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Die unerträgliche Leichtigkeit des Dies

...Manche Menschen machen es sich wirklich zu einfach! [Die x Kao]
von

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Die hält Einzug

Kapitel Eins
 


 

Es gibt Tausende von Menschen, die sich den Fuß oder andere Körperteile abhacken würden, wenn ich eine Nacht mit ihnen verbringe. Sie würden ihre Großmutter verkaufen, wenn sie meine Babys haben oder in den Genuss meines Allerwertesten kommen dürften. Ja, ich rede nicht nur von Frauen, sondern auch von Männern. Ob Mann, ob Frau – da sind so viele, die für mich alles tun würden, nur wenn ich mir von ihnen einen blasen ließe.

Schmeichelhaft? Ohne jeden Zweifel. Jedoch muss ich weder tausend Männer noch Frauen haben. 50 Prozent fallen von vornherein sowieso durch das Raster, weil ich nicht auf Frauen stehe, und die anderen 49,9 Prozent interessieren mich nicht. Deshalb lasse ich zwar trotzdem nicht meine Finger von ihnen, aber das hat auch nur einen einzigen Grund.

Innerhalb der Gruppe der männlichen Bevölkerung liegt nämlich das Problem. Es hat zwei Beine, zwei Arme, zwei zuckersüße Ohren, ein Paar zartgeformte Hände, den heißesten Hintern der Nation, göttliche Lippen, dunkle und geheimnisvolle Augen, stark ausgeprägte Wangenknochen wie die eines Gottes, das Lächeln eines Casanovas und... einen Bart. Darf ich vorstellen? Der Name meines Problems ist Niikura Kaoru, Bandleader und Gitarrist der Gruppe Dir en grey, ein Meter und siebzig geballte Ladung Sex und ein Paradebeispiel der Heterosexuellen. Da haben wir den springenden Punkt.

Kaoru ist derjenige, der sich das Bein abhacken würde, wenn er NICHT mit mir schlafen muss. Er würde sich lieber die Zunge herausschneiden, als sie in den Mund eines Mannes zu stecken. Ja, er würde sich sicher sogar lieber den Willi abhacken, als sich von einem anderen Mann in den Hintern ficken zu lassen. So einer ist das! Einer, bei dem ich folglich null Chance habe.

Genau deshalb will ich ihn umso mehr! Jede neue Abfuhr, die mir Kaoru verpasst, lässt mich nur noch stärker nach ihm schmachten. Ich werde erst aufgeben, wenn ich diesen kleinen miesen Sklaventreiber endlich in meinem Wasserbett habe!

DAS ist ein Versprechen!
 

Entschuldigung, habe ich mich denn überhaupt schon vorgestellt? Mein Name ist Andou Daisuke, oder einfach kurz Die. Ich bin der zweite Gitarrist bei Dir en grey. Im Grunde bin ich etwa ein Meter siebenundachtzig großes ungezügeltes Dynamit mit roten Haaren. Ich bin schwul und das ist auch gut so.

Außer mir ist leider nur unser Bassist Toshiya schwul, aber auf ihn stehe ich nicht. Er gräbt mich hin und wieder an, aber da ich nur Augen für Kaoru habe, kann ich keinen Fehler machen und mit Toshiya schlafen. Nicht mal ein One-Night-Stand wäre in Ordnung, auch wenn Tosh sicher nicht der übelste alle Lover wäre. Wenn Kao davon Wind bekäme, könnte ich mir ein Kreuz kaufen und mir mein Grab schaufeln. Der Herr Bandleader hat nämlich ziemlich strenge Regeln, was das Schlafen mit Bandkollegen angeht. Dies kommt bei meiner Mission erschwerend hinzu. Allein die Moral würde meinem Liebsten niemals erlauben, sich auf mich einzulassen. Egal, soweit müsste ich ihn erst mal haben! Leider lässt sich Kaoru nämlich so gar nicht auf mich ein und das finde ich sehr schade.

Klar, in erster Linie will ich ihn ins Bett kriegen, aber ich mag ihn auch und das nicht wenig. Nach dem Warum sollte man mich an dieser Stelle besser nicht fragen, denn der Kerl ist ein arbeitswütiger Sklaventreiber, hat einen makabren bis egoistischen Humor, lacht lieber über seine eigenen Witze als die der anderen, ist die personifizierte Eitelkeit und ein Klugscheißer sondergleichen.

Eigentlich überwiegen die negativen Aspekte in ihrer Quantität, jedoch sind seine positiven Seiten qualitativ sehr hoch entwickelt. Er ist der Halt unserer Band. Hat jemand Probleme, kommt er zu Kaoru. Er macht uns wieder Mut, gibt uns Kraft und überzeugt und motiviert uns. Schafft man es ihn zum Lächeln zu bewegen, ist es das schönste Gefühl auf der Welt. Er drängelt sich nie in den Vordergrund, übernimmt all die Arbeiten, die wir nicht gerne tun und respektiert jeden einzelnen von uns durch stille Bewunderung. Eine treue Seele, die, wenn man sich einmal deren Zuneigung ergattert hat, einen niemals im Stich lassen würde.

Möglicherweise ist Kaoru sogar zu gut für mich, aber das sei mal dahingestellt. Denn noch nie war ich bei einem Typen so hartnäckig wie bei ihm. Seit Jahren nun schon versuche ich, ihn von mir zu überzeugen und mit welchem Erfolg? Keinem. Nicht mal ein Kuss. Dabei küsse ich doch so gut! Frustrierend.
 

Wieder einmal sitze ich hier und starre auf das Telefon. Ich wünschte, Kaoru würde anrufen und nach mir fragen, was er aber natürlich nicht tut. Gerade erst ist unsere letzte Tour vorbei und er ist sicher froh, mal ohne uns anderen Spinner zu sein. Aus meiner Stereoanlage dröhnt der leise Gesang von Prince und seinem Purple Rain und so langsam werde ich melancholisch. Mein Kopf fühlt sich noch recht tot an und mein Magen verweigert die Nahrungsaufnahme aufgrund zu hohen Alkoholkonsums in der letzten Nacht.

Der letzte Tag der Tour wurde traditionsgemäß gefeiert mit unserer Crew und dabei habe ich mal wieder einen über den Durst getrunken. Dank Kaorus Anwesenheit hatte ich auch nichts Besseres zu tun, als ihn anzuschmachten und dabei ein Glas Bier nach dem anderen runterzukippen. Irgendwann kam dann der Punkt, wo mein Kopf vorwärts fiel und meine Stirn die Tischplatte knutschte. Gemerkt habe ich das nicht mehr, aber dafür merke ich es jetzt umso mehr. Die dicke Beule pulsiert bei Berührung und weil es so weh tut, macht mich nicht einmal mehr die Doppeldeutigkeit meiner Bemerkung glücklich.

Ich schätze, dass mich einer von der Crew nach Hause geschleppt hat, denn ich war in meinem Bett aufgewacht – angezogen. Das war ja schon mal positiv, denn wenn nicht, hätte ich mich eh an nichts mehr erinnert, was auch nicht sonderlich toll ist. Wenn Sex, dann bitte erinnerungswürdig! Halbe Sachen mache ich da nicht!
 

Warum klingelt denn das Telefon nicht? Ob man es hypnotisieren könne? Ich starre doch bestimmt schon geschlagene zwanzig Minuten darauf. Vielleicht sollte ich noch eine rauchen? Gute Idee. Dabei etwas fernsehen. Mann, ich bin noch immer so wahnsinnig müde, aber schlafen kann ich auch nicht. Immer wieder kommt mir nur wieder dieser dumme Kaoru ins Hirn mit seinem supergeilen Hintern, den ich doch so gerne mal richtig durchkneten würde.

Junge, Junge, mich hat es aber auch erwischt. Nicht erst heute, nein, nein. Das geht mir schon seit Jahren so und wie ertrage ich das? Durch gezielte Ablenkung.

Anfangs dachte ich, na gut, auch andere Mütter haben hübsche Söhne, aber keiner war wie mein Kaokao. Alle getestet. Alle für untauglich befunden. Dann diese ständige Schlaflosigkeit! Man liegt nachts wach und denkt dauernd nur an diesen einen Kerl und wie toll er doch ist. Szenen gehen einem durch den Kopf. Was wäre wenn, wie wäre es wenn und vor allem wie gut und wie oft. Mal frisst man wie ein Scheunendrescher, mal kriegt man keinen Bissen herunter. Sauftouren sind die willkommenste Abwechslung, weil einen die Besinnungslosigkeit sexuell betäubt.

Früher glaubte ich, das geht sicher wieder vorbei, aber daraus wurde nichts. Ich will diesen verfluchten Kaoru und wenn es das letzte ist, was ich in meinem Leben tue! Ich bin schließlich ein verdammt heißer Typ mit Charme und einem Lächeln, das die Welt bezaubert!
 

Ein Plan muss her. So weiterzumachen wie bisher würde nichts bringen. Ich muss Nägel mit Köpfen machen. Aber wie?

Ich hole mir erst mal ein paar Kartoffelchips, denn die kann ich immer. Festere Nahrung wäre zu gefährlich. Die Füße hoch auf das Sofa und nachdenken, das mache ich jetzt!

Kaoru ist ein harter Brocken. Wie soll ich ihn nur rumbekommen? Mit welcher Strategie? Drastische Maßnahmen müsste ich ergreifen, aber nicht wieder unüberlegt küssen. Einmal, als Kaoru wahrlich bis zum Anschlag sternhagelvoll war, da hatte ich versucht ihn zu küssen. Dann gab es allerdings eins auf die Nuss. Der hatte mir eins über den Schädel gezogen, dass ich noch Tage später nicht wusste, wo ich Zuhause war. Reflex meinte er dazu nur. Reflex war es auch bei mir gewesen und dafür hat nie jemand Verständnis.

Die abfüllen-und-flachlegen-Taktik funktioniert jedenfalls nicht bei ihm. Pluspunkte bringt es, wenn man einfach nett zu ihm ist, behilflich hier und dort und ihm Komplimente über seine Tattoos macht. Ich habe mir sogar selbst eines stechen lassen, nur damit er beeindruckt ist, aber was hat es mir gebracht? Wieder nichts, denn er ist zwar unglaublich süß, umarmt mich sogar mal, wenn ich ganz viel Glück habe, aber mehr ist nicht drin.

Freundinnen kamen und gingen. Positiv, dass seine Lebenseinstellung keine langfristigen Beziehungen zulässt. Er hat das selbst noch nicht eingesehen, aber das wird er wohl müssen. Nicht umsonst macht eine nach der anderen mit ihm Schluss. Er ist aber auch keiner, der eine Frau nur mal flachlegt und dann fallen lässt. Nein, Kao-Schatzi will eine feste Beziehung, aber Kao-Dummi schnallt nicht, dass er dazu einige Kompromisse eingehen müsste.

Mit mir müsste er das nicht. Wir machen einfach weiter wie bisher, nur dass wir nachts das Bett teilen. Wir würden Liebe machen unter dem Sternenhimmel und ich würde ihn so hart durchnehmen, dass er wochenlang nur noch kleine rosa Herzchen sieht, wenn ihm sein rothaariger Lieblingsgitarrist begegnet. Er würde mich anflehen nach mehr!
 

Leider ist das nur Wunschdenken und ich habe noch immer keine Idee, wie ich ihn von mir überzeuge. Ich müsste ihm einfach näher sein, mehr Zeit mit ihm verbringen, dann würde er schon einsehen, dass ich ein supersüßes Schnucki bin. Ob wir nicht genug Zeit miteinander verbringen? Soll das ein Scherz sein? Egal, was wir tun, nie haben wir wirklich Zeit für einander. Heißt konkret, wenn gearbeitet wird, wird gearbeitet. Videodreh, Studioaufnahmen, Fotoshootings, Liveauftritte, sogar dämlich Proben – das alles ist Arbeit und da braucht haben wir einfach zu tun. Da bleibt keine Zeit um mal ein nettes kleines Schwätzchen mit dem Leader-Schätzchen zu führen. Wie auch? Dann würde er mich nämlich in den Hintern treten und sich gleich mit. Zumal andauernd die anderen dabei sind. Niemals ist man mit Kaoru allein! Mich könnt das ja so was von ankotzen, das glaubt mir keine Sau! Nach der Arbeit, auf Tour zum Beispiel, verkriecht sich entweder jeder außer mir gleich auf sein Zimmer oder wir gehen alle zusammen mal einen Kaffee trinken. Nicht nur öde, sondern auch unromantisch.

Nein, Kaoru müsste mich quasi mal im Alltag erleben. Ich müsste mir mit ihm ein Badezimmer teilen oder eine Küche. Am besten die ganze Wohnung! Aber da fantasiere ich wohl einfach zu viel und die blöde Klempnersendung in der Glotze hilft mir auch nicht weiter...

Oder doch?
 

Mir kam da eine Idee. Es wäre zwar ein bisschen gemein, aber wie sagt man so schön? Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt! Auf geht ‘s Die! Hol dir deinen Kaokao!
 

Ein kurzer Blick auf die Armbanduhr verrät mir, es ist kurz nach sieben. Hoffentlich hat Kaoru noch nicht gegessen, denn ich habe tierisch Knast. Es hat mich lediglich drei Stunden gekostet, mein göttliches Antlitz in einen guten Zustand zu bringen, aber nun endlich stehe ich vor Kaorus Haustür. Vielleicht sollte ich mal klingeln? Hm... Wenn das hier schief geht, bringt er mich um. Möglicherweise ist mein Vorhaben zu gewagt. Es könnte mich Kopf und Kragen kosten.

Mit einem kurzen Schulterzucken wandert mein Zeigefinger auf den Klingelknopf und drückt feste zu. Ich warte, drücke vorsichtshalber noch einmal, ein paar Mal mehr und als endlich die Tür aufgeht, ziehe ich meinen Finger schnell zurück und setze mein liebenswürdigstes Lächeln auf.

„Die?“, Kaorus rechte Augenbraue zieht sich langsam wie von selbst nach oben, als er mich sieht.

„Hallöchen!“, grüße ich mit einem Wink meiner Hand.

Dann fällt sein Blick auf meine riesige Reisetasche hinter mir und auch seine linke Augenbraue steigt bedrohlich nach oben.

„Bittest du mich nicht rein?“, frage ich überfröhlich und wenn auch skeptisch, aber er öffnete mir die Tür. Meine Reisetasche hinter mir her ziehend, schleppe ich mich in den Korridor seines Apartments.

„Schuhe aus,“ brummt mich Kaoru an und verschränkt die Arme. „Also Die, klär mich auf über die Reisetasche. Da wir morgen wieder im Studio sein müssen, gehe ich davon aus, dass du NICHT in Urlaub fliegst.“

Ich schüttele den Kopf. „Nein, schön wär’s.“ Dann lasse ich meine Schultern hängen als erstes Zeichen meiner Verzweiflung. „Ich werde morgen natürlich gerne ins Studio kommen, wenn du mir ein Bett zum Schlafen gibst.“

„Was?“ Der Mistkäfer fing an zu lachen, aber dem wird das Lachen noch vergehen. „Warum sollte ich das tun, hm?“

Todernst schau ich ihm in die Augen. „Wasserrohrbruch. Meine Wohnung steht komplett unter Wasser. Nicht nur das Bad oder die Küche, nein alles, sogar mein Schlafzimmer.“

„Ruf ’ne Sanitärfirma,“ meint Kaoru trocken und läuft in die Küche, ich mit hängendem Kopf hinterher.

„Hab ich schon. Gleich nach der Feuerwehr.“

„Bitte?“ Zu süß, wenn Kaoru sein Panikgesicht rauskramt. Hach, konzentrier dich, Die.

„Was meinst du denn? Als ich heute Morgen aufgewacht bin, stand ich knietief im Wasser. Die mussten die ganze Bude auspumpen!“ Ich wedele zur Untermalung meines Ärger mit den Armen durch die Luft und seufze am Ende meines Satze theatralisch. „Dann kam der Klempner und die machen jetzt ein Gutachten, weil es ja ein Versicherungsfall ist. Wenn das Gutachten da ist, kann die Firma mit der Schadensbehebung anfangen.“

„Scheiße,“ fällt meinem Leaderchen da nur ein und er setzt sich erst einmal, nachdem er mir und sich selbst ein Bierchen zugeschoben hat. „Da kannst du dich ja freuen. Man weiß ja, wie Versicherungen sind und pass ja auf mit der Klempnerfirma. Da muss man aufpassen wie’n Schießhund, dass die auch keinen Mist bauen.“

Irgendwie kommen wir gerade vom Thema ab. Die Scheiße interessiert doch keinen, auch wenn ich Kaorus erhobenen Belehrzeigefinger einfach liebe! Das verleiht ihm so etwas Kluges.

„Mach ich, mach ich. Deshalb hab ich aber keinen Platz zum Schlafen, solange wie das dauert.“ Dackelaugen helfen bei Kao selten, aber ich versuche es trotzdem.

„Warum gehst du nicht ins Hotel?“ Locker und cool zündet er sich eine Zigarette an, als ob nichts wäre! Verdammt, wie dreist von ihm, das auch nur vorzuschlagen. Böses Kao, aus! Mach Platz!

„Weil ich die Nase voll hab von Hotels. Grad komm ich vom Touren nach Hause und da soll ich schon wieder in ein doofes Hotel?“ Jetzt setze ich einen drauf, aufgepasst! „Du willst mich nicht hier haben, oder? Es ist dir nicht Recht, wenn ich mal ein oder zwei Nächte hier übernachte. Ich versteh schon.“

„Nein Die, versteh das nicht falsch,“ und schon wehrt Kaoru ab. Er ist zu höflich für diese Welt.

„Dann kann ich hier bleiben?“ Extrem hoffnungsvollen Gesichtsausdruck aktivieren. Meldung an Hirn erfolgt. Ausführung durch Hirn bestätigt und an Muskeln weitergegeben. Befehl ausgeführt.

„Na ja, nee doch, ja nee... och Die! Sieh mal, bei mir ist es eben schlecht. Ich hab doch nur eine Zweiraumbude und wo willst du denn da schlafen?“ Ich schätze, ich habe mein perverses Grinsen gerade nicht unter Kontrolle, denn Kaoru haut mir liebevoll eins auf den Hinterkopf. „Mein Bett kannst du dir abschminken.“

„Schade. Na gut, aber wenigstens dein Sofa? Komm schon, Kao! Wohin soll ich denn sonst? Kyo würde mir die Tür nicht einmal aufmachen, dieser Egoist, und zu Shinya will ich nicht wegen Miyu. Ich hasse es, von Weibern geleckt zu werden.“

„Was ist mit Toshiya? Der hat ein ganzes Häuschen.“ Stimmt schon. Wo ist mein Argument dagegen? Nachdenken, Die.

„Das gibt Mord und Totschlag. Zwei Homos in einem Haus ohne sexuellen Kontakt? Jede Wette würde er wieder versuchen, dass ich mich auf ihn einlasse.“ Ein mieser Kumpel bin ich. Toshi tut mir irgendwie leid. So schlimm ist er gar nicht. Nur für Kaoru gehe ich eben über Leichen!

„Ach? Und wieso sollte ich dir vertrauen?“ Er schenkt mir einen tiefdurchdringenden Blick und fast erschaudere ich, doch noch reiße ich mich zusammen.

„Kaoru, komm schon. Ich schwöre, ich werde mich benehmen.“ Ich kreuze Zeige- und Mittelfinger und halt sie nach oben. „Pfadfinderehrenwort. Ich mache auch nichts schmutzig und bin ganz brav. Biiiiitteeeee!“

Die Hände gefaltet, flehe ich meinen ehrenwürdigen Leader an, bis er die Augen verleiert.

„Von mir aus Die, aber sei bitte vorsichtig hier in meiner Wohnung. Regel eins: Nichts anfassen! Weder Inventar, noch Bewohner. Klar?“

Der hat sie wohl nicht mehr alle? Was ist denn das für ein Spruch? Na, wegen mir lüge ich eben einfach weiter. Nickend bestätige ich seine Konditionen.

„Regel zwei: Mach niemals die Tür auf, wenn ich nicht da bin. Klar soweit?“ Immer nicken, immer nicken. „Regel drei: keine Anrufe entgegennehmen!“

„Was? Warum nicht?“ Ich altes Plappermaul. Jetzt ist mir doch die Frage einfach so herausgerutscht.

„Weil ich dich kenne Die.“ Klugscheißergesicht auch schon da, wunderbar. „Da muss nur mal einer von diesen Telefonfirmen dran sein und schon hab ich dank dir zehn neue Tarife gleichzeitig.“

„Ja, aber du sparst doch, wenn~“

„Die!“

„Ja?“

„Keine Telefonanrufe, klar?“ Böser Kao, grrr. Willst du, dass Daidai die Peitsche rausholt?

„Fein, ist gut.“ Gehorsam reicht ja auch für das Erste.

„Also gut, mein Sofa steht dir zur Verfügung,“ lächelt er schulterzuckend und ich schreie auf.

„Jippieeeeehhh!“ In meiner Freude hüpfe ich ihn an und schlinge meine Arme um das Kaotierchen um es zu knuddeln und zu herzen. „Danke Kao, ganz lieben Dank. Du bist der beste!“

Einseitig grinsend winkt er ab. „Ich weiß.“

„Hab’s dir ja auch gerade erzählt,“ kichere ich und freue mir fast ein zweites Popsloch.

„Die?“

„Ja Kaokao?“

„Lässt du mich jetzt bitte wieder los?“, fragt er trocken, aber will er jetzt eine ehrliche Antwort?

„Muss ich?“

„Ja.“

„Okay dann,“ sage ich und lasse ihn vorerst mal wieder los um meine riesige Reisetasche ins Wohnzimmer zu schieben. „Ich mach’s mir bequem, ja?“

„Tu das,“ nickt Kaoru fast zu freundlich und das macht mir Angst. „Im Kasten unter dem Sofa sind Decken und im Kühlschrank ist noch etwas Sushi, falls du Hunger hast. Ich geh dann noch mal weg.“

Was? Jetzt? Aber~ Mist! „Wohin denn?“

„Ich treffe mich mit meiner Freundin,“ sagt er grinsend und wenn er gleich anfängt zu kichern, schlag ich ihm eine drauf. Bäh. Verliebter Kaoru ist ekelhaft und nicht zu ertragen.

„Du hast eine?“ So ein mieser, kleiner Geheimniskrämer. Da waren wir nun fast zwei Monate auf Tour und sind den ersten Tag zuhause und er trifft sich mit seiner Freundin. Wir wussten nicht einmal, dass er eine hat!

„Ich hab sie ja auch noch nicht lange,“ meint er und geht ins Schlafzimmer, um kurz darauf in einem konservativen Bürokratenhemd zurück zu kommen. „Kurz vor der Tour war unsere erste Verabredung und das hier heute wäre dann unsere zweite.“

„Meinst du, sie war dir treu?“ Ups. Ich bin aber auch ein fieser Hund.

„Wird sich zeigen,“ schmunzelt er nur und knöpft sich die spießigen Hemdsärmel zu. „Jedenfalls ist sie nett, gutaussehend, hat wunderschönes langes Haar und den süßesten Hintern von ganz Japan...“

Nein, den hast du, Blödmann. Bla bla bla. Wenn der nicht gleich mit der Liebessülze hier aufhört, kotz ich. Das gibt Rache, mein Freund. Du wirst dich noch umgucken! „Jaaa~“, unterbreche ich ihn und schiebe ihn Richtung Tür. „Das ja alles wunderbar! Wünsch dir viel Spaß!“

„Hey Die, warte! Ich brauch noch Schuhe,“ meckert Kao armwedelnd rum und ich suche ihm wahllos ein Paar aus von denen, die da so rumstehen.

„Hier.“ Ich drücke ihm die Schuhe in die Hand und schiebe das geschnürte Kaopäckchen in den Hausflur, bevor ich ihm noch seine Jacke nachwerfe. „Zieh die lieber an. Ist frisch draußen.“

Und zu die Tür! Wumms!
 

So’n Doofi. Was hat der sich da bloß wieder für eine Alte angelacht? Die macht ihn ja zum Spießer! Bäh. Der Mann ist ein wilder, ungebändigter Rockstar und kein Streifenhemd und Krawatte tragender Bürohengst. Gott, Kaoru! Was mach ich nur mit dir?

Die Hände in die Hüften gestemmt, lasse ich meinen Blick über mein neues Zuhause schweifen. Ganz toll. Typische Singlebude, allerdings penibel aufgeräumt. Nur hat das Ding ja null Stil. Wer hat denn in Japan bitte Ikearegale? Das werde ich hier wohl ändern müssen.

Zunächst gehe ich lieber in die Küche und mach mich auf die Suche nach dem Sushi, von dem Kaoru gesprochen hat. Dieses sieht noch nicht einmal schlecht aus. Schmeckt auch gut. Wunderbar. Dann nehme ich das schon mal mit ins Wohnzimmer. Was brauche ich denn noch? Wo hat der Mann nur die Pepsi light versteckt? Igitt. Das ist ja stinknormale Cola in Kaorus Kühlschrank. Wer trinkt denn so ein ekeliges Zeug? Dann werd ich eben Bier trinken, auch gut. Ach nein, wie süß! Da ist ja ein Riesenbecher Schokoladeneiscreme in seinem Gefrierfach! Kao, Kao, Kao. Ich wusste es doch! Er ist ein Süßer!

So, nachdem ich Sushi und Bier – was für eine Mischung – auf dem Couchtisch platziert habe, stelle ich die Glotze auf Homeshopping und lege die Füße hoch.
 

Nach dem Essen stelle ich fest, dass Mary Kay meine Gesichtspflegecreme nicht mehr herstellt, sondern ein neues, noch besseres Produkt zur Verringerung der Altersanzeichen anbietet. Das muss ich haben!

„Hallo bei Homeshopping Tokio, wen hab ich am Apparat?“

„Hier ist Daisuke,“ sage ich der Verkäuferin, zu der ich live ins Studio geschaltet wurde.

„Oh, Daisuke-san, es freut mich immer wieder, wenn Sie anrufen,“ antwortet sie freundlich und verbeugt sich mehrmals. „Womit können wir heute dienen?“

„Die Mary Kay Skin-Extreme Creme. Die ist einfach toll, Yumi-san!“ Ich kenne die nette Frau schon von früher, hehe.

„Nicht wahr? Aber, Daisuke-san, sie bekommen von mir sogar ein Extraangebot nur für Sie!“ Sie zeigt auf mich, ich fass es nicht!

„Nein? Und was?“ Ich könnte auf dem Sofa hüpfen wie ein Gummibärchen auf einem Trampolin.

„Die Mary Kay Extremen-Lotion für eine glatte, seidige und weiche Haut PLUS das Mary Kay Extreme-Showergel mit dem zarten Duft von Rosenblüten... SO WIRD IHRE HAUT ZUM PARADIES!“

„Wahninn...“ Und das nur für mich? Toll.

„Ja, und ich mache Ihnen dafür einen Spottpreis, Daiksuke-san. Und zwar müssen Sie nicht 7000 Yen für jedes einzelne Produkt bezahlen – NEIN! Ich gebe Ihnen drei Produkte im Wert von 21000 Yen für nur 18500! Na, ist das nichts?“

„Sie sind die Beste, Yumi-san!“
 

Die Bestellung hab ich dann auch ganz fix aufgegeben und als ich nach der Adresse gefragt wurde, habe ich natürlich Kaorus angegeben. So lange wird das mit dem Schicken schon nicht dauern und ich brauche das Zeug dringend! Vorerst habe ich auch nicht vor auszuziehen.

Beruhigt überlege ich mir, was ich wohl noch mit dem angefangenen Abend mache? Was Kaoru wohl gerade macht? Hoffentlich hat sie mit ihm Schluss gemacht. Dann könnte ich ihn trösten, wenn er Heim kommt.

Klingt das nicht geil? Wenn er Heim kommt! Zu uns nach Hause! Zu ihm und mir! Geil!

Jedenfalls ist die Sache mit dem Schlussmachen eher unwahrscheinlich. Sonst hätte sie sich nach all der Zeit wohl gar nicht erst mit ihm verabredet. Vielleicht macht er ja Schluss, weil er einsieht, dass sie doch nicht so toll ist. Nach so langer Zeit merkt man so was ganz plötzlich! Hab ich mal gelesen.

Ach, Scheiße. Vielleicht sollte ich einfach ausgehen und mit einen süßen Typen anlachen. Mit dem verbringe ich einfach die Nacht auf Kaorus Sofa und dann wird der nämlich ganz doll eifersüchtig! Oder dreht mir den Hals rum, weil ich es mir gewagt habe. Dann verbrennt er das Sofa. Da hatten Schwule Sex drauf! Ich sehe ihn schon mit rotleuchtenden Augen herumrennen. Och Menno!
 

Anstatt auszugehen pfeife ich mir lieber noch ein Bierchen rein und warte ungeduldig auf Kao und seine Erkenntnis, diese Schlampe nicht mehr haben zu wollen.

Leider passiert es im wahren Leben nie so, wie man es sich erträumt und so bin ich nicht allzu sehr überrascht, als er seine Angebetete noch mit hier her schleppt. Tür geht auf und ich höre schon ihre Stimme. Och nein, ich muss kotzen. Die klingt ja wirklich süß. Und nett. Verdammt noch mal. Ich raffe mich besser auf, als sie das Wohnzimmer betreten.

„Aiko, das ist mein Kumpel Die.“ Welch tolle Manieren mein Held doch hat. „Die, das ist Aiko.“

„Freut mich Die,“ lächelt sie mich an und verbeugt sich höflich, wie es sich gehört. Scheiße, jetzt muss ich auch noch nett zu der sein. Hätte es nicht eine blöde Kuh sein können? Dann wäre ich jetzt ein Arschloch gewesen. Aber so?

„Hallo Aiko,“ beginne ich und versuche zu lächeln. Geht aber nicht. „Und, wie war euer Abend so?“

Höflichkeitsfloskeln. Wozu sind die gut? Um Leute zum Reden zu bringen. Genau das will ich doch aber eigentlich gar nicht! Ich will nicht wissen, wie scheißtoll der Abend mit Kaoru war, den ich nicht mit ihm hatte verbringen können dank ihr!

„Nett,“ sagt sie und lächelt wieder so zuckersüß, dass ich Bauchschmerzen bekomme. Verdammt, ich habe hier das Lächeln, das die Welt verzaubert! „Kaoru hat mir von dir erzählt.“

„Was?“ Schmeichelhaft, aber so wie ich den Kerl kenne, waren es wieder nur schlechte Dinge. „Hoffentlich nur Gutes.“

„Auf jeden Fall,“ bestätigt sie und ich frage mich, ob er auch erwähnt hat, dass ich nicht auf Weiber stehe. Nämlich nicht. Unter aller Garantie. Tut er doch nie.

Dann fällt mir was auf. Sie lächelt mich so komisch derb an. Was ist das denn? Nettigkeit oder Blödheit? Ich schaue lieber weg.

„Wollen wir noch was trinken?“, fragt der Kaomeister und ich schüttele den Kopf.

„Für mich nicht, danke. Ich hatte schon drei Bier,“ sage ich und lasse mich wieder auf die Couch plumpsen, die Arme vor mir verschränkt.

„Für mich auch nicht Kaoru. Ich geh dann auch. Sehen wir uns morgen?“

Na, da bin ich ja jetzt mal gespannt, wie er das hinkriegt.

„Morgen muss ich wieder arbeiten. Die Videoaufnahmen müssen gemacht werden und das Layout für das neue Album wird besprochen. Danach geht’s gleich über in die Proben für die Amerikatour,“ plappert er fröhlich und schnallt nicht einmal, wie sich ihr Gesichtsausdruck zum Negativen verändert. Ich muss mir echt das Kichern verkneifen.

„Sehen wir uns oder nicht?“ Knallhart. Das muss man ihr lassen.

„Ich fahr nach der Arbeit bei dir vorbei, okay?“ Und da ist es, das böse, gemeine, fiese, hinterlistig gutaussehende, verteufelt heiße Kaorugrinsen! Hach, und schon wird sie weich. Verdammt. Mist. Scheiße. Argh. Mehr Flüche, die mir gerade nicht einfallen!

„In Ordnung. Tschüss Die,“ winkt sie mir zu und wird von Kaoru auch noch zur Tür gebracht. Ich guck nicht hin. Sicher kriegt sie jetzt einen Abschiedskuss. Das Leben ist nicht fair. Ich könnt heulen. Ich möchte ihn auch mal küssen. Erst meine Lippen sanft über seine legen, dann seinen Mund mit meiner Zunge öffnen und zuletzt mit seiner tanzen. Dabei würde ich ihm natürlich an den Po fassen, ihm zwischendurch immer wieder zuflüstern, wie heiß er ist und wie sehr ich ihn will. Dann würde er mich nach hinten auf das Sofa schubsen und ganz langsam für mich strippen, bis er komplett nackt ist, wo er sich dann auf mich setzt und mir die Kleider von Leib reißt.
 

„Die!“ Ja, das würde er schreien.

„Die!“ Noch lauter!

„Daisuke!“ Wieso denn so grob?

Autsch! Ich erwache aus meinem Tagtraum, als mich Kaorus Schuh am Hinterkopf trifft.

„Was denn?“, zische ich zurück und grunze beleidigt.

„Ich hab dich nach deiner Meinung gefragt,“ sagt er und pflanzt sich neben mich auf die Couch. „Wegen Aiko. Die ist doch richtig geil, oder?“

Ich verleiere die Augen und lehne mich zurück. Kalte Schulter soll ja auch schon Leuten was gebracht haben. „Frag mich nicht. Ich fühl mich nicht von ihr bekehrt.“

Lange Leitung, der Kleine. Jetzt überlegt er. Und deutlich am Gesichtsausdruck erkennt man auch, wenn er es endlich schnallt, was ich meine. „Nya~ aber nett ist sie doch... oder?“

„Hm,“ ich find sie doof, aber das würde jetzt nur zu Streit führen. „Total nett.“

Schauder. Kaorus blödes Grinsen ist ja total eklig. Sie wird ihm das Herz brechen. Ich weiß es jetzt schon, aber sage ich es ihm? Nein! Er würde mir eh nicht glauben. Also verschränke ich die Arme und starre einfach auf die Glotze. Irgendwann hört er sicher auf zu labern.

„Bist du eifersüchtig?“

Arschkeks! „Ich? Wieso sollte ich? Und auf wen denn bitte?“

„Hätte ja sein können,“ schmunzelt der Blödmann vor sich hin. Scheißkerl. Er kennt mich viel zu gut, aber das verzeih ich ihm nicht. Macht sich noch lustig darüber, wie ich fühle!

Grinsend drehe ich mich um und blinzle lasziv mit den Augen. „Würde dir gefallen, ne? Ich wusste ja, du stehst in Wahrheit auf unsere kleinen Flirts.“

„Bitte was? Unsere was?“ Und schon steht er auf und rennt bald die Wand hoch. „Ich flirte doch nicht mit dir!“

Ich grinse nur und genieße die Show.

„So etwas Absurdes! Ich bin nicht schwul. Hast du das vergessen? Also warum sollte ich bitte mit dir flirten?“ Da rennt das Kaomännchen durch die Bude und ist ganz aufgebracht. Niedlich.

Es ist der Gedanke, der ihn fertig macht. Der Gedanke, dass er vielleicht mit mir geflirtet haben könnte ohne es selbst zu bemerken. Da geht der schon an die Decke.

„So was kann passieren, Kao. Mach dir nichts draus,“ sage ich wie ein Seelsorger und schmunzle noch lieber als vorher. Das treibt ihn in den Wahnsinn.

„Aber es ist doch gar nichts passiert! Ich habe nicht mit dir geflirtet! Davon wüsste ich!“ Sein Köpfchen wird ganz rot. Das halt ich nicht mehr aus. Ich muss anfangen zu kichern und Kaoru stemmt die Hände in die Hüften.

„Du bist ein Arschloch, Die!“

Nach Luft schnappend, weiß ich auch schon die passende Antwort. „Richtig, Kao. Stehst du nicht drauf?“

„Ach, halt doch dein Maul,“ mault er vor sich hin und zischt ab. „Schwuchtel.“

Ach ja, er kann schon ganz schön fies sein, aber ich auch! Wem tut es denn am Ende mehr weh? Mir. Aber es reicht für das Erste die Genugtuung, dass er sich noch stundenlang über mich ärgern wird. Warum macht er das auch? Er beharrt so sehr auf seine Heterosexualität, dass ich ihn manchmal schon hasse dafür und ihm einfach nur noch einen heftigen Fick in den Arsch wünsche!

Früher oder später kriegt er den auch, aber dann von mir. Und auch wenn er es verdienen würde, dass ich grob wäre, würde ich es doch nicht über das Herz bringen. Aber in die Kunst des homosexuellen Liebesspiels würde ich ihn irgendwann einweihen. Sobald ich ihn von mir überzeugt habe. Das dauert hoffentlich nicht mehr allzu lange. Ich könnte wirklich mal wieder etwas mehr sexuelle Zuwendung gebrauchen.

Ach Kao... du der meine! Mein Herz bricht. Mein Jimmy sticht. Ich hätte Poet werden sollen.

Heut nicht mehr. Lieber knuddele ich die Sofadecke um mich und knips die Augen zu. Hmmm~ Ich glaub, die Decke riecht nach Leader-sama.

Gute Nacht.
 


 

Ende Kapitel Eins.
 


 

...
 

Daisuke bedeutet „große Hilfe“ – cool, ne?
 

Kommis wären lieb.^^

Die(s) Rivalin

Schön, dass Ihr Lieben meine neue FF entdeckt habt.^^ Danke für Eure Kommis, Januce, eba-chan, chb, Tetsu, Tsukasa_kun, tigre_de_noir, Totchan, Riesuke, yumeky, DemonicDreams, Kei_Kishimoto, _Domestic_Fucker, Salamander, Shinya_san & CrimsonBubble: liebe jeden einzelnen... <3
 


 

Kapitel Zwei
 


 

Das Tolle am Leben in Kaorus Wohnung ist das alles nach Kaoru riecht. So ist es auch nicht verwunderlich, dass ich letzte Nacht einen sehr netten Traum hatte. Er handelte von Kaoru – wem auch sonst – und wir haben es getan. Erst im Wohnzimmer, dann in der Küche, im Bad natürlich auch, das Schlafzimmer auch nicht ausgelassen und letztlich sogar im Hausflur. Das nenne ich mal einen Traum nach meinem Geschmack!

Leider wurde ich viel zu früh von einer lauten Bemerkung geweckt. „Ach du Scheiße.“

Klirr! Na, da ging gerade etwas kaputt. Ich zwinge mich also die Augen zu öffnen und sehe, wie Kaoru die Scherben einer Kaffeetasse aufsammelt und versucht mich nicht anzusehen.

„Guten Morgen sagt man ja eigentlich, aber ach du Scheiße tut’s natürlich auch,“ lalle ich schlaftrunken und strecke mich.

„Die, würde es dir was ausmachen dich zuzudecken?“, grummelt Kao zurück und ich frage mich, ob die Scherben als Metapher dienen für die nicht mehr vorhandenen Tassen in Kaorus Schrank. Hat der sie noch alle?

„Wieso?“, frage ich also erst einmal und suche nach dem Auslöser von des Leaders kleinem Problemchen. Ich schaue mich also mal um, recht, links, oben, unten— ach du Scheiße! Woah—kleines Problemchen würde ich das aber nicht nennen. Sieht mir eher nach dem Resultat von letzter Nacht aus.

„Jetzt ist der auch noch stolz. Ich hätte es mir denken können,“ brummt Kao und geht in seine mit dem Wohnzimmer verbundene Singleküche.

„Ich weiß nicht, was du hast. Das zeichnet doch nur meine Potenz aus.“ Ist doch wahr! Und der soll mir nicht erzählen, er habe morgens nie eine Latte.

„Die Frage ist nur, ob andere deine Potenz interessiert,“ schallt es aus dem Kühlschrank, in den er gerade sein Gesicht steckt.

„Tut sie, tut sie,“ nicke ich, denn ich weiß genau, dass Tausende von Menschen meine Potenz interessiert.

„Fein, hier bin aber nur ich.“ Er schmeißt die Kühlschranktür zu und lässt sich auf einem der Stühle nieder. „Und mich interessiert deine Potenz nicht die Bohne.“

„Warum reden wir denn dann die ganze Zeit darüber?“, frage ich mich am Kopf kratzend und schwinge meine Beine vom Sofa. Wo waren denn meine Boxershorts geblieben? „Du hast doch damit angefangen.“

„Ich? Wieso denn ich? Ich will lediglich, dass du dich bedeckt hältst. Zumindest in meiner Umgebung und Gegenwart,“ palavert er mich zu und schlürft von seinem Kaffee, während ich mir endlich ein paar Shorts und ein T-Shirt aus meiner Reisetasche anziehe. „Warum trägst du eigentlich keinen Pyjama wie normale Menschen?“

„Oooch,“ so viele Fragen am frühen Morgen. „Ich schlafe eben gerne nackt.“

„Na, wegen mir... Aber könntest du wenigstens für die Dauer deines Aufenthaltes in der Residenz Niikura deine Shorts anbehalten?“, giftet er mich liebevoll an und ich lächle, als ich mich auf den Stuhl ihm gegenüber hinab lasse.

„Warum? Hast du Angst, dass du geil auf mich wirst?“

„Ja.“

„Was?“ Mist. Jetzt ist mir mein Nutellabrötchen umgedreht auf den Tisch gefallen.

„Ich werde geil drauf, dir den Hals rumzudrehen, weil du null Anstand hast. Außerdem könnte Aiko ja mal auftauchen und dann muss sie wirklich nicht deine rasierten Eier sehen.“ Das ist ihm aufgefallen? Wie niedlich er doch ist.

„Findest du, es sieht gut aus? Rasiert, mein ich,“ frage ich und sammele mein Brötchen auf, wobei ich mit dem Messer die Schokoladencreme von der Tischplatte kratze.

„Dass du mich so was fragen kannst beim Essen...“ Kaoru schüttelt den Kopf und sieht mich mitleidig an.

„Du kennst mich. Deine Meinung ist eben gefragt,“ grinse ich ihn lieb an und bringe ihn ausnahmsweise sogar mal zum Lächeln.

„Weißt du Die. Irgendwie ist mir das egal. Denn, wie gesagt, ich möchte bitte, dass du deine Eier bedeckt hältst, danke. Außerdem fände ich es nett, wenn wir das Thema langsam beenden, sonst schmeckt mir nämlich der Kaffee nicht und du kennst mich, Die. Kaffee ist wichtig für meine Tageslaune und die solltest du nicht gefährden, weil,“ er hebt den Zeigefinger. „Weil wir heute wieder Proben gehen und da steht ihr alle schließlich wieder unter meinem Kommando.“

Er wird sich wohl nie ändern. „Aye sir.“
 

Man könnte durchaus behaupten, ich sei noch keinen Schritt weiter. Stimmt aber so nicht. Denn so wie wir uns an diesem Morgen näher gekommen sind, werden wir uns auch in Zukunft jeden Tag ein wenig näher kommen, über rasierte Eier sprechen, zusammen frühstücken und so weiter und so fort. So, und nicht anders, ist der Plan!

„Ich geh duschen. Du willst nicht vielleicht mit, oder?“, sage ich ganz lässig und schiebe mich hoch von meinem Platz.

„Danke, nein. Ich hab schon,“ grient Kaoru ironisch zurück.

„Spaßbremse,“ lache ich und mache mich auf in das Badezimmer. Die Tür schließe ich natürlich nicht hinter mir ab. Ich bin ja auch nicht blöd. Kann doch sein, dass Kaoru kommt und dringend ins Bad will, dann soll er doch nicht vor verschlossener Tür stehen. Und das im eigenen Apartment! Nein, ich hab doch Anstand und versperr ihm keine Türen. Schon gar nicht, wenn ich nackt bin.
 

Leider kommt Kaoru nicht rein, sondern gibt Klopfzeichen und ruft von draußen, dass er in fünf Minuten geht. Lieber Gott, wenn es dich gibt, ich verfluche dich! Wozu, denkst du, stehe ich hier seit geschlagenen dreißig Minuten nackt vorm Spiegel, hm? Warum schickst du Kaoru denn nicht zu mir rein? Verflixt. Ich werfe mir also schnell ein Handtuch die Hüften und schmeiß den Fön an. Danach stürme ich ins Wohnzimmer, wo ich meine Tasche nach geeigneter Kleidung durchwühle.

„Bist du jetzt mal fertig? Wir kommen zu spät,“ schallte es aus einem anderen Teil der Wohnung, den ich gerade nicht lokalisieren kann.

„Ja, sofort. Jetzt drängle doch nicht so!“ Schleunigst schlüpfe ich in meine Hosen und suche mir ein T-Shirt und Pullover. Der Winter lässt zwar dieses Jahr zu wünschen übrig, aber man es war schon durchaus etwas frisch Anfang November.
 

„Das nächste Mal fahren wir getrennt,“ mault Kaoru, als wir endlich im Wagen sitzen und zu den Proben fahren.

„Grandiose Idee,“ gähne ich als Antwort.

„Heißt nicht, dass ich deine Unpünktlichkeit dann unterstütze, klar?“ Meckere doch alleine weiter, alter Ziegenbock. Bart hast du ja schon. Perfekt. Blah und blubb.

Als wir endlich ankommen, sind natürlich alle schon da und glotzen uns blöd an, als wir hintereinander einmarschieren. Vor allem starren sie den mürrischen Bandleader an, denn der kommt das erste mal in seiner Karriere genau 13 Minuten zu spät.

„Hast du Die etwa abholen müssen?“, fragt Kyo und schiebt die Augenbrauen nach oben. Ist der Grund für Kaos Zuspätkommen denn so offensichtlich?

„Nee, der hat bei mir gepennt...“, murrt er und geht schnurstracks zu seinem Platz an der Leaderseite.

„Waaas?“, quietscht es von hinten links und ich sehe Toshiyas verwirrtes Gesicht aufblitzen.

„Auf dem Sofa!“, knurrt der Leadgitarrist und zeigt mit ausgestrecktem Arm auf mich.

Kichernd geht Toshi an mir vorbei und klopft mir auf die Schulter. Kaoru nimmt das mit einem skeptischen Blick wahr. „Seine Wohnung steht unter Wasser.“

Toshiya bricht in Gelächter aus und Kyo grinst verstohlen. Ungläubig hebt Shinya den Kopf.

„Wasserrohrbruch,“ bestätige ich zu aller Aufklärung. „Gestern stand ich knietief im Wasser.“

Bedauernd sehen mich alle an. Alle bis auf Shinya, aber da mache ich mir nichts draus und gehe an meinen Platz, wo ich mir die Gitarre umschnalle.

„Ist die Setlist hier irgendwo?“, fragt Kaoru und durchwühlt Zettel in der Nähe des Drumkits. „Wir haben nur zwei Wochen zum Rehearsen, also los.“
 

So sieht der Arbeitsalltag aus bei uns. Wie soll da ein normaler Schwuler wie ich dem Mann seiner Träume näher kommen? Null Chance.

In der Pause verschwindet Kaoru in einem der Büroräume, während Toshiya und Kyo nach Essbarem grasen. Der Drummer bewegt sich verdächtig auf mich zu.

„Wasserrohrbruch, wie originell.“

Ich schenke Shinya meinen verdattertsten Blick. „Hä?“

„Dein Vorwand um bei Kaoru Einzug zu halten,“ grient er rum und verschränkt die Arme.

„Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“ Wie kann der das wissen? Panik steigt in mir hoch und ich vermeide seinen allwissenden Blick. Da denkt man, man hätte den Vorteil eines Weisen, wenn man älter ist, aber nichts. Verdammt.

„Gestern war ich zufällig in deiner Gegend und dachte mir, reich ich Die mal die CDs rein, die ich mir von ihm geborgt habe. Nach Überschwemmung sieht es bei dir ja nicht gerade aus...“

„Wehe, du sagst es ihm!“, wettere ich drohend mit den Händen durch die Luft.

„Keine Angst, ich will schließlich nicht für deinen Tod verantwortlich sein.“ Shinya zuckt mir den Schultern und streicht sich die Haare aus dem Gesicht.

„Auch nicht den anderen,“ flehe ich ihn an. „Wenn Kaoru DAS erfährt, bin ich Geschichte.“

„Schön, dass du dir darüber im Klaren bist.“

Ich seufze. Zweimal sogar.

„Ach Die, warum gibst du nicht auf? Der Mann steht einfach nicht auf Kerle. Sieh ihn dir doch nur mal an,“ sagt der Schnösel und wir beobachten Kaoru eine Weile durch das Fensterglas. „Wie oft hat er dich jetzt schon abblitzen lassen?“

„Achtundfünfzig Mal,“ antworte ich ohne meinen Blick vom Leader anzuwenden. Er ist so verdammt heiß. Ich würde ihn am liebsten sofort auf einem der Bürotische hier nageln. Sein Hintern ist die absolute Perfektion und seine dunklen Augen haben so etwas Gewieftes.

„Prima, du hast mitgezählt.“ Höre ich da einen sarkastischen Unterton in Shinyas Stimme?

„Lass mich mal machen, Shin. Sei einfach still, ja?“ Langsam geht er mir nämlich auf den Docht und das nicht zu knapp.

„Ich will dir nur zurück auf den Teppich helfen,“ sagt er schulterzuckend.

„Schaffst du eh nicht,“ grinse ich verschlagen und erhebe mich um den Babydrummer allein zu lassen. Nase voll hier. Kaoru ist das Nonplusultra. Den macht mir keiner schlecht.
 

Nach einem harten Tag Proben haben wir endlich Feierabend und ich fahre glücklich mit Kaoru nach Hause. Dort angekommen schaue ich ihn verdutzt an und frage mich, warum er den Motor vom Auto nicht abstellt.

„Willst du noch wohin?“

„Zu Aiko,“ sagt er und ich haue mir in Gedanken gegen die Stirn. Natürlich, das hatte ich wohl vergessen. Er will ja noch zu der Alten.

Missmutig verlasse ich das Auto und starre Kaoru mit einem sehnsüchtigen Blick hinterher, als er davon düst.

Und was mache ich jetzt mit dem angebrochenen Tag? Am liebsten wäre mir ja nach Weggehen und die Sau rauslassen, besoffen einen Typen abschleppen und mich nageln zu lassen. Trauerfick quasi, aber das kann ich jetzt wohl kaum bringen. Jetzt, wo ich endlich so weit bin und einen konkreten Plan habe, kann ich weder die Nacht wegbleiben, noch einen Kerl mit in Kaorus Bude bringen. Wohl oder übel werde ich mir wohl die sexuellen Aktivitäten mit Fremden aus dem Kopf schlagen müssen, aber das heißt ja nicht, dass ich keinen saufen gehen kann.
 

Ich packe mich also direkt wieder ein meinen sportlichen roten Kleinwagen und fahre damit in meine Lieblingskneipe. Dort begrüßt einen wenigstens der Türsteher mit einem freundlichen: „Hallöchen Die. Siehst blendend aus wie immer.“

„Danke Schätzchen,“ winke ich ab und gehe hinein.
 

Nach drei Stunden und etwa fünf neuen Telefonnummern sitze ich noch immer am selben Tisch und halte meinen Kopf in der Hand, den Ellbogen auf die Tischplatte gestützt. Wenn doch nur Kaoru hier wäre... Der bringt mich noch um. Und wenn ich mir vorstelle, was er vielleicht gerade mit dieser Aiko-Tussi tut, dann möchte ich auf der Stelle einen qualvollen Tod sterben.

„Boah, ich fahr Heim,“ führe ich meinen Monolog und stehe auf. Ich werfe das Geld für meine Getränke auf den Tisch und stapfe davon, deprimiert und eifersüchtig.
 

Als ich wieder an Kaorus Apartment ankomme, sehe ich sein Auto, dann in der Wohnung seine Schlüssel, die Schuhe, die Jacke, alles da! Mein Kaokao ist zu Hause! Nur, wo ist er? Gespannt lauschend, stelle ich fest, dass er nur an einem Ort sein kann. Da, wo das Wasser rauscht! Unwillkürlich wächst mir ein Grinsen vom linken zum rechten Ohr und ich stürme Richtung Badezimmer. Hand an der Klinke und los geht’s!

„Kaoruuu! Bin wieder da-haaa!“

Ein lauter Schrei erhallt durch die Wohnung und lässt das Haus beben, als ich unvermittelt im Zimmer mit einem nackten, duschenden Kao-Hasen stehe. Yes! 1:0 für Daisuke Andou.

„Die! Du verdammter Wichser! Verpiss dich aus dem Badezimmer!“

Die unschönen Worte hören meine Ohren nicht und ich schaue ganz belämmert zu meinem Lieblingsleader. „Warum denn gleich so patzig?“

„Raaaus!“, brüllt er mich an und zeigt mir, wo der Maurer die Tür gelassen hat.

Ich hasse diese Duschkabinen aus Milchglas. Ich kann gar nichts erkennen. Rasiert ist er jedenfalls nicht. Aber über die Größe lässt sich von hier aus schlecht urteilen.

„Hast du’s mit den Ohren? Beweg deinen Arsch hier raus, bevor ich ihn trete!“

Er sieht ja so süß aus, wenn er so mit dem Kopf um die Scheibe guckt. Noch ein Stückchen Kao, dann hast du es. Dann sehe ich dich. Komm... put put put. Ich lächle ihn an und verschränke die Arme.

„Die,“ knurrte er. „Ich warne dich... treib es nicht zu weit.“

Wir treiben es noch gar nicht, aber wenn er will... ich wäre dabei. Hahaha! Komm raus, komm raus, wo immer du bist.

AUTSCH! Meine Gedanken kehren zur Realität zurück, als mich ein Stück Kernseife am Kopf trifft. Ich sehe noch, wie Kaoru nach einem Handtuch greift, es sich um die Hüften wickelt und die Schiebetüren der Dusche aufreißt. Ah oh. Er hat diesen Blick in den Augen. Scheiße! Die, setz dich in Bewegung! Na, los, worauf wartest du? Ich starre und kann mich nicht bewegen. Kaoru wird mir wieder auf den Kopf schlagen, ich weiß es.

„Whaaaaaa!“ Schreiend laufe ich endlich los und vermesse natürlich zuerst einmal den Fußboden des Badezimmers. Was muss der auch feucht und rutschig sein? Auf allen Vieren krabbele ich aus dem Zimmer und rappele mich auf um die Flucht ins Wohnzimmer fortzusetzen, während hinter mir furchteinflössendes Gelächter ausbricht. So etwas traut man eigentlich nur Kyo zu, aber da täuscht man sich. Kyo ist in Wahrheit so lieb und Kaoru dagegen mutiert zum Monster. Ich bewaffne mich vorsichtshalber mit einer Vase, die hier irgendwo rumsteht.

„Dieee...“, knurrt es und Kaorus verrücktes Antlitz taucht auf.

„Komm nicht näher. Ich hab hier...“ Kurzer Blick um noch mal zu prüfen. „...eine Vase!“

„Stell sie hin und dir wird nichts passieren...“ Mir gefällt das Knurren nicht in seiner Stimme. Ob ich ihm trauen kann? Eher nicht, oder?

„Ich glaub dir kein Wort.“

„Vertrau mir, Dieee...“ Wie er meinen Namen so in die Länge zieht, ist mir auch nicht geheuer.

„Schwöre, dass du mir nichts tust.“

Warum antwortet er nicht? Hey, wir waren doch Verbündete im Video zu KR Cube! Hat er das vergessen? Warum hatte ich keine Knarre bei mir? Dann könnte ich ihn betäuben!

„Schwöre es! Los!“, quietsche ich und werde panisch. „Sonst ist die Vase Vergangenheit!“

Oh Gott. Ich glaube, seine Augen fangen an zu leuchten. Das war es. Er war schön, auf der Welt gewesen zu sein.

„Scheiß auf die Vase...“ Blitzschnell rast er auf mich zu, bringt mich zu Boden und fängt an mich zu würgen. Was aus der Vase geworden ist, kann ich nicht sagen. In den Bruchteilen einer Sekunde kann das menschliche Hirn schon manchmal versagen.

„Kaoru, hör auf! Bitte!“, flehe ich mit kehliger Stimme. „Es tut mir leid. Ich tue es nie wieder! Kaoru, bitte! Ich... ich sterbe...“

Da fällt mir auf einmal was ein. Der hat ja nur ein Handtuch um. Das heißt, dass er quasi gerade so gut wie nackt auf mir hockt und mich umzubringen versucht. Wie schön kann denn ein Tod noch sein? Das ist es mir wert. Ich verleiere die Augen und schließe sie. Dann werde ich regungslos und so langsam lässt Kaoru auch mal von mir ab.
 

„Die?“, höre ich ihn nach kurzer Pause rufen. „Die, hörst du mich?“

Jetzt schlägt er mir auch noch die Wange. So ein Doofi. Glaubt der echt, ich sei bewusstlos? Von seinem zarten Händedruck doch wohl nicht. Eher noch von seinem betörenden Duft und der reinen Tatsache, dass er nur mit Handtuch um seine Hüften auf mir hockt.

„Hey Die, wach auf.“ Er beugt sich zu mir runter um meinen Atem zu lauschen. „Die, mach schon. Aufwachen.“

„Buh!“ Ich reiße die Augen auf und erschrecke ihn noch einmal. „Kitzelattacke!“

So leicht trickst man das Kaotierchen aus! Mit geringstem Zeit- und Kraftaufwand, lediglich dem Einsatz meiner agilen Fingerspitzen, drehe ich den Spieß um, so dass Kaoru sich nun windend am Boden befindet und ich die Oberhand habe.

„Die, hör sofort auf! Das ist nicht fair. Ich kann nichts dafür, dass ich kitzelig bin,“ sagt er nach Luft schnappend, aber ich denke gar nicht daran aufzuhören. „Die! Ah! Nicht! Bitte! Hör auf!“

Musik in meinen Ohren und unweigerlich zaubert es ein verträumtes Lächeln auf meine Lippen. Als Kaoru die Tränen in den Augen stehen, höre ich auf und stütze meine Hände neben seinem Kopf ab. Er ringt nach Luft und seine Brust hebt und senkt sich in großen, schweren Zügen. Total erschöpft von meiner Kitzelattacke liegt er da und sieht einfach nur zum Anbeißen aus. Ich würde ihn zu gern küssen, aber ich traue mich nicht. Stattdessen strecke ich meine Hand unbewusst aus, um ihm ein paar dunkle Haarsträhnen aus dem Gesichts zu streichen. Meine Fingerknöchel streifen seine Wange und auf einmal richtet er sein Augenmerk auf mich. Sein Atmen wird wieder normal und er starrt mich an. Nicht böse. Verwundert. Verträumt? Nein, das wäre Wunschdenken, aber sein Blick macht mich verrückt und doch kann ich meinen nicht abwenden.

Plötzlich räuspert er sich. „Gehst du mal bitte von mir runter?“

Harter, kalter Ton, und er benutzt ‚bitte’. Dann wäre mir eine hitzige Drohung fast noch lieber. Ich weiche von ihm und krabbele auf das Sofa, während sich Kaoru in eine aufrechte Position begibt und weggeht.

„Gute Nacht,“ sagte er noch und ist auch schon verschwunden.
 

Leise seufzend schmeiße ich mich rücklings auf die Couch und verschränke die Hände im Nacken. Es tut schon ein bisschen weh, wenn er so fluchtartig abhaut und kalt zu mir ist, aber auf der anderen Seite macht mich der Moment von vor zwei Minuten richtig hoffnungsvoll. Solche Momente waren in den letzten Jahren einfach zu selten, fast nie, da gewesen, aber sind es doch gerade die, auf die ich mit dem Einzug hier gebaut habe. Heute ist der erste komplette Tag als Kaorus neuer Mitbewohner und ich durfte ihn bereits halbnackt durchkitzeln. Ist das nichts?

Aber hallo! Die ist auf dem Vormarsch! Und damit das auch so bleibt, stelle ich mir lieber noch den Wecker, bevor ich mich ausziehe und unter die Decke auf dem Sofa krabbele. Ob Kaoru wohl schon schläft? Er sieht ja immer zu knuffig aus, wenn er pennt. Er schließt bestimmt die Tür hinter sich ab. Vielleicht sollte ich mal testen? Ach nein, heute Nacht nicht mehr. Dann flieg ich womöglich noch hochkant raus. Schade...
 

Die Aiko-Tante müssen wir los werden, Kao-Schätzi. Aber wie? Noch bevor ich viel Zeit habe mir darüber den Kopf zu zerbrechen, schlafe ich ein. Als der Wecker klingelt, gähne ich lautstark und kratze mir verdattert den Kopf. Mann, ich habe geträumt, Kaoru wolle Aiko heiraten und auf ihrer Hochzeit habe ich sie mit dem Tortenschieber erledigt, woraufhin mir Kao eine Standpauke gehalten hat, wie sie denn jetzt Torte essen sollen. Komische Träume hat man manchmal...

Egal, leise schiebe ich mich vom Sofa und fange an mit der Planerfüllung.
 

Als Kaoru Punkt sieben aus dem Bett kriecht und in die Küche gewackelt kommt, grinse ich ihn an.

„Morgen Die, was ist denn hier los?“

„Einen wunderschönen guten Morgen, lieber Kaoru-sama!“ Ich kann heller strahlen als ein Omnibus. „Ich habe Frühstück gemacht heute.“

„Das sehe ich...“ Tellergroße, dunkelbraune Augen starren auf den Küchentisch. „Sogar mit Kerzen...“

„Setz dich doch und iss etwas.“ Ich gestikuliere mit den Händen zu einem der Stühle und als er Platz nimmt, eile ich schnell zur Kaffeemaschine. „Kaffee schwarz, ohne Zucker?“

„Ja, bitte.“ Er nickt freundlich und schmunzelt. „Du hast dir ja richtig Mühe gegeben...“

„Schon,“ sage ich und schenke ihm Kaffee ein, bevor ich mich gegenüber setze zu meiner Tassen heißem Kakao. „Ich will ja nicht nur eine Last für dich darstellen hier...“

„Bist du schon nicht, keine Sorge.“ Er kann richtig lieb sein, wenn er will, aber sein leicht arrogantes Grinsen verrät mir: da kommt noch was. „Ich nehme deine Entschuldigung an.“

„Was denn für eine Entschuldigung?“ Empört schaue ich auf und stelle mich dumm. Ich entschuldige mich doch nicht für meine Badezimmerauftritt von gestern. Spinnt der?

„Na für...“ Er seufzt und lacht dann leise. „Vergiss es einfach.“

Schulterzuckend belasse ich es dabei. Ich wäre ja auch schön blöd, wenn nicht. Ich bin mir keiner Schuld bewusst. Soll er eben die Tür abschließen.

„Wo warst du eigentlich gestern Abend?“, fragt Kao ganz nebenbei und trinkt von seinem Kaffee.

„Was trinken,“ antworte ich und nehme mir Toast und Erdbeermarmelade.

„Allein?“

„Du kommst ja nie mit,“ grinse ich frech und beiße in meinen Marmeladentoast.

„Bleibst doch eh nie lange allein,“ lächelt er schon fast mit Wehmut, was mich doch etwas stutzig macht. „Bist doch ein begehrter Artikel.“

„Danke, ich weiß,“ schmatze ich zurück und nicke mehrmals. So etwas hört man doch gern! Stimmt ja auch. Dem Die kann keiner widerstehen – mal angesehen von Kaoru.

„Willst du dir denn nicht auch mal einen... Freund suchen? Ich meine, einen festen... eine richtige Beziehung. Kann doch nicht schön sein, wenn man immer nur...“ Ich lausche ihm gespannt. „...One-Night-Stands hat.“

Jetzt bin ich doch etwas verwirrt, vielleicht auch ein wenig gekränkt, aber ich kenne das nicht anders. Man wird hier einfach nicht ernst genommen. „So viele One-Night-Stands hatte ich ja nun auch wieder nicht und... Weißt du, ich lass mich nicht von jedem nageln, der mir mal einen blasen darf.“

„So genau wollte ich es gar nicht wissen,“ sagt der verklemmte Homophob und versteckt sich beinahe hinter seiner Morgenzeitung, die ICH – ja, ich! – ihm auch noch hingelegt habe.

„Ist eben auch nicht so einfach einen passenden Freund zu finden heutzutage. Die guten Männer sind entweder vergeben oder hetero.“ Da fällt mir doch glatt noch was ein, wenn ich mir Kaoru so ansehe. „Oder sogar beides.“

Er schnallt natürlich nicht, dass ich auf ihn anspiele, oder überspielt es zumindest perfekt. „Du wirst schon auch noch den Passenden finden.“

So langsam geht mir das Gespräch echt gegen den Strich, denn ich werde frustriert und wenn ich das werde, schlägt sich das oft in Ärger und Provokation um. „Und, denkst du, du hast jetzt die Passende gefunden... mit Aiko?“

Ich ziehe ihren Namen extra etwas auseinander, denn ich find ihn beschissen. Aiko bedeutet so etwas wie Kind der Liebe. Sind wir nicht alle Kinder der Liebe?

Er schaut auf, sieht sogar nachdenklich aus und zuckt dann kurz mit den Schultern. „Kann ich noch nicht sagen.“

Kann doch nicht wahr sein. Ich muss mir ein Lächeln verkneifen. Ohne Scheiß, aber ich hätte jetzt mit einem verliebt verträumten Lächeln gerechnet und einem heftigen Nicken nach dem Motto ‚Ja, sie ist die perfekte Frau!’, aber nein, mein Kao-boy war sich nicht sicher.

„Wie das?“ Cool bleiben, Die. Bloß nicht grinsen.

„Ist nicht meine erste Freundin und auch wenn ich optimistisch bin, aber nach so kurzer Zeit kann ich einfach noch nicht sagen, ob sie die Frau meines Lebens ist.“ Sachlich, abgeklärt und leicht verbittert würde ich sagen. „Bin vielleicht einmal zu oft schon auf die Schnauze gefallen.“

Er lacht betrübt. Ich auch, denn ich habe einen neuen Hoffnungsschimmer. Jetzt kann ich ja endlich lachen und außerdem hat Kaoru Aufmunterung nötig. „Na, wenn nicht... ich tröste dich gern! Jederzeit. Brauchst es nur sagen.“

Mit dem richtigen Charme und ein paar witzigen Gesten, die zudem sogar noch verteufelt süß aussehen, bring ich damit sogar den alten Miesepeter zum Grinsen. Dann steckt er sich seine morgendliche Kippe an und vergräbt sein Gesicht in der Zeitung.
 

Nach dem Frühstück fahren wir wieder GEMEINSAM ins Studio zum Proben. Die Tourdaten stehen und auch die Setlist. Es geht alles nach Plan. Keine besonderen Vorkommnisse während des Arbeitsalltages.

Gegen Feierabend ahne ich allerdings Schlimmes. Kaoru sitzt im Büro fest, weil unsere sogenannten Fachmänner einfach ein paar Termine ausgetauscht haben. Leider sind die Umbuchungen der Hotels nicht vorgenommen worden, geschweige denn dass eine Mitteilung an die Presse ergangen ist. Die anderen haben bereits zusammengepackt und auch ich bin eigentlich schon abfahrbereit. Und jetzt?

Ich klopfe an der Bürotür und stecke vorsichtig den Kopf ins Zimmer. „Ähm... Kao... Soll ich dir irgendwie helfen?“

Er seufzt kurz leise und sieht mich kopfschüttelnd an. „Nein, dank dir. Aber frag doch mal einen der anderen, ob sie dich nach Hause fahren können. Ich komm hier so schnell nicht weg.“

Schade, aber was soll ich machen. „Okay... äh... Kommst du dann nach Hause, wenn du fertig bist, oder fährst du noch zu Aiko?“

Man muss den Tatsachen ins Auge sehen und mit etwas Mut konnte ich meiner Frage Ausdruck verleihen.

„Nach Hause,“ sagt er und ich muss aufpassen, dass ich mich nicht verschlucke. „Wenn ich hier mal fertig bin, will ich nur noch Heim, glaub mir.“

Armes Kao-Hasi-Schätzi. Aber er kommt nach Hause, juhu, und fährt nicht zur alten Aiko-Tante! Super! „Okay, dann... Ich organisier dir was zu essen, wenn du kommst.“

Er nickt dankbar. „Nett von dir, danke.“

„Keine Ursache.“ Ich zwinkere kurz mit einem Auge und lass ihn dann allein, denn ich muss mein Taxi noch erwischen.
 

„Toshi!“, schreie ich armwedelnd und renne dem Toto hinterher, weil er anscheinend der letzte ist, der noch hier ist und mich nach Hause fahren kann. „Toshi, wart doch mal!“

„Was denn?“ Er stoppt an seinem gelben Miniflitzer und sieht mich mit dem typischen Toshiya-Schnütchen an.

„Kannst du... mich mal... Heim fahren?“ Ganz schön aus der Puste bin ich. Ich muss mehr Sport machen, meinen Körper trainieren, Muskeln aufbauen... ob Kaoru drauf steht?

„Wegen mir,“ antwortet er schulterzuckend und hüpft ins Wägelchen. Ich kletterte schnell zur Beifahrerseite hinein. „Zu dir Heim oder zu Kaoru Heim?“

„Zu Kao bitte,“ grinse ich nickend und Toshiya startet den Wagen.

„Och menno, das ist ein Umweg von 30 Minuten. Dafür bist du mir was schuldig, Die.“ Das Toto verzieht sein Schmollmündchen und düst los.

„Ja, ich kann doch auch nichts dafür, dass meine Bude unter Wasser steht und Kaoru hier fest sitzt. Wir hätten eben getrennt fahren sollen, aber egal...“ Warum erzähl ich das eigentlich alles?

„Und, wie ist das Leben unter einem Dach mit unserem Kaokao so?“, kichert die Toshi-Maus und ich schaue ihn fragend an. Schlimm genug, dass er ‚unserem’ Kaokao gesagt hat, aber auf Krümelkackerei habe ich gerade null Bock. „Ich stelle mir das ja nett vor, sauber und geregelt. Na, und Kaoru ist ja auch ein Lieber... und er sieht gut aus, nicht zu vergessen. Man kann bestimmt mit ihm leben, aber der olle Brummbär meckert doch bestimmt auch viel rum, ne?“

„Nö,“ lüge ich und zucke mit den Achseln. „Bei mir nicht.“

Toshiya kichert einmal mehr. „Ja, sicher Die. Wo gerade du ihm nie auf den Keks gehst...“

„Ich geh ihm höchstens auf die Eier Toshi,“ sage ich schlagfertig wie immer. „Aber da lässt er mich nicht ran, also widerlege ich deine These damit.“

„Rede nicht immer wie ein Philosoph, Die.“

„Warum nicht?“

„Steht dir nicht.“ Toshiyas Fahrstil lässt mich kurzzeitig am Seitenfenster kleben, bis ich wieder gerade sitze. „Aber wenn du es jemals schaffen solltest bei Kaoru zu landen, sag mir bitte bescheid.“

„Hä? Wieso?“ Hat er tatsächlich Hoffnung in mich oder wo führt das wieder hin hier?

„Na logisch, dass ich wissen will, wenn sich Kao von einem Typen hat flachlegen lassen. Dann will ich aber auch mal ran!“ Typisches Toshi-Lachen: halb Kichern, halb Einsabbern. Der hat doch wohl den Schuss nicht gehört.

Man nimmt mich hier einfach nicht ernst! Jeder weiß, dass ich es auf Kaoru abgesehen habe, aber keiner kann sich vorstellen, dass ich ihn nicht einfach nur mal nageln möchte, sondern... ja, eine Beziehung eben! Gott verdammt! Leider bin ich zu sehr an die Missachtung meiner Ernsthaftigkeit gewöhnt und es lässt mich kalt. Ich zucke wieder mal mit den Schultern und starre zum Fenster raus, als im selben Moment mein Kopf mit der Windschutzscheibe zusammenprallt.

„Sind da!“, ruft das Toto freudig und ich rubbele mir den wunden Punkt am Schädel.

