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Erste Wohnung (Teil 1) - Die Suche Aus meinem Leben

Autor:  Menolly
Dann war's also beschlossen. Ich wollte eine eigene Wohnung haben. Lange habe ich gezögert, weil ich nicht wusste, ob ich die Verantwortung tatsächlich übernehmen wollte und ob eine Wohnung für mich allein, nicht doch etwas... einsam wäre. Letztendlich habe ich jedoch beschlossen, den Sprung zu wagen.

Eine eigene Wohnung hat nun mal viele Vorteile, die man nicht hat, wenn man noch bei seinen Eltern oder in einer WG wohnt. Man kann seinen Alltag so gestalten, wie man will. Man kann dann schlafen gehen, wann man will, stundenlang telefonieren, Waschen, Baden, Essen, wann man möchte und muss sich mit keinem absprechen. Auf der anderen Seite ist man aber auch auf sich gestellt, wenn man krank ist, schwach, Probleme hat oder sich verletzt. Es ist keiner da, der einen auffangen könnte, wenn was ist. Man braucht also einen Freundeskreis oder Familie in der Nähe, damit man trotzdem sozialen Kontakt hat. Da ich nun einen Bürojob hatte und mich schon einigermaßen in Hamburg eingelebt habe, waren die Umstände darum perfekt. Ich entschloss mich, auf die Suche zu gehen.

Es ist schwer, eine Wohnung zu finden. Es ist umso schwerer, in Hamburg eine (bezahlbare und gleichzeitig bewohnbare) Wohnung zu finden! Der Wohnungsmarkt in Hamburg ist katastrophal!!! Die Wohnungen hier sind generell überteuert, bei vergleichsweise kleinerer Fläche und vergleichsweise schlechterem Zustand. Für mich war ein Kriterium wichtig: Die Wohnung musste in der Nähe meiner Arbeitsstelle sein, am besten fußläufig oder schlimmstenfalls mit Fahrrad erreichbar. Ich hatte nämlich keine Lust, regelmäßig Fahrkarten für Bus und Bahn zu kaufen (Auto besitze ich nicht) und meine Zeit für Hin- und Rückfahrt dort zu verschwenden, wenn ich sie doch am Zeichentisch mehr gebrauchen könnte. ;) Dummerweise liegt unser Büro jedoch in einer ziemlichen... In-Gegend. Blöd gelaufen. Die Wohnungen in dieser Gegend hier sind also noch mal ne Ecke schlimmer und teurer, als vergleichbare Wohnungen in anderen Stadtteilen... Darum nahm ich mir Zeit, eine schöne Wohnung zu finden, die mir gefiel und die ich mir leisten konnte. Und das war wirklich nicht leicht!

Ich bin in dieser Zeit bei vielen Wohnungsbesichtigungen gewesen. Viele Wohnungen fand ich übers Internet, teilweise auch über die Zeitung oder durch Tipps von Bekannten und Freunden. (Letztere sind übrigens mit die besten und günstigsten, wenn sich da also was ergibt, nicht zögern! °_^) Im Internet und in den Zeitungen sind meist Wohnungen, die "übrigbleiben", wenn kein Nachmieter gefunden werden konnte oder die "Privatsuche" nichts ergab. Man kann davon ausgehen, dass die Wohnungen im Internet oft überteuert, im schlechten Zustand oder sonstige Macken haben, die man am besten bei der Besichtigung herausfindet. Bei Besichtigungen gibt es drei Arten:

