Wiederfinden von Norrsken ([Wieder|sehen]) ================================================================================ Wiedersehen ----------- Der Eingang zum Hotel hatte die Form einer riesigen Blüte. Ihre Ränder waren mit LED-Lampen bestückt, die in abwechselnden Rhythmus leuchteten. Trotz der grellen Farben und der vielen Lichter wirkte es im Gesamtbild von Las Vegas geradezu gewöhnlich. Es herrschte kein Andrang – es wurde von Leuten nicht betreten oder verlassen. Die Türen standen offen und schimmerten in glänzendem Chrom. Zur Linken befand sich ein Türsteher, der Jason anlächelte. »Hallo, junger Mann. Du darfst gerne hereinkommen.« Er hatte nichts anderes erwartet. Das Lotos Hotel war für seine Gastfreundlichkeit bekannt – und gefürchtet. Für den Moment erleichterte es sein Vorhaben, doch Jason würde sich hüten, unachtsam zu werden. Wenn er nicht aufpasste, würde er diesen Ort vielleicht nie wieder verlassen. Knapp nickte er dem Türsteher zu, um die freundliche Geste zu erwidern und betrat das Foyer. Zuvor hatte er viel über diesen Ort gehört. Darüber wie prächtig er war und einen stets mit Dingen dazu verführen wollte, nie mehr zu gehen. Wenn einer versuchte, alles zu beschreiben, kam immer mindestens einer dazu, der noch einen draufzusetzen versuchte. Als ginge es dabei um einen Wettbewerb, wer das Hotel am überragendsten darstellen konnte. Aber alle Erzählungen, egal wie abenteuerlich sie waren, hatten ihn nicht auf die Wirklichkeit vorbereiten können. Die vielseitigen Attraktionen, die bereits im Foyer präsentiert wurden, ließen Jason den Atem anhalten. Ein paar der Spieleautomaten weckten sein Interesse und er hatte mehr Probleme damit, den Blick abzuwenden, als er für möglich hielt. Durch einen Pagen wurde er abgelenkt, aber den Dank dafür, würde er für sich behalten. »Willkommen im Lotos Kasino«, begrüßte er Jason mit einem ebenso einnehmenden Lächeln wie schon der Türsteher zuvor. »Hier ist Ihr Zimmerschlüssel. Sollte etwas nicht zu Ihrer Zufriedenheit sein, melden Sie sich bitte bei der Rezeption. Wir werden dem umgehend nachgehen.« Er überreichte ihm eine Schlüsselkarte. »Vielen Dank.« Interessiert besah er sich die pinke Karte und las angestrengt die weissen Lettern 4007. Seine Zimmernummer. Der Hotelpage wartete, bis er wieder den Kopf hob, um ihn anzusehen. Sein Lächeln blieb freundlich und er zog eine weitere Plastikkarte hervor. »Für die Restaurants und Attraktionen werden Sie diese Lotos Cash Card benötigen. Ohne Limit. Lassen Sie es sich gut gehen.« »Danke«, wiederholte Jason, bevor er haderte. »Ich denke, ich werde zuerst einmal auf mein Zimmer gehen.« Er hatte sicher nicht vor, es sich dort bequem zu machen, sondern wollte so schnell wie nur irgendwie möglich wieder hinaus. Diesen Gedanken versuchte er festzuhalten, was sich als ungeheuer schwierig herausstellte. Es war, als glitt ihm sein Vorhaben immer wieder durch die Finger, wenn er es gerade zu fassen bekam. Es wäre leichter, sich nicht mehr damit herumzuärgern, aber sobald er auch nur kurz daran dachte, nachzugeben, fühlte er ein kühles Stechen auf seiner Brust und er wusste wieder, weshalb er hier war. Jason hoffte, dass der Page nichts von seiner inneren Zerrissenheit bemerkte. Falls er es tat, ließ er es sich nicht ansehen. »Zu den Zimmern gelangen Sie über den Fahrstuhl. Einfach nach ganz oben«, informierte er ihn, bevor er sich abwandte, um einer anderen Beschäftigung nachzugehen. Niemand interessierte sich mehr für Jasons Anwesenheit. Mit energischen Schritten ging er zum Fahrstuhl, um nicht länger der Versuchung durch die Attraktionen ausgesetzt zu sein. Es gab an die vierzig Stockwerke, und wie ihm gesagt wurde, fuhr er bis ganz nach oben. Mit jedem weiteren Stockwerk, das er hinter sich ließ, begann sein Herz höher zu schlagen. Er hatte eine konkrete Vorstellung davon, wie dieser Einsatz ablaufen sollte. Dadurch hatte er sich vor dem Einfluss des Lotos Hotels schützen wollen. Es glich einem Mantra. Trotzdem wurde er nervös, als er sich endlich auf der Zielgeraden befand. Zwischen Realität und Traum gab es eben einen großen Unterschied. Die dösige Fahrstuhlmusik verstummte und mit einem kurzen ›Pling!