„Ähm... danke,“ sage ich aus reiner Höflichkeit und steige aus. Toshiya winkt und fährt weiter, als ich mich auf den Weg ins traute Heim mache.
 

Kaoru kommt! Zwar jetzt noch nicht, aber er wird kommen und dann werde ich mit Essen, Bier und einer netten DVD auf ihn warten. Das ist doch wohl der ultimative Ausgleich, oder? Ich bin ein Genie! Ein Blick in den Kühlschrank und ich weiß, dass ich wohl besser eines der Tiefkühlgerichte auftauen muss. Irgendwas mit Nudeln krame ich heraus und stecke es in den Ofen. Super! Das bäckt sich ganz allein und ich kann mich auf die Suche nach einem romantischen Filmchen machen.
 

Igitt. Kao hat ja nur ekelige Filme. Horror, Action, Porno. Tolle Auswahl. Dann gucken wir eben einen dieser Actionfilme. Da sind wenigstens ein paar nette Typen dabei, die ganz schnuckelig aussehen. Nicht so gut wie Kaoru, aber den habe ich dann ja neben mir sitzen und brauch ihn nicht in der Glotze.

Huch! Ich erschrecke mich leicht, als es an der Tür klingelt. Hat Kao etwa seinen Schlüssel vergessen? Ach, nein! Ich sehe es. Ich habe meinen von innen stecken lassen. Ich bin aber auch ein Dummerchen.

„Sorry, ich...“ Da verschlägt es mir die Sprache. Mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund starre ich auf keine andere Person als diese Aiko. Es würgt mich leicht in der Kehle.

„Hallo Die,“ sagt sie lieblich und lächelt.

„Kaoru ist nicht da.“ Sachlich, knapp, direkt. Ich habe eben doch etwas in all den Jahren vom Kao-Man gelernt.

„Hab ich mir schon gedacht, als sein Auto nicht da stand,“ gibt sie zu und schwingt ihr langes braunes Haar nach hinten. „Hast du was dagegen, wenn ich drin auf ihn warte?“

Eigentlich schon, denn ich darf im Grunde noch nicht mal die Haustür öffnen. Wenn ich doch nur nicht gedacht hätte, es sei Kao! Und jetzt steht seine Ische hier und ich kann ihr doch nicht die Tür vor die Nase knallen. Das würde sie ihm petzen und er wäre sauer. Scheiße. Ich halte ihr also die Tür auf, drehe mich um und gehe zurück in die Küche um den Ofen auszuschalten. Essen ist fertig. Na, hoffentlich schmeckt es den beiden. Mist verfluchter!

„Hast du gekocht?“, fragt Aiko und betritt die Küche.

„Nee, vielmehr was in Ofen geschoben...“ maule ich und stecke mir eine Kippe an.

„Nett von dir.“ Sie verfolgt mich, als ich ins Wohnzimmer gehe und mich auf dem Sofa niederlasse. „Tut mir wirklich leid, das mit deinem Wasserrohrbruch...“

Sie bemitleidet mich und pflanzt sich auch noch neben mich, wie unsympathisch. Ich nicke nur lahm.

„Hat Kaoru etwas gesagt, wann er wieder da sein wird?“

Ich unterdrücke mein Kopfschütteln und zwinge mich zum Lügen – und wenn es mich den Kopf kosten sollte! „Kann noch ziemlich lange dauern, bis er da ist.“

„Kann ich trotzdem warten?“ Das Ding legt mir ihre Hand auf das Knie und innerlich fangen meinen Sirenen laut an zu heulen. Ach du Scheiße! Was soll denn das jetzt? Langsam drehe ich mich um zu dem Monster, was mich mit einem lüsternen Bettelblick ansieht.

„Äh...“ Mir fällt gerade gar nichts ein. „Also...“

Aiko winkelt den Kopf leicht an und schmollt. Das macht mir Angst. Als sie jedoch anfängt, mit ihrer Hand meinem Obenschenkel auf und ab zu streicheln, krieg ich Panik. „Wir könnten uns die Zeit auch etwas vertreiben...“

Ich glaub, die hackt. Die gräbt mich an! So eine Schlampe! Ich möchte ihr am liebsten eine kleben. Wie kann sie das meinem Kaoru nur antun? Ich greife also nach ihrem Handgelenk und lege ihr Pfötchen vom meinem Schenkel weg auf ihren eigenen.

„Nein, danke. Keinen Bedarf,“ sage ich zischend und schaue sie mit dem fiesesten Blick an, den ich habe.

„Du musst das nicht tun.“ Bitte was?! Was muss ich nicht tun? „Kaoru muss es doch nicht wissen.“

„Ich glaub, du tickst nicht mehr ganz richtig!“ Endlich habe ich mein Sprachvermögen wieder und bin in Vollbesitz meiner geistigen Fähigkeiten. Ich springe also auf und blaffe sie an! „Was denkst du eigentlich, was du hier machst? Kommst hier einfach an und gräbst an mir rum! Wenn Kaoru davon erfährt...“

Sie unterbricht mich in einem scharfen Ton und steht auf. „Wehe, du sagst ihm auch nur ein Wort!“

„Was dann?! Sag mir, warum ich es ihm nicht sagen sollte, was für eine hinterhältige Hure du bist?“ Boah, ich habe heute echt mein vollstes Vokabular im Hirn. Ich unterstütze meine Beleidigung, indem ich mit dem Finger auf sie zeige und die andere Hand in die Hüfte stemme.

„Weil er dir kein einziges Wort glauben würde!“ Siegessicher grient sie mich an.

„Ha! Hahaha! Und wie der mir glauben wird!“ Denke ich. Hoffe ich. Wird er? Gott, er ist verliebt in die Schlampe, warum sollte er mir glauben? Er wird denken, ich sage es, weil ich eifersüchtig bin.

„Na dann, sag es ihm doch.“ Sie schnappt ihre Handtasche und läuft zur Tür. „Kaoru wird dir nicht einmal glauben, dass ich hier war. Außerdem ist mir noch nie ein so prüder Idiot wie du begegnet. Entweder bist du schwul...“

Diesmal unterbreche ich sie und fauche sie an, als ich ihr freundlicherweise die Tür öffne und sie hinaus befördere. „Genau das! Schönen Abend noch!“

Rumms! Ich schlage ihr die Tür vor der Nase zu und stapfe ins Wohnzimmer, wo ich mich mit verschränkten Armen und stinksauer auf die Couch fallen lass. Diese verfluchte Mistkröte hat auch noch recht! Kaoru glaubt mir kein Wort, wenn ich ihm davon erzähle.

Argh. Ich könnte alles zusammenschlagen!

Ich brauche jetzt ein Bier.
 

Nach einer halben Schachtel Zigaretten und zwei Bier habe ich mich halbwegs wieder beruhigt. Zwar habe ich nach wie vor keinen Plan, was ich jetzt tun soll, aber mir immerhin schon einmal fest vorgenommen einen kühlen Kopf zu bewahren. Bringt ja nichts jetzt auszurasten. Dabei könnte ich dieser miesen kleinen Kröte echt den Hals rumdrehen!

Ach, es tut mir so leid für Kaoru. Dass er ausgerechnet wieder so ein Pech haben muss und dass er noch nicht einmal etwas weiß von seinem Unglück! Also gut, der Abend wird fortgesetzt wie geplant. Ich werde mir später einen Schlachtplan überlegen.
 

Als mein Lieblingsleader endlich nach Hause kommt, begrüße ich ihm mit einem lieben Hallo und sage ihm, dass er es sich auf dem Sofa bequem machen soll.

„Gibt’s irgendwas zu feiern? Hab ich was gewonnen? Du verwöhnst mich ja,“ lacht er und setzt sich brav hin, während ich das Essen hole. „Vielleicht will ich dich dann gar nicht mehr gehen lassen.“

Guter Witz, denke ich und bringe ihm seine Nudeln. „Tu dir keinen Zwang an.“

„Hm, was gibt’s denn? Tiefkühlnudeln?“ Der ist ja echt gut gelaunt. Wenn der wüsste...?!

„Ja, ich glaub, ich muss mal für dich einkaufen gehen,“ sage ich und stell ihm noch ein Bierchen auf den Tisch. „Ich dachte, wir essen und sehen uns einen Film an. Ich hab was aus deiner Sammlung gekramt. Ist das okay oder willst du was anderes machen?“

Er schüttelt den Kopf langsam. „Nein, passt prima. Ich bin so im Eimer, da ist mir der Film so was von egal. Essen und Bier sind genau richtig!“

„Sehr gut.“ Ich schalte also den DVD-Player ein und genieße einfach mal die Situation mit Kaoru neben mir, wie wir gemeinsam essen und uns einen Film ansehen. Gemütlich. Ohne Stress. Nur er und ich. Zuhause.
 

Leider driften meine Gedanken immer wieder zu dieser bescheuerten Aiko. Die Dinge könnten nicht schlechter liegen. Es tut richtig weh Kao in die Augen zu sehen. Ist zwar schön, dass sie nicht die perfekte Frau für ihn ist, aber das muss er erst einmal sehen! Nur wie?

„Alles in Ordnung Die?“

„Hm?“ Ich drehe mich zu Kaoru um und lächle zaghaft. „Ja, sicher.“

„Du siehst so abwesend aus. Gefällt dir der Film nicht? Oder bedrückt dich etwas? Du wirst doch nicht krank, oder?“ Seelsorgender Leader-sama, du. Er ist so lieb.

Ich schüttele mein rotgefärbtes Haupt. „Alles bestens.“

„Okay.“ Er hört sich skeptisch an, aber das kann ich jetzt auch nicht ändern.

Ich versuche mich auf den Film zu konzentrieren und wundere mich nicht, als Kao neben mir in seiner sitzenden Position einpennt. Der Streifen war zwar nicht übel, aber wach hält der einen nicht. Schon gar nicht, wenn man wie mein Süßer erst schon total fertig auf der Möhre ist.

Das Kaokao ist so putzig, wenn er schläft! Ich ziehe die Knie an meine Brust und schlinge meine Arme um die Beine, so dass ich meinen Kopf darauf anlegen kann. In dieser Position kann ich ihn am besten beobachten. Seine leicht geöffneten Lippen, sein dunkles Haar, das ihm ins Gesicht fällt, seine Brust, die sich sanft hebt und wieder fällt mit jedem Atemzug.

Kein Sorge, Kaoru. Wir kriegen das schon hin mit dieser Aiko. Noch mag sie dir ja die Hucke voll lügen, aber ich werde sie schon noch entlarven und dann bin ich für dich da. Ist doch egal, ob du mich willst oder nicht. Dann bin ich eben nur ein Freund für dich, aber wenigstens sind wir dieses Miststück dann los.

Kaoru schreckt leicht hoch, als er aufwacht. „Ist der Film schon zu Ende?“

„Yep.“ Ich nicke und lächle, weil er gerade schlichtweg wie ein Dussel aussieht. Seltener Anblick.

„Dann geh ich mal ins Bett.“ Langsam steht er auf und streckt sich. „Nacht Die und danke noch mal. Fand ich nett heut mit dir, mal einen ganz Ruhigen zu machen. Bist ja doch kein Partytier.“

Ich winke ab, als er mich angrinst. „Los, hau ab.“

Er lacht und macht sich gähnend auf in sein Schlafzimmer. Ich hingegen mache es mir auf dem Sofa bequem und versuche mein Hirn und Herz zu beruhigen. Was mach ich nur? Was mach ich nur? Der Gedanke lässt mich einfach nicht in Ruhe.

Wie zur Hölle soll ich diese Aiko entlarven? Irgendwie gestaltet sich alles schwieriger, als erahnt. Aber dafür bin ich ja da!

JETZT wird alles anders!
 


 

Ende Kapitel Zwei.
 

...
 

Irgendwie sollte es ja witzig werden... aber... ich könnt heulen, so süß ist Die! ;) Und wie geht's euch?

Lieber ein Ende mit Schrecken...

Danke für eure Treue und alle supernetten Kommis (von Totchan, CrimsonBubble, Riesuke, _Domestic_Fucker_, LunaFeles, Salamander, yumeky, jolli, Tetsu, tigre_de_noir & Jadespiegel).

Sorry, dass ich so lange gebraucht habe (berufliche Veränderungen x_X), aber endlich habe ich das Kapi fertig, wenn ich es auch nicht sonderlich gut find. Urteilt selbst.
 


 

Kapitel Drei
 


 

„Die, steh auf,“ ruft jemand und ich murmele etwas Unverständliches ins Kissen, bevor ich mich langsam dem Licht zugewandt umdrehe.

„Ich will noch nicht aufstehen,“ gähne ich den großen Leader-sama an, der bereits in voller Montur vor mir steht und einfach nur gut aussieht.

Kaum ein Auge zugetan letzte Nacht vor lauter Aiko, da soll ich jetzt aufstehen, wo ich endlich mal geschlafen habe? Och nö.

„Komm schon, Die. Es gibt frische Croissants zum Frühstück.“

Was? Ich schnelle hoch und fahre mein Geruchsorgan etwas zum Schnüffeln aus. Meine Augen fangen an zu leuchten, als mein Hirn den Duft von frischem Gebäck aufnimmt. „Wow Kao, du lebst ja richtig gut!“

„Ist nicht immer so,“ sagte er schmunzelnd und zuckt mit den Schultern. „Dacht mir nur, da hab ich schon mal Besuch, kann ich auch mal was Gutes zum Frühstück machen. Außerdem krieg ich dich ja sonst eh nicht wach...“

Kaoru dreht sich um und geht in die Küche. Das ist das Zeichen für mich und ich schwinge meine Beine vom Sofa und eile ihm hinterher.

„Du hast ja was an...“, bemerkt der Schnucki und setzt sich an seinen Platz.

„Ja, lässt sich aber ändern, wenn du willst? Sag es einfach und ich lass alle Hüllen fallen,“ grinse ich und schnappe mir ein Croissant um es auf einen Teller zu legen. „Autsch! Heiß!“

„Nein, bitte nicht.“

„Schade.“ Wegen dem Miesepeterchen hab ich schließlich extra was angelassen im ‚Bett’.

„Sag mal, Die,“ beginnt er etwas zögerlich und öffnet vorsichtig eines der Leckereien um es ausdampfen zu lassen. Der ist eben viel schlauer als ich, der sich stattdessen gerade den Mund verbrennt. „Hast du irgendwie schlecht geschlafen?“

„Wieso?“ Kaum geschlafen trifft es, aber schlecht? Abgesehen von diesen bescheuerten Träumen, in denen sich Aiko in ein Alien verwandelt hat und Kaoru mit auf ihren Planeten nehmen wollte, war meine Nacht echt super.

„Du hast Aikos Namen im Schlaf gesagt und da ich nicht davon ausgehe, dass du auf sie stehst...“

„Bäh! Nee!“ Voller Enthusiasmus spucke ich mein Stücken Gebäck aus und strecke die Zunge raus. „Nicht persönlich nehmen. Aber sag du mir mal, belauscht du mich nachts?“

Mir würde einer abgehen, wenn. Ich sollte mir allerdings keine Hoffnungen machen.

„Ich musste mal ins Badezimmer, da hab ich dich vernommen und du hast irgendwas von Aiko gesagt, dann gestöhnt und letztlich solche zischenden Geräusche gemacht... Das war schon sehr merkwürdig.“ Kaorus linke Augenbraue wächst verdächtig nach oben.

Ich zucke mit den Schultern. „Ich hatte diesen Traum von einem Alien... tja.“

Besser ich erzähle Kaoru nicht, was da passiert ist. Ich kann mir natürlich vorstellen, warum ich gezischt haben soll. Das muss da gewesen sein, als ich versucht habe Kaoru mit Hilfe meines Protonenstrahlers freizuschießen.

„Lag vielleicht an dem Film von gestern Abend.“ Schulterzuckend schlürft Kao seinen Kaffee und mäufelt von dem Croissant.

„Bestimmt. Hast du etwa auch geträumt davon?“ Er schüttelt den Kopf auf meine Frage. „War es eigentlich dein Ernst?“

„Was?“

„Dass es dir gefallen hat mit mir und so... Filmabend.“ Ich kann mir nicht helfen, aber ich muss auf meiner Unterlippe rumkauen. Nimmt Nervosität.

„Klar, sonst hätte ich es nicht gesagt.“ Er schüttelt den Kopf wegen meiner Skeptik.

„Na, vielleicht warst du ja nur schlaftrunken... oder hast mich mit deiner Schnalle verwechselt.“ Beim Gedanken daran wird mir übel. Warum komm ich auch nur immer auf solchen Scheiß?

„Den Unterschied hätte ich bemerkt, glaub mir.“ Etwas mitleidig glotzt der Typ mich an und ich könnt ihm echt an die Gurgel gehen, wenn ich ihn nicht so heiß finden würde, dass ich statt Gurgel immer nur wieder auf seinem Hintern zurück komme.

„Siehst du sie heute?“ Meine Stimme verringert ihr Volumen auf ein monotones Gebrummel.

„Hab sie noch nicht angerufen, aber ich wollte schon. Warum?“

„Nur so halt.“ Nicht daran denken Die! „Will nur wissen, ob du da bist heute Abend oder ich eine Party schmeißen kann mit allen Homos der Stadt.“

„Die.“ Warnender Ton. Ich könnt mich Wegärmeln.

„Es macht Spaß dich zu ärgern, mein Süßer!“ Ich springe auf und renne hinter ihn um ihm meine Arme um den Hals zu werfen und ihn zu knuddeln. Er zuckt leicht zusammen, aber es ist mir so was von egal. „Hast du Angst um mich, Schatz? Musst du nicht haben! Mein Herz gehört dir!“

Lachend löse ich mich von Kaoru und sehe noch, wie er die Augen verleiert, bevor ich ins Badezimmer laufe. Ich muss dringend duschen, sonst fährt der olle Sklaventreiber wieder ohne mich los.
 

So sehr ich auch grübele, aber mir fällt nichts Gutes ein um diese Aiko-Schlampe loszuwerden. Nach dem Frühstück und meiner morgendlichen Hygienezeremonie fahren wir erst mal wieder zu den anderen ins Studio und sind auch fast pünktlich. Kaoru wird sofort zum Techniker gerufen, der wohl noch Probleme mit der Abstimmung eines der Lieder hat. Ich pflanze mich neben Shinya und Kyo, die zusammen über alte Zeiten plaudern.

„Wohnst du immer noch bei Kaoru?“, will Kyo wissen und ich nicke mit einem Lächeln. „Der Mann hat echt Nerven wie Drahtseile.“

„Du bist fies, Kyo,“ mischt sich Shinya ein und ich danke ihm im Geiste. Allerdings geht mir Kyos Aussage nicht aus dem Kopf.

„Was willst du damit sagen?“

„Nichts,“ sagt das Waru und ich wundere mich nur. Bin ich der einzige Kerl hier unter den Zicken?

„Vielleicht ist Kyo eifersüchtig,“ lacht sich Toshiya, der gerade um die Ecke biegt, gerade einen ab und erntet einen von Kyos bezaubernden Hassblicken. „Fragt sich nur auf wen? Kaoru oder dich, Die.“

Ich muss lachen, als Kyo aussieht, wie wenn er gleich platzen würde, seine Gedärme sich durch Toshiyas Nase nach inner wühlen und er ihn nach außen umfaltet. „Auf mich, ganz klar.“

„Denkst du?“

„Klar doch. Er ist stinkig, dass ich zu Kao bin.“

„Kann schon sein. Vielleicht wäre er aber auch lieber bei Kao?“

„Wer wäre nicht gern bei Kao?“

„Ja, Kao ist schon toll.“

„Kao ist ja auch der Leader.“

„Kao ist voll süß.“

Kyo steht auf „Das reicht. Ich muss kotzen.“ und verzieht sich in eine andere Ecke zum Rauchen.

„Ihr seid auch fies,“ sagt Shinya. „Mist. Ich hab nur fiese Freunde. Vielleicht steig ich ein bei GacktJob.“

Wir prusten los und kichern, bis unser Anführer kommt. „Was lacht ihr?“

„Shin geht zu GacktJob,“ erkläre ich.

„Und Kyo ist stinkig, weil wir dich mehr lieben als ihn,“ vollendet Toto.

„Ach so.“ Kaoru ignoriert letzteres und dreht sich um zu Kyo. „Kommst du mal? Wir müssen was ändern in der Setlist. Außerdem gibt’s Schwierigkeiten bei dem neuen Song.“

Träge schlägt sich das Warumono zum Leader durch und wir stehen mal wieder da, wie bestellt und nicht abgeholt. Gerade noch war es lustig und jetzt regieren die Heteros wieder. Scheiße das.
 

Seufzend entscheide ich mich zu meiner kleinen Roten zu gehen. Was für die einen ein Ferrari, ist mich die ESP. Wie schön rot sie glänzt. Mein Blick schweift zu Kaoru, der jetzt auch von Toshi belagert wird. Mit Toto Witze zu machen, ist schon eine coole Sache. Wir Homos müssen schließlich zusammen halten, aber manchmal frage ich mich, ob er nicht auch auf Kaoru steht. Dass er ihn nicht von der Bettkante schubsen würde, ist klar. Wer würde das auch? Aber angenommen Kao wäre schwul – wäre dann eher ich sein Typ oder Toshiya? Würde Toshi mit ihm zusammen sein wollen oder ihn nur einmal flachlagen? Ich mach mir zu viele Gedanken.

„Die!“, quietscht der Bassist plötzlich los und lacht wie bekloppt. „Hör auf, Kaoru auf den Hintern zu glotzen!“

„Hab ich doch gar nicht!“ Oder hab ich? Kann schon sein. Passiert öfter. Wo liegt denn das Problem?

„Du sollst nicht träumen, sondern aufpassen,“ meckert Kaoru jetzt auch noch armwedelnd und ich lege meinen Kopf schräg und rümpfe die Nase. „Ich dachte wirklich mal, du wärst der einzige kompetente Mensch hier außer mir, aber...“

„HEY!“, schreien die anderen im Chor und schauen böse auf den Leader, der das aber gar nicht wahr nimmt.

„Hier, kleine Änderungen,“ sagt der kleine Bandleader und drückt mir einen Zettel in die Hand. Mir geht aber eigentlich nur durch den Kopf, dass ich ihn gerne ficken möchte. Himmel. Mir ist nicht mehr zu helfen. Aber was soll ich nur tun? Dieses kleine Biest ist einfach purer Zucker. Er ist klein, aber böse und sieht dabei so geil aus, dass mir alles wehtut im Schritt. Ich schnappe den Zettel und starre darauf um nicht schon wieder blöd angemacht zu werden.

Also gut, arbeiten ist angesagt.
 

Leider kommt mir immer wieder diese Schnalle namens Aiko in den Sinn. Blöde Frutte, die das ist. Was soll ich denn nur machen jetzt? Ich könnte ja mal um Rat fragen, aber wen? Nicht Toshiya, der nutzt es nur wieder zu seinem eigenen Vorteil oder versteht es erst gar nicht. Shinya ist zwar hetero, aber hat keinen Plan von Frauen. Poohbear-Lover eben. Da bleibt nur Kyo und als der alleine rauchend draußen im Flur steht, fange ich ihn ab.

„Kann ich dich mal um deinen Rat fragen?“

„Ungern,“ grinst er mich an. „Geht’s um Kaoru?“

„Öhm...nein.“ So ein Pisser. Hält sich wohl für besonders schlau, weil er mich durchschaut. „Es geht eigentlich um einen Kumpel von mir.“

„Aha. Und weiter?“

„Also mein Kumpel hat eine Freundin und ist frisch verliebt,“ sage ich und merke einmal mehr, wie sehr ich dieses Wort hasse. „Aber seine Freundin hat letztens seinen Kumpel angegraben und jetzt weiß der Kumpel meines Kumpels nicht, ob es ihm sagen soll oder nicht.“

Kyo starrt mich an mit großen Augen. „Kommt drauf an, wie wichtig deinem Kumpel sein Kumpel ist.“

„Oh, er ist ihm sehr, sehr wichtig,“ nicke ich etwas zu enthusiastisch, aber ich kann mir nicht helfen. „So wichtig, dass mein Kumpel ihm vielleicht gar nicht glaubt, weil er vielleicht denkt, dass er es nur aus Eifersucht sagt.“

Kyo lacht leise. „Die, das verwirrt mich.“

„Soll ich es noch mal erklären?“

„Nein, danke,“ winkt Kyo ab und lacht weiter. „Es geht hier doch um Kaoru, oder? Und er hat eine neue Freundin, aber wer zum Henker ist der Kumpel, den sich angemacht haben soll?“

Ich glaube, ich habe noch nie im meinen 32 Lebensjahren so bescheuert geschaut wie gerade jetzt. Wenn Kyo schon so super kombinieren konnte, lag doch wohl der Rest auf der Hand.

„Was? Du?“ Jetzt lacht Kyo schon lauter. „Dich soll sie angemacht haben?“

„Hat sie auch!“, zische ich ihn mit gedämpfter Stimme an. „Und sprich nicht so laut.“

„Warum sollte sie denn einen Schwulen anbaggern? Da hast du sicher was falsch verstanden...“

„Nein, hab ich nicht, denn sie wusste doch gar nicht, dass ich schwul bin. Kaoru, der Feigling, hat es ihr nicht gesagt und dann hat sie mich angegraben...“ Versteht mich denn hier keiner?

„Wann?“

Spielt das eine Rolle? „Gestern.“

Da prustet das kleine Sänger los. „Ich glaub, du spinnst, Die.“

Und ich bin im falschen Film. „Es ist die Wahrheit.“

„Hör auf dir solche Scheiße auszudenken. Bei Kaoru wohnen ist eine Sache, aber ihm Lügen über seine Ische aufzutischen? Du kommst in Teufels Küche, Junge.“

Schlimm genug, dass er wie mein Vater labert, aber warum nimmt er mich nicht ernst? „Ich lüge aber nicht.“

„Ach komm, Die. Und selbst wenn nicht, Kaoru wird dir kein Wort glauben.“ Klugscheißer.
 

„Was werde ich dir nicht glauben?“ Himmel Herr Gott! Was hat der denn hier zu suchen? Da steht plötzlich mein Schätzchen im Flur und schaut uns verwirrt an.

„Ähm...“ Mir fehlen die Worte. Wie viel hat er denn gehört?

„Sag schon, was glaub ich dir nicht?“, lächelt er unsicher. „Was Schlimmes?“

„Nein, nein, gar nicht,“ lüge ich und setze Kyos Meinung von mir die Krone auf. „Nur dass... dass ich morgen einen Zahnarzttermin habe.“ Wie bekloppt konnte eine einzige Person sein? In mir wurde Blödheit doch neu definiert.

„Warum sollte ich dir das nicht glauben?“ Kaoru guckt genau so; als ob ich oberdoof wäre.

„Weil der morgen früh ist und eigentlich keine Sprechstunde und ich nicht zur Probe kommen kann, aber die Schwester sagt, es ist kein anderer Termin frei...“ Ich habe eine Vollmeise, das gebe ich ja zu.

„Na, hast du denn Zahnschmerzen oder was?“ Ich nicke auf seine Frage. „Dann geh halt, wenn’s nicht anders geht.“

Wieder nicke ich kräftig und Kyo zieht kopfschüttelnd die Augenbrauen nach oben.

„Aber lass dir eine Bescheinigung geben,“ sagt Kaoru vollen Ernstes und ich lege meinen Kopf schief. Ich dachte schon, ICH hab einen an der Waffel, aber der hackt ja wohl total. Wo soll ich diese Bescheinigung denn auch herbekommen, wo ich doch gar keinen Termin habe? Toll gemacht, Die.

„Muss das sein?“ Ich verleiere die Augen.

„Einem normalen Arbeitgeber müsstest du auch deinen Krankenschein geben,“ grinst er frech und zündet sich eine Kippe an. „Bisschen Zucht und Ordnung muss schon sein.“

Mir fällt bei Zucht und Ordnung immer nur Kaoru mit kleiner Lederpeitsche ein, wie ich in Lack und Leder vor ihm krieche, also gebe ich nach und grinse dreckig. „Okay, Leader-sama.“

Da lächelt er, der kleine Drecksack. Gefällt ihm, wenn man ihn anschleimt. Manche Männer waren so leicht durchschaubar.
 

Und so geht auch dieser Arbeitstag zu Ende und ich freue mich endlich wieder mit Kaoru zu Hause zu sein. Doch die schlechten Nachrichten folgen wie immer nach nur kurzer Zeit. Aiko und mein Kao-Hase haben eine Verabredung. Er will sie zum Essen ausführen. Charmeur! Nur verdient sie ihn nicht und missmutig verkrieche ich mich in meiner Lieblingsecke auf Kaorus Sofa und schaue mir Spongebob im Fernsehen an, während sich der Herr für seine Schixe aufbrezelt. Irgendwie hatte ich gehofft, dass es Spaß machen würde mit ihm unter einem Dach zu wohnen, aber jetzt fühle ich mich einfach nur noch scheiße. Seufzend mache ich mir ein Bier auf und rauche noch eine, als es bereits an der Tür klingelt. Ich gehe davon aus, dass es die Aiko-Tussi ist und bewege mich also keinen Millimeter, hebe lediglich meinen linken Arm an um einen großen Hieb aus der Bierflasche zu nehmen.

Nur Kao macht mir einen Strick durch die Rechnung, als er vom Badezimmer aus ruft: „Die, machst du mal auf? Ich muss noch meine Haare fönen.“

Grummelnd hieve ich mich hoch und laufe zur Tür, öffne diese und lasse die mich böse anfunkelnde Schlampe wortlos in die Wohnung, bevor ich mich wieder zur Couch schleppe um dort zu versauern.

„Ist Kaoru noch nicht fertig?“, fragt sie und hebt arrogant die dünn aufgemalten Augenbrauen. Schön blöd, wenn man als Frau nicht einmal weiß, wie man so etwas ordentlich zupft.

„Nee, ist noch im Bad,“ patze ich sie an ohne sie eines Blickes zu würdigen. „Fönt Haare oder so.“

„Was bist du so zickig?“, meint sie ganz unschuldig und zuckt obligatorisch mit den Schultern.

„Frag noch,“ brumme ich zurück und denke mir meinen Teil einer saftigen Beleidigung. Schlimm genug, was die Alte hier abzieht. Muss sie auch noch so scheinheilig tun?

„Jetzt krieg’ dich wieder ein, ja,“ zischt sie rum und stellt ihr Nuttentäschchen auf dem Küchentresen ab. Nicht mal echtes Leder. Das sieht das geschulte Auge sofort. Billige Tussi eben.

„Halt den Mund,“ murmele ich und starre weiter geradeaus auf den Bildschirm, wo ich feststelle, dass Aiko mich an diesen einäugigen Wurm Plankton erinnert. Der ist genauso mies wie sie.

„Pass’ auf, was du sagst. Ich tue dir doch gar nichts. Du hast schließlich mir eine Abfuhr verpasst! Woher sollte ich auch wissen, dass du eine Tucke bist?“ Sie seufzt überdramatisch und winkt das Thema ab.

„Das ist doch gar nicht der Punkt.“ JETZT drehe ich mich um und wünschte mir aus meinen Augen kämen Laserstrahlen um sie klein zu hacken. „Du wolltest Kaoru betrügen.“

„Och Gottchen!“ Sie verleiert die Augen und verschränkt die Arme vor ihrem Billigmantel aus Fellimitat. „Was kümmert dich das? Er muss schließlich selber wissen, mit wem er sich trifft und das bin nun mal ich. Außerdem, wer glaubt denn dem Gitarristen einer Rockband, dass er immer treu wäre?“

Moment mal. Schlimm genug, was sie das vom Stapel lässt, aber unterstellt sie ihm gerade Untreue? „Du tickst doch nicht ganz richtig. Er vertraut dir und er würde niemals fremdgehen. Was du hier abziehst, ist echt das Letzte.“

„Ach, wie süß,“ flüstert sie mich zickig an. „Anstatt ihn so naiv zu verteidigen und heilig zu sprechen, solltest du dich lieber um dich kümmern oder hast du kein Liebesleben, Mr. Nancy Boy?“

„Hey!“ Blitzschnell stehe ich auf und zeige warnend mit dem Finger auf die miese Tante. „DAS geht dich doch nun wirklich nichts an! Spielt auch überhaupt keine Rolle! Kaoru ist mir wichtig und du verscheißerst ihn! Aber warte nur~“

„Willst du kleiner Idiot mir drohen?“ Sie stemmt die Hände in die Hüften und lacht. „Kaoru ist dir also wichtig, ja? Bist du eifersüchtig? Verliebt in ihn womöglich? Wie niedlich ist das denn?“

Verspottet die mich? Mir reicht es gleich! Elende kleine Kröte! „Fick dich doch ins Knie, du miese Schlampe!“

„Oh~“ Mit großen bösen Augen sieht sie mich an. „Nimm das zurück, du Analritter!“

„Dummbratze!“

„Hinterlader!“

„Vogelfotze!“

„Warmduscher!“

„Laufende Kotzpille!“

Kochend vor Wut nehme ich Kaoru gar nicht wahr, der mittlerweile im Zimmer steht, die Kinnlade auf dem Fußboden und seine Augen, die von Aiko zu mir und wieder zurück schnellen.

„Seid ihr beide jetzt bitte mal still?“, erhebt er plötzlich seine Stimme und ich erschrecke ihn hier zu sehen. Entschuldigend senke ich meinen Blick auf den Boden.

„Was ist denn in euch gefahren? Warum streitet ihr? Und warum beleidigt ihr euch hier auf das Ärgste?“ Verzweifelt starrt er uns an und Aiko hebt schnippisch die Nase in den Wind und verschränkt ihre dünnen Ärmchen.

Leider bin ich noch viel zu wütend, als dass ich meine Klappe halten könne. Ich kann ja nichts dafür, aber wenn es um Kaoru geht, bringt man mich eben schnell aus der Fassung. Ich zeige mit dem Finger auf die Kröte und petze. „Die da hat mich angebaggert.“

„Pah!“ Mehr sagt sie dazu wohl nicht.

„Was?“, fragt Kaoru ungläubig und schaut von ihr zu mir und so weiter. Das Spiel kennen wir ja schon.

„Sie kam gestern Abend und ich hab sie nur rein gelassen, weil sie auf dich warten wollte, aber da hat sie mich schamlos angegraben!“ Es blubbert nur so aus mir raus und flehend hoffe ich auf Kaos Verständnis.

„Der spinnt doch,“ sagt die Schnalle abwertend, als wäre ich völlig übergeschnappt.

„Langsam jetzt,“ mischt sich Kaoru wieder ein und sieht mich an. „Gestern Abend? Warum hast du dann gestern nichts gesagt?“

„Na, weil ich dachte, du glaubst mir eh nicht.“ Jetzt verschränke ICH die Arme und frage mich, was sich wohl zu gestern verändert haben soll. Warum sollte mir Kaoru heute glauben? „Aber egal, ob du mir nun glaubst oder nicht... DIE da hat versucht mich ins Bett zu kriegen von wegen ‚Kaoru muss es doch nicht wissen’,“ imitiere ich ihre Stimme und stecke ihr die Zunge raus. „Und das find ich scheiße!“

„Ist doch wohl lächerlich!“, giftet sie mich an und schaut beleidigt zum Leader. „Du glaubst ihm das doch wohl nicht?!“

„Hm...“ Kaoru sagt erst einmal gar nichts. Er tut mir leid. Ich kann ihm ansehen, wie geschockt er ist und doch versucht er einen klaren Kopf zu bewahren und die Situation zu klären. Ist eben typisch für ihn. „Die saugt sich normalerweise so etwas nicht aus den Fingern... andererseits...“

Sein Blick sagt alles. Ja, gut, dann bin ich eben eifersüchtig, aber deshalb denke ich mir doch keine Intrigen aus! Seufzend schaue ich zum Boden und drehe mich um, so dass mich zurück auf das Sofa fallen lassen kann. Es wäre schön, wenn er mir einmal im Leben auch was ansehen könnte. Und zwar dass ich nicht lüge. Dass ich es nur gut mit ihm meine!

„Kaoru,“ sagt Aiko zu ihm so lieblich wie ein viel zu süßer Wein. „Warum um Himmels Willen sollte ich denn einen Schwulen anbaggern?“

Nickend sieht Kaoru wieder zu mir, dann zu ihr. „Wart mal, Aiko. Woher weißt du eigentlich, dass Die auf Kerle steht? ICH hab dir das nicht erzählt.“

Das habe ich ihr gestern verklickert, als ich sie hinaus befördert hab. Es kann weder heute noch davor passiert sein. Da steigt sogar Kaoru dahinter! Und gestern war sie wahrscheinlich angeblich nicht hier. Warum sollte sie ihm das auch erzählt haben? Jetzt wird die Sache wieder interessant!

„Das sieht man ihm doch an,“ sagt sie plötzlich ganz unwirsch. Mistige Dorftrute!

„Tut man nicht,“ zische ich zurück und ernte einen gehässigen Blick.

„Tut man doch!“ Miese Laus.

„Tut man nicht.“ Also die Stimme gehört nicht mir. Viel zu autoritär in ihrem Klang. Kao! „Also wenn ich eines sagen muss, dann, dass man Die nicht ansieht, dass er auf Typen steht.“ Er dreht sich zu ihr um und schaut sie durchdringend ernst an. „Warst du gestern hier?“

Aiko öffnet den Mund, schließt ihn wieder zu einem kleinen Schlitz und meint schließlich: „Ach, ihr könnt mich doch alle beide mal kreuzweise!“

Daraufhin schnappt sie ihre Handtasche und verzieht sich mit einem lauten Knallen der Eingangstür. Solch ein Abgang ist schon praktisch wie ein Geständnis und irgendwie fühle ich mich beschissen, jetzt, wo Kaoru weiß, dass er wieder einmal kein Glück hatte.

Schniefend atmet er tief ein und aus und fasst sich an den Kopf. „Klasse Tag heute.“

Mit diesen Worten verzieht er sich schlurfend ins Schlafzimmer und ich schaue ihm trübe hinterher. Mein armer, armer Kao-Popsi. Wenn ich ihn nur trösten könnte. Stattdessen fühle ich mich schuldig und miserabel. Da fällt mir was ein. In der Küche stelle ich eine Tasse Milch in die Mikrowelle und warte, bis sie warm ist. Das hat meine Mama früher immer gemacht, als ich traurig war. Aus der Milch mache ich dann Kakao und koste kurz. Perfekt!

Auf zu Kaoru!

Ich klopfe vorsichtig an die Tür und schiebe sie langsam auf um hineinzulugen. Kao sitzt auf dem Bett und starrt ins Leere. Oh Gott, ich heul gleich! „Kaoru? Hier~ ouch! Heiß!“

Natürlich verbrenne ich mir die Pfötchen erst mal an der Tasse und nur mit Mühe gelingt es mir, die Tasse auf Kaorus Nachttisch abzustellen, ohne dass etwas daneben geht. „Ich hab dir Kakao gemacht!“, strahle ich, aber es muntert ihn nicht sonderlich auf. „Das hat meine Mama immer gemacht, wenn ich traurig war als Kind.“

Jetzt lächelt er etwas und sieht mich gequält lachend an. „Danke.“

Da stehe ich nun und weiß nicht, was ich sagen soll. Ich möchte ihn in den Arm nehmen und ihm sagen, dass sie es nicht wert war, ihn halten und ihm sagen, dass er etwas Besseres verdient hat. Mich nämlich! Dann würde ich ihn in Grund und Boden vögeln! Das kann ich ihm aber jetzt so wohl nicht sagen. Gibt nur eines dann. „Tut mir leid, Kaoru.“

Er zuckt mir den Schultern. „Kannst ja nichts dafür. Ich hab halt kein Glück.“

Erst jetzt wird mir wirklich bewusst, dass er MIR glaubt, nicht Aiko. Sie hätte ja einfach nur eingeschnappt sein können, als sie abgehauen ist, aber Kaoru scheint keine Zweifel daran zu haben, dass ich die Wahrheit sage. Mein Schatz! Ich Depp dachte, er glaubt mir nicht. Dabei vertraut er mir. Vertraue ich ihm?

„Vielleicht hätte ich dir gestern schon davon erzählen sollen,“ sage ich also gepackt von Reue. „Ich wusste nur nicht wie.“

„Schon gut.“ Er lächelt mich an und hat ganz offensichtlich keine Lust weiter darüber zu reden. „Die.“

„Ja?“ Was auch immer ist, er kann es mir sagen.

„Kannst du mich jetzt mal eine Weile allein lassen?“ Es trifft ihn wohl schwerer, als ich dachte.

Ich nicke. „Klar. Wenn du mich brauchst, ich bin im Wohnzimmer. Wo auch sonst...“

Mit einem kleinen unsicheren Lächeln schiebe ich mich aus dem Zimmer und hocke mich wieder in meine Fernsehecke. Ob er wohl weint? Wohl eher nicht, wie ich ihn kenne. Wäre ja auch dumm, eine Träne für die Ische zu vergießen. Aber süß wäre es natürlich auch, den harten Bandleader mal Weinen zu sehen. Ich sollte mir mal mit ihm „Brokeback Mountain“ ansehen. Gott, was hab ich da geflennt!

Es tut mir zwar wirklich leid für Kaoru, aber irgendwie freue ich mich auch, dass wir diese Kuh endlich los sind. Jetzt muss ich den Kleinen nur irgendwie aufmuntern. Mir kommt da eine Idee, aber leider wird da nichts draus, weil er ja allein sein will. Blas ich ihm eben keinen. Gut, was sonst? Ähm. Ich weiß was. Den Vorschlag werde ich ihm gleich morgen früh unterbreiten. Bis dahin male ich mir noch aus, wie es gewesen wäre, wenn ich Idee Nummer eins in die Tat umgesetzt hätte.
 

“Gimme gimme gimme a man after midnight - Won't somebody help me chase these shadows away - Gimme gimme gimme a man after midnight - Take me through the darkness to the break of the day...”

Viel zu früh klingelt mein doofes Handy, weil ich den Alarm auf sechs Uhr gestellt habe um dem Kaobären eine Freude zu machen. Wenigstens muntert mich mein Lieblings-Abba-Song auf. Gähnend mache ich mich nach einer kurzen kalten Dusche an die Arbeit. Kaffee ist wichtigster Punkt auf der Tagesordnung, sonst ist Kaoru schlecht gelaunt. Essen tut er nie sehr viel zum Frühstück, aber ich haue trotzdem ein paar Eier und Meeresfrüchte in die Pfanne. Dem kann nicht mal er widerstehen! Da bin ich mir sicher.

Punkt sieben schlurft mein Hasi aus seinem Bettchen und schaut mich verwundert an. „Hab ich heute Geburtstag?“

„Nein, dann hätte ich dir eine Torte gemacht!“, strahle ich und winke mit dem Pfannenwender.

„Echt Die, du übertriffst dich immer wieder selbst. Wie du dich um mich kümmerst...“ Er kratzt sich auf extrasüße Art und Weise seinen Pelz auf dem Haupt und grinst schief. „Das musst du aber nicht, ge?“

„Spar dir den Rest und setz dich.“ Mit meinem bezaubernden Grinsen kann ich sogar den Häuptling herumkommandieren.

„Tja dann,“ meint er und lässt sich auf einen der Stühle fallen. „Nett von dir.“

„So bin ich! Das solltest du wissen...“ Ich nehme ihm gegenüber Platz, nachdem ich seinen Pott mit Kaffee voll gemacht habe und eine Schaufel voll meines Pfannenfrühstücks auf seinen Teller gehievt habe. „Vielleicht nicht immer so früh am Morgen, aber nett bin ich prinzipiell erst mal schon! Das kann keiner abstreiten.“

„Nein, kann keiner,“ sagt er und stochert mit den Stäbchen im Ei. So wirklich bei der Sache ist er nicht. Das sehe ich sofort und das hat nichts mit dem Essen zu tun. Schlecht geschlafen? Zuviel nachgedacht, wie einsam das Leben ist? Darauf spekuliere ich, denn solche Momente kenne ich. Nur resultieren sie bei mir niemals aufgrund gescheiterter Beziehungen.

„Deshalb mache ich dir einen Vorschlag.“ Er schaut auf und sieht mich fragend, aber müde an. „Nach den Proben heute gehen wir einen trinken. Jetzt verleiere nicht die Augen, mein Guter! Das gehört zu gescheiterten Beziehungen wie Reis zu Curry. Komm schon! Wie früher, und ich verspreche dir auch, wir gehen in keine Schwulenbar!“

„Das hättest du auch gleich abessen können.“ Ich liebe dieses fiese kleine Grinsen.

„Für dich benehme ich mich auch extra hetero plus, wenn ich soll.“ Das ist doch mal ein Angebot. „Und jetzt sag nicht, dass du keinen Bock auf ein sinnloses Besäufnis hast. Bitte! Sei ein guter Kumpel so wie ich!“

Jetzt lacht er leise und grinst wieder so einseitig. „Also gut. Aber wir gehen dahin, wo ich will und du gräbst nicht einen Kerl an, verstanden? Und behaupte nicht wieder, wir hätten eine Affäre miteinander.“

„Hab ich das jemals?“ Gut, einmal, aber ich hatte 3,8 im Turm und konnte eh nicht mehr Männlein von Weiblein unterscheiden. „Abgemacht. Ich benehme mich. Wirklich. Pfadfinderehrenwort.“

„Saufgelage klingt eigentlich verlockend,“ meint er dann noch trocken und ich stimme ihm grinsend zu. „Vielleicht findet sich wenigstens was um die Nacht nicht allein schlafen zu müssen.“

Mein Grinsen schwindet ins Nichts. „Aber ich darf keine Kerle abgraben? Geht’s dir noch gut? Wenn ich nicht darf, darfst du auch nicht. Außerdem hast du mich! Ich schlaf die Nacht bei dir. Dann bist du nicht allein.“

Ein leicht spöttisches Schnarchen schleicht sich aus Kaoru, aber er sagt nichts und widmet sich seinem Frühstück. Zweifelsohne angenehm mal nicht gesagt zu bekommen, dass er sich lieber ein Loch ins Knie schießen würde. Das würde er, keine Frage, aber wenigstens behält er es für sich. Ich kenne ihn doch. Obwohl ich schon Hoffnung habe, dass er das tut, weil er doch nicht ganz immun gegen meinen Charme ist.

Nach einer Weile schiebt er den Teller noch halbvoll von sich. „Die, ich platze gleich. Ist sehr lecker, aber ich bin’s echt nicht gewohnt, so viel zu essen morgens. Magst du noch?“

Das versteh ich natürlich. „Klar doch. Gib ruhig her.“

Selbstgekochtes lass ich nicht schlecht werden! Dankend lächelt er und trinkt seinen Kaffee aus, bevor er geht um sich fertig für die Arbeit zu machen.
 

Auf dem Weg zu den Proben lässt mich Kaoru freundlicherweise beim Zahnarzt raus. „Soll ich dich irgendwann abholen?“

„Nein, nein,“ winke ich schnell ab und grinse unbeholfen. Bloß nicht! „Ich nehme die Bahn!“

„Okay, bis dann,“ sagt er und braust davon.

Und jetzt? Ich habe keinen Zahnarzttermin und es nicht auch keine Sprechstunde. Ich hätte Kaoru die Wahrheit sagen können, aber es wäre zu riskant gewesen. Dass ich Kyo davon erzählt habe, dass Aiko mich angebaggert hat, hätte Kao bestimmt nicht gefallen. Dass ich ihn deswegen auch noch angelogen habe, hätte er erst recht nicht gemocht. Dabei bin ich normalerweise immer solche ein ehrlicher Mensch! Nur manövriere ich mich immer wieder in Situationen, in denen ich nicht anders kann als zu lügen.

Scheiße. Ich klingele beim Zahnarzt und warte ab, bis aus der Gegensprechanlage eine Frauenstimme ertönt. „Ja? Praxis Dr. Yamamoto.“

„Andou hier... ähm... hallo.“ Und weiter? „Kann ich mal kurz reinkommen? Ich habe lediglich ein kleines bürokratisches Problem hier.“

„Tut mir leid. Wir haben keine Sprechstunden.“ Doofe Zicke!

„Paketdienst.“ Toll und wo ist das Paket, ich Genie? „Bitte nur unterschreiben.“

Sie legt auf und ist wohl unterwegs. Tja, Die, und jetzt? Kein Paket, aber ein Wahnsinnslächeln? Ich blecke meine Zähne, so gut ich kann, und warte darauf, dass die Tür aufgeht.

Glück im Unglück muss man haben! Also die Tür aufschwingt, steht ein junges Mädel vor mir, nicht älter als achtzehn grob geschätzt, und reißt die Augen auf. Die muss neu hier sein.

„Hi,“ sage ich also und stelle obligatorisch meinen Fuß in die Tür.

Sie läuft knallrot an. Berühmt zu sein ist genial! „D...du bist Die...“

Mit Herzchen in den Augen strahlt sich mich an. „Ja, genau. Du kennst mich?“

„Klar doch! Ich bin Dir en greys größter Fan!“ Übertreibung des Jahrhunderts, aber wen kratzt es?

„Hey, das ist ja toll,“ lache ich und nicke. „Magst du ein Autogramm?“

„Oh jaaa~!“ Sie ist völlig von den Socken.

„Gar kein Problem. Ich brauch nur Zettel und Stift,“ sage ich ausgesprochen großzügig lächelnd. „Ach, und da ist noch eine Sache, bei der du mir helfen kannst. Bescheinige mir doch bitte, dass ich heute einen Termin hier hatte.“

Nickend läuft sie weg und holt, was ich brauche. Mein Leben läuft. Ich bin ein Star! Nur Kaoru will ich noch!
 

Nachdem ich endlich meine Bescheinigung habe und etwa 32 Handybilder später, kann ich mit der Bahn ins Studio fahren. So gequetscht erkennt mich eh keine Sau. Bahnfahren macht hier echt Spaß! So viel Körperkontakt – igitt. Aber nach einer Stunde Bad in Menschenmengen komme ich endlich an und werde mit skeptischen Blicken begrüßt. Der Grund dafür wird mir bald klar, denn während der Rehearsals merken die anderen natürlich auch, dass Kaoru nicht so sonderlich gut drauf ist. Er ist allgemein zu schweigsam, wenn er denn mal was sagt, zickt er ein wenig, aber hält sich ansonsten aus allem raus, was für unseren Bandleader eher untypisch ist. Die Bescheinigung über meinen Zahnarztbesuch nimmt er nickend entgegen und steckt sie weg.

Natürlich bin ich mal wieder an allem Schuld, aber für den Leader nehme ich das gerne auf mich. So zucke ich bei einem Spruch von Toto einfach die Schultern. Toshiya soll doch denken, dass Kaoru wegen mir schlechte Laune hat. Das ist mir doch egal.

Kyo ist der einzige, der mir einen halbwegs realitätsnah ahnenden Blick zuwirft. Doch ich meide jegliche Gespräche, bleibe schön in Kaos Nähe, denn dort fragt mich keiner nach dem Grund seiner Laune.

Gott sei dank geht auch diese Probe einmal zu Ende und auf dem Weg nach Hause kaufen wir schnell noch was ein. Kaorus Kühlschrank muss sich vorkommen, wie ein Zirkusclown ohne Publikum. Das müssen wir ändern. Nachdem wir durch die Gänge geschlendert sind, haben wir fast alle Sachen zusammen und auch wenn Kaoru hin und wieder skeptisch schaut, als ich ihm den Wagen voll packe, so sagt er doch nichts. Nicht einmal bei den nach Lavendel riechenden Räucherstäbchen.

Großzügigerweise bezahle ich auch nach einem kurzen Streitgespräch mit dem Leaderchen, ob denn das nun nötig wäre oder nicht.
 

„Ich geh mich nur kurz umziehen,“ sagt Kao und verschwindet im Schlafzimmer, nachdem wir endlich bei ihm Zuhause angekommen sind.

Anstatt die Sachen in den Kühlschrank zu räumen, folge ich ihm und beobachte ihn mit einem unwillkürlich debilen Grinsen. Möglicherweise läuft mir gerade der Sabber aus den Mundwinkeln, aber das kann ich nicht ändern und es ist mir auch egal.

„Die.“ Kaoru verleiert die Augen, als er mich sieht. „Mach den Mund zu. Bist du schon fertig?“

Ich schlucke dreimal und räuspere mich kurz, bevor ich fähig bin etwas zu sagen. „Muss umziehen mich noch.“ Woah Die, sortier dich. „Ich muss mich noch umziehen. Geht ganz fix.“

Also hechele ich ins Wohnzimmer und zieh mir schnell ein anderes Hemdchen an, was Schwarzes aus Seide, und frische Socken. Ganz wichtig! Darauf kann ich nie genug Wert legen. Während Kaoru dann doch selber den Kühlschrank einräumt, kämme ich noch zweimal durch meine Haare und sprühe etwas von seinem Parfüm an mich und fertig ist der Die!

„Tada! Wir können los!“ Mit breitem Grinsen springe ich aus dem Badezimmer und höre nur noch, wie etwas zu Bruch geht.

„Gott, verdammt! Du hast mich zu Tode erschreckt!“, bläst mich mein Schatzi an und hält sich die Brust.

„Tut mir leid, Kaokao. Ich weiß ja, dein Schrittmacher.“

„Blödmann.“

„Bist du fertig?“ Ich setze den Liebeleien ein Ende und zwinkere Kao zu.

„Denk dran, was du mir versprochen hast,“ erinnert er mich und schnappt sich seine Jacke, bevor wir losziehen.

Ab geht er!
 


 

Ende Kapitel Drei.

Ein Die für alle Fälle

Tut mir superleid, dass es in letzter Zeit immer so ewig dauert, aber ich habe einfach zuviel Projekte auf einmal laufen.

Diesmal gefällt mir sogar das Chappie!^^ Ich hoffe, euch auch.

Einen Extradank an die Kommischreiber yumeky, PornoKao, Totchan, Riesuke, tigre_de_noir, Tetsu, _Domestic_Fucker_, Lyciel & inori.
 


 

Kapitel Vier
 


 

Die Bar, die sich Kaoru aussucht, ist wirklich oberhetero. Nicht mal Neonlicht, aber egal. Typisch Niikura sucht er sich auch eine relativ ruhige Ecke aus und lässt sich nieder. Ideal zum Rumknutschen, aber sicher hat er dazu keine Lust. Also bestellen wie erst einmal Bier.

„Nett hier,“ sage ich mit einem gezwungenen Lächeln.

„Reicht doch um in Ruhe zu saufen.“ Da hat er auch wieder Recht.

Trinken bis zum Abwinken. Das kann ich gut und Kaoru hält tatsächlich gut mit. Vielleicht geht ihm die Sache mit der Schnalle doch mehr an die Nieren, als ich dachte. Nach dem sechsten oder siebten Bier rückt er auch endlich raus mit der Sprache.

„Wieso sind alle meine Weiber eigentlich solche treulosen Tomaten?“

„Sind sie doch gar,“ widerlege ich seinen Versuch im Selbstmitleid zu ertrinken. „Du hattest mal eine, die war nett. Wie war ihr Name? Ran? Ren?“

„Rei,“ korrigiert er mich und nimmt noch einen großen Schluck aus der Bierflasche.

„Ja, die war nett.“ Das war sie auch. Bei der hatte ich echt Schiss, Kaoru würde sie heiraten und mit ihr Kinder bekommen und all so ein Zeug. Da ging mir der Arsch so was von auf Grundeis!

„Die hat aber auch Schluss gemacht,“ seufzt er todtraurig und schaut mich bedeppert an. „Weil ich keine Kinder wollte.“

„Wolltest du nicht?“ Das habe ich gar nicht gewusst. Was nicht so alles rauskommt, wenn man mal Männer-/Schwuchtelabend macht.

Er schüttelt den Kopf. „Jetzt noch nicht. Vielleicht nie. Ich bin nicht der Typ für Kinder. Ich hab doch auch nie Zeit. Eine Frau, mehr brauch ich nicht.“

Oder einen Mann. Warum will er denn keinen Mann? Hier bin ich doch! „Verständlich.“

„Sag mal, würdest du Kinder haben wollen? Wenn du könntest? Eher schwierig ohne Frau und so...“ Er legt den Kopf schräg und schaut mich so durchdringend an wie es der Alkoholpegel zulässt.

Ich zucke mit den Schultern. „Weiß nicht. Über so was hab ich mir nie Gedanken gemacht.“

„Ist ja auch egal,“ sagt er und winkt der Kellnerin mit der Bierflasche, weil er Nachschub braucht, wobei ich mir allerdings langsam Sorgen mache. Sogar ich merke, wie mich das Zeug langsam aber sicher betäubt. „Meine Weiber graben dich an und ich geh leer aus. So scheiße bin ich doch gar nicht, oder?“

Ich verstehe gerade nicht, ob das eine Beleidigung werden sollte, wenn sie fertig ist. Zum Glück plappert der Leader weiter. „Nichts gegen dich, Die, im Gegenteil. Ich beneide dich. Alle Mädels fliegen auf dich, dabei biste schwul...“

„Stimmt.“ Ich grinse und nicke.

„Und nageln willste mich auch,“ ergänzt er mit einem seltsam abwertenden Blick. „Den, der keine Frau abkriegt.“

„Genau den.“ Ich grinse noch breiter und nicke heftiger.

„Ich versteh das nicht. Was ist denn so verkehrt an mir?“ Jetzt hickst der Typ auch noch. Ach, wie süß. Gott, ich will ihn vögeln! Hab ich das schon mal erwähnt?

„Weil ich dich nageln will oder weil du keine Frau abkriegst?“ Absichtlich sind meine Fragen schon etwas direkter und vielleicht auch etwas barsch, aber er hält ja auch nicht sonderlich zurück.

„Beides irgendwie. Imponiert mir ungemein, dass du mich nageln willst, aber vielleicht ja auch nur, weil du Mitleid hast. Was weiß denn ich?! Jedenfalls klappt’s nicht bei mir mit einer festen Freundin. Was mach ich denn falsch? Aiko zum Beispiel. Was issen so verkehrt an mir, dass sie dich anbaggert?“ Oh Gott. Jetzt legt er los. Alkohol und Kaoru. Er mutiert zur Quasselstrippe. Das hätte ich wissen müssen. Ich habe die Anzeichen verkannt. Normalerweise kommt erst die Vorstufe, wo er ständig lacht und kichert. Er muss sie ausgelassen haben. Verdammt.

„Aiko war einfach nur dämlich. Vorurteile, schätz ich.“ Er sieht mich verwundert an und ich muss wohl noch ein wenig mehr dazu erklären. „Wir sind nun mal Musiker einer Rockband und dazu gehört das Klischee der Untreue. Sie dachte wohl, wenn sie mit dir geht, bist du eh nicht treu und deshalb ist sie es auch nicht. Keine Ahnung. Sie war eine dumme Kuh.“

„Darauf trink ich,“ prostet Kao mir zu und zischt sein nächstes Bier.

„Wie bist du überhaupt an so eine gekommen?“

„Gute Frage,“ lallt er mich an. „Online chatten, glaub ich.“

„So was machst du?“ Ich lach mich krank!

„Was lachst’n da? Hat sich eben so ergeben,“ grummelt er und säuft weiter.

„Du bist schon echt eine Kraft,“ sage ich kopfschüttelnd und wunder mich insgeheim, was Kaoru noch alles für Geheimnisse hat.

Er zeigt mit dem Finger auf mich und grinst schief. „Nicht so eine Kraft wie du.“

Man, ist der voll. Irgendwie putzig, aber ich mache mir langsam Sorgen, wie wir wieder nach Hause kommen sollen. „Sag mal, wie wäre es, wenn wir das Auto stehen lassen und ein Taxi rufen?“

„Ist mir vollkommen egal,“ kichert er mich an und lacht doof. Ich sag ja, total zu, der Kleine.

Lachend verkrümele ich mich auf der Suche nach einem Telefon, womit ich ein Taxi rufen kann. Als ich wieder zu Kaoru komme, hat er Schwierigkeiten den Kopf noch oberhalb der Tischplatte zu halten. „Hey Die, altes Haus! Wo warsten so lang?“

„Komm mit, wir gehen Heim.“ Ich ziehe ihn von seinem Platz auf dem Sessel und helfe ihm in seine Jacke. „Du bist stechvoll, Kleiner.“

„Nicht in dem Ton, Großer. Wahre Größe erkennt man nicht von außen... oder so.“ Schwankend krallt er sich an mir fest und grinst wieder schief.
 

Mit Mühe schaffe ich es, Kaoru nach draußen zu befördern, wo glücklicherweise die Taxe gerade eintrifft. Ich öffne die hintere Tür und schiebe mein Kaobärchen hinein, wobei ich ganz versehentlich natürlich seinen Hintern berühre.

„Sorry!“ Meine Entschuldigung ist nicht ernst gemeint, versteht sich, und ich vernehme Gelächter vom Innenraum des Taxis. Der kriegt sowieso nichts mehr mit, also kletterte ich ihm nach, stolperte am Rand, weil Kaoru mir hinein helfen will. Seine Hilfe beschränkt sich auf ein Ziehen an meinem Arm und ich lande mitten auf seinem Schoß.

„Daisuke, also ich muss doch bitten.“ Er bekommt einen Lachflash und ich versuche mich von ihm herunter zu wursteln. „Blas mir einen, wenn wir Zuhause sind.“

Oh Herr im Himmel, was gäbe ich dafür, wenn Kaoru jetzt nicht betrunken wäre! Ich rappele mich auf und lache, so gut es geht unter diesen makabren Umständen. „Ich nehm dich beim Wort, Freundchen.“

„Oi Taxifahrer-san, das gehört, ja? Der ist total geil auf mich!“ Wie nett, dass sich der Herr Bandleader über meine Schwäche für ihn auch noch lustig macht.

Ach egal, ich sage dem Fahrer, wohin wir müssen und er düst ohne Worte los. „Sei jetzt still, Kaoru. Konzentrier dich lieber, sonst kotzt du wieder.“

Er streckt mir die Zunge raus und dreht sich zum Fenster. „Schaukelt aber auch, der Wagen...“

„Sag bescheid, wenn’s kommt.“ Ich kichere mir einen Ast. Seine Dämlichkeit lässt ihn noch niedlicher sein als sonst. Außerdem macht es Spaß, Kaoru zu necken.

„...dazu sag ich jetz nichts...“ Er tätschelt mir das Knie und grient mich kurz an.

Er spielt damit auf eine alte Geschichte an. Wir waren auf Tour und hatten uns alle auf Shinyas Zimmer versammelt um zusammen einen zu heben. Nach genug intus haben wir alle von unseren ersten Erfahrungen geplaudert, wobei ich erwähnt hatte, dass mein allererster Freund immer wollte, dass ich ihm es ihm sage, bevor ich kommen würde, so dass er kein Sperma schlucken müsste. So ging das ständig und immer wieder bat er mich, „bescheid zu sagen, wenn’s kommt“. Tat ich auch. Außer einmal und das war wirklich keine Absicht. Danach hat er mich verlassen. Eigentlich ist das eine traurige Geschichte, aber mittlerweile finde selbst ich, dass es lustig ist. Damals war ich am Boden zerstört. Was war denn bitte schlimm daran, das Zeug zu schlucken, wenn man sich mochte? Gute alte Jugend!

Und an dem Abend, an dem ich es den anderen erzählt habe, fand Kaoru das auch gar nicht so witzig wie heute. Da war er nämlich auch fast am kotzen und hat mich gebeten, nichts mehr von meinen sexuellen Aktivitäten zu erzählen. Dabei hatte er Totchi zugehört! Gut, Toto hatte sein erstes Mal auch mit einer Frau. Warum auch immer.

Als Kaoru an der Reihe war zu erzählen, machte er es ganz kurz. Er hatte wohl einen getrunken auf einer Party und dann mit irgendeiner Schnalle gevögelt, weil er es endlich mal tun wollte. Wie unromantisch. Aber er ist eben auch ein Schisser, der seine wahren Gefühle verheimlicht. Eine richtige Freundin hatte er erst viel später. Ich finde ihn trotzdem süß – selbst wenn er gerade käsebleich aus dem Fenster starrt. Er wird doch nicht...?
 

Gott sei dank hat er nicht, als wir endlich an seiner Bude ankommen. Ich ziehe ihn aus dem Auto und irgendwie ist sein Gekicher in ein stetiges Gebrummel übergegangen. Er schwankt und ich nutze die Gelegenheit um einen seiner Arme um mich zu legen und meinen Arm im Gegenzug um seine Hüfte zu legen. Es ist zwar Schwerstarbeit ihn die Treppen hoch zu schleppen, aber was tut man nicht alles für ein klein wenig Nähe?

„Die?“, brummt er vor sich hin und ich habe Mühe ihn auch zu hören. „Ich sehe doch verdammt geil aus, oder?“

Hä? Für einen Moment steh ich auf der Leitung. „Äh... ja doch. Sowieso. Sex auf Beinen!“

„Du würdest sofort mit mir schlafen, wenn ich wollte. Richtig?“

Worauf will der Typ hinaus? Ich stelle ihn an der Wand ab und schließe die Tür auf, bevor ich mich ihm wieder zuwende. „Sofort. Warum fragst du?“

Und da passiert es. Er wirft mir regelrecht die Arme um den Hals und presst seine Lippen auf meine. Bevor ich überhaupt denken kann, habe ich seine Zunge im Mund und halte ihn fest umschlungen in meinen Armen. Für einen Moment lang befinde ich mich im Himmel. Das ist es doch, was ich wollte. Oder nicht? Der üble Geschmack von Alkohol bringt mich allerdings in die Realität zurück und ich breche den Kuss ab und drehe meinen Kopf zur Seite.

„Nicht,“ flüstere ich mich gebrochener Stimme, denn ich muss verrückt sein, offensichtlich.

„Wieso nicht? Du hast doch gesagt...“, lallt er und versucht meinen Kopf wieder zu sich zu drehen. Seine Hand an meiner Wange fühlt sich wahnsinnig gut an, aber ich weiß genau, dass es nicht das ist, was er wirklich will.

„Kaoru.“ Ich huste kurz um meine Stimme zu stabilisieren und sehe ihm in die Augen. „Verdammt, ja, ich würde sofort alles mit dir tun, aber du hast einen sitzen. Und was für einen!“

Er sieht mich nur begriffsstutzig an und ich spreche weiter. „Selbst wenn ich die Situation jetzt ausnutzen würde... Morgen kannst du mir nicht in die Augen sehen, richtig? Du würdest mich hassen.“

Irgendwie machen mich meine eigenen Worte traurig und auch Kaoru lässt den Kopf geschlagen hängen. Er nickt leicht und seufzt, als wisse er es, aber sein Taumeln lässt ihn plötzlich wieder käsebleich aussehen.

Wer weiß, wie weit ich überhaupt kommen würde, wollte ich jetzt Sex mit ihm. Er würde wahrscheinlich ins Alkoholkoma fallen, bevor ich richtig loslege.

Ich lächele mitleidig und schiebe ihn in die Wohnung. „Komm, ich steck dich ins Bett und lass dich lieber von mir träumen. Wenn du dann noch immer willst, bin ich da.“

Mit einem aufgesetztem Lächeln und ohne großes Gezeter schiebe ich ihn in Richtung seines Schlafzimmers, wo er sich auch ohne jeglichen Widerstand hinbringen lässt. Ich setze ihn auf dem Bett ab und entledige ihn seines Hemdes, bevor ich ihn mit einem kleinen Schubser in die Wagerechte befördere. Ich muss kurz tief ein- und ausatmen um dann ganz lässig seine Hose zu öffnen und sie ihm von den Beinen zu ziehen. Was bin ich heute tapfer!

Ich beuge mich über ihn und ziehe die Decke nur langsam über seinen Körper, weil sich meine Augen nur ungern davon trennen. Nett bin ich. Nett und bekloppt, aber nichts für ungut. Mit einem kurzen Grinsen pflastere ich ihm noch einen Kuss auf die Stirn und drehe mich um.

„Gute Nacht, Kao.“ Mit schweren, langsamen Schritte gehe ich Richtung Tür und beiße mir auf die Unterlippe, weil ich superblöd sein muss. So eine Chance habe ich vielleicht nie mehr wieder.

Ich will gerade die Tür schließen, da vernehme ich ein kaum hörbares „Danke“ von meinem Schatz und ich muss lächeln. Zwar weiß ich, das Richtige getan zu haben, aber noch nie in meinem ganzen Leben bin ich mir jemals so dämlich vorgekommen wie heute.

Traurig bin ich auch. Am liebsten würde ich mir ein Messer ins Herz rammen! Ich hätte ihn gerade so was von Vernaschen können und habe es nicht gemacht. Zum Schreien zumute ist mir! Mein Weg führt mich zu meiner Lieblingscouch und ich werfe mich darauf und stecke mein Gesicht ins Kopfkissen, wo ich meinen Emotionen Luft mache, indem ich laut ins Kissen schreie. Tut gut. Hilft aber auch nichts. Egal. Jetzt, wo mein Gesicht einmal drin steckt, bleibt es auch dort. Ich bin viel zu faul mich zu bewegen. Das hat man nun von Freundschaftsdiensten. Ich bin zwar völlig egoistisch an die Sache rangegangen, aber was mache ich Trottel? Ich gebe dem Kaotierchen einen Korb!

Theatralisch schluchzend greife ich an meine Hose. Sieht so aus, als müsse ich mir einmal mehr selbst Abhilfe verschaffen... So blöd kann nur ich sein!
 

Mit einem dicken Kissen über dem Kopf brumme ich mein Telefon verärgert an, als es bereits das hunderste Mal angeht und mich zu wecken versucht. Ich hasse dieses Ding! Ich will schlafen, verdammt! Warum klingelt es überhaupt?

Ich strecke den Kopf unterm Kissen hervor und schaue auf das Handy. Kurz nach acht. Dann drücke ich den Alarm aus und werfe das Ding in den gegenüberstehenden Sessel.

Moment...

Kurz nach acht? Oh du mein lieber Scholli! Wir haben verschlafen. Normalerweise beginnen wir um halb neun zu proben. Das schaffen wir niemals mehr! Wo zur Hölle war eigentlich Kaoru?

Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen und es kam Licht in die Dunkelheit meines Hirns. Ich erinnerte mich an gestern Abend und an die Nacht, in der ich kaum einschlafen konnte, nachdem ich von einem betrunkenen Leader-sama angegriffen und sexuell belästigt wurde. Ich muss kurz dreckig kichern, schiebe dann aber doch mal die Füße auf festen Boden. Nur keine Hektik, Die, sage ich mir und stehe langsam auf um ins Schlafzimmer des Angebeteten zu schlurfen. Als ich die Tür aufschiebe, wird mir erst einmal richtig bewusst, dass Kaoru gerade verpennt! Kaoru! Verpennt! Das kommt nie vor... eigentlich. Bis jetzt. Grinsend, jedoch pflichtbewusst, gehe ich zu seinem Bett rüber und mache mich bereit ihn zu wecken. Wenn ich es nicht täte, würde er mir den Kopf abreißen.

Weckarten, Die. Also gut, welche kennst du? Küssen?

Argh. Ich rubbele mir die Handflächen über das Gesicht und versuche meine bösen Gedanken zu vertreiben. Darf nicht küssen.

Kaoru ist trotzdem süß, auch wenn er leise schnarcht. Er liegt auf dem Rücken, einen Arm über ihm und den anderen mit der Hand auf dem Bauch.

Bevor ich noch in Trance verfalle und den armen Kerl von oben ansabbere, weil mir gerade ein Speichelfädchen aus dem Mundwinkel läuft, wische ich mich sauber und schnappe mir den Arm, der über seinem Bauch liegt um daran sanft zu rütteln.

„Kao, wach auf. Kaoschätzi. Hasibärchen. Kaoru. Kao!“ Ich beuge mich über ihn und starre ihn an.

Ach guck! Er blinzelt mich an und reißt plötzlich die Augen auf und erschrickt so sehr, dass er hochschnellt und meine Stirn mit seiner rammt.

