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Die Suche nach dem Anspruch DManga, Mediendiskriminierung, Postmoderne, Trivialliteratur

Autor:  roterKater

--- Dieser Beitrag entstand als Reakion auf eine Diskussion über anspruchsvolle Manga im CiL-Forum. Man verzeihe den leicht ironischen Unterton. ---

Es begab sich zu einer fernen Zeit, die man später die Aufklärung nannte, dass einige intellektuelle Herrschaften, zum Beispiel der Herr Kant und besonders der Herr Schiller, sich aufmachten, Kulturprodukte danach zu unterscheiden, wen sie denn Ansprechen: eine sonstwie geartete hypothetische Masse oder den aufgeklärten Kreis der auserwählten Kulturapostel. Der Herr Schiller war dabei aber dem Gedanken an eine Volkskunst nicht ganz abgeneigt, denn je mehr leute man erreicht, desto mehr kann man ja auch aufklären und zum Olymp der anspruchsvollen Kunst führen. Die Massenkunst müsse also so etwas wie einen utopischen Kompromiss aus Unterhaltung und Anspruch gewährleisten, damit man immer mehr Leute an die einzig wahre und von Natur aus großartige Hochkultur heranführen könne.

Die Aufklärung war zwar irgendwann nicht mehr aktuell, aber die sich schon im Klassizismus formulierte Aufteilung zwischen Hochkultur und Schund setzte sich erfolgreich im kulturellen Austausch fest, insbesondere deshalb, weil es ja irgendwie doch verstärkt die Kulturapostel waren, die darüber bestimmen durften, was davon denn nun was ist, und da die Masse ja bekanntlich doof ist, ist die Hochkultur grundsätzlich das, was der Masse nicht gefällt. Das "die Masse" dabei nicht "die Masse" ist, sondern ein hochkomplexes Geflecht individueller Bedürfnisse und Vorlieben, fiel freilich dabei unter den Tisch, denn wie soll man auch polarisieren, ohne zuvor kräftig zu pauschalisieren?

Das ging so munter weiter bis etwa in die 1960er Jahre. (Der Einfachheit halber sehen wir mal von kurzen avandgardistischen Gegenbewegungen wie dem Dadaismus ab, die leider ohne große Folgen auf die allgemeine Kulturproduktion blieben). Zu dieser Zeit hatte sich auch schon eine äußerst produktive Comicindustrie herausgebildet, die natürlich zuerst vollständig in die Ecke des Schunds geschoben wurde, und zwar international. Schließlich ist alles, was Bilder zum Erzählen braucht, erstmal doof und - tadaa! - anspruchslos.

Doch dann passierte in den späteren großen Comic-Nationen etwas Interessantes: die intellektuellen Comicapostel begannen plötzlich Comics zu mögen! In den USA machten Pop-Artists wie der Herr Lichtenstein und der Herr Warhol Comicästhetik für ihre Kunst produktiv, während die intellektuellen der Beartnik- und Hippie-Szene die sequenzielle Kunst für ihre autobiographischen Underground-Comics entdeckten (der Herr Crumb sagt dem einen oder anderen sicherlich was). In Frankreich waren es die intellektuellen Filmemacher wie der Herr Godard oder der Herr Truffaut, die Comics für ihre Werke produktiv machten. In Italien schrieb der Herr Eco wissenschaftliche Aufsätze über die Semiotik von Comics, und in Japan erklärte man den Herrn Tezuka, den man über alle Alters- und sozialen Schichten hinweg einfach toll fand, zum Kulturheiligtum.

