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Verloren im Himmel

Für mein Göttchen
von

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Unerwartete Ankunft

Es ist wieder soweit – Neuankömmlinge über Neuankömmlinge und nur ein kleiner Teil wird ins Engelsreich eingelassen. Nur eine Hand voll Seelen ist rein genug, um für die Wiedergeburt verwendet werden zu können und jetzt gilt es, diese zu finden. Und nur einer darf diese Entscheidung treffen – Gott.
 

Fabrian, einer der ranghöchsten Engel, kam zu ihm und sprach: „Herr, wir sind soweit. Wir haben bereits die meisten selektiert. Sie treffen jetzt die letzte Entscheidung. Folgen sie mir, bitte! Ich werde sie hinführen.“

„Danke, aber ich finde den Weg auch allein.“, sagte Gott und ging zur Großen Halle. Fabrian verneigte sich noch und ging seinem Herr schließlich hinterher.

Gott betrat den Raum, in dem über 20 unschuldig aussehende Mädchen und Jungs saßen. Sie verneigten sich ehrfürchtig vor ihm, denn jeder wollte ihm gefallen und auf keinen Fall ihn verärgern, indem er schlecht auffällt.

Gott schreitete zu seinem Thron, neben dem schon seine Frau und sein Sohn saßen und auf ihn warteten.

„Die Zeremonie möge beginnen!“ ,sprach Fabrian, der beim Eingang stehen geblieben war und schon kam ein Neuling nach dem anderen, hintereinander in den Raum. Sie blieben vor dem Thron stehen. Gott entschied nun, ob sie ins Engelsreich eintreten durften oder nicht. Er legte jeweils seine rechte Hand auf den Kopf desjenigen, der vor ihm stand und konnte somit die Reinheit feststellen, die in jedem war, oder sein sollte.

Gott: „Du darfst eintreten. Du auch. Du musst leider draußen bleiben.“
 

„Ah, lasst mich! Lasst mich zufrieden! Ihr sollt mich los lassen!“, halte es von draußen her.

Alle schauten verwirrt zur Tür und Gott fragte laut: „ Was ist da draußen los?“

„Ich weiß es nicht, aber ich werde es sofort in Erfahrung bringen.“, antwortete Fabrian.

„Ich werde mit dir kommen.“, sagte Gott und erhob sich. Seine Frau und sein Sohn folgten ihm. Gemeinsam gingen sie nach draußen. Gott ging voraus, dahinter seine Frau und sein Sohn und schließlich Fabrian.

„Ich sagte: Ihr sollt mich los lassen!“ schrie eine Mädchenstimme wieder.

Draußen angekommen, sahen sie einen riesen Haufen voller Engel, aus dessen Mitte diese Stimme wiederhalte.

„Was ist hier los?“, sprach Gott mit erhobener und lauter Stimme. Auf einmal wurde es ruhiger und die Menge schaute zu ihm. Sie schwiegen und eröffneten einen Gang zur Mitte der Menge, wo immer noch diese Stimme schrie. Gott ging zu ihr. Was er sah, war ein junges Mädchen mit leuchtend blauen Augen. Ihr blondes Haar wurde an den Spitzen dunkel und ihre Haut glitzerte im Schein der Sonne.

Sie wurde von mehreren, kräftigen Engeln, die sie versuchten zu beruhigen, festgehalten. Tränen liefen ihr über das Gesicht und auf ihrer Haut zeigten sich jede Menge blaue Flecke und andere kleine Wunden, aber sie wehrte sich weiter.

Doch als Gott vor ihr stand, hielt sie mit einem Mal inne und schaute zu ihm hinauf. Sie blinzelte kurz zwei, drei mal und wusste nicht genau, was sie nun sah. Sie schaute sich um und betrachtete die anderen Engel, deren Köpfe alle zum Boden geneigt waren und die Augen geschlossen hatten. „Eben haben sie sich doch noch alle auf mich gestürzt und nun sind sie plötzlich ganz ruhig. Eigenartig!“ dachte sie sich.

