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Panik genervt, Panik, Ratschlag

Autor:  Lucius_A_Malfoy


Eine kleine Anekdote aus dem Labor: Im dritten Semester hatten wir ein Praktikum in dem wir chemische Substanzen synthetisieren mussten. An diesem speziellen Tag ging alles schief. Alles. Meine eine Laborpartnerin kam viel zu spät, der andere kam vollkommen betrunken und so stinkend, dass sogar ich, die ich eigentlich ziemlich unempfindlich bin, überlegte, mich ins Waschbecken zu übergeben. Unsere Synthese ging schief und der Assistent hatte aus irgendeinem Grund keinen Bock sich wirklich um meine Gruppe zu kümmern. Naja, als ich endlich ein paar Milliliter öliger Flüssigkeit aus meinem Rundkolben zusammen gekratzt hatte und nur noch einen letzten Test machen musste um endlich aus diesem Irrenhaus, den sie Labor nennen raus zu kommen, ging ich in den Nachbarraum, wo das Gerät für meinen Test stand. Was mich erwartete, war das reine Chaos:

Schreie. Blut auf dem Boden. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie jemand durch den Gang rannte. Zwanzig halberwachsene Frauen hatten sich innerhalb weniger Sekunden in einen Haufen kopfloser Hühner verwandelt, der nun wie eine Horde Sims ohne Betreuung durch den Raum mäanderte, wobei sie dabei immer wieder sinnlose Halbsätze durch die Gegend riefen. Ich stand da, einigermaßen verwirrt, krallte mich an meinem Kölbchen fest, das ich natürlich vergessen hatte zu verschließen, und schwor innerlich jedem den Tod, der es wagen würde, mich in seiner Panik anzurempeln und das Bisschen Erfolg zu verschütten, das ich mir an diesem Tag erkämpft hatte.

Wie sich schließlich herausstellte, war folgendes passiert: Ein Mädl hatte einen Kolben in ein Wasserbad fallen lassen, der natürlich zersprungen war. Sie hatte versucht, ihn da wieder raus zu holen, wobei sie sich eine Scherbe ziemlich tief in die Hand rammte. Während nun alle aufgrund des Blutes ihren Verstand verloren hatten, hatte sie in etwa das gleiche getan, war raus auf den Gang geflüchtet und verteilte nun da, hin und her rennend, ihr Blut auf dem Boden.


Es ist wirklich faszinierend zu sehen, wie eigentlich erwachsene, reife Menschen innerhalb von Sekunden jegliche Logik über Bord werfen. Dazu muss gar kein Blut fließen, je nachdem wie angespannt die Stimmung ist, reicht dazu schon viel weniger, eine unüberlegte Bemerkung, ein klitzekleines Hindernis, das sich auftut, eine negative Konsequenz, die vollkommen unwahrscheinlich, aber dennoch möglich wäre. Die Beispiele sind zahllos.

Warum ist es nötig, sich bei jedem Kleinscheiß so sehr aufzuregen? Kann man nicht einfach mal mit den Schultern zucken und sehen, ob es wirklich so schlimm wird, wie alle sagen? Oder sich einfach ein eigenes Bild machen, bevor man sich gleich auf die Apokalypse vorbereitet?

Ich hasse es, diese grundlose Panik. Naja, vielleicht ist sie nicht immer vollkommen grundlos, auffallend ist jedoch, dass die Ausmaße der Panik immer viel größer sind als für den Anlass angebracht wäre.

Manchmal kann es hilfreich sein, innerlich einen Schritt zurück zu treten, tief durchzuatmen und sich zu fragen, wie die genaue Sachlage ist und welche Konsequenzen mit welcher Wahrscheinlichkeit drohen. Es ist nicht nötig, hektisch zu werden, Hektik stört nur und lässt einen den Blick fürs Wesentliche verlieren.

Ein kleines Beispiel: Eine Prüfung steht an. Niemand mag Prüfungen, trotzdem muss man nicht vor dem Prüfungssaal stehen und sich laut und hektisch mit anderen darüber unterhalten, was man alles nicht kann und wie sicher man doch durchfallen wird. Bleibt lieber ruhig, schließt kurz die Augen und führt euch vor selbige, wie viel ihr gelernt habt. Fragt euch, ob ihr alles getan habt, was im Bereich eurer Möglichkeiten lag, denn in 85% Prozent der Fälle wird die Antwort ‚ja‘ lauten. Ihr wisst, was ihr könnt. Warum müsst ihr betonen, was ihr nicht könnt? Und fragt euch auch, was geschehen wird, wenn ihr nicht besteht. Dann fallt ihr eben durch, das ist kein Weltuntergang. Vielleicht verliert ihr ein Semester, vielleicht müsst ihr die Prüfung auch nur in zwei Wochen wiederholen. Klar, keiner fällt gerne durch, das will ich damit nicht sagen, aber eine Prüfung ist kein Kampf auf Leben und Tod. Es geht danach weiter, auch im schlimmsten anzunehmenden Fall.

Ein bisschen mehr Besonnenheit würde allen gut tun. Denkt das nächste Mal daran, wenn ihr die Panik in euch ihr hässlichen Haupt heben spürt.


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