Zum Inhalt der Seite

Ageha no kage

~Schatten des Schmetterlings~
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

In a cold night of autumn

~Ageha no kage~
 


 

+Tetsu gewidmet. Erstens, weil sie mir beim Ideensammeln geholfen hat, und zweitens weil ich sie so gerne mag+ ^-^
 

I. In a cold night of autumn

Lächelnd beobachtete die dunkelgekleidete Gestalt, die schon seit geraumer Zeit an einem Tisch in der Ecke der Schenke saß, vor ihm ein Glas Wein, das er nicht angerührt hatte, und eine Suppe, die er nicht zu essen gedachte, den hübschen jungen Mann, der gerade mit einem Tablett aus der Küche hervor trat.

Wahrscheinlich ahnten die wenigsten hier, dass er männlichen Geschlechtes war. Zu anmutig bewegte er sich in dem dunkeln Kleid mit der weißen Spitze an den Ärmeln, die die Hälfte seines schlanken, weißen Unterarmes bedeckte, und dem wallenden Rock, der weich an seinem zierlichen Körper hinab fiel und fast den Boden berührte. Sein langes, braunes Haar war hinten hochgesteckt und bewegte sich leicht wenn er von Tisch zu Tisch schritt, Bestellungen annahm oder Getränke und Speisen servierte.

Asagi strich sich eine Strähne seines eigenen, tief schwarzen Haares, das ihm glatt ins Gesicht fiel, aus den Augen. Der andere konnte froh sein, dass er im England des 18. Jahrhunderts, und nicht später lebte, denn sonst wäre es unweigerlich aufgefallen, dass er keine Frau war, so hübsch sein Gesicht auch aussah.

In der Tat war er einer der hübschesten Menschen, die Asagi je gesehen hatte, und das sollte schon etwas heißen. Schließlich war der Dunkelhaarige mit den tief roten Augen schon vielen, vielen Menschen begegnet.

Mit einem leicht angewiderten Gesichtsausdruck hob er das Glas mit dem dunkelroten Wein an die Lippen und leerte es. Er mochte den Geschmack nicht unbedingt und zog eine andere Flüssigkeit mit der gleichen Farbe diesem Übelschmeckendem Gebräu vor. Früher hatte er es wohl einmal gemocht, doch das lag nun schon lange zurück.

Dennoch hob er die Hand um eine der Bedienungen auf sich aufmerksam zu machen. Das Mädchen eilte hastig auf ihn zu und verbeugte sich leicht, „Was wünscht ihr, mein Herr?“, fragte sie und sah den jungen Mann etwas ängstlich an. „Wer ist sie?“, Asagi nickte in die Richtung des braunhaarigen Jungen, der gerade einen älteren Herrn bediente.

„Shinya, Herr“, das Mädchen wurde sichtlich unruhig und spielte mit den fingern an der Spitze ihres Kleides herum. Der Schwarzhaarige nickte leicht und ein Lächeln huschte über seine Lippe.

„Kann…. ich noch etwas für euch tun, Herr?“, wollte die Bedienung leise wissen. Er wies zur Antwort auf sein leeres Glas. Sie nickte, verbeugte sich noch einmal und nahm dann das Glas mit sich, als sie davon eilte.

Zufrieden heftete Asagi seine Augen wieder auf Shinya, der sichtliche Schwierigkeiten hatte, ein mit benutztem Geschirr überladenes Tablett heil in die Küche zu bringen. Nachdem er wieder in den Raum zurückgekehrt war, stürzte das Mädchen, welches Asagi so eben bedient hatte auf ihn zu, sah sich nach allen Seiten um und zog ihn ungeduldig in eine Ecke des Raumes, wo sie etwas vor Blicken geschützt waren. „Der junge Herr dort hinten“, sie deutete verstohlen mit dem Finger auf Asagi, der gerade einen kurzen Blick auf die junge Frau warf, die ihm frischen Wein einschenkte und sich danach unverzüglich wieder entfernte, und sich dann scheinbar dem Geschehen in einer anderen Ecke des Raumes zuwandte, und drehte sich dann wieder zu Shinya, „hat eben nach dir gefragt, Shinya… Er scheint sich ziemlich für dich zu interessieren. Schon den halben Abend sieht er dich an….“

Die junge Frau war sich offensichtlich nicht sicher, ob das nun schlecht oder gut war.

Shinya zuckte jedoch nur mit den Schultern und lächelte sie kurz an. „Mach dir keine Sorgen um mich….“, mit diesen Worten ging er wieder seiner Arbeit nach. Er vermied es viel zu reden, sprach leise und verstellte seine Stimme und kam damit eigentlich ganz gut durch. Während er gerade die Bestellung eines drahtigen, uniformierten Mannes annahm, sah er kurz zu dem dunkelhaarigen Mann hinüber, auf den man ihn aufmerksam gemacht hatte, und zuckte leicht zusammen als ihre Blicke sich trafen. Die Augen des anderen waren von einer dunkelroten Farbe. Unwillkürlich erschauderte er und sah dann hastig zu dem Uniformierten. „Was gibt es dort hinten denn interessantes zusehen, meine Hübsche?“, wollte der Mann wissen und beugte sich leicht über den Tisch.

„Nichts besonders….“, murmelte der Braunhaarige schüchtern, verbeugte sich und schritt davon.

Asagi verkniff sich ein leises Lachen.

Er hatte beide Gespräche gehört und verspürte eine zunehmende Faszination für das hübsche Wesen mit den braunen Haaren. Doch dieses Gefühl entsprach nicht der herkömmlichen Zuneigung, die er sonst beim Anblick eines hübschen Menschen verspürte….

Als Shinya endlich auf die Straße hinaus trat, war es weit nach Mitternacht. Ein fahler Halbmond stand am Himmel und tauchte die Gassen in ein milchiges Licht.

Schon lange hatte der Nachtwächter die Lampen gelöscht, so dass der Mond nun die einzige Lichtquelle auf Shinyas Heimweg war. Der schlanke Junge seufzte und schlang die Arme um seinen Körper.

Schon seit Wochen arbeitete er Nacht für Nacht in der Schanke, nahm dafür wechselnde Arbeitszeiten und unfreundliche Gäste ihn Kauf, schlüpfte immer wieder in die Kleider einer Frau und gab sich als solche aus, nur weil die Bezahlung relativ gut war, zumindest im Vergleich zu den anderen Möglichkeiten Geld zu verdienen, die für ihn bestanden.

Sein Vater war vor einigen Monaten gegangen und hatte seine schwangere Frau und zwei Söhne einfach alleine in den herbstlichen Gassen Englands zurückgelassen. Wahrscheinlich war er der Armut und der harten Arbeit überdrüssig gewesen.

Nun war es an Shinya und seinem Bruder Dai das nötige Geld für die Familie zu verdienen, da ihre Mutter erst vor kurzem einen kleinen Jungen entbunden hatte, und nun an Kind und Bett gefesselt war, und ihrem Beruf als Schneiderin somit nicht nachgehen konnte.

Allmählich hasste Shinya seinen Vater wirklich dafür, dass er sie alleine gelassen hatte.

„Na Hübsche? So spät noch allein auf der Straße?“, der Uniformierte, den er vorhin bedient hatte, kam um einige Gläser Wein schwerer auf ihn zu und grinste dabei über das ganze Gesicht.

„Hast du nicht Lust noch etwas mit mir zu kommen? Ich könnte dich wärmen in dieser kalten Nacht…“

„Ich fürchte ich muss euch enttäuschen, denn die junge Dame geht heute Nacht schon mit mir…“, eine Hand legte sich auf die Schulter des braunhaarigen Jungens. Überrascht wie kalt sie doch war, drehte Shinya sich nach dem Eigentümer um und sah direkt in ein Paar tief roter Augen.

Asagi lachte als er bemerkte wie verwirrt Shinya anscheinend war und legte den Arm vollends um die schmalen Schultern des anderen.

„Sie entschuldigen uns?“, der Schwarzhaarige hob wie zum Abschied die Hand und ging zusammen mit Shinya, der tatsächlich nicht wusste was er von der Sache halten sollte, an dem nicht minder verdutzten und auch etwas wütenden Mann in Uniform vorbei.

„Ähm… Vielen Dank…“, murmelte Shinya schüchtern als sie den Mann hinter sich gelassen hatten und wartete darauf, dass der andere seinen Arm von ihm nehmen würde, doch er tat nichts dergleichen.

„Ganz schön gefährlich, sich als Frau auszugeben, findest du nicht auch?“, Asagi lächelte ihn an.

Shinya erstarrte. „Woher wisst ihr...?“, der andere lachte nur leise.

Er ließ von dem Jungen ab und stellte sich vor ihn, sah ihn prüfend an. Shinya wurde zusehends nervöser. Wie konnte der seltsame Fremde es wissen? Bis jetzt hatte es Niemand bemerkt.

Plötzlich spürte er eine Hand auf seiner Wange, und ehe er auch nur irgendwie reagieren konnte, hatten sich zwei weiche, kühle Lippen auf die seinen gelegt und sie mit einem sanften Kuss verschlossen.

Erschrocken wich Shinya zurück als er dann auch noch eine feuchte Zunge an seinen Lippen spürte.

Asagi lachte erneut und leckte sich über die Lippen. Der Kleine schmeckte wirklich wundervoll.

„Ich denke wir werden uns schon bald wieder sehen….“, er verbeugte sich wie nach einem Tanz und lächelte dem vollends verwirrten Jungen zu.

Dann drehte er ihm den Rücken zu und schritt in die Nacht hinaus.

Shinya starrte ihm nach, unfähig sich zu bewegen. Erst als der Fremde seinen Blicken entschwunden war, löste er sich aus seiner Starre und eilte hastig die Gassen entlang, seinem sicheren Zuhause entgegen.

In der kleinen Kammer, die er sich mit seinem älteren Bruder teilte, angekommen, war er sich bereits nicht mehr sicher, ob das eben vielleicht nur ein Traum gewesen war.

Mit einem leisen Seufzen begann er sich aus dem Kleid zu schälen, was gar nicht so einfach war, auch wenn er darin mittlerweile schon reichlich Übung hatte.

„Soll ich dir helfen?“, im Bett neben ihm regte sich etwas und sein Bruder Dai richtete sich verschlafen auf.

„Das wäre nett… Entschuldige, dass ich dich geweckt habe….“, Shinya drehte ihm den Rücken zu, damit sein Bruder Kleid und Korsett öffnen konnte.

„Danke…“, er schlüpfte aus dem Kleidungsstück und legte es ordentlich auf einen Stuhl.

„Wie war es Heute Nacht?“, wollte Dai wissen und stützte sein Gesicht auf seine Hände. „Ruhig, so wie immer…“, log Shinya und setzte sich im Schneidersitz vor ihm auf den Boden, „Wie geht es Mutter?“

„Leider unverändert…. Aber der Kleine macht sich recht gut…. Heute hat er zum ersten Mal richtig gelächelt und versucht an meinen Haaren zu ziehen…“, der Jüngere der beiden lächelte still vor sich hin.

Weil er und Dai arbeiteten musste es dem kleinen Toshiya, wie ihre Mutter das Kind nach seinem Vater benannt hatte, wohl ium diesen nie zu vergessen, an nichts mangeln. Er hatte sogar ein kleines Kinderbett und Shinya hatte ihm einen kleinen, weißen Hasen aus einem alten Hemd genäht.

Dai strich sanft über die Wange seines Bruders. Dieser blickte aufeinmal besorgt auf und legte seine Hand auf die Stirn des Älteren. „Du hast ja Fieber!“, der Angesprochene zuckte nur mit den Schultern. „Nur ein kleines bisschen… Mach dir keine Sorgen… Morgen geht es mir bestimmt wieder gut….“, Obwohl Shinya das sehr stark bezweifelte nickte er nur und kroch dann in sein eigenes schmales Bett, unter die mehrfach geflickte Decke.

Was, wenn Dai ernsthaft krank würde? Arbeitsplätze waren jetzt, da immer mehr Bauern vom Land in die Stadt ziehen mussten, ziemlich rar, und wahrscheinlich würde Dais Arbeitsgeber nicht lange fackeln und ihn hinauswerfen, wenn er länger als Zwei Tage nicht bei der Arbeit erschien.

Mit einem energischen Kopfschütteln vertrieb er den unheilvollen Gedanken und versuchte einzuschlafen. Bevor er tatsächlich in den Schlaf abglitt, dachte er noch einmal an den geheimnisvollen Fremden mit den seltsamen Augen und den pechschwarzen Haaren, und daran, ob er ihn tatsächlich bald wieder sehen würde.

Was er nicht wissen konnte war, dass eben dieser junge Mann gerade vor seinem Haus neben der hohen Eiche stand und seine Augen auf das offene Fenster der Kammer gerichtet hatte.

Ein kleines Schild an der Haustür wies auf eine Schneiderin hin.

Asagi wartete bis es ganz still war. Dann erklomm er geschickt und ohne seine Kleidung zu beschmutzen die Eiche und landete mit einem Satz geschmeidig auf der Fensterbank des Kammerfensters. Vorsichtig setzte er die Füße auf den alten Holzfußboden und näherte sich Shinyas schlafender Gestalt.

Eigentlich hatte er ihm nur folgen wollen, damit er wusste, wo er wohnte, um sich dannach an einen belebteren Platz zubegeben, um sein heutiges Abendmahl zu wählen, doch irgendwie war die Verlockung dem hübschen Jungen noch einen kleinen Besuch abzustatten, zu groß gewesen.

Zärtlich strich er über die blasse Wange des Schlafenden. Obwohl er ein Mann war, roch er einfach nur unglaublich verführerisch. Langsam beugte sich Asagi vor und küsste ihn erneut auf die hübschen, weichen Lippen. Er würde schon noch einen Weg finden, ihn irgendwie für sich zu bekommen, ohne ihm dafür Gewalt antun zu müssen.

Der Schwarzhaarige wandte sich zu dem anderen Bett um, in dem ein anderer junger Mann ruhig schlief. Er war eindeutig krank, und vielleicht würde genau das der Schlüssel zu Shinya sein.

Asagi grinste und entblößte dabei zwei lange, scharfe Eckzähne.

Mit einem letzten Blick auf den Schlafenden Shinya schwang er sich wieder aus dem Fenster und landete, fast ohne ein Geräusch zuverursachen, auf dem Boden vor dem Haus.

Ziemlich gut gelaunt schlenderte er die Gasse hinunter und horchte in die Nacht auf der Suche nach Stimmen.

Ein paar Ecken weiter fand er ein Gasthaus, vor dessen Schwelle ein junges Mädchen lagerte und auf potenzielle Kundschaft wartete. Er grinste. Kundschaft konnte sie bekommen. Aber er würde definitiv ihr letzter Kunde sein.
 

Ano... Ich weiß der Name des Kapitels ist ziemlich einfallslos~ ....

Bekomm ich trotzdem ein Kommi? *furchtbar-lieb-schau*

In jedem Fall Danke fürs Lesen... *verbeug*

In a moment of despair

II. In a moment of despair
 

Die warmen Strahlen der Sonne, die durch das kleine Fenster fielen, waren es, die Shinya aus seinen unruhigen Träumen rissen. Er setzte sich auf und fasste sich an den Kopf.

Im Traum war da wieder dieser komische Fremde gewesen. Seine roten Augen hatten im Licht des Mondes geschimmert und er hatte ihn bei der Hand genommen und in ein kleines Haus geführt.

Dann war Shinya plötzlich ganz allein gewesen, in mitten von Blut und abgetrennten Händen.

Der Junge schüttelte sich und stand auf. Das Bett seines Bruders war leer, so wie an jedem Morgen.

Besorgt fragte er sich, ob auch wirklich alles in Ordnung mit Dai war. Wenn er auf der Arbeit zusammen brach…

Er schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich machte er sich einfach viel zu viele Sorgen.

Nachdem er sich noch einmal gestreckt hatte, schlüpfte er in die einfachen Hosen und das etwas zu weite Hemd. Seine Mutter hatte es für einen Kunden genäht, der das Kleidungsstück zwar bezahlt, aber nie abgeholt hatte. Auf ihre Nachfrage hin, hatte man ihnen erklärt, dass der Herr unauffindbar sei, und mit großer Wahrscheinlichkeit mit einer Frau von dannen gezogen sei.

Der Junge griff nach einer Bürste und begann sein langes Haar zu kämmen, machte sich dabei auf den Weg aus der Kammer und stieg die schmale Treppe, die man wohl eher als Holzleiter bezeichnen konnte, in den Wohnraum hinunter. Ein freudiges Quietschen drang an sein Ohr. Toshiya, der auf dem Schoss seiner Mutter saß und über und über mit Brei bekleckert war, streckte giggelnd die kleinen Hände nach seinem Großenbruder aus. Dieser lächelte und ging vor ihm in die Hocke, hielt ihm die Hand hin, die dieser mit seinen kleinen Fingerchen ergriff und voller Begeisterung in den Mund steckte um daran herum zu lutschen.

Shinya lachte leise. Als er aufsah blickte er in das lächelnde Gesicht seiner Mutter.

„Du bist schon auf?“, der Junge nickte. „Ich bin aufgewacht und war nicht mehr müde….“

Seine Mutter nickte bedächtig. „Dai ist heute Morgen zu spät aufgestanden… Er sah nicht besonders gut aus…“, Besorgnis spiegelte sich in dem von Falten gezeichneten Gesicht wieder, das trotzdem nicht an Schönheit eingebüßt hatte, „Würdest du nachher vielleicht nach ihm sehen? Er hat nichts gegessen, also könntest du ihm noch etwas mitbringen… Das wäre sehr lieb…“

Der Braunhaarige nickte und zog vorsichtig den Finger wieder zurück. „Ich werde gleich jetzt gehen…“

„Tu das, mein Sohn…“, sie lächelte sanft.

Sie erhob sich und Shinya wurde schlagartig wieder daran erinnert, wie schwach sie noch immer war.

Da ihre Beine zitterten, stützte er sie und brachte sie zu ihrem Bett, auf dem sie sich, sichtlich erschöpft, niederließ.

Eigentlich hatte der Arzt gesagt, dass es mit der Zeit besser werden würde, doch Shinya war noch keine wirkliche Verbesserung aufgefallen, als dass sie nun in der Lage war zumindest aufzustehen und sich Fünf Minuten auf den Beinen zu halten. Doch das Schneiderhandwerk konnte sie noch immer nicht wieder ausführen.

Der Braunhaarige strich seinem jüngeren Bruder über den kleinen Kopf und nickte seiner Mutter zum Abschied zu, bevor er ein Stück Brot und etwas Käse in ein Tuch einschlug und sich auf den Weg zu seinem Bruder machte.

Er beschwere sich nie darüber, dass er nun, da sein Vater fort, und seine Mutter Arbeitsunfähig war, den gesamten Haushalt zu tun hatte, und bis spät in die Nacht arbeiten musste. Es hätte sich dadurch auch nichts geändert, außer vielleicht dass seine Mutter sich mit noch mehr Schuldgefühlen herumgeplagt hätte, als sie es ohnehin schon tat.

Dai hatte es noch viel härter als ihn getroffen. Er hatte heiraten wollen. Ein ganz entzückendes Mädchen mit langen, blonden Haaren und hübschen Augen. Doch es war nichts mehr daraus geworden, weil er sich dazu entschieden hatte, mit der Heirat zu warten, bis das Kind seiner Mutter geboren worden war, und sie wieder in der Lage war, zu arbeiten.

Das Mädchen hatte ihn verlassen, da sie darüber enttäuscht war, dass Dai seine Familie mehr bedeutete als sie.

Shinya seufzte und trat auf seinem Weg zu seinem Bruder nach den kleinen Kieseln, die überall auf dem Boden verstreut lagen.

Die Papierschöpferei in der sein Bruder arbeitete, lag am Rande der Stadt an den Ufern der Themse.

Dies war der älteste Teil der Stadt, der auch am Tag noch gefährlich sein konnte, da hier die Diebe Unterschlupf fanden. Die Straßen waren gesäumt von Menschen, die der untersten Bevölkerungsschicht angehörten, teilweise nicht einmal eine richtige Bleibe hatten und sich vom Betteln ernährten.

Während er durch die engen und schmutzigen Gassen eilte, sah sich Shinya immer wieder unruhig um, auch wenn er wusste, dass diese Geste den Menschen hier bewies, wie unsicher und schutzlos er sich fühlte.

Als er endlich das Rauschen der Themse vernahm, atmete er glücklich auf und legte das letzte Stück Weges rennend zurück.

Der Mann, der auf sein Klopfen hin die Holztür des flachen Gebäudes öffnete, musterte ihn von Kopf bis Fuß bevor er ihn nach dem Grund seines Kommens fragte.

„Ich wollte zu meinem Bruder Dai….“ Der Mann nickte nur und ließ ihn herein.

„Es wäre wohl besser, wenn du ihn gleich mitnähmest, bevor er hier noch irgendwo hin kotzt…“, der Mann schüttelte verächtlich den Kopf und Shinya biss sich auf die Unterlippe. Also war Dai tatsächlich krank. Und trotzdem war er hierher gekommen...

Der zierliche Junge bahnte sich seinen Weg zwischen Bottichen und zum Trocknen aufgehängtem Papier hindurch.

„Shinya?“, sein Bruder kam leicht gebeugt auf ihn zu und versuchte zu lächeln. Er sah sehr blass aus und seine Stirn schimmerte leicht vom Schweiß, „Was willst du denn hier?“

Seine Stimme klang zittrig und schwach. „Eigentlich hat Mutter mich nur geschickt, um nach dir zu sehen, und dir etwas zu essen zu bringen, aber so wie es aussieht werde ich dich wohl mitnehmen müssen…“

Energisch schüttelte der Ältere den Kopf. „Das geht nicht… Das weißt du eben so gut, wie ich. Ich muss arbeiten….“

Eine ältere Frau lachte rau. „Was bringt es dir, zu arbeiten und damit deine Gesundheit zu verwirken? Sei klug und ruh dich ein oder zwei Tage aus, und komm dann wieder. Ein Kranker bringt uns hier eh nur so viel wie ein kleine Kind…“

Behutsam ergriff der Jüngere die Hand des Kranken. „Sie hat recht… Komm….“, den Protest des anderen ignorierend zog Shinya Dai in Richtung Ausgang.

„Ich werde ihn zu einem Arzt bringen…“, erklärte er dem Mann an de Tür. „In ein oder zwei Tagen wird er wieder hier sein…“ „Gut. Aber ein längeres Fernbleiben wird zur Folge haben, dass sein Platz von einem anderen besetzt wird…“ „Dazu wird es gewiss nicht kommen….“, lächelte Shinya und trat mit dem anderen an der Hand ins Freie.

Leider war der Arzt, zu dem Shinya seinen Bruder brachte, etwas anderer Meinung. Der ehemalige Doktor, der sein Amt auf Grund von Alter und Gebrechen hatte niederlegen müssen, schüttelte, nachdem er Dai ausgiebig untersucht hatte, betrübt den Kopf.

„Das wird länger dauern… Und es wird gewiss noch schlimmer werden…“, er senkte die Stimme und zog Shinya etwas beiseite, „Ich will das Unglück nicht herauf beschwören, aber diese Krankheit könnte auch mit dem Tod ihres Bruders enden… Es sei denn, er erhält medizinische Behandlung und hütet für die nächsten ein bis zwei Wochen das Bett…“

Shinya fühlte sich ein bisschen so, als hätte ihm jemand den Boden unter den Füßen weggezogen.

Medizinische Betreuung und Bettruhe… Das passte überhaupt nicht in ihre finanziellen Mittel.

Medizin kostete viel Geld. Und davon hatten sie ohnehin nicht viel. Erst recht nicht, wenn Dai nicht mehr arbeitete. Was Shinya verdiente würde geradeso zum Überleben reichen.

Der Junge fühlte Verzweiflung in sich aufkeimen.

Obwohl der Arzt leise gesprochen hatte, hatte Dai seine Diagnose sehr wohl mitbekommen. Er stand vom Bett des Alten auf und schüttelte den Kopf. „Es wird so gehen müssen…“, stellte er fest und nahm Shinya bei der Hand. „Vielen Dank für ihre Bemühungen…“, er legte etwas Geld auf den Tisch des Alten und zog seinen Bruder aus dem Raum.

Voll Mitleid schüttelte der Alte den Kopf. Was waren das nur für schlimme Zeiten, in denen sich ein Mann entscheiden musste, ob er genesen wollte, oder ob er seiner Familie ein erträgliches Leben ermöglichen wollte.

Er entschloss sich dazu, heute Abend nur für die beiden Jungen zu beten, damit vielleicht ein unverhofftes Wunder geschah.

„Ich will nicht, dass du sterben musst…“ „Ich weiß…“, der Ältere lächelte Shinya traurig an und strich ihm über die Wange, „Vielleicht muss ich das aber auch gar nicht… Du hast den alten doch gehört… Er sagte es könnte so enden, aber es besteht auch die Möglichkeit, dass ich wieder gesund werde…“ „Aber nur unter der Bedingung, dass du Medikamente bekommst… Bitte, Dai…. Ich könnte doch deine Arbeit solange du krank bist übernehmen…“

Der Größere lachte traurig.

„Wenn du das tust, würdest du schon nach Zwei Tagen kaum noch aufrecht stehen können vor Müdigkeit… Und es könnte sein, dass das Geld auch dann nicht reicht…“

Shinya spürte Tränen in seinen Augen brennen. „Aber es muss doch einen Weg geben…“

„Sch… Bleib erst einmal ruhig, und lass uns sehen, was wird. Nur sage bitte Mutter nichts davon. Sie würde sich nur noch mehr sorgen und davon hätten wir am Ende auch nichts…“, er hob das Kinn des Kleineren, damit dieser ihm in die Augen sehen musste. „Versprichst du es mir?“, der Angesprochene nickte nur traurig.

„Dann lass uns jetzt nach Hause gehen…“ Erneut nur ein schwaches Nicken.

Dass sein Vater gegangen war, hatte Shinya verkraftet, doch dass er jetzt vielleicht seinen Bruder verlieren würde, schnürte ihm die Brust zu und ließ ihn fast ersticken. Er war bereit alles dagegen zu tun.

Ausnahmslos…

Ihrer Mutter hatten sie erzählt, dass der Doktor sich nicht sicher sei, was das für eine Krankheit sei, und dass Dai einfach nur für zwei Tage das Bett hüten sollte. Die Frau mit dem kleinen Kind in den Armen hatte geseufzt und genickt und Shinya dann angewiesen eine Schale mit kaltem Wasser und ein Tuch in die Kammer hoch zu tragen, seinen Bruder ins Bett zu verfrachten und ihn gut zu zudecken, um ihm dann immer und immer wieder die Stirn mit dem Tuch und dem kalten Wasser zu kühlen, bis die Sonne sich langsam dem Horizont entgegen neigte und Shinya aufbrechen musste, um nicht zu spät in der Schenke zu erscheinen.

Den ganzen Weg lang zerbrach sich der hübsche Junge den Kopf darüber, wie er seinem Bruder helfen konnte. Wenn er zumindest ein Mädchen gewesen wäre… Dann hätte er seinen Körper verkaufen können, so wie es die geschminkten Frauen in der nähe der Papierschöpferei Nacht für Nacht taten.

Doch so wie er war, ein junger Mann in Frauenkleidern, konnte er höchstens Kundschaft anlocken, aber wenn die Herren bemerkten, dass er keine Frau war, würden sie wieder gehen, oder sich vorher noch für diese Irrführung an ihm rächen.

Als er schließlich über die Schwelle des Gasthauses trat, war ihm noch immer keine Lösung eingefallen. Was musste er tun, um seinem Bruder zu helfen?

Der Wirt begrüßte ihn wie immer und wies ihm die Tische zu, die er Heute bedienen würde. Zu allem Überfluss war eines der Mädchen nicht da, so dass Shinya nun auch noch Drei Tische mehr zu bedienen hatte.

Ohne ein Wort zu sagen ergab er sich diesem Schicksaal und machte sich an die Arbeit.

Die Sonne war seit etwa einer Stunde untergegangen, als ein junger Herr in dunklen Kleidern die Schenke betrat und sich auf den gleichen Platz wie gestern auch schon setzte. Seine Iris schimmerte rot im schein der Kerzen und Gaslampen. Das Paar ungewöhnlich gefärbter Augen wanderte unruhig durch den Raum, bis es endlich entdeckte, was es gesucht hatte. Asagi lächelte.

Für einen Augenblick hatte er befürchtet, dass er sich getäuscht hatte, und der hübsche Junge heute gar nicht da war.

Er hob die Hand um zu signalisieren, dass er bestellen wollte und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als jemand ausgerechnet Shinya an seinen Tisch schickte.

Schüchtern trat der hübsche Junge an seinen Tisch heran. „Was wünscht ihr, mein Herr….“, er wagte es kaum dem Schwarzhaarigen ins Gesicht zu sehen. Bei dem Gedanken an den Kuss stieg ihm eine leichte Röte ins Gesicht.

Asagi streckte die Hand aus und berührte sanft die Wange des anderen, lächelte als dieser ihn noch unsicherer ansah und gab seine Bestellung ab.

Shinya verbeugte sich leicht und machte sich dann hastig davon.

Mit einem Glas Wein und einem Teller Suppe auf dem Tablett machte er sich wenig später wieder auf den Weg zu Asagi. Der Wirt tippt ihm leicht auf de Schulter. „Hat er dich belästigt?“, wollte er wissen und nickte in Richtung des Schwarzhaarigen. „Nicht im Geringsten…“, Shinya schüttelte den Kopf. Beruhigt nickte der Wirt und wandte sich wieder anderen Dingen zu.

Sein Gasthaus war ein ordentliches Gasthaus, und er sah es nicht gerne, wenn sich die Gäste nicht so benahmen, wie es sich in einem ordentlichen Gasthaus gehörte.

Vorsichtig stellte Shinya Teller und Glas vor dem Fremden auf dem Tisch ab. „Darf ich euch etwas fragen?“, wisperte er kaum hörbar.

Der blasse junge Mann überlegte kurz. „Wenn ich dich im Gegenzug auch etwas fragen darf, ja…“

Shinya zögerte einen Augenblick. „Wie heißt ihr?“, er sah ihn fragend an.

Der Angesprochene lächelte leicht. „Asagi…“ Sein Gegenüber nickte leicht. Nun wusste er zumindest seinen Namen.

„Warum sieht du heute so bedrückt aus, Shinya?“, wollte Asagi geradeheraus wissen. Irgendetwas schien ihn sehr zu beschäftigen, und Asagi war der Überzeugung, dass es um seinen Bruder ging. Der Braunhaarige musste herausgefunden haben, dass es sich nicht nur um eine Kleinigkeit handelte.

„Mein Bruder ist krank geworden… Und er braucht Medikamente…“, es widerstrebte ihm etwas Asagi diese Dinge zu erzählen, da er ihn nicht kannte, und er sich auch nicht erklären konnte, warum dieser gutgekleidete Herr sich dafür interessieren könnte.

Da Asagi dazu nichts sagte, verbeugte er sich kurz und eilte zu einem stattlichen Mann drei Tische weiter, der gerade seine Gabel auf dem leeren Teller niedergelegt hatte, und nun die Hand hob, um sich eine weitere Portion zu bestellen.

In den nächsten Stunden hatte er kaum Gelegenheit über den Schwarzhaarigen oder seinen kranken Bruder nachzudenken, da an diesem Tag reger Betrieb in der Schenke herrschte und er von einem Tisch zum nächsten hasten musste, um nicht die Ungarde der Gäste auf sich zu ziehen, indem er sie warten ließ.

Von Zeit zu Zeit riskierte er, es zu Asagi hinüber zu blicken, wand jedoch immer schnell das Gesicht wieder ab, da dieser seinen Blick jedes Mal erwiderte.

„Er ist ja geradezu vernarrt in dich…“, kicherte eine Mädchenstimme neben ihm, als er mit einem vollen Tablett aus der Küche kam.

„Ihr habt vorhin geredet… Was wollte er?“, erstaunt über soviel Neugier sah Shinya das Mädchen an. Es war genau jenes Mädchen, das ihn gestern zur Seite genommen hatte und auf den Schwarzhaarigen aufmerksam gemacht hatte.

„Er… wollte nur etwas über den Wein wissen….“, der Junge wich ihrem Blick aus und drehte ihr den Rücken zu....

Erschöpft strich sich Shinya eine Haarsträhne aus dem Gesicht und trat ins Freie hinaus. Selten hatte er so viel arbeiten müssen. Zumindest hatte er ein wenig Trinkgeld bekommen, auch wenn das im Anbetracht an die Summen, die Medikamente kosteten, geradezu ein Scherz war.

Die Straßen waren erneut in weißes Mondlicht getaucht. Einen Augenblick lang genoss Shinya den Anblick, bis er eine Bewegung in den Schatten neben sich wahrnahm, und einen Schritt zurück stolperte.

„Entschuldige … ich wollte dich nicht erschrecken….“ Sein Herz pochte noch etwas schneller als er die Stimmer erkannte. „Seid ihr es, Asagi?“

Die Gestalt trat aus den Schatten und nickte. Das Mondlicht ließ das Rot seiner Augen noch grotesker aussehen. Er sah unglaublich hübsch aus. Shinya war viel zu angetan um sich darüber zu wundern, dass er einem Mann so hübsch finden konnte.

„Ich habe dir einen kleinen Vorschlag zu machen…“, Asagi lächelte leicht.

„Ich vermute, dass du dir solche Sorgen um deinen Bruder machst, weil du nicht in der Lage bist, auch nur im Ansatz für die Kosten einer Behandlung aufzukommen.“

Ein zaghaftes Nicken und ein trauriger Blick.

„Du könntest für mich arbeiten. Als so eine Art… Kammermädchen…“, er trat etwas näher auf den Jüngeren zu, „Du zieht zu mir, und arbeitest für mich, und dafür übernehme ich alle Kosten, die für die Genesung deines Bruders auftreten, und zahle dir das Doppelte von dem Gehalt, das du hier erhältst…“, zärtlich strich er über den schlanken weißen Hals des Jungens, der ihn nun überrascht ansah, anscheint nicht sicher, ob er sich vielleicht verhört hatte. Als er verirrt zu ihm aufsah konnte Asagi der Versuchung nicht widerstehen und legte seine Lippen kurz auf die seinen.

„Und? Was sagst du dazu?…“
 

Der Name des zweiten Kapitels ist zwar auch nicht besser, als der vom ersten, aber egal T.T

Danke fürs lesen~ *verbeug*

Black angel of Death

Mau... Nach endlos langen Ewigkeiten ein neues Kapitel... >_____________<
 

III. Black angel of Death
 

Für einen Augenblick war Shinya zu verwirrt durch die Berührung des anderen, als dass er auch nur im Ansatz über diesen Vorschlag hätte nachdenken können. Sein dunkelhaariger Gegenüber sah ihn erwartungsvoll an und strich mit den Fingerkuppen erneut über diesen verlockenden, schneeweißen Hals und ließ sich einfach von dem sanften Duft des Jüngeren betören während er etwas ungeduldig auf eine Antwort wartete.

Die Gedanken des Braunhaarigen kamen langsam wieder in Schwung und er fragte sich plötzlich, ob der hübsche junge Mann sich nur einen Scherz mit ihm erlaubte. Warum sollte er ausgerechnet ihn unbedingt bei sich anstellen wollen, und war dazu auch noch bereit einen so hohen Preis dafür zu zahlen? Jedes andere Mädchen in der ganzen Gegend konnte er einfacher haben.

Zudem war er ja nicht einmal eine Frau…

Gänzlich durcheinander überwand er sich dazu Asagi in die Augen zu sehen und erschauderte. Seine Augen waren von einer widernatürlichen Schönheit, die er sich nicht erklären konnte. Kein Mensch konnte solche Augen haben.

„Und?“, der drängende Unterton in der Stimme des anderen war nicht zu überhören.

An dieser Geschichte musste einfach etwas nicht stimmen. Verunsichert wich Shinya einen Schritt zurück. Aber selbst wenn an der Sache ein gewaltiger Harken sein sollte, hatte er denn überhaupt eine Wahl, wenn er Dai nicht verlieren wollte?

Ein leises Seufzen kam über Asagis Lippen. So sehr er sich auch danach sehnte, den Jüngeren so schnell wie möglich bei sich zu haben, wie es aussah war er in diesem Moment noch zu keiner Entscheidung fähig. Zärtlich strich er über die blasse Wange des Braunhaarigen. Die Haut fühlte sich so weich an.

Der Kleinere schauderte leicht und ein Lächeln schlich sich auf Asagis Lippen.

Shinya sah beschämt zu Boden und wagte es eine ganze Weile nicht den Blick wieder zu heben. Als er schließlich doch aufsah, fiel ihm erneut auf, wie atemberaubend schön der andere war. Das schwarze Haar glänzte matt im Mondlicht, welches beinahe die gleiche Farbe wie die Haut Asagis hatte, und die dunklen Kleider standen ihm mehr als nur perfekt. Unmöglich, dass sich ein solches Wesen tatsächlich ernsthaft für ihn interessierte.

„Ich sehe schon… Anscheinend brauchst du für deine Antwort noch etwas Zeit…“, ein Hauch von Bedauern und Enttäuschung lang in der angenehmen Stimme, „Lass es mich einfach wissen, wenn du dich entschieden hast…“, widerwillig zog er die Hand zurück. Shinya war so schön warm. Warum sagte er nicht einfach ja? Mit einem letzten charmanten Lächeln beugte er sich kurz vor, um mit seinen Lippen flüchtig die des anderen zu berühren und machte sich dann mit ausgreifenden Schritten davon.

Genauso regungslos wie in der Nacht zuvor blickte Shinya dem blassen jungen Mann nach.

Er hätte eigentlich sofort zusagen müssen! Egal ob es sich nur als ein Scherz entpuppt hätte, und der andere dann über ihn gelacht hätte! Es war nicht wichtig, was mit ihm selbst geschah, und wohin er gebracht wurde. Er musste doch Dai helfen. Hatte er das denn vergessen? Sein älterer Bruder würde sonst sterben… Und er zögerte?

Plötzliche Wut über sich selbst wallte in ihm auf. Wie konnte er nur so egoistisch sein? Dai hätte nicht eine Sekunde gezögert, wenn er an seiner Stelle gewesen wäre.

Betrübt und voller Verwirrung und Wut setzte er sich in Bewegung, seinem Zuhause entgegen.

Im Haus war es ebenso still wie auf den Straßen. Ein schwacher Wind strich durch die Gassen und wisperte im trockenen Laub der Eiche.

So leise wie nur möglich erklomm Shinya die Holztreppe zu der kleinen Dachkammer. In dem dunklen Raum raschelte es leise, kaum dass er ihn betreten hatte.

„Dai? Bist du wach?“, fragte er zaghaft in das Dunkel. Keine Reaktion, keine Antwort.

Der zierliche Junge machte ein paar zaghafte Schritte in das Zimmer. Vom Bett seines Bruders her war ein leiser Laut zu vernehmen. Ein leises, gequältes Stöhnen.

„Dai?“, seine Stimme war zittrig und hoch. Er riss ein Zündholz an und entfachte eine Kerze und näherte sich vorsichtig dem Bett seines älteren Bruders.

„Dai? Geht es dir gut?“, der Lichtschein der Kerze fiel auf den Körper des Älteren. Erschrocken zuckte Shinya zusammen. Dai sah schlimm aus. Sein Gesicht war wächsern und verschwitzt. Dais Lieder flatterten und er schlug die Augen auf. Seine Hand zitterte als er sie hob um die Wange seines Bruders zu berühren. „Da bist du ja wieder…“, seine Stimme klang so schwach, dass sich in Shinya alles zu einem eisigen Klumpen zusammen zog. „Wie geht es dir?“, wollte er leise wissen, auch wenn er auch so wusste, dass es seinem Bruder miserabel ging. Schuldgefühle keimten in ihm auf. Dai brauchte dringend Hilfe… Sehr dringend sogar….

„Mir ist so… kalt…“, er schloss die Augen. „Ich gebe dir meine Decke…“, vorsichtig strich Shinya über die nasse Stirn seines Bruders. „Aber worunter wirst du denn schlafen? Es ist doch so kalt…“, widersprach Dai als sein Bruder in behutsam zudeckte. „Ach das geht schon… Mach dir bitte keine Gedanken… Du musst wieder Gesund werden… Das ist jetzt alles, was wichtig ist…“

Dai schaffte nur noch ein schwaches Nicken, bevor er wieder in einen unruhigen Schlaf sank.

Eine Träne rann über Shinyas Wange. Seine eigenen Worte hallten ihm in den Ohren wieder.

Ja. Sein Bruder musste wieder gesund werden, das war alles was zählte, und der Preis der dafür zu zahlen war, hatte keine Bedeutung…

Weitere Tränen bahnten sich ihren Weg über seine Wangen.

Dai durfte einfach nicht sterben!

Shinya richtete sich in verzweifelter Entschlossenheit auf und brachte dabei die Flamme der Kerze zum Verlöschen. Er konnte seinen Bruder nicht sterben lassen! Wenn er nicht mehr da war…

Der Gedanke brachte ihn zum Schluchzen. Er schüttelte den Kopf und verließ dann hastig die kleine Dachkammer und das Haus.

Immer noch weinend sah er sich auf der Straße um. Er musste Asagi so schnell wie möglich finden, um ihm zu sagen, dass er bereit war alles zu tun, wenn er nur die Behandlung seines Bruders bezahlte.

Er rannte los, ohne zu wissen, wohin er wollte, oder wo er den Schwarzhaarigen finden konnte. Je länger er rannte, desto mehr drang ihm ins Bewusstsein, dass er so gut wie keine Chance hatte, ihn in dieser Nacht noch zu finden. Er wusste schließlich rein gar nichts über ihn…

Seine Schritte wurden langsamer und neue Tränen hinterließen feuchte Spuren auf seinem Gesicht.

Verzweifelt und durch die Tränen seiner Sicht beraubt, lehnte er sich an eine rissige Hausmauer und schluchzte leise vor sich hin.

„Asagi… Wo bist du nur?“

„Und? Hast du dich entschieden?“ Verschreckt sah Shinya zu der dunklen Gestallt empor, die unmittelbar vor ihm stand und ihn aus unergründlichen Augen ansah. Selbst jetzt im Dunkeln konnte er die rote Färbung der Iris des jungen Mannes erkennen. „Asagi…“, hauchte er in einer Mischung aus Erleichterung und Verwunderung.

„Und? Wie lautet nun deine Antwort?“, er griff sanft nach Shinyas zitternden Händen.

„Ich…. Werde alles tun, was ihr von mir verlangt… Solange ihr meinem Bruder helft…“

Ein unterwartet sanftes Lächeln huschte über Asagis Züge, „In Ordnung… Und nun hör auf zu weinen… Es gibt keinen Grund mehr dazu…“

Er wusste kaum selbst was er tat als er den zierlichen Jungen mit dem Körper sanft an das kalte Mauerwerk drückte, ihn an den schmalen Handgelenken fasste und zärtlich küsste. Der Geruch des Braunhaarigen brauchte ihn fast um den Verstand.

Zart leckte er über die hübschen Lippen des Jüngeren. Dieser wollte erst zurückweichen, den Schwarzhaarigen von sich stoßen und einfach nur davon laufen, schmiegte sich dann aber leicht an Asagi und öffnete die Lippen einwenig.

„Braver Junge…“, wisperte Asagi zufrieden als er den Kuss löste und schlang die Arme um den noch immer zitternden Körper des Jüngeren. Angetan strich er durch das lange, weiche Haar des Jüngeren und spürte zugleich eine ihm nur allzu Bekannte Gier und dieses verhängnisvolle Verlangen nach Blut in sich erwachen. Er versuchte diese Gefühle zu verdrängen, doch trotzdem konnte er immer noch den Herzschlag des zitternden Jungen hören, der langsam immer ruhiger wurde.

„Du hast keine Angst mehr vor mir, oder?“, fragte Asagi Shinya mit einem sanften Lächeln. Der Angesprochene schüttelte den Kopf. Gerade kam er sich ein bisschen wie in einem Traum vor. Die Nähe des anderen tat ihm auf eine seltsame Weise gut, was ihn noch mehr verwirrt hatte, als er ohnehin schon war, da sein Gegenüber, so hübsch er auch aussah, noch immer ein Mann war.

Ganz zaghaft berührte er die porzellanweiße Wange des Schwarzhaarigen. Sie war wie alles an ihm kühl, und die Haut war ganz glatt und zart. Shinya wunderte sich immer mehr, wie ein Mensch von so einer perfekten und gleichzeitig irgendwie bizarren Schönheit sein konnte.

„Ich werde gleich Morgen einen Arzt zu eurem Haus schicken….“, versprach Asagi leise während er die leichte Berührung und den Geruch des Jüngeren in vollen Zügen genoss und ihm über den schmalen Rücken strich, „Und morgen Abend wenn die Sonne untergegangen ist, treffen wir uns hier wieder… Nimm alles mit, was du bei dir haben möchtest….“, er strich über diese weichen und atemberaubenden Lippen.

Shinya schlug die Augen nieder. Die Worte des Schwarzhaarigen sagten eindeutig, dass er sein Zuhause verlassen würde um ihm zu dienen. Der Gedanke seine Mutter, Dai und seinen kleinen Bruder ganz alleine zu lassen, behagte ihm nicht, doch er wusste, dass dies der einzige Weg war, wenn er Dai vor dem Tod bewahren wollte.

„Du wird deine Familie wieder sehen können….“, lächelte Asagi fast als wenn er seine Gedanken gelesen hätte, „Mach dir keine Gedanken mehr… Jetzt wird alles gut….“, er legte seine Hand in den Nacken des Braunhaarigen. Unter seiner Hand konnte er leicht die Halsschlagader pulsieren spüren.

Mühevoll unterdrückte er das Verlangen dem Jüngeren über den Hals zu lecken. Die Gefahr die Beherrschung zu verlieren war zu groß.

„Ich bin euch sehr dankbar…. Wirklich sehr…“, ein zierlicher Körper schmiegte sich an ihn und ein Paar hübscher Lippen lagen nun auf seinen Hals.

Für einen Moment meine Asagi tatsächlichgleich die Beherrschung und seinen Verstand zu verlieren.

Nach einem kurzen Augenblick, der Asagi unendlich erschien, löste der zierliche Junge sich wieder von ihm.

„Also morgen hier….“, Shinya verbeugte sich tief und eilte dann davon. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und er versuchte die Hitze in sich standhaft zu ignorieren.

Einige Sekunden lang stand Asagi wie angewachsen da und starrte im nach. Sein gesamtes Inneres war in Aufruhe und seine Gier nach Blut war selten so groß gewesen.

Obwohl er am Abend zuvor ausreichend Blut zu sich genommen hatte, lenkte er seine Schritte zielgerichtet in Richtung seines lieblings jagtgebietes.

In diesem Viertel Londons lebten ausschließlich Arme.

Wenn dort jemand starb, fragte niemand nach der Ursache. Keiner stelle Ermittlungen an, und keiner kümmerte sich darum, dass der Körper des Toten kaum noch Blut beinhaltete. Am Anfang hatten diese armen Wesen dem Schwarzhaarigen noch Leid getan. Doch er hatte sich an das notwendige Töten gewöhnt.

Er brauchte Blut um zu überleben, und er genoss es, es sich zu nehmen. Schon lange hatte er aufgehört sich vorwürfe zu machen. Er war kein Mensch mehr, und er hatte auch aufgehört wie ein solcher zu denken.

Noch lagen die Straßen still und verlassen vor ihm, doch sobald er in Themsenähe kam, hörte er hier und da in der Dunkelheit ein leises Atmen, ein Husten oder auch verhaltenes Weinen. Hier herrschte Elend, Menschen starben an Hunger oder an Kälte, Kinder, kaum auch nur ein Jahrzehnt auf dieser Welt, waren ganz auf sich allein gestellt und kauerten auf Türschwellen und in Winkeln.

Was machte es für einen Unterschied, ob sie durch seine Hand starben, oder jämmerlich zu Grunde gingen?

Ein Wimmern machte ihn hellhörig. Es war lauter und irgendwie verzweifelter als das übrige Schluchzen, das er vereinzelnd hören konnte.

Einigermaßen neugierig folgte er den Geräuschen bis in eine kleine Gasse, die genauso schmutzig und heruntergekommen war, wie alle anderen Gassen hier. Dort saß ein kleiner Junge zusammen gekauert vor einer jungen Frau, die regungslos auf dem Boden lag, das Gesicht nach unten und seltsam verdreht, und weinte leise und dennoch sichtlich verzweifelt und voller Trauer vor sich hin.

Erst als Asagi unmittelbar vor ihm stand, sah der Kleine auf. Seine roten, verquollenen Äuglein musterten ihn ängstlich und gleichzeitig neugierig.

„Was wollt ihr hier?“, fragte er leise und klammerte sich am Rock der toten Frau fest. Der Schwarzhaarige ging nur schweigend neben ihm in die Hocke und sah ihn wortlos an. „Bist du der Tod?“, fragte der Kleine leise.

Der Größere nickte. „Dann bist du hier, um mich zu meiner Mama zu bringen, oder?“, die kleinen, dreckigen Händchen mit den ungepflegten Fingernägeln gruben sich tiefer in den groben Rockstoff.

Asagi nickte erneut und lächelte dann. Menschenkinder waren naiv und dumm.

Der Junge ließ vom Rock seiner toten Mutter ab und klammerte sich stattdessen an Asagis Rockzipfel.

Etwas ängstlich sah er zu dem Größeren auf. In seinen Augen war der dunkelgekleidete Mann mit der roten Iris und dem glänzenden schwarzen Haar ein Engel, der gekommen war, um ihn wieder mit seiner Mutter zu vereinen.

„Ist Mama im Himmel? Sie hat gesagt, dass es dort sehr, sehr schön ist, und dass Papa da auf uns wartet, und wenn man immer gut ist, kommt man auch dort hin…“, in der Stimme des kleine Wesens schwelgte Hoffnung und Aufregung mit.

Ohne zu antworten strich er dem Jungen über den Kopf und lächelte. Der Junge nahm dies als ein Ja und strahlte. Dann wurde sein Gesichtsausdruck wieder ängstlich. „Wird es sehr weh tun?“, fragte er leise. Sein schwarzer Todesengel schüttelte den Kopf. Seine Finger strichen bereits über den kleinen, schlanken Hals seines Opfers.

Er spürte den Herzschlag des Kindes, hörte ihn leise pochen und spürte wie sein Hunger immer größer wurde. Behutsam strich er über die Leider des kleinen Jungen. Dieser schloss die Augen, und sollte sie auch nie wieder öffnen.

Langsam schlug Asagi seine schneeweißen Fänge in die weiche Kinderhaut und begann dann zu saugen.

Der Junge gab kein Geräusch von sich. Nach einer Weile der Stille wurde sein lebloser Körper neben den seiner Mutter gelegt. Die kleinen Augen geschlossen und einen zufriedenen Gesichtsausdruck auf seinen Zügen.

Asagi wischte sich ein bisschen blut aus dem Mundwinkel. Er hatte getrunken und war nun satt und zufrieden. Lächelnd machte er sich auf den Weg Nachhause, denn er hatte noch ein paar Dinge zu organisieren, bis der Morgen anbrach.
 

Danke fürs lesen~ *________* *strahl*

Mau... Nur so mal als fRage am Rande... :

Als was wollt ihr Kaoru lieber haben? Als Arzt oder als Asagis "Diener"? Ich bin nämlich noch sehr unenschlossen, was Kao nun werden soll ^^

farewell

Mau... Ich bin so ein lahmes Schaf.... Es tut mir wirklich aufrichtig Leid.... Mit dem nächsten Kapitel beeile ich mich etwas mehr... T_______T
 

IV. farewell
 

Es war kaum richtig Morgen geworden, als es an der Tür des Hauses, mit dem kleinen Schild, das auf eine Schneiderin verwies, geräuschvoll klopfte.

Shinya schreckte aus dem Schlaf hoch. Er war vor Dais Bett kniend eingeschlafen, und er hielt noch immer die Hand des anderen in seiner eigenen.

Kurz versicherte er sich, ob Dais Fieber schon etwas zurückgegangen war, konnte aber keine Verbesserung im Vergleich zum Vortag verzeichnen. Es klopfte erneut an der dunklen Holztür und der schlanke Junge sprang hastig auf um, sich etwas anzuziehen, und die Tür zu öffnen.

Draußen wartete ein Edelgekleideter Herr mit einer großen Tasche, die ihn für Shinya sofort als Arzt erkennbar machte. „Guten Morgen, Herr….“, er machte höflich Platz damit der Neuankömmling eintreten konnte.

Zu Shinyas Überraschung und beinahe Entsetzen verbeugte sich der Ankömmling kurz und trat erst dann ein. „Darf ich mich vorstellen? Mein Namen lautet Kaoru… Ihr müsst Shinya sein…“, es war keine Frage sondern eher eine Feststellung. Noch immer vollkommen irritiert nickte der Braunhaarige. Warum sprach dieser Kaoru ihn so respektvoll an? Er war doch nur irgendwer… Und der Kleidung des Doktors nach war dieser alle andere als nur irgendein Arzt. Er hatte offensichtlich Geld, und zwar nicht zu wenig davon.

„Ich würde mir jetzt gern euren Bruder ansehen… Wo kann ich ihn finden?“

Mit einem entschlossenen Ruck setzte Shinya sich in Bewegung und führte den jungen Mann zu dem Patienten, der Gerade im Begriff war die Augen aufzuschlagen und nun verwundert den Fremdenanblinzelte, der da gerade mit seinem Bruder das kleine Zimmer betrat.

„Wer seid ihr?“, fragte er mit schwacher Stimme und versuchte sich aufzusetzen. Seine Sicht war verschwommen und er fühlte sich schwindelig vom Fieber.

„Bleib liegen….“, Kaoru beendete Dais Aufrichtungsversuche indem er ihn sanft aber bestimmt zurück in die Kissen drückte. „Ich bin Arzt…“

Bei diesen Worten schüttelte der Kranke nur den Kopf. Halluzinierte er denn jetzt schon?

Sein fragender Blick streifte seinen Bruder, welcher nun in einer Ecke des Raumes stand und beobachtete wie Kaoru in seiner Tasche suchte.

Vorsichtig löste Shinya sich wieder von der Wand und näherte sich seinem Bruder um ihm kurz die Hand auf die fiebrigheiße Stirn zu legen. „Keine Angst… Kaoru wird sich um dich kümmern… Und bestimmt wird es dir dann bald wieder besser gehen….“

Der Braunhaarige ließ seinem Bruder keine Zeit für Fragen oder Erwiderungen sondern stieg einfach wieder die Holzleiter hinab. Aus der Kleinen Kammer neben der Küche hörte er das Husten seiner Mutter und betrat zögerlich den kleinen Raum. In seinem Bettchen schlummerte friedlich Toshiya, seinen weißen Hasen fest an sich drückend.

„Shinya?“, seine Mutter saß aufrecht im Bett und strich sich das wirre Haar zurück, „Sag, mein Lieber, hat es nicht noch eben geklopft?“

„Ja Mutter… Ein Arzt, der sich im Dai kümmern wird, ist eingetroffen… Er ist wirklich sehr krank… Ohne Hilfe würde er sterben…“

Irritation sprach aus dem Augen seiner Mutter. Er spürte wie ihm das Herz schwer wurde.

„Ich werde für eine Weile fort sein, Mutter… Ein edler Herr hat mir Arbeit in seinem Hause angeboten, und sorgt dafür dass Dai eine medizinische Behandlung bekommt… Ich weiß nicht wann ich euch wieder sehen werde, denn er sagte nur dass ich es mir erlaubt sein wird…“

„Aber…“, seine Mutter schien die Situation nicht recht begreifen zu können, „Wie kannst du denn fortgehen, und welcher Herr, und…“

„Sorge dich nicht weiter, Mutter… Auch für euren Unterhalt wird gesorgt sein…“, er bemühte sich um ein unbefangenes Lächeln. „Ich musste es tun… Dai wäre sonst gestorben… Und so werden auch du und Toshiya so wie immer weiter leben können, ohne an Hunger zuleiden…“

Nicht nur dass… es würde auch genug Geld für Feuerholz übrig bleiben. All die Jahre zuvor hatten sie von jedem Lohn ein bisschen gespart um so über den Winter zu kommen. Doch dieses Geld war in den vorangegangenen Wochen aufgebraucht worden.

Die Mutter des Jungen schüttelte noch immer den Kopf. „Ich glaube ich verstehe nicht recht…“ „Das brauchst du auch nicht, Mutter… Höre bitte nur auf dir Sorgen zu machen… Es wird mir gut gehen…“

„Wann gehst du fort?“, seine Mutter war von Trauer erfüllt, doch so wie ihr Sohn sprach schien er fest entschlossen und das bestehende Problem auf keine Weise anders zu lösen. Sie wollte ihren Sohn nicht ziehen lassen, aber das würde seinen Entschluss nicht ins Wanken bringen können.

„Heute Abend noch…“, Shinya senkte den Kopf. Dies war der Anfang eines Abschiedes, das spürte er ganz eindeutig.

„Schon so bald…“, die Frau hustete erneut. Sie gab sich alle Mühe nicht zu weinen. Als ihr Mann sie zurückließ, hatte sie sich selbst geschworen stark zu sein und keine Tränen mehr zu vergießen. Doch jetzt wo ihr zweites Kind ihr sagte, dass es für das Wohl der Familie gehen müsse, und nicht wisse, wann es wieder käme, brannten ihr die Tränen in den Augen und ließen sich nur mit Müh und Not wieder hinunter schlucken.

„Ich habe noch Vorbereitungen zu treffen… Wir werden uns später sehen…“, so schnell wie möglich verließ er den kleinen Raum wieder. Er ertrug den Anblick seiner trauernden Mutter nicht. Doch war dies alles unvermeidlich.

Dai zu verlieren wäre umso vieles schmerzhafter als ihn ziehen zu lassen.

Er würde gehen und für eine Zeit nicht wieder hierher kommen. Ob nun für Wochen oder Monate, Jahre oder für Immer wusste er nicht. Ein Seufzer kam über seine Lippen.

Es war nun wie es war, und ließ sich nicht mehr ändern.

Ein Geräusch an der Leiter zu der kleinen Dachkammer ließ ihn zusammen schrecken. Umständlich und eindeutig nicht diese Art von Leiter gewöhnt kam der junge Arzt wieder zu ihm herunter. „Euer Bruder ist bereits wieder eingeschlafen. Die Medikamente, die für seine Genesung von Nöten sind, muss ich erst noch beschaffen, und werde zu diesem Zweck erst einmal gehen und später zurückkommen….“, er sah Shinya an als erwarte er auf diesen Bericht eine Frage oder eine andere Antwort.

„I-In Ordnung… Ich werde hier auf eure Rückkehr warten…“, beeilte sich der zierliche Junge zu sagen und wurde schlagartig rot. Innerlich betete er, dass er wenn er in Asagis Diensten stand, nicht allzu häufig mit solch gebildeten und edel anmutenden Gestallten zutun haben würde, wo Asagi selbst doch schon Bildung und Edelmütigkeit für Zehn ausstrahlte.

Wieder entstand eine Pause. Kaoru schien darauf zu warten, dass Shinya noch etwas sagte. Dieser jedoch wusste nicht im Geringsten was er noch dazu sagen sollte, und fragte sich mittlerweile, ob er vielleicht irgendeine Höflichkeit auszusprechen vergessen zu haben. Erst als beinahe Zwei Minuten verstrichen waren, begann der junge Arzt wieder zu sprechen.