‹ öffnete sich geräuschvoll die Fahrstuhltür. Ein langer Flur erstreckte sich vor ihm, auf dem sich zu einer Seite die Türen zu den Zimmern befanden. Es begann mit der Nummer 4001. Viel zaghafter als noch im Foyer setzte Jason einen Fuß vor den anderen, um den Gang hinunter zu seinem Zimmer zu folgen. Es müsste die siebte Tür sein. Aber eigentlich war er wegen etwas anderem hier hochgefahren. In einem anderen Zimmer. Zimmer 4003. Dies war das Zimmer, welches ihm vom Gott der Unterwelt genannt wurde. An der dritten Tür waren die Lettern in goldener Farbe angebracht. Als er sie erkannte, überkam ihn ein Gefühl der Erleichterung. Er war auf dem richtigen Weg. Als er das realisierte, verkrampfte sich sein Magen und das heftige Herzklopfen kam zurück. Nicht einmal ein paar tiefe Atemzüge konnten ihm seine Ruhe zurückbringen, also entschied er sich für die Flucht nach vorn. Ein Kribbeln zog sich über seinen Nacken hinauf, als er nach der Türklinke griff. Mit der Schlüsselkarte, die ihm Hades anvertraut hatte, entriegelte sich das Schloss, die Tür schnappte auf und Jason trat in ein luxuriöses Apartment. Die Fenster waren abgedunkelt, sodass das einzige Licht durch den Flur hereintrat. Um sich besser orientieren zu können, ließ er die Zimmertür offen, während er versuchte einen Überblick zu gewinnen. Im Wohnraum hielt sich niemand auf. Von dort aus gingen zwei weitere Türen ab. Die eine führte ins Bad mit Whirlpool, wie er sich hatte sagen lassen, während sich hinter der anderen das Schlafzimmer befand. Da es ihm unangenehm wäre, würde er den Zimmerinhaber im Bad stören, entschied Jason, dass er zuerst im Schlafzimmer nachsehen wollte. Er hoffte, dass er hier war, denn im Foyer oder den Restaurants würde es sich als weit schwieriger erweisen, jemanden zu finden. Mit bedachten Schritten durchquerte er den Raum, tastete sich über die Wand zur Tür und betätigte die Klinke. Das Schlafzimmer war ebenso abgedunkelt wie schon der Wohnraum. Das Licht vom Flur schaffte es nicht bis hier hin, doch auf dem Nachtisch neben dem Bett glühte eine Lampe in schummrigem Licht. Diese ermöglichte es Jason zu erkennen, dass in dem großen Wasserbett eine Gestalt lag. Die Stimme, die ihm immer wieder ins Ohr säuselte, seinen Einsatz zu vergessen, damit er im Lotos Hotel bleiben konnte, verstummte in diesem Augenblick. Auf einmal fühlte er sich auch gar nicht mehr unsicher. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, als er sich dieses Ziel gesetzt hatte und tatsächlich waren es mehrere Jahre. Einige Male hatte er gezweifelt oder sich für verrückt erklärt. Er hatte befürchtet, dass das alles nur eine Wahnvorstellung war oder zu lebhafte Träume. Manchmal hätte er fast diesen Zweifeln nachgegeben. Er trat an das Wasserbett heran und setzte sich auf die Bettkante. Obwohl das im gesamten Bett eine Bewegung auslöste, rührte sich der schlafende Junge nicht. Sein Brustkorb hob und senkte sich zu entspannten Atemzügen. Jasons Blick heftete sich auf ihn und war für einen Moment wie gebannt. Die seidigen schwarzen Haare fielen ihm in die Stirn und umrahmten die olivfarbene Haut. Um die