn da finden?“ Wieder stand der jüngere Wachmann neben Wels und schaute ihn fragend an. „Was liebt ein Pirat am Meisten?“
 

„Das Meer?“ „Nein! RUM! Also werden wir ihn überall dort suchen, wo es Rum gibt.“
 

„Das wird auf Tortuga aber nicht einfach sein Captain ... dort gibt es fast an jeder Stelle Rum. Captain?“ Er hörte ihm bereits nicht mehr zu. Er wusste, dass es nicht einfach werden würde ihn zu finden, aber er musste es versuchen. Niemals würde er zulassen, dass seine geliebte Jenn noch länger in den Händen von Jack Sparrow war, als nötig. Und jetzt, da er sie gesehen hatte, schöpfte er neue Hoffnung.
 

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Mitten in Tortuga war in einer Kneipe Hochbetrieb. Lautes Gebrüll, Lachen und Musik tönten in die kleinen Gassen nach draussen. Der Schweiß lief Jenn über das Gesicht, so dass sie es mit dem Ärmel wegwischten musste. Bis eben hatte sie ausgelassen mit Gibbs getanzt. Sie hatte gar nicht gewusst, dass Piraten überhaupt so gut tanzen konnten! Jack, der die ganze Zeit in der Ecke saß, schaute betroffen in seinen Rumkrug. Lachend kamen beide auf ihn zugerannt und Jenn lies sich erschöpft neben ihm nieder. Bei dem vielen Schwung verlor sie das Gleichgewicht und fiel beinahe auf Jacks Schoß. „HUCH! Hihihi ...“ Jack schaute sie kurz an und lächelte knapp. „Ich hab‘ so einen Durst, ich könnte den ganzen Rum hier wegtrinken.“ Sie griff nach seinem Krug und trank fünf kräftige Schlücke daraus, dass Gibbs ganz große Augen bekam. „Mein Gott Jenn, du bist ja wirklich trinkfest!“ Mit einem Ruck knallte sie den Krug wieder auf den Tisch. „Liebes, du solltest nicht so viel trinken. Denk an dein letztes Rumabenteuer.“ Seufzend schaute er in sein Krug und stellte mit bedauern fest, dass er schon fast halb leer war. „Oh Jack! Mach dir keine Sorgen! Ich habe dazu gelernt.“ Sie zwinkerte ihm zu. Bis jetzt konnte er das noch nicht so recht glauben. „Ich mein ja nur ...“ Er hob den Krug und trank einen Schluck. „Komm Jack, lass uns tanzen!“ Immer noch mit dem Krug am Mund, pustete er den Rum fast heraus, dass sich Jenn angewidert ein Stück zurücklehnte. „Ihhh ...“
 

„Du willst, dass ich WAS mache??? Vergiss es Liebes! Klar?“ Grummelnd lehnte sie sich zurück und Jack schnappte ein paar Worte wie „Spießer“ auf, bei denen er dann doch grinsen musste. Das sagte die Richtige. „Aber wenn du dich bewegen willst, kannst du mir gerne noch einen Krug Rum bringen.“ Frech grinsend schielte er zu ihr rüber. „Aber sonst geht’s Euch gut Captain?“ Empört richtete sie sich wieder auf. „Ach komm schon. Du hast immerhin meinen Rum getrunken! Sei nicht so geizig. Du bist reich, ich bin nur ein armer Pirat!“ Bei seinem Einwand musste Gibbs laut lachen.
 

Seufzend gab sich Jenn geschlagen. Sie wollte gerade einwilligen, als eine Stimme die Aufmerksamkeit von Jenn erregte. „Mylady? Gebt Ihr mir die Ehre und tanzt dieses Lied mit einem bescheidenen Mann?“ Stirnrunzelnd betrachtete Jack die Gestalt, die vor Jenn stand und die Hand nach ihr ausstreckte. Er trug einen Hut – welcher Jack auch gut gefallen würde – und ein einfaches, braunes Kostüm. Sein Gesicht konnte man schlecht erkennen, da er den Hut ziemlich tief ins Gesicht gezogen hatte. Doch Jack überkam das Gefühl, dass mit diesem Mann irgendetwas nicht stimmte ...
 

„Oh ... endlich mal jemand mit Manieren!“ Sie warf einen kurzen Blick über die Schulter und schaute Jack an. Dieser prostete ihr nur mit seinem Krug zu. „Aber selbstverständlich Mister ...?“
 

„Oh bitte, verschwenden wir nicht unsere Zeit mit sinnlosen Gesprächen über Namen. Heute abend dürft Ihr mich nennen wie es Euch beliebt.“ Jenn kicherte in sich hinein und im Hintergrund äffte Jack das Gerede des Fremden nach, so dass Gibbs schmunzeln musste. „Du entschuldigst mich Jack? Dein Rum muss wohl noch warten.“ ‚Wieder ganz die alte, kühle Jenn ...‘ Er seufzte auf und musste mit ansehen, wie der Mann sie mit auf die Tanzfläche zog. Zu seinem Widerwillen wurde gerade auch noch ein ruhiges Lied gespielt, was die Distanz der beiden ziemlich reduzierte. Neugierig verfolgte er die Bewegungen der Beiden. Irgendwie eingespielt ... „Aufgeblasener, arroganter A..“
 

„Jack?“
 

„Hm?“ Geistesabwesend gab er Gibbs eine Antwort ohne ihn dabei anzusehen. „Bist du etwa eifersüchtig?“ Gibbs grinste. Schon lange hatte er nicht mehr gesehen wie Jack auf jemanden eifersüchtig war. Hatte er sowas überhaupt schonmal bei seinem Captain gesehen?
 

„ICH? Und Eifersüchtig? Gibbs mein Freund, da müsste ich mehr Rum trinken, dass sowas überhaupt in Frage käme.“ Er nahm nochmals einen Schluck aus seinem Krug und stellte bitter fest, dass dieser nun leer war. Toll ... jetzt musste er dieses Spektakel auch noch ohne Alkohol ertragen ...
 

„Ach ja? Und wieso starrst du dann so extrem, genervt auf die Beiden und verdrehst bei jedem Lachen von Jenn die Augen? Und zu deiner Äußerung muss ich ja wohl überhaupt nichts sagen oder?“ Jack schwieg. Hatte Gibbs Recht? War er etwa eifersüchtig? „Blödsinn, sie ist verlobt! Was soll mich das denn interessieren?“ Gibbs wollte gerade noch etwas zu diesem Thema sagen, als sein Captain plötzlich hochfuhr, und ehe er sich versah, dem Tanzpartner von Jenn das Schwert an die Gurgel hielt. „JACK! Bist du verrückt geworden?“
 

Wahrscheinlich war er es. Denn er wollte sich gerade zu Gibbs Bemerkung äußern, als er mitansehen musste, wie der Fremde Jenns Handrücken küsste und diese darauf hin entsetzt zurückwich. Was sie gesprochen hatten, konnte er nicht hören. Doch als der Mann sie daraufhin näher zu sich zog und um ihre Taille fasste, brannte bei Jack eine Sicherung durch. Er sprang über den Tisch und stoß Jenn, beim Ziehen seines Schwertes, zur Seite. Beschützerisch stellte er sich vor sie hin und hielt das Schwert auf seinen Gegenüber gerichtet. Jenns Herz begann schneller zu schlagen. ‚Das kann nicht sein ...‘
 

„Lang sie noch einmal an und du bist des Todes mein Freund.“ Jacks Gesichtsausdruck verriet jedem, dass er nicht einen Moment zögern würde, seine Drohung wahr zu machen. Doch sein Gegenüber schien das ganze als Lustig zu empfinden und fing an zu lachen. „So sieht man sich also wieder Sparrow. Nett dass Ihr die ganze Zeit auf sie aufgepasst habt, aber nun kommt sie wieder an die Seite, an die sie auch gehört.“ Er hob seinen Kopf und Jack konnte das Gesicht erkennen. Schockiert starrte er den Fremden an, der ihm jetzt allzubekannt vorkam ...

Kapitel 17 - kalte Klingen

Kapitel 17 - kalte Klingen
 

Jenn stand die ganze Zeit geschützt hinter Jack und konnte es immer noch nicht fassen. Warum hatte sie die Stimme nicht gleich erkannt? Erst als der „Fremde“ ihr näher gekommen war und sie die Augen erkennen konnte, war ihr bewusst geworden, dass ihr Verlobter vor ihr stand.
 

„Meine Liebe, endlich habe ich Euch wiedergefunden.“ Er hatte sich nach unten gebäugte, um ihr einen Kuss auf die Hand zu hauchen. Irgendwie kamen Jenn seine Bewegungen vertraut vor. Als er seinen Kopf wieder nach oben gerichtet hatte, konnte sie die blauen Augen ihres Verlobten erkennen. Erschrocken war sie zurück gewichen. „Henry! Ihr hier?“ Bei ihren Worten überkam Wels die Sehnsucht und hatte sie ein Stück näher gezogen. Jenn war so über seine Anwesenheit geschockt, dass sie sich ein wenig von ihm abwenden wollte. Bevor Wels etwas dazu erwidern konnte, war auch schon Jack zwischen sie getreten und hielt Jenn nun beschützerisch hinter seinem Körper.
 

Die Leute in der Bar verstummten. Alle Augen waren auf das spannende Spektakel in der Mitte gerichtet. In Jacks Augen leuchtete etwas auf, was Jenn nicht definieren konnte. „Commodore Wels ... Ihr hier?“ Ein Grinsen machte sich auf Jacks Gesicht breit. Er hatte sie also gefunden ... Wels dagegen starrte Jack wütend an. „Ich bin erstaunt, dass Ihr mich gleich wieder erkennt Mister Sparrow.“ Hämisch funkelte er ihn an. „Ach wisst Ihr, ich bin versucht mir die Gesichter gut einzuprägen, die um mein Leben ächten.“ Ihm war nicht entgangen, dass der Commodore bei seiner Erhängung neben Jenns Vater stand. Zwischenzeitlich war ihm jetzt auch klar, wieso.
 

„Ich bin nur aus einem einzigen Grund hier, Mister Sparrow. Euch dafür hängen zu sehen, was ihr Jenn angetan habt!“ Verwundert verzog Jack den Mund und schaute zu seiner Partnerin. Was hatte er ihr denn angetan? „Ich glaube nicht, dass ich irgendetwas bereuen muss, Commodore!“ ,konterte Jack mit einem arroganten Ton in der Stimme und hob entschuldigend beide Hände zur Seite.
 

„Wie könnt Ihr es wagen ....“ Knurrend blitze er Jack an.
 

„Aufhören!“ Überrascht drehte sich Jack nach hinten und schaute in das entsetzte Gesicht von Jenn. Durch den Moment der Unachtsamkeit zog Wels sein Schwert und hielt es nun ebenfalls in Jacks Richtung. Drohend, ihm die Kehle durchzuschneiden. „Oh ...“ Innerlich ärgerte sich Jack. Wieso musste er sich auch immer ablenken lassen?!
 

„So Mister Sparrow, mal sehen wie mutig Ihr jetzt noch seid.“ Ein Grinsen machte sich auf Jacks Gesicht breit als Wels mit dem Schwert zum Schlag ausholte. Gekont parierte Jack seinen Angriff und holte zum Gegenschlag aus. Die Metalle klirrten aneinander und der Commodore drängte Jack immer weiter zurück. „Na! Was ist? Ich dachte Ihr seid so ein großartiger Pirat!“ Jack wehrte einen weiteren Angriff ab und sprang ausweichend auf einen Tisch. Schmunzelnd stand Wels nun vor ihm und holte mit seinem Schwert aus. Mit einem lässigen Tritt kickte Jack einen Rumkrug in Wels‘ Richtung und der Alkohol spritze ihm in die Augen. „AH VERDAMMT!“ Wels wischte sich mit dem Ärmerl über das Gesicht und versuchte etwas zu erkennen. Der Rum brannte fürchterlich. Jack nutze die Situation und stieß ihn mit dem Fuß ein Stück zurück. Wels kam ins Schwanken und knallte gegen die Holzsäule, wobei sein Hut auf den Boden segelte. Jenn, die direkt hinter ihm stand, hob ihn wortlos auf. Allmählich kam Wels‘ Sehstärke wieder zurück und funkelte ihn nun wütend an. Jack war überrascht und holte ein weiteres Mal mit dem Schwert aus. Der Commodore parierte wieder seinen Angriff und wehrte auch die weiteren Schläge ab. „Ihr seid gut, Commodore!“ Wieder machte sich ein Grinsen auf seinem Gesicht breit. Wie lange hatte er keinen so guten Kämpfer mehr vor sich gehabt? „Ihr solltet mich nicht unterschätzen Sparrow. Glaubt ihr wirklich, ich lasse es zu, dass ihr Jenn ein weiteres Mal entführt?“ Jack verschwand hinter einer Säule und schaute abwechselnd auf der rechten und auf der linken Seite vorbei. Gleichzeitig ging der Kampf weiter und die Schwerter lieferten sich einen unerbittlichen Kampf. „Oh bitte, Ihr glaubt doch nicht im Ernst, ich lasse mich soweit herunter, jemand zu entführen?“ Er trat hinter der Säule hervor. „Und ob ich das glaube! Ich habe es ja mit eigenen Augen gesehen!“ Die Schwerter schlugen aufeinandern und verkeilten sich. Gesicht an Gesicht standen sie sich nun gegenüber. Nur die Klingen trennten die Beiden noch voneinander. „Vielleicht verfolgt mich Eure junge Verlobte ja auch freiwillig, weil mein Charme so unwiederstehlich ist? Habt Ihr schon einmal daran gedacht?“ Der Commodore hielt inne. „Wieso sollte sie?“ Jack grinste. „Tja, mein lieber Commodore, anscheinend teilt sie mit Euch nicht so viel wie ihr denkt.“
 

Konnte das sein? Jenn war mit diesem Priaten freiwillig mitgegangen? Betrügt sie ihn vielleicht doch?
 

„NEIN!“ Wütend sammelte er seine letzte Kraft und drückte Jack nach hinten. Dieser trat auf den Krug, welchen er zuvor vom Tisch getreten hatte, und rutschte darauf aus. Wels nutze die Chance und holte mit dem Schwert aus. Ein entsetzer Schrei entdrang Jenns Kehle.
 

„NEEEEEIN!“ Auch Gibbs rannte nun zu seinem Capain. „JACK?“
 

Jack sank auf die Knie und stütze sich mit einer Hand auf dem Boden ab. Mit der anderen fasste er sich an die Taillie und schaute kurz drauf in seine Handfläche. Blut!
 

„So, Mister Sparrow. Ich würde sagen, der Kampf ist entschieden. Kommt ihr freiwillig mit oder soll ich Euch hier verbluten lassen?“ Jack griff sich wieder an die Seite und stöhnte schmerzvoll auf. Sonst war er doch auch nicht so ungeschickt ... Der Commodore hatte ihn durch einen Moment der Unachtsamkeit besiegt. Wie ärgerlich! Er spührte wie der Schmerz durch seinen Körper fuhr und kniff die Augen zusammen. Das Nächste was er hörte, war ein lautes Klirren und einen dumpfen Aufschlag auf dem Boden. Langsam öffnete er die Augen. Mit verwundertem Blick musste er feststellen, dass der Commodore leblos und mit geschlossenen Augen vor ihm lag. Als er seinen Blick ein wenig hob, sah er Jenn, die zitternd einen braunen Henkel von einem Rumkrug in der Hand hielt. Der Rest des Kruges lag verteilt auf dem Boden. „Oh mein Gott ... ich habe meinen Verlobten mit einem Krug erschlagen!“ Entsetzt lies sie den Henkel fallen und schlug die Hände vor den Mund. Mühsam versuchte Jack aufzustehen. Schmerzvoll schrie er auf und sackte wieder zusammen. Erst jetzt fasste sich Jenn und rannte auf Jack zu, um ihm hoch zu helfen. „Oh Gott Jack, bist du schwer verletzt?“ „Nur ein Kratzer, Liebes ... uhh ...“ Auch Gibbs trat nun auf die andere Seite und half seinem Captain wieder auf die Beine. Besorgt musterte er das schmerzdurchzogene Gesicht.
 

