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Review: "Lilientod"-Trilogie Anne Delseit, DManga, Lilientod, Martina Peters

Autor:  roterKater

     

Lilientod
Lilientod - Rosenkönig
Lilientod - Vergissmeinnicht


Text: Anne Delseit
Zeichnungen: Martina Peters
je ca. 200 Seiten; 5,95€
erschienen bei Carlsen Manga

Kürzlich fand mit "Lilientod - Vergissmeinnicht" eine der einschlägigsten deutschen Boys'Love-Mangaserien ihren Abschluss. Zeit, einen Rückblick auf die Trilogie von Texterin Anne Lail Delseit und Zeichnerin Martina Soen Peters zu werfen.

Im ersten, Anfang 2009 erschienenen "Lilientod"-Band verfolgen wir die Abenteuer der jungen Kronprinzen Arin, der sich im Alleingang aufmacht, die Identität eines geheimnisvollen Attentäters Amaryll zu ergründen, der den Hofadel nach und nach um seine Mitglieder erleichtert. Die Spur scheint zu seinem Vater, dem Regenten von Bellilior zu führen. Doch Arin fühlt sich zu Amaryll auch seltsam hingezogen ...

Zugegeben, die Umstände, unter denen Amaryll und Arin Genre-gemäß in der Kiste landen, sind schon ein wenig plump inszeniert. Insgesamt ist der erste Teil auch der gradlinigste und mit am wenigsten Tiefgang erzählte Teil der der Trilogie. Dennoch ist das Anliegen, BL mal mit einer spannenden Story zu verbinden, bemerkenswert. Zeichnerisch ist Martina hier natürlich auch noch nicht auf der Höhe ihrer Kunst. Besonders an der Gesichtsanatomie hapert's noch. Martina neigt dazu, die Nasen ihrer Figuren im Profil zu zeichnen, selbst wenn sie frontal zu sehen sind, weswegen die Gesichter teils seltsam verschoben wirken. Das scheint aber ihr Stil zu sein und ist sicherlich Geschmackssache. Die Hintergründe sind insgesamt sehr minimalistisch und wenig atmosphärisch ausgefallen. BL-Fans werden dafür aber mit wirklich wunderschön gezeichneten und attraktiven Körpern verwöhnt, die erfreulicherweise einmal nicht das Bishi-Hungerhaken-Klischee erfüllen.

"Rosenkönig", ein Jahr später nachgelegt, ist dann aber eine enorme Steigerung, besonders auf Ebene des Storytellings. Bellilior wird nun von den Revolutionen in den Nachbarländern bedroht. Noch steht das Volk hinter Arin, doch in den Rängen der Adeligen formieren sich erste Gegenpositionen. Als Arin dem gestürzen König Haim des Nachbarlandes Roswingen Zuflucht gewährt, wachsen ihm die Intrigen gegen seine Krone über den Kopf. Zudem verkracht er sich mit Valthior, ehemals Atentäter Amaryll und nun Arins Berater, und verliert seinen wichtigsten Rückhalt ...

Anne gelingt im zweiten Band des seltene Kunststück, die Erzählung nicht nur qualitativ zusteigern, sondern rückwirkend die Geschichte des ersten Teils auch noch immens aufzuwerten. Vieles, was sich im ersten Band noch als plattes Gut/Böse darstellte, erreicht durch Aufdeckungen in der Fortsetzung eine völlig neue Tiefe und ungeahnte Komplexität. Zudem machen die zahlreichen Intrigen und das schwierige Verhältnis zwischen Arin und Valthior den zweiten Band zu einem immens spannenden Leseerlebnis. Anne beweist hier eindrucksvoll, dass man auch im Boys'Love-Gerne mitreißende Geschichten erzählen kann, wenn man denn will.

Natürlich kommt auch die BL-Komponente in "Rosenkönig" nicht zu kurz, ganz im Gegenteil. Martina baut einige wirklich hocherotische Szenen in den Manga ein, insgesamt sogar deutlich mehr als im Vorgänger. Valthior und Arin dürfen sich sogar streiten, während beide gerade nackt sind, was das eine wirklich geschickt mit dem anderen verbindet. BL-Fans sollten als definitiv auf ihre Kosten kommen. Martinas Zeichenstil hat sich insgesamt deutlich gefestigt. Besonders die schönen Schwarzflächen können überzeugen. Die Schwächen des ersten teils treten aber teils auch noch zu Tage. Es gibt eigentlich nur einen wirklich eindrucksvollen Hintergrund im Band (auf Seite 139, wer nachschauen will), alles andere wirkt immer noch etwas steril.