Ihr Blick blieb schließlich am Sohn Gottes hängen, der hinter seinem Vater hervorschaute. Sie neigte leicht den Kopf zur Seite und schaute den Jungen weiter an.
 

Gott sprach: „Was suchst du hier?“

Das Mädchen schreckte kurz zusammen und wurde aus ihren Gedanken gerissen. Sie schaute zu ihm hinauf und blinzelte wieder.

Gott wiederholte seine Frage: „ Was suchst du hier?“, und diesmal mit Nachdruck.

Das junge Mädchen schreckte wieder zusammen, erschrocken von der mächtigen Stimme, doch diesmal antwortete sie: „ Ich ... ich weiß es nicht.“

Gott runzelte die Stirn. „ Und wie bist du hierher gekommen?“

„Das weiß ich nicht.“

Gott war leicht erzürnt. „Du weiß nicht einmal wie du hierher gekommen bist, weißt du denn wenigstens deinen Namen?“

„Ja den weiß ich. Mein Name ist Miku.“

Fabrian, der hinter der Familie stand und das Geschehen mit an sah, schaute in seine Liste. „Auf der Liste der Neuankömmlinge steht der Name nicht. Sie ist definitiv keine davon.

„Kann es denn nicht sein, dass ihr vergessen habt ihren Namen auf die Liste zu setzten?“, fragte der Sohn, der sich zu Fabrian umgedreht hatte.

Seine Mutter antwortete ihm mit ruhiger Stimme: „Nein, das kann nicht sein. Die Liste wird ja nicht von Hand geschrieben, sondern durch Magie. Immer, wenn jemand stirbt erscheint sein Name automatisch auf der Liste, verstehst du?“

Der Sohn nickte und meinte: „Aber dann müsste sie doch drauf stehen, sonst wäre sie ja nicht tot.“

Bei diesem letzten Wort weiteten sich die Augen des Mädchens und wurden starr.

„Was ich soll tot sein? Das kann nicht sein, nein.“ An diesen Gedanken hielt sie sich fest und hörte kaum noch, was die Leute um sie herum sagten.

Doch die anderen bemerkten ihre Erschrockenheit nicht und redeten in aller Ruhe weiter.

„Aber Nichttote haben keinen Zutritt zu diesem Reich.“, antwortete Gott auf die Vermutung seines Sohnes.

„Aber wie ist sie dann hierher gekommen?“

„Dies kann ich dir auch nicht beantworten, mein Sohn.“

Diese Antwort verwunderte den Sohn sehr. Er hatte noch nie erlebt, dass sein Vater keine Antwort auf eine Frage wusste. Seine Verwunderung merkte der Vater und sagte: „Aber ich werde es noch herausfinden. Solange bleibt sie erst mal hier in diesem Palast. Fabrian? Du kümmerst dich um sie!“

„Nein!“, rief der Sohn. Bei diesem „Nein“ wurde das junge Mädchen von ihrem schrecklichen Gedanken los gerissen und hörte ihm genauer zu.

„Ich möchte das tun, bitte! Darf ich! Bitte, Vater!“

„Nahgut, wenn du möchtest. Sorg dafür, dass sie sich wohl fühlt.“

„Ja, mach ich, Vater.“

Gott wandte sich den Engeln zu, die immer noch um sie herum standen. „Und ihr geht wieder auf eure Posten!“ Er ging wieder zurück zur Großen Halle und seine Frau und Fabrian folgten ihm.

Der Sohn blieb bei dem Mädchen.

Sie schaute ihn verwirrt und ängstlich an. Er beugte sich zu ihr hinunter und reichte ihr die Hand. „Komm! Ich bringe dich auf dein Zimmer.“ Sie zögerte, denn sie wusste nicht, ob sie ihm vertrauen kann. „Du brauchst keine Angst haben, Miku.“

„Du hast dir meinen Namen gemerkt?“

„Ja klar, ist ja auch ein schöner Name.“, sagte er und lächelte sie an. Miku wurde leicht rot. Sie zögerte noch einen Augenblick, doch dann nahm sie schließlich seine Hand und ließ sich aufhelfen. „Aua“ sagte sie leise und verzog das Gesicht. „Mir tut alles weh.“

„Verständlich. Dein Körper ist mit lauter Wunden übersäht, aber es scheint nichts Ernstes zu sein. Du kannst dich gleich ausruhen. Komm!“

Er hielt weiterhin ihre Hand fest und wollte sie zu ihrem Zimmer bringen.

