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Schnee.

Autor:  Elvis
ich habe ja nix gegen schnee, aber so langsam sollte der winter doch aufhoeren, oder?
Datum: 11.05.2004 23:00
Gestern war der 1. Mai. Der Maifeiertag.
Es ist der 02.05.2004, alle sind guter Laune, denn meine kleine Schwester Denise feiert ihre Kommunion. Als erstes ist Kirche in die ich nicht mitgehe, da ich auf meinen kleinen Bruder Manuel aufpasse, welcher noch zu klein für die zwei stündige Kirche ist. So ist es nun an mir den Sekt-Empfang vorzubereiten. Obwohl ich so früh aus dem Bett geschmissen wurde, bin ich trotzdem guter Dinge und verrichte meine Arbeit mit großer Vorfreude auf das nahende Fest. Endlich ist es 12 Uhr, die Kirchgänger trudeln so langsam ein und jeder bekommt erst einmal ein Glas Sekt. Alles verläuft wie geplant. Die Stimmung ist gut und wir vertreiben uns die Zeit bis zur Essenslieferung mit reden. Jetzt ist es schon 13 Uhr und das Essen, welches um 12.30 Uhr schon kommen sollte ist immer noch nicht da. Doch auch davon lässt sich niemand die Laune verderben und schon 15 Minuten später sitzen wir in unseren geöffneten Garagen um 3 Tische und essen genüsslich. Auch die Unterhaltung kommt nicht zu kurz, denn jeder hat ein Thema, das es zu bereden bedarf. So streichen 2 Stunden ins Land, bis auch der letzte sich Vorspeise und Hauptgang einverleibt hat. Alles ist satt und so zerstreut sich die Menge bis es den Nachtisch geben soll. Es ist ein sonniger Tag und so stehen die meisten einfach nur in der Sonne und führen ihre Essensgespräche weiter. Wir Kinder hingegen können nicht einfach nur in der Sonne stehen und so begnügen wir uns mit einer Runde Basketball. Endlich wird zum Nachtisch gerufen, es gibt Teramiesu und Eis mit heißen Himbeeren. Die Stimmung ist ausgelassen und alle sind noch einmal versammelt. Es wird viel gelacht und geredet und so vergesse ich wenigstens für diese Zeit meine Probleme die in den letzten Wochen mit voller Wucht auf mich niedergingen. Nach diesem Gang soll es nun nur noch einmal etwas später am Nachmittag Kaffee und Kuchen geben und auch für den Abend ist noch ein kleiner Abendschmaus vorgesehen.

Doch bis dahin ist es noch lange und so beschließen wir, Lord of the Weed anzuschauen, welches eine von Fan synchronisierte , 20 minütige Fassung von Herr der Ringe die Gefährten ist. So sitzen wir zu 4. vor meinem Fernseher und reizen unser Zwerchfell und unsere Lachmuskeln bis an ihre Grenzen.

Dann: Es klingelt. Ich denke mir nichts weiter dabei, es wird wohl nur ein weiterer Gast meiner Schwester sein. Ich bin etwas erstaunt, dass man plötzlich Schritte auf der Treppe in den 1. Stock hört, denke mir aber auch da nichts weiter dabei, weil meine Mutter oder mein Vater schon häufiger an diesem Tag diese Treppe nach oben gehen mussten. Doch als sich dann die Schritte in das 2. Stockwerk verirren, in dem nur ich und meiner große Schwester Melanie hausen, ist mir klar das es wohl doch kein Gast für Denise ist. Aber auch darum kümmere ich mich nicht weiter, ich nehme an, dass es nur eines der unten im Hof verbliebenen Kinder ist, welches nicht mit uns fernsehen gegangen ist.

Ich sitze mit dem Rücken zur Tür doch plötzlich bekomme ich ein kribbeln im Bauch und ein Schauer läuft mir über den Rücken. Ich fühle mich beobachtet und so drehe ich mich zur Tür. Da ich als erstes dachte, eines der kleinen Kinder hätte sich in mein Zimmer verirrt setze ich zu einen: „Was willst du...“ denn hier...doch dies führe ich nicht zu Ende. Das Lächeln, welches noch durch den Film verursacht auf meinen Lippen liegt verebbt, denn ich blicke in rote, verzweifelte Augen. Ich brauche einen Moment, um diese meiner Freundin Jenny zuzuordnen, welche neben uns wohnt. Ich kenne sie nun schon lange, aber so verzweifelt und fertig mit den Nerven hatte ich sie noch nie zuvor gesehen. Ich stehe auf, um mit ihr vor meinem Zimmer weiter zu reden Das Kribbeln, welches zuvor noch in meinem Bauch geherrscht hatte verwandelt sich in ein Krampfen, das mir jegliche Luft zu unterbinden versucht. Ich sehe es ihr an, etwas schlimmes muss passiert sein. Ihre Lippen bewegen sich langsam, wie in Zeitlupe formen sie Worte, die ich nicht zu verstehen vermag. Wie zeitversetzt hallen die Worte in meinem Kopf wieder. „Carmen ist tot.“ Ich bin wie erstarrt und meine Augen haben den Blick für die Realität verloren. Plötzlich spüre ich ein Gewicht an mir, doch ich kann es zuerst nicht zuordnen. Wie in Trance wiederhohle immer wieder den eben erst ausgesprochenen Satz, doch kein Ton verlässt dabei meine Lippen, meine Stimmbänder versagen ihren Dienst und meiner Kehle wird wie von einem unsichtbaren Faden zugeschnürt. Undeutlich höre ich Stimmen um mich herum, eher wie ein endloses Raunen. Bilder verwischen vor meinen Augen , mein Blick geht gläsern in die Ferne. Doch langsam kehren Denken und Wahrnehmung wieder zurück. Ich realisiere nun, dass das Gewicht meine Freundin ist, welche mich nun in ihren Armen hält und unkontrolliert zuckt und schluchzt.