Durch den aufregenden Kampf hatte sich zwischenzeitlich auch die ganze Gaststube dran beteiligt und ein lautes Getümmel war ausgebrochen. Schwer atemend schleppten Jenn und Gibbs den verwundeten Jack Richtung Ausgang. „Nein ... nicht da raus. Hinten raus ...“ Der Schweiß lief ihm über das Gesicht und vor seinen Augen begann das Bild allmählich unscharf zu werden. Mit viel Kraft schafften es die Drei, ungesehen aus der Gaststätte heraus zu kommen und bogen nun in Richtung Strand ein.
 

„Passt auf, vielleicht sind hier irgendwo noch Wels Männer ...“ Erschöpft stütze er sich auf Jenns Schulter ab, die viel Mühe hatte, sein Gewicht zu halten. Gibbs hielt wachsam ausschau und stützte ihn ebenfalls den Weg über ab. „Es ist noch ein gutes Stück zum Schiff.“ Jenn stimmte Gibbs zu. Das würden sie nie alleine schaffen. Dazu war Jack einfach zu schwer.
 

„Was schlägst du vor Gibbs?“ Sie schaute ihn fragend an. „Du kannst Jack nicht den ganzen Weg über tragen. Außerdem müssen wir die Wunde versorgen sonst wird er den morgigen Tag nicht überleben. Deswegen bleibst du bei Jack und ich gehe zurück zum Schiff und hole noch ein paar Männer.“
 

„Und wo sollen wir bleiben? Wir stehen hier mitten auf der Straße! Du glaubst doch nicht, dass ein Krug mit Rum meinen Verlobten aufhalten wird, mich zu finden??“ Nein, dieser Gedanke war wirklich absurd und sie schüttelte mit dem Kopf. „Gut, dann tragen wir ihn zumindest bis zum Strand. Dort könnt ihr Euch dann im Schutz der Palmen hinlegen. Aber den ganzen Weg wird er nicht packen.“
 

„Doch mein Freund, das schaff ich schon!“
 

„Jaaa klar, und ich bin ein Affe. Keine Wiederrede Jack!“ Zwar protestierte Jack noch den ganzen Weg über und beteuerte dass es ihm gut ginge, doch Jenn und Gibbs ignorierten seine Proteste einfach und schleppten ihn noch ein gutes Stück den Strand entlang, bis Gibbs eine passende Stelle gefunden hatte. Jenn war überrascht. Sie war wirklich gut geschützt. Die Palmenblätter reichten bis zum Boden und viele Büsche standen gut verteilt auf der Erde. Zu ihrem Glück lag auch noch etwas abseits ein altes, kaputtes Beiboot, an welches sie Jack vorsichtig mit dem Rücken anlehnen konnten. Langsam lies er sich an der Wand heruntergleiten und blieb nun erschöpft sitzen.
 

„Bleibt ihr hier! Ich gehe zum Schiff und hole noch zwei Männer!“ Er war gerade dabei sich umzudrehen als ihn Jack zurückrief. „Gibbs?“
 

„Aye Captain?“ Wartend blickte er Jack an. „Wels Männer sind hier bestimmt irgendwo. Er war zwar alleine in der Bar, aber ich glaube nicht, dass er auch alleine gereist ist. Dazu wäre er viel zu feige!“
 

„HEY!“ Protestierend schaltete sich Jenn ein doch Jack wedelte nur mit den Händen. „Ja, ja schon gut. Also Gibbs, denk dran!“ Gibbs nickte Jack zu und verschwand in der Dunkelheit. Jenn schaute ihm noch einen Moment hinterher und seufzte auf. Warum musste alles immer nur so kompliziert sein? Hätte Henry nicht einfach Zuhause um ihr Leben bangen können? Während sie in die Dunkelheit starrte, schrie Jack plötzlich auf. Erschrocken fuhr sie um und legte ihre Hand auf seine Schulter. „Alles in Ordnung? Jack? Was tut dir weh? Kann ich dir helfen?“ Doch Jack grinste sie nur an. „Ja, du kannst diese Wurzel entfernen auf der ich gerade sitze. Die ist ziemlich unbequem ...“ Wütend fuhr sie ihn an. „Mach das NIE wieder! Ist das klar? Ich dachte schon du stirbst mir gleich weg oder so!“ Jack lachte auf. „Oh Liebes, da muss schon mehr kommen als dein merkwürdiger Verlobter, der Captain Jack Sparrow bis zum Tode besiegt!“
 

Jenn musste schmunzeln. „Ach ja? Wäre ich nicht gewesen hättest du schon vor ein paar Tagen unter der Erde gelegen, mein LIEBER.“ Mal wieder war Jack so von sich selber überzeugt, dass er Tatsachen einfach mit seiner Art von Wahrheit austauschte. „Pfff ... wenn du nicht gewesen wärst, dann hätte ich halt ein paar Minuten länger am Seil hängen müssen. Meine Crew hätte mich trotzdem gerettet.“ Lässig fuchtelte er mit seiner Hand in der Luft herum. „Wenn du meinst ...“ Beleidigt drehte sie sich weg. Erst jetzt fiel Jack auf, dass er ihr noch überhaupt nicht dafür gedankt hatte, dass sie ihn befreit hatte.
 

„Danke ....“
 

Verwundert schaute sie ihn wieder an. „Was?“
 

„Jetzt lass es mich doch nicht tausendmal sagen.“ Genervt verdrehte er die Augen. “Danke ...“
 

„DU bedankst dich? Oh Gott, Jack, geht es dir etwa schlechter? Stirbst du mir weg??“ Ein leichter Anflug von Angst überkam sie. Doch als sie sein grinsendes Gesicht sah, beruhigte sie sich wieder und lächelte nun auch. Für einen Moment herrschte unangenehme Stille zwischen den Beiden. Diese wurde erst durchbrochen, als Jack sich ein wenig bewegte, und ihm dabei ein Schmerzensschrei entfuhr. Besorgt lehnte sich Jenn über seine Brust. „Zeig mal her ...“ Langsam hob Jack seine Hand von der Wunde und Jenn hielt erschrocken die Luft an. Ein langer, tiefer Striemen zeichnete sich auf seinem Körper ab. Die Haut löste sich bereist an den äußeren Seiten der Wunde und es schien, als ob das Blut nicht aufhören wollte zu fließen. Was konnte sie da tun? „Das sieht aber böse aus wenn du mich fragst ...“ Angewidert verzog sie das Gesicht. „Ach?“ Schwer atmend brachte Jack noch eine leichtes Laches heraus und verzog dann schmerzvoll das Gesicht. Die Wunde brannte fürchterlich. „Wasser ... du brauchst Wasser. Du musst die Wunde säubern und anschließend verbinden ...“ Toll! Wo sollte sie jetzt auf die Schnelle Wasser hernehmen? Das Meer war zwar in unmittelbarer Nähe, aber Salzwasser wäre jetzt wohl die schlechtere Methode ... „Warte hier!“ Hastig stand sie auf und rannte in den Dschungel. „KEINE SORGE! ICH LAUF NICHT WEG!“ Lächelnd schaute er auf den lehmigen Boden. Wie demütigend die ganze Situation doch war. Er hatte sich von einem Mann, wie Commodore Wels, im Kampf besiegen lassen und lief nun verletzt und humpelt durch die Gegend. Und wie jedes Mal musste er anschließend flüchten. Jack seufzte. Ob er den Tag jemals erleben würde, an dem er nicht mehr um sein Leben bangen musste? Bei seinen Gedanken musste er grinsen. Wie lächerlich ... Als ob ihm je ein Leben in Ruhe und Frieden vorbestimmt wäre. Er schloss die Augen lauschte dem anliegenden Meer.
 

Jenn ärgerte sich unterdessen über ihren Verlobten und stapfte wütend durch die Büsche. Sie hatte schwer damit zu kämpfen, die Anzahl der Äste, die ihr ins Gesicht schlugen, so gering wie möglich zu halten.
 

Wieso musste Henry auch so gleich so energisch sein? Hätte sie ihm die Situation erklären können, bevor diese Sturköpfe gleich ihre Waffen ziehen, wäre es überhaupt nicht erst soweit gekommen und sie müsste jetzt nicht durch den Dschungel stapfen. „Was hast du dir da nur eingebrockt Jenn ...“ Sie seufzte auf. Und alles nur, weil ihre Neugierde mal wieder gesiegt hatte. Sie konnte es sich auch nicht richtig erklären, aber es störte sie, dass ihr Verlobter auf einmal aufgetaucht war. Er hatte alles durcheinander gebracht und nur unnötig verkompliziert. ‚Was soll ich nur tun wenn ich mich entscheiden muss?‘ Dieser Gedanke war ihr in der Gaststube, während der Auseinandersetzung zwischen Jack und Henry, gekommen. Wenn Henry sie nun mit nach Hause nehmen will? Würde sie ihm folgen? Und was würde mit Jack geschehen? Henry würde ihn niemals am Leben lassen. Zumindest nicht mit der Annahme, dass er sie entführt hatte. Wenn sie ihrem Verlobten aber die Wahrheit sagte, würde sie ihn verletzen und sich dazu noch strafbar machen ... „AAARGH! Wieso musstest du auch in meinem Leben auftauchen Jack?!“ Betroffen lies sie sich auf den Boden fallen, schlang ihre Arme um die Knie und vergrub darin ihr Gesicht. „Blödmann ...“ Ihre Stimme war so leise, dass sie einem Flüstern im Wind glich. Doch sie hatte keine Zeit in Selbstmitleid zu versinken. Sie musste Jack helfen. Sonst würde er noch sterben und bei diesem Gedanken zog sich ihr Herz für einen Moment schmerzvoll zusammen. Sie stand auf und schaute sich ein wenig um, als ihr Blick an einem gebogenen Palmenblatt, welches auf dem Boden lag, hängen blieb. Vorsichtig balancierte sie es hoch. In diesem Palmenblatt hatte sich durch den letzten Regen reichlich Wasser angesammelt. Was für ein Glück! Das konnte sie zum Säubern der Wunde sehr gut verwenden. Mit vorsichtigen Schritten und hoher Konzentration bewegte sie sich langsam mit dem Palmenblatt in der Hand wieder zurück zum Lagerplatz.
 

°-°-°-°-°-°-°-°-°-
 

„Commodore? Commodore?“
 

Licht fiel durch seine schwachen Lieder. Langsam begann sich das Bild vor seinen Augen wieder zusammenzufügen. Sein Kopf dröhnte fürchterlich und die Schmerzen zogen sich durch seinen ganzen Körper. Stöhnend richtete sich Henry auf. „Was ... was ist passiert? Wo ist Sparrow???“ Torkelnd hielt er sich am Tischrand fest und blickte sich im Raum um. In diesem Moment fiel ihm alles wieder ein.

Jenn, der Kampf, die Wunde, die er Sparrow zugefügt hatte ... Nur weshalb er am Boden lag, konnte er sich beim Besten Willen nicht erklären.
 

„Ihr seid niedergeschlagen worden, Sir!“ Wie auf einen Befehl hin, stellte sich der Soldat vor seinem Hauptmann stramm hin. „Niedergeschlagen?? Von wem?? Und wo verdammt nochmal ist Sparrwow und Jenn?“ Wütend griff Wels nach dem Kragen des Soldaten und zog ihn bedrohlich nah zu sich her. Stotternd vor Angst antwortete ihm der Soldat, so gut er konnte. „Ich ... ich weiß es nicht. Niemand weiß es. Ihr ... Ihr habt uns befohlen, draussen zu warten. Wir sind erst hineingegangen, nachdem Ihr nicht mehr aufgetaucht seid. Und wir haben Euch schon am Boden liegend vorgefunden, Sir!“ Wels Gedanken rasten. Wortlos ließ er den jungen Soldaten los, der verzweifelt nach Luft rang. Wer hatte ihn niedergeschlagen? Er war ein geübter Soldat und nicht umsonst Hauptmann der Garde. Wieso hatte er dann niemandem im Rücken stehen sehen, der ihm gefährlich werden konnte?
 

Er spielte in den Gedanken den kompletten Ablauf noch einmal ab. Er hatte sich mit Sparrow ein heftiges Gefecht geleistet. Neben ihm stand die ganze Zeit sein Maat, der zuvor am gleichen Tisch mit ihm gesessen ist. Er konnte es also nicht gewesen sein. Hinter ihm stand niemand besonderes, außer Jenn und diese... Er stockte. Sein Herz verkrampfte sich und es fühlte sich an, als ob er ersticken müsste. Konnte das etwa sein?

„Jenn ...?“

Kapitel 18 – Gefangenschaft

Kapitel 18 - Gefangenschaft
 

Die Nacht war nun völlig über Tortuga hereingebrochen und die Palmen raschelten leise im karibischen Wind. Für einen Moment schaute Jenn den Wellen zu, wie sie immer wieder versuchten, gegen den starken Wind auf dem Meer anzukämpfen, um anschließend am Ufer brechen zu können. Sie schloss die Augen und genoss den warmen Windstrom, der ihr zärtlich um das Gesicht streichelte. Sie seufzte auf und erregte somit die Aufmerksamkeit von Jack.
 

„Mein intuitives Gespür sagt mir, dass dich etwas bedrückt, Liebes.“ Sie öffnete die Augen und schaute ihn an. „Nein, es ist nichts.“ Sie versuchte zu lächeln, sich selbst zu belügen. Doch es wirkte nur gequält.
 

Krafvoll riss sie sich einen Streifen von ihrem Ärmel ab und tränkte ihn mit dem Wasser, aus dem Palmenblatt. Jack‘s Blick war immer noch auf Jenn gerichtet. „Ich glaube dir nicht.“ Er hielt den Kopf schief und grinste sie an. Ohne eine Antwort darauf zu geben, zog sie ihm vorsichtig die Weste aus und griff mit beiden Händen, oberhalb der Schultern, unter das Hemd. Langsam streifte sie es von seiner Haut. Auf dem, von ihr vermutet, makellosen Körper waren weiße Narben und noch nicht ganz verheilte Wunden zu erkennen. Wie es schien, hatte er schon aus vielen Schlachten Verletzungen erlitten.
 

Doch auch diese Narben lenkten Jenn nicht von seinem gut gebauten Oberkörper ab, bei dem sich deutlich die Brustmuskeln abzeichneten. Seine Haut, war neben dem Schmutz und Blut, braun gebrannt und glänzte durch die kleinen Schweißperlen, die sich auf ihr gebildet hatten. Wie in Trance, strich sie mit ihren Fingern über seinen Brustkorb und verlor sich dabei in dem Gedanken, wie diese Verletzungen wohl zustande gekommen waren. Woher sie den Mut aufbrachte, ihn einfach so zu berühren, konnte sich Jenn selbst nicht erklären. Als Jack ihre Finger auf seiner Haut spürte, durchfuhr ihn ein Strom der Wärme, der sich durch die ganze Wirbelsäule zog. Für einen Moment, schloss er die Augen. Und als ob es Jenn in diesem Moment bewusst wurde, was sie dort tat, zog sie schnell ihre Hand zurück und drehte den Kopf wieder dem Meer zu. Jack hatte das Gefühl, dass ihn mit diesem Moment alle Wärme wieder aus dem Körper gezogen wurde und öffnete die Augen.
 

Schweigend wringte sie das Tuch aus und tupfte es vorsichtig auf die Wunde. Bei der ersten Berührung zog Jack scharf die Luft ein. „Keine Sorge ... ich bin vorsichtig.“, beruhigte sie ihn mit einem Lächeln. Zärtlich strich sie mit dem Tuch das restliche Blut weg und säuberte ihn noch von dem Schweiß und Dreck, der sich in den letzten Tagen auf seiner Haut gebildet hatte.
 

Jack beobachtete sie dabei und lehnte seinen Kopf am Boot an. Jede Berührung löste bei ihm ein Kribbeln auf der Haut aus, obwohl sie so vorsichtig und bedacht war, nur mit dem Tuch seine Haut zu berühren. Und das ... ja, vielleicht genau das brachte ihn beinahe um den Verstand. Es war ihm unangenehm, aus Angst, sie könnte seine Empfinden spüren, und doch lies es ihm einen warmen Schauer den Rücken durchfahren, der seinen Schmerz beträchtlich minderte.
 