„Auuu!“, heule ich und halte mir den Kopf, während in etwa dasselbe in Kaorus Bett passiert, nur dass er zusätzlich noch jämmerlich stöhnt, weil er mordsmäßig einen Kater hat.

„Die,“ weint er um und sieht sich um. „Was ist denn? Was willst du? Was...?“

Wir sehen uns an, mein Blick ernst, und seiner wird es.

„Oh nein.“

„Oh doch.“

„Sag, dass das nicht wahr ist.“

„Doch, ist es.“

„Aber... das kann nicht sein.“

„Kannst es nicht leugnen.“

„Mir ist schlecht.“

„Musst du kotzen?“

„Die!“, ruft Kaoru plötzlich verzweifelt und sieht mich an, als wäre er im falschen Film. „Mach keine Witze darüber! Das ist ernst. Ich hab doch noch niemals verschlafen und jetzt?! Das kann nicht wahr sein!“

Er schubst mich zur Seite und watschelt zum Kleiderschrank, wo er in aller Hektik ein paar Sachen rauskramt. „Los, anziehen, Die. Wir können es noch schaffen.“

„Spinnst du?“ Mir fällt die Kinnlade auf den Designerteppich. „Nie im Leben schaffen wir das noch, also was soll’s? Kannst es eh nicht mehr ändern.“

„Werden wir ja sehen,“ sagt er mit aufblitzenden Augen und funkelt mich an. „Wir schaffen das. Zieh dich an, los, los! Hopp, hopp!“

Sein Ton ändert sich schlagartig und ich mache, dass ich weg komme um mir ein paar Sachen anzuziehen. Vorher würde ich noch allzu gerne duschen, aber Kaoru steht im Badezimmer und schüttelt den Kopf. „Wasch dich, wenn wir wieder da sind.“

Angepisst, stöhne ich und drehe mich um. „Wenigstens Kaffee?“

„Unterwegs!“, gibt er als Antwort und ich seufze. Ich hätte ihn nicht wecken sollen.
 

Während der Autofahrt zum Studio macht sich eine unangenehme Ruhe zwischen uns breit und ich frage mich, ob sich Kaoru eigentlich daran erinnert, dass er mich letzte Nacht geküsst hat. Er macht nicht den Eindruck, aber selbst wenn er es genau weiß, er würde mich ja doch nicht darauf ansprechen.

„Sag mal, Die,“ fängt er plötzlich an. „Wie weit sind eigentlich die Arbeiten in deiner Wohnung?“

Alles klar, er erinnert sich. Jetzt will er mich raushaben. Panik! „Ach, ähm... ich habe mit der Versicherung telefoniert und die wollten erst wissen, wann zuletzt renoviert wurde und wann der Fußboden gelegt wurde.“

„So?“ Er sieht ungläubig aus. Kein Wunder, denn ich hab ihm ja auch das Blaue vom Himmel herunter gelogen. „Und? Hast du ihnen das gesagt?“

„Ja, nein, also ich wollte.“ Bloß keinen Schweißausbruch jetzt. „Die Versicherung will Belege für die Anschaffung des versauten Teppichs und des Holzfußbodens. Die muss ich natürlich erst suchen und denen schicken. Nebenbei muss ich auch noch den Hausverwalter bitten, die Abnahmebescheide für die Wasserrohrleitungen einzureichen. Wer weiß, wann das war...“

„Klingt ja beschissen,“ sagt er und kaut auf der Unterlippe. Na, haben wir etwa Gewissensbisse und können den armen Die nicht auf die Straße setzen? Ich bin ein Genie! „Die, wenn ich dir bei irgendetwas helfen kann... Sag es ruhig!“

Ja, da ist dieser Druck in meinem kleinen Kumpel. Dem könnte Kaoru abhelfen, aber nichts anderem. „Lass gut sein. Ich erledige das gleich heute, so dass du mich nicht mehr lang bei dir ertragen musst.“

„So schlimm bist du ja nun auch nicht,“ sagt er mitleidig lachend und parkt den Wagen vor dem Studio ein. „Wenn du mir so sehr auf den Keks gehen würdest, hätten wir es niemals so lange in der selben Band ausgehalten.“

„Liegt eben daran, dass ich so viel Geduld mit dir habe.“ In jedem Moment ein passender Spruch – das zeichnet mich aus.

„Du mit mir?“ Er schaut mich verblüfft an, als ob ich nicht mehr alle am Christbaum hätte. „Gut, dass ich schon Kopfweh habe, sonst hätte ich jetzt welches bekommen.“

„Haha, du hast aber auch gesoffen letzte Nacht,“ feiere ich ihn aus und muss grinsen. „Aber hey, könntest dich echt mal bedanken, dass ich dich nicht vernascht hab, nachdem du mich geküsst hast!“

Ups, war als Spaß gemeint, aber Kaos Gesichtsausdruck macht mir Angst. „Wieso? Ich würde doch nie...“

Kacke. Er hat keinen Plan, was letzte Nacht gelaufen ist! Fuck! „Vergiss es einfach. Ist ja nichts passiert,“ murmele ich und könnte mich erneut dafür erschlagen. „Da war nichts.“

„Nichts nichts? Oder nur nicht alles nichts?“ Jetzt hat er Angst und ich sehe es ihm an. Angst davor, dass ich es ausgenutzt haben könnte. Angst davor, dass ER es GEWOLLT haben könnte.

„Sprich in normaler Sprache, Kao. Es war nichts. Nicht mal ein richtiger Kuss. Danach war auch gleich wieder Feierabend, also mach keinen Aufriss. Vergiss es einfach.“ Einmal mehr möchte ich mich selbst erschießen, weil ich NICHT lüge. Es war nichts. Für ihn war es nichts. Nach mir fragt eh keiner.

„Ja, dann danke für’s nicht vernaschen,“ zischt er plötzlich und steigt aus dem Auto. Was ist denn bitte jetzt los? Hätte ich ihn vernaschen sollen? Ist er zickig wegen des Kusses? Man, ich kann doch nichts dafür! Ich bin völlig unschuldig!

Ich verrolle die Augäpfel und steige auch aus, aber Kaoru ist mir schon ein paar Schritte voraus und schließt den Wagen nur noch per Fernbedienung ab, als er die Tür zuschlagen hört. Er dreht sich nicht mal richtig um und läuft schnurstracks ins Studio.

Also doch angepisst. Hätte ich doch nur die Klappe gehalten! So geht mir das immer im Leben. Fettnäpfchen für Die! Die, der Doofi.

Mit hängendem Kopf folge ich dem Leader und versuche nicht weiter darüber nachzudenken. Kao beruhigt sich sicher wieder und gut. Es ist fünf nach halb neun und schlichtweg Wahnsinn, dass wir tatsächlich schon hier sind. Gut, nichts im Magen, keine geputzten Zähne, geschweige denn eine Dusche, aber Hauptsache der Herr hat seinen Willen bekommen. Seufzend trabe ich in den Probenraum und grüße meine Kollegen. Auf in ein Neues!
 

Mir kommt zwischendurch mal der Gedanke, dass mir Kaoru einfach nicht über den Weg traut. Sicherlich zweifelt er, dass er es war, der mich geküsst hat und nicht anders herum. Da kann ich aber auch nichts machen. Entweder vertraut er mir oder nicht.

Nachdem wir die Proben beendet haben, ist er wie immer noch beschäftigt und ich störe ihn nur sehr vorsichtig. „Wann bist du fertig?“

„Dauert noch,“ antwortet er knapp und winkt ab. „Fahr doch schon.“

„Ja, wie denn? Mein Auto steht doch bei dir und die anderen sind schon weg.“ Boah, ist der patzig.

Leise klagend, greift er in seine Hosetasche und fischt den Autoschlüssel heraus, bevor er ihn mir zuwirft. „Nimm eben meins.“

Verdutzt starre ich vom Schlüssel zu Kao. „Und wie kommst du Heim?“

„Taxi? Bahn? Mal sehen. Ich komm schon irgendwie nach Hause. Keine Sorge,“ sagt er und lächelt sogar knapp. „Jetzt geh. Du musst doch auch noch in deiner Wohnung diese Belege suchen, oder? Und wenn du eh unterwegs bist, kauf doch mal was zu essen. Ich hab sicher Hunger, wenn ich Heim komme.“

Klingt doch schon besser. Nicht mehr so zickig und meiner überdrüssig. Ich lächele kurz und nicke. „Alles klar, kannst dich auf mich verlassen.“

Dann ziehe ich los.
 

Ich fahre natürlich nicht bei mir Zuhause vorbei, sondern direkt zur Sushi-Bar an der Ecke, wo ich reichlich Futter besorge für meinen kleinen Hungerleider.

Zurück bei Kaoru gehe ich zu allererst unter die Dusche! Endlich Körperhygiene! Wie ich das liebe! Ich nutze die Zeit, die mein Lieblingsmistkerl nicht da ist, und rasiere mich. Überall, ohne Frage. Vielleicht würde ich ja auch mal Glück haben und Kao kommt grad rein, wenn ich nackt bin, aber das wäre heute möglicherweise auch nicht so gut. Seine Laune war ja so schon reichlich merkwürdig. Dann lieber einen lieben Kaokao und keinen Nake-Die.
 

Stunden vergehen, aber kein Kaoru in Sicht. Das ist sehr bedenklich, schließlich hat er mich noch gebeten etwas Essbares zu kaufen. Es regnet draußen wie aus Kübeln und ich hoffe bloß, ihm ist nichts passiert. Sein Handy ist aus und ich erreiche ihn nicht. Ob ich mal schnell losfahre und ihn suche? Dann ist er aber vielleicht nur wieder genervt?

Ich habe bereits einen halben Fingernagel abgekaut, als ich endlich einen Schlüssel im Schloss höre und mich umdrehe in der Hoffnung, dass es endlich mein heißgeliebter Mitbewohner ist. Wer sollte sonst einen Schlüssel haben?

Es ist Kao und er ist nass bis auf die Knochen. „Mein Gott.“

Statt eines Kommentars niest mein Herzchen und schlottert. „Scheißbahn.“

„Hä?“ Damit soll nun einer was anfangen können!?

Mit zittrigen Händen zieht er seine Jacke aus während ihm seine Haare triefend ins Gesicht hängen. „Die Bahn... nix ging mehr... bin gelaufen.“

„Warum hast du kein Taxi gerufen? Oder mich? Ich hätte dich doch geholt. Hattest du keinen Regenschirm?“ Och, mein armes Kao! Ich halt es nicht mehr aus und gehe auf ihn zu, als er ein weiteres Mal niest.

„Akku leer,“ brabbelt er mit seinen blauen Lippen und ich bin ernsthaft in Sorge. „Kein Schirm da. Ist doch egal. Bin ja jetzt hier.“

„Aber wie! Sieh dich mal an. Du bist total durchnässt und sicher auch halb erfroren. Deine Lippen sind blau und du zitterst. Das kann sich ja keiner mit ansehen!“ Ich reiße die Hände dramatisch in die Luft und schiebe das kalte Kaohäufchen ins Bad. „Du nimmst jetzt ein heißes Bad, mein Lieber, und keine Widerworte. Kannst von Glück reden, wenn du nicht die Grippe bekommst.“

„Die,“ weint er rum, aber lässt sich von mir freiwillig bewegen. „Bemuttere mich doch nicht so.“

„Wenn du es nicht alleine gebacken bekommst, muss ich ja wohl. Und jetzt halt den Mund und zieh dich aus,“ sage ich kichernd und beuge mich über die Wanne um das Wasser anzustellen. „Das wollt ich schon immer mal sagen.“

Er glotzt mich an, als überlegt er tatsächlich, ob ich das ernst gemeint hätte. „Wasser Marsch. Ich geh in die Küche, koche Tee und sorge für Nahrung. Du badest. Verstanden?“

Langsam nickt er und sieht mich mit großen Augen an, als ich mich auf in Richtung Küche mache.

„Ruf mich, wenn du was brauchst!“, gebe ich ihm noch als Hinweis mit auf den Weg und hoffe, er ruft vielleicht nach mir, wenn er gerade im Wasser planscht. Stattdessen vernehme ich allerdings nur das Türschloss vom Badezimmer. Feigling!
 

Nach einer Weile traut sich Kaoru aus dem Badezimmer, eingewickelt in einen flauschigen weißen Bademantel, und ich springe auf von meinem Platz in der Küche.

„Und, schon wärmer? Hier habe ich Tee gekocht noch zur Unterstützung,“ sage ich mit der Hand winkend und zeige dann auf die große blaue Tasse vor mir.

„Für mich?“, fragt er mit etwas belegter Stimme und ich nicke.

„Ich hab auch etwas Honig reingetan. Soll ja helfen. Ach, und hier ist auch etwas zu essen. Das stärkt die Abwehrkräfte!“ Ich bin überzeugt, dass es das tut.

„Danke,“ sagt er und setzt sich an den Tisch um nach den Stäbchen zu greifen und sogleich reinzuhauen.

„Ich verstehe trotzdem nicht, warum du im Regen heimgelaufen bist. Es gibt doch auch noch andere Telefone außer Handy und selbst im Probenraum hängt eins rum.“ Es macht mich einfach stutzig, dass Kaoru so dumm sein soll und freiwillig durch den Regen gelaufen ist.

„Maaah~!“ Er verrollt die Augen etwas und sieht mich leicht genervt an. „Du bist ja schlimmer als meine Mutter. Es hat noch nicht geregnet, als ich los bin, und weil am Bahnhof alles dicht war, dachte ich, laufe ich eben. Soll ja gut tun. Wer rechnet schon damit, dass es schifft?“

„Ich mach mir nur Sorgen,“ plappere ich und lehne mich zurück um die Hände um Nacken zu verschränken. „Nicht, dass du extra durch den Regen gelaufen bist um deinen Kummer und deine Gedanken zu ertränken?“

Ups, da spuckt er fast mit Fischbröckchen. „Wieso das denn? Warum sollte ich das tun?“

„Im Fernsehen machen sie das auch immer,“ sage ich zu meiner Verteidigung und halte die Hände schützend vor mich. „Wenn einer Sorgen hat, läuft er traurig und mit hängenden Schultern durch den Regen und die Nacht.“

„Die, du spinnst. Das ist Fernsehen. Ich hab ja nicht mal Kummer,“ meint er kopfschüttelnd und widmet sich seinem Essen und dem Jasmin Tee. Dann hat er eben keinen Kummer, auch gut. Dann war es eben etwas anderes, warum er den ganzen Tag so pampig war. „Übrigens danke, dass du noch einkaufen warst. Hast du auch mal nach deiner Wohnung gesehen?“

Ach Mist, das hatte ich ja völlig verdrängt. „Ja, ich war dort und habe diese Belege gesucht. Diese Belege, die, von denen ich dir erzählt habe. Die habe ich auch gleich hingeschickt und eine Firma gemeldet, die sich um den Schaden kümmern soll.“

„Dauert alles so lange,“ sagt Kaoru leicht abwertend und angepisst, so dass ich mich frage, ob es ihm bereits jetzt schon zu viel wird mit mir. „Versicherungen sind etwas Grauenhaftes.“

„Sind sie,“ murmele ich und seufze. „Sag mal, ich falle dir zur Last, oder?“

„Was?“ Er schaut mich entgeistert an. „Nein. So war das nicht gemeint, ehrlich. Du störst nicht. Solange du da bist, gibt es wenigstens etwas zu futtern hier.“

Kaoru lächelt und ich liebe seine kleinen Fältchen, die er dann um die Augen herum bekommt, und wie sich seine Wangen in Falten legen dank seiner wahnsinnig geil ausgeprägten Wangenknochen. Mein Herz blüht auf bei dem Anblick und ich habe mit Sicherheit das idiotischste Grinsen auf den Lippen, dass man je sah. Das ist aber egal, denn Kaorus Worte haben mich gerade so etwas von glücklich gemacht. Die hat Pluspunkte gesammelt und darüber freut er sich sehr! Juhu.
 

Nach dem Essen verzieht sich Kao in seine Koje, was eigentlich ein bisschen schade ist. Ich hätte mir gerne noch mit ihm eine Folge von einer dieser Abendserien angesehen. Die sind gar nicht so schlecht. Na gut, vielleicht ein anderes Mal. Nach einer Weile fernsehen, knipse ich auch die Laternen aus und gehe schlafen. Nur kurz überlege ich noch, ob ich einfach mal zu Kaoru ins Schlafzimmer gehen sollte, aber mal wieder packt mich das Mitleid. Der Arme sah so fertig aus, da will ich ihn jetzt nicht stören. Ich bin einfach zu gutmütig. Vielleicht morgen Abend. Guter Gedanke.
 

Als mein Handywecker mal wieder sein Liedchen trällert, ist mir ganz und gar noch nicht nach Aufstehen zumute und ich drehe mich noch einmal um. Kaoru kommt sowieso früher oder später und nervt.

Nach etwa zwanzig Minuten werde ich stutzig, weil der Leader einmal mehr über der Zeit ist. Der verpennt doch nicht zweimal nacheinander. Gerade will ich aufstehen, da höre ich die Tür, gefolgt von einem Niesen. Die nächsten Töne sind ein Schlurfen und ein Schniefen, als er auf einmal vor mir steht und aus zwei klitzekleinen Äuglein blinzelt.

„Die. Aufstehen. Wir... jetzt... müssen los.“ Irgendwie klingt er betrunken und doch anders. Außerdem schwankt er leicht. Sehr merkwürdig.

„Alles in Ordnung mit dir?“ Als ich vor ihm stehe, sieht er mich aus zwei furchtbar glasigen Augen an. „Du siehst nicht gut aus.“

„Alles bestens, argh.“ Als er versucht den Kopf zu schütteln, durchfährt ihn offenbar ein Schmerz und er greift mit der Hand nach seinem Kopf. Dann schwankt er wieder und kippt mir bedrohlich entgegen. Aus Reflex packe ich ihn an den Schultern und versuche ihn aufzurichten, aber es geht einfach zu schnell und er lehnt plötzlich gegen meine Brust. Vorsichtig schlinge ich einen Arm um seine Taille und lege eine Handfläche auf seine Stirn.

„Na, herrlich. Glühend heiß. Hast es voll erwischt, was?“ Das ging schnell, aber es ist ja auch kein Wunder. Irgendwann trifft es jeden. Kaoru ist im Grunde niemals krank, weil er, sobald es sich anbahnt, gleich Chemie einwirft, beziehungsweise sehr sorgfältig mit seiner Gesundheit umgeht. Da reicht schon mal ein kleiner unerwarteter Schauer und alles geht den Bach runter.

„Nein, das geht schon,“ brabbelt er vor sich hin und krallt sich entgegen seiner Äußerung an meiner Brust fest. In manchen Situationen sicherlich schön, aber momentan einfach nur schmerzhaft.

„Du hast mit Sicherheit Fieber. Geh wieder ins Bett.“ Nützt ja nichts.

„Nein, das geht doch nicht,“ widerspricht er kaum hörbar und richtet endlich mal seine Augen mühsam auf mich.

„Doch, Kao. DAS geht. Du wirst gleich mal sehen, wie das geht.“ Ich packe wieder seine Schultern und geleite ihn zurück in sein Gemach. „Leg dich hin und schlaf dich aus.“

Widerwillig steckt er sich selbst ins Bett. Er sieht aus, als würde er tagträumen. „Aber—“

„Nichts aber jetzt,“ gebe ich als Information und mache weiter. „Ich fahre dann zum Studio und sage den anderen, dass du krank bist. Ein paar Kleinigkeiten schaffen wir auch ohne dich. Auf dem Rückweg fahre ich noch in der Apotheke vorbei. Du bewegst dich nicht aus dem Bett, versprochen? Sonst habe ich keine ruhige Minute.“

Kaoru schaut aus, als habe er nur die Hälfte verstanden, aber wenigstens nickt er. „Aber ruf an, wenn irgendwas ist.“

Ich muss schmunzeln. Wer ist denn hier bitte krank? „Ist gut, aber das gilt auch für dich.“

Und jetzt fehlt zur perfekten Szene doch nur noch der liebevolle Lebensgefährte, der sich hinab beugt um seinem Angebeteten einen Kuss auf die Stirn zu hauchen. So sollte es sein! Ich verkneife es mir aber mit viel Willenskraft und mache mich an die Arbeit.

Zuerst koche ich eine Thermoskanne voll Tee mit Zitrone und Honig, die ich neben das Bett mit dem schlafenden Kaoru stelle. Danach ziehe ich mich auch endlich mal an und trinke selbst einen Kaffee, denn ich muss ständig gähnen.

Mit Kippe im Mund düse ich los und bin sogar rechtzeitig im Studio. Dort warten bereits die anderen drei und sehen mich fragend an.

„Wo ist Kaoru?“, fragt Kyo und zieht eine Augenbraue hoch.

„Spuck ihn wieder aus!“, scherzt Toto und stemmt die Hände in die Hüften.

„Ist irgendetwas passiert?“ Danke Shinya. Wenigstens ein netter Mensch hier.

„Der hat die Grippe und liegt mit Fieber im Bett,“ erkläre ich kurzen Prozesses.

„Hast ihm wohl die Decke geklaut nachts,“ kichert Toshiya und grinst blöde.

„Schön wär’s, aber nein, er hat sich einfach erkältet.“ Wie und warum geht sie nicht an, entscheide ich. „Wenn er kein Fieber hätte, wäre er sicher auch hergekommen.“

„Irgendwann haut es jeden mal um. Kaoru war ja noch nie wirklich mal krank,“ sagt der Bassist diesmal richtig mitleidig. „Und was machen wir jetzt so leaderlos?“

„Keine Ahnung. Haben wir einen Stellvertreter?“ Ich muss bekloppt sein, so eine Frage zu stellen. Das wird mir zu politisch.

„Du bist Stellvertreter,“ sagt Kyo und ich starre ihn an, als hätte er nicht mehr alle Tassen im Schrank.

„Ich? Wieso gerade ich?“ Gab es irgendwo ein Gesetz, dass nur Gitarristen Bandleader spielen durften?

„Weil Shinya alles egal ist, Toshiya zuviel Müll labert und ich keinen Bock hab mich dauernd zum Affen zu machen. Deshalb machst du das!“ Kyo zeigt mit dem Finger auf mich und nickt. „Also Stellvertretender Bandleader, was machen wir jetzt?“

Ich zucke mit den Schultern, total überfordert. „Keine Ahnung. Proben? Ist halt doof ohne Kao, aber wir könnten ja trotzdem üben. So dass er es einfach hat, wenn er wieder kommt.“

„Fein,“ sagte Shinya als erster und sticht auf sein Drumkit zu. Bei so viel Enthusiasmus folgen die anderen beiden auch und ich bin richtig stolz auf meinen Miniauftritt als Leader.
 

Die Begeisterung hält nicht lange, denn wir sind einfach zu dämlich zum Üben ohne den Kaomeister. Deshalb brechen wir auch ab und gehen Heim nach nur zwei Stunden.

Mein Weg führt mich dann in die Apotheke, wo ich reichlich Paracetamol, Halstabletten und andere Arzneimittel besorge, die meinem Kaobärchen helfen sollen. Des Weiteren besorge ich noch etwas Essbares. Pizza für mich und Süppchen für Kaoru! Ich bin genial.
 

Als ich Zuhause ankomme, pennt Kaoru tatsächlich noch und liegt süß wie ein Baby, das barbarisch schnarcht, in seinem Bettchen. Also auch verstopfte Nase schlussfolgere ich brillanterweise und mache mich daran, die Pizza in den Ofen zu schieben und das Süppchen zu kochen. Halbstündlich schaue ich nach meinem kranken Hasi und stelle beim dritten Mal fest, dass er endlich wach wird. Während seiner Aufwachphase pflanze ich mich an den Bettrand und schaue zu, wie er so langsam das Reich der Lebenden wieder betritt.

„Die,“ krächzt er heraus und blinzelt mich an. „Ah, mein Kopf.“

Ich prüfe noch einmal seine Temperatur mit der Hand, was nicht nur uneigennützig ist, aber auch zweckvoll. Kaoru anzutatschen kann ich mir nicht entgehen lassen. „Bist ja auch noch immer glühend heiß. Sollen wir mal Fieber messen?“

Vorzugsweise im Po. Mental grinse ich wie ein Honigkuchenpferd. Aber er wehrt ab. „Muss ja Fieber sein. Ich fühl mich beschissen.“

„Glaub ich,“ bekräftige ich und greife nach dem Apothekenbeutel. „Hier, ich habe dir Fiebertabletten gekauft und noch ein paar andere nette Sachen. Warte, ich hole dir ein Glas Wasser.“

Nett wie ich bin, eile ich los und komme mit Wasser und Suppe wieder. Kaoru rappelt sich hoch, so dass er im Bett sitzen kann und schaut wie in Trance auf die Dinge, die da kommen. Ich reiche im das Wasser und nehme zwei Tabletten aus der Packung. „Hier, wirf dir gleich mal zwei ein. Zu Mittag gibt es Suppe heute. Extra für dich gekocht, also streng dich an, wieder fit zu werden.“

Er lächelt. Oh, wie ist das süß! Wie soll sich ein Die wie ich denn jemals entlieben, wenn ein Kaoru wie er einfach immer so zuckersüß und bezaubernd ist? Schade, dass er krank ist. Der Moment wäre richtig. Ich könnte ihn einfach vergewaltigen.

„Jedenfalls schlage ich vor, du bleibst heute im Bett. Die anderen und ich haben schon etwas geprobt, musst dir gar keine Sorgen machen.“ Ich rede ununterbrochen, da Kaoru gar nicht in der Lage ist viel zu sagen mit seinem fiebrigen Gesichtsausdruck. Also erzähle ich ihm noch ein paar andere Dinge, die keine Sau interessieren, aber zumindest langweilt sich so keiner von uns, während er seine Suppe ist.

Mit ein wenig Anfeuerung isst er auch brav auf und zufrieden nehme ich ihm die leere Schüssel aus den Händen. „Brauchst du noch irgendetwas?“

Kaoru schüttelt den Kopf zaghaft und lächelt genauso gebrochen. „Nein, ich glaub, ich schlaf einfach noch eine Runde.“

„Ist gut. Aber wenn du was brauchst, ruf mich. Ich bin da!“ Mit einem Aufmunterungsgrinsen verabschiede ich mich und deute noch mal auf den Überlebensbeutel. „Die Tabletten nimmst du alle vier Stunden und in der Tüte sind noch Halsbonbons, Taschentücher, Nasenspray und so weiter, falls du brauchst.“

„Danke,“ sagt Kaoru schon halb schlaftrunken und ich schließe die Tür, lasse aber einen Spalt offen. Man muss ja sicher gehen, dass ich ihn auch höre, wenn er ruft.
 

Es ist schön gebraucht zu werden, aber einfach nur da zu sein ohne tätig zu werden, kann mitunter schon mal barbarisch langweilig werden.

„Boah, hat Kao gar kein Pay-TV?“, grummele ich vor mich hin und schluchze. „Ich will diesen Seriensender.“

Ohne groß nachzudenken schnappe ich mir das Telefon und wähle die Nummer aus der Werbung. Kaoru braucht vernünftiges Fernsehen. In null Komma nichts ist meine Expressbestellung angenommen, Kaorus Daten durchgegeben und meine Kreditkartennummer mitgeteilt. Ab Morgen haben wir Pay-TV! Juhu!

Zufrieden grinsend lehne ich mich zurück und esse das letzte Stück meiner Pizza, als ich Kaoru schlimm Husten höre. Es ist nicht laut, aber ununterbrochen. So geht das doch nicht! Wie der Blitz eile ich zu meinem Kaokao und finde ihn noch immer hustend vor. „Keine Bange, hier kommt Dr. Daisuke.“

„Die,“ heult er rum. „Ich sterbe.“

„Man, bist du’n Weichei. Wehleidig bis zum Getno. Aber Dr. Die hat auch hier die passende Medizin.“ Ich halte ein Döschen von einer hier nicht relevanten Firma in seine Augenhöhe. „Zum Einreiben! Sehr wirksam!“

Trotz Krankheit sieht er leicht entnervt aus gerade. „Dann gib her.“

„Nein, ich mach das.“ Der spinnt wohl? Dem rubbele ich das mal schön in die Poren! „Du kommst doch gar nicht auf den Rücken. Los, mach dich frei und dreh dich um.“

Ich kann das Grinsen leider nicht unterdrücken, aber leicht stöhnend tut das Kaomännchen, was ich ihm sage. Dem muss er wohl sehr dreckig gehen. Fast schon zärtlich streiche ich ihm die Haare aus dem Nacken zur Seite, bevor ich eine Ladung von der Salbe auf dem oberen Teil seines Rückens verreibe. Das könnte ich stundenlang so weitermachen, wenn ich nicht zu noch schöneren Dingen berufen wäre.

„Umdrehen.“ Liebevoller Befehlston meinerseits.

Mit einem kleinen Knurren rollt sich Kaoru herum und hat, noch bevor er etwas sagen kann, eine Menge von dem Zeug auf der Brust. Gut einreiben, Die, sage ich mir und achte darauf, dass ich keine Sabberfäden aus dem Mund hängen habe. Ich massiere die Salbe gut ein bis hoch zum Hals und erst als ich fertig bin, streife ich noch einmal kurz über eine Brustwarze. Ups. Ich stell mich dumm.

Ohne jeglichen Kommentar zieht sich Kaoru schnell wieder sein T-Shirt an und ich muss kichern. „Keine Angst. So, wie du jetzt stinkst, geht niemand an dich ran.“

„Du auch nicht?“, frotzelt er mit seiner Krächzstimme und ich schenke ihm mein bestechendes Lächeln.

„Bin ich niemand? Ich würde dich eingelegt in Heringssoße noch vernaschen.“ Wobei ich das schon ekelig fände, aber man muss Opfer bringen.

„Scherzkeks.“ Und wieder nimmt er mich nicht ernst. Dabei meine ich, was ich sage! Ach, ich gebe auf für heute.
 

Ich achte noch peinlichst darauf, dass Kaoru seine Tabletten nimmt und Hustensaft trinkt, dann mache ich mich auf ins Wohnzimmer. Wenigstens hat der Leader eine Playstation. Damit vertreibe ich mir schon den restlichen Tag und vielleicht auch die Nacht.
 


 

Ende Kapitel Vier.
 

...
 

Sollte hier mal irgendwer auf die Idee kommen, meine fanfictions sind wie Telenovelas, dann meldet eure Beschwerden an meine Mama. >__>’’ Ich werde dazu gezwungen! Ó__Ò
 

mehr von mir auch hier: http://sanghamyers.livejournal.com/106049.html

Wo ein Die, da auch ein Weg

Danke wie immer für eure netten Kommis (von Jadespiegel, yamimaru, tigre_de_noir, yumeky, inori, Tetsu, Lyciel & LunaFeles)! Ich wollte euch benachrichtigen bei neuen Kapiteln, aber Mexx macht nicht mit, wie ich will. Zur Zeit kann ich meine Kontakte nicht in die ENS einfügen und alle manuell reinzuschreiben würde ewig dauern. x-x Deshalb großes Sorry!
 


 

Kapitel Fünf
 


 

Vergangene Nacht habe ich sehr unruhig geschlafen, bin immer wieder wach geworden und habe nach Kaoru gesehen, der allerdings meistens selig geschlafen hat. Es ist schon komisch, aber bisher habe ich mir noch nie so sehr um jemanden Gedanken gemacht. Zumal ein Mensch, sind wir doch mal ehrlich, wenn er krank ist, nicht sonderlich sexy aussieht. Kaorus Haar klebt, weil er schwitzt, sein Gesicht ist blass, seine Augen glasig, seine Nase verrotzt und seine Ringe unter den Augen tiefer als nach einer durchzechten Nacht. Trotzdem ekelt es mich keineswegs an. Im Gegenteil, ich könnte ihn in den Arm nehmen und streicheln, sein Haar nach hinten streichen und ihn liebevoll in den Schlaf wiegen. Das macht mir, wenn ich ehrlich bin, Angst. So etwas habe ich in all den Jahren, in denen ich schon lebe, noch nie gefühlt und das Schlimmste daran ist die Frage danach, was denn aus mir werden soll, wenn ich wirklich niemals eine Chance bei Kaoru haben sollte. Ich denke nicht daran aufzugeben, nein, aber es fängt ja schon damit an, dass ich Angst habe Kaoru als einen Freund zu verlieren. Durch was auch immer. Ob Krankheit, Tod, Heirat, Streit oder sonstige Dinge, ich würde das nicht ertragen. Egal wie und was bei meiner Aktion herauskommt, ich beschließe, jede Sekunde mit ihm zu genießen, es uns beiden so schön wie möglich zu machen, ihn aufzumuntern, ihn zu unterstützen und ihm zu beweisen, was er an mir hat.

Nichts desto trotz sage ich eine weitere Probe ab. Nicht heute. Keine Lust.

Als ich morgens nach Kao sehe, ist er wach und sieht mich völlig verpeilt an. „Hey Kao, wie geht’s dir? Schon besser?“

„Es geht so,“ sagt er mit heiserer Stimme und lächelt sanft. „Solange ich die Tabletten nehme, geht’s meinem Kopf einigermaßen gut und das Husten wird einfacher. Mein Hals kratzt allerdings wie Sau.“

„Ich könnte dir eine heiße Zitrone machen, das hilft,“ schlage ich vor und werfe ihm ein aufmunterndes Lächeln zu.

„Danke.“ Er steht vorsichtig auf, ganz langsam und watschelt auf mich zu. „Ich muss ins Bad.“

Oh. Okay. Verstehe. Ich dachte schon, er wolle mir um den Hals fallen. Kleiner Scherz. Ich gehe also in die Küche und stelle den Wasserkocher an. Zwischendurch höre ich nur, wie Kaoru wieder ins Schlafzimmer schlurft und nach kurzer Zeit bringe ich ihm die heiße Zitrone zusammen mit koffeinfreiem Kaffee für mich und der Tageszeitung. Ich stelle die Sachen ab und werfe mich neben ihm auf das Bett.

„Heute nicht proben?“, fragt er mit leicht missbilligendem Blick.

Ich schüttele mein rotes Haupt. „Nein. Weil wir sowieso nicht im Ensemble spielen können,“ sage ich stolz auf meine Wortwahl, „bringt das nichts. Da kann auch jeder Zuhause seinen Part noch mal durchgehen. Und Kyo singt doch sowieso lieber unter der Dusche.“

Kaoru schmunzelt und lacht leise. „Da muss er sich nicht erst ausziehen.“

„Richtig,“ bestätige ich mit einem fetten Grinsen.

„Ich wäre heute auch nicht fähig an der Gitarre auch nur einen String zu bewegen. Dabei müssten wir dringend rehearsen vor dem Videoshoot.“ Er macht sich natürlich schon wieder Sorgen. Kaoru wäre nicht er selbst, wenn er sich einmal keine Gedanken machen würde um solche Dinge.

„Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Wir schaffen das schon alles. Mach dir keine Sorgen. Werde lieber erst mal wieder richtig gesund!“ Aktion mentaler Aufbau eingeleitet. Wenn ich ihn davon überzeuge, dass wir alle voll hinter ihm stehen und richtig ranklotzen, wenn er wieder fit ist, dann klappt das schon.

„Hast ja recht am Ende. Ich kann eh nichts machen momentan...“ Seine Stimme wird ganz leise am Ende seines Satzes und er versinkt für einen kurzen Moment in Gedanken, bevor er mich wieder ansieht. „Was hast du heute vor?“

„Was soll ich denn vorhaben? Gar nichts außer mich um dich zu kümmern.“ Ich tue so, als wäre es meine Pflicht und zucke mit den Schultern. „Soll ich dir aus der Zeitung vorlesen? Hier steht was über Shiina Ringo. Du stehst doch auf sie.“

So testet man, ob der Liebling wirklich auf sie abfährt oder es nur eine kleine Phase ist.

„Nicht mehr,“ grinst er schief in meine Richtung. „Zur Zeit stehe ich mehr auf Aya.“

„Soso. Ich finde sie recht cool, zugegeben. Mein Typ ist sie allerdings nicht.“ So ernst wie möglich schaue ich Kaoru an und versuche nicht zu grinsen, als er wieder leise lacht und noch ein paar Tabletten mit Wasser nimmt. „Ihre Brüste sind zu groß und ihr Gesicht ist zu glattrasiert.“

Seine tiefbraunen Äuglein sehen mich einen Moment lang bewundernd an, als hätte er mein Kompliment verstanden und sogar zu schätzen gewusst. „Sie singt schön.“

„Das ist wahr.“ Das kann man nicht leugnen. „Kann wenigstens Gitarre spielen, die Frau.“

„Das auch, aber so ein gesungenes Liebeslied...“ Er tut verträumt, aber es ist nur gespielt.

„Würde dir gefallen? Wenn dir jemand ein Liebeslied trällert? So richtig?“ Ich glaube das ja kaum, denn Kaoru ist zwar in gewisser Hinsicht konservativ, aber nicht kitschig.

„Warum nicht?“ Er verspottet mich, das weiß ich. Jedoch bleibt er todernst. „Lieder sind doch im Grunde schöne Liebeserklärungen, nicht?“

„Willst du mir damit jetzt irgendetwas sagen?“ Ich beuge mich näher zu ihm und verziehe meinen Mund zu einem breiten Lächeln. „Kannst mir eins schreiben, wenn du willst.“

„Wieso ich dir? Fällt aus wegen ist nicht.“ Gemeiner Hund. „Ich rede von einer schönen Frau mit richtig großen Brüsten hier.“

Er zieht mich auf, dieser fiese Kerl. Nur nehme ich es ihm gerade nicht übel. Es ist, als will er testen, ob ich eifersüchtig werde. Das sollte er eigentlich wissen nach dieser Aiko-Geschichte und einigen zuvor, aber von ein bisschen Sticheln lass ich mich noch nicht verrückt machen.

„Megabrüste, ist schon klar. Wie aus den Hentais, ja?“ Ich grinse und er schmunzelt. Schnell, ein Foto bitte für das Familienalbum! „Wo sich dann beim Ficken die Nippel um die eigene Achse drehen.“

Da muss Kaoru lachen und wer ihn schon einmal lachen gesehen hat, der weiß, was für ein zuckersüßer Anblick das ist. Lautlos, jedoch mit diesem mädchenhaften Lächeln in seinem doch sehr männlich markantem Gesicht.

„Woher weißt du das eigentlich?“, fragte er plötzlich und verschränkt die Arme. „Ich dachte, du siehst dir nur Yaoi Hentais an.“

„Weil sich der Kram auf der ganzen Welt verbreitet wie Unkraut. Musst ja nur mal Werbung schauen nachts um eins.“ Ist doch wahr. Immer dieser Müll auf der Glotze. „Sollten lieber auch mal einen geilen Kerl zeigen mit fettem Sixpack, blonden Haaren und blauen Augen...“

Jetzt spiele ich mal verträumt. Mal sehen, was der nette Herr dazu sagt. Ist ihm sicher scheißegal.

„Ach du scheiße,“ meint er jedoch auf einmal und ich bin erschrocken! Kaoru ist ja doch eifersüchtig! „Du stehst auf Gackt!“

Das darf doch nicht wahr sein! Da lacht er mich aus? Ich muss mir seine Aya-Fantasien anhören und er lacht mich aus. Dabei stehe ich überhaupt nicht auf Gackt. Der ist mir viel zu glatt.

„Tue ich nicht,“ verteidige ich mich und schaue so böse, ich kann. „Ich stehe auf einen ganz anderen Typ Mann, der wohl gar nichts mit einem wie Gackt gemeinsam hat!“

„Was ist denn dein Typ, hm?“ Kaoru lacht noch immer, aber an diese morgendlichen Bettgespräche könnte ich mich gewöhnen.

„Weißt du das echt nicht? Also, mehr so kleiner als ich, nicht viel, und dunkelhaarig, mit richtig schokoladenbraunen Augen, ja. Außerdem braucht er keinen Sixpack, sondern lieber einen richtig geilen Knackarsch!“ Ich strahle ihn an mit leuchtenden Augen und obwohl er lächelt, kann ich quasi die Zahnrädchen in seinem Hirn rattern hören, als er überlegt, wen ich wohl meine und ob alle Attribute auch auf ihn zutreffen.

Das Klingeln an der Haustür rettet ihn. „Ich mach auf.“

Ich kann ja nicht verantworten, dass sich Kaoru zur Tür schleppt, so krank wie er ist. Zumal ich derjenige bin, der noch einige Lieferungen erwartet. Tatsächlich steht der Mann vom Paketdienst da und hat gleich zwei Sachen für mich.

„Andou Daisuke?“, fragt er und reicht mir sein Teil, wie auch immer man das nennt, worauf man elektronisch unterschreiben kann.

Ich nicke und male ihm mein Zeichen auf das Gerät. „Danke!“

Ach, diese Paketschubser heutzutage sind auch irgendwie unfreundliche Zeitgenossen. Ohne Worte zieht der Typ ab. Kann man nicht mal erwarten, dass der sich höflich verabschiedet? Na, mir soll es egal sein. Ich schleppe die Pakete rein und schließe die Tür, als bereits Kaoru vom Bett aus jammert.

„Wer war’s denn? Hoffentlich der Pizzaonkel. Ich habe Hunger, Die!“

Quengelsack. Da denkt man, so ein Kaoru ist pflegeleicht. Sieht doch so aus, oder? Man denkt, der ist lieb, spricht nicht so viel, braucht nur einmal täglich was zu Essen und ein Schälchen Wasser, aber nein! Geschnitten hat man sich da. Kao isst nicht viel, nein, aber oft. Gut, ich hätte ihm auch mal etwas anbieten können...

Man kann ja nicht an alles denken!

„Ich hab nur ein Päckchen bekommen,“ rufe ich zurück. „Wart halt, dann mach ich was zu Futtern.“

Ist ja eigentlich auch die Idee! Im Kühlfach liegen Fritten und jede Menge kleine Pizzas. Ich werfe einfach alles in den Ofen und stelle das Ding an, bevor ich mich meinen Lieferungen widme. Mary Kay kann ich erst einmal zur Seite stellen. Das Zeug probier ich später aus. Zunächst einmal packe ich die schwerere Kiste aus und bin weniger überrascht, aber umso mehr begeistert, als ich den Empfänger für das Pay-TV bereits in den Händen halte.

Kurzerhand rupfe ich sämtliche Tütchen auf und mache mich daran, das Zeug anzuschließen. Zwischendurch höre ich nur, wie das Kaomännchen noch einmal nach mir ruft.

„Die, ich kann das Essen schon riechen. Wann ist es denn fertig? Ich hab die Zeitung durch. Stand gar nichts drin über Shiina...“

Unwillkürlich verleiere ich die Augen und verrenke mich fast, als ich versuche den Stecker in die richtige Buchse zu würgen. Kao kann vielleicht anstrengend sein. Jedenfalls scheint es ihm immer besser zu gehen.

„Ist gleich fertig! Noch zehn Minuten!“ Das muss als Antwort reichen.

Endlich! Stecker ist drin, Fernsehgerät an – wo war noch gleich diese PIN? Ach da! Die wichtigsten Unterlagen hatte ich bereits unter das Sofa gelegt, damit ich sie wiederfinde. Gut, ne? Ich gebe den Code ein und voila, wir haben Pay-TV! Klasse!

Nach meiner kurzen Welle der Freude schalte ich den Ofen ab, denn es beginnt verdächtig zu riechen. Ich brauche auch nicht lange um das Zeug auf zwei Teller zu verteilen, versichere mich noch kurz über die Rollen unterm Phonoschrank und los geht’s. Mit dem Essen gestapelt auf meinem neuen Servierwagen, schiebe ich den Fernseher in Kaorus Schlafzimmer und freue mich, als er mich anschaut, als würde es durch die Decke regnen.

„Zur sinnvollen Beschäftigung,“ erkläre ich und stöpsele das TV-Gerät an den Strom. „Hier, was zu essen bekommst du auch.“

„Danke,“ murmelt er kaum hörbar und starrt auf den Bildschirm. „Seit wann kommt denn ‚Reich und schön’ wieder im Fernsehen? Und wieso kenn ich den Kanal gar nicht?“

„Ketchup Kao?“ Einfach ignorieren. Was stellt der solche Fragen? Ist doch offensichtlich. Er nickt auf meine Ketchupfrage und ich verteile reichlich davon auf seinem Teller, bevor ich den Rand der Flasche abschlecke und ihm endlich eine Erklärung liefere. „Ach ja, wir haben jetzt Pay-TV. Ich hoffe, das ist in Ordnung und ich dachte mir, wir machen einfach Halbe Halbe, solange wie ich hier bin. Schließlich hab ich ja auch was davon.“

Da sieht er mal meine Großzügigkeit. „Aber ich brauch doch gar kein Pay-TV.“

„Warte, bis du den Anime-Kanal gefunden hast. Dann sprechen wir uns wieder.“ Ich schiebe mir den ersten Pommes in den Mund und grinse, während ich einmal mehr genüsslich neben meinem Kaokao auf dem Bett liege. „Manchmal kommt den ganzen Tag Dragonball Z oder One Piece.“

„Echt?“ Mit Anime kriegt man das Kaobärchen, wer hätte das gedacht? Keiner, richtig?

„Ja, und nachts laufen sogar die für Erwachsene. Allerdings keine Hentai,“ führe ich meine Erklärungen mit Fritten im Mund aus und bete, dass Kao wenigstens die Hälfte versteht von dem, was ich sage. „Letztens kam Gungrave. Fand ich toll. Männerfreundschaft und so...“

„Cool. Und was gibt’s sonst noch so?“ Endlich hat er kapiert, dass er Pay-TV braucht. Heute Nachmittag überzeuge ich ihn noch von Mary Kay.

„Also ich liebe den Seriensender. Da kommen den ganzen diese ultrakomischen uralten amerikanischen Serien. Ich liebe die. Außerdem bessern sie meinen englischen Wortschatz auf.“ Gott sei Dank haben sie trotzdem alle japanische Untertitel.

„Dann mach doch mal drauf,“ schlägt das Kaomonster vor und ich folge sogleich seinen Anweisungen. Macht mich schließlich glücklich ihn glücklich zu machen. Wenn nur auch mal was bei rausspringen würde für mich. Dann wäre mein Leben perfekt.
 

Und so liegen wir nun, mehr oder weniger, denn Kao liegt und ich lehne mit dem Rücken gegen den Kopf des Futons. Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist, vertieft in das Fernsehprogramm, als ich dann merke, dass mein Liebling wieder eingeschlafen ist. So schnell heilt eine Grippe eben nicht. Beim Anblick von Kao muss ich allerdings lächeln, denn seine Haare hängen ihm quer über das Gesicht. Wie der Mann so schlafen kann? Mit Bedacht streiche ich ihm die Haare aus den Augen, damit ich wenigstens etwas habe von dem schönen, ausdrucksvollen Gesicht, welches ich leider viel zu selten schlafend erlebe. Nicht, weil Kaoru nicht schläft, sondern weil ich da nie bei ihm sein darf.

Er schläft auf dem Rücken, den Kopf leicht zur Seite geneigt, völlig ruhig, jeder Atemzug gleichmäßig. Ich dagegen schlafe gewöhnlich vollkommen anders, vergrabe meine Nase, so tief es geht, in irgendeinem Kissen oder ähnlich weichem Gegenstand, auf dem Bauch oder der Seite liegend.

Wir würden uns prima ergänzen. Kao könnte mein Kissen sein, aber was wäre ich für ihn? Die Decke? Ja, ich wäre wohl seine Decke, die ihn warm hält und unter der er sich geborgen fühlt.

Schniefend, blicke ich zur Seite, kann den Anblick momentan nicht mehr ertragen. Das zieht mich zu sehr runter. Ich bin doch kein Emo.

Ich beschließe etwas aufzuräumen und mich dann an mein neues Duschgel zu wagen. Immer wieder ein schönes Gefühl, wenn das warme Wasser der blanken Haut hinunterläuft. Leider riecht das neue Duschbad nicht halb so gut, wie ich erhofft hatte, aber es geht gerade so. Es war immerhin ein Schnäppchen.

Nach meiner Dusche überprüfe ich mein Gesicht auf eventuelle Schatten, die auf Bartwuchs deuten lassen könnten. Zur Sicherheit rasiere ich noch mal. Kann ja nicht schaden, oder? Danach mache ich mir eine schöne wohltuende Gesichtsmaske. Die riecht gut und tut gut.

„Herr im Himmel...“ Ich drehe mich um zur der Stimme, die plötzlich neben mit auftaucht und sehe Kao mit einem etwas entgeisterten Gesichtsausdruck. Was will er denn? Ich habe doch Unterhosen an. Verdammt! Warum nur?

„Die? Bist du das?“ Verarsch dich doch selber. Ich drehe mich wieder um und föhne mir die Haare.

„Wer denn sonst?“, murmele ich vor mich hin und kämme meine braune Mähne.

„Was ist das in deinem Gesicht?“ Er lehnt sich gegen den Türrahmen und legt den Kopf schief.

„Eine Gesichtsmaske, pflegt und reinigt. Würde dir auch mal gut tun.“ Da kommt mit eine Idee.

„Meinst du? Ich wäre schon dankbar, wenn ich mal die Toilette benutzen dürfte.“ Kleines fieses Grinsen und ein zaghaftes Schreiten nach vorne.

„Tu’ dir keinen Zwang an,“ sage ich und suche nach Zahnseide, denn die Beißerchen sind genauso wichtig wie meine Haut. Damit ich dass hier mal klarstelle.

„Schon klar. Dann eben direkt: raus aus dem Badezimmer! Jetzt.“ Dieser Ton kombiniert mit dem bösen Blick gefällt mir gar nicht. Ich schnappe mein Kulturbeutelchen und ziehe ab, beleidigt. Der hat doch nicht alle Tassen im Schrank. Schmeißt mich einfach aus dem Bad!

Aber Rache ist süß, nicht wahr? Ich warte, bis er wieder in Richtung Bett tippelt und werfe mich neben ihn, sobald er wieder in die Decke eingekuschelt ist. Bewaffnet mit Aloe Vera setze ich mich unerwartet auf ihn.

„Wah~ Die! Was wird das?“ Er tut ja gerade so, als sei ich eine Tonne schwer.

„Gesichtsmaske, Kao.“ Ich öffne den Deckel meiner Supercreme und tippe den Finger hinein, bevor ich etwas davon auf seiner Nasenspitze verteile.

„Och nö, Die. Das kann nicht dein ernst sein. Ich brauch das nicht.“ Er meckert, aber wehrt sich nicht. Das ist gut, sehr gut. Ich verteile mehr davon in seinem Gesicht.

„Hast du mal deine Haut gesehen? Die hättest du früher viel mehr pflegen müssen,“ antworte ich ehrlich wie eh und je.

„Hä? Wieso?“ Versteht er wieder nicht, das Dummerchen.

„Weil das ganze Make-up, das wir früher dran hatten, nicht gut war für die Haut. Du hast dich bestimmt nicht richtig abgeschminkt nach den Gigs, also hat das die Haut angegriffen. Aber wir kriegen das wieder hin.“ Ich lächle zuversichtlich.

Kao sieht mich an, als wäre er beeindruckt, aber leicht zweifelnd. „Und wie?“

„Wir machen heute eine Pflegemaske drauf und morgen ein Peeling, okay? Die Haut regeneriert sich von ganz allein, wenn man sie pflegt. Dauert eben eine ganze Weile.“ Als ich fertig bin und das grüne Zeug überall in Kaorus Gesicht ist, muss ich grinsen. „Scheiße, siehst du geil aus jetzt.“

„Danke,“ sagt er trocken und verschränkt die Arme. „Wenn dich das heiß macht, bist du noch beängstigender, als ich dachte.“

„Du kannst echt nur gemein sein, oder?“ Ich werfe ihm einen leicht gekränkten Blick zu und klettere von ihm runter. Ich weiß ja, dass er es nicht böse gemeint hat, aber er soll ruhig auch mal wissen, dass so was weh tun kann. Blöde Scherze immerzu.

Ich will gerade gehen, da packt er mich am Handgelenk und zieht mich zurück. Verdutzt starre ich ihn an, denn offensichtlich will er etwas sagen.

„Machst du mir noch einen Tee?“

Entschuldigung hätte es auch getan, aber ich muss lächeln, denn das Kaoschnuffi sieht einfach zu drollig aus mit der grünen Pampe im Gesicht. Außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass es ihm leid getan hat, als er mich beleidigt hat. Nickend verziehe ich mich in die Küche und tue dem Herrn des Hauses den Gefallen. Nachher reibe ich ihm noch mal die Brust ein, oh ja! Der wird sich noch umgucken, der Freund.

Als ich fertig bin, komme ich zurück und er sieht aus, als warte er schon auf mich.

„Wollen wir noch einen Film ansehen oder so?“, fragt er und nickt Richtung Fernseher, der noch immer vor dem Bett steht.

„Klar doch,“ sage ich und hüpfe auf das Bett neben mein Kaokaobärchen. „Mal schauen, was läuft.“

Er lächelt mich an.

Ich strahle zurück.

Hier zu sein macht mich unglaublich froh.

Ob es ihm auch so geht?
 

Kaoru hält es noch einen ganzen weiteren Tag aus im Bett und wie ich bereits angedroht hatte, lasse ich es mir nicht nehmen mich um ihn zu kümmern. Einreiben, Hustensaft verabreichen, Tee kochen, Gesichtsmasken auftragen und vieles mehr werden meine Hobbys und ich liebe sie alle. Am dritten Tag will Kaoru allerdings schon wieder ins Studio und nur mit aller Gewalt kann ich ihn davon überzeugen, dass ein weiterer Tag zuhause besser für ihn wäre. Wir ziehen uns ein wenig Fernsehen rein, spielen Playstation und reden über viele nicht wichtige Dinge. Ich glaube, so glücklich war ich im Leben noch nicht. Wenn ich ihn jetzt noch vögeln dürfte, wäre ich der glücklichste Mensch auf Erden!

Leider fahren wir am vierten Tag wieder zu den Proben und Gott sei Dank haben Kyo und Toshiya einen genialen Einfall für unser nächstes Video. Anstatt schon wieder Tage vor der Kamera zu vergeuden, lassen wir einfach ein animiertes erstellen und sparen so wertvolle Zeit, was wiederum meinen Leader-sama glücklich macht. Positiv, denn dann hetzt er uns nicht so. Das kann ich nämlich gar nicht ab.

In einer der weniger Pausen fragt mich Shinya auch, wie es mit der Mission Kaoru vorangeht, aber was soll ich dazu schon sagen? Eigentlich hat sich noch nichts verändert und doch verläuft die Mission positiv. Wir kommen doch gut miteinander aus. Ich weiß nur noch nicht, ob er meine Fürsorge zu schätzen weiß´.
 

In den nächsten Tagen oder genauer gesagt Wochen werde ich das auch nicht herausfinden, denn eine kürzere Tour steht ins Haus. Klasse das. Wahrlich. So viele Tage auf engstem Raum mit Kaoru und doch niemals alleine mit ihm. Wie ich schon sagte, es hat null Vorteile auf Tour zu sein, denn da hat jeder sein eigenes Zimmer und nach der Show ist Kaoru meist so knille, dass er sich sowieso nur noch ins Bett wirft. Tagsüber essen wir zusammen, alle, auch die Crew, reisen von A nach B zusammen, proben zusammen und geben zusammen ein Konzert. Da ist einfach keine Zeit um meinem Schätzi näher zu kommen und deshalb bekomme ich auch langsam richtig schlechte Laune. Statt daran zu arbeiten, dass Kao mich lieb hat, was ich ja nicht kann dank der Umstände, ertränke ich meine Sorgen und die Langeweile in Schnaps und Bier. Das hilft immer, besonders auf Tour, wenn ich echt an die Decke gehen könnte aus Verzweiflung!
 

Doch auch die beschissensten Tage gehen Gott sei Dank einmal zu Ende. Die Konzerte an sich waren toll und endlich komme ich mir wieder richtig geliebt vor. Von so vielen Menschen seinen Namen zu hören, das ist schon geil. Schöner wäre es nur noch vom Leaderbärchen. Gestöhnt. Beim Sex.

Leider kann ich mir darum gerade die wenigsten Sorgen machen, als uns der Van von Kaorus Hütte wieder absetzt, denn das nächste Problem steht schon ins Haus. Die Zeit auf Tour war vergeudet und hätte wertvoll im Niikura Haushalt sein können – aber jetzt? Nach der ganzen Zeit...?

„Du willst sicher dann erst mal Heim, oder?“ Kaorus Frage trifft mich so gut wie unerwartet und ich schaue ihn an, als wäre ich gerade erst aus einem Ei geschlüpft. „Na, die haben deine Wohnung doch sicher fertig nach so langer Zeit.“

„Ach so... ähm... naja... ich... ja.“ Was soll ich schon sagen? Ich will nicht weg hier, aber es soll wenigstens den Anschein haben, als wäre ich nicht freiwillig hier.

„Irgendwie bist du ein wenig geistesabwesend heute. Soll ich mitkommen?“ Das ist wirklich nett von Kao, aber es wäre nicht gut, wenn er mitkäme. Ich muss mir einen neuen Schlachtplan ausdenken und dafür brauche ich äußerste Ruhe.

„Nein, nein. Das geht schon. Aber danke.“ Ich schleiche mich in die Wohnung und suche meine Sachen zusammen. Irgendetwas sollte ich liegen lassen, nur zur Sicherheit, falls mir nichts einfällt und dann wäre das wenigstens ein kleiner Vorwand, noch einmal hier vorbei zu kommen.

Ich lasse zwei CDs auf dem Couchtisch liegen und werfe ein Paar Boxershorts unter das Sofa, als Kaoru nicht hinschaut und nach Essen sucht. Dann schnappe ich meine Reisetaschen und mache mich auf den Weg.

„Baibai Kao,“ murmele ich und ziehe mit hängendem Kopf an ihm vorbei.

„Ja, mach’s gut.“ Das ist alles? Er sieht mich noch nicht einmal an. Klasse!

Ich könnt heulen, als ich das Treppenhaus hinunterlaufe. Doch dann...

„Die! Warte!“ Da steht Kao plötzlich und schaut mit großen Augen auf mich hinab, der bereits eine Treppe geschafft hat. „Du hast die CDs hier vergessen.“

„Oh.“ Ich muss mich korrigieren. JETZT ist mir zum Heulen zumute. Der Riesenschweißtropfen an meiner Schläfe macht die Situation auch nicht besser. „Danke.“

Schnell nehme ich die CDs entgegen und verschwinde ohne weitere Worte. Ich verfluche dich, Kaoru-sama! Warum bist du so, wie du bist? Warum könnte ich dich in Stücke reißen und deinen sexy Hintern treten, aber gleichzeitig heißblütig lieben und gegen die Wand nageln, als gäbe es kein Morgen? Das ist nicht fair!

Ich habe doch nächste Woche Geburtstag! Was das damit zutun hat? Na, ganz einfach. Ich will meinen Geburtstag nicht in meiner Bude feiern, womöglich allein, wo ich doch eine andere Location viel besser ausnutzen könnte. Habe ich Geburtstag und wohne bei Kao, dann könnte ich mit ihm einfach abends was essen, ganz romantisch bei Kerzenlicht, und dann hacken wir uns um und ich beschere ihm die Liebesnacht seines Lebens. Na, so in etwa. Die Idee ist noch nicht ganz ausgeklügelt, aber das mache ich noch. Erst einmal muss ich wissen, wie ich am besten nicht bei ihm ausziehe bzw. am schnellsten wieder einziehe.

Die, mach dir einen Kopf!
 

Ich fahre dreimal um den Block und dann doch zu mir nach Hause. Problem erkennen und im Keim ersticken. Ich habe einen Plan, aber vorher brauche ich frische Sachen. In meiner Wohnung ist alles beim Alten. Während ich den AB abhöre, schalte ich den Laptop ein und suche mir frische Kleidung aus meinem Schrank. Das ganze getragene Zeug von der Tour werfe ich in die Ecke und dort kann es von mir aus anfangen zu stinken. Ich habe Wichtigeres zutun. Mit Kippe im Mund setze ich mich an die Arbeit. Ich brauche ein originalgetreues Schreiben der Finanzbehörde und meiner Versicherung.

Erster Schritt: googlen. Wie sieht so etwas aus? In meinen alten Unterlagen habe ich sogar noch einen Brief vom Finanzamt, den ich scannen kann. Dank Photoshop und Word liegt nach etwa zwei Stunden ein offizieller Brief des Finanzamtes vor, in dem die Sanitärfirma meines Nachbarn Insolvenz anmeldet.

Die Versicherung ist leichter zu fälschen und nach einer weiteren Stunde und ein paar mehr Nikotinstäbchen ist es fix und fertig: die Bitte eine neue Firma zu beauftragen, damit der Schaden endlich bearbeitet werden kann.

Das heißt im Klartext: Dies Wohnung leidet noch immer unter den Wasserschäden und Die kann definitiv hier nicht wohnen.

Auf zu Kaoru!
 

Das ist ein Paradebeispiel, wie ein Tag beschissen anfangen kann und megasuper endet. Klug wie ich bin, habe ich des Leaders Zweitschlüssel für die Haustür noch immer einstecken und lasse mich einfach selber rein. Das Wasser läuft im Badezimmer und ich reibe mir die Hände. Natürlich kann ich nicht einfach reinplatzen, sonst wirft mich Kaoru hochkant aus der Bude und ich darf bei Toto einziehen. Keine nette Vorstellung, also stelle ich meine Sachen ab und warte einfach auf ihn.

Nach endlosen Minuten öffnete sich endlich die Badezimmertür und mein Kaomännchen kommt langsam herausgewatschelt, wobei er sich mit einem schlichten kleinen Handtuch gerade den Hals und die Brust abtrocknet.

Den Hals und die Brust! Ich sterbe! Das muss der Himmel sein. Sabber tropft aus meinen Mundwinkeln und meine Augen verformen sich in zwei rote Herzchen.

„Die... ach du scheiße!“ Kaoru erschreckt sich leicht und wickelt das Handtuch, das einst seinen Oberkörper trocknete, schnell um die Hüften. „Was machst du denn hier?“

Seine Frage nehme ich gar nicht wahr. Der Moment war zwar bedauerlicherweise nur sehr kurz, Bruchteile einer Sekunde vielleicht, aber ich habe etwas gesehen und alle Achtung! Für jemand mit so kleinen Händen ist das doch sehr vielversprechend.

„Die! Daisuke!“

„Hä?“ Ich versuche meinen Blick auf Kaorus Augen zu richten, aber merke selbst, wie ich immer wieder wegspace, als ich das Bild seines nackten Antlitz im Geiste vor mir sehe.

„Ach, leck mich doch!“ Sauer zischt der kleine Mann ab und ich denke noch, würde ich ja gerne, aber die Geschichte kennen wir ja schon.

Ich muss mich setzen. Kippe an und tief inhalieren. Das tut gut. Fragt auch mal jemand nach mir und wie ich das verkraften soll? So ein Anblick lässt mein Hirn eben sofort an sexuelle Interaktion denken, was wiederum ganz schlimmes Aua in meinem besten Kumpel hervorruft. Dass Kaoru aber nicht gleich ausgerastet ist, lässt hoffen.
 

Als er zurückkommt, hat er leider eine Jeans an und einen Sweater drüber. Schade.

„Wieder klar im Hirn, Die? Dann sag mir, was du hier machst. Ich dachte, du wohnst wieder daheim?“ Er setzt sich auf das Sofa und sieht mich streng an.

„Kannst es wirklich nicht erwarten mich los zu sein, oder? Ich bin zwar auch davon ausgegangen, dass ich wieder Zuhause wohnen kann, aber leider kann ich uns beiden den Wunsch nicht erfüllen.“ Ich tue ein wenig so, als wäre ich genauso angepisst wie er, nur dass er noch dazu ein schlechtes Gewissen haben soll, weil er mich offensichtlich nicht mit offenen Armen empfängt. „Hier, das war in der Post. Ich musste es nicht mal lesen um zu wissen, dass sich rein gar nichts an der Lage verändert hat. Ich wusste es spätestens, als ich im Moder meines Schlafzimmers stand.“

Ich gebe ihm die Briefe und er schaut sie sich an und liest.

„Die Post muss gekommen sein, als wir gerade weg sind. Wären wir drei Tage später auf Tour, hätte ich alles rechtzeitig regeln können, aber so...“ Ich seufze und Kaoru winkt kurz mit der Hand ab.

„Kann man nichts machen, was? Dann ist die beauftragte Firma in Insolvenz und führt die Arbeiten nicht aus, weil sie ihre Ausgaben nicht vorfinanzieren können. Die Versicherung verweigert die Zusammenarbeit und du musst eine neue Firma beauftragen, richtig?“ Er hat es erfasst und auf den Punkt gebracht. Eine Eins für Die, der die Schreiben so schön gefälscht hat.

„Genau. Hab ich auch alles gemacht vorhin, als ich Zuhause war. Ich hab eine neue Firma angerufen und um einen Kostenvoranschlag gebeten, den sie gleich zur Versicherung faxen sollen. Außerdem habe ich ihnen den alten Kostenvoranschlag geschickt, damit sie eine Richtlinie haben für die Maße meiner Wohnung. So brauchen sie nicht noch mal zum Ausmessen kommen.“ Das stellt mich in einem guten Licht dar und zeigt, dass ich mich nicht faul meinem gefälschten Schicksal ergebe. Ich bin toll.

„Und wie lange dauert es jetzt noch?“, fragt Kaoru und hebt drohend den Finger. „Sag jetzt nicht wieder was, was mir ein schlechtes Gewissen machen soll, mein Bester. Das ist nur eine Frage und du beantwortest mir die jetzt.“

Kommt sich wohl schlau vor, der? Pah. Kratzt mich das oder wie?

„Eine, vielleicht zwei Wochen. Kommt drauf an, wie schnell die Firma anfangen kann mit der Schadensbehebung. Sobald die Versicherung ihr Okay gibt, dürfte alles seinen Gang gehen.“ Ich bleibe sachlich und ernst, als ob ich gar nicht verstehe, was Kao vorhin gemeint hat mit ‚schlechtes Gewissen machen’. Ich doch nicht.

„Na dann,“ meint er trocken und lehnt sich zurück. „Weißt ja, wo alles ist.“

„Dass du so schnell einverstanden bist...“ Ich grinse wie ein Honigkuchenpferd. Kann mir auch nicht helfen. Macht mich eben glücklich.

„Was soll ich denn machen? Sage ich, geh ins Hotel, jammerst du eh nur wieder, weil wir die letzten Wochen in Hotelzimmern verbracht haben. Egal, was ich sage, dann machst du mir nur wieder ein schlechtes Gewissen. Also was soll’s? Kennst ja die Regeln.“ Dann lächelt er etwas einseitig und leicht fies. „Wenigstens kannst du halbwegs kochen. Ich verhungere hier noch alleine.“

„In der Hinsicht bist du eben wirklich etwas dämlich,“ sage ich mit einem ähnlich fiesen Grinsen. „Weißt doch, wie man ein Telefon bedient, oder? Und wo Mäcces ist, weiß keiner so gut wie du.“

„Stimmt, aber wer serviert mir das Essen und bemuttert mich?“ Der Pascha grient immer mehr und verschränkt die Hände hinter dem Kopf. „Gewöhn mich lieber nicht zu sehr an deine Dienste, sonst behalt ich dich als Hausmädchen.“

Warum muss er immer solche Sachen sagen? Das zwingt mich doch quasi dazu einen dreckigen Witz hinterher zu jagen. „Du kennst nur ansatzweise die Vielfalt meiner Angebote im Bereich der Dienstleistungen, Kao. Wenn du alle Dienste in Anspruch nehmen würdest, dürfte ich niemals mehr ausziehen, jede Wette!“

„Glaubst du!“ Er zweifelt. Ich nicht.

„Weiß ich.“ Ich nicke kurz und bündig. „Ich hab’s eben drauf und ohne eingebildet sein zu wollen, aber ich bin mehr als nur gut. Ich bin grandios.“

Er lacht. „Eingebildet bist du. Das ist wohl wahr.“

„Wer er sich leisten kann...“ Bescheidenheit vorspielend, lasse ich meinen Blick über meine Fingernägel wandern. „Ich könnte es dir beweisen.“

„Da bin ich mir sicher, aber lass mal gut sein, Die. Ich glaub dir auch so. Zumal ich gerade so was von gar keine Zeit habe!“ Er steht auf und winkt mit der Hand ab, so dass man genau merkt, dass er das absichtlich nur sagt um seine Abneigung zu zeigen. „Karr lieber was zu futtern ran. Ich finde nicht mal mehr ein Müsliriegel hier.“

„Bäh. Sowas isst man ja auch nicht.“ Ich stehe auf und schnappe mir die Autoschlüssel. „Lass mich mal machen. Ich hol uns was.“
 

Mit einem Lächeln, das von Kaoru erwidert wird, verabschiede ich mich und mache mich auf die Socken. An einem Tag bin ich ausgezogen und wieder eingezogen, habe Kaoru für einen Bruchteil eines Augenblickes nackt gesehen, meine Dienstleistungen angeboten und mit ihm rumgescherzt. Ich bin auf Erfolgskurs, ich kann es spüren.

Und bald ist mein Geburtstag. Lieber Gott, ich wünsche mir ein Kaobärchen. Ein ganz Zartes mit extra viel Liebe! Dabei bin ich nicht einmal gläubig. Darauf kommt es aber nun auch nicht mehr an. Ich hoffe und bete, dass ich nur eine Chance habe die Augenblicke mit Kaoru zu genießen, und warte vorfreudig auf die Dinge, die da kommen werden.
 


 

Ende Kapitel Fünf.
 

...
 

Okay, Kapi nicht ganz so lang wie sonst, aber ist mir jetzt grad mal boogy.

Ich will nämlich endlich mal Action hier! Ab nächsten Kapi verspreche ich Frontalangriff!
 

Bis dahin verweise ich auf das Archiv: http://sanghamyers.livejournal.com/106049.html
 

Und Kommis bitte! *kommigeilis*

Die(s) widerspenstige Zähmung

Ich habe mich richtig beeilt dieses Mal. X) Ich hoffe, es gefällt:^^ Klappe und Action!

Extragroßes Dankeschön an Toshie, _Domestic_Fucker_, inori, Tetsu, tigre_de_noir, yumeky, LunaFeles, eba-chan, Totchan & Januce für ihre Kommis!
 


 

Kapitel Sechs
 


 

Die Tage schleichen sich dahin und ich bin in freudiger Erwartung auf meinen Geburtstag. Dank meiner genialer Idee, die man auch als Trick bezeichnen könnte, wohne ich nach wie vor bei Kaoru und werde deshalb wohl auch meinen großen Tag hier verbringen. Natürlich könnte ich eine große Party planen und es ausnutzen, danach nicht als einziger Bewohner saubermachen zu müssen, aber mein Plan sieht anders aus. Ich werde nämlich gar nichts planen und darauf spekulieren mit Kaoru allein zu sein, vielleicht etwas Nettes essen bei Kerzenschein, dann noch ein paar Geschenke auspacken, nicht zuletzt seines, und letztlich bei einem Glas Wein dem Klang seiner Gitarre lauschen.

Zu spießig? Ach was! Es wird mein Geburtstag sein und wenn ich ihn bitte, mir eine Art Geburtstagsständchen vorzuspielen, dann wird er das wohl auch tun! Und zur Feier des Tages lass ich eine Flasche Rotwein springen, damit wir nicht alltägliches Bier saufen müssen. Jetzt klingt das doch gleich viel besser, oder? Ich werde ihn dann mit Komplimenten überhäufen und später verführen. Wie weiß ich noch nicht. Wie immer.
 