Als sie an den Treppen ankamen, blieb sie stehen und zog ihn zurück.

„Was ist denn?“, fragte er mit sanfter Stimme. Miku sah sich die Treppen mit ihren vielen Stufen an, die nicht zu enden schienen. „Muss ich da wirklich rauf. Ich hab doch gesagt, dass mir alles weh tut.“

Er lächelte leicht. „Keine Sorge! Ich helfe dir.“

In diesem Moment, sprang er rückwärts auf die Treppe. Doch statt auf einer der Stufen zu landen, schwebte er über sie hinweg und zog sie mit sich.

„Hilfe! Wir fliegen!“

„Schweben, um genau zu sein. Du brauchst aber keine Angst zu haben. Es wird nichts passieren.“ Oben angekommen, landeten sie sanft am Ende der Treppen.

Dort löste sie sich kurz von seiner Hand und sackte auf die Knie. „Ist alles ok mit dir?“, fragte er.

„Ja, geht schon. Bin nur etwas... „ sie suchte nach dem richtigen Wort

„Verwirrt?“ „Nein eher verunsichert.“

Er lächelte wieder leicht. „Dein Zimmer ist gleich da vorne. Es ist nicht mehr weit.“

Sie nahm wieder seine Hand und stand auf. Sie ließ sich weiter führen.

„So, da wären wir. Tritt bitte ein!“

Wieder zögerte sie einen Moment, doch dann trat sie ins Zimmer ein und löste sich von seiner Hand. Sie schaute sich um.

Es war ein kleines Zimmer. Geradezu war ein Fenster, genau in der Mitte. Links davon stand ein Bett, das mit dem Fußende noch unter dem Fenster war. Neben dem Bett war am Kopfende noch ein kleiner Nachtschrank mit drei Schubladen und neben diesem war ein einfacher Tisch mit einem einfachen, aber gepolsterten Stuhl. Eine Kerze hatte noch jemand auf den Tisch gestellt, ansonsten war er vollkommen aufgeräumt. Auf der gegenüberliegenden Seite stand ein großer Kleiderschrank und daneben noch ein Stuhl in der Ecke. Dieser sah genauso aus, wie der andere. An den Wänden hangen Leuchter mit jeweils zwei Kerzen.

„Hier wirst du vorerst wohnen, bis mein Vater mehr weiß.“

„Dein Vater scheint nett zu sein.“, sagte sie darauf.

Er lächelte mal wieder. „Ja, an sich schon, aber er kann auch sehr streng sein. Das muss er auch sein. Er hat ja auch das Sagen hier.“

„Aha.“ Miku wollte nicht mehr weiter fragen. Sie war erschöpft und müde. Sie setzte sich aufs Bett. Es war ganz weich, richtig gemütlich.

Draußen ging die langsam Sonne unter und die Abenddämmerung kam. Es wurde immer dunkler im Zimmer.

„ Wenn du das Licht anmachen willst, musst du einfach zweimal in die Hände klatschen, dann gehen die Kerzen an. Die Kerze auf dem Tisch musst du allerdings anpusten.“

„Anpusten? Du meinst auspusten.“

„Nein anpusten. Versuch es doch einmal und sieh selbst!“

Sie stand langsam auf und ging zum Tisch, beugte sich runter zur Kerze und pustete sie sachte an. Und wirklich am Docht entflammte eine kleine Flamme, die die ganze Fläche des Tisches beleuchtete.

„Sie ist hell.“

„Ja, du musst ja auch was sehen können. Wenn du sie wieder ausmachen willst, musst du einfach noch mal pusten.“

„Also, doch auspusten!“

Er grinste. „Ja, du hast Recht.“ Diesmal lächelte sie auch kurz.

Sie nahm die Kerze vom Tisch und ging wieder zum Bett zurück, stellte sie auf den kleinen Nachtschrank und setzte sich wieder hin.