Augen schloss sich ein dichter Wimpernkranz, und obwohl er schlief und nur spärlich Licht in den Raum fiel, konnte er Augenringe erkennen. Es waren immer bloß Fetzen und Schatten und nie eindeutige Bilder, die durch seinen Schlaf tanzten. Doch nun lag er vor Jason und alles wurde ganz klar. Der Knoten in seinem Bauch löste sich und ein Lächeln zog an seinen Lippen. Das war Nico. Nach einem letzten tiefen Atemzug legte Jason behutsam die Hand auf seine Wange. Mit dem Daumen strich er über die weiche Haut, um ihn sanft zu wecken. Zu anderen Zeiten an einem anderen Ort hätte diese Berührung zu einem Reflex geführt, der dafür sorgte, dass Nico mit einigen schmerzhaften Handgriffen diese Zärtlichkeit unterbunden hätte. Doch er war träge, seit dem er wieder im Lotos Hotel war. Er zog lediglich die Augenbrauen zusammen und ließ ein verstimmtes Brummen hören. »Zeit aufzustehen«, schmunzelte Jason. Inzwischen hatte er mehr Mut gefasst und strich Nico sanft den Pony aus dem Gesicht. Die Stimme klang so vertraut. Mühselig blinzelte er den Schlaf aus den Augen und öffnete sie schwerfällig. Es war dunkel und seine Sicht verschwommen. Das erschwerte, zu erkennen, wer ihn da bei seinem Nickerchen störte. Ein Umstand, der ihm nicht gefiel, aber die warme Hand in seinem Gesicht gab ihm ein wohliges Gefühl, das ihn versöhnlich stimmte. Nico streckte die müden Glieder, dass das Wasserbett in kleine Wellen ausbrach, und gähnte einmal herzhaft. »Vorhänge«, murmelte er schlaftrunken. Mit einem kurzen Zögern, ob er ihn richtig verstanden hatte, erhob sich Jason vom Bett und ging zu den bodentiefen Fenstern, um die Vorhänge aufzuziehen. Draußen schien die Nachmittagssonne, auch wenn er sich nicht sicher war, ob das Wetter der Realität entsprach. Wenn ihm kein Unsinn erzählt wurde, vergingen in im Lotos Hotel in wenigen Stunden mehrere Tage. Er wandte sich Nico wieder zu, der sich erst mit den Handballen über die Augen rieb, um anschließend seine Arme über das Gesicht zu legen. Durch die einfallende Sonne war der Raum augenblicklich viel heller. Obwohl Jason bewusst war, dass die Zeit an diesem Ort manipuliert wurde, fühlte er sich nicht gehetzt. Nachdem er Nico gefunden hatte, schien es ihm so, dass es belanglos war, wie lange sie an diesem Ort blieben. Er setzte sich zurück ans Bett und wartete mit einem Lächeln auf den Lippen. Mit einem langen Seufzen verlieh Nico seinem Gemütszustand ausdruck. Das Licht war erbarmungslos und seine Arme gaben ihm nur dürftigen Schutz. Ihm war gar nicht nach Aufstehen. Er könnte noch stundenlang weiterschlafen. Es fiel ihm schwer seine Gedanken zu ordnen, was sicher am Einfluss des Lotos Hotels lag, aber das man hier Besuch bekam, war ungewöhnlich und das seltsame Gefühl in seinem Bauch hielt seine Neugierde aufrecht. Allmählich schob er schwerfällig die Arme aus dem Gesicht, nutzte die Gelegenheit, sich noch einmal den Schlaf aus den Augen zu reiben und blinzelte. Seine Sicht stellte langsam scharf und wo es nun hell war, konnte er auch sehen, wer da bei ihm war. Er erkannte einen jungen Mann mit kurzen blonden Haaren. Diese Silhouette kam ihm so bekannt vor, dass sein Verstand sich langsam aus dem Dämmerzustand befreite. Noch einmal blinzelte er. »Jason?