„Vorhin habe ich jemanden von hier unten husten hören. Ich dachte mir es sei vielleicht in eurem Sinne, dass ich mir betreffende Person ansehe um die Krankheit zu behandeln…“

„Ach so…“, aus purer Verwirrung vollführte Shinya eine leichte Verbeugung, wie er sie von seiner Arbeit gewohnt war, „Meine Mutter liegt im Nebenzimmer…“

Zufrieden nickte sein Gegenüber und begab sich in das angegebene Zimmer, während Shinya verlegen vor die Tür flüchtete. Er verstand immer weniger warum sich Asagi jemanden wie ihn ausgesucht hatte, wenn er doch mit solch reichen und galanten Menschen Umgang zu pflegen schien.

Vor dem Haus lenkte das Gespräch einiger Jungen, die auf dem Boden saßen und mit bunten aber billigen Glasmurmeln spielten, seine Aufmerksamkeit auf sich. Einer von ihnen, ein kleiner, blonder Junge mit großen blauen Augen, erzählte seinen Freunden gerade von einem Gerücht, das in den Straßen umging.

Es seinen wieder Vampire in London.

Für eine Zeit waren sie angeblich verschwunden gewesen, doch nun waren sie wieder da und hatten schon zahlreiche Opfer gefordert. Die Älteren unter der Scharr von Jungen schüttelten nur die Köpfe und behaupteten er sei schlichtweg verrückt, da doch jeder wusste, dass die aufkommende Kälte dafür verantwortlich war, dass hier und da mehr Menschen starben als sonst, doch die Jüngeren sahen den Erzähler aus großen Augen ängstlich an.

Bei dieser Erzählung kam Shinya schlagartig Asagi in den Sinn. Der hübsche, blasse Mann mit den roten Augen und der eiskalten Haut. Konnte es möglich sein?

Schon Sekunden später kam Shinya die Vermutung absolut albern vor. Asagi ein Vampir? Unmöglich… Von diesen Wesen gingen oft Geschichten umher, doch einen Beweis für ihre Existenz hatte hier in England noch keiner gefunden. Wie kam er überhaupt auf solche Gedanken? Er war dem Dunkelhaarigen zu unendlichem Dank verpflichtet.

Er würde keine Fragen stellen und alles tun, was man von ihm verlangte. Bis seine Schuld abbezahlt war und Asagi ihn gehen ließ, oder die Nase voll von ihm hatte. So ausgiebig an seinen zukünftigen Herren zu denken, machte Shinya unruhig, auch wenn er sich die Ursache nicht erklären konnte.

Dann fiel ihm der Kuss wieder ein und er wurde schlagartig rot. Hastig, wie aus Angst dass ihn jemand ansehen und dabei den Grund für seine plötzliche Röte erraten könnte, wand er sich von den Jungen ab und eilte die Straße hinunter.

Doch im Grunde gab es nichts, was er dort zu schaffen hatte, und so entschied er sich den alten Arzt aufzusuchen, der die Krankheit seines Bruders prognostiziert hatte, nur um ihm zu sagen, dass Dai nun behandelt wurde, und bestimmt nicht sterben musste.

Der alte Mann empfing ihn mit einem freundlichen Lächeln und bat Shinya doch einzutreten und ihm bei seinem Tee Gesellschaft zu leisten. Der Protest des Braunhaarigen wurde schon im Keim erstickt und so fand er sich wenige Minuten später auf einem weich gepolsterten Stuhl wieder. Bei einer Tasse Tee und Plätzchen, die zwar nicht besonders schmeckten, aber trotzdem aus reiner Höflichkeit von Shinya gegessen wurden, erzählte der Junge auf Bitten des Arztes hin von Asagi, wobei er etliche Tatsachen lieber wegließ.

Trotzdem lag das Gesicht des Alten nach seiner Erzählung in sorgenvollen Falten.

Immer wieder hatte er an die Brüder denken müssen, und er freute sich sehr, dass Shinya scheinbar eine Lösung gefunden hatte, aber das Verhalten dieses jungen Mannes, der seine Hilfe so selbstlos angeboten hatte, war ihm ein Rätsel. Wenn dieser Herr ein Hausmädchen wollte, dann konnte er es überall bekommen, und zu wesentlich niedrigeren Preisen. Es machte also keinen Sinn. Er äußerte diesen Gedanken und der Junge senkte den Kopf. „Ich weiß…. Auch ich habe mir schon so oft die Frage gestellt, warum er das tut…“

Der Alte schwieg und Shinya wagte es nicht, aufzublicken. Plötzlich musste der alte Arzt wieder an jene seltsame Todesfälle denken, die sich in letzter Zeit wieder gehäuft hatten. Aber was hatte das mit Shinya zu tun? Oder mit dem geheimnisvollen Mann.

Nach einigen Minuten des Schweigens erhob sich der zierliche Junge und erklärte, dass er jetzt langsam gehen müsse. Der Alte nickte und Begleitete seinen Besucher zur Tür. „Es ist nett, dass du dich zu mir bemüht hast, um mir zu erzählen, dass deinem Bruder nun geholfen wird… Heute Nacht werde ich gewiss ruhiger schlafen….“

Shinya nickte stumm. Dann sah er auf. „Kann ich euch…. Um einen Gefallen bitten?“

Der alte Mann zögerte kurz bevor er schließlich mit einem gütigen Lächeln auf den Lippen nickte.

„Könnt ihr von Zeit zu Zeit nach meiner Mutter und meinem Bruder sehen? Ich will nicht, dass sie ganz af sich allein gestellt sind…“

Gerührt über so viel Führsorge nickte der Alte erneut. „Es ist mir ein Vergnügen…“, er deutete eine höfliche Verbeugung an. „Ich danke euch…“

Mit diesen Worten wandte der Junge dem Haus und seinem Bewohner den Rücken zu und machte sich wieder auf den Weg zurück nachhause. Es war bereits weit über Mittag hinaus und die Dämmerung würde nicht mehr weit sein, wenn er endlich wieder Zuhause ankam, da er einen recht weiten Weg zu gehen hatte.

Widersprüchliche Gefühle machten sich in seinem Inneren breit, da dies zum einen bedeutete, dass er seinen Bruder und seine Mutter schon bald verlassen musste, aber zum anderen würde er Asagi dann sehen.

Sein Herz machte bei dem Gedanken an Asagi erneut einen für ihn seltsamen Aussetzer, doch was ihm viel schlimmer schien, war die Hitze, die kurz in ihm aufwallte und die Röte auf seine Wangen trieb. Er war heil froh, dass es dunkel sein würde, wenn er den Dunkelhaarigen traf, und dass dieser das viel zu schnelle Pochen seines Herzens nicht hören konnte.

Erst als das Schild, welches schon seit Jahren über ihrer Haustür hing, in Sicht kam, fiel Shinya wieder ein, dass er Kaoru eigentlich versprochen hatte, dass er auf ihn warten werde.

Er biss sich auf die Unterlippe und nahm sich fest vor, sich für diese Unhöflichkeit zu entschuldigen, sobald er dem jungen Arzt wieder begegnete. Dies war schon kappe Drei Minuten später, als er die Treppe zur Dachkammer erklomm, der Fall. „Ihr seid zurück…“

Kaoru begrüßte ihn mit einem höflichen Lächeln. „Es tut mir Leid, dass ich einfach gegangen bin, ohne euch davon zu unterrichten….“, Shinya starrte den Holzfußboden an. In Kaorus Nähe fühlte er sich minderwertig und plump. Immer mehr nagte die Frage an ihm, warum Asagi an ihm interessiert war.

„Für so etwas beraucht ihr euch nicht zu entschuldigen…. Eure Mutter war so freundlich mich einzulassen…“, elegant erhob er sich vom dem Kleinen Hocker, auf dem er vor Dais Bett gesessen hatte.

„Euer Bruder dürfte in der nächsten Stunde wieder aufwachen. Etwas Hirsebrei dürfte er gut vertragen. Ich werde morgen wieder kommen, um nach ihm zu sehen….“

„Ich bin euch wirklich sehr dankbar…“, Shinya verneigte sich tief.

„Nicht mir sollte euer Dank gebühren, sondern einzig allein meinem Meister…“, ein leichtes Lächeln huschte über seine Züge, „Von dieser Nacht an ist Asagi ja auch euer Meister… Wir sehen uns dann später…“, ohne eine weitere Erklärung stieg er die schmale Leiter hinab und verließ mit seiner Tasche das Haus.

Nachdenklich starrte Shinya auf einen Fleck an der Wand.

Wie viele Bedienstete Asagi wohl haben mochte? Er seufzte leise und näherte sich dann der schlafenden Gestallt seines Bruders. Dai war noch immer schrecklich blass, doch nun sah es so aus, als würde er ruhig schlafen und sein Atem ging regelmäßig. Shinya nahm den Platz ein, auf dem noch bis vor kurzem Kaoru gewacht hatte.

Während er den Blick durch den kleinen Raum wandern ließ, schweiften seine Gedanken wieder zu Asagi ab, so sehr er sich auch dagegen zu wehren versuchte. Es brachte nichts in einem Fort an den Dunkelhaarigen zu denken, nein im Gegenteil, es machte ihn unruhig und es verwirrte ihn, und doch konnte er nicht umhin erneut über diese ungewöhnlichen Augen und die blasse, zarte Haut nachzudenken. Und wenn er doch kein Mensch war? Vielleicht war er ein Engel…

Dieser Gedanke kam ihm noch um einiges alberner vor, als seine kurze Vampiridee und er schüttelte angestrengt und über sich selbst verwundert den Kopf.

„Shinya?“, eine schwache Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Dai hatte die Augen aufgeschlagen und blinzelte nun vergeblich gegen das letzte Licht des Tages an, welches ihm unnatürlich grell schien. Stöhnend schloss er die Augen wieder.

Den Versuch sich aufzurichten wagte er erst gar nicht. Viel zu gut erinnerte er sich an seine letzten Versuche und daran wie Kaoru ihn mal für mal wieder behutsam in die Kissen zurückgedrückt hatte.

„Der Mann, der da gewesen ist… Kaoru… Er wollte mir nicht sagen, wer ihn hierher geschickt hat, und warum er da ist…“

„Er ist da, weil du krank bist….“, antwortete Shinya leise und vermied es dem Älteren in die Augen zu sehen. Deutlich spürte er, dass nun der Zeitpunkt kam, sich auch von Dai zu verabschieden. Durch das kleine Fenster konnte er sehen wie die Sonne nun schon zur Hälfte hinter den Wipfeln der Bäume verschwand. Gleich musste er aufbrechen, denn er wollte Asagi nicht warten lassen, oder vielmehr war er selbst darauf erpicht den hübschen jungen Mann so schnell wie möglich zu treffen.

„Shinya… Du weißt genau was ich meine! Für einen so guten Arzt wie er einer ist, haben wir nicht das Geld…“, Dai musste seinen Satz unterbrechen, da er von einem heftigen Hustkrampf heimgesucht wurde.

Zu sehen wie sein Bruder unter der Krankheit zu leiden hatte, trieb dem Braunhaarigen fast die Tränen in die Augen. Zärtlich fuhr er seinem älteren Bruder durch das Haar und deckte ihn wieder bis zum Hals zu. „Ich muss für eine Weile fort… Das war der Preis, den ich zu zahlen hatte, um dich nicht zu verlieren…“, er lächelte traurig.

„Aber wer, und wohin?“, wollte Dai mit kraftloser Stimme fragen, doch er bekam keine Antwort. Nur ein erneutes trauriges Kopfschütteln.

Der Horizont war bereits tiefrot verfärbt. Hastig sammelte Shinya die wenigen Sachen ein, die ihm gehörten und tat sie in eine Tasche aus groben Leinen, die an der Unterseite vom häufigen Gebrauch schon rau und dünn geworden war.

„Ich komme zurück…“, versprach Shinya bevor er die schmale Leiter hinab stieg.

Dai wollte ihm am liebsten aufhalten und ihm nachlaufen, doch kaum dass die Sonne vollständig hinter den Baumwipfeln verschwunden war, war auch er wieder in tiefen Schlaf gesunken.

Unterdessen eilte Shinya bereits durch die kalten engen Gassen dem Ort entgegen, den Asagi zu ihrem nächtlichen Treffpunkt auserkoren hatte.
 

*liebschau* Bekomm ich vielleicht trozdem noch Kommis? Auch wenn ich so langsam bin? Bitte~ T____T *schnüf*

Mau.... Es sind noch ein zwei Rollen zu vergeben.... Vorschläge wer noch in dieser etwas seltsamen (und derzeit wohl auch recht langweiligen) FF vorkommen soll? Ich bin für jede Idee dankbar und offen ^^

child of darkness

Nya.... So... Diesmal war ich etwas schneller mit dem nächsten Kapitel ^^ *hüpf*
 

V. child of darkness
 

Es war in wenigen Minuten vollkommen dunkel geworden und das Geräusch seiner Schritte wurde von den verwitterten Mauern der alten Häuser um ihn herum zurückgeworfen. Shinya hastete mit langen Schritten durch die engen Straßen.

Manchmal raschelte es in einem der Hauseingänge oder den abzweigenden Gassen, doch der braunhaarige Junge hielt nicht an, sondern lief unbeirrt weiter.

Sein Atem rasselte und die Luft war so kalt, dass sie ihm in den Lungen brannte.

Als er an der Stelle ankam, an der sich Asagi mit ihm hatte treffen wollen, stieß er einen Seufzer der Erleichterung aber auch der Enttäuschung aus.

Der junge Herr mit den pechschwarzen Haaren und der rot schimmernden Iris war noch nicht da. Zum einen hieß dass zwar, dass Asagi nicht auf ihn hatte warten müssen, zum anderen aber auch, dass er nun warten musste, und den anderen nicht sofort sehen konnte.

„Du hast es aber eilig…“, erschrocken zuckte Shinya zusammen als er die weiche Stimme Asagis direkt an seinem Ohr vernahm.

Augenblicklich schlangen sich zwei Arme um seinen zierlichen Körper und ein Paar weicher, kühler Lippen legte sich auf seinen Hals.

Unwillkürlich neigte der Junge seinen Kopf etwas zur Seite. Nur mit Müh und Not widerstand Asagi dem Drang seine Zunge über die weiße, zarte Haut wandern zu lassen und beschränkte sich darauf für einen Augenblick den Geruch des Jüngeren zu genießen. Dass ein Mann so verdammt lecker riechen konnte, war ihm eigentlich fremd, doch das kümmerte ihn ohnehin nicht. Alles, was er im Augenblick wollte war dieser zierliche Junge Mann mit den langen, feinen braunen Haaren.

Shinya blieb ganz still stehen während sein Herz beinahe schmerzhaft in seiner Brust schlug, und er sich erleichtert in der Sicherheit wiegte, dass Asagi dieses unnormal schnelle Schlagen seines Herzens nicht hören konnte. Doch jener konnte es nur allzu gut hören und es brachte ihn um den Verstand.

Nur aus diesem Grund löste er sich von dem Jüngeren.

Dieser brauchte einige Sekunden um seine Fassung wieder zu gewinnen. „Ich hoffe ihr musstet nicht warten, Herr….“, er versuchte ganz ruhig zu bleiben, als er seinem Herren in die Augen sah. Asagi lächelte und schüttelte leicht den Kopf.

Er bot dem Jüngeren in einer eleganten Geste seinen Arm an, woraufhin sich jener vorsichtig bei ihm unterhackte.. „Lass uns jetzt gehen….“, ein Lächeln huschte über Asagis Gesicht. Nun konnte er die ganze Nacht mit Shinya verbringen und er würde in seinem Haus schlafen und vorerst nicht fortgehen.

Wäre er noch ein Mensch gewesen, hätte sein Herz jetzt einen freudigen Hüpfer getan, doch so blieb alles Still in ihm und nur seine Gedanken überschlugen sich in einer Woge der Freude.

Etwas unsicher folge Shinya seinem neuen Herrn durch die schummrige Dunkelheit. In dieser Nacht waren Mond und Sterne nur selten zu sehen, wenn eine Lücke in den Wolken einen Blick auf sie zuließ. Hier in dieser Gegend machte sich kein Nachtwächter die Mühe, die Laternen zu entzünden, doch Asagi fand seinen Weg ohne die geringsten Schwierigkeiten.

Als Shinya sich über diesen Umstand wunderte, kamen ihm wieder die Jungen in den Sinn, die am Morgen über die angeblichen Vampirmorde hier in der Stadt erzählt hatten. Kaum merklich schüttelte er den Kopf. Diese Geschichten waren Nonsens und wenn er auch nur für eine Sekunde weiter darüber nachdachte, würde er sich nur vor sich selbst lächerlich machen.

Man durfte nichts auf all diese Geschichten geben, die sich Kinder erzählten um Dinge zu verstehen, die in ihrem Alter einfach noch keinen Sinn zu ergeben schienen.

Der Schwarzhaarige an seiner Seite bemerkte das angedeutete Kopfschütten und erneut huschte ein flüchtiges Lächeln über seine Züge.

Ohne es sich erklären zu können, war er von dem Jungen, der sich jetzt, von einem Rascheln erschreckt, an ihn schmiegte, über alle Maße fasziniert.

„Macht dir die Nacht Angst?“, forschend saht er dem Jungen in das hübsche Gesicht. Dieser überlegte für einen Augenblick. „Manchmal ja, denn in der Nacht geschehen Dinge, die bei Tageslicht nicht geschehen würden, und wenn es so dunkel ist wie jetzt, kann ich nicht sehen, was um mich herum passiert…. Und das macht mir schon Angst… Euch denn nicht?“

Die Antwort auf diese Frage blieb dem Schwarzhaarigen zu seiner eigenen Erleichterung erspart, da er gerade die Kutsche erspäht hatte, in der sein treuer Diener Kaoru auf ihre Ankunft wartete.

Im Inneren der Kutsche erwartete sie das sanfte Licht von Gaslampen und ein Gesicht das beiden nur allzu bekannt war. Kaoru lächelte seinem Meister und dessen neuem Schützling freundlich an.

Letzterer war ehrlich überrascht den Arzt so schnell wieder zu sehen.

Mit Asagis Hilfe stieg er in die anheimelnde Wärme und die verlockende Helligkeit. Für einen Moment war er unschlüssig ob er sich jetzt neben Kaoru setzen musste, oder ob es ihm auch erlaubt war, neben Asagi zu sitzen, doch diese Frage erübrigte sich als Asagi ihn sanft neben sich auf die weich gepolsterte Sitzbank zog.

Die Kutsche setzte sich klappernd in Bewegung.

In den ersten Minuten herrschte angespanntes Schweigen. Shinya war viel zu verschüchtert um etwas zu sagen, und Asagi war für den Augenblick viel zu sehr damit beschäftigt, den Jungen neben sich verstohlen aus dem Augenwinkel zu beobachten, als dass er eine Konversation hätte anfangen können.

In der Tat beschäftigte er sich in dieser Sekunde eher mit der Frage, wie ein normaler Mensch, und noch dazu ein männlicher, so hübsch aussehen konnte.

„Euer Bruder ist wirklich… ein sehr besorgter junger Mann… Es ist mir schwer gefallen seinen Fragen auszuweichen….“, Kaoru hatte das Schweigen nicht mehr ertragen können und das Wort ergriffen.

Shinya sah überrascht auf. Auch Asagi hob leicht verwundert den Blick und sah seinen Diener interessiert an.

Irrte er sich, oder war da ein gewisser Unterton in Kaorus Stimme, den er sonst nur heraus hörte, wenn der junge Mann von neuen Erkenntnissen im Bereich der Medizin, oder Theaterstücken schwärmte?

War dies tatsächlich möglich, oder ließ ihn Shinyas Anwesenheit jetzt schon halluzinieren?

„Er macht sich wirklich große Sorgen um euch… Sobald er in der Lage gewesen ist, wieder zu sprechen, hat er mit einer erstaunlichen Beharrlichkeit zu erfahren versucht, wieso ich bei ihm sei, und welchen Preis ihr dafür zu bezahlen hattet…. Er tat mir Leid…“

Die letzten Vier Worte hatte der junge Arzt eher vor sich hin gemurmelt, und im Grunde gar nicht aussprechen wollen, und so senkte er nun verlegen den Blick, und vermied es den Rest der Reise seinem Meister in die Augen zu sehen.

Asagi betrachtete seinen jungen Diener mit großer Erheiterung. Das war eine der wenigen Dinge, die er an Menschen wirklich liebte:

Sie überraschten einen immer und immer wieder mit Handlungen oder Gefühlsregungen, die er nicht erwartete und taten viel zu oft vollkommen sinnlose Dinge, die ihr eigenes Leben gefährdeten.

Bei diesem Gedanken bedachte der Schwarzhaarige den Jungen neben sich mit einem zärtlichen Blick. Dieser sah ihn genau in diesem Augenblick an und sein Herzschlag geriet aus dem Takt.

Ohne dass er es hätte verhindern können huschte ein Lächeln über Asagis Gesichtszüge. Der Jüngere ahnte ja nicht, wie verräterisch sein Herz schlug. Genauso wenig wie er ahnte, dass er den Schwarzhaarigen mit seiner bloßen Anwesenheit und kleinen Gesten wie dem Zurückstreichen seines langen Haares immer wieder an den Rand des Wahnsinns trieb.

Während der Fahrt keimten in Asagi zunehmend Zweifel auf, ob es wirklich so klug gewesen war, Shinya zu sich ins Haus zu holen, doch er wollte und konnte diese Entscheidung nicht rückgängig machen.

Er hatte es im Laufe der Jahrzehnte einfach aufgegeben über Konsequenzen nachzudenken. Diese Form von Denken war für ihn überflüssig geworden. Er war kein Mensch mehr. Er war ein Kind der Nacht, oder, wie immer mehr Menschen zu sagen pflegten, ein Vampir.

Mit der Zeit war ihm klar geworden, dass er, wenn er überleben wollte, aufhören musste sich an die Verhaltens und Denkmuster von Menschen zu halten. Sonst wäre er jetzt schon lange verrückt vor Schuldgefühlen und Einsamkeit geworden.

Er machte sich keine Illusionen. Das Interesse an Shinya, der jetzt verlegen einen Punkt an der gegenüberliegenden Wand der Kutsche fixierte, war nur eine vorübergehende Regung, die mit den Wochen und Monaten wieder abklingen würde. Wie sollte es auch anders sein? Wenn es anders wäre, müsste er eines Tages mit ansehen, wie der Braunhaarige starb, ob nun an Alter, oder an Krankheit, und daran zerbrechen.

Oder er musste ihn zu einem der seinen machen und zu einem Leben in der Dunkelheit und voll Wahnsinn verdammen.

Ein lange nicht da gewesenes Gefühl der Trauer überkam ihn. Im Augenblick mochte er Shinya wirklich sehr und gleichzeitig hatte er wieder das Gefühl zumindest ein bisschen Menschlich zu sein, und nicht nur ein Blutsaugendes Monster, welches nur Jahrzehnte überlebt hatte, weil es anderen das Leben nahm.

Als wenn der Jüngere seine Trauer gespürt hätte, blickte dieser unvermittelt auf und sah ihn unsicher aber dennoch unverkennbar fragend an. Der Vampir streckte die Hand aus um dem Objekt seiner Begierde zart über die warme Wange zu streicheln.

„Gedulde dich noch ein wenig… Wir werden bald da sein…“, er schenkte ihm ein sanftes Lächeln.

Dieses kleine Lächeln reichte schon aus um Shinyas Gedanken auf eine Karussellfahrt zu schicken und ihn beschämt den Kopf senken zu lassen.

Mittlerweile war er zu dem Schluss gekommen, dass Asagi in keinem Fall so etwas wie ein Vampir sein konnte, und dass er, wenn er wirklich kein Mensch sein sollte, wohl tatsächlich ein Engel war. Zu seinem eigenen Glück wusste er nicht, wie falsch er mit diesem Gedanken lag.

Nach einer ganzen Weile des Schweigens, das nur durch das Klappern der Pferdehufe und das Rattern des über Kopfsteinpflaster fahrenden Wagens unterbrochen wurde, hielt die filigran gearbeitete Kutsche und Kaoru sprang hastig auf um seinem Herrn die Tür zu öffnen und ihm aus dem Gefährt zu helfen.

Auch diese weniger würdige Aufgabe verrichtete er mit so viel Eleganz und Anmut, das Shinya sich immer unwohler in seiner Haut fühlte. Kaoru bemerkte diese Gefühlsregung des Jüngren und raunte ihm während er ihm ebenfalls beim Aussteigen half ein „Du wirst schnell gelernt haben, ebenso auf andere zu wirken“ zu, da er das dringende Bedürfnis verspürte ihn ein wenig zu ermutigen, besonders weil er jedes mal, wenn er den Braunhaarigen ansah, an dessen Bruder denken musste.

Asagi hatte die leisen Worte ebenfalls vernommen und zog kurz die Augenbrauen hoch.

Er mochte Shinyas vorsichtige und trotzdem auf eine eigene Weise anmutige Art sich zu bewegen und hoffte insgeheim, dass er sich mit dem Lernen hinreichend Zeit ließ, damit er seine putzigen Gewohnheiten noch etwas länger genießen konnte.

„Soll ich Shinya sein Gemach zeigen, Meister?“, fragte Kaoru, der so eben das schmiedeeiserne Tor zu Asagis Anwesen aufgeschlossen hatte.

„Das werde ich übernehmen…“, erklärte der Angesprochene und sah sich noch dem Braunhaarigen um.

Dieser bekam weder von dieser Unterhaltung, noch von dem Wegfahren der Kutsche etwas mit, da er viel zu beschäftigt war das Haus vor sich anzustarren.

Sie befanden sich im alten, aber noch von der reicheren Bevölkerungsschicht bewohnten Teil der Stadt, und das Gebäude vor ihm war mindestens genauso hübsch und gleichzeitig unheimlich, wie es alt war. Um das Anwesen herum standen viele Häuser, die in nachfolgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten entstanden waren, doch um das Gebäude herum war noch ein einigermaßen großes Stück Freifläche geblieben, welches von hohen, auf Grund der Jahreszeit, fast kahlen Bäumen bewachsen war. Der Grund war über und über mit Schlingpflanzen überwuchert, die sich an den Bäumen und der Hauswand empor schlängelten.

In der Dunkelheit meinte Shinya einen Brunnen aus weißem Gestein ausmachen zu können.

„Gefällt es dir?“, das zweite Mal in dieser Nacht wisperte Asagi direkt an seinem Ohr und verursachte bei ihm so einen halben Herzstillstand, so dass er nur zu einem Nicken im Stande war, da er sich absolut sicher war, dass seine Stimme ihm ihre Dienste verweigern würde.

„Komm mit….“, forderte Asagi ihn auf und strich wie beiläufig über den weichen Hals des Jüngeren. „Ich will dir dein Gemach und deine Arbeitskleidung zeigen….“, über letzteres etwas verwundert nickte Shinya nur Stumm und folgte seinem Herrn durch das große Tor über einen verwitterten Weg auf das große Gebäude zu.

Das Innere des Hauses wirkte auf Shinya ebenso beeindruckend wie das äußere. An vielen Wänden hingen Gemälde aus vergangenen Jahrhunderten und Teppiche, von denen er nicht einmal geahnt hatte, dass es sie gab. Unsicher bewegte er sich immer seinem Meister hinter her, und versuchte jenen nicht aus den Augen zu verlieren und sich dabei alles um ihn herum anzusehen.

Als Asagi schließlich stehen bleib, prallte Shinya glatt gegen ihn.

„Verzeiht mir…“, er machte hastig wieder ein paar Schritte rückwärts und sah den Älteren schuldbewusst an. Dieser konnte jedoch gar nicht anders, als zu lächeln und schüttelte nur verzeihend und ziemlich belustigt den Kopf, ehe er die Tür, vor der er stehen geblieben war, mit einer schwungvollen Bewegung öffnete und Shinya dazu aufforderte den Raum zu betreten.

Der Junge tat wie ihm geheißen und wäre fast wieder aus dem Zimmer geeilt.

„Dein Gemach…“, lächelte Asagi, der für einen Moment das Gefühl gehabt hatte, dass sein neues „Kammermädchen“ nicht geglaubt hatte, dass er tatsächlich hier wohnen sollte.

Shinya schluckte. Gemach traf es tatsächlich auf den Punkt. Der Raum war mindestens dreimal so groß wie die Dachkammer, die er sich bis jetzt immer mit Dai geteilt hatte, und hatte einen eigenen Kamin.

Eine Tür an der Westseite des Zimmers führte in ein geräumiges Bad, das, wie Shinya erst etwas später erfahren sollte, eine Verbindung zwischen seinem und den Zimmern seines Herrn darstellte.

An einer Wand stand ein ziemlich einladend wirkendes, breites Bett und davor ein runder Tisch mit zwei Stühlen. Auf einem der Stühle lag ein Kleid, welches zu Shinyas Entsetzen nicht bis zu den Knöcheln, sondern höchstens bis zu den Knien reichen würde (An dieser Stelle ein Gruß an Sene-Chan ^^).

„Deine Arbeitskleidung….“, erläuterte Asagi und versuchte ein Grinsen zu verbergen
 

Danke fürs lesen ^^ *strahl*

hunter and prey

Miau~ *strahl* Und hier das nächste Kapitel ^^ *nicken-tu*
 

VI. hunter and prey
 

„W-wie?“, Shinya sah seinen Meister aus aufgerissenen Augen an. Dieser zuckte nur kurz mit der Schulter und lächelte dann. „Ich möchte, das du dieses Kleid hier im Haus trägst…“

Der Jüngere spürte wie er rot wurde, und nickte ohne etwas zu erwidern.

„Würdest du es anziehen? Ich möchte sehen wie es an dir sitzt“, er strich zärtlich durch das Haar seines Kammermädchens und genoss dessen Verwirrtheit.

Der Braunhaarige wagte es nicht zu widersprechen und näherte sich langsam dem Kleidungsstück.

Schon auf den ersten Blick war zu erkennen, dass es sich bei den Stoffen um hochwertige Ware handelte. Vorsichtig nahm der Junge das Kleid in die Hand und stellte erschrocken fest, dass er sich verschätzt hatte, und besagtes Objekt ihm in Wirklichkeit nur bis weit über dem Knie reichen würde. Unter dem Kleid langen noch ein Paar Hochsitzender, schwarzer Strümpfe.

Mit einem hastigen Blick in Richtung Asagi begann er sich mit klopfendem Herzen auszuziehen.

Asagi gab sich nicht die Mühe zu verbergen dass er den Jüngeren genau beobachtete, und wie sehr er genoss was er zu sehen bekam.

Shinyas Haut war fast so weiß wie seine eigene uns sein Körper von unglaublich zierlicher Gestalt. Das weiche Haar des Jungen fiel glatt über seinen schmalen Rücken. Unbewusst leckte Asagi sich über die Lippen. Begierde wallte in ihm auf, doch war es dieses Mal nicht das alt bekannte Gieren nach Blut.

Unglücklicherweise sah Shinya ihn genau in diesem Augenblick an und schreckte erschrocken zurück. Warum beobachtete Asagi ihn so eingehend? Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und er senkte hastig die Augen. Sein Herr lächelte zärtlich und gleichzeitig auch traurig. Shinya war unglaublich hübsch und ganz ohne es zu wollen mindestens genauso verlockend. Es würde nur eine frage der Zeit sein, bis der Schwarzhaarige auf die eine, oder die andere Weise die Beherrschung verlieren würde.

Schon jetzt war das Verlangen sich dem Jüngeren zu nähern und zumindest einmal über seine zweifellos weiche Haut zu streichen und die Wärme seines Körpers zu spüren so groß, dass es ihm schwer fiel zu widerstehen.

So schell wie er konnte schlüpfte Shinya in das Kleidungsstück. So von seinem Herren angesehen zu werden, machte ihn seltsam unruhig, und er hatte Angst, dass jener vielleicht etwas davon bemerken könnte…

„Wie erwartet steht es dir ganz hervorragend…“, der Vampir verharrte wo er war, da er selbst wusste zu was er in der Lage war, wenn er die Kontrolle verlor. Und in diesem Augenblick stand er unmittelbar davor.

Der Rock des Kleides reichte etwa bis zur Mitte der schlanken Oberschenkel des Braunhaarigen, und zwischen Rocksaum und den schwarzen Strümpfen war stetig ein schmaler Streifen weißer haut zu sehen, der geradezu dazu verleitete…- er unterbrach sich in Gedanken und räusperte sich kurz.

„Ich werde Kaoru bitten dich morgen zu wecken und dir bei Tageslicht das Haus zu zeigen und dich in deine Aufgaben hier einzuweisen. Ich werde in der Regel bis zu den Abendstunden beschäftigt sein, daher wirst du am Tage allein mit Kaoru sein…“, er zögerte kurz, „Durch das Badezimmer gelangst du in meine Gemächer. Doch ich muss dich bitten nur die ersten drei Räume zu betreten. Dahinter liegen jene Bereiche, die du nur auf meinen ausdrücklichen Wunsch zu betreten hast….“

Shinya nickte ergeben. Er hatte es nicht gewagt seinen Meister anzusehen, und hob jetzt zum ersten Mal, dass er sich angezogen hatte, den Blick um den schwarz Haarigen anzusehen. Dieser lächelte sanft.

„Wenn du eine Pause machen willst, oder deine Aufgaben verrichtet hast, darfst du gerne in meiner Bibliothek lesen… Der zweite Raum nach dem Badezimmer…“, er näherte sich seinem Bedienstetem langsam.

„Lege dich jetzt schlafen…Der morgige Tag wird lang für dich werden….“, er hauchte ihm einen zarten Kuss auf die Lippen. „Süße Träume…“, er lächelte und verließ den Raum.

Shinya sah ihm nach und fasste sich dann erschöpf an den Kopf.

Wie war es nur möglich, dass ein Mann ihn so dermaßen verwirrte?

Seufzend ließ er sich auf sein Bett fallen und stellte freudig fest, dass dieses weich und gemütlich war. Der Junge mit den braunen Haaren streckte sich genüsslich und sah an die Decke. Dass er auch jemals nur einen Fuß in ein Haus wie dieses setzen würde, hatte er sich nicht in seinen kühnsten Träumen vorgestellt. Menscher wie er waren von niederem Wert, und für gewöhnlich blieben sie es. Shinya hatte noch von niemandem gehört, der so viel Glück gehabt hatte, wie er. Natürlich hatte er Gerüchte von hübschen, jungen Mädchen gehört, die angeblich von galanten Herren eingeladen und in ein Leben in Wohlstand gehoben worden waren, aber es waren immer nur Gerüchte gewesen, denen er niemals Glauben geschenkt hatte.

Er drehte sich auf den Bauch und lächelte leise vor sich hin. So wie es jetzt war, war alles gut. Egal wie viel er vielleicht arbeiten musste, es war in Ordnung. Seinem Bruder wurde geholfen, und er durfte hier in nächster Nähe zu Asagi leben.

Shinya spürte wie ihm merkwürdig warm wurde und fragte sich wie lange es noch so sein würde, dass Asagis bloße Anwesenheit sein Herz mit doppelter Geschwindigkeit schlagen ließ. Es war ein seltsames Gefühl, und er war sich nicht sicher, ob er das Gefühl mochte, oder nicht.

Während er so dalag wurde er sich plötzlich bewusst wie schrecklich müde er war und erinnerte sich an die Worte seines Meisters, dass der morgige Tag ein langer Tag werden würde.

Er rappelte sich auf und machte sich daran die Gaslampe die sein Zimmer erleuchtete zu löschen. Im Dunkeln tapste er zu seinem Bett zurück und zog sich wieder aus. Durch das Fenster fiel dann und wann, wenn eine Lücke in den Wolken es zuließ, milchiges Mondlicht, so dass er noch genug sah um seine neuen Kleider ordentlich auf den Stuhl zu legen und das, für seinen Geschmack etwas zu kurz geratene, Nachtgewand unter der Bettdecke zu entdecken. Kaum war er in jenes Gewand geschlüpft, krabbelte er auch unter die Decke seines neuen Bettes und rollte sich dort zusammen. Träge Müdigkeit bemächtigte sich seiner Glieder und langsam glitt er in einen tiefen Schlaf. Bevor er endgültig eingeschlafen war dachte er noch kurz an seinen Bruder Dai und fragte sich, wie es ihm wohl in diesem Augenblick ging, und ob Asagi nun auch zu Bett ging.

Asagi saß in seiner Bibliothek am offenen Fenster und horchte aufmerksam in die Nacht hinein. Irgendwo im Haus hörte er Kaoru rumoren, der entweder gerade Geschirr spülte, oder ein neues Experiment aufbaute, und Zwei Räume weiter konnte er, wenn er sich konzentrierte das gleichmäßige Schlagen des Herzens des Schlafenden Shinyas hören. Die Dunkelheit draußen vor dem Fenster war nur von den üblichen Geräuschen durchwachsen, und dennoch lag etwas in der Luft, das Asagi unruhig machte, auch wenn er nicht die geringste Ahnung hatte, was es war.

Nach einer weile des regungslosen Verharrens gab der Schwarzhaarige auf und schloss das Fenster. Aus der Richtung der Räumlichkeiten seines Dieners Kaoru erschallte ein gläsernes Klirren. Asagi seufzte leise. Manchmal war er bereit einiges zu geben um ein weniger gutes Gehör zu haben, aber in den meisten Situationen war es wichtig und praktisch jedes Rascheln und jedes noch so kleine Wispern hören und es einer Richtung zuordnen zu können. Er war ein Jäger, doch in der Vergangenheit war es dann und wann vorgekommen, dass er selbst zum Gejagten geworden war.

Auch wenn Vampire für gewöhnlich voneinander Abstand hielten und das Territorium des jeweils anderen unbehelligt ließen, konnte es passieren dass es zu Auseinandersetzungen kam. Bei weitem nicht alle Vampire hielten sich an die alten Regeln, und einige der Jüngeren gabenvor nie etwas von Regeln gehört zu haben.

Seine roten Augen wanderten die Wand von Büchern entlang. In einer der hinteren Ecken fand er eines der Bücher, die er erst vor kurzem entdeckt und noch nicht gelesen hatte. Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen ließ er sich auf der Fensterbank nieder und begann mit dem Rücken an das kalte Glas gelehnt zu lesen.

Am anderen Ende des Hauses war Kaoru gerade voll und ganz damit beschäftigt seinen Destilationsversuch daran zu hindern an die Decke zu gehen. In Gedanken versunken hatte er die die Gasflamme zu heiß gedreht, und nun war die Flüssigkeit in dem Glaskolben viel zu heiß geworden. Innerlich fluchte Kaoru. Das war jetzt die zweite Unaufmerksamkeit an diesem Abend…

Er drehte die Gaszufuhr vollständig ab. Es brachte alles nichts. Es war wohl das Beste, wenn er sich wusch und dann schlafen ging. Egal was er tat, er musste immer wieder an Dai denken. Trotz der Medizin die er ihm verabreicht hatte, machte er sich Sorgen um den Gesundheitszustand des anderen. Was wenn sein Fieber erneut stieg?

Auf dem Weg in sein eigenes Badezimmer riss er fast eine Vase von einem Hocker. Dieses Mal fluchte er laut und unverblümt. Was in Gottes Namen war denn los mit ihm?

Schön… Dai interessierte ihn, und dass nicht unbedingt geringfügig, aber das war doch kein Grund durch die Gegend zu laufen, als sei er ein verwirrter Maulwurf.

Kopfschüttelnd und bedacht nicht erneut gegen irgendwelche Hindernisse zu prallen, begab er sich in das Badezimmer, wo eine kalte Schüsselwasser und ein Schwamm auf ihn warteten.

Asagi musste Lachen als er das laute fluchen derjenigen Person hörte, die er in Gedanken oftmals als einen Freund und nicht nur als einen Diener bezeichnete. Mit Genugtuung erkannte er, dass er selbst wohl nicht der einzige war, dessen Gedanken immer wieder zu einer anderen Person hin abdrifteten und dadurch am Abgrund des Wahnsinns stand..

Unzählige Male hatte er von seinem Buch aufgeblickt und sich gefragt ob er der schlafenden Schönheit zwei Räume weiter nicht einen kurzen Besuch abstatten sollte, sich aber immer dagegen entschieden..

Nun aber legte er das Buch beiseite. Es war schließlich Herbst, und die Nächte waren lang, und er hatte mehr als genug Zeit, falls er das nicht sowieso immer gehabt hatte. Dennoch hatte es lange gedauert, bis er zu dieser Erkenntnis gekommen war. Wenn Vampire überhaupt irgendetwas hatten, dann war es Zeit.

Leise bewegte er sich durch den mit Büchern gefüllten Raum und betrat das kleine Zimmer, das er seit jeher als Kaminzimmer genutzt hatte. Dort standen im Wesentlichen nur ein großer in die Wand eingelassener Kamin, ein paar alte Sessel und ein kreisrundes Tischchen. Schwerer Samt verhängte die Fenster, obwohl es im Grunde nicht nötig war. Die Wände waren mit Regalen gesäumt und ebenfalls mit Büchern bestückt. Der Schwarzhaarige ließ auch diesem Raum hinter sich und durchquerte das Bad. Behutsam öffnete er die Tür zu Shinyas Zimmer.

Da Shinya die Lampen gelöscht hatte, lag nur vom silbrigen Mondlicht beleuchtet da. Der braunhaarige Junge lag noch immer zusammengerollt auf der Seite unter seiner Decke und atmete ruhig. Vorsichtig ließ sich sein Herr auf der Kante des Bettes nieder. Wie konnte er etwas so unschuldiges nur beschmutzen wollen? Die Jahre hatten aus ihm tatsächlich ein Monster gemacht und er unterschied sich nun nicht mehr von seinem Erschaffer. Doch er konnte nicht anders, und er wollte nicht anders. Was brachte es schon sich in Zurückhaltung zu üben, wenn jeder um ihn herum, ob nun Mensch oder Monster, weiter Leid verbreitete?

Zärtlich strich er dem schlafenden Wesen über die Wange und dann über den Hals. Er sah so lecker aus und der Schwarzhaarige war glücklich in den letzten zwei Tagen so reichlich gespeist zu haben.

Lächelnd strich er mit den Fingerkuppen über die weichen Lippen des Jüngeren. Die Augenlieder des Braunhaarigen zuckten und der Junge schlug er die Augen auf. Im ersten Moment reichte das Licht des Mondes für ihn nicht aus um irgendetwas zu erkennen.

„Asagi?“, fragte er leise in das Dunkel und richtete sich, noch mehr schlafend als alles andere, auf. „Bleib liegen…. Ich wollte nur kurz nach dir sehen…“, wisperte der Ältere leise und drückte ihn sanft zurück. Der Gedanke wie schwach Shinya in diesem Augenblick doch war flammte ihn ihm auf und er konnte der Versuchung einfach nicht widerstehen, Shinya an den schmalen Handgelenken in die weichen Kissen zu drücken und seine Lippen mit einem Kuss zu verschließen. Der Untenliegende wehrte sich nicht und schloss die Augen. Gierig leckte Asagi ihm über die hübschen Lippen. Shinya war in diesem Augenblick kaum Herr seiner Sinne und öffnete die Lippen etwas. Der hübsche junge Mann über ihm zögerte keinen Moment diese Einladung anzunehmen und drang mit seiner Zunge in den Mund des anderen ein.

Als sie sich wieder voneinander lösten rang Shinya nach Atem, nicht wissend wie er in diese Situation gekommen war, und warum ihm so warm war. Der Obere küsste ihm zärtlich den Hals entlang, woraufhin der Jüngere den Kopf zur Seite legte ein leises, aber nicht zu überhörendes Keuchen von sich gab, welches den schwarzhaarigen merklich erschaudern ließ.

Widerwillig richtete Asagi sich auf. Er wollte nicht aufhören, aber er musste. Um ihrer beider willen.

Liebevoll strich er ihm über die Wange und erhob sich ohne ein weiteres Wort um Shinya wieder in seinem Gemach alleine zu lassen.

Dieser rollte sich erneut unter seiner Decke zusammen, krampfhaft darauf bedacht an unschöne und ekelige Dinge zu denken um seine Erregung wieder abflauen zu lassen. Das Wissen, dass Asagi sich in diesem Augenblick mit dem gleichen Problem herumschlug, hätte seine Ohren ohne Zweifel noch etwas röter werden lassen, als sie es ohnehin schon waren….

Verträumt starrte Asagi die aufgeschlagene Seite des Buches an, ohne auch nur eines der Worte als ein solches zu erkennen.

Seitdem er bei Shinya gewesen war, galten seine Gedanken ausnahmslos ihm, und nichts in diesem Raum hatte etwas daran ändern können.

Shinya glich einem Geschenk, das direkt vor einem lag, welches man aber nicht auspacken durfte, egal wie sehr man es auch wollte.

Seufzend warf der Vampir einen Blick aus dem Fenster hinaus. Am Horizont, viel zu schwach als dass ein Mensch es hätte bemerken können, zeigten sich bereits die ersten Anzeichen für das Aufgehen der Sonne.

Obwohl er eigentlich noch Zeit hatte, klappte er das Buch, welches er zumindest zu lesen versucht hatte, wieder zu und legte es auf den großen, von Papier und alten Plänen, sowie zahllosen Büchern, bedeckten Tisch, an der dem großen Fenstern gegenüberliegenden Wand, der sich unter dem Gewicht seiner Last, die seit vielen Jahren immer mehr wurde, in der Mitte sogar schon leicht durchbog.

Es belustigte ihn jedes Mal, wenn Kaoru, dessen Räumlichkeiten selten als aufgeräumt bezeichnet werden konnten, sich über den Zustand dieses Tisches empörte und schon allein das war Grund genug das Chaos auf dem Tisch so zu belassen, wie es war.

Mit einem letzten sehnsüchtigem Blick auf die Tür die ins Kaminzimmer führte, und somit in die Richtung in der Shinya sich befand, verließ Asagi die Bibliothek und trat in sein Ankleidezimmer, einen kleinen, Fensterlosen Raum.

Dort, wo in den anderen Zimmern die Fenster waren, fand sich hier eine schmale, aus dunklem Holz gefertigte Tür, welche in jene Bereiche führte, die weder Shinya noch Kaoru betreten sollten. Eine steinerne Wendeltreppe führte zum einen nach oben in die zwei kleinen, übereinander liegenden Zimmer des Türmchens, und zum anderen hinab in den Keller, auch wenn Keller wohl kaum der richtige Ausdruck führ das verwinkelte Labyrinth von Gängen war, von denen einer zu seiner Schlafstätte führte.

Hier unten war er gut geschützt, und selbst wenn es irgendeinem törichten Menschen gelang bis in an seine Ruhestätte vorzudringen, würde er ihm doch kaum etwas anhaben können, da kein Sonnenstrahl seit ewigen Zeiten den kalten Stein um ihn herum berührt hatte.

Mehr als ein halbes Jahrhundert hatte er schlafend in dem kalten Gemäuer verbracht, und niemand hatte seine Ruhe gestört.

Zielsicher beschritt er den Gang zu seiner Rechten. Diesen Weg fand er tatsächlich auch mit geschlossenen Augen, und das war kein Wunder wenn man bedachte wie viele unzählige Male er ihn schon benutzt hatte. Und in all dieser Zeit hatten sich die langen Gänge kaum verändert….

Das Gewölbe in dem sein Sarg aufgebahrt lag, war still wie immer.

Wie schon so oft empfand Asagi bei seinem Anblick Belustigung. Er hatte versuchte ohne einen Sarg auszukommen, doch anders als manch andere Gesichte war die von dem Sarg, in welchem Vampire bei Tag ruhen mussten, wahr.

Zugegeben, man konnte ohne ihn auskommen, doch schlief man nicht richtig. Man befand sich nur in einem Dämmerzustand zwischen Schlafen und Wachen, der sich negativ auf Geist und Sinne auswirkte. Unzufrieden schlug er den Deckel zurück und stieg in das einengende Innere des Sarges. Viel lieber wäre es ihm gewesen an Shinyas Seite zu schlafen, doch das war nicht möglich und würde wohl auch niemals möglich sein.

Der Schwarzhaarige zog den Deckel über sich zu. Seine gewohnte Schwärze umgab ihn, gepaart mit dem Geruch nach altem Holz und Staub. Früher hatte sein Sarg noch anders gerochen, nach frischem Holz und teurem Samt. Wie lange war das jetzt her?

Asagi schüttelte den Kopf. Es gab keinen Grund jetzt an die Vergangenheit zu denken, wo es doch ohnehin besser war überhaupt nicht an das zurück zu denken, was mit ihm geschehen war, als er noch menschlich gewesen war, und auch nicht an das, was in der Zeit nach seiner Verwandlung geschah.

Draußen, weit von ihm entfernt musste sich der Horizont gerade langsam rot verfärben, denn urplötzlich fiel eine schwere Müdigkeit über den Vampir her und die Augen wurden ihm schwer.

Es war Zeit für ihn zu schlafen. Und wenn er erwachte, würde Shinya da sein. Der Gedanke an den zierlichen Jungen ließ ihn lächeln.

Immer noch lächelnd gab er der Müdigkeit nach und viel in einen totengleichen Schlaf, den erst der Anbruch der Nacht beenden würde.
 

Nyo... Danke fürs Lesen.... Kommis? *aller-liebsten-liebguckblick-aufsetz* Mau ^^

impatient

VII. impatient
 

Die Sonne war erst vor wenigen Stunden aufgegangen als sich die Tür zu Shinyas Zimmer langsam öffnete. Der Grund dafür war ein verschlafen aussehender junger Mann, dessen Haare an einer Seite wild vom Kopf abstanden. Der Dunkelhaarige gähnte.

Er hatte nicht besonders viel geschlafen, da ihm ein gewisser Herr, der auf den Namen Dai hörte, die ganze Nacht nicht aus dem Kopf gegangen war. Doch trotzdem war Kaoru alles andere als schlecht gelaunt, da er gerade kurz davor stand sich auf den Weg zu eben dieser Person zu machen.

Grinsend warf er einen Blick auf Shinya, der zusammen gekringelt in seinem Bett lag und schlief wie ein Stein.

Da er den Jüngeren nicht unnötig wecken wollte, legte er ihm einen kleinen Zettel hin, auf dem er ihm mitteilte, dass er aufgebrochen war, um nach Dai zu sehen, und in spätestens Drei Stunden wieder da sein würde. Doch so wie Kaoru die Situation einschätzte, würde der Braunhaarige sowieso noch eine ganze Weile weiter schlafen.

Ebenso leise wie er den Raum betreten hatte, verließ der junge Arzt ihn auch wieder.

Vor der Haustür streckte er sich und schlang dann den Überrock den er trug enger um sich. Die Kälte der Nacht war noch nicht verflogen und die ersten Sonnenstrahlen stachen in seinen Augen, was ihn nicht wunderte, da er für gewöhnlich nur selten bei Tag das Haus verließ.

Weiterhin fröstelnd durchquerte er den Garten in Richtung des Pferdestalles, in welchem, trotz seiner Größe, nur zu Pferde untergestellt waren.

Ziel gerichtet steuerte Kaoru auf das rotbraune Pferd zu, das hinter dem ersten Verschlag zu seiner Rechten lagerte und legte ihm das Zaumzeug um. Das große Tier ließ ihn mit einem leisen Schnauben gewähren und stupste ungeduldig gegen Kaorus Seite, da es sich eine kleine Leckerei erhoffte. Auf dieses musste das Pferd jedoch warten, bis Kaoru es fertig gesattelt hatte, denn erst kurz bevor er das Tier aus der Stallung führte, hielt er ihm ein kleines Bündel frischen Hafers unter die Pferdeschnauze, über welches das Pferd gierig herfiel.

Kaoru schwang sich mit einer geübten Bewegung auf den Rücken des zufrieden schmatzenden Tieres.

Er wollte gerade los reiten, als ihm klar wurde, dass etwas fehlte. Beinahe hätte er sich mit der flachen Hand vor die Stirn geschlagen.

Über seine Eile und Vorfreude hinweg hatte er seine Tasche in seinem Gemach stehen lassen. Seufzend stieg er wieder ab und eilte zurück zur Eingangstür.

Konnte das denn die Möglichkeit sein? Wenn seine Verwirrtheit weiter anhielt, würde er sich noch in die Luft sprengen, oder gegen eine Wand laufen und sich dabei eine große Beule zuziehen.

Nachdem er sich wieder seiner Tasche bemächtigt hatte, rannte er beinahe wieder hinaus zu dem wartenden Pferd um erneut dessen Rücken zu erklimmen.

Noch einmal in Gedanken überprüfend, ob er nun alle wichtigen Sachen beisammen hatte, nahm er die Zügel in die Hand und trieb das Pferd dann dazu an, los zu galoppieren.

Es war wirklich ein außergewöhnlich kalter Morgen, so dass Kaoru sich reichlich erfroren fühlte, als er nach nahezu Vierzig Minuten das Haus erreichte, in dem sein Patient wohnte.

Die Finger, mit denen er seine Tasche ergriff, fühlten sich klamm an und er verfluchte sich nicht zum ersten Mal seit seinem Aufbruch dafür, nicht an ein Paar Handschuhe gedacht zu haben.

Sein Reittier band er an seinem der niedrigen Äste der Eiche an, die vor dem Haus stand und trat dann auf die hölzerne Tür zu.

Es dauerte eine Weile, bis sich auf sein Klopfen etwas hinter der Tür regte. Jemand hustete, doch es hörte sich nicht wie das Husten einer Frau an.

Endlich wurde die Tür entriegelt und anschließend geöffnet. Kaoru sah den jungen Mann, der ihn mit schwacher Stimme herein bat, erschrocken an. „Dai! Ich hatte dir gesagt, du sollest im Bett bleiben!“, fuhr er den jungen Mann an, der daraufhin erschrocken zurückwich und eine leise Entschuldigung darüber murmelte, dass er nicht gewollt hatte, dass seine Mutter sich zu so früher Stunde aus dem Bett erheben musste. Er huste erneut.

„Um dich steht es aber wesentlich schlechter, als um deine Mutter….“, erwiderte Kaoru gewollt kühl. Er wollte sich nicht anmerken lassen, dass er sich die ganze Nacht um den Jüngeren gesorgt hatte, und dass sich sein Inneres bei dem Anblick der kranken Gestallt schmerzhaft zusammenzog. Es war augenscheinlich dass Dai noch immer Fieber hatte, auch wenn die Medikamente es vermindert haben dürften.

„Wenn du hier durch die Gegend geisterst, kann ich mir meine Behandlung gleich sparen, als mach bloß zu, dass du wieder in dein Bett kommst.“, knurrte Kaoru und es tat ihm furchtbar Leid, da der Angesprochene betreten den Kopf senkte und unterwürfig nickte.

War es denn wirklich nötig sich dem Jüngeren gegenüber so kühl zu geben? Kaoru suchte in seinem Inneren nach einer Antwort, doch seine Grübelei wurde je unterbrochen, weil Dai es in seinem geschwächten Zustand nicht schaffte die Holztreppe zu der kleinen Dachkammer aus eigener Kraft zu erklimmen.

Der Dunkelhaarige schlang die Arme von hinten um den Körper des jungen Mannes und verhinderte so, dass dieser rückwärts von der Treppe fiel. „Vorsicht…. Lass mich dir helfen….“, Dai erschauderte bei dem Klang der Stimme, in der plötzlich etwas beinahe zärtliches mitschwelgte, was er angesichts der sonstigen Kälte, die ihm der hübsche Arzt entgegenbrachte, nicht verstand.

Für einen Moment behielt Kaoru Dai eng umschlungen, dann wurde ihm klar, dass er den Jüngeren auf diese Art und Weise nicht nach oben bekommen konnte und zog ihn sanft mit sich zurück auf den festen Boden.

„Du wirst wohl auf meinen Rücken klettern müssen….“, entschied er nachdem er die Treppe, welche man wirklich kaum eine solche nennen konnte, mit einem Prüfendem Blick bemessen hatte. Dais Gesichtsausruck nahm etwas Verstörtes an. Er sollte sich tatsächlich von einem so reich und edel anmutenden Herrn die Treppe hinauftragen lassen?

Der junge Mann schüttelte den Kopf. „Ihr braucht mich nicht zu tragen… Ich schaffe es alleine…“

Auf diese Worte hin begann der Arzt spöttisch zu lächeln. „Na dann…. Noch dir“, er machte einen Schritt zur Seite und vollführte eine übertriebene Verbeugung.

Dai ignorierte diese Geste. Für ihn kam es nicht in Frage von Kaoru getragen zu werden. Ihm war es schon unheimlich genug, dass jemand wie er von einem ganz eindeutig gutbetuchtem Arzt behandelt wurde, der ihm mit jeder Bewegung klar machte, dass er, Dai, weit unter ihm stand und es nicht würdig war, auch nur von ihm angesehen zu werden, und auch nur der Gedanke daran, sich von dem Dunkelhaarigen tragen zu lassen, wirkte auf ihn wie eine Widersetzung gegen die Gesetze der Natur.

Sie standen nicht annähernd auf einer Stufe, er und das hübsche, elegante Wesen, das da hinter ihm stand und ihn mit amüsierten Blicken bedachte.

Tatsächlich jedoch waren die Belustigung und der Spott in den Zügen des anderen nur eine Maske um all die anderen Gefühle zu verbergen, die in seinem Inneren wüteten. Er mochte, Dai, und das spürte er in diesem Augenblick stärker als je zuvor.

Er konnte nicht einmal mit Bestimmtheit sagen, was es war, das ihm an dem anderen so gefiel, er verspürte einfach nur eine unendliche Zuneigung während er ihn betrachtete.

Als Dai erneut Gefahr lief, rücklings von der Treppe zu fallen, hielt er ihn erneut davon ab, und zog ihn zurück. „Bist du immer noch der Meinung, dass du es alleine schaffst?“, fragte er leise nach und bemühte sich vergebens um etwas Gehässigkeit in seiner Stimme.

Dai erschauderte merklich und schüttelte dann beschämt den Kopf. „Dachte ich es mir doch….“, er wand dem jungen Mann den Rücken zu und ging ein wenig in die Hocke.

„Würdest du jetzt bitte die Freundlichkeit besitzen, meine Hilfe anzunehmen?“

Zögerlich näherte sich Dai ihm und ließ sich von dem jungen Arzt huckepack nehmen. Kaoru hatte nicht die geringsten Schwierigkeiten sich aufzurichten, da der junge Mann auf seinem Rücken erschreckend wenig wog.

Nervös schlang Dai die Arme etwas fester um Kaoru, welcher sich nun daran machte die Treppe zu erklimmen. Der Körper unter ihm war warm und er konnte das Spiel von Knochen und Muskeln unter der Kleidung des anderen spüren.

Am Ende der Treppe angekommen wollte sich der Jüngere sofort von seinem Träger lösen, doch dieser gab ihn erst frei, als sie unmittelbar vor dem Bett standen.

Sanft wurde er auf der im Grunde nur aus Flicken bestehenden Schlafstätte abgesetzt. „Bleib hier, ich gehe meine Tasche holen….“

In Kaorus Stimme war wieder der erhabene Befehlston zurückgekehrt, und Dai fühlte sich augenblicklich nicht mehr ganz so verunsichert. So behandelt zu werden, dass war Dai durchaus gewohnt. Es war nicht so verwirrend wie von einem wohlhabendem Arzt auf dem Rücken getragen zu werden.

Mit einem leisen Seufzer ließ er sich zurück in die Kissen sinken.

Der Tatsache, dass er auf Grund des Fiebers und seiner wirren Träume ziemlich durchgeschwitzt war, wurde er erst gewahr, als der Dunkelhaarige ihn darauf ansprach.