Ihre Hände zitterten. Sie verfluchte sich im Stillen dafür. Was sollte das? Warum jetzt? Und warum zitterte sie nur so sehr? Auch wie er sie mit durchdringendem Blick anschaute, machte sie beinahe wahnsinnig. Sie bemerkte nicht einmal, wie sie beim Reinigen der Wunde zeitweise die Luft anhielt. Jack entging dies jedoch nicht und musste lächeln.
 

Nachdem die Wunde gesäubert war, riss sie ein weiteres Stück Ärmel ab, welches ein wenig länger war als das zuvor. Sie teilte es ein zweites Mal und band die beiden Enden zusammen. Anschließend wickelte sie den Verband vorsichtig um seinen Körper. „Ich muss sagen Jenn, du bist sehr geschickt, wenn es darum geht einem alten Piraten das Leben zu retten.“ Er lächelte schwach und auch Jenn musste lächeln. „Ach bitte, sooo alt bist du nun auch nicht.“
 

„Täusch dich da mal nicht. Wie alt bist du? 20? 21?“ Er hatte ihr Alter getroffen. „Ich bin 21.“ „Siehst du, da bin ich älter.“
 

Wieder trat ein unangenehmes Schweigen ein. ‚Verflucht nochmal Jenn! Reiss dich zusammen! Du bist doch nicht das erste mal in seiner Gegenwart!‘ Sie begann, sich über sich selber aufzuregen. ‚Wieso, verdammt nochmal, bin ich denn nur auf einmal so nervös??‘
 

Das war sie in der Tat. Die ganze Zeit kaute sie auf ihrer Unterlippe herum bis sie einen leichten Geschmack von Blut im Mund schmeckte. Aprupt hörte sie damit auf. „Was‘ los? Nervös?“ Er grinste. Eine leichte Röte bildete sich auf ihren Wangen. ‚Zum Glück ist es Nacht‘, dachte sie sich erleichtert und leckte sich nochmals über die Lippen. „Nein. Wieso?“
 

„Ich dachte nur.“ Er zuckte mit den Schultern und schaute wieder auf den Boden. „Wo bleibt nur Gibbs? Er müsste schon längst wieder da sein.“ Schimpfend richtete er seinen Blick in die Richtung, in welche Gibbs zuvor gerannt war. Auch Jenn begann sich allmählich Sorgen zu machen. „Vielleicht ist ihm etwas passiert? Und Henry hat ihn gefangen genommen?“ Besorgt runzelte die Stirn. Die Gefahr bestand in der Tat und der Gedanke war nicht einmal so abwägig. „Und alles nur weil dein toller Verlobter meinte, er müsste den Held spielen und dich vor einen fürchterlichen Pirat retten. Uuuhhh!“ Er fuchtelte mit den Händen vor ihrem Gesicht herum und ein Anflug von Wut stieg in ihr hoch. "Wie meinst du das?“
 

„So wie ich es sage!“
 

„Immerhin will er mich retten! Das zeigt zumindest, dass ich ihm was bedeute!!“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte Jack böse an. „Ach? Meinst du? Willst du wissen was ICH glaube?“
 

‚Eigentlich nicht‘, schoss es ihr durch den Kopf. „ICH glaube, er will nur seine Kleine zurück, die er in der Öffentlichkeit zeigen kann. Was hätte ihm besseres passieren können, als mit der Tochter des Gouverneuers verlobt zu sein. Glaubst du es geht ihm da um dich? Wenn ja, Liebes, dann bist du gutgläubiger als ich dachte.“
 

Diese Worten hatten getroffen! Heiße Tränen stiegen ihr in die Augen und ihr Herz krampfte sich zusammen. Von jedem hätte sie diese Behauptungen ertragen. Hätte darüber gestanden, sich verteidigt. Aber nicht von Jack. Nicht, nach all dem was sie bisher gemeinsam durchgemacht hatte. Eine Träne lief ihr über die Wange und sie bäugte den Kopf damit er nicht sah, dass sie weinte. Doch Jack hatte es bereits gesehen und ihn überkam ein Gefühl, welches er zuvor auch noch nie gespürt hatte. Reue ...

„Jenn ...“ Schniefend stand sie auf. Es tat weh. Wieso verdammt nochmal tat es nur so weh?
 

„Jenn? Jenn , du ... du brauchst doch deswegen nicht zu weinen.“ Seufzend legte er die Stirn in Falten. „Ich habe das nicht so gemeint ... Ich meinte nur, dass du dich da vielleicht in etwas verrennst, was nicht gut für dich ist. Ja, du hast Recht, meine Wortwahl war vielleicht nicht die Treffendste ...“ Er fuchtelte mit den Händen in der Luft herum und machte eine kurze Pause. Sie reagierte immer noch nicht. „OHJE! Du WEIßT doch dass ich nicht so gut in solchen Sachen bin, Nicht?!“
 

Leise flüsterte sie ihm ein paar Worte zu, die Jack nun einen Stich versetzten. „Woher willst du wissen was gut für mich ist? Du hast doch gar kein Herz!“ Die Tränen rannten nun unaufhörlich und sie wusste, wenn sie noch länger hier blieb, würde es nur noch mehr weh tun. Sie drehte sich um und wollte rennen. Weg. Irgendwo hin, wo sie in Ruhe nachdenken konnte. Warum fühlte sie sich nur so schlecht? Erschrocken fuhr sie herum, als sie etwas Warmes um ihr Handgelenk spürte. Mit einem Gefühl, welches sie nicht beschreiben konnte, starrte sie in das Gesicht von Jack, der sie mit festen Griff festhielt und sie durchdringend anschaute. Ihr Herz schlug bis zum Hals und sie hatte das Gefühl, dass es ihrer Brust entspringen wollte. Mit einem kräftigen Ruck, den sie ihm in seinem Zustand nicht mehr zugetraut hätte, zog er sie in seine Arme. Halb liegend und halb sitzend war sie ihm nun wieder so nahe, wie damals unter dem Galgen. Dort hatte sie ein solch ähnliches Gefühl verspürt, wie jetzt. Nur, dass es diesesmal viel Stärker war. Eine letzte Träne fand ihren Weg über ihr Gesicht, als sie in die braunen Augen des Captains starrte. Er hielt vorsichtig seine Hand an ihre Wange und strich mit seinem Daumen die letzte verlorene Träne weg. Ihr Atem ging schneller und Jenn befürchtete, dass es ihr den Boden gleich unter den Füßen weg zog. Sein Blick war aufrichtig und warm, dass sie für einen Moment glaubte, zu träumen. Er legte seine andere Hand in ihren Nacken und zog sie sanft, aber bestimmend, zu sich her. Mit Herzklopfen schloss sie die Augen. Während er sich ihren Lippen näherten bewunderte er ihre sanften Züge, ihre reine und weiße Haut und die wohlgeformten Lippen, die er bald mit seinen verschließen konnte.
 

Kurz bevor sich ihre Lippen berührten, hielt er plötzlich inne und drückte sie ein Stück von sich fort. Verwirrt öffnete sie die Augen und schaute ihn an. „Jack ...?!“
 

„Psst!“ Er unterbrach sie ruppig und deutete mit dem Finger an, dass sie schweigen sollte. Erst jetzt löste sich Jenn aus ihrer Starre und wich noch ein weiteres Stück von ihm weg. Erschrocken, von einem lauten Knacken, drehten sich beide um.
 

„So, so ... sieh mal einer an ... Wen haben wir denn da?“
 

Konnte das wahr sein? Oder hatte sie schon Halluzinationen?
 

„Sparrow, mit meiner Verlobten, mitten im Dschungel, bei Nacht ...“ Im strengen Ton richtete er seinen Blick zu Jenn. Was sie in seinen Augen sah, lies ihr das Blut in den Adern gefrieren. Sie waren kalt. Fürchterlich kalt. „Man soll immer dort hin gehen, wo es am schönsten ist. Und das ist zweifellos nicht in Eurer Gegenwart Commodore.“ Grinsend schaute er Wels an. „Sparrow ... wie ich sehe seid ihr verwundet. Dann hat mein Schwert doch sein Ziel gefunden.“ Hämisch lachend, winkte er seine Männer her, die nun das Abenteuerpärchen vom Boden hoben und ihnen Ketten anlegten. „Ja und Ihr habt den Boden gefunden. So, jetzt sind wir ja alle glücklich und versorgt, dann können wir ja gehen? Nicht?“ Der Commodore lachte auf. „Sparrow, Sparrow, Sparrow ... immer noch einen Scherz auf den Lippen was?“ Seine Stimme wandelte sich aprupt. „Die Scherze werden Euch noch vergehen! Spätestens wenn ihr auf Eurem eigenen Schiff gehängt werdet!“ Die beiden schluckten. Sie hatten Gibbs also erwischt. Jenn konnte jetzt nur noch beten, dass er noch lebte. „Du hast der Besatzung doch nicht etwa was angetan, Henry?“ Abwärtend schaute er sie an. Er hatte diese Frau hatte sein Herz, seine Seele geschenkt ... und was tat sie damit?
 

„Los jetzt!“ Ein Wachmann stieß Jenn mit einem kräftigen Ruck nach vorne. Im gleichen Moment schrien die beiden Männer Jack und Herny ‚VORSICHT!‘, was Jack einen vernichteten Blick vom Commodore einbrachte.
 

Mit etwas mehr vorsicht, und teilweise etwas mehr gewalt, wurden Jenn und Jack an Wels vorbeigeschubst. Für einen Moment berührten sich Jenns Hände mit ihrem Verlobten und sie warf ihm einen angsterfüllten, traurigen Blick zu. Sein Herz verkrampfte sich und drohte zu zerbrechen. Wie konnte sie nur? Warum war sie auf die Seite eines Piraten gewechselt? Dazu noch auf die Seite von Jack Sparrow? Die Erinnerung, als er die beiden zusammen am Boot gesehen hatte, drohte ihn innerlich zu zerstören. Sein Magen, sein Herz, seine Arme ... alles hatte sich in diesem Moment verkrampft. Hatte sie etwa wirklich Gefühle für diesen Piraten?
 

Er drehte sich noch einmal um und warf den Beiden einen letzten Blick zu. In diesem Moment drehte sich auch Jenn um und schaute Henry nach, den sie mit aller Sicherheit, ein letztes Mal ihren Verlobten nennen konnte.

Kapitel 19 - Belüg dich nie selbst

Eiskalte Ketten fesselten ihre Armgelenke. Tränen strömten über ihr Gesicht und Jenn wollte in diesem Moment am Liebsten sterben. Sie hatte ihren Verlobten verloren. Ihm Schmerzen zugefügt. Sie hatte sein Leben und seine Ehre zerstört. Und ihn auch noch plötzlich geduzt ... Und alles nur wegen einem Schatz, den sie nun mit aller Wahrscheinlichkeit abschreiben konnten. Genauso wie ihr Leben. Wie sollte sie das ihrem Vater erklären? Vorausgesetzt, sie hatte noch die Gelegenheit dazu mit ihm zu reden. Wenn Henry seine Pflicht als Hauptmann ordnungsgemäß befolgte, würde sie neben Jack den Strick um den Hals bekommen und bald in der Höhe baumeln. Schluchzend brach sie zusammen und lag nun zusammengekauert auf dem hölzernen Boden.
 

Eine Zelle daneben, die durch eine Holzwand getrennt war, saß Jack an der Wand gelehnt und starrte Gedankenverloren zu den Gitterstäben heraus. Wieder einmal saß er im Gefängnis und musste um sein Leben bangen. Der kleine, und entscheidende, Unterschied war dieses mal jedoch, dass er nicht alleine war. Wobei er bezweifelte, dass Henry seine Verlobte neben dem größten, und gutaussehendsten Piraten aller Zeiten hängen sehen mochte, wenn er es nicht einmal ertragen konnte, beide in die gleiche Zelle zu stecken. Jack seufzte. ‚Wenn sie so weitermacht, sag ich wirklich noch ich hab sie entführt. Nur damit dieses Geheule aufhört ...‘ Nicht, dass sie ihm nicht leid täte. Nein, ganz im Gegenteil. Aber sie verdramatisierte, für sich zumindest, die ganze Situation enorm.
 

„JENN?“
 

Ein leises Schniefen kam aus der Nachbarzelle.
 

„JENN VERDAMMT NOCHMAL!“
 

„WAS IST?“ Schluchzend richtete sie sich auf.
 

„Es ist immer noch dein Verlobter. Er würde doch nie zulassen dass du gehängt wirst! Also reiss dich zusammen und überleg lieber, wie wir hier wieder herauskommen!“
 

„Sonst geht’s dir gut oder?? Du glaubst doch nicht etwa, dass ich mich ein weiteres Mal auf eine Flucht einlasse? Neee-heeein, ganz bestimmt nicht!“ Irgendwie fülte sich Jack plötzlich ein wenig Enttäuscht ...
 

Wütend verschränkte Jenn die Arme vor ihrer Brust. Was glaubte dieser Idiot eigentlich? Dass sie sich es nochmal mit Henry verscherze? Bis er sie vielleicht wirklich noch erhängte?
 

„Du kneifst also? So kurz vor dem Ziel?“ Enttäuscht verzog Jack seinen Mund.
 

„Vor welchem Ziel denn Jack? Wir sind noch nicht einmal auf der Isla de Muerta gewesen um herausfinden zu können, wo der Schatz versteckt ist!“
 

„Welcher Schatz?“
 

Stöhnend schloss Jack die Augen. Der hatte ihm gerade noch gefehlt ...
 

„Henry!“ Überrascht sprang sie an die Gitter und schaute ihn mit ihren traurigen Augen an, dass Henry sich zusammenreissen musste, dass er nicht einfach die Zelle aufschloss und sie in seine Arme nahm. „Jenn ... ich denke wir sollten uns unterhalten.“ Zustimmend nickte sie mit dem Kopf. „Ich glaube da hast du Recht ...“ Wieder dieser persönliche Ton. Was war nur los mit ihr? Sie war bestimmt zu lange mit diesen Piraten unterwegs gewesen. Ja, das musste es sein.
 

„Jenn ... ich ...“ Er atmete aus. Was sollte er ihr sagen? Was machte er überhaupt hier unten? „Henry, ich habe dich enttäuscht.“ Betroffen senkte sie den Kopf.
 

„Enttäuscht?? Jenn! Mein Gott, du hast mir das Herz gebrochen! Mich seelisch fertig gemacht! Und du hast mir einen Krug über den Schädel gezogen?!“ Bei dem Gedanken an den Krug, verfärbten sich ihre Wangen in ein leichtes Rot. Jack dagegen, kam bei dem Gedanken an diese Szene, aus dem Grinsen nicht mehr heraus.
 

„Ich weiß! Mein Gott, ich weiß doch!“ Tränen stiegen ihr wieder in die Augen und sie schlug die Hände vor das Gesicht. Henry bekam plötzlich Mitleid mit ihr und tat etwas, was er nicht für möglich gehalten hätte. Er schloss die Zelle auf. Weinend warf sie sich in seine Arme, so dass er erst nicht recht wusste, wie er damit umgehen sollte. Sie hatte ihn verletzt, ganz bestimmt. Aber in diesem Moment wusste er auch, dass er sie liebte. Ja, sehr liebte sogar. Er würde sein Leben für sie geben. Zögernd legte er seine Arme um ihren Körper und beruhigte sie, indem er mit seiner Hand über ihren Rücken streichelte. Jack war das ganze in der Nachbarzelle zu ruhig und horchte auf. Er hatte vermutete, dass er schreien, toben, ja sogar brüllen würde. Hauptsache, überhaupt eine Regung zeigte. Aber, dass die beiden sich so einig waren, konnte eigentlich nur eins

bedeuten ...
 

Die Ketten um den Arm- und Beingelenken schränkten seine Bewegungsfreiheit ziemlich ein, so dass er sich hüpfend zu den Eisengittern vorwärts bewegen musste. Neugierig lauschte er dem Gespräch.
 