„Wieso stellst du die Kerze um?“

„Damit ich noch ein bisschen Licht hab´, bevor ich einschlafe.“

„Kannst doch klatschen.“

„Das wäre mir zu hell. Gehst du jetzt, bitte? Ich bin müde und möchte mich ausruhen.“

„Na klar. Wir sehen uns dann morgen früh. Gute Nacht und schlaf gut!“

„Danke! Du auch!“

Er drehte sich um und ging aus dem Zimmer, schloss langsam die Tür. Vorher drehte er sich noch mal um und lächelte.

Miku legte sich aufs Bett und schloss die Augen. Sie versuchte einen klaren Gedanken zu fassen, doch es gelang ihr nicht. Der einzige Gedanke, der immer wieder deutlich wurde, war der, dass sie tot sein sollte. Sie wollte dies einfach nicht glauben. Miku legte ihre Hand auf ihre Brust. Ihr Herz schlug noch, also muss sie noch leben. Ihr Herz schlug noch nie so schnell, wie es heute schon so oft getan hat. Sie konnte unmöglich tot sein.

Tränen liefen ihr über das Gesicht und sie schlief ein. Die Kerze brannte weiter.

Ein neuer Morgen

Am nächsten Tag:

Die Sonne stand schon hoch am Himmel. Sie schien ins Zimmer hinein und erhellte es, doch Miku schlief noch seelenruhig. Doch endlich rührte sie sich und öffnete die Augen. Sie starrte zuerst eine Weile an die Decke, bevor sie sich umdreht, so dass sie das Zimmer sehen konnte. Sie schaute sich in aller Ruhe um, doch bekannt kam ihr nichts vor. Schließlich setzte sie sich auf, nm eine bessere Übersicht zu haben.

„Wo bin ich?“ Wie komm ich hier her?“

In diesem Moment klopfte es an der Tür.

„Ja? Wer ist da?“

„Ich bin´s. Darf ich eintreten?“

Miku wusste nicht genau, wer „Ich“ sein sollte, doch sie sagte: „Ja, komm rein!“

Die Tür öffnete sich und ein Junge kam ins Zimmer hinein.

„Du?“

„Ja, was ist?“

„Ach nichts, schon gut“ Sie senkte den Kopf, denn sie wusste nicht genau wie sie reagieren sollte.

„Geht es dir besser?“

„Ähm... ja.“ Sie überlegte, woher sie den Jungen kannte, doch sie kam nicht drauf.

„Das freut mich.“, sagte er und lächelte.

Miku sah ihn an und sie erinnerte sich wieder. Dieses Lächeln hatte sie gestern oft gesehen. Sie erinnerte sich wieder an den gestrigen Tag.

„Er stand hinter dem alten Mann und hat sie hierher gebracht“, dachte sie.

„Du hast mich in dieses Zimmer gebracht, stimmt´s?“

„Ja. Hier, ich habe dir etwas zu essen mitgebracht, damit du wieder zu Kräften kommst. Du hast lange geschlafen.“

„Oh, danke!“

Er stellte das Essen vor ihr auf das Bett. Es war ein kleines Tablett. Auf dem war ein Teller mit vier köstlich aussehenden Brötchenhälften mit Marmelade drauf. Daneben stand ein Glas mit Orangensaft und Blütenblätter waren auf dem gesamten Tablett verstreut – Es sah klasse aus.

Sie nahm sich eins der vier Hälften und biss davon ab.

„Mmh, lecker!“

„Schön, dass es dir schmeckt.“

Er schaute ihr dabei zu wie sie aß und lächelte sie an.

„Sie sieht niedlich aus.“, dachte er sich.

Miku merkte dies erst nicht, denn sie hatte einen riesen Hunger. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal etwas gegessen hatte.

Plötzlich fühlte sie sich beobachtet und schaute zu ihm hinauf. Er hatte sich auf den Stuhl gesetzt, der am Tisch stand. Sie sah wie er sie anschaute und wurde rot im Gesicht. Miku schaute ganz schnell wieder nach unten und auch er bemerkte, dass er selbst ein wenig rot geworden war und schaute nun auch nach unten.