Er war nicht nur mit seiner Tasche sondern auch mit einer Wassergefüllten Schüssel zurückgekehrt, in der bereits ein Leinentuch schwamm. Beunruhigt beobachtete Dai den Arzt, als dieser seine Mitbringsel neben dem Bett abstellte und seinen Blick dann über den schmalen Körper seinen Patienten wandern ließ.

Krampfhaft versuchte er seiner Stimme einen gleichgültigen Klang zu geben, „Du musst aus deinen Kleidern heraus, damit deine Erkrankung sich nicht verschlimmert…“, dass ihm dazu auch noch eine Wäsche bevor stand, brauchte er angesichts der Wasserschüssel wohl kaum hinzufügen.

„Ich kann das alleine….“, murmelte Dai und rutschte missbehaglich auf seinem Bett hin und her. „Natürlich…. Wahrscheinlich genauso toll, wie du Treppen steigen kannst, mein Lieber…“, Kaoru lachte leise und ließ sich auf der Kante des Bettes nieder.

Dai sah ihn trotzig an. Warum machte ihn das nur so unruhig? Kaoru war ebenso wie er ein Mann, und noch dazu ein Arzt. Diese Angelegenheit war für ihn eine berufliche Alltäglichkeit, und hätte für Dai auch kein Anlass sein dürfen so aufgeregt zu sein.

Und dennoch klopfte ihm das Herz bis zum Hals als Kaoru, der die in ihm aufkeimende Erregung sorgfältig verbarg, ihm half aus dem weiten Hemd zu schlüpfen.

Der junge Mann war tatsächlich erschreckend dünn, aber gleichzeitig auch anziehender als Kaoru es vermutet hatte. Er brauchte nur die Hand zu heben um über die helle Haut streichen zu können, und wahrscheinlich hätte es genauso wenig bedurft um den jungen Mann unter sich zu bringen.

Eisern widerstand der Dunkelhaarige der Versuchung, beschloss aber, dass es reichen würde sich nur mit dem Oberkörper des Jüngeren zu befassen. Vorsichtig fuhr er mit dem nassen, kalten Lappen über die vom Fieber erhitze Haut. Dai erschauderte, was nicht die Schuld des kalten Wassers alleine war, und biss sich auf die Unterlippe, während er geradezu betete, dass der hübsche Arzt sein Verhalten nicht richtig interpretierte.

Zu seinem scheinbaren Glück war der junge Arzt in diesem Augenblick viel zu sehr mit dem Körper unter seinen Händen beschäftigt, als dass er irgendetwas bemerkt hätte.

Er konnte es nicht leugnen, er wollte den schlanken jungen Mann, so sehr wie er noch nie etwas begehrt hatte und fragte sich für einen Augenblick, ob Asagi unter seiner Zuneigung zu Shinya ebenso litt, wie er in diesem Augenblick.

Alles in ihm schrie danach mit der Zunge die sich deutlich abzeichnenden Knochen nachzuzeichnen, doch er wollte Dais Hilflosigkeit nicht ausnutzen, darum hielt er sich zurück.

Nachdem er den Jüngeren mit einem frischen Leinenhemd bekleidet hatte, verabreichte er ihm seine Medizin. Dai hatte sich tief unter die Decke verzogen und vermied es Kaoru direkt ins Gesicht zu sehen.

„Ich denke du wirst jetzt erst einmal wieder ein paar Stunden schlafen…. Ich werde deiner Mutter mitteilen, dass sie dir dann etwas zu Essen bringt….“, erklärte der Arzt während er seine Habseligkeiten wieder in seiner Tasche verstaute, „Ich werde gegen Abend noch einmal nach dir sehen…“

Unsicher richtete sich Dai etwas auf. „Darf ich euch eine Frage stellen?“

Der Angesprochene lächelte leicht und nickte, auch wenn er im Grunde schon wusste, was der Jüngere ihn fragen würde.

„Wo ist mein Bruder jetzt? Geht es ihm gut?“

„Er ist im Anwesen meines Herren Asagi untergebracht, und es wird ihm an nichts fehlen“, der junge Arzt richtete sich auf.

„Was macht er dort?“, die Frage des Kranken wurde nur mit einem Kopfschütteln beantwortet.

„Das waren bereits zwei Fragen… Ich werde nicht mehr sagen…. Außer vielleicht gegen eine gewisse Gegenleistung….“, er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und ließ Dai ohne ein weiteres Wort in seiner Irritation zurück.

In der Stube saß die Mutter des Mannes, den er so begehrte mit ihrem kleinen Sohn auf dem Schoss.

„Wie geht es ihm?“ „Schon viel besser… Und euch?“, er deutete eine höfliche Verbeugung an.

„Dank euer Hilfe schon wesentlich besser…. Ich möchte euch wirklich danken, mein Herr…“

Kaoru schüttelte nur lächelnd den Kopf.

„Wenn euer Sohn nachher erwacht solltet ihr ihm zu essen geben….“, mit diesem Hinweis und einer weiteren Verbeugung trat er durch die Tür nach draußen, wo ihn das rotbraune Pferd bereits erwartete.

Der Rückweg fiel dem Dunkelhaarigem schwer da er sich eigentlich nicht von Dai entfernen wollte, sondern lieber an seinem Bett Wachehalten wollte, doch er hatte Asagi versichert ihren Neuankömmling in alles Wichtige einzuweisen.

Mit einem unzufriedenen Gesichtsausdruck trieb er das Pferd in den Galopp….

Shinya erwachte, weil direkt neben ihm etwas polterte. Verschreckt schnellte er hoch und sah sich gehetzt um. Doch alles, was er erblickte war Kaoru, welcher sich gänzlich unelegant und murmelnd das Schienenbein hielt.

Soweit Shinya es beurteilen konnte, war der Arzt gegen den Stuhl gestoßen, und hatte ihn gegen das Bett kippen lassen, so dass der Junge mit den langen braunen Haaren erwacht war. „Ist alles in Ordnung mit euch?“, fragte der eben erst Erwachte und zog somit die Aufmerksamkeit des fluchenden Mannes vor seinem Bett auf sich, der ihn nun entschuldigend ansah. „Ich wollte euch nicht so unsanft aus dem Schlaf reißen….“

„Macht euch nichts daraus… Es ist nicht weiter schlimm….“, Shinya strich sich das wirre Haar aus dem Gesicht.

„Dann bin ich beruhigt…..“, lächelte Kaoru und richtete sich wieder vollständig auf. „Wenn ihr euch nun ankleiden und waschen wollt? Ich werde euch in der Zeit ein Essen herrichten…“

Ehe Shinya noch etwas erwidern konnte, hatte der dunkelhaarige Arzt den Raum wieder verlassen. Immer noch schlaftrunken kroch Shinya aus seinem warmen und überaus warmen Bett. Mit dem Kleid über dem Arm, welches Asagi zu einer Arbeitskleidung ausersehen hatte, betrat er das Badezimmer.

Dort hatte jemand, wie er vermutete wohl Kaoru, bereits eine Schüssel mit lauwarmen Wasser und Seife bereitgelegt. Während er sich wusch, wurde sein Kopf langsam wieder klar, und das erste, an das er unweigerlich dachte, war Asagi. Ein heißes Brennen stieg in ihm auf und er schüttelte angestrengt den Kopf. Er verkrampfte sich und beendete hastig seine Körperwäsche um dann in das Kleid, die Strümpfe und die Schuhe zu schlüpfen.

Nichts war ihm in diesen Augenblick lieber, als Ablenkung, damit er nicht mehr dazu kam, an seinen hübschen Herrn zu denken.

„Ihr seid ja schon fertig…“, Kaoru empfing ihn mit einem höflichen Lächeln, doch Shinya entging nicht der interessierte Blick, den der junge Arzt ihm zuwarf. Verlegen starrte er zu Boden. Wenn Asagi ihn auf diese Art und Weise musterte, war das etwas ganz anderes. Dass Kaoru ihn so ansah, wollte er nicht.

„Wollt ihr mir folgen?“, Kaoru, der auf dem nun freigewordenen Stuhl gesessen hatte, erhob sich und öffnete dem Jungen die Tür.

Bei Tageslicht sahen die Gänge des alten Anwesens plötzlich so anders aus, dass Shinya sich tatsächlich fragte, ob er noch immer in dem selben Haus war, das er in der letzten Nacht gesehen hatte.

Auf dem Weg in die Küche, die im westen des Gebäudes lag, also genau auf der anderen Seite, erklärte Kaoru dem Neuankömmling, dass es außer ihm und Shinya nur eine einzige weitere Person gab, die den Haushalt regeln half:

Einen jungen Mann, der unweit des Anwesens wohnte, und sich um Kohlen und Pferde kümmerte und sonst den einen oder anderen Botengang sowie gelegentlich die Einkäufe erledigte. Alle anderen Aufgaben oblagen nun ihm und Kaoru. Der Braunhaarige war erstaunt. Er hätte niemals erwartet, dass in einem Haushalt wie diesem nur so wenige Menschen beschäftigt waren.

„Du hast die Aufgabe die Flure dein eigenes Zimmer und das Badezimmer zu reinigen. In der Waschküche liegt noch Wäsche, die du waschen musst, und die Küche müsste auch dringend geputzt werden….“, erläuterte Kaoru während des Essens. Shinya nickte und aß mit großem Appetit was man ihm vorgesetzt hatte. Selten war er in den Genuss so guter Speisen gekommen, und über die Erzählungen des anderen hinweg hatte er Asagi zumindest ein bisschen vergessen.

Die Gedanken an den Schwarzhaarigen kehrten jedoch augenblicklich zurück, kaum dass Kaoru ihm die Utensilien, die für die Verrichtung seiner Aufgaben nötig waren gezeigt hatte, um sich dann in seine Räumlichkeiten zurückzuziehen, mit dem Vermerkt, dass es Dai den Umständen entsprechend gut ginge, und dass er ihn zu einer späteren Stunde noch einmal aufsuchen würde.

Schweren Herzens machte Shinya sich an seine Arbeit…

Kaoru blickte von seinem Buch auf und sah zum Fünfzehnten Mal in dieser Stunde zum Fenster hinaus. War es jetzt Abend? Durfte er jetzt wieder zu Dai?

Er legte das schwere Buch beiseite und fuhr sich durch das Haar.

Es machte einfach keinen Sinn weiter hier zu bleiben. Nun da Shinya hier war, brauchte er nicht mehr so viel im Haus zu tun, und dank Dai konnte er sich weder auf sein Studium, noch auch irgendeine andere Sache konzentrieren. In seinem Kopf war endgültig nur noch Platz für den hübschen jungen Mann, der sich schon so oft erdreistet hatte, sich seinen Forderungen zu widersetzen.

Kopfschüttelnd verließ er das Zimmer und machte sich auf die suche nach dem Bruder eben jener Person, die ihm nicht mehr aus dem Kopf ging. Zu seiner großen Verwunderung jedoch, konnte der den zierlichen Jungen nicht finden. Alle Aufgaben waren verrichtet, doch von Shinya war weit und breit keine Spur zu sehen, obwohl Kaoru alle Zimmer abgesucht hatte, die dem neuen Kammermädchen zugänglich waren. Es sei denn Asagi hatte ihm erlaubt auch die Räumlichkeiten bis zum Ankleidezimmer zu betreten.

Schnellen Schrittes eilte Kaoru zum Eingang der Bibliothek. Behutsam öffnete er die Tür einen Spalt breit und linste in das Zimmer. Und tatsächlich entdeckte er Shinya wie er über ein Buch gebeugt dasaß und las.

„Ach hier seid ihr…..“

Der Angesprochene zuckte zusammen. „Asagi sagte ich könne hierher kommen, wenn mir danach sei….“, erklärte der Junge leise. Kaoru nickte langsam, „Die Sonne geht bald unter… Der Herr dürfte bald zurückkehren… Ich werde mich erneut zu eurem Bruder begeben….“

Bei diesen Worten horchte Shinya merklich auf. „Könnt ihr ihm meine Grüße überbringen?“

Der junge Arzt nickte erneut.

„Vielen Dank….“ „Ihr braucht mir nicht zu danken….“, Kaoru verbeugte sich leicht und zog sich wieder zurück. Etwas zu hastig schloss er die Tür hinter sich und ging so schnell er konnte ohne dabei zu rennen zum Pferdestall.
 

Wie ich mir Trauer gestehen muss leider ein Kapitel ohne Asagi-sama.... *schuldbewusst-kiselsteinchen-durch-die-gegend-kick* Bekomm ich trotzdem Kommis? *blinzel* *kicher*

In jedem Fall danke fürs Lesen~ *nicken-tu*

In the dark and the cold

VIII. In the dark and the cold
 

Kälte und Dunkelheit. Das waren die ersten beiden Dinge, die Asagi wahr nahm als er aus seinem Schlaf erwachte.

Schon immer waren diese beiden Empfindungen seine einzigen Gefährten beim Erwachen gewesen. Für einen Moment war er wie betäubt von der Kälte und fühlte sich verloren in der Unendlichen Schwärze. Er war ganz alleine, ein verdammtes Kind der Nacht, das nichts anderes als den Tod verdiente.

Seine Hand zuckte leicht und langsam löste er sich aus seiner Starre. Erinnerungen fluteten auf ihn ein und plötzlich war es vorbei mit der Kälte. Mit einer kraftvollen Bewegung stieß er den Sarg auf.

Schneller als an den meisten anderen Abenden stieg er aus seinem Sarg und ließ den Deckel achtlos offen. Seinem Körper haftete ein leichter Geruch an - Shinyas Geruch.

Schon der bloße Gedanke an den zierlichen Jungen brachte sein Inneres in Aufruhe. Von hier unten konnte er die Anzeichen für die Anwesenheit des Braunhaarigen nicht hören, und doch wusste er, dass er da war. Über dieses Gefühl sowohl belustigt als auch beunruhigt begab er sich sogleich auf den Weg zurück an die Oberfläche und, diese Tatsache zählte in diesem Augenblick mehr als alles andere, zu Shinya.

Die Tür zum Ankleidezimmer gab nicht mehr als ein winzigkleines Knarren von sich, als der Schwarzhaarige sie öffnete. Asagi widerstand dem Drang den kleinen Raum sofort zu durchschreiten um zu Shinya zu gelangen, der ganz eindeutig in der Bibliothek saß, und begann hastig damit sich zu entkleiden und sich dann mit frischen Gewändern anzutun.

Wenn er das gleiche trug, wie am Abend zuvor, würde dem zierlichen Jungen nur allzu früh auffallen, dass mit seinem Herrn etwas nicht stimmte.

Genau aus diesem Grund verließ er das Ankleidezimmer auf dem gleichen Weg, auf dem er es auch betreten hatte und wand sich zu der Wendeltreppe, um dieses Mal den Weg nach oben in den Turm einzuschlagen.

Aus dem erstbesten Fenster das erfinden konnte warf er einen Blick nach draußen. Niemand war zusehen. Nur um sich zu vergewissern, dass wirklich Keiner in der Nähe war, schloss er kurz die Augen und horchte aufmerksam auf Anzeichen von menschlichem Leben. Zu seiner Zufriedenheit blieb seine Suche erfolglos und er schwang sich elegant aus dem Fenster.

Katzengleich und nur ein leichtes Rascheln im Laub erzeugend, landete er auf der feuchten Erde.

Lautlos nähere er sich der Eingangstür. Bei dieser Gelegenheit wurde er zum ersten Mal in dieser Nacht gewahr, dass Kaoru nicht im Haus war. Sich die Frage zu stellen, wo der junge Arzt wohl sein konnte, war vollkommen unnötig, wenn er an sein Verhalten vom Vorabend dachte.

Asagi hatte nicht dagegen, dass Kaoru so von seinem neuen Patienten angetan war. Schließlich war der junge Arzt nicht sein Gefangener und auch nicht sein Sklave. Er hatte nie von Kaoru verlangt bei ihm zu bleiben und ihm zu dienen. Er war einfach an seiner Seite geblieben, ob nun aus Dankbarkeit oder um seine Schuld abzubezahlen, dass wusste der schlanke Vampir nicht, doch es war auch nicht von Gewicht, warum er da war, sondern dass er da war.

Wie ein Schatten huschte Asagi durch das Haus, ganz wie er es gewohnt war, hielt dann aber urplötzlich inne und ging langsamer und darauf bedacht Geräusche zu erzeugen.

Durch die Vorsicht dauerte es für Asagis Geschmack viel, viel zu lange bis er schließlich vor der Tür zur Bibliothek stand. Langsam schob er die Tür auf und ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. So wie der Jüngere in das Buch au seinem Schoss vertieft war, hätte er sich seinen Umweg auch sparen können.

Grinsend schlich er sich von der Seite an das hübsche Wesen an, welches weiterhin seinen Blick fest auf die Seiten des Buches geheftet behielt, und schlang ohne Vorwarnung die Arme um seinen zierlichen Körper. Shinya erschreckte sich so sehr, dass er beinahe das Buch hätte fallen lassen, hätte Asagi dieses nicht festgehalten. Die kalten Lippen des Vampirs legten sich auf den Hals des Jüngeren und wanderten langsam noch oben zu seinem Ohr, um kurz daran zu knabbern. Eine Gänsehaut kroch über die Haut des Braunhaarigen, der erschrocken die Lippen aufeinander drückte, um ein leises Keuchen zu unterdrücken.

„Ich wusste gar nicht, dass du lesen kannst…“, stellte Asagi fest und legte das Buch beiseite um die andere Hand auch frei zu haben und den Jüngeren über die Wange streichen zu können, während er den anderen Arm weiter um ihn geschlungen behielt.

Der hämmernde Herzschlag des hübschen Geschöpfes entlockte ihm ein weiteres Grinsen und machte ihm seine Wirkung auf ihn nur zu deutlich.

„Mein Vater hat mir das Lesen beigebracht….“, erklärte Shinya unruhig und versuchte sich innerlich wieder zu beruhigen.

„Und? Gefällt dir das Buch?“, die leise an seinem Ohr gehauchten Worte lösten ein Kribbeln in ihm aus und da er seiner Stimme nun nicht mehr vertraute, nickte der Jüngere nur.

Asagi nahm den Duft der zarten Haut des Braunhaarigen auf, hörte wie seine Atmung unregelmäßig wurde, als er seine Hand über seinen Oberkörper wandern ließ, und spürte wie sein Verstand dazu ansetze sich auf und davon zu machen.

Es kostete ihn unendlich viel Überwindung sich wieder von Shinya zu lösen. Er wollte ihn mehr als alles andere, seinen Körper, sein Blut, alles an ihm, und er hasste sich dafür….

Weit von Asagi und Shinya entfernt erwachte Dai aus einem unruhigen, von wirren Träumen durchzogenen Schlaf. Jemand strich ihm sanft über die Wange und streifte flüchtig seine Lippen. Dais Herz setzte für ein paar Sekunden aus. Kaoru? Konnte das sein? Aber das machte keinen Sinn!

Er schlug die Augen auf und sah direkt in ein Paar hübscher, brauner Augen die nur wenige Zentimeter von den seinen entfernt waren. „Kaoru?“, keuchte Dai verwirrt und versuchte Abstand zu gewinnen, was ihm jedoch nicht gelang, da er bereits so gut wie an der Wand lag, „Was tut ihr denn?“

Der Angesprochene versuchte sein Entsetzen zu verbergen. In dem Glauben, dass der Jüngere schon nicht erwachen würde, hatte er sich dazu hinreißen lassen sich tief über ihn zu beugen, um einmal ganz flüchtig die Lippen des anderen mit seinen eigenen bedecken zu dürfen.

„Was soll ich schon tun?“, seine Stimme hatte nicht im Ansatz den Klang, den er ihr hatte geben wollen.

Er war noch immer sehr nahe bei Dai, dessen Selbstbeherrschung in diesem Moment zu einem winzigen Fünkchen zusammenschrumpfte, der sich zu seinem Vermögen logisch zu denken, dem Gedanke an Konsequenzen gesellte, die sich in den äußersten Winkel seines Körpers verkrochen hatten.

Seine Hand vergrub sich in den weichen, langen Haaren des über ihn gebeugten Mannes und er überwand die kurze Distanz, die ihre Lippen noch von einander trennte.

Kaoru war zu überrascht um zu reagieren.

Dafür reagierte sein Körper umso heftiger auf den fordernden Kuss und den Körper, der sich nun an ihn drängte.

Als Dai klar wurde, was er tat löste er sich hastig wieder von dem Ältern und sah diesen schuldbewusst an. „Vergebt mir, ich wollte nicht….“, er konnte seinen Satz nicht zu ende bringen, da Kaoru sich wieder mehr oder weniger unter Kontrolle hatte, und das einzige tat, womit Dai nicht gerechnet hatte und dessen Lippen mit einem nicht minder sehnsüchtigem Kuss versiegelte und sich gleichzeitig über den jüngeren schob um sich dann auf seinem schmalen Becken niederzulassen…

Interessiert betrachtete Asagi Shinya über den Rand seines Buches hinweg. Verlegen hatte dieser sich wieder in das Buch, das er vor Asagis Ankunft gelesen hatte vertieft. „Shinya?“, der Vampir lächelte ihn verführerisch an, „Kommst du hier her zu mir?“, er wies auf den freien Platz neben sich auf der Fensterbank und beobachtete jeden seiner Schritte. Erneut wurde ihm schmerzlich bewusst, wie sehr er dass zierliche Wesen vor sich begehrte.

Der junge Mann ließ sich unsicher neben seinem Herrn nieder und warf ihm einen scheuen Blick zu. Lächelnd strich der Schwarzhaarige ihm über die Wange. Shinya genoss die zarte Berührung und wehrte sich nicht als er eine Hand im Nacken spürte, die ich sanft nach vorne zog. Die kühlen Lippen des hübschen Vampirs legten sich auf die seinen und eine Zunge bat drängend und gleichzeitig vorsichtig um Einlass, der ihr bereitwillig gewährt wurde.

Asagi drückte den Jüngeren sanft zurück, während er den Kuss weiter vertiefte. Die Wärme und der Geruch des Braunhaarigen betörten ihn und machten ihn geradezu wahnsinnig. Seine Hand wanderte langsam unter den Rock des Untenliegenden und strich über seinen schneeweißen Oberschenkel.

Unter ihm drückte sich Shinya an ihn. Asagis Sinne überschlugen sich. Seine Zunge glitt über den weichen Hals des Jüngeren. Dieser keuchte auf und legte den Kopf in den Nacken.

Zärtlich knabberte Asagi an der empfindlichen Haut und spürte wie zwei Hände zaghaft über seinen Rücken strichen.

Es wäre ganz einfach gewesen den zierlichen Jungen zu nehmen, und er spürte ganz deutlich, dass er keinen Widerstand zu erwarten hatte. Doch er wollte Shinya nicht wehtun, und nicht riskieren ihn zu verlieren und ließ deshalb von seinem Hals ab.

Er legte seinen Kopf auf der Brust des Objektes seiner Begierde ab und lauschte mit geschlossenen Augen seinem unregelmäßigen Herzschlag. Warum nur konnte nicht alles so bleiben, wie in diesem Augenblick? Er war kein Mensch, und konnte deshalb nicht glücklich sein, war es das?

Shinya hatte die Augen ebenfalls geschlossen und versuchte seine Erregung zu verbergen, auch wenn ihm dieses Unterfangen nicht mehr besonders sinnvoll erschien. Sein Herr musste schon lange bemerkt haben, was er in ihm auslöste. Selbst jetzt, während Asagi vollkommen still lag, erregte in seine Nähe und das Gewicht auf seinem Körper. Nach einer Weile, die beiden wie eine Ewigkeit vorkam, richtete Asagi sich wieder auf, jedoch nicht ohne dem Jüngeren einen hauchzarten Kuss auf den Mundwinkel zu hauchen.

„Lass uns ein wenig nach draußen gehen….“, Asagi griff nach den schmalen Handgelenken seines Kammermädchens, welchem eine kleine Abkühlung ebenfalls sehr willkommen war, da sein Herzschlag noch immer jagte, von der Hitze in seinem Körper gar nicht zu sprechen.

Die Nacht war wunderbar kühl und klar. Fröstelnd schlag Shinya die Arme um den zierlichen Körper und genoss gleichzeitig das Gefühl der Kälte, das langsam über seine Haut kroch. Sein Herzschlag beruhigte sich im gleichen Maße wie seine Gedanken.

„Es ist ganz schön kalt, oder?“, der Vampir schenkte ihm ein hinreißendes Lächeln. Auf das Nicken des Braunhaarigen hin, nahm er den Umhang, den er beim Herausgehen übergestreift hatte von seinen Schultern und hängte ihn dem zierlichen Geschöpf mit den braunen Augen um.

„Aber werdet ihr jetzt nicht frieren?“, fragte Shinya zaghaft und sah seinen Meister an. Dieser lächelte nur sanft, „Nein… Ich friere nicht….“, diese Aussage entsprach tatsächlich der Wahrheit.

Zwar konnte er die Kälte der Nacht spüren, doch frieren konnte er nicht. Genauso wenig wie er schwitzte, wenn es sehr warm war. Mit der Zeit hatte er sogar vergessen, wie es sich anfühlte wirklich zu frieren…

Der Schwarzhaarige bot dem Jüngeren seine Arm an, und dieser harkte sich bei ihm unter.

Langsam bewegten sie sich die Straße hinunter. Hier und dort brannten Gaslaternen und erhellten ihren Weg mit einem flackernden, gespenstigen Licht.

Ein leises Rascheln ertönte und der zierliche Junge drängte sich schutzsuchend an seinen Herrn. „Keine Angst…. Dir passiert nichts…“, lachte dieser leise. Bei dieser Gelegenheit wurde Shinya zum ersten mal der langen, spitzen Eckzähne seines Meisters gewahr, doch er schrieb ihnen keine tiefere Bedeutung zu.

Den Gedanken, dass Asagi tatsächlich so etwas wie ein Vampir sein konnte, hatte er über den Tag hinweg als vollkommen unbegründet abgetan, da er zu dem Schluss gekommen war, dass Asagi, wenn er tatsächlich ein Blutsauger war, schon mehr als nur eine Gelegenheit gehabt hatte, um sein Blut zu trinken.

Vertrauensvoll schmiegte er sich während des Gehens an den schwarzhaarigen jungen Mann mit den roten Augen. „Gehen wir eigentlich an einen bestimmten Ort, mein Herr?“

Amüsiert kicherte der Angesprochene. Es schien ihm, als wenn der Jüngere ein gewisses Gespür für solche Dinge hatte und er nickte, „Es ist auch nicht weit…. Ich bin nicht sicher, ob es dir auch gefällt, aber es ist einer meiner liebsten Plätze hier….“

Aufregung flammte in Shinya auf. Was mochte das nur für ein Ort sein?

Sie gelangten in eine Gegend, in der es keine entzündeten Gaslampen mehr gab und alle Fenster schwarz auf sie herab sahen, während einzig und allein der abnehmende Mond und die Sterne ihnen noch Licht spendeten. Erneut vernahm der zierliche Junge ein leises Rascheln, dieses Mal näher und unheil verkündend.

Das Halbdunkel missfiel ihm zutiefst, doch er gab nicht einen Laut der Beschwerde von sich, sondern ging still neben seinem Herrn einher.

Für einen Moment meinte Asagi Schritte in der Nähe zu hören und lauschte angestrengt in das Dunkel. Doch da war nichts. Kein Herzschlag, kein Atmen.

Aus Angst, dass Shinya etwas zustoßen könnte, war er wohl einfach etwas nervös.

Und doch…. In den Geruch von Fäulnis und Tod der den alten Bauten hier anhaftete, mischte sich eine andere, vertraute Duftnote, die er jedoch nicht zuordnen konnte, egal wie tief er auch in seinem Gedächtnis grub.

Shinya, der sich erneut an ihn kuschelte, unterbrach seine Grübelei.

Was hieß es schon, dass es hier noch etwas roch, das er kannte? Jetzt zählte nur, dass er mit dem hübschen Wesen an seiner Seite zusammen war. Ein kurzer Moment angesichts seiner langen Lebensdauer, und doch einer der schönsten.

Endlich erreichten sie ihr Ziel.

Auf dem Platz hatte einmal ein Herrenhaus gestanden, welches nun, von Flammen und später von Regen und Wind zerfressen nur noch als groteske Ruine in den Himmel ragte, von Schlingpflanzen umschlungen und all seiner ehemaligen Anmut und Prächtigkeit beraut.

Und doch war sein jetziger Anblick um so vieles schöner, als er es in der Zeit, als es noch in seiner ursprünglichen Form gewesen war, je hätte sein können.

Für einen Augenblick stand Shinya ganz still da. Zum einen fesselte ihn der Anblick, und zum anderen jagte er ihm kalte Schauder über den Rücken.

Vorsichtig wagte er einen Schritt auf den überwucherten Boden. „Wisst ihr, wer hier einmal gehaust hat?“, fragte er leise und voller Ehrfurcht, als Sie vor den dunklen, hoch aufragenden Mauerresten standen.

„Vor einigen Jahrhunderten hat dieses Anwesen einer sehr reichen und angesehenen Familie gehört, die dem Königshaus sehr nahe stand….“, die roten Augen wanderten über den verwitterten Stein.

Er kannte dieses Haus nur zu gut. Wie sollte es auch anders sein?

Dies war der Ort an dem er gelebt hatte…. Damals, als er noch menschlich gewesen war…

Bevor man ihn zu einem Kind der Dunkelheit gemacht hatte…

„Nettes Haustier, das du da hast…“

Sowohl Shinya als auch Asagi schreckten beim Klang der Stimme zusammen, und der Schwarzhaarige zog den Jüngeren sofort an sich und sah sich dann hektisch nach der Quelle der Stimme um.

„Wirklich sehr lecker… Dafür lohnt es sich tatsächlich, sich aus dem Fenster des eigenen Hauses zu schleichen, würde ich meinen…“, in dem klaffenden Loch, das einmal der Eingang gewesen war, erschien eine klein gewachsene, blonde Gestalt. Ein Grinsen lag auf den Zügen des Fremden, als dieser sich langsam näherte.
 

Nyo~ Danke fürs Lesen ^^ *verbeug*

Wahaha... Und? kann einer erraten, wer unser Neuankömmling ist? *kopf-schief-leg* *strahl*

lose control

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

confessions

Nyo~ Und hier das nächste Kapitel~ *nicken-tu*

Ich hoffe ich hab nicht allzu viele Rechtschreibfehler übersehen... T_______________T

Nyo~
 

X. confessions
 

Ein schwacher, süßlicher Duft stieg Asagi in die Nase und verleitete ihn dazu, Shinya schützend hinter sich zu schieben.

Der Fremde hatte keinen Herzschlag. Sein Gegenüber war ein Vampir, genau wie er selbst einer war.

Während er Shinya mit jedem Schritt den der Fremde tat etwas weiter nach hinten drängte, drang der süße Duft weiter auf ihn ein. Er kannte diesen Geruch nur zu gut. Seltsam, dass er ihn fast vergessen hatte.

Közi war derjenige, der ihn erschaffen und erzogen hatte. Nie hätte er gedacht, dass er seinen Geruch nicht auf Anhieb wieder erkennen würde.

„Was willst du von uns?“, er spannte die Muskeln an, da er nicht wusste, ob er mit einem Angriff zu rechnen hatte. Hinter ihm drückte Shinya sich unsicher und angstvoll an seinen Meister. Auch wenn er nicht verstand worum es ging, spürte er doch eine Bedrohlichkeit wie die eines Raubtieres von dem Unbekannten ausgehen, der nun in das Licht des Mondes trat und auch für Shinya erkennbar wurde.

Er sah in etwa so alt aus, wie der Braunhaarige selbst, was nicht zuletzt von seiner geringen Größe herrührte. Das blonde Haar war vom Wind zerzaust und auf den blassen Lippen lag ein Lächeln.

„Was ich will… Nun ja… Wie wäre es denn mit der kleinen Schönheit hinter dir?“

Asagi gab ein wütendes Knurren von sich und spannte sich weiter an. Nichts und niemand würde Hand an den Braunhaarigen anlegen. Auch wenn er dafür zu viel von sich preisgeben musste.

Der Blonde zuckte leicht zusammen, blieb aber stehen.

„Wie ist dein Name, und wo kommst du her?“, der Schwarzhaarige verharrte in seiner Lauerstellung und fixierte dabei den Kleineren vor sich.

„Ach wie unhöflich von mir… Da habe ich doch glatt vergessen meinen Namen zu nennen, wo ich eure doch schon längst weiß…“, der Blonde machte eine vollkommen übertriebene und spöttische Verbeugung. „Mein Name ist Kyo…. Und du und ich, wir sind von der gleichen Art und haben denselben Ursprung….“, erneut huschte ein Grinsen über die glatten Züge des Blonden, „Ich wollte mir euch beide nur mal aus der Nähe ansehen, aber wie es scheint, seit ihr nicht erfreut mich zu sehen….“, Kyo zuckte theatralisch mit den Schultern und warf dann einen Blick auf den hübschen Jungen, der noch immer gut geschützt hinter Asagi verborgen stand.

Verständnislos sahen ihn die brauen Augen an. Dieser Mensch hatte wirklich keine Ahnung wer, oder besser was, der Mann, an den er sich so schutzsuchend klammerte, war.

Asagi knurrte erneut als er den Blick des augenscheinlich Jüngeren bemerkte. Dieser wich dieses Mal einen Schritt zurück. „Ruhig Blut mein Freund…“

Der Blick des Schwarzhaarigen wurde noch etwas finsterer.

Doch zumindest zeigte das Verhalten seines Gegenübers, dass sich jener darüber im Klaren war, wie weit er Asagi unterlegen war. Genau aus diesem Grund zuckte Kyo nur erneut mit den Schultern und grinste Asagi frech, aber mit gebührendem Abstand, an.

„Ich werde dann mal gehen…. Danke für das kleine Schwätzchen…“, eine erneute Verbeugung folgte und er zog sich auf dem selben Weg zurück, auf dem er gekommen war.

Erst als jedes Rascheln das nicht vom Wind und den Ratten stammte, verstummt war, erlaubte Asagi es sich, sich wieder zu entspannen.

Langsam drehte er sich zu dem Jüngeren um. Sein Blick war so traurig, das Shinya etwas erschrak.

„Du hast jetzt bestimmt viele Frage, auf die du eine Antwort verlangst, ist es nicht so?“

Er wagte es kaum die warme Wange des Wesens vor ihm zu berühren. Angst kroch in ihm hoch und fraß sich in seinen Verstand. Sollte es schon jetzt so weit sein? Musste er sich schon jetzt erklären?

Seine Hand zitterte und er zog sie hastig zurück, nicht den Blick von Shinya nehmend. Dieser sah seinem Herrn in die rötlich schimmernden Augen.

Asagi war kein Mensch. Von Anfang an hatten diese Augen es ihm zugeflüstert, jede der eleganten Bewegungen, seine kalte Haut, die spitzen Fänge hinter den weichen Lippen. Doch er hatte es vor sich selbst abgestritten, auch wenn es noch so offensichtlich gewesen war. Vielleicht war er für den Schwarzhaarigen tatsächlich das, als was ihn Kyo bezeichnet hatte: Ein Haustier, eine Belustigung für zwischendurch. Und vielleicht war er auch nichts weiter als ein Opfer, mit dem das Raubtier vor dem Essen noch etwas spielte.

Ein Gefühl der Unsicherheit und des Zweifels machte sich in ihm breit. Er wollte fragen, was Asagi nun war, und was er selbst für ihn war, doch seine Kehle fühlte sich an, als würde sie zugedrückt.

Regungslos sah er zu seinem Herrn auf. Dann nach einer kleinen Ewigkeit schüttelte er zaghaft den Kopf.

„Ich habe Fragen… Viele Fragen, doch ich verlange keinen Antworten von euch, mein Herr…“, die Worte fielen ihm schwer und er senkte den Kopf. Für einen Moment fühlte sich Asagi als würde er fallen. Ganz tief in die kalte Schwärze seines Sarges, ohne Ende und ohne Anfang für immer dazu verdammt die Kälte zu spüren, da er dachte, dass er Shinya auf immer verloren hatte, und dieser nun ohne eine Erklärung zu verlangen gehen würde, weil er Angst vor dem Wesen hatte, das dort vor ihm stand.

„Ich… Alles, was ich verlange ist an euer Seite bleiben zu dürfen… Bitte schickt mich nicht wieder fort….“

Asagi lachte rau. Shinya bat ihn darum bleiben zu dürfen, obwohl er selbst es war, der auf Knien darum flehen wollte, dass das zierliche Wesen ihn nicht wieder verließ.

Und doch konnte er bei dieser Bitte keine Freude empfinden. Nur Schmerz und Trauer.

„Ich bin kein Mensch, Shinya…“, seine Stimme war leise und weich, „Vielmehr bin ich ein Monster, das schon so unendlich viele Menschenleben gefordert hat, nur um die eigene, verfluchte Existenz zu erhalten… Und von allen Menschen auf der ganzen Welt bist du wohl am meisten in Gefahr… Weil ich dich so sehr will, dass ich den Verstand verlieren könnte… Selbst in diesem Augenblick….“, zart fuhren seine Finger über die Wange du den Hals des Jüngeren.

„Das ist mir gleich….“, flüsterte Shinya leise und schmiegte seine Wange an die kühle Hand des Vampirs, „Alles was ich will, ist bei euch zu sein… Mir ist es gleichgültig, wer ihr seid, und ob ich mein Leben lassen muss ….“, eine Träne rann über seine blasse Wange, „Das ist falsch, oder? Ich darf euch nicht darum bitten…“, seine Stimme versagte.

„Du bist so… entsetzlich dumm!“, wisperte Asagi leise und zog den zitternden Jungen in seine Arme. Er wiederholte die Worte, während er über das glatte braune Haar strich.

„Noch kannst du mir entkommen… Noch kannst du rennen…“, seine Lippen fanden den schlanken Hals des Jüngeren. Dieser legte den Kopf zur Seite und spürte das Paar kalter Lippen über seinen Hals zu seiner Schulter wandern. Ein Schwindelgefühl überkam ihn.

„Wenn du jetzt nicht läufst, wirst du vielleicht nie wieder von mir loskommen… Ich könnte dein Tod sein… Oder etwas noch viel schlimmeres….“, hauchte er an seinem Ohr.

„Dann ist es das, was ich will“, antwortete Shinya ebenso leise und der Vampir sah ihm tief in die Augen.

Der Blick des Jungens machte jeden Versuch ihn zum Gehen zu bewegen Überflüssig. So lange der Schwarzhaarige selbst ihn nicht dazu zwang, würde ich nichts auf der Welt davon abschrecken bei ihm zu bleiben. Ein glückliches Lächeln schlich sich auf Asagis Lippen.

„Ich danke dir….“, flüsterte er und küsste Shinya zärtlich. Den Kuss vorsichtig erwidernd, verkrallte Shinya die Hände in Asagis Oberteil. Der Vampir musste lachen. „Keine Angst…. Ich gehe nicht weg…“

„Versprochen?“, Shinya sah ihn flehend an.

„Versprochen….“, voller Zuneigung strich Asagi Shinya ein paar Haarsträhnen, die sich auf sein Gesicht verirrt hatten, zurück.

„Lass uns jetzt lieber zurückgehen… Es ist kalt….“, er legte den Arm um die schmalen Schultern des Jungen und sie wandten sich von dem schwarzen Gemäuer ab.

Kaum waren sie gegangen, zeigte sich eine Gestalt auf einer der Mauern. Das blonde Haar wurde ihm vom Wind zerzaust.

Mit zusammengekniffenen Augen starrte er Asagi und Shinya nach. Warum in aller Welt musste dieser Mensch dem schwarzhaarigen Vampir nur so verfallen sein?

So lange er an seiner Seite war, bestand für Kyo keine Möglichkeit an ihn heran zu kommen. Der Blonde knurrte unzufrieden.

Ein Kichern ließ ihn merklich zusammenzucken. „Es ist mir wirklich jedes Mal wieder eine Freude, dir zu zusehen….“

Hinter ihm, mitten in den verwitterten Resten, die einmal Mauern gewesen waren, stand sein Erschaffer, sein Meister und Mentor Közi mit wehendem, rotem Haar und verschränkten Armen. In den beinahe schwarzen Augen spiegelte sich das Licht des Mondes wieder.

„Warum habe ich nur gewusst, dass du deinem großen Bruder früher oder später einen Besuch abstatten würdest? Vielleicht weil ich es dir untersagt hatte?“, er kicherte erneut, „Warum tust du nur nie, was ich dir sage?“, mit einem kraftvollen Satz war er neben Kyo auf der Mauer und funkelte ihn aus seinen dunklen Augen an. Trotzig erwiderte Kyo den Blick. „Wenn es tatsächlich euer Wunsch gewesen wäre, dass er unbehelligt bleibt, hättet ihr nicht mit mir hier her kommen dürfen…“, zischte er leise, „Außerdem habe ich mich lange genug zurückgehalten, bis ich ihn gesucht habe…“, er verzog das Gesicht zu etwas, das Közi als ein Schmollen deutete.

„Du bist und bleibst ein Kind….“, der Rothaarige verzichtete darauf den Jüngeren zu bestrafen und sprang leichtfüßig von der Mauer. „Doch pass auf, dass du es nicht zu weit treibst, Kyo… Du weißt, dass Vergeben und Nachsicht nicht zu meinen Stärken gehören….“

Kyo sah ihn kurz an und mit einem Schulternzucken machte er sich in die andere Richtung davon...

Vertrauensvoll schmiegte Dai sich von der Seite an den warmen Körper Kaorus.

Dieser lächelte selig und schlang die Arme um den schlanken Körper des Jüngeren. Sanft strich er Dai über den nackten Rücken, während dieser entspannt die Augenschloss und spürte wie sein Herzschlag sich langsam wieder normalisierte. Minuten lang wagte keiner der beiden ein Wort zu sagen, und beide genossen stillschweigend die Nähe des jeweils anderen.

Gedankenverloren begann Dai mit den langen Haaren des Älteren zu spielen. Trotz der Geborgenheit und dem Gefühl des Glückes, das er empfand, nagte wieder die eine quälende Frage an ihm, die ihn schon seit längerem so plagte. Zögerlich aber auf eine Antwort begierig sprach er diese Frage aus.

„Wieso gebt ihr euch auf diese Art mit mir ab? Ich bin nicht wie ihr… Ich bin nichts als ein Sohn aus ärmlichen Verhältnissen, der euch beschmutzt… Ihr habt etwas Besseres verdient…“, schloss er leise und wagte es nicht dem Älteren in die Augen zu sehen, damit dieser den Schmerz den er bei diesen Worten verspürte nicht aus seinem Gesicht ablesen konnte.

Ein leises, trauriges Lachen ließ ihn schließlich doch aufblicken. Verwundert über den schmerzerfüllten Ausdruck in Kaorus Gesicht, strich er diesem zaghaft über die Wange und sah ihn fragend an.

„Ich bin nichts Besseres als du… Ganz im Gegenteil… Ich bin es, der dich beschmutzt, und nicht umgekehrt….“, Dai verstand nicht, was der Ältere sagen wollte und schüttelte nur hilflos den Kopf.

Kaoru zögerte ehe er den Jüngeren fest an sich drückte. „Du möchtest wissen, was diese Worte bedeuten, oder?“, fragte er betrübt und spürte an schwaches Nicken an seiner Brust, kaum, dass er die Frage gestellt hatte.

„Alles liegt im Grunde bereits weit in der Vergangenheit zurück, und doch kann ich mich selbst heute noch so gut wie auf der Beerdigung an den Tag erinnern, an dem meine Mutter am Kindesbett verstarb… Das Kind, das sie in sich getragen hatte, hatte sein Grab direkt neben ihr, irgendwo auf einem riesengroßen Friedhof voller namenloser Gräber und modrigen alten Steinen, die kaum noch den Rest einer Inschrift aufwiesen. Wenn ich ihr Grab heute suchen würde, täte ich es gewiss nicht wieder finden….“, sein Zuhörer schlang plötzlich die Arme enger um ihn, eine Geste, die Mitgefühl und Zuneigung ausdrückten und den dumpfen Schmerz, den die Erinnerungen mit sich brachten, betäubte.

„Ich blieb alleine mit meinem Vater zurück. Ich war das einzige ihrer gemeinsamen Kinder, das noch am Leben war. Mein älterer Bruder und meine zwei jüngeren Schwestern sind Opfer der Winterkälte und der Krankheiten, die sie mit sich bringt, geworden…

Als meine Mutter nun verstorben war, dauerte es nicht lange bis mein Vater langsam aber sicher dem Wahnsinn verfiel… Genau vermag ich es nicht zu sagen, doch ich glaube er hat sie tatsächlich sehr geliebt… So sehr, dass ihr Verlust auch sein Ende einläutete… Er sah sie des Nachts und sprach schließlich zu ihr, wo immer er sich auch befand. Die Menschen um uns herum begannen ihn und auch mich zu fürchten. Für sie waren wir wie eine Krankheit, und sie wollten nicht Gefahrlaufen, sich anzustecken, weshalb sie uns mieden, und wie Ausgestoßene behandelten…. Und bald waren wir genau das… zwei Ausgestoßene ohne Geld und Bleibe, die nie lange an einem Ort verweilen durften….“, der junge Arzt brach in seiner Erzählung ab und starrte die unsauber getünchte Wand der Kammer an.

„Er ist gestorben, oder?“, fragte Dai ganz leise. Der Ältere nickte.

„Eines Morgens war er einfach nicht mehr am Leben. Sein Herz hatte zu schlagen aufgehört, und ich weiß bis zum heutigen Tage nicht warum…. Vielleicht ist es meine Mutter gewesen, die ihn geholt hat…. Vielleicht war er krank….“, Kaoru schüttelte nur ratlos den Kopf.

„Von diesem Morgen an war ich plötzlich ganz alleine… Ich wusste nicht, wohin ich gehen sollte, denn es gab keinen Ort, an dem man mich wollte… Keiner brauchte einen abgemagerten Straßenjungen…

Zumindest dachte ich das. Bis mich schließlich mein Meister Asagi auflas… Er nahm mich bei sich auf, ohne auch nur eine Frage nach meiner Herkunft zu stellen… Erst als ich etwas älter war, verlangte er nach ein paar Antworten… Er war es, der mir ein Studium ermöglichte…. Der mich ankleidete und versorgte…“, er löste sich von Dai um ihm in die Augen zu sehen.

„Verzeih mir… Ich hätte es dir vorher sagen müssen… Ich bin nur ein Weise, ein Straßenjunge, der sich nicht an das Gesicht oder den Namen seiner Mutter, oder seines Vaters entsinnen kann…“, er verstummte weil sich der Zeigefinger seines Gegenübers auf seine Lippen gelegt hatte.

„Auch wenn ich davon gewusst hätte… Nichts hätte sich dadurch geändert… Deshalb braucht ihr euch nicht zu entschuldigen… Alles ist gut, so wie es in diesem Augenblick ist….“, das hübsche Lächeln auf den Zügen des Jüngeren löste eine Woge der Erleichterung in Kaoru aus, so dass dieser ihn wieder an sich drückte.

„Jetzt musst du nur wieder gesund werden…“, wisperte der Arzt leise und gleichzeitig auch schuldbewusst. Ruhe und wenig Bewegung waren definitiv nicht das, was er Dai vor einigen Minuten beschert hatte.

„Du bist jetzt bestimmt reichlich müde….“, mutmaßte Kaoru unsicher.

„Um ehrlich zu sein ja….“, lächelte Dai und schmiegte sich näher an den nackten Leib des Älteren.

„Bleibt ihr über Nacht hier bei mir?“, fragte er erwartungsvoll. Zu seiner Freude nickte der Arzt ohne zu zögern. „Ich werde hier bei dir bleiben…“

Genau dort wo er sich gerade befand, an der Seite Dais, war er glücklich. Und es gab keinen Ort, an dem er lieber sein wollte…

Wachsam starrte Asagi in die Schwärze jenseits des Fensters. Er lagerte auf der Fensterbank der Bibliothek, den zierlichen Jungen den er so mochte halb auf sich liegend.

Shinya hatte die Arme um den Körper seines Meisters geschlungen und wunderte sich noch immer darüber, dass er tatsächlich keinen Herzschlag vernehmen konnte. Die Finger des Älteren fuhren durch das offene, braune Haar des Jungen. „Es schlägt nicht mehr… Schon seit ein paar Jahrhunderten nicht….“, erklärte er und lächelte als Shinya aus großen Augen zu ihm empor sah.

„So lange schon?“

Asagi nickte und der Braunhaarige legte seinen Kopf wieder auf der Brust des anderen ab.

Auf ihrem Weg zurück hatte Shinya nur eine einzige Frage gestellt und erfahren, dass sein Herr tatsächlich das war, was man im Allgemeinen einen Vampir nannte.

Die Stille unter Asagis Brustkorb bewies ihm, dass es die Wahrheit war. Sein Meister war tot, und dennoch lebte er. Aber das war nicht von Bedeutung. Nicht in diesem Moment.

Durch die Nähe des anderen beruhigt, glitt der zierliche Junge langsam in dem Schlaf ab.

Verwundert stellte Asagi fest, dass der Atem des auf ihm Liegenden immer ruhiger wurde und schloss daraus, dass der hübsche Junge eingeschlafen war. Ein flüchtiges Lächeln erschien auf seinem Gesicht, verschwand aber genau so schnell, wie es gekommen war, als der Blick des Vampirs wieder auf das Fenster fiel.

Irgendwo da draußen hielt sich der blonde Vampir der es gewagt hatte Interesse an Shinya zu zeigen, auf.

Ein Gefühl der Wut wallte in ihm auf.

Doch da war etwas, das ihm noch viel mehr Sorgen als Kyo selbst bereitete: Der Geruch, der dem Blonden angehaftet hatte. Közis Geruch. Er musste ebenfalls hier sein.

Doch warum? Würde er sich ihm ebenfalls zeigen? Wie würde ein solches Treffen ausgehen?

Er seufzte sorgenvoll. Seine Augen wanderten über den zerbrechlichen Körper des Jungen, der in tiefem Schlaf versunken auf ihm lag.

Innerlich schwor er sich dieses hübsche Wesen um jeden Preis zu beschützen. Niemand sollte ihm Leid zufügen.

Zärtlich hob er den Braunhaarigen hoch und trug aus dem Raum in Richtung des Kaminzimmers, durch dasselbe hindurch und in sein Zimmer, wo er ihn äußerst vorsichtig auf dem Bett ablegte und einen flüchtigen Blick zum Fenster heraus warf.

Es war noch Zeit bis zum Aufgang der Sonne.

Der Vampir zögerte. Dann legte er sich zu dem Jungen, zog die Decke über sich und ihn, und legte dann die Arme um den schmalen, warmen Körper. Der Jüngere erwachte kurz und drängte sich etwas näher an seinen Meister, ehe er die Augen wieder schloss und lächelnd in das Reich der Träume zurückkehrte.

Bis die Morgenröte bereits gefährlich nahe war und der Horizont sich drohend zu färben begann harrte der Vampir bei Shinya aus, bevor er sich erhob und den Raum leise und doch eilends verließ.

Die Müdigkeit ergriff bereits Besitz von seinen Gliedern, als er die Treppe zu den Gewölben hinabhuschte.

Schwäche überfiel ihn und ließ ihn immer langsamer werden, so dass er den Deckel seines Sarges nur mit aufbringen seiner gesamten verbliebenen Kraft über sich schließen konnte, als er endlich in seinem Sarg lag. Kaum hatte sich der Sarg geschlossen verfiel er in tiefen Schlaf.

Die Sonne war aufgegangen.
 

Mau~ Danke fürs Lesen ^^ *strahl*

Another day

Und schon wieder ein Tag... Ich hasse Tage... Da kann ASagi nicht da sein... *murr*

Warum gibt es überhaupt Tage?
 

XI. Another day (without Asagi I must confess)
 

Ein warmer Körper schmiegte sich mit weichen Bewegungen um Wärme bittend an Kaoru. Der junge Arzt öffnete die Augen und blinzelte in die hellen Strahlen Sonnenlichtes, welche durch das kleine Fenster der Kammer herein fielen, und durch träge in der Luft herumdümpelnde Staubkörner sichtbar gemacht wurden.

Augenscheinlich noch immer schlafend lag Dai in seinen Armen. Kaoru konnte der Versuchung nicht widerstehen ein paar verirre Haarsträhnen aus dem hübschen Gesicht des Jüngeren zu streichen.

Dieser rümpfte in Schlaf die Nase, erwachte jedoch nicht durch die sanfte Berührung.

Nachdenklich und dennoch lächelnd betrachtete der Dunkelhaarige den Jüngeren beim Schlafen. Wer hätte gedacht, dass er jemals einen Menschen treffen würde, den er für schöner hielt als Asagi?

Jahre lang war der schwarzhaarige Vampir der einzige gewesen, den er gemocht hatte.

Doch jetzt gab es jemanden, der ihn um ein tausendfaches wertvoller und wichtiger war, als Asagi. Würde sein Herr sich daran stören? Oder durfte er Dai einfach weiter lieben?

Er selbst konnte zu keiner Antwort kommen, und so schloss der Dunkelhaarige wieder die Augen und lauschte auf das leise Atmen des Jüngeren…

Angsterfüllt und zitternd schreckte Shinya aus dem Schlaf hoch und sah sich gehetzt in seinem Gemach um. Nur langsam beruhigte er sich.

Es war Tag. Zwischen Tiefhängenden Wolken zeigte dann und wann die Sonne.

Keines der Schreckgespenster, die ihn im Schlaf verfolgt hatten, konnte in jetzt, im Licht der Sonne etwas antun.

Im Traum hatte ihn der fremde Vampir, den er und Asagi bei Nacht getroffen hatten, erbittert verfolgt, durch dunkle Gassen und leere Häuser, während tief schwarze Schatten mit eisigen Fingern nach ihm griffen und zu halten suchten, immer weiter und weiter. Und egal wie verzweifelt er nach Asagi gerufen hatte, der Schwarzhaarige war nicht erschienen.

Schließlich hatte Kyo in dann eingeholt und festgehalten. Das letzte, was er im Traum gespürt hatte, waren zwei lange, weiße Fangzähne, die sich schmerzhaft in seinen Hals bohrten.

Unwillkürlich hob der Braunhaarige die Hand und taste seinen Hals ab. Doch da war nichts Auffälliges. Kein Kratzer keine Erhebung. Nur seine eigene, unversehrte Haut.

Vorsichtig stieg er aus dem Bett und sah an sich hinunter. Er trug noch immer das Kleid vom Vortag.

Seufzend trat der junge Mann in das angrenzende Bad und unterzog sich selbst einer gründlichen Wäsche, ehe er nur in ein Tuch gehüllt in sein Zimmer zurückkehrte und sich fragte, was er nun tragen sollte, da seine so genannte Arbeitskleidung eine Wäsche nötig hatte.

Obwohl er sich wenig Hoffnung machte, etwas zu finden, öffnete er den Kleiderschrank und blinzelte verwirrt. Sein Herr hatte vorgesorgt, wie ihm die zwei Kleider auf der Stange, und eine sauber geschriebene Notiz bewiesen.

Ebenso wurde ihm klar, dass Asagi nicht viel von langen Röcken zu halten schien.

Er betrachtete beide Kleider etwas genauer und entschied sich für das weniger teuer aussehende Exemplar. Eilig kleidete er sich an und sammelte dann jene Wäschestücke zusammen, die einer Reinigung bedurften und begab sich in die Waschküche.

Zu seiner Verwunderung war weit und breit nichts von Kaoru zusehen, doch er vermutete, dass der junge Arzt sich gerade an der Seite seines Bruders befand und begann erst einmal mit seiner Arbeit…

Ein leises Murren war die Antwort auf Kaorus zaghaften Versuch seinen schlafenden Patienten zu wecken. Dai verzog das Gesicht als der junge Arzt ihm erneut in die Wange piekte und verbarg das Gesicht an der Brust des Älteren. Belustigt kicherte dieser und strich dem anderen liebevoll durchs Haar. „Du musst deine Medizin nehmen…“, sein Lächeln schwand. Die Hitze des Gesichts, das sich an seine Brust schmiegte, erinnerte ihn nur zu deutlich an das Fieber des Jüngeren.

„Mag nicht….“, kam endlich eine gemurmelte Antwort von dem jungen Mann in seinen Armen.

Behutsam drückte Kaoru ihn von sich, „Keine Widerrede, mein Lieber… Du nimmst deine Medizin, da kannst du murren so viel du willst….“

Dai sah den jungen Arzt verschlafen an und schüttelte den Kopf. Der Ältere strafte ihn mit einem bösen Blick, oder zumindest war es das, was er vorgehabt hatte, doch der Jüngere sah so putzig aus, verschlafen und zerrupft wie er war, dass Kaoru ihm nicht böse sein konnte.

Nachdem Dai seinen Arzt eine Weile ausgiebig gemustert hatte, richtete er sich etwas auf um ihm einen Kuss auf die Wange zu hauchen.

„Na gut… Ich nehme die Medizin ein… War ja ohnehin nicht ernst gemeint….“, ganz vorsichtig, als habe er Angst einen Abdruck auf der zarten, weißen Haut des anderen zu hinterlassen, strich er über dessen Wange und Hals.

Selbst etwas widerwillig kroch Kaoru aus dem Bett um sich des Medikamentes zu bemächtigen. Verstohlen verfolgte Dai jede seiner Bewegungen. An Kaoru war nicht ein einziger Fehler. Auch wenn er nicht adligen Geblüts war, so sah er doch hübscher aus, als alles was sonst von dieser Welt stammte.

Selbst Engel konnten nicht hübscher sein, als der junge Mann, der da gerade offensichtlich etwas zerstreut seine gesamte Tasche durchsuchte, um das Fläschchen mit der Medizin dann auf einem Stuhl stehend zu finden. Das Bewusstsein von Dai beobachtet zu werden, machte Kaoru nervös.

Verlegen lächelnd ließ er sich auf dem Rand des Bettes nieder. Die Intensität des Blickes, mit welchem ihn der Jüngere bedachte, ließ eine vertraute Hitze in ihm erwachen, doch er verbarg das Gefühl wohlweißlich hinter einem Lächeln.

„Nun… Mach Aaaah…“, er hatte etwas der hellbraunen Flüssigkeit auf einen Löffel gegeben und die Hand unterstützend unter Dais Kopf geschoben. Der Jüngere unterdrückte ein Kichern, ehe der die Medizin schließlich schluckte.

„Ihr werdet gleich gehen, habe ich recht?“, fragte der Kranke vorsichtig und auch etwas traurig.

Der Arzt, der noch immer auf seinem Bett saß, nickte.

„Dein Bruder dürfte mich bereits erwarten… Ich bin es, der ihm sagt welche Arbeiten er im Haus zu verrichten hat….“

„Muss er schwer arbeiten?“, wollte Dai wissen und richtete sich etwas auf um Kaoru besser in die Augen sehen zu können. Dieser schüttelte Lächelnd den Kopf als er der Besorgnis des Jüngeren gewahr wurde. „Keine Sorge… Mein Meister ist ziemlich vernarrt ich ihn und würde mir gewiss die Ohren lang ziehen, wenn ich ihn schwer schuften ließe…“

Die Augenbraunen seines Gegenübers rutschten plötzlich ein ganzes Stück nach oben.

„Ich weiß diese Frage zu stellen ist anmaßend, aber wie alt ist euer Meister nun schon?“

Dai war sichtlich unbehaglich bei dem Gedanken, dass ein alter Herr Interesse an seinem Bruder hegen könnte, und in Gedanken machte er bereits hektische Pläne wie er seinen Bruder gegebenen Falls retten konnte.

Betrübt schüttelte der Dunkelhaarige den Kopf und erhob sich von der Kante des Bettes.

