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Purple Rain

Zwei Fußballer ... ein Drama
von

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Miro [All is right with the World]

Es geht mir gut.
 

Ich habe eine tolle Frau und seit etwa einem Jahr zwei reizende Söhne.

Als Profifußballer kann ich behaupten, dass ich Geld wie Heu habe.

Ich bin gesund und fit.

Fußball ist mein Leben.

Bei Werder bekomme ich alles was ich brauche, um meine internationalen Ziele irgendwann verwirklichen zu können.

Ja, ich sollte zufrieden sein.

Was sollte ich mehr wollen?

Kann ich überhaupt noch mehr Glück erwarten?
 

Es geht mir gut.
 

Ich habe alles was ich brauche.

Jedenfalls rede ich mir das ein.

Ich versuche es.

Verzweifelt.
 

Doch...

Ich versuche die Gedanken zu verdrängen.

Die Gedanken an ihn.

Nein.

Nicht schon wieder.
 

Ich drehe den Kopf zu ihr.

Sehe sie an, wie sie neben mir liegt und friedlich schläft.

Ihr gleichmäßiges Atmen.

Ich liebe sie, keine Frage.

Sie ist meine Frau.

Und sie liebt mich.

Ich wüsste gar nicht, was ich ohne sie täte.
 

Was tue ich nur?
 

Was fühle ich nur?
 

Ich sollte glücklich sein.
 


 

Ivan.

Miro [Everyday You]

Training.

Wieder Training.
 

Wieder du.
 

Mein Herz klopft schon bevor ich mit meinem Wagen auf den Parkplatz biege.

Mein Magen krampft sich zusammen.

Adrenalin lässt meine Finger zittern.

Gleich.

Gleich wirst du wieder bei mir sein.
 

Wie habe ich dich vermisst.

Und es wird schlimmer.

Immer schlimmer von Mal zu Mal.

Immer wenn wir uns trennen.

Wenn du dich umdrehst und gehst.

Und ich dastehe und dir nachschaue.

Hilflos.

Machtlos.

Gefangen.
 

Vergiftet von meiner grausamen Liebe zu dir.
 


 

Ich nehme meine Tasche aus dem Wagen und mache mich auf den Weg in die Kabine.

Gleich.

Ich öffne die Tür.

Höre schon die vertrauten Stimmen der anderen.

Ich werde begrüßt.

Mir ist schlecht.

In Gedanken versunken öffne ich meinen Spinnt und nehme meine Sachen heraus.

Gleich.

Ich trödele.

Gleich.

Wo bleibt er nur?

Gleich.

Die anderen haben die Kabine längst verlassen als sich die Tür ein weiteres Mal öffnet.

Ich sehe nicht auf.

Wage es nicht.
 

Ivan tritt neben mich.

Ein grummeliges "Hallo".
 

Als ich sicher bin das er mich nicht ansieht, schaue ich ihn an.

Adrenalin pumpt wieder durch meine Adern.

Meine Hände zittern wieder.
 

Er zieht sein Shirt aus.

Ich senke den Blick.

Versuche meine glühenden Wangen zu ignorieren.
 

Augenblicke verstreichen.
 

"Kommst du heut auch noch mal?", ruft er von der Tür herüber.

Ich zucke zusammen.

"Ja.", japse ich.
 

In sicherem Abstand folge ich ihm.
 

"Miro, wenn du in allem so langsam wärst, wärst du schon Ersatzspieler."
 

"Ich-"
 

"Jetzt reiß dich mal zusammen. Was ist los mit dir?", murrt er mich an.
 

Du hast ja keine Ahnung, denke ich.
 

"Wenn du Probleme hast, solltest du die mal aus der Welt schaffen. Einen Spieler der nur halbherzig bei der Sache ist, können wir nicht gebrauchen!"
 

Ich nicke nur.
 

Ivan.

Du hast wirklich keinen blassen Schimmer.
 

Wieder frage ich mich, wie es nur so weit kommen konnte.

Wie konnte ich mich in ihn verlieben.

Wir waren mal die besten Freunde.

Und zusammen der beste Sturm der Liga.

Und nun habe ich alles kaputt gemacht.

Weil ich mich selbst hemme.

In meiner Leistung.

In allem.

Ich setze das alles aufs Spiel.

Mache mir selbst das Leben schwer.
 

Und wofür?

Für nichts.
 

Du würdest mich auslachen.

Du würdest mich vielleicht sogar verachten, für das, was ich von dir will.

Für das, was ich von dir brauche.

Ich würde dich anekeln.

Und ich ekele mich ja selbst an.

Wie kann ich nur.

Warum fühle ich nur so.
 

Es fängt an zu regnen während wir uns warm laufen.

Der Rasen ist rutschig.

Ich sehe meine Füße kaum.

Alles vor meinen Augen verschwimmt.
 

Und dann falle ich.

Ein ungeachteter Schritt.

Das Unglück geschieht.

Ivan fällt über mich.

Mein Herz bleibt stehen.

Ich ziehe den Kopf ein als er mich anfährt.
 

"Verdammt noch mal, Miro! Pass doch auf! Bist du überhaupt noch zu etwas zu gebrauchen?"

Er steht auf und versucht vergeblich, den Matsch von seinem Trikot zu wischen.
 

Und meine Haut brennt.

Da wo sein Körper mich berührt hat.

Ich starre ihn an.
 

"WAS?" Auch er sieht mich wütend an.
 

Sein Hass tut mir weh.

Mein Herz tut weh.

Er schenkt mir nur noch Verachtung.

Und ich habe es ja auch nicht anders verdient.
 

Dann schüttelt er den Kopf und läuft weiter.

Ich sollte dringend aufhören ihn ständig anzustarren.

Doch meine Augen müssen ihn einfach ansehen.

Ich bin süchtig.
 

Was soll ich nur tun.
 


 

Das Training endet.

Ich trödele.

Wieder.

Ich will niemanden mehr sehen.

Ich bin erschöpft.

Niedergeschlagen.
 

Als die Duschen leer sind, ziehe ich mich aus.

Ich fühle mich schmutzig.

Besudelt.

Schon so lange.

Ich kann mich nicht gründlich genug waschen um diese Gefühle anzustreifen.
 

Doch die heiße Dusche tut gut.

Stille.

Angenehm.
 

Doch dann höre ich dir Tür.

Wieder Adrenalin.
 

Ich wage nicht, mich umzusehen.
 

Ivan.
 

Nein, das kann nicht sein.

Ich dachte, er wäre schon lange fort.
 

Verdammt.
 

Ich höre sein Handtuch zu Boden fallen.

Mein Herz schlägt höher.
 

Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie er hinter der bauchhohen Trennwand neben mir erscheint.

Ich versuchte ihn zu ignorieren und nehme zitternd das Shampoo.

Mein Gesicht glüht, was ich ebenfalls von meinen Lenden behaupten hätte können.

Gott sei dank sieht er es nicht.

Er stellt die Dusche an.
 

Wieder denke ich an die Situation im Training vorhin.
 

"Ich weiß was los ist.", sagt er gerade heraus.
 

"Was?" keuche ich und sehe ihn ungläubig an.

Er kann es nicht wissen.

Woher auch?

Oder hatte ich mich selbst verraten?
 

"Glaubst du ich bin bescheuert?"
 

Ich starre ihn an.

Nein!

Die Gedanken überschlagen sich in meinem Kopf.

Tausend Mal habe ich sein angewidertes Gesicht vor meinem geistigen Auge gesehen.

Tausend Mal habe ich mir geschworen, dass er es niemals erfahren würde.
 

Ich wende den Blick ab.

Mein Herz schlägt immer noch wie wild.
 

Er verschwindet aus meinem Augenwinkel.
 

Ich starre auf den Duschknopf.

Wo ist er?

Geht er?

Miro [Crossed the Line]

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Ivan [and I'm not that Kind]

An der Tür drehe ich mich noch einmal um zu ihm.

Er ist unter der Dusche zusammengebrochen.

Hockt nur da.

Starrt zu Boden.
 

Sogleich keimt Mitleid in mir auf.

Ich hatte einen Fehler begangen.

Einen großen Fehler.

Ich hatte ihn gebrochen.

Ihn erniedrigt.

Ihn zutiefst verletzt.
 

Egal.

Er hatte es sich selbst zuzuschreiben.

Er hatte mich provoziert.

Und das schon seit Wochen.

Selbst schuld.

Dauernd schlawenzelte er vor mir herum.

Mit seiner unschuldigen Art.

Mir seinem reinen Wesen.

Selbst schuld.
 

Selbst schuld.
 

Ich knalle die Tür zu, ziehe mich so schnell wie möglich an und haste hinaus zum Auto.

Ich habe das Gefühl, ich muss ersticken.

Ich schnappe nach Luft.

Sofort, als ich die Autotür zuknalle, wird das Gefühl schlimmer.

Ich lasse panisch die Fenster runter.

Regen fällt durch die Scheibe auf meine Schulter.

Auf meine Hände.

Auf meinen Schoß.
 

Ich glühe immer noch.
 

Was zur Hölle hatte mich so weit getrieben?
 

Wieder treten die Bilder vor mein geistiges Auge.

Meine Hände werden wieder zittrig.

Wie schön er gewesen war.

Wie unglaublich gut er sich angefühlt hatte.

Ganz anders als eine Frau.

Ganz anders als meine Frau.
 

Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis es so weit kommen musste.

Es hätte sowieso irgendwann unweigerlich dort geendet.
 

Wieder erinnere ich mich zurück.

An den Tag, an dem Miro nach Werder wechselte.

Wie er zu uns in die Kabine kam.

Von unserem Trainer vorgestellt wurde.

Wie sein Blick den Meinen kreuzte.

Mein Herz setzte damals einen Schlag aus.

Und es hatte mich schockiert, was ich da einen Sekundenbruchteil gespürt hatte.
 

Und doch gewannen wir Vertrauen zueinander.

Lernten uns besser kennen.

Lernten Seite an Seite in perfekter Harmonie zu spielen.
 

Und dann...
 

... ja und dann?
 

Dann änderte ich schleichend alles.

Er find an, mir aus dem Weg zu gehen.

Er zog sich immer weiter vor mir zurück.

Fiel nicht mehr freudestrahlend über mich her, wenn wir ein Tor erzielt hatten.

Passte immer mehr auf, das er mich nicht aus Versehen berührte.
 

Der Regen prasselt weiter auf meine Scheibe, als ich auf die Autobahn biege.
 

Und noch eine Situation zwischen uns fällt mir wieder ein.

Sein Gesichtsausdruck, der sich in mein Gehirn gebrannt hatte.
 

Als er rücklings auf dem Rasen lag.
 

Ich war ohne nachzudenken über ihn hergefallen.

Hatte ihn nur umarmen wollen.

Doch er fiel und ich fiel über ihn.

Seine Augen waren weit aufgerissen.

Er war erstarrt.

Und auch mir wurde auf einmal die Situation bewusst.

Ich sah ihm in die Augen.

Spürte seinen heftigen Atem.

Sah auf seine Lippen und hatte plötzlich das plötzliche Bedürfnis ihn zu küssen.