In den 80ern Jahren wurde dann in Kulturwissenschaftskreisen ein bestimmter Diskurs populär, der sich "Postmoderne" nannte und eine absolute Einebnung der Kluft zwischen Hoch- und Populärkultur produktiv machte. Dieser postmoderne Diskurs wanderte von Frankreich über die USA nach Japan, wo er heute noch am populärsten ist (unter anderem durch den Herrn Murakami Takashi und sein Anime-Alter-Ego Herrn Hosoda Mamoru, von dem der geneigte Autor dieses Textes übrigens ein Autogramm hat, was aber nichts zur Sache tut.) Und jetzt schauen wir uns doch mal an, in welchen Ländern Comics heute am populärsten und anerkanntesten sind ... Moment mal, sind ja dieselben! Könnte man daraus vielleicht schließen, dass eine Aufhebung der Grenzen zwischen Hoch- und Massenkultur, zwischen Anspruch und Schund vielleicht ganz produktiv für die Comickultur wäre ...?

Moment, das wäre ja verfrüht! Gucken wir uns dazu doch lieber mal an, wie das in Deutschland so lief. In Deutschland hatten wir ab den 50er Jahren die Herren Horkheimer und Adorno und die ganze Frankfurter Bande, pardon, Schule. Die Herren Horkheimer und Adorno waren so ein bisschen wie der Herr Schiller, nur ohne den Optimismus. Und sie mochten keine Comics, weil sie sie amerikanisch und kapitalistisch und damit Schund fanden und meinten, dass sie verbrannt gehören. Das war so ein bisschen wie bei dem Herrn Goebbels kurz zuvor, der Comics total jüdisch und so fand und auch meinte, dass sie verbrannt gehören. Und so wurden Comics halt vebrannt. Und ja, auch nach dem zweiten Weltkrieg.

Und die Sache mit der Postmoderne? Nun ja, die hat man in Deutschland nie so wirklich ernst genommen. Dafür hätte man sich ja von der Vorstellung verabschieden müssen, dass es einen qualitativ messbaren Unterschied zwischen Anspruch und Schund gibt. Aber weil die Herren Kant und Schiller, und irgendwie auch die Herren Horkheimer und Adorno (allerdings nicht der Herr Goebbels!) auch so was wie nationale Kulturheiligtümer sind (so ein bisschen wie der Herr Tezuka in Japan, oder der Herr Warhol in den USA), glaubt man heute munter weiter daran, dass man Hochkultur vom Schund abgrenzen könne und müsste und das auch total von Natur gegeben und in die Gene eingemeißelt auf der Hand läge (was Leute wie ich dann gerne mal mit dem Wort "Ideologie" zusammenfassen). Und dann gibt es eben nationale Förderanstalten, die natürlich keinen Schund fördern (also auch keine Comics), aber mittlerweile sogar pädagogisch wertvolle Videospiele (sogar in Bayern, wohlgemerkt!).

Und da kommt es dann eben auch zu Aussagen wie denen von der "Jugendliteraturlegende" Frau Pressler, die naserümpfend eine stärkere Abgrenzung zwischen Trivial- und Hochkultur einfordert, damit die ollen Comics nicht mehr so einfach den Jugendbuchsektor unterwandern können. (nachzulesen hier).

In dieser Logik muss dann auch ein Verlag wie Carlsen extra dick "Graphic Novel" auf einen Comic drucken, damit man dem implizit unterstellten Trivialvorwurf unterwandern kann und auch mal in der FAZ besprochen werden darf. Interessant ist hierbei die Auswirkung der Postmoderne in den uSA auf den Begriff, der ursprünglich vom Herrn Eisner genau in dieser Bedeutung in den 70ern eingeführt wurde, mittlerweile dort aber nur noch "Comicveröffentlichung mit Buchrücken" bedeutet und überhaupt keine Wertungsurteile über den angeblichen Anspruch des Inhaltes ausdrückt. Na sowas.

Mittlerweile hat man die Postmoderne übrigens auch als veraltet erklärt. Puh, Glück gehabt, Gefahr gebannt! Da wertet und so leicht keiner den Trivialschund auf! Wäre ja noch schöner, wenn Kunst auf einmal anfängt zu unterhalten ...