«, fragte er ins Blaue hinein und war im nächsten Augenblick wütend auf sich selbst. Es gab eine Vielzahl blonder Menschen und Jason war tot. Bei diesem Gedanken erinnerte er sich ungewollt an die Bestattung im Camp Jupiter und ein Knoten bildete sich in seiner Brust, der ihm das Gefühl gab, nicht atmen zu können. Angestrengt richtete er sich auf, in der Hoffnung, es könnte etwas an seiner Atemnot ändern. Der Besucher wollte ihm helfen, doch kurz, nachdem er die Hand auf Nicos Schulter gelegt hatte, schlug der sie weg. Er wollte nicht angefasst werden, wenn er innerlich so unruhig war, dass sich alles um ihn drehte. Erst als die Wände wieder an ihrem gewohnten Platz waren, merkte er, dass er die ausgeschlagene Hand festhielt. Verwirrt starrte er auf das Handgelenk, das er umklammert hielt, und konnte sich nur langsam darauf besinnen loszulassen. »Sorry«, murrte er mehr zu sich selbst und bezweifelte, dass er ihn verstanden hatte. Seine Atmung beruhigte sich und er nahm eine entspannte Haltung ein. Nachdem er den jungen Mann zu Beginn schon verwechselt hatte, traute er sich nicht mehr, ihn anzusehen, aus Furcht, ein weiteres Mal die Kontrolle zu verlieren. »Nico, es tut mir leid«, begann Jason, doch er fand nicht die richtigen Worte, um den Satz fortzuführen. »Brauchst du etwas?« Nico stellten sich die Nackenhaare auf. Die Klangfarbe ihrer Stimmen war identisch. »‘N Schluck Wasser«, murmelte er und merkte da erst, wie trocken sein Hals war. »Bitte«, fügte er flüchtig hinzu. Nachdem er den Raum verlassen hatte, legte Nico erst das Gesicht in die Handflächen und rieb sich anschließen über die Schläfen. Er war noch nicht wieder ganz beisammen. Wie lang hatte er hier geschlafen? Zeit vergaß man schnell im Lotos Hotel. Aber während er versuchte zu fassen, wie lange er bereits hier war, kam ihm die viel wichtigere Frage nach dem ›Warum‹ in den Sinn. Er hatte hier warten wollen. Auf Jason. Sein Atem stockte und als er ihn wiederfand, glaubte er, sein Herz würde bersten. Jason betrat das Zimmer mit einem Glas und zwei Trinkflaschen. »Irgendwie haben die hier kein Wasser? Ich hab einmal Cola und Fruchtschorle. Möchtest du davon-« Das Ende von seinem Satz, verschluckte er, als an seinem Handgelenk gezogen wurde. Er fand sich mit dem Sohn des Hades' auf Augenhöhe wieder. Die Flaschen waren polternd zu Boden gegangen. Unbequem lehnte er gegen die Kante des Bettes. Ihm direkt gegenüber kniete Nico, hielt ihn fest, dass er es nicht wagte, sich zu bewegen. Die dunklen Augen schienen ihn zu durchleuchten. Es war nicht nur die Klangfarbe ihrer Stimmen, die sich glich. Wenn Nico sein Gesicht betrachtete, erkannte er viel von ihm. Seine Augen mochten nicht mehr blau sein, sondern grau, aber in ihnen lag ein Sturm und doch strahlte sie Ruhe aus. Diese Diskrepanz kannte er nur von Jason. Was ihn jedoch am meisten überraschte, war die dünne Narbe an seiner Lippe. So funktionierte eine Wiedergeburt nicht. »Woher hast du die?« Der fixierte Blick auf seine Lippen verriet Jason, wovon er sprach. »Habe als Kind versucht einen Tacker zu essen, sagt mein Dad«, erklärte er beiläufig. »Ich kann mich da nicht richtig dran erinnern.« Die Situation war für ihn völlig surreal, weshalb er einen Moment brauchte, um sie richtig zu erfassen. »Warum?« »Du bist Jason.« Die Worte klangen, als wäre Nico nicht sicher, ob es eine Feststellung oder Frage sein sollte. Der zuvor forschende Blick wurde weich, fast zaghaft, als fürchtete er sich davor, einer Täuschung zu erliegen. Seine Hände lösten sich aus Jasons Ärmeln. Für einen Augenblick sahen sie sich einfach an, bis sich auf Jasons Lippen ein Lächeln formte, warm und anziehend. Die kleine Narbe verzog sich zu einer Sichel. Er griff unter sein Shirt nach einer Kordel, auf der mehrere Perlen aufgefädelt waren – und ein Ring. Nicos alter Ring. Er hatte ihn Jason gegeben, als er ihn kurz nach dessen Tod in der Unterwelt aufgesucht hatte. Als Pfand für ein Versprechen. Nun fädelte er den silbernen Ring von der Kordel und gab ihn dem rechtmäßigen Besitzer zurück. »Tut mir leid, dass du so lange warten musstest.