Nein, nicht ein freundschaftlicher Kuss unter Männern.

Nein, ein richtiger Kuss.

Aus Leidenschaft.

Aus Erregung.

Aus Verlangen.

Ich hätte mich damals fast vergessen, hätte mich sein erschrockenes Flüstern nicht in die Realität zurückgeholt.

"Nicht!", hatte er gejapst.

Und ich kam wieder zur Besinnung.
 

Wir hatten uns danach drei Tage lang nicht angesehen.
 

Ich schüttele den Kopf.

Versuche, mich wieder auf die Straße zu konzentrieren.

Ich muss weg hier.

Zu meiner Frau.

Mich ablenken.

Wieder zur Besinnung kommen.
 

Ich bin nicht schwul.
 

Ich war es nie, bin es nicht und werde es auch nie sein!
 

Ich stehe nicht auf Männer.
 

Nicht auf ihn.
 

Auf ihn...

Miro [Can't stand it]

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Ivan [Angel in a Dream]

Im Halbschlaf wälze ich mich im Bett hin und her.
 

Träume ich?
 

Ich knie auf dem Boden.

Grelles Licht blendet mich.

Meine Augen brennen fütchterlich.

Und doch versuche ich ins Licht zu schauen.
 

Irgendetwas ist da.

Vor mir.
 

Genau vor mir.
 

Ich blinze noch einmal.
 

Die Umrisse einer Gestalt tauchen langsam in dem Licht auf.
 

Es ist so unglaublich grell.

Ich habe Angst zu erblinden.
 

Nach ein paar Augenblicken scheint das Licht etwas nachzulassen.

Ich erkenne die Umrisse jetzt deutlicher.
 

Ich blinzele wieder.
 

Mein Herz setzt einen unangenehmen Schlag aus.
 

Miro?
 

Er ist es.
 

Und er sieht mich an.

Sieht auf mich herunter.

Seine Augen glitzern.

Sie machen mich traurig.
 

Sein Blick...
 

Ich schaue zu ihm hoch und versuche ihn zu deuten.

Er schaut nicht böse, nicht gequält, nicht vorwurfsvoll.
 

Und doch...
 

Er sagt nichts.

Kein Wort.

Schweigt.
 

Doch ich kann ihn hören.

Seine Seele spricht zu mir.

Je länger ich ihn ansehe, umso schlechter fühle ich mich.
 

Schuld, Reue und Angst beginnen, von innen an mir zu nagen.
 

Mein Körper scheint sich gegen meine Seele zu wehren.

Wie etwas, dass er abstoßen will.
 

Das Gefühl wird immer schlimmer und schlimmer.
 

Ich fange an zu wimmern.

Krümme mich zusammen.

Flehe ihn an, aufzuhören.
 

Doch er schweigt weiter, rührt sich nicht und sieht mich an.
 

"Miro- bitte- hör auf-", krächze ich und wälze mich wieder hin und her. "Hör auf!"
 

Meine Kräfte neigen sich dem Ende.

Tränenüberflutet sehe ich ihn an.
 

Sein Blick verändert sich.

Sofort weiß ich ihn zu deuten.
 

Zitternd strecke ich meine Hand nach ihm aus.

"Nein-", keuche ich panisch.
 

Ich will ihn fest halten.

Ich MUSS ihn festhalten.
 

Doch ich kann ihn nicht erreichen.
 

Langsam dreht er sich um.

Dreht den Kopf noch einmal zu mir.
 

Der letzte Blick.
 

Der allerletzte Blick, den er mir schenkt.

Das ist mir schlagartig klar.
 

Dann verschwindet er langsam in dem unendlich grellen weiß.
 

Mein Herz scheint den Abschied nicht zu verkraften.

Verzweiflung.

Unendliche Verzweiflung explodiert in mir.
 


 

"NEIN!", schreie ich und wache schweißgebadet auf.
 

Über mir das angsterfüllte Gesicht meiner Frau.

Sie legt eine Hand sorgsam auf meine Brust.

"Alles in Ordnung, Schatz?"
 

Ich versuche mich wieder zu fangen.
 

"Du hattest einen Alptraum.", sagt sie sanft. "Alles in Ordnung."

Sie legt ihren Kopf in meinen Arm.

"Versuch noch einmal zu schlafen. Es ist noch früh."
 

Ich nicke beklommen.

Ein zäher Kloß scheint in meinem Hals zu stecken.
 

Stille.
 

Dann flüstert sie: "Was ist mit Miro?"
 

Ich halte erschrocken den Atem an.

Antworte nicht.

Ich kann nicht.

Was soll ich auch sagen?
 


 

Ich bin froh, fünf Tage Trainingsfrei zu haben.

Ich brauche Ruhe.

Beschäftige mich im Kraftraum.

Verausgabe mich völlig.

Gehe spazieren.

Stundenlang.

Schaue dummes Zeug im Fernsehen.

Koche sogar.
 

Doch es hilft nicht.

Überhaupt nicht.
 

Ich denke nur an dich.

Immer wieder.
 

Das kann doch nicht wahr sein.

Ich bin besessen.

Und du bist Schuld!

Doch ich wage nicht, dich zu verfluchen.

Nicht seit dem seltsamen Traum.
 

Die Tage verrinnen weiter.

Und mit ihnen wächst die Unruhe in mir.
 

Ich fühle mich wie ein Drogenabhängiger, der sich nach seinem Stoff sehnt.
 

Nach vier Tagen ist es mir glasklar.

Ich muss einfach noch einmal haben, was ich da gefühlt hatte.

Ich erinnere mich nur noch dunkel.

Trotzdem.

Ich muss es einfach noch einmal haben.
 

Nur noch einmal.
 

Ihn.

Ivan [One more Time]

Fieberhaft arbeitet mein Hirn an einem Plan.

Irgendetwas Todsicheres.

Ich muss ihn noch einmal haben.

Doch ihn mir irgendwo schnappen reicht nicht.

Meine Liste ist zu lang.

Die Liste mit den Dingen, die ich mit ihm tun will.
 

Nein, wir brauchen Ruhe und Zeit.
 

Am besten eine ganze Nacht.

Ohne Eile.

Ohne irgendwen, der uns im Nacken sitzt.
 

Ich will ihn nur noch einmal.

Ganz für mich allein.

Noch einmal meinen Hunger nach ihm stillen.

Dann kann ich dieses kranke Zeugs vergessen und nie wieder darüber nachdenken.
 

Wenn ich ihn nur einmal vollkommen gehabt hatte...
 

... dann würde er sicher keinerlei abnormalen Reiz mehr auf mich ausüben.
 

... dann wäre ich endlich fertig mit ihm.
 

Also, nur einmal noch.
 

Etwas Todsicheres...

Wo uns niemand stören würde...
 

Ein Hotel.
 

Wo uns niemand finden würde...
 

Ich gehe zum Sekretär und wühle nach den gelben Seiten.

Ungeduldig blättere ich nach Hoteladressen.
 

Hier.
 

Den Namen kenne ich nicht.

Es liegt außerhalb von Bremen.

Zudem sieht es nicht besonders nobel aus.

,Perfekt!', denke ich und mein Magen zieht sich in freudiger Erwartung zusammen.

Ich reiße die Annonce raus und stopfe sie in meine Hosentasche.
 

Ich nehme meine Trainingstasche und gehe in die Küche zu meiner Frau.

"Es könnte sein, dass wir heute Abend noch etwas trinken gehen. Vielleicht kann ich nicht mehr fahren und penne bei einem der Jungs. Also mach dir wenn dann keine Sorgen.", lüge ich und gebe ihr noch einen schnellen Kuss bevor ich gehe.
 

Auf dem Weg nach draußen ignoriere ich das leichte Gefühl von schlechten Gewissen.
 

Es ist ja nur einmal.
 

Und ich tue es für uns.

Damit ich mich wieder nur auf uns konzentrieren kann.

Um diese lästige Angelegenheit loszuwerden.

Also ist es durchaus legitim.
 

Ich steige ins Auto und mache mich auf den Weg zum Training.

Der Weg kommt mir heute unangenehm kurz vor.

Und ich wünschte, ich wäre noch nicht da.
 

Doch es hilft nichts.
 

Ich hatte keine andere Wahl.
 

-
 

Wir trainieren bereits über eine halbe Stunde und er ist noch nicht aufgetaucht.

Wo steckt er nur?

Er konnte dem Training doch nicht einfach fern bleiben.
 

Nicht heute, verdammt!
 

Du machst meinen Plan kaputt!
 

Nach einer Stunde gehe ich zu Schaaf und frage ihn, was mit Miro los sei.

Er sagt, er würde später dazu stoßen.

Familiäre Angelegenheiten.

Sicher.
 

Ich werde immer nervöser.

Hoffe, dass er noch auftaucht, bevor das Training zu Ende ist.
 

Und tatsächlich.

Nicht mal mehr als zehn Minuten vor Schluss taucht er endlich auf.

Ich ignoriere ihn.

Erstmal.
 

Er spricht mit Schaaf.
 

"Hey Ivan, machst du irgendwann heute auch noch mal richtig mit?", ruft Joe mir entgegen.

Ich schaue ihn verdutzt an.

Ach ja.

Training...
 

Nachdem Schaaf endlich die Einheit beendet hat, lässt er uns gehen.

So.

Hastig ziehe ich mich um, damit er mir nicht noch entwischen würde.

Ich stopfe alle Sportsachen in die Tasche und haste zum Parkplatz.
 

Schaue nach seinem Auto.

Ja!

Es ist noch da.

Ganz außer Atem erreiche ich ihn.

Er telefoniert.

Ich klopfe an die Scheibe.

Erschrocken sieht er mich an und beendet das Gespräch.
 

Gott, seine Augen...
 

Er steigt aus.

Sieht mich fragend an.
 

Einen kurzen Moment lang vergesse ich doch glatt, was ich eigentlich wollte.
 

Dann fällt es mir wieder ein und ich wühle hektisch in meiner Hosentasche.
 

Ich drücke ihm den verknüllten Zettel in die Hand.

"Sei heute Abend 22 Uhr bei dieser Adresse, oder lass es."

Mehr bekomme ich nicht raus, also drehe ich mich um und gehe.
 

Ich sehe nicht, wie er den Zettel glättet und einen Moment lang die Stirn runzelt.
 

Dann ruft er mir nach.

"Ivan-"
 

Erstaunt bleibe ich stehen und drehe ich mich um.
 

"Auf welchen Namen?"
 

Das heißt also ja.

Er wird da sein.

Wieder krampft sich mein Magen zusammen.
 

Ich nenne den erstbesten Namen, der mir in den Sinn kommt.
 

"Schmidt."
 

Hm, den Namen soll mal einer zurückverfolgen.
 

-
 

Mit zitternden Knien steige ich ins Auto.

Die Sonne geht gerade unter.
 

Was habe ich nur getan?

War ich noch ganz richtig im Kopf?
 

Was zum Teufel hat mich nur soweit getrieben?
 

Nun gibt es kein Zurück mehr.
 

Es sei denn er würde nie dort auftauchen.
 

Dann sollte es wohl so sein.
 

Ich fahre los.