Etwas unsicher sagte er: „ Du hast ziemlich lange geschlafen. Es ist schon Nachmittag.“

Nun schaute Miku ihn wieder an und sah, dass auch er leicht verlegen war. Das machte ihr wieder Mut.

„Der gestrige Tag war sehr anstrengend für mich. Die Männer waren ziemlich stark. Ich weiß aber nicht genau, was sie von mir wollten. Ach,“ sie seufzte, „ manche Menschen können wirklich brutal sein.“

„Das waren keine Menschen.“

„Was? Keine Menschen?“, das überraschte sie sehr, „was waren sie dann?“

„Es sind Engel“

„Engel???“

„ Ja. Du befindest dich hier im Palast Gottes. Hier beginnt das Reich der Engel und das Jenseits. Allerdings nur für diejenigen, die eine reine Seele haben.“

„Ich dachte immer, Engel seien liebe Wesen, die auf die Menschen aufpassen. Ich dachte da mehr an kleine zierliche Wesen und nicht an solche muskelbepackte Kerle.“

Gottes Sohn musste lachen. Er versuchte es anfänglich zu unterdrücken, doch es half nichts.

„Wieso lachst du?“

„Ach, nur so. Ich finde, deine Ansichten über Engel und wie sie auszusehen haben witzig. Natürlich gibt es auch zierliche Engel, aber nicht nur. Wie kommst du nur darauf?“

„Meine Mum hat mir oft Geschichten über Engel erzählt, glaub ich.“

„Glaubst du? Wieso bist du dir da nicht sicher?“

„Ich hab kein Bild vor Augen. Ich weiß nicht mehr, wie meine Mum aussieht, aber ich weiß, dass ich eine hab... oder hatte.“ Sie machte eine Pause. Bei dem Gedanken keine Mutter mehr zu haben, wurde sie traurig und dies zeichnete sich deutlich in ihrem Gesicht ab. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Doch sie sprach weiter: „Aber ich weiß genau, dass sie mir solche Geschichten erzählt hat.“ Sie fing an zu weinen.

Gottes Sohn fühlte auf ein Mal etwas, was er noch nie gefühlt hatte. Er wusste nicht genau, was das für ein Gefühl war, doch er konnte das junge Mädchen nicht weinen sehen. Er stand auf und ging zu ihr. Er setzte sich neben sie und nahm sie in den Arm.

Miku genoss diese Wärme, denn sie hatte sie lange nicht mehr gespürt und kuschelte sich an ihn. Das unerträgliche Gefühl verschwand wieder, welches er noch vor kurzem hatte, und er hörte ihr Herzschlag. Ja, wirklich. Ihr Herz schlug. Sie konnte unmöglich tot sein. Sein Vater hatte Recht.

„Bin ich denn wirklich tot?“, fragte sie, als ob sie seine Gedanken gelesen hätte. Er schaute sie an und da er nichts sagte, machte Miku wieder die Augen auf, die sie eigentlich geschlossen halten wollte, um die Wärme besser genießen zu können, und sah ihn an. Er wusste nicht genau, was er auf diese Frage antworten sollte, doch schließlich sagte er sicher: „Nein, das bist du nicht!“ Er lächelte und auch ihr Gesichtsausdruck erhellte sich und sie hörte auf zu weinen.

„Wirklich?“

„Ja, ich bin mir ganz sicher. Ich höre dein Herz schlagen und das sogar sehr deutlich. Wieder lächelte er und auch sie konnte sich zu einem Lächeln durchringen.

„Gott sei Dank, da bin ich jetzt beruhigt. Das war meine größte Sorge.“

Sie senkte den Kopf wieder, zog ihre Beine an sich und legte ihre Arme drum. Sie zitterte am ganzen Körper. „Du brauchst keine Angst zu haben. Es wird dir niemand etwas tun.“ sie fing wieder an zu weinen. Er nahm sie ein weiteres Mal in den Arm und sie lehnte sich an ihn.

„Hab keine Angst! Ich bin doch dein Freund.“

„Mein Freund?“ Miku sah ihn mit Tränen in den Augen an.