Ich schiebe sie langsam von mir weg und schaue sie nun ebenso verzweifelt aber auch fragend an. Jennys Schluchzten lässt leicht nach und sie beginnt es mir zu erklären, doch nur vereinzelt dringen Worte an meine Ohren, ich nehme sie nur wie durch einen dichten Schleier wahr. „...Alkohol....,XTC......Baggersee...“ mehr entnehme ich nicht, doch schon diese drei Worte reichen mir zu verstehen was passiert ist. Warme Striemen breiten sich auf meinen Wangen aus. Tränen, stille Zeugen meiner Trauer, denn mehr bringe ich nicht zu Stande. Alles in mir bricht zusammen. Wie in Trance blicke ich mich um, suche Hilfe, welche mir aber verwehrt bleibt. Statt dessen schaue ich nun in das Gesicht meiner Schwester Melanie, welche bisher hinter mir an der Tür stand. Langsam gewinne ich wieder die Kontrolle über meine Motorik und beginne langsam zu begreifen, was eben auf mich eingedroschen ist. Mir wird blitzartig übel, alles beginnt sich zu drehen und wie eine Explosion überkommt es mich. Meine Knie werden weich, fürchte jeden Moment zusammen zu brechen, doch selbst das wäre in diesem Moment eine Gnade, denn zusammen brechen bedeutet Ohnmacht und Ohnmacht bedeutet vergessen. Wenn gleich es auch nur ein Moment des stillen Vergessen wäre. Doch ich wiederstehe dem drang, statt dessen nimmt mein Kopf nun eine leichte Bewegung auf, welche mit eine Wort verbunden ist, das meine Lippen lautlos formen. Mein Kopfschütteln verläuft langsam aber doch in bestimmender Art und Weiße und leise schaffe ich es diesem Wort hörbare Gestallt zu geben. „...nein...“ . Immer wieder verlässt dieses kleine Wort meine Lippen und bei jedem Mal gewinnt es mehr an Festigkeit, bis es schließlich in einem Brüllen endet.

Ich schaue mich wieder hilflos um, sehe meine Freundin, sehe meine Schwester und erblicke in ihren Augen den gleichen Ausdruck, welchen meine angenommen haben. Meine Knie geben nun nach, zu schwer die Last die sie tragen, ich sinke auf den Boden. Meine Schwester, die bis jetzt auch fassungslos und unter Tränen der Nachricht des Verlustes gelauscht hatte kam nun auch näher zu uns. Sie ging in die Knie und umarmte mich nun ihrerseits so fest, wie es zuvor Jenny getan hatte. Auch Jenny ging nun neben uns auf die Knie und ich spürte wie sich ein weiteres Paar Arme um mich schlossen. ’Warum war ich nicht bei ihr? Warum konnte ich ihr nicht helfen?! Sie war doch immer so vernünftig und lebensfroh. Also warum hatte sie das nur getan?!’

Dies sind wohl die Gedanken die in diesem Moment unsere Köpfe tränken. So sitzen wir da, ich spüre die zwei von Schmerz geschüttelten Leiber, die mich aber trotzdem soweit halten, dass ich nicht auch noch in mich zusammen breche. Jenny und meine Schwester Melanie verleihen ihrem Schmerz durch Weinen Ausdruck, doch ich sitze da und einzig stille Tränen berichten von dem Schmerz, von meinem Zerbrechen. Und dann wird dieser einen Frage Stimme gegeben, welche bestimmt schon jeder von uns gedacht hatte, aber nicht gewagt hatte ihr Gestalt zu geben. Warum sie?

Carmen wir werden immer an dich denken und dich nie vergessen. Du hast es immer geschafft allen ein Lächeln auf's Gesicht zu zaubern mit deiner Art. So frage ich mich doch wirklich, wenn es einen Gott gibt: wie kann er dann nur so grausam sein. Aber vielleicht wollte er einfach nur einen seiner liebsten Engel wieder zu sich rufen. Denn das warst du für uns alle. Wir vermissen dich und du wirst immer in unseren Herzen bleiben und so schwer es mir auch fällt werde ich dich wohl zu ihm ziehen lassen müssen, oder wohin du auch immer gehts....Du hast immer ein Platz in meinem herzen frei.


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