Es sind noch drei Stunden Zeit, aber ich habe auch noch Einiges zu besorgen.

Ein Basecap war Nummer eins.

Eine hässliche Kragenjacke Nummer zwei.

Und dann noch ein paar andere nützliche Dinge.
 

Die Taschen neben mir auf den Sitz gefeuert, gebe ich das Ziel in meinen Navi ein.

<Sie werden cirka 70 min für die Strecke brauchen.>, meint die elektronische Stimme.

"Ich habe Zeit genug.", erwidere ich mehr zu mir selbst als zu dem Navigationssystem und setze das Basecap auf.
 

-

Als ich ankomme, ist es bereits dunkel.

Der Parkplatz ist vollkommen leer.

Mir recht.

Ich parke das Auto, nehme die Taschen heraus und gehe in das Hotel.

Es ist wirklich nicht gerade nobel.

Der Portier mustert mich sofort.
 

Ich nuschle etwas vor mich hin ohne ihn anzusehen.

Doppelzimmer.

Schmidt.

Keine Anrufe.

Kein Zimmerservice.
 

Ich erwarte noch jemanden.
 

Als ich die Treppen hinauf gehe, fühle ich mich wie in einem schlechten Film.

Ja, wie in einem sehr schlechten Film.

Ich lache, weil ich es selbst zu wahnwitzig finde.
 

Das Zimmer ist ordentlich und erstaunlich sauber.

Ich schmeiße die Taschen auf einen alten Sessel in der Ecke und gehe zur Minibar.

Scotch.

Hervorragend.
 

Noch knapp eine Stunde.
 

Ich fülle mir ein Glas und gehe zum Fenster.
 

Draußen steht immer noch kein Auto außer Meins.

Auf der Straße herrscht Totenstille.

Ich blicke in die Dunkelheit und grübele.
 

Ob er wirklich auftauchen wird?
 

Sicher.

Wie könnte er nicht.
 

-
 

Ein Lichtkegel erscheint plötzlich aus der Dunkelheit.

Ein Auto.

Es wird langsamer.

Es biegt auf dem Parkplatz.
 

Merkwürdige Erregung kriecht in mir hoch.
 

Der Fahrer steigt aus.

Ich kann jedoch nicht erkennen, ob er es ist.
 

Sämtliche Muskeln in meinem Körper spannen sich an.

Mein Herz rast plötzlich.

Ivan & Miro [As your Body moved with mine]

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Miro [Heavy on my Heart]

Ich wache auf, irgendwann, es ist noch dunkel.

Ivan liegt hinter mir, sein Arm schwer um meine Taille gelegt.

Ich zittere, denn mein Körper ist kalt.

Ich will nach der Decke greifen, um sie über uns zu ziehen, als ich merke, dass meine Handgelenke immer noch festgebunden sind.

Ich seufze.

Von meinen Bewegungen wird er wach.

Ich halte den Atem an.

Sein Arm wird leichter.

„Was ist los?“, murmelt er.

„Es ist kalt.“, flüstere ich und kann das Zittern nicht mehr unterdrücken.

Er setzt sich auf.

Streicht über meine Schultern.

Dann nimmt er die Decke vom Fußende und deckt mich zu.

„Gleich wird es wärmer.“, flüstert er und legt sich wieder hinter mich.

Und er hat Recht.

Ich fühle mich unendlich wohl unter der weichen Bettdecke.

Es wird langsam warm, ich liege nicht mehr so unangenehm entblößt da, er ist bei mir und-

„Ivan?“, flüstere ich.

Er war schon fast wieder eingeschlafen: „Hm?“

Ich nehme meinen Mut zusammen.

„Binde mich los. Bitte.“

Schon spüre ich wie er sich anspannt.

Er sagt nichts.

Überlegt er ernsthaft ob ich weglaufen könnte?

„Bitte. Sie tun weh. Und-“, ich überlege „und ich werde schon nicht gehen.“
 

Er sagt nichts.

Aber nach einem Augenblick spüre ich seine Finger an dem Knoten und dann lockern sich endlich die Fesseln.
 

Ich seufze und ziehe meine kalten Hände unter die Decke. „Danke.“
 

Ein Moment vergeht.

Dann sagt er: „Dreh dich um.“

Mein Herz schlägt wieder unruhig.

Ich drehe mich auf die andere Seite zu ihm.

Sehe ihn nicht an.

Ich kann es einfach nicht.

Immer noch nicht.

Er fängt an mein Haar zu streicheln.

Und ich die Wärme, die sein Körper ausstrahlt.

Es ist viel intensiver, als bei einer Frau.

Ganz anders.

Viel zu gut.

Ich bin immer noch völlig geschafft.

Müde.

Und unendlich zufrieden irgendwie.
 

Ich schließe die Augen.
 

„Miro-“, flüstert Ivan auf einmal.

Ich öffne die Augen wieder.

Die Decke raschelt leise.

Er legt seine Hand auf meinen Oberschenkel.

„Lass mich dich noch mal spüren.“

Diesmal klingt es nicht fordernd. Barsch. Oder gierig.

Es klingt einfach nur wie eine Bitte. Zärtlich, leise, warm.

Ich nicke verstohlen.

Dann küsst er mich sacht.

Greift langsam unter meinen Oberschenkel und zieht mein Bein um sich.

Mein Bauch kribbelt wieder.

Er rückt noch das letzte Stück näher an mich heran.

Ich spüre ihn wieder.

Mühelos und sanft gleitet er wieder in mich.

Ich schließe wieder die Augen.

Er schlingt die Arme um mich und zieht mich noch näher an sich.

Er küsst meine Stirn.

Hält mich fest.
 

Er hält mich einfach nur fest.

Bewegt sich nicht mehr.

Ich fühle seinen Atem in meinem Haar.

Er scheint mich fast zu erdrücken.

Doch es stört mich nicht.
 

So könnte ich sterben, denke ich.

Und schlafe ein.
 

-
 

Straßenlärm weckt mich.

Ich schrecke hoch, will mich umsehen, doch das grelle Sonnenlicht blendet mich für einen Augenblick.

„Ivan?“, murmele ich und reibe mir die Augen.

Dann bin ich von einer Sekunde auf die Andere hellwach.

„IVAN?“

Ich sehe mich verdutzt um.
 

Sehe zum Sessel hinüber.

Seine Sachen.

Sie sind weg.
 

Mein Herz sinkt.
 

Er ist weg.
 

Tränen steigen mir in die Augen.
 

Ich fluche über mich selbst.

Warum zur Hölle hatte ich nicht mitbekommen, dass er gegangen war.

Wie hatte ich nur so fest schlafen können!
 

Doch ich konnte es drehen und wenden wie ich wollte.
 

Er war gegangen.
 

Ich sinke zurück in die Kissen.

Vergrabe mein Gesicht darin.

Duft.

Alles riecht nach ihm.

Nach uns.

Nachdem was wir getan hatten.

Nach dem schweren Fehler, den wir begangen hatten.
 

Wie hatte er einfach so gehen können?

Wie hatte er sich nach allem einfach so umdrehen können und gehen können?
 

Ich brauchte über eine Stunde, um mich wieder zu beruhigen.

Um einigermaßen so auszusehen, als wäre nichts passiert.

Und mich sechs Mal gründlich zu duschen, um den verräterischen Geruch an mir abzuwaschen.

Den Geruch des Verbotenen.

Den Geruch von Sex.

Den Geruch nach ihm.
 

Den Geruch unserer gemeinsamen Stunden.
 

Und dann schließlich befinde auch ich mich hinter dem Steuer, auf der Autobahn Richtung Bremen.

Ivan [The Clock is tickin', Rain is fallin']

Stille.
 

Müde sitze ich zu Hause auf unserer Couch im Wohnzimmer.

Patricia schläft noch.

Ich lausche der Stille.

Lausche dem Regen, der unermüdlich an die Scheiben klopft.
 

Die Wanduhr sagt mir, dass es gerade kurz vor Neun ist.
 

Tick. Tack.
 

Ich schließe die Augen.

Mein Kopf scheint leer.
 

Die Sonne hat sich schon auf der Fahrt hier her wieder hinter einer dichten Wolkenfront verzogen.

Es scheint, als würde es bereits wieder dunkel werden.
 

Passend zur Stimmung.
 

Ich frage mich, warum es eigentlich seit Tagen nur regnet.

Regen.

Immer nur Regen.
 

Ich hasse ihn.
 

Tick. Tack.
 

Ich starre weiter vor mich her.

Ich versuche die offensichtliche Frage, die sich langsam immer deutlicher und unvermeidlicher in meinen Verstand zwängt, zu ignorieren.
 

Nein.
 

Tick. Tack.
 

Nein.
 

Der Regen läuft außen an der Scheibe hinab.

Ein Strom der immer breiter wird.

Ich kann draußen schon kaum noch die Bäume erkennen.

Der Himmel verdunkelt sich noch immer weiter.
 

Und dann ist sie da.

Die Frage.

Schmerzhaft klar ist sie mir bewusst.
 

Und was nun?
 

Zum Teufel, ich weiß es nicht.
 

Was nun?
 

Ja, was ist nun?

Wie soll es nun weiter gehen?
 

Ich schüttle den Kopf.
 

Ich weiß es nicht.

Ich weiß es beim besten Willen nicht.

Aber ich weiß eines.

So einfach in mein normales Leben zurückkehren kann ich nicht.

Ihn vergessen.

Die ganze Sache hinter mir lassen.
 

Dafür war ich zu weit gegangen.

Dann hätte ich es gleich beenden müssen, noch bevor…
 

Ja, wovor?
 

Bevor es angefangen hatte, mir aus den Händen zu gleiten.

Bevor ich ihn schlafend in meinen Armen gehalten hatte.
 

Bevor ich auf einmal diese Gefühle geweckt hatte.

Gefühle in mir.
 

Ich reibe mir die Stirn.
 

Sehe ihn wieder vor mir.

Wunderschön.

Schlafend.

Ich lege meinen Arm um ihn.

Ziehe ihn noch näher an mich.

Spüre seinen schweren Atem auf meiner Brust.

Wie gut er riecht.

Wie gut er sich anfühlt.
 

Halt!
 

Ich habe keine Gefühle.

Worüber denke ich da überhaupt nach?

Ich habe keine Gefühle.

Sonst hätte ich wohl auch kaum einfach abhauen können.

Ohne irgendein Wort.

Einfach so.

Dann wäre ich wohl da geblieben.

Hätte gebetet, dass die Zeit stehen bleibt.

Dass ich hätte für immer mit ihm zusammen sein können.
 

Nein, ich habe keine Gefühle…
 

… und ich würde mir das beweisen.
 

Entschlossen stehe ich auf.

Ich verlasse das Wohnzimmer und betrete nach ein paar Sekunden das Schlafzimmer von mir und meiner Frau…

Miro [Still tired]

Ich biege auf unsere Einfahrt.

Der Regen wird immer noch stärker.

Einen Moment bleibe ich sitzen.

Starre aufs Lenkrad.
 

Ich muss husten.

Hatte ich mich erkältet?

Verwunderlich wär’s nicht, denke ich mir.
 