„…Man könnte sowohl sagen, dass er unglaublich alt ist, als auch, dass er ohne jegliches Alter ist… Es ist kaum zu erklären, was mein Meister ist… Aber du hast mein Wort, dass er sich gut um deinen Bruder kümmert und dass ihm nichts ferner liegt, als ihm zu schaden….“

Die Verständnislosigkeit in den Augen des Jüngeren veranlasste ihn dazu, leise zu seufzen. Er konnte schließlich nicht sagen, dass Asagi ein Vampir war. Das würde Dai nur unnötig beunruhigen.

Langsam beugte er sich über den jungen Mann, der noch immer einen Sinn in den Worten des Arztes zu finden versuchte, und strich ihm über die Wange. „Es tut mir Leid, dass ich dir nicht mehr sagen kann... Du musst mir für den Augenblick leider einfach glauben….“, er überlegte kurz, „Wenn du möchtest, kannst du ihm schreiben. Ich werde ihm die Nachricht dann überbringen…“

Nach kurzem Zögern nickte der Jüngere. Auch wenn er nicht recht verstand, was an Asagi nun war, dass man sein Alter nicht benennen konnte, vertraute er darauf, dass Kaoru die Wahrheit sprach, und seinem Bruder keine Gefahr drohte.

Während der junge Arzt sich ankleidete, schrieb Dai mit zittrigen Fingern und kaum leserlicher Schrift auf ein Stück fleckigen Papiers einen kurzen Brief an Shinya, in welchem er sich nach seinem Befinden erkundigte, und fragte, ob man ihn auch tatsächlich gut behandle.

Den sorgfältig gefalteten Zettel übergab er an Kaoru, der ihn vorsichtig in die Innentasche seines Rockes schob.

„Shinya wird sich gewiss sehr darüber freuen….“, versicherte er und hauchte dann einen Kuss auf die Lippen seines Patienten. „Du solltest nun wieder schlafen… Denn Schlaf ist die beste Medizin und wird deine Genesung vorantreiben…“, die weiche Stimme des Arztes beruhigte den jungen Mann und er schloss noch im Nicken die Augen.

Das leichte Beruhigungsmittel, das dem Medikament zugemischt war, tat seine Wirkung und geleitete ihn schnell in einen tiefen Schlaf…

Die Wäsche war längst gewaschen und ordentlich aufgehängt und Junge mit den langen braunen Haaren hatte sich daran gemacht, diverse Räume, die ihm zugänglich waren zu fegen zu mit Seifenwasser zu schrubben, als Kaoru das Anwesen wieder betrat.

„Ihr seid wirklich überaus fleißig, doch solltet ihr nicht vielleicht eine Weile innehalten und euch ausruhen?“

Shinya schreckte zusammen als Kaoru den Raum betrat, mit dessen Säuberung er sich so eben befasste und sah zu dem Neuankömmling empor. Auf die Frage hin, ob er überhaupt gefrühstückt habe, schüttelte er den Kopf und Kaoru bedachte ihn mit einem beinahe strafenden Blick.

„Folget mir bitte… Ich kann nicht verantworten, dass ihr Hunger leidet…“, auf diese Worte hin ließ der Jüngere seine Arbeit ruhen und folgte dem junge Arzt gehorsam aus dem Zimmer.

„Wie steht es um meinen Bruder?“, Shinya sah den anderen erwartungsvoll an. Dieser lächelte und zog die gefaltete Nachricht hervor. „Es geht ihm gut, und er ist eindeutig auf dem Weg der Besserung…“, er übergab dem Jüngeren den Zettel, und bemerkte zufrieden das erfreute Glitzern in den Augen des Braunhaarigen, als dieser die Nachricht las, und sich innerlich vornahm seinem Bruder, sobald er seine Aufgaben verrichtet hatte, zu antworten.

In der Küche angekommen richtete Kaoru sogleich für sich und den Jüngeren ein ausgiebiges Frühstück her, da er selbst ziemlich ausgehungert war, vor allem, weil er über den Gedanken an Dai das Essen schlichtweg vergessen hatte.

Während des Essens unterbreitete er Shinya, dass dieser nur noch ein paar Fenster zu putzen hatte, und dann bis auf weitres mit der Arbeit fertig war. Der Junge war sowohl überrascht, als auch erfreut.

Als sie schließlich gemeinsam die Unordnung in der Küche behoben, stellte Shinya eine Frage, die den jungen Arzt in der Bewegung erstarren und beinahe die Löffel, die er in der Hand hielt, zu Boden fallen lassen ließ.

„Wo schläft Meister Asagi eigentlich am Tage? Bleibt er hier im Haus, oder geht er an einen anderen Ort, den die Sonne nicht erreichen kann?“, der Jüngere hatte diese Frage ganz in Gedanken versunken gestellt und verstand im ersten Augenblick nicht, warum der andere so überaus seltsam reagierte, und ihm nun ganz langsam den Kopf zu wandte, ganz offensichtlich unsicher ob er aus dieser Frage die richtigen Rückschlüsse gezogen hatte.

„Verzeiht….“, Shinya senkte hastig den Kopf, „Ich wollte euch nicht irritieren… Ich habe wohl einfach nur laut gedacht….“

„Dann wisst ihr über Asagi bescheid?“, fragte der Arzt ungläubig und ließ sich sicherheitshalber samt Löffeln in der rechten Hand auf einen Stuhl nieder. Wie konnte es so schnell dazu gekommen sein? Hatte der Schwarzhaarige es ihm einfach erzählt, weil er die Heimlichkeiten nicht aushielt? Das sah seinem Meister nicht ähnlich.

Es musste einen anderen Grund geben.

Nach Erklärung suchend sah er zu dem zierlichen Jungen vor sich auf.

Zögerlich begann der Braunhaarige dem Älteren von der vergangenen Nacht zu erzählen. Schweigend und ohne ihn auch nur ein einziges Mal zu unterbrechen lauschte Kaoru seinen Worten. Erst als der Jüngere lange schon mit seiner Geschichte geendet hatte, ließ er ein leises Seufzen hören.

„Ich verweile schon an Meister Asagis Seite, seitdem ich ein kleiner Junge bin… Doch nie bin ich bis zum heutigen Tage einem anderen von seiner Art begegnet, als ihm selbst… Zumindest hat sich mir nie jemnad als einer von ihnen zu erkennen gegeben...“, nachdenklich strich er sich durch das Haar.

„Ich weiß wirklich nicht, was das Auftauchen dieses anderen Vampirs zu bedeuten hat, aber so lange ihr unter Asagis Schutz steht, wird euch nichts geschehen….“

„Und was ist mit Asagi? Kann Kyo ihm irgendetwas tun?“, Shinyas Stimme zitterte etwas, als er die Frage stellte, die ihn schon den ganzen Vormittag hindurch beschäftigte.

Bei Tageslicht war er sicher, doch was war mit der Zeit in der die Sonne nicht schien?

Der junge Arzt der seine Küchenarbeit wieder aufgenommen hatte, schüttelte nur lächelnd den Kopf.

„Ich denke nicht, dass wir uns um unseren Meister sorgen müssen… So wie du Kyo beschrieben hast, hat er Respekt oder viel mehr Angst vor ihm… Wahrscheinlich ist er jünger als Asagi… Der Herr hat mir einmal erzählt, dass ein Vampir mit der Zeit an Stärke gewinnt…“

Erst wollte der Jüngere weitere Fragen stellen, doch er hielt seine Neugierde zurück und half dem Älteren weiter beim Abwasch im mittlerweile kalten Wasser.

Den jungen Arzt über ihren gemeinsamen Herrn aus zu fragen, kam ihm falsch vor, und so, als würde er den Schwarzhaarigen hintergehen, indem er hinter seinem Rücken fragen stellte.

Unmittelbar nach der Reinigung der Küche begab sich der junge Arzt wieder in seine Gemächer, um noch ein paar Dinge zu erledigen, die er schon lange vor sich her geschoben hatte, und welche nun unbedingt bewältigt werden mussten, auch wenn er sich viel lieber auf den Rücken seines Pferdes geschwungen hätte, um zu Dai zu eilen.

Der erneute Anlauf eines Destillationsversuches scheiterte jedoch schon am Aufbau, und Kaoru knurrte den Scherbenhaufen, den er verursacht hatte, unzufrieden an.

Machte Liebe ab jetzt nicht nur blind, sondern auch blöd?

Verzweifelt fasste sich der junge Mann an den Kopf. Wenn dieser Zustand weiter anhielt, würde er noch das ganze Haus in Schutt und Asche legen.

Vermutlich war es besser, wenn er es vorerst aufgab sich an weiteren Experimenten zu versuchen, und sich lieber der Theorie widmete.

Einige Räume von ihm entfernt war Shinya voll und ganz damit beschäftigt verstaubte Fenster wieder so herzurichten, dass man ohne von einer grauen Schicht behindert zu werden, aus ihnen in den Garten hinab sehen konnte. Weder sein Meister noch dessen Bediensteter schienen besonders angetan von der Arbeit des Fensterputzens zu sein, wie ihm die eindrucksvolle Staubschicht an der Innen und Außenseite der Fenster bewies.

Wie es wohl aussehen mochte, wenn sein Meister Fenster putze?

Ohne dass er es hätte unterdrücken können, musste der Braunhaarige lachen…

Noch bevor er seine Aufgabe vollendet hatte, betrat ein Kaoru, dessen Haare vollkommen zerrupft und durcheinander waren, den Raum um ihm mitzuteilen, dass er sich nun wieder auf den Weg zu seinem Bruder machen würde.

„Würde es euch etwas ausmachen noch einen winzigen Augenblick zu warten? Ich würde den Brief meines Bruders zu gerne schnell beantworten, damit er sich keine Gedanken um mein Wohlergehen macht…“

Der Angesprochene nickte und ihm war seine Erschöpfung deutlich anzusehen.

Als Shinya aus dem Raum geschlüpft war, warf er einen vorsichtigen Blick in einen der dort aufgehängten Spiegel und erschrak ein wenig vor seinem eigenen Anblick.

Abgelenkt wie er gewesen war, hatte er sich mehr als einmal durch das Haar gefahren, und sah nun so aus, als wäre ihm tatsächlich ein Versuch um die Ohren geflogen.

Hastig bemühte er sich das Durcheinander auf seinem Kopf zu beheben, ein Unterfangen, das sich als recht hoffnungslos herausstellte aber zumindest zum Ergebnis hatte, dass das lange Haar des Dunkelhaarigen nicht mehr in alle Himmelsrichtungen abstand, und nur noch ein wenig zerzaust aussah.

Auch Shinya kehrte nun in den Raum zurück und vertraute dem Älteren die Rückantwort für seinen Bruder an. Wieder verstaute der Arzt die Nachricht in seinem Rock, verbeugte sich dann leicht und verließ mit schnellen Schritten das Zimmer und schließlich auch das Haus, jedoch nicht ehe er seine Tasche geholt hatte.

Während Kaoru nicht mehr lange zu warten brauchte, ehe er seinen Geliebten wieder sah, hatte Shinya noch ein paar Stunden bis zur Dämmerung vor sich.

Sehnsüchtig warf er immer wieder einen Blick auf den Horizont, und vergaß darüber das eine oder andere Mal das Glas des Fensters weiter zu reinigen. Ging die Sonne immer so langsam unter, oder war das nur heute so?

Der zierliche Junge zog sich in die Bibliothek seines Herrn zurück, ein aufgeschlagenes Buch auf den Knien, und aufmerksam auf Geräusche aus dem Inneren des Hauses horchend. Die Sonne schien es noch immer nicht besonders eilig mit dem Versinken zu haben, und schließlich versuchte sich der Braunhaarige daran, ein wenig in dem Buch weiter zu lesen, um sich damit die Wartezeit zu verkürzen…
 

miau... Danke fürs Lesen~ *strahl* *herum-kuller*

Nu darf Asagi auch wieder wach werden~ Und Kyo und Közi auch ~*___________________*~

Reunion

Mau~ ^^ Ich war fleißig... Finde ich zumindest...

Wie auch immer... Hier das nächste Kapitel ^^ Danke fürs lesen und ganz doll viel danke an alle KommiSchreiber~ *strahl* *schnurr*
 

XII. Reunion
 

In den Gewölben des Kellers wurde ein Sargdeckel mit einem scharrenden Geräusch zur Seite geschoben. Hunger nagte an dem schwarzhaarigen Vampir, der dem Sarg kurz darauf entstieg.

Shinyas Nähe, die Begegnung mit Kyo, und seine Verspätete Rückkehr in das Innere des Sarges hatten in geschwächt und sein Körper verlangte nun nach frischem Blut.

Shinya wartete ohne Zweifel dort oben auf ihn.

Der Gedanke an den zarten, weißen Hals des zierlichen Geschöpfes machte sich in ihm breit und ließ schmerzhaftes Verlangen in ihm entstehen. Er wollte nicht nur das Blut dieses jungen Mannes, sondern auch seinen Körper, von den hübschen, schlanken Beinen bis zu den seidigen weichen Haaren des Jüngeren.

Asagi biss sich heftig auf die Lippe und schmeckte sein eigenes, unreines, totes Blut.

Genau vor diesem Wesen, das gerade in ihm erwachte musste er Shinya beschützen.

Mit zitternden Händen strich der Vampir sich das glatte schwarze Haar aus dem Gesicht und verharrte für einen Augenblick mit geschlossenen Augen um sich zu beruhigen. Um nichts in der Welt durfte er seine Selbstbeherrschung jetzt verlieren, und sich seiner Gier hingeben.

Trotz all der Mühe drängte sich die Erinnerung an das unterdrückte Keuchen des Braunhaarigen in seine Gedanken, und entlockte ihm ein breites Grinsen. Ja, ich wollte den hübschen Jungen, doch er würde ihn sich nicht nehmen. Seine Fingernägel gruben sich tief in das Fleisch seiner eigenen Hand. Keiner würde ihn anrühren, er selbst nicht, und auch nicht Kyo, wo immer sich dieser gerade auch aufhalten mochte.

Mit geringem Interesse betrachte Asagi seine blutige Handfläche. Langsam, und doch deutlich sichtbar begann sich die Wunde zu schließen, ohne das Blut gerann, und den Fluss der roten Flüssigkeit stoppte. Nach wenigen Minuten war seine Haut wieder verheilt und nichts außer den Blutflecken auf dem steinernen Boden erinnerten an die Verletzung.

Kaoru hatte viel Zeit darauf verwand nach einer medizinischen Begründung für dieses Phänomen zu suchen, doch egal wie viele Bücher er gelesen hatte, er konnte keine finden.

Vampire waren eben doch nichts anderes als verfluchte Existenzen, aus Verlangen und Egoismus geboren, ohne die Erlaubnis zu leben oder glücklich an der Seite von Menschen leben zu dürfen.

Langsam und bedacht seine Ruhe zu bewahren verließ er das Gewölbe und betrat die unterirdischen Tunnel und Gänge.

Sein Herz hätte wohl mit jedem Schritt, den er der Oberfläche näher kam, schneller geschlagen, wenn es nicht schon vor Jahrzehnten stehen geblieben wäre. Vollkommen unvorbereitet überfiel ihn dieser Gedanke und erweckte tiefe Trauer in ihm.

Erneut empfand er Hass auf Közi, der ihn zu dem gemacht hatte, was er in dieser Nacht war, und immer sein würde. Ohne ihn zu fragen hatte er sein sterbliches Leben beendet und ihn zu einer nach Blut gierenden Bestie gemacht.

Shinya war es gelungen sich voll und ganz in das Buch zu vertiefen, und hatte nicht einmal das Verscheiden der Sonne wahrgenommen.

Darum war er sichtlich erschrocken als die Tür zur Bibliothek, dieses Mal aus Richtung des Ankleidezimmers, geöffnet wurde, und Asagi herein trat. Der erschrockene Ausdruck auf den Zügen des Jüngeren versetzte dem Vampir einen heftigen Stich in die Brust. Sollte Shinya ihn jetzt, wo er über ihn bescheid wusste, doch fürchten?

Seine Ängste wurden zerstreut als sich ein glückliches Lächeln auf die Lippen seines Gegenübers schlich und sich dieser hastig aufrichtete, das Buch beiseite legte und sich ihm näherte.

„Dieses Kleid steht dir sogar noch etwas besser als das andere…“, Asagi lächelte sein Kammermädchen an und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Vorsichtig zog er ihn in seine Arme.

War der Geruch des Jungen schon immer so betörend gewesen?

Seine Sinne überschlugen sich geradezu als der zierliche, warme Körper sich an ihn schmiegte.

Ganz deutlich hörte er das Schlagen seines Herzens, in einem unruhigen und dennoch stetigen Rhythmus. Zärtlich strich er über den schmalen Rücken des anderen, streifte mit den Lippen dessen Wange und schließlich seinen Hals.

Bereitwillig neigte der Jüngere den Kopf zur Seite.

Asagi entblößte seine Fangzähne. Es war ganz einfach. Nur ein Biss.

Sein Unterkiefer zuckte.

Shinya behielt die Augen halbgeöffnet als er spürte wie die Zähne des Schwarzhaarigen auf seine Haut legten. Egal was sein Herr nun tun würde, es war ihm recht und er verspürte keine Reue, dem hübschen Wesen begegnet zu sein.

Die Arme des Schwarzhaarigen schlangen sich fester um den schmächtigen Körper seines Opfers, der Druck der weißen Fänge nahm zu.

Unvermittelt schrak Asagi zurück und starrte Shinya aus aufgerissen Augen an.

„Es… es tut mir Leid, ich wollte nicht….“, sein ganzer Körper zitterte und er schüttelte entgeistert den Kopf.

„Ich wollte wirklich nicht….“, er wich zurück, von sich selbst angeekelt.

Der Jüngere sah ihn ruhig an. In seinen Augen lag nicht der geringste Vorwurf, kein Hass, kein Abscheu.

Und dieses Wesen hatte er verletzen wollen.

Eine einzelne Träne rann über die schneeweiße Haut. „Vergib mir….“, flüsterte er leise.

Der Jüngere schüttelte nur den Kopf. „Es ist schon in Ordnung…“, er wollte die Hand ausstrecken um Asagi zu berühren, doch dieser schreckte erneut zurück.

„Bitte… Komm nicht näher… Ich will dir nicht wehtun…“, flehte der Vampir leise. „Ich muss gehen… Bleib hier… und warte auf mich….“

Ohne einen weiteren Blick auf das zierliche Geschöpf zu werfen floh er aus dem Zimmer.

Von tiefster Trauer erfüllt sah Shinya ihm nach, starrte ewig auf den Punkt, an dem sein Meister bis eben gestanden hatte und berührte dann zögerlich die Stelle an seinem Hals, auf der die Zähne des Vampirs geruht hatten.

Asagi hatte so geschockt ausgesehen. Der Anblick hatte sich in das Gedächtnis des jungen Mannes eingebrannt, und brachte ihn nun dazu in stumme Tränen auszubrechen.

Er ließ sich auf der Fensterbank nieder und schmiegte sich verlassen an den kalten Rahmen, während weiterhin Tränen über seine Wangen rannen.

Dass Asagi so darunter litt, dass er ein Vampir war, hatte er nicht gewusst. Wie schwer musste es für ihn sein, sein natürliches Verlangen nach Blut zu unterbinden?

Betrübt betrachtete er sein eigenes Spiegelbild im Fenster. Wenn er auch einer von ihnen werden konnte, dann wäre es viel einfacher. Und er könnte weiter an Asagis Seite bleiben, ohne dass dieser sich wegen ihm quälen musste.

Noch immer weinend rollte er sich auf der Fensterbank zusammen, die Knie eng an den Körper gezogen, und schloss die Augen…

Erst als er weit von seinem Anwesen entfernt war, hörte Asagi zu rennen auf.

Er hätte ihn fast gebissen. Er hatte so kurz davor gestanden.

Der Schwarzhaarige fasste sich an den Kopf und versuchte Klarheit in seine Gedanken zu bringen. Er hatte es nicht gewollt, und doch war es fast dazu gekommen. Er war ein verdammtes Monster.

Er liebte diesen Jungen, und konnte ihn nicht einmal vor sich selbst beschützen.

Kraftlos sank er an einer der Mauern in sich zusammen.

Und doch schuldigte Shinya ihn nicht an. Im Gegenteil zeigte er Verständnis. Anstatt wegzurennen gab er sich der Gefahr hin, ohne darüber nachzudenken, dass es ihn das Leben kosten konnte.

Ein verzweifelter Klagelaut kam über die Lippen der Gestalt, welche einem gefallenen Engel gleich in der Dunklen Gasse kauerte. Er hatte es nicht verdient ein Geschöpf wie Shinya nur auch noch so flüchtig zu berühren.

Trotzdem hatte er einfach nicht anders gekonnt als sich dem hübschen Wesen zu nähern. Seit er ihn zum ersten Mal erblickt hatte. Damals war es nur eine wage Zuneigung gewesen, Faszination für einen Jungen, der in Frauenkleidern in einem kleinen Ausschank arbeitete, Anziehung auf Grund des zierlichen Körperbaus.

Und nun war es so weit gekommen, dass er sich nicht mehr beherrschen konnte. Gramvoll und wütend auf sich selbst schlug er die Faust gegen das harte Mauerwerk. Voller Genugtuung spürte er den betäubenden Schmerz, der sich von seinen Fingern über seine Hand zu seinem Ellenbogen ausbreitete.

Je horchte Asagi auf. Er hatte nicht bemerkt, dass sich jemand genähert hatte und ihn nun vom Ende der Gasse aus beobachtete.

Zu seiner Beruhigung konnte er einen unregelmäßigen Herzschlag vernehmen, der ganz eindeutig von jener Person herrührte. Für einen winzigen Moment hatte er geglaubt Kyo oder sogar Közi hätten ihn aufgespürt.

Doch was sich ihm nun zögerlich näherte war ganz eindeutig ein Mensch, eine Frau wie er mit einem kurzen Blick feststellte. Mit gleichgültiger Miene ließ er sie näher kommen.

Ein Freudenmädchen, das in dem hübschen jungen Mann, der in ihren Augen nur aus hohem Hause stammen konnte, eine rentable Einnahme Quelle sah, trat vor ihn hin.

„Ihr seht so kummervoll aus, mein Herr…. Erlaubt mir euer Leid etwas zu lindern…“, Asagi musterte sie aus seinen tief roten Augen und erhob sich in einer geschmeidigen Bewegung, „Deine Bitte sei dir gewährt…“

Verzückt betrachtete das Mädchen ihren vermeintlichen Freier.

Ein Engel, ganz ohne Zweifel.

Sie knöpfte seinen Überrock auf du streifte ihn über seine Schultern ab.

Asagi lachte rau. „Aber meine Liebe… Nicht so voreilig!“

Die junge Frau schrie auf als der Vampir sich in ihrem Hals verbiss. Warmes Blut benetzte seine Lippen, füllte seinen Mund und ließ ihn alle Rücksicht vergessen. Er biss erneut zu.

Er trank sich an dem Blut des schmutzigen Mädchens satt. Schmutziges Blut wie es zu einem Wesen wie ihm passte.

Kaum dass er genug hatte, ließ er den Körper des Freudenmädchens achtlos auf den kalten Boden fallen. Mit geschlossenen Augen ließ er seinen Blutrausch abklingen. Als er dein Opfer erneut ansah, lag keine Verachtung mehr in seinen Augen. Er hatte ihr Unrecht getan, doch nun spielte das keine Rolle mehr.

Er ging neben ihr in die Hocke und legte sie sorgsam auf den Rücken, faltete ihr die Hände auf dem Oberkörper und strich ihren zerschlissenen Rock glatt.

„Du hast dich in all den Jahren nicht verändert…“, tönte es von einem der Dächer, „Wie eh und je bist du erfüllt von heuchlerischem Mitgefühl und Selbstmitleid…“

Eine Schwarzgekleidete Gestalt sprang mit einem eleganten Satz vom Dach und landete vor ihm.

Ein schwacher, süßlicher Duft erfüllte die Gasse.

Ein Paar nahezu schwarzer Augen musterte den blutbefleckten Schwarzhaarigen von oben bis unten…

Kyo hockte noch immer unbeweglich auf der Fensterbank.

Der kalte Nachtwind fuhr ihm durch die Kleider und spielte mit seinen blonden Haaren. Eine kleine Fledermaus landete, durch seinen Geruch angelockt auf seiner Schulter, doch Kyo verscheuchte sie nicht, sondern blieb reglos sitzen. Seine Augen waren fest auf den Jungen auf der anderen Seite der Glasscheibe geheftet. Seitdem er sich dort weinend zusammengekauert hatte, war keine Bewegung mehr von ihm ausgegangen, und Kyo vermutete, dass er erschöpft vom vielen Weinen eingeschlafen war, wagte es jedoch trotzdem nicht, sich zu bewegen. Noch bevor Asagi die Bibliothek erreicht hatte, war Kyo bereits im Garten gewesen und hatte sie aus einer großen Eiche heraus beobachtet.

Zu gerne hätte er dem Jüngeren etwas Trost gespendet, doch er vermutete, dass das hübsche Geschöpf ihn von sich weises würde, aus Angst und Verachtung. Nur weil er Asagi nicht fürchtete, musste das noch lange nicht für ihn gelten.

Zudem würde Asagi sofort riechen, dass er das Haus betreten hatte.

Schweren Herzens ließ er den Blick erneut über den hübschen Körper des jungen Mannes wandern.

„Wie ein Kind vor einem Schaufenster….“, murmelte er leise und die kleine Fledermaus horchte auf, gerade als ob sie seine Worte verstanden hätte.

Der Blonde Vampir warf dem kleinen Tier einen verächtlichen Blick zu, doch das Geschöpf ließ sich davon nicht beirren und setzte zu einer Kletterpartie auf seinem Arm an.

Genervt fauchte Kyo sie an, mit dem Ergebnis, dass sie in seinen Ärmel hineinkroch.

„Lass das, du niedere Kreatur…“, knurrte Kyo und versuchte die Fledermaus unter seinem Hemd hervor zu ziehen.

Jenseits der Glasscheibe regte sich etwas und der junge Vampir verfiel Augenblicklich in eine Starre.

Shinya war durch den Klang seiner Stimme erwacht und sah sich jetzt unsicher nach allen Seiten um.

Ein Fiepen ausstoßend, das für Shinya nicht hörbar war, krabbelte die Fledermaus an Kyos Hals aus seinem Kragen heraus und verschwand in seinen Haaren. Der Blonde stand kurz davor einen Wutanfall zu bekommen. Was fiel diesem Ding überhaupt ein, sich auf ihn zu setzen?

Bereits im nächsten Augenblick wurde seine Aufmerksamkeit von dem Ärgernis in seinen Haaren abgelenkt.

Der braunhaarige Junge hatte sich erhob und bewegte sich jetzt mit tapsigen Schritten durch die Bibliothek.

„Asagi? Seid ihr das?“, fragte er zaghaft und wandte den Kopf suchend hin und her.

Nach einer Weile gab er auf und kehrte auf seinen Platz auf der Fensterbank zurück. Wie viel Zeit wohl vergangen sein mochte? Wo war sein Herr nun, und wann würde er wieder zurückkommen?

Mit dem Rücken an den Fensterrahmen gelehnt, die Beine angewinkelt wartete er ungeduldig auf seinen Meister.

Geradezu von Eifersucht zerfressen betrachtete ihn Kyo und wünschte sich von Herzen, dass Asagi auf nimmer Wiedersehen verschwand…

„Közi….“, instinktiv spannte Asagi sich an und verfiel in Lauerstellung. Jede kleine Bewegung mit wachsender Unruhe wahrnehmend sah er seinen Erschaffer an. Dieser lachte leise.

„Aber ich bitte dich… Du beträgst dich gerade so, als ob du fürchten müsstest von mir angefallen und in Stücke gerissen zu werden….“, der rothaarige schüttelte belustigt den Kopf.

„Was wollt ihr hier?“, fauchte Asagi gereizt.

„Ich wollte nur mal nach dir sehen… Als ich das letzte Mal hier gewesen bin, konnte ich dich nirgends ausfindig machen. Und außerdem seit wann brauche ich deine Erlaubnis um in diese Stadt zu kommen?“

Der Jüngere gab erneut ein Fauchen von sich.

„Errege dich doch nicht so sehr, mein Lieber…“, Közi stieß den Körper des am Boden liegenden Mädchens mit dem Fuß an, „Eigentlich wollte ich dir nur einen Ratschlag geben…“, er sah auf und seine dunklen Augen funkelten.

„Pass ab jetzt auf dein kleines Haustier auf. Ich bin es Leid Kyo daran zu erinnern, dass er es nicht auf einen Kampf mit dir anlegen soll, und werde es deshalb auch nicht mehr tun… Also wird ihn nichts mehr davon abhalten sich seiner zu bemächtigen“, langsam ging er auf den Vampir zu, den er selbst vor Jahrzehnten gebissen und dann zu seinem Gefährten gemacht hatte,

„Dir ist klar, auf wessen Seite ich stehen werden, falls ihr euch in die Haare bekommt, oder?“, beinahe zärtlich strich er dem Jüngeren über die Wange, „Im Gegensatz zu dir ist Kyo augenscheinlich in der Lage sich an Versprechen zu entsinnen….“, seine Stimme hatte einen seltsam traurigen Klang.

Ehe Asagi etwas erwidern konnte, hatte Közi seine Hand wieder zurückgezogen und ihm den Rücken zu gewand.

Wortlos ließ er den Schwarzhaarigen in der kleinen Gasse stehen. Dieser sah gedankenverloren das tote Mädchen am Boden an.

Nach einer Weile löste er sich aus seiner Starre. Er wollte zurück zu Shinya…

Der Blick mir dem Shinya die Bücher um sich betrachtete war leer. Im Grunde sah er nicht, was sich vor seinen Augen befand, sondern horchte nur angestrengt auf jedes Geräusch in dem großen Haus.

Von ihm unbemerkt war Kyo es nicht müde geworden ihn unverwandt anzustarren.

Sein ungewollter Verehrer war wieder aus seinen Haaren hervorgekraucht und hielt sich nun im Stoff seines Hemdes fest. Ein Rascheln in den Bäumen hinter sich ließ ihn herumfahren.

Einem tödlichen Schatten gleich hatte Közi sich ihm genähert und sah aus den Kronen eines Baumes verächtlich auf ihn herab.

„Komm jetzt weg von hier. Asagi ist auf dem Weg hierher zurück.“

Als der Jüngere nicht reagierte, bleckte der Rothaarige die Zähne, „Ich warne dich! Komm mit mir, oder sieh zu, wie du alleine zu Recht kommst!“

Über so viel Ungerechtigkeit die Zähne knirschend warf der Blonde noch einen letzten Blick auf das Objekt seiner Begierde und sprang dann vom Fenster Brett.

Übermütig flatterte die Fledermaus um ihn herum, als er den Garten mit dem Rücken zu Közi durchquerte.

„Anscheinend bist du taub geworden….“, Kyo versuchte auszuweichen, doch er war nicht schnell genug. Közi hatte ihn bereits am Arm gepackt und funkelte ihn nun wütend an. „Ich sagte du sollst mit mir mitkommen, und nicht, dass du mir den Rücken zuwenden sollst…“, knurrte er ihn an.

„Lasst mich in Frieden! Ich will jagen…“, fauchte der Kleinere ihn an und wehrte sich gegen den Griff des anderen. Der Rothaarige drückte ihn erbarmungslos gegen den Stamm eines Baumes.

Nur langsam flaute die Wut in seinem Inneren ab.

„Ich dachte du hättest gelernt, dass es dich teuer zu steh kommen kann, wenn du dich dermaßen gegen mich stellst… Was in aller Welt beschert mir das Glück dich mal wieder dermaßen schlecht gelaunt zu erleben?“

Ein trotziger Blick war die einzige Antwort auf seine Frage. „Ist es wegen ihm?“, Közi machte eine vollkommen überflüssige Handbewegung in die Richtung des erleuchteten Bibliotheksfensters.

„Ich würde gerne… Ich würde mich gerne zumindest mit ihm unterhalten…“, der blonde Vampir schlug die Augen nieder. Der Größere lachte leise.

„So erlebe ich dich ja zum ersten Mal, mein Lieber… Sonst besteht dein Interesse nur darin das Objekt deiner Begierde so lange wie möglich leiden zu lassen, bevor du es tötest….“

Der Kleinere sah ihn nicht an und schwieg.

„Na schön… Ich denke da lässt sich was machen…“, erklärte Közi nach einer Weile und strich seinem kleinen Widerspenstigen durch das Haar, „Dafür bist du jetzt aber auch brav und kommst mit mir… Asagi ist schon fast hier….“ „Ich danke euch…“, ein glückliches Lächeln, wie das eines Kindes hatte sich auf die Züge des Jüngeren gelegt.

Der Rothaarige schüttelte nur den Kopf und ließ von Kyo ab. Dieser hielt Ausschau nach der kleinen Fledermaus, die vor Közi geflohen war, und fand sie an einem Ast des Baumes, unter dem er noch immer stand, hängend.

Auf seinen Wink hin, gab sie ein freudiges Fiepen von sich und segelte auf den kleinen Vampir zu, um sich wieder in seinen Haaren zu verstecken.

Der ältere Vampir kommentierte das ganze nur mit einem erneuten Kopfschütteln, und verließ zusammen mit Kyo den Garten entgegen der Richtung, aus der Asagi zu dem Anwesen kommen würde…

Vor dem großen Haus hielt der schwarzhaarige Vampir inne.

Zwar sehnte er sich danach, wieder bei Shinya zu sein, doch er wusste nicht wie er dem hübschen Jungen gegenübertreten sollte.

Zögerlich setzte er sich wieder in Bewegung.

Er bewegte sich sehr vorsichtig und leise, so dass Shinya vergebens auf Anzeichen seiner Ankunft horchte, und zum zweiten Mal in dieser Nacht zusammen zuckte, als die Tür zur Bibliothek geöffnet wurde.

„Asagi… Ihr seid zurück…“, er eilte seinem Meister entgegen, blieb aber durch seinen Anblick erschreckt stehen. Der Vampir war noch immer von Blut befleckt, das lange Haar war wirr und der Blick aus den roten Augen voll Trauer.

Ganz vorsichtig nahm er den Älteren bei der Hand und zog ihn durch Kaminzimmer und Bad in sein eigenes Zimmer, um ihn dort auf seinem Bett abzusetzen.

„Was ist passiert? Ihr seht so mitgenommen aus… Und ihr seid voll Blut….“, Shinya ging vor seinem Meister in die Hocke und sah ihn besorgt an.

„Nicht mein eigenes Blut…“, wisperte der Vampir traurig. Er konnte die Augen nicht von dem wunderschönen Wesen zu seinen Füßen nehmen.

Warum war er noch hier? Er hätte weg laufen sollen… Weit weg….

„Wegen vorhin, ich….“, setzte der Schwarzhaarige an, brach aber ab weil sein Gegenüber den Kopf schüttelte und sich erhob.

„Ihr braucht euch nicht zu entschuldigen... Es war meine eigene Schuld…“, zaghaft berührte er die kühle Wange des Älteren, „Wartet einen Augenblick… Ich werde etwas Wasser und ein Tuch holen…“

Er verließ den Raum, Asagis sehnsüchtige Blicke im Rücken. Auch wenn sein Blutdurst gestillt war, er begehrte den Jüngeren noch immer.

Plötzlich legte sich ein leichtes Lächeln auf die Lippen des Schwarzhaarigen. Ihm war klar geworden, dass diese Form von Begierde nicht von dem herrührte, was er nun war, sondern von dem, was er einmal gewesen war.

Er war sich sicher, dass er als Mensch die gleichen Gefühle für Shinya hegen würde, wie als Vampir.

Der Braunhaarige kehrte mit einem Tuch und einer Wassergefüllten Schale zurück und ließ sich, nachdem er die Schüssel auf dem Stuhl neben seinem Bett abgestellt hatte, unmittelbar neben Asagi nieder.

Dieser protestierte nicht, als der Jüngere sich daran machte, ihm das Hemd auszuziehen, sondern beobachtete mit Vergnügen die Verlegenheit des anderen, den leichten Rotschimmer auf dessen Wangen, und das Geräusch seines schneller schlagenden Herzens.

Der Braunhaarige gab sich alle Mühe seine erwachende Erregnung zu verbergen.

Asagi war von einer bizarren Schönheit, die ihm Schauder über den Rücken jagte. Die Haut des Vampirs war weiß wie Porzellan, und hier und da von getrocknetem Blut besudelt.

Behutsam machte er sich daran die dunklen Blutflecken von der glatten, weichen Haut zu waschen.

Mit geschlossenen Augen genoss der Vampir die zarten Berührungen, und wagte es nicht sich auch nur ein wenig zu rühren, aus Angst das zu tun, wo nach ihm in diesem Augenblick am meisten verlangte.

Als der Jüngere zufällig seine Brustwarze streifte, kam ihm ein leises Keuchen über die Lippen, ohne das er es hätte verhindern können.

Asagi schlug die Augen auf und bedachte den Jüngeren mit einem schüchternen Lächeln, wie dieser es noch nie an ihm gesehen hatte.

Shinya gab es auf gegen sein Verlangen anzukämpfen. Der andere musste mittlerweile ohnehin schon wissen, was er für ihn empfand.

Vorsichtig schob er sich auf Asagis Schoß, den Blickkontakt mit dem Schwarzhaarigen aufrecht haltend. Das Paar nackter Arme schlang sich sogleich um seinen zierlichen Körper.
 

(Anmerkung: Das 13. Kapitel wird wieder Adult,(*böse-kicher*) wird aber wie das 9. keine handlungsrelevanten Teile enthalten... (Nur so als Anmerkung... >____< *hüstel*) *wegkrauch*)

Deadly desire

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

dark sky

Ja~ Was soll ich sagen?

Der Kapitelname ist einfallslos, wie ich fürchte.... T____T

In jedem Fall Danke fürs Lesen ^^
 

XIV. dark sky
 

Asagi ließ sich neben Shinya in das weiche Bett fallen und zog den Jüngeren Augenblicke später fest in seine Arme.

Der zitternde Körper schmiegte sich an ihn. Die Augen geschlossen lauschte der Vampir auf den ruhiger werdenden Herzschlag des jungen Mannes, sanft über dessen schmalen Rücken streichend.

War das hier das Glück? Fühlte es sich so an, wenn man vollständig glücklich war?

Wenn für den Moment nichts mehr zählt, keine Befürchtungen, keine Ängste?

In seinen Armen regte sich Shinya ein wenig, um seinen Meister anzusehen. Ein sanftes Lächeln umspielte beider Lippen.

Zufrieden kuschelte Shinya sich wieder an den Älteren. Die kühlen Finger fuhren zart über seine Haut, ehe sie seine Schulter erreichten. Vorsichtig legte Asagi seine Lippen auf die Verletzung, die er dem Jüngeren beigefügt hatte.

„Es tut mir Leid… Ich wollte dich nicht beißen…“, wisperte er schuldbewusst und küsste vorsichtig den geröteten Abdruck entlang.

Shinya gab nur ein Geräusch des Wohlbefindens von sich um sich dann enger an den kalten Körper des Vampirs zu schmiegen.

„Wie kann dir das alles so gleichgültig sein? Ich habe dir doch mehr als einmal bewiesen, dass ich…“, ein schmaler Finger legte sich auf seine Lippen und wurde kurz darauf durch ein Paar hübscher Lippen ersetzt.

„Ich liebe euch… Das ist alles…“, hauchte der Jüngere leise und legte den kopf auf der weißen Brust seines Meisters ab.

Asagi erschauderte. Die Arme fest um den hübschen Jungen geschlungen, genoss er dessen Nähe….

Endlich, nach vielen Stunden, die für Kaoru wie Wochen und Monate gewesen waren, öffnete Dai die Augen und sah ihn an. Ein schwaches Lächeln breitete sich auf den verschwitzten Zügen des Jüngeren aus.

Leise murmelte er den Namen des jungen Arztes, der ihm wieder ein nasses Tuch auf die heiße Stirn legte.

„Du hast sehr lange geschlafen….“, erklärte der Ältere, „Wie geht es dir jetzt?“

„Ihr seid hier bei mir…. Also könnte es mir nicht besser gehen….“, junge Mann strahlte ihn an und zog ihn behutsam zu sich hinunter um ihm einen schwachen Kuss auf die Lippen zu hauchen.

So lange Kaoru da war, war in der Tat alles in bester Ordnung.

Sowohl der junge Arzt, als auch sein Patient waren so miteinander beschäftigt, dass sie die beiden Gestalten auf der alten Eiche vor dem Haus, die sich dort relativ lebhaft stritten, nicht wahrnahmen.

Kyo sah seinen Herrn wütend an.

„Und was ist jetzt schon wieder falsch daran, dass ich hierher gekommen bin? Ich hab nur nach dem Ort gesucht, an dem Shinya vorher gelebt hat…. Was daran bitte falsch?“, die kleine Fledermaus flog um ihn herum und fiepte, als wenn sie seine Worte unterstützen wollte.

„Was bringt es dir denn, wenn du hier bist? Sollte Asagi es herausfinden, und befürchten, dass du einem der Brüder seine Haustieres, oder seiner Mutter etwas antun willst, wird er dich jagen, und am Ende vielleicht töten….“

„Na und? Was schert mich das?“, fuhr ihn Kyo an, „Dann soll er mich doch jagen! Soll er doch denken, dass Shinyas Familie in Gefahr ist… Mich kümmert es nicht!“

Mit einem Satz war er vom Baum. Einen letzten Blick auf den Rothaarigen werfend flüchtete er in die Nacht hinaus. Die Fledermaus blieb an einem Ast hängend zurück und sah dem Zurückgebliebenen vorwurfsvoll an.

Schweigend sah Közi dem blonden Vampir nach. Waren seine Worte denn so unverständlich?

Im war sehr viel an Kyo gelegen, so wie er Asagi auch einmal geliebt hatte. Doch sein Schicksal war es, immer und immer wieder verlassen zu werden.

Betrübt warf er einen neuerlich Blick durch das Fenster zu Kaoru und seinem Liebsten, der ihn mittlerweile zu sich ins Bett gezogen, und sich an ihn gelehnt hatte.

Vielleicht waren genau diese Menschen es, die es Kyo ermöglichen würde, zumindest eine kurze Weile mit dem hübschen Haustier seines ehemaligen Gefährten zusammen sein zu können.

Ein kaltes Lächeln legte sich auf die glatten Züge des rothaarigen Vampirs…

Diese Welt war ein hässlicher Ort, war es schon immer gewesen, und würde es auch für immer bleiben.

Kyos Augen wanderten über die dreckigen Mauern der Häuser hinter ihm, und blieben schließlich an dem Fluss, der sich zu seinen Füßen erstreckte, hängen.

Weit über ihm gaben die Wolken den Mond frei. Silbern glänzte das eben noch schwarze Wasser auf und warf unruhige Reflexe auf den Körper des blonden Vampirs.

Ihm selbst mochte dieser Anblick nicht besonders erscheinen, doch ein junger Mann, der einige Meter von ihm entfernt auf dem Boden kauerte, schien ganz anders darüber zu denken.

Fasziniert betrachtete er das Blonde Wesen, das am Wasser stand und die Reflexionen zu bewundern schien.

Der junge Mann, der an diesem Ort zuflucht vor dem Elend und seiner Realität gesucht hatte, erhob sich langsam.

Die Haut des anderen war weiß wie Schnee, das blonde Haar glatt und glänzend.

Kyo ließ sich am Rande des Flusses nieder, die Beine angezogen, nicht einen Gedanken an seine Kleider verschwendend. Sehr wohl hatte er den Menschen gehört, der sich ihm nun mit zögerlichen Schritten näherte, doch er hielt ihn nicht auf, und legte auch keinen Widerspruch ein, als der andere sich zu ihm setzte.

Das engelsgleiche Geschöpf hielt die Augen weiter auf das glänzende Wasser gerichtet.

Jetzt, von nahem betrachtet fiel dem jungen Mann auf wie traurig er wirkte, und gleichzeitig spürte er wie sich seine Nackenhaare aufrichteten.

Es war gefährlich sich diesem Jungen zu nähern.

Im selben Augenblick wie ihn diese Erkenntnis traf, fand er sich von zwei erstaunlich kräftigen Armen auf den kalten Boden gepresst.

Kyos Züge waren glatt und gleichgültig, nur seine Augen verrieten seine Gier nach Blut, das leise Aufflackern von Belustigung als der Fremde unter ihm sich zu befreien versuchte.

„Lass mich gehen!“, der Vampir lächelte nur und seinem Opfer wurde ganz plötzlich und ohne dass er recht wusste warum, klar, dass es sterben musste.

Unbarmherzig drückte Kyo ihn mit seinem schlanken Körper zu Boden.

Der an ihn gepresste Körper des Oberen und das breite Grinsen auf dessen Zügen erweckten ein Gefühl der Erregung im Unteren, das ebenso heftig wie unverständlich war.

„Hör auf damit! Was auch immer du bist, lass mich gehen….“, flehte er laut und bemühte sich erneut freizukommen.

„Ich soll dich also gehen lassen?“, säuselte der Blonde an seinem Ohr und drückte sich weiter an den warmen Körper unter sich. Sein Opfer litt unter dieser Geste und kämpfte mit all seinen Sinnen gegen das, was er in diesem Augenblick empfand, „Dann bekomm ich doch gewiss etwas gleichwertiges dafür, oder?“

Die roten, von einem gelben Muster durchzogenen Augen des Oberen fixierten ihn.

„Wie?“, der junge Mann verstand nicht. Erst als sich wieder ein Grinsen auf dem Gesicht seines Peinigers ausbreitete, ahnte er, was gemeint war.

„Ich verlange natürlich zu wissen, wer an deiner statt sterben soll…. Ein anderes Leben für das deine…. Und? Wen erwählst du? Wer muss für dich sterben?“

Kyo genoss den Anblick des zitternden Menschen unter sich in vollen Zügen. Sollte er doch leiden.

Was machte das für einen Unterschied, wo er doch sowieso sterben würde?

„Deine Antwort….“, der Vampir leckte seinem Opfer über den Hals. Der Untere erschauderte, und sein Herz begann noch etwas heftiger gegen seinen Brustkorb zu schlagen, als es es ohnehin schon getan hatte.

Unfähig die Frage zu beantworten versuchte er den Kleineren von sich zu stoßen, konnte jedoch keine Erfolg verzeichnen und erntete nur ein höhnisches Kichern für seine Anstrengungen.

„Nun sag schon! Ich würde dich tatsächlich gehen lassen!“, Kyo knabberte an der empfindlichen Haut am Hals seines potenziellen Abendbrotes, das leise zu wimmern begann, „Warum tust du das? Ich habe niemandem etwas getan…. Ich will weg… Lass mich gehen, ich flehe dich an….“

Der Vampir lachte nur. „Und das soll mich jetzt davon überzeugen, dich gehen zu lassen, ja? Ich will ja nichts sagen, aber so langsam wirst du mir langweilig…..“

Seine Augen glänzten im Mondlicht. Der Wind trieb sein Haar in das Gesicht des unten Liegenden, als er erneut in die bereits gerötete Haut biss, eine kleine blutende Wunde hinterlassend.

„Sag mir warum….“, der fremde Mann hatte aufgehört sich zu winden, oder um sein Leben zu flehen, er war dem Tot geweiht, und es gab kein Entrinnen.

Wieder wurde er durchdringend von den unnatürlich gefärbten Augen des anderen angesehen.

„Warum?“, er zuckte mit den Schultern, „Ich habe Hunger, und du kamst mir gerade recht…. Schade, dass du deinen letzten Atemzug an eine so sinnlose Frage vergoldet hast….“

Sein Opfer schrie auf, als Kyo im nächsten Moment seine Zähne unsanft in sein Fleisch schlug.

Die Fingernägel in die bebenden Schultern geschlagen drückte er den Unglücklichen weiter zu Boden, verbiss sich erneut im Hals des Menschen und vernahm mit Genugtuung dessen Schreie.

Ein Hochgefühl wallte in ihm auf während er gierig von dem heißen Blut seines Opfers trank.

Dieses wimmerte nur noch schwach, die Augen auf den silbernen Mond gerichtet, vom Schmerz verzehrt und voller Reue. Ein weiteres Mal schlug der Vampir seine Zähne in das weiche warme Fleisch seines Opfers, nur um diesen erneut schreien zu hören.

„Nein!“, der junge Mann kämpfte, doch es war ohne Sinn, und er spürte bereits wie seine Glieder schwer wurden.

Als ihm seine Sinne endgültig zu schwinden drohten, setzte Kyo seine Lippen an der nunmehr blutverschmierten Kehle des Unteren an, und biss erneut heftig und gezielt zu.

Plötzlich war die Nacht wieder still, und nur noch das Gurgeln des Flusses war zu vernehmen.

Gedankenverloren blickte der Vampir auf den Toten hinunter, ehe er sich neben ihm auf dem Boden niederließ und erneut die Augen auf den silbernen Fluss heftete.

Vielleicht würde jemand um diesen Mann trauern, vielleicht aber auch nicht. Es kümmerte ihn nicht…

„Kyo….“, erst als der Angesprochene aufsah, bemerkte er, dass sein Meister ihm hier her gefolgt war.

Der Rothaarige ging neben ihm in die Hocke, und setzte sich schließlich nach kurzem Zögern ebenfalls auf den dreckigen Boden.

Erneut herrschte Stille, ehe Közi ein weißes Taschentuch aus der Innenseite seines Rockes zog.

„Du hast Blut im Gesicht…“, verkündete er leise und drehte den Kopf des Jüngeren so, dass dieser ihn ansehen musste. Behutsam machte er sich daran, das dunkle Blut von der schneeweißen Haut zu entfernen.

Der Jüngere legte nicht den kleinsten Widerspruch ein und betrachtete seinen Meiser nur schweigend.

„Wir sollten uns seiner entledigen…“, stellte der Ältere fest, wobei es unnötig war zu erwähnen, dass er von der Leiche sprach, die noch immer neben Kyo am Ufer lag.

Nickend erhob sich der Angesprochene, um den Toten unsanft am Arm zu packen, und in Richtung Themse zu schleifen, und dann dem Wasser zu übergeben. Közi schüttelte den Kopf, woraufhin sich ein fragender Ausdruck auf das Gesicht des Kleineren legte, und dieser sich wieder neben seinen Meister setzte.

„Was habt ihr denn? Hätte ich ihn lieber vergraben sollen?“, seine Stimme klang angriffslustiger, als er beabsichtigt hatte, und er biss sich auf die Unterlippe.

Entgegen seiner Erwartung geriet der rothaarige Vampir jedoch nicht in Wut, sondern sah ihn nur aus dunklen Augen nachdenklich an.

„Als ich dich zum ersten Mal traf, warst du noch voller Unschuld… Ich hielt dich für wohlbehütet und verwöhnt… Wie sehr ich mich geirrt habe….“, sanft strich er mit den Fingerspitzen über das hübsche Gesicht seines Gefährten.

„Hasst du mich sehr für das, was ich dir antat?“

„Nein….“, zaghaft lehnte sich er Kleinere an ihn, „Denn wärt ihr nicht gewesen, wäre ich gestorben, ohne je wirklich gelebt zu haben… Ohne die Welt hier draußen zu kennen… Diese Welt ist ein hässlicher Ort, das habe ich nun gelernt… Wohin man auch sieht, ist Leid der ewige Begleiter eines jeden Wesens.... Doch ihr habt mir gezeigt, dass es für den einzelnen auch Momente der Glücksseligkeit geben kann….“, er schloss die Augen, „Und dafür bin ich euch dankbar….“

Den Arm um den kleineren Vampir gelegt betrachtete Közi den endlosen Sternenhimmel über ihren Häuptern. Dort oben hatte sich fast nichts verändert, seitdem er als Kind der Nacht geboren worden war.

Ebenso hatte sich die Natur der Menschen nicht verändert. Sie waren niederträchtige Wesen, wie er selbst.

„Kyo?“, er spürte ein schwaches Nicken an seiner Brust, „Du wirst ihr treffen können… Und zwar sehr bald….“

Der Rothaarige musste das Wesen an seiner Seite nicht ansehen, um zu wissen, dass sich ein seliges Lächeln auf dessen Lippen gelegt hatte.

Nur diese winzige Kleinigkeit konnte Kyo glücklich machen. Ihm selbst wäre das niemals genug gewesen.

Doch das war der wesentliche Unterschied zwischen ihm und dem Blonden, der nun ebenfalls die Augen zum Himmel gehoben hatte, noch immer lächelnd in stiller Erwartung auf ein Treffen mit dem Wesen, das schon fest an Asagi vergeben war, und ihn vielleicht niemals freiwillig treffen wollen würde…

Nicht nur Közi und Kyo allein genossen den Anblick der glänzenden Sterne, auch Kaoru betrachtete mit nachdenklicher Miene den nächtlichen Abendhimmel.

In seinen Armen, erneut in tiefen Schlaf verfallen, ruhte Dai, die hübschen Augen geschlossen und das Gesicht an der Brust des Arztes verborgen.

Sein Fieber war wieder gesunken, doch noch immer war Kaoru besorgt. Sein Verstand sagte ihm, dass es dazu keinen Grund mehr gab, da die Medikamente ihre Wirkung taten, und doch nagte ein ungutes Gefühl an ihm, das ihn daran hinderte, endlich ebenfalls in den Schlaf abzugleiten.

Etwas würde geschehen.

Ihm war, als sei diese Tatsache sogar auf den Nachthimmel geschrieben.

An seiner Brust regte sich etwas, und Dai hob verschlafen den Kopf. Trotz seiner Besorgnis musste der Ältere unwillkürlich lächeln.

„Du bist noch wach?“, Kaoru nickte, und gleichzeitig lief ihm ein sanfter Schauder über den Rücken, weil der junge Mann ihn nunmehr wie einen der seinen Ansprach, und nicht mehr mit der längst überflüssig gewordenen höflichen Form.

„Ich konnte einfach nicht schlafen… Irgendetwas lässt mir keine Ruhe…“

Ganz sanft strich ihm der Jüngere über die blasse Wange.

„Irgendetwas? Bedeutet das, dass du selbst nicht weißt, was es ist?“

Schweigend nickte der junge Arzt.

Ein jähes Gefühl der Zuneigung veranlasste ihn dazu, den anderen zärtlich an sich zu drücken.

„Versuche nicht länger darüber nachzudenken…. Du brauchst schlaf….“

Die warme, weiche Stimme des Jüngeren beruhigte Kaoru, und der Körper, der sich sanft an ihn drückte, entlockte ihm schließlich ein wohliges Seufzen. „Du hast vollkommen recht…“, murmelte er leise und schloss die Augen.

„Wenn tatsächlich etwas passieren sollte, wird mein Grübeln es nicht verhindern können….“

Kaum dass dieser Satz über seine Lippen gekommen war, glitt er auch schon in den Schlaf ab.

Ein Lächeln huschte über die Züge Dais als er wenige Augenblicke das ruhige Atmen des Dunkelhaarigen vernahm.

Zufrieden ließ er sich wieder vom Schlaf umhüllen…

Eng aneinander geschmiegt lagerten Asagi und Shinya unter einem großen weichen Tuch auf der Fensterbank in der Bibliothek.

Shinya hatte in diesem Ort ebenso wie sein Meister einen Lieblingsplatz gefunden.

Mit seinen langen, weißen Fingern nahm der Vampir das in Leder gebundene Buch auf, in welchem Shinya schon in der Nacht zuvor gelesen hatte.

„Du bist weit gekommen…“, stellte er lächelnd fest.

An seiner Schulter nickte es zaghaft.

„Darf ich dir weiter vorlesen?“

„Das würdet ihr tun?“, Shinya sah ihn aus seinen hübschen braunen Augen an.

„Natürlich wenn du magst….“

Ein freudiges Nicken war die Antwort.

Mit sanfter Stimme begann der Vampir zu lesen.

Auch er selbst hatte dieses Buch manches Mal gelesen und wirklich gemocht. Welch Zufall, dass der hübsche Junge sich ausgerechnet dieses Buch zum Lesen ausgesucht hatte.

Erst hörte Shinya ihm noch aufmerksam zu, doch dann überkam ihn Müdigkeit und er schlief ein, wissend, dass er bei seinem Erwachen wieder alleine in seinem Bett liegen würde.

Lächelnd legte der Ältere das Buch beiseite und betrachtete seinen schlafenden Engel.

Erst als die Morgenröte immer näher rückte, hob der Schwarzhaarige ihn behutsam hoch, um ihn in sein Gemach zu bringen.

Nachdem Asagi ihn sorgfältig zugedeckt hatte, verweilte er noch eine Weile an seiner Seite.

Immer wieder blieb sein Blick an dem zierlichen Hals des Jüngeren hängen und die Erinnerung an sein warmes süßes Blut drängte sich in seine Gedanken. Jedes Mal wallte Verlangen in ihm auf, und ließ ihn schließlich zurück schrecken.

Er musste gehen.

Schnell wie ein Schatten huschte er aus dem Zimmer und hielt er inne, als er in den dunklen Gängen unter seinem Anwesen angelangt war…

It's day again

T_________T Und schon wieder ist es Tag... *murmel*

Doofe Tage... Weg mit der Sonne... *murmel*
 

XV. it's day again
 

Verschlafen richtete sich Shinya auf, und versuchte sich das durcheinander gebrachte Haar aus dem Gesicht zu streichen. Verwundert stellte er fest, dass es schon lange nicht mehr Morgen, sondern vielmehr Mittag war, da die Sonne bereits ihren höchsten Stand erreicht hatte.

In Anbetracht dessen, dass er schon seit mehreren Tagen recht wenig Schlaf bekommen hatte, war es kein Wunder, dass er erst jetzt erwachte, und doch nagte an dem zierlichen Braunhaarigen ein Gefühl der Schuld, weil er schließlich immer noch dazu da war, im Haus für Ordnung zu sorgen.

Deshalb ignorierte er das Schwindelgefühl, das in ihm aufkam, als er sich aufrichtete und begab sich auf direktem Wege ins Bad um sich zu waschen.

Nachdenklich sah er den jungen Mann an, der ihm blass aus dem Spiegel entgegenblickte, und fuhr mit den Fingern zaghaft über die deutliche Bissspur an seiner Schulter. Schauer jagte ihm über die Haut, wenn er daran zurückdachte, und allein dieser Biss und der Kratzer auf seiner Brust bewiesen ihm, dass nicht alles nur ein besonders lebhafter Traum gewesen war.

Seinen Erinnerungen nachhängend beendete er seine Wäsche und machte sich dann daran, sich mit dem einzigen Kleid anzutun, das noch in seinem Kleiderschrank verblieben war, da er das Kleid, das er am ersten Tag getragen hatte, noch nicht geglättet hatte.

Sein nächster Schritt bestand darin, seine eigenen und Asagis Kleider aufzulesen, und sich wie schon am Tag zuvor dem Wäschewaschen zu widmen…

Schon seit Stunden war Kaoru wach, doch er wagte es nicht, sich zu rühren, da er die Ruhe des in seinen Armen Liegenden nicht stören wollte.

Aus dem unteren Teil des Hauses ertönte leises Klappern und das Weinen eines Kindes, dann eine beruhigende Frauenstimme, und ein Husten.

Unschlüssig sah der junge Arzt den Schlafenden an und löste sich dann behutsam von ihm, unendlich langsam um ihn nicht zu wecken. Ebenso leise, doch nicht ohne Dai ordentlich zugedeckt zu haben, stieg er die Treppe der Kammer hinunter.

Unten fand er wie erwartet die Mutter seines Patienten und dessen kleinen Bruder Toshiya vor. Die Frau sah ungesund bleich aus, eingefallen und verbraucht, und doch legte sich ein warmes Lächeln auf ihre Lippen, als der junge Mann näher trat. „Ich wünsche euch einen guten Morgen….“, begrüßte sie ihn und senkte leicht das Haupt.