„Ja, solange du hier bist, bin ich für dich da. Du kannst jeder Zeit zu mir kommen, wenn du was brauchst oder Sorgen hast. Mein Zimmer liegt direkt neben deins, also gleich die nächste Tür.“

Miku´s Gesichtsausdruck erhellte sich. „Danke!“

Sie saßen noch eine Weile auf dem Bett – eng an einander gekuschelt. Doch dann stand er auf und sagte: „Na gut, ich werd´ dann mal wieder los. Ich muss noch was erledigen.“ Sein Gesicht war leicht rot geworden. Er verneigte sich leicht vor ihr und ging nun aus dem Zimmer. Obwohl er die Tür schon geschlossen hatte, schaute sie ihm nach. Doch schließlich fing sie sich wieder und aß ihr Frühstück weiter. Als sie fertig war, legte sie sich hin und träumte ein bisschen vor sich hin.

Verständnis und Zuneigung

Miku wachte auf. Wieder war es Morgen geworden und die Sonne schien in ihr Zimmer. Doch sie wachte nicht von alleine auf. Draußen in Flur war ein riesen Lärm zu hören, als ob sich welche streiten würden und tatsächlich so war es. Es brauchte einige Zeit bis Miku richtig wach wurde und klare Worte erkannte. Es war die Stimme von Gottes Sohn und er schien sehr aufgebracht zu sein.

„Nein! Sie bleibt hier! Ist mir egal, was mein Vater sagt.“

„Aber, Herr, verstehen sie doch, bitte!“ ,sagte eine weitere Stimme flehend.

„Nein, sagte ich und dabei bleibt es. Und ihr werdet nichts ohne meine Einwilligung tun, verstanden?!“

„Aber...“

„Nein! Kein Aber! Verstanden?!“ ,und diesmal mit noch mehr Ausdruck als vorher.

Darauf hin gab der andere auf. Er erkannte, dass er seinen jungen Herrn nicht umstimmen konnte und sagte: „Ja, Herr. Ich habe verstanden.“ Darauf hin knallte die Tür neben an und es wurde ganz still. Miku saß kerzengerade in ihrem Bett. Dass er so laut werden konnte, hätte sie nie gedacht, war er doch sonst so sanft. Doch was sie noch mehr beschäftigte, war worüber sie geredet haben, oder besser gestritten haben. Meinten die beiden etwa sie? Was haben sie mit ihr vor? Sie wusste auf diese Fragen keine Antwort. Und auch wenn sie sich Sorgen um sich selbst machte, blieben ein Teil ihrer Gedanken bei ihm. Was konnte passiert sein, was ihn so wütend machte? Und vor allem, wie ging es ihm jetzt? Sie fand keine Antworten, doch das wollte sie nicht so akzeptieren und hier einfach nur weiter rumsitzen. Also stand sie auf und ging hinaus auf den Flur, doch vor der Tür zu seinem Zimmer blieb sie stehen. Sollte sie wirklich zu ihm gehen? Doch sie wollte nicht länger warten und nahm schließlich ihren Mut zusammen und klopfte an die Tür. Niemand antwortete ihr. Sie klopfte noch einmal – wieder keine Antwort. Jetzt wusste sie nicht genau, ob sie hinein gehen sollte. Schließlich war es nicht ihr Zimmer und er klang wirklich wütend, aber er hatte ja gesagt, sie darf kommen wann sie möchte. Außerdem wollte sie endlich Klarheit. Also öffnete sie langsam die Tür, aber nur einen kleinen Spalt, um erst mal zu hören, ob er nichts dagegen hat.

Doch was sie sah, ließ sie erstaunen. Ihre Augen weiteten sich und ihr Mund blieb offen stehen. „Wow“ dachte sie. Sein Zimmer war riesig. Ganz anders als ihres.