Dann steige ich auf und sprinte hinüber zur Eingangstür.

Ich schließe auf und trete ins Haus.
 

Stille.
 

Ich wundere mich, denn eigentlich herrscht in unserem Haus nie Stille, seit die Kinder da sind.
 

Ich lausche noch einmal.
 

Stille.
 

Als ich die Küche betrete, finde ich einen Zettel von meiner Frau vor.
 

Hallo Schatz,

konnte dich nicht auf Handy erreichen.

Bin mit den Kindern zu Oma gefahren,

wir waren ja schon lange nicht mehr da.

Essen ist im Kühlschrank,

ruf mich doch heute Abend mal an!

Wir lieben dich.
 


 

Ich lasse den Zettel fallen.

Was hatte ich nur getan!

Wie hatte ich mich so gehen lassen können!
 

Ich setze das alles aufs Spiel!

Meine Familie.

Mein Glück.

Ich hatte das alles riskiert.

Riskiert für etwas-
 

Für etwas, das völliger Schwachsinn war.

Für etwas, das ich aus irgendeinem Grund hatte gewollt.

Für etwas, das ich nun kaum noch aufgeben konnte.

Das zu wichtig geworden war.

Das sich fast wichtiger anfühlte, als alles andere.
 

Nach Luft ringend sacke auf dem Boden zusammen.
 

In meinem Kopf ein einziges Chaos.
 

Von einer Sekunde auf die andere war ich wieder in die Realität zurückgeholt worden.
 

Ich muss husten.
 

Tränen laufen mir wieder über die Wangen.

Und ich bin müde.

Nein, nicht nur müde.

Ich bin kaputt.

Erschöpft.

Am Ende.
 

Ich schleppe mich ins Bett.

Vernehme nichts als das Rauschen des Regens vor meinem Fenster.
 

Ich schlafe ein.
 

---
 

Irgendwann wache ich auf.

Es ist bereits dunkel draußen.
 

Ich mache das Licht auf dem Nachttisch an und schaue auf den Wecker.

Kurz nach halb Sechs.
 

Zeit, meine Frau anzurufen, denke ich und schwinge die Beine aus dem Bett…
 


 

„Und denk dran, dir morgen den Wecker zu stellen, Schatz, sonst verschläfst du euer Spiel!“ erinnert sie mich noch, kurz bevor wir das Gespräch beenden.
 

Ich lege den Hörer auf.

Das Spiel!

Das Testspiel morgen.

Daran hätte ich wirklich überhaupt nicht mehr gedacht.

Es war Zeit, sich wieder zu besinnen.

Zeit, sich wieder um die wichtigen Dinge zu kümmern.
 

Bis spät in die Nacht herein schaue ich mir sinnlose Sachen im TV an.

Ich sitze da.

Versuche nicht an ihn zu denken.

Aber jeder weiß, je mehr man es versucht, desto weniger klappt es.

Ich sehe ihn vor mir.

Wie er mich ansieht.

Wie er mich berührt…

Nein! Ich muss damit aufhören.

Aufhören, so an ihn zu denken.
 

Schon keimt wieder Sehnsucht in mir auf.

Sehnsucht, ihn zu sehen.

Bei ihm zu sein.
 

Ich sehe hinaus ins Dunkel.

Was er wohl gerade macht…

Was er jetzt denkt…
 

Sicher würde er das nun alles hinter sich lassen.

Vergessen.

Für ihn war es vorbei.

Er hatte alles bekommen.

Ich hatte ihm alles gegeben.
 

Ich hatte zweifelsohne ausgedient.
 

Ja, es ist ja auch leicht für dich, denke ich verbittert.

Für dich macht es keinen Unterschied.

Ob Frau oder Mann.

Wen interessiert’s.

Du tust das, was du immer tust.

Steckst ihn rein und damit hat sichs.
 

Aber ich?

Bei mir ist das anders.

Ich bin auf einmal auf der anderen Seite…

Und nun muss ich damit klar kommen.

Und dir ist das egal.
 

Ich werde rot.
 

Und ich weiß nicht, ob ich nun überhaupt noch ohne das leben kann.

Nun, da ich davon gekostet habe.
 

Was ist wenn nicht?
 

Vergessen kann ich es nicht mehr.

Es war zu intensiv.

Zu überwältigend.

Zu schön mit dir.
 

… aber was soll ich tun?

Ich kann nichts tun.

Nur abwarten.
 

Warten und sehen, was die Zukunft bringt.
 

Und morgen ist ein neues Spiel…

Ivan [Don't leave Me]

Fast alle sind bereits in der Mannschaftskabine, als ich hereinkomme.

Ich trete an meinen Platz und Schaaf beginnt seine Rede.

Während ich mich umziehe, sehe ich zu Miros Platz hinüber.

Er sitzt nur da und schaut zu Boden.

Etwas zieht in meiner Bauchgegend.

Ich setze mich auch.

Schaaf erklärt noch einmal die gleiche Taktik, wie schon im Training besprochen.
 

Ich sehe nach einem Moment wieder zu ihm herüber.

Er sieht Schaaf an.
 

Warum sieht er nicht mich an?

Hat er es nicht nötig?

Will er mich nicht mehr ansehen?

Verlangt es ihm nicht einfach danach?

War ich nicht gut genug?
 

Ich starre ihn weiter stumm an.

Kein einziger Blick.
 

Ich kann es nicht fassen.

Es bringt mich völlig aus dem Konzept.

ICH sollte derjenige sein, der es beendet.

Der die Entscheidung trifft, wie es nun weiter geht.
 

Und nun sieht er mich nicht einmal an?
 

„Ivan, kommst du?“, fragt Tim und legt seine Hand auf meine Schulter.

Ich zucke erschrocken zusammen.

„Wo bist du denn mit deinen Gedanken?“
 

Ich zucke nur mit den Schultern. „Ich komme ja gleich.“
 

Tim verlässt die Kabine.

Ich trinke noch einmal einen Schluck, in der Hoffnung, den Kloß in meiner Kehle los zu werden und trete dann hinaus in den Gang, der unter dem Stadion entlang führt.

Vor der nächsten Biegung sehe ich Miro.

Und ich kann nicht anders.

Ich hole in mit ein paar schnellen Schritten ein und packe ihn am Arm.
 

„Willst du mich jetzt gar nicht mehr ansehen?“, herrsche ich ihn leise an.
 

Er zuckt zusammen.

Mir fällt auf, dass sein Arm dünn ist.

War er schon immer SO dünn?
 

Er dreht sich zu mir, sieht aber zu Boden.

„Nein- ähm, so ist das nicht-“, stottert er.

Er klingt heiser.

Ich schaue ihn an.

„Sieh mich endlich an, verdammt!“
 

Kurz hebt er den Blick.

Wir sehen uns in die Augen.
 

Dann hält er sich die Hand vor den Mund.

Er hustet.
 

Gerade als er die Hand wieder runter nimmt, will ich etwas sagen, doch ich stocke.

Ich starre ihn erschrocken an.

Starre auf seine Hand.
 

Blut.
 

Hastig wischt er sich die Hände an seiner Hose ab.

Ich komme nicht mehr dazu, ihn zu fragen warum zum Teufel er Blut hustete, denn plötzlich steht Schaaf vor uns und zerrt uns Richtung Aufgang zur Aufstellung.
 

Ich sehe ihn an, will etwas sagen, doch er legt schnell den Zeigefinger auf die Lippen und deutet mir, dass ich schweigen solle.
 

Dann treten wir hinaus aufs Spielfeld.
 

Ich bin mehr in Gedanken, als beim Spiel.

Doch Hannover kommt Gott sei Dank selten nach vorn raus und Konter waren noch nie wirklich ihre Stärke.

So schaffen wir durch Boro das 1:0, und schließlich durch Diego noch vor der Halbzeit das 2:0.

Miro ist nicht gut drauf.

Ich sehe es ihm an.

Er gibt zwar sein Bestes, aber er ist nicht annährend so gut wie sonst.

Er sieht müde aus.
 

Immer wieder versuche ich, mich aufs Spiel zu konzentrieren.

Doch ich schaffe es irgendwie einfach nicht.
 

Wie hatte alles schon wieder so anders kommen können, als ich dachte?

Ich wollte keinen Gedanken mehr an ihn verschwenden.

Wollte versuchen, ihn lediglich noch als Mitspieler zu sehen, und nun?
 

Nun stehe ich da und habe eine riesen Angst, dass etwas nicht stimmt mit ihm.

Blut.

Es ist doch nicht normal wenn man Blut hustet!

Das ist doch kein einfacher Husten!

Man hustet nicht einfach Blut!
 

Meine Nerven flattern.
 

Warum habe ich solch ein komisches Gefühl?

Ein Gefühl, dass etwas Schreckliches passieren wird!

Eine dunkle Vorahnung.
 

Nein, ich muss mich wieder einkriegen.

Ich atme tief durch, versuche mich wieder auf das Spiel zu konzentrieren.
 

Abpfiff.

Halbzeit.
 

Wir treten wieder in den Gang, Richtung Kabine.
 

Es brennt mir unter den Findernägeln, ihn endlich zu fragen, was los sei, doch ich kann nicht.

Die anderen würden es sofort mitbekommen.
 

In der Kabine gibt Schaaf die Wechsel bekannt.

„Da wir 2:0 führen, werden wir maximal austauschen, dann bekommen die anderen auch ihre Spielpraxis. Patrick für Clemens rechts außen. Tim und Andi, ihr tauscht, und Hugo und Zidan, ihr geht für Miro und Ivan nach vorn. Und denkt an die Defensive! Das habe ich im Training schon besser gesehen.“

Er kritzelt auf seinem Klemmbrett rum.
 

„Also gut, holen wir uns die drei Punkte!“, verkündet er dann und marschiert aus der Tür.
 

Während der ganzen zweiten Hälfte komme ich nicht in die Gelegenheit, mit ihm zu sprechen.

Zwischen uns sitzen noch zwei Mann und direkt neben ihm sitzt Schaaf.
 

Was ist, wenn er ernsthaft krank ist?

Wenn er nicht mehr spielen kann?

Wenn er nicht mehr bei mir wäre.

Was wäre dann noch übrig?
 

Was, wenn er vielleicht sogar stirbt?
 

Ich verscheuche den Gedanken.

Nein.

Du wirst nicht den Teufel an die Wand malen, sage ich mir.
 

Wie zerbrechlich doch alles ist.

Wie vergänglich.

Wie schlagartig schnell sich doch alles ändern kann.

Nie kann man sich in Sicherheit wiegen.

Denn dann schlägt das Schicksal sofort gnadenlos zu.

Und nie kann man wissen, was die Zukunft bringen wird.

Niemals.
 

Ich höre ihn wieder leise husten.

Er versucht es zu unterdrücken.

Er keucht fast.
 

Ich fröstele.
 

Schaaf ruft mich.

„Ivan?“

Ich gehe hinüber.

Er hat den Arm um Miro gelegt. „Bring ihn rein. Geht ins Entmüdungsbecken und dann bring ihn doch bitte nach Hause. Nicht das er sich noch ernsthaft was wegholt. Bei dem Wetter nicht zu verdenken.“
 

Ich nicke und wir verlassen den Platz.
 