« ›So lange‹. Nico wollte sich das nicht in Zahlen vorstellen. Im Lotos Hotel war es für ihn nur ein Augenblick gewesen. Die vier Jahre zuvor hatten sich dagegen wie eine Ewigkeit angefühlt. Es war sein Teil des Versprechens gewesen. Er steckte den Ring an und freute sich, dass er immer noch passte. Das Stück Metall zwischen den Fingern zu drehen hatte viel Vertrautes und ließ ihn ein kleines Lächeln zeigen. »Danke, dass du dein Versprechen gehalten hast.« »Danke, dass du gewartet hast.« Überrascht schaute Nico auf. Dieses Wiedersehen war sein egoistischer Wunsch gewesen und manches Mal hatte er sich Vorwürfe gemacht, Jason ein Versprechen abgerungen zu haben. Nun blickten ihn diese sturmgrauen Augen voller Bedauern an, als habe er sich verspätet. Dabei würde er ihm das nie vorhalten, egal welches Jahr ihn außerhalb des Lotos Hotels erwarten würde. Das hier war ihm zu wichtig. Er wollte etwas erwidert, druckste aber nur unverständliches Zeug vor sich hin, da sein Herz aus dem Takt geriet und ihm die Ohren rauschten. Auf einmal fühlte er sich wieder wie ein kleiner dummer Junge. Jason hatte Verständnis und überging es, dass es ihm nicht peinlich sein musste. Ihm lag noch Vieles auf der Seele, was er fragen wollte. Beizeiten dann, wenn er nicht mehr so von seinen Gefühlen überwältigt wurde. Aber eins gab es da, was er ihm unbedingt sagen musste. Scheu sah er Jason an und fühlte gleich wieder dieses Kribbeln in seinem Bauch. »Ich habe dich vermisst.« Ein offenes Geheimnis, das er in Worte gefasst haben wollte. Nicos Wangen wurden warm, als Jason sie mit den Händen berührte. Das war vollkommen neu, aber genau das wünschte er sich seit Jahren. Im nächsten Augenblick beugte sich Jason vor, versuchte in seinem Gesicht zu lesen, um nur das kleinste Zögern zu erkennen, bis sich ihre Lippen sanft berührten. Selbst wenn er Nico in diesem Leben gerade zum ersten Mal begegnete, fühlte es sich absolut richtig an, was er da tat. Das spürte er tief in seiner Seele. Von seinem Inneren breitete sich schauerartig ein überwältigendes Gefühl aus. Als hätte er die Kraft das Meer umzuwälzen. Unbewusst fand Nicos Hand den Weg in das blonde Haar. Er hatte sich lange gefragt, wie sich das anfühlte. Es war etwas struppig, aber im Nacken ganz weich. Bevor er sich ganz in Spielereien verlor, lösten sie den Kuss und sahen einander verlegen in die Augen. »Was hältst du davon, wenn wir auschecken?«, fragte Jason mit ungewöhnlich kratziger Stimme. »Und wohin dann?« Nicht, dass Nico vorhatte, hier den Rest seines Lebens zu verbringen, aber er hatte gar keine Vorstellung davon, wie es außerhalb mit ihnen weitergehen würde. »Ich studiere in Neu Rom und habe dort meine eigene Wohnung«, informierte Jason ihn und begann zu lächeln. »Zieh bei mir ein.« Ein Flattern ging durch Nicos Magen und er bemühte sich, nicht wie ein kleiner Schuljunge zu grinsen. Seine Ohren glühten, aber Jason schien das nicht zu bemerken. »Klingt perfekt.« Sie standen in einer fließenden Bewegung auf. Nico hatte nichts mitgebracht, als er in das Lotos Hotel eingecheckt hatte und so machten sie sich gleich auf den Weg zum Fahrstuhl. Im Foyer duftete es verlockend nach den köstlichsten Speisen und das Personal bot ihnen Zugang zu exklusiven Bereichen an, aber obwohl es ihnen schwerfallen sollte, den Verführungen zu widerstehen, lehnten sie einfach ab und verließen die Lotosesser ohne ein Gefühl von Verlust. Jason hielt dabei die ganze Zeit Nicos Hand, und auch als sie durch den Eingang waren, ließ er ihn nicht los. Er wollte ihn am liebsten nie wieder loslassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)