Und wenn man sich dann ansieht, wie die Comicszene in Deutschland derzeit dasteht ... nun ja, mich wundert's nicht.

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Datum: 19.11.2010 22:06
Du hast das Problem erkannt, nun müssen Lösungen her. :3
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Datum: 19.11.2010 22:27
Sorry aber ich verstehe dein Problem nicht
die Abgrenzung zwischen Trivialliteratur und Weltliteratur
(ums wissenschaftlich auszudrücken) find ich auch manchmal ziemlich
antiquiert und auch gar nicht mehr praktisch anwendbar
da zB Schiller und Goethe mich wunderbar unterhalten
und ich einige Fantasyromane sterbenslangweilig finde
und dass Comics und Manga allgemein als Ding der Jugendkultur
(und somit leider automatisch Trivialliteratur) zugeschrieben
werden ist schade aber ein Vorurteil das bei der
generation ab 50 wohl irreversibel ist
ABER was schadet das den jetzt der Comicindustrie
ist dir wirklich sooooo wichtig, dass Comics als teil
der Hochkultur betrachtet werden, wenn du genau weisst, dass
die Manga-Verlage sehr gut dastehen und die Bücherläden
(also vor allem in meiner gegend) das Mangaregal fest etablieren
spielt es eine Rolle wenn dein Vater nicht glauben will dass
es mangas mit exrem politisch- und gesellschaftkritischen Inhalten
geben soll
der fakt dass solche Mangas (leider)kaum gekauft werden mag
traurig sein (die Leser und nicht die Autoren machen ein Genre
zur Jugendkultur) aber mich persönlich, als einen der weiss
das was er als Teil dieser Kultur an ihr hat
raubt das nicht den Schlaf

denkst du nicht, dass du dich mit der Forderung nach Anspruch
und Anerkennung der Szene sogar schon wieder etwas aus ihr
herausbewegst, den dem Herrn Schiller war es in seinen frühen
jahren auch egal was die leute über ihn dachten und der Herr
Goethe legte in seinen wilden jahren fast wert darauf sich mit
seiner Elterngeneration anzulegen (die Stürmer und Dränger
wollten nicht verstanden werden, sondern einfach für sich und
einen kleinen Kreis als genial gelten ^^)
also klage die Trennung von Comics und Hochkultur an,
aber bedenke, ob sich das überhaupt zugunsten der Szene lohnt
oder ob es zu ihr passt ^^
"Wer, wenn ich schriee, hörte mich den aus der Engel Ordnungen?"
(Rainer Maria Rilke)
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Datum: 19.11.2010 23:05
Also im Vergleich zu den im Weblog angesprochenen Ländern, wo bereits die damalige Jugendkultur heute schon Opa und Oma-Status erreicht hat, brauchen wir noch eine ganze Weile, bis wir das gleiche über uns sagen können.

Nun kenne ich persönlich nicht die demografische Geschichte der Länder USA und Japan und auch Frankreich, aber in Deutschland ist es so, dass es ziemlich viele alte Herrschaften gibt und immer weniger junge Leute.

Außerdem ist es häufig ziemlich schwer, gegen andere Jugendkulturen anzukämpfen, wo dann die Chance bestünde dass sie mit dem Comics und Mangas ebenfalls aufwachsen und sie auch im Erwachsenenalter weiter ehren.
Schon zu unserer Zeit, und ich spreche da von dem statistischen Alter von Animexx, das jedes Jahr ein Jahr älter wird, muss man sagen, dass man auch da oft von gleichaltrigen gedemütigt wurde, weil man sich mit so einer Undergroundkultur beschäftigt hatte.

Das ist schlimm, darüber regt man sich gerne auf. Denn diejenigen, die damals schon das doof finden, übertragen das unweigerlich auch teilweise auf unsere Generation. Das nennt man Manipulation oder sprichwörtlich: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Nur Leute, die sich wenig beirren lassen, oder viel Freiheit in der eigenen Entwicklung haben, haben die Chance Manga und Comics zu mögen.