Unten im Gang fängt er sofort schwer an zu husten und stützt sich gegen die Wand.

Ich will ihn stützen.

„Es geht schon-“, flüstert er und weicht meiner Hand aus.

Er ist kreidebleich.

„Es geht nicht!“, sage ich entschlossen und halte ihn fest.

Er erwidert nichts.

Ich bringe ihn in den Aufenthaltsraum zum Entmüdungsbecken.

Er zieht sich bis auf die Hose aus.

Ich hole Handtücher.

Gott sei Dank ist im Moment wenigstens noch niemand hier.
 

Als ich wiederkomme ist er schon im Becken.

Er lehnt gestützt am Beckenrand, die Augen geschlossen.

Ich steige auch hinein.

Ich nähere mich ihm vorsichtig.

Als ich unter Wasser seine Hüften greife, zuckt er zusammen.
 

Er sieht sich erschrocken um.
 

„Wir sind allein.“, beruhige ich ihn. „Also was ist los?“
 

„Weiß ich nicht.“, nuschelt er.
 

„Wie lange hast du das schon?“, will ich wissen.
 

„Kein Ahnung. Ein paar Tage vielleicht-“, er schließt den plötzlich Mund wieder und dreht den Kopf weg.
 

„Was ist?“

Ich drehe seinen Kopf zu mir.

„Was ist? Miro!“

Ich zwinge ihn, mich anzusehen.
 

„Ich- ich weiß nicht- ob-“, er schaut mir in die Augen, „ob es ansteckend ist.“
 

Ich küsse ihn.

Will ihm zeigen, dass es mir egal ist.

Doch er öffnet die Lippen nicht.
 

„Miro! Verdammt, öffne den Mund, wenn ich dich küsse!“, herrsche ich ihn an.
 

„Ich will dich nicht anstecken.“, sagt er müde.
 

„So ein Blödsinn! Wenn dann hast du mich wohl schon gestern Nacht angesteckt, oder meinst du nicht?“, frage ich ihn leise.
 

Sein Blick wird etwas heller.
 

Ich küsse ihn wieder.

Ich kann nicht anders.

Ich muss es einfach tun.

Er schmeckt so unglaublich gut.
 

Ich küsse ihn und nach einem Augenblick öffnet auch er den Mund endlich.
 

Dann nehme ich ihn in meine Arme und wir bleiben so sitzen.
 

Das warme Wasser tut unendlich gut.
 

Die Zeit vergeht und nach einer Weile erwache ich wieder aus meiner Trance.

Ich merke, dass das Spiel gleich zu ende sein müsste.
 

Ich tippe ihn vorsichtig an.

„Hey, wir sollten verschwinden. Gleich wird hier der Teufel los sein.“, sage ich sanft.

Er hebt müde den Kopf und nickt.
 

Wir steigen aus dem Becken und ziehen uns an.
 

Er hustet wieder.

Fast noch schlimmer als das letzt mal.
 

Besorgt sehe ich ihn an.
 

Als er ein weiteres Mal hustet, reicht es mir. „Komm, ich bringe dich ins Krankenhaus!“, sage ich und nehme seine Sachen.

Doch er hält mich zurück.

„Nein!“, flüstert er heiser.

„Miro! Die kriegen es sowieso beim nächsten Check raus! Du kannst das nicht vertuschen!“, diskutiere ich.
 

Er schüttelt den Kopf und schaut mich ängstlich an. „Du verstehst mich falsch. Es geht nicht darum!“
 

Und plötzlich verstehe ich.
 

Wenn er jetzt ins Krankenhaus käme, wäre er weg vom Fenster.

Dann wären wir getrennt.

Vielleicht sogar für länger, als wir bis jetzt ahnen.

Bei Krankheiten wie Schwindsucht oder Lungenentzündung, wird man ewig unter Quarantäne gehalten.

Ich könnte ihn nicht einmal sehen.
 

„Bitte- nur noch heute Nacht.“, flüstert er und sieht mich flehend an.
 

Ich nicke.
 

Wir fahren zu mir.

Er hustet wieder.
 

Es ist gut, wenn Frauen zu Jogatreffen fahren.
 

Wir haben kein weiteres Wort darüber verloren, aber er weiß, dass ich ihn zu mir bringe.

Er schläft schon während der Autofahrt fast ein.
 


 

Ich schaffe ihn schließlich zu mir ins Bett.

Er glüht immer noch. Wohl vom Bad.

Ich decke ihn zu und verschwinde noch einmal im Bad.
 

Als ich zurückkomme, Hat er sich aufgesetzt.

„Ivan?“, murmelt er.

Ich krieche zu ihm ins Bett.
 

„Ich bin ja da. Versuch zu schlafen.“
 

Ich nehme ihn in meine Arme, und streichle seinen Rücken unter der Decke.

Sein Atmen klingt schwer.
 

Mein Herz ist schwer.

Schwer von den Sorgen, die ich mir mache.

Sorgen um ihn.

Sorgen, an die ich noch gestern überhaupt nicht gedacht hätte.

Alles hat sich wieder schlagartig geändert.
 

Er kuschelt sich noch enger an mich.
 

Meine Brust wird feucht.

Ich sage nichts.

Doch ich kann es kaum ertragen, dass er weint.
 

Ich schlafe nur phasenweise in dieser Nacht.

Wache sofort auf, wenn er hustet oder sich bewegt.

Doch es macht nichts.
 

Ich halte ihn fest.

Mehr will ich nicht.
 

Irgendwann in der Nacht bin ich so mit den Nerven fertig, dass ich nur noch an die Decke starre und weine.

Ich halte ihn in meinen Armen und weine.

Ein überwältigendes Gefühl von Traurigkeit überschwemmt mich.

Ich glaube, dass mein Herz zerbricht.

Ja und genau so ein Gefühl muss es sein, wenn Einem das Herz bricht.

Ich habe nie Liebeskummer oder ähnliches gehabt.

Ich war ja nur einmal verliebt gewesen, und diese Jugendliebe habe ich zur Frau genommen.

Auch musste ich bis jetzt auch noch nie einen harten Verlust betrauern.

Meine Eltern sind wohl auf wie auch der Rest meiner Verwandtschaft.
 

Und nun befällt mich zum ersten Mal dieses Gefühl.

Diese unsägliche Traurigkeit.
 

Ich brauche Stunden, bis ich mich wieder einigermaßen beruhige.
 

Irgendwann fasse ich mich wieder.

Doch die Traurigkeit bleibt.
 


 

Als der Morgen graut, rufe ich den Notarzt.

Ivan [Fading Warmth]

Das Blaulicht sticht mir in den Augen, als ich die Haustür öffne.

Sofort stürmen zwei Sanitäter mit ihren Koffern ins Haus.

Zwei weitere Männer sind dabei, eine Trage aus dem Wagen zu holen.
 

Ich rühre mich nicht.

Bin nicht mehr in der Lage zu denken.

Ich fühle mich, als wäre ich in einem Alptraum gefangen und wache einfach nicht auf.
 

Ein Notarzt tippt mir auf die Schulter.

Er will wissen, wo Miro ist.

Natürlich.

Das Haus ist viel zu groß, um alle Räume abzusuchen.

Ich laufe vor.

Und schließlich erreichen wir das Schlafzimmer.

Ich wage nicht, ans Bett zu treten und bleibe neben der Tür stehen.

Draußen vor den Fenstern zieht Nebel vorbei.
 

Es ist kalt.
 

Die Decke wird zurück geschlagen.

Beide Ärzte beugen sich über ihn.

Aber er rührt sich weiter nicht.

Er scheint zu schlafen.

Oder?

Er bewegt sich immer noch nicht.

Sie fassen ihn an.

Reden laut mit ihm.

Doch er rührt sich nicht.
 

Ich sehe dem grausamen Schauspiel weiter zu.
 

Eine Spritze wird aufgezogen.

Was verabreichen sie ihm?

Er bekommt dazu noch Sauerstoff.
 

Muss das sein?
 

Mir dämmert, dass es schlimmer sein muss, als ich geahnt hatte.
 

Sie beachten mich nicht.
 

Niemand fragt mich etwas.

Warum fragen sie nicht?

Warum fragen sie nicht, warum er hier war?

Hier bei mir.

Warum das Bett noch warm ist von uns beiden.

Warum ich sie nicht früher gerufen habe.

Warum fragen sie nicht, was ich mit ihm angestellt habe.

Warum.
 

Die Trage wird im Eiltempo hereingerollt.
 

Sie reden hektisches Fachchinesisch.
 

Er wird auf die Trage gehoben.

Zugedeckt.

Wieder wird ihm die Sauerstoffmaske aufgesetzt.
 

Tränen laufen stumm meine Wangen hinab.

Meine Augen brennen.

Brennen von der langen Nacht.
 

Sie rollen die Trage hinaus.

An mir vorbei.

Ich sehe in sein Gesicht.

Seine Augen sind geschlossen.
 

Mein Herz erträgt diesen Anblick kaum.
 

Ich höre, wie sie das Haus verlassen.
 

Ich stehe da.
 

Geräusche, dann dass Zuknallen der Wagentüren.

Der Motor springt an.

Kurz darauf herrscht wieder Stille.
 

Ich sinke an der Wand hinab.

Starre rüber zum leeren zerwühlten Bett.

Ich bin nicht mehr fähig zu denken, doch plötzlich zieht es mich panisch zum Bett.

Ich stolpere herüber und taste über das Laken.

Vergehende letzte Wärme spüre ich unter meinen Fingern.

Seine Wärme.

Und sie wird schwächer.

Immer schwächer.
 

Ich weine haltlos.

Lasse mich von meinem Schmerz überfluten.

Nun ist es eh egal.

Alles ist egal.

Es ist vorbei.

Vergangenheit.
 

Zeit vergeht.
 

Kralle mich weiter an dem Laken fest.
 

Doch inzwischen ist es kalt geworden.
 

Und er ist fort.
 

---
 

Jemand ruft mich.

Ich höre meinen Namen.

Ist das ein Traum?

„Ivan!“

Ich erwache und höre eine vertraute Stimme.

Ich schaue mich um.

Es ist bereits helllichter Tag draußen.

„Jurica?“, nuschle ich.

Meine Augen brennen wieder.

Oder besser, immer noch.

„Ivan!“

Er kommt herein.

„Mensch! Deine Haustür steht sperrangelweit offen!“

Ich schaue ihn verdutzt an.
 

Er setzt sich zu mir ans Bett.

„Alter, was machst du denn für Sachen?“, fragt er.

Es tut so gut ihn zu sehen.

Irgendwie tut es gerade so unglaublich gut.

„Juri-“, japse ich, „was- was machst du denn hier?“

Er grinst sanft.

„Ich bin Sonderbeauftragter von Thomas, und wurde gesandt, um nach dir zu sehen!“

Ich schaue ihn verständnislos an.

„Was?“

Er legt seine Hand auf meine Schulter.