Allmählich beruhigte sich Jenn und schniefte ein letztes mal in ein Taschentuch, welches ihr Henry lächelnd zugestreckt hatte. Dankend hatte sie es angenommen. „Jenn ... willst du mir jetzt nicht vielleicht einfach die Wahrheit sagen?“ Sie nickte. „Das ist gut. Komm, lass uns nach oben gehen.“ Er hielt ihr die Hand an den Rücken und drückte sie sanft die Stufen nach oben. ‚Vielleicht, ja vielleicht wird ja doch noch alles gut.‘ dachte er sich im Stillen und war erst einmal einfach nur glücklich, dass sie wieder bei ihm war.
 

Genervt verdrehte Jack die Augen. Er hatte es doch gewusst. Sie würden nun wieder zurücksegeln, während er auf seinem eignen Schiff gehängt wurde. Er seufzte. „VERDAMMT, VERDAMMT, VERDAMMT!“ Wütend hüpfte er auf der Stelle herum.
 

„Hey Captain, mach dir nichts draus! Sie kommt wieder, glaub‘s mir!“
 

Verwirrt schaute sich Jack in seiner Zelle um. Das war doch die Stimme von Gibbs?
 

„GIBBS?“
 

„Aye Captain?“
 

„Ist die restliche Crew auch bei dir??“
 

„Aye Captain. Das Pack hat uns alle samt hier reingesteckt. Wir sind direkt neben dir.“
 

Sie lagen in der Zelle neben an und keiner hatte einen Ton bisher gesagt? Manchmal fragte er sich echt, wo er diese Crew nur aufgetrieben hatte!
 

„Und wieso hat dann keiner von euch etwas gesagt?? Wir dachten schon sie hätten euch auf einer Insel ausgesetzt, oder so. Was ist überhaupt schief gelaufen Gibbs???“
 

Er hüpfte zu den Gitterstäben und quetschte mühsam seinen Kopf hindurch, um eventuell etwas sehen zu können. Und kurz darauf tauchte auch schon der Kopf von Gibbs zwischen den Stäben auf.
 

„Sie haben mich überrumpelt, als ich auf dem Weg zu Schiff war. Diese Ratten hatten einen Hinterhalt. Sie wollten wissen wo du bist, aber ich habe nichts gesagt. Dann haben sie mich zu den anderen hier gesteckt. Wir dachten alle schon, du bist hinüber ...“
 

Jack grinste. „Da muss schon mehr kommen, als dass jemand so schnell Captain Jack Sparrow in die Knie zwingt. Aber ganz so fit bin ich immer noch nicht. Leider hat mich dieser Commdore ziemlich dumm erwischt.“ Doch Gibbs lächelte trotzdem. Sie hatten ihren Captain wieder. Das war alles was zählte.
 

„Wie geht es nun weiter Captain? Hast du schon einen Plan?“ Jack entfernte sich von den Gitterstäben und tappste, mit den Ketten um den Beinen, in der Zelle umher. „Ja, ja! Nur noch nicht ganz ausgereift!“
 

In Wirklichkeit hatte noch keinen Plan. Er hoffte immer noch auf ein Wunder. Aber es war erst einmal das Wichtigste, dass seine Crew die Hoffnung nicht verlor.
 

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Schweigend ging Henry in seiner Kajüte auf und ab. Konnte das alles wahr sein, was Jenn ihm berichtet hatte? Seine Gedanken kreisten. Ein Schatz, die Flucht, das Piratenkind ... Erst hatte er angenommen, dass sie vielleicht einen Kopfstoß erhalten hatte, und sich das ganze vielleicht nur einbildete. Aber wenn er ihr so zuhörte, wie sie es mit einer Selbstsicherheit berichtete, konnte es dann vielleicht doch wahr sein?
 

„Jenn, du musst verstehen, dass das alles ein wenig ... viel ist, was du mir da erzählst. Ich kann das alles nur schwer glauben.“ Seufzend blieb er am Fenster stehen und schaute auf das Land.
 

Wie ein Häufchen Elend saß Jenn auf dem Kapitänsstuhl und starrte auf ihre Hände, die immer noch vor Erregung zitterten. Sie hatte ihm alles erzählt. Von der ersten Begegnung bis kurz zur Gefangenschaft. Den beinahen Kuss jedoch, hatte sie bisher verschwiegen. ‚Das ist mehr als genug was er erst einmal verkraften muss‘, ging es ihr dabei durch den Kopf.
 

„Und wie soll es nun weitergehen? Wie stellst du dir das vor?“ Er drehte seinen Oberkörper in ihre Richtung und schaute sie hilfesuchend an. Er fühlte sich so überfordert. Mit jedem anderen hätte er kurzen Prozess gemacht. Aber doch nicht mit seiner Verlobten.
 

„Ich weiß es nicht.“ Betroffen schaute sie ihn an.
 

„Ich kann das deinem Vater doch nicht aller erzählen! Als aller erstes würde ich meinen Anstellung verlieren und noch ein Verfahren an den Hals bekommen, dass vielleicht auch mit dem Tod bestraft wird. Wenn ich es aber nicht sage ...“
 

Er musste nicht weiterreden. Jenn konnte sich bildhaft vorstellen in welcher Zwicklage er sich gerade befand. Wieder seufzte der Commodore auf, und setzt sich ihr gegenüber.
 

„Ich muss nur eins wissen Jenn ...“
 

„Ja?“ Sie befürchtete die Frage bereits ...
 

„Läuft etwas zwischen dir und Sparrow? Hast du Gefühle für ihn?“ Der traurige, ängstliche Ton war nicht zu überhören und Jenn fühlte sich, als ob sie keine Luft mehr bekam. Fühlte sie etwas für Jack? Konnte man diesen ‚beinahe Kuss‘ wirklich abstreiten? So tun, als ob es nie eine gewissen Spannung zwischen ihnen gegeben hätte? Sie schaute ihn an.
 

„Ich habe euch gesehen Jenn ...“ Für einen Moment setzte ihr Herz aus zu schlagen.

„Bitte belüge mich nicht und sei jetzt einmal ehrlich zu mir.“ Wieder schaute er sie mit diesem Blick an, der Blick, der ihr sagte, dass er sie immer noch liebte.
 

„Nein.“ So, jetzt hatte sie sich ihre Antwort gegeben. Noch einen kurzen Moment schaute Henry sie schweigend an und musterte ihre Augen. Er versuchte die Wahrheit darin zu lesen. „In Ordnung Jenn, ich glaube dir.“ Er ging auf sie zu, nahm sie erleichtert in den Arm und drückte sie fest an sich. Es war das erste mal, dass sie ihm so nah war. Sie sollte sich freuen. Ihr sollte ein Stein vom Herzen fallen und der glücklichste Mensch auf Erden sein. Nur ... warum fühlte sie sich dann so elend?
 

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„Trinkt aus Piraten, JOHO!“
 

‚Na, ihm scheint es ja schon besser zu gehen‘, schoss es Jenn durch den Kopf, als sie die Treppe zu den Zellen hinunterschritt und wieder diesen grauenhaften Gesang vernahm. Irgendwie schien sich die Sache zu wiederholen ...
 

„Jack?“
 

Erschrocken fuhr Jack herum, als er die vertraute Stimme in seinem Ohr vernahm. „Oh, Liebes. Wie geht’s?“ Grinsend schaute er sie an. Tja ... wie ging es ihr überhaupt?
 

„Gut ...“ Sie stockte. „Henry ... er hat mir verziehen.“ Sie versuchte zu lächeln. Glücklich auszusehen. Aber Jack spürte, dass es ihr nicht gut ging.
 

„Wie schön für dich. Freut mich. Was habe ich dir gesagt?“ Immer noch vor sich hin lächelnd, lehnte er sich an der Wand an. „Ja ... das ist es.“ Für einen Moment trat Schweigen ein. „Oh! Ich habe auch für dich eine gute Nachricht! Wir können unsere Suche fortsetzen!“
 

Überrascht zog er eine Augenbraue nach oben. „Wie jetzt? Nun doch?“ Woher kam auf einmal dieser Sinneswandel?
 

„Ja ... ich habe Henry überzeugt. Ich habe ihm alles erzählt, dass du mich nicht entführt hast, dass ich freiwillig mit bin, und du überhaupt nicht so schlimm bist wie er es immer angenommen hatte. Wobei er beim letzten Punkt noch seine Zweifel hatte ...“ Sie runzelte die Stirn und dachte über ihre eignen Worte kurz nach. Anschließend fuhr sie fort.
 

„Und Gibbs kann uns begleiten. Als gute Unterstützung sozusagen.“ Sie grinste. Doch Jack war es nicht nach grinsen zumute. Sein Gesicht hatte einen eigenartigen Ausdruck angenommen. „Woher der Sinnenswandel unseres lieben Commodore?“
 

Jenn druckste. „Naja ... ich ... also ...“ Verdammt! Wieso war das auf einmal so schwer?
 

„Ja?“
 

Sie holte noch einmal tief Luft und antwortete ihm dann mit fester Stimme.
 

„Ich werde ihn heiraten. Ich habe seinen Antrag angenommen und nachdem wir zurückgekehrt sind, werde ich seine Frau. Dafür bekommst du und deine Crew die Freiheit wieder.“

Kapitel 20 - 3, 2, 1 ... meins?

Vielen Dankf für die Reviews und die Nachrichten :) Auch ein herzliches Dankeschön an meine neue Leserin Canari :) Freut mich dass es dir gefällt ^^
 

An alle anderen: Immer schön Reviewen bitte! Meine Story lebt davon ^^"
 

Und jetzt gehts weiter :)
 

°-°-°-°-°-°-°
 

Kapitel 20 – 3, 2, 1 ... meins?
 

Rumms. Das saß.
 

„Ihr ... ihr heiratet doch noch??? Nach alldem was passiert ist? Zwischen dir, dem Commodore und ...“ Er brach ab.
 

„...und?“ Fragend schaute sie ihn an. Nein, eigentlich wollte sie nicht, dass er weitersprach. Und das tat Jack auch nicht.
 

„Ist egal ... Es freut mich für euch. Eine Hochzeit, wie schön ... Drinks für alle?“ Er versuchte Scherze zu machen. Seine Gefühle zu überspielen. Aber war er auch so ein schlechter Schauspieler wie Jenn?
 

„Ja ...“ Sie lachte gedrückt. „Drinks für alle ...“ Ein kurzer Moment des Schweigens trat wieder ein, bis ihr noch etwas einfiel. Sie kramte in ihrer Tasche herum und zog einen großen Schlüssel heraus. Anschließend schloss sie das Tor von Jack auf. Bei den Fesseln, schaute er auf sie herunter und neigte seinen Kopf etwas zur Seite. Hatte er je was anderes angenommen? Hatte er je gedacht sie würde den Commodore nicht heiraten und mit ihm auf seinem Schiff bleiben? Abenteuer erleben und ... vielleicht sich näher kommen?
 

Die Fesseln schlugen klirrend auf dem Boden auf und Jack rieb sich schmerzend das Armgelenk. „Toll, das war bitter nötig.“ Wieder lächelte er sie an, doch diesesmal war es aufrichtig. Plötzlich drang von der Nachbarzelle eine bekannte Stimme zu ihnen herrüber.
 

„HALLO? Denkt vielleicht jemand auch an uns???“
 

Strahlend riss Jenn die Augen auf und stürmte aus der Zelle auf die andere Seite. „Gibbs! Natürlich lass ich dich auch raus!“ Während sie aufschloss schlenderte Jack gemütlich aus seiner Zelle.
 

„So, nun seid ihr auch frei. Habt ihr es mitbekommen? Die Suche geht weiter.“ Bestätigend nickte die Crew ihr zu. „In Ordnung. Jack?“ Sie wand sich an Jack, der jetzt angelehnt an der Wand direkt gegenüber stand. „Ja Liebes?“
 

„Henry meint, du solltest deine Wunde nochmals von einem Arzt ansehen lassen. Am besten ich frag ihn mal wo du ihn finden kannst.“ Er wollte noch protestieren, dass er keinen Arzt brüchte, doch da war Jenn schon auf und davon. Seufzend schaute er ihr nach.
 

„Gibst du so leicht auf Captain? Das bin ich aber nicht von dir gewohnt.“
 

„Ich weiß Gibbs. Aber ... ich muss mich erst an andere Dinge gewöhnen ...“, antwortete er ihm im leisen Ton und lies seinen ersten 1. Maat mit dieser Aussage stehen.
 

°-°-°-°-°-°-°
 

Missmutig schlenderte Jack über das Deck des Commdore Wels. Das Schiff war lang nicht so eindrucksvoll wie er immer vermutete hatte. Für die Interceptur hatte er mehr erwarten. Aber vielleicht war er auch nur seine Pearl gewohnt, die, seiner Meinung nach, jedem Schiff vorauss war.

So ging er an die Reling und schaute sein Schiff an, welches nicht weit von ihnen ankerte.
 

„Träumer!“ Erschrocken fuhr er herum, als Jenn plötzlich neben ihm auftauchte. „Mein Gott! Erschreck mich doch nicht so!“ Mit den Händen fuchtelte er vor ihrem Gesicht herum und hielt sich dann die Hand an die Brust. „Irgendwann sterb ich noch wegen dir.“

Als ob es ihm in diesem Satz bewusst wurde, was er dort gesagt hatte, bis er sich auf die Unterlippe. Immerhin wäre er ja beinahe wegen ihrem Verlobten gestorben. Doch Jenn schien das ganze nicht sonderlich zu interessieren und hob bedrohlich den Finger. „Apropos sterben! Ab mit dir in die Kajüte des Doc! Sonst stirbst du mir wirklich noch weg.“ Ihr Blick fiel auf seinen Körper. „Wo hast du eigentlich das Hemd her??“ Verwundert zupfte sie an seinem Kragen herum. „Das hatte ich noch mitgenommen, nachdem wir gefangen genommen wurden.“ Kopfschütteln schaute sie ihn an. „Jack du verwunderst mich immer mehr.“
 

‚Ich wunder mich auch über mich‘, ging es ihm durch den Kopf. „ich brauche keinen Arzt Liebes, ich brauche nur Rum! Weißt du wie lange ich schon keinen Rum mehr getrunken habe?“
 

Jenn dachte kurz nach und schaute ihn dann mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Einen Tag?“
 

„GENAU!“ Deswegen wirst du mir jetzt sagen, wo sich hier der Rum befindet!“
 

„ICH? Ich denk nicht dran! ....“
 

Während die beiden sich angeregt unterhielten, bemerkten sie nicht, wie sie von Wels beobachtet wurden. Nachdem Jack daraufhin wutbrausend unters Deck stürmte, folgte er ihm ohne, dass Jenn etwas davon mitbekam. Er vernahm nur noch ihre Worte ‚Saufbold‘.
 

Er würde das Rumlager auch alleine finden! Dazu brauchte er doch Jenn nicht. Mit einer kleinen Lampe bewaffnet, zog Jack durch die unteren Abteilungen, bis er endlich an der Kammer angekommen war, die er gesucht hatte. Die Speisekammer!
 

Gespannt suchte er mit dem bisschen Licht die Regale ab, bis er eine Buddl mit Rum fand. Freudig nahm er sie in die Hand. „Ah, die letzte Flasche. Ich glaub da muss ich vor der Abreise noch für Nachschub sorgen.“
 

„Nehmt Ihr Euch immer, was Euch nicht gehört, Mister Sparrow?“ Erschrocken wirbelte er herum. „Commodore ... Was für eine Freude ...“ Die Kälte zwischen den beiden Männern, hätte jedes Meer zu Eis gefrieren lassen.
 

„Ich habe Euch etwas gefragt ...“
 

„Man begehrt doch immer die Dinge, die man nicht haben kann, nicht wahr, Commodore?“ Ein verschmitzes Lächeln machte sich auf seinen Lippen breit. Wütend kniff Wels die Augen zusammen. „Ich rate Euch, Eure Finger von Dingen zu lassen, die Euch nichts angehen. Das kann ziemlich schnell nach hinten losgehen, mein Freund.“
 

Provozierend ging Jack einen Schritt auf ihn zu. „Da habt ihr Recht.“ Er zog demonstrativ den Stöpsel der Buddl und trank einen kräftigen Schluck heraus. „Aber genau diese Dinge, schmecken immer noch am Besten.“ Er leckte sich über die Lippen und ging anschließend lachend am Commodore vorbei.
 