Alle anderen sehen das schon fast als Hexerei an. Man merkt das ja auch schon an den Spielen. E-Sport ist glücklicherweise eine anerkannte Sportart. Auch wenn man dabei nicht so die Fette verbrennt, wie beim Turmspringen. Es geht dabei um den sportlichen Geist. Es werden nun mal dabei Egoshooter gespielt und auch Spiele, die als Suchtspiele bekannt sind. Es ist zur Kultur der Jugend geworden. Und zwar eine, die ein, zwei Jahre älter ist, als die Der Comic, und Manga-Kultur. Zumindest schätze ich das so ein.
Glücklicher Weise sieht die Wirtschaft da wesentlich besser aus, aber was man Negatives über diese Spiele hört, ist ja gar nicht mehr normal.
Die Games sollen dazu führen, dass man Hemmungen verliert, man übt sich in Schießen und Morden, sonstige Gewalttaten, Diebstähle und Sachbeschäftigungen, werden zur Normalität.

Im Fernsehen zeigt man dann in dem Zusammenhang Leute, die sowieso sozial inkompetent sind, sich nicht richtig ausdrücken können, keine gute Bildung genießen können und sonstige Probleme haben. Dafür braucht man nicht zwingend ein Spiel.
Und diesen Zusammenhang findet man auch in sogenannten Nachforschungen über die Mangaszene.
Wir sind Leute, die sich mit Watte bekleben und sich damit auch Buchmessen zeigen, kreischen und quietschen, schlecht malen, Homosexualität mögen und eben all jenes, was nicht in die sogenannte Normalität gehört.

Man muss dabei bedenken, dass es früher nicht normal war in Filmen einen Zungenkuss zu zeigen. Das war Tabu, bis das Tabu gebrochen wurde, und sich jeder darüber aufgeregt hatte. Man würde ja bald Pornos zeigen. Und Pornos kann man heute ja schon in Bravos lesen. Auch als 14-Jähriger.

Das wird sich legen. Aber ohne Tabubrechen geht es nicht. Und dazu gehört es auch, sich darüber zu unterhalten und eine Revolution auszubrechen.
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Datum: 20.11.2010 08:48
Hi,
mal mein Beitrag dazu, also die Szene lebt aus sich heraus kann ich nicht unterstreichen. Zumindestens nicht aus der Sicht der Verkäufe, seit ca. zwei Jahren ist der Rückgang der Verkäufe aller Mangaverlage bei uns recht gut zu beobachten, man siehe einfach mal auf den ständig steigenden Preis der weit ausserhalb der üblichen Preissteigerungen liegt. Beispiel Carlsen
da waren die meisten Manga bei 5.-€ im Zeitraum 1997 - 2005
seit dem sind die Preise bis zu 7,95 € pro Band gestiegen. Der Durchschnittspreis im Jahr 2011 zumindestens bis März liegt nun schon bei 6,95€ pro Band. Während bei Panini die Comic Preise bei der Euro einführung stark stiegen, dann aber mehr oder weniger gleich blieben. Das so denke ich, sollte bedeuten das Comic Leser konstanter dabei belieben
EMA hat anfang letzten Jahres sogar zu gegeben das die umsätze rückläufig wären. Nun kann man natürlich argumentieren die Leute lesen mehr Online, das kann aber nicht Statistisch Überprüft werden, aber selbst wenn dem so wäre würde sich da nun nur noch eine alternative Szene bilden und viele der nicht Internet Leser blieben damit dann auch auf der Strecke, zum Beispiel würde ich niemals einen Comic / Manga im Internet lesen, nicht weil ich die Rechtliche Seite sehe sondern weil ich Lesematerielien in den Händen halte will.
Was also tun?
Eine Revolution, das denke ich mal nicht, aber Aktionen wären gut, z.B.: sollten auch mal Comicbesprechnugen in regelmäßiger Form in die Standart Medien gebracht werden, also Fernsehen und TV. Orte mit Comic/Manga Aktionen genutzt werden die eher abseits vom "Normalen Ziel Publikum" liegen. Das Problem ist doch das die meisten Verlage immer nur ihr Zielpublikum bewerben nicht aber potenziell neue Kunden locken, weil eine zu große Unsicherheit in der Treffer Rate ist. Als Beispiele will ich mal die Youth, Young-IFA, alle Veranstaltungen rund um Jugendthemen im allgemein nennen, aber auch Schulen wo man mit AG´s Schüler das Thema näher bringen könnte. VHS Kurse bieten auch die Möglichkeit Leute auf das Medium Comic/Manga aufmerksam zu machen. All das und ich denke mal viel mehr ist möglich aber nicht kostenlos und anstrengungslos und deshalb muss dies aus der Szene kommen und wird wahrscheinlich niemlas aus der Verlagsszene geschehen.
Zum Thema Anspruch, sobald von Anspruch geredet wird denke ich mir immer was ist den mein Anspruch an einem Medium wie ein Comic?
Ich will unterhalen werden ich will auch von einem Buch unterhalten werden, das gleiche ist für Film und Hörbücher gültig, also ist meine Anspruch zu gering? Ich denke nicht, den wenn ich meinen Nutzen sehe und den Geldeinsatz dafür kann ich mir, denke ich, erlauben zu sagen alles was mich unterhält war sein Geld wert. Deshalb ist für mich der Anspruchsgedanke völlig ein anderer.
mfg Alex

