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Die letzten ihrer Art [Teil 1] Buchvorstellung, Umweltschutz

Autor:  halfJack

Douglas Adams und Mark Cawardine
Die letzten ihrer Art
Eine Reise zu den aussterbenden Tieren unserer Erde

Man muss nicht per Anhalter durch die Galaxis reisen, um auf ungewöhnliche Lebewesen zu stoßen. Unsere Erde beheimatet schier unendlich viele davon, von denen wir jeden Tag aufs Neue überrascht werden. Uns stehen mittlerweile Möglichkeiten zur Verfügung, auf dem eigenen Planeten fremde Welten zu entdecken und unbekannte Lebensformen. Dabei dringen wir an Orte vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.
... Okay, Schluss mit dem Star-Trek-Monolog. Worauf wir wirklich stoßen, ist ein drohendes Massensterben.

In den 80er Jahren trat der WWF an Douglas Adams heran mit der Frage, ob er nicht mit dem Zoologen Mark Cawardine um die Welt reisen und über aussterbende Tierarten berichten wolle. Warum übertrug man eine solche Aufgabe wohl dem Autor von humoristischen SciFi-Geschichten? Einerseits sicherlich wegen seiner Bekanntheit. Allein sein Name sollte Werbung für ein Unterfangen sein, das internationale Aufmerksamkeit und Unterstützung brauchte. Andererseits fand man in Douglas Adams jemanden, der durch absolute Unkenntnis glänzte und ohne viel Fachsimpelei von all diesen Reisen erzählen konnte.
Daraus wurde eine Radiosendung und ein begleitendes Buch, das als ungekürztes Hörbuch bei Spotify verfügbar ist. Ich selbst kam über den Vorleser Stefan Kaminski darauf, den ich bereits bei Gaimans American Gods schätzen gelernt hatte.

Nun ja, tatsächlich habe ich zuerst mit der Geschichte des Kakapo angefangen. Ein witziger Einstieg, der auch für sich allein stehen kann (ab Kapitel 66 bei Spotify, "Herzklopfen in der Nacht", falls man mal reinhören möchte).
Douglas Adams hat eine sehr charmante und ehrliche Art des Erzählens, was mit dem Sprechertalent von Kaminski perfekt harmoniert. Als Beauftragte und nicht bloß als zum Urlaub Eingereiste fühlen sich die beiden Entdecker Adams und Cawardine manches Mal privilegiert. Sie erwarten abgelegene Orte, Dschungel und Wildnis. Doch ab und zu treffen sie ihre gesuchten Tiere nicht in menschenleerer Natur, sondern in einer Touristenattraktion. Douglas Adams macht keinen Hehl daraus, zu schildern, wie es wirklich war. Und manchmal wurde daraus kein Abenteuer, sondern nur eine Farce.
Auf der anderen Seite waren manche Naturschutzgebiete für sie wegen der strengen Kontrollen kaum zu erreichen. Als Zuhörer begleitet man Adams und Cawardine nach Madagaskar, Komodo (Sundainseln), Zaire (Kongo), Neuseeland, China und Mauritius. Da es sich um die ungekürzte Fassung handelt, sind recht viele Anekdoten und Ausführungen enthalten, die sich mit der Mentalität des jeweiligen Landes und den Einreiseschwierigkeiten befassen. Die Informationsdichte ist daher nicht besonders hoch, aber meines Erachtens in einem recht guten Maß gehalten für jenen Adressaten, der genauso Laie ist wie Douglas Adams selbst und der von einigen Tieren noch nie etwas gehört hat.
 