„Mensch, ich wollte sehen ob alles klar ist bei dir! Das Krankenhaus hat Thomas angefunkt, die meinten, Miro wäre eingeliefert worden und Thomas wollte natürlich wissen, wer den Notarzt gerufen hätte und von wo. Und dann nannten die deine Adresse und Thomas hat mich angerufen und gefragt, ob ich zu dir fahren könnte und nach dem Rechten sehen könnte.“

Er macht eine kurze Pause.

„Ich glaube, er wollte nicht gleich selbst bei dir auf der Matte stehen. Er dachte, das käme nicht gut, und deshalb hat er mich gebeten.“
 

Tränen laufen schon wieder meine Wangen hinab.

Ich bin so froh, dass Juri hier ist.

Ich bringe kein Wort heraus.

Und schließlich beendet er wieder das Schweigen, als er merkt, dass ich keine Worte rausbekomme.
 

„Nun sag endlich! Was zur Hölle ist eigentlich passiert!“
 

Wir gehen in die Küche.

Er macht Kaffee.
 

Ich sacke am Tisch nieder und beobachte ihn geistesabwesend.
 

„Und? Erzähl endlich!“ sagt er und setzt sich mir gegenüber.
 

Ich starre auf die Tischdecke.

Seufze.

Ich weiß kaum wo ich anfangen soll.

Doch ich würde ihm alles erzählen.

Ich musste.

Ich musste endlich darüber sprechen.

Und ich vertraute ihm voll und ganz.
 

„Du weißt doch eh längst bescheid.“, murmele ich.

„Natürlich. Aber ich will alles wissen. Alles und ganz genau! Also sag’s mir endlich. Vor mir brauchst du nichts geheim halten!“
 

Ich überlege.
 

„Also- ich weiß auch nicht, wie alles so weit kommen konnte- aber irgendwie hat sich da etwas zwischen uns entwickelt in den letzten Wochen-“

„Du meinst bei DIR. Miro hat doch schon lange Gefühle für dich.“

„WAS?“, ich starre ihn an.

„Mein Gott, du wusstest also wirklich nichts davon?“

„Nein! Woher-“

„Ich bin ja nicht blind. Außerdem kenne ich dich gut und ihn auch. Ich habe euch beobachtet. Wie sich euer Verhältnis verändert hat. Wie er sich dir gegenüber verändert hat. Da konnte man eins und eins zusammenzählen.“

„Aber- aber dann- haben die anderen vielleicht auch-“

„Ach quatsch. Die ahnen von nix! Sind doch alles Blindfische in solchen Sachen. Keine Bange! Erzähl weiter!“

Ich räuspere mich.

„Naja, auf jeden Fall fing er vor ein paar Tagen an zu husten. Ich dachte, er hätte ne Erkältung oder so was, aber dann habe ich gesehen, dass er Blut hustet. Blut! Ich wollte ihn gestern vor dem Spiel zur Rede stellen, hatte aber keine Gelegenheit mehr dazu, weil wir aufs Feld mussten.“

Ich mache eine Pause und Juri gießt Kaffee ein.

„Er sah gestern schon so schlecht aus. Ein Wunder, dass ihn Thomas nicht gleich beiseite genommen hat.“, meint er dabei und setzt sich wieder.

Ich wärme mir die Hände an der Tasse.

Mir ist immer noch kalt.

„hm. Auf jeden Fall ging es ihm immer schlechter und Thomas meinte dann, ich solle mit ihm rein gehen. Ins Becken aufwärmen. Wir wären eh nicht mehr eingewechselt worden.“

Juri nickt. „Habe ich mitbekommen, ich saß ja daneben.“

„Jedenfalls haben wir uns erst aufgewärmt und sind dann zu mir gefahren. Patricia ist ja nicht da. Und ich hab ihn ins Bett verfrachtet.“

Wir nippen an unseren Kaffees.

„Und dann ging es ihm noch schlechter. Ich wusste nicht mehr was ich machen sollte. Ich hatte Panik und wollte den Notarzt rufen, doch er wollte es nicht. Er sagte, er wolle nur noch diese Nacht bei mir sein-“

„Ihr habt-?“

„NEIN! Natürlich nicht. Es ging ihm viel zu schlecht. Daran habe ich auch gar nicht gedacht in dem Moment. Er hat einfach bei mir gelegen…“

Ich grübele.

Juri schweigt.

Ich nippe wieder an meinem Kaffee.

„Dann muss er gewusst haben, dass es ernst ist.“

Ich blicke auf.

„Sicher. Er wusste, dass ihr euch für eine längere Zeit nicht mehr wieder sehen würdet.“

Mein Herz wird wieder schwerer.

Ich sehe Miros Augen vor mir.

Den Blick, mit dem er mich gestern Abend angesehen hatte.
 

„Hey, er wird schon wieder!“ sagt er schließlich aufmunternd.
 

Doch ich weiß nicht.

Ich weiß nicht.

Mein Gefühl sagt mir etwas anderes.
 

Nichts Gutes.

Ivan [Isolated]

Es ist nun über 48 Stunden her.

Über 48 Stunden ist er fort.

Über 48 Stunden und jede Minute denke ich an ihn.
 

Diese Ungewissheit bringt mich um den Verstand.

Ich wandere inzwischen schon auf dem schmalen Grad zwischen Vernunft und Wahnsinn.
 

Wenn ich doch nur endlich wüsste, wie es steht.

Wo er ist.

Was er macht.

Ob es ihm wenigstens einigermaßen gut geht.
 

Ob er überhaupt noch lebt…
 

Ich muss etwas unternehmen, denke ich und feuere meine Sporttasche ins Auto.
 

Training.
 

Das ist gut.

Ich muss irgendwo meine überschüssige Energie loswerden.

Frust loswerden.

Mich abreagieren.

Und Thomas weiß vielleicht etwas.

Er muss etwas wissen!

Ihn werden sie schon auf dem Laufenden halten.
 

Meine Chance etwas rauszubekommen.
 

Viel zu schnell lasse ich den Weg hinter mir und biege auf den Stadionparkplatz.

So viele Erinnerungen kommen sofort wieder hoch.

… als ich ihm den Zettel gegeben hatte…
 

Ich eile in die Kabine.

Bin mal wieder spät dran.

Es herrscht heute ungewöhnliche Stille.

Juri gesellt sich zu mir und nickt aufmunternd.

Ich möchte lächeln.

Als Dank.

Doch ich kann nicht.
 

Unser Trainer betritt die Kabine.
 

Sein Gesicht spricht Bände.
 

Mein Magen krampft sich zusammen.
 

Er mustert uns einen Augenblick und spricht dann.

„Wir ihr sicher schon wisst, musste Miro vorgestern ins Krankenhaus eingeliefert werden. Und es sieht leider so aus, als müssten wir die nächste Zeit ohne ihn auskommen-“

Gemurmel schwillt an.

„Was hat er denn?“, meint Tim.

Thomas runzelt die Stirn. „Die Ärzte sind sich noch nicht sicher. Es laufen noch Tests. Ich kann euch darüber noch nichts Konkretes sagen-“

Ich balle die Fäuste.

„Das soll alles sein? Du musst doch mehr wissen! Sie müssen doch irgendetwas gesagt haben-“, platzt es mir heraus, doch Juri legt seine Hand auf meine Schulter und hält mich zurück.

Ich verstumme.

Thomas mustert mich nachdenklich.

„Ivan, bleib doch bitte kurz hier. Die anderen fünf Runden um den Platz zum Aufwärmen.“
 

Wir bleiben in der Kabine zurück.

Thomas schließt die Tür.

Er seufzt wieder.

„Ivan, ich kann mir vorstellen, dass es dir zu schaffen macht, dass er jetzt ausfällt. Ihr hattet euch gerade perfekt aufeinander abgestimmt und den Sturm vorn jetzt wieder umzustellen, ist sicher nicht ideal, aber wir haben keine andere Wahl-“

Als ob es DARUM geht, denke ich.

Wen interessiert der Sturm.
 

Ich fühle mich so hilflos.

Tränen steigen schon wieder in meine Augen.

„Darum geht es nicht! Ich will wissen, was los ist! Du weißt doch mehr, als zu zugibst!“ murre ich ihn an.
 

Er hebt eine Augenbraue.

„Wenn du das glaubst, bist du auf dem Holzweg. Ich weiß leider nicht mehr. Ich weiß nur, dass es wohl nicht gut aussieht.“

Er setzt sich neben mich.

„Ivan. Von Trainer zu Spieler, behalt einen klaren Kopf! Wir brauchen dich in der Mannschaft. Du musst versuchen ohne ihn zu recht zu kommen!“
 

Du musst versuchen ohne ihn zu recht zu kommen.
 

Der Satz hallt mir in den Ohren.

Meine Gedanken schweifen ab.

Sehen ihn wieder vor mir.

Und wenn ich das nicht kann?

Ohne ihn?

Und wenn ich das nicht will?

Wenn ich es nicht schaffe?
 

„Verdammt Ivan, du musst dich zusammen reißen!“

Er holt tief Luft.

„Ich weiß, ich habe verdammt noch mal keine Ahnung, was da gerade zwischen euch abgeht, warum sie ihn ausgerechnet bei DIR abholen mussten, wo man doch eher vermutet hätte, er wäre bei seiner Frau gewesen und ich habe keine Ahnung, warum er gerade DEINEN Namen immer wieder gesagt hat, als er in der ersten Nacht im Krankenhaus unter Fieber gesprochen hat, wie der Arzt meinte. Und weißt du was?“

Er steht auf.

„Ich MÖCHTE es gar nicht wissen! Mir schwant Böses, wenn ich mir darüber Gedanken mache und Gott bewahre euch vor dem Unglück, das euch ereilen könnte, wenn nicht bald wenigstens einer von euch beiden zur Vernunft kommt und die Sache beendet!“

Er geht zur Tür.

„Ivan, komm wieder zur Vernunft. Du bist hier um Fußball zu spielen und die Mannschaft braucht dich. Vor allem jetzt.

Denk darüber nach.“
 

Er verlässt die Kabine und lässt mich zurück.
 

Das hat gesessen.
 


 

Und nun bin ich irgendwie völlig durcheinander.

Er hatte also doch mehr gewusst, als er zugegeben hatte.

Und wie konnte ich auch nur halbwegs hoffen, dass es niemandem merkwürdig vorkommen würde, dass er bei mir gewesen war.

Wie hatte ich so naiv sein können?

So dämlich.
 

Wie hatte ich Hoffnung haben können.
 

----
 

Irgendwie schaffe ich es durchs Training.

Irgendwie schaffe ich es nach Hause.

Irgendwie schaffe ich es, mit meiner Frau einen Fernsehabend zu überstehen.
 

Nun ist Patricia längst im Bett verschwunden.

Doch ich will nicht schlafen.
 

Meine Gedanken kreisen immer noch nur um ihn.
 

Es ist spät.

Die Turmuhr am Ende der Straße schlägt 23 Uhr.

Ich lausche geistesabwesend.

Nach dem elften Schlag verstummt die Glocke wieder.

Stille.

Ich schließe die Augen.
 

Stille.
 

Und dann klingelt das Telefon im Arbeitszimmer.
 

Ich springe auf.

Mein Herz klopft wie wild.

Mein Gefühl sagt mir, er ist es!