Als der Wecker meines Telefons am besagten Tag klingelt, denke ich gar nicht daran aufzustehen. Ich stelle es schnell aus und tue so, als hätte ich es nicht gehört. Irgendwann muss Kao doch aufstehen und dann kommt er nicht umher, mich zu wecken und mir zu gratulieren. Auf welche Art überlasse ich natürlich seiner Kreativität, aber ich hätte nichts dagegen, wenn er sich zu mir ans Sofa setzen würde, ganz nah, und mich vielleicht noch umarmt. Dann ziehe ich ihn einfach zu mir runter und küsse ihn. An meinem Geburtstag wird er mich doch wohl nicht hauen, oder? Es wäre ihm zuzutrauen, aber ich will heute positiv denken.

Es vergehen einige Minuten und langsam werde ich wirklich verdächtig stutzig. Er wird doch wohl nicht schon wieder verschlafen haben? Ich warte noch ein paar Minuten mehr und zwinge mich nun doch aus dem Bett. Es kann doch nicht die Norm sein hier! Ins Schlafzimmer stapfend, öffne ich die Tür langsam und vorsichtig um ihn, falls er gerade dabei ist mein Geschenk zu verpacken, nicht unangenehm zu überraschen.

Leider nur ist hier keine Spur von Kaoru. So ein Mist. Ich checke noch im Bad und in der Küche, aber mein Kaoruhäschen ist tatsächlich nirgendwo zu finden. So eine Arschmade! Wie kann er einfach abhauen ohne mir vorher zu gratulieren! Es ist schon fast halb neun und das ist bekanntlich die Zeit, zu der wir uns im Probenraum treffen. Ach, ich hasse diesen Mann. Ein Blick aus dem Schlafzimmerfenster verrät mir, dass ich nicht grundlos sauer bin. Sein Auto ist weg und wie ich ihn kenne, ist er nicht unterwegs um frische Semmeln zu kaufen!

Wie ärgerlich, aber ich werde mir nicht nehmen lassen, mir jetzt erst recht noch länger Zeit zu lassen, bevor ich nachkomme.

Na gut, vielleicht ist er ja auch schon früher los, damit mich alle vier im Studio überraschen können? Mit Torte und fettem Frühstück! Aber jetzt los!

Nach einer zweiminütigen Katzenwäsche unter der Dusche style ich meine Haare etwas, die zum Glück zur Seite sehr pflegeleicht geschnitten sind, und dann rausche ich los. Nach nur kurzer Zeit erreiche ich das Gebäude, in dem wir immer Proben. Lässig werfe ich mir meine Tasche um und schlurfe hinein, als sei heute ein ganz normaler Tag.
 

„Auch schon da?“, murrt mich Kyo an und zieht an mir vorbei Richtung Toilette. Was war das denn?

Hallo? Gut, vielleicht musste er wirklich nötig und konnte mir nicht gratulieren, aber deshalb muss man ja nicht so mürrische Fragen äußern.

Das einfach mal so hinnehmend, gehe ich in den Probenraum und da schaut mich auch schon Toshiya grinsend an. „Uuuh, unser Rotschöpfchen hat endlich ausgeschlafen. Freu dich auf die Standpauke von Kao.“

Moment mal hier, ja. Erstens, warum gratuliert der mir nicht zum Geburtstag? So was gehört sich, egal, ob man verschlafen hat oder nicht. Zweitens, höre ich Standpauke? Welcher Film ist das denn hier? Wenn Kaorulein gewollt hätte, dass ich pünktlich bin, hätte er mich sicherlich auch geweckt und wäre nicht einfach davon gedüst. Drittens, was bildet sich Toshiya ein überhaupt so mit mir zu reden? Wenn heute nicht mein Tag wäre, dann wäre ich jetzt sicherlich schlecht gelaunt!

Da kommt ja auch schon Kaoru angewatschelt. „Lass gut sein, Totchi.“

Ich hasse es, wenn er ihn so nennt. Wir tun das zwar alle, aber warum muss er gerade ihn so nennen? Zu mir sagt er doch auch selten Daidai.

Kao wendet sich dann endlich mal mir zu. „Es tut mir leid, Die.“ Das will auch schwer hoffen. Komm und gratulier mir! „Ich musste noch etwas vor der Arbeit erledigen, sonst hätte ich dich geweckt. Aber du wärst sicher nicht begeistert gewesen, wenn ich dich schon um fünf aus dem Schlaf gerissen hätte.“

Ja ja, schon gut. Ich winke ab mit einem leichten Grinsen, aber nicht zu viel, sonst denken die noch, die Entschuldigung wäre nicht nötig gewesen. So, und jetzt her mit der Geburtstags-Kaoru-Torte mit extra viel Sahne!

„Hier, komm mal mit. Wir müssen dir etwas zeigen,“ sagt das Kaoschnucki und ich folge ihm zum Fernseher.

Was? Fernseher? Was soll denn das jetzt?

„Wir haben uns gerade das neue Video angesehen. Läuft sogar auf MTV in den Staaten, Die. Schau mal,“ erklärt mir Shinya, der bereits mit dem Köter vor der Glotze kauert, und ich sehe ihn etwas perplex an.

Wollen die mir nicht lieber mal endlich um den Hals fallen und gratulieren? So langsam glaube ich, die haben alle meinen Geburtstag vergessen! Das darf doch nicht wahr sein! Sogar Kaoru! Gut, ihm würde ich verzeihen – er wird alt. Andererseits vergisst er doch auch nie Pressetermine und desgleichen. Ich würde es trotzdem noch mal durchgehen lassen, wenn ich dafür einen tiefen und leidenschaftlichen Zungenkuss bekäme.

„Du siehst heute irgendwie verklingelt aus, Die,“ meint Kyo dann auch noch, als er gerade von seinem Geschäftchen wiederkommt. „Du solltest früher ins Bett. Wer nicht schläft...“

„Stirbt, das wissen wir!“, knurre ich ihn an und blicke noch einmal alle böse und eindringlich an. Nun springt schon auf und wünscht mir alles Gute! Verdammt! Das ist nicht mehr witzig!

„Hier schau!“ Toto hüpft wie ein Hündchen vor dem Fernseher auf und ab. „Ist es nicht extremst geil?“

„Meine und Toshiyas Idee!“, verkündet Kyo protzig.

„Ja,“ erwidere ich mürrisch und starre auf das Bild, dessen Animation ich gar nicht wahrnehme, sondern mehr oder weniger durch das Bild hindurch starre. Diese fiesen Hunde! Wie können die nur?

„Geht’s dir nicht gut, Die?“, macht Shinya auf besorgt und Kaoru sieht mich nicht mal an.

Das ist zu viel. Ich drehe mich um und gehe. „Entschuldigt mich.“

Ich gehe auf direkten Weg zum Klo. Ich gehe nicht über Los und ziehe keine Geburtstagsgrüße ein! Aber ich höre noch, wie sie reden, diese miesen Freunde.

„Boah, er hat sicher wieder zu viel gebechert und muss kotzen...“ Kyo ist ein Arschkeks!

„Oder er hat einfach nur gefrühstückt...“ Toto ist... „...und geht deshalb kotzen!“ ...ein Riesenarschloch!

Und Kaoru sagt gar nichts. Soll ich dafür dankbar sein? Weil er nicht auch noch einen drauf packt. Oder soll ich ihm sauer sein, weil er mich nicht ein bisschen verteidigt? Ich werfe die Tür zu den Toiletten hinter mir zu und atme dreimal tief durch. Bringt nichts. Ich schnaube wie ein Stier kurz bevor er den Torero aufspießt. Mein Spiegelbild kann ich nicht ertragen. Mann, es ist doch mein Tag heute! Wie können die so etwas vergessen?

Erst einmal zünde ich mir eine Kippe an und dann kommt mir ein Gedanke. Wenn die Arschlöcher spielen wollen, fein, das kann ich auch. Ich gehe jetzt wieder da raus und tue so, als kratzt mich das nicht im Geringsten. Und später, wenn die alle Heim gehen, sage ich ihnen, was ich von ihnen halte und verpisse mich und saufe einen mit richtigen Freunden! Nicht solchen beknackten, minderbemittelten Fieslingen!

Ganz lässig schreite ich zurück in den Probenraum und wehe mir mit einer gekonnten Kopfbewegung schnippisch die Haare aus der Stirn. Die sehen mich nicht mal an, nur Kyo schaut kurz nach hinten.

„Alles klar bei dir?“, fragt er und ich nicke.

Bis zu dem Moment als ich Kaoru und Toshiya sehe. Toto hockt auf dem Fußboden und starrt auf die Glotze, während Kao hinter ihm steht und die Ellbogen auf Toshiyas Schultern abstütze. Seine Hände liegen in Toshiyas Nacken, gefaltet, und Kaoru legt seinen Kopf auf einen seiner Arme. Turteln die? Er flüstert Toto etwas ins Ohr und dieser kichert sich eins, als würde ihm einer dabei abgehen! Also steht er ja doch auf mein Kaotierchen! Und Kaoru... Steht er wirklich auf solchen Kloppis wie unseren dämlichen Bassisten? Sorry, aber ich muss die Kichererbse einfach gerade mal beleidigen, einfach damit ich mich besser fühle.

Hilft aber nichts.

Dann dreht sich Kaoru um und lässt von Toto ab um mich anzuschauen. Er steht auf und geht an mir vorbei, berührt dabei kurz meinen Unterarm mit seiner Hand. Absichtlich. Als wolle er mit trösten. Als wolle er sagen, es tut ihm leid. Ja, aber was genau tut ihm denn leid? Dass er mich Toshiya flirtet? Dass er mir das Herz bricht, weil er Toshiya haben will und nicht mich? Ich verstehe nur noch Bahnhof. Was für ein beknackter Geburtstag!
 

„Alles klar Leute, also mal zum Tagesablauf,“ verkündet unser Bandleader kurz darauf und wedelt mit ein paar Zetteln durch die Luft. „Das Management hat uns jede Menge neuer Gigs aufgebrummt, bis in den Januar sogar. Die gute Nachricht ist, dass ich bisher Weihnachten und Silvester freihalten konnte, aber ich weiß nicht, wie lange.“

Ein einvernehmliches Raunen meiner Bandmitglieder zeigt deren geringe Begeisterung. Sogar die Töle kläfft.

„Wie auch immer, die Show bleibt beim Alten, keine neuen Proben dafür. Allerdings müssen wir kurz nach der Tour ein Video drehen und dann gleich ab in die Staaten. Das wird alles ziemlich stressig werden.“ Kaoru klingt auch nicht mehr begeistert, aber er geht davon aus, dass wir wissen, wofür wir das tun. Wissen wir ja auch: Erfolg, Ruhm, Ehre, unehelichen Sex und Drogenkonsum. Kleiner Scherz.

„Heute noch mal eine Generalprobe und dann geht’s morgen schon direkt los bis zu den Weihnachtsfeiertagen. Kleine Verschnaufpause, dann weitere Auftritte bis Silvester und Neujahr, an dem wir hoffentlich einen Tag frei haben werden. Das positive wird sein, dass wir die meiste Zeit Zuhause pennen können.“ Ich könnte Kaoru ja ewig zuhören, aber leider zwingt mich das Thema immer zum Abschalten. Ich male ihn mir stattdessen lieber in nichts außer seiner Haut aus, wie er mich mit dem Finger zu sich lockt. Ich tue kurz so, als wäre ich darüber verwundert, gehe dann aber doch zu ihm und lasse ihn mich verführen! Die Variante wäre einfach himmlisch.

„DIE!“, brüllt er mich plötzlich an und ich erschrecke. „Träumst du?“

„Was denn?“, zicke ich zurück, denn ehrlich gesagt können die mich heute alle mal kreuzweise, nachdem sie meinen Geburtstag vergessen haben.

„Ach, vergiss es,“ sagte er und zieht schulterzuckend Richtung ESP ab.

Toll, jetzt ist er mir böse oder was? Ich soll jetzt das schlechte Gewissen haben, weil ich ihm nicht zuhöre? Ist ja grandios! Und das an meinem Tag!

Oh je. Ich sollte mich auf das besinnen, was positiv an meinem Leben ist. Hat Kao nicht was gesagt von Zuhause pennen und dass das positiv wäre? Das lässt doch fast schlussfolgern, dass er sich gerne mit mir seine Bude teilt. Zuhause schlafen bedeutet mit Die schlafen. Korrigiere: wohnen. Ist ja auch egal.
 

Meine Augen verformen sich zu zwei kaum noch erkennbaren Schlitzen, als Toshiya erneut auf Kaoru zugeht und ihm etwas sagt. Der Leader-man schaut ihn kurz an und nickt, dann gehen beide aus dem Zimmer. Ich glaube, mein Schwein pfeift. Wo wollen die hin? Und... überhaupt! So ein Ärger. Ich fühle mich beschissen.

„Rück mal ein Stück, Die,“ murrt Kyo and presst sich an mir vorbei um an seine Tasche zu kommen, die auf dem kleinen Sofa rumsteht.

Ich trete einen Schritt nach hinten und pralle unabsichtlich gegen Shinya, der mich aber abfängt und von sich drückt. Mir ist schwindelig. Ich schaue den jungen Schlagzeuger an und lege den Kopf schief, so als wäre ich seine Fußhupe von Hund.

„Sag mal, Shin,“ formuliere ich langsam und in einem Ton, den der Drummer erkennen müsste. Diesen Tonfall benutze ich nur bei äußerst wichtigen, rein spekulativen Fragen. „Stell dir vor, Kaoru würde auch auf Männer stehen. Dann würde doch nicht Totchi bevorzugen, oder?“

„Ähm...“ Er überlegt kurz, aber wenigstens antwortet er immer. Nicht wie manch anderer, der sich gerne vor meiner Fragerei drückt. Richtig, Kyo? „Das kann ich so schlecht beurteilen. Er ist eben nicht schwul und mag euch beide gleichermaßen. Oder findest du, er macht Unterschiede?“

„Oh ja! Und ob er Unterschiede macht!“ Ich verschränke die Arme und seufze. „Mich lässt er zwar bei sich wohnen, aber Körperkontakt ist strengstens untersagt. Bei Toto scheint das anders zu sein.“

„Vielleicht weil er ihn nicht dauernd mit irgendwelchen Sprüchen anbaggert?“, meint Shin ganz unschuldig und zuckt mit den Schultern.

„Wenn du meinst. Aber wenn das sein Grund ist, Toshiya mehr zu mögen als mich, dann... dann kann er mich mal.“ Ist doch so! Ach, Himmel noch eins. Er kann mich nicht und wenn doch, dann höchstens mit in sein Bett nehmen. Dabei würde ich ihm manchmal auch gerne den Hintern versohlen, statt danach zu lüsten andere Dinge mit seinem megageilen Hinterteil zu tun.

„Die, warum gibst du nicht auf? Ist doch sinnlos bei einem wie Kao. Der ist so straight wie ein Heiliger,“ sagt Shinya und legt vorsichtig seine Hand auf meine Schulter. Er meint es nur gut, das weiß ich, aber ich kann ihm nicht recht geben. Ich muss ihm widersprechen.

„Auch Heilige begehen Sünden, nur dass sie die beichten. Und Sünden werden vergeben! Basta!“ Nicht, dass ich hier Sinn mache, wenn ich meine sexuelle Neigung als Sünde darstelle, aber es klingt gerade einfach fantastisch und ein bisschen Wahrheit ist dran. Auch einer wie Kaoru könnte sich in einen Mann verlieben. Warum denn nicht? Selbst in sehr alten Königreichen, zu Seiten wo die Homosexualität nicht eine Modeerscheinung war, gab es bereits durchaus Männer, die es zu schätzen wussten auch mal einen Knaben im Bett zu haben. Und dass man ein starkes emotionales Verhältnis zu einem gleichgeschlechtlichen Mitmenschen haben kann, ist doch nur normal.

Als Kao und Toto wiederkommen, schaue ich weg. Das ist mir zu blöd. Lieber stehe ich auf und schnalle mir meine Gitarre um, den Gedanken verdrängend, dass heute eigentlich mein Geburtstag ist. Wenn ich so tue, als sei es ein stinknormaler Tag, dann tut es nicht so weh.

Ende der Durchsage.
 

Irgendwie scheinen heute alle Stress zu machen, sogar Kyo, der normalerweise seelenruhig sein Ding macht und zwischendurch sogar auf dem Sofa gern mal einpennt. Haben die alle noch etwas vor oder wie? Wenn hier einer etwas vorhaben sollte, wäre doch ich das, oder?

Wir haben gerade den letzten Song durchgespielt und ich stecke mir eine Zigarette an, als ich mich auf das Sofa neben meine Pepsi light pflanze. Da sehe ich den Drummer bereits mit dem Sänger zusammen abziehen.

„Tschüss, macht’s gut.“

Und weg sind sie. Seltsam. Aber bevor ich noch lange darüber nachdenken kann, warum gerade Kyo mit Shinya so schnell abhaut, winkt bereits Toshiya meinem heißgeliebten Leader-sama! Was zum Henker geht denn jetzt schon wieder, denke ich noch, und sehe, wie Kaoru schnell seine Gitarre in die Ecke stellt und dem Bassisten kräftig zunickt.

„Kommst du?“, ruft Toto und ich muss schwer schlucken. Das tut weh.

„Hey Die,“ spricht mich Kaoru an und wirft sich seine Winterjacke über die klammen Schultern. „Kannst du mal die Instrumente einpacken und abschließen? Toto und ich haben noch etwas vor—“

„KAO! Mach Druck!“, ruft plötzlich Toshiya, der bereits am Ausgang wartet. Irgendwie geht mir das hier viel zu schnell.

„Also Die, danke!“ Kaoru wirft mir die Schlüssel entgegen und nickt dem Bassisten abermals mit einem riesigen Lächeln auf den Lippen zu. „Ist furchtbar nett von dir. Bist der Beste!“

Und da läuft er auch schon davon. Mit Toshiya. Komme ich mir gerade überrumpelt vor? Eindeutiges Ja. Warum tun meine Freunde mir das an? Womit habe ich das verdient? Doch nicht etwa mit dem bisschen Schummelei wegen der Wohnung! Heißt es denn nicht, dass in der Liebe alles erlaubt ist? Ich kämpfe doch nur für einen kleinen Anteil am Kaokao!

Ach. Ich lass meinen Kopf auf die Tischplatte sacken und ertrinke ein wenig länger im Selbstmitleid, bevor ich mich aufraffe und die Sachen wegpacke, bevor sie morgen von einem Truck geholt werden. Außerdem wollte ich ja noch ein bisschen feiern, auch wenn mir gar nicht mehr danach ist.

Nachdem ich abgeschlossen habe, krame ich also mein Handy raus und rufe all diejenigen Leute an, die ich noch so kenne. Freunde und die, die es mal werden wollen.
 

Kurz nach halb sieben und endlich an Kaorus Wohnung angekommen, gebe ich auf. Keiner meiner „Freunde“ hat Zeit und alle, wirklich ohne Ausnahmen, haben meinen Geburtstag vergessen! Das kann doch eigentlich nicht mit rechten Dingen zugehen. Scheint aber wohl so. Als ich aussteige, bemerke ich, dass nicht einmal Kaos Auto steht und er demzufolge wohl noch mit Toshi unterwegs ist. Wie mich so etwas ankotzt. Tja, bleibt mir wohl nicht anderes übrig, als alleine zu feiern und Kaorus sämtliche Alkohol- und Eiscremevorräte aufzubrauchen!

Nicht einmal Post steckt im Briefkasten, also auch keine Fanmail, in der Geburtstagsgrüße stecken. Selbst meine Eltern und Geschwister haben nicht angerufen. Was ist nur los in dieser Zeit?

Trotzig schiebe ich den Schlüssel ins Schloss und lasse mich selbst in die Wohnung, wo ich zuerst die Schuhe abstreife und in die Ecke kicke, dann das Licht einschalte.

„Überraschung!“

Ich blinke mit den Augenlidern und erschrecke mich leicht. Die ganze Bude ist voller Menschen. Und da sind ja auch meine Bandkollegen! Kaoru! Toshiya! Kyo! Shinya! Und sogar der Hund! Unwillkürlich muss ich lächeln. Es fühlt sich an, als ginge gerade die Sonne in meinem Herzen auf.

„Überrascht?“, fragt Totchi kichernd und springt mir an den Hals. Er küsst mir sogar die Wange und lacht sich ganz schlapp über mein dummes Gesicht. „Alles Gute zum Geburtstag, mein Großer! Hast du gut durchgehalten heute! Deshalb schenke ich dir das da!“

Er zeigt mit dem Finger auf einen Auslese von ca. zehn auserwählten Whiskeysorten und ich gluckse fast vor Glück und Seligkeit.

„Oh danke, Totchi!“ Ich muss ihn einfach noch einmal kurz drücken, küsse ihn aber nicht. Das ginge zu weit. Mein Herz gehört einem anderen.

„Jetzt bin ich aber dran,“ meldet sich Kyo und drängelt sich durch die Meute um mir die Flosse zu schütteln. „Herzlichen Glückwunsch, alter Knabe. Bleib standhaft. Du weißt schon, wie.“

Hat er mir gerade zugezwinkert? Ich glaube es ja nicht! Kyo hat Mitgefühl und wünscht mir Erfolg. Das ist wie ein Sechser im Lotto. Na ja, vielleicht ein Vierer, aber ein Gewinn. „Dein Geschenk kannste dir später anschauen. Ich hab’s mit Shinny zusammen gekauft.“

„Danke!“ Ich habe tolle Freunde! Ich liebe sie!

„Alles Gute, Die, und sorry wegen dem Theater. Wir wollten dich halt überraschen.“ Shinya piepst mich von der Seite an und erntet gleich eine feste Umarmung von mir. „Hier ist dein Geschenk von mir und Kyo. Ein Überlebenspaket mit allerlei Dingen.“

Nachdem ich die Verpackung aufgerupft habe, erkenne ich viele witzige Sachen, wie z.B. eine T-Shirt mit dem Aufdruck ‚Born to do Die’, eine große Flasche Sekt, Kondome, Herztröpfchen, Tai Ginseng, grünen Tee, Schokolade, ein Videospiel, ein Buch mit dummen Sprüchen für Rockstars, ein Bild von mir, wie ich mich im Schlaf voll sabbere – alles liebevolle Präsente!

„Woah danke, ich liebe euch!“, rufe ich und strahle heller als die Sonne am Nordpol.

Aber halt mal, da fehlt doch noch einer und zwar ein ganz Wichtiger. Langsam drehe ich mich um und sehe zu Kaoru, der bereits leicht amüsiert grinst. Dann kommt er auf mich zu und umarmt mich. Ich sterbe!

„Alles Gute zum Geburtstag, Daidai.“ Kao umarmt mich! Kao nennt mich Daidai! Kao ist der liebste Mensch auf Erden! Schnell schlinge ich meine Arme um ihn und erwidere die Umarmung, bevor er sich wieder leicht von mir löst und mir einen entschuldigenden Blick zuwirft. „Tut mir leid, Großer. Die Sache war meine Idee. Ich wollte eben, dass dir auch mal die Butter vom Brot fällt.“

Ach, ich verzeihe ihm doch! Und vor allem, weil er süß schief grinst. Und weil er sich tatsächlich Gedanken gemacht hat, wie er mich überraschen kann.

Er greift nach hinten und zieht einen Umschlag aus seiner Hosentasche am Hintern, den er mir in die Hand drückt. „Und das ist mein Geschenk.“

„Ein Umschlag?“ Blöder konnte ich ja mal wieder nicht fragen. Was da wohl drin ist?

„Musst ihn schon öffnen,“ klugscheißt mein Kaobaby, aber das nehme ich ihm nicht übel. So ist er eben. Bietet sich die Gelegenheit, lässt er den Klugen raushängen. Hat ja sonst nichts zu tun.

Ich zerreiße den Umschlag und ziehe einen Gutschein heraus, den ich erst einmal lesen muss. Zweimal, sonst glaube ich es nicht.

„Du schenkst mir einen Trip nach Legoland?“, frage ich mit riesigen Augen, als mir die Kinnlade auf den Boden fällt.

„Yup.“ Das meint Kao dazu ganz cool. „Dachte mir, das könnte dir gefallen.“

„Legoland!“ Ich reiße die Arme nach oben und strahle noch breiter, als ich meinem Lieblingskaokao abermals um den Hals falle und ihn ganz fest drücke. Dann knutsche ich ihm die Wange, entfesselt, denn ich freue mir gerade eine zweites Popsloch. Das gibt’s doch nicht! Wahnsinn! „Danke Kao, danke. Das wird so geil werden! Du kommst doch mit, oder?“

Er ist etwas überrascht von meiner Attacke, aber lächelt nickend. „Sicher doch. Wir alle gehen, oder nicht? Sobald wir wieder in Europa sind, machen wir das. Dauert zwar noch, aber...“

„Das ist egal! Hauptsache wir gehen!“, beende ich seinen Satz und knutsche ihm die andere Wange. „Danke Kao, das ist so lieb von dir.“

Er winkt ab und grinst. „So bin ich.“

„Ja, so bist du,“ kichere ich wie ein Schuljunge, bevor auf einmal all die anderen Gäste auf mich einstürzen und mir auch gratulieren.

Alle möglichen Leute sind da, sogar welche von unserer Crew, aber nur die, die wir auch mögen. Ich sehe auch die, die ich vorhin noch angerufen habe, die, die mir absagten. Das alles war eine Finte, aber eine geniale!

Das ist der schönste Geburtstag meines Lebens!
 

Wie sich herausstellt, hat Kaoru sogar etwas zu futtern organisiert. Pizza, Salate, Fritten und Nuggets, Schokolade, Knabberei, alles ist da. Und natürlich reichlich Alkohol und wir trinken bis zum Abwinken!

Erst spät in der Nacht verabschieden sich die ersten Gäste und etwa einen knappe Stunde danach bringe ich die letzten Gäste zur Tür. Ich winke ihnen noch kurz nach und schließe dann die Tür um einmal tief durchzuatmen. Das war wirklich ein toller Tag!

Als ich mich umdrehe, kommt Kaoru gerade aus dem Badezimmer und lächelt mich an. „Und? Alle weg?“

„Ja, bis auf die Stammgäste,“ antworte ich schmunzelnd. „Nur Shin ist schon gegangen. Wegen dem Hund, sagte er.“

„Ah ja. Schaffst du es, die anderen beiden alleine rauszubringen? Ich werfe mich in die Koje,“ gähnt Kao und sieht mich mit einem müden, aber bittenden Blick an.

„Denk schon.“ Ich nicke und sehe ihm noch hinterher, als er mir eine gute Nacht wünscht und sich ins Schlafzimmer verkrümelt. Dann mache ich mich auf ins Wohnzimmer.

„Sooo...“ Ich stoppe und schaue verwirrt von unserem Bassisten zu dem kurzen Sänger. „Das ist ja wohl—“

Mir fehlen die Worte. Kyo liegt pennend auf dem Sessel und sieht aus wie ein Hundebaby. Wie er so liegen kann, kann ich mir nicht erklären, aber er tut es. Schlimm ist allerdings, dass Toshiya der Länge nach auf MEINEM Sofa liegt und dort ebenso schläft. Hey, so geht das aber nicht! Das ist doch mein Platz!

Ich stemme die Fäuste in die Hüften und starre böse auf das breit ausgelegte Totchi in meinem Ersatzbett, drauf und dran ihn aufzuwecken und nach Hause zu jagen. Dann überlege ich es mir noch einmal. Warum? Ganz einfach: Wenn mein Bett besetzt ist, schlafe ich in einem anderen!

Ich kralle mir noch mein Kuschelkissen, was ein kleines Murren von Toshiya hervorruft, bevor ich losziehe in die Höhle des Kaorulöwen. Er kann doch einen armen Obdachlosen nicht fort jagen!

Leise und vorsichtig öffne ich die Tür. „Kao? Schläfst du schon?“

„Hm? Noch nicht,“ sagt er leicht benommen und streckt den Kopf unter der Decke hervor. „Was ist denn?“

„Kann ich bei dir schlafen?“ Ich versuche zuckersüß auszusehen, aber Kao öffnet plötzlich die Augen ganz weit. Erklär dich, Daisuke. „Toto pennt auf dem Sofa und Kyo im Sessel. Ich weiß nicht, wohin.“

Er braucht einen Moment, bevor er schnallt, was ich von ihm will, dann antwortet er: „Kannst du nicht bei Toshiya pennen? Ist doch Platz für zwei auf dem Sofa.“

„Nein, kann ich nicht,“ sage ich ganz weinerlich und rücke näher an den Bettrand, um schon mal mein Kuschelkissen auf die Seite neben Kaoru zu werfen. Er hat ein breites Bett. Er soll sich nicht so haben. Als er krank war, hab ich auch neben ihm gehockt und er hat geschlafen.

„Und wieso nicht?“ Er klingt leicht frustriert.

„Du weißt warum.“ Weiß er nämlich.

„Er wird dich schon nicht vernaschen. Außerdem...“ Er hebt eine skeptische Augenbraue, als wolle er sagen, dass ich vernascht werden wollte.

„Doch. Wir reden von Toshiya und ich habe nicht vor, mich von ihm betatschen zu lassen. Im Gegensatz zu dem, was du glaubst , bin ich nicht so, dass ich alles vögele, was mir unterkommt!“ Ich mache einen leicht gekränkten Eindruck und lege mich schon mal neben Kao. „Und du als der Leader musst mich vor Angriffen Mitschwuler beschützen. Das ist deine Pflicht.“

„Und wer beschützt mich vor dir?“ Oh, jetzt wird er aber direkt.

„Niemand. Als du krank warst, hab ich dich auch nicht angefummelt,“ kontere ich gereizt und decke mich zu. „Was denkst du eigentlich? Ich wohne nun schon etliche Wochen hier und so langsam müsstest du mich kennen.“

Er ist still und schaut mich an. Ich ihn aber nicht. Ich trotze, schließe die Augen und drehe ihm den Rücken zu. Erst nach einiger Zeit sagt er noch etwas. „Okay. Mir fallen eh die Augen zu und ich bin zu müde zum Diskutieren. Gute Nacht.“

„Gute Nacht, Kao, und danke noch mal,“ sage ich dann ganz lieb.

„Wofür?“, höre ich ihn grummeln aus den Tiefen seines Bettes.

„Für die coole Geburtstagsfeier und das Geschenk und nicht zuletzt dafür, dass ich hier schlafen darf.“ Gelobpreist sei der Kaoru-sama!

„Gern geschehen,“ blubbert er noch in sein Bärtchen und ist schon so gut wie im Schlummerland.

Trotzdem muss ich noch eine Sache loswerden: „Gute Nacht.“

„Hm,“ murmelt das Kaotier.

Ach so, und dann fällt mir noch ein: „Schlaf gut.“

„Hm.“ Selbe Resonanz.

Jetzt macht die Sache langsam Spaß. „Träum was Schönes.“

Antwortet wohl nicht mehr? Es ist so ruhig, aber irgendwie fühlt sich die Luft anders an. Dicker irgendwie. Komisch ist das.

„Die.“

Ach, er ist noch wach? Oh wie schön. „Ja?“

„Schlaf jetzt und halt den Mund,“ knurrt er von der anderen Seite und ich muss lächeln.

Er ist schon drollig und so leicht zu reizen manchmal, aber gerade das ist ja so süß. Jetzt würde ich ihn doch gerne nageln wollen, oder wenigstens kuscheln? Ich traue mich aber nicht. Dann hätte ich a) gelogen was die Sache mit dem Befummeln angeht und b) mir einen neuen Schlafplatz zu suchen, nachdem mir Kao eins auf den Deckel gezimmert hat. Streichen wir eben das Kuscheln und freuen uns über die Tatsache, dass der olle Die neben dem Kaobärchen übernachten darf. Im selbem Bett! Wie ein Ehepaar!

Der Gedanke entlockt mir fast ein Glucksen. So könnte es doch immer sein. Ich neben Kao, nachts, im Bett, nur dass er sich natürlich an mich schmiegen würde, weil er nach meiner Zuwendung verlangt. Oh Hilfe, ich drehe frei.

Na wunderbar. Kaoru pennt schon – ich höre es an seiner Atmung – und ich drifte auch allmählich ab. Verdammt. Eigentlich wollte ich ja wach bleiben und das Kaomännchen die ganze Zeit anstarren, während er schläft. Außerdem hätte ich ihm dann Dinge ins Ohr geflüstert, die ihn hätten hypnotisieren sollen oder wenigstens beeinflussen. Dinge wie „Du willst mit Daisuke Andou schlafen.“ oder „Daisuke Andou ist der Gott der Liebe.“ oder vielleicht wäre mir auch noch etwas Besseres eingefallen. Aber dank meines reichlichen Alkoholkonsums kann auch ich meine Augenlider nicht mehr offen halten und falle langsam aber sicher in einer festen Schlaf.
 

Mich kitzelt etwas an der Nase und mein Arm ist leicht taub, aber ich nehme einen sonderbar schönen Geruch wahr. Gerade noch träumte ich von Urlaub am Mehr, wo Kaoru und ich unsere Flitterwochen verbracht haben. Unsinn, ja sicher, aber der Traum war schön. Wir hatten ulkige Hawaiihemden an und mit einem Cocktail in der Hand wartete ich auf meine bessere Hälfte, dem allerdings seine Badeshorts viel zu groß waren. Wozu trug er überhaupt welche? Kann ja nicht mal schwimmen. Als ich also da in meinem Liegestuhl vor mich hin wiegte, kam mein Kao und krabbelte sexy auf mich um mir einen Kuss zu geben. Da hörte ich die anderen rufen: „Nehmt euch ein Zimmer!“

Warum wir die anderen auf Hochzeitsreise mitgenommen hatten, ist mir nach wie vor unklar. Kaoru interessierte das jedoch gar nicht, sondern legte einfach eines seiner coolen Eisblockgrinsen auf und leckte mir erneut mit seiner Zungenspitze über die Lippen, bevor ich blitzschnell meinen Mund öffnete und mit der Zunge nach seiner Berührung suchte.

Ein toller Traum, nur leider wache ich auf dank dieses merkwürdigen Kitzelns an meiner Nase. Ich blinzele ein paar Mal mit den Augenlidern, bevor ich meine Umgebung wahrnehme. Plötzlich fällt mir wieder ein, dass ich in Kaos Bett liege – mit ihm – und ich habe ihm versprochen, ihn nicht anzurühren. Wie also kommt es, dass seine Haare meine Nase kribbeln?

Es verschlägt mir den Atem, er stockt einige Male, bis ich merke, wie nah mir Kaoru tatsächlich ist. Die Taubheit in meinem Arm resultiert eindeutig aus dem Gewicht seines Körpers und der merkwürdigen Lage, in der ich mich befinde. Sein rechter Arm liegt um meine Taille und sein Kopf liegt schräg über meinem, den ich mehr oder weniger in seiner Halsbeuge versteckt habe. Um ehrlich zu sein, würde ich selbst mal gerne wissen, wie man sich so verrenken kann, aber ich habe keinen Plan. Alles, was ich weiß, ist, dass ich mich in einer prekären Situation befinde, und dass Kaoru sicherlich mir dafür die Schuld geben wird. Dabei weiß ich selber nicht, wie es dazu kommen konnte.

Auf welcher Betthälfte wir uns befinden, kann ich leider nicht sagen von hier aus. Ich weiß nur, dass ich bald verrückt werde. Wie gut der Typ auch noch riecht! Einfach nach Kaoru, nicht nach Parfüm oder irgendwelchem anderen Zeug, nein, nach Kaoru, meinem Kaoru. Wenn ich meinen Kopf auch nur ein Stückchen drehe, würden meine Lippen die Haut an seiner Wange berühren. Nur leider traue ich mich nicht, mich zu bewegen, aus Angst, er würde aufwachen und unseren Körperkontakt unterbrechen. Ich fürchte mich nicht davor, dass er mich vielleicht anschnauzt oder mir sogar eine runterhaut. Das ist es allemal wert. Aber die Nähe wäre dahin.

Ich will aber seine Nähe.

Gott, ich drehe gleich total frei. Ich will ihn küssen, so sehr. Ich will meine Lippen auf seine weiche Haut legen und einfach das Gefühl genießen. Nur ganz kurz. Für einen kurzen Moment wenigstens. Bitte...

Unwillkürlich gebe ich mich der Versuchung geschlagen und drehe meinen Kopf kaum merklich, aber genug so dass mein Mund seine Wange berührt. Ich atme tief ein und vorsichtig langsam aus. Er darf nicht aufwachen, aber oh Hilfe, ich will mehr. Kann er es mir wirklich verübeln, wenn ich es riskieren würde? Schließlich liegt er fast mehr auf mir als ich auf ihm.

Oh Kao...

Herr im Himmel, steh mir bei. Meine Lippen bewegen sich fast wie von selbst, zuerst nur auf ein und derselben Stelle, ein wenig, dann drehe ich meinen Kopf genug um seine Lippen erreichen zu können. Nervös, fast zitternd, lege ich meine Lippen auf seine, kaum spürbar. Das ist unglaublich. Wie ein Traum und ich will mehr, immer mehr. Zögerlich küsse ich seine Unterlippe, die sich im Schlaf ohne Widerstand zu meiner Gnade ergibt.

Ich höre ihn leicht schlaftrunken brummen, aber irgendetwas in mir kann nicht aufhören, selbst wenn er jetzt wach wird. Sogar noch verlangender drücke ich meine Lippen auf seine und bewege sie, so dass er nicht anders kann, als seinen Mund für mich zu öffnen.

Er wird mich töten. Daran gibt es keinen Zweifel, aber vorher will ich wenigstens noch einmal meine Zungenspitze entlang seiner Lippen fahren lassen und dann seine Zunge berühren.

Wieder stockt kurz mein Atem, als ich es schaffe Kaos Zunge anzustupsen, aber ich spüre auch, wie er zur Besinnung kommt.

Zwei Optionen habe ich. Entweder entferne ich mich schnell von ihm und hoffe darauf, dass sein Ärger nicht zu groß ist und er mich zumindest am Leben lässt oder...

Plötzlich macht er eine hastige Bewegung mit seiner Hand, pack mich an der Schulter und öffnet geschockt die Augen. Der Rest passiert wie mechanisiert, denn ich presse meine Augenlider fest zu, drücke meine Lippen stärker auf seine und rolle all mein Gewicht auf ihn. Seine Hand an meiner Schulter drück fester zu, presst deren Fingerspitzen tief in meine Haut, so dass es wirklich schmerzt. Er ist mir jedoch ausgeliefert und ich umschlinge sein Handgelenk mit einer Hand so stark, dass er augenblicklich seinen Griff an mir leicht löst. Ich nutze den Moment und ziehe seine Hand von mir, presse den Arm auf das Bett neben uns, während ich meine Lippen und Zunge einfach weiter in seiner Mundhöhle spielen lasse, ganz egal, ob er es will oder nicht.

Er knurrt unter mir, wirkt verärgert, aber nur leicht panisch. Auch wenn ich gerade gegen seinen Willen handele, versuche ich, trotzdem noch gefühlvoll zu sein, wenn auch leidenschaftlich. Ich will ihn so sehr. Versteht er das denn nicht?

Kao ist alles, was ich will. Der Mensch sollte ein Recht darauf haben sich zu nehmen, was er will. Ich nehme mir jetzt Kaoru. Er schmeckt so gut. Seine Küsse...

Er fängt an seine Lippen gegen meine zu bewegen. Habe ich ihn etwa soweit? Oder tut er es nur, damit ich schwach werde, oder weil er nicht anders kann? Es spielt keine Rolle. Ich küsse ihn intensiver, tiefer, mit all der Liebe, die ich in mir aufbringen kann.

Klingt verrückt, aber ich fühle mich ein wenig wie ein Teenager, der einfach nur mit seinem Freund auf dem Bett rummachen will. Knutschen. Fummeln. Ausprobieren. Niemals würde ich soweit gehen und Kaoru gegen seinen Willen vögeln. So etwas könnte ich nicht. Aber das, was ich hier tue, ist doch noch nichts Verwerfliches, oder? Er könnte sich sicher noch mehr wehren, wenn er wirklich wollte.

Stattdessen spüre ich unerwartet seine andere Hand an meiner Seite, knapp über der Hüfte. Ich riskiere es und lasse seinen Arm los, dessen Handgelenk ich noch immer festgehalten habe. Er lässt sie liegen.

Kann mich nicht darauf konzentrieren.

Ich spüre seine Zunge an meiner. Sie tanzen, spielen, streicheln einander. Kaoru erwidert meinen Kuss. Mein Hirn kann das gar nicht aufnehmen. Mein Körper kann nur reagieren und ihm mehr geben von dem, was ich zu bieten im Stande bin. Mir wird immer heißer, als sich unsere Küsse gegenseitig anspornen. Vorsichtig lege ich meine Hand an seine Seite, such das Ende seines T-Shirts, um meine Finger unter den dünnen Stoff zu schieben. Seine warme Haut ist seidig, weich, zart. Ich schiebe meine Hand weiter nach oben, fühle seinen Körper, die Rippen, die winzigen feinen Härchen auf seinem Bauch und die sich härtende Brustwarze.

Es entfährt ihm der Ansatz eines winzigen Stöhnens und ich lass noch einmal meine Fingerspitze federleicht über den sensiblen Punkt fahren. Er neigt leicht seinen Kopf, so dass ich ihn noch besser küssen kann, mehr Freiraum habe um mit seiner Zunge liebevolle Kämpfe auszutragen.

Ich bin im Himmel. Träume ich oder bin ich wach?

Ist egal.

Seine Hand gleitet zögerlich unter mein T-Shirt und streicht mir über den nackten Rücken.

Mir schießt das Blut in die unteren Regionen.

Ich stöhne leicht in den Kuss hinein und lasse von seinen Lippen ab um mir an seinem Hals zu schaffen zu machen. Riskant, aber ich will ihm doch zeigen, wie sehr ich ihn verwöhnen kann. Meine Lippen wandern über die dünne Haut, nagen leicht daran, saugen gefühlvoll. Ich stupse die Zungenspitze gegen den Puls, fahre die Zähne entlang des Halses. Rieche ihn. Schmecke ihn. Liebkose; meinen Mann.

Seine Handfläche gleitet nach unten, meiner Wirbelsäule entlang zum Bund meiner Shorts, dann hinein.

Ich werde verrückt, bin es gar schon.

Plötzlich ein Geräusch von draußen...
 

„Kaoru!“

Die Stimme von draußen klingt nahe und bevor ich wirklich schnalle, was los ist, stößt mich Kao von sich. Auch ich erschrecke, lasse schnell von ihm ab. Ich will ihn nicht in Verlegenheit bringen.

„Kaoru?“ Es ist eindeutig Kyo und als sich die Tür aufschiebt und ein rundes Gesicht hineinschielt, bin ich mir sicher. „Bist du— oh— wach?“

Zum Glück haben wir uns voneinander getrennt, sonst wäre es sicher wirklich peinlich gewesen für Kaoru. Ich verstehe das sogar. An seiner Stelle würde ich mich wohl ein wenig wie eine Jungfrau fühlen oder ein kleines Mädchen, jedenfalls nicht so wie Die, der schon so oft mit Männern geschlafen hat. Für Kao ist das eben nicht normal, könnte es aber werden.

„Ja,“ antwortet der Bandleader mit einer belegten Stimme und räuspert sich kurz. „Ja, bin ich. Was gibt’s denn?“

„Tja...“ Kyo schaut mich an und hebt die Augenbrauen. „Eigentlich haben Toshiya und ich uns gewundert, wo Die ist. Aber,“ –er nickt mit dem Kopf zu mir— „du bist ja dann wohl hier, ne.“

Ich nicke und versuche ganz unschuldig auszusehen, wie ich so an dem einem Bettende sitze und Kaoru am anderen, die Rücken einander zugekehrt.

„Hast du hier gepennt oder was?“ Sehr skeptisch sieht Kyo mich an, als würde er seinen Augen nicht trauen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass er sich nicht vorstellen kann, dass ich Erfolg hatte. Dennoch zweifelt er an seiner Überzeugung.

„Toshiya hat das Sofa belagert. Wo sollte ich denn hin?“ Das ist nur die Wahrheit.

„Ah so...“ Kurz beäugt er mich noch, als seine Aufmerksamkeit wieder auf Kaoru fällt. „Totchi und ich haben versucht Frühstück zu machen. Sind noch allerhand Reste von gestern da, aber wir finden einfach keinen Kaffee.“

„Der steht in einer Büchse im Kühlschrank,“ sagt Kao und steht auf, bevor er sich schnell ein paar Sachen zusammen sucht. „Bleibt länger frisch so. Kommt ihr klar?“

Er schaut Kyo nicht an, als er sich mit seinen Klamotten beschäftigt. Ist ihm also doch etwas unangenehm. Verständlich sogar. Selbst ich fühle mich gerade sehr unwohl, nicht zuletzt, weil ich nicht weiß, was vielleicht passiert wäre, wenn Kyo nicht herein gekommen wäre.

„Ja, Chef.“ Der kleine Sänger nennt den Leader selten so und man könnte ihm einen leicht spöttischen Unterton unterstellen. Das geht allerdings an Kaoru gerade total vorbei. Er nimmt seine Sachen und zieht an Kyo vorbei.

„Dann ist ja gut. Ich geh duschen.“ Und weg ist er.

Kyo sieht mich noch einmal kurz an und grinst leicht schelmisch, was ich aber mit einem unschuldigen Blick auskontere. Dann geht er wieder.

Scheiße.

Ich lass mich wieder auf das Bett fallen und wische mir mit der Hand über das Gesicht. Mein Gott, wie nah ich dran war. Der kleine prozentuale Anteil an Verstand in mir sagt, dass es wohl auch besser gewesen ist. Doch der andere, emotionale und stark erotisch geladene Teil in mir denkt anders.

Was soll ich von gerade eben halten? Kaoru hat keinen Widerstand mehr geleistet. War er verpeilt? War er scharf auf mich? Hatte er Hirnschwund? Mag er mich doch? Habe ich ihn überrumpelt? Letzteres trifft es wohl am besten. Nichts desto trotz kann ich das doch irgendwie unter Erfolg verbuchen, oder? Ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber ein großen für den Die.

Mit einem Seufzer raffe ich mich auf und verlasse das Schlafzimmer um ins Wohnzimmer zu watscheln. Dort sind meine Anziehsachen und ich muss unbedingt frisches Zeug anziehen, bevor wir heute losmachen und ein Konzert geben. Vorher aber will ich etwas essen.

Der Kaffee blubbert bereits, als ich in die Küche komme.

„Ey Tosh, sind das deine Kippen?“, frage ich und schnappe mir das Päckchen um eine anzuzünden. So fängt bei mir eben ein Morgen an.

„Dir auch einen guten Morgen, Die.“ Ist nicht sehr begeistert von meiner Art gerade, unser Toto.

„Ja ja, guten Morgen. Gut geschlafen auf meiner Couch?“ Ich bin zickig, das weiß ich selber. Mir doch egal.

„Ging so, danke.“ Er verleiert die Augen. „Zumal, noch ist es Kaorus Couch und außerdem bin ich mir sicher, es hat dir nichts ausgemacht bei ihm zu übernachten, oder?“

Darauf weiß ich gerade keine Antwort. Natürlich hat es mir nichts ausgemacht. „Nein, aber ihm vielleicht.“

„Hätte ich stattdessen lieber bei ihm pennen sollen?“ Jetzt wird er gemein, finde ich.

„Nein!“ Ich knurre leicht. „So meine ich das nicht.“

„Wie denn dann?“ Toto stellt sich dumm. Im Grunde ist er im Recht, aber ich will ihm nicht die Genugtuung geben.

Ich zucke mit den Schultern. „Spielt doch keine Rolle.“

Toshiya schaut kurz zu Kyo, der ihm Zeichen gibt aufzuhören mit dem Thema. Möglicherweise ahnt er mehr, als er sagt oder sagen könnte. Vielleicht hat er auch etwas gesehen, aber das ist nur reine Spekulation.

Als Kaoru aus dem Badezimmer kommt, hat er neue Sachen an und ist frisch geduscht. Leise wünscht er Toshiya einen guten Morgen und setzt sich hin.

„Wie spät ist es?“

„Kurz nach zehn,“ antwortet Kyo knapp auf seine Frage.

„Also noch knapp drei Stunden bevor wir abgeholt werden.“ Kaoru macht Small Talk. Nicht schlecht, wie er mit der Situation umgeht, zumindest den beiden gegenüber. Er scheint wieder ganz der coole Leader zu sein.

Was wird nur, wenn wir wieder alleine sind?
 

Nach dem relativ kurzen Frühstück verabschieden sich Kyo und Toshiya, denn es wird allmählich Zeit, dass sie ihre Koffer packen.

Kaoru macht die Tür zu und schaut mich an. „Ich geh packen.“

Das ist alles, was er sagt, bevor er in sein Schlafzimmer trottet und die Tür hinter sich schließt. Ich atme einmal tief durch und beschließe erst einmal eine heiße Dusche zu nehmen.

Als ich fertig bin, gehe ich in frischen Sachen ins Wohnzimmer und lasse mich auf das Sofa fallen. Komische Situation. Kaoru scheint noch immer in seinem Schlafzimmer zu sein. Er mag wohl nicht reden. Will ich reden? Nein, lieber da weitermachen, wo wir aufgehört haben. Vielleicht sieht er es ja genauso. Ich muss gähnen und schließe einen Augenblick lang die Augen, erinnere mich an vorhin, als wir im Bett rumgemacht haben. War das schön! Das Gefühl seiner Haut unter meinen Finger war einfach atemberaubend. Und erst die Berührung unserer Zungen...
 

„Die!“

Ich schrecke hoch. „Was? Was ist?“

„Der Wagen steht draußen. Hast du etwa noch nicht gepackt?“ Kaoru ist entgeistert.

„Was? Schon?“ Mein Kopf ist ganz durcheinander. War ich etwa eingeschlafen?

„Was denkst du denn? Mach jetzt! Pack!“ Er fuchtelt aufgeregt mit den Händen und schnappt seine zwei Taschen, die neben ihm stehen. „Ich geh schon runter und sag den anderen bescheid. Du hast zehn Minuten. Schließ bitte die Tür ab.“

Ich nicke und sehe mich um. Tatsächlich schon kurz vor eins. So ein Mist! Ich wollte doch nicht schlafen! In Windeseile suche ich meine sieben Sachen zusammen: Kleidung, Hygieneartikel, Geldbeutel, Handy, Zigaretten, mp3-Player und meine Ausweispapiere. Einmal hatte ich die vergessen und durfte mir eine Predigt vom großen Häuptling Kaoru anhören. Den Fehler mache ich nicht noch einmal.

So, Schlüssel habe ich, nur noch die Schuhe anziehen.

Ach, Mist. Das Telefon klingelt und Kao ist schon weg. Verdammt. Hat er nicht gesagt, ich soll niemals rangehen? War doch sicher nur Spaß... Mir geht das Klingeln auf den Keks.

„Hallo?“

„Hallo, ist dort nicht Kaoru?“ Ältere Frauenstimme.

„Nein, hier ist Die. Wer ist denn dort?“ Soll doch erst mal ihren Namen sagen!

„Hier ist Kaorus Mutter. Ist er nicht da?“ Ach du grüne Neune! Hab sie gar nicht erkannt am Telefon.

„Ach Frau Niikura! Kaoru ist schon draußen am Auto. Wir sind auf dem Sprung, wissen Sie? Wir haben ein Konzert heute Abend.“

„Und warum sind Sie in seiner Wohnung? Das verwirrt mich nur gerade... Du bist einer seiner Bandkollegen, nicht wahr?“

„Ja, genau. Erinnern Sie sich nicht an mich? Die, der mit den roten Haaren.“ Sie kennt mich doch eigentlich.

„Ach Die, ja richtig, der mit dem netten Lächeln...“ Die Frau hat Geschmack.

„Kann ich Kao was ausrichten? Ich muss nämlich auch gleich los.“ Ich würde gerne noch plaudern, kann ja aber leider nicht. Schade, wirklich.

„Ich wollte ihn eigentlich zu Weihnachten einladen, aber wenn ihr schon wieder tourt...“ Sie verliert den Faden und wird leiser. Sie tut mir leid. Sicher ist sie enttäuscht. Aber halt mal!

„Wir haben einen der Weihnachtsfeiertage frei. Den ersten.“ Haben wir!

„Oh wirklich? Aber das wird dann sicherlich zu stressig für ihn, wenn er auch noch so weit zu uns fahren soll...“ Euphorie legt sich. Die Ärmste! Nie sieht sie ihren Kao. „Sein Vater und ich könnten allerdings zu ihm kommen. Das ginge. Fragst du ihn bitte mal, ob es ihm recht ist?“

„Er hat sicher nichts dagegen und würde sich bestimmt freuen.“ Er hat liebe Eltern, finde ich.

„Ach Die, du bist wirklich ein sehr netter Freund. Dann sag ihm doch bescheid, dass wir kommen. Tust du mir den Gefallen?“

„Wird gemacht, Frau Niikura. Ich muss dann aber auch los. Sagen Sie Ihrem Mann schöne Grüße, auch von Kaoru! Baibai.“

Das wäre erledigt. Ich bin wirklich ein guter Freund und Kaos Mama ist wirklich eine nette Frau. Ich habe sie leider bisher nur zwei- oder dreimal getroffen, aber ich mochte sie auf Anhieb. Gute Basis für eine Beziehung, nicht wahr?
 

Ich spurte also schleunigste die Treppen runter, nachdem ich meine Sachen geschnappt und die Tür verschlossen habe. Draußen im Auto warten bereits alle meine Kollegen und ich beeile mich, die Tasche im Kofferraum zu verstauen, bevor ich in den Van klettere.

Mist, Kaoru sitzt eine Reihe vor mir ganz links, wo ich doch rechts sitze und ihm etwas auszurichten habe.

„Auch schon da?“, meckert mich Kyo an mit verschränkten Armen.

„Ging nicht schneller, weil...“ Ich muss mal Luft holen, denn ich bin irgendwie außer Puste. „Telefon. Kaoru—“ Ich sehe den betitelten Mann in Frage an und er würdigt mir einen leicht entnervten, jedoch neugierig skeptischen Blick über seine Schulter. „Ich muss dir was sagen.“ Ist halt nur so blöd, wenn da vorne sitze. „Ach, ich erzähle es dir nachher.“

Mit einem leichten Nicken dreht er sich wieder nach vorn.

Boah, der wird sich freuen!
 


 

Ende Kapitel Sechs.
 


 

So, reicht. Hat’s gefallen? Anmerkung: Ich weiß, dass die’s nicht so mit Weihnachten haben und dass die Tourdaten nicht übereinstimmen. Sonst funzt aber der Plot nicht. ;)
 

Und der Hinweis zum Archiv:

http://sanghamyers.livejournal.com/106049.html
 

PS. In LJ kann man auch gut kommentieren und bekommt darauf (sofern man einen account hat) auch eine Antwort von mir, einen Dank oder seine Fragen beantwortet.^_________^

Nichts geklärt, doch zweifellos

oô Joah, also es gibt einen Plot und ich weiß auch bis ins kleinste Detail bereits, wie es enden wird und was noch alles passiert – ihr noch nicht, also schön brav weiterlesen. :P

DANKE für eure Kommis: inori, Aimi, Tetsu, Lyciel, DOKIDOKI, Toshie, Jadespiegel, LunaFeles, eba-chan, PornoKao, Hakuchan, Totchan, _Domstic_Fucker_, Januce, tayo & CrimsonBubble in Mexx sowie aya-3003, doke-shi & momijimanju in LJ!

Es freut mich, dass die Zahl der Leser wächst. Hier nun die nächste Etappe...
 


 

Kapitel Sieben
 


 

Im Kleinbus zur Konzerthalle – nicht sehr bequem, aber zweckmäßig, denn man kommt ja so schon kaum voran. Da wäre ein großer Tourbus einfach unpraktisch, denn unser erster Gig ist nicht weit von Zuhause. Was allerdings nervt, ist Kyo, wenn er einschläft und meine Schulter als Kissen benutzt. Wehe, der sabbert meine schöne Jacke voll.

Ein Blick nach vorne verrät mir, dass Kaoru sich mit seinem Musikmagazin beschäftigt, während Toshiya neben ihm lieber seinen Gameboy quält. Nur um mich kümmert sich mal wieder keine Sau. Mir ist langweilig. Ich will zurück ins Bett zu Kao! Was er wohl so denkt? Er ignoriert doch anscheinend völlig, dass wir vor etwa vier Stunden noch rumgeknutscht haben. Tut so, als wäre nichts gewesen. Den Mann soll einer verstehen? Aber es ist eigentlich typisch für ihn. Er und ein anderer Kerl? Nicht möglich, ergo Verdrängung. Damit habe ich im Grunde schon gerechnet; bin nicht mal überrascht von seinem Verhalten. Gut, vielleicht davon, dass er überhaupt reagiert hat auf mich, dass er mich ebenso geküsst hat wie ich ihn und dass er mich hinterher nicht verkloppt hat aus Ärger gegen mich und sich selbst. Wie hätte er auch? Kyo hat ihm den Wind aus den Segeln genommen, vermute ich, und Kaoru spielt mir jetzt den Unnahbaren vor. Aber es ist mir vollkommen egal, was er spielt. Ich weiß, dass ich einen gewaltigen Schritt in Richtung „Bedding Kaoru“ gemacht habe und das allein zählt! Das motiviert mich, gibt mir Hoffnung und Kraft niemals aufzugeben. Der wird schon noch einsehen, dass ich der Mann für ihn bin!
 

Als wir endlich ankommen, hat das Kaobärli wohl schon wieder vergessen, dass ich mit ihm reden wollte. Ich ziehe ihn also am Ärmel, als wir zum Soundcheck in die Halle gehen und er dreht sich genervt um.

„Ich muss dir noch was sagen.“ Er schaut nicht minder genervt, aber ich ignoriere diese Kindereien jetzt gerade mal. „Wegen dem Telefonat. Das war eigentlich für dich.“

Jetzt schaut er mich schon viel interessierter an und hebt sogar die Augenbrauen. Ich gehe ein Stück zur Seite, damit die anderen nicht mithören können, und lehne mich gegen die Absperrung um mir eine Zigarette anzuzünden.

„Wer war denn so Wichtiges dran?“ Kaoru sieht doch etwas stutzig aus, als ich ihn anlächele.

„Deine Mutter,“ antworte ich brav, aber er weitet nur noch mehr seine Augen.

„Und was wollte sie?“ Er verschränkt die Arme und lehnt sich neben mir gegen die Absperrbande. „Eigentlich sollst du überhaupt keine Anrufe entgegen nehmen.“

„Mann, take it easy, Kao. Sie wollte dich nur zu Weihnachten mal einladen,” kläre ich ihn auf und muss schmunzeln.

„Das wird wohl kaum was. Wir haben nur einen freien Tag und da fahre ich bestimmt nicht so viele Kilometer, nur um was zu essen und mir das Gesülze um die Kinder meiner Schwester anzuhören,“ mault das Kaotierchen und ich frage mich, ob es wohl an seiner Schwester oder Kindern im Allgemeinen liegt, dass er so abwertend reagiert. Er mag keine kleinen Kinder, obwohl er sie recht niedlich findet. Aber so mit denen spielen und sich um sie kümmern, das liegt ihm ja nun gar nicht.

„Hab ich deiner Mama auch gesagt,“ stimme ich zu und jetzt zittert sich lediglich seine linke Augenbraue nach oben. „Dass es zu weit ist mit nur einem freien Tag und sie meinte, das wäre kein Problem. Sie und dein Vater kommen zu dir!“

Ihn anstrahlend, beobachte ich, wie seine Kinnlade auf den Fußboden fällt. „Wann?“

„Weihnachten.“ Ist der schwer von Begriff. „Sie kommen Weihnachten. Das ist doch schön, oder?“

„Hast du sie noch alle?“ Er gafft mich an, als wäre es das Absurdeste der Welt. Ich würde mich freuen, wenn mich meine Familie mal öfter besuchen käme. „Das ist ganz und gar nicht schön.“

Das verstehe ich jetzt nicht. „Warum denn nicht? Deine Mama ist so nett.“

„Ach ja?“ Kaoru sieht angepisst und verzweifelt zu mir herüber. „Zu dir vielleicht am Telefon. Verdammter Mist.“ Er pult sein Handy aus der Tasche und öffnet das Telefonbuch.

„Was machst du da?“ Was hat er vor? Sich bei ihr bedanken? Ich begreife seine Panik nicht.

„Was denkst du? Ich rufe sie an und sage ihnen, dass ich keine Zeit habe... zusätzliches Konzert oder so was. Mir fällt schon was ein.“

Spinnt der? Man kann doch seine Eltern nicht belügen! Schon gar nicht, wenn sie einen sehen wollen. Die lieben ihn doch. Und ich liebe seine Mama, also was soll das? Ich schnappe ihm das Handy aus den Pfoten und halte es außer Reichweite, als er mich böse anstarrt.

„Geht’s noch? Gib das wieder her.“ Sein Ton ist herablassend und befehlend – gefällt mir nicht.

„Nein. Du kannst doch deinen Eltern nicht absagen. Warum denn überhaupt? Es kann doch nicht so schlimm sein, wenn die dich mal besuchen kommen. Du solltest dich freuen und sie nicht anlügen mit irgendwelchen Ausreden.“ Standpauke á la Die. Ja, das geht nämlich auch mal so herum.

„Die,“ knurrt er mich an. „Du verstehst das nicht. Du kennst meine Eltern nicht. Die sind nicht wie deine.“

„Also am Telefon fand ich deine Mutter sehr nett und die paar Male, wo ich sie persönlich getroffen habe, war sie auch ganz lieb. Also was soll der Stress? Die wollen dich sehen. Die kommen wegen dir. Weil sie dich lieb haben. Es sind deine Eltern! So schlimm kann es doch nicht sein.“ Rafft der das nicht oder will er es nicht raffen?

„Du hast doch keinen Plan, Die.“ Wieder verschränkt er die Arme und sieht sogar etwas beleidigt aus. „Die sind nicht, wie du denkst. Meine Mutter kennst du nur flüchtig. Zu mir ist die anders. Sie findet ständig Dinge an mir, die ihr nicht gefallen und seien es nur die Teller in meinem Schrank oder wie ich aussehe. Sie kritisiert meinen Lebensstil und stellt nur dumme Fragen über meine Zukunft, wie ich sie mir vorstelle und so weiter. Weil ich nicht verheiratet bin so wie meine Schwester. Die hat Bälger und da ist Omi stolz und lobpreist sie die ganze Zeit. Das hängt mir so zum Hals raus. Niemals bin ich ihr gut genug. Und bei meinem Vater will ich gar nicht anfangen. Kennst du nicht, weil der niemals irgendwo hingeht. Sitzt zuhause und labert dummes Zeug. Wenn ich ihm was erzähle, geht es ihm glattweg am Arsch vorbei und er erzählt mir was von den Nachrichten oder so. DAS ist meine Familie. Warum also soll ich mir das antun? Auch noch zu Weihnachten und wo ich erst schon selten meine Ruhe genießen kann.“

Ich höre Kaoru verständnisvoll zu, aber zweifle noch immer leicht an seiner Aussage. So schlimm soll das sein? Er übertreibt doch sicher. Oder? Ach Mann, ich glaube an das Gute im Menschen und selbst wenn es so ist, wie Kao sagt, dann müssen wir die eben mal eines Besseren belehren und ihnen zeigen, dass sie stolz sein können auf ihren Ältesten.

„Es ist aber Weihnachten und sie wollen dir offensichtlich zeigen, dass sie dich vermissen. Mann Kao, wir stehen das schon durch. Ich helfe dir auch.“ Meine Arm um seine Schulter legend schenke ich ihm ein motivierendes Lächeln, aber er schaut etwas skeptisch zu mir auf. „Wir zeigen denen, dass sie stolz auf dich sein können und dass du der beste Sohn auf der Welt bist!“

„Wir?“ Nur eine Frage hat der Kleine und ich muss zugeben, dass ich gar nicht bemerkt hatte, dass ich uns als eine Einheit betrachtet habe. Aber so ist es doch auch gut so.

Ich grinse also und nicke. „Klar wir. Ohne mich bist du doch hilflos, gib es zu.“

Es entfährt ihm ein leises Schnarchen als Zeichen des Pessimismus. „Wir müssen denen aber echt nichts beweisen, verstehst du? Ich bin vielleicht nicht der beste Sohn der Welt, aber sie sollten auch so wissen, dass sie stolz auf mich sein könnten, wenn sie nur wollten...“

„Genau das meine ich aber auch.“ Ich drücke kurz seine Schulter, klopfe leicht darauf und grinse ihn aufmunternd an. „Ich kenn mich mit Eltern aus, vertrau mir. Ich bin so eine Art ‚Schwiegersohntyp’, weißt du?“

„Du?“ Er lacht kurz leise auf. „Schade nur, dass du schwul bist. Sonst könnte sich ein Mädel echt freuen.“

„Das kann auch ein hübscher Kerl, oder nicht?“ Ich zwinkere ihm zu und nehme die Hand von ihm um sie ihm entgegen zu strecken. „Also rufst du nicht an und wir stehen das durch. Deal?“

Kurzes Zögern, aber letztlich schlägt er ein. „Also gut, aber unter der Bedingung, dass du mich über alles informierst, was du vorhast.“

„Einverstanden.“ Wir schütteln Hände und ich grinse wohl wie der größte Idiot auf Erden, aber ist doch egal. Ich freue mich, dass er mir Vertrauen schenkt und ich ihm offensichtlich auch.

„Gut, lass uns jetzt schnell proben. Ich hab Hunger.“ Er lacht kurz auf und zieht ab, aber ich bin ihm dicht auf den Versen.

„Das ist doch der Leader, wie ich ihn kenne!“
 

Nach den Proben essen wir schnell was und stecken kurz danach bereits wieder in den Vorbereitungen für das Konzert. Das ist genau die Routine, von der ich bereits schon einmal sprach. Man hat einfach keine Zeit für andere Dinge. Kaum mal eine Minute für eine Zigarette und schon sind wir auf der Bühne und spielen uns die Seele aus dem Leib. Wenigstens darf ich dort während eines einzigen Liedes meinen Leader anschmachten und werde sogar von ihm höchstpersönlich angehimmelt. Früher war Fanservice noch schöner, aber dafür musste ich den dann auch mit den anderen Jungs zeigen. Dann doch lieber nur ein bisschen und nur mit Kao. So passt das schon.

Nach dem Konzert ist man total aufgeputscht. Auf der einen Seite macht sich körperlich Schwäche breit, aber weil man im Geiste wie auf Droge ist, kann man nicht schlafen. Zumindest geht es mir so. Kyo hat da selten Probleme und Toshiya lässt seinen Hype meist am Handy aus oder zieht sich Mangas rein. Wie man davon runterkommen soll, ist mir ein Rätsel. Kaoru labert sich wie meistens einen Wolf mit irgendwelchen Spasten von der Crew. Dies hat ihm nicht gepasst, dann das und jedes welches muss auch verändert werden. Er sollte sich lieber etwas mehr Zeit für mich nehmen, aber das bleibt dann wohl bei Wunschdenken. Am Ende ist nur Shinya übrig, den ich fragen könnte, ob er mit mir mal einen heben geht. Doch selbst das Bandbaby sagt ab. Was ist eigentlich los mit dieser Zeit? Man glaubt doch kaum, dass die fast alle jünger sind als ich.

„Gehst du noch weg?“ Was? Wer spricht da? Das war doch die Stimme meines Gottes.

„Mal sehen,“ antworte ich, als ich Kaoru neben mir realisiert habe. „Kommst du mit?“

Er lacht nur kurz und schüttelt den Kopf. „Nein, ich hau mich in die Falle. Zwei Nächte nacheinander bechern schlägt bei mir über die Stränge.“

Ach ja, richtig. Gestern haben wir ja noch meinen Geburtstag gefeiert. Ist das nicht schon länger her, frage ich mich und kratze mir den Kopf. „

„Wir müssen morgen auch früh raus. Die nächste Location ist nicht weit weg und wir fahren nur eine knapp Stunde. Heißt, du kannst nicht im Bus pennen, Die.“ Wie schlau er ist. Ja, er hat es eben drauf, der Kaomeister. Ohne ihn wäre ich aufgeschmissen.

Trotzdem kotzt mich das gerade an, denn es würde heißen, ich muss hier bleiben. „Nichts für ungut. Halb so wild. Dann bleibe ich eben im Hotel,“ sage ich und beiße mir auf die Lippe. „Was für Aussichten. Was machst du noch?“

„Hab ich doch schon gesagt. Ich gehe schlafen,“ murmelt Kao vor sich hin und schaut auf einmal etwas verdattert auf den Fußboden. Schlafen erinnert ihn sicher an letzte Nacht. Gut kombiniert, Holmes, sage ich mir im Geiste. Normalerweise würde ich ihm jetzt einen Spruch drücken von wegen, ob er noch Schlaf nachzuholen hätte, aber ich verkneife es mir. Ich muss ja nicht noch Salz in die Wunde streuen oder ihn gar sauer auf mich machen. Reicht schon, dass er die letzten Events, sprich die wilde Knutscherei, einfach ignoriert.

„Ja, ich auch. Also dann, gute Nacht.“ Ich schenke ihm noch ein liebes Lächeln und mache mich schweren Herzens auf den Weg in mein Zimmer. Was hätte ich ihm denn noch sagen sollen? Ich will auf keinen Fall, dass er denkt, ich wolle ihn verärgern. Andererseits lasse ich ihn einfach so stehen. Erwecke ich den Eindruck, er schert mich einen Dreck? Das ist das Letzte, was ich will. Nur was soll ich denn sonst tun oder sagen? Ich bin zwar keineswegs auf den Mund gefallen, aber ich kann ihn auch nicht ständig auf die Nerven gehen, oder?

Mir den Schädel zerplatzend, komme ich an meinem Zimmer an und schlurfe hinein. Morgen werde ich die Sache mit seinen Eltern in Angriff nehmen. Damit beweise ich ihm viel mehr, dass ich ihn mag und ihm zur Seite stehe. Belassen wir es dabei.

Nach einer kurzen Dusche lege ich mich ins Bett und zische noch ein kühles Bier und eine bis drei Kippen. Gut, letztlich werden es vier, aber das ist Krümelkackerei. Ich schalte den Fernseher ab und frage mich, ob Kaoru wohl schon schläft. Was gäbe ich darum, jetzt wieder neben ihm zu liegen. Oder ihn zu küssen. Oder mehr.

Reiß dich zusammen, Daisuke. Daran sollte ich jetzt nicht denken, sonst schlafe ich die ganze Nacht nicht. Ich mache jetzt einfach die Augen zu und stelle mir vor, Kaoru läge wieder neben mir so wie letzte Nacht. Ja, so ist es schön. Mit diesem Wunschtraum falle ich langsam aber sicher in einen angenehmen Schlaf.
 

Gleich am nächsten Morgen rufe ich einen Freund an. Jedenfalls war es so geplant, nur leider schlafe ich zu lange und muss mich beeilen, sonst kriege ich kein Frühstück mehr. Danach packe ich fix meinen Kram zusammen und sitze auch schon im Bus. Diesmal hat man mich zwischen Toshiya und Shinya verfrachtet. Shin ist ja noch angenehm, aber Toto geht mir auf den Kranz mit seinem Gameboy. Wie kann man nur so verrückt nach Tetris sein?

Gott sei Dank kommen wir bald an und können auch gleich unsere Zimmer beziehen. Jetzt ist etwas Zeit, bis wir uns wieder zum Essen zusammen finden. Zeit zum Telefonieren. Toll, wenn man Leute kennt, die einem die Arbeit abnehmen können. Ich brauche nämlich dringend die Hilfe eines Kumpels und suche auch gleich nach seiner Nummer, bevor ich sein Handy klingeln lasse.

„Die? Wie komm ich zu der Ehre?“ Ist ja nett, wie Sho ans Telefon geht. Das ist nämlich besagter Freund. Ich kenne ihn seit Jahren. Er hat mich mal in einer Bar angegraben. Oder ich ihn? Na, egal. Jedenfalls kam eines zum anderen und so weiter, aber er hat schnell kapiert, dass es im meinem Leben nur einen gibt, den ich wirklich liebe. Und das ist nicht Sho. Trotzdem bin ich ihm sehr dankbar für seine Freundschaft. Er macht kein Theater, sondern akzeptiert, dass wir nur Kumpels bleiben werden. Er sagt sogar, dass er mit einem Typen wie mir, also einem berühmten Rockstar, sowieso nicht lange aushalten würde.