Der kleine Toshiya sah den für ihn immer noch Fremden aus seinen großen Augen etwas misstrauisch an, beschwerte sich jedoch nicht, als ihm dieser über das kurze, weiche Babyhaar strich.

„Madam, ihr solltet euch schonen… Wenn es euch recht ist, würde ich euch gerne noch etwas Hustensaft verabreichen….“, nachdenklich sah er auf das kleine Wesen in den Armen der Frau hinunter, das nun, da es seine Haare zu fassen bekam, begeistert daran zog.

„Ihr solltet außerdem noch etwas schlafen, damit ihr besser zu Kräften kommt… Um euren kleinen Sohn würde ich mich sonst für ein paar Stunden kümmern….“, kein Argwohn lag in den Augen der Dame, als er sie wieder ansah, und sie nickte nur ergeben.

„Ich vertraue euch, da Dai es ebenfalls zu tun scheint….“, ein seltsamer Glanz lag in ihren Augen.

Siedendheiß wurde dem Dunkelhaarigen klar, dass ihr wohl nicht entgangen war, dass zwischen ihrem Sohn und ihm nicht die übliche Beziehung bestand, die es zuweilen zwischen Ärzten und Patienten gab.

„Wie steht es im Augenblick um ihn?“, die Frage holte ihn aus seinen Gedanken zurück.

„Sein Fieber ist stark zurückgegangen und seine Lungengeräusche sind fast wieder normal. In jedem Fall ist er über das Schlimmste hinaus und wir in absehbarer Zeit genesen….“

Die Frau ihm gegenüber nickte und eine Stille entstand. Unruhig ließ der junge Arzt seinen Blick durch den Raum schweifen, ehe er sich etwas verlegen am Hinterkopf kratze und mit den Worten, dass er die Medizin holen wolle, geradezu fluchtartig die Treppe erklomm.

In der kleinen Kammer schlief sein Patient noch immer ruhig atmend und in der gleichen Position in der er ihn verlassen hatte. Für einen Moment war Kaoru nicht fähig die Augen von der schlafenden Gestalt zu nehmen, und musste sich dazu überreden, sich von ihm abzuwenden um in seiner Tasche nach dem benötigten Medikament zu suchen.

Dass seine Gedanken immer noch ausschließlich um den Schlafenden kreisten, hatte zur Folge dass er das gesuchte Fläschchen drei Mal in Folge einfach übersah.

Innerlich über sich selbst fluchend stieg er wieder in die Stube hinunter….

Vollkommen in seine Arbeit und Gedanken vertieft nahm Shinya das Schellen an der Tür im ersten Moment überhaupt nicht wahr.

Erst als zum zweiten Mal das Klingen ertönte, sah der Braunhaarige verwundert auf, nur um seinen Putzlappen im nächsten Augenblick fallen zu lassen und in Hektik zur Tür zu eilen.

Zaghaft öffnete er die Tür einen Spalt breit um auszukundschaften, wer wohl Anlass dazu hatte, an der Tür zu schellen. Als er die Uniform des jungen Mannes als die eines Boten erkannte, wagte er es, die Tür etwas weiter zu öffnen.

„Was ist euer Belangen, mein Herr?“, Shinya verbeugte sich höflich.

Der Bote starrte ihn für einen Augenblick hin und her gerissen zwischen Verwunderung und Faszination an.

Selten war ihm eine solche Schönheit untergekommen, und dass, wo er durchaus in gehobenen Kreisen verkehrte, und dieses Wesen, das in nun as nunmehr fragenden Augen ansah, war dem Staub in seinen Haaren, und den Wasserflecken auf seiner Schürze zu urteilen, ein Dienstmädchen, und keine noble Edelfrau.

Nach dem Verstreichen einiger Sekunden fand der Fremde endlich seine Fassung zurück, und zog aus seiner Tasche ein Kuvert aus schwerem, treurem Papier.

„An einen gewissen Lord Asagi…“, erklärte er mit seiner größtmöglichen Würde und salutierte, wohl in der Hoffnung den Braunhaarigen zu beeindrucken. Dieser hingegen bemerkte diesen Annäherungsversuch nicht, und nahm die Nachricht seines Herrn entgegen, ohne den Überbringer überhaupt richtig anzusehen.

Von Shinya auf diese Weise verschmäht zog der Bote etwas genickt von dannen und ließ den jungen Mann, der nun neugierig den Brief betrachtete, allein zurück. Das Schreiben immer wider hin und her wendend fragte er sich, was es wohl beinhalten mochte.

Dass Asagi den Titel „Lord“ innehatte, wunderte ihn nicht besonders.

Bevor er sich wieder seinen Aufgaben widmete, brachte er die Nachricht in die Bibliothek, um sie dort gut sichtbar auf die Fensterbank zu legen, der einzige Ort im Raum, an dem ein Brief überhaupt noch ins Auge fiel, da auf jeder anderen möglichen Ablage aufgeschlagene Bücher, Listen, Pläne oder andere Schriftstücke lagerten.

Bei dieser Gelegenheit befand er, dass es dringen einmal nötig sei, die gesamten Räumlichkeiten zu belüften, und machte sich daran in den ihm zugänglichen Bereichen die Fenster weit zu öffnen.

Fröstelnd wartete er darauf, dass in allen Räumen frische Luft jeden Winkel füllte, ehe er die Fenster der Reihe nach wieder schloss.

In seinem eigenen Zimmer erlebte er eine kleine Überraschung, als er die Vorhänge wieder zuzog.

Zwischen den Falten des schweren Stoffes verborgen kauerte eine kleine, graue Fledermaus.

Ob sie die ganze Nacht über schon da gewesen war? Oder hatte sie in der Nähe seines Fensters geruht, und war aufgeschreckt durch das Auftun des Fensters in sein Zimmer geflattert?

Unschlüssig sah er das kleine Geschöpf an, und entschloss sich dazu, es unbehelligt zu lassen.

Vor einer kleinen Fledermaus musste er wohl keine Angst haben…

Das leise und vertraute Kichern eines Kleinkindes erweckte Dai aus seinem Schlaf.

Vorsichtig schlug er die Augen auf und suchte irritiert nach der Quelle dieser Geräusche, und augenblicklich legte sich ein Lächeln auf seine Lippen.

Vor seinem Bett saß sein Kaoru auf dem Fußboden auf einer Decke, Toshiya auf dem Arm, oder vielmehr auf sich, da dieser mit Begeisterung an ihm hoch zu klettern versuchte, um an die mittlerweile im Nacken zusammen gebundenen Haare des Älteren heranzukommen.

„Da möchte ich ja fast eifersüchtig werden….“, kicherte er nach einer Weile leise und schlug die Decke zurück um sich ausgiebig an der frischen Luft zu strecken.

Auch wenn sein Verstand ihm sagte, dass es keinen Anlass dazu gab, spürte der auf dem Boden hockende Arzt, dass sein Herz schneller schlug. Dai ließ sich aus dem Bett heraus zu ihnen zu Boden gleiten und schmiegte sich von hinten gewollt aufreizend gegen Kaoru. Dieser erschauderte und wand dem anderen den Kopf zu. Ein sanfter Kuss versiegelte seine Lippen für einen viel zu kurzen Augenblick.

Toshiya giggelte zufrieden und streckte die kleinen teigigen Hände nach seinem ältesten Bruder aus.

„Na, kleiner Mann?“, behutsam nahm Dai das brabbelnde Kind hoch und wiegte es in den Armen.

„Da hat wohl einer die Gunst der Stunde genutzt, um sich an meinem Kaoru zu vergreifen…“, er stupste die Nase Toshiyas an und erntete dafür ein Grunzen und dann ein Lachen.

„Ich habe deiner Mutter angeboten, mich um ihn zu kümmern, damit sie sich etwas ausruhen kann… Sie schleppt schon etwas länger eine Erkältung mit sich herum, darum wird ihre Genesung noch etwas Zeit in Anspruch nehmen…“

Neben ihm brach Dai in leises Lachen aus.

Leicht pikiert musterte der Belachte sein Gegenüber. „Habe ich irgendetwas Falsches gesagt?“, hackte er schließlich, als das Lachen des anderen wieder verebbt war, dieser sich aber nicht rechtfertigte, nach.

„Nein ganz und gar nicht… Nur dein Gesichtsausdruck und deine Art zu sprechen haben mich so an unser erstes Gespräch erinnert… So sachlich und mit so viel Abstand….“

Die Züge des Jüngeren wurden Nachdenklich und er setzte Toshiya auf dem Bett ab.

Der kleine rollte sich freudig auf der Decke hin und her.

„Dai? Stimmt etwas nicht?“, Kaoru sah den Angesprochenen aus tiefen Augen an.

Es dauerte etwas, bis er eine Reaktion bekam. „Was hast du damals über mich gedacht?“

Kaoru spürte wie er rot wurde, als er an den hilflosen, verschwitzten Körper unter seinen Händen zurück dachte, an die Gedanken, die unwillkürlich in ihm aufgestiegen waren.

Hastig wandte er das Gesicht etwas ab, in der Hoffnung seine Verlegenheit auf diese Weise verbergen zu können.

„Nun sag schon!“, forderte der junge Mann neben ihm etwas ungeduldig.

„Nun ja…“, der Bedrängte hielt seinen Kopf weiter abgewandt.

„Nun ja ist keine besonders ausführliche Antwort….“, der Jüngere schob sich mit einer weichen Bewegung über ihn und drückte in auf die am Boden liegende Decke.

Kaoru stöhnte leise auf als sich der Obere gegen ihn bewegte und ihm zärtlich über den Hals leckte.

„Nicht hier und jetzt, Toshinya ist doch…“ „Du brauchst doch nur zu antworten…“, grinste der junge Mann über ihm, der sich weiterhin an ihn schmiegte, und mit der Hand langsam unter sein Oberteil fuhr.

„Ich rede ja schon….“, der Versuch eingeschnappt zu klingen, scheiterte hoffnungslos.

Wie sollte man einem Wesen wie Dai auch in einer solchen Situation widerstehen können?

Unten den erwartungsvollen Blicken des Oberen fuhr er sich unruhig durch das Haar.

„Du hast mich ziemlich durcheinander gebracht… Gleich am ersten Tag….“

„Wirklich?“, der auf ihm Sitzende hatte den Kopf zur Seite geneigt und sah ihn prüfend an, wobei es ihm nicht gelang ein Grinsen aus seinem Gesicht zu verbannen.

„Warum sollte ich etwas anderes sagen, als die Wahrheit?“, zärtlich zog er den hübschen jungen Mann näher zu sich, um ihn sanft zu küssen.

„Ich liebe dich….“, wisperte Dai ganz leise am Ohr des Unteren und sah ihm direkt in die Augen. Kaoru erwiderte den Blick, einen leichten Rotschimmer auf den blassen Wangen.

„Ich dich auch…“

….

Erschöpft ließ Shinya sich auf dem Flur in eine Ecke sinken. Er war müde. Definitiv müde.

Und zudem meldete sich sein Bauch laut grummelnd zu Wort, da seine letzte Malzeit schon Ewigkeiten zurücklag. Unschlüssig ob er sich ohne Kaoru etwas zu essen bereiten durfte, musterte er die Wände, konnte sich damit jedoch nicht von seinem Magen ablenken, der sich zunehmend lauter über die fehlende Nahrung beschwerte.

Schließlich richtete er sich wieder auf und machte sich auf den Weg in Richtung der Küche. Kaoru würde es ihm gewiss nicht üben nehmen, wenn er etwas aß, und es war wahrscheinlicher, dass er von dem jungen Arzt gescholten würde, wenn er bis zu dessen Rückkehr hungerte.

Noch immer nicht ganz von der Richtigkeit seiner Tat überzeugt holte er einen Leib Brot hervor, um sich eine Scheibe davon abzuschneiden.

Während er seinen Magen mit Speis und Trank zufrieden stellte, dachte er zum wiederholten Male an den Brief und and die beiden anderen Vampire, die sich nun in der Stadt herumtrieben.

Unter anderem fragte er sich, wie zahlreich Vampire in England wohl sein mochten, und auch wie es dazu kam, dass man einer von ihnen wurde. Ein einfacher Biss reichte wohl nicht aus, zumindest war bei ihm bis zu diesem Augenblick nichts geschehen. Außerdem müsste es sonst bereits aberhunderte Vampire hier in England geben, oder nicht?

Frustriert darüber, dass er auf keine seiner Fragen eine Antwort finden konnte, wusch er sein benutztes Geschirr ab, und machte sich unmittelbar danach daran die gewaschene Wäsche abzunehmen, um diese ordentlich zu mit dem heißen Glätteisen von Falten zu befreien.

Nachdem er nun nichts mehr zu tun wusste, zog er sich in die Bibliothek seines Meisters zurück, um dort die letzten Stunden bis zum Verscheiden der Sonne mit Lesen zu verbringen…

Dicht an einander geschmiegt lagen Kaoru und sein nun mehr zu Kräften gekommener Patient in der Decke eingerollt auf dem Boden.

Oben in Dais Bett lag Toshiya in einem aus einer Decke improvisieren Bettchen und war mit einem Kopfkissen zugedeckt, unter welchem er jetzt ruhig und zufrieden schlummerte.

Den gesamten Nachmittag hatte er die beiden jungen Männer auf Trab gehalten, indem er jedes Mal in Tränen ausgebrochen war, wenn man ihm nicht die von ihm gewünschte Aufmerksamkeit hatte zukommen lassen. Zudem hatte er es nötig gemacht, einen großen Teil der Stube zu reinigen, da er es geschafft hatte, seine Schüssel samt Brei so vom Tisch zu schubsen, dass sich ihr Inhalt schön gleichmäßig durch den halben Raum verteilte.

Doch nun war der Kleine endlich eingeschlafen, ganz zu Freude Dais, der seinen Kaoru nun nicht mehr zu teilen brauchte. Zufrieden schmiegte er sich an den Älteren.

„So ein Kind ist schon eine ermüdende Sache…“, seufzte der Arzt leise und strich dem anderen durch das Haar, „Es täte mich wirklich interessieren, ob du früher genau wie dein kleiner Bruder gewesen bist…“

Dai sah ihn kurz an und verfiel dann in ausgiebiges Schmollen, und ließ den Älteren in haltlose Heiterkeit ausbrechen.

„Das ist nicht nett…“, beschwerte sich der Schmollende und rollte sich aus der Decke aus.

Dazu aufzustehen kam er jedoch nicht, da der Ältere ihn wieder zu sich zurückzog. „Nun sei doch nicht eingeschnappt…“, flüsterte er leise und hauchte Dai einen Kuss in den Nacken.

Der Jüngere gab ein versöhntes Geräusch von sich.

„Ob wir Toshiya wieder zu deiner Mutter nach Unten bringen können?“, der Dunkelhaarige sah zu dem Bündel auf dem Bett hinüber.

„Ich denke schon…“, der andere erhob sich um seinen kleinen Bruder dann mit höchster Vorsicht aus dem Knäuel zu bergen, und dann auf den Arm zu nehmen.

Leise trug er das schlafende Kind die Treppen hinab, während Kaoru zurückblieb und seinen Blick aus dem Fenster richtete.

Der Himmel lag blutrot da. Einzelne Wolken trieben ruhelos über den weiten Himmel.

Bald würde der Mond seine Regentschaft antreten. Langsam aber dennoch unaufhaltsam zog die Nacht auf, mit all ihren Schrecken und Gefahren.

Tief unter der Erde erwachten die Geschöpfe der Nacht aus ihrem Totenschlaf.
 

Danke fürs Lesen~

Im nächsten Kapitel ist es dann wieder Nacht.... Oh du wundervolle Nacht! *sing*

Nocturnal encounter

Nyo~ So... Dieses Mal habe ich nicht so lange gebraucht... Auch wenn ich mich mit diesem Kapitel wirklich schwer getan habe... >_____<

Nyo~ Auf jeden Fall danke an alle, die es bis hierher geschafft haben...
 

XVI. Nocturnal encounter
 

Kyo schlug die Augen auf und schob dann hastig den steinernen Deckel des Sarges zurück, um diesem so schnell wie nur irgend möglich entsteigen zu können. Um ihn herum herrschte der ihm mittlerweile vertraute Geruch von Tot und Verfall.

Sein Meister und er hatten sich auf den verlassenen und verfallenen Friedhof der Stadt zurückgezogen, und in einer alten, vergessenen Gruft Unterschlupf gefunden. Nach der Aussage seines Meisters hatte dieser schon einmal hier gehaust, vor vielen, vielen Jahrzehnten, in denen der Friedhof immer weiter verfallen war. Heute kam niemand mehr hierher, da es keine Angehörigen mehr gab, dich sich an jene entsannen, deren Körper nun in der dunklen, kalten Erde verfaulten.

Die Namen auf den meisten Grabsteinen waren kaum noch zu erkennen, die steinernen Engel hatten ihre Gesichter verloren und waren nunmehr nur noch bizarre Skelette, Mahnungen an die Lebenden, die keiner mehr beachtete.

Der blonde Vampir klopfte sich den Staub von den Kleidern.

„Da ist aber einer aufgeregt….“, Közi saß mit überschlagenden Beinen auf einem großen von Engeln bewachten Sarg und sah ihn aus amüsierten Augen an, „Ich erinnere dich nur ungern daran, aber ein kleines bisschen musst du dich noch Gedulden… Wie ich fürchte muss ich noch ein wenig Überzeugungsarbeit bei meinem hübschen, verräterischen Nachkommen leisten…“

Auf dem Gesicht des kleineren Vampirs zeichneten sich deutlich Zweifel und Unmut ab,

Kichernd sprang der Rothaarige von seinem Sitz und strich durch das Blonde Haar seines Gefährten.

„Keine Bange… Vielleicht wird er eine Weile Widerstand leisten, doch am Ende wird er meine Bedingungen akzeptieren, daran brauchst du nicht zu zweifeln….“

Seine roten Augen funkelten heimtückisch als er das Tor zur Gruft aufstieß.

„Du bleibst hier, bis ich dich holen kommen, ist das klar? Falls du dich dieses Mal widersetzen solltest, könnte es durchaus sein, dass aus deiner Verabredung mit dem Haustier nichts wird….“, kalter Nachtwind strich durch sein Haar, so dass diese seinen schmalen Körper anmutig umspielte,

Kyo nickte nur, und schenkte der dunklen Gestalt dann doch noch ein dankbares Lächeln.

„Ich werde ganz brav sein…“, versprach er, und sein Meister nickte zufrieden gestellt, ehe er in die Nacht entfloh….

Ein leises Klappern ließ Shinya von seinem Buch aufblicken. Sein Herz machte einen freudigen Hüpfer und er sprang auf, genau in dem Moment als der schwarzhaarige Vampir die Tür zur Bibliothek öffnete.

Lächelnd umarmte dieser den zierlichen Jungen, der sich ihm um den Hals warf.

Gleichzeitig spürte er, wie sich etwas in ihm heftig und schmerzhaft zusammen zog. Urplötzlich breitete sich in ihm das Gefühl der Gier aus, das er schon in der Nacht zuvor verspürt hatte, heftiger, drängender. Auf seiner Zunge schmeckte er wieder das süße Blut des Jüngeren.

Hastig drückte er Shinya etwas von sich weg. Verwirrt sah ihn dieser aus seinen hübschen, braunen Augen an. Seine Haut schimmerte leicht im Licht der angezündeten Gaslampen. Schneeweiße, weiche, duftende Haut…

Blut in pulsierenden Adern. Reines Blut…

Noch bevor Shinya zu der Frage ansetzte, was denn mit seinem Meister sei, wurde ihm klar, dass es an ihm lag, wie schon in der vorangegangenen Nacht.

Traurig senkte er den Blick und trat ein Paar Schritte zurück.

„Es tut mir Leid…“, wisperte Asagi leise, nicht wagend sich dem hübschen Wesen zu nähern, „Ich kann nicht versichern, dass ich mich beherrschen kann….“

Ihre Blicke trafen sich.

„Nicht wichtig….“, flüsterte Shinya ganz leise und trat dann zögerlich näher. Der Vampir wich nicht zurück, sondern betrachtete ihn nur mit wachsender Unruhe, spwohl begierig nach der Nähe des anderen, als auch voller Angst vor jeder noch so kleinen Berührung.

Vertraut und weich schmiegte sich der zierliche Körper an ihn. Geradezu ängstlich schlang der Schwarzhaarige die Arme um sein zerbrechliches Opfer. Traurigkeit befiel ihn, als er sich frage wie lange er noch durchhalten konnte, ohne dem Wahnsinn zu verfallen, oder aber seiner Neigung nachzugeben. In den Augen des Jüngeren stand dieselbe Frage, eine Frage die keiner der beiden wirklich beantwortet haben wollte.

Sanft strich er durch das glänzende braune Haar und beugte sich ein wenig vor, um das paar weicher Lippen mit seinen eigenen zu bedecken.

Keiner der beiden hatte in seinem ganzen Leben jemals so viel Schmerz und Verzweiflung empfunden, wie in diesem winzigen Augenblick, da ihre Lippen sich berührten, mit der Gewissheit tief im Herzen, dass jede Berührung sie ein wenig näher dem Ende entgegen brachte.

„Asagi?“, der Angesprochenen strich ihm zart über die warme Wange, und nickte.

„Ich will bei euch bleiben… Bis zum Ende… Wenn ich schon zu Grunde gehe, dann möchte ich durch eure Hand fallen… Das ist alles, was ich von euch erbitte….“

Erschrocken schüttelte der Vampir den Kopf, und drückte den Jüngeren fest an sich.

„Das kannst du nicht von mir verlangen…“

„Versprecht es mir… Ich bitte euch… Ihr dürft nicht fortgehen, oder mich von euch schicken…“, der warme Atem des Braunhaarigen streifte den Hals des Vampirs und ließ ihn erschaudern.

Unmöglich konnte er dieses Versprechen geben.

Shinyas Lippen wanderten hauchzart über seinen blassen Hals, und der Vampir legte den Kopf leicht zur Seite.

„Ohne an eurer Seite sein zu dürfen macht mein Leben nicht den geringsten Sinn mehr… Es ist verwirkt… Endgültig und unwiderruflich…“

Eine blasse Träne rann aus dem Augenwinkel des Vampirs. Seine Schuld war unendlich.

Er war dem unschuldigen Schmetterling zu nage gekommen und hatte seine Schönheit und seine Reinheit mit jeder seiner Berührungen beschmutzt.

Seine Gier und sein Egoismus hatten die filigranen Schwingen zerfressen, bis sie zerfetzt waren.

Nun konnte er nicht mehr davonfliegen.

Der Schatten eines Schmetterlings unfähig zu fliehen, verloren und zum Sterben verdammt.

Diese Schuld konnte nicht getilgt werden.

„Ich Verspreche es…“, brachte er schwach hervor und hielt Shinya an sich gedrückt.

An seinem Hals konnte er ihn lächeln spüren. „Dann ist alles gut….“

Asagi antwortete nicht, sondern strich unaufhörlich über den schmalen Rücken des anderen, das Gesicht nass von Tränen.

Die Ewigkeit sollte seine Strafe sein. Rastlos, bis alle Tage ein Ende haben würden…

Kyo sah zum schwarzen Nachthimmel empor. Schwere Wolken zogen auf und verdeckten das Antlitz des weißen Mondes. Schatten huschten über die alten Grabmähler.

Leise raschelnd wurde die Nacht zu etwas Lebendigem, das mit langen Klauenfingern nach ihm griff, sein ganzes Sein bestimmte.

Dies war sein Leben, ein verfluchtes Leben das in einer Nacht wie dieser seinen Anfang gefunden hatte.

Im Grunde konnte man Közi keinen Vorwurf machen. Erst recht nicht jetzt, wo er ihm half, obwohl er sich dafür gegen seinen einst so geliebten Zögling Asagi stellen musste.

Nur ein einziges Mal hatte er seinen Meister gefragt, was zwischen ihm und dem Schwarzhaarigen vorgefallen war… Nur ein einziges Mal, das er wie nichts anderes zuvor bereut hatte.

Der Ruf einer Eule durchschnitt die Nacht. Ein leises Knacken.

Der Vampir schloss kurz die Augen und gesellte sich dann zu einem verblassten Engel auf ein Familien Grab. Er musste geduldig sein…

Ein Fiepen ließ Asagi zusammen fahren.

Irritiert sah er sich um. „Was ist mir euch?“, beunruhigt sah sein Kammermädchen zu ihm auf. „Eine Fledermaus… Hier im Haus scheint eine Fledermaus zu sein….“

Unwillkürlich verbeugte sich Shinya. „Es tut mir Leid… Sie hat sich in den Gardinen meines Zimmers versteckt, und ich ließ sie dort bleiben, da ich nicht dachte, dass es schlimm sei, wenn sie dort bliebe….“

Kopfschüttelnd ging der Vampir vor dem Jüngeren in die Hocke. „Es ist nichts Schlimmes dabei… Ich war nur verwundert….“, er hauchte Shinya einen Kuss auf die weichen Lippen und richtete sich dann auf.

„Wenn du nichts dagegen hast, werde ich mir den kleinen Eindringling mal ansehen….“

Shinya nickte erleichtert und blieb zurück, während sein Meister den Raum in Richtung Kaminzimmer durchquerte.

Kaum dass der Schwarzhaarige die Tür des Gemaches geöffnet hatte, registrierte er einen sehr Schwachen Geruch, der ihn dazu veranlasste energisch in den Raum zu treten.

Aus kleinen pechschwarzen Augen sah das graue Tier, das nun am Kaminsims hing, zu ihm hinüber.

„Du gehörst zu Kyo, oder?“, fauchte Asagi, auch wenn es keine Frage, sondern eine Feststellung war, auf die er keine echte Antwort zu erwarten hatte, sondern nur erreichte, dass der Eindringling aufflatterte, und über ihn hinweg segelte, geradewegs durch die von ihm nicht geschlossene Tür.

Wütend knurrend hastete der Vampir ihr nach. Was in aller Welt tat das Vieh hier? Auch wenn Fledermäuse ganz entgegen der Annahme mancher unwissender Menschen keinerlei Gefahr darstellten, war es seltsam, dass diese eine Fledermaus, die ganz offenbar längeren Kontakt zu dem kleinen Vampir gehabt hatte, der seinem Shinya nachstellte, ausgerechnet in eben dessen Zimmer Unterschlupf gesucht hatte.

Da der Schwarzhaarige sich nicht die Mühe gemacht hatte, auch nur eine der Türen zu schließen, war das aufmüpfige Lebewesen bis in die Bibliothek vorgedrungen, wo es nun Kopfüber an einem Regal hang, und Shinya beäugte, der es dem grauen Tier gleichtat.

Reichlich unzufrieden näherte sich Asagi dem Eindringling, der daraufhin wieder seinen Posten verließ, und sich oben auf eines der Regale verkroch.

„Sie scheint zu Kyo zugehören… Zumindest riecht sie nach ihm… Aber ich weiß nicht, warum sie ausgerechnet hier ist…“, erklärte er an den Braunhaarigen gewandt, „Vor ihr braucht man sich nicht zu fürchten, aber seltsam ist es schon, weil….“, er unterbrach sich, „Verzeih…“

Die Fledermaus hatte ihre Deckung aufgegeben und war im Gleitflug auf ihn zu gesteuert, um geradewegs auf seinem Kopf zu landen.

Ehe sie sich versah hatte der Besitzer des Kopfes sie mit den Händen umfangen.

Empört fiepte das Geschöpf, fand jedoch keinen Weg aus dem Paar weißer Hände heraus.

„Öffne bitte das Fenster…“

Gehorsam folgte Shinya der Anweisung und trat dann etwas zurück, um seinem Meister Platz zu machen.

„Raus mit dir, du Plagegeist…“, er gab das graue Wesen frei, und schloss dann hastig das Fenster.

Draußen fiel Közi, der dort gelauert hatte, fast vom Fensterbrett hinunter, und sah dem Flattervieh, das sich nun vor sich hin kreischend davon machte, erbost nach.

Nur wegen der kleinen, grauen Fledermaus hätte der andere ihn fast bemerkt.

Kopfschüttelnd sah der Rothaarige durch das Fenster, und wäre erneut fast hinunter gefallen, da er sich schnell zurückziehen musste, weil der andere Vampir von der anderen Seite der Scheibe in das Dunkel hinaus blickte, um sich zu vergewissern, dass der kleine Plagegeist auch wirklich davon geflogen war.

Bei dieser Gelegenheit wurde Asagi des Briefes gewahr, der noch immer auf der Fensterbank lag.

„Entschuldigt… Ich habe vergessen euch zu berichten, dass ein Bote hier war, und dieses Kuvert für euch dagelassen hat…“

Wieder konnte der Ältere nicht anders, als den Kopf zu schütteln. „Es war keine Zeit, um mir dies zu berichten… Dich trifft also keine Schuld….“, lächelte er, und nahm den Brief an sich.

Közi.

Es bestand kein Zweifel, dass der Rothaarige der Urheber dieses Schreibens war, das bewies nicht nur der schwache Geruch, der vom den Schriftstück ausging, sondern auch die saubere, geschwungene Handschrift, in der jedes Wort ein kleines Kunstwerk darstellte.

Doch was sollte es für einen Grund haben, dass sein ehemaliger Herr ihm schrieb?

Beunruhigt brach er das einfache Siegel und entnahm einen sorgfältig gefalteten Bogen Papiers, welcher nur mit einigen wenigen Sätzen beschrieben war. Asagi überflog die Zeilen.

Es machte keinen Sinn.

Verwirrt las der Vampir die wenigen Zeilen erneut.

Draußen vor dem Fenster der Bibliothek nickte Közi zufrieden. Die Reaktion des Schwarzhaarigen war für ihn das eindeutige Zeichen, dass dieser der Bitte, oder viel mehr Anweisung, die er ihm hatte zukommen lassen, folge leisten würde.

„Was habt ihr?“, wollte Shinya besorgt wissen, als der schwarzhaarige Vampir den Kopf schüttelte und das Schreiben zum dritten Mal Wort für Wort las, nur um festzustellen, dass es immer noch die selben Worte beinhaltete.

„Közi verlangt nach uns… Nach dir und mir….“

….

Einem Schatten gleich huschte der rothaarige Vampir durch die schmalen, schmutzigen Gassen.

Zu seiner Befriedigung war im Großen und Ganzen alles so gelaufen, wie er es vorgestellt hatte.

Geschmeidig schwang er sich über die niedrige Friedhofsmauer.

Durch das Eintreffen seines Meisters aufgeschreckt, verließ Kyo den Schutz des steinernen Engels und trat in das Mondlicht, das nun für einige Sekunden durch die Wolken brach.

Ein zufriedenes Lächeln umspielte die Lippen seines Herrn, während dessen Gesicht in tiefen Schatten lag.

„Sie sind auf dem Weg. Ganz wie erwartet leisten sie der Aufforderung folge…“

Dem kleinen Vampir wurde schwindelig vor Aufregung. Nun konnte nichts mehr schief gehen, und er würde zumindest ein wenig Zeit mit dem zierlichen, langhaarigen Geschöpf verbringen dürfen, ganz ohne den lästigen Schwarzhaarigen, der ihn spätestens von dieser Nacht an zutriefst hassen würde, wenn er es nicht ohnehin schon tat.

„Komm jetzt. Es ist Zeit“, der Ältere musste den Kleineren kein zweites Mal darum bitten, ihm zu folgen. Aufgeregt wie ein kleines Kätzchen vor seinem ersten Ausflug in die Welt außerhalb seines Zuhauses, wuselte Kyo an seine Seite, und sah ihn aus großen Augen erwartungsvoll an.

Közi fasste sich an den Kopf. „Wenn du mich weiter so ansiehst, bleibst du hier, mein Lieber….“

Unweigerlich musste er Lachen, da der Kleinere ihn augenblicklich böse ansah, aus Angst tatsächlich zurückgelassen zu werden.

Beinahe zärtlich strich er durch das blonde Haar des anderen Vampirs.

Als er Kyo zu einem der ihren gemacht hatte, hatte er diese leichtsinnige Tat lange bereut.

Der Jüngere war nicht mehr als ein Kind gewesen, das nach allem griff, das es zu fassen bekam, sich ihm widersetzte und beide in Gefahr brachte.

Doch jetzt, da sie Seite an Seite dem vereinbarten Treffpunkt entgegen strebten, war sich der Rothaarige sicher, dass er keine bessere Wahl hatte treffen können, so anstrengend es auch manchmal war, die Launen es Blonden zu ertragen, sein wahlloses Töten und seine selbst für einen Vampir sehr ausgeprägte Leidenschaft nach Blut.

Irgendwann würde er von Kyo verlassen werden, wie er schon so viele Male alleine gelassen worden war, als Mensch wie als Kreatur der Nacht, und keiner konnte sagen, wann dieser Tag kommen würde.

Schwer lastete der Gedanke auf Közi und er warf einen Blick auf das strahlende Wesen zu seiner Linken.

Sobald er ging, würde all das hier bedeutungslos werden. Jedes Lächeln, jedes Wort.

Auf Ewig zu existieren, bedeutete ohne Bedeutung zu sein.

Ein noch so kurzes Menschenleben machte weit mehr Sinn, als das seine.

Nicht desto trotz bestand er weiter fort, verzweifelt und endlos vernarrt in dieses Leben, das auf Blut und Tot beruhte.

Wieder sah er seinen Begleiter an.

Kyo war anders. Er hasste es zu sein, auf welche Art auch immer, ob nun als Mensch oder als Vampir, es machte keinen Unterschied für ihn.

„Wir sind schon fast da, oder?“, der Kleinere war stehen geblieben und sah den Mond, der sich wieder ein Loch zwischen den Wolken gesucht hatte, an, „Ich kann ihn riechen….“

Die schwarzen Augen es Älteren glänzten.

„Du weißt, dass du ihm kein Haar krümmen darfst, oder?“

„Selbst verständlich….“, Kyo sah ihn wütend an, „Ich will Shinya nichts tun…“

Besänftigend streichelte ihm der rothaarige Vampir über den Kopf. „Es ist nur wichtig, dass du es nicht vergisst… Denn vor Asagi kann ich dich nicht für immer beschützen… Er hat sich noch nie besonders gut unter Kontrolle gehabt… Und genau deshalb ist es gefährlich seinen Hass auf sich zu ziehen…“

Das Mondlicht versiegte und die beiden Gestalten waren in fast vollkommene Finsternis gehüllt…

Ganz nah beieinander standen Shinya und sein Herr auf einer kleinen Brücke, die über einen tiefschwarzen Fluss führte.

Das flackernde Licht der Gaslaternen an beiden Enden des Bauwerkes ließ ihre Schatten auf groteske Art tanzen und warf schimmernde Reflexe auf dem dunklen Wasser.

Keiner der beiden sprach ein Wort. Unsicher betrachtete der Jüngere den in die Dunkelheit lauschenden Vampir. Zögerlich löste er sich aus seiner Position vor der Hüfthohen Mauer, die das Geländer der Brücke bildete, und trat von hinten näher an den Schwarzhaarigen heran.

Vorsichtig schlang er die Arme um dessen Körper, das Gesicht an seiner Schulter verborgen.

Asagi schloss beruhigt die Augen. Auch wenn es schwer war, die Beherrschung nicht zu verlieren, gab es nichts angenehmeres als die Wärm des Jüngeren zu spüren, seinem leisen Herzschlag zu lauschen und sich der Illusion hinzugeben, das alles in Ordnung war, und es nichts gab, das sie fürchten mussten.

Für einen kurzen Augenblick waren Közi und Kyo einfach vergessen. Einen Augenblick in welchem sich Asagi in der Umarmung des anderen umwandte, um ihn seinerseits mit den Armen zu umfangen.

Unter ihnen plätscherte ruhelos der Fluss, während über ihnen die Wolken über den Nachthimmel jagten.

„Einen guten Abend, die Herren…“

Aus der Dunkelheit jenseits der Laternen traten zwei Gestalten, die eine groß und schlank, mit rotem Haar, die andere klein, das blonde Haar vom Wind zerzaust.

Under the pale moon

Tut mir Leid, dass es dieses Mal länger gedauert hat....

Dafür werde ich mich mit dem nächsten Kapitel etwas beeilen...

vielen Dank fürs Lesen...
 

XVII. Under the pale moon
 

„Warum hast du uns hier her bestellt?“, Asagi verzichtete darauf Höflichkeit vorzuheucheln.

Közi lachte nur rau und schüttelte den Kopf, während der Jüngere an seiner Seite schwieg, und dem zierlichen Jungen, den Asagi noch immer umschlungen hielt, sehnsüchtige Blicke zu warf.

Wie konnte der Schwarzhaarige es ertragen ein Wesen wie ihn so selbstsüchtig zu verderben?

Jede Verbindung zu einem Vampir lief letzten Endes aus Zerstörung hinaus. So waren sie, die Kinder der Finsternis.

Fähig zu lieben, aber nicht in der Lage jene Geschöpfe, die ihnen so unendlich viel bedeuteten, vor sich selbst zu schützen.

„Sag mir, Asagi… Seit wann braucht es einen triftigen Grund, um jemanden zu treffen? Es ist nun schon so lange her, dass wir uns das letzte Mal begegnet sind…“, sein Gesicht verzog sich kurz zu einer Grimasse, als er an diese Nacht zurückdachte. Weit in der Zeit zurückliegend hatte sie eine tiefe Wunde in seine Seele gerissen, eine Wunde die nicht heilen konnte, da sie immer wieder von Neuem aufriss, mit jeder Erinnerung an den Gefährten, den er verloren hatte.

Ein schmerzendes Mal, das sich nicht auslöschen ließ, und sich immer tiefer in seine Seele fraß.

Als sich auf dem Gesicht seines schwarzhaarigen Gegenübers nicht die geringste Regung zeigte, die auf Verständnis hinwies, seufzte Közi leise und strich sich das Haar aus dem Gesicht.

„Mir war danach mich mit dir zu unterhalten. Nur der schönen Erinnerungen, die wir zweifellos teilen, wegen…“

Der jüngere Vampir schnaubte nur, und nah seinen zierlichen Begleiter bei der Hand. „Lass uns von hier weg gehen, Shinya…“, er wandte seinem einstigen Meister den Rücken zu.

Hinter ihm lachte Közi auf.

„Kaoru scheint den Bruder deines Haustieres sehr zu mögen. Sie geben ein wahrlich entzückendes Paar ab…“

Für einen Moment erstarrte Asagi, ehe er sich langsam zu Közi umdrehte. Dieser lächelte boshaft.

„Wenn mich nicht alles täuscht gibt es in jenem Haus auch ein kleines Kind, noch ein Säugling, kein Jahr alt….“

Shinya zitterte am ganzen Körper. Wie auch sein Meister verstand er die Drohung hinter diesen Worten. Ohne Frage würde sich der Rothaarige an seinen zwei Brüdern, oder an dem jungen Arzt vergehen, oder sogar allen Dreien schaden.

Hilflos sah er zu Asagi auf, innerlich flehend, dass er nur träumte.

„Was forderst du?“, die Stimme des Schwarzhaarigen hatte ihren festen Klang verloren, und er umklammerte die Hand seines Begleiters. Nur wegen ihm waren nun auch Kaoru und Shinyas Familie in Gefahr. Ganz allein auf Grund seines selbstsüchtigen Wunsches den Jüngeren für sich allein zu haben.

„Ich will nicht viel…“, mit geschmeidigen Schritten überwand er die Distanz zwischen sich und dem anderen, bis er direkt vor seinem Zögling und dessen Anhängsel stand.

„Du wirst mit mir kommen, nur für ein paar Stunden… Und dein Haustier…“, er fixierte Shinya mit seinen dunklen Augen, „Wird in dieser Zeit mit Kyo zusammen sein.“

„Kommt nicht in Frage!“, fauchte Asagi, kaum dass der Ältere seinen Satz beendet hatte, „Halte ihn daraus! Wieso sollte ich ihn deinem kleinen Monster überlassen?“

Der Rothaarige ließ sich von diesem Gefühlsausbruch nicht beeindrucken.

„Für den Fall, dass du diese kleinen Bedingungen meinerseits nicht zu erfüllen bereit bist, kann ich leider, leider nicht für die Sicherheit deines Kaorus, oder die seines Geliebten bürgen… Außerdem wäre da ja auch noch der Kleine… Frisches, junges und vollkommen unbeflecktes Blut…“, ein breites Grinsen verzog seine Lippen, „Selbstverständlich hast du mein Wort, dass deinem hübschen Objekt der Begierde nichts geschieht, zumindest nicht durch die Hand Kyos, oder die meine…“

Forschend sah er dem jüngeren Vampir in die Augen. Unsicherheit sprach aus ihnen, Wut, Verzweiflung und Reue.

Bevor er seine Antwort gab, sah er noch einmal zu Shinya hinüber.

„Wir werden uns dir fügen…“, gab er schließlich nach, und gab die Hand des Braunhaarigen frei.

„Doch eins sage ich dir….“, knurre er drohend und brachte sein eigenes Gesicht so nah an das des Älteren, dass sich ihre Lippen fast berührten, „Wenn dein vorlauter Liebling auch nur daran denkt Shinya zu verletzen, reiße ich ihm bei lebendigem Leibe die Eingeweide heraus, und serviere sie dir auf einem silbernen Tablett…“, sein Blick zuckte zu Kyo hinüber, der ihn aus unergründlichen Augen ansah.

„Überdies hoffe ich, dass du dir darüber bewusst bist, dass ich dann auch dich nicht verschonen werde….“

Ein eiskalter Schauer kroch über die Haut des Älteren, doch er verbarg diese Gefühlsregung hinter einem Lächeln.

„Schön, dass wir uns so schnell einig geworden sind….“, ohne sich noch einmal nach dem Blonden umzusehen, der noch immer regungslos am Fuße der Brücke stand, schob er sich an Asagi vorbei, wissend, dass dieser ihm folgen würde.

„Es tut mir wirklich unendlich Leid…“, flüsterte Asagi mit dem Rücken zu Shinya. Er biss sich auf die Lippen. „Dass du in etwas wie dies verwickelt wirst, habe ich nie gewollt….“

Er spürte wie sich der warme, vertraute Körper des Jüngeren behutsam an ihn drängte.

„Ich gebe euch keine Schuld… Und bitte sorgt euch nicht um mich… Ich weiß mir wird nichts geschehen….“

Traurig schüttelte der Vampir den Kopf und hauchte dem schmalen Jungen einen Kuss auf die Lippen. „Ich versuche so schnell wie es möglich ist zu dir zurück zu kehren…“

Schmerzerfüllt und nicht im Stande die Nähe des anderen, sein sanftes Lächeln und den verführerischen Geruch länger zu ertragen, wandte er sich ab und schritt hastig in das Dunkel hinaus, jenem Vampir folgend, der ihn zu dem gemacht hatte, was er nun war, und auf ewig sein würde.

Shinya sah ihm besorgt und ein wenig ängstlich nach, ehe er sich schließlich zaghaft zu Kyo drehte, der sich noch immer nicht vom Fleck gerührt hatte, und es auch jetzt nicht tat, sondern die Gelegenheit nutzte, das sterbliche Wesen eingehend betrachten zu dürfen, ohne deshalb um sein Leben bangen zu müssen.

Nur ganz langsam löste er sich aus seiner Starre um sich dem anderen zu nähern, voller Angst ihn zu verschrecken. Die braunen Augen des jungen Mannes lagen auf ihm, doch konnte er in ihnen weder Furcht noch Abscheu erkennen. Einzig und allein Besorgnis spiegelte sich in ihnen wieder.

„Du brauchst dich nicht um deinen Meister zu sorgen…“, flüsterte der blonde Vampir leise, als er Shinya erreicht hatte, und setzte sich auf der Brüstung der steinernen Brücke nieder, die Augen nicht von dem hübschen Menschen nehmend, der ihn nun aus seinen großen, dunklen Augen fragend und gleichzeitig hoffnungsvoll ansah.

„Meint ihr damit, dass ihm nichts geschehen kann?“

„Nein… Das nicht…. Und trotzdem wird er wohlbehalten zu dir zurückkehren. Mein Meister würde ihm nie etwas antun…“

Erleichterung veranlasste den Jungen zu einem weichen Lächeln.

„Ich danke euch… Nun ist mir etwas leichter ums Herz…“

Verlegen darüber so ehrerbietend von dem Jüngeren angesprochen zu werden, fuhr Kyo sich durch das heillos zerzauste Haar.

„Es ist nicht nötig, dass du so höflich zu mir sprichst. Ich bin nicht aus hohem Hause…“, murmelte er leise, und schämte sich dafür, dieses engelsgleiche Geschöpf zu belügen. Tatsächlich war er adeligen Geblüts, auch wenn er nie darum gebeten hatte.

Erst nach einigen Sekunden der Stille trat Shinya etwas näher an den Kleineren heran, der ihn mit einer vorsichtigen Bewegung dazu anwies, sich neben ihm auf dem kalten Gestein nieder zu lassen.

„Du weist nicht viel über uns, oder?“, fragte Kyo, den Blick gen Himmel gerichtet.

„Nein… Das tue ich nicht…“, gestand der Angesprochene.

Der Wind spielte unablässig mit seinem langen Haar und trieb dem Vampir seinen Geruch in die Nase, so dass dieser kaum noch einen vernünftigen Gedanken fassen konnte.

Nun, da sie alleine waren, hatte alles etwas von einem Traum, widernatürlich, betäubend und wunderbar zugleich. Und wie ein Traum würde auch dieser Augenblick unweigerlich vergehen.

Egal wie sehr er sich dagegen sträubte, er würde aufwachen müssen, und nichts als eine wehmütige Erinnerung, die zusehends verblasst würde ihm dann bleiben.

„Du wolltest ihn nicht bedrängen oder in Verlegenheit bringen, oder? Darum hast du keine Fragen über das gestellt, was wir sind…“

Seine roten Augen wanderten wieder zu Shinya hinüber, der nun nickte, ein wenig überrascht darüber, wie viel der kleine Vampir wusste.

Als sich ihre Blicke trafen, wurde dem Jüngeren nur allzu klar bewusst, dass er einen Jäger vor sich hatte, doch auch, dass er nicht seine auserkorene Beute war. Zumindest nicht im Augenblick.

Schüchtern brach er den Kontakt wieder und beschäftigte sich mit den kleinen Steinen, die über die ganze Brücke verstreut lagen.

„Lass uns einen kleinen Spaziergang machen, ja?“, der Blonde Hüpfte von der Mauer, kaum dass er ein stummes Nicken zur Antwort bekommen hatte.

Leises Flügelgeflatter ließ ihn aufblicken. „Ach da bist du ja… Ich habe mich schon gewundert…“, einen vorwurfsvollen Ton in der Stimme begrüßte der die kleine graue Fledermaus, die ausgelassen fiepend um ihn und seinen Begleiter kreiste.

„Dann gehört sie also tatsächlich zu dir?“

Überrascht sah er den Braunhaarigen an, der sich ebenfalls von der Mauer gelöst hatte.

„Beim Lüften ist eine Fledermaus in mein Zimmer geschlüpft, und als Asagi sie bemerkte, sagte er, dass sie nach dir rieche….“, erklärte der Größere und lächelte als das kleine Tier im Gleitflug auf Kyos Haar zuhielt, und darin verschwand.

Der Blonde gab es von Anfang an auf, das Tierchen aus seinen Haaren hervor zu locken und schüttelte nur ergeben den Kopf.

„Das kleine Ding hat wohl irgendwie gefallen an mir gefunden… Aber weshalb es ausgerechnet zu dir gekommen ist, weiß ich nicht…“, ratlos tastete er nach besagtem Geschöpf, welches bereitwillig auf seine Hand krabbelte und ihn aus seinen Kohlschwarzen Augen ansah.

„Hat sie, oder er einen Namen?“, der Braunhaarige legte den Kopf etwas schief, und Kyo fragte sich plötzlich, wie Asagi es überhaupt aushielt so nah bei diesem entzückenden Wesen aushielt, ohne sich seinen Blutgelüsten hinzugeben.

„Ich habe ihm den Namen Nezu gegeben…. Weil ich dachte, dass es zu ihm passen könnte…“, zärtlich fuhr er mit den Fingerspitzen über das unendlich weiche, geschmeidige Fell des Tieres, welches diese Zuwendung über alle Maßen genoss und zufrieden pfiepste…

„Verdammt, Közi… Würdest du in deiner unendlichen Güte vielleicht so freundlich sein, mir endlich zu sagen, was wir hier für ein Spielchen spielen?“, nachdem Asagi dem Rothaarigen einigermaßen geduldig ein ganzes Stück lang gefolgt war, hatte sich dem anderen nun in den Weg gestellt, ihn aus seinen tiefroten Augen anfunkelnd.

Die ganze Geschichte passte ihm nicht, und er machte sich große Sorgen um seinen Geliebten. Er kannte Kyo nicht, und wusste auch nicht ob er sein Wort halten würde.

Nichts in der Welt war ihm wichtiger, als dass Shinya unbeschadet blieb, und hier, dem schweigenden Älteren nachlaufend, konnte er ihn nicht beschützen, und nur immer wieder an ihn denken.

„Mein Lieber… Wie ich dir versicherte, gibt es keinen Anlass dazu, sich derart zu sorgen. Auch wenn dein kleines Haustier tatsächlich mehr als nur entzückend ist…“, ein Grinsen schlich sich auf eine schmalen Lippen.

„Aber wie verlockend er Kleine ist, spürst du ja selbst in jedem Augenblick, da du ihm nahe bist….“

Belustigt strich er über den blassen Hals des Jüngeren.

„Es ist nicht zu übersehen… Du stehst kurz davor zu zerbrechen… Du kannst dich kaum noch zurückhalten…“

„Hör auf…“, knurrte Asagi und schlug die kalte Hand weg, „Ich werde ihm kein weiteres Leid zufügen….“

Ein kaltes Lachen.

„Du hast sein Blut gekostet, oder? Ich sehe es an der Art wie du ihn betrachtest, wie du ihn berührst… Es gibt keine Möglichkeit für dich, ihm zu widerstehen…“

Geschmeidig näherte er sich wieder seinem Zögling, der ihn nun mehr wütend ansah, die Hände zu Fäusten geballt.

„Ohne Zweifel glaubst du mir nicht… Du willst mir nicht glauben… Um keinen Preis…“, wieder streifte er die zarte porzellanweiße Haut des Schwarzhaarigen.

„Und das obwohl ich doch ganz genau weiß, wovon ich spreche… Auch ich konnte mich nicht zurückhalten… Erinnerst du dich? Selbst wenn ich es gewollt hätte, wäre es mir nicht möglich gewesen, dich gehen zu lassen, da ich einmal von deinem Blut getrunken habe….“

Am ganzen Körper zitternd schüttelte Asagi den Kopf. Er wollte sich nicht erinnern. Nicht an ihr erstes, und auch nicht an ihr letztes Treffen, genauso wenig wie an die Jahre, die dazwischen lagen.

Und doch stieg dieses betäubende Gefühl in ihm auf, das er so verkrampft zu vergessen gesucht hatte.

„Warum machst du ihn nicht zu einem der Unsrigen? Er würde es dir nicht ausschlagen… Ihm verlangt es danach weiter bei dir sein zu dürfen… Auch wenn er sich selbst dafür aufgeben muss….“

„Niemals…“, ein kraftloses Flüstern, „Ich will ihn nicht verdammen… Ihn nicht der nicht endenden Finsternis preisgeben….“

„Ach ja? Warum belügst du mich? Du wünscht dir doch nichts sehnlicheres, als ihn auf immer von dir abhängig zu machen…“

Der schwarzhaarige Vampir schwieg. Es weiter zu leugnen machte keinen Sinn.

„Du hast recht“

„Natürlich habe ich das….“, grinsend ließ der Rothaarige von ihm ab.

„Und dennoch werde ich nicht tun, wonach es mir verlangt…“

„Und was gedenkst du stattdessen zu machen?“

Asagi beantwortete die Frage des Älteren nicht. In sich hatte er einen Beschluss gefasst. Ein Versprechen an sich selbst, das Leere in ihm aufsteigen ließ, die sich nach und nach all seiner Glieder bemächtigte.

Kälte.

Vielleicht war dies der einzige Weg, um den Jüngeren zu beschützen.

„Ihr werdet ihm kein Haar krümmen, oder? Ihr wisst was euch dann erwartet…“

Ohne eine weitere Erklärung abzugeben setzte er sich in Bewegung, dem Weg folgend, den sie eingeschlagen hatten…

„Es gibt eine Frage, auf die du gerne eine Antwort möchtest, oder?“, unvermittelt drehte Kyo sich zu Shinya um, der mit neben ihm hergegangen war.

Lange Zeit hatten sie nicht gesprochen und waren nur langsam durch die engen Gassen gewandelt.

Der Braunhaarige blieb stehen und senkte das Haupt.

„Dies könnte die einzige Möglichkeit für dich sein, eine Antwort zu erlangen… Frage ruhig… Keiner wird es erfahren….“

Das verlockende Geschöpf hob den Kopf. Blasse Tränen zierten die hübschen Wangen.

„Dies wird bald ein Ende finden, oder? Es ist nicht möglich, dass ich noch länger bei ihm bleiben darf…“

Ein Gefühl der Trauer schnürte dem Vampir den Brustkorb ein.

fade away

Entschuldigung... Jetzt hat es doch wieder so lange gedauert, bis ich ein neues Kapitel fertig bekommen habe... Dafür ist dieses nun ganz besonders lang...

Wie die meisten von euch wohl bemerkt haben dürften, nähert sich diese Fan Fiction langsam dem Ende... Ich möchte mich noch einmal bei allen Lesern bedanken... Besonders bei jenen, die mich mit ihren Kommentaren immer wieder erfreut und aufgebaut haben ^^

Und an dieser Stelle möchte ich noch eine Ankündigung machen...

Weil ich diese Fan Fiction so lieb gewonnen habe, werde ich nach dem Ende noch ein paar Zusatzkapitel schreiben, in denen ich Dinge beleuchten möchte, die ich bis jetzt nicht habe niederschreiben können...

Ich hoffe ein paar von euch werden weiter dabei bleiben~

So! Genug gesabbelt~ Los gehts~ *hüpf*
 

XVIII. fade away
 

Behutsam berührte er das weiche Haar des Jüngeren. Shinya schreckte nicht zurück, sondern sah ihn nur weiter aus tränennassen Augen an.

„Du hast recht…. Etwas wie das zwischen euch beiden kann nicht auf ewig bestehen…. Es ist schwer… bei Verstand zu bleiben, und sich nicht gehen zu lassen… Darum lassen sich die wenigsten von uns auf eine solche Beziehung ein….“, die letzten Worte waren kaum mehr als ein Flüstern.

Nicht nur, dass ihm das liebreizende Geschöpf den Atem nahm, der Vampir verspüre auch unendliches Mitleid für sein Gegenüber.

„Und wenn ich auch zu einem der euren werde?“

Kyo lachte leise und traurig.

„Genau das ist es, was Asagi dir wohl nicht antun möchte… Wir sind Gefangene, Shinya… Wir sind dazu verdammt auf immer durch das Dunkel zu irren, unfähig das wahre Glück zu finden… Wir existieren, weil wir töten… Für viele von uns seid ihr Menschen nicht viel mehr als dummes Schlachtvieh…

Egal wie hübsch wir auch erscheinen mögen, unsere Hände sind befleckt, und unsere Schuld wird niemals vergeben werden…“

Als er die Verzweiflung des Größeren bemerkte, bereute er jedes einzelne Wort, das er gesagt hatte, und sah zu Boden.

„Verzeih….“

„…Es ist nur die Wahrheit… Dafür musst du dich nicht entschuldigen….“, die Stimme des Jungen war dünn und wirkte zerbrechlich.

Kyo zog aus der Tasche seiner Hose ein blütenweißes Taschentuch hervor und reichte es dem Weinenden, der es schüchtern und mit einer dankenden Verbeugung annahm, um sich damit die Tränen von den Wangen zu wischen.

In betrübtem Schweigen setzten sie ihren Weg langsam fort, ohne dass ihnen eine Menschenseele entgegen kam. Der Blonde horchte in die Dunkelheit der Gassen, aus Angst dass ihnen aufgelauert wurde, doch weder konnte er etwas Verdächtiges hören, noch riechen.

Dementsprechend erschrocken war er, als Shinya wieder zu reden begann, gerade als sie um eine Häuserecke gebogen und in einen kleinen Park getreten waren, der voll alter, großer Bäume mit mächtigen nackten Ästen stand.

„Würde es dir etwas ausmachen, mir etwas mehr von euch zu erzählen? Ich möchte verstehen, warum es nicht sein kann, dass er und ich zusammen bleiben… Sind wir denn so unterschiedlich?“

Nachdenklich sah der Vampir zu ihm hinauf, und nickte dann sanft.

„Wir könnten uns setzten…“, schlug er vor und wies auf eine Filigrane Bank aus Holz und Eisen, die umrahmt von langarmigen Gewächsen und verwitterten Skulpturen dastand.

Der Kleinere überließ Shinya den Vortritt und ließ sich erst dann mit dem Anstand entsprechendem Abstand neben ihm nieder.

Etwas ratlos beäugte er seinen Begleiter, der ihn nunmehr erwartungsvoll und neugierig ansah.

Wieder erwachte Eifersucht in seinem Inneren, und er verfluchte Asagi dafür, dass dieser den Braunhaarigen so leiden ließ.

Versucht sich diese Gefühlsregung auf keinen Fall anmerken zu lassen, strich er sich durch das Haar und scheuchte dabei Nezu auf, der dort gerastet hatte, und nun eingeschnappt davon flatterte.

Noch immer ruhten die Augen des Braunhaarigen auf ihm, und er war maßlos verunsichert durch diese winzige Geste.

Er räusperte sich, schwieg dann aber unschlüssig. Er war es nicht gewohnt, zu erzählen. Früher hatte man ihm kein Gehör geschenkt, und heute kam es ebenso selten vor, dass er Dinge erläuterte, oder mit Közi besprach. Der Ältere pflegte zu reden, und er war dazu angehalten, seinen Worten zu lauschen.

„Du hast gesagt, dass meinem Meister etwas zustoßen kann, aber nicht wird, zumindest nicht durch die Hand Közis… Bedeutet dies, dass ihr verwundbar seid, und sogar sterben könnt?“

„Natürlich…“, Kyo fing den Blick des Jüngeren auf und wurde von einer warmen Woge überrollt. Diese braunen Augen, die ihm so unergründlich schienen.

„Im Grunde kann man einen Vampir auf eben dieselbe Art verletzen, wie auch einen Menschen. Doch solange der Blutverlust nicht allzu groß ist, oder wir frisches Blut zu uns nehmen können, verheilen die Wunden rasch…“, beängstigt suchte er in den Zügen des anderen nach Abscheu vor dieser Widernatürlichkeit, fand jedoch nur aufmerksames Interesse, „Nunja… Wird uns der Kopf abgetrennt, ist es auch mit uns vorbei… Sonst kann uns nur das Sonnenlicht gefährlich werden, das uns in kurzer Zeit zu feiner Asche verbrennt…. Und… es gibt auch noch eine dritte Art für uns zu sterben….“

Fahrig strich er sich durch das Haar.

„Nur diejenigen Vampire, die bereits seit mehreren Jahrzehnten existieren, haben die Kraft einem neuen Vampir das Leben zu schenken….“, er hielt kurz inne, „Nein… Eher sollte ich sagen ins Unglück zu stürzen…. Wer selbst nicht genug Kraft hat, wird sterben, kaum dass sein Opfer zu einem von uns wird…“

Allein der traurige Ton in der Stimme des Kleineren hielt Shinya davon ab zu fragen, wie es nun genau geschah, dass man zu einem Vampir wurde.