Er ist es.

Ich weiß es.

Ich sprinte den Flur entlang und stürze ins Arbeitszimmer zu meinem Handy.
 

Unbekannter Anrufer.
 

Ich drücke auf den grünen Hörer und japse.

„Ja?“

Ich lausche.

Eine Ewigkeit scheint zu vergehen.

Ich fühle meinen Puls hämmern.

Dann…
 

„Ivan- bist du dran?“
 

Er ist es!

Meine Gefühle überschlagen sich.

Er hört sich schwach an. Ich höre deutlich seinen schweren Atem.

„Miro?“, nuschle ich.

„Ivan- hör mir zu.“ Er flüstert fast. „Ich darf nicht telefonieren. Hier sind keine Telefone erlaubt. Ich habe mir eins organisiert. Hör zu-“

Er macht eine Atempause.
 

„Ivan, du musst dich testen lassen!“, keucht er kann.
 

„Was? Was soll ich?“ fährt es mir heraus. „TESTEN? Worauf?“

Ja, worauf zum Teufel sollte ich mich testen lassen!

Als er nicht antwortet, wiederhole ich die Frage.

„Miro? WORAUF?“
 

Er hustet.

Dann flüstert er.

„Auf Tuberkulose.“

Miro [I am okay]

Fünf Monate später.
 


 

Fast ein halbes Jahr liegt das nun alles zurück und ich erinnere mich an so ziemlich jede Einzelheit, als sei es erst gestern gewesen.

Man hat mich mit Antibiotika voll gepumpt.

Wochenlang lag ich abgeschottet von der Außenwelt in meinem Krankenbett.

Wegen der Ansteckungsgefahr durfte kaum jemand zu mir.

Ich konnte gerade wenige kurze Male meine Frau sehen und Thomas kam einmal vorbei.

Alle anderen Gespräche liefen übers Telefon ab.
 

Nichts von Ivan.
 

Die Wochen erschienen mir endlos lang.

Ich fühlte mich anfangs so schwach. Hatte Schmerzen im Brustbereich und von den ganzen Medikamenten war mir fast ständig übel.
 

Kaum zu glauben, dass ich nun schon wieder auf dem Platz stehe.
 

Die einzige gute Nachricht in diesen Tagen war gewesen, dass niemand sich von mir angesteckt hatte.

Jeder hatte sich testen lassen müssen.

Meine Frau, meine Kinder, Spielerkollegen...

Gerade bei den anderen Spielern durfte man das Risiko nicht eingehen, dass noch jemand ernsthaft krank wurde.

Und Thomas überbrachte mir schließlich erleichtert die Nachricht, dass sich niemand angesteckt hätte.

Niemand.

Das schloss Ivan ein.

Ein Stein fiel mir vom Herzen.
 

Und schließlich ging es langsam wieder aufwärts.

Ich fühlte mich wieder besser.

Bekam immer weniger Medikamente.
 

Ich konnte es nicht abwarten, endlich wieder zu trainieren.

Endlich wieder zu spielen.

Endlich wieder…

Ich vermisste das alles so unglaublich.
 

Doch unter dieses Hochgefühl mischte sich auch ein wenig Wehmut.

Ich konnte es nicht leugnen.

Es nicht verdrängen.

Seit meinem Anruf hatte ich nichts mehr von Ivan gehört.

Er hätte mich besuchen können.

Er hätte.

Er hätte auch anrufen können, obwohl ich wahrscheinlich nicht gewusst hätte, was ich hätte mit ihm sprechen können.
 

Doch er hatte nichts dergleichen getan.

Das war mir schmerzlich bewusst.
 

Er hatte uns aufgegeben.

Er hatte vielleicht alles aufgegeben.
 

Unsere letzten gemeinsamen Stunden hätten mich offensichtlich fast das Leben gekostet.

Und vielleicht machte er sich insgeheim dafür verantwortlich.

Vielleicht.

Und vielleicht hatte er deshalb irgendwann auf einmal beschlossen, die Sache zu beenden.

Und dieser Zeitpunkt war dafür wirklich nur zu gut geeignet.

Wir sahen uns nicht.

Wir hörten uns nicht.

Und das wochenlang.

Perfekte Umstände um etwas zu beenden...
 

Schließlich wurde ich entlassen.

Ich kehrte zurück nach Hause.

Zu meiner Familie.

Zurück in mein altes Leben.

Ich fing wieder an zu trainieren.
 

Und ich sah Ivan wieder.
 

Und ich hatte Recht gehabt.

Ich hatte Recht gehabt, mit meiner Vermutung.

Mit meiner Befürchtung.

Ich sah es in seinen Augen.
 

Er kam auf mich zu.

Meine Knie waren weich.

Wie fast immer, wenn er da gewesen war.

Er lächelte ein seltsames Lächeln.

Halb gequält, halb traurig, halb erleichtert.

Ich konnte es kaum deuten.

Doch es machte mich unendlich traurig.
 

Er nahm mich in die Arme.

Umarmte mich fest.

Doch es war nicht wie sonst.

Es war zwar herzlich.

Doch auch reserviert.
 

Es sagte mehr, als tausend Worte.
 

Es sagte genug.
 

***
 

Thomas’ Stimme holt mich aus meinen Gedanken.
 

„Das Spiel findet statt!“, brummt er.

Man sieht ihm an, dass er fuchsteufelswild war.
 

Gemurmel und Geschimpfe bricht in der Mannschaft aus.
 

Und sie haben Recht.

Es war kein Samstag wie jeder andere.

Es hatte gegen Mittag heftig angefangen zu schneien, und hier auf Pauli gab es nicht mal eine Rasenheizung, die den gröbsten Schnee hätte wegtauen können.

Es war eine Fehlentscheidung.

Aber der DFB überraschte ja des Öfteren mit kuriosen Entscheidungen…
 

Was Thomas so sauer macht, ist die Angst, dass sich bei diesem Spiel ernsthaft jemand von uns verletzen könnte.

Zum Einen, weil der Rasen halb vereist und glatt ist, zum Anderen, weil Pauli sowieso eine etwas rauere Spielweise an den Tag legt, und dieses Wetter das nur noch unterstützen würde.

Wir nehmen zusätzlich zum Pokal an der Champions League teil, stellen mehrere Nationalspieler und wollen dazu noch Meister werden dieses Jahr.

Spielereinbußen können wir uns wirklich nicht leisten, im Gegensatz vielleicht zum Regionalligisten.
 

Aber so sind Pokalspiele.

Immer etwas anders.

Und meist lange unvergessen.
 

Und so sollte es auch heute werden.
 

*
 

Kurz vor Anpfiff.
 

Als wir auflaufen, bietet sich uns ein bizarrer Anblick.

Eine schneeweiße Fläche liegt vor uns.

Es schneit immer noch schwach.

Dazu die Dämmerung.

Die Flutlichter scheinen heute kaum so hell wie sonst.

Und irgendwie ist es stiller.

Der Schnee scheint eine Menge der Geräusche einfach zu schlucken.
 

Man hätte das Spiel definitiv absagen müssen.
 

Ich schaue zu Thomas hinüber.

Er sieht besorgt aus.

Ich kann ihn verstehen.
 

Doch es hilft nichts.
 

Es wird angepfiffen.
 

Wir spielen in langärmlichen Trikots.

Viele haben lange Laufhosen drunter.
 

Wir würden das Spiel schon irgendwie schaffen.

Überstehen.

Auf welche Weise auch immer.
 

Schnell zeigt sich, wer die Herren auf dem Platz sind.

Der Regionalligist scheint mit den Bedingungen bestens umgehen zu können.

Kein Wunder, denke ich.

Sie sind es auch gewöhnt.

Wir hingegen tun uns schwer.

Viele Fehlpässe.

Wir kommen einfach nicht ins Spiel.
 

Das 1:0 für Pauli fällt schließlich.
 

Was zu erwarten war.
 

Mein Ergeiz packt mich.

Wie fast immer.
 

Ich hole mir den Ball.

Suche Ivan.

Er sieht mich an.
 

Wir verstehen einander blind.

Wie schon immer.
 

Ich flanke.
 

Und er schiebt den Ball in den Kasten.
 

‚Tor!’, denke ich.
 

Dann...
 

Ich weiß nicht...
 

Ich bleibe stehen.
 

Schaue ihn an.
 

Die Zeit scheint stehen geblieben zu sein.
 

Es herrscht Stille.
 

Schnee fällt.
 

Ich frage mich, warum es auf einmal so still ist.
 

Mein Blick klammert sich an Ivan fest.
 

Wie schön er doch ist.
 

Sein nasses Haar glitzert.

Seine tiefen braunen Augen.

Seine geröteten Wangen.
 

Ivan.
 

Mein Ivan.
 

Wie sehr ich ihn doch liebe.
 

Mehr als alles in der Welt.
 

Mein Ivan.
 


 

Ivan.

Ivan [lost beyond recall]

Ich bleibe stehen.

Sehe Miro an.
 

Irgendetwas stimmt nicht.
 

Meine Gedanken überschlagen sich.
 

Warum sieht er mich so an?

Warum steht er einfach nur da?
 

Miro?
 

Was passiert?
 

Angst überflutet mich schlagartig.
 

Irgendetwas stimmt nicht!
 

Panisch starre ich ihn an.
 

Ich flüstere seinen Namen.

Miro?
 

Ich bin erstarrt.
 

Dann bricht er zusammen.
 

Ich sehe wie er fällt.

Wie er auf dem Boden liegt.

Im Schnee.
 

Ich kann mich nicht rühren.
 

Sehe dem bizarren Schauspiel mit weit aufgerissenen Augen zu.
 

Ich kann nicht mehr denken.
 

Sanitäter scharren sich um ihn.

Um seinen Körper.

Aber ich weiß, dass ist nicht mehr er.
 

Es ist nur noch eine Hülle.

Sein Hülle.
 

Er ist nicht mehr da.
 

Er ist fort.
 

Ich fühle es.
 

Er ist fort.
 

Für immer.
 


 


 

Und dann schreie ich.

Falle auf die Knie.

Ich schreie.

Ich weine.
 

Mein Herz scheint zu sterben.

Alles in mir krampft sich zusammen.

Ich nehme nichts mehr um mich herum wahr.
 

Ich schreie.

Ich weine.
 

Irgendwer fasst mich an.

Redet auf mich ein.
 

Doch ich realisiere es kaum.
 

Sie haben ihn auf die Trage gelegt.

Ich kann ihn nicht sehen.

Ich sehe nur die Decke, mit der sie ihn abgedeckt haben.
 

Er ist da nicht mehr.
 

Ich fühle es.
 

Er ist fort.
 

Er hat mich zurückgelassen.
 

Für immer.
 

Endgültig.

Ivan [God's in his Heaven]

Es geht mir gut.
 

Ich habe eine tolle Frau.

Als Profifußballer kann ich behaupten, dass ich Geld wie Heu habe.

Ich bin gesund und fit.

Fußball ist mein Leben.

Bei Werder bekomme ich alles was ich brauche, um meine internationalen Ziele irgendwann verwirklichen zu können.

Ja, ich sollte zufrieden sein.

Was sollte ich mehr wollen?