„Ich brauche deine Hilfe,“ sage ich also um die Sache kurz und schmerzlos zu machen.

„Wie könnte es anders sein. Also, was gibt’s?“ Manchmal könnte ich ein schlechtes Gewissen bekommen, weil ich mich so selten melde bei ihm, aber dann denke ich wieder, dass die Leute es verstehen sollten, wenn man einen Beruf wie ich hat.

„Du musst ein paar Sachen einkaufen,“ erkläre ich und werde unterbrochen.

„Einkaufen? Was geht denn jetzt ab? Seit wann brauchst du denn jemand, der für dich einkauft? Wohnst du nicht noch bei Kaoru?“ So viele Fragen. Nervt mich fast, aber ich bleibe nett. Ich will ja was von ihm.

„Das ist ja der springende Punkt. Seine Eltern kommen zu Weihnachten und wir werden erst an dem Tag zurück sein. Wir brauchen aber Futter im Haus und erstens werden wohl dann die meisten Läden zu sein und zweitens wird es zeitlich etwas knapp. Also, tust du mir den Gefallen oder nicht? Komm schon, Sho,“ ich bettele, aber der Zweck heiligt die Mittel.

„Seine Eltern? Und du bist noch dort? Klingt fast nach Familienfeier, Die. Ist ja süß. Stellt er dich schon seinen Eltern vor?“ Was lacht der Depp da so blöd? Verscheißert der mich? Er weiß genau, dass Kaoru und ich nicht zusammen sind. Schließlich war er vorgestern noch zu meiner Geburtstagsfeier da dank meinem Kaoschätzi.

„Bist du heut wieder girly,“ sage ich frech und werfe mich auf das Bett. „Wenn ich Kao nicht helfe seine Ellis zu bewirten, ist er aufgeschmissen und muss absagen. Also?“

„Also was? Ja, ich helfe dir, aber ich könnte wetten, das würdest du nicht für jeden tun – nur für deinen Kaoru.” Sho ist ein Blitzmerker.

„Türlich nicht.“ Ich wäre viel zu faul dazu.

„Du bist unverbesserlich, weißt du das? Zu deiner Geburtstagsfeier habe ich mich kurz mit Kaoru unterhalten. Der Typ ist so straight wie meine Mutter. Du hast dir echt was vorgenommen.“ Er könnte mal was Neues erzählen. Da fällt mir ein...

„Hör zu, ich bin nah dran. Ich erzähle dir das später alles, okay? Erst einmal schreib dir auf, was du für mich besorgen musst.“ Ich fange an durchzugeben, was Sho alles einkaufen muss. Das fängt bei der Pute an und hört bei ordentlichen Tischdeckern auf. Wir wollen schließlich, dass Kaorus Mutter vor Staunen das Gebiss aus den Mündchen klappt.

„Alles klar, das war alles. Ich hole es morgens bei dir ab, okay? Sobald ich wieder in der Heimat bin.“

„In Ordnung. Ich heb die Quittung auf.“ Blödmann. Ich sage besser nichts dazu. „Grüßt du Toshiya mal von mir?“

„Wieso das denn?“ Kennen die sich nicht auch erst seit vorgestern? Vorher nur flüchtig, aber gegrüßt haben die sich doch bisher nie. Hab ich was verpasst?

„Nur so. Wenn du zu deiner Geburtstagsfeier nicht ständig damit beschäftigt gewesen wärst auf Kaoru zu starren, hättest du mitbekommen, dass mich euer Totchi angebaggert hat. DAS ist neu.

„Echt? Er hat gar nichts gesagt. Kann im Grunde nur zwei Dinge bedeuten. Entweder er erinnert sich nicht mehr oder er mag dich, der alte Geheimniskrämer.“

„Grüß ihn halt mal. Dann weiß ich es vielleicht bald sicher. Er küsst toll.“

„Er... was?“ So ist das also! Die haben geknutscht! Wieso erfahre ich das jetzt erst? „Ihr habt euch rumgebissen? Hihi, herzlichen Glückwunsch.“

„Wer ist jetzt girly? Sag ihm einfach einen Gruß von mir und ich kauf dir deine Sachen für deinen Kaokao.“

„Hey, so darf ihn nicht jeder nennen!“

„Ich weiß.“

„Doofi. Also, wir sehen dann uns, ja?“

„Alles klar. Baibai Daidai.“ Arschkeks. So darf MICH nun wieder nicht jeder nennen und das weiß er ganz genau. Er ist ein Tease. Aber ein netter. Zwar hat er es faustdick hinter den Ohren und ist sicher kein Kind von Traurigkeit, aber er ist ebenso lieb und verdient eigentlich auch einen netten Boyfriend. Ob er da bei Tosh Glück hat? Nun ja, zumindest würde sich Sho nichts draus machen, wenn es Toto nur auf einen Flirt abgesehen hätte.

Dabei fällt mir ein, dass, wenn Toshiya auf Sho steht, ist er sicher nicht hinter Kaoru her. Hoffentlich klappt es zwischen den beiden, also Sho und Toshiya. Dann wäre wenigstens meine Eifersucht wegen Tosh gebremst. Ich weiß, dazu gibt es eigentlich keinen Grund, aber ich kann mir auch nicht helfen. Jeder Fan von Kaoru macht mich schon eifersüchtig.
 

Der Tag ist also bisher wie viele andere, wenn wir auf Tour sind. Nur eines ist anders als sonst. Und zwar kurz vor dem Konzert als wir zum Essen sind, treffen wir ein paar Leute der neuen Vorband. Ich habe keine Ahnung, wer die alle sind, ob sie zur Band gehören oder nur zur Crew, aber mit einer der Mädels unterhält sich mein Kaoru doch sehr angeregt. Das ist nichts Besonderes, denn ich schätze, Kaoru labert nur mal wieder jemand mit Fachsimpelei zu. Doch lächelt er mehr, lacht ab und zu und die Blicke der jungen Frau sind eigentlich nicht zu missdeuten. Flirt. Eindeutiger Flirt. Warnung! System überladen! Die platzt gleich.

Also sage ich mir, bleib ruhig. Sollen ja auch noch nette Frauen auf der Welt sein, die einfach nur ganz ohne Hintergedanken mit Kaoru reden wollen. Nur weil sie sich sympathisch sind, heißt das ja nicht gleich, dass sie ein Date ausmachen und er sie flachlegen will.

Tja, falsch gedacht.

Nach dem Konzert wartet die Schnalle bereits in der Hotelbar auf meinen Kaohasen. Okay, ich bestelle ein Bier. Dazu Tequila. Auf einem Bein steht man schließlich nicht. Sie unterhalten sich wieder sehr angeregt und dann, ja dann, passiert es. Wie in Zeitlupe spielt es sich ab. Sie stehen auf und gehen Richtung Fahrstuhl. Kaoru drückt den Knopf und grinst die Alte verstohlen an, bevor der Lift kommt und sie zuerst hineinsteigt. Angeblich ganz Gentleman lässt er ihr den Vortritt um ihr seine Hand leicht auf den Rücken zu legen und hinter ihr her zu gehen. Macht mich total krank! Das ist so was von einem eindeutigen Zeichen, wenn er sie sogar antatscht. Ich bring mich um. Aber es kommt noch schlimmer. Genau in dem Moment, wo er ihr mit Hand an ihrem Rücken folgt, schaut er zurück und mir direkt in meine Augen. Was soll das? Will er mir jetzt zeigen, dass er keine Schwuchtel ist, dass er mich nicht im Geringsten attraktiv findet, mich nicht mal ein kleines bisschen mag? Pah, alles, was er mir zeigt, ist, dass er eine feige Sau ist! Wenn er mir hätte klarmachen wollen, dass nichts zwischen uns läuft bzw. laufen wird, warum sagt er es nicht einfach? Stattdessen schweigt er mich an, tut so, als wäre nie etwas gewesen und lacht sich eine Schnalle an. Das ist so überhaupt nicht sein Stil. Selbst, wenn er sie nett findet, er hätte doch niemals gleich jemand mit auf sein Zimmer genommen. Das ist nicht er. Kaoru hätte die ganze Nacht mit ihr geredet, sie erneut eingeladen, ihr seine Nummer gegebenen, alles, aber nicht gleich eine Nummer GESCHOBEN. Ich bin am Boden zerstört. Macht er das um mir eins auszuwischen? Was sollte dieser Blick zu mir? Freut es ihn, dass es mir jetzt schlecht geht? Will er, dass ich heulend in der Ecke sitze wegen ihm? Ist er wirklich so ein riesiges Arschloch?

„Oi, Barkeeper! Bring mir was Starkes!“ Kaoru kann sich abschminken, dass ich hier rumflenne, auch wenn mir danach ist. Ich werde den Schmerz also wie immer mit Alkohol betäuben. Hoffentlich gibt es hier genug, dann so sehr wie heute hatte ich lange keine Herzschmerzen mehr. Vielleicht noch nie. Nicht einmal als Kao mit Aiko zusammen war. Das gerade eben war mehr als ein Stich ins Herz. Kaoru hat es rausgepult und in tausend kleine Stückchen zerfleischt.

Aua.
 

Ich bestelle also ein Bier nach dem anderen, kombiniert mit Tequila und Rum. Dazu noch den ein oder anderen Cocktail. Junge, Junge, so langsam fängt das Zeug auch an zu wirken. Leider noch zu langsam.

„Die, wir gehen. Kommst du mit?“

Meinen Blick auf die Stimme fokussierend, erkenne ich einen verschwommenen Shinya. Ich schüttele den Kopf träge. „Nö, ich bleib hier.“

„Ist aber schon halb drei gleich,“ sagt der Drummer, aber er sollte mich besser kennen.

„Mir doch egal. Ich gehe erst, wenn die mich rauskehren.“ Das war schon immer mein Motto.

„Fein, wie du willst.“ Shinya gibt auf, denn er kennt mich lange genug um zu wissen, Die ist so lange nicht betrunken, wie er sich flach auf dem Boden liegend halten kann ohne sich mit den Händen abzustützen.

Und so ziehen Shinya und Toshiya ab. Dass die hier waren, hatte ich eh nicht wahrgenommen. Kyo wohl eher nicht. Kein Plan. Wie bin ich eigentlich hierher gekommen? Ach ja, Konzert. Und dann? Kaoru. Wo ist denn Kaoru? Die Schnalle. Er ist mir einer Frau nach oben gegangen. Ich will sterben. Nein, trinken.

„Barkeeper, noch’n Bier, ja?“

„Wird das letzte, okay?“, sagt der junge Schnösel und lächelt doof. „Wir machen gleich Feierabend.“

„Wie? S’letzte? Dann bringste aber noch’n Tequila dazu mit. Oder nee, besser zwei.“ Ich nicke und dabei fällt mir auf, dass das nicht gut ist. Mein Kopf wird schwer und ich muss lachen, als sich der Kleine hinter dem Tresen verdoppelt. Schnarchend vor Lachen nehme ich mein Bier und gieße es mir hinter die Binde, bevor ich mein neues, wenn auch letztes, Bier serviert bekomme.

Als auch das zur Neige geht ebenso wie der Rest meiner Bestellung, strampele ich mich langsam vom Barhocker und grinse den Barkeeper an. „Hey du, kannst du mir vielleicht meine Zimmernummer sagen?“

Er zieht die Augenbrauen hoch und lächelt mitleidig. „Nein, aber die müsste auf der Keycard stehen.“

„Ach ja.“ Ich durchsuche also meine Jacken- und Hosentaschen nach der verfluchten Karte und finde sie sogar. Welch ein Glück! „Hier, lies mal vor.“

Er nimmt die Karte und zieht sie durch die Kasse. „Die Rechnung geht mit auf die für das Zimmer, okay? Die Nummer ist 507. Ganz oben. Fünfte Etage.“

Er lächelt noch einmal unbeholfen, als er mir die Karte zurück gibt. Bin doch nicht bekloppt. Ich weiß doch, wo mein Zimmer ist. Ich grunze kurz ein Dankeschön und ziehe ab. Nach kurzen Schwierigkeiten mit dem Knopf für den Fahrstuhl, den ich leider mehrmals verfehle, kommt das blöde Ding endlich und ich steige ein. Also gut, Die. Jetzt muss ich eigentlich nur auf die große Fünf drücken, richtig? Mah, scheiße. Verfehlt. Noch einmal. Tada! Die Fünf leuchtet auf und der Lift setzt sich in Gang. Boah, fährt das Ding schnell. Es hebt sich mir gleich.

Gott sei Dank hält der Lift endlich an und ich taumele in den Flur. Wäh, mir ist ganz anders. Und das alles nur wegen Kaoru. Böser, alter Kaomann. Hier mach ich mich fertig wegen dem und den kratzt das nicht mal, weil er ja lieber so eine hässliche Tussi vögeln will. Ja, ja, weiß schon...

Ich reg mich aber auf!

Na und, dann hab ich eben gesagt, er sei es nicht wert sich wegen ihm fertig zu machen. Deswegen kotzt es mich trotzdem an. Das kann er ruhig wissen. Ja, genau. Ich sollte ihm mal ordentlich die Meinung geigen. Von wegen was er für ein mieses Arschloch ist und so weiter. Er kann ja machen, was er will. Das geht mich alles nichts an. Aber wenn man mit mir rumknutscht, lässt man mich nicht einfach tags darauf stehen wegen so einer dummen Vogelscheuche von Frau. Nicht den Die. Mit dem nicht! Und das sag ich dem Kaoru jetzt auch!

Hoho, jetzt, ganz genau! Nicht später, nein, sofort! Warte mal, also wenn ich in Zimmer 507 bin, dann müsste Kaoru genau gegenüber wohnen. So war es jedenfalls noch heute Nachmittag. Alles klar, ich drehe mich noch einmal um. Da ist die 507. Gegenüber stehe ich vor der Tür von Kaorus Zimmer. Richtig, Daisuke. Jetzt klopf an!

Aua, das schallt aber in meinem Kopf. Besser ich halt mich mal am Türrahmen fest. Ich komme mir vor wie auf dem Traumschiff. Der Gang schaukelt. Wo bleibt denn Kaoru? Ich klopfe also noch mal, aber diesmal richtig laut und gleich mehrmals. Los Kao, raff dich von der Alten hoch und komm raus, du Sau! Ich will dir die Flötentöne beibringen! Dir den Marsch blasen!

Hihi, irgendwie muss ich kichern...

Bleibt ernst, Daisuke. Du bist ein Mann. Männer kichern nicht.

Endlich geht die Tür auf.

„Die, was willst du denn hier?“, murmelt mich das Kaomännchen an und wischt sich mit den Händen über das Gesicht. Er sieht irgendwie verschlafen aus, wie er so dasteht mit zerzauster Mähne und in seinen wie immer viel zu großen Shorts und T-Shirt.

„Sch’muss dir was reden mit,“ kläre ich ihn also in eindeutiger Weise auf und stolpere an ihm vorbei in sein Zimmer. Was dreht sich denn hier alles? Und wieso ist sein Bett leer? Ich dachte, der legt hier grad eine Nummer nach der anderen hin. „Wieso bisten du’n allein, hä?“

Kaoru lässt die Schultern hängen und wirft die Tür zu. „Wieso nicht? Sollte noch jemand hier sein?“

Er klingt ja mies gelaunt, aber dafür kann ich doch nichts, oder? Ich drehe mich erst einmal zu ihm um und sehe ihn schmollend an. „Sch’denk, du legst hier grad ’ne Schnalle flach, nich?“

„Bah, du stinkst wie eine Brauerei und eine Destillerie zusammen. Hast du etwa bis jetzt durchgesoffen?“ Seine Fragerei überfordert mich. Mein Hirn tut so schon weh. Ich muss mich hinsetzen.

„Die ham zu gemacht jetze. Da musst ich geh’n.“ Ich taste mich vorsichtig zum Bett und setze mich an den Rand. Tief Luft holen, Die.

„Och Die, das ist doch nicht normal. Du bist unmöglich, ist dir das klar?“ Kaoru klingt fast weinerlich, aber ich kann mich kaum darauf konzentrieren. Schade eigentlich. „In drei Stunden gibt’s Frühstück. Wie willst du denn bis dahin fit sein?“

„Ich glaub,“ sage ich etwas beklemmt beim Gedanken an Essen, „Frühstück lass’ ich ausfallen.“

„Das glaub ich dir sogar,“ sagt mein Spätzchen seufzend und schaut mich an. Leider fällt es mir schwer ihn anzusehen, weil sich meine Pupillen einfach nicht auf einen Punkt allein konzentrieren können und meine Augenlider zufallen. Wozu war ich noch gleich hier? Egal. Ich bin bei Kaoru. Mehr ist nicht wichtig. „Geh in dein Bett, Die, und schlaf deinen Rausch aus.“

Da sich alles dreht, wenn ich nach oben schaue, fixiere ich lieber Kaorus Hand. Die ist wenigstens gerade auf Augenhöhe mit mir. Er hat schöne Hände, wenn er das auch nicht so sieht. Die mögen zwar zierlich sein, aber können mit Sicherheit fest zupacken. Außerdem sind sie schön geformt. Ich würde sie ehrlich gern mal anfassen, nur ganz kurz.

Also strecke ich kurz meine Finger nach der Hand aus und berühre Zeige- und Mittelfinger ganz sachte, bevor ich wieder loslasse. Will ja nicht aufdringlich erscheinen. Will aber auch nicht weg hier.

„Ich will aber hier bleiben,“ heule ich rum und verziehe meine Lippen zu einem Schmollmündchen. „Bei dir.“

Ich vernehme das tiefe Ein- und Ausatmen von Kao, was sich in ein leicht unterdrücktes Seufzen verwandelt. „Du machst mich fertig, Die.“

Wenn der wüsste, wie fertig er mich macht. Wegen ihm sitze ich doch schließlich hier. Alles, was ich möchte, ist doch bei ihm sein. „Tut mir leid.“

„Schon gut,“ sagt er und greift mir plötzlich an die Schultern. Langsam streift er mir die Jacke herunter und zieht sie mir von den Armen.

„Kao,“ sage ich und versuche meine Stimme zu festigen. „Ich glaub ja nicht, dass ich jetzt zu du-weißt-schon-was fähig bin.“

„Witzezombie,“ meint er trocken und wirft die Jacke zur Seite. „Ist auch besser für dich, wenn du dazu gerade nicht fähig bist. Los, hinlegen.“ Verstehe ich nicht. Wäre es nicht besser für mich, wenn ich gerade nüchtern wäre und nicht so tierisch träge und unkoordiniert? Jedenfalls ist es ein gewaltiger Aufwand, mich überhaupt in eine liegende Position zu bringen. Zuerst klappe ich zur Seite weg, dann robbe ich mich auf dem Bauch Richtung Kopfkissen.

Endlich geschafft. Ich bin völlig im Eimer. Was fummelt denn Kaoru jetzt schon wieder? Tiefer Baby. Jetzt zieht er mir die Schuhe aus. So tief hab ich nun auch wieder nicht gemeint. Kaum sind die Schuhe weg, murkst er an meinen Seiten rum. Na, die Richtung wird schon besser, aber was hat er denn vor? Wenn ich nur was sehen könnte. Nur leider steckt die Hälfte meines Gesichts im Kissen fest und das beschränkt mein Blickfeld gewaltig. Ach, er deckt mich nur zu. Wie dumm.

„Die, wo hast du denn deine Keycard? Ich geh dann in deinem Zimmer pennen.“ Was sagt der da? Nein! Das will ich nicht! Der soll bleiben! Auf gut Glück strecke ich meinen Arm aus und erwische sogar sein Handgelenk, was ich fest umschließe, damit er nicht weg kann.

„Die.“ Hier ist er.

„Bleib.“ Er ist doch kein Hund, richtig. „Bleib bei mir bitte.“

„Du benimmst dich wie ein kleines Kind.“ Wieder ein Seufzer von Kaoru und er steht da etwas unentschlossen rum, während ich versuche so schnuckelig wie möglich auszusehen. Soweit ich das noch kann.

„Na und? Bitte Kao! Bitte bitte bitte! Ich bin auch ganz brav. Lass den Die nicht allein.“ Wäre ich ein Hund geworden, hätte ich das Jaulen echt drauf gehabt. Daidai will Kaokao haben!

„Oh, von mir aus,“ sagt er nun richtig angenervt und legt sich widerwillig neben mich, so dass sein Kopf fast gegen den Bettkopf lehnt. „Bevor du mir die restliche Stunde die Ohren voll quengelst.“

Seine Hand befreit Kaoru um sich einen Teil der Bettdecke über die Beine und Hüfte zu legen. Mir ist so warm. Ich brauche gar keine Decke. Die kann Kao haben. Ich rupfe also an mir herum in der Hoffung, damit meinem Liebling einen Gefallen zu tun. „Hier, kannsu alles Decke ham.“

Leider will die Decke nicht wie der Die.

„Lass gut sein, Die,“ sagt Kaoru und nimmt meine Hand von der Bettdecke. „Ich brauche nicht die ganze, danke. Mach einfach die Augen zu und schlaf.“

„Okay, das mach ich.“ Keine Einwände. Ich darf bei Kao schlafen! Das ist so schön! Aber ich will seine Hand wieder haben. Ich greife dazu ohne jegliche Zweifel über seine Hüfte nach da, wo seine Hand ruht und halte sie fest. „So ist’s schön. Schlaf gut, Kao. Ich hab dich lieb.“

„Ja, gute Nacht, Die.“ Er klingt noch immer etwas genervt, aber liebevoll genervt, als würde es ihn fast amüsieren, dass ich ihm sage, ich hab ihn lieb. Hab ich doch aber! Er ist ja auch ein lieber Kaoru.

Nach einer Weile schaltet sich mein Hirn ab. Möglicherweise aufgrund Schlafmangels oder Alkoholüberfluss, das weiß ich nicht. Jedenfalls schlafe ich so gut, wie schon lange nicht mehr.
 

„Die.“ Auch wenn es Kaorus Stimme ist, die ich höre, aber zu mehr als einem Grummeln kann ich mich nicht bewegen. „Die, wach auf.“

Was, ist es schon Morgen? Kaorus Hand rüttelt an meiner Schulter herum und ich drehe meinen Kopf um ihn anzusehen. Geht nicht so einfach, denn ich kriege die Augen kaum auf.

„Los, raff dich hoch nun. Wir machen gleich los,“ sagt der Leader mit einem kleinen Lächeln. Lacht der mich an oder aus? Mir wird wohl nichts anderes übrig bleiben als aufzustehen. Ja, richtig, ich habe ja bei Kaoru gepennt. Jetzt fällt mir alles wieder ein. Oder fast alles.

Vorsichtig strampele ich meine Beine aus dem Bett und versuche mich in eine aufrechte Position zu bringen. Autsch, mein Kopf. Unweigerlich halte ich mir die Stirn.

„Na, Kater?“ Das Kaobärchen lacht frech und piekt mich in die Seite, bevor er sich aufmacht und seine Sachen aus dem Badezimmer holt, um sie in die Tasche zu packen.

„Uff.“ Mehr fällt mir dazu nicht ein. Oh scheiße. Warum hab ich nur so viel getrunken? Ach ja, wegen dem Kaomeister und dieser Tussi. So ganz aus dem Kopf geht mir das ja nicht. Letzte Nacht hätte ich echt erwartet, dass er sie noch bei sich hat. Ob sie wohl früher gehen musste?

„Was säufst du auch so viel?“

Warum wohl? Wegen dir. „Alles deine Schuld.“

„Was? Wieso ist es meine Schuld, wenn du dir die Birne hohl säufst?“ Natürlich ist der sich mal wieder keiner Schuld bewusst. Boah, tut mir die Rübe weh.

„Vergiss es,“ sage ich und komme aber nicht umhin mich zu fragen, ob ich es wagen sollte. „Sag mal, Kao. Letzte Nacht bist du doch mit einer Frau hier hoch, nicht?“

Er zögert kurz mit der Antwort, schaut auf von seiner Arbeit mit der Reisetasche und pustet sich letztlich eine Strähne dunklen Haares aus dem Gesicht. Wie süß. „Ja, warum?“

Der Ton sagt eindeutig aus, dass er sich dazu gar nicht äußern will, aber ist mir jetzt wurscht. Ich will das wissen und basta. „Läuft was zwischen euch?“

Das war doch mal direkt, auch wenn ich mich lieber gerade darauf beschränke aus dem Fenster zu starren. Ich will ihn nicht ansehen müssen, nur falls er ein debiles Grinsen entwickeln sollte beim Gedanken an die Alte. „Ich verstehe die Frage nicht.“

Typisch Kaoru! Das war doch eine eindeutige Frage, oder etwa nicht? Er weicht mir aus. „Ich hätte erwartet, dass sie noch da ist, als ich zu dir kam.“

Man, bin ich heute ehrlich! Böser Restalkohol. Aber ich sehe Kao trotzdem nicht an, als er antwortet. „Sie ist schon früher gegangen.“

Mir bricht das Herz. Schon wieder. Also waren sie doch hier und Kaoru nimmt selten jemand mit auf sein Zimmer, eigentlich nie. Das kann ja nur eines bedeuten. Ich seufze. Kann es nicht unterdrücken. Langsam stehe ich auf und strecke mich, bevor ich nach meiner Jacke suche. Ich muss mich ablenken. Ich will Kaoru jetzt nicht in die Augen sehen. Wo ist denn die verdammte Jacke? Mein Magen dreht sich mir um, aber ich weiß nicht, ob mir übel von letzter Nacht ist oder vom Gedanken an Kaoru mit einer Frau in dem Bett, in dem ich gerade aufgewacht bin. Ich hasse es, ihn zu lieben.

Tue ich das wirklich? Ich glaube schon. Ganz toll, auch das noch. Bisher war mir das nie so deutlich bewusst gewesen. Wie weh das tut. Abartig.

Ich merke gar nicht, wie sich Kaoru zur Tür schleicht und sich zu mir umdreht. „Die,“ sagt er mit einer sanften Stimme, wie er sie selten benutzt. Es macht mich stutzig und wie aus Reflex sehe ich ihn plötzlich an. „Falls es dich interessiert, es ist nichts gelaufen mit ihr.“

Er lächelt kurz und geht dann aus dem Zimmer.

Wie? Was? Wo? Also hat er die Schnecke nicht flachgelegt? Wollte sie nicht? Oder wollte er nicht? Wieso nimmt er sie erst mit, wenn er sie gar nicht will? Also wollte doch sie ihn nicht oder wie? Wie zum Henker habe ich denn das zu verstehen?

Haareraufend stehe ich nun da wie ein Volltrottel. Letztlich ist es aber egal. Kaoru hat nicht mit ihr geschlafen und das ist es doch, worauf es ankommt. Ich hasse den Gedanken, dass jemand seinen Körper anfasst. Ohne Scheiß. Allein bei der Vorstellung könnte ich an die Decke gehen. Außerdem war ich der Letzte, der seine Zunge schmecken durfte und das soll sich niemals ändern! Hoffentlich hat er sie nicht geküsst. Niemand außer mir soll ihn küssen.

Hilfe, der Mann bringt mich um den Verstand! Ich rubbele mir kurz die Handflächen über das Gesicht und gehe dann langsam aus dem Zimmer. Aus meinem eigenen Raum hole ich dann schnell meine Sachen und suche die anderen.

Neuer Tag, neues Glück.
 

Gut, dass es im Bus Kaffee gibt, sonst würde ich sterben. Nicht, dass der mich munterer macht, aber wenigstens ein was Warmes sollte der Mensch im Magen haben am frühen Morgen. Nichts desto trotz bin ich hundemüde. Deshalb nehme ich es Kaoru auch nicht übel, dass er neben Kyo sitzt, der ihn anscheinend mit neuen Texten vollkübelt. Soll mir nur recht sein. Dann such ich mir einen Doppelsitz und hau mich noch eine Runde auf das Ohr.

„Die, kannst du mir mal deinen iPod borgen?“ Wer ist denn das jetzt? Lieb lächelnd starrt mich Toshiya an und hält seinen mp3-Player vor meine Nase. „Mein Player hat gerade den Geist aufgegeben.“

„Hmja, kann ich machen,“ antworte ich und suche nach meinem blöden iPod. Ich habe eh keinen Bock auf Musik gerade, denn ich will einfach nur pennen. „Aber nicht kaputt machen. Da sind Wednesday drauf.“

„Ja, ich pass schon auf, dass deinem Wednesday nichts passiert.“ Toto schnappt sich das iPod und grinst höhnisch in Kyos Richtung. „Mein Player ist auch nur im Arsch, weil so’n Trottel seine Wasserflasche drüber kippen musste.“

Ich sehe kurz nach hinten, wo Kyo unbeirrt weiterhin meinen Kaoschatz voll textet. „Verdammte Heteros.“

Das bringt Toshiya zum Lachen und er klopft mir auf die Schulter. „Also dann Die, danke, ne?“

„Ja, schon gut.“ Da fällt mir etwas ein. „Hey, wart mal. Ich soll dir auch einen Gruß von Sho ausrichten.“

„Ach ja? Echt?“ Der Bassist legt den Rückwärtsgang ein und lässt sich neben mich plumpsen. „Hat er sonst noch was gesagt?“

Ich schüttele den Kopf auf seine Frage. „Nein, nur dass ich dich grüßen soll. Ist was gelaufen zwischen euch, richtig? Los, erzähl mal.“

Toshiya nimmt einen verträumten Blick an und verrollt die Augen. „Gibt nicht viel zu erzählen. Kleine Knutscherei in Kaorus Küche. Leider kam wer dazwischen und danach hat es sich einfach nicht noch mal ergeben.“

„Ach so.“ Ich dachte schon, es sei etwas Ernstes. „Aber du wärst nicht abgeneigt, oder?“

Ha! Das Toto grinst ganz verlegen! Ich hab ihn! „Ähm, na ja, also... ich weiß nicht. Du kennst ihn besser als ich. Wie ist er so?“

Ich zucke unvermittelt mit den Schultern. „Wie soll er denn sein? Nett und witzig. Kannste mit Pferde stehlen.“

„So meine ich das nicht, Die.“ Nein? Meint er nicht? „Du siehst das alles so kumpelhaft. Hattet ihr nicht auch mal was miteinander?“

„Einmal und sonst nie wieder. Das ist Jahre her.“ Ich war damals schon vernarrt in Kaoru, wenn es auch noch nicht so schlimm war wie heute.

„Und warum nie wieder? Wollte er keine feste Beziehung oder wolltest du nicht? Und wenn, warum wolltest du nicht? Er sieht doch gut aus, besser als die meisten, die ich kenne.“ Es scheint ganz so, als wäre Toshiya doch mehr an meinem Freund interessiert, als ich dachte. Na gut, dann bin ich heute mal nett und kläre ihn ein bisschen auf. Nennt mich Amor.

„Ich mochte ihn von Anfang an, aber ich hatte damals einen anderen im Auge. Wäre unfair gewesen gegenüber Sho. Ich hab ihm das auch so gesagt und er hat das voll verstanden und war auch nicht sauer. Vielleicht sind wir deshalb so gute Kumpels geworden. Weil nichts mehr läuft seitdem,“ sage ich und versinke fast in den Erinnerungen an damals. Ist schon schön, wenn man Freunde hat. Als ich Sho von meiner Verknalltheit in Kaoru erzählt habe vor Jahren, klopfte er mir auf die Schulter und sagte, das wird schon und ich solle mich nie unterkriegen lassen. Daran hab ich mich gehalten.

„Klingt nett,“ stimmt Totchi mir zu.

„Ist er auch. Ruf ihn an. Ich gebe dir seine Nummer.“ Wo hab ich denn nur gleich mein Handy?

„Meinst du echt?“ Ein unsicherer Toshiya – ja, wie geil ist das denn? Ich würde ja lachen, wenn ich mal mein Telefon finden würde.

„Ja, ruf an und verabredet euch. Dann weißt du am schnellsten, ob was draus werden könnte oder nicht.“ Ja, Wahnsinn! Ich hab mein Handy gefunden und fange gleich mal an im Telefonbuch zu blättern. Warum fangen so viele Namen mit S an?

„Und wie war er sonst so?“, fragt die Nervensäge und ich lasse beinahe mein Handy fallen beim nächsten Punkt. „Im Bett mein ich.“

Von wegen verlegen. Wohl eher verwegen. Aber das Spiel beherrsche ich genauso gut. Mit einem selbstgefälligem Lächeln schiele ich zur Seite und lecke mir die trockenen Lippen. „Der absolute Wahnsinn, Tosh. Das kannst du mir glauben. Wenn’s einer kann, dann er. Eine glatte 10 auf der Richterskala.“

Die strahlenden Augen von meinem Bandkollegen sagen mir alles und innerlich muss ich kichern, wie einfach er zu beeinflussen ist. Ich hätte von Beruf Angeber werden sollen.

Plötzlich räuspert sich jemand hinter uns. HILFE! Ich sehe nach hinten, wo Kaoru im Gang steht, und schaue in seine unschuldigen Äuglein. Wo kommt der denn her und gerade jetzt? Hat er mein Geschwafel auch noch gehört oder wie? Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, jedes einzelne Wort. Mist!

„Hier Die, sieh dir das mal an, wenn du mal Zeit hast zwischen deinen Ausführungen.“ Er drückt mir zwei Zettel in die Hand, auf denen ich ein paar Noten und Text sehe. „Eilt nicht. Bewertet ruhig erst eure Typen fertig.“

Dann dreht er sich um und geht wieder zu Kyo. Na prima! Welchen Eindruck macht das denn? Und warum krieg ich gerade die Zähne nicht auseinander? Wie blöd bin ich eigentlich? Einatmen. Ausatmen. Nicht hyperventilieren, Die.

Nicht gut. Nach allem, was die letzten Tage bzw. Wochen war, hört sich das doch voll nuttig an, wenn ich die Leistungen eines Typen im Bett mir Noten bewerte. Och scheiße!

„Tja prima. Dann ruf ich ihn mal an, was?“ Toshiya klaut mir das Handy aus den Händen und schickt sich wahrscheinlich gerade die Nummer auf seines. Der kriegt auch nie was mit, aber das geht mir auch glattweg am Arsch vorbei im Moment. „Danke Die. Bist ein Schatz.“

Von wegen, aber wenn er meint. Ich sehe ihn noch, wie er sich in ein stilles Eckchen verkrümelt und nach seinem Telefon sucht. Toll. Und ich? Ich habe mal wieder nur dummes Zeug von mir gegeben und sitze jetzt wie ein Vollidiot auf meiner Bank. Beruf Volltrottel hätte wohl doch besser gepasst. So eine Kacke aber auch.

Ich schließe die Augen und versuche zu vergessen, was für ein Depp ich bin. Erst einmal schlafe ich noch eine Runde. Vielleicht macht es das ungeschehen.

Ja, ich weiß! Macht es nicht, aber momentan kann ich auch nichts daran ändern. Ich kann mich nur mal wieder über mich selber ärgern. Hab ich dazu Zeit? Nö. Also. Gute Nacht.
 

Dummerweise wache ich auf, als ich mir den Kopf am Fenster stoße. Blinzend merke ich, dass meine Jacke über mir liegt und neben mir jemand an einem Clipbord kritzelt. Die Hände kenne ich. Es ist Kaoru, mein Angebeteter! Leicht benommen starre ich ihn an und grinse.

„Na, wach?“ Er schaut zu mir rüber und mustert mich ohne erkennbare Gefühlsregung.

„Ja,“ sage ich gähnend und strecke mich. Hat er die Jacke über mich gelegt?

„Mir wurde es hinten zu laut. Hoffe, es stört dich nicht, dass ich hier sitze.“ Er dreht sich wieder um und glotzt auf die Zettel am Brett, wobei er allerdings nicht sonderlich in Gedanken bei denen zu sein scheint.

„Sicher doch. Du darfst immer kommen.“ Überall, solange es nur bei mir ist. Ich richte mich auf und sehe ihn an ohne bestimmten Grund. Es ist, als ob ich ihn einfach ansehen muss. Der Typ ist von allen Seiten purer Zucker. Das Profil allein!

„Was ist?“ Kaoru dreht sich zu mir um und hebt die Augenbrauen.

„Nichts.“ Ich kann ihm wohl kaum sagen, dass ich ihn mental ansabbere, oder? Ich zupfe an der Jacke und lache leise, denn irgendwie ist die Situation gerade merkwürdig und macht mich nervös. „Danke.“

Ich meine für das Zudecken und er checkt das auch gleich. Steht eben nicht so auf der Leitung wie manch anderer. „Nicht, dass du noch eine Geflügelhautentzündung bekommst.“

Ich muss schmunzeln. Der hat immer Ausdrücke. Einerseits cool, andererseits von vor dem letzten Bürgerkrieg. Sagt das heutzutage noch jemand?

Ob ich ihn mal auf Vorhin anspreche? Eigentlich passt der Moment gerade. „Vorhin, ne, da haben wir keine Typen bewertet.“

Ups, er scheint sich überfallen zu fühlen, macht ein leicht verwundertes Gesicht und sieht etwas peinlich berührt auf sein Clipbord, auf das er die ganze Zeit den Bleistift hämmert. Nervös?

„Nein? Tja, gut. Ich meine, könnt ihr ja machen. Wenn nicht, auch gut. Also ja. Weißt schon.“

Irgendwie ist sein Gestammel brutal süß, aber auf der anderen Seite macht es mir ein schlechtes Gewissen. Er muss wirklich denken, ich würde meine Verflossenen so beurteilen und jetzt versucht Kaoru so zu tun, als wäre es ihm egal. Ist es aber anscheinend doch nicht! Bei ihm zählen eben noch andere Werte. Das weiß ich. Bisschen altmodisch, aber es gehört wohl eben zu seiner treuen Seele dazu.

„Es ging nur um Sho, kennst du doch. Er hat Interesse an Toshiya und der wohl auch an ihm. Und unser Toto wollte eben wissen, wie er so im Bett ist.“ Bisher mache ich es auch nicht besser, oder? Jedenfalls sieht Kaoru danach aus, als wolle er sagen, ja und? „Da hab ich ein wenig angegeben, geflachst, war nicht ernst gemeint. Zumal Sho und ich echt nur Kumpels sind.“

„Aber du und er, ihr wart schon mal zusammen, oder?“ Preisfrage. Danke Kao.

„Nicht wirklich. Da lief einmal was und das ist vor Jahren gewesen. Wir sind nur gut befreundet. Er würde es auch als Spaß ansehen, wenn ich so von ihm rede. Der ist eben so.“ Helfen meine Aussagen? Ich weiß es nicht.

„Tja, geht mich ja eh nichts an.“ Kaoru kann so stur sein, wenn er will. Es geht ihn was an. Kapiert er das nicht?

„Ich wollte ja nur, dass du das weißt. Ich rede nicht über jeden so.“ Das stellt doch mal was klar. Gut gemacht, Die. So langsam kommst du in die richtige Richtung.

„Gut.“ Das stellt allerdings auch etwas klar. Klares, deutliches Ansagen seiner Meinung. Ich verstehe das schon. Kao schaut mich noch einmal kurz an und lächelt zögerlich.

„Zeig mal, was du da machst.“ Ich nehme etwas Spannung aus der Atmosphäre. Ganz dumm bin ich nämlich auch nicht.

„Ach, nur Kyo und seine Lyriken. Er will mal wieder etwas Unmögliches als Musik dazu.“ Er schiebt mir das Gekritzel rüber und ich schaue drüber. Meine Güte, was macht er denn da? Das ist ja wirklich nur Grütze. Wo ist der Mann mit seinen Gedanken? Ja, ich rede von Kao, nicht Kyo.

„Ich glaube nicht, dass das funktioniert.“ Ich muss ehrlich sein und es bringt Kaoru sogar zu einem leisen Lachen.

„Glaub ich auch nicht,“ gibt er zu. „Ich stehe heute irgendwie auf dem Schlauch, was Inspiration angeht.“

„Dann leg’s weg. Morgen ist auch noch ein Tag. Bis dahin sehe ich’s mir mal an. Deal?“ Mein Vorschlag zur Güte, serviert mit einem unverschämt charmanten Lächeln.

„Okay,“ sagt er und gähnt leicht unterdrückt.

„Müde? Nicht ausgeschlafen, wie?“ Ich kann es nicht lassen, das Kaotierchen zu piesacken.

„Ich hatte heute Morgen sehr früh Besuch, weißt du?“ Er spielt zur Abwechslung mal mit und da soll noch einer behaupten, wir flirten nie! Das muss er doch auch merken!

„Jemand, den ich kenne?“ Ich bleibe ganz cool, nicht mal ein Grinsen entfährt mir.

Aber Kaoru schüttelt den Kopf. „Bleibt mein Geheimnis.“

Wie süß er doch ist! Es muss Magie sein, wie ich es schaffe, dabei nach außen hin noch so unberührt zu bleiben.

Leider hält plötzlich der Bus und wir müssen aussteigen. Dabei war es gerade so nett mir Kao. Schade.
 

Wir gehen zum Alltag über. Konzert, schlafen, reisen, proben, essen, Konzert. Täglich bis kurz vor Weihnachten. An Heilig Abend fällt mir auf der Heimfahrt ein, dass ich nicht mal ein Geschenk habe für Kaoru. Hier und da war ich zwar mal zum Shoppen, aber in der kurzen Zeit, die sich einem bietet, fand ich nie das Richtige. Ich will ihm keinen unpersönlichen Mist kaufen. Was soll ich nur machen?

Wir sind bereits auf dem Weg nach Hause und reisen wieder im Kleinbus, nicht im großen Tourbus. Ich sitze am Fenster und mein Kaoschnucki in der Mitte zwischen mir und Kyo. Öfter mal was anderes. Nicht wie auf der Bühne. Wie auch immer, wenn ich morgen früh zu Sho fahre um die Sachen zu holen, werde ich ihn mal fragen, ob er eine Idee hat. Mein Kopf ist leer. Natürlich habe ich Ideen, aber sie sind alle nichts wert. Zu dreist, zu dumm, zu lahm.

Kaoru sackt neben mir immer weiter in seinen Sitz, nachdem er wohl eingeschlafen sein muss. Ist schon niedlich, vor allem, weil er gleich an meiner Schulter klebt. Macht mich das nervös? Natürlich tut es das! Nützt aber nichts, denn letztlich genieße ich das viel zu sehr. Ich kann mir nicht helfen, als er schließlich ganz mit dem Kopf gegen mich lehnt, und muss ihn anstarren. Zumindest so gut es geht, denn wenn ich den Kopf nur leicht zu ihm drehe, dann kann ich ihn riechen und wie ich bereits schon öfter feststellen musste, liebe ich seinen Geruch.

Eine seiner Hände liegt auf seinem Oberschenkel, die andere verharrt in seinem Schoß. Dreist, wie ich bin, strecke ich meine eigene aus und grabsche mir einfach die seine. Die auf dem Schenkel, denn ganz so ungeniert bin ich dann doch nicht. Die andere zu nehmen, wäre zu vermessen. Dann könnte ich ihm auch gleich die Eier massieren. Nein, nein, soweit kann ich nicht gehen. Vielleicht mal eines schönen Tages, aber nicht heute.

Die eine freie Hand reicht ja auch erst einmal und ich lege meine auch nur ganz leicht darüber. So passt das. Mein Kaoru. Ist mir auch vollkommen egal, ob die anderen das sehen oder was sie denken.

Kaoru gehört mir und irgendwann wird auch er das einsehen.

Ich glaube fest daran.
 


 

Ende Kapitel Sieben.
 


 

Ich breche hier ab. Irgendwie war das so nicht geplant. oO’ Ich hing ziemlich lange nach dem Gespräch zwischen Die & Kaoru wegen dem Weihnachtsbesuch seiner Ellis. Ich konnte nicht gleich zu Weihnachten übergehen und brauchte noch einen Freund, den Die anrufen konnte. Da kam ich auf Sho. (Ja, ich habe da ein Bild vor Augen. *umbrechz* Kekse für den, der weiß, wen ich meine.^_^) However, dazu kam mir die Idee mit Kaoru und dem Mädel, sowie dem Die, der sich einen ansäuft und deshalb zu Kaoru rennt. Am Ende ist alles etwas ausgeartet, was eigentlich als Interlude gedacht war. Deshalb wurde mir das Kapi jetzt zu lange und das Weihnachtschapter kommt als nächstes, okay?

Sagt mir eure Meinung! Hoffe, ihr seid nicht enttäuscht.^_^
 

Archiv: http://sanghamyers.livejournal.com/106049.html

Oh Du Fröhliche

Tut mir so wahnsinnig leid, dass es so lange gedauert hat! T_T Ich habe zwischendurch einen Lemon geschrieben (Link siehe Archiv), einen Film gemacht, welche geschaut *debiles Grinsen* und meinen Freunden oder sogenannten meine Aufmerksamkeit gewidmet. No excuses anymore. Hier’s die nächste Episode. ;D

Einen riesigen Dank an kAmO, chb, Namida_desu, eba-chan, Bou-kun, Januce, Totchan, inori, Hakuchan, RedCrescent, CrimsonBubble, Tetsu, yumeky, Riesuke, Toshie, _Domestic_Fucker_, DOKIDOKI, theMonster, tayo, Lyciel, nekoangel-tsukasa, Aimi & alle, die sonst noch kommentiert haben! Me <3 U. Arigatou gozaimasu!
 


 

Kapitel Acht
 


 

Als wir endlich in Kaorus Straße ankommen, kann ich nicht sagen, ob ich nun doch etwas erleichtert bin, dass ich jetzt endlich nicht mehr seine betörende Nähe ertragen muss, oder traurig, dass ich gleich nicht mehr seine Hand halten kann. Die Entscheidung bleibt ungewiss, als Kaoru die Augen öffnet und sich verschlafen umsieht. Er registriert offensichtlich, wo wir sind, dass er gepennt hat, aber auch dass ich seine Hand halte.

Oh Gott. Warum habe ich sie auch nicht früher losgelassen? Nun schaut Kaoru auf unsere Hände, als wäre er sich nicht sicher, ob er wach ist oder träumt. Herrje, warum lasse ich nicht los? Einatmen. Mit aller Willenskraft löse ich meine Pfote vom Kaohändchen und lache nervös vor mich hin, denn er sieht mich mit einem fragenden Blick an. Gott sei Dank scheint sein Hirn noch im Schlummerland zu sein.

„Du hattest kalte Hände.“ Bravo gelogen! Darin bin ich gut, nicht wahr?

„Okay,“ sagt er leicht heiser und setzt sich langsam in Bewegung, nachdem uns Kyo freundlicherweise die Tür geöffnet hat.

Ich bin ja bloß froh, dass es keine Diskussionen von wegen Die will bestimmt nach Hause fahren gibt. Dazu muss ich mich wohl kaum äußern, wenn Kaoru davon ausgeht, dass ich ihm morgen mit seinen Eltern helfe. Und übermorgen fahren wir bereits wieder auf Tour. Komische Tour mit Unterbrechung. Macht irgendwie die typische Tourstimmung platt, aber ich kann nicht sagen, dass mich das stört. Jetzt, wo ich bei meinem Schätzi wohne, kann mir das nur recht sein.

Wir verabschieden uns knapp bei unseren Freunden und gehen sogleich nach oben in die Wohnung. Das rockt. Hallo! Kaoru und ich kommen nach Hause, als wäre es die normalste Sache der Welt, dass er und ich zusammen leben. Das ist doch eigentlich der helle Wahnsinn.

„Ich hab Hunger,“ mault er auch gleich rum und ich kann ihn nur dumm anstarren, als er den Kühlschrank inspiziert. Nichts drin. War ja klar. „Mist, ich koch erst mal’n Kaffee. Zu essen ist hier eh nichts.“

„Ich hab noch Schokolade in meinem Rucksack,“ erwähne ich, denn es ist tatsächlich das einzig Essbare, was mir einfällt.

„Ah, heb sie lieber auf als Frühstück für Morgen,“ kichert Kao und reibt sich das Bäuchlein. „Da haben wir nämlich auch nichts und auf gammelige Eier haste sicher kein Bock, ne?“

„Nein, Gammeleier waren noch nie mein Fall.“ Da hebe ich tatsächlich lieber die Schokolade auf. „Machst du mir auch einen Kaffee? Ich würde gerne duschen jetzt.“ Und mich rasieren, vor allem da, wo die dunklen Stoppeln besonders hervorstechen gegenüber der blassen Haut. Ich blamiere mich doch nicht, falls dem Alphatierchen doch einfallen sollte, das Rudeltierchen vor seinen Eltern zu vögeln oder nebenan oder wo auch immer. Jedenfalls nickt Kaoru auf meine Frage hin und das ist gut so. Jetzt muss er nur noch lernen auf jede meiner Fragen so zu reagieren.

Mit einem Pfeifen auf den Lippen mache ich mich auf ins Bad.
 

Nach guten zwanzig Minuten komme ich wieder und rieche auch schon den Duft von Kaffee. Kaoru sitzt am Tisch, Brille auf der Nase, Zigarette in der Hand, und kämpft sich durch seine Post. Der schlaue Fuchs Die – daher die roten Haare, jetzt ist es raus – hat sich natürlich nur das Handtuch um die Hüften gewickelt und strahlt seinen verführenden Duft der Bodylotion aus, die seinen noch verführerischeren Körper bedeckt.

„Hier, dein Kaffee ist sicher nur noch lauwarm,“ meint Kao ganz schroff, vertieft in einen Brief von seinem Steuerberater. Er sieht so bekloppt aus, dass es schon wieder zum Anbeißen ist. Ist schon etwas Besonderes, mein Kaokao.

Ich nippe vom Kaffee und spucke ihn beinahe wieder auf den Tisch. Igitt, lauwarm. Als Kaoru aufsteht um den AB abzuhören, klaue ich mir schnell eine Kippe von ihm und stecke sie mir an, den Rauch tief in meine Lungen ziehend. Das tut gut. Plötzlich vernehme ich eine bekannte Stimme vom Anrufbeantworter.

„Hallo Kaoru, hier ist Mutti. Holst du uns bitte um viertel vor drei am Bahnhof ab? Da du dich nicht gemeldet hast, gehen wir davon aus, dass alles klar geht morgen. Also tschüssi.“ Sie hinterließ noch einen geräuschvollen Schmatzer an der Ohrmuschel und legte dann auf.

Nun steht Kaoru vor dem Anrufbeantworter mit einer hochgezogenen Augenbraue, bevor sich seine Stirn in Falten legt und er tief ein- und wieder ausatmet.

„Die, sag mir, dass ich das nicht wirklich auf mich nehmen werde.“ Och Gottchen, wie ein begossener Pudel steht er da, der Kleine.

„Doch, wirst du und mach dir keine Sorgen, ich habe alles im Griff.“ Hoffe ich. Mal sehen, was Sho dazu sagt, wenn ich morgen bei ihm auftauche. „Jetzt zerbrich dir nicht den Kopf. Ich besorge morgen alles, was wir brauchen und du holst deine Ellis. Das geht schon alles gut, wirst sehen.“

„Ich wünschte, ich wäre so optimistisch wie du.“ Skeptisch schaut er mich an und nimmt die Brille von der Nase um sich das Nasenbein zwischen Daumen und Zeigefinger zu reiben. „Tja, kann ja nicht mehr schlimmer werden, als es bisher immer war.“

„Genau!“ Bisschen dreist, aber ich grinse ihn an. „Mit ein bisschen Humor geht alles.“

„Ha haha ha hahaha.“ Gesprochen wirkt das irgendwie gar nicht lustig, soll es wohl auch nicht sein. Na egal, den Pessimismus treib ich ihm schon noch aus, Betonung auf treiben. „Wie auch immer, ich gehe ins Bett. Gute Nacht, Die.“

Wie? Er lässt mich hier so sitzen, so halbnackt? Das ja wohl die Krönung! Hach, was muss ein Mann noch alles tun um den Typen endlich zu überzeugen? Aber ich bin einfach zu gutherzig und lächele ihn an, denn Kaoruleinchen ist einfach zu putzig, wenn er gähnt.

„Gute Nacht und träum was Schönes.“ Ein kurzer Zwinkern meinerseits reicht hoffentlich, damit er den Wink versteht.

Die Augen verleiernd zieht er ab. Mal wieder. Sein Hintern ist der Wahnsinn. Unterdrück das Pfeifen, Daisuke. Himmel Herr Gott. Ich gehe besser auch schlafen.
 

„Mmmwuargh~“ Ich stöhne ins Kissen, als mich das Geräusch der blubbernden Kaffeemaschine zusammen mit den Nachrichten auf dem Fernseher weckt. Verdammter Niikura! Muss man denn immer wissen, was in der Welt los ist? Zumal hier ein Die schlafen will.

„Wird ja mal Zeit, dass du aufwachst. Ist schon fast halb neun,“ die Stimme des Meisters erreicht meine Gehörgänge, aber mein Hirn versucht seine Worte zu deuten. HALB NEUN?

„Waaaaas?“ So scheißfrüh? Aus Verzweiflung stöhne ich noch etwas lauter in mein Kissen.

„Ja, los, steh endlich auf und pack deine Schokolade aus. Kaoru hat Hunger. Kaffee hab ich auch schon gekocht und einen Kakao für den Die. Also...?“

Alter, ich glaube, ich bin im falschen Film. DER starrt mich mit großen, lieben Augen an und wirkt so... so aufgekratzt. Ich zwicke mich in den nichtvorhandenen Hüftspeck, aber es ist kein Traum.

„Ist ja gut, ist ja gut.“ Ich schiebe mich aus dem Bett und watschele in die Küche, wo Kaoru, der mir fix gefolgt ist, mir gleich meinen Kakao hinstellt und auf seine Schokolade warten. „Bist du unterzuckert oder was?“

„Quasi.“ Er grinst. Das ist mir unheimlich. „Außerdem hast du gesagt, dass du heute alles besorgst. Ergo du gehst aus dem Haus. Ergo Kaoru kann die Bude hier blitzeblank putzen, damit die liebe Mama nicht mit ihrem weißen Handschuh rumlaufen und nach Staub suchen muss.“

Zynisch, aber irgendwie hat er auch recht, wenn er doch stark übertreibt. Putzen muss er, so viel ist sicher. „Ja, jetzt mach doch aber mal keinen Stress.“

„Mach ich nicht. Hautsache, alles geht seinen Gang. Geht’s doch, oder?“ So ganz vertraut er mir dann wohl doch nicht, aber was soll ich machen? Skepsis und Kaoru sind verwachsen wie siamesische Zwillinge.

Erst einmal schlurfe ich in aller Ruhe meinen Kakao und rauche eine Zigarette, dann esse ich auch brav ein Stückchen Schokolade und behalte für mich, dass ich nachher unterwegs bei Mäcces Eier mit Speck hole. Unglücklich vollgefressen mit dem süßen Kram sitzt mir Kao gegenüber und zieht auch noch eine durch, bevor er aufsteht und mir sogar Kohle auf den Tisch legt. „Kauf was auch immer du denkst, dass wir brauchen, ja? Ich verlass mich auf dich, Die. Ich muss jetzt erst mal duschen.“

Das Geld wäre echt nicht nötig gewesen, aber da diskutiere ich gar nicht. Das wäre sinnlos, über solche Kleinigkeiten am frühen Morgen noch zu reden. Ich bin gedanklich eh beim Wort ‚duschen’ ganz woanders hängen geblieben. Gähnend strecke ich mich, nachdem ich meinen Platz verlassen habe, und ziehe mir etwas Schickes an, etwas für die Stadt, etwas womit ich Sho Konkurrenz machen kann. Vielleicht werde ich an dieser Stelle klischeehaft, aber ich will besser aussehen als er, schon allein, weil er immer mehr Typen abkriegt als ich. Liegt vielleicht auch daran, dass ich es in letzter Zeit nicht mehr so darauf angelegt hatte, welche abzuschleppen. Kaoru ist das Hauptziel meiner Begierde; das einzige im Grunde.

Boah, schon wieder klingelt das Telefon. „Ja, hier bei Niikura, Die am Apparat.“

Das klingt doch auch mal geil, oder? Er könnte seinen höchst privaten AB haben, wenn er wollte.

„Ach guten Morgen, Die. Gut, dass du da bist. Hier ist noch mal Kaorus Mama. Ich wollte nur sicher gehen, dass ihr da seid, bevor wir losfahren.“

„Oh Frau Niikura! Jaaa, ja wir sind da. Es war gestern spät, als wir angekommen sind, sonst hätten wir uns gleich gemeldet, nachdem wir den Anrufbeantworter abgehört hatten.“ Merke: wir. Ich finde das gut so, noch wer?

„Geht das denn klar oder etwa nicht?“ Leicht besorgt, die gute Frau.

„Geht klar. Kaoru holt sie beide von Bahnhof ab. Viertel vor drei, richtig?“ Wie aufmerksam von mir. So nett wie ich bin, da kann doch keine Mutter dieser Welt noch Kritik üben, oder?

„Ja, und der Zug nach Hause geht morgen früh um halb zehn, ist das okay?“ Aha! Also bleiben sie über Nacht. Wäre ja auch eine Zumutung die beiden nachts noch nach Hause fahren zu lassen.

„Ja, das ist schon okay so. Wir müssen gegen Mittag wieder los.“ So ein Stress.

„Bestens, Die. Sag Kaoru bitte noch bescheid und schönen Gruß an ihn, ja? Er soll uns bitte nicht vergessen.“ Als ob Kaoru jemals etwas vergisst! Tut er doch nie.

„Mach ich, Frau Niikura. Also bis dann, wir freuen uns.“ Ich mich zumindest.

„Bis dann, Die. Wiederhören. Wie formell. Nette Frau, sehr nett.

Als ich auflege, höre ich noch immer das Wasser im Badezimmer rauschen. Vorsichtig probiere ich, ob die Tür offen ist, aber leider hat Kao abgeschlossen. Eine Schande! Dann werde ich wohl mal losmachen zu Sho. Ich klopfe lautstark an die Tür.

„Ich fahr dann, Kao. Bis später!“
 

Etwas mehr als eine halbe Stunde später habe ich mir Ham & Eggs zum Mitnehmen im Auto reingezogen, da ich natürlich auch wieder im Stau stand, und stehe jetzt endlich vor dem Haus, in dem mein bester Freund wohnt. Was tun? Klingeln!

„Hallo?“, meldet sich eine Stimme durch die Gegensprechanlage.

„Selber hallo. Hier ist Die, lass mich rein.“ Es ist nämlich arschkalt, auch wenn es ein sehr lauer Winter ist. Mir ist kalt und ich hasse es, wenn mir kalt ist. Kalt ist dumm.

Sho ist Kumpel wie Sau und lässt mich rein, der Gute. Nachdem ich die Treppe in die zweite Etage gemeistert habe, sehe ich schon, wie er lässig mit verschränkten Armen gegen den Türrahmen lehnt. Er lächelt, als er mich sieht.

„Na, alles fit im Schritt, Sho?“ Er ist zwar mit allen Wassern gewaschen, aber sprüchemäßig konnte er mir noch nie das Wasser reichen. Da bin ich der Held im Erdbeerfeld.

„Bei mir immer, Die. Komm rein und fühl dich wie bei mir Zuhause.“ Er grinst ein Schuljungengrinsen, welches ich erwidere und an ihm vorbeiziehe, direkt in seine Bude. „Und, schon aufgeregt?“

„Wieso sollte ich?“ Ich kratze mich am Kopf zur visuellen Unterstützung, denn ich verstehe gerade wirklich nicht, was er meint.

„Hoher Besuch.“ Er geht ins Wohnzimmer und lässt sich auf das Sofa fallen, gießt mir aber freundlicherweise einen Orangensaft ein. Bäh. Sehe ich aus, als lebe ich gesund?

„Nein, nicht aufgeregt, sofern du die Sachen hast, die ich brauche. Hast du?“ Ich setze mich neben ihn und schaue ihn mit großen Augen an.

„Hab ich.“ Wieder grinst er kurz und ich muss mir schon eingestehen, dass er mal wieder verflucht heiß aussieht. Wäre ich nicht verliebt, würde ich ihn flachlegen. Nein, aber er tut ja auch was für sich und seinen Körper, ist immer gepflegt, lebt gesund, hat regelmäßig Geschlechtsverkehr...

Ich frage mich manchmal, wie er das hinbekommt, alles unter einen Hut zu kriegen. Er muss doch auch mal arbeiten, sonst könnte er sich die schicke Bude hier nicht leisten. Jedenfalls scheint er keinen nine to five Job zu haben, so genau weiß ich das nämlich gar nicht, nur dass er wohl bei einer Produktionsfirma beschäftigt ist. Bei Gelegenheit frage ich mal, was die da eigentlich produzieren. Jetzt habe ich keinen Kopf dafür.

„Guter Junger. Was kriegst du?“

„Was gibst du mir?“ Elende Kröte, aber diese Spielereien zwischen uns werden nicht ernst genommen, ich schwöre.

„Toshiya?“ Biete Bassist, zahle zu.

„Deal.“ Notgeiler Casanova.

„Wenn das alles ist...?“ Da komme ich ja billig bei weg.

„Kassenzettel liegen in den Tüten.“ Er macht eine Kopfbewegung in Richtung drei riesiger Einkaufstüten, die ein paar Meter weiter weg an einer Wand stehen. „Ist auch ein kleines Geschenk dabei. Das ist gratis. Zu Weihnachten sozusagen. Fest der Liebe und blah...“

„Woah danke, ich habe gar nichts...“ Das ist mir jetzt wirklich unangenehm, ehrlich.

„Ist nicht schlimm. Ich hätte auch nichts, wenn du mich nicht selber einkaufen geschickt hättest,“ sagt er und legt den Kopf schief. Zuckersüß. Manchmal frage ich mich, ob es nicht einfacher gewesen wäre, wenn ich mich in ihn verliebt hätte. Ich habe ihn nie gefragt, ob er damals etwas für mich empfunden hat. Er war auch gleich so verständnisvoll und alles, aber mal ehrlich, vielleicht wollte er es einfach nicht zugeben. Möglicherweise auch besser so, denn ich habe mich ja nie in ihn verknallt. Nicht mal ansatzweise und das ist erstaunlich bei seinem Charakter und vor allem seinem Aussehen. Man könnte behaupten, er sieht besser aus als Kaoru, aber deshalb liebe ich Kaoru wohl umso mehr. Der ist schlicht und hat doch etwas ganz Besonders. Und ich spiele nicht auf seinen dummen Kinnbart an. Vielmehr die Momente, wo er nicht gut aussieht und ich ihn trotzdem auffressen könnte, so geil ist er in meinen Augen.

„Erde an Die, noch da?“ Er winkt mir mit der Hand vorm Gesicht umher und holt mich aus meiner vorübergehenden Phase der Trance zurück in die Realität. „Wolltest du mir nicht noch irgendwas erzählen?“

„Wieso? Was denn?“ Wollte ich das? Ich brauche ein neues Hirn mit größerer Speicherkapazität.

„Hast du am Telefon gesagt. Irgendwas von, dass du nahe dran wärst... oder so. Mit Kaoru. Woher soll ich denn wissen, was genau du meintest?“ Mit riesigen Fragezeichen in den Augen schielt Sho zu mir rüber und zuckt einmal kurz mit den Schultern.

„Ach so, ja.“ Mir fällt wieder ein, was ich gemeint hatte. „Das ist, weil... also Kaoru und ich, wir haben uns geküsst, also so richtig geknutscht...“

„Was?“ Jetzt reichen seine schmalen Augenbrauen bis zum Haaransatz. „Dann seid ihr...?“

„Nein, eben nicht, nein.“ Ich schüttele gequält den Kopf. „Die Sache ist kompliziert. Das war am Morgen nach meinem Geburtstag und ich hatte bei Kao gepennt, weil Toshiya auf dem Sofa lag. Als ich aufwachte, lag ich ganz dicht an ihm – oder er an mir, wie man’s nimmt. Jedenfalls fast verknotet. Da hab ich ihn geküsst.“

„Du dreiste Sau, ich bin stolz auf dich.“ Zustimmendes Nicken von Sho. „Und Kaoru hat dir nicht die Nase gebrochen oder versucht dich mit baren Händen zu erwürgen?“

„Nein.“ Kopfschütteln von Die. „Eben nicht. Er hat den Kuss erwidert und stattdessen ist die ganze Sache immer heißer geworden.“

„Und dann?“ Er will Details, aber ich muss ihn enttäuschen.

„Dann kam Kyo rein.“

„Nein!“

„Doch.“ Kurze Inhaltsangabe von meiner Wenigkeit. „Kaoru ist natürlich blitzschnell ans andere Bettende gezischt, weil es ihm sicher peinlich war, und ich hin auch gleich auf Abstand, weil ich nicht wollte, dass ihm etwas unangenehm ist. Letztlich gab es danach keinen Moment, in dem wir wieder allein waren, erst nach dem Frühstück und da hat Kao es bevorzugt zu packen, anstatt mit mir zu reden oder vorzugsweise weiterzuknutschen. Und so ging das weiter bis jetzt. Er ignoriert, dass dieser Kuss jemals stattgefunden hat.“

„Das ist saudämlich. Wie hältst du das nur aus? Ich hätte wohl schon aufgegeben.“ Immerhin ist Sho ehrlich, wenn mir die Aussage auch nicht weiter hilft.

„Nicht, wenn ich so nahe dran bin. Als wir auf Tour waren, da hatte er eine Frau mit auf dem Zimmer. Ist aber nichts gelaufen, sagt er. Stattdessen durfte ich bei ihm schlafen.“ Meine Zusammenfassungen waren auch schon mal besser.

„Ich versteh nur Bahnhof. Und die Frau, die war dann weg? Woher weißt du, dass er nicht lügt?“ Gute Argumente – für einen Nicht-Kaoru-Kenner.

„Erstens vertrau ich ihm dahingehend und zweitens hätte er keinen Grund zu lügen. Höchstens andersrum, um mich fern zu halten. Stattdessen sagte er mir, dass er nichts hatte mit ihr. Warum? Will er mir damit etwas sagen?“ Da kann Sho mal sehen, wer hier wirklich nur Bahnhof versteht. Nämlich ich.

„Du bist hier der Fachmann, was den Kerl angeht.“ Das ist wohl wahr und ich will Sho das auch geraten haben, dass er von meinem Kaoschokibaby keinen, aber auch nicht den geringsten Plan hat.

„Weiß nicht, aber ich find’s heraus. Im Bus nach Hause habe ich sogar seine Hand die ganze Zeit gehalten und er hat nicht geschimpft.“ Stolz gebe ich Auskunft an alle Schwulen dieser Nation.

„Hat er geschlafen?“

„Yup.“ Ist ja auch egal. „Sag mal, du hast doch gesagt, dass du dich auf meiner Geburtstagsfete mit ihm unterhalten hast. Über was denn? Auch über mich?“

Wieder dieses kleine Grinsen, dann ein Schulterzucken mit dem Sho seine Unschuld beteuert. „Nicht wirklich, nein. Er wirkte etwas verschlossen, als das Thema auf dich kam. Da haben wir lieber über andere Dinge gequatscht. Er ist schon cool, aber auch strange, wenn du mich fragst. In einer recht konventionellen Art, wenn du verstehst?“

„Nein, kein Plan, was du meinst.“ Was faselt der da für einen Kram? Kaoru ist also verschlossen, wenn ich das Thema bin. Na, das hilft ja so sehr weiter! „Ach Sho, ich habe eigentlich noch ein viel größeres Problem.“

“Das wäre? Ich bin ausgebildeter Verkehrshelfer, aber kein Sanitäter, denk dran.“

„Lass mal die Witze. Ich habe kein Weihnachtsgeschenk für Kao.“ Am besten mache ich mich ganz klein hier auf dem Sofa, dann wirke ich mitleiderweckender. „Hast du eine Ahnung, was ich ihm schenken soll? Du hast so coole Sachen und weißt immer, was Typen wollen.“

„Wohl wahr.“ Er badet in diesem Kompliment, dann legt er wieder den Kopf schief. „Aber Kaoru ist ein Sonderfall. Kauf ihm etwas Einfaches, aber Cooles. Der fährt auf Kleinigkeiten ab. Mag er etwas Bestimmtes? Dann finde etwas zu dem Thema. Oder kaufe ihm Schmuck, aber nichts Teures, sondern irgendwas Symbolisches. Ein Kreuz oder so was. Der ist so Rock’n’roll, ne?“

„Oh Gott.“ Das lässt ja so ziemlich alles offen. „Danke für den Tipp. Ich weiß das zu schätzen.“

„Nicht der Rede wert.“ Sho steht auf und räumt die Gläser weg. „Ich muss gleich weg, sorry.“

„Ich doch auch, sonst steigt mir Kaoru auf’s Dach.“ Wir haben unterschiedliche Auffassungen vom Dachsteigen, also riskiere ich Kaorus Rache lieber nicht. „Wohin gehst du?“

„Kaffeetrinken,“ antwortet er mit diesem versaut schelmischen Grinsen.

„Kurz vor Mittag? Das sind ja Sitten,“ scherze ich und schnappe mir eine der Tüten.

„Manchmal geht es eben nicht anders und wer weiß, vielleicht gibt’s anschließend auch ein Mittagessen spendiert.“ Auch er nimmt sich eine der Tüten um mir beim Runtertragen zu helfen.

„Spendiert?“, frage ich, als die letzte Tüte auch an mir hängen bleibt. „Mit wem gehst du?“

„Dem Bassisten von Dir en grey,“ kichert er und rümpft die Nase. „Soll ja eine nette Band sein.“

„Toto?“ Ich muss lachen, als ich in den Hausflur trete, was die Lautstärke erheblich angehoben erscheinen lässt. Sho schließt die Tür und geht dann voran die Treppe hinab. „Das geht aber flott bei euch. Gerade erst habe ich ihn dir geschenkt, quasi als mein Weihnachtsgeschenk, nur dass die rote Schleife noch fehlt drum herum.“

Er lacht und hält mir die untere Eingangstür auf. „Die kann ich auch selber dran machen.“

„Ja, mach mal. Ist mir so auch lieber.“ Leider muss ich die Tüten abstellen um das Auto aufzuschließen, aber sobald der Kofferraum offen ist, verstaue ich den ganzen Kram sachte.

„Eben, hast ja deinen Kaoru.“ Er lächelt mich mal wieder an, als käme er gerade erst aus dem Kindergarten, und vergräbt seine Hände in den Jackentaschen. „Dann viel Glück heute, Die.“

„Danke, dir auch. Soll ich dich irgendwo absetzen?“ Bin ja nett, kann ja mal fragen.

„Brauch ich nicht und nein, ich werde abgeholt,“ sagt er mit einem Augenzwinkern. Blödmann. Er sucht sich eben die aus, die leicht rumzukriegen sind: Toshiya. Da müsste ich auch nur mit einem warmen Bett winken und schon hüpft er rein. Immer muss Sho mich ärgern – oder es zumindest versuchen. Ich öffne die Fahrertür und setze mein breitestes Grinsen auf, als mir noch etwas einfällt.

„Hey Sho, aber eines solltest du vielleicht wissen. Totchi ist uke.“ Damit verschwinde ich in meinem Auto und hinterlasse einen dumm aus der Wäsche guckenden Sho, der mir nämlich mal im Suff erzählte, dass er viel lieber gefickt wird, als selbst die ganze Arbeit zu übernehmen.

Ziemlich fies von mir, oder? Wenn man es so betrachtet, ja, aber wenn man weiß, dass ich nur Spaß mache, ist es halb so wild. Im Grunde bin ich doch der letzte, der eine Ahnung hat, was Toshiya bevorzugt. Das soll mein Freund mal schön selbst herausfinden.

Die, sage ich zu mir selbst, gib Gummi. Zuhause wartet dein Angebeteter!
 