Dieser blieb wortlos zurück und starrte auf den leeren Fleck, wo eben noch die Rumflasche gelegen hatte.
 

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Nachdem Jack, die Crewmitglieder und alle anderen überzeugt hatte, dass nicht genügend Rum auf dem Schiff vorhanden wäre, und es schwachsinnig wär, den ganzen Rum von der Perl auf die Interceptur zu tragen, hatte die Garde es auch geschafft, den Commdore davon zu überzeugen, zusammen mit der Pearl zu segeln. Anfangs hatte er diesen Vorschlag sofort abgelehnt. Doch man hatte sie geeignigt, dass ein Teil der Besatzung auf der Pearl mitsegeln und ein Auge auf die Crew haben würde. Jetzt ging es nur noch darum, wer auf welchem Schiff mitsegelte, was sich allerdings als eine ziemliche Diskussion herausgestellt hatte. Jack war natürlich davon besessen, als Captain der Pearl, auch auf dieser mitzusegeln, was dem Commoder natürlich überhaupt nicht passte. Immerhin könnte er fliehen, seine Mannschaft überfallen oder sonst was tun. Aber er wäre auch ganz froh gewesen, ihn seit dem letzten Gespräch zwischen ihnen, nicht in der Nähe von Jenn gehabt zu haben. Er stand also vor einem innerlichen Konflikt. Jenn hatte ihn jedoch davon überzeugt, dass sie Jack benötigten, um den Schatz zu finden und es deshalb unverzeihlich wäre, ihn alleine auf der Pearl zu lassen. Widerwillig stimmte er dann zu, und fast alle waren zufrieden. Bis auf Jack, und der Commodore eben.
 

Als sie dann endlich auf dem Weg zur Isla de Muerta waren, und Jack die frische Seeluft um das Gesicht wehte, ging es ihm auch langsam wieder besser. Das Land war einfach nicht für seine sensible Wahrnehmung gemacht, wie er fand. Er starrte auf das dunkle Meer und beobachtete, wie die Pearl auf dem Ozean neben ihnen ruhig hin und her schaukelte und doch das fahrende Tempo vorgab. Er liebte dieses Schiff. Sie war alles in seinem Leben was er besaß und was er vorzeigen konnte. Wenn dieses zurückgeblieben wäre, dann wäre seine Seele mit ihr geblieben. Er schloss die Augen und in seiner Vorstellung, stand er an seinem Ruder und kämpfte sich gegen das tosende Meer, wie er es schon zu oft getan hatte. Manchmal kam ihm der Gedanke alles zu beenden. Sich irgendwo zur Ruhe zu setzen, vielleicht eine Frau zu suchen, oder zwei Frauen ..., und dann sein restlichen Dasein mit einem gemütlichen Ende entgegenzuwirken. Doch jedesmal, wenn er wieder mit seiner Pearl gegen die See ankämpfte, verwarf er diesen Gedanken und holte ihn auch so schnell nicht wieder hervor. Doch seit er Jenn begegnet war ..., ja was war seit dem mit ihm geschehen?
 

Sie hatte ihn verändert. Ohne, dass er es gewollt hatte, hat diese Frau es tatsächlich geschafft ihn zu verändern. Sogar Gibbs war es nicht entgangen. Und Tia Dalma, tja, dieser Frau konnte man sowieso nichts vormachen. Ihr war es schon bewusst gewesen, bevor ER sich überhaupt mit Allem im Klaren war. Er musste sich etwas eingestehen, obwohl er es nicht wollte. Er musste sich etwas eingestehen, was nicht passieren durfte. Nicht jetzt, und vorallem nicht in dieser Art und Weise. Er öffnete seinen Kompass und ohne, dass er eigentlich einen Blick darauf werfen musste, war es ihm klar, wohin er zeigte. Jetzt verstand er die Zeichen auch. Der Kompass war nicht kaputt. Er folgte dem Zeiger und blickte nach oben auf das obere Deck. Dort stand Jenn mit ihrem Verlobten, Arm in Arm, und unterhielten sich. Wieder spürte er diese Verkrampfung in seiner Brust. Sie nahm ihm die Luft zum Atmen. Nein, falsch. ER nahm ihm die Luft zu atmen. Er konnte es nicht ertragen die Beiden zusammen zu sehen. Konnte das wirklich sein? Hatte er sich tatsächlich in Jenn verliebt? Er? Jack Sparrow liebte wirklich nicht nur das Meer, sondern auch eine andere Frau?
 

Er seufzte. Warum war das Leben nur so grausam mit ihm. Er hätte jede andere Frau haben können. Nun gut, nicht jede ... aber zumindest hatte er die ein oder andere Wahl. Doch nie war eine Frau dabei gewesen, die es geschafft hatte, sein hartes Herz zu erweichen. Jemand, für den er Sterben würde ...
 

„Jack?“
 

„HUH!“
 

Erschrocken fuhr er herum. „VERDAMMT, JENN! Ich hab dir doch gesagt, dass du das lassen sollst!“ Schmollend zog er die Augenbrauen nach unten und versuchte sie böse anzusehen. Doch er erntete für seinen Gesichtsausdruck von ihr nur ein Lachen. „Mensch Jack, du bist ja vielleicht schreckhaft geworden. Das solltest du dir abgewöhnen.“ Immer noch etwas kichernd, und schmunzelnd zugleich, schaute sie ihn an. „Wenn ‚du‘ das sagst, Liebes.“ Auch jetzt entspannten sich Jacks Züge und lächelte sie an. Sie erwiderte seine freundliche Geste und strahlte über das ganze Gesicht. In diesem Moment machte sein Herz einen Sprung.
 

Jetzt war er sich sicher. Er hatte sich verliebt. Unsterblich verliebt. Zu seinem Unglück, in die Verlobte des Commodore Wels.
 

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Kapitel 21 - Viele Entscheidungen

Langsam begann sich der Horizont heller zu verfärben. Die Nacht war in einem unvorstellbaren Tempo gewichen, dass sich Jack noch heute manchmal darüber wunderte, wie flüchtig ein Tag auf dem Meer doch sein konnte. Trotzdem ... er benötigte für seinen Plan noch den Schutz der Dunkelheit. Denn er hatte sich entschieden. Er würde dem Schiff und somit auch Jenn den Rücken kehren. Seine Welt war nicht die ihre. Und genauso umgekehrt. Sie hatte sich für den Commodore entschieden, dass war ihm bewusst geworden. ‚Sie weiß nicht was ich fühle ...‘ Doch hätte es auch überhaupt etwas, in der Tiefe ihres Herzens, an ihrer Entscheidung geändert? Jack ärgerte sich über sich selbst und fluchte innerlich. Er hatte noch nie aufgegeben. Doch seit er ihr begegnet war, war irgendwie alles anders. Selbst die Skrupelosigkeit, die er sonst an den Tag legte, war wie vom Erdboden verschluckt. Natürlich, er war nie ein schlechter Mensch gewesen – wobei das immer im Auge des Betrachters lag. Doch dieses Mädchen hatte ihn verändert. Heimlich hatte sie sich in sein Herz geschlichen, obwohl er der Annahme war, dass dies nur der See gehören konnte. Was machte sie nur mit ihm? Seine ganze Seele verlangte nach ihr, lächzte nach ihr. Keine der Frauen, die er bisher hatte nehmen können war nur annährend das gewesen, was er jetzt unter den noch unschuldigen Berührungen von Jenn fühlte. Viele Frauen hatten seinen natürlichen Drang hingebungsvoll befriedigt doch jetzt wusste, dass ihm etwas gefehlt hatte.
 

Er verlangte nach ihrem Lachen, ihrem Körper, ihrem Geist. Und nach ihrem Herzen. Er verzehrte sich nach jedem Ton ihrer Stimme. Er verzehrte sich nach jedem freien Stückchen Haut, das er mit seinem Blick erhaschen konnte. Er sehnte sich nach ihren Haaren, nach ihrem süßlichen, lieblichen und doch eigenen Duft den sie umgab, den er hungrig in sich aufzog wie ein Durstender ohne Wasser. Verflucht! Nein! Er durfte nicht diesen Gedanken nicht zu Ende denken! Es würde ihm nur Schmerzen bereiten, die niemand außer ihr lindern konnten. Mit einem leisen Fluch stützte er sich auf der Reling ab und starrte auf’s Meer. Diese Mädchen machte ihn noch verrückt – wenn er es nicht gar schon war.
 

Gedankenversunken strich er mit der Hand über das poröse Holz. Sie belügte sich. Belügte ihr Herz. Er war sich sicher, sie war keine dieser hochnäsigen Adeligen ... sie war eine von ihnen ... Er hatte es an ihren Augen gesehen. Wie oft hatte er die Abenteuerlust darin aufblitzen sehen. Diese Neugierde, die Aufgewecktheit, das Temperament ... Jack seufzte. Er hatte einen Entschluss gefasst. „Lebe wohl Jenn ...“
 

Er beobachtete, wie die Black Pearl sich in kaum merkbarer Geschwindigkeit an die Interceptur „heranschlich“. Jack hatte es geschafft, mit Hilfe von Cottons Papagei, Gibbs eine Nachricht zukommen zu lassen. Er hatte ihn darum gebeten, dafür zu Sorgen, dass die königliche Marine ruhig gestellt wurde, damit er ungehindert auf die Black Pearl gelangen konnte.
 

Als sein Schiff sich nah genug an der Interceptur befand, konnte er seinen ersten Maat erkennen. Gibbs gab ihm ein Zeichen und schwenkte ein Seil auf die anderen Seite. Skeptisch blickte der Captain sich nach der Marine um. Diese lag verstreut über das ganze Deck auf dem Boden. Die einen mit einer Buddl Rum in der Hand, die andere bereits schlafend auf die Seite gerollt. Diese Idioten waren sturz betrunken. Und das noch von seinem Rum! Das waren eben die Nachteile, wenn man einen Piraten an Bord hatte. Wenn er eins konnte, dann war es den anderen die Trinkleidenschaft nahe zu bringen. Auch wenn dafür nun sein teuerer Rum drauf ging. Aber irgendwo musste man eben in den sauren Apfel beißen. Und wenn er erst einmal den Schatz in den Händen hielt, konnte er sich soviel Rum kaufen, dass es sein Leben lang reichen würde. Doch dann fiel ihm schlagartig etwas ein. „DAS BUCH!“ Genervt klatschte er sich mit seiner Hand an die Stirn. Verdammt, daran hatte er überhaupt nicht mehr gedacht ... Wie sollte er den Schlüssel finden, ohne das Buch, welches sich immer noch in Jens Besitz befand? „Was soll‘s ... Ich finde ihn auch ohne das Buch! Immerhin habe ich noch meinen Kompass. Und nicht umsonst heiße ich: Captain Jack Sparrow!“
 

Entschlossen packte er das Seil und holte Schwung ...
 

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Gähnend stand Jenn in ihrer Kajüte und blickte auf das friedliche Meer hinaus. In ruhigem Tempo segelte die Black Pearl neben ihnen und Jenns Gemüt beruhigte sich wieder ein wenig. Unruhig hatte sie sich in ihrem Bett hin und her gewälzt, träumend, dass die Black Pearl fern gesegelt wäre. Schweißgebadet war sie erwacht, den ersten Gedanken an Jack gerichtet. Nachdem sie aufgestanden war und sich davon überzeugt hatte, dass sich das Schiff immer noch in ihrer Nähe befand, wollte sie sich gerade wieder schlafen legen. Doch ihr letzter Blick lies sie stutzen. Befand sich das Schiff nicht vorher weiter entfernt von der Interceptur? Neugierig ging sie wieder zum Fenster und beobachtete entsetzt, wie das Schiff allmählich näher kam. „Doch ... sie kommt näher! Ich träume nicht!“ Was hatte das zu bedeuten? Warum sollte die Pearl sich derart nähern? Das ergab doch gar keinen Sinn. ‚Jack, du Hund!‘ Ein ungutes Gefühl machte sich in ihr breit. Hastig warf sie sich ihren Mantel über, zog sich die Stiefel an und griff nach dem Buch. Dieses steckte sie beschützerisch in den Ausschnitt, wärend sie die Türe nach draussen öffnete. Sekundenschnell erfasste ihr Auge das Bild, welches sich vor ihr bot. In allen Ecken lagen betrunkene oder schlafende Männer ihres Verlobten und mittendrin stand Jack auf der Reling. Entschlossen packte er ein Seil und holte Schwung ...
 

„JACK!“
 

Erschrocken fuhr er herum. „Jenn ...?“ Leise flüsterte er ihren Namen, welchen den Wind unbemerkt auf die See trug. Er stutzte für einen Moment. Was machte sie hier? Sollte sie nicht schlafen? ‚Normalerweise schläft sie wie ein Stein, und ausgerechnet jetzt muss sie ... ARGH!‘ Er hatte keine Zeit sich nähers darüber Gedanken zu machen. So sollte sein Plan zwar nicht laufen, aber man musste die Gelegenheiten so nehmen wie sie kamen. Und wenn nicht jetzt, wann dann?
 

„Lebt wohl! Commodore!“ Er holte Schwung und schwang sich mit dem Seil auf das andere Schiff. Mit einem lauten Schlag, knallte er gegen die Schiffswand. „AUUU---A!“ Schmerzvoll rieb er sich seinen Kopf. „Captain? Alles ok?“ Gibbs streckte seinen Kopf über die Reling und musterte seinen Captain besorgt. „JA JA! Ich komme hoch!“
 

Wie angewurzelt stand Jenn immer noch an Deck. Sie hatte es geahnt. Nein ... sie hatte es GEWUSST. Die Worte ‚Pirat‘ drangen knurrend aus ihrem Mund. Er versuchte tatsächlich von der Interceptur zu fliehen! Ohne sie! Ihre Gedanken rasten. Wollte er den Schatz ohne sie finden? Er hatte ihre Abmachung gebrochen! ‚Wie konntest du ihm nur vertrauen Jenn!‘, durchzuckte sie ein Gedanken. Eine Entscheidung musste er. Wie in Trance rannte sie auf die Reling zu und stieg über die Abgrenzung. Mit wackeligen Beinen hielt sie sich verkrampft am Holrahmen fest. „Nur nicht runtersehen Jenn ... nur nicht runtersehen ...“ Ein kurzer Blick nach unten lies sie verharren. Sie schluckte. Warum hatte sie verdammt nochmal runtergeschaut? Jack, der inwischen oben am Schiff angekommen war, zog sich ein letztes mal kraftvoll über die Reling. „Aye Captain! Willkommen auf der Black Pearl!“ Gibbs klopfte ihm lachend auf die Schulter. „Vielen Dank Master Gibbs. Es ist schön wieder Herr und Meister auf dem eigenen Schiff zu sein.“ Er grinste seinen ersten Maat an doch es war nur eine Maske die er trug. „Ja, wir hatten ordentlich zu kämpfen bis wir alle Mann in der Bigg hatten ohne, dass die Interceptur etwas mitbekommt. Aber mit dir an Board, Captain kann nun nichts mehr schief gehen! Wie lautete der Kurs?“ Erwartungsvoll schaute der alte Seebär seinen Captain an.
 

„Der Kurs... äh ...“ Mit Schwung öffnete Jack seinen Kompass. Bei seinem Anblick bewegte sich erst die eine, dann die andere Augenbraue nach oben. Das hätte er sich ja denken können! Dieser verdammter ...
 