Was ihr als erstes ins Auge fiel, war das riesige Himmelsbett mit blauem Bezug, das links an der Wand stand und von dort aus ins Zimmer ragte. Das ganze Zimmer strahlte in einem gewissen Blauton und trotzdem wirkte es kein bisschen kalt. Geradezu war eine breite Glastür, an deren Seiten Fenster waren. Sie reichten vom Boden bis zur Decke und dahinter schien ein Balkon zu sein. Miku konnte es nicht genau erkennen, denn das Licht, welches von draußen ins Zimmer schien, blendete sie. Deswegen hielt sie sich die Hand vor die Augen um besser etwas sehen zu können und erkannte, dass die Tür offen stand.

Miku ging hinaus auf den Balkon und bekam eine Aussicht, die sie noch mehr ins Staunen versetzte, als schon das Zimmer zuvor. Sie sah tausende Häuser und Türme, die ganz in weiß getaucht waren. Eine riesige Stadt erstreckte sich unter ihr. Aber es waren keine Hochhäuser, sondern alles kleine Gebäude, fast wie in früheren Jahrhunderten. Sie strahlten ein gewisses Gefühl von Wärme und Wohlbefinden aus. Miku hatte noch nie zuvor so etwas schönes gesehen. Sie konnte einfach ihren Augen nicht davon abwenden.

„Was willst du hier? “ ,ertönte eine Stimme hinter ihr – sie klang zittrig.

Miku erschrak heftig und drehte sich blitzschnell um. Gottes Sohn saß unten am Boden und lehnte sich gegen die Fensterfront. Aus seiner Stimme war immer noch Zorn zu entnehmen, doch gleichzeitig rannten Tränen übers ein Gesicht. Er wischte sich mit dem Ärmel über die Augen, um zu verbergen, dass er weinte. So hatte Miku ihn noch nie gesehen. Er war immer so stark und mutig aufgetreten und jetzt so was. Sie spürte wie Mitleid in ihr aufstieg und fragte mit zaghafter Stimme: „Ist alles okay mit dir?“ Er nickte nur, doch das junge Mädchen merkte, dass dies nicht der Wahrheit entsprechen konnte. „ Darf ich mich zu dir setzten?“ Wieder nickte er und sie setzte sich dicht neben ihm, sodass ihre Schultern sich fast berührten. Eine Weile saßen beide so da und schwiegen, doch Miku behagte diese Stille gar nicht, traute sich aber in diesem Moment auch nicht etwas zu sagen, zu mal sie nicht wusste, was sie jetzt sagen sollte. Sie erinnerte sich daran, wie er sie letztens getröstet hatte und somit umarmte sie ihn.

Gottes Sohn war ein wenig verwundert, doch er genoss die Wärme, die sie ihm gab. Er spürte deutlich wie die Wut in ihm verschwand und die Tränen langsam versiegten. Auch Miku genoss es, aber sie wollte Antworten haben, deswegen war sie ja her gekommen. Doch sie war sich nicht mehr sicher, ob sie diese bekommt, aber es war ihr auch nicht mehr so wichtig, trotzdem versuchte sie es.

„Möchtest du mir sagen, was sich bedrückt?“ Er schüttelte langsam mit dem Kopf, sah aber ihren besorgten Blick. „Es war nichts besonderes. Ich hab mich nur mit meinem Vater gestritten – wie immer. Wir sind selten einer Meinung.“ Dabei lächelte er wenig. Miku war nicht wirklich beruhigt, aber sie verstand auch, dass er nicht darüber reden wollte. Somit war dieses Thema mit einem „Achso“ beendet.

„Mach dir keine Sorgen um mich. Mir geht es gut, aber wie geht es dir? Geht es dir wieder besser?“

„Ja, mir geht es gut. Ich fühl mich nur ein wenig müde. Ich weiß auch nicht genau, warum.“

Miku sah ihn an, doch dein Gesichtsausdruck gefiel ihr gar nicht. „Guck doch bitte nicht so böse“

Sofort erhellte sich sein Gesicht. „Tut mir leid“ ,sagte er noch schnell, „Ich war nur in Gedanken.“

„Und dann guckst du so böse?“

„Nein, eigentlich nicht. Es ist nur... ähm.“ Er musste sich schnell etwas einfallen lassen. „Ich hab eben nur kurz an den Streit mit Vater gedacht. Ich... äh... sollte mich nachher noch entschuldigen.“

„Ja, das wird das beste sein.“

Das gestellte Lächeln wich schnell aus ihren Gesichtern.