In Nullkommadoppelnichts, sprich etwa 60 Minuten später inklusive Zwischenstopp bei Pizza Hut und an der Tanke, bin ich wieder bei Kaorus Wohnung angekommen, oder fast. Warum hat der Typ eine Bude so weit oben? Ein Glück hat das Haus hier wenigstens einen Fahrstuhl. Nur drück mal den Knopf, damit das verfluchte Mistding kommt, wenn du drei Riesentüten in den Armen hältst.

Als ich oben ankomme, sieht mein Gesicht so rot aus wie die Hälfte meiner Haare auf dem Kopf. Ich muss erst einmal die Tüten abstellen, sonst komme ich gar nicht rein hier. Aufschließen, schon mal Schuhe aus und Tüten reinholen steht auf dem Programm, aber ich muss mich bereits wundern. Was läuft denn hier für eine brutale Musik? Klingt doch nach dem guten, alten – Gott hab ihn selig – hide! Wo hat denn Kaoru seine Uralt-CDs gefunden?

Ich schleppe die Tüten zunächst einmal in die Küche auf den Tisch und atme einmal tief durch, vielleicht auch zweimal, dann weg mit der Winterjacke und dem Pullover, sonst schwitze ich mich tot. Ja, ich habe noch ein T-Shirt an.

„W...wow,“ entfährt es mir mit einem Pfeifen, als ich ins Wohnzimmer komme. Nicht, weil es hier so blank geputzt ist, das auch, sondern weil Kaoru gerade auf allen Vieren auf dem Boden eine undefinierbare Bewegung ausführt, die mich einfach zum Staunen veranlasst. Für den Hintern braucht der Typ doch einen Waffenschein, oder? Dem mir so entgegen zu strecken, ist doch fahrlässige Diequälerei.

Kaoru dreht sich um und verleiert die Augen, als ich dastehe mit meinem debilen Grinsen. Er setzt sich auf die Waden und seufzt.

„Was ist los, mein Bester? Und was zum Henker machst du da unten... ohne mich?“ Ich gehe auf ihn zu und mustere den Schwamm in seinen Händen und den riesigen Fleck auf dem Teppich.

„Der geht nicht raus, ich hab schon gescheuert wie’n Affe hier.“ Auf Knien und so zu mir nach oben schauend gefällt mir das Kaotierchen, aber holla. An was erinnert mich das wohl? Wovon lässt es mich träumen? Darf ein Die denn Schwärmen? So nenne ich mal ein Lied, aber jetzt zurück zum Problem: Fleck.

„Was ist denn das? Also ich kriege ja viele Flecken raus, aber die sind meist anderer Natur.“ Das Ding sieht irgendwie pink aus. Ich kann mir nicht helfen.

„Das ist Wein,“ meint er trocken. „War früher mal rot und ist jetzt schon pink, geht aber nicht weg. Zum Kotzen ist das.“

„Ich weiß eine Lösung!“, prahle ich stolz und sehe mich in der Bude um.

„Ach, echt?“ Hoffnungsvoll schaut mich das Leaderchen an. Zu süß ist das.

„Japp.“ Ich nicke und hole den blöden Gummibaum, der in der hinteren Zimmerecke steht, und ziehe ihn, bis er den Fleck verdeckt. „Voila!“

„Toll.“ Erkenne ich da einen Schweißtropfen an Kaorus Stirnseite? „Darauf hätte ich auch kommen können.“

„Richtig. Biste aber nicht.“ Ich bin so klug, das ist der helle Wahnsinn! „Komm mit. Ich habe Pizza zum Mittag mitgebracht.“

„Oh gut.“ Jetzt meldet sich auch sogleich Kaorus kleines Bäuchlein, das sicherlich die Nase gestrichen voll von Schokolade und den Putzarbeiten ist.

Also rafft er sich auf und folgt mir in die Küche, wo er dem Duft nachgeht und sich die Schachtel mit der Pizza krallt. Er nimmt sich eine Ecke auf die Hand und lässt es sich ohne Kommentar schmecken. Das freut mich. Glücklicher Kaoru bedeutet glücklicher Die.

„Was hast du denn so alles gekauft?“ Er streckt ein Pfötchen aus und zieht zwei CDs aus einer der Tüten. „Was ist das denn hier? Weihnachtsmusik?“

„Jawoll, denn mit hide kannst du vielleicht mich beeindrucken, aber nicht deine Mam.“ Versteht sich von selbst.

Kaoru nickt. „Wohl wahr. Denkst auch an alles. Darauf fährt sie bestimmt voll an. Tokio Kirchenchor. Meine armen Ohren.“

„Den Geschmack deiner Mutter kenne ich eben nicht, aber mit Kirchenschnulli macht man alte Leute glücklich.“ Jetzt stopfe ich mir auch erst einmal Pizza zwischen die Zähne.

Kao legt die Disks beiseite und zieht erneut etwas aus der Tüte. „Dekoengel?“

„Ischt dosch Weihnaschten.“ Mmmmh, lecker Pizza.

„Und das hier?“ Er zieht ein in Folie eingeschweißtes Präsent mit roter Schleife aus der Tüte und beäugt es skeptisch. „Das ist aber nichts für meine Mutti, oder?“

Er wirkt leicht angeekelt und das macht mich jetzt auch skeptisch. „Zeig mal.“

Schnell schnappe ich mir das hübsche Präsent und schaue durch die Folie auf den Inhalt. Zuerst dachte ich ja, es sei Duschbad oder Aftershave, aber bei genauerer Betrachtung... ist es eine Flasche Gleitmittel, eine 10er Packung Kondome und ein winziger Vibrator, den man als Schlüsselanhänger verwenden kann. Mir kommt da nur ein Gedanke: Sho!

„Ach, dieser Mistbock. Das ist von Sho. Er sagte schon, dass ein Geschenk für mich dabei ist.“ Ich finde es um ehrlich zu sein ganz witzig.

„Sho, ja?“ Kaoru wirkt nicht sonderlich belustigt.

„Ja, den habe ich doch gebeten einzukaufen, denn, wie du sicher weißt, haben heute keine Geschäfte auf. Also hat er die Woche alles gekauft, was ich haben wollte, und ich habe es heute nur bei ihm abgeholt.“ Ich sage die Wahrheit und nur die Wahrheit, so wahr mir Gott helfe.

Allerdings sieht Kao auch nicht viel anders aus, nur dass er die Augenbrauen nach oben zieht. „Okay,“ kleine Pause in seiner Bemerkung, „aber so was schenkt der dir?“

„Ist doch nur Spaß. Er zieht mich eben auf.“ Versteht er das nicht? Damit will Sho mir viel Erfolg wünschen und das ist nett von einem Freund, nicht?

„Ah so.“ Er wirft noch einmal einen Blick auf das Päckchen und hebt argwöhnisch die Augenbraue. Weil wir gerade beim Thema sind ich und gerne tratsche, plaudere ich ein wenig aus dem Nähkästchen. Oder aus Shos Nachtkästchen, je nach Auge des Betrachters. „Er geht heute sogar mit Totchi Kaffeetrinken. Fährt wohl auf ihn ab. Hoffentlich passt das.“

„Hm. Und da bist du nicht eifersüchtig?“ Mein Gott, wie kann mir mein Kaotoffee so eine Frage stellen und dabei so rotzecool bleiben? Man sieht ihm nicht die geringste Gefühlsregung an, nicht einmal Neugier, dabei ist die Frage schon sehr direkt.

Bringt mich allerdings eher zum Lachen. „Ich? Nein, wieso sollte ich? Ich sag doch, ich hoffe, dass es klappt mit den beiden. Wieso eigentlich? Bist du eifersüchtig?“

Jetzt lacht er oder vielmehr schnarcht er mich an. „Auf wen denn bitte?“

„Na, vielleicht auf Sho wegen Toshiya.“ Nur ein kleiner Test.

„Verarscht du mich gerade? Was in deinem Kopf vergeht, möchte ich manchmal wissen.“ Er schnappt sich noch ein Stück Pizza und sieht mich spöttisch an, fast, als hätte er Mitleid aufgrund meiner nichtvorhandenen Geisteskrankheit.

„Hm, dann nicht. Wärst du denn eifersüchtig, wenn ich mit Sho ausginge?“ Ich will wissen, wo der Frosch die Locken hat. Das liegt in meiner Natur. Nur mein Kaofröschi drückt sich vor der Antwort und wühlt lieber weiter in den Tüten. „Hätte ich mir denken können, dass dich das nicht kratzt.“

Nicht einmal darauf reagiert er, sondern zieht einen großen Karton von ganz unten hervor. „Was zur Hölle ist das denn?“

„Ah! Das muss der Weihnachtsbaum sein.“ Stand auf meiner Bestellliste.

„Bitte was? Im Karton?“ Kao dreht die Schachtel ein paar mal in seinen Händen und macht dabei recht komische Gesichter.

„Ja, für einen echten ist es zu spät. Los, wir bauen den hier auf. Das wird lustig.“ Ich schnappe mir die Pizzaschachtel und die Tüte mit der Weihnachtsdeko, bevor ich ins Wohnzimmer marschiere. „Der Gummibaum muss weg dort. Da passt prima unser Bäumchen hin!“
 

Bei mir zuhause hatte das Christbaumschmücken immer eine besondere Bedeutung, denn da kamen wir Kinder am Morgen zusammen und hatten jede Menge Spaß beim Dekorieren. Die letzten Jahre hatte ich davon nicht viel, aber heute hier bereitet es mir/uns wirklich sehr viel Freude. Kaorus linke Hände beim Handwerken lassen an seinem Beruf als Gitarrist zweifeln, aber durch meine Hilfe können wir bald auch die letzten Zweige befreien, als er stolz das Seil durchschneidet.

„Autsch!“, quiekt Kao und zuckt zurück, bevor er sich kurz das Auge hält. „Du blöder Baum!“

Ich würde ja gerne, aber ich kann mein fieses Kichern nicht in Zaum halten. Der Typ flucht einen Baum an, wie beknackt ist das denn? Aber so verdammt niedlich! „Memme.“

„Ich?“ Mit leicht errötetem linken Auge schaut er mich an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank. „Was bist denn dann du? Ich hab heute noch Ohrenschmerzen von deinen Schreien, als du dir das Minitattoo hast stechen lassen.“

„Ich habe nicht geschrieen!“ Ich protestiere. Vielleicht habe ich ja ein bisschen gejammert, aber nicht geschrieen, nein.

„Kaooo, das tut weeeh...“, äfft mich dieser fiese Hund nach. „Wäh, meine Hand~! Ich werde nie wieder Gitarre spielen können.“

Ich biege ein paar Drahtzweige am Kunstbaum gerade und ziehe einen Schmollmund. „Ich bin eben sensibel.“

Anstatt mich zu trösten und mich mal in den Arm zu nehmen, wühlt Kaoru die Baumspitze aus dem Karton hervor und setzt sie mir auf den Kopf. Er lacht sein typisch gemeines, möchtegernbösartiges Grienen und strahlt mich an. „Steht dir, Prinzessin.“

„Hey! Das ist die Christbaumspitze, die setzt man auf den längsten Ast!“ Da mir das Teil eh gerade vom Kopf fällt, nehme ich sie lieber in die Hand und wackele damit vor Kao herum. Dann schnappe ich mir eine rote Christbaumkugel und hänge sie ihm an eines seiner Ohren. „Steht dir, Prinz Charming.“

„König Kaoru heißt das,“ erwidert er, die Arme verschränkend, als er stolz die Brust herausstreckt.

Ich fall gleich um vor Lachen! Wie er da so sitzt mit der Riesenperle am Ohr! „Hier, steck die Krone an den Baum, König Kaoru.“

Gefügig steht er auf und versucht die Spitze auf den Kunstbaum zu hieven. „Ich komm nicht ran!“

„Streck dich halt mehr,“ fordere ich ihn auf, denn es ist mir egal, ob er ran reicht oder nicht, Hauptsache er streckt sich. Ich kann nämlich jetzt schon unter seinen schwarzen Sweater schauen. Wie gerne ich da meine Finger drunter schieben würde, das übersteigt jegliche Vorstellungskraft.

„Was musst du auch einen so großen Baum kaufen, der auch noch piekt.“ Durch die Zweige hindurch schaffst es das männliche Kaobärchen, die Spitze des Tannenbäumchens zu fassen und so zu biegen, dass er den Schmuck darauf setzen kann. Er verhofft sich somit Respekt gegenüber seinem mit im Rudel lebenden Diebärchen zu schaffen. Das Diebärchen allerdings ist mal wieder im Gagaland, wohin Kaobärchen keinen Zutritt haben.

„Geschafft. Man kann ruhig dumm sein. Mann muss sich nur zu helfen wissen.“ Er strahlt mich an und ich glaube, ich kriege einen Ständer. „Wie spät ist es?“

Meinen Sabber wieder den Mundwinkeln reinziehend, wende ich meinen Blick zur Uhr. „Kurz nach eins.“

„Mist. Schon?“ Die Weihnachtsstimmung wird leicht gedrückt, denn die Stunde der Wahrheit rückt unaufhaltsam näher. „Ich habe die Fenster noch nicht geputzt.“

„Okay, hör zu. Du gehst Fenster putzen und ich mache den restlichen Kram hier. Wir treffen uns in einer Stunde in deiner Küche.“ Da! Ich habe doch Chefpotential.

Salutierend nickt Private Kaoru und zieht ab, um sich mit Eimer und Lappen zu bewaffnen.
 

Die Stunde geht natürlich um wie im Flug und ich hatte auch wirklich alle Hände voll zu tun. Zuerst habe ich den Baum fertig gemacht, die Kugeln sind dran, das Lametta auch und die Lichterkette strahlt. Auf dem Wohnzimmertisch glänzen schöne Kerzen auf einem dunkelroten Weihnachtsdecker. Auf dem Küchentresen und dem Regal neben dem Fernseher stehen Rächerstäbchen und Kaorus Actionfiguren landeten alle in der unteren Schublade tief hinten. Die Bilder von ihm und Dir en grey wurden fein säuberlich im Schreibtisch vergraben und stattdessen Bilder von seinen Eltern und Verwandten in gläsernen Rahmen aufgestellt. Die Weihnachts-CDs liegen spielbereit im Player und jedes seiner Dekorkissen auf dem Sofa hat eine Falte durch Kantschlag. Das Genie Daisuke hat das alles geschafft, obwohl es nicht einfach war sich zu konzentrieren, denn Kaoru mit gelben Gummihandschuhen und zwei Pferdeschwänzchen rechts und links ist wirklich verdammt sexy und lenkt sehr leicht ab!

Erschöpft lasse ich mich auf den Stuhl in der Küche fallen und stecke mir eine Kippe an, als auch Kao eintrudelt und genauso aussieht und dementsprechend nach Nikotin lechzt.

„So, ich zieh mich dann um und mache mich los, sonst schaffe ich es nicht bis viertel vor drei zum Bahnhof,“ sagt er und nimmt gleich zwei Züge nacheinander.

„Okay, ich habe hier noch zu tun.“ Leider. Aber all der Stress macht sich ja bezahlt, denn immerhin habe ich noch kein einziges Weihnachtsfest mit Kaoru so verbracht, zuhause, mit einem Baum, wie eine Familie. Das allein ist es schon wert.

„Kommst du nicht mit?“ Das Kaobaby sieht mich an, als hätte man ihm sein Spielzeug weggenommen.

„Geht nicht, aber die Abholerei schaffst du auch alleine. Wenn was ist, ruf mich an.“ Gerne würde ich ihn begleiten, aber es geht nicht, denn ich habe weiß Gott noch Wichtigeres zu erledigen.

„Dann muss ich eben allein.“ Mit dem Zigarettchen im Schnabel läuft er ins Schlafzimmer, wo er sich wohl umziehen wird. Ich würde ja hineinschielen, aber ich habe meine Pause gerade nötiger als Sex – sofern ich welchen haben könnte. Das soll was heißen.
 

Nicht einmal kurze zehn Minuten später rolle ich den Fertigteig aus und steche fröhlich meine Weihnachtsplätzchen aus. Gehört schließlich auch dazu. Nachdem ich alle auf ein Blech gepackt habe, schiebe ich es in den vorgeheizten Backofen, 150°C, nicht zu hoch, dann gehe ich schnell noch einmal ins Bad und wasche meine Hände und sprühe mich kräftig mit Deo ein. Backen ist eben anstrengend. Danach hole ich die Kekse aus dem Ofen, dann bereits nach etwa 15 Minuten sind diese fix und fertig. Schnell in eine Schale schütten und auf den Tisch stellen, dann Kaffee kochen. Die ist einfach ein Superheld.

Es klingelt. Na prima! Hat Kaoru keinen Schlüssel oder warnt er mich nur vor? Als die Tür aufgeschlossen wird, erklärt sich meine Frage von selbst. Er denkt auch an alles.

Fröhlich grinsend warte ich auf die Gäste und erkenne sogleich einen gestresst lächelnden Kaokao und eine etwas ältere, viel redende Frau, sowie einen älteren Mann, der wie von einem anderen Planeten kommend auf seine eigenen Füße starrt.

„Herzlich willkommen. Einen schönen guten Tag!“, wünsche ich und verbeuge mich höflich.

„Oh guten Tag, du musst Die sein,“ spricht sie mich an und geht bedrohlich auf mich zu, lächelt jedoch wie ein Gänseblümchen. „Kaoru hat uns schon erzählt, dass du hier wohnst wegen deiner Wohnung. Das ist ja sehr bedauerlich mit dem Wasserrohrbruch.“

„Ja, nichts zu machen, aber ich habe ja Kaoru, der mir sehr hilft, dass ich bei ihm wohnen kann, solange es dauert,“ strahle ich die Gute an und nehme ihr den Mantel ab.

„Sehr freundlich,“ raunt sie und rammt mir auch noch die Handtasche in den Magen. „Es durftet so wunderbar nach Kaffee!“

Sie zieht ab ins Wohnzimmer und Kao schenkt mir bereits das ‚ich-hab’s-dir-doch-gesagt’-Grienen. Sein Vater wirft die Jacke an den Haken, nickt mir zu und folgt wortlos seiner Gnädigsten. Läuft doch super bisher!

„Wonach riecht es hier?“, fragt mich Kaoru hinter vorgehaltener Hand und beäugt mich skeptisch.

Ich ignoriere ihn und gehe zu den älteren Herrschaften. „Ich habe frische Plätzchen gebacken. Kaffee kommt auch sofort.“ DANN schaue ich zu Kao. „Deckst du mal den Tisch?“

Unweigerlich tut er, was ich sage. Muss er ja wohl. Ich gehe mal besser den Kaffee holen.
 

Der Nachmittag verläuft alles in allem wirklich gut. Kaorus Mama schmecken sogar meine Plätzchen und auch Kaoru kam nicht umher, mir dafür ein Kompliment zu machen. Leider traute er sich nicht allzu viele zu vernaschen, wahrscheinlich aus Angst er wäre unhöflich. Ich flüsterte ihm dann zu, dass noch eine weitere Schüssel im Schrank wäre, was er mit einem riesig breitem Lächeln zur Kenntnis nahm.

Als seine Mutter auf die berühmte Freundinnenfrage kam, erklärte ich ihr, wie schwer Kaoru es doch habe, vor allem in der heutigen Zeit, wo die Mädels doch einfach nur noch auf das Geld schauen und niemals mehr auf die inneren Werte. Ich schätze, ich habe sie beeindruckt, denn Kaos Mama nickte mir zustimmend zu und bedauerte ihr Klein-Kao sogar.

Ich bin gerade beschäftigt das Abendessen zuzubreiten, als mich das Kaomännchen in der Küche besucht.

„Soweit alles im Grünen. Wie schaffst du das nur? Ich glaube, meine Mutter liebt dich.“ Er beugt sich über die Arbeitsplatte, auf der ich gerade hantiere, und inspiziert das vorgesehene Dinner.

„Ich sagte dir doch, dass ich es drauf habe. Außerdem ist sie doch auch nur ein Mensch,“ erkläre ich ihm etwas großspurig und klopfe ihm auf die Finger, als er etwas vom Käse klauen will.

„Aua!“

„Finger weg! Das ist unser Abendessen. Geh lieber zurück zu deinen Eltern und erzähl ihnen noch ein paar Anekdoten oder so...“ Er lächelt nur gequält und steckt sich eine Zigarette an.

„Die, nur eine Kippe, dann geh ich, ja? Außerdem sieht sich meine Mutter gerade den Weihnachtsbaum an und hört in die CDs. Ich muss schon sagen, du bist heute echt mein Held.“ Diesmal lächelt er tatsächlich auch mal ganz aufrichtig und dankbar. Bringt mein Herz zum Schmelzen.

„Dein Held bin ich gern.“ Ihm zuzwinkernd lege ich den Käse noch in die Auflaufform und stelle das ganze in den Ofen.

„Was machst du eigentlich zum Essen?“, fragt er neugierig und stiert in den Herd.

„Irgendetwas von den Sachen, die man meist hinten auf den Soßentüten findet.“ Schulterzuckend gehe ich zurück ins Wohnzimmer um mich um Kaorus Gäste zu kümmern.

Seine Mutter bewundert gerade die neue Zimmerdekorationen und den schicken Baum. Hundert Punkte, Die. Ich bin mehr als stolz auf mich! Mit einem fetten Grinsen frage ich die Dame höflich, ob ich ihr auch etwas Punsch anbieten könne.
 

Auch das Abendessen geht ohne Schwierigkeiten vorüber und ich heimse sehr viel Lob ein, was ich natürlich, so klug wie ich bin, an Kaoru weiter gebe. Ich lüge seiner Mutti vor, dass er das Essen gemacht hat und ich nur ein kleinwenig geholfen. Stolz ist sie auf ihren Kaokao!

Nach dieser gelungenen Mahlzeit verteile ich noch einmal großzügig Punsch an alle und es dauert natürlich nicht lange, bis die älteren Herrschaften müde werden. Auch ich muss zugeben, dass mich der ganze Tag etwas schläfrig gemacht hat.

Frau Niikura blinzelt ihren meistens nichts sagenden Mann an und räuspert sich. „So langsam werden wir wirklich müde. Vielleicht sollten wir dann schlafen gehen...“

„Wie, schlafen?“ Kaoru schaut so verdutzt, als hätte jemand gerade etwas von rosa Elefanten erzählt. Ups Die! Du wolltest ihm doch noch etwas sagen... Ich muss abrupt husten.

„Tjaaa,“ sage ich. „Dann werden wir mal die Betten schnell herrichten.“

„Wie bitte?“ Kaoru schießt mir einen scharfen Blick zu. Ich ihm einen entschuldigenden, unschuldigen. „Die. Räumst du mal bitte mit mir ab?“

Ein sehr deutlicher, noch schärferer Ton wird angeschlagen und ich befolge die Anweisungen des Leaders. Sobald ich das Geschirr in der Küche abstelle, höre ich auch schon ein Schnauben in meinem Nacken und die sich aufstellenden Härchen sind nicht aus angenehmen Reiz.

„Das hast du doch gewusst, nicht wahr?“, schnaubt mich der kleine böse Mann wütend an, hält aber seine Stimme bedächtig leise.

Ich schüttele den Kopf. Na und, dann lüge ich eben! Aus purer Angst, ich schwöre! „Hab ich nicht...“

„Die!“ Bedrohliches Anraunen. Durchschaut er mich? „Meine Eltern können nicht hier bleiben. Wie denkst du dir das eigentlich? Meine Bude ist so schon winzig und dank dir als Dauergast wird sie auch nicht größer!“

„Ja, aber du kannst deine Eltern auch nicht nach Hause jagen mitten in der Nacht!“, verteidige ich die Eltern und mich. Okay okay, ich habe Hintergedanken.

„So spät ist es auch wieder nicht,“ sagt er bockig und verschränkt die Arme. Manchmal benimmt er sich aber auch wie ein kleines Kind. „Ich fahre sie zum Bahnhof, fährt bestimmt noch ein Zug und schwupps sind die Daheim.“

„Glaubste doch wohl selber nicht.“ Diesmal verschränkt ICH die Arme vor der Brust. „Fährt natürlich zufällig gerade ein Zug, wenn du da auftauchst, ist klar. Außerdem dauert die Fahrt mit Sicherheit auch etwa zwei Stunden, ist anstrengend und zudem auch noch gefährlich. Vielleicht hatte deine Mutter ja recht bisher und du bist wirklich kein guter Sohn.“ Ich war gerade so derb gemein, dass es mir bereits schon wieder leid tut. Aber Kaorus Gesichtsausdruck nach zu folgern habe ich auch ihm ein schlechtes Gewissen gemacht.

„Fein,“ giftet er mich an, dreht sich um und geht zurück in die gute Stube. Ich folge ihm, denn ich ahne nichts Gutes. Meine Befürchtungen werden wahr, als er seine Eltern knapp und schlüssig anspricht. „Wenn Die so freundlich ist und das Sofa räumt, kann ich euch die Betten beziehen.“

Hä? Und wo soll Die dann pennen? Und wieso überhaupt ist er so unfreundlich? Das gibt doch Minuspunkte! Wie dumm ist der Knabe eigentlich? Warum muss ich ihm sein Leben retten?

„Das Sofa?“, holt seine Mama bereits aus und verzieht die Miene. Selbst Kaorus Vater seufzt.

„Für ihn meint Kaoru!“ Ich muss schon sehr freundlich lächeln, damit ich überzeugend wirke und alles seine Schuld, dieser kleine Miesepeter. Ich könnte ihn auffressen. „Ich mache einfach etwas Platz für ihn auf dem Sofa und Sie beide schlafen natürlich im großen Bett im Schlafziiie—aua!“

Blödmann! Was tritt der mich auf den Fuß?

„Ich beziehe die Betten,“ brummt der Bär und zischt ab.

Ich entschuldige mich und folge ihm bis ins Schlafzimmer, wo ich ihn zur Rede stelle. „Was bist du nur so zickig? Ich kann auch nichts dafür, dass deine Eltern hier übernachten wollen.“ Finger gekreuzt. „Kannst sie aber nicht auf dem Sofa pennen lassen. Dafür habe ich mir heute echt zu viele Geschichten deiner Mum angehört, wie sehr dein Dad doch an Rückenschmerzen leidet. Ganz zu schweigen von ihren Hämorrhoiden. Also stell dich nicht so an, oder hast du nur wieder ein Problem damit, dir mal mit mir die Couch zu teilen? Fein, dann schlafe ich eben auf dem Boden!“

Mit einem theatralischem Seufzer verlasse ich das Zimmer und hoffe darauf, dass die Nacht auf dem Fußboden erträglich wird. Wie viele Opfer muss ich denn noch bringen für mein Kaobutzi?

„Alles in Ordnung?“, fragt mich Frau Niikura mit einem besorgtem Blick, als ich wiederkomme.

„Ja sicher,“ bestätige ich und schlucke meinen Ärger runter. „Kao ist gleich fertig.“
 

Bald schon schlurft er aus dem Kämmerlein und hat bereits sein Bettzeug dabei, welches er vorerst auf den Sessel wirft. „Also die Betten sind gemacht, wenn ihr schlafen wollt.“

„Sehr schön!“ Die Mutti zieht den Vati am Hemdsärmel, damit dieser auch aufsteht. „Kennst ja den Rücken von deinem Vater. Ich hoffe nur, das Bett ist nicht zu weich. Also dann gute Nacht, ihr beide!“ Mit einem breiten Lächeln auf ihren schmalen Lippen macht sich die gute Frau auf ins Schlafzimmer. Ihr Mann folgt ihr wie immer sprachlos.

„Gute Nahacht,“ wünsche ich noch fröhlich wie immer und warte, bis die beiden verschwunden sind, bevor sich meine Mundwinkel senken und ich seufze.

Kaoru ebenfalls. Das wundert mich. „Sorry wegen vorhin,“ meint er plötzlich. „Kannst ja auch nichts dafür und hast ja auch irgendwie recht. Ich habe mich wohl nur überrumpelt gefühlt. Wie auch immer. Es tut mir leid, dass ich dir die Schuld gegeben hab.“

OH. MEIN. GOTT. Ist das knuffig! Kaoru entschuldigt sich und zwar bei mir! AAAH! Ich will ihn knuddeln! Haltet mich jedoch zurück! Denn zunächst erst einmal will ich etwas klarstellen, während ich ihm so dabei zusehe, wie er bereits das Sofa auszieht.

„Heißt das, ich muss nicht auf dem Boden schlafen?“ So traurig es geht, blicke ich drein mit Dackelaugen so lieb und braun.

Kao dreht sich um und lächelt einseitig. „Wenn du versprichst, dass du dich benimmst.“

Huuuh, das ist fast schon neckend, wie er spricht. „Ich verspreche dir alles, was du willst.“

Er lacht kopfschüttelnd und wirft seine Bettsachen auf die eine Seite des ausgezogenen Schlafsofas. Hurra! Da fällt mir ein... Schnell eile ich zu meiner Reisetasche, worin ich noch etwas versteckt gehalten habe und hole es hervor.

„Ich hab noch was für dich, Kao!“, jubele ich ihn an und strecke ihm mein kleines Präsent, welches ich noch schnell an der Tankstelle besorgt hatte, entgegen. „Das ist mein Weihnachtsgeschenk an dich!“

Zögerlich nimmt er die in rotem Papier verpackte Gabe und schaut mich verdattert an. „Danke, ich... Das wäre nicht nötig gewesen.“

„Jajaja, schon gut. Ist auch nur eine Kleinigkeit, die dich an mich erinnern soll.“ Ich kann bald nicht mehr vor lachen, aber ich halte es zurück, grinse lediglich wie ein Schelm. Macht der bald mal auf?

„An dich erinnern? Na, da bin ich mal gespannt...“ Seinen Sarkasmus überhöre ich ganz dezent, als er endlich das Papier entfernt und die Tüte aufreißt. „Was zum Anziehen?“

„Eine Schürze!“, strahle ich und nicke. „Damit du deine Küche auch mal ohne mich benutzen kannst und trotzdem sicher bist.“ Vor Verbrennungen und so.

„Was zum Henker—? Och nee Die, da vorne steht ‚Kiss the Cock’ drauf!“ Er schaut mit gerümpfter Nase zu mir und hebt eine Augenbraue.

„Verdammt! Ich dachte, du bemerkst es nicht!“ Ich schlage mir die Faust in die Handfläche und ärgere mich nur halbherzig, denn selbst wenn er es nicht bemerkt hätte, wäre ich vielleicht nie bis zum ‚Cock’ gekommen, sondern hätte mich lediglich am Ansehen des ‚Cooks’ ergötzen müssen.

„Guter Versuch, Die.“ Mein Kaochen schmunzelt trotzdem und schmeißt sich unter seine Bettdecke.

Sogleich klettere ich unter meine und grinse ihn an. „Danke, ich weiß. Hätte ja auch gut gehen können. Bereut hättest du es nicht, glaub mir.“

„So gut?“ Er grinst leicht fies zurück und ich nicke wie ein Blöder, bis er lachen muss. Allerdings wird er plötzlich wieder ganz ernst. „Also dann gute Nacht und... tja, bleib besser auf deiner Seite vom Sofa, ja? Nicht, dass meine Mutter hier rein spaziert und einen Herzstillstand erleidet.

Wenn das alles ist, was ihm Kummer bereitet... „Was soll’n das heißen? Ich auf meiner Seite? Wenn du auch auf deiner bleibst...“

Gewagt, ich weiß, aber so ein bisschen ärgern kann ich mir nicht verkneifen. Wer sagt denn, dass ich auf ihm lag, als wir am Tag nach meinem Geburtstag aufgewacht sind. Vielleicht lag er auf mir. Ich jedenfalls bin mir keiner Schuld bewusst.

„Mah~ also egal wer und wo, jeder auf seiner Seite, okay? Kein kuscheln oder so...“ Jetzt wird er auch noch verlegen, wie süß! Dreht sich zur Seite und hustet. Ich sterbe, oh heilige Jungfrau. „Du kommst nicht zu mir, ich nicht zu dir. Denk an meine Eltern.“

„Schon gut,“ willige ich aufopferungsbereit ein, als mir eine Idee kommt. „Aber dafür will ich was haben.“

„Was willst du denn bitte haben?“ Wieder diese linke Augenbraue, die sich Richtung Haaransatz schiebt. Bekloppt sieht es aus, aber umso niedlicher.

„Hmmm...“ Kurz überlegen. „Einen Kuss!“ Mein breites, debiles Grinsen kann ich leider nicht unterdrücken, selbst wenn Kaoru nicht sonderlich begeistert aussieht.

„Spinnst wohl?! Nebenan sind meine Eltern. Da knutsch ich dich doch nicht.“ Er schüttelt den Kopf, als hätte ich nicht mehr alle am Christbaum. Aber, nur um das hier noch einmal festzuhalten, er schiebt seine Eltern vor als Ausrede. Das bedeutet dann wohl, dass er sie entweder nur vor’s Loch schiebt, um die Wahrheit nicht sagen zu müssen, oder es ist tatsächlich so.

Wie auch immer. „Och, komm schon, Kao. Nur einen Kuss. Deine Eltern schlafen doch schon, hör mal.“ Ich halte mir kurz die Hand um die Ohrmuschel um zu lauschen. „Kein Mucks hörbar, nur ein kehliges Schnarchen.“ Das klingt mehr als verdächtig, aber egal. „Ich verspreche dir auch, dass ich mich auf meiner Seite vom Sofa anbinde. Nur ein klitzekleiner Kuss... für den lieben Die.“

Tiefes Seufzen. Kein Wort von Kaoru, nur ein nachdenklicher Gesichtsausdruck. Er schaut mich an. „Und du hältst dich daran, wenn ich es tue?“

Ich nicke. „Pfadfinderehrenwort.“

„Schwöre auf deine ESP.“ Wie niedlich. Was liegt mir an der dummen Gitarre, wenn ich dafür Kao habe?

„Ich schwöre bei meiner ESP!“ Ich hebe sogar zwei Finger zum Zeichen meines Schwurs. Oder hätte ich die Hand auf das Herz legen müssen?

Gerade noch in Gedanken, ob mein Schwur nun formal korrekt war oder nicht, werde ich von einer relativ kalten Hand an meiner Wange überrascht, als Kaoru mein Gesicht zu sich dreht und seine Lippen auf meine legt. Ich bin positiv überrascht, entzückt, erregt, glücklich, aber vor allem total eingenommen von dem Kuss, mein Herz erwärmt und mein Verstand zum Stillstand gebracht. Einzig das weiche Gefühl seiner Lippen, die zärtlich unsicher auf meinen tanzen, mein pochendes Herz, das mich schon davon abhält, den Kuss zu intensivieren, und die Berührung seiner Fingerspitzen an meiner Haut lassen mich erahnen, dass ich noch immer am Leben bin. Denn das hier ist mit Sicherheit der Himmel auf Erden.

Glücklicherweise übernimmt mein Körper das Denken für mich und bewegt meine Lippen im Spiel mit seinen, bevor ich nicht anders kann und mit meiner Zunge nach seiner suche. Ich spüre ihn nur sanft, als sich seine Zungenspitze vorsichtig ihren Weg bahnt, und gebe mich dem spielerisch entdeckerischem Reiz hin, als wäre ich wieder fünfzehn. Ich stupse seine Zunge mit meiner, animiere zum Spielen und lasse dabei meine Lippen die seinen streicheln.

Ich wünschte, dieser Moment würde für immer andauern.

Andererseits... dann hätte ich ja nie die Möglichkeit Kaoru flachzulegen. Auch doof. Schwierig, schwierig. Aber ich gebe zu, dass ich mit Sicherheit glücklich wäre, wenn die Zeit jetzt und genau jetzt stehen bleiben würde.

Leider tut sie das nicht und Kaorus Lippen verlassen mich, wenn auch zögerlich, dennoch ganz und gar, als er sich räuspert und umdreht. „Halt dich an dein Versprechen.“

Ich bin noch nicht fähig wieder zu denken, geschweige denn zu antworten. Schweigend sehe ich zu, wie Kaoru es sich auf seiner Seite bequem macht, den Rücken mir zugewandt. Dann gleite ich langsam in eine Position, die man als liegend betrachten kann und schließe die Augen.

Jede Wette kann ich heute Nacht nicht schlafen, aber so kann ich wenigstens sicher gehen, dass ich mein Versprechen halte. Im Schlaf wäre ich nach dem Kuss zu allem in der Lage.

Habe mich soeben noch mal neu verliebt.

Nur in den selben.

Mein Herz.

Warm.

Rauschen in meinen Adern.

„Gute Nacht Kao,“ flüstere ich und erhalte als Antwort nur das Geräusch seiner gleichmäßigen Atemzüge.
 


 

Ende Kapitel Acht.
 


 

Okay, ich hoffe, niemand ist enttäuscht, denn ich war einfach total hängen geblieben an der Stelle mit Kaos Eltern. Nichts ging mehr über mehrere Wochen. >_> Schließlich und letztendlich habe ich den Teil einfach verkürzt dargestellt und mit den Dingen weitergemacht, die wirklich wichtig sind: Die & Kaoru! Gomeeennn nasai ^_^
 

Fanfiction journal: http://sangha_ff.livejournal.com

Der ganz normale Die-Wahnsinn

Ich hab ehrlich Mist gebaut im letzten Kapi. Die Info, dass Die die Kochschürze schnell noch an der Tanke geholt hatte, ist verloren gegangen. Deshalb das seltendoofe Geschenk. >_>’’ Vieles ist in der Eile irgendwie anders geworden, als geplant, vielleicht auch nicht, weil mein Kopf so voll ist mit anderen Dingen. Trotzdem vielen Dank für die reichlichen und superschönen Kommentare von euch (besonders Jolli, Januce, Tetsu, Schroutzkopf, PornoKao, Toshie, Riesuke, Namida_desu, DOKIDOKI, sandy_666, Aimi, Totchan, kAmO, GacktJR, theMonster, RedCrescent, teufelchen_netty, Bou-kun, LunaFeles, inori & tayo), die mich dazu motivieren es im nächsten Kapi besser hinzukriegen! Ihr gewinnt den Erdbeer-Award!

Original Soundtrack: „Inside of You“ von Hoobastank <- passt wie Arsch auf Eimer zu der Fic.^^
 


 

Kapitel Neun
 


 

Irgendwann muss ich dann wohl doch eingeschlafen sein letzte Nacht, denn die unerwartete, mich plötzlich aus dem Schlaf reißende Gliedmaße über meiner Brust droht fast, mich zu ersticken. Blitzartig starre ich in das durch Tageslicht erleuchtete Zimmer. Kaorus Arm auf meiner Brust. Verdammt. Ich darf doch nicht... aber Moment mal! Ich mache doch gar nichts, sondern liege schön brav auf meiner Seite und schlafe. Schlafen, richtig. Die halbe Nacht habe ich noch wach gelegen, aber so ein Die braucht nun mal seinen Schlaf und den holt er sich jetzt, mit oder ohne Kaoruarm!

Ich schließe also wieder meine Augen und bin gerade fast wieder eingeschlafen, als ich Bewegung auf der anderen Bettseite bemerke. Kaoru scheint gerade wach zu werden, denn er gähnt leise, ich kann es hören, aber nicht sehen. Nein, ich denke nicht einmal daran, die Augen zu öffnen! Es ist merkwürdig, als ich ihn neben mir spüre, seine Bewegungen, das leichte Drehen im Bett, jedoch steht er nicht auf. Ruhig bleiben, sage ich mir, und fühle bereits, wie sie Kaoru leicht über mich beugt.

Stop. Noch einmal. Über mich beugt? Was zur Hölle macht er da? Natürlich könnte ich die Augen öffnen und nachsehen – will ich aber nicht. Was auch immer er vorhat, davon halt ich ihn sicher nicht ab. Allerdings passiert rein gar nichts. Vorsichtig hebt er den Arm vom mir herunter, aber ich kann noch immer seine erregungsbringende Nähe spüren. Mein Herz schlägt schneller. Wie soll man sich da schlafend stellen?

Es ist, als könne ich seinen Atem an meiner Haut spüren. Träume ich vielleicht? Wenn ich die Augen öffne, ist Kaoru sicher gar nicht da und der Traum zerplatzt wie eine Seifenblase. Ich bleibe lieber ganz still liegen und bewege mich nicht.

Fast zu bald merke ich, wie er dann doch von mir weicht und sich zur anderen Seite des Sofas dreht, bevor er aufsteht. Ich höre seine Schritte, die nackten Füße auf dem Teppich, dann dem glatten PVC als Zeichen, dass er wohl ins Bad verschwindet. Ich atme kurz tief durch, halte aber die Augen geschlossen. Das alles bringt mein Herz zum Pochen. Wummern. Drumsolo.

Als ich die Badezimmertür erneut höre, versuche ich mein Herz zu beruhigen und langsam zu atmen, als ob ich nach wie vor schlafe. Doch während Kaoru anscheinend in die Küche schlurft und sich mit dem unverkennbaren Klick eines Feuerzeugs eine Zigarette ansteckt, vernehme ich ebenfalls das Geräusch des Öffnens und Schließens einer weiteren Tür, wohl die des Schlafzimmers.

„Guten Morgen,“ höre ich meinen Kaokaobär stammeln, teilweise noch leicht verschlafen klingend.

„Musst du so früh am Morgen schon qualmen?“ Aha! Seine Mama!

Keine Antwort von Kaoru.

„Noch nicht mal gefrühstückt und schon die Zigarette im Schnabel. Du bist schlimmer als dein Vater. Gut, dass ich dem das Rauchen abgewöhnt habe. Du solltest es auch lassen.“ Oh je. So langsam verstehe ich, was Kao meinte. Die geht ihm ja wirklich auf den Keks. Zwar hat sie recht, das wissen wir alle, aber wir sind doch erwachsene Menschen und können das selbst entscheiden, ob wir rauchen wollen oder nicht.

„Würdest du bitte leiser reden?“, flüstert Kaoru etwas barsch. „Die schläft noch.“

Wie rührend! Recht hat er. Ich bitte um Rücksichtnahme.

„Oh, entschuldige,“ sagt die Mutti plötzlich bedeutend freundlicher. „Hab ich gar nicht gemerkt.“

Ich verzeihe ihr.

„Was machst du da?“ Oh oh. Kaoru klingt wieder gar nicht gut gesinnt.

„Ich helfe dir beim Frühstückmachen.“

„Och Mama! Ich kann das schon allein, ja?“

„Das weiß ich auch. Ich will mich doch nur etwas nützlich machen und nicht sinnlos daneben stehen. Außerdem machst du das falsch. Die Filtertüten muss man vorher knicken, bevor man sie in die Maschine tut.“

Ein Knurren des Sprösslings macht deutlich, wie angepisst er ist. „Ist doch scheißegal!“

„Pssst! Sei leiser, Kaoru! Die schläft noch!“

„Mpf.“ Frustriertes Knurren jetzt, das in einen leichten Seufzer übergeht.

„Mal ehrlich Kaoru, du hättest Die schon viel früher einmal mit zu uns bringen sollen. Er ist so ein netter junger Mann. Warum enthältst du uns deine Freunde vor?“

„Tue ich doch gar nicht,“ murrt Kao. Ich will ihn herzen, so süß klingt das.

„Er hat dir bestimmt geholfen, nicht wahr? Sehr hilfsbereit, immer höflich. Kann man gar nicht meckern.“

Endlich erkennt man mein wahres Ich.

„Was hast du nur an ihm gefressen? Klingst, als wärst du in ihn verliebt. Er hat ja mächtig einen Stein bei dir im Brett.“ Leicht spöttisch, mein Kao, aber ich tue es mal als Eifersucht ab.

„Da bin ich aber nicht die einzige.“

Versteh ich jetzt nicht. Kaoru etwa? Wenn ich jetzt nur seinen Gesichtsausdruck sehen könnte.

„Bei dir hat er auch einen Stein im Brett, wie du so schön sagtest. Nicht wahr, Kaoru?“ Die Frau hat ein Lächeln auf den Lippen, das man hören kann! Sie ist wie ich. Bin ich wie sie? Bitte nicht.

Allerdings kann ich auch Kaorus Stirnrunzeln hören und die Zahnrädchen in seinem Hirn, die gerade ins Leere greifen, während er nach Luft ringt.

„Er ist ein wichtiger Teil meiner Band—“

„Das meine ich nicht.“ Tut sie nicht?

„Und ein guter Freund ist er auch, also—“

„Mehr als das.“ Die Frau verwirrt mich. Woher will gerade sie das wissen? Es wäre irgendwie schöner, wenn Kao das gesagt hätte, auch wenn es von ihr bereits lautes Herzklopfen bei mir verursacht.

Der Kaomeister antwortet nicht, da ist nur ein kleines Rascheln.

„Kaoru, hör mal zu,“ sagt sie plötzlich mit sanfter, leiser Stimme. „Du solltest es mehr zeigen, wenn du jemanden magst. Und besonders Die. Ich glaube, du wirkst ihm gegenüber viel zu... verschlossen.“

„Aber—“ Er hört sich fast an, wie ein kleiner Junge.

„Du magst ihn doch, oder?“

Das sind die Momente, in denen man sich einfach nur wünscht, dass die Welt nicht so grausam ist. Man wartet gespannt auf die Antwort des Menschen, der einem am meisten bedeutet, auf die wichtigste Frage des Universums und dieser Trottel sagt gar nichts. Vielleicht kommt noch etwas? Nein, er bleibt stumm. Jetzt würde ich ihn gerne sehen, irgendein Zeichen seiner Zustimmung haben, aber ich kann meine Tarnung jetzt nicht aufgeben und sterbe tausend Tode.

„Na, siehst du.“ Aha. Mutti spricht weiter. Hat er etwa genickt? „Weißt du, Kaoru. Ich bin deine Mutter. Deshalb allein schon merke ich Dinge, die nicht einmal dir auffallen, oder du sie nicht auffallen lassen willst. Egal, wie oft ich dich manchmal kritisiere, aber ich will doch, dass du glücklich bist. Und bisher warst du das nie oder nur, wenn du in deiner Band Musik machst. Jemand, der dich glücklich macht, fehlt dir.“

Und das bin ich! Sag es, verdammt noch mal!

Kaoruschnösi bleibt natürlich ruhig und gibt keinen Ton von sich.

„Komm mal her.“ Was hat sie vor? „Sei nicht so zögerlich, wenn dich deine Mutter mal umarmen will.“ Oh wie süß! Ich will das sehen und kann nicht. „Du wirst nun mal immer mein Kind bleiben, ob du willst oder nicht. Und dein Vater und ich haben dich lieb, egal, was du bist oder denkst oder wen du magst.“

„Hm.“ Einziges Lebenszeichen von Kao. Na, immerhin lebt er noch.

Wie rührend. Ich könnte heulen und muss mir ein Schniefen gewaltig unterdrücken.

„Und jetzt zieh dir endlich etwas Vernünftiges an, Junge.“ Schon palavert sie fröhlich weiter. „Und kämm dein Haar. Es würde auch nicht schaden, mal wieder zum Frisör zu gehen bei der Mähne. Aus dem Alter solltest du langsam raus sein.“

Diesmal vernehme ich aber ein tiefes Seufzen von Kaoru, bevor er aus dem Zimmer watschelt und sich mal wieder ins Bad verkrümelt. Richtig geraten, denn ich höre Wasserrauschen in der Dusche. Gähnend strecke ich mich jetzt und blinzele die gute Frau in hinter dem halboffenen Küchentresen an. Sie bemerkt mich auch gleich und strahlt mich an.

„Guten Morgen Die! Komm, steh auf und zieh dich an. Morgenstund hat Gold im Mund. Die Sonne strahlt sogar!“

Mein Gott, jetzt weiß ich, wo Kaoru diese schlauen Sprüche immer her hat. Aber sie hat recht. Die Sonne strahlt an diesem lauen Wintertag und ich kann nicht anders, als zu lächeln.

„Guten Morgen, Frau Niikura,“ krächze ich mit meiner Morgenstimme und schiebe meine Beine aus den Federn. „Haben sie gut geschlafen?“

„Ja, es war passabel. Kaorus Bett ist viel zu hart für mich, aber sehr gut für den Rücken seines Vaters. Naja, kann man nichts machen. Trinkst du Kaffee oder Tee zum Frühstück?“

Woah, mein Hirn hat Probleme ihr zu folgen. So oft lag ich ja nun noch nicht in Kaorus Bett, genau genommen nur einmal, als er krank war, aber ich fand es ziemlich perfekt. Nicht zu weich, nicht zu hart. Genau richtig um nicht die Balance zu verlieren.

„Kao macht mir sonst immer Kakao,“ erkläre ich ihr und schlüpfe schnell in meine Jeans.

„Wenn das so ist, bekommst du natürlich dasselbe von mir,“ flötet sie und stellt sogleich Milch auf den Herd. Kao macht den immer in der Mikrowelle, aber da mische ich mich lieber nicht ein.

„Frau Niikura, sie müssen sich wirklich keine Umstände machen,“ sage ich aus reiner Höflichkeit und stehe etwas unbeholfen herum, denn ich kann meine Zigaretten nirgends sehen.

„Ach papperlapapp! Setz dich hin, Die, und lass mich auch mal was machen.“ Sie packt mich an den Schultern und schiebt mich eiskalt auf den Stuhl. „Ich habe es ja schon Kaoru gesagt, aber der ist dann auch immer gleich eingeschnappt, nur weil ich ihm helfen will. Naja, aber ihr beide scheint ja gut miteinander auszukommen, wie? Ist ja auch schön so. Ich weiß ja selber, dass mein Sohn nicht der Einfachste ist und seine Macken hat, aber du packst das schon. Da bin ich mir sicher.“

Ich habe keine Ahnung, wovon sie redet, aber es klingt gut. Wie benebelt lächele ich die gute Frau an und nicke. „Ja, Kaoru und ich sind ein starkes Team.“

Blöder Spruch, aber etwas anderes fiel mir nicht ein. Das komische ist, dass seine Mutti darüber lacht.

„Das scheint mir auch so,“ schnackt sie mir zu und stellt mir den Kakao hin. „So bitteschön. Pass aber auf, der ist noch heiß. Nicht, dass du dich verbrennst.“

„Ach,“ winke ich ab, teilweise in Ironie. „Das hab ich schon oft.“

Wieder lächelt sie mich lieblich an und ich frage mich, ob Kaoru vielleicht recht hat. Ist sie verliebt in mich? Das wäre fatal. Oder egal. Ich lache halt mal mit, aus reinem Anstand versteht sich.

„Ich schlage vor, du adoptierst Die.“ Huch! Da ist ja Kaoru! Den habe ich gar nicht kommen hören. Frisch geduscht, leider auch schon wieder angezogen, aber die nassen Haaren sehen verdammt heiß aus. Ich würde pfeifen, aber es ist eine ältere Dame anwesend.

„Sei nicht albern, Kaoru. Setz dich lieber hin. Ich schaue mal nach deinem Vater.“ Mit diesen Worten macht sie sich auf den Weg ins Schlafzimmer und Kao lässt sich tatsächlich mir gegenüber nieder mit einem kleinen, fast verlegenen Lächeln.

„Gut geschlafen?“, fragt er und schenkt sich Kaffee in seine Tasse und die seiner Eltern, da der Tisch bereits fertig gedeckt von seiner Mum hergerichtet ist.

„Ja, sehr gut, nur nicht viel.“ Ich grinse nur ganz leicht und rühre meinen Kakao um. Darauf verzieht sich sein Mund in ein leicht schadenfrohes Grienen, aber er sagt nichts.

Hätte ich mir ja denken können, dass ihn das freut, wenn er mich nicht schlafen lässt. Es ist immerhin seine Schuld und irgendetwas sagt mir, dass er sich dessen auch noch bewusst ist. Böser Kao, wirklich böse. Darauf fahr ich voll ab!
 

Nachdem seine Eltern mit uns zusammen gefrühstückt haben, fahren Kaoru und ich sie noch an den Bahnhof und wünschen ihnen eine gute Reise, bevor wir direkt zurück fahren und die Wohnung erneut etwas aufräumen. Kaoru findet die restlichen Plätzchen und nascht, während er das Weihnachtsgeschenk seiner Eltern auspackt, welches sie ihm dagelassen haben.

„Oh toll. Ein gestrickter Pulli.“ Er hält das dunkelrot-grüne Teil hoch und ich muss lachen.

„Sie haben Geschmack,“ pruste ich los und muss mir den Bauch halten. So ein hässliches Teil habe ich noch nie gesehen.

„Ich könnte ihn ja zur Abschreckung anziehen?“ Wieder dieses fiese Grinsen, das eindeutig auf mich projiziert ist.

„Selbst das würde nicht reichen,“ erwidere ich mit einem süffisanten Lächeln, das seines in den Boden rammt.

„War anzunehmen,“ seufzt er, allerdings nicht unglücklich, eher theatralisch. Er wird ruhig und sieht nachdenklich aus, bevor er mich ansieht. „Die?“

„Hm?“ Mir eine Cola öffnend schaue ich vom Weihnachtsbaum, den ich erneut bewundert habe, zu meinem Kaoruschnäuzi.

Er räuspert sich kurz. „Danke. Ich wollte dir danken, weil du mir geholfen hast. Ich meine,“ sagt er und streicht sich die Haare aus dem Gesicht, „du hast so viel gemacht und alles ist gut gegangen. Mehr als gut eigentlich. Dafür danke.“

„Kein Problem,“ winke ich ab, denn sein Gesichtsausdruck bringt mein Herz (mal wieder) zum Schmelzen. „Für dich gern.“

Was? Sehe ich da leichte Verlegenheit? Nicht, dass er erröten würde – Kao doch nicht. Aber er senkt den Kopf, als möchte er nicht zeigen, dass ihn das nicht unberührt lässt.

Dann steht er auf und läuft aus dem Wohnzimmer. „Ich geh dann mal packen.“
 

Gott sei Dank habe ich noch genug Sachen bei Kao, so dass ich nicht erst nach Hause muss und gleich von ihm aus losziehen kann. Die Tour geht weiter, ist zum Glück ja nur eine knappe Woche bis zur nächsten Pause.

So langsam sollte ich mir Gedanken machen über meine Mission. Zwar hat Kaoru noch nicht wieder nachgefragt, was aus meiner Wohnung geworden ist und ob sie nicht mal fertig sei, aber nichts desto trotz muss ich langsam damit rechnen, dass er das tut. Es sind bereits zwei Monate vergangen, inklusive Tour, in denen ich durch ein Netz aus Lügen meine Anwesenheit bei Kaoru gerechtfertigt habe. Leider wird das nicht ewig reichen. Das weiß ich auch. Aber was soll ich tun? Gerade jetzt, wo ich merke...

Was merke ich denn? Er ist nach wie vor nicht bereit, mit mir zu schlafen. Nur unter Druck hat er mich geküsst und doch ist es, als wäre ich knapp vor dem Ziel. In gewisser Weise habe ich aufgehört mir den Kopf darüber zu zermürben. Wenn man mal alles zusammen rechnet, den ersten Kuss, den letzten Kuss, was dazwischen mit der Frau war oder besser gesagt, NICHT war, das Gespräch mit seiner Mutter und nicht zuletzt seine Verlegenheit, könnte ich doch darauf schließen, erfolgreich voranzukommen. Oder etwas nicht? Denn irgendwie ist er trotzdem noch immer derselbe Kaoru. Ich werde wohl einfach am Ball bleiben müssen.
 

Die Woche über tritt auf Tour die Routine ein. Es bleibt keine Zeit um Kaoru nahe zu kommen. Meistens ist er ständig beschäftigt, nie allein, und ich vertreibe mir die Zeit anderswo, um nicht sinnlos im Bett zu liegen und an ihn zu denken. Nicht, dass das vollkommen sinnlos wäre, aber es ist auch Tortur, wenn man wie ich besessen ist. Kaum schließt man die Augen, erhält man Kopfkino der besten Art, zusammengeschnitten aus Bildern von meinem göttlichen Leader-sama. Ich würde nicht zurückschrecken, ihn auch im Bett so zu nennen. Oder God of Death, wobei das schon ein sehr alberner Spitzname ist, den er sich damals gegeben hat. Ja, den hat er sich selbst ausgedacht, war doch wohl klar, oder? Ich muss schmunzeln beim Gedanken an die Zeiten damals und wie verdammt eitel und eingebildet Kaoru sein konnte, wenn er auch etwas extrem Unschuldiges hatte unter all der rauen Glamourfassade.
 

Am Abend vor Silvester beschließen wir unsere traditionelle Abschlusssauftour zu machen. Es ist zwar noch nicht Schluss mit der Tour, aber das Jahr will schließlich auch ausgiebig verabschiedet werden. Am Silvesterabend werden wir nach dem Konzert direkt nach Hause fahren, so dass wir alle mit unseren ‚Lieben’ das neue Jahr begrüßen können. So der Plan.

Irgendwo in all meinen Klamotten finde ich sogar noch ein richtig schickes Oberteil, das ich anziehen kann und freue mich der Tatsache, was für ein toller Hecht ich doch bin. Smooth Baby. Und jetzt gehe ich Kao abholen!

Mit einem lockerlässigen Klopfen an seiner Zimmertür und den Worten „Ich bin’s. Die.“ mache ich mich bemerkbar.

„Ja, komm rein,“ vernehme ich von innen und öffne die Tür. „Hab nicht abgeschlossen.“

Nachdem ich ins Zimmer geschlüpft bin, schließe die Tür hinter mir und sehe Kaoru, wie er zeitschriftlesend auf dem Bett liegt. „Kommst du? Wir wollen nur in den Club hier gleich nebenan.“

Er legt die Zeitschrift zur Seite und atmet kurz tief ein und wieder aus, bevor er sich eine Zigarette ansteckt. „Ich weiß nicht. Richtig Lust habe ich nicht.“

„Hm.“ Ich setze mich ans andere Bettende und lege meinen Kopf schief in der Hoffnung, seine Stimmung dadurch besser deuten zu können. Nicht, dass es funktionieren würde. „Ist alles okay bei dir?“

„Wieso? Ja, sicher.“ Er nickt, sieht aber nicht wirklich danach aus. „Bin nur nicht in Stimmung, mir den ganzen Abend lang Totos Gefasel von seinem neuen Typen anzuhören. Und das hat nichts damit zu tun, dass es zwei Kerle sind!“ Er wehrt sofort mit der Hand ab. Wie schnuckelig. „Nur Toshiya kennt seit knapp einer Woche nur noch dieses eine Thema und mir steht es einfach bis oben. Sorry.“

Unwillkürlich muss ich seufzen, denn Kao hat recht. „Ja, ich weiß, was du meinst. Sho ist zwar mein Kumpel, aber gerade deshalb geht es mir umso mehr auf den Keks, mir ständig anhören zu müssen, wie toll er doch ist.“

„Muss Liebe schön sein,“ frotzelt Kao und ich werfe mich neben ihn auf das Bett.

„Kommt ganz drauf an...“ murmele ich und versuche nicht darüber nachzudenken, dass ich selbst ja ständig über Kaoru spreche und doch Liebe nicht schön ist, da zumindest meine nicht erwidert wird. „Aber Kao, wenn du nicht gehst, geh ich auch nicht. Ohne dich wird das ja noch bescheuerter, als es so schon ist.“

Kyo geht meistens nach kurzer Zeit, wenn er denn überhaupt anwesend sein sollte, und Shinya hat auch nur ein Thema: den Hund.

„So hohen Spaßfaktor bringe ich ja nun auch nicht,“ schmunzelt Kaoru mit hochgezogener Augenbraue.

„Doch, doch. Du kannst, wenn du willst. Das weiß ich genau!“ Beim Gedanken daran muss ich lächeln, denn als wir gerade erst gemeinsam die Band gegründet hatten, haben wir fast regelmäßig die Sau rausgelassen. Und Kaoru war der Schlimmste von uns allen, denn er hielt sich nirgends zurück, hatte immer die größte Klappe und den gefährlichsten Mut.

„Ich werde alt,“ lacht er und dreht sich zu mir um. „Also gut. Wenn du noch willst, lass uns gehen, auch wenn ich dir nicht versprechen kann, dass es durch mich einen Deut besser wird.“

Er macht noch einen letzten Zug an seiner Kippe, bevor er aufsteht, sie im Aschenbecher, der auf dem Nachttisch steht, ausdrückt und sich eine Jacke anzieht. Mit einem Grinsen springe ich vom Bett auf und halte ihm die Zimmertür auf. „Wer das meiste verträgt, gewinnt.“
 

Im Club angekommen setzen Kaoru und ich uns an den Tisch neben Toshiya und ich glaube, er ist etwas stinkig deshalb. Egal, er hat ja noch genug andere um ihn herum, die sich sein mit Herzchen in den Augen verkündetes Geseier anhören können. Wir nicht!

Natürlich lässt sich das Kaomännchen nicht auf irgendwelche Trinkspiele ein, sondern wärmt das Flaschenbier höchstens in seinen Händen auf. Trotzdem ist es schön, denn selbst wenn wir gerade mal rein gar nichts sagen, fühle ich mich in seiner Nähe ein bisschen wie high. So muss das sein!
 

„Die?“ Wer spricht?

Ich drehe mich zu der Stimme um und erkenne einen alten Bekannten. „Die! Wusste ich doch, dass du es bist.“

„Ah hi,“ begrüße ich den Typen, an dessen Namen ich mich gerade nicht erinnern kann. Er war mal mit einem Kumpel von mir zusammen und DJ in einem Club, in dem wir damals sehr oft waren.

„Hey, wie geht’s?“, fragt er fast übermütig und pflanzt sich neben mich. „Lange nicht gesehen, aber noch immer so attraktiv wie damals.“

Bei Komplimenten muss ich immer schmunzeln, aber ich winke ab. „Danke sehr... ähm...“ Wenn ich mich an seinen Namen erinnern könnte, würde ich ihn mit Kaoru bekannt machen, denn das erfordert der Anstand. Leider kann ich mich nicht an den verfluchten Namen erinnern.

„Wer ist dein Freund hier?“ Ach scheiße, jetzt fragt er auch noch nach ihm.

„Das ist Kaoru. Er gehört zur Band,“ plaudere ich bescheiden und weise mit der Hand auf ihn.

„Freut mich!“, nickt der Typ kräftig vor sich hin und schüttelt seine schrill blondierten Haare. „Ich bin Hoshi. Du bist echt süß!“

Heiliger Herr im Himmel. Kaorus linke Augenbraue zittert. Das ist nicht gut.

„Danke,“ zischt er zwischen den Backenzähnen raus und schaut aus, als könne er die Hölle gefrieren lassen. Ich kümmere mich besser um diesen Hoshi, bevor es noch Ärger gibt.

„Und, was machst du so jetzt?“, frage ich, als würde es mich interessieren und Hoshi fängt an zu erzählen...
 

Nach etwa einer Stunde fallen mir nicht nur fast schon die Ohren ab, sondern nervt mich auch seine ständige Fummelei. Er ist ja nicht aggressiv oder aufmüpfig, aber doch sehr aufdringlich. Ständig habe ich entweder seine Hand auf meinem Oberschenkel oder er klebt mir beim Erzählen fast mit den Lippen am Ohr oder am Hals. Wie ekelhaft. Stückchen für Stückchen rutsche ich weiter zu Kaoru, ohne es wirklich wahr zu nehmen, und versuche diesem Hoshitypen auszuweichen. Einmal kamen seine Lippen ganz bedrohlich nahe und ich drehte mich blitzschnell zu Kao um und fragte ihn nach der Uhrzeit, wobei ich ihm einen flehentlichen Blick zuwarf.

„Du solltest mal wieder zu mir in den Club kommen.“ Ganz sicher nicht, denke ich noch und ahne nichts Schlimmes, als er mir diesmal so tief in die Augen sieht, dass mir fast die Erdbeertorte von heute Nachmittag hochkommt. Was denn? Mir war eben nach Kuchen! Tut jetzt auch nichts zur Sache. In diesem Moment jedenfalls rutsche ich soweit zu Kaoru, dass sich plötzlich meine Hand ungewollt auf seiner wiederfindet, die anscheinend direkt neben mir liegt. Normalerweise weiß ich so was, aber nicht, wenn mir einer so auf den Keks geht wie dieser Hoshi. In meiner Verzweiflung schnappe ich mir Kaorus Hand und drücke sie um Beistand zu erhalten. Allein ihn zu spüren, hilft mir sehr.

Mit einem leisen Knurren lehnt sich Kao nach hinten und ich war fast im Begriff meine Hand zurückzuziehen, weil ich dachte, es sei wegen mir, als er stattdessen seine Hand über meine legt und beide dann auf seinen Oberschenkel. Das halten meine Nerven nicht durch! Mein Kaoheld steht mir tatsächlich bei in dieser schweren Stunde!

Sich räuspernd schaut er Hoshi sogar an mit dem furcheinflößendsten Blick, den ich jemals sah, doch der doofe Kerl nimmt es nicht einmal wahr und labert stattdessen irgendein Gesülze von seinem letzten Sommerurlaub.

Meine Augen schnellen von Hoshi zu Kaoru und wieder zurück, immer und immer wieder, denn ich weiß gleich gar nichts mehr. Offensichtlich versucht Kaoru ihm zu zeigen, dass er mich in Ruhe lassen soll, was ich ihm sehr hoch anrechne, aber es bringt mein Hirn auch zur Verzweiflung, denn die Wärme seiner Hand lässt mich fast abschalten und ins Land der Kaoruträume wandern. Das würde aber zur Folge haben, dass ich nicht mehr auf Hoshi achte und seine Bewegungen nicht mehr wahrnehme, denen ich ständig ausweichen muss.

Es dauert auch gar nicht lange, da fängt er an meinen Oberschenkel zu streicheln. Mit einem Blick des Schreckens starre ich auf seine Hand, dann wieder nach oben und sehe gerade noch seine Lippen bedrohlich sich meinem Gesicht nähernd. Bäh!

RUMMS! Ich erschrecke wie ein kleines Mädchen, aber auch Hoshi zuckt zusammen und wir beide starren auf die Bierflasche, die gerade unsanft auf den Tisch geknallt wurde. Die Hand, die sie umschließt, gehört dem Gott des Todes.

„Sag mal, du Spinner, schnallst du eigentlich gar nichts?“, knurrt Kaoru den Blondie nicht gerade leise an und sein Blick lässt selbst mich vor Angst zittern. Zum Glück ist der gegen Hoshi gerichtet. „Was hast du eigentlich für ein Problem?“

„Ich? Wieso ich? Was hast du für ein Problem?“, zickt Hoshiblödi zurück mit einer Stimme, die leicht an Miss Piggy erinnert.

„Mein Problem bist du, Knalltüte. Checkst du eigentlich gar nichts? Seit einer knappen Stunde baggerst du unentwegt meinen Freund an und das stinkt mir gewaltig.“ Kaoru schnaubt. Mir schlottern die Knie. „Ich schlage vor, dass du ganz schnell die Kurve kratzt, bevor ich vollends die Geduld verliere und dich deiner nichtvorhandenen Eier entledige.“

Interessant. Hoshi versucht dem Blick des Alphamännchens standzuhalten, aber am Arsch die Waldfee! Das schafft er natürlich nicht und muss sich geschlagen geben. Ist eben auch nur ein Mitläufertierchen und hat keine Chance gegen meinen starken Kaorutiger.

„Schon gut, schon gut. Warum sagst du nicht gleich, dass er dein Freund ist?“ Hoshi hebt beschwichtigend die Hände und steht auf. „Mach’s gut, Die. Bring deinen Typen bitte nicht mit, wenn du mich mal im Club besuchst. Baibai,“ schnurrt er zum Abschied und winkt. Als ob ich ihm im Club besuchen würde? Spinnt der?

„Verzieh dich endlich,“ knurrt Kao ihn noch einmal kurz an und schaut zu, wie sich der Typ so langsam aus dem Staub macht. Dann lässt er leider auch meine Hand los und schnaubt noch einmal.

Hm, Hoshi ist weg, warum also Schnauben? Ist er etwa sauer auf mich? Langsam drehe ich zu ihm um und schicke einen fragenden, jedoch unschuldigen Blick voraus.

„Mann, Die! Wann lernst du endlich mal, Leuten auch mal einen Korb zu geben?“ Okay, er macht seinem Frust Luft. Ich sehe es ein. Was raus muss, muss raus. „Warum sagst du es dem Kerl nicht einfach, wenn er dir auf den Keks geht? Stattdessen schaust du mich nach Hilfe bettelnd an und rückst mir fast auf den Schoß.“

War das so offensichtlich? Hat es ihn gestört?

„Echt mal, Die. Kommt auch mal ein Moment, wo du es schaffst, einfach NEIN zu sagen? Ich will gar nicht wissen, wo das endet, wenn man dir nicht hilft, solche Mistkäfer dir von der Pelle zu scheuchen.“ Kaoru scheint aber sehr gereizt. „Muss er seine Hand erst in deiner Hose haben, bevor du den Mund aufbekommst? Dieses blöde Arschloch hat es ja nicht mal gekratzt, dass ich deine Hand gehalten habe. Muss ich dir erst einen Verlobungsring anstecken, bevor der einen Wink versteht?“

Langsam beruhigt er sich bzw. verlagert sich sein Ärger ausschließlich auf den Hoshidoofi. Kaoru verstummt und atmet ganz offensichtlich tief ein und aus. „Ich geh mir noch’n Bier holen.“

Ohne weitere Vorwarnung steht er auf und zieht ab Richtung Bar. Ich weiß gerade nicht wirklich, was ich denken soll. War Kaoru jetzt so angepisst, weil ihm Hoshi auch auf die Nerven ging oder weil ich ihm näher kam, um Hoshi auszuweichen? Andererseits hatte ihn ja nie jemand gebeten, meine Hand zu nehmen oder sich für mich einzusetzen. Er hätte genauso gut auch einfach gehen können. Doch er ist geblieben und hat mich vor Hoshi gerettet. Dann war Kao wohl doch nur angepisst wegen ihm? Oder einfach weil ich Trottel zu blöd bin, einem aufdringlichen Kerl zu sagen, dass er sich verpissen soll. Ich bin zu nett für diese Welt.
 

Als Kaoru wiederkommt, Bier in der Hand, und sich neben mich setzt, seufze ich. „Tut mir leid Kao. Du hast recht. Ich hätte einfach mal meine Klappe aufmachen müssen.“

„Allerdings,“ meint mein Schnuffi und steckt sich eine Zigarette an.

„Es ist aber auch nicht so, dass ich nie NEIN sage, denk das bloß nicht. Ich sag schon nein, wenn’s mir zu heftig wird. Halt immer etwas spät, weil ich niemand vor den Kopf stoßen will...“ Worauf wollte ich eigentlich hinaus? „Jedenfalls kann ich durchaus NEIN sagen.“

„Das will ich auch hoffen,“ pafft er mir ins Gesicht und reicht mir sein Bier. „Hier, trink’s leer. Dann gehen wir.“

Wir? Also normalerweise muss man mich hinauskehren, wenn die Feierabend machen. Aber wenn Kao WIR benutzt, ist das irgendwie... Ich kann ihm nicht widerstehen! Ich muss seinen Anweisungen Folge leisten! Kaoru und ich. WIR!

Schnell zwitschere ich mir das kleine Bierchen hinter die Binde und stelle die leere Flasche auf den Tisch. „Fertig. Wir können.“
 

Nachdem wir uns verabschiedet haben vom Rest vom Schützenfest, machen wir uns auf den Weg zurück ins Hotel, das ja nur drei Häuser weiter ist. Kaoru wirkt irgendwie anders als sonst. Mal ist er ganz locker und scherzt rum mit mir, dann scheint er aber auch wieder in Gedanken verloren. Und gerade jetzt ist er einfach nur ruhig, sagt nichts und scheint manchmal richtig abwesend. Habe ich etwa schon wieder etwas falsch gemacht? Kann doch gar nicht sein. Ich bin doch gerade so was von brav. Braver geht es gar nicht.