„Jack?“
 

„Aye?“
 

„Ich dachte du wolltest ohne Jenn kommen ...?“
 

„Bin ich doch?!“
 

„Das sieht aber anders aus ...“
 

Gibb deutete mit dem Finger in die gegenüberliegende Richtung. Etwas verwirrt über seine Worte, drehte sich Jack schwungvoll um und traute seinen Augen nicht. „Das darf doch nicht wahr sein! Was verdammt nochmal tut sie da? JEEEEENN!“ Schockiert hielt er sich am Schiffsende fest und starrte auf die gegenüberliegende Seite. Das hätte er sich ja denken können, dass sie keine Ruhe gibt! ‚Werde ich denn nie von ihr loskommen?‘
 

„JENN! WAS TUST DU DA???“ Total verzweifelt beobachtete er, wie Jenn sich an der Reling entlang zog. Etwas verunsichert schaute sie zu ihm rüber. Jack bemerkte ihre Unsicherheit und seufzte innerlich auf. Doch ein Blick in Jacks Gesicht ließ sie wieder Entschlossenheit fassen. Sie würde mit ihm segeln! Sie hatte ihn nicht umsonst aus dem Gefängnis befreit, ein Piratenschiff bezogen und nun zum vermehrten Male ihren Verlobten übergangen! Ein Hauch von schlechtem Gewissens machte sich bei dem Gedanken an Henry breit. Er hatte ihr verziehen und war bereit gewesen auf einen Handel einzugehen. Und was tat sie hier? ‚Jenn, das ist in Ordnung! Tu es!‘, sagte ihr eine innere Stimme. Doch auch die andere Seite behielt ihre Ratschläge nicht für sich: ‚Nein Jenn! Was du da tust ist Wahnsinn!‘ Ja, das war es sicher. Doch manchmal musste man etwas wahnsinnig sein um das zu bekommen was man sich wünscht. Feiheit! Sie dachte dabei an Jack.
 

„Nach was sieht das wohl aus? HÄ? Was sollte das Jack?? Du glaubst doch nicht etwa, dass du so einfach abhauen kannst!“
 

„OH DOCH!“ Selbstsicher verschränkte Jack die Arme. „Und du glaubst doch nicht etwa, dass ich dich mitnehme!“ Schmollend verzog er seinen Mund.
 

„OH DOCH! Wir hatten eine Vereinbarung!“
 

Vereinbarung! Als ob er sich jemals an solches Gehalten hätte! „Traue niemals einem Piraten, meine Liebe. Die Vereinbarung hatte ein Ende gefunden, als uns dein geliebter Verlobter zu nahe kam. Da bin ich alleine besser dran.“ Gehässig zwinkerte er ihr zu.
 

Auch wenn Jenn innerlich vor Wut kochte verstand sie Jacks Beweggründe. Es gab keine Sicherheit, dass Wels ihn nicht unmittelbar nach dem Finden des Schatzes, an Ort und Stelle hängen oder gar erschießen würde. Und um das zu umgehen, hatte er eine Flucht in Betracht gezogen. Aber warum ohne sie?
 

„Du hast nur eines in deinem brillianten Plan vergessen Jack: Du brauchst das Buch! Und das ist in meinem Besitz!“ Selbstsicher grinste sie ihn an.
 

„Ach das Buch ... „ Er wedelte ihr Gesagtes mit der Hand ab. „... das Buch ist mir egal. Ich schaff das auch so.“
 

Wut stieg in ihr auf. ‚Er weiß doch ganz genau, dass er es ohne das Buch nicht schafft‘.
 

„Jenn ...“ Seine Stimme nahm nun einen wärmeren Ton an. Einen Ton der ihr klar machte, dass er sich doch um sie sorgte. „Geh zurück Jenn. Sei doch vernünftig. Denk an deinen Verlobten.“ Er dachte einen kurzen Augenblick nach und schnippte dann mit einem Finger. „Denk an deinen Vater, Liebes.“ Jenn zögerte. War es vielleicht doch nicht richtig wenn sie ihn begleiten würde? Wäre es vielleicht nicht besser wenn er alleine davon segelte und sie hier zurückließe wie er es vorgehabt hatte? Sie würde zu ihrem Verlobten zurückkehren, mit ihm nach Port Royal segeln und ihn dann zu ihrem Gemahl nehmen. Doch wollte sie das? Sie dachte an die Momente zurück in denen sie Jacks wahre Seite sehen durfte. Er hatte ihr immer vertraut! Und sie wollte, dass er es wieder tat. Diese Flucht war nichts Persönliches gegen sie, sondern richtete sich nur einzig und allein gegen ihren Verlobten. Entschlossen richtete sie sich auf.
 

„Wenn du mir nicht ein Seil hinüberschwenkst, dann werde ich zu deinem Schiff schwimmen müssen!“
 

Genervt verdrehte Jack die Augen. Das würde sie nicht wirklich tun? Oh doch ... das würde sie ...
 

„JENN! Mach keinen Blödsinn! Das Wasser ist eiskalt. Du würdest es keine zwei Minuten darin aushalten!“
 

Sie dachte kurz über seine Worte nach und starrte auf das tosende Meer. Er hatte Recht. Es wäre ziemlich gedankenlos, wenn nicht gar irre von ihr, wenn sie jetzt ins Wasser springen würde. Aber hatte sie eine andere Wahl wenn sie ihn begleiten wollte?
 

„Ich ... ich springe!“ Mit zitternden Händen lies sie die Reling los.
 

„VERDAMMT NOCHMAL! Diese Frau macht mich wahnsinnig!“ Wütend stapfte Jack mit dem Fuß auf. „Jack! Du musst was tun. Sie wird springen, das garantier ich dir mein Freund. Und jetzt liegt es an dir, ob du ihr lieber im trockenen über die Reling hilfst, oder du sie aus dem kalten Wasser fischen möchtest und sie dann halb erfroren über die Reling schieben musst.“ Ein kurzer Blick auf Gibbs und seine Gedanken rasten. Warum tat sie ihm das nur an? Was hatte er sich da nur eingehandelt, als er beschlossen hatte, sie auf die Reise mitzunehmen? Und warum hatte er sie nur verdammt nochmal so nah an sich herangelassen?
 

„Da! Halt das!“ Genervt drückte er seinem ersten Maat seinen Gürtel mit Pistole und sein Schwert in die Hand. Etwas verwirrt nahm er die Sachen entgegen und starrte seinen Captain an.
 

„Was hast du vor?“
 

„Na was wohl? Ich werde unser Rebellin retten. Was sonst?“ Er griff nach dem Seil und schwang sich, zur Jenns Verwunderung, wieder auf die andere Seite. Elegant landete er mit den Füßen auf der Reling.
 

„Also?“ Mit gesenkten Kopf und einem energischen Ausdruck in den Augen schaute er Jenn an. „Also was? Ich wollte das Seil! Nicht gleich den ganzen Captain dazu!“ Empört richtete sie ihr Augenmerk auf Jack und danach auf das Seil. „Wollen wir uns jetzt auch noch beschweren? Los jetzt! Sonst werden wir beide noch erwischt!“ Drängelnd rückte er ein Stück näher an sie heran. Wollte er, dass sie sich an ihm festhielt? „Ich hätte das auch alleine geschafft!“ Widerwillig griff sie um seinen Körper, welches Jack mit einem schelmischen Grinsen quittierte. ‚Oh nein, nun denkt sich dieser Pirat Wunder und Was ....‘ Nervös biss sie sich auf die Unterlippe. „Keine Sorge Liebes, ich bin auch ganz zärtlich!“ Ein letztes Grinsen und Jenns erstickender Schrei ging in der Geschwindigkeit unter, in welcher sie auf das andere Schiff zuflogen. Mit einem zweiten dumpfen Aufschlag, krachte Jack wieder gegen die Schiffswand. „AAAUUU-A!“
 

„Sei nicht so wehleidig! Schau lieber, dass wir nach oben kommen!“ Mit schmollendem Mund starrte er die Frau in seinen Armen an. Was glaubte sie eigentlich? Er setzte hier sein Leben aufs Spiel! ‚Und bekomm dann solche Kommentare zu hören. Unglaublich!‘ schoss es Jack durch den Kopf. Doch bevor er etwas erwidern konnte, war sie schon ein gutes Stück entfernt und kletterte nun in Richtung Reling.
 

Jenn hinterlies Jack dabei eine beeindruckende Sicht. Ein wohlgeformter Hintern streckte sich ihm entgegen und schmutzige Gedanken durchfuhren seinen Kopf. ‚Wenn ich nur einmal ... nur ein einziges Mal ...“ Langsam streckte er seinen Hand aus. Kurz bevor er ihre Hose zu fassen bekam, trat ihn ein Stiefel direkt ins Gesicht. „WAG ES NICHT EINMAL DARAN ZU DENKEN JACK!“ Wütend stieg sie über die Reling und blitzte nach hinten. Vor Schmerzen jammernd zog sich nun auch Jack über die Reling und landete unsanft auf dem Boden. „Das war nicht nett!“ Grummelnd rieb er sich das Gesicht. „ACH JA?? Ich habe genau gewusst was dir durch den Kopf ging!“
 

„ACH? Dann hast du gewusst, dass ich überlegt habe, wie ich nur so bekloppt sein konnte, dass ich so eine Verrückte mit an Bord genommen habe!“ Wütend richtete er sich auf. „Verrückte? Ich frage mich wer von uns beiden hier der Verrückte ist!“ Der Zorn sprach aus ihren Augen, als sie ihn anfunkelte.
 

„Leute ... Leute ... lasst das doch gut sein ...“
 

„RUHE!“ Gleichzeitig fuhren Jack und Jenn ihn so an, dass Gibbs aprupt abbrach. Sollten sie sich doch die Köpfe einschlagen ...
 

„So? Nun bin ich der Verrückte, der sich über die Reling gebeugt hat und gedroht hat zu springen? Ich kann mich da nüchtern an etwas erinnern meine Liebe, dass das nicht ich gewesen bin.“
 

„Nüchtern? Wann bist du denn nüchtern? Du hast doch außer saufen nichts im Kopf!“ Empört schnappte Jack nach Luft. „Nun langt es aber!“ Wütend stampfte er mit dem Fuß auf. „Noch bin ich hier der Captain und ich verbiete dir, so mit mir zu reden!“ Verärgert verzog er das Gesicht. „DOCH! Man muss so mit Leuten reden, die einfach nachts heimlich versuchen von der Interceptur abzuhauen und anderen Leuten, die das interessieren könnten, eben NICHTS zu erzählen!“
 

„Wenn es jemand gegeben hätte, den das ganze interessiert, dann hätte ich dieser besagten Person vielleicht auch etwas gesagt. Aber da es auf dem Schiff niemand gab, den das ganze vielleicht nur annähernd interessiert hätte, habe ich auch keine Notwendigkeit darin gesehen, irgendwem überhaupt irgendwas zu sagen!“
 

Nun war es an Jenn hörbar nach Luft zu schnappen. Wie konnte er nur annehmen, dass es ihr egal war, dass er wegsegelte? „Ich dachte wir wären Freunde Jack! Ich habe wirklich geglaubt, dass ich dir vertrauen kann.“ Wütend drehte sie sich weg und starrte auf die Interceptur, die bereits ein gutes Stück von ihnen entfernt war. „ARGH! Was habe ich mir nur dabei gedacht, dir zu folgen! Ich bin zu bescheuert!“
 

Hatte er das eben richtig gehört? Sie beschwerte sich nun auch noch, dass er sie mitgenommen hatte? „Kein Problem! Hier! Bitte!“ Jack griff nach dem Seil. „Du kannst gerne wieder zurück auf dein doofes Schi...“ Weiter kam er nicht, denn er wurde von einem lauten Kanonenschlag unterbrochen. Geschockt lies er das Seil los und sprang mit Jenn und Gibbs zur Seite.
 

Gerade noch rechtzeitig, bevor eine schwere Kanonekugel die hintere Reling in tausend Splitter zerlegte und ein sichelförmiges Loch in der Wand hinterließ.

Kapitel 22 - Flucht

Hallo Zusammen!
 

Vielen, vielen Dank für die Reviews! Es gibt für mich nichts schöneres als zu sehen, dass euch die Geschichte gefällt!
 

Weiter gehts mit dem nächsten Kapitel! Es wird einiges passieren *g* Viel Spaß an dieser Stelle :) (Und fleißig Reviewen, ja? *Augen ganz lieb aufschlag*
 

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Kapitel 22 – Flucht
 

Noch benommen von dem überraschenden Stoß, lag Jenn auf dem Boden und war bemüht sich auf die Schnelle ein klares Bild der Situation zu beschaffen. Ein riesiges sichelförmiges Loch lies ihr einen Einblick auf das Meer zu. Sie schauderte.
 

„Jack ... Was ...?“ Ihre Worte verstummten, denn die nächste Kugel flog bereits mit Haaresbreite über ihre Köpfe hinweg und landete ein paar Meter neben dem vorhigen Einschlagloch. Jack, der in sekundenschnelle die Situation erfasst hatte, setzte sich nun auf, gab Jenn noch einen kurzen, knappen Befehl: „Bleib hier! Und rühr dich nicht!“ und rannte dann halb stolpernd mit Gibbs an die Reling. „Captain! Deine Flucht wurde entdeckt! Wir müssen schauen, dass wir Land gewinnen, sonst sind wir bald Haifutter!“ Gibbs gab seinen Männern direkte Anweisungen und setzten die Segeln auf einen günstigeren Kurs.
 

Jack starrte immer noch auf das andere Schiff. Nein, er starrte nicht auf das Schiff sondern er starrte unweigerlich auf den Mann, welcher sich auf dem anderen Schiff befand. „Ihr habt es also bemerkt ...“
 

Wels kochte vor Wut. Wie konnte sie nur? Er hatte sie begnadigt, ihr sogar verziehen und kam ihrem Wunsch nach Sparrow mit auf die Schatzsuche zu nehmen. Und was war der Dank? Und Sparrow ... wie konnte er nur so naiv sein und diesem vermeiledeiten Piraten vertrauen? „Das wirst du bereuen Jack Sparrow und du wirst es bereuen jemals Jenns Weg gekreuzt zu haben ...“ Er verstummte als er Jenns Namen aussprach. Wie schmerzvoll sich sein Herz dabei verkrampfte ... Er hätte ihr alles gegeben. Alles gezeigt. Hatte Ihr alles verziehen. Und was tat sie? Sie flüchtete mit diesem unbarmherzigen Freibeuter und lachte nun wahrscheinlich noch hämisch über seine Dummheit!
 

In diesem Moment, als Wels der nächsten Kanonenkugel zuschaute, wie sie sich ihren Weg durch das sperrige Holz des feindlichen Schiffes bahnte, schwor er sich seiner Liebe ab und band sich seinem neuen Vorsatz: Leben würde nur einer, entweder Sparrow oder er ...
 

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„JACK!“
 

Der Klang seines Namens ließ den Captain wieder aus seiner Trance erwachen. Er durfte keine Zeit verlieren. Wenn er noch länger untätig hier herum stand, würde seine geliebte Pearl mit seiner Crew auf den Grund des Meeres sinken.
 

„JACK! Was sollen wir tun??“ Hilflos klammerte sich Jenn an einen Mast und starrte Jack mit angsterfülltem Blick an. ‚Verdammt! Ich wusste doch warum ich keine Frau an Bord haben will‘ fluchte er in Gedanken und befahl Jenn sich nicht zu rühren.
 

„Himmel Herr Gott lass das doch endlich aufhören!“, jammerte die Gouverneurstochter und klammerte sich noch fester an den Mast.
 

„MÄNNER! AN DIE KANONEN! SETZT DIE SEGEL“ er hielt kurz inne und starrte wieder auf die andere Seite des Meeres.
 

„UND VERDAMMT NOCHMAL SCHAUT, DASS WIR HIER WEGKOMMEN!“
 

„Herr sei mit uns, und verdammt nochmal du hast Recht, Captain!“ sprudelte Gibbs die Worte nur so heraus, während er die Segel zu einem günstigeren Kurs ansetzte. Ein Meer aus Kanonengeschossen trennten die beiden Schiffe. Während sich die Pearl allmählich immer mehr von der Interceptur absetzte, wurden die Flüche von Wels immer mehr und lauter.
 

„VERFLUCHT SEIST DU SPARROW!“ brüllte er so laut er konnte seinem ärgsten Feind entgegen. Doch dieser grinste nur breit.
 