„Und hat dein Vater schon etwas herausgefunden? Wie ich hier hergekommen bin und wo ich herkomme.“

„Nein. Bisher noch nichts Genaues. Er hat allerdings eine Vermutung. Er meint, dass du von unten kommst, aber - “

„Stop! Was meinst du mit `von unten´ ?“

„Achso. Ich mein die Welt der Lebenden und Sterblichen – die Welt der Menschen“

„Aha“

„Aber ich glaube nicht, dass das stimmt. Wie sollst du denn von dort hierher gekommen sein, wenn du noch lebst. Nur den toten Seelen ist es möglich diesen Ort zu betreten, denn hier kann kein menschliches Leben existieren.“

„Warum nicht?“

„Dieser Ort wird von so viel magischer Energie durchströmt, was es Menschen unmöglich macht hier zu überleben. Ihre Körper sind zu schwach, um diese starken Strömungen auf Dauer auszuhalten. Außerdem ist der Palast der Eintritt auf eine höhere Ebene und wird somit von einem starken Schutzschild geschützt. Und dieser ist unüberfindbar für menschliche Geschöpfe... was ist?“

Miku hatte ihn die ganze Zeit über angestarrt, doch erst jetzt hatte sie es gemerkt. Sie wurde rot und drehte sich weg. Gottes Sohn hatte ihr Gesicht trotzdem gesehen und er musste anfangen zu lachen.

„Lachst du mich etwa aus?“

Sein Lachen verstummte „Nein, das tu ich nicht. Du sahst nur gerade so niedlich aus, da konnte ich nicht anders.“

Nun schaute Miku wieder zu ihm auf und sah, dass er ebenfalls rot im Gesicht war. Er war genauso verlegen wie sie und das beruhigte sie ein wenig. Beide schauten sich an, doch keiner wusste, was er jetzt sagen könnte und so entstand Stille, die für beide unerträglich schien.

„Na gut, ich will dich dann mal nicht weiter stören.“ , sagte sie schnell dahin, stand auf und wollte gehen, doch er hatte sie am Arm festgehalten. Er zog sie wieder sachte zu sich runter und kurz darauf spürte Miku seine Lippen auf den ihren.

Ein unglaublich warmes Gefühl stieg in ihrem Körper auf. Sie wusste kaum wie ihr geschieht, doch sie genoss es von ganzem Herzen. So verstrichen einige Augenblicke, doch dann löste er sich von ihr und schaute sie an.

„Ich hab dich wirklich gern.“

„Ja! Ich dich auch, wirklich.“

Beide waren rot bis über beide Ohren. So kam es, dass diesmal beide zu lachen begannen.
 

Miku lehnte ihren Kopf auf seine Schulter und genoss seine Wärme.

„Jetzt bin ich mir auch sicher. Du bist mein Freund.“

Er legte seinen Arm um ihre Schulter.

„Das hab ich dir doch von Anfang an gesagt.“

Sie schaute noch einmal kurz zu ihm hoch und sah, dass er zufrieden lächelte – genau wie sie.

So saßen sie noch lange auf dem Balkon bis die Sonne unterging und Miku in seinen Armen einschlief. Er trug sie in ihr Zimmer zurück und ging dann selber schlafen. Vorher gab er ihr aber noch einen kleinen Gute-Nacht-Kuss.



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  Terranigma2
2006-06-12T09:39:20+00:00 12.06.2006 11:39
Also ich find den Titel gut, Schatz.
Die Story isr zwar noch nicht sehr lang, aber schonmal gut. Engel sind immer toll und ein Göttchen sowieso, danke, dass du sie für mich geschrieben hast. *kisu*
Nur an der sprachlichen Finesse kannst du noch etwas arbeiten, sodass keine unpassenden Anaphern auftreten, kommt aber auch nur selten in der Geschichte vor. Ich freue mich auf die Fortsetzung.
Ich liebe dich ganz doll! *kuss* *knuddel*


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