Zurück im Hotel steigen wir in den Lift und ich drücke sogleich die Nummer für unsere Etage. Als sich die Türen des Aufzugs schließen, hole ich Luft in der Absicht, meinen Kaorugott zu fragen, was ihm auf dem Herzen liegt. Doch leider macht mir der Lift einen Strich durch die Rechnung. Mitten in Fahrt ruckt er plötzlich und hält an. Na Klasse. Die Lichter der 3. und 4. Etage blinken gleichzeitig auf der Anzeige und die Tür öffnet nicht. Steckengelieben. Das fehlt ja gerade noch.

„Na prima,“ sage ich und muss lachen, als ich auf die Klingel für den Notdienst drücke.

„Sag mir, dass das nicht wahr ist. Wir sind nicht steckengeblieben, oder?“ Kaorus Stimme hört sich leicht unruhig an und ich zucke mit den Schultern.

„Sieht aber so aus,“ grinse ich und hüpfe leicht auf und ab, um zu testen, aber nicht mal die Federn geben gerade wirklich nach.

„Hörst du wohl auf damit!“, faucht das Kaobär(t)chen neben mir und schießt mir einen verärgerten Blick zu.

„Was denn? Ist doch nur Spaß. Da passiert doch nichts.“ Tut es doch nicht, oder? „Das ist meist ein Problem mit der elektronischen Steuerung, was mit der Mechanik rein gar nichts zu tun hat.“

„Ich hab null Ahnung, wovon du redest, aber wehe du hüpfst noch mal hier drinnen rum!“, wettert er und verschränkt die Arme.

Gerade will ich ihm den Unterschied zwischen Mechanik und Elektronik erklären, als sich jemand durch die Gegensprechanlage meldet. Die Hoteldirektion teilt uns mit, dass sie von dem Problem Kenntnis haben und es bereits an den Notdienst weitergeleitet wurde. Es wird in ein paar Minuten jemand da sein und sich um das Problem kümmern. Man bittet uns um Geduld und Entschuldigung.

Plötzlich fängt Kaoru an herumzufluchen. „Wunderbar! Ganz toll. Wie lange der Heini dann braucht, um uns rauszuholen, wissen die natürlich auch nicht. Geduld, pah! Die können mich mal kreuzweise. Wenn ich nicht innerhalb von fünfzehn Minuten hier raus bin, dann...“

„Bleib doch mal ganz ruhig, Kao.“ Mir ist das irgendwie unheimlich, dass er so einen Wind darum macht. Statistisch gesehen bleiben jeden Tag etwa hundert Aufzüge in ganz Japan stecken. Warum sich also über Alltag aufregen? Ist auch eigentlich gar nicht Kaorus Art. „Wir sind doch nur steckengeblieben.“

„Nur?“ Er sieht mich mit großen, ungläubigen Augen an, als wäre ich nicht ganz Sahne. „Also ich hasse das. Ich hasse diese Scheiße hier. Ich hasse diesen Lift und ich hasse dieses Hotel.“

Er dreht völlig frei, so hat es den Anschein. Hat er etwa Panik? „Hey Kao, das ist doch aber nicht schlimm. Die holen uns im Handumdrehen hier raus. Nur weil man mal stecken bleibt, stürzt das Ding noch lange nicht gleich ab.“

„Erwähne es noch!“, fährt er mich an und ich spüre plötzlich, wie sich kleine starke Finger seitlich in meiner Jacke festkrallen. Kaoru hat tatsächlich Angst. Nicht zu fassen! „So ein Mist hier...“

Mit einem kleinen Lächeln, dass ich mir schlichtweg nicht verkneifen kann, weil Kao einfach zu süß ist, wenn er Angst hat, lege ich meinen Arm um seine Schultern und drücke sie leicht. Er sieht zu mir auf mit Falten auf seiner Stirn und ich lächele ihn an.

„Als ich klein war,“ beginne ich und rufe die Erinnerung aus meinem Hirn ab, „da war ich mal ganz allein in einem Lift eingesperrt, der steckengeblieben war.“ Ich nutze die Gunst der Stunde und Kaorus anscheinendes Interesse and meiner Geschichte und ziehe ihn näher an mich, so dass ich auch meinen anderen Arm um ihn legen kann. „Ich war vielleicht fünf oder sechs und es war in einem riesigen Einkaufszentrum. Meine Mum sagte, ich solle bei meinen Geschwistern bleiben, aber die waren plötzlich alle weg.“

„Und dann?“, nuschelt Kaoru in meine Schulter und krallt auch die zweite Hand in meine Jacke.

„Dann dachte ich, es wäre das beste, wenn ich mit dem Aufzug nach unten fahre und meine Eltern ausrufen lasse. Du weißte schon, so ‚der kleine Daisuke hat seine Mama verloren’,“ lache ich, auch wenn das damals gar nicht lustig war. „Jedenfalls war ich allein im Lift und kam nicht weit. Ich wusste auch gar nicht, was ich tun sollte, als das Ding stehen blieb und die Tür nicht aufging.“

„Was hast du dann gemacht?“, brabbelt Kao diesmal, aber lässt nicht lockerer.

„Na, geheult hab ich. Und wie! Ich habe heulend gegen die Tür gehämmert mit meinen Fäusten, bis ich nicht mehr konnte. Dann hab ich nur noch geweint.“ Man, war ich ein Weichei. Gut, ich war ja noch ein Kind. „Ich dachte, ich sehe meine Familie nie wieder. Wie dumm man doch ist als Kind.“

„Ich hätte mir in die Hose gepinkelt vor Angst,“ blubbert Kaoru in meine Jacke und hebt leicht den Kopf. „Ehrlich. Und wie bist du wieder raus gekommen?“

„Plötzlich fuhr der Lift wieder und die Türen gingen auf, das ging dann ganz schnell. Als die Türen aufgingen, sah ich meine Mama da stehen. Keine Ahnung, woher sie wusste, dass ich da drin war und ob sie es überhaupt wusste oder nur neugierig war. Aber ich rannte ihr direkt in die Arme und hab noch eine Stunde oder so weiter geflennt. Meine Geschwister haben mich sogar bedauert.“

„Kann ich verstehen. Hätte ich auch,“ nickt Kao und schaut mich mit seinen dunkelbraunen Augen an, als sei ich das kleine Kind von damals. Wie süß er ist.

„Damals jedenfalls sagte mir meine Mum, dass ich keine Angst haben müsse in Aufzügen, selbst wenn sie stecken bleiben. Sie würde nämlich nicht zulassen, dass man mich nicht wieder rausholt. Außerdem würden Lifte so oft stecken bleiben, dass man sich besser daran gewöhnt.“ Ich zucke kurz mit den Schultern und lächele Kaoru aufmunternd an.

„Mir hat man das aber nie gesagt und ich werde mich nie daran gewöhnen. In einer Box eingesperrt zu sein, jagt mir Schauer über den Rücken.“ So ehrlich ist mein Kaokao selten. Das find ich unglaublich putzig. Außerdem bin ich etwas stolz, dass er mir das anvertraut.

„Du hast aber mich. Ich lasse auch nicht zu, dass man dich einfach in so einem Kasten stecken lässt.“ Wenn ihn das nicht aufbaut, dann weiß ich nicht mehr weiter.

Er schaut mich an und lächelt. „Das ist nett von dir.“

Mein Gott, mir wird erst jetzt bewusst, wie nahe ich ihm gerade bin. Er ist ganz freiwillig in meinen Armen und ich halte ihn so fest, dass seine Nasenspitze, wenn er nach oben schaut, fast an meine stößt, wenn ich ihm in die Augen sehe. Wäre er mir jetzt wirklich böse, wenn ich ihn küsse?

Langsam lege ich meinen Kopf etwas schief und blicke von seinen Augen herab auf seine Lippen. Das ist der dezente Hinweis, dass ich ihn jetzt küssen werde. Er kann mich ja wegschieben, wenn er nicht will.

Tut er aber nicht! Stattdessen schließt er die Augen. Ich habe ihn...

...NICHT. Denn in jenem Moment bewegt sich der verfluchte Aufzug, Kaoru reißt die Augen auf, wir taumeln leicht von der unerwarteten Bewegung, was meine Arme von seinen Schultern reißt, und letztlich lässt Kao sogar meine Jacke los. Na wunderbar.

„Er geht wieder!“, strahlt Kaoru und auf seinem Gesicht macht sich ein riesiges Grinsen breit, als sich die Türen öffnen.

„Ich hasse Aufzüge,“ murmele ich, als ich Kaoru hinterher aus dem Aufzug gehe und entlang unseres Hotelflurs gehe.
 

Einer der Angestellten fängt uns mit einer Flasche Champagner ab und entschuldigt sich noch einmal. Doch der Leader lässt ihn eiskalt stehen und sagt, er habe noch mal Glück gehabt, denn eine Minute länger und Kaoru hätte das Hotel einstampfen lassen. Es sei mal dahingestellt, wie er das hätte vollbringen wollen. Der Angestellte steht etwas bedeppert da und ich nehme ihm, freundlich wie ich bin, die Flasche und die Gläser aus den Händen.

„Vielen Dank,“ sage ich und grinse frech. „Vielleicht schicken Sie noch ein paar Erdbeeren auf das Zimmer? Mein Freund mag lieber etwas Fruchtiges.“ Den letzten Satz flüstere ich hinter vorgehaltener Hand und sich mehrfach verbeugend stimmt der Angestellt meiner Bedingung zu.

„Aber auf’s Haus!“, rufe ich ihm noch nach und schlüpfe schnell mit in Kaorus Zimmer, bevor er die Tür hinter sich zumacht.

Er lässt sich bäuchlings auf das Bett fallen und stöhnt in die Decke, bevor er sich auf den Rücken dreht und seufzt. „Morgen gehe ich keinen Schritt weg.“

„Morgen ist Silvester, Kao.“ Das muss er vergessen haben. Besser ich erinnere ihn.

„Das weiß ich auch,“ brummt er. „Trotzdem. Mir scheißegal, wer anruft und eine Party gibt. Ich bleib Silvester zu Hause.“

„Heh, und wenn ich dir eine Party schmeiße?“ Die Frage ist rein provisorisch, aber nichts desto trotz interessant.

„Wo denn?“ Er legt den Kopf schief und hat diesen allwissenden Blick.

„Bei dir?“ Ich ignoriere, dass er mit der Frage auf den Zustand meiner Wohnung anspielt.

„Keine Chance. Ich habe keine Lust auf eine Bude voller Leute,“ murrt Kaoru und ich setze mich neben ihn auf das Bett.

„Wer sagt denn, dass ich noch jemanden einlade?“ Strahlemännchen Die in Gefechtsstation.

„Wie jetzt? Du schmeißt mir eine Party und lädst niemanden ein?“ Seinem Gesicht nach zu urteilen muss das erst einmal sickern, bevor ihm dann doch endlich ein Licht aufgeht. „Nur dich selbst natürlich. Party mit dir und mir quasi?“

„Genau!“ Ich nicke meinen Kopf mehrmals auf und ab. „Du, ich, was zu futtern und zu trinken, ja und alles, wonach dir sonst noch ist.“ Hoffentlich nach mir.

„Moment mal.“ Kao macht das Auszeit-Zeichen mit seinen Händen, aber grinst spöttisch. „Du verschmähst eine Party am Silvesterabend, um mit mir Langweiler zuhause rumzuhängen? Hast du dir das genau überlegt, ja?“

„Was gibt’s da zu überlegen?“, frage ich! „Erstens haben wir einen Auftritt, dann kommen wir spät nach Hause und wenn ich Pech habe in eine Wohnung, die noch immer kein Wasser hat.“ Geistesblitze á la Die sind mir die liebsten. „Auf dem AB sind dann jede Menge Einladungen zu Partys, aber keine, wo ich wirklich mal Menschen sehe, die ich gern hab. Deshalb würde ich viel lieber mit dir zusammen nichts tun.“ Weil ich ihn zum Vernaschen gern hab!

„Also gut,“ sagt Kaoru unerwartet, denn zumindest ich hätte nicht damit gerechnet. „Dann nur wir beide.“ Er schaut mich an, als würde er gerade eine Wette mit mir vereinbaren.

„Gebongt.“ Auf die Wette gehe ich ein und zwar gern! „Wir rufen einfach den Pizzadienst eine halbe Stunde, bevor wir Zuhause sind, an und bringen uns was zu trinken aus dem Hotel mit. Hier gibt’s doch genug.“

„So viel brauchen wir ja auch nicht,“ ergänzt Kao und sieht fast so aus, als würde er von der ganzen Sache tatsächlich begeistert sein. Ich meine, ich hatte da noch meine Zweifel, aber anscheinend gefällt ihm der Plan. „Wenigstens eine Flasche Champagner zum Anstoßen um Mitternacht. Und vielleicht noch eine für danach? Reicht ja nicht lange so eine Fläschchen...“

Wie süß. Er kichert. Na, vielleicht ist auch mehr eine Art Schnarchen, aber es ist unglaublich niedlich.
 

Plötzlich klopft es an der Tür. „Zimmerservice.“

„Ähm, ich geh schon.“ Werden die Erdbeeren sein. Tatsächlich steht ein Page mit einer Schale frischer Erdbeeren vor der Tür, die ich ihm aus der Hand reiße, mich bedanke und ihm dann die Tür vor der Nase zuknalle. Nichts Trinkgeld. Ich steckte schließlich im Fahrstuhl fest. „Sieh mal, Kao. Die haben uns noch Erdbeeren geschickt als Wiedergutmachung.“

Ich probier gleich mal eine und reiche die Schale an Kaoru weiter.

„Nett.“ Er schnappt sich auch ein Erdbeerchen und steckt es in den Mund. Kaut wie ein Kamel. Das sieht noch schnuckeliger aus als ein Eukalyptus naschendes Koalabärchen – und die sehen verdammt schnuckelig aus! Ob man Kaorubärchen auch Eukalyptus füttern darf? Oder Erdbeerchen mit Sahne? Er sieht schon aus, als wäre er ein Schleckermäulchen.

„Was?“ Hä?

„Was was?“ Was will er?

„Was was mich nicht. Ich fragte was, weil du mich anstarrst.“ Und da! Ich hab es genau gesehen! Er feiert mich aus, weil ich ihn anstarre. Sehr positiv. Das tut er sonst nie. Eher ist er mürrisch und zickig, aber heute lacht er, als ich mal wieder in Trance verfalle bei seinem Anblick. Ist ja auch nur natürlich bei dem Mann.

„Passiert,“ zucke ich mit den Schultern und kratze mich am Kopf.

Kao legt sich wieder auf den Rücken und gähnt. „Bah, bin ich müde...“

Ich stehe gerade etwas dumm im Zimmer rum und weiß nicht so recht, was ich nun jetzt machen soll. Vielleicht sollte ich einfach gehen? Ich freue mich schon auf Morgen und mehr als Schlafen will Kao sicher nicht heute. Nicht mal Fernsehen oder so. Denk ich mir jedenfalls. Ob ich fragen sollte? Nein, er hat doch gerade selber gesagt, dass er müde ist. Ich gehe lieber nach drüben auf mein Zimmer und bin ein braver Die. Dann habe ich Morgen bessere Karten.

„Tja, ich geh dann mal,“ huste ich leise vor mich hin. „Freu mich schon auf morgen. Gute Nacht, Kao.“ Ein kleines Lächeln muss ich ihm noch rüberschicken, bevor ich mich umdrehe und zur Tür latsche – langsam.

„Wie? Gute Nacht, Kao?“ Er richtet den Kopf auf und stützt sich auf die Ellbogen, während ich mich noch einmal umdrehe und ihn verwirrt anstarre. Der benimmt sich irgendwie untypisch. „Du fragst mich heute gar nicht, ob du bei mir schlafen kannst?“

Sein Hohn ist deutlich. „Du sagst doch sowieso nein.“

Jetzt zieht er die Augenbrauen nach oben, legt den Kopf wieder schief und zieht ein kleines Schmollmündchen. „Mag sein, aber dass du es nicht mal versuchst... Gibst wohl auf?“

Dieser miese kleine Bastard! Da ist man einmal nett und will ihm nicht auf den Sack gehen (im wahrsten Sinne des Wortes) und da bringt der so etwas! Na, dem werde ich es zeigen! Was der kann, kann ich schon lange und viel besser!

Mit einem verführerischen, charmant süßem Lächeln trete ich näher an ihn, um in geschmeidigen, jedoch blitzschnellen Bewegungen schlichtweg auf ihn zu klettern. DAMIT hat er nicht gerechnet – jede Wette! Mein Knie bahnt sich direkt den Weg zwischen seine Schenkel und das andere gekonnt neben seine Hüfte, als ich raubtierähnlich von seinen Schultern Besitz ergreife und sie nach unten auf das Bett presse. Erlegt und gezähmt. Von oben herab grinse ich ihm nun selbstgefällig ins Gesicht, welches nur wenige Millimeter von meinem ist, so nah habe ich mich heran gepirscht. Vor lauter Schock sieht Kaoru mich lediglich mit weiten Augen an und schluckt. Zwar höre ich das nur, aber mein Hirn weiß ganz genau, wie dieser Kehlkopf ausschaut, wenn er sich bewegt.

„Was, wenn ich der Fragerei einfach überdrüssig geworden bin?“, schnurre ich meinen Sexgott an in einer tiefen, eindeutig auf Sex scharf klingenden Stimme.

Seine Augenlider blinzeln kurz und ich kann sehen, wie sich plötzlich seine Brauen nach unten schieben, was mein Zeichen ist, dass er den Schock zumindest bereits überwunden hat. „Das würde mich enttäuschen.“

Unweigerlich schaue ich ihn fragend an. „Warum nicht Taten anstelle Worten sprechen lassen?“

„Hast du denn den Mut dazu?“ JETZT wird er provokant und ich muss gestehen, DAS schockiert mich! Doch es ist nur der Anfang, als sich seine linke Hand an meine rechte Wange schiebt und mich seine rauen Fingerkuppen zärtlich am Haaransatz hinter meinem Ohr berühren. Sein Daumen streicht sanft über meinen Wangenknochen. Hitze steigt sofort in mein Gesicht, breitet sich in meinem ganzen Körper aus, als er sich meinem Gesicht noch weiter näher und erst stoppt, als seine Lippen fast meine berühren. Ich kann mich nicht mehr bewegen, nicht mal mit der Wimper schlagen, als ich seinen heißen Atem an mir spüre.

„Ich wäre enttäuscht, wenn du mich einfach so aufgeben würdest...“, flüstert Kao mir entgegen und danach sehe ich rot.

Kaoru. Unter mir. Da. Liegen. Nah. Oh Gott. Ich muss ihn küssen!

Und genau das tue ich auch, lege den Kopf etwas schief um seine Lippen präzise mit meinen einzufangen und bin erfreut, dass er den Kuss sogar erwidert. Sofort schießt mir das Blut in die Lenden und bringt mich dazu, leise aber tief in den Kuss hinein zu stöhnen, als ich Kaorus Zunge mit meiner necke, sie streichle und sanft daran sauge.

Ohne es mit allen Sinnen wahrzunehmen, gleiten meine Hände von seinen Schultern, eine hinab an die Hüfte und die andere in sein Haar. Die Chance nutzt Kao, rollt uns herum und übernimmt den Platz oben. War mir doch klar, dass er kein ‚bottom’ ist! Aber es ist ja auch eigentlich egal...

Meine Hände sind gerade dabei, sich auf seinem wohlgeformten Hinterteil abzulegen, als ich plötzlich seine Hände an meinen Schultern spüre. Und genau diese drücken mich nun in die Matratze! Verflucht! Das ganze löst natürlich unseren Kuss und ich hinterlasse einen Seufzer, als meine Lippen nichts als Luft zu fassen bekommen.

Als meine Augenlider aufflattern, sehe ich Kaorus selbstgerechtes Grinsen, welches mich zwar weich in den Knien und hart zwischen den Beinen macht, aber auch unglaublich gemein ist.

„Niemals die Kontrolle aufgeben, Die.“

„Du bist fies,“ blubbere ich vor mich hin und versuche wieder klar im Kopf zu werden. Widerstand gegen die Hände, die mich am Boden halten, ist jedenfalls zwecklos.

„Ach, gar nicht,“ schmunzelt er nahezu sanft. „Mehr als das verdienst du nicht, frech, wie du bist. Taten sprechen zu lassen, ist zwar nicht übel, aber wenn du der Worte tatsächlich satt bist, dann muss ich das als Kapitulation mir gegenüber interpretieren.“

Mir fehlen die Worte und das kommt selten vor. Also schüttele ich den Kopf. „Ich kapituliere nicht.“

„Gut,“ grinst das Kaomännchen und lässt von mir ab, steht auf und reicht mir die Hand, die ich dankbar annehme. Er zieht mir nach oben und lächelt sogar richtig lieb. „Dann geh jetzt in dein Bett. Morgen willst du mir schließlich eine Party schmeißen.“

„Eine Private-Party!“, korrigiere ich grinsend und habe offensichtlich mein Mundwerk wiedergefunden.

Kaoru lacht leise und geht ins Badezimmer. „Gute Nacht, Die. Bis morgen.“

Hinweis ist dezent, aber dennoch lieb gesagt. Verständnisvoll lächle ich und winke. „Nacht Kao. Und schlaf gut. Träum von mir.“

Und da ist die Tür auch schon zu. Lachend mache ich mich auf in mein Zimmer, doch kaum habe ich den Gang betreten und die Tür zu Kaorus Zimmer hinter mir geschlossen, muss ich erst einmal tief durchatmen. Ich lehne mich gegen die kühle Wand und schließe die Augen, als für einen Moment ich noch immer seinen Geschmack im Mund fühlen kann. Dass er so weit gehen würde...

Wow.

Einfach nur wow. Unwillkürlich breitet sich ein Strahlen auf meinem Gesicht aus.

Morgen wird ein toller Tag!
 


 

Ende Kapitel Neun.
 


 

Okay, fertig und nicht quergelesen. IHR seid schuld. Ja IHR! Ihr wisst schon, wer. XD Sorry, aber ich hatte gesagt, schnallt euch an für’s nächste Kapi, nur leider hab ich wieder mehr geschrieben, als ich dachte... und na ja, lasst einfach den Gurt für’s nächste Mal dran, ja? Titel der nächsten Kapis sind „TATSÄCHLICH DIE“ und „DAWN OF THE DIE“ – als kleines Bonus was zum Grübeln.^^ Kommis bitte!
 

Fanfiction journal: http://sangha_ff.livejournal.com

Tatsächlich Die

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Falling Die

Oje, der Titel ist pöse. X] Den kann man so vielseitig verstehen. Gefällt mir.^^

Anmerkung: Für viele kam Kaorus Handeln doch etwas plötzlich und vielleicht zu schnell. Dazu kurze Erklärung: Ich versuche immer, die Charaktere so zu schreiben, wie sie wirklich sein könnten. Da diese Geschichte aus Dies Sicht ist, hat er natürlich keine Ahnung von Kaorus Gedankengängen, logisch. Aber ich schätze Kao so ein, dass er bis zum Letzten dicht hält, was seinen Gefühlskram angeht und dann irgendwann mal für sich eine Entscheidung trifft. Diese hat er Die mitgeteilt, richtig? Dass Kaoru mit Die ins Bett geht, finde ich nur normal. Kaoru ist ein Kerl und Kerle wollen ficken. Da er nun weiß, dass er Die will, geht er auch mit ihm ins Bett. So einfach ist die Männerwelt. ;)

DANKE für die Kommis beim letzten Kapitel! Yesh, ich brauchte 3 Runden Sex - sollte doch authentisch sein. *lol*
 


 

Kapitel Elf
 


 

FALLING DIE
 


 

Manchmal werde ich nachts wach und merke, wie einsam ich bin. Dann denke ich an Kaoru und wie groß meine Sehnsucht nach seiner Nähe sein muss, wenn er tatsächlich immer wieder mein erster Gedanke ist. Normalerweise fühle ich mich dann kalt und leer.
 

Diese Nacht jedoch ist alles anders. Werde ich wach, dann kann ich ihn neben mir spüren, höre seine gleichmäßigen Atemzüge und lege meine Arme noch ein wenig fester um ihn. In mir breitet sich eine angenehme Wärme aus, ein Glücksgefühl, welches einfach wohlig ist und mich ohne Sorgen in der Welt sein lässt. Ich fühle mich vervollständigt.
 

Als mir die Sonne grell ins Gesicht scheint, öffne ich die Augen und blinzele durch meine leicht verquollenen Augen. Es ist kalt, auch wenn Kaorus Decke recht warm ist. Ich rieche seinen Duft, alles riecht nach ihm hier. Nur wo ist er?

Meine Augenlider blinzeln erneut, als ich ihn am Bettrand sitzen sehe. Er knöpft sich gerade sein Hemd zu und ich stütze mich auf meine Ellenbogen. Warum ist er schon angezogen? Wo will er denn hin? Warum weckt er mich nicht? Ein wenig ängstlich versuche ich, nicht daran zu denken, dass er vielleicht die Absicht hat, sich aus dem Staub zu machen. Absurd, denn es ist doch seine Wohnung. Nichts desto trotz könnte er es ja nun doch bereuen, auch wenn er etwas anderes gesagt hat. Und pah, ich scheiß drauf, dass ich gesagt habe, es wäre okay für mich, wenn es bei dieser Nacht bleiben würde.

Er dreht sich um und lächelt. „Guten Morgen.“

„Morgen Kao,“ krächze ich und huste, um meine belegten Stimmbänder frei zu bekommen. „Wo willst du hin?“

Er lacht leise und schmunzelt so süß, dass ich keinen Zweifel daran habe, dass er nicht fliehen will. „Ich gehe uns was zum Frühstück besorgen. Schlau, wie wir sind, haben wir daran natürlich nicht gedacht.“

Verständlich, aber eigentlich will ich nicht, dass er geht. Also sage ich nichts, schiebe lieber die Unterlippe nach vorn und greife nach seiner Hand, mit der er sich auf dem Bett abstützt.

„Dauert nicht lange, Die.“ Kaoru lächelt mich an und befreit seine Hand aus meinem Griff, um mir damit durch das Haar zu streichen. „Wenn ich wiederkomme, frühstücken wir und der Rest des Tages gehört uns.“

Er beugt sich nach unten und küsst mich liebevoll, wie es noch nie zuvor jemand an einem Morgen danach getan hat. Er schmeckt köstlich. Freu mich schon auf nach dem Frühstück.

„Mmh,“ kichere ich, denn Kao schmeckt nicht nur nach Kao, sondern auch minzig. „Du hast schon Zähne geputzt.“

Er grinst, durchwuschelt mein Haar und lacht. „Japp, im Gegensatz zu dir.“

Feiert der mich aus? Ich bin doch gerade erst wach geworden! Das ist nicht fair. Schmollend kuschele ich mich ins Bett. „Beeil dich, ja? Damit ich dir den Tag versüßen kann.“

Lachend geht er aus dem Schlafzimmer und ich vernehme kurz darauf die Wohnungstür.

Toll. Und jetzt?
 

Ich quäle mich hoch und schlüpfe erst mal unter die Dusche, putze Zähne und rauche eine Zigarette. Nach 30 Minuten ist Kaoru noch nicht wieder da, was wahrscheinlich normal ist bei dem Verkehr heutzutage. Dennoch überlege ich, ob ich ihm vielleicht eine SMS sende mit ‚ICH VERMISSE DICH’. Nein, zu kindisch! Oder soll ich doch? Neiiin...

Stattdessen setze ich Kaffee an und decke mal den Tisch. Ich habe zwar null Ahnung, was Kao zum Frühstück mitbringt, aber Teller können nicht schaden. Tassen auch, so für den Kaffee. Und nun? Ich stecke mir noch eine Kippe an und setze mich auf das Sofa, wo ich mir denke, es kann ja nicht schaden sich ein wenig die Zeit an der PlayStation zu vertreiben.

Nach einer Stunde werde ich etwas skeptisch, jedoch vereinnahmt mich das Spiel so sehr, dass mir gar nicht auffällt, als weitere 30 Minuten vergehen.

„Verdammter Mist! Mach jetzt!“, schreie ich den Fernseher liebevoll an, weil ich einmal mehr Game Over bin. Da höre ich plötzlich das Türschloss und ein riesiges Lächeln breitet sich auf meinem schnuckeligen Gesicht aus.

Mein Kao ist wieder da! Mein Magen knurrt auch schon, aber das ist zweitrangig. Ich springe vom Sofa auf und sehe meinen Liebling in die Wohnung treten.

Nur irgendetwas stimmt nicht...

Ich spüre es.
 

Als sich Kaoru umdreht, ziert kein Lächeln mehr sein Gesicht, sondern da sind Falten an der Stirn und seine Lippen sind zu einer schmalen, nachdenklichen Linie zusammengezogen. Er meidet meinen Blick, aber ich verstehe es nicht.

Ich schlinge meine Arme um ihn und versuche seinen Hals zu küssen, damit er bessere Laune bekommt, doch er schiebt mich weg und geht in die Küche, wo er eine Tüte vom Bäcker lieblos auf den Tisch wirft und sich eine Kippe anzündet. Er atmet tief ein und aus und irgendetwas sagt mir, dass er wütend ist. Aber warum? Ich kille das Arschloch, der meinem Kaoschatz den Tag versaut hat.

„Was ist denn los?“, frage ich vorsichtig und bleibe in sicherer Entfernung vor Kaoru stehen.

Er verzieht den Mund zu einem bitteren Lächeln und schaut mich kurz giftig an. „Sag du es mir.“

„Was? Versteh ich nicht.“ Der macht mich ganz kirre. Mein Kopf ist verwirrt.

Wieder dieses tiefe Ein- und Ausatmen, als müsse er seine Wut zügeln. „Ich denke, dass du mir etwas zu sagen hast. Meinst du nicht?“

Ich stehe gerade da wie ein verirrtes Alien. Der wollte doch nur Frühstück kaufen und ich war ganz brav hier Zuhause und habe gewartet. Was soll ich denn jetzt erzählen wollen? Genauso doof schaue ich gerade wohl aus meiner Wäsche. „Ich weiß nicht, was du meinst, Kao.“

Holla! Seine Finger krallen sich an den Küchentresen, gegen den er lehnt, und die Knöchel werden schon ganz weiß. Was habe ich denn verbrochen? Hätte ich die Finger von der PlayStation lassen sollen?

„Weißt du nicht? Ich gebe dir mal einen Hinweis. Weißt du, wo ich gerade war?“, faucht er mich an und ich kann nur mit dem Kopf schütteln. Ich dachte, er war beim Bäcker oder so... „Ich war gerade bei dir zuhause.“

DAS war das Stichwort. Ich zucke zusammen. Aber Moment mal... dann war er eben bei mir zuhause, na und? Er hat schon seit Wochen nicht mehr nach meiner Wohnung gefragt. Die ist jetzt wieder in Ordnung! Natürlich! Ist er sauer, dass ich ihm das noch nicht gesagt habe?

„Ja, und? Was hast du da gemacht? Du wolltest doch—“ Ich belüge mich selbst, aber egal, denn Kaoru unterbricht sowieso.

„Ich wollte Frühstück besorgen. Hab ich auch. Musste aber einen Umweg fahren und kam an deiner Wohnung vorbei. Also denk ich mir, ich bin nett und bring dir deine Post mit. Nun rate mal, wen ich im Treppenhaus getroffen habe? Richtig! Deinen Vermieter! Und wie der Zufall so wollte, unterhielt der sich gerade mit deinem Nachbarn. Weißt schon, der mit der Sanitärfirma. Klingelt’s?“ Jetzt legt er aber los und bei jedem Wort schlucke ich schwerer. Diese Idioten werden doch wohl nichts Falsches erzählt haben? Ich befürchte aber doch.

„Ich weiß ja nicht, was die dir erzählt haben, aber—“ Jetzt wäre es günstig, wenn ich eine Ausrede hätte. Dank Kaoru erübrigt sich die einmal mehr, als er mir ins Wort fällt.

„Vielleicht die Wahrheit?“ Er schaut mich an, so durchdringend und enttäuscht, die wunderschönen dunklen Augen so voller Zweifel und nach Fassung ringend. „Sieh mich an, Die. Sieh mir einfach noch mal in die Augen und sag mir, dass du nicht gelogen hast. Dass du tatsächlich wegen eines gottverdammten Wasserrohrbuches hier gewohnt hast!“

Ich würde ja, aber ich kann nicht. Locker lässig kann ich lügen, aber doch nicht so! Nicht, wenn er so vor mir steht und es mein Herz zerreißt. Ich liebe ihn doch!

„Du kannst es nicht.“ Enttäuscht von mir, dreht er sich weg. Vielleicht hatte er auch genau das erwartet. Dass ich ihn enttäusche. „Damals konntest du es.“

„Es tut mir leid,“ flüstere ich und hoffe, dass ich es irgendwie wieder gut machen kann.

„Damals nicht,“ sagt er mit kalter, trockener Stimme, als habe ich ihm jedes Gefühl gerade genommen. „Da tat es dir nicht leid. Du standest da und hast mir ins Gesicht gelogen.“

„Aber doch nur, weil ich keinen anderen Ausweg wusste!“ Es war doch so! Und jetzt hat es doch uns beiden gedient, nicht nur mir.

„Keinen Ausweg aus was?“ Oh, er faucht wieder.

„Aus meiner Lage. Ich dachte doch, du würdest mich niemals lieben und ich wollte doch nur bei dir sein, dich glücklich machen. Nicht traurig oder enttäuscht. Aber du wolltest mich nie in deiner Nähe haben und deswegen—“ Wo hat er nur die Art her, dass er mich ständig unterbricht?

„Deswegen lügst du mich an? Du hast es auch nicht nur einmal getan, nein, du tust es ständig. Du kannst mir in die Augen sehen und mir ins Gesicht lügen, ohne Skrupel. Zeigst mir sogar Dokumente, die besagen, dass du einen Versicherungsschaden hast. Dass dein Nachbar insolvent ist. Du machst dich damit strafbar, Die! Und nur damit du hier sein kannst? Denkst du nicht, es hätte auch andere Wege gegeben, dass ich mich in dich verliebe?“ Himmel Herr Gott! Ich weiß nicht, ob er mir stinksauer oder zu Tode enttäuscht lieber ist. Meine Knie fangen an zu schlottern, wenn er wütend wird.

Nun werde ich verzweifelt. „Kao, es war mir egal, ob ich mich strafbar mache. Hauptsache—“

„Hauptsache du kannst mich damit verarschen!“, fällt er mir ins Wort.

„Nein! Ich wollte dich nicht verarschen!“ Warum versteht er das denn nicht? „Ich wollt nur—“

„Mir glauben machen, dass du einen Schaden in deiner Wohnung hast. Wo ist da der gottverdammte Unterschied? Verarscht hast du mich! Und wie!“ Okay, jetzt fängt er an zu fluchen. Ich zittere. Ohne Scheiß.

„Es tut mir doch auch leid, aber ich wollte nur, dass du mich siehst, wie ich wirklich bin.“ Weiter kommt ich nicht, denn meine Stimme bricht und Kaoru nutzt die Chance.

„Wie du wirklich bist? Genau das habe ich auch gesehen jetzt. Ein Lügner bist du und niemand, dem man auch nur ein kleines Bisschen trauen kann.“ Woah, das tut weh. Aber er hat nicht unrecht und ich fühle mich beschissen. Dabei bin ich doch gar nicht so! Ein Lügner vielleicht, aber keiner, dem man nicht vertrauen kann.

„Ich habe es doch nur gut gemeint. Ich wollte nicht lügen.“ Verzwickt. Ich höre mich unglaubwürdig an.

„Hast du aber!“, knurrt er und verschränkt die Arme. „Und niemand garantiert, dass du es nicht wieder tust. Mein Vertrauen hast du schamlos missbraucht und mir über Monate einen Bären aufgebunden. Was soll ich nun von dir halten, Daisuke? Ich vertraue keinem Lügner.“

Aber ich habe ihn doch lieb! Als ich einen Schritt auf ihn zugehe, schaut er mich grimmig an. „Denk nicht mal dran.“

„Kaoru, es tut mir leid.“ Ich stehe da wie ein Idiot und er hat recht mit allem, was er sagt.

„Das reicht aber nicht.“ Er klingt verletzt, noch mehr verletzt als wütend. „Gott, ich habe dir alles geglaubt. Das mit Aiko auch und deine Geschichte im Fahrstuhl.“

„Das war nicht gelogen!“ Er glaubt doch wohl nicht, dass ich das auch erfunden habe? DAS war doch die Wahrheit! „Kaoru—“

„Ach, und woher weiß ich das? Vielleicht hast du Aiko zu Unrecht beschuldigt und dir die nette Geschichte im Aufzug ausgedacht, so dass ich weich werde? Ich glaub dir gar nichts mehr, kein einziges Wort.“ Bitterkalt ist seine Stimme und mich überkommt eine Gänsehaut.

Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Stehe da und schaue ihn an. Doch er sieht mich nicht an.

„Alles, was ich wollte, war bei dir sein,“ sage ich so ruhig und ehrlich, ich es kann.

„Das warst du auch,“ gibt Kaoru zurück und drückt seine Zigarette im Aschenbecher aus, bevor er mich scharf ansieht. „Für die längste Zeit.“

Wie? Meine Augen reißen sich wie von selbst weit auf. „Was soll das heißen?“

„Dass du besser deinen Krempel zusammenpackst und verschwindest.“ Er hört sich fast heiser an. „Ich will dich hier nicht mehr sehen.“

„Aber Kao—“ Er kann doch nicht... Nur deshalb?

„Nichts aber, Daisuke! Ich will mit keinem Lügner zusammen sein, kapiert? So viele Dinge, die du mir letzte Nacht gesagt hast und jetzt weiß ich nicht mehr, was davon ich dir eigentlich noch glauben kann.“ Er wird laut und schaut mich furchtbar wütend an. „Du und ich, das war alles ein großer Fehler, also nimm dein verfluchtes Zeug und geh!“

Ich will nicht weg. Ich will Kaoru nicht aufgeben. Ich will nicht wieder ohne ihn sein. „Und wenn nicht?“

„Das willst du nicht erleben,“ droht er und reißt die Wohnungstür auf. „Ich gehe jetzt und wenn ich wiederkomme, bist du verschwunden. Hast du verstanden?“

Ohne meine Antwort abzuwarten, geht er raus und wirft die Tür hinter sich zu.
 

Ich komme erst Minuten später zur Besinnung und schniefe, schaue mich um, doch niemand ist da. Kaoru ist tatsächlich gegangen und will, dass ich ausziehe. Was mache ich jetzt nur? Erst einmal zünde ich mir eine Kippe an und nehme einen tiefen Zug. Ich muss nachdenken. Nicht zusammenbrechen, das ist auch wichtig. Alles wird sich regeln, ganz sicher. Nur nicht resignieren! Okay, also Kao ist weg und wenn er wieder kommt, soll ich weg sein. Und wenn ich einfach bleibe? Was will er tun? Mich wirklich rausschmeißen? Vielleicht samt der Polizei, die er sowieso gleich mal benachrichtigt wegen meiner Urkundenfälschung? Soweit würde er doch nicht gehen. Oder doch? Er ist wütend, also vielleicht doch.

Soll ich tatsächlich gehen? Vielleicht ist es das beste. Ich nehme meine Sachen und gehe einfach, bis er merkt, wie sehr ich ihm fehle. Und wenn ich ihm nicht fehle? Was dann? Oh Gott, jetzt werde ich panisch. Nein, ich werde ihm ganz sicher fehlen. Er liebt mich. Das hat er gesagt. Dass das mit uns ein Fehler war, meint er gar nicht so, hat er bestimmt nur im Affekt gesagt. Okay, dann packe ich eben meine Sachen...

Das ist doch verkehrt! So gar nicht richtig! Ich gehöre doch zu ihm!

Aber ich muss mich seinem Willen beugen. Zunächst einmal, wie eine Art Buße, die ich tue, bis er sich beruhigt. Das mach ich.

Es fällt nur so schwer.

Als ich beginne, meine Sachen einzusammeln, zerbreche ich innerlich. Im Wohnzimmer liegen so viele Dinge verstreut und im Badezimmer stehen alle meine Kosmetikartikel. Die Gurkenmaske erinnert mich an damals, als Kao krank war. Und dann das Handtuch, in dem er mich verfolgt hatte... Ein tiefer Seufzer durchfährt mich.

Erst ganz zum Schluss traue ich mich ins Schlafzimmer, dorthin, wo wir beide eins waren letzte Nacht. Es riecht noch nach uns. Nach Kaoru. Wenigstens hat er bereits aufgeräumt und keine Utensilien rumliegen lassen, dieser alte, verklemmte Mistkerl! Gott, wenn ich jetzt nicht aufpasse, fange ich an zu heulen.

Ach, geschissen auf das, was ich vielleicht vergessen habe. Ich muss hier raus!

Gerade, als ich meine Taschen schnappe, geht die Tür auf und Kaoru sieht mich mit kaltem Blick an. „Noch da?“

„Bin schon weg,“ brabbele ich mit rauer Stimme.

Freundlicherweise hält er mir die Tür auf, was nicht minder ein Zeichen ist, dass ich endlich verschwinden soll. Doch eines muss ich ihm noch sagen, als ich meine schweren Taschen in den Hausflur schleppe.

„Letzte Nacht habe ich dich nicht belogen, Kao. Ich liebe dich. Niemals hätte ich so etwas getan, wenn nicht für dich,“ schluchze ich so langsam vor mich hin, doch anscheinend wird er nur noch wütender daraufhin.

„Dann danke, dass deine Dummheit meine Schuld ist!“ Und wumms!

Die Tür ist zu.
 

Und jetzt?

Mir kommt alles nur noch wie in Zeitlupe vor, als ich mich umdrehe und apathisch meine Sachen in den Aufzug trage, bevor ich damit nach unten fahre, hinausgehe und alles in meinem Auto verstaue. Selbst mein sehnsüchtiger Blick nach oben zu Kaorus Schlafzimmerfenster kommt mir seltsam vor, in Apathie, Trauer, Schmerz. Er bricht mein Herz. Doch ich habe seins gebrochen.

Voller Schuldgefühle steige ich ein und fahre los. Wohin? Ich weiß es nicht. Mein Zuhause ist bei Kaoru, denn Zuhause ist dort, wo das Herz ist. Ein Platz, jedoch kein Gebäude. Mein Platz ist bei ihm.

Als ich an meiner Wohnung ankomme, sehe ich bereits meinen Vermieter am Eingang stehen, der sich diesmal mit einem Bewohner der ersten Etage unterhält. Er glotzt mich dumm an, als ich meine Taschen Richtung Gebäude schleppe. Bitte lass ihn einfach die Fresse halten!

„Guten Tag, Herr Andou!“ NEIN!

„Tag auch,“ antworte ich mäßig und schleppe mich hinein, doch diese Pissbacke hält mich auf.

„Herr Andou, heute war ein Freund von ihnen hier.“ Als ob ich das nicht wüsste, du Arschloch. Wegen dir...! „Da gab es wohl Missverständnisse wegen ihrer Wohnung. Und Herr Misaki neben ihnen hatte auch damit zu tun. Wissen sie vielleicht—?“

„Missverständnisse, ganz genau!“ Ich bremse den Idioten gekonnt aus, denn ich habe jetzt echt keine Lust auf solchen Scheiß hier. „Hat sich alles geklärt. Das war wirklich ein unangenehmes Missverständnis. Schönen Tag noch!“

Mein aufgesetztes Lächeln lässt die Leute doch immer wieder glauben, ich genieße mein Leben. Dabei ist es momentan ziemlich futsch. Kein Kao. Kann das wirklich wahr sein? Wie kann ich nur so blöd sein und das vermasseln? Ach, ich Volltrottel!

In meiner Bude angekommen, ist diese natürlich eiskalt. Keine Heizung seit fast drei Monaten. Was will ich da erwarten? Zumindest ist die Kälte wenigstens meiner Gefühlsstimmung angepasst. Ich friere, meine Welt ist kalt, sie ist einsam und leer. Wie meine Wohnung.

Ohne Kaoru ist alles doof.
 

Nachdem ich meine Heizung wieder aufgedreht und die Hälfte meiner Sachen in die Waschmaschine gestopft habe, suche ich nach etwas Essbarem, aber es ist nichts da. Wonach mir wäre, ist Schokolade und zwar viel davon. Doch weil ich Weihnachten nicht bei meinen Eltern war, habe ich auch nichts bekommen, was ich jetzt aus Frust naschen könnte.

Meine Klamotten, die ich letzte Nacht trug, wasche ich nicht, sondern lege sie in mein Bett. Na und, dann bin ich eben nicht mehr ganz dicht, wen interessiert’s? Die Sachen wasche ich niemals mehr, wenn es sein muss!

So langsam drehe ich wirklich frei. Aber nicht, als würde ich jeden Moment ausrasten, nein, es ist anders. Ich tue all die alltäglichen Dinge mit einer Gleichgültigkeit, die sogar mir Angst macht, tue dabei auch Dinge, die ich sonst meide, weil ich sie hasse. Dann fange ich an, mein Wohnzimmer umzuräumen und das Telefon zu ignorieren, wenn es nicht ‚Kaoru’ oder ‚unbekannt’ auf dem Display anzeigt. Der Fernseher bleibt aus und spätestens DAS zeigt, dass ich psychisch die Kontrolle verliere. Meine Gitarre würdige ich nicht eines einzigen Blickes.

Apathie: auch Teilnahmslosigkeit, Leidenschaftslosigkeit, mangelnde Erregbarkeit und Unempfindlichkeit gegenüber äußeren Reizen.

Keines dieser Attribute trifft auf mich zu in der Regel, aber heute ist die Ausnahme der Regel und alle diese Dinge beschreiben meinen Gemütszustand. Keine Lust mit anderen zu reden, will nicht mal angesprochen werden, beachtet oder genervt. Der Schneeregen stört mich nicht, als ich auf dem Balkon stehe und eine Zigarette rauche. Die Wievielte ist das eigentlich? Keine Ahnung, will es eigentlich gar nicht wissen. Gestern noch stand ich mit Kaoru auf seinem Balkon und wir feierten in Neujahr.

Kaoru...

Apathie tritt bei manchen psychischen Krankheiten auf, auch bei Autismus, Anorexia nervosa, Hospitalismus oder Depressionen und bei der fortgeschrittenen Demenz. Häufig ist die Apathie mit anderen Symptomen verbunden, z. B. Appetitlosigkeit, Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Schlaflosigkeit (oder Schläfrigkeit) und Veränderungen der Urteilskraft.

Hunger? Nein, nicht wirklich. Zu traurig. Ich bin der größte Idiot auf der ganzen Welt!

Ich streiche mir die kleine verflixte Träne von der Wange und drücke meine Zigarette, die sich so gut wie alleine aufgeraucht hat, im Aschenbecher aus, bevor ich nach drinnen schlurfe. Es ist schon dunkel, aber ich denke nicht daran, das Licht einzuschalten, als ich mich auf das Sofa setze und zur Balkontür hinaus auf die Lichter starre.

Noch vermisst mich Kaoru nicht, wie es scheint. Doch soll er nicht glauben, dass ich aufgebe.

Ob ich es wagen sollte...?
 

Meine Hand greift zum Telefonhörer und drückt die Kurzwahltaste, auf der Kaoru gespeichert ist. Es läutet. Und läutet weiter. Dreimal. Sechsmal...

„Hier ist der Anschluss von Kaoru Niikura. Da ich momentan beschäftigt bin, können Sie mir eine Nachricht hinterlassen. Danke.“

„Kao... hier ist Die. Geh bitte ran, wenn du da bist.“ Abgedroschen und doch das Einzige, was mir einfällt. „Es tut mir leid, was ich gemacht habe. Ich bin ein Idiot. Ich habe nicht nachgedacht, aber ich will dich nicht verlieren. Kao? Kaoru... Ich liebe dich doch. Ich...“ Was soll ich noch sagen? Vielleicht ist er nicht mal Zuhause. „Bitte ruf mich an. Das kann es nicht gewesen sein. Kao... bitte.“

Zögernd lege ich auf. Ich bettele und das wohl zum ersten Mal in meinem Leben. Wie konnte ich mich nur so sehr in einen Menschen verlieben? Wie nur? Mein Leben war doch toll bisher. Schon als ich noch ein Teenager war, wusste ich, dass ich auf Männer abfahre und habe meinen Charme dahingehend gerne eingesetzt. Natürlich musste ich auch Rückschläge in Kauf nehmen, aber niemals blieb Zeit zum Trauern, wenn man gleich auf neue Leute trifft.

Dann kam ich zu Kyo und Shinya, war Bestandteil einer Band, die sich, als auch Kaoru und Toshiya Mitglieder wurden, einen Status erarbeitet hat, der weltweit sehr hoch ist. Damals war mein Leben perfekt, obwohl ich schon vom ersten Moment an wusste, dass ich Kao eines Tages besitzen wollte. Ja, besitzen. Höhere Ansprüche hatte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Doch im Laufe der Jahre hat sich alles verändert, meine Zuneigung zu ihm vertieft und jetzt, wo ich ihn von ganzem Herzen liebe, vermassele ich es!

Es ist doch zum Haare raufen, schreien und wahnsinnig werden!

Ich brauche etwas zu trinken.

In meinem Schlafzimmer ist ein kleines Regal mit Köstlichkeiten und auch die Fläschchen, die ich zum Geburtstag geschenkt bekommen habe, befinden sich hier. Wahllos greife ich in das Regal und ziehe eine Flasche Sandemann heraus. Glücksgriff! Das Zeug mochte ich noch nie, deshalb nehme ich auch gleich noch den Contreaux mit. Wohin? Zurück zum Telefon natürlich!

Auf dem Sofa öffne ich gleich beide Flaschen, nippe am Sherry und beschließe, erst einmal beim Contreaux zu bleiben. Stark, aber zweckmäßig. Innerhalb einer knappen Stunde haben etwa Dreiviertel davon mit meiner Leber Bekanntschaft gemacht und ich halte es keine Sekunde länger mehr aus. Ich schnappe den Telefonhörer und wähle noch einmal.

Wieder meldet sich der Anrufbeantworter.

„Kao, ich noch mal. Weissu, ich hab nachgedacht und zwar liebe ich dich noch-noch mehr, als ich dir’s letzte Nacht gesacht hab. Bitte ruf mich zurück. Mir tut alles sooo leid. Okay, ich warte hier...“

Diesmal muss er einfach zurückrufen!
 

Nach etwa drei weiteren Stunden und meiner vierten Nachricht auf seinem AB, werde ich doch langsam etwas träge. Gut, liegt vielleicht auch am restlichen Contreaux und der halben Flasche Sherry—zusammen sehr empfehlenswert. Aber mit letzter Kraft greife ich erneut zum Telefonhörer und danke dem Herrn im Himmel, dass es eine Kurzwahltaste gibt, bevor ich mir den Hörer ans Ohr presse und schnell noch einen Schluck aus der Sherryflasche nehme.

Blah blah blah. Ich höre Kaorus Stimme zu gerne, aber nicht von dieser Maschine. Wirklich nicht.

„Kaoru? Bissu jetz’ da? Nimm domma ab.“ Mist, ich muss hicksen. „Kaoru... Sch’denk immerzu an dich. ... Kannsu mir nich verzeih’n tun? ... Kao?“ Leider ist mein Hirn schon genauso träge und hat bereits leichte bis mittelschwere Aussetzer. Aber selbst, wenn mir nichts einfällt, lege ich nicht auf. Kann ihm auch den AB voll keuchen mit meinen unregelmäßigen, alkoholisierten Atemzügen. „Daisuke issen Butzi, Daisuke issen Butzi. Sch’würd mir das auch anne Stirn schreim, wennu willst. ... Kaooooo. Komm schon, sei nimmer pös mim mir. Sch’lieb di—icks!“ Verdammtes Hicksen!

Ach, ist eh alles im Eimer und mein Kopf bringt mich bald um.

„Ahhhrghhh—“ Das tut weh. Ob ich jetzt auflegen soll? Wie viel Uhr ist es eigentlich? Kann die Zahlen nicht erkennen, zu verschwommen. Oh Gott, mein Schädel ist heiß und meine Augenlider... Verdammt, ich kann nichts mehr sehen!

Dann vernehme ich nur noch den dumpfen Klang des auf den Teppichboden fallenden Telefons.
 

„Auuua,“ erzähle ich meinem Sofa, als das ekelhafte Geräusch der Türklingel in meinem Kopf dröhnt, als würde er davon zerbersten. „Mäh.“

Wieso habe ich eigentlich kein Kopfkissen? Das macht es mir noch schwerer, die Birne zu heben. Doch meine Hand kann sich dem Fußboden entlang tasten und fühlt Kissen, Telefon, Fusseln, klebriges Nass... bäh. Wo kommt das denn her?

Als es erneut klingelt, stöhne ich, denn das hilft meinem Schädel echt nicht weiter. Wieso habe ich denn bloß soviel gesoffen letzte Nacht? Ach ja, jetzt fällt es mir wieder ein. Wegen Kaoru! Er will seinen Die nicht mehr haben, weil sein Die ein Vollidiot und Lügner ist.

Wieder Klingeln, diesmal kombiniert mit wildem Klopfen. Ich bin drauf und dran, dem Arschloch zu sagen, dass er sich verpissen soll, als mir etwas in den Sinn kommt. Was, wenn es Kao ist? Was, wenn ich ihm jetzt fehle? Kao, ich komme!

„Aaahnnn!“ Beim Aufspringen von der Couch fällt mir auf, dass das aufgrund meiner Kopfschmerzen keine gute Idee war. Egal, ich muss zur Tür, stolpere aber über eine leere Flasche Sandemann und vermesse gekonnt den Teppichboden. Autsch, das brennt. Aber ich rappele mich trotz Schürfwunden an der Haut wieder auf und humpele zur Tür, als das penetrante Klopfen noch zunimmt.

„Kaoru! Endlich!“ Ich reiße die Tür auf und starre in Shinyas ängstlich verwirrtes Gesicht.

„Ich bin zwar nicht Kaoru, aber der wartet unten. Genau wie die anderen auch. Nur du,“ er würdigt mich eines bewertenden Blickes, „fehlst.“

Okay, was habe ich verpasst? Heute ist... der zweite Januar, richtig? Ach du scheiße! Wir müssen los! Wir haben heute Abend einen Gig in Fukuoka. „Oh fuck.“

„Alles klar mit dir, Die?“ Shin schaut mir über die Schulter in die Wohnung, aber dort kann er scheinbar keine Indizien auf mein Wohlbefinden erspähen.

„Ja, sicher, alles bestens.“ Ich fahre meine Finger durch das fettige Haar und lege meine Stirn in Falten. Nachdenken, Die, auch wenn es weh tut. „Ich habe nur verschlafen. Sagst du den anderen bitte, dass ich gleich komme? Ich brauch 10 Minuten, okay?“

Er zuckt mir den Schultern und nickt mehr oder weniger. „Okay. Ich besorg dir auch einen Kaffee, ja?“

„Danke!“ Noch mal kurz Lächeln, dann knalle ich ihm die Tür vor den Latz. Wie hat er denn das mit dem Kaffee gemeint? Solange brauche ich doch gar nicht, dass er Zeit hat, Kaffee zu besorgen! Ich muss lediglich schnell duschen, Zähne putzen, rasieren, Haare machen, packen, fertig! Und das mit dem Kopf. Autsch.
 

Es vergehen tatsächlich etwa 30 Minuten, grob geschätzt, denn ich habe meine Armbanduhr im Schlafzimmer liegen gelassen, als ich meine letzten brauchbaren Klamotten zusammensuchen wollte. Okay, das gibt mit Sicherheit Ärger vom Chef.

Als ich unten ankomme, stehen Kyo und Toshiya vor dem Bus und rauchen, doch kein Kaoru in Sicht.

„Na endlich, du Triefnase,“ strahlt mich Toto an und tritt seinen Zigarettenstummel mit dem Fuß aus, bevor er in den Bus marschiert.

„Sorry, kann doch mal passieren.“ Schnell packe ich die Tasche in den Kofferraum und höre lediglich Kyos Schnauben, als er ebenfalls in den Bus kriecht.

Dann steige ich ein.

Statt meiner Standpauke wegen meiner Verspätung werde ich allerdings mit Ignoranz und Schweigsamkeit von Kaorus Seite gestraft. Er schaut mich kurz missbilligend an und widmet sich dann wieder seiner Lektüre, welche auch immer das ist. Shinyas fragenden Blick ignoriere ich wiederum und pflanze mich auf meine vier Buchstaben.

„Hast du gesoffen letzte Nacht?“, frotzelt mich Kyo an und grinst.

„Man wird doch wohl noch mal was trinken dürfen,“ sage ich und verschränke die Arme.

„Kommt drauf an, wie viel. Wer saufen kann, der kann auch arbeiten,“ meint Toshiya und kichert.

„Hörst dich schon an wie unser Klugscheißer-sama.“ Kyo scheint heute bester Laune zu sein, denn er beleidigt Kaoru selten. Vielleicht liegt es auch daran, dass Kao so ziemlich alles ignoriert heute und schlechte Laune hat. Er schaut auch nicht besonders gut aus, wenn ich ihn mir so ansehe. Da sind Augenringe in seinem Gesicht und das ist sehr untypisch für ihn. Die bekommt er sonst nur, wenn er wieder zwei Tage durcharbeitet.

Alles meine Schuld, nicht wahr? Habe ich ihm wirklich so sehr verletzt?

Ich muss mit ihm reden.
 

Nach dem Soundcheck passe ich auf, welche Zimmernummer Kaoru bekommt, und bin äußerst froh, dass nur Shinyas Zimmer zwischen unseren ist. Wir haben nicht viel Zeit bis zum Abendessen und danach müssen wir bereits zur Konzerthalle. Ich werfe also nur kurz meine Reisetasche im Zimmer ab, kämme noch mal die Haare und hoffe, dass ich nicht allzu scheiße aussehe, bevor ich zu Kaoru gehe.

Zögerlich klopfe ich an, als mir mein Herz bis zum Hals schlägt. Ich habe mir zurecht gelegt, was ich sagen will, doch als er die Tür öffnet und in meine Augen sieht, habe ich all das vergessen.

„Ist irgend etwas oder wolltest du mich nur dumm anstarren?“ Er klingt verbittert und noch immer erzürnt, aber langsam steige ich dahinter, Kao, keine Sorge. Denn im Grunde habe ich ihn möglicherweise einfach zu sehr verletzt, als dass er sich das anmerken lassen würde.

„Können wir reden?“, frage ich also langsam und leise, denn meine Stimme zittert etwas.

„Japp,“ antworte er und ich bin erleichtert, zumindest bis er seinen Satz vollendet. „Wenn es nicht um UNS geht, denn das existiert nicht.“

Für einen Moment fehlen mir die Worte, als mir fast das Wasser in die Augen steigt. „Bitte Kaoru. Ich habe einen Fehler gemacht.“

„Ich auch, Die.“ Er ist harsch und nimmt wieder einen dieser unregelmäßigen Atemzüge, als sich seine Augen verdüstern. „Und jetzt gibt es nichts mehr zu reden. Ich bin deine Lügen satt und Ende.“

Meinen Blick senkend resigniere ich fast, als sich meine Brust zusammenzieht und mein Herz schmerzt wie noch nie zuvor. Doch einmal mehr sehe ich flehend auf und schaue ihm in die Augen. Da kann ich es sehen. Es ist, als husche es nur kurz über seine Pupillen. Dass er im Grunde leidet. Die Gefühl sind noch da, doch ich habe sie missbraucht.

„Bis später, Die.“ Er will gerade die Tür schließen, als ich sie mit meiner Handfläche wieder aufdrücke und ihn anschaue.

„Tu’ das nicht, Kao. Lass das nicht zu. Gib mir noch eine Chance.“

Panik steigt in ihm auf. Es ist ihm peinlich, dass ich hier im Gang stehe vor seiner Tür und ihn anflehe. Erst schaut er schockiert, dann verärgert. Mit Gewalt drückt er die Tür zu und lässt mich davor stehen.

Verletzt.

Das habe ich ihn; enttäuscht und sein Vertrauen missbraucht. Wie soll ich das jemals wieder gutmachen, wenn er nicht mal mehr mit mir redet? Ich kenne ihn doch. Er ist verdammt stur und wenn er einmal etwas sagt, dann steht er dazu. Koste es, was es wolle. Nur muss es denn wirklich das Uns kosten, welches doch so offensichtlich ihm und mir so viel bedeutet?

Meine Schuld.

Ich bin solch ein Versager.
 

Nach dem Konzert verkriecht sich Kaoru auf seinem Zimmer und mir bleibt nichts anderes übrig, als auch auf meines zu gehen. Er ignoriert mich noch immer, spult beim Gig sein Programm ab und wechselt sogar Worte mit mir wie „Deine Gitarre musst du noch mal stimmen, Die. Sie klingt einfach zu klamm.“ nach dem Konzert. Alles andere bleibt vergessen, ignoriert, verdrängt.

Was bleibt mir also anderes übrig? Ich muss wieder sein Telefon terrorisieren. Nur diesmal werde ich schlauer sein. Diesmal rufe ich auf dem Zimmertelefon an, da kann er keine Nummer darauf sehen.

Es klingelt.

„Ja?“, krächzt es in den Hörer und ein Husten ist zu hören. „Hallo?“

„Bitte leg nicht auf, Kaoru! Hör mir nur mal zu! Ich...“ Es ist so verdächtig ruhig am anderen Ende. „Kaoru?“

Tuut. Tuut. Tuut.

Das kann doch nicht... Mist! Ich will nicht flennen!
 

Auch am nächsten Tag spricht Kaoru kein Wort mit mir und ich fühle mich von Tag zu Tag schlechter, sofern das überhaupt noch möglich ist. Ich habe zehn Jahre gerackert um an ihn ranzukommen, um ihn soweit zu haben, dass er mich an sich heranlässt, und jetzt? Jetzt habe ich ihn dazu gebracht, in Nullkommanichts alle Mauern wieder aufzubauen.

Er meidet mich, ignoriert mich oder gibt nur kurze Kommentare, die meist nicht einmal nur an mich, sondern an uns alle gerichtet sind. Das tut so verdammt weh, dass ich entweder die Nächte heulend verbringe oder sturzbetrunken. Je mehr Alkohol im Die, umso betäubter seine Gefühle. Ich gehe nicht einmal mehr aus, sondern ertränke meinen Kummer einsam und allein. Wäre ich in Gesellschaft, würde man mir nur dumme Fragen stellen und ich darf niemandem erzählen, was zwischen mir und Kaoru passiert ist. Das würde er mir nur noch mehr krumm nehmen und seinen Hass steigern. Er würde mir vielleicht vorwerfen, ich würde prahlen, weil er mit mir geschlafen hat.

Gott, ich vermisse seine Nähe. Das ist so schlimm wie noch nie zuvor. Jetzt, wo ich ihn hatte, ihn gekostet habe, weiß, wie er sich anfühlt, wie er geschaut hat, als wir uns nahe waren, seinen Geruch, davor, danach, all das bringt mich jetzt um!

Die Zeit heilt alle Wunden, heißt es. Was bleibt mir also noch außer der Hoffnung, dass Kaorus Wunden irgendwann verheilt sind und ich noch eine Chance bekomme. Ich würde glatt weitere zehn Jahre warten!

Mein Handy klingelt und ich schaue träge auf das Display, als ich rücklings im Bett liege. Euphorie kann ich mir sparen. Es ist sowieso niemals Kao, der anruft. Es ist Sho, aber ich gehe nicht ran. Wieso hat der überhaupt Zeit für mich? Toshiya und er telefonieren fast täglich. Macht einen richtig krank!

Ich kann nicht mit Sho reden, kann nicht einmal mehr meinem besten Kumpel anvertrauen, was zur Zeit los ist. Zu groß ist die Gefahr, dass er seinem Freund davon erzählt und dann macht es die Runde, Kaoru hackt mir die Eier ab und würdigt mich nicht mal mehr eines abwertenden Blickes. Nein, lieber gehe ich gar nichts erst ans Handy.

Wo ist Kaorus Hemd? Fast hektisch taste ich das Bett danach ab, bis ich es endlich finde. Das habe ich versehentlich eingepackt, als ich meine Sachen aus seiner Wohnung räumte. Nicht geklaut, es war wirklich nur ein Versehen! Egal. Es ist alles, was ich noch habe. Ist ein schwarzes T-Shirt, etwas ausgeblichen, denn es ist schon älter. Es riecht wie mein Kao.

Mach es nicht nass, Die. Nimm ein Taschentuch für deine Tränen. Und hör auf zu wimmern! Es ist deine eigene Schuld. Du wolltest doch nicht hören!

„Argh! Sei still!“

Mich selbst anzuschreien, hilft manchmal. Manchmal auch nicht. Es wird zur Routine.
 

Weil ich keine Lust mehr habe, mit mir selbst zu diskutieren, gehe ich am nächsten Abend dann doch wieder in eine Bar. Es ist dunkel und verraucht. Genau das Richtige, um mich wohl zu fühlen. Ich hocke mich direkt an die Theke und beginne mit dem Kummerbesäufnis. Was gut wirkt, ist alles mit Bier. Bier ist die Basis eines jeden guten Besäufnisses. Und die Basis ist nun mal das Fundament einer guten Grundlage.

„Hey Barmann, noch so’n Mai Tai Dingens.“ Daiquiri hatte ich bereits genug und Caipirinha kann ja jeder saufen. Ich stecke mir noch eine Zigarette an und renne die Finger durch die Haare, als ich quasi auf dem klebrigen Tresen lehne.

„Ach du—! Wenn das mal nicht die Supertucke ist?“, meldet sich eine schnippische Stimme aus Richtung hinten links. Ich drehe den Kopf leicht, denn mehr ist nicht drin. Ach du heilige Scheiße! Nicht doch die!

„Oh fuck!“ Wie war noch ihr Name?

„Ach wie schön. Du erinnerst dich,“ grient sie mich an und verschränkt die Arme.

„Bitch!“, blubbere ich hervor, aber ich könnte schwören, sie heißt anders. Ich erinnere mich aber nur an Bitch, wenn ich sie sehe.

„Fast richtig. Aiko war der Name,“ giftet sie mich liebevoll an und glotzt blöd. „Und deiner war Analratte, oder?“

„Fick dich.“ Warum straft mich der Herr Gott so und schickt auch noch diese dumme Ex von Kaoru zu mir? Er wird sich doch nicht mit ihr verabredet haben? Nein! Nicht hyperventilieren, Die!

„Wie geht’s dem Mimöschen denn so?“, lacht sie kratzbürstig und verzieht ihr Schnäuzchen zu einem fiesen Grinsen.

„Lass mich einfach in Ruhe, ja?“ Mir ist echt nicht nach Zickenterror jetzt. Ich verrolle die Augen und drehe meinen Kopf wieder gerade, so dass ich vor mich hin starren kann.

„Da ist aber jemandem eine fette Laus über die Leber gelaufen,“ verspottet sie mich und pflanzt sich auch noch auf den Hocker neben mir. Ignorieren, sage ich mir, und bloß nicht anschauen, die doofe Nuss.

„Nicht mal Resonanz? Was ist los mit dir, Die? Das kenne ich aber anders.“ Sie bestellt sich einen Martini und zündet sich eine SlimLine an.

Ich schnaube, viel zu bedrückt, als dass ich mich ihrer Frage schlagfertig erwehren kann. Ich winke halbherzig ab und trinke von dem Mai Tai, den der Barkeeper gerade serviert hat.

„Liebeskummer?“, fragt sie gespielt mitleidig. Als ob sie das tatsächlich interessiert! Die würde sich ins Fäustchen lachen, wenn sie wüsste, dass Kaoru mir einen Tritt in den Hintern verpasst hat. Sprichwörtlich.

„Noch immer wegen deinem Kaoru?“ Ihre Stimme wird sanfter und sie seufzt. Das macht mich stutzig und ich schaue hinüber zu ihr. „Gib doch wenigstens zu, dass du in ihn verknallt bist.“

„Ist doch egal,“ sprudelt es aus mir und ich schaue wieder weg. Warum sag ich überhaupt etwas? Bin ich noch ganz dicht?

„Beißt er nicht an?“ Sie provoziert mich.

„Do-hoch.“ Und ich falle darauf herein. Blöd von mir.

„Was dann?“, schießt sie wie aus einer Pistole.

„Ich hab’s vermasselt, okay? Bist du jetzt zufrieden?“, schnauze ich sie ruppig an und versuche nicht zu lallen. „Jetzt lass mich einfach allein und freu dich oder so...“

Ich versinke in Selbstmitleid.

Kratzt sie aber wenig. „Ach deshalb.“

„Was?“ Die Bemerkung irritiert mich zu sehr, als dass ich sie ignorieren könnte.

„Kaoru hat mich angerufen.“ Ich hätte nicht fragen sollen. „Keine Angst, Schätzchen, er wollte nicht zurück zu mir. Allerdings... wenn ich gewusst hätte, dass ihr in der Stadt seid...“ Sie lässt die Frage offen, als ich sie mir einem Blick durchbohre und mental um die Ecke bringe. „Nichts für ungut. Ich gehe sowieso mit jemand anderem aus jetzt.“

„Schön für dich.“ Es tröstet mich nicht sehr viel, denn die Tatsache allein, dass er sie angerufen hat, bricht mein Herz von Hundertstel in Tausendstel.

„Willst du gar nicht wissen, was er wollte?“, fragt sie und betrachtet ihre Fingernägel.

Ja. Nein. Nein. Ja. Ach! „Was denn?“

„Ich dachte erst, er wolle mich verarschen, aber er fragte, ob ich damals gelogen hätte. Vertraut dir wohl doch nicht so, keine Ahnung. Er bat mich, ehrlich zu sein und ihm einfach zu sagen, ob ich dich damals wirklich angebaggert hätte oder nicht.“ Wieder dieses keine arrogante Grienen auf ihren Lippen, das ich so hasse.

Oh Kao, warum nur hast du das gemacht? Ich bete zu allen mir bekannten Göttern, dass sie ihn nicht angelogen hat, als ich sie erwartungsvoll ansehe.

„Zunächst wollte ich ja lügen, aber dann... Ich bin ja jetzt mit einem anderen Typen zusammen und habe sowieso kein Interesse mehr an Kaoru, also hab ich ihm einfach die Wahrheit gesagt,“ lächelt sie mich an und ich denke fast, sie meint es ehrlich.

„Echt?“ Das kann ich trotzdem kaum glauben.

„Ja, ich hatte wohl einen netten Moment oder so,“ winkt sie ab und grinst.

„Wow.“ Da bin ich baff. „Tja, danke. Schätz ich.“

„Nicht der Rede wert. Die ganze Sache war einfach dumm gelaufen. Hätte ich Kaoru gegenüber nicht solche Vorurteile gehabt, dann hätte die Sache vielleicht funktionieren können. Er ist ja wirklich nett und so,“ plaudert sie plötzlich los und ich frage mich, was aus der Bitch-Aiko geworden ist, die gerade eben noch hier saß. „Auch, wenn er einen Fehler hat.“

„Ach ja? Welchen?“ Kaoru ist perfekt!

„Dich, du Dummerchen.“ Sie kichert und trinkt von ihrem Martini. „Der mag dich.“

Ich stehe auf der Leitung. „Hat er...?“

„Das gesagt? Nein, hat er nicht. Aber er redet so oft von dir, dass es einem den Ohren rauskommt. Von den anderen hat er niemals gesprochen und ich habe ihn mindestens dreimal nach eurem süßen Bassisten gefragt.“ Frustriert schmollt sie kurz, lächelt dann aber wieder.

Ein kleines Lächeln bildet sich auch auf meinen Lippen. Er hatte also damals schon etwas für mich übrig? Wie süß. Und von den anderen erzählt er nie. Nur dass ich schwul bin, scheint er nie zu erwähnen. Er hat echt ein Orientierungsproblem. Oder auch eines mit den Konventionen der Gesellschaft. Ich weiß nicht.

„Magst du mir etwas von eurem Bassisten erzählen?“, fragt sie plötzlich und reißt mich aus meinen Tagträumen.