- Massenbesichtigung:
Es kann kommen, wer will. Datum, Uhrzeit und Adresse werden öffentlich bekannt gegeben und ein Zuständiger für die Wohnung (meist ein Makler) ist am Termin anwesend (oft nach einer mind. halbstündigen Verspätung) um die Wohnung aufzuschließen und die Bewerbungsunterlagen auszuteilen. Fragen kann der Makler oft keine beantworten, weil er sich mit dem Objekt zu wenig beschäftigt hat, weil er noch zehn andere Wohnungen an diesem Tag hatte zum Aufschließen. Bei diesen Besichtigungen ist man einer von... 50 oder so und kann froh sein, bei dem Gedränge überhaupt was mitzubekommen.
Wenn man seine Bewerbung abgibt, wird meist gleich vor Ort vorsortiert. Ich hab mal gesehen, wie ein Makler Symbole in die Ecken der Bewerbungen gekritzelt hat, vermutlich basierend auf dem Aussehen der Personen. Türkischstämmige bekamen ein Minus, unerfahrene Studenten mit spendablen Eltern ein Plus. ;)
Selbstwertgefühl: Mies
Informationsgehalt: Schlecht
Chancen: Schlecht

- Gruppenbesichtigung:
Man muss vorher anrufen und sich anmelden. Vorsortiert wird am Telefon, entweder indem ein paar Fragen im Vorfeld schon gestellt werden ("Wie viele Personen sollen in die Wohnung ziehen?") oder indem nach den ersten 30 oder so keine Anrufe mehr angenommen werden. Man bekommt einen Termin, bei dem man mit etwa fünf anderen Leuten gleichzeitig die Wohnung anschaut. Der Makler oder Vermieter ist anwesend und beantwortet Fragen, erzählt von sich aus aber eher wenig. Bewerbungsunterlagen kann man gleich abgeben, oder später nachschicken.
Selbstwertgefühl: Okay
Informationsgehalt: Ausreichend
Chancen: Okay bis ganz gut

- Einzelbesichtigung:
Man muss sich unbedingt vorher anmelden und vllt. sogar Fragebögen ausfüllen. Es wird ein Einzel-Termin vereinbart. Der Makler nimmt sich Zeit, in der Wohnung herumzuführen und alles zu erklären. Offene Fragen werden beantwortet. Sollte die Wohnung nicht zusagen, werden vllt. sogar andere Wohnungen als Alternative vorgeschlagen. Ein Makler hat mich sogar in seinem Auto (!) zu einer anderen Wohnung gefahren und sie vorgeführt. Bewerbungsunterlagen sind in einer schicken Mappe zusammengefasst und werden mitgegeben. Man kann sie dann zu Hause ausfüllen und per Post oder Fax einreichen. Man bekommt die Telefonnummer des Maklers, falls noch Fragen auftauchen.
Selbstwertgefühl: Super
Informationsgehalt: Gut bis sehr hoch
Chancen: Sehr gut

Wie man sich denken kann, ist die Massenbesichtigung die häufigste Form und die Einzelbesichtigung die, die kaum noch zu finden ist. Ich hatte nur eine EInzelbesichtigung während meiner gesamten Suche! Diese war zu einer stark renovierungsbedürftigen Wohnung. Als Alternative wurde mir auch eine komplett renovierte Wohnung vorgeschlagen, die aber fast eineinhalbmal so teuer war. Aber das wäre nicht das Problem, leider lag sie auch sehr ungünstig. Zu Fuß oder mit Fahrrad wäre ich nicht ins Büro gekommen. Deswegen habe ich dann abgelehnt. Ein paar von der zweiten Sorte hatte ich auch. Meine Wohnung, die ich jetzt habe, war von einer Gruppenbesichtigung. Die Massenbesichtigungen sind die furchtbarsten. Man fühlt sich wie Dreck. Es ist voll, wie in einem Bus zur Rush-Hour. Du hast keine Chance, dem Makler Fragen zu stellen und wenn, kann er sie oft gar nicht beantworten. Teilw. wohnen die Vormieter noch drin, also läuft man durch eine möblierte Wohnung mit persönlichen Gegenständen (die man vllt. gar nicht sehen will) und versucht, sich alles wegzudenken. Man hat so keine Chance, Makel zu erkennen. Es ist so laut, dass man nicht auf den Straßenlärm horchen kann. Kurzum: Es ist schrecklich! Makler sparen dadurch schlicht Geld, indem sie möglichst wenig Arbeit reinstecken und möglichst viel rausschlagen können. (Makler nehmen teilw. bis zu drei Kaltmieten Provision, was hier in Hamburg gerne an die eineinhalb Tausend Euro bedeuten kann!)