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Datum: 20.11.2010 11:38
Also ich stimm dir da auf jeden fall zu, Alex. Ich glaube ich müsste noch ein bisschen auf den Kontext dieses Eintrags eingehen. Wie gesagt war das eine Reaktion auf oben verlinkte Debatte im CiL-Forum um "anspruchsvolle Manga", und da war ich geradezu erschrocken, dass sich die selbsterklärten Kulturapostel auch innerhalb der Szene finden und dann os Sachen behauptet haben wie "man kann anspruchsvolle von anspruchslosen Manga an objektiven (!) Kriterien unterscheiden" und "alle Mangaleser, die keine (nach ihrer Einschätzung) anspruchsvollen Manga lesen, hätten eine eingeschränkte Sicht und wären nicht bereit über den Tellerrand zu sehen" und so weiter.

Und dann kommen diese Leute wieder mit dem üblichen Stuss von "Schwulenmanga" (wurde tatsächlich so gesagt und sogar verteidigt) und dem ach so flachen und anspruchslosen "Naruto", wobeiklar wurde, dass die Leute weder das eine noch das andere jemals gelesen haben und man sich fragt, wer hier eigentlich nicht bereit ist, über welchen Tellerrand zu schauen.

Das Problem ist nicht, dass bestimmte Leute bestimmte Sachen mögen oder nicht mögen, sondern dass sich gewisse Leute dann hinstellen und behaupten, sie hätten einen besseren und weitsichtigeren Geschmack, weil sie eben die besseren (=anspruchsvolleren) Manga lesen und dann meinen, sie müssten eben alle anderen zum Anspruch bekehren, und wenn alle so offen eingestellt wären wie sie, würde schon alles gut werden. Was eben GENAU die Schiller-Position aus dem späten 18. Jhd. ist.

Wobei die Kriterien für anspruchsvolle Manga natürlich teilweise haarsträubend sind und neben einleuchtenden Beispielen wie Urasawa und Taniguchi dann eben auch "Berserk" und "Alita" auftaucht und irgendwie grundsätzlich alles, was Seinen ist. Es erübrigt sich glaube ich hinzuzufügen, dass die Kulturapostel in der Regel männlich sind (da hat sich seit Jesus nichts geändert) und dass Josei irgendwie dabei wieder komplett vom Tisch fällt.