„Kyo? Geht es dir gut? Ist alles in Ordnung?“

„Nein….“, flüsterte der kleine Vampir leise und schloss die Augen, „Denn ich weiß wie die Frage lautet, die du so eben hast stellen wollen, es aber nicht getan hast…“

Zaghaft schüttelte Shinya den Kopf.

„Es ist in Ordnung… Es ist nicht nötig, das du diese Frage beantwortest….“, eine kleine Pause stellte sich ein, „Ich danke dir wirklich sehr, Kyo… Auch wenn ich noch immer nicht verstehen kann, warum ihr Asagi und mich zu euch bestellt habt, um uns zu trennen…. Wolltet ihr meinen Brüdern tatsächlich Leid zufügen?“

Schuldbewusst ließ der Angesprochene den Kopf hängen. „Nein… Aber Asagi hätte dich nicht freigegeben, wenn wir deine Familie nicht ins Spiel gebracht hätten….“

Verwirrt blickte ihn der Jüngere an.

„Ich wollte dich treffen, Darum das Ganze….“

Noch immer keine Erkenntnis. Kyo lachte betrübt.

„Denkst du wirklich er ist er einzige, der etwas für dich empfinden könnte?“

….

„Es ist sehr lange her…“

Közi strich mit den Fingern über das verwitterte Mauerwerk, „Damals hast du hier gelebt… Mit zwei Schwestern und einem Bruder….“

Sein schwarzhaariger Zögling hatte sich von ihm abgewandt, ganz als könnte er die Erinnerungen auf diese Weise verdrängen, einfach in dem er das traurige Überbleibsel des einst so herrlichen Herrenhauses nicht betrachtete.

„Es ist mehr als ein Menschenleben her… Wäre ich nicht gewesen, lägest du schon lange in der kalten feuchten Erde, und würdest dich langsam zersetzen… Dein hübscher Körper… Dein langes Haar, auf das du so stolz gewesen bist….“

Der Rothaarige spürte in den Tiefen seiner Seele wieder jene Empfindungen erwachen, die er schon bei ihrer ersten Begegnung verspürt hatte.

„Du hast mir nie den wahren Grund dafür genannt, weshalb du mich verlassen hast… Warum war dir all das, was wir teilten ganz plötzlich nichts mehr wert?“

„Natürlich habe ich dir den Grund genannt…“, Ärger schwelgte in der Stimme des Jüngeren mit, doch er drehte sich nicht herum, um seinen Begleiter anzusehen.

Flüsternd fuhr der Wind durch das Gestrüpp und die kahlen Äste der Bäume, die nun dort wuchsen, wo er in seiner Kinderzeit und Jungend gewohnt und gelebt hatte.

Beinahe andächtig trat Közi von hinten an ihr heran und strich durch sein seidiges pechschwarzes Haar.

„Sei nicht dumm… Auch damals habe ich dir diese Behauptung nicht geglaubt… Was war es wirklich?“

Endlich sah ihn Asagi an.

Mondlicht brach sich in seinen roten Augen und auf der perlweißen Haut.

„Ich habe dich nicht mehr geliebt….“

„So ein Unsinn….“, vorsichtig und dennoch bestimmt drängte Közi ihn zurück, bis der Jüngere mit dem Rücken an eine Mauer stieß, und ihm nicht weiter ausweichen konnte.

„Du hast mich nie geliebt… Nicht eine einzige Sekunde lang… Im Grunde deines Herzens hast du mich schon immer gehasst…“, er drängte weiter gegen den schmalen Körper des anderen Vampirs.

Dieser versuchte den Älteren von sich zu drücken, scheiterte jedoch auf Grund des viel zu offensichtlichen Kräfteunterschiedes.

Spielerisch leckte der Rothaarige ihm über den Hals.

„Willst du es mir nicht endlich sagen, nach all der Zeit? Selbst du würdest nie etwas ohne Grund tun…“

„Wenn ich es dir erzähle, lässt du mich gehen…“, eindringlich sah der das Geschöpf mit den beinahe schwarzen Augen an.

„Waren wir uns nicht einig, dass ich es bin, der die Regeln aufstellt, mein Lieber?“, trotz des Ärgers huschte ein Grinsen über seine Lippen. Wie hatte er diese Stimme vermisst? Diesen Widerstand, den er ihm von Anfang an entgegengebracht hatte.

Unter dem Deckmantel des Nachdenkens legte er den Kopf kurz auf der Schulter des Jüngeren nieder und nahm seinen immer noch so vertrauen Geruch auf.

Nie hatte er gedacht, dass er ihn einmal so vermissen würde.

Zu gerne hätte er ihn gehasst, doch egal wie sehr er es auch versuchte, er konnte es nicht.

„Du bist grausam….“

„Nicht so grausam, wie du es bist….“

Vorwurf lag in den hübschen rubinroten Augen.

„Wahrscheinlich hast du Recht…“, Közi schwieg kurz, ehe er fort fuhr, „Du wirst gehen, oder? Du wirst wieder verschwinden ohne den wahren Grund dafür zu nennen….“

Ihm war klar, dass er eine Antwort zu erwarten hatte.

„Schön… Du hast gewonnen… Rede und ich werde dich gehen lassen. Ohne Frage wirst du dein kleines Haustier schnell finden… Schließlich treibt dich trotz alledem die Angst um ihn, der dir nun wichtiger ist als alles andere….“

…..

Der verletzte Blick aus den großen, braunen Augen versetzte Kyo einen schmerzvollen Stich, der selbst die Pein übertraf, die er über sein eigenes Unglück verspürt hatte.

„Es tut mir Leid… Ich wollte nicht… Und ich wusste auch gar nicht…“, das zerbrechliche Wesen senkte das Haupt, beschämt und nicht in der Lage Kyo anzublicken.

„Warum bittest du um Verzeihung? Es gibt nichts, das dir vergeben werden müsste… Du trägst nicht die geringste Schuld….“

„Und doch tut es mir Leid… Ich wollte dir keinen Schmerz bereiten….“

Ein unschuldiges Wesen in einer Welt voller Sünder.

Den Tränen nahe schüttelte der Vampir den Kopf.

„Es macht nichts… Bitte weine nicht…“, er streckte die Hand aus, um den Jüngeren zu berühren, schreckte jedoch zurück, als dieser den Kopf hob.

So viele Tränen.

Ein von Trauer und gleichzeitig Glückseeligkeit erfülltes Lächeln legte sich auf seine blassen Züge.

„Diese Tränen vergießt du für mich allein… Nicht für ihn…. Sondern nur für mich….“

Zaghaft und unendlich behutsam näherte er sein Gesicht dem des Größeren und fing eine der zart glänzenden Tränen mit den Lippen ab.

Der salzige Geschmack auf seinen Lippen erinnerte ihn an Blut und ließ ihn unwillkürlich erschaudern.

„Darf ich?“, fragte er ganz leise, und sah Shinya bittend aus seinen golddurchwirkten Augen an.

„Ich werde auch nichts weiter tun, versprochen….“

Auf das leichte Nicken des Jüngeren hin, schlang er die Arme zärtlich um dessen warmen Körper, und bettete den Kopf an seiner Brust.

Stetig schlug dort sein Herz, in einem gleichmäßigen Rhythmus, ganz ohne Angst oder Misstrauen.

Der Duft der zarten Haut stieg ihn zu Kopfe und machte ihm klar, dass dies hier nur ein Traum sein konnte.

Doch dieses Geschöpf aus dem Reich der Träume gehörte nicht zu ihm.

Er spürte es ganz deutlich mit jedem Pochen seines Herzens.

Ein Herz, das nicht für ihn schlug, sondern einzig und allein für Asagi, den er um jede Sekunde beneidete, die jener an der Seite Shinyas verbringen durfte.

„Im Grunde war es wirklich ganz einfach… Und doch traute ich mich nicht, es dir zu sagen…

Du hast dich geirrt. Ich habe dich tatsächlich einmal geliebt…“, Asagi lächelte leise um das Drücken in seiner Brust zu verbergen,

„Doch das war nicht der Grund, weshalb ich ging… Ich habe es nicht mehr ertragen, weiter bei dir zu sein… Die Gewissheit, dass ich für dich nicht mehr sein konnte, als ein Zeitvertreib, der dir die Langeweile vom Halse hielt…

Deine Art zu lieben ist krumm… Du liebst nur weil es dir Abwechslung verschafft… Und nur andere leiden zu sehen, vermag es dein Herz mit Freude zu erfüllen…

Doch ich konnte es nicht… Als Mensch wie als Vampir nicht….“

Bestimmt befreite er sich aus den Armen des Rothaarigen.

„Er wird es nicht ertragen können… Und auch du wirst daran zerbrechen….“

Asagi tat als schenke er den Worten des Älteren kein Gehör und wandte sich entschlossen von ihm ab.

Von nicht enden wollender Trauer erfüllt sah Közi ihm nach, als er in den Schatten verschwand, sich mit jedem Schritt den er Tat seinem Ende nähernd….

Ein Klopfen an der Haustüre ließ Dai aus seinem Dämmerschlaf erwachen.

Neben ihm hob auch Kaoru den Kopf und sah sich sichtlich verwirrt um. „Jemand ist an der Tür….“, flüsterte der Jüngere der beiden überflüssigerweise und schmiegte sich an den Körper des jungen Arztes, „Es ist tiefste Nacht… Wer kann das nur sein?“

„Bleibe du hier oben… Ich werde nachsehen…“

„Nein!“, trotzig klammerte sich Dai an ihn, „Wenn wir gehen, dann gemeinsam….“

Sich nicht der Hoffnung hingebend den anderen umstimmen zu können, schüttelte Kaoru den Kopf und schlug die Decke, die sie noch bis eben angenehm warm gehalten hatte, zurück.

Auf leisen Solen schlichen sich beide die Treppe hinab, die bei dieser Gelegenheit schauerlich quietschte.

Sonst war kein Geräusch zu vernehmen.

Ein wenig nervös näherten sie sich der Tür, und Dai schob den Riegel zurück, um dann schutzsuchend hinter dem Arzt zu verbergen, der in diesem Augenblick die Hand hob und die Tür einen Spalt breit öffnete.

„Ihr?“, er blinzelte verwundert und machte dann sofort Platz um den Neuankömmling eintreten zu lassen.

„Ich bin hier, weil ich dich um etwas bitten muss….“

Dai verschlug es fast den Atem, als der junge schlanke Mann mit den schimmernden schwarzen Haaren in die Stube trat. Das bläuliche Licht einer kleinen Gaslampe ließ ihn gespenstisch erscheinen, nicht wie ein Wesen, das aus dieser Welt stammen konnte.

„Dies ist mein Meister Asagi…“, stellte Kaoru hektisch vor, „Und dies ist Dai…“

Der Vorgestellte war nicht fähig eine Verbeugung oder einen ähnlich höflichen Gruß zu vollführen.

Dies war also der Mann, der Shinya aufgenommen hatte.

Nur seinetwegen war er Kaoru begegnet.

Endlich fand er so viel Beherrschung über seinen Körper zurück, dass er es zu einer halbwegs akzeptablen Verbeugung brachte.

„Es ist nicht nötig, mir diesen Respekt zu zollen… Die Stunde in er ich euch aufsuche ist spät, und ich möchte dafür eure Verzeihung erbitten…“, Asagi senkte den Kopf ein wenig.

„Wir haben ohnehin noch nicht geschlafen…“, Kaoru lächelte, und spürte gleichzeitig, dass mit seinem Herrn etwas nicht stimmte.

„Ihr sagtet, ihr müsset mich um etwas bitten?“

„Ja… Im Grunde… Ist es jedoch nicht nur eine einzige Bitte… Und…. Könnte ich dich vielleicht alleine sprechen? ….Bitte….“

Dai verkniff sich sein Schmollen.

Es war nur natürlich, dass ihn Angelegenheiten zwischen Asagi und Kaoru nichts angingen, darum verneigte er sich noch einmal kurz und schlüpfte wieder in die Dachkammer empor, und geradewegs unter die warme Decke.

„Lass uns vor die Tür gehen….“, nicht die Antwort seines Dieners abwartend trat Asagi wieder in die kalte Nacht hinaus, während Kaoru ihm gehorsam folgte.

Widerwillig ließ Kyo von dem zierlichen Jungen ab und erhob sich.

„Wenn du von eurer ersten Begegnung an gewusst hättest, was er ist, hättest du dich dann auf ihn eingelassen?“

Shinya zögerte ein wenig. „Um ganz ehrlich zu sein, ich weiß es nicht… Vielleicht hätte ich dann Angst gehabt… Doch für meinen Bruder wäre ich in jedem Fall gegangen…“, er verstummte und eine leichte Röte hielt auf seinen Wangen Einzug.

Der vor ihm stehende Vampir musste ganz unweigerlich lächeln. „Er hat dich bestimmt ziemlich verwirrt, oder“

Ein scheues Nicken.

Mit einem kaum hörbaren Seufzen ließ sich der Blonde wieder auf der Bank nieder, dieses Mal nicht allzu großen Abstand haltend. Gewiss würde sein schwarzhaariger Kontrahent, der diesen Kampf schon gewonnen hatte, ehe dass er begann, schon sehr bald hier erscheinen und sie trennen.

Es war ohnehin besser so.

„Darf ich dich vielleicht irgendwann wieder sehen? Natürlich nur mit dem Einverständnis deines Herrn…“, Kyo sah den Jüngeren an, geradeso, als sei er ein kleines Kätzchen, das um einen Unterschlupf in einer kalten Winternacht bat, und machte es diesem somit unmöglich zu verneinen, selbst wenn er es gewollt hätte.

„Das wäre schön…“, murmelte Shinya verlegen, und lächelte als der Ältere freudig aufsprang, ihn anstrahlte, und sich dann am Kopf kratzte, beschämt über diesen Gefühlsausbruch.

Stillschweigend setzte er sich vor dem jungen Mann auf den Boden und sah ihn von unten her an, zufrieden darüber, diese Stunde mit ihm verbracht zu haben, und dass er für den Braunhaarigen nun vielleicht sogar so etwas wie ein Freund geworden war.

Mehr von einem Geschöpf wie ihm zu verlangen wäre Maßlosigkeit gewesen, und überdies mehr als er hoffen durfte.

Zufrieden vor sich hin pfeifend flatterte Nezu auf die beiden Gestalten zu, und ließ sich auf der Schulter des Kleineren nieder, um dort eine besonders große Motte zu verspeisen, die er soeben erst gefangen hatte.

„Kommt es oft vor, dass ihr euch Fledermäuse zum Gefährten wählt?“, Shinya besah sich das Geschöpf voller Interesse und Neugier.

„In der Regel sind uns die Tiere besser gesonnen, als euch Menschen… Vielleicht einfach weil wir ihnen ähnlicher sind… Doch dass sie uns so anhänglich folgen, davon hat mir mein Meister nie berichtet…“

Nunmehr satt und zufrieden erklomm das Tier den Kopf des Blonden und nutzte diesen als Startfläche, um auf Shinya zu zuflattern, diesen Dreimal zu umkreisen, und sich dann, nachdem er ihn als weniger aufbrausend als seinen Meister eingestuft hatte, auf dessen Kopf niederzulassen, wo er sich nach einer bequemen Stelle zum schlafen umsah, jedoch befand, dass es auf Kyo gemütlicher war, und deshalb zu eben jenem zurückkehrte.

„Ich bin sehr froh, dass ich dich treffen durfte…“, Kyo erhob sich und lauschte in den wispernden Wind, der einen schwachen Geruch zu ihm trug.

Asagi nahte.

„Ich… habe mich auch darüber gefreut mit dir zu reden…“, gestand der Junge leise und richtete sich ebenfalls auf.

„Asagi wird gleich da sein….“, flüsterte Kyo mehr zu sich selbst, und senkte das Haupt, als er das freudige Glänzend in den Augen des Jüngeren sah.

Egal wie sehr er sich dagegen sträubte, er konnte einfach nicht anders, als Neid zu empfinden. Und dennoch wünschte er sich für das zierliche Wesen, dass er sein Glück an der Seite dieses Vampirs finden konnte, und noch ein wenig länger in diesem Traum verharren durfte, als er, der er nun erwachen musste und wieder der Kälte der Nacht preisgegeben wurde.

In der Ferne konnte er bereits den undeutlichen Umriss des Vampirs erkennen.

Unvermittelt schlang er die Arme um den feingliedrigen Körper des Jungen.

„Der Vampir trinkt das Blut seines Opfers, bis dieses auf der Schwelle zum Tode steht… Und dann gibt er ihm von seinem eigenen Blut zutrinken… Nur so kann ein weiteres Kind der Nacht in die Finsternis hineingeboren werden….“

Ein kaum wahrnehmbares Streifen kalter Lippen am Hals des Jüngeren und dann ein leises Kichern.

Noch bevor Asagi Shinya erreichte, war Kyo einem Schatten gleich davon gehuscht, und ließ einen erschrockenen und ein wenig entsetzten Shinya zurück, der nun von Asagi umfangen wurde.

„Was erlaubt er sich….“, unzufrieden drückte er sein Eigentum an sich.

„Ihr seid wieder da…“, ein Lächeln lag auf den hübschen Lippen, und der Jüngere stich seinem Meister glücklich über die Wange, um ihm dann einen Kuss auf den Mund zu hauchen.

„Wofür habe ich den denn verdient?“, der Vampir grinste und strich dem Objekt all seiner Begierden das lange Haar aus dem Gesicht.

Von hier an gab es kein zurück mehr.

Asagi spürte wie sich diese Gewissheit in sein Inneres fraß wie ein rot glühendes Eisen.

Bereits die vergangene Nacht war der Anfang vom Ende gewesen, dass wusste er nun, und es bereitete ihm nur noch mehr Schmerzen.

In einer Geste der Verzweiflung und unendlicher Zuneigung verwickelte er Shinya in einen innigen Kuss, und presste ihn dann wieder an sich.

Jede Sekunde war unsagbar kostbar, jeder Gedanke eine Qual.

Nie hatte er gewollt, dass es so endete.

Doch es würde enden.

Einfach so.

„Lass uns nachhause gehen… Du bist ganz kalt….“, und dann, nach kurzem Zögern, „Ich werde dir einen Tee aufbrühen“

Blut.

Warmes Blut.

Kyo lachte leise und strich über die Nackte Brust seines Opfers.

Der Junge Mann sah ihn entsetzt an, und zerrte an den Fesseln, die ihn an ein schmiedeeisernes Treppengeländer ketteten.

Auf seinem Weg zum Friedhof war er ihm über den Weg gelaufen, und in seine Falle getappt.

Grinsend hinterließ der schlanke Vampir einen weiteren Kratzer auf der weißen Haut.

Der Untere schrie auf und wand sich unter ihm.

„Nicht so laut… Willst du denn alle aufwecken?“, gierig leckte Kyo das warme, süße Blut auf, wanderte weiter nach oben, und knabberte fordernd am Hals seines Opfers, um sich dann an seinem erhitzten Körper zu reiben.

Verwirrt und nicht fähig seine Gedanken zu ordnen stöhnte der Gefesselte auf, und konnte nicht umhin sich dem hübschen Geschöpf entgegen zu drücken.

Das Gesicht des jungen Vampirs war zur Hälfte blutverschmiert, und seine Augen schienen in ihrer Farbe noch intensiver als sonst.

Er musste sich einfach ablenken. Pech für den anderen, der noch immer nicht sicher war, in was für ein Spiel er geraten war, und Angesichts der aufreizenden Bewegungen des Oberen war er auch nicht im Stande weiter darüber nachzusinnen.

Als Kyo bemerkte, dass sein Opfer keinen Widerstand mehr leistete, sondern sich voll und ganz ergab, ließ er von ihm ab und maß ihn mit langen Blicken, noch nicht ganz schlüssig ob er es wert war, dass er noch ein kleines bisschen mit ihm spielte.

Im Grunde sah er sogar ganz gut aus. Ein Sohn der Oberschicht.

Etwas verärgert darüber, dass er nicht vorher daran gedacht hatte, dass dieses Nachtmahl einer besonderen Entsorgung bedurfte, da man auf diesen Fall die Polizei ansetzen würde, ließ er sich wieder auf der Hüfte des Jüngeren nieder, der ihn nun, noch immer nicht ganz im Klaren darüber was er überhaupt tat, aus großen Augen geradezu erwartungsvoll ansah.

„Was in Gottes Namen bist du? Du kannst kein Mensch sein, denn dazu bist du zu schön… Viel eher gleichst du einem Geschöpf der Anderswelt…“

Kyo sah ihn ruhig an. Netter Vergleich, aber weit daneben. Als man ihm zum ersten Mal mit diesen Mutmaßungen gekommen war, war er unwillkürlich in Gelächter ausgebrochen, doch mit der Zeit hatte er sich daran gewöhnt, und konnte seine Belustigung bei diesen naiven und weit gefehlten Vergleichen geschickt verbergen.

„Warum sprichst du nicht mehr? Ich möchte deine Stimme hören…“

Der Vampir empfand es als erstaunlich, dass der törichte Mensch unter ihm noch immer nicht begriffen hatte, in welcher Lage er sich befand. Er hatte sich von seiner Leidenschaft übermannen lassen, und darüber vergessen, dass er äußerst unbequem auf kalten Steinstufen lag, die Brust zerkratzt, und mit einem Wesen auf sich sitzend, das sein Blut aufgeleckt hatte.

„Was nützt es dir, meine Stimme zu hören? Was ich sage ist ohne hin nicht mehr von Gewicht….“, der Blonde hatte sich niedergebeugt und säuselte diese Worte nun am Hals seines Abendessens.

„Sag mir nur, was du bist…“, dunkelblaue Augen sahen ihn bittend an.

„Es macht keinen Unterschied, ob du es weißt, oder nicht….“, der Vampir fixierte die deutlich pulsierende Halsader des anderen.

„Warum sagst du es mir nicht einfach?“, leichter Ärger in der dunklen Stimme.

Kyo grinste ihn nur an.

„Weil du ohnehin sterben wirst…“

Erneut Verwirrung, doch noch immer kein Erkennen.

Der Kleinere fügte der blassen Haut einen weiteren, tiefen Kratzer bei, der den Jüngeren aufschreien ließ. Der Vampir leckte sich die verschmierten Finger ab, verzückt von dem Geschmack und der Wärme der Flüssigkeit.

Sein Blutdurst war noch lange nicht gestillt, und schwoll im selben Maße an, wie der Herzschlag des anderen sich in Panik erhöhte.

„Du willst wissen, was ich bin?“, er lachte leise, „Schön… Jeder sollte das Recht haben zu wissen, durch wen oder was er sein Ende findet…“

Grinsend hinterließ er eine blutende Spur von der Schulter des Opfers über dessen Brust zu seinem Bauch hinunter, und genoss dessen Wimmern in vollen Zügen.

„Man nennt uns Vampire… Kinder der Nacht… Verdammte… Wir sind keine gefallenden Engel, und auch keine Wesen aus einer anderen Welt… Wir sind die Ausgeburten menschlicher Verdorbenheit… Eben jene Verdorbenheit, die dich in den Tot gelockt hat….“

Nur ein schwaches Kopfschütteln des jungen Mannes.

Endlich, und überdies viel zu spät, verstand er die Worte, und die Anziehung, die der Blonde auf ihn ausgeübt hatte.

Verzweifelt und sich seiner auswegslosen Lage bewusst riss er an den Fesseln, die ihn hielten, und es ihm unmöglich machten, zu verhindern, dass Kyo sich wieder hinab beugte.

Genüsslich leckte der blonde Vampir die langen Kratzer entlang, ehe er schlussendlich am Hals des Unglücklichen anlangte.

Kein weiteres Wort verschwenden schlug er seine Fänge gierig und ohne jegliche Rücksicht in das warme Fleisch.

Auf das Schreien und sich winden des Unteren hin, verbiss er sich tiefer in der Haut, eine stark blutende Bisswunde hinterlassend, an der er begierig zu saugen begann, sein Opfer mit dem Körper auf den Stein drückend, erbarmungslos und kaum bei Sinnen.

Gesättigt richtete er sich auf, um den Sterbenden noch einmal in die Augen zu sehen.

Zu schwach um zu reden sah er zu ihm auf, das Gesicht von Tränen des Schmerzes und Spritzern seines eigenen Blutes benetzt.

Ein Wenig Blut sickerte aus dem Mundwinkel des Älteren, und wurde energisch mit dem Handrücken weggewischt.

Unbeachtet der Tatsache, dass sein Opfer noch bei Besinnung war, befreite er diesen von seinen Fesseln.

Ein ebenso sinnloser wie verzweifelter Versuch sich gegen den Kleineren zu wehren, konnte diesen nicht daran hindern sich den Arm des Halbtoten über die Schultern zu legen, um diesen dann mit sich zu streifen.

Längst war Kyo eingefallen, wie er sich des anderen entledigen würde.

Noch nicht ganz tot wünschte sich dieser Sehnlichts es bereits zu sein, als er in seinem grauen Delirium erkannte, welches Ziel sein Mörder hatte:

Ein alter Brunnen im Hinterhof einiger halb verfallener Häuser, der seit langem nicht mehr genutzt wurde.

Ohne seine Last ablegen zu müssen, schob der Vampir den schweren Steindeckel beiseite.

Die Lippen des Todgeweihten formten ein tonloses „Nein“

Das letzte, das er noch wahrnahm war, wie er fiel.

Unaufhaltsam in das undurchdringliche Dunkel.

Mehrmals stieß er gegen die Wände des Schachtes, ehe er endgültig die Besinnung verlor.

Er spürte nicht mehr seinen Aufprall auf tiefschwarzes, eiskaltes Wasser, und vernahm nicht das Geräusch von aufeinander reibendem Stein, sah auch nicht wie sich alles endgültig verdunkelte, weil Kyo die Abdeckung des Brunnens wieder in seine ursprüngliche Position gebracht hatte.

„Manchmal machst du selbst mir Angst…“

Wenig verwundert die Stimme seines Meisters zu hören, wand er sich zu demselben um.

Der Rothaarige näherte sich ihm seltsam zaghaft.

„Wie ist dein Treffen mit seinem Haustier verlaufen?“

„Hört auf ihn so zu nennen…“, knurrte Kyo plötzlich und zuckte, über seine eigene Reaktion erschrocken, zurück.

„Verzeiht mir… Ich bin nur… etwas durcheinander….“, er sah den Älteren angstvoll an.

Közi war nicht in der Lage Wut zu verspüren. Viel zu sehr schmerzte ihn der ängstliche Ausdruck auf den Zügen seines Gefährten.

Bestimmt zog er den Jüngeren in seine Arme, um ihm durch das verwirrte Haar zu streichen.

„Vergessen wir das, in Ordnung? Wie war es nun mit Shinya?“

„Ich beneide Asagi… Und doch… und doch würde ich es nicht wagen ihm Shinya wegzunehmen… Er mag ihn wirklich sehr… So sehr, dass er wohl eingehen würde, wenn man ihn von seinem Meister trennte….“

Ein kummervoller Ausdruck legte sich auf das Gesicht des Größeren, und er drückte Kyo nur noch fester an sich.

Asagi betrachtete den hübschen Jungen, der neben ihm auf der Fensterbank saß, und eine heiße Tasse Tee umklammert hielt, die ihm der Ältere vor wenigen Minuten gebracht hatte.

Die Tasse wurde an die weichen Lippen, die er so oft hatte spüren dürfen, gehoben und Shinya nippte vorsichtig an dem Getränk.

„Der Tee…. Schmeckt sehr gut….“, sagte er leise, im Grunde nur um die unerträgliche Stille zu brechen, die sich über den gesamten Raum gelegt hatte wie ein dunkles Tuch, das auf ihnen lastete.

Der Schwarzhaarige gab keine Antwort, und sah ihn nur weiter regungslos an, unfähig sich zu rühren.

Er war glücklich gewesen an der Seite dieses Wesens, und genau darum musste geschehen, was seinen Anfang genommen hatte.

Weil er das Schweigen seines Herrn nicht zu deuten vermochte, widmete sich Shinya voll und ganz seinem Tee, und trank diesen schließlich bis zum letzten Tropfen aus.

Erst als er die leere Tasse auf einem kleinen Tisch abstellte, regte sich der Vampir und sah zu ihm auf.

Tränen glänzten auf der weißen Haut.

„Was habt ihr?“, erschrocken trat er zu seinem Herrn hin.

Dieser zog ihn immer noch wortlos in seine Arme, zitternd und nahe daran zu verzweifeln.

„Vergib mir….“, hauchte der Vampir kaum merklich.

Shinya merkte, dass ihm schwindlig wurde. Seine Beine knickten ihm unter dem Körper ein, und er sank vor Asagi in die Knie.

„Mir ist… So komisch… ganz schwindelig, und…“, er hielt inne, „Nein….“

Mit einem unendlich betrübten Lächeln auf den Lippen kniete sich Asagi zu ihm, nahm das hübsche Gesicht zwischen seine kühlen Hände und strich über die weiche Haut.

„Ich muss mich nun von dir verabschieden, Shinya….“, flüsterte er leise, während weitere Tränen sich ihren Weg über sein Gesicht suchten.

Der Jüngere schüttelte erschrocken den Kopf. Unglaube stand in den braunen Augen, aus deren Winkeln sich nun ebenfalls Tränen lösten.

„Das ist nicht wahr…. Das könnt ihr nicht erst meinen…“

„Doch… Dies ist das letzte Mal, da wir uns sehen… Es ist besser so….“

„Nein….“, die Worte waren kaum mehr als ein heiseres Flüstern, „Ihr habt versprochen…. Versprochen dass ihr….“, das Wispern bracht ab.

„Es tut mir Leid, Shinya… Mehr als alles andere auf der Welt… Aber nur so kannst du vor mir gerettet werden…“

Asagi umarmte das weinende Geschöpf zärtlich.

In hoffnungsloser Verzweiflung klammerte sich Shinya an ihn, die Hände in das Oberteil seines Meisters verkrallt.

„Bitte nicht… Ich flehe euch an… Alles nur nicht das hier…“

„Du musst verstehen…“, Asagi sah ihm in die Augen. All dies konnte nichts anderes als ein Albtraum sein. Nichts Wirkliches konnte so grausam sein.

„Ich will aber nicht….“, dem Jungen gelang es kaum noch gegen die taube Müdigkeit anzukämpfen, die in seine Glieder kroch und ihm die Augenlieder schwer werden ließ.

Die Lippen des Vampirs fanden die seinen.

„Ich würde alles tun, um an eurer Seite bleiben zu dürfen…“, ein letztes Flehen des Jungen. Er spürte seinen eigenen Herzschlag und wie ihn Wahnsinn zu erdrücken drohte.

Er wollte einfach nicht glauben, dass dies wirklich geschah. .

„Und genau das ist das Problem… Ich will nicht, dass du zu Grunde gehen musst…“, ganz sanft drückte er den Jüngeren zu Boden, immerfort in die tränennassen Augen des anderen blickend.

„Ich liebe dich… So sehr dass ich es nicht ertragen kann auch nur noch eine Nacht länger in deiner Nähe zu sein… Ich würde mich verlieren… Und dadurch auch dich… Und so kannst zumindest du gerettet werden….“

Shinya weinte stumm und sah ihn nur hilflos an.

Das Mittel, das ihm die Besinnung raubte, vermochte es nicht den Schmerz zu betäuben, den er in diesem Augenblick verspürte.

Das Paar kalter Lippen legte sich auf seinen Hals, fuhr zart darüber und löste sich wieder von der warmen Haut, um die weichen Lippen des Jüngeren zu bedecken.

Seine Tränen vermischten sich mit denen des anderen.

„Keine Angst… Nun kann dir nichts mehr geschehen…“

„Lasst mich nicht alleine…“, das zierliche Wesen unter ihm zitterte unter schwachem Schluchzen.

Mit sanftem Druck fuhr Asagi über den bebenden Oberkörper des Jüngeren und ließ die Hand dann an jener Stelle liegen, unter der sein Herz unregelmäßig schlug.

„Ich werde dich niemals vergessen, Shinya… Niemals… Ich werde jeden Augenblick den wir geteilt haben in Erinnerung behalten… Dank dir bin ich zum ersten Mal glücklich gewesen….“

Shinya war bereits so betäubt, dass er nur noch schwach den Kopf schütteln konnte.

„Weil ich weiß, dass ich deine Vergebung nicht verdiene, wage ich es nicht, sie noch einmal zu erbitten… Nur darum, dass du mich vergisst, flehe ich dich an… Ich habe dir so viel Leid zu gefügt… Darum sollst du meiner nicht gedenken… Dessen bin ich nicht wert…“

Der Blick aus den dunklen Augen des Jüngeren ließ ihn fast zerbersten. Er würde ihn nicht vergessen können. Dazu war es zu spät.

Und dennoch war dort kein Vorwurf. Nur maßlose Trauer und Pein. Zusammen mit einem letzten Flehen und Bitten.

„Lebe wohl, Shinya… Es tut mir wirklich so unendlich Leid…“, aus seiner Hosentasche brachte er einen Anhänger an einer dünnen, glänzenden Silberkette zum Vorschein.

„Doch wenn du mich ohnehin nicht vergessen kannst, dann soll dies von nun an dir gehören… Als ich noch ein Mensch war, gehörte es mir….“, behutsam legte er ihm das Schmuckstück um, „All die Jahre habe ich es bei mir getragen… Und nun ist es das deine…“.

Der Junge weinte, mit aller Kraft gegen das Abdriften ankämpfend. Dunkelheit zerrte an ihm, riss ihn hinab in den bodenlosen Abgrund der Ohnmacht.

Durch den Tränenschleier konnte er kaum noch den schwarzhaarigen Vampir erkennen, der ihn schmerzerfüllt anblickte.

Eine letzte Berührung ihrer Lippen.

Ein Abschiedskuss.

Shinya sah Asagi noch ein letztes Mal an, ehe er schließlich den Kampf verlor und von der Schläfrigkeit bezwungen wurde. Seine Augen schlossen sich, und eine letzte Träne stahl sich aus seinem Augenwinkel.

Behutsam presste der Vampir den warmen Körper seines Geliebten an sich.

….

Asagi zuckte zusammen, als vor ihm aus einer der schmalen Gassen eine Gestalt entgegenkam.

Er drückte Shinya, der in einen Umhang gehüllt in seinen Armen ruhte, gleichmäßig atmend, die Augen geschlossen, fester an sich.

Die Gestalt näherte sich ihnen weiter. Rotes Haar, das vom Wind bewegt wurde.

„Du willst also tatsächlich gehen und ihn ebenso verlassen, wie mich….“, Közi blieb still vor ihnen stehen.

Der jüngere Vampir senkte das Haupt um seine wässrigen Augen zu verbergen.

„Ihr werdet ihm nichts tun, oder? Ich kann ihn hier zurücklassen, ohne um ihn bangen zu müssen….“

Für einen Moment zögerte sein Gegenüber, dann nickte er. „Weder ich noch Kyo werden Hand an ihn anlegen… Doch bist du dir wirklich ganz sicher? Er wird sich nicht damit abfinden können… Vielleicht wird er sogar nach dir suchen….“

„Kaoru wird auf ihn Acht geben… und selbst wenn er nach mir sucht… Er wird mich nicht finden…“

Kalte Tränen tropften auf das Tuch, welches den Schlafenden umgab.

Niedergeschlagen gab der Rothaarige ihnen den Weg frei.

„Ich halte es für eine Dummheit, dass du ihn auf diese Weise zurücklässt… Kyo wird dich in jedem Fall dafür hassen….“

„Ich weiß…. Und doch ändert es nichts….“, eine kurze Pause, „Auf Wiedersehen, Közi… Es wird wohl erneut eine ganze Weile dauern, bis wir einander wieder zu Gesicht bekommen….“

Közi sah ihm schweigend nach, als er seinen Weg fortsetzte, unfähig etwas anderes als Bedauern zu verspüren.

Asagi spürte deutlich die Wärme des Jüngeren durch all die Schichten Stoffes hindurch. Dies war tatsächlich und wahrhaftig das Ende. So sehr er zu begreifen suchte, sein Geist sträubte sich gegen diese Erkenntnis, diese Tatsache, die nun allzu offen dalag.

Dies war eine Trauerprozession in der er seine Seele zu Grabe trug.

Viel zu schnell erreichte er das kleine Haus, in welchem Shinya mit seiner Familie gelebt hatte. In der Stube und der Dachkammer brannte noch Licht, das sich aus den Fenstern mit flackerndem Schein in die Nach ergoss.

Ganz langsam trat er auf die Türe zu.

Noch konnte er einfach umkehren.

Das hübsche Geschöpf würde bei ihm bleiben, wie er es ihm so oft versichert hatte, und sie konnte noch ein kleinen wenig mehr Zeit miteinander verbringen.

Der Vampir musste über sich selber lachen. Wie konnte er sich einem derart naiven Gedanken hingeben?

Ehe der die Hand hob, um zu klopfen, betrachtete er noch einmal eingehend das Gesicht des Schlafenden, und fühlte wie ihm erneut die Tränen kamen.

Es war nicht gerecht, dass sie nicht zusammen sein konnten.

Aber das machte nun keinen Unterschied mehr.

Auf sein Klopfen hin wurde die Tür knarrend einen Spalt weit geöffnet.

„Shinya….“, der Bruder des selben machte die Tür weiter auf und starrte den weinenden Vampir und die reglose Gestalt erschrocken an. „Was?“

„Er schläft nur….“, fiel Asagi ihm sofort ins Wort. Seine Stimme war brüchig und gab jede seiner Empfindungen preis.

„Meister…“, Kaoru hatte am Tisch gesessen und stand nun auf, „Also werdet ihr tatsächlich gehen?“

„Ja… Mein Entschluss besteht weiterhin. Haus und Hof sollen nun mehr dir und Shinya gehören. Es wird euch bis an euer Lebensende an nichts mangeln…“

Von der Schwäche in den Augen seines Meisters bedrückt nickte der junge Arzt nur, und schlang dann die Arme um Dai, der verwirrt und fassungslos beobachtete wie das blasse Wesen seinen Bruder die Treppe hinauf trug.

„Es braucht etwas Zeit, dir alles zu erklären… Doch ich verspreche dir es zu tun, wenn sich die Zeit ergibt…“, erklärte er leise und hielt den Jüngeren davon ab ebenfalls die Treppe zu erklimmen.

„Für ihn ist es das letzte Mal, dass er ihn sieht… Lass ihm diesen letzten Moment…“

Unendlich vorsichtig legte Asagi seinen Geliebten auf dessen Bett ab, und deckte ihn dann vorsichtig zu, wobei er noch einmal den Blick über seinen zierlichen Körper schweifen ließ, und wie zufällig seinen Hals streifte.

Sie waren am Ende angekommen. Nun blieb ihm nichts, als davon zu gegen, weit weg, so weit weg, dass er ihm nie wieder gefährlich werden konnte.

Nur eine Erinnerung würde bleiben.

Beinahe scheu vereinigte er seine Lippen mit denen jenes Geschöpfes, das ihn um den Verstand gebrachte hatte ohne es recht zu wissen, ihn bis zuletzt liebte und nicht einmal Hass empfinden konnte, egal was er ihm auch angetan hatte.

Das Gefühl der warmen Lippen des Jüngeren ließ ihn kurz lächeln.

Ein trauriges Lächeln ohne eine Aussicht auf Errettung.

Sanft strich er ihm über die Wange. „Ich danke dir… Trotz alledem bin ich froh, dir begegnet zu sein… Auch wenn es unser beider Untergang eingeläutet hat…“

Entschlossen stand er auf und wandte sich ruckartig ab.

Dann, schon fast an der Treppe angelangt, drehte er sich noch einmal herum.

Wie tot lag Shinya in seinem Bett, zurückgelassen und alleine.

Das unruhige Licht einer Gaslampe warf lange Schatten an die Wände, und auf sein entspanntes Gesicht.

Konnte er tatsächlich gehen, und ihn, den er wirklich und wahrhaftig liebte hier zurücklassen?

Stumm trat er erneut zu ihm hin.

Ihm war, als läge er auf einer Totenbahre, bereit in einen Sarg gelegt und der schwarzen Erde übergeben zu werden.

Voll Trauer schüttelte Asagi den Kopf.

Was er gedacht hatte, stimmte nicht. Shinya würde leben, ganz normal so wie es alle Menschen taten unter den wärmenden Stahlen der Sonne.

Er hauchten einen letzten Kuss die Lippen des jungen Mannes.

„Lebe wohl…“

Den Blick nicht von ihm nehmend trat er zurück und stieg dann, das Gesicht von Kummer beschattet, die Treppe hinab in die Stube, wo ihn sein langjähriger Diener erwartete.

„Passt mir nur gut auf ihn auf, ja?“

Kaoru nickte und spürte, dass auch ihm die Tränen in den Augen aufstiegen, und ihm die Sicht raubten.

„Habt noch einmal Dank für alles… Gehabt euch wohl, mein Meister….“, ihm versagte die Stimme.

Dai barg ihn zärtlich in seinen Armen.

Der Vampir lächelte und verbeugte sich.

Ohne dass ein weiteres Wort gesprochen wurde, verließ er das Haus und wurde sogleich von der Finsternis verschlungen, da er die Tür hinter sich zugetan hatte.

Schmerzerfüllt sah er sich um.

Noch lag alles vom Dunkel umhüllt, doch schon bald würde es Tag werden.

Sein Blick lag nun an die Sterne geheftet.

Nur noch ein wenig, und die Sonne würde sich über den Horizont erheben.

Zögerlich, als müsse er sich erst daran entsinnen, wie man ging, setzte er sich in Bewegung.

Eine entsetzliche Leere füllte sein Inneres aus, noch unerträglicher als der Schmerz, den er noch bis vor wenigen Sekunden verspürt hatte.

Der Nachtwind fuhr durch sein Haar und seine weiße Haut.

Bevor er ging wollte er noch einmal zu seiner einstigen Wohnstätte gehen.

Von der Nacht umfangen entfernte er sich Schritt für Schritt von Shinya.

Dies war der einzige Weg.

Er rief sich diesen Satz wieder und wieder ins Gedächtnis, um die aufkeimende Trauer, die sich mit langen Fingern in die Leere tastete, zu ersticken.

Er würde ihn nie wieder sehen. Gewissheit. Verzweiflung.

Er ließ sich einfach an einer Hauswand zu Boden sinken und ergab sich der Trauer.

evanescence

Nun...Dies ist das vorletzte Kapitel der eigentlichen Geschichte.

Es betrübt mich, dass sie nun bald zu ende sein wird.

Mau... Vielen Dank fürs Lesen... Und bitte seid mir nicht böse für das, was ich schreibe...
 

XIX. evanescence
 

Stimmen.

Shinya kämpfte gegen die Müdigkeit an, die ihn unbarmherzig gefangen hielt, und ihn daran hinderte, die Augen zu öffnen.

Asagi.

Sein erster und einziger Gedanke. Wo war er jetzt? War es noch Nacht? Und wo war er selbst?

Die fremden Stimmen waren für ihn noch immer nicht verständlich, da sie sich seltsam gedämpft anhörten, verzerrt und unwirklich.

Seine Hände verkrallten sich in den groben Laken auf denen er lag.

Er musste aufwachen.

Endlich gelang es ihm die Augen aufzuschlagen.

Er war zuhause.

Zumindest war dies der Ort, den er bis vor kurzem noch als sein Zuhause angesehen hatte.

Die Sonne warf ein unwirkliches goldenes Licht in die kleine Kammer.

Der Braunhaarige blinzelte.

Nur sehr langsam wurde ihm voll und ganz bewusst, was in der letzten Nacht geschehen war, und seine Hand umklammerte unwillkürlich den Anhänger, der um seinen Hals hing.

Dies war ein Sonnenuntergang.

Mindestens einen Tag hatte er verschlafen, wenn nicht sogar noch mehr.

Panik stieg in ihm auf.

Asagi hatte ihn verlassen und in die Obhut seines Bruders zurückgegeben.

Gegen die aufkeimende Verzweiflung und die Tränen ankämpfend schlug er die Decke zurück.

Vielleicht konnte er den Schwarzhaarigen noch finden. Er musste ihn finden.

Es war die aller letzte Möglichkeit diesem Albtraum, der ihn umfangen hielt und ihm den Atem nahm, doch noch zu entrinnen.

Heftiger Schwindel überfiel ihn, als er sich aufsetzte, und sein Versuch aufzustehen wurde dadurch gestraft, dass ihn unvermittelt Schwärze verschlang und er sich wenige Augenblicke später auf dem Holzboden wieder fand.

Die bis eben noch niedergedrückten Emotionen ließen sich nicht länger zügeln.

Ein Schluchzen kam über seine hübschen Lippen und Tränen hinterließen feuchte Spuren auf seiner blassen Haut, um in blinder Verzweiflung davon gewischt zu werden.

Innerlich sträubte sich Shinya mit jeder Faser seines Seins gegen die Wahrheit die nun in ihrer ganzen Grausamkeit vor ihm lag, unverändert und unabänderlich.

Asagi hatte ihn hier her gebracht, damit Kaoru und Dai auf ihn Acht gaben, und ihn daran hinderten, nach dem Vampir zu suchen, falls dieser nicht schon lange weit weg von hier war.

Sein Traum war zu ende, in tausend kleine Scherben zerbrochen, in denen sich das warme Licht des sterbenden Tages brach.

Das Ende war längst erreicht.

Schwach und zitternd schaffte er es, sich bis auf die Knie aufzusetzen.

Ihm blieb nicht einmal die Frage nach dem Warum, denn er kannte die Antwort. Eine einfache Antwort, nur ein einziger Grund.

Er selbst war ein Mensch, und Asagi war ein Vampir.

Diese Tatsache hatte ausgereicht um sie beide zum Untergang zu verdammen.

Die warmen Tränen versiegten.

Selbst sie waren nicht in der Lage seine Trauer auszudrücken.

„Shinya!“, gerade als er sich darum mühte auf seinen Füßen stehen zu bleiben, erklomm sein Bruder Dai die Treppe und stürzte sich auf ihn, um ihn an sich zu drücken, wie er es getan hatte, als sie beide noch Kinder gewesen waren.

Diese Zeit, die nun weit zurückzuliegen schien. Damals, als ihr Vater noch bei ihnen gewesen war.

„Du solltest nicht aufstehen, Shinya… Dir ist bestimmt noch ganz schwindelig… Überhaupt solltest du noch gar noch wach sein, und…“, er hielt in seinem Redeschwall inne und sah den Jüngeren betreten an.

Kaoru hatte ihm so viel über die beiden erzählt, dass ihm klar geworden war, dass sein kleiner Bruder nunmehr die schlimmste Verzweiflung seines Lebens empfinden musste.

Schuldbewusst drückte er den zierlichen Jungen fester an sich.

„Es tut mir Leid… Du bist gewiss unsagbar betrübt… Und doch weiß ich nicht, wie ich dir etwas von deinem Leiden nehmen könnte….“

Shinya schüttelte nur den Kopf. Sein Hals fühlte sich rau an, geradeso als ob er geschrieen hätte.

Sehr sanft dirigierte ihn Dai in das Bett zurück und ließ ihn darauf nieder sitzen.

„Habe ich mehr als diesen Tag verschlafen?“

Der blasse Junge stellte diese Frage ganz offen, ohne die unüberhörbare Absicht hinter ihr zu verbergen.

Egal wie klein die Wahrscheinlichkeit auch war, dass er seinen Meister finden würde, er hatte vor ihn zu suchen, wenn es nötig war auch die ganze Nacht lang, ungeachtet seines Zustandes.

„Nein… Du hast nur einen Tag lang geschlafen, auch wenn du eigentlich noch lange nicht wieder erwacht sein solltest….“, leise hatte sich Kaoru ihnen genähert, „Bitte mache es dir nicht zum Ziel Asagi zu suchen… Er hat beschlossen dich freizugeben, und er wird seine Meinung nicht ändern. Wenn er nicht von dir gefunden werden will, wirst du ihn auch nicht finden…“

Vollkommen ruhig sah er den braunhaarigen jungen Mann an. Dieser biss die Zähne aufeinander.

„Ich werde trotzdem nach ihm suchen, und ihr könnt mich nicht davon abhalten… „, er war entschlossen sich nicht von den beiden Älteren einengen zu lassen.

Wenn er nur einen Tag verschlafen hatte, bestand noch immer die Möglichkeit, dass Asagi noch hier in der Stadt war.

Shinya wand sich aus dem Griff seines Bruders und brachte es fertig, aufzustehen.

Seine Hand suchte nach dem Bettpfosten, auf den er sich stützte um nicht erneut das Gleichgewicht zu verlieren.

„Sei nicht töricht, Bruder… Über den Tag hinweg ist er bestimmt abgereist….“, ein Paar warmer Arme umfing ihn. Sein Bruder wusste nicht, was Asagi war, das war zu offensichtlich.

„Er wird noch hier sein…. Und ich werde ihn finden…“, ein schwacher Befeiungsversuch.

„Ich habe Asagi versprochen auf dich zu achten. Ich werde dich nicht gehen lassen, auch wenn ich dich dafür am Bett festbinden muss….“, Kaoru sprach weiterhin mit der kalten Effizienz die er auch Dai zu Anfang entgegen gebracht hatte.

Es schmerzte ihn zu sehen wie sich der Bruder seines Liebsten quälte, und doch würde eine Suche alles nur verschlimmern.

Der Junge war noch geschwächt durch das Betäubungsmittel, welches bis zum nächsten Morgen hatte anhalten sollen. Vielleicht würde er auf der Straße einfach zusammenbrechen.

Ein bedeutungsschwangerer Blick in die Augen des älteren Bruders, ein trauriges Nicken.

Der Jüngste konnte sich nicht dagegen wehren, als Dai ihn vorsichtig, aber sehr bestimmt in die Kissen zurückdrückte und ihn dort fixierte.

Der junge Arzt hatte sich über seine Tasche gebeugt und war anscheinend auf der Suche nach etwas.

Shinya gebärte sich gegen seinen Bruder auf. „Bitte lass mich gehen, Dai… Behaltet mich nicht hier zurück… Lasst es mich doch wenigstens versuchen… Ich flehe euch an…“, der Dunkelhaarige sah ihn nur traurig an, während Kaoru fand, was er gesucht hatte. Die metallene Spitze einer kleinen Glasspritze glänzte im letzten Widerschein der Sonne.

„Nein….“, ein heiserer Aufschrei. Shinya wand sich hin und her, verbissen darum bemüht erneut zu entkommen, doch weder sein eigener Bruder noch der junge Arzt ließen ihm eine Möglichkeit dazu.

Die Spritze wurde mit einer kristallklaren Flüssigkeit aufgezogen, die Luft in ihrer Spitze herausgedrückt.

„Lasst das! Das könnt ihr nicht machen… Ich flehe euch an… Bitte…. Bitte hört auf….“

Tränen rannen über seine Wangen.

Kein Flehen und Beschwören konnte Kaoru daran hindern seinen Arm zu sich heranzuziehen, und die Innenseite seiner Armbeuge freizulegen. Ganz deutlich zeichnete sich dort eine blaue Ader durch die helle, dünne Haut ab.

Der Junge wimmerte.

Nun gab es keine Hoffnung mehr.

Ein schmerzhafter Einstich gefolgt von einem ekeligen Druckgefühl.

Er schnappte nach Luft, und versuchte seinen Arm ruckartig wegzuziehen, doch Kaoru war keines Falls unerfahren und hielt ihn mit Gewalt fest.

Anders als das letzte Betäubungsmittel wirkte dieses schnell und ohne Barmherzigkeit.

Schon mit dem Herausziehen des Metalls aus seiner Haut spürte Shinya wie ihm die Sinne schwanden.

Der Tot schien ihm um so vieles begrüßenswerter, als das, was ihm nun durch seinen Bruder und Kaoru angetan wurde.

Wie sollte er ohne Asagi sein?

Beinahe war ihm, als könne er die weiche Stimme des Schwarzhaarigen vernehmen, die Berührungen seiner kalten Haut wieder spüren.

Nur eine Illusion. Ein Trugbild.

Ebenso unaufhaltsam wie sein Schlaf kam auch die Nacht.

Nur noch die Giebel der Häuser standen im rötlichen Glanz.

Die Lieder wurden ihm unendlich schwer, und jedes Kämpfen war vergebens.

Die Schwärze holte ihn erneut ein, eine freundliche Maske der Mildtätigkeit tragend, seine Schmerzen und Gedanken betäubend…

Dunkelheit.

Selbst als er die Augen aufschlug wich sie nicht.

War er tot?

Shinya richtete sich auf und ihm wurde klar, dass er unmöglich gestorben ein konnte. Dazu war der Schmerz in seinem Kopf zu unerträglich.

Fahrig tastete er nach dem Anhänger der um seinen Hals hing.

Man hatte ihn entkleidet und mit einem Nachtgewand angetan.

Während sich der Braunhaarige fragte, wie viel Zeit vergangen sein mochte, wurde er eines leisen Atmens gewahr, das aus der anderen Ecke des Raumes kam.

Als er genauer hinhörte, erkannte er, dass es zwei Personen sein mussten, die dort ruhig und gleichmäßig atmeten.

Kaoru und Dai hatten sich zu Bett begeben und Shinya sah nun seine einzige Chance gekommen um ihnen zu entrinnen.

Leise kroch er aus dem Bett, den Schwindel ignorierend und tastete nach dem Hocker, auf dem für gewöhnlich seine Kleider lagen.

Das Glück war ihm zu seinem Bedauern nicht halb so zugetan, wie er gehofft hatte.

Dort auf dem Stuhl lag nichts, weshalb er sich im Dunklen leise der Kleidertruhe näherte. Das alte Möbelstück war ihnen vererbt worden, und keiner wusste wie alt es schon war, doch dass es knarrte und quietschte war allgemein bekannt.

Quälend langsam wurde der Truhendeckel zurückgeklappt. Im Inneren ertastete Shinya eben jenes Kleid, dass er immer zum Arbeiten in der Schenke getragen hatte, und er nahm es an sich, da er wusste dass er keine Zeit hatte, um wählerisch zu sein. So lange er aus dem Haus kam, sollte es ihm egal sein, ob er nun Männer oder Frauengewänder trug.

Mit dem Kleidungsstück unter dem Arm schlich er sich in die Stube hinunter, wo er aus dem Nachtgewand schlüpfte, und sich das Kleid anzog.

Zu seiner Erleichterung blieb es überall im Hause still, selbst noch als er die Tür nach draußen öffnete.

Im Mondlicht fand er seine Schuhe, die er sich nur notdürftig schnürte.

Mit einem letzten Horchen in das Hausinnere zog er die Tür von Außen zu. Der Mond stand sehr hoch, und Wolken jagten über sein Antlitz.

Shinya verschwendete seine Zeit nicht weiter und rannte los.

Erst als er schwer atmend an eine Mauer gestützt in einer Gasse rastete, gestand er sich ein, dass er das Anwesen seines Meisters nicht so schnell wie vermutet finden würde.

Er hatte sich in der unbeständigen Dunkelheit verlaufen.

Und doch war er nicht bereit, aufzugeben.

Sein Weg führte ihn in jenen kleinen Park, in welchem er mit Kyo gesessen hatte.

Seine Schritte beschleunigten sich wieder, da er von diesem Ort aus seinen Weg wieder finden würde.

Ein Flattern ließ ihn heftig zusammen schrecken, doch er entspannte sich, als er entdeckte, dass es nur Nezu, der kleine Begleiter Kyos war, der ihn wohl auf der Jagt entdeckt hatte, und nun neben ihm herflatterte.

Auch wenn es ihm unerklärlich war, beruhigte ihn der Anblick des kleinen Geschöpfes, und vertrieb das Gefühl der Einsamkeit. Für einen Moment atmete er durch, dann rannte er weiter, immer gefolgt von der schnatternden Fledermaus.

….

Dai schreckte aus dem Schlaf auf.

In der kleinen Kammer war es absolut finster, ehe silbriges Mondlicht durch ein Loch in den Wolken fiel, und sie ein kleines bisschen erleuchtete. Nicht viel, und doch so sehr, dass ihm das Verschwinden seines Bruders auffiel.

„Kaoru!“, der junge Arzt wurde unsanft aus dem Schlaf gerissen, „Shinya ist weg! Er muss aufgewacht sein, und jetzt ist er fort….“

Augenblicklich saß der Angesprochene kerzengerade im Bett.

„Das darf nicht wahr sein…“, er schüttelte den Kopf.

Ohne weiter zu zögern entstieg er dem Bett und begann sich vollständig anzukleiden.

„Ich weiß wo wir nach ihm suchen müssen… Komm mit mir… Er kann nicht weit sein….“

Gehorsam leistete der Jüngere dieser Aufforderung folge und zog sich an.

Die Nacht war überraschend mild, jedoch auch dunkel und eigentümlich bedrohend.

Das Pferd des Arztes hatte sich neben der dicken, alten Eiche auf dem Boden niedergelassen und war allem Anschein nach in Schlaf versunken.

„Wo glaubst du, ist er nun?“, fragte Dai und besah sich den Sternenhimmel während Kaoru das Pferd vorbereitete.

„Asagis Anwesen. Er wird dorthin gegangen sein, um ihn dort zu suchen…“

….

Weder das Tor noch die große Eingangstür waren verschlossen gewesen.

Ängstlich trat Shinya in das Dunkel. Die kleine Fledermaus, die ihm noch bis eben ein Begleiter gewesen war, war zurückgeblieben, da sie sich sehr wohl an den Besitzer dieses Anwesens entsann, und für sich beschlossen hatte, dass eine weitere Begegnung mit ihm nicht von Nöten war.

Der schlanke Braunhaarige blieb in der Eingangshalle stehen. Es war ganz still.

Er wagte es nicht nach seinem Meister zu rufen, sondern schlich sich nur durch die verlassenen Gänge mit der Bibliothek zum Ziel.

Nur spärlich leuchtete ihm der Mond, Schatten tanzten verräterisch.

Die Streben der Fenster warfen lange Kreuze, bildeten ein bizarres Muster, und jagten ihm Schauer über den Rücken. Ohne ein weiteres Mal inne zu halten stieß er bis zu der Bibliothek seines Meisters vor.

Ganz vorsichtig öffnete er die Tür und spürte wie Verzweiflung ihn niederzuringen drohte. Innerlich hatte er immer noch gehofft, dass der den Schwarzhaarigen hier vorfinden würde, genau an dem Ort, an dem sie sich jeden Abend wieder gesehen hatten, und dass alles nur ein Albtraum gewesen war, doch der Raum war leer.

Der Boden schien sich unter den Füßen Shinyas in Bewegung zu setzten. Alles drehte sich.

Auf der Fensterbank fand er Zuflucht und kauerte sich dort zusammen.

Das leise raschen von Papier ließ ihn aufhorchen, und er entdecke einen Brief auf der Fensterbank, den er zuerst nicht bemerkt hatte.

Verwundert nahm er das Kuvert auf und las die Saubere Anschrift.

„An Shinya“, sein Herz pochte heftig. Dieser Brief konnte nur von Asagi stammen. Es konnte nicht anders sein.

Behutsam, gerade als könne er etwas zerstören, öffnete er den Umschlag aus glattem, edlem Papier.
 

„Dir, geliebter Shinya

Wenn du diese Zeilen liest, werde ich nicht mehr hier sein.

Mein Weg führt mich weit weg von dir, an einen Ort, den du nicht erreichen wirst.

So sehr es mich auch mit Trauer erfüllt und mir das erkaltete Herz bedrückt, wir werden uns nie wieder sehen.