Meine Wohnung schließlich fand ich im Internet. Ich habe sofort gesehen, dass sie gut liegt, nur knapp 10 Min. zu Fuß vom Büro entfernt. Am Haus lief ich jeden Morgen vorbei, also wusste ich, dass es ein hübsches Haus war. Ich meldete mich also an und bekam tatsächlich einen Termin zur Gruppenbesichtigung! Die Provision war auch nur eineinhalb Kaltmieten, was SEHR günstig ist für Hamburg. Und als ich schließlich die Wohnung betrat, hatte ich sofort ein gutes Gefühl. Das ist ein sehr gutes Zeichen und tatsächlich hatte ich das nur bei einer Handvoll Wohnungen, während der gesamten Suche. Das Gefühl, dass man reinkommt und denkt: Wow! Das ist es! Hier fühl ich mich wohl!

Das Gefühl hatte ich hier. Die Wohnung war allerdings (wie man schon annehmen konnte) nicht in besonders gutem Zustand. Sie war renovierungsbedürftig. Der Vormieter, so wurde mir gesagt, war Raucher und so sah es auch aus. Die Wände, Türen und Fenster waren vergilbt, die Decken noch aus den 70ern, der Fußboden (Diele) alt und grau. Aber der Schnitt der Wohnung war gut. Sie hat eine Badewanne und eine große Wohnküche, in die (so der Makler) eine brandneue Einbauküchenzeile mit Ceran-Herd reinkommen sollte. Also gab ich meine Bewerbungsunterlagen ab.

Ich hatte die ganze Zeit ein recht gutes Gefühl und ahnte irgendwie, dass ich gute Chancen hatte. Ich weiß auch nicht, wie. Aber als der Anruf etwa eine halbe Woche später kam, war ich kaum überrascht. Es hieß, ich würde die Wohnung kriegen, wenn ich sie denn noch wollte. In diesem Augenblick zögerte ich kurz. Mir war klar, dass wenn ich zusagen sollte, viel Arbeit auf mich zukäme. Renovierung, Neuausstattung, Umzug... Die Kosten wären enorm! Und wer weiß, was noch in dieser Wohnung lauert, wovon ich noch gar nichts wusste. Ich wusste aber auch genau, dass wenn ich zögern sollte, ein anderer hinter mir stünde, der die Wohnung sofort nehmen würde. Ich konnte mir also keine lange Denkpause erlauben. Ich sagte also zu. Selten hat mein Herz so heftig gehämmert wie in diesem Augenblick! Mir wurde heiß und kalt, weil ich sofort wusste, dass damit mein nächster Monat besiegelt war. Und gleichzeitig war ich überglücklich, weil ich mich so entschieden hatte! Ich hatte noch einige Bedenken und das hätte mich auch noch warnen müssen, denn Zweifel sind bei mir immer ein gutes Alarmsignal, dass ich mich zu übernehmen drohe. Aber hätte ich es nicht gemacht, hätte ich es bereut. Ich hab es also gewagt und einen Termin zur Vertragsunterzeichnung vereinbart. Es gab kein zurück...

Fortsetzung folgt.
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Datum: 16.07.2012 23:09
LOLOL, ich find's toll, das du "Selbstwertgefühl" mit berücksichtigst. Das ist süß -^^-. Guter Eintrag, wird mal empfohlen.