Und mein Beitrag eben sollte darauf hinweisen, dass es genau dieses binäre Denken zwischen Trivial- und Hochkultur ist (meist gerechtfertigt über das diffuse Wort "Anspruch"), dass die Comicszene in Deutschland nachhaltig geschädigt hat und dass die heutigen großen Comicnationen alle ihren Status für Comics erarbeitet haben, indem sie eben dieses Denken aus der Welt geschafft haben.

Wer kann was ändern? Auf jeden Fall ganz klar die Medien, Tageszeitungen, Fernsehen etc. Die bisherigen Strategien, sei es bei Kulturzeit oder in den Feuilletons, liefen immer nur darauf hinaus, bestimmte "künstlerische" Bereiche des Comics herauszupicken und aufzuwerten (Stichwort "Graphic Novel"), sie zielten aber nie auf die ganzheitliche Akzeptanz des Mediums Comic, wie das in den oben genannten Beispielen aus den anderen Ländern der Fall war.

Dann sind auch die anderen Künste gefragt, zum Beispiel die Filmbranche. Comic-Verfilmungen boomen in den USA sondergleichen, warum nicht auch in Deutschland? Warum kommt nur alle Jubeljahre mal eine halbherzige Cartoonverfilmung von König/Moers/Brösel, aber der Rest der nun wirklich weitreichenden Comiclandschaft in Deutschland bleibt als Referenzmaterial völlig unberücksichtigt? Fürs Fernsehen könnte man das auch mal versuchen.

Und letztendlich sind die großen Verlage selbst gefragt, die, wie Alex schon richtig anmerkte, sich in der Promotion ausschließlich auf ihre Zielgruppe einschränken und überhaupt gar nicht dran denken, sich irgendwie nach außen zu orientieren. Absolut ultimatives Negativbeispiel: EMA.

Und der Grund ist in allen Fällen derselbe: die Leute haben immer noch ihre virtuelle Mauer im Kopf zwischen Trivial- und Hochkultur.
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Datum: 20.11.2010 18:51
Kristallini, ich sehe schon, wir werden uns uneinig sein, weil wir uns mit der Definition irgendwelcher Wörter beschäftigen müssen, bevor wir den eigentlichen Kontext begreifen dürfen.

Revolution, auch wenn es ein politischer Begriff ist, so ist es nun mal so, dass sich alles manipuliert und beeinflusst. Die Kunst spiegelt vieles wider, worauf man immer auf interessante Dinge in der Geschichte schon allein aus der Kunst deuten kann.

ESport, tja, da rede ich mich einfach raus, weil ich nicht sagte, wo es anerkannt ist. :P
Ich will es mal so umformulieren, dass es in der Jugendkultur ein anerkannter Begriff ist. Auch für die Medien, die davon berichten. Du kannst nämlich danach googlen und findest einschlägige Treffer.

Die Bedeutungen von Begriffen ändern sich auch. Die Sprache entwickelt sich, die Organisation einer Sache entwickelt sich auch weiter.
Wenn E-Sport einen sportlichen Charakter hat, dann hat es auf jeden Fall die Chance auch offiziell eine Sportart zu werden.

Das Argument mit den Mangafreaks, die über dem allen stehen könnten.
das könnten sie tatsächlich tun. Aber es ist alles eine Frage der Psychologie. Man kann nicht von allen Menschen verlangen wie ein Fels in der Brandung zu sein und die Schikane standfest zu meistern.
Das geht nämlich praktisch nicht, auf Dauer geht das auch nicht, bei starken Menschen.

Aber nun zum Kontext:
Ich sehe es so, weil ich gehöre dazu, die Szene braucht mehr Akzeptanz und das muss sie von selbst aus erschaffen. Nicht von innen heraus, wie du es meintest, sondern nach außen hin.

Manipulation und Beeinflussung werden dabei eine große Rolle spielen, aber das wäre Teil einer riesigen Marketingkampagne.
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