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Kellnerstories IV - Blaubarsch an Honigbär!!! Alltag, Arbeit, Kellner

Autor:  Ladeniel
Hey, meine Schätze.
Warum nenn ich euch so, wir kennen uns nicht. JA, KEINE AHNUNG, WARUM MAN SICH SCHATZ ODER LIEBLING NENNT, WENN MAN SICH KAUM ODER GAR NICHT KENNT!
Es ist wieder mal Zeit für Kellnerstories.

Es waren knapp dreißig Grad, ich war knapp verschwitzt (Dimension: hab nach zweimal Augenbrauenzupfen ausgesehen wie nach einem Marathon) und stiefelte herum, um Getränkewünsche aufzunehmen.
Kommt ein Typ ausm Nichts auf mich zu. Fasst meine Hand. Ich erschaudere ob der zusätzlichen Wärme. Der Typ so: “Liebling. Sag Zitrone Wolf Bombe.“
(Nehme vorweg, er sagte nicht genau das. Ich verfälsche das wahre Geschehen, weil ich Persönlichkeitsrechte wahren und Wiedererkennungswert minimieren will. Aber im Prinzip sagte er das.)

Im ersten Moment kam ich mir vor wie im Spionagethriller. “Rotes Meerschwein an fetten Delfin. Die Taube ist im Sandkasten. Over.“
Dann dechiffrierte ich den Code mithilfe einuger Mitarbeiter. “Hallo, liebe Servicekraft. Mein Name ist Wolf, ich möchte bitte ein Spezialgetränk, das ich selbst “Bombe“ nenne, erhalten. Frage bitte den Kollegen “Zitrone“ danach, er weiß, was das ist.“
Okay, Leute, okay. Ich bin der Sherlock neben der Zapfe. Der Wolf bekam natürlich sein Getränk, obwohl er um die 80% weniger Worte nutzte, die man sonst braucht. Find ich das etwas unhöflich? Ja. War ich trotzdem zufrieden? Jaaaa - und zwar ganz heimtückisch. Ich habe geschwitzt wie ein Schwein, habe mir zwischendurch den Schweiß vom Gesicht gewischt, wollte meine nasse Pfote gerade an der Schürze trockenwischen (um danach ordentlich Hände zu waschen, ich bin kein Ekel), aber da packte der Wolf schon ungefragt meine Hand.

Der hätte mir wahrscheinlich Telekomaktien aufschwatzen können, ich dachte die ganze Zeit nur... nein... nicht anfassen, ich bin voller Schweiß.
Zum Fass-uns-nicht-an-Problem: im Gastrobereich kommen wir Serviceleute euch Gästen oft recht nah, wir reichen Essen, beugen uns über den Tisch, um Geschirr abzuräumen, wenn die Musik laut ist, kommen wir euch näher, um was akustisch zu verstehen. Dazu reden wir mit euch oft locker-lässig. Dennoch möchten wir nicht angefasst werden, das tun wir ja schließlich auch nicht (absichtlich) bei euch.

Eine damit zusammenhängende Sache: bitte fragt uns nicht nach unserem Namen. Wir haben mit euch schon einige “intime“ Grenzen überschritten - dass ihr unseren Namen nicht wisst, ist eine der letzten Möglichkeiten, wie wir uns professionell distanzieren können. Ja, wir sind nett, wir lachen über eure Witze, wir kommen euch nah - fast wie Freunde. Wir sind aber keine Freunde. Wir arbeiten hier und für euch.

In den USA ist es recht üblich, dass sich Servicekräfte mit Namen vorstellen, leider leben diese wirklich vom Trinkgeld und müssen daher eine pseudoemotionale Bindung zum Gast herstellen. (Wir könnten natürlich falsche Namen sagen, aber sobald eine Kollegin zu mir rüberbrüllt “Ladeeeeniel, komm mal her!“ wäre das unangenehm.)

Ich spreche mal nur für mich, aber mir persönlich ist es echt lieber, dass ihr versehentlich Gläser kaputthaut, auf den Boden kotzt oder besoffen am Tisch einpennt, als dass ihr mich oder meine Kollegen auf zu persönliche oder gar widerliche Weise ansprecht. Hinweis: niemand von uns mag Kommentare über Körperteile, so nett ihr das auch verpackt glaubt. Gilt übrigens auch für meine männlichen Kollegen, eine Bemerkung über vermutete Länge und Größe sowie Haarwachstum ist auch nicht netter dadurch, dass sich die Verursacher als Teil des Beuteschemas des Kollegen vermuten.

An die lieben Menschen, die freundlich und respektvoll mit ihren Serviceleuten umgehen: Danke euch! Ihr seid für mich der Grund, dass ich den Job seit fünf Jahren immer noch mag. Und ich präferiere immer noch Leute wie euch gegenüber respektlosen Lappen, die am Ende versuchen, ihre Blödheit mit dicken Scheinen zu rechtfertigen.

Nichtsdestotrotz ist die Gastro für mich echt die beste Ecke gewesen, die ich mir Nebenjob-mäßig hätte vorstellen können - hatte immer das Glück, tolle Kollegen zu haben. War gut.

In dem Sinne, seid freundlich!