Quelle

Das Aye-Aye oder Fingertier ist lediglich auf Madagaskar beheimatet. Inseln sind eine Zuflucht für viele Arten, die auf dem Festland nicht überlebt hätten. Lemuren beispielsweise hätten im Kampf um Nahrung gegen die stärkeren Affenarten wahrscheinlich den Kürzeren gezogen. Dem Aye-Aye kommt zugute, dass es auf Madagaskar keine Spechte gibt, sodass Insekten unter der Baumrinde als ideale Nahrung dienen, ebenso Früchte oder Pilze. Hierfür entwickelte das Aye-Aye die (im Deutschen namensgebenden) langen Finger, von denen der dritte sehr dünn ist. Es geht dabei genauso vor wie ein Specht, klopft den Baum auf Hohlräume ab, entfernt die obere Rinde und bohrt den dritten Finger in schmale Spalten, um Insekten rauszuholen. Es hat ein gutes Gehör, um diese Unterschiede wahrzunehmen. Als nachtaktive Primatenart sind zudem Geruchs- und Tastsinn gut ausgebildet. Einzigartig unter Primaten sind seine nachwachsenden Zähne, außerdem hat es Krallen statt Nägeln, was sonst nur beim Krallenaffen vorkommt. Die Zitzen liegen in der Leistengegend, auch das ist untypisch. Neben den ganzen einzigartigen Eigenschaften sind Aye-Ayes optisch so eine Mischung aus total niedlich und merkwürdig gruselig.
In den vergangenen 25 Jahren ist die Population um die Hälfte gesunken und soll sich in den nächsten zehn Jahren nochmal halbieren. Aye-Ayes sind die einzig übrigen Vertreter ihrer Familie. Vor tausend Jahren gab es noch einen weiteren Verwandten, das Riesenfingertier, das mittlerweile ausgestorben ist. Bedrohung geht einerseits davon aus, dass Madagaskar zunehmend erschlossen wird und sich der Lebensraum verkleinert, andererseits werden Aye-Ayes gejagt, weil sie auf Plantagen einfallen und manchmal auch wegen ihres Fleisches. Es gibt einen Aberglauben unter der Bevölkerung, dass man stirbt, wenn man ein Aye-Aye erblickt, darum werden manche auch deswegen getötet.

 


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Wer Btooom! gelesen oder gesehen hat, kennt sie: die Drachen oder Komodowarane, die auf den Sundainseln zwischen Asien und Australien beheimatet sind. Sie sind vermutlich Vorbild für einige Drachenlegenden, auch wenn sie kein Feuer spucken. Als Fleischfresser jagen sie ihre Beute, indem sie in Gliedmaßen beißen und warten, bis das Tier nach zwei, drei Tagen verendet. Im Bericht von Adams und Cawardine wird dies noch auf die Infektion zurückgeführt, doch tatsächlich fand man heraus, dass die Komodowarane ein Gift absondern. Auf die Weise können sie Ziegen, Hirsche und manchmal sogar Wasserbüffel erjagen. Und natürlich auch Menschen, zumindest Kinder. Das Volk auf Komodo baut daher Häuser auf Stelzen, obwohl ein Angriff nur selten passiert. Die Drachen kommen nahezu täglich ins Dorf, werden aber recht einfach vertrieben. Komodowarane besitzen eine hohe Ausdauer und können ihre gebissene Beute über Kilometer hinweg riechen. Eine Mahlzeit brauchen sie nur etwa aller zwei Wochen. Sie verschlingen ihre Beute komplett mitsamt Knochen und scheiden nur Haare, Nägel und Kalzium wieder aus. Es gibt auf Komodo keine Säugetierraubtiere, was dazu führte, dass die Drachen überleben und ein für Echsen ungewöhnlich leistungsfähiges Kreislaufsystem entwickeln konnten. In Australien gab es einen Verwandten, den Megalania, der sechs oder gar sieben Meter lang wurde, im Gegensatz zum kleineren Komodowaran mit "nur" drei Metern. Diese Riesenechsen starben nach dem Pleistozän aus. Auch hier zeigt sich wieder die Besonderheit von Inseln für das Überleben und die Spezialisierung einzelner Arten.
An dieser Stelle ist die Erzählung von Adams sehr desillusioniert. Sie trafen auf Komodo eine Gruppe von abgeklärten Touristen und wurden von ein paar Rangern zu einer Art Raubtierfütterung gebracht, wobei die zur Speise bestimmte Ziege gleich mitgeführt wurde. Die Warane lagen schon um die Futterstelle bereit, sie waren fett und faul geworden, manche von ihnen verließen den Platz gar nicht mehr. Das alles wurde nur als Show für die Touristen abgezogen. Offenbar wird das heute wohl nicht mehr so gemacht, die Bevölkerung verdient dennoch gut an den Waranen durch den Verkauf von Schnitzereien zum Beispiel.
Bedroht ist der Komodowaran vor allem durch Verringerung von Lebensraum und Nahrungsquellen sowie durch die ungleiche Geschlechtsverteilung, da es sehr viel mehr Männchen gibt als Weibchen.
 