„Verzeiht Commodore! Diese Verwünschung hat bei mir noch nie funktioniert!“
 

„Dann wird es allmählich Zeit Sparrow!“
 

„Das heißt CAPTAIN, Captain Jack Sparrow, wenn ich bitten dürfte. Soviel Zeit muss sein!“
 

Jenn, die dem Wortgefecht hilflos ausgesetzt war, konnte es kaum fassen. Nun fingen die beiden Männer auch noch an verbal sich eine Schlacht zu liefern. ‚Langen euch denn die Kanonen nicht?‘
 

Wütend schrie sie Jack an: „Verdammt nochmal Jack! Mach etwas!“
 

Genervt rollte der Captain mit den Augen. „Ja, Ja Liebes. Wir sind doch so gut wie frei. Es ist fast unmöglich, dass er uns jetzt noch mit seinen Kanonen erwischt.“
 

Mit einem lauten Knall flog eine schwarze Kugel haaresbreite an Jack vorbei und zerplitterte den Boden kurz vor dem Mast, an welchen sich Jenn hilflos geklammert hatte. Mit einer enormen Wucht schleuderte es sie über die Reling. Verschlungen, vom dunklen Meer.
 

„JEEEENN!“ Panisch rannte Jack an die Reling und schaute auf die tosenden Wellen, die keinen Einblick auf Jenn zulassen wollten. „VERDAMMT NOCHMAL! JENN!“
 

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Das eisige Meer fühlte sich auf ihrer Haut wie tausend Nadeln an, die unaufhörlich und unbarmherzig zustachen. Sie war von Wasser umgehen und verlor die Orientierung. Ihr Körper schmerzte.
 

Panik ergriff sie. Mit leichter Verzögerung drangen bereits die ersten Luftblasen aus ihrem Mund und bahnten sich an die Oberfläche. Verzweifelt kniff sie Augen und Lippen zusammen, in der Hoffnung länger durchhalten zu können.
 

Würde sie je wieder die Menschen sehen, die ihr am Meisten beudeten? Sollte hier ihr Leben enden? Die Bilder ihres Vaters tauchten vor ihrem innerlichen Auge auf. Bilder aus ihrer Kindheit. Ihr Kindermädchen, wie es ihr Bücher vorlas und weinend in ihre Arme rannte, weil die anderen Kinder sie nicht bei ihren Spielen dabei haben wollten.
 

Und dann .... sah sie Jack. Wie sie ihm begenet war, er sie mit seinem goldenen Zahn angegrinst hatte. In seinen Armen aufgewacht war ... und seine Stimme klang noch immer in ihrem Ohr. „Jenn, Liebes ...“
 

Hatte sie kein Glück in ihrem Leben verdient? Sollte das die Strafe dafür sein, dass sie ihren Verlobten hintergangen und sich einem Piraten angeschlossen hatte?
 

Ihre halb zusammengekniffenen Augen schmerzen bereits durch das eisige Wasser. Wieder tauchte das Bild von Jack vor ihr auf wie er sie anlächelte. Ein ehliches und ehrenhaftes Lächeln ... ‚Nun bin ich kurz vom dem Tod und meine Gedanken kreisen trotzdem wieder einmal um dich ...‘ Endlich gab sie auf gegen die Wassermassen zu kämpfen. Ihr Körper trieb gelöst im tiefschwarzen Meer.
 

Es war in der Tat ihr letzter bewusster Augenblick, bevor sich ihr Augenlicht in tiefe Schwärze hüllte, und sie nun gänzlich das Bewusstsein verlor. Hätte sie einen Augenblick länger durchgehalten, hätte sie eine Hand gespürt, die bestimmend ihren Arm umgreift ...
 

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„VERDAMMT NOCHMAL JENN!“ brüllte Jack bereits panisch über die Reling. Er konnte sie nicht erkennen. „Verdammte See!“
 

„Jenn! Oh Gott, Maria Himmel, hilf uns!“ Gibbs war nun ebenfalls an die Reling getreten und starrte entsetzt in die Tiefe. „Nichts da, ‚Gott‘! Wenn ihr einer helfen kann, dann bin ich das! Klar soweit? Schieß auf dieses verfluchte Schiff dort drüben und ja – nur Gott kann dir noch helfen wenn du es nicht schaffst es zu versenken und in die Hölle zu schicken!“ knurrte Jack seinen ersten Maat an und drohte ihm bedrohlich mit seinem Blick. Gibbs nickte. Wenn er es nicht schaffen sollte die Interceptur zu versenken, und bei Gott, Jack es nicht geschafft haben sollte Jenn zu retten, würde er es ihm nie verzeihen. Nicht als Pirat, nicht als Captain und auch nicht als Freund.
 

„MÄNNER! AN DIE SEGEL! Wir müssen wieder näher an das Schiff!“ Er zeigte auf die gegenüberliegende Seite und gab seinen Männern den direkten Befehl zum Angriff.
 

„Und brennt mir dieses verfluchte Höllenschiff nieder!“
 

„AAAYE!“ Die Besatzung streckte ihre Arme in die Höhe und umwickelten daraufhin eifrig ihre Kanonen mit Stoff. Mit eisernem Blick starrte Gibbs auf die andere Seite des Schiffe welches allmählich der Pearl wieder näher kam. „Jetzt oder nie ...“ flüsterte der erste Maat in die See und gab den Befehl zum Abschuss. Die Kugeln wurden mit Öl übergossen und entzündet. Kurz darauf flogen die Geschosse auf die gegenüberliegende Seite und trafen die Schiffsseite mit voller Wucht. Es dauerte nicht lange, und die zündelnden Flammen hatten die Segeln völlig eingenommen und brannten nun lichterloh.
 

Betroffen starrte Wels auf die brennenden Segel. Hatte er tatsächlich verloren?
 

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‚Was habe ich mir nur dabei gedacht in ihr Leben zu treten?‘ Dieser Gedanke verfolgte ihn fortwährend. Bei Ausziehen seiner Schuhe, beim Hineinspringen ins kalte Wasser, und bei der verzweifelten Suche nach seiner Jenn.
 

Seine Jenn ... er hoffte inständig er würde jemals die Möglichkeit noch erhalten ihr das sagen zu können. Er war Schuld wenn sie stirb. Er und Wels, der einfach einen Verlust nicht ertragen konnte, so wie Jack nicht ertragen konnte, Jenn zu verlieren. Hatte er deswegen nicht genug gegen ihre Mitreise protestiert? War er selbstsüchtig und Egoistisch gewesen? Nur auf seinen Vorteil bedacht, sie in seiner Nähe zu haben?
 

Bei dem Gedanken, dass er für ihre Situation verantwortlich war, krampfte sich sein Herz zusammen. Er würde Jenn retten. Und er würde es auch wieder gut machen, was er ihr angetan hat. Er würde die Schuld auf sich nehmen und Jenn in die Welt entlassen, in die sie gehörte.
 

Die Kälte des Wassers kroch nun auch ihm unbarmherzig durch die Knochen und er betete, Jenn bald zu finden. Doch er sah nur Wasser. Wasser. Wasser. Wasser!
 

‚Ich lass dich nicht im Stich Jenn.‘ Ermutigt von seinem Gedanken schwamm er noch ein Stück tiefer. Doch wieder konnte er nichts von ihr erkennen.
 

Gerade als er jede Hoffnung schmerzvoll aufgeben wollte, erblickte er ihren reglosen Körper. ‚Jenn!‘ Ein funken Hoffung keimte in ihm auf.
 

Mit präzisen Schwimmbewegungen gelang er in kürzester Zeit in ihre Nähe und griff nach ihrem Arm. Als er keine Regung von ihr vernahm, befürchtete er bereits das Schlimmste. ‚Nein Jenn! Halte durch!‘ Mit festem Griff zog er sie mühsam Richtung Wasseroberfläche. Doch er kam nur langsam voran und fluchte innerlich über seine Hilflosigkeit, nicht schneller sein zu können. Nach einigen Metern konnte er den Bug des Schiffes erkennen. ‚Gleich Jenn ... gleich ... haben wir ... es geschafft ...‘
 

Als die beiden die Oberfläche erreicht hatten, schnappte Jack erst einmal nach Luft. Er zog Jenns reglosen Körper über das Wasser in Richtung Schiff. „ICH BRACHE EIN BOOT!“, rief er mit aller Kraft den Schiffsrumpf empor. Kurz darauf kamen auch schon Zwei seiner Männer und liesen ein kleines Beiboot mit leichter Geschwindigkeit zu Wasser.
 

Mit letzter Kraf hiefte Jack seine Partnerin über den Rand des Schiffes. Es dauerte nicht lange und sie wurden breits von den Männern auf die Pearl hinübergezogen.
 

Behutsam legte er sie dort auf den Boden.
 

„Atme Jenn! Atme!“ Der Druck seiner Hände versuchte Jenn ins Leben zurückzuholen. Er starrte auf die bläulichen Lippen seiner Liebsten und versiegelte sie mit seinen. Er beatmete sie merhmals, kämpfte um ihr Überleben.
 

Doch immer noch lag Jenn reglos im Boot und machte keine Anstalten aufzuwachen. Der leere Blick von Jack richtete sich gerade aus. Nein, er würd jetzt keine Trauer zeigen.
 

Wut keimte stattdessen auf. Die Leere seiner Augen wurde mit völligem Zorn erfüllt. Die züngelnden Flammen der Interceptur spiegelten sich in seinen Pupillen und er hatte nur noch ein Gedanke. Rache!

Kapitel 23 - Alter Pirat

Ohje, ... nach so einer langen Zeit, wer liest das hier eigentlich noch? Oo" Ich hoffe, dass der Ein oder Andere doch noch Spaß daran findet ... Daher, hier das 23. Kapitel.
 

Viel Spaß!
 

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Kapitel 23 - Alter Pirat
 

Seine Augen brannten. Es schürte jedoch nicht allein von dem erstickenden Qualm der sich über das Deck ausbreitete, nein, mehr dennoch von dem Spektakel was sich vor ihm bot. Betroffen ließ Wels seine Schultern hängen. Sie war tot! Man hatte sie ihm entrissen. Das durfte nicht sein! Er wand seinen Blick ab. Doch lange hielt er die Ungewissheit nicht aus und starrte wieder auf die andere Seite des Meeres. Reglos lag sie auf dem Boden, seine dreckigen Hände an ihrem Körper. Wie er ihn verabscheute! Ihn hasste!
 

‚Jenn ...‘ Er hatte sie verloren. Endgültig verloren. Sein Blick wanderte zu den brennenden Segeln. Auch sein Schiff war verloren, das wusste er. Er schloss die Augen. Sein Herz würde erst zur Ruhe kommen wenn er Jack Sparrow für seine Taten bestraft hatte. Ausdruckslos beobachtete er seine Crew die aufgeregt auf dem Schiff auf und ab rannten und die Beiboote zu Wasser ließen. Einige Männer schrien Sätze wie ‚Wir sind verloren!‘ oder ‚Meine Frau! Meine Familie‘. Es war ihm egal.
 

Er hatte ihm alles genommen. „JACK SPARROOOOW!“ Wütend ballte er seine Hände und schrie diese Worte mit dem größten Maß an Hass in die von Hitze erfüllte Luft.
 

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Vorsichtig strich er ihr eine Strähne aus ihrem zarten, bleichen Gesicht. Er erschrak leicht als er ihre Körpertemperatur fühlte. Lag es am Meer? Oder war bereits der Tod schon so weit fortgeschritten? Er wusste es nicht.
 

„Jenn ... ich ...“ Er brach ab. Er konnte es ihr nicht sagen. Nicht vor seiner Crew. Doch hatte sein Stolz ihn nicht erst daran gehindert ihr seine wahren Gefühle zu zeigen? „Verzeih mir ... Verzeih mir Jenn ...“ Seine Hände zitterten bei der sanften Berührung ihres Gesichts. ‚Ich trage Mitschuld an deinem Tod. Wenn ich nicht in dein Leben getreten wäre, lägest du jetzt gut behütet zu Hause in deinem Gemach‘. Ihre Lippen waren blau und das Gesicht ausdruckslos. Er zitterte. Ihm war kalt. Kalt ums Herz, sie so schnell wieder loslassen zu müssen. Trotz des Kummers umspielte ein leichtes Lächeln sein Gesicht. ‚Selbst jetzt, so wie du vor mir liegst, bist du immer noch wunderschön anzusehen, Liebes‘. Er beugte sich langsam nach unten. Legte seine salzigen, spröden Lippen auf die immer noch sanften Lippen ihrer und besiegelte sie mit seinen. Es war ein Abschiedskuss. Einmal wissen wie sie schmeckt bevor er sie ans Ende der Welt entlassen musste. Eine Träne glitt an seiner Wange entlang als er seine Lippen von ihren löste. Er weinte! Hatte er jemals geweint? Er konnte sich nicht daran erinnern.
 

Er lächelte ihr noch einmal zu, auch wenn er wusste, dass sie es nicht sehen konnte. Sein Blick fiel auf ihre Tasche die sie immer noch nah an ihrem Körper trug. Stotternd luftholend griff er hinein und zog das braune, mit Leder eingebundene Buch heraus. Abwesend drehte er es nach allen Seiten. Der Goldrand schimmerte nicht. ‚Der Schimmer ist auch mit ihrem Leben verblasst ...‘ Er seufzte. Dieses Buch war an allem Schuld. Wie gern hätte er es genommen und ins tiefe Meer geworfen in Hoffnung, dass es niemand mehr finden würde. Und doch ... konnte er es nicht. Zu sehr drang wieder der Pirat in ihm durch und die Gier nach Macht und Gold legte sich wie ein Schatten auf sein Herz.
 

Er wusste nicht was ihn dazu bewegte denn er legte das Buch auf seinen Beine ab und griff nach dem Einband. Als ob es nie verschlossen gewesen war öffnete es sich und lies die Zeilen, die er das erste mal mit Jenn gelesen hatte erscheinen. „Was zum ...“ Seine Augen weiteten sich. Sollte tatsächlich er ...? Sein Blick fiel wieder auf Jenn. Sie sah so zufrieden aus. Sie war fest entschlossen gewesen den Schatz zu finden. Sein Blick ruhte auf ihrem reglosen Körper. Das war der Moment wo er einen Entschluss fasste und sich schwor, sich auf den Weg zu machen und den Schatz zu finden. Für Sie.
 

Behutsam steckte er das kleine Buch in sein Hemd und warf ihr einen letzten Blick zu. Dann rannte er.
 

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Dunkelheit.
 

Tiefste Schwärze umgab sie. Sie hatte keine Orientierung. Ihr Körper fühlte sich an, als ob sie schweben würde. So leicht und ohne Sorge. Diese beklemmende Gefühl im Wasser war verschwunden. Sie versuchte die Augen zu öffnen doch es ging nicht. ‚Wo bin ich?‘
 

‚Auf dem Weg ans Ende der Welt Jenn‘. Sie erschrak. Wer spricht dort? Und woher wusste diese Stimme was sie dachte?
 

‚Wer seid Ihr?‘ Die Stimme lachte.
 

‚John Higgins, meine Liebe‘ Nun musste Jenn lachen. ‚John Higgins? Wollt Ihr mich auf den Arm nehmen? John Higgins ist seit über 100 Jahren tot.‘ Es war absurd was dieser Mann ihr da erzählte.
 

‚Und Ihr etwa nicht?‘ Er gluckste.
 

‚Tod????‘ Sie war ums Leben gekommen? ‚Verflucht! Das darf doch nicht wahr sein!‘ Sie versuchte wieder die Augen zu öffnen und diesesmal wollte es ihr auch gelingen.
 

Ihre Pupillen weiteten sich. Sie befand sich auf einer großen Fläche. Der dichte, kalte Nebel schlängelte sich über den Boden und vereinzelt standen abgestorbene, schwarze Bäume herum. Auch der Boden war dunkel und zeigten tiefe Risse. Ein großer, ausgefüllter Kreis haftete am farblosen Himmel und leuchtete im tiefsten Schwarz. Sie ließ ihren Blick über das Gelände schweifen und schauderte bei dem Anblick der vielen Knochen, die über den Boden verteilt lagen. Wo war sie hier nur gelandet?
 