Ladeniel

PS: Es gibt das Gerücht, dass Kellner, zu denen ihr unfreundlich wart, euch ins Essen spucken. Hab ich noch nie erlebt. Erstmal haben wir keine Zeit dafür, zweitens wäre es total sinnlos, weil der Gast es eh nicht mitkriegen würde. Drittens würden sich die Köche SEHR verarscht vorkommen, wenn der Service ihr Essen versaut.

PPS: ich habe außerdem öfter mal gehört, dass manche Kellner statt einer bestellten Cola light eine normale Cola bringen - zum Teil, um sich zu “rächen“, wenn der Gast irgendwie unangenehm schien. Auch mit dem Argument, dass der Gast dann halt ruhig fett werden solle. Ich sag es mal so, ich hab auch schon eine Menge Gäste echt scheiße gefunden. Aber Zucker und Süßstoff gegen den Willen des Gastes zu vertauschen geht einfach mal gar nicht. Kein vernünftiger Kellner würde euch normale Cola bringen, wenn ihr light bestellt habt. Wir wissen, dass es Dinge wie Diabetes gibt. Und dass es kein Spaß ist. Körperverletzung als Rache ist bescheuert.
Falls ihr euch übrigens mal gefragt habt, wie die Servicekraft bei drei normalen Colas und einer light, die alle gleich aussehen, noch weiß, welche welche ist - wir haben alle sehr ausgeklügelte Merksysteme auf dem Tablett. Wenn die light nicht mit einer Zitrone o.ä. gekennzeichnet ist, wissen wir definitiv trotzdem, was wir wo hingestellt haben. Trust us!
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Datum: 01.06.2018 11:28
Ihr tragt noch keine Namensschilder? Genießt es, so lange ihr noch könnt.
Als ich in der Gastro gearbeitet hatte, habe ich ohne Namensschild angefangen und hatte am Ende Eines mit Vor- und Zunamen, obwohl ich mich da verweigert hatte und ich auch keinen Vertrag diesbezüglich unterschrieben hatte. Mich hat das so angekotzt, dass ich trotzdem Eines tragen musste, weil die Namensschilder immer mehr eingeführt werden und diese als "Uniformspflicht" angesehen werden -.-

Zu deinen beiden Ps:

THIS !!!!
Aber man glaubt uns ja nie. Servicekräfte sind ja Allgemein die Bösen und man kann mit denen machen, was man will, weil man "König" sei...
Kleiner Tipp von mir, liebe Gäste. Ihr seid GAST in dem Haus und werdet respektvoll als diese bedient. Das heißt aber nicht, dass ihr machen könnt, was ihr wollt und schon mal gar nicht, dass ihr wie "Könige" bedient werdet. Denn es gibt auch eine Hausordnung an die sich jeder GAST zu halten hat, wenn er kein Ärger haben möchte ;)


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Datum: 01.06.2018 11:48
abgemeldet:
> Ihr tragt noch keine Namensschilder? Genießt es, so lange ihr noch könnt.
> Als ich in der Gastro gearbeitet hatte, habe ich ohne Namensschild angefangen und hatte am Ende Eines mit Vor- und Zunamen, obwohl ich mich da verweigert hatte und ich auch keinen Vertrag diesbezüglich unterschrieben hatte. Mich hat das so angekotzt, dass ich trotzdem Eines tragen musste, weil die Namensschilder immer mehr eingeführt werden und diese als "Uniformspflicht" angesehen werden -.-
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> Zu deinen beiden Ps:
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> THIS !!!!
> Aber man glaubt uns ja nie. Servicekräfte sind ja Allgemein die Bösen und man kann mit denen machen, was man will, weil man "König" sei...
> Kleiner Tipp von mir, liebe Gäste. Ihr seid GAST in dem Haus und werdet respektvoll als diese bedient. Das heißt aber nicht, dass ihr machen könnt, was ihr wollt und schon mal gar nicht, dass ihr wie "Könige" bedient werdet. Denn es gibt auch eine Hausordnung an die sich jeder GAST zu halten hat, wenn er kein Ärger haben möchte ;)
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Wir tragen zum Glück keine Namensschilder - das würd noch fehlen! War aber nie ein Thema. Maxime bei uns ist/war immer: lasst den Gast für sich, aber riecht, wenn er was braucht.


Mortal Instruments als Shonen-AI-Manga?! Fail.
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Datum: 01.06.2018 12:12
Das selbe durfte man sich auch in der Küche gerne anhören, war der Gast scheiße oder ist er scheiße würden die Köche sonst was mit dem Essen machen. Ich frage mich warum sich Leute so etwas ausdenken, die betreffenden Risiken ihren Job doch nicht wegen so einem Dummkopf (ja schlechtes benehmen usw ist für mich reine Dummheit) ;3
Viele Leute interpretieren gern und viel in Aussagen hinein, egal ob etwas davon da steht oder nicht, jedoch sind sie nur, weil sie es gerne machen nicht zwingend gut darinnen.
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Datum: 01.06.2018 19:15
> Wir tragen zum Glück keine Namensschilder - das würd noch fehlen! War aber nie ein Thema.

Wie gesagt... Genieße es, so lange ihr diese Freiheit noch habt D:



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