PS: Du bist jetzt voll erwachsen, Glückwunsch ;-).
http://www.the-wired.de - Bilder/Comics/Log
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Datum: 16.07.2012 23:53
Super spannend :D
Bin schon gespannt wie es weitergeht. Bisher kannte ich Massenbesichtigungen gar nicht, bin sehr froh dass wir bisher nur Einzelbesichtigungen hatten :D

Wie viele Zimmer hat deine Wohnung eigentlich?
The Little Dreamer

http://www.neverland.oyla.de
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Datum: 17.07.2012 07:38
Super gut geschriebener Weblogeintrag der sehr informativ ist. Dankeschön!
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Datum: 17.07.2012 08:18
`___´ Von Massenbesichtigungen hab ich noch nie was gehört und Gruppenbesichtigungen kenn ich nur aus dem Fernsehen... Dein Weblogeintrag macht mir erstmal klar, wieviel Glück es eigentlich ist, eine Raumgestalterin als Mutter zu haben, die ständig Kontakte zu Vermietern hat...

"Willst du ne neue Wohnung? Is größer als deine Jetzige und is in einer besseren Lage. Oh und günstiger, ich kenn den Vermieter. Oh, und keine Kaution. Is renovierungsbedürftig, aber das mach ich gerade, deswegen weiss ich von der Wohnung... und ich hab noch Reste und krieg ja Prozente auf alles."

Ich weiß, jetzt ist es vermutlich zu spät, aber solltest du IRGENDWANN nochmal umziehen, schau dir die Fenster an! Die sind besonders wichtig, wegen der Abdichtung... Sind die Fenster in nem schlechten Zustand ist Vorsicht geboten, weil Wärme verloren geht und Kälte im Winter reinkommt... Von Feuchtigkeit und Schimmel reden wir gar nicht >_<;
Irgendwie freu ich mich für dich :) Ne eigene Wohnung ist doch was Anderes als ne WG - wie du schon sagtest, VIEL mehr Freiheiten.

Wie regelst du das mit der Renovierung? :> Machst du alles selbst, oder engagierst du jemanden?
VAMPIRE GLITZERN NICHT!!!
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Datum: 17.07.2012 10:16
Herzlichen Glckwunsch nochmal zur erfolgreichen Wohungssuche. Ich denke Hamburg & München sind am schwierigsten was das erfolgreiche finden einer Wohnung beim Preis-Leistungs-Verhältnis angeht.

Berlin hat durch seine zweigeteilte Geschichte da einen großen Vorteil,auch wenn es dort immer teurer wird. Am Besten ist es noch im suburbanen Raum, Kreisstädte wie Holzminden sind günstig zu leben und wohnen, ganz gut sieht es auch in Hannover aus.

Ich hoffe Du kannst die wohung viele Jahre halten und wirst Dich gut einleben ^^ô

http://animexx.onlinewelten.com/weblog/280870/[URL]
->Mein Blog über Filme,Yaoi und Wissenwertes.
Datum: 17.07.2012 18:18
glückwunsch an dieser stelle zur ersten eigenen wohnung ^^

das liest sich echt spannender als jeder krimi XD und hat sogar noch lern und erfahrungswert :D wird also empfpohlen <3

und ich bin schon auf den nächsten teil gespannt *_*

chirio
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Datum: 18.07.2012 15:48
Das mit dem Reinkommen und sofort denken "Die ist es!" hatte ich bei meiner aktuellen Wohnung auch, und es hat sich sich bestätigt!
Ich hatte diesmal zum Glück nicht den Druck, lieber gestern als morgen eine Wohnung finden zu müssen um nicht unter ner Brücke pennen zu müssen, daher konnte ich dieses Mal etwas selektiver an die Sache rangehen als in Düsseldorf wo es hieß "Hauptsache IRGENDWAS wo mir nicht der Putz von der Wand bröckelt udn ich morgens ne Stunde zur Uni fahre!"
Also hat sich das Warten für mich gelohnt.
Meine Schwester studiert seit Herbst in Hamburg, daher kann oich von deiner beschriebenen Situation ein Liedchen singen... Letzendlich hatte sie schweinisches Glück und wurde für eins der Studentenwohnheime ausgelost.
:-)
...und wir heben unser Glas in Demut,
ich erinner mich an alles und jeden.
Such dir jemanden, der dir nicht wehtut
du nennst das Pathos, und ich nenn es Leben.


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