„Fürchtet Euch nicht.“ Da war sie wieder. Diese Stimme.
 

„Ich soll mich nicht fürchten? Ich bin tot! Ich bin an einem Ort, der mir mehr als unheimlich ist und ich rede mit einer Person die behauptet ein 100 Jahre alter Mann zu sein! Und da soll ich mich nicht fürchten???“ Sie schrie förmlich.
 

„Wenn ich Euch erzähle, was euch hier her bewegt, werdet ihr keine Angst mehr verspüren.“ Jenn drehte ihren Kopf in Richtung woher die Stimme kam und traute ihren Augen nicht. Aus dem dichtesten Nebel trat ein alter Mann hervor. Er trug einen verfledderten Piratenhut und seine Kleidung war alt und verschlissen. Jenn fiel auf, dass er humpelte. Als er näher trat, sah sie eine lange Narbe in seinem Gesicht. Sie schauderte. Woher er die wohl hatte? Doch das traute sie sich nicht ihn zu fragen. Der Klos in ihrem Hals wurde dicker. Grinsend kam er auf sie zu und der Anblick ekelte sie an. Die Zähne waren schief und pechschwartz und verzeinzelt fehlten welche in seinem Gebiss. ‚Ein richtiger Pirat wie man es sich vorstellt ...‘ schoss es ihr bei dem Anblick durch den Kopf.
 

„Was ... wieso ... Wo bin ich hier?“ Mit fragendem Blick schaute sie den Piraten vor sich an.
 

„Du bist in der Zwischenwelt gelandet Jenn.“ Wie schnell der Pirat in das „Du“ üerbgegangen war erstaunte sie.
 

„Zwischen ...welt?“ Sie war verwirrt. Wovon redete der Mann?
 

„Du bist nicht tot, doch du lebst auch nicht. Hier entscheidet es sich, ob du nochmal ins Leben zurückkehrst oder nicht.“
 

Jenn verstand nichts mehr. „Und jetzt? Was geschieht mit mir?“ Sie schluckte. Wollte sie die Antwort überhaupt hören?
 

„Weißt du wer ich bin?“ An ihrem Gesichtsausdruck konnte man erkennen, dass sie nicht recht wusste was er für eine Antwort auf diese Frage erwartete. „John Higgins? Der Pirat mit dem Schatz, der Meuterei und der Schuldige, dass ich überhaupt erst in diesem Schlamassel sitze?“
 

„An diesem ‚Schlamassel‘, wie du es nennst, bist ganz alleine du schuld. Du bist Sparrow gefolgt. Du bist deinem Herzen gefolgt Jenn.“ Als er den Namen Sparrow erwähnte fiel ihr Jack wieder ein. Wie es ihm wohl geht? Wie sehr sie ihn jetzt schon vermisste. Sie würde ihn vielleicht nie wieder sehen. Bei dem Gedanken krampfte sich ihr Herz zusammen. In der letzten Zeit war er ihr sehr ans Herz gewachsen. Außerdem hatte sie sich immer besser mit ihm verstanden. Und wenn sie sich nicht getäuscht hat, war auch Jack immer offener ihr gegenüber geworden. Bei dem Gedanken an diesen Piraten begann ihr Herz schneller zu schlagen. Hatte sie sich verliebt? War sie vielleicht wirklich ihrem Herzen gefolgt und hat ihn deshalb begleitet?
 

„Liebe ich ihn vielleicht?“ Sie starrte ins Leere. Sollte sie so blind und naiv gewesen sein und sich vielleicht für alle Zeit der Welt sich die Chance verbaut haben ihm das zu sagen?
 

„Das kann dir nur dein Herz beantworten.“ Er lächelte sie an was Jenn erwiderte. Dann begann der Captain zu drucksen: „Jenn ...“ Higgins ging einen Schritt auf sie zu. „Du bist meine Ur- Ur- Ur Enkelin.“
 

„WAAAAAS?“ Hatte sie eben richtig gehört? Sie war mit einem Piraten verwandt? „Ihr lügt! Bei uns in der Familie gibt es keine Piraten!“ Entsetzt wich sie einen Schritt zurück.
 

„Doch Jenn, das ist die Wahrheit.“ Er schaute sie fürsorglich an. „Warum ... warum hat man mir dann bisher nie etwas davon erzählt?“
 

Der Pirat lachte. „Nun ja, du weißt am Besten aus was für einer Famile du kommst. Und ich kann nicht gerade behaupten, dass ich in diese Linie hineingepasst hätte.“ Er grinste.

Jenn konnte sich lebhaft vorstellen, was das für einen Skandal ausgelöst hätte, wenn in ihrer Ahnenreihe ein Pirat vorgekommen wäre. „Ich verstehe aber immer noch nicht ganz, was das alles mit dem Buch auf sich hat?“
 

„Wirklich nicht? Überleg doch mal Jenn. Ist dir nie aufgefallen, dass du schon immer anders warst? Dass dich Etikette und Regeln nie wirklich interessiert haben? Du bist anders Jenn! In deinem Innersten bist du ein Pirat! Du bist das Piratenkind!“ Sie öffnete den Mund um etwas zu sagen, schloss ihn aber gleich wieder. Er hatte recht. Sie war schon immer anders gewesen als alle anderen. Aber dass Piratenblut in ihren Adern floss, wollte sie beim besten Willen nicht glauben.
 

„Das heißt, ich bin dazu bestimmt den Schatz zu finden?“
 

„So gesehen ja. Immerhin lässt sich das Buch doch sicherlich nur von dir öffnen oder?“ Er schaute sie durchdringen an. „Ja ... das kam mir damals schon seltsam vor.“ Als sie so zurückdachte verzog sie das Gesicht.
 

„Das ist ja noch nicht alles.“ Jenn verdrehte die Augen. ‚Als ob das Bisherige noch nicht langen würde ...‘
 

‚Wie du dir ja wohl vorstellen kannst, bin ich tot. Und ich bin hier in der Zwischenwelt gefangen.“
 

„Gefangen? Aber wieso ich dachte ...“ Doch Higgins nur abwehrend die Hände. Er würde alles erzählen.

„Damals, als ich den Schatz in meinen Händen gehalten hatte, war für mich der Punkt erreicht wo ich wusste, dass ich als Pirat alles erreicht hatte. Das Gold brachte mir Reichtum, Ansehen und Macht. Doch es verdarb mich auch. Ich wurde geizig, unberechenbar und eingenommen. Ich wollte den Schatz nicht teilen und suchte mir daher einen guten Platz aus, wo ich ihn verstecken konnte. Dann habe ich dieses Buch geschrieben. Ich habe es so verschlüsselt, dass es wirklich nur derjenige finden konnte, der dafür bestimmt war. Ein Nachfahre von mir sozusagen. Da aber ich bis vor einiger Zeit der einzigste Pirat in unserer Famile war, blieb es mir leider verwährt erlöst zu werden.“
 

Jenn öffnete den Mund um etwas zu sagen, wurde von Higgings jedoch unterbrochen. „Auf mir lastet ein Fluch. Da ich gierig wurde und das Gold für mich alleine haben wollte, wurde ich von ihm verflucht. Das zog leider die Meuterei meiner Crew mit sich, was ich im nachhinein natürlich verstehen kann. Aber zu diesem Zeitpunkt KONNTE ich es überhaupt nicht sehen. Verstehst du?“
 

Jenn nickte verstohlen. Gold war schon immer ein Mittel zur Gier gewesen und verdarb den Charakter. Wieviele Mörder saßen in Port Royal im Gefängnis und waren eigentlich herzensgute Menschen gewesen? Doch das Streben nach Macht hatte sie dann doch zu gesetzteswidrigen Taten gebracht. Und auch sie war erst bei dem Gedanken an das viele Gold in Versuchung geraten. Higgins sprach weiter und hatte Jenns ganze Aufmerksamkeit.
 

„Als ich von meiner Crew gefunden wurde und kurz vor dem Tot stand, löste sich das Band zwischen mir und dem Gold und ich flehte meine Besatzung an mich zu verschonen. Ich versicherte ihnen, dass ich unter einem Fluch stand und mich das Gold zu allen Taten gebracht hatte, aber sie ließen sich nicht umstimmen. Sie haben mich eiskalt erstochen. Ich habe noch versucht um mein Leben zu kämpfen, zog mir jedoch bei der hohen Anzahl meiner Männer nur Verletzungen zu, die den Tod verschlimmerten.“ Jenn schluckte. Nun konnte sie sich auch vorstellen woher er die Narbe hatte. Es musste fürchterlich sein, zu wissen dass man eigentlich für seine Taten nichts dafür konnte und trotzdem dafür bestraft wurde.
 

„Dann bin ich hier aufgewacht. Lange Zeit lang wusste ich nichts mit mir anzufangen und wandelte bereits auf dem Grad zum Wahnsinn. Ich verspürte keinen Hunger, hatte den Drang aber nach Essen, ich war Müde konnte aber nicht schlafen. Ich konnte nicht einmal sagen wie lange ich hier schon gefangen war bis mich eines Nachts eine Stimme heimgesucht hatte. Sie erzählte mir von der Geburt des Piratenkindes und dass nur durch dieses Kind der Fluch aufgehoben werden konnte, wenn das Gold gefunden und an die hilfbedürftigen Verteilt werden würde.“
 

„Und dieses Kind ...“ Higgins vervollständigte ihre Satz. „Warst du ...“
 

„Das heißt, nur wenn ich den Schatz finde, könnt Ihr endlich Eure Erlösung finden?“ Jenn kam das ganze wie ein Traum vor. So unreal. Und doch war sie wirklich tot und unterhielt sich mit einem noch länger verstorbenen Piraten!
 

„Ja, nur durch dich. Daher ist es auch so wichtig, dass du den Schatz findest.“
 

„Da gibt es aber nur ein Problem: ICH BIN TOT!“ Hatte er dieses Detail vielleicht vergessen?
 

„Ja, das stimmt. Du bist tot, aber du wirst in das Reich der Lebenden zurückkehren Jenn. Durch den Schlüssel zu deinem Glück wirst du wieder Leben und deine Aufgabe erfüllen.“ Der Pirat begann transparenter zu werden.
 

„WARTE! Was für ein Schlüssel? Und welche Aufgabe meint Ihr?“ Sie streckte ihre Hand nach ihm aus, doch er verblasste nun entgültig. Zurück blieb nur seine Stimme und völlige Dunkelheit. „Lebe wohl, Jenn!“

„WARTE! Lass mich nicht allein! Ich weiß doch nicht ...“ Sie brach ab. Ein plötzliches Schwindegefühl hatte von ihr Besitz ergriffen. Ihre Augenlider wurden schwerer und drohten zuzufallen. „Ich weiß doch nicht ... wie ich ...“ Sie gähnte. „Wie ich hier rauskomme ...“ Sie fiel in einen Trancezustand. Wieder hatte sie das Gefühl zu schweben und fühlte sich leicht und unbeschwert. Sie sah ihre Familie, Henry, die Pearl und plötzlich sah sie Jack vor ihren Augen und seine Stimme drang in ihr Ohr. ‚ATME JENN! ATME!‘
 

‚Jack ...‘ Ihre Stimme glich einem Flüstern. Sie spürte seine Berührungen. Jede Kontakt mit ihrer Haut fuhr ihr hinab in die Wirbelsäule. Ein zarter Hauch strich über ihre Lippen. Ihr Körper begann zu prickeln und dieser Hauch einer Berührung fühlte sich an wie tausend kleine Nadeln die auf ihrer Haut tanzten. Es war ein wunderschönes Gefühl. Der Druck auf ihren Lippen verstärkte sich ein wenig und sie sah wieder Jack vor sich. Er war ihr so nah wie noch nie. Sie schmeckte das salzige Meerwasser und hatte einen leichten Rumgeruch in der Nase. Das Kribbeln wurde schlimmer und schlimmer und sie hatte das Gefühl gleich es nicht mehr auszuhalten. Und doch wollte sie, dass es nie aufhörte. Es war ein Kuss, ein Kuss der ihr alle Sinne raubte.
 

Bevor sich ihre Lippen trennten, und in ihr ein Gefühl zurückblieb, als ob ihr etwas entrissen wurde, konnte sie in sein tiefstes Inneres sehen. Sie konnte seine Leidenschaft fühlen. Sie spürte seine enorme Zuneigung und sah tief in sein Herz. Glück durchströmte ihren Körper. Nun kannte sie die Bedeutung der Worte, die Higgins ihr gesagt hatte. Er war ihr Schlüssel. Seine Zuneigung holte sie in sein Leben zurück. ‚Er liebt mich!‘
 

Weißes Licht umhüllte ihren aufgebäumten Körper und erhellte das dunkle Nichts.



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Kommentare zu dieser Fanfic (16)
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Von:  KaeAskavi
2009-07-06T17:53:20+00:00 06.07.2009 19:53
Nyo nyo ich hab gerade angefangen deine FF zu lesen und sie gefällt mir xD
auch wenn mir der Dialog mit dem Buchhändler ein bisschen stark an den Dialog aus "Die Schöne und das Biest" erinnert
aaaaber egal wie gesagt Daumen hoch ich muss jetzt weiterlesen ich wollte nur jetzt schoneinmal einen kleinen Kommentar verfassen bevor ichs am ende weider vergesse xD
Von: abgemeldet
2009-05-12T08:16:35+00:00 12.05.2009 10:16
Ich will wissen wie es weiter geht! Beeil dich!
Cichlid

Von:  Minzetee
2008-05-04T08:17:59+00:00 04.05.2008 10:17
Hey!
Voll cool!
Richtig toll geschrieben.
xD
der anfang erinnert mich ein wenig an die schöne und das biest xD
naja, mir sind zwei Fehler aufgefallen, und ich sag sie dir lieber, damit du sie ändern kannst^^
also einmal, ziemlich am anfang, hattest du einen fehler, aber ich weiß ihn nicht mehr ^^'
ich glabe, im ersten oder zweiten absatz. guck mal nach^^

und:
"die in ihr Aufstieg" Das aufstieg wird klein geschrieben^^

also, mir gefällt es bis jetzt super, ich geh schnell die anderen kapitel lesen^^
baba
lg minze
Von: abgemeldet
2007-12-21T15:07:37+00:00 21.12.2007 16:07
mach bitte,bitte weiter!!!!!!!!
Von: abgemeldet
2007-07-12T17:13:44+00:00 12.07.2007 19:13
deine geschichte is der hammer und das nen ich mal nen ich mal eine spannende fortsetzung hoffe das es bals weiter geht
Von:  Canari
2007-07-02T14:18:55+00:00 02.07.2007 16:18
Oh mann ist das spannend!!!
Ich hoffe jetzt einfach mal, dass Jack sich geirrt hat und Jenn am Leben ist...
Aber das mit der Rache ist auch nicht schlecht XDD
Okay Rache hin oder her.. Jenns Leben geht vor ;)
Freu mich riesig auf die Fortsetzung!!!
*knuff* Canari
Von:  Canari
2007-06-03T20:38:20+00:00 03.06.2007 22:38
Hab mal wieder nix zu meckern ^^... ist auch nicht nötig bei deiner Story ;). Die hat's einfach in sich...
Schreib schnell weiter.. ich bin ja so ungeduldig XD
lg Canari
Von: abgemeldet
2007-05-28T21:07:14+00:00 28.05.2007 23:07
hallöchen!^^
Also zum ersten, ich mag dein Schreibstil.
Zum zweiten hab ich Lust zum weiter lesen bekommen!^_^
Auf jeden Fall werde ich deine Fanfics aufmerksam weiter lesen! Und ich pack sie mir gleich mal in die Favoliste!
Von:  Tetsu-chan
2007-05-28T21:05:21+00:00 28.05.2007 23:05
hallo,
hast Fluch der Karibik 3 schon gesehn?
ich schon *gg*, war cool^^
könntest deinen als 4. Teil anbieten (hab i no net gsagt, oder?)
schöne Tage und schreib fleißig weiter *gg+
ganz liebes Grüßchen
tetsu-chan
Von: abgemeldet
2007-05-28T16:35:51+00:00 28.05.2007 18:35
das ist so toll! freu mich schon auf die nächsten Seiten.


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