Vor Kurzen erschien mit "Vergissmeinnicht" der heißersehnte Abschlussband der Trilogie. Arin sitzt nun, selbst des Hochverrats angeklagt, im Kerker, während seine Feinde seine Hinrichtung vorbereiten, während Valthior von außen Unterstützung gegen die Intriganten zu finden sucht.

Der dritte Teil beschäftigt sich weitestgehend damit, wie Arin innerhalb des Kerkers und Valthior im Exil gegen ihre Feinde ankämpfen. Die bereits Mitte des zweiten Bandes getrennten Hauptfiguren finden erst ganz zum Schluss wieder zusammen - allerdings in ziemlich kurz abgehandelter Form. Der Schlussakt ist höchst dramatisch angelegt, aber ihm wird leider kein Platz eingeräumt um tatsächlich wirken zu können. Stattdessen verkompliziert Anne die Handlung zuvor mit neuen Nebenfiguren, die letztendlich für den eigentlichen Kern der Geschichte - das Verhältnis zwischen Valthior und Arin und ihren Konflikt mit den Hofintrigen - völlig nebensächlich sind. Zudem verkümmert Arin - im ersten Band aktiver Held der Erzählung, im zweiten durch sein Fehlverhalten zum Anithelden geworden - vom Protagonisten zur passiven Nebenfigur, die die meiste zeit des Bandes damit verbringt, ins Leere zu starren und letztendlich keinerlei Einfluss auf die dramatischen Ereignisse des Schlussaktes nimmt.

Insgesamt hat sich Anne im dritten Band leider etwas übernommen und den roten Fanden der Erzählung aus den Augen verloren, weswegen "Vergissmeinnicht" erzählerisch mit dem zweiten Band nicht ganz mithalten kann. Auch werden die notwendigen Sexszenen etwas notdürftig eingebunden. Da Arin und Valthior sich ja fast den ganzen Band nicht begegnen, dürfen sie nur in Rückblenden und Traumszenen ran, was doch schon etwas gezwungen erscheint. Dennoch bleibt es natürlich spannend. Fans der ersten Bände werden auch den dritten Teil mit Sicherheit verschlingen, auch wenn sie sich möglicherweise - wie ich - vom Ende ein wenig vor dem Kopf gestoßen fühlen mögen. Dafür wartet Anne immerhin noch mit einer eleganten Schlusspointe auf.

Martinas Zeichnungen haben sich ebenso weiter gesteigert. Sie baut deutlich mehr Details in die Hintergründe ein, aber leider wirken sie trotzdem noch nicht wirklich atmosphärisch. Die Linien sind in den Hintergründen oft mit chirurgischer Präzision gezogen und daher wenig dynamisch. Zudem nutzt sie dort so gut wie nie Schraffuren, was die Lebendigkeit der Settings immens steigern könnte. Dafür sind die Figuren jetzt deutlich besser und dynamischer geinkt, weil sich Martina endlich traut, die Strichdicke in den Linearts stärker zu variieren.

"Lilientod" ist abschließend sicherlich die ambitionierteste Boys'Love-Serie aus dem deutschsprachigen Raum, die mit einer über weite Strecken mitreißenden Story voller Intrigen und Protagonisten, die auch mal Fehler machen dürfen, glänzt. Die Zeichnungen sollten BL-Fans mit attraktiver Figurenanatomie und hocherotischen Sexszenen ansprechen. Insgesamt bleiben die Zeichnungen besonders im Hinblick auf die Hintergründe noch etwas zu kühl, und das Ende der Geschichte erschien zumindest mir ein wenig unausgewogen (was aber ganz sicher Geschmackssache ist). Damit ist "Lilientod" ein heißer Tipp für alle Fans auf der Suche nach BL-Manga, die dem Leser auch mal was zu erzählen haben.



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