„Totchi? Ich meine, Toshiya. Der ist stockschwul,“ lache ich plötzlich, denn irgendwie ist das doch immer wieder lustig.

„War fast anzunehmen,“ lacht sie mit und irgendwie finde ich sie jetzt gar nicht mehr schlimm. Als Rivalin war sie ein Biest, aber als Freundin ist sie vielleicht gar nicht so übel.

Was denke ich da? Ach egal. Ich bin betrunken und deswegen stoße ich jetzt mit ihr an.

Aiko und ich trinken noch ein wenig und ich erzähle ihr auch, dass Kaoru gerade nicht mehr mit mir spricht. Die Details unserer Nacht lasse ich aus. Sie ist sogar der Meinung, ich solle nicht aufgeben. Ironie des Lebens, nicht wahr? Doch am Ende gibt mir das Gespräch mit ihr wieder Mut und neue Hoffnung. Ich werde Kaoru niemals aufgeben, egal, wie schwer er es mir macht. Er muss einsehen, dass wir zusammen gehören!

Danke Aiko, denke ich noch spät in der Nacht und wanke zurück auf mein Zimmer.
 

Am nächsten Morgen bin ich dankbar, dass man im Hotel extrastarken Kaffee serviert und sich Gott sei Dank jeder um seinen Scheiß kümmert und mich nicht belastet. Mit tut alles weh. Toshiya sitzt am linken Kopfende des Tisches und telefoniert, wie könnte es anders sein, und Shinya füttert die Töle mit Leberwursthäppchen. Schon beim Gedanken daran würgt es mich. Ich meine Essen, nicht den Hund. Kyo und Kaoru sind noch nicht da. Bei Kyo keine Seltenheit, aber bei Kao...

Und da kommt das Waru bereits hereingewettert. Er stoppt vor dem Tisch und wedelt mit einem Zettel herum, schaut mich an, dann Toto, Shinya, wieder mich, usw.

„Wo ist Kaoru?“, grunzt er uns an.

Ich zucke mit den Schultern.

Toshiya schaut Kyo böse an und dreht sich weg, viel zu vereinnahmt von seinem Gespräch am Handy.

„Auf seinem Zimmer, glaub ich,“ meldet sich plötzlich Shin und ich lege verdutzt den Kopf schief.

Genau wie Kyo. „Will der vielleicht mal runter kommen? Hier stimmt was nicht mit der Setlist.“

„Er war schon hier, als ich kam,“ erklärt Shinya und schiebt noch etwas von der Pastete in den Rachen des Hundes. „Hat wohl schon lange vor uns gefrühstückt und wollte auf sein Zimmer.“

„Na bravo! Und ich flitz dem jetzt hinterher und kann selber nichts essen oder wie? Ganz toll! Wieso treffen wir uns eigentlich alle um acht zum Frühstück? Er selbst war doch der Idiot, der meinte, zusammen frühstücken wäre wie eine Art ‚Dienstberatung unter Kollegen’. Blah blah...“ Kyo ist meistens gereizt am Morgen, das ist normal. Aber heute ist er besonders stinkig. Ich wittere eine Chance.

„Gib her,“ zische ich und nehme ihm den Zettel ab, worauf ich bereits das Problem erkenne. Wer zum Henker hat Mazohyst of Decadence wieder ins Programm genommen? „Setz dich, Kyo, und iss was. Ich klär das mit Kaoru.“

„Ja, aber sag ihm, dass ich das Lied zwar singen würde, aber eine ganz bestimmte Stimmung dazu brauche, okay? Er weiß dann schon,“ mault er und schnappt sich ein Croissant, als er sich auf den Stuhl plumpsen lässt.

„Ist aber sicher ein Fehler, denkst du nicht?“, mischt sich Shinya ein und das Gespräch führt sich ohne mich fort, denn ich bin bereits auf dem Weg zu Kaoru.
 

An seinem Zimmer angekommen, klopfe ich und huste kurz.

„Wer ist da?“, knurrt es von drinnen und ich wundere mich. Aber ich habe ja einen Vorwand!

„Ich, also Die. Kyo hat ein Problem.“ Genug Infos für den Anfang.

„Ist offen,“ brummt er und tatsächlich geht die Tür auf, als ich am Knauf drehe.

Ich bin etwas überrascht, denn Kaoru sitzt vor dem Fernseher, Controller in der Hand, und spielt PlayStation. Hat er die etwa von Zuhause mitgebracht?

„Was hat er denn für ein Problem?“, fragt er und schiebt seinen Rennwagen in eine Kreuzung.

„Auf der Setlist steht Mazohyst of Decadence und erst mal wollen wir eigentlich alle gern wissen, warum. Ist das ein Fehler?“ Im Fernseher kommt es zur Massenkarambolage und ich frage mich, seit wann Kaoru denn solche sinnlosen Zerstörungsspiele mag. Ich ja, Kyo sowieso, aber er?

„Ist kein Fehler. Hab ich gegen Increase Blue getauscht. Das ging mir auf die Ketten,“ murmelt er und startet sein Auto einmal mehr mit Vollgas.

„Oh—kay.“ Warum gerade das Lied gegen das andere würde mich allerdings brennend interessieren. „Aber warum gerade Mazohyst of Decadence ? Wir haben so viele nette Uptempo-Nummern und—“

„Was? Hat Kyo das gesagt?“ Kaoru sprengt sich gerade selbst in die Luft mit seinem Wagen und ich beginne, mir ernsthafte Gedanken zu machen über seine psychische Verfassung. Nicht, dass meine gut wäre.

„Nein, Kyo meinte, er würde das Lied singen, aber bräuchte dazu eine ganz bestimmte Atmosphäre. Du wüsstest schon.“ Fragend schaue ich auf Kaoru hinab und hoffe darauf, dass er mich auch mal ansieht, anstatt seine an mich adressierten Erklärungen immer dem Bildschirm entgegen zu brummen.

„Ja, ist schon klar. Sag ihm, ich habe mit dem Beleuchtungsteam und dem Tontechnikleiter schon gesprochen. Geht alles seinen Gang,“ erklärt er dem Fernseher und rotzt erneut ein paar Autos, Busse und LKWs weg.

„Okay,“ sage ich leise, denn ich bin gerade mehr als nur enttäuscht. Hey, er kann mir doch wenigstens mal in die Augen sehen, wenn wir dienstlich etwas besprechen, oder? Das pisst mich echt an und ich würde am liebsten alles hinwerfen! Aber da es ja meine Schuld ist, verkrieche ich mich lieber woanders und schmolle.

„Ach Die?“ Kao dreht sich um und schaut zu mir auf.

Hallelujah! Das muss ein Zeichen sein! Endlich! „Ja?“

„Sag doch auch den anderen bescheid, okay? Also Shinya und Toshiya. Sonst sind die beiden wieder sauer, weil ich sie ausgrenze. Dank dir.“ Dreht sich um und rast in eine Mauer!

Dankeschön Kaoru! ICH fühle mich ausgegrenzt!

Das tut verdammt weh und weil man Schmerz auch gut durch Schmerz bekämpfen kann, drehe ich mich um, beiße ich mir auf die Unterlippe, bis ich den metallischen Geschmack von Blut schmecke, und drücke die Fingernägel so fest wie möglich in meine Handflächen.

Wirkt Wunder, denn jetzt würde ich am liebsten Schreien und Heulen, weil meine Lippe pocht und ganz heiß wird. Aua.

„Ich halte das nicht mehr lange aus,“ sage ich mir heiserer Stimme ohne ihn anzusehen. „Deine Ignoranz bringt mich um. Warum...“ Nur langsam traue ich mich ihn anzuschauen. „Warum können wir nicht miteinander reden?“

„Ich rede doch mit dir,“ seufzt er ganz unschuldig und sieht mich sogar an. Hätte er jedoch besser nicht, denn der Anblick lässt ihn nicht ganz kalt. Wieder erkenne ich dieses Flackern in den dunklen Augen. Es ist nicht einmal Absicht von mir, dass ich so aussehe. Blutende Lippe, wässrige Augen, müde und todtraurig.

„Nicht über uns,“ zittert meine Stimme hervor und ich nehme einen kraftlosen Atemzug.

„Weil es da nicht mehr zu reden gibt, Die.“ Seine feste, kalte Stimme macht mir Angst. „Das habe ich dir doch gesagt.“

"Und wenn ich aber noch etwas zu sagen habe?", frage ich verzweifelt und will gerade fortfahren, doch Kaoru ist schneller.

"Und was? Dass es dir leid tut? Das hast du schon, danke. Soll ich dir verzeihen? Bitteschön, verziehen. Ich möchte trotzdem keinen Lügner zum Freund!"

Ich schüttele den Kopf, als sich Kaoru wieder umdreht zu seinem dämlichen Spiel. "Nein, ich will dir nicht sagen, dass es mir leid tut, denn im Grunde..." Ich muss Luft holen, brauche Mut. "Im Grunde tut es mir nicht leid. Ich kann es einfach nicht bereuen, weil es dir endlich die Augen geöffnet hat und du mir eine Chance geben wolltest. Also ja, ich habe dich angelogen und das war nicht in Ordnung, aber du kannst doch nicht alles hinwerfen. Ich sehe doch, dass du auch noch etwas für mich empfindest!“

Er starrt auf den Bildschirm, oder besser durch ihn hindurch, und sein Blick ist grimmig. Das ist die Fassade, von der ich spreche, die, hinter welcher er sich zu verstecken versucht.

„Geh jetzt.“ Das sind seine einzigen Worte, wenn er sie auch flüstert.

„Kaoru—“

„GEH!“ Ich kann ihn nur mit großen Augen anstarren, als er mich anschreit. Das ist nicht der Kaoru, den ich kenne. Der schreit niemals. Nicht so laut.

Ich kann nicht mehr. Ich spüre die salzigen Tränen, wie sie an meiner Unterlippe brennen.

Fliehe.

Wenn es sein Wunsch ist, dann gehe ich eben. Ist doch sowieso alles egal. Er will mich nicht mehr, liebt mich nicht mehr, hasst mich. Ich muss raus. Brauche Luft. Ersticke. Meinen Blick nach unten gerichtet, renne ich die Treppen hinunter und merke nur flüchtig, wie ich Personen versehentlich streife, als ich nach draußen gehe.

Da ist ein Park hinter dem Hotel. Klein, aber verwinkelt. Dorthin. Ich muss alleine sein. Mit zitternden Händen zünde ich mir eine Kippe an, als ich mich auf einer Parkbank zwischen zwei Hecken setze. Ich nehme eine tiefen Zug direkt in die Lungen und versuche mich zu beruhigen. Heulen wird nichts bringen. Ich habe Verpflichtungen, auch wenn ich gerade lieber den Tod höchstpersönlich treffen müsste, als auch nur ein Crewmitglied oder einen Fan zu sehen.

Ich vergrabe mein Gesicht in den Handflächen.

Wenigstens findet mich hier erst einmal niemand.

„Daisuke Andou! Du sagst mir jetzt sofort, was hier los ist!“
 


 

Ende Kapitel Elf.
 


 

Wassen fieser Cliffie! Aber fällt euch was auf? Ja, es wird noch ein Kapitel mehr geben! XD
 

Fanfiction journal: http://sangha_ff.livejournal.com

Dawn of the Die - Teil 1

Kapitel Zwölf
 


 

Teil 1
 


 

„Daisuke Andou! Du sagst mir jetzt sofort, was hier los ist!“
 

Mein Herz bleibt stehen! Oder nein, denn es trommelt los, als wäre es Shinya. Kann ja aber nicht sein, denn als ich aufschaue, steht genau der vor mir. Himmel, nein! Ich wische mir mit der Handfläche quer über die Augen und nehme einen tiefen Atemzug. Wie kommt der denn hier her? Ich schaue ihn also erst mal blöd an und weiß überhaupt nicht, was ich in meinem Schreck sagen soll.

„Wird’s bald? Was zum Henker ist denn los?“ Er stemmt die Hände in die Hüften und hebt die Augenbrauen. „Da ist doch was faul mit dir und Kaoru. Also red schon.“

Mein Gott, jetzt bricht in mir Panik aus. „N...nichts ist los. W...Wie kommst du denn darauf?“

„Verkauf mich nicht für dumm, Daisuke.“ Seine Stimme wird etwas ruhiger und er kommt auf mich zu. Tja, scheint so, als wäre es das Einzige, was ich wirklich kann: Leute für dumm verkaufen und sie anzulügen.

„Aber es ist nichts, wirklich.“ Ich schüttele den Kopf und versuche ganz ruhig zu wirken.

„Du lügst.“ Tue ich doch immer, oder etwa nicht? Shinya setzt sich neben mich und seufzt. „Sag mir, was zwischen dir und Kaoru los ist. Habt ihr euch gestritten?“

Wieder schüttele ich den Kopf und mir steigt ein Schluchzer in der Kehle auf, den ich krampfhaft unterdrücke. Selbst Shinya lüge ich an und er will mir nur helfen. Ich bin wirklich ein Arschloch, zu nichts zu gebrauchen und dumm noch dazu. Dabei ist Shinya mein Freund und Kaoru, der wäre sogar mehr als das, wenn ich nicht gelogen hätte.

Als Shinya dann auch noch seinen Arm auf meinen Rücken legt und mich mitleidig ansieht, bricht es aus mir heraus und mir laufen die Tränen den Wangen hinunter. Gott, ich will nicht Heulen wie ein Mädchen! So etwas hasse ich!

Er zieht mich leicht zu ihm und reibt mir über den Rücken. „Ist schon gut, Die. Ich weiß, das irgendetwas nicht in Ordnung ist zwischen euch. Kaoru benimmt sich wie ein Arschloch und macht, was er will seit Tagen. Er mault jeden an und du siehst von Tag zu Tag einfach schlechter aus. Du wohnst nicht mehr bei ihm, oder?“

Erneut schüttelt sich mein Kopf wie von alleine.

„Darum geht’s dir aber nicht so schlecht, oder?“ Shinya testet weiter.

Und da haben wir wieder mein Kopfschütteln.

„Hat er es herausgefunden?“ Hundert Punkte. „Dass du ihn belogen hast wegen der Wohnung.“

Diesmal nicke ich zur Abwechslung und Shinya reicht mir netterweise sein Taschentuch, in welches ich gleich mal unsanft hineinrotze.

„Und deswegen habt ihr Streit? Ich meine, ja klar, ich habe auch damit gerechnet, dass er sauer sein wird, sollte er es herausfinden, aber... das allein? Die, komm schon. Sag mir, was passiert ist.“ Er gibt nicht auf, aber ich schüttele meinen Kopf noch heftiger.

„Kann nicht,“ blubbere ich hervor und schluchze erneut. „Es geht nicht.“

Ich darf es ihm nicht sagen, selbst, wenn ich wollte. Kaoru bringt mich um.

„Warum denn nicht? Mir kannst du es doch sagen, Die. Du hast mich gerade eben fast umgerannt da drinnen, als du der Tür hinaus gerannt bist. So habe ich dich in all den Jahren noch nie gesehen, völlig aufgelöst und gar nicht du selbst. Nur wegen Kaoru? Ihr wart doch so gut drauf an Silvester. Im Bus, da war so eine Stimmung zwischen euch... Die?“ Er probiert es weiter, fängt meinen Blick mit seinen Augen und streichelt mir sogar über den Rücken. Am liebsten würde ich mich ihm in die Arme werfen und alles erzählen, aber ich darf nicht. Nein, es geht nicht.

„Die, ist irgendetwas passiert zwischen euch?“ Verdammt ernst klingt seine Stimme jetzt und es jagt mir einen Schauer über den Rücken. „Ich meine... Du weißt schon, was ich meine.“

Ich realisiere, dass sich meine Zigarette von alleine aufgeraucht hat und zünde mir eine neue an, während mir seine Worte durch den Kopf gehen. Dann nehme ich einen tiefen Zug von dem Nikotin in meine Lungen und puste den Rauch hinaus. Es beruhigt mich ein wenig.

„Ich kann nicht mir dir darüber reden,“ beginne ich mit rauer Stimme. „Mit niemanden. Kaoru hasst mich so schon.“

„Hm. Also ist etwas gewesen zwischen euch,“ schlussfolgert Shinya und nimmt die Hand von meinem Rücken. „Hätte ja auch ein Blinder mit Krückstock gecheckt, so dämlich wie ihr euch angeglotzt habt.“

Entsetzt schnellt mein Kopf herum und ich starre ihn an, aber er schaut geradeaus.

„Ich hätte es zwar nie für möglich gehalten, aber anscheinend hast du das Unmögliche erreicht. Habt ihr...?“ Diesmal schaut er mich an und eine unbeschreibliche Hitze steigt in meine Wangen.

Einen Augenblick lang ringe ich nach Fassung, bin doch sonst so ein gewieftes Kerlchen. „Shinya, du darfst es keinem verraten. Kein Sterbenswörtchen, hörst du? Er will mich so schon nicht mehr und wenn er erfährt, dass ich jemandem davon erzählt habe, dann...“ Ich renne den Zeigefinger entlang meiner Kehle – sagt alles.

„Ach komm, so schlimm? War Kaoru etwa betrunken? Und was hat das zutun mit der Wohnung? Ich verstehe sowieso gleich gar nichts mehr.“ Jetzt schaut er auch noch verletzt aus.

Ich seufze. „Nein, also, er hat erst von der Wohnungsfinte erfahren, nachdem wir miteinander geschlafen haben. Am Tag darauf, wenn du es genau wissen willst. Und nein, Kaoru war nicht betrunken. Weder er, noch ich. Es war einfach... himmlisch. Aber dann hat er von meine Lüge erfahren, ist ausgerastet und jetzt hasst er mich.“

„Hasst?“ Ungläubig sieht mich mein treusorgender Trommlerfreund an.

„Ja. Er hat mich rausgeschmissen, was ich ja noch nachvollziehen kann, weil er eben sauer war. Nur jetzt ignoriert er mich, redet nicht mehr mit mir und tut so, als wären da von jetzt auf gleich keine Gefühle mehr für mich in ihm. Und weißt du was? Es bringt mich um. Egal, was ich tue, er ist kalt und fies mir gegenüber. Dabei liebe ich ihn. Und er liebt mich auch. Das hat er gesagt. Doch anscheinend ist ihm sein verfickter Stolz wichtiger und ob wir beide dabei auf der Strecke bleiben, ist ihm völlig egal. Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll. Shinya, ich will ihn nicht aufgeben. Nicht nach all der Zeit und wo ich doch weiß, dass er mich gern hat.“

Ups. Es ist einfach so aus mir heraus gesprudelt. So war das nicht geplant. Ist aber jetzt egal, denn ich bin verzweifelt. Noch verzweifelter als verzweifelt. Ich drehe durch!

Shinya sieht mich mit riesigen Augen an und ich sehe an seinem Kehlkopf, wie er schlucken muss. Er fährt sich mit den Fingern durch die Haare und sein Blick verschärft sich wieder. Okay, ich denke, er hat es gerafft.

„Oh Gott. Langsam jetzt. Er mag dich also wirklich und schläft sogar mit dir und dann erfährt er, dass du ihn angelogen hast. Hm, ich verstehe so langsam. Er ist gekränkt. Denkt wahrscheinlich, dass du ihn nur verarscht hast.“ Er kratzt sich am Kopf. „Sein Vertrauen missbraucht...“

„Ja, das weiß ich selber!“ Ist der mal fertig damit aufzuzählen, was ich alles falsch gemacht habe? „Aber es tut mir doch leid. Ich habe ihm das schon so oft gesagt und kein Weg führt an ihn ran. Er ist so kalt mir gegenüber. Gerade eben, da hat er mich wieder rausgeschmissen. Dabei wollte ich nur reden. Was auch immer ich sage, er stellt es in Frage, glaubt mir kein Wort. Aber ich kann ihn doch nicht verloren haben! Ich weiß ja, dass ich ein Idiot war, aber das ändert doch nichts daran, dass ich ihn liebe. Ich würde alles für ihn tun, alles. Aber für ihn scheine ich ja nicht mal mehr zu existieren. Kannst du dir vorstellen, wie weh das tut? Ich weiß einfach nicht mehr, was ich noch machen soll. Er ist so verdammt stur!“

Und wieder hat sich meine Kippe in Luft aufgelöst, aber diesmal geht es mir auch am Arsch vorbei.

Shinya holt tief Luft. „Okay, Die. Scheint wirklich ernst zu sein. Und Kaoru hat wirklich gesagt, dass er dich liebt?“

„Ja!“ Glaubt mir denn überhaupt niemand mehr?

„Oh Mann, der Kerl ist eine harte Nuss.“ Das klingt komisch. Merkt Shinya auch. „Sprichwörtlich gesehen. Wie auch immer, versuch dich zusammen zu reißen. Ich muss nachdenken. So kann es jedenfalls nicht weitergehen mit euch. Ein Glück müssen wir heute nicht abreisen. Lass uns erst mal auf dein Zimmer gehen. Du solltest mal nach deiner Lippen sehen, die sieht nicht gut aus.“

Ach, an die hatte ich schon gar nicht mehr gedacht. Wie unglaublich unwichtig so etwas sein kann, wenn man an einem gebrochenen Herzen leidet.
 

Keine zehn Minuten später stehe ich im Badezimmer und wasche mir das Gesicht mit kaltem Wasser. Meine Augen sind etwas verquollen, die tiefen Ringe hässlich wie die Nacht und meine Unterlippe sieht nach wie vor lädiert aus, aber die Schwellung lässt nach dank das kalten Wassers. Shinya wartet in meinem Zimmer und ich frage mich, was er wohl vorhat um mir zu helfen. Mit Kaoru kann er ja schlecht reden, sonst bringe ich Shin noch um, bevor mich Kao killt.

Plötzlich vernehme ich seine Stimme und frage mich, mit wem zur Hölle er sich unterhält, wo er doch alleine im Zimmer ist. Telefon schlussfolgere ich.

„Kommst du mal bitte in Dies Zimmer?“ Wen zur Hölle hat der dran? In Panik reiße ich den Kopf um den Türrahmen und starre ihn an. „Bring bitte auch Toshiya mit. Nein, Kaoru nicht. Nur Toshiya. Warum merkst du dann schon.“

„Bist du von allen guten Geistern verlassen? Was sollen die denn hier?“, blase ich also los, als er aufgelegt hat, und fuchtele mit den Armen umher. „Die dürfen das nicht auch noch wissen!“

„Jetzt halt mal die Luft an und setz dich.“ Klare Ansage von Shinya ist schlimmer als vom Leader persönlich. Glaubt mir keine Sau. „Du brauchst unsere Hilfe, soviel ist schon mal klar. Wir sind ein Team, fünf Teile zum Ganzen und zwei dieser Teile funktionieren gerade nicht richtig. Das macht es zu einem Problem für uns alle, denn nur wenn alle Teile funktionieren, kann Dir en grey so funktionieren wie bisher. Verstanden?“

Nein, aber er macht mir Angst, nicht zuletzt, weil er schlimmer als Kaoru klingt.

„Ich tue wirklich alles um Kaoru wiederzubekommen, aber müssen wirklich Kyo und Toshiya auch noch bescheid wissen? Ich meine...“ Ich seufze. Seufzen ist gut. Seufzen ist Medizin. Hilft nur nichts. „Ich bin am Arsch.“

„Die, jetzt mach dir nicht ins Hemd. Wie viel schlimmer kann es noch kommen?“

Keine Ahnung, ich muss mich setzen. Wo sind meine Zigaretten? Wahrscheinlich kann es nicht mehr sehr viel schlimmer kommen, als dass Kyo deklariert, wie scheißegal ihm meine Probleme sind und dass Toshiya grinsend zu Kaoru läuft, damit er ihn endlich auch mal ranlässt. Nichts für ungut, aber bei meinem Glück hilft es vielleicht nicht mal, dass unser Totolein ausgiebig vom neuen Freund in Anspruch genommen wird. Doch wie ich bereits sagte, ich würde alles tun für Kaoru und wenn Shinya, mein Lichtschimmer, meint, es wäre gut die anderen einzuweihen, dann muss es wohl so sein.

„Ich weiß nicht, Shin.“ Ich zünde den Glimmstängel an und nehme einen Zug, bevor ich den Rauch hinauspuste. „Ich will es doch nur nicht noch schlimmer machen.“

„Das weiß ich, Die. Glaub mir, ich will dir helfen und du solltest langsam mal mehr Vertrauen zu uns allen entwickeln.“ Jetzt legt er so belehrend den Kopf schief, dass man sich gar nicht mehr traut, ihm Widerworte zu geben. Miyu kläfft mich an und spring unvermittelt auf meine Schoß. Na, wenigstens der Hund mag mich und leckt mir die Hand, als ich ihn streichle. Hunde sollen ja ein feines Gespür für das Gemüt von Menschen haben. Bisher jedenfalls hat mir die kleine Töle höchstens ans Bein gepinkelt.
 

Es klopft und ich schaue mit leichter Panik zur Tür. Das müssen die anderen sein, aber Miyu rückt kein Stück von meinem Schoß, als Shinya die Tür öffnet.

„Was gibt’s denn?“, murrt Kyo und nickt mir zu, bevor er sich auf das Bett setzt. „Hast du mit Kaoru über die Setlist gesprochen?“

Ich nicke, aber Shinya mischt sich bereits ein. „Das ist jetzt egal. Wir haben andere Probleme. Genau genommen Die.“

„Du hast ein Problem?“ Toshiya verzieht sein Hundeschnäuzchen fast mitleidig, aber süß, bevor er sich in einen der Sessel setzt und die Beine übereinander schlägt. „Was hast du denn für ein Problem, Die?“

Ich fühle mich jetzt schon überfordert.

„Es geht um Kaoru,“ erklärt Shinya freundlicherweise für mich und verschränkt die Arme, wie es sonst Kaoru bei diversen Lage- oder Dienstbesprechungen tut.

„Boah, ich passe,“ stöhnt Kyo und verrollt die Augen. „Die hat immer ein Problem mit Kaoru! Jetzt lass ihn einfach in Ruhe, wenn er nicht auf Kerle steht.“

Toll, Kyo fährt mich schon mal an. Guter Start.

„Halt den Mund, Kyo.“ Danke Shin. „Halt einfach mal den Mund. Es ist etwas komplizierter als das. Richtig, Die? Erzähl’s ihm.“

Hä? Ich muss erst einmal schlucken. Hab ich richtig gehört? Er übergibt mir jetzt das Wort. Wo ich doch so schon mit mir ringen muss! Hach. Weinerlich beginne ich trotzdem: „Also, ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.“

„Am Anfang,“ lächelt mir Shinya zu und ich kreuzige ihn gleich.

Zurück zu mir: „Ich habe bei Kaoru gewohnt, das wisst ihr ja. Nur war das nicht wegen eines Wasserschadens in meiner Wohnung. Das habe ich nur erfunden, damit ich bei ihm pennen kann.“

„Woah!“ Toshiya fällt die Kinnlade auf den Teppich.

„Das ist aber nicht alles. Ich habe verschiedene Dinge gemacht, um noch länger bei Kao bleiben zu dürfen und ihn mehrfach vorgeflunkert, dass es noch Probleme gibt und ich nicht wieder bei mir einziehen kann.“ So langsam komme ich in Fahrt, wenn auch in Schneckentempo. „Dadurch habe ich fast drei Monate lang bei ihm gewohnt, ohne dass er auch nur den geringsten Schimmer hatte, dass ich das nur erfunden hab.“

„Soweit klar.“ Kyo zuckt mit den Schultern. „Hast uns alle damit verarscht also.“

Ich huste ein „ja“ hervor und entschuldige mich, aber Kyo winkt ab, also fahre ich fort. „Die Sache ist die, dass Kao und ich uns tatsächlich näher gekommen sind.“

Toshiyas Augen weiten sich auf Tellergröße. „Wie weit?“

„Sehr weit,“ sage ich und Toto fängt an mit der Hand zu fuchteln, um mir zu zeigen, dass er mehr Infos will. „Anfangs waren es nur Küsse, also mehr zufällig, als absichtlich – von seiner Seite aus. Dann, am Silvesterabend, eigentlich war es schon Neujahr, da hat er mich richtig geküsst und das hat sich dann gesteigert und...“ Jetzt fuchtele ich. Können die sich nicht denken, was dann war?

„Was dann?“ Wohl nicht, denn Toto fragt nach.

„Wir hatten Sex.“ Kurz und bündig. Fällt mir schwer genug, denen das unter den gegebenen Umständen zu erläutern.

„Du lügst,“ meint Toshiya und schnappt nach Luft.

„Tue ich nicht!“ Ich wusste, die glauben mir nicht! Verdammt noch mal!

„Hast du ihn abgefüllt?“, fragt Kyo in aller Seelenruhe.

„Nein! Wir waren nicht betrunken. Er sagte sogar, dass er mich liebt und na ja, es war auch alles perfekt. Mehr als perfekt. Kaoru war göttlich!“ Ich schweife ab.

„Danke, keine Details.“ Kyo hält die Hand nach oben um mich in meiner Euphorie zu bremsen.

„Trotzdem,“ fällt Toshiya dazu ein. „Kaoru liebt dich? Du verarscht uns doch, oder?“

„Nein!“ Ich könnte fast schon hysterisch werden. „Es ist die Wahrheit!“

„Der springende Punkt ist aber,“ beginnt nun endlich Shinya auch mal was zu sagen. „Dass Kaoru herausbekommen hat, dass Die ihn angelogen hat wegen der Wohnung. Und jetzt ist Kaoru stinksauer und redet kein Wort mehr mit Die.“

„Das ist ja noch stark untertrieben. Ich kann machen, was ich will. Er ist mehr als nur fies zu mir, dabei habe ich ihn schon tausend Mal um Verzeihung gebeten.“ Die müssen mich mal verstehen. „Ich weiß nicht mehr weiter! Ich liebe ihn und er liebt mich, aber er ist zu stur um mir zu verzeihen. Das macht mich wahnsinnig. Das... tut weh!“ Jetzt ist es raus.

„Hm.“ Kyo kratzt sich am Kopf. „Kaoru verarscht man eben nicht einfach. Der Mann hat Stolz und Prinzipien. Schwieriger Fall, sehr kompliziert.“

Danke, Herr Psychoanalytiker. „Sehe ich ja auch alles ein, aber er verhält sich wie ein Arsch mir gegenüber.“

„Nicht nur dir,“ blafft Toshiya auf einmal los und wir schauen ihn alle mehr oder weniger verwundert an. „Was denn? Ihr müsst doch gemerkt haben, wie schräg er drauf ist! Letztes fuhr er mich an, weil ihm meine Haare nicht gepasst haben. Seit wann bitteschön kratzen den meine Haare? Sonst hätte er sich höchstens um seine eigenen bekümmert! Er ist drauf wie ne alte Kratzbürste!“

„Stimmt,“ nickt Kyo und schiebt sich eine Zigarette zwischen die Lippen. „Ich singe zwar alles, was er auf die Setlist schreibt, aber vorher zu fragen, ist wohl zuviel verlangt.“

„Er ist irgendwie allgemein missmutig und ignorant,“ meint Shinya und holt sich ein Wasser aus meiner Minibar, bevor er sich mit auf das Bett setzt.

„Und er sieht beschissen aus! Sorry, aber wer an meinen Haaren nörgelt, sollte sich zuerst mal um seine kümmern!“ Toshiya verschränkt die Arme und zieht einen Schmollmund.

Lästern die gerade über ihn? Habe ich das verursacht? Bitte nicht.

„Und das alles also wegen unserem Die,“ grient Kyo auf einmal ironisch. „Wer hätte das gedacht? Leader-sama hat Liebeskummer wegen seines Stalkers.“

Hey, er wird gemein! „Ja und? Ich wollte ja nicht, dass er meinetwegen so drauf ist.“

„Du hast ihn kaputt gemacht,“ schaut mich Toshiya entgeistert an.

„Hab ich nicht!“ Doch, hab ich, aber was soll das hier? Alle auf Die, oder was?

„Hast du wohl!“ Toshiya steckt mir die Zunge raus und ich denke, ich muss ihn töten.

„Haltet den Schnabel!“ Shinya seufzt und legt die Hand an sein Kinn. „Die Frage ist doch nicht, wer hier wen kaputt gemacht hat, sondern wie wir die beiden wieder ganz machen.“

„Wie ist das denn zu verstehen?“ Kyo hebt eine fragliche Augenbraue.

„Dass, wenn sich Kaoru weiter wie ein Arschloch benimmt und sich Die weiter in den Schlaf heult, wir bald keine Band mehr sind, sondern ein Häufchen Elend.“ Shinya erklärt seinen Standpunkt wie ein Fernsehkoch, aber egal. Mir gefällt der Teil nicht, wo sich Die in den Schlaf weint.

„Und was sollen wir deiner Meinung nach tun?“ Toshiya ist eindeutig überfragt.

„Wir müssen Die helfen, Kaoru zurückzugewinnen. Denn offensichtlich geht es Kaoru auch nicht viel besser als Die. Nur unser Leaderchen ist mal wieder zu stolz für sein eigenes Glück.“ Shinya sagt an und die anderen tun. Manchmal frage ich mich, warum er nicht unser Anführer ist. Wahrscheinlich weil er keinen Bock hat und Kaoru lieber im Mittelpunkt steht. „Also, irgendwelche Ideen, was Die machen könnte?“

„Na, ich schätze Blumen und Pralinen werden es nicht tun.“ Klasse Beitrag von Kyo.

Shinya schüttelt den Kopf. „Nein, es muss schon etwas Besonderes sein.“

„Ich weiß was!“ Toshiya klatscht in die Hände. „Wir schleichen uns in sein Zimmer und füllen es mit roten Luftballons in Herzform!“

Kyo wirft ihm die Kippenschachtel an den Kopf. „Das funktioniert vielleicht bei euch Homos, aber doch nicht bei Kaoru. Der steht auch coole Sachen.“

„Dann kauf ihm doch ein paar Gundam Figuren!“, schlägt das Toto vor und ich frage mich, ob es wirklich so eine gute Idee war, diese Idioten um ihre Ideen zu bitten.

„Die nimmt er vielleicht dankbar an, aber was sagt das aus? Gar nichts,“ erkläre ich in meiner Verzweiflung und raufe mir die Haare.

„Eine Aussage sollte es schon haben, denn Die will ja, dass Kaoru ihm zuhört und ihm verzeiht, nicht wahr?“ Kluges Shinny, aber eine Idee hat er dann wohl auch nicht.

„Dann lass ihm doch so eine Flugzeug-Message zukommen. Du weißt schon, wenn dann im Himmel riesig groß steht ‚Kaoru, ich liebe dich!’. Wie wär’s?“ Kyo steigert sich, aber so wirklich ist das noch nicht das Ideale.

„Dann tötet er mich. Blamiert ihn zu sehr, bring ihn in Verlegenheit, verkriecht er sich und Ende.“ Am besten lasse ich gleich meine Finger in den Haaren zum Weiterraufen.

„Lass dir seinen Namen eintätowieren!“ Kyo grinst fies aber gewinnend.

„Jeder Fan hat so was!“, maule ich, denn ich hasse diese Schmerzen beim Tätowieren.

„Ist doch auch viel zu abgedroschen,“ pflichtet Shinya mir bei, ein Glück.

„Ich finde ja, Die müsste etwas Heldenhaftes tun,“ ist Toshiyas nächster Kommentar.

„Und was? Soll ich ihn vor den Fans retten, oder was?“ Wie stellt er sich das vor?

„Kyo greift ihn an und du rettest ihn vor Kyo.“ Breites Grinsen auf Totos Gesicht. Oje. Diesmal trifft ihn Kyos Feuerzeug an seiner Birne.

„Du spinnst wohl? Kaoru war mal in so einem Kendo-Kurs. Da mach ich nicht mit,“ bockt Kyo und verschränkt die Arme.

„Das ist doch auch viel zu dämlich. Welchen Grund hätte Kyo auf ihn loszugehen?“ Ich brauche ernsthafte Vorschläge, nicht solch ein hirnrissiges Zeug.

„Schreib ihm doch ein Liebeslied!“, strahlt Toshiya wie ein süßes Koalabärchen mit Knopfaugen.

„Wie heldenhaft!“, spottet Kyo und gähnt. Ja, recht hat er. Das wäre nicht sehr mutig von mir. Allerdings...

„Hey, wartet mal! Vielleicht ist die Idee gar nicht so blöd. Er hat mal erwähnt, dass ihm das gefallen würde, eine Liebeserklärung in einem Song.“ Ich kann mich noch genau daran erinnern. Wir lagen im Bett und er wollte mich wegen Shiina Ringo aufziehen – oder war es Aya?

„So was soll ihm gefallen?“, kann Kyo gar nicht glauben.

„Hat er mal gesagt, aber sehr mutig wäre das ja nicht gerade und Texte schreiben kann ich auch nicht. Nur die Musik und was soll Kaoru mit nur Musik anfangen, wo die Message fehlt?“, führe ich meine Gedanken aus und verwerfe die Idee.

Im Gegensatz zu Toshiya. „Mutig wäre es höchstens, wenn du es selber singst.“

Kichereinlage von Toto – ha ha – ich lach mich tot. Doch da meldet sich Shinya. „Die Idee ist gar nicht mal schlecht.“

„Was?“ Spinnt der?

„Ernsthaft, Die. In einem Lied könntest du all das nett verpackt ansprechen, was du ihm gerne sagen würdest. Und den hebt es glatt aus den Socken, wenn du selber singst.“ Er versucht mich zu motivieren, verstehe ich das richtig?

„Ich kann doch aber gar nicht singen.“ Hat daran auch schon mal jemand gedacht?

„Papperlapapp.“ Kyo mischt sich ein. „Machst doch auch die Background Vocals und mit ein bisschen Übung könntest du auch singen.“

Ich glaube, die drehen frei. Jetzt auch noch Toshiya! „Genau und wir nehmen einfach den Schlusstitel von der Setlist und sagen es Kaoru nicht. Dann spielen wir deinen Song und du haust ihn damit um!“

Ich muss lachen. „Ich glaube, ihr versteht da etwas nicht. Ich kann das nicht. Ich krieg ja nicht mal die Lyrics gebacken.“

„Wieso das denn? Du musst doch nur alles aufschreiben, was du ihm sagen willst. Eine Liebeserklärung im Text, das kann doch nicht so schwer sein,“ meint Kyo und tritt mich leicht vor mein Schienbein. „Und wenn du es fertig hast, sehe ich es mir noch mal an und wir machen, dass es passt. Das geht schon, Die. Eine bessere Chance ihm zu sagen, wie sehr du ihn liebst, wirst du nicht bekommen.“

Ich habe da noch immer meine Zweifel, aber weiß auch nicht, was ich sagen soll. Wenn es denn wirklich die einzige richtige Chance ist...? Aber ich kann doch nicht singen! Argh!

„Also alles klar!, ruft Shinya und springt von seinem Platz auf. „Kyo hilft dir beim Text mit den Lyrics und dem Gesang, Die. Du schreibst das Lied und wir üben es ein. Und du, Toshiya, deine Aufgabe wird es, Kaoru zu beschatten.“

„Wieso denn das?“ Ja, das würde mich auch mal interessieren. Toshiya und Kaoru war noch niemals gut. Wehe, der verplappert sich.

„Ganz einfach, weil wir sicher gehen müssen, dass wir Erfolg haben werden,“ erklärt Shinya und raubt mir den Hund. „Bisher beruhen alle Tatsachen auf Dies Ausführungen und unsere Beobachtungen, aber wir brauchen eindeutigere Hinweise, dass Kaoru auch tatsächlich unseren Die hier vermisst. Da kommst du ins Spiel, Toto. Bleib an Kaorus Seite und geh ihm auf den Keks, das kannst du doch gut. Das wird nicht mal auffallen. Aber sammle jedes Indiz, das darauf hinweist, dass er Liebeskummer hat, okay?“

Toshiya glotzt etwas gekränkt, weil Shinya ausgesprochen hat, was wir alle denken. Aber was soll die Heuchelei? Tosh ist ein Sackgänger und selbst er sieht es letztlich ein, als er mit den Schultern zuckt. „Von mir aus.“

„Prima. Es ist noch eine knappe Woche bis zur Abschlussshow in Tokio. Bis dahin musst du diesen Song schreiben, Die.“ Shinya muss spinnen. Wache ich oder träume ich? Lasst mich endlich aus diesem Alptraum erwachen! Wie zum Henker soll ich das schaffen bis dahin? Unmöglich. Doch Shinya labert unbeirrt weiter. „Täglich nach der Show triffst du dich mit Kyo und ihr übt Singen. Keine nächtlichen Saufausflüge mehr, Die. Und Kyo, ich vertrau dir, dass du nicht einpennst.“

Er antwortet mit einem Gähnen, aber nickt gelangweilt.

„Also los, worauf wartet ihr? Hopp hopp! Zügig! Toshiya, du kennst deine Mission. Kyo, schlaf schon mal vor oder so! Wir treffen uns später wieder,“ nickt der oberbefehlshabende Trommler und geht zur Tür, öffnet sie und wartet, bis die anderen draußen sind. „Ich muss jetzt mit dem Hund raus. Bis später, Die.“

Und weg ist er. Allein bin ich jetzt wieder. Ich brauche eine Zigarette. Apathisch zünde ich mir die Kippe an und fahre mir mit den Fingern durch die Haare. Hier sitze ich nun und soll bis nächste Woche einen kompletten Song schreiben. Was habe ich mir da nur eingebrockt?
 

Seufzend starre ich auf das leere Blatt Notenpapier und dann auf die Uhr. Zwei Stunden sind vergangen und ich habe noch nicht eine Note, geschweige denn auch nur die Gitarre in der Hand. Hilfe, wie zur Hölle ich das hinbekommen? Normalerweise, wenn ich Songs schreibe, dann unterhalte ich mich zwischendurch mit Kaoru darüber, er gibt mir ausschlaggebende Ideen und Hinweise, wir basteln gemeinsam an meinen Stücken, bis sie perfekt sind. Nur Kaoru kann ich diesmal wohl kaum fragen. Außerdem käme erschwerend hinzu, dass er mir wahrscheinlich nicht einmal antworten würde.

Wieder seufze ich. Zumindest habe ich schon sechs Zigaretten geraucht und eine Fanta getrunken. Immerhin, aber langsam gehen mir die Kippen aus. Vielleicht sollte ich abbrechen und mir erst mal die überlebenswichtigen Dinge besorgen, bevor ich mich daran mache, das Lied zu perfektionieren, was noch nicht mal ansatzweise besteht.

Kurzentschlossen schnappe ich mir meine dicke Jacke und streife sie mir über, bevor ich nach draußen gehe und den Fahrstuhl nach unten nehme. Was mich wieder an Kao und mich im Aufzug erinnert. Er war so unschuldig und fast ängstlich damals, krallte sich an mir fest wie ein Kind und seine Nähe... Herr Gott! Egal, was ich tun muss, ich kriege ihn zurück. Das steht fest für mich! Und wenn ich es noch schlimmer mache mit meiner Aktion, dann soll es wohl so sein! Er muss mich schon dahin schicken, wo der Pfeffer wächst, bevor ich aufgebe. Eher gebe ich meine Karriere als Gitarrist auf.
 

So kalt ist es draußen gar nicht und ich muss ein ganzes Stück laufen, bevor ich endlich einen Zigarettenladen gefunden habe. Drinnen steht ein älterer Mann und liest eine der Zeitschriften aus seinen Regalen. Ich kaufe also etwa drei Packungen Salem Lights und will gerade den Laden verlassen, als ich Kaoru auf der gegenüberliegenden Straßenseite sehe. Er läuft dort entlang in nur seiner dünnen Jacke und raucht. Er sieht gedankenversunken aus.

Unbemerkt von ihm verlasse ich den Kiosk und schaue, wo er hinläuft, bevor ich ihm folge. Peinlichst achte ich darauf, dass er mich nicht entdeckt und frage mich, wo er wohl hin will. Er biegt um die Ecke, ich hinterher, dann geht er eine Gasse hinunter, ich folge. Zum Schluss stoppt er vor einem Laden und ich bremse.

Ist das nicht ein Tätowierer? Na klar! Also typisch Kaoru! Will er etwa noch mehr von dem Kram? Ich mag ja seine Tattoos allesamt, aber blasse Haut hat auch seinen Reiz und zumindest die ein oder andere Stelle fände ich blass noch ganz reizvoll.

Er geht hinein. Verdammt! Und jetzt? Ich kann schlecht hinter ihm her, oder? Also warte ich und Gott sei Dank, kommt er kurz darauf auch wieder raus und direkt auf mich zu. Schnell verstecke ich mich hinter einer riesigen Mülltonne und warte, bis er vorbei ist. Was zur Hölle hat er denn nun da drin gemacht?

Ohne viel nachzudenken marschiere ich in den Laden. „Guten Tag.“

„Womit können wir dir helfen?“, fragt die nette, doch arg durchtätowierte Frau mit dem Stachel in der Unterlippe.

„Ähm, kann ich das haben, was mein Freund wollte? Er war gerade eben hier...“ Hoffentlich schluckt sie das. Ich gucke sie einfach mal ganz lieb an.

„Klar doch,“ lächelt sie und präsentiert mir ein Blatt Papier mit einer Grafik.

Hustend schnappe ich mir den Zettel und betrachte mir das Ding. Wow, es ist ein... Todesengel? Es hat Schwingen wie ein Engel, aber es sieht furchterregend tot aus und ist ganz schwarz. Auf dem Ding sind Schriftzeichen von Standardlatein über Ägyptisch bis hin zu Japanisch. Die Kanji kann ich wenigstens lesen. Sie bedeuten Erlösung, was mich aber nicht sonderlich aufmuntert in Anbetracht dessen, dass sie in Verbindung mit einem schwarzen, toten Engel sind. Mein Gott, Kaoru! Das willst du doch wohl nicht und es ist auch noch so scheiße groß!

„Willst du es nun haben oder doch nicht?“, fragt mich die Tante mit dem Metallgesicht und ich lege das Blatt wieder hin.

„Ich überlege es mir noch. Ist doch ein wenig groß, aber...“ Mir kommt da eine Idee und ich frage doch gleich mal danach, bevor ich den Laden mit einem kleinen Lächeln verlasse.
 

Zurück im Hotel schnappe ich mir die Gitarre und fange an zu klimpern. Bringt allerdings nicht viel und nach einer weiteren Stunde resigniere ich und lasse mich rücklings auf das Bett fallen. Man, ich hatte doch früher keine Probleme Lieder zu schreiben. Aber habe ich denn jemals ein Liebeslied geschrieben? Ich glaube nicht. Mit Kaoru wäre alles viel einfacher. Wir sind zusammen einfach gut! Nicht nur im Bett, nee nee, so richtig. Ach ja...

Meine Finger streifen über die Saiten und nach einer Weile merke ich, dass ich so langsam auch eine Melodie finde. Also so funktioniert es! Ich brauche positive Kaorugedanken! Das ist es!

Leider komme ich nicht sehr weit an diesem Tag, denn wir müssen zum Soundcheck und die übliche Routine setzt ein. Nach dem Konzert treffe ich mich mit Kyo, was auch sehr interessant wird. Ich werde zunächst einmal kräftig angeschnauzt, weil ich ja noch keinen Text zum Singen habe. Also zwingt er mich, zum Proben einen Song von uns zu singen. Klasse! Ich höre mich natürlich wie ein Kloppi an, als ich versuche ‚Conseived Sorrow’ zum besten zu geben. Auch bei ‚Ain’t Afraid to Die’ kriege ich wieder nur was auf die Ohren, so schlecht ist es, und als ich ‚-mushi’ versuche, kriegt Kyo einen Anfall. Ja, was erwartet er auch? Ich kann ja nicht mal ordentlich „Newsman go to hell“ schreien!

Kyo beschließt kurzerhand, mir die Tonleiter beizubringen, erklärt mir, ich solle es mit Gitarre üben und beim Anspielen der Töne versuchen, sie zu treffen. Das mache ich dann auch die restliche halbe Nacht, aber allein. Mit Kyo kriegt man ja einen an die Waffel.

Am nächsten Morgen bin ich natürlich total knacke auf der Möhre und kann im Bus Gott sei dank noch zwei Stunden pennen. Im Hotel mache ich mich schnell daran, an meinem Song weiterzubasteln, bevor ich erneut wieder zum Alltag übergehen muss. Kyo ist heute wenigstens einigermaßen zufrieden, dass ich die Tonleiter schon mal kann und wir üben weiter mit ‚-mushi-’, weil ich das wenigstens als Hilfe mit der Gitarre begleiten kann.

Nach etwa drei Tagen renne ich mit meiner Gitarre auf Shinyas Zimmer und präsentiere ihm mein Werk. Er hilft mir bei der Abstimmung und meinte, er könne mir sogar helfen, meine Einsätze gut zu koordinieren, wenn er einen relativ einfachen Drumrhythmus einbauen würde. Alles läuft nach Plan, bis ich über dem Text sitze. Ein Wort habe ich schon, aber das war es auch. Prima, und gerade lief es so gut. Mist.

Positive Kaorugedanken bringen auch nichts, sonst würde mein Lied von Sex handeln. Kyo meint, ich müsse meinen Schmerz auf die Worte projizieren, aber leider verstehe ich nichts vom Projizieren. Bin mehr der Typ für’s Praktizieren. Die Frage ist aber, was will ich Kaoru sagen? Soll ich es einfach aufschreiben und dann sehen, ob ein guter Text draus entsteht? Das alles überfordert mich und als ich an diesem Tag ins Bett gehe, hoffe ich darauf, von Kaoru zu träumen. Vielleicht erweckt es irgendetwas in mir, das mir hilft, dieses Lied hinzubekommen. Klar weiß ich, was ich ihm sagen will, aber wie verpacke ich es in romantische Worte? Kaoru-all-inclusive-rundum-glücklich-Paket kann ich da nicht rein schreiben. Mir muss dringend etwas einfallen!
 

Es ist gerade der fünfte Tag, als ich todmüde der Treppe des Hotels hinunter marschiere, nachdem mich Kyo letzte Nacht solange quälte, bis ich ihm sogar ‚-saku-’ habe vorsingen können. Nach dieser Aktion habe ich natürlich wieder über meinem Songtext gesessen und etwa dreihundert Entwürfe in den Papierkorb geworfen, bevor ich auf dem Tisch eingeschlafen bin. Heute ist meine Stimme fast weg und ich brauche dringend einen Tee mit Honig oder so etwas. Total schlaftrunken versuche ich also den Weg in Richtung Restaurant wie ein Blinder ohne Krückstock zu finden, als plötzlich...

WUMMS! Ich stoße mir einer nicht identifizierbaren Person zusammen und sehe nur noch jede Menge weißer Blätter Papier durch die Luft fliegen, die ich der armen Sau wohl aus den Händen gerissen haben muss. Oh verdammt!

„Tut mir leid, das tut mir leid. Ich war nur...“ Was war ich eigentlich, frage ich mich, als ich versuche das Zeug aufzusammeln, aber leider sind meine Augenlider so schwer und meine Stimme ist eh kaum hörbar, so dass man schon gute Ohren haben muss, damit man überhaupt ein Wort versteht von dem, was ich brabbele. Aber zurück zum Tatort, ich verliere die Orientierung, denn auch mein Kreislauf ist im Keller und auf einmal ist alles nur noch schwarz. Mein Hirn macht Bekanntschaft mit dem Fußboden und für einen Moment denke ich wirklich, dass ich Sterne sehe.

„Scheiße! Die!“, ruft jemand und klopf mir unsanft auf die Wange. Wenn ich etwas sehen könnte, würde ich auch wissen, wer das ist, aber leider ist meine Sicht total verschwommen. Zwei starke Arme greifen plötzlich unter meine und setzen mich an die Wand gelehnt, bevor der Kerl sich vor mich hinkniet und seine Finger durch mein Haar fahren lässt. „Die! Die?“

Moment mal. Niemand fasst mich so an und brüllt mir gleichzeitig ins Gesicht! Niemand außer... „Kao?“

Ich blinzle. Das ist doch mein Kao. Oder fantasiere ich? Nein, ganz sicher, die Augen so dunkel, und die tödlich heißen Wangenknochen, die schmalen, sinnlich geschwungen Lippen und hey, da ist doch auch mein Freund, der Kinnbart! Ja, das ist mein Kao! Ich grinse also ganz benommen und demzufolge etwas debil, aber ich freue mich eben! „Kaoru~argh.“

„Man, was machst du für Sachen? Erst rennst du mich fast um und dann vermisst du den Fußboden. Geht’s dir nicht gut? Bist du krank?“ Ganz der Alte fühlt er meine Temperatur und ich schüttele den Kopf, während sich mein debiles Lächeln beharrlich im Gesicht hält.

„Kao...“ Seine Hand an meiner Haut lässt mich erglühen.

„Du bist ganz heiß, Die. Bist du sicher, du hast kein Fieber?“ Er legt den Kopf schief und schaut mich bewertend an. Klar, bin ich heiß! Schon immer gewesen, wenn er in meiner Nähe ist!

„Mir geht’s gut,“ hauche ich mit meiner nicht vorhandenen Stimme, aber merke bereits, wie mein Kopf wummert. Das gibt sicher eine Beule.

Kaoru sieht mich skeptisch an. „Oder hast du wieder gesoffen?“

„Nein,“ krächze ich etwas beleidigt. Als wäre ich ein notorischer Trinker! „Nur nicht viel geschlafen.“

„Du siehst wirklich total übermüdet aus,“ stellt er fest und hievt einen seiner Arme unter meinem entlang an meinen Rücken. „Kannst du aufstehen?“

Ich nicke und zusammen heben wir meinen kreislaufgestörten Körper vom Boden. Wah, mir ist schwindelig. Ich torkele etwas und stütze mich auf Kaorus Schultern ab, als mein Kopf sich wie von allein darauf ablegt.

„Die, komm schon, nicht zusammenklappen.“ Seine Hand hebt meinen Kopf an und ich schaue in seine wahnsinnig schönen mokkabraunen Augen. So nah und doch so fern ist er mir. Doch endlich kann ich es wieder sehen. Die Kälte und Abweisung in seinen Augen ist weg. Da ist Sorge und... Zuneigung? Es kommt mir vor, als hätte die Welt angehalten und nur er und ich existierten. Ich schaue ihn an. Er mich.

Plötzlich dreht er sich weg, nimmt die Hand von meinem Kopf und geht einen Schritt zurück, so dass ich ganz alleine stehen muss. Sein Blick verdüstert sich wieder leicht und er räuspert sich kurz.

„Du musst aufhören, Gott weiß was nachts zu tun und lieber anfangen, wie ein normaler Mensch zu schlafen,“ sagt er in dumpfem Ton und sammelt seine restlichen Zettel auf. „Geh einen Kaffee trinken oder lieber gleich zwei. In einer knappen Stunde müssen wir los.“

Ich nicke ganz automatisch, denn was auch immer er sagt, ich gebe ihm Recht. Nur leider kann ich erst aufhören, nachts ‚Gott weiß was’ zu tun, wenn ich meine Mission erfolgreich beendet habe. Dabei ist mir Kaoru so nah, zum Greifen nah. Doch ich kann nichts tun. Nur zusehen, als er seinen Papierkram schnappt und mit einer kurzen Handbewegung mir signalisiert, dass er geht.

„Ich liebe dich,“ blubbere ich hervor, doch er hört es nicht. Meine Stimme ist im Arsch! Bravo Junge!
 

Nach zwei starken Tassen Kaffee und einer Standpauke von Kyo, wie ich meine Stimmbänder fit halte, sitze ich brav im Bus und trinke meinen Kamillentee. Wie ekelig, aber besser als den Rest meines Leben stumm zu bleiben.

Meine Begegnung mit Kao von heute Morgen hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ich sehe ihn vor mir, kann ihn riechen, fühle noch immer seine Berührung an meiner Haut und es schmerzt so wahnsinnig sehr, dass ich bereits im Bus anfange auf einen Block zu kritzeln, was mir durch den Kopf geht.

Später, nach dem Soundcheck, verändere ich noch einmal ein paar Dinge, bevor ich es direkt nach dem Konzert Kyo präsentiere.

„Das ist es?“, fragt er mit hochgezogener Augenbraue.

„Das ist es,“ zucke ich mit den Schultern. Komisches Gefühl, ihm so meine Gefühle aufgeschrieben vorzulegen.

„Kein System drin und kein klarer Refrain, keine Brücke, nichts Erkennbares, dass auf einen Liedtext hinweist, außer dass es verdammt noch mal nach Poesie riecht!“, ist sein Urteil, aber ich verstehe nur Bahnhof. Findet er es jetzt gut oder schlecht?

„Junge,“ sagt er, „Du hast Talent!“

Was? „Echt?“

„Ich muss ein paar Sachen ändern am Aufbau, aber ansonsten ist es genau richtig! Hast du die Gitarre dabei? Shinya hat mir von deinem Song erzählt und er findet ihn gut. Also machen wir jetzt deine Zeilen hier passend, okay?“ Er ist plötzlich ganz euphorisch und ich nicke wie ein Geistesgestörter. Was zu ein bisschen Poesie in dem mürrischen Kleinen doch auslösen kann!

Wir sitzen noch bis spät in die Nacht, aber wir schaffen es tatsächlich und der Song passt. Diese Nacht falle ich wie tot ins Bett und schlafe wie ein Stein. Allerdings nicht in meinem, sondern in Kyos. Hey, nichts passiert oder so. Ich war einfach hundemüde und Kyo kratzt es ja eh nicht, wo er pennt, also...

Ich bin etwas verwundert, als ich morgens neben ihm aufwache, aber da ich letzte Nacht nicht gesoffen habe, kann ich mich an unsere harte Arbeit erinnern. Na gut, neben mir liegen auch Notenpapier, Kritzeleien in einem Block, eine Akustikgitarre und ein kleines Aufnahmegerät als Indizien. Danke Herr Gott, du da oben im Himmel! Man muss verstehen, ich bin bisher noch nie in einem fremden Bett neben einem anderen Mann aufgewacht bin und habe mich an alles erinnern können, was die Nacht zuvor geschah. Das ist quasi eine Premiere. Und dann auch noch mit demselben nichts gehabt zu haben...

Cooles Gefühl. Zumindest, wenn ich mir ansehe, wie Kyo sein Kissen voll sabbert. Bei Kaoru, dem einzigen anderen Mann, neben dem ich mal aufwachte ohne mit ihm geschlafen zu haben, war das anders. Da hätte ich mir lieber selbst in den Hintern getreten, dass wir nichts miteinander gehabt haben. Aber als wir uns dann damals küssten...

Herrje! Konzentrier dich, Daisuke.

Ich krabbele also aus dem Bett und überlasse Kyo sich seiner selbst, bevor ich meine Schuhe anziehe und mein Zeug schnappe. Bei dem da kann ich das echt nicht liegen lassen. Das ist zu wichtig! Dann schleiche ich mich leise aus dem Zimmer und mache auch ganz leise die Tür hinter mir zu, so dass der kleine Waru noch ein bisschen schlafen kann. Als ich mich umdrehe und im Flur in Kaorus etwas verdutztes Gesicht schaue, da dieser gerade selber sein Zimmer verlässt, fallen mir fast die Sachen aus den Händen. Was fatal gewesen wäre. Kaoru darf diese Zettel niemals zu Gesicht bekommen. Da stehe ich nun, schaue blöd und warte, dass er endlich weitergeht. Merkwürdig, wo ich ihn doch sonst lieber bei mir hätte und niemals hoffen würde, dass er geht.

„Morgen Kao,“ lächle ich etwas nervös und schiebe mich seitlich in Richtung meines Zimmers.

„Die,“ nickt er kurz und seine Augenbrauen ziehen sich bedrohlich zusammen, bevor er einmal scharf Luft einsaugt und sich umdreht. Zieht ab wie ein Düsenjet. Wusste ich es doch! Er liebt mich noch immer!

Bah, und ich Klops komme am frühen Morgen aus Kyos Schlafzimmer. Na toll. Ich kann nur hoffen, dass Kaoru nicht ganz dumm ist und von alleine merkt, dass ich eine Gitarre in der Hand halte, keine Sexspielzeuge! Andernfalls muss Kyo das klären.

Ich habe nur noch diesen einen Tag um den Song mit den anderen beiden Spezialisten einzuüben und dann muss er sitzen! Gott, langsam werde ich aufgeregt. Was, wenn ich dann auf der Bühne stehe und versage? Dann kommt vielleicht kein einziges Wort aus mir heraus und alles war für’n Eimer!

Bloß nicht verrückt machen. Erst mal gehe ich auf mein Zimmer und unter die Dusche, dann sage ich Shinya und Toto bescheid, dass wir heute nach dem Soundcheck in der Halle bleiben müssen, um den Song einzustudieren. Frage ist nur, wie werden wir Kaoru los?

Hier kommt Kyo wieder ins Spiel. Da er als Sänger nicht gebraucht wird und selbst kein Instrument spielt, können wir auf ihn verzichten. Er wird Kaoru ablenken, so dass wir restlichen Schwulen und ein Nichtschwuler unser Liedchen proben können. Heute Abend werde ich nach dem Konzert noch einmal zu Kyo gehen und meinen Song noch mal durchsingen, damit ich ihn morgen zum großen Finale vor allen Leuten und vor allem Kaoru singen und spielen kann!

So der Plan.

Ich bekomme Panik.
 

„Bleib ruhig,“ sagt Shinya und klopft mir auf die Schulter. „Du schaffst das schon. Du hast einen tollen Song geschrieben mit einem guten Text und wenn du Kaoru morgen damit nicht umhaust, dann will ich in Zukunft Miyavi heißen.“

Toshiya bekommt einen Kicheranfall und ich schaue beide etwas skeptisch an, als ich einmal tief Luft hole. „Wo ist Kyo eigentlich mit Kaoru hin?“

Brennt mir eben auf der Seele.

„Es gibt eigentlich nur eine Sache, mit der man Kaoru von der Arbeit locken kann,“ pafft Toshi mit entgegen und schnallt sich den Bass um. „Den Tätowierer.“

„Oh nein.“ Meine Schulter sacken zusammen und ich starre auf das Mikrofon vor meiner Nase.

„Oh doch,“ sagt Toshi und klopft mir auf die Schulter. „Aber keine Angst, Die. Ich bin ihm so lange auf den Keks gegangen, bis er endlich eingesehen hat, dass ihm ein Todesengel auf dem Schulterblatt echt nicht stehen würde.“

„Du wusstest davon?“ Von der Logik her klar, aber mein Herz ist doch etwas betrübt. Wenn Kaoru nach meiner Meinung gefragt hätte, wäre es mir lieber gewesen. Natürlich.

„Klar. Mach doch meine Mission gut, was denkst du denn?“, grient der bassspielende Möchtegern liebevoll freundschaftlich. „Ist schon irgendwie putzig, wenn man weiß, warum Kaoru sich so dämlich verhält. Normalerweise würde ich ja angepisst sein, wenn er mich anmault, aber wenn man weiß, dass er nur so eine Zicke ist wegen Die...“

Shinya setzt sich hinter das Drumkit und gibt schon den Takt an, aber ich kann noch nicht loslegen. Wie Toshi das sagt, macht mich irgendwie neugierig. „Wie benimmt er sich denn? Ich meine, was konkret macht er?“

Toto schmunzelt. „Im Grunde ist er ständig missgelaunt, aber witzig wird es, wenn man ihm lustige Fragen stellt und er sie alle mit ja beantwortet. Meistens antwortet er ja gar nicht und wenn ich ihn dann anpieke, weil er schon wieder zoned out ist, dann nuschelt er irgendwelche Flüche. So habe ich ihn jedenfalls noch nie gesehen und wenn das alles echt wegen dir ist, Die, dann ist das wirklich drollig.“

“Drollig?“ Ich ziehe eine Augenbraue nach oben. Seit wann ist Kao drollig? Und wenn, wieso findet Toto ihn drollig? Ich darf das sagen und nicht der!

„Können wir jetzt?“, unterbricht uns Shinya und hüpf ungeduldig auf seinem Höckerchen herum. „Wir haben wohl nicht ewig Zeit, oder?“

Richtig! Also legen wir los. Dank meines nicht allzu schwierig verlaufenden Liedes, klappt unsere Probe auch verhältnismäßig gut. Liebeslieder sind eben einfach gestrickt, weil sie langsam sind, dennoch dürfen sie nicht öde wirken. Ich hoffe, mein Konzept geht auf. Als der Song endlich sitzt, machen wir Schluss, gerade rechtzeitig, als Kyo heimlich Shinyas Handy anklingelt um uns zu warnen, dass er und Kaoru zurück auf den Weg sind ins Hotel.

Wir packen schleunigst zusammen und schaffen es gerade vor den anderen ins Hotel. Jetzt bleibt nicht viel Zeit, nur ein kurzes Abendessen, bevor wir zum Konzert fahren. Erst danach kann ich schnell duschen und dann zur Generalsingprobe bei Prophet-sama antreten!
 

„Die!“, ruft eine Stimme, als ich gerade den Flur überqueren will um zu Kyo zu kommen. Wir testen heute ohne Gitarre, als fällt mir wenigstens nichts aus den Händen, als ich erschrecke und mich umdrehe. Es ist unser liebenswerter Manager und neben ihm steht Kaoru mit einem Blick, der so undurchsichtig ist wie die Stützstrümpfe meiner Großmutter.

„Ja?“, frage ich langsam und unsicher, denn ich habe gerade null Zeit, echt nicht.

„Komm doch mal,“ ruft der Gute und ich bleibe stehen.

„Warum?“ Jetzt hebt er die Augenbraue, dann runzelt er die Stirn.

„Morgen ist das letzte Konzert. Kaoru und ich sprachen gerade über den traditionellen Tourabschluss, doch er ist der Meinung, dass wir diesmal nicht feiern sollten. Komm schon, Die. Sag ihm, dass das eine dumme Idee ist.“ Er appelliert an mein trinkfestes Wesen, doch ehrlich gesagt, geht mir die Abschlusssauftour gerade so was von am Arsch vorbei!

„Wer feiern will, soll feiern. Ist mir egal. Ich habe auch echt gar keine Zeit, auch morgen nicht, also...“ Ich lächle etwas entschuldigend und kratze mich verlegen am Hinterkopf. „Viel Spaß noch beim Planen.“

Kaoru hebt argwöhnisch die linke Augenbraue, als die rechte eher tiefer sinkt und zu einer bösartigen Gesichtentgleisung führt. Mir einem unschuldigen Grinsen klopfe ich bei Kyo an und warte ungeduldig, dass er endlich öffnet. Ich höre gerade noch, wie jemand Luft holt und womöglich etwas sagen will, als sich Kyos Tür einen Spalt öffnet und ich die Chance nutze, mich schleunigst in sein Zimmer zu quetschen. Das war knapp!

Unnötigen Unterhaltungen versuche ich mich zu entziehen. Ich muss proben! Hoffentlich hören die mich nicht da draußen auf dem Flur.

„Komm mit,“ sagt Kyo und zieht sich seine Jacke an. „Wir fahren noch mal in die Halle, aber allein.“

Mein dummes Gesicht stellt tausend Fragen, aber er erklärt mir, dass er möchte, dass ich beim Singen auf der Bühne stehe. Soll mir recht sein! Lieber dort als hier, wo Kaoru uns vielleicht hören könnte. Hotelzimmerwände sind dünn.

Die Generalprobe verläuft bestens. Ich fühle mich wohl auf der Bühne. Der Text sitzt. Ich kann sogar Gitarre spielen und gleichzeitig singen, ohne mich zu verspielen!

Kaoru, die Stunde der Wahrheit naht.
 


 

Ende Teil 1

Dawn of the Die - Teil 2

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]



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Von:  _Hizu
2013-11-26T18:50:43+00:00 26.11.2013 19:50
Die: Boah, der wird sich freuen!
Ich: Boah, wird der dich hassen! xD
Von:  Morumotto
2011-03-08T14:10:58+00:00 08.03.2011 15:10
woa endlich!!!
*party schmeis*
wie lange ich DARAUF gefiebert hab <3
dai hats geschaft oder so haha ich libe diese ff...
lg mariko
Von:  Morumotto
2011-03-06T19:57:34+00:00 06.03.2011 20:57
wai diese arghh aiko schon beim ersten treffen war sie mich nicht ganz geheuer als sie dai angesehen hat, aber oke
ich bin mir schon sicher das dai das hinkrigt oder so
bis später =)
Von:  Morumotto
2011-03-06T19:13:45+00:00 06.03.2011 20:13
hach dai ist so herlich witzig ich musste voll oft lachen...dann les ich mal weiter nä?
lg mariko<3
Von:  NanaSaintClair
2010-08-20T19:35:59+00:00 20.08.2010 21:35
„Klar doch. Er ist stinkig, dass ich zu Kao bin.“
„Kann schon sein. Vielleicht wäre er aber auch lieber bei Kao?“
„Wer wäre nicht gern bei Kao?“
„Ja, Kao ist schon toll.“
„Kao ist ja auch der Leader.“
„Kao ist voll süß.“

<3<3<3
Von:  SevenBlackRoses
2010-03-24T17:25:54+00:00 24.03.2010 18:25
Aaalso *Luft hol*
Meiner Meinung nach ist das so ziemlich die beste FF aller Zeiten!!
Es ist alles drin, was man braucht:
bestes Pairing aller Zeiten, Humor, Dramatik & Romantik ^^
Und ich liebe deinen Schreibstil!!
Echt Hammer :D
Uuuund natürlich würde ich mich über eine Fortsetzung sehr freuen!!
Du musst eine schreiben!
Ich lasse dir keine Wahl ^^

Lieben Gruß,
SevenBlackRoses
Von: abgemeldet
2010-01-14T20:33:22+00:00 14.01.2010 21:33
der HAAAMMEER!!!!
wahnsinn echt, ich liebe deine ff sowas von!!! ich hab gelacht, gebangt, alles! ich liebe deinen schreibstil, einfach genial die kommentare und so weiter, du hast es echt drauf, humor mit dramatischem herzschmerz zu vereinen, wirklich super!
ich danke dir auch für die ff, man liest nicht oft sowas geniales. immerhin gibt es immer einen unterschied, wie man sowas schön und spannend verpackt, ohne das es an andere ff´s erinnert. wirklich super, tausendmal respekt dafür ;-)
und ich würde mich natürlich sehr über eine fortsetzung freuen =)
echt super, tausend punkte!

greatz =)
Von: abgemeldet
2010-01-10T17:59:46+00:00 10.01.2010 18:59
oh mein gott, weißt du eigentlich wie geil deine ff is? :D
es macht sowas von spaß es zu lesen, ich liebe die band, ich liebe Die und deine idee in der ff xD auch wenn ich nicht immer auf shonen ai stehe; deine ff gehört dazu, das ich sie gerne lese, weils einfach toll geschrieben ist^^ (nichts gegen shonen ai, aber manchmal wirds doof umgesetzt, aber nicht bei dir).
dein schreibstil ist der hammer, Die´s kommentare immer und die sprüche, einfach zum kreischen! ich muss immer so lachen beim lesen, und man will immer weiter lesen weils einfach so super geschrieben ist, nicht ein bisschen langweilig, echt respekt ;-)

ich finds toll, das Die die situation nicht ausgenutzt hatte nach dem besäufnis und langsam scheint kao gefallen an ihm zu haben...so unbewusst xD

Von:  Ririe
2009-11-19T21:57:54+00:00 19.11.2009 22:57
Hi
also ich würd mich auf jeden fall super über eine Fortsetzung freuen
ich finde die geschichte unheimlich toll und wär auch froh mal wieder was deutsches von dir zu lesen xD
Also bitte bitte schreib eine Fortsetzung **
Von:  _reira_
2009-11-16T20:52:32+00:00 16.11.2009 21:52
hi^^
also ich wäre total für ne Fortsetzung!! Auch mit Toshiya/Shinya nebenpair XDD Wär echt toll wenn du weiterschreibst. Und bin gespannt wies weitergeht.
Ich hab diese FF schon mehrere Male gelesen. Die ist genial! *_* Ich liebe deine FFs. Du schreibst echt toll!! <3


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