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Das Nördliche Weiße Rhinozeros oder Breitmaulnashorn sieht nicht viel heller aus als seine Verwandten, was Douglas Adams erstmal enttäuschte. Der Name geht aber offenbar auf einen Übersetzungsfehler zurück und hatte nichts mit der helleren Färbung der Tiere zu tun, sondern bezog sich auf ihr breiteres Maul, also das afrikanische Wort "wyd" als "wide" statt "white". Daher auch die mittlerweile geläufigere Bezeichnung als Breitmaulnashorn. Sie sind die größten Vertreter der Nashörner. Zur Zeit des Berichts von Adams gab es noch 22 Tiere in einem streng geschützten Gebiet in Afrika.
Dass die Tiere massiv durch Wilderei und Handel mit ihrem Horn bedroht sind, ist eine bekannte Tatsache. Obwohl die Hörner nur aus Keratin bestehen und damit nicht wertvoller sind als unsere Fingernägel, würde man ihnen in der chinesischen Medizin angeblich besondere Wirkung zusprechen. Sie gelten als Aphrodisiakum, doch Douglas Adams bezeichnet diesen Aberglauben wiederum als Aberglauben. In der chinesischen Medizin war Rhinozeroshorn nie ein Aphrodisiakum, aber weil viele glaubten, dass es andere glaubten, hielt sich dieser Mythos hartnäckig. Weit wichtiger sei laut Adams, dass Dolchgriffe aus Rhinohorn im Jemen als Männlichkeitssymbol gelten. Nach seiner Darstellung hat das Horn in dieser Form am Ende einen Wert von mehreren Tausend US-Dollar. Der Wilderer jedoch bekommt dafür nur zwischen 10 und 15 Dollar. Die Idee, den Wilderern dann eben 25 Dollar zu zahlen, damit sie die Tiere nicht töteten, würde wohl nur in dem Schluss münden, dass man so an einem einzigen Tieren gleich 35 bis 40 Dollar verdienen könne. Der Schutz des Nashorns könne also nur dadurch gewährleistet werden, indem man ihn für das Volk selbst profitabel machte.
Nachdem ich mit dem Buch fertig war, habe ich bei allen erwähnten Tieren geschaut, wie es ihnen mittlerweile geht. Von dieser Nashornart leben heute nur noch zwei Weibchen. Das letzte Männchen, das in Kenya gehalten wurde, verstarb letztes Jahr. Insofern nicht durch genetische Forschung und Befruchtung, woran derzeit gearbeitet wird, noch irgendwas gerettet werden kann, ist die Art damit praktisch ausgestorben.
Es bleibt das südliche Breitmaulnashorn, das ursprünglich für ausgerottet galt, bis man ein paar Exemplare entdeckte. Von diesen wenigen Exemplaren stammen alle heute noch existierenden südlichen Nashörner ab. Ihre Zahl erhöhte sich auf an die 20 000 Tiere. Sie werden noch immer gejagt und gelten als potenziell gefährdet.

Damit bin ich bei der Hälfte der Kapitel angelangt und mache vorerst einen Schnitt. Dieser Eintrag ist schon viel zu lang.
Beim nächsten Blog soll es darum gehen, wieso Katzen und Hasen exotische Tiere sind, wie der Kakapo eine Menge Quatsch macht und ihn das Weibchen nicht versteht und außerdem erzähle ich vom bekanntesten ausgestorbenen Tier und seiner Bedeutung. Im dritten und letzten Teil gehe ich darauf ein, was ein einsamer Kaffeebaum über unser Umweltproblem aussagt.

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Datum: 22.10.2020 21:34
Bei einer kleinen Population stellt genetische Vielfalt immer ein Problem dar. Auf den Menschen übertragen sollte man Vielfalt daher viel mehr Wertschätzen und fördern. Irgendwann könnten WIR die bedrohte Art sein.
Ich hatte schon FREUNDE, da gab es noch kein FACEBOOK!


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