Für mich bist du alles gewesen, was ich begehrte…

Und gleichzeitig auch alles, was ich nicht bekommen konnte.

Ich danke dir für jeden Augenblick, jede Sekunde, jeden einzelnen Liedschlag, da ich bei dir sein durfte.

Mir bleibt nur die Erinnerung an dich, die schon jetzt tiefe Wunden in meine Seele reißt.

Doch du sollst weiterleben, von Sonne und Mond behütet.

Für dich steht nach diesem Ende ein Anfang…

Vergesse das bitte nie.

In Liebe, Asagi“
 

Die Tinte war an einigen Stellen von Tränen verwischt und litt nun noch mehr, da Shinya die Tränen, die ohne unterlass über seine Haut rannen, nicht mehr zurückhalten konnte.

Plötzliche Kälte befiel ihn.

Ein Ort, den er selbst nicht erreichen konnte.

Er las diese Worte mehrmals hintereinander, ehe das Papier raschelnd zu Boden fiel.

Auch Vampire konnten des Lebens überdrüssig werden.

Ihm kamen die Worte Kyos in den Sinn.

Sonnenlicht.

Was, wenn Asagi tatsächlich an einem Ort war, den er nicht zu erreichen vermochte?

Shinya sackte in sich zusammen.

Unglaube gepaart mit kalter Angst und drückender Trauer zwang ihn in die Knie.

„Unmöglich….“, hauchte er heiser.

Dies konnte nicht der Weg sein, den Asagi gewählt hatte.

Er rief den Namen seines Herrn, flehend, bittend, ohne die geringste Hoffnung auf Antwort.

Der Vampir hatte ihn verlassen und würde niemals zu ihm zurückkommen.

Draußen ertönte das Getrappel von Pferdehufen.

Heiß durchfuhr ihn die Erkenntnis, dass Kaoru und Dai sein Verschwinden wohl bemerkt haben mussten.

Hastig und dennoch vorsichtig faltete er den Abschiedsbrief seines Meisters zusammen und verbarg ihn im Kuvert, das er in eine Tasche seines Rockes schon, um dann, keine weiteren Sekunden verlierend, den Raum zu durchqueren.

Er hörte wie die Haustür aufgestoßen wurde.

Jemand rief seinen Namen, doch es war in keinem Fall Asagi.

Zitternd schlüpfte er in das Kaminzimmer, und verbarg sich hinter einem der dunklen, schweren Vorhänge, die bis zum Boden reichten, betend dass sein Bruder und Kaoru nicht allzu sorgfältig nach ihm suchen würden.

„Shinya?“, Dai rief den Namen seines Bruders zaghaft in die Stille. Das Anwesen flößte ihm Unbehagen ein, auch wenn er sich diese Empfindung nicht erklären konnte. Neben ihm schlug der junge Arzt zielstrebig einen der Gänge ein. „Folge mir… Ich hoffe er ist noch hier, oder wird zumindest bald hier ankommen…“

Durch den finsteren Flur hindurch gelangten sie vor die Tür zu Shinyas Gemach. Aus Gründen der Höflichkeit klopfte Kaoru bevor er eintrat.

„Hier ist er nicht….“, stellte er unzufrieden fest und nahm den Jüngern bei der Hand um mit ihm das angrenzende Badezimmer zu betreten. Einen Raum weiter erstarrte Shinya hinter seinem Vorhang zu einer Steinstaude und wagte es nicht einmal zu atmen.

Sein Versteck war zu einfach. Gewiss würde man ihn finden und wider mit an den Ort nehmen, der einmal sein zuhause gewesen war, für ihn nun aber keine Bedeutung mehr hatte.

Er wollte nicht zurück in das Leben, das er früher geführt hatte, und konnte schon den bloßen Gedanken daran, dass er nicht mehr mit Asagi sein würde, kaum noch ertragen.

Ein leises Schluchzen entkam ihm, und er presste erschrocken die Hände auf den Mund.

Wie sehr er sich verfluchte. Nun wussten die anderen, dass er hier war.

In der Tat hatten sowohl Dai als auch der Arzt den Laut vernommen, und eilten nun durch den gefliesten Raum in das Kaminzimmer.

Shinya war sich sicher, dass sein Herz mittlerweile so laut schlug, dass sie es hören mussten, wenn sie an ihm vorbei schritten, doch die beiden jungen Männer hatten nicht das Gehör, das Vampiren zu Eigen war, und durchschritten den Raum, ohne den zierlichen Jungen in seinem Versteck zu entdecken, und betraten die Bibliothek.

Leise löste Shinya sich aus den Schatten und verließ den Schutz der schweren Stoffbahnen.

Alle Türen standen noch offen.

Ohne das kleinste Raschen zu verursachen trat er in das Bad, und schließlich in sein altes Zimmer, ganz langsam, vorsichtig.

Erst als er auf den Flur trat beschleunigte er seine Schritte.

Sie mussten ihn hören können.

Noch bevor die Tür zur Bibliothek aufgerissen wurde, begann er zu rennen.

Wieder von kalter Nachtluft umfangen schlug er nicht den geraden Weg in die Straßen ein, sondern eilte in den weitläufigen Garten.

Die marmornen Gestalten den Brunnens glänzten gespenstisch und sahen ihm aus toten, dunklen Augen dabei zu, wie er sich hinter einem der großen Bäume verbarg, und auf Anzeichen seiner Verfolger hin lauschte, und dann mit dem Gestrüpp verschmolz, das ihn, einem trügerischen Freund gleich, aufnahm.

Das gelegentliche Kratzen von knorrigen Krallen auf seinem Gesicht und seinen Armen, und das Zerren an seinem Kleid übergehend suchte sich der zierliche Junge seinen Weg durch das Dunkel.

Als er sich eben fragte, wie lange er wohl noch so weiter stolpern musste, kam er ganz unverhofft frei, und fiel fast auf die Straße hinaus.

Aus Angst doch noch in die Hände seiner eigentlich nur um ihn besorgten Verfolger zu fallen, nahm er sich nicht einmal die Zeit, um sich umzublicken, sondern setzte seine Flucht fort.

In ihm schrie alles nach dem schwarzhaarigen Vampir.

Er durfte nicht verschwunden sein. Zumindest nicht auf immer.

Falls er sich dem Licht der Sonne ausgeliefert hatte, konnte er ihn tatsächlich niemals wieder treffen.

Shinya hatte nicht bemerkt, dass er wieder zu weinen angefangen hatte.

Er lief einfach weiter, ohne auf den Weg zu achten, den er eingeschlagen hatte. Im Grunde war es ihm gleich, wohin ihn seine Füße trugen, so lange es nur weit fort war.

Umso überraschter war er, als er zum zweiten Mal in dieser Nacht in jenen Park gelangte, in welchem sich Kyo mit ihm unterhalten hatte.

Absolute Stille hüllte den Park ein.

Selbst die flüsternden Stimmen der Bäume waren verstummt.

Auch Shinya wurde von dieser Ruhe erfasst. Sein Schluchzen erstarb ganz allmählich, während er durch die Anlage wandelte.

Zwischen den Wurzeln einer uralten Weide ließ er sich nieder und zog die Beine an den Körper.

Tränen ließen den Stoff seines Kleides ganz nass werden.

Ein Wispern ging durch den freundlichen Baum, der ihn mit seinen kahlen Zweigen zu verdecken suchte.

„Er ist weggegangen… Ich sah wie er in der letzten Nacht ein Schiff bestieg….“, die Stimme war so leise und sanft, dass der zierliche Junge sich nicht erschreckte, sondern nur den Kopf hob.

Kyo stand unmittelbar neben ihm und sah zu ihm herab.

Auf seiner Wange glitzerte etwas.

Eine einzelne Träne, „Es tut mir Leid…“

Der Vampir ging neben dem Jungen in die Knie und zog seinen zitternden Körper an sich, um ihn vorsichtig zu umfangen.

Death wish

XX. Death wish
 

Schwarz und aufgewühlt lag die kalte See um das Schiff herum.

Regungslos stand Asagi an der Reling und blickte in die Richtung, in der England am Abend zuvor zurückgeblieben war. Sein Haar tanzte anmutig im Wind und umspielte seinen schlanken Körper.

Silbern und klar brach der Mond durch die Wolken. Eine erhellende Sichel über dem bewegten Schwarz, die flüchtige Reflexe warf und die Schatten auf den Zügen des Vampirs vertrieb, seine Tränen preisgab und ihn das Haupt senken ließ.

Irgendwo dort in der Ferne blieb seine Heimat zurück.

Ein erneuter schmerzlicher Gedanke an Shinya, der nun dort in jener Ferne war und eben wie er selbst an seinem Schmerz zu zerbrechen drohte.

Nie zuvor hatte er seine Existenz so sehr gehasst wie in diesem Augenblick.

Und doch würde er nicht fliehen, so sehr er es auch wollte. Dies war die Strafe, die er sich selbst auferlegt hatte, der Fluch, der ihn quälen sollte bis zum Tage des Jüngsten Gerichts, und darüber hinaus.

Er hob den Arm um das gewobene Band an seinem Handgelenk zu betrachten.

Es war eines von Shinyas Haarbändern gewesen, das er in dessen Zimmer entdeckt hatte, als er kurz vor seiner Abreise noch einmal dorthin zurückgekehrt war.

Ihm haftete noch immer der Geruch des zierlichen Jungen an.

Schmerzerfüllt blickte er zum Mond empor, als wenn er diesen um Hilfe anflehte, ihn darum bat, das Geschehene ungeschehen zu machen.

Warum war er nicht die verfaulte Leiche, die er hatte sein sollen?

Auch der Mond gab ihm keine Antwort.

Um ihn herum erwachten Stimmen auf dem Schiff.

Sich umwendend erkannte Asagi nicht weit von ihnen entfernt den Grund für die Aufruhe.

Das Festland, das schon seit geraumen Stunden am Horizont zu sehen gewesen war, lag nun so nah, dass man die ersten Umrisse der Häuser erkennen konnte, und den Leuchtturm, der seinen Schein weit in die Nacht streute.

Die Gerüche der fremden Stadt stiegen ihm in die Nase, wenn er die Augen etwas zusammenkniff konnte er sogar einige Menschen im Hafen erkennen.

Und doch konnte es ihn nicht mit Freude erfüllen, dass er schon bald festen Boden unter den Füßen habe würde.

Nichts vermochte ihn mehr zu erfreuen, denn es war ihm egal geworden, wohin er ging, und wo er blieb.

Er würde wandern. Immer weiter und weiter, endlos.

Vielleicht würde er ein wenig hier bleiben, vielleicht würde er schon am nächsten Tag weiterziehen.

Es war ihm egal.

Heimat ist dort, wo das Herz ist.

Er musste rau lachen als ihm dieser Satz, den er schon hunderte von Malen in Büchern und Gedichten gelesen hatte, durch den Kopf ging.

Sein Herz war verloren. Somit sollte er ohne Heimat sein, ohne Rast, und ohne Zuflucht.

Er sah der funkelnden Stadt entgegen, während seine Gedanken dem Ort galten, den er verlassen hatte, dem Jungen, den er ins Unglück gestürzt hatte und seiner Liebe zu ihm, die ewig währen würde.

…..

Weinend drückte sich Shinya an Kyo, der ihm behutsam durch das lange Haar fuhr, das eigene Schluchzen mühsam unterdrückend.

„Ich will das nichts, Kyo….“, das verzweifelte Wimmern des Jüngeren fraß sich in seine Seele.

Schmerzen, die er nicht zu lindern vermochte.

Egal wie sehr er ihn liebte, er konnte ihn nicht retten, noch seine Tränen trocknen.

Diese Welt war grausam, ohne Frage. Eine hässliche Welt, die nicht den Sündern und nicht den Engeln das Glück bescheren konnte.

„Dies ist alles nicht wahr… Bitte sag mir, dass ich nur träume… Wenn ich aufwache ist er noch immer da….“, der warme Körper zitterte heftig, ehe der Junge plötzlich ganz ruhig wurde und den Kopf hob.

Von seiner Wange perlten noch die letzten Tränen.

„Er wird…. tatsächlich nie mehr hier her zurückkommen, oder? Zumindest nicht so lange ich lebe….“

Der Blonde nickte.

Eine Weile sahen sie sich nur an, ehe Shinya sich urplötzlich von Kyo löste und sich erhob.

„Was hast du?“, der Kleinere folgte seinem Beispiel und versuchte in seinen Augen zu lesen was ihm durch den Sinn ging.

„Ich werde ebenfalls gehen…“, flüsterte der Angesprochene erstickt.

Sein Blick blieb am Mond hängen.

„Wenn ich ihn nicht erreichen kann, dann will ich von diesem Augenblick an auf ihn warten… Wenn es sein muss auch bis an das Ende der Zeit… Was nutzt dieses Leben mir noch?“

Kyo war wie erstarrt und sah das Engelsgleiche Geschöpf erschrocken an.

„Nein… Das lasse ich nicht zu!“, er warf sich dem Jüngeren um den Hals und verbarg das Gesicht an seiner Schulter.

„Nicht so… Das lasse ich nicht zu….“, wiederholte er wispernd.

„Es tut mir Leid, Kyo….“, weinte Shinya leise und umarmte den Kleineren, „Vergib mir….“

„Nein!“, Kyo sah zu ihm auf. Seine Golddurchzogenen Augen spiegelten eine Vielzahl von Gefühlen wieder.

Angst, Wut, Verzweiflung und Trauer.

„So darf es nicht enden…“, flehte er leise.

„Das wird es aber… So sollte es von Anfang an sein…“, dem jungen Mann gelang es kaum noch zu sprechen, so sehr schnürte ihm die Trauer die Kehle zu.

„Ich bin dir dankbar, Kyo… Dafür, dass du hierher gekommen bist… Und dafür, dass du mir zugehört hast….“, hauchte er schwach.

Kyo schüttelte den Kopf. Zärtlich strich er dem Größeren die Tränen von der Wange.

Ein Lächeln hatte sich auf seine Züge gelegt, das trauriger nicht hätte sein können.

„Du wirst nicht gehen… Nicht jetzt… Es gibt noch einen Ausweg für dich… Die einzige Möglichkeit, die dich auf immer mit ihm vereinen kann….“

Er musste leise lachen als Shinya den Kopf schüttelte. Er verstand nicht.

Der Vampir schmiegte sich an den warmen Köper und atmete den weichen Geruch des Jungens ein.

Es war besser so.

„Du musst zu einem von uns werden… Und ich werde deinen Platz einnehmen, und sterben…“

Mondlicht brach sich in seinen Augen.

Er konnte hören wie das Herz des anderen schneller schlug.

„Das geht nicht… Ich kann nicht dein Leben zu meinem Glück fordern…“, er schüttelte heftig den Kopf. „So sehr ich auch bei ihm sein möchte… Dass du dafür sterben musst, will ich nicht….“

„Und wenn eben dies auch mein Glück bedeuten würde?“

Der Vampir zog den Jüngeren mit sich zu Boden, zurück zwischen die Wurzeln der Weide.

Shinya wehrte sich nicht, als er seine Lippen auf die seinen legte und ihn ganz vorsichtig küsste, das Gefühl mit jeder Fieber seines Körpers genießend.

Sein Lächeln hatte nun tatsächlich etwas Glückliches an sich.

„Wenn ich dir damit helfen kann, würde zumindest mein Sterben einen Sinn haben…. Viel zu lange wandle ich nun schon umher ohne einen Sinn für mein Dasein erkennen zu können, und ich sehne mich nach einem Ort der Ruhe… der nicht enden wollenden Stille…“

Er spürte die warmen, salzigen Tränen des anderen an seinen Fingern.

„Mein Sein war schon immer so sinnlos, wie sich das deine nun anfühlt… Für mich gibt es nichts mehr in dieser Welt… Denn ich weiß, dass es nichts gibt, was ich tun kann, damit du mich so liebst, wie du ihn liebst… Darum möchte ich an deiner statt gehen… Für dich gibt es noch diesen letzten Weg zu gehen, doch auf mich wartet nur der Tot…“

Shinya drängte seine Wange gegen die des Vampirs.

„Warum bist du bereit so weit zu gehen, um mir zu helfen?“

„Verstehe ich mich nicht falsch… Es ist nur Eigennutz… Denn auf diese Weise wirst du mich nie vergessen. Niemals… Und ich werde frei sein… Frei vom Leid und von den Fesseln, die mich halten…“

„Und du wirst wirklich sterben müssen, wenn ich durch deine Hand zu einem der euren werde?“, es tat weh diese Worte auszusprechen. Shinya spürte ein Lächeln an seiner Wange.

„Ja, denn ich bin nicht stark genug um zu bestehen… Dies wird mein Ende sein...“

Sie lösten sich ein wenig von einander, um sich in die Augen sehen zu können.

Kyo spürte wieder diese unendliche zu dem Jüngeren Zuneigung in sich.

Seine Finger strichen über den langen Hals, über den Stoff des Kleides.

Zaghaft öffnete er die Schnüre des Gewandes ein wenig und schob es e zur Seite, so dass die blasse Schulter des Jungen freilag.

Mondlicht schimmerte auf der weichen, duftenden Haut.

Kyo meinte den Verstand verlieren zu müssen, als er zart mit den Fingern die Haut streifte, und schließlich die Bisswunde des schwarzhaarigen Vampirs berührte.

Er ersetzte seine Finger durch seine Lippen und leckte zaghaft über das getrocknete Blut.

Shinya hatte den Kopf zur Seite geneigt.

Er trauerte.

Behutsam zwang der Ältere ihn dazu, ihm in die Augen zu blicken.

„Mache dir bitte keine Vorwürfe… Dies ist mein Wunsch…“, er hauchte einen Kuss auf die gerötete Wange des Jungen.

„Du wirst meiner immer gedenken, oder?“

„Natürlich werde ich das…“, ein Versprechen, unter Tränen hervorgebracht.

„Dann bewahre mich in deinem Herzen, bis sich unsere Wege am Ende der Zeit wieder kreuzen…“

Seine Lippen wanderten tiefer und bleiben auf dem blassen Hals liegen.

Er konnte ganz deutlich das Pulsieren er Hauptader spüren und das Schlagen des Herzens hören.

Langsam entblößte er seine Fänge.

Das Ende.

Er drang in das duftende Fleisch ein. Warm und köstlich ergoss sich Blut in seinen Mund, und er schlang die Arme enger um Shinya, der die Augen an den Himmel geheftet hatte.

Der Mond schien auf sie herab, gleichgültig und einsam.

Keine Worte oder Gedanken konnten das Gefühl beschreiben, das sich in Kyo ausbreitete, die Wärme und die Glückseeligkeit, die nun sein ganzes Sein ausmachten.

Er trank bis er spürte wie Shinya schwach in seinen Armen zusammen sackte.

Zärtlich sah er auf den Jungen hinunter.

Den Blick nicht von ihm nehmend schlug er seine Fänge in die Innenseite seines Handgelenkes, eine tiefe Wunde hinterlassend.

Behutsam hob er den Kopf des Sterbenden an und brachte sein Handgelenk an dessen Lippen.

„Trink….“

Shinyas Blick flatterte. Er rührte sich nicht, sondern sah den Vampir nur an.

„Es macht keinen Sinn, Shinya… Ich würde dir nur folgen…“

Endlich spürte er, wie Shinya die Lippen ein wenig öffnete. Blut rann in seinen Mund.

Er schluckte. „Weiter…“, drängte Kyo mit weicher Stimme und zog ihn in seine Arme, ihn von hinten mit einem Arm umfangend.

Die warmen Lippen hatten sich an die Wunde gelegt. Gierig leckte der Junge das Blut auf.

Der Kleinere spürte die Veränderung, die im Körper des anderen vorging, und lächelte.

Das Herz des Jüngeren schlug immer langsamer, ehe es schließlich zum Stillstand kam.

Gleichzeitig ließ Shinya von der Wunde ab.

Kyos Umarmung wurde schwächer. Der Vampir sank zurück.

„Kyo…“, Shinya drehte sich zu ihm herum, und beugte sich über ihn.

Er wollte sprechen, doch ein stechender Schmerz in seiner Brust hinderte ihn daran. Die kalte Hand des anderen fand die seine und hielt sie sanft fest.

Shinya verkrampfte sich.

„Gleich ist es vorbei…. Keine Angst…“, die Stimme des Blonden war nur noch ein schwaches Atmen, und doch konnte Shinya ihn hören.

Zitternd sah er auf.

Ein Schatten hatte sich auf sie nieder gesenkt.

Közi stand einfach nur da und sah sie an.

Seine Wangen waren nass. Er hatte geweint.

„Sieh ihn an….“, befahl er dem Jungen heiser und ging neben Kyo in die Knie.

Shinya gehorchte ihm. Kyo lächelte.

Ein glückliches Lächeln.

„Deine Augen sind wie die meinen….“, er lachte den Vampir an, den er so eben in diese Welt geboren hatte, „Ich liebe dich… Egal was du nun denkst… Ich liebe dich wirklich….“

Der Angesprochne schüttelte den Kopf und brachte die Hand des Älteren an seine Wange, in stummer Trauer, die in keiner Geste hätte Ausdruck finden können.

Vorsichtig drehte der sterbende Vampir den Kopf, um seinen Meister anzublicken.

„Vergebt ihr mir?“

„Ja… Ich vergebe dir…“, flüsterte dieser und bedeckte die eiskalten Lippen mit einem vorsichtigen Kuss.

„Ihr werdet auf ihn aufpassen?“, das Leben in den Augen Kyos flackerte und drohte allmählich zu verlöschen.

„Ich verspreche es…“, Közi sah zu ihm hinunter, Vorwurf und Pein verbergend.

„Dann ist nun endlich…. alles gut….“, die Augen des jungen Vampirs schlossen sich sanft.

„Lebt wohl….“

Seine Züge entspannten sich.

Nur ein dankbares Lächeln blieb auf seinen Lippen zurück.

…..

So vorsichtig, als ob er fürchte Kyo aus seinem Schlaf zu erwecken, hob Közi ihn vom Boden auf.

Weinend sah Shinya zu ihm empor, als flehe er ihn um Verzeihung an.

Seine Iris hatte die Farbe von dunklem Rot, und war von goldenen Linien durchzogen.

„Kommst du mit mir? Ich möchte ihm ein Grab bereiten… Damit die Sonne ihm nichts anhaben kann…“, die Stimme des Rothaarigen war weich und verriet seine Trauer.

Von Anfang an hatte er gewusst, dass er von ihm verlassen werden würde, und doch empfand er Schmerz.

Der Körper in seinen Armen war ohne die geringste Regung.

Vorsichtig erhob sich der zierliche Vampir zu seinen Füßen.

Für einen Moment vergaß Közi die kalte Traue.

Einem Schmetterling gleich, der nach dem Schlüpfen zum ersten Mal seine Schwingen öffnet, richtete sich Shinya auf.

Der Wind fuhr durch sein Haar, so dass es ihm in das hübsche Gesicht fiel und das Mondlicht brach sich zart auf seiner blassen Haut.

Diesem Wesen hatte Kyo sein Herz geschenkt. Und er würde immer bei ihm bleiben.

Közi nickte dem Jüngeren auffordernd zu, und sie setzten sich langsam in Bewegung.

Keiner der beiden sagte ein Wort, auch nicht als sie den Ort erreichten, den Közi zur letzten Ruhstätte seines Zöglings ausgesucht hatte.

Verlassen und traurig wie schon seit ewigen Jahren lag das Anwesen, das einst der Familie Asagis gehört hatte, da.

Heimliches Raunen ging durch die dürren Äste der Bäume.

Hier würde Kyo seine Ruhe finden können.

….

Shinya kauerte vor dem kleinen Erdhügel.

Tief in der kalten Erde ruhte der Körper jenes Vampirs, der für ihn gestorben war.

Er hatte Zweige eines immergrünen Strauches auf dem kleinen Hügel niedergelegt, die verloren und trostlos auf der frischen Erde wirkten.

Es machte ihn traurig, dass er Kyo nicht einmal Blumen hatte bringen können.

„Sei nicht mehr traurig… Er will gewiss nicht, dass du dich grämst… Nun hat er endlich, was er sich immer gewünscht hat…“

Közi hatte die Hand tröstend auf den Kopf des Jüngeren gelegt, und zögerte kurz.

„Komm jetzt…. Der Morgen naht….“

Er wandte sich ab und schritt davon, unfähig sich bei seinem einstigen Gefährten zu verabschieden.

Bevor er ihm folgte warf Shinya noch einen letzten Blick auf das Grab.

Er würde wieder kommen.

Irgendwann.

…..+…..

Die ganze Nacht und den gesamten darauf folgenden Tag lang hatten sie gesucht, ohne auch nur eine Spur darauf zu finden, wo Shinya sich nun befand.

Kummervoll schmiegte sich Dai an Kaoru.

„Wo kann er nur hingegangen sein….“, fragte er leise. Diese Frage hatten sich beide schon mindestens hundert Mal gestellt, doch keine Antwort finden können.

Der zierliche Junge blieb verschwunden.

Sie standen am Ufer des Flusses und hörten dem klagenden Raschen der Wellen zu.

Der Tag schwand bereits.

Die Sonne vereinigte sich mit dem Horizont und tauchte die Welt in warmes Rot und Orange.

„Wir sollten nachhause gehen…“, Kaoru nahm den Jüngeren bei der Hand, und sah ihn auffordernd an.

„Nein… Ich werde nicht eher zurückgehen, als dass ich ihn gefunden habe…“, Dai riss sich los, fand sich aber schon kurz darauf in den Armen des jungen Arztes wieder.

„Vielleicht ist er von sich aus zurückgekehrt… Er würde nirgendwo hingehen, ohne sich von dir zu verabschieden… Da bin ich mir sicher…“

Er küsste seinen Geliebten zärtlich, und brach dadurch seinen Widerstand.

„Und wenn er nicht da ist?“, er drückte sich an ihn.

„Dann werden wir weiter suchen….“, Kaoru strich ihm durch das dunkle Haar.

Sein widerspenstiger Begleiter nickte nach kurzem Zögern.

Er hatte ein komisches Gefühl als sie zurückgingen, die sterbende Sonne im Rücken.

Das Pferd hatten sie zurückgelassen, und so zog die Nacht auf, noch ehe sie die Hälfte der Stecke hinter sich gebracht hatten.

Der Ältere hatte den Arm um ihn gelegt und versuchte ihm somit ein wenig Trost zu spenden, und der schleichenden Trauer zumindest ein kleines bisschen Einhalt zu gebieten.

„Hat Asagi wirklich nicht bleiben können? Du hast gesagt es sei ihm nicht möglich, weil er Angst habe Shinya etwas anzutun… Aber was kann das sein? Warum musste er ihn gegen seinen Willen zurücklassen?“, der Blick aus den dunklen Augen flehte nach einer Antwort.

„Du würdest mir niemals glauben, Dai… Und ich will nicht, dass du das Gefühl hast, ich würde dich belügen…“

Der junge Mann hielt ihn zurück und sah ihm tief in die Augen. Eine flackernde Gaslaterne spendete gerade so viel Licht, dass er die Traurigkeit auf den Zügen seines Gegenübers erkennen konnte.

„Ich muss es wissen… Und… Ich werde dich nicht einen Lügner nennen… Egal wie schwerbegreifbar der Grund auch sein mag….“

Der Körper des Jüngeren drückte sich in einer Umarmung an ihn.

„Er ist… er ist das, was man einen Vampir nennt. Ein Wesen, das nicht altert und dessen Wunden schneller heilen, als die eines Menschen… Sonnenlicht bedeutet ihren Untergang und sie umgeben uns, ohne dass wir ihrer tatsächlichen Natur sofort gewahr werden…“

Dai sah ihn an. Entgegen seiner Erwartungen schien er ihm zu glauben, was nicht zuletzt daran lag, dass er jenes betörende Wesen mit eigenen Augen gesehen hatte.

„Und sie… ernähren sich tatsächlich vom Blut der Menschen?“

Ein betretendes Nicken.

„Du empfindest es bestimmt als abscheulich, dass ich einem Geschöpf wie ihm so lange gedient habe… Aber er war mein guter Freund und Lehrer… Er hat mir oft angeboten zu gehen, doch ich wollte es nicht…“, der junge Arzt presste die Lippen aufeinander.

Der Jüngere versetzte ihm einen sanften Stoß in die Seite, und zog ihn darauf wieder in seine Arme.

„Denkst du dieses Wissen vermag etwas zu verändern? Selbst falls du ein Mörder sein solltest, ich wäre dir weiterhin verfallen… Darum sieh mich bitte nicht so an…. Ich werde dich nicht verlassen….“

Er spürte die Lippen des jungen Arztes auf den seinen. „Danke…“

„Es gibt keinen Grund mir zu danken…“, Dai nahm ihn bei der Hand und führte ihn mit sich.

Sie schwiegen eine Weile, ehe Dai sich dazu durchrang seine Frage zu stellen.

„Hat dein Meister ihn verlassen, weil er sein Blut wollte?“

„Ja… Und im Grunde wollte er noch mehr… Er hat sich nach nichts mehr gesehnt, als Shinya auch zu einem Vampir werden zu lassen… Darum ging er… Um ihn vor sich selbst zu schützen….“

Der Jüngere nickte. Er verstand nun.

Nicht weit von ihnen entfernt lag bereits das kleine Haus der Schneiderin.

Voller Ungeduld bescheunigte Dai seine Schritte ein wenig, den jungen Arzt noch immer bei der Hand haltend. Auch dieser hoffte, dass der Liebste seines Meisters wieder heimgekehrt war.

Zweifel und Schuldgefühle nagten in ihm, da er versprochen hatte auf ihn aufzupassen, und dieses Versprechen nur allzu schnell gebrochen hatte.

Mit klopfendem Herzen verharrten beide vor der Tür, aus Angst davor, den Bruder des Jüngeren nicht im Hause vorzufinden.

Noch bevor sich einer von ihnen dazu durchringen konnte, die Tür zu öffnen, wurde ihnen diese Entscheidung abgenommen, da jemand die selbe nach Innen aufzog.

„Shinya!“, Dai zögerte, ehe er dem Jüngeren einfach um den Hals fiel.

„Wo bist du gewesen, und wie bist du hier her gekommen, und warum hast du nichts gesagt!“, die Fragen hatten anklagend klingen sollen, doch Erleichterung war das einzige, das in ihnen zu finden war.

Der Braunhaarige genoss schweigend die Wärme seines Bruders.

„Du bist so kalt…. Du solltest lieber ins Bett gehen….“

Das Kopfschütteln seines Bruders verwirrte ihn. Er sah auf, und entdeckte erst jetzt den blassen, schlanken Fremden, der wenige Meter von ihnen entfernt dastand und sie aus beinahe schwarzen Augen beobachtete.

Kaoru teilte das Unverständnis seines Patienten beim Anblick des Unbekannten.

„Was ist denn passiert?“, Dai sah den Jüngeren an, und schreckte zurück.

Die Augen des anderen waren nicht länger braun, sondern von einem bizarren Rotton, durchzogen von einem goldfarbenen Muster.

„Ich bin gekommen, um mich von euch zu verabschieden… Ich werde gehen….“, erklärte Shinya sanft.

Sein Bruder schüttelte den Kopf. „Ich verstehe nicht….“

„Közi und ich werden das Land verlassen und nach Asagi suchen… Und wir werden nicht hier her zurückkehren, bis wir ihn gefunden haben….“, die Stimme des jungen Vampirs war immer leiser geworden. Er war betrübt, dass er seinem Bruder diesen Schmerz bereiten musste, und doch war dies der Weg, für den er sich entschieden hatte, und von dem er keinen Schritt abweichen würde.

„Wann wirst du gehen?“, fragte der Ältere und bemühte sich seine Trauer nicht zu zeigen. Ihm war als hätte sich ein Abgrund zu seinen Füßen aufgetan, und doch wagte er es nicht ihn von seinem Vorhaben abzubringen, da er um seine Trauer wusste.

„Noch in der heutigen Nacht… Ich kann einfach nicht ohne ihn sein… Und ich möchte so schnell wie nur irgend möglich zu ihm gelangen… Ich hoffe du kannst das verstehen….“

Sein Bruder nickte, um ihn erneut in die Arme zu schließen. Traurig strich er durch das geschmeidige braune Haar und spürte wie kalt sein Körper war. Es war nicht nötig zu erfragen, was geschehen war.

Schleppende Traurigkeit hielt in seinem Herzen Einzug und machte es ihm schwer zu sprechen. Seitdem der Jüngere das Licht der Welt erblickt hatte, waren sie jeden Tag zusammen gewesen, und waren einander gute Freunde gewesen. Nun war diese Zeit zu ende.

Dies war ein Abschied, und obschon er nicht für Immer war, schmerzte er ihn doch unendlich.

„Ich werde dich sehr vermissen… Und Toshiya und Mutter bestimmt auch….“, er konnte den anderen lächeln spüren.

„Es tut mir wirklich Leid….“, er blinzelte zu Kaoru hinüber, der noch im Türrahmen stand, „…Bitte mache dir keine Sorgen um mich. Du bist nicht alleine… Kaoru wird bei dir sein….“

Shinya löste sich von dem Größeren und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange.

„Viel Glück….“, lächelte Dai zum Abschied als sein kleiner Bruder zusammen mit dem rothaarigen Fremden den Raum verlies und sich noch ein letztes Mal zu ihm umsah, ebenfalls lächelnd.

Wenige Augenblicke später war er seinen Blicken entschwunden und die Erinnerung wirkte wie aus einem verzerrten Traum, aus dem es kein Erwachen gab. Unbemerkt hatten sich ein paar Tränen aus seinem Augenwinkel gelöst, die nun ganz sanft von Kaoru aufgefangen wurden.

„Sei nicht traurig… Er kommt wieder… Und dann wird Asagi bei ihm sein…“, er drückte den jungen Mann an sich, und dieser klammerte sich an ihn.

Beruhigend strich Kaoru ihm über den Rücken und vergoss dabei seinerseits ein Zeichen seiner Trauer, und gleichzeitig der Hoffnung, dass auch Shinya und Asagi zu dem Glück kommen würden, das er an der Seite Dais empfinden durfte.

….

Shinya hatte die Augen halb geschlossen und genoss den streichelnden Wind, auf das Schwappen der Wellen an den Kaimauern horchend.

„Woher sollen wir wissen wohin er gegangen ist?“, fragte er leise. Der Vampir an seiner Seite schenkte ihm einen verwunderten Blick.

„Du wolltest dich also tatsächlich mit mir auf die Suche nach ihm begeben, auf die Gefahr hin, dass wie ihn über Jahre und Jahrhunderte hinweg suchen müssen?“

Der Jüngere nickte und sah ihn scheu an.

Közi musste unwillkürlich lächeln.

Er trat neben den Jungen hin und ließ seinen Blick über das schwarze Meer schweifen.

„Ich war es, der Asagi zu einem Vampir machte… Er ist ein Teil von mir, und ich bin ein Teil von ihm… Ebenso wie Kyo nun ein Teil von dir ist…. Darum kann ich spüren wo er ist… Ganz gleich, wo er sich auch aufhalten mag…“

Die Finger des Jüngeren spielten mit der Kette, die um seinen Hals lag. Asagis Kette.

Ein glückliches Lächeln hatte sich auf seine blassen und ganz und gar entzückenden Züge gelegt, und der Rothaarige konnte nicht anders als ihm behutsam über den Kopf zu streichen.

Shinya sah ihn etwas überrascht an, ließ die Geste aber geschehen.

„Wir müssen nun gehen….“, Közi nah einen schweren Koffer vom Boden auf und sein Begleiter nickte zaghaft, konnte sich jedoch nicht vom Anblick des Meeres losreißen.

Ein leises Flattern riss ihn aus seinen Gedanken. Verwundert sah er sich um, ehe ein klägliches fiepen ertönte und ein kleines graues Geschöpf aus dem Dunkel auf ihn zu flog.

„Nezu…“, ein trauriger Ausdruck legte sich auf sein Gesicht.

Die Fledermaus fiepte erneut und ließ sich auf seiner Schulter nieder.

Der braunhaarige Vampir brauchte Közi nur anzusehen, um bei diesem ein Stirnrunzeln und schließlich ein gemurmeltes, „Tu was du nicht lassen kannst, mein Lieber“, hervorzurufen.

Dem grauen Tierchen zärtlich den Kopf kraulend nahm er seinen eigenen Koffer in die Hand und folgte dem anderen Vampir zu ihrem Schiff.

Sie würden sich auf eine Reise begeben, von der keiner wusste, wie lange sie dauern würde.

Doch am Ende würde er wieder mit Asagi vereint sein.

Eine Reise ins Ungewisse.

Und doch eine gute Reise.

Das Schiff lief aus und sie ließen das Festland hinter sich, hinaus in die schwarze Unendlichkeit.
 

Ein Schmetterling, der im Winde tanzt

Ein Schatten, der ihn sanft umfängt

Der Wind flüstert leise

Die Geschichte vom Schmetterling und seinem Schatten

Und am Ende

liegt die Unendlichkeit

Behütet durch die Schwingen des Schmetterlings

Schatten tanzen

Endlos…
 

~+~Ageha no kage~+~

Nyctophobia

....Mau.... Es hat sehr lange gedauert, bis ich dieses Kapitel fertig abgetippt habe, und ich entschuldige mich für die lange Wartezeit. Voraussichtlich werde ich für die folgenden Kapitel nicht so lange brauchen. Ich hoffe irgendwer mag das hier überhaupt noch lesen.... Falls es jemand tun sollte, möchte ich mich dafür bedanken...
 

Ageha no kage – Anhang
 

I. Nyctophobia - Kyo
 

Mit klopfendem Herzen lag Kyo unter der dicken, weichen Decke seines Bettes und lauschte auf die Schritte draußen auf dem Gang.

Längst hatte sich Dunkelheit auf das große Anwesen nieder gesenkt, und mit ihr war die Stille gekommen, die ihm erlaubte, die leisen Schritte zu hören.

Zitternd wie ein kleines Kind kroch der blonde Junge tiefer unter die schützende Decke und schloss die Augen um sein nur noch vom Mondlicht erleuchtetes Gemach nicht länger sehen zu müssen.

Noch mehr als vor der alles erstickenden Dunkelheit fürchtete er sich vor dem Augenblick, da die Tür geöffnet werden würde, und ein schmaler Lichtstrahl in das finstere Zimmer fiel.

Immer lauter wurde das tappende Geräusch der Schritte und der Junge unter der Decke hielt den Atem an.

Für einen Augenblick der vollkommenen Angst meinte er zu hören, wie die Klinke langsam hinunter gedrückt wurde, doch der andere jenseits der Tür verhielt sich ganz ruhig.

Endlich, nach einer quälenden Ewigkeit, entfernten sich die Schritte.

Kaum dass die Stille wieder vollständig war, schlug Kyo die Decke zurück und entschlüpfte der scheinheiligen Wärme, die ihn eingehüllt hatte, um sich anzukleiden.

Der Mond stand als nahezu perfekter Kreis am schwarzen Nachthimmel und beobachtete, wie er die Knöpfe des weißen Hemdes schloss und sich zögerlich dem Fenster näherte.

Er musste hinaus und weg von diesem schrecklichen Ort.

Darauf bedacht, nicht den geringsten Laut zu verursachen, öffnete er die gläserne Tür und trat auf den kleinen Balkon hinaus.

Die Jahreszeit des Winters war verstrichen, doch hatte sie noch Frost und Kälte zurückgelassen, so dass die Bäume noch immer nackt dastanden und ihre dürren Knochenarme dem Himmel entgegenreckten.

Der junge Mann beugte sich tief über das Geländer und stellte zu seiner Erleichterung fest, dass in den unteren Stockwerken jegliches Licht verloschen war.

Vorsichtig und dennoch behände schwang er sich über die Balustrade und fand mit den Füßen Halt im dichten Efeugestrüpp, das sich grün und freundlich die stützende Säule hinauf wand.

Wie oft er diesen Abstieg schon bewältigt hatte, wusste Kyo nicht mehr zu sagen, zu zahlreich waren seine nächtlichen Ausflüge geworden.

Keiner wusste davon, dass er sich davonstahl, nicht einmal sein Bruder, und es war wichtig, dass dies auch so blieb.

Der kleine Blonde sprang zu Boden und begann augenblicklich zu rennen, auf die hohen Bäume zu, die das Anwesen überspannten.

Von dem heiseren Krächzen der Raben begleitet, suchte er sich einen Weg zwischen dem Bäumen und Sträuchern hindurch, wobei er sich die Hand heftig an den langen Klauen eines Brombeerbusches aufriss.

Nur kurz hielt er inne um die Verletzung zu betrachten und stellte beunruhigt fest, dass der Kratzer recht tief war, und zudem Blut über seine helle Haut rann.

Für den Augenblick wusste er nicht, wie er seinem Bruder und seinen Eltern diese Verletzung erklären sollte, und weil er wusste, dass dies nicht der Zeitpunkt war, um darüber nachzudenken, schob er den Gedanken beiseite und setzte seinen Weg hastig fort.

Später würde ihm gewiss eine Geschichte einfallen, doch zuvor musste er fort aus diesem Wald kommen.

Endlich erreichte die kleine Gestalt eine etwa brusthohe Mauer aus weißem Gestein, die er nur mit sichtlicher Mühe und Anstrengung erklimmen konnte.

Das Mondlicht blendete ich beinahe, als er das Astwerk durchbrach und zu ihm empor blickte.

Vor ihm lag die düstere Stadt mit ihren rauchenden Schornsteinen und den flackernden Straßenlaternen.

Gerüche lagen in der Luft, erstickend und unangenehm und dennoch hieß Kyo sie willkommen wie alte Freunde.

Verhasste Freunde, ja, doch waren diese Straßen und Gerüche es vor langer Zeit für ihn gewesen.

Es lag bereits so lange zurück, dass seine Erinnerungen daran schon nahezu vollständig verblasst waren, und nur das Wissen blieb, dass sie es einmal gut mit ihm gemeint hatten.

Kyo ließ sich von der Mauer gleiten und begann seine Wanderschaft durch die engen Gassen voller Schmutz und Verfall.

Am Tage, so wusste er, spielten hier kleine und große Kinder in Kleidern aus Lumpen, zusammen mit solchen, denen es etwas besser ging, und für sie machte es keinen Unterschied, wer der andere war, und woher er kam, denn Kinder scheren sich nicht um Ansehen, oder Ruf.

Er selbst hatte niemals an diesen Spielen teilhaben dürfen.

Oftmals beneidete er die Kinder, die hier in der schmutzigen Enge spielten, denn sie hatten zumindest Freunde, und die hatte er selbst nicht.

Sein Schuh traf eines der kleinen Steinchen auf dem Boden, das daraufhin leise klickend über das Pflaster sprang.

Wie schon so oft fragte Kyo sich, was dies nur für ein Ort war, den er seine Heimat nannte, und warum er hier war, und nicht schon lange tot und in der kalten, schmeichelnden Erde.

Unter den Menschen hier in den Gassen der Stadt gab es dutzende, die starben, obschon sie weiterleben wollten, und er selbst, der er sich nichts sehnlicher wünschte, als dass der Tot ihn ereilen möge, lebte nach wie vor.

Es war ihm ein Rätsel weshalb das Leben auf diese Weise mit seinen Untertanen spielte, wo diese ihm doch nie ein Leid zugefügt hatten.

So viele Fragen, die ihm das Gehen schwer machten, und nirgends ein Geschöpf, das ihm auch nur eine einzige Antwort gegeben hätte.

Einsam, und nur vom Mond bedacht irrte er durch das Labyrinth der Gassen, die Zeit vergessend, ohne Ziel oder Hoffnung.

In dieser Nacht brachte ihn sein Weg tiefer in die Eingeweide der Stadt als je zuvor.

Hier und dort war ein leises Rascheln zu vernehmen, gerade laut genug, um ihn zu verschrecken, doch er begegnete keiner Menschenseele, bis er schließlich doch das Stampfen schwerer Stiefel vernahm.

Ängstlich drückte er sich in das Dunkel der Mauern und wagte es nicht, sich auch nur das kleinste Bisschen zu rühren, selbst nicht, als die fremden Schritte immer näher kamen.

Er konnte nicht sehen, wer dort kam, noch wusste er, was der Fremde zu so später Stunde hier zutun hatte.

Erst war das Geräusch von Holz, das auf Stein prallte, zuhören, anschließend ein unheilvolles Knarren, ein hohes Quietschen eines Scharniers, und schließlich ein leises Zischen.

Es wurde dunkler in der Gasse.

Bereits einen Herzschlag später wurde Kyo klar, was dort vor sich ging, noch ehe der große Mann mit seiner hölzernen Trittleiter an seinem Versteck vorüber ging.

Es war der Nachtwächter, der zu dieser Stunde durch die Stadt ging, um nahezu alle Gaslaternen zu löschen. Ein weiteres Mal vernahm er die Abfolge der Geräusche, und plötzlich erfüllte nur noch schwaches Glimmen die Straße.

Ein Glimmen, das immer schwächer wurde, und schließlich erstarb.

Es war die Laterne des Nachtwächters gewesen, der sich nun auf den Weg zu den anderen Laternen begab, die er in dieser Nacht noch schlafen legen musste.

Kyo konnte das Pochen seines eigenen Herzens hören.

Nur noch blasses Zwielicht, das seine Umgebung erhellte.

Seine Verzweiflung war mit einem Mal so groß, dass er nicht einmal ein Flüstern von sich geben konnte.

Angst erfüllt ließ er sich zu Boden gleiten und zog die Beine eng an den Körper.

Er musste zurück, noch bevor es dämmerte, doch er traute sich nicht, in das Dunkel zu schreiten.

Auf die Stelle, an der er saß fiel ein schmaler Streifen Mondlichts und enthüllte seine zart glänzenden Tränen.

….

Ein schwacher Blutgeruch stieg Közi in die Nase und er hob überrascht den kopf.

Er war zu einer Feierlichkeit geladen worden, zu der er sich gerade gesellen wollte, in der Hoffnung etwas Geschmackvolles an diesem Ort finden zu können, doch der zarte Geruch war lockender als die Vorstellung sich an einem genusssüchtigen Adeligen zu vergehen, und zog ihn auf eine so intensive Weise an, dass er sich nicht entziehen konnte, schon allein weil die Neugier an ihm nagte, was es wohl für ein Mensch sein mochte, der so überaus appetitlich roch.

Deshalb wandte er sich von seinem eigentlichen Weg ab, und folgte dem Duft, der zunehmend an Intensität gewann.

In einer kleinen, dreckigen Gasse entdeckte er endlich den Ursprung des verführerischen Geruches:

Ein schlanker, junger Mann mit blondem Haar und dunklen Augen, die in der Finsternis fast ebenso schwarz aussahen, wie seine eigenen, welche überdies einen leichten Rotton aufwiesen.

Der Junge kauerte zitternd im Licht des Mondes, das weiche Reflexe in seinen Haaren warf und das hübsche Gesicht beinahe in Schatten versinken ließ.

Zweifelsohne war er aus hohem Hause, das verriet sowohl sein Körpergeruch, als auch sein Äußeres, wenn auch seine Kleider recht schlicht gehalten waren.

Ein kühler Wind kam auf und fuhr sanft durch das Haar der Hochgewachsenen Gestalt, die ihren Blick nicht von Kyo nehmen konnte, aber auch nicht in der Lange war, sich dem hübschen Geschöpf zu nähern.

Mit sichtlicher Verwunderung starrte Kyo den Fremden an, der einige Meter von ihm entfernt stand, und ihn ganz offensichtlich beobachtete.

Zuerst war der kleine Blonde so sehr durch das Auftauchen des anderen verschreckt gewesen, dass er nicht hatte weglaufen können, weil seine Beine sich weigerten, ihm diesen Dienst zu leisten, doch nun war es etwas anderes, das ihn hielt. Vielleicht war es Neugier, doch es hätte auch die Bedrohlichkeit sein können, die dem unbekannten Rothaarigen anhaftete, der sich ihm nun langsam näherte, wobei jede seiner Bewegungen an ein Raubtier erinnerte, lauernd und präzise doch von einer erschreckenden und verlockenden Schönheit.

Für den Jungen bestand nun nicht mehr der Geringste Zweifel, dass der Größere ihm gefährlich werden konnte, doch trotz oder vielmehr aufgrund dieser Erkenntnis verharrte er in seiner zusammengekauerten Position am Boden, und sah den Fremden dabei geradezu erwartungsvoll an.

Er hatte etwas sehr Anziehendes an sich mit seinen feinen Gliedern und dunklen Augen, und nicht zuletzt seinen langen, roten Haaren, die seinen hübschen Körper, angetrieben vom Wind, umspielten.

Kyo war nicht sicher, ob es nur durch das neblige Licht des Mondes so schien, doch die Haut des Unbekannten war weiß wie Schnee.

Weiß wie Schnee, rot wie Blut, schwarz wie das Ebenholz.

Dieser Satz ging Kyo unvermittelt durch den Kopf und er schollt sich innerlich für diese Kinderei, und doch war es ihm, als könne dieses Geschöpf vor seinen Augen nichts anders sein, als eine der Gestallten aus den Geschichten in seinen Büchern, die er mehr liebte als alles andere.

Gerade als habe er seine Gedanken erraten, lächelte ihn der Größere nun beinahe spöttisch an, und streckte ihm eine blasse Hand entgegen.

„Was veranlasst dich dazu, zu einer späten Stunde wie dieser, noch draußen in den Gassen der Stadt zu sein, noch dazu auf dem Boden sitzend?“, selbst die Stimme des Fremdens hatte etwas Lockendes, und gleichzeitig Gefährliches an sich.

Der am Boden Kauernde schenkte der ihm dargebotenen Hand jedoch keine Beachtung, sondern sah dem Größeren nur fest in die rotschwarzen Augen.

„Wer seid ihr?“

Közi verspürte einen leichten Ärger über diese Unverschämtheit in sich aufkommen.

„Mein Name ist für dich nicht von Bedeutung….“, seine Worte waren voller Arroganz und offener Überlegenheit, so dass es nun Kyos Augen waren, in denen es zornig aufblitzte.

„Wie ihr es wünscht…“, er richtete sich eigenständig auf, den Schmerz an seiner Hand ignorierend, als die Wunde auf seinem Handrücken wieder aufriss, und er spürte wie Blut über seine Haut rann, und funkelte sein Gegenüber an, „Es war nett mit euch Konversation zu halten, doch es ist nötig, dass ich meinen Weg nun fortsetze. Gehabt euch wohl, mein Herr….“

Der Kleinere wollte sich abwenden, doch er wurde auf eine höchst unsanfte Art zurückgehalten, und fand sich Sekundenbruchteile später gegen das kalte Mauerwerk gedrückt.

„Du bist reichlich frech, mein Lieber… Das könnte dir schlecht bekommen…“

Ungeachtet der Drohung in diesen Worten sah Kyo ihn trotzig an.

„Da ihr mich aufgehalten habt, wollt ihr mir nun gewiss euren Namen nennen, mein Herr, oder welchen Grund hat es sonst, dass ihr mich so lieblos gegen eine Hauswand drängt?“

Dem Kleineren, und auch offensichtlich Jüngeren, gelang es nicht, den sarkastischen Unterton aus seiner Stimme zu verbannen, und im Grunde kümmerte es ihn auch nicht, ob er den Fremden mit seinen Worten erzürnte.

Der Körper des Rothaarigen schmiegte sich aufreizend gegen den seinen.

Közi missfiel es zutiefst, dass der Junge es darauf anlegte, ihn zu ärgern, doch er konnte nicht leugnen, dass ihn die Nähe und der Geruch des Jüngeren, besonders der Geruch seines Blutes, verwirrten und seine Blutgier weckten.

Er grinste und ließ den Jungen vor sich dabei absichtlich einen Blick auf seine langen Fänge erhaschen.

„Warum bist du so erpicht darauf, meinen Namen zu erfahren, Kleiner?“

Der junge Mann betonte das letzte Wort so auffällig, dass Kyo am liebsten nach ihm getreten hätte, doch er rächte sich stattdessen auf eine ganz andere Art, indem er sich seinerseits dem überraschend kalten Körper des Rothaarigen entgegendrückte.

„Es zeugt einfach von guten Manieren, und einer Erziehung, die euch nicht zu Gute gekommen zu sein scheint…“

Wutentbrannt fauchte Közi ihn an, und drückte ihn an den Handgelenken fest gegen das Bauwerk, wohl wissend, wie sehr er dem Kleineren damit wehtat.

„Du wagst es?“, knurrte er, sein Gebiss entblößend, nicht mehr länger daran interessier zu verbergen, dass er alles andere als ein Mensch war, woraufhin ihn der blonde Junge fasziniert ansah.

„Ihr seid ein Vampir…“, stellte er leise, aber sachlich fest, und der Rothaarige ließ verwundert von ihm ab.

Es war bereits unendlich lange her, dass jemand erkannt hatte, was er war, noch bevor er seine Zähne in seinem Fleisch gespürt hatte, und dass ausgerechnet dieser Junge es bemerkt hatte, erfüllte ihn gleichzeitig mit einem unbestimmten Gefühl des Ärgers.

„Du hast wirklich eine prächtige Phantasie, mein Lieber…“, spottete er, verzichtete jedoch darauf, ihn erneut ` mein Kleiner´ zu nennen, sondern musterte ihn erneut voll Aufmerksamkeit.

Kyo ließ sich von seinen Blicken nicht beeindrucken und streckte nach kurzem Zögern sogar die Hand aus, um flüchtig die Haut am Hals des Vampirs zu berühren, wenig überrascht über ihre Kälte.

Der Vampir erschauderte merklich unter der zarten Berührung, erzürnt über sich selbst, weil er dieses Zeichen seiner Schwäche zugelassen hatte.

„Ich habe Recht. Ihr seid ein Vampir….“, äußerte der Junge seine Erkenntnis, und entlockte dem Älteren damit ein raues Lachen.

„Und was ist es, das dich deiner Sache so sicher macht?“, seine Stimme klang nicht halb so unfreundlich, wie er es beabsichtigt hatte, was nicht zuletzt an der warmen Hand lag, die nun auf seinem Hals ruhte, und die er dort geduldet hatte, ohne sich zu rühren.

„Ich weiß es einfach…“, antwortete der zierliche Sterbliche nach kurzer Verzögerung, und Közi konnte nicht anders, als erneut aufzulachen. Dass Menschen es nach so langer Zeit noch fertig brachten, ihn zu überraschen, belustigte ihn und machte ihn zu gleich noch etwas neugieriger, als er es ohnehin schon war, ohne dass er es sich hatte eingestehen wollen.

„Wie lautet dein Name?“, wollte er in einem gebieterischen Tonfall wissen. Der Angesprochene sah ihn für einen Moment trotzig an.

„Mein Name ist Kyo….“, er sah den Größeren fest an, „werdet ihr mir nun den euren nennen?“

„Közi….“, der Vampir näherte sich ihm wieder, „und? Bist du nun zufrieden, weil du weißt, wie ich heiße?“

Zu seinem beinahigen Entsetzen nickte der kleine Blonde und lächelte ihn dazu auf eine Weise an, die ihm auf zweierlei Arten den Verstand zu rauben drohte, denn zum einen sah er liebenswert aus, wie ein kleines Kätzchen, das soeben eine ausgiebige Streicheleinheit eingefordert hatte, und zum anderen machte es ihn stutzig, dass dieser sich nicht die geringsten Gedanken darüber zu machen schien, dass er einem Vampir gegenüberstand, der noch dazu zum wiederholten male seine verletzte Hand fixierte.

„Verspürst du tatsächlich keine Furcht vor mir? Ich könnte dich verletzen, oder sogar töten…“, ein schwaches Kopfschütteln war die einzige Antwort, die er bekam. Der lockende Duft des Jungen würde ihm plötzlich in aller Stärke bewusst, und ein unbändiges Hungergefühl kroch in ihm empor.

Sehr behutsam griff er nach der zerkratzten Hand des Jüngeren und besah sich die empfindliche Wunde, aus der noch immer Blut austrat, da der Schorf bei jeder Bewegung der Hand wieder nachgab, so dass sich ein dünnes Rinnsaal über die blasse Hand zog.

„Da hast du dich aber ganz schön heftig gekratzt…“, stellte er versonnen fest während er die pulsierende Gier in sich zu unterdrücken suchte.

Langsam führte er die fremde Hand an seine Lippen und nahm behutsam das bereits erkaltete Blut auf.

Kyo wehrte sich nicht, sondern gab nur einen Schmerzeslaut von sich, als die Zunge des Vampirs über die offene Wunde fuhr.

Ein warmes Schaudern überkam den Vampir, der nun sanft an der Wunde zu saugen begann, Kyo ganz bewusst ein schmerzerfülltes Aufkeuchen entlockend, betört vom Geschmack seines Blutes, seinem Geruch und seiner Stimme, oder viel mehr dem Aufkeuchen, das er nicht zurückhalten konnte.

Grinsend ließ Közi von seiner Hand ab, und legte stattdessen die Arme um die Hüften des Kleineren.

„Hast du noch immer keine Angst? Ich könnte dich gleich hier nehmen, keiner der Menschen in dieser Gegend würde dir helfen, egal wie laut du auch schreist…“, er zog ihn näher an sich und vernahm nun den Herzschlag seines Opfers in voller Deutlichkeit.

Erst noch rasend und unruhig schlug das Herz des Jungen in seiner Brust, jedoch erholte sich sein Gegenüber nur allzu schnell von dem Schrecken, falls es überhaupt Schrecken gewesen war.

Ein anzügliches Grinsen zierte die Lippen des Rothaarigen, als ihn die Erkenntnis traf, dass Kyo alles andere als Angst empfunden hatte, und dass sein Herz nicht vor Furcht so schnell geschlagen hatte. Weiterhin grinsend und über diese Wendung überaus erfreut drängte er sich näher an den warmen Körper des Blonden, um diesem auf diese Weise sein Anliegen nahe zu bringen, doch dieser wand den Kopf zur Seite, und schlag die Augen nieder, um sich schließlich aus der Umarmung des Untoten zu befreien.

„Was soll das?“, knurrte der Größere aufgebracht darüber, dass dieser spezielle Mensch sich nie so verhielt, wie er es wollte.

„Was soll schon sein, mein Herr? Für mich wird es Zeit, meinen Rückweg zu suchen, denn wie sonst soll ich noch vor den ersten Sonnenstrahlen in mein Bett zurückkehren?“

Eine Augenbraue gehoben beobachtete Közi, wie sich das hübsche Geschöpf leicht vor ihm verneigte, um sich darauf mit einem traurigen Blick von ihm abzuwenden.

Gleichgültig zuckte er mit den Schultern, denn es gab für ihn keinen Grund, dem Jungen nachzulaufen.

Abgesehen davon, dass er verdammt gut roch, und sogar noch besser schmeckte, war nichts Besonderes an ihm. Außer vielleicht dass er ihn als einen Vampir entlarvt hatte, und ihn zu dem auch noch abgewiesen hatte, und ihm frech gekommen war und dazu noch…

Közi knurrte vor sich hin, verärgert darüber, dass man ihn abgewiesen hatte, obwohl er sich so darauf gefreut hatte, den hübschen Blonden zu spüren, und dass er immer noch Interesse an ihm hatte, machte ihn zusätzlich wütend.

Wenn Kyo ihm die kalte Schulter zeigte, würde er dasselbe tun.

Ruckartig drehte er sich in die Richtung, aus der er gekommen war, in der festen Absicht, sich nun einen appetitlichen Adligen zu angeln, blieb jedoch schon nach wenigen Schritten stehen, und schwang sich, nachdem er sich innerlich dreimal verflucht hatte, auf eines der Dächer hinauf.