Kann ich überhaupt noch mehr Glück erwarten?
 

Es geht mir gut.
 

Ich habe alles was ich brauche.

Jedenfalls rede ich mir das ein.

Ich versuche es.

Verzweifelt.
 

Doch...

Ich versuche die Gedanken zu verdrängen.

Die Gedanken an ihn.

Nein.

Nicht schon wieder.
 

Ich drehe den Kopf zu ihr.

Sehe sie an, wie sie neben mir liegt und friedlich schläft.

Ihr gleichmäßiges Atmen.

Ich liebe sie, keine Frage.

Sie ist meine Frau.

Und sie liebt mich.

Ich wüsste gar nicht, was ich ohne sie täte.
 

Was tat ich nur?
 

Was fühlte ich nur?
 

Ich liebte dich.
 

Ich liebe dich.
 


 

Miro.
 


 


 

END
 


 


 


 

Anmerkungen
 

Erst einmal vielen Dank an euch Leser und Kommieschreiber! Vielen Dank!

Ich bin stolz, dass so viele von Euch bis zum Schluss durchgehalten haben.

Vor allem auch, weil der Schreibstil wirklich Magenschmerzen bereiten kann, beim Lesen. Ich weiß das wohl.

Vor über einem Jahr hatte ich diese Story begonnen. Sie war eine Hommage an Ivan Klasnić und Miroslav Klose von Werder Bremen und wird nun auch eine Erinnerung sein, da es den „K&K-Sturm“ in der Form heute nicht mehr gibt. Gerüchten zu Folge verstehen sich die beiden nicht mehr und Ivan hatte schon am Ende der letzten Saison Werder verlassen wollen. Lange Zeit wollte ich das nicht wahrhaben, und habe mich daran festgeklammert, dass sie doch irgendwann wieder gemeinsam stürmen, aber heute habe ich es aufgegeben.

Diese Tatsache war auch mit einer der Gründe, warum ich mich für dieses Ende entschieden habe.

Denn seien wir mal ehrlich.

Es hätte nicht gut ausgehen können.
 

In diesem Sinne,

vielen Dank und auf Wiedersehen.
 

Herzblut
 

PS: Für alle die mehr wissen wollen: Miro starb an fulminanter Lungenembolie, ein eventuell auftretendes Symptom in Folge von TB, was zu Herzversagen führte.

Das lies sich jedenfalls nicht mehr einbauen... XD
 


 

Musikalische Querverweise
 

Nitin Sawhney „Say Hello“

Mariah Carey „After tonight“

Mariah Carey „I still believe“

Mariah Carey “The Roof”

Seal „Love’s Devine“

Rihanna “Unfaithful”

Christina Aguilera “Hurt”

Christina Aguilera “I’m ok”

Brokeback Mountain O.S.T.

Enya “Waterfall”

George Michael “I’m never gonna dance again”

Meat Loaf “I’d do anything for Love”

Backstreet Boys “Incomplete”

House MD Theme, Original by Massive Attack “Teardrop”
 

u.v.m.



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Von:  BERRIE
2007-07-04T18:08:46+00:00 04.07.2007 20:08
Verdammt...
Da finde ich die Update-ENS seit langem wieder und denke mir
,hach, hast das Ende noch gar nich gelesen'
UND ich kann mit Fußball nichts anfangen

aber ich heul wie n Schloßhund Ö_______________________Ö

das hast du toll hgemacht, mir gefällt das Ende trotz allem...~
Von: abgemeldet
2007-04-09T20:24:27+00:00 09.04.2007 22:24
;_;
Man du kannst einem echt zum Heulen bringen!!! >_<
;_;
Die ist einfach voll geil, aber auch total traurig die FanFic!!!
Leider konnte ich die adult-Parts net lesen.
*flennz*
TT-TT
Von:  Schnuckelpunk
2006-12-31T17:05:50+00:00 31.12.2006 18:05
T______T
als ich die story gelesen hab, hab ich danach geheult *wirklich*
ich hab sie schon vor eingiger zeit gelesen (und direckt gespeichert *hehehe*) und komme leider jetzt erst zum kommi schreiben.


Slash 4 ever

kV
Von:  Herzblut
2006-12-28T20:03:26+00:00 28.12.2006 21:03
__::#######
;:::***
>*'' FUMB!ZISCH!SPLASH!

Ich lasse jetzt einfach mal dreister Weise für mich selbst die Sektkorken knallen, da dies mein 100.Kommentar zu dieser FF ist und wahrlich, ich hätt nie im Traum daran gedacht! Zumal es Slash ist und dann auch noch Fussball! Da bleiben eigentlich nicht mehr viel mehr als eine Hand voll LeserInnen übrig!
Also ich danke euch allen und vorallem denen, die sich die Mühe gemacht haben, JEDES Kap zu kommentieren!
*sich ehrfürchtig verneig*
Dankeschön! ;___________;
euer Herzblut
Von:  sterekura
2006-12-28T18:21:13+00:00 28.12.2006 19:21
;_________________;
*auf dich zurenn und dich ganz feste in den Arm nehm*
TU.MIR.DIESES.ENDE.NICHT.AN!
Nein *wirklich heul* Argh, ich könnte mich über mich selbst aufregen, dass ich mich bei diesem pairing so hab hinreißen lassen...

Aber die FF ist einfach spitze, grandios, unverbesserlich! Hach, das Beste, was ich bisher hier gelesen habe! Ich werd nicht mehr, dass mir die FF so verdammt gut gefällt *doch keine deutschen Pairing mögen wollte* Menno ;.;

*dir unendlich dafür danke, dass du diese wirklich geile FF geschrieben hast*
*verbeug*
*knuddelz*
Deine Kura
Von:  sterekura
2006-12-28T18:16:37+00:00 28.12.2006 19:16
.....
Okay... Ich gebe mich geschlagen!
VERDAMMT!
Du hast mich zum Weinen gebracht!
Gott, so etwas kann ich nie abhaben und erst recht nicht, wenn ich anfange etwas/jemanden zu mögen. Sag mir, dass dieses Kapitel nciht da ist, dass ich mich einfach nur verlesen oder besser: mir das alles nur eingebildet habe!

Herrgott, wie kannst du das nur machen? Muss denn so etwas immer gleich mit so etwas Schlimmen bestraft werden? *hemmungslos schluchz*
...
Von:  sterekura
2006-12-28T18:12:42+00:00 28.12.2006 19:12
Gott, schon wieder so ein Kapitel, in dem ich keine definitive Lieblingsstelle haben KANN, weil es einfach so geil ist!

Schnee (ich liebe Schnee *.*), die ganze Atmosphäre und überhaupt... Die Hoffnungslosigkeit in jedem verdammten Wort von Miroslav! Ich bvin dir mit Haut und Haaren verfallen *argh*

*weiter düs*
Von:  sterekura
2006-12-28T18:04:33+00:00 28.12.2006 19:04
*so langsam den Tränen wirklich sehr nahe bin*
*sie aber noch erfolgreich bekämpf*

«Als ob es DARUM geht, denke ich.
Wen interessiert der Sturm.»

Den Trainer? (XD) Alle Blinden? Alle Ignoranten? Alle, die nicht wahrhaben wollen, wie großartig Liebe sein und wie sehr sie eine mitreißen kann. Ziemlich viele Leute also...
Aber ich mag die Stelle. So etwas dachte ich nämlich auch XD

«„Ivan, komm wieder zur Vernunft. Du bist hier um Fußball zu spielen und die Mannschaft braucht dich. Vor allem jetzt.
Denk darüber nach.“»

Buuuuh! Buuuuuh! So etwas zu sagen, bah! Schäm dich... Gut okay, er hat Recht, aber das zählt nicht! Wie kann er das nur so ernst sagen und damit auch noch so verdammt recht haben? Ich hasse es, dass Homosexualität im Fußball so ein großes Tabu ist! Ich würd am liebsten jedem Fußballer + Fan ne Gehirnwäsche geben, damit sie kapieren, dass das auch nur menschlich ist *argh*

Tuberkulose? Herrje, was tust du dem armen Miroslav denn alles an? Und warum finde ich genau den in dieser FF so wahnsinnig toll? Wo ich den doch in Wahrheit überhaupt nicht ausstehen kann? Ich hoffe, dass sich das auch nur auf deine FF beschränkt *nod nod*
Von:  sterekura
2006-12-28T17:53:07+00:00 28.12.2006 18:53
O___O
Du machst ganz komische Sachen mit mir... Ich verstehe mich selbst nicht mehr ;____;

«Warum fragen sie nicht, warum er hier war?
Hier bei mir.»

Das habe ich mich auch gefragt, als ich das mit den Blaulichtern gelesen habe. Ich meine, hallo? Zwei Männer, der eine im Ehebett des anderen... Da kommen schnell Gerüchte auf und man stellt Fragen... *aber nun schnell wieder zur FF husche, weil so schreckliche Vorahnung hab*

«Seine Wärme.
Und sie wird schwächer.
Immer schwächer.»

Ich sehe es schon kommen. Echt... Ich werde hier noch weinen... Ich will aber nicht ;__; Bring mich nicht zum Weinen mit dieser verdammt geilen FF!
Von:  sterekura
2006-12-28T17:44:03+00:00 28.12.2006 18:44
*anrausch*
Dann leg ich mal gleich los ^^

«ICH sollte derjenige sein, der es beendet.
Der die Entscheidung trifft, wie es nun weiter geht.»

Bitte? Hab ich da gerade richtig gelesen? Kann der das noch einmal wiederholen? Meine Güte, das macht mich einerseits rasend wütend (ich meine hallo? Niemand hat ihm ein Zertifikat dafür gegeben, dass er allein entscheiden darf, was nun los ist) und zum anderen denke ich auch nur „wie niedlich“ (weil es auch so verzweifelt klingt... du weißt schon, verzweifelt im Sinne von „Eigentlich weiß ich gar nicht, was zu tun ist und brauche deswegen wenigstens offiziell die Entscheidungsgewalt.“)

«Ich wollte keinen Gedanken mehr an ihn verschwenden.»

Dazu fällt mir eigentlich nur noch eines ein: Es kommt immer anders, als man denkt. Schön zu wissen, dass das auch Fußballer mal erkennen müssen XD
Die Stelle hat auch wieder so schön viel Gänsehautpotential, allein schon, weil man wissen will, was mit Klose los ist *nod nod*

«Wie zerbrechlich doch alles ist.
Wie vergänglich.»

Oh ja! Das sind einmal wahre, aber auch schmerzhafte Worte... Mehr kann ich momentan gar nicht sagen, so sehr bin ich davon berührt, was du da alles schreibst!

Ich bin... total geplättet und ich mache mir wirklich Sorgen, was jetzt passiert! Das ist mir bei einem deutschen Pairing eigentlich noch nie passiert. Ich weiß nicht, wie du es gemacht hast, aber ich kann meine Augen nicht mehr von deiner FF nehmen.

[Ich dachte das wäre ein Testspiel Oo“ wie kann man da Punkte bekommen? Oder bin ich grad so sehr verwirrt, dass ich das schon nicht mehr auf die Reihe bekomme?]


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