Dem Objekt seiner Begierde zu folgen, war alles andere als schwer, da er von seinem Blut gekostet hatte, und seinen Geruch nun noch stärker wahrnahm, als zuvor.

Sehr bald, nach einer kurzen Zeit der Verfolgung, wurde dem Rothaarigen jedoch klar, dass Kyo sich nicht einmal sicher war, in welche Richtung er gehen musste, um nachhause zu gelangen, geschweige denn wusste, welche Straßen ihn zu seinem Ziel bringen würden, so dass er zusehends wieder der Angst und Verzweiflung verfiel, in der er ihn vor wenigen Minuten vorgefunden hatte.

So etwas wie ein Gefühl der Zuneigung überkam die auf einem Dach hockende Gestalt mit den wehenden roten Haaren. Dieses kleine Geschöpf, das sich nun hilfesuchend in der kalten und dunklen Gasse umsah, wirkte viel zu unschuldig und naiv für diese Welt, in der sich jeder am Leid des anderen zu erfreuen pflegte.

Nach reichlichen Überlegungen und weiteren unbeholfenen Versuchen Kyos, sich in der Düsternis zu orientieren, gestand sich der schlanke Vampir schließlich seine Niederlage ein, und stieß sich von den unregelmäßigen Schemeln des Daches ab, um leichtfüßig hinter Kyo zu landen, der so sehr erschrak, dass er davongelaufen wäre, hätte ihn sein Verfolger nicht von hinten umarmt und auf diese Weise bewegungsunfähig gemacht.

„Ihr? Aber warum….?“, der Jüngere war nicht in der Lage zu verbergen, wie durcheinander er war.

„Alleine wirst du den Weg nicht finden, und ich kenne beinahe jeden noch so kleinen Winkel dieser vermaledeiten Stadt“, Közi ließ es zu, dass sich der Kleinere in seinen Armen herumdrehte. Doch die einzige Reaktion auf sein verborgenes Angebot war ein verwirrtes Blinzeln.

„Verdammt… Sag mir einfach wo euer Anwesen liegt, und ich werde dich dort hin geleiten, denn so planlos, wie du durch die Gegend schleichst, wirst du niemals bis zum Sonnenaufgang irgendwo ankommen“, schäumte der blasse junge Mann auf und nahm seinen Leckerbissen bei der unverletzten Hand.

„Ich danke euch…“, kam es leise von Seiten seines Opfers.

„Wenn ich an deiner Stell wäre, würde ich mir im Augenblick noch für gar nichts danken, Abendessen…“

„Aber mit dem Essen spielt man nicht….“

Közi sah den Blonden verständnislos an, und nun war es Kyo, der leise lachte.

„Du hast mit mir gespielt, und da man das mit dem Essen nicht macht, wird aus deinem Abendbrot wohl nichts…“

Der Vampir behielt jegliche Belehrungen über sein Essverhalten für sich, und schüttelte nur stumm den Kopf, ehe er sich nach der Adresse seines Begleiters erkundigte, und ohne zu zögern den Weg erwählte, der am schnellsten zu dem großen Anwesen führte.

Ihr Weg verlief schweigend, doch der Rothaarige ertappte sich wiederholt bei dem Versuch, dem Kleineren Fragen über sein Leben zu stellen, obschon er bereits vor einiger Zeit beschlossen hatte, seiner Nahrung nicht mehr persönlich nahe zu kommen, da er zu oft hatte erfahren müssen, dass dies nur Unglück mit sich brachte. Menschen taugten nur für das kurze Vergnügen, eine Belustigung, mit der man sich höchstens einen Monat lang die Zeit vertrieb, ehe man ihrer überdrüssig wurde, oder von Gefühlen anderer Art geleitet, ihrem Leben ein jähes Ende bereitete….

Unter dem hellen Mond war die Nacht befremdend hell und ungewohnt, doch Kyos Angst vor der Dunkelheit wurde nicht durch das Licht des Mondes vertrieben, sondern vielmehr von dem Wesen an seiner Seite, das ihm im Grunde zusätzlich hätte Angst einjagen müssen.

Ihm schien ist nicht so, als ob es zu den Gewohnheiten jenes Geschöpfes gehörte, anderen auf diese Weise zu helfen, erst recht nicht ohne Hintergedanken, und doch verspürte er keinen Argwohn.

Endlich, und doch nach viel zu kurzer Zeit, gelangten sie in eine Gegend, in der dem Jüngeren die Häuser zunehmend bekannter wurden, doch er verschwieg diese Tatsache aus Gründen, die er selbst nur zur Hälfte verstand. Alles was er wusste war, dass er die Anwesenheit des anderen genoss, und sich paradoxer Weise in seinem Beisein sicher fühlte.

Seine Grübelei wurde dadurch unterbrochen, dass sie das verschlossene Tor der Villa erreichten, und ihn der Vampir nach kurzem Zögern freigab, ihm fragende Blicke zuwerfend.

„Ich werde über das Tor klettern. Bei Nacht hört es keiner, denn sie schlafen alle…“, erklärte er dem Größeren und spürte gleichzeitig, dass ihn Trauer befiel, weil ihm klar wurde, dass sich ihre Wege nun trennen würden.

„Nun denn… Aber ich denke, dass mir eine Frage gestattet sein wird. Warum schleichst du dich des Nachts heimlich aus dem Haus, und irrst in den Straßen umher, um dich letzten Endes sogar zu verlaufen?“, nun hatte Közi doch jene Frage gestellt, die ihn fast den gesamten Weg lang beschäftigt hatte, und nicht zum ersten Mal an diesem Abend verwünschte er sich selbst.

„Es ist mir verboten, das Haus zu verlassen. Mein Bruder hat es so gefordert, und meine Eltern willigten ein, und darum kann ich nur in der Dunkelheit, wenn alle anderen schlafen, für ein paar Stunden entkommen…“

Mitgefühl regte sich in der Brust des Vampirs, und zu gerne wäre er wütend auf Kyo gewesen, weil er Gefühle in ihm wachrief, die er grundsätzlich unter Verschluss hielt, doch er konnte es nicht, da der schmale Junge in diesem Augenblick unendlich verletzlich und unglücklich wirkte.

Ohne um Erlaubnis zu fragen, hob der Ältere das hübsche Geschöpf hoch, und erntete dafür sofort heftiges Murren und einen bösen Blick, der sich in eine Miene der Erschrockenheit wandelte, als er sich vom Boden abstieß, und im nächsten Augenblick zielsicher auf den schmalen Streben des schmiedeeisernen Tores aufsetzte, nur um daraufhin wieder zu Boden zu springen.

„Wie macht ihr das?“, Kyo war sichtlich beeindruckt, doch sein Träger zuckte nur mit den Schultern, da er nicht gewillt war, ihm zu erklären, dass diese Fähigkeiten sich nach und nach entwickelten.

„Hat dein Gemach einen Balkon?“, wollte er stattdessen wissen.

Der Junge nickte und wies dem Vampir die Richtung an, während dieser sich auffallend hektisch bewegte, so dass Kyo unweigerlich der Gedanke kam, dass er ihn so schnell wie nur irgend möglich absetzen wollte. Tatsächlich fiel es dem rothaarigen Vampir schwer, nicht über den anderen herzufallen, selbst noch als er ihn bereits in seinem Zimmer abgesetzt hatte, und er ihm im Halbdunkel gegenüber stand.

„Ich danke euch wirklich sehr. Wäret ihr nicht gewesen, wäre ich in große Schwierigkeiten geraten…“, der Junge verbeugt sich, und als er sich wieder aufrichtete, hatte ihm Közi bereits den Rücken zugedreht.

„Lebe wohl, Kyo… Wir werden uns nicht wieder sehen….“, plötzlich drehte er sich wieder herum, ein breites Grinsen auf den Lippen, „zumindest nicht in dieser Nacht…“

Er küsste den vollkommen unvorbereiteten jungen Mann auf die weichen Lippen, für einen Moment ein warmes Drängen in sich spürend, und er erreichte den Balkon noch bevor Kyo sich zu einer Reaktion durchringen konnte. Sich elegant über das Geländer schwingend entschwand er den Blicken seines gänzlich verwirrten Opfers, das nun unbeweglich auf den Balkon starrte, ehe sich ein zorniger Ausdruck auf seine Züge legte, der wenige Sekundenbruchteile später von einem schwachen Lächeln abgelöst wurde.

Er mochte den blassen Rothaarigen, ganz unabhängig davon, dass er kein Mensch war.

Zaghaft näherte er sich der Glastür, die nach draußen führte, und schloss diese, nicht ohne sich noch einmal nach Közi umzusehen, obschon er wusste, dass dieser bereits weit weg war. Nachdenklich zog er die schweren Vorhänge ein wenig zu, und entkleidete sich, seine Sachen anschließend ordentlich verstauend. Mit deutlichem Unbehagen wandte er seine Aufmerksamkeit seiner Hand zu, die Dank der Bemühungen des Vampirs kaum noch blutverschmiert war, und die Verkrustung der Wunde war ebenfalls gering, doch zu übersehen war der tiefe Kratzer keines Falls.

Gewiss würde er ihn für eine gewisse Zeit unter langen Rüschenärmeln verbergen können, doch dass sein Bruder seiner gewahr wurde, war unausweichlich. Allein der Gedanke daran, wie es sein würde, wenn er dem Älteren Rede und Antwort über die Herkunft dieser Verletzung stehen musste, ließ Übelkeit in ihm aufsteigen, so dass er ihn verbannte.

Bevor er in sein Bett schlüpfte, wusch er die letzten Spuren des Blutes mit kaltem Wasser von seiner Haut. Unter den Decken zusammengerollt schlief er bald ein, ermüdet durch die ungewohnte Aufregung.

….

Auf der Suche nach einem neuen Opfer streifte Közi durch die nächtlichen Gassen.

Noch immer meinte er die Wärme Kyos zu spüren, das Schlagen seines Herzens zu hören, seinen angenehmen Geruch in der Nase zu haben, und es machte ihn so rasend, dass er am liebsten umgekehrt wäre, um sich zu nehmen, was er wollte. Zu warten war er nicht gewohnt, und überdies hasste er es über alle Maßen.

Und dennoch redete er sich in einen Fort ein, dass ihm der Weg zurück zu dem großen Anwesen zu weit sei, und er wand sich einer Straße zu, in der ausschließlich Häuser der Mittelschicht standen.

Unter dem nächst besten Fenstern hielt er inne, und machte es sich wenige Sekunden später auf der Fensterbank bequem.

Da er sich nicht darum bemüht hatte, dabei leise zu sein, erwachte in dem großen Bett auf der anderen Seite des Zimmer die junge Frau, die dieses Gemach ihr Eigen nannte, aus ihrem Schlaf und setzte sich verwirrt auf. Als sie den fremden Eindringling entdeckte, legte sich ein hochnäsiger Ausdruck auf ihre noch fast jugendlichen Züge.

„Was willst du hier?“, über so viel Respektlosigkeit und Selbstüberschätzung lachend, ließ sich der Vampir von der Fensterbank gleiten, und näherte sich mit lang gezognen, eleganten Schritten der eben erst Erwachten, die sich nun auf dem Bett arrangierte, wie auf einem Präsentierteller, um einen anziehenden Eindruck zu machen.

„Ich kann mich nicht entsinnen, dich zu mir eingeladen zu haben, mein Hübscher, doch ich denke ich könnte dir diese Frechheit unter gewissen Umständen verzeihen….“, ganz augenscheinlich hielt sie sich für äußerst bezaubernd und war geschmeichelt über diese unerwartete und ebenso schmackhafte Gesellschaft, die ihr zu Gute kam.

Ihre Begierde und Unverfrorenheit ging sogar so weit, dass sie den Fremden ungeduldig zu sich herunter zog, in der offenen Absicht ihn zu küssen, doch der Vampir entzog sich geschickt ihrem Griff und schüttelte den Kopf über ihr Benehmen. „Ihr haltet euch anscheinend für unwiderstehlich, meine Dame….“, spottete er und strich sich das lange Haar zurück, „Doch würdet ihr auch dann noch so reden, wenn ihr wüsstet, dass ihr sterben müsst?“

Er lächelte auf seine für diesen Abend auserkorene Mahlzeit hinab, die nun erbost aufstand.

„Verlasse auf der Stelle dieses Haus, denn sonst werde ich jeden wecken, den ich finden kann, auf dass sie dich jagen und strafen mögen, denn du hast mich beleidigt…“, energisch wand sie ihm den Rücken zu, bereit zur Zimmertüre zu hasten, falls es nötig wurde, konnte sie doch nicht ahnen, dass dies ein großer Fehler war.

„Schreit nur, meine Liebe, schreit, denn es wird euch nichts nutzen…“, eine Hand legte sich auf ihren Mund und nahm ihr den Atmen, ehe sie einen grausamen Schmerz fühlte, als der Vampir ihr in den Hals biss, das jungendliche Fleisch geradezu zerriss und sich an ihr näherte, das Aufgebärden ihres Körpers in Todesaussicht genießend, ehe er die Hand zurück zog, und das Mädchen zu sich umdrehte.

Ihr einstiges Schreien war zu einem kraftloses Wimmern geworden, und sie war so schwach, dass sie kaum die Hand heben konnte, und doch klammerte sie sich in den Kleidern des Rothaarigen fest, und fiel vor ihm auf die Knie, leise um ihr Leben flehend während sie spürte wie ihr eigenes Blut ihr Nachtgewand tränkte. „Bitte…. Ich flehe dich an… Ich will nicht sterben… noch so jung… noch so viel… so viel…“, sie weinte und spürte gleichzeitig wie ihr Leben mehr und mehr schwand, im gleichen maße wie sich der dünne Stoff mit Blut voll sog.

Ein elendes Ende, das sie nicht erdulden wollte.

„Soll ich dich befreien, von deinen Schmerzen?“, säuselte Közi süß und kniete sich zu ihr nieder. Die junge Frau nickte flehend. „Rettet mich…“, sie wollte Leben, und der Vampir spürte es mit jedem seiner Sinne.

Er nahm das Gesicht der Sterbenden in seine Hände und lächelte sie an. „So seiest du nun erlöst….“

Es knackte hässlich, als er ihr das Genick brach.

Seltsam verdreht lag sie da als der Rothaarige sie durch das Fenster verließ, ein zufriedenes Lächeln auf den blutigen Lippen. Zu dumm, dass dieses Frauenzimmer nie erkannte hatte, wie unansehnlich sie gewesen war.

Augenblicke später war er eins geworden mit der Nacht.

Der Tag lag bereits in der Luft auch wenn er noch nicht gefährlich nahe war, und Közi machte sich gemächlich an den Heimweg.

~+~

Eben hatte sich der Tag verabschiedet und die Nacht die endgültige Herrschaft übernommen, als Közi langsam aus der verzehrenden Dunkelheit erwachte, sich langsam regte und schließlich den Deckel des Sarges aufstieß, um sich aufzusetzen. Die Finsternis der alten Familiengruft war undurchdringlich und vollkommen und es war kein Laut zu vernehmen.

Közi entzündete eine kleine Gaslampe und blau flackernd verdrängte sie das Dunkel um ihn her, so dass er seiner Schlafstätte entsteigen konnte. Sogleich wandte er sich dem Ausgang zu, darauf bedacht so schnell wie nur irgend möglich der nach altem und neuem Tot riechenden Luft zu entrinnen. Der Vorbesitzer des Anwesens war erst vor kurzem hier zu Ruhe gebettet worden. Sein Verscheiden war rätselhaft und ungewöhnlich gewesen, und man hatte den Mörder oder die Todesursache nie herausfinden können. Der Vampir lachte leise bei der Erinnerung an eben jenen jungen Mann, der nun wenige Meter von ihm entfernt langsam verrottete.

Wäre er wenigen einfältig gewesen, würde er jetzt noch unter den Lebenden wandeln, doch er hatte sich dem Rothaarigen so offen angeboten, dass dieser gar nicht anders konnte als ihn zu verführen, ihm den Kopf zu verdrehen, so dass er schließlich von ihm zum Erben des gesamten Anwesens erklärt wurde. Mit dieser Dummheit besiegelte der junge Herr sein eigenes Schicksal.

Wenn man wusste, wie man sie zu nutzen hatte, war menschliche Einfalt ein wahrer Segen, dass hatte Közi recht früh gelernt und sich seither dieser Schwäche bedient.

Die Lippen noch immer zu einem Grinsen gekräuselt stieß er die robuste und reich verzierte Tür, die zu den Gängen der Gruft führte, auf und trat in die Nacht hinaus. Die Bäume warfen lange, dürre Schatten und griffen nach dem kleinen Lichtkreis, den seine Laterne schuf, unter dem Einfluss der Winde murmelnd und ächzend. Hell und klar beschien der Mond diese neue Nacht, von der Közi noch nicht wusste, wie er sie nutzen wollte, denn im Grunde machte es für ihn keinen Unterschied. Unendlich viele Nächte lagen hinter ihm, und mindestens ebenso viele mochten noch vor ihm liegen, und so war ihre Bedeutung verloren gegangen, zerstört durch die Ewigkeit, die jeden Sinn zu zerstören vermag.

Als Asagi noch an seiner Seite geweilt hatte, war dieses Gefühl der Endlosigkeit nicht so beklemmend gewesen, wie in diesem Augenblick, da er der Dunkelheit ganz alleine gegenüber stand, all diese Nächte alleine verleben musste ohne einen Gefährten der ihm den Weg erleuchtete. Asagi hatte es gekonnt. Bei der Erinnerung an das hübsche, schwarzhaarige Wesen biss er sich heftig auf die Lippen und ein Gefühl der Übelkeit breitete sich in ihm aus. Es war besser alleine zu bleiben als erneut eine solche Wunde beigefügt zu bekommen, wie Asagi es getan hatte, als er ihn verließ. Die schönen Erinnerungen, die sie teilten, waren nunmehr ein Fluch, der ihn in Nächten wie diesen zu quälen pflegte, und den Gedanken an die Ewigkeit zu einem schmerzlichen Pulsieren in seinem Inneren machte.

Die einzige Zuflucht war die Wut, der sich der Rothaarige in diesem Augenblick ergab um den Schmerz zu verdrängen. Kurz verweilte sein Blick auf den spottenden Bäumen ehe er sich dem großen Gebäude zu wand, das er sein Zuhause zu nennen pflegte, um sich frisch anzukleiden.

Diese Nacht bot weitaus angenehmere Dinge als nur der Vergangenheit nachzuhängen. Zu diesen Dingen zählte er vor allem die Jagt, denn obschon sie ihm anfänglich so unendlich widerstrebt hatte, fand er nun gefallen daran, Menschen in ihrer Todesangst blind für alles durch die engen Gassen zu verfolgen bis sie erkannten, das es keines Ausweg mehr gab. Es bereitete ihm unendliches Vergnügen ihnen den Weg abzuschneiden und ihre ungläubigen und von Panik gezeichneten Gesichert zu sehen, zu erkennen wie armselig sie waren, hässlich und arrogant bis zum Schluss, wie auch er selbst.

Jedoch stand ihm zu dieser Stunde nicht der Sinn danach, verängstigte Menschen durch dreckige Gassen zu hetzen, denn kaum dass er von dem Vergangenen abließ, drängten sich seine Gedanken um Kyo, der in der vorangegangenen Nacht sein Interesse ebenso wie seinen Ehrgeiz erweckt hatte. Es verlangte ihm auf zweierlei Weise nach dem zierlichen Jungen, der sich so vehement gegen ihn sperrte in all seiner verlockenden Unschuld. Während der Vampir sein langes, rotes Haar kämmte, sann er darüber nach, wie er sich Kyos bemächtigen konnte, ohne ihn mit Gewallt dazu zu zwingen müssen, denn diese Art ein Ziel zu erreichen war ihm bereits vor Jahren zu wider geworden, da sie nichts Neues zu bieten vermochte, und überdies auch nur ein Spiel von sehr kurzer Dauer darstellte.

In den Spiegel blickend wurde Közi klar, dass er im Grunde, und ohne dass er es sich recht eingestehen wollte, vor Wut kochte. Da bemühte er sich so voller Hingabe um den kleinen Blonden, zeigte ihm den Weg nachhause und brachte ihn sogar bis in sein Zimmer, und trotzdem hatte dieser nichts Bessres zu tun, als ihn weiterhin strickt abzulehnen. Seine Gedanken glitten zu dem weichen Harr des Jüngeren ab, den hübschen Lippen, seinem weichen Hals, den blassen Handgelenken, seiner Schwäche und seinem warmen, duftenden Körper. Ohne Vorwarnung zerriss ein Klirren die Stille, die bis zu diesem Augenblick alles umfangen hatte, da Közi seine Haarbürste nach seinem eigenen Spiegelbild geworfen hatte, das nun tausendfach zu ihm aufblickte als er einige der Scherben mit dem Fuß anstieß. Kerzenlicht brach sich in den Splittern und warf flackernde Reflexe an die Wände des Gemaches.

Seine Pläne für diese Nacht standen nun fest.

Ungeachtet der Verwüstung, die er in dem Raum mit dem Bett, auf dem er gelegentlich lag, um zu lesen, angerichtet hatte, machte er sich auf den Weg um demjenigen jungen Mann, der ihm so eindrucksvoll die Gedanken verwirrte, einen Besuch abzustatten. Eine gewisse Vorfreude trieb ihm ein weiches Grinsen auf die Lippen. Dieses Mal würde er ihm nicht so einfach davonkommen, das stand für ihn fest.

Von den Schatten der Nacht schützend umhüllt huschte er durch die Straßen und Gassen der schlafenden Stadt mit ihren toten Augen, die unter dem blassen Mond lag und sich in seinem Lichte badete, als könne sie damit den Schmutz und die Niedertracht der Menschen von sich waschen.

Instinktiv wählte der Vampir sich die kürzesten Wege zu seinem Ziel aus, begierig wieder in die Nähe des Objektes seiner Begierde zu gelangen, ohne sich darüber im Klaren zu sein, dass er seit der Zeit, da er mit Asagi zusammen gewesen war, nicht mehr so viel Ungeduld und Erwartung verspürt hatte. Er spürte, was es bedeutete am Leben zu sein, obschon sein Leben das eines Verdammten war…

Still und verlassen lag das große Anwesen vor ihm, wie schon in der vergangenen Nacht, doch besah er es sich, als sei es das erste Mal, da er es erblickte. Gerade als er sich daran machte, das hohe Tor zu erklimmen, hielt er inne und ein irritierter Ausdruck legte sich auf seinen totenblassen Züge. In der Luft lag ein schwacher Geruch von Blut, eben wie jener, der ihn in der vergangenen Nacht zu Kyo geführt hatte, doch schien er nun intensiver.

Gerade noch so langsam dass man seine Bewegungen noch nicht hastig nennen konnte, überwand er das vor ihm liegende Hindernis und lenkte seine Schritte über die beschattete Fläche, zielstrebig auf den Balkon zusteuernd, der zu dem Gemach des Kleineren gehörte. Ohne Mühe und nun beinahe schon panisch erklomm er eben diesen Balkon und hielt auf ihm stehend kurz inne. Der Blutgeruch war nun überwältigend und es bestand nicht mehr länger der geringste Zweifel daran, dass der kleine Blonde verletzt sein musste, wenn auch sein Herzschlag in diesem Augenblick so ruhig ging, als ob er schlafen würde. Darum stieß der Rothaarige die gläserne Tür sehr behutsam auf, und trat durch die Vorhänge hindurch in das Gemach.

Der sich ihm bietende Anblick brachte Közi nahezu um den Verstand und er konnte für ein paar Sekunden nicht weiter tun, als regungslos zu verharren um jede Kleinigkeit der Szenerie in sich aufnehmen zu können.

Wie er bereits vermutet hatte, lag Kyo zusammengerollt in seinem Bett und schlief, doch lag sein zierlicher Körper bloß da, nur halb von dünnen Leinentüchern bedeckt, die seine weiche Haut preisgaben. Das spärliche Mondlicht enthüllte lange Kratzer und dunkle Flecken auf seinem zarten Körper, und die Spuren von Tränen auf seinen Wangen. Durch das leise Rascheln der Vorhänge, als sich der Eindringling aus seiner Starre löste und auf ihn zu trat, gestört drehte sich der Schlafende auf den Rücken und bescherte dem anderen auf diese Weise ein wohliges Verzücken. In seinen Augen war Kyo bildhübsch, und es viel ihm unsagbar schwer, die Beherrschung nicht zu verlieren, nun da er sich auf dem Rand des Bettes niederließ und sich über ihn beugte.

Die zahlreichen auf dem Boden verteilten Kleidungstücke und der Zustand des Kleineren machten es ihm einfach, zu erraten was sich noch vor kurzem in diesem Zimmer zugetragen haben musste, und eine plötzliche und unbändige Eifersucht keimte in Közi auf. Er allein sollte Kyo auf diese Weise zurichten dürfen, und sonst niemand. Rastlos glitten seine Blicke über seinen warmen, weichen Körper ehe er ihm über die nackte Brust zu seinem Bauch hinunter strich, und schließlich sogar die Innenseite seiner schlanken Oberschenkel streifte.

Im Grunde war es ganz einfach zu erlangen, wonach ihm gierte.

Unter seinen tastenden Händen schreckte Kyo aus seinem unruhigen Schlaf auf. Voll Erschrecken weiteten sich seine geröteten Augen als er den Eindringling erkannte, und er wich bis zur Wand hinter dem Bett zurück, und versuchte beschämt und verzweifelt seinen nackten Körper unter der Decke zu verbergen, die der Rothaarige jedoch grinsend festhielt. Tränen rannen über die blassen Wangen seines Gegenübers. „Seht mich nicht an…. Hört auf mich so anzusehen…. Geht… Bitte….“, er zog die Beine an den Körper um zumindest einen kleinen Schutz vor den Blicken des anderen zu haben, der nun zu ihm auf das Bett kroch und ihm sanft die Hand auf die Wange legte.

„Was hast du denn? Willst du mich nicht auch an dem Vergnügen teilhaben lassen, dich zu spüren?“

Schlagartig wurde Kyo ganz ruhig und sah ihn traurig an, ehe er den Kopf zur Seite abwandte. „Seid ihr nur deshalb hierher gekommen?“, er sucht seine Bitterkeit zu verbergen, das Gefühl der Leere, das ihn langsam befiel.

„Warum sollte ich sonst hier sein?“ Der Kleinere spürte die Hand nun über seine Schulter streichen. Er war so dumm gewesen, etwas anderes zu glauben.

„Wenn… das wirklich so ist, so nehmt euch, was ihr wollt… Ich werde euch nichts verwehren…“, er gab jeglichen Widerstand auf spreizte die Beine einwenig, aufreizend, einladend. Ihm war es gleich, was Közi mit ihm machen würde. Für einen Moment hatte er zu hoffen gewagt, doch nun wollte er diese Hoffnung nicht mehr.

Über ihm biss sich der Vampir sich auf die eigene Unterlippe um nicht über den betörenden jungen Mann herzufallen, der sich ihm bereitwillig anbot. Jedoch übersah er nicht die Trauer, unter der sein Opfer litt.

„Du willst, dass ich dich töte, habe ich Recht?“, er brauchte keine Antwort um zu wissen, dass er richtig lag. Die dunklen Augen des Blonden suchten die seinen.

Közi widerstand dem Drang nicht länger und strich fordernd über die weißen Oberschenkel des Kleineren, verzückt grinsend als dieser die Augen schloss und die Lippen aufeinander drückte. Sich gegen ihn drängend, schob er sich über ihn und spürte wie Kyo es ihm zögerlich gleichtat, die Kleider des Oberen ebenso auf seinem nackten Leid fühlend, wie seine Zunge, die ihm über Schulter und Hals leckte. Sein leises Aufkeuchen ließ den Vampir innerlich erzittern, und beinahe zärtlich schlang er die Arme um den weichen Körper des Jüngeren, seinem unregelmäßigen Herzschlag lauschend.

Er legte seine Lippen auf die des anderen, dieses Mal nicht flüchtig, wie in der vergangenen Nacht, sondern verlangend und fordernd, ohne dass Kyo sich dagegen wehrte. Den ganzen Tag hatte er immer wieder an den Rothaarigen denken müssen, und auch jetzt empfand er keine Abneigung gegen ihn. Wenn er ihm auf diese weise zu Diensten sein konnte, so würde er sich nicht gegen ihn auflehnen.

Der Vampir küsste sich über die Wange des Jungen und leckte ihm die letzen Tränen von der Wange, bevor er seinen Kopf auf dessen Brust niederlegte, seinem Herzschlag lauschend, und berauscht von seinem bloßen Geruch. „Wer ist das gewesen?“, er fuhr einen tiefroten Kratzer entlang, „Es ist nicht das erste Mal gewesen, und ich will seinen Namen wissen….“

Kyo schloss die Augen und sog zittrig die Luft ein. „Es ist mein Bruder….“, brachte er leise hervor, „Meine Eltern…. ich bin ihnen vollkommen egal…. Weil ich nicht wie er bin. Ich kann sie nicht so stolz machen, wie er…. Für sie bin ich eine Schande…. Darum darf er mit mir tun, wonach ihm beliebt…. Sie werden ihm nie Einhalt gebieten…“

Der blasse junge Mann über ihm erwiderte nichts, sondern löste sich von ihm, um seine Lippen tiefer wandern zu lassen, zärtlich an der weißen Haut zu knabbern und sich an dem Erzittern des Jungen zu erfreuen. Anzüglich grinsend beugte sich der Rothaarige wieder über ihn.

„Ich könnte dich mit mir nehmen….“, raunte er leise und lächelte über den sowohl trotzigen, als auch verlegenen Blick, mit dem der Angesprochene zu ihm aufsah. „Es wird mir bei euch wohl kaum besser ergehen, als hier…“, stellte Kyo leise fest.

„Also wirst du mit mir kommen….“, es war nicht länger eine Frage, sondern bereits ein Beschluss und der Kleinere schmiegte sich vorsichtig an ihn. „So nehmt mich mit euch…. Ich sagte bereits, dass ich euch nichts verwehren werde, wenn ihr danach begehrt…“

Zufrieden leckte sich der Ältere über die Lippen. „Braver Junge….“, er zog sich von ihm zurück, jedoch nicht ohne ihm einen gierigen Blick zuzuwerfen. „Kleide dich an, mein Lieber, wir werden so dann aufbrechen…“, er hüllte ihn in das große Betttuch und zog ihn zu sich, um ihn weich zu küssen, „Doch zuvor habe ich noch eine Kleinigkeit zu erledigen…“, er richtete sich auf, und wandte sich zur Tür um, „Wage es nicht, mir zu folgen…“

….

Es war nicht besonders schwer für Közi, den Bruder seines Opfers aufzuspüren, da Kyo dessen Geruch angehaftet hatte, wie ein Fluch. Ein eiskaltes Lächeln verzog seine Lippen. Es war Zeit diese offene Rechnung zu begleichen.

Nicht weit von ihm entfernt stand Kyo vorsichtig auf, das Betttuch eng um seinen zitternden Körper geschlungen, um sich trotz des Verbotes der Tür zu nähern, und durch diese auf den Gang zu schlüpfen, dem Vampir folgend.

Dieser hatte sein Ziel nun erreicht und betrat das Zimmer, ohne sich die Mühe zu machen zuvor anzuklopfen. „Was willst du Kyo? Hast du noch nicht genug?“, die Stimme des jungen Mannes war spöttisch und er Blickte nicht von dem Buch auf, in dem er an seinem Schreibtisch sitzend las.

„Ich muss euch enttäuschen, mein hochverehrter Herr… Ich bin nicht euer Bruder, aber genug habe ich nie… Von daher…“

Kyos Bruder zuckte heftig zusammen und sprang auf, wobei er den Stuhl umwarf. „Was willst du hier?“

„Keine Sorge…. Ich werde euch nicht lange behelligen… Ich wollte nur über eine Sache mit euch reden, euren Bruder betreffend…“, grinsend trat der blasse Rothaarige näher. Mittlerweile hatte Kyo das Zimmer ebenfalls erreicht und linste um die Ecke.

„Es wird dir doch hoffentlich nicht um Kyo selbst gehen, Fremder, denn er gehört nur mir“, verkündete der Mann herablassend lächelnd. „Genau das werde ich ändern…“, der schlanke Vampir hatte sich auf ihn gestürzt ehe er hätte reagieren können. Ein kraftvoller Biss in seine Kehle reichte aus, um ihn für immer zum Verstummen zu bringen. Nunmehr zufrieden leckte sich der Rothaarige das Blut von den Lippen, bevor er erstarrte und sich langsam zu der Tür herum drehte. Kyo sah ihn ruhig an, ohne dass eine Gefühlregung auf seinen Zügen zu erkennen gewesen wäre.

„Ich sagte dir doch, du sollst mir nicht folgen….“, knurrte Közi aufgebracht, doch der andere trat nur ungerührt neben ihn hin. Sein hinreizender Anblick allein hielt den Älteren davon ab, ihn weiter anzufahren. Stattdessen legte er seinen Arm um seine Schultern, dieselben dabei wie zufällig entblößend. „Bist du nicht zumindest ein bisschen traurig? Er war schließlich dein Bruder“

Der Junge sah ihn aus dunklen Augen an. „Ich habe ihn gehasst…. Ebenso wie die anderen hier…. Dass er nun tot ist, betrübt mich nicht... es ist mir geradezu recht…“ Unwillkürlich lachte Közi auf und zog den Jungen in seine Arme. „Wir sollten meinen Bruder von hier wegschaffen. Sie werden denken er sei mit mir von hier weggegangen…“

Belustigt nickend nahm der Vampir den Leichnam auf und wies sein neues Eigentum erneut dazu an, sich anzukleiden.

Gemeinsam fanden sie kurz darauf in dem Waldstück vor dem Anwesen eine geeignete Stelle, an dem sie den Toten unter Erde und Laub verscharrten. Während der ganzen Zeit konnte Közi nicht die Augen von seinem neuen Spielzeug nehmen. Plötzlich schien es ihm ziemlich abwegig, dass er von ihm gedacht hatte, er sei unschuldig. Hinreißend und verlockend, ja, aber in keiner Weise unschuldig.

Sein blick blieb an seinen dunklen Augen hängen. Er irrte sich. Der Kleinere war unschuldig, wenn auch auf eine Weise, die kaum einer zu verstehen vermochte.

„Es ist Zeit, komm jetzt…“, den Gedanken beiseite schiebend zog er Kyo ungeduldig zu sich und verließ mit ihm das kleine Wäldchen in Richtung der Stadt, wobei er mit Zufriedenheit die Reaktionen des Jüngeren beobachtete, wenn es irgendwo im Wald knackte oder ein Vogel rief. Es wunderte ihn fast, dass er bis zu diesem Augenblick noch nicht über ihn hergefallen war. Für ihn stand fest, dass er dieses Spielzeug noch eine Weile behalten wollte, so lange, wie es eben irgend möglich war.

Gerade als hätte er diesen Gedanken gefühlt, sah Kyo in diesem Moment neugierig zu ihm auf, senkte den Kopf jedoch auf eine seltsam schüchterne Art, die so gar nicht zu ihm passen wollte, und seinen Begleiter dazu veranlasste, leise aufzulachen.

Als sie an der Mauer ankamen, half ihm der Rothaarige wortlos über die Mauer und sie ließen das Gestrüpp hinter sich.

Um den hoch am Himmel stehenden Mond hatten sich Wolken versammelt, die gemächlich über sein Antlitz hinweg glitten, und die Welt immer wieder in tiefstes Dunkel tauchten, so dass Kyo sich vor Unbehagen hinter seinem Begleiter verbarg, obschon es nach dem Tot seines Bruders keinen Grund mehr für ihn gab, die Dunkelheit zu fürchten. „Nun komm schon… Oder ich lasse dich hier stehen…“, er spürte wie Közi nach seiner Hand griff und ihn ungeduldig mit sich zog. Über die Schulter hinweg warf er noch einen Blick auf die düsteren Bäume und ein Gefühl der Erleichterung bemächtigte sich seiner, weil er nie wieder an diesen Ort zurückkehren musste. Vielleicht würde der andere ihn schon bald töten, weil er seiner überdrüssig war, doch er hatte keine Angst davor.

Seit so vielen Jahren, die ihm wie eine Ewigkeit schienen, hasste er das Leben und die Welt, in die er hineingeboren worden war. Er hatte gelernt, das auf ein Leid nur ein weiteres folgte, unterbrochen durch kleine Lichtblicke, die einem nur vor Augen führten, wie sehr man sich nach dem Glück sehnte, das man nicht erlangen konnte.

Und dennoch schlich sich ein leises Lächeln auf seine Lippen als er zu seinem Begleiter aufsah….

Sie hatten erst die Hälfte ihres Weges hinter sich gebracht, als es unvermittelt und heftig zu regnen begann, so dass sie bereits nach wenigen Minuten vollkommen durchnässt waren. Die Laune des erst noch durch den Regenguss verstimmten Vampirs besserte sich augenblicklich, als er sich zu seinem kleinen Gefährten umwandte, dessen weißes Hemd, durch die Tropfen durchsichtig geworden, an seinem zierlichen Körper klebte, ohne dass dieser sich dessen wirklich bewusst zu sein schien. Vergnügt leckte sich der Rothaarige über die Lippen. Ein wirklich schönes Haustier, das er da hatte.

Kyo indes genoss den kalten Regen, als sei er sein erster. Es war ein Gefühl der Freiheit, das er kaum beschreiben konnte. Die prasselnden Regentropfen auf den Dächern der Häuser, auf dem nassen Pflaster und in den schimmernden Pfützen, die kalte, und doch beschützende Hand des rothaarigen Vampirs, der ihn sicher durch die verlassenen Gassen führte. All dies machte es ihm unmöglich, etwas anderes als Glück zu empfinden.

Erst als sie das Tor des großen Anwesens erreichten, befiel ihn eine gewisse Unruhe, die er auch vor seinem Begleiter nicht verbergen konnte. Dieser, nicht gewillt sich mit dem rostigen Schloss des Tores abzuplagen, horchte kurz in die Nacht hinein, um auszuschießen, dass sie beobachtet wurden, bevor er den Kleineren hochhob und mit ihm das Hindernis überwand. Schweigend und nahezu feierlich trug er seine Beute in das Haus und in das Zimmer, in dem noch immer die Scherben des zerbrochenen Spiegels den Boden bedeckten, um ihn dort auf dem Bett nieder zu legen, und sich seines durchnässten Anblickes zu erfreuen. Es war nicht nötig in Worten auszudrücken, wonach ihm verlangte. Unter seinen Augen begann sich sein Opfer langsam und unverkennbar unsicher auszuziehen.

Der Vampir verfolgte jede seiner Bewegungen, seine hübsche Gestalt ein weiteres Mal bestaunend, und kurz davor seine Selbstkontrolle dem Verlangen unterliegen zu lassen. Selten hatte ein Mensch so intensives Verlangen in ihm ausgelöst, wie dieser hier.

Kyo war bis zur Kante des Bettes gekrochen und berührte nun die kalte Hand des andere um diesen zaghaft zu sich zu ziehen. Közi lächelte und schüttelte den Kopf ehe er vor dem Bett in die Knie ging, um den darauf Sitzenden sanft zu küssen. „Für dich ist es das Beste, erst einmal zu schlafen, mein Lieber… Wonach mir verlangt kann ich auch in der nächsten Nacht bekommen…. Außerdem will ich mich nicht beeilen müssen, denn es ist viel Zeit verstrichen, und der Sonnenaufgang ist nicht mehr fern“, er drückte ihn in die Kissen zurück und zog die Decke über seinen noch feuchten, zitternden Körper. „Du wirst bei Tageslicht nicht nach dem Ort suchen, an dem ich für gewöhnlich den Tag verbringe…“, es war nur zu deutlich, dass die Worte des Rothaarigen ein Verbot beschrieben. „Dass du dich einmal über meine Anordnung hinweggesetzt hast, mag zu verzeihen sein, doch ein weiteres Mal werde ich nicht dulden….“

Eben im Begriff den Raum zu verlassen, drehte er sich noch einmal zu ihm herum, „Gute Nacht, Kyo. Ich wünsche dir angenehme Träume…“

Verwirrt blieb der Junge alleine im Raum zurück. Allmählich schlich sich ein weiches Lächeln auf seine Lippen. „Euch auch eine angenehme Tagruhe“

Unter der weichen Bettdecke eingerollt, war er schon bald eingeschlafen…

Erst als er sich ganz sicher war, dass sein kleiner Gast schlief, öffnete Közi leise die Tür um frische Kleider auf einen Stuhl zu legen und, mit einem skeptischen Blick auf den Schlafenden, die Scherben des Spiegels aufzusammeln. Innerlich fürchtete er, den hübschen jungen Mann bei seinem nächsten Erwachen nicht mehr hier vorzufinden, entweder, weil er geflohen war, oder weil er sich das Leben genommen hatte.

Auf der Bettkante sitzend beobachtete er das anziehende Geschöpf beim Schlafen. „Ich erlaube dir nicht, einfach ohne meine Erlaubnis zu gehen… Du wirst bei mir bleiben, bis ich dich wegschicke…“ er strich ihm das nasse Haar aus dem Gesicht und hauchte einen Kuss auf die Wange seines Eigentums, bevor er es wieder verließ.

Auf seinem Weg zur Familiengruft lachte der Mond ihn für seine Dummheit aus. Kyo würde ihn früher oder später verlassen, ob nun auf die eine, oder die andere Weise, und er konnte ihn nicht daran hindern. Und weil er es wagte, dennoch zu hoffen, würde er erneut verletzt werden.

Die vollständige Dunkelheit seines Ruheortes empfing ihn gnädig und schütze ihn vor dem spottenden Mondlicht. Die Gaslampe war verloschen, so dass er sich in der Finsternis ohne jegliches Licht zurechtfinden musste. Jedoch erreichte er seinen Sarg ohne gegen ein Hindernis zu prallen und legte sich sogleich in ihm nieder, den Deckel sorgfältig schließend. In der Dunkelheit erwartete er seinen Todesschlaf.

~+~

Nur langsam gab die Schwärze den Vampir wieder frei. Die Sinneseindrücke, die während seines Erwachens auf ihn eindrangen, ließen ihn ungläubig innerlich erstarren. Dieses Mal musste er sich irren. Seine Sinne mussten ihm einen Streich spielen. Sobald sein Körper ihm gehorchte, stieß er den Deckel des Sarges hinunter, der mit einem scheppernden Geräusch zu Boden ging. Ein schwacher Lichtschein erhellte die Gruft, doch Közi wusste bereits bevor er die Quelle des Lichtes ausmachte, wer es gewagt hatte, sich zu ihm zu gesellen. „Kyo…“, fauchte er wütend und trat auf eben jenen zu, verharrte jedoch als ihm der Blick aus den dunklen Augen begegnete. Vor ihm auf dem Boden, ganz Staubig und stumm kauerte der blonde Junge, den er zu sich genommen hatte. Trotz seines Schweigens schien er ihn um etwas zu bitten, als er sich ganz langsam aufrichtete.

„Du bist hier, weil du willst, dass sich dich töte, oder?“, der Ältere zwang Kyo unsanft dazu, ihn anzusehen.

„Ja…“, war die einfache und leise antwort, die über die weichen Lippen des Kleineren kam.

„Und warum denkst du sollte ich dir diesen Gefallen tun?“, dem Rothaarigen fiel es schwer das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken, „Du hättest dir das Leben auch selbst nehmen können…“ „Ihr hab es mir verboten…. In der letzten Nacht…. Ich habe eure Worte gehört….“, Kyo wandte den Kopf leicht zur Seite und gab somit den Blick auf seinen Hals frei. Der Vampir spürte wie sehr ihm nach dem Blut des Kleineren gierte, und doch wollte er ihn um keinen Preis schon so früh verlieren. Viel eher wollte er ihn für immer an seiner Seite haben. Nur für sich ganz allein.

Er fixierte den Jungen. „Ich… werde dir deinen Wunsch erfüllen…. Doch gehen lassen werde ich dich nicht…“, sanft strich er über dem ihm dargebotenen Hals. Obwohl er wusste, dass er diese Entscheidung bereuen würde, wollte er seinen Gedanken doch in die Tat umsetzen. Auf diese Weise konnte er der Kälte und der Einsamkeit entkommen, die so schmerzvoll an ihm nagte.

„Ich weiß, du wirst mich schon sehr bald dafür hassen…. Aber du sagtest, du würdest mir nichts verweigern, wenn ich danach verlangte. Und deshalb fordere ich dich zu meinem Gefährten…“

Kyo verstand und zur Antwort schloss er die Augen gab seinen Hals vollständig Preis. Sanft strich der Vampir das störende Haar beiseite und zog seinen zierlichen Körper ganz nah zu sich, den Augenblick vollständig auskostend.

Nur vorsichtig legte er seine Lippen auf die weiche Haut, leckte langsam darüber, ehe er sich ohne eine weitere Vorwarnung gierig in dem verlockenden Fleisch verbiss um von dem warmen, süßen Blut zu trinken. Als er spürte, wie Kyo vor Schwäche in die Knie ging, ließ er von der Wunde ab und stützte seinen zitternden Körper. Közi lächelte als er sich das eigene Handgelenk mit den Fängen aufriss und an die blassen Lippen seines Opfers führte. Der Kleinere schmeckte das dunkle Blut, das in seinen Mund tropfte und schluckte es vorsichtig hinunter. Es schmeckte schwer und bitter. Dennoch fühlte er irgendwo tief in sich ein Gefühl des Rausches erwachen, das ihn gierig an der offenen Wunde lecken ließ, während er den Geschmack des Blutes mehr und mehr genoss.

Közi grinste als er bemerkte wie der Kleinere mehr und mehr zu einem er seinen wurde. „Sieh mich an…“, befahl er und entzog sein Handgelenk dem schlanken Jungen.

Kyo gehorchte.

Zufrieden beobachtete der Ältere, wie sich die Iris des Jungen allmählich verfärbte, bis sie schließlich von einem tiefen Rotton war, von gold schimmernden Verästlungen durchzogen. Ein weiteres Kind der Nacht war in die Schatten geboren.

Kraftlos schmiegte sich Kyo an ihn, um Schutz und Nähe flehend, und Közi drückte ihn an sich, ihm sanft durch das blonde Haar streichend.

Ihm war auch in diesem Augenblick klar, dass er seinen neuen Gefährten irgendwann verlieren würde, doch blieben ihm dieser Augenblick und all die Nächte, die sie noch bis zu ihrem Abschied zusammen durchwandern würden….



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (131)
[1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11...14]
/ 14

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Wheel_of_Fortune
2007-10-03T15:53:23+00:00 03.10.2007 17:53
Ui, ein neues Kapitel, irgendwie hätte ich nicht erwartet, dass du es in dieser Zeit hochgeladen hast...
Aber es freut mich, dass ich das Kapitel früher lesen kann, als ich gedacht hatte. ^^

Danke, Schäfchen für dieses Kapitel!
So viel von Kyo auf einmal...
Du weißt ja, er ist einer meiner Lieblingscharaktere, du kannst dir bestimmt denken wie glücklich du mich mit seiner Geschichte gemacht hast. *__*
Ich fand es interessant zu erfahren wie und warum er zum Vampir wurde.
Außerdem hat mich das mit seinem Bruder und ihm berührt, in dem Moment wollte ich auch nichts weiter als diesen Typen dafür bluten zu sehen.
Deshalb war ich mehr als befriedigt, als Közi ihn umgebracht hat.
Apropos Közi, ich hatte wohl Recht mit meiner Vermutung, dass er ihn liebt, wenn auch auf eine Art und Weise, die ich nicht ausdrücken kann und muss, da das Kapitel für sich spricht, meinst du nicht?

Nyo, irgendwie fällt mir nicht mehr ein, was ich dir schreiben könnte...
Ich könnte mich ja wiederholen und sagen, dass ich deinen Schreibstil einfach liebe, aber das kennst du ja schon zur Genüge, oder?

Ich hoffe mit dem Kommi habe ich dich etwas glücklich gemacht, auch wenn er nicht so lang ist wie meine üblichen Kommis...

*dich ganz doll an sich drückt*
Dein Psychowölfchen
Von:  Zombie_lady
2007-08-11T12:10:45+00:00 11.08.2007 14:10
boh......ich hätte nicht gedacht, dass das hier nochmal weiter geht...ganz ehrlich nich....
aber....du hast es ja doch noch gschafft....
das kapitel war echt super.....so viel von kyo *schwärm* war echt gut....jetzt verstehen wir kyo ein bisschen besser *grins*
LG ^-^
p.s.: schreib doc bitte ganz schnell weiter!!!!!!!!!
p.s.s.: du hast echt so ein schönen schreibstil...beneid dich richtig!!!
Von:  L0VELY-M0C0CHANG
2007-08-10T14:18:30+00:00 10.08.2007 16:18
WOW...ich hab ja schon länger nicht mehr gelesn...aber jetzt habe ich mir doch wieder einmal die zeit genommen....und ich bin hin und weg....

es ist soooooooooo wunderschön....ich habe diese FF von anfang an gelesen und hab mich mit dem ersten satz in sie verliebt X33
dein stil ist bezaubernd und man kannsich nicht davon losreißen.....
ich finde es wunderbar das du Kyo's geschichte miteinbringst...darafu war ich die ganze zeit schon neugiereig gewesen....
Und es ist so herrlich geschrieben....so kleine Sätze, die bei vielen FFs feheln sind bei dir da, und sie machen einem das herz glücklich...man fühlt sich so wohl wenn man deine Ff liest....

wirklich....ich bin gerade so glücklich....
awww......das ist dir wieder mal so gut gelungen.....
*dich so beneid*
es macht mich wirklich glücklich wenn ich diese Ff lesen kann....
*dich drück*
Ein ganz entzückendes Kap....
Du bist mein echter Favo....
Von:  Tetsu
2007-08-08T22:08:03+00:00 09.08.2007 00:08
Ah, soviel Közi in einem Kapitel <3
Mehr braucht es scheinbar nicht, um mich vollends glücklich zu machen. ^___^~
Ich mag die beiden zusammen.
Alles sehr schön geschrieben, aber das ist man ja von dir ohnehin gewohnt, meine liebe Ehefrau.

Dein (besorgter) Ehemann (, der Zweifel hat, ob du ihn 2 wochen am Stück aushalten kannst.)
Von: abgemeldet
2007-08-08T20:38:41+00:00 08.08.2007 22:38
hahahaaa erste xDD"
ne awwn ich bin so froh das es weiter geht *~*
ich liebe deinen schreibstil *~* der is soo~~ toll

wie geil das du auch über kyos geschichte was schreibst ^^~
ich finde es sehr liebevoll geschrieben .___.~
besonders den teil wo kyo von seinem bro ..du weißt schon was xD is mir ans herz gegangen...
und die charaktere hassu auch super beschrieben **
das war ein tolles kapi ^^~
ich liebe diese ff immanoch!
Von:  YumeRu
2007-05-28T18:30:24+00:00 28.05.2007 20:30
Eine wirklich wundervolle Geschichte zweier Liebende die du dir erdacht hast und meiner Meinung ein wirklich gelungenes Ende.
Doch muss ich sagen Asagis verschwinden rührte mich nicht im mindersten so wie Kyos Tod.
Das er Shinya so sehr geliebt hat, das er ihm das Leben der Toten schenkte.
Das ist wohl die allerschönste Begebenheit dieser Geschichte.


Kay
Von: abgemeldet
2007-04-01T17:53:14+00:00 01.04.2007 19:53
*ans taschentusch schneuZ* der arme kyo T.T die ff ist so schön ;__;
T.T was für ein gelungenes ende T.T *aww* ich wünsche shinya viel glück xDD
du hast es so toll geschrieben besonders der schluss **
schade das es zu ende ist *sie ff sehr mag*
die war/ist was besonderes ^^
Von:  Wheel_of_Fortune
2007-03-27T14:02:38+00:00 27.03.2007 16:02
*Anlauf nimmt*
*dich anspringt und zu Boden reißt*
Schäfchen, ich hab dich lieb. ^^
Wirklich, ich bin so begeistert vom Ende und der gesamten Geschichte an sich, dass ich kurz davor bin dir einen Heiratsantrag zu stellen.
*räusper*
Aber lassen wir das besser. ^^
Ich sollte besser versuchen der Geschichte einen würdigen Endkommi zu hinterlassen.

Zuerst einmal finde ich es schon traurig, dass Kyo gestorben ist, immerhin war er einer meiner Lieblingscharaktere.
Aber sein Tod ist auch auf der anderen seite nicht so schlimm, ich finde so eigennützig ist er nicht gewesen. Dafür, dass Shinya ihn nie vergessen wird, hat Kyo ihm die Unsterblichkeit geschenkt, und er hat es geschafft, dass Közi sich um Shinya kümmert. Közi hat wiederrum Kontakt zu Asagi, weil er sein "Sohn" ist, und kann spüren an welchem Ort er sich gerade aufhält.
Somit hat Shinya eine sehr gute Chance erhalten Asagi zu finden und wieder mit ihm vereint zu sein.
Aber die Stelle mit seinem Tod war echt traurig, selbst mir, die so gar nicht nah am Wasser gebaut hat (Was nicht heißt, dass ich nicht mit den Charakteren mitfühlen kann!), konnte sich eines kleinen Tränchens nicht entziehen.
Wirklich, du hast Kyo ein mehr als würiges Ende zukommen lassen, das zwar traurig ist, aber auf der anderen Seite gut ist. Und dafür danke ich dir vielmals.
(Im Übrigen fans ich Nezus Auftritt am Ende auch schön, es war, als ob man Kyo in anderer Gestalt wieder begegnet wäre, da Nezu ja mit Kyo immer in Zusammenhang stand. Ich hoffe du verstehst diesen verwirrenden Satz...)

Eine weitere traurige Stelle war, als Die Shinya festhalten musste, damit Kaoru ihn einschläfern konnte. Es war einfach schlimm zu lesen, dass er seinen eigenen Bruder in das Bett drücken musste, damit er nicht wegläuft. Aber ich stimme der Vermutung zu, dass Shinya sonst wohl auf der Straße zusammengebrochen wäre.
Dann der Abschied von seinem Bruder, da konnte man wirklich mit Die mitfühlen, ich konnte mir richtig vorstellen, wie er
Shinya auf der Türschwelle umarmt und weint vor lauter Trauer, Kaoru daneben steht, Közi in der Stube mit ausdruckslosem Gesicht der Szene beiwohnt und Shinya betrübt auf Die hinabsieht. Aber wenigstens hat Die Kaoru, das ist auch immerhin etwas. Die Szene, wo Kaoru ihm alles erklärt hat und Die meinte, es mache ihm nichts aus, dass er einem Vampir gedient hatte, da er ihn trotzdem begehren würde, die fand ich auch zu süß geschrieben. Hach, die beiden sind schon ein schönes Paar...
Und hey, du hast mir indirekt mein Wunschende für die beiden beschert ^^.
Immerin hatte ich mir gewünscht, dass die beiden ein Kindchen bekommen.Und nun rate mal, wo Kaoru nun bleiben wird? Richtig, bei Die und seiner Familie, in der er ja auch noch ein kleines Brüderchen zu versorgen hat. Okay, es ist zwar kein eigenes Kind, aber immerhin etwas ^^. Aber wer weiß, vielleicht sieht jemand es anders, das Ende lässt ja viel Spielraum für Interpretationen frei *___* .

Über Közi weiß ich leider nicht viel zu schreiben.
Nur, dass ich ihm danke, dass er Shinya bei sich aufgenommen hat, er hätte ihn auch töten können, wenn Kyo es ihm nicht gesagt hätte. Daran habe ich auch endlich ihr Verhältnis erkennen können, denn warum sonst hätte Közi Kyo diesen Wunsch erfüllt, wenn nicht aus Liebe zu ihm?
Okay, er hätte es auch getan haben können, weil es der letze Wunsch seines "Sohnes" war, aber dahinter steckt ja auch eine gewisse Art von Liebe. (Ich hoffe, du verstehst mich, ich drücke mich heute aber auch idiotisch aus. v.v°)

Nun, wie ich schon sagte, das Ende der Geschichte fand ich sehr schön, vor allen wegen den vielen Interpretationsmöglichkeiten. *____*
Das gilt auch für Shinya und Asagi, weil man nicht weiß ob Shinya ihn finden wird oder nicht, das ist jedem selbst überlassen.
Und Shinya war in diesem Kapitel wirklich toll getroffen, auch in den anderen, aber bei Kyos Tod, da hätte ich am liebsten ihn in die Arme geschlossen und getröstet, es war sicher eine schwere Entscheidung für ihn das Blut zu trinken und Kyo sterben zu lassen. Aber hätte er es nicht getan wären beide gestorben und Shinya hätte nie die Chance gehabt Asagi zu suchen, deshalb hat die Tat seine Richtigkeit, obwohl sie einen traurig gemacht hat.

Eine Frage, hast du zufällig während dem Schreiben an die "Chronik der Unsterblichen" gedacht? Ich musste daran denken, als ich am Ende war, zwei Männer, der eine sucht nach seiner verlorenen Liebe...
Der Vergleich stimmt zwar nicht ganz, aber es gibt viele Gemeinsamkeiten.
Eine Stelle fand ich auch noch schön:

>Einem Schmetterling gleich, der nach dem Schlüpfen zum >ersten Mal seine Schwingen öffnet, richtete sich Shinya >auf.
>Der Wind fuhr durch sein Haar, so dass es ihm in das >hübsche Gesicht fiel und das Mondlicht brach sich zart auf >seiner blassen Haut.
>Diesem Wesen hatte Kyo sein Herz geschenkt. Und er würde >immer bei ihm bleiben.
Diese Stelle war wirklich wunderschön beschrieben, ich konnte mir richtig vor Augen wieder alles vorstellen, darum liebe ich deinen Schreibstil, weil du es immer fertig bringst, dass die Leser sich alles so vorstellen können, als wären sie mitten drin im Geschehen.

So, nebenbei sei bemerkt, die Fehlerzahl war wieder gering, man konnte alles flüssig lesen, was ich sehr schon fand. ^^

So, ich hoffe du freust dich wieder über meinen Kommi und kannst damit etwas anfangen. ^^
Mir war es ein Vergnügen diese FF von dir zu lesen, ich freue mich schon sehr auf die Bonuskapitel.

*das Schäfchen sehr doll durchknuddelt*
Deine nette Psychopathin
Von: abgemeldet
2007-03-26T14:07:15+00:00 26.03.2007 16:07
wieso? ;O;

mein armer kleiner kyo....
T____________________________T
*um kyo trauer*
immer muss kyo drann glauben wenn ich ne gute ff lese ;O;

oh gott und die szene mit seiner kleinen fledermaus T~T
*heul*

wiesooooooo......kannsu nich ne Fortsetzung schreiben?????? ;O;
*die ff so toll findet*
T___T

und die szene wo kyo beerdigt wurde ;O;
wär ich Közi wär ich vor trauer zusammengebrochen T~T

und wo shin sich von die und kao verabschiedet...oh mein gott die ff ist einfach faszinierend traurig ;O;

wie kann ein mensch nur so was tolles zustande bringen???
*dich mitnehm*
meins *~*
...

auf das du noch viiieeeele tolle ff's schreibst die ich kommentieren kann!

liebe grüße kuroi~
Von:  Zombie_lady
2007-03-24T11:42:15+00:00 24.03.2007 12:42
darf ich heulen?......ja?....gut......T_T T_T T_T T_T
ich *schnief* hoffe mal *schnief* das bald *schnief* ein extra *schnief* oder so *schnief* *tränen wegwisch* kommt.....
gegen *wieder beruhig* eine neue geschichte hät ich aber auch nichts....
also...man schreibt/ließt sich
hdgggdl *knuddel* *an